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HARVARD UNIVERSITY
LIBRARY
OF THE
Museum of Comparative Zo’ölogy
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Der
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschhands.
ITerausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
Eh'of. Dr. F. C. Noll,
Oberlohrer am Städtischen Gyinnasium.
XXXIII. Jahrgang.
Mit 3 Abbildungen.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlan & Waldschmidt.
1892.
2
Inhalt des dreiuiiddreissigsteii Jahrgangs.
1. Aufsätze. Seite
Blaufarbiger Wasserfroscb ; Leuchtflecken der Ellritze. Von Prof. Dr.
F. Leydig . . ' ^
Zwei javanische Wildschweine des Berliner zoologischen Gartens {bus
longirostris? Nehr.) Von Prof. Dr. A. Ne bring in Berlin ... 7
Der Wasserstar, cinclus aquaticus, in seinem Gefangenleben. Von Ernst
Perzina in Wien . . '
Ein Zug Aale auf der Wanderschaft im Main. Von L. Buxbaum in
Raunheim .
Das Vivarium in Wien. Von Dr. Franz Werner .
Über Dingo, Pariah- und neuseeländische Hunde. Von Bernh. Lang-
ICclVCl.
Bemerkungen über den Scheltopusik und die Treppennatter. Von Helene
Werner in Wien .
Die Raubsäugetiere des Teutoburger Waldes. Von H. Schacht:
VIII. Der Fischotter .
44
IX. Der Dachs . '
Schnakenzucht zum Zwecke der Fischfütterung. Von Dr. Emil Buck . . 48
Vö<rel und Binnenmollusken. Von Hermann Loens . . 49
Über die gegenwärtige Verbreitung der Giraffe im Süden des Sambesi.
Von Dr. F. Moewes . .
Bericht über den zoologischen Garten zu Dresden über die Zeit vom
1. April 1890 bis 31. März 1891 . . • •
Das Haselhuhn in Livland. Von Oskar von Loewis . 65, lüJ, 188
Fuchs und Dachs. Von C. Greve . . iii
Der Polarfuchs, Canis lagopus. Von B. Langkavel. . . . . . ■ u, lu
Das Trinkwasserverbot für Tiere während der Reise. Von Dr, Seite 88
Geschäftsbericht über den zoologischen Garten zu Hannovei für 1890/91 .
Mitteilung Uber die Felsentaube, Columia Ima. Von Paul Spatz in
Der Rohrsänger, Äcrocephalus streperus, der Frankfurter Iromenaden und
Wallgärten. Von Prof. Dr. 0. Böttger . . . • ■ ■ ■ • • •
Jahresbericht über den zoologischen Garten in Hamburg 1891 . . . . 1
Zur Kenntnis der Legeröhre des Bitterlings. Von Prof. Dr. F.Leydig^
Zoologische Beobachtungen während einer Kaukasusreise. Von ar
Bericht des Verwaltungsrates der neuen zoologischen Gesellschaft zu F an
furt a. M. vom 11. April 1892 . • • • • * ' . ’ ’ ‘ ‘ ' ‘
Die Abrichtung meines Fischotters. Von A. Pich ei m ares n . . .
IV
Seite
Italieuisclie und neugriechische Namen der Eidechse und verwandter
Reptilien. Von Dr. C. J. Forsyth Major . 172, 209, 242
Albinismus unter den Vögeln Chiles. Von Dr. R. A. Philippi in Santiago 181
Die Wanderung der Mainfische im P’rühling 1892. Von L. Buxbaum
in Raun heim a. M . 184
Zoologischer Garten in Basel. Jahresbericht 1891 . 188
Über einige seltene Tiere des Berliner zoologischen Gartens. Von Dr.
Ernst Schaff;
3. Der Kiwi, Apteryx Bulleri. Mit 1 Abbildung . 193
Alpen- und Mauersegler, Cypselus melba et apus, in ihrem Gefangenleben.
Von Ernst Perzina, Wien . 202, 232
Der Breslauer zoologische Garten im Jahre 1891 . 214
Die Aufzucht des momtschurischen Kranichs, Grus viridirostris. Von
P\ E. B 1 a a u w . . . . . . / ^ ^ ^ 225
Weiteres über meinen Durchlüftungsapparat. Von Dr. Emil Buck.
Mit 2 Abbildungen . 229
Einige neue Notizen über die Langrüsselschweine, Sus longirostris^ im
Berliner zoologischen Garten. Von Prof. Dr. A. Nehring . . . . 240
Bericht über den zoologischen Garten zu Hannover für 1891/92 .... 248
Die Fortpflanzung des Ararauna , Sittace coerulea, in der Gefangenschaft.
Von H. H. Scharland. Mitgeteilt von Direktor Dr. L. Wunderlich. 257
Aus dem Leben der griechischen Landschildkröte, Testudo graeca. Von Dr.
Gust. Rumpf . . 2(3q
Tierleben in Ost- Algerien. Von Dr. F. Werner in Wien . 264
Über den Nestbau gefangener Vögel. Von Eduard Rüdiger .... 273
Aphorismen über Tetraonen. Von Baron A. vonKrüdener . , . . 279
Aus dem Rotterdamer zoologischen Garten. Von Dr. C. L. Reuvens . .* 284
Die Zucht des Schleierschwanzes und des Teleskopfisches in Zimmer und
Garten. Von Paul Nitsche . 289
Über kariöse Erscheinungen an Knochen freilebender Tiere. Von Dr. med!
Hennicke. Mit 4 Abbildungen . * 300
Über die Lebensweise des Wüsten-Warans und der Hufeisennatter in Ge¬
fangenschaft. Von Helene Werner in Wien . 3Q4
Der Sekretär, Gypogeranus serpentarius, des zoologischen Gartens zu Köln.
Von Staats von Wacquant - Geozelles . gQ-j-
Eine Elefantenkrankheit im zoologischen Garten zu Tokio. Von J. L
Janson .
Aus dem Tierleben der Heimat. III. Weiter vererbung von Albinismus
Von Staats von Wacquant-Geozelles . *356
Biologische Notizen aus der Reptilienwelt. Von Dr. F. Wer ne r' in Wien 367
Der Hornwechsel beim indischen Nashorn. Von Direktor Dr L Wuuöp,-
lich in Köln .... ■
.
Nachtrag zu meinem Bericht über den Wüsten -Waran. Von Hel php
Werner in Wien . . .
.
Löwenzucht im Dubliner zoologischen Garten. Nach »Science« ..." 375
Nekrolog. Prof. Dr. P\ C. Noll f .
353
V
II. Mitteilungen.
Aus zoologischen Gärten. Seite
^wei javanische Wildschweine des Berliner zoologischen Gaitens, Sus
lomjirostris'i Nehr.). Von Prof. Dr. A. Nehring in Berlin .... 7
Das Vivarium in Wien. Von Dr. Franz Werner .
Aus dem zoologischen Garten in Kopenhagen. Von A. von Kle in . . 27
Geburten in dem Dresdener zoologischen Garten im Jahre 1890-91 ... 2J
Bericht über den zoologischen Garten zu DreÖcIen über das Jahr vom
1. April 1890 bis 31. März 1891 .
Geburtsliste des Leipziger zoologischen Gartens für 1891 . 63
Geschäftsbericht über den zoologischen Garten zu Hannover für 1890-91 . 90
Jahresbericht über den zoologischen Garten in Hamburg 1891 .... 124
Bericht des Verwaltungsrates der Neuen Zoologischen Gesellschaft zu
Frankfurt a. M. vom 11. April 1892 .
Die Giraffen im Londoner zoologischen Garten. Von dem Herausgeber 159
Zoologischer Garten in Basel. Jahresbericht 1891 ......... 188
Über einige seltene Tiere des Berliner zoologischen Gartens. Von Dr. E.
Schaff, d. Dev Kiwi, Äpteryx Bullen. Mit 1 Abbildung .... 193
Der Breslauer zoologische Garten im Jahre 1891 .
Aus dem Kopenhagener zoologischen Garten. Von A. von Klein . . . 218
Tod einer Giraffe im zoologischen Garten zu Cincinnati. Von Dr. A.
„ . 1 . 220
Zipperlen .
Die Tiere des zoologischen Gartens zu Kopenhagen. Generalfortegneise . 222
Einige neue Notizen über die Langrüsselschweine, Sus longirostris, -im
Berliner zoologischen Garten. Von Prof. Dr. A. Ne hr in g . . . . 240
Bericht über den zoologischen Garten zu Hannover für 1891-92 .... 248
Der Berliner zoologische Garten als Verpflegungsstation für das Publikum.
Berliner Tageblatt . . .
Aus dem Rotterdamer zoologischen Garten. Von Dr. C. L. Reuvens . . 284
Der Sekretär, Gypogeranus serpentarius, des zoologischen Gaitens zu Köln.
Von Staats von Wacquant-Geozelles. • • • ^ .
Eine Elefantenkrankheit im zoologischen Garten zu Tokio. Von J. L.
T •••••••• 300
Aus dem Kopenhagener zoologischen Garten. Von A. von Klein ... 311
Löwenzucht im Dubliner zoologischen Garten. Nach »Science« .... 37o
Aus dem NiU’schen zoologischen Garten . 877
Geburten im Dresdner zoologischen Garten im Jahre 1891/92 . 380
ot r;
Mitteilung, redaktionelle .
III. Korrespondenzen.
überden Nestbau unserer gemeinen Feldmaus oben auf Maulwurfshauten,
Von Karl Knauthe in Schlaupitz .
Aus dem zoologischen Garten in Kopenhagen. Von A. von Klein .
Die Spechtmeise, Sitta europaea, Haselnüsse öffnend. Von E. Co ns toi
Breul in Frankfurt a. . .
Benehmen eines Finken. Von Dr. P. Schiern enez in Neapel . . .
VI
Seite
Ziehende Kraniche in Begleitung kleiner Vögel. Von Dr. W. Kohelt in
Schwanheim .
Über den Gartenschläfer. Von Harr ach in St. Goarshausen .
Vorkommen der Hausratte, Mus rattus. Von A. Schioltz in Hamburg.
Vorkommen der Hausratte, Mus rattus. Von J. Kelle r-Zschokke in
Olten - Schweiz . .
Vorkommen der Hausratte, Mus rattus. Von 0. Edm. Eifte in Hamburg
Das Gebläse meines Durchlüftungs - Apparates. Von Dr. Emil Buck in
Konstanz .
Insekten auf See. Von E. Hartert in Frankfurt a. M .
Ein grönländischer Edelfalk, Falco candicans, auf dem atlantischen
Ocean gefangen. Von Dir. Dr. Bolau in Hamburg .
Einige Bemerkungen über chilenische Reiher. Von Dr. R. A. Philippi in
Santiago . _ .
Die Bambusratte, Dactyloniijs amhlyonyx. Von Dr. Fritz Müller in
Blumenau .
Über das Gefangenleben des Iltis. Von Jean Rein einer in Wirtheira .
Aus dem Kopenhagener zoologischen Garten. Von A. von Klein. . .
Zum Kapitel Hausratte. Von Eduard Rüdiger in Darmstadt . . . .
Ein Kranichschwarm im Seebade Misdroy. Von Prof. Dr. A. Nehring .
Aus dem zoologischen Garten zu Kopenhagen. Von A. von Klein . .
Der Schlammtaucher, Pelodytes punctatus Daud., in Spanien. Von A. S c h i ö 1 1 z
Die Perleidechse, Lacerta ocellata Daud., als Glücksprophetin. Von A.
Schiöttz .
Aus dem Nill’schen zoologischen Garten in Stuttgart .
58
59
60
60
60
92
92
93
155
155
191
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311
376
377
377
i
IV. Kleinere Mitteilungen.
Der Siebenschläfer, 3Iyoxus glis, in Gefangenschaft. Verhandlung des Sieben-
bürgischen Vereins für Naturwissenschaften . 29
Geburten im Dresdener zoologischen Garten im Jahre 1890 — 91 .... 29
Zur Naturgeschichte des Tümmlers. Nature . 30
Ein neuer Maulwurf. Von dem Herausgeber . 30
Katzenzucht. The Field . 30
Wildschweine in Preußen. Der Weidmann . 31
Über die Laichzeit des Aales. Von F. Zenk in Würzburg . 61
Die Zwergtrappe, Otis tetrax. Ornitholog. Jahrbuch . 62
Die Meharisten, ein Kamelreiterkorps. Lokal-Anzeiger . 62
Gcburtsliste des Leipziger zoologischen Gartens für 1891 . 63
Häufigkeit der Kreuzotter in den Vorbergen des Riesengebirgs. Von Karl
K n a u t h e . 63
Fütterungsweise einer Hündin. Von 0. Edm. Eiffe . 63
Der Puma, Felis concolor. Nach »Nature« . 94
Eine neue Antilopenart, Buhalis Sivaynii. The Field . 94
Wissenschaftlicher Kongreß in Moskau. Von C. Greve . 94
Die Schwarzamsel im mittleren Livland. Von Oskar von Löwis ... 9i
Über das Blumeneintragen des Stares. Von dem Herausgeber . . . 95
Eine Henne verschluckt ein 5 Grammgewicht. Berichte des naturw.-mediz.
Vereins in Innsbruck . 95
VIT
Seite
Größe der Wanderratte, Von 0. Edm. Eiffe . . 9o
Fuchs-Bastard. Von 0. Edm. Eiffe .
Die Bassel der Klapperschlange, Von dem Herausgeber . Iö6
Heuschreckenplage in Australien. Nach »Nature« .
Der Hakengimpel, Car_podacus enucleator. Von Oskar von liöwis . . .
Der Baumfalk, Falco suhhuteo. Von 0, Edm. Eiffe . 1^8
Eine biologische Station an der Seeküste. Nach »Nature« . 1^8
Die Giraffen in dem Londoner zoologischen Garten. Von dem Herausgeber lo9
Kröten durch Fliegenmaden getötet. Zoologischer Anzeiger . ^9
Fuchsplage in Australien. Nach »Nature« .
Studien an Giftschlangen. Nach »Nature« .
Zur Bekämpfung der Kaninchenplage in Australien. Nach »Nature« . . 220
Tod einer Giraffe. Von Dr. A. Zippe rlen . 220
Ein Ei des Vogel Ruck, Äepyornis maocima. Von dem Herausgeber. . 220
Ceratodus Forsteri. Nach »Nature« .
Einführung von Renntieren in Alaska. Nach »Nature« . 222
Der Störfang an der Ostseeküste. Berliner Tageblatt . 222
Die Tiere des Kopenhagener zoologischen Gartens. Generalfortegneise . 222
Biologische Anstalt auf Helgoland. Von dem Her au sgeber . .... 223
Der Salmfang im Rhein bei St. Goarshausen. St. Goarer Kreisblatt . . 223
Nahrung einer Äskulapschlange, Coluber flavescens. Von dem Her ausgeber 250
Kreuzottern ohne die Zickzackbinde. Von dem Herausgeber. . . . 250
Über die Walfischjagd, welcher der Kaiser auf seiner diesjährigen Nord¬
landsfahrt beigewohnt hat. Berliner Tageblatt . . . 250
Der Berliner zoologische Garten als Verpflegungsstation für das Publikum.
O
Berliner Tageblatt .
Münzen von einem Elefanten verzehrt. The Field . 286
Wolfsjagden in Frankreich. Der Weidmann . 287
Mittel gegen den Biß der Kreuzotter. Westfalens Tierleben . 287
Raubtiere in Bosnien. Von D. Gronen . . . 311
Hamster in Thüringen. Jahresbericht d. ornitholog. Beobachtungsstationen
im Königreich Sachsen .
Tierwanderungen, der Nahrung wegen. Von D. Gronen ...... 312
Ein Reh mit 5 Zehen an den Vorderfüßen. Abhcll. der Naturhistor. Gesell¬
schaft in Nürnberg .
Der Rheinische Fischerei -Verein. Von D. Gronen . ol4
Biologische Meeresstation in Bergen. Von dem Herausgeber .... 314
Hausschlangen in Brasilien. Von D. Gronen . . 315
Die nordische Wühlratte, Arvicolaratticeps, in Deutschland. Naturwissensch.
Wochenschrift . . .
Das Kamel in der südrussischen Landwirtschaft. Von D. Gronen. . . 316
Schmarotzer der Krontaube. Verhandl. der k. k. zool.-botan. Gesellschaft
in Wien . . ‘ ‘ qI?
Der Kaiman, Alligator mississipiensis. Von D. Gronen. . . 3 7
Die Hausratte, Mus rattus. Verhandl. d. naturhistor. Vereins der preuß.
Rheinlande und Westfalens . .
Eine schädliche Meeresassel, Limnoria terebrans. Von D. Gronen . . . 318
Ein listiger Haushahu. Von Ed. Rüdiger . 318
Vllt —
Seite
Bienelizucht am Viktoria-Nyansa. Von D, Gronen . 319
Ausfischung des Woogs bei Darmstadt. Von E. Rüdiger . 379
Der kleine Taucher, Podiceps minor, in Luxemburg. Von dem Herausgeber 379
Geburten im Dresdner zoologischen Garten im Jahre 1891/92 . 38o
Acipenser von Jul. Hochstetter . 380
V, Litteratur.
Naturgeschichte der deutschen Vögel von D. G. Friderich. 4. Auflage. Von
dem Herausgeber . 31
Brehms Tierleben. 3. Auflage. 3. Band, die Vögel von Prof. Dr, Pechuel-
Loesche. Von dem Herausgeber . 32
Systematische Übersicht der Vögel Bayerns von Andr. Joh. Jäckel; heraus¬
gegeben von Prof. Dr. Blasius. Von dem Herausgeber . 64
Les oiseaux hybrides, rencontres ä l’etat sauvage par A. Suchetet I. Les
Gallinace'es. Von dem Herausgeber . 64
Das Leben des europäischen Kuckucks von Dr. A. C. E. Baldamus. Von
dem Herausgeber . 96
Brehms Tierleben, 3. Auflage. Die Kriechtiere und Lurche von Prof. Dr.
0. Böttger. Von dem Herausgeber . 128
Wandtafeln für den naturgeschichtlichen Unterricht von H. Jung, G. v. Koch
und F. Quenteil. Von dem Herausgeber . 159
Pflanzengallen und Gallentiere von Dr. Karl Eckstein. Von dem Heraus¬
geber . 160
Bechholds Handlexikon der Naturwissenschaften und der Medizin von A.
Velde, Dr. Schauf, Dr. Löwenthal und Dr. Bechhold. Von dem
Herausgeber . 192
Die Sinne und Sinnesorgane der niederen Tiere von E. Jourdan. Übersetzt
von W. Marshall. Von dem Herausgeber . 192
Bilder aus dem Naturleben von W. v. Reichenau. Von dem Herausgeber . 223
Katechismus für Aquarienliebhaber von Wilh. Geyer. Von dem Heraus¬
geber... . 224
Westfalens Tierleben. 3. Band. Die Reptilien, Amphibien und Fische von
Prof. Dr. Landois. Von dem Herausgeber . 255
Die geographische Verbreitung der Tiere von E. B. Trouessart. Übersetzt
von W. Marshall. Von dem Herausgeber . . . 287
Brehms Tierleben. 3. Auflage. Die Fische von Dr. Wilh. Haacke und Prof.
Dr. Pechuel-Loesche. Von dem Herausgeber . 288
Die nordamerikanische Vogel weit von Heinrich Nehrling. Von dem Heraus¬
geber . 319
VI. Jahresbericht der ornithologischen Beobachtungsstationen im Königreich
Sachsen von A. B. Meyer und F. Helm. Von dem Herausgeber . 320
YI.
Eingegangene Beiträge .... 32. 96. 160. 224. 256. 288. 320. 380
Bücher und Zeitschriften ... 32. 96. 128. 160. 224. 256. 288. 320
Zeitsclirift' ^
für
UN!mi
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll-
Verlag von M a h ] a u & W^al d sch midt in hrankfnrt a. M.
No. ].
XXXIII. Jahrgang.
Januar 1892.
I II li a 1
Blaufarbiger Wasser frosoh; Leuchtflecke ii der Ellritze; von ?’•
nische Wildschweine des Berliner zoologischen Gartens (wahrscheinlich Sus longuoüi is Nehrmg),
von Prof Dr A N e h r i n £• in Berlin. — Der Wasserstar, 6'jwdMs in sepem De-
fangenlehen;'von Ernst Perzi na, Wien. - Ein Zug Aale auf der ^
von L. Buxbaum, Raunheim a. Main. - Das Vivarium Wien; von Di. Franz We^ne^.
— Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. - Litteratur. — Eiiigegangene BeitraoC.
Bücher und Zeitschriften.
Blaufarbiger Wasserfrosch; Leuchtflecken der Ellritze.
Von F. Leydig.
Bei unserer Manci esculenta kann die Grundfarbe dei Rückeu-
fläche aus reiuem Grün sich abstufeu iu Hellgrüugelb bis Dunkel¬
olivengrün; sie kaun auch übergehen in bräunliche Tinten vei-
schiedeuen Grades. Alle diese Abänderungen finden genaue Berück¬
sichtigung in einer neuen Schrift Bedriaga’s, wobei der Verfasset
auch ""eines »Bläulichgrün« oder »Bläulichgraugrün« gedenkt, das hin
und wieder, namentlich in der Gegend der «A ertebrallinie« vor¬
komme,*) welchen Farbenton , nebenbei bemerkt, auch ich schon
augetroffen habe. Indessen gibt es — und dies bildet den einen
Gegenstand der vorliegenden Mitteilung — auch Tiere, deren ganze
Rückeufläche ein entschiedenes Blau zeigt. Dem russischen Herpe-
tologeu, obschon ihm sicher viele Exemplare durch die Hände ge¬
gangen sind, scheint ein derartig gefärbter Wasserfrosch nicht vor
die Augen gekommen zu sein, wie ich denn selber, trotz vielen Be-
obachteus im Freien, lange Zeit in derselben Lage gewesen bin.
*) ßedriaga, v., Die Liu-chfauna Europas. I, Auura, Frosch Inrche,
Moskau 1891.
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXllI, 1892.
Erst beinahe ein Jahrzehnt nach der Herausgabe 'der Schrift
über die anuren Batrachier besuchte ich Ende Mai 1880 den »Kreuz¬
berger-Pütz«, einen wahrscheiulich sehr alten Quelleuteich am west¬
lichen Abhang des Kreuzberges bei Bonn und stielß dort auf ein
junges, etwa zweijähriges Individuum von Mana esculenta, das sofort
durch seine himmelblaue Farbe den Blick auf sich ziehen mußte.
Das Nachsuchen nach vielleicht weiteren, ebenso gefärbten Stücken war
vergebens; alle übrigen Wasserfrösche, welche sich im Grase oder im
Teich selber herumtrieben, besaßen das gewöhnliche gelbgrüne Kleid,*)
Drei Jahre darnach, Ende Mai 1889, erhielt ich durch Herrn
D o ugla ß, damals Studierender in Karlsruhe, die briefliche Nachricht,
daß er in einem umschatteten Tümpel der dortigen Rheinwalduugen,
»sonderbar bläulich gefärbte« Tiere von Rana esculenta angetroffen
habe. Meine Bitte, einige dieser Frösche in lebendem Zustande au
mich gelangen zu lassen, erfüllte der mit den heimischen Amphibien
wohl vertraute junge Naturforscher**) damit, daß er eine An¬
zahl der blauen Frösche einschickte, welche ich alsdann einige Zeit
zur Beobachtung hielt.
Die Farbe dieser aus der mitlleren Rheiuebene stammenden
Tiere war das gleiche Blau wie jenes, welches der von mir am
Niederrhein gefundene Frosch gezeigt hatte. Bei deu in einem nörd¬
lich gelegenen Zimmer untergebrachten Tieren hob sich, nach wech¬
selnder Temperatur, die Farbe au manchen Tagen mehr ins Hell¬
blaue, ein andermal ging sie zu Dunkelblau herab: immer aber
stachen die Frösche durch ihr Farbenkleid sehr ab von den trleich-
O
falls mitgeschickten gelblichgrüuen Individuen, welche derselben
Örtlichkeit entnommen gewesen waren.
lu dem oben genannten »Kreuzberger Pütz« wurde von mir etwa ein
halbes Dutzend (weibl. und männl.) des schönen Triton marnioratus, welchen
mir seiner Zeit Herr Lat aste verehrt hatte, und nachdem ich das Tier gegen
drei Jahre lang im Zimmer gepflegt, ausgesetzt. Bei späteren Nachforschungen
ist davon keine Spur mehr zu bemerken gewesen. Sollte aber doch noch ein¬
mal dort der genannte südwesteuropäische Molch zum Vorschein kommen, so
wird man durch gegenwärtige Anzeige wissen, wie man deu Fund zu beur¬
teilen hätte.
:!-■*) Vergl. G. II. Douglafä, der Moorfrosch, Jiana arvaZLs, bei Karlsruhe,
Zool. Garten, 1889. Der Autor verbessert dabei gelegentlich die unrichtige
Stellung der Figur V, anstatt A womit ich die Nackenzeichnuug in dem Buche:
Anure Batrachier der deutschen Fauna, 1877, S. 129 versinnlicht hatte. Indessen
wird wohl jeder, welcher das Tier und die Beschreibung zugleich vor sich
hat, leicht erkennen, dafs die verkehrte Stellung der Figur eiu Schreib- oder
Druckfehler sein müsse.
Herr Douglaß teilte mir auch mit, daß die Rana esculenta
von blauer Farbe uur au gauz bestimmten Plätzen der Khein-
walduugen vorkomme und bei allen Witterungsverhältnisseu die
eigentümliche Farbe behalte. Die Mehrzahl bestände aus Weibchen,
doch käme die besondere Farbe auch beim männlichen Geschlecht
vor, wie denn auch in der mir übermittelten Sendung neben den
Weibchen ein blaues Männchen sich befand.
Als es mir aufing beschwerlich zu werden, genügende Nahrung
für die Gefangenen herbeizuschaffen, beschloß ich sie in das Bassin
des hiesigen (Würzburger) botanischen Gartens frei zu lassen, und
indem ich dies ansführte, trat bezüglich der Farbe eine überraschende
Erscheinung auf.
Die Frösche waren au jenem Tage im Zimmer von sattblauem
Farbenton gewesen und wurden im doppelten Dunkel eines Säck¬
chens und der Rocktasche in den Garten getragen. Das Wasser¬
becken des . letzteren befindet sich an der Sommerseite, liegt offen
und unbeschattet. Wie nun — es war mittags bei hoher Sonne
und heißer Luft — auf die aus dem Dunkel hervorgeholteu Frösche
Licht und Wärme plötzlich eiuwirkten, änderte sich auch die Farbe
gleich plötzlich um: die den Augenblick zuvor dunkelblauen
Tiere wurden mit einem Schlage weiß, welches Aussehen aber
bald wieder in bläulichweiß überging.
Diese Wahrnehmung schließt an das au, was ich vor längerem
an jungen Tieren, ebenfalls der Rana esculenta, zu beobachten Ge¬
legenheit hatte.*) Auch damals gerieten die dunkeln Flecken der
Schenkelhaut in eine so rasche Thätigkeit, daß man an das Farbeu-
spiel eines Cephalopoden erinnert werden konnte; zuerst, unter Be¬
sichtigung mit der Lupe, groß und von mattem Aussehen, zogen
sich die Flecken bei den, während der Nacht im Dunkel einer Blech¬
kapsel auf bewahrten Fröschcheu fast plötzlich zu sattdunkelbraunen,
um die Hälfte und mehr sich verkleinernden Tupfen zusammen.
Und dieser Vorgang folgte genau soweit, als die durch den Fenster¬
spalt eiufallende Morgensonne die Farbzellen erreichen konnte.
Um noch einmal auf das Blau des gegenwärtigen Falles zurück¬
zukommen, so beruhte die Entstehung desselben offenbar darauf, daß
individuell und wahrscheinlich unter dem Einfluss der Örtlichkeit
die Menge der dunkeln Chromatophoren in der Haut eine
*) Allgenieiiie Becleckuugen der Amphibien, Arch. f. mikr. Anat.' 1876,
Sonderausgabe S. 64.
4
sehr große war, so daß sie, als Ganzes, eine schwärzliche, zusammen¬
hängende Schicht erzeugten. Indem nun dieses Schwarz von dem
»trüben Mittel« des Bindegewebes und der Epidermis überlagert wird,
trat das Blau hervor. In ähnlicher Weise erscheint die Haut des
Laubfrosches (Hyla), vom frischen Tier abgezogen und von innen
angesehen, ebenfalls blau und gerade dieser Farbenton stimmt mit
dem Blau der Rana esculenta überein.
Weiterer Beobachtung mag es empfohlen sein, auszumitteln,
ob der vom obigen Blau verschiedene »blaue Reif« auch bei Rana
esculenta vorkommt, was Thomas zwar schon vor Jahren angfeffeben
hat, ohne dass es, so viel ich weiß, bisher bestätigt wurde. *) Mir selber
ist der »blaue Reif« bisher nur von unseren braunen Fröschen bekannt
und ich habe über die Art wie er entsteht die ersten Aufschlüsse
zu geben mich bemüht, hergenommen aus dem Studium der Haut¬
struktur und den Erscheinungen im Leben. **)
Im Juli vorigen Jahres habe ich mir aus der Tauber eine An¬
zahl Ellritzen, Rhoxinus laevis, beschafft, um mich über Angaben
in einer Mitteilung zu unterrichten, welche Kner vor mehr als dreißig
Jahren gemacht hat. Mir ist davon nur das Wenige zugängig, was
die Zeitschrift »Heimat« von Roßmäßler, 1859, aus der mir un¬
bekannten »Allgemeinen Zeitung für Wissenschaften« gebracht hat;
in dem von Kner in Verbindung mit He ekel herausgegebenen
Werk: »Die Süßwasserfische der österreichischen Monarchie«, 1858,
steht nichts von der Sache. Vergeblich suche ich auch sonst irgend
eine andere bestätigende oder widerlegende Notiz.
Der genannte Ichthyologe berichtet, daß man im Sommer und
Herbst Ellritzen, welche in einem Brunnen lebten, leuchten sah.
Die Erscheinung des Leuchtens ging bei den einen Tieren von vier,
bei anderen von sechs Punkten aus und zwar jederseits von der
Gegend über der Kiemenspalte und von der Basis der Brust- und Bauch¬
flossen. Namentlich in der wärmeren Jahreszeit und bei älteren
' *) Soeben erscheint ein »Vortrag über die Krieclitierfauna Tunesiens,
von Alex, König« (Sitzungsberichte der niederrheinischen Gesellschaft für
Natur- und Heilkunde in Bonn, 11. Jan. 1892), in welchem außer vielen andern
interessanten Dingen auch mitgeteilt wird, daß in den Wasserlachen bei Tunis
sich prächtige Frösche, Bana esculenta (var. ridihunda Pall., Lastastei Cam.)
tummeln, »in wunderbaren Farbennuancen, bald intensiv grün mit schwarzen
Flecken, bald wie mit bläulichem Duft überzogen«. Damit hat also die
Thomas 'sehe Angabe Beseitigung gefunden.
**) Anure Batrachier der deutschen Fauna, 1877, S. 121. — Über das
Blau in der Farbe der Tiere, Zool. Anz. 1885, S. 754.
5
Fisclicheii solle das Leuchteu so bedeutend sein, daß es selbst bei
Tage wahrgeuommeu werde; zur Zeit des Eintrittes der Wiuteibälte
leuchteten nur wenige Individuen und diese bloß schwach.
Die Ellritzen, welche mir zur Untersuchung dienen sollten,
waren über Nacht in ein weißes Gefäß gebracht worden; am Moigen
des anderen Tages hatten sie sich sehr aufgehellt, derart, dals am
Kopf die Oberfläche des Gehirns: Lobi hemisphaerici, die schwach¬
rötliche Zirbel, die Lobi optici deutlich durchschimmerten; auch die
Nasengruben traten an der hell gewordenen Schnauze klar hervor.
An der Seite des Leibes und am Rücken hoben sich metallisch
glänzende Streifen ab; auf dein jetzt hellen Grunde des Rückens er¬
schien eine annähernd querbindige Fleckeiizeichuung. All dieses und
was sich sonst noch beim Übertragen der Fische in andere Gefäße
bezüglich der Farbeuveränderung sehen ließ, stand im Einklang mit
den alten Beobachtungen von Stark*), der schon die Ellritze als
einen der Fische bezeichnet hat, an welchem der Farbenwechsel sehr
auffällig sei und mit anderen Arten zu dem von ihm zuerst ausge¬
sprochenen Satz führte: »Die Farbe der Fische richtet sich nach
dem Grunde, worauf sie stehen.«
Und was die »Leuchtpuukte« anbelangt, so ist schon fürs freie
Auge klar, daß damit nichts anderes gemeint sein kann als Partien
des'^metallisch glänzenden Pigmentes. Der Leuchtfleck am Anfang
des Kiemendeckels zeichnet sich hierbei ganz besonders aus durch stark
goldiges oder auch silberiges glitzerndes Wesen**).
Wendet man sich der mikroskopischen Untersuchung der Haut zu,
so unterscheiden wir unter den Chromatophoren solche mit dunkel¬
körnigem, mit gelbem und ziegelrotem Pigment; diemetallisch glän¬
zenden Gegenden zeigen die bekannten irisierenden Plättchen, und be¬
züglich der letzteren Elemente macht sich bemerklich, daß sie gerade an
den »Leuchtpunkten« nicht nur in dicker Lage zugegen sind, sondern
daß auch die Einzelflitterchen hier eine bedeutende Größe haben.
Faßt mau das Gesagte zusammen, so lassen sich die Angaben
bei K n e r, welche ich für ganz richtig halte, wohl erklären. In
*) The Edinburgh new philosophical Journal, 1830. Mir liegt nur der Auszug
in der Zeitschrift »Isis« von Oken, 1832, S. 923, vor.
**) Es scheint, dafi auch noch bei andern Cyprinoiden die Gegend über der
Wurzel der Kiemenspalte dergestalt reich an metallisch glänzendem Pigmente
ist, daß sie als »Leuchtfleck« angesprochen werden könnte. Diese Vermutung
kommt mir bei Betrachtung des brünstigen Männchens von Bliodens amarus,
allwo die bezeichnete Stelle ebenfalls ein ungemein lebhaftes farbiges Glitzern
sehen läßt.
r> —
clei Wäune zogen sich die dunklen Chromatophoren, welche die Leucht¬
flecken umsäumen, zurück und das metallisch glänzende Pigment
wirkte aus dem Brunnen heraus in voller Kraft; bei kühler Wit-
tejuug ließen die Chromatophoren Fortsätze austreten und überdeckten
dadurch das metallisch glänzende Pigment. und so wich das »Leuchten«
zurück.
Hierbei mochte aber noch eine weitere Eigenschaft der Haut in
Beebnung zu bringen sein.
Daß der Wechsel von Hell und Dunkel, sowie der gelblichbräun-
hchcii Tinten aut der Beweglichkeit der mit schwarzem oder anders
tarbigem, körnigem Pigment erfüllten Chromatophoren fußt, braucht
kaum erwähnt zu werden ; hingegen ist darauf hiuzuweisen, daß auch
jene plasmatische oder Zellsubstanz, in welcher die irisierenden, den
iMetallglanz hervorrufenden Flittercheii liegen, ebenfalls von kon¬
traktiler Natur ist*}. Es läßt sich wohl denken, daß die hierdurch
veränderte Stellung und Richtung der irisierenden Plättchen auf
das Sichsteigern und Abnehinen des Glanzes der Metallfarben
einwirken muß.
solcheu Annahme fühlt man sich auch gedräunt, wenn
wir absterhemle Fische aufmerksam betrachten. Idi that dies uuter
aiidenn an dem mäiinlicheu, bekanntlich zur Fri.l.jahrszeit so schön-
arblgeu Bitterling, Eiiodeus amarus. Hier nimmt beim Tode vor
iiusern Augen das prächtige Irisieren, namentlich an den Seiten des
Leibes, entschieden zu und wird maiiigfaltiger, als es am lebeiisfrischen
lere gesehen wird. Die Erklärung hierfür kann nur darin gesucht
werden, daß die kry.stalliuisclieu Plättchen innerhalb des kontraktilen
asma sich verschieben, möglicherweise zusaniiiienrückeu und wieder
auseiuaiider weichen und damit den Glanz und Schimmer verändern
ße. der besagten Erscheinung mag es sich überhaupt um ein letztes
Zucke^cr Zellsubstaiiz au der Peripherie des Körpers handeln,
a J '^®‘'®‘*®'‘'“’'“'(*"8«“«i'ieBedeckungeii der Amphibien, 1876, Sonder-
au gab S. 60) war mir an Batrachicr... welche in Weingeist abgeW.e waren
au gefallen daß das Netz, welches das weifsliche, guaniiihaltige Pigment ent
halt, Ve, Schiebungen Ul seiner Lage erführt, so daß es bei dem einen ludividimm
in Hmsieht auf die Ausbreitung des schwarze,, Pigmentes, höher, bei dem au:
deren tiefer hegt. Schon dieses Verhalte., deutete aut Kontraktilität des Netzes
hm. Be, spateren Untei-suchnngen. insbesondere an den Larve., von lalor
kan, bestimmt zu Jage, daß auch die das hanisanie Pigment eiuschließende.:
Zellen die Gestalt verändern, so daß sie ans der strahligen in die rundliche
ß:s:\trr;: iSr-
7
gleiclisam um ein letztes Aufflackern des Lebens^ was an gewissen
Meerfiscben nocli in höbereni Grade ein schon ini Altertum bewundeites
Farbenspiel über die Körperoberfläclie des sterbenden Tieres gleiten läßt.
Bezüglich der eigentlichen Natur des Leuchteus in unserem
Falle geht aus dem Bisherigen als etwas Selbstverständliches hervor,
daß dasselbe nur auf reflektiertem Lichte beruht. Die Leuchtpunkte
der Ellritze, wenn sie durch Verhältnisse der Örtlichkeit, eiufalleudes
Licht und Temperatur als solche sich darstellen, sind auf die gleiche
Liuie mit den durch ein Tapetum leuchtenden Augen und den
»augenähnlichen Organen« gew-tsser Fische zu bringenO.
Zum Schlüsse möchte ich noch ins Gedächtnis zurückrufen, daß
vor nun gerade huudert Jahren Goethe über eine von ihm gemachte
Beobachtung Nachricht gibt, die mir das genaue Seiteustück zu der
Kner’scheu Mitteilung zu bilden scheint — wahrscheinlich sogar bis
auf die Fischart herab.
Mitten in der Unruhe des Lagerlebeus, während des Feldzuges
nach Frankreich, immerfort auf das »Phänomen der Farbe« achtsam,
sieht Goethe auf einer Wiese einen trichterförmigen Erdfall, ge¬
lullt vom reinsten Quellwasser, oben von etwa dreißig Fuß im
Durchmesser. Kleine Fische lebten in dem klaren Wasser und
spielten nach ihren Bewegungen in verschiedenen Farben. Die Er¬
scheinung wird ihm vollkommen klar, als er an einer Scherbe Stein¬
gut, welche in den Trichter gefallen war, ebenfalls die schönsten
prismatischen Farben gewahrte und durch Scherbenstücke, die er selber
hineinwarf, bemerken konnte, daß sie zuletzt als kleine weiße Kör¬
per, ganz überfärbt in Gestalt eines Flämmchens am Boden anlaugten.
Schon dem Agricola sei die Erscheinung bekannt gewesen und
letzterer habe s”ch bewogen gesehen, sie unter die »feurigenPhäuomeue«
zu rechnen.**)
Zwei javanische Wildschweine des Berliner
zoologischen Gartens (wahrscheinlich Sus longirostris Nehring).
Von Prof. Dr. A. Nehring in Berlin.
Seit vorigem Winter besitzt der Berliner zoologische Garten
ein Paar javanische Wildschweine, welche ein specmlleres Interesse
verdienen. Dieselben wurden im Wege des Tierhandels über England
*) Vergl. Leydig, Pie augenähnlichen Organe der Fische. 1881, S. 90 ff.
**) Göthe’s Werke, Ausgabe letzter Hand, 1829, Bd. XXX, Campagne
in Frankreich, S. 28.
8
bezoffeu und erregten sofort nach ihrer Ankunft meine besondere Auf-
o o
merksamkeit. Auffallend erschien zunächst ihre schlanke Figur,
welche im Kreuz höher war als im Widerrist, auffallend ihre lebhaften,
behenden Bewegungen, der relativ kurze, fast uiibehaarte Schwanz,
die eigentümliche Form der Ohren, der schmale Kopf, u. a. m,
Herr Direktor Dr. Heck fragte mich um meine Ansicht über
die Species, welcher die beiden Exemplare ($ und 9) a,ngehören
möchten ; doch wagte ich zunächst kein bestimmtes Urteil über
dieselben zu äußern. Eine nähere Untersuchung war vorläufig un¬
möglich, da sie sehr scheu waren und sich mit Vorliebe im Stroh
ihres Aufenthaltsraumes verbargen. Erst nach Ostern d. J., als die
beiden Tiere aus ihrem Winterquartiere (im Elefantenhause) in das
für sie bestimmte Sommerlogis gebracht werden sollten, benutzte ich
auf Einladung des Herrn Direktors Dr. Heck die Gelegenheit, um
dieselben näher zu untersuchen und namentlich ihr Lebensalter fest¬
zustellen. Man fing die beiden Schweine mit großen Käschern ein,
und ich konnte nun genau beobachten, daß sie noch das Milcligebiß
besaßen, und daß insbesondere die Milchhakeu und die äußeren
Milchschneidezähne noch vorhanden, also noch nicht gewechselt waren.*)
Nach Analogie der Gebißentwickelung unseres gemeinen Wildschweines,
welches im Alter von ca. 10 — 11 Monaten die Milchhaken zu wechseln
pflegt, konnte ich den Schluß ziehen, daß die beiden vorliegenden
javanischen Wildschweine noch jung (und zwar sehr wahrscheinlich
unter 10 Monate alt) seien. Hieraus ergab sich der weitere Schluß, daß
sie noch keineswegs ausgewachsen und ihre Art-Charaktere noch nicht
ausgebildet seien. Nach den Beobachtungen, welche ich au sonstigen
Wildschwein - Species augestellt habe, bilden sich die specifischeu
Charaktere hauptsächlich erst im Laufe des zweiten und dritten
Lebensjahres, und zwar am deutlichsten bei den m ä n n 1 i c h e n
Individuen, heraus; die weiblichen Individuen zeigen die Species-
Charaktere weniger ausgeprägt. **)
Die beiden javanischen Wildschweine vvurden vorläufig ver¬
mutungsweise als »Sus vHtatus« etikettiert, wenngleich manches
gegen die Richtigkeit dieser Bestimmung sprach.
*) Vergl. meine eingebeiulen Untersuchungen über die Gebißentwickelung
dev zahmen und wilden Schweine in den »Landwirtschaftlichen Jahrbüchern«,
herausgogeben von H. Thiel, 1888, p. 32 ff, wo die im Gebiß hervortretenden
Alterskennzeichen der Schweine genau besprochen sind.
**) Dieses gilt ja auch von vielen anderen Säugetier-, sowie von zahl¬
reichen Vogel- Gattungen.
9
Im Laufe des Sommers liat sich nun mit voller Sicherheit
heransgestellt, daß es sich nicht um Siis vittatus handelt, sondern
um eine Species, welche zu der mit Gesichtswarzeu versehenen Gruppe
südost-asiatischer Wildschweiue gehört. Ich beobachtete gegen Lude
Juli d. J., daß bei dem Männchen unter jedem Auge (in der Höhe
des Jochbogeus, etwa 1 Zoll vom Auge entfernt) ein deutlichei,
scharfumgreuzter Höcker hervortrat, und daß zugleich ein laugei,
spitzzulaufeuder, schwarzer Backenbart in der hinteren Waugengegend
sich entwickelt hatte. Ich konnte zugleich feststelleu, daß die
Milchhaken und die äußeren Milch -Schneidezähne inzwischen ge¬
wechselt waren. Bei dem Weibchen war ein entsprechender Höckei
unter dem Auge nicht zu sehen; dagegen schien der An taug eines
Backenbartes erkennbar zu sein.
Seit Ende Juli habe ich die beiden Tiere wiederholt und ein¬
gehend beobachtet und bin schließlich zu der Ansicht gekommeu,
daß sie wahrscheinlich zu der von mir 1885 aufgestellten Species:
Sus longirostris welche auf Borneo und Java vorkommt.* **)) Diese
Art ist bisher wesentlich nur dem Schädel nach bekannt; über ihr Außeres
konnte ich nach den Angaben Grabowskys, der das Original-Exemplar
in Südost-Borneo erlegt, aber die Haut nicht mitgebiacht hat, nur
mitteilen, daß der betreffende Keiler »dunkel behaart war, ähnlich
unserem europäischen Wildschweiue, und zwei warzenähnliche Haut-
falten im Gesicht hatte.« Hiernach unterschied Grabowsky diese
Art mit Bestimmtheit von einem ebenfalls erlegten Keiler des Bart¬
schweins, Siis harhaüis, den er sofort richtig bestimmte, während er
den Schädel des ersterwähnten Keilers (mit leicht verzeihlichem
Irrtum) unrichtig als »Sus verrucosus« etikettierte. Ich erkannte,
als ich diesen Schädel erhielt, sofort mit Sicheiheit, daß es sich nicht
um Sus verrucosus handeln könne, und gelangte schließlich durch
eingehende Studien zu der Ansicht, daß jener Schädel eine neue
Spe”cies repräsentiere, für welche ich den Namen Sus lovgirostris
vorschlug. Später konnte ich nachweiseu, daß ein Wildschwein mit
derselben Schädelform auch auf Java vorkomine. )
Von manchen Autoren, z. B. von Jentiiik in Leyden,***) ist diese
neue Species freilich bisher mit Zweifel aufgenommen worden, aber
*) Vergl. meiue ausführliche Arbeit über »Siis celebensis und Verwandte«,
Berlin 1889, Verlag von Frieclländer u. S., wo auch meine bezüglichen älteren
Publikationen citiert sind.
**) Siehe »8hs celebensis und Verwandte«, p. 19.
***) On the inalayan and papuan pigs in the Leyden Museum in den
Notes from the Leyden Museum, Bd. XIII, p. 94 f.
10
wie ich glaube, ohne genügenden Grund. Jetzt scheint ein merk¬
würdiger Zufall zwei hoffnungsvolle Repräsentanten derselben von
Java nach Berlin geführt zu haben. Ich frage: Welcher Species
dürfen dieselben zugerechuet werden ? Von Sus vittatus kann gar
keine Rede mehr sein ! Von Sus verrucosus weichen sie ebenfalls
wesentlich ab. Es bleibt also nur Sus longirostris übrig,*)
falls man nicht aunehmen will, daß die Tiere sich später (etwa im
3. oder 4. Lebensjahre) wesentlich verändern und die Charaktere
von Sus verrucosus annehmen werden. Letzteres halte ich aber für
sehr unwahrscheinlich ; ich schreibe sie vorläufig meinem Sus longi¬
rostris zu, einer Art, die in vielen Punkten eine mittlere Stellung
zwischen Sus verrucosus und Sus harhatus einuimmt.
Ich halte es für zweckmäßig, ihr jetziges Aussehen, wie ich es
heute am 11. Oktober 1891 beobachtet habe, hier zu beschreiben.
Beide Tiere sind im Vergleich zu unserem europäischen Wild¬
schweine schlank gebaut und sehr behende in ihren Bewegungen.
Die Kreuzgegend ist konvex gerundet und liegt höher als das
Widerrist. Die Behaarung ist am Rumpfe durchweg sparsam, so daß
die rötlich-graue Haut fast überall durchscheint; nur der Kopf, der
Kacken und die unteren Teile der Beine sind dichter behaart. Auf
Stirn und Nacken stehen ziemlich lauge, dicht gewachsene Borsten.
Der Schwanz ist auffallend kurz und fast nackt; doch bin ich einiger-
maßen zweifelhaft, ob dieser Zustand ganz normal ist, wenngleich
er bei beiden Exemplaren gleichartig erscheint. Jedenfalls kann
Ich konstatieren, daß die Beschaffenheit des Schwanzes sich seit
Ankunft der beiden Tiere, d. h. also seit ca. 9 Monaten, nicht
geändert hat.
Die Farbe der Borsten ist auf Stirn, Nacken, Rücken und
Flanken meist eine schmutzig-gelbliche; doch stehen einzelne schwarze
Borsten dazwischen. Die Kehle und der Bauch sind mit weißen,
*) In vielen Punkten gleichen die beiden vorliegenden javanischen Wild¬
schweine dem Sus mystaceus , einer etwas problematischen Art, welche
Gray 1873 aufgestellt hat. (Vergl. Ann. and Mag. Nat. Hist., 1873, Bd. 11,
p. 436 und Handlist of the Edentate, Thick-Skinned and Runiinant Mammals,
1873, p. 62 nebst Taf. 25 u. 26.) Aber in einem Hauptpunkte ist eine Ver¬
schiedenheit vorhanden: nämlich darin, daß Sus inystaceiis Gi'&j, obgleich
diese Art nach einem mindestens 2jährigen, also annähernd ausgewachsenen
Keiler beschrieben worden ist, keinen Höcker unter dem Auge besitzt. Dazu
kommt, dafs es nach Gray sehr zweifelhaft ist, ob jenes Exemplar, das er als
Sus mystaceus beschrieben hat, wirklich von Java herstammte; seine Heimat
war nicht genau bekannt.
11
ziemlich weichen Borstenhaaren bewachsen. Die Beine zeigen eine
kurze, schwarze Behaarung. Die Ohren sind sehr schwach behaart,
beinahe nackt; in Bezug auf die Grobe ähneln sie denen des euro¬
päischen Wildschweins, aber sie sind von abweichender, mit Worten
schwer au beschreibender Gestalt.
Besonders eigentümlich ist die Form und Zeichnung des Kopfes.
Derselbe ist sehr lang und schmal, was namentlich bei dem Männchen
stark hervortritt. Die Augeuspalte setzt sich nach vorn in einen langen,
schmalen Schlitz fort, welcher au die »Thränengruben« der Cervideu
erinnert, über jedem Auge findet sich eii] schmaler Längsstrich
von weihen Borsten. Der vordere Teil der Schnauze ist schwarz be¬
haart; weiter hinten (etwa in der Gegend des Mundwinkels) zieht sich eine
weißliche, unregelmäßig begrenzte Querbinde um die Schnauze herum.
Wie schon oben erwähnt wuirde, hat sich bei dem Männchen ein
langer, spitzer, schw^arzer Backenbart auf dem hinteren Teile der Wange
und ein starker warzenartiger Höcker unter jedem Auge herausgebildet;
bei dem Weibchen fehlt dieser Höcker bis jetzt und der Backenbart ist
nur andeutungsweise vorhanden. Ich betone noch, daß der Backenbart
des Männchen von ganz anderer Form und Farbe ist, als bei Susbarhatus.
Ich habe vor mehreren Jahren zwei lebende, weibliche Bartschweine
(aus Borneo) im Haustiergarten zu Halle a. S. gesehen *) und kann
behaupten, daß dieselben in vielen wesentlichen Punkten von dem
vorliegenden Weibchen abweichen, obgleich sie dem Lebensalter nach
mit letzterem genau harmonierten.
Um die Identität der beiden vorliegenden javanischen Wildschweine
mit meinem Sus longirostris sicher festzustelleu, würden allerdings
erst noch Schädel- und Gebiß- Vergleichungen nötig sein, welche
•. vorläufig nicht ausführbar sind. Hoffentlich werden die beiden
Tiere auch ferner gut gedeihen und vielleicht gar Nachkommenschaft
erzielen. Das Männchen, das im vorigen Winter nicht viel große
war als das Weibchen, hat inzwischen letzteres bedeutend an Größe
überholt, obgleich es durch eine starke Verletzung (Bruch oder
Verrenkung?) des rechten Fußes, in der Gegend der Fusswurzel,
längere Zeit beeinträchtigt wurde.
Jedenfalls besitzt der hiesige zoologische Garten in den beiden
Tieren zwei sehr interessante und seltene Objekte, die eine sorgsame
Pfletre verdienen, und welche hoffentlich noch recht lauge am Leben
bleiben werden.
Berlin, den 11. Oktober 1891.
*) Siehe meine Bemerkungen in *Sus celebensis und Verwandte«, p. 22.
12
Der Wasserstar, Cineliis aqiiaticus, in seinem (lefangeiileben.
Von Ernst Perzina, Wien.
Zu den seltensten Erscbeiimngeii unserer heimischen Vogel weit
in Gefangenschaft gehört der Wasserstar, und doch ist er ein überaus
anziehender Gefangener, dessen Benehmen ebenso wie in der Freiheit
jeden Beobachter fesselt, selbst wenn er sein eigenartiges Treiben im
eng begrenzten Raume des Käfigs nur zum Teile zeigen kann. In
einem größeren, übergitterteu Raume, welcher mit bald seichterem,
bald tieferem geräumigen Wasserbecken, mit Steinen, Baumstrünken,
Höhlungen etc. ausgestattet ist, in einem Gewahrsam, wie ihn die
zoologischen Gärten unserem Vogel zur Heimstätte auweisen könnten,
würde der im Freileben meist so schwer zu Beobachtende gewiß alle
seine Tauch- und anderweitigen Künste zum besten geben und
zweifellos würde, wenn in solcher Weise uutergebracht, der Wasser¬
star in jedem Tiergarten einen hervorragenden Anziehungspunkt für
alle Besucher bilden.
Trotz dieses anziehenden Wesens findet man den Wasserstar fa.st
nie im Besitze einer zoologischen Anstalt oder eines Liebhabers, denn
er gehört zu den am schwierig.st an die Gefangenschaft zu gewöhnen¬
den Vogelarten. Wie schwer seine Eingewöhnung ist, geht wohl
daraus hervor, daß sich viele der bedeutendesten Vogelpfleger vergeb¬
lich an dieser versucht haben; so schreibt der bekannte Schweizer
Ornithologe Dr, Girtan n er an A. E. Brehm: »Wasserschmätzer zu
erhalten hat mir durchaus nicht gelingen wollen. Ich hatte deren
vier zusammen in einem großen Behälter. Sie fraßen Mehlwürmer
und Ameiseneier massenhaft, sangen schon am ersten Tage, badeten
und waren guter Dinge. Aber schon nach wenigen Tagen bemerkte
ich mit Betrübnis, daß sie zu naß und nach dem Bade nicht so bald
wieder trocken wurden. Das wurde schlimmer von Tag zu Tag, und
als ich einen herausgenommen, fand ich ihn, wie vermutet, sehr ab¬
gemagert, trotz alles Fressens. Selbstverständlich liefert unter solchen
Umständen die Bürzeldrüse nicht mehr genug Fett für die Federn,
diese bleiben länger als gut ist naß, und damit ist allen möglichen,
namentlich aber Erkältungskrankheiten Thür und Thor geöffnet.
Meine Gefangenen starben innerhalb der ersten acht Tage; sie fraßen
und sangen bis zum letzten Augenblick.«
Nicht besser, oder eigentlich noch viel schlechter, erging es mir mit
den ersten Versuchen der Eingewöhnung unseres Vogels, denn meine
13
Gefangener) verweigerten ausnahmslos in den ersten Tagen jede Nah¬
rungsaufnahme, so daß ich sie tagelang mühsam stopfen mußte, bis
sie endlich aus freien Stücken wenigstens Mehlwürmer annahnien, im übri¬
gen waren sie anfangs wie alle Frischfänge dieser Art unbändig wild und
suchten sich stets in irgend einer Höhlung zu verbergen. Bei meinen
ersten Versuchen richtete ich den Wassersfcareu, um ihren Gewohn¬
heiten der Freiheit möglichst zu entsprechen, einen großen Käfig mit
einem geräumigen Wasserbehälter, Steinen, Wurzelwerk u. s. w. ein,
gab in das Wasserbecken Wasserinsekten, selbst kleine Fische, streute
auch frische oder getrocknete Ameiseupuppen, Mehlwürmer hinein
und im ganzen Käfige herum, aber trotz aller Sorgfalt konnte ich
es augenscheinlich den Vögeln nicht recht machen, denn einer wie
der andere ging unter denselben, ganz -merkwürdigen Erscheinungen
ein. Wenn ich den eben erhaltenen Vogel in diesen, meiner damaligen
Ansicht nach so entsprechend eingerichteten Käfig setzte, raunte und
flatterte er wie toll umher, bis er sich endlich in ein Versteck, unter
einen Wurzelstrunk oder dergl. drückte; glaubte er sich unbe¬
obachtet, so verließ er diese Deckung und begann nach einem Auswege
zu suchen, um sich aber sofort bei einer Annäherung in seinen
Schlupfwinkel zu flüchten. Selbständige Nahrungsaufnahme fand trotz
der verlockendsten umhergestreuteu Leckerbissen nie statt und, wie
bereits erwähnt, mußte die Ernährung durch gewaltsames Einstopfen
vorgenommen werden. Dies scheint für kurze ^eit dem Vogel keinen
Schaden zu machen, denn fünf bis sieben Tage laug waren diese
Gefangenen alle recht gut bei Leibe. So lange sie dies waieu, zeigten
sie sich stürmisch wild und dachten weder an fressen, singen, noch
baden, doch bemerkte ich stets scdion am ersten Tage, daß, wenn
sie bei ihrem Herumtoben in das Wasserbehältnis gerieten, sie stark
naß und verhältnismäßig nur sehr langsam wieder trocken wurden.
Eines Tages begannen daun stets plötzlich mit einem wahren Hei߬
hunger die Vögel selbständig zu fressen, aber nie etwas audei'es als
Insekten, Mehlwürmer und allenfalls noch frische Ameisen puppen,
und von diesem Momente au war auch ihr ganzes Benehmen regel¬
mäßig wie mit einem Schlage umgewandelt; die stürmische Scheu
machte einer geradezu aufdringlichen Zahmheit Platz, der Gesang
wurde aufgenommen und im Übermaße gebadet. Die Wasserschmätzer
waren in diesem Stadium fast den ganzen Tag naß, doch glaubte ich
damals darauf kein weiteres Gewicht legen zu müssen, denn sie saugen
ja so eifrig, und der Gesang ist ja sonst bei jedem Vogel — mit
der mir schon damals bekannten Ausnahme des Zaunkönigs unter
14
gewissen Umständen — ein Zeichen von Wohlbefinden oder doch
wenigstens der Gesundheit.
Bald mußte ich aber zu meinem Schrecken sehen, daß die
Vögel trotz allen Fressens immer mehr verfielen, sehr rasch ab¬
magerten und schließlich, oft noch singend, wenn sie sich schon
kaum mehr auf den Füßen halten konnten, eingingen. Zunächst
schob ich nun die Schuld darauf, daß die Mehlwürmer und Ameisen¬
puppen, welche die Vögel ja nur selbständig annahmen, zu deren
Ernährung zu wenig seien, und versuchte es, sie nebenbei mit rohem
Riudsherz zu stopfen ; damit erzielte ich insofern ein günstiges Re¬
sultat, indem es mir nun gelang, die Schmätzer statt 10 — 12 Tage
im günstigsten Falle 14 — 16 zu erhalten, ein weiteres Resultat war
aber auch da nicht zu erreichen, und endlich gab ich es ärgerlich
über die so mühsamen und in anbetracht der Masse vertilgter Mehl¬
würmer etc. und des verhältnismäßig hohen Preises, welchen ich dem
Fänger für das unbeschädigt eingelieferte Tier bezahlen mußte, auch
ziemlich kostspieligen Versuche auf, umso mehr, als mir die erfah¬
rensten Vogelpfleger versicherten, daß ich mit Altgefangeneu nie
bessere Resultate erzielen würde. Nun verlegte ich mich auf das
Aufpäppeln von Jungen. Diese gediehen ganz prächtig, aber drei
bis längstens vier Monate nach ihrem Selbständigwerden gingen die
überaus liebenswürdigen Tiere unter fürchterlichen, sich erst verein¬
zelt, bald aber in rascher Reihenfolge wiederholenden Krämpfen ein.
Da im selben Jahre noch ein und in den letzten Jahren zwei andere
Liebhaber mit sehr gut aufgezogenen, kräftigen Wasserstaren dieselbe
Erfahrung machen mußten, so möchte ich fast glauben, daß alle
künstlich Aufgepäppelteu dieser Art dem gleichen Verhängnisse zum
Opfer fallen ; vielleicht weil bei ihrer Aufzucht irgend ein notwen¬
diger Futterstoff, weil uns unbekannt, mangelt. Nebenbei möchte
ich bemerkeu, daß derartig aufgezogene Wasserstare wohl durch ihr
ungemein kluges, zutrauliches Wesen erfreuen, im Benehmen jedoch
nur ein schwaches Abbild von der zierlichen Regsamkeit, der nimmer
müden Beweglichkeit eingewöhnter Altgefangener geben, auch zeigten
sie trotz aller Zahmheit nie jenes für den Altfang so charakteristische,
den Beschauer so ungemein anmutende Ansiugen ihres Pflegers oder
ihnen auffallender Tiere, auf welches ich noch später zurückkommeu
werde, möglicherweise deswegen, weil dieses von jedem alt gefangenen
und gezähmten Männchen gezeigte Benehmen in geschlechtlichen Re¬
gungen seine Ursache hat und solche bei den jungen Tieren sich
noch nicht merklich machten.
15
Ich kann sagen, daß ich mich, nachdem auch die auferzogenen
Wasserstare eingegaugeu waren, zu der Ansicht hinneigte, daß diese
Art in Gefangenschaft überhaupt nicht zu erhalten sei, zur selben
Ansicht, die vor mir schon so viele Vogelpfleger ausgesprochen haben!
Nun, ich sollte mich in der Folge überzeugen, daß diese Ansicht eine
irrige, daß es, wenn allerdings auch sehr mühevoll, doch bei richtiger
Behandlung fast regelmäßig die Eingewöhnung und dann die dau¬
ernde Erhaltung ohne besondere Schwierigkeiten möglich sei. Wenn
dies bis dahin nicht gelungen war, so lag dies au der Behandlung
der Frischfänge, nicht trotzdem, sondern gerade weil man diese mög¬
lichst naturgemäß gestalten zu müssen glaubte und hierzu bei dem
Wasserfreunde es natürlich und notwendig hielt, diesem das vertraute
Element so viel wie möglich zugänglich zu machen.
Als ich vor einigen Jahren Versuche mit der Eingewöhnung
alt gefangener Eisvögel begann, welche nebenbei bemerkt bald fast
regelmäßig gelangen, machte ich an diesen die Beobachtung, daß,
während der gesunde und vollkräftige Vogel nie eigentlich naß wird,
da das Wasser au seinen Federn nicht haften bleibt, bei dem gering¬
sten Unwohlsein diese Wasserfeste des Gefieders schwand und der
Vogel beim Tauchen ebenso naß wurde wie irgend ein Singvogel,
wenn er dies versuchen wollte. Ich sah bald, daß um dieses Ubel-
befinden hervorzurufen, eine starke Aufregung, wie das Herausfangeu
aus dem Käfige etc. genügte, daß die Frischfänge unmittelbar nach
ihrer Einlieferung, wenn ihnen Gßlegenheit, dem Wasser nahe zu
kommen geboten war, regelmäßig naß wurden, während sie etwa
3 — 4 Stunden später, wenn sie sich beruhigt hatten und sonst gesund
waren, selbst hei starkem Tauchen ganz trocken blieben. War ein
Eisvogel einmal naß, so gab es selten mehr eine Rettung für ihn,
und ich setzte ihm deswegen, um allen Widerwärtigkeiten vorzubeugen,
fortan das Wasser nur mehr in kleinen, schmalen Gefäßen, in welchen ein
starkes Einnässen geradezu unmöglich war, vor, erst wenn sie gänzlich
eingewöhnt waren, größere reichend. Es war naheliegend, daß ich
auf den Gedanken kam, das gleiche »trockene« Verfahren auch ein¬
mal an den Wasserstareu zu versuchen, und als ich nach vieler Mühe
wieder einen solchen erhielt, brach ich mit den Anklängen an Weiden¬
gestrüpp und Bachesfluten gänzlich und setzte meinen Gefangenen
in eine noch größere Steige, wie man solche in Österreich sehr vitd
zur Eingewöhnung von Frischfängen in Gebrauch hat. Es sind dies
ganz niedere Käfige von etwa 50 Gern und höchstens 20 — 25 cm hoch ;
diesf3 Käfige bestehen aus Holz und Draht, und man gibt keine
16
Sitzstaiigeu hinein, um den Vogel zu zwingen, sich auf dem Boden
in unmittelbarer Nähe des Futters aufzuhalten, was erfahrungsgemäß
diesen zum baldigen Nahruugsaufnehmen veranlaßt. Bei den Steigen,
welche ich zur Eingewöhnung der Zaunkönige verwende, besteht in¬
sofern eine Änderung, als ich bei diesen das Drahtgitter gänzlich weg¬
lasse und das Holzgestell mit grober Leinwand überziehe; ich hatte
damit die Absicht, das fortwährende Suchen nach einem Auswege,
welches der Zaunkönig selbst im verdeckten vergitterten Käfige an¬
fangs stets versucht und bei welchem er nicht nur nicht zur Ruhe
kommt, sondern sich auch häufig noch wund stößt, zu verhindern. Da der
Wasserstar wie in so vielen Stücken in seinem Wesen auch hierin es
dem Zaunkönige völlig gleichthut, so verwendete ich für ihn dieselbe
Steige wie für den befiederten Zwerg. Wasser gab ich nur in einem
ganz kleinen Näpfchen, Mehlwürmer und Ameisenpuppen wurden auf
den Boden gestreut. Da dieser Vogel ebenso wenig wie seine Vor¬
gänger in meiner Pflege gleich Nahrung aufnehmen wollte, stopfte
ich auch ihn mit Fleisch u. a. Nachdem er etwa fünf Tage in
meinem Besitze gewesen war, nahm er Mehlwürmer freiwillig auf,
und ich erwartete nun, daß bei ihm, wie dies ja bei allen anderen
regelmäßig der Fall gewesen, an Stelle seiner rasenden Scheu jene
bereits erwähnte Zahmheit treten werde; aber zu meinem größten
Staunen blieb der Vogel jetzt genau so wild wie früher und auch,
als ich ihn nach drei Wochen als fest eingewöhnt betrachten konnte,
da er sehr gut das Ersatzfutter anuahm und ich ihn in einen ge¬
räumigen Kisteukäfig übersiedelte, war er so scheu, daß jede Annä¬
herung ungefähr noch ein Vierteljahr lang stets unsinniges Toben seiner¬
seits hervorrief. Erst nach dieser Zeit wurde der Vogel ruhiger, nahm
Mehlwürmer aus der Hand, und nach weiteren drei Monaten war er
so zahm geworden, wie dies eben ein alt gefangener Vogel nur sein
kann. Singen hatte ich während dieses ganzen Zeitraumes den Vogel
uie o’ehört, und trotzdem ich ihn nach Farbe und Gestalt für ein
Männchen zu halten geneigt war, glaubte ich schließlich doch ein
Weibchen vor mir zu haben. Da mit einem Male, zu Frühlingsende
begann er sein Lied äußerst fleißig vorzutragen.
Eine auffallende Erscheinung war es mir, daß der Vogel, welcher
im Freien nirgends vorkommt, wo es an Wasser fehlt, dieses nicht
nur nicht besonders aufsuchte sondern geradezu mied, sich nur selten
badete und hierbei trotzdem ersichtlich kerngesund blieb ; obgleich er
sehr gut bei Leibe und sicherlich auch die Bürzeldrüse hinreichend
mit Fett gefüllt war, wurde er doch genau ebenso naß im Bade
17
wie ein Star, freilich aber auch ebenso schnell trocken wie dieser,
während alle Vögel, die ich früher besessen, zum Trockenwerden
ungemein lange gebraucht hatten. Ich besaß den Vogel etwa ein Jahr,
als er einmal Gelegenheit fand, in die Stube zu entwischen. Da er
hier im großen Raume ein ungemein anziehendes nettes Benehmen
zur Schau trug, wurde ihm trotz starken Schmutzens hier fortan volle
Freiheit gewährt. Der Wasserschmätzer lief auf Tischen und Stühlen
herum, beguckte uud betastete alles, was ihm vor den Schnabel kam,
ging aber dem Wasser, welches ich ihm in einer flachen Schüssel
hingestellt batte, lauge ebenso sorgfältig aus dem Wege wie früher.
Ich war daher nicht wenig überrascht, eines Tages meinen Liebling
auf dem Rande eines ziemlich tiefen, völlig gefüllten Wasserkübels
sitzen zu sehen mit der ganz deutlich zur Schau getragenen' Absicht,
sich hiueinzustürzen ; da ihm zu solchem Wagnisse aber doch der
Mut zu fehlen schien, so warf ich einen Mehlwurm hinein, — diesen
hatte er sich, wenn auch allerdings stets erst nach einigem Zaudern,
regelmäßig aus seinem gewöhnlichen Wasserbehälter herausgeholt,
wenn iu diesen solcher Leckerbissen geworfen worden war, — und
nun stürzte sich mein Freund auch sofort hinein, aber o weh ! er
hatte Tauchen uud Schwimmen verlernt und plätscherte hülflos an
der Oberfläche herum; hätte ich ihn nicht herausgezogeu, er wäre
sicher ertrunken! Durch uud durch naß flüchtete sich der Wasser¬
star, wieder festen Boden unter den Füßen fühlend, mit einigen
raschen Sprüngen. Merkwürdigerweise verlor er durch dieses Er¬
eignis nicht seine ohnehin geringe Lust zum Baden, sondern er
suchte fortan seine Wasserschüssel viel öfter heim als früher, und
allmählich konnte ich bemerken, daß sein Gefieder wmhl noch bei
starkem Bade naß wurde, bei bloßem Herumwaten aber nahezu
trocken blieb; diese Wasserdichtigkeit des Gefieders nahm von Tag
zu Tag zu und nach etwa einem Monat konnte sich der Wasserstar
»trockenen Fußes« bis zum Halse ins Wasser wagen. Nun schien
auch seine Vertrautheit mit diesem Elemente zuzunehmen, er begann
zu tauchen uud nach kurzer Zeit besaß er diese Fertigkeit in so hohem
Grade wie wohl je! Der tiefste Wasserbehälter wurde nun bis auf den
Grund besucht und der Leckerbissen herausgeholt. Bei seinem Tauchen
geht der Vogel iu folgender Weise vor: er setzt sich auf den Rand
des Gefäßes, späht in das Wasser, wie dessen Tiefe abmessend,
uud taucht dann in etw'as schräger Richtung rasch auf den Boden
hinab; auf diesem angelangt läuft er rasch dahin, nimmt einen Mehl¬
wurm oder dergl. iu den Schnabel und kehrt daun sofort zur Ober-
Zoolofr. Hart. .Tahrgr. XXXIII. 1S02. 2
18
fläche zurück. Im Wasser scheint er sich unr auf dem Boden
laufend bewegen zu können, und ein wagrechtes Schwimmen zwischen
Wasserspiegel und Boden habe ich nie beobachtet. Sobald der Vogel
unter Wasser ist, zieht sich von innen ein ganz feines Häutchen
über die Nasenlöcher. Die längste Zeit, welche der Wasserstar
unter Wasser zu ' bleiben vermag, scheint 22 Sekunden nicht zu
übersteigen, denn dies war die längste Zeit, welche ich an meinem
Gefangenen beobachten konnte. Kommt der Vogel mit irgend etwas
Genießbarem aus der Tiefe empor, so schüttelt er das Gefieder, wobei
die Tropfen nur so sprühen, verschlingt den Bissen, singt eine kurze
Strophe und stürzt sich, falls er noch etwas im Wasser weiß, sofort
wieder in dasselbe. Unter dem Wasser verzehrt der W^asserschraätzer
nie etwas, gleichviel ob er es von dem Boden des Behälters aufge-
noinmen hat oder ob er es beim Hinabstoßen erfaßte. Mein W^asser-
schmätzer suchte oft ein großes Aquarium heim, was ich insofern
ungern sah, als er dabei die Wasserpflanzen wahrscheinlich nach
Insekten durchsuchend, regelmäßig in Unordnung brachte. Fische hat er
aber nie gefangen, trotzdem es ganz kleine Lauben, Ellritzen u. a.,
welchen ein Eisvogel gewiß alle Ehre angethan hätte, in Menge gah.
Tote Fische fraß er indes gelegentlich, wenn sie ihm vorgeworfen
wurden, dies thut aber jede Drossel auch, und ich bin der Über¬
zeugung, daß der Wasserschmätzer nie ein regelrechter Fischfresser ist ;
in der Not mag er es vielleicht manchmal sein, aus Vorliebe aber gewdß
nicht, denn sonst hätte er zweifelsohne bei mir die ihm so günstige
Gelegenheit besser benützt ! Hingegen liebte er ungemein alle Arten
von Wasserschneckeu, deren Schalen er mit dem Schnabel zertrüm¬
merte. Die Deckelschnecke*) indes war vor ihm sicher, ebenso die
Teichmuscheln.
Als ich einmal einige Zeit von Hause fort war, mußte der
Schmätzer über drei Wochen in seinem Käfige verbringen. Als er
wieder frei gelassen wurde, zeigte es sich, daß er während dieser
kurzen Zeit nicht nur seine Geschicklichkeit im Tauchen wieder völlio'
O
verloren hatte, sondern daß auch sein Gefieder nicht mehr wasserdicht
war; indes änderte sich dies rasch, und schon nach einigen Tagen
war er mit dem flüssigen Elemente so vertraut, wie nur je. Ich
glaube, daß man hieraus ' — die ganz gleiche Erfahrung habe ich
später auch mit anderen Wasserstaren gemacht — den Schluß ziehen
darf, dass Wasserschmätzer in der Gefangenschaft nur dann völlig
*) Paludina oder Bithynia? N.
19
tauchfällig', d. h. auch ihr Gefieder für das Wasser uudurchlässig ist,
weuii sie, Gesundheit vorausgesetzt, sich frei in einem größeren
Raume, in welchem Wasser in hiureichender Menge vorhanden ist,
längere Zeit bewegen können. Ein solcher Vogel, der stets in einem,
wenn auch geräumigen Käfige weilen muß, wird beim Baden immer
naß, doch darf er dies nicht mehr werden als ein anderer Vogel
unter dem gleichen Verhältnisse und muß ebenso schnell trocknen
wie dieser. Wird ein Wasserschmätzer gar nicht trocken nach dem
Bade, fröstelt er hierbei, dann ist er eben krank. Ich habe seither
schon viele Wasserstare in der gleichen Weise mit bestem Erfolge
eingewöhnt und alle haben sich in ganz gleicher Weise benommen ;
anfangs ungemein scheu, änderte sich dieses Benehmen nur langsam
und machte dann aber auch der größten Zutraulichkeit Platz. Ge¬
sunde Vögel singen nie früher als etwa nach halbjähriger Gefangen¬
schaft, solche aber, welche krank eingeliefert werden, oder bald nach
ihrem Fange krank werden, sind auch sogleich sehr zahm. Es ist
dies eine merkwürdige Thatsache, über welche vielleicht mancher den
Kopf schütteln dürfte, auf welche ich mich aber neben meinen
eio-enen Erfahruno-en auch auf die gleichen von Autoritäten wie Dr.
Girtanner, dessen Mitteilungen ich früher erw'ähnte, und v. Hoin eyer
berufen kann. Letzterer sagt von seinem gefangenen Wasserstare:
»Rührend und an die Sage vom Tode des Siugschwans erinnernd,
war das Ende des Tieres. Ich hatte es in die Hand genommen, um
es wieder einmal zu stopfen, da stimmte es seinen flötenden Gesang
an, und — verschied . . . .« Ist der Wasserstar einmal eingewöhut,
dann ist er auch gar nicht mehr besonders heikel. Kann mau ihm
keinen größeren Raum geben, so weise mau ihm einen geräumigen Käfig,
womöglich einen sog. Kistenkäfig an, denn in einem nach allen Seiten
offenen Behälter ist er stets sehr unruhig. Der Boden wird etwa 2 cm
hoch mit grobem Flußsande bedeckt, in welchem er zuweilen gern ein
Staubbad nimmt. Die Sitzstaugen müssen dick sein, auch ist es
sehr empfehlenswert, einen Teil derselben durch flache, etwa 10 cm
breite Brettchen zu ersetzen, denn auf den schmalen, gewöhnlichen
Sitzhölzern weiß sich unser Vogel nicht recht zu bewegen. So
reizend der Wasserschmätzer sich auf Steinen und Wurzelstrünken zu
bewegen w^eiß, einen so kläglichen Eindruck macht er auf den
schwachen Zweigen eines Strauches sitzend. Hier ein Bild der Un-
beholfeuheit, sonst eines der sichersten Gewandtheit. Das Futter
muß kräftig sein, aus wenig Gelbrübe, vermengt mit geschwellten
Ameisenpuppen, viel Weißwurm und rohem klein geschnittenem
20
Fleische, dazu einige Mehlwürmer, mit welchen mau nicht gar zu
sparsam zu sein braucht. Reines Trinkwasser ist ihm stets Bedürfnis.
Der Gesang des VVasserstars ertönt im Käfig gewöhulich von
Ende Januar bis zu der Ende Juli eintretendeu Mauser, doch schweigt
unser Vogel auch während der übrigen Zeit nicht völlig, und wenn
er in eine gewisse Erregung gebracht wird, kann man ihm fast stets
eine kurze Strophe entlocken ; so singt er, wenn er seines Pflegers,
den er genau kennt, ansichtig wird, wenn mau ihm einen größeren
Vogel oder sein Spiegelbild zeigt. Während seiner eigentlichen Ge¬
sangszeit trägt der Vogel dieses Gebahren ganz besonders auffällig
zur Schau, dann wird es zuweilen zu einer förmlichen Balze. Hoch
richtet sich der Vogel auf seinem Sitze empor, der Hals wird lang
ausgestreckt, die Flügel entfalten sich und schwirren, und dabei
singt er unaufhörlich.
Mit seinesgleichen lebt der Wasserstar nur im großen Raume
halbwegs verträglich ; das heißt, nachdem es einigen Streit und
Hader gegeben hat, kümmern sie sich einfach nicht mehr um einander;
im kleinen Käfig hingegen ist es unmöglich, selbst ein richtiges Paar
zusammen zu halten.
Ein Zug Aale auf der Wanderschaft iin Main.
Von L. Buxbaum, Rauulieim a. Main.
Von dem Fischzuge im Maiu habe ich in dieser Monatsschrift
schon mehrmals berichtet, allein einen vollständigen Zug Aale habe
ich erst im vorigen Sommer beobachtet. Am 1. Juli v. J. kam
nämlich ein so großer Zug Aale, maiuaufwärts ziehend, an dem Fisch¬
paß zu Raunheim an, daß bald die fünf kasteuartigeu Terrassen des
Fisch passes mit Aalen vollständig gefüllt waren und immer noch
große Massen nachzogen. Die meisten hatten eine Länge von 20 bis 30 cm,
doch sah ich dabei manchmal auch recht große ausgewachsene Exem¬
plare. Diese alten Tiere, mitunter von riesiger Länge, hielten sich mehr
auf dem Grunde 'und kamen nur vereinzelt und vorübergehend an
die Oberfläche, während die jungen Aale das ganze Wasser belebten
und massenhaft an der Oberfläche herumschläugelten. Der Übergang
aus einer Terrasse in die zunächst höhere kostete die Aale große
Anstrengung, denn die Wände der fünf Abteilungen des Fischpasses
sind senkrecht und der Wasserfall ist so stark, daß sie sich nicht
21
halten können nnd innner wieder zuriickgeworfen werden. Die Aale
können diese Hindernisse nicht überspringen wie die anderen Fische,
sondern müssen sie durch Anklammern an die Wände und Fort¬
schlängeln zu überwinden suchen. So hat der Zug Tag für Tag bis
zum 12. Juli gewährt, und es müssen in dieser Zeit ungeheuere Mengen
den Paß durchwandert haben. Da nun durch diesen gewaltigen Zug
erwiesen ist, daß auch die Aale in großer Gesellschaft im Main anl-
wärts ziehen, wohl bis dahin, wo das Wasser noch reiner ist als hier,
so könnte man diesen Tieren dan Durchzug durch die fünf Fischpässe
zwischen Mainz und Frankfurt dadurch erleichtern, daß mau soge¬
nannte Aalleitern anbrächte, schiefliegende Kandeluk von Bord, 15
bis 20 cm breit, die von einer Terrasse in die andere führen. Darin
wäre es den jungen Aalen leicht, die Fischpässe durch Hinaufschlän-
iXeln zu überwinden.
Es wäre gewiß von Interesse, wenn dieser außerordentlich
croße Zug der Aale auch anderwärts wäre beobachtet worden,
um feststellen zu können , wie weit sie in sO geschlossenen
Scharen eigentlich gehen und ob und wann sie wieder zurückwan¬
dern ins Meer, oder ob sie später sich trennen und vereinzelt zurückgeheu
oder gefangen werden. Wie anderwärts festgestellt wurde, ist die Ge¬
burtsstätte der Aale das Meer und schlängeln sich die Jungen in die Flüsse
und ziehen darin aufwärts. Es sollen dies nur weibliche Individuen
sein, die, wenn sie fortpflanzungsfähig sind, wieder an die Mündungen
der Flüsse zurück gehen, woselbst sie von den Männchen erwartet
werden. Im Frühjahre treten 'dann die jungen Aale die Wander¬
schaft an und ziehen in großen Scharen in die Flüsse, woselbst sie wie
die anderen Zugfische am Ufer hinstreichen und kein Hindernis
scheuen, um ihren Zweck zu erreichen. Aber nicht alle Aale gehen
wieder zurück zum Meer, denn die Fischer finden solche das ganze
Jahr hindurch im Main, manchmal mehr, manchmal weniger. Jeden¬
falls sind dies solche, die nicht laichen, weil solches doch nur im
Meer geschehen soll. Da der Aal ein sehr geschätzter Fisch ist, so
sollte man doch alles aufbieten, daß das Mainwasser wieder in den
ursprünglichen Zustand der Reinheit versetzt würde, um auch dem
Aal den Aufenthalt im Main angenehm zu machen. So lange das
Wasser in dem unteren Laufe des Mains nicht rein gehalten wird,
o-eheu die Fische nicht hinein und ist es jetzt eine Seltenheit, daß
man einen so großen Zug wandernder Fische hier beobachten kann.
22
Das Vivarium in Wien.
Von Dr. Franz Werner.
Nicht ohne Bangen habe ich und haben mit mir viele Freunde der Natur¬
wissenschaften die Entwickelung des neuesten Wiener Tiergartens, des Viva¬
riums im Prater, verfolgt. Man konnte gar nicht glauben, daß das alte
»Aquarium« noch lebensfähig und lebenskräftig sein könne; besonders seitdem
der frühere Verwalter A. Ulrich, dem wir die wirklich wundervolle Aus¬
schmückung der Galeriezimmer mit den farbenprächtigen Fischen der Adria ver¬
dankten, und in dessen Regierungsthätigkeit die Glanzepoche des alten Aqua¬
riums fällt, jene Zeit, da es noch zahlreiche Krokodile und Ochsenfrösche besaß,
wo Erdferkel, Seehunde, Riesenschlangen etc. noch in seinem Repertoir vertreten
waren und die der Wiener immer meint, wenn er mit Vergnügen vom Aqua¬
rium spricht; seitdem dieser Mann das Aquarium verlassen hat, hielt man das
Aquarium für einen Bau des Schreckens und kaum ein Mensch wagte sich
hinein, und als man hörte, daß das Aquarium unter der Leitung des Herrn
Dr. F. Knauer und unter dem neuen Namen »Vivarium« wieder zu neuem
Leben auferstehen solle, da schüttelte gar mancher den Kopf und bewies haar¬
klein, daß dieses Unternehmen- zu Grunde gehen müsse, denn erstens sei der
Wiener kein Freund solcher Sachen, besonders da er ja das alles in Schön¬
brunn umsonst zu sehen bekomme, und zweitens habe ein so weit vom Centrum
Wiens entferntes Unternehmen von vornherein keine Aussicht auf Erfolg.
Nun, die Zeit hat diese Unglückspropheten genügend Lügen gestraft.
Das Vivarium, dessen Entwickelung ich von seiner Entstehung an verfolgt habe,
steht fest und erfreut sich einer ganz gewaltigen Besucherzahl, worunter viele
Stammgäste. Wenn man bedenkt, daß einstweilen mit dem Vivarium noch
keine Restauration verbunden ist, so muß man zugestehen, daß die Absichten
unserer Wiener Vivarium-Besucher im allgemeinen viel reiner sind als die vilere
Besucher der deutschen Tiergärten, von denen gewiß viele über die Restau¬
ration selten hinaus kommen. *)
Woher kommt nun der Erfolg unseres Vivariums und worin besteht seine
wissenschaftliche Bedeutung ? — Beides hat denselben Grund: Ein großer Teil
der Kollektion des Vivariums besteht aus Tieren, die in Wien selten oder uie
gesehne wurden und zwar gerade aus Tieren, die in der Regel sonst wenig
beachtet werden, aus Kleingetier. Während in einer großen Menagerie alles
den Elefanten, Giraffen, Nashörnern etc. zuströmt und kleinere Tiere fast
unbeachtet läßt, so sind gerade diese kleineren Tiere der Hauptbestandteil des
Vivariums.
Ein Institut, wie es das Vivarium ist, hat naturgemäß folgende Ziele:
1. Ausstellung der einheimischen Tierwelt auch in den kleinsten Ver¬
tretern ;
2. Ausstellung interessanter kleinerer Säugetiere u. der gl. aus alle
Zonen ;
3. Ausstellung von Reptilien (und Fischen).
Wie kommt nun das Vivarium diesen seinen, ich möchte sagen, moralischen
Verpflichtungen nach?
*) Dieser Aussprucli hat keineswegs allgemeine Gültigkeit! D. R. Gewiss nicht! D. V
Ich muß allerdings gestehen, daß unsere heimische Tierwelt nicht ganz
so vertreten ist, wie es eigentlich sein konnte ; aber was jetzt fehlt, fehlt nur
vorübergehend, denn außer Bär, Wolf und Wildkatze, Fischotter und Dachs
Fuchs, Edelmarder, Iltis, Frettchen, die noch jetzt gut vertreten sind, waren
auch Fledermäuse, Steinmarder, Wiesel, Igel, Hamster noch vor kurzer Zeit zu
sehen. Daß Maulwürfe, die bei ihrer Lebensweise der Besucher ohnedies
niemals zu sehen bekommt, imd die empfindlichen Spitzmäuse in einem zoolo¬
gischen Garten keinen Platz finden können, ist begreiflich und gerechtfertigt.
Haselmäuse, Feld- und Alpenhasen, Murmeltiere und Ziesel sind noch vorhanden,
desgleichen von Huftieren ein stattlicher Gemsbock, der sich sehr wohl zu
fühlen scheint, und ein Reh; Dam- und Edelhirsche fehlen erst seit kurzer Zeit ;
ein schönes Paar weißer Damhirsche war lange Zeit ein Gegenstand der Be¬
wunderung für das Publikum. Dagegen besitzt das Vivarium ein Unikum, einen
männlichen Ba star d (von Ziege und?) ein Tier, das nur mit drei Füßen geboren
wurde, an denen gewaltige lange Hufe bemerkbar sind; trotz seiner absonder¬
lichen Bauart hinkt das Tier, das einem alpinen Ziegenbock am meisten ähnelt,
doch ganz munter und geschickt herum. Seinerzeit besaß das Vivarium auch
einen ohne Vorderbeine geborenen Hund.
Zwei früher vorhandene Wildschweine vermisse ich jetzt auch. Angora¬
katzen verschiedener Farbe und einige prachtvolle Rassehunde, die allerdings
nicht streng in den Wirkungskreis eines zoologischen Gartens gehören, vervoll¬
ständigen die Vertretung der heimischen Tierwelt, was die Säugetiere anbelangt.
Unsere Raubvögel sind durch Lämmergeier, verschiedene andere Geier
Adler,*) Falken und Eulen ziemlich gut vorgeführt; auffallend .sind noch ein
prachtvoller Birkhahn (auch das Auerwild war dieses Jahr vertreten); ferner
die schönen Alpendohlen und -krähen, eine Spechtmeise (Spechte sind leider
jetzt im Vivarium ausgestorben; ein schöner Schwarzspecht hämmerte lange
Zeit daselbst herum); Fischreiher, Elster, Nußhäher, Kuckuck.
Weit mehr ist aber von den Ausländern zu berichten ; da finden wir vor
allem die authropomorphen Affen durch nicht weniger als drei Orang**) und
einen Chimpanse vertreten; ferner eine große Anzahl verschiedener Paviane,
worunter ein riesiger Tschakma und ein sehr schöner Hamadryas mir vor allem
in die Augen fielen. Die Affenkollektion ist äußerst reichhaltig und interessant;
mir war sie im Anfang ein gewaltiger Dorn im Auge, da manche Affen ge¬
ringerer Qualität durch eine sehr große Anzahl von Individuen vertreten waren,
so daß ich wirklich fürchtete, das Vivarium würde, um seine Affen alle unter¬
bringen zu können, alle anderen Tiere aufgeben müssen und ein bloßes
Simiarium werden.
Doch haben sich diese Affenmassen anscheinend wieder auf ein annehm¬
bares Maß verringert und die Sammlung ist jetzt relativ nicht weniger arten-
als individuenreich ; nachträglich will ich noch die Silenaffen mit den grauen
Bärten und die reizenden gelbroten Löwenäffchen erwähnen.
Ein Glanzpunkt des Vivariums ist das Halbaffenhaus, das in der Reich¬
haltigkeit an Arten und Individuen wohl in Europa kaum seinesgleichen findet.
*) Stein-, Schrei- und See- Adler. ^
Von denen der eine durch sein unglaublich drolliges und verständiges Gebahren
wahre Lachstürme beim Publikum entfesselt.
Ich erwähne vor allem das ausserordentlich seltene Fingertier {Chiroimjs
madagascanensis) , den Galago und Plumplori, die zahlreichen Vari und die
vielen Maki-Arten, die mit ihrer grunzenden Stimme einen Heidenlärm vollführen.
Die Fledermäuse sind durch drei Flughunde vertreten, kürzlich kamen
auch Flugfüchse aus Südafrika dazu.
Sehr schön bieten sich die in den ehemaligen Riesenaquarien einquar¬
tierten Raubtiere dar; die enorm dicken Glaswände halten sowohl die Tiere
selbst als auch ihren Geruch von dem Beschauer ab und ermöglichen dem¬
selben ein längeres Verweilen in der Raubtierabteilung, als, man sonst sich
mit Rücksicht auf seine Nase gestattet. In den dunklen, langen Galeriesälen
machen die hellen, reinlichen Tierbehälter einen sehr freundlichen Eindruck.
Von Katzen sind Somali- und Senegallöweu, Jaguare, Leoparden, ein
schwarzer Panther, Silberlöwe, Wüstenluchs und eine Tigerkatze (Felis tigrinus)
zu sehen ; die Caniden werden durch einen schwarzen Polarfuchs, gemeine und
(sehr schöne) Schabrakenschakale vertreten. Von Hyaena crocuta, striata und
Proteles lalandii ist je ein Exemplar vorhanden ; es wäre sehr hübsch, wenn
Herr Direktor Knauer auch die in deutschen Tiergärten (z. B. Leipzig) nicht
seltene Hyaena brunnea für das Vivarium erwerben könnte! Die Zibeth-
katzen sind jetzt durch eine Civette mit zwei niedlichen Jungen, sowie durch
eine große indische Zibethkatze vertreten, früher war auch ein Paracloxurus hier.
Die Bären bilden einen zweiten Glanzpunkt der Sammlung; obwohl sie
nicht immer vollzählig sind und einmal die, einmal eine andere Art fehlt, wird
man dennoch selten so viele Arten auf einem Platz vereinigt finden wie im
Vivarium. Nur Arctüis binturong, der in Deutschland schon manchmal zu
sehen war, fehlt konstant. Von all den braunen, grauen, schwarzen, malayischen
Isabell-, Eis-, Lippen-, Kragen-, Wasch-, Rüsselbären einzeln zu sprechen,
würde zu weit führen, ich erwähne daher nur den weißen Kragenbären mit
der Schweinsnase und den Mausohren besonders. Der neu eingetroffene Grisou
(Galictis vittata) wäre von den Raubtieren noch hervorzuheben.
Von Zahnarmen sind der große Ameisenbär (Myrmecophaga jubata) und
zwei Gürteltiere zu sehen. Ersterer, ein prächtiges Scheusal, ist schon lange
Zeit Bewohner des Vivariums. — Von Beuteltieren sind Riesen- und Felsen¬
känguruh, das Zuckereichhorn und Beutelmarder (Dasyurus sp.?) in schönen
Exemplaren vorhanden.
Von Nagetieren finden wir Coelogenys Paca, ferner 2 Agutis mit zwei
Jungen, ein jung ins Vivarium gekommenes jetzt schon ziemlich großes Jly-
droclioerus Capybara, ferner den unvermeidlichen Sumpfbiber (Myopotamus
Coypu), ein in allen zoologischen Gärten von Deutschland und Holland zu
findendes Tier; außerdem eine bereits auch lange dem Verbände des Viva¬
riums ungehörige Springinaus, den südafrikanischen Spriughasen, den russischen
Pferdespringer, verschiedene sehr hübsch gefärbte Eichhörnchen, das gemeine
Stachelschwein und das Kletterstachelschwein.
Die Huftiere sind durch zwei Wapitihirsche, die leider keinen Vergleich
mit den mächtigen Exemplaren der deutschen Tiergärten aushalten können,
übrigens für den ihnen angewiesenen kleinen Raum noch immer zu groß sind
(Renntier und Axishirsch waren auch vertreten, sind aber, wie es scheint
eingegaugen), ferner durch einen wunderschönen, ebenfalls an Platzmangel
leidenden Mufion, ein mächtiges Mähnenschaf genügend repräsentiert; ein
25
Mehr wäre bei dem Jetzigen beschränkten Kaum nicht zulässig; deuu gerade
diese Tiere brauchen viel Platz und sind in Schönbrunn ohnehin schon vor¬
handen*). Zwei Pekari sind als Vertreter des lieblichen Schweinegeschlechtes
noch zu erwähnen. Seelöwen, die einstigen Zierden des Vivariums, und See¬
hunde sind nicht mehr; sie scheinen, wie dies auch die Erfahrung mit den
Schönbrunner Seehunden lehrte, die Wiener Luft nicht zu vertragen.
Von Vögeln besitzt das Vivarium große Massee; ich will hier nicht die
Webervögel, Papageien, Kakadu, Reisfinken und zahllosen anderen kleinen
Vögel aufzähbn, sondern mich nur an die Coryphäen halten: da haben wir
Gaukleradler, Königskondor, Aasgeier (Neophron percnopterus)^ Schneeeulen,
den Carancho, einen Vogel, der in den europäischen Tiergärten ebenso häufig
ist wie der Sumpfbiber unter den Säugetieren; ferner einen Pfefferfresser, der
bereits die ersten Besucher des Vivariums gesehen hat; prachtvolle hasauen
verschiedener Art, Bläßhühner, Hokko, Schopfwachteln; endlich einen Helm¬
kasuar, Emu {JDi'omaeus Novae Mollandiae) und Nandu {Uliea americana).
Schöne Somali Strauße waren voriges Jahr im Vivarium zu sehen.
Über Reptilien und Fische ist noch wenig zu sagen. Sie gehören der
Zukunft des Vivariums an; zwar war schon manches schöne Stück zu sehen,
so die Krustenechse {Heloderma suspectum), Warane {Varanus griseus und
hengalensis) , Riesenschlangen {Python Sehae und P. molurus), Alligatoren und
vieles Andere, zuletzt noch die pfianzenfresseude Eidechse {Macroscinus
Coctei); ferner Heterodon platyvhinus und andere Schlangen aus Nordamerika,
schöne Schildkröten u. dgh; auch jetzt noch ist dasReich der Reptilien mit einem
riesigen indischen Waran, den ich bei meinem diesjährigen Besuch bei Hagen-
beck in Hamburg sehen konnte, ohne Ahnung, daß es noch ein Wiedersehen
in Wien geben würde, ferner mit zwei Australischen Waranen {ISIonitor varius)
Schildkröten, dalmatinischen und einheimischen Schlangen ganz hübsch aus¬
gestattet, und wenn wir noch von Amphibien einen großen Riesensalamander,
etliche weiße und normale Axolotls und eine Anzahl Olme {Proteus anguinus)
erwähnen, so ist wohl auf das Wichtigste aus dieser Abteilung hiugewiesen
worden. (Fische sind dermalen gar keine mehr vorhanden.)
Aber obwohl, wie man siebt, die Reptilien nicht unberücksichtigt ge¬
lassen wurden, so merkt mau doch, daß es nur Gäste sind, die nicht mit der¬
jenigen Aufmerksamkeit gepflegt werden, die ihnen eine längere Lebensdauei
in Gefangenschaft verspricht, und daß man von ihrer Lebenszähigkeit all das
erwartet, was die Pflege im allgemeinen zu wünschen übrig läßt.
Doch kann man nicht alles auf einmal haben und es steht zu hoffen,
daß im nächsten Jahr (dieses Jahr war ohnehin kein für Reptilien günstiges)
auch dieser Tierklasse ein besonderes Augenmerk zugewendet wird, daß wir
also Riesenschlangen, Krokodile als Zugstücke für das große Publikum und
außerdem manches seltene Reptil zu sehen bekommen: und zwar in einer
Einrichtung, von der zu erwarten steht, daß sie geeignet ist, die mit schwerem
Gelde erworbenen Tiere nicht nur einige Wochen, sondern jahrelang zu er¬
halten. Die Fütterungen der Riesenschlangen im Vivarium würde gewiß einen
♦) Seit der Einsendung dieses Artikels (Anfangs Oktober) haben wir auch ein lang
ersehntes prächtiges junges Flußpferd erhalten, und dadurch ist der Verlust ausgeglichen,
den das Vivarium durch den allerdings vorauszusehenden Tod <ler menschenähnlichen Affen
erlitten hat.
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ebenso großen ständigen Zuschauerkreis bekommen, als es die alle Mittwoch
stattfindende im Berliner Aquarium bereits besitzt.
Und nun schließe ich meine Aufzählung der Schätze des Wiener Viva¬
riums, das sich zu einer Sehenswürdigkeit Wiens emporgerungen hat und
welches nur vorzugsweise an Mangel an Raum leidet, welcher zwar der Aus¬
breitung des Vivariums im allgemeinen keine Schranken setzt, aber z. B. die
Erwerbung von Huftieren u. dergl. viel Platz erfordernden Tieren als unthun-
lich erscheinen läßt *).
Korrespondenzen.
Schlaupitz, 29. September 1891.
Über den Nestbau unserer gemeinen Feldmaus oben auf
Maulwurfshaufen erlaube ich mir Ihnen noch folgendes mitzuteilen : Auf
sandigen, durchlässigen Ackerflächen mit seicht abfallenden Rändern liegen
viele von den erwähnten Klumpen an der platten Erde, fasst immer ist aber
alsdann unter denselben von den Nagern eine kleine napfförmige Vertiefung
aus dem Boden herausgewühlt worden. Die Geniste selbst sind beinahe durch¬
gängig liederlich und ungeschickt aus Halmstücken, Grasstengeln, Wurzeln
und ähnlichen Stoffen hergestellt, doch besitze ich einige jüngst gefundene
wundervoll kugelrunde Exemplare, sowie ein Nest, welches ich unbedingt der
kleinen Zwergmaus, Mus minitus L., zugesprochen hätte, — es war aus Quecken¬
blättern äußerst geschickt aufgeführt und innen mit Distelwolle ausgefüttert — ,
wenn mich nicht ein glücklicher Schuß in den Besitz von der diese niedliche
Hütte bewohnenden Feldmäusefamilie gebracht hätte. — Sehr häufig wurden
letzthin auf sandigem Terrain vom Pfluge mächtige Nestklumpen von Teller¬
größe bloßgelegt mit 16 bis 24, in einem Falle sogar 30, winzigen, annähernd
gleichaltrigen Mäuschen (Ärvicola arvalis s. arvensis). Diese Ballen sind als¬
dann, davon habe ich mich durch Einfangen aller ihrer erwachsenen Bewohner
öfters überzeugt, das gemeinsame Wochenbett von 2 — 4 Weibchen gewesen.
(Inder mir zugänglichen Litteratur vermag ich entsprechende frühere Angaben
nicht zu finden).
Ganz junge Mäuse, welche ich bei spärlicher Nahrung aufzog, zeigten in
relativ kurzer Zeit eine schmälere Stirn und längere Schnauze als die unter
günstigeren Verhältnissen aufgewachsenen.
Bei uns am Zobten haben sich bloß die Mäuse ungemein vermehrt, ander-
orts in Mittelschlesien nimmt der sonst rare Hamster überhand. So wird
dem »Striegauer Anzeiger« unterm 14. September aus Göbersdorf gemeldet,
daß auf der dortigen Dominialfeldmark seit dem 1. Juli 1891 bis dato von
Frauen und Kindern neben 50,000 Feldmäusen 1100 Hamster getötet wurden.
Kürzlich hatte ich einmal spät abends schöne Gelegenheit, Meister
Rein ecke Fuchs beim Ausscharren der Mäuseläufe auf einer Wiese zu
beobachten. Zunächst roch der schlaue Gesell in alle Löcher im Umkreise
*) tlbrif^cns können diese Tiere ruhig beiseite gelassen werden; die Schönbrunner
Menagerie bietet soviel gerade jn dieser Hinsicht, dass sich die Verwaltung des Vivariums
ohne Bedenken uasschliesslich der Erwerbung anderer Tiere zuwenden kann.
27
und scharrte sie zu, dann begann er zu »graben«. Dabei setzte ihm nun die
feste Grasnarbe Widerstand entgegen ; aber kurz entschlossen biß er große
Stücke von ihr ab, schleuderte sie weit weg und gelangte solchergestalt binnen
wenigen Minuten in den Besitz der leckeren Beute.
An einem kalten Januartage a. er. lernte ich meinen Liebling, den
»Schmiedegesellen«, die Tannenmeise, (Parus aterj als Künstler kennen,
er ahmte ganz nett den Gesang der »Guldutsche« (Ewheriza citrinello) nach,
auch kürzlich hörte ich von einer Kohlmeise wieder dieselben Töne vortragen,
(vgl. hierzu A. v. Homeyer, »Ztschr. für Ornitholog. und prakt. Geflügelz.«,
Stettin, XIV. p. 162).
Heut Morgen gegen 5 Uhr wollte ich von einer verschlossenen Tenne
einen größeren Haufen Distelwolle entfernen, dabei stieß ich mit der Harke
auf einen weichen Gegenstand, rasch scharrte ich nach und legte einen Klumpen
von 6 Stück „Dreckschwalmen“ Hausschwalbcn, (Hirundo
urbica) bloß. Alle Tiere gaben nur äußerst spärliche Lebenszeichen von
sich und schienen dem Verenden nahe zu sein. In den warmen Rindviehstall
gebracht erholten sie sich bald wieder völlig. Die Vögel umflatterten am
Abende des gestrigen naßkalten Tages die betreffende Scheuer beständig, sie
mögen wohl dann zur Erde gefallen und durch eine Lücke im Thore auf die
Tenne gelangt sein.
Vor einigen Jahren schoß Herr F. Große - Mellendorf hier
einen weißen Jagdfasan, 9; gegenwärtig treiben sich wieder 2 weiße
Stücke dieses Wildes, mit braunen Flügeln hier herum. Am 20. September a. er.
schoß der Bauer E 1 s n e r zu Heinersdorf bei Ottmachau ein weißes R-eb-
huhn mit braunen Punkten (vgl. „Hausfreund für Stadt und Land“, Neurode).
Karl K n a u t h e.
Kopenhagen, 3. Oktober 1891.
Unsere Fasanen-Bastarde, nämlich 1 männl. und 2 weibl. von Phasianus
amherstiae m'iinn]. X Phas. lineatus weibl., scheinen recht eigenartig zu werden,
und wir wollen sie deshalb im nächsten Jahre abbilden lassen.
Eine Aquarell-Zeichnung von den augenblicklich noch hier in unserem
zoologischen Garten vorhandenen Blendlingen, nämlich Lanis glaucus männl.
X PcLTus mcirimis weibl., — Emheriza citrinellci männl. X Chloris ligurinus
_ Canis dingo männl. X Canis groenlandidus weibl., habe ich nach
Aufforderung des Herrn Direktors Urbain de W^ael in Biüssel an diesen
gesandt, und sie werden wahrscheinlich dann in der nächsten Zeit in »Le
Mentor agricole et Acclimatation illustree« aufgenommen; ebenso eine Aquarell-
Zeichnung von einer ganz weißen Amsel, Puvdus iiicruhij welche wii
auch zur Zeit hier im Garten besitzen.
Als weitere Neuheiten aus unserem Garten kann ich noch bemerken^
daß ein Weibchen von einem Uhupaare, Bubo buho, Eier legte und auch
brütete, jedoch ohne Erfolg. Ebenso hat das Weibchen unseres Königsgeiers,
Sarcohamplms papa, ein Ei gelegt, aber ohne zu brüten.
Leider haben wir einen sehr schönen Chimpansen verloren, indem dieser
sich schon auf der Reise hierher eine unheilbare Krankheit zugezogen hatte.
Unser neues Affenhaus ist jetzt ganz fertig und allem Anschein nach ganz gut.
28
Aiigeublicklich haben wir in unserem Garten alle drei Arten von den
hochnordischeu Edel- oder Jagdfalken, nämlich Jb''alco islandicus, Falco groeti-
Jünäicus und Falco canclicans.
Ein Paar Wanderfalken, Falco peregrinus, welche wir zum Versuche in
einei Voliere zusammenbrachten, weil sie als Geschwister ganz jung aus dem¬
selben Neste gehoben waren, haben doch die alte Lehre bestätigt, daß der
eine bei Gelegenheit den anderen auffrifst, und daß hierbei durchaus keine
\ ei wandtschaft gilt. Überhaupt ist dieses wohl bei allen größeren Falken¬
arten der Fall; auch bei dem Habicht, Astur] palumharius, haben wir hier
deigleichen Beispiele gehabt, trotz der allerbesten Fütterung. Dahingegen haben
wir 15 Turmfalken, Falco tmnuneulns, in einer Voliere, was ganz gut geht.
Unsere weißen Störche, Ciconiaalha, bauten sich ein Nest auf der platten
Eide und zwai sehr primitiv , legten Eier und brachten 4 Junge aus,
die jetzt schon fast ebenso groß wie die Eltern sind.
Wii haben in diesem Sommer über 50 Schnee-Eulen, Leuchghfis nivea
(Aegolüis scandiacus) aus dem Norden bekommen und konnten mehrere
zoologische Gärten damit versehen.
Unsei Garten hat zur Zeit auch eine — verhältnismäßig — ganz nette
Möven-Sammlung, nämlich Laras marinus, Laras argentatuSy Laras glaacus
Laras fuscus, Laras ridibandus, Laras canus, Laras tridactglus, Lesiris catar-
rhactes, Lestris parasitica. Wir können von diesen gewöhnlich verschiedene
Arten abgeben. A. von Klein.
Frankfurt a. M., 6. Okt. 1891.
Es inteiessieit Sie vielleicht zu hören, daß ich neulich eine Specht*
moise beobachtete, die wie ein Specht an unserm Akazienbaum herumhackte und
endlich mit ihrer Beute davon flog! Als ich näher hinzutrat, sah ich, daß
die Meise mehrere Haselnüsse in die Rinde des Baumes gesteckt hatte, mit
dem runden, weichen Teil nach oben, und daß sie auf diese Weise mit
Leichtigkeit die Nüßchen aufhackte und verzehrte. Am Boden liegen noch
viele Dütchen mit Blutnüssen, die sie vom andern Teil des Gartens herbei¬
getragen hat. Wollen Sie sich persönlich von der Arbeit des Vögelchens,
überzeugen, so bitte ich Sie, zu uns zu kommen! E. C o u sto 1 -Br e ul. *
Der Einladung der Frau Coustol folgend, besichtigte ich am 18. Oktober
den auf einem Rasen freistehenden Akazienbaum {BoUnia pseadacacia) und
tand außer verschiedenen, früher eingeklemmten Haselnüssen auch eine frisch
eingesetzte und nur wenig geöffnete. Es ist überraschend, mit welchem
Schal tblick die Spechtmeise (Sitta europaea) die überaus günstige Gelecrenheit
die Nüsse festzustecken, aufzuflnden und auszunutzen wußte. Die gerissene
Rinde des alten Baumes ist mit dicken, mehreren Centimeter hohen Wülsten
bedeckt, welche sich in spitzem Winkel gabelig teilen und in ähnlicher Weise
mit benachbarten Rindenstreifen wieder vereinigen. Wo sie auseinander
treten, bilden sich zwischen den übergreifenden Rändern der Wülste häufig
kleine trichterförmige Vertiefungen und in diese werden die Haselnüsse mit
ihrem spitzen Ende eingesteckt und bei dem Aufhämmern fest eingekeilt. Da
die trichterförmigen Zwischenräume sich meistens an dem älteren, also
unteren Teile des Stammes befinden, so sind auch die Haselnüsse an dem
unteren Teile desselben, bis etwa zu 1 m Höhe befestigt. N
29
Neapel, 7. Oktober 1891.
In No. 8 des Jahrgangs 1891, Seite 251, berichtet Herr Dr. Ziegler über
einen Finken, welcher unablässig gegen eine Fensterscheibe pickte, und glaubt,
daß dieses Manöver durch das Spiegelbild des Finken veranlaßt wurde. Ich
möchte Ihnen einen ganz ähnlichen Fall von einem Sperlinge mitteilen, welcher
Monate lang regelmäßig an ein bestimmtes Fenster kam und stundenlang
an dasselbe pickte. Ich habe damals nichts ausfindig machen können, was
den Spatz zu solchem Treiben veranlaßte, und, was das merkwürdigste war,
das Tier ließ sich durch kein Verjagen von seiner stumpfsinnigen Beschäftigung
abbriugeu, sondern kehrte immer wieder au die Scheibe zurück. Leider habe
ich später nicht mehr darauf geachtet. Dr. P. Schiemen z.
Kleinere Mitteilungen.
Der Si ebenschläfer , L-, in Gefangenschaft. R. Klement
in Hermannstadt, Siebenbürgen, hielt mehrmals diese Tiere in Gefangenschaft
und gewann sie wegen ihres ruhigen und liebenswürdigen Benehmens bald lieb.
Seinen Erfahrungen an anderen Nagern gemäß benutzte er die Zeit ihres
Winterschlafs, um sie an sich zu gewöhnen, indem er sie während desselben
häufig aus dem Käfig nahm und in der warmen Hand halb erwachen ließ. Anfäng¬
lich gaben die Tiere dabei durch Fauchen ihren Unwillen kund; nachdem sie aber
in den Käfig zurückgebracht waren und vollständig erwachten, nahmen sie die vor¬
gehaltenen Nüsse mit sichtlichem Behagen zu sich. Mit ihrem Erwachen bei
Eintritt der warmen Witterung zeigten sie sich so zahm, daß sie oft aus dem
Käfige auf den Tisch gelassen werden konnten. Ein trächtiges Weibchen,
das dem Berichterstatter am 24. Juli gebracht worden war, warf am 17. August
sieben nackte blinde Junge. Am 8. September, also nach 23 Tagen, öffneten
diese die Augen und nahmen schon nach zwei Tagen an den Mahlzeiten der
Alten teil. Anfang Oktober wurden sie noch saugend gesehen. Den buschigen
Schweif erhielten sie im zweiten Monate ihres Lebens, im Dezember hatten sie
noch nicht die volle Größe der Alten. Im März des folgenden Jahres schienen
sie zur Fortpflanzung geeignet, denn zwischen den Männchen kam es manch¬
mal zu kleinen Balgereien, doch konnten von hier an die Beobachtungen nicht
fortgesetzt werden. Verhandl. u. Mitteil, des Siebenbürgischen Vereins für
Naturwissenschaften.
Geburten im Dresdener zoologischen Garten im Jahre 1890—91.
April 1890. 16 gew. Meerschweinchen, Cavia Cobaya, 2 Heideschnucken,
Ovis brachyceros ericetorum. — Mai. 2 Rattlerhunde, Canis dom., 6 Seidenhühner,
7 blaue und weiße- und 5 schwarze Langshan-Hühner, 9 ind. Zitterhalstaubeu,
«■elbe, braune, blaue, 3 Samabiatauben, 2 Bisamschweine, IHcotyles torqiiatus. -
Juni. 2 weiße Bantamhühner, 4 dunkelfarbige Brahmahühner, 7 Prinz Alberts-
hühner, 15 Wyandotehühuer, 6 rotsattelige Bantamhühner, 2 hellfarbene Brah¬
mahühner, 8 Sultanshühner, 7 Sumatrahühner, rote und schwarze, 3 Creve-
Coeurhühner, 3 Wildhuhnbastarde, 43 Phönixhühuer, 1 Pfaufasan, Folyplectron
bicalcaratum, 4 Brieftauben, 3 Muselkop^tauben, 3 Indianertaubeu, 1 Malteser
30
taube, 1 Krickente, Anas crecca, 1 Löffelente, Anas clypeata, 2 Edelhirsche, Cervus
elaphus, 1 rotes Riesenkäuguru, Macropus ruf us , 1 Damhirsch, Cervus dama,
1 Heicleschnucke, Ovis hracli7jceros ericetorum. — Juli. 31 Meerschweinchen,
Cavia Cohaya, 78 weiße Mäuse, Mus dom. var. alba, 11 Bauinwolleninäuse,
Mus dom. var. alba., 1 Silbermöve, Larus argentatus, 3 weiße Spitzhunde,
2 weiße Bautamhöhner. — August. 8 Rattlerhunde, 1 Wapiti, Cervus cana-
densis. — September. 2 Puma, Felis concolor, 2 afrikanische Schafe, Ovis
aries africana. — Oktober. 1 Wapiti, Cervus canadensis, 3 Tiger, Felis
tigns, 1 Lama, Auclienia lama. — November. 2 Axishirsche, Cervus axis,
1 Löwe, Felis leo, 1 Schweizer Ziege. — Dezember. 3 Löwen, Felis leo. —
Januar 1891. 1 Isabellantilope, Antilope isabellina, 1 Schweinshirsch, Cervus
jiorcinus, 2 Pinscherhunde, 2 Halsbandbären, ürsus iibetanus. — März. 1 Lach¬
taube, Strepiopeleia risoria, 1 Sattelziege, 4 Siamkatzen, Felis dorn. var. siamensis,
1 Bison, Bos bonasus americanus. 1 Heideschnucke.
Zur Naturgeschichte des Tümmlers. Bei Hatteras, Nord-Karolina,
wird der Fang eines Tümmlers, Tw'siops (Delpliinus) tursio, eifrig betrieben, was
Mr. F. W. True zu Untersuchungen sowohl in industrieller Hinsicht als auch
über die Lebensweise des Tieres veranlaßte. Über letztere berichtet derselbe
(Proc. of the United States National Museum), daß ihm von den Fischern mit¬
geteilt wurde, die jungen Tiere blieben bei ihrer Mutter, wenn letztere in dem
Netze gefangen wird, was zuweilen vorkommt. Er selbst sah dies einmal nahe
der Bai bei einem in dem Netze gefangenen Weibchen; das Junge aber wurde
nicht erwischt, da es wahrscheinlich unter das Netz tauchte, was auch die
alten Tiere oft thuu. Die Mütter sollen ferner ihre Jungen bei dem Atmen
unterstützen, indem sie dieselben mit Hülfe ihrer Flossen an die Oberfläche
tragen, oder auch auf andere Art. Die Atemöffuung (das Nasenloch) scheint
der Sitz des Gefühles im Kopfe zu sein, denn wenn Mr. True diese Stelle he-
rührte, schlugen die Tiere zum Zeichen ihres Unbehagens heftig mit ihrem
Schwänze. (N.) Nature, 26. März 1891.
E in n e u e r M a u 1 w u r f. Prof. Dr. A. N e h r i n g erh ielt aus dem Südosten
Sibiriens, aus der Gegend von Wladiwostock, einen Maulwurfsbalg mit Schädel
und Beinknochen, den er als eine neue Art der Gattung Mogera erkannte und
wegen seiner Stärke M. robusta benannte. Bei der Gattung Talpa, zu der unser
gemeiner Maulwurf gehört, finden sich im Unterkiefer 8 schneidezahnähnliche
Zähnchen, während die Tiere der Gattung Mogera nur deren 6 besitzen.
Letztere haben, wie es scheint, regelmäßig 14 Brust- und 5 Lendenwirbel,
während Talpa 13 Brust- und 6 Lendenwirbel aufweist. Dieselbe Mogera
robusta scheint G. Rad de aus dem Ussuri-Gebiete erhalten zu haben; sie steht
dem japanischen Maulwurfe Mogera wogura sehr nahe und ist in zoogeographi¬
scher Plinsicht darum von Bedeutung, weil sie der Vertreter dieser Art auf
dem asiatischen Kontinente ist und auf den ehemaligen Zusammenhang des
japanischen Inselreiches mit dem Festlande hinzudeuten scheint. Die Abtren¬
nung von dem letzteren muß aber schon vor ziemlich langer Zeit erfolgt sein,
da die entsprechenden Arten beider Gebiete sich in körperlicher Beziehuno-
schon mehr oder weniger deutlich von einander entfernt haben. N.
Katzen Zucht. Nach der »Times« (3. Dezember 1891) ist iu Washing¬
ton, U. S. A. iu dem Puget-Sund eine Insel gekauft worden mit der Bestim-
31
mung, darauf die Zucht von ausschließlich schwarzen Katzen zu betreiben,
deren Fell wertvoll ist und nach Berechnung der Unternehmer Millionen Dollai
einbringen soll. Auf der Insel ist eine Vermischung mit andersfarbigen Katzen
ausgeschlossen, aber die Frage ist, wie B. Tegetmeier dazu bemeiht, die,
ob nicht das Fell der Tiere unter den neuen Lebensbedingungeu — die Katzen
sollen nur mit Fischen gefüttert werden — im Laufe der Jahre Veiänderungen
erleidet und oh sich die schwarze Farbe rein erhalten und nicht in die der
wilden Tiere Zurückschlagen wird, da die Tiere wild herumlaufen düifen.
The Field, 5. Dezember 1891.
Wildschweine i n P r e u ß e n. Im Etatsjahre 1885—86 wurden
in Preußen 9391 Wildschweine erlegt, woraus auf einen Gesamtbestand von
etwa 16,700 Stück geschlossen werden kann. Der Wert der ahgeschossenen
Tiere belief sich auf 229,538 M., für ein Tier also 25 M. Die Beute ver¬
teilt sich folgendermaßen auf die einzelnen Provinzen : Rheinland 1821,
Brandenburg 1652, Hannover 1 230, Westfalen 1158, Hessen-Nassau 956, Sachsen
881, Schlesien 718, Pommern 567, Westpreußen 163, Ostpreußeii 117, Schleswig-
Holstein 90, Posen 37. Der Weidmann, 27. November 1891.
L i 1 1 e r a 1 u r.
Naturgeschichte der deutschen Vögel einschließlich der .sämtlichen
Vogelarten Mitteleuropas von C. G. Friderich 4. Auflage. In zwei Halb¬
bänden. Mit 48 kolorierten Tafeln. Stuttgart. Jul. Hoffman n. 1891.
Das beliebte Buch von Friderich tritt hier in neuer Form vor uns, denn
aus einer »Naturgeschichte der Zimmer-Haus- und Jagdvögel mit einem Anhänge
über ausländische Vögel« ist es eine solche der »deutschen Vögel« geworden.
Es hat sich auf letztere beschränkt, ist aber trotzdem von 942 Seiten auf 970
angewachsen, wobei das Format der Seiten ein bedeutend größeres geworden
ist.'’ Daraus schon kann geschlos.sen werden, uni wie viel eingeheuder uud
sorgsamer unsere heimatlichen Vögel behandelt sind, und davon überzeugen
wir” uns auch mit Vergnügen, wenn wir über irgend einen unserer Lieblinge
nachlesen und finden, wie er uns nach Aussehen, Aufenthalt, Nahrung, Ver¬
mehrungsweise, Stimme und Gewohnheiten, kurz nach allen seinen Eigentüm¬
lichkeiten vortrefflich geschildert wird. Die neusten Aufschlüsse, von zuver¬
lässigen Beobachtern gegeben, sind dabei gewissenhaft benutzt, so daß wir dem
Buche nachrühmen müssen, daß es eine vorzügliche Naturgeschichte der
deutschen Vögel darstellt. Zugleich aber gibt es auch dem Vogelzüchter
Anleitung, wie er sich seine gefiederten Zöglinge am besten verschafft, auch
durch eigenen Fang, und wie er sie zu behandeln hat sowohl in gesunden
wie auch” in kranken Tagen. Nach diesen beiden Seiten hin ist die Arbeit
sehr zu loben und Allen, die unsere heimischen Vögel kennen lernen wollen, aut
das beste zu empfehlen. ,
Nur auf einen unwesentlichen aber für Anfänger störenden Umstand
möchten wir aufmerksam machen. Die systematische Gruppierung des Ver¬
fassers weicht von den überall gebräuchlichen ab, ohne deren Klarheit zu besitzen.
Er setzt stets anstatt des Begriffs »Gattung, geuus« die Bezeichnung »Familie«
1
— 32 —
und bereitet damit nur Verwirrung. So heißt es z. B.; »22. Familie: Pirol,
Oriolus. Eine Art: Pirol 0. galbula.« — Dann wird in einem anderen Falle
die »Familie Fink, Fringilla,« mit 14 Arten in 6 »Gruppen« geteilt, nämlich
Edelfink, Alpenfink, Sperling, Steinsperling, Hänfling, Zeisig, alle 14 Arten
werden aber als Fringilla aufgeführt. Es geht weiterhin wohl nicht an, die
»Bezeichnung Art ebensogut mit Urtier zu vertauschen,« wie Seite 17 gesagt
ist. Urtiere sind in der Wissenschaft die einfachsten animalen Geschöpfe, die
sich nicht geschlechtlich fortpflanzen. Doch sind das Dinge, die der eigent¬
lichen Naturgeschichte der deutschen Vögel keinen Abtrag thun und bei einer
folgenden Auflage leicht zu bessern sind.
Die 50 neu hergestellten Tafeln in Farbendruck führen uns in getreuer
Darstellung 384 Vogelformen vor und erhöhen den Wert des Werkes wesentlich.
N.
Brehms Tierleben. Dritte Auflage. Die Vögel, unter Mitwirkung von Dir.
Dr. Willi. Haacke neubearbeitet vonJProf. Dr. Pechuel-Loesche. 3. Band,
Mit 106 Abbildungen im Text, 20 Tafeln u. 3 Karten. Leipzig und Wien.
Bibliographisches Institut. 1892.
Mit dem vorliegenden sechsten Band ist die Naturgeschichte der warm¬
blütigen Tiere und die größere Hälfte der neuen Ausgabe abgeschlossen. Was
wir wiederholt über dieselbe gesagt, das gilt zumal für diesen ganzen Abschnitt,
wir können stolz auf dieses Werk sein, das eine Arbeit gründlichen deutschen
Fleißes, eine Fundgrube der Belehrung und eine unerschöpfliche Quelle gei¬
stiger Anregung bildet. In seiner Ausstattung steht es unerreicht da, und .so
kann man sich nicht wundern, wenn es auch jetzt wieder bei seinem Neuer¬
scheinen überall Freunde gefunden hat.
Der letzte Band der Vögel enthält die nach M. Fürbringer’s sorgfältigen
Zergliederungen neu aufgestellten Ordnungen der Singvögel, Charadriornithes,
(Regenpfeifer, Brachschwalben, Möwen, Flügeltaucher, Blätterhähnchen, Trappen
Dickfüße); Flossentaucher, Aptenodytiornithes. (Pinguine); Sturmvögel
Thallassornithes ; Stoßvögel, Pelargornithes (Falken, Neuweltsgeier, Kranich¬
geier, Reiher, Schuhschnäbel, Störche, Hammerköpfe, Ibisse, Flamingo, Scharben,
Pelikane, Fregattvögel, Tropikvögel, Lappentaucher, Seetaucher, Enten); Wehr¬
vögel, Palamedeoruithes, (Palamedea); Nandu, Rheornithes; Roßvögel,
Ilippatectryornithes, (Kasuar, Emu), und Strauße, Struthiornithes.
_ _ _ _ _ _ N.
Eingegangene Beiträge.
P. L. in M.: Ich bedaure sehr, dass Ihr Reiscplan ein anderer geworden ist und Sie
nicht demnächst liierher führt. — J. 11. in M. — F. S. in W. — E. B. in K.; Das Heft folgt.
Bücher und Zeitschriften.
The .Journal of Comparative Medicine and Veterinary Archive.^, edited by W. A. Conklin
und li. Sli. Huidekoper. Fcbr. 1892. New-York, 1892. Ornithologisches .Talirbuch. Ilerau.s-
gegeb. von Vi ctor lli*te r von T.schusi zu Schmidhoffen. II. Jabrg. Heft 6. I89i.
Hallein 1891. Verlag des Herausgebers.
Nachdruck verboten.
Druck vou Malilaii & Waldscliniidt. Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift^.
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der 'Tfere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Eedigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N.. 2. XXXIII. Jahrgang. Februar L893.
1 n li a 1 t.
über Dingos; Pariah- und neuseeländische Hunde; von Beruh. Langkavel. — Bemer¬
kungen über den Scheltopusik und die Treppennatter; von Helene Werner in v> len.
Die Raubsäugetiere des Teutoburger Waldes; von H. Schacht. — Schnackenzucht zum
Zwecke der Fischfütterung; von Dr. Emil Buck. - Vögel und Binnenmollusken; von Her¬
mann Loens. — Über die gegenwärtige Verbreitung der Girafte im Süden des Sambesi;
von Dr F Moewes. — Bericht über den zoologischen Garten zu Dresden über das Ge¬
schäftsjahr vom 1 April 1890 bis 31. März 1891. - Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen.
— Litteratur.
lieber Dingos, Pariali- und neuseeländische Hunde.
Von Bernh. Langkavel.
In den Proc. Zool. Soc. London 1890 befindet sich ein längerer,
lehrreicher Aufsatz »On some Cranial and Dental Characters of the
Domestic Dog. Bj Bertram C. A. Windie and John Humplireys«
und verschiedene Tabellen von Schädelmessungen an vielleicht 120
Exemplaren.
In den nachfolgenden Zeilen gebe ich zuerst eine freie Über¬
setzung der Gruppe VII, welche die Pariahhuude, Dingos und neusee¬
ländischen lunfafit, teile dann die Messungen nach dem Original
mit und schließe mit einigen Beinerkougeu über diese Hundeformen.
Den indischen Pariahhnnd stellt Smith zu den Terriers, weil
sie alle »lengtheued hacks, pointed ears, a sharp nose, and the
tail more or less fringed« besitzen. Nach W. Youatt (The Dog.)
rribt es von ihnen verschiedene Varietäten : 1) eine wilde Form
....
in den Jnugleu und Vorbergen des Himalaja, rötlichhrann und mit
Spitzohreu ; 2) eine Form in bewohnten Distrikten, unter welchen
sich häufig Teckel vorfindeu, gewöhnlich weiß, mit langem seiden-
articrem Haar: 3) die sumatranische Form, welche fuchsähnlicli ist
in Augen, Obren, Schnauze und Schwanz; 4) der in Java eiuliei-
Zoolog. Gart. Jabrg. XXXIII, 1892. 3
1
— 84 —
mische Hund. Stonehenge (The Dog. »Stonehenge«. 1879) beschreibt
den Pariahhund als eine Kreuzung zwischen Dhole und irgend
einem domestizierten Hund hier oder dort, Fitziuger dagegen (Die
Rassen des zahmen Hundes) als eine Abart des Schäferhundes. Nach
V. Pelzein (Eine Studie über die Abstammung der Hunderassen.
Zool. Jahrbücher) soll er und der Dingo von Canis pallipes ab¬
stammen, von welchen nach Jeitteles (Die Stammväter unserer Hunde-
Rassen) auch der Bronzehund, Canis matris optimae herkommt.
Über Ursprung und Verwandtschaft des Dingo bestehen noch
immer gar mannigfache Ansichten. Ogilby (Trans. Linn. Soc.
XVITI. 121) glaubt aus triftigen Gründen schließen zu müssen,
daß er nicht ursprünglich in Australien heimisch gewesen; er wäre
wahrscheinlich mit den ersten Wanderstämmen dorthin gelangt.
Daß er in Tasmanien und Neuseeland, welche von Völkerstämmen,
die verschieden von den australischen sind, besiedelt wurden, fehle,
spreche auch wohl für die Einführung aus Norden, aus Neuguinea,
Timor u. a. Für seine Einwanderung scheine auch die Ausrottung
des Thylacinus Harrisii und Dasyurus ursinus zu sprechen. Nach
Youatt nähere er sich im ganzen Habitus, in Kopf, Vorderkopf
und Ohren der größten Schäferhundform. Den Leib bedecke zweierlei
Haar, graues wolliges und dunkel gelblich oder lohfarben seiden¬
artiges. Er belle selten. Nach »Stonehenge« solle er so sehr einem
Fuchse gleichen, daß, wenn ein Laie den Wolfskopf nicht sähe, er
ihn für einen Fuchs halten würde. Nach v. Pelzeln sollen Dingo
und Pariahhunde desselben Ursprungs sein, und dafür sprächen auch
die verschiedenen Abänderungen in der Farbe.
Der neuseeländische Hund soll nach Youatt wahrscheinlich von
Spaniern aus Juan Fernandez nach dieser Doppelinsel eingeführt
sein. Fitzinger hält ihn für eine klimatische Modifikation des Pariah-
hundes.
In der nachstehenden Tabelle werden die Maße auf die »Basicra-
nial Axis« Huxleys in dessen Aufsatze »On the Cranial and Dental
Characters of Canidae« (Proc. Zool. Soc. 1880, S. 238) bezogen.
Diese »Axis« ist »a median line drawu in the bisected skull from
the hinder edge of the basio-occipital hone to the junction between
the presphenoid and the ethmoid in the base of skull«. The value
of this is taken as 100, and the other measurements are expressed
in terms of it.
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36
Die BeraerkiiDgen, welche ich za dem obigen ziemlich kurz gehaltenen
Text der englischen Forscher gebe, sollen sich nur auf den neusee¬
ländischen Hund und dessen Herleitung von Juan Feruandez beziehen,
denn über die Pariahhunde möchte ich der Kürze halber auf meine
Aufsätze in der »Zeitschr, für Hundezucht im Königreich Böhmen«.
1884, S. 20, in der »Neuen Deutschen Jagd -Zeitung« VJ. No. 10,
11, 12, in der Zeitschr. »Der Hund« 1887, S. 7 und auf Max Sibers
Bemerkungen hierzu S. 75 verweisen, in Betreff des Dingo aber auf
meine Aufsätze in der »Illustrierten Jagdzeitung« 1884, S. 89, »Die
Natur« 1889, S. 611 und auf v. Leudeufelds Abhandlung in dieser
Zeitschrift 1889, S. 43.
Wie wenig sicheres wir bis jetzt über den neuseeländischen Hund
wissen, mögen die nachfolgenden, oft einander widersprechenden
Notizen verdeutlichen. Die Morioris bewohnten in ferner Vergangen¬
heit die ganze Doppelinsel, wurden aber von den eindriugenden
Maoris ermordet, verzehrt oder vertrieben. Von diesem Stamme
leben auf den nahen Chatham Inseln noch gegen 200, welche gleich¬
falls Hunde über alles lieben, mehr als Weiber und Kinder. Die
Hunde waren bei ihnen also höchstwahrscheinlich Speiseobjekt und
standen deshalb in so hoher Achtung wie bei den Stämmen an der
Südspitze Südamerikas. Kürzlich hat die Regierung von Neuseeland
auf diesen Inseln eine Steuer eiugeführt, die sic für höchst gewinn¬
bringend erachtet, die Hundesteuer, die aber die Eingeborenen aufs
höchste erbittert hat (vgl. Deutsche Rundschau für Geogr. u. Statist. XHI
424). Ob von diesen Hunden jemals Exemplare nach Europa ge¬
kommen oder dort gemessen wurden, weiß ich nicht. Über den so¬
genannten Maorihund weichen die Ansichten dortiger Reisenden stark
ab. Im vierten Baude seines umfassenden Werkes »Les Polynesiens«
— die früheren Bände hatte ich schon in meiner Abhandlung in
der Neu. Deutsch. Jagd-Zeitung citiert — meint Lessou, dass der
Kuri, den Ccok bei seiner Ankunft dort vorfand, schon mit den
ersten Maoris aus Hawahiki nach Neuseeland gelangte. Es war eine
kleine Rasse, ä 1 o n g u e s o r e i 1 1 e s , d ’ u u b 1 a n c s a 1 e o u de
cou 1 eu r j a u n ät r e , avec une queue touffue. Erschien
k e i n e A h n 1 i c h k e i t m i t D i n g o zu haben. Das Handwörterbuch
der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie s. v. »Neuseeländischer
Hund« hält ihn für eine ab g e ä n d er te F o r m des Haus h u n d e s ;
Farbe röthlich, schwarz, weiß oder gefleckt ; bellt seilten. Das »Aus¬
land« 1886, 134 hält ihn für dort einheimisch. Nach Andr.
Reischek, der viele Jahre als Naturforscher dort lebte (vgl. Verhnndl.
37
der K. K. zool.-botaii. Ges. in Wien, 1891) waren von den vier
Landsäugetieren der eingeborne Hund, Canis Maori, welcher
dem Dingo ähnlich ist, der größte, ist aber in neuerer Zeit aus¬
gestorben (vgl. auch »Die Natur« 1889, 307; 1891,437), denn der
europäische Hund hat ihn verdrängt, ähnlich wie der Klee das
Farnkraut (W. Schneider, Die Naturvölker I, 28).
Wie verhält es sich nun mit der Angabe Youatts, daß Spanier
aus den Juan Fernaudez-Inseln nach Neuseeland die Hunde gebracht
hätten? können wir die oben mitgeteilten Messungen auf diese süd-
amerikanischen irgendwie anwenden? Die von Juan Fernandez 1653
auf den nach ihm benannten Inseln zurückgelassenen Ziegen hatten
sich derartig vermehrt, daß sie den spätem Freibeutern reichliche
Lebensmittel darboteu (Jahresbericht der Geogr. Ges. Bern 11, 30).
Um dem zu steuern, brachten die Spanier einen »Haufen großer
Hunde dorthin, welche bald stark unter den Ziegen aufräumten. Die
Hunde sind jetztdieHerreu, se hr g r oß, leben auch vouMeerkälbern und
haben deshalb Fischgeschmack« (Ansons Reise um die Welt, 1749,
S. 113). »Auf Masa-Fuera erhielten sich aber die vielen Ziegen, weil
dorthin keine Hunde kamen« (daselbst S, 146). Nach Ulloa hatte
die Regierung; von Chile besonders Windhunde dort ausgesetzt
(Ausland 1889, 217), welche nach 33 Jahren stumm geworden, nicht
mehr bellten ; aber die von Ulloa mitgenommenen erhielten allmählich
die Thätigkeit zu bellen wieder (Darwin Variiren I, 32, 33). Nach
Ed. Poeppig (Reisein Peru I, 290) wechselten diese verwilderten Hunde
mannigfach ab in Farbe und Gestalt. Walpole (fouryearsin thePacificI,
1849, S. 368) sah selber dort keine, hörte jedoch, daß an manchen
Stellen mit ihnen noch die Ziegen gejagt würden, weil die Leute
kein Pulver besäßen (S. 372). Ansons Bericht erwähnt auch Sophus
Rime in den »Abhandl. und Vorträgen zur Gesch. der Erdkunde«
S. 111. In den letzten Jahren erhielten wir durch Ermel (Eine
Reise nach der Robinson-Crusoe Insel, 1889, S. 53 fg.) eine aus¬
führliche Beschreibung dieser Hunde. Die von den Spaniern dorthin
o'ebrachten Hunde wären eine unter den Araukanern einheimische,
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mi ttelgro ße, zottige, sehr krä ftige und wilde Rasse, welche
den Namen Tregua führe und genau jenen gliche, w'elche in Mexico
seit undenklichen Zeiten gleichfalls einheimisch gewesen. Interessant
wäre, dass diese Amerika ausschließlich angehörende Species von
Norden aus sich nach dem Süden, wahrscheinlich infolge der sich
nach der gleichen Richtung hin ausdehnenden Ureinwohner dieses
Weltteiles, ausgebreitet hätte. Für unseru Zweck hier weniger
38
wichtige Mitteilimgeu über die Hunde auf den Seiten 28, 78, 80,
98 übergehe ich. Auch Philippi bespricht in der »Festschi ift des
Ver. für Naturkunde in Cassel« 1886, S. 3 fg. den Tregua oder
Thegua, und Alfr. Nehring gab wiederholt uns reiches Material über
diese altamerikanischen Hunde. Die Ansicht Y^ouatts wiid also
nirgends bestätigt.
Bemerkimgeii über den Sclieltopusik und die Treppennatter.
Von Helene Werner iu Wien.
Unter den Reptilien, die mir mein Bruder von seiner Reise in
Dalmatien im Frühling dieses Jahres sandte, befanden sich auch
vier Exemplare des Scheltopusik {Opliisaurus apiis oder Pseudopus
Pallasii). Ich beschäftigte mich gerne mit diesen Tieren, weil sie
äußerst gutmütig sind, während die anderen Reptilien, die ich in
Abwesenheit meines Bruders zu betreuen hatte, z. B. eine Katzen¬
schlange, vier Leopardennattern und drei Eidechsennattern, unter
welchen sich zwei Riesenexemplare befanden, sich gerade durch
ihre Bissigkeit und Wildheit auszeichueten.
Wenn mau einen Scheltopusik in die Hand nimmt, schlägt er
nur heftig mit dem langen Schwanz herum, ohne zu beißen. Ich
kann die iu Brehms Tierlebeu, Bd. VII, S. 186, initgeteilte Be¬
merkung Erbers über die »anmutigen« Windungen des Scheltopusik
durchaus nicht begreifen, da ich noch nie ein Tier, welches sich so
hölzern, steif und unbehilflich benimmt wie dieses, gesehen habe;
aber trotz seiner ünbehilflichkeit ist er ziemlich schnell und lebhaft.
Von einer Schlange unterscheidet er sich beim Laufen dadurch,
daß der Körper viel weniger starke seitliche Biegungen macht, was
eben in der starken Panzerung seines Körpers seinen Grund hat.
Soviel ich bemerkt habe, lebt er mit Schlangen, ebenso mit Eidechsen
in Frieden und ich habe noch nie gesehen, daß er denselben die
Schwänze abbeißt. Obwohl der Scheltopusik, wie ich an anderen
Exemplaren zweimal bemerkt habe, sich von Schnecken ernährt
und sie samt den Schalen verspeist, so haben meine Exemplare
doch weder dalmatinische noch einheimische Schnecken angenommen,
während sie mit Rindsleber und Fleisch leicht zu füttern waren
und davon große Stücke (größer als ihr Kopf) verschlangen.*) Obwohl
*) Meine Scheltopusik nehmen auch jetzt im Winter noch Nahrung an,
wenn auch nur in großen Zwischenräumen. Das kleinste Exemplar versuchte
übrigens vor kurzem, eine große Schnecke aus ihrem Gehäuse herauszuziehen,
was ihm aber nur teilweise gelang.
39
sie die vorgeworfeneu Mäuse nicht aurübrteu, bezweifle ich durchaus
nicht, daß sie es gelegentlich doch thun, da nämlich überhaupt alle
fleischfressenden Eidechsen und alle Schlangen, außer den Wasser¬
schlangen, von einer gewissen Größe aufwärts Mäuse fressen. Die
in Brehms Tierleben geschilderte Bewegung des Scheltopusik, wenn
er eine Maus gefangen hat, zeigt er auch, wenn er ein großes Stück
Fleisch erfaßt hat. Diese Erscheinung ist auch an Blindschleichen
und verschiedenen Schlangen zu beobachten. Ich glaube, daß diese
schnellen Drehungen um die eigene Axe nicht zur Betäubung des
Opfers dienen, sondern zur Teilung des Bissens, weil, wenn zwei
denselben Bissen erfaßt haben, sie ihn fast jedesmal abzudrehen
versuchen, wobei die Drehung von beiden Tieren nach entgegen¬
gesetzter Richtung vorgeuommen wird. Der Scheltopusik trinkt
ziemlich selten, aber dann sehr viel.
Seit Ende April haben sich die Scheltopusik bis jetzt zweimal
gehäutet. Die Haut geht manchmal in großen Stücken weg, und
die Häutung dauert dann nur 1 bis 2 Tage ; oder sie währt sehr lange,
wenn nämlich die Haut sehr trocken ist, wobei sie sich in kleinen Fetzen
abschürft. Der Schwanz des Scheltopusik kann nicht, wie bei der
Blindschleiche, von selbst abbrecheu, sondern höchstens durch den
Biß eines Raubtieres in Verlust geraten. An der verwundeten
Stelle bildet sich dann eine kurze kegelförmige Spitze, aber der
Schwanz wächst ebenso, wie bei der Blindschleiche, nicht mehi
nach. Die schon vollständig entwickelten Eier eines von meinem
Bruder secierten Weibchens maßen 28 — 32 mm in der Länge und
— 16 mm in der Breite und waren kaum von Schlangeneiern zu
unterscheiden. Der Scheltopusik ist von den südeuropäischen Reptilien
am häufigsten in Wien zu sehen; daher ist auch sein Preis ziem¬
lich niedrig.
Über das Freileben des Scheltopusik machte mir mein Bruder
folgende Bemerkungen ; Ganz junge Exemplare, welche sich durch
hellgraue oder graubraune Färbung und braune Flecken auszeichnen,
werden sehr selten gefangen. Der Scheltopusik kommt in der
Nähe von Zara sehr häufig vor und erreicht eine ganz ansehnliche
Länge und Dicke ; meine zwei größten Exemplare stammen aus
dieser Gegend. Das Tier scheint sich fast niemals in Löcher oder
unter Steine zu verkriechen wie die Schlangen, sondern lebt frei
in großen stacheligen Gebüschen; namentlich in den die Weide¬
plätze einsäumenden Hecken. Eine andere Gegend, wo er sehr
häufig vorkommt, ist Ragusa, wo er besonders in Gärten zahlreich
40
auzutreffen ist und trotz seinor HarmlosigkGit uiitGi dou 4eldaibeiterii
deu größten Schrecken hervorruft, wenn er plötzlich beim Umwen¬
den des Heues aus demselben hervortaucht. Die am Ufer des
Meeres telegenen Gärten sind terrassenförmig angelegt uud am
Räude dieser Terrassen hält sich das Tier am liebsten auf. Wird es
erschreckt, so läßt es sich von der Terrasse herunterfallen auf die
nächste, und da man ihm auf diesem Wege nicht so schnell folgen
kann, so entgeht es gewöhnlich in dem dichten Grase allen Nach¬
stellungen. Von meinen vier Exemplaren stammen, wie oben
erwähnt, zwei aus der Umgebung von Zara aus Boccaguazza, eines
vou der lusel Solta uud eines von Ragusa.
In der Meinungsverschiedenheit zwischen Herrn von Fischer
uud Herrn von Feoktistow über die T r ep p en na t ter, RhinecMs
scalaris (Zoologischer Garten, 27. Jahrgang 1886, Seite 177 und 286)
kann ich auf Grund meiner Beobachtungen an mehreren Exemplaren
dieser Schlange folgende Mitteilungen machen : Was erstens die Bissig¬
keit uud Bösartigkeit der Treppennatter anbelaugt, so muß ich bemerken,
daß frischgefangene Exemplare nach meinen Beobachtungen nicht be¬
sonders bissig und jähzornig sind, jedenfalls aber wird sie von der
Dahlischen- und Leopardenuatter, was Wildheit uud Bissigkeit anbe¬
laugt, namentlich von der erstereu, bedeutend übertroffen. Ich konnte
meine Treppeuuattern, ohne je gebissen zu werden, aus ihrem Käfig
herausnehmen, wobei sie nur sehr stark zischten; dasselbe thateu sie in
der Regel, wenn sie irgend wie beunruhigt wurden. Das eine Exemplar
wurde übrigeus im Sommer, als es einen sehr großen Käfig ganz allein
bewohnte, wieder so wild, daß es, wenn man hinein griff, schon
von ziemlicher Eutfernung hervorschoß und nach der Hand schnappte ;
doch vermied es, wie viele andere Schlangen, wenn mau es mit
einem Stück Holz oder einem Schlüssel reizte, hinein zu beißen.
Treppenuatteru, die häufig gereizt werden, nehmen einen sehr bös¬
artigen Charakter au und schnappen mit der größten Wuth nach
der Hand des Pflegers, so daß es kaum möglich ist, etwas aus ihrem
Käfig herauszuuehmeu, ohne einen Biß zu erhalten, da sie sehr schnell
nach einander beißt und ziemlich gut zielt. Über die Plufeisen-
uatter, Zamenis hqjpocrepis^ habe ich zu bemerken, daß ich ein
großes Exemplar vou Sardinien uud ein kleines vou Algier gepflegt
habe, ohne daß ich gesehen hätte, daß sie einmal zu beißen ver¬
sucht hätten.
Wenn ich auch nicht glaube, daß die Treppeunatter die schnellste
Schlange vou Europa ist, so zähle ich sie doch unter die schnellsten,
41
wie Zamenis genionensis^ Z. Dahlii, Tropidonohis tessellatus. — Es
gibt mauclie Exemplare, die, wie gewisse Askulapuattern, trotz
vollkommeuer Gesnudheit die Annahme jeglicher Nahrung (auch
Mäuse) verweigern, doch bleibt sie noch nach monatel-angem Hungern
immer lebhaft und ist in Gefangenschaft überhaupt sehr ausdauernd.
Die Daubsäugetiere des Teutoburger Waldes.
Von H. Schacht.
VIII. Der Fischotter {Lutra vulgaris)
Der Teutoburger Wald ist in seinem Innern nicht sehr reich au
Gewässern. Wir finden zwar einige rauschende und schäumende
Gebirgsbäche, wie den bei Feldrom entspringenden Silberbach und die
vom lippischeu Poeten vielbesungene Berlebecke, auch einige Teiche,
wie den mährchenhaft gelegenen Donnper Teich, den schwarzen Pfuhl
an der Egge und den künstlich angelegten Teich am Externsteine,
den mau so gern als See bezeichnet, wenn er auch nur eines Stein¬
wurfs breit ist ; das ist aber auch alles. Dagegen flieht einige Kilo¬
meter vom Walde entfernt meist parallel mit dem Höheuzuge die
Werra, welche in der Nähe der Residenzstadt Detmold durch ver¬
schiedene Zuflüsse verstärkt wird und die deswegen auch hier schon
von unserm bestgehaßten und gefährlichsten Fischräuber, dem Fisch¬
otter, stäudig bewohnt wird.
Von hier aus begiebt sich das Tier, welches weder an die Scholle
noch an die Welle gebunden ist, häufig in die benachbarten Bäche,
um dieselben nach den schmackhaften Forellen abzusucheu, und ge¬
langt auf diesen Fahrten auch in die oben genannten Teiche im
Walde. So bemerkte vor Jahren das scharfe Auge des Malers Lud.
Beckmann, der zur Sommerfrische am Externstein weilte, die frische
Fährte eines Fischotters am Rande des Teiches. Als gegen 10 Uhr
abends noch im Saale des benachbarten Hotels eine heitere Gesell¬
schaft beisammen war, entfernte sich Beckmann unbemerkt, nahm sei¬
nen Hinterlader zur Hand und stellte sich am obern Ende des Teichs,
wo das Wasser sehr seicht ist, auf einer hölzernen Brücke an und
wartete nun geduldig des Räubers, der da kommen sollte. Nach¬
dem er etwa eine Stunde ruhig auf seinem Posten ausgeharrt, ver¬
nahm er plötzlich vor sich ein lautes Plätschern und sah in etwa
30 Schritt Entfernung einen dunkeln Körper aus den Fluten tau-
1
— 42 —
eben. Jetzt durclizitterte eiu mächtiger Knall die Schluchten des
Waldgebirges und still und regungslos lag der feee wie zuvor. Am
andern Morgen fuhr man mittels Kahns auf den Anschuß und ge¬
wahrte auch bald den toten Fischotter auf dem Boden des Teichs,
Mit lautem Jagd-Hallo entwand man das Tier der feuchten Tiefe
und trug es im Siegesjubel heim. Es war ein mächtiges, 4 Fuß
messendes Exemplar, das sofort präpariert wurde. Bei der Sektion
ergab sich, daß der ganze Inhalt des Magens nur aus Fröschen be¬
stand, trotzdem der Teich durchaus keinen Mangel an Fischen hatte.
In meinen Jugendjahren mußte ich einmal in einer schönen
Sommernacht an den mit Karpfen besetzten Stadtgraben von Lemgo
bei der Leinenbleiche Wache halten. Gegen 3 Uhr morgens, als
ich mich eben von meinem Lager erhoben hatte, stieg plötzlich vor
mir aus dem Wasser in nur 10 Schritt Entfernung ein mächtiger
Fischotter, schüttelte sich mit einem wuchtigen Ruck die Wasser¬
tropfen aus dem Pelze, sah mich einen Augenblick ebenso verwun¬
dert an als ich ihn und verschwand dann ebenso geräuschlos wieder
in der Flut, wie er vorher derselben entstiegen war.
Ein andermal saß ich inmitten eines großen Wiesenplanes am
Ufer der Bega, um Fische zu fangen. Unverwandt schaute ich nach
der Angelschnur, beständig hoffend, bald einen stummen Bewohner
der Flut emporhebeu zu können. Eben sank die Sonne hinter den
benachbarten alten Weiden nieder, da stieg zu meiner Verwunderung
am gegenüber liegenden Ufer ein Fischotter empor, wand sich einige
Schritte weit durch Weidicht und hohes Gras und glitt dann ge¬
räuschlos wieder ins Wasser nieder. Einen solchen Fischer zum
Nebenbuhler zu haben, ist freilich für den Angler eine schlimme
Sache, und ich konnte mir meinen heutif^en Mißerfolge leicht erklären.
Eigentümlich erscheint es, daß an den Teichen, Bächen und
llüssen, wo sich Fischottern zeigen, auch immer sich Leute finden^
die den Räubern eifriger nachstellen als die Herren Fischer selbst.
So wohnt in meiner Nähe ein alter Landwirt, der sich um Fische
durchaus nicht bekümmert, desto eifriger aber den F'ischottern uach-
stellt aus dem einfachen Grunde, weil der zu jeder Jahreszeit brauch¬
bare Pelz immer gut bezahlt wird. Der alte Praktikus hat in seinem
Leben schon an oO Ottern gefangen, und er hat dies nur fertig
gebracht, weil er dem Grundsätze huldigt : man muß sie nicht alle
wegfangen, sonst bekommt man keine mehr. Er war deßhalb auch
nicht sehr erbaut, als vor einigen Jahren in seinem Reviere die
bekannten westfälischen Otternjäger, die Gebrüder Schmidt aus
48
Schalksmühle, erschieueu, um vermittelst ihrer wohldressierten Hunde
die Fischottern aufzuspüren und ihrer viele zur Strecke brachten.
Der Fischotter unternimmt oft, um von einem Gewässer zum
andern zu gelaufen, weite Reisen zu Laude durch Feld und Wald
und taucht deshalb mauchmal in Gegenden auf, wo man ihn gai
nicht vermutet. So traf ein mir befreundeter horstmann, dei Heir von
Triller in Feldrom, einst einen Fischotter unter einem Knüppeldämme
im Walde an, hetzte ihn durch seine Teckel aus seinem Versteck und
erlegte ihn dann.
Die Anwesenheit eines Fischotters läßt sich immer leicht nach-
weisen ; man braucht nur au den sandigen oder lehmigen Ufern auf
seine Fährte zu achten oder die Ufer nach Fischresten, wie Knochen
Gräten, Schuppen oder Krebsschalen abzusucheu. Besonders da, wo
sich zwei Flüsse oder Bäche vereinigen und das dazwischen liegende
Land im Winkel ausläuft, findet mau diese Reste oft in großer
Menge. Züiii gewöhnlichen Verstecke benutzt das üier hohle Ufer,
alte Wurzelstöcke, Stauwerke und Brücken. Zur Wochenstube gräbt
sich das Weibchen eine Höhle mit einem weiten Kessel ins Ufer,
bringt aber den Eingang dazu versteckt unter dem Wasserspiegel
an, so daß derselbe von außen sehr schwer zu finden ist. Au der
Werre wurde vor einigen Jahren ein solcher Kessel nur dadurch
entdeckt, daß eine auf dem sandigen Ufer grasende Kuh vor den
Augen der Hirten plötzlich einbrach. Der ganze Kessel war mit
Heu, Stroh und trockuem Schilfgrase weich und warm ausgefüttert.
An eine bestimmte .Jahreszeit scheint der Fischotter bei seinem
Fortpflanzungsgeschäfte nicht gebunden zu sein, denn mau hat hier
schon Junge im März, im August und sogar im Dezember gefunden.
Die Jungen stehen lange unter dem Schutze und der Führung der
Alten, doch scheint dieselbe, wenn die Jungen erst ziemlich heran¬
gewachsen sind, keine große Liebe mehr für sie zu hegen, denn als
mau in meiner Nähe einst am frühen Morgen eine Mutter mit zwei
halberwachsenen' Jungen in einem dicht mit Weidicht bewachsenen
Bächlein überraschte, machte sich die Alte schleunigst aus dem Staube,
während sich die Jungen, so gut es ging, zu verbergen suchten und
daun einfach erschlagen wurden.
Die Otternfäuger gehen bei uns dem Tiere gewöhnlich mit einem
Tellereisen zu Leibe. Zunächst suchen sie am Rande des Ufers die
Stelle zu ermitteln, wo der Otter seinen Ausstieg hat. Hier wird
nun das Eisen vorsichtig mit Moos und kurzem Grase bedeckt so
angebracht, daß es unter dem Wasser liegt. Die Falle muß außer-
44
dem so beschwert werdeu, daß das gefangene Tier damit zu Boden
siukt und im Wasser ertrinkt. Ist dies nicht der Fall, so macht das
Tier die verzweifelndsten Anstrengungen, dem fesselnden Eisen zu
entkommen und läßt dabei laut kreischende Schmerzenslaute hören.
Der Fischotter ist wie kein anderes Tier, dank seinem schlanken
marderartigen Körperban, den mit Schwimmhäuten versehenen
Zehen, den glatt anliegenden Haaren, den verschließbaren Ohren
und dem kräftigen, am Ende spitz zulaufenden Ruderschwanze recht
dazu angethan, die Fische in ihrem Elemente aufzuspüren und zu
erbeuten. Einen geschickteren und eleganteren Schwimmer und Tau¬
cher haben unsere Süßgewässer nicht aufzuzeigen, und ich gedenke
heute noch immer mit großer Freude des Augenblicks, als ich im
Jahre 1865 im Dresdner Garten zum erstenmal Gelegenheit fand,
unseren Fischotter in seinem Wasserbecken sich belustigen zu sehen.
\Vohl eine Stunde widmete ich der Beobachtung dieses einheimischen,
viel genannten und doch so vielen unbekannten Raubtieres.
Gezähmte Fischottern hat hier meines Wissens noch niemand
gehalten. Der Herr von Kapf in Lemgo versuchte vor einigen Jahren
einen im August gefangenen juugeu Fischotter mit der Saugflasche
aufzuziehen, doch erreichte derselbe nur ein Alter von wenio’en
O
AVochen.
IX. Der Dachs (Meies taxus).
Meister Grimmbart, den die böse Welt gewöhnlich für einen
mürrischen und verdrießlichen Patron erklärt, weil er ein wahres
Einsiedlerleben führt und durchaus keine Festtagsstimraung zeio't,
wenn man ihm im Herbst, wo er sich, wie ein Freiligrathscher Moh¬
renfürst »ein rundes Bäuchlein augemästet« in seiner Behäbigkeit und
Häuslichkeit mit den verschiedensten Folterwerkzeugen zu Leibe
rückt, ist noch überall in uusern Waldungeu anzutrefifeu. Daß er nicht
sehr häuflg auftritt, wenigstens sich nicht in dem Maße vermehrt, wie
man es von einem so wenig verfolgten Tiere, das 10 Monate des Jahres
hindurch Schonzeit hat, eigentlich erw’arten könnte, liegt meines Er¬
achtens hauptsächlich an der Strenge des Winters, wodurch viele der
bereits im Februar geborenen Jungen eiugehen, daun aber auch au
der unter den Höhlenbewohnern ausbrechendeu Räude, die manchen
Dachs in der Blüte der Jahre hiuwegrafl’t. Woher soll z. B. die
alte Dachsmutter ihre Nahrung nehmen, wenn metertiefer Schnee
oft bis zum April hin die Waldungen bedeckt? Und wie häufio-
45
fand ich schon nach schneereichen Wintern in den Bergen hinter
Hecken und Büschen verendete Dachse, die nur der Hunger aus
ihrer Winterruhe getrieben hatte und die dann erschöpft und ent¬
kräftet auf ihren Ausgängen uiedergesunken waren.
Bei Taffe bekommt mau deu Dachs äußerst selten zu sehen,
O
wenn er auch im Herbst zur Zeit der ßrombeerreife sich häufig
außerhalb des Baues im Gebüsche umhertreibt. So wurde in der
Nähe unseres Waldes auf dem Gebiete des Gutes Roteusiek zwei
Jahre nacheinander ein Dachs auf der Treibjagd erlegt, welcher in
einem mit dichtem Brombeergebüsch bestandenen Feldgehölze sein
Standquartier genommen hatte. — Als ein mir befreundeter Land¬
wirt einst am hellen Maitage durch sein Gehölz schritt, kam ihm
auf dem Wege eine ganze Dachsfamilie, Mutter und drei Kinder,
entgegen. Die Alte schnitt beim Erblicken des ungebetenen Zu¬
schauers ein bitterböses Gesicht und zog mit den Jungen ruhig ihres
Weges weiter.
Einst hatte ich mich zur Herbstzeit am Waldrande auf den
Ansitz begeben, um, wenn möglich, einen ins Feld rückenden Hasen
zu erlegen. Eben war die Sonne hinter den Bergen verschwunden,
da raschelte es vor mir im dürren Laube und siehe, ein Dachs war
es, der direkt auf mich lostrollte. Ich saß natürlich unbeweglich.
Der weißblässige Schelm kam mir auf zwei Schritte vors Gewehr,
streckte vorsichtig seine Nase empor, schien aber sofort Menschen¬
fleisch zu wittern, denn er drehte sich rasch um und trabte, viel
rascher als er zuvor gekommen, wieder dem nahen Fichtendickicht zu.
Von den Dachsbauen, die oft tief im Walde liegen, führt stets
ein breit und flach ausgetretener Pfad durch Busch und Gestrüpp,
über Sumpf und Moor, durch Gräben und Schluchten den nächst-
gelegeuen Dreischen, Weidekämpen, Miesen und leidem zu. Au
einem solchen wohl seit Jahrhunderten benutzten Pfade, der au einer
sehr steilen Bergwand hinaufführte und in einen Weidekamp mündete,
hatte ich mich an einem heitern Septemberabeude niedergelassen,
um einen Daclis zu beobachten. Gegen 8 Uhi, als schon der Mond
seine Lichter durch die Zweige warf und das schauei liehe Huliuhu
des Waldkauzes in den Schluchten des Gebirges widerhallte, vernahm
ich, daß tief unter mir im laubbedeckten Thale ein lautes Rascheln
entstand. Ich horchte auf und bald schob sich langsam die Bergwand
hinauf die fettstrotzeude Gestalt eines Dachses, dei in 3 Schiitt Ent¬
fernung neben mir vorbei trollte, mich aber keineswegs beineikte.
Nachdem einige Minuten verflossen w’aren, ging ici^ demselben nach.
46
Da derWeidekamp mit grasbedeckteuMaulwurfshügelu wie übersäet war,
wurde es meinen Augen schwer , einen Dachs dazwischen ausfindig
zu machen. Endlich sah ich einen etwas grösseren Haufen, den ich
mir sofort zum Ziele nahm. Eben wollte ich mit meinem Fuße den
Haufen berühren, als dieser plötzlich lebendig ward und sich als
Freund Grimmbart entpuppte, der nun spornstreichs, soweit es ihm
sein ungewöhnlicher Leibesumfang gestattete, munter von dannen
trabte. Jetzt wandte ich meine Schritte wieder den Penaten des
Hauses zu. Kaum hatte ich aber den Weidekamp verlassen, von
wo aus der Weg noch eine Strecke durch einen hohen Buchenbestand
führte, da sah ich auf einmal vor mir hochaufgerichtet einen Dachs
stehen von wahrhaft reckenhafter Gestalt. Er begrüßte mich mit
einem zweimaligen lauten Gegrunze und verschwand dann im Walde.
Ein alter Freund , dem ich tags darauf mein Erlebnis mitteilte,
meinte freilich scherzhafter Weise, ich hätte mich geirrt, der Dachs
sei sicher ein Schwein aus unserem Dorfe gewesen.
Eines Tages kam mein Nachbar zu mir und machte mir die
Mitteilung, daß er am Abend zuvor beim Mondschein auf dem An¬
stande auf eine ihm unbekannte Kreatur einen Schuß abgegeben
habe. Nach dem Schüsse sei das Tier dicht neben ihm vorbei in
den Wald gestürmt und müsse dort verendet sein. Natürlich ging
ich mit ihm sofort auf die Suche und siehe, er hatte einem Dachse,
der auf dem Haferstoppel der Mäusejagd obgelegeu, das Lebenslicht
ausgeblasen.
Im Spätjahr findet man häufig auf Gras bedeckten Waldwegen,
Wiesen, W^eidekämpen und Dreischen kleine trichterförmige Ver¬
tiefungen, die der Dachs mit den scharfen Krallen der Vorderläufe
auf der Suche nach Regen würmeru, Käfern, Schnecken, Engerlingen
und sonstigen Maden auswirft, eine Beschäftigung, die mau mit dem
Ausdrucke »Stechen« bezeichnet. Im Frühjahr und Sommer bemerkt
man dies weniger, ein Zeichen, dass er um diese Zeit seine Nahrung
auf andere Weise zu finden weiß. Er nimmt seine Nahrung sowohl
aus dem T-ier* wie aus dem Pflanzenreiche. Daß er gern Frösche
frißt, ist bekannt, doch fand ich einst sogar in der Nähe seines
Baues eine frische, förmlich abgeschälte Haut einer Kröte. Auf die
Bauten der Hummeln scheint er sehr erpicht zu sein, denn er gräbt
gewöhnlich die Hummeluester bis zum letzten Rest aus dem 'Erd¬
boden.
über die Roll- oder Ranzzeit des Dachses und die Dauer der
Trächtigkeit scheinen die Akten jetzt geschlossen zu sein. In
47
früheren Jahren verlegte man allgemein die Ranzzeit in die Monate
November und Dezember, 'wo der Dachs bereits sein Winterlager
bezogen hat und dank seines übervoll gemästeten W’^anstes mehr an
den Genuß der Ruhe und des Schlafs als der Liebe denkt. Heute
iveiß mau nach den Beobachtungen des Herrn von Münchhausen-
Schwöbber (pag. 302, Jahrgang XVIII. d. Z. G.), daß die Ranzzeit
schon im Juli und August stattfindet und die Dauer der Trächtigkeit
sich auf 6 Monate beläuft.
Um einen Dachs zu fangen, legte ich einst mit einem Forst-
maune eine Dachsfalle d. h. ein starkes Tellereisen auf einen Dachs¬
pfad, etwa 20 Schritte von einem einsamen Felsenbaue entfernt.
Nach einigen Tagen war das Eisen zugeschlageu , aber Meister
Grimmbart hatte sich nicht gefangen. Wieder ward es auf derselben
Stelle fängisch gestellt. Am nächsten Morgen lag auf dem Eisen
ein ganzer Ballast von Moos und trockenem Grase. Der Forstmann
meinte, der Dachs habe vorsätzlich die Falle zugedeckt, eine Erklärung,
der ich nicht zustimmen konnte. Der Dachs hatte die Stoffe, welche
sein Winterlager behaglicher gestalten sollten, im Walde zusammen¬
gescharrt, beim Transport fortgeschoben und dieselben, als er die
verdächtige Stelle erreicht hatte, einfach liegen lassen.
Sobald die Schonzeit des Dachses mit Ende des Septembermonds
abgelaufen ist, rüstet sich der Jäger zum Dachsgrabeu. Zuerst wird
der Bau einer sorgfältigen Besichtigung unterzogen, besonders sucht
man zu erforschen, welchen Gang oder welche Röhre der Dachs am
meisten befährt und wo er sein Winterlager aufgeschlageu hat. Im No¬
vember, wenn der Sturm bereits die Bäume entblättert hat , die Tage un¬
wirtlicher geworden und der Dachs schon fester im Bau sitzt, schickt
mau kläffende Dachshunde in den Bau, die bald den armen Grimm¬
bart aufspüren und laut bellend vor demselben Halt machen. Nach¬
dem man durch verschiedentliches Horchen in und auf dem Bau
festgestellt hat, wo der Dachs liegt, beginnt mau von oben her den
sogenannten Einschlag und gräbt so tief eine geräumige Grube, bis
man den Dachs erreicht hat. Diese Arbeit erfordert oft einen großen
Zeitaufwand, besonders auf steinigem und felsigem Boden, und es
kann Vorkommen, daß sich bei der Kürze der Tage das Dachsgraben
bis zum späten Abend ausdehut und erst beim Schein einer Laterne
beendet wird. Hat mau den Dachs erreicht, so wird er mit der
Dachszange herausgezogen oder mit einer Eisenstange, die vorn mit
scharfen Wiederhaken versehen ist, förmlich angebohrt, hinausgezerrt
und erschlagen. Einige Jäger, die mau aber nicht zu den edelsten
48
ihres Geschlechts rechnen darf, suchen den Dachs erst noch zu heißen,
indem sie durch die abgelösten Sehnen der Hinterläufe einen Stock
ziehen und fest binden und dann unter lautem Hallo die Hunde auf
ihn hetzen. Fräo-t man : Warum diese entsetzliche Marterei und
O
Quälerei? so heißt es; Um die Hunde scharf zu machen! Diesen
Zweck erreicht man auch, wenn man die Hunde auf das bereits
getötete Tier hetzt. »Den Schöpfer im Geschöpfe zu ehren«, soll
der edle Weidmann nie vergessen.
Sclmakenzucht zum Zwecke der Fisclifütteruiig.
Von Dr. Emil Buck.
Um für meine pelagischen Krebse, wie z. B. Cyclops, Diaptomiis
und Daphnia^ ein geeignetes Futter zu gewinnen, lasse ich bereits
seit einem Jahre in großen Einmachgläsern getrocknete oder frische
Salatblätter, je nach der Jahreszeit, faulen, wobei sich eine Unmenge
von Infusorien und Maden entwickelt. Jeden Tag nehme ich die
weichgewordeuen Blattteile heraus, spüle sie in einem kleinen Ein¬
machglase mit etwas reinem Wasser ab und gebe dieselben als Futter
den größeren wirbellosen Tieren meines Aquariums. Mit einem
gläsernen Senflötfel schöpfe ich ferner von der grünlichen, nicht
gerade wohlriechenden Flüssigkeit des großen Glases und mische sie
mit dem Wasser des kleinen. Nunmehr schütte ich dessen Inhalt
langsam in das Aquariumwasser und zwar da, wo der Luftstrom
meines Durchlüftungs-Apparates emporsteigt. Von demselben werden
die feinen organischen Substanzen lange Zeit herumgetriebeu, ehe
sie allmählich auf den Grund sinken. Sogleich machen die pelagischen
Krebse Jagd auf die treibende Masse, aber wohl auch auf die In¬
fusorien und Maden. Man muß in Betracht ziehen, daß von den
Flüssen und Bächen, welche in Seen münden, eine Menge fein
zerteilter tierischer oder pflanzlicher Stoffe dort abgesetzt werden,
die fast die ausschließliche Nahrung der kleinen Seefauna ausmacheu.
Dieses muß mau im Kleinen nachahmen. Früher vermochte ich
die hochinteressanten Biaptomus-lirQhsQ nicht länger als einige Tage
am Leben zu erhalten, nunmehr aber pflanzen sie sich erfreulicher¬
weise bei mir seit dem Frühjahre fort. Vorigen Sommer stellte ich,
um stets einen größeren Vorrat von Futter zur Hand zu haben,
mehrere offene große Einmachgläser mit Wasser und Salat auf der
Nordseite meiner Wohnung vor das Fenster. Nach 14 Tao-en be-
O
49
merkte ich iu denselben hunderte von Schnaken - Larven , welche
täglich an Zahl noch Zunahmen. Anfangs verfütterte ich die Larven
an meine Fische. Um aber nicht die ausgebildeten Schnaken zu
verlieren, legte ich zuerst Glasplatten auf die Gläser. Da aber die
Schnaken bei Öffnung derselben leicht entweichen, was im Interesse
der Nachbarschaft und der eignen Person nicht wünschenswert ist,
so lieL ich mir ßlechaufsätze für die Gläser machen, die jedem Glase
bequem aufsitzeu können, oben aber geschlossen sind und nur seit¬
wärts eine fingerdicke Blechröhre haben, durch welche Licht und
Luft in die Kapsel eindringt. Über die Röhre ist eine andere ge¬
schoben, deren freies Ende von einem angelöteten Drahtring umgeben
ist, um einen Sack von weichem, weitmaschigem Stoff, wie mau
solchen für Schmetterlingsnetze gebraucht, daran zu befestigen. Die
ausgeschlüpften Schnaken entfliehen gern ihrer schmutzigen Wiege,
steigen nach oben und gelangen in das Netz, wo mau täglich
20 bis 30 bequem durch leichten Druck töten kann. Dieselben
werden zum größten Teil als Wintervorrat getrocknet. Entwickeln
sich iu einem Glase keine Schnaken mehr, so läßt mau dasselbe
einige Zeit offen stehen. Bald wird eine neue Brut darin vorhanden
sein. Auf diese Weise stehen uns sehr zarte Insekten als Fisch¬
futter in Menge zur Verfügung.
Vögel und Binneiiiiiolliisken.
Von Hermann Loens.
Die Binnenmolluskeu bilden im Gegensätze zu den marinen
Mollusken nur einen geringen Bestandteil der Nahrung der Vögel.
Die bedeutendsten Weichtiervertilger sind die Sumpf- und Wasser¬
vögel. Kranich und Storch, Schnepfen, Kiebitze, Rallen und Wasser¬
hühner fressen sowohl die Agriolimax- und Succiuea-Arten der W'ieseu
als auch die freischwimmendeu Wasserschuecken. Die Enten holen
selbst die Cycladiden aus ihren Schlammverstecken hervor.
Die Möwen, die zur Ebbezeit starke Verheerungen unter den
marinen Mollusken anrichten und um ihre Horste ganze Konchylien-
sammluugen anlegen, wie dies Kohlmann auf der Insel Rottum be¬
obachtete (Abhand. d. naturw. Ver. z. Bremen, 1879 pag. 98), ver¬
schmähen auch die Lau dsch necken nicht. Vor einigen Wochen be¬
obachtete ich bei Münster i. W. auf einem feuchten Brachacker an dem
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXIII. 1892. 4
r.o —
alten Kanal zwei, wahrscheinlich vom Sturm verschlagene Möwen, die in
Gesellschaft einer großen Kiebitzschar dem schädlichen Ackerschnegel,
Agriolivnax agrestis^ eifrig nachstellten.
Die durch Hochwasser an die Flußufer gespülten und hier ab¬
gestandenen Unionen und Anodonten werden von den Raben- und
Nebel-Krähen aus ihren Schalen gezogen, was ich diesen Winter zur
Genüge beobachten konnte.
Einer der bekanntesten Schneckenfresser ist unsere Singdrossel,
welche die Gehäuse unserer Tachea-Arten an der Mündung faßt und
auf einem Steine zertrümmert. Bei der Amsel, die in den Gärten
Münsters sehr gemein und äußerst zahm ist, beobachtete ich derartiges
nie, fand aber einst in dem Magen eines Weibchens Hyalma cellaria,
radiatula und Succinea ohlonga.
Eine eigentümliche Beobachtung veröffentlichte Kohlmann 1. c.
1888 pag. 36 über den rotrückigen Würger, Lanius coUurio, den er
belauschte, wie er mit dem Schnabel aus den Gehäusen von TacJiea
neviiOTalis und hoTtensis die Tiere herauszerrte und teils selbei fiaß,
teils seiner Brut zutrug.
Auch der Nußhäher verschmäht die Schnirkelschuecken {TacJiea)
nicht. Herr Präparator Rudolf Koch in Münster zog aus verschie¬
denen Kröpfen dieses Zigeunervogels Exemplare der T. nemoralis.
In der neuesten Zeit sind selbst »der Unschuld und der Reinheit
Bild«, die T a u b e u, als leidenschaftliche Fleischfresser ertappt worden.
Herr Kaufmann Koberg hierselbst nahm aus den Kröpfen zweier
Feldflüchter über 20 erwachsene, meist noch lebende XeropJiila
ericetorum und stellte mir den Kropf einer anderen Taube zu, der
67 unausgewacbsene Stücke derselben Art enthielt, worüber ich auf
Seite 193 des Nachrichtsblattes der malakozoologischeu Gesellschaft
für 1890 berichtet habe.
Auf Seite 195 desselben Blattes citiert Ernst Friedei eine Stelle
aus »Lenz, Gemeinnützige Naturgeschichte, Bd. 2, 1835 pag. 253,
welche besagt, daß bei Podgorze an der Weichsel die Turteltauben
auf nassen Wiesen fleißig die Schneckenjagd betrieben hätten.
Im Jahrgang 1891 desselben Blattes berichtete ich auf Seite 5,
daß ich im Kropfe einer Ringeltaube Bruchstücke einer Ilyalina und
Cionella lubrica gefunden hatte; ferner, daß eine englische Geflügel-
zeitung die Feldflüchter als eifrige Schneckenvertilger rühmt und
drittens eine briefliche Mitteilung von Herrn Dr. Kobelt, wonach ihm
die Vorliebe der Tauben für Agriolimax agrestis und Succinea-Ärteu
schon lange bekannt war.
5t
Die allermerk würdigste Beobachtung machte aber jedenfalls der
ohengenanute Präparator Koch, welcher im Kropfe einer Ringeltaube
mehrere Exemplare von Planorhis corneiis fand, welche der Vogel
wahrscheinlich in einem ausgetrockneten Tümpel aufgelesen hatte.
Selbst die zierlichen Lachtäubchen verschmähen keineswegs
Schnecken. Meine Brüder haben ein Pärchen davon zum Ein- und
Ausfliegen gewöhnt, und ich hatte sehr häufig Gelegenheit zu beob¬
achten, wie die sehr zahmen Tierchen auf einem feuchten Grasplatze
unseres Gartens Agriolimax agrestis^ Zonitoides nitida und Succinea
putris in Menge aufnahmen.
Die Hühnervögel dürften wohl fast alle Schneckeufresser sein.
Über die gegenwärtige Verbreitung der Giraffe im Süden des
Sambesi.
Von Dr. F. Moewes.
H. A. Br y den macht in den Proceedings of the Zoological
Society (1891, III) folgende, z. T. auf eigene Anschauung begründete
Mitteilungen :
Die großen Jagdtiere verschwinden so rasch aus Südafrika, daß
die Grenzen ihres Vorkommens mit jedem Jahre enger werden.
Flinten sind jetzt bei den Eingeborenen südlich vom Sambesi reichlich
vorhanden, und mit der raschen Ankunft der Europäer und des eu¬
ropäischen Geldes in einst entlegenen Gegenden sind Pferde, von
welchen die erfolgreiche Jagd vieler Tiere der Fauna abhängt, ein
leichter zu beschaffender Gegenstand geworden. Nach zwanzig Jahren
werden nur noch wenig Giraffen -übrig sein, selbst in den fast unzu¬
gänglichen Wüsten, die jetzt noch ihren Zufluchtsort bilden. Mit
dem thatsächlichen Verschwinden des Nashorns aus Südafrika und
der bevorstehenden Ausrottung des Pflußpferdes wird der Giraffe jetzt
mehr als früher nachgestellt, da ihre dicke Haut zur Herstellung
des allgemein benutzten »sjambok«, der Kolouiepeitsche, verwendet
wird. Die Plant einer guten männlichen Giraffe ist jetzt als Material
für diesen Zweck 4—5 Pfund Sterling wert; die eines Weibchens gilt
etwas weniger. Es ist also kein Wunder, daß die eingeborenen
sowohl wie die holländischen Jäger äußerst thätig sind in der Ver¬
folgung dieses interessanten, schönen und jedes Verteidiguugsmittels
entbehrenden Tieres.
Gegenwärtig ist das Hauptquartier der Giraffen das dürre
Wüstenland der nördlichen Kalahari. Noch vor einigen Jahren
waren sie in keiner großen Entfernung von Khainas alter Haupt¬
stadt Schoschong zu finden; jetzt begegnet man ihnen zuerst in
dem Busch- und Waldgebiet jenseits Kanne oder Klaballa, auf
dem Wege von Scboschong zum Ngami-See. Dieser wasserlose Land¬
strich, der mit Recht »Durstland« genannt wird, dient den Girafien
als sicherer Zufluchtsort. Von Kanne bis zum Botletlifluß, und von
da halbwegs zum See reserviert sie Kliama für seine eigene und
seiner Leute Jagd, und holländische Jäger mit ihren verderblichen
Methoden werden nicht zugelassen.
Im größten Teile von Khamas Land bis nördlich zu den Viktoria-
Fällen und westlich bis zum Tschobi und Mababe-Fluß und darüber
hinaus sind noch Giraffen zu finden, ebenso auch in Mo remis Land
in der Gegend des Ngami-Sees.
Der wichtigste Teil des Giraffenlaudes, das in Südafrika noch
übrig geblieben ist, dürfte die öde und gauz wasserlose Waldgegend
sein, welche sich südlich vom Botletlifluß bis in die Kalahari er¬
streckt. Acht Monate des Jahres ist dieses »veldt« größtenteils
wasserlos und für die Jagd unzugänglich, außer wenn Wasserkarren
mitgenommen werden können. Hier schweifen große Giraffenherden
frei und ungestört umher. Zuverlässige Zeugen berichteten Bryden,
daß in den letzten Jahren öfters 70 — 80 Giraffen bei einander gesehen
wurden. Als der Verfasser am Botletli jagte, traf er einen Tagesritt
weit vom Flusse mit einer Herde von 19 Giraffen zusammen, und
auch kleineren Herden begegnete er.
Khamas Jäger machen jährlich einen Ausflug in dieses »veldt«,
und die Durchschnittsbeute jedes Jagdzuges scheint 12 — 16 oder 20
Giraffen zu betragen. Diese werden nur ihrer Haut wegen getötet.
Alle Eingeborenen in diesem Teile Afrikas bedienen sich derselben
zur Anfertigung von Sandalen.
Wie oben erwähnt, werden Giraffen vom Botletli aus bis in die nörd¬
liche Kalahari hinein angetroffeu. Im letzten Jahre waren ein oder zwei
Herden noch viel weiter hinabgewandert, beinahe bis zum Molopofluß.
Ein solcher Fall ist aber heufzutage sehr ungewöhnlich. Westlich
von Tuuobis (Galtons fernster Funkt 1850) gegen das Damaraland
findet man jetzt keine Giraffen mehr, da die Namaquajäger in dieser
Gegend zu thätig sind; aber in Teilen von Ovainpoland, nach dem
Okavangafluß hin, sollen sie noch zahlreich vorhanden sein. Weiter
östlich, am Südufer des Tschobi, werden sie auch noch in Menge
gefunden.
53
Selous berichtet, daß die Giraffe in einigen Gegenden des Ma-
tebele-Landes vor 10 Jahren gemein gewesen sei, und sie ist noch
dort zu finden, wenn auch in abnehmender Zahl. Im eigentlichen
Maschoualande ist sie selten, und östlich vom Gwelofiuss tritt sie,
ebenfalls nach Selous, kaum jemals auf. Dies ist eine ziemlich
sonderbare Eigentümlichkeit ihres geographischen Vorkommens.
Bis vor ein paar Jahren waren Giraffen auch in den Niederungen
zwischen der Nordostgreuze von Transvaal und dem Meere zu finden.
Die Jäger der Buren haben indessen das Wild in dieser Gegend so
verfolgt, daß nur noch sehr wenig übrig sein kann. Bryden 'be¬
zweifelt auch, ob in Transvaal, selbst in dem entlegensten Noidost-
Distrikt in der Nähe des Limpopo, noch eine einzige Giraffe zu finden ist.
So weit sich beurteilen läßt, wird die Giraffe am längsten in
den unzugänglichen, wasserloseu Wäldern südlich vom Botletlifluß
ausdaueru. Es ist sonderbar, wie unabhängig die Giraffe vom Wasser
ist. Die Buschmänner und andere pflegen zu erzählen, sie trinke
nie. Dem stimmt Bryden zwar nicht zu, doch ist es nach ihm sicher,
daß die Giraffen der nördlichen Kalahari und anderer wasserloser
Gebiete 7 — 8 Monate im Jahre kein W^asser berühren können. Der
Verfasser gibt zum Schluß noch einige Ratschläge für die Beschaf¬
fung lebender Giraffen. Der Häuptling Khama von Bamaug-
wato ist nach Brydens persönlicher Erfahrung so aufgeklärt, zuvor¬
kommend und geneigt, die Europäer, und namentlich die Engländer,
zu unterstützen, habe auch außerdem solche Macht im Lande, daß
der Verfasser sicher ist, man werde mit seiner Hülfe lebende Exemplare
von jungen Giraffen erhalten können. Die Masarwa-Buschmänner
der nördlichen Kalahari und der Botletlifluß-Gegenden könnten mit
Unterstützung von Khamas berittenen Jägern die jungen Giraffen
aufspüren und fangen, und diese könnten dann nach Khamas Stadt
Palachwe gebracht werden. Von dort kommt man selbst mit den
langsamen Ochsen wagen in 20 Tagen nach Vryburg (Britisch Bech-
uanaland) und die weitere Reise mit der Eisenbahn nach Kapstadt dauert
nur 48 Stunden. In Nordafrika muß man jetzt sehr weit ius Land
hineingehen, um Giraffen zu finden, und in Ostafrika würde die
Mitwirkung der eingeborenen Häuptlinge und Jäger viel schwerer zu er¬
langen sein. Nach Khamas Tode wird die Giraffe, welche er jetzt
in gewissen Grenzen schont, in kurzer Zeit ausgerottet werden und
es wird dann zur Erlangung lebender Tiere zu spät sein. Bryden
ermahnt daher die europäischen Sammler, sich die Gelegenheit zur
Beschaffung von Giraffen nicht entgehen zu lassen.
54
Bericht über den zoologischen Garten zu Dresden über das
Gescliäftsjahr Yom 1. April 1890 bis 31. März 1891.
Das verflossene Geschäftsjahr 1890/91, über das wir heute zu berichten
uns gestatten, hat für unseren zoologischen Garten, trotz der ungünstigen
Witterung des Sommers 1890, immerhin noch befriedigende Resultate ergeben.
Die Betriebs-Einnahmen stellen sich unter Ausschluß der Gebühren
bei Erneuerung der Eintrittskarten für Aktionäre und der vereinnahmten Zinsen,
auf Mk. 110,560. 56
* gegen » 111,169. 79 in 1889/90,
somit um Mk. 609. 23 in 1890/91 niedriger.
Für Eintrittskarten wurden
Mk. 77,862. 98
gegen » 78,909. 81 in 1889/90,
d. i. Mk. 1,046. 33 in 1890/91 weniger
vereinnahmt.
Ebenso ergab das Abonnement mit
Mk. 19,240. —
gegen » 19,681. — in 1889/90,
Mk. 441. — in 1890/91 weniger.
Die Einnahmen aus dem Pony-Reiten hatten ebenfalls unter der Ungunst
des Wetters zu leiden und betrugen nach Abzug aller Spesen
Mk. 1,578. 06
gegen » 1,911. 55 in 1889/90,
mithin Mk. 333. 49 in 1890/91 weniger.
Militär -Konzerte, die nach wie vor des regsten Besuches sich erfreuten,
haben 19 gegen 20 im Vorjahre stattgefunden.
Die sogenannten billigen Sonntage waren vom Wetter begünstigt und
durch starken Besuch ausgezeichnet.
An Volker-Ausstellungen brachte das verflossene Geschäftsjahr nur eine
und zwar die der Beduinen mit ihren Pferden und Kamelen.
Die Betriebs-Ausgaben beliefen sich im abgeschlossenen Geschäftsjahre
einschließlich der Hypothekenzinsen, auf
Mk. 107,426. 20
gegen » 101,244. 99 in 1889/90,
waren sonach um Mk. 6,181. 21 in 1890/91 höher.
Die Hypothekenzinsen erfuhren eine Steigerung um ca. Mk. 1,600. —
gegen das Vorjahr, da ein erheblicher Betrag für vorzeitige Kapital-Rück¬
zahlung an die Süddeutsche Boden -Kreditbank in München zu entrichten war,
um die grundbücherliche Verlautbarung der neuen Hypothek zu ermöglichen.
Ferner machte sich eine Aufbesserung der Beamten-Gehalte notwendig
und es sind deshalb diese Positionen gegen das Vorjahr gleichfalls höher.
Die gegen das Vorjahr eingetretene Erhöhung des für Bauten - Unter¬
haltung aufgewendeten Betrages findet ihre Ursache in den verschiedenen und
zum Teil sehr becleuteuden Reparaturen der Einfriedigungen und der Gebäude
und in dem dadurch entstandenen Mehrbedarf an Material und Arbeitskräften.
Die Beitragspfiicht des Arbeitgebers , welche durch das im vergangenen
Geschäftsjahre in Kraft getretene Alters- und Invaliditäts- Gesetz begründet
wurde, hat das Conto »Ortskrankenkasse etc.« in der Abschluß-Summe gegen
das Vorjahr ebenfalls gesteigert.
Die übrigen Untercouti stellen sich in ihren Abschluß - Beträgen gegen
das Vorjahr teils niedriger, teils gleich hoch.
Besucht wurde der Garten ira vergangenen Geschäftsjahre von
189,302 Personen, die volles Eintrittsgeld zahlten,
gegen 207,421 » in 1889/90,
somit von 18,119 Personen weniger;
die Aktionäre und Abonnenten sind in der oben angegebenen Summe nicht
mitgerechnet.
Die Zahl der Besucher verteilt sich nach der Höhe des Eintrittsgeldes
wie folgt:
48,533
Karten
ZU
75 Pfennigen
gegen 51,613
in
1889/90,
16,105
»
60
» 16,310
»
16,342
»
50
» 16,510
»
17,473
»
»
30
» 16,712
»
79,558
»
25
» 94,414
»
11,291
10
» 11,862
»
Gegen ermäßigtes Eintrittsgeld besuchten den Garten
105 Volksschulen mit 224 Lehrern und 5811 Kindern,
gegen 83 » » 186 » » 5346 » in 1889/90,
mithin 22 Volksschulen mit 38 Lehrern und 465 Kindern in 1890/91
mehr.
Unentgeltlichen Zutritt hatten von den Dresdener Volksschulen
737 Lehrer und 27,022 Kinder
gegen 721 » » 27,456 » in 1889/90
Der Tier-Bestand war am 31. März folgender :
1. Säugetiere
37 Affen . . .
. in
13
Arten
3 Halbaffen . .
. »
2
72 Raubtiere . .
. »
28
3 Beuteltiere
. »
2
108 Nagetiere . .
. »
21
8 Einhufer . .
. »
3
6 Wenigzähner .
• . . ♦ . ^
2
»
95 Wiederkäuer .
. »
33
7 Dickhäuter
. »
4
in 108 Arten,
zusammen 339 Säugetiere .
56
II. Vögel:
64 Papageien . in 30 Arten.
49 Raubvögel . »23 »
2 Zahn- und Dünnschnäbler . > Ir Art
144 Singvögel . >37 Arten.
24 Krähenvögel . »10 »
423 Hühner, Tauben, Fasanen . ...» 64 »
73 Stelzvögel . »23 »
3 Laufvögel . » 2 »
221 Schwimmvögel . »37 »
zusammen 1003 Vögel . in 227 Arten.
Hierzu kommen noch
Reptilien, Amphibien und Fische
143 Stück in 11 Arten,
mithin war der Tierbestand in Summa : 1485 Tiere in 346 Arten.
Über die Bewegung im Tierbestande und in den Werten desselben gibt
nachstehende Übersicht Aufschluss :
Bestand am 1. April 1890 . . .
Zugang durch Ankauf .
» » Geschenke. . . .
» » Geburten . . . .
Summa
Abgang durch Verkauf .
» » Tod . .
» » Abschreibung . .
Bestand am 31. März 1891 . .
Summa
folgende Gewinne ergaben
durch Geschenke .
» Geburten .
> Verkäufe : Verkaufswert .
luventurwert .
Stückzahl
Geldwert
Säuge¬
tiere
Vögel
Amphi¬
bien
Mark
Pf.
324
877
136
37242
18
Inventurwert.
167
428
149
17108
67
Selbstkosten.
28
77
1
103
—
Schätzung.
181
151
—
549
50
)>
700
1533
286
55003
35
271
224
28
5735
29
Inventur wert
90
306
115
5673
78
»
—
—
—
7015
67
Schätzung.
339
1003
143
36578
61
Inventurwert.
700
1533
286 1
55C03
35
sich auf dem Tier-Conto:
. Mk. 103. —
. » 549. 50
Mk. 13,612. 61 )
» 5,735. 29 )
Verluste erlitten wir
durch den Tod .
und betrug somit der Gewinn
zusammen Mk. 8,529. 82
• . . . ■ > 5,673. 78
UCÜIU^ ouiuit UÜI VJewiDll . 2 ^^6 04
Geboren wurden im Garten: 181 Saugetiere lind 151 Vögel. '
Von ersteren heben wir hervor: 4 Löwen, 1 Tiger, 1 rotes Riesenkänguruh,
.ama, 2 Wapiti-, 2 Edel-, 2 Axis-, 1 Dam- und 1 Schweinshirsch, 1 Bison,
1 Isabell-Antilope, 2 westafrikanische Schafe - -
u. s. w.
r
— 57 —
Verkauft wurden 271 Säugetiere, 224 Vögel und 28 Amphibieu und
es wurde daraus ein Erlös von Mk. 13,612.61 erzielt.
Die Ti er Verluste beliefen sich auf 15'/4 Prozent des Gesanit-Inventur-
wertes gegen 17^/2 Prozent im Vorjahre.
Wir heben darunter hervor : 16 Affen, 2 Halbaffen, 1 Königstiger, 1 Puma¬
katze, 2 rote Riesenkänguruhs, 1 Kamel, 1 Wapiti- und ein Axishirsch, 1
Schwarzhalsschwan u. a. m.
Die A bs chreibunge n auf Mobilien und Immobilien sind in entsprechen¬
der Höbe bewirkt worden, während wir die Tiere abermals in ihrem Buchwerte
herabgesetzt haben.
Die Hypothekenschuld der Süddeutschen Boden-Kreditbank in München in
Höhe von Mk. 228,596.73 haben wir, wie schon im Eingang des letzten Jahres¬
berichtes erwähut wurde, gelöscht und an deren Stelle ein Darlehen in Höhe
von Mk. 600,000 bei der Stadtgemeinde Dresden aufgenomrnen. Von diesen
Mk. 600,000 haben wir bis jetzt Mk. 348,000 erhoben.
Das Hauptaugenmerk hatten wir in dem abgeschlossenen Geschäftsjahre
auf unseren Konzerthaus-Neubau zu richten. Derselbe schreitet rüstig vor¬
wärts und behalten wir uns vor, über dessen Stand in der Hauptversammlung
noch Näheres zu berichten.
Verlust- und Gewinn-Conto für 1890/91.
An B e t r i eb s- A u sg a b e n : ]y[lj
Materialbestand am 1. April 1890 . 3006. 18
Gehalt des Direktors . 4675. —
» » Sekretärs . 2150. —
Gehalte der Eintrittsbeamten . 3947. —
Fütterung der Tiere . 37027. 70
Unterhaltung und Material zur Reinigung der Käfige . . 1060. 14
Löhne für Abwartung der Tiere . 12844. 75
» » Nachtwachen . 814- 50
Heizung und Beleuchtung . 2072. 83
Wasserzins . . . 704. 59
Unterhaltung der Bauten . 10134. 12
» > Garten-Anlagen . 4859. 75
» » Straße . 60. —
» » Gerätschaften . 188. 78
Wärter- und Arbeiter-Jupen . 540. 90
Kranken- bez. Invaliden- etc. Kasseu-Beiträge . 253. 13
Gratifikations- und Trinkgelder . 259. 65
Konzertspesen . 1453. 70
Verschiedene kleine Ausgaben . 3358. 20
Inserate, Plakate, Säulen anschlag . 3312. 42
Druckkosten für Eintrittskarten, Geschäftsberichte etc. . 999. 20
Bureau-Aufwand, einschließlich Porti . 513. 38
Abgaben . 1082. 43
Prüfung des Rechnungswerkes . 120. —
Transport 95,438. 35
58
M. Pf.
Transport 95,438. 35
Kosten der Hauptversammlung . 96. 32
Pacht und Entschädigung an die Bauverwalterei .... 1026. — ■
Unkosten der Ausstellungen . 1034. 52
97595. 19
Per Inventur-Bestand am 31. März 1891 . 2196. 10 95399. 09
Provision und Courtage . 19. 55
Hypotheken-Zinsen . ' 12007. 56
Zinsen an Darlehn-Conto . 294. 60
» » Unterstützungsfonds . 68. 34
Kursverlust auf Effekten . 1653. 60
Abschreibungen auf Tiere . 7015. 67
» » Mobilien und Immobilien . 15619. 79
132078. 20
Per Betriebs-Einnahmen:
Eintrittsgelder . Mk. 68199. 98
Zehnerkarten . » 9663. — 77862. 98
Abonnement . 19240. —
Reitkasse abzüglich der Unkosten . 1578. 06
Ilmschreibegebühr . 396. —
Pacht des Restaurateurs . . . 7500. —
» für den Futterverkauf im Garten . 150. —
» » die Jagd . 17. 20
» » das Eis . 350. —
Erlös aus verkauften Führern, Programmen und Bildern . 1657. 33
» » » Bälgen, Kadavern, Federn . 661. 40
» » » Dünger . 437. —
» » » Eiern und Verschiedenen . 585. 84
» als 50®/o Anteil am Ertrage der selbstthätigen Wagen 124. 75110560.56
Gebühr bei Erneuerung der Eintrittskarten . 5283. —
Gewinn aus der Tierwirtschaft . 2856.04
Zinsen . 3124.80
Darlehn-Conto;
Gewinn auf 18 Stück zurückgekaufte Scheine . . . 253.80
Conto für Beitrag der Stadtgemeinde ;
Verwilligter Beitrag vom 1./4.— 31./12. 1890 . . . 7500. —
do. do. vom 1./1-— 31./3. 1891 .... 2500. — 10000.—
Korrespondenzen.
Schwanheim a. M., 1. Nov. 1891.
Am 23. Oktober abends gegen 5 Uhr stand ich im Schulgarten, als ein
grofser Schwarm Kraniche über mich weg zog. Sie flogen tief und ich
hörte deutlich das Gezwitscher von vielen kleinen Vögeln, die
• ^ -
— 59 —
zweifellos die Kraniche begleiteten. Es war noch hell genug, nm selbst
Sperlinge zu sehen, wenn sie mit den Kranichen gefl oge u wären, ich konnte
aber nichts erkennen und muß darum ganz bestimmt annehmen, daß die
kleinen Vögel auf den Kranichen saßen.
Ähnliche Beobachtungen sind ja schon öfter gemacht worden, aber viel¬
leicht hat die Mitteilung doch noch Interesse. Bei den Frühjahrszügen, die
den Main meist mittags gegen 11 Uhr überschreiten, habe ich niemals kleine
Vögel gehört, auch mit dem Fernrohr niemals solche erkennen können, ob-
schon die Kraniche hier meist einen kurzen Halt machen und in geringer
Höhe einige Zeit im Kreise herum schweben. Dr. W. Kobelt.
St. Goarshausen, den 9. November 1891.
Über den Gartenschläfer, Mijoxus qiiercinus L. Der Artikel,*)
hat mich sehr angesprocheu. Da ich eitrigst bestrebt bin, in meinen Kindein
Lust und Liebe zur Natur zu wecken, so las ich den Artikel im Kreise meiner
Kinder vor und besprach denselben mit ihnen. Da machte mein Sohn, sowie
ein bei mir wohnender Schüler namens Anheuser eine Bemerkung, die mir
unwahrscheinlich klingt, die ich Ihnen aber’ mitteilen möchte, um \on Ihnen
gelegentlich in den Fei’ien erfahren zu können, ob die Jungen doch richtig
beobachtet haben können.
Beide Jungen kennen den Gartenschläfer sehr genau, da unsere Katzen
deren im Laufe des Sommers eine größere Anzahl gefangen und leblos in das
Haus gebracht haben. Beide Knaben haben auf dem Speicher einen ge¬
räumigen, sehr hellen Taubenschlag, der ungefähr 50 mitunter seltener
Tauben birgt. Um das Füttern bequemer zu haben, haben sie vor dem Schlag
eine große Kiste, welche mit Wicken und Buchweizen gefüllt ist. Die Knaben
wollen nun wiederholt gesehen haben, dass ein Gartenschläfer sich nicht nur
bei hellem Tag gemütlich im Taubenschlag herumgetrieben habe, sondern er
soll auch häufig von ihnen in der Futterkiste angetroffeu worden sein, aus
welcher er ohne große Eile gesprungen sei, um sich nach einer unzugänglichen
Ecke des Speichers zurückzuziehen. Die beiden behaupten, die Tauben hätten
sich durch die Anwesenheit des Schläfers nicht im geringsten beunruhigt ge¬
zeigt. Eine Verwechselung mit einer Maus oder einer Ratte halten sie für
ausgeschlossen. Auch meine Frau erklärt, daß sie nie die Anwesenheit von
Mäusen oder Ratten auf dem Speicher gemerkt habe, ja behauptet geradezu,
Ratten seien nie in meinem Hause gewesen.
Ich meine immer, die Jungen müßten sich getäuscht haben. Wenn ich
selbst zugeben will, daß ein Schläfer einmal bei Tag zufällig in einem hellen
Raum herumirren kann, so mußte ich in diesem Falle doch annehmen, daß
der beobachtete Schläfer gewohnheitsmäßig den Taubenschlag besucht habe,
denn sonst würde sich nicht erklären lassen, warum sich die Tauben nicht
durch das Tier beängstigt fühlen.
Sein Aufenthalt in der Futterkiste erscheint mir auch unwahrscheinlich.
Ich habe nie gehört oder gelesen, daß ein Gartenschläfer Buchweizen oder
gar Wicken gefressen habe. Daß er, nm Nahrung zu suchen, in die Ki-ste ge¬
klettert sei, ist also aus dem Grunde wohl ausgeschlossen. Überdies findet das
S. 7 vor. jalirg-aiigs.
60
Tier in meinem Garten alle möglichen ihm zusagende Obstarten. Als Schlaf-
raum wird er die Kiste wohl auch nicht betrachtet haben, denn auf dem
Speicher findet er eine Masse Winkel, in denen weiches Material zu einem
Lager in Fülle vorhanden ist. — Da die beiden Jungen von ihrer Behaup¬
tung nicht abgehen wollen, so habe ich ihnen gesagt, ich wollte Ihnen einmal
den Fall zur Entscheidung unterbreiten. Ich hoffe, daß ich in den Osterferien
Gelegenheit finde, die Sache mit Ihnen zu besprechen. Wir hätten uns durch
Aufstellen von Fallen vielleicht Gewißheit schaffen können, wagen aber der
3 Katzen wegen keine Fallen zu stellen. Har rach.
Hamburg, Uhlenhorst, 5. Januar 1892.
Zur Kenntnis des Vorkommens der Ha u s ratte, Mus rattus L., interessiert
es vielleicht zu erfahren, daß ich dieselbe wiederholt auch hier in Hamburg
gefangen habe. Am zahlreichsten kommt sie noch in einigen Güterschuppen in
der Nähe des Hafens vor, und auch in der Altstadt scheint sie noch nicht
gänzlich ausgerottet. A. Schiottz.
Olten, Schweiz, 11. Januar 1892.
Die verschiedenen Mitteilungen, welche in Ihrer Zeitschrift über das Vor¬
kommen der schwarzen Ratte, Mus rattus, erschienen sind, veranlassen mich
ebenfalls zu einer Mitteilung.
Die Hausratte kommt auch in der Schweiz noch vor, wenigstens im Kanton
Solothurn ist sie sicher nachgewiesen. Im Jahre 1884 brachte mir ein Schüler
zum ersten Male ein solches Exemplar; dasselbe wurde in einer Spritbrennerei
in Hägendorf bei Olten gefangen. Trotz hohen Fanggeldes, das ich versprochen
hatte, wurde kein weiteres Exemplar eingebracht. Die alte Schnapsbrennerei
wurde nämlich bald darauf abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt, bei
welchem Anlasse allfällig vorhandene andere Exemplare vertrieben wurden. Im
Jahre 1890 kam Ihr Mitarbeiter, Herr Apotheker Fischer-Sigwar t in Zofingen,
in den Besitz einer ganzen Kolonie von schwarzen Ratten, die im selben Sommer
auf dem Schlosse Bechburg bei Önsingen, Eisenbahnlinie Olten-Solothurn, ge¬
fangen wurden. Nachfragen, die ich in Olten, dem bekannten Eisenbahnknoten¬
punkte, anstellte, ergaben das unzweifelhafte Vorkommen der genannten Ratte
in vereinzelten Fällen. Da aber das Publikum von der Existenz zweier Arten
von Ratten keine Kenntnis, vor allem aber einen gewissen Abscheu hat, und
gegebenen lalls eher glaubt, in der schwarzen Ratte eine Abnormität denn eine
besondere Species zu sehen, gibt es eben auf solche Erscheinungen keinen Wert.
J. Keller-Zschokke, Bezirkslehrer.
Hamburg, im Dezbr. 1891.
Die H au s ratte, Mus rattus, kommt auch in Hamburg noch immer vor.
Namentlich bilden die alten Häuser die letzten Zufluchtsstätten der Hausratte;
aher mit dem Schwinden dieser alten Bauten wird auch sie immer mehr von
der Bildfläche verschwinden. Manche schwarze Ratte wird beim Abbruch der
alten Häuser erschlagen und in den Speichern mit Fallen gefangen, um alsdann
mit ihren grauen Genossen, meistens unerkannt, bei Seite geschafft zu werden.
61
Doch gibt es aucli Leute, die den Wert der schwarzen Ratte kennen und die
erschlagenen Tiere Ausstopferu zum Ankauf anhieten. Die Hausratte kommt
übrigens nicht allein in Wohn- und Lagerhäusern der eigentlichen Stadt vor,
sondern man findet sie zuweilen auch au Orten, wo man viel eher der Wandei’-
ratte zu begegnen dächte. So fing mein Pintscher kürzlich in der \orstadt
eine halbwüchsige Hausratte auf einer Wiese, woselbst sie mit anderen ihrer
Art unter einem Schuppen hauste. 0. Edm. Eiffe.
Kleinere Mitteilungen.
Über die Laichzeit des Aales. »Drei Nächte nachdem der
erste Vollmond im April statthatte, regt es sich in den deutschen Strömen
vom Niemen bis zum Rhein ■ — gleichmäßig in der Aalwelt. Daun beginnt
allenthalben der Abstieg zum Meer, er dauert besonders stark bis drei Nächte
nach dem folgenden Neumond — den »Aalwahdel« nennt man dies im Fischei-
mund ; also wiederholt es sich bis etwa Ende September.«
So schreibt das Cirkular des Deutschen Fischerei-Vereines vom Jahre 1890
Nr. 3, S. 66, sehr zutreffend.
Hinzuzutügen mag sein, daß nach unseren Erfahrungen zwei Ilaupt-
wauderzeiten des Aales flußabwärts stattfinden, die eine, wie oben geschildert,
in dunklen Neuraonduächteu des Frühjahres, die zweite, das Gros der Armee
mit fortnehmend, in eben solchen Dunkeluächten des Herbstes, etwa Ende
September. ' »Wenn die Zwetschken blau werden, gehen die Aaler fort,« sagen
die Fischer bei uns in Franken. Was an Aalen im Sommer zwischen den
beiden Hauptzügen des Frühjahres und Herbstes abwärts geht, erscheint ge¬
wissermaßen nur als Plänkler, als Verbindungstruppe.
Mit dieser Erfahrung stimmen merkwürdig zusammen die Beobachtungen
welche der Direktor der Station aquicole de Bologne sur Mer, Mr. H. E.Sauvage,
über die Laichzeit einiger Seefische, des Aales insbesondere, jüngsthin ge¬
macht und veröffentlicht hat:
Darnach findet der Laichakt des Aales in zwei getrennten Perioden des
Jahres statt, einmal Ende Juli, das zweitemal Ende Oktober oder anfangs
November. Zu Anfang des Mai entdeckte Mr. Sauvage den ersten Beginn der
Entwickelung im Ei des weiblichen Eierstockes, Mitte Juni fand ei die
Embryonen im Ei weiter, doch verhältnismäßig noch wenig entwickelt,
während der Embryo dagegen in den ersten Tagen des Juli bereits äußerst
in der Entwickelung vorgeschritten war. In den letzten Tagen des Oktober
fand Mr. Sauvage abermals Aale mit Eiern, deren Inhalt, der Embryo, voll¬
reif zum Ausschlüpfen war.
Die beobachteten Aale sind wohl je frisch aus dem Meere oder wenigstens
Brackwasser gefangen gewesen. Da nur in solchem Wasser die Befruchtung
und Entwickelung des Eies beim weiblichen Aale statthat, die Befruchtung
weiterhin sicher alsbald nach Ankunft des Aalweibchens aus dem Süßwasser
stattfindet, so ergibt sich als Schluß, daß der Frühjahrszug der Aalweibchen
im Canal la manche anfangs Mai eiuzutreften beginnt.
Die Auf Wanderung der Aalbrut, Monte'e, in zu diesem Zwecke eigens zu-
sammengeschavten ungeheueren Massen, findet nun dieselbe zu zwei ver¬
schiedenen Zeiten iin Jahre, anschließend an die zwei von Mr. Sauvage für
Frühjahr und Herbst behaupteten Laichperioden statt, oder steigen die Früh¬
jahr- und Herbstbruten zusammen auf? Die Thatsache, daß sich unter der
regelmäßig 4 — 5 cm messenden Monte'e . fast immer auch eine geringere An¬
zahl zwei- und dreifach größerer junger Aale befindet, scheint für die zweite
Annahme zu sprechen. Andererseits beobachtete man in verschiedenen Gegen¬
den vom April bis in den Juli hinein, ja sogar schon vom Februar ab in den
Flüssen aufsteigeude Aalbruten.
Sollte die Frühjahrsbrut im Sommer, die Spätherbstbrut — nicht etwa
im anschließenden Winter, der ihnen nahrungsarme Flüsse und andere
Schwierigkeiten entgegenbrächte — erst mit dem Frühlingserwachen der Natur
in die Flüsse wandern? Sollte also die Montee in zwei verschiedenen Perioden
des Jahres in das Süßwasser anfsteigen?
Die Naturgeschichte, namentlich die Biologie des Aales, wartet immer
noch verschiedener Aufhellungen, die für den Fang dieses seltsamen Fisches
wie in sonstiger Eichtung praktisch verwertbar wären.’ Gerade die an der
Meeresküste mehrfach neu errichteten zoologischen Stationen, vor allem Be¬
obachtungen an der Adria, könnten da manches Licht in diese anscheinend
noch offene Frage bringen, welche wohl der Anregung verdient.
Bemerkenswert ist, daß schon früher eine französische Quelle, de la
Blancheres nouveau Dictionnaire geue'rfil des Peches, Paris 1868, die meines
Wissens seitdem von keiner Seite unterstützte, aber auch von keiner Seite
ausdrücklich widerlegte Angabe brachte, daß das Aalweibchen seine Eier,
und zwar in Form von Schleim umhüllter Ballen, mehrmals im Jahre absetze,
daß die Brut nach ihrem Ausschlüpfeu noch mehrere Tage in den Ballen bei¬
sammen bleibe, sich dann nahrungsuchend am Grunde verteile, um dann
in außerordentlich zahlreichen Scharen vereint die Wanderung im Süßwasser
anzutreten. F. Zenk, Würzburg.
(Aus »Mitteilungen des Österreich. Fischerei-
Vereins«, Nr. 39, 1891).
Die Zwergtrappe, Olis tetrox, über deren Auftreten in Deutschland
wiederholt in unserer Zeitschrift berichtet wurde,*) zeigte sich im Winter
1891 — 1892 auch in Mähren, wo anfangs November ein Exemplar nach Olmütz
gelangte ; ein anderes wurde bei Milostowitz in Österr.-Schlesien erlegt und ein
drittes in der Umgebung von St. Margarethen in Steiermark.
Ornitholog. Jahrbuch.
Der französische Kriegsminister hat neuerdings unter dem Namen der
»Meharisten« ein kleines ir regul är es Ka m elre itercorps geschaflPeu, das für
den Dienst ander südalgerischen Grenze bestimmt ist. Vorläufig 60 Mann stark
soll diese Abteilung, welche in El Goleah steht, vor allem Aufkläruugs- und
Sicherungsritte in der Wüste unternehmen. Die Soldaten sind aus den Turco-
Regimentern ausgewählt und entstammen den Berbern und nicht den arabischen
Stämmen des Südens. Bis zu 70 Kilometern täglich haben die Meharisten, wie sie
=*') Vergl. das Inhaltsverzeichnis zu den 20 ersten Jahrgängen; ferner Jahro-ang XXIV
1888. S. 118. 0 8-
nach dem Rennhamel »Mehar« genannt werden, zAirückgelegt und so den Erwar¬
tungen, die man auf sie setzte, durchaus entsprochen. Im nächsten Jahre denkt
man die Truppe auf 120 Mann zu vermehren und hofft allmählich den Räubereien
der Tuaregs auf der Karawanenstrafae mit Erfolg begegnen zu können.
Lokal-Anzeiger, 24. Juli 1891.
Geburtsliste des Leipziger zoologischen Gartens für 1891.
Januar: 1 Stummelschwanzschaf, 1 Axis, 1 Säbelantilope.
Februar: 1 arabische Ziege, 1 Löwe.
März; 2 Löwen, 2 arab. Ziegen, 1 Lama, 1 Mantelpavian, 1 Säbelantilope,
1 Mufflon, 1 Nilgau.
April: 1 Mufflon. 2 arab. Ziegen, 1 Nilgau, 2 Königstiger.
Mai: 1 bactr. Kamel, 2 schwarze Panther, 1 .Riesenkänguru.
Juni: 1 Edelhirsch, 5 Wapitis, 1 Damhirsch, 3 Mähnenschafe,! Riescii-
känguru.
Juli: 1 Panther, 2 Edelhirsche, 1 Damhirsch, 3 Löwen, 1 Wapiti,
4 Zwergziegen.
August; 2 Zwergziegen.
September:! Burchellzebra, 4 schwarze Panther, 1 Riesenkänguru.
Oktober; 2 Axis, 1 Riesenkänguru.
November: 2 Panthei*.
Dezember : 1 Axis. G. W e s t e r m a n n.
Häufigkeit der Kreuzotter in den Vor bergen des Riesen¬
gebirges im Frühling und Sommer 1891.
Nach amtlicher Publikation des Kgl. Landrates zu L a n d e s h u t, Rgbz.
Liegnitz, wurden von Frühlings Anfang bis Ende Mai a. er. 600 getötete.
Kreuzottern au ihn abgeliefert, wofür er 300 Mark Prämie zahlte (Kreisblatt),
trotzdem wurden ihm bis Ende August noch täglich 6 12 Stück vorgezeigt
und konnte am 23. August ein Herr Schremmer auf der Feldmark
Berthelsdorf in nicht ganz einer Stunde 11 Kreuzottern vernichten.
(»Schles. Pfennigblatt«, Liegnitz, 28. Aiig. 91).
In Sch mied eher g, wo ebenfalls eine Prämie gezahlt wurde, sind seit
1. Juni bis Mitte August 400 Kreuzottern vernichtet und eingebracht worden
(»Bote aus dem Riesengebirge«, Hirschberg, 25. Aug. 91) und bei Sp rottau
wurden in dem Gelände der Ortschaften Schadendorf und Liebichau während
des Sommers an manchem Tage 10 bis 20 Stück erschlagen. (»Schles. Pfennig¬
blatt«, Liegnitz, 2. Sept. 91.) Karl Knauthe.
Fütterungsweise einer Hündin. Verschiedentlich ist in dieser Zeit¬
schrift mitgeteilt worden (Band XXVI Seite 253 und 369, Band XXVII Seite
136), daß weibliche Wölfe, Füchse und Windhunde die verschlungene Nahrung
vor ihren Jungen ausbrachen und letztere auf diese Weise mit Futter veisoigten.
Ich beobachtete ein Gleiches an meiner kleinen Rattenfäugerhündin im
Frühjahr 1889. Als deren Junge etwa 5 Wochen alt waren, brach sie täglich
die soeben eingenommene Nahrung vor ihnen aus; und zwar bot die Alte ihien
Jungen eine kurze Zeit stehend das Gesäuge und während die Jungen mit
Trinken beschäftigt waren, erbrach sich die Mutter und alsdann fielen die Kleinen
über den Brei her und verschlangen ihn hastig. Schon nach einigen Tagen
G4
lernten die kleinen Hündchen diese neue Quelle der Ernährung kennen und
umlagerten und beschnupperten das Maul der Alten jedesmal, wenn diese sich
blicken ließ, Bemerken muß ich jedoch, daß es sich in dem von mir beobach¬
teten Falle nicht um halbverdaute Nahrung handelte, sondern stets beeilte sich
die Hündin, nach dem Fräße so schnell wie möglich zu den auf dem Boden
des Hauses befindlichen Jungen zu gelangen. Verhinderte, sie eine geschlossene
Thür an ihrem Vorhaben, so winselte sie oder machte einen Umweg durch den
Keller. War eine Viertelstunde seit dem Fressen vergangen, so erbrach die
Hündin das Futter nicht mehr. Meistens ließ sie einen Teil des Futters im
Napfe zurück, um es nach der Fütterung ihrer Jungen zu fressen, aber nicht
wieder zu erbrechen. 0. Edm. Eiffe.
L i 1 1 e r a 1 u r.
Systematische Übersicht der Vögel B ay erns von A n d r . J oh. Jäckel.
Herausgegeben von Prof. Dr. R. Blasius. München u. Leipzig. R. 01 den -
bourg 1891.
Den Lesern des Zoologischen Gartens wird der Name unseres langjährigen Mit¬
arbeiters, des sorgsamen Beöbachters und eifrigen Schriftstellers Pfarrer Jäckel
(t 1885) noch in guter Erinnerung sein. Ein von ihm hinterlassenes Work über die
Vögel Bayerns — 312 Arten — , beruhend auf ^sorgfältigen und genauen Beo¬
bachtungen und Arbeiten, ist nun in dankenswerterweise von Prof. R. Blasius
hcrausgegebeu und mit dem Lebenslauf und dem Bildnisse des verstorbenen
Verfassers versehen worden. Die systematischen Beschreibungen sind, um die
Arbeit, die schon 392 Seiten in Groß-Oktav umfaßt, nicht allzu umfangreich
zu machen, weg gelassen, und so finden wir nur genaue Nachweise über das
örtliche und cpiantitative Vorkommen der einzelnen Arten, wertvolle Angaben
über die Lebenswei.se, die Nahrung, den Zug, die Farbenänderungen und die
lokalen Benennungen derselben, ein reiches Material, um das Buch zu einer
Fundgrube für die Naturge.schichte der deutschen Vögel überhaupt zu machen.
Möge es dazu dienen, den Namen Jäckels auch den jüngeren Ornithologen
in das Gedächtnis zu rufen, wie es ein schönes Denkmal seiner Thätigkeit
bleiben wird. -vr
Les oiseaux hybrides, rencontres ä Petat sauvage par Andre Suchetet I.
Les Gallinaces. Lille Le Bigot Freres 189(T.
Del Verfasser hat sich die verdienstvolle Aufgabe gestellt, zunächst das
Material zu sammeln über das Vorkommen von Bastarden, damit festgestellt
werden kann, innerhalb welcher Grenzen Tiere verschiedener Arten sich mit Er¬
folg jiaaren und welche Regeln bei solchen Kreuzungen zur Geltung hoinmen.
In dem voi liegenden Hefte sind die wilden Hühner und besonders unsere Wald¬
hühner behandelt. Die Arbeit ist eine wertvolle, da sie die bekannt gewordenen
lälle zusammenstellt und Anregung zu weiteren Versuchen auf diesem intcr-
e.ssanten Gebiete giebt.
Nachdruck verboten.
Druck von MhIiUh & Waldsclimidt. Krankfiirt «. M.
> 189?
Der Zoologische Garten
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Eedigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
No. 3. XXXIII. Jahrgang. März 1892.
I n li a 1 1.
Das Haselhuhn in Livland ; von O s k a r von Löwis. — Fuchs und Dachs; von
C. Greve. — Der Polarfuchs ('Cawjs lagopus)\ von Bernhard Langkavel, Hamburg.
— Das Trinkwasserverhot für Tiere während der Reise ; von Dr. A. S e i t z. — Geschäfts¬
bericht über den zoologischen Garten zu Hannover für 1890 — 91. — Korrespondenzen. —
Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Das Haselhuhn in Livland.
Von Oskar von Löwis.
Tagesfrageu wollen besprochen werden. Seit die Monographie
des Haselhuhnes von Professor F. Valentinitsch*) erschien, liegt das
Haselhuhn, so zu sagen, in der Luft. Man soll das Eisen schmieden,
so lange es warm, — und warum sollte man nicht Beiträge bringen,
so lauge noch das betr. Interesse rege ist?
I. Vorkommen.
Aus dem Munde alter Jäger, die noch im ersten Viertel unseres
kulturstrebenden Jahrhunderts mit ihren wuchtigen Feuerschloh-
Gewehren dem Wilde in unseren damals noch ziemlich wüsten und
urwaldähnlich versumpften, sich durchaus selbst überlassenen Wäldern
nachstellteu und die jetzt alle längst unter kühler Erde ansruheu,
habe ich es in meinen jungen Jahren oft genug mit wahrem Ent¬
zücken gehört, wie zahlreich und überall verbreitet das Haselhuhn,
socrar auch in kleineren Gehegen, auf dicht bewachsenen Viehweiden
lind Morästen anzntreffeu und für einige Kopeken Kupfermünze in
den Städten käuflich zu haben war. Der Import aus dem Innern
Rußlands war nicht erforderlich zu jener Zeit. Tempora mutautur!
*) Vgl. Jahrg. XXXII, 1891. S. 354.
Zoolog. Gart. Jahrg, XXXIII, 1892,
5
66
Jetzt im letzteu Vierteil verzelireD die livliiiidiscben Städter fast iinr
noch russisches Haselwild. Heute darf man das Vorkommen dieses
köstlichen Tafelwildes mit geriugen Ausnahmen nur noch für größere
Waldstücke, vorzugsweise gemischten oder in zweiter Linie reiner
Grähnenbestände (Rottannen) und leider nirgends mehr als ein sehr
gemeines bezeichnen. Seit rationelle Durchforstung auch bei uns
mehr oder weniger Eingang fand, geht die »Bevölkerung« seitens des
Haselhuhnes schneller Einbuße entgegen. — Die in der Neuzeit nicht
niehr allzu zahlreichen Waldkomplexe, welche von moderner Forst¬
kultur nicht verändert und beleckt wurden und dadurch ihre fast
ursprüngliche Wildheit und stellweise sogar Unzugänglichkeit be¬
wahrt haben, sind aber noch immer ein bevorzugtes, trautes Heim,
gestatten dem Haselhuhn noch heute, in denselben sich gleichmäßig
auszübreiten, und schützen das Geschlecht noch für längere Zeit vor
allzu merklicher Abnahme. So fremdartig und abschreckend dem
Kulturmenschen solche Waldwildnisse, in denen man wegen Fallholz
nur klettern und keinen Schritt wirklich gehen kann, zu erscheinen
pflegen, so lieb sind sie dem friedlichen, Schutz aller Art bedürftigen
Haselhuhn. Im rasch emporschießenden Jungholz der Grähnen,'im
wüsten Astgewirr alter Baumriesen, im Gezweig der gestürzten Stämme
birgt sich das verfolgte Huhu sogar leicht vor den beiden Vertretern
der Familie Astur, entgehet es unschwer den geschärften Sinnen
des waldbe wohnenden Wilderers, der im urwaldähulichen Dickicht das
Gewehr kaum zur W’^auge heben kann. — Wüe oft habe ich selbst
weiteres Verfolgen und Beschießen einer zerstreuten Kette junger
Haselhühner in derartiger Wildniß mit rohrdichtem Unterholz auf-
gebeu müssen, weil ich kaum weiter als 3 — 4 Fuß sehen, nur mit
Gewalt mir Bahn brechen und schließlich das Gewehr nicht an die
Schulter heben kounte. — In allen lichtgestellten, durchforsteten
Bezirken verschwindet aber das Haselhuhn allmählich ganz oder wird
wenigstens selten, nur noch sporadisch au den wenigen ihm noch
bewohnbar erscheinenden Plätzen sich erhaltend. — Solche Plätze
fludet aber sowohl der richtige Jäger als auch der Wilderer unschwer,
auch der Sperber kennt sie bald, und fortwährendem Raube aus-
gesetzt^ schrumpft die Anzahl ein. Wo durch besonders günstige
Bodenverhältnisse, namentlich tiefeingeschuitteue Bachschluchten in
üppigem Holzbestaude die Erhaltung der Art möglich blieb und
rechtzeitig eine gewissenhafte Schonung und peinliche Überwachung
eiutrat, da finden wir als seltene Ausnahme auch noch heute das
Haselhuhn in kleineren Waldstücken, wie z. B. in Meiershof bei
07
Wenden im Parkwalde unmittelbar neben dem bewohnten Gehöfte
am Garten hausend, so daß das Locken der Hühner vom Garten ans
oft gehört werden konnte. Einen zweiten, derartig znm Beobachten
des Lebens und Treibens bequemen Ort kenne ich allerdings in
Livland nicht mehr. —
So fest die Haselhühner an ihren gewohnten Plätzen zu bleiben
pflegen und nur der Gewalt nachgebend dieselben verlassen, so be¬
weglich werden sie für einige Herbstwocheu, namentlich im Oktober.
Nicht allzu weit streichen sie daun in die Vorhölzer, in vorliegende
einzelne Baumgruppen, sogar in niedrig bewachsene Viehtriften etc.;
seltener überfliegen einzelne Hühner, nach meinen Erfahrungen meist
nur Männchen, zu der Zeit auch weitere Flächen, um einige Zeit
sogar in ganz kleinen Feldgehegen Umschau haltend Stand zu nehmen
und sich dabei allerlei im Forste unerreichbaren Leckereien hinzu¬
geben. Der Unerfahrene wird dadurch im Herbst zuweilen verleitet,
an die Existenz resp. das Hausen dieses echten Waldhuhnes auch au
diesen, im freien Felde daliegenden »Remisen« zu glauben. Sobald
Schneefall eintrat, hörten diese Ausflüge gänzlich auf. So erlegte
ich z. B. meinen ersten Haselhahn am 6./18. Oktober 1850 in einer
kleinen Parkanlage von gesäten Grähnen (vielleicht 5 — 6 Morgen
groß) unmittelbar am Garten des Gutes Würken im Rujenschen
Kirchspiele, welche inmitten weiter Feldflächen lag und circa 2 — 3
Kilometer von einem größeren Sumpfwaldstücke entfernt war, wo aber
meines Wissens nach damals auch keine Haselhühner vorhanden
waren; der nächste notorisch ermittelte Haselhuhustand war vom
Hofe Würken in der Luftlinie mindestens 7 — 8 Kilometer entfernt.
Ich möchte diesen F^all nicht als ein Verirren, als ein Verfliegen
aus Dummheit ansehen, sondern als Zeichen eines Triebes, im Herbst
auch zuweilen die weitere Umgebung des Standortes kennen
lernen zu wollen und etwaige Nachbarn zu ermitteln. Wie schon
«■esagt, bevorzugt das Flaselhuhn entschieden zu seinem Hausen ge-
mischten Forstbestaud, dem als Unterholz Haselstandeu und Wacholder
nicht fehlen: in solchem Bestände herrscht unter den Laubhölzern
die Espe vor, es folgt die Schwarzerle und erst in dritter Linie die
Birke, unter den Nadelhölzern bei weitem die Gräiine, geduldet wird
auch die Kiefer, wenn sie nicht ausschließlich wird. — Grähnen
müssen mindestens den halben Bestand ausmaclien , soll das Hasel¬
huhn sich auch im Winter dort heimisch fühlen. — Je nach der
Jahreszeit werden aufgesucht: Im Winter trockene Waldstücke mit
vorwiegendem Grähnenbestand, im Frühjahr desgleichen die Sonnen-
68
seiten derselben, die Ränder angrenzender, feuchtgründiger Bestände
Haselnnß-Dickungen etc.; im Sommer von den Ketten freie Jung¬
schläge, Waldwiesen-Ränder , Sumpfwälder mit Erlen, Weiden und
Rohrgestrüpp, Waldplätze mit Stauden und Schlingpflanzen bestanden
u. s. w., während die alten Hähne im Hochwald bleiben. Im Spät¬
sommer und Frühherbst treten die Hühner gerne in lichte Kiefern¬
bestände, w’O Preißel- und Heidelbeeren reiche, beliebte Nahrung
bieten ; aber hier weilen die Hühner nur des Tages über am Boden,
um sich zur Nachtruhe wieder in anliegende Unterholz - Dickungen
zurückzuziehen. Im Herbst werden die Waldränder und Vorhölzer
gerne aufgesucht; die einzeln stehend, reiche Frucht tragenden
Ebereschen werden ohne Scheu zu stundenlangem Hochsitz erwählt,
spät reifenae , dem Forst anliegende Haferfelder werden häufig be¬
sucht und ergeben im gelockerten Boden oft die Möglichkeit zu Saud¬
bädern. Sobald der eigentliche Winter mit weißer Schneelage be¬
ginnt, ziehen sich alle Hühner vorwiegend gerne in die Grähneu-
bestände zurück, denen die Espe aber nicht fehlen darf und wo der
Wacholder schmackhafte Beeren spenden kann. Bei tagelangem Schnee.
fall mit starkem Schneewehen hocken die Pärchen am Fuße einer
niedrig ästigen Grähue, unter deren Schutz einige Wacholderbüsche
von Drosseln uugeplündert noch Beeren bewahrten, völlig im Schnee¬
hause geborgen, so daß kein direktes Licht hiueinfalleu noch der
Wind hineinblasen kann ; dicht deckt der Schnee die zum Boden sre-
beugten Aste , als Dachsparren dieselben nutzend. — In solcher
Verschueiung bleiben Haselhühner, falls eben Wacholder oder Zwerg¬
birken Nahrung boten , oft mehrere Tage hindurch der Außenwelt
verborgen. So fand ich einst — als schöuesWetter dem Schueesturm gefolgt
war, auf dem Gute Nurmis ein Paar Haselhühner in derartigem
Schneehause zufällig auf, nachdem sie mindestens 2^2 Tage und 3
Nächte dort zugebracht hatten ; die Spuren ihrer Mahlzeiten an
Wacholderbeeren lagen am Boden umher, — wie auch tiefe Mulden
voll gelblicher Exkremente sich dem Auge zeigten. Oft mögen die
armen Hühner aber ohne Speisekammer eingeschneit werden und dann
1 2 Jage absolut hungern, bis das Unwetter sich wieder legt.
Größere Gangröhren unter hoher Schneelage, wie solche Birkhühner
gesellig oft für Wochen anlegen und bewohnen , fand ich von Hasel¬
hühnern nicht auf, sondern immer nur hüttenartige Überschneiungen,
die einen Spielraum zur Bewegung von etwa höchstens 2 Meter
Durchschnitt gestatteten. Bei anhaltendem Regen weiter schlafen
die Haselhühner gern in sehr lichtem Bestände, sogar auf ganz freien
69
Plätzen neben dem Hochwald. Im Vergleich mit unseren anderen
Wildhühnerarten ist die Vermehrung des Haselhuhnes als eine nur
mäßige zu bezeichnen. — Es ist »wählerisch« in Betreff seiner Nist¬
plätze, wandert daher, durch forstliche Veränderungen leicht bewogen,
schnell entschlossen aus, ehe es sich in die neuen Verhältnisse fügt. —
Das Nest wird sehr gut versteckt und ist daher nicht leicht aufzu-
fiuden; absichtlich gesucht entgeht es meist der Entdeckung; der
Zufall war mir günstiger, so daß ich in meinem Leben etwa 1 Dutzend
Gelege gesehen habe, von denen nur eins 10 Eier enthielt, — die
anderen alle weniger; einmal enthielt ein Nest nur 6 Eier, obschou
das Huhn bereits fest brütete; da ich aber keine Gelegenheit fand,
nochmals Einsicht zu nehmen , so mögen später vielleicht noch 1
oder 2 Eier zngelegt worden sein? — 8 — 9 Eier dürften die meisten
Gelege enthalten. — Im Jahre 1890 stellte ich durch häufiges Ab¬
zählen eine Jungkette von sicher 11 Jungen in Meiershof fest,
weniger sicher glaubte ich einst (einmalige Schätzung) 12 Junge in
den Forsten der Ritterschafts-Güter gezählt zu haben. Regelmäßig
brino-eu andere Arten mehr Junge auf z. B. Feldhühner und Schnee-
hühner; vou ersterem fand ich einst ein Gelege von 28 über ein¬
ander geschichteten Eiern, von letzteren mehrmals 15 Stück, vom
Birk- und Auerhuhu je 12 Stück. Ich fand das Nest des Haselhuhnes
nur unter Haselstauden, auf welken Blättern der Hasel gebettet; der
Name Haselhuhn erschien mir daher stets als der bestgewählte und
passendste. Eier sind aber leider noch nicht immer Junghühnchen —
und Junghühnchen noch keine Vollhühner — denn viele Gefahren
drohen der Entwicklung.
II. Gefahren und Feinde.
Sobald das Eierlegen beginnt, treten auch die Gefahren für die
Vermehrung des Haselhuhns auf. Wiesel, Hermelin, Iltis, Marder,
Dachs, Eichhorn, Eichelhäher, Haselmaus und Waldmaus fressen gern
den nahrhaften Inhalt der Eier. Die treu und sehr fest brütende
Henne hat den Fuchs und unter den obigen drei Halbsohlengäuger
zu fürchten. Oft fand ich in der ersten Hälfte und Mitte Mai am
Fuchsbau die Reste der Bruthenne! Während der Brutzeit sind die
Habichte weniger gefährlich, wenngleich ab und zu ein Sperber
oder Habicht die Nahrung suchende, gebückt dahinschleichende Henne
des Morgens abfangen dürfte. Vor Jahren fand ich 'ein Nest mit
8 abgestorbenen , bereits bleichenden Eiern zu Anfang Juni ; hätte
70
ein Räuber die Heune auf dem Genist überrascht, so wären die Eier
nicht verschont geblieben, demnach nehme ich an, daß beim Morgen -
mahle, welches sehr frühe gleich nach Sonnenaufgang eingenommen
wird, ein Astur den Mord der Henne und dadurch der Nachkommen
begangen haben dürfte. ^ — Einmal vor circa 15 oder 16 Jahren war
ich sogar selbst der Feind, der schuldige Vernichter. Von der Birk¬
hahnbalz auf meiner Besitzung Kudling bei den ersten Sonnenstrahlen
durch Hochwald zurückkehrend, gewahrte ich im nächtlich noch uu-
erhellten Schatten einer tiefen Bacbschlucht etwas Graubraunes
herumschleichen ; au Nörz oder Fischotter denkend, schieße ich da¬
hin — 0 weh! Es war eine stark »abgebrütete« alte Haselhenue,
die mit gesenktem Kopf ihrem Frühstück nachgegaugen war; im
Sommer fand der Forstwart die weißlich verblichenen Eier etwa
100 Schritte entfernt vom Ort dieses gräßlichen Verbrechens; also
auch der wildliebeude Jagdherr wird durch Zufall Räuber! Schlüpfen
nun endlich die winzig kleinen buntwolligen »Kügelchen« auch
glücklich aus, so ist damit die Nachzucht noch keineswegs irgend
wie in ein gesichertes Dasein gebracht worden. Im Gegenteil drohen
leider in der ersten resp. bis in die zweite Lebenswoche hinein dem
jungen Hühnchen die allerschwersteu und unabwendbarsten Gefahren
in zwei,- vier,- sechs- und ohufüßigen Gestalten! Auch anhaltendes
kühles Regenwetter, speciell sogenannte Platzregen sollen nach Aus¬
sage eines alten, sonst sehr zuverlässigen Forstwarts Schaden Ursachen,
wie auch Stürme durch Astbrüche und Fallholz! — Bis die
Hühnchen mit einiger Sicherheit d. h. rasch und hoch genug das
Aufbanmen erlernen, umlauern sie zahllose Feinde, derart daß sehr
oft in der ersten Zeit ihres Daseins arge Einbußen stattfindeu, meiner
Ansicht nach, nebst den jungen Auerhühnern in gleicher Periode,
größere als bei den anderen Wildhühneru solches der Fall sein
dürfte. In dem geschlossenen, großen Walde in Kudling, wo den
Feinden wenig uachgestellt werden kann, fand ich meist nur kleine
Gesperre, zuweilen sogar nur 4—5 Junge, also etwa in halber Anzahl der
Eier, erwachsen vor; in Meiershof, wo strenge Beschränkung des
Raubzeuges im Auge behalten wurde , war zuweilen kein Unterschied
zwischen Ei- und Küchelzahl vorhanden; hier trat häufige Einbuße
erst später durch Sperber und Habichte ein. - Während der
tapfere Moor-Schneehahn und Papa Feldhahu der Gattin und Mutter
treulich zur Seite stehen bei jeglichem Angriff eines großen oder
kleinen Feindes und notorisch sehr oft mit Mut, List und Ge¬
wandtheit die drohendste Gefahr zu beseitigen verstehen, muß die
71
Mama Haselhenne ganz allein Schutz, Trutz uiul Zutlucht bieten,
allein sorgen, allein kämpfen, führen und List ersinnen, da der
egoistische Hahn, sobald seine Liebestriebe keine Befriedigung mehr
fanden, sich eine Junggesellen- Wohnung mietete, seiner Mauser lebte
und die schwierigen Kindersorgen zu fliehen wußte. — Ich halte
während der ersten Woche den Eichelhäher und die große Waldmaus
für die gefährlichsten Räuber, Elstern, Insekten (Ameisen), Wiesel
erst in zweiter Linie schädlich; die Kreuzotter fand ich nur ein¬
einziges Mal schuldig. Wo daher die Natur selbst nicht besonders
günstige Bedingungen zur gedeihlichen Vermehrung darbot, wo keine
specielle Schonzeit eingehalteu wurde und kein wachsamer, stetiger
Schutz vorhanden ist, und solches ist in Livland sehr allgemein der
Fall diesem zur örtlichen Niederjagd gehörenden Wilde gegenüber,
da wurde leider eine fortlaufende und sogar meist sehr auffallend
rasch stattfindende Abnahme erwiesen; ich habe nirgends auch an den
o-ünstiosten Plätzen eine wirkliche, wesentlich bemerkbare Zunahme
und Vermehrung bemerken können, z. B. binnen 10 Jahren keinerlei
im Meiershofscheu Parkwalde. Hier wurden in diesem großen Zeit¬
raum im ganzen überhaupt nur 13 Stück abgeschosseu , dennoch
blieb der Bestand ein ziemlich gleicher, nämlich 2 — 3 Ketten all¬
jährlich; nur im letzten Jahre 1890 konnten 4 Ketten beobachtet
werden, während wiederum 1887 keine einzige Brut aufkam. Diesen
auffallenden Mißerfolg bin ich ohne weiteres geneigt dem massen¬
haften Auftreten der Eichhörnchen nach einem bemerkenswert milden
Winter zuzuschreiben. — Binnen 6 Monaten d. h. von Ende März
bis Ende September wurden damals mit dem Schießgewehr im Park
und Garten 186 Stück Eichhörnchen erlegt; in allen Gebüschen, auf
der Erde, in den Hochbäumen — überall wimmelte es von diesen
hungrigen »rattenähnlicheu« Tieren. Ich war Augenzeuge bei der
Plünderung eines Wacholderdrossel-Nestes auf dem schwanken Aste
einer Lärche seitens eines alten, starken Eichhorns; beim weiteren
Versuch eines zweiten Angriffes auf ein anderes Drosselnest holte
ich den Sünder herab. Das Frühjahr war milde, zu jeglicher Brut
und Aufzucht günstig, circa 10 alte Haselhühner waren im Terrain
vorhanden, daher bin und bleibe ich fest von dem räube¬
rischen Zerstören und Vertilgen der Haselhuhn-Eier durch
die Hörnchen überzeugt. Wenn Ratten, Haselmäuse, Waldmäuse
n s. w. nachgewiesenermaßen Nester plündern, warum sollte das ähnliche
veranlagte, nahe verwandte Eichhorn nicht auch Eier verzehren? —
Warum verfolgen Drosseln, Bachstelzen und andere Brutvögel mit
72
ängstlichem Geschrei und Gebahren das Eichhörnchen, wenn es schuld¬
los wäre, wie solches neuerdings wieder einige »Einsender« in ver¬
schiedenen Jagdzeitungeu hinzustellen versucht haben. Die geringere
und größere Schädlichkeit hängt gewiß von der geographischen
Lage, den örtlichen Nahrungsmitteln ab; warum sollte z. B. das Eich¬
hörnchen in Mitteleuropa in geschlossenen Buchenbeständen sich
nicht an der überreichen Nahrung der Nüßchen genügen lassen?
Wozu soll es da mit vermehrter Mühe und bei unbequemen An¬
griffen die auch noch im Frühjahr zu erreichenden Buchnüsse ver¬
schmähen und einer weniger natürlichen Nahrung zustreben? In
Livland ist die Frühjahrsnahrung sehr knapp, bei massenhaftem Auf¬
treten stellt sich eine Art Hungersnot ein , da wird denn wahr¬
scheinlich scharfe Suche nach Vogelnestern abgehalten. Das Nisten
der Raubvögel konnte ich in Meiershof binnen wenigen Jahren für
die schädlichsten Arten gänzlich verhindern, für andere durchaus
beschränken , aber die stetigen Besuche von auswärts seitens des
Habichts und Sperbers waren selbstverständlicher Weise nicht zu
hindern; die stärkste Einbuße verursachten zweifellos diese beflügelten
Buschklepper !
Da, wie schon gesagt wurde, das Haselhuhn fest an seine
Lieblingsplätze gefesselt zu sein scheint, so wird es auch in großem
Forst viel leichter aufgefunden als irgend ein anderes Wildhuhu,
also auch von Raubvögeln, Füchsen etc., die ihre gewohnten Futter¬
plätze, Saudbadstellen und andere beliebte Aufenthaltsorte bald
kennen und darnach täglich abzusuchen lernen.
In erster Linie dürfte als der gefährlichste, zäheste und leider
zugleich überall sich eiufiudeude Erzfeind unseres v/ehrlosen Hasel¬
huhnes der starke Hühnerhabicht, Astur pahimharms, zu nennen
sein. Das Blut stockt mir fast im Herzen vor Ärger, wenn ich an
die zahllosen Schandthaten in dieser Richtung erinnert werde. Das
ganze Jahr hindurch stellt er als Feinschmecker und Nimmersatt
diesen Hühnern mit besonderer Vorliebe und leider auch allzu gutem,
d. h. gräßlichem Erfolg nach. Früh im Grauen des windstillen
Frühlings- oder Herbstmorgens horcht er gierig auf den Lockruf
des verliebten Hahues, huscht lautlos zwischen den deckenden
Bäumen herbei, hockt dann still auf niederem Aste auf, um den
heißbegehrteu Imbiß zu ersehen, erjagen mid eilig zu verspeisen.
Einst lockte ich im April einen hitzigen Hahn im dichten, feucht-
giündigen Foiste heran, schon sah ich den Kampfbereiten oder
Miuuesuchenden zu Fuß zwischen den »Hümpelii« herantraben, als
73
plötzlich ein großer Habicht von einem Ast herab sich niederstürzte
und den erschrockenen Haselhahn gewiß erhascht und erwürgt hätte,
wenn ihn nicht der meinerseits ins Dickicht auf gut Glück abge¬
gebene Fehlschuß bei unmittelbar nachfolgendem Geschrei in die
Flucht geschlagen hätte. — Im September 1883 lockte ich eines
Morgens in Kudling Haselhühner. Zweimal meldete ein Huhn, ein
Stückchen näher flieetend. Da orewahrte ich auf dem hellen Wald-
moos einen Schatten hinhuschen, während die herbstliche Sonne
goldene und schräge Strahlen durchs taublitzende Geäst auf den
Boden warf. Aufblickend gewahrte ich ein altes Palumbarius-
Weibchen leise zu mir aufliegeud ; als sodann das beutelustige
Räuber weib zu besserer Umschau sich kaum 15 Schritte vor mir
auf einen Kiefernast setzte, erreichte es just das tödliche Blei.
Aber nur selten schafft der Zufall solche Abhülfe, meist erwischt
der Habicht straflos die Beute. Seine Schlauheit, Vorsicht, sein
heimliches lautloses Fliegen zwischen den Bäumen, die feinen Sinne
lassen ihn den Jäger unschwer meiden.
So wenig die Haselhühner zum Trinken eines Baches oder einer
Quelle in gewöhnlichen Jahren bedürfen, indem ihnen zur Stillung
des Durstes der Morgentau und das Regennaß genügen, so eifrig
suchen sie dieselben bei übergroßer Dürre, wenn jeglicher Tau aus¬
bleibt, auf. Als 1882 in Livland durch die gräßliche Dürre im
Juli und August die meisten Rinnsale und Waldbäche in meinem
Meiershofschen Parkwalde versiegt wareu, 8 Wochen kein Regen
niederging, kein Morgentau die Gräser erfrischte, so daß jegliches
Grün in ein fades Gelbrot sich wandelte, da bot nur noch eine
Waldader köstlichen Trunk den schmachtenden Waldvögeln. Das
ersah auch ein Palumbarius-Pärchen zu seinem Vorteil, lauerte und
hockte morgens und abends mit größter Geduld, aber dem Jäger
unnahbar, au diesem Bächlein und zerriß außer Wildtauben,
Drosseln etc. viele — ach sehr viele vom Durst heraugezogene Hasel¬
hühner, so daß damals der Bestand bis auf eine geringe Anzahl vermindert
wurde. Die drei Jungen dieses Räuberpaares konnte ich mittels
Klopft reibens damals erlegen, aber die Schuldigen selbst entgingen
allen Nachstellungen und fuhren fort zu morden.
Auch im Spätherbst, wenn das Laub bereits niedergeht, und iin
Winter leiden die Haselhühner besonders durch die Angriffe des
Habichts, so versteckt und still sie sich auch in der Schneeperiode zu
halten verstehen und pflegen. Der Böse ist dem Guten meist überlegen,
besonders wenn der Hunger als rücksichtsloseste Triebfeder mitspielt.
74
Ein fast ebenso scliliminer Vertilger ist der kleinere Vetter, der
Sperber, Astur nisus ; er ist aber weniger listig, ich möchte fast
sagen, beim Beutesuchen allzn tollkühn bis zur üummdreistigkeit,
kann daher leichter vom Jäger im Zaum gehalten werden.
Auf der Locke schoß ich viele beutelustige Sperber herab, da
sie freier und sichtbarer angeflogen kamen als der Habicht und
unbedachter erschienen.
Anderen echten Raubvögeln, wie auch den Eulen, gelingt es
seltener, das nur ausnahmsweise über freie Plätze, sondern meist
nur im Dickicht rasch dahinfliegende Haselhuhn zu erbeuten ; der
Wanderfalk findet nur selten Raum zum Zustoßeu!
Auch der große, schwerfliegende Steinadler trachtet nach dem
Haselhuhn. — Ende August 1879 kam ein Steinadler auf mein
Locken niedrig über den Waldboden herangeflogen, leider vom
Rücken her im lichten Walde, während wir einem Dickicht unsere
Blicke zuwaudten; er erspähete mich und den neben mir sitzenden
Forstwart zu frühe, wandte sich blitzschnell und entfloh leider un-
beschossen hinter den Stämmen.
Von den Vierfüßern wäre der Edelmarder unstreitig der ge-
fährlichste Vertilger, wenn er häufiger anzutreffeu sein würde; er
ist durch bewußtes Abschießen und den verlockenden Wert seines
Pelzes bei uns so rar geworden, daß von einem wesentlichen Schaden
seinerseits am Bestände der Plaselhühner in Livland nicht mehr die
Rede zur Jetztzeit sein dürfte; anders war es vor etwa noch
50 Jahren bei uns bestellt, da gab es in großen Forsten der Marder
noch genug.
Da ist ein recht schuldlos aussehendes, überall gerne gesehenes
Tierlein durch seine Häufigkeit weit gefährlicher, nämlich wie schon
vorhin erwähnt, das flinke, muntere Eichkätzchen. Es gibt Jahre,
in denen fast plötzlich ein geradezu unbegreiflich massenhaftes Er¬
scheinen der Eichhörnchen alle Forste, Gehege, Gärten sogar Busch-
partieen unheimlich belebt. Man hat sich dieses auffallende Auf¬
treten nicht leicht erklären können, suchte nach spitzfindigen
Gründen, glaubte an Hungerwanderungeu aus solchen Waldgebieten,
in denen alle Holzsamen versagt hätten und jede Nahrung den
Hörnchen gefehlt habe u. s. w. Solche verderblich werdenden
»Überschwemmungen« von Eichhörnchen ereignen sich nach meinen
Beobachtungen :
1) nur nach sehr milden Wintern, bei ungewöhnlich früh¬
zeitig eintretendem Frühjahr,
75
2) bei nur gleichzeitig trockenem Frühjahr und ersten
Sommermonaten,
3) nur nach reichstem Samensegen aller Waldbäume, und
sonstiger den Nagern Nahrung spendender Gewächse und Sträucher,
Beim Zusammentreffen dieser 3 Bedingungen gedeihen dann die
von satten, kräftigen Eltern gezeugten Jungen alle — alle in
größter Anzahl in bester Lebenskraft, um den Kampf ums Dasein
rücksichtslos zu führen. Da wurden z. B. die Obstgärten vollständig
abgeplündert, die Vogelnester ausgebeutet, im Herbst die letzten
Haselnüsse geknackt etc. 1872 und 1887 waren besonders durch
Eichhorn gekennzeichnete Jahre, 1882 gab es auch sehr viele, aber
nicht in so zahlloser Masse ! In den mir speciell bekannten Revieren
kamen 1887 überhaupt nur sehr wenige Jungketten auf; an allen
Orten klagte man über den Wildausfall, so daß ich unbedingt die
Hauptschuld den Hörnchen am Fehlen der Juugbruten 1887 zur
Last lege. In gewöhnlichen Jahren dürften die betr. Sünden nur
sehr geringe sein. — Das große Wiesel (in Livland überall nur
Hermelin genannt), der I’uchs, weniger belastet das kleine Wiesel
und der Iltis, weil dieselben die großen Forste nur selten bewohnen,
indem sie deren Ränder, Kulturgegenden und Feldgehege bevor¬
zugen, der zufällig und gelegentlich auch sündigende Dachs sind
o-leichfalls ins Schuldbuch einzutragen. — Sehr sehlimme Feinde er-
wachsen den Haselhühner-Gelegen in solchen Revieren, wo die
Bauer-Viehhunde mit Recht oder Unrecht Zutritt finden , die großen
und kleinen Köter, wahre Muster im Auffiuden der Nester und er¬
barmungslose Vertilger der Eier und der unfiüggen Küchel. Die
täu'lichen Streifereien derselben in allen Gebüschen, Dickichten, auf
O
den Weidegängen, verhindern das Aufkommen der meisten Gelege,
daher sind bäuerliche Ausiedlungen, Anlagen von Hoflagen im Forste
der Erhaltung des Haselwildbestandes besonders widerstrebend, bei
lins aber sehr gewöhnlich. Was hierin und durch Wilderer (fast
jeder Bauer ist ein solcher) in unseren baltischen Landen am Wild-
bestande im allgemeinen und an Haselhühnern im besonderen ge¬
sündigt wird, würde einem reichsdeutschen Jagdherrn kaum glaub¬
lich erscheinen und schreiet zum Himmel! Kein vernünftiges Gesetz
steht namentlich in Liv- und Estland dem Jäger und Tierfreund
zur Seite, kein Richter übt da schützendes Recht. Ein sentimen¬
taler östlicher Charakterzug schützt durchweg die Bauerfrevler in
ihrem jagdschädlichen, räuberischen Gebahren ! Nur selten kann ein
gar zu frecher Diebstahl unter besonders günstigen Umständen zur
76
Strafe gebracht werden. — Der gedeihlichen Entwicklung des
Haselhuhns größter Feind dürfte bei uns homo sapiens sein!
Starke Fröste im April, in der Mitte und zweiten Hälfte des
Monats d. h. während der ersten Hälfte der Periode des Eierlegens,
vernichten oft die Keimfähigkeit der Eier, so daß statt der er¬
hofften 8 — 9 Jungen kaum 3 oder 4 ausschlüpfen, das heißt nur
die zuletzt schon beim nächtlichen Festsitzen der Henne gelegten
Eier kommen aus. Mitunter gab es in unseren nördlichen Breiten
auch so starkes Frostwetter, daß ganze Gelege dadurch zu Grunde
gingen. Die am 10. Mai, Stiles, quer durch Livland dahin-
raseude, noch lebhaft im Gedächtnis lebende Windsbraut zerstörte viele
Nester und erschlug viele Vögel resp. alte Hühner, unter den wie
abgemäht daliegendeu Baumstämmen. Sehr arg — vielleicht am
schlimmsten spielen aber frühzeitige Waldbrände im April bis Juli
dem Haselwilde mit. Ich selbst habe einige Mal durch Waldschaden¬
feuer zerstörte und »gebackene« Gelege aufgefundeu resp. mir zeigen
lassen und öfter von verbrannten Gesperren der Auer- und Hasel¬
hühner mir berichten lassen, so namentlich anno 1868 während der
gräßlichen Sommerdürre. Durch den blendenden, erstickenden Rauch,
das Gebrause und Getöse des breiten Feuermeeres werden die Hühner
derart verwirrt, daß sie den richtigen Zeitpunkt zu einer anfänglich
noch leicht zu ermöglichenden weiteren Abflucht versäumen und
dann ratlos uinherflatternd und laufend ein Opfer des Rauches
und Feuers werden ; bei sehr ausgedehntem Brande ist den Juuff-
hühnern, die kaum zu bäumen erlernten, überhaupt eine glückliche
Flucht ganz unmöglich.
Alle soeben angedeuteten Gefahren und Feinde sowie die
mangelnde rationelle Jagdordnung für alle Forste Livlands ver¬
ursachen leider im allgemeinen einen unverkennbaren Rückgang
des Haselwildbestandes.
Desgleichen trat auch auf meiner Besitzung Kudling mit einem
diesem Wilde günstig bestandenen Forst, trotz leidlichen Schutzes
und nur mäßigen, rationellen Abschusses während 23 Jahren au
keiner Stelle Zuwachs, sondern im Gegenteil eine schmerzlich fühl¬
bare Abnahme ein. — Noch in der Mitte der siebziger Jahre blieb
ein meinerseitiger Jagdversuch oder ein Auftrag an einen der Forst¬
warte zur Beschaffung von Haselwild niemals ohne erwünschten
Erfolg, während es jetzt schwer hält, zu einem bestimmten Termin
auch nur wenige Stücke zu erjagen. (Fortsetzung folgt.)
77
Fiiclis und Dachs.
Von C. Greve.
Im Winter 1890/91 hatte ich gelegentlich einer Jagd im Walde
von Bedrino (etwa 20 km von Moskau) einen großen Dachsbau
aufgefundeu, der, nach den vorhandenen Spuren zu urteilen, befahren
war. Im Frühjahr hatte der Waldhüter bei diesem Bau eine
Dächsin mit zwei Jungen getroffen. Die Alte war fauchend auf ihn
losgefahren, und der tapfere Biedermann gab Fersengeld. Im Anfang
Juni begab ich mich an den Bau, um ihn genauer zu untersuchen
und später einmal mit meinen Teckeln Grimbart zu Leibe zu
rücken. Ich fand eine große Zahl von Röhren, etwa gegen 20, von
denen drei beständig in Benutzung waren, während die übrigen teils
halbverschüttet teils mit Moos verstopft sich erwiesen. Alle lagen sie
auf einer hügeligen Erhebung, welche dicht mit Linden bestanden
und vou Gestrüpp umgeben war, und nahmen einen Flächenraum
von etwa 250 qm ein. In der Nähe des Baues fand ich einige
Gruben, welche der saubere Grimbart zur Aufnahme seiner Losung
angelegt hatte, und außerdem gab es zahlreiche Spuren an der
Rinde der nächsten Birken und Tannen, welche von den scharfen
Krallen unseres Tieres herrührten.
Einige Tage darauf nahm ich einen noch jugendlichen Jünger
Dianens mit, dem ich die Dächsin mit ihren Jungen in ihren possier¬
lichen Spielen nach Untergang der Sonne zeigen wollte. Wir hatten
uns einen wohlversteckten Platz im dichten Gebüsch ausgesucht, von
dem aus wir den Bau und seine nächste Umgebung, eine kleine
Lichtung, gut übersehen konnten. Es war noch nicht 8 Uhr —
die Sonne also noch über dem westlichen Horizonte — und wir
hatten vollkommene Muße, unsere Umgebung ganz genau mit dem
Auge zu durchforschen. Etwa 10 Schritte vou mir, auf der Lichtung
bemerkte ich etwas Weißes — ein wenig mehr rechts lagen schwarze
Federn und noch weiter ein Gegenstand, aus dem ich nicht gleich
klug werden konnte. Vorsichtig um Geräusch zu vermeiden, verließ
ich mein Versteck und besah mir die auffallenden Dinge. Es
war ein frischer, reinabgefressener Dachsschädel eines etwa 4monat-
lichen Jungen, zwei Flügel von einem Birkhahn, einige Eulenfedern,
ein Eichhornschwanz und — ein großer Hechtkopf ! Davon war hier
bei meinem ersten Besuche nichts vorhanden gewesen — ich war
also nicht wenig erstaunt. Diese Überbleibsel konnten nur vou
78
den Mahlzeiten eines Räubers, wie Reinecke, herrühren ! aber wo
sollte der plötzlich herkoinmeu, wo man vor wenig Tagen richtige
Dachsspureu mit eigenen Augen gesehen hatte, außerdem in der
ganzen Umgegend nichts von Füchsen zu hören war. Man kann
sich also vorstelleu, mit welcher Spannung wir aus nnserem Ver¬
stecke der Dinge harrten, die da kommen sollten.
Bald nach 9 Uhr verschwand die Sonne — ein zauberisches
Dämmerlicht herrschte im stillen Walde, nur die Weindrossel ließ
noch in abgebrochenen Sätzen ihre Stimme erschallen. Auch sie ver¬
stummte — es war totenstille. Da knisterte etwas neben mir im
Grase — ein großer Laufkäfer verschwand im trockenen Laube, das
am Boden lag. Aber ein anderes Geräusch erregte meine Aufmerk¬
samkeit: im Gestrüpp am Bau knisterten trockene Zweige und es
schüttelte sich ein Tier, wie ein Hund, der den Staub aus seinem
Pelz schaffen will. Zu sehen war nichts. Ein Dachs poltert im
Baue, ehe er zu Tage fährt, — außerdem sichert er erst lange und
vollführt die Ausfahrt überhaupt vorsichtig und bedächtig. Dies von
uns gehörte war aber so ganz anders — und richtig — da trollt
gemütlich über die Lichtung eine sehr ruppig aussehende Füchsin
mit einem Gesäuge, das auf Junge schließen ließ! Da wir in fried¬
licher Absicht gekommen waren, hatten wir keine Gewehre bei uns
und mußten nun voll Arger den Erzräuber unbehelligt ziehen lassen.
Da das Tier uns nicht bemerkt hatte, beschlossen wir den nächsten
Abend wieder zu kommen und der Alten womöglich den Garaus zu
machen, die Jungen mit Dachshunden herauszuholen.
Am nächsten Tage waren wir wieder auf unseren Plätzen. Ein
leiser Wind wehte vom Bau zu uns her. Die Sonne war schon
lauge untergegaugen, aber es blieb immer noch stille — endlich
um 11 Uhr wurde es meinem Begleiter zu lange — er erhob sich.
Im selben Augenblicke erschallte das heisere Bellen der Füchsin,
etwa dreißig Schritte von uns — sie kam offenbar mit Beute heim.
Unsere Aufmerksamkeit war aufs höchste gespannt. Nach einiger
Zeit bellte sie wieder und nun ununterbrochen, indem sie beständig
einen Kreis um den Bau beschrieb. Sie hatte offenbar von uns Wind
bekommen. Man konnte mittlerweile vor Dunkelheit nichts mehr
sehen — also beschlossen wir abzuzieheu, ohne etwas ausgerichtet
zu haben. Mich wunderte nur, daß die jungen Füchsleiu, die im
Juni doch schon recht munter sind, so gar nichts .-von sich merken
ließen — oder sollte es ein sehr verspäteter Wurf und die Kleinen
noch uubehülflich sein?
79
Die üntersuchaug des näclisten Tages ergab, daß Frau Füchsin
mit Familie das verratene Quartier geräumt und in die Roggenfelder
gezogen war. Bald ließ sich ihre Nachbarschaft auch auf dem Ge-
höfte merken — einige Truthühner und Enten fielen ihr zur Beute.
Dabei muß ich bemerken , daß 5 Hofhunde und 3 Dächsel die
Nacht über die Wache besorgen.
Eine Nachsuche nach den Dachsen ergab, daß die alte Fehe
mit nur einem Jungen ungefähr 2 km weiter, in einem Fichten¬
dickicht sich einen neuen Bau angelegt hatte, der fürs erste aus nur
einem Rohr und dem Anfang zu einem zweiten bestand. Daß das
andere junge Grimbartcheu vom Fuchse gefressen worden, darüber
läßt der von mir gefundene Schädel keinen Zweifel. Im Herbste
soll aber die Räubersippschaft für ihre Schandthaten büßen, sobald
die Felder alle abgeräumt und eine Jagd mit der Meute möglich ist.
Der Polarfuchs (Canis lagopus).
Von Bernhard Langkavel, Hamburg.
Der nachstehende Aufsatz beabsichtigt nicht neue Schilderungen
des Körpers oder der Lebensweise dieses Dämmeruugstieres des
Nordens zu geben, das in manchen Beziehungen erhebliche Ähnlich¬
keit mit jenem des Südens, dem Schakal, aufvveist, denn dergleichen
finden sich in den größeren zoologischen und speciell mammalogi¬
schen Werken, welche ich hier als bekannt voraussetze, in trefflichen
Ausführungen, sondern ich versuche, das weitschichtige Quellen¬
material, nach gewissen Gesichtspunkten geordnet, dem Leser vor¬
zuführen, damit er bei bestimmten Fragen um so leichter sich
zurechtfinden könne.
Eine ausführlichere Beschreibuug unseres Tieres finden wir bei
Gmelin Q, Barry ^), Franklin^), in Baers Monographie"^), bei v. Mid-
dendorff^); Rob. Hartraann bespricht die Artberechtigung ^}, Greely Q
teilt mancherlei Daten mit, bei Brauer^), Fr. Fischer») u. a. weiter
unten namhaft gemachten Forschern. Über den sogenannten Canis
Nov. Conimentar. Petropolit. V., 358 3 <^2. First Voyage, Suppl.^
S 187; Second Voyage, Appendix S. 299. ü Narrative of a Jouruey to the
Shores ’of the Polar °Sea, II, 1833, Append. S. 658. Q Bulletin Acad. Imp.
St. Petersbourg IX, 1841, S. 89. Reise IV. 2. S. 942. «j Zeitschr. f. Ethn.
III , 235. 9 Three Years of Arctic Service S. 366. „Die arktische Subregion“,
Zool. Jahrb. HI. ®) Die Österreichische Polarstation Jan Mayen HL, 128.
80
Isatis vergleiche mau außer Gmelin auch L’AbbeChappe d’Auteroche^),
Thieuemauu und v. Middendorlf ^). Nur uebeiibei erwähne ich,
daß Ermau^) Canis decussatus für ein besonderes Stadium des Far¬
benwechsels von C. lagopus ansehen wollte. Über Richardsons
Varietät fuliginosa vgl. ausser Schreber-Wagner und Fr. Fischer
auch Otto Toreil ^). Markham erwähnt zweier junger Exemplare,
die anderer Art als C. lagopus zu sein schienen, denn sie besaßen
längere Beine und Ohren, die mehr denen des Wolfes ähnelten und
waren invariablj of a mottled colour. »Verschiedene Species« des
Polarfuchses bespricht Sauer ’),
Der Polarfuchs lebt in der gegenwärtigen Erdperiode nur in
den kältesten Gegenden und wandert, falls er nicht durch Hunger
dazu gezwungen wird, aus ihnen freiwillig nicht aus. Seine jetzige
Verbreitung ist folgende:
Auf dem europäischen Festlande kommt er vor im nördlichsten
Skandinavien®), Lappland auf Inseln des Weißen Meeres^®),
im nördlichsten Rußland von Meseu über die Tundren sodann
auf N 0 w a j a S e m 1 j a auf der Bären-Insel zwischen Nordkap
und SpitzbergeiH®), Jan Mayen I s 1 a n d S p i t z b e r g e n i®),
König Karl Land^^), Kronprinz Rudolf Land ^®), Franz
Joseph Land
0 VoyageenSiberieL,204; III., 378,383. Schreber-Wagner, Suppl. IL, 427.
2) Reise IV., 2. S. 791 und Extraits des Publicat. Soc. Imp. Ge'ogr. de Russie
1859, S. 211. * *) Reise um die Erde I., 605. In Petermanns Geogr. Mitt.
1861, 57; vgl. Report of the Proc. of the United St. Exped. to Lady Franklin
Bay II. ) A Polar Reconnaissance, 1881, S. 186. Reise nach Nord-Asien
und Amerika, S. 85.
«) 12. Jahresbericht des Ver. f. Erdk. Dresden, S. 67 ; Finsch, Ferienreise
unter Mitternachtssonne, S. 28; Th. v. Bayer, Über den Polarkreis, S. 92.
*) Hogguer, Reise nach Lappland, S. 73, 134; Deutsche Geogr. Blatt. Xlll., 18.
) Ausland 1881, 199. ^ ) Allg. Geogr. Ephemerid. I., 300 ; Ausland 1879, 728.
Peterm. Mitt. 1871, 35; 1872, 183, 221 und Ergänz. Heft 21, S. 20, 28^
37, 40, 102 ; Lewald, Atlas zur Kunde fremd.^Welth. I., 120. Peterm. ISOs'
430. Proc. Geogr. Soc. London V., 181 ; Peterm. 1878, 229, 235 ; Ausl. I883’
695 ; Östr. Polarstation IIL, 709. Anderson, Nachricht, von J. 29 ; Keilhack’
Reisehilder aus J. 139; Deutsche Geogr. Blätt. IX., 15; Preyer u. Zwickel, Reise
nach J. 381 ; Schweitzer, Island 8 ; Die Natur 1887, 475 ; v. Middeudorff IV.,
2, 791, 1091. Parry, Attempt to reach North Pole 134; Peterm. 1863 135-
1865, 112. 'b Peterm. 1873, 124. »s) Peterm. 1876, 204. ’ü Proc. Geo«r Soc
Lond. V., 210.
8]
Auf dem sibirischen Festlande auf den Tundren, an der
Küste ^), an der Ob Bai, im Beresovv Bezirk ^), am untern Jenissei ^),
auf den Tairnyr Halbinseln, Turuchansk ^), au der untern Lena ^),
am Anui, Baranicba, Kovima, unterer Kolyma ®), im Tschuktscheu
Land Kamtschatka ®). .
Auf den sibirischen Inseln^), Neu Sibirien^®), Kotelnyi^^),
Ljacbow Wrangel Land Bären-Inseln aber nicht auf Heu-
rietta Insel sodann auf Bering-InseP®), Kupfer-InseP^).
Auf den von Asien nach Amerika hiuüberführenden Aleuteu
fehlt der Polarfuchs nicht; aus Attu wird er schon in Pallas nor¬
dischen Beiträgen erwähnt, auf Unalaschka von Sauer Tu
Alaska befinden sie sich in reicher Anzahl fehlen jedoch auf der
Insel Kadjak, weil nach ihr im Winter keine Eisbrücke führt ^0-
Auf der Commander-Insel bemerkte sie Elliot Von den ameri-
kauischen Küsten des Festlandes scheint der Polarfuchs im allge.
meinen weiter südlich zu ziehen als in Asien und Europa denn er
lebt am obern Yukon am Mackenzie^^), in der Mistassini Region
auf Labrador^’) und schließlich auf Neufundland^^).
Auf dem Archipel im Norden von Amerika haust der
Eisfuchs wohl überall, Klutschak^^) fand ihn im Winter auf König
') Middendorff IV., 2, 817 ; Ausl. 1879, 78. Extraits des public. Soc.
Imp. Geogr. de Russie 1859, 211; Peterm. 1856, 208;Finscli, Reise 367. Zool.
Gart. XIV., 185. Middendorff IV., 2, 942. * *) Ausl. 1885, 359 ; Beitr. Keuntn.
des rus^. Reichs 1887, -99; Müller, Unter Tungus u. Jakut, 50, 184; Peterm.
1884, 76 u. Ergänz. No. 54, 26; Deutsche Geogr. Blatt. VII., 76. ‘^) Wrangels
Reise I., 188, 204; Sauers Reise, 85. Wrangel I., 97, 116, 290. Peterm. 1879,
425, 426; Nordenskiöld, Wiß-Ergebnisse 685. Krascheninnikows Reise 119.
*) Beitr. Kennte, des russ. Reichs 1887, 265. Scottish Geogr. Magaz.
IIP, 481 ; Peterm. 1879, 173. ”) Peterm. 1879, 165 ; Deutsche Geogr. Blatt.
XL, 319. **) Sauers Reise 113; Pallas, Neuste nord. Beitr. IIP, 129; Peterm.
1879, 174. '") Ausl. 1882, 143; Peterm. 1882, 242. ’') Peterm. 1879, 173.
'“) Peterm. 1882, 245. Krascheninnikow 52 ; Gartenlaube 1861, 264 ; Ausl.
1881, 87; 1884, 278; Nordenskiöld, Umsegelung II, 258; Peterm. 1881, 27
”) Nordenskiöld u. Peterm. a. a. 0.
IIP, 280, 283; vgl. Zeitschr. f. allg. Erdk. N. F. XIII, 246. '®) Reise
246. Behm. Geogr. Jahrb. VP, 136. Middendorff IV., 2, 942. An
Arctic Province 205. Peterm. 1872, 221. 2“^) Deutsche Geogr. Blatt. XIV,
123. a. a. 0. 135. Transact. Geogr. Soc. Quebec P, 4., 18. Peterm.
1863, 125; Neumayer, die Deutsch. Exped. etc. P, 1891, S. 98. Journ.
Geogr. Soc. London 1863, 270; Reports of Explorat. for a railroad from the
Mississippi to the Pacific VHP, 137; nach Audubon und Bachimin gelegentlich
im nördlichen Teile.
2^) Als Eskimo unter Eskimos 102.
Zoolog. Gart. .Jalirg. XXXTTI. 1892. 6
82
William Insel; er lebt auf Melville *), am Wellington Kanal nach
Cormicks Beobachtungen ^), am Cumberland Sund ®), nach Kane in
Grinnell-, Ellesmore-Land, North Lincoln, North Devon ^), auf dem
ersten sah mau am 31. Juli 1882 am Lake Hazen viele, bei Kap
Beechey zwei, während des Septembers in St. Patrick Valley
gleichfalls zwei, im November au der Karl Ritter Bay nur einen
und im August 1883 bei Rawlings Bay nur dessen Spuren “). Ich
füge diesen Daten noch hinzu, daß auf der Nares Expedition um
das Winterquartier des »Alert« mau bis zum 13. Juli nur dessen
Fährten bemerkte, später aber zwei Tiere in Sommertracht fand
mit schmutzig rötlicher Färbung auf dem Rücken und Schwanz®)
Auf Grönland sah man Spuren des Tieres nördlich vom
81® Br. ’), die Greely Expedition sogar noch um 83® Br. Über
die Kälte am Griper Hafen und die spärlichen Tierspuren erfahren
wir näheres bei Petermann ®). Um Godhaven sind ihrer nicht
wenige ®), desgleichen am Sophia-Hafen ^®). Wenn das Mittelalter
den Fuchs als in Grönland heimisch nennt, so ist darunter unser
Tier zu verstehen , denn unter den alten Steiuringeu damaliger
Eskimos fanden sich dessen Kuochenreste zwischen Shannon Insel
und Kap Broer Ruys
Daß der Eisfuchs nicht immer ausschließlich ein Bewohner
hochnordischer Länder war, darüber belehren uns die Forschungen
über die vorgeschichtlichen Zeiten; er ist im Gegenteil
gerade so wie das Ren durch die veränderten Verhältnisse gezwungen
worden, immer weiter nach Norden zu wandern. Wir finden seine
Kuochenreste in altdiluvialen Ablagerungen Polens, Böhmens, Deutsch¬
lands, der Schweiz, Belgiens und Englands ln späterer post-
glacialer Zeit besuchte er vielleicht nur noch im Winter unsere
Gegenden welche stellenweise auch eine tundraähuliche Flora
besaßen^®). Daß aber der damalige Eisfuchs mit dem jetzigen völlig
übereinstimmt, konnte schon PescheU®) nach seinen Quellen fest-
) Peschel, Abhandlungen, N. F. 157. Peterm. 1855, 117. ®) Deutsche
Oeogi,^ Blatt. VI., 351. '') Peterm. 1856, 47; Proc. Geogr. Soc. London VIII.,
169. Report Proc. United States Exped. to Lady Franklin Bay I., 1888,
29—53. ®) Geographical Magaz. IV., 268.
Bessels, Amer. Nordpol-Exped, 311. «) Mitt. 1871, 408. ^) Becker,
Arct. Reise der Yacht Pandora 15. Nordenskiöld, Grönland 177. ”) Kolde-
wey, zweite Deutsche Nordpolarfabrt. I., 244. >*) Deutsche Geogr. Blatt. XIII., 105
^^) Heuglin, Reise nach dem Polarmeer IIL, 351; Zeitschr. für wiss. Geogr.
III., 136; Marshall, Deutschlands Vogelwelt S. 7. Zeitschr. f. wiss. Geogr.
IIL, 174. Zeitschr. f. Ethn. XVI., (462). Völkerkunde S. 43.
83
stellen. Die hauptsächlichsten Fundorte des vorgeschichtlichen Eis¬
fuchses in Deutschland sind folgende: die neueutdeckte Herinanus-
höhle im Harz ^), die Funde bei Thiede und Westeregeln ^), die
Lindeuthaler Höhle ^), die Höschhöhle Oberfraukens Höhle Hohle-
fels in Schwaben die Funde an der Schusseuquelle ®), Höhle
Bucheulochs bei Gerolstein Reiche Exemplare finden sich auch
im Kesselloch, Kanton Schaffhauseu ^), in Mähren bei Dorf Pred-
most im Löß und in der Höhle bei Wierzschow ^0- Die aus
anderen Gegenden übergehe ich absichtlich,
ln solchen Gegenden, wo die Bewohner vornämlich durch die
Erträge aus den Jagden von Land- und Seetieren leben, kann der
Verfall des Handels entweder durch mangelhafte Geräte hervorge-
rufen werden, oder auch, was häufig geschieht, durch nur periodische
oder gar dauernde Abnahme der gejagten Tiere. Wir haben dafür
schon au den europäischen Küsten mannigfache Beweise (Austeru-
bäuke, Herings- und Sardinenzüge u. s. w.), in den arktischen
Gebieten bedingt den Verfall des Handels die periodische Abnahme
oder das gänzliche Ausbleiben der Wale, Walrosse, Delphine, Robben,
Lachse u. a., auf dem Festlande der Pelztiere und noch weiter
nach Norden der Eisfüchse,
Die Wanderung unseres Tieres kann entweder eine beab¬
sichtigte sein, oder auch contre coeur geschehen. Das Treibeis, das
den Eisbären oft weit fortführt, entfernt auch den Polarfuchs oft
weit vom Heimatlande Bei der Schollenfahrt der Neunzehn der
HaH’scheu Expedition erblickten sie am 11, April 1873 einen Eis¬
fuchs, einige Krähen und Laudvögel und schlossen daraus, daß die
labradorische Küste nicht mehr fern sein dürfte Nach Island
kam er über Eis von Grönland’^), nach der Bäreninsel im Winter er
und Eisbär von Spitzbergen Auf Jan Mayen war er anfänglich auch
wohl nur Sommergast in der Sommerfrische, jetzt ständiger Landbewoh-
D Zeitschr. f. Ethn. XXIIl,, ^352); daselbst XIV., (173); VII., 207); VIII.,
(208). 285; Archiv f. Anthr. X., 361; XI, 1. ») Archiv IX., 158. “) Zeitschr. f.
wiss. Geogr. III., 136. ^) Arch. f. Anthr. V., 132 ; Bär, Der vorgcschicht.
Mensch, S. 128. Korrespondenzblatt d, deutsch Ges. f. Anthr. 1874, 21. ®) Arch.
f. Anthr. II., 33; Kinkelin, Die Eiszeit. S, 54; Ranke, Der Mensch II., 419.
b Zeitschr. f. Ethn. XV., (497). ®) Arch. f. Anthr. VIII., 127; Deutsche Revue
1879, Dezeinherheft, S. 333. D Deutsche Rundschau f. Geogr. u. Statist. VI.,
468. ^®) Sehr. d. phys.-ök. Ges. zu Königsberg XXIV., 1. S. 99.
") Peterin. 1872, 221. *^) Peterin. 18.73, 387. '^) Anderson, Nachricht, von
J. 29; Keilhack, Reisebilder 139; Deutsche Geogr. Blatt. IX., 15. 'ß Peterm.
1868, 430.
84
ner, währeud nur zeitweise vereinzelte Eisbären ans dem Norden auf
festgeschlossenem Treibeise dorthin gelangen Von den sibirischen
Inseln wandert er im September nach dem Festlande ^), im Gebiet
der Tschuktschen zieht er im Winter von der Küste fort ^). Schon
Wrangel betont in einer Reise daß am Anui der Polarfuchs nur
jedes dritte Jahr erscheine, daß Zobel und Haseu oft ausblieben,
daß auch die Ren wanderten. Die Tungusen waren so fest von
den dreijährigen Perioden unserer Tiere überzeugt, daß sie vorher¬
sagten, das Jahr 1822 würde reich an Füchsen. Wie nun das Vor¬
kommen des Zobels abhängig ist von dem der Eichhörnchen, so das
des Eisfuchses dort von dem der Lemminge. Man glaubt au der
Lena au beständige Wanderungen, die von Westen nach Osten in
drei Jahren sich vollenden, weil alle drei Jahre wieder ein guter
Fang erreicht wird. Die Tiere erscheinen zuerst am Jenissei,
Ohatanga, Auabara, dann bei der Lena und Jana u. s. w., und das
häufigere Auftreten ist stets verbunden mit dem häufigen und früh¬
zeitigen Erscheinen der Schneeeule, Aegolins scandiacus^ die ja auch den
Lemmingzügen folgt 0- Über ähnliche Wanderungen der Hasen in
Nordamerika und ihrer Verfolger berichtete ich in der Illustrierten Jagd-
Zeitung 1886. In strengen Wintern soll der Polarfuchs bisweilen
bis an den Amur gelangen ®). Da dies Tier Eisbrücken so vor¬
trefflich zu benutzen versteht, hatten manche gemeint, dass es auch
die von Südkamtschatka nach der ersten Kurileniusel im Winter
führende benutze, jedoch bewies Schrenck dies als irrtümliche An¬
nahme, weil der Polarfuchs im südlichen Teile dieser Halbinsel
jetzt wenigstens fehle ^). Auf der skandinavischen Halbinsel aber,
wo seine eigentliche Heimat nur im nördlichsten Teile ist, w^anderte
er 1832 und 1841 massenhaft nach Süden als Lemmingverfolger
und gelaugte sogar bis au die Südspitze ®). Jenseit des atlantischen
Oceans hat man am Priuce of Wales Sund (Hudsonstraße) beob¬
achtet, daß die Eisfüchse nach dem ersten Februar sehr selten
werden. Der Fang beschränkt sich auf sehr wenige, und die letzten
erblickt mau am 10. Mai. Fast alle sind dann wohl ins Innere
gezogen, wo sie im reichlichen Raube junger Vögel schwelgen
und für die lange Fastenzeit sich entschädigen'^).
') Peterm. 1878, 229, 235; Ost. Polar. - Exped. IIP, 109. Beilr.
zur Kenntn. des russ. Reichs 1887, 2G5. •'’) Nordenskiöld, Umsegelung I., 402;
II., 33. “) 1., 204, 208; II., 117. •>) Beitr. u. s. w. 1887, 99. «) Bulletin des
Naturalisten de Moscou 1861, No.’ 3. Mitt. Ges. f. Rrdk. Halle 1881,
99. *’) Zool. Gart. XI V., 258. Proc. Canadian Institute Toronto, V., 1887,
No. 1, 113.
Wenn wir die Scliildernngen der lleiseiiden dieses Jahrhunderts
von den «J'rausisen Einöden der nördlichen Polarländer während der
dunklen, langen Winterszeit lesen, daun erscheint es uns fast un-
begreiflich, wie dort auf dem Laude ein Tierleben sich zu erhalten
vermag, wie die spärliche Flora so viele und reichliche Nahrung den
Pflanzenfressern darbietet, zumal den zahllosen Massen von Lemmingen,
welche den vierbeinigen und geflügelten Fleischfressern den zur Er¬
haltung nötigen Nährstoff gewähren. Eisfuchs, Schneeeule und
Raubmöve verfolgen sie eifrig^), und die Wege, welche in den weiten
Tundren diese kleinen Nager für ihren Privatgebrauch nach und
nach getreten haben, sind die einzigen, die auch der Mensch be¬
nutzt ^). Eisfuchs und Wolf finden in ihnen am Königin-Kanal auf
Cornwallis-Iusel reichliche Nahrung^), und am Prinz of Wales Sund
der Hudsoustrasse lebt ersterer im Winter fast ausschließlich von
ihnen ^). Viel spärlicher als die Lemminge ist in den Polarläudern
der Hase; welche Mittel und Kniffe er auwenden mag, um dem Eis¬
fuchs zu entgehen, nicht schon längst von ihm ausgerottet zu sein,
wissen wir noch nicht ^). Auf Grant Land sah Nares ein verein¬
zeltes Hermelin vom Polarfuchs verfolgt®). In Island werden öfter
Schafe von ihm niedergerissen und verzehrt '^). Wie im Süden die
Hyäne dem Löwen folgt und Nachlese hält an den Überresten
seines Raubes, so wird im Norden der Eisfuchs der Kostgänger des
Eisbären, dem er in seiner Dreistigkeit sogar unter den Tatzen
weg Fleischstücke stiehlt®), und sind die Fleischreste auch noch so
steinhart gefroren, seine Zähne vermögen sie zu zerkleineiu ')i
Fligely Fjord sah mau ihn auch nagen am Fleisch seines Lieferanten,
des Eisbären ^®). In der Winterzeit spürt er aus Gestade geworfene
Tierleichen auf, zur Wurfzeit der Seehunde überfällt er deren Junge,
doch rührt er bei Kauaga (Aleuten) und bei Kamtschatka aus Ufer
geworfene Kadaver einer Walspecies selbst im größten Hunger nicht
au“). Auch den Vögeln stellt der ewig sich umhertreibende,
hungrige Geselle eifrig nach z. B. den Scbueehühnern und den Nestern
der Seepapageien “), aber durch viele böse Erfahrungen sind manche
D Petermanns Mitteilungen 1872, 23. 219. daselbst 187G, 451. D daselbst
1855, 106. ^) Proceedings Canadian Institute V., 1887, No. 1., Seite 113, 5.
D Petenn. Mitt. 1876. 478; Nares, Voyage to the Polar Sea I., 235. Geogr.
Magazine IV., 268. ’) Poestion, Island 261. Verhaiidl. der Ges. für Erdk.
ßerhn XV., 128; Petenn. Mitt. 1872, 221; Wrangels Reise I, 323. ®) Petenn.
1871, 193. daselbst 1871, 415. ‘b Peterm. Ergänzungsheft No. 21, 102;
Proc. Canad. Inst. V., 113; Sauer, Reise nach den nördl. Gegenden von Asien
und Amerika S. 116. Peterm. 1871, 222; Kotzebue, Eutdeckungsreise I., 145.
1
— 86 —
Vogelarten, wie die Walroßjäger behaupten, derartig gewitzigt
worden, daß sie ihre Eier dort ablegen, wohin er nicht zu dringen
vermag ^). In Ermangelung besseren Mahles verschmäht er nicht
niedere Tiere, denn am Eingang zu seinem Bau fanden sich u. a.
auch Schalen von Mytilus edulis und JBuccinum cyaneum. Im Herbste
haben sie eine stattliche Korpulenz erreicht, die aber bei magerer
Winterzeit bald schwindet. Ist nirgend wo dann andere Speise zu
erlangen, verzehrt der stärkere den schwächeren 2).
In Bezug auf seinen Aufenthaltsort ist der Eisfuchs nicht
wählerisch. Ihm genügen kleine Felseninseln, wenn dieselben nur
Blutplätze von Seevögeln enthalten. Küsten, au denen Lemminge
sich befinden, werden aber bevorzugt. Er bewohnt Steinklüfte,
Alluvialhügel und trockene sandige Gegenden des Strandes, in denen
er weitläufige künstliche Baue mit vielen Röhren und Kesseln an¬
legt. Auf der Wahlberginsel in der Hiulopenstraße sah Nordenskiöld
ein Fuchslager auf der Höhe eines Alkeiiberges, das reichlich mit
Vorräten halb verfaulter Alken versehen war, und ein ähnliches am
nördlichen Matotschkin Schar ^). In Nehrings Werk, Tundren und
Steppen, sind auf S. 29 mehrere Stellen von Reisenden angeführt,
aus denen sich ergibt, daß unser Optimist und Philanthrop ein ent¬
schiedener Feind des Waldes ist, und doch finden sich mancherlei
Ausnahmen. Im Journal Geogr. Soc. London (XXII. 1852, S. 119)
wird u. a. erwähnt: Die einzige Ausnahme, wo dieser Fuchs süd¬
wärts bis in den Walddistrikt vorschreitet, findet in Amerika um die
Hudsonbai statt. Das kommt von seiner Gewohnheit her, so viel
als möglich auf der Wanderung nach Süden au der Küste zu bleiben.
So breitet er sich an der Hudsonsbai bis zum 50. Grade aus und
legt in der Waldregion auch Baue au. Das Journal verweist hierbei
auf Richardson 0- Daß er in Asien auch bisweilen im Walde haust,
ergibt sich aus Petermanns Mitteilungen «), und selbst in Europa
muß er die nördliche Hochwaldgrenze überschreiten, wenn er, wie
in Asien bei Turuchausk und Jeuisseisk, im südlichen Schweden, am
Finnischen Meerbusen, ja in Kurland augetroffen wird ’).
OPeterm. 1861, 58; 1874, 261; 1863, 404; 1871, 58. 0 Behm Geom-
Jahrb. IlL, 219, 220, 261. Peterm. Ergänz. No. 21, 97. 98; auch unsei4 Füchse
verzehren unter gewissen ümstänclen ihresgleichen; vgl. Neue Deutsche J-icrd-
Zeitung X., 187; Deutsche Jäger-Zeitung XII., 954, Der Deutsche Jäaer XL 85
NeueDeutsche Jagd-Zeitung X., 146. ^ ’
ä) Dmsegelung I., 127. ') Leslie, Arctic Voyages of A. Ei-ik Nordens¬
kiold 69. *) Fauna borealis amer. 87. “) 1857, 119. 1879 95. i) Mkldeii-
dorff IV., 2., 946.
87
Alfred Brebm hält die geistigen Fähigkeiten des Tieres
keineswegs für gering. Für die sonderbaren Widersprüche in seinem
Wesen, List, Verschlagenheit auf der einen und grossartige Dumni-
dreistigkeit auf der anderen Seite finden wir in den Schriften der
Reisenden jener polaren Gegenden zahlreiche Beispiele, von welchen
ich nur einige hier hervorhebe. Auf Jan Mayen bezeigten sie an¬
fangs keine besondere Furcht vor den Menschen, Junge konnten sogar
leicht gefangen werden, aber übergroß war ihre Zutraulichkeit doch
nicht. Der erwachsene Fuchs stutzt zuerst, befriedigt seine Neu¬
gierde, trabt aber weiter, und die Jungen, welche öfter einen Menschen
gesehen habeu, verkriechen sich später in das erste beste Loch. Die
Gänge unter dem Rasen waren nicht mit solcher Schlauheit angelegt
wie die Reinekes ^). Man hat öfter beobachtet, daß die Lemminge
klugerweise die aufgestellten Fallen meiden, der Eisfuchs aber
läßt sich in ihnen leicht fangen ^). Nordenskiölds Leute fanden einst
zwei Füchse, welche sie für tot hielten und deshalb in die Kiste
des Botanikers steckten. Die überraschten Tiere aber hatten sich
nur tot gestellt, denn, als mau später die Kiste öffnete, waren sie
lebendig, munter und guter Dinge ^). Auf der Tundra östlich der
Kolyma haben die Eisfüchse im Sichtotstelleu ein Gegenstück in
den wilden Gänsen während der Mauserzeit, die sie zeitweise zum
Fliegen untauglich macht. Aufäuglich nützte auch ihnen diese Ver¬
stellung; als jedoch bei den gewitzigten Eingebornen der Ausspruch,
»Ein überflüssiger Schlag schadet nie« seine Wahrheit bewiesen hatte,
da entging kein Tier, das sich tot stellte, mehr dem gewissen Tote ^).
Als ein Zeichen seiner Dummdreistigkeit erzählt Julius Payer jene
Scene im Nachtlager auf einer Herbstschlittenreise, als sein Nachbar-
plötzlich ein Krabbeln und Tasten am Kopfe spürt und draussen
etwas brummen hört. Der Ruf „ein Bär“ weckt die Schläfer, man
macht sich kampffertig und erblickt schließlich einen Eisfuchs ^).
In dem Tierleben auf Novaja Semija wird es als charakteristisch
hervorgehoben, daß nach dem Abzug der Gänse lautlos die ohnehin
spärlichen Landvögel sind, lautlos die noch viel spärlicheren Insekten.
Auch der Eisfuchs läßt sich dort nur in der Nacht hören. Wie
anders aber gestaltet sich das Leben in der Nähe der Alken¬
berge, z. B. an der Wijde Bai der Nordküste Spitzbergens, wo auch
Öster. Polar-Exped. III., 128. Bessels amerik. Nordpol-Exped. 252.
’b Peterm. 1875, 474; tot stellen sich auch die europäischen, vgl. die Stellen
in Carus Gesch. der Zoologie 114. '*) Wrangels Reise II., 145. Peterm.
1871, 130.
88
imser Fuchs am Tage nicht lautlos umherbummelt. lu dem betäu¬
benden Lärm der Myriaden von Vogelkolonien vernimmt man das
Knurren der Alken, das widerliche Girren der Rotjes*, tiefe fast
menschliche Stimmen, heisere Rufe, wehklagende Laute hallen wider
von den Felswänden. Plötzlich erklingt ein neuer und so seltsamer
Ton, daß der Hörer unwillkürlich zusammentährt. Das ist der
Eisfuchs, wenn er mit seinem Schrei die Vogelkolonie begrüßt. Die
alten holländischen Walfischfahrer hielten diesen gellenden Ruf für
den des Teufels, der ihres Vorhabens spottete i). In den Tundren
und Steppen Asiens bemerkt man schon aus weiter Ferne aus dem
Riauugelb der Gesamtfläche oaseugleich grünende Flecken sich her¬
vorheben. Die dort hervorsprießenden Süßgräser lassen sicher darauf
schließen, daß dort Zeltstellen der Eingeborenen waren, daß die Düngung
duich die oft zahlreichen Haustiere eine derartige Vegetation hervor¬
rief. Im hohen Norden stößt der Reisende auf ähnliche, wenn auch
viel kleinere bevorzugtere Vegetationsfleckeu, deren unbewußter Ur¬
heber der Polarfuchs ist. Die größere Wärme des Erdbodens über
dessen Bauten, teils durch die Ventilation der Röhren, teils durch die
Eigenwärme der Tiere hervorgerufeu, und die über und um jene
Stelle abgelagerten Exkremente lassen selbst im abscheulichen Ammo¬
niakdunste die Vegetation kräftiger sich erheben und werden meist zum
Verräter der versteckt lebenden Familie 2). (Schluß folgt.)
Das Triiikwasserverbot für Tiere während der Reise.
Von Dr. A. Seitz.
Mitunter pflanzt sich eine Gewohnheit mit einer bewunderungs¬
würdigen Standhaftigkeit fort, obgleich die meisten, die sie aus¬
üben, längst keinen Grund mehr dafür augeben können. Wenn es
sich dabei um Handlungen dreht, die weder Mensch noch Tier
schädigen, so mag mau sie vielleicht belächeln, aber in Gottes Namen
bestehen lassen. Anders verhält es sich, wenn durch solche Maß-
legeln liere in einer ganz sinnlosen Weise gequält werden.
So besteht noch vielfach, besonders bei sog. Praktikern, die
Ansicht, als schade es den Tieren, wenn ihnen unterwegs auf de^
1) Peterm. 1870, 115; Bessels aber hörte nie im Winter ihre Stimme
sondern erst im Frühjahr, a. a. 0. 345; Peterm. Ergänz. Heft 21 9fi’
‘^) Daselbst 82. ’ ’
89
Heise von ihrer Heiiiuit nach Europa Trinkwasser gereicht würde.
Granz besonders leiden darunter die Papageien, und ich sah viele
sonst schöne und kräftiofe Tiere au den Folgen dieser
Behandlung verenden,
n'
grausamen
Was mit der Aufstellung eines solchen Verbotes den Tieren
zugemntet wird, das kann nur derjenige beurteilen, der selbst Schiffs-
reiseu durch die Tropen mitgemacht hat. Die salzgeschwäugerte,
dabei aber oft unendlich trocken erscheinende Luft steigert im Verein
mit der sengenden Tropensonne den Durst oft bis zur Unerträglich¬
keit, und es ist eine bekannte Thatsache, daß Schiffbrüchige, denen
das Wasser ausgegangen war, auf See wahnsinnig wurden.
Oftmals habe ich Tiere gesehen, die ihrem Gebaren nach sich
in einem ähnlichen Zustande befinden mochten und schließlich — wie
dies nicht anders zu erwarten war — elend zu Grunde gingen.
Dagegen erreichten Hunderte von Papageien gesund die Heimat,
wenn ein mitleidiger Matrose den Transport leitete, der den brennenden
Durst seiner Pfleglinge ebenso gewissenhaft mit einigen Tropfen
Wassers stillte, wie den seinen mit einem Schnaps.
Noch vor wenigen Wochen, als ich mit dem deutschen Schiff
»Stuttgart« aus Ostasien zurückkehrte, befanden sich an Bord dieses
Schiffes vier japanische Wildschweine, die, wenn ich mich recht er¬
innere, an den zoologischen Garten in Hamburg adressiert waren. Da
dieselben Nachbarn zweier dem Schreiber dieser Zeilen zugehörigen
Viverrenhunde waren, so wurden sie selbstverständlich täglich besucht
und beobachtet.
Während der kalten Januarreise durch das chinesiche Meer be¬
fanden sie sich ganz wohl, sobald aber die indische Hitze einsetzte,
wurden die anfangs so bissigen Tiere merkwürdig zahm, verloren
den Appetit und lagen schließlich wie gemästete Schweine schwer¬
atmend auf der Seite. Ich teilte darauf dem mit der Pflege ver¬
trauten Schitfsangestellten mit, daß er sich einer Tierquälerei schuldig
mache und daß die Tiere unfehlbar zu Grunde gehen würden, wenn
ihnen dauernd bei einer solchen Temperatur und der trockenen Kost
das Wasser entzogen werde. Der Mann entschuldigte sich darauf
damit, daß er striktes Verbot vom Absender habe, den Tieren unter¬
wegs Wasser zu reichen ; daß diese »Ladung« seien, also nach
Wunsch des Eigentümers behandelt werden müßten, und daß er
jeden, der den armen Tieren Wasser vorsetzen wolle, daran ver¬
hindern müsse, wenn er seine Pflicht nicht verletzen wolle,
— 90 —
Wichtige Arbeiten, sowie auch der Widerwille, als iiuthätiger
Augenzeuge eiuer solchen dauernden Tierquälerei mit beizuwohueu,
verhinderten mich, das Schicksal der Tiere bis aus Ende zu ver¬
folgen; zwei der Tiere waren iu den Tropen bald gestorben, und ich
behaupte, daß unter solchen Umständen kein einziges heil seinen
Bestimmungsort erreicht haben kann.
Dem gegenüber möchte ich hier meine Erfahrungen mitteilen,
die ich im gegenteiligen Falle machte, wo nämlich die Tiere ge¬
tränkt wurden.
Auf zahlreichen meiner Reisen nahmen die Schifie unterwegs
Schweine ein, die zwar nicht wild, aber vielfach doch so gut wie
wild waren. Obwohl diese Tiere durch das Einsperren in den Schweine¬
stall eine fast ebenso große Änderung ihrer seitherigen Lebensweise
erfuhren wie Wildschweine, so befanden sie sich bis zu ihrem Ende
meist iu ungetrübtem Wohlsein.
Viele Schilfsangestellte halten sieh zur Unterhaltung selbst Papa¬
geien, und nicht zum wenigsten den doch recht empfindlichen Grau¬
papagei. Auch diese, obwohl stets mit Wasser versehen, halten
vortrefflich aus und leben oft länger als die an Land mit Auf¬
merksamkeit gepflegten Tiere, wiewohl sie mehrmals im Jahr einem
sehr gefährlichen Klimawechsel, sowie den zahlreichen, durch mangel-
hafte Heizung, Änderung des Futters und sonstigen durch Unbe-
cjuemlichkeiteu des Schilfsaufeuthaltes bedingten Schädlichkeiten aus¬
gesetzt waren.
Diese wenigen Worte mögen genügen, uns zu zeigen, wie oft
durch Unverständigkeit und durch die Unbekanntschaft mit den ein¬
fachsten physiologischen Vorgängen des tierischen Organismus selbst
zähe und widerstandsfähige Tiere gequält und vernichtet und die
Eigentümer geschädigt werden.
Geschäftsbericht über den zoologischen Garten zu Hannover
für 1890—91.
Mit Vergnügen können wir berichten, daß das Publikum unsere Bemü¬
hung für Hebung und Verschönerung des Gartens durch fortgesetzten guten
Besuch anerkennt. Ungeachtet des schlechten Wetters im letzten Sommer und
der andauernden Kälte, im Winter ist die Einnahme aus Dauerkarten und
Tageskasse nur wenig hinter der des Jahres 1889/90 zurückgeblieben. Wäre
das Jahr 1889/90 nicht durch die hohen Einnahmen, welche die Kaisertage
mit sich brachten, begünstigt gewesen, so konnten wir auch im letzten Jahre,
91
Einnahme verzeichnen.
Die laufenden Ausgaben haben sich durch weitere Steigerung der Löhne,
Futterkosten u. s. w. wieder erhöht.
Die Tierverluste sind trotz des strengen Winters in mäßigen Grenzen
geblieben und betreffen meistens Tiere, die infolge ihres Alters dem Einflüße
der Witterung nicht mehr widerstehen konnten. Geschenke an Tieren haben
wir in diesem Jahre leider sehr wenige zu verzeichnen. Im Garten geboren
wurden u. A.: Ein Pavian, eine Antilope, ein Guanaco, ein Lama, ein Sambur-
Hirsch und ein Shetland-Pony.
Da der Raum für das Nilpferd zu klein geworden war, sahen wir uns
genötigt, an das Elefantenhaus einen Anbau zu machen, welcher seinem
Zwecke entspricht und dem Garten zu einer weiteren Zierde gereicht.
Zur Beseitigung der Abwässer aus der Restauration haben wir durch Ver¬
handlungen mit dem Magistrat Anschluß an das städtische Kanalnetz erhalten,
wodurch viel beklagte Übelstände für den Garten beseitigt sind.
Für das baufällig und zu klein gewordene Kamelhaus beabsichtigen wir
einen Neubau aufzuführen, welcher den gesteigerten Ansprüchen in jeder Weise
genügen soll.
Gewinn- und Verlust-Conto am 31. März 1891.
Debet.
An ßetriebs-Conto :
Insgemein und allgemeine Unkosten
Ausgabe .
Einnahme .
M. 6106.07
» 2254.46
M. Pf.
M. Pf
Reparaturen .
Eingelöste Aktien-Coupons (für Dauerkarten verwertet)
Zinsen .
Gehalt, Löhne etc .
Musikunkosten. . . . .
Kohlen, Coakes und Torf .
Bekleidung der Wärter .
Illuminationsunkosten .
Gerätschaften .
Wasserverbrauch .
Invaliditäts-Conto .
Tierverluste . •
3851.61
15,889.11
5955.—
1992.87
25,876.70
13,967.25
3080.58
531.88
420.76
109.20
2003.33
34.85
7660.50
81,373.64
» Futter-Conto:
Gesamt- Verbrauch .
36,679.69
» Abschreibungen:
auf Bauten-Conto
» Inventar-Conto
» Nutzholz-Conto
» Tier-Conto. .
11,172.15
826.53
512.31
5165.13
17,676.12
135,729,45
1
— 92 -
Per Dauerkarten . 63,119. —
» Tageseiuahuien . 64,610.45
» Pacht . 8000.—
135729.45
K 0 1 r e s p 0 n (1 e II z e ii.
Konstanz, im Februar 1892.
Das Gebläse meines Dnrchlüftuu gsapparates. Im Heft Nr.
10 — 12, XXXII Jahrgang 1891 dieser Zeitschrift habe ich bei der Beschreibung
des Gebläses erwähnt, daß, wenn der Raum zwischen den Röhren a und b zu
weit sein sollte, es nötig sei, entweder ein Stanniolröhrchen oder ein Stückchen
dünnen Gummischlauch zu verwenden, um den Zwischenraum zu verengen.
Weit einfacher ist es aber, die Luft aufsaugende Glasröhre b nach unten
zu verengern. Nachdem man eine Glasröhre von entsprechender Weite über
der Spiritusflamme an einem Ende auseinander gezogen hat, sodaß sie in eine
feine Spitze endigt, so mache man, nachdem die erforderliche Länge der Röhre
gemessen worden ist, auf gleiche Weise eine möglichst gerade Spitze an der ent¬
gegengesetzten Seite der Röhre b. Letztere Spitze läßt sich auf einer breiten,
mit Wasser benetzten Feile, welche auf einem Tische liegt, mit Leichtigkeit
so weit abschleifen, daß die Röhre a knapp hineingeschoben werden kann. In
längstens einer Viertelstunde ist die gesamte Arbeit verrichtet. Sollte die
Öffnung etwas zu weit gefeilt sein, so kann mit flüssigem Wachs, indem man
die Glasröhre über die Spiritusflamme hält, die Öffnung verengt werden.
Dadurch wird es statthaft, Glasröhren zu verwenden, die sonst wegen
ihres großen Durchmessers nicht zu gebrauchen wären, da es schwer oder ganz
unmöglich ist, von Glashandlungen in kleineren Städten vollkommen zu einander
passende Weiten zu erhalten.
D r. Emil Buck.
Frankfurt a. M. im Februar 1892.
Insekten auf See. Der Nordseelotse Herr Lemmel erzählte mir fol¬
gendes: Am 4. Oktober 1891 kreuzten wir in der Nordsee. Es war außergewöhn¬
lich heiß für die Jahreszeit, kein Luftzug, eine »kolossale Schwüle«°wie an
heißen Sommertagen. Den ganzen Tag über war der Lotsenschouer wie
übersät mit L liegen, die erst wiedör abnahmen, als nachmittags nach 5
Uhr eine leichte Brise aus SO. eiusetzte. An den vorhergehenden Tagen war
fast nichts von Fliegen zu sehen.
Ich knüpfe hieran folgendes: In Ostpreußen gibt es Tage, an denen
sich längs des Ostseestrandes eine endlose braune, krabbelnde Linie hinzieht.
Es sind dies regelmäßig solche Tage, an denen ein leichter Wind von der See
zum Lande oder gar keiner weht, nachdem vorher mehrere Tage Landwinde
geweht haben. Mit den Landwinden sind zahllose Kerfe auf die See getrieben
die nun wieder dem Lande zugetrieben, entlang des Stiandes am äußersten
98
Saum der brandenden Wellen ein breites Band bilden. Der angespülte Detritus,
meist trockene Schilfstückchen und Tang, wimmelt buchstäblich von Käfern und
anderen Insekten. Die Käfer sind fast alle lebend, auch viele Tlymenopteren,
während die Dipteren großenteils tot sind. An solchen Tagen können Sammler
reiche Ernte halten und zuweilen die seltensten Arten in Mengen erlangen,
doch sind derlei Tage nicht eben häufig. Bei einer solchen Gelegenheit fing ich
vor Jahren am (16. Mai) den seltenen Aphoclius Inpiinctatus (Fahr.) und viele
andere Seltenheiten.
Ganz dieselben Erscheinungen beobachtete seiner Zeit Rad d e am Baikal-
See. Es liegt auf der Hand, daß unruhige Meere mit Ebbe und Flut nicht
dieselben Erscheinungen zeigen, wie Binnenmeere und Landseen.
Ernst Martert.
Hamburg, im Februar, 1892.
Ein auf dem atlantischen Ocean gefangener grönländischer Edelfalk,
Falco (Hierofalco) candiccms Gm. wurde unserem Hamburger Zoologischen
Garten von dem Führer des zur Rhederei der Hamburg- Amerikanischen
Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft« gehörenden Dampfschiffes »Venetia«, Herrn
Capt. G. Reeßing, vor kurzem zum Geschenk gemacht. Herr Reeßing hat mir
in Bezug auf den Fang mitgeteilt, daß der Vogel, ein sehr schön ausgefärbtes,
altes Tier, zuerst unter 49° NB. und 20" WL. Greenwich vom Schiff aus gesehen
wurde; im Laufg des Tages setzte er sich dann auf die Marsraa und wurde
nach Eintritt der Dunkelheit ergriffen. Der angegebene Ort ist von dem
nächsten Punkt der irländischen Küste etwa 500 Seemeilen (937,5 km), von den
Färöer etwa 900 Seemeilen (1687,5 km), vom Kap Farewell, der Südspitze Grön¬
lands, 1000 Seemeilen (1875 km) und von der Labradork üste etwa 1300 Seemeilen
(2437,5 km) entfernt. »Wir hatten«, schreibt Capt. Reeßing, »zur Zeit nur
mäßigen Nordwind, dem Seegang nach zu urteilen mußte höher im Norden
aber ein starker Sturmwind nördlicher Richtung geweht haben. Vögel werden
bei solchen Gelegenheiten häufig von den Küsten abgetrieben und nach See
verschlagen«.
Falco candicans Gm. lebt nur in Grönland und Labrador, (Catal. of the
Birds in the British Museum, 1. S. 413. 1874), unser Vogel muß also durch
eine Strecke von 1875 oder gar 2400 km teils selbständig geflogen, teils passiv
vom Winde getragen worden sein: es ist dabei immerhin möglich, daß er
unterwegs hin und wieder Gelegenheit gehabt hat, sich auf vorüberfahrenden
Schiffen auszuruhen; ob er aber, ehe er auf der »Venetia« gefangen und dort
verpflegt wurde, irgendwo Nahrung gefunden hat, ist sehr zu bezweifeln. — Der
bekannte Jagdfalk Heinrichs II., der in 24 Stunden in der Luftlinie von Fontaine¬
bleau bis Malta flog, eine Strecke von etwa 1600 km, legte in der Stunde, wenn
man den geraden Weg rechnet, 66 km zurück. Bei gleicher Fluggeschwindigkeit
würde unser Grönlandfalk, wenn er geraden Weges von Labrador oder Grönland
bis zur »Venetia« geflogen wäre und man die Wirkung des Windes nicht rechnet,
l)ezw. 28 oder 36 Stunden von der amerikanischen Küste bis zur Marsraa unseres
New-York-Fahrers gebraucht haben. Eine wieviel längere Zeit mag der Wirk¬
lichkeit entsprechen ! — Unser Vogel ist ganz auffallend zahm; die Not wird ihn
dem Umgang mit Menschen leicht zugänglich gemacht haben.
Bola 11.
94
Kleinere Mitteilungen.
Der Puma, Felis concolor L., besitzt uach den Mitteilungen von F. W.
-1- r u e in den Schriften der Smithsonian Institution in hohem Grade das Ver¬
mögen, sich den verschiedensten Verhältnissen anzupassen. Er erträgt strenge
Kälte während des Winters in den Adirondack-Bergen und anderen Gegenden
an den Nordgrenzen der Vereinigten Staaten, wo er seine Beute in dem Schnee
verfolgt, er ist ebenso zu Hause in den heißen Sumpfniederungen und Rohr¬
brüchen längs der I lußläufe in den Südstaaten ; in Südamerika bewohnt er
die baumlosen Giasebenen^ die Pampas, sowohl wie die W^älder j in den Rocky
Mountains steigt er bis zu den Höhen, in welchen die wilden Schafe hausen.
Livingstone Stone sah die Sjruren des amerikanischen Löwen auf dem
Gipfel des Berges Persephone in Kalifornien in der Höhe von 3000 Fuß und
Darwin bemerkte seine Fußtapfen in den Cordilleren von Central Chili in
der Höhe von fast 10,000 Fuß; ebenso kommt er nach Tschudi in Peru in
den höchstgelegenen Wäldern selbst bis zur Schneelinie vor.
Nature 10. März 1892. (N.)
Eine neue Antilopen-Art, Buhalis Sioaynii, Sclater, ist aus dein
Somaliland, dem für Jäger vielversprechenden Gebiete, von Kapitän H. G. Swayne
mrtgebracht und von dem Sekretär der Londoner Zoologischen Gesellschaft
Mr. Sclater dem Besitzer zu Ehren benannt worden. Kopf und Hörner wurden
in einer Sitzung dieser Gesellschaft vorgezeigt. Doch waren schon vorher durch
.1. W. H. Clarke und seine Reisegefährten einige Köpfe dieser Antilope heim- .
gibiacht und als der Tora-Antilope, Alceldphus tovci, zugehörig anoeseheu
worden, der die neue Art sehr gleicht. Das Weibchen der Sw'aynes-Antilope
hat eine helle Zeichnung zwischen den Augen, einer Brille ähnlich, etwa in
der Art, wie sie Hunters Antilope, Alcelaphus Hunteri, aufweist;
The Field 26. März 1892 (N.)
Wissenschaftlicher Kongreß. Im August dieses Jahres werden in
Moskau internationale Kongresse für prähistorische Archäologie, Anthropologie
uud Zoologie tagen. Bis jetzt konnte das Örganisationskomite über 100 Zusagen
von Teilnehmern verzeichnen. Wissenschaftliche Arbeiten und Fragen Helen
bereits in großer Zahl ein, und erstere werden im Bulletin, das etwa in 4 Bänden
während der Kongres.se erscheint, abgedruckt. Eine reiche Beteiligung auch des
Auslandes an diesen Versammlungen ist sehr erwünscht.
C. Greve, Mitglied des Organisationskomitees.
Die Schwarzamsel, Turdus merida, im mittleren Livland. »Dieser
in diesem Gebiete noch immer seltene und nur sporadisch vorkommende Vogel
scheint sehr langsam, aber stetig sich ausbreiten zu wollen. 1889 fand ich"iii
einsamer WaldwiJdnis unter Hoineln wieder eine neue Stätte seines Hausens, an
welcher er früher nicht gefunden worden war. Mir sind bisher neun Örtlichkeiten
in Livland bekannt geworden, an denen die Amsel Brutvogel wurde. Eigentümlich
ist bei diesen »vorgerückten Posten«, daß sie sehr scheu .sind, so scheu, daß es
schwer halten würde, sie zu schießen, während sie in Deutschland furchtlos
Gärten uud Parkaulagen bewohnen und auf freiem Rasen hockend Menschen
bis auf zehn Schritte sich nähern lassen. Auch bei Störchen fand ich in Livland
scheueres Wesen als in Deutschland, aber durchaus doch nicht derart verschieden
wie bei der Amsel. Es wäre hochinteressant, in dieser Richtung genaue Nach¬
forschungen zu machen, wie weit Scheuheit vom Centrum der geographischen
Verbreitung aus allmählich zunimmt.«
0. V. Löwis (Ornith. Monatsschrift d. deutschen Vereins
z. Schutze der Vogelwelt. XVII, 1892. S. 133).
Über das Blumeneintragen des Stares, worüber zuletzt in
vorigem Jahrgange S. 152 berichtet wurde, hat auch der verstorbene Pfarrer
Jäckel Beobachtungen gemacht. Er schreibt darüber (Systematische Über¬
sicht der Vögel Bayerns, S. 149): »In meinen Gärten bemerkte ich öfter, daß
die Stare gefüllte Leberblümchen und Hyazinthenblüten, Blütenbüschel von
Reineclaudebäumen, Blätter von Birnbäumen und allerlei Grünes abrissen und
in die Kobel trugen. Es geschah dies einmal am 9 Api-il zur Zeit des Nest¬
baues, dann Anfang und Mitte Mai, wo die Weibchen brüteten und beziehungs¬
weise Junge im Neste saßen, und endlich am 29. Mai, an welchem Tage ein
Starenmännchen, dessen Junge wenige Tage zuvor ausgeflogen waren, von
einer Geraniengruppe Blätter abriß und in die verlassene Brutstätte trug. Von
dem Blumenbeete verscheucht, holte er junges Laub von einem Apfelbaum und
trug es zu Nest.« N.
Eine Henne hatte nach der Mitteilung von Prof, von Dalla Tor re in
Innsbruck ein 5 Gramm-G e wicht verschluckt und ungefähr ein Jahr lang
im Magen getragen. Alsdann betrug das Gewicht noch 3,8 gr., somit der
Verlust an Gewicht infolge mechanischer Abreibung und vielleicht auch
chemischer Anätzung 1,2 gr.
Berichte des naturw.-mediz. Vereins in Innsbruck, 19. Jahrg. 1891.
Größe der Wanderratte. Daß die Wanderratte mitunter eine beträcht¬
liche Größe erreicht, bewies mir ein Exemplar, welches von meinem Pintscher,
und zwar an einem Wassergraben in der Umgegend von Antwerpen gefangen
wurde. Diese Ratte batte eine Gesamtlänge von 47 cm, wovon auf den
Schwanz nur 18, mithin auf den übrigen Körper 29 cm kamen. Sie war also
etwa 5 cm (ihre Kopflänge) größer als Wanderratten gewöhnlich zu werden
pflegen. Ö. Edm. Eiffe.
Fuchs-Bastard. Im Sommer 1886 sah ich auf einem Bauernhöfe in
Collow i. Lauenburg einen weiblichen Fuchsbastard, welcher von einer Schäfer¬
hündin und einem wildlebenden Fuchse abstammte. Der Bastard hatte die
Größe, Gestalt und Behaarung des Fuchses; jedoch war die Färbung nicht fuchs¬
rot, sondern wolfsartig, wie Schäferhunde häufig gefärbt zu sein pflegen. Der
Bastard hatte zu jener Zeit Junge, und zwar von einem Haushunde, und waren
die Jungen schwarz gefärbt. Es geht hieraus hervor, daß auch Euch sbastard e
bei der Anpaarung fruchtbar sind. In hiesiger Gegend tragen viele Schäfer
blinde ein fuchsartiges Gepräge, so daß man den Aussagen mancher Leute, die
Bauernbänden ihre hitzigen Schäferhündinnen im Walde an, um sie vom Fuchse
belegen zu lassen und dadurch besonders wachsame, lebhafte Hunde zu er¬
halten, wohl Glauben schenken darf. 0. Edm. Eiffe.
96
L i 1 1 e r a t u r.
Das Leben der europäischen Kuckucke. Nebst Beiträgen zur Lebens¬
kunde der übrigen parasitischen Kuckucke und Stärlinge. Von Dr. A. C.
E. Baldinus. Mit 8 Farbendrucktafeln, Berlin, Paul Parey. 1892. gr.
8« 224 Seiten. M. 10.
Es ist eine sehr verdienstliche Arbeit, das Leben des europäischen Kuckucks,
sowie das seiner Verwandten nach dem heutigen Stande der Kenntnisse über¬
sichtlich und kritisch zusammen zu stellen, um so mehr, wenn der Verfasser,
wie in vorliegendem Falle, selbst 72 Jahre hindurch zahlreiche Beobac htuno-en
C?
über den Kuckuck gemacht hat. Daß damit keineswegs alle Fragen über den
so gemeinen und doch so rätselhaften Vogel beantwortet sein können, gibt der
Verf. gern zu. Ist es doch immer nur der »goldene Zufall«, keineswegs aber
die ])lanmäßige oder gar experimentelle Forschung, von denen die Beobachtung
des Gauches abhängt, und damit ist den Mutmaßungen, Schlußfolgerungen und
Streitfragen noch auf lange Zeit hinaus das Thor geöffnet. Ein Vogel, der von
den Küsten des atlantischen bis zu denen des großen Oceans, vom 11. bis 69°
n. Br., vom Spiegel des Meeres bis nahe an die Grenze des ewigen Schnees
(selbst im Himalaja) die alte \Velt bewohnt, muß in vielen Beziehungen der
Anpassung unterliegen, und dies ist bei dem Kuckucke nicht nur hinsichtlich
des Wohnortes, sondern auch der Nahrung und der Färbung seiner Eier der
Fall, ja selbst betreffs seiner äußeren Erscheinung, wie denn mehrfache »lokale«
aber nicht wohl abzutrenneude »Arten« bekannt sind. Das wird — auch dieser
Schluß ist gestattet — auch sicher bezüglich seiner Gewohnheiten zutreffen,
und es fragt sich sehr, ob der Kuckuck der pjrenäischen Halbinsel genau die
gleiche Lebensweise führt wie der auf den japanischen Inseln, der im Himalaja
wie der in den skandinavischen Gebirgen. Sind doch von seinen 134 nächsten
Verwandten merkwürdige Fälle abändernder Gewohnheiten bekannt; von einigen
weiß man ja bestimmt, daß sie ihre Eier teils selbst bebrüten, teils fremden
Nestern anvertrauen. Was wir von unserem Cuculus ca/iorus genaueres wissen,
das ist nach dem vorliegenden Buche vorzugsweise den Bemühungen deutscher
und englischer Ornithologen zu verdanken. Hoffen wir, daß man auch in an¬
deren Ländern bald ebenso genaue Beobachtungen machen möge wie auf dem
l)eschränkten deutschen Gebiete.
Mit großem Interesse haben wir die nach allen Seiten hin gründliche
Arbeit von Dr. Baldamus durchgele''.en und empfehlen sie allen, die sich für die
Lebensgeschichte des seltsamen Vogels interessieren, auf das Angelegentlichste.
_ _ _ _ _ _ N. _
Eingegangene Beiträge,
A. S. in G. — C. G. in M. {Rußland.) — H. B. in H. Besten Dank für die i’berarbeitiino'
des Berichtes. - K. II. in Fr. — R. (J. in M. Dank für die Zusendungen. — P. S. in \r
( l'uiiis). Besten Dank liir die hochinteressante Mitteilung. — C. J. F. M. in Fl. (Italien) Die
Arbeit wird gern aufgenomnien. - K. B. in C. Beste Grube. — .1. R. in G. ^
Bücher und Zeitschriften.
Breil in 8 Ti erleben. 3. Auflage. Die Kriechtiere und lairche, ncubearbeitet von Prof
Dr. 0. Böttger u. Prof. Dr. P e ch u e 1 - B o e sch e. Mit 167 Abbild., 1 Karte n 16 Taf
Leipzig u. Wien. Bibliographisches Institut. 18!»w.
Nachdruck verboten.
Priick von Mahlan & Waldsclimidt. Frankfurt a. M
JUL 11 1892
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutsclilands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N.. 4. XXXIII. Jahrgang, April 1893.
I 11 1i a 1 1.
Mitteilnng über die Felsentaube (Cohimha liviu)\ von Paul Spatz in Monastir. Das
Ilaselbubn in Livland; von Oskar von Löwis. Fortsetzung, — Der Polarfudis (Onu.s
hioopus) ; von Bernhard Langkavel, Hamburg. Scliluß. — Der llohrsänger der frank¬
furter Promenaden und Wallgiirten ; von Prof. Di', ü. Boettger. — .Tahresbericbt über den
zoologiscdieu Garten in Hambui'g 1891. — Litteratur. — Hüclier und Zeit.schrilteu.
Mitteilung über die Felsentaube {Columba Uvia).
Von Paul Spatz in Monastir.
In »Brelinis Tierleben III. Auflage« stehen unter anderen über
die Felsentaube folgende Angaben: »Man nimmt an, daß die Felsen-
taube mindestens zweimal per Jahr niste« und weiterhin: »Mit Be¬
ginn des Frühlings ruckst der Tauber sehr eifrig, zeigt sich den
anderen gegenüber sehr zänkisch und erkämpft sich, nicht immer
ohne Mühe, sein Weibchen.«
Hier in Tunis wird die Felsentaube eifrigst gejagt und ebenso
von Arabern gefangen, welche sie nachts in ihrer nnterirdisclien
Behausung aufsnclien ; die letztere befindet sich (hier an der Küste)
fast ausschließlich in alten Brunnen. Diese zahlreichen Nach¬
stellungen machten es mir nnwabrsclieinlicli, daß die Felsentaube
bei mir zweimaliger Brnt im Jahre sicli in so verhältnismäßig
uroßer Anzahl dauernd halten könne. Damm entschloß ich mich, das
hortjiflanznngsgeschäft genauer zu boohacliten, wozu mir der seit
mehreren Monaten, freilich mit wechselndem Glücke, betriebene Fang
Gelegenheit bieten sollte.
Ganz in der Nähe von Monastir zieht sich ein niedriger Berg¬
rücken der Meeresküste folgend lang bin, in welchem vor vielen
Zooloj?. Gart. Jahrg. XXXIIT, 1892. 7
98
Jahren eine große Anzahl von Brunnen gebohrt wurde. Diese, circa
25 — 30 m tief, gehen durch das Gestein hindurch und erreiclien die
unter letzterem gelegene, wasserführende Erdschicht. Sie sind schon
lange außer Gebrauch und enthalten entweder stehendes, faules Was¬
ser oder sind gänzlich trocken, zumal da, wo nachstürzendes Erdreich
die Wasserader verschüttet hat. Diesen Brunnen kommt eiue eigene
Vogelwelt zu, welche sich aus Sperlingen und Eiufarbsta°reu,
Schleiereulen und Turmfalken und endlich den Felsentauben zusammen-
setzt. Die Vögel leben friedlich neben- oder richtiger übereinander.
Im Laufe der Zeiten sind in dem oberen Teile des Brunnens viele
Löcher und Risse verschiedenster Größe entstanden; Sperlinge und
Stare haben die kleineren in Besitz genommen, während Falke und
Eule die größeren mit Beschlag belegten. Sonderbarerweise scheinen
die letzteren den Hausfrieden nicht zu stören, denn soviel ich auch
ihre Behausungen untersuchte, gelang es mir nie in denselben
Federn oder Flügel von Tauben, Staren und Sperlingen aufzufinden,
wohl aber Schwänze einer Art Springmaus {Dipus alactaga).
Während die genannten Vogelarten ausschließlich den oberen
Abschnitt des Brunnens bewohnen, bildet der untere das Revier der
Tauben. Durch das erwähnte Nachrutschen des Erdreiches sind hier
Höhlungen entstanden, die dem Besucher dieser unterirdischen
Taubenschläge einen wunderbaren Eindruck machen ; schwebt doch
dem Untenstehenden die ganze Brunnenröhre über dem Kopfe, der
einzige Weg, durch welchen Licht herabgelaugen kann. Hier iinten
unmittelbar über dem Wasserspiegel resp. Boden nisten die Felsen¬
tauben. Ehe ich mich indessen zur Beschreibung des Fanges wende,
möchte ich die auf das Fortpflanzuugsgeschäft bezüglichen Daten
voraussenden, die ich bei dieser Gelegenheit erlaimte*
Tag.
23. Xll. 91. 2 Junge von ca. 14 Tagen; im Zimmer mit Art¬
genossen aufgezogen, wurden ebenso scheu, wie diese,
h 4 bereits flü^^ge Junge gefangen.
4. 11. 92. ein Junges mit gelbem Flaum am Kopfe.
9. 11. 92. 2 Eier gefunden, stark bebrütet und bereits von innen
angepickt. Versuch des Ausblasens mißlang bei dem
einen. Das andere, einer brütenden Haustaube unter¬
gelegt, ergab ein Junges, trotzdem das Ei circa
18 Stunden kalt gelegen hatte.
An demselben Tage wurden in einem anderen
Brunnen 5 wenig angebrütete Eier des Turmfalken,
99
11. II. 92.
13. II. 92.
15. n. 92.
29. IV. 87.
EucIhIV. 91.
Falco timmnaihis , gefüiulen. Dio Alten wurden am
Neste gefangen, so daß kein Zweifel über die Art der
Eier bestehen kann. (Ein seltenes Vorkommnis, da der
Falke sonst doch erst im April zu brüten pflegt).
2 seit höchstens 24 Stunden ausgekoramene Junge.
2 ganz frische Eier und ein altes, verlassenes.
2 etwas angebrütete Eier.
ein Ei, gefunden von Dr. A. König in ilonn (»Avi¬
fauna von Tunis«).
2 Eier; gefunden in den Ruinen des Amphitheaters
zu El Djem, zusammen mit Herrn Dr. A. König.
Die am 23. XII. 91 gefundenen halbflüggen und die im Januar 92
frefaimenen flü<i:o:en Juiigen dürften in der zweiten Hälfte des
November gelegt sein, während die Eier vom 9. H. 92 und die
Juuoen vom 11. H. 92 in der zweiten Hälfte des Januar gelegt
sind. Die Legezeit der am 13. II. und 15. H. gefundenen gehört
dem Februar an. Es ergeben sich daraus zwei Legeperioden :
November-Dezember und Januar-Februar. Außerdem wurden indessen
auch im April Eier gefunden. Hieraus läßt sich weiterhin folgern,
daß die Tauben während des Winters in Zwischenräumen von circa
6 — 8 Wochen legen. Über das Vorkommen von Eiern während des
Sommers kann ich einstweilen bestimmte Angaben nicht machen,
doch darf man wohl annehmen, daß die Tauben in gleichen
Zwischenräumen auch in dieser Zeit weiterlegen ; es würde dies dem
Verhalten der Haustauben entsprechen. Ein Versuch, diese An¬
nahme an Felseutauben in der Gefangenschaft zu bestätigen, schlug
fehl, denn obgleich den Tauben bei mir ein großes Zimmer einge¬
räumt ist, in welchem Nistplätze und Material reichlich zur Ver¬
fügung stehen, hat sich von der ganzen Menge noch kein Paar
zum Legen und Brüten entschlossen. Dieses negative Ergebnis er¬
laubt freilich andererseits keinen Schluß auf das Verhalten der Fels¬
tauben in voller Freiheit.
Immerhin möchte ich die zweite aus Brehms Tierleben angeführte
Angabe auf eine sommerliche Legeperiode beziehen. Vielleicht er¬
lauben mir spätere Beobachtungen den sicheren Nachweis zu er-
brino-en, daß die Felsentaube in der Freiheit ebenso wie die Haustaube
das ganze Jahr hindurch legt und brütet.
Von den eingangs erwähnten Jagdmethoden ist die zweite bei
weitem erfolgreicher. Die Furchtsamkeit der Tauben erlaubt es
nicht, ihnen an der Oberwelt mit Flinte oder Fangapparaten beizu-
100
kommen, und nur durch Zufall werden einzelne erlegt. Man ent¬
schließt sich daher meistens, dieselben in den Brunnen aufzusnchen.
Noch voi Sonnenaufgang finden sich die eingeborenen Jäger ein
und versuchen durch große Steine, die in den Brunnen geworfen
laut klatschend und dröhnend aufschlagen, die Tauben herauszu¬
scheuchen. Es bleibt dies freilich oft ein vergebliches Bemühen,
denn die Tauben kümmern sich kaum um den erfahrungsmäßig
blinden Lärm; selbst ein in den Brunnen abgefeuerter Schuß bleibt
ohne Wirkung, Andere Jäger fangen die Sache schlauer an oder
wollen es wenigstens thun. Sie bringen sich eine Glocke oder Kette
mit und lassen diese meist in Gesellschaft einer Jacke oder eines
anderen entbehrlichen Kleidungsstückes an einem langen Stricke in
den Brunnen hinab und bringen erstere durch hin- und herschleudern
zum läuten resp. rasseln. Diese Mittel scheuchen hin und wieder
lauben auf, und wenn sich von diesen manchmal eine als
schwieriges Zielobjekt bietet, so sind es meist nur jüngere Tiere,
die den Brunnen verlassen, um schleunigst hinter den umgebenden
Johannisbrot- und Oliveubäumen zu verschwinden. Ältere Tauben
fliegen wohl in dem Brunnen selbst herum, lassen sich aber wie ein
Stein in die Tiefe fallen, um fester als zuvor zu sitzen, sobald sie
den oben stehenden und im Schweiße seines Angesichts Glocke oder
Kette schwingenden Mann erblicken. Mit ebenso zweifelhaftem Er¬
folge haben wir brennende Reisigbündel, in denen zum Überflüsse
noch Schwärmer und Frösche stecken, herabgelassen. Aber der
arabische Jäger ist ausdauernd; wenn auch ein schlechter Fluo--
schütze, so kommt er um so beharrlicher au den Bruuneu. Was er
heute nicht erreicht, versucht er morgen oder übermorgen und noch
später, bis er endlich doch eine oder die andere Taube erbeutet.
Gefährlicher sind den Felseutauben die beherzten Araber, die sich
nachts in die Brunnen hiuablassen, doch gibt es ihrer zum Glücke
nur wenige, sonst wären die Vögel bald ausgerottet. Sobald näm¬
lich der Betreffende in den Brunnen gelaugt ist, wird die Öffnung des
letzteren mit einem großen Tuche bedeckt, so daß darunter absolute
Finsternis herrscht. Am Boden angelaugt steckt der Jäger irgend
etwas Laterueuähuliches an und schlägt auf die ihn umflatternden
geblendeten Tiere los, bis auch die letzten erlegt sind. Die Tauben
denken nicht daran, sich durch Hochfliegen vor dem totbriiio-enden
Knüppel zu retten, da sie über sich die völlige Finsternis sehen
Nun werden die Erschlagenen zusammengelesen und ihnen an der
Oberwelt feierlichst »bismillah« (im Namen Allahs) die Kehle durch-
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schnitten, wobei der Ausfnlirende sich stets nach Osten wendet. Ob
die Tauben dabei schon tot sind oder nicht, ist gleich, denn der
Koran verbietet den Gläubigen aufs strengste ein Tier zu essen,
dein nicht die Kehle durchschnitten wurde, behufs Auslauten des
Blutes ; jedes auf andere Weise getötete Tier ist »djifa« (Aas) und
unrein.
In ähnlicher Weise wird das Lebenclfaugeu betrieben, nur
wird statt des Tuches ein sog. Spiegelnetz über den Brunnen ge¬
spannt, so daß die, besonders in mondhellen Nächten, das Licht oben
sehenden Tauben sich beim Versuche des Ausfliegeus in dasselbe
verwickeln. Dem unten im Brunnen Befindlichen fällt die Aufgabe
zu, so viele als möglich mit den Händen zu greifen, wobei es freilich
oft vorkommt, daß er statt der Taube nur deren Schwanz in der
Hand behält. Wird der Fang bei Tage betrieben, so geschieht es
leicht, daß die Tauben das Netz über sich sehen. Sie fliegen dann
nicht ganz so hoch, sondern setzen sich an die Brunnen wand
unterhalb des Netzes. Wird dann der unten befindliche Fänger
heraufgezogen, so fliegen sie nicht etwa höher, sondern an demselben
vorbei in die Tiefe; davon lassen sie sich weder durch Schreien
noch Umsichschlagen des Entgegenkommenden abbriugen.
Ein Brunnen, in dem sich mehrere Tauben befanden, war
ziemlich geräumig und sehr tief. Da er teilweise eingefallen war
und außerdem unter den Arabern Gerüchte über in ihm wohnende
böse Geister umgingen, so wollte niemand hinuutersteigen. Ich ließ
daher den Brunnen mit einem Netze bedecken, und wir warteten
still, ob nicht eine Taube sich beim Ausfliegen fangen würde. Aber
die Vögel hatten das Netz gesehen. Sie flogen wohl in dem Brunnen
herum, vermieden aber das Netz. Der Brunnen blieb die Nacht
über mit dem Netze bedeckt, ebenso den darauf folgenden Tag,
aber die Tauben thaten mir nicht den Gefällen ; am dritten Tage
hatte sich gleichfalls keine gefangen. Im Laufe dieses dritten Tages
mochte sich indessen der Hunger fühlbar gemacht haben ; zwei
Tauben flogen in die Nähe des Netzes — und entwischten mir. Sie
bewiesen dabei viel Scharfsinn und flogen nicht etwa verzweillungs-
voll f»-eo-en das Netz, sondern nur bis dicht unter dasselbe. Dann
«ringen sie an dem schräg abfallenden inneren Rande des Brunnens
in die Höhe, hoben an einer etwas losen Stelle das Netz in die
Höhe und schoben den Körper nach. Ich kam gerade dazu, als sich
beide empfahlen. Da sich noch Tauben im Brunnen befänden, ließ
ich das Netz noch eine Nacht liegen. Am anderen Morgen fand
ich eine Taube tot ini Netze, sie war jedoch von oben hinein¬
geflogen, also eine der am vorhergegaugenen Tage entwischten ; sie
mochte spät nach Sonnenuntergang zurückgekehrt sein und das Netz
nicht gesehen haben. Es war ein Weibchen mit einem ziemlich
entwickelten Ei im Schlauche. In diesem Brunnen wurden am
13. Februar die beiden Eier, sowie das alte verlassene — letzteres war
unbebi'ütet, also ganz frisch gewesen — gefunden. Das verlassene
führe ich auf die im Netze verunglückte Taube zurück, denn bei der
ersten Besichtigung - des Brunnens fanden sich vier Tauben, von
denen ein Weibchen, wie erwähnt, umkam, nachdem es das erste Ei
gelegt; dem zweiten Weibchen habe ich die beiden frischen Eier
genommen. Bei einem ferneren Besuche hatte sich der Bestand
des Brunnens nicht geändert, ich fand drei Stück: ein Pärchen und
das einsame Männchen.
In einem ziemlich engen, einsam gelegenen Brunnen fing ich
sechs Paare, darunter ein männliches mit teilweisem Albinismus. Der
Kopf war ziemlich weiß, die Flügel zeigten mehrere weiße Federn;
dagegen ist der Bürzel weniger weiß als bei normal gefärbten
Exemplaren. Eine Bastardierung mit Haustauben erscheint mir aus¬
geschlossen. Dieselbe mußte öfter Vorkommen, doch ist mir unter
vielen geschossenen und gefangenen Exemplaren nie ein abnorm ge¬
färbtes vorgekommen. Fernerhin ist jener Brunnen weit abgelegen
von menschlichen Wohnungen, in deren Umgebung zahme Tauben
leben könnten. Andererseits habe ich an und in Brunnen ge¬
jagt, die dicht bei Dörfern lagen, in denen Haustauben gehalten
wurden, ohne je Bastardierung zu finden, obgleich hier Gele<^enheit
genug gegeben war.
Das liaselhuliii in Livland.
Von Oskar von Löwis.
(Fortsetzung.)
IIl. Lebensweise.
Die Haselhühner leben in Livland — und höchst wahrschein¬
lich überall — durchweg in halbjährlicher Monogamie und zwar
vom Oktober resp. November bis Ende April oder Anfang Mai je
nach den Jahren in musterhafter ünzertrennlichkeit und steter Ge¬
meinschaftlichkeit, ob auch ausnahmslose in tadellos ehelicher Treue,
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entzieht sich der menschlichen Beobachtungsgabe ; wer »hielt da
das Licht«? wer unterscheidet im Waldesduukel einen Hahn vom
anderen, wer könnte ein Hennenkleid vom anderen erkennen ? Lhe
solches möglich würde, mülsten dem homo sapiens bessere, sehr
viel feinere Sinne zugeteilt werden! Erst mit Beginn des Wochen¬
bettes der Frau Haselhuhn lockert sich das Liebes- und Lebens¬
verhältnis allmählich und unrettbar immer mehr bis zu völliger
Trennung. Brütet die Henne erst ganz fest und folgt naturgemäß
nicht mehr den zärtlichen Verführungskünsten, dem Werben des
heißblütigen Gemahls, dann entfernt sich der grollende Hahn weiter
ab vom Platze seiner Frühjahrshuldigungeu und dem Nistplatz der
Henne, bleibt aber stets in einer nachbarlichen Nähe von etwa
200 Schritten bis zu einem halben Kilometer uud streicht niemals
im Sommer oder Frühherbst in andere Reviere fort (was, wie bereits
gesagt wurde, iin späteren Herbst sich mitunter ereignet), sondern
hauset in der altgewohnten Umgegend je nach dem Terrain und
Bestände näher oder weiter vorzugsweise im Hochwald älterer
Schläge. Wenn nun Anfang Mai eine andere benachbarte Henne
ihr Gelege verlor und als Witwe zur Brut geschritten war, wie
solches in Livland Vorkommen kann, und nach einer Spätbrut ver¬
langen sollte, dann wäre es recht wahrscheinlich, daß der Stroh¬
witwer - Hahn ihr erbetene Liebesdienste gewähren dürfte und
der darum »lockenden« Henne zu keimfähigen Eiern verhelfen
könnte. »Kann sein — kann auch nicht sein — man weiß nicht
<yewiß!« Diese mögliche Untreue, vom menschlichen Standpunkte
aus naheliegender Hülfsbereitschaft, wird ewig Theorie bleiben, da
absolut beweisende Thatsachen kaum nachgewiesen werden dürften.
Die sehr langsam verlaufende, den Hahn niemals flugunfähig
machende Mauserzeit verbringt der allen Vaterfreuden uud Vater¬
sorgen gänzlich entsagende Erzeuger der Juugbrut als Einsiedler,
duixhaus ungesellig, im dichtesten Teil des hochstämmigen Wald¬
reviers. Sie dauert nur wenig über zwei Monate, etwa 9 bis
10 Wochen ; ich erlegte in den ersten Tagen des Juni (einmal am
10.) alten Stiles öfter alte Haselhähue, bei denen kaum Spuren der
beginnenden Mauser bemerkbar waren, uud bereits Mitte August
welche, die fertig ausgemausert hatten. In warmen, frühzeitig vor¬
geschrittenen Frühliugen tritt dieselbe früher ein, um entsprechend
auch früher ihren Abschluß zu finden. Niemals fand ich in dieser
Zeit Hähne, die besonders schlecht flogen, geschweige denn flug-
unfähig geworden waren. Gerne flogen sie Ende Juni allerdings
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weder ab uoch weit fort, soiideru liiichteteu immer wachsam uucl
scheu zeitig in die Kronen der höchsten liottauuen, von denen sie
oft nicht mehr abzutreiben waren — noch weniger aber auf solchen
llochstätten wahrgenomnien werden konnten. Das eigentliche Fliegen
ward aber auch in dieser Zeit scheinbar sicher, in demselben
stürmischen Tempo wie sonst vorgetrageu; das Senken wurde ge¬
wöhnlich vermieden, dagegen zeigte sich ein Streben zum Steigen.
Wenn das junge Volk sich im August zu zerstreuen und im Locken
zu üben aufangt, dann beginnt auch der alte Hahn auf solche
Leizuiigeu lebhafter zu werden, treibt sich mehr umher und wird
oft die Beute des Junghühner lockenden Jägers, der zuweilen etwas
kritiklos und vorschnell auniinmt, der Hahn hätte sich im Kreise
seiner Jungen als »Führer«, »Wächter«, »Vorposten« oder wie
sonst Jäger sein Verhalten als »Vater« (?) zu bezeichnen belieben.
Keine »edlen« Vatertugenden brachten ihn zum Hausen in der
gleichen Gegend mit den Jungen, sondern seine sommerlichen Ein-
siedler-Gewohnh^iiten lieläen ihn einfach bleiben, wo er war; das
Jungvolk aber begab sich umherstreichend in sein Revier. Sein
Tiieb, wieder gesellig als Bräutigam oder Ehemann zu leben, der
ihm von Natur eingeinipft ist, brachte ihn vor das Rohr des hm-bst-
hchen Jagers in gleichen Revieren, wo seine der mütterlichen Für¬
sorge entwachsenen Kinder sich tummelten. Erst im Oktober be¬
merkte^ ich wirkliche gesellige Paarung seitens des alten Hahnes mit
einer Gefährtin, ob der alten Ehefrau, ob mit einer anderen »Alten«
oder einer »Jungen«, das bin ich nicht imstande zu beweisen, daher
auch nicht zu behaupten; hübsch wäre es, wenn er seiner »Ollen«
treu bliebe, meinem oruithologischen Gefühle- nach vermute ich es
sogar. Das polygamische Getriebe der alten Hirsche und Relie soll
immer die »Jungfrau« vorziehen; vielleicht, zur besseren Auf¬
frischung der Rasse würde Darwin sagen, zieht auch der alte Hasel¬
hahn es vor, eine jungfrische Henne zu freien, und überlätit es den
hitzigen Söhnen, bei der Alten herein zu fallen. — Ob diese Frao-e
jemals ganz klar und unwiderleglich beantwortet werden wird, iiiufä
man einstweilen dahin gestellt sein lassen. Zur Erhaltung der Art
ehören aber nicht nur lebensstark von junger Mutter zur Welt
gebrachte Kinder, sondern auch kluge, sorgsame, mutige und er¬
fahrene Mütter; das war gewiß die alte Henne, welche ihr fast
vollzähliges Gesperre im Herbst verlassen durfte — ; die bewährte
Führerin ist für die Arterhaltung wichtiger als eine junge flotte
Eierlegerin; ich nehme also »frei nud naturphilosophierend«\n, daß.
in
105
wenn inöglicb, derselbe alte Halm durch »dunkeln Naturtrieb« ver¬
anlagt sich iin Herbst wieder mit derselben Heime paart, um, wie
früher gewohnt, eng zusammenhausend in friedfertigem Zusammen¬
leben die geringen winterlichen Freuden und zahlreichen Leiden zu
teilen, und zusammen der alljährlich wiederkehrendeu Liebeszeit ent¬
gegen zu harren. Vielleicht werden solche Ehen mit fast halb¬
jährlichen Erholungspausen nur durch gewaltsamen Tod oder sehr
selten durch Altersschwäche gelöst. Polygamie in irgend welcher
Weise besteht meines Wissens nach niemals beim Haselhuhn, ebenso
wenig aber auch Monogamie in dem Sinne, wie wir dieselbe beim
Schnee- und Feldhuhn durchgeführt sehen. Ein guter Gatte —
aber ein »herzlich« schlechter Vater ist und bleibt der Haselhahn.
Wenn Jägern das herbstliche Folgen auf der Locke an gleichem
Ansitz seitens der Junghähne und des Althahnes als Beweis der
väterlichen Führerschaft bis in die Jagdtasche zu dienen vermag,
so könnte dasselbe bei der Birkhühnerjagd im Juli mit dem Hühner¬
hunde anch »beweisend« erscheinen, da alte Birkhähne nach Zer¬
streuung und Beschießung der Junghühner wiederholt im Doublette
mit einem Junghahn von mir erlegt wurden! Der begleitende Forst¬
wart meinte allerdings auch: »Das war ein guter Vater«!
Es mag in Livland sehr viele Jäger geben, — und ich weiß
es sogar ganz bestimmt — die ungleich tüchtiger, energischer und
im Abschießen mir bedeutend überlegen sind, aber als friedlicher
Beobachter und Erforscher der Lebensart, des Treibens und des
Charakters unserer Warmblüter habe ich angeborene Sinne, die
rechte Liebe zur Sache und so viel kritische Objektivität wie viel¬
leicht nicht viele Wildtöter und Bentemacher es bisher bethätigten;
dazu kam in diesem Falle, daß mir unter besonders günstigen Um¬
ständen die fast tägliche becinenie Beobachtung der Haselhühner
während 10 Jahren in Meiershof möglich wurde, welches ein selten
herrlicher Platz zum Studieren dieser Art ist — nicht aber zum
Anfertigen großer Abschußlisten, zu Erfolgen und reicher Strecke.
Konnte ich doch vor bald 3 Jahren am 18 — 30. Juli ein Volk Hasel¬
hühner einen halben Tag über im Garten dort beobachten, ihr
Lagern unter einem Faulbeerbusch, ihr Hocken auf den Apfelbäumen,
die treue, äußerst wachsame, stets mißtrauische Führung der alten
Henne, das stete Fehlen des Hahnes, der etwa 200 Schritte abseits
als Einsiedler lebte etc. Ein derartiges Beobachtungsfeld besaß kein
Anderer! — Von unseren anderen Wildliühnerarten weicht das
Haselhuhn im geschlechtlichen Verkehr und in dem Eheleben gänzlich
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ab, iiud zwar eigenartig einzig in seiner Art. — Während das
Auer- und Birkwild in freiester Liebe ohne jede Spur eines Ehe¬
standes, ohne irgend welche Pflichtenübernahme nach genossenem
sinnlichen Liebesglück dahin lebt — wüst, heidnisch und egoistisch
, und während Morast-, Schnee- und Feldhühner sich nimmer trennen,
es scheide sie denn der Tod, gemeinschaftlich brüten, die Kinder er¬
ziehen, führen und verteidigen, also das hübsche Bild menschlich-
sittlicher Eheverbindungen darstellen, zeigt uns allein das nervöse
Haselhuhn eine reizvolle poetische Liebesehe mit Ferien, ohne die
Prosa des bürgerlichen Kindererziehens, des täglichen Sichplagens
seitens des Hahnes. — So wenig achtbar die Haltung des Hahnes
vom menschlich - sittlichen Standpunkt hier erscheint, so unendlich
hoch stehet hier in meinen Augen die Henne da, indem sie an
ein Zusammenleben gewöhnt, der Pflichten halber jetzt allein die
Kinder übernahm. Die Birkhenne kannte kein Ehelebeu, da laff ihr
auch ein Leben mit dem Vater ihrer Kinder ferne ! — Vom Oktober
an gehörte alle Zärtlichkeit, alle Liebe, das ganze Selbst der Hasel-
he une dem Gatten bis zum Mahnruf der Brutpflichten; nun wird
sie ganz Mutter, Versorger, arbeitet, kämpft, opfert ihr Leben
scheinbar bewußt für die lieben Kleinen, verlangt nichts vom Manne
ihrer Wahl und — gibt ihm wieder alles, sobald sie ihre letzte
Pflicht dem Nachwuchse gegenüber erfüllt hat; das ist vom mensch¬
lichen Standpunkt aus: Selbstlosigkeit! Seine etwaige eheliche
Irene wiegt die Arbeitsscheu nicht auf; seine winterliche Anhänglich¬
keit verblaßt vor den dauernden Tugenden der nimmer ruhenden
Gefährtiu. Während 41 jähriger Bekanntschaft mit schlecht gerechnet
3 — 400 Haselhühnerketten, von denen ich in den letzten 10 Jahren
25 Gesperre speciell in Meiershof, so oft ich wollte, besichtigen konnte,
habe ich kein einziges Mal den Hahn bei der Kette, so lange sie in
geschlossenem Volk lebte, angetroffen und erkläre, daß die alten
Hähne, welche im Frühherbst unter Junghühuern mitlockten, zu
Schuß gelaugten und zusammen in die Jagdtasche wauderten, nicht
als »Väter« anzusprecheu sind, sondern als Werber, Nebenbuhler
oder wie man das herbstliche Treiben zu nennen belieben mag!
Weniger beständig, weil nicht so tief innerlichem Naturgesetz folgend
oder durch Tiersitte, Anlage physisch bedingt, wie die Vaterschaft
des Haselhuhnes, dürfte die Wahl der Schlafstätteu desselben sein.
Hier spielt die Fähigkeit des Anpassungsvermögens wesentlich mit,
die geographische Lage, das Vorhandensein von Gebirge oder flachem
Wald, die Häufigkeit der geflügelten Räuber — oder die vorwiegende
107
Anzahl vierbeiniger Feinde, große Winterkälte, hohe Sehneelage,
die Art des Waldbestandes n. a. m, — — Die beweisenden d. h.
überzeugenden Thatsacheu oder das Fehlen derselben sind für das
Vorliegende sehr viel schwerer zu erkennen als das Fehlen des
Hahnes bei der Kette, — In Livland schläft das Haselhuhn in der
Regel am Boden ; für den Winter, das Frühjahr und den Sommer
nebst Frühherbst sind betreffende Beobachtungen und Nachforschungen
leichter als für den Spätherbst und schneelosen Frühwiuter ’/u
machen, weil die Länge und Dunkelheit der Nächte störend ist, weil
die Hühner zu dieser Zeit später (dem Lichte nach) zur Ruhe gehen und
dieselbe am Morgen früher verlassen, weil das ümherstreifen dann
schwierig ist, der Schnee fehlt u. a. m. Ich glaube, daß Haselhühner
im Gebirge eher als in der Ebene den Baumschlaf, ferner wo vier¬
beinige Räuber zahlreich, wo hohe, sehr dicht belaubte astreiche
Bäume vorhanden, im Süden der Reptilien und Insekten halber vielleicht
auch lieber, bevorzugen dürften, dagegen im hohen Norden, bei großer
Kälte, bei hoher Schneelage, bei zahlreichen Eulen, bei Niederwald
und krüppelichem Moorbestande immer dem Bodenschlaf sich hin¬
geben werden. — Nur wenige Ausnahmen konnte ich im Laute der
Jahre bemerken, besonders nur dann, wenn spät abends Zerstreuen
der Kette stattfaud, wenn ein altes Paar oder Einzelhuhn durch
Nachstellung bis in die Dunkelheit beunruhigt und verschüchtert
wurde. — Einmal im Spätherbst, nach sehr regnerischem Abend
und ebensolcher Nacht, der ein Reifmorgen folgte, als ich durch
Morgeuschlaflosigkeit veranlaßt im Frühdunkel in dem Park zu
Meiershof mich verlor, trieb ich von einer sehr dichtästgien Grähne
(Rottanne) ein Huhu ab, welches offenbar Schutz suchend am Abend
unter diesem Schirmdach sein Nachtquartier bezogen hatte. Dieser Fall
wurde mehrere Jahre nach meinem 1881 und 1882 niitDr. Wurm geführ¬
ten Federkrieg von mir erlebt und nicht vergessen. — Nachdem ich im
Juli 1890 das schwere Unglück gehabt hatte, eine alte Henne,
Mutter von 10 Jungen, beim Auflliegeu der Kette in dichtbelaubten
Erlen zu erschießen, zerstreuten sich die Jungen, ganz scheu und
fremdartig sich gebahrend, über ein größeres Gebiet, sich allmählich
buchstäblich verlierend ; während sie sonst mit der Mutter Tag und
Nacht ausschließlich am Boden weilten, nur nach Aufscheucheu
bäumten, um binnen kurzer Zeit wieder zu Boden zu fliegen, hockten
diese armen Waisen vereinzelt auf den höchsten Bäumen, wagten vor
Angst und offenbarer Ratlosigkeit nicht für kurze Zeit nach
Nahrung zu Boden zu »fallen«. Von diesen Hühnern, die ver-
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wirrt, der Führerschaft beraubt, schlecht ernährt sich nicht zu
»lassen und zu finden« wußten, trieb ich eines noch spät am Abend,
als längst Schlafenzeit eingetreteu war, vom Baume ab; wahrschein¬
lich verbrachten alle diese Unglücklichen die traurig einsame Nacht
aut blattreichem Hochsitz zu ! Ausnahmen festigen meist die Regel
— diese ist und bleibt für Livland der ßodenschlaf!
IV. Seelisches.
V\^achsamkeit, Vorsicht und scheues Gebahren dürften wesent¬
liche Eigenschaften des ohne Grund wenig beweglichen aber stets
Umschau haltenden Haselhuhnes, schüchterne Uugeselligkeit, stilles
beschauliches Eheleben an gewöhnter, Versteck gewährender Örtlich¬
keit, und sorgende Erfüllung der Mutterpflichten seine leicht bemerk¬
bare Eigentümlichkeiten, und ein schnell erregbares, hitziges —
aber auch bald wieder sich beruhigendes Blut, in geschlechtlicher
Liebe wann glühend , seine vorherrschende Gemütsbeschalfenheit
sein! Halbwegs mutig und leidlich unerschrocken dürfte mau nur
ausnahmsweise das Gebahren der Haselhühner neunen können, eisreut-
lieh nur das zeitweise Verteidigen und Verhalten der Mutter dem
Feinde der Jungen gegenüber und das Vorgehen des Hahues in der
Balzzeit gegen einen vermeintlichen oder wirklich vorhandenen
Nebenbuhler.
Das Kämpfen , bei anderen Hühuerarten eine so wichtige,
häufige und sofort in die Augen springende Erscheinung, spielt bei
dem durchaus friedfertig angelegten Haselhuhn eine nur sehr neben¬
sächliche — fast verschwindende Rolle. — Die Eifersucht der Liebe
treibt die Hähne zueinander, aber nur selten zum wirklichen Zwei¬
kampf, — und nach meinen allerdings in dieser Richtung etwas
spärlichen Erfahrungen nur in der ersten Balzperiode ; kein einziges
Mal habe ich Kampf in der zweiten abnehmenden Balzzeit oder
sonst wann im Jahr — auch nicht in der herbstlichen Lockepisode
— wahrnehmen können. — Das nicht seltene, spielende Haschen
und nur scheinbare Aneinandergerateu der Junghähne im Herbst ist
kein Kampf, sondern nur ein unthätiges Prahlen — kaum ein
Kampfspiel zu neunen! Ihn Heldenrollen zu geben ward das Hasel¬
huhn offenbar nicht geschaffen. — Auch gefiederte Helden leben
nicht versteckt, sondern brüsten sich gerne »auf den Gassen« ;
Helden meiden nicht Standesgenosseu, sondern zeigen sich heraus¬
fordernd, erwarten an sichtbarem Platz etwaigen Angriff und Kampf,
wie es z. B. der tajjfere Birkhahn so gern thut. Unser Haselhuhn
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ist ein Ehe- und Jiiiiggesellen-Philister, der nur durch augenblickliche
Reizung angreifend werden kann. Es geht aller Gefahr, allem Streit
gern aus dem Wege, stiehlt sich gebeugten Ganges, ins Dunkel des
VValdgehüsches flüchtend, von dannen, sobald irgend ein Geräusch
hörbar wird. — Bis zur wirklichen Ratlosigkeit im Banne lähmen¬
der Furcht wird aber das schüchterne Wesen bei mangelndem Mut
doch nicht leicht gesteigert, als Gegenstrom wirkt da die angeborene
Klugheit, welche nur selten, eigentlich nur ausnahmsweise das sich
gewandt in Sicherheit zu bergen wissende Huhn verläßt. — Plötzlich
durch allzu heftigen Schreck bewirkte Ratlosigkeit überfällt auch zu¬
weilen den Klügsten der Klugen z. B. den Meister Reinecke, von
dem ich unzweideutige Kopflosigkeiten, geradezu direkt ins offenbare
Verderben jagende Dummheiten als augenblickliche Verrücktheit,
durch Augst und Schreck veranlaßt, zahlreich berichten könnte, wie
ich solche namentlich bei großen, lärmenden Parforce - Jagden er¬
lebte ! — Dem Haselhuhn mangelt es für gewöhnlich nicht au Geistes¬
gegenwart; das ümschauhalteu, das Erspähen des besten Fluchtweges
ist nicht Unsicherheit; der Dumme stürzt kopfüber bei Gefahr fort
und schlägt daher oft falsche Richtung ein, die ins Verderben führt,
der Kluge nimmt sich einen Augenblick Zeit, ehe er sich entschließt.
Einige vereinzelte Beispiele von Kopflosigkeit sind Ausnahmen von
der Regel, welche beim Haselhuhn Vorsicht, Umsicht, rechtzeitiges
Verschwinden etc. heißt.
Das pfeifende , sehr eigentümliche Locken der Haselhühner,
speciell das der Hähne, ist ihr Gesang. — Das Hauptmotiv zum
Siuffeu ist für alle Vögel zweifellos der sich regende oder bereits
entbrannte Geschlechtstrieb, die rein physische oder auch ehelich
kameradschaftliche Liebe in allen ihren bald versteckten, bald offen
erkennbaren Schattierungen ; erst in zweiter Linie tritt auch als
Grund das allgemeine Wohlbefinden, die Lebenslust als solche hinzu.
Friedfertige Vögel sind die meisten Säuger — auch die »Balzer« —
Raubvögel singen niemals! Während nun alle übrigen Hühnerarteu
die Balzlaute fast nur in der rechten Liebeszeit des Frühjahrs er¬
schallen lassen (Auerhahn und Birkhahn nur selten im Herbst eine
Probeübung machen) befleißigt sich das Haselhuhn einzig und allein
unter den Vögeln Europas, aus freien Stücken in zwei Balzlock-
Perioden des eifrigen »Singeus«. Im Herbst hört mau sogar meist
anhaltender und häufiger das Pfeifen d. h. also das Singen der
Haselhühner. Es gibt frische, sonnige, windstille Tage im September,
au denen ein reich besetztes Gebiet von allseitigem Pfeifen erfüllt
110 —
wird; das sonst kaum bemerkbare Haselhuhn macht sich wahrnehm¬
bar wie fast im Frühjahr die Singdrossel!
Wenn nun das Locken, resp. Singen des Haselhuhns anderen
Vögeln gegenüber ein abnormes, weil vollständig 2 periodisches ge¬
nannt werden muß, so dürfen wir zurückschließen, daß im phy¬
sischen Leben dieses Wildhuhnes auch abweichend entwickelte Ge-
mütserscheinungeii vorhanden sein müssen. Ohne Grund keine
Erscheinung, ohne Ursache keine Wirkung, also in diesem Falle
auch ohne besonderen Trieb kein Singen im »stummen« Herbst.
Von den bez. Frühjahrs-Äußerungen könnten wir fast absehen,
denn darin ähneln eben alle Vögel mehr oder weniger; aber ein
teilweise abweichendes Moment könnte hier doch (wie auch beim
Moor- und Feldhuhn) bemerkt werden, nämlich daß das Haselhuhn
ungleich mäßiger, oft nur speciell angereizt in der Liebeszeit singt
als die anderen Waldhühner und auch sonstige Vögel. — Warum?
Nun weil ein solides Eheleben, ohne Liebesraserei, halbjährlich vor-
ausging, was eben sonst in der Vogelwelt nicht Regel ist. Kein
toller, liebewütiger Bräutigam tritt auf den Plan, der auf Eroberungen
ausgeht, sondern ein warmer Ehemann in berechtigtem, gewöhntem —
nicht aber bräutlich stürmischem Liebeswerben. Die Eifersucht ist
ja damit nicht ausgeschlossen ■ — Othello war auch ein Ehemann! —
Während sich im Herbst die Moorschneehühner stumm zu
größeren Flügen vereinigen, jedenfalls in der Familie bleiben, des¬
gleichen die Feldhühner 'in voller Familienzahl, oder nach starker
Beschießung mehr als decimiert, mitunter zu 2 — 3 Familien sich ohne
viel Lärm vereinigen, die Birkhühner zu Hunderten sich für den
Winter sammeln, auch das weniger gesellige Auerhuhu in kleinen
Gruppen der Hähne von 2 — 4 Stück und in größerer Anzahl von
Hennen, bis zu 20 Stück zuweilen, sich in Livland oder sonst wo
zusammen fanden und hielten, und keine dieser Arten so frühe an
eine Paarung für das erst im Frühling zu erwartende Liebesieben
dachte, begehrt das im Grunde durchweg ungesellige Haselhuhn
sich eigenartig baldmöglichst von seiner Familie völlig zu lösen und
abzutrenuen, aber nicht um einsiedlerisch »mutterseelenallein«, son¬
dern wo möglich in weiser Vorsorge für das Frühjahr schon jetzt
in vorbräutlicher oder gewissermaßen eheligem Paarleben die kalte
Zeit zu verbringen. — Dieses abweichende Gelüste, schon im Herbst
sich, wenn auch vorläufig nur platonisch zu paaren, fand seinen
Ausdruck in dem zum Zwecke führenden fleißigen Locken und Au-
locken. Diese Sprache dürfte die Wünsche des Hahnes der Henne
111
gegenüber aiissprechen, dieses Werben in gewohnten Tönen Gehör
finden, also ist das Singen im Herbst begründet und der Gemütsart
und dem Lebeusideal entsprechend und zweckdienlich. Die anderen
VVildhühner besitzen diesen winterlichen Ehe -Trieb nicht, daher
wird von ihnen das »Singen« im Herbst nicht gleichwertig mit dem
»Singen« im Frühjahr betrieben. — Das reiche Herbstlocken ist
eine hervorragende Eigentümlichkeit des Haselhuhnes, wie das halb¬
jährliche, stetige Eheleben vor Eintritt der geschlechtlichen, treibenden
Brunft. — Der eine Trieb bedingt den anderen, die zu beweisende
Wechselwirkung ist thatsächlich vorhanden. (Schluß folgt.)
Der Polarfuchs {Canis lagopus).
Von Bernhard Langkavel, Hamburg.
■ (Schluß.)
Über das Haa rkleid der jungen isländischen Polarfüchse
gibt uns schon Thienemann genaue Berichte. Bis zur sechsten
Lebenswoche Ist es weich, wollig, anderthalb cm. lang und entweder
überall schmutzig graubraun oder an Gesicht, Unterleib und Seiten
mit weiß gemischt, wenn sie später weiL werden. Bis gegen den
Herbst hin durchdringen den Wollpelz daun steife, ''glänzende und
3^2 cm. lange Haare. Im ersten Winter wird der Wollpelz mit
einem weichem längeren Unterhaar vertauscht, das SVa cm. lang,
am Grunde grau, an den Spitzen weiß, grau oder braun wird. Im
Ajiril und Mai des nächsten Jahres ballen sich die Haare des Winter¬
pelzes zusammen und werden von dem neu hervorkommenden kurzen
Unterhaare abgestoßen, das gegen den nächsten Winter nicht aus¬
fällt, sondern dichter wächst und sich verlängert. WraugeU) nennt
das Haarkleid der Jungen leicht gekräuselt. Auf Novaja Semlja
variirten die im August schon völlig ausgewachsenen jungen Tiere
etwas in Farbe, aber alle zeigten ein mehr oder weniger deutliches
sraubräunliches Kreuz über Rücken und Schultern, bei einem Exein-
plare dunkler und reiner braun, die Unterseite fast mardergelb ^).
Wie schon Schreber^) und von Middendorff in einem Geheck blaue
und weiße Junge erwähnen, so fanden auch die Mitglieder der
Östr. Polar-Exped. nach Jan Mayen-'') im Winter 1882 — 1883 zwei
>) Reise II., 117. ") Peterm. 1872, 221. III., 864. IV., 2. 942. 5)
III., 128-180.
112
Würfe, von denen jeder drei braune und ein weilses Junge enthielt.
Alle waren bis Mitte Oktober bläulich grau, dann zeigten sich in
geringem Grade weiße Haare auf Schnauze und Schwanz. Diejenigen
Jungen, welche später weiß werden, sind in den ersten Wochen
kurzhaarig und rötlichgelb, die andern besitzen dieselbe llaarläuge,
sind jedoch schwärzlich.
Der erwachsene Eisfuchs ist dichroinatisch, d. h. er tritt in
zwei beständigen Varietäten auf, von denen die eine bläulich und im
Winter nicht weiß ist, die andere dagegen fahlfarbig und im Winter
weiß; die weiße ist aber durchaus nicht die nördlichere ’), Die weiße
Färbung scheint in verschiedenen Ländern sowohl als bleibende indivi¬
duelle Abänderung als auch als bloße Wintertracht vorzukommen
und auch in derselben Gegend erstreckt sich der Farbenwechsel nicht
auf alle Individuen; die weißen werden nie grau, die grauen nie
weiß^). Die schwarze Schwanzspitze beim weißen wird von Parrj
hervorgehoben ^). Eine analoge Erscheinung wollen manche in dem
gescheckten Raben der Färöer erblicken, welchen Vieillot irrtümlicher¬
weise zu einer besonderen Art Corviis leucopliaeiis erhob. Nach
J. Reinhardt ist diese Varietät von G. corax auf jenen Inseln gar
nicht häufig, denn es vergehen bisweilen mehrere Jahre, ohne daß
sich ein solcher zeigt Wenn aus den nördlichen Teilen Japans
weiße Füchse erwähnt werden, so sind das natürlich nicht, wie
manche glaubten, Polarfüchse sondern nur Albinos, wie sie auch bei
uns Vorkommen^). Die weißen Fuchsfelle, mit denen Mandarinen
von hohem Range trauern, sind vielleicht importierte Polarfüchse oder
die in China sehr seltenen Fuchsalbiuos ®).
Nach den Ansichten unserer Jäger sollen weiße Exemplare
unseres hiesigen Fuchses nur in sehr kalten Wintern auftreten; so
wären die im Jahre 1864 bei Planegg, 1866 bei Gerau und Darm¬
stadt gesehenen durch die Kälte weiß geworden. Ähnlich äußerte
b Deutsche Geogr. Blätter 1885, 284. b Polarexped. III., 130. 129.
vgl. Peterra. 1869, 461; 1871, 418. Kükenthal sah einen, der vorn weiß
hinten schwarz war; vgl. Deutsche Geogr. Blatt. XIII. j 38. b Zweite Reise?
Appendix 299. “) Ö.str. Polarexped. IIP, 130. b IVlitt. Gesellsch. f. Erdk.
Halle 1885, 101. Canis milpes ändert auch bei uns in der Farbe mannigfach
ab; es gibt mehrfarbige (Deutsche Jägerzeitung XVI., 80), weißgraue
(a. a. 0. XIV., 350), mit weißen Vorderbeinen (a. a. 0.463), halbweifse
a. a. 0. X., III), gesprenkelte (Deutscher Jäger X., 34), weifie a. a. 0. XIII.,
154; XI., 218; 1887, 100 vgl. 168; Neue Deutsche Jagdzeitung VI., 74; Deutsche
Jäger Zeitung XIII., 741; XIV., 134). b Giles, Chinesische Skizzen; Ausland
1873, III.
sicli anch Wood in seinem Buche »liomes withont Lands« : Die Kälte
bleiche das Haar des Polarfuchses^). Daß die Strenge des Winters
aber nicht die veränderte Haarfarbe hervorruft, erkennen wir deutlich
daraus, daß auch im warmen Zimmer gehaltene Eisfüchse sich zu
derselben Jahreszeit verfärben ; wir harren noch der Lösung der
Fragen über die verschiedenen Färbungen, Auch das Verhältnis der
verschieden gefärbten Tiere zu einander läßt sich schwer bestimmen,
denn auf deu Schueeflächeu, zwischen den Steinen und auf dem
Lande werden die dem jedesmaligen Terrain gleichfarbigen dem Auge
des Jägers verborgen bleiben. Am Prince of Wales Sund ist zu
Anfang des September das Fell aller kurz und schieferfarben, bisr
weilen fast weiß, mit wenigen zerstreuten Haaren, die eine schwarze
Spitze tragen. Später im November ist der Pelz auch noch sehr
grau, besonders nahe an der Wurzel der Haare und zeigt sogar
noch einen Monat später wenig Veränderung. Während des Januar
jedoch scheint der Pelz schnell zu wachsen und ist in der Mitte
dieses Monats vollkommen weiß geworden mit Ausnahme kleiner
Büschel alten Haares, welche in vielen Fällen verwickelt in dem neuen
den ganzen Winter hindurch Zurückbleiben^). Nach Richardson ®)
ist in Amerika das Winterkleid weiß, das Sommerkleid mehr oder
minder braun, doch werden nur wenige Tiere im Winter völlig rein¬
weiß, viele behalten dunkle Flecken an der Nase, andere, wahr¬
scheinlich junge, bleiben das ganze Jahr hindurch mehr oder minder
farbio-: die auch im Sommer rein weißen Füchse halten die Grönländer
für eine besondere Varietät. Pallas '*) hält für die in Asien häufigste
Form diejenige, welche im Winter weiß wird, eine zweite bleibe auch
im Winter dunkelbraun, und eine dritte, freilich sehr seltene, wäre
schwarzbraun. Der Haarwechsel und die Farbe erfolge nicht als
Wirkung der Kälte, sondern wohl nach gewissen uns noch unbekannten
Gesetzen, weil auch die in Petersburg in warmen Zimmern gehaltenen
Tiere weiß wurden. An der untern Lena tragen noch Ende Juni
die Polarfüchse das weiße Winterkleid '"’). Auf Spitzbergen wird das
weiße Haar im Juni und Juli abgeworfen, die Tiere sind dann
schwärzlich blaugrau, werden Ende August aber wieder weiß'’). Auf
Jan Mayen wurde der erste silberweiße am 21. November 1882
(resehen ein am 20. Januar 1883 gefangener bekam reichlich weiß-
o-espitztes Grannenhaar, sah aber noch immer aschfarben aus, em am
i) ZooL Garten V., 125-, VII, 288. 0 Pi'f’C. Canadian Institute. Toronto
V, 1887, No. 1, 113. bor-americana I., 83. '') Zoogr. rossica I., 51-57.
G Beitr. Kenntn. des rnss. Reichs, 1887, 2G5. '’) Peterm. 1865, 112.
Zoolog. Gart. .Talirg. XXXTTI. 1892. 3
114
2. Februar gefangenes altes Männchen war noch im Haarwechsel
begriffen. Auf dieser Insel ist die Norinalfarbe also die braune,
welche das ganze Jahr hindurch bleibt; die weißen sind Farben-
varietäteu, welche auch im Sommer das helle Kleid bewahren
Diese Beobachtungen scheinen mit denen Thienemanns auf Island
übereinzustimmen ^).
In Betreff der Blaufüchse huldigte v. Middendorfif der Ansicht,
daß die Küstennähe das Blauwerden begünstige; er fragt, ob viel¬
leicht die thranige Nahrung diese Farbe hervorrufe; es würden jetzt
verhältnismäßig nur wenig blaue in gewissen Gegenden gefunden,
weil dem Jäger sich das dunkle Kleid leichter verrate als das weiße
auf dem Schiieeboden ^). In Petermanns Mitteilungen heißt es:
blaue und weiße nur in der Küstengegeud des Eismeeres im nord¬
östlichen Sibirien '^), und in dem Müller’schen Werke (Unter Tuimusen
und Jakuten S. 184): am Eismeere (Lena) blaue fast unbekannt.
Nach meinen Notizen wurden blaue Füchse nicht beobachtet um
Beresow U, aber in dessen Bezirk jährlich unter 15000 Eisfüchsen
vielleicht gegen 40 blaue gefunden Im Taimyrlande sah v. Midden¬
dorf! nur einen blauen. Am Meere und auf den Inseln im Liman
der Lena gibt es blaue und weiße, auf den Ljachow Inseln sind blaue
selten ’). Die Tschuktscheu bringen nach Ssredne Kolymsk ziemlich
viele Blaufüchse, beim Wettrennen in Anadyr bestand einer der drei
höchsten Preise in einem Blaufuchs ^). Es kommen in Sibirien auf
ungefähr 100 weiße 3—4 blaue, früher dagegen auf 1000 weiße
sicher 50 blaue, nach Kyber an der Kolymä nur ^2 Prozent blaue.
Auf der Behriugsiusel hat sich das Verhältnis im Laufe der Jahre
erheblich geändert. Nach Krascheninnikow (S. 52) gab es mehr
blaue als weiße ). Jetzt sind sie dort so selten, daß Nordenskiöld
keine sah, aber noch viele auf der KupferinseU®). Nach L. Stejneger^^)
wurden von letzteren exi)ortiert 1871—1872 blaue 836, weiße 4;
1872 1873: 580 und 28; 1873 — 1874: 514 und 24; 1874 — 1875:
keine; 1875—1876: 1087 und 50; 1876—1877: 573 und 19;
) Östi. Polar-Exped. III., 129. 130. ^) Bemerk, auf einer Reise im Nord,
von Europa, vorzügl. Island, 1824, 2.
^) Reise IV., 2, 942. 817. ^) 1879, 422.
•')Fiu3ch, Reise 307. «) Peterm. 1850, 208; daselbst 1857, 119;
1879, 174. '’) Peterm. 1879, 425. 420; Wraugels Reise I., 290. ®) Vgl. auch
Pallas Nord. Beitr. II., 310. 318. ^'') Ümsegelung Asiens II., 258; Wiss. "Ergehn,
der Vega Exped. 085. 707; Peterm. 1881, 27; Ausland 1881, 87. ")"um-
segelung der Beringsinsel, vgl. Deutsche Geogr. Blatt. 1885, 248.
- 115
1877—1878: keine; 1878—1879: 789 blaue; 1879— 1880 und 1880—
1881 keine; 1881—1882: 1447 und 20; 1882—1883; 872 und 13;
Der durclischnittliche Jahreswert betragt 1000 Silb. Rubel, also (bei
3000 Seelen) für jeden Mann 18 Rubel. Die blauen werden, und
zwar nicht jedes Jahr, nur zwischen 10. -November und 31. Dezember
alten Stiles gefangen.
In Europa werden blaue Füchse bei Arvidjaur gefangen, auch
nach Kola hin soll es solche geben ^). In den Tundren nimmt
wegen der unauscresetzten Verfolgung der Eisfuchs von Jahr zu
Jahr ab, der blaue ist jetzt recht selten^). Im Jahre 1832 — 1833
wurden auf Nowaja Seinlja gegen 40 Eisfüchse erlegt, unter denen
aber nur ein blauer war, 1871 sollte jedoch nach Heuglin dort die
blaue Varietät »nicht gar selten« sein ^). Friedr. Litke '‘) erwähnte,
daß auf Grumant diese Tiere noch häufiger als auf der zuletzt er¬
wähnten Insel wären, denn er fand unter 10 Stück 8 blaue und nur
zwei weiße, und die blauen waren 7 — 8 mal teuerer. Auf Island
kommen fast nur blaue vor^).
Auf Grönland sind viele »dunkle« Eisfüchse und their pizzles
were of hone *'). In den Bemerkungen Rob. Browns ’) befindet
sich ein Widerspruch, denn es heißt: »die weiße Art ist zahlreicher«,
und bald darauf: es »werden jährlich 1 — 3000 Stück erlegt, von
denen blau sind«.
In Amerika sind nach Karr weiße und blaue zahlreich im
Norden. Wie das Verhältnis zwischen blauen und weißen Füchsen
sich ändern kann , verdeutlicht uns Elliot : Als die Pribylow-
Inseln 178G — 1887 zuerst betreten wurden, waren alle Felle unver¬
änderlich blau, später kamen weiße übers Eis vom Festlande östlich,
durch Kreuzungen entstanden rauchblane oder aschindigofarbene,
und jetzt sind schon ein Fünftel aller völlig weiß. Nach Veniamikow
aber soll die Farbenänderung durch Einwanderung roter Füchse
hervoro-erufen worden sein. Auf der aleutischen Attu kamen nach
Pallas nur wenige blaue voj’, auf der Commander-Insel nach
0 Hogguer, Reise nach Lappland 73; Deutsche Geogr. ßlätt. XIIL, 18.
2) Ausland 1879, 728. Peterm. Ergänz. No. 21, 100; Mitt. 1872, 221.
''*) Viermalige Reise . • • , deutsch von Erman, 114, Anderson, Nachrichten
von J. 29; Keilhack, Reisebilder aus J. 139; Deutsche Geogr. Blatt. IX., 15;
Preyer u. Zirkel, Reisen nach .1.381; Middondorff IV., 2 1091. Narborough,
O'asman , Wood and Martens, Account of several late voyages, 1694, S. 198;
vcd. Anderson a. a. 0. 172: Bessels Amerik. Nordjiol-E.xped. 345. ’’) Proc. Zool.
Soc. London 1868, 28. Mai und darnach Peterm. Mitt. 1869, 463. Shores and
Alps of Alaska 236. An Arctic Province 205. Nord. Beitr. IIL, 280. 283.
116
Elliot viele. An den Küsten des Polar- und Beringmeeres finden
sich sowohl blaue als weiße, aber die letztere Varietät fehlt östlich
von Kap Barrow und an einigen Teilen des Norton Sundes und der
Kuskokwiu Bai ^). Blaue fehlen nicht am obern Yukon und sind
am Mackenzie ebenso häufig wie die weißen^). Nördlich von der
Hudson Bay werden Füchse in verschiedenen Farben gefangen, unter
ihnen auch blaue ^). Am Prince of Wales Sund erscheint mit dem
Beginn Septembers zuerst au der Küste in zahlreichen Exemplaren
die weiße Varietät, und kurz nachher, aber viel geringer au Zahl,
die blaue Ähnlich wie am Mackenzie verhält sich auf Labrador
die Zahl der blauen und weißen Eisfüchse ^). Der Norden Neu¬
fundlands liefert »Füchse in allen Farben«; es werden also auch
wohl blaue bisweilen erlegt werden 6). In den Vereinigten Staaten
wurde nie die blaue Varietät gefunden ^).
Aus meinem statistischen Materiale über die an den verschiedenen
Orten erlegte Anzahl Eisfüchse mögen hier nur einige Mitteilungen
genügen. In Bereosoff «) wurden 1830 für den Markt 15,000 Felle
gesammelt. Auf der Sommermesse 1888 in Irkit^), welche nur den
Markt für einen Teil der sibirischen Pelze bildet, verkaufte mau
11,000 Eisfnchsfelle, auf dem Jahrmarkt in Jakutsk^®) crelaucrten
38,000 Felle aus der Lena- und Jana-Tundra zum Verkauf; sie und
Mammutszähne bilden den Haupthandelsartikel an der untern Lena.
Ini Lenadeltu fän^t man in Fallen jährlich gegen 300 Tiere, und
Bunge konnte gleich anfänglich 70—80 Schädel erhalteiHi). In
Jenisseisk^^) kostet ein blauer Fuchs 10 — 12 Rubel, ein weißer nur
3 — 5, bei den TschuktscheiH^) erhält mau für ein Pfund Tabak
30 Eisfüchse. Aus Grönland gelangten 1855 nach Kopenhagen
1700 blaue im Wert von 66,000 Däu. Thlrn. ; diese nordische Insel
ist somit für die dänische Staatskasse hierdurch allein schon er¬
giebiger als die andern Beilande Island und Far Oer^'^), im Jahre
1874 betrug die Ausfuhr für blaue 99,000 Reichsmark; einen aus¬
führlichen Bericht teilt das Geographical Magazine mit; durch die
0 Peterm. Erg. No. 84, 55. 0 Deutsche Geogr. Blatt. XtV., 123. 135
Hearne, Journey from Hudson Bay to the North Ocean 363. 635. 381. 382.'
Proc. Canadian In-stitute, Toronto V, 1887, No. 1 , 113. Neumayer, Die
Deutschen Exped . I,, 1891, 98. «) .Tournal Grogr. Soc. London, 1864,’ 270.
0 Report of Explorations etc. VIII, 137.
0 Peterm. 1856, 208. »Natur« 1889,87. '«) Beitr. zur Kenntn. des ruß
Reichs 1887, 99. ") Deutsch. Geogr. Blatt. VII., 76. ^'0 Seebohm, Siberia in Asia
41. >9 Peterm. 1879,426. Peterm. 1856, 115; Peschei, Europ. Staatenknnd'e
I., 262. ’•') III., 179.
117
Hudson-Companie wurden 1887 erlangt 10,257 weiße und 1400 blaue '),
Von den Eingebornen werden die Polarfüchse häufig in Pallen ge¬
fangen und zwar im nördlichen Kußlaud und in Sibirien von Oktober
an den Winter hindurch gewöhnlich nur beim Mondschein Neben
den Pallen stehen auch noch Götzenbilder, weil dann der Pang viel besser
gelingt. So stellen die Samojeden des Kreises Meseu, wenn der Tadibei
(Priester)zu weit entfernt ist, um den Willen der Tadepzii zu erforschen,
ein Götzenbild daneben auf; gelingt dann der Pang, so betrachten
sie es als Chehe und ehren es mit Opfern, andernfalls aber werfen
sie es als unbrauchbar fort^). Da nun die Samojeden den Eisfuchs
erst wenn er eine bestimmte Größe erlangt hat, fangen und töten,
also eine gewisse Schonzeit iunehalteu, die Russen und Istmaer aber
zu jeder Zeit ihn fangen, so nimmt das Tier auch in diesen Gegenden
an Zahl schnell' ab ^). Jene habgierigen Leute zerstören die Baue
mit laugen Stangen, ziehen die Jungen mittels Haken hervor oder
treiben sie durch Rauch heraus. Zu jener Zeit erhalten sie für den
Pelz eines jungen Exemplares höchstens 15 Kopeken, während das
Pell eines erwachsenen Tieres einen Rubel einbringt. Außerdem
«■eilt in einen zerstörten Bau in mindestens zehn Jahren nicht wieder
o
ein Puchs hinein.
Es ist bekannt, daß in manchen Gegenden, besonders im
südwestlichen Deutschland von Bauern, in Belgien und in Holland
von den Dienstboten Katzen gehalten werden, um durch den Ver¬
kauf der Winterfelle sich kleine Extra-Einnahmen zu verschafilen.
Ähnlich verfahren manche arktische Völkerstämme mit den Polar¬
füchsen. Am Anui haben die Leute seit sehr langer Zeit die Ge¬
wohnheit, die noch blinden jungen Tiere aus dem Nest zu stehlen,
aufzuziehen und wenn das Pell »reif« geworden, zu streifen Die
Ostiaken und die wenigen Bewohner auf Attu, dem äußersten west¬
lichen Eilande der Aleutischen Gebirgskette züchten und ziehen sie
sorgfältig auf, bis der Winterpelz sich vollständig ausgebildet hat*’).
In manchen Samojedenzelten fanden Reisende völlig gezähmte Eis¬
füchse, welche sogar mit den Schlitteuhundeu im besten Einvernehmen
zu leben schienen ’^). Am weitesten in der Zähmung haben es aber
wohl die Bewohner der Beringsiusel gebracht, welche zum Spielzeug
für ihre Kinder junge Füchse in den Behausungen halten®).
1) »Natur« a. a. 0. Zeitschr. f. allg. Erdk. N. J. XIX., 433.0 Daselbst 18GÖ,
59; Zeitschr. f. Ethnologie 1874, 289. 0 Zeitschrift f. allg. Erdk. N. F. X, 110.
0 Wrangels Reise I., 208. 0 Finsch, Reisen in Westsibirien 438; Elli, An
Arctic Province 205. 0 Peterm. 1872, 221. *) Behm, Geogr. Jahrb. X. 1. 243.
118
In eleu letzten Jabrzehnten gelangen die Pelze des sibiriscbeii
Eisfuchses zum gtüläeu Teil auf die bedeuteusten Pelzmärkte Europas,
desgleicbeu die amerikanischen, welche im westlichen Teil dieses Erd¬
teils besonders in Fort Michael (Alaska) angesammelt werden^). In
ÜstgrÖJiland trug man im Sommer Fuchspelzmützeu mit hinten
herabhängenden Schwänzen,^) in Werchojausk trägt mau über den
Eistuchsstrürnpfeu noch Kenstrünipfe mit dem Fell nach außen und
einen doppelten, innen mit Eisfüchsen gefütterten und mit lienfeil
überzogenen Pelz^). In Tobolsk war in den dreißiger Jahren der
weiße Fuchspelz besonders bei Frauen beliebt, das Fell junger Tiere
nahm man häutig zum Besatz der Parki^).
Nach denMitteüuugeu Bessels“^) sollen alle gefangeueuEisfüchse zahl¬
reiche Bandwürmer besessen haben, und die Mitglieder der Österreichi¬
schen Polarexpeditiou nach Jan Mayen hindeu die dortigen voll von
Ungezieter und au Hautkrankheiten leidend; rechnen wir dazu noch
die unangenehme Ausdünstung dieser Tiere in zoologischen Gärten,
so linden wir es recht begreiflich, daß die Eskimo au der Hudsou-
straße sie nur beim höchsten Hunger verzehren, die Kamtschadaleu
aber deren fleisch nie anrühreu In Zaschiwersk jedoch trägt mau
kein Bedenken sie zu verspeisen*^); die Leute dort sind vielleicht so
wenig Gourmauds wie die Besatzung auf Parry’s Schiff*’), welche
an dem weißen Fleische keinen Beigeschmack des gewöhnlichen
f uchsfleisches bemerkten, oder wie jene Holländer, welche auf Nowaja
Semlja 1596—97 gleichfalls Eisfüchse wenn auch nicht als Lecker¬
bissen genossen^®). Aßen doch auch die Kumaneu, als sie im letzten
Viertel des elften Jahrhunderts die Länder südlich von der Donau
verwüsteten, saus gene Wölfe, Füchse, Hamster und Mäuse ^^), dts-
gleichen die einstigen Kalmaks und manche Leute in Palästina
Aus meiner Sammlung von Tiernamen stelle ich folgende für Eis¬
füchse hier zusammen. Die Lappländer nennen ihn allgemein: njal,
sval, svala, das junge Tier: njala shuvga, den weißen: velges njala,
9 Woldt, Jacobsens Reise iu Nordwest-Amerika 156. 9 Deutsche Geogr.
Blatt. XL, 279. 9 Verbandl. der Ges. für Erdk. Berlin XV., 123. 9 Wran^ls
Reise II., 117.
9 Amer. Nordpol-Exped. 345. 9 Ausland 1889, 813. 9 Krasebeninnikow
Reise 119. 9 Coebrane, Eufsreise durch Rußland 164. 9 Narrative etc. Supp
lement I., 187. '9 Peterm. 1872, 183; vgl. 1871, 418. “) Scblözer, Gesch. d.
Deutsch, in Siebenbürgen 224; Neumann, Völker des südl. Rußlands 133.
^9 Yule, Book of Marco Polo L, 222. ^9 Seetzens Reise durch Syrien II., 111.
Fuchslungen hielten nach Jugler, Aus Hannovers Vorzeit, noch 1745 die Apo¬
theken vorrätig.
119
den blauen: zoppes njala, den sclnnutziggrauen : shelta njala. Bei den
Samojeden heisst er: uoga, sellero, siruolio ; bei denOstjaken: kiöu, na-
iilebg,iniSoinmerpelz : krestovatik; beiTataren:aik-til-koe=Weit3fuclis;
bei Jakuten: kuirsa, kirssa; bei Jukagiren : naven etla; bei Tuugusen:
tschitara, das noch iin Lager liegende Juuge: nor niki (noruik,
Höhle kleiner Tiere); bei Tschuktscheu : edTu-rekokadliu, tenup. Im
Rassischen heißt das Tier pes’ez (= Hündlein), in der Mehrzahl •
pesstzy, der weiße: bjelyj, der blaue: goluboj ; mundartlich sind iu Ar-
chaugel : peszi, in Sibirien: pessets, Tobolsk: pesez, auf Kamt¬
schatka: pessez, auf der Beriugsiusel : peszi golubye (der blaue).
Auf den Aleuten wird unser Tier genanut: krassnie pichi, von
Kskimo : terieuuiak, teriiuiak, kaka, auf Labrador der weiße: kak-
kortässuk, der blaue: amgasek. Die isländischen Bezeichnungen sind
nach Preyer und Zirkel (Reise nach Island S. 381): refur, fox,
dratthali, holtaporr, melrakki (Feldhund), bloddrekkur (Bluttrinker),
skölli (Spötter), bitur (schlau), lägfoetla (Schleicher), tortryggur (mi߬
trauisch); das Weibchen: refkeila, weil keila das Raubtier im all¬
gemeinen bezeichnet), töa (töfa): das Junge: tönyrmlinger (vgl. auch
Poestiou, Island, S. 261). Nach dem isländischen Vokabular bei
Anderson (Nachrichten von Island, S. 287) soll das obenerwähnte
grönländische »kaka« anch auf dieser Insel als »kakaka« gebräuchlich
sein. Nach Nordeuskiöld legt mau auch dem spitzbergischen Eis¬
füchse den Namen fjällräf bei.
Der Rohrsänger der Frankfurter Promenaden und Wallgärten.
Von Prof. Dr. O. Boettger.
»Von allen Vögeln meiner nordischen Heimat, die ich iu frem¬
den Ländern im Verlaufe von nun dreißig Jahren singen hörte, hat
mir Acroceplialus streperus immer die größte Freude bereitet. Es
lieirt ini Gesänge dieses Vögelchens trotz mancher Rauhheit der Me¬
lodie die Kühnheit geeint mit der Heiterkeit und dem Fleiße. Da
ist Mut, Sorglosigkeit, Frohsinn darin, freilich auch schwatzhaftes
Wesen und etwas Aufdringlichkeit. Aber wenn schon vor Sonnen¬
aufgang dieser Rohrsänger sein schnarrendes Schwatzen beginnt und
alles in der Natur noch so ruhig schläft, und wenn es nach kühler
Nacht auch dem noch nicht ganz ermunterten Jäger im fremden
Lande unbehaglich über den Rücken rieselt — dann tritt ihm beim
Auhören dieser Weisen die heimatliche Sceuerie mit ganzer Frische
120
vor die Seele. Am stillen Wasser, iiicbt weit von der Windmühle
und dem Weidenbusche, da bab’ ich die Angel geworfen. Das Wasser
ist so klar, es ist ein Spiegel^ die Flut zieht langsam bin. Rund¬
herum alles still, noch waltet Dämmerlicht. Es ist Sonntags früh
Am Haken krümmt sich der Leckerbissen, ein fetter Regenwurm.
Der Barsch soll aubeißen. — Vieles ist anders in der Feime. Aber der
Rohrsperling singt und die Sonne geht auf! «*)
Dieses liebliche Erinnerungsbildcheu aus der Jugendzeit unseres
trefflichen Gustav Radde kommt mir jedesmal in den Sinn, wenn
ich die Ankunft »meines« Gartenrohrsängers erwarte. »Tiri tiri tiri,
tir tir tir, zeck zeck zeck, zerr zerr zerr, tiri tiri tiri, dscherk dscherk
dscheik, heid heid heid, trett trett trett, zippe zippe zippe, zapp zapp
zapp, läck räck räck« u. s. w. ad indefinitum ertönt es früh morgens
plötzlich fröhlich und gemütlich im kleinen Vorgärtcheu, und ich
notiere erfreut den Tag der Ankunft meines kleinen Lieblings. Anno
1887 kam er am 16. Mai, dann blieb er leider zwei Jahre aus, weil
die Fliederhecken verschnitten und noch nicht hoch genug naclure-
wacbsen waren, 1890 begrüßte er mich am 19., 1891 am 17., 18^92
am 19. Mai mit seinem bescheidenen Liedchen. Wir sehen, das
Vögelchen hält auch auf Pünktlichkeit. Genistet hat es in den
letzten 15 Jahren bei uns in der Seilerstraße dreimal, öfter noch
aber die größeren Nachbargärteu oder die anstoßende Promenade den
engeren Verhältnissen in unserem Gärtchen voro-ezoo-eu
Ich bin kein zünftiger Vogelmauu und kenne die neuere Litte-
ratur über unsere deutschen Vögel nicht hinreichend, um sicher zu sein,
ob ich hier über ganz neue und unerhörte Dinge berichte. Aber
wie die Amsel und der Girlitz ist der Teichrohrsänger {Acrocephalus
streperus Vieill.) in Frankfurt seit 30 Jahren und länger ein stän¬
diger Briitvogel in den Wallgärten und Promenaden gewesen. Da
auch die neueste (III.) Auflage von Brehms Tierleben hierüber
schweigt, muß ich anuehmen, daß diese Thatsache noch allgemein
so unbekannt ist, wie sie es 1890 und 1891 zwei der bedeutendsten
deutschen Ornithologen (Hart er t undKoenig) war, denen ich zu
ihrer großen Überraschung bei ganz zufälligen Besuchen »meinen«
Rohrsänger im Garten vorstelleu konnte.
Wasser haben wir in nächster Nähe nicht; Bethmanns Weiher,
die beiden Teiche im zoologischen Garten und der Rechneigraben-
weiher sind nach drei verschiedenen Richtungen hin doch ziemlich
*) G. Radde, Reisen an der Persisch -Russischen Grenze. Talysch und
seine Bewohner. Leipzig, F. A. Brockhaus, 1886 pag. 267, Anin.
121
weit von unserem Garten entfernt und kommen für den Vogel —
abgesehen vielleicht von einem gelegentlichen Morgenhade — schwer¬
lich ernstlich in Betracht. Wie erklärt sich nun die jedem Vogel-
kenuer Staunen abuotigende Veränderung der Lebensweise und der
Nistgewohnheiten dieses meikwürdigen Vögelchens?
Den echten Teichrohrsänger, wie ihn Brehm sehr anschaulich
schildert, besitzen auch wir. Er wohnt, fast möchte ich sagen, gesellig,
d. h. nur einen ganz kleinen Baum von Schilf und Röhricht als seine
Domäne beanspruchend und behauptend, in den Enkheimer Sümpfen,
im Buchrainweiher und in manchen anderen Schilfsüinpfen der Frank¬
furter Umgebung. Ich habe ihn schon am 7. Mai (1862) bei Bischoffs-
heim singen hören. Er baut sein leicht kenntliches Hängenest an
mehrere benachbaite Rohrstengel, meist über dem offenen Wasser.
Frische, vollzählige Gelege fanden sich bei Enkheim vom 22. bis 28. Mai
(1862), die ersten Jungen am 4. Juni (1862). Nicht allzu selten
aber fehlt das Wasser unter dem Neste, worin der Vogel brütet,
und man kann das Nest daun trockenen Fußes erreichen.
Das ist der erste Schritt, den der normale Teichrohrsänger ge-
than hat, um sich zum Landleben zu bequemen und Gartenvogel zu
werden. Ehe wir ihn auf dem weiteren Wege, den er dazu nötig
gehabt hat, verfolgen, wollen wir noch kurz ein paar Worte über
sein Gebahreu im Rohr und beim Neste sagen. Wenig scheu schlüpt-
ten die Tierchen vor mir durch den Schilfwald, ja sie sangen mir
kletternd keck und offen ins Gesicht. Je näher ich aber an ihr
Nest hiuantrat, watete oder fuhr, um so lauter wurde ihr Schwätzen
und ihr Gesang, so daß es mir fast schien, als wollten sie mich hin¬
wegzetern und verwünschen. Im übrigen befestigte sich in mir aber
auch die Meinung, als seien sie weniger scheu als ihre Vettern in
in unseren Gärten und Promenaden.
Neben diesem »echten« Rohrsänger, der sich ausschließlich im
Schilfe aufbält und in ihm nistet und nur vorübergehend den Ufer-
gebüschen Besuche zu machen pflegt, besitzen wir hier eine zweite
Rasse, nennen wir ihn den Weidenrohrsänger, der, fast ebenso häufig
wie die Stammform, sich von ihm nur dadurch auffallend unterschei¬
det, daß er sein Nest zwar in der Nähe des Wassers, aber im Wei¬
dengebüsch oder Erleudickicht anlegt, 0,75 — 1,25 m über dem
Sumpfboden oder dem trockenen Uferrande, selten höher. Volle Gelege
dieser Form traf ich schon am 19. Mai (1862) in der Nähe von
üffenbach am Mainufer, stark bebrütete Eier noch am 4. Juni (1862)
bei Enkheim. Beachtenswert vor allem ist, daß Rohr, das diese
122
Tiere für ihren Nistplatz hätten erwählen können, im Überflüsse da
war nnd auch vielfach von den »echten« Rohrsängern in unmittel¬
barer Nachbarschaft benützt worden war.
Einen weiteren großen Schritt zum Landleben machte der Rohr¬
sänger, als er sich in der ersten Hälfte des Jahrhunderts in den
Promenaden von Frankfurt in der Nähe des ehemaligen Stadtgrabens
ansiedelte. Der recht schmale Wasserfaden genügte offenbar seinen
Ansprüchen und Bedürfnissen; als Ersatz für das Rohr boten ihm
weniger Weiden und Erlen, als vielmehr die zahlreiclien Syriugeu-
büsche mit ihren parallel aufstrebenden ein- und zweijährigen Schossen
Nistgelegeuheit. Er benutzte sie reichlich, und im Anfänge der
sechziger Jahre war der Teichrohrsäuger rund um die Stadt eine so
häufige Erscheinung, daß ich im Herbste die leicht kenntlichen, immer
in Fliederbüscheu in etwa doppelter Mannshöhe errichteten alten
Nester zu Dutzenden zählen und abschneiden konnte.
Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurde der Stadtgraben, das
Aquarium meiner Jugendzeit, nach und nach überbrückt, au das
städtische Kanalsystem augeschlosseu oder zugeschüttet. Der Stadt¬
graben, dessen schlammreichem, stinkenden Wasser ich soviel Anregung
und Belehrung verdankte, verschwand und mit ihm die Nachtigall,
aber nicht der weniger anspruchsvolle Rohrsänger. Er bildete eine dritte
Kasse, den Garteurohrsäuger. Die Vögelchen paßten sich nämlich auch
an diese tiefgreifende Veränderung ihres Aufenthaltsortes au nnd leben
jetzt, unbekümmert/ um die zunehmende Wasserlosigkeit ihrer Um¬
gebung, munter in der alten Weise fort.
Da langjährige Kränklichkeit mich au Haus und Garten fesselt,
konnte ich in den letzten Jahre)i nicht verfolgen, ob das Tierchen
in unseren Promenaden noch zunimmt oder bereits wieder abgenommeu
hat. Der Rohrsänger, der jedes Jahr unseren Garten aufsucht, ist
ein scheues Tierchen, das man zwar sehr oft zu hören, aber sehr
selten zu sehen bekommt. Es klettert und schlüpft, dank seinem
gestreckten Leibesbau, der mich — man verzeihe mir den weuio-
poetischen Vergleich — an die Schlankheit und seitliche Bewe<Hich-
keit des Igelflohes erinnert, der ja auch sein ganzes Leben laug um
die starren Stacheln seines Wirtes herumturuen muß, er schlüpft,
sage ich, mit der größten Gewandtheit singend und ewig schwätzend
durch das dichteste 1 liedergebüsch und kommt nur sehr selten auf
den Boden herab, meinen Beobachtungen nach überhauj)t nur, wenn
er Niststüfle für sein künstliches Nest zusammeusucht. Ebenso selten
sieht man ihn während der Tageszeit freie Strecken, und wäre es
nur unser kleiner Rasen, überfliegen; er wählt stets die dichtesten
Gebüsche als Marschroute und wandert von einem Busche in den
anderen und durch deren Vermittlung dann und wann auch von
einem Garten in den andern.
Seine Nahrung scheint mir fast ausschließlich — doch ist das
nur Vermutung; noch habe ich keinen Gartenrohrsänger auf seinen
Mageninhalt geprüft — aus den Räupchen eines für unsere Gärten
und Promenaden höchst verderblichen Wicklers zu bestehen, der in
manchen Jahren die Fliederblätter dergestalt heimsucht, daß sie schon
im Hochsommer ein verdorrtes, ja verbranntes Aussehen erliallen.
Dieser schlimme kleine Schmetterling heißt Gracilaria syringeUa F.
Es ist neben der scheußlichen Blutlaus fast das einzige Insekt, das
in unseren Stadtgärten noch in ungezählten Massen vorkommt,
während Luftverschlechterung und Entwässerung Leuchtkäfer, Mai¬
käfer, Feuerspeuzer (Theleplioriis) und selbst die Ameisen decimiert
oder ausgerottet haben. Selbst Regenwürmer sind innerhalb der Stadt
selten und der Bestand der Amseln ist infolgedessen kleiner geworden,
nicht infolge des Überhandnehmens der Katzen, wie viele meinen.
Daß alle die oben genannten, in ihrem Brutgeschäfte so verschie¬
denen und jetzt schon so weit von einander abweichenden Rohrsänger
übrigens zu einer einzigen Art gehören, schließe ich nicht nur aus
der Gleichheit ihres Gesanges, der Übereinstimmung in der Brutzeit
und Brutdauer und der charakteristischen Anheftungsweise und Form
ihrer Nester, sondern auch aus der Anzahl, Gestalt und Färbung
ihrer in Farbe und Zeichnung gleich wandelbaren Eier. Bälge der
verschiedenen Rassen nebeneinander zu vergleichen, habe ich freilich
bis jetzt keine Gelegenheit gehabt.
Wie es möglich wurde, daß ein ursprünglich so streng auf das
Leben im Rohre angewiesener Vogel sich zu einem ausgesprochenen
Gartenvogel umänderu konnte, ist freilich nicht ganz leicht zu ver¬
stehen. Folgende Momente dürften vielleicht bei dem Versuche einer
Erklärung in erster Linie in Betracht kommen. Trotzdem daß der
Vogel nur einmal bei uns brütet und höchstens 5 — gewöhnlich nur
4 _ Junge ausbringt, scheint er sich doch stark zu vermehren, was
auch Brehm ausdrücklich bestätigt, da er durch seine Lebens- und
Nistweise im Rohr unmittelbar über dem Wasser einen guten Schutz
gegen Raubsäugetiere genießt. Von den Katzen, den schlimmsten
Feinden der Singvögel, hat der Rohrsänger auch in unseren Gärten
in keiner Weise zu leiden, da der luftige Aufenthalt in dem feinen
Gezweige Eltern und Brut aufs trefflichste schützt und unser Vögel-
124
eben den gefährlichen Erdboden sorgsam meidet. Audi im vogel¬
mordenden Süden dürfte es, geschützt durch seine Lebensgewohn-
lieiten, leichter dem tötlichen Blei und den Fallen und Stellnetzen
entgehen als alle übrigen Singvögel, da es mit ängstlicher Sorge stets
in erster Linie auf seine Deckung bedacht ist.
Austrocknung und Urbarmachung der Sumpfstreckeu, vielleicht
auch Abnahme der gewohnten Nahrung veranlallten vielleicht einen
Teil der Tiere notgedrungen, den Versuch zu machen, als Pioniere
einer neuen Zeit sich weniger wasserreichem Terrain auzupassen, und
Gewohnheit und Liebe zur Geburtsstätte mögen dann die iuime Brut
veranlagt babeu, die als für den Lebensunterhalt ausreichlich er¬
kannten Örtlichkeiten wieder zu besuchen und als zweite Heimat
festzuhalten.
Aber selbst im inneren Wesen und Charakter des Vogels scheinen
sich leichte Änderungen schon jetzt bemerkbar zu machen. Ich mulA
den Gartenrohrsäuger für scheuer, unzugänglicher und vor¬
sichtiger erklären als seinen normalen Vetter im Rohrwalde. Viel¬
leicht erklärt sich aus seiner beispiellosen Fähigkeit, sich im Gelaube
der Sträucher unsichtbar zu machen, der Umstand, daß viele gute
Beobachter in Frankfurt das Vögelchen in den Promenaden noch
nicht gesehen haben, Leute, die freilich auch seinen Gesang nicht
kennen dürften, der den munteren Vogel fast immer verrät.
Auch mir ist das liebe Tierchen ein Sinnbild und Vorbild des
beharrlichen Fleißes. Ich kenne keinen Sänger, der selbst in der
heißesten Sommerzeit, im Juni, so ununterbrochen thätig ist und sein
verborgenes Wirken durch fröhlichen und ausdauernden Gesang jeder¬
mann kundthut. Kein Vogel singt ohne Mittagspause gerade in den
heißesten Tagesstunden so munter wie er.*)
Jahresbericlit ttder den zoologischen Garten in Hamburg 1891.
Wir entnehmen dem vom Vorstande der zoologischen G esellscliat’t in
Hamburg, Herrn Dir. Dr. Heinrich Bolau, erstatteten 30. Jahresbericht die
folgenden Angaben.
Der Ti erbestand war Ende 1891 der folgende:
58 Affen, Primates L . in 24 Arten
1 Flattertier, Chiroptera Bl heb . . j
_ Übertrag in 25 Arten,
*) Vergl. Jahrgang V, 1864. S. 252; X, 1869. S. 98; XXI, 1880. S. 50.
(N.)
Übertrag in 25 Arten,
7 Insektenfresser, Insectivora Cuv . » 1 »
31 Nagetiere, Bodentia Vicq. d’Az . »15 »
19 Halbaffen, Prosimii 111 . »11 »
97 Raubtiere, Carnivora Cuv . »47 »
3 Robben, Pinnipedia 111 . » 1 »
3 Rüsseltiere, Prohoscidea 111 . » 2 »
110 Paarzeher, Arliodactyla Ow . »46 »
5 Uuj)aarzeher, Perissodactyla Ow . » 4 »
7 Zahnarme, Bruta L . » 4 »
17 Beuteltiere, Marsupialia 111 . »11 »
zus. 358 Säugetiere . in 167 Arten.
178 Papageien, Psittaci Sund . in 59 Arten,
6 Kukuks Vögel, Coccygomorphae Huxl . » 5 »
339 Singvögel, Passeres Nitzsch . »115 »
72 Raubvögel, Baptatores II l . »47 »
55 Tauben, Gyrantes Bp . »19 » .
106 Hühnervögel, Basores 111 . »34 »
7 Laufvogel, Brevipennes Dum . » 4 »
65 Watvögel, Grallae Bp . »22 »
30 Storchvögel, Ciconiae Bp . »21 ->
576 Entenvögel LamelUrostres Cuz . »38 »
5 Ruderfüßler, Steganopodes 111 . » 3 »
18 Langflügler, Longipennes Ciiv . » 3 »
2 Taucher, Urinatores Cuv . » 1 »
zus. 1459 Vögel . in 371 Arten.
66 Schildkröten, Chelonia Brgn . in 20 »
20 Krokodile, CrocodiUa Opp . » 6 »
15 Schlangen, Ophidia Brgn . » 6 »
17 Eidechsen, Sauria Brgn . » 7 »
66 Amphibien, AmpUihia aut . » 3 »
zus. 184 Reptilien und Amphibien . in 42 Arten.
Gesammtbestand an Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Amphibien
Ende 1891 demnach:
2001 Tiere . in 580 Arien.
Angekauft wurden im verflossenen Jahre 113 Säugetiere, 537 Vögel und
22 Reptilien im Werte von M. 31 437.59.
An Geschenken gingen ein: 127 Säugetiere, 286 Vögel und 92Replilien
und Amphibien, nach mäßiger Taxe im Werte von M. 8 590.60. Als von be¬
sonderem Interesse sind hervorzuheben: 1 Orang-Utan, Pilliecns safyrus ]j.^
1 wolliger Greifstach 1er, Cercolahes villosns Fr. Cuv., 3 Panii>askatzen, Prelis
geoffroyi Grv., 10 Tenreks oder Borstenigel, Centetes ccniidntus Schreb , 1 Fossa,
Cryptoprocta ferox Benn., 3 Sonnenbären, Ursus malayanns Kffl., 1 brauner Bär,
IJrms aretos L., 1 Zwergantilope, CcplialopUus maxivclU Sm., 1 Pampashirsch,
Cervus camjje^tris Cuv., 1 Samburhirsch, Cervus aristoteUs Cuv., 1 Andenhirsch,
126
C. antisiensis, cl’Orb., 2 Guanakos, Anchcnia huannco Mol., 2 Bärenknsus, Pha-
langista ursina Temm., 1 Streifen-Schlangensperber, Polyhoroides radiatus Scop.,
1 südamerikaniscber Strauss, Phea americana V., 1 Sclieidenschnabel, Cliionis
alba Forst., 1 Weißscbopf-Rohrdonimel, Botaiirus leucolophus Jard., 1 Marabu^
Ijeptoptilus crumenifer Cuv., 2 Rosenflainingos, Phoenicopterus ruber L., 1 Bin¬
den pinguin, Apienodytes taeniatus Peale, 1 Diamautschlange, Morelia argus D.
B., und 3 Königsschlangen, Poa constricior L.
Ein sehr umfangreiches Verzeichnis aller Geschenke ist dem Be¬
richte angehängt.
Gezüchtet wurden 38 Säugetiere und 295 Vögel im Werte von M. 2977.50,
darunter 5 Löwen, 2 Silberlöwen, 1 Geschirr-Antilope, 1 Nylgau-Autilope, 1
Kaffernbüffel, 1 Mähuenmuflon und verschiedene Hirsche.
Durch Verkauf von 75 Säugetieren, 465 Vögeln und 18 Reptilien wurden
M. 19 958,60 eingenommen, darunter M. 5876. — für im Garten gezogene Tiere.
Die Tierverluste beliefen sich auf M. 14 504.10 gegen M. 10 86185 im
Vorjahre und M. 12 952.45 im Jahre 1889. An wertvolleren Tieren starben
•1 Tiger, 10 Jahr 7 Monate im Garten; 1 Löwin, 8 Jahr 77« Monate; 1 afrika¬
nischer Elefant, 4 Jahr 372 Monate; 1 Kaffernbüffel, 15 Jahr 9 Monate; 1 Säbel¬
antilope, 1 Dromedar, 3 Jahr — Monate, 1 Mähnenmuflou, 10 Jahr 4 Monate;
1 Elenantilope, 1 Riesenkänguru; — 1 afrikanischer Strauß, 1 Kasuar, 1 Emu,
5 Jahr 3 Monate im Garten.
Durch den Verkauf von toten Tieren, Geweihen und Eiern wurden M. 939.80
gelöst, im übrigen aber dem Naturhistorischen Museum und öffentlichen Lehr¬
anstalten in üblicher Weise passende Stücke unentgeltlich überlassen.
Der Tierbestand des Aquariums war Ende 1891 der folgende:
402 Fische . in 23 Arten,
23 Weich- und Gliedertiere . . 6 »
799 Stachelhäuter und Hohltiero . »10 »
zus. 1224 Tiere . . in 39 Artem
Für den Ankauf von Aquarien- und Terrarientieren wurden M. 1733.98
aufgewandt, dagegen durch Verkauf derartiger Tiere M. 136.90 eingenommen.
Die Ausstellung des Ham burg-Altonaer-Ver eins für Geflügel¬
zucht fand in den Tagen vom 11. bis 14. Juli in gewohnter Weise staHq sie
war vom Wetter besonders begünstigt und lebhaft besucht.
Der neue Saalbau ist, wie bereits im letzten Bericht angekündigt
worden war, am Himmelfahrtstage des verflossenen Jahres, den 7. MaF, mit der
großen Frühlings-Blumen- und Pflanzen-Ausstellung des »Gartenbau-
Vereins von Hamburg, Altona und Umgegend« in würdiger W^eise
eröffnet worden. Nachdem der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Herr Heinr. Freiherr
von Ohlendorff, den Neubau in einer Ansprache den Besuchern des zoologischen
Gartens übei geben hatte, oröffnetc Se. Magnificenz Herr Bürgerirreister Dr. Pe-
tersen als Ehrenpr-äsident des Gartenbau-Vereins die Blumen-Ausstellung und
gedachte insbesondere auch der Verdienste der Männer, die für die erfreuliche
Entwickelung des schönen Gartens in so erfolgreicher Weise thätig gewesen sind.
127
Mit dem Ende des Jahres 1891 war der fünfjährige Zeitraum abgelaufen,
für den von den Hohen Behörden ein Quantum von jährlich 50 000 cbm
Wasser un en tg el tl ich bewilligt worden war. Auf desfallsiges Gesuch wurde
durch Beschluß eines Hohen Senates und der Bürgerschaft die gleiche Vergün¬
stigung für die nächsten fünf Jahre gewährt.
Die Betriebseiunahme hat, obwohl die Witterungsverhältnisse gerade in
den Sommermonaten dauernd schlechte waren, auch im verflos.senen Jahre wieder
eine wesentliche Steigerung aufzuweisen. Dieselbe betrug in 1891:
M. 353 231.44
gegen » 322 237.43 in 1890,
mithin 1891 M. 30 994.01 mehr, als in 1890, oder, wenn
man den nach Verausgabung der Baugelder für den Saalbau um M. 13 705.70
geringeren Ertrag an Zinsen berücksichtigt, M. 44 699.71 mehr als im Vorjahre.
Der Ertrag des D auer karten Verkaufes war M. 118 259 (-b M. 18501
gegen 1890); an Eintrittsgeldern wurden eingenommen M. 166 312.55
(-f M. 129.71), die Pacht für die Restauration brachte M. 46 705.12(4- M. 10 267.73).
Die Betriebsausgabe betrug:
in 1891 M. 256 532.95
gegen » 238 555.56 in 1890,
mithin in 1891 M. » 17 977.39 mehr, als in 1890.
Abgesehen von geringeren Abweichungen gegen das Vorjahr erforderten
einen höheren Aufwand die Ausgaben für Annoncen, Plakate und Säulenanschlag
von M. 1362.28, für Futter und Verpflegung von M. 3675.34, für Bau-Reparaturen
und Materialien von M. 2723.85, für Unterhaltung des Gartens von M. 1577.63,
für Musik und Illumination von M. 6559.17 und für allgemeine Unkosten von
M. 4004.02; dem Pensionsfonds für die Angestellten wurden M. 2000. mehr
überwiesen. Niedriger berechneten sich dagegen die Heizungs- und Beleuch¬
tungskosten mit M. 3764.92.
Gegen Zahlung von Eintrittsgeld besuchten den Garten :
in 1891 312 515 Erwachsene,
75 261 Kinder,
zusammen 387 776 Personen, d. i.
34 923 Personen mehr, als in 1890.
Davon an den Tagen mit ermäßigtem Eintrittsgeld (50 Pf. oder 30 Pf.
die Person, Kinder die Hälfte)
in 1891 247 614 Erwachsene,
66 023 Kinder,
zusammen 309 637 Personen, d. i.
18 348 Personen mehr, als in 1890.
Das Aquarium besuchten:
in 1891 37 167 Pensonen, d. i.
281 Personen mehr, als in 1890.
Der besuchteste Tag in 1891 war der Pfingstmontag, der 18. Mai, mit
35 678 Personen.
Unentgeltlicher Besuch wurde gewährt: 1758 Lehrern und 52 923 Kindern
hiesiger Volksschulen, 1710 Zöglingen mildthätiger Anstalten, Seeleuten u. s.
w., zusammen 56 391 Personen.
128
Der Abrechnung entnehmen wir folgende Zahlen:
Gehalte und Löhne der Beamten und Angestellten M. 67 215.33, Anzeigen
M. 5934.56, Futter und Verpflegungshosten M. 46 695. — , Heizung und Beleuchtung
M. 7993.13, Baureparaturen M. 16 797.72, Unterhaltung de.s Gartens M. 19 535.94
Musik und Illuminationen M. 39 857.26. — Zu Abschreibungen wurden verwendet
M. 87 900.38 und aus dem Reingewinn von M. 9 119.85 dreizehn Aktien im
Werte von zus. M. 8 437.50 ausgelost und zurückbezahlt. In der Bilanz steht
das Tierconto mit M. 88 055.95, das Gebäudeconto mit M. 1 183 279.85, die
Krankenkasse der Angestellten mit M. 14 736.40, der Pensions -Fonds mit
M. 10 857.86.
L i 1 1 e r a 1 u r.
Brehms Tierleben. 3te Auflage. Die Kriechtiere und Lurche. Neubearbeitet
von Prof. Dr. 0. Böttger und Prof. Dr. Pe c h u e 1 - Loe s ch e. Mit 167 Ab¬
bildungen, 1 Karte und 16 Tafeln. Leipzig und Wien. Bibliographi¬
sches Institut. 1892. 825 Seiten.
Die kaltblütigen luftatmenden Wirbeltiere liegen von berufenster Hand
neu bearbeitet vor uns. Prof. Dr. Böttger hat durch zahlreiche sorgsame Ar¬
beiten in deutschen und auswärtigen Fachschriften sich Verdienste um die
Erweiterung der Herpetologie erworben, ihm werden aus allen Ländern und
Gegenden der Erde tote und lebende Tiere zur Bestimmung zugesandt, er hat
die Sammlung dieser Tiere in dem Senckenbergischen Museum neu geordnet
katalogisiert und zu einer der reichhaltigsten erhoben; er kennt die Litteratur,
auf diesem Gebiete vollständig und hat seihst an den lebenden einheimischen
Reptilien und Amphibien zahlreiclie Beobachtungen gemacht; außeialem besitzt
er eine angenehme Darstellungsweise, und so treffen alle Bedingungen für die
Abfassung einer populär-wissenschaftlichen Bearbeitungsweise zusammen. Und
nach genauer Durchsicht des 7ten Bandes von Brehms Tierleben dürfen wir
wohl sagen, dafs wir eine ganz vorzügliche Naturgeschichte der Kriechtiere
und Lurche vor uns haben, die sowohl an Vollständigkeit und Gediegenheit
wie* auch hinsichtlich der Ausstattung mit vortrefflichen Illustrationen alles
bisher Gebotene übertrifft. Unsere Litteratur darf stolz sein auf dieses Werk,
das dem Forscher wie dem Liebhaber eine Fundgrube für die Kunde der ge¬
nannten Geschöpfe bleiben wird. N.
Bücher und Zeitschriften.
Oniis, [ntcnmtioiialc^ Zeitsclirift. für die K’csainte Ornithologie, etc. llerausgegobeii von Prof
Dr. It. lilasins. ^’II. .Jahrg. tS!)l. lieft IV. Wien. Cai'l Oerold’.s Solin.
Itronn Klas.sen n . Ordnungen des 'fierrci e.h.s. 0 Hd. V. Abteil. Säugetiere von
Prof. Dr, W. IjCcIk^ 'Al — SD Liehn-g. Leijizig n, Heidelberg. C. P. W i n te r
Dr. .1 nl. Ziegler, 'rierpbänologi.'^clie Heobaclitnngen zu Frankfurt a. iM. (P,eric'bt der
Senckenberg. nalurfors(di. 0(!.sellsebaft ls!)2).
The .lonrnal of Ooiniiarative-Medieine and Veterinary Arcbive.s. Kdited bv W. A. C on k 1 i ii
& II. Sb. II 11 i d ek o j) e r. Newyork. March. IS!t2.
Nachdruck verboten.
Druck von Mahlaii & Walelsclimidt. Frftnkfiirt «. M.
Zeitschrift ,n
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Kedigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
No. 5. XXXIII. Jahrgang.
Mai 1892.
I II li a 1 I.
Zur Kenntnis der Legerölire des Bitterlings; von F. Leydig. — Das Ilasellmhn m
Livland; von O s k a r v o n Löwis. (Schluß.) - Zoologische Beobachtungen "'jüircmd einei
Kaukasusreise; von Carl Greve. - Bericht des Verwaltungsiuats der Neuen /.•olo^sc^
Gesellschaft zu Frankfurt a. M. an die Generalversainmlung der Aktionäre vom 11 Apnl 189-
_ Korrcs]>ondciizcn. — IvlGinoro MitteiluiigGii. — Tjittcratur. lidin^e^^angciic ci i
liUcher nml Zeitsclirifteu. —
Zur Keimtnis der Legerölire des Bitterlings.
Von F. Leydig.
Schon Heckel-Kiier führen in ihrem Werke*) an, daß der
Bitterliug, Bhodeus amarus, einer näheren anatomischen Untersnehnng
wert wäre, indem er sich in gar manchen Punkten von sonstigen
Cyprinolden nnterscheide. IlierzAi habe ich vor kurzem bezüglich
der Perlorgane schon einen kleinen bestätigenden Beitrag geliefert ^■*)
niid werde über anderes später noch berichten. Im Augenblick aber
(Tcstatte ich mir zur Stroktnr eines Körperteiles, über dessen Lebens-
erscheinnngen gerade die Blätter des »Zoologischen Gartens« An-
sprecliendes enthalten, einiges vorzulegen.
Zuvor mag gesagt sein, daß im Main bei Würzbnrg der Bittcr-
liinr nicht bloß häufig ist, sondern auch eine verhältnismäßig statt-
liehe Größe erreichen kann. Ich hatte wenigstens Stücke vor mir,
die fast drei Zoll lang und also wahre Ptiesen waren, gegonüher
dem Tiere, wahrscheinlich ans der Gegend von München .stammend,
*) Süfawasserfisclic der österroiclii.schcn Monavcliic von Heckei und
Kner, Wien 1858.
**) Leydig, Integument brünstiger Fische und Amphibien. Biolog.
Centralhl. 1892. ‘
Zoolog. Gart. .Tahrg. XXXIII. 1892.
9
130
welches Weber iu »natürlicher Größe« abbiklet. ") Auch über¬
treffen viele der hiesigen Exemplare jene, welche FI e c k el - Kn e r,
sowie auch Sieb old* **) uns im Bilde darstellen.
Die U r oge n i t a 1 p a p i 1 1 e ist es gewesen, welche ich nach
langer Unterbrechung zur Zeit ihrer vollen Entwicklung, im Monat
Mai, wieder vorgeuommen habe, und indem ich mitteile, was ich
gefunden, bitte ich um die Erlaubnis eine persönliche Erinnerung
vorausschicken zu dürfen.
Im Anfang der 1840er Jahre bemühte ich mich in Gemein¬
schaft mit einem andern Studierenden der Medizin, Ahlefeld aus
Darmstadt (ob er noch lebt?), die Fische des Mains bei Würzbnrg
kennen zu lernen, wozu wir uns ganz besonders durch das iu jener
Zeit erscheinende Reisewerk von Russegger angeregt fühlen,
weil in demselben für uns zum erstenmal von Heckei die Schlund¬
zähne der einheimischen Cypriuoiden in klarer übersichtlicher
Zeichnung als Hültsmittel der Determinieruug zu sehen waren. Da
wir nun ständige Gäste des Fischmarktes wurden, so konnte es
nicht fehlen, daß uns im Füühjahr au dem Bitterling der seltsame
Anhang in der Aftergegend zu Gesicht kam und ratlos, was daraus
zu machen sei, wandten wir uns an den damaligen 1-^rofe.ssor der
Zoologie, L e i b 1 e i u , mit der Bitte um Aufklärung, Dem Genannten
war die Sache ebenfalls fremd, doch schien er nicht viel davon zu
halten, wie er denn auch in seiner mehr als ein Jahrzehnt darnach
herausgegebenen Aufzählung der Fische des Maingebietes***) des
Gebildes mit keiner Silbe gedenkt. Ich selber zu andern Dingen
übergegaugen, kümmerte mich auch nicht weiter darum.
Erst im Sommer 1857, nach meiner Übersiedelung au die
Universität Tübingen, ergab sich Veranlassung, dem wunderlichen
Anhängsel erneute Aufmerksamkeit zu schenken, indem der damalige
Direktor des Stuttgarter Naturalieu-Kabinets, K r a u ß , mich auf-
snchte, um meine Ansicht über das Gebilde zu hören, welches unter¬
dessen auch ihm und andern Naturforschern in Stuttgart aufgefallen war.
Ich ging daher jetzt an eine wirkliche Untersuchung, als deren Er¬
gebnis ich aussprecheu konnte, der Teil sei keineswegs, wie man
gemeint hatte, etwas Krankhaftes oder Zufälliges, sondern stelle eine
sehr entwickelte Urogenitalpapille vor. Krauß gab nun eine den
U Weber, Fische J)eutsclilancls und der Schweiz, 1870.
v. Siebold, Süßwas.serfische von Mitteleuropa, 1802.
***) Korre.spondenzblatt des zool. mineralo".. Vereins in Regensbmg, 1853.
131
Gegenstaucl betreffende Mitteilung*), worin er meine Mithülfe nicht
im geringsten erwähnt, was ich alsdann einige Jahre nachher, ge¬
legentlich einer Doktordissertation **), gerügt habe, vielleicht in einer
etwas zu scharfen Form. Unzutreffend bleibt es auf jeden Fall,
wenn Siebold***) seiner Verwunderung Ausdruck gibt, daß der
so eigentümliche Teil »trotz seiner Augenfälligkeit« erst im Jahre
1858 von Krauß wahrgenommen worden sei. Dem eben Gesagten
zufolge ist dies lange vorher geschehen gewesen.
Die Urogenitalpapille oder Legeröhre, um die angegebene Zeit
vom lebenden Tier abgenommen, zeigt eine derartig lichte, pigment-
lose Epidermis, daß dieselbe das Aussehen einer hellen, homogenen
Zone hat, und beim Auflegen des Deckglases auf das frische Objekt
glaubt mau wahrzunehmeu, daß zellige Elemente (Lyraphkügelchen)
auf die Oberfläche sich hervordrängen. Schleimzellen sind vorhanden.
Becherorgane aber, welche so zahlreich über Kopf und Leib des
Fisches in bestimmter Anordnung sich verbreiten, was an anderer
Stelle im näheren erörtert werden soll, vermisse ich hier in der
Flpidermis. Das Epithel, welches den Innenraum der Röhre aus¬
kleidet, ist ebenfalls von sehr hellem Aussehen.
Der bindegewebige Teil der Wand enthält gelbes, rotbraunes
und dunkles Pigment in solcher Verteilung, daß die Wurzel der
Papille ziemlich hell ist und insbesondere dunkle Piginentzellen nur
spärlich zugegen sind; der mittlere Teil besitzt neben schwarzem
viel rotbraunes Pigment und nach der Spitze hin setzt sich das
Rotbraun in Gelb um. In den gelben Zellen erscheinen die Nuclei
wie umgewandelt in einen Haufen gelber Körner, welche voii
satterem Farbenton sind als jene im Zellenleib. Irisierendes oder
guaninhaltiges Pigment, im Integument des Körpers weit ausge¬
breitet, fehlt der ürogenitalpapille völlig.
Was nun aber den eigentlichen Zweck jetziger Mitteilung aus¬
macht, ist die Anzeige, daß sich eine entwickelte Muskulatur
in der Wand der Legeröhre vorfindet. Sie besß'ht aus Längs¬
muskeln, welche durch Seitenzweige so verbunden sind, daß ein
zierliches Netz mit weiten Maschen zu stände kommt. Die Fäden
dieses Muskelnetzes sind dünn und gehören der quergestreiften
*) Krauß, Über dcu Bitterling, Württemb natiirwiss. Jahreshefte, 1858.
**) Noll, der Main in seinem unteren Lauf. Frankfurt a. M., 1860.
***) v. Siebold, Süßwasserfische von Mitteleuropa, 1862.
132
Muskelart an, welche Sonderung ihrer Substanz allerdings nicht
immer dem ersten Blick sich ankündigt, aber bestimmt zum Vor-
schein kommt bei gehöriger Vergrößerung und genauer Prüfung.
Ihid ich will daher im Hinblick auf die Untersuchungsmethode aus¬
drücklich erwähnen, daß man die Muskeln, sowohl was ihre Anord¬
nung als auch ihren histologischen Charakter betrifft, am frischen
Organ leichter als an solchen, welche durch Reagentien gegangen sind,
ins Auge bekommt. — Wegen der querstreifigen Natur hat man
wohl diese Muskeln, ihrem Herkommen nach, von der Muskulatur
des Stammes abzuleiten und ich denke mir, daß sie sich hierzu un¬
gefähr so verhalten, wie das System quergestreifter Muskeln in der
Flughaut der Fledermäuse. *)
Besagtes Muskelnetz scheint nur in Thätigkeit zu treten für den
Augenblick, wo die ürogenitalpapille ihr Geschäft als »Legeröhre«
zu vollziehen hat. Denn außer diesem Moment baumelt das Organ
bei dem im Glase schwimmenden Fisch einfach hin und her, so daß
mehr als ein Beobachter bei flüchtigem Zusehen zuerst den Eindruck
erhielt, das Gebilde sei wohl nur etw^as Wurmartiges, das aus dem
After heraushiuge.
Im Hinblick auf die Lebenserscheinungen meldet zwar Sieb old
bereits, daß die Legeröhre »reizbar« sei und Reflexbewegungen her¬
vorbringe; an matten Fisehchen konnte er durch einen Stich in die
Legeröhre »Muskelzuckuugen« hervorrufen. Doch das in der Wand
wirklich vorhandene Muskelnetz erkannte er nicht, trotzdem er eine
histologische Untersuchung vorgenommen hat, denn er spricht aus¬
drücklich nur von Blutgefäßen und Nerven, die in das Organ ein¬
dräu gen.
Am aufmerksamsten hat Noll die Lebensweise des Fischchens
im Zimmer- Aquarium studiert und namentlich das merkwürdio-e Be-
nehmen beim Eierabsetzen verfolgt, weshalb denn auch seine An¬
gaben von größtem Interesse sind.**) Nach ihm gerät die Legeröhre,
vorher flottierend, in dem Augenblicke, wo das Ei in sie eintritt, in
»Erection« oder »Streckung« und das Ei schießt blitzschnell hin¬
durch in die Muschel.
Was ruft nun wohl die »Streckung« der vorher schlaff flottie¬
renden Legeröhre hervor? Geht dem Eintritt des Eies eine Fülluno-
der Blutgefäße oder vielleicht etwaiger Lymphräume in der bindege-
*) Siche Leydig, Üher die äußeren Bedeckungen der Säugetiere, Arck
f. Anat. n. Phys. 1859, S. r,93.
**) Noll, Gewohnheiten und Eierlegen des Bitterlings, Zool. Garten. 1877.
webijjjeii Wand vuriiiisV Oder hat Noll recht, wenn er die Vei-
inutung ansspricht, daü es das Ei selbst sei, das bei seiner Länge
und seinem blitzschnellen DurchschieLen die »btreckung der Lege¬
röhre« veranlasse? Auf alle Fälle wird das von mir aiifgezeigte
Muskelnetz, das auch Noll unbekannt war, durch seine Ihätigkeit
auf das Fortgleiten des Eies eine Wirkung ausübeii müssen, wie
es auch selbstverständlich ist, daü die von Siebold beobachteten
»Zuckungen« der Legeröhre auf das Muskelnetz zurückzuführen sind.
Immerhin sieht man auch wieder an Gegenwärtigem, wie selbst
ganz einfach scheinende Vorgänge doch einstweilen noch manche
Fragen zur Lösung uns übrig lassen.
Das Haselhuhn iu Livland.
Von Oskar von Löwis.
(Schluß.)
V. Jagdliches.
Das Haselhuhn nimmt unter den livländischen Jagdobjekten
eine sehr wenig geachtete Ötellung ein, in Deutschland winde man
sagen: es gehöre zur Niederjagd; die meisten Hühner werden ge¬
legentlich »anderer« Jagden, sehr viele nur zufällig eilegt; dafüi
nimmt es als Tafelwild unstreitig die erste Stelle ein, indem uns
das Fasanen-Wildpret durchaus fehlt. Es gibt nur vereinzelte,
wenige Besitzungen, auf denen sich der Jagdherr das Haselwild voi-
behielte und dessen Abschuh den Forstwärteru untersagte. Die
meisten Herren, auch sonst tüchtige, leidenschaftliche und fleihige
Jäger, wenden ihre der Jagd gewidmete Zeit viel lieber anderem
Wilde zu, überlassen gerne den Forstbeamten den Abschuh, zahlen
mit Vergnügen das geringe Schuügeld für Pulver und Blei, um
nachher mit noch bedeutend vermehrtem Vergnügen den Braten zu
schmausen. So ein richtiger »ländischer« Geburtstag der Herrschaften,
der Hochzeitstag und sonstige seltene Feste, sind ohne ein bis zwei
Schüsseln geschmorter Haselhühner nur ungern denkbar; es muh eben
sein. Früher war es auch immer so, jetzt leider nicht mehr allemal.
Jeder Jäger und Forstbeamte trägt in haselhühneiieichen hoist-
distrikten vom Frühjahr bis zum Spätherbst stets ein Paar Lock-
pfeifen aus Zinn, Blei oder besser aus dem Flügelknochen des Sperbers,
des Merlin , des Haselhuhns, des Llaushuhns, auch aus Hasenknochen
134
bei sieb, aniliieiiieii der Jagdtasebe oder im Knopfloch bängeud, auf
allen Gangen mit. Er versucht das Anreizen gelegentlich au allen
passenden Waldstellen fast täglich bei seinen Dieusttouren, sei es
auf Gängen zu speciellen Waldgescbäften, bei allgemeinen Revisionen,
auf dem Waldsclinepfeustande nach der Auerhahn- oder Birkhahn¬
balz oder im Herbst während der Hasenjagd mit Brakirhunden, kurz
jede freie Zwischenstunde oder Rastzeit wird versuchsweise benutzt; ist
die Beute auch nicht oft zu erringen, — ini Lauf des Jahres summiert
sie sich doch ! Die meiste Nachstellung erfährt das delikate, dem
Wilderer sehr gut, dem Forstwart die Schufl-Auslagen deckend,
bezahlte Haselhuhn im Frühjahr von Mitte März bis Mitte Mai,
ferner im Juli und Anfang August zur Jungwildsjagd - Zeit und
schließlich im September und Anfang Oktober während specieller
Lockjagd oder bei Hasenjagden — im Winter wird es nur ganz
ausnahmsweise zufällig bei uns erlegt. — Ausschließlich widmet und
opfert nur sehr selten ein Jäger den ganzen Tag speciell der Hasel-
hühnerjagd, etw'a nur daun, wenn au reichlichem Wildpret zu fest¬
lichen Gelegenheiten sehr viel gelegen ist; die Jagdlust allein brächte
solche Geduld und Ausdauer nur als Ausnahme zu stände. So ließ
ich z. B. im September 1875 zur Hochzeit meiner Schwäoeriu
4 rorstwarte während 3 Lage nur Haselhühner jagen, was bei einer
Schußprämie von 25 Kop. per Stück (= 50 Pfg.) eine Beute von
42 Stück ergab. — Die Leute jagten nur in der Frühe des Morgens
mit der Locke ; im Lauf des Tages wurde durch Klopftreiben und
Anschleichen bei weitem das meiste erlegt. Die Letten sind Meister
im lautlosen »Anpürschen« ; ihre, durch keine Bücherstudien er¬
müdeten Augen leisten hierbei Großartiges.
Bei der Suche nach Birk wild in niedrig bestandenen Juug-
schlägen stoßt man zufällig zuweilen im Juli oder Anfajig August
auf eine vor dem Hunde niemals festliegende, sondern stets weiter
lautende, endlich sich erhebende Haselhühuerkette; da dieselben ge¬
wöhnlich nur zu 2, 3 — 4 Stück a tempo auffliegen, wandern dann
viele in die Jagdtasche, da der Schuß vor dem Hunde, von Bäumen
ungedeckt, kein schwerer genannt werden darf; ist der Junnschlat»-
sehr groß, so fliegen sie nicht bis zum Hochwald, sondern werfen
sich wieder zu Boden und laufen weiter. Ist der Hochwald aber
200 bis höchstens 300 Schritt entfernt, dann streben alle Hühner die
Bäume zu erreichen.
Über die Jagd mit der Lockpfeife zur Balzzeit und im Herbst
ist so oft erschöpfend Gutes und in ausgezeichneter Form geschrieben
185
nntl veröffentlicht worden, daß es als »Holz in den Wald tragen«
erscheinen niilffte, wollte ich noch etwas darüber berichten; es gibt
darüber nichts Nenes.
Dagegen scheint das Anlocken versprengter, etwa ^/i oder ^/ö
ausgewachsener Junghühner ini Juli oder ersten Drittheil des August
russischen Stiles, während sie noch eng in geschlossener Kette der
mütterlichen t^ührung folgen, in Deutschland gar nicht geübt und
wenig gekannt zu sein, weil die Jagd zu der Zeit noch geschlossen
ist. Anders liegen die jagdlichen Verhältnisse in Divland, wo dem
lieichsgesetze gemäff jegliche Jagd schon am 29. Juni/11. Juli, dem
Peter-Paul-Tage eröffnet wird. — Da in der betreffenden Litteratur
so gut wie nichts über diese nicht uninteressante Lockjagd auf
Sonnnerhühnchen zu finden ist, so erlaube ich mir, eigenste Erfah¬
rungen hierüber kurz mit zu teilen :
” Zur Sommerjagd auf junge Haselhühner in geschlossenen
Ketten ist es ratsam , niemals allein , sondern am besten zu
dreien (2 Schützen und 1 Hülfsjäger) mit einem kurz und vor¬
sichtig suchenden, durchaus ruhigen Hühnerhunde früh morgens oder
gegen Abend auszuziehen. Lohnend und jagdlich amüsant ist nui
Bejagen »jungfräulicher« Ketten, denn nach 1 oder 2maligem
Locken und Beschießen werden die Hühner mißtrauisch, stumm und
scheu. — Das beste Terrain ist dichter, jüngerer Bestand oder
Sumpfwald mit halbkrüppeligem Baumwuchs und dichtem Stauden-
o-ewirr am Boden. — Wurde die Kette in lichten Hochwald hinein-
rretriebeu, so hält es schwer, unbemerkt einen guten Ansitz zu er¬
wählen, die Hühner fallen schneller zu Boden, sehen und treffen sich
bald, um dichterem Bestände zuzustreben. Am Morgen muß der
Hülfsjäger das erste Auftreiben im thaunassen Blättergewirr des Ge¬
strüpps, Anwuchses oder Sumpfgebrächs zustande bringen, während
die Herrenjäger mit dem Hunde, ohne allzu naß zu werden, bequemere
Pfade oder lichtere Gelände suchend, folgen. Sobald eine dem
Alter resp. der Größe uach gut beschießbare Kette hoch gemacht und
durch Versuche des » Anpürschens«, welches in diesem Altersstadium
einem gewandten Jäger nicht schwer fallen dürfte, zersprengt und
verstreut wurde, tritt an die Jäger der entscheidende Moment heran,
nämlich die richtige Auswahl des Lock-Ansitzes im Centrum der
auseinander geffüchteteu Kette. Man wähle sehr sorgfältig prüfend
die Umgebung, den Bestand, kurz alles Einschlägige m Erwägung
ziehend, einen gut gedeckten Ansitz, an welchen die beiden Schützen
yt^va 7—8 Schritt von einander Platz zu nehinen haben, während
136
der Hültsjiiger mit dem an die Leine geuommeneu Hund sich völlio-
unsichtbar in einen absolut bergenden Busch hinein verkrieclieu
muh. Nach einem Zuwarteu von etwa 10 bis 40 Minuten (dieses
muh sich nach dem Grade der Verschüchterung richten; beschoh
mau beim Anschleicheu die Kette bereits lebhaft, trieb die Hühner
wiederholt ab und hin und her, so warte mau mindestens ’/2 Stunde,
— scheuchte mau sie wenig oder gar nicht, kann das Locken sehr
bald beginuen) beginne mau das Locken, indem mau die gewöhnliche
llahneulocke mit dem Schalloch nach unten tief in den Mund bis an
den Gaumen steckt, die Luft durchströmeu läht, während die Zungen¬
spitze die Pfeife nach oben andrückt und die zweite Silbe »ü« durch
die Unterlippe erzeugt und abschlieht; 3—4 mal muh das »Tfiu _
tliu — tfiu — tfiu« nach einander erklingen.
Beim Klopftreiben habeich Ende August und im September jeden¬
falls überhaupt das meiste Haselwild, bei gelegentlicher Zuhülfeuahme
der Locke, erlegt. Es gehört hierzu aber eine sehr genaue Lokal¬
kenntnis, indem dieHühiier gerne seitlich abschweukeu und auch gewisse
»Klugwechsel« eiuzuhalten pflegen. Es gibt auch Örtlichkeiten,
in denen der Trieb wie geboten und leicht erscheint z. B. wo schmale
langgestreckte Waldwiesen den Wald natürlich in ebensolche Cou-
lisseu einteilen ; au derartigen Plätzen ist diese Jagdart nicht schwierig
und recht ergiebig.
Im allgemeinen erfordert aber das Zutreiben viel Umsicht, Er¬
fahrung und Geduld. — Ich habe Porstwarte gekanut, welche im
eigenen, genau bekannten Revier fast jedes aufgescheuchte, darnach
vorsichtig umgangene Haselhuhn dem von ihnen mit oft instinktivem
Geschick angestellten Jäger zuzutreiben wußten. — Beim reizvollen
und schwierigen Schießen im Fluge ist es ratsam, sehr feines
Schnepfeuschrot zu benutzen, damit das Huhn möglichst dicht gedeckt
und dadurch allemal die Flügel niitbrecheu müssen, widrigenfalls
manches Stück beim sturnischnellen Fortschießeii totkrank im dichten
Wald verloren gehen dürfte, »zu Holz geschossen würde«.
Leyen beschreibt diesen Juughühuer-Lockruf als ein Pi _ pi _
pi— pi, was mir unrichtig erscheint, da mau deutlich das Zischen
eines S vorher, dann erstsilbig ein »i« und schließlich ein »u«
durchhöreu kann. Der Gaunienhauch bringt die erste Silbe, die
Unterlippe allein das tiefere »u« und den korrekten Abschluß her¬
vor. Anfangs mache mau mehrere Minuten Pause; antwortet die
alte Henne, was meist bald und eifrig bei gutem Zulauf am Boden
zu geschehen pflegt, so kann man die Pausen abkürzen und falls
rund umher die Jungen locken, dieselben fast fortlasseu.
Bauei-jägei- — und in einsciui abgelegeneu Furstdistrikteii auch
mancher heutelustige Heireujäger schieüeu vorweg die alte 1 leime
ah (als ich noch sehr jung war, beging ich diese »Sünde« wiederholt),
locken dann als solche und erzielten meist glänzende Erfolge ; nach-,
her, d. h. zum zweiten Maie sind aber daun die verslörteii, verwaisten
und für immer sich versprengenden Junghühner nicht mehr zu he-
jagen, folgen vor dem Herbst keiner Locke und werden sehr scheu.
— Beim gebotenen Schonen der Henne ist es ratsam, entwedei
dieselbe bei sehr dichtem Bestände und gutem Versteck m der ?sahe
zu belassen und ihr Anlocken, sich zum Vorteil, auszunutzeu resp.
einige Schüsse auf zulaufende Hühner anzubringen, oder abei^ die¬
selbe gründlich durch Erschrecken und Forttreiben zu vergrämen,
was der Hülfsjäger ihr folgend abseits besorgen resp. ihr den
»Schnabel« dadurch stopfen kann ; denn beginnt sie abseits vom
Ansitz wieder eifrig zu locken, so entführt sie bald die ganze Jung¬
schar auf anderes Terrain und die Jäger haben das Nachsehen.
Die Jungen folgen eben dem mütterlichen Pfift lieber als dem
Locken der Geschwister. Geht alles nach Wunsch und Plan, so
kommen die Jungbühner auf den Lockrufzu Fuh, seltener im Fluge,
oft von Ast zu Ast springend heran und sind dabei zweckgenügend
unvorsichtig, anfangs fast dummdreist, fürchten bei erstmaligem
Bejagen der Kette das Knallen des Gewehres nicht odm- nur wenig.
Sobald sie aber bei wiederholtem Bejagen derselben Kette in dieser
Art niiütrauisch wurden, schweigen sie ganz und lassen auch die
verführerischste Locke unberücksichtigt, höchstens »plittern« sie,
sich gegenseitig warnend, sammeln sich wie auf Verabreden, all-
niählich zu Boden fällend, stumm und verschwinden in irgend einer
Dickung; wie gesagt »jungfräulich« niuü das Volk sein! Versuchte
ich, während die Henne noch lebte resp. geschont wurde, auch^ als
olche zu locken, so verdarb ich mir regelmälHg die Jagd, vergrämte
alle Hüliner; vermutlich merkte die Alte die gefährliche List und
warnte in ihrer dem Menschen unverständlichen Weise alle Kinder.
Das günstigste Terrain für diese Jagdart ist ein moosiger, feucht-
grümliger, im Unterholz sehr dichter, im Baumstande lichter, halb,
rkrüpplicher Bestand, an dessen Boden Bohr, Snmptstauden etc. das
Anlaufen auf demselben den Hühnern erschwert. Wo dichtbelaubte^
lamdistige Grähnen von circa 5-6 Meter sich mit ihren biegsamen,
dickholzigen »Armen« fast berühren, ohne selbst nahe zn einander
zu stehen, da ist das Anlockeu und der Abschuü möglichst gut aus¬
führbar. * Mit großem Geschick laufen die Junghühner auf den
13S
schwunkeu Ästen der Locke zu, überspriugen sebr graziös und
gescliickt die Zwischenräume, sind dabei dem Jäger sehr sichtbar,
während sie selbst durch die Schwierigkeiten ihres halbluftigen Weges
von sicheindei Umschau abgelenkt erscheinen. In Kiulliug besitze
ich derartige günstige Bestände viele und habe dort hübsche erfolg¬
reiche Lockjagden im Sommer abgehalten. 1869 war ein reiehge-
seguetes Haselhühuerjahr ; damals konnte ich derart eines Morgens
in wenigen Stunden 9 Stück aus 2 Ketten und 6—7 Stiiclf zu
wiederholten Malen erlegen, wobei allerdings auch einzelne Hühner
durch Anpürschung beim erstmaligen Baumen geschossen sein dürften.
Mein Bruder, weiland Rendant des Adligen Kredit -Vereins zu
Riga, schoL damals von einem Ansitz aus binnen wenigen Minuten
4 aut Ästen anlaufeude Junghühner der Reihe nach ab; das Knallen
des Gewehres, der Rauch störte die Naiven durchaus nicht. Zuweilen
nach einem Sprung auf einen sehr schwanken Ast trat ein förm¬
liches Schaukeln ein; nun mußte das Hühnchen richtig balancieren,
dabei die Flügel öffnen und geschickt weiter turnen; diese und ähnliche
Bilder erhöhen den Reiz der Sommer - Lockjagd gar sehr. DieStimmen-
^ erwandtschaft mit den anderen Waldhühnern in gleichem Alter
ist nui in diesem »riiu tfiu tfiu« heraushörbar; wie sonst auch,
ist in jugendlichem Alter manche Familienähnlichkeit allein noch
spürbar; embryonal sind sogar Fisch und Mensch sich ähnelnd; junge
Haselhühner locken birkhühuer- oder moorhühnerartio- 1
O *
VI. F a r b e n s p i e 1 e und Bastarde.
Abweichungen von den gewöhnlichen, im Norden mehr grauen,
nn Süden inehi biauuen Färbung sind in unseren Ostseeprovinzen
lesp. Livland sein selten, jedenfalls noch seltener als bei den anderen
Waldhühnern und dem Rebhuhn. Im rroviuzial-Museum zu Reval
befinden sich einige auffallende und interessante Farbenvarietäten des
Haselhuhns, doch stammen sie ausnahmslos alle vom weltberühmten
Wildmarkt in St. Petersburg her, also aus dem Innern Rußlands,
aus dem Osten. — Im zoologischen Kabinet der Universität zu Dor¬
pat steht gut ausgestopft ein rauchgraues, ziemlich dunkles, fast
einfarbiges Exemplar eines Hahnes. — Vor vielen Jahren sah ich
irgendwo in unserer Heimat ein trüb saudfarbiges, mit etwas
dunklerem Schwanz und Flügeln ausgestattetes Exemplar, weiß aber
nicht mehr, ob es ein Männchen oder Weibchen gewesen war.
Ich selbst habe nur 1886, als einziges Objekt, eine Farbenvarietät
im Freien beobachten können. Dieses Haselhuhn hauste Ende August
139
in völliiier Isolieniuj»' im uordwestliclien Teil meines Parkwaldes 7ai
Meiershül* und war sehr dunkel, schwärzlich gefärbt. Zweimal konnte
ich das nicht scheue, hochinteressante GeschöjT gut beobachten,
führte aber leider kein Gewehr mit mir. Der Rücken und fechwanz
erschienen mir bei etwa 30 Schritten Entfernung fast rein schwarz,
Hals und Brust dunkel, rauchgrau und der Bauch fahlschwarz ge¬
färbt zu sein. Beim Abstreichen machte es den Eindruck, fast so
schwarz wie ein Schwarzspecht zu sein. Meine Suche uud Nach¬
stellungen mit dem Gewehr blieben leider erfolglos; es schien im
September jedenfalls in meinem Revier nicht mehr anwesend zu sein
— und blieb für immer verschollen.
Mir ist keine einzige Bastardbildung aus den Ostseeprovinzen
zu Gesicht gekommen, noch hörte ich von einem einzigen, auch nur
einigermaßen verbürgten Falle in Livland erzählen. Halbgebildete
Förster, ungebildete Waldläufer u. d. in. machen sich so gejiie
»interessant« durch wunderbare Mähr aus dem Waldesduukel ; sie
wollen allerlei gesehen haben, was niemand noch sah, oder bauschen
einige abweichende Federn zum Kleide eines Bastardes auf etc. etc.
— Die als verbürgt in der Fachlitteratur bekannt gemachten wenigen
Fälle einer mutmaßlichen Kreuzung mit dem Birkhuhn bilden
Ausnahmen seltenster Art und müssen geglaubt werden. Die An¬
gaben über eine angebliche Kreuzung mit dem Moorschneehuhn ge¬
nügen meinem Thomas-Unglauben nicht; wie soll ein Ilasel bahn zum
Werl,»eu um eine Moorheune gelangen, wie eine Haselhenne zur
Gunstbezeugung eines Moorhahnes? Im Norden leben die Mooischnce
hühner ausschließlich aut baumlosen Moosmorästen mit ganz nied¬
rigem, gänzlich verkrüppelten Kiefern von 2 bis 6 Fuß Höhe höchstens,
mcüst sogar auf ganz nakter Tundra, die nur Zwergbirken und Beeren¬
kraut wachsen ließ. Dahinein verirrt sich ein Haselhuhn niemals,
eine Henne schon recht nicht, da sie dem Geschlechte nach in der
Minderzahl, also von Haselhä’hnen umschwärmt sein dürfte. — Ohne
schützendes Waldesdickicht kein Haselhuhn, und derartige Dickungen
meidet das Moorschneehuhn ! Birk- uud Haselwild bewohnen häutig
das gleiche Terrain im Juugwalde und dichtem Sumpf bestände und
dennoch, wie selten nur die unnatürliche Bastardierung. Wenn
also die häufige Gelegenheit bei der nahen Verwandtschaft zwischen
Birk- uud Haselwild keine »Liebesdiebe« zu machen imstande ist,
sondern nur als ganz seltene, abnorme Ausnahme so etwas Vor¬
kommen läßt, wie könnte da ohne irgend welche lokale Ge¬
le <^en heit, bei sehr weiter Verwandtschaft die unnatürliche Lust
140
erwachen, zur 1 hat uutl Produktiou werden ? Gäbe e.s viele Bastarde von
Birk- und Haselliuhn, dann könnten Ausnahmen mit dem Moor-
sclmeehuhu eher gedacht und geglaubt werden; — so aber nicht!
Daun glaubte ich eher an eine Kreuzung zwischen Kormoran und
Schwan, sie bewohnen doch das gleiche Naß — leben auf der Fläche —
tauchen in dieselben Tiefen und sehen sich oft! Ich kenne einen
Rittergutsbesitzer, der auch Jäger ist, welcher alljährlich Bastarde
verschiedener Art gesehen haben will; eine etwas »hellhalsige« Birk-
heune muß sofort herhalteu; ich glaube ihm nicht mehr; Zweifeln
hat auch sein Gutes!
Vll. Altuo torisches und Neuer run gen es in thetischer
F 0 r m,
1) Es gibt in Europa und Asien nur eine untrennbare Art Tctrao hona-
sia. Die klimatisch-geographischen Abweichungen sind nicht wesentlicher
oder größer als bei vielen anderen Standvögeln mit großem Ver¬
breitungs-Gebiet. Es ist daher wünschenswert, alle kleinen und
großen Trenn ungsversuche, die früher artspaltend gemacht worden
sind, wie auch die abweichenden lateinischen Namen, küufti<r nicht
mehr zu berücksichtigen, sondern dieselben einfach unberücksichtigt
zu lassen.
2) Wie das geschlechtlich sehr grell verschiedene Kleid und
noch m e li r die völlig a u d e r s tönende S t i m m e der üb¬
rigen Waldhühner auf Polygamie und das nahezu gleichgefärbte
Gefieder und die sich ähnelnden stimmlichen Äußerungen
der Schnee- und Feldhühner auf Monogamie hiuweiseu, so deutet
auch beim Haselhuhn das beiden Geschlechtern ähnliche Federkleid
lind sehr eintönig harmonierende Pfeifen und Plitteru
auf eine eheliche Zusammengehörigkeit des Hahnes und der Henne.
Ö) Das starke Durchforsten der Wälder, namentlich auch des
jungen, noch buschartigen Anwuchses in denselben, wird bei allge¬
meiner und konsequent rationeller Durchführung imstande sein, das
Haselhuhn in Kultui-Einopa nahezu auszurotten, wie dasselbe da¬
durch bereits aus den mitteleuropäischen Tiefwäldern in die wilderen
Bergschluchten und ostwärts in die dichteren, naturwüchsigen Sunipf-
bestände gedrängt wurde; im gelichteten Bestände mußte das häus¬
liche, am gleichen Platze gern weilende Haselhuhn eine leichte
Beute der allzu zahlreichen Feinde, auch des homo sapiens \verden.
4) Im höheren Norden weilen die gern trocken liegenden und
sandbadenden Haselhühiier meist an südseitigeu Abhämmn und Wald-
Ul
rändern, im sonnigen, trockneren Süden inelir an den Nordseiten
der Berge und Hochwälder, welche Erscheinung aber je nach dei
Tages- und Jahreszeit und der augeublicklichen W itterung inanchei-
lei Abweichungen zu erfahren hat.
5) Das Haselhuhn bevorzugt für den größten Teil des Jahres
trockengründigen Wald und rückt im Gebiet der Tiefeben- Wälder
im Sommer der reicheren Insekten- und Beeren-Nahrung halbei in
die, außerdem besseren Schutz gewährenden, sehr dicht verwachsenen,
rnoos- und feuchtgründigen Sumpfbestäude ein, wo dasselbe nicht
bereits durch fortschreitende Durchforstung und Rodung der ge¬
mischten Bestände in solche Morastwälder gänzlich zurückgedrängt
wurde. Reine Heidekiefern-ßestände behagen dem Haselhuhn nicht.
0) Das herbstliche, zeitweise Verlassen des engeren Wohuplatzes
auf kurze Entfernungen hin und das weitere Abstreichen einzelner
Hühner in Vorwälder und sogar isoliert abliegende Feldgehege ist,
abgesehen von momentanem Verscheuchen und Zersprengen oder
Aufsuchen einer Lieblingsnahrung, allein durch den herbstlichen,
instinktiven Trieb nach einer frühzeitigen, sehr absonderlichen und
arteigentümlichen platonischen Paarung behuts winterlichen Ehe
resp. Brautstandslebens — also durch die Suche nach einer Ge¬
fährtin bedingt.
7) Die Haselhühner grabeu sich niemals derartige lange Gänge
unter resp. in den Schnee, wie solche die Birk- und Moorhühner
im Norden häufig anzulegen pflegen, sondern bei Unwetter lassen
sie sich passiv oft unter einer iriedrigästigen Rottanne (Grähne) oder
einem Wacholderbusch etc. förmlich zu- und einschneieu , derart in
überdachter, geschützter Schneestube zuweilen 2—3 Tage hindurch
lebend, dort schlafend, scharrend und sich kümmerlich ernährend.
8) Das wiederholt bestätigte Zusammenrotten der Haselhühner
im Winter ist eine ebenso sehr seltene, als meist nur geographisch¬
lokale Erscheinung, durch welche die Regel nicht umgestoßen wiid,
nämlich daß das Haselhuhn im Winter in ungeselliger Ehe oder
als Junggeselle lebt.
9) Regel ist und bleibt, daß die Haselhühner im allgemeinen
Bodenschlaf halten ; doch kommen Ausnahmen des Baumschlafes
überall vor, im Norden und in der Ebene sehr selten, wdihrend im
Süden und im Gebirge, speciell in manchen Gegenden der Banm-
schlaf nicht ungewdlhnlich ist.
10) Während erwachsene Auer- und Birkhühner sich mitunter
(reni in furchtloser Weise auch auf die höchsten Baumspitzen setzen.
142
thut solches das stets Versteck suchende Haselhuhn niemals und
unter keiner Bedingung ; es würde ihm solche Bloßstellung schlecht
bekommen. — Wenn im Sumpfbestande ein Haselhuhn gelegentlich
eine latschenartig- horizontal gedrückte Krüppeltanne, solche als
Brücke benutzend, überläuft oder auf derselben momentan Posto
faßte, so kann solches niemals als Sitzen oder Einfallen auf einer
Baumspitze genannt werden ; die Spitze fehlt eben.
11) Halberwachsene (oder Junghühuer, zu Baum getrieben
und augelockt, vermeiden gern das Überfliegen freier Plätze, größerer
Baumlückeu, kommen aber in dazu günstigem Bestände auf den
Asten wie »Haselmäuse« augelaufeii, dabei ziemlich weite Sprünge,
auch flatternd machend, schaukeln sich dabei und müssen teilweise
sogar turnen oft mit halbgeöffneten Flügeln.
12) Die Junghühnchen wurden in geschlossener Kette aus¬
nahmslos nur allein von der Mutter geführt und
beschützt, und zwar vom ersten Tage ihres Daseins an bis zur
herbstlichen bleibenden Abtrennung und Zerstreuung. — Der alte
Hahn, der Kette PJrzeuger, wird im Mai bald nach dem Pestbrüten
der Henne aus freiem Entschluß Stroh- Wittwer für circa 5 Monate
und begibt sich dadurch und wegen Mangels jeglicher
Sorge um seine Kinder des Rechtes Vater derselben o-e-
nanut zu werden. Ob er im Oktober wiederum seine alte Frau oder
eine neue ehelicht, entzieht sich einstweilen jeglichen Nachweises.
13) Weder der Althahn oder die Mutterhenue noch die JumT-
hühner werden durch die allmählich vor sich gehende Mauser wesent¬
lich im Flugvermögen gehindert oder specieller Gefahr dadurch ans¬
gesetzt. — Niemals steigert sich das zu der Zeit allerdings nicht mit
Liebhaberei geübte Fliegen bis zum Unvermögen.
14) Dem Ffaselhuhn genügt bei gewöhnlichen Witterungsver¬
hältnissen als tägliches Getränk die Aufnahme des Tautroi)tens
vom Grase, und im Winter des Schnees. Tritt aber eine ungewöhn-
liclie Dürre und dadurch gänzliche Taulosigkeit ein, dann bedarf
das Haselhuhn der Quelle oder des Baches zum Löschen des vor¬
handenen Durstes und eilt dann alle Morgen zur bekannten Tränke
im Schatten des Waldes vorsichtig dahin.
15) Das Haselhuhn ist scheu, vorsichtig und umsichtig, nervös
und doch überlegend; erst Raten dann Thaten, scheint seine Devise
zu sein; völlige Ratlosigkeit ist bei ihm, wie bei andern Vö^reln
und so manchem Säugetier auch nur eine Ausnahme, die unter
Umständen durch allzu heftiges Erschrecken
schwierigen
bedingt
O
143
wird, aber durchaus kein Charakteristikum ist. Die zartweichen, nur
in ü-eriuji’er Entfernuuo; hörbaren, sämtlichen stimmlichen Aeuhe-
runden, welche an Schall und Kraft auch bei voller Betrachtnahme
der <>:erin«;en GröL^e denen der anderen Wildhühner-Ärten bedeutend
nachstehen, weisen schon darauf hin, daß das Haselhuhn nicht
herausfordernd tapfer ist und allen europäischen Hühnerarten an
Kampfeslust und Bereitschaft unstreitig weit nachsteht,
16) Der dumpf brausende oder still gradaus zuschießende Balz-
flng wird meist in der ersten, hitzigen Balzperiode als vorherrschend
wahrgenoininen, während der leicht schwebende, oft in sanftein Hoch¬
bogen mit gespreizten Flügelfedern ausgeführte Balzflug des ange¬
reizten Hahnes namentlich zu der Zeit häufiger bemerkt wird, wann
die Henne bereits zum Brutgeschäft geschritten war.
17) Die Eifersucht, vielleicht auch Neugier oder gar etwas
Schlimmeres treibt zuweilen gegen die sonstige Regel das erregte
Weibchen in der allerersten Balzzeit zu so hitzigem Vorgehen ^ind
Folgen der Locke, daß es nicht nur gleichzeitig mit dem Hahn
nahte, sondern demselben sogar vorauslief oder flog, was mehrfach
festgestellt werden konnte : Keine Regel ohne Ausnahme.
18) Während die meisten, eigentlich alle Vögel sich stimmlich
und dadurch überhaupt im Frühjahr besonders bemerkbar machen
und ihr Passieren oder Hausen dem Kenner verraten, thun dieses die
versteckt lebenden Haselhühner als hochinteressante Sondererscheinung
und im merkwürdigen Gegensätze erst im September d. h. im Früh¬
herbst; zu der Zeit erklingt bei günstigem Wetter das ganze Revier
von vielseitigem Lockpfeifen, viel lebhafter als bei der Balz im
Frühling; es ist dieses herbstliche Pfeifen auch ein Paaningsruf zu
einer Winterehe.
19) Das sogenannte »Plittern« zeigt immer das Befürchten oder
Wahrnehmen einer Gefahr resp. das Erkennen der menschlichen Nähe
an; es ist eine Angst- und Warnungs-Äußerung, der meist die Flucht
entweder lautlos zu Fuß oder durch Abfliegen folgt, aber durchaus
nicht immer sofort, indem sich das »plitternde« Huhn erst versichert,
ob überhaupt, oder von wo, durch wen etwa Gefahr droht; es über-
leo't vorher, wohin es und wie es fliehen solle. Ein blinddummes
Entweichen irgendwohin ist nicht Sache des Haselhuhns, wenngleich
grade dem gewandten Jäger dieses Zaudern Gelegenheit gibt, die
Nähe des WLldes festzustellen, sich schußbereit zu machen und
Sie<*'er zu werden.
C5
1
— 144 —
20) Stimmliche Ahulicbkeiten treten bei unseren Wilcihülinern
nur im ersten Jiigendalter, vor dem Auswachsen, merklich hervor.
Des halb gepfiffene, halb geblasene Locken der jungen Haselhühner
in geschlossener Kette erinnert im Tonfall und Rhythmus, auch etwas
in der Klangfarbe, an den Ruf der jungen Moor-, Auer- und Birk¬
hühner, weniger der halberwachsenen Feldhühner; der spätere reine
Pfiff ist bei Haselhühnern mehr augedeutet als bei den anderen
Arten deren spätere Stimme, — welche gar keine Ankläuge an das
jugendliche Lockrufen enthalten. — Naumann hatte für dieses spe-
cielle Altersstadium Recht, wenn er schrieb: »oder auch dem Lock¬
ton der Birkhühner vergleichbar . .« — Leute wie Naumann wissen
meist, warum und was sie schreiben ! Also Respekt vor den alten
» Klassikern« !
21) Der korrekt »con amore« balzende nordische Hasel¬
hahn leitet seinen »Balzgesang« mit 2 langgezogenen ungleichen
Tüi>en ein, von denen der 2 te der tiefere, etwas kürzere und un¬
mittelbar den Übergang zum Triller aukuüpfende Ton ist. — 1 m
Süden sind beide Tone gleichlautende, — Im Norden unter¬
scheiden sich der Hahnen- und Hennenruf ungleich weniger als im
Süden. Das Zischen beim hochklingendeu fl en n e n r u f i m N ord en
ist ein geringes, nur in nächster Nähe einem guten Ohr hörbar,
während im Süden der Pfiff tiefer, das Zischen laut ist.
22) Da ein bedeutendes numerisches Überwiegen der
Hähne für alle Gegenden und Plätze nicht nachweisbar ist,
so muß ein stetiger Frühjahrsabschuß derselben vor dem Brutgang
der Weibchen zweifellos schädlich sein, während ein solcher im Mai
bei festem Brüten der Weibchen gänzlich freigegeben werden könnte,
ohne dem Bestände irgendwie Beeinträchtigung zu bringen. Die
Notwendigkeit absoluter Hennenschounng liegt auf der Hand.
23) Die Tageszeit ist zum Änlocken des Haselbuhues weniger
wichtig, als man früher solches glaubte. Die Jahreszeit und die
Witterung sind jedenfalls die Hauptsache. — Nach Sonnenuntergang
kommen in der Regel die I laselhühner nicht heran geflogen rcsp,
zum Schuß, auch kurz vor dem Lntergang nicht leicht. Stroh¬
witwer im Mai folgen sehr willig der Locke zwischen 4 — G Uhr
nachmittags, meist fliegend.
24) Je weniger ein Waldgebiet von Menschen beunruhigt wurde,
desto besser stellen sowohl Balz- als Sommerkeuchel- und flerbst-
liühner der Locke zu. In sehr belebten, von vielen Wegen durch-
145
kreuzten parkartigen Waldstiickeii ist die Lockjagd iiberans schwierig;
die Hühner sind durch häufiges ZnsammentreflPen mit Menschen
offenbar schener im Gemüt nnd mißtranischer geworden ; sie werden
an derartigen Plätzen doppelt still nnd heimlich in ihrem Hansen ;
sie beweisen damit ein gewisses physisches Anpassnngsvermögen. — ■
Zoologische Beobachtungen während einer Kaukasusreise.
Von Carl Greve.
Im letzten Hefte des Jahrgangs 1891 hatte ich unter obigem
Titel einige Notizen über von mir auf meiner Reise beobachtete
Säugetiere und Haustiere gebracht. Heute will ich meinem Ver¬
sprechen gemäß die Vögel nnd das wenige, was ich über andere
Tiere niederer Ordnungen aufzeichnete, behandeln.
Bei meiner Einfahrt in die Stadt Tiflis von NW sah ich auf
einigen Felsen mehrere Gänsegeier, Gyps fulvus^ träge dasitzen
uud ihr Gefieder putzen. Sie schienen eben eine reichliche Mahlzeit
genossen zu haben.
Der Aasgeier, Neophron percnopterush.^ trieb sich in kleinen
Scharen um die Steppendörfer bei Elisabethpol herum. Zahlreiche
Exemplare saßen auch auf den flachen Dächern. Jüngere Tiere
unterschieden sich durch ihre schmutzig braune Färbung von den
rein weißen Alten.
Auf der grusinischen Heerstraße erblickte ich zwei Lämmer¬
geier, Gypaetos barhatus L., offenbar ein Paar, in der Nähe des
Kasbek, hoch in den Lüften. Trotz der gewaltigen Höhe, in welcher
die Tiere schwebten, konnte man sie sicher als Lämmergeier an¬
sprechen, da der charakteristische, abgestufte Schwanz deutlich zu
erkennen war. Später sah ich ein anderes Paar im Tifliser Museums¬
hofe im Käfig. Es zeichnete sich durch große Zahmheit aus. Eines
dieser Tiere befindet sich jetzt im Moskauer zoologischen Garten.
Den Baumfalken, Falco subbuteo L., den Rotfußfalken,
F. vespertinus L. , den Turmfalken, F. tinnunculus L. und den
Rötelfalken, F. cewc/^m Naum., sowie /broa; Gml. hatte ich
Gelegenheit in den Kubansteppen, am Kur bis Elisabethpol und im
breiten Thal von Zalkaug (an der grusinischen Straße), in ziemlicher
Mengfe zu beobachten. In Tiflis versammelten sich allabendlich auf
den Turmgesimsen der Kirchen zahlreiche kleine Falken (Turmfalken?
Zoolog. Uart. Jalirg. XXXIir, 1892. 10
146
Uotfnßfalkeu?). Am Tage schienen sie hauptsächlich auf die hoch
in der Luft umhersch wirrenden Heuschrecken Jagd zu machen.
Adler, deren Artzugehörigkeit ich nicht zu bestimmen wagte,
weil ich kein Exemplar näher zu Gesicht bekam, traf ich an ver¬
schiedenen Punkten der Militärstraße, so bei Mlet, bei Passanaur.
Hinter Elisabethpol waren sie in der Luft nicht selten. Am Unter¬
laufe der Wolga sonnten sie sich, wie es schien, nach einem Bade
im seichten Wasser des linken Ufers am Morgen in großer Zahl.
Ein Paar bemerkte ich in der Krim, über dem Baidarpaß majestätisch
dahinziehend. Höchst wahrscheinlich waren die Exemplare, welche
ich im Gebirge sah, meist Aquila chrysaetos L., während in der
Steppe Aquila orientalis Cab. vorherrschen dürfte. '
Die Rohrweihe, Circus aeruginosus L. bevölkerte zahlreich
die Waldsäume am Gebirgsfuße, ebenso wie die Ebene bei Lenkoran.
Es gelang mir ein junges Männchen zu erlegen, indem ich mich an
die sonst sehr scheuen Tiere hinter meinem Reitpferde heranschlich.
Der Uhu, JBuho hubo L. strich im Abeuddunkel bei Mlet aus
dem Hochwalde an der Gebirgswand in das Thal hinunter, aus dem
die Schakale ihr häßliches Gewimmer ertönen ließen. Aus Suchnm-
Kaleh brachte ich ein Pärchen nach Moskau, doch ermordete der
stärkere Uhu den schwächeren und verzehrte ihn zum Teil, wie sich
eines Morgens erwies.
Den Kolkraben, Corvus corax L. bemerkte ich nur im Gebirge.
Im Tieflande, besonders um die großen Dörfer des Leukoraiier Kreises
am Kaspisee, trieb die Ne bei krähe, Corvus cornix L. ebenso frech
ihr Wesen wie bei uns in Europa.
Die Alpendohle, Fregilus pyrrhocorax L. und die Alpe n-
krähe. Fr. graculus L. übten in großen Gesellschaften ihre ge¬
wandten Flugkünste au den Wänden der steilen Abstürze der Darjal-
schlucht. Ebenso umschwärmten sie die Bergkuppen bei der Posi-
statiou Kasbekskaja und am Gudaurpaß, dem höchsten Punkte der
Militärstraße (7916 Fuß).
Die Elster, Fica caudatah. trat stellenweise ungemein zahlreich
auf, wie z. B. in der Nähe der Stadt Duschet in Grusieu und noch
mehr in den Gärten der Steppendörfer bei Elisabethpol und Kürdamur.
Der Eichelhäher, Garrulus glaudarius L, trieb sich in den
Gebüschen bei der Station Larskaja, bei Duschet, Ananur und
Passanaur, sowie im Gebirge und Tiefland von Lenkoran zahlreich
umher, sowohl der gemeine als auch die von Radde gesammelten
Varietäten.
147
Der Star, Shmins vvlgaris L., bildete wolkeiiartige Scbwärme
' in der Steppe bei Elisabethpol, wie in den Ebenen und Morzy (Brack-
wasserdjnugeln) bei Lenkoran. Der Rosenstar, St. roseus L., be¬
gleitete die großen Henschreckenschwärme in den Steppen am Kuban
und am Kur. Die gewaltige Menge der prachtvoll gefärbteu Vögel
machte auf das Auge des Nordländers einen wunderbaren Eindruck.
Den Pirol, Oriolus galbula L., hörte ich nur in der Nähe der
Stauize Tichorezkaja in der Kubansteppe.
Hoch oben auf dem Gudaurpasse ließ trotz der unangenehmen
Frische des Morgens der S c h n e e a m m e r , Montifringüla nivicola,
Pall, sein Gezwitscher hören und in den Bächen und am Terek auf
der Gebirgsstraße trieb zwischen den schaumbespritzten Steinen der
VV a s s e r s t a r , Cinclus aquaticus Bechst. sein W eseu.
Nach der Amsel, Turdiis merulah.., schaute ich im Kaukasus
vergeblich aus, wohl aber schlüpfte sie durch die blühenden Mimosen
und die Clematisranken am Südufer der Krim bei Orianda und Jalta.
Von W ür gern bemerkte ich nur Lanius minor L. bei Suchum-
Kaleh, wo er in den Fruchtgärten und Verbergen zahlreich die
stachligen Brombeerhecken bewohnte.
Der Wiedehopf kam mir recht häufig zu Gesicht, so bei
Baku, in der Steppe am Kuban, au der Wolga (bei Ilowlja). Bekannt¬
lich ist Upupa epog)S L. kein besonderer Flugkünstler, und doch er¬
schien einer am letzten Juni früh auf den Masten des Dampfers, als
wir uns etwa 11 Kilometer vom Lande auf der Höhe von Tuapse
im Schwarzen Meere befanden. Nachdem er von den Matrosen bei
den Versuchen, seiner für mich habhaft zu werden, weidlich abgehetzt
worden, entschloß er sich und flog dem Lande zu, das er wohl er¬
reicht haben mag, da sein wellenförmiger Flug nicht den Eindruck
des Ermüdetseins machte.
Die Blaurake, Coracias garrtila h., war allenthalben in der
Ebene und den Thälern häufig. Besonders bei Zalkany und Lenkoran,
wie auch später an der Wolga bei Zarizyno und Katschalino.
Der Bienenfresser, Merops apiaster L., saß auf den Tele¬
graphendrähten bei Neslobnaja in der Kubansteppe ebenso, wie im
Thal von Zalkany und bei Zarizyno. Bei Lenkoran traf ich ihn
auch, aber mehr die Species Merops persica Pall.
Die Hohltaube, Columba oenas Gml., sah ich au mehreren
Stellen der grusinischen Straße, doch am häufigsten bei Anauur und
im Thalkessel von Duschet am Salzsee »Limau«. — Die Turtel¬
taube, Turtur auritus Gray, welche auch um Moskau vorkommt,
148
traf ich überall auf meiuem Wege, aber nirgenüs iu so großer Meno-e
M’ie bei Suchum und am schon erwähnten See bei Duschet. Sie hält *
sich meist im Gestrüpp der Vorberge.
Das K a n k a s n s - R e b h u h n , Perdix caucasica Pall ., bekam
ich nur ausgestopft im Museum zu Tiflis zu sehen. Dieser edle
Vogel heißt bei den Russen »goriiaja iudeika« d. h. Gebirgstruthahn
und soll iu den Hochalpeii des großen Kaukasus häufig sein. Im
Moskauer zoologischen Garten lebten ein Paar Perdix caspica^ ein
naheverwandte Art aus Transkaspien.
Der Jagdfasan, Phasianus colcJiiciis L., erreicht nach Norden
den Kuban. Bei Kürdamür in der Kuruiederung ist er häufig. Ich
horte und sah ihn in der Ebene und den Vorbergen bei Lenkoran.
Der Halsband - Frankolin, Pternistes vulgaris Steph.,
lebt in der Kursteppe. Dieser hier »turatsch« genannte schöne
Vogel versteht es meisterhaft, sich iu dem spärlichen Gestrüpp
der öden Steppe zu verbergen. Man erstaunt, wenn plötzlich wie
aus der Erde hervorgezaubert ein zahlreiches Volk lärmend aufgeht,
wo man eben erst nichts als braunen Lehm und einige magere,
verdorrte Steppengräser gesehen.
Einen herrlichen Anblick gewährt das blaue Sultausbuhu,
Porphijrio vetenm Gmh, welches ich bei Lenkoran und au der
persischen Grenze bei Astara in den Brackwassersümpfeu beobachten
konnte. Das farbenprächtige Tier paßt vollkommen zu der schon
halbtropischen Staffage dieser herrlichen Ufergelände des Kaspisees.
Kraniche, Grus cinerea Bechst., sah ich bei Wladikawkas im
Juni abends nach Norden ziehen und später in großen Massen am
Ufer der W olga versammelt (Ende Juli). Juugfernkrauiche,
Grus virgo L., kommen am Kaspi überall vor, werden aber auch iu
den Limauen bei Odessa am Schwarzen Meere erbeutet.
Störche trifft mau im nördlichen Rußland und bei Moskau
nicht, während sie iu den baltischen Provinzen gemein sind. Bei
meiner Fahrt nach Süden zeigten sich die ersten weißen Störche,
Ciconia alha Briss. in der Nähe von Kiew (Wesseloi Knt). Späterhin
stolzierten ihrer eine große Menge bei Elisabethpol, ebenso wie am
Meer bei Baku herum.
Der Reiher, Ärdea cinerea L. lauerte in der bekannten
Stellung an den Wasserlachen der Kursteppen und besonders zahl¬
reich im Delta der Wolga bei Astrachan. Der große S i 1 b e r r e i h e r,
A. alha L. und die kleine A. gar^etta L. war an der Wolga wenig
zu sehen, aber desto häufiger in den Morzy bei Lenkoran und an
149
dem Fliißclieu bei dieser Stadt (der Leiikoruuka), wo mit iliiieii auch
der Lüffelreiber, Platalea leucorlwdia L. zahlreich vorkommt.
Trappen, Otis tarda L., sah ich nur als Wild auf dem Markte
in Kertsch, konnte aber nicht herausbekommeu, von wo sie stammten.
Emen Regenpfeifer, Gharadrius pluvialis L., 'wenn ich
nicht irre, sah ich bei Elisabethpol am Sumpfraude dahinieuneu,
während zahlreiche Kibitze, Vancltus cristatus M. et W^., ihr
gaukelndes Flugspiel unter beständigem Kreischen ausführten.
Von den zahlreichen Möwen, die bei Baku, Leukoran, Saljany,
an der Kurmünduug und an der Wolga sich zeigten, konnte ich
nur die Silbermöwen, Larus argentatus Brünn., mit Sicherheit
erkennen.
Der Kormoran, »B a k 1 a u« der Russen, Crraculus carho L.,
war in einzelnen Exemplaren, wie in ganzen Flügen, nicht nur auf
dem Kaspisee bei Petrowsk, Baku und Lenkoran, sondern auch weit
hinauf in der Wolga zu treffen. Abends schienen die Tiere be¬
stimmten Ruheplätzen zuzustreicheu.
Pelikane, weiße wie graue, waren am ganzen Kaspiufer
häufig. Pelecanus crispus Bruch, bewegte sich halb laufend, halb
flatternd in riesigen Scharen längs dem Ufer bei Baku nach Süden.
Bei Saljany konnte ich ihre Art, im Halbkreise mit zum Ufei ge¬
wandten Köpfen im Wasser sitzend, den Fischfang zu betreiben,
beobachten, ln der Wolga war der graue Pelikan zahlreich ver¬
treten. Die letzten sah ich dicht unterhalb Zarizyuo auf einer Sandbank.
Die Fluß-, Sterna Jiirundo, und die Z we r g - S e e s ch w a 1 b e,
St. minuta L., folgten den Schiffen auf dem Kaspischen Meere wie
auf der Wolga, um die Abfälle zu erhaschen, welche der Koch ins
Wasser warf. Enten sah ich in großen Ketten des Morgens zum
offenen Meere, am Abend landwärts fliegen, konnte aber nicht die
Arten bestimmen, da die Entfernungen zu groß waren. Die Stock¬
ente, Anas boschas, flog häufig quer über die Wolga, von einem
Seitenarm zum andern.
Wegen der großen Hitze und Trockenheit während meines
Aufenthalts im Kaukasus bekam ich von Amphibien und Lurchen
wenig zu Gesicht. Ein grüner Salamander soll die Höhlen an
dem Kodor, einem Flusse, der südlich von Suchum-Kaleh ins Schwarze
Meer geht, bewohnen. Er ist wohl kaum einem Forscher in die
Hände gekommen. Eigene Nachsuchungen waren vergeblich, Er¬
kundigungen bei den Eingeborenen führten nur zu erschreckten
Gesichteru, denn dieser Salamander gilt als mächtiger böser Geist
150
uiid seiu NaiiiG »Duchatsch-skotscli«, abcljusiscli = BcrgiuGDscli, Erd-
uiensch, darf nicht laut ausgesprocheu werden.
In demselben Flußtlial sollen auch große Schlangen und Varanus¬
artige Eidechsen Vorkommen — doch waren die mir gemachten Mit¬
teilungen der Eingeborenen sehr einer blühenden Phantasie ent¬
sprossen, wie es schien.
Laubfrösche, Hyla arhorea^ trieben sich zahlreich auf den
Blättern der Bäume in deu Gärteu Suchums umher und vollführten
abends gewaltigen Lärm mit ihrem knarrenden Gequak. lu deu
Gräben dieser Stadt lebten riesige W a s s er f r ö sc h e, Rana escu-
lenta L., die auch das Beste thaten, was sie vermochten, um das
Konzert zu vervollständigen.
o
Grüne Kröten, Bufo variabilis Pall, erbeutete ich in drei
Exemplaren : zwei fielen mir auf den Steiustufen eines Fleischerladens
in Petrowsk in die Hände und ein Tier fing ich im Garten des
deutschen Klubs iu Tiflis. Die Färbung war bei allen dreien ver¬
schieden, soweit es sich um die grünen Flecke handelt. Der persische
Name für Kröte ist »Dörtno«.
Schließlich noch wenige Bemerkungen über einige wirbellose Tiere:
Die W a u d e r h e u s c h r e c k e , Pacliytilus migratorius L. war
iu riesigen Schwärmen im Kaukasusgebiet aufgetreteu, zusammen mit
Acridkmi aegyptium Latr. In Tiflis waren Kinder, Hühner und
Katzen eitrigst beschäftigt, die Tiere zu fangen und zu — verzehren.
Bei Odessa starben die Heuschrecken massenhaft an einer Epidemie;
sie schrumpften zu einer unförmlichen schwarzen Masse zusammen,
offenbar infolge eines kleinen Pilzparasiten.
Das Heimchen, Gryllus domestims L., wanderte des Nachts
in großer Menge auf Deck und in der Kajüte der »Tamara« auf dem
Kaspisee umher.
Von Skolopendern hörte ich viel, zum Teil unglaublich
Abergläubisches, erzählen und sah auch einige recht große Exemplare
in Spiritus bei einem Arzte iu Baku, doch konnte ich die Art nicht
feststelleu. Ihr Biß soll nach allgemeiner Ansicht tötlich sein, die
Ärzte aber meinen, es erfolge nur eine starke Anschwellung. Ebenso
gefürchtet sind die Skorpione, von denen ich übrigens keinen
einzigen zu sehen bekam.
Nicht minder schreckliche Dinge wurden mir von »Pha¬
langen« erzählt, besonders in Baku. Sie sollen geradezu auf den
Menschen losgeheu. Leider gelang es mir nicht, irgend ein Exemplar
zu erhalten, so daß ich nicht imstande bin anzugeben, was für
151
Spinnen man unter dieser Bezeichnung hier versteht — aller VValir-
scheiulichkeit nach sind es Lycosa-Arten.
Das ist das Wenige, was ich auf meiner eiligen Heise an
zoologischen und zoogeographischeu Notizen sammeln konnte. Es
soll mir angenehm sein, wenn auch dieser kleine Beitrag zur Keuut-
uis der Tierwelt des Kaukasus, dem einen oder andern, wenn auch
nur einen kleinen Nutzen gebracht haben sollte.
Bericht des Yerwaltuiigsrats der Neuen Zoologisclieii Oesellscbatt
zu Frankfurt a. M. an die Generalversammlung der Aktionäre
vom 11. April 1892.
Sehr geehrte Herren !
Das Betriebsjahr 1891, über dessen Ergebnis wir Ihnen heute
zu berichten haben, stellt sich als eines der günstigsten dar, welche
wir seit langer Zeit hatten.
Neben dem auf der Sicherheit der finanziellen Grundlage be¬
ruhenden Aufschwung des Instituts war es besonders der enorme
Fremdeuzuzug, den die elektrotechnische Ausstellung mit sich brachte,
welcher in überaus förderlicher Weise auf die Einnahmen des
Gartens wirkte.
Dem erstereu Umstande ist eine erhebliche Zunahme der Abonne¬
ments, dem letzteren eine alle Erwartung übertrelFende Steigei uug
der Tages-Einnahmeu zu danken.
Die Jahres-Rechnuug weist eine Gesamt-Einnahme von
M. 238,278.36 gegen veranschlagte M. 200,100 auf, während die
Gesamt’ Ausgabe^M. 217,476.63 betrug gegeu M. 191,350, die im
Budget vorgesehen waren, zu welchen aber die Mehrautwenduugen
kamen, die wir bereits in unserem Bericht vom 25. Juni v. J. aii-
deuteteu.
Das Gewinn- und Ve r 1 u st - C ont o wurde mit den von der
Stadt für Rechnuug der Gesellschaft geleisteten Zahlungen ±üi liio
ritäten-Ziusen und Amortisation belastet und der nach Abrechnuug
des Betriebs-Überschusses verbleibende Saldo in üblicher Weise dei
Schuld an die Stadt einerseits zugeschriebeii, während er andererseits
am Aktienkapital abgeschriebeu werden mußte.
Den von der Prioritäten-Schuld planmäßig amortisierten Betrag
haben wir zu entsprechenden Abschreibungen au den Aktiv-Posten
der Bilanz verwendet.
Die Zahl der Besucher des Garteus auf Tageskarten betrug 209,929
eine Ziffer, welche wir seit vielen Jahren nicht erreicht haben. Dieselben
brachten uns eine Einnahme von M. 145,005.20, wovon nach Abzug
der Kosten besonderer Veranstaltungen M. 112,029.41 als Netto-
Einnahnie übrig blieben, M. 22,000 mehr als veranschlagt waren.
Das Abonnement-Conto wuchs um rund M. 10,000 gegen
das Vorjahr und den Voranschlag. ^ '
Auch der Nutzen am Wein- und Bier-Konsum überstieg den
1890 eil eichten Betrag und die in Anschlag gebrachte Summe um
über M. 2000.
Die aus den Vermietungen und anderen Neben-Quellen fließen¬
den Einnahmen kamen nicht ganz auf die gedachte Höhe, was jedoch
zutälhgen Umständen zuzuschreiben ist und einen dauernden Aus¬
fall kaum befürchten läßt.
Von den Ausgabe-Posten hielten sich die für Musik,
Heizung, Beleuchtung, Wasserversorgung, Druckkosten,
Insertionen, Livree, Versicherungen und Gartenunter¬
haltung auf der vorgesehenen Höhe. Das Gehalte -Conto erfuhr
durch unerläßliche Vermehrung des Personals eine Erhöhung um
M. 1600, die Fütterung und Pflege der Tiere erforderte M. 5300
niehr^ als veranschlagt war. Auch die allgemeinen Unkosten betrugen
M. 1300 mehr, als wir voraussehen konnten, was besonders durch
die vermehrten Einrichtungskosten im Frühjahr und Herbst beim
Wohnungswechsel der Tiere verursacht wurde.
Die bedeutendste Überschreitung des Voranschlao’s
M. 18,000 bei der Bau-Unterhaltung notwendig,
dessen die mit besonderer Zustimmung des Magistrats .ui vj.eseii-
schaftshaus vorgenommeuen Herrichtungen den weitaus größten Teil
in Anspruch nahmen.
Sehr günstig stellte sich das Verhältnis der Einnahmen und
Ausgaben tür den Betrieb des Aquariums. Während die Aus^raben
die veranschlagte Höhe von M. 7000 nicht ganz erreichten, weisen
die Einnahraen ein Plus von über M. 3000 auf, wodurch in diesem
Betriebszweig ein Überschuß von M. 3600 erzielt wurde, ein Er¬
gebnis, wie wir es auch seit vielen Jahren nicht hatten.
wurde mit
wovon in-
im Gesell-
Der Verkauf von Tieren einschließlich dankenswerter Geld¬
zuwendungen brachte M. 16,473.76 ein, darunter allein M. 13,852.14,
also über 84 ‘^/o der Gesamtsumme, für Tiere eigner Zucht Diese
Jahreseinnahrae für selbstgezogene Tiere ist bei weitem die größte.
153
die der Garten erreicht hat. Unter den verkauften im Garten gebore¬
nen Stücken heben wir besonders hervor: 1 Wildesei, 2 Molukkenhirsche,
1 Axishirsch, 2 Hirschziegeuantilopeu, 2 Nilghauantilopen, 1 Streifeu-
gnii, 1 Lama, 1 brauner Bär, 1 Baribal, 1 Jaguar, 1 schwarzer
Panther, 2 Puma, 9 Löwen, 4 Tiger. Die hohen Einnahmen für
Verkäufe ermöglichten uns gemäß den seitens der Stadt getroffenen
Bestimmungen die Summe von M. 21,968.99 für den Ankauf von
Tieren auszugeben. Unter den Neuerwerbungen sind in erster
Linie zu neunen: 2 Kahlkopfgeier, 1 Muntjak, 1 Vikunja, 2 Anubis¬
paviane, 1 Maudrill, 1 Gemse, 2 Kronenkraniche, 2 Wüstenfüchse,
2 Beutelteufel, 2 Pharaonenuhu, 1 Gazelle, 2 Riesenschlangen, 1 Emu,
1 Kasuar, 1 Teufelsafie, 2 Zebra, 1 Lippenbär. Bei allen Ankäufen
waren wir von dem Bestreben geleitet , zunächst abgängiges Tier¬
material durch besseres zu ersetzen , vor allem aber den unterhal¬
tenden , belehrenden und wissenschaftlichen Wert unserer Tier¬
sammlung zu erhöhen. Solches Bemühen führte insbesondere zu
Einrichtungen, die uns in den Stand setzen, unser gesamtes Affen¬
haus svährend der Sommermonate zu einem Hause für in- und aus¬
ländische Reptilien und Amphibien umzugestalten. Der große Bei¬
fall, den diese auch im Winter zum Teil fortbestehende und eine
schöne Ergänzung des gleichfalls reicher besetzten Aquariums bil¬
dende Anlage gefunden hat, läßt uns weitere derartige Neuerungen
planen, um uns dem Ziele einer möglichst gleichmäßigen Vertretung
der gesamten Tierwelt immer mehr zu nähern, — Tier-,
beziehungsweise Geldgeschenke machten dem Garten: Frau Patrick,
Frau von Stumpf-Brentano, Frau Marie Weguer (Stettin) sowie die
Herren: Bornhausen, Bohn (Offenbach), E. Kalb, Ruland, Rosipal
(München), Nicolaus, Goldbeck, Bartraann, Andreae, Abt, Graf Erbach,
Rosenberg, Goldschmidt, Ranke, Dietz , Fulda, Caesar, Kullmann,
Bilger, Rost (Cannes), Enholtz, Schiemann, Zernin (Darmstadt), Kirsch¬
baum, Münster, Ur. Volger, Böhm, Seyd (Wiesbaden), Becker (Oberrad),
Hanau, Mayer, Karbach (Ems), Scheibe und Helle (Mainz). Diesen,
sowie allen ungenaunten Gebern sprechen wir unsern wärmsten
Dank aus.
Indem wir hiermit unseren Bericht über das Jahr 1891 schließen,
creben wir der Hoffnung Ausdruck, Ihnen übers Jahr in ebenso er-
” « 1 r* •
treulicher Weise berichten zu könneu, und rechnen daraut, daß ein
jeder von Ihnen dazu beiträgt, was in seinen Kräften liegt.
154
Betriebs -Rechnung vom Jahre 1891.
Einnahmen.
M. Pf.
Ausgaben.
M. Pf.
1. Abonnements:
1 . Gehalte .
. 35,588. 92
1241 Aktionär - Familien
23,412. —
2. Fütterung ....
. 45,321. 46
214 Einzel-Aktionäre
1,712. -
3. Musik .
. 35,492. —
1396 Familien - Abonne-
4. Heizung u. Beleuchtun
g 9,139. 88
ments .
40,.853. ~
5. Wasserversorgung .
. 7,537. 42
633 Einzel-Abonnements 7,596. —
6. Garten-Unterhaltung
. 5,748. 20
151 Pensionär- und Mo-
7. Bau-Unterhaltung .
. 33,092. 47
nats-Abounements .
919. —
8. Uruckkosten . . .
. 2,753. 80
73,992. —
9. Insertionen . . .
. 1,795. 25
2. Billete .
112,029. 41
10. Livree .
. 1,119. —
3. Wein- und Bier-Nutzen
10,199. 60
11. Versicherung . . .
. 1,305. 95
4. Pacht .
5,080. —
12. Allgemeine Unkosten
. 9,835. 83
5. Vermietungen . . . .
4,345. —
13. Aquarium ....
. 6,777. 46
Verschiedenes . . . .
3,005. 08
14. Tiere .
. 21,968. 99
Zinsen .
2,788. 61
Uberschuß .
. 20,801. 73
8. Aquarium .
10,364. 90
9. Tiere und Geschenke
16,473. 76
238,278. 36
238,278. 36
Gewinn- und Verlust-
■Conto vom Jahre 1891.
Soll ; M. Pf.
Mähen :
M. Pf.
Planmäßige Prioritäten-
Betriebs-Überschuß . .
20,801. 73
Amortisation ....
7,250. —
Abschreibung am Aktien-
3V2"/o Zinsen der Priori-
Kapital .
35,203. 27
täts- Schuld von
M. 1,393,000 ....
48,755. —
56,005. —
56,005. —
Bilanz vom 31. Dezember 1891.
Passiva ; M. pf.
Aktien-Kapital
(nominal M. 1,260,000)
am 1. Januar
1891 ... M. 961,291 69
Abschreibg'.^^^^^^^^SS^^oS^^^? ()28 091 42
Prioritäts-Aktien . . . 188,250. —
Prioritäts-Obligationen . 1,393,000. —
Zinsen-Guthaben d. Stadt 214,960. 31
Zinsen-Vortrag .... 12,782. —
Aquarium-Scheiben-Reserve 2,000. —
Abonnenten für 1892 . . 10,688. —
2,749,771. 73
Der Verwaltungsrat der Neuen Zoologischen Gesellschaft.
Dr. Fritz Stiebei, L. H. Heiss,
1. Vorsitzender. 2. Vorsitzender.
Aktiva : M. Pf.
Tiere . 76,000. -
Gebäude . 2,165,000. —
Park . 145,000. -
Aquarium . 2,000. —
Pflanzen . 8,000. —
Mobilien . 270,000. —
Käflge . 1,000. —
Musikalien . 3,000. —
Bibliothek . 500. —
Vorräte (Futtern. Kohlen) 3,230. 18
Effekten . 60.782. 75
Frankfurter Bank. . . 11,578. 68
Kassenbestand .... 892. 12
1 Debitor . 2,788. —
2,749,771. 73
155
K 0 r r e s p 0 II (1 e 11 z e ii.
Santiago, tlen 27. März. 1892.
Einige Bemerk uu gen über chilenische lleiher. Vor wenigen Tagen
bekam ich eine der Größe nach zu urteilen ausgewachsene, aber noch nicht
mit dem Gefieder des alten Vogels geschmückte eben geschossene Cu ca, Ardca
Cocoi, die eben ihr Winterkleid angelegt hatte. Die Holle war aufgerichtet
und der Schaft jeder Feder über die Fahne hinaus in einen bis drei Centimeter
langen, dünnen, weichen, schneeweißen Faden verlängert, der wohl nur eine
kurze Existenz haben kann und daher selten zu beobachten ist. Von den
beiden schwarzen in vollkommen ausgewachsenem Zustand am Nacken herab
hängenden Federn ist noch keine Spur zu sehen. Dieser Reiher ist über das
ganze mittlere und südliche Chile verbreitet, aber ziemlich selten, und sieht
man immer nur einzelne Individuen. Vor vielen Jahren erhielt ich eine ganz
ausgewachsene Cuca, welcher die vordere Hälfte aller Zehen fehlte; sie waren
wahrscheinlich abgefroren. Der Vogel war spicktett.
Der hiesige Professor Dr. Federico Gnga hat einen Brüteplatz unseres
kleinen weißen Reihe-rs, Ärdea candidissima bei Goy entdeckt. Dicht bei
dem etwa 50 Meter hohen, prachtvollen Wasserfall des Itata - Flusses sind
die steilen, fast senkrechten, aber ziemlich weichen üterfelsen von dem Conuius
cyanolysios, dem Loro der Chilenen ausgehöhlt, um darin zu nisten. Solchei
Höhlen haben sich nun die Reiher bemächtigt um darin ihre Nester anzulegen.
Dr. Guga hat sie aus- und einfiiegen sehen, aber keine Gelegenheit gehabt, die
Nester selbst zu untersuchen. — Dieser kleine, weiße Reiher ist in Chile sehr
häufig und keineswegs scheu. Wenn man auf der Eisenbahn von Santiago
nach dem Süden fährt, kann man immer welche in feuchten Gründen in der
Nähe der Bahn sehn. Dr. R. A. P h i i i p p i*
Blumen au, Santa Catbarina, Brazil, 29. April 1892.
Neu war es mir, daß, wie ich ans dem Aufsatze von E. Göldi (Jahr¬
gang XXX, 1889, S. 225) sehe, unsere Barabusratte, Dactylomys amUyonyx,
ein in den europäischen Museen noch seltenes Tier sei. Hier ist sie allgemein als
Verwüsterin des Bambus bekannt; auch mein Bambus hat schon oft sehr von
ihr leiden müssen, manches Jahr hat sie kaum einen der jungen Triebe auf-
kommen lassen, die sie quer durchbeißt. — Kurz vor dem Eintreffen des
»Zoologischen Gartens« fanden meine Enkel zwei noch ganz junge Tiere am
Boden unter dem Bambus, sowie ein altes, hauptsächlich aus Bambushlättern
bestehendes Nest, welches wohl ein Gewittersturm samt den Jungen herunter
geworfen hatte. Als etwas ganz Wertlo.ses haben sie dieselben weggeworfen.
Als ich sie jetzt fragte, ob sie an denselben nichts Besonderes bemerkt hätten,
erinnerten sie sich der langen Finger. Jetzt haben die beiden Bürschchen
hoch oben im Bambus ein im Bau begriffenes Nest entdeckt, in welchem^ wir
seiner Zeit wohl auch Junge antreffen werden. Ich würde in diesem halle
versuchen, .sie aufzuziehen.
(Aus einem Schreiben des Herrn Dr. Fritz M üll er an den Herausgeber.)
156
Kleinere Mitteilungen.
Die Rassel der Klapperschlange. In der dritten Autlage von
Biehnis lierleben, 7. Bd., die Kriechtiere und Lurche, finden wir auf Seite
439 folgende Betrachtungen über die Bedeutung der Rassel der Klapperschlange:
»Frömmelnde Bewunderer der Weisheit des Schöpfers — so spricht .sich Giebel
aus, erkennen darin eine vorsorgliche, den Menschen vor Gefahr warnende
Einrichtung; aber sie sagen uns nicht, wodurch der Mensch gleich vorsorglich
gegen andere, nicht minder gefährliche, tückisch im Hinterhalte lauernde Gift¬
schlangen geschützt ist. Die Klapperschlangen greifen so wenig wie die meisten
anderen Giftschlangen ungereizt den Menschen an und schlagen überdies ihr
Standquartier in dürren, offenen Gegenden auf, wo der Mensch nichts zu holen
hat und seinen Feind auch leichter bemerken kann als im Gebüsche und im
dichten Graswuchse. - Diesen Worten habe ich nichts hinzuzufügen, weil sie
verständlich genug sind. Dagegen scheint eine Vermutung 0. P. Hays doch
beachtenswert, der den Nutzen der Klai5per darin findet, daß die Schlange
die Büffel rechtzeitig warnen und so zugleich sich und die jetzt freilich ausge-
lotteten großen Wiederkäuer vor Beschädigung sichern konnte.«
Wollen wir eine Eigentümlichkeit in dem Körperbau eines Tieres nach
ihrer Bedeutung verstehen lernen, so ist die erste Frage doch wohl nicht die,
ob die betreffende Einrichtung anderen Geschöpfen etwas nützt und in welcher
Weise; in vorliegendem Falle dürfen wir also sicher nicht annehmen, daß die
Klapper bei vier amerikanischen Arten von Giftschlangen sich ausgebildet habe,
um Menschen und Büffel vor einer diese bedrohenden Gefahr zu warnen.
In erster Linie muß doch eine jede Besonderheit der Organisation in Bezug
gesetzt werden zu den Lebensäußerungen und Lebensaufgaben des Geschöpfes,
denn Bau und Thätigkeit eines Organs stehen stets im Dienste des Lebens.
Die Frage muß demnach lauten: >Was nutzt die Rassel der Schlange? Welchen
Vorteil haben die Croüdus- kxten davon, daß die bei verwandten Giftschlangen
einfach hornig gewordene und mit der Haut abgeworfene Schwauzspitze bei ihnen
nach der jedesmaligen Häutung über dem ueugebildeten Schwauzende als Ring
hangen bleibt und mit einer Anzahl von Ringen der letzten Jahre das rasselnde
Werkzeug bildet ?« Die zweite der obigen Angaben, daß die Schlange durch das
verursachte Geräusch die Büffel zurückschreckt und sich selbst dadurch vor
dem Zertreten werden schützt, könnte in dieset Hinsicht schon eher genügen,
aber warum hat daun auch die in den dichten Wäldern Südamerikas lebende
Schauerklapperschlange, die der Gefahr, von Hufen zermalmt zu werden, nicht
im mindesten ausgesetzt ist, ebenfalls die Rassel?
Suchen wir eine Antwort auf die Frage nach dem Nutzen der Klapper
(richtiger Rassel; rattlesnaJce nennt auch der Amerikaner das Tier), so könnte
ein solcher sich wohl nach mehrfacher Seite hin finden lassen; er kann Be¬
zug haben auf die Ernährung des Tieres, auf seinen Schutz, sowie auf sein
Geschlechtsleben.
Fassen wir die Ernährung der stets als träge geschilderten Klapperschlange,
die wegen ihrer Farbe kaum von dem Boden, auf dem sie zusaminengeroUt
liegt oder auf dem sie sich kriechend fortbewegt, sich unterscheidet, in das'^Auge.
Kleine Säugetiere, Vögel und Frösche bilden ihre Nahrung, und von ersteren
157
geböi’en dazu vorzugsweise Nager: Mäuse, Ratten, Zieselarten, Krdeichhörncben
u. a. Diese Tiere bewegen sich scheu und leise am Boden, sehen die Schlange nicht
leicht und werden von dieser wegen des hindernden Pflanzenwuchses nicht leicht
bemerkt, da sie ihr Auge nahe dem Boden bat. Da kann das rasselnde Geräusch
der kriechenden Schlange diese Tiere neugierig machen oder, was noch wahr¬
scheinlicher ist, plötzlich erschrecken, so daß sie auffahrend die Aufmerksamkeit
der Schlange erregen, die nun ihre vorherige Trägheit vollständig verlieren
und die Jagd mit außerordentlicher Heftigkeit aufnehmen soll. Denken wir
uns, daß sowohl die Klapperschlange als auch viele Nager nächtliche Tiere
sind, dann leuchtet uns die Wirkung eines auffallenden Geräuschs auf die Be¬
schaffung der Nahrung für erstere um so mehr ein. Und diese Wirkung halten
wir für die Hauptbedeutung der Rassel.
Einen ähnlichen Erfolg bringt der starke, weithin bemerkbare Geruch
unserer Ringelnatter, Tropidonotus natrix, auf die Frösche hervor. Diese
Schlange würde bei ihren Wanderungen durch das hohe Gras der Waldwiesen
ruhig dasitzende Frösche nur selten bemerken und auch von diesen häufig nicht
beachtet werden, wenn nicht ihre Ausdünstung bei den Fröschen den größten
Abscheu und Schrecken hervorrufen würde, wie man an Fröschen, die in
der Gefangenschaft eingewöhnt und beruhigt waren, bemerken kann, wenn
man eine selbst junge Ringelnatter in ihren Behälter bringt, ohne daß sie
dieselbe sehen. In heller Verzweiflung machen die Frösche planlose Luft¬
sprünge, verraten sich der Schlange und fällen ihr leicht zum Opfer.
Wie aber der widerwärtige Geruch der Natter Menschen und andere
ihrer Feinde vielleicht von ihrer Verfolgung und Tötung abzuhalten vermag,
so kann in einzelnen Fällen, wie dies oben von den Büffeln bemerkt ist, das
Rasseln auch zur Rettung der Klapperschlange beitragen. Aber in diesem
Sinne ist die Erregung der Aufmerksamkeit durch Geräusch jedenfalls ein zwei¬
schneidiges Schwert, denn dem Menschen gegenüber führt es in den meisten
Fällen zur Vernichtung des Tieres.
Das Rasseln der Klapperschlange mag aber auch in ihrem Geschlechts¬
leben eine Rolle spielen. Wie die Kreuzottern zur Zeit der Paarung sich oft
zu Klumpen zusammen gesellen, so wird dies ähnlich sowohl von den nord¬
amerikanischen wie auch von den südamerikanischen Klapperschlangen ge¬
meldet. Das Zusammenfinden der beiden Geschlechter zu dem genannten
Zwecke wird durch das Geräusch der Rassel, die ja, wie angegeben und von
Mützel bildlich dargestellt i.st, zur Zeit der Erregung hoch gehoben und in
steter Bewegung erhalten wird, jedenfalls sehr erleichtert. So haben ja auch
die Frühlingskonzerte der Frösche den Nutzen, die Kameraden aus nah und
fern zu den Teichen zusammen zu rufen, in welchen die beste Gelegenheit
zum Absetzen des Laiches gegeben ist.
Jedenfalls müssen wir auf dem angegebenen Wege nach der Erklärung
für uns anfangs unverständlicher Erscheinungen in dem Körperbau und in den
Lebensäußerungen der Tiere suchen. N.
Heuschreckenplage in Australien. Das Hauptgebiet der
Heuschreckenplage in Neusüdwales ist in dem westlichen Distrikte zwischen
den Küsten Lachlan und Darling. Die Brutstätten der Insekten sind in
Australien ebenso ansgedehnt wie die in den Rocky-Mountains und haben eine
158
ähnliche Lage; gewöhnlich sind dies sandiger Boden oder hochgelegene trockene
Plätze, gelegentlich aber auch Stellen an den Ufern eines Flusses. So fand der
ßerichtei’statter , Mr. A. Sidney Olliff, im vorigen September bei Renmark in
feüdaustralien an den sandigen Ufern eines kleinen Flusses die zahlreichen kleinen
Höhlungen, aus denen die jungen Heuschrecken eben ausgekrochen waren. Die
entomologische Kommission der Vereinigten Staaten erforscht eifrig die ver¬
schiedenen Mittel, durch welche die Plage bekämpft werden kann und Mr.
Ollitf macht die Ergebnisse dieser Untersuchungen zum Nutzen der australischen
Farmer bekannt. Nature 31. März 1892. (N).
Der Hakengimpel, Carpodacus enucleator L., im mittleren Livland.
Diese schönen und durch ihren weichen, melodischen Lockruf angenehmen Zier¬
vögel haben in Anzahl und Regelmäßigkeit des Erscheinens Rückschritte gemacht.
Die Kerne der Vielbeeren (Vogelbeeren, Sorbus aucuparia) berauschen sie derart,
daß sie dummdreist werden, sich Schlingen, an Ruthen befestigt, über den Kopf
ziehen und so in Mengen fangen lassen. Stößt man sie mit den Stöcken, so
weichen sie turnend aus, ohne abzufliegen. Ich habe dieselben Vögel probeweise
dreimal hintereinander gefangen; erst sehr allmählich werden sie klüger.
0. V. Löwis (Ornith. Monatsschrift d. deutschen Vereins
z. Schutze der Vogelwelt. XVII, 1892, S. 133.)
Baum falle, I^nlco subbuteo. Im vorigen Sommer ereignete sich in der
Nähe von Harburg a. d. Elbe ein Vorfall, der übrigens in der Lebensgeschichte
unserer Raubvögel nicht vereinzelt dasteht. Diesmal war es ein Baumfalk,
welcher seine Verwegenheit mit dem Leben bezahlen mußte. Der Falke flog,
vermutlich durch den im Zimmer befindlichen Kanarienvogel angelockt, mit
solcher Wucht gegen das verschlossene Parterre-Fenster eines Landhauses, daß
die Scheibe zertrümmerte und der gefiederte Räuber am anderen Ende der Stube
betäubt zu Boden fiel. Da er stark am Kopfe verletzt war und man daher an
seinem Aufkommen zweifelte, wurde er getötet. 0. Edm. Eiffe.
Eine neue biologische Station an der Seeküste. Das »Liver¬
pool Marine Biology Committee« hatte vor sieben Jahren mit der Untersuchuno¬
der Bai von Liverpool und der benachbarten Meeresteile begonnen und seit
fünf Jahren eine kleine biologische Station auf Puffin -Insel, Anglesea, unter¬
halten. Am 4. Juni dieses Jahres wurde nun eine größere derartige Anstalt zu
Poit Elin an der Südspitze der Insel Man eröffnet. Hier ist ein festes Gebäude
auf dem Felsen unter dem Hotel Bellevue errichtet, so daß es noch 10 Fuß
über der Hut liegt. Das Haus enthält drei Räume mit sieben Arbeitsplätzen,
Aquarien und was sonst an Vorrichtungen nötig ist und hat im Grundriß
etwas über 30 auf 20 Fuß. Die Insel Man ist von Liverpool aus stets leicht
zu eireichen, mit dem Besitzer des genannten Hotels sind Vereinbarungen zur
guten und preiswürdigen Verpflegung getroffen, und da die umliegenden
Meeresteile in jeder Hinsicht reiche Ausbeute versprechen, so ist Aussicht
auf eine erfolgreiche Thätigkeit für diese neue Station vorhanden. Der Leiter
der Anstalt, Prof. Herdmann, und Mr. J. C. Thompson, 4 Lord Street, Liverpool,
nehmen Anmeldungen für Besucher entgegen.
Nature, IG. Juni 1892. (N.)
159
Die Giraffen im Londoner zoologischen Garten. Nach W. B.
Tegetmeier (The Field, 2. April 1892) wurden die ersten lebenden Giraffen
in England in den zwanziger Jahren ausgestellt; sie gehörten einem Privat¬
eigentümer und wurden in einem hohen Gebäude zu Turnham Green mit den sie
begleitenden Nubiern gezeigt. — Im Mai 1836 erhielt der Londoner zoologische
Garten die ersten Giraffen, 4 Stück, 3 Männchen und ein Weibchen. Eins der
Männchen starb 1837, die anderen 1846 und 1849. Das Weibchen, das erst 1852 ein¬
ging, hatte 5 Junge zur Welt gebracht in den Jahren 1839, 1841, 1844, 1846 und
1849. Eins davon starb sehr jung; das zweite kam, nachdem es 3 Jahre alt war,
in denDubliner Garten; das dritte (1844) lebte in demGarten bis 1853; das vierte
(1846) wurde 21 Jahre alt, und das fünfte wurde verkauft, als es ein Jahr alt
— 1849 wurden zwei erwachsene Weibchen gekauft, und von diesen
wurden von 1852 bis 1867 nicht weniger als zwölf Junge erzielt. Von diesen
starben einige jung, andere erreichten ein Alter von 19 und 20 Jahien, einige
wurden aufgezogen und verkauft; das letzte, 1867, kam sehr gelegen, da ein
in dem vorhergehenden Jahre in dem Giraffenhause ausgebrochenes Feuer die
Zahl dieser Tiere auf zwei Stück, ein Pärchen, vermindert hatte. Leider starb
das alte Männchen, das 1846 geboren war, im Januar 1867. — Nachher wurden
noch mehrmals Giraffen angekauft aber keine Nachkommenschaft mehr erzielt.
Ein Weibchen, 1867 erworben, starb 1869, und ein Männchen hielt sich nur von
1871 bis 1874. Dann wurde 1871 wieder ein Weibchen von Mr. Rice gekauft,
starb aber ohne Nachkommen 1878. — 1874 wurden von C. Hagenbeck noch¬
mals ein Männchen und zwei Weibchen erworben, die nicht weniger als
M. 20,000 kosteten. Die letzte kam 1879 in den Besitz des Gartens. Tm ganzen
lebten 30 Giraffen in demselben.
L i 1 1 e r a t u r.
Wandtafeln für den n a tu r geschichtlichen Unterricht von H. Jung,
Prof. Dr. G. V. Koch und Dr. F. Qu ent eil. Darmstadt, Frommann
und Morian. 1. Lieferung 1892.
Es fehlt wahrlich nicht an Wandtafeln für den zoologischen Unterricht;
aber wenn wir dieselben auf ihren Wert betrachten, dann finden wir sie in
der Größe, in der Auswahl der Gegenstände, in der Zusammenstellung oder in
der Ausführung nicht immer den Anforderungen entsprechend. Diese Gründe
haben die VerfLer bewogen, eine neue Arbeit in Angriff zu nehmen und sowohl
für die Zooloc-ie wie auch für die Botanik Farbendrucktafeln herzustellen. Die
zoologischen Ausführungen sind unter der Leitung des bekannten Professors
der Zoologie an der technischen Hochschule, Dr. G. v. Koch, entstanden und
können von uns als etwas ganz Vorzügliches empfohlen werden. Die Figuren,
einfach gehalten, heben sich von mattschwarzem Grunde äußerst plastisch ab.
Das auf einer Tafel dargestellte Tier ist als Ganzes^ sowie in seiner äußeren
Anatomie künstlerisch und doch einfach und verständlich gegeben, und so
erfüllen die Tafeln ihren Zweck, neben dem Naturobjekte, wie dies ausdruck-
160
lieh hervorgehoben ist, erläuternd und besonders bei Wiederholungen fördernd
zu wiiken. So bringt z. B. eine Tafel die sitzende Figur einer Katze, in
starker Vergrößerung deren Schädel in drei verschiedenen Ansichten, den
Schädel mit den äußeren Muskeln im Umrisse der Haut, die wichtigeren
Zähne, den Vorder- und Hinterfuß von unten gesehen, die eingezogene und
ausgestreckte Kralle und die Zunge mit der »Kleiderbürste«. — Auch die
botanischen Tafeln sind gut ausgeführt.
Wir wünschen dem Werke, das in je fünf Lieferungen — jede zu 10
Tafeln auf Leinwand aufgezogen ä M. 30 — erscheinen soll ,' den besten
Fortgang, in der Überzeugung, daß es in der richtigen Hand von großem
Nutzen sein wird. xr
Pflanzengallen und Gallentiere von Dr. Karl Eckstein. Zoologische
Vorträge, herausgegeben von Prof. Will. Mars hall. 7. und 8. Heft
Leipzig. Richard Freese. 1891. Mit 4 Tafeln.
In geschickter Weise hat der Verfasser übersichtlich dargestellt, was bis
jetzt über die von Tieren an Pflanzenteilen verursachten Auswüchse und Mi߬
bildungen, die »Gallen« , ihre Erzeuger, die Ursache ihres Entstehens und
Wachsens, ihre Bedeutung für die Pflanze und das Tier und schließlich auch
ihre Beziehungen zum Menschen bekannt geworden ist. Wie einige Würmer,
ein Rädertier, zahlreiche Milben und Insekten aller Art durch den Reiz, den
sie durch Stechen und Saugen, vorzugsweise aber durch Abgabe einer Flüssig¬
keit (Speichel etc.) io das Zellgewebe der Pflanze das ungewöhnliche Aus¬
wachsen derselben verursachen, wird an ausgelesenen Beispielen von bekann¬
teren Erscheinungen dieser Art dargethan — so z. B. die an der Eiche vor¬
zugsweise durch Wespen verursachten Gallen wie auch die Befruchtung der
kultivierten feigen u. s. w. so daß das Buch ein den Gegenstand nach allen
Seiten beleuchtendes und zugleich interessantes und lehrreiches ist. Auf vier
Steindrucktafeln sind die Haupttypen der Gallen und ihren Eigentümlich¬
keiten bildlich dargestellt. m
Eingegangene Beiträge.
• ij M-’ Dank. — A. P. in W. (Kroatien): Gerne aiif^enomincn. — H L
inli: Die Hette sind abg-egangen. — E. P. in W: Die Aufträge sind besorgt. — A n’ in'
iV' r t/ t- Vüi N ^s’umniern sind besorgt in der AVeise, wie Sie es wiinseliten. -
tV i' "1, Desten Dank tur die Mitteilungen und Gruß. — E. M. in B. (Br): Besten
Dank tur llire treundlielien Zeilen. — .J. K. in W. — ' '
Bücher und Zeitschriften.
Prof. K. Möbius. Die Behaarun
iiiitersuclit. Sitzungsber. der
XXVII. 1892.
g des Maminnths und der lebenden Elefanten, vergleichend
Königl. jirenß. Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
der Ornithologisehen Gesellschaft Basel 1891. Basel. J. G.
.Jahresbericht
Baur 1892.
Berliner E n t o in o I o g i s c h e Zeitschrift, llcrau.sgegebcn von dem Entomo-
logischen Verein in Berlin. Kedigiert von Dr. G. Kar sch. 37. Band Berlin K
Eric dl an der & Sohn. 1892.
D
e S c h w a
Bai lisch
Mai 1892.
1 be. Mitteilungen des Ornithologisehen Vereins in Wien, lledigiert von C
unter Mitwirkung von llofrat Prof. Dr. C. Claus. XVI. .Jalirg. No. i
Nachdruck verboten.
Druck von Muhlaii & Waldsclimirtt. Kraiikfiirt a. M.
Der Zoologisclie Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
No. 6. XXXIII. Jahrgang. Juni 1892.
I n li a 1
Die Atriclitimg meines Fischotters; von A. Pichler, Lehrer am Obergymnasium zii
Varesdin. — italienische und neugriechische Namen der Eidechse und verwandter Keptilien,
von Dr. C. J. Eorsyth Major. — Albinismus unter den Vögeln Chiles; vmi Dr. K. A.
Philippi in Santiago. - Der Wanderzug der Maintische im Frühling 1892; von L.
Buxbauni, Raunheim a. Main. - Zoologischer Garten in Basel. Jahresbericht 3891.
Korrespondenzen. “ Litteratur. — _ _
Die Ahrichtung meines Fischotters.
Von A. Pichler, Lehrer am Obergymnasium zu Varesdin.
Am 12. Juli 1887 ging unerwartet mein sehnlicher Wunsch,
das Erlangen eines jungen lebenden Fischotters, in Erfüllung: Ein
Diener des Spediteurs M. händigte mir das junge Tierchen ein, das
von der Gemahlin des Bezirksvorstandes, A. Heickelmann, für das
zoologische Nationalrausenm in Agram bestimmt war. Der Direktor
des Museums, Prof. Sp. Brusina, überlieh mir auf meinen Wunsch
das Tierchen zur weiteren Pflege.
Nach Hanse gebracht, wurde es trotz meiner zur Vorsicht
mahnenden Worte von meinen Schwestern liebkost, als »ein aller¬
liebstes Vieh« erklärt und ihm ein Teller Milch vorgestellt, in
dessen Rand es, die lorm vom Inhalte nicht nuteischeideiid, nntei
dem Eindrücke des Wohlgernches der frischen Milch gierig hineiiibiß.
Einige Stückchen Kalbsleber beschnupperte das Tier, anfänglich keine
rechte Lust zum Fressen zeigend, entschloß sich aber später dennoch
dieselben nach bedächtigem, langwierigem Kauen mit den nadel¬
scharfen Zähnen hinabznvvürgen, wobei es schien, als wolle das
Tier jedes einzelne Stück durch hervorwürgende Schlundbewegiingeu
wiedergeben. Das in einem Teller gereichte Wasser trank es erst,
Zoolog. Oart. Jahrg. XXXII [. 1892. H
162
als es aus dem Teller am Boden einlierfloß und zwar stromaufwärts.
Nach der so eiugeuorameneu Mahlzeit wurde es auf Stroh gebettet
in einen Korb gebracht und schlief ein.
Als es erwachte, mußte es vom Gefühle des Verlasseuseins
geplagt worden sein, denn es pfiff anfangs sehnsuchtsvoll, und als
dies nichts nützte, schrie es jämmerlich, sprang au den Wänden des
Korbes empor, bis es die Magd in der festen Überzeugung, daß es
baden wolle, wohlwollend in die Muschel der Wasserleitung ver¬
setzte und den Hahn öffnete, daß der kalte Strahl brausend auf
das arme Geschöpf niedersauste. In diesem Momente kam ich hinzu.
Pfeifend und vor Wut und Verzweiflung mäckernd biß das Tier um
sich, bis ich es aus der mißlichen Lage befreite und der Magd,
die bestürzt, über den Fehlgriff verblüfft, dastand, erklärte, daß das
Begießen mit kaltem Wasser die größte Strafe für einen Otter sei.
Nun fütterte ich das Tier von neuem mit in Milch geweichter
Semmel und gehackter Kalbsleber, es dabei zart über den Rücken
streichelnd und ihm seinen zukünftigen Namen »Lutra« zurecht¬
legend. Mit Gedankenschnelle hatte das Tier sich umgewaudt und
mich, einen mäckernden Pfiff ausstoßend, in die streichelnde Hand
gebissen. Der Grund war wohl die Besorgnis um das Futter. Die
erste Lehre hatte ich somit um den Preis eines nicht schmerzlosen
Bisses vom Otter empfangen. Ich teilte diese Erfahrung der ferneren
Beherzigung halber allen Mitgliedern meiner Familie mit.
Abends wurde Lutra nochmals gefüttert und wieder in den
Korb zur Ruhe gebracht. Als echtes Nachttier erwachte Lutra
schon gegen Mitternacht, pfiff eine kurze Weile, und als dies, mein
Erwachen ausgenommen, erfolglos blieb, grollte und rumorte sie
im Korbe umher, daß es ein Graus war. Zu mir ins Bett genommen,
beruhigte sie sich alsbald und schlief von neuem ein. Als ich
morgens das Lager verließ, schlief Lutra noch fest, auf dem Rücken
liegend, die Vorderläufe kreuzweise auf die Brust gelegt, die Hinter¬
läufe mäßig eiugezogen. Tags über hatte mau in meiner Abwe¬
senheit die Erfahrung gemacht, daß Lutra, trotzdem sie nach jedem
Erwachen gefüttert wurde, dennoch jämmerlich pfiff, bis sie jemand
in den Schoß nahm, um mit ihr eine Weile zu spielen ; wenn man
ihr nun das Ende eines Tuchlappens zum Spielen gab, steckte sie
denselben in den Mund, gleichsam als »Schnuller« , und schlief
schnullend ein. Diese neue Erfahrung benützte ich nun gleich in
der nächsten Nacht. Ich legte in den mit Heu belegten Korb
nebst gehackter Leber auch einen Leinenlappen, den ich an einer
163
Spitze mit Leber bestrich. Nachts war der Otter zwar erwacht,
denn er pfiff eine kurze Zeit, verstummte aber bald, und morgens
fand ich ihn mit dem Schnuller im Munde fest schlafend.
Nachdem sich Lutra tagsüber sehr viele Liebkosungen gefallen
lassen mufite, uuzählige Male aus dem Schlafe geweckt wurde, war
sie mit der Zeit angewiesen, des Tags zu wachen, sie' mußte während
der Nacht den Mangel an Tagesschlaf ersetzen und hatte sieb
infolgedessen ganz unserem Tageswachen und Nachtschlafen anbe-
quemt. Zn jeuer Zeit war Lutra unbedingt ein allerliebstes Wesen:
sie ließ alle Liebkosungen über sich willig ergehen, schien sogar
an denselben Gefallen zu finden, so daß sie sehr oft, wenn sie
Langeweile empfand, eine meiner Schwestern aufsuchte, murksend
an ihreu Kleidern emporkroch und sie zu Liebkosungen anregte.
Die Stellungen, die Lutra sowohl beim Spielen als beim Schlafen
einnahra, waren so zahlreich, so verschieden, so possierlich, daß es
mir schwer fällt alle zu beschreiben. Es befand sich in der ganzen
Wohnung kein Gegenstand, dem sie nicht eine gute Seite abzu-
gewinneii vermochte. Au den Tisch- und Stuhlfüßen kroch sie,
nach Meuschenart dieselben umfassend, empor; in allen Winkeln
der Zimmer, unter allen Teppichen verbarg sie sich bis zum Kopfe
und lugte schelmisch hinter denselben hervor; an den Fransen und
Quasten der Gardinen fand sie eine besondere Freude, sie legte
sich unter denselben auf den Rücken, stieß sie mit den Füßen,
daß sie baumelten, zeitweise mit dem Munde nach ihnen haschend,
und dergleichen mehr.
Auf den Ruf Lutra oder auf ein schmatzendes Zischen gehorchte
sie sofort, nur vom Fräße und vom Schnuller ließ sie sich nicht
abrufen. Sie war auch sehr bald das Muster eines Omnivoren
geworden, denn es mundete ihr alles, was unser Tisch bot, sowohl
roh als gar. Sie fraß außer Fleisch, Brot und Milch auch Möhren,
roh und gekocht. Gurken, frisch und aus dem Essig, Melonen
reif oder unreif. Spanischen Pfeffer {Capsicum annuum)^ aber das
Höchste w'aren für sie reife Tomaten geworden, nach denen sie
oft drei bis vier Gärten (200 — 400 Meter) weit, unter den Ein¬
friedigungen durchschlüpfend, umherschweifte.
Personen vermochte sie nicht zu unterscheiden; sie folgte auf
den Ruf »Lutra« sowohl der Dienerschaft als auch wildfremden
Personen, so daß es eine schwere Sache war, sie mit auf die Straße
zu nehmen. Dort lief sie jedermann gleich einem Hündchen nach,
rannte in jede Hausflur, schnupperte an allen Kellerfenstern, floh
1
— 1(54 —
beim Heraniiabeii eines Wagens zuerst zu mir und daun iu die
midiste Hausflur, um erst nadi vorsichtiger Sichtung des Terrains
wieder hervorzukommen.
Vor meiner Abreise Ende Juli übergab ich meiuen Lieldino-
meinen Schwestern mit der dringenden Bitte, ihm ja nichts abgeheu
zu lassen, und diese nahmen ihn mit hiuaus aufs Land. Bald darauf
erfuhr ich brieflich, daß Lutra sehr bissig geworden sei und sich
infolgedessen bei unserer Dienerin iu der Stadt befinde. Besorgt,
daß d as Tier bei mangelhafter Behandlung und geringem Umgänge
mit Menschen bald den Firnis der Kultur abstreifeu und verwildern
werde, wie der zahme Nörz des Herrn v. Löwis, veranlaßte ich
aus der Ferne eilends Lutras Rückkehr in meine Familie, was
auch geschah.
Bei meiner Rückkehr nach Agram (Mitte September) erkannte
mich Lutra nicht mehr. Sie lief mir zwar nach, sprang gierig
und ungestüm an mir empor, als ich ihr ein Stück Fleisch zeigte,
geberdete sich aber gleich wieder halbhestialisch. Sie spielte noch
mit mir, biß mich aber gelegentlich iu die Hand und zwar viel
tiefer als vor 2 Monaten, sprang auf alle Stühle und Tische und
warf alles in ihrer Nähe um ; bei dem Vorzeigeu einer Gerte wies
sie fletschend die Zähne und mäckerte wu'ld, stahl, was sie erlano-eu
konnte und biß wütend um sich, wenn man ihr die Beute abuehmen
wollte. Ja sogar wenn man sich ihr mit dem Futter näherte,
sprang sie nach dem Futterbehälter empor, fauchte wild umher,
riß dem Spender sogar das bereit gehaltene Futter aus der
Hand, und wehe demselben, der es ihr nicht sofort überließ, er
wurde unbedingt gebissen. Als ich sie einmal mit iu das Mu¬
seum nahm, da witterte sie schon aus der Ferne, daß sich
hier zwei modernde Glareolen befanden, fuhr gierig in der Richtung
dahin, nahm sie auf und verschwand eilends iu eine düstere Ecke,
um sie zu zerreißen. Als ich nur versuchsweise ihr eine abnehmen
wollte, schoß sie wütend und mäckerud mit grünsprühendem Blicke
nach mir, riß mit Blitzesschnelle einen gewaltigen Lappen aus
meiuen Beinkleidern, sprang an mir empor und hätte mich zweifels¬
ohne recht empfindlich gebissen, wenn ich sie nicht mit einer zu¬
fällig dort liegenden Gerte rechtzeitig empfangen hätte.
So war meine allerliebste Lutra zu einem wilden, ungestümen,
ja beinahe gefährlichen Haustyranneu heraugewachsen.
Mitte Oktober begann ich nach Mitteln und Wegen zu sinnen,
wie ich meinen bösen Wildfang den Segnungen der Dressur zuführeu
— 1(15
könnte. Lntra war damals nach meiner Schätzung gewiß schon
mehr als sechs Monate alt, also in einem Zeitpunkte augelangt,
in dem der erfahrene Jäger seinen Vorstehhund zu dressieien beginnt.
Daß sich der Otter unschwer zähmen und zum Fischfänge
(auch für seiueu Herrn) abrichten läßt, fand ich in jedem Buche
hervorgehoben, das den Otter auch nur dürftig beschreibt. Welcher
Weg zu diesem Behufe eiuzuschlagen sei, ist in »Brehms Tierleben«
andeutungsweise enthalten, und dennoch beschloß ich nach mehr¬
fachen mißlungenen Versuchen, einen eigenen Weg der laifoice-
dressur eiuzuschlagen, der vom Prinzipe Brehms verschieden ist.
Ich vereinte die Methode der Falkenbeize mit jener der Dressur
des A^orstehhundes. Der ersten entlehnte ich das Prinzip dei Ver¬
geltung mit Futter für geleistete Dienste, von der letzteren suchte
ich dem Tiere so viel als möglicli Wohlwollen für brave Ausfüh¬
rung und Strafe für absichtlichen Ungehorsam und Unfolgsarakeit
eiirruprägeu. Nachdem ich mich uacli der von Brehm empfohlenen
Methode, der absoluten Entziehung aller Fischnahruug und dem
Spielen mit dem aus Leder uachgebildeteu Fische, den der Otter
apportieren sollte, vergebens 14 Tage bemüht hatte, ohne den geringsten
Erfolg erzielt zu haben, schritt ich am 1. November zur Ausführung
des von mir entworfenen Dressurplanes. Ich verfuhr wie folgt:
Ich legte den (Atter an eine Leine und nahm eine zarte, aber
immerhin wirksame Gerte, rief Lutra zu mir, legte voisichtig mit
beschuhter Hand den Kopf Lutras zwischen meine in der »Hab
acht« -Stellung befindlichen Füße flach auf den Boden, drohte mit
der Gerte, gezogen den Laut »Hüt« (bei uns statt »down« odei
»couche« allgemein gebräuchlich) ausrufend. Lutra verharrte in diesei
Stelinng. Beim Rufe »Auf« zeigte ich ihr ein Stückchen Fleisch,
das, wmm Lutra brav gewesen, stets gereicht wurde. Die Bedeutung
dieser beiden Worte hatte Lutra gleich erlernt, und als die Aus¬
führung tadellos flott ging, schritt ich weiter.
Lutra stets an der Leine, ließ ich sie »Hüt« machen, auf den Laut
»Auf«gab ich ihr das Fleisch nicht gleich, sondern ließ von neuem
»Hüt«''inachen, warf daun bei straff gespannter Leine das Fleisch
weit weg und zwang Lutra drohend nochmals »Hüt« zu machen,
was sie nach einigen tiefen Seufzern und stillem Grolleu auch that.
Nun ließ ich die Leine etwas frei, damit Lutra das Fleisch erreichen
könne, rief wieder »Hüt« und veraulaßte sie dadurch, zu mir zu
kommen und das Fleisch zu meinen Füßen zu verzehren. Von
1
— 166 —
nun an bediente ich mich des Rufes »Herein«, um Lutra herbeizu-
rufen, was auch alsbald verstanden wurde.
Nun verbarg ich das Fleisch unter irgeud einem Gegenstände
im Zimmer, ließ aus der »Hüt« -Stellung »Auf« machen und wies
nach der Stelle, wo das Fleisch lag, mit dem Worte »Such« hin.
Sehr rasch hatte Lutra das Kommando »Such« verstanden, folgte
dabei auf den Wink, denn dieser wies ihr doch die verheißende
Stelle, wo das Futter lag. Bald darauf suchte sie schon eifrig im
ganzen Gemache, dem Geruchsiun wie ein Vorstehhund folgend,
umher, brachte den gefundenen Brocken nicht selten ohne Weisung
zu mir und fraß ihn sorglos zu meinen Füßen.
Jetzt giug’s an die harte Nuß des Abnehmeus, ich sage be¬
rechtigt, die harte, denn der Otter ist keiu Falke, der sich den
geschlagenen Vogel widerstandslos abnehmen ließe. Als die ersten
Versuche des Fleischabuehmens durchwegs gescheitert und mir nur
zahlreiche Bißwunden von seiten meines gelehrigen und gefräßigen
Schülers eingetragen, schritt ich zu folgender Methode : Ich fütterte
den Otter reichlich mit Fleisch, ohne ihu vollkommen zu sättigen,
befeuchtete eine Patronenhülse mit etwas Blut, ließ sie von Lutra
holen, was ohne weiteres geschah, ließ dieselbe anbeißen und ver-
anlaßte Lutra mit dem Rufe »Aus« und einigen Drohungen mit der
Gerte zum Loslassen der Hülse und reichte ihr sofort ein Stückchen
Fleisch. Gar bald hatte sie eingesehen, daß das Herbeibringen der
Patrone Früchte trage und führte es auch zu meiner vollsten
Zufriedenheit ohne Drohung, aber bei steter Belohnung aus. Von
nun au schloß ich dem »Such« noch »Apport« an, ließ ersteres aus
und ließ die verschiedensten Dinge, Patronenhülsen, Taschentücher,
kleine Fläschchen, Schachteln und zum Schlüsse einen kleinen Vogel¬
balg apportieren.
So brachte ich Lutra, zwar mitunter sehr mühsam, bei zwei¬
maligem je einstündigen Unterrichte täglich auf Umwegen dem
fernen Ziele entgegen. Sie wurde durch den andauernden und
häufigen Verkehr immer vertrauter mit mir, lernte mich, obwohl
langsam, als ihren Herrn und Gebieter kennen — früher mußte
sie mich unbedingt nur als den Urquell alles Fraßes im Gedächt¬
nisse erhalten haben.
Nun ging es an das Weglassen der Leine, die ich zeitweise
fällen ließ; als Lutra auch daun noch folgsam blieb und willig
meinen Befehlen uachkam, entfernte ich im geschlossenen Raum
die Leine gänzlich und übte eine Weile ohne Leine.
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Bisher hatte Lutra nur ungeuielsbare Gegenstände apportiert,
nun versuchte ich das Abnehmen des Futters. Ich fütterte sie
während des Suchens und Apportierens reichlich mit dem Fleische
eines abgebalgten Vogels, legte sie darauf au die Leine und waif
ihr das entfleischte Knochengerüst des Rumpfes mit der Weisung
»Apport« hin. Lutra befolgte, was ihr befohlen, aber abgebeu wollte
sie das Gebrachte nicht, sondern schickte sich rasch an, es sich
eiuzuverleibeu. Nun warf ich ihr rasch ein schon bereit gehaltenes
Stück Fleisch vor und seitwärts, dieses nahm sie au und ließ, zwar
erst nach einigen teilweise ausgeführten Drohungen, das Gerippe los,
um das vorgeworfene Fleisch zu verzehren. So hätte ich also zum
ersten Male die Art geübt, wie dem Otter die gemachte Beute
abzuuehmeu sei.
Nach diesem ungeahnten Erfolg, den ich gleich reichlich übte
und mit der Suche verband, ließ ich mich zu einem übereilten
Schritt hiureißen, dessen Erfolg, besser Mißerfolg, mich momentan
ungemein verstimmte. Ich warf nämlich Lutra, die schon einiger¬
maßen gesättigt war und alle täglichen Vorübungen anstandslos
ausgeführt hatte, eine tote, kalte Taube zum Apport hin, in der
Meinung, sie werde dieselbe apportieren; doch da hatte ich mich
gewaltig getäuscht. Schnell wie der Gedanke fuhr Lutra aus der
»Hüt«-Stelluug ohne Kommando auf die Taube, ergriff sie mit dem
Gebiß am Rücken, mit allen vier Füßen am übrigen Körper, rollte,
die Taube mit dem Körper umschlingend, einer Kugel gleich im
Gemache umher und zauste die Taube, daß das Gefieder nach allen
Richtungen flog: kein Rufen, kein Zerren an der Leine, keine Nach¬
hülfe mit der Gerte nützte, ich konnte das Tier nicht mehr zum
Bewußtsein bringen. Nun harrte ich ruhig der Dinge, die da
folgen sollten. Nach geraumer Zeit beruhigte sich Lutra, wahr¬
scheinlich weil sie sah, daß die Beute keinen Widerstand leistete,
und begann gierig mit dem Werke der Zerstörung. Der Kopf
wurde hervorgeholt, mit einem Bisse zermalmt und abgebissen, daß
der Stumpf des Halses einerseits aus dem Rachen hervorkani. Nun
veranlaßte ich durch Rufe, begleitet mit einigem Zerren au der
Leine, daß Lutra zu mir kam, und entriß ihr die Beute. Nun fuhr
sie wild am Boden umher, biß mich in den Stiefel, und als ich flir
dies gewährte, fuhr sie nach meiner Linken empor; ich wollte ihr
mit der Gerte begegnen, schlug fehl und sofort hatte ich zwei tiefe
blutende Wunden an der Dorsalfläche der Hand. Ich züchtigte sie
darauf mit der Gerte, sie fuhr jedoch nach jedem Hiebe rasend
168
nach meiner Hand, bis ich mich mit einem gewandten Griffe ihres
Halses versicherte und sie nun windelweich hieb. Losgelassen
schnappte sie nochmals nach mir und verkroch sich darauf in eine
dunkle Ecke. Nachdem ich meine Wunden verbunden, setzte ich
mich ruhig auf einen Stuhl, während Lutra brütend in der Ecke la^.
Nach einiger Zeit erhob Lutra leise den Kopf und kroch mit
flach auf den Boden gedrücktem Körper in schlängelnder Linie
(nicht kreisend wie ein Hund) meinem Stuhle zu. Ich verhielt mich
ruhig 5 sachte kroch sie am FuLe des Stuhles empor, schnupperte
nach der verwundeten Hand, durch deren Verband das Blut durch¬
gedrungen war, stieß unterbrochen mucksende Laute aus und rieb
sich, nachdem sie in meinen Schoß gekrochen war, an meiner
Kleidung, augenscheinlich in versöhnender Absicht. Ich schalt sie
und entließ sie in Gnaden, ohne das Experiment zu wiederholen,
denn darin hatte ich entschieden gefehlt.
Duich diesen Unfall gewitzigt, nahm ich das nächste Mal einen
ausgestopften Bekassiuenbalg unter die übrigen Vogelbälge und,
nachdem ich Lutra nahezu wie eine Walze gesättigt, ließ ich mehr¬
mals den Balg apportieren, und nachdem ich sie an die Leine ge¬
nommen, warf ich eine Bekassine im Fleische als Apport hin.
Lutra brachte sie und übergab sie anstandslos. Nach Entfernung
der Leine ging es ebenfalls tadellos. Daß somit nur ich, nicht aber
Lutia am voierwähuten Mißerfolge schuld war, wird jedermann
einsehen, der jemals einen Hund dressiert. Meine Freude am Erfolge
war deshalb um so größer.
Diese Übungen setzte ich selbstverständlich eifrig fort. Nach
einigen Tagen fing ich eine lebende Wanderratte, nahm dieselbe au
e , len Otter da^e^en an die Leine und hielt ihn in
der »Hüt«-Stelliiiig hinter mir, schoß auf die Batte, und als diese
getroffen zusammenbrach, hetzte ich Lutra auf die Ratte. Lutra
nahm die schwergetroffeue Ratte schneidig an, ergriff sie, wie un¬
längst die Taube, würgte sie, bis sie nicht mehr zuckte, brachte sie
auf Kommando herbei und ließ sie los. Diesen Versuch nahm ich
mehrmals vor, und als es stets gleichmäßig ohne Fehler ging, nahm
ich Lutra mit mir auf den Hof, um mit einem Zimmergewehre auf
Ratten anzustehen. Lutra wollte lauge nicht ruhig liegen, doch als
ich ihr einen Schnuller gab, blieb sie ruhig. Die erste Ratte, welche
kam, war ein altes Männchen von seltener Größe. Ich schoß ihr
eine Schrotladung gegen den Kopf, daß sie schwer getroffen dem
anderen Ende des Hofes zueilte; Lutra, durch den Schuß auf-
1(39
merksam gemacht, bemerkte sie und fuhr wie besessen auf dieselbe
los und erfaßte sie au den Weichen ; die Ratte aber wandte sieb
rasch und biß knirschend Lutra in die Lippen, worauf ihr Lutra
mit einem Bißi den Kopf zermalmte, sich darauf, wie gewöhnlich, mit
der Ratte überseblug und mir dieselbe überbraebte. Doch schien
es, als hätte Lutra damals noch den Knall des Zimmergewebres nicht
recht verstanden.
Nun beschloß ich einen Versuch mit Fischen zu machen. Ich
warf Lutra einen Näsling vor, um zu sehen, ob sie, die noch niemals
Fischfleisch gekostet, wissen werde, was mit dem Fische zu beginnen
sei. Nur der pure Geruch des Fisches versetzte Lutra iu die größte
Aufregung; sie stellte sich, unterstützt vom Schwanz, auf das
Gesäß und zog mit gierigen Zügen den Fischduft in die Nase, daß
die Nüstern zitterten. Den nun vorgeworfeneu Fisch ergrifl' sie
mit dem Gebisse am Hinterkopf, mit den Vorderfüßen etwas rück¬
wärts, und begann ihn, nachdem sie mir ihn zu küßen gebracht,
mit gierigem Behagen zu verzehren.
Von nun an trachtete ich, Lutra statt mit gemischter Nahrung
thunlichst mit Fischen zu nähren, und setzte dabei die bisher ein¬
gedrillten Übungen, so konsecjuent es nur ging, -fort. Als Lutra
eines Tages besonders lebhaft apportiert hatte, fütterte ich sie
reichlich mit Fischen, nahm sie an die Leine und die Gerte zur
Hand, warf ihr einen toten Fisch mit dem Kommando »Apport«
vor. Lutra brachte ihn, begann aber mir zu Füßen sofort das
Werk der Zerstörung. Mühsam und mit Zuhülfenahme der Gerte
entriß ich ihr den Fisch, und als sie wild emporsprang, warf ich
ihr ein Stück Fischfleisch hin, das sie sofort herbeibrachte und ver¬
zehrte. Ich futterte sie von nun an immer für brave Leistungen
mit Fischfleisch. Darauf warf ich ihr den Fisch nochmals vor,
dasselbe Experiment wiederholend, und auch diesmal gelang das
Abnehmen ziemlich. Nach einigen Tagen hatte Lutra den Zu¬
sammenhang zwischen »Fischbringen« und »Fischfleiscb erhalten«
herausgefunden, ließ sogar den Fisch bald freiwillig los und ver¬
langte, sich emporrichtend, die Belohnung von mir. Bald darauf
erhob sich Lutra, stets auf den Hinterfüßen und dem Gesäß
sitzend, unterstützt vom Schwanz, und übergab mir derart den ge¬
brachten Fisch, denn sie war fest überzeugt, daß die Belohnung
niemals ausbleibe. Nun entfernte ich die Leine und warf den Fisch
immer weiter, doch sie brachte ihn mit einer einzigen Ausnahme
immer, ohne ihn iin geringsten zu verletzen. Mitunter warf ich den
Fisch in einen Wasserbehälter, aber aus diesem holte ihn Lutra
sehr ungern hervor, weil ihr das Wasser, die kleine Menge, die sie
täglich trank, stets widerwärtig war.
Als ich Lutra iin Frühling 1888 einmal an einen kleinen
Sumpf brachte, um ihr Gelegenheit zu einem Bade zu geben, wollte
sie gar nicht in die Nähe und holte sogar den Fisch nicht, den ich
ihr an eine 0.30 in tiefe Stelle ins Wasser warf. Damals warf ich
Lutra in das Wasser; dies versetzte sie in die größte Wut, doch
schwamm sie behende und sicher wieder ans Ufer. Seit dieser Zeit
hatte Lutra einen entsetzlichen Respekt vor dem Anblicke des Wasser¬
spiegels, den sie teilweise stets bewahrte. Ich habe Lutra, trotz
aller Kunstgriffe, die bei dem Abrichten der Vorstehhunde zum
Apportieren aus dem Wasser gebraucht werden, nicht dazu bewegen
können, einen vom Ufer in das tiefe Wasser geworfenen Fisch
schwimmend zu holen. Sie geht in das Wasser, doch sobald ihr
der Grund unter den Füßen zu schwinden beginnt, kehrt sie blitz¬
schnell um und läßt den auf der Oberfläche des Wassers so ver¬
lockend blinkenden Fisch lieber liegen, als sich desselben schwimmend
zu bemächtigen. Ebenso geht es mit den Fröschen, welche ich mit
einem Kapselgewehre an einer Pfütze zu schießen pflegte ; sie holte
jene hervor, derer sie sich, ohne zu schwimmen, bemächtigen konnte,
brachte sie ohne Leine herbei, ließ sie sich abnehmeu und nahm
dann einen Teil des Frosches in Empfang.
Eines Tages kam Lutra ganz unerwartet in mein Zimmer und
legte einen noch lebenden Hecht vor mir auf den Boden nieder. Ich
nahm den zappelnden, anscheinend unverletzten Fisch auf und
wandte mich nach der Küche, um meine brave Lutra zu belohnen
und nachzufragen, woher wohl der Fisch sei. Da fuhr mir die Magd
mit einem Höllengezeter entgegen : »Lutti hat mir meinen »zahmen«
Hecht gestohlen, den ich schon lange in einem Schaffe halte«. So
schrie die Magd und war nicht wenig erstaunt, als ich ihr den
lebenden Fisch wiedergab. Lutra nahm die Belohnung mit regem
Appetite an, war somit nicht satt gewesen und hatte mir doch den
Fisch gebracht. So tief hatte die Dressur und der Drill die ange¬
borene Gefräßigkeit des Tieres geändert.
Die Ausdauer Lutras im Suchen und Zubringen und ihre Ver¬
läßlichkeit waren so groß, daß ich getrost meine Börse in das hohe
Gras des Nachbargartens werfen konnte, ohne besorgt sein zu
müssen, daß Lutra sie vielleicht nicht finden dürfte. Ich habe
Lutra wiederholt vor Freunden und Bekannten auf diese schwere
171
Probe gestellt, uud sie hat niemals versagt. Fand sie das Ding
lange nicht, so wandte sie sich fragend nach mir nm einen Wink,
wo sie zu suchen hätte.
Das Zimmergewehr kannte Lutra sehr gut und freute sich un¬
bändig, so oft ich nach demselben griff, denn sie wußte bestimmt,
um was es sich handelte uud blickte neugierig dahin, wohin sie
mich zielen sah. Nach dem Schüsse fuhr sie sofort in die Richtung,
nach welcher ich gezielt, und wollte einst nach einem Fehlschüsse
vom Suchen gar nicht mehr absteheu, denn sie konnte es nicht be¬
greifen, wie die gewöhnliche Wirkung des Knalles ausbleiben könne.
Trotzdem sie geschossene Tauben so brachte, wie sie sie fand,
würgte sie jede, auch die schon tote Ratte mit seltener Wut, wohl
des Umstandes eingedenk, daß die erste Ratte sie so arg gebissen.
Die erste vor Lutra geschossene Taube zauste sie anfangs,
brachte sie aber auf Befehl sofort. Daraus ergab sich die Not¬
wendigkeit, Lutra diese so vielen schlechten Hühnerhunden eigene
Unart abzugewöhnen. Ich ließ zu diesem Behufe mehrmals einen
Taubenbalg apportieren, dann nahm ich Lutra zurück, das Ziminer-
gewehr zur Hand uud schoß, nach dem Balge zielend, das Gewehr
ab, sodann ließ ich Lutra nur langsam den Balg augehen uud
apportieren, sie zauste ihn nicht. Nun wurde statt des Balges eine
steife tote Taube mehrmals apportiert, daun wieder nach dieser
mehrmals geschossen und abermals tadellos apportiert. Darauf wurde
eiue lebende Taube mit gebundenen Flügeln ausgelassen, Lutra zu-
rückgenommeu und nach der Taube geschossen. Sie durfte erst
dann von Lutra apportiert werden, als sie kein Lebenszeichen von
sich gab. Lutra apportierte nun tadellos.
So weit hatte ich Lutra mit der eingangs erwähnten Dressur¬
methode gebracht, als ich anfangs Mai erkrankte und infolgedessen
die täglichen Übungen aufgeben mußte. Kaum einigermaßen ge¬
nesen, ließ ich mir Lutra au mein Lager bringen und begann mit
der Repetition des Fischapportiereus. Lutra hatte während meiner
14tägigen Krankheit absolut nichts vergessen, viel mehr: Sie brachte,
ohne vorher gefüttert worden zu sein, den Fisch auf mein Bett
und legte ihn ohne Kommando vor mich auf die Bettdecke, wartete
ungeduldig auf die gewohnte Belohnung und verzehrte dieselbe mit
Bedacht, nach Otterurt langsam kauend, aber doch mit dem An¬
scheine eines sehr regen Appetites.
Trotzdem fiel mir Lutras Benehmen auf. Sie war beweglich
und doch nicht munter; folgsam, aber nicht lebhaft, kurz sie machte
172
auf mich eleu Eindruck, als sei ihr etwas widerfahren. Abends nahm
sie vor mir noch Speise und trank dabei ungewöhnlich viel Wasser.
Tags darauf hatte sie erbrochen, verlor den Appetit gänzlich,
eilte, als sie meine Stimme hörte, au meio Lager, kam zu mir auf
das Bett, schmiegte sich au mich und öffnete häufig, unter gräi.i-
licheu Krümmuügen des lliickeiis und schmerzhaftem Stöhnen den
Fang, dessen sonst rosenrotes Zahnfleisch nahezu weiß war. Stniiiin,
das Auge um Hülfe flehend zu mir emporgerichtet, lag sie da. Dar¬
gereichte Milch und Seifenwasser waren erfolglos geblieben. Bald
darauf folgte eine reichliche Bluteutleeruug per anum, Lutra fiel
111 eine dauernde Agonie, aus der sie sich nur noch einmal er¬
holte, um verendend mit den Vorderläufen meinen rechten Arm zu
umklammern uud^ zu mir emporzublicken — dann hatte sie aus¬
gerungen.
Ich hatte somit Lutra 10 Monate nahezu ausschließlich in
meiner nächsten Nähe gehabt, und es war mir auch ihre Erziehung
und Dressur in der Richtung des Vorstehhundes gelungen. Später
konnte ich, trotzdem ich eift'ig suchte, keinen jungen Fischotter
mehr erhalten. Ich hätte gar so gerne nochmals mein Glück mit
der Erziehung und Dressur versucht.
Ifalieiiisclie iiiid iieugriecliische Namen der Eidechse und
verwandter Reptilien.
Von Dr. C. J. Forsyth Major.
An eine Kritik des Glossariums von Giovanni Galvaui, der die
mundartlichen Formen der Stadt Modena und Umgebung, beinahe
ohne jede Rücksicht auf die der übrigen Provinzen untersuchte,
hat Flechia eine lehrreiche Besprechung einer Anzahl italienischer volks¬
tümlicher Bezeichnungen der Eidechse geknüpft , die er fast sämt¬
lich auf das lateinische lacerta, lacertus zurückführt. Es blickt
dabei die principielle Voraussetzung durch, die Mundart der Stadt
Rom habe alle übrigen derart verdrängt, daß von diesen sich nicht
einmal in den heutigen Mundarten abgeschlossener Gegenden eine
Spur erhalten habe; während man doch schon a priori annehmen
0 G. P 1 e c h i a , Postille etimologiclie I. Saggio di nu Glossario Modeiiese
ossia studii del Conte Giovanni Galvani intovno le probabili origini di alquanti
idiotisini della citta di Modena e del suo contado. Modena 1868, in
p. 582. Archivio Glottologico Italiano III. 1878 p. 150 ad Pag. 504.
173
kann , daß vor allem die unter sicli nahe verwandten italischen
Stämme und weiterhin auch Kelten n. s. w. nicht oline Einfluß auf
die heutioren Mundarten gewesen sein möchten.
O o
Man wird einwenden, daß wo das Lateinische genügende Anhalts¬
punkte gibt, keine Veranlassung vorliegt an ferner liegende Quellen zu
appellieren. Im vorliegenden Falle scheint aber Flechia selbst Zweifel
an mehreren seiner Ableitungen zu hegen; denn er schließt seine
Erörterungen der von lacerta abgeleiteten mundartlichen Ausdrücke
mit den Worten: »Urgöl adunque non e altro che un alterazione
di rugöl, e, se non souo infondate le counessioni di sopra congetturate,
entrambe queste forme finirebbero per metter capo all’ equivalente
latino lacertus o, ad ogni modo, verrebbero di lä donde le varie
forme, colle quali van coufrontate le modenesi e per conseguente
da ben altra fonte che non da quella loro assegnata dal Galvani.« Q
Es wird daher doch erlaubt sein, wenigstens zu fragen, ob nicht
etwa mit dem lat. lacerta, lacertus verwandte Wörter anderer
italischer und weiterhin indoeuropäischer Sprachen bei der Bildung
der heute in den italienischei] und überhaupt romanischen Mundarten
fortlebenden Bezeichnungen mitgewirkt haben könnten.
Zum Beispiel: Glazart ist eine bretonische Bezeichnung für
Eidechse, und die Verwandtschaft mit lacerta wohl nicht abzu-
weisen; fremdartig ist dabei fast nur das g im Anlaut. Nun hat
Brm>'man vermutet, daß im Lateinischen vor dem 1 von lacerta
ein c abgefallen sei und daß es sich um eine Reduplikationsbildung
handelt. Ich gebe die kurze Ausführung Brugmans mit des Ver¬
fassers eigenen Worten wieder:
»Für lacert-us, lacerta Eidechse ergibt sich eine in jeder
Weise befriedigende Etymologie, wenn wir annehmen, daß wie auch
sonst im Lateinischen vor dem anlauteuden 1 ein c abfiel. — —
Die demnach anzusetzende ältere Form *clacertu-s zerlegt sich in
*cl a- cer- tu- und ist eine Reduplikationsbildung, die ins urindo-
germanische übersetzt *kar-kar-ta lauten würde. Die ümstellnng
der liquida in der vorderen Zwillingssilbe hat analoga z. B. in
cracentes, gracilis und greg-s (verf. in Ciirtius sind. VII. 285.
349). Als Wurzel betrachte ich das weitverbreitete kar krümmen,
biegen, dessen Ableitungen und Bedcutungsentwicklungen ich a. a. o. s.
275 ff. ausführlich behandelt habe, und auf das u. a. auch skr.
^ar-kota-s und kar-kota-s (P. W. V. 1257), karkotaka-s,
kurkutähi-s, Namen von Schlangen und Schlangendämonen zurück-
ß 1. c. p. 162.
174
gehen, welche ebenfalls auf ein *kar-kar-ta hinweisen (a. a. o.
s. 280) - - « 1).
Gaelischer Narae der Eidechse ist dearclu achr ach ^). dearc,
ein Wort mit war auch allein für Eidechse im Gebrauch^);
das erwähnte Wort ist also ein Compositum : dear cl uachrach für
d ea rcclna chrach. Ziehen wir dearc ab, so bleibt wie mir scheint,
eine deutliche B.eduplikationsbilduug c Ina -chrach übrig, deren
erster Teil offenbar identisch ist mit gla von gla-zart. Der keltische
Name würde sich also ebenfalls auf Brugmans hypothetisches kar-
kar -ta znrückführen lassen, oderauf eine bereits weiter modifizierte
Form, etwa kla-kar-ta ^). Im breton. glazart mag das z durch
Anlehnung an das Lateinische oder selbst Französische zu erklären
sein.
Wie mir scheint, darf man sogar vermuten, daß das häufige
Vorkommen des a einer oder selbst beider Silben in den auf lacerta
zurückgehenden Bezeichnungen der unter keltischem Einfluß ge¬
standenen Länder:
Schweiz, linzard, laiuzar.
span. pg. lagarto, lagartijo etc., cat. Hangar dax etc. eben¬
falls keltischer Überrest sei. —
Das mir vorliegende reiche Material, hauptsächlich italienischer
mundartlicher Bezeichnungen für die Eidechse und verwandte Rep¬
tilien will ich nun zunächst an der Hand von Flechias Postille be¬
sprechen; meine Abweichungen von dessen Ansichten mit aller
Bescheidenheit andeutend, wie es dem Nicht- Giottologen geziemt.
Zunächst einige der im Anhang von F. erwähnten Ausdrücke;
»Possono infiue mentovarsi come nomi d’iucerta origine lo scef rofr i o
calabr., il racauo, ragano, racono naj). e rom., il ghezz
{= ghezzo = aegyptius?) friul. e lomb. , il vannuzzu sic., il
s a r m e n u 1 a lecc — — — « ''*)
Karl Br u g in a n , Lateinisclie Ktymologieen. 1. Lat. 1 a c e r t ii s
lacerta. (Zeitschrift f. vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der
indogermanischen Sprachen) ed. Dr. A. Kuhn. Bd. XXIII. 1877. Berlin p. 94.
2) P. A. Nemnich, Allgemeines Polyglotten-Lexikon der Naturgeschichte.
Hamburg und Leipzig 1793. s. lacerta agilis p. 291.
Grimm’s Deutsche Mythologie. 4. Ausg., HL Bd., p. 199; „Apaxwr
stammt von Aepxoi wie von dem verlornen oottgi - gal. daerc ist
lacerta.«
V
■*) cf. A. Vanicek, Griechisch -latein. etymologisches Wörterbuch. I.
Leipz. 1877 p. 136.
1. c. p. 161.
175
»Scefrofrio«.
Das Wort wird zuerst von 0. G. Costa angeführt; es scheint
eine Entstellung aus einem ursprünglich griechischen Worte , an
dessen Bildung o'avpa, aav^oq beteiligt ist, vorzuliegen. Zunächst
gebe icli die mir bekannten, hier einschlägigen neugriechischen Be¬
zeichnungen, und sodann die von 0. G. Costa, Morosi, Mandalari
iind mir in Unteritalien gefundenen.
Du Cange hat für Eidechse : v.o'kiaav^a , ‘Kokoo-ä(p^a. In
Kinds Wörterbuch findet sich nur craiJpa; bei Sakellarios: aav^a, aavpt]
und ■no'^oaavpa.
j
Sibthorp hat für »Lacerta aurea« : yaloo-iravpoq.
Erhard'^): »Die sämmtlicheu Eidechsen auf den Cykladen heißen
(ravpdSa.,«
Heldreich ^) : »Archipel: xco'köa-avpog = » »T r opid o sau r a
algira Fitz.««
Allgemeiner Ausdruck: crav^a, crav^dSa.
Attica : xoi'kocrTav^LSa = Lacerta viridis.«
Ich selbst habe gefunden:
Karpathos: ==^ Gecko (Gymnodactylus Kotschii Steiud.).
Syra : (ravpada = Eidechsen im allgemeinen.
Cephalonia: salavrichi {(TaXav^i%i) Bez. einer »Feldeidechse«.
Cerigo : savrachida (aavpa-z^ida) = Eidechse.
Kos: chrusosävra {-^^ovaocsavpa)'. eine gelbe Eidechse.
Cerigo: colisävra [xoikKrav^a) = Eidechse.
Asphendiu (Kos): corosävla (xoDpocra^Aa) — Eidechse.
Ikaria: colostavrida (xoiAorrTaiipAIa) = Eidechse.
0. G. Costa führt folgende hierhergehörigen Namen der
Eidechse aus dem ehemaligen Königreich Neapel an:
h 0, G. Costa, Vocabolario zoologico. Napoli 1846. p. 37.
2) Du Cange Carol. DuFresne, Glossarium ad Scriptor. mediae
et infimae graecitatis. Lugd. 1688.
h Roh. Walpole, Memoirs relating to European and Asiatic Turkey,
edited from Manuscript Journals. London 1817. Darin: p. 255— 275: XIV. Birds,
Quadrupcds and Fishes of Greece and Cyprus, with their naines in Roniaic;
from the papers of Dr. Sibthorp. Notes by the Editor p. 269. -- Sibthorps
Orthographie ist nicht durchweg zuverlässig.
4) Dr. Erhard, Fauna der Cykladen. Leipzig 1858. p. 81.
‘^) Th. d e He 1 d r e i c h , La Faune de Grece. Athenes 1878. p. 67. 68.
«) 0. G. Costa, Vocabolario zoologico comprendente le voci volgari con
cui in Napoli ed in altre contrade del Regno appellansi animali o parti di essi
u. s. w. Napoli 1846.
17G
Calabrien : s c e f r a t e u luI
Cal. ultra (Gerace): zzafrate, Eidechsen im Allg.
Capo die Lecce : sar^ca, Eidechse.
Aus deu iieugriechischeu Dialekten ünteritaliens führt Morosi an :
Bova: zofrata = hicertola ^).
Rochudi: sprofata = lucertola ^).
Condofnri: spurvata = lucertola ^).
Cardeto (Calabria): fsufrata = lucertola ^).
Terra d’Otrauto: savricola, stavricola = lucertola di
campagna
ib. savridi,stavridi— lucertola ®). savri¬
cola und stavricola sind augenscheinlich Umstellungen von
Koy^ocravpa und ^oi'koavavolSa.
j j
Mandalari ’) gibt für Gerace (Reggio Calabrien): zzefrata,
lucertola; zzefrotu, lacertone, also Lac. viridis.
Von mir wurden in Calabrien notiert:
Sta. Cristiua : z a f i a t e = lucertola.
Coudofuri : s u r 1 v a d a , s e 1 v a d a = lucertola,
Roccaforte : zofrata, sprofata == lucertola ®).
Palizzi : muzzafrati = Lacerta viridis.
Bova: zofrofi (offenbar craviwcpLq) — Lacerta viridis.
San Stefano d’Äspronionte : stroffacöne = Lac. viridis.
b G. Morosi, Dialetti Romaici del Mandameuto di Bova in Calabria
(Arch. Glottol. Ital. IV. 1878). p. 3.
2) 1. c. p. 33.
G ib.
h 1. c. p. 99.
Gius. Morosi, Studi sui Dialetti Greci della Terra d’Otranto, prece-
duto da una Raccolta di Canti Leggende Proverbi e Indovinelli nei Dialetti
niedesirni. Lecce 1870.
c) id. ib.
’’) Mario M a n d a 1 a r i , Canti del Popolo Reggino-Lessico delle parole
pici notevoli del dialetto. Napoli 1881.
®) sprofaco »lucertolone« (d. i. Lacerta viridis), von »G. Meyer,
Etymolog. Wörterbuch der albanes. Sprache«, s. v. bre tek, nach »Racc. di
Rocc. 1,25«, als in Roccaforte gebräuchlich mitgetheilt, gehört nach Meyers An¬
sicht zu cal. vrosacu, Bova vrüSfako aus volksgr. ß^w^axog, »Frosch«.
Da wir aber in Roccaforte die beiden im Text aufgeführten als häufigste Be¬
nennungen der Eidechse haben , von denen zofrata unzweifelhaft aav^ddu
ist (worauf schon Morosi das »zofrata« von Bova bezog), und sprofata
eine Entstellung aus zofrata, so würd wohl sprofaco nichts anders als
weitere Entstellung von sprofata sein; das Wort aus dem Dialekt des nicht
griechischen S. Stefano geht darin noch einen Schritt weiter.
Das von Flechia erwähnte scefrofrio kommt am nächsten
dem zofröfi, aus dem es eine spätere Entstellung zu sein scheint.
Das colo - — , coli — (durch Metathesis coro — ) in mehreren der
oben aufgeführten zusammengesetzten Formen dürfte, wie auch das
xo’kco'zrjq bei Aristoteles (= Gecko oder Stellio), auf die Verbal wurzel
xoX = »gehen« uud weiter auf das indogerm. kar (»gehen«) zurück¬
zuführen sein ^).
»Ghezz«.
Lombardische Bezeichnung für Lacerta viridis ^), Flechia fügt
hinzu: »(= ghezzo = aegyptius ?)«. Ich möchte vermuten, daß
dieses Wort lombardischen Ursprungs ist und mit dem deutschen
»Eidechse« ahd. egidehsa im Zusammenhang. Unter den vielen
Umgestaltungen von egidehsa finde ich auch die folgenden zwei:
eckes, eck es z 3). ,
»Vannuzzu«.
Ich denke, De Guberuatis ist im Recht, wenn er diese sicilia-
nische Bezeichnung für Lacerta viridis als Diminutiv von Giovanni,
für Giovann uzz n , erklärt ‘^). Auf der Insel Mykonos wird ein kleines
Reptil (Ablepharus pannonicus Fitz.) x^etSl tov aytov ’ladvvov
»Johannesschlüssel« genannt uud dient den Kindern als Spielzeug, wie
Gleiches De Guberuatis von der Eidechse auf Sicilien berichtet.
»Sarmenula«.
Nach Flechia ein Wort aus dem Distrikt von Lecce, vermuthlich
nach 0. G. Costa-''), der sarmenula als Namen der Lacerta
viridis vom Capo di Lecce anführt. Es könnte sich um eine der
zahlreichen Entstellungen von s a 1 a m a n d r a handeln : s a 1 a-
raanua (Garfagnana), salamandria (Frignano), mar asangola,
sarmandola (Ven. Trent.) u. s. w. Auch das alb. tsamil
»Eidechse« , von G. Meyer ^') nach Rossi aufgeführt, mag in Betracht
’) ct. J. S a V e 1 s b erg, TTrubr. Studien (A. Kubn, Zeitschr. f. vergl. Sprach¬
forschung). Bei. XX. Berlin 1873. p. 128.
2) A. T i r a b 0 s c h i , Vocabolario dei Dialetti bergamaschi antichi e mo-
derni. 2a Ed Bergamo 1873: ghez Valle San Martino = ramarro.
L 0 r. Diefenbach, Novum Glossarium Latino-Germanicum mediae
et infimae aetatis. Beiträge z. wissenseb. Kunde der neulat. u. der germ.
Sprachen. Frankfurt a. M. 1867. s. v. lacerta.
-*) A n g e 1 0 De G u b e r n a t i s , Zoological Mythology or the Legends.
of An im als. London 1872 Vol. II. p. 385. 386.
^') Vocabolario zoologico.
V i
1. c. s. V. sapi.
Zoolog. (Ifirt. Jahrg. XXXIII, 1892.
12
178
kommen. Das Wort könnte ferner mit aav^a in Beziehung stehen;
oder eine Entstellung der in Unteritalien verbreiteten, aus Griechen
land importierten Bezeichnung des Gecko : s i m a m i d i , s a 1 a m i d a,
salamitro u. s. w., oder endlich auch eine Kombination von zwei
Benennungen verschiedener Herkunft sein. Die verschiedenen Ab¬
leitungen vom Thema cravga sind schon besprochen ; im folgenden
gebe ich ein möglichst vollständiges Verzeichnis der erwähnten Namen
für den Gecko.
Bei den klassischen Schriftstellern findet sich kein deiaitiges
Wort; die älteste mir bekannte Erwähnung desselben ist bei Sophronius,
der in der Mitte des 7. Jahrhunderts Patriarch von Jerusalem war.
Es handelt sich um die Geschichte eines Wunders, vollbracht au
einem Mädchen von Heraclea, das zufälligerweise „xp/a IporexA rä
y.a'kovfJiiva, crajiiocf-iföta“ verschluckt hatte ^). Also s a m am f t h i o n.
Darauf folgt Belon, der über die Geckos in Kairo berichtet :
»Sur le soir Ion voit uue sorte de petit Lezard se pouimenant le
long des niurailles, qui vient raanger les mouches. Les Grecs Pont
appele en leur vulgaire samiamitos, les Italiens Tareiitola, les
anciens Chalcidica lacerta« ^).
Du Gange schreibt o-a^nd^iiv^og »Stellio, Acrxa'kaß oo 'rr,g,
in Gloss.« ^) ; und er a
In Thessalien nach Sibthorp ^) : er a ^ a q r?.
In Kinds Handwörterbuch der neugriechischen und deutschen
Sprache findet sich folgende Schreibweise: 6,
(TocfAiot/xtJioVj TOj Eidechse.
Bei Erhard = H e m id acty lus, der gemeine
Gecko. Es ist dies offenbar eine Volksetymologie, Anlehnung an
Saud, um einen griechischen Klang in das unverständ¬
liche Wort zu bringen.
q A. Mail Spicileg. Roman. T. IIL Romae 1840. Sophrouii Monachi
Sopbistae Narratio miraculorum, SS. Cyri et Johannis sapientium Anargyranim.
p. 474 ff. ....
q Pierre Belon du Mans, Les observations de plusieurs singularitez et
choses memorables, trouvdes en Grece, Asie, Judee, Egypte, Arabie et autres
pays etranges, redigees en trois livres. Paris 1555. Sec. livre p. 107.
3) Gange Carol. Du Fresne, Glossar, ad Scriptor. mediae et
infimae graecitatis. Lugd. 1688. s. v.
q ib. s. V. o 1 % o |S a cr.rn = lacertus, mit den fernem Synonymen t
TOL’)ioßäTrig^ ^vXo ßaXo q.
q in Wal pole, 1. C. p. 270.
q 1. c. ii. 83.
Heldreich liat : »H e m i d ac tyliis verruculatus Cuv., iiom
viilg. aafAßirxf-iv'^L (ou alias crafxva (xlSi) , mot d’origiiie hebraique'
d’apres quelques- uns.« Bikelas bemerkt zu dem Worte cra^^ia l
»D’apres Coraj, le mot serait d’origiue hebraique. Byzantios observe
ce qui suit au mot xf/vyiacrl^i : »» = (pvxog, apvaiov^
fr. fard. Le mot s’est conserve corrompu daus le mot
(Ta^if^iiaav ^ i, les excrements du lezard etant employes par les femmes
(comme cela se fait eucore en Italic) dans la composition du fard.««
Wenn irgend eine Beziehung zwischen und
besteht, SO ist eher auzunehmeu, daß ersteres von
letzterem abgeleitet wurde (vergl. xpoxo^eiHa, der als Schminke be¬
nutzte Kot des xpoxdfleiXog, Agama stellio L. sp.) ; das würde
dann allerdings für Alter des Tiernamens im Griechischen sprechen.
Die von mir auf griechischen und türkisch - griechischen Inseln
gesammelten Benennungen lauten wie folgt:
Samos: samiamidhi und samiamithi ((rafua^hh, crafnaat^i).
Kasos: sapomita (o-a^out-ra).
Astypalaea : m i a m i 6s {(xia^ioq)-
Syra : samiamiso, samiamidhi pl. ia.
Cerigo: samamidhi.
Kalymnos: samuiomitas (pl.-i.), samniomiti.
Kos : s a p 0 m I ti.
Cephalonia: samiamithi.
Ikaria : psapsamitis, psapsamitia.
Nachfolgend die nach Unteritalien importierten Namen:
Terra d’Otranto : »fsalammidi, fsammidi n. lucertolina
domestica (quasi T^aXa^ildiov da y^aXdyfxa da -if aXotrirG) = tocco stris-
ciando?)« ^).
Galatina und Taranto: salenitro, sala nitro, Gecko ^).
Circondario von Gallipoli (Terra d’Otranto): salamitro =
»Gecko mauritanicus und G. verruculatus« ^’)*
0 1. c. p. 65.
M. D. Bikelas, Sur la nomenclatnre moderne de la faune grecque
(Extr. de l’Annuaire de l’Association pour l’encourageraent des etudes grecques
— 12e annde. 1878). Paris 1879.
Gius. Mo ros i, Studi sui Dialetti greci della Terra d’Otranto ecc.
Lecce 1870. s. v.
q 0. G. Costa, Vocabolario zoologico.
0 Gius. Costa, Fauna Salentina ossia Enumerazione di tutti gli
Animali che trovansi nelle diverse contrade della Prov. di Terra d’Otrauto.
Lecce 1871. p. 74, 75.
180
Bova (Prov. Reggio Calabria); »zimaraidi (Ofcr. fsalani-
mitli, fs amni idi), ramarro«, i. e. Lacerta viridis.
Reggio (Calabria): salaraita, mit der Bedeutnug »salamaudra«.^)
Sicilieu ; »zazzamiria, zazzamita vel schirpiimi s. m. Tarän-
tola« *^).
Catania ; z ii z z a in i d a == H e m i d a c t y 1 n s '^) .
Von mir wurden in Calabrien die folgenden Benennungen der
zwei Geckos (Tarentola und H e m i d a cty 1 us) gesammelt:
Bova: s im a midi (pl.-ia).
Roccaforte * sidamidi.
Condofuri : salamida.
Pizzo di Calabria : s a 1 a m i d a.
Lipari (t. Prof. Giglioli) : salamida.
Endlich ist noch zu erwähnen, daß ein nahestehendes Wort
auch bei den Arabern im Gebrauch ist, nämlich :
In Algerien: ze rmoumia, Tarentol a (Platy dactylu s).^) »In
der Umgegend von Mogador (Marocco) wurden kleinere Eidechsen und
Schleichenarten »tas ermo niät,« berberische Form des in den Ebenen
der Westküste von den Arabern gebrauchten Wortes »sermomia«
genannt.«
Da das Wort nach Coray und anderen aus dem Hebräischen
stammen soll, und in der That auch als Bezeichnung für »Salamander«
»semamit« aufgeführt wii^ ^), wandte ich mich um Aufschluß an
Professor Lasinio in Florenz, der folgendes zu antworten die Güte
hatte :
»Sim a m idi, ec., ec., — Nell’ ebr., e vero c’e s’mam 1 1 o semamit
»Lacertae venenatae species; ramarro« ; ma io non ci so trovare
origine semitica. Simamidi, ec. ec., sono forme diverse, di
provenienza greca, tutte«.
^) G. M 0 r 0 s i , Dialetti Romaici del Manclamento di Bova. p. 65. Es
handelt sich um den Gecko ; der »ramarro« (Lacerta viridis) wird in Bova
»zofröfi« genannt (siehe oben).
2) Mario M a n d a 1 a r i , 1. c.
®) Ant. Traina, Vocabolarietto delle Voci Siciliane. Torino 1877. s. v.
^) Pietro Doderlein, Rivista della Fauna Sicula dei Vertebrati.
Palermo 1881. p. 40. (Estr. dalle »Nuove Etfemeridi Siciliane« vol. XI).
^j Hanoteau et Letourncux, La Kabylie et les coutumes kabyles.
Paris 1872.
®) M. Quedenfeldt, Einteilung und Verbreitung der Berberbevölkerung
in Marocco. Fortsetzung. Zeitschr. f. Ethnologie. Organ d. ßerl. Ges. f.
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. XXL Bd. 1889. p. 196 ff.
’) Megiserns, Thesaurus polyglottus, s. v. salamandra.
181
Nach meinem unmaßgeblichen Urteile haben die obigen Worte,
mit Ausnahme des entstellten ■^a^iaof.iVTriq durchaus keinen griechischen
Klang; die griechische Herkunft ist mir daher zweifelhaft, da noch
allerlei nötig wäre, um die Ableitung von \}/i^ivSnov oder gar von
wahrscheinlich zu machen. — (Fortsetzung folgt.)
Albinismus unter den Vögeln Chiles.
Von Dr. R. A. Philippi in Santiago.
Es kommt mir sehr auffallend vor, daß unter den Vögeln Chiles
öfters größere oder geringere Grade von Albinismus beobachtet
werden. Unser Museum zeigt folgende Beispiele dieser Erscheinung.
1 . Der amerikanische Turmfalke, Falco sparverüis.
Hals und Brust sind rein weiß, die Schwungfedern sind weiß, die
Federn des Rückens und des Schwanzes weiß mit zimmetbrauueu
Bändern ; die zimmetbraune Färbung der Bänder des normalen
Zustandes ist stehen geblieben und die sonst schwarzen Bänder
sind weiß.
2. DerChurrete, Alpticerthia vulgaris. Der Vogel ist größten¬
teils weiß, namentlich sind Kopf und Rücken rein weiß, auf dem
Nacken und an den Seiten sind einzelne Federn schwärzlich; die
ersten Schwungfedern sind rein weiß, die meisten aber haben die
normal schwärzliche Färbung; von den Schwanzfedern sind einige
rein weiß, andere schwarz, eine einzige der äußeren ist schwarz mit
hell braunroter Spitze, also normal gefärbt.
3. Die F a 1 k la n d d r 0 s s e 1 , Turdus falklau dicus. Bei diesem
Albino ist nur die kleinere Hälfte des Vogels weiß, die Kehle ist
rein weiß, der Rücken ist isabellfarbig, die Schwanzfedern sind bla߬
braun mit weißem Schaft. Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, daß
dieser Vogel die gemeine, in ganz Chile häufige Drossel, der »zorzal»
ist und nicht Turdus fusco-ater., wie in dem Werk von Gey (His-
toria fisica y politica de Chile. Zoologia I. p. 331) angegeben ist;
letztere Art ist weit seltener und kommt nur im nördlichen Teile
des Landes vor.
4. Die Ten ca, Minius Thenca. Ein Exemplar ist ganz und
gar rein weiß, ein anderes weiß und schwarz gescheckt.
5. DerTrile, Xanthornus cayennensis. Wir besitzen drei normale
Exemplare dieses häufigen Vogels. Ein Exemplar ist rein weiß.
182
oliue jede Spur von Schwarz ; bei einem zweiten sind Kopf, Nacken,
Hals, Brust weiß, der Bauch und die obere Hälfte des Rückens weiß
und schwarz gescheckt, die Schwungfedern sind rein weiß, die
Schwanzfedern weiß bis auf eine, die schwarz geblieben ist; ein
drittes Exemplar hat eine schneeweiße Kehle, und die weiße Färbung
desselben dehnt sich über die ganze Augengegend bis weit auf den
Hinterkopf und Nacken aus.
6. Der grosse Schwarzstärling, der Tordo, Agelaius
curaeus. Kopf, Hals, Brust, Bauch, Unterschenkel, Rücken dieses
im normalen Zustand ganz kohlschwarzen Vogels sind weiß, die
Schwungfedern schwarz aber mit weißer Spitze, die Schwanzfedern
sind ebenfalls schwarz mit weißer Spitze; aber noch an der Wurzel
weiß gefleckt.
7. Der Soldatens tärliug, Leistes americamis {Sturmis mili-
etc.), die Loica der Chilenen. Ein Exemplar ist bis auf die blaßrote
Brust, die beim normalen Vogel hochrot ist, ganz weiß, die Schwanz¬
federn sind zwar auch weiß, aber auf der äußeren Hälfte der Fahne
schwarz gefleckt; vier Exemplare sind, bei normal rotgefärbter Brust,
weiß und schwarz gescheckt, und die weiße Farbe bat das Über¬
gewicht über die schwarze. Ein anderes Exemplar hat eine citronen-
gelbe Brust, ist aber sonst ganz normal gefärbt. Eine zweite Loica
mit gelber Brust habe ich vor ein paar Jahren selbst auf meinem
Gute San Juan in der Provinz Valdivia unter einem Schwann normal
gefärbter Vögel gesehen, es gelang aber nicht sie zu schießen.
Diese gelbe Abweichung von der normalen Färbung erinnert an den
fast ganz goldgelben P apag e i en k ön i g , rei de choroics, den man
in Valdivia bisweilen unter einem großen Schwarm normal gefärbter
Enicognathiis leptorrhynclius findet, über welche er übrigens keine
königliche Autorität ausübt. Wir besitzen ihn auch im Museum; bei
den beiden anderen chilenischen Papageien, dem Loro oder Tricao,
Conunis cganolyseos, und der Catita, Conunis erytlirofrons (schrecklicher
Name für einen Philologen), ist bisher noch keine Abweichung
von der normalen Färbung beobachtet.
8. Die D i u c a , Fringüla diuca. Bei einem Exemplar ist die
ganze Unterseite fast rein weiß, während Kopf und Rücken hell
aschfarbig sind; ein zweites Exemplar hat eine rein weiße Kehle
und ebensolchen Bauch, eine hell aschfarbige Brust ; Rücken, Flügel
und Schwanz sind etwas dunkler grau.
9. Der Chincol, Fringüla matutina. Bei unserem albino-
artigen Exemplare sind Kopf, Nacken, Kehle rein weiß, an den
Seiten des Halses ist eine scliwacbe Andeutung des zimmetbraunen
Halsbandes, welches diesen Vogel anszeichuet; der übrige Köiper
ist normal gefärbt.
10. Ghloyospizo, erytJirOTrJiyncJici. Von diesem sonst beinahe ganz
schwarzen Vogel besitzen wir ein weiß und schwarz geschecktes
Exemplar. Die weiße Farbe herrscht vor, und namentlich die
Unterseite und die Schwanzfedern bis auf eine sind ganz weiß ;
schwarz sind die Kehle hart am Schnabel, die Oberseite des Kopfes,
der untere Teil des Nackens, die Schwungfedern und ein Teil der
Flügeldeckfedern, sowie eine Schwanzfeder.
11. Der Chirihue, Crithagra hrevirostris. Kopf und Nacken,
die schwärzlich sein sollten, sind hellgelb, Rücken und Flügel weiß
und schwärzlich gescheckt, einige Schw^anzfederu sind im grössten
Teile ihrer Länge weiß.
12. Der Silguero oder Jilguero der Chilenen, CJirysomitris
canipestris, (der spanische Name jilguero bezeichnet' den Distelfinken,
mit welchem der chilenische jilguero keine Ähnlichkeit hat, eher
könnte man ihn Zeisig nennen). Fast der ganze Vogel ist hell
citroneugelb, Schwungfedern und Schwanzfedern sind rein weiß, auf
dem o-elblicheu Rücken sind einzelne normale schwärzliche Federn ge-
blieben.
13. Die chilenische Turteltaube, Zenaida aurita. Ein
Exemplar ist fast ganz rein weiß, eine einzelne Schwanzfeder ist
schwarz und die Schwungfedern sind schwarz gefleckt. Bei einem
zweiten Exemplar ist die Unterseite ebenfalls weiß, aber einzelne
Federn besonders am Bauch haben eine bräunliche Spitze; Rücken
und Schw'auz sind schwarz und weiß gescheckt, die äußeren Schwanz¬
federn sind rein weiß. Ein drittes Exemplar ist ziemlich normal
o-efärbt, hat aber eine rein weiße Brust.
14. Ibis fcdcinellus, in einigen Provinzen Gallarete, sonst
Cuervo. Von diesem sonst ganz schwarzen Vogel erhielt ich vor vier
Wochen ein fast ganz weißes Exemplar, das nur, besonders auf der Stirn,
zerstreute, etwa linsengroße schwärzliche Fleckchen zeigt; bei einigen
im übrigen ganz w^eißen Schwungfedern ist der Schaft tiefscluvarz. —
Diese Art ist in dem großen Werk von Gey zweimal aufgeführt, ein
mal als Ibis fcdcinelhts und das zweite Mal, zwei Seiten weiter hin,
als Falcinellus Guarauna. Herr Desmurs, welcher die Ornithologie
bearbeitet hat, unterscheidet das Genus Falcinellus von Ibis durch
den Mangel des Daumens, der doch recht laug ist, »pollice nullo«
und im Spanischen »carece de pulgar« , und läßt den Typus des
184
Geuus bei Ibis. Was soll man dazu sagen ! Leider habe ich, als
ich vor 39 Jahren aufangen mußte, mich auch mit der Ornithologie
Chiles zu beschäftigeu, nicht früh genug bemerkt, welches unzuver¬
lässige Machwerk das des genannten Herrn ist.
15. Die Pa r aguay - S u m pfs ch n e pfe, Gallinago Paraguaya,
Porrotero und Ävecasina. Der ganze Vogel ist schneeweiß.
16. Die Tagua, Fulica chilensis. Von diesem sonst ganz
schwarzen Vogel besitzen wir auch ein Exemplar, das schneeweiß
ist bis auf ein paar Schwungfedern, die schwarz geblieben sind.
Dieser Albinismus der chilenischen Vögel erinnert an die ana¬
loge Erscheinung bei den chilenischen Pflanzen. Es ist eine bekannte
Sache, daß bei Arten mit blau oder rot gefärbten Blumen oft ein¬
zelne Individuen mit weißen Blumen Vorkommen, aber in Chile ist
dies weit häufiger und auffallender. Als nach Gründung des bota¬
nischen Gartens in Santiago unser roter Wiesenklee, die Klatschrose,
Papaver Rhoeas, die Rade, Agrostemma Githago^ ausgesät waren,
trugen die aufgegangeueu Pflanzen wohl zum vierten Teil ganz
weiße oder wenigstens ganz blaßiote Blumen. Der rote Fiugerhut,
der an vielen Orten des südlichen Chiles ein schreckliches Unkraut ire-
worden ist und oft große Strecken mit Unterdrückung jeder anderen Pflan¬
zen bedeckt, trägt au allen diesen Orten zum dritten Teil weiße Blumen*
Der Wanderziig der Mainflsche im Frühling 1892.
Von li, Buxbaum, Raun heim a. Main.
In diesem Frühjahre konnte der Zug der Fische im Main ge¬
nauer beobachtet werden, weil die Fische in den fünf Behältern des
Fischpasses täglich mehrmals mit einem liebnetze herausgeuommen
wurden, um feststelleu zu können, welche Arten vertreten waren
und welche Größe und Schwere die einzelnen Exemplare erreicht
hatten. Sowohl am Tage als auch bei Nacht haben diese Erhebuno-en
O
stattgefundeu, und so konnte daraus nun ein klares Bild des ganzen
Verlaufs zusammeugestellt werden. Durch häufig eingetreteue kalte
Witterung wurde der Zug oft unterbrochen, denn bei kaltem Wetter
zeigen die Fische keine Lust zum Wandern und so kam es, daß oft
mehrere Tage keine Fische zu sehen waren. In der Nacht gehen
die Fische nicht durch den Paß, auch nicht bei hellem Vollmond,
und man findet nur vereinzelt größere Exemplare auf dem Grunde
der Behälter. Nur am Tage, und da wieder nur bei Sonnenschein
185
springen die Fische durch die Luft über die Zwischenwände der
einzelnen Abteilungen des Fischpasses, In der Nacht gehen sie
lieber in rnhiy'es Wasser und stellen sich da dichter zusammen, weshalb
auch die Fischer in der Nacht vielfach bessere Beute machen als am
Tage. Auch bei kaltem Wetter, besonders im Winter, wenn das
Wasser -j- 4^ B. und weniger Wärme hat, stehen die Fische dicht
beisammen, um sich zu erwärmen durch die Reibung^), denn trotz
seines kalten Blutes liebt der Fisch doch die Wärme und nur an
warmen, sonnigen Tagen wird es ihm so wohl, daß er seine Hoch-
und Weitsprünge über die Hindernisse ausführt. Am Tage halten
sie sich am liebsten in brausendem Wasser aut, wie solches hiei am
Nadel wehr entsteht, denn dieses Wasser enthält vor allen Dingen
viel Luft und die Fische scheinen diese Plätze geradezu als Lult-
kurorte und Sommerfrischen zu benutzen. Da fühlen sie sich so
recht wohl und lassen sich wiegen und schaukeln und es eilt ihnen
gar nicht, mit dem Weiterzieheu. Vielleicht ist ihnen diese Be¬
wegung und Reibung auch angenehm wegen des Laiches, den sie
bei sich führen. Es war mir nämlich sehr auffallend, daß auch die
kleinen, 10 cm langen Fischcheu teilweise mit Laich förmlich ausgestopft
waren, und daß sich viel mehr weibliche als männliche Exemplare
darunter befanden. Im freien Main hatte der Zug, der sich haupt¬
sächlich den beiden Ufern entlang bewegte, durchschnittlich eine
Geschwindigkeit von 15 Meter in der Minute, ging also verhältnis¬
mäßig sehr langsam voran.
Der mainaufwärts gehende Zug begann am 28. März, an welchem
Tage die Spitze des diesmaligen Frübjahrszuges hier ankam. Diese
Pfadfinder waren Schneider, Älburnus lucidus, von durchschnitt¬
lich 10 cm Länge. Am 31. März waren sie aber wieder ver¬
schwunden, denn das Thermometer zeigte an diesem Tage morgens
um (3 Uhr — I® R., was die Fische veraulaßte, zurückzubleiben.
Am 2. April kamen sie wieder augerückt, uud es waren diesmal
auch einige Rotaugen, Leuciscus ndilus, darunter von 10— 15 cm
Länge. Am 6. April kamen auch noch Gründlinge (Grosse),
Gobio /luviatilis, dazu von 10—15 cm Länge. Am 7. April fanden
sich hauptsächlich nur Gründlinge vor und waren die Rotaugen
nur vereinzelt, die Schneider fehlten ganz.
Am 13. April waren nur Schneider im Fischpaß und am
14. April war der Paß leer; das Thermometer zeigte + 2» 11.
1) Vielleicht mehr durch die gegenseitige Ausstrahlung?
N.
186
Vom 14. bis zum 18. April zeigten sich keine Fische, es war zu
kalt, 1® R. bis +5® R., trübe und regnerisch. Am 22. April
kamen die Schneider, die Rotaugen von 10 — 12 cm Länge
wieder an und am 23. April sprangen sie ganz lustig bei +14® R.
und Sonnenschein : auch iu der Abenddämmerung waren noch
Schneider im Fischpaß. Auch am folgenden Tage, am 24. April,
sprangen Schneider, Rotaugen, Gründlinge und auch einige
Mulbeu, Aspius rapax, alle aber nur 10 — 12 cm lang. Am 26.
April war es wieder zu kühl und am 27. April war der Paß leer
bei +1® R. Am folgenden Tage zeigten sich zwar wieder einige
Schneider, aber am 30. April war der Paß wieder leer. Auch
die folgenden Tage vom 1. bis 6. Mai zeigten sich keine Fische, es
wai zu kalt. Lrst am 7. Mai wurde das Wetter besser und die
Fische kamen wieder iu Bewegung. Es kamen Rota u gen, 15 cm laug,
Schneider, 10 — 12 cm lang und Bresem, Abramis hrama^ 12 cm
laug, welche bei +9® R. ihre Luftsprünge ausführten. Am 9. Mai
wai der Paß ganz gefüllt und die Fische sprangen bei Sonnenschein
sehr häufig; auch am 11. Mai sprangen besonders kleine Fische sehr
lustig. Am 12. Mai war der Paß geradezu überfüllt mit Rot¬
augen, Schneidern, B r ese m und Gr ü n d 1 i u g e n, die bei 16® R.
bis zum Sonnenuntergang beständig sprangen. Am 13. Mai kamen
etwas größere tische, Rotaugen von 25 cm Länge, Bresem von
15 cm und Schneider von 10 — 12 cm Länge iu den Paß. Am
15. Mai ließ sich zum erstenmal der Flußbarsch, Ferca fluviatilis,
das Zebra unter den Mainfischen, hier sehen und es waren Exem¬
plare von 25 cm Länge und 0,5 Kilo Gewicht darunter, außerdem
fänden sich Barben, JBarha fluviatilis , Weißfische, Ghondrostoma
nasiis, Rotaugen, Bresem und Mulbeu dabei von 15—25 cm
Länge. Auch am 17. Mai zeigten sich dieselben von 10 — 25 cm
Länge. Am 18. Mai waren fast nur Rotaugen im Paß von 15 _
25 cm Länge, welche vom Laich förmlich aufgetriebeu waren. Vom
20. bis 24. Mai war der Zug sehr stark und bestand aus Flu߬
barsch , Mulb e , Bresem, Rotauge, Gründling und Schnei¬
dei von 10 bis 25 cm Länge. Es waren besonders schön gefärbte
Exemplare des Flußbarsches dabei mit den hellroten Flos.sen.
Vom 27. Mai bis 1. Juni war der Zug stark und am Abend fanden
sich auf dem Grund der Wasserbehälter noch einige Barben von
2 Kilo Gewicht, die sich leicht mit der Hand herausnehmeu ließen
und so voller Laich waren, als wären sie damit förmlich ausgestopft.
Nachdem sie wieder in das Wasser ge.setzt wurden, ließen sie sich
187
sofort wieder auf den Boden sinken. Vom 1. bis 5. Juni wurde
der Zug immer schwächer und am 6. Juni hatte ei sein Lnde ei
reicht. In den letzten Tagen sah man vereinzelt auch junge Aale,
Angiiilla vulgaris, und hie und da einen kleinen Hecht, Esox
liicius. Der Maifisch, Alosa vulgaris, kommt jetzt nicht leicht in
den Main herein, weil er nicht durch den ersten Fischpaß geht. Ob
im Juli wieder ein Zug Aale maiuaufwärts geht, wie im Vorjahre,
muß sich nun bald zeigen.
Gerade in der letzten Zeit zeigen sich wieder viele Fische an
der Oberfläche des Wassers, welche mit dem Fischpilze,^ Saprolegma
ferax, behaftet sind und daran zu Grunde gehen. Zum Glück werden
sie von den Milanen und Krähen herausgefischt, sonst würden sie
die Luft verpesten. Überblickt mau nun den ganzen Zug, so
ergibt sich, daß zuerst die kleinen Schneider den Weg aufsuchteu,
dann die ebenso kleinen G ründliuge dazu kamen und erst nach und
nach größere Fische sich eiufanden. Daß der Zug hauptsächlich zum
Zwecke des Laicheus ausgeführt wird, ist damit erwiesen, denn auch
die kleinen Fische siud zeugungsfähig und mit Laich versehen. Be¬
wunderungswürdig ist die Muskelkraft, die die Fische bei dem Sprung
durch die Luft entwickeln, denn ein Fischchen von 5 cm Länge
führt mit Leichtigkeit einen Sprung durch die Luft aus von ein
Meter Höhe oder Weite. Erstaunenswert ist auch die Beharrlichkeit
der Fische, den einmal aufgenomnieiien Weg weiter zu verfolgen,
denn durch kein Hindernis lassen sie sich davon abbringen. Mag ein
Fisch noch so oft fehlspringeu und die Hindernisse nicht übersetzen, so
versucht er es immer wieder, bis es ihm gelingt. Der schärfste
Sinn der Fische ist wohl das Gesicht, denn es ist sehr auffallend,
wie schnell sie in die Tiefe sinken, sobald jemand am Rande des
Passes erscheint, oder wenn sich etwas am Ufer regt. Eine h rage
ist mir immer noch nicht recht klar, nämlich, womit der Fisch die
Kraft entwickelt, die ihn so hoch und so weit durch die Luft treibt.
Daß die Flossen und der Schwanz bei seiner Bewegung in Tätigkeit
treten, ist richtig. Wenn aber der Fisch ganz gerade nach vorn
sprino-end aus dem Wasser hervorkommt, sollte dabei nicht auch die
Form'^ 'des Fisches eine Rolle spielen? Der keilförmig zugespitzte,
ö-latte Schwanz bildet gegen das Wasser zwei schiefe Ebenen und
wenn die Hälfte des Fischkörpers aus dem W^asser hervorgekornmen,
so drückt dasselbe nun von zwei Seiten den Schwanz heraus, ge¬
rade so wie man einen keilförmigen Körper, wie z. B. einen glatten
Zwefschenkern, eine große Bohne oder ein keilförmig zugeschnittenes
188
Stückchsü Söif©, RD eiueiii Eud© zwischsu zwei FiDgem drückend,
liiDciusschleudem kauu. Zu einem so großen Sprung nach vorn, wie
ihn die Fische oft ausführeu, ist eine bedeutende Kraft erforderlich,
und ich kann nicht aunehmen, daß eine Bewegung der Flossen
allein dazu schon ausreiche, ebenso kann eine Bewegung des
Schwanzes bei solchem Sprunge auch nicht viel helfen. Jedenfalls
kommt auch die Schwungkraft dabei in Rechnung und es ist möglich,
daß der Fisch vor dem Sprunge dazu einen ordentlichen Anlauf
nimmt; eine sichere Beobachtung darüber habe ich bis jetzt noch
nicht machen können. Vielleicht ist der Vorgang anderwärts schon
genauer erforscht worden und könnte in diesem Blatte darüber ge¬
nauere Auskunft erteilt werden.*)
Zoologischer Garten in Basel.
Jahresbericht 1891.
ri erbestand. Das am 31. Dezember 1891 aufgenommene Inventar der
Tiere wies auf:
Säugetier
e.
Vögel.
4 Affen .
in
1
Arten.
32 Papageien . . .
in
15 Arten.
24 Raubtiere ....
»
14
28 Tagraubvögel . .
12
5 Nager .
1
»
15 Nachtraubvögel .
6
V
1 Zahnarmer ....
1
7 Rabenvögel .
6
1 Beuteltier ....
»
1
»
56 Sperlingsvögel . .
»
9
6 Einhufer ....
2
97 Schwimmvögel .
29
31 Zweihufer ....
»
14
»
27 Stelzvögel
»
11
3 Vielhufer ....
»
2
20 Wildtauben .
6
75 Säugetiere ....
in
36 Arten.
60 Haustauben . . .
7
X>
Reptilien.
49 Haushühner .
»
9
1 Panzerechse . . .
in
1
Art.
18 Fasanen ....
»
7
2 P’eldhühner . . .
2
»
3 Hokkohühner
»
3
>
1 Strauß .
»
1
415 Vögel .
in 123 Arten.
Total: 491 Tiere in 160 Arten.
*) Der Schwanz wirkt in diesem Falle mit grofser Kraft als Schraube.
Ähnliches sieht man vom Schiffe aus in dem Mittelmeer und Atlantischen
Ozean, wenn eine Schar Delphine spielend dem Dampfer folgt und diesen mit
Leichtigkeit überholt oder wenn eines der schönen Tiere um das andere sich
der Oberfläche nähert, einen kräftigen Schlag mit dem Schwänze ausführt und
nun wie eine geworfene Lanze einen weiten Bogen in der Luft beschreibt um
hier das Atmen zu besorgen.
189
Nach den üblichen Abschreibungen wurde der Tierbestand gewertet auf
Fr. 12,110.-.
Augekauft wurden 13 Säugetiere, 109 Vögel, 27 Reptilien mit einer
Gesamtausluge von Fr. 5011-77.
Geschenkt wurden 13 Säugetiere und 57 Vögel.
Geboren im Garten wurden 23 Säugetiere und 82 Vögel.
Mit Tod (inklusive Verfütterung) gingen ab 48 Säugetiere und 107 Vögel.
Verkauft wurden 21 Säugetiere, 78 Vögel und 27 Reptilien mit einem
Gesamterlös von Fr. 3,565.85. Inbegriffen sind diejenigen Tiere, die in Ver¬
losungen abgesetzt und die, welche zum Schlachten verkauft wurden.
Unter den Verlusten durch Todesfall erwähnen wir als besonders schmerz¬
lich den der 2 jungen Mähnenschafe, den der Gemsen, Nilgauantilopen und
Nandus, von welch’ letztem nun schon zum zweitenmal die ganze zahlreiche
und zuerst vielversprechende Brut trotz aller Vorsichtsmaßregeln zu Grunde
gegangen ist. Alle diese Tiere erlagen zumeist nicht aufgeklärter Krankheit,
während nicht wenige andere auch durch Unfälle und besondeis durch gegen
seitig zugebrachte Verwundungen gestorben sind. Auch Entweichungen aus
dem Garten kamen zahlreiche vor, besonders bei dem Sumpfbibern und beim
Teichgeflügel.
'p j 0 j. w 0 h 11 u n g e n. Der strenge 4Vinter von 1890/1891 setzte vielen
unserer Tierwohnungen arg zu, so daß allenthalben mein odei mindei kost
spielige Reparaturen mußten ausgeführt werden. Außerdem wurde manches
ausgebaut oder neuerstellt, so vor allem das El et antenhaus. Es war
nicht bloß das Gebäude selbst zu Anfang November bezugsfertig, sondern es sind
auch die offenen Lanfräume und der Abschluß des Hofes fertig gestellt worden,
Ausbauten, die wir erst für dieses und folgende Jahve in Aussicht genommen
hatten. Es ist ein Bauwei’k maurischen Stils, das mit einer Warmwasser¬
heizung versehen ist.
Betrieb und Finanzielles. Es wurden ausgegeben:
1891. 1890.
Billete zu 1 Fr . 4.509
. » 50 Cts . 45,745 25,946
» » 25 » .... 52,493 55,495
» » 20 » .... 1,749 1,637
104,496 83,078
Gesamtertrag der Eintrittsbillete . . Fr. 40,854.55
ab: Anteil von Herrn Menges
(Somalikarawane) ... » 8,150.50
Abonnemente wurden gelöst:
Für Familien ohne
» einzelne Personen »
» Familien mit 1 Aktie
Fr. 32,704.05 (1890: Fr. 27,174.15).
1891. 1890.
Aktien, zu Fr. 20 . . 408 346
» » » 10 . . 45 <0
» » 10 . . 70 53
523 469
25
23 Aktien wurden auf andere Namen übertragen.
Chronik. An 46 Sonn- und Festtagen war der Eintrittspreis auf
Cts. ermäßigt, an 21 Sonn- und Festtagen fanden Nachmittags- Konzerte
190
statt. Abendkonzerte konnten der ungünstigen Witterung halber keine abge-
balten werden.
Dei stäikste ßesuchertrag war der 18. Mai, der letzte Sonntag der
Soiualiausstellung, mit 6813 Personen.
Irotz dem im ganzen sehr regenreichen Sommer hatten wir doch nur drei
eigentliche Regensonntage, an welchen die Konzerte abbestellt werden mußten.
Vom 2. bis 19. Mai hielt sich Menges Somali - Karawane im Garten auf,
mit für beide Teile befriedigendem finanziellen Erfolg.
Ende Mai wurde zu Gunsten der Äufnung des Fonds für den Elefanten¬
hausbau eine größere Verlosung veranstaltet, zu welcher seitens zahlreicher
Freunde und Freundinnen des Gartens in erfreulichem Maße wertvolle Ver¬
losungsgegenstände geschenkt worden sind. Der Ertrag dieser Verlosung ent¬
sprach vollauf unsern Erwartungen und er machte es möglich, daß wir ohne
Sorgen der Vollendung des begonnenen Werkes entgegensehen konnten.
Am 6. September und 11. Oktober fanden kleinere Tierverlosungen statt,
wie wir solche alljährlich periodisch abhalten.
Geschenke. Dem Verzeichnis senden wir voraus unsern nochmaligen
verbindlichen Dank an die Geber.
a) Geldgeschenke und Legate: Fr. 4,475. — .
h) Geschenke für d e n E I e f a n t e n h a u s b a u : Fr. 625.75.
Zu besonderm Danke sind wir auch verpflichtet den Herren Prof. Dr.
Rütimeyer, Prof. Dr. M. Roth und Herrn Dr. Dubler für gefällige Begutachtung
der gefallenen Tieie, Herrn Tierarzt Kunz und Herrn Apotheker Bühler für
ihre uneigennützige Mithülfe bei Krankheits- und Todesfällen.
Fr. Ct.
Eintrittsgelder . ^ . 40,854. 55
ab: Anteil der Unternehmer von Schaustellungen 8,150. 50
Abonnemente .
Verkauf von Tieren .
Verpachtung der Restauration .
Diverse Einnahmen . 39I 55
Verkauf von Eiern . 171^
Betriebs- Defizit pro 1891
Gehalte und Löhne:
Besoldungen und Wärterlöhne . 12,004. 85
Aushülfe und Taglöhne . 2,258 20
Bureauspesen .
Inserate und Druckkosten .
Allgemeine S^jesen und Unterhalt:
Assekuranz und Unfallversicherung . 271. 35
Pachtzins und Vergütung an den Spitalpächter . 1,512. 70
Telephon . 112. 30
Gas Fr. 532.86, Wasser Fr. 431.80 . 964. 66
Fr. Ct.
32,704. 05
9,310. —
3,565. 85
1,500. —
562. 55
47,642. 45
2,180. 69
49,823. 14
14,263. 05
454. 19
2,278. 21
Transport . . . 16,995. 45
191
Fr. Ct.
Transport . .
Kohlen .
Gartenanlagen: Unterhalt .
Geräte und Mobiliar: Unterhalt .
Hochbauten und Einfriedigungen: Unterhalt . .
Unkosten bei Festen und besondern Anlässen, Ver¬
losungen und Ausstellungen .
Dienstkleider, Frachten, Material und Diverses . .
Löwenzwinger: Erstellung eines Glasdaches
694. 60
981. 15
1,747. 40
3,868. 75
1,083. 96
1,141. 68
409. 65
F utter :
Heu .
Stroh .
Fleisch . . .
Brod und Krüsch .
Milch .
Fische .
Körnerfutter .
Sämereien, Früchte, Rüben und Diverses
Musik .
Ankauf von Tieren .
Kapitalzinsen .
1,673. 47
627. 75
4,142. 95
1,942. 94
469. —
241. 90
3,239. 80
676. 56
Fr. Ct.
16,995. 45
12,788. 20
13,014. 37
1,728. 25
5,011. 77
285. 10
49,823. 14
Korrespondenzen.
Wirtheim (Kr. Gelnhausen), anfangs Mai 1892.
Über das Ge fangen 1 e b en des Iltis. Einst wurde mir von einem
Arbeiter ein junger Iltis gebracht, den ich aufzuziehen beschloß. Er war von
dem Betreffenden aus dem Neste genommen und ungefähr schon zwei Monate
o-ehalteu worden. Als ich ihn bekam, war er ein ziemlich zahmes, munteres
Tierchen. Ich wies ihm als Aufenthaltsort eine Kiste, deren Boden mit Blech
auscrefüttert war, an. Oben legte ich ein paar Brettchen quer über, den Boden
bedeckte ich mit Heu. In diesem Käfig hielt er nun die größte Reinlichkeit;
seine Bedürfnisse verrichtete er stets in einem bestimmten Winkel-, allerdings
war der Geruch ein äußerst scharfer und unangenehmer. Peter wurde sehr
zahm, so daß er auf Ruf und Pfiff folgte. Im Fressen zeigte er sich gerade
nicht* sehr wählerisch. Überreste von Fleischsachen, Wurst etc. dienten ihm
zur Nahrung, dürre Zwetschen und Honig waren ihm ein Leckerbissen. Die
m-ößte Freude konnte man ihm aber bereiten, wenn man einige große Gras¬
frösche mitbrachte; er stürzte sich sofort über dieselben her, ^inem nach
dem andern den Rückgrat entzwei, daß sie nicht mehr von der Stelle konnten,
und ließ dann, nachdem er vielleicht einen gefressen hatte, die andern noch
lebend in diesem hülflosen Zustande liegen, um sie sich für spateien Appetit
aufzubewahren. Unangenehm war es, daß er jede Nacht unruhig wurde und
mit großem Gepolter im Kasten herumtobte-, manchmal gluckte es ihm, die
192
Biettchen bei Seite zu drücken \ind sich durclizuwinden ; dann machte er seine
nächtlichen Spaziergänge und suchte alles aus. So gelang es ihm eines Nachts
zu entkommen, am anderen Morgen wurde Peter lange vergeblich gesucht, bis
ich ihn endlich in der Küche in einem alten Wasserkrng, in welchem diure
Zwetschen aufbewahrt wurden, entdeckte. Natürlich hatte er gehörig darunter
autgeräumt, nachdem er sich schon vorher einen Solberknochen mit in sein
Versteck genommen und rein abgenagt hatte. Diese nächtlichen Reisen, oder
wenn ihm diese unmöglich gemacht wurden, das nächtliche Toben im Kasten,
sowie der scharfe, unangenehme Geruch, den er verbreitete, veranlaßten mich
schließlich, ihn zu töten, und er ziert nun ausgestopft die Stube.
Jean Rein ein er, Forstkandidat.
L i 1 1 e r a t n r.
Bechholds Handlexikon der Naturwissenschaften und der Me¬
dizin, bearbeitet von A. Velde, Dr. W. Schaiif, Dr. V. Löwenthal,
und Dr. J. Bechhold. Frankfurt a. M. H. Bechhold. 10 Lieferuno-en
ä 80 Pfg. °
Es ist keine gevmge Aufgabe, die zahlreichen Namen und terniini techuici
aus dem Gebiete der gesamten Naturwissenschaften und der Medizin auf einem
Raume von 40 Druckbogen aufzuzählen und zu erklären. Bechholds Lexikon
unterzieht sich dieser Aufgabe mit vielem Geschick. Dies kann aber nur da¬
durch erreicht werden, daß die Erläuterungen so kurz als nur möglich gehalten
und daß selbst eine ganze Reilie der häufigsten und bekannteste Wörter in
denselben in Abkürzung gegeben sind. So ist iu der That auf kleinem Raum
und in geschickter Darstellung ein billiges und doch reichhaltiges Nach sch lao-e-
_ K
buch geliefert.
Die Sinne und Sinnes-Organe der niederen Tiere von E. Jourdan.
Übersetzt von W. Marshall. Leipzig. J. J. Weber. 1891
Es gehört zu den anziehendsten und lehrreichsten Gegenständen der
Forschung, den Bau und die Thätigkeit einzelner Organe vergleichend durch
die Reihe der Tierwelt zu verfolgen, das Organ iu seiner einfachsten Form in
der großen Mannigfaltigkeit seiner Ausbildung und in seiner höchsten Ent¬
wickelung kennen zu lernen. Eine solche Studie führt uns das vorliecrende
anmutige Werkchen vor; es hat sich zum Vorwurfe die Sinnesorgane miUhrer
Art der Thätigkeit gewählt und erklärt uns dieselben durch die ganze Ab¬
teilung der wirbellosen Tiere, von den Urtieren zu den Schwämmen,'’pflanzen-
tieren, Stachelhäutern, Würmern, Gliederfüßern und Weichtieren. Das sind
vergleichend anatomische und physiologisclie Studien von hohem Werte die
jeden Gebildeten interessieren sollten. Geben sie doch erst den Schlüssel ’zum
Verständnis des Baues der menschlichen Sinnesorgane und ihrer Beziehungen zu
denen der Tierwelt. Die klare und ansprechende Dar.stellung wird durch eine
Reihe vorzüglicher Abbildungen unterstützt.
Nachdruck verboten.
Druck vou Mal, lau & Waldsclimidt. Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Eedigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldachmidt in Frankfurt a. M.
No. 7. XXXIII. Jahrgang, Juli 1892.
1 n li a 1 1.
über einige seltene Tiere des Berliner zoologischen Gartens; von Dr. Ernst Schätf,
Berlin. Mit 1 Abbildung. — Alpen- und Mauersegler, C'i/pfelus melba et apus, in ihrem Ge-
l'angenleben ; von Ernst Perzina, Wien. — Italienische und neugriechische Namen der
Eidechse und verwandter Reptilien; von Dr. C. J. Forsyth Major. (Fortsetzung.}
Der Breslauer zoologische Garten. (Auszug’ aus dem Berichte für das Jahr 1891.) — Korrespon¬
denzen. — Kleinere Mitteilungen. — Littcratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und
Zeitschriften. —
Über einige seltene Tiere des Berliner zoologischen Gartens.*)
Von Dr. Ernst Schaff,. Berlin.
Mit 1 Abbildung,
3. Der Kiwi (Apteryx bulleri Sharpe).
Seit Monaten befinden sich im hiesigen Zoologischen Garten,
meines Wissens zum ersten Mal, zwei lebende Kiwi, welche ich unter
die in der Überschrift angeführte Kategorie der »seltenen Tiere« zu
stellen mich berechtigt glaube und denen ich daher das heutige Kapitel
meiner Mitteilungen aus dem Berliner zoologischen Garten widmen
möchte. Daß ich dabei auf die Gattung Apteryx überhaupt etwas
näher eingehe, wird mir hoffentlich nicht übel genommen werden.
Schon äußerlich fallen die Kiwis jedem Beschauer auf und
zwar ist es neben der allgemeinen Erscheinung bei etwas genauerem
Zusehen wohl hauptsächlich die höchst merkwürdige Beschaffenheit
des Gefieders, welche Aufmerksamkeit erregt. Flügel- und Schwanz¬
federn fehlen völlig, Dunen und Deckfederu sind nicht zu unter¬
scheiden ; alle Federn zeigen einen ziemlich übereinstimmenden,
eigentümlichen Ban. Sie sind im allgemeinen von duneuähulicher
Besch affen beit, aber weich nur im basalen Teil, während sie nach
der Spitze hiu, und zwar besonders an den * oberen und hinteren
*) Vgl. vorigen .Tabrgaug. S. 246.
Zoolog. Gart. .Tahrg. XXXTII. 1892.
13
194
Körperteileu, von strafferer, mehr borstiger Struktur siud. Ein wenig
ähneln sie den Federn des Emu, doch fehlen die bei diesem Vogel
so hoch entwickelten Afterschäfte beim Kiwi vollständig. Die
Schuabelbasis wird von laugen Borsten umgeben. Der Schnabel
ähnelt etwas dem einer Schnepfe oder eines Brachvogels; er ist
lang und schlank, schwach gebogen, an der Basis etwas flach ge¬
drückt, so daß die Mnndspalte ziemlich breit erscheint. Höchst
merkwürdig ist die Lage der Nasenlöcher, welche sich dicht an der
Spitze des Schnabels befinden — ein Verhalten, wie wir es bei
keinem andern Vogel wiederfinden. Au den ziemlich kleinen Kopf
schließt sich ein kräftiger, sehr muskulöser Hals. Der Rumpf ist
kleiner und schmaler, als er wegen der wolligen, dichten Beflederuug
erscheint. Von Flügeln nimmt mau keine Spur wahr, und auch
am Skelett des Kiwi sind die Flügelkuochen ganz verkümmert. Au
einem gerupften Exemplar treten die Flügelstummel ganz wenig
hervor und einige etwas starkschäftigere Federn deuten die Schwung¬
federn au. Herr Direktor Heck erzählte mir, daß er am lebenden
Vogel deutlich die Flügelstummel durch den Federpelz hindurch mit
der Hand gefühlt und dabei den Eindruck erhalten habe, als ähnele
der Kiwi-Flügelstummel in seiner Form den rudimentären Flügeln
der Pinguine. Schwanzfedern fehlen, wie erwähnt, gänzlich. Die Beine
der Apteryx- kxieM sind sehr stark und kräftig, aber kürzer als man
bei einem flugunfähigen, auf Laufen angewiesenen Vogel erwarten sollte.
Sie haben drei mit kräftigen Krallen versehene Vorderzehen und eine
hoch angesetzte, aber kleine, eine spornartige Kralle tragende Hiuter-
zehe, welche den Boden nicht berührt. Bekleidet sind die Beine
mit mehrseitigen Schildern, au der Vorderseite des Laufes manchmal
mit größeren Tafeln. Es macht sich jedoch eine gewisse Ver¬
änderlichkeit in der Form und Größe der Tafeln und Schilder
geltend, welche soweit geht, daß bisweilen bei einem Individuum das
rechte und das linke Bein ziemlich starke Verschiedenheiten in der
Bekleidung zeigen. Soviel über die äußere Erscheinung der Kiwi.
Die erste Kunde von Kiwi stammt von Dr. Shaw (1813),
welcher 1812 den ersten Balg erhielt und das Tier wegen der
mangelnden Flügel als Apteryx beschrieb. Noch 1833 war nur
1 Exemplar wissenschaftlich bekannt, welches Lord Stau 1 ey, damals
Präsident der Zool. Soc. of London, aus dem Nachlaß Shaws er¬
worben hatte.
Bis 1847 kannte mau nur 1 Art, den A. australis . 1847
beschrieb Gould eine zw^üte, A. Oweni. Dieselbe ist nach Gould
195
ungefähr so groß wie Ä. australis, zeigt jedoch Querbänder auf den
Federn und weicht in der Struktur der letzteren ab. Das Gefieder
ist mehr haarartig, der Schnabel kürzer, schwächer, krummer, der
Flügel rudimentärer als bei A. ausiralis.
Bartlett beschreibt 1850 Ä. ManteUi. Ein ihm von Dr. Mantell
übergebenes Exemplar stimmt mit dem Originalexemplar von Shaw
überein uud wurde daher
als A.australis bezeichnet.
Diese beiden sind jedoch
bedeutend größer als die
bisherige gemeinste Art,
welcher lauge fälschlich
der Name A. aiistralis bei-
gelcgtwar. A]^A. ManteUi
beschreibt B artlett jetzt
diese kleinere Art, welche
dunkler uud mehr rot¬
bräunlich ist uud eiueu
läiK>’eren Tarsus, der vorn beschildert ist, trägt. A. ManteUi stammt
von der Nordinsel. (Vgl. die Abbildung.)
Die neueste und eingehendste Arbeit über die Gattung Apteryx
rührt von Bull er her (Birds of New-Seeland). Dieser Autor nennt
den Apteryx von der Nordinsel A. Imlleri. Sharpe und Finsch
hatten nachgewiesen, daß Bartletts A. mantelli synonym mit
A. aiistralis von der Südinsel sei und daß Bartletts Irrtum durch
das Variieren der Art entstanden sei. Der Vogel der Nordinsel habe
noch keinen Namen, daher bezeichnet ihn Sharpe 1888 als A. buUcri.
Die übrigen 3 Arten (außer hulleri) stammen von der Südinsel.
Übersicht über die 4 Arten der Gattung Apteryx (nach Buller).
1. Apteryx Buller i^hdixpe^ der Kiwi von der Nordinsel. Heimat¬
licher Name: »Kiwi« oder »K i w i - p a r u r e«.
»Rötlichbrann. Federn des Rückens rötlich braun, au
der Basis blasser,, beiderseits dunkel gerändert, gleichsam ge¬
streift; Schäfte der Federn verlängert, hart. Scheitel und
Hinterhals schwärzlichbraun, die Federn an der Basis grau.
Stirn uud Kopfseiten heller grau, jene blasser; Kehle
schmutzigbraun, der übrige Körper unten graubraun, die
Federn in der Mitte blasser, gleichsam gestreift. Körper¬
seiten wie der Rücken gefärbt. Schnabel horuweiß, Füße
gesättigt braun, Iris schwarz.«
196
2. A. australis Shaw and Nodder, der Kiwi von der Südinsel.
Heimatlicher Name: »Kiwi« oder »Tokuka«.
»Ähnlich dem Ä. hulleri, aber größer, blasser und mehr
grau, Rücken nur kaum mit Rotbraun überhaucht. Schäfte
der Federn kaum sichtbar, daher durch größere Weichheit
des Gefieders kenntlich.«
Diese Art kommt sehr selten in Sammlungen, während
die folgende öfter gebracht wird.
3. Ä. 0‘iveni Gould, der kleine graue Kiwi. Heimatlicher
Name: »Kiwi pukupuku«.
»Grau, abwechselnd braun und roströtlich quergestreifte
Rückenfedern auch dicht vor der Spitze schwarz quer¬
gestreift; unten blasser, heller grau, die Federn abwechselnd
weißlich und braun gebändert. Scheitel und Kehle hellgrau,
Kopfseiten etwas gesättigter. Schnabel gesättigt hornfarbeu,
Füße blaßbraun, Krallen hornfarbig, Iris schwarz.«
Verbreitet über einen großen Teil der Südiusel, in ab¬
gelegenen Teilen noch immer sehr zahlreich. Einzeln kommt
er auch auf der Nordiusel vor.
4. Ä. Uaasti Potts, der große graue Kiwi. Heimatlicher Name
»R o a« oder »R o a r o a« oder » K i w i - K a r u a i.«
»Ähnlich dem Ä. Oiveni, aber viel größer, lebhafter ge¬
färbt und auf dem Rücken kastanienbraun überhaucht.«
Nur wenige Exemplare bekannt. Stammen von der Westküste
der Südinsel.
Die weiblichen Kiwi sind größer als die Männchen, dasfeyren
sind letztere durchweg lebhafter gefärbt. Für A. bulleri gibt Buller
als Maße an : (5* Größte Länge nach den Krümmungen 23 englische
Zoll; Schnabel längs der Firste 4,25; Lauf 2,75; für das Q: 27,5
resp. 6 resp. 3,5.
Für die anderen Arten sind die Maße folgende:
Gesamtlänge Schuabellänge Laufläuge
A. austr. cf 22, 9 27 cf 3,75, 9 5,5 2,25, 9 3
A. Owem cf 17,5, 9 20 cf 2,85, 9 3,5 cf 1,75, 9 2,5
A. Uaasti 25,5 4,75 2,75
(bei A. Uaasti kein Geschlecht angegeben).
Beim A. JBulleri hat das Männchen helle, das Weibchen dunkel
gefärbte Beine; doch kommen Ausnahmen vor. W^ahrscheinlich
werden die Füße mit dem Alter dunkler. Der Gesamtton des Ge-
197
fieders zeigt verschiedene Abünderungeu. So erhielt Buller ein
Exemplar, welches am Körper matt (trübe) ziegelrot gefärbt war
und auffallend weiches, flaumiges Gefieder hatte. Noch ein zweites
derartiges Exemplar wird erwähnt, ferner drei auffallend dunkle mit
fast schwarzen Beinen. Auch Varietäten in der Schnabel- und
Krallenfärbimg werden angeführt, sowie in der Beschaffenheit
des Gefieders. Unter 300 Kiwi, welche die Eingeborenen eines
Distriktes während einer Jagdsaisou erbeuteten, befanden sich fünf
Albino.
Die Lebensweise der 4 Kiwi-Arten stimmt im grofsen und
ganzen überein, so daß wir uns auf die Biologie der am genauesten
beobachteten Art, des Kiwi von der Nordinsel, halten können,
wobei wir uns hauptsächlich auf die eingehenden Mitteilungen
Bullers stützen, welche er in seinem schon erwähnten Werk über
die Vögel Neuseelands uiedergelegt hat.
Bekanntlich führen die Kiwi eine nächtliche Lebensweise, was
auch die meisten Besucher des hiesigen zoologischen Gartens, und
zwar mit einigem Mißfallen, bemerkt haben, da die Tiere sich den
Tag über bis zum Anbruch der Dämmerung in den für sie aufge¬
stellten Strohbündeln verkriechen. Auch in der Freiheit halten sie
sich am Tage verborgen und kommen erst gegen Abend zum Vor¬
schein, um ihren Geschäften iiachzugeheu, besonders um ihren
Hunger zu stillen. Ihre Nahrung besteht wohl vornehmlich aus
Würmern, doch fand mau auch Beeren und Insekteiireste, sowie
Quarzstückcheii in Kiwimagen. In der Gefangenschaft nehmen sie
auch zerschnittenes Fleisch, Leber u. s. w. an, doch bevoizugen sie
auch hier Regen würmer, welche ihnen im hiesigen Garten in einem
mit Gartenerde angefüllteu eisernen Topf und einer ebensolchen
Schüssel vorgesetzt werden. Der Vogel sticht mit seinem Schnabel
in die Erde bis fast an die Schnabelwurzel. Hat er einen Wurm
gleich gefunden, so faßt er ihn und zieht ihn mit kleinen Absätzen
heraus, um ihn ganz zu verschlingen. Andernfalls arbeitet er so
gut es geht und oft unter offenbarer Anstrengung etwas weiter,
wobei er mit Kopf und Hals ruckweise Bewegungen macht,
während der Körper wenig bewegt wird. Die Beine setzt der Vogel
hierbei in eine gerade Linie, eins gerade vor das andere. Die hiesigen
Exemplare stemmen oft ein Bein auf deu Rand der Schüssel, um
festeren Halt zu haben.
Vermutlich befinden sich, wie dies ja auch bei andern Vögeln
z. B. Schnepfen und Enten der Fall ist, im Schnabel und besonders
198
im vorderen Teil desselben Tastorgane, durch welche der Vogel die
Würmer wahrnimmt. Doch spielt jedenfalls auch der Geruch eine
Rolle, da bekanntlich die Nasenlöcher sich ganz vorn au der Schnabel-
spitze befinden. Wunderbar erscheint es, daß bei dem Stechen in
der Erde sich die Nasenlöcher nicht sofort verstopfen und dadurch
funktionsunfähig werden. Es ist jedoch beobachtet worden, dali der
Kiwi beim Stechen stets ein schnaubendes Geräusch von sich ü'ibt.
Buller macht keine weiteren Bemerkungen hierzu, ich möchte jedoch
die Ansicht äufieru, daß dieses Schnauben daher rührt, daß der Vogel
Luft d urch die Nase ausstößt, um Fremdkörper, Erde u. dergl. aus
den Nasengängen zu entfernen. Verschiedentlich findet man in der
Litteratur Angaben über eine Klappvorrichtuug, vermittels welcher
der Kiwi seine Nasenlöcher schließen könne, wenn er sticht. Ich kann
mir jedoch hiervon keine Vorstellung machen, finde auch keine nähere
Beschreibung dieser Vorrichtung. Um eine die Nasenlöcher bedeckende
Klappe zu öffnen und zu verschließen , wären Muskeln nötig , von
denen selbstverständlich am Schnabel selbst nicht die Rede sein
kann. Aber auch au der Schnabelwurzel, vorn am Kopf befiudliche
Muskeln, welche vermittelst sehr langer Sehnen auf die Naseu-
klappen wirken müßten, scheinen mir ein Unding zu sein.
Die Eingeborenen, welche Buller befragte, bestritten, daß der
Kiwi selbst Höblen grabe. Allein der englische Forscher machte
an seinen Gefangenen die Erfahrung, daß dieselben ihre starken
Füße sehr wohl zum Graben benutzen und zwar, wie es scheint,
nur die Weibchen. Buller hielt 4 Männchen und 3 Weibchen in
einem Käfig, welcher aus in den Boden gerammten Stangen bestand.
Am Morgen, nachdem sie eiugesperrt waren, hatten sich sämt¬
liche Weibchen unter den Käfigwänden durchgegraben und waren
ausgerückt. Buller gibt ferner an, daß die W^eibchen fast immer
durch das Scharren abgenutzte Krallen, sowie zur Brutzeit ein sehr
abgeriebenes Gefieder haben, während bei den Männchen die Krallen
wenig abgenutzt sind und das Gefieder in gutem Zustande sich be¬
findet, abgesehen vom Hinterleib, wo während des Brütens durch
das andauernde Sitzen sich natürlich die Federn abstoßen.
Wie bei den straußartigeii Vögeln liegt nämlich bei den Kiwi
dem Mäiinche]! die Fllicht des Brütens ob. Die Weibchen scharren
eine Höhle, etwa arnilang, für das Nest oder richten eine vorhandene
für diesen Zweck her, tragen etwas Reisig und Halme zu einem
rohen Nest zusammen und legen darauf 2 Eier. Dann kümmern
sie sich um nichts weiter, sondern überlassen es dem Gatten, die
199
Jongeu zu erbrüten und für dieselben zu sorgen, bis sie selbständig
geworden sind. Die normale Kierzabl ist 2, selten 1, in wenigen
Fällen wurden 3 Eier iu einem Nest beobachtet. Die Eier sind
von breit elliptischer Form und variieren in den Mähen von 4,5 Zoll
Länge bei 2,7 Breite bis 5,3 Länge bei 3,3 Breite. Ein wenig
variiert auch die Form. Frisch gelegt sind die Eier reinweih oder
grünlichgrau; während der Bebrütung färben sie sich durch
Schmutz u. s. w. schmutzig gelbbraun, lassen sich aber durch
Waschen von diesem Überzug befreien. Im zoologischen Garten zu
London wurde das Brutgeschäft mehrfach beobachtet. Bartlett
schildert es in den P. Z. S. 1868. 1851 erhielt der Garten ein
weibliches Exemplar, welches im Jahre 1859 zu legen begann und
jedes Jahr 1 oder 2 Eier erzeugte. 1865 kam ein Männchen iu
den Besitz des Gartens. Die beiden zusammen lebenden Vögel
zeigten nach einiger Zeit Paarungslust, welche sich durch lautes
Kufen des Männchens und leiseres Antworten des. Weibchens kund
gab. Diese Rufe hörte man nur nachts, tags waren die Tiere still.
Am 2. Jan. legte das Weibchen ein Ei in eine selbst gekratzte, mit
Stroh belegte Vertiefung. Vmm zweiten Tage an fing der männ¬
liche Kiwi an zu brüten. Am 7. Febr., also nach sehr langer
Zwischenzeit, wurde ein zweites Ei gelegt, so daß nunmehr das
Männchen auf zweien saß und zwar quer über den parallel mit
ihren Längsaxeu nebeneinander liegenden Eiern, welche wegen
ihrer Größe au jeder Seite unter dem schmalen Leibe des Vogels zu
sehen waren. Bis zum 25. April saß das Männchen, dann verließ
es ganz erschöpft das Nest und nunmehr ergab die Untersuchung
der^Eier, daß sie unbefruchtet waren. Nach den Angaben der Ein¬
geborenen beginnt der Kiwi im August zu legen. Im November
fand Buller in einem Weibchen ein häutiges Ei, welches etwa nach
14 Tagen gelegt worden wäre. Andererseits wurden gleichzeitig
mit dem eben erwähnten weiblichen Exemplar einige Junge vom
Jahr erbeutet, welche etwa April oder Mai ausgeschlüpft sein mußten.
Buller schließt aus diesen Fällen, daß das Brutgcschäft der Kiwi sich
über einen sehr bedeutenden Zeitraum aiisdehut. Bestätigt wird diese
Annahme durch die Beobachtung im Londoner zoologischen Garten,
wo, wie erwähnt, ein Männchen von Anfang Januar bis Ende April
brütete. Die ausgeschlüpften Jungen sind bald imstande zu laufen
und sich selbst zu ernähren und wachsen sehr rasch heran.
Mau jagt die Kiwi auf Neuseeland mit Hunden, denen eine
Glocke angehängt wird, ähnlich wie es vielfach bei uns bei der
200
j
Schuepfensucbe geschieht. Die Hunde folgen der Spur des Kiwi
bis zu der Höhle, in welcher der betreffende Vogel sich den Tag
über versteckt hält. Der Jäger eilt, so rasch es die Bodeube-
schaffenheit und die oft ein rasches Vorwärtsdriugen sehr erschwerende
Pflanzendecke möglich macht, dem Hund nach und zieht dann den
Vogel ziemlich leicht aus seinem Versteck hervor. Da die Hunde,
bis der Jäger herankommt, an dem Eingang der Höhle kratzen und
mitunter bis zu dem Vogel gelangen, den sie alsdann töten, viel¬
leicht auch zerreißen, so muß der Jäger möglichst rasch zur Stelle
sein; manchmal legt mau auch den Hunden Maulkörbe an, um das
Beißen zu verhindern. In früheren Jahren, als noch die Kiwi zahl¬
reicher waren, sollen von einer Jagdgesellschaft bisweilen in einer
Nacht an 100 Exemplare erbeutet worden sein. Jetzt macht sich
eine rasche Abnahme der sonderbaren Vögel bemerkbar, Buller
unternahm einen Stägigen Ausfing behufs Kiwijagd mit bekannten
eingeborenen Kiwijägern und erbeutete während dieser Zeit in einer
an dem Wild relativ reichen Gegend nur 40 ICxemplare und 9 Eier.
Das Fleisch des Kiwi ähnelt gekocht in Aussehen und Geschmack
zartem Rindfleich.
Um noch einiges über die anderen Kiwi-Arten zu bemerken, so
sei erwähnt, daß Ä. cmstralis von der Südinsel jetzt sehr selten von
Sammlern gebracht wird und daher wahrscheinlich dem Aussterben
nahe ist,
Ä. Oweni scheint hauptsächlich an der westlichen Seite der
Alpen auf der Südinsel vorzukommen. J. v. Haast sammelte dort
etwa 50 Exemplare, hörte und sah aber au der Ostseite des Ge¬
birges nichts von dieser Art. Übrigens ist der Bestand von A. Oweni
arg gefährdet durch den Umstand, daß der Vogel ein ausgezeichnetes
Fleisch liefert. Nicht nur die Europäer sondern auch die Maori
wissen es zu schätzen und letztere töten besonders zu festlichen Ge¬
legenheiten eine große Menge der wehrlosen Vögel, um sie zu ver¬
speisen.
A. llaasti ^vurde 1871 von Potts beschrieben. Einige Exemplare
besitzt das Canterbury-Museum ; außerdem sind nur noch wenige
nach England gekommen. Verreaux beschrieb noch eine Apteryx
maximay welche die Größe eines Truthahns haben soll, doch ist mir
über diese Art nichts weiter bekannt geworden und sie wird auch in
der Litteratur, besonders von Buller, als sehr zweifelhaft erwähnt.
Die systematische Stellung der Gattung Apteryx hat verschiedene
Beurteilungen gefunden. Zuerst und vielfach noch bis auf die Jetztzeit
201
rechnete man diese Gattung zu den Straußen und in der That spricht
manches für diese Stellung im System, besonders das typisclie Ra-
titenbrustbein, die Reduktion der Flügel und des Schwanzes. Die
Kiwi wurden teils einfach als eine Gattung bildend aufgefaßt, so
von lluxley 1867 in seiner »Classification of Birds«, teils als Familie
Apterygidae, so von Garrod 1874, teils als Ordnung, so z, B. von
Forbes 1884, von Sclater 1880, und von Newton. Reicheiio w läßt
die Kiwi nur als Gattung gelten in der Familie der Strauße Stru-
thionidae, Ordnung 3revipennes. In Stejuegers System wiederum
bilden die Apteryges eine eigene Ordnung, während die zweizehigen
und die dreizehigeu Strauße, die Kasuare und Emus zusammen eine
Ordnung für sich bilden. Endlich versetzte 1888 Fürbriuger in
seinem epochemachenden Werke »Untersuchungen zur Morphologie
und Systematik der Vögel«, wie so manche andere Vogelgruppe,
auch unsere Kiwi weit weg von ihrem bisherigen Platz.
Nach dem letztgenannten Autor weisen die nahe verwandten
neuseeländischen Familien der Apterygidae und Dinornithidae die
meisten Beziehungen zu den Crypturi und den Ftdicariae auf und
stehen diesen sogar näher als den übrigen Ratiten. Die Rück¬
bildung der Flügel, den Mangel des Akrokorakoides und der Crista
sterni, durch welche sich die Apterygidae von den genannten Cari-
naten unterscheiden, sieht Fürbringer nicht als grundlegende,
absolute Verschiedenheiten, sondern als graduelle, da auch bei
den Fulicariae bei sonstiger Übereinstimmung im Ban Reduk¬
tionen der genannten Körperteile sich finden, w'elche sich eben
nur durch den Grad ihrer Ausbildung von den Befunden bei
unterscheiden. »Die Befunde der Untersuchung«, so sagt Für¬
bringer, »dürften die Annahme rechtfertigen, daß die Apterygifornies
(Subord. enth. Apterygidae und Dinornithidae) in der nächsten Nähe
der Crypturiformes und Balliformes dem Vogelstamme entsprossen
sind, aber schon in ziemlich früher Vorzeit ihre Vordergliedinaßen
durch Nichtgebrauch zur Rückbildung brachten und damit ihre
einstige karinate Natur völlig verloren, während die beiden letzteren
erst viel später, nach einer gewissen Erstarkung der Flugfähig¬
keit und karinaten Bildung, dem ähnlich wirkenden Reduktions¬
prozesse anheirafielen und dem entsprechend nur in einem be¬
schränkteren Grade unterlagen. Diese Beziehungen zu der Siibordo
Cryx)turiformes^ sowie demnächst und mittelbar zu den Snhordines
Balliformes Mud Galliformcs dürften mehr rechtfertigen, Snbordo
Aptery gif ormes mit denselben (zu der Ordnung AlectO) O) nitlies) zu
1
— 202 —
verbiiidei], als ilmeu eine separierte Stellung als besouclere oder den
Kasuaren mehr genäherte Ordnung zu geben.« übrigens hatte auch
schou Seebohm die nahe Beziehung zwischen den Apterygidae und
den Crypkiri ausgesprochen und ebenfalls Stejneger stellt zwar noch
die Apteryyes zu den straulsartigen Vögeln, aber auch die Crypturi zu
dieser Reihe. Sharpe operirt in ähnlichem Sinne, indem er die
Apterygiformes als letzte Ordnung der liatitae und die Crypturi-
formes als zunächst sich anschliessende Ordnung der Carinatae an¬
sieht. So sehen wir also hierin die Bestätigung der Ansichten Für¬
bringers, dem es Vorbehalten blieb, den weiteren Schritt zu thun
und die Apteryges ganz von den strauüartigen Vögeln loszulösen.
Alpen- und Mauersegler, Cypseliis melha et apiis, iu ihrem
Grefangenlebeii.
Von Ernst Perzina, Wien.
»Einen Segler im Käfig zu halten, ist ein Ding der Unmöglich¬
keit«, schrieb der unübertreffliche Beobachter des Lebens und Treibens
freier und gefangener Tiere A. E. Brehm in seinem »Tierleben«,
und jeder, welcher die beiden europäischen Seglerarten, den Alpen-
und den Mauersegler, nur in ihrem Freileben beobachtet hat, sie
nur als das kennt, was sie hier sind, die wahre Verkörperung der
raschesten und ungebundensten Bewegiiugsfähigkeit, der rastlosesten,
nimmermüden Thätigkeit, dem wird es wohl als eine Unmöglichkeit
erscheinen, diese stürmischen Geschöpfe, welchen kein Raum zu groß
zu sein scheint, an die Gefangenschaft zu gewöhnen, sie in derselben
dauernd und bei bestem Wohlsein zu erhalten. — Und doch ist dies
möulich, dafür kann ich einen lebenden Beweis erbringen: meinen
Alpensegler, welcher sich nun seit Ende Juli 1891, also gegenwärtig
durch etwa elf Monate, in Gefangenschaft befindet und dessen körper¬
liches Wohlbefinden ersichtlich nichts zu wünschen übrig läüt.
Daü diese Möglichkeit vorhanden, ja, wenigstens was die Ein¬
gewöhnung betrifft, leichter durchführbar als bei manchen anderen
\^()gelarteu ist, erscbcint aber auch wirklich wunderbar; denn nicht
nur, daß der gefangene Segler seiner eigentlichen Lebens- und Be¬
wegungssphäre, dem unbegrenzten Raum der Luft entfremdet, sich
sehr begrenzten Raumverhältnissen anpasseu, die ihm in der Freiheit
fast einzig geläufige Bewegungsart, den Flug, aufgeben und sich ge-
203
wohnen mnls, sein Vorwärtskominen durch ungeschicktes Laufen
und Klettern zu finden, muü auch die Art der Nalirungsaufnahine
eine Umänderung erfahren, wie sie gröfier kaum sein kann, denn
die Weise, in welcher sich der freie Segler ernährt, ist derjenigen,
welche der Gefangene auzuwenden gezwungen ist, geradezu entgegen¬
gesetzt. Während ersterer seine Nahrung wohl ausschließlich während
des Fluges in der Luft aufschuappt, muß letzterer jeden Bissen vom
Boden, aus seinem Futtergefäß, aufklauben. Gerade dieser Umstand
mag dem Vogelpfleger als schwierigster Punkt der vollständigen
Eingewöhnung der Seglerarten erscheinen, besonders nachdem eiu
Versuch in dieser Richtung , welchen der ausgezeichnete Pfleger
alpiner Tiere, Herr Dr. Girtanner, vor Jahren mit dem Alpen¬
segler unternommen hatte, bezüglich Gewöhnung der Vögel au selb¬
ständige Nahrungsaufnahme erfolglos blieb. Die vier Versuchs¬
exemplare konnten wohl durch neuu Mouate am Leben erhalten
werden, doch war während dieser ganzen Zeit die Ernährung eine
künstliche, indem die Futterstoffe tief in deu Rachen geschoben
werden mußten. Auch ich konnte zu Anfang meiner Segler- Ein-
gewöhnuugsversuche, welche ich mit unserem Mauersegler vornahm,
kein besseres Resultat erzielen, ja in vielen Fälleu mußte ich, nach¬
dem ich nach tagelangem Bemühen nicht einmal so viel erreichen
konnte, daß die eingestopfte Nahrung nicht immer wieder ausge-
spieeu wurde, die Versuchstiere wieder in Freiheit setzen, um sie nicht
nutzlos zu Grunde gehen zu lassen. Allerdings erschienen dieselben
meist schon von vornherein als alte, völlig ausgewachsene Vögel zur
Eingewöhnung wenig geeignet, aber nachdem ich keine jungen, noch
nicht selbständigen Exemplare trotz aller Bemühungen erlangen
konnte, mußte ich mich eben wohl oder übel an erstere halten. Das
verhältnismäßig günstigste Resultat mit diesen Seglern hatte ich bei
einem solchen zu verz'ächnen, welcher Ende Juni 1890 in meine
Pflege kam. Dieser Vogel war von einer Dame auf dem Boden
lietrend irefunden worden, als er in meine Hände kam, bereits fünf
Ta're im Besitze derselben gewesen und hatte, da er nicht allem
fressen wollte und auch nicht gestoi>ft worden war, während dieser
«ranzen Zeit keine Nahrung aufgenommen; trotzdem war er sehr gut
bei Leibe, nicht im geringsten abgemagert und sehr munter. An¬
fangs hatte ich auch mit diesem Tierchen einen schweren Stand, da
er die eingestopften Mehlwürmer nicht schluckte, sondern stets
wieder ausspie. Nach einigen Pagen hatte sich indes dei Segler an
die etwas gewaltsame Fütterung gewöhnt und verzehrte nun täglich
204
bis achtzig groläe Mehlwürmer. lu dieser Weise eruährte ich ihn
durch fast zwei Monate, während welcher Zeit er stets sehr munter war
iiud an Körper eher zu- als abnahin. Nachdem ich ihn durch etwa
sieben Wochen gestopft hatte, begann er die Würmer freiwillig von
der Hand abzunehmen und ich bin fest überzeugt, daß ich ihn zur
selbständigen Futteraufnahme gebracht hätte, wenn ich nicht durch
Umstände gezwungen worden wäre, seine Pflege aufzugeben. Zu
meinem Schmerze mußte ich bald hören, daß das arme Tier unter
der »sachverständigen Pflege« desjenigen, welcher den Vogel nach
mir in Behandlung nahm — ich habe gehört, daß der Segler, um
ihn vor »Überfütterung« zu bewahren, täglich fünf oder sechs Mehl¬
würmer erhielt und wahrscheinlich auch sonst unrichtig behandelt
wurde, denn dem Hunger allein wäre er nicht so schnell erlegen — ,
sein Leben ausgehaucht hatte. Glücklicher als mit diesen Mauer¬
seglern fielen meine demnächst angestellteu Versuche mit dem Alpen¬
segler aus, denn hier wurde gleich der erste mit vollem Erfolge
gekrönt; allerdings waren die in Rede stehenden Vögel als junge,
zwar schon gut entwickelte, aber doch noch nicht selbständige Exem¬
plare dafür so geeignet wie nur möglich.
Ich verdankte meine Alpensegler der Güte des Herrn Präpara¬
tors Zollikofer in St. Gallen, des ausgezeichneten Kenners und
Pflegers der schweizerischen Tierwelt. Ende Juli 1891 meldete mir
ein Schreiben desselben, daß er an Herrn Ingenieur C. Pal lisch,
Erlach, N.-Ö, welcher sich in derselben Weise wie ich für die Ein¬
gewöhnungsversuche mit Spaltschnäbleru interessierte , einen Korb
mit neun Stück jungen Alpenseglern, von welchen ein Teil für mich
bestimmt sei, senden werde. Ein weiteres, noch am selben Tage ein¬
laugendes Schreiben meldete, daß Herr Zollikofer unerwarteter
Weise noch neun Alpensegler erhalten habe und daß diese direkt
an meine Wiener Adresse abgehen würden. Meine Gefühle l)eim
Lesen dieser Zeilen waren etwas gemischter Natur, einerseits große
Freude, die so sehulichst gewünschte Art zu erhalten, andererseits
aber eine kaum minder große Furcht vor der Versorgung dieser
Schar, denn ich war der festen Ansicht, daß es die Ankömmlinge,
wohl die ersten Alpeusegler auf Wiener Boden, wenigstens anfangs,
melirere Wochen vielleicht aber auch Monate hindurch, nicht besser
machen würden, als die Pfleglinge des Herrn Dr. Girtanner, daß ich
sie mindestens während eines längeren Zeitraumes, möglicherweise aber
auch für immer, werde gewaltsam stopfen müssen. Wie unangenehm,
wie mühsam und zeitraubend eine derartige Fütterungs weise für den
205
Püeger ist, das hatte icli damals ein Jahr vorher mit meinen drei
Nachtschwalben, die anfangs auch nicht freiwillig »sperrten«, gerade
zur Genüge ansgekostet, wie würde sich das nun erst bei einer
solchen Schar gestalten ! Am nächsten Morgen brachte der Postbote
zwei große Körbe, den einen aus Erlach, den anderen von St. Gallen
geschickt, deren Inhalt noch bei geschlossenen Deckeln durch heftiges
Schreien und Zischen seine Lebendigkeit anzeigte. Schnell wurde
zunächst der Schweizer Korb geöffnet, um dessen Insassen, welche
während der ganzen Reisedauer gefastet hatten, zu füttern. Als der
Deckel gehoben war, bot sich mir ein Bild, welches ich wahrlich
nicht erwartet liatte: auf ein weiches Heulager gebettet lagen da
neben und übereinander die Alpeusegler und — rissen Futter
heischend unter gräulichem Spektakel die Rachen in ihrer verhält¬
nismäßig ganz enormen Weite auf! Jetzt nur schnell Futter her
und ein großes Stück Käsequark mit daranhaften den Ameisenpnppen
dem ärgsten Schreier tief in den Schlund geschoben ! Nun daß dieses
tiefe Einschieben vollständig überflüssig sei, wurde mir bald klar,
denn die hungrigen Schweizer rissen mir jeden Bissen aus der Hand,
und wenn es nur gegangen wäre, hätten sie gewiß meine Finger
auch mit verschluckt. Endlich, endlich schwiegen die Schreihälse,
wie es mir schien aber auch nur aus dem Grunde, weil es mit bestem
Willen nicht mehr ging, — meine Futtervorräte zeigten aber auch
Breschen ! ! Ein einziger der Insassen dieses Korbes verweigerte jede
Nahrungsaufnahme, zeigte sich überhaupt sehr matt und ging wenige
Stunden später ein, wahrscheinlich war er schon beim Einsammeln
innerlich verletzt worden, denn daß ihm das Fasten und die etwaig
erlittenen Unbilden während der Reise geschadet haben sollten, kann
ich nicht wohl annehmeu, nachdem all’ seine Genossen sich nicht im
mindesten angegriffen zeigten. Die Segler des zweiten Korbes, sechs
an der Zahl, welche den Tag vorher in Erlach Station gemacht
hatten und dort gefüttert worden waren, zeigten sich wohl infolge
des letzteren Umstandes lange nicht so lebhaft wie die St. Galler,
sie schrieen wohl auch, sperrten aber nicht. Ich nahm infolge dessen
an, daß sie noch nicht hungrig seien und stellte sie mit ihrem Korbe
auf die Seite. Als ich einige Stunden später wieder nachsah,
schienen sie denn auch das Versäumte wieder nachholen zu wollen,
denn nun lärmten sie mit ihren Landsleuten im anderen Korbe um
die Wette, und bis es Abend wurde, hatten sie sich ebenso wie
diese noch zweimal in gleicherweise gemeldet und Quantitäten von
Futter verschlungen, deren Menge, bei all’ den guten Wünschen,
206
welche ich für eleu gesegneten Appetit meiner Schützlinge hegte, mir
doch ein gelindes Grauen einflößte, wenn ich au die Kosten dachte,
mit welchen, nach dem ersten Tage zu schließen, die Erhaltung
dieser scheinbar ewig hungrigen Schreihälse verbunden schien ! Man
denke, die Vögel hatten während dieses ersten Tages über ein Kilo
Käsequark, ^/4 Kilo rohes Rindsherz und ^/2 Liter frische Araeisen¬
puppen aufgezehrt! Am nächsten Tage war ihre Freßlust kaum
geringer, ihre Bewegungen beim Futterheischen mit Flügelschlageu
und einem eigentümlichen, stoßweisen Kopfnicken noch weit ener¬
gischer als am ersten Tage, überhaupt zeigten sie sich nun, von den
Strapazen der Reise ausgeruht und gekräftigt, viel lebhafter und
vor allem hatten sie ihre Stellung gänzlich verändert, denn während
sie nach der Ankunft auf dem Boden des Korbes lagen, hatten sie
sich jetzt au dessen Wänden mit den Füßen angeklammert und
hingen so dicht aneinander gedrängt da. Während der Fütterung
suchte einer den anderen mit Flügelschlageu zu verdrängen, und oft
kam es im Eifer vor, daß mehrere nach demselben Bissen sebnajDpten
oder sich den glücklich erhaschten Brocken wechselseitig aus dem
Schnabel zu reißen suchten, wobei dann manchmal ein Teil des
Kopfes des einen im Rachen des anderen verschwand. Dabei
schrieen sie unaufhörlich, und selbst daun, wenn sie gerade an einem
großen Futterstücke würgten , tönte aus ihrer Kehle das heisere
Zischen herauf. Etwa fünf Tage nach ihrer Ankunft in Wien ließ
die Freßlust der Segler ganz bedeutend nach; sie zeigten wohl noch
immer einen ganz ansehnlichen Appetit, verzehrten jedoch nicht
mehr solche Massen und begehrten vor allem nicht mehr so oft
Nahrung wie anfangs. Während sie früher oft zehnmal w^ähreiid des
Tages mit lautem Gezisch nach Futter verlangten und Aveuu sie
nicht gerade vollgefressen waren, so oft mau ihnen nur Nahrung
aubot, diese aufs gierigste verschlangen, genügte ihnen später eine
zweimalige tägliche Fütterung, die erste gegen 9 Uhr vormittags,
die zweite abends. Bei diesen beiden Mahlzeiten zeigten sie sich
allerdings auch so stürmisch, so gierig und unersättlich wie nur je,
in der Zwischenzeit aber verhielten sie sich ganz ruhig ; hielt man
ihnen etwas vor, so schnappte wohl einer oder der andere darnach,
aber ohne jede Hast, ich möchte fast sagen, gleichgültig, und nie
ließ sich dann einer hierbei, mehr als ein oder zwei Brocken zu
nehmen. Während des Tages hingen die Vögel in dieser Altersstufe
eng aneinander geschmiegt, stets an der Außenwand eines runden
Weideukorbes, ohne sich in anderer Weise zu bewegen, als daß der
207
Kopf öfters nach allen Seiten gewendet oder daß im Gefieder
genestelt wurde; rückte der Abend heran und stellte sich mit der
vorgeschrittenen Zeit auch der Hunger ein, dann wurden die Tiere
lebhafter, kletterten an den Korbwänden herum, schlugen mit den
Flügeln und vor allem suchte jeder einen Platz zunächst des Korb¬
randes einzunehmeu. Mit dieser erhöhten Beweglichkeit wurden die
Segler auch lauter, und wenn ich mich einmal etwas später als
gewöhnlich eiustellte, dann wurde mein Näherkommeu mit obren-
zerreißendem Geschrei begrüßt. Etwa zwei Wochen hindurch fütterte
ich die Segler in der W^eise, daß ich ihnen die Nahrungsstofte, rohes
Herz, Käsequarkstücke oder zu kleinen Ballen geformtes Mischfutter
mit den Fingern vor den Schnabel Fielt, worauf es stets aufge-
schuappt wurde, daun versuchte ich als ersten Schritt, um die Vögel
an selbständiges Aufheben des Futters zu gewöhnen, ihnen dies auf
der flachen Hand vorgehalten zu reichen, und als dies nach einigen
mißglückten Anfängen auch bald prächtig angenommen wurde,
dachte ich mir, nun gewonnenes Spiel zu haben und stellte ihnen
einfach eine, bis an den Rand mit Futter gefüllte Schüssel hin.
Nun aber zeigten sich die Segler auf einmal störrisch, indem sie von
der ihnen in dieser Weise vorgelegteu Nahrung absolut nichts frei¬
willig anfuehmen wollten. Von der Voraussetzung ausgehend, daß
sie sich, wenn nur erst recht ordentlich hungrig geworden, schon
dazu bequemen würden selbst zuzugreifen, fütterte ich die Segler
durch drei Tage gar nicht von der Hand, allein die Vögel hungerten
lieber, als daß sie sich hätten entschließen können, etwas aus der
Schüssel zu nehmen. Die Segler waren nach diesem dreitägigen
Fasten recht hungrig geworden — aber dabei in keiner Weise sicht¬
bar abgemagert — und wenn ich ihnen meine Hand hinhielt, so
stürzten alle gierig darauf los und schnappten schreiend nach meinen
Fingern. Dies brachte mich auf eine neue Idee: ich wühlte nun mit
der Hand im Futter herum, die Vögel schnappten nach derselben
und dabei unwillkürlich auch nach jenen Futtermengen, welche sich
bei den Bewegungen der Finger vor diesen augehäuft hatten, belvamen
den einen oder anderen Brocken in den Schnaliel und veistanderi
bald auch auf diese Art ihr Futter aufzunehmen, thaßm dies aller
nur so lange, als ich die Hand in die Schüssel hielt, entfeinte ich
diese aus der letzteren, so wurde auch nichts mehr aufgenommen.
Endlich nach weiteren acht Tagen gewöhnten sich die Segler auch
daran, ohne meine Beihülfe zu fressen. Anfangs schien ihnen hierbei
wenio-stens noch meine Gegenwart unbedingt nötig zu sein, denn
208
das Vorgesetzte Putter wurde, war ich abwesend, nicht weniger, trat
ich hierauf aber in die Stube, so eilten sie sofort zu dein Futter¬
geschirr und begannen mit großer Hast zu fressen. Auch später
noch schien meine Anwesenheit immer sympathisch auf ihren
Appetit zu wirken , wenn sie ihre Freßlust auch nicht mehr
an dieselbe banden, sondern ohne sich an eine bestimmte Zeit zu
halten, während des ganzen Tages fraßen, am meisten aber während
des Morgens, wenn ich ihnen frisches Futter reichte und mich
während dessen mit ihnen beschäftigte, denn da wurde stets die
größere Hälfte der gebotenen Nahrung verzehrt.
Die Art der Nahrungsaufnahme ist eigentümlich; ist das Futter
ein lockeres Gemisch, so fährt der Segler mit weit geöffnetem
Schnabel in dasselbe hinein und vollführt dann gleichsam schlürfende
Bewegungen, größere Brocken werden ebenso erfaßt. Sind sie im
Schnabel, so wird der Kopf in die Höhe gerichtet und nun in dieser
Lage der Bissen hinabgewürgt, doch sind -die Segler auch fähig,
kleinere Gegenstände, wie z. B. einzeln liegende Ameisenpuppen
mittels der wenig geöffneten Schuabelspitzen aufzuheben, — aller¬
dings scheint ihnen dies sauer genug zu werden, denn so lauge der
Futternapf gefüllt war, machten weder die jungen noch der gegen¬
wärtig in meinem Besitze befindliche Alpensegler je von dieser
Fähigkeit Gebrauch.
Während der ersten Zeit bevorzugten meine Segler von allen
gebotenen Nahrungsstoffen entschieden größere Stücke Käsequarks,
sogenannten Topfens. Ballen festgedrückten Mischfutters wurden,
trotzdem sehr viele frische Ameiseupuppeu darunter gemengt waren,
weit weniger gern genommen. Fleisch, roh oder gekocht, stand am
wenigsten in Gunst und wurde nur dann verschluckt, wenn ich es
ihnen tief in den Schlund schob; steckte ich es bloß in den Schnabel,
so wurde es alsbald verächtlich weggeschleudert und selbst, wenn sie
noch so hungrig und gierig waren, verschmähten sie es von der
Hand abzunehmen.
Später gewöhnte ich die Alpensegler au ein Gemenge von gleichen
Teilen geriebener Möhre, gekochten Rindsherzens, geschwellter Ameisen¬
puppen und Eintagsfliegen, worunter etwa haselnußgroße Stücke
Käsequark und fein geschabtes rohes Herzfleisch gemischt waren.
Alle Teile des Futters wurden nun gleich gern angenommen. Gewiß
ist, daß den Vögeln diese gemischte Nahrung besser bekam, als die
fast ausschließliche Ernährung mit ihrem einstigen Lieblingsfutter,
dem Käsequark, denn während zur Zeit, als ich hauptsächlich diesen
209
fütterte, die EntleeruDgen dünnflüssig waren, sind sie hierbei fest
ge\\orden. Mein gegenwärtiger Pflegling hat sich seit neuester Zeit
die frischen Ameisenpuppen zur Leibspeise erkoren und befindet sieb
bei ausschließlicher Fütterung mit diesen so wohl, daß er seither —
singt ! Doch hiervon später. (Schluß folgt.)
Italienische und neugriechische Namen der Eidechse und
verwandter Reptilien.
Von Dr. C. J. Porsyth Major.
(Fortsetzung).
»Racano, ragano, racono«:.
i. e. Lacerta viridis. Aus dem Neapolitanischen und der
Romagua. In Sinigaglia (Marken) findet sich : räghu, ragano , d r äg h
^^t. Piof. Matteucci) in Umbrien rägolo neben räcouo; und regolo
als Bezeichnung für eine große Schlange, die ich nicht gesehen habe,
von der aber allerhand gefabelt wird. Das drägh (Drache) mag
eine volkstümliche Umdentung des unverständlich gewordenen
räghn sein; es könnte sich aber auch umgekehrt verhalten,
und racano, racono geradezu von draco, dracouem abgeleitet
sein, sowie räghn, ragano und parm. rangoll, aus it. dragone^);
auch im Gaelischeu ist dearc Eidechse, wie wir sahen. So lauge
nicht ältere Formen vorliegen, dürfte der Entscheid schwer fallen.
Rägolo seinerseits mahnt an das moden. rugöl. Neben dem
von Flechia aufgeführten rangoll, das derselbe mit dem vorher¬
gehenden auf lacerta zurückführt, finden sich noch, ebenfalls im
parm. riugöll und rigöll. Ferner nigölo in der Lunigiana
(Prov, Massa) und rogio, rogiolo in der Umgegend von Pisa;
sämtlich Synonyme von ramarro (La certa viridis). Provenzalische
Bezeichunngeu für Eidechse sind u. a. rigolon, rigoloun^).
Es liegt nahe, füi alle diese eine Ableitung vom Lat. r e g u 1 u s
auzuuehnieu, welches, ursprünglich als Übertragung von ßaenXiaxot;,
9 Definition des Volkes: »serpente grosso molto, fischia, e quando fischia
si rinniscono gli altri« (Frataguida, Prov. Perugia).
9Verg]. alb. dra ngua-öi, Drache, und cal. alb. drangol’d, Scblancre.
(G. Meyer Et. W. d. alb. Sprache).
9 Zu bemerken ist bei diesem Anlaß, daß in der Provinz Teramo ein
Meerfisch, der Trachinus draco, die Namen ragano und rägana de mare
führt. (0. G. Costa, Vocab. zoologico).
'*) Honnorat, Dictionnaire provenfal-fran^ais.
Zoolog. Gart. Jalirg. XXXIII, 1892.
14
210
zuerst, wie es sclieint, von Hieronymus gebraucht wurde. Wir sahen,
dah das Wort noch heutzutage vorkommt, allerdings zur Bezeichnung
einer Schlange. Aber auch sonst werden in verschiedenen Sprachen
Namen von Schlangen auf Eidechsen übertragen ; so gerade in Um¬
brien heißt biscia die Eidechse (Lacerta muralis); in Pyli auf
der Insel Kos ist (fidhaki, d. h. Schlänglein) = Eidechse,
und ebenso in der Schweiz, (Canton Bern) Kupferschlängeli =
Lacerta vivipara. Möglich wäre es auch, daß all die genannten
an regulus aukliugeuden Wörter nur allmählich au das lateinische
O c5
Wort angelehnt wurden. —
»Angö«.
Wir haben soeben einige Formen erwähnt, welche von Flechia
auf lacerta zurückgeführt werden, die aber auch eine andere
Deutung zulassen. Dahin gehört, meiner Meinung nach, auch ventim.
angö = ramarro, für welches anguis eine näherliegeude Ab¬
leitung ist als lacerta. Vergl. ven. angio, angia und sic.
angio; diese drei allerdings als Bezeichnung einer Schlange (Elaphis
Aesculapii) ^); aber wir sahen vorhin, daß der Begriff Schlange
häufig auch auf die Eidechse übertragen wird. —
Ramarro.
Zwei in Betracht zu ziehende Etymologien dieser schon bei
Dante vorkommenden Benennung der grünen Eidechse (Lacerta
viridis) finden sich in der Litteratur:
1) Von rame, Kupfer, wegen der Farbe. Die Idee ist von
Mahn, dem sich Diez anschließt ^).
2) Von r a m o = ramus, Zweig, woraus ein adj. ramarius ge¬
bildet worden wäre. So Galvani ^) und andere; auch Flechia^)
tritt dafür ein.
Wer je eine grüne Eidechse gesehen hat, wird die erstere
Ableitung sofort von der Hand weisen. Höchstens Malachit oder sehr
stark mit Grünspan überzogenes Kupfer könnte auf eine derartige
Idee führen! Die herangezogene Bezeichnung »Kupfereidechse«,
sowu’e die ähnliche »Ku pferscli längli« und das griechische xuI-kIc,
ß Fauna d’Italia. IV. E. De Betta, Rettili ed Anfibi. Milano 1874, p. 43.
ß fitymol. Wörterbuch der romau. Sprachen, 4. Ausg. Bonn 1878. Ila
(p. 392).
ß ]. c. p. 505 s. V. urgöl.
ß ]. c. p. 162.
211
beziehen sich auf Reptilien, die wirklieli metallenen Kupferglanz
und -färbe besitzen.
Was die zweite Deutung betrifft, so ist der Aufenthalt auf und
zwischen Zweigen nicht etwa besonders charakteristisch für den
ramarro. Zudem findet sich im romagnol. Dialekt eine einfachere
form: mar = ramarro ^). Nun scheinen allerdings Diez und
Flechia geneigt, diese als eine aphaeretische Form von ramarro
zu betrachten. Wenn wir aber unsere Blicke etwas weiter richten,
so finden wir im Kurdischen mär = Schlange ^), und wie es scheint
auch im Persischen eine ähnliche Form. Ferner kurd. märek
(Diminutiv) = Viper, Eingeweidewurm; tlremär = »serpenteau«,
märe-jök, oder raäregok = Eidechse^). Sodann existiert ein
italienisches, in der Schriftsprache veraltetes Wort marasso, für
Schlange und Viper speciell. Acarisi hat als Syuomym von ramarro,
den er »specie di serpe« nennt, magarasso, ein Wort, das ich in
dieser Form sonst nirgends getroffen habe. Wenn magarasso,
nach Flechia, = ist magaraccio das auf ein primitives rnagaro
zurückgehe, so ist marasso = niaraccio und setzt ein primitives
maro voraus, was uns zu dem romagn. mar führt; marasso also
ein mar mit dem Nebeubegriff des Schlechten, Gefährlichen.
.Nachträglich mag die Volksetymologie den mar, maro wegen
seiner Farbe an ramo, ramarius augelehnt haben, und auf diese
Weise ramarro entstanden sein. In Castelfioreutiuo (Prov. Florenz)
wird das Thier zamarro genannt, ln der Prov. Teramo heisst^) der
Drosch ramarro, in tarautiuischer Mundart mara vuetto.
Sardinische Benennungen für Eidechsen, und daran sich anschliessende
neugriechische.
Zu den Formen, die Flechia zufolge deutlich die Ableituno- von
lacerta zeigen, gehören u. a. auch die sardinischen, die bei Spauo '*)
wie folgt aufgeführt sind :
b Antonio Morri, Vocabolario Romagnolo — Italiauo. Faenza 1840.
Lerch, Gloss. Ad. Pictet, les origines indo-europeennes ou les
Arya.s priniitifs. 2 ecl. T. I. Paris 1877. p. 626. § 143. — F. .Justi, les noms
des aniinaux en Kurde. Paris 1878. 2. serpents.
Pictet 1. c. ; Justi 1. c.
Alberto Acharisio da Cento, Vocabolario et grammatica con
Portbographia della lingua volgare. Venezia 1550.
■'’) Costa, Vocabolario zoologico.
De V i n c e n t i i s , Vocabolario del dialetto tarantino — Taranto 1872.
G i 0 V. S p a n 0 , Vocabolario Italiano-Sardo. T. II. Cagliari 1852,
212
Log. tiligherta. Mer. caluxertiila. Set. tiliclierta. gal.
ziriclielta. Daraus ist bei Flecbia L geworden:
Log. ti-ligherta. Mer. Inscertola. Set. ti-licherta. gal.
z i-1 iclielta.
Cetti hat: Campidano: calisce rtu 1 a. Capo di sopra:
til iguerta.
Nach Ferraro : Logud. (Siligo): tilighelta.
Von mir wurden in Sardinien notiert: Thiesi: tilighesta,
Iglesias: coxuedda. Sassari : tiliguerta. Alghero : salgantäna.
Nurra: zilighetta.
Wie die Anfangssilbe ti — , zi — zu erklären sei, erfahren wir
von Flechia nicht. Man könnte allenfalls au den Artikel denken ;
aber selbst wenn man zugebeu wollte, daß aus dem sard. su, sa
(von ipsum, ipsam) durch eine Art Assimilation allmählich ti — zi —
geworden sei, so würden damit nicht die gleich zu besprechenden
ähnlichen Formen aus andern Gebieten erklärt werden können.
Zunächst ist zu erwähnen, daß in Sardinien selbst ein etwas größeres
Reptil als die aufgeführteu Eidechsen, der Chalcides (Gongylus)
ocellatus Forsk, tiligugu heißt ; oder auch tilingoni (und
s a z z a 1 u g a) ‘^). Das gleiche Tier führt in Palermo und Umgegend
den Namen tiru, in Catania ti r a xi a t u ^), auf Greta liakoni'ß,
welch letzteres Wort an »tilingoni« erinnert. Wahrscheinlich ist
das auf Cerigo akonäci genannte Reptil, das ich nicht gesehen habe,
ebenfalls der Chalcides oc e 1 1 at u s ; die Endung — aci scheint
das ital. — accio zu sein.
1. c. p. 160.
2) Fr. Cetti, Anfibi e Pesci di Sardegna. Sassari 1777 p. 15.
3) Gins. F e r r a r 0 , Canti popolari in Dialetto Logudorese. P. I. To¬
rino 1891. p. 90. V
'*) Der zweite Teil von sazzaliiga scheint auf das metallglänzende
Äußere des Tieres Bezug zu haben. Der Leuchtkäfer (lucciola) heißt in
Sardinien (log.) nach Spano culilughe; ich fand in Fonni (Sard.) für denselben
den Namen cincilughe.
'") Nach Gemraellaro; cf. Doderlein, Rivista della Fauna Sicula dei
Vertebrati. Palermo 1881 p. 40.
•’’) Pococke erwähnt von Kandia eine Art Eidechse, die jakonie genannt
werde; (Voya.ge de Richard Pococke. Paris 1773 T. IV. p. 306). Es handelt
sich offenbar um den liaköni, womit auch stimmt, daß P. das Tier als
außerordentlich giftig schildert, eine Ansicht, die obwohl irrtümlich, da es
ganz harmlos ist, die allgemein verbreitete ist. In Palermo hört man häufig
die Verwünschung: »ti venga male di tiru«. Auf die angebliche Schädlichkeit
des Tieres bezieht sich wohl auch die Endung —aci von akonäci.
218
Z i 1 i g h e 1 1 a könnte als Diminutiv von t i 1 i g u g u aufgefaßt
werden.
Auf mehreren der Sporaden fand ich Benennungen für Eidechsen,
die in naher Beziehung zu der sardinischen stehen, nämlich
Astypalaea : alisigüda.
Samos : s i 1 i g ü d a ^), s i 1 i g ü d i.
Sira und Icaria : siligüdi.
Chio : siligüdh i.
Pyli (Kos) : si liü d h i.
Kos : s i s s i K.
Kalymuos : sissiK, siskiK.
Professor Comparetti, den ich, verwundert über die auffallende
Übereinstimmung zwischen siligüda, alisigüda und dem sardi¬
nischen zilighetta, um Rat fragte, ist der Ansicht, daß mau.
Die Beueiinung findet sich schon bei Du Gau ge (1. c.) als o-'nXXtyofiüi
8. V.), a v^7]y ov d L (s.Y. Toi^oßava-TTig')^ und er v}. ly o v {) S o v v.)- [Letzteres
Wort findet sich bei Ptochoprodroniiis: xal dg epeporerf crv'kiyovqdov^ xal
dg ßd'kovcnv «Treo-oj und wird übrigens von Sophocles (A Glossary of later
and Byzantine Greek. Appendix. Modern Greek Period. s. v. London 1860)
»aroinatic substance« gedeutet.]. Auch Kind (Handwörterbuch) hat o-'uXAjj-
yov^LOV, Eidechse. crvXX-q'yovdia ist ferner »Strängei« (eine Krankheit
der Pferde) und »Bräune« (Kind); so auch Du Gange: er vW i] y o v ^ i a
= ano'ina. Merkwürdigerweise besteht diese Übereinstimmung auch im Al-
banesischen : härÜje, härüeje, Eidechse; härÜje, Halsbräune (cf. G. Stier.
Die albanesischen Tieruameu, in Kuhn, Zeitschr. f. vergl. Spracht. XI, 1862.
p. 233. No. 131. — G. Meyer, Etymol. Wörterb. d. albau. Sprache, 1891,
8. V. harüje). Zwischen der Eidechse und der Krankheit wüßte ich nichts
Gemeinsames, als daß sich bei letzterer Membranen bilden, die allenfalls mit
denen der sich häutenden Eidechse verglichen werden könnten. Wenn da-
erpo-en, wie mir sehr wahrscheinlich wird, an die bei manchen Halskrankheiten
auftretenden auch äusserlich sichtbaren Anschwellungen der Tonsillen oder
Speicheldrüsen (Parotis u. s. f.) gedacht ist, welche den »geschwollenen Hals«
veranlassen, so muß der Vergleich als ein glücklicher bezeichnet werden, da
viele Eidechsen durchaus den Eindruck machen, einen »geschwollenen Hals« zu
haben, was daun bei andern Arten und bei Fröschen gewöhnlich in dem
Maße übertrieben erscheint, daß das Aussehen eines Kropfes entsteht. — Mau
vergleiche bei Franz Miklosich, Etymol. Wörterbuch der slavischen
Sprachen, s. v. gusteru (der der Sippe altslov. gusteru, bulg. gustör ,
serb. guster lacerta zu Grunde liegenden Form); neuslov. guscar, kuscar
k u s c a r j i Halsdrüseu.
Zu siligüda u.s.w. gehört wahrscheinlich auch der anscheinend durch
Mißverstehen entstellte Name der »Lacerta a g i 1 i s« aut Gypern :
L ^ e er T (J 0 V X bei Sibthorp, in Walpole 1. c. p. 268.
214
✓
nach Abzug der Euduugeu — uda, — edda, diese Wörter auf
ßaaLTildxoQ zurückleiteii kaiiu, uni so mehr, da der Wegfall von s
und die Metatliesis — lisi keiu Hindernis bieten. Da zilighetta
von den andern sardiuisclien Formen zirichelta, tilig liest a,
tiliguerta, bei denen theilweise die Einwirkung von lacerta un¬
verkennbar ist, unmöglich getrennt werden kann, andererseits aber
kaum denkbar ist, daß ein speciell sardinisches Wort nach dem Orient
verpflanzt wurde, so ist wohl mit Prof. Comparetti anzuuehmen,
daß sowohl die östlichen als die westlichen Formen auf ßaa-Lkio-xoq
zurückgehen. Die sardiuisclien Formen wurden daun uachträtjlich,
als das romanische Element auf der Insel überhand nahm, mehr
oder weniger an lacerta angelehnt.
Übrigens muß ich gestehen, daß mir „ßacri^laxog^^ verdächtig
ist eine Volksetymologie zu sein, also eine Bezeichnung, die seiner
Zeit eine noch ältere, unverständlich gewordene, ersetzt hat. Mehrere
der au den Namen sich knüpfenden Mythen werden wohl, wie dies
ja so häufig der Fall ist, ersterem ihre Entstehung verdanken. Alban,
(öcutari) sel’ige ist »Schlange« (2); siligüdi u. s. f. dürfte dessen
Diminutiv sein. Ist nun ßacnXLcrxog eine ümdeutung von sel’ige
oder einem ähnlichen Thema, oder umgekehrt letzteres aus ersterm
abireleitet?
»Coxuedda«, das ich im Gebiet von Iglesias vorfand, wird eine
Zusamraenziehung von caliscertula, caluxertula sein.
Das algherische salgantana endlich ist ohne Zweifel spanische
Importation; vergl. neucatal. sagrantana (und siuglantana,
Fyren-Orient.) Eidechse, bei Eug. Rolland, Faune pojrml. de la
France III, 1881 p. 17. (SoWuß folgt.)
Der Breslauer zoologische Garten.
(Auszug aus dem Berichte für das Jahr 1891.)
Wir freuen uns berichten zu können, daß auch das abgelaufeue Geschäfts¬
jahr uns wieder eine Steigerung der Einnahmen gebracht hat und wir im
stände gewesen sind, nicht nur alle wünschenswerten Aufwendungen zu be¬
streiten, sondern auch den Rest der Bauschulden im Laufe des Jahres zu tilo-en
und den Ergänzungsfonds angemessen zu verstärken.
2) G. Meyer, Etymol. Wörterbuch der Albanes. Sprache, Strassburg
1891 s.v.
215
Für Abonnement, Eintritts- und Heitkarten wurden zAisammen
M. 111,912.60 vereinnahmt, während diese Einnahmen 1890 auf M. 107,088.—
sich beliefen.
Die Abonnements-Einnahme, M. 40,663. — , hat sich gegen das Vor¬
jahr um M. 520.50 verringert, was wohl in der Wiederaufnahme der Zwinger¬
konzerte, deren Ausfallen im Jahre 1890 uns eine Anzahl Abonnenten vorübei-
gehend zugeführt hatte , seine Erklärung findet. Die Einnahme f ü i
E i n t r i 1 1 s k a r t e n, M. 69,731.-, war um M. 4594.30, die E i n u a h m e f ü r
Reitkarten, M. 1518.60, um M. 150.80 höher als im Vorjahre; die ge¬
nannten drei Einnahmeposten zusammen ergaben also ein Mehr von M. 4224.60.
Konzerte fanden in dem seit Jahren herkömmlichen Umfange statt und
erfreuten sich regen Besuchs. Vorgreifend sei erwcähnt, daß wir seit Ende
Januar 1892 versuchsweise auch an den Winter-Sonntagen Konzerte veranstaltet
haben und uns vielleicht entschließen werden, solche auch für die Folge
dauernd einzuführen.
Die auch für das abgelaufene Jahr seitens der hochlöblichen Provinzial-
und städtischen Behörden wieder bewilligten Subventionen von M. 3000.—
und M. 5000. — geben uns den erfreulichen Beweis, daß die genannten Behörden
die gemeinnützige Wirksamkeit unseres Instituts als Stätte der Belehrung für jung
und alt vollkommen würdigen und gern unterstützen. Von dem freien Eintritt
für die Volksschulen wird auch aus der Provinz in stetig zunehmendem Um¬
fange Gebrauch gemacht; in vielen Gemeinden ist es schon Sitte geworden,
daß die Gutsbesitzer oder Gemeinde -Mitglieder die Wagen stellen oder die
Fahrkosten durch Sammlung aufbringen, um ihren Schulen den Besuch des
Gartens zu gewähren.
Auf das Stabsarzt Dr. Heinrichsche Vermächtnis sind zu den
im Jahre 1890 ausgezahlten M. 5400.— im Jahre 1891 noch M. 717.— einschlie߬
lich Verzugszinsen zur Auszahlung gelangt und gleich dem erstgenannten Betrage
dem Ergänzungsfonds zugeführt worden. ,
Die Einnahme auf Pachten-Conto, M. 10,770.-, betrug durch Saal¬
vermietungen M. 1.50. — mehr als im Vorjahre.
Nach dem Tier- K rg änz un gs- Gon to beträgt der Erlös für verkaufte
Tiere u. s. w. um M. 7800'47 mehr als die Ausgaben für lieiankäufe.
Zur Erläuterung der Ausgabeposten diene folgendes: das Futter-
Gon to, in seiner Höhe von den schwankenden Marktpreisen abhängig, bean¬
spruchte M. 757.13 weniger, das Heizungs-Gonto infolge lauge anhaltender
Kälte M. 494.87 mehr als im Vorjahre; beim Zinsen-Gonto hatte der Weg¬
fall der Verzinsung der bereits im Frühjahr getilgten Bauschulden und die
Verringerung der Obligationsschuld durch Auslosung und Tilgung von Obliga¬
tionen eine Verringerung der Ausgaben zur Folge, während an Depotzinsen sich
eine Mehreinuahme ergab; beides zusammen bewirkte eine Minderbelastung des
Zinsen-Gontos um M. 815.— im Vergleich zum Vorjahre. Bei den Aufwendungen
des Baureparaturen-Gontos, welche die des Vorjahres um M 1321.94
übersteigen, sind außer Reparaturkosten auch die Kosten des Neubaus eines Pferde¬
stalls eh] begriffen. Am W a s s e r v c r s o r g u n g s - G o n t o wurden gegen
das Vorjahr IR. 1093.35 erspart, einerseits durch die erstmalige Rückvergütung
des Betrages für 3000 Kubikmeter Leitungswasser seitens der städtischen Behörden,
andererseits durch geringeren Wasserverbrauch infolge der
regnerischen Witte-
216
mng während eines großen Teils des Sommers. Die übrigen Ausgabeposten sind
auf ungefähr gleicher Höhe wie im Vorjahre geblieben.
Der Reservefonds wurde um M. 20.79 verstärkt auf M. 4206.13, dem
Ergänzungsfonds wurden außer der oben erwähnten Zahlung aus dem
He in rieh sehen Vermächtnis M. 9071.19 aus laufenden Einnahmen zuge¬
wiesen, und derselbe beläuft sich danach auf M. 16,584.95. Zu Abschrei¬
bungen konnten M. 28,479.45 verwandt werden.
Der Tier best and ist wieder zum alten Buchwerte von M. 62,165.—
eingestellt, während sein sehr mäßig bemessener Schätzungswert sich auf
M. 94,900.- beläuft.
Das Effekten-Conto weist einen Bestand von M. 27,436.13 auf.
Ausser den schon aufgeführten Beträgen des Reservefonds und des Ero-än-
zungs - Fonds schließt dasselbe den Kranken- und ünterstützungs - Fonds ""mit
M. 2145.05 und an Kautionen M 4500 in sich.
Die fünfte Auslosung der Obligationen unserer Anleihe
hat planmäßig am 15. Mai 1891 stattgefunden. Nach Einlösung der bis zum
Jahresschluß eingereichten Obligationen blieben deren noch 271 Stück im
Werte von M. 135,500.— in Umlauf.
Die auf Conto-Coireiit-Conto aus dem Vorjahre übernommene
Buchschuld für restliche Baugelder u. s. w., in Höhe von M. 26,113.55, ist, wie
schon eingangs erwähnt, im Laufe des Jahres getilgt worden.
Was die Gartenanlagen betrifft, so ist die im Herbste 1890 be¬
gonnene und bereits im vorigen Geschäftsbericht aufgeführte Umgestaltung der
Partie längs des Oderdamms, zwischen Odereingang und Wolfsbau, im Früh¬
jahr des Berichtsjahres beendigt und der Konzertplatz abermals in der Richtung
nach Norden zu vergrößert worden unter gleichzeitiger Erweiterung des Gas-
rolirnetzes.
Zweimal im Laufe des Jahres, Mitte März und Ende Juli, wurde der Garten
infolge lange andauernden Hochwassers der Oder von Überscliwem muiicren
heimgesucht, die eine Höhe und einen Umfang erreichten wie keine der früheren
Überschwemmungen in den 26 Jahren seines Bestehens. Manche Tiere mußten
aus ihren Behausungen entfernt, für andere, nämlich die Bison und die Dam¬
hirsche, Erhöhungen in den Gehegen vorübergehend geschaffen werden. Un¬
mittelbare Verluste an Tieren haben die Überschwemmungen nicht verursacht,
wohl aber haben sie die Anlagen zum Teil stark beschädigt. Die den Über¬
schwemmungen am meisten ausgesetzten tiefgelegenen Teile des westlichen
Teichufers gedenken wir noch im Laufe dieses Sommers in ähnlicher Weise zu
erhöhen, wie im Jahre 1889 der nordwestliche Teil des Gartens erhöht worden ist.
Den dazu erforderlichen Boden wollen wir durch Abtragung eines Teiles der
Insel des großen Teichs gewinnen und dadurch zugleich eine Vergrößerung der
Wasserfläche und landschaftliche Verschönerung der Teichumgebung zu er¬
reichen suchen. Wir hegen übrigens die Hoffnung, daß die bevorstehenden
Veränderungen in der Gestaltung des Betts der Oder und der alten Oder eine
wesentliche Besserung der Wasserverhältnisse des Gartens zur dauernden Folge
haben werden.
217
Der Tier bestand betrug am Schlüsse des Jahres 1891 :
471 Säugetiere,
1169 Vögel,
70 Kriechtiere und Lurche,
insgesamt 1710 Tiere.
Diese Gesamtzahl übersteigt die des Vorjahres um 207.
Geboren wurden im Laufe des Jahres . 6 Löwen, 1 Burchells Zebra,
3 Edelhirsche, 5 Damhirsche, 1 Alpensteinbock, 1 Mähuenschaf, 1 Fettstei߬
schaf, 1 Bison, 2 Zebu, 1 Pekari und eine Anzahl Rassehunde, Angora-,
Zwerg- und vierhöruige Ziegen und kleine Nagetiere verschiedener Arten.
Davon sind im Laufe des Jahres eingegangen: 2 Löwen. Erbrütet wurden:
Höckerschwäne, Nilgänse, Rassehühner, 1 Schopftaube, Blutrumpf-, Nymphen-
und Wellensittiche, Gebirgslori, Diamantvögel, Ceresastrilde, Zebrafinken und
japanische Mövchen.
Von den im Laufe des Jahres angekauften und eingetauschten
Tieren seien erwähnt: 1 Manclrill, 1 Drill, 1 BartafFe, 1 Blendling von Haus¬
hund und Wölfin, 1 Schakal, 1 Krabbenwaschbär, 2 Biber, 2 Prevosts Eich-
höi’nchen , 1 Kantschil, 1 Nylgau- Antilope, 2 Somalistranße, 2 japanische
Krickenten, 2 madagassische Baumenten, 2 gemeine Kraniche, 2 Ohrfasanen,
2 Halsband-Frankoline, 1 Bartgeier, 2 Kahlkopfgeier und Papageien und Sing¬
vögel mannigfacher Arten für das Vogelhaus.
Die Ti er Verluste beliefen sich auf 5^2% des Schätzungswertes gegen
6°/o im Jahre 1890.
An wertvolleren Tieren starben : 1 Schimpanse (2 Jahre im Garten) an
Tuberkulose, 1 Orang-Utan (3 Jahre im Garten) an einem Darmgeschwür,
1 Mormikatze an Lungenentzündung, 1 Elch an Herzbeutel -Entzündung und
Verwachsung, 1 Gemse an Darmkatarrh, 1 Büffel an Lungenschlag, verursacht
durch Futterstoffe, die in die Luftwege geraten waren, 1 Yak an Alters¬
schwäche, 1 Nashornvogel an Vormagen- und Darmentzündung.
Von den verkauften und vertauschten Tieren waren im Garten
geboren: 5 Löwen, 1 Silberlöwe, 1 Aguti, 2 Lama, 3 Wapiti, 1 Edelhirsch?
6 Damhirsche, 2 Alpensteinböcke (Blendlinge), 2 Mähnenschafe, 1 Fettstei߬
schaf, 1 Yak, 2 Zebu, 1 Wildschwein, 1 Pekari, Angorakatzen, Rassehunde,
Angoraziegen, Geflügel, Sittiche, Prachtfinken u. a. Der Erlös für im Garten
geborene Tiere betrug M. 9748.30.
Gewinn- und Verlust-Conto.
Debet.
An Futter-Conto, verbrauchtes Futter . M.
» Gehalte- und Emolumente-Conto . »
» Gartenanlage-Conto, für Arbeitslöhne, Kies, Schutt, Bäume
u. s. . .
» Zinsea-Conto, Obligationszinsen u. s. w . »
» Baureparaturen-Conto .
» Inventar-Ergänzungs-Conto . ^
Transport M.
33,064.79
21,457.62
6,774.84
5,549.10
12,793.31
1,765.64
81,405.30
21S
Transport
M.
81,405.30
An
Beheizungs-, Beleuchtungs- und Bereinigungs-Conto . . .
5,274.83
Druck- und Inserate-Conto .
3,053.31
Konzert-Conto, für Musik .
6,332 35
Abgaben- und Versicherungs-Conto . . . .
1,546.91
»
Unkosten-Conto .
961.87
Wasserversorgungs-Conto, Wasserverbrauch .
• • •
»
1,840.95
Kranken- und Ünterstützungs-Conto . . . .
»
500.-
»
Reservefonds-Conto, Zuschreibung . . . .
20.79
Ergänzungsfonds-Conto, dergl .
9,071.19
Abschreibungen:
Grundstück-Conto .
M.
22,265.—
Inventarien-Conto .
5,122.05
•
Pflanzen-Conto .
1,092.40
»
28,479.45
Bilanz-Conto, Gewinn-Überschuß .
472.—
M.
138,958.95
Credit.
Per
• Gewinn-Vortrag vom vorigen Jahre ....
415.88
Garten-Entree-Conto, Jahres-Einuahme . .
M.
69,731.—
»
Abonuenten-Conto, Jahres-Einnahme . . .
40,663.—
»
Reitbillets-Conto, Jahres-Einuahme ....
1,518.60
»
111,912.60
3S>
Subventions-Conto ;
Subvention der Stadtkommune . . .
M.
5,000.—
Subvention des Provinziallandtages . .
»
3,000.—
8,000.—
Pachten-Conto, Pacht für Restauration, Selters-
hallen u. s. w .
10,770.—
Tier-Ergänzungs-Conto, für verkaufte Tiere,
Eier, Kadaver u. s. w .
15,481.78
ab: für Tier-Ankäufe .
7,621.31
»
7,860.47
M
138,958.95
Der Vorstand:
Eckhardt. Neddermann,
Rcinisch. Kemna. Beck
Korrespondenzen.
Kopenhagen, im Juni 1892.
Anbei sende ich Ihnen 2 Abbildungen, nach dem in Brüssel erscheinenden
Blatte: »Mentor agricola et accliinatation illustre'e reuuis«, von unseren im zoo¬
logischen Garten erzeugten Blendlingen, nämlich vom Grünfink, Ligurhms
chloris, und Goldammer, X Emberiza citrinella, und von der Eis- und Mantel-
möve, Larus glaucus X Earus marinus — von uns hier »Larus glauco —
raarinus« genannt. HofFentlich werde ich Ihnen auch bald einen Abdruck
(Bild), aus demselben obengenannten Blatte, von unseren hier im Garten er¬
haltenen Blendlingen vom Strichelfasan, Euplocowus lineal iis X Ainherstfasan
219
Phasianus (Ihamialea) amlierstiae sendou können, welches Produkt ganz inter¬
essant ist und worüber ich Ihnen später nähere Mitteilung zusenden werde.
In diesem Jahre haben wir Bastarde der Silbermöve, Larus argen-
tatus (männl.), X der Heringsmöve, Larus fuscus (weibl.), bekommen. Leider
wurden die Jungen aber von einem Schwane totgeschlagen.
Von den Eiern der Blaudrossel, Turdus eyanea (weibl.) und der Amsel,
Turdus merula, var. alb. (männl.), batten wir leider keinen glücklichen Erfolg,
obgleich erstere sehr gut brütete.
Wie ich Ihnen früher mitgeteilt habe, hatten wir hier einen Blendling
von Dingo (männl.), X Eskimohund (weibl.), gezogen. Von diesem Produkte,
welches ein Weibchen war, haben jetzt wieder mit demselben Dingo (männl.)
einige Abkömmlinge erhalten (also wohl ^/4 -Bluts), die auch recht interessant
anzusehen und halb Dingo, halb Eskimohund sind, sowohl im Benehmen als
in Farbe und Wesen.
Unter anderen haben bei uns hier dieses Jahr im Garten folgende Vögel
Junge gehabt: Ciconia alba (dessen Nest wieder auf der platten Erde gebaut
war), CalUoenas nicoharica, Zenaida amabiUs , Palumbus torquatus , Columba
livia (in der Voliere), Turdus rnenda, Turdus üiacus, Cyanopolius coohii (alle
in der Voliere), Spermestes (Amadina) fasciata, Sp. acuticauda, Ligurinus clilo-
ris, TJuplectes melanogaster, Ilypliantornis oUvaceus, Anas sponsa, A. galericulata,
»Mignon<.<-Ente, Phas. amlierstiae, Plias. colchicus, Fulica atra, Anser albifrons
und Larus glaucus.
Außerdem haben noch hier im Garten Eier gelegt und gebrütet, jedoch
ohne glücklichen Ertrag : Buho bubo, Tetrao tetrix, Geopelia striata, Columba
oenas, Bolborrhynchus monachus, Cygnus atratus; — auch einer unserer Gribben
und ein Hokko haben jedes ein Ei gelegt.
Unsere im vorigen Jahre erhaltene Gittocinela macrowra Sundev., wie auch
der ebenfalls im vorigen Jahre gekaufte Blattvogel, Phyllornis aurifrons, schei¬
nen sich hier recht wohl zu befinden und gut zu halten.
Von Säugetieren haben wir bis jetzt Junge erzielt von: Bär, Ui'sus
thibetanus, Wolf, Canis Renntier, Bangifer tarandus, Edelhirsch, Cerous
elaplms, Schweinshirsch, Cervus porcinus, Mähnenschaf, Ovis tragelaphus und
Schweifbiber, Myopotamus coypus.
Der Tierbestand unseres Gartens war am 1. Januar 1892; 251 Säugetiere
in 97 Arten, 1052 Vögel in 290 Arten, 77 Amphibien und Reptilien und Fische
in 21 Arten. A. v. Klein.
Kleinere Mitteilungen.
Kröten durch Fliegenmaden getötet. Schon einigemale sind
Fliegenlarven als Schmarotzer in den Nasenhöhlen von Kröten, Btifo vul¬
garis, gefunden worden, ein Verhältnis, das stets mit dem Tode der Kröte
zu endigen scheint. R. C. Mortensen hat einen derartigen Fall genauer
beobachtet; er fand am 9. August 1889 in einem Walde bei Kopenhagen eine
zusammengekauert dasitzende Kröte mit ungewöhnlich großen Nasenlöchern
220
ohne Scheidewand, in welchen Maden sichtbar w^aren. Er setzte das Tier in
ein Glasgefäß, dessen Boden mit Erde bedeckt war. Die Kröte machte keine
anderen Bewegungen, als dafa sie die Nase an der Erde rieb oder mit einem
Fufse nach dem Kopfe fuhr. Am 10. August lag sie mit ausgestreckten Beinen
tot da. Die Maden, deren es 27 waren, wanderten in den Schlund, die Brust¬
höhle und das^ Gehirn der Kröte und verließen am 13. und 14. August den
Leichnam, um sich in der Erde zu verpuppen und zu überwintern. Vom 17. April
bis zum 3. Mai kamen die Fliegen hervor, die als Uicilia sylorum Meig. be¬
stimmt wurden, sich aber nicht paarten und darum nicht weiter in ihrer Ent-
Avicklung verfolgt werden konnten.
Zoologischer Anzeiger, 30. Mai 1892. N.
Fuchsplage in Australien. Die ungeheure Vermehrung der Kanin¬
chen in Australien hat noch andere Übel im Gefolge. Die eingeführten Füchse
haben sich bereits über eine große Strecke des Landes ausgebreitet und thun
großen Schaden an den Lämmern und Hühnern. Sie werden stärker als in
England und vermehren sich in dem milden Klima derart, daß sie sich über
den ganzen Kontinent ausbreiten werden, wenn ihnen nicht bald Einhalt ge-
than werden kann. Nature, 5. Mai 1892. K
Studien an Giftschlangen. Der Vorstand des Zoologischen Gartens
zu Kalkutta baut mit allen Ausrüstungen der Neuzeit aus Privatbeiträgen
ein Haus, in welchem alle Arten der Giftschlangen Indiens gehalten werden
sollen. Wenn die Mittel ausreichen, soll damit ein Laboratorium verbunden
werden zur Anstellung von Untersuchungen über die Natur und Wirkungsweise
des Schlangengiftes; ebenso sollen alle Gegenmittel erprobt werden, deren von
Zeit zu Zeit neue genannt werden. Dr. D. D. Cumming, der Präsident des
Vorstandes, will sich, wenn die Sache zustande kommt, selbst an diesen Arbeiten
beteiligen. Wenn die Regierung von Indien zur Errichtung des Laboratoriums
Rs. 5000 gibt, will der Lieutenant -Gouverneur das Fehlende aus den Mitteln
der Provinz zulegen lassen. Nature, 5. Mai 1892. N.
Zur Bekämpfung der Kanin chenprage hat sich in dem Hay-
Distrikte in Neu-Süd-Wales die Anwendung von vergiftetem Wasser, besonders
in regenarmen Gegenden, wirksam erwiesen. Eine Unze Strychnin wird mit
konzentrierter Salzsäure übergossen und über Nacht stehen gelassen. Diese
Mischung löst sich leicht in einer Gallone kochenden Wassers, wird auf Flaschen
gefüllt und nach Bedürfnis verbraucht. Zwölf Unzen (1 Pinte) reichen für
60 Gallonen kalten Wassers hin. — Dieses Mittel wurde bei der Benerem-
bah- Station angewandt, indem man flache Tröge mit 8—10 Gallonen Wasser
aufstellte. Es wurden an jedem Behälter bis zu 10,000 Kaninchen in einer Nacht
getötet, in dem Moßgiel-Distrikt nicht weniger als 27,000 in zwei Wochen.
Nature, 16. Juni 1892. N.
Eine männliche Giraffe, die 15 Jahre im zoologischen Garten in
Cincinnati gelebt hatte und zwanzig Fuß hoch war, starb im Januar dieses
Jahres. Ausgedehnte Lungentuberkulose war die Ursache ihres Todes.
Dr. A. Zip perlen.
Ein Ei des »Vogel Ruck«, Aepyornis maxima Geotfr., ist neuerdings
aus Madagaskar nach England gekommen. Mr. W. Clayton Pickersgill, Vice-
221
konsiil aus Antananarivo, hat ein fast voll.stä,ntliges Ei des ansgestorbenen
Riesenvogels nach London niitgebracht, wo es von P. E. Sclater, dem Sekretär
der zoologischen Gesellschaft, in der Sitzung dieser am 3. Mai vorgezeigt wurde.
Es war wie auch die anderen früheren an der Südküste der Insel bei Cap Ste.
Marie gefunden worden. Die ersten Eier dieser Art kamen nach Frankreich.
»Als im Jahre 1850 Abadie, der Kapitän eines französischen Schiffs, auf der
Südwestseite der Insel 4 Monate vor Anker lag, sah er bei den Eingeborenen
ein riesiges Ei, das an dem einen Ende geöffnet war und als Gefäß zu häus¬
lichen Zwecken gebraucht wurde. Bald darauf erhielt er ein zweites solches Ei
aus dem Bette eines Flusses, und später wurde ein drittes in neu angeschwemmtem
Boden mit mehreren Fußknochen eines Vogels gefunden. Alle diese Gegen¬
stände wurden von Abadie mit nach Paris gebracht und von Geoffroy-St.
Hilaire beschrieben. Von den Eiern hat das größte die Länge von 34 cm, das
zweite von 32 cm, während der größte Durchmesser des ersten 22 cm, der
des zweiten 23 cm beträgt. Die Dicke der Schale ist 3 mm. Der Inhalt dieser
gewaltigen Eier kommt dem von 6 Straußeneiern, von 148 Hühnereiern odei
von 50,000 Kolibrieiern gleich. Ein gefundener Mittelfußknochen gleicht im
ganzen dem des Straußes, ist aber in seinem unteren Teile stark abgeplattet.
Auf einem der Knochen sind unzweideutige Spuren von der Wirkung eines
Steiumessers zu bemerken, und es unterliegt kaum einem Zweifel, daß der
Riesenvogel Madagaskars von dem Menschen gejagt und ausgerottet wurde.
Wann dies geschah, ist unbestimmt. Unter den Eingebornen in jenem Teil der
Insel besteht sogar die Sage, daß der etwa 3,50 m hohe Vogel im Inueiii der
Insel noch lebe. Man hat ihn für das Vorbild des »Vogel Ruck« in den
orientalischen Märchen erklärt, der schon von Marco Polo nach Madagaskar
versetzt wird. Nach seiner Angabe hätte der Großkhan der lartaren Boten
nach Madagaskar geschickt, um nach dem Vogel zu forschen. Die Abgesandten
seien mit einer Riesenfeder, »neunzig Spannen« lang, zurückgekehrt. Einge¬
borene von Madagaskar sollen einmal nach Mauritius gekommen sein, um Rum
einzukaufen. Als Gefäße brachten sie riesige Eischalen mit, die mitunter im
Röhricht auf ihrer Insel gefunden würden.« N.
(z. T. Bericht der Senckenberg. naturforsch. Gesellschaft
in Frankfurt a. M. 1889).
Ceratodus forsteri. Prof. Baldwin Spencer, der Präsident des
»Field Naturalist Club« in Victoria, hatte einen Ausflug nach Queensland ge¬
macht, um den merkwürdigen Fisch zu erlangen, der mit Lepidosiren in Süd-
anieriL und Protopterus in Afrika die Gruppe der lungenatmenden Fische
(Dipnoi) bildet, eine Mittelform zwischen Fischen und Reptilien. Wegen der
zu frühen Jahreszeit waren Eier nicht zu erhalten, doch war der Reisende
imstande, aus dem genauen Studium der Umstände, unter welchen Ceratodus
lebt zu ’erkennen, daß dessen Lungen ebensowohl während der Regen- als
auch während der trockenen Jahreszeit von der größten Wichtigkeit sind.
Bisher war man der Meinung, die Lungen träten hauptsächlich nur dann in
Thätic^keit wenn das Tier während der trocknen Zeit in einem Erdklumpen
eingesMilos’sen liegt. Es sind der Mary- und Burnett-Fluß in Queensland, in
welchen Ceratodus gefunden wird. Nature, 16. Juni 1892. N.
222
Eiriiührung von Renn tieren in Alaska. Dr. Sch eldon-Jackson ,
dei Regierungsagent für Erziehung in Alaska, hat im letzten Jahre aus Sibirien
16 Renntiere kommen lassen und gedenkt weitere 100 Stück in die Umgegend
des Fort Clarence zu bringen. Da dieses nützliche Tier, welches nicht nur
den Schlitten zieht, sondern auch Milch, Fleisch und Haut liefert, in Sibirien
so gut gedeiht, so hofft man, daß es auch in Alaska, dessen Klima und Pflanzen¬
welt denen von Sibirien so ähulich sind, sich einbürgern werde.
Nature, 2. Juni 1892. (N.)
Der Störfang wird jetzt au der Ostseeküste in einer ganz neuen Weise
betrieben. Während die Fischer sonst den Stör mit dem sogenannten »großen
Horn« (Zugnetz) fingen, hat man jetzt, vielleicht eine Meile vom Land entfernt,
große Stellnetze in Anwendung gebracht, welche in der Weise einer Netzwand,
Hunderte von Klaftern lang, aufgestellt werden. Der Stör, welcher sehr
schnell schwimmt, läuft bei Nacht mit dem Kopf in die großen Maschen hinein
und verwickelt sich derart, daß er nicht mehr entkommen kann. In der
Gegend von Danzig sind die Erfolge großartig. Es wurden Störe bis zu
250 Pfund gefangen. Die Fischer von Deep a. d. Ostsee fingen in diesen
Tagen sogar einen Stör, welcher das Gewicht von 330 Pfund hatte. lu den
letztverflossenen 14 Tagen wurden ungefähr 70 bis 80 Störe gefangen, von
denen keiner unter 100 Pfund wog. B. T. Bl. 22. 7. 1892.
In demKopenhagener zoologisch enGarten sind
von
seiner
Gründung an im Jahre 1859 bis zum Jahre 1892 folgende Tiere
ausgestellt
gewesen :
Säugetiere (Pattedyr) :
Vögel (Fugle) :
Affen (Aber) . 42 Arten
Kletter-, Schrei-, Tauben-
Halbaffen (Ilalvaher) . . 4 »
und Kleinvögel {lüattre-,
Flattertiere {llagermus) . 5 »
Skrige- Due- og Smaa-
Insektenfresser (InseMaeclere) 2 »
fugle) .
364 Arten
Raubtiere {liovdyr) ... 65 »
Raubvögel {Rovfugle) . .
54
Seehunde {Saeler) ... 2 »
Laufvögel [Loebefugle)
5
Nager {Gnavere) .... 39 »
Hühnervögel {Hoensefugle)
54
Zahnarme [Gumlere] . . 6 »
Watvögel (Vadefugle) . .
73
Huftiere (Hovdyr) ... 53 »
Schwimmvögel {Svoemme-
Beuteltiere {Pungdyr) . . 8 »
fugle) .
93
»
226 Arten
643 Arten
Kriechtier
e {Krybdyr) :
Schildkröten (Slcüdinidder) ... 9 Arten
Krokodile (Krokodiller)
.... 3 »
Echsen (Oegler) . .
. 9 »
Schlangen (Slanger)
. 19 »
40 »
Lurche {Padder) . .
.... 12 »
Fische {Fiske) . . .
. 16 »
Summa 937 Arten.
Generalfortegneise.
223
Biologische Anstalt auf TI e 1 g ola nd. Die mehvfacli untei’nom menen
Vei’suche, auf Helgoland eine zoologische Station zu errichten, sind stets ge¬
scheitert, bis jetzt, nachdem die Insel deutsch geworden, der lang gehegte
Wunsch der deutschen Forscher in Erfüllung gegangen und eine Anstalt für
wissenschaftliche üntersuchuug der Nordseefauna und -flora errichtet ist. Eiu
Haus an der Jütlandterrasse in bester Lage ist von der preußischen Regierung
angekauft und wird jetzt für die Zwecke der Anstalt umgebaut. Es enthält
Arbeitsräume für den Direktor, drei Assistenteu, einen Präparator und vier
weitere Gelehrte. Für andere vier Forscher, die außerhalb des Austaltsge-
bäudes arbeiten wollen, würden außerdem noch alle nötigen Hülfsmittel ge¬
währt. Kleinere Aquarien können in genügender Zahl beschafft werden.
Mehrere Bote sowie eine große Zahl von Fanggeräten aller Art steheu bereits
zur Verfügung, auch wird ein seetüchtiger Kutter zu größeren Fahrten in die
Nordsee bei Helgoland stationiert werden; ein Fischmeister und ein zweiter
Fischer begleiten die Ausfahrten. Die Anstalt bietet nicht nur Zoologen und
Botanikern Arbeitsplätze, sie versendet auch lebende und konservierte Tiere
uud gibt vor allem den Beamten Gelegenheit, gründliche Uutersuchungen über
die Fauna und Flora der Nordsee anzustellen; die wissenschaftliche Erforschung
der nutzbaren Seetiere als eine Grundlage für den richtigen Betrieb der See¬
fischerei wird eine Hauptaufgabe derselben bilden. Die eigentliche Eröffnung
der Anstalt soll im Herbste erfolgen, doch lädt der Direktor Prof. Dr.
Fr. Heincke die Fachgenossen ein, jetzt schon die Anstalt zu besuchen oder
ihre Hülfe in Anspruch zu nehmen. N.
Der Salmfang im Rhein bei St. Goarshausen. Im Rechnungs¬
jahre 1890/91 wurden in den beiden hiesigen Salm -Erbleihfischereien Woog
Lung und Woog Sann zusammen nur 12 Salmeu im Gesamtgewichte von
197 Pfd. gefangen. Der Gesamterlös bezifferte sich auf M. 343.26, von welchem
Betrage der Fiskus M. 123.73 zu erhalten hatte. Das Gewicht der Salinen
schwankte zwischen 10 und 16 Pfund. In den Vorjahren stellte sich der Ertrag
erheblich höher und zwar wurden 1889/90 gefangen 104 Sahnen von 1609 Pfund
(Erlös M. 2720.26), 1888/89 206 Sahnen von 3624 Pfd. (Erlös M. 4975.26),
1887/88 181 Sahnen von 2968 Pfd. (Erlös M. 4208.82), 1886/87 183 Sahnen und
1 Stör von 3224 Pfd. (Erlös M. 4627.70.)
St. Goarer Kreisblatt 26. Febr. 1892.
L i 1 1 e r a t u r.
Bilder aus dem Natu rieben, geschildert von W. v. Reichen au. Leipzig.
Ernst Günther. 1892. gr. 8L 286 Seiten.
Mit Vergnügen machen wir auf dieses hübsche Buch aufmerksam, das mit
zu dem Gediegensten gehört, was auf dem Gebiete der Schilderungen des Lebens
in der Natur gehört. Der Verfasser führt uns in 13 Abschnitten m Feld und
Wald, auf den Mombacher Düneusand bei Mainz, in die sumpfige Rheinebene
uud auf den Fluß, er nimmt uns mit auf die Jagd und zu einer Schlittenfahrt
in die Alpen, und überall gelingt es ihm, unsere Aufmerksamkeit zu fesseln,
224
ein naturwahres Gemälde zu entwerfen und auf zahllose Dinge aufmerksam zu
machen, die den meisten Spaziergängern entgehen und doch geeignet sind, ihre
Kenntnisse zu vermehren, sie im Beobachten zu üben und ihre Freude au
der Naturbetrachtung zu erhöhen. Neben einer umfassenden Kenntnis des
Tier- und Pflänzenlebens steht dem Verfasser eine schöne Darstellung zu Ge¬
bote, die sich streng an die Sache hält und alle Gefühlsduselei sowie philo¬
sophierende Betrachtungen meidet. Seine Schilderungen bieten darum zugleich
eine angenehme Unterhaltung wie eine Quelle der Belehrung. N.
Katechismus für Aquarienliebhaber von Wilhelm Geyer.
2. Auflage. Mit vielen Abbildungen. Magdeburg. Creutzsche Verlags¬
buchhandlung. 1892. °
Es ist kein Zweifel, die Art, den Inhalt eines Zweiges der Wissenschaft in
Fragen und Antworten darzustellen, bietet mancherlei Vorteile; sie ist kurz
und klar und darum geeignet, leicht für jedermann verständlich zu sein. So
gibt auch das Büchlein von Geyer in kleinen, leicht faßlichen Kapiteln,
deren Überschrift jedesmal eine Frage ist, eine vollständige Kunde von dem,
was dem Liebhaber von Süßwasseraquarien zu wissen nötig ist, sowohl von
der Einrichtung und Durchlüftung dieser Behälter sowie von den für dieselben
geeigneten Pflanzen und Tieren. Besonders der Anfänger wird von dem prak¬
tischen Buche, dessen zweite Auflage vielfach verbessert ist, großen Nutzen
haben. -vr
Eingegangene Beiträge.
F. E B in ’s G. BericlUe über Ihre Ergebnisse in der Tierzucht sind stets willkommen.
B^ten Dank. ~ F. W. m W. — A. N. in B. (2 Sendungen). - A. v. K. in K. — B. K. in J -
o. u. K. in — A. S. m G. —
Bücher und Zeitschriften.
Trol. I)r. H. L an dois. Westfalens Tierleben. 3 Bd. Die Reiitilien, Amphibien und Fische
in Wort und Dibl. Mit 19 Farbendrucktafeln und 111 Holzschnitten. Paderborn Ferdi¬
nand Schon in gh. 1892.
E. L. Trouessart. Die geographische Verbreitung der Tiere. Aus dem Französischen
^ Karten in Farbendruck. Leipzig. J. .T. Weber 189-^
1 roi. Dr. G. Jagers Mouatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege und Lebenslehre
11. Jahrgang. No. 7. Stuttgart 1892.
Schiller-Tietz. Folgen, Bedeutung und Wesen der Blutsyerwandtschaft (Jnzucbt) im
und Pflanzenleben. 2. Auflage. Berlin und Neuwied. Heuser
Menschen — Tier —
Verlag 1892.
(leschiittsbericbt über den Zoologischen Garten zu Hannover für 1891—1892.
’lf.® T Ordnungen des Tierreichs. 2. Bd. 3. Abteil. Die Stachelhäuter
von 1 rot. Di. Ludwig. 15. u. IG. Lieterung. Leipzig’ u. 11 eidelbcrir O F W inte 7-
Dr. W. Welt 11 er. Die Methoden, bei nalikonservierten Tieren die Farben zu erhalten
Sitzungsber. d. Gesellschaft naturforscliender Freunde Berlin 189-’
Dr. L Rhumbl er. Eisenkiesablagerung-en in verwesenden Weichkörpe^n von Foraminiferen
SngenT8tr2 Gesellschatt der Wissenschaften u. der Georg- Aiigusts-UniversS
F. Leydig. Zum Integument niederer Wirbeltiere. Biologisches Oeiitralblatt. Leipzig 1892
Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das paläarktische Faunengebiet Heraut
gepbeii von V ictor Ritter von Tschusi zu Schmidhofen. III. Jahrg S i
Mit dem Bildnisse von Chr. Ludw. Brehni. Hallein 1892.
32. Bericht des Offenbacher Vereins für Naturkunde. Offenbach a M 1892
Nachdruck verboten.
Druck von Mnhlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahl au & Wald Schmidt in h rankfurt a. M.
N., 8. XXXIII. Jahrgang. August 1892.
1 II hall.
Die Aufzucht des maiitschurischen Kranichs,
- Weiteres über meinen Durchlüftungsapparat; von
— Alpen- und Mauersegler, Cijpi'ehis melba et apiis , m ^
Perzina, Wien. (Schfuß.) - Einige neue Notizen über
longirostril im Berliner zoologischen Garten; von Prof. ^r. ^ N ehi ing - Itahemsche m
neuo-riecbische Namen der Eidechse und verwandter Reptilien, von Dr. ^ ^ ® ^ “
ETor (Schluß.; - Bericht über den zoologischen Garten zu Hannover ^^r 1891-92. -
KorrLpondenzen. - Kleinere Mitteilungen. - Litteratur. - Eingegangene Beitiage. -
Bücher und Zeitschriften. — _ _
Die Anfzuclit des maiitschurischen Kraniclis, Grus
viridirostris Yieill.
Von F. E. Blaatiw.
Ich erhielt ein Paar dieser Vögel vor ungefähr vier Jahren.
Das Männchen war schon ein paar Jahre im Pariser Acclima-
tisationsgarten in Gefangenschaft gewesen, das Weibchen, eben im¬
portiert,” kam ans Hamburg und war teilweise noch im braunen
Kleide mit schwärzlichen Schwingen, es war also offenbar noch sehr
jung. Im Laufe des Sommers (ich erhielt das Tier im Frühling)
färbte sich das Weibchen aus zum weiß und schwarzen Alterskleide
und lebte von jetzt au mit dem Männchen in tiefster Eintracht.
Die Vögel waren überaus munter und vergnügt und wußten ihre
Zeit trefflich zu vertreiben mit Futtersucheu, Baden und Tanzen,
auch ließen sie oft ihre durchdriugende Stimme hören.
So vergingen zwei Jahre, ohne daß ernstliche Anstalten zum
Brüten gemacht worden wären. Im Frühlinge des dritten Jahres
endlich beobachtete ich wiederholt die Paarung, die, während das
Weibchen mit ansgehreiteten Flügeln und vorgestrecktem Halse
lärmend dastand, vor sich ging. Bald wurde ein Nest gemacht und
Zoolog. Gart. .lahrg. XXXIII. 1892. 1^
226
nach Verlauf von einigen Tagen brüteten die Vögel abwechselnd
auf demselben.
Ich zweifelte jetzt nicht daran, daß Eier anwesend wären, und
um dieselben zu sehen, ließ ich den brütenden Vogel aufstehen.
Zu meinem nicht geringen Arger sah ich aber statt der Eier nur
zwei Steine im Neste, die das Männchen wütend verteidigte, als
ich mich zu viel näherte. In der Voraussetzung, daß vielleicht doch
noch Eier folgen würden, ließ ich die Vögel vorläufig ruhig sitzen,
und erst als nach Verlauf von 14 .Tagen nichts kam, nahm ich die
Steine fort und zerstörte das Nest.
Die Vögel waren wütend, trösteten sich aber bald durch deu
Bau eines zweiten Nestes, welches diesmal in der Nähe des Wassers
angelegt wurde.
Dieselbe Täuschung wie das erstemal wurde auch jetzt auf¬
geführt, und zwei Steine, die das Männchen mühsam aus dem
Wasser hervorholte, mußten den Platz der fehlenden Eier ausfüllen.
Das Brüten währte wohl drei Wochen laug, bis ich auch diesmal,
um die Vögel nicht zwecklos zu ermüden, die Steine entfernte.
Bald folgte nun die Mauser, und mit allen Bruthoffuuugen
war es aus.
Im vergangenen Frühling endlich, April 1892, beobachtete ich
wieder alle Vorbereitungen zur Brut. In der Nähe des Wassers
wurde aus einigen Strohhalmen ein Nest gemacht und am 19. Mai
wurde das erste Ei gelegt, das sogleich bebrütet wurde. Dasselbe
war auf grünlichem Grunde rötlich gefleckt und gesprenkelt.
Einen Tag später folgte das zweite Ei, und abwechselnd —
das Männchen aber gewöhnlich des Nachts — brüteten jetzt die
Vögel bis zum 20. Juni.
An diesem Tage sah ich das erste Junge aus deu Federn des
Alten hervorguckeu. Am folgenden Tage fing das Junge an, um
deu Alten herumzulaufen, es wurde dabei durch den zweiten Vogel
(der also nicht auf dem Neste saß) begleitet und bald auch mit
Begenwürmeru gefüttert.
O C)
Am Abend des zweiten Tages nach der Geburt des ersten war
auch das zweite Junge der Schale glücklich entkommen, wurde
dann aber noch einen ganzen Tag auf dem Neste abwechselnd vom
Münnchen und Weibchen gehalten, während der nicht auf dem
Neste sitzende Vogel das älteste Junge in der Nähe des Nestes mit
Futter versah.
227
Id dieser Zeit hockten während der Nacht beide Alte neben
einander auf dem Neste, jedes ein Junges bedeckend. Als endlich
das zweite Junge genügend gekräftigt war, liefen beide Alte mit
den Jungen davon, um die Fütterung der letzteren zu besoigen.
Das Nest war, wie schon erwähnt, in der Nähe des Wassers
angelegt, und da das Wasser in der Mitte 80 cm und mehi tief
war, so war ich nicht wenig überrascht, als ich die ganze hamilie
bald auf der anderen Seite des Grabens herumspazieren sah. Näheie
Beobachtung ergab dann, daß die Jungen den durch das tiefe
Wasser watenden Alten schwimmend folgten und zwar ebenso ge¬
schickt wie junge Schwimmvögel. Die Alten zeigten für die Jungen
die größte Sorgfalt und jedes Insekt, jeder Regenwurm wurde sorg¬
fältig zerkleinert, ehe er den Jungen vorgehalten wurde, und dabei
wußten sie ganz gut zu unterscheiden, welches der Jungen schon
oft, welches weniger gefüttert worden war.
Die Jungen waren in den ersten Tagen muntere, flinke Tierchen,
die sich oft um das Futter stritten und dann mit geöffneten
Schnäbelchen und ausgebreiteten Flügeln auf einander losfuhren,
was urkomisch auzusehen war.
Während des Tages setzten sich die Alten fast nie auf die
Jungen; während der ersten Abende legten sich aber beide Alte
neben einander hin auf das Nest, jedes ein Junges deckend, das
hinten unter die schwarzen Flügeldeckfedern kroch und sich dann
zwischen Flügel und Körper des Alten hineiuarbeitete.
Nach Verlauf von drei oder vier Tagen setzte sich nur
das Weibchen abends auf das Nest, beide Jungen bedeckend,
während das Männchen daneben aufrecht stehend übernachtete und
Wache hielt.
Nach Verlauf von fünf, sechs Tagen wurde es mir klar, daß
die Jungen nicht vollkommen gesund waren. Das Wachstum war
sehr langsam, sie schreckten oft und sperrten die Schnäbelchen, was
unfehlbar auf Atemnot hinwies. Diese wurde immer schlimmer,
und am 10. Tage starb das erste und am 11. Tage das zweite
Junge. Die Sektion ergab vollständig erkrankte Atmungsorgane.
Der Tod der beiden Jungen liegt meiner Überzeugung nach wohl
unfehlbar an der damals herrschenden fortwährenden Abwechslung
der Temperatur, da große Hitze und Kälte und sogar Sturm
während der kurzen Lebensdauer der Tiere immer untereinander
ab wechselten.
228
Auch waren die Alten, die ja früher noch keine Jungen er¬
zogen hatten, in den ersten Nächten sehr unruhig, so daß sie sich
beim geringsten Geräusch oder irgend einer Störung aufrichteten
und ihren Ärger durch Geschrei kundthateu. Die armen Jungen
wurden dabei natürlich jedesmal in ihrer Nachtruhe gestört, aus
ihrem warmen Verstecke aufgeschreckt und der kalten Nachtluft
ausgesetzt. Unzweifelhaft haben sie sich dabei erkältet, was den
Tod zur Folge hatte.
Die Jungen haben ein zimtbraunes Dunenkleid, das auf der
Oberseite am dunkelsten, unten weißlich ist. Die Beinchen und
auch der Schnabel sind noch ziemlich kurz. Die beiden Alten
zeigten einen leidenschaftlichen Kummer beim Sterben der Jungen,
besonders des letzten.
Als dieses sterbend in der größten Todesangst sieb am Boden
herumwälzte, versuchten sie es mit dem Schnabel zu unterstützen
und aufzulieben, und als es endlich tot war und alle schmeichelnde
Bemühung es nicht aufzuheben vermochte, setzte das Weibchen sich
eine Stunde laug auf den kleinen Leichnam (was es sonst am Tage
niemals that), um zu versuchen ihn zu beleben. Dann stand es auf,
und als es sah, daß das Junge noch immer starr dalag, wurde
dieses in Gemeinschaft mit dem Männchen nochmals genau mittels
des Schnabels untersucht, worauf leidenschaftliches Geschrei den
Kummer der beiden Vögel kund gab. Das Weibchen schien jetzt
begriffen zu haben, daß alle Mühe, das Junge zu belebeu, vergeblich
war und wandte sich dann ab, um für sich selbst Futter zu suchen.
Das Männchen hielt noch bei der Leiche Wache und fiel mich
wütend an, als ich versuchte, das Junge zu entfernen.
Da ich fürchtete, Krähen könnten das Junge anfressen, ver¬
suchte ich, sobald der Alte sich endlich entfernte, es wegzunehmen,
und durch List gelang mir dies auch. Einen Tag lang schrieen die
Alten unaufhörlich nach der verlorenen Brut und erst am dritten
Tage beruhigten sie sich ganz.
Merkwürdigerweise versuchten die Alten das tote Junge nicht
zu füttern oder zu unterstützen oder zu verwarnen. Es ist dies ein
Beweis dafür, daß diese hochintelligenten Vögel ein Verständnis
dafür hatten, daß die Jungen kein Futter oder etwas anderes mehr
brauchten.
Falls die Vögel gesund bleiben, wird folgendes Jahr zweifellos
eine neue Brut gemacht werden, die dann hoffentlich zu einem voll¬
kommenen Resultat führen wird.
229
Weiteres über nieiiieii Durclilüftiiiigsapparai.
Vou Dl-, Emil Buck.
(Mit a Abbildungen.)
Siehe 1) dieser Zeitschrift No. 10 — 12 XXXII Jahrg. 1891, pag. 290.
, 2) » ^ »3 XXXIII » 1892, » 92.
» 3) » » »10 XXX ■ » 1889, » 289.
Für mein großes, 75 cm weites Beckenacjuarium loc. cit. 3),
welches auf einem niederen Tische ruht, konnte ich bisher meinen
neuen Durchlüfter nicht verwenden. Durch eine an der Zimmer-
waud hängende Vorrichtung ist jetzt auch bei diesem Aquarium der
Apparat mit sehr gutem Erfolg seit längerer Zeit thätig, und auf
diese Weise läßt er sich bei allen Aquarien benutzen, wenn er nicht
direkt an den letzteren hängen soll.
Früher schlugen alle Versuche fehl, in ineiuem Beckeuaquarium
die so munteren und niedlichen Bachfiohkrebse, Gamarus piilex, zu
züchten.
Nunmehr besitze ich eine größere Anzahl selbst gezüchteter
Jnm'^en und x41ten und der Luftstrora ist so stark, daß oft 20 30
Blasen auf der Wasserfläche eiuhertreibeu, infolgedessen sich etwas
Schaum am Ufer absetzt. Die gesammte Wassermasse ist in starke
Bewegung gesetzt mit Ausnahme der acht Buchten, woselbst sich
die Tiere stehender Gewässer aufhalteu.
Die benutzte Vorrichtung besteht in einem doppelten Ziuk-
behälter, welcher an der Wand aufgehäugt ist. (Fig I). Der Behälter
A hat 20 cm Höhe, 27 cm Breite und 15 cm Tiefe, er enthält das
Kraftwasser für den Durchlüfter. An denselben augelötet befindet
sich darunter der Behälter B vou 9 cm Höhe, 21 cm Tiefe und
27 cm Breite. Au diesem mit Wasser gefüllten Becken hängt der
Apparat. Ein Ziukröhrchen (d) mit Kautschukschlauch leitet das
überschüssige Wasser in das , auf dem Zimmerboden befindliche
Zinkbeckeu ab. In dem letzteren sammelt sich gern Staub an und
bildet in Gemeinschaft mit dem zuweilen etwas schlammigen Wasser
der Wasserleitung einen feinen Niederschlag, der beim Hiueinschütten
in das Becken A sich dort niedersetzt und mit der Zeit Störungen
hervorrufeu kann. Wenn aber eine Filtriervorrichtung in Gestalt
des Reagensgläscheus D vorhanden ist, so erscheint eine Störung,
meiner Erfahrung nach, ganz ausgeschlossen. Das Gläschen ist durch
einen Kautschukpfropfen mit zwei Löchern verschlossen. Durch
letztere mündet der Heber a ein, während der Heber b mit
230
kurzem Kantscbukschlauch und einer Schraubenklaininer das
gereinigte Wasser in den Behälter B überführt. Das Gläschen
hängt vermittels des Drahtes (c) am oberen Rande des Be¬
hälters A. An der anderen Ecke des Behälters B ist im Wasser
das Gebläse des Durchlüfters C eingetaucht. Von letzterem be¬
findet sich in Fig. II eine genaue Abbildung in natürlicher Größe.
Da ich bereits eine genaue Beschreibung desselben gab, so kann ich
mich beschränken anzuführen, daß die Luft in der Röhre b vier
cm tief in das Wasser eintauchen kann (x), wenn eine so hohe
Kraft-Wasserschicht über der Mündung der Röhre a steht. Letztere
ist nicht verengt. Die Röhre b muß aber genau so weit sein, daß
die Röhre a knapp hineingeschoben werden kann. (Siehe loc. cit. 2).
— Bei hohem Wasserstand im Behälter B wird der Apparat sehr
rasch aber regelmäßig arbeiten und zwar so lange, bis die Röhre a
den Wasserspiegel berührt. Da nun der Behälter B ziemlich groß
ist und das darin enthaltene Wasser eine große Fläche dem Luft¬
druck darbietet, so dauert der starke Gang des Apparates ziemlich
lauge, nämlich ein bis zwei Stunden. Diese überschüssige Kraft
kann von dem zuleitendeu Heber b ganz unabhängig sein, insofern
mau das Kraft-Wasser in den Behälter B einschüttet, um einen
kleinen Sturm im Aquarium zu erzeugen, der den Tieren sehr wohl-
thätig zu sein scheint. Ist das Wasser abgelaufeu, so beginnt wieder
der normale Gang des Apparates infolge der alleinigen Wasserzufuhr
aus dem Heber b.
Somit hat mau es in der Hand, den Gang zu verstärken, ohne
au der Schraubeuklammer etwas zu ändern. — Statt des Behälters
B läßt sich auch ein Reagensgläschen, welches au einem Draht hängt,
verwenden. Auch so geht der Apparat gleichmäßig, doch ist es hier
ausgeschlossen, den Luftstrom zu verstärken, ohne die Schraubeu¬
klammer weiter zu öfinen. Glasröhren a, von dem Querdurch¬
messer wie in der Zeichnung angegeben (5 mm), sind nur für große
Aquarien anzuraten, indem sie einen stärkeren Wasserverbrauch be-
auspruchen, dafür aber um so mehr Luft auffaugeu.
Für kleinere Aquarien sind Glasröhrcheu von nur 3 mm Quer¬
durchmesser vorzuziehen.
Soll der Apparat weit vom Aquarium entfernt angebracht werden,
z. B. in einem anderen Zimmer, so empfiehlt es sich, daß die Luft-
Leitung eine kurze Strecke vor dem Aquarium hoch über dem
letzteren auf eine Garnrolle zu liegen kommt, damit kein Wasser
aus dem Aquarium in sie eiudriugen kann, wenn der Pfeifeukopf
(siehe loc. cit. 1) aus dem mit Wasser gefüllten Gefäße gehoben wird.
Fig. I.
A Oberer Zinkbehältcr.
B Unterer Zinkbehälter, oben offen.
C Durchlüfter.
1) Filtrierfläschchen.
a Heber Wasser einleitend.
Heber Wasser ableitend, anschlic-sscnd daran Stückchen Kautschuk -Schl auch
mit Klemmschraube.
(■ Draht zum Aufhängen des Fläschchens.
d Zinkröhre mit Schlauch.
Fig. II. Durchlüfter, natürl, GröCjc.
a Heberglasröhre.
b Luftfangglasröhre.
£ nach unten eindringcnde Luft.
7 Stelle wo das Wasser in den Apparat eindringt.
z in das Wasser eingetauchter Schenkel der Röhre u, darf auch 2 cm. kürzer sein.
Wie ich bereits früher geschildert habe, liegt im Pfeifeiikopf
des Durchlüfters eiu Schrotkügelchen, um den Gang zu regulieren.
Nun fand ich, als ich vor kurzem mehrere Pfeifeuköpfe eiukaufte,
daß sich das Schrot-Kügelchen in deren Röhreu fest eiuklemmte, da
diese zu weit waren. Das Kügelcheu muß aber ganz lose auf dem
Loch im Pfeifenkopf zu liegen kommen. Um sicher zu sein, nehme
mau beim Einkäufe eines Pfeifenkopfes Schrotkügelcheu mit. Mit
Leichtigkeit läßt sich eine 5 mm dicke Glasröhre in der Form des
Hebers a (Fig. II) über einer Spiritusflamme biegen, wenn mau über
das eine Ende der Glasröhre, welches gebogen werden soll, eine
etwas weitere Glasröhre auf eine Strecke von 1 — 2 cm überstülpt.
Die Krümmungen der Röhre erfolgen daun unschwer in einer geraden
Fläche und man beginnt mit demjenigen Ende, welches in der Luft¬
fangröhre b stecken soll.
Algen können sich in den Glasröhren des Apparates nicht au-
setzen, wenn der letztere in einer dunklen Ecke steht; aber eben¬
sowenig Pilze, wenn das Wasser in den Ziukbeliältern rein erhalten
wird, während sie »bei Durchfluß von Aquarium wasser reichlich
Nahrung erhalten, infolge kleiner Organismen.
Alpen- 1111(1 xMauersej^ler, Cyxjselus melha d ainis, in ihrem
Gelange 11 leben.
Von Ernst Perzina, Wien.
(Schluß.) —
Da die Segler während der ersten Zeit nach ihrer Ankunft kein
Wasser zu sich genommen hatten, so glaubte ich, daß sie desselben
nicht bedürften, und machte gar keine weiteren Versuche, sie daran
zu gewöhnen, denn eiu ähnliches Experiment mit Ziegenmelkern
hätte im Jahre vorher beinahe üble Nachfolgen gehabt. Die Ziegen¬
melker hatten nämlich beharrlich jedes Wasseraufnehmeu verschmäht
aus dem Grunde, weil sie eben, wie meine über halbjährigen und
Herrn Pa llischs, in dessen Besitz die Tiere später übergingen, etwa
einjährigen Beobachtungen ergaben, keines Getränkes bedürfen, nie
trinken. Mir schien dies damals unnatürlich und um sie allmählich
an Flüssigkeit zu gewöhnen, befeuchtete ich einmal ihr Futter, in
Streifen geschnittenes Herzfleisch, durch Eintauchen in Wasser. Die
Folge war, daß alle drei Nachtschatten, kaum daß sie das Fleisch,
233
au welchem ja doch nur einige Tropfen anhafteten, verscliluckt
hatten, es unter allen Zeichen des Übelbefiudeus wieder ausspieen, leb
hielt daher die Segler wochenlang ohne Wasser; sie schienen das¬
selbe auch in keiner Weise zu vermissen, ja wenn ihnen einmal
solches in die Nähe kam, ihm geradezu auszuweichen. Ich war da¬
her nicht wenig erstaunt, später, als sie mit einer kleinen Haus¬
und Rauchschwalbenkolonie zusammen ein Zimmerchen bewohnten,
eines Tages einen Alpeusegler in dem großen, für die Schwalben
bestimmten Wasserbehälter liegen und dabei gemütlich planschend
ein Bad nehmen zu sehen! Herr Pal lisch hatte sowohl au zwei
Alpeuseglern als auch an zwei Mauerseglern bereits einige Tage
vorher die Bemerkung gemacht, daß sie auch trinken. Das Wasser
schlürfen die Alpensegler in laugen Zügen, fast taubenartig ein, der
Schnabel wird bis an die Angen eingetaucht; öfters wird das Trinken
von kleinen Pausen unterbrochen, indem der Vogel nach einigen
Zügen den Kopf hebt, etwas wartet und dann erst wieder in seiner
Beschäftigung fortfährt.
Trotz des zeitweiligen Badens sind die Alpensegler gegen Nässe
ungemein empfindlich, wie ich einmal mich zu überzeugen leider
Gelegenheit hatte. Das Zimmerchen , welches den Seglern und
Schwalben als Aufenthaltsort diente und auf dessen Boden sich die
ersteien frei bewegten, wurde während der Nacht von Ratten heim¬
gesucht. Daher sah ich mich gezwungen, die Vögel des Abends vor
diesen gefährlichen Nagern in sicheren Verschluß zu bringen und
während ich die Schwalben veranlaßte, in ihrer geschützten Außen¬
voliere zu nächtigeu — worau sich dieselben, nebenbei bemerkt,
bereits nach zweimaligem Hineinscheuchen vollständig gewöhnt
hatten — , brachte ich die Segler in einem Doppelfenster unter.
Die äußeren Flügel desselben schlossen nicht ganz fest, und als eines
Nachts ein besonders starkes Gewitter niederging, strömte durch die
Fensterspalteu Wasser ein und durchnäßte die Segler; am nächsten
Morf^en fand ich sie förmlich erstarrt und im höchsten Grade
ermattet, sie schlugen bei Berührung kaum die Augen auf, ver¬
weigerten jede Nahrungsaufnahme und litten im höchsten Grade an
Durchfall. Ich bettete die Erstarrten sofort zwischen erwärmte
Tücher, aber erst nach Stunden erholten sie sich einigermaßen,
Futter nahmen sie erst am nächsten Tage.
Ebenso sehr wie die Nässe fürchtet der Segler die Kälte. Als
die kalten Wintertage mit Ende Oktober sich bemerklich zu machen
begannen und meine Vögel noch in einem sehr luftigen, unheizbarem
234
Saale des Hauses des 1. Österreichisch -Ungarischen Geflügelzucht¬
vereines im Wiener Prater logieren mußten, da zeigten die Segler
manchmal ein gar trauriges Gesicht; eng aneinander geschmiegt lagen
sie in einer Ecke des großen Käfigs, welcher nun ihren Aufenthalt
bildete, das Gefieder gesträubt, die schönen großen Augen trübe
blickend; die Nahrungsaufnahme wurde äußerst gering, freiwillige
Bewegungen hörten gänzlich auf, dabei magerten sie ab, und wenn ich
diesem Zustande nicht durch ünterbringen der Tiere in einem wärmeren
Kaum ein Ende gemacht hätte, so wären sie gewiß noch ein-
gegangeu.
Auch der überwinterte Segler zeigte im zeitigen Frühjahre, als
die Zimmer nicht mehr geheizt und es infolgedessen manchmal
recht kühl war, an solchen Tagen sichtliches Unbehagen, fraß wenig,
sträubte die Federn und blieb in seinem Lieblingswiukel ruhig
liegen. Wärme ist für die Seglerarten Lebensbedingung, Sonne
lieben sie ungemein ; wenn die Sonnenstrahlen warm in die Kammer
drangen, die meine vorjährigen Pfleglinge bewohnten, welche ich
nebenbei bemerkt, zu Winters Anfang Raummangels halber abgeben
mußte und welche größten Teils in den Besitz deutscher Tiergärten
gelangten — der gegenwärtig in meinem Besitze befindliche ist
eines der von Herrn Pallisch aufgezogenen Exemplare, welches im
März d. J. in meine Pflege überging, — dann verließen sie sogleich
ihre sonst so geliebten Sitze, Baumrinden- und Tuffsteinstücke,
Korbdeckel u. dergl. und begaben sich eilfertigst au jenen Fleck
des Fußbodens, welchen gerade die Sonne beschien, und gaben sich
hier ganz dem Vergnügen hin, welches ihnen das Durchwärint-
werden bietet. Bald wurde die eine, bald die andere Seite dem
Lichte zugewendet, dieser oder jener Flügel gelüftet und gedehnt,
das Gefieder gesträubt, damit es die warmen Strahlen nur ja recht
durchdringeu konnten. War die Sonne verschwunden, so begaben
sich alle wieder auf ihre gewohnten Sitze zurück. Genau so be¬
nimmt sich mein gegenwärtiger Pflegling der Sonne gegenüber, ja
diese scheint ihm zu einem ganz eigenartigen Treiben Ver¬
anlassung zu geben , welches ich nur als eine Art entstelltes
Liebesspiel deuten kann, dadurch, daß es auf der Erde vollfuhrt
wird statt wie im Freien wahrscheinlich in der Luft in den
obersten Schichten, in welchen das Auge den herrlichen Fliegern
nicht zu folgen vermag, denn ich habe noch nie eine Beobach¬
tung hierüber in Erfahrung gebracht. Wenn die Sonne recht
in den Käfig brennt und sich der Segler eine Weile dem behag-
235
liebsten Genüsse der Wärme hingegeben hat, richtet er den Kopf
plötzlich in die Höhe, bewegt denselben einige Male in kreisförmigem
Bogen, beugt ihn dann etwas gegen den Nacken zurück, ruft in
dieser Stellung mit weit aufgerissenem Schnabel in ungemein
schrillem, weit hinschallendem Tone »gi-gi"gi — wawa — wawawa —
giii — gigiaa«, macht einige nickende Stöße mit dem Kopfe, öffnet
die Flügel und beginnt nun mit diesen heftig zu rütteln, ziemlich
anhaltend, etwa zwei bis drei Minuten lang, und stößt, sobald er
auf dem Höhepunkte seiner Begeisterung angekommen scheint, noch
einmal den erwähnten Ruf, aber viel länger gedehnt, namentlich
das »giiiaa« öfters wiederholt aus, auch fügt er noch eine Schluß-
Strophe bei, welche mich lebhaft an das Zischen des Textorwebers
erinnert. Während dieses Treibens sondert sich in den beiden
Schnabel winkeln ein weißlicher, glänzender Schleim ab, dessen sich
der Vogel sofort, nachdem die Eudstrophe ' seines »Gesanges« er¬
tönte — dieser scheint der Schluß des Spieles zu sein — , mit einer
gewissen Hast entledigt, indem er denselben stets an ein und der¬
selben Stelle, einem Riudenstück, welches seinen Lieblingssitz bildet,
durch Reiben des Kopfes gegen dasselbe abstreift; hierauf ist der
Vogel stets ungemein bewegungslustig und, wie es mir scheint, un¬
ruhig, erregt, kriecht und klettert im Käfige umher und schlägt mit
den Flügeln. Anfangs hielt ich dieses Treiben für etwas Krank¬
haftes, etwa durch Krämpfe Hervorgerufenes, aber da der Vogel
dasselbe sofort beendet, wenn mau zu seinem Käfige tritt, glaube
ich nun in demselben einen Ausdruck der Paaruugslust, ein Liebes¬
spiel zu sehen. Ausgeführt wird es nur während des Vormittags
und nur dann, wenn es sehr warm ist und ihm alles sicher er¬
scheint. Ist trübes, kühles Wetter oder beschäftige ich mich un¬
mittelbar neben seinem Käfige, daun verhält er sich ganz ruhig.
Da ich des von mir so bezeichueten »Gesanges« des Alpeuseglers
erwähnte, so mögen an dieser Stelle auch die übrigen Lautäuße-
rungeu desselben verzeichnet werden.
Bis etwa Ende Oktober waren die Segler mit dem Gebrauche
ihrer Stimmmittel sehr freigebig ; bei jeder Gelegenheit, nameutlich
aber während des Fütterns, wurde ein heiseres, langandaueriides
Zischen ausgestoßeu, dessen Tonstärke ganz bedeutend und, namentlich
wenn in Gemeinschaft gelärmt wurde, ziemlich weit hin vernehmbar
war. Ärgerlicher Erregung gaben sie durch ein rasches »sii-sii-iiiiii
Ausdruck, so wenn mau sie in einer ihnen nicht genehmen Weise
anfaßte etc. ; fiel ihnen etwas auf oder erschracken sie über etwas.
236
so ertönte ein Uuf, der lebhaft au jenen des Thurmfalkeu erinnert.
Später hörten sie /u zischen auf und gewöhnten s ch nur während
des llinnuterwürgeus der Nahrung einen etwa wie »gick-gick«
tönenden Laut au, der falkenähnliche Schrei schien nun der eigent¬
liche Lockruf geworden zu sein. Der überwinterte Segler ist sehr
schweigsam, außer zu seinem »Gesäuge« erhebt er seine Stimme
nur daun, wenn eine Taube etc. knapp vor dem Fenster vorbei¬
streicht oder wenn ich nachts ins Zimmer trete.
Die Bewegungen der Segler sind auf dem flachen Boden un¬
geschickt, doch fördern die Vögel sich, namentlich wenn die Flügel
zu Hülfe genommen werden, welche dann gewissermaßen das Gleich¬
gewicht halten, ziemlich rasch vorwärts. Besser verstehen sie sich auf
das Klettern an Drahtgitterwänden und ähnlichen Gegenständen; die
etwa 1^2 Meter hohe Gitterthüre ihres Aufenthaltsortes erklommen
sie oft mit Leichtigkeit in wenigen Sekunden. Eine sehr oft geübte
Gewohnheit, welche ihnen wahrscheinlich für die mangelnde Flug-
beweguug Ersatz schaffen soll, ist starkes rüttelndes Flügelschlagen,
welches sie ebensowohl auf dem Fußboden wie auf einem Stein oder
Uiudenstück sitzend, wie an der Gitterwand hängend ausübeu.
In der Ruhestellung scheint der Seglar auf ebenem Boden auf
dem Bauche zu liegen, da die kurzen Füße ganz im Gefieder ver¬
schwinden; der Oberkörper ist indes stets aufgerichtet. Lieber halten
sie sich auf Gegenständen auf, deren rauhe Außenseite ein An¬
klammern mit den Füßen gestattet, und auf diesen ist ihre Haltung
auch eine viel sicherere. Wenn nicht, wie in erwähnter Weise er¬
regt, zeigt mein Segler wenig Bewegungslust. Von seinem Sitze auf
einigen Rindenstücken zum Futter oder Wassergeschirre und wieder
zurück, ein gelegentliches Rütteln und Lüften der Flügel, das ist
alles ; selten gefällt er sich einmal darin, an dem Käfiggitter herum¬
zuklettern. Nur der Kopf ist in ständiger Bewegung, die schönen,
großen Augen blicken fortwährend umher.
Die Alpensegler sind ungemein friedfertig. Als die ganze Ge¬
sellschaft noch beisammen war, sah ich sie nie untereinander
streiten , und selbst wenn beim Füttern einer dem andern vorzu¬
kommen trachtete, seinen Vordermann zu verdrängen suchte, so
geschah dies doch ohne jede feindliche Regung. Entfernte man einen
von seinen Kameraden und setzte ihn an einer andern Stelle nieder,
so begab er sich sofort wieder zu seiner Gesellschaft zurück. Des
Nachts drängten sich alle möglichst eng aneinander, dies allerdings
wohl hauptsächlich, um die gegenseitige Körperwärme zu genießen.
237
Auch mit an deren Vögeln vertragen sie sich gut. Die kecken Rauch¬
schwalben nahmen oft au dem Mahle ihrer groben Verwandten
Teil ; ein Alpenfluevogel, dem es unter der Schwalbensippschaft
recht langweilig zu sein schien, unterhielt sich mit seinen uube-
holfeueu Landsleuten, indem er dieselben an den laugen Schwingen
zupfte, auf ihren Rücken herumhüpfte, ohne daß sich die Segler,
denen diese Aufmerksamkeiten keiuenfalls angenehm zu sein schienen,
deshalb zur Wehre gesetzt hätten. Unangenehmer noch war ihnen
entschieden die kurze Zeit währende Gesellschaft zweier einfarbiger
Stare, Sturmis unicolor, denn diese leidenschaftlichen Wasserfreunde
schienen nach genommenem Bade gerade die Rücken der Segler-
«•esellschaft für den geeignetsten Ort zu halten, um das triefende
Gefieder auszuschüttelu. Wie wenig die Segler von derartigen
Sprühregen erbaut waren, das bekundete stets die eilige Flucht vor
den schillernden Schwarzröcken. Ein junger Wachtelkönig schlüpfte
gern, so lange er noch das Dunenkleid trug, zwischen die neben¬
einander hockenden Segler und niemals hatte er hiebei, wohl aber
einmal beim Besuche der Futterschüssel, ein unangenehmes Erlebnis
zu verzeichnen. Die junge Ralle liebte es, sich aus dem Futter der
Segler die frischen Ameisenpuppen herauszusuchen, und so erschien
sie auch einmal bei der gedeckten Tafel, als dieselbe noch von den
Seglern umringt war. Rasch hatte sich der schmale Vogel zwischen
den übrigen durchgezwängt und stand nun mitten in der Futter¬
schüssel, mit gesenktem Kopfe seinen Leckerbissen nachspähend.
Da plötzlich beginnt er heftig zu zappeln — einer der Segler hat
beim gierigen Schnappen statt eines Quarkbrockeus den Kopf des
Wachtelkönigs erwischt und versucht nun, diesen hinunter zu würgen,
ein Bestreben, welches allerdings ebenso sehr au der Größe des
Gegenstandes wie an dem heftigen Widerstreben des Angefallenen
scheiterte. Immerhin hielt er aber den Kopf doch durch einige Sekunden
fest, bis es dem Wiesenschnarrer gelang, sich mit raschem Rucke
zu befreien und mit einigen schnellen Sätzen das Weite zu suchen,
während ihm der Segler verdutzt nachstarrte !
Größeren Vögeln gegenüber zeigen sie entschiedene Furcht,
denn als ich einmal eine Mandelkrähe mitten unter sie setzte,
suchten alle möglichst rasch aus der Nähe dieses unheimlichen
Gastes zu kommen, drängten sich im Winkel zusammen und stießen
ihren Alarmruf aus.
Der Federwechsel des Alpenseglers dürfte im Freien wohl kurze
Zeit vor seiner Ankunft bei uns erfolgen, denn mein Pflegling be-
288
gami erst mit Anfang April zn mausern und verliert bis heute
noch Federn. Jedenfalls ist seine Mauser ein Beweis für sein voll¬
ständiges körperliches Wohlbefinden.
Nun noch einmal zu den Mauerseglern! Einige Tage vor
dem Eintreffen der Alpensegler erhielt ich zufällig drei Turm¬
schwalben, ihrem ganzen Gebahren, sowie der Größe, Farbe und
Gestalt nach zu schließen, zwei alte und ein junges Exemplar.
Erstere waren geradezu unbändig wild ; selbst sie durch ge¬
waltsames Eiustopfeu von Futter zu ernähren, erwies sich als ein
Ding der Unmöglichkeit, denn alles wurde wieder ausgespieen, selbst
wenn ich minutenlang ihren Schnabel zuhielt, und so sah ich denn
bald ein, daß ich mit diesen beiden keinerlei günstige Resultate er¬
zielen werde, und setzte sie daher in Freiheit. Der junge Vogel
hatte sich sehr bald an das Stopfen gewöhnt und nahm bereits
nach einigen Tagen das vorgehaltene Futter von der Hand ab, als
er während einer mehrtägigen Abwesenheit meinerseits Gelegenheit
fand, zu entwischen und das Weite zu suchen. Ich verschaffte mir
nun wohl noch einige Mauersegler, aber alle erwiesen sich mehr oder
minder für meine Versuche als ungeeignet, bis ich endlich zwei
Exemplare erlangte, deren Flügelspitzen sich noch nicht kreuzten,
die also etwa erst zu zwei Drittteilen ausgewachsen waren. Diese
gewöhnten sich ebenfalls bald an das Gestopftwerden; ein Exemplar
gab ich nun an Herrn Pallisch ab, während ich mit dem zweiten
Exemplare selbst weiter Versuche machte; dazu, daß der Segler das
Futter, Käsequark, frische Ameisenpuppen, aus den vorhaltenden
Fingern selbst abnahm, hatte ich ihn bald gebracht, aber weiter
trotz wochenlanger Bemühungen nicht. Tageiauges Hungernlasseu
bewirkte bloß, daß er sehr unruhig in seinem Behälter herumkroch
und sehr viel trank, sich sonst dadurch aber keineswegs besonders
angegriffen zeigte. Auf die Macht des Beispiels bauend, setzte ich ihn
unter seine schmausenden Schweizerverwaudten — umsonst! Merkwür¬
digerweise verweigerte dieser Segler plötzlich die Annahme jedes anderen
Nahruugsstoffes als Käsequark, von welchem er bei den dreimal täglich
stattfindendeu Fütterungen verhältnismäßig viel zu sich nahm, doch
schien ihm die alleinige Ernährung mit diesem Futterstoffe nicht zuträg¬
lich zu sein, denn er magerte allmählich — sehr langsam — ab, die
Körperwärme sank bedeutend, der Vogel fröstelte fortwährend und ging,
nachdem er etwa drei Monate in meinem Besitze war, ein.
Länger erhielt sich sein wahrscheinlicher Nestgenosse in Herrn
o O
Pallischs Pflege, und dieser konnte auch zum Alleiufressen ge¬
bracht werden.
239
Auch dieses Exemplar gewöhnte sich zuerst daran, das vorge¬
haltene Futter von der Hand zu nehmen, um schließlich, durch diese
geleitet, seiue Nahrung aus dem Gefäße selbständig aufzunehmen.
Anfangs bestand das Futter aus feingeschabtem rohem Herzfieische
mit frischen Ameisenpuppen vermengt, in der Folge wurde es
durch eine Mischung von Gelbrübe, trockenen Ameisenpuppen,
Eintagsfliegen und Herzfleisch ersetzt. Eigentümlicherweise ver¬
schmähte dieser Mauersegler, ebenso wie der meine und auch sämt¬
liche Alpensegler, Mehlwürmer, diesen von den meisten Weich¬
fressern so hoch geschätzten Leckerbissen, vollständig. Wasser trank
er in vollen, tiefen Zügen, worauf ein leichtes Heben des Kopfes
folgte; badend konnte der Mauersegler nie beobachtet werden,
höchstens, daß er nach dem Trinken mit dem feuchten Schnabel
die Rückenfedern etwas benetzte und ordnete. Über das weitere Be¬
nehmen des Vogels veröffentlichte Herr P a 1 1 i s c h in den von ihm
redio-ierten »Mitteilungen des Ornithologischen Vereins in Wien«
folgendes :
»Wärme liebt der Vogel über alles ; jeder Sonnenstrahl, der
in den Käfig fällt, wird sofort aufgesucht, und mit gesträubtem Ge¬
fieder genießt er daun die wohlthuende Wärme.
Wird es kühl im Zimmer oder dämmert der Abend, so kriecht
der Mauersegler in einen liegenden Filz-Nistkasten, worin er auf
weicher Torflage die Nacht verbringt.
Die Beweglichkeit meines Seglers ist gering, fliegend bewegt
er sich wenig, doch ziemlich sicher; weit lieber schafft er sich da¬
durch Bewegung, daß er sich mit den Füßen an einem Rinden¬
stück oder Ast festhält, mit den Flügeln andauernd fächelnde Be¬
wegungen ausführt und dabei das bekannte durchdringende Ge¬
schrei seiner Art hören läßt.
Am Boden bewegt er sich natürlich schwerfällig doch ruhig
und sicher, so weit es sich um das Bereich seines Käfiges handelt,
also vom rauhen Aststruuk, seinem Lieblingssitzplatze, zum L uttei
oder Wassergeschirr etc., dagegen flattert er unruhig, sobald er aut
den Boden gesetzt wird, und sucht dann Gelegenheit emporzu-
kletteru. An kühlen oder selbst nur trüben Tagen ist die Freß-
lust gering, und der Vogel verkriecht sich dann gern in seine
Schlafhöhle. Doch ist seine Lebensfrische in solchen Fällen nicht
vermindert. Jede Thätigkeit meinerseits im Käfig beobachtet er mit
Anfinerksamkeit, kommt aus seinem Versteck, untersucht das Futter¬
geschirr nach etwa gespendeten Leckerbissen u. dergl. Seit Eintritt
240
der längeren Nächte beleuchte ich abends gegen 9 Uhr seinen
Käfig, worauf er sofort das Futter aufsucht und demselben tüchtig
zuspricht.
Bei schönem warmem Wetter oder jetzt bei gutgeheizter Stube
sitzt er entweder auf erwähntem Aststück oder er liegt am torf¬
bestreuten Boden, mit seinen schönen großen Augen jede sich
zeigende Fliege aufmerksam verfolgend.«
D cj o
Leider ging dieser Segler im Januar dieses Jahres ein, immer¬
hin ist aber durch sein über halbjähriges Käfigleben der Beweis
erbracht, daß sich auch diese Art an die Gefangenschaft ge¬
wöhnen läßt.
Selbstverständlich können die beiden Seglerarten nicht als
empfehlenswerte Stuben vögel gelten, denn einerseits erfordert ihre
Erhaltung gutes, sehr reichliches Futter und, so leicht auch die Auf¬
fütterung der Alpeus'.igler war, doch eine für die Dauer sehr sorg¬
same, fachmännische Behandlung, während sie andererseits weder
durch Gesang — die erwähnte stimmliche Leistuug des Alpenseglers
kann ja doch kaum als solcher bezeichnet werden — noch durch
Schönheit der Gestalt oder Anmut der Bewegungen entschädigen.
Für zoologische Anstalten und Schaustellungen hingegen sind es
entschieden hochinteressante Tiere, deren eigentümliche Körper-
forraen, den meisten Besuchern gewiß fremd — denn der rasche Flug
und die Höhe, in welcher sich die Segler im Freien heruratummelu,
machen hier ein genaues Kennenlernen derselben so gut wie un-
möo-lich — dieselben ebenso fesseln werden wie das Gebahreu in nicht
O
fliegendem Zustande. Für den fachmännischen Beobachter wäre gewiß
noch vieles an diesen, in ihrer Heimat allgegenwärtigen und doch
noch so wenig bekannten Tieren zu erforschen 1
Einige neue Notizen über die Langrüsselscli weine, Siis
lon(/irost7Hs, iin Berliner zoologischen Garten.*)
Von Prof. Dr. A. Nehring.
In Anknüpfung an meine Mitteilungen vom 11. Oktober 1891,
welche in dieser Zeitschrift 1892, S. 7 abgedruckt sind, erlaube
ich mir, folgendes mitzuteilen.
*) Ich bemerke, daß die beiden Exemplare dieser merkwürdigen Species
inzwischen auch thatsächlich als »Äos longirosfris Nehring, Langrüsselschwein
von Java,« etikettiert worden sind.
241
Die Charaktere, welche ich bereits a. a. 0. hervorhob, haben
sich bei dem männlichen Exemplare immer deutlicher ausgeprägt.
* Dahin gehört zunächst die starke, etwa wallnuhgroße, sch wach behaaite
Warze, welche unter jedem Auge, etwa in der Höhe des Joch-
bocens, hervortritt: dahin gehören ferner der auffallende, ca. 2o cm
r5 * 7 0 ^
lange Backenbart an der hinteren Wangengegend, die lange, schmale
Form des Kopfes, die schlitzartigen Thränengrubeu, der kurze, un¬
behaarte Schwanz, die eigentümliche. Behaarung des Rumpfes, die vom
europäischen Wildschweine abweicheude Figur des Körpers. Als
neuer Charakter bildet sich jetzt (Juli 1892) noch ein Höcker au jeder
Seite der Schnauze heraus, ungefähr dort, wo das Wurzelende des
oberen Hakeuzahns (»Haderers«) liegt, und zwar in ähnlicher Foim,
wie man einen solchen Höcker bei Sus celebensis beobachtet. Außei-
dem ist an der Stelle der Wange, wo die längsten ßarthaare stehen,
eine warzenähnliche Hautbildung zu erkennen.
Bei dem Weibchen von Sus longirostris haben sich bisher keine
Höcker am Kopfe herausgebildet; doch scheint es jetzt so, als
ob unter dem Auge ein Höcker im Entstehen wäre. Der Bart hat
sich mäßig entwickelt. — Bei beiden Exemplaren hat sich die Wähl¬
scheibe (vorn au der Schnauze) in einer eigentümlichen, von unserem
europäischen Wildschweine stark abweichenden Form entwickelt;
sie ist relativ schmal, schräg von oben nach unten abgestutzt, ihr
oberer Rand in einen stumpfen Fortsatz zugespitzt.
Am 28. Mai d. J. habe ich das Gebiß des Weibchens untersucht,
indem Herr Direktor Dr. Heck so freundlich war, das Tier zu diesem
Zweck mit einem großen Käscher einfangen und sein Maul durch einen
Knebel öffnen zu lassen. Es zeigte sich, daß das Gebiß seit Ostei u 18J1^
wo ich es bei beiden Exemplaren untersucht hatte (siehe a. a. 0.), in der
Entwickelung bedeutend fortgeschritten war. Während damals noch
sämtliche Milch-Schueidezähne und Milchhaken ihren Platz inne hatten,
waren seitdem das 1. und 3. Paar der Schneidezähne, sowie die Milch-
hakeii gewechselt worden; ebenso waren die Milchbackenzähne bereits
durch die bleibenden Prämolaren ersetzt. Nur das zweite Paar der
Schneidezähue war noch nicht gewechselt, und von den Molaren fehlte
noch der letzte in jeder Backenzahn reihe (m 3).
Dieser Zustand des Gebisses zeigt, daß die Gebißentwickelung
sich hei Sus longirostris ganz analog wie bei Sus scrofa fcrus voll¬
zieht*), (was von vornherein zu erwarten war). Das Alter der
in
*) Vergl. meine ünter.siichnngen über die riebißentwickelung der Schweine
den »Landwirtschaftlichen Jahrbüchern«, herausg. v. II. J’hiel, 1888, p. 32 ff
Zoolog. G.art. .Talirg. XXXllT, 1892.
14
242
beiden Exemplare ersterer Species durfte hiernach am 28. Mai d. J.
auf ca. 21 — 22 Monate abgeschätzt werden ; sie werden jetzt
(Juli 1892) ca. 2 Jahre alt sein.
Das Mäunchen haben wir diesesmal auf das Gebiß nicht näher
untersucht; doch läßt sich annelimen, daß letzteres seit Ostern
1891, wo wir es untersuchten, sich in der entsprechenden Weise,
wie bei dem gleichalterigen Weibchen, verändert hat. Der Wechsel
der Milchhaken hat bei ihm zwischen Ende Mai und Anfang August
1891 stattgefnnden, wie ich damals beobachten konnte; die blei¬
benden Haken (Hauer) haben sich inzwischen gut entwickelt und
ragen bereits aus dem Maule hervor. Sie entsprechen in Form und
Stellung denen unseres Original-Schädels vou Sus longirostris Nehring
(Zool. Samml. d. Kgl, Landw. Hochschule, Tit. II, A, Nr. 40G7);
doch sind sie vorläufig viel zierlicher.
Sehr interessant wäre es, wenn die beiden Exemplare von
Sus longirostris sich im hiesigen zoologischen Garten fortpflanzen
würden. Da sie Geschwister sind, so erscheinen die Aussichten auf
Nachzucht leider nicht sehr günstig.
Immerhin bilden jene beiden Wildschweine au und für sich
schon eine höchst beachtenswerte Sehenswürdigkeit des Gartens.
Der Anblick des Männchens ist so frappierend, daß auch die Laien
meistens ihre Verwunderung darüber aussprechen.
Berlin, 18, Juli 1892.
Jtalieiiisclie iiml iieiigriecliische Namen der Eidechse und
verwandter Reptilien.
Von Dr. C. J. Forsyth Major.
(Schiufa).
Auf »lacerta« zurückgehende Benennungen, die von Flechia nicht
erwähnt sind.
In Calabrien (Monteleone) Heer tone; in Sicilien lacertuni
= Lacerta viridis.
In Corte (Corsica) Entstellung von Incertola iiibucertola.
Das bergam. leü (Val di Scalve) ’) vielleicht doch nicht ans
lacerta.
*) Tiraboschi 1. c.
243
Lacerta mnralis.
Mit Apbaeresis des anlautendeii für den Artikel gehaltenen
1: wie im Piemont neben lajöl ajöl sieb findet (blecliia), so
neben dem venet. liserte (und lisierte) das trent. iserta für
Lacerta mnralis, und iserdola (Zootoca vivipara und
Lac. mnralis), so wie veuez. osertola neben Insert a (Zoo¬
toca vivipara und Lacerta mnralis.
Mit Apbaeresis von la — die folgenden aus dem Gebiete der
apuaniseben Alpen:
Sassorosso und andete Gegenden
der Garfagnana: ciortella
Pievefosciana (Garfagnana) : c i o r t e 1 1 o r a
Obere Garfagnana: ciortel löne = Lacerta viridis.
Tagliole (in dem an die Garfagnana grenzenden Frignano, Prov.
Modena): giortülla = Lacerta mnralis
ffiortellöne = Lacerta viridis.
o
Equi (Prov. Massa): ciotrela und ciotreda = Lacerta muralis.
Diese Formen schließen sich an die von Flechia ’) aus der
Provinz Teramo angeführten s c e r t e 1 1 a (für 1 a c e r t e 1 1 a) und
sciortorella (für lacertolella) an. Wenigstens scheint mir diese
Deutung näher zu liegen, als die etwaige Annahme, es habe bei den
genannten Formen keine Reduplikation stattgefunden D*
Eine weitere Modifikation von ciortella ist ortigilla, von
Fiumalbo (Frignano , Prov. Modena) = Lacerta muralis;
vielleicht mit Anlehnung an orto. Dagegen gehört wohl kaum
hierher : s i n i s tr el 1 a = L a c e r t a muralis (Isola del Gran Sasso),
das ein Diminutiv scheint von senestro, genuesisches Wort für
den Salamander und Wassersalamander ^). Aber wie kommt das
lif''urische Wort nach den Abruzzen?
L 1. c. p. 160 Aom. 1.
2) Gleiche Zweifel könnte man hegen über die Art der Beziehimgen
der albanesischen har Aj e , härAe.ie, härAel’e, harAitse, harAitske,
harAutse, arlntse, Eidechse, zu »lacerta«; wobei ich mir dachte, es
habe keine Reduplikationsbildung stattgefunden, wie bei xopA-nXo^ (s. weiter
unten); die albanesischen Benennungen, gingen also nicht auf ein *kar-kar-
ta (Brugman 1. c.), sondern auf ein einfaches *kar-ta zurück, während
kakerA*itske (»kleine graue Eidechse«) allerdings Reduplikation zeigt.
Nun ist aber nach G. Meyer Etymologisches Wörterb. d. alban. Spradie
s. V. »harAje«, dieses und Konsorten »wohl nichts anderes als starke Ent¬
stellung aus lat lacerta .
3) De ß e 1 1 a 1. c. p. 78. 85.
— el’e und — its« sind verkleinernd«.
244
Au serpa und biscia aiilehueud : neben ven. luserta,
trent. luserpa, und ven. bissordola (vergl. sic. serpa de
muri = L a c e r t a m u r a 1 i s.)
Mit Verleü’uim des r in die dritte Silbe: neben trent. ligordo
(Flechia: ligord, lugord), ven. und trent.: ligador = Lacerta
viridis ^).
Der Name den die gewöhnliche Eidechse, Lacerta mnralis
in der Luuigiana (Prov. Massa) führt, : lesin a (Pfriem, Schusterahle),
daneben auch lesiuone (Lacerta viridis) in Tenerauo (Prov.
Massa), mag ans direkter Vergleichung des Tieres mit dem Werkzeug
entstanden sein, vielleicht auch Volksetymologie eines entstellten
Derivatuin von lacerta. —
Wie parm. arsiutela^), und modeu. (b. Fanano, Friguano)
argiautalla, auf lacertella zurückgeheu, so das modeuesisclie
(Frassiuoro, im Friguano, Prov. Modena), argentlöu (Lacerta
viridis) auf lacertoue.
Das ligurische sgrigua (Genua, Savoua u. s. w.) = Lacerta
muralis, läLt eine Reduplikatiousbildung ahnen und dürfte eine
weit zurückliegende Verwandtschaft mit lacerta haben. Dagegen
sind mir völlig unverständlich die folgenden zwei :
Lago Maggiore (piem. Seite): loppa = Lacerta muralis.
Ven. (t. DeBetta)^): sborf, Friaul.: sbörf, sbö r s^) = L ac e rta
viridis.
Weitere neugriechische Benennungen für Eidechse und Verwandte.
Es folo-en hier noch eine Anzahl von andern und mir notierte
O
neugriechische Benennungen, die im Vorhergehenden nicht besprochen
wurden.
Mit dem generellen Ausdruck epTrcTo wird auf Karpathos (neben
aavpa), und mit timero auf Kasos (neben cra^rof-iz'ra) ein Gecko,
Gymnodacty lu s Kotschii Steind. bezeichnet.
Ebenfalls für Gecko fand ich auf Kos: miarö (fttand*; =
unrein). Sibthorp •^) führt von Cypern (iexd(wvg an, = »Lacerta
mauritanica«, also auch ein Gecko; wahrscheinlich nur mi߬
verstanden für livo-LUiwg, das nach Sakellarios (Kypriaca vol. 3), der
b De Betta 1. c. p. 22. 25. 28.
‘b Flechia, 1. c. p. 160. Aura. 1.
b 1. c.
b .T a c. Piro na, Vocaholario Friulano. Venezia 1871.
'b in Walpole 1. c. p. 268.
245
das Wort von rer «()()(,■, = unrein, ekelhaft, ahleitet, cypiiotischei
Name der Eidechse ist ^).
Der Bedeutung naöh schließt sich hier an
Held reich in Attica für L a c e r t a v i r i d i s und für einen Gecko
(H e in i d a c t y 1 u s) ; von mir auch als thebauische Bezeichnung
eines Gecko notiert. Das Wort wird ganz allgemein von ^olvvo^,
beschmutzen, beflecken, abgeleitet, was auch Bikelas angibt Abei
auch hier mufs gefragt werden, ob es sich nicht um eine spätere An¬
passung eines unverständlich gewordenen Wortes handelt, feibthoip
hat Kiohvovpa als in Griechenland gebräuchlichen Namen der
»Lacerta agilis«'^). Bei Nicander ") findet sich fioXo-apo?,
»eine unschädliche Schlangenart«.
Auf einen Stamm scol (vergl. , Wurm) scheinen die
folgenden zurückzugehen :
Aperi etc. (Insel Karpathos) : skoli, papaskoH, pa])askulf.
Olymbos (Ins. Karpathos) : s k u 1 u m v r i , s k u 1 ii m v r i a , tolius-
kolnmvri, sämtlich Bezeichnungen für den Ablepharus
pannonicus Fitz., einen Verwandten des S e p s c h a 1 c i d e s
(it. cicigua).
Hierher gehört auch die Benennung eines von mir nicht ge¬
sehenen Reptils von der Insel Symi : s k y 1 o m e t h i r i ä , skulo-
m e d h e r i ä.
Von 6cpi<i, ocpl^Lov abgeleitet:
Kos : f i d h ä k i == Eidechse.
Santorin und Paros : chrousaffdha, eine von mir nicht
tresehene gelbe oder goldglänzeude Eidechsenart.
liier mag auch seinen Platz finden das von Morosi ^) erwähnte
') Bikelas 1. c. p. 19. Anm. 2. — Bei Nicander ther. 490 heifst eine
Schlangenart pättypog, »Mäusefänger«, von (nvg »Mäusefalle«,
abgeleitet, also vielleicht ^vaiaQÖg eine spätere Volksetymologie. Näher hegt
übrigens anzunehmen, daß ^vaLUi^og sowohl als rniaro erklärende Ent¬
stellungen von samamithion, dein für schädlich gehaltenen Gecko sind.
Mucriapo^ wird auf Cypern wohl Name eines Gecko und nicht einer Lacerta
(im zoologischen Siuue) sein, welch letztere für unrein zu erklären niemandem
in den slnn kommen wird. Von miamiös (Kos, siehe oben) ist der Weg
nicht weit zu miarö und mysiarös.
2) 1. c. p. 68. 65.
3) 1. c. p. 19 Anm. 2.
'‘) in Walpole 1. c. p. 268.
®) Nie. Ther. 491.
®) G. Morosi, Studi sui Dialetti greci della Terra d’Otrauto.
246
a f s e 11 0 f 1 d i , »lucertoloiie di campagua«, welches derselbe mit
cevov 6(pidiov erklärt; vielleicht eher: ä^aevov dcpl^tov.
Keine Erklärung weiß ich für :
skundri — Ablepharus pannonicus auf Kasos,
skoutarella = »Podarcis taurica« in Lakonieu ^), und kftrini
skontarella — Lacerta viridis in Lakonieii ^). Die Dimi-
nutivendiing der beiden letzteren scheint italienisch ; es handelt sich
bei denselben vielleicht um Entstellung eines italienischen Wortes,
etwa ciortorella, oder dergl.
Slavischen Ursprungs sind die sehr verbreiteten gustera und
gusteritza ®). Auf Sainos heißt die Lacerta viridis: pras-
11 0 11 gaste ra, prasnagustera, prasinogustera (npacnvöq
= grün).
h Heldreich 1. c. p. 68,
h id. ib.
cf. Bikelas 1. c. p. 19. Anm. 4, der vermutet, die Wörter seien ein
Gesclienk der Vlachen, was mir, bei der großen Verbreitung dieser slavischen
Benennungen der Eidechse in Griechenland und auf den Inseln des griecliischen
und türkischen Archipels, unwahrscheinlich ist. M i k 1 o s i c h (Die slavischen
Elemente im Neugriechischen, 1870, s. v. jova-vepiT^a, und: Etymolog.
Wörterbuch der slav, Sprachen, 1886, s, v. g u s t e r ü) führt noch die Formen
ß 6 (iTZpoq, ßoo-'vepl'v^a, yxovcTTZpa, yxovcnrepiT^a auf;
die zweite Form hat Du Gange (1. c. s. v. xoXio'arpoc). Miklosich scheint
geneigt, die auf die Form jasteru (E. W. s. v.) zurückgehendeu slavischen
Benennungen der Eidechse, an die berb. igsch der, Eidechse anklingt
(altsloven. : jasterb, nensloven. : jascerica, cechisch : je st er,
j e s t e r k a , slovak. : j a s c e r k a , polnisch ; jaszczur, jaszczura,
j a s z c z u r k a aus jaszczor, kasub. : jascerzeca, vjescerzeca,
V V V
obersorb. : j e s c e 1 eidechse , j e s c e r otter (doch wohl im Sinne von
Schlange?), niedersorb. : jascef, kleinruss. : jascirka, jascurka^
i a s c 0 1 k a , weißrussisch : jascerka, jascef, russisch : jascerica,
Y V , V V
jascerb.) — mit denen die der Form gusteru verglichen werden
— von s t u r u poln. s z c z u r , mus rattus, und dem »manchen nomina, wie
es scheint, deminuierend Vorgesetzten«, dem altindischen ä (in älauchita
rötlich u. s. w.) entsprechenden j a abzuleiten. Bei der Form j a s t u r ü : russ.
jascurb Haselmaus, macht die Bedeutung keine Schwierigkeiten;
daß aber so ganz allgemein Eidechsen als kleine Ratten oder Mäuse
sollten bezeichnet worden sein, ist eher einer an ja stur ü augelehnten
Volksetymologie verdächtig. Vergl. übrigens bei Pictet (Origines Indo-
Europeennes 2 Aufl. I p. 565) irl. easög wegen der Bedeutungen »ecureuil,
belette, lezard«, mit dem Hinweis auf Formen, von denen die eine den Begiitf
»Schwanz«, die andere den der »Behendigkeit« in sich schließt. — Nach Du Gange
(1. c.) ist ngr. yovn'vepl'r^u »talpa« und xo^icravpa^ x oTi o a d cp pa
»talpa« und Eidechse.
217
Mit slavisclier Endung und walirscdieinlicli nur Entstellungen
von gnsteritza die folgenden:
Sibthorp hat als Namen der »Lacerta delpbica« (:*) in
Griechenland : a x o v t o v Itt a.
Skoteritsa beißt eine »Mauereidecbse« auf Cephalonia, die
ich nicht gesehen habe.
Skurkuritza = »Podarcis tanrica« auf Zante 2),
g a 1 d u r 0 s k u r k u r i t z a (jaiSov^i = Esel) = Lacerta viridis
auf Zante ^). Die letzteren beiden wahrscheinlich mit Anlehnung an
das sogleich zu besprechende corcödilos = crocödilos.
Agama stellio ox oSevl oq ^S^o-alo g)-
Folgende Benennungen finden sich vor :
Auf Greta nach Tournefort und Andern : c o c ö r d h i 1 o s.
Cypern^): courcötas.
Greta, Mykonosu.s.w.") cocordhilos, crocödhilos, corcödhilos.
Auf allen Inseln, wo ich den Stellio fand, trägt er ebenfalls
seinen alten Namen in mehr oder weniger veränderter Form, nämlich :
Halki: crocä (x^oxd).
Evdhilo (Icaria) : corcöfila (xo^xöcpiXa).
Rhodos; curcüti (xov^xoaTi).
Kalymnos: curcudhialos (xov(yxovffujclog).
J^os : curcuviälos (xovpxovßLaXog).
Im Altgriechischen ist außer der Form x^oxä^euXog auch
jH^exvSeilog und xepxvdeilog überliefert (Steph.). Die lateinischen
Bezeichnungen sind zunächst dem Griechischen entlehnt und zum
Teil nachträglich entstellt ;crocodilus,crocodillus,corcodilus
corcodillus, cocodrillus, c o r c o dr i 11 u s , crocodrillus ^).
Über die Etymologie hat Vanicek folgendes ^) :
»Kark hager sein, abmagern. — Skr. kary abmagern, unan¬
sehnlich werden; caus. abmageru lassen, hager halten (P. W.IL 142).
Urspr. W. wohl kar.
*) in W a l p 0 l e 1. c. p. 268.
2) H e 1 d r e i c h 1. c. p. 68.
2) id. ib.
'*) Sibthorp in Walpole 1. c. p. 268.
H e 1 d r e i c h 1. c> p. 66.
®) cf Z e y ß , Erörterungen aus dein Gebiete der italischen Sprachen
(Kuhn, Zeitschr. f. vergl. Sprachforschung etc. Bd. XVII, 1868 p. 435. 436.
2) Griech.-lat. etyinol. Wörterbuch Bd. I. Leipz. 1877. p. 145.
248
K a r + k(a r). — k a r k , k a 1 k. — — —
Kiak; o 3ei()o r*) x^ox — o — Secko — c (^x{iexv — , xepxv —
f)^eLloq Steph. Taus. IV. p. 1989 Par.) (Dissimil. ; = mit sclmialem
lauggestreckteii Rücken) m. das Krokodil, die größte und gefähr¬
lichste Nileidechse, Eidechse überhaupt (^e^cralog Landeidechse,
Herod. 4. 192) — — «.
Die Deutung »mit schmalem, langgestrecktem Rücken« ist etwas
weit hergeholt und paßt durchaus nicht auf den Stellio, der »lang¬
gestreckte« Rücken höchstens auf das Nilkrokodil. Nun geht aber
aus der Angabe bei Herodot: „xakeovTat ov xpoxoSeckoo dkka
x^oxodeikovg 8h ''Xovzg oovoiicxaav, elxd^ovTeg avrwv t« ei8ea
ToXcn Tia^d (xcpicri ywo^ivoicri x^oxodeikoicfi xolcrt ev Ttjao aifj.aaifjat^)«
deutlich genug hervor, daß der griechische Name zunächst auf das
griechische Tier angewandt und erst nachträglich vom x^ox68eikog
X^^craiog auf das Nilkrokodil übertragen wurde. Die augezogene
Etymologie ist daher auch aus diesem Grunde unstatthaft. Ich
möchte die Glottologen fragen, ob wir nicht in dem griechischen
Worte das Äquivalent des lateinischen 1 a c e r t a (aus k ar - k a r - 1 a ^))
vor uns haben, d. h. eine Reduplikatiousbildung von der Wurzel
kar, die ajs schließlich zu Grunde liegend auch Vanicek anuimmt.
KpoxdüeiXo? würde zunächst auf ein "^xo^-xo^-S eikog zurückgeheu. —
Ohne Reduplikation : xo{i-8vkog, Wassersalamaiuler ^), xop-vr^iog,
ein von mir nicht gesehenes Reptil auf Kalymnos. —
C h a m a e 1 e 0 n vulgaris Daud. — Einen schmalen, ja scharfen
Rücken hat aber der Chamaeleon, der darum auf Samos, wo ich
das Tier fand, (Sichelrücken) heißt; außerdem auch
8 BTi av 6 ^ a und öXid.
Dericlit über den zoologischen Garten zn Hannover für 1891—92.
Wenngleich im verflossenen ßetriebsjahre die unsere Einnahmen beein¬
flussenden Umstände nicht durchaus günstig waren, so können wir doch mit
Befriedigung auf unsere Bemühungen um die Pflege des Gartens zurückblickeu.
Die Einnahmen aus Dauerkarten, M. 60,(;G4.50, gegen M. 03,190 in 1890/91,
sind zwar um M. 2525.50 zurückgeblieben, wogegen die Tages - Einnahmen,
M. 65,702.— gegen M. 64,610.45 in 1890/91, sich um M. 1091.55 mehrten.
9 Hist. II, 69. Siehe auch Heldreich 1. c. p. 66 Anm. 3.
B r u g m a n , 1. s. c.
A r i 8 1 0 1. I, 1. 7.
249
Die Tier Verluste sind trotz des während des ganzen Sommers 1891
vorherrschend gewesenen naßkalten Wetters, welches den wohlthätigen Aufent¬
halt der Tiere in den Außenhehältern sehr beschränkte, verhältnismäßig gering
gewesen. An wertvollen Tieren verloren wir einen afrikanischen Elefanten,
ein Kamel, einen Jagclleoparden, ein Lama. Der Elefant, welcher 18 Jahre
im Garten war, mußte getötet werden, da ein unheilbares Knochenleiden vor¬
lag. Da man ein solches schon seit Jahren vermutete und deshalb den Wert
des Tieres immer mehr ermäßigte, so stand dasselbe jetzt nur noch zu M. 1500
zu Buche.
Dagegen hatten wir erfreulicherweise verschiedene wertvolle Geburten
zu verzeichnen. Als solche sind 2 Löwen, 3 Wölfe, 1 brauner Bär, 1 Waschbär,
2 Shetlandponies, 2 Wapitihirsche, 1 Aristoteleshirsch, 1 Hamadryas -Pavian
und 3 Halbaffen besonders zu erwähnen.
Die erhöhten Ausgaben für Futterkosten sind hauptsächlich durch die in
diesem Jahre stattgehabte Verteurung des Fleisches, des Brotes und der
Kartoffeln entstanden, während wir die Rauhfourage etc. sehr preiswert ein¬
kauften, so daß sich dadurch der Gesamt-Verbrauch von M. 39,558.66 gegen
M. 36,679.69 im Vorjahre dennoch günstig stellte.
Das im Bau begriffene neue Kamelhaus, welches seiner Vollendung rüstig
entgegenschreitet, verspricht nicht nur in Bezug auf Zweckmäßigkeit, sondern
auch in architektonischer Hinsicht eine hervorragende Zierde unseres Gartens
zu werden.
Gewinn- und Verlust-Conto am 31. März 1892.
. Debet,
Au Betriebs-Conto:
Allgemeine Unkosten, Saldo . M. 3,556.73
Reparaturen . » 7,266.95
Eingelöste Aktien-Coupons . » 5,946. —
(für Dauerkarten verwertet)
Zinsen, Saldo . » 1,712.89
Gehalt, Löhne etc . » 25,015.68
Musik-Unkosten . » 14,610.50
Kohlen, Coaks und Torf . » 2,700.80
Bekleidung der Wärter . » 429.92
Illuminations-Unkosten . » 159.75
Gerätschaften . » 95.20
Wasserverbrauch . » 1,621.22
luvaliditäts-Conto . » 251.37
Tier-Conto, Saldo . » 1,720. —
» F u 1 1 e r - C 0 n 1 0 :
Gesamt-Verbrauch .
» Abschreibungen:
auf Bauten-Conto . M. 21,931.26
» In ventar-Conto . * 837.94
» Nutzholz-Conto . » 1331.50
» Tier-Conto . » 5620. 1 3
Summa
M. 65,087.01
» 39,558.66
^ 29,720.83
M. 134,366.50
— 250 —
Credit.
Per Dauerkarten . M. 60,664.50
»Tageseinnahmen . » 65,702. —
»Pacht . » 8,000. —
Summa . M. 134,366.50
K 0 r r e s p 0 ii d e ii z e ii.
Darmstaclt, im August 1892.
Zum Kapitel Hausrat teO Selbsterlebnis. — Am 1. August 1892
haben die Maurer gelegentlich des Abbruchs eines alten hölzernen Schweine¬
stalles auf dem Grundstück des Bäckers Schäfer in Darmstadt
3 graue Wander-
5 schwarze Haus¬
weiche anscheinend friedlich zusammenlebten, totgeschlagen. Die gleiche Anzahl
ist zu den Nachbarn entkommen.
E d u a r d R ü d i g e r.
Ratten, ausgewachsene Exemplare,
Kleinere Mitteilungen.
Nahrung einer Äskul ap sch lange, Cöluber flavescens. Ein 1 m
langes weibliches Exemplar dieser Schlange, das jetzt im dritten Jahre von
einem Gymnasiasten in Gefangenschaft gehalten wird, zeichnet sich durch
seinen guten Appetit aus und hat vom Juni bis Oktober 1891 20 Mäuse, vom
9. April bis 15. August 1892 26 Mäuse und 12 junge Sperlinge verzehrt.
N.
Kreuzottern ohne die Zickzackbinde kom men nach einer Mitteilung
des Herrn Prof. A. Nehring in der »Deutschen Jägerzeitung« (7. Juli 1892)
nicht selten im Kreis Naugard, Pommern vor. Es sind meistens weibliche,
braungefärbte Tiere, mit etwas kupfrigem Kolorit bei gewisser Beleuchtung,
die im Volke als »Höllennattern« (früher als Vipera prester beschrieben) be¬
zeichnet werden, welchen die die neusten Kreuzottern kennzeichnende dunkle
Zickzackbiude über den Rücken fehlt. Immerhin ist es also geboten, nicht un¬
vorsichtig mit einer Schlange ohne Zeichnung in Gegenden, in welchen Kreuz¬
ottern Vorkommen, umzugehen. N.
Über die Walfisch - Jagd, welcher der Kaiser auf seiner dies¬
jährigen N 0 r d 1 a n d s f a h r t b e i g e w o h n t hat, geht der N. A. Z. die nach-
folgende interessante Schilderung zu:
Am 15. Juli gegen Mittag begab sich der Kaiser an Bord des Wal¬
fischfänger-Dampfers »Dunkan Grey« mit’ fünf Herren des Gefolges. Die
>) Zool. Garten 1891. Heft 8. S. 254/255.
251
anderen Herren schifften sich auf einem zweiten Wallisclitäuger »Nancy
Grey« ein. Beide Dampfer gehören dem reichen Walfischfangunternehmer
Gjäver, der sich an Bord desjenigen Dampfers befand, der den Kaiser aufgc-
noramen hatte, während sein Sohn auf dem zweiten Dampfer war. Diese
Dampfer sind kurze, etwa 20 Meter lange, ziemlich breite Schraubendampfer,
welche mit wenig Geräusch nicht sehr rasch — die besten 8 bis 9, die
meisten nur 5 bis 6 Knoten in der Stunde — fahren, aber sehr schnelle
Wendungen ausführen können. Sie sind ganz schwarz angestrichen , mit
zwei Masten versehen und können auch segeln. Das nur wenige Fuß über
das Wasser eraporragende Deck bietet nur geringen Raum und ist mit einem
niedrigen Gitter von Eisenstäben umgeben. Hinten am Dampfer befindet sich
unter Deck eine ziemlich enge Kajüte. Am vorderen Mast ist oben im Top
ein Faß befestigt, in welchem em Mann steht, der auslugt. Vorn am Bug
— das Schiff ist vorn nicht spitz, sondern breit abgerundet — steht das
Geschütz, das die Harpune schleudert. Es ist das ein auf einem festen Gestell
ruhendes Rohr, welches sich auf diesem sowohl nach rechts und links als
auch nach oben und unten mittelst einer Kurbelvorrichtung und eines Hebels
mit einer Hand leicht drehen läßt. In dieses Rohr wird die Harpune auf eine
Pulverladung geschoben. Die Harpune ist etwa Vji Meter lang. Das auf
der Pulverladung aufsitzende Ende bildet ein massiver eiserner Cylinder, etwa
von der Länge einer Mannsfaust, der genau auf das Rohr verpaßt ist. Dann
kommt ein etwa einen Meter langes Stück, von zwei eisernen abgeflachten
Stäben gebildet, mit einem freien Raum zwischen diesen Stäben, also in der
Form eines Nadelöhrs ; in diesem Nadelöhr läuft ein eiserner Ring, der hin-
und hergeschoben werden kann. An ihm ist das Tau befestigt. Ist die
Harpune in das Rohr der Kanone verladen, so befindet sich der Ring vorn
an der Öse, beim Abschießen läuft er nach hinten. Am vorderen Ende der
Öse, da, wo die beiden diese bildenden Eisenstangen zusammenlaufen, befinden
sich, in Scharnieren laufend, vier Widerhaken. Dieselben liegen vor dem
Schuß den eisernen Stangen der Harpune parallel, das Scharnier nach vorn,
die Spitze der Widerhaken nach hinten. Sie sind, um ein zufälliges Auf¬
klappen zu verhindern, durch einen leichten Bindfaden zusammengehalten,
der sich beim Eindringen der Harjjuue in den V alfisch abstreift. Dringt
nun die Harpune unter die Rippen des Fisches ein, so werden durch Anziehen
des Taues, an dem die Harpune befestigt ist, die Widerhaken geöffnet, so
daß die Harpune nicht mehr heraus kann. Die fernere Einrichtung ist aber
folgende: Da, wo die Widerhaken angesetzt sind, laufen die beiden, die Öse
bildenden Eisenstäbe wieder in eine Eiseustange zusammen, diese ist hohD,
in der Höhlung befindet sich eine Glasröhre, welche beim Öffnen der Wider¬
haken zerdrückt wird; dadurch läuft das in der Glasröhre befindliche Nitro¬
glycerin aus und bringt die vorn an der Harpune befindliche Granate zur
Explosion. Die Eisenstauge, in die die beiden Seitenstücke der Öse zusam¬
menlaufen, setzt sich nämlich über dem Knotenpunkt der Widerhaken noch
etwa einen drittel Meter fort. Das äußerste Ende läuft in eine dreikantige
Spitze zu, bestimmt, das Geschoß in den Walfisch eindringen zu machen ;
zwischen dieser Spitze und dem Knotenpunkt der Widerhaken ist auf die
Eiseustange die Granate aufgeschraubt. An dem in der Öse laufenden eisernen
Ring ist ein starkes Tau befestigt. Während einige Meter davon lose auf-
252
gerollt vor dem Geschütz liegen, um gleich mit dem Geschoß loszugehcu,
läuft das Tau seihst über verschiedene eiserne Räder oder Rollen. Ein gi-oßer
Teil seines letzten Endes ist im Schiffsraum aufgerollt. Zieht das getroffene
Tier an, so läuft das Tau über eiue Rolle ab, bis zu seinem befestigten Ende.
Nachdem der Wal getötet ist, wird dann das Tau mit ihm vermittelst der
Dampfmaschine -über die Rollen eingeholt.
Wie erwähnt, setzten sich die Dampfer gegen Mittag in Bewegung. Bei
kaltem Wind und ziemlicher Dünung wurde auf die offene See hinausgefahren.
An der Stelle, an der tags zuvor die Walfische gemeldet worden waren,
wurden keine augetroffen und die Fahrt wurde weiter fortgesetzt. Gegen
6 Uhr nachmittags meldete der Mann im Mastkorbe »Walfische in Sicht«.
Am Horizont gewahrte man zahlreiche Springbrunnen, welche durch das von
den Walfischen in die Höhe gespritzte Wasser erzeugt wurden. Der »Dunkan
Grey« ging direkt auf diese los. 40 Minuten später war das Schiff des Kaisers
mitten unter den Walfischen; um 7 Uhr fiel der Schuß auf einen direkt vor dem
Bug schwimmenden Wal. Eine große Blutlache kennzeichnete seinen Weg
vor dem Schiff, das er etwa 5 Minuten hinter sich herzog. Alsdann erfolgte
die Explosion der Granate. Der Wal verschwand unter Wasser. Bald darauf
wurde er aber an dem Seil emporgezogen und längseits des Schiffes befestigt.
Die Rückfahrt konnte wegen des zu schleppenden Ungeheuers nur langsam
erfolgen.
Auf dem »Nancy Grey« kamen die Walfische um 6 Uhr am Horizont in
Sicht; zunächst waren nur die Wasserstrahlen sichtbar. Um 7 Uhr war man
so nah, daß die periodisch in schlangenförmiger Bewegung aus dem Wasser
auftauchenden riesigen Rücken der Walfische zu sehen waren, bald aber auch
der Hinterteil des Kopfes mit den Nasenlöchern; gleichzeitig hörte man das
Schnauben der Tiere. Sobald das Schiff nahe heran war, verschwanden die
Tiere plötzlich, um 100 Meter weiter rechts oder links aufzutauchen. Sie
schwimmen viel schneller, als der Dampfer fahren kann ; da sie aber stets in
Kurven schwimmen, so besteht die Kunst des Steuermanns darin, ihnen den
Weg abzuschneiden und zu sehen, in welcher Richtung sie untertauchen, um
bei ihrem Wiedererscheinen näher an ihnen zu sein. Einige Walfische ver¬
schwanden wieder, bis die Fährte von vier hintereinander schwimmenden Riesen
verfolgt werden konnte. Mehrmals war der »Nancy Grey« den Tieren so
nahe, daß es Erstaunen erregte, als der Mann am Geschütz nicht sofort feuerte.
Derselbe verharrte in einer bewunderungswürdigen Ruhe und Kaltblütigkeit.
Endlich nach einstündiger Jagd erschienen die Wale plötzlich dicht vor dem
Bug des Schiffes, von rechts und links kommend, der dritte in der Reihe un¬
mittelbar vor dem »Nancy Grey«, in einer Entfernung von etwa 20 Metern.
Da krachte der Schuß und das Tier verschwand im Pulverdampf unter der
Wasserfläche. Das hinabgefallene, vorn aufgerollt gewesene Tau schwamm
einen Moment auf dem Wasser. Dann wurde es in die Tiefe nachgezogen,
gleich darauf erschien der Wal wieder auf der Wasserfläche, scharf rechts von
dem »Nancy Grey«, auf der Höhe der Spitze des Schiffes, eine große Blutlache
um sich verbreitend. Deutlich sah mau in seinem Rücken die Harpune stecken,
welche fast bis ans Ende hineingedrungeu war. Die Granate mußte gleich¬
zeitig mit dem Schuß explodiert sein, denn eiue zweite Detonation wurde
nicht gehört. Das Tier verschwand wieder. Rasch wurde das Schiff nach
253
i'echts hevumgeworfen, damit der Wal nicht unter dasselhe käme. Nach etwa
zwei Minuten wurde etwa 30 Meter vor dem Bug der Walfisch wieder sichtbar,
der sich in gerader Richtung pfeilschnell fortbewegte und senkrecht den ge¬
waltigen Rachen aus dem Wasser aufschnellen ließ. Bald jedoch konnte der
verendete Wal aus der Tiefe heraufgehaspelt werden. 32 Meter Tau waren
ahgelaufen. Der Wal tauchte an der Harpune hängend quer vor dem Bug
auf. Ein Boot wurde ins Wasser gelassen, dessen Mannschaft gewaltige Ketten
an Schwanz und Kiemen des Riesen befestigten. Er wurde alsdann herum¬
geholt und an der Steuerbordseite im Wasser liegend bei dem Schiffe festge¬
legt. Derselbe war fast so lang als das Schiff; 15 Meter und etwas mehr maß
er, wie am nächsten Tage festgestellt wurde. Die Jagd war hochinteressant,
spannend und aufregend. Ein Walfisch, wie die erlegten, repräsentiert einen
Wert von etwa 8000 Kronen, beinahe M. 9000. ßerl. Tagebl., 26. Juli 1892.
— Der Berliner zoologische Garten als Verpflegungsstation
für das Publikum. Die Eigenart des Instituts und die ganz außergewöhn¬
lichen Verhältnisse bedingen einen ganz außergewöhnlichen Verpfiegungsbetrieb,
und man kann wohl sagen, daß kein zweiter Restaurationsbetrieb unserer
Riesenstadt mit dem des Zoologischen Gartens in Vergleich kommen kann.
Da ist vor allem die Massenverpflegung, die an schönen Sonntagen 40 — 50,000
Personen umfaßt , ja an den sogenannten billigen Sonntagen und bei außer¬
ordentlichen Gelegenheiten schon auf 70 - -80,000 , einmal sogar schon auf
100,000 Gäste an einem Tage sich zu erstrecken hatte. Solche Zahlen sprechen
für sich selber, und wer etwa schon erprobt hat, was es heißt, nur tausend
Menschen auf einem Eiecke zu verpflegen, der wird die ungeheure Schwierig¬
keit ermessen, den Anforderungen einer hundertfachen Anzahl auch nur einiger¬
maßen gerecht zu werden.
Die »feuchte« Verpflegung ist immer noch am leichtesten durchführbar.
Wennman statt der werktäglichen vier Ausschankstellen deren zehn bis zwanzig
an verschiedene Stellen des Gartens verteilt und die Biertonnen direkt von den
Zufuhrwagen an die Schankstätten fahren läßt ; wenn man die 14,000 Stühle
des Etablissements ins Freie schleppt, die 30,000 Seidel, die das eiserne In¬
ventar bilden, auf die einzelnen Schankstätten verteilt und ein Heer von
200 Lohnkellnern ausschwärmen läßt, so hat man gewiß das Menschenmögliche
gethan, um dem Ansturm der durstigen Besucher zu begegnen.
Da der Kaffeedurst namentlich in den ersten Nachmitt agsstunden mit
dem Bierdurst in Konkurrenz tritt, so muß natürlich auch für entsprechendes
Kaffeegeschirr gesorgt werden. 15,000 Kaffeetassen mit dem nötigen Beige¬
schirr stehen zur Verfügung ’, Kaffeekännchen und Kannen in verhältnißmäßiger
Anzahl zu 2, 3, 4, 5 und 6 Tassen. Aus einem in heißem Wasser stehenden
und stets wieder neugefüllten Riesenbehälter mit sechs Hähnen wird der Kiifl’ee,
ähnlich wie das Bier, in der großen Kaffeschenke verzapft. In einem beson¬
deren Raum wird der Mokka, das braune Labsal für Feinschmecker bereitet
und verabreicht.
Nun zur kalteii Küche, die selbstverständlich an großen Verptlegungsfagen
die Hauptrolle spielt; denn vou den Zehntausenden, die an einem 25 Pfennig-
Sonntag den Zoologischen Garten besuchen, sind — abgesehen von der großen
Zahl der Selbstverpflegler, deren Stullenpapiere, Eierschalen und Käserinden
am folgenden Tage eine centnerweise Abfuhr erfordern — nur wenig Tausende
in der Lage, sich an der Stätte ihres Sonntags-Vergnügens ein warmes Mittag¬
oder Abendbrot zu leisten. Da muß also in erster Linie für belegte Butter¬
brote gesoi'gt werden. Die dazu bestimmten Räume und Apparate sind mit
höchster Zweckdienlichkeit in Bereitschaft gestellt. Da liegen Hunderte von
großen Broten und die dazu gehörigen Brotschneidemaschinen ; werktäglich
werden die Schnitten dünner hergestellt — die sogenannten »Geheimerats¬
schnitten« — ; das Sonntagspublikum aber verlangt derbere Bissen; da werden
die Maschinen auf dicke Schnitten eingestellt, und etwa hundert Stück in der
Minute rasseln die Rundbrote aus der Maschine in den untergestellten Korb.
Ein Schock fleißiger Hände beschmiert, ein zweites Schock belegt die »Stullen«.
Schinken- und Wurstschneidemaschinen liefern das Material dazu in kleinen
Bergen mit unheimlicher Geschwindigkeit. Ein Schock Schinken, mehrere
Tausend Wiener Würstchen, mächtige Käselaibe, das fliegt alles nur so in
handsamen Schnitten aus den Maschinen, und in wenig Stunden verschwinden
an einem solchen Sonntage Vorräte, mit denen man eine Armee verproviantieren
zu können vermeinte. Eine Unzahl von Tellern — der Gesanitvorrat beläuft
sich auf 40,000 Stück — gehört natürlich gleichfalls zu solcher Verproviantie¬
rung, und nicht minder gehört dazu eine einfache und doch prompt funktio¬
nierende Kontroleinrichtung, denn ohne eine solche möchte der Teufel Inhaber
eines derartigen Etablissements sein.
Doch von den Fährlichkeiten und Ärgernissen später. Nehmen wir einmal
den nicht eben häufigen Fall, daß Alles aufs Pünktchen klappt und der herrlich
begonnene Tag auch herrlich zu Ende geführt wird. Die Inhaber des Restau¬
rationsbetriebes haben sich auf großartigen Besuch eingerichtet und sehen sich
in ihren Erwartungen nicht getäuscht. 100 Gänse, 150 Enten, 800 junge
Hamburger Hühner, 50 Rehkeulen, 1000 Pfund Fische, zwei Centner Filet,
500 Portionen Fricasse, zwei Centner Hummern, 1000 Liter Bouillon — Alles
geht in rasendem und reißendem Betriebe ab. — Die Hunderte zerbi-ochener
Seidel, zerschlagener Teller und Tassen, die Schocks ruinirter Wäsche u. s. w.
spielen dann und dürfen an solchen Tagen keine Rolle spielen.
Das Personal freilich hat unmenschlich arbeiten müssen, und wenn die
Einrichtungen nicht wirklich mustergültige wären, würde ein derartiger Apparat
ohne Stockung überhaupt nicht arbeiten können. Die Hauptköche des Zoologischen
Gartens mit ihrem Oberlicht und ihren breiten, ins Grüne führenden Flügel¬
türen ist eine Sehenswürdigkeit für sich. Der 600 Liter fassende Bouillon¬
kessel, die vier mächtigen »Maschinen« mit ihren Riesenkesseln, die Brat¬
maschinen und Roste für Geflügel und Fische, die kupfernen Kasserollen und
Behälter — die Küche enthält allein 128 Centner Kupfer — die rings um die
Riesenküche gelagerten Nebenräume , wo die weißbemützten Kochkünstler
nufer Leitung des »Chefs« ihres Amtes walten — das alles muß man sehen,
um ein zutreffendes Bild von dem Umfange des Gesamtbetriebes zu gewinnen.
Und daneben die Konditorei und Kuchen bäckerei; in Backröhren neuester
Konstruktion werden an »großen Sonntagen« allein circa 2000 Stück Kaffee-
kuchen gebacken ; dann die Vorratsräume mit zahllosen Eisschränken, die aus
dem ca. 30,000 Centner enthaltenden Eishaus gespeist werden; dazu die
Wäscheräume, in denen u. a. 8000 Tischttücher und 18,000 Servietten unter¬
gebracht sind; dazu die Abwaschküchen, die Kartoffelschäl- und Gemüseputz-
räume, die Magazine für Kaffee, Thee, Zucker und andere Gebrauchsartikel,
die ca. 140,000 Flaschen meist feiner Weine umfassenden Kellereien — das
gibt einen Gesamtbetrieb, bei dessen llesichtiguug es eine ehrsame Hausfrau
heiß übex'läuft. Wie soll man da genaue Kontrolle übenV Nun, dafür wäre
schon gesorgt, wenn nur der böse Wettergott nicht häufig genug alle Kontroll-
maßregeln sowohl wie alle Voraussicht und alle Vorbereitungen vereiteln möchte.
Das ist die Kehrseite dieses Engros-Betriehes.
Sonnabend Abend herrliches Wetter. Zu Sonntag die großartigsten Vor¬
bereitungen. Keulen und Kotelett, Fisch und Geflügel, Hummern und Krebse
— alles in Bereitschaft. Und Sonntag morgens regnet es in Strömen. Das
ist noch der gelindere Fall, denn dann wandern die Vorräte einfach in die
großen Eisschränke zurück, wo sie einen appetitlichen Riesenstapel bilden, und
harren späterer Verwendung. Aber schlimmer, viel schlimmer ist’s, wenn der
Sonn- oder Festtsag sich herrlich anläßt und 40,000 bereits um 2 Uhr
nachmittags den Garten bevölkern und neue 20,000 von 3 bis 6 Uhr anrücken
und in allen Kesseln die Vorräte kochen und die Saucen brodeln und in allen
Pfannen die Braten bräunen; und dann plötzlich beliebt es dem launischen
Jupiter pluvius sich einzustellen und seine grimmigste Miene aufzustecken. In
zehn Minuten sind die Tausende zerstoben, und auf die für eine hungrige
Armee gerüstete brodelnde Küche senkt sich die Ruhe des Kirchhofs. Was nun?
Die vorjährige Sommersaison bot ein leuchtendes Beispiel solch verreg¬
neter Tage, die aber eben mit in den Kauf genommen werden müssen.
Berliner Tage-Blatt 20. 7. 1892.
L i 1 1 e r a t u r.
Westfalens Ti er leben. 3. Band. Die Reptilien, Amphibien und Fische.
Herausgegeben von der zoologischen Sektion für Westfalen und Lippe unter
der Leitung ihres Vorsitzenden Prof. Dr. H. Landois. Mit 19 Tafeln in
Farbendruck und 111 Holzschnitten. Paderborn. Ferd. Schöningh. 1892.
Mit diesem dritten Bande ist einWerk vollendet, auf welches die zoologische
Sektion des Westfälischen Provinzial -Vereins für Wissenschaft und Kunst
sowie die Verfasser mit Stolz hinsehen dürfen, denn die Aufgabe, das Tier¬
lehen Westfalens, soweit es seine Wirbeltiere betrifi't, zu schildern, ist mit
viel Liebe und Geschick und in ganz selbständiger und eigenartiger Weise
durchgeführt.
Der vorliegende Band behandelt die kaltblütigen Wirbeltiere und wird
mit einem Kapitel über die »vorzeitlichen« Reptilien und Fische von Dr.
W. von der Marek eingeleitet. Die übrigen Teile sind von II. Landois
E. Rade und Fr. West ho ff bearbeitet. Bei den Reptilien kommen zur
Besprechung die europäische Sumpfschildkröte, die Zauneidechse, Bergeidechse,
Mauer- und grüne Eidechse sowie die Blindschleiche, wenn auch das Vor¬
kommen einiger dieser Tiere für Westfalen nicht ganz sicher festgestellt ist.
(Von der grünen Eidechse, dem »Grüneder« hätten die Verf. aus unserer
Zeitschrift erfahren können , daß sie auch noch weiter »rheinabwärts als
bei Kreuznach« vorkomint. Z. G. Jahrg. XXII, 1881, S. 119; XXIII, 1882,
256
S. 159; XXVI, 1885, S. 140.) Ferner die Ringelnatter, Würfelnatter, Schling¬
natter und Kreuzotter. Bei den Amphibien sind die neuerdings neu aufge¬
stellten Arten unterschieden und es werden demnach aufgeführt der grüne
Wasserfrosch, Seefrosch, Grasfrosch, Moorfrosch, Springfrosch, die graue Kröte,
Wechselkröte, Kreuzkröte, der Laubfrosch, die Knoblauchkröte, die gelb¬
bauchige und rotbauchige Feuerkröte, der Feßler, der Feuersalamander, der
Kammmolch, Bergmolch, Ledermolch und Leistenmolch. Es wird allen, die
sich mit diesen Tieren näher beschäftigen wollen, außer dem eingehenden
Texte auch die Zugabe vortrefflicher Holzschnitte willkommen sein, die bei
Schlangen und Eidechsen die Beschuppung, bei Fröschen und Kröten die Füße
und andere unterscheidende Merkmale stark vergrößert darstellen. Ebenso
wird der Körperbau der Fische durch ähnliche Abbildungen erläutert.
Besonders sorgsam sind die Fische des Gebietes behandelt und zwar
gehen der eigentlichen Naturgeschichte dieser im Ganzen weniger gekannten
Geschöpfe wichtige und ansprechende Kapitel voraus über die Gewässer West¬
falens, über die Geschichte des westfälischen Fischerei wesens, die Anstalten für
künstliche Fischzucht in Westfalen, sowie das Aquarium des Zoologischen
Gartens zu Münster, aus welchem wir in unserem Blatte ja auch schon mehr¬
fach Mitteilungen gebracht haben. Sämtliche in Westfalen vorkommende
Fische sind alsdann in anziehender Darstellung nach ihrem Auftreten in den
Gewässern, nach ihren Kennzeichen, ihrer Lebensweise und Bedeutung, sowie
nach ihren gerade in Westfalen beobachteten Eigentümlichkeiten geschildert.
Von den meisten Fischen führt eine Umrißzeichnung die äußere Form vor,
wie auch andere kennzeichnende Merkmale, Schlundknochen, Gaumen u. s. w.
in Abbildungen gegeben werden.
Was die Naturgeschichte der Fische in diesem Bande besonders aus¬
zeichnet, das sind die 19 beigegebenen Tafeln mit farbigen Abbildungen der
westfälischen Fische. Ein jeder, der sich einmal mit diesen einheimischen
Wasserbewohnern beschäftigt hat, weiß, wie schwierig es ist, die einzelnen
Arten auf bloße Beschreibungen hin zu unterscheiden, und um so wertvoller
erscheint daher die kostbare Beigabe der mit großer Sorgfalt von Fritz
Schütte ausgeführten Originalabbildungen. Sie werden das Erkennen der
einzelnen Arten wesentlich erleichtern. Leider ist nur auf Taf. VI die Maler¬
muschel, in welche der Bitterling seine Legeröhre einschiebt, ganz unrichtig
dargestellt.
Der reichen und schönen Ausstattung dieses Bandes gegenüber ist der
Preis von 10 Mark ein sehr mäßiger zu nennen. N.
Eingegangene Beiträge.
K. ll. in D. — A. V. K. in 1).: Ersuche gef. um Ihre Adresse. — G. R. in F. — E. F.
in B. . Besten Dank. —
Bücher und Zeitschriften.
Prof Dr O Behneider. Schneiders Typenatlas. Naturwisscnschaftlich-geograpliiseher
Ilandatläs für Schule und Haus. 4te Auflage. Dresden. 0. C. Meinhold & Sohne.
1 <4g9 2 M» 40 l*f.
Ai.handiiinoen der Natnrliistnrischen Gescdlschaft zu Eürnherg. Juhihlumsschnft zur Feier
des Sb-rhrigen Bestehens. IX. Band. Nürnberg. U. E. Sebald. 1892.
Nachdruck verboten.
Druck von Maiilan & WaldachmicU. Frankfurt a, M
Der Zoologische Garten.
Zeitsclirift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
No. 9. XXXIII. Jahrgang. September 1892.
Inhalt.
Die Fortpflanzung des Ararauna (Sätace coemleu) in der Gefangenschaft; von H. H.
Sharland in La Fontaine h. Tours; mitgeteilt von Dr. L. Wunderlich. — Aus dem
Lehen der griechischen Landschildkröte, Testudo graec.a\ von Dr. Gust. Kumpf. — Tierlehen
in Ost-Algerien; von Dr. F. Werner (Wien). — Über den Nestbau gefangener Vögel; von
Eduard Rüdiger. — Aphorismen über Tetraonen; von Baron A. von Krüdener. —
Aus dem Rotterdamer zoologischen Garten; von Dr. C. L. Reuv ens. — Korrespondenzen.—
ICleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Die Fortpflanzung des Ararauna (Sittace coerulea) in der
Gefangenschaft.
Von H. H. Sharland in La Fontaine b. Tours.
Mitgeteilt von Dr. Ij. Wunderlich.
Id unseren zoologischen Gärten ist man stets gewohnt, die
großen Ara auf Bügeln zu halten, wo dieselben wohl den Besuchern
ihre Form und Farben bestens zeigen können, in der Ausübung
ihrer Lebeusgewohnheiten aber vollständig gehemmt sind. Nur höchst
selten findet man einmal einige dieser großen Papageien in einer
Voliere, und wenn ich das, was mir Herr Sharland über seine Ara
mitteilte, hier mit seiner Zustimmung der Öffentlichkeit übergebe,
so bezwecke ich damit in erster Linie, gegen eine alte Gewohnheit
auzngehen und zu einer Nacheiferuug des von Herrn Sharland
gegebenen Beispiels auzuregeu.
Dieser Herr, ein außerordentlicher Tierliebliaber, der wie der
verstorbene Mitarbeiter an diesem Blatt, Cornely St. Gerlach, einen
eigenen zoologischen Garten besitzt, der sich mit manchem öffent¬
lichen Institut dieser Art messen kann, hatte 1889 in einer Voliere
zwei Grünflügelara {Sittace chlor optera) , zwei Soldateuara {Sittace
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXIII. 1892. 17
258
niititaris) und zwei Ararauna (Sittace coendea) und zufälligerweise
von jeder Art Männchen und Weibchen. Dieselben vertrugen sich
vorzüglich, bis die Grüuflügelara sich paarten. Da war Herr
Sharland genötigt, diese allein zu setzen; das Weibchen legte,
brütete aber nicht, und iin Laufe des Jahres starb das Männchen.
Im folgenden Jahre paarten sich die Soldaten ara und die Ararauna
und mußten jetzt auch wegen Zwistigkeiten getrennt werden. Der
weibliche Soldatenara legte alsbald auf die bloße Erde, brütete aber
schlecht und verließ nach vierzehn Tagen die Eier. Eins derselben
erwies sich als unbefruchtet, während das andere ein halb ausge¬
bildetes Junge enthielt. Die Ararauna benutzten einen Holzzuber
zur Nestaulage und höhlten in dem Boden desselben ein Loch aus.
In dasselbe legten sie zwei Eier, die sie mit Ausdauer bebrüteten.
Nach einem Monat waren die Eier jedoch daraus verschwunden;
man fand sie im Sande verscharrt und unbefruchtet. Im Jahre
1891 wurden Holzscheite in die Volieren gestellt, in der Hotfnuug,
daß die Ara dadurch zum Nisten augeregt würden. Beide Arten
brüteten auch, die Ararauna sogar zweimal, doch waren die Eier
wiederum klar.
lu diesem Jahre endlich wurden die Bemühungen des Herrn
Sharland von Erfolg gekrönt und er konnte mir die Geburt und
glückliche Aufzucht eines Ararauna melden. Er sah denselben
zum erstenmal am 23. August, als er mindestens zwei Monate alt
sein mußte. Als Nest diente ein Weinfaß. Dasselbe war durch-
(»•esä"t, die beiden Teile auf Holzscheite in die Voliere gesetzt und
zur Hälfte mit Sägespähnen gefüllt. Im März paarten sich die
Ararauna, zerstörten die eine Faßhälfte und streuten den Inhalt
beider heraus. Gegen den 20. Mai hielt sich das Weibchen viel
in der anderen Faßhälfte auf und seit diesem Tage duldeten die
Ararauna es nicht mehr, daß jemand sich derselben näherte. Nach
Verlauf von drei bis vier Wochen sah man weder Junge noch
Eierschalen, und mau nahm an, daß die Eier wie im Vorjahre
unbefruchtet waren. Da das Weibchen sich jedoch viel in dem
Fasse auf hielt und auch früher oft länger als einen Monat auf dem
Neste gesessen hatte, so stand man von jedem Eingriff ab. Sehen
konnte man nichts, so sehr man sich auch der Tonne näherte,
höchstens, daß der Boden derselben zerstört war, weiter nichts.
Mitte August, als Herr Sharland von einer Reise nach Deutsch¬
land zurückkehrte, die auch mir die Gelegenheit verschafft hatte, diesen
auf dem Gebiete der Tierhaltung und Tierzucht so erfahrenen Mann
259
persönlich kennen zu lernen, sah derselbe, dah die Ararauna
noch immer in die Tonne gingen und er glaubte, dah sie zum
zweitenmal legen wollten. Am 23. August nun machte man in
der von denselben bewohnten Voliere Jagd auf Mäuse und hatte,
um dies ohne Beunruhigung der Ara thun zu können, diese in einem
benachbarten Raume uutergebracht. Als man das Faß wegnahm,
fand man unter demselben zu aller Überraschung einen jungen,
vollständig befiederten Ararauna. Das Erstaunen war um so größer, als
mau nie vorher einen Schrei gehört oder sonst etwas von dem Vor¬
handensein eines Jungen bemerkt hatte. Auch die Alten waren,
wenn sie in der Tonne waren, völlig unsichtbar und weder Herrn
Sharland noch seinem Wärter war etwas Außergewöhnliches aufge¬
fallen. Da die Eier gegen den 20. Mai gelegt sein müssen und die
Brutdauer bei den Ara 21 — 25 Tage beträgt, so mußte das Junge,
als es gefunden wurde, älter denn zwei Monate sein. Es schien
allein zu fressen, doch wurde das Nest sofort wieder in den früheren
Zustand versetzt und die alten Ararauna wieder zu dem Jungen ge-
lassen, das nach den letzten Nachrichten vom 1. September weiter¬
gedeiht als der erste in Europa gezüchtete Ara.
Die Geschlechter der alten Ara sind durch die Färbung nicht
zu unterscheiden , doch konnte Herr Sharland bei den Ararauna
feststellen, daß nur das Weibchen brütet, während z. B. bei den
Kakadu auch das Männchen sich am Brutgeschäft beteiligt.
Eine andere eigentümliche Erscheinung, die Herr Sharland be¬
obachten konnte, ist die vollkommene Schweigsamkeit der alten Vögel
während der Brutperiode. Jedermann, der Ara gepflegt hat, kennt
die unangenehme Schreierei, welche einem das Halten der präch¬
tigen Tiere oft gänzlich verleidet. Aber sowohl die Ararauna , wie
Soldatenara entsagten dieser Unart gänzlich , sobald das Brüten be¬
gann; weder Männchen noch Weibchen ließen alsdann den geringsten
Schrei hören.
Als Futter gibt Herr Sharland den Ara nur Hanfsamen, Mais
und Schiffszwieback, und er warnt vor der Fütterung mit einge-
weichtem Brot oder gekochtem Mais, einem Rate, dem ich mich voll
anschließen kann.
260
Aus dem Leben der griechisch eii Landscliildkröte, Testudo
graeca.
Von Dr. Gust. Rumpf.
Unter dem Titel »Schildkröten im Freien« erschien in Bd. XI,
1870, pag. 384 dieser Zeitschrift eine Notiz meines Bruders, und es
ist vielleicht nicht ohne Interesse zu erfahren, daß das damals als
glücklich überwinterte Exemplar der Landschildkröte bis zum vorigen
Jahr bei mir ausgehalten und sich im allgemeinen stets des besten
Wohlseins erfreut hat. Dieselbe hat somit 33 Jahre in Deutsch¬
land gelebt. Der Gefährte, welcher ihr im Jahre 1869 zugesellt
wurde, ist dieses Jahr eingegangeu und zwar an der von J. von
Fischer Bd. XIII, 1872, pag. 244 d. Z. erwähnten Augenkrank¬
heit; er hat somit 23 Jahre in Frankfurt zugebracht.
Beide Tiere sind fast die ganze Zeit in einem der Freiheit fast
gleichkommenden Zustand gehalten worden, d. h. sie konnten sich
in einem kleinen Garten während des ganzen Sommers frei bewegen
und wurden im Herbst, wenn man ihrer habhaft wurde, in Heu ver¬
packt und in den Keller gestellt.
Die Tiere stehen geistig sicher auf einer niederen Stufe, doch
haben sie ein ganz gutes Orientierungsvermögen innerhalb des kleinen
Kreises, in dem sie sich bewegen. Sie finden mit Sicherheit den Platz
wieder, wo sie zu übernachten pflegen, was für die Tiere gar nicht
so leicht ist, da ihnen jeder Überblick fehlen muß, und vor allem
haben sie eine vorzügliche Befähigung zur Auffindung des wärmsten
Platzes für das Überwintern.
Vergangenen Herbst konnte von 2 neuangeschafften Schildkröten
die eine nicht aufgefunden werden. In diesem Frühjahr fand man
sie beim ümgraben etwa 20 cm tief und zwar an der Stelle des
Gartens, wo der Schnee am frühesten wegthaut und welche sich die
Veilchen als Lieblingsplatz ausgesucht haben.
Die Sinne der Tiere sind schwach entwickelt, selbst heftiges
Geräusch erschreckt sie nicht und auch die schönen glänzenden Auo-en
O O
geben dem Tier nicht die Sicherheit, daß das vorliegende Futter das
richtige sei, wenn nicht die eingehende Prüfung mit der Nase
günstig ausgefallen ist.
Trotz dieser geringen geistigen Begabung haben die Tiere eine
große Selbständigkeit und einen großen Freiheitsdrang. An den vier
Exemplaren, die ich zu beobachten Gelegenheit hatte, habe ich
261
gefunden, daß sie tagelang nach einem Ausweg suchen, wenn inan
sie in einem abgeschlossenen Raum von nur einigen Quadratmetern
Fläche hält. Wenn sie sich überzeugt haben, daß es kein Entrinnen
gibt, so fügen sie sich wohl in ihr Schicksal, man bringt sie auch
dazu, daß sie das Vorgesetzte Futter in Menge verzehren und sich
körperlich wohl befinden, aber ein richtiges Bild gibt eine solche in
engem Gewahrsam gehaltene Schildkröte nicht. Ist es ihr aber
gelungen, zwischen den einschließenden Brettern einen Spalt zu
entdecken, und sind die Pflöcke, mit denen diese festgehalten
werden, etwa morsch oder locker, so vollführt unser Tier wahre
Turnerkünste, indem es sich zwischen die Bretter klemmt und
mit den verhältnismäßig sehr kräftigen Füßen den Spalt er¬
weitert, bis es ganz sozusagen hochkant eingeklemmt ist, und in
dieser Lage wird ein Weg von einem halben Meter mit unsäglicher
Anstrengung und Geduld zurückgelegt, bis die ersehnte Freiheit er¬
langt ist. Entfernt man die einschließenden Bretter, so kann man
oft genug die Schildkröten in dem ihnen früher zugewiesenen Raum
sehen, ein deutliches Zeichen, daß es nicht der Ort ist, den sie
fliehen, sondern die Gefangenschaft. Überhaupt lieben sie die Ab¬
wechselung sehr. Beim Umherkriechen wird unebenes Terrain bevor¬
zugt, und es ist oft drollig zuzusehen, wie das unbeholfene Tier sich
die steilste Stelle aussucht, um auf eine kleine Erhöhung zu gelangen,
so daß es oft, zwischen 2 Steinen eingeklemmt, nur mit den starken
Vorderfüßen arbeitet, während die Hinterfüße nutzlos in der Luft
herumtreteu, bis mit großem Aufwand an Beharrlichkeit und Zeit der
»Berg« erstiegen ist. Noch schlimmer geht es dem Tiere manchmal
beim Absteigen, wenn es fällt und auf den Rücken zu liegen kommt;
es bleibt ihm dann nichts übrig, als solange mit den Beinen zu
strampeln und heftige Bewegungen mit dem ganzen Körper zu
machen, bis irgend ein Steinchen sich unter eine Seite des Rücken¬
schildes schiebt. Dieser Umstand wird dann benutzt und der Rücken¬
schild so lange an dem Steinchen emporgearbeitet, bis die Lage so
schief geworden ist, daß der Körper mit einer letzten energischen
Bewegung auf die Bauchseite umkippen kann. Es ist einleuchtend,
daß ein solches Manöver viele, viele Stunden dauern kann.
Ebenso wie die griechische Schildkröte einförmiges Terrain
meidet, ebenso behagt ihr auch einförmige Kost nicht. Hat sie
nichts anderes, so frißt sie in der warmen Jahreszeit ganze Hände
voll Salat oder wilden Wein, aber wenn sie sich ihre Nahrung
selber suchen darf, dann bleibt sie nie lange bei einem Gegenstand.
262
Hat sie sich halb satt gefressen, so folgen noch einige Bisse in die
Luft , welche wahrscheinlich die Schlingbewegung erleichtern und
stets den vorläufigen Abschluß einer Mahlzeit bilden. Daun wird
der Kopf erhoben, eine rasche Seitenbewegung — und es geht weiter
zu einem grünen Gegenstand, der einige Schritte entfernt ist. Ist
es Löwenzahn (Leontoäon), Melde (Chenopodium)^ Salat, wilder Wein
oder Gänsedistel, so werden einige Blätter verzehrt und dann geht
es wieder weiter. Ist es aber Klee oder sonst ein Gewächs mit
glatten Blättern, so wird höchstens ein halbes Maul voll genom¬
men, dazwischen wird auch ganz vorübergehend an einem dürren
Blatt oder an einer Brotkrumrae geknuspert oder eine Stiefmütter¬
chen- oder Boraschblüte genascht.
Es ist sehr erklärlich, daß die Tiere viel lieber von auge-
wachseueu Pflanzen fressen als von abgebrochenen Blättern. Ihre
Kiefer sind schwach und wenig scharf, so daß sie mehr darauf an¬
gewiesen sind, den einmal gefaßten Blattfetzen abzureißen als abzu¬
beißen, und das geht ganz gut, wenn die Pflanze fest angewurzelt
ist, während bei abgebrochenen Blättern immer die Pfoten zu Hülfe
genommen werden müssen. Sie sind daher auch recht dankbar,
wenn mau ihnen das Blatt vorhält, das Fressen geht dann doppelt
so rasch.
Bei meinen alten Tieren waren alle Versuche mit tierischer
Nahrung ganz fehlgeschlagen, und auch von den jungen Tieren,
welche ich jetzt besitze, kümmert sich das eine nicht im geringsten
um Regenwürmer, welche man ihm vorlegt, während das andere
diese Fleischuahruug entschieden bevorzugt. Gibt man ihm, selbst
wenn es gerade an einer saftigen Staude frißt, einen Regenwurm
in der Eutferuuug von 8 — 10 cm, so hört es auf zu fressen und
betrachtet den Wurm; fängt dieser au sich zu bewegen, so wird
die Schildkröte plötzlich lebhaft, geht rasch auf ihn zu, senkt den
Kopf, was ja auch J. v. Fischer als sicheres Zeichen von Freß-
begier schildert, und packt den Wurm, der daun lebendig und ohne
vorherige Zerkleinerung verschlungen wird. Ich habe ihr so schon
6 mittelgroße Würmer hintereinander gegeben, ohne ihren Hunger
cranz gestillt zu haben. Erwähnt sei, daß dies fleischgierige
Exemplar ein Männchen ist, daß aber unter den fleischver¬
schmähenden ebenfalls ein Männchen war. Vergl. J. v. Fischer
Bd. XHI 1872 pag. 71 dieser Zeitschrift.
Währeud hiermit bewiesen ist, daß unter sonst ganz gleichen
Bedingungen manche Schildkröten Fleischuahruug geradezu bevor-
263
zuo’eu, wäbreucl aiiderG Artgetiosseii sie durchaus verschmähen, liat
sicli bei keinem von meinen 4 Exemplaren ein Bedürfnis nach
Wasser nachweisen lassen, wie es J. v. Fischer Bd. XIII, 1872,
pag. 09 beschreibt. Die sorgfältigsten Beobachtungen haben mich
überzeugt, daß meine Tiere nicht saufen, und es ist absolut sichei,
daß ihnen viele Jahre hindurch außer den Thau- und Regentropfen
auf Pflanzen kein Wasser zur Verfügung gestanden hat. Ebenso¬
wenig zeigen sie Vergnügen am Baden; aus kaltem wie aus lau¬
warmem Wasser suchten sie möglichst rasch zu entkommen, wenn
sie gewaltsam hineingesetzt wurden. Freiwillig gehen sie überhaupt
nicht hinein.
Alles dies bezieht sich natürlich nur auf die heiße Jahreszeit,
während welcher die Tiere lebhaft und munter sind. Bei drückender
Hitze suchen sie übrigens gegen Mittag auch den Schatten auf und
halten eine Siesta, die bei ihrem in dieser Zeit sehr entwickelten
Appetit sehr erklärlich ist.
Solange die Schildkröten im Freien leben, habe ich nie irgend
eine Krankheit an ihnen wahrnehmen können, wohl aber haben
sie mehrmals die Anfänge der schon erwähnten Augenkrankheit von
der Überwinterung im Keller, nie aber von der Überwinterung im
Freien mitgebracht. Dieselbe heilte in der Regel in wenigen Wochen
während des Aufenthaltes im Freien. Dieses Frühjahr waren beide
Exemplare, die im Keller überwintert hatten, von der Kraukheit
befallen und zwar das Exemplar vom Jahr 1869 so stark, daß es
diesen Sommer gar nicht mehr zum Fressen kam und schon nach
einigen W^ochen starb. Das jüngere Exemplar hat sich lediglich
durch frische Luft und einige Bäder, welche ich gab, um die Augen
aufzuweichen, vollkommen wieder erholt.
Ich vermute, daß der Keller, in welchem jetzt eine Central¬
heizung eingerichtet wurde, für den Winterschlaf zu warm ist, und
ich werde hinfort die Tiere im Winter kälter halten.
Die Schildkröte, welche 33 Jahre bei mir ausgehalten hat, ist
offenbar an Altersschwäche gestorben. Schon in den letzten Jahren
waren ihre Bewegungen langsamer geworden und ihre Freßlust war
gegen früher sehr gemindert. Im letzten Sommer bewegte sie sich
fast nicht mehr und eines Tages wurde der eingetretene Tod fest¬
gestellt.
Schließlich sei noch für solche, welche Lust haben, ihren
Schildkröten die freie Benutzung des Gartens zu gestatten, bemerkt,
daß die Tierchen sehr wenig Schaden anrichten, da ihre Lieblings-
264
nahriing in Unkräutern bestellt. Nur jung angesäte Beete müssen
geschützt werden, weniger wegen des Abfressens als vielmehr wegen
des Schadens, den sie dadurch anrichten, daß sie über die jungen
Pflanzen hinkriechen.
Tierleben in Ost -Algerien.
Von Dr. F. Werner (Wien).
Der freundliche Leser möge bei Anblick dieser Überschrift ja
nicht erwarten, in den folgenden Zeilen interessante Geschichten von
Leoparden- und Hyänenjagden zu erfahren, denn er würde in diesem
Falle sehr enttäuscht werden 5 ich habe während meiues kurzen
Aufenthaltes in Algerien von Säugetieren überhaupt fast nur ein
paar höchst unschuldige Schakale und Gazellen zu sehen Gelegenheit
gehabt, mit einer Hyäne nur ein einzignial verkehrt, und alle diese
Tiere flößten mir viel weniger Respekt ein, als die zahllosen Störche,
welche von Bona bis Batna alle Städte bevölkern, alle Hausdächer,
Kirchtürme und Minarets besiedelt haben, namentlich aber auf den
Wiesen bei Kroubs in Gesellschaften von vielen Dutzenden sich
fliegend, springend und laufend herumtreiben.
Ich gedenke hier nur diejenigen Tiere in ihrem Leben und
Treiben kurz zu schildern, welche dem Sammler wegen ihrer Häufig¬
keit fast unvermeidlich begegnen müssen, und lade zu diesem Behufe
den Leser ein, mir auf den wegen seines Tierreichtums bekannten
Mont Edough bei Bona im Geiste zu folgen.
Allerdings wird man finden, daß den Reptilien und Amphibien
relativ mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde als den anderen
Tieren, was eben darin seinen Grund hat, daß ich speciell ihret¬
wegen die Reise ausführte.
Im allgemeinen kann man nicht sagen, daß in den Gegenden,
welche ich in Algerien besuchte, eine so starke Massenentfaltuug der
lierwelt, wie es in Dalmatien vielfach, namentlich aber bei Zara,
dei Fall ist, wo manche Eidechsen {Lacerta muralis und viridis) und
Schlangen {Coelopeltis monspessulana) etc.), ferner Skorpione, Skolo¬
pender, Käfer etc. geradezu wimmeln, zu finden wäre; der Mont
Edough erscheint anfangs tierarm im Vergleich zu jenen trostlosen,
steinigen Gegenden Dalmatiens.
Abei wir brauchen nicht lange den Berg hinauf zu wandern,
um die ersten Vertreter der algerischen Tierwelt zu Gesichte zu be-
265
kommen. Die schöne Lacerta pater ^ * *) die algerisch-tunesische Ver¬
treterin der europäischen Perleidechse (L. ocellata) kreuzt sehr oft
unseren Weg, und einem geübten Fänger gelingt es leicht, sie zu
erhaschen. Noch leichter fängt mau sie beim ümwenden großer
Steine, unter denen sie häufig angetroffen wird ; wie viele andere
Eidechsen und auch Schlangen ergreift auch sie in diesem Falle näm¬
lich nicht gleich die Flucht, sondern verhält sich eine genügende
Zeit lang unbeweglich, um gefangen werden zu können. Allerdings
macht sie dann von ihrem Gebiß und ihren Krallen einen so ener¬
gischen Gebrauch, daß mau sie trotz ihrer geringen Größe — sie
wird selten über 40 cm lang — kaum mit beiden Händen festhalten
kann, umsomehr als sie sich fortwährend um ihre eigene Längs-Axe
dreht (eine Eigenschaft, die mit ihr unter anderen auch Opliisaurus
apus^ Rhinechis scalaris und die australische Rautenschiauge, Morelia
argus^ gemeinsam haben) und heftig mit dem Schwanz herumschlägt.
Eine nicht weniger häufige Erscheinung ist die Kieleidechse,
Rsammodromus algiriis,'^^) ein Tierchen meist von der Größe unserer
gemeinen Zauneidechse, welches auf buschigen Abhängen des Berges
mit großer Schnelligkeit herumläuft und sich durch seine deutliche
Stimme vor seinen Verwandten auszeichnet. Der »Bou-Rioun«,
wie die Lacerta pater auch von den Arabern von Bona und Lam-
besa genannt wird, verzehrt Käfer und sogar Mäuse, dürfte sich aber
in Freiheit mit Vorliebe von den großen, bunten und flügellosen
Heuschrecken der Gattung Pamphagus ernähren, die namentlich auf
den Zwergpalmen und den immergrünen Sträuchern sich aufhalten,
welche ihr als Versteck dienen. Diese Heuschrecken, sowie die son¬
derbaren Nasenheuschrecken {Tryxalis) und die gemeine südeuropäische
Wanderheuschrecke {Aeridiimi aegyptiacum) stellen das größte Kon¬
tingent der dem Wanderer auffallenden Insekten weit ; wie überhaupt
die Heuschrecken und Käfer von den wirbellosen Tieren wohl am
meisten sich bemerkbar machen; teils wegen ihrer verhältnismäßig
bedeutenden Größe, teils weil viele von ihnen bei Tag ihrem
Nahrungserwerb nachgehen.
An den Mauern alter verfallener arabischer Häuser und auf
Steinhaufen finden wir mit großer Regelmäßigkeit den gemeinen
Ma u ergecko, ***) Tarentola mauritaniea^ eine Eidechse, die von
dieser Gegend Nordafrikas durch den Schiffsverkehr nach den Küsteu-
*) J. V. Fischer im Zool. Garten XXIX, 1886. p. 265.
J. V. Fischer ebenda XXVIll, 1887. p. 65.
***) J. V. Fischer im Zool. Garten XXVIII, 1887. p. 118, 178.
266
orten Südfrankreiclis (Nizza, Cette etc.) und wohl auch nach Italien
verschleppt wurde, ja die sogar — wahrscheinlich durch dalmatinische
Fischerbote, die an der tunesischen Küste dem Sardiueufang oblagen,
bis nach der lusel Lesina kam, wo sie gegenwärtig gar nicht selten
ist, *) Mit diesen an heißen Tagen mit erstaunlicher Schnelligkeit
an den Mauern dahinschießenden Tieren , deren lebhaftem Treiben
niemand ohne Vergnügen und Interesse Zusehen kann, teilt die
uordafrikanische Pantherkröte, JBufo mauritanicus^ den Aufent¬
halt in Manerlöchern und Steinhaufen. Diese Kröte steht in
vieler Beziehung ebenso genau in der Mitte zwischen JBufo vulgaris
und viridis^ wie die vorhin erwähnte Lacerta pater zwischen
L. ocellata und viridis. Sie wird ebenso groß wie die gemeine
Kröte, ist also ein ganz stattliches Tier, und besitzt die Zeich¬
nung des JB. viridis \mi allerdings charakteristischen Abweichungen.
So ist die Grundfarbe mehr braun, als grau, auch die Flecken sind
olivengrüu bis braun und namentlich bei alten Exemplaren dunkler
gerändert. Außer der gefleckten Form gibt es auch eine einfarbig
braune, die dem JB. viägaris auffallend ähnlich ist. — Die Panther¬
kröte **) ist überall auf dem Mont Edough recht häufig und geht
auch bei Tage dem Nahrungserwerb nach, nicht humpelnd oder
laufend, sondern in ziemlich weiten Sprüngen sich bewegend. In
Gefangenschaft ist sie ungemein anspruchslos und verträgt sich mit
anderen Amphibien und überhaupt anderen Tieren, die nicht viel
kleiner sind als sie selbst, sehr wohl; (nach Mäusen schnappen große
Exemplare fast stets); iu der Freiheit lebt sie gar nicht selten mit
der Lacerta pater oder mit der Kapuzenzornnatter unter denselben
Steinen.
Unter großen Steinen findet man auch, obwohl nicht eben häufig,
die Hufeiseuuatter, Zamenis hippocrepis, die schönste Schlange
Algeriens, Im Gegensatz zu den anderen früher in Gefangenschaft
gehaltenen und selbstgefaugeueu Hufeisennattern war ein ziemlich
großes Exemplar, welches ich noch am Tage vor meiner Heimreise
auf dem Mont Edough fing, von außerordentlicher Bissigkeit und
hat diese Eigenschaft bis heute, nachdem sie schon einige Monate in
Wien lebt, noch nicht abgelegt. Solche Teinperainentverschieden-
heiten konnte ich bei fast allen Nattern sehen, die ich lebend zu
beobachten Gelegenheit hatte, und man kann ebensowenig im all¬
gemeinen sagen, daß die Katzenschlange, Schling-, Pfeil-, Eidechsen-,
*) Möglicherweise ist sie auch erst über Italien nach Lesina gekommen!
**j V. Fischer ebenda XXIV 1883. p. 43.
207
Äskulap-, Leoparden- oder Treppenuatter bissig seien,*) als man
andererseits der Streifennatter, girondisclien Natter und den Wasser¬
nattern durchwegs ein gutmütiges Naturell zuschreiben darf.
Daraus erklären sich naturgemäß die Kontroversen v. Fischers
und F e 0 k t i s 1 0 w s über die Treppenuatter, die ich umsoweniger
zu Gunsten des* einen oder des anderen Forschers entscheiden kann,
als fast jedes neu in meinen Besitz gelangende Exemplar überhaupt eine
charakteristische Temperamentverschiedeuheit von den anderen auf¬
weist. — Wenn man von ihrem Verhalten in Gefangenschaft auf
das Freileben schließen darf, so nährt sich die anmutige, aber nicht
sehr flinke Schlange im erwachsenen Zustande von Mäusen, die sie
wie viele andere, wenn auch nicht mit Spaltpupille versehenen
Nattern bei Nacht erbeutet.
Weit häufiger ist bei Bona die Vipern uatter, welche mau au
allen Gewässern, Bächen, Teichen, Bewässerungsriunen etc. antreffen
kann und welche von einer seltenen Dreistigkeit ist. Ich konnte
mehrmals Vipernnattern ans einer Entfernung von nur 1 — 2 dm. bequem
betrachten, ohne daß sie sich auch nur im mindesten um mich ge¬
kümmert hätten; sie lagen, den Körper durch Ausspreizuug der
Rippen stark verbreitert, im Sonnenschein und rührten sich nicht
eher vom Fleck, bis es bereits zu spät und sie in meinen Händen
waren. Ganz dasselbe habe ich auch bei ihrer osteuropäischen Ver¬
wandten, der Würfelnatter, au den Ufern der Schwechat in Baden
bei Wien, wo sie sehr häufig ist, beobachtet. Die Vipernnatter ist
Doch sind allerdings weitaus die meisten Exemplare der erwähnten
Arten wirklich bissiger Natur; fast immer aber die Dahlische Natter,
Zcmicnis Dcililii, und die schwarze Varietät der Pfeil natter, Zamenis gemo-
nensis var. carhonarius. Sehr gutmütige Exemplare kommen vor bei der
Katzenschlange, Tarlophis vivax, und zwar gar nicht selten; die Sand¬
schlange, Eryx jaculus, ist immer sanften Naturells und beißt niemals.
Sehr viele Schlangen wie z. B. alle meine Treppennattern beißen nui,
wenn man sie im Käfig reizt, nicht aber, wenn man sie herausnimmt und
selbst in der Hand hält (Ausnahme natürlich beim Fang). Die Schling¬
natter beißt gerade in diesem Falle sehr häufig und zwar gewöhnlich nich t
schnappend, sondern indem sie ganz ruhig den Finger des Pflegers zwischen
ihre Kiefer nimmt und ihm die sonst uninerkliche Bißwunde durch seitliches
Hin- und herbewegen des Kopfes gehörig vergrößert. Das Geifern von Zamcnis
gßtnonensis beim Angriff (Brehms fierleben HI. Auflage 1892 p. 286) habe ich,
obwohl ich viele selbst gefangen habe, niemals gesehen. Bemerken will ich
noch, daß ich auch Exemplare der sonst so ausserordentlich bissigen Kreuzotter
«•esehen habe, die trotz alles Beizens nicht zum Beißen zu bewegen waren, trotz¬
dem ihre Gesundheit nichts zu wünschen übrig ließ.
268
wohl die langsamste der drei europäischen Tropidonotas-Arten. Wenn
Brehra*) p. 312 sagt, daß man die Ringelnatter, ohne sich bedeutend
anzustrengen, in der Ebene jederzeit einholen könne (Brehms Tier¬
leben III. Aufl. 1892, VII. Bd.) so gilt dies wohl nur von sehr orroßen
Exemplaren oder von trächtigen Weibchen; kleinere Exemplare geben,
wenigstens in nnserer Gegend, der Würfelnatter an Schnelligkeit durch¬
aus nichts nach und von einem Nebenhergehen kann wohl in einem
Zimmer, wo der glatte Fußboden der Schlange die Fortbewegung
sehr erschwert, auf keinen Fall jedoch im Freien die Rede sein.
Au denselben Orten wie die erwähnte Schlange finden wir auch
zwei Frösche, den Seefrosch, Hana esculenfa var. ridibunda, und
Discoglossus pictus^ einen feisten, flachköpfigeu und schön gezeich¬
neten Frosch in großer Häufigkeit. Ersterer entfernt sich nicht
gar weit vom Wasser, letzterer hingegen streift überall auf dem
Mont Edough herum, wo sich Pflanzeuwuchs befindet und dadurch
der Boden etwas vor dem Austrockuen geschützt ist.
Unter Steinen findet mau, namentlich am Ostabhange des
Berges, eine schöne Eidechse, den Chälcides ocellcitus var. tiligugu^
welcher mit großer Schnelligkeit in dem lockeren, an Glimmer-
schüppcheu reichen Saude sich bewegt und, wenn gefangen, durch
heftiges Herumschlagen des aalglatten Körpers und durch Beißen
sich zu retten versucht. **) Noch interessanter ist die in feuchten,
waldigen Stellen dieses Ostabhanges nicht seltene Süßwasser-
krabbe, Thelpliusa fluviatilis, welche oft weitab vom Wasser eben¬
falls unter Steinen lebt und beim ümwenden derselben nach seit¬
wärts laufend flüchtet. Das kleine Tier vertheidigt sich so mutig
und geschickt mit seinen Scheeren, daß mau ohne Zuhülfenahme
einer Piucette es nicht verhindern kann, empfindlich gekneipt zu
weiden. Jedenfalls ist eine Krabbe auf einem Berge eine nicht
gewöhnliche Erscheinung.
Wenn wir uns nach Süden, in die Ebene von Batua und
Lambesa wenden, wo das gewaltige Auresgebirge mit seinen bereits
*) Auch Lenz sagt ebenda p. 185: »Keine Schlange bewegt sich so
schnell, dass inan nicht, ohne zu laufen, mit starken Schritten nebenher gehen
kann.« Lenz hat zweifellos keine südeuropäische Schlange im Freien beobachtet,
sonst hätte er diese Aeußerung gewiß nicht gethan.
**) Die von v. Fischer bei den jungen Exemplaren beobachtete Lähmung
der Hinterextremitäten stellte sich bei einem meiner Exemplare ebenfalls und
zwar als Folge der allzu heftigen Einwirkung der Julisonne ein; das Tier starb
noch am selben Tage, obwohl es eine Stunde vor der Lähmung noch ge¬
fressen hatte.
269
selir vegetatioiisarmeu, eine deutlich geschichtete Struktur zeigenden
Felsinasseu an die nahe Sahara und ihre gänzlich kahlen, gelb¬
braunen Berge gemahnt, so finden wir noch sehr viele bekannte
Tierformen von der Küste: zahlreiche große grüne Eidechsen
{Lacerta pater) sitzen auf den Zweigen der vereinzelten Wacholder¬
büsche und die bunten Pamphagus-Heuschrecken treten in mehreren
schönen Arten recht häufig auf; die früher erwähnten Frösche,
Kröten, Eidechsen und Schlangen finden wir auch hier wieder ;
außerdem auch die maurische Landschildkröte, Testudo ihera^
welche sich in ihrem Gebahren und in der Wahl ihres Aufenthalts-
oi'tes von der griechischen Landschildkröte nicht im mindesten unter¬
scheidet und nameutlich bei Lambesa im Gebüsch nicht selten
herumkriecht. Große gelbe und braune Skorpione, ferner Skolopender,
welche allerdings die dalmatinischen an Länge nicht erreichen, sind
die regelmäßige Beute des Sammlers. Äußerst häufig ist auch eine
Tarantel-Art, deren mit einem seidenartigen Gespinnst ausgekleidete
Erdlöcher überall sichtbar sind. Zwei kleine, zierliche Eidechseuarten,
Ophiops occidentalis bei Batua, Psammodromus hlanci bei Lambesa
sind recht häufig, aber wegen ihrer Schnelligkeit und ihrer Geschick¬
lichkeit, sich im Steingeröll und Wurzelgeflecht zu verstecken, nicht
leicht zu erbeuten; erst nach langer Mühe gelingt es mekst, eines
der mit der steigenden Tagestemperatur immer lebhafter und schneller
werdenden Tierchen zu erhaschen. In Gefangenschaft sind sie wohl
kaum lauge Zeit zu erhalten.
Anders aber als au der Küste und im Atlasgebiet ist der Ein¬
druck, den wir von der Tierwelt der Sahara bekommen ; denn wenn
auch manche der bisher erwähnten Arten bis in die Wüste Vor¬
dringen, so sind es doch ganz andere, die uns dort vorwiegend
begegnen und von ihnen allen ist es die schwefelgelbe uordafri-
kauische Wanderheuschrecke, Schistocerea peregrina^ deren
riesige Schwärme den Reisenden, der mit der Bahn von Batna nach
Biskra fährt, schon etwa von El Kantarah an begleiten und von da an
das Interesse der Fremden, die das erstemal das Schauspiel eines Wauder-
Heuschreckeuzuges sehen, in höchstem Grade gefangen nehmen.
Niemand aber, der es nicht selbst gesehen, hält es für möglich,
daß die nur spärlichen Pflanzen wuchs tragenden Sauddünen ein so
reiches Tierleben beherbergen, wie es thatsächlich der Fall ist.
Eine wenigstündige Exkursion in die östlich von Biskra ge¬
legenen ausgedehnten Sauddünen wird uns die gewöhnlichsten Ver¬
treter der Wüstenfauna sehr bald vor Augen führen.
270 —
Obwohl der Weg, wie schon bemerkt, nur wenige Stunden be¬
trägt, so kann er dem au Temperaturen von mehr als 50*^ C.
nicht gewöhnten Ausflügler sehr unangenehm, ja verhängnisvoll
werden; da jedoch der Vormittag und Mittag die geeignetste Zeit
ist, um die Tiere der Dünenregiou in ihrer vollsten Lebensthätigkeit
zu sehen, so muß man diese Zeit zum Besuch wählen. Anfangs
fallen dem Wanderer nur die zahllosen Wanderheuschrecken auf,
die kreuz und quer herumfliegeu, daß es einem bald vor den Augen
zu fliininern beginnt; auf dem Saude liegen nicht weniger Leichen
dieser Heuschrecken, welche einer Unmasse von schwarzen Käfern
aus der Familie der Tenebrioniden, deren Fußspuren mau nebst
denen der Laufkäfer im feinen Sande eingedrückt findet, zur Nahrung
dienen. Diese unzähligen, durchwegs schwarzen, gerippten, stacheligen,
haarigen, runzligen oder glatten, großen und kleinen, kurz- und
langbeinigen Käfer gehören meistens den Gattungen Pimelia, Adesmia
und Erodius an. Noch mehr in die Augen fallend sind große
schwarze, kreideweiß gefleckte Laufkäfer {Antliia sexmaculata), welche
unsere Carabus-Arten in der Sahara vertreten und die kleinen zier¬
lichen Graphipterus-Arten, welche wieder mit unseren Cicindelen
viele Ähnlichkeit besitzen. Wenn diese Laufkäfer verfolgt werden,
so eilen sie mit größter Schnelligkeit nach den stachligen Ge¬
sträuchen oder dürren Stauden, die meist auf dem Gipfel der Sand¬
hügel wachsen und in deren Wurzelgeflecht man meistens einen
oder mehrere dieser schönen Käfer finden kann. Auf diesen
Wüsteupflanzen sitzen häufig große goldglänzeude Prachtkäfer,
Jidodis albopilosa, und wunderbar gefärbte und gezeichnete Sphin-
gidenraupen.
Von den Eidechsen der Dünenregiou sind besonders dieAcan-
thodactjlus -Arten, A. bosManus, und der viel häufigere J.. ^ar-
dalis hervorzuheben, da man sie bei ihrer Häufigkeit jedenfalls zu
sehen bekommt. Obwohl die Färbung im allgemeinen der des
Flugsandes im höchsten Grade angepaßt ist, so daß man einen
Acanthodactylus, von dem man den Blick nur kurze Zeit abwendet,
mitunter gänzlich aus den Augen verlieren kann, ohne daß er seine
Stellung nur im mindesten verändert hätte, so findet man doch
kaum zwei ganz gleich gefärbte und gezeichnete Exemplare; der
bosJcianus ist meistens gestreift, der pardalis gefleckt, und zwar so
schwach, daß die Zeichnung durchaus nicht zur Verräterin an
ihrem Träger wird; im direkten Gegensatz zu der prachtvoll ge¬
zeichneten var. aurolineata der Vip er n n a 1 1 er, die den Blick des
271
unaufmerksamsten Spaziergängers durcli ihre hellgelben Längsstreifeu
und schwarzweißen Ocellen auf sich zieht.
Wenn man den kleinen Eidechsen, deren Dasein eigentlich nur
durch ihre Bewegungen verraten wird, da man sie selbst weder
sieht, noch in dem feinen, weichen Sande laufen hört,*) in der stillen,
von der Sonne durchglühten Sahara begegnet, so glaubt man es mit
kleinen Gespenstern zu thun zu haben — Gespenster, die den
sammelnden Herpetologen durch ihre plötzlichen Seitensprünge, das
Laufen im Zickzack und besonders dadurch, daß sie beständig den¬
selben Weg von einem Busch zum andern geräuschlos hin- und Zu¬
rückläufen, geradezu zur Verzweiflung bringen. Je hitziger der \ei-
folo’er wird, desto unvermuteter werden die Wendungen, desto schneller
wird der Lauf der Eidechse; es ist kaum möglich, ihr den Weg ab-
zuschneideu, auch auf größere Entfernungen hin und häufig endet
die Jagd damit, daß der Verfolger der Länge nach über einen Hügel
stolpert und sich noch lange die Nase und Augen von Sand und die
Hände von den Dornen befreien muß, während die Eidechse sich schon
wieder von ihrem Schrecken erholt hat. Bei einei solchen Gelegenheit
fiel ich einmal auf einen großen gelbbraunen Buthus, ohne daß wir
einander etwas zuleide gethan hätten. Diese liesigen, bis 12 cm
langen Skorpione sind in der Sahara nicht selten und verraten ihre
Wohnungen unter großen flachen Steinen in der Regel durch die
großen Eingangsöffuungen.
Mein arabischer Führer hatte eine vortreffliche Methode, die in
den Sand sich verkriechenden Acauthodactylus zu fangen. Er merkte
sich ungefähr die Stelle, wo die Eidechse unteigetaucht war und be
arbeitete sie längere Zeit kräftig mit einem Stock. Dann läunite
er den Sand weg und nach einigem Suchen fanden wir regelmäßig
den gänzlich besinnungslosen oder wenigstens sehr mürbe gewordenen
Sandbewohner. Auf diese Weise habe ich die meisten meiner
Exemplare unbeschädigt und noch ganz lebensfähig erhalten.
Von kleineren Tieren sind noch zahlreiche hellgraue Rollasselu
und sonderbare grosse, breite Heuschrecken, Ereniohia cisti, zu er¬
wähnen; ich will nur noch den beiden großen und lecht häufigen
Saharaeidechsen, dem Uromastix acanthinurus'^'^) und Varemus griseus
einige Worte widmen, obwohl ersterer von v. Fischer und
*) Die Spuren ihrer Zehen und Schwänze sieht man allenthalben im
Flugsand eingedrückt.
V. Fischer, Zool. Garten XXVI. 1885 p. 269, XXVII. 1886 p. 146,
XXIX. 1888 p. 97. Feoktistow ebenda XXVII. 1886 p. 340.
272
Peoktistow bereits eingehend und trefflich beschrieben wurde.
Meine Exemplare haben die lange Reise nach Wien ohne Schaden
Überstunden und boten mir Gelegenheit zu folgenden Beobachtungen.
Dals sie geradezu unglaubliche Hitzegrade nicht nur ohne Schaden
aushalten können, sondern sich dabei äußerst wohl befinden, habe
ich oft genug beobachtet: sie rumpeln daun äußerst lebhaft in ihrem
Käfig herum, laufen trotz ihrer anscheinenden Plumpheit recht schnell
und klettern sehr geschickt. Bei gewöhnlicher Zimmertemperatur
werden sie auch im Hochsommer etwas träger, bei Temperaturen
von unter 10 — 15® C. aber laufen sie schon sehr wenig herum und
schlafen tagelang hindurch ; dies war auch auf der Reise, während
welcher häufig kaltes, regnerisches W.etter herrschte, der Fall. Bei
ordentlicher Heizung, bei der die Tiere so heiß werden, daß mau
sie kaum berühren kann, entwickeln sie einen großen Appetit; und zwar
verschmähen sie fast alle getrockneten Pfiauzen (bis auf Rotklee),
fressen dagegen mit Gier die Blütenköpfcheu der Rotkleearten, des
Luzerneklees und der Astragalus- Arten , weniger gern hingegen
Wicken und Kamillenblüten. Alle anderen Pflanzen, die ich ihnen
bisher versuchsweise gab, bissen sie zwar an, wendeten sich jedoch
sofort ab, ohne sie weiter zu berühren, oder verzehrten nur sehr
wenig davon. Wenn sie schon von anderen Pflanzen genug hatten,
konnten sie noch immer Rotklee-, Luzern- oder Astragalus-Köpfcheu
fressen. Die Blüten waren ihnen das liebste, doch fraßen sie auch
Blätter und Stengel, wenn sie nichts anderes hatten. Ihre Vor¬
liebe für Papilionaceen ist durch das häufige Vorkommen solcher
in der von ihnen bewohnten steinigen Sahara wohl genügend erklärt.
Ich bin fortwährend damit beschäftigt, sie mit verschiedenen Pflanzen
zu füttern, obwohl sie bisher nahezu nichts anderes als Papilionaceen
fressen wollten. Meine Exemplare trinken niemals, sind nicht im
geringsten bissig und überhaupt äußerst liebenswürdige Gefangene,
die das Futter ohne Furcht aus der Hand fressen. Über den
Wüsten war an, welchen meine Schwester in ihre besondere Obhut
genommen hat, wird sie wohl selbst berichten, ich will daher nur
erwähnen, daß der Wüsten waran, Varanus griseus, südlich von Bis-
kra nicht eben selten ist, daß ich aber über sein Freileben wegen
der kurzen Zeit, welche ich in Biskra verbrachte, nicht viel mehr
erfahren konnte, als daß er im Gegensätze zu Uromastix im Saude lebt
und sich von Saudeidechseu, Skorpionen und kleinen Nagern ernährt.
Daß seine Schnelligkeit im Laufen ebenso bewunderungswürdig ist als
seine Gewandtheit im Springen, ja auch im Klettern, daß seine
273
Bissigkeit, wenn auch uiclit sehr gefiirclitet, doch die Araber zu
einer sehr respektvollen Behandliuig der gefangenen Exemplare ver¬
anlaßt (sie werden immer am Halse festgehalten und so getragen,
wobei der kräftige und schwere Körper fast regungslos herabhängt)
will ich noch erwähnen. Von den zwei mitgebrachteu Exemplaren
starb eines infolge einer Verwundung bald nach seiner Ankunft in
Wien, das größere lebt noch und ist von unverminderter Bösartig¬
keit und Lebhaftigkeit.
lieber den Nesterban gefangener Vögel.
Von Eduard Rüdiger.
Ob die angeborene Kunstfertigkeit im Nestbau durch längere
Gefangenschaft wirklich mehr oder weniger, dem Vogel selbst unbe¬
wußt, eingebüßt wird, oder ob dieser im Vollgefühl eines allseitigen
Meusclienschutzes nicht für nötig hält, in seine überwachten Bauten
fortdauernd die Eigenschaften zu legen, welche den Einflüssen der
freien Natur gegenüber geradezu zwingende gewesen wären?
Der wahrscheinlichen Ursachen, welclie den gefangenen Vogel
einzeln oder zusammenwirkend* behindern, uns ausnahmslos die freie
Eutfaltuug seiner individuellen Kunstthätigkeit bewundern zu lassen,
sind wohl vier. Erstens sind wir außer Stande, irgend einem Vogel
eine nichts zu wünsclien übrig lassende, durch und durch natur
gemäße Fütterung angedeihen zu lassen, welche ihn zum vollen,
beständigen Gefühle des Wohlbehagens und den sich daraus erge¬
benden Äußerungen des Fortpflanzungsgeschäftes unbedingt fähig
machte. Wenn wir auch in den meisten Fällen annähernd oder
sogar ziemlich sicher wissen, welcher Nahrungsmittel ein bestimmter
Vogel bedarf und wie er sie erlangt, so wird uns doch niemand
zweifellos überzeugen können, ob nicht gerade doch die Stoffe fort¬
blieben , welche weniger zur Erhaltung eines schon bestehenden
Lebens als vielmehr zur artlichen Fortpflanzuugsanreizung und Er¬
weckung der Zeuguugstüchtigkeit gehören oder notwendig sind;
denn was im Freileben unter naturgemäßer Selbstwahl die Regel,
wird in der Gefangenschaft zur Ausnahme: das Brutgeschäft. —
Selten dürfte jemand gleich mir in der Lage sein, im praktischen
Gebrauch eine solche, namentlich Körnerfressern gegenüber außer¬
ordentliche Reichhaltigkeit der Futterstoffe aufweisen zu können.
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXIII, 1892. 18
274
Neben fast sämtlichen im Handel vorkommenden Sämereien ernte
nnd füttere ich schon seit Jahren gegen 20 nirgends käuflich zu
habende ünkraiitgesäme, aber trotzdem bleiben meine Zuchtergebnisse
mit wilden deutschen Vögeln bei aller Aufmerksamkeit und sach¬
gemäßer Pflege kaum nennenswert.
Ferner auch angenommen, die Fütterung wäre in Ordnung, so
ist ja jeder Vogel sein eigenster Baumeister, uud wie im Menschen-
dasein der Erbauer eines soliden Heims Mühe und Not hat, bis er
Stein zu Stein gefügt, so findet auch kein Spatz, was er zum Nest¬
gefüge benötigt, durch einen Glücksfall so zurecht gelegt, daß er
es nur in seinen Schnabel zu nehmen und davon zu tragen brauchte.
Mögen wir noch so fleißig allüberall zusammen lesen, der Vogel mit
seinem praktischen Kennerblick würd uns als Dank Einseitigkeit
zum Vorwurf machen. Einen Ausweg gibt es zwar hier. Wie
ein Fink baut, so bauen alle Finken au allen Orten das nämliche
Nest, und das wertbefundeue Material des einen hat deshalb ein
vollgültiges Zeugnis für seine Brauchbarkeit in allen Verhältnissen.
Man sollte daher, wenn sie zu erlangen sind, fertige Nester ohne
Gelege der gleichen freien Arten in ihre Bestandteile auflösen und
*
diese den Gefangenen bieten, um sich zu dem Glauben berechtigt
zu fühlen, daß es an rechten Niststoffen keineswegs liegt, wenn sich
jede Hoffnung auf selbstgezüchteteu Zuw^achs unserer Vogelstube als
trügerisch erweist. Wohl wird ausnahmsweise auch mit geringen
Mitteln Unglaubliches geleistet, jedoch nur dem im Freien gefun¬
denen Neste können wir den unbedingt in die Augen fallenden
Vorzug zugestehen, daß es in richtigster Inbetrachtnahme aller Ver¬
hältnisse als mustergültiges Kunstwerk uns entzückt. Bleibt der
sogenannte Instinkt draußen, wenn sich die Thür hinter dem
gefiederten Gefangenen schließt?
Drittens: Es ist längst bekannt, daß sich kein Geschöpf den
gegebenen Umständen so schnell anzufügen versteht, wie der zarte
Vogel. Wir werden keinem einzigen eine Nistgelegenheit bieten
können, wie er sie sich selbst ausgesucht haben würde, wenn die
goldene Freiheit ihre Schwingen über ihm hielte. Es ist deshalb
billig, daß wir uns über jeden Nisterfolg, der anscheinend unser
Verdienst ist, freuen und wundern. Was ist’s auch, das wir dar¬
bieten? Ein Zimmer, wenu’s hoch kommt, mit allerlei praktisch
sein sollenden Nistkästchen, Harzerbauerchen, mit Fichtenbäumchen
und Baumzweigen. Die Wände schützen vor gefiederten und vier¬
beinigen Räubern uud halten Sturm uud Regen fern. Aber das
275
wesentlichste vermögen wir doch nicht zu bieteu : das verborgene
Heiligtlium unter dem Leben ausströnienden schützenden Blätterdache
und blauen Himmel und Sonnenschein darüber mit ihren stündlich
tief eingreifenden recht äußerlichen Wirkungen. Wodurch ver¬
blassen denn fast alle lebhaften Farben des Gefieders?
Wir sind auch wohl nimmer so vermessen, zu behaupten, der
wilde Vogel erkenne in uns nur seine Freunde an. Im Gegenteil,
er fürchtet in uns den kein Gesetz über sich wollenden Herrn der
Welt. Wo auch immer in der Natur wir mit ihm in Berührung
kommen, stets zieht er sich gerade vor uns instinktiv hurtiger
zurück als vor allen anderen bewegungsfähigen Gestalten. Und zu
keiner Zeit ist der Vogel auch im Freien mißtrauischer und vor¬
sichtiger, als wenn er Elternpflichten ausübt.
Nicht zu unterschätzen ist bei einem Verhältnis zur gefiederten
Welt das überlegene sichere Auge des Menschen, welches gerade
im beschränkten Horizonte der Vogelstube zur vollsten Geltung
kommt. Gesetzt auch, wir vermöchten einem Vogel im Zimmer
irgend ein Plätzchen anzuweisen, das denselben beim Bauen und
Brüten vor unseren neugierigen und unwillkürlichen Blicken schützte,
wir sind seinen Augen, ohne daß wir es ahnen, stets preisgegeben
und bringen ihm somit fortwährende Beängstigungen. Ein erfolg¬
reiches Brutgeschäft bedingt Sicherheit und Ruhe, und solche findet
ein Vogel nicht an einem ihm zugewiesenen Platze, sondern lediglich
im Gefolge einer mit vollster Überlegung vollzogenen Selbstwahl.
Auch jedes Vogelpaar, selbst das iriedliebendste, muß viertens
ein Gebiet haben , in dem es unbestreitbare Hoheitsrechte besitzt,
gleichsam einen Grund und Boden als seine eigenste Domäne zur
Belustigung und zur Ernährung. Sei dieser Bezirk auch noch so
klein, immer ist er größer, als wir ihn in Zimmern und Kämmerchen
bieten können.
Wir wähnen ein Reich des Friedens zu begründen, wenn wir,
auf einigen Erfahrungen fußend, unsere Stuben mit ähnlich ge-
eigenschafteten Arten bevölkern. Und doch wie unberechenbar
ist in der That auch der Vogelcharakter iu der erregtesten Zeit
seines Lebens, in der Hochzeit! Gerade wie des Menschen Indivi¬
dualität und Naturell in plötzlich veränderten Verhältnissen einen
Charakter zeigt, der uns irre führt, weil wir in einer Seele falsch
gelesen und ein liebgewonnenes Bild unmöglich festhalten können,
so ist auch der harmlose Vogel nicht wiederzuerkennen; er wird
zänkisch, ; neidisch, mutig, listig, schädlich, wenn er im Begriff
276
steht, sich häuslich einzurichten und ihm dabei abwechselnd Freund
oder Feind wider Willen auf den Leib rücken. Deshalb ist es
sicher, ein großer Teil der Schuld bei mißglückenden Nistversucheu
fällt auf Rechnung einer gewaltthätigen Geuossenschaftsbegründung
in einem unzureichenden Raume und wir werden nach dieser Seite
hin trotz aller Beobachtung und allen Schadens niemals auslernen.
Zum Studium der Frage habe ich jahrelang in einem selir
großen Flugbauer mit allerlei der Natur nachgeahmten Nistgelegen¬
heiten ein aufgezogenes Buchfinkenweibchen und einen wilden,
sehr schönen und namentlich regelmäßig sehr ehelustigen Buch-
fiukenhahn gehalten. Selbst das Material von verlassenen, in der
Freiheit gebauten Nestern dieser Art wurde öfters geboten. Ver¬
gebens. Das allerdings oft auch nistlustige Weibchen wählte von
allen Örtlichkeiten stets mit bedauerlichem Unverstand die aller¬
unpassendste, einen weiten, allbekannten sogenannten Harzer Bauer
nämlich, dessen Boden unermüdlich zwar, aber vergeblich mit
einzelnen Gräsern belegt wurde. Wenn dort ein Dutzend Halme
lag, versuchte das Weibchen in der Regel bereits seine Kunst und
nach wenigen Drehungen lag das Material, unabsichtlich über Bord
geworfen, wieder am Boden des Flugkäfigs und die Mühe begann
von neuem. Ersichtlich groß war die Freude, als ich einmal das
ganze Bauerchen mit Moos locker halbvoll ausstopfte. Da zirkelte
sich das Vögelchen gar emsig seine Rundung, aber schließlich wurde
mit jedem Abflug auch diesmal das Material wieder absichtslos
hinausgeschafft, und kaum einige Stunden währte es, so war das
Bauerchen wieder völlig eben so leer als vorher und einzelne Halme
wurden auch nunmehr wieder unermüdlich herbeigeschafft. Übrigens
habe ich doch me ein verlorenes Ei oder Teile desselben finden können.
Den nämlichen Käfig erhielt später eine ganze Gesellschaft ver¬
schiedener Finkenarten in richtigen Paaren, Es dauerte nicht lauge,
so brüteten Blutfiukeu in einem von außen angehäugten Nist¬
kästchen und zwar in einem selbstgemachten Napfe, bestehend bloß
aus frischen Gräsern. Über ihnen, in einem genau gleichen Käst¬
chen, hatten sich alte Zeisige eingerichtet. Das Weibchen trug
dorthin in seinem Schnabel Moosballen, so groß, wie sein eigener
kleiner Körper, und brachte überhaupt ohne Eingriff der Menschen¬
hand ein Nest zustande, das schwerlich einem solchen aus der
Freiheit viel nachgestanden haben mag. Damals war es mein Zweck,
Junge zu erziehen, und es ist mir das auch als einem der ersten
gelungen, wie ich seiner Zeit in verschiedenen Blättern ausführlich
277
berichtete. Ja sogar Junge von den Jungen zog ich damals, die
heute noch in Sniritus meinen Schreibtisch zieren, weil ein allezeit
zerstörnngslustiger Stieglitz die kleinen Tierchen anf den Käfigbodeu
heruntergeworfeii hatte, wo sie natürlich tot gefunden wurden.
Vor einigen Jahren nun habe ich der Biergewinnung wegen —
sie kosten in allen Naturalienhandlungen meistens 2 Mark das Stück —
eine größere Zeisigzucht oder eigentlich Zeisigleganstalt in 4 Käfigen
eingerichtet. Die Vögel waren sämtlich Junibrut 1887 und kurz
nach dem Ausfiiegen gefangen und in meinen Besitz gekommen, in
den Geschlechtern also noch nicht unterscheidbar.
Paar I bewohnt den großen Plugkäfig, in welchem früher die
Buchfinken hausten. Auch dieses Weibchen verliebte sich sonder¬
barerweise in das noch dort befindliche Harzer Bauerchen und trug
ebenfalls einzelne Halme und Würzelchen dorthin, weshalb ich es
sofort entfernte. Nunmehr entschloß es sich, jenen Nistkasten zu
beziehen, in dem auch vor Jahren seine Art gelebt, geliebt und sich
vermehrt hatte. Hierhin trug das Tierchen unermüdlich tagelang halb¬
trockene Tannennadeln. Das ging mir zu langsam, denn das Weibchen
erschien sehr brütelustig. Da machte ich aus Moos ein schönes Nest
im Kästchen zurecht. Dies wurde sofort angenommen und nun
hatte der Vogel für nichts mehr Sinn, als alle erreichbaren Charpie-
fäden einzusammeln und, so viele der Schnabel auf einmal fassen
mochte, einzutragen. Dies geschah am 26. Mai 1888 nachmittags.
Bereits am 27. morgens lag ein Ei im Neste, welches mitten im Moos
nur aus Charpie einen reizenden kugelrunden Napf hatte. Nur auf
Eiergewiun erpicht und durch frühere Erfahrungen gewitzigt, nahm
ich das Ei sofort an mich. Am 28. Mai hatte ich das zweite Ei, am
29. Mai setzte der Vogel aus, und da er inzwischen seinen Napf mit
neuem Material weiter ausbaute, schien er auzunehmen, daß noch
kein Ei dagewesen. Am 30. Mai lag das dritte Ei im Neste, aber
schon halb verborgen, so daß ich beabsichtigte, es später herauszu-
nehmen ; als dies aber geschehen sollte, fand es sich anscheinend
nicht mehr vor und ich war genötigt, den Kasten abzuhängen, um
nachzuforschen. Bei der Gelegenheit fiel es leider, im Moos ver¬
borgen, zur Erde und zerbrach. Das jetzt etwas zerzauste Nest
wurde sofort vom Weibchen wieder zurecht gemacht und abends
bezogen, aber trotzdem lag am 31. Mai morgens 6 Uhr das vierte
Ei zerschellt am Käfigboden und das Tierchen saß darüber auf
einem Tannenzweiglein. Ganz sicher weiß der Vogel voraus, wann
er legen wird.
278
Am 30. Juni begann das Weibchen an der nämlichen Stelle,
aber ohne jegliche Unterstüt/ung meiuerseits, den Bau des zweiten
Nestes, zu dem die denkbar vielartigsten Stoffe, Moos, Papier,
Schweinshaare, Wildgras, Charpie, trockene Birkenblätter mühsam
zusammengeholt wurden. Der ganze innere Napf bestand aus
Wellen- und Nymphensittigfederchen, welche Arten gerade stark in
der Mauser waren und mit jedem Flügelschlage ihren willkommeneu
Ausfall in tiefer stehende Käfige trieben. Genug, dieses Nest geriet
meisterhaft, aber demgemäß auch laugsani, so daß ich am 3. Juli
morgens G Uhr ein reifes, jedoch gegen die früheren bedeutend
schwächeres und wunderbarerweise völlig unverletztes Ei auf dem
Käfigbodeu vorfaud, während gleichzeitig das Weibchen selbst durch
lautes Piepen sein Sitzen im Neste verriet. Dieses Piepen wurde
auch immer lauter und schneller, wahrscheinlich war es eine Eiu-
ladung au den Herrn Gemahl, denn kaum war es auf ein Stäugel-
cheu abgefiogen und hatte dort mit zitternden Flügelschlägen be¬
gehrlich Platz geuommen, begriff* auch sofort das Männchen, was
ihm zugemutet wurde. Die Begattung war beiderseits sehr energisch
lind nach derselben saßen beide Vögel dicht uebeueiuauder, sich
starr anseheud, aber wie leblos, wohl eine Minute lang.
Als das Weibchen am 4. Juli morgens gegen 7 Uhr abflog,
lag ein tadelloses Ei im Neste, aber eine Begattung fand nicht noch
einmal statt, nur ein leises Piepen. Am 5. Juli zweites Ei. Am
(5. Juli morgens um 6 Uhr saß das Weibchen am Futteruapfe und
fraß, und noch war kein Ei dazugekommeii. Um ^/2 7 Uhr saß es
aber wieder piepend im Neste, und als es dort gegen 7 Uhr abflog,
war das dritte Ei gelegt.
Außer zum Legen war das Weibchen bisher nicht im Neste,
das Brutgeschäft begann vielmehr erst jetzt auf drei Eiern und
zwar so hingebend, daß höchst selten, regelmäßig etwa alle 6 Stunden
zum Futter, Wasser und Salat geflogen wurde. Am 7. Juli entnahm
ich die drei Eier für meine Sammlung und am 13. Juli lag ein Ei
— das nunmehr neunte — im nämlichen Neste. Das Zeisig¬
männchen hat sich niemals am Bauen beteiligt, auch das Weibchen
auf dem Neste nie gefüttert. Das Gelege besteht in der Regel aus
4 Eiern (bei mir 5 mal zwei Bruten mit 38 Stück und 2 verun¬
glückt), die ebenso regelmäßig täglich morgens zwischen 6 — 7 Uhr
abgelegt werden.
279
Aphorismen über Telraoiieii.
Von Baron A. von Krüdener.
Individuelle inid kliuiatisch-lokale Abweicliuugen vom typisclieu
Beueliiiieii sowohl als auch vom ganzen Habitus finden wir bei deu
meisten Tieren. Ich wenigstens brauche nur deu »Brehm« oder ein
anderes biologisches Werk anfzuschlageu, um sofort zu denken:
»Sehr richtig, aber . . oder: »ja, wenn aber« u. s. w. Alle
Abnormitäten und Anomalien auch nur einer Gattung zusammen¬
zustellen, wird selbst dem aufmerksamsten Mouographisten nie
gelingen. Wir müssen uns oft damit begnügen, die Ursachen
solcher Abweichungen vom inneren wie äußerlichen Normalcharakter
nachzuweisen. Und solche immer wieder Ergänzungen heischenden
Lücken wirken darin förderlich, daß sie zu erneuten Forschungen
an spornen.
Es sei mir heute vergönnt, mich mit einigen Sonderbarkeiten
ausschließlich der Waldhühner zu beschäftigen, wie ich solche auf
meinen zahlreichen forstlichen und jagdlichen Waldgängeu in wild¬
reicher Gegend häufig zu beobachten Gelegenheit fand.
Eigene Irrtümer oder die anderer zurechtzustellen, dazu dünkt
es mich nie zu spät. Im Heft No. 4 und 5 des »Zool. Gartens«
1887 sprach ich einige Zweifel aus au der Richtigkeit einer von
V, von Tschusi zu Schmidhoffen wiederholten Angabe Barths,
der zufolge die M o o r s c h n ee h ü h u e r in Norwegen sich auf
Bäume setzen. Mir erschien solches Gebühren dieser hier nur auf
dem Erdboden sich bewegenden Hühner unglaublich, denn niemals
hatte ich die Möglichkeit des Baumens ernstlich in Erwägung
o-ezoo-en. Wenn ich mich nun trotzdem im Irrtum befand mit
meinem Zweifel, so beweist dies nur, daß man die Lebensgewonn-
heiten eines Tieres niemals ganz auskeunen kann, auch wenn man
sich aufs gründlichste mit seinen Charaktereigentümlicbkeiteu beläßt
zu haben vermeint, was ich schon zu Anfang betonte. Der
kollegialisch-aushelfeuden Unterstützung des hochgeschätzten Mit¬
arbeiters dieses Blattes, des Herrn Dr. W u r m - Teinach , verdanke
ich folgenden Passus aus »L. Lloyd, the game Birds and wild
Fowl of Sweden and Norway, 1867«, den ich wörtlich übersetzt habe:
»Das Dal-Ripa {Lagopus albus) bäumt oft, eine Thatsache,
welche manche Leute in Skandinavien zu bezweifeln scheinen ;
jedoch, ohne behaupten zu wollen, daß ich selbst oft Augenzeuge
280
davon gewesen, gibt es reichliche Beweise dafür. M. Genberg aus
Robertsforss bei Uineä fährt folgendermaßen in seinem Bericht fort,
nachdem er vorausgeschickt, daß Dal-Ripa im Winter gewöhnlich
in dichten Birken- und Fichtenwäldern sich aufhält: »Zuweilen aber,
bei harter Kälte, unternehmen diese Vögel Exkursionen in das
offenere Land, und man erblickt sie dann auf den oberen Ästen der
Birken sitzend , wie sie Knospen pflücken«. Der Rev. Conrad
Grönland schreibt aus Gickjock in . Lappland, daß während der
Paruugszeit der Hahn oft auf den Spitzen hoher Fichten oder
schottischer Kiefern (?) sitzt, wahrscheinlich um besser nach etwaigen
Rivalen ausschauen zu können. — Das am meisten entscheidende
Zeugnis vernehmen wir von M. Barth, welcher sich wie folgt
ausdrückt: »Von Mitte April hauptsächlich sitzen die Schneehühner
(Dal-Ripa), welche um Mittagszeit sich meistens auf dem Erdboden
aufhalten, am Vor- und Nachmittag auf Bäumen, besonders wenn
das Wetter milde ist uud die Sonne scheint. Man kann alsdann
die Dal-Ripa in großer Anzahl, bis zu 200 Stück, beisammen sehen,
wie sie auf den Birken wipfeln sitzen, wobei ihre weißen leuchtenden
Körper sich prächtig abheben: ein herrlicher Anblick. Während
des Frühlings bilden Birkenknospen ihre wichtigste Nahrung. Ich
habe sie auch gelegentlich im Herbst uud Winter auf Bäumen
gesehen, im Sommer niemals«. Diese Hühner werden nicht
selten bei ihrer Äsung derart vom Baume geschossen, berichtet
Barth weiterhin, denn sie verlieren ein wenig au Scheu, sobald sie
aufgebäumt, obgleich immerhin noch eine gewisse Vorsicht bei
Annäherung mit dem Schießpferde geboten erscheint.
Ferner erzählte mir üg, daß in Bruueberget, in den Wäldern
Wermelands, sich eine besonders hohe Espe befand, in deren
oberen Zweigen oft Schneehühner zu sehen gewesen, und daß einer
seiner Bekannten sich daselbst in den Hinterhalt zu legen pflegte,
um die zum Futter fliegenden Hühner mit seinem »Erbsrohr«
herunter zu knallen. Im Winter werden die Dal-Ripa manchmal
nachts bei Fackellicht geschossen. M. Falk berichtet: »Da die
Moorschneehühner tags über immer wieder auf den Erdboden eiu-
fallen, sobald sie aufgejagt worden, so könnte mau annehmeu, daß
sie auch die Nacht auf dem Boden zubriugen. Das ist aber nicht
der Fall. Hier in Risäter (Wermeland), wo ich wohne, gibt es
um den Rada-See ausgedehnte Espenbestäude. Als uns vor einiu-eu
Jahren große Mengen Dal-Ripa besuchten, pflegte das Landvolk
nach Eintritt der Dunkelheit diese Hühner von den Bäumen herab¬
zuschießen, auf denen sie leicht wahrnehmbar waren.
281
Ich behaupte nicht, daß Lagopus albus niemals die Nacht auf
der Erde verbringt, aber daß sie solches nicht immer thiin.
Schließlich wird uns von Prof. Nilsson mitgeteilt, daß ihm in
Brakleforss (Norwegen) von den dortigen Laudleuten versichert sei,
sie seien gewöhnt, im Winter bei Fackellicht in der Nacht Dal-
Ripa zu schießen, wenn es in W e i d e n gebüschen schlafe«. —
Soweit Lloyd. Da ich nicht zu deujeuigen gehöre, welche nur
dann zur Feder greifen, wenn sie mit etwas vermeintlich Neuem
sich brüsten zu können glauben, so gestehe ich mein »errare
humanum« gern ein. Nicht nur Menschen, — auch Tiere haben in
verschiedenen Zeiten und Ländern verschiedene Sitten. —
Es ist selbstverständlich, wenn wir nun in unserer Plauderei über
Tetraouen vor allen dem Auerhahn einige Worte widmen. Herr
Dr. Wurm führt in seiner Auerwild-Monographie (II. Aufl. pag. 55)
bei der Gewichtsangabe der Magenkiesel verschiedener Waldhühner
27,2 gr Maximalgewicht für einen alten Auerhahn an und bemerkt
hierzu: »Die irgendwo gelesene Angabe von 50 gr bei einem Hahne
will mir als auf Irrtum beruhend erscheinen«. Und dennoch werden
sogar die 50 gr bei einigen Hähnen übertroffen. Der Wildmarkt
von St. Petersburg ist bekanntlich neben dem von Moskau der
reichhaltigste für alle Waldhühner. Bei Sektion eines der Auerhähne
aus dem südlichen Gouvernement Kasan, die sich durch hellen
Bauch auszeichuen, fand ich bei genauester Wägung, nachdem
ich schon durch den Anblick einer so reichlichen Menge Kiesel über¬
rascht war, 62 Gramm! Also auch hierin keine Regel ohne Ausnahme.
In letzter Zeit sind mir drei verschiedene Fälle abnormen Zu¬
grundegehens alter Auerhähne mitgeteilt, die ich hier niederlegen
will. Zu Anfang November 1890 schlug sich ein Auerhahn an
den Telegraphendrähteu der Riga-Pleskauer Eisenbahnlinie tot. Der
Anprall war ein so heftiger gewesen, daß ein Halswirbel des Hahnes
geknickt war. Von kleineren Vögeln habe ich ähnliches häufig
berichten gehört*), doch vom edlen, starken Urhahn niemals.
Am 14. Oktober 1891 wurde auf dem Wirtschaftshofe meines
Nachbargutes A-K., dem Herrn von W. gehörig, ein Auerhahn
vom Dache des Schweinestalles herabgeschossen. Halbur¬
waldähnliche Waldungen stoßen freilich bis aus Gehöfte heran, und
heftiger Nebel hatte ein Verfliegen des sonst so »misauthropischen«
Vogels ermöglicht. — Am 20. Juni 1891, um die Mittagszeit eines
sehr heißen Tages, giug einer meiner Forstwarte ins Bruchwald-
N.
*) Vgl. Jahrgang XXIII, 1882. S. 125 und 257.
282
iGviGi, bGf^lGitGt VOD GiliGiii iiocli »llGgGlhaltGu« juugGii HüliiiGrhuDclG.
I lützlicli Grblickt dGr Forstwart am RaiictG giugs klGiiiGu Pfades
GiiiGu alten Auerhahn auf dem Erdboden sitzen, der, statt aufzu¬
fliegen, laugsam ins nächste dichte Gebüsch zu laufen beginnt.
Dies sieht der noch ungezügelte, hitzige Vorsteher, — einige schnelle
Sätze, und der stolze König der Waldhühner schlägt zum
letztenmal mit den Schwingen! Der Hahn befand sich in
voller Mauser, und dies erklärt seine Flugunlust. Die fast tropisch -
üppige Sumpfwaldflora verhinderte den sonst sehr behende laufenden
Vogel au schnellerem Entkommen.
Nach Eilediguug dieser Absonderlichkeiten wenden wir uns zum
II i 1 k w i 1 d e. Mit einseitiger, einen bedauerlichen Mangel au wissen¬
schaftlicher Objektivität aufweisendeu Hartnäckigkeit wird von den
Tetraouenforschern Deutschlands und Österreichs das Birkhuhn als
ein »quecksilbriger«, »unsteter« Vogelvagabuud geschildert, der ohne
Veranlassung seinen Wohnbezirk verläßt und somit dem sorgsani-
schouendeu Jagdpersonal ein Schnippchen schlägt. Hierim Norden
sti eicht ebenfalls das Birkhuhn im W^iuter, wenn die Beereuäsung
am Boden versiegt, oft einige Kilometer in Schwärmen umher, um
Knospenäsung spendende Laubholzbestände (Birken, Erlen) aufzu¬
suchen, kehrt aber, vorausgesetzt, daß das Terrain sich nicht ver¬
ändert, jedesmal auf seine alten Balz- und Brutplätze zurück. Diese
Abweichung wird ihm im Süden und Westen Europas gleichsam auf¬
gezwungen und vererbt sich dementsprechend durch die ein¬
sichtslos-verderbliche Beunruhigung auf den Balz¬
plätzen. An Verbreitung, aber nicht an Zahl hat dies schmucke
hedeiwild stellenweise im südwestlichen Europa zugenommen, was
gerade beweist, wie diese Hühner verscheucht und zum Verstreichen
veranlaßt werden. Hier zu Laude, wo freilich die jungen Hähne
im Frühherbst vor dem Hühnerhunde abgeschossen, die alten aber
auf dem Balzplan verhältnismäßig selten von Herrenjägern belästigt
werden, hat noch keiner dieser Wildart einen »perpetuum-mobile-
Charakter« nachgesagt. Je reichlicher eine Wildart in einem Lande
sich findet, desto leichter fällt es natürlich dem Weidmann, deren
Eigentümlichkeiten zu ergründen und demgemäß sein Schonver¬
fahren eiuzurichteii.
Für gewöhnlich sitzt die Birkhenne nicht so fest auf ihren
Bruteiern wie die Auer- und Haselhenne. Eine Ausnahme erlebte
ich im vorigen Sommer. Mit meinem Forstwarte fanden wir eine
brütende Birkhenne ohne Stoßfederu! Letztere lagen in einem
Büschel ziisammeu, auf eiueu Ruck abgetreimt, hart dabei und
zwar in einer frischen Elchfährte! Das Elch war der Henne zu¬
fällig gerade auf den dem Erdboden dicht anliegenden Stoli getreten
und hatte denselben abgelöst. Mehr Ausdauer kann mau von einer
Bruthenne nicht verlangen! —
Für die Fluguulust der Waldhühner während der Mauserzeit,
erhielt ich am 17. Juni v. J. folgenden auffallenden Beweis: Ich
befand mich auf einem Waldspaziergang in Begleitung zweier
Dachshunde, als ich plötzlich das ängstlich-trillernde, zwitschernde
Pfeifen eines Haselhahnes vor mir auf dem Erdboden vernehme.
Näher eilend erblicke ich einen mühsam abstreichenden Tetruo-
JJonasia-Hixhn^ dem die Hündchen eilig nachfolgen. Kaum sind
mir letztere im Dickicht aus dem Gesichtskreis entschwundei], so
höre ich wiederum jenes ängstliche Lockrufen des verfolgten
Hähnchens, und eiueu Moment später apportiert mir der ältere
Hund den verendenden Vogel, der sich im vollen Mauserstadium
befand und dessen Flugvermögen durch einen kurz vorher uieder-
gegangeuen Regenschauer jedenfalls noch veriniudert war. Ähnliches
läLt sich au alten Birkhähnen um dieselbe Zeit häufig beobachten.
Ich schließe mit einer Notiz über Rackeihähne. Bekanntlich
gehören letztere auf dem St. Petersburger reichhaltigen Wildmarkt
nicht zu den Seltenheiten, sind vielmehr bis Weihnachten (später
seltener) eine ständige Erscheinung daselbst. So erhielt ich auch im
vorigen Dezember ein hübsches Exemplar im Fleische von dort, welches
sich aber leider zum Ausstopfeu, resp. Abbalgeu, nicht mehr eignete.
Die von mir höchst exakt abgenoinmenen Maße betrugen:
Schwingeuspaunweite . 107 Ceutim.
Länge des Schnabels bis zum Mundwinkel 4,9 »
Länö’e des Oberschnabels bis zur Be-
O
fiederung . 3 »
Schuabelbreite längs der Befiederung oben
(im Bogen gemessen) . 3 »
Äußerste Stoßfedern . 24 »
Mittlere » . 20,5 »
Breite der Stoßfederu . 2 bis 4 »
Mittelzehe ohne Nagel . 5,5 »
Nagel der Mittelzehe längs der Krümmung 2 »
Anzahl der Stoßfedern . 18 Stück.
Die äußeren beiden Stoßfederu ein wenig nach außen gebogen.
Farbe des Schnabels: birkhahnähnlich. Die Rose verhältnismäßig
284
stärker eutwickeltals beim Auerbahu. Allgemeiufärbung: sehr duukeler
Habitus typisch für die gewöhnliche Form. Über die Abstamm
vermag ich keinerlei Vermutung anzustelleu. Immer wieder drängt
sich mir die Frage auf: wann wird uns eine Monographie des
Rack eiwildes zu teil? Und wer wird sie uns Tetraonen-
freunden endlich bescheren? An Material fehlt es nicht, und leider
zersplittert sich letzteres immer mehr in verschiedenen Zeitschriften
verschiedener Länder! Ein Menschenalter ist mindestens verflossen,
seitdem man den Tetrao medius als Bastard erkannt hat, — doch
über sein Leben und — Lei den durch seine größeren und kleineren
Vettern ist leider noch gar wenig verlautbart. Glück auf zu
weiteren Forschungen in dieser Richtung!
o 55
Aus dem ßotterdamer zoologischen Garten.
Von Dr. C. L, Reuvens.
Dem Berichte über 1891, vom Sekretär des Verwaltungs-Rates in der
alljährlichen Abonnenten-Versammlimg gegeben, entnehmen wir das Folgende :
Die Betriebs-Einnahmen betrugen:
fl. 148,472.01 in 1891
gegen fl. 146,840.05 in 1890
mithin fl. 1,631.96 mehr als in 1890.
Die Abonn ements-Ein nähme betrug:
fl. 107,181.50 in 1891
gegen fl. 105,386.25 in 1890 -
mithin fl. 1,795,25 mehr als in 1890.
Die Eintritts-Gelder betrugen :
fl. 22,366.75 in 1891
gegen fl. 23,322.00 in 1890
mithin fl. 955.25 weniger als in 1890.
Im ganzen besuchten den Garten:
56,340 Entreezahlende in 1891
gegen 60,496 » » 1890.
Die Betriebs-Ausgaben betrugen;
fl. 148,472.01 in 1891
gegen fl. 146,840.05 in 1890.
Als Ausgaben sind gerechnet fl. 2,070.00 zur Auslosung von Aktien und
fl. 97.50 zum Reservefonds.
Verkauft wurde in 1891 für fl. 1426.93
in 1890 für fl. 1282.00.
Neu angekauft wurde in 1891 für fl. 6182,10
in 1890 für fl. 6596.84.
285
Die Bilanz scliliesst in Debet und Credit mit
fl. 856,844.72.
Dev Tierbestand war am 1. Januar 1892:
265 Säugetiere
1528 Vögel
112 Kriechtiere.
Geboren wurden in 1891 22 Säugetiere und 117 Vögel. Unter diesen
sind bemerkenswert: 2 Würfe Löwen einer Mutter, von welchen heute noch
am Leben sind 1 weibl., geb. 29. Juni 1891, und 1 männl., geb. 23. Oktober
1891, beide wurden von Hündinnen gesäugt; 2 Würfe Silberlöwen, Felis
concölor, von welchen der erste zu früh geboren wurde, weshalb die drei
Jungen starben, während der zweite (16. November 1891J völlig ausgewachsen
war; 2 Antilope cervicapra, 1 Bos indicus var. nana, 5 verschiedene Hirsche,
1 Auchenia lama, 3 Ovis aries var. steatopyga 1 Cercocehus cynamolgus. Von
den ausgebrüteten Vögeln sind nennenswerth : Bernicla canadensis, Cygnus
atratus, Tadorna vidpanser, Anas xanthorhyncha, Nyroca leucophthahna,
Fuligula ferina, Bastard von Larus argentatus und Larus glaucus, Gallus
aeneus, Tragopan satyrus und mehre andere Anatidae, Phasianidae etc.
Die Fischreiher-Ansiedelung im Garten zählte 28 Nester.
Neu angebaut wurden in 1891, außer einem großartigen Musikpavillon,
ein Pecarigehege , nahe dem Raubvögelkäfig und dem, im Jahre 1889 neu
geballten Bären- und Hyänen-Hause. Dies letztere, mit 3 großen und 6
kleineren Käfigen, deren ein jeder 1 oder 2 Innenkäfige hat, enthält heute
(Juli 1892) folgende Arten: 2 Ursus sibiricus, 2 U. horribilis, 2 U. thibetanus
1 U. americanus, 1 ü. syriacus, vom Libanon (Farbe goldgelb), 2 U. arctos,
1 U. malayanus, 3 Hyaena striata, 1 H. brunnea, 2 H. crocuta von S.-W.-Afrika
und 1 H. crocuta von 0. -Afrika. Außerdem wohnen in 2 kleineren Bären¬
käfigen noch : 3 U. arctos. Im ganzen haben wir also 5 braune Bären, welche
alle von einander verschieden sind.
Merkwürdig ist heutzutage das Treiben im kleinen Affenhause, im
sogenannten Chimpansenhäuschen (s. Zool. Garten 1889 p. 183); es wohnen
dort in den 4 Käfigen, meistens gesellig mit einander, und was die kleineren
Tiere anbelangt, im Stande einander Besuche zu machen, folgende Arten:
1 Simia satyrus, männl., von Sumatra, 1 Simia, troglodytes, 3 Seninopithecus
cephalopterus, 1 Cercopithecus cephus, 1 C. albogularis , 1 C. leucampyx,
einige G. cynosurus, 1 Cercocebus aethiops, einige C. cynamolgus, 2 Lemur
macaco, 1 L. catta, 1 prachtvoller Ameisenbär, Myrmecophaga jubata, und 2
Kaninchen, Lepus cuniculus.
Von den im Garten lebenden Rindern und Antilopen sind nennenswert: weibl.
und männl. Bison americanus, männl. Bubaltis caff er, mänxA. Anoa depressicornis,
männl. Cephalophus sylvicultrix, männl. C. dorsalis, weibl. Tragulus gratus.
Das über Hektar große Straußgehege ist von 2 männl. und 2 weibl.
Struthio camelus bewohnt; beide Tiere haben in einem solchen Raum beste
Gelegenheit, ihre Laufgeschwindigkeit zu üben.
Die Gewächshäuser, .besonders das Palmengebäude und das Victoria-
regiahaus, das letztere mit seinen Flügeln für Orchideen und anderen exotischen
Pflanzen, waren auch 1891 Gegenstände der allgemeinen Bewunderung seitens
des Publikums.
286
Korrespondenzen.
Seebad Misdroy (Insel Wollin), 25. Aug. 1892.
Soeben, 9^/4 Uhr vormittags, beobachtete ich einen Kranich - Schwarm,
welcher in ansehnlicher Höhe von Ost nach West flog, unter Hörenlassen des
bekannten, weithin tönenden Kranichrufes. Die Individuenzahl belief sich auf
35 40 Stück. Prof. Dr. A. Ne bring.
Kleinere Mitteilungen.
Münzen von einem Elefanten verzehrt. Montag den 25. Juli
wurde der Londoner zoologische Garten unter vielen Landleuten auch von einer
Frau von Norwich mit ihrer Tochter besucht. Da auf Tafeln in dem Garten
vor Taschendieben gewarnt wird, nahm Frau Bennett ihr Geldtäschchen aus
der Tasche und verbarg es vorn in ihrem Mieder. Als sie, um einmal auf
dem Elefant zu reiten, den Tritt hinauf ging, der zu dessen Rücken führt,
bückte sie sich und verlor dabei ihre Börse. Rasch faßte der Elefant dieselbe
mit dem Rüssel, schob sie in den Mund, kaute ein wenig und schluckte sie
unter. Groß, war der Schrecken der Frau, denn das Geld war ihr Spa.rpfennig
gewesen, den sie gesammelt hatte, um London sehen zu können, und nun
hatte sie nicht einmal einen Pfennig mehr zum Leben in der Stadt und zur
Heimreise; 5 halbe Sovereign, fast 20 Schillinge in Silber und noch einiges
Kupfergeld waren verloren. Der Superintendent des Gartens, Mr. Bartlett, gab
der Frau einen Sovereign für die Rückreise, und die Wärter versprachen, darauf
zu achten, wenn etwa Geld von dem Elefanten abginge. Neun Tage nach
dieser Begebenheit wurde der erste Halbsovereign in dem Miste entdeckt, und
bald darauf folgte ein Schilling und dann wieder ein Halbsovereign und ein
Sixpence. Am nächsten Tage erschienen 8 Schillinge, 2 Halbsovereign und auch
Kupfer, so dafs über 2 Pfund Sterling zurückerstattet waren. Doch wurde nicht
alles wieder gefunden, da kleinere Stücke wahrscheinlich in den Abgängen
übersehen wurden. Alle Stücke zeigen Spuren von der Gewalt der kauenden
Backenzähne, ein halber Sovereign ist sogar um Vs Zoll ausgedehnt. Diese Ab¬
flachung ist jedenfalls mit einem einzigen Bisse bewirkt, da die Oberfläche des
Goldstücks nicht viel beschädigt ist; da wo in dem Worte »Victoria« die Buch¬
staben R. J. stehen, ist das Stück so dünn wie die Schneide eines Mössers gepreßt.
Weil nicht mehr die ganze Summe zurück erhalten wurde, beabsichtigte Mr.
Bartlett die Stücke auszubieten, um der Frau ihr ganzes Geld wieder geben
zu können. Weder die Gold- noch die Silber- und die Kupferstücke waren
durch die Verdauungssäfte angegriffen worden.
In dem Londoner zoologischen Garten war vor mehreren Jahren schon
einmal eine ähnliche Geschichte vorgekommen. Ein Herr neckte einen großen
Elefanten mit seinem Bambusstocke, der mit einem wertvollen Knopfe • aus
Gold und Edelsteinen verziert war. Der Elefant ergriff den Stock und fraß
ihn vor den Augen des Eigentümers. Dieser setzte einen hohen Preis auf die
Wiedererlangung des Knaufs aus, aber vergeblich. Auch als der Elefant
mehrere Jahre nachher starb, wurden seine Eingeweide ohne Erfolg nach dem
wertvollen Gegenstände untersucht. The Field, 6. August 1892. N.
287
Wolfsjagden in Frankreich. Über das Ergebnis der Wolfsjagden in
Frankreich im Jahre 1889 haben wir im vorigen Jahrgange auf S. 224 berichtet.
1891 wurden in diesem Lande 149 alte Wölfe und 253 Nestwölfe ei’leert. Da
für einen der ersteren 100, für einen jungen Wolf Frcs. 35 Prämien bezahlt
werden, so belief sich die Höhe derselben auf nahezu Frcs. 22,000 und ein¬
schließlich der für jede Wölfin gezahlten Extraprämien auf Frcs. 25,325. Es
hat demnach entschieden eine Abnahme der Wölfe stattgefunden. Die größte
Zahl dieses Wildes wurde 1891 in der Dordogne erlegt, nämlich 67 Stück.
Nach dem »Weidmann« XXIII Bd. No. 49.
Mittel gegen den Biß der Kreuzotter. »Gegen den Biß dieser
Gittschlange gibt es nur ein sicher wirkendes Mittel und dies besteht in ab¬
solutem Alkohol, Spiritus absolutus, äußerlich und als Schnaps innerlich genom¬
men, sei es nun in der Form von Cognac, Rum, Arrak, Kornbranntwein, Nord¬
häuser oder von schwerem Portwein, Ungarwein, Weiu von Samos und wie
die Getränke mit hohem Alkoholgehalte heißen mögen. Der Gebissene trinke
ruhig bis zur Bewußtlosigkeit und er wird gesunden. So gut wie von Leichen¬
gift wird nämlich auch von Schlangengift das Blut zersetzt, d. h. die Blut¬
zellen werden zertrümmert und der Blutfarbstoff tritt in die Gewebe aus; außer¬
dem durchtränkt die flüssige Substanz der Blutzellen die umliegenden Teile.
So wird es leicht verständlich, wie nach dem Bisse eine so fürchterliche An¬
schwellung sich ausbilden kann; so wird es erklärlich, wie die Schwellung des
verletzten Körperteils, durch eine blaue, sogenannte Demarkationslinie gekenn¬
zeichnet, alle Farbenveränderungen durchmacheu muß (rot, blau, orange, gelb,
grün, u. s. w.), kurz mehr als die sieben Regenbogenfarben, um zu zerfallen
und wieder aufgesogen werden zu können. Während also das Schlangengift
die Blutkörperchen zu zersprengen droht, zieht der Alkohol dieselben stern¬
förmig zusammen und übt seine günstige Wirkung als Gegengift.
Das Aussaugen der Bißwunde ist nur im Notfälle zu empfehlen; kleine
Verletzungen oder Schrunden an Mund und Lippen können hier eine neue
Vergiftung hervorrufeu. Ist Alkohol zur Stelle, so muß mau mit den Nägeln,
der vorher in die Flüssigkeit eingetauchten Finger die Wunde sofort ausdrücken
und so lange mit Alkohol benetzen und ausdrücken, bis kein Blut mehr kommt.
Der Arzt Rud. Franz, dem wir bei vorstehenden Angaben gefolgt sind, da er
selbst mehrere von der Kreuzotter Gebissene mit bestem Erfolge behandelte,
indem er seine Patienten immer dreiviertel bezecht und schlafend erhalten,
empfiehlt jedem Touristen, gegen die Gefahr eines Schlangenbisses sich mit
einem halben Liter Cognac auszurüsten«. Westfalens Tierleben. 3. Band. 1892.
L i 1 1 e r ji i u r.
Die geographische Verbreitung der Tiere von E. B. Trouessart.
Aus dem P’ranzösischen übersetzt von W. Marshall. Mit 2 Karten in
Farbendruck. Leipzig J. J. Weber 1892. M. 4
Der französische Verfasser gibt uns in seiner Arbeit ein Bild von der Ver¬
breitung des Tierlehens auf dem Lande wie im Wasser uud schließt sich dabei
im ganzen den 1858 von Sclater vorgeschlageuen und 1876 von Wallace an-
288
genommenen Regionen und Subregionen an, nur daß er anstatt der von jenen
aufgestellten sechs Regionen deren acht schildert, indem er noch eine arktische
(Nordpolar-) und eine antarktische (Südpolar-) Region zufügt. Zunächst werden
diese Abgrenzungen in Bezug auf ihr Tierleben eingehend und anmutig be¬
schrieben, dann folgt die Angabe der Mittel und Wege, wodurch die Geschöpfe ver¬
breitet werden, und eine recht anziehende Darstellung der faunistischen Charaktere
nach dem Vorgänge P ucherans, der nach den den verschiedenartigen Gebieten
(Wald, Wüste, Steppe u. s. w.) augepaßten Eigenschaften der Tiere recht
natürliche Provinzen aufstellt, die aber nur teilweise mit den von Wallace
angenommenen Regionen zusammenfallen. Auch die Methode der graphischen
Darstellung der Tierverbreitung wird besprochen. Nachdem dann in weiteren
fünf Kapiteln die Verteilung der Landsäugetiero, der Süßwassertiere, der Luft¬
tiere, der Meerestiere und die Verbreitung der Tiere nach Höhe und Tiefe
geschildert ist, erfolgt noch ein Rückblick auf die Beziehungen der Paläonto¬
logie zur Zoogeographie, so daß das hübsche und lesenswerte Buch seine Auf¬
gabe allseitig erfaßt und gediegen durchführt. Daß der Übersetzer sich ebenfalls
viel mit der Tiergeographie befaßt, geht aus mehrfach von ihm eingestreuten
Bemerkungen und Zusätzen hervor. N.
Brehms Tierleben. Dritte gänzlich neu bearbeitete Auflage. 8. Band.
Die Fische. [Jnter Mitwirkung von ür. Willi. Ha acke neubearbeitet von Prof.
Dr. Pechuel-Loesche. Leipzig und Wien. Bibliographisches Institut. 1892.
Mit 11 Tafeln, 1 Karte und 146 Holzschnitten.
Vergleicht man den achten Band der vorigen Auflage mit 426 Seiten Text
gegen den vorliegenden neuen mit 517 Seiten und übersieht man die Syste¬
matik der Fische im Inhaltsverzeichnis der beiden Bände, dann tritt auf den
ersten Blick die Veränderung zu gunsten der neuen Auflage hervor. Diese
behandelt in jeder Hinsicht die früher wohl etwas stiefmütterlich weggekom¬
menen Fische in bei weitem vollständigerer und gediegenerer Weise. Nicht
nur findet man zahlreiche Familien, Gattungen und Arten, die früher über¬
gangen waren, aufgenommen — auch die Geschichte mancher der behandelten
Species ist ausführlicher gegeben, so daß dieser Band in vortrefflicher Weise
seiner Aufgabe genügt. Bei den Abbildungen ist eine große Zahl älterer Bilder
ausgeschieden, wofür neuere Zeichnungen für denselben Gegenstand gegeben
oder neue Arten dargestellt sind. Eine weitere Verbesserung ist die Ausführung
der elf seither schwarzen Tafeln in Farbendruck. So reiht sich jetzt auch
dieser Band ebenbürtig seinen sieben vorzüglichen Vorgängern an. N.
Eingegangene Beiträge.
A. N. in B. (M. auf W.). — H. L. in B. —
Bücher und Zeitschriften.
Brehms Tierleben. 3. Auflage. 8. Band. Die Fische. Unter Mitwirkung von Dr. W.
Ha acke, neubearbeitet vonProf.Dr. Pechuel-Loesche. Mit 1 Karte, il Tafelnund
143 Holzschnitten. Leipzig u. Wien. Bibliographisches Institut. 1892.
Dr. Paul Le verkülin. Bericht über eine Reise nach Ungarn im Frühjahre 1891. (Hauptber.
des 2ten Internationalen ornitholog. Kongresses zu Budapest).
Bericht über den zoologischen Garten in Dresden 1891-1892.
Die Schwalbe. Mitteilungen des ornithologischen Vereins in Wien. Redigiert von C.
Pal lisch unter Mitwirkung von Hofrat Prof. C. Claus. XVI. Jahrg. No.lG. 31. Aug.i892.
Nachdruck verboten.
Drack von Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitsctirift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag vou Mahlau & Waldschraidt in Frankfurt a. M.
No. 10. XXXIII. Jahrgang, Oktober 1892*
I II li a 1 I.
Die Zucht des Schleierschwanzes und des Teleskopfisches in Zimmer und Garten. Als
Vortrag gehalten in Triton, Verein für A(iuarien u. Terrarieii-Kunde zu Berlin; von Paul
Nitsche. — Uber kariöse Erscheinungen an Knochen freilebender Tiere; von Dr. med.
I? PU’ ^ (^tit 4 Aldtildungen.) — Über die Lebensweise des Wüsten- VVarans und der
Huteisennattei' in Gefangenschaft; von Helene Werner in W'ien. — Der Sekretär, Qypo-
fierunns ■•^erpentarni.s, des zoologischen Gartens zu Kein; vou Staats von Wacquant-
G e o z el 1 es. — Eine Elefantenkraukheit im zoologischen Garten zu Tokio. — Korrespon¬
denzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und
Zeitschriften. —
Die Zucht de.s Schleierschwanzes und des Teleskopflsches
in Zimmer und Oarteii.
Als Vortrag gehalten iin T r i t o n , Verein für Aquarien- u. Terrarien-Kunde zu Berlin.
Von Paul Nitsche.
Als ich im Jahre 1886 zum erstenmal in der Haltung von
Aquarientieren gute Erfolge hatte, reifte der Entschluß in mir, um
andere Liebhaber vor den für den LTnerfahreneu unausbleiblichen
Mißerfolgen zu bewahren, einen Verein für Terrarien- und Aqnarieu-
liebhaber zu gründen. Herr Dr. Karl Ruß, mit dem ich deshalb
sprach, nahm den Gedanken mit Freuden auf, ging thatkräftig an
die Ansfübrung, und so entstand durch die Beteili«juut)' eifri‘Ter
Männer der Verein »Triton«, der bereits im Jahre 1800 mit einer
Ansstellnng vor die Öffentlichkeit treten konnte. Die Auregfunofen
und lielehrnngeu, die in iFim seinen Mitgliedern zu teil werden, .
haben auch .schon vielfach schöne Ergebnisse in der Haltung und
Züchtung von Ziertischeu herbeiget'ührt. Unter Züchtung verstehe
ich hier nicht die zufällig, unter günstigen Umständen eintretende
Vermehrung unserer Fische, sondern die absichtlich, durch Be¬
schaffung aller dazu erforderlicheu Bedinguugeu herbeigeführte
wiederholte Fortpflanzung derselben. Dies muß das Endziel unserer
Zoolog. Gart. .Jahi-g. XXXIII, 1892. 19
290
Bestrebungen sein, gewährt allein dauernde Befriedigung und kann
unter Umständen sogar lohnend sein, wie denn z. B. für einen feinen,
einsömmerigen Schleierschwanz - Goldfisch heute 20 Mark bezahlt
werden.
Bei der Beschaffung der genannten zarten Rassen des Gold¬
fisches muß man schon vorsichtig sein, und es gehört ein geübter
Blick dazu, um zu beurteilen, was aus einem jungen Tiere werden
'kann. Sind die Fische 2- und Ssommerig, also in einer Länge von
6 — ^10 cm ohne den Schwanz, so geht man schon ziemlich sicher,
denn ein so alter Fisch wird sich nicht erheblich zum Schlechteren
entwickeln. (
Auf einige Punkte bezüglich des Ankaufs will ich aufmerksam
machen. Zunächst kaufe mau teure Fische nur da, wo die Über¬
zeugung geboten wird, daß die Tiere in sachgemäßer Weise gepflegt
werden. Unsinnige Behandlung eines Fisches zeigt sich an dem
Tiere nicht gleich, bringt aber sehr böse Nachwirkungen, die meist
zum Tode führen; dann kaufe nur derjenige sich teure bische, der
durch jahrelange Übung vollständig sicher in der Pflege ist. Man
glaube mir, daß trotz aller Belehrungen nur sehr wenig Liebhaber
es verstehen, einen Fisch wirklich sachgemäß zu pflegen, und unter
denen, die es vielleicht verstehen, sind wieder eine ganze Anzahl, die zu
bequem dazu sind. Dafür spricht folgende Thatsache. Tn den Züchte-
reien von Willi. Geyer in Regensburg und Paul Matte in Lankwitz,
Südende bei Berlin, kommen alljährlich viele Tausende durchaus
gesunder Fische in la. Qualität zum Verkauf und doch findet man so
sehr selten im Besitze eines Liebhabers einen 4jährigen oder gar älteren
Schleierschwanz oder Teleskop, also einen Fisch, an dem die cha¬
rakteristischen Eigentümlichkeiten schon ausgebildet sind, — nur in
diesem Stadium tritt erst die außerordentliche Schönheit des Fisches
zu Tage. Wo bleiben nun alle die Tiere? Sie gehen fast aus¬
nahmslos noch vor diesem Alter, die meisten schon nach ganz kurzer
Zeit, zu Grunde, weil sie unrichtig behandelt wurden.
Will man einen höherwertigen Schleierschwanz oder Teleskop¬
fisch erwerben, so beachte man tolgendes': Man sehe in das den Fisch
bergende Kastenaquarium (nicht rundes Glas) von oben hinein, und
beachte (Teleskop), wie weit die Augen herausstehen, ob sie sich
beide gleichmäßig entwickelt haben (bei jüngeren Tieren holt ein
zurückgebliebenes Auge das andere bisweilen noch ein), ob die Augen
auch in gerader Linie nach der Seite oder wenig nach vorn gehen
(nach oben stehende, besonders aber nach unten hängende Augen
291
machen den Fisch weniger wertvoll), ob Rücken-, Rrnst-, Biiiich-
uud, wenn doppelt, auch Afterflossen gleichmäüig und uu verkrüppelt
entwickelt sind; dasselbe gilt auch für Schwanzteile und Körper*),
Ferner ist zu beachten, ob das Tier hinter den Kiemen nicht ein¬
gedruckt erscheint (Abzelirungskandidat) ; sodann sehe man den Fisch
durch die Seitenscheiben von beiden Seiten an. Die Flossen müssen
breit auseinander resp. aufrecht stehen ; Fische mit angelegter
Rückenflosse sind meist krank, sicher fühlen sie sich aus irgend
welchem Grunde, der allerdings nicht immer Krankheit zu bedingen
braucht, nicht wohl. Hier ist beim Kauf aber zu berücksichtigen,
dati sich die Rückenflosse selbst bei kranken Fischen auf kurze Zeit
aufrichtet, wenn der Fisch in frisches Wasser gesetzt oder durch
Anstoflen etc. scheu gemacht wird. Deswegen und auch um Er¬
kältungen zu vermeiden, ist das für kurzen Transport bestimmte
Wasser dem bisherigen Aufenthaltsbecken zu entnehmen. Stets ist
der Fisch krank, wenn anher der uiedergelegten Rückenflosse auch
Brust-, Bauch-, After- und Schwanzflossen zusammeugeklebt erscheinen,
wenn blutrote Flecken an Flossen oder Schuppen sind; genaue Lieb¬
haber achten auch auf das Vorhandensein aller Schuppen. Fische,
die an einzelnen Stellen flaumartige Gebilde (Saprolegnien) zeigen,
sind pilzkrank und dürfen nur von ganz bewanderten Liebhabern
erworben werden. Ebenso kaufeder nicht ganz Kundige niemals Fische,
die am Körper oder den Flossen weiße erhabene Stellen ohne die den
Saprolegnien eigenen fadenförmigen Strahlen zeigen. Fische, denen
die Schuppen vom Körper reibeisenartig abstehen, oder solche, die
bleibend auf dem Bodengrund scheinbar ruhen, bei Berührung
mühsam nach oben steigen und dann langsam, ohne Flossenbewegung,
senkrecht wieder nach unten in vorherige Stellung sinken, oder gar
solche, die krumm gezogen entweder an der Oberfläche oder am
Boden auf der Seite liegen, zu heilen, gelingt selbst dem Kenner
nur in den Fällen, in denen die Krankheit im Anfangsstadium steht.
Gesunde Fische schnellen beim Klopfen an den Rand des
Behälters, mindestens beim Aujrasten oder Berühren, nach unten und
halten sich dort so lauge auf, bis ihnen die drohende Gefahr beseitigt
scheint ; krank sind sie immer , wenn sie bei dieser Probe langsam
und nach rechts und links schaukelnd oder den Körper schlangen¬
artig bewegend fortschwimmen oder ruhig direkt unter der Ober¬
fläche stehend , angestoßen, langsam ein wenig nach unten gehen.
*) Vgl. die Abbildung des Teleskopfisches im Jahrg. XIX, 1878, S. 3G1.
292
um sofort wieder langsam, ohne Flossenbewegnng, fast senkrecht
nach oben zu steigen; auch die Freßlust der Tiere ist zu beachten.
Von Fischen unter 2 cm Größe in den Monaten November bis
Ende Mai halte ich nicht viel, es sind meist sogenannte Kümmer¬
linge (schlechte Fresser), wenn sie nicht gar an innerlichen Krank¬
heiten oder organischen Fehlern leiden. Hiergegen wird man sich
bei unreellen Verkäufern schwer schützen können, da ein vorjähriger
Kümmerling vom August an als großer diesjähriger immer Abnehmer
finden wird. Nur ein ganz geübtes Auge kann sich vielleicht vor
dem so beabsichtigten Betrug schützen. Es ist hier aber nicht zu
vergessen, daß hochfeine Stücke erheblich langsamer wachsen als
geringe Ware, die ersteren sind unbeholfener in dem Erhaschen
der Nahrung. Fische, die im Zustand der Ruhe den Kopf be¬
deutend tiefer als den Schwanz halten, kaufe mau ebenfalls nicht,
der Zustand verschlimmert sich mit der Zeit iu nicht ganz bewan¬
derten Händen derartig, daß der Fisch schließlich auf dem Rücken
liegt und zu Grunde geht oder doch wenigstens emen traurigen
Eindruck macht, während andrerseits geringes Tieferhalteu des Kopfes
nichts schadet.
Je größer beim Teleskopfische die Augen sind, vor allem je
mehr sie aus dem Kopf herausstehen, — je länger beim Schleier¬
schwanz die 4 Schwanzenden sind (die mittelsten beiden Fahnen
dürfen nicht zusammengewachsen sein) und wieder vor allem, je
mehr sie, nach unten hängend, bei älteren Tieren faltenwurfartig
auseiuaudergehen und mit einem weißen, sclileierartig zarten Gewebe
endigen, je länger die anderen Flossen (die Rückenflossen hoch und
lang) sind, desto wertvoller ist der Fisch. Bei einem besonders
feinen 2sommerigen Schleierschwanz müssen bei 4 cm Körpergröße
die Schwänzenden mindestens so laug wie der Körper sein. Es macht
den Fisch ganz besonders wertvoll, wenn auch alle anderen Flossen
das zarte, schleierartige, weiße Gewebe ausetzeu, das ist aber wohl
kaum vor Beendigung des dritten Sommers zu erwarten. Manche Fische
setzen den weißen Schleier erst sehr spät an, können aber trotzdem
Prachtexemplare werden oder sein, fch besitze einen solchen von
circa 7 cm Körperlänge und 8 — 9 cm laugen roten Schwanzenden.
Beim Teleskopüsch muß der Schwanz recht weit auseinanderspreizen,
die Augen am Ssommerigen feinen Fisch etwa 8 mm Durchmesser
haben und 10 mm laug sein.
Verlangt der Händler für solchen Sjährigeu la. Fisch Mk. 200, so
ist es nicht zu teuer, denn wie aus dem uachsteheudeu ersichtlich ist,
293
sind solcher Stücke nur herzlich wenig zu erlangen. Hier ist auch
zu bedenken , daß von diesen wenigen feinsten Stücken noch lange
nicht alle das dritte Jahr erreichen, sondern ein ganzer Teil an
Kinderkrankheiten zu Grunde gehen kann, auch wird der Preis selbst¬
redend immer schwankend sein, je nach dem Ergebnis der Zucht,
genau wie die Ernteprodukte beim Landinaun. Daß der Preis eines
Fisches, der die Eigenschaften des Teleskop und Schleierschwanzes
in sich vereinigt — Teleskopschleierschwanz — auch entsprechend
höher wird, ist selbstredend.
Schon bei Teleskopen von 4—6 Wochen kann man an einzelnen
Exemplaren die Entwicklungsfähigkeit der Augen beurteilen, bei
den meisten sicher nach 4 Monaten, dagegen ist die der Flossen
beim Schleierschwanz schwerer vorauszusagen. Im ersten Sommer
stehende Schleierschwänze beurteile man von oben gesehen; von der
Seite gesehen erscheinen selbst feine Exemplare minderwertig , da
der Schwanz noch nicht lang genug ist. Die Enden der Schwanz¬
flossen müssen sich bei jungen Tieren bei der geringsten Bewegung
flimmernd auf und ab bewegen, beim stillsteheudeu Fisch müssen
sie nach unten hängen , am einfachschwäuzigen Schleierschwanz
— Kometenschweif — ebenso, nur daß die flimmernden Bewegungen
seitwärts gehen und zwar bei jedem Schwanzteil für sich. Kometen¬
schweife gewähren im Alter von 3 — 4 Jahren einen prächtigen An¬
blick und eignen sich, besonders das Männchen, außerordentlich gut
zur Zucht, da sie weniger unbeholfen sind als die Doppelschwänze
und trotz der anderen Flossenbildung doch die schönsten Doppel¬
schwänze erzeugen können. Gehen die Strahlenknorpel in der
Schwanzflosse bis ganz an das Ende, so daß der Fisch diese Flossen
«»■anz in der Gewalt hat, so wird meist nichts besonderes in dieser
Beziehung zu erwarten sein. Der Liebhaber wird gut thun, sobald
die srerinswertigen Fische als solche erkennbar sind, sich von ihnen
zu befreien, um so den wertvolleren Exemplaren besseres Gedeihen
zu sichern.
Im Nachstehenden will ich nicht etwa eine Anleitung zur Zucht
der in Kede stehenden Fische geben, sondern nur das von mir be¬
folgte Verfahren darlegeu.
Drei Hauptbedingungeu sind erforderlich :
1) ein normal eingerichtetes Aquarium, wie ich solches in Nr. 37
der Isis 1889, Seite 292 beschrieb;
2) geeignete Zuclitflsche und
3) richtige Behandlung derselben.
294
Um Beclinguug 2 zu erfüllen , kaufte ich im Jahre 1889
etwa 30 1 — 2^/2 cm groläe Stücke aus zwei verschiedenen Züchtereien,
um so in erster Linie nicht Inzucht treiben zu müssen, und zog
diese Tiere in einem Zimmeraquarium von 70X45X45 cm heran.
Für lebendes Futter sorgte ich, so viel es mir nur irnend möglich
war. Gar manchmal heißt es da, früh 3 Uhr loswandern, um zum
Beginn der Berufsthätigkeit wieder zurück zu sein, oder abends beim
Scheine der Laterne Löcher durch m starkes Eis schlagen, um
daun vielleicht — — — nichts zu fangen. So kam es, daß trotz
aller Mühe die Tiere oft monatelang ohne lebende Nahrung blieben,
ln dieser Zeit fütterte ich dann fein gehackte und gut gewaschene
Kegenwürmer, fein geschabtes, frisches, rohes Rindfleisch, frische oder
getrocknete Ameisenpuppen, getrocknete Daphnien, Weißwurm, Gar¬
neelenschrot, fein gehacktes rohes oder gekochtes Fleisch von Fischen,
Hummer, Krabben ; auch Kaviar ist ein gutes Futter, ebenso nicht
allzuhart gesottenes Eigelb. Nach einem Jahr hatten, wie die Aus¬
stellung zeigte, meine Fische eine Größe von 6 cm und laichten
in diesem Alter zum ersten Male, ohne daß ich irgend welche Vor¬
bereitungen getroffen hätte. Ich ließ daher auch den Laich ohne
jede Beachtung; es war mir genügend, den Laichprozeß zu be¬
obachten, um sicher die Männchen von den Weibchen unterscheiden zu
können.
Heute nun kann ich mit ziemlicher Sicherheit au laichfähigeii
Fischen die Geschlechter unterscheiden ; hierzu gehört ebeii nichts
weiter als ein geübter Blick. Stets hat das Männchen am After
eine Vertiefung, als wenn mau ein Stückchen Fleisch mit dem Finger¬
nagel herausgezwickt hätte, während diese Vertiefung beim Weibchen
fehlt. Die bekannten Punkte, die nur das Männchen au den Kiemeu-
deckeln haben soll, wolle man nicht als unbedingt sicheres Erken¬
nungszeichen halten. Daß man das Männchen au der schlankeren
Form, das Weibchen au dem gedrungenen, am After kurz abfallen¬
den Körper erkennen solle, ist nicht richtig, ich besitze sehr hübsche
Männchen mit dieser zuletzt beschriebenen Körperform, sie wird
beim feinen Fisch ja überhaupt stets so verlangt. So hat mich auch
das bekannte Erkennungszeichen der Weibchen, das Heraussteheu der
liCgeröhre aus der Afteröffiiung in Form eines circa 1 mm langen
Zipfelchens gerade veranlaßt, einen Teil meiner Männchen als Weibchen
anzuseheu. Nur beim Beobachten des Treibens zur Paarungszeit resp.
durch vorsichtiges und geringes Abstreifen der laichfähigen Fische kann
mau mit unbedingter Sicherheit die Paare bestimmen. Es geschieht
295
(lies in folgender Weise: Man legt den Fiscli anf den Kücken aui ein
über die linke Hand gebreitetes nasses leinenes Tuch, den Kopf nach
der Handwurzel, hält so den Fiscli vorsichtig fest und fährt nun
mit Daumen und Zeigefinger mit nur ganz gelindem Druck au den
Bauchwanduugen entlang nach dem After zu. Zeigt sich so nicht
Milch oder Rogen , so ist der Fisch eben noch nicht laichreif, und
man macht den Versuch nach einiger Zeit noch einmal. Stärkerer
Druck nützt durchaus nichts, kann aber Schaden bringen, sei es
auch nur durch Verlust von einigen Schuppen. Dieser ganze Ver¬
such darf natürlich nur in der Laichzeit vorgeuommen werden, also
vom Mai bis September, bei einer Wassertemperatur von nicht
unter 14® K., ist aber möglichst ganz zu vermeiden.
Nachdem ich nach der Ausstellung im August 1890 diejenigen
Fische, die sich nach meiner Ansicht nicht besonders entwickelt hatten
oder es noch später thuu würden, beseitigt hatte, besetzte ich mein in
No. 9/10 der Blätter für Aquarien- und Terrarien -Freunde 1890
beschriebenes Aquarium (circa 120 Liter; die angegebene GröLe des
Aquariums ist durchaus nicht unbedingt erforderlich, Hauptsache ist
wohl nur, daL die Fische vou klein an an den ihnen bestimmten
Zuchtbehälter gewöhnt werden, denn ein Mitglied unseres Veieins
erreichte in einem Kasten von 60 X 30 X 25 cm sehr gute Er¬
folge mit etwa 15 Fischen in Größen von 5 — 8 cm, also um etwa
die Hälfte zu viel. Ich that dies aus dem Grunde, weil ich den
Tieren einen als Laichplatz angenehmen Aufenthalt nicht schaffen
wollte, da ich fürchtete, sie würden mir sonst zu früh, also zu einer
Zeit laichen, wo mir das Beschaffen des Futters für die jungen Tiere
noch nicht möglich sein würde ; wir sind im Zimmer eben der Natur
immer um etwa 2 Monate vorauf, wie dies au den Pflauzeu deutlich
ersichtlich ist.
Am 30. April v. J. hielt ich die Zeit für das Laichgeschäft
für gekommen, die Weibchen waren ganz außerordentlich dick, und
so brachte ich bis auf die 3 besten Exemplare, 1 weibl. 2 niäunl.,
meine Fische in Gartenhecken, die Geschlechter getrennt haltend.
Am Freitag den 1. Mai mittags begann im Aquarium auch schon
das Treiben, so daß ich überzeugt war, daß der Laichprozeß am
andern Morgen vor sich gehen würde. Ich sah voraus, daß dieser
in der rechten, dem Fenster zugekehrten Ecke stattfinden werde,
denn in dieser Ecke befand sich ziemlich dichter, fast undurchdring¬
licher Pflauzenwiichs, und ich hatte beobachtet, daß bei allen Ver¬
folgungen, denen die Fische, sei es durch das Netz oder durch
296
Genossen oder sonst wie ausgesetzt waren, sie sich immer in dieses
Dickicht flüchteten. Ich sagte mir nun, daß, da bei den Liebes-
werbu Ilgen der Fische das Männchen durchaus nicht »errötend ihren
Spuren folgt«, sondern seine Liebe in geradezu blindem Eifer be¬
kundet, das Weibchen hier Schutz suchen und sich des Laichs ent¬
ledigen würde. Genau so kam es. Ich brachte an diese und etwa
vorhandene freiere Stellen des Behälters noch Büschel von Wasser¬
pflanzen und hatte am andern Morgen früh 5 Uhr das Vergnügen
zu sehen, daß das Treiben trotz Durchlüfter und Springbrunnen, an
welche die Fische von klein au gewöhnt waren, schon im vollen
Gange war. Die Männchen jagten bald hinter, bald neben, bald
unter dem Weibchen, so daß es aussah, als wollten sie das letztere
in Kiemen, Schwanz oder After beißen, denn Teile der Brust oder
Bauchflossen des Weibchens hatten die Männchen oft im Maule. Die
Tiere befanden sich in einer Aufregung, die man dem sonst so dumm
erscheinenden Fisch gar nicht zutraut. Machten dieselben sonst in
der Minute etwa 90 Atmungen, so steigerte sich diese Zahl während
des Laichprozesses oft auf 182. Um 8 Uhr vormittags etwa kam
der erste Laich, Das Weibchen saß in der beschriebenen Ecke fest
und die Männchen trieben fortwährend weiter, da — ein Ruck
seitwärts fast gleichzeitig von allen 3 Fischen, und eine Portion
Laich , circa 60 — 100 Körner flogen nach der Oberfläche des
Wassers zu, um sich im nächsten Augenblick zu senken. Was
nicht schon beim Aufwirbeln au einem Pflaiizeuteil oder der
Scheibe hängen geblieben war, blieb beim Niedersinken an jedem
beliebigen, sich ihm in den Weg stellenden Gegenstand hängen,
oft an den äußersten Blattspitzen , so daß der Berührungspunkt
kaum zu sehen war.
Dieser Vorgang hat sich im Laufe des Tages etwa 15 mal
wiederholt, mit Mengen von circa 10 — 100 und mehr Laichkörneru.
Um ^1-27 Uhr abends beobachtete ich den letzten Wurf, nachher
standen die 3 Fische getrennt in verschiedenen Winkeln des Aqua¬
riums, fast unbeweglich, teilnahmslos gegen alles, was nm sie her
vorging, mau sah ihnen die Erschöpfung au.
Schon nach etwa 6 Stunden ist zu sehen, was von den klein¬
hirsekorngroßen gallertartigen Eiern befruchtet oder unbefruchtet ist,
letztere sehen nach dieser Zeit milchweiß aus, während erstere durch¬
sichtig klar bleiben. Mehr als dreiviertel war unbefruchtet. Am
selben Abend gegen 10 Uhr entfernte ich die alten Fische aus dem
Aquarium und verteilte am folgenden Morgen den Laich in 6 Be-
297
25./5.
30. /5.
31. /5.
liälter laut folgender, die Eutwickeluiig der Eier bei verschiedener
VV asserteraperatnr zeigenden 3\ibelle;
(Die hier t'ulK'emlc 'l'abollo siehe Seite 208 und 290.)
16./5. Am Bauch einzelner Tiere sieht inan eine 3 bis 2 nun grobe
Blase, die sich bei allen Pischchen in mehr oder weniger
gröberem Umfange zeigt. Es sind dies die Verdauungsorgane;
die dieselben einschliebenden Bauch wände sind so durchsichtig
dünn, dab man sie mit blobem Auge nicht sehen kann. Brust-
hosseu sind deutlich zu erkenueu. An einzelnen Exemplaren
sind Körper - Verkrüppelungen erkennbar.
20. /5. Gröbte Stücke sind 1 cm lan«;- Die Rückenflosse deutlich
sichtbar. Die Tiere fressen von nun an so viel, dab sie oft
auf dem Kopf stehen, bei versuchten Schwimmbewegungen
sich förmlich kugeln. Ich halte das reichliche Püttern gerade
in diesem Stadium für notwendig, um gute Presser, also
schnelles Wachstum zu erzielen.
1^/4 cm grobe Exemplare, Afterflosse deutlich sichtbar.
Bauchflosse und somit alle Plossen deutlich sichtbar.
Einige Exemplare haben eine Gröbe erreicht, dab ich fürchte,
sie können besonders zurückgebliebene verschlucken, deshalb
setzte ich die letzteren in besondere Behälter. Es ist bei
diesen Pischen nötig, jedes Tier bis zu der Entwicklung zu
bringen, die zeigt, was aus dem Tier werden dürfte; es können
sonst gerade die feinen Stücke, auf die es ja doch hauptsäch¬
lich ankommt, verloren gehen.
4. /6. Die ßauchwände werden undurchsichtig, die Pischform ist also
jetzt vollständig, die Schuppen sind zu erkennen. Zum ersten
Male wurstige PJxkreniente.
12. /6. 2^j4: cm grobe Exemplare, die am 31./5. extra gesetzten, im
Wachstum zurückgebliebenen Pischchen haben sich durch be¬
sondere Pflege so weit entwickelt, dab ich sie bis auf 3 Stück
ohne Gefahr wieder zu den anderen setzen kann. Es ist
genau zu sehen, was Teleskopaugen werden wollen.
5. /7. Ich sehe, dab einige Tiere sich färben. Das frühe Pärben und
die Rasch wüchsigkeit sollen erblich sein, man soll also thun-
lichst solche zur Zucht verwenden, die diese Jdigenschafteii
haben, wenn man beides erreichen will. Das letztere liebe
sich einfach dahin erklären, dab raschwüchsige Fische kräftig
und gesund sein müssen und man von gesunden Eltern ja
zweifellos kräftigere Nachkoiiimenschaft zu erwarten habe als
298
Wärme des Wassers. Grade
Standort.
Datum 1891.
Am Fenster eines nach S. W. gelegenen
Wohnzimmers, durch nichts vor den
Sonnenstrahlen geschützt.
Am Neben¬
fenster von No.l
bis 3, aber dort
stehender Topf¬
gewächse weg.
durch Holzja¬
lousien vor der
Mittagssonne
geschützt.
No. 1,
rechteckiges
Kasten-
aquarium entli.
ca. 120 Liter.
No. 2,
wie No. 1 enth.
ca. 20 Liter.
No. 3,
rundes Ein¬
macheglas
enth. ca. 10 Lit.
No. 4,
viereckiges
Gllasaquarium
enth. ca. 10 Liter.
3/5.
verteilte ich die am 2/5. bei 15'* in No. 1 erhalte-
5 Aquarien, deren Wasser auf 14°
Vorm. 7 Uhr. .
15^2
141/2
13
13
4/5. ^
Mittags 12 Uhr
141/2
14
18
14
Nachm. 4 Uhr .
16'/2
17
181/2
15
.Abends 10 Uhr
16
16
151/2
141/2
Vorm. 7 Uhr. .
15
141/2
14
14
5/5. ■
Nachm. 2 Uhr .
16
151/2
201/2
151/2
Abends 10^/2 Uhr
16
17
151/2
15
6/5.
Früh 6 Uhr . . .
14°/i
141/2
131/4
131/2
Nachts 1 Uhr .
15®/4
16
15
15
7/5.
Vorm. 7 Uhr . .
15
—
—
—
Abends 10 Uhr
\
1474
1474
1474
141/2
8/5.
Vorm. 7 Uhr . .
141/2
14
14
14
. Nachm. 1 Uhr .
14’/2
141/4
14
141/4
9/5.{
Vorm. 10 Uhr .
1474
141/2
141/2
15
Nachm. 2 Uhr .
1574
16
1874
I61/4
10/5. Mittags 12 Uhr
18
18
18
17'/2
299
nach Reaunuir.
Auf dem Blumenbrett eines
uach S.O. gelegenen, nach
engem Hof mündenden
Fensters, daher täglich nur
wenige Vormittagsstunden
Sonne.
Benierkungen über Witterung,
Entwicklung etc.
No. 5.
sechseckiges
Kasten-
aiiuarium enth.
ca. 20 Liter.
No. 6,
wie No. 3.
Am 2/5. warmes, sonniges Wetter.
nen Eier in die weiteren
temperiert war.
Wenig Sonne, kühl.
9
15
WI2
13
9
15
14'/2
13
Warmes, sonniges Wetter. Unbefruchtete Eier voller Sapro-
legnien. Embryo mittelst Lupe erkennbar.
10' /2
15
10
10 '/
15
9'/2
Vorm, kühles, klares AVetter, nachm, bedeckt. Embryo in
No. 1—4 mit bloßem Auge sichtbar, die Augen mittelst
Lupe deutlich erkennbar. Embryo abends sich bewegend.
In No. 5 u. 6 Eml)ryo weniger deutlich erkennbar und
ohne Bewegung.
6'/ 4
Wetter wie vorher. Am Embryo überall mit bloßem Auge
die Augen zu sehen. Saprolegnien au unbefruchteten
Eiern verschwinden mehr und mehr. Befruchtetes Ei,
das von Saprolegnien-Strahlen eines anstoßenden unbe¬
fruchteten Eies eingehüllt i.st, nimmt selbst Saprolegnien
nicht an. Diese meine Beobachtung, die ich in mehreren
Fällen machte, widerspricht dem in „Fische, Fischerei
und P’ischzucht“ von Professor l)r. Bertho’d Ben ecke
auf Seite 213 Besagten, es heißt dort: „Die Saprol-Sporen
keimen aber auch auf den benachbarten guten Eiern,
die sie, indem ihre Wurzelfäden durch die Eihaut ein-
dringen, schnell und häufig in großer Masse töten.“
(Vergl. auch Bericht unserer Vereinssitzung vom 6/5. 92.)
9'/2
8
11
9'/4
11
Kaltes, regnerisches Wetter. Unbefruchtete filier, an denen
Saprolegnien fast ganz verschwunden, fallen zum Teil
ab und sinken zu Boden.
10
ll’/2
10
11 ‘/2
Warmer liegen, ln No. 1—3 schlüiifen junge filsche aus,
sie hängen fast ohne Bewegung senkrecht an der Ober¬
fläche: in andere Beliälter gebracht, sinken sie zu Boden
und bemühen sich im Verlauf von 10 Minuten nach oben
zu kommen, fihschform kaum erkenntlich, Augen sehr
groß.
Wji
17
15
17'/2
Sehr warmes, .sonniges Wetter, ln No. 1 Junge, in 1—3
hängen junge fi'isclto nach der Vorderschei))e zu senk¬
recht an der Oherlläche, bewegen sich aber oft. Beim
Klopfen an das A(iuarium schießen sic durcheinander,
einzelne fangen an wagerecht zu schwimmen.
15%
15%
Sonniges, sehr warmes Wetter, ln No. 5— G junge Fische.
«
300
von Schwächlingen. Für die Erblichkeit des frühen Färbens
indes habe ich keine Erklärung, Von in meinem Besitz
verbliebenen circa 60 ‘Fischen färbten etwa 10 im ersten
Jahre aus; einer meiner Zuchtfische fing im dritten Sommer
an zu färben und ist heute, nach einem weiteren Jahre, noch
nicht fertig damit, während von den jungen Tieren einige
innerhalb 14 Tagen vollständig ausfärbten.
Es ist aus der Tabelle zu ersehen, dalä durch die Sonne verur¬
sachte erhöhte Wärme des Wassers viel zur schnellen Entwicklung
der Eier beiträgt, sie bringt aber noch einen weiteren aufierordeutlich
wichtigen Vorteil. »Sie bewirkt, daß die Fische heu un-
verkrüppelt dem Ei entschlüpfen«. In kälterem Wasser
bleibt die Eischale härter, die Tiere sind im Ei schon entwickelt,
ehe sie durch geringe Bewegung die Eischale brechen können,
machen also hierzu gewaltige Anstrengungen, und so schädigen
sie sich schon im Ei, sicher aber beim Ausschlüpfeu den zarten
Körper und die noch zarteren Flossen. So geholte Verkrüppelungen
wachsen sehr spät oder nie wieder ganz aus. Die Gefahr der Ver¬
krüppelung mag auch noch in den ersten Minuten durch die Bewegung
der Tierchen selbst vorhanden sein, später aber treten Verkrüppe¬
lungen nicht mehr ein, wenn nicht größere Kraft, als sie die Tiere
selbst besitzen, sie ihnen beibringt. Deshalb ist es auch nicht
richtig, die Tiere schon vor Ende Mai laichen zu lassen.
(Schluß folgt.)
•Über kariöse Erscheinimgeii au Kuoelieii freilebender
Tiere.
Vou Dr. med. Hennieke,
(Mit 4 Ahbildungeii.)
Herr Hofrat Professor Dr. Liebe berichtete vor 13 Jahren
über Knochenfraß bei einem Exemplare des Höhlenbären folgendes*):
»Ein Radius vou Ursiis spelaeiis zeigt an der Oberfläche eine grofö
Anzahl vou flachen Vertiefungen mit unregelmäßigen, rundlichen
Umrissen, deren verschiedene Durchmesser zwischen zwanzig und
drei Millimeter schwanken uud deren Tiefe etwa einen Millimeter,
selten mehr beträgt. Öfter verfließen die Vertiefungen mit einander
und bilden daun größere erodierte Flecken. Es fragt sich nun,
*) LXXIX. Band d. Sitzb. d. K. K. Akad. der Wissensch. I. Abt. Mai-
lleft, Jahrg. 187Ü.
301
welche Ursachen der Verunstaltung des Knochens eines Höhlen¬
bären zu Grunde liegen. An eine Benagung durch Raubtiere ist
nicht zu denken, wie der erste Blick lehrt; aber auch jene Be-
uaguntj liegt nicht vor, wie sie gewisse Schneckenarten mit ihren
Zungen ausführen, und welche ich schon früher nachgewiesei« habe
(»die Liudenthaler Hyäuenhöhle und andere diluviale Knocheufunde
in Ostthüringen« in Eckers Arch, f. Anth. etc. 1876). Wir haben
es hier vielmehr mit einer pathologischen Erscheinung zu thun, mit
einer Krankheit, die unter Karies gehört und an der das Tier
mutmaßlich eingegangen ist, obschon von dem einen Ende des
Knochens aus der Heilungsprozeß kräftig vorgeschritten war. Nach
dem oberen Ende hin ist die Knochenmasse auf dem Grunde der
Grübchen zerstört und der Zusammenhang zwischen den Knochen¬
zellen sehr gelöst, nach dem unteren Ende hin dagegen hat auf
dem Grunde der Gruben eine gesunde Neubildung stattgefunden und
erkennt man namentlich au der einen großen Grube eine voll¬
ständige Ausheilung der Nekrose. Was nun weiter die Ursache der
Knocheukraukheit betrifft, so liegt es nahe, an Bißwunden zu
denken, die das Tier bei harten Kämpfen davougetragen hat. Dem
widerspricht aber die große Zahl und vor allem auch die Lage der
Gruben, die zum Teil auf von Haus aus geschützten Stellen stehen,
sowie nicht weniger der Umstand, daß wie alle lebenden Bären der
kälteren Zonen wohl auch der Höhlenbär durch dichten Pelz gegen
so arge Bißwunden geschützt war. Ich halte daher die Annahme
für die richtige, daß eine allgemeine körperliche Disposition der
Krankheit zu Grunde gelegen hat, die allerdings daun durch zu¬
fällige Bißwunden sich örtlich kompliziert haben kann. Für diese
Ansicht spricht der Umstand, daß der Knochen, wie die hie und da
deutlichen blättrigen Absonderungen au der Oberfläche und das
ganze Gewebe lehren, von einem alten Individuum herrühren mag,
und vor allem die Erfahrung. Gerade an Knochen von Ursus
spelaeus habe ich solche Karies öfter gesehen ; so z. B. an Knochen
der fränkischen Höhlen in der Sammlung des verstorbenen Prof.
Braun und au einem Exemplare von Quedlinburg. Auch in der
Liudenthaler Hyäuenhöhle fand ich in einem sonst ganz gesunden
Schädel bei ganz gesunder Krone die Wurzeln des einen oberen
Backenzahnes durch Karies angegriffen und zwei Eiterkanäle, welche
von den Zahnwurzeln aus den Randteil des Oberkiefers U mm.
oberhalb des Randes durchbohrt haben (der genannte Schädel liegt
in der fürstlichen Laudessammluug zu Gera).«
302
Hieran reihte Liebe später noch weitere Ausführungen über
das Aussterben gewisser Tierformen in geologischen Zeiträumen und
dessen Ursachen.
Leider befinden sich weder die Knochen selbst, noch die 7Aim
Zweck der mikroskopischen Untersuchung angefertigten Schlifi-
präparate noch im Besitze des Herrn Hofrat Liebe, so daß es un¬
möglich ist, zu mutmaßen, auf welcher Basis die kariösen Er¬
scheinungen beruhten, ob sie durch eine tuberkulöse, syphilitische
oder osteomyelitische Erkrankung hervorgerufen waren oder auch
nur gewöhnlichen Eitercoccen ihren Ursprung verdankten. Leider
konnte ich so auch nicht entscheiden, ob sie irgendwie einem sofort
zu besprechenden ähnlichen Vorkommnis an einem Sc h i m pan s e n-
Skelett gleich oder ähnlich waren, obgleich mich die Beschreibung
zu der Vermutung führt, daß die Erkrankungen wenigstens zum
Teil identisch sind.
Tm Herbst 1891 wurde mir fjeleojentlich einer Reise an der
Westküste Afrikas in Majumba das Rohskelett eines außergewöhnlich
großen, weiblichen Schimpanse angeboten, der wenige Tage vor¬
her mit einem Jungen an der Brust erlegt worden war. Leider
war das Tier infolge der Hitze schon derartig in Verwesung über-
gegangen, daß von der Haut und den Weichteilen wenig mehr zu
erkennen war. Bei der in Gera von Herrn Hofrat Liebe vor-
genommenen Präparation des Skelettes dieses Tieres zeigte es sich nun,
daß das erste Phalangealgelenk am Mittelfinger der rechten Hand
eine Knochenerkrankungf aufwies. Sämtliche andere Knochen des
Skelettes waren gesund.
Die Erkrankung zeigte folgende Eigentümlichkeiten. Das obere
Ende der ersten Phalanx (Fig. «), sowie das untere Ende der zweiten
Phalanx (Fig. Z/) waren anfgetrieben und in diesen Auftreibungen zeigten
sich eine Anzahl größere und kleinere Gruben und Gänge. Die
Grundform des Knochens war dabei keineswegs alteriert, sondern
noch deutlich erkennbar. An dem ersteren Knochen waren die
beiden Condylen deutlich sichtbar, wie auch au dem zweiten die
Gelenkflächen deutlich ausgeprägt waren (Fig. c und d). Nur waren
die Verhältnisse räumlich größere, wie au den gesunden Knochen
der anderen Seite und die Geleukflächen zeigten eine zerfressene
Oberfläche. Die Verunstaltung erstreckte sich bei beiden nicht
weiter als ca. einen Centimeter von der Geleukliäche entfernt. Die
Gruben, welche sich in ihnen befanden, waren teilweise 4 — 6 Milli¬
meter tief, ihr Durchmesser betrug bis zu 6 Millimeter. Dazwischen
303
kamen aber auch sehr viele kleine Vertiefungen von 1 — 2 Millimeter
Tiefe und gleichem Durchmesser vor, so’ dah die ganze Knochen¬
substanz ein eigentümlich schwammartiges Aussehen hatte. Der
O O
a Krste Phalanx seitlich von unten,
b zweite Phalanx seitlich von unten,
c beide Phalang’cn von oben,
d beide Plialanjjren von unten gesehen.
Übrige Teil der beiden Knochen zeigte ein vollständig normales
Aussehen. Die Leisten für den Ansatz der Muskeln waren hoch¬
gradig entwickelt, wie überhaupt der ganze Bau des Tieres auf
ein in gutem Kräftezustande befindliches Exemplar schließen ließ.
Die zum Zweck der mikroskopischen Untersuchung augefertigten
Knochenschlilfe zeigten kein specifisches Bild, im besonderen ließen
sich keine Biesenzellen oder Tuberkelbacillen darin finden.
304
Es läßt sich also auch hier nicht entscheiden, auf welcher
Ursache diese Kochenerkrankung beruht. Möglich, daß eine Ver¬
letzung der Gelenkgegend die Eintrittspforte für Streptococcen oder
Staphylococcen und damit die Ursache der Knochenerkrankung wurde,
möglich auch, daß eine allgemeine körperliche Disposition zu Grunde
liegt. Wir müssen es dahingestellt sein lassen.
Sehr interessant würde es sein, wenn bei ähnlichen Vorkomm¬
nissen eine Untersuchung der Weichteile, nicht nur des betreffenden
Gliedes, sondern auch des übrigen Körpers, vor allem der inneren
Organe vorgenommen werden könnte, da nur eine solche einen
sicheren Schluß auf die Ursache der Krankheit zuläßt. Jedenfalls
ist aber schon der Umstand nicht ohne Interesse, daß wildlebende,
so verschiedenen Zonen, Zeiträumen und Ordnungen angehörige Tiere,
wie Höhlenbären und Schimpansen, auch in der Freiheit von den
tückischen Mikroorganismen heimgesucht werden. Bei domestizierten
und in der Gefangenschaft lebenden Tieren sind ja derartige Vor¬
kommnisse häufig.
Über die Lebensweise des Wüsten -Warans und der
Hufeisennatter in Gefangensehaft.
Von Helene Werner in Wien.
Bevor ich meine Beobachtung über die oben erwähnten Reptilien
hier wiedergebe, will ich ausdrücklich bemerken, daß ich von jeder dieser
beiden Arten nur ein Exemplar zu beobachten Gelegenheit hatte; ich
glaube jedoch, daß meine Mitteilungen nicht ohne einiges Interesse
sind, nachdem sich die beiden Exemplare in Gefangenschaft ganz
wohl befinden, daher anzuuehmeu ist, daß ihre hiesige Lebensweise von
der in ihrer Heimat nicht wesentl ch abweicht, und mir keine früheren
ausführlicheren Berichte über diese Tiere bekannt geworden sind.
Der Wüsten -Waran iVaramis griseus)^ der aus Biskra in Al¬
gerien stammt und von meinem Bruder im Frühling dieses Jahres
initgebracht wurde, ist eiu mittelgroßes, fehlerloses Exemplar von
nahezu 70 cm Länge und nährt sich hauptsächlich vou Mäusen;
bis jetzt hat er 37 Mäuse und 7 Eidechsen verzehrt. Sobald eine
Maus frei im Kälig herumläuft, stürzt er auf sie los, zerdrückt ihr
den Kopf und verschlingt sie dann stets mit dem Kopf voran ruck¬
weise und sehr schnell, ohne zu kauen, da er sich nicht die Zeit
iiiiiimt, ihi die Scluidelknoclieii ordeutlicli zu zernialivieii, wie dies die
Perieidechse (Lacerta ocellata) zu tlmii pliegt, sondern sich mit einigen
Bissen begnügt, die nur die Haut und die Muskeln durchschneideu;
ei nimmt übrigens die Mäuse ohne Scheu aus der Hand.
Nach Brehnis Tierlebeu II. Auflage, und mehreren anderen
mir zugekommeneu Mitteilungen soll der Waran in Gefangenschaft
keine Nahrung auuehmeu, was mit dem Benehmen meines Exemplars,
welches durchaus keine besondere Pflege genießt, in direktem Wider¬
spruch steht. (Vgl. dagegen ßrehm. III. Aufl. Bd. 7. Seite 113. N.)
Ohne Lisache verschmäht er auch manchesmal nahezu einen
Monat lang jede Nahrung, kann aber andererseits wieder 5 Mäuse
nacheinander verzehren. Ebenso wie der Dornschwanz (üromastix
acanthinurus) und die Sandschiauge {Eryx jacuUis) trinkt der Waran
niemals.
Obwohl derselbe eine in jeder Beziehung vollendete Eidechse ist, so
erinnert er doch sehr au eine Schlange, sowohl durch seine sehr lange
Zunge, welche er häufig und mit großer Schnelligkeit hervorstreckt,
und seinen ebenfalls verhältnismäßig laugen Hals, als auch durch sein
schlangeuähnhches starkes Zischen, wenn er gereizt wird, wobei er
den Körper stark ausdehnt und zusammeuzieht und seine Kehlhaut
aufbläht.
Wenn er besonders erregt ist, z. B. wenn er nach einem Flucht¬
versuch in seinen Käfig zurückgebracht wird, verteidigt er sich, da
er durchaus keinen gutmütigen Charakter besitzt, durch wütendes Beißen
und Kratzen und kann sich noch lange nachher nicht beruhigen,
sondern faucht heftig und stoßweise. Außerdem pflegt der Waran
nach demjenigen, der seine Ruhe stört, plötzlich und heimtückisch zu
schnappen und mit dem laugen Schwanz empfindliche Schläge aus¬
zuteilen.
Wenn er einen Fluchtversuch plant, reibt er sich an den Wänden
des Käfigs herum und blickt unverwandt in die Höhe, springt, wenn
er sich unbemerkt glaubt, mit einem einzigen Satz auf den Rand
seines Käfigs, eilt dann gewöhnlich mit rasender Schnelligkeit irtmiid
einem Versteck zu und klettert bei dieser Gelegenheit mit großer Ge¬
wandtheit in den Spalten zwischen Mauer und Kästen empor.
Mit anderen Reptilien in ungefähr gleicher Größe verträgt er
sich sehr gut; während er bei dem Anblick einer Maus oder Eidechse
in große Erregung kommt und sich gleich zur Verfolgung bereit
macht, die meist nicht lauge dauert, da er sein Opfer mit großer
Sicherheit erfaßt. Dabei schleicht er sich von der Seite, beziehungs-
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXIIl, 1892. 20
SOG
weise mit seitlich geneigtem Kopfe an die Maus heran und packt
sie mit einem plötzlichen Vorstoß in der Mitte oder beim Kopf.
Ist ihm dies geluugen, so schüttelt und schlägt er sie, wenn sie sehr
groß und stark ist und zu beißen versucht, solange gcg^“!! den Boden,
bis sie einigermaßen betäubt ist.
Die Häutung geht in der Weise vor sich, daß sich die alte
Haut zuerst au dem Genick, an der Schwanzwurzel und an den Ex¬
tremitäten loslöst und daun in kleinen Fetzen abgestreift wird. Am
längsten dauert die Häutung am Rücken und am Schwanz und sie
beansprucht überhaupt einen sehr langen Zeitraum. Der Appetit
des Warans ist während der Häutung unvermindert.
Zu bemerken wäre noch, daß der Waran beim Laufen oder Gehen
mit dem Bauch nicht den Boden berührt, wie es hei den Eidechsen
der Fall zu sein pflegt. Wenn er schläft, hat er den Kopf gewöhn¬
lich seitlich geneigt und die Beine nach hinten gerichtet au den
Körper angelegt; sein Schlaf ist ziemlich fest. Der Waran ver¬
trägt noch mehr Wärme als die Dornschwänze, befindet sich aber
bei + 15° Celsius noch ganz wohl, obgleich er dann die Annahme
von Nahrung verweigert. Der Waran ist bei genügender Wärme
und reichlicher Nahrung (da er eine sehr schnelle Verdauung besitzt)
immer lebhaft und in seinen sonstigen Ansprüchen sehr bescheiden.
Meine Hufeisennatter {Zmnenis Jdppocrepis) stammt aus Bona
in Algerien, wo das schöne mittelgroße Exemplar ebenfalls von
meinem Bruder am Mont Edough gefangen wurde. Sie nährt sich
hauptsächlich von Mäusen, die sie vorwiegend bei Nacht verschlingt
und zwar tote fast lieber als lebende; ausnahmsweise nimmt sie auch
Eidechsen an. Mein Exemplar ist trotz fünfmonatlicher Gefangen¬
schaft noch ziemlich bissig; sie häutete sich bisher circa alle Monate
einmal und zwar sehr vollständig, indem die Haut nahezu in einem
Stück abgestreift wurde. Mein Exemplar trinkt zwar selten, meidet
aber ini allgemeinen die Feuchtigkeit nicht. Die Hufeisennatter
ist, wie es scheint, eine auf dem Erdboden lebende Schlange, welche
nur selten klettert, und ist in ihren Bewegungen im Vergleich zu
den beiden europäischen Arten Zamenis gemoneiisis und Z. Dahlii
nicht besonders schnell.
307
Der Sekretär, Gypogeramis serpeiitarius, des zoologischen
Oarteiis zu Köln.
Von Staats von Waequant-Geozelles.
Mein erstes Znsammentrelfen mit diesem Vogel fand in Alfeld
statt, wo Herr Reiche mich ihm im Februar d. J. vorstellte. Da
dei Vogel soviel ich weiß, ein Schiffbrüchiger von der »Fider« —
gesund und munter war, so dachte ich sofort au die vortreffliche
Raubvogelsammluug des zoologischen Gartens zu Köln und schrieb
sotoit au meinen hochverehrten Freund, Direktor Dr. Wunderlich.
Zu meiner Freude kaufte derselbe dieses interessante, leider nur
selten importierte Geschöpf, und somit sah ich dasselbe Ende Juli
»Wenn ich nur ’mal eine Schlange be-
O
dieses Jahres wieder. —
kommen könnte !«..... sagte mir der Herr Direktor, und da
auch ich und ohne Frage auch der Sekretär selbst — diesen
unsch he,^te, so suchte ich eine mir bei Köln (Lohmar, Siegkreis)
bekannte Schlangengegeud eifrig ab. Meiiie Bemühungen wurden
von Erfolg gekrönt, meine Erwartungen aber — übertrotfeu ; denn
während ich die Ringelnatter suchte, fand ich — — ein ausge¬
wachsenes Exemplar der W ürfe luatter, Tropiclonotus tessellatus^
Laur. Ich warf das Tier, welches sich au einem Reisighaiifen
sonnte, mit dem untergeschobenen Gewehre auf eine gemähte Wiese
und hatte das Vergnügen, zu sehen, wie mein Hund ohne Besinnen
über das sich ringelnde, wütend um sich beißende Tier herfiel und
es zu töten suchte. *)
Ich nahm die Schlange mit nach Köln, sagte dem Herrn
Sekretär au der Kasse Bescheid, daßi er den Herrn Direktor von
I unde ben achi ichti^en möge, und begab mich vom Herrn
Sekretär direkt zum Vogel Sekretär. Dort fand sich alsbald auch
der Herr Direktor ein und wir überlegten nun, wie wir das Schau¬
spiel eiurichten könnten. Da wir die außerordentlich behende
Schlange auf keinen lall iin Außeuraume des Secretarius gänzlich
freilassen durften, — denn wenn sie uns entkam, so konnte der
zoologische Garten leicJit in ganz Köln in Verruf kommen, — so
banden wir sie an einen dünnen Bindfaden und warfen sie dann in
*) E.S wird auch hier am Platze sein, zu bemerken, daß dieser Hund,
»Mucki«, S. »Zool. (fart.« WXII, Seite 89, — welcher in »Hunde.sport
und Jagd« und anderen Fachschriften von den berufensten Federn als »der
best dressierte Hund, der in Deutschlands Gauen existiert«, beschrieben wird,
nur - ein Teckel ist.
308
deu Raum des iu einer Ecke hockenden Vogels. Sofort veräudeite
sich das ganze Aussehen und Wesen desselben in höchst auffallender
Weise. Glühenden Auges unverwandt auf die Schlange schauend,
näherte er sich ihr gravitätisch und ruhig, je nach dem Benehmen
der Schlange vor- und zurückgehend und nur im Anfänge einmal
kurz mit deu festauliegeuden Flügeln zuckend und die Haube einen
Moment sträubend : — er brauchte ja nicht >abzuschrecken« sondern
nur »anzugreifen« ; denn die Schlange versuchte zu fliehen.
Somit lieh er seine Schirm- und Schreck-Mittel : b lügel und
Haube, entsprechend seiner immerhin nur geringen Frregung, außer
Thätigkeit,
Der endliche, wirkliche Angriff geschah von Seiten des Vogels
nicht vermittels eines Schlages mit dem Flügelhöcker, wie Le Vaillant
angibt, sondern so, wie wir Zuschauer es uns gleich dachten, mit
dem Fange (Fuße). Der Flügelbug mag dem Vogel bei größeren,
sich aufrichtendeu Schlangen, z. B. bei der schrecklichen ägyptischen
Brillenschlange, allerdings von größtem Nutzen sein, bei kleineren
Schlangen aber, welche am Erdboden kriechen und sich kaum ei-
heben, kann nur der kräftige Fang deu tödlichen Streich austeileu.
Wir haben das gesehen: — plötzlich und mit Blitzesschnelle sauste
der Fang herab und mit lautem Klatsch — wie wenn mau mit
flacher Hand kräftig den Erdboden schlägt — traf der »Ballen«
des Fußes genau deu Kopf der Schlange. Auch der zweite,
leuchtenden Auges ausgeführte Schlag traf wiederum sicher den
Kopf des sich wild im Todeskampfe ringelnden Opfers und eist der
dritte Hieb schmetterte die lebenden Ringe zu Boden.
Nunmehr löste ich die ohnmächtige Schlange vom Bindfaden,
bei welcher Gelegenheit der Vogel mir augenscheinlich höchst un¬
gehaltene Blicke, begleitet mit Rucken des Halses, zuwaif.
Sowie die Schlange wieder im umhegten Raume lag, erhielt sie
von neuem einige laut-klatscheude Tritte und wurde dann vom Vogel
längere Zeit aufmerksam beobachtet.
Nach eingehendster Betrachtung wurde sie nun sehr bedächtig
am Kopfe erfaßt und mit weit vom Körper vorgestrecktem Halse
in die Höhe gehoben, wobei der Vogel aufmerksam das unten sich
krümmende Schwanzende des Reptils im Auge behielt und es sich
beim Vorwärtsschreiten augenscheinlich ängstlich vom Leibe hielt.
hüll Zerbeißen des Schädels fand nicht statt, konnte aüer auch
nicht mehr stattfinden, denn der Kopf war, als ich deu Bindfaden
löste, schon total zertrümmert.
300
Plötzlich verschwaiul mit einem Ruck ein Fünftel der Schlange
im Schlunde des Sekretärs, und indem sich der letztere durch Rück¬
wärtsschreiten und lang vorgestreckteii Hals wiederum vor den
O O
baumelnden übrigeü vier F^'unfteln vorsichtig gewahrt hatte, be¬
förderten zwei weitere Rucke auch diesen Rest in die Tiefe, worauf
der Vogel lüstern den ganzen Käfig abspähte.
Bei diesem ganzen Vorgänge benutzte der Sekretär nur den
rechten Fuß als Waffe, mit welchem er die Hiebe sicher, aber be¬
dächtig austeilte. Der erste Hieb war ohne Zweifel mit aller Ab¬
sicht lediglich auf den Kopf der Schlange abgewartet, berechnet
und erstaunlich sicher ausgeführt! Erst als die Schlange durch diesen
Hieb betäubt war, erfolgten Doppelschläge. Im Gegensatz hierzu
schlägt der Vogel, wie mir Direktor Wunderlich erzählte, auf Ratten
und Mäusen, also auf ungefährlicheren Tieren, mit beiden Fängen
geradezu einen Wirbel.
Der Vogel ist ein jung aufgezogenes Exemplar und kaum
dürfte er schon in seiner Heimat Anleitung zur Jagd erhalten
haben, da die Jungen des Kranichgeiers außerordentlich unbehülfiich
sind und an sechs Monate im Horste verbleiben : eine welch’ er¬
staunliche »anererbte Geschicklichkeit« bekundete er hier in Köln!!
Die Schuppen dieser kleineren Schlange hat er verdaut : ob er Ge¬
wölle speit, will Herr Direktor Wunderlich experimentell prüfen.
Eine Elefaiiteiikraiiklieit iiu zoologischen Garten zu Tokio.
»Vor etwa drei Jahren machte der König von Siam dem Kaiser von
Japan ein Geschenk mit einem Elefantenpaar. Die Tiex'e wurden dem
zoologischen barten in Tokio überwiesen, wo sie bis Mitte vorigen Jahres
keine Erscheinungen zeigten, welche auf eine Störung der Gesundheit schließen
ließen. Seit dieser Zeit aber fing der kleinere weibliche Elefant an abzu¬
magern und seit Ende des vorjährigen Sommers traten Geschwüre in der Haut
auf, die allmählich an Zahl und Ausdehnung Zunahmen. Plnde März fing er
sogar an, das Futter zu verschmähen und konnte ohne Hülfe nicht mehr auf¬
stehen, weshalb ich von der Verwaltung dos zoologischen Gartens zu Kate
gezogen wurde.
Die Untersuchung ergab l'olgendes:
Das Tier ist abgemagert und der beib desselben, besonders in den
Flanken, durch Futtermassen hervorgewölbf ; das Allgemeinbefinden ist ge¬
stört, dargereichtes Futter wird zögernd mit dem K.üssel eutgegengeuommen
und nur teilweise vermittels des.selben in die Mundhöhle befördert; das Kauen
geschieht langsam und mit Pausen.
- 310.wi —
Die Haut fühlt sich tther den größten Teil des Körpers pergameutartig
an, und au vielen Stellen hat sich die pergameutartige Schicht durch Eiterung
von den darunter befindlichen Teilen getrennt; au einzelnen scharf begrenzten
Stellen tritt die Eiterung absceßartig auf; viele solcher Abscesse haben sich
durch Abstoßung ihrer Decke in flache unregelmäßige Geschwüre umgewandelt.
Diese Geschwüre haben den Umfang von einem silbernen 10-Seustück bis zu
dem eines Dollars. Die Geschwürfläche ist entweder noch mit einer dünnen
Eiterschicht bedeckt oder sie erscheint trocken; in dem letzteren Falle ist sie
uneben granuliert.
Die Ohren sind beide in ihrer Peripherie bis ungefähr 3 — 4 Zoll vom
Rande ganz symmetrisch kalt und hart wie Knochen; hinter dieser Grenze
sind die Ohren innen und außen weich und stärker warm. Die Bindehaut der
Augen ist auffallend rot und geschwollen, der innere Augenwinkel und die
darunter befiudliche Haut der Backe sind mit einer schleimig eiterigen Masse
bedeckt. Die übi’igen Organe zeigen, soweit dieselben bei diesen Tieren der
Untersuchung zugänglich sind, keine wesentlichen Veränderungen.
Der Elefant litt hiernach an einer mvdtiplen, oberflächlichen brandigen
Hautentzündung {Dermatitis superficialis gangraenosa multiplex)^ an symme¬
trischem Brand der Ohren (Gangraena symmetrica aiirumj und an einer
chronischen Entzündung der Bindehaut der Augen (Conjunctivitis chronica).
Auch bei dem großen männlichen Elefanten fanden sich an dem hinteren
Teile des Körpers einzelne kleine Geschwüre in der Haut von der oben an¬
gegebenen Beschaffenheit, was den Verdacht erweckte, daß eine ansteckende
Krankheit vorliege. Die mikroskopische und bakteriologische Untersuchung
des Absceßinhaltes blieb indessen resultatlos.
Als wahrscheinliche Ursache wurden deshalb Ernährungsstörungen an¬
genommen, die wieder durch zu schlechte Nahrung, besonders aber durch die
in der letzteren befindlichen Pilze veranlaßt waren. Die Elefanten waren seit
ihrer Ankunft ausschließlich auf japanisches Heu angewiesen, welches nur
einen geringen Nährwert hat nnd außerdem eine große Menge trockenen
Schlammes enthielt. Solches Heu ist ungemein häufig auch bei Pferden
Ursache von Krankheiten, von denen chronische Magendarmkatarrhe und
Dämpfigkeit hervorzuheben sind. Bei den Elefanten kommt noch hinzu , daß
ihnen keine Gelegenheit gegeben worden war, ihren Körper vermittels des
Rüssels zu begießen und zu reinigen, eine Gewohnheit, welche so sehr zum
Wohlbefinden dieser Tiere beiträgt.
Beide Elefanten waren derselben Ursache ausgesetzt, aber das weibliche
Tier war von Haus aus schwächer und deshalb zuerst ergriffen worden.
Die eingeleitetc Behandlung bestand in einem vollständigen Futter¬
wechsel. Die Tiere erhielten an Stelle des bisherigen Heues gutes reines
Reisstroh und Hokkaido-Heu, daneben eine entsprechende Menge an Reis,
Gerste und Brot. Ferner wurde angeorduet, daß die Kranken gründlich mit
lauwarmem Seifenwasser abgewaschen wurden und daß ihnen öfter Gelegen¬
heit gegeben ward, ihren Körper a))zuspülen. Innerlich erhielten sie Arsenik
in Form der Fowlerschen Solution. Die Geschwüre in der Haut wurden täglich
zweimal mit einer Lösung von Alaun und Bleizucker, der sogenannten
Burowscheii Solution, behandelt.
iJuSll
f
Acht Tage nach Beginn dieser Behandlung zeigten sich bereits die
ersten Spuren der guten Wirkung derselben. Das Weibchen fraß besser und
war munterer, was es besonders durch Schreien und durch die elefantenartigen
Laufbewegungeu (Ent- und Belastung der einzelnen Beine) kund that. Neue
Geschwüre traten nicht mehr auf und die alten heilten langsam ab.
Vier Wochen später waren beide Tiere wieder vollkommen gesund, die
Geschwüre mit Hinterlassung von pigmentlosen Stellen geheilt.
Übrigens hat sich die Verwaltung des zoologischen Gartens entschlossen,
aus Siam einen elefantenkundigen Wärter kommen zu lassen, der bereits in
nächster Zeit in Tokio erwartet wird.«
J. L. Janson (Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur-
und Völkerkunde Ostasiens. 49. lieft).
K 0 r r e s p 0 n (1 e 11 z e ii.
r Kopenhagen, im September 1892.
Unser zoologischer Garten hat jetzt ein neues Affenhaus. Dasselbe hat
Ijeinahe 51,000 Kronen gekostet und ist zu ca. 60,000 Kronen taxiert.
In den letzten Tagen haben'wir ein sehr schönes Exemplar des Vielfraßes,
Gulo horealis, aus Finnland bekommen, wie auch ein junges, weibliches Elen,
Älces palmatus, als zukünftige Gemahlin für unseren ganz hübschen männlichen
Elenhirsch. Als Geschenk erhielten wir ein sehr schönes Exemplar der
K r agen trappe , Otis Macqueeni, welches am 7. Oktober von einem Land¬
manne in der Gegend beitlöyer in Schleswig erbeutet wurde. Im Jahre 1843
wurde ein ähnliches Exemplar in der Gegend bei Flensburg erlegt. Jeden¬
falls sind diese Vögel sehr selten hier in Dänemark wie überhaupt im Norden
A. v. Klein,
Kleinere Mitteilungen.
Raubtiere in Bosnien. Die von Österreich besetzten Provinzen be¬
sitzen einen keineswegs beneidenswerten Reichtum au Bären und Wölfen.
Geffen diese unangenehmen Gäste wird seit einer Reihe von Jahren sowohl von
der ländlichen Bevölkerung als auch von den hierzu berufenen Behörden ein
energischer Vernichtungskrieg geführt. So wurden erlegt:
im
Jahre
1880
263
Wölfe,
28
Bären
»
1881
641
70
»
1882
854
»
53
»
)!>
1883
879
»
94
»
»
»
1884
1031
70
»
1885
1057
»
129
»
»
1886
941
»
85
»
»
»
1887
971
130
3>
»
1888
739
117
»
1889
855
85
312
Im ganzen sind also in den Jahren 1880 bis einsch]ief3lich 1889 8230 Wölfe
und 861 Bären vertilgt worden, wobei noch im Auge zu behalten ist, daß nicht
alle erfolgreichen Jagden zur Anzeige gebracht werden, obgleich die Begierung
Fanggelder bewilligt. Die Wölfe halten sich wohl in allen Teilen der Pro¬
vinzen, am liebsten aber in den nördlichen Bezirken Bosniens auf, während
die Bären in den südlicheren Gegenden, besonders im Bezirke Serajevo, sich
wohler fühlen. Die Vertilgung der liaubtiere seitens der Forstverwaltung ge¬
schieht durch Fang und Abschufs; seit 1888 ist auch die Vergiftung durch
Strychnin eingeführt, womit gute Erfolge erzielt worden sind. Interessant ist
es, daß die Landleute ohne jede Schußwaffe, bloß mit Beilen oder Knütteln
auf die Raubtiere losgehen. Gro.
Hamster wurden im Sommer 1890 in den Fluren der Stadt Gotha nicht
weniger als 34,610 Stück gefangen. Für ein Weibchen wurden 25 Pfg., für
ein Männchen 5 Pfg. Prämie bezahlt, ln der Flur der Stadt Mühlhausen in
Preuß. Thüringen sind in der Zeit vom 22. September bis 22. Oktober 1892
5358 Hamster getötet worden, 4606 Männchen und 752 Weibchen; dadieSladt-
kasse für die Weibchen 30 Pfg., für die Männchen 15 Pfg. Fangprämie bezahlt,
so sind über M. 900 hierfür verausgabt worden.
VI. Jahresber. der ornitholog. Beobachtungsstationen im
König],-. Sachsen 1892. (Anhang.)
Tierwaudernngeii, der Nahrung wegen. Während Wanderfischc,
wie Lachse, Maifische, Störe, nebst Aalen hauptsächlich des Laichens wegen
ihre Wanderungen unternehmen, ist es bei den Heringen der ausgesprochene
Trieb der Selbsterhaltung, welcher die gewaltigen Wanderungen in Be¬
wegung bringt. Die Heringe, wie auch der Lodd - Fisch , erstere au den
europäischen , letzterer an den amerikanischen Küsten des nordatlantischen
Oceans folgen kolossalen, für unser Denkvermögen unfaßbaren Scharen
winziger Krebschen, welche von Strömungen der Meeresoberfläche ohne eigenes
Wollen aus den arktischen Meeren südlich getrieben werden. Dieses von den
nordischen Fischern »Aat« genannte »lebende Mus« bildet die Hauptnahrung
der Heringe. Möbius fand im Mageninhalt von Heringen 20,000 bis 60,000
Stück Copepoden-Krebschen, deren Kleinheit hieraus wohl ersichtlich ist. Mit den
Krebschen kommt eine schleimige Masse, aus Diatomeen und Peridineen bestehend
und »Bäk« benannt, geschwommen. Von diesen leben die Copepodeii. Be¬
sonders die Peridineen scheinen Tieren zur Nahrung zu dienen, da sie einer-
seiis keine Kieselschalen besitzen und andererseits substanzreicher sind als die
Diatomeen. Es ist direkt nachweisbar, daß die Peridineen von kleinen Krebs¬
chen gefressen werden. Den Heringen folgen nun wieder die Schellfische,
diesen eine Anzahl fischfressender Vögel und Delphine, also ei nt Kette wan¬
dernder Organismen, deren Glieder eines vom anderen aus Rücksicht auf die
Selbsterhaltung zur Wanderung veranlaßt werden.
Diesem Heringszug stehen gleichartige Beispiele zur Seite aus dem
übrigen Tierleben. Die Schnee-Eule reist im Gefolge des in kolossalen Massen
wandernden bekannten Lemmings; Rosenstare, Blauraken und kleine Falken
schließen sich den Heuschreckenschwännen an; Kittlitz fuhr auf dem Großen
Ocean zwei Tage laug durch zart blau gefärbte Velelliden, und dann plötzlich
313
erschienen jene wundersamen seßhaften Krebse, die sogenannten Knteninnscheln,
Lepas. Letztere hatten ihre Kolonien auf Velellideu angelegt, deren Brut
ihnen gleich als Speise diente. Sie folgten also sowohl aktiv als passiv ihrer
Nahrung. Und wenn man nun sieht, daß der Mensch alljährlich durch die
Heringszüge auf einer Legion von Fahrzeugen auf die See hinausgelockt wird,
daß in Centralafrika gewisse Negerstämme alljährlich ihr Lager aus dem
Binnenland an die Flußufer verlegen, um die nahenden ungeheueren Fisch¬
scharen abzupassen und während der Dauer des Zuges an ihnen den Hunger
zu stillen, was ist diese Erscheinung anderes, als dasselbe, was das Beispiel
von den Heringen uns lehrt: die Jagd nach Nahrung!
Ein Parallelstück hierzu berichtet E. v. Lenden feld aus den austra¬
lischen Alpen bei Gelegenheit seines Besuches des Mount Bogong (Zoolog.
Garten, Jahrgang XXXI, 1890. S. 240). Ungezählte Schwärme einer Eule,
Agrotis spina^ zogen am Abende des 7. Januar 1886 an dem Gipfel des Berges
in raschem Fluge von Westen nach 0.sten vorüber. Dieser Schmetterling und
seine Raupen, die in der Erde sich von den Wurzeln der Alpenkräuter nähren,
wurden früher in großen Mengen von den Australnegern verzehrt. Sobald im
Frühsommer der Schnee auf den Hochebenen zu schmelzen bega.nn, machten sich
Horden von Australnegern nach dem Gebirge auf und rückten, dem zu-
rückweichendeu Schnee folgend, lang.sam bis zu den höchsten Gipfeln vor. Im
Hochsommer trieben sich dann auf den Hochebenen große Scharen von Austral¬
negern herum, welche sich bis zum Herbst von diesem Schmetterling und
seinen Raupen nährten, die beide in heißer Asche gebraten wurden. Diese
Speise scheint den Australnegern sehr gut angeschlagen zu haben, denn sie
kehrten im Herbst recht wohlgenährt in das Tiefland zurück. Gro.
Ein Reh mit 5 Zehen an den Vorderfüßen wurde bei Betzenheim
bei Nürnberg erlegt. Die Läufe wurden an das Nürnberger Museuui abgeliefert
und stammten von einem zweijährigen Rehbocke. Außer den zwei Afterhufen,
die bei dem Auftreten den Boden nicht berühren, befindet sich hier an jedem
Vorderfuße noch ein ähnlicher drittel’, der in gleicher Weise wie jene durch
drei Fiugerglicder (Phalangen) und den Rest eines Mittelhandkuoeheus an den
großen Mittelhandknochen der beiden Hauptzeheu, das sogenannte Kanonen¬
bein, angeheftet ist. Da bei den vierhufigen Wiederkäuern die beiden auf-
treteuden Zehen als dritter und vierter Finger der Vorderhand zu betrachten
sind, denen sich die nicht gebrauchten Afterhufe als zweiter und fünfter Finger
zugesellen, während der Daumen nicht zur Ausbildung gelangt ist, so ist viel¬
leicht die hier überzählige Zehe als der verloren gegangene Daumen und der
Fall als ein Rückschlag (Atavismus) nach den fünfzehigen Urahnen des Rehes
anzusehen, wie ähnliches bei Pferden mitunter vorkommt, wenn nicht das Vor¬
handensein von drei Phalangen an jedem der üherzäliligen Finger dagegen
spricht, weil der Daumen nur aus zwei Gliedern best(‘ht. Das Vorkommen
könnte vielleicht auch in die Reihe der überzähligen Mißbildungen gestellt
werden, wohin die Menschen mit sechsfingerigen Händen und Füßen gehören,
sowie die fünfzehigen Hühner, bei welchen die dem Daumen angefügte Zehe
ebenfalls mehr Glieder als der normale Daumen selbst zu besitzen pflegt.
Abhandl. der Naturhistorischeu Gesellschaft zu Nürnberg. 1892. (N.).
314
Aus dem Jahresberichte des Rheinischen Fischerei-Vereins heben
wir leigendes hervor: Die Gesamtzahl der Mitglieder l.)eträgt jetzt 307; die Ein¬
nahme des Vereins bezifferte sich auf M. 2619, die Ausgabe auf M. 2684.42.
Für 148 erlegte Fischottern wurden gegen Einlieferung der Schnauzen M. 444,
tür 231 erlegte Fischreiher und einen Fischadler M. 430 an Prämien und für
erfolgreiche Anzeigen von Fischfrevlern M, 513 an 28 Personen ausgegeben.
Wie in den Vorjahren hielt der Vorsitzende (Geh. Medicinalrat Dr. Freiherr
V. la Valette St. George in Bonnj Vorträge über die Naturgeschichte der
Fische und ihre Zucht, verbunden mit Demonstrationen in der Brutanstalt
des Anatomischen Instituts zu Poppelsdorf. Den Vereinsmitgliedern wurden
für M. 153 Fischbrut- und Transport-Apparate beschafft und eine Summe von
M. 190 als Beihülfe zur Errichtung von drei Brutanstalten liergegeben.
Außerdem kamen 15,000 Forelleneier zur Verteilung an Mitglieder des Vereins,
ln das Arpiarium des Anatomischen Instituts zu Poppelsdorf wurden durch
die Siegfischer Gebr. Werner 36,000 Stück und als Geschenk der Bergheimer
Fischerei-Bruderschaft 66,000 Stück gut befruchteter Lachseier eingeliefert.
Die hiervon gewonnenen jungen' Lachse sind Ende Mai und Anfang Juni in
die Agger eingesetzt worden auf der Strecke zwischen Siegburg und Overath.
Daß die Lachsbrut dort vortrefflich gedeiht, beweisen die Erfahrungen der
Vorjahre. Auch die untere Sieg wurde mit 70 — 80,000 jungen Lachsen besetzt,
die Fabrikbesitzer Hansen in Siegburg in seiner dortigen Brutanstalt aus
100,000 Stück von dem Fischereibesitzer Scherpich gelieferten Eiern erbrütet
hatte. Unter der Leitung des Vertreters des Vorsitzenden, des Kgl. Baurats
und Oberfisch nieisters Treplin in Trier, hat die Zucht der Salmoniden im
dortigen Regierungsbezirk einen ganz bedeutenden Erfolg aufzuweisen. Es
wurden dort erbrütet 1,215,000 Lachse und 188,000 Forellen. Auch von
anderen Vereinsmitgliedern gingen dem Verein Berichte zu, welche beweisen,
daß das Interesse an der Hebung der Fischzucht im Rheiulande in erfreu¬
lichem Aufschwung begriffen ist. Der Kgl. Rentmeister Kunz in Dierdorf
war in der Lage, 80,000 Stück ausgebrüteter Forelleneier au die kleineren
Brutanstalten des Westerwaldes, der Eifel und des Hunsrück abzugeben, und
setzte 30,000 Stück Forellenbrut in die Bäche des Westerwaldes aus. Lehrer
Schumacher in Kruft hat 27,000 Stück Forelleneier ausgebrütet und die Brut
nebst 5000 jungen Aalen den Gewässern des Kreises Mayen einverleibt. ln
gleich verdienstvoller Weise hat Lehrer Pfahl in Oberwinter umfassende
Teichanlagen im Berndorfer Thale ausgeführt, denen sich eine neue Brut¬
anstalt zugeselleu wird. Eine ganze Reihe kleinerer Vereine ist mit dem
Rheinischen Fischerei- Verein in regen Verkehr getreten zu gemeinsamem
Wirken. Gro.
Biologische M e e r e s s t a t i o n in Bergen. Die Stadt Bergen in
Norwegen besitzt ein vortreffliches uaturhistorisches Museum, das unter der
Ijeitung des um die Wissenschaft hochverdienten Dr. med. D. C. Danielssen
steht, an dom als- Konservator auch Fridtjof Nansen vor seiner Durch¬
querung Grönlands stand. Letzterem ist auch die Anregimg zu verdanken, mit
dem Museum eine biologische Meeresstation zu errichten, eine Anstalt, die durch
Aufstellung von Seewasseraquarien allgemein belehrend wirken und besonders
die Kenntnis der norwegischen Seetiere fördern soll, die ferner einheimischen
315
und fremden Zoologen Gelegenheit bieten soll, eingehende Studien an den
Tieren des Meeres zu machen, und die drittens dazu beitragen wird, die Natur¬
geschichte der für Norwegen eine so große liolle spielenden Fische und
anderen nutzbaren Seetiere zu ergründen und dadurch dem Wohlstände des
Landes zu dienen. Jetzt ist unter der Leitung von Dr. J. Brunchor st,
dem Nachfolger Nansens, die Anstalt zu stände gehomraen und, wie aus den
vorliegenden Plänen hervorgeht, vortrefflich eingerichtet.
An einem bis in die Stadt hineinreichenden Meeresarme, dem Puddefjord,
und zwar auf einem Felsen zwischen diesem und einem inneren Seewasser¬
bassin, ist auf einer hochwasserfreien Grundmauer von 20 X 12 m das zwei¬
stöckige hölzerne Gebäude in feinerem norwegischen Stile errichtet, ln dem
unteren Stocke befinden sich 12 Seewasseraquarien verschiedener Größe, die
sowohl von Pumpen als auch von einer durch die städtische Wasserleitung
betriebenen Turbine mit Wasser versorgt w^erden.
Der obere Stock ist der wissenschaftlichen Aufgabe der Station Vorbe¬
halten und enthält demnach zwei große Laboratoriensäle, von denen der
kleinere vorzugsweise physiologischen Arbeiten und etwa vorzunehmendeu
chemischen Operationen Vorbehalten ist, während in dem größeren Saale ein
geräumiger Tisch zum Aufstellen von Aquarien und acht Plätze für arbeitende
Forscher vorhanden sind. Für künstliche Beleuchtung ist durch Gaslarapen
gesorgt. Da eine Telephouleitung die Station mit dem nahegelegetien Museum
verbindet, so können jederzeit aus der dort befindlichen reichen Bibliothek
die nötigen Bücher u. s. w. beschafft werden. — Die Anstalt führt mit
Recht den Namen des langjährigen Leiters des naturhistorischen Museums
»D. C. Danielssen«.
Wie der Herausgeber dieses Blattes, der im Jahre 1884 auch in den
Fjorden um Bergen herum dem Dredschen oblag und dabei auf das liebens¬
würdigste von der Direktion des Museums wie auch von F. Nansen unterstützt
wurde, mit dem er eine Woche auf Haakelsund an der Südspitze von Sartorö
in einsam gelegenem Hause zum Zwecke des Schrabens zubrachte, aus Er¬
fahrung weiß, ist die Fauna der dortigen Meeresteile eine äußerst reiche und
mannigfaltige, und darum ist umsomehr die Errichtung einer biologischen
Station daselbst mit Freude zu begrüßen. N.
Hausschlangen in Brasilien. Die Ratten vermehren sich in
Brasilien derart schnell, daß es zu ihrer Vernichtung nötig ist, eine spezielle
Schlangenart zu züchten. Dieselbe ist eine kleine Boa, welche nicht über
4 Meter lang wird, von der Stärke eines Mannesarmes; sie gehört zur Art
der Giboia. Solche Schlangen verkauft man auf den Märkten von Rio, Pernam-
biico, Bahia etc. zu M. 4 — 5 [)ci’ Stück. Absolut ungefährlich und gewöhnlich
träge, schläft das Tier den Tag über am Fuße der Treppe dos Hauses und
erhebt höchstens den Kopf bei Ankunl't eines Besuchers oder bei sonstigem
fremdem Geräusch. Bei Anbruch der Nacht aber beginnt die Jagd, die
Schlange dringt durch alle Spalten und Winkel, wirft sich mit der Schnel¬
ligkeit einer Sprungfeder auf die Ratten und erwürgt sie. Da die Schlangen
wenig fressen, selbst in der Freiheit, so mordet auch die Giboia nur zu ihrem
Vergnügen. Sie gewöhnt sich so sehr an das Haus ihres Herrn, daß sie
stets wieder in dasselbe zurückkehrt, soweit mau sie auch von demselben
316
entfernen majj. Jedes Haus, in den heißesten Provinzen, in welchem die
Patten heriunsjndngeu, besitzt eine Giboia als »Iinmobiliar«, und der Eigen¬
tümer rühmt deren gute Eigenschaften, wenn er das Haus verkaufen oder
vermieten will. Gro,
Die nordische Wühlratte, Arvicola raiticeps, K. & Bl. in Deutscli-
land. Dieses Tier, das unserer Wasserratte, Arv. ampliibius, nahe steht, lebt
jetzt in Skandinavien, den russischen Ostsee2)rovinzen, Nord-Pußland und Si¬
birien, war aber zur Diluvialzeit über einen großen Teil von Mittel- und
Westeuropa verbreitet. Das naturhistorische Peichsmuseum zu Leiden enthält
4 Stücke, die 1835 und 1836 zwischen Leiden und Haarlem gefangen worden
waren, seit welcher Zeit aber keine weiteren Exemplare in Holland aufgefunden
werden konnten. Nun ist diese Patte von Prof. Dr. A. Nehring auch für
Preußeii nachgewiesen und zwar aus der Umgegend von Brandenburg, wo 5
oder 6 Stück während des Spätherbstes in einem Garten-Treibhause gefunden
wurden und in die Hände des bekannten Sammlers Gustav Stimming kamen.
Die genaue Untersuchung des Gebisses führte zu der hübschen Entdeckung
der für Deutschland neuen Art, die vielleicht als Überbleibsel aus der Diluvial¬
zeit sich hier erhalten haben mag. Als Kennzeichen des Tieres werden außer
einer charakteristischen Bildung des 1. unteren Backenzahns angegeben : ein
viel zierlicherer Bau als bei der Wasserratte, rötlich braungraue Behaarung
an der Oberseite des Körpers, an der jedes Haar eine schwarze Spitze hat, und
eine weißlichgraue Bauchseite.
Naturwissensch. Wochenschrift 1892. No. 35.
Das Kamel in der südrussischeu Landwirtschaft. Im Ural¬
gebiet, in den Gouvernements Oreuburg, Astrachan, Stantropol, Taurien und
im südlichen Teil des Dongebietes, ferner in der Krim und in zwei Kreisen
des Gouvernements Samara wird das Kamel mit Erfolg für Feldarbeiten
benutzt. Viele bäuerliche Wirtschaften besitzen außer Kamelen kein anderes
Arbeitsvieh und auch die Gutsbesitzer ziehen Kamele Ochsen und Pferden vor.
In geringerer Zahl kommen Kamele auch in den Gouvernements Charkow,
Poltawa, Woronesch, Saratow und vielleicht in noch anderen Gegenden des
europäischen Rußland vor. Gegen Kälte unempfindlich und nur Feuchtigkeit
lies Bodens fürchtend, können Kamele in ganz Rußland, fast bis Archangel
im Norden, leben. Besonders auf die Verbreitung des Kamels mag der
Umstand eingewirkt haben, daß die Rinderpest ihm nichts anhaben kann und
Kamele, von Quarantänemaßnahmen unbehelligt, aus einem Gouvernement in
das andere gebracht werden können. In Oreuburg, wo Kamele vor 30 Jahren
bloß für den Salztransport benutzt wurden, besitzen eiuSselne größere Wirt¬
schaften jetzt hundert und mehr Stück, mit denen alle Feldarbeiten bestellt
werden. 'Die früher höheren Preise für Kamele sind seit der Fertigstellunir
der transkaukasischen Bahn bedeutend gesunken und schwanken zwischen
30—70 Rbl. Gro.
Schmarotzer der Krontaube. Im Vivarium im Prater in Wien ver¬
endete eine Krontaube, bei deren Sektion sich in der Unterhaut [Outis) und im
Bindegewebe unter dieser massenhaft ein bisher noch nicht beschriebener Parasit
fand; die Exemplare desselben liegen nicht nur neben einander sondern stellen-
r
weise auch bis zu vier Exemplaren über einander, sodaß nach diesem zahl¬
reichen Auftreten zu schließen, die Schmarotzer den Tod der Krontaube her¬
beigeführt haben. Sowohl die Federn als auch die Epidermis waren un¬
versehrt.
Das Tier ist eiue Milbe von 2 — 8 mm Länge, von cylindrischer Form
mit vier Paar Beinen, deren vordere in Krallen endigen, während das vierte
Fußpaar in eine sehr lange Borste ausgeht. Auffallend ist es, daß die Mund¬
teile zu fehlen scheinen, ja nicht einmal eine Mundöff'nung gefunden werden
honnte. Die Milbe, die sich in der Gestalt an Phytoptus und Demodex an¬
schließt, gehört wohl mindestens einem neuen Genus an und dürfte, da die
Epidermis und die Federu unversehrt sind, nicht von außen eingewandert sein.
Verbandl. der k. k. zooh-botan. Gesellschaft in Wien. August 1892.
Der Kaiman {Alligator mississipiensis) bildet in der Union seiner un¬
gemeinen Ergiebigkeit wegen das Ziel eifriger Verfolgung: sein Leder wird
bekanntlich zu Quincailleriewaren vielfach verwendet und erzielt daher einen
hohen Preis; die Zähne gelten M. 8-48 das Kilo und das aus dem Fleische
ausgezogene Öl wird zu 12—24 Pf. per Liter verkauft. Das ausgesottene
Fleisch dient als gutes Hunde- uud Hühnerfutter, ja auch die Indianer und
Neger verzehren es in Ermangelung anderer Nahrungsmittel. Den florida-
nischen Viehzüchtern wird der Kaiman dadurch nützlich, daß er sich auf dem
Boden umherzuwälzen pflegt, wodurch Erdlöcher entstehen, die sich wahrend
der Regenzeit mit Wasser füllen und kostbare Praukeplätze bilden, wenn die
Sommersonne die Bäche ausgetrocknet hat. Die Sportsleute jagen den Kaiman
mit Flinten von Boten aus. Ist eines der am Strande umherkriecheiiden Tiere
getroffen und behält es noch Zeit, den Fluß zu gewinnen, so verendet es
auf dem Boden dessellien uud ist dann verloren. Erst einige Wochen später
erscheint der von Gasen aufgetriebene Körper wieder auf der Oberfläche. Der
Kaiman wird auch lebhaft von Negern gejagt. Er gräbt sich nämlich für
den Winter in den Boden ein und verbringt so die kältere Jahreszeit in Erd¬
löchern, gemeinsam mit den Terrapenen oder Dosenschildkröten, einer unserer
einheimischen Sumpfschildkröte verwandten Art. Die Neger sind den Winter
über damit beschäftigt, die Umgebung von Savannah (Stadt mit 80,0ü0 Ein¬
wohnern in Georgia) zu durchstreifen und die Stellen, wo die Krokodile sich
eingegraben haben, mit Merkmalen zu versehen. Mit Einbruch des Frühlings
kehren sie, mit Werkzeugen versehen, wieder zurück und graben die ganz
erstarrten Kaiman und Schildkröten aus; die Terrapenen geben sie den
Händlern, den Kaiman verbinden sie das Maul fest und verkaufen sie an
Menagerien und Museen: ein lebendes Krokodil von 12 Fuß Länge wird mit
M 24” bezahlt. Infolge der lebhaften Nachfrage nacli Kaimanen von Seite
der Industrie wird di^ Jagd auf diese Tiere so lebhaft betrieben, daß die¬
selben in nicht allzuferner Zeit der Ausrottung anheimfallen werden. Gro.
Die Hausratte,
in Westfalen) gar nicht
Stallungen.«
Mus raitus, ist »in der Stadt Viersen (Kreis Gladbach
selten; sie bewohnt die Bodenräume, besonders der
Verbandl. d. uaturhistor. Ver. der preuß.
Rheinlande 11. Westfalens 1892.
318
Eine s eil äd liehe Meevesassel , TAmnoria terebrans Leach. In der
naturwissenschaftlichen Abteilung der Königlichen Akademie der Wissen¬
schaften in Amsterdam erstattete Professor Dr. Hubrecht Bericht über die
Arbeiten der von der Regierung ernannten Limnoria-Kommission, deren Unter¬
suchungen nach siebeujähiger Arbeit nunmehr zum Abschluß gekommen sind.
Die Limnoria ist eine kleine Assel (Isopode) und richtet, wie der Pfahl wurm,
an dem zu Wasserbauten verwandten Holz imermeßlichen Schaden an. Die¬
selbe kommt von Friesland bis pach Zeeland vor und man konnte bis jetzt
nui feststellen, daß die Verminderung des Salzgehaltes des W^assers ihre Ver¬
mehrung und Verbreitung beschränkt. Ihren Angriffen bieten selbst die
härtesten Holzsorten keinen Widerstand, und Professor Hubrecht weiß vor¬
derhand kein anderes Mittel gegen dieselbe zu empfehlen, als dasjenige,
welches auch gegen den Pfählwurm angewandt wird, nämlich dafür zu sorgen,
daß die Köpfe der Nägel, mit welchen die Pfähle geschützt werden^ nicht
abbrechen, und dann ein sehr starkes Kreosotieren des Holzes, das durch
Beimeuguug von giftigen metallischen Salzen noch wirksamer gemacht werden
kann. Piofessor Dr. Hoek, ebenfalls Mitglied der Kommission, zeigte verschiedene
anatomische Präparate des nur 4 mm langen Tierchens, sein Urteil über das
anzuwendende Mittel wich aber insofern von dem seines Kollegen Hubrecht
ab, als er vom Kreosotieren keineswegs den von letzterem in Aussicht gestellten
Erfolg erwartet, weil das Kreosot durch das Seewasser nach kurzer oder
längerer Zeit doch ausgelaugt wird. Da die anhängige Kruge ein ungemein
wichtiges praktisches Interesse hat, so ist zu wünschen, daß Wissenschaft und
Erfahrung ein sicheres Mittel ausfindig machen, durch welches dieser ge-
tährliche Bundesgenosse des Pfahlwurms unschädlich gemacht werden kann.
Gro.
Ein listiger Hau sh ahn. Mein Nachbar, ein Fuhrmann, hält auf seinem
völlig bekiesten Hofe einen Hahn und zwölf Hennen, italienische Kuckucksperber
mit gelben Beinen, prächtige Tiere; sie werden Tag für Tag, Winter und
Sommer aus der Hand gefüttert und zwar so, daß Kinder den Hof gleichsam
, ■ e das 0 efiup,el einzeln finden und auflesen muß.
Teure Eier sind das jedenfalls und satt gehen schwerlich alle Köpfe immer zu
Bette. Das weiß wohl auch ihr Sultan und er handelt danach. Zu gleicher
Zeit hält sich nämlich der Sohn des Hauses ein einziges Paar weiße Maltesertauben
mit roten Füßen. Nur allein diesen ist stets und reichlich Futter auf dem
Fenstersims vor der Wohnstube bereit gestreut, bisher unerreichbar für jedes
Huhn. Da hat nun trotzdem seinen Lieblingshennen der Hahn regelmäßitTcn
Anteil folgendermaßen gewonnen: er ist allemal so beharrlich hinter einer
auf dem Hofe unten herumtrippelnden Taube her, bis diese endlich ihren
schützenden Futterplatz aufsucht. Schon beim jedesmaligen Auffliegen fallen
viele Ivörner herunter vor die Schnilbel der wartenden Hennen, und außerdem
— sitzt die Taube einmal mitten im Futter, pflegt sie auch zu fressen, es ist
ihr gar zu bequem gemacht. So fallen massenhaft Körner über das Sims
herunter. Das will der Gockel und danach handelt er zweckbewußt jeden
Tag öfter. Eduard Rüdiger.
319
Bienenzucht am Vi ktoria-Ny an s a. Als Joseph Thomson in die
Landschaft Kawirondo in der Nähe des eheugenannten mittelafrikanischen Sees,
und zwar nach dem Dorfe Kaharas, zu den Wakawironoas kam, fand er fast in allen
Hütten, die übrigens selbst eine Bienenkorb-Form haben, einen Bienenstock. Ein
solcher besteht aus einem hohlen, im Innern der Hütte befestigten Holzklotz,
dessen Ende in der Mauer liegt und aus selbiger hervorsteht, so daß die Bienen
frei ein- und ausgehen können. Obgleich nun, erzählt der Reisende, das Haus
meist voll Rauch ist und der Honig eine schwarze Farbe nnd einen sehr un¬
angenehmen Geschmack davon annimmt, so werden doch sonderbarer Weise
die Bienen hierdurch nicht vertrieben. Die Wakawironoas aber sind jederzeit im¬
stande, die Waben herauszunehmen. Eine derartige Anpassung an das Fa¬
milienleben des Menschen von Seiten der Bienen hätte man bei Mittel-Afrika¬
nern schwerlich gesucht. Gro.
L i 1 1 e r a 1; u r.
Die nordamerikanische Vogelwelt von Heinrich Nehrling, Kustos
des öffentlichen Museums in Milwaukee. Unter künstlerischer Mitwirkung
von Prof. Robert Ridgway in Washington, Prof. A. Göring in Leipzig
und G. Mützel in Berlin. Milwaukee, Wis. Georg Brumder 1891-
Leipzig, F. A. Brock haus, M. 52.
Mit dem 13. Hefte ist ein wahres Prachtwerk beendet, auf das wir schon
mehrfach aufmerksam gemacht haben, ein Prachtwerk nicht nur nach äußerer
Ausstattung, mit schönen kunstvollen Bildern, sondern vor allem auch nach
seinem Inhalte. Die nordamerikanischen Vögel sind mit einer Kenntnis, mit
einer Liebe und sinnigen Auffassung, zugleich aber mit Beherrschung der
deutschen Sprache beschrieben und in ihrer Lebensweise wie im Rahmen ihrer
Umgebung geschildert, wie wir es nicht gerade häufig finden. Jeder Freund
des Tierlebens und insbesondere der Vogelwelt wird darum seine Freude an
dem vorzüglichen Werke haben.
Der den Lesern des '•>Zoolog. Garten« wohl bekannte Verfasser, ein
Deutschamerikaner, der deutsches Wesen und G(;müt sich vollständig bewahrt,
hat von Jugend auf eine besondere Vorliebe für die Vogelvvelt gefaßt und in
vielen J'eilen der Union, in Nord und Süd, Gelegenheit gehabt, die köstlichsten
Beobachtungen zu machen und die nordamerikanischen Vögel in ihrem innersten
Wesen wie in ihren Beziehungen zur Mitwelt kennen zu lernen, h'rüh schon
wurde es ihm klar, »daß man nur dann einen Vogel wirklich kennt, wenn
man mit den Bäumen und Blumen, den Jahreszeiten, dem Klima und anderen
Verhältnissen seines Aufenthaltes genau vertraut ist.« Diesem Vortrautsein
entsprechen die poetisch angehauchten und doch nirgends überschwenglichen
Schilderungen völlig, und darin liegt der große Reiz seines Werkes, das außer¬
dem auf 3G Farbendrucktafeln 136 Arten amerikanischer Vögel in muster¬
hafter Ausführung zur Anschauung bringt. N.
320
VI. Jahresbericht der ornit hole gischen Beohachtungsstationeii
im Königreich Sachsen. Bearbeitet von A. B. Meyer und F. Helm.
Mit einem Verzeichnisse der bis jetzt im Königreiche Sachsen beobachteten
Vögel und einer Vegetationskarte der Erde. R. Friedländer u. Sohn,
Berlin 1892.
In dem Jahre 1890 haben 37 Beobachter ans dem Königreich Sachsen
über die Erscheinungen (Zug, Nestbau u. s. w.) bei 169 Arten von Vögeln be¬
richtet und wieder ein reiches Material zusaminengebracht, das besonders wei't-
voll wird durch den Vergleich mit den früheren Jahrgängen dieses Werkes,
sowie mit den anderwärts erscheinenden ähnlichen Arbeiten. Nur so läßt sich
endlich ein sicheres Bild entwerfen von dem Verhalten der Vögel in dem
mittleren Europa, nach Ort und Zeit, von den Ursachen, die dabei maßgebend
sind und von den besonderen Gewohnheiten der einzelnen Arten. Arbeiten
wie die vorliegende kosten viele Zeit und Mühe und verdienen die Beteiligung
aller, die in der Lage sind, regelmäßige- Beobachtungen zu machen.
Im ganzen sind bis jetzt in Sachsen 274 Arten von Vögeln vorgekommeu,
während die Liste von Homeyers 375 Vögehirten für Deutschland nachweist.
Dieselben sind zunächst nach verschiedenen Gesichtspunkten tabellarisch grup¬
piert und werden dann einzeln nach ihrem allgemeinen und besonderen Vor¬
kommen besprochen.
Eingegangene Beiträge.
A. G. in St. G. Seit lange haüen wir Ihre stets wertvollen Beiträge entbehrt. Sie haben
freilich Recht; je älter man wird, desto mehr hat man zu thun, und gar zu häufio- kommt
man nicht an das, Avas man gern möchte. Dank und Grub. A. v. K. in K. Besten Dank
für die häufigen Nachrichten, die stets Avillkommen sind, ebenso für die interessante Abbildun»-
des Bastardfasans. — E. R. in D. — F. W. in W. — E. 1*. in W. — Jb L. in M. — ”
Bücher und Zeitschriften.
Zweiter internationaler ornithologischer Kongreü. Budapest 1891. Hauiitbericht. I Ofifizieller
Teil. TI Wissenschaftlicher Teil. Mit 2 Taf. Budapest. 1892 (R. Friedländer u Sohn.
Berlin). 20 Mk.
Natur und Haus: Illustrierte Zeitschrift für alle Liebhabereien im Reiche der Natur
Ilerausgegeben von Dr. Ludw. Staby und Max Hesdörffer. Berlin. Rob. Oitnen-
heim. 1. .lahrg. l Heft. Okthr. 1892.
H. Fischer- Sigwart. Das Gebirge, ein Rückzugsgebiet für die Tierwelt. Aarau. H
R. Sauerländer 1892.
Dr. Karl Rub. Handbuch für Vogellicbhaber, - Züchter und Händler. TT Die einheimischen
Stubenvögel. Magdeburg, Creiitzsche Verlagsbuchhandlung 1892. (! Mk.
Andre Suehetet. Les oiseaux hybrides, rcncontrds ä l’ctat sauvage. 3me partie. Tvcs paseraux
Lille. Tm Bigot Fröres. 1892.
l’rof. Dr. T. Rein. Geographische und naturwissenschaftliche Abhandlungen I Columbus
und seine vier Reisen nach dem Westen. Natur-und hervorragende Erzeugnisse Siianiens
Mit ;i Karten, 8 Holzschnitten und 8 Lichtdrucken. Leijtzig. Wilh. Engel mann 1S9-'
Ch. Greve. Distribution gcograjdiique des carnassiersMoscou. (?).
Dr. A. Seitz. Vergleichende Studien über die Faunen von China und Japan. (Mitteilungen
der Deutschen Gesellschaft für Natur-und Völkerkunde Ostasiens in Tokio. 1892).
Ernest Dufour. Les Hybrides. (Mentor agrieole et Acclimatation illiistree rcunis. Bruxelles.
18. Sej)tbr. 1892. Mit 1 'l’afel.)
The An n als ot St^otl isli Natural History. A (piarterly Magazine. Nr. i. 1892. Edin¬
burgh. David Douglas. 1892.
Berliner Entomolo gische Zeitschrift. Redigiert von Dr. F. Karsch. 37. Bank 2
Heft. Berlin. R. Friedländcr tni d Sohn. 1892.
Verslag van den Toestand van hei Koninkl. Zoologisch. Botanisch Genootschap tc ’s Graven-
hage over het Jaar 1891.
Nachdruck verboten.
Druck von Mahlau & WaldHclimidt. Frankfurt a. M,
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N» ll. XXXIII. Jahrgang, November 1892.
1 11 li a 1 1.
Si)ringfrosch, litina agiUs; Ellritze, Phoxinus luevis; Bemerkungen von_F. Leydig,
Würzljurg. — Ein gefangenes Wiesel (Putorius vulgaris)-^ von Ernst Perzina, Wien. —
Die Zucht des Schleierschwanzes und des Teleskopfisches in Zimmer und Garten. Als
Vortrag gehalten im Triton, Verein für Aquarien- u. Tcrrarien-Kunde zu Berlin; von l’aul
Nits che. — Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangeue
Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Spriiigfrosch, Hana agilis', EUritze, JPhoximis laevis.
Bemerkungen von F. Leydig, Würzbnrg.
Vor einiger Zeit wurde von mir berichtet, daß Eana agilis^
über deren Vorkommen auf deutscbem Boden dazumal noch wenig
Sicheres bekannt war, im Mainthal bei Wnrzburg aufgefunden
worden sei*). Durch weitere Erfahrungen, welche sich bald an-
schlosseu, durfte man vermuten, daß gedachte Froschart, obsclion sie
den südlichen Ggenden von Europa vorzugsweise angehort, doch wohl
noch da und dort auch in Deutschland sich werde aufzeigen lassen**).
Ich bin imstande jetzt hierzu einen kleinen Beitrag zu liefern, indem
ich zu melden habe, daß Rana agilis auch im Tauberth al , welches
einen Bestandteil des Maingebietes bildet, zugegen ist.
Im Juli des vergangenen Sommers traf ich, nicht ohne Über¬
raschung, ein Stück des genannten Frosches bei Rothenburg und
zwar an der linksseitigen Halde des obersten Teiles des Thaies, dort
wo ans dem ehemaligen Seebecken, welches am Fuße der Fraiiken-
*) Leydig, Triton helveticus und Rana agilis. Beitrag zur Kenntnis der
Tierwelt Frankens. Verh. phys. med. Ges. Würzbnrg, 1888.
**) Leydig, Einiges über unsere braunen Frösche, Zool. Anz. 1889.
Zoolog. Gart. .Tuhrg. XXXITI, 1892. 21
322
höhe sich hinzog, die Tauber sich eiugewühlt und das gegenwärtige
Thal gebildet hat und wo die Kultur noch nicht alle Spuren des
früheren Zustandes verwischen konnte. Man muß nunmehr abwarten,
ob in dem 15 Meilen laugen Lauf der Tauber, bis sie bei Wertheim
iu das Maiuthal ausgeht, noch audere Örtlichkeiten auftauchen
werden, wo sich das Tier ebenfalls vorfiudet. Einstweilen ist es
übrigens für die bezeichnete Gegend zu den Seltenheiten zu rechnen,
indem bisher außer dem erbeuteteu Stück ein zweites nicht vor die
Augen gekommen ist.
O O
Neben dem vereinzelten Vorkommen macht sich abermals, wie
an den Exemplaren des Maiuthales die geringe Körpergröße des
Tieres autfällig. Es steht in dieser Hinsicht sehr zurück gegen die
Stücke, welche mir aus südlichen Gegenden geboten worden sind.
Auch die ungarischen Exemplare der Hana agilis erreichen einen
ganz anderen Umfang, wie mau aus den Abbildungen, welche jüngst
Mehely geliefert hat, ersehen kann*). Sowohl das Männchen
als auch das Weibchen, insbesondere letzteres, sind dort wahre
Riesen gegenüber dem »Springfrosch« unseres Landes.
Die biologischen Wahruehmungeu, welche ich früher ge¬
macht, erhalten auch an dem Tier aus dem Tauberthal ihre
Bestätigung. Es hat Bana agilis^ gegenüber von Bana fusca, etwas
Sanftes, Geduldiges in seinem Wesen, mau möchte in gewissem
Sinne sagen, Verständigeres. Nach der Gefangennahme in den
Zwinger gesetzt, beruhigte sich das Tier nach einigen Stunden,
nahm auch bereits am zweiten Tag Nahrung zu sich, und da Nackt-
sch necken und Regenwürmer aus dem Hausgarteu leicht zu be¬
schaffen waren, so wurde es bei guter Fütterung ganz zutraulich.
Nachdem es so drei Monate lang iu Rothenburg mein Zimmerge¬
nosse gewesen war und frisch und gerundet aussah, nahm ich es
mit nach Würzburg, bei welcher Verpflanzung sich aber zeigte,
daß auch dasjenige, was ich seiner Zeit über die »zartere Konstitution«
auszusagen fand, sich leider als richtig erweisen sollte. Denn das in
luftigem Behältnis verwahrte Tier ertrug die nur drei Stunden dauernde
Fhsenbahnfahrt so schlecht, daß mir schon bei der Ankunft das erschlalFte
Aussehen auffiel, und des andern Morgens fand ich das Tier lot.
*) Magyarorszäg Barna Bekäl (Ranae fuscae Hungariae) ista Mehely
Lajos.M. T. Ak. S. Termeszettud Közlenienyek. XXV. Die Tafeln bringen Abbildun¬
gen von Mana ftisca, B. arvalis, B. agilis und stehen in Zeichnung und Kolorit
unübertrefflich da, so daß sie eine wahre Zierde der zoologischen Litteratur
bilden. Der Text ist mir durch die Sprache verschlossen.
323
In vollem Einklang mit meinen Beobachtungen und sie noch
erweiternd, stehen die soeben veröffentlichten Angaben Me he ly ’s*),
die ich um so weniger wörtlich hier folgen zu lassen mir versagen
kann, als »im bewaldeten Hügellande Ungarns Hana agilis allgemein
verbreitet« ist und sonach das Wahrgenommene auf breiter Er¬
fahrung beruht. Der genannte Zoologe schreibt:
»Im Freien ist er (der »Springfrosch«) ungemein lebhaft und
flink, anfgescheucht trachtet er mit zwei Meter langen Sätzen zu
entkommen ; in der Gefangenschaft wird er aber so zahm, daß er sein
Futter zu jeder Zeit und gern aus der Hand seines Pflegers annimmt.
Hierbei ist er ruhig, durchaus nicht ängstlich und dermaßen nicht
mißtrauisch, daß mau wann immer nach ihm greifen, ihn streicheln
und in die Hand nehmen kann, ohne daß er wegspringt. Es ist
der schönste Beweis seines geduldigen, zahmen Wesens, daß er, auf
den Rücken gelegt, stundenlang in derselben Stellung verharrt und
es sogar kaltblütig geschehen läßt, daß mau seinen Fuß ausstreckt
und wieder ein biegt; — der Zeichner kann sich kaum ein gedul¬
digeres Modell wünschen. Seine Lebenszähigkeit ist gering, den
Transport erträgt er, besonders zur Paarungszeit, sehr schwer,
trotzdem kann man ihn in der Gefangenschaft bei sorgsamer Pflege
auch drei Jahre lebend erhalten.«
Das vereinzelte, seltene Vorkommen der Bana agilis in
Deutschland suchen sich die Herpetologeu in verschiedener Weise
zu erklären, indem die einen ein gegenwärtig stattfludendes Ein-
wanderu auuehmeu, die andern au ein zufälliges Eingeschlepptwerden
des befruchteten Laiches durch Zugvögel denken möchten.
Weder der einen noch der anderen Ansicht vermag ich beizu¬
pflichten, sondern ich rechne unseren Frosch zu den Tierarten,
welche in das Rhein- und Maingebiet vou Süden her in weit zurück-
lieo-euder Zeit einwanderten, wie ein solches Vorrücken vou Seite
einer ganzen Anzahl von Reptilien, Amphibien, Arthropoden, Weich¬
tieren und andern Gruppen unzweifelhaft stattgefunden hat. Ich
habe darüber an einem früheren Orte eine Aufzählung und Erörte-
runo’ im einzelnen zu geben versucht**).
*) V. Mehely , Die herpetologischen Verbältnisse des Siebeiibürgischen
Burzenlandes. 1892. (Aus der Festschrift zu Ehren der 26. Wanderversamni-
lung der ungarischen Ärzte und Naturforscher zu Kronstadt).
**) Leyd ig, Verbreitung der Tiere iin Rhöngebirge und Mainthal, mit
Hinblick auf Eifel- und Rheinthal. Verb, naturhist. Ver. d. Rheinlande und
Westfalens, 1881, S. 152. — Vergl. auch: Noll, Einige dem E.heinthale von
324
Das Klima, namentlicb laug dauernde uud sich oft wiederholende
Kälte und Nässe mögen der zarten Konstitution des Tieres mehr
wie anderen Arten zugesetzt haben, die Vermehrung verringerte sich,
wozu auch beigetragen haben kann das stetige Verschwinden der
Wassergräben uud damit Eingehen der Laichplätze, Kurz als
Folge ergab sich der jetzige Zustand der Verkümmerung und des
bevorstehenden Erlöschens im westlichen Deutschland; während im
östlichen Teil, wie es scheint, günstigere Lebeusverhältuisse bestehen
blieben, so dafs das Tier dort, wenigstens nach den Mitteilungen
von W ol t e r s t 0 r f f *), in manchen Strichen noch »relativ häufig«
sich erhalten hat.
Wenn man übrigens auch nur auf das Mainthal sieht, so ließen
sich gleichlaufende Fälle hierzu in mehrfacher Zahl namhaft machen ;
doch beschränke ich mich auf einige Beispiele.
Mantis religiosa^ ein echt südliches und dabei großes uud selt¬
sam gestaltetes Insekt, lebte noch in der Mitte des vorigen Jahr¬
hunderts bei Frankfurt a. M, und bei Würzburg, wohin es vom
südwestlichen Frankreich zunächst ins Rheiugebiet gelaugt sein
mochte. An beiden Orten ist das Tier völlig erloschen,**)
Der Käfer Gymnopleiirus eantharus^ welcher der Mittel meerzone
augehört, also wieder eine südliche Tierform ist, war, wie mau aus den
Schriften des trefflichen Nürnberger Naturforschers Sturm ersieht,
noch im Anfang des Jahrhunderts einheimisch bei Würzburg. Wie
vielfach habe ich unterdessen nach dem Käfer gesucht, aber trotz
Bingen bis Coblenz eigentümliche Pflanzen und Tiere, 1878. (Aus: Jahres¬
bericht d. Vereins für Geographie und Statistik.) Den französischen Ahorn,
Acer monspessulanum, läßt Noll »bei Würzburg« wachsen, was insofern zu
verbessern wäre, als dieser Strauch erst weiter abwärts am Main, am Karlsberg
bei Karlstadt auftritt. Von dort wird er schon durch Heller (Flora Wirce-
burgensis, 1810) erwähnt; »In dumetis et ad seinitam, quae ducit a pago
Mühlbach versus der Karlsburg et circa arceni copiose.« Vor einigen Jahren,
als ich einen Ausflug an den bezeichneten Platz unternahm, konnte ich mich
überzeugen, daß der interessante südliche Strauch noch zahlreich, und zum
Teil fast in Baumform, längs des ganzen Burgsteiges und über die Felsen hin,
vorhanden ist. Schenk hat übrigens schon im Jahre 1848 (Flora von
Würzburg) gezeigt, daß Acer monspessulanum aus dem Mainthal in dessen
Nebenthäler sich verbreitet hat, so ins Thal der fränkischen Saale und ins
Wernthal, wo er »größtenteils schöne Bäume« bildet.
*) Wolterstor ff. Über Rana agilis in Böhmen. Zool. Anz. 1890.
**) Vergl. Näheres in: Leydig, Beiträge und Bemerkungen zur württom-
bergischen Fauna mit teilweisem Hinblick auf andere deutsche Gegenden.
Jahroshefte Ver. vaterl. Natnrk. in Württemberg, 1871, S. 262.
anhaltender Achtsamkeit während vieler Jahre nicht eine Spur
davon zu entdecken vermocht.
Ja man könnte auch auf ein Insekt südlichen Herkommens
hinweisen, das uns den Vorgang des Aussterbens in unseren Tagen
vor Augen bringt. Es ist die große Singcikade, Tettigonia haema-
todes, welche noch vor etwa 40 Jahren in solcher Menge an warmen
Weingeländen bei Würzburg lebte, daß sie sich durch ihren scharf
gellenden Gesang jedermann bekannt machte und zu den charakte¬
ristischen Zügen des Mainthaies, an heißen Sommertagen, gehörte.
Jetzt ist das Tier so selten geworden, daß nur hin und wieder noch
eines angetroffen wird. Selbst der alte Name »Lauer«, welchen die
Weingärtner ihm beigelegt hatten, verliert sich. Jüngere kennen
diese Bezeichnung nicht mehr !
Im Januarhefte 1892 der gegenwärtigen Zeitschrift*) brachte ich
einige Nachricht über »Leuchtflecken« der Ellritze, PJioxinus
laevis, welche vor langem von Kn er augezeigt worden waren, wobei
ich zugleich an führte, daß ich mich vergeblich nach weiteren Notizen
über diese Sache in der Litteratur umgesehen hätte. Und doch, wie
jetzt zu sagen ist, wurde ein Autor übersehen, welcher, ohne etwas
von den früheren Wahrnehmungen zu wissen, auf die gleiche Er¬
scheinung gestoßen war, wenn er sich auch des Ausdruckes »Leucht-
puukte oder Leuchtfiecken« nicht bedient.
Es ist G eisenheyner, der in der Schrift: Wirbeltierfauna
von Kreuznach, unter Berücksichtigung des ganzen Nahegebietes,**)
seine Verwunderung darüber ausspricht, daß bis dahin von den
Ichthyologen eine Eigentümlichkeit des Farbenkleides an Phoxinns
laevis nicht erwähnt werde, die außerordentlich auffallend sei. Bei
einer Anzahl von Ellritzen, die in einem Wasserbecken des Gartens
gehalten wurden, ließ sich schon bei ganz oberflächlichem Hinsehen
bemerken, daß jederseits hiuterm Kopfe fortwährend ein helles
Blinken und Blitzen sichtbar sei, wie wenn das Licht von Diamanten
zurückgestrahlt werde. Mit Hülfe dieses Merkmales sei jeder, der
von unserm Beobachter darauf aufmerksam gemacht worden war,
sofort in den Stand gesetzt worden, die Ellritze heraus zu erkennen.
*) »Zoologischer Garten«: Leydig, Blaufarbiger Wasserfrosch; Leucht¬
flecken der Ellritze.
**) Wissenschaftliche Beilage zum Programm des kgl. Gymnasiums zu
Kreuznach, 1888,
326
Soweit wii'tl mau die Augabeu Gei s eu beyiiers in Übereiu-
stimiuung mit Bislierigem fiudeu müsseu. Weniger vermag icli das¬
jenige für richtig zu halten, was er über die Ursache des »Blinkens
und Blitzens« bei näherer Untersuchung erkannt zu haben glaubt.
Es wollte ihm nämlich scheinen, als ob unter der oberen Ecke des
Kiemeudeckels »unter sehr dünner, von grünlichem Pigment bedeckter
Oberhaut eine Luftblase säße, die bei der fortwährenden Bewegung
des Deckels durch Beflexion der Lichtstrahlen dieses starke Glitzern
erzeuge.« Was mich selber über diesen Punkt die histologische
Prüfung gelehrt hat, wurde in meiner Veröffentlichung im einzelnen
vorgelegt und ich darf wohl unterlassen, hier noch einmal darauf
zurückzukommen.
Sollte nicht beregter Gegenstand es verdienen, von neuem und
planmäßig in die Hand genommen zu werden, sowohl in Hinblick
auf andere einheimische Fische des Süßwassers, als insbesondere auch
mit Rücksicht auf Vorkommnisse bei manchen Meeresfischen?
Ein gefangenes Wiesel {I*iitorius vulgaris).
Von Ernst Perzina, Wien.
Obwohl das kleine Wiesel das bei uns im Freien häufige, die
Nähe des Menschen wenig scheuende Mitglied der Marderfamilie
ist, findet man es doch weit seltener in Gefangenschaft als seine
meisten Verwandten, welche wohl regelmäßig in den Sammlungen
der zoologischen Gärten vorhanden sind und hier jahrelang vorzüg¬
lich ausdauern, während der Zwerg dieser Räubersippe in der Regel
durch seine Abwesenheit glänzt oder in einem frisch gefangenen
Exemplar eine vorübergehende, gewöhnlich nur ganz kurze Zeit zu
sehende Erscheinung ist.
»Gefangene Wiesel,« sagt A. E. Brehm, »gehören zu den
größten Seltenheiten, nicht weil sie schwierig zu erlangen sind,
sondern weil sie nur in wenigen Ausnahmsfallen den Verlust ihrer
Freiheit ertragen. Ich meinesteils habe mir die größte Mühe ge¬
geben, ein Wiesel längere Zeit am Leben zu erhalten, ihm die ihm
zusagendsten Aufenthaltsorte und die passendste Nahrung geboten,
habe es in keiner Weise an umsichtiger Pflege fehlen lassen, und
bin doch nicht zum Ziele gelaugt. Ein paar Tage, manchmal auch
wochenlang, geht es ganz gut; plötzlich aber liegt' das Tierchen
327
zuckend und sich windend auf dem Bodeu und bald darauf ist es
verendet. lii seiner aulserordentlichen lleizbarkeit dürfte meiner
Meinung nach die hauptsächlichste Ursache seiner Hinfälligkeit ge¬
funden werden; das Wiesel ärgert sich, falls mau so sagen darf, zu
Tode«. Wie treffend diese Schilderung ist, wird gewiß jeder Tier¬
pfleger, welcher den Versuch machte, altgefaugeue Wiesel au die
Gefangenschaft zu gewöhnen, zu seinem Leidwesen haben erfahren
müssen.
Wenn das frischgefangene Wiesel in einen Käfig gesetzt wird,
tobt es in demselben entweder wie rasend herum und sucht dann,
wenn es endlich von seinen mit fabelhafter Geschwindigkeit aus¬
geführten Sprüngen ermattet ist, am ganzen Leibe vor Erregung
zitternd nach einem Verstecke, welches es dann, so lauge es die Nähe
eines Beobachters wittert, kaum mehr verläßt, oder es zeigt — die
Charaktere scheinen eben auch bei den Wieseln verschieden zu sein —
von allem Anfänge an ein dem beschriebenen geradezu entgegenge¬
setztes Treiben, indem es nicht nur keine Furcht, sondern sogar ein
höchst feindliches Wesen zur Schau trägt, unter gellendem Schreien
nach jedem sich dem Käfige Nähernden schnappt, fortwährend faucht,
und wütend in die Käfigdrähte oder in irgend einen ihm vor¬
gehaltenen Gegenstand beißt. Ich habe etwa ein Dutzend frisch
gefangener Wiesel im Laufe der Zeit besessen und bei ihnen stets
eine dieser beiden Benehmeusweisen gefunden, entweder sinnlose
Furcht oder grenzenlose', vor nichts zurückschreckende Wut; die¬
jenigen, welche das erst beschriebene Wesen zeigten, verweigerten
ausnahmslos jede Nahrung, ließen lebend zu ihnen gesetzte Mäuse,
Vögel und andere Kleintiere völlig unbehelligt und lagen nach drei
bis vier Tagen, wahrscheinlich dem Hunger erlegen, tot in ihrem
Verstecke; die anderen hingegen töteten nicht nur jedes ihnen in die
Nähe kommende Tier sofort und fraßen von demselben, sondern sie
rissen auch ihnen hingehaltene Fleischstücke aus den Fingern und
zerkauten sie unter ärgerlichem Gemurmel, aber trotzdem war auch
ihnen nie ein langes Leben beschieden; sie verendeten stets an den
Folgen eines ihrer Zornesausbrüche; wenn sie wieder einmal auf
irgend etwas kreischend losgefahren waren und sich eine Weile in
dasselbe verbissen hatten, ließen sie plötzlich taumelnd los, warfen
sich wie von Krämpfen geschüttelt auf den Boden — einige heftige
Zuckungen und der Tod trat ein.
Ich muß gestehen, daß ich mich nach diesen Erfahrungen der
Ansicht Buffons, daß das Wiesel unzähmbar sei, auschloß und,
328
als mir im Februar dieses Jahres ein frisch gefangeues Exemplar,
welches sehr wütend that, gebracht wurde, nur wenig Lust hatte,
noch einen Zähmuiigsversuch mit dieser fauchenden kleinen Bestie zu
unternehmen. Auf vieles Drängen seitens des Verkäufers nahm ich
das Wiesel schließlich doch und beschloß bei ihm ein anderes Ver¬
fahren als bei seinen Vorgängern anzuwenden, wodurch ich ihm
seine Erregbarkeit eher abzugewöhnen hoffte. Während ich nämlich
die früher gepflegten Wiesel in einem größeren Draht- Vogelkäfig,
welcher mit allerhand Verstecken wie kleinen Kästchen etc. ausge¬
stattet war, untergebracht hatte, wies ich dem neuen Ankömmling
eine geschlossene geräumige Kiste, deren Boden dicht mit Sand
bestreut war, und welche Luft nud Licht nur durch einige kleinere,
mit Drahtgeflecht überspannte Löcher erhielt, zum Aufenthaltsorte
an und kümmerte mich durch etwa zwei Wochen nur insoweit um
ihn, als ich für Wasser und Futter, als welch letzteres ich lebende
Sperlinge, Hausmäuse, Mehlwürmer bot, sorgte. Mein Wiesel ver¬
hielt sich hier während des Tages ziemlich ruhig und schien, soviel
ich durch die Ritzen sehen konnte, meistenteils schlafend in einer
Ecke zu liegen. Öffnete ich indes die kleine Lucke, durch welche
es seine Nahrung erhielt, so war es stets sofort da und fuhr unter
Ausstößen eines trillernden Tones zunächst auf meine Hand los —
welche einige Male, im Verhältnis zur Größe des Angreifers ganz
gehörige Bißwunden davon trug ; warf ich ein Futtertier hinein, so
wurde dieses blitzschntdl angefallen, getötet, zum Lager geschleppt
und meist sofort verzehrt. Nach einiger Zeit, etwa zwei Wochen
nachdem das Wiesel die Kiste bewohnte, mußte ich diese uubediimt
reinigen lassen, da der sehr starke Geruch der Entleerungen durch
deren Anhäufung geradezu unerträglich wurde. Die Hand durch
einen sehr starken Wildlederhandschuh geschützt, wollte ich das
Wiesel fassen, um es während der Reinigung au einen anderen Ort
zu bringen, aber ehe ich noch hierzu Gelegenheit hatte, war ich
schon von dem Tierchen gefaßt ; es hatte sich in einen Finger,
welcher trotz der dichten Lederhülle die Bisse der scharfen Zähuchen
tüchtig zu spüren bekam, verbissen, mit solcher Wut, daß es selbst
dadurch nicht zum Loslasseu zu bewegen war, als ich die Hand so
in die Höhe hob, daß das Wiesel mit dem ganzen Leibe frei in der
Luft hing. Ich suchte es nun in ein großes Einsiedeglas abzustreifen,
was nach einigen sehr derben Rucken schließlich auch gelang, aber nur
mit dem Erfolge, daß ich im nächsten Augenblicke in die andere
Hand gebissen wurde und das Wiesel, welches sich das durch den
820
Schmerz verursachte Zusauimeiizucken derselben rasch zu seinem
Vorteile zu benutzen gewuljt hatte, pfeilschnell im Zimmer dahin
schießen und sich unter einen Kasten verstecken sah. Ich ent¬
fernte mich aus der Stube, um ein Tuch zu holen, mittelst dessen
ich durch Überwerfen am ehesten den Ausreißer wieder zu fangen
hoffte. Nach wenigen Minuten zurückgekehrt, mußte ich schon
erfahren, wie rasch ein Wiesel seine Freiheit in einer Stube, welche
Käfigvögel beherbergt, zu benutzen verstünde ! Bei meinem Wieder¬
eintritt, mit dem Tuche bewehrt und nach dem Flüchtlinge spähend,
erblickte ich diesen zu meinem nicht geringen Schrecken in dem Käfige
einer Steindrossel, welche durch ihre liebenswürdige Zahmheit mein
besonderer Liebling war, auf dem bereits getöteten Vogel liegend! Die
etwas weit geflochtenen Maschen des Käfiggitters hatten dem schlanken
Räuber nur zu bequemen Zutritt gestattet. Als ich dem Wiesel
nun hier zu Leibe rückte, griff es mich zunächst an, nahm dann
aber Reißaus und ließ sich eine Weile im ganzen Zimmer herum
hetzen, von einer ihm Deckung bietenden Stelle zur andern flüchtend ;
alle Fangversuche scheiterten an der Geschmeidigkeit des Tieres,
welches immer wieder zu entwischen, überall sich durchzuzwängen
verstand. Endlich hatte es sich in eine Ecke geflüchtet, aus welcher
es keinen zweiten Ausweg zu finden vermochte und frohlockend wollte
ich cs ergreifen ; aber da geschah etwas, worauf ich völlig unvorbereitet
war! (öfters hatte ich gelesen, daß das Wiesel sich nicht scheue,
selbst manchmal den Menschen anzugreifeu, dies aber immer für
mehr oder weniger übertrieben gehalten, denn wenn ich auch an den
»Zornigen«, welche ich von dieser Art gefangen gehalten, gesehen
hatte, daß sie auf den sich ihrem Käfige Nahenden wütend schnap¬
pend loszufahren suchten, so hatte ich dies doch immer größten¬
teils als durch die enge Gefangenschaft verursacht geglaubt, denn
in dieser werden ja bekanntlich manche Tiere, welche sonst den
Menschen aufs ängstlichste meiden, angriffslustig; sie sind gewisser¬
maßen aus Furcht mutig geworden. So wird jeder alt gefangene
Kuckuck, welcher sonst doch zu unseren scheuesten Vögeln gehört,
wenn eiugesperrt, die ihm durchs Gitter entgegen gesteckten Finger
mit Flügel- und Schnabelhieben bearbeiten, selbst unmittelbar nach
seiner Gefangennahme ! — Nun sollte ich aber den Beweis dafür, daßjeue
Angaben völlig richtig seien , selbst erleben. Mit seinem gewohnten
Augriffsschreie sclmellte sich das Wiesel fast meterhoch empor und
erfaßte mich au dem Stoffe meiner Jacke ; daß diese hingegen
ziemlich fühllos sei, schien die kleine Bestie sofort zu begreifen, denn
330
sie ließ augenblicklich los und erneuerte ihre Angriffe, ja als ich
für mein Gesicht besorgt zurücktrat, begann sie mich sogar zu ver¬
folgen ! Das ging mir denn nun doch über den Spaß, und ich wollte
bereits mit einem kräftigen Fußtritte das boshafte kleine Wesen
unschädlich machen, als mir ein mit Wasser gefülltes Gefäß ins
Auge fiel und mich auf den Gedanken brachte, die bezähmende
Wirkung dieser Flüssigkeit vorher noch einmal an dein Wiesel zu
versuchen. Kaum hatte sich das Wasser über meinen kleinen Feind
ergossen, als es auch schon mit dessen Mut gründlich vorbei war —
triefend machte es kehrt und flüchtete sich in einen in der Nähe
stehenden Stiefel ; nun hatte ich es, rasch wurde die Offüuug des
Schuhes mit einem Tuche verstopft und dieser dann samt Inhalt in
einem sehr eng geflochtenen Vogelbauer verwahrt.
Die erhaltene Dusche schien eine nachhaltige Wirkung erzielt
und das Wiesel um seine ganze Angriffslust gebracht zu haben, denn
einige Stunden laug wagte es sich nicht aus seinem, für ein Wiesel
O O O '
gewiß sonderbaren Asyle heraus, hie und da blickte wohl für
einen Moment sein Köpfchen spähend aus der Öffnung, um aber
sofort wieder, meine fortdauernde Nähe witternd, zu verschwinden.
Selbst nachdem ich die getötete Steindrossel in den Käfig warf, ver¬
mochte dies nicht, wie in früherer Zeit immer, den kleinen Räuber
zu einem Angriffe zu veranlassen. Endlich schlüpfte es aus -dem
Stiefel hervor, um sich zu lösen, denn sein Lager oder Versteck
verunreinigt ein Wiesel nie, obwohl es sich lange nicht so reinlich
zeigt wie die meisten seiner Verwandten (z. B. das Frettchen), welche
ihre Entleerungen immer an ein und derselben Stelle absetzen,
während das Wiesel seine Losung im ganzen Käfig zerstreut, und
bei dieser Gelegenheit wurde auch die Vogelleiche erfaßt und in den
gewählten Schlupfwinkel gezerrt. Aus demselben hörte ich denn
auch allsogleich das schmatzende Kauen des Tieres, welches durch
das mehrstündige Fasten gewiß schon recht hungrig geworden war.
Spät abends verließ das Wiesel abermals sein Versteck, und während
der Nacht schien es dem Geräusche nach ziemlich lebhaft zu sein,
auch Befreiungsversuche unternehmen zu wollen, denn ich hörte es
oft minutenlang an den Gitterstäben herumarbeiten. Am nächsten
Morgen fand ich es schon in den Stiefel zurückgezogen der Ruhe
pflegend, die ungenießbaren Überreste des Steinrötels lagen iin Käfig.
Ein Stückchen rohen Fleisches in den Käfig geworfen, schien sofort
von dein Wiesel gewittert zu werden, denn es steckte den Kopf aus
dem Stiefelschafte hervor, schnüffelte einige Augenblicke in der
Luft lieriiiii, zog sich al)er, sobald es meiner ansichtig geworden war,
wieder zurück ; nach einiger Zeit lugte es wieder hervor, verschwand
wieder, und nach noch einigen Wiederholungen dieses Spieles schien
es sich endlich Mut zu fassen, es kam zögernd in den Käfig heraus,
packte das Fleisch und stürzte sich daun mit demselben Hals über
Kopf wieder in sein Versteck. Einige Zeit hindurch blieb sich
nun sein Benehmen ganz gleich, den Tag verbrachte es in seinem
Stiefel, welchen es nur daun verließ, wenn es seine Losung absetzeu
mußte oder wenn es sich sein Futter holte ; bestand letzteres in
einem Stückchen Fleisch, so zögerte es immer ein Weilchen, bis es
sich zum Holen desselben entschloß, war es hingegen ein totes oder
gar lebendes Tier, daun fuhr es, wohl in der Besorgnis, daß ihm
dieses sonst entgehen könnte, wie der Blitz darauf zu, versetzte ihm
einige Bisse und trug es dann zu seinem Lager. Während der Nacht
war es viel in Bewegung und machte dabei mit seinem Arbeiten au
dem Gitter und seinen Sprüngen ziemlichen Lärm, Seine frühere
tolle Angriffslust war wie verschwunden, es war scheu geworden,
ohne aber dabei jene Furcht, jene zitternde Aufregung zu zeigen,
wie die anderen mir bis dahin als »Nicht bösartig« bekannt ge¬
wordenen Artgenossen.
Allmählich wurde es zahmer, kam auch ohne besondere Ver¬
anlassung während des Tages aus seinem Schlupfwinkel — den
Schuh hatte ich inzwischen schon durch ein mit einem Schlupfioche
versehenes Holzkästchen ersetzt — hervor, machte ganz ohne Be¬
achtung meiner Gegenwart seine Spaziergänge, ja nahm schließlich
sogar ihm durchs Gitter gesteckte Futterstückcheii aus den Fingern
ab, ohne dabei in ärgerliche Aufregung zu verfallen. Nahte ich
mich mit einer lebenden Maus oder einem Sperlinge in der Hand,
so wurde es freilich erregt, zeigte ich ihm dieses Beutestück vorerst
eine Weile durchs Gitter, so konnte es sogar recht zornig werden,
unter schrillendem Schreien gegen meine Hand fahren und seinen
Grimm an den Drahtstäben durch wütende Bisse auslassen.
Ich konnte nun auch die Bemerkung machen, daß es mich
als seinen Pfleger recht wohl von anderen Personen zu unterscheiden
vermochte, denn von dem immerhin gemütlichen, oder besser ge-
safj't. Meicho’ültisfen Verkehre mit mir, war sein Benehmen gegen
Fremde weit verschieden; entweder zeigte es vor diesen, namentlich
vor Damen, welche große Hüte trugen oder in lebhaften Farben
gekleidet waren, die größte Furcht, welche sich in seinem sofortigen
Rückzuge äußerte, oder es griff ohne weiteres wütend an, sprang
332
gegen das Gitter und geriet dabei in die größte Aufregung. Einen
befreundeten Offizier, welcher mich fast täglich besuchte und sich
dabei stets mit dem Wiesel beschäftigte, kannte es indes recht
bald und verhielt sich gegen denselben in ganz gleicher Weise wie
gegen mich ; als mein Freund aber einmal in Civilkleiduug erschien,
erkannte ihn das Wiesel nicht, es stutzte wohl bei seinem Anblick
zuerst einen Moment, stürzte aber dann sofort mit seinem Augriffs-
schreie gegen das Gitter. Kaum aber hatte der Augefeindete einige
Worte gesprochen, als es ihn auch schon an der Stimme zu er¬
kennen schien, denn es stellte sofort ■ — was es sonst nie that —
seine Angriffe ein, gewiß ein Beweis für die Intelligenz des Tieres.
Mit seinem allmählichen Vertrauterwerdeu wurde das W'iesel
durch sein Benehmeu ein recht interessanter Beobachtungsgegen¬
stand; es sprang in kurvenförmigen Sätzen, wie sie auch Edel¬
oder Steinmarder mit Vorliebe ausführeu, im Käfige herum, bestieg
den Kletterbaum, auf dessen Zweigen es sich indes nicht besonders
gewandt bewegte, vielmehr oft genug, wenn es sich auf einen etwas
schwankenderen vorgewagt hatte, von diesem zu Boden fiel, setzte
sich auf die Hinterbeine und spähte in dieser Stellung nach allen
Seiten, manchmal spielte es auch mit dem Zipfel eines in den Käfig
gesteckten Tuches, oder wenn es sehr satt war, auch mit einer
toten Maus oder einem Vogel, sehr selten mit dem noch lebenden
Tiere. Beim Spiele mit einem Tuchende zerrte es mit den Zähnen
an demselben, machte, dabei immer das Tuch festhaltend, allerlei
Sprünge, oder es legte sich unter diesem Spielzeuge auf den Rücken
und bearbeitete es nun in dieser Stellung mit Zähnen und Vorder¬
füßen. Anders waren seine Spiele mit einer Tierleiche; an diese
schlich sich das Wiesel gewöhnlich ganz an den' Boden angedrückt,
sehr vorsichtig und mit vielem Zeitaufwand heran, hielt dann in
geringer Entfernung vor derselben eine Weile, um hierauf plötzlich
mit einem Sprunge auf die eingebildet Verfolgte los zu stürzen,
sie am Halse zu fassen, zu würgen und zu schütteln — offenbar
eine Nachahmung seiner Jagd im Freien — dann sprang es mit
seiner Beute im Maule mit raschem Satze auf einen erhöhten Punkt,
das Dach seines Schlafkästchens oder einen breiteren Ast des Kletter¬
baumes, ließ auf diesem sitzend das Erfaßte fallen, spähte ihm
eine Weile nach, um ihm dann wieder nachzustürzeu, es aufs neue
zu packen, im ganzen Käfige herumzuschleppen, öfters in seinem
Schlafkästchen zu verbergen und dann wieder aus demselben her¬
vorzuholen, um daun nach einigen Wiederholungen den Scbein
338
durch die Wirklichkeit zu ersetzen, das lieitit, sein Spielzeug mit
bestem Appetite anfzuspeiseii.
Weit seltener spielte es mit lebenden Tieren und zwar nur
dann, wenn es schon sehr satt war und ich mich, nachdem ich
das Puttertier iu den Käfig geworfen hatte, sofort aus dessen Nähe
entfernte. — Blieb ich dabei stehen, so wurde es, vielleicht aus
Furcht, daß ich sonst möglicherweise ebenfalls auf einen fetten
Mausebraten Appetit bekommen könnte — sofort getötet und wenn
nicht sofort verzehrt, doch wenigstens in das Lager geschleppt.
Höchst fesselnd war der Kampf des Wiesels mit einem größeren
und wehrhaften Säuger zu beobachten; mit Mäusen und Vögeln
bis zur Taubengröße war es immer rasch fertig, diese wurden durch
Bisse in die Halsgegend rasch getötet.
Einmal brachte ich in seinen Käfig eine frisch gefangene,
sehr wütend sich geberdende Wanderratte von ganz enormer Größe — ■
»Wie a klaue Katz« sagte unser Hausmeister, als er sie mir über¬
gab. — Kaum war diese im Bereiche des Wiesels, als sich dieses
auch schon auf den Hals der Ratte stürzte. Aber noch bevor es
sich in diesen verbeißen konnte, hatte es von dem sich blitzschnell
wendenden Nager einen tüchtigen Biß wegbekommen ; verdutzt zog
sich das Wiesel etwas zurück, um dann seinen Angriffsschrei aus¬
stoßend, blitzschnell auf den ihm an Größe weit überlegenen Feind
loszuspringen, sich für einen Moment in dessen Nase zu verbeißen,
daun loszulassen und sich, noch ehe ihm die wütend quieckende Ratte
etwas anhaben konnte, wieder zurückzuzieheu ; einige Mal wiederholte
sich der Angriff des Wiesels ganz iu derselben Weise und mit ganz
demselben Erfolge; die Ratte blutete ziemlich stark aus der Nase und
schien, obgleich immer zorniger, doch auch matter zu werden, daun
verbiß sich das Wiesel nach einem plötzlichen Angriffe iu die Schulter¬
gegend der Ratte; diese suchte abzuwehren und namentlich ihrem
Feinde in der Weichengegend Bisse beizubringen, dabei überkugelten
sich die beiden Streiter oft, die Ratte quieckte fortwährend, und als
das Wiesel nach einem sitzenden Bisse des Nagers loslies und zurück¬
taumelte , ergriff dieser eiligst die Flucht und rettete sich , aus
mehreren ziemlich bedeutenden Wunden an Schulter, Seiten und Rücken
blutend, in das Schlafkästchen seines Besiegers; dieser hatte ebenfalls
einige Wunden davongetrageu, je eine an der Schulter und Seite,
welche ihn aber nicht sehr zu belästigen schienen, und eine ihm
gewiß empfindlichere andern linken Vorderlaufe. DieseFußwunde wurde
fortwährend beleckt und schien das Tier sehr zu schmerzen, denn
334
es vermied es ersichtlich mit dem kranken Beine anfzntreten. Seinen
Feind schien es ganz vergessen zu haben, als es nach einiger Zeit
sein Schlafkästchen anfsuchte; kaum hatte es in dessen Schlupflocli
aber den Kopf gesteckt, als es auch schon wieder zurücksprang,
wahrscheinlich einem Angriffe der Ratte ausweichend; nun ging es
an ein fortwährendes Vorgehen gegen die Öffnung des Kästchens;
doch schien dies für die gut gedeckte Ratte ziemlich ungefährlich zu
sein, da sie sich ja sehr leicht verteidigen konnte. Das Wiesel wurde
dabei so erregt, wie ich es noch gar nicht gesehen hatte, stieß bei
jedem neuen Angriffe seinen Zornesschrei aus, sprang auf das Dach
des Kästchens und spähte von hier nach seiner verborgenen Beute.
Dieses nutzlose Angreifeu mochte etwa zwei Stunden gedauert haben,
ehe sich das Wiesel ermüdet und erschöpft zurückzog und in einer
Ecke des Käfigs zum Schlafe zusammeurollte. Mittlerweile war es
Nacht geworden , und als ich mich zur Ruhe begab, schlief das
Wiesel noch und auch die Ratte gab kein Lebenszeichen von sich.
Gegen Mitternacht weckte mich ein heilloses Poltern und Quiecken
vorn Wieselkäfig her, und rasch an denselben herantreteud, sah ich,
wie die Ratte in geradezu rasender Schnelligkeit an der Gitterwand
empor vor dem Wiesel flüchtete ; dieses war aber an Schnelligkeit
seinem Wilde weit überlegen, erfaßte es knapp unter der Käfigdecke
in der Halsgegeud, die Ratte ließ mit den Füßen los und im nächsten
Moment lagen beide am Käfigboden, das Wiesel fast rittlings auf
seinem Opfer, demselben mit raschen Bissen unter stetem Gemniinel
die Halsgegeud zerfleischend — bald war die Ratte erlegen und der
Sieo-er begann seinen Schmaus.
Einen sehr großen Kaninchenrammler, welcher eines Ausschlages
wegen, der ihn seiner Haare beraubte, getötet werden sollte, gab
ich in ein kleines, völlig leeres Zimmer, brachte daun den Wiesel¬
käfig und öffnete dessen Thür. Das Wiesel kam sofort an die Öffnung
heran, zögerte aber sichtlich diese zu überschreiten, schnupperte
mißtrauisch und verließ sein gewohntes Heim erst, als ich mit einem
Stocke einschritt. Nun lief es schuüffelud im Zimmer herum, ver¬
riet aber dem Kaninchen gegenüber keinerlei Angriffslust, ja wich
ihm direkt aus, ich veranlaßte daher den der Gefahr anscheinend
völlig unbewußten Rammler, sich immer wieder in die Nähe des
gegen ihn zwerghaften Wiesels zu begeben. Dies ging eine ganze
Weile so fort, und mir begann die Sache schon langweilig zu werden,
als dem Kaninchen der Einfall kam, sich seinerseits dem Wiesel zu
nahen und es neugierig zu beschnuppern. Damit war sein Geschick
835
entschieden, denn blitzschnell sprang ihm der kleine Räuber an den
Hals und verbiß sich in denselben, während das Kaninchen klagend
flüchtete und wie rasend nmhertobte; dabei blutete es stark, doch
schien die Kraft des Wiesels nicht ausreichend zu sein um es zu töten!
Mir that das Tier schließlich leid und ich versetzte ihm, um seiuem
Leiden ein Ende zu machen, mit einem Hammer mehrere Hiebe auf
den Kopf, welche es denn auch sofort töteten; das Wiesel blieb noch
eine Weile an dem toten Tiere hängen und fraß ein förmliches
Loch aus, daun zog es sich in seinen Käfig zum Schlafen zurück.
Als es später wieder munter wurde, ließ ich es abermals frei und
warf ihm das Kaninchen vor — das Wiesel giug dem Leichnam
ersichtlich aus dem Wege. Nun befestigte ich an demselben eine
Schnur und versetzte ihn durch Ziehen an derselben in zuckende
Bewegungen ; aber während solches Bewegen toter Mäuse oder Vögel,
um welche sich das satte Wiesel nach der Tötung auch nicht
mehr gekümmert hatte, sofort einen neuen Angriff veranlaßte, war
es diesmal ganz erfolglos. Ich glaube demnach die Vermutung aus¬
sprechen zu können , daß das Wiesel im Freien Tiere dieser Größe
nur unter gewissen Bedingungen, entweder bei großem Hunger oder
wenn sie sich seinen Jungen zu sehr nähern und diese scheinbar
bedrohen, angreift.
Eidechsen, Schlangen und Frösche wurden stets angegriffen und
getötet, indes wurde nur bei großem Hunger davon gefressen,
Kröten wurden nach einem Bisse nicht mehr belästigt, doch sehr
eingehend aus geringer Entfernung beschnüffelt.
Getränke nahm das Wiesel sehr wenig zu sich, es leckte nur
an der Flüssigkeit und schreckte nach jeder Annäherung an dieselbe
mit dem Kopfe förmlich zurück; daß es Milch besonders dem Wasser
vorziehe, habe ich nie bemerkt.
Nachdem ich das Wiesel über sechs Monate gesund und munter
gehalten und dadurch gesehen hatte, daß es auch bei diesem Tiere
möglich sei, es bei entsprechender Pflege an die Gefangenschaft zu
gewöhnen, gab ich es, des im Zimmer unangenehm fühlbaren Ge¬
ruches halber, ab — es befindet sich heute im Frankfurter zoolo¬
gischen Garten.
o
336
Die Zucht des SclileierscliAvanzes und des Teleskopfisclies
in Zimmer und Darten.
Als Vortrag gehalten imTriton, Verein für Aquarien- u. Terrarien-Kunde zu Berlin.
Von Paul Nitsehe.
(Schluß.)
Daß ohne Sonne der Laich nicht aiiskoninien könnte, ist unrichtig.
Laichkörner, die au Stellen geraten waren, wo sie auch nicht der
kleinste Sonnenstrahl traf, kamen ziemlich zu gleicher Zeit mit solchen
im selben Behälter aus, die der grellen Sonne ausgesetzt waren.
Ähnliche Erfahrungen machten wir s. Z. in der Ausstellung ;
dort laichten Makropoden in Becken, die von keinem Sonnenstrahl
o'etrotfen wurden, die Jungen kamen nach derselben Zeit aus, wie
in den von der Sonne reichlich beschienenen Behältern. Nur die
Wärme ist der treibende Faktor.
Die im Laichbehälter ausgekommenen Fischcheu nahm ich
etwa vier Tage nach dem Ausschlüpfeu auch heraus und brachte
sie in die kleineren Becken, da das große Acjuarium zu dicht be¬
wachsen, also ein genaues Beobachten nicht möglich war. Dies
letztere ist durchaus notwendig, denn mit den Futtertiercheu bringt
mau die Keime von größeren Wasserinsekteu in die Behälter, die, den
Blicken verborgen, sich hier zu schadenbriugeuder Größe entwickeln.
Nach etwa vier Tagen beginnen die jungen Fischcheu nach
Nahrung suchend hin und her zu schießen. Tn den schon 14 Tage
vorher fertig gemachten Behältern haben sich Infusorien und ganz
kleine I^rustaceen, die erste Nahrung der Tierchen, genügend ent¬
wickelt, so daß für die ersten 10 Tage für Futter gesorgt ist. Daun
aber beginnen die Mühen des Faugens von lebendem Futter
(Cyclops, Daphnien etc.), das, nach Hause gebracht, durch ein der
Größe der Fischcheu entsprechend engmaschiges Sieb gegossen wird.
Ich habe mir hierzu einen Blechtrichter nach Art der Milchseiher
machen lassen, in den ich je nach Bedarf engere oder weitmaschigere,
seidene Müllergaze spanne.
Ob auch gute Erfolge zu erzielen sind, wenn man von vorn¬
herein von lebender Nahrung absieht, bleibt zu versuchen; es wäre
jedenfalls viel becpemer, aber ich halte doch für Fische lebende
Nahrung mindestens gleichbedeutend mit der Muttermilch der
Säugetiere, mit der Schnabelfütterung der Vögel.
Mit allem lebenden Futter ist sehr sorgfältig zu verfahren,
besonders Daphnien darf man nie zu viel auf einmal in die Zucht-
becken geben. Diese kleinen Krnster brauchen schließlich mehr
Sauerstoff, als sie im Wasser vorfinden, sie gehen zu Grunde und
verderben das Wasser. Was von den Fischchen nicht vorher aus
Mangel an Sauerstoff einging, das geht nun sicher ein. Wer mit
lebendem Futter anfängt zu füttern, gebe lieber des Tages öfter
kleine Portionen, aber niemals viel auf einmal. Es muß jedenfalls
immer so gefüttert werden, daß am Abend alles aufgezehrt ist,
denn über Nacht arbeiten die Pflanzen nicht, ein sehr wesentlicher
Faktor, besonders in Behältern ohne Durchlüftung, Zu berück¬
sichtigen ist hierbei ja auch, daß bei der Zimmerzucht fast immer
die Behälter übervölkert sind; abschwächend für den letzteren Übel¬
stand wirkt allenfalls ein niedriger Wasserstand, er wird aber
wieder größer im Verhältnis des Wachstums der Fische und macht
einen unschönen Eindruck.
In allzu übervölkerten Aquarien treten dann besonders Kr a n k-
heiten auf, die folgende Symptome zeigen:
1) Der Fisch bleibt ganz munter, bekommt aber eine hellere
Färbung, besonders am Leib eine fast gelbliche; dieser wird dicker
und der Körper sieht im Anfang aus, als wäre er mit ganz kleinen
Perlen besetzt; beim genauen Schauen sieht mau, daß diese letztere
Erscheinung durch abstehende Schuppen verursacht wird. Ist das
Abstehen der Schuppen und das Anschwelleu des Leibes schon sehr
weit vorgeschritten, dann ist der Fisch meist rettungslos dem Tode
verfallen. Bringt man das Tier aber im Anfangsstadium der Krank¬
heit in ein kleineres Gefäß (ich habe hierzu immer ein Kasten¬
aquarium von 10 X Ih cm benutzt) mit 3 — 5 cm W^asserstand, in
das viel Sauerstoff entwickelnde Pflanzen (Riccia) eingeworfen werden,
und setzt nun das Gefäß hinter der Fensterscheibe recht der
brennenden Sonne aus, so ist der Fisch nach etwa acht Tagen
sicher wieder gesund. Selbstredend muß für gutes Futter gesorgt
werden, auch ist das Wasser, wenn nötig, zum Teil durch abge¬
standenes zu ergänzen. Lebendes P^utter darf mau hier nur des
Morgens geben, da zu anderen Tageszeiten das Wasser zu hohe
Temperatur hat, die Futtertiere infolge dessen zu Grunde gehen
und das Wasser verderben. Händler und Züchter nennen diese
Krankheit Wassersucht, ich glaube indes nicht, daß diese Be¬
zeichnung richtig ist. Untersuchungen des aufgetriebenen Körpers
ergaben nicht Wasser, sondern nur Luft.
2) Der Phsch bekommt au Flossen und am Körper ganz blut¬
rote Stellen (Rotlauf), die immer größer werden und sicher den Tod
Zoolog-, Gart. Jahrg, XXXIIT, 1892. 22
338
des Tieres herbeiführeii, wenn nichts dagegen gethan wird. Im
Anfaugsstadium behandelt wie oben, hat stets geholfen.
In beiden Fällen dürfen die Tiere selbstredend nicht wieder in
übervölkerte Behälter zurück gebracht werden.
Die durch unser verehrtes Ehrenmitglied Herrn W. Hartwig
auf mein Ersuchen in seiner bekannten liebenswürdigen Bereit¬
willigkeit vorgeuommene Secierung und mikroskopische Untersuchung
ergab unter den Schuppen der roten Flecke das massenhafte Vor¬
handensein von stäbchenförmigen Bakterien. Ob diese die Krank¬
heitserreger sind und die Krankheit daun ansteckend ist, müssen
weitere Versuche lehren. Eine Art der später zu beschreibenden Haken¬
würmer fand Herr Hartwig auch in einzelnen Exemplaren an diesen
Fischen, so dafs es nach meiner Ansicht nicht ausgeschlossen wäre,
daf3 die roten Stellen erst Folgen der Haft- bezw. Saugapparate
der Würmer sind.
Einer dritten Krankheit, an der mir etwa 10 Fische zu Grunde
gingen, konnte ich nicht Herr werden. Die Tiere trieben trotz aller
Gegenanstrengungen immer wieder zurück zur Oberfläche und blieben
dort schließlich senkrecht stehen, den Kopf nach unten haltend,
schließlich kam der Bauch nach oben, später sogar bis zum After
außer ^^asser. Es schien mir, als wenn an der i echten Seite, kuiz
vor der Afteröffiiung, eine kleine Auftreibung im Leibe stattge-
fuudeu hätte.
Herr Hartwig schreibt mir über die Secierung eines solchen
Patienten : »In den Körnchen fand ich sonderbare Schläuche, welche
pilzartig zu sein scheinen, doch konnte ich noch zu keiner be¬
stimmten Ansicht kommen.«
Ich bin der Ansicht, daß die Tiere krank wurden durch allzu
schnelles und vieles Fressen, es waren immer kräftige Exemplare,
also «-ute Fresser, die von dieser Krankheit betroffen wurden, aber
ich beobachtete diese Krankheit nur bei Exemplaren bis zum Alter
von acht Wochen, während die anderen Krankheiten auch bei
älteren, sogar mehrjährigen Fischen Vorkommen.
Als vierte von mir beobachtete Krankheit käme die durch
Ectoparasiteu hervorgerufene, die ich später noch beschreiben will.
An alten Zuchtfischeu habe ich besonders drei verschiedene
Krankheiten beobachtet, bemerke aber ausdrücklich, daß die Krank¬
heiten immer auf einen Fehler des Pflegers bezw. Verkäufers znrück-
znführen sind:
339
1) Der Fisch liegt krmnm gezogen auf der Seite am Boden
des Behälters oder der Oberfläche des Wassers; es ist dies das letzte
Stadium der Krankheit, die nach wenig Tagen den Tod bedingt.
Selbst hier ist noch zu helfen, doch ist es selbstredend weit sicherer,
wenn man schon im Anfangsstadium helfend eiugreift.
Dieses zeigt sich wie folgt : Der Fisch steht ruhig an der
Oberfläche des Wassers, seine Bewegungen sind schwerfällig,
schaukelnd, Freßlust wenig, zuletzt gar nicht vorhanden. Äußere
Fiin Wirkungen, die sonst den gesunden Fisch veranlassen, schnellend
tieferes Wasser aufzusuchen, bringen ihn kaum zu irgend welchen
Fortbewegungen. Schließlich folgt er, mit dem Finger angestoßen,
nur dem Druck des Fingers, um langsam nach oben steigend wieder
seine frühere Stellung einzunehraen.
Solchen Fischen gebe ich ein Klystier, weil sie au Verstopfung
leiden.
Das mag komisch klingen und wird hier und da auch ein
ungläubiges Lächeln hervorrufen, aber es ist doch so — gar
manchen wertvollen Fisch, der schon auf der Seite lag, der, nur
zu seinem Schaden, in diesem Zustande schon 24 Stunden in Salz¬
lösung gelegen hatte, habe ich auf diese Weise gerettet. Ich habe
Versuche augestellt, indem ich von zwei gleich kranken Fischen
den einen nur mit Klystier, den anderen nur mit Salzlösung be¬
handelte. Der letztere starb nach zwei bis drei Tagen, der erstere
war in zwei bis sechs Stunden gesund.
Ich bin ira Prinzip überhaupt gegen Salzlösung als Heilmittel
für Fische. Salzlösung, von der, nebenbei gesagt, der sie An wendende
oft gar nicht einmal weiß, wie viel prozentig sie sein muß, ist zum
Universalmittel gegen alle nur denkbaren Fischkraukheiten geworden.
Das ist doch entschieden falsch. Wenn ich irgend ein Mittel a'eo-en
eine Krankheit anwenden will, so muß ich in erster Linie wissen,
worin besteht die Krankheit, wie soll das Mittel wirken und welche
Eigenschaften desselben bringen die Heilung, also auch, wie soll die
Zusammensetzung sein. Auch kann ich doch unmöglich einen Sü߬
wasserfisch auf einmal in starke Salzlösung bringen, ohne ihm zu schaden.
Jeder derartige Übergang muß eben ganz allmählich geschehen, wie
ich später bezüglich der angewandten Salicyllösung beschreiben werde.
Zn der erwähnten Operation benutze ich eine entsprechend
fein ausgezogeue Glasröhre ca. 50 X 7 mm, deren Spitze gut ab-
«■eschinolzen ist, so daß im Darm des Fisches nichts verletzt werden
kann. Nachdem in die Glasröhre für einen Fisch von 5 cm
340
10 Tropfen Ricinnsöl (wenig angewärmt, weil so leichtflüssiger) ge¬
tröpfelt wurden, schließe ich die Röhre mit einem Gummiball. Auf
ein über die linke Hand aiisgebreitetes, feuchtes, leinenes Tuch
kommt der Fisch auf den Rücken zu liegen, der Kopf nach der
Handwurzel zu und wird so festgehalten, daß die AfteröfFniiug frei
bleibt. Nun wird mit der anderen Hand die Glasröhre vorsichtig
eingeführt und in den Darm durch ganz langsames Drücken des
Gummiballes etwa des Öles gepreßt. Jetzt muss sich der
Fisch erst eine Weile, etwa fünf Minuten, im Wasser erholen, dann
gibt mau ihm in derselben Weise den Rest des Öles in das Maul,
indem mau die Röhre möglichst tief in den Schlund führt. Man
hüte sich noch zu drücken, wenn das letzte Öl aus^der Röhre ist.
Es würde daun Luft in die inneren Teile gepresst werden, die ja
allerdiuojs wohl beim Zurückziehen der Röhre sofort wieder ent-
weichen mag. Nach der Operation zwinge mau den Fisch durch
Anstößen etc. Schwimmbewegungen zu machen und halte ihn stets,
auch bei etwa durch das an die Oberfläche tretende Öl nötig
werdende Umsetzen in demselben Wasser, in dem er vorher lebte,
also in dem vom Aquarium entnommenen.
Es ist meiner Ansicht nach nicht richtig, mit »abgestandenem«
Wasser zufrieden zu sein, diese Art Fische liebt so frisches Wasser
nicht. In solchem setzen sich an die Fische auch immer massen¬
haft Luftblasen an ; diese sind dem gesunden Fisch schon unan¬
genehm, wieviel mehr wohl erst dem kranken, der sich ihrer gar
nicht erwehren kann.
3 — 6 Stunden nach der Operation exkrementiert der Fisch und
ist daun sicher gerettet. Es ist nun für leicht verdauliches, am
besten lebendes Futter zu sorgen und in den ersten Tagen nicht zu
viel zu reichen. Stets nehme mau derartige Operationen über einem
mit weicher Unterlage versehenen Tische vor, um so ein etwaiges
Fortspringeu des Fisches ungefährlich für denselben zu machen.
Eine andere Krankheit dürfte durch Erkältung entstehen; Der
Fisch ruht mit dem Bauch auf dem Bodeugrund, atmet ganz
normal und frißt auch tüchtig, er ist aber nur unter Anwendung
o-roßer Anstrengung imstande, sich nach oben zu bewegen, um sofort
wieder, sobald er mit den starken Bewegungen der Brustflossen auf¬
hört, senkrecht schnell nach unten zu sinken. Ich denke mir, daß bei
solchen Fischen die Funktionen der Schwimmblase gestört sind und
habe nur im Anfaugsstadium durch erwärmtes Wasser, wie bei den
Krankheiten der einsömmerigen Fische beschrieben, gute Erfolge erzielt.
Die dritte, mir ganz unerkUirliclie Kraiiklieit beobachtete ich
an zwei von den Fischen, die Herr Hothorn aus Japan impor¬
tierte. Freülust war hier gar nicht vorhanden, selbst lebende
Daphnien und Corethra - Larven blieben unberührt. Die Fische
schwammen wohl schwerfällig aber sonst ganz normal, ruhten auch
wohl ab und zu am Bodengrund oder hingen mit dem Maul au der
Oberfläche, trotzdem ein Mangel an Sauerstoff ira Wasser bestimmt
nicht vorhanden war. So gingen sie langsam zu Grunde, ohne daL
eine besondere Abmagerung zu sehen gewesen wäre, und verblieben
— und das ist das Merkwürdige — im Tode in ganz normaler
Lage, wie zu Lebzeiten, sie lagen also nicht auf der Seite,
schwammen weder auf der Oberfläche, noch lagen sie am Boden,
sondern hingen mit dem Maul au der Oberfläche, wie ein lebender
Fisch. Auf mein Ersuchen an Herrn Geheimrat Professor Möbius
ließ ireuaunter Herr einen solchen Fisch untersuchen. Das Resultat
war leider ein negatives, es konnten keinerlei außergewöhnliche Er¬
scheinungen gefunden werden. Au einem zweiten von mir auf-
geschnittenen Fisch bestätigte das gänzliche Fehlen von verdauter
Nahrung in den Eingeweiden, sie waren ganz leer und durch¬
scheinend klar, meine Beobachtung bezw. der Verweigerung der An¬
nahme von Nahrung.
Zum Herausfangen von älteren Schleierschwänzen benütze mau
stets ein entsprechend großes und weiches Netz, es kommt sonst
leicht vor, daß sich die Fische beim Schlagen mit dem Schwanz die
einzelnen Fahnen beschädigen. Stets ist der herausgefangene Fisch sofort
mit der Hand oder Tuch im Netz zu überdecken ; ein Herausspringeu
aus dem Netz kann bei unglücklichem Fall den Tod zur Folge haben.
Die bei alten und jungen Fischen vorkommenden, vorher er¬
wähnten Saprolegnien und Schleimhautwucherungen kommen in
richtig eingerichteten Behällern nicht vor. Dort verschwinden die
Saprolegnien au mit solchen behafteten Fischen ganz von selbst.
An Fischen, die ich mit Schleimhautwucherungen kaufte, traten,
wenn ich letztere mittels eines entsprechenden Schabeiustrumeutes
entfernte, in meinem Aquarium Neubildungen der Wucherungen
nicht mehr auf. Wie ängstlich ist man früher gerade bei der Pilz¬
krankheit gewesen. Man sollte solche Fische sofort von den anderen
entfernen, mit Salz behandeln, dunkel stellen und was sonst noch
für Ratschläge waren, die ja auch, richtig angewandt, wirken
mögen, aber durchaus nicht nötig sind. Ich habe sogar gesehen,
wie jemand einen kleinen unbeschuppten Teleskop, der wenig Pilz-
342
bikluug um Schwänze zeigte, in starke Salzlösung setzte. Die Folge
war, (laß am anderen Tage- der ganze Körper des Tieres in
einen förmlichen Saprolegnien-Mautel eingehüllt war und der Fisch
zu Grunde ging.
Um zu beweisen, wie sicher Saprolegnieu im guten Aquarium
verschwinden müssen, bin ich bereit, zu meinen wertvollen Fischen
solche pilzkranke zwecks Beweis meiner Behauptung einsetzeu
zu lassen. Auch haben mehrere Mitglieder unseres Vereins sich au
einem von Sporospermien behafteten Fisch, den ich heilte, indem
ich ihm die Beulen kreuz und quer aufschuitt, die Wunde gut aus¬
spritzte und mit Salicylpulver ausstreute, hiervon überzeugt; die
Wunde setzte auch nicht die mindeste Saprolegnienbilduug au.
Über die Qualität der jungen Fischcheu kann sich der Kenner
schon nach etwa vier Wochen ein Urteil bilden, wennschon ich
gern zugebeu will, daß ein jung gute Aussichten versprechendes
Flossen werk mit der Zeit zurückbleibt, während andererseits ein
gering entwickeltes sich nach Jahren sehr reich entfaltet, aber es
bleiben dies eben immer Ausnahmen.
Ob die Augen des Teleskopen sicher gut werden, kann mau
ebenfalls schon sehr früh beurteilen, während weniger gute sich mit
den Jahren auch noch recht gut herausbildeu können, aber eben
auch nur in seltenen Fällen.
Das Wachstum der jungen Fischcheu bei reichlicher und ge¬
eigneter Nahrung ist bedeutender als mau glaubt, ich habe heute
am 22. März 1892, schon Fische von 1891 Sommerbrut, die 6 cm
ohne Schwanz messen und 20 Gramm wiegen, wobei zu berück¬
sichtigen ist, daß die Krankheiten, zu kleine und übervölkerte
Aufzuchtbeckeu uud noch manches andere, was vermieden werden
kann, die Tiere im Wachstum zurückgelialteu hat. Je weniger
Fische auf ein bestimmtes Quantum Wasser im richtig formierten
Behälter (Breite uud Höhe etwa gleich uud je halb so groß wie
Länge) kommen, je besser wachsen die Tiere. Sogenannte Kümmer¬
linge gibt es bei jeder Brut, während ich mich durchaus nicht zu
der Meinung, daß alle im Zimmeraquarium gehaltenen Fische
Kümmerlinge würden, bekehren kann.
Was nun meine Erfolge bezüglich der Qualität betrifft, so
bemerke ich, daß ich im Zimmer von einem Satz, bestehend aus
einem schwarzen Teleskopweibcheu (zweisömmerig), zwei roten
Schleierschwanz-Männchen (dreisömmerig) in einer Brut 150 Junge
erhalten habe, von denen 50 mit Doppelschweif, 100 einfach-
scliwäirzige waren; unter ersteren befanden sieb etwa 10 fische,
die das Prädikat gut und unter diesen wieder drei, die das Prädikat
vorzüglich verdienten. Von den Eiufachschwänzen waren etwa 30
O
Kometenschweife. Mindestens 100 der ganzen Zucht hatten flossen¬
fehler, die Eier entwickelten sich bei zu wenig Sonnenwärme zu
langsam und dies war, luie schon gesagt und weiterhin ersichtlich,
der Grund für die vielen Verkrüppelungen.
Bessere Erfolge hatte ich in meinen Gartenhecken, wo ich die
Zuchtfische bei 16® R zusammensetzte. Dort benutzte ich dieselben
Fische wie im Zimmer und noch zwei ebensolche Sätze, die schon
am nächsten Tage laichten, und erzielte in je zwei Bruten etwa
850 Fische, von denen durch ein Versehen der von mir mit der
Aufsicht betrauten Person (meine Gartenhecken habe ich in einem
1 Stunde Bahnfahrt von hier entfernten Ort, den ich nur alle 14
Tage aufsuchen kann) etwa 200 im Alter von 8 Tagen eingingen.
Von den übrig bleibenden 650 waren etwa 350 Einfachschwänze
und Doppelschwänze, der Rest von 300 dagegen bestand aus ca.
50 sehr schönen Kometenschweifen und 250 guten und mittleren
Schleierschwänzen, Teleskopen und Teleskopschleierschwänzeu. Wirk¬
lich hochfeine Stücke sind hierbei etwa 20,
Bei diesem, meinem ersten Resultat ist in Betracht zu ziehen,
dafi ich die alten Fische nach dem Ablaichen im Gartenhecken
Nr. 1 nicht entfernte, sondern hier hinein auch noch die alten
Fische der Becken 2 und 3 nach dem jedesmaligen Ablaichen der¬
selben brachte, bis ich nach etwa 14 Tagen bis 3 Wochen, je
nachdem ich nach der herrschenden Witterung den nächsten Laich
erwarten durfte, die jungen Fische aus 2 u. 3 herausgefangen hatte,
selbstredend ein mühsames Stück Arbeit, um sie dann im Zimmer¬
aquarium heranzuziehen.
Im Becken Nr. 1 habe ich zwei Bruten gehabt, von der einen
konnte ich eine Partie Laich ins Nebenbecken bringen, es ist aber
selbstredend das meiste des im Becken Nr. 1 erzielten Zuchtresultates
von den alten Fischen aufgefressen worden, zumal ich hierin auch
noch eine Anzahl ein- bis zweijähriger Teleskopen und Schleier¬
schwänze hatte. Groß geworden sind hier nur vier Fischcheu.
Die alten Fische müssen eben durchaus noch am Abend des Laich¬
tages entfernt werden.
Meine Gartenhecken (man richte sie stets so ein, daß das
Wasser abgelassen werden kann) sind an sonniger Stelle aufgestellt,
aus Ziegeln mit Gement gemauert, innen und außen mit Gement
344
abgeputzt, 1 Meter iuneu breit und laug uucl ^/4 Meter tief, zur
Hälfte mit Torf, Erde und darüber liegender Kiesscbiclit gefüllt,
der Bodengrund fällt nach einer Ecke zu schräg ab. Das Wasser
ist au der tiefsten Stelle etwa ^/2 Meter, an der seichtesten knapp
^4 Meter tief und reichlich mit lose eiugeworfeuer Wasserpest etc.
ausgestattet. Die Pflanzen müssen in einem anderen, mit Glas fest
zugedeckteu Behälter vorher 14 Tage stark der Sonne ausgesetzt
worden sein, damit etwaige Eier von schädlichen Insekten sich ent¬
wickeln und dann die Pflanzen vor dem Einbringen in das Zucht-
beckeu sehr sorgfältig von diesen gesäubert werden können.
Zum Zudecken der Behälter benutzte ich Mistbeetfeuster, an
denen die Mittelscheibe durch ganz feine Drahtgaze ersetzt wurde.
Au kälteren Tagen und während der Nacht deckte ich über diese
wieder eine Glasscheibe. Das Zudecken der Behälter ist durchaus
nötig, um Fischfeinde, bestehend aus Wasserinsekten, Fröschen,
Raubvögeln, Katzen, Fischottern etc. fern zu halten.
Nach den Mitteilungen der anderen Herren unseres Vereins
die in diesem Jahre sich mit der Sache befaßten, glaube ich
annehmen zu dürfen, daß es rein individuelle Eigenschaften der
Zuchtfische sind, ob sie schöne oder weniger schöne Nachkommen
geben. Ich selbst habe nur hochfeines Zachtmaterial verwandt und
dabei verhältnismäßig geringere Zahl wirklich feiner Fische erzielt als
andere Herren, die mit geringerem Zuchtmaterial arbeiteten. Es
gilt hier also zuerst auszuproben, ob sich die alten Fische für die
Zucht eignen oder nicht. Ich kann heute sehr wohl den Ausspruch
eines Züchters verstehen, dem ich meine Verwunderung ausdrückte,
daß er einen Fisch zur Zucht benutze, den ich, geschenkt erhalten,
nicht anuehmen würde. »Der Fisch wäre ihm für keinen Preis
feil«. Damals stellte der betreffende Herr allerdings nur einige
Körpereigentümlichkeiten als für ihn von Liebhaberwert dar, heute
weiß ich, daß es sicher ein Fisch war, der vorzügliche Junge
lieferte. Ebenso wird es Fische geben, die sich zur Zucht gar nicht
eignen, sogenannte Zwitter.
Einen großen Fehler beging ich beim Einrichten meiner
Gartenhecken, durch den mir etwa 7 hochwertige Zuchtfische ein-
gingen, weitere 6 im doppelten Wert nur durch schnelles Eingreifen
gerettet werden konnten. Die erforderliche Wasserpest holte ich
mir aus einem Torfgraben, 2 Stunden von Berlin, gelegentlich einer
Geschäftsreise. Hierbei wurden die Pflanzen etwas stark zusammen¬
gedrückt, am andern Tage erst am Bestimmungsort ausgepackt und
345
in eiu wenig Licht bekommendes Wasserloch im Garten geworfen,
wo sie nicht einmal gehörig auseinaudergebreitet werden konnten.
So blieben sie etwa 8 Tage liegen. Beim Ein werfen in die Zucht¬
becken machte ich die Wasserpflanzenschicht zu dicht, die ohnedies
schon stark beschädigten Pflanzen bekamen in den unteren Schichten
zu wenig Licht, fingen daher au zu faulen und verdarben mir so
das Wasser.
Ich kam gerade noch zur rechten Zeit, um mir das Wertvollste
retten zu können.
Eiu ebenso großer Fehler ist es, zum Füllen der Gartenhecken
Regenwasser zu benützen, das schon lauge in den betreffenden
Sammelbehältern gestanden und eine fast schwarze Farbe angenommen
hat; es ist unatembar für die Fische, sie gehen in solchem in
wenig Stunden eiu. Hier, wie in noch so manchem anderen Fall
schützt ein vorheriges probeweises Einsetzen von minderwertigen
Fischen vor Verlusten. Ein frisch eingerichtetes Becken soll außer¬
dem stets erst 14 Tage von dem Sauerstoff, den die Pflanzen ab¬
geben, durchströmt werden, ehe man auch nur die Probefische einbringt.
Herr E. Hothorn hier bat mich, während seiner Sommer¬
reisezwei von ihm importierte Schleierschwänze in Pflege zu nehmen,
der eine war ein außerordentlich prächtiges Tier, der andere weniger
gut, aber immer noch das Prädikat »gut« verdienend. Diese
Fische, beide Männchen, ließ ich mit einem meiner schwarzen
la Teleskopen kreuzen und erzielte hiervon etwa 100 Junge, darunter
nur 10 Stück guter Qualität und davon nur ein einziges sogenanntes
Prachtstück. Alle diese Fischchen zeichneten sich aber von den
ersten Lebenstagen an durch ganz auffallende Gewandtheit uud
Kraft in ihren Bewegungen aus.
Bis Anfang November hatte mir die ganze Zucht, trotz aller
Mühe, Freude gemacht, von da an aber begann der Verdruß. Ich
kam in den Besitz von einigen anderwärts gezogenen Teleskop¬
fischen, die schon nach wenig Tagen matte Bewegungen zeigten
und in kurzer Zeit eiugingen. Meine sonst munteren Fische zeigten
nach 14 Tagen eine gleiche Veränderung; sie standen still, gerade
unter der Oberfläche, ab nnd zu schnellten sie an Pflanzensteugeln,
Felsen, Seitenwänden oder auf dem Bodengrund entlang, als wollten
sie sich etwas abstreifeu , die Rückenflosse war niedergeklappt,
Bauch-, Brust- und Afterflossen wurden scheinbar durch Zusammen¬
ziehen immer schmäler, die Schwanzflosse desgleichen und an den
Enden spitz, sie sahen aus, als klebten sie zusammen. Es stellten
sich am Körper, besonders in den Winkeln der Brustflossen, rote
Stellen ein, die Bewegungen des Fisches wurden schwerfällig und
schließlich schlaugengangartig. In diesem letzteren Stadium waren
die Fischchen, die ich von einem Freund erhielt.
Mikroskopische Untersuchungen führten zu dem Resultat, daß
die Fischchen über und über mit Parasiten besetzt waren. In einer
hirsekorngroßen Menge Schleim fand ich etwa 30 dieser Parasiten,
die mittels eines Kranzes kleiner und zwei größerer Haken am
Fischkörper sich festsetzten, sich auch, aus jungen Tieren zu schließen,
dort vermehrten.
Gingen schon durch die Krankheit selbst eine Menge der von
mir zurückbehalteuen (also besten) Fische ein, so kosteten mich die
Versuche, die Fische von den Parasiten zu befreien, noch weit mehr
Opfer. Es galt, ein Mittel zu finden, das die Fische, unbeschadet
ihrer Gesundheit, durch die Kiemen mit dem Atmungswasser leiten
konnten, denn ein bloßes Bepinseln mit irgend welchen Heilmitteln
würde nie zum vollständigen Vernichten der Parasiten geführt
haben. Schließlich aber bin ich doch Herr der letzteren geworden.
In Porzellan- oder Glasgefäßen brachte ich auf je einen Liter
Wasser ca. zwei Gramm Salicylsäure und ließ das Ganze 12 Stunden
stehen, es öfter mit Porzellan- oder Holzlöffel umrühreud (Salicyl
darf mit Metall , speciell Eisen , nicht in Berührung kommen,
es verliert dann an Wirkung). Mittels Glastrichter und Glaswolle
filtrierte ich die Lösung, den Rückstand zu \veiteren Lösungen
verwendend. Von der so gewonnenen Mutterlauge setzte ich den
in einer Porzellanschüssel befindlichen Fischen, auf 40 Theile Wasser
früh gegen 8 Uhr anfangend, nach und nach bis abends 11 — 12 Theile
zu. Fische, die gleich in die Mutterlauge oder auch nur in eine
Lösung von 40 Teilen Wasser und 8 Teilen Lauge gebracht wurden,
frinQ:en sofort ein. Nach Zusetzen des elften Teiles Lauge darf
man die Fische nicht aus den Augen lassen; sobald sie aufangen
unruhig umher zu schießen oder sich zur Seite neigen , müssen sie
sofort schnellstens herausgenommen und in bereit gestelltes, abge¬
standenes, frisches Wasser von gleicher Temperatur gebracht werden.
Mau vermeide bei dem Umsetzen der Fische, daß Tropfen des in¬
fizierten Wassers in den neuen Behälter kommen , sie könnten
Parasiten enthalten, die dort möglicherweise wieder aufleben.
Das schnelle Umsetzen ist uötig, weil gleich nach dem Umher¬
schießen die Fische matt werden, sich zur Seite legen und sterben,
wenn sie im gelaugten Wasser verbleiben. Etwa im neuen Wasser
347
doch sich matt zeigende Fische zwinge man in der ersten Stunde
durch Anstohen etc, zu Schwimmbewegungen, — man lasse ihnen
keine Zeit zum Sterben — das klingt lächerlich und unglaublich,
ich halte dieses Verfahren aber für ganz wesentlich — man versuche!
Wenn schon ich diesbezügliche Erfahrungen nicht gemacht habe,
so ist es doch vielleicht angebracht, diese Kur ira Laufe von 8 — 10
Tagen zu wiederholen, da möglicherweise noch lebensfähige Eier
der Parasiten an den Fischen sitzen können, die sich inzwischen
entwickelt haben dürften. Ich habe bei diesem Radikalmittel, wie
eben beschrieben, auch nicht einen Fisch verloren, während einem
meiner Freunde von 21 so gebadeten Fischen 17 mit Tod abgingen.
Welchen Fehler machte er? Wir wissen es beide nicht, vielleicht
daß die Widerstandsfähigkeit selbst in ein und derselben Art ganz
verschieden ist, vielleicht auch, daß seine Fische schon zu sehr
durch die Parasiten geschwächt waren.
Mein Aquarium desinfizierte ich in derselben Weise; ich warf
soviel Salicyl in das Wasser, als es aufnehmen wollte; hierbei gehen
allerdings alle zarteren Pflanzen zu gründe. Nach meinen diesjährigen
Versuchen scheint mir das Desinfizieren des Aquariums beinahe über¬
flüssig, der Parasit scheint sich nur am Fischkörper zu halten.
Auf meine au Herrn Geheimrat Professor Möbius, Direktor
des naturwissenschaftlichen Museums, hier, gerichtete Bitte um
Feststellung der Parasiten ersuchte dieser Herrn Dr. A. Co 11 in
um die Erledigung derselben. Herr Dr. Coli in bestimmte das
Tier als Gyrodactylus elegaiis und schrieb mir dazu folgendes:
Gyrodactylus elegans ist ein parasitischer Trematode (Saugwurm),
der au Kiemen und Flossen vieler Süßwasserfische vorkommt und
nach dem »Handbuch der Fischzucht und Fischerei« von Beuecke,
Dallmer und v. d. Borne Seite 208 — 9 selbst bei sehr reichlichem
Auftreten den Fischen keinen wesentlichen Schaden zufügt«.
Dies letztere mag in Bezug auf Fische von über 3 cm Größe
richtig sein, jüngere Tiere aber gehen bei massenhaftem Auftreten
der Parasiten unweigerlich zu Grunde und auch die größeren Tiere
leiden stark Einbuße iu Bezug auf Wachstum und Körperfülle.
Sicher würde ich nie einen fremden Fisch in meine Behälter setzen,
ohne vorher diesbezügliche Untersuchungen augestellt zu haben,
iranz besonders genau würde ich aber vor dem Einsetzen in Zucht-
becken die Zuchtfische untersuchen. Ich wundere mich, daß in
Werken über Fischzucht nirgend etwas über Bekämpfung derartiger
Krankheiten und Parasiten zu finden ist; die Tiere werden benannt
848
1111(1 bescliriebeu, aber das ist auch alles. Im freien Wasser mögen
ja vielleiclit andere Verhältnisse die Parasitenplage schlielalicb
bekämpfen, dort kommt es auch auf einige Tausend, die an den
Folgen zu Grunde gehen, nicht au, während bei den hier behandelten
Fischen jedes Exemplar gehütet werden muß, denn gerade das
bedrohte kann das beste Tier geben. Die Parasiten sitzen auch
nicht nur an Kiemen und Flossen, sondern sie bewohnen den ganzen
Körper des Fisches.
Derartige Seuchen können den Züchter von Beruf ruinieren,
den Liebhaber zur Verzweiflung bringen und ihm jeden Mut zu
weiteren Versuchen benehmen. Das letztere ist ja nun zweifellos
falsch, mau suche vielmehr der Sache auf den Grund zu gehen und
sie zu bekämpfen und — berichte stets in den Blättern über seine
Erfolge, wodurch man für sich und andere leicht Belehrung erhält.
Nach meinen letzten (bis Herbst 1892) Erfahrungen wird der
Parasit unbedingt getötet, wenn man stündlich einen Teil der Sali-
cyllösung zusetzt und daun in 40:10 die Fische 30 Minuten beläßt,
auch die am Fischkörper oft in großer Menge haftende Trichodina
pediciilus, Polypenlaus, fällt ab. Selbst 2 — 3 cm große Fischcheu
halten dies Verfahren ohne Schaden aus, während bei 40 : 11 schon
schwache Exemplare zu Grunde gehen.
Ein Wiederauftreten der Parasiten im Aquarium beobachtete
ich nach erfolgter Badekur nicht, trotzdem ich das Aquarium selbst
nicht desinfizierte. Weitere Beobachtungen müssen lehren, ob die
Schmarotzer nur durch Berühren der Fische von einem zum andern
übertragen werden oder ob sie, frei durch das Wasser schwimmend,
ihre Wirte wechseln. Von Gyrodactylus ist bekannt, daß er lebende
Junge zur Welt bringt. Die vorgeschlageue Wiederholung der
Salicylkur wäre demnach überflüssig, sofern es nicht darum zu thuu
ist, etwa noch im Wasser lebende Exemplare des Gyrodactylus nach
und nach fortzubringen. Man erneuere im Aquarium täglich ge¬
legentlich der Schmutzentferuuug das Wasser um etwa ^/lo seines
Quantums durch abgestandenes frisches.
Vorträge wie dieser erscheieen stets in anderen Zeitschriften, werden aber
regelmäßig unseren Mitgliedern zugänglich gemacht.
Der Vorstand des »Triton«,
Verein für Aqu.- u. Terr.-Kunde zu Berlin.
349
K 0 r r e s p 0 n (1 e 11 z e n.
St. Gallen, im Oktober 1892.
Die griechische Landschildkröte im Garten. Die interessanten
Beobachtungen des Herrn Dr. G. Rumpf über das Leben der griechischen
Landschildkröte (s. Nr. 9 dieser Zeitschrift) ermahnen mich, auch meiner
griechischen Landschildkröten hier nochmals zu gedenken, die ich während
mehrerer Jahre in einem kleinen Garten vollständig sich selbst überließ und
unter denen mir namentlich ein altes, weibliches Individuum Gelegenheit zu
manchen Beobachtungen verschaffte. Ich hatte dasselbe von der Insel Sardinien
her erhalten und ohne weiteres im Garten freigelassen, wo es sich denn auch sofort
fest einhauste und ihn, obwohl täglich oftmals au der offenen, ebenen Weges
zum Trottoir führenden Gartenthüre vorbei laufend, niemals verließ. Das Tier
hätte auch sonst Gelegenheit zum Weglaufen gehabt, benutzte sie aber niemals
Der Größe nach zu schließen, war es ein altes und den mannigfachen Ein-,
drücken und Schäden seines Panzers nach zu urteilen, ein mit dem Kampf
um das Leben wohl bekanntes Tier. Es wußte sich seinen Lebensunterhalt
so ziemlich selbst zu verschaffen; nur bei sehr trockenem heißem Wetter half
ich wohl mit etwas Kopfsalat nach. Ein Hauptbestandteil seiner Nahrung
bestand in ßegenwürmern, die es sich nach gefallenem Regen sehr geschickt
durch rechtzeitiges kräftiges Ziehen und rechtzeitiges Nachgebeu aus der Erde
zu holen wußte und die es dann vorwegs und angestrengt kauend verschlang.
Von Vegetabilien schien dieser Schildkröte das verschiedenste Blätterwerk des
Hausgartens angenehm zu sein. Ihr Aufenthaltsort behagte ihr offenbar sehr
und sie verfehlte nicht, die verschiedenen Teile des Gartens in verschiedenster
aber bestimmter Weise für sich auszunutzen. Eine kleine Felsgruppe wurde
von allen Seiten her bestiegen, der Abstieg aber schien meistens durch unfrei¬
williges aber schadlos erfolgtes Sich-fallen-lassen bewerkstelligt zu werden.
Bei besonderem Wärmebedürfnis grub sie sich in die durch die Sonne er¬
hitzte Erde ein; bei zu großer Wärme hatte sie ihre Liebliugsschattenplätze,
wo sie dann sicher zu finden war und aus denen sie auf Anrufen hervorkam,
wie ich denn auch die Überzeugung hatte, daß sie mich an der Stimme er¬
kenne, da sie nur auf meinen Anruf sich zum Erscheinen verpflichtet fühlte.
War ich allein im Garten anwesend, so kam sie gewiß auch sehr bald zu mir
herangekrochen. Zu meinen Füßen blieb sie liegen und strengte sich an, zu
mir emporzuschauen und sich mir auf diese Weise zu erkennen zu geben.
Mehrere andere gleichzeitig mit ihr und nach ihr gehaltene Exemplare
äußerten hingegen weniger deutliche Personenerkennung, hingegen bekundeten
alle in gleichem Maße ihr Genügen an dem Gartenterrain und ebenso ihre
große Freude an der Musik, Sobald auf dem dem Garten unmittelbar gegen¬
über liegenden Platze die Stadtmusik zu spielen begann, rückten alle meine
Schildkröten in möglichster Eile gegen die betreffende Gartenseite vor bis
zum Zaune, bis zur offenen Gartenthüre, aber nie weiter. Dort angelangt ver¬
blieben sie, Kopf und Hals lang herausgestreckt und erhoben, in starrer Stille,
bewegungslos lauschend. Mit dem Verklingen des Musikstückes löste sich der
Bann und es kam wieder Leben in diese sonst so teilnahmlos scheinenden
Geschöpfe. Sobald aber die Musik aufs neue anhob, trat dieselbe über¬
raschende Ei-scheinung ein, die ja übrigens bei so vielen, vielleicht bei allen
350
Krieclatieren höherer Organisation zu finden ist. Wen immer ich, bei vor¬
handener Gelegenheit sich von diesem musikalischen Sinne zu überzeugen,
hierauf aufmerksam machte, hatte seine Freude an diesen aufmerksamen Zu¬
hörern. — Jenes alte weibliche Exemplar legte im August in kurzem Zeitraum
und zu einer Zeit, als es den Garten noch allein bewohnte, 3 vollständig ent¬
wickelte, sehr hartschalige Eier in eine Mulde heißer Gartenerde, ohne sich
begreiflich nachher um dieselben weiter zu bekümmern, außer daß es diese
Windeier leicht mit Erde überdeckte. — Im Herbst wußte sie sich selbst so
warm einzugraben, daß sie im Frühjahr regelmäßig wohlerhalten zum Vor¬
schein kam. Andere Stücke schienen dieses Eingraben nicht zu verstehen,
so daß ich sie im Keller überwintern mußte, auch hier aber gingen mir 2 Stück,
die Sand zum Aufenthalt gewählt hatten, zu Grunde, während die im Heu
verwahrten erhalten blieben. Ihr jeweiliges Wiedererscheinen im Garten galt
mir so für das Sinnbild des wiedererwachten Frühlings, und ihr interessantes
Treiben daselbst bereitete mir manches Vergnügen. Wer Gelegenheit hat,
ein oder mehrere Exemplare dieser leicht erhältlichen Art im Garten zu be¬
herbergen, und diese Gelegenheit benützt, wird die Erfahrung machen, daß
auch an diesen vermeintlich stupiden Faullenzern Freude zu erleben ist, und daß
auch die »untern Zehntausend« aus dem Tierreich manchen überraschenden
Blick in das immer anziehende Naturleben ermöglichen.
Hr. med. A. Girtanner.
Kopenhagen, im Oktober 1892.
Fasa ne nbastarde. Im vorigen Jahre hatten wir in ‘einer Voliere
einige überzählige Fasan-Hennen von Lady Amherst und vom gemeinen
Fasan (Phasiamis colchicus), nebst einem Hahn von Euiüocomus lineatus gehen.
Eines Tages fingen die Hennen an, Eier zu legen, aber ohne daß es
dem Wärter gelingen konnte, genau zu beobachten, ob es die Amherst- oder
Colchicusfasanen waren, welche Eier legten — indem er die Eier gleich ein¬
sammelte und aufbewahrte, damit die Vögel sie nicht vernichteten und die
Ratten (diese Plage aller Gärten) sie nicht wegschleppten. Die Eier wurden
feiner gewöhnlichen Henne untergelegt, und es kamen auch einige Küchlein
hervor, von denen einige nach und nach eingingen, so daß nur ein männl. und ein
weibl. am Leben blieben. In diesem Jahre zeigten sich die Tiere der Farbe
nach jedoch — meiner Meinung nach — ganz deutlich als Abkömmlinge von
Lineatus männl. und Colchicus weibl. zu sein, während wir im vorigen Jahve
glairbten, daß es Blendlinge von Lineatus männl. und Amherst weibl. seien.
Jedenfalls unterlasse ich nicht. Ihnen ein Bild davon zu senden, indem
es Sie vielleicht interessieren könnte, und man, soweit ich weiß, bis jetzt noch
keine dergleichen Blendlinge anderswo von diesen Fasan- Arten gezogen hat.
A. V. Klein.
Kleinere Mitteilungen.
Fortpflanzung des Emu. Ein Herr R. Bell (Castle O’er, Langholm)
teilt in ^the i'ield« (29. Oktbr.) mit, daß er von einem Einuweibchen in einem
Jahve, vom 28. Dezembev bis 11. Mai, zweiundvierzig Eier erhalten habe. Das
Männchen brachte fünf Bruten aus mit sechs, neun, drei, sechs und zwölf, also
im ganzen mit sechsunddreißig Jungen, von denen übrigens keines eines
natürlichen Todes starb. N,
Geburten im Zoologischen Garten zu Kopenhagen im
Jahre 1891: 3 braune Bären, 1 glatthaariges afrikanisches Schaf, 3 Biberratten,
1 Zebu, 5 Wölfe, 2 Renutiere, 1 Mähnenschaf, 2 Lama, 2 Schweinshirsche,
1 Molukkenhirsch, 3 Angorakatzen, 32 dänische Doggen, 9 Rattenfänger; 9 Band¬
finken, 5 Brandenten, 6 Brautenten, 4 Erdenten (Gravand Aellinger), 2 Bläß-
gänse [Blisgaasunger), 3 Graumöwen, 4 Störche, 1 Nikobartaube, 93 Küchlein
verschiedener Hühnerrassen, 2 Perlhühner, 2 Pfauen, 8 Amherstfasanen, 2 ge¬
streifte Schopffasanen, 3 Silberfasanen, 1 Jagdfasan, 3 Bastarde von Amherst-
uud gestreiftem Schopffasan.
Regnskab over den zoologiske Have ved Kjöbenhavn 1891.
L i 1 1 e r a t u r.
V o g e 1 z u c h t b u c h. Von Dr. Karl Ruß. Mit 30 Abbild, im Text. M. 1.50.
Die ei nh ei'in i s c h e u Stubeuvögel. Handbuch für Vogel-Liebhaber, -Züch¬
ter und -Händler, 2. Bd. Von Dr. Karl Ruß. 3te Auflage. M. 6. Magde¬
burg. Creutzsche Verlagsbuchhandlung. 1892.
In einem kleinen, 92 Seiten starken Buche legt Dr. Ruß seine in vielen
Jahren praktischer Thätigkeit gemachten Erfahrungen in gedrängter Form, die
durch Abbildungen von Geräten, Käfigen etc. unterstützt wiid, füi den Anfän¬
ger auf diesem Gebiete nieder und hat damit vielen angehenden und selbst
geübteren Liebhabern der Vogelzucht ein angenehmes llülfsmittel für ihre
Thätigkeit geliefert. Das „Vogelzuchtbuch“ wird von dem Verfasser selbst als
ein Auszug aus dem „Haudbuche“ bezeichnet, dessen zweiter Band uns in
neuer Auflage vorliegt. Er umfaßt die Insekten- und Körneifresser unserer
einheimischen, für die Gefangenschaft geeigneten Vögel. Nicht nur werden
diese selbst nach ihren Eigentümlichkeiten und Gewohnheiten kurz beschrie.
ben, es folgen dieser Naturgeschichte auch ausgedehnte Darlegungen über die
Stubenvogel- Pflege, -Abrichtung und -Zucht mit allem, was Bezug darauf
hat; sogar der Vogelfang und der Vogelschutz sind eingehend behandelt, so
daß der Freund der einheimischen Vögel gediegene Belehrung in allen ihm
vorkommeiiden Fragen finden wird. N.
Brehms Tierleben. Wohlfeile Volks- und Schulausgabe in 3 Bänden. Her¬
ausgegeben von Rieh. Schmidtlein. Leipzig. Bibliographisches Institut
1892.
Es ist in hohem Grade verdienstlich von der Verlagsbuchhandlung, daß
sie von dem prächtigen, in dritter Auflage erschienenen Tierleben von Brehm
eine billigere, auch dem weniger Bemittelten zugängige Ausgabe veranstaltet,
die in vorzüglicher Auswahl das Wichtigste aus dem großen Werke bietet
352
und zugleich mit 1200 Abbildungen, 1 Karte und 3 Farbentafeln ausgestat¬
tet ist. Das Buch erscheint in 3 Halbfranzbänden ä M. 10 und kann als
Weihnachtsgabe bestens empfohlen werden. N,
Hausschatz des Wissens. Das Tierreich von Dr. Heck, Dr. Schaff,
Prof. Dr. V. Martens, E. Krieghoff, Br. Dürigen u. Dr. L. Staby.
Der Hausschatz des Wissens ist ein neues litterarisches Unternehmen, das
eine Reihe von Bänden über die „Natur“ und die „Menschheit“ zu billigem Preise,
(ä Band M. 7.50) liefern wird und mit zahlreichen Abbildungen ausgestattet
ist. Band 8 und 9 enthalten die Naturgeschichte des Tierreichs, bearbeitet
von den genannten Fachmännern, über deren wissenschaftliche Bedeutung
unsere Leser hinreichend unterrichtet sind. Daß jeder derselben nur sein
eigenstes Fach bearbeitet, ist eine Gewähr für die Vorzüglichkeit des Wer¬
kes, das durch etwa 1000 Abbildungen und 10 bunte Tafeln illustriert sein
wird. Das uns vorliegende 1 Heft enthält eine allgemeine Einleitung von
Dr. Heck, geschmückt mit einer Reihe instruktiver Abbildungen. N.
Eingegangene Beiträge.
P. L. in M. Besten Dank für die interessanten Sonderabdrücke. Brieflich Näheres. —
F. L. in W. Die ausgesprochenen Wünsche werden gern erfüllt. — A. S. in 6. (F.) in S. Der¬
artige Originalmitteilungen werden jederzeit gern angenommen. — C. G. in M. Besten Dank
für Ihre freundliche Vermittlung, Zusendungen betreffend, wie auch für direkte Widmung. —
A. O. in St. Für klare Gebirgsbäche mit kaltem Wasser und wenig Pflanzenwuchs können wohl
nur wenige Fische in Betracht kommen , sicher nicht Rhodens amarus und Perca ßuviatilis.
Die angeregte Frage ist jedenfalls eine wichtige. - S. W. in K.: Besten Dank. — A. N. in
St. : Die Nachriehten haben mich sehr erfreut. — P. L. in M.: Die Rücksendung ist Ihnen
wohl zugegangen? Besten Dank. — L. W. ln K. —
Bücher und Zeitschriften.
Congres international de Zoologie. 2me Session ä Moscou. 1892. Ire Partie. Moscou. Lasch-
kevitsch, Inamensky & Co. 1802.
Congres international d’Archeologie prehistorique et d’Antbropologie. lleme Session, ä Moscou.
1892. Tome I. Moscou. Imprimerie de l’Universite Imperiale 1892.
Captain Charles Ben dir e. Dife Histories of North American Birds with special Reference
to their Breeding Habits and Eggs. With 12 Plates. Washington. Government Printine
Office. 1892. ^
Hausschatz des Wissens. Berlin. Leipzig. W. Paulis Nachf. (H. .Terosch). Heft 1- Das
Tierreich von Dr. Heck, Dr.Schäff, Prof. Dr. v. Martens, E. Krie ghoff, B Dürigen
u. Dr, Staby. — Hett 2. Entwicklungsgeschichte der Natur von Willi. Bölsche -2
Heft 3. Geschichte der Weltlitteratur von .Tul. Hart. — Heft 4. Weltgeschichte 'von
M. Reymond. Vollständig in 320 Heften ä 30 Pfg.
Mitteilungen des Ornithologischen Vereins in Wien. „Die Schwalbe.“ Redigiert v C Pallisch
11. Hofrat Prof. Dr. Claus. XVI. .lahrg. No: 21.
Bulletin de la Soeiöte Imperiale des Naturalistes de Moscou. 1892. No. 2. (Avec 6 nlanchesl
Moscou. 1892. ^ ‘
Erwin Schulze. Fauna piscium germaniae. Verzeichnis der Flußfische Deutschlands
2te Auflage. Mit 49 Abbildungen. Königsberg. Hartungsche Verlagsdruckerci 1892.
.Tahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde. Herausgeg. von Dr. A. Pagenstech er
45. Jahrgang. Wie.sbaden. J. F. Bergmann. 1892. " ®
Dr. L. W u 11 d e r 1 i c h. Der "Wechsel des Ilornes Rhinocevos nuivovuis. Aus der Festschrift
zum 70. Geburtstag Rudolf Louckarts. Leipzig. W. Engelmann 1892.
Berliner Entomologische Zeitschrift. Redigiert von Dr. Kartsch. 37 Band i Heft
Berlin. R. Frie dl linder u. Sohn. 1892.
Fauna. Verein Luxemburger Naturfreunde. Mitteilungen aus den Vereins-Sitzun<>-en Talire-
1892. Luxemburg. P. W orrö-Mertens. 1892. n ■ •
Nachdruck verboten.
Druck von Mahlaii Waldsclimidt. Frankfurt n. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M,
N». 12. XXXIII. Jahrgang. Dezember 1892.
I 11 li a 1 1.
Nekrolog. — Aus dem Tierleben der Heimat; von Staats von W ac quan t - G e oz eil es.
— Biologische Notizen aus der Reptilienwelt: von Dr. F. Werner, Wien. — Der llorn-
wechsel beim indischen Nashorn; von Dr. L. Wunderlich, Köln. — Nachtrag zu meinem
Bericht über den Wüsten-Waran; von Helene Werner in VVien. — Löwenzucht ira i)uD-
liner zoologischen Garten. — Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. Register. —
Professor Dr. Friedrich Carl Noll
seit dem Jahre 1866 mit der Redaktion dieser Zeitschrift
betraut, hat am 14. Januar 1893 seine Augen für immer ge¬
schlossen. Auf seinem Schreibtische fanden die Hinterbliebenen
die ihm kurz vor seiner Erkrankung zugegangeneii Korrektur¬
abzüge dieses seines letzten Heftes, welches wir, tieferschüttert,
unseren Freunden hiermit überreichen als das letzte Andenken
an den treuesten und gewissenhaftesten Mitarbeiter, den die
Zeitschrift besessen.
Nach Dr. D. E. Weinland, welcher im Jahre 1863 die
Redaktion niederlegte, die von Prof. Dr. C. Bruch daim bis
zum Juli 1865 und von Geh. San. -Rat Dr. med. Stiebei bis Ende
desselben Jahres weitergefürt wurde, übernahm Professor Dr.
Noll am 1. Januar 1866 die Leitung der Zeitschrift mit der
Bitte an seine Mitarbeiter ihn bei seiner schwierigen Aufgabe
zu unterstützen. Wie er diese Aufgabe in seiner stillen und
bescheidenen Weise glänzend gelöst, davon legen die 26 Jahr¬
gänge, die er geschaffen, Zeugnis ab.
Zoolog. Gart., Jalirg. XXXIII. 1892.
354
Am 22. Sejjtember 1832 in Niederrad geboren, erhielt er den
ersten Unterricht von seinem Vater, Lehrer an der Schule daselbst,
und besuchte alsdann das hiesige Gymnasium. Auf diesen täg¬
lichen Gängen zur Schule und heimwärts durch den Wald und
längs des Maines fand seine angeborene Liebe zur Natur die erste
erwünschte Nahrung. Da gab es keinen Baum, dessen Lebensge¬
schichte er nicht verfolgt hätte, keine Blume, deren Standort er nicht
ausfindig zu machen wußte. Er beobachtete die Vögel in ihrem Fluge,
belauschte sie bei ihrem Brutgeschäfte und lernte ihre Weisen.
Besonders fesselte ihn die niedere Tierwelt, deren Beobachtung man
sich damals in dem noch ziemlich einsamen Walde und am stillen
Flußufer ungestört hingeben konnte. Diese Naturbetrachtungen in
den verschiedenen Jahreszeiten mögen zu seiner spätem Erstlingsarbeit
»Das Leben der Natur im Winter. Briefe an einen zehnjährigen
Knaben« die Anregung gegeben haben.
In dem Seminar zu Nürtingen bereitete er sich zum Lehrfache
vor und war dann von 1854 — 1857 Hülfslehrer an der Schule seines
Vaters. In letzterem Jahre begann seine Frankfurter Thätigkeit an
der neugegründeten höheren Bürgerschule, von ^welcher Anstalt er
Ostern 1877 als Lehrer der Naturgeschichte an das Gymnasium ver¬
setzt wurde. Er besaß eine seltene Gabe für das Lehrfach ; er wußte
besonders deshalb seine Schüler zu fesseln und für sein Fach zu
gewinnen, weil er sofort auf den Kern der Sache, auf das Leben
und Weben der Tiere und Pflanzen lossteuerte, die Sinne schärfte
und zur Überlegung anfeuerte und nicht durch Häufung von Ge¬
dächtnisballast jede Freude an der Natur von vornherein erstickte.
Dazu kam allerdings noch das ruhige , schlichte , liebenswürdige
Wesen des Mannes, der in dem Schüler das Gute suchte und
auch fand.
Seine Studien hatte er besonders an dem Senckenbergischen
Institut, in der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft und
im Physikalischen Verein gemacht, seine vorzüglichste Lehrmeisterin
blieb aber immer die Natur.
Im Jahre 1865 wurde er nach abgelegtem Examen und auf
Grund einer Dissertation »Der Main in seinem untern Laufe. Die
physikalischen und naturhistorischen Verhältnisse dieses Flusses, als
Beitrag zur Kunde der Heimat« von der Universität Tübingen zum
Doktor promoviert. Die Regierung gab ilire Anerkennung seiner
Tüchtigkeit kund, indem sie ihn zum Oberlehrer ernannte und ihm
vor Jahren den Titel Professor verlieh.
Zwölf Jahre war er Dozent der Zoolop,'ie au der Senckenbergisclien
naturforsclienden Gesellschaft, deren Director er zuletzt gewesen, las
über wirbellose Tiere, und verschaffte sich durch seine schlichte und
klare Vortragsweise einen immer größeren Zuhörerkreis, besonders
unter der Lehrerwelt. Es ist zweifellos, daß der früher schon aner¬
kannt gute naturgeschichtliche Unterricht in den Frankfurter Schulen
zum großen Teil sein Verdienst war, und daß mancher hervorragende
Forscher bei ihm seine erste Anregung gefunden hat.
Im Jahre 1871 machte er eine Reise nach den kanarischen
Inseln, nach West-Marokko und nach Süd-Spanien und 1884 eine
solche an die norwegische Küste. Reich an Ergebnissen, an neuen
Eindrücken und an wissenschaftlicher Ausbeute kehrte er von diesen
und anderen Reisen zurück und berichtete begeistert und begeisternd
davon in Vorträgen und wissenschaftlichen Arbeiten.
Ein schönes und reiches Leben, dem in der Vollkraft seines
Schaffens ein Ziel gesetzt worden ist, liegt vor uns. Die Teilnahme, die
der Heimgang des teueren Mannes in den weitesten Kreisen der Be¬
völkerung gefunden hat, ist der beste Beweis für die hohe Verehrung^
mit der ihm alle Herzen zugethan waren. Das Denkmal, welches er
sich allein in unserer Zeitschrift und durch dieselbe gesetzt, wird ihn
überdauern und wer das Glück hatte, ihn persönlich zu kennen, wird
seiner stets in Liebe und Verehrung gedenken. Friede seiner Asche!
Frankfurt a. M., 19. Januar 1893.
Der Verlag des „Zool. Gartens.“
Mahlau & Waldsclimidt.
Den geehrten Abonnenten unserer Zeitschrift teilen wir
hierdurch mit, dass diese ungestört und in gleichem Geiste
wie bisher weitergeführt werden wird. Wir bitten die ver-
ehrlichen Mitarbeiter, uns ihr Vertrauen zu erhalten und ihre
Manuskripte, Briefe u. s. w. von jetzt ab an die Unterzeich¬
neten Verleger direkt gelangen zu lassen.
Mahlau & Waldsclimidt.
356
Aus dem Tierlebeii der Heimat.
Von Staats von Wacquant- Geozelles.
III.
■Weitervererbung von Albinismus.
I. Maulwurf {T alp a eur o p aea).
Wie über alle nächtlich oder unterirdisch lebenden Tiere, so
sind auch über das Leben und Treiben unseres Maulwurfes noch
manche Beobachtungen zu macheu und werden einige von mir über
diesen unterirdischen Finsterling im Laufe der Jahre gesammelte
Thatsachen nicht uninteressant sein.
Tm Volke hier zu Lande hat Talpa europaea den Namen »Mult¬
wurm« oder auch »Wenuewurm« (Weudewurm) und die von ihm
aufgeworfenen Hügel heißen »Mult- Hucken«. — »Hucken« ist hier
der heutige plattdeutsche Ausdruck für Haufen. — Die Ortschaft,
zu welcher ich eingemeindet bin, liegt oben auf einem, rings von
Thälern umzogenen Berge und trägt aus diesem Grunde
offenbar den Namen »Multhöpe)i«.
Die Bezeichnung »Mull« finden wir bei vielen unterirdisch -leben¬
den Tieren. Deu ts ch- wissenschaftlich wird die Familie der »Talpae«
die Familie der »Mulle« benannt und finden wir in dieser Familie
unseren M u 1 1 w u r f , den B 1 i n d m u 1 1 , den S t e r u m u 1 1 , Gold-
muH,. W a s s e r m u 1 1 etc.
In der Familie der Nagetiere, welcher die Erdgräber oder Wurf¬
mäuse angehoreu, also Geschöpfe, welche nach Art und Weise unseres
Maulwurfes leben, finden wir den Strand mol 1 — Batliyergiis mari-
timus — und den Blindmoll — Spalax Typhlus. — Der nach Art
unseres Maulwurfes lebende M u 1 1 s a 1 a m a n d e r — Salamandra
talpoidea — mag hier erwähnt werden, wohingegen es sehr erwähuens-
werth ist, daß der Feuersalamander hier beim Volke ebenfalls nur
unter dem Naraeu »die Mulle« bekannt ist.
Mül, möl heißt Staub, Erde und kommt auch jetzt noch etwas
umgewandelt als Müll, Moll oder Mülm und Mulm und Mull
vor. — Mül, oberdeutsch modifiziert = maul; daher Maulwurf
= Erdwerfer. — Auch der Ausdruck Molch — (für Salamander)
— hängt damit zusammen; er ist das Adjektivum von mül, mol. —
Die wichtigste Beobachtung, welche ich über unseren Maulwurf
aus hiesiger Gegend zu berichten habe, ist das verhältnismäßig
sehr häufige Vorkommen rein -weißer Exemplare inner¬
halb eines ganz bestimmten Revier es hiesiger Gegend.
357
Dies Revier liegt an beiden Seiten des Baches »Hunime« und
erstreckt sich vom Flecken A erzen bis in die Wiesen unterhalb
der Ortschaft Groß- Berk eh
Die genannte Strecke ist — am Bache entlang — bequem in
einer Stunde abzugeheu; zwei Drittel Wiesen, das übrige Felder und
Gemüsegärten. Die Wiesen sind stellenweise sehr sumpfig; sie sind
infolgedessen vielfach nur mit den vom Landwirt gehaßten, soge¬
nannten »saueren Gräsern« bestanden, haben auf große Strecken hin
moorigen Untergrund, sodaß der Bitte rklee, Menyanthes trifoliata^
L. (ursprünglich wohl Biberklee genannt; in St. Gallen -Biberlichler)
dort üppig wuchert, und werden alljährlich zur Flößezeit lange Zeit
so überflutet, daß alle Maulwürfe sich daraus zurückziehen und in
Dämmen, Grabenrändern etc. aufhalten müssen. Aber selbst an diesen
Stellen werfen die Tiere oft nur nasse, schwarze Erde auf.
Dies ist die kurze Beschreibung der Gegend, wo seit nachweisbar
60 Jahren die weißen Maulwürfe Vorkommen, so daß ein solches Tier
bei den Besitzern und Anliegern jener genannten Grundstücke gerade
kein besonderes Aufsehen mehr erregt; denn wenn dort einmal ein
solches Tier gefunden oder gefangen wird, so sind immer einige
Leute da, welche auch ihrerseits augebeu, da und dort einen weißen
Maulwurf gefunden oder gesehen zu haben.
Somit ist es nur sehy erklärlich, daß ein solcher Albino nicht,
— wie es an anderen Orten stets geschieht, — immer mit in die
Ortschaft genommen wird, um daselbst als großes Wundertier bis
zur totalen Verwesung oder — im Winter — Mumifizierung gezeigt
und angestauut zu werden. Der Albino wird auch hier allerdings
betrachtet und besprochen, bleibt aber häufig in Feld oder Wiese liegen.
Die ältesten, in jenem Bachgebiete gemachten Beobachtungen
sind mir von meinem Vater überliefert worden und erstrecken sich
auf die Zeit vor 1820.
Damals war die Zeit der professionierten »Maulwurfsfäuger«,
jener Leute, welche zu bestimmten Zeiten des Jahres auf der Bild-
fiäche erschienen, um Wiesen und Felder vom »schädlichen Maul¬
wurf« zu befreien, also den Maulwurfsfang »mit Ruten und Schlingen«
im Großen zu betreiben. Der Fänger lieferte allabendlich die Beute
ab; — jedem Tiere wurde ein Vorderfuß abgeschnitteu, welcher dann
bis zur Ablöhnung als Beleg aufbewahrt wurde. Mein Vater ist der
erste gewesen, welcher sich damals auf das wärmste des armen Maul¬
wurfs anuahm, indem er ihm zwar nicht im Garten, wohl aber in
Feld und Wiese eifrig das Wort redete. — Selbstverständlich hatte
358
damals solche Fürsprache noch weit weniger Erfolg als heutzutage, avo
mau doch schon so viel erreicht hat, daß mau den Maulwurf wenigstens
in Feld und Wiese in Ruhe läßt, jedenfalls aber keine Mauhvurfsfänger
mehr besoldet! Ein Gutes aber hat für uns die damalige Thätigkeit
des massenmordenden Fängers gehabt: — wir wissen von meinem
Vater, daß unterhalb des Flecken Aerzen alljährlich einige Albinos
unter der Zahl der an schlingen -bewehrten laugen Ruten, also an
den überall in den Wiesen stehenden Fang-Apparaten baumelnden
Opfer vorhanden waren. Die Anzahl der Albinos schwankte damals
zwischen 2 — 8 pro anno, und zwar wurden diese nur auf der Do¬
mänenländerei gefangen. —
Heute existiert kein »professioneller Maulwurfsfänger« mehr, da
aber alle paar Jahre schneeweiße Maulwürfe gefangen werden, so
muß sich »diese Art« (wie sie hier von einigen Leuten genannt
wird), ohne Frage stets weitervererbt und konstant erhalten haben.
Ihre Zahl kann nicht kleiner geworden sein, als sie zur Zeit war,
wo mein Vater die erwähnten Beobachtungen gesammelt hat; denn
wer fängt heute in Feld und Wiese — weit entfernt vom Dorfe —
noch Maulwürfe? Der Mensch nur zufällig, beim Mähen oder
beim Heumachen u. s. w. und ebenso zufällig der ihn etwa be¬
gleitende, auf Maulwürfe passionierte Fixköter. — Auf diese Weise
eben, also zufällig, sind auch die letzten, mir bekannten Albinos
gefangen ; also muß »diese Art« gewiß nicht selten dort sein !
In den letzten Jahren erhielten aus jener Gegend Herr
Direktor Hodgson und Mister Stacy Stallard, beide wohn¬
haft auf dem, im genannten Reviere gelegenen englLchen Institute
»Alte Burg«, je einen weißen Maulwurf. — Unterhalb Aerzen
fing ein Arbeiter der dortigen Domäne einen solchen, und ebenso
wurde einer bei Gr o ß - B e r k e 1 vom Herrn Postagenten Wi e b r o c k
gefangen. Mir selbst wurde im vorigen Jahre ein Albino aus der
Nähe der Ortschaft Selxen gebracht, welch’ letzterer leider schon
halb verwest war. Aus eben derselben Gegend erhielt Herr Präparator
Rehm-Hameln vor zwei Jahren einen solchen, in diesem Jahre zwei.
Im Juni dieses Jahres fing Herr Hermann Herzberg zu Aerzen
einen weißen Maulwurf in seinem Garten und zeigte denselben in
seiner Gaststube. 14 Tage darauf fing Herr Stahlhut im Nachbargarten
ebenfalls einen solchen. — Die meisten Albinos werden anscheinend eben
bei Selxen, und zwar in einer stets sehr sumpfigen Moorwiese, im
»R ah 1-B ru ch«, gefangen und ist dies schon seit langer Zeit der
Fall; denn meine Mutter, zu deren elterlicher Besitzung ebenjenes
»Rahl- Bruch« gehört, gibt an, dafs früher der alljährlich von alt
und jung erwartete und begrüßte, nur wenige Tage (aber daun mit
Hunderten von Ruteuschlingen) arbeitende Maulwurfsfäu ger
unter der Zahl seiner Opfer stets 5 — 8 reinweiße Maulwürfe hatte und
im Schlosse vorzeigte. Zu meines Vaters Beobachtuugszeit, also vor
1820, war »die Liere« bei Aerzen als Fundstelle der weißen Maul¬
würfe allgemein bekannt. Herr Revierförster Richter-Aerzeu
besitzt einen im vorigen Sommer dort gefangenen Albino. In 248,
dem Kirchturme zu Aerzen entnommenen Gewöllen der Schleiereule
fand ich die Reste eines weißen Maulwurfes. — Prinz Löwensteiu-
Wertheim fand auf einer überschwemmten Miese bei Selxen fünf
solcher Albinos; einige Jahre zuvor ein Arbeiter deren vier. Die vom
Prinzen gefundenen fünf Stücke waren ertrunken und zwar waren
es junge, aus einem ^^este entstammende Tiere, wie mir der
Prinz genau bewies.
Soviel über diese höchstinteressanten Belege für konstant sich ver¬
erbenden Albinismus. Ich habe mit großer Vorsicht geforscht; denn
jedem Forscher ist bekannt, daß die Laudleute, sowie sie großes
Interesse merken, gern von der Wahrheit abschweifen. Hat eine
Anzahl von Leuten einen gefangenen weißen Maulwurf gesehen,
so will ihn bald jeder »selbst gefangen« haben und aus einem
Sülchen Tiere werden dann natürlich sechs oder acht.
Darum habe ich nur Thatsachen gebracht: sie werden genügen !
_ Schärfste Weiterbeobachtuug und stete genaue Prüfung werde ich
mir selbstverständlich auch in Zukunft angelegen sein lassen.
Füchse und Hunde haben eine wahre Passion, den Maulwurf
zu überlisten, und obwohl er beiden immerhin widerwärtig ist
und von Hunden nie, von Füchsen nur in karger Zeit verspeist
wird, so schleichen sich beide Tiere doch augenblicklich listig näher,
wenn sich ihnen ein Maulwurf, durch den der aufgestoßenen Erde
mitgeteilten und somit dem Feinde auf ziemliche Eiitferuiiug in die
Nase gekommenen Geruch bei seiner unterirdischen Thätigkeit verrät.
Es ist »die Freude am Überlisten«, durch welche Hund und Fuchs
hierbei beherrscht werden, denn das Opfer wird mit offenbarem Ab¬
scheu totgebissen, mit Abscheu liegen gelassen. — Auf dem Fuchs¬
bau findet man häufig tote Maulwürfe und spielen die jungen Füchse
langeZeitmitdem ihnen nicht besonders mundenden Schwarzrockehernni.
Mein Mops fängt alljährlich mindestens zwanzig Maulwürfe.
Auch die hiesigen Eulenarten finden augenscheinlich keinen
rechten Geschmack an solchem Braten. Der arme Maulwurf veriät
360
sich ihnen durch sein Graben oder Pflügen (oder auch bei seinem
nächtlichen, überirdischen Exkursionen) — wird erdolcht und
dann sehr häufig voll Abscheu fortgeworfen oder doch in die Vor¬
ratskammer getragen, um für schlimmere Zeiten aufgespart zu werden.
Tritt die Zeit der Not dann heran, so werden zunächst alle anderen
in der Vorratskammer vorhandenen Opfer verzehrt und zuletzt erst
der bisamduftende Maulwurf, welcher inzwischen oft halb verfault,
mumifiziert und zu Eis gefroren ist.
Weit ^schlimmer aber, als alle diese großen Feinde, wütet
gegen das Heer der Maulwürfe ein bis jetzt anscheinend noch nicht
bekannter, ein winziger Feind: ein Bacillus.
Die »Maulwurfsseuche« — ^ wie ich diese Erscheinung nennen
will beobachte ich hier alle paar Jahre, und sie grassiert unter
deu Maulwürfen oft mehr oft weniger.
Die von dieser Krankheit befallenen, ihr ohne alle Rettung
dann stets erliegenden Individuen pflügen erst eine Zeit lang
hoch oben unter der Oberfläche der Erde umher, also in der Weise,
wie wir dies bei jungen, unerfahrenen Maulwürfen — oder auch bei
der Maulwurfsgrille — kennen. Dann, etwas später, schieben sie
im Grase hin und her, lautkratzend und sich durch nichts stören
lassend. Endlich sterben sie auf der Oberfläche der Erde. Man
kann den Grad dieser Seuche schon bemessen, wenn man auf irgend
einer Chaussee etc. fährt oder geht und sein Augenmerk auf die
Zahl der am Wege liegenden Opfer richtet. Meine Beobachtungen
habe ich im dieser Sache nur in den heißen Monaten des Jahres
(Juli, August) gemacht und anfangs auf ^Vassermaugel geschoben.
Die betreffenden Tiere scheinen von einem gewaltigen Jucken
geplagt zu werden, denn sie kratzen s''ch alle Augenblicke heftig
mit dem Hinterfuße.
Genau unter denselben Symptomen, und sich in meiner Hand
ebenfalls ohne Scheu fortwährend kratzend, obgleich äußerlich nichts
Besonderes (auch kein Schmarotzer) an ihr zu entdecken war, starb
einst auch eine Spitzmaus.
Als geschickten Schwimmer habe ich deu Maulwurf gelegentlich
der vor einigen Jahren plötzlich hereinbrecheuden Überschwemmumr
der Weser kennen gelernt. — Sah mau damals vom Klüt-Turme
auf das Land herab, so wälzte sich unten ein unabsehbares Meer
dahin, aus welchem nur die Spitzen der Fabrikschornsteine uud der
hohen Bäume hervorragten. — Die Flut war sehr überraschend ge¬
kommen und Rehe uud Hasen etc. ertranken damals in Menge.
Die Maulwürfe aber schienen sich schleunigst in die Berge gerettet
zu haben um nach Abflnii des Wassers sofort wieder in ihre Reviere
zurückzukehren ; wenigstens sah ich bald nach dem Verlaufen der
Wassermassen wieder mitten im Überschwemmungsgebiete die Maul¬
würfe in neuer Thätigkeit: sie mußten viele tausend Meter schwim¬
mend geflohen und wieder zurückgekehrt sein.
Schließlich möge hier noch eine kurze Schilderung der bei Maul¬
würfen üblichen Art und Weise, zu kämpfen folgen.
In den Natnrgeschichtswerken wird angegeben, daß die Maul¬
würfe sich einen unterirdischen Kampfplatz zurechtmacheu , auf
welchem daun gestritten werde. »Beide (Rivalen)«, so finden
wir z. B in »Brehms Tierleben« angegeben, »erweitern die Röhre,
in welcher sie sich getroffen, zu einem Kampfplatze, und nun wird
auf Tod und Leben gefuchten !«
Dieses »vorherige Zurechtmachen der Wahlstatt« sieht aber doch
etwas gar zu kommentmäßig aus, und die schwer zu beobachtende
Sache verhält sich in Wirklichkeit etwas anders.
»Die ausgewühlten Kampfplätze und die Zweikämpfe zwischen lie¬
benden Bewerbern,« — sagt Brehm weiter — »hat mau entdeckt, indem
man den Lärm des Kampfes vernahm und die Tiere schnell ausgrub.«
Ich habe nun vor Jahren das Glück gehabt, einen in Herzens-
üder Magenaugelegeuheiten zwischen Maulwürfen stattfindenden Zwei¬
kampf von allem Anfang an entstehen zu sehen und zu hören, und
kann somit beweisen, daß nicht »erst die Wahlstatt hergerichtet
und dann gekämjDft«, sondern daß »sofort gekämpft, zusammenge-
fahren, zurückgeprallt, geschrieen und sich umgangen wird«, und da
dieses Umgehen des Feindes in der Erde geschieht, auch die
lockere Erde vorgeschoben und als Schild benutzt wird, durch welches
gedeckt die Vorstöße mit zirpendem Geschrei unternommen werden,
— so wird der Kampfplatz nicht vor dem Gefecht zurechtgemacht,
sondern vielmehr während des Gefechtes, resp. durch die Art, zu
kämpfen — zufällig gebildet. Der von mir beobachtete Zweikampf
fand in einem lockeren, dicht besäeten Blumenbeete statt, vor welchem
ich lange Zeit gestanden, ohne etwas zu vernehmen. Plötzlich hörte
ich das Geschrei und konnte dann den ganzen unter irdischen Vorgang
und Verlauf am Wakeln der Pflanzen, am Bersten der Erde, am lauten
Scharren, am Hin und Her des Geschreies u. s. w. genau verfolgen.
Auch hier war schließlich ein »Kampfplatz« entstanden, und
daß auf solchem der Zwist häufig zu Ende geführt wird, leuchtet
ein. — Treffen sich Maulwürfe im festeren Erdreich, z. B. in der
362
durch Zusammeudrücken resp. Seitwärtspresseu des losgescharrteii
Materials außerordentlich festwaudigeu Laufröhre, so wird infolge der
eben geschilderten Kampfesweise alsbald ein größerer Raum entstehen.
Auch einer größeren Schlange — (Beobachtungsversuch) — ver¬
setzt der auso-ehuno;erte Maulwurf seine Bisse, indem er sie unter-
irdisch umgeht.
Vor mehreren Jahren erschien dicht vor mir au einem Busche
ein noch nicht ausgewachsener Maulwurf und schnappte mit außer¬
ordentlicher Geschicklichkeit ein in Maulwurfshöhe über ihm au
einem Halme sitzendes Kerbtier weg : ein Beweis von der großen
Schärfe seines Geruchsinnes.
Ein andermal — ebenfalls im Walde — steckte ein Maulwurf
unmittelbar neben mir, der ich (unter Wind) schon länger seinem
graben zugehört, seinen Kopf aus einem, schön von grünem Moose
umrahmten Loche und — — sah in die oberirdische Welt hinein.
— Er »sah« in die Welt hinein. Denn er schlug den Haarverschluß
der Augen auseinander und da nur die Spitzen der Haare tlen
metallischen Farbenglanz haben, der andere Teil des Haares aber heller
gefärbt ist, so sah ich deutlich diese, durch die regelmäßig strahlen¬
förmig auseinaudergebreiteten Augenborsten gebildeten hellen Flecke.
Lassen wir nun aber den »blinden Maulwurf« in Ruhe; es ist sehr
fraglich, ob jener andere Maulwurf, welcher — wie soeben berichtet —
mit lautem, »spitzmausartigein« Klatsch ein Insekt von eiuem Hahne
schnappte, dieses sein Opfer nicht etwa thatsächlich gesehen hatte.
»Der Maulwurf ist nicht blind, gegeben hat ihm nur
»Ein kleines Auge, wie er’s brauchet, die Natur,
»Mit welchem er wird seh’n, soweit er es bedarf
»Im unterirdischen Palast, den er entwarf ;
»Und Staub iu’s Auge wird ihm desto minder fallen,
»Wenn wühlend er emporwirft die gewölbten Hallen.
»Den Regenwurm, den er mit ander’n Sinnen sucht,
»Braucht er nicht zu erspäh’u, nicht schnell ist dessen Flucht.
»Und wird in warmer Nacht er aus dem Boden steigen,
»Auch seinem Augenstern wird sich der Himmel zeigen,
»Und ohne daß er’s weiß, nimmt er mit sich hernieder
»Auch einen Strahl und wühlt im Dunkeln wieder.«
(Rückert.)
Sophieuhof in »Multhöpen«, Kreis Hameln, Se;pttember 1892.
11. Haubenlerche — Galerita er ist ata. —
Ein Albino irgend welcher freilebender Tierart ist immerhin
eine auffallende Erscheinung, und ich wurde daher auf eine schnee¬
weiße Haubenlerche, welche dahier die Chaussee zwischen den
Ortschaften Reh er nncl A erzen seit Jahren als ihr Eigentnni
betrachtet, von den verschiedensten Seiten aufmerksam gemaclit. —
Seit etwa einem Jahre kenne ich diese Lerche persönlich, habe aber
bei meiner, ihr bei jeder Gelegenheit gewidmeten Aufmerksamkeit
seit langem konstatiert, daß es — — zwei Lerchen sind;
denn ich habe dort mehrmals ein offenbar verliebtes Albino-
Pärchen oder -Geschwister dicht vor mir beobachtet. Beide Vögel
sind »Schneewittchen« im wahrsten Sinne des Wortes, völlige
Albinos mit roten Beinen und demnach wohl auch ohne Pigment
des Auges. — Leute, welche im Reviere dieser Vögel wohnen, oder
welche regelmäßig jene Chaussee befahren, haben mir mancherlei
Mitteilungen über die betreffenden Tiere gemacht; und da mir die
wichtigsten dieser Mitteilungen von drei ganz verschiedenen Seiten
zugingen, mir auch stets »ungefragt« gemacht wurden, so stehe ich
keinen Moment an, die aus diesen Berichten gewonnenen, höchst
interessanten Resultate hier als Thatsachen zu veröfiPentlichen.
Wie ich schon in der »ornithol. Mon.-Schr.« 1892, S. 7(3
kurz berichtet habe, erhielt ich die erste Kunde vom Vorhanden¬
sein einer weißen Haubenlerche von Herrn Lenke zu A erzen.
Derselbe ist Inhaber des Post-Omnibus »Hameln-Barntrup« und
erzählte mir einst, als ich neben ihm auf dem Bocke saß folgendes:
»Während des ganzen Winters 1889/90 sah ich in oder bei der Ort¬
schaft Reh er eine schneeweiße Haubenlerche mit roten Beineu.
Am häufigsten traf ich sie vor dem Dorfe, bei der Blank-Schmiede«.
Die nächste, mir dann gewordene Mitteilung stammt von einem
jungen Manne, Namens Mejer. Dieser half mir einst beim Fange
von Elritzen {Phoxinus laevis Ag.) und Wasserinsekten und berichtete
bei dieser Gelegenheit zufällig: »Als ich in Re her noch zur
Schule ging, da habe ich vier Jahre auf der Reihe im Dorfe
eine schneeweiße Haubenlerche gesehen, welche rote Beine hatte. —
Es war dies in den Jahren 1884 — 87.«
Aus diesen Beobachtungen geht also hervor, daß jener Albino
sich sieben Jahre in unmittelbarer Nähe der Ortschaft Reh er
aufgehalten hat.
Am häufigsten wurde die weiße Lerche während der Winterzeit
beobachtet, wo sie dann auch vor einigen Häusern besonders gern ge¬
sehen und besonders gefüttert wurde; im Sommer zeigte sie sich seltener.
Ich selbst sah ein Pärchen Albino im März dieses Jahres und
konstatierte dann in der Folge, daß diese Tiere dort allgemein
O ' o
bekannt waren und geradezu von Jung und Alt geehrt wurden. —
364
Albino erfreuen sich ja überhaupt einer ganz besonderen Achtung
und Verehrung. Sämtliche Bewohner Aerzens sehen mit höchstem
Stolze auf ein in ihrer Mitte wohnendes liebliches Mägdlein, ein
»Fa.st-Albiuo« mit prachtvollen Kornbluinen-Augen. — Des Dorf¬
kindes Lieblinge sind die weißen Kaninchen und die auch beim
Habicht beliebten und daher in vielen Dörfern nur seltenen weißen
Tauben; — das Stadtkind pflegt seine weißen Mäuse und selbst
mit der widerlichen, gemeiniglich Schrecken erregenden Ratte be¬
freundet man sich, sowie sie weiß ist.
Der »weiße Elefant« ist das größte Heiligtum Siams; er
muß zu seinem Leidwesen als Gott ein Prunkgemach bewohnen,
muß (statt erdiger, ausgerissener Grasbüschel) sorgsam bereitete
feine Speisen von silbernen, ihm von knienden Dienern dargereichten
Tellern herunter-rüsseln und langweilt sich ob des dort üblichen,
peinlich beobachteten Geremoniels so fürchterlich, wie mau sich
anderswo unter dem Herrscherstabe strenger Etikette fürchterlich
langweilt! — Der König von Siam ist stolz, kann auch mit Fug
und Recht stolz sein : führt er doch als höchsten Ehrentitel den
Titel »Herr des weißen Elefanten!«
So ehrt man die Albino und so ehren die Leute auch die
reizenden weißen Haubenlerchen bei der Ortschaft Reher. — Anders
dachte ein gebildeter Sohn Albions: Dieser entdeckte eine
O
sehr weiß gezeichnete Haubenlerche in der oberhalb der oftge-
naunten Ortschaft Reher belegenen Feldmark Rein erb eck, merkte
sich die Stelle, wo sie wieder einflel, schlich sich vorsichtig auf
fünfzehn Schritt heran und — zerschoß das schöne Tier in Fetzen!
Was sollte dieser Schuß? Mußte sich der mit der Kenntnis der
Schußwaffe sehr vertraute Herr nicht von vornherein sagen, daß das
»choke bored«-Rohr seines Schießprügels auf diese nahe Distanz alles
zerschmettern werde?! —
Ein solches Beginnen ist Frevel, ist Mord! — Und was soll
eigentlich die Unsitte, einen »gescheckten Vogel« oder einen Albino
immer gleich zu erschießen?! — In wie vielen Fällen wird ein solcher
nur als Kadaver eine Zeit lang betrachtet und dann fortgeworfen !
Oder hat es besonderen Zweck und Wert, wenn ein solches Tier, wie
es so oft geschieht, zum Schauergestell von unkundiger Hand aus¬
gestopft, als »Opfer der Wissenschaft« den — Motten verfällt?! —
Darum ist meine stete Auftbrderung an alle diejenigen, welche
die Flinte führen, wohl zu bedenken, ob ein auffallend gefärbter
Vogel, auf welchen der Schuß gerichtet wird, ob also ein solches
365
Opfer nach dem Tode auch nnhediugt von Wert für die Wissen¬
schaft ist, — oder ob es nur »in der Nähe besehen« uud dann
fortgeworfen werden soll? —
Zeigt sich ein weißes (oder doch weißliches) Rebhuhn in
der Kette, so muß es als erstes fallen, um dann, wie ich es zweimal
miterlebt habe, von »frommen« Hühnerhunden halb zu Brei ge¬
quetscht, hierauf von allen Seiten besehen und endlich — gebraten
zu werden ! — Einer weißen Rabenkrähe stellt mau eifrig nach
und schießt womöglich auf frevelhafte Distanzen nach ihr, nur um
den Ruhm davonzutragen, »sie erlegt zu haben«, in Wahrheit
aber, »um sich als Aasjäger zu dokumentieren!«
Wie sehr ein Albino unter den Nachstellungen des Homo sapiens
zu leiden hat, das kann ich hier seit Jahren au einem völlig schnee¬
weißen Bussarde beobachten, welcher allen Jägern einer gewissen Gegend
bekannt, welcher aber andererseits durch vielfache Verfolgung so klug
und scheu geworden ist, daß er selbst der weittragendsten, kleinkalibrigen
Büchse nicht mehr stand hält uud sofort abstreicht, wenn ein ihm auf¬
fallend erscheinender Mensch ihn scharf beobachtet. Erfahrung hat
ihn gewitzigt, diesen bei normalem Stande der Dinge doch nicht eben
hervorragend schlauen Wegelagerer, so daß ich mich vergeblich be¬
müht habe, ihn in einer gefahrlosen Falle für Freund Wuuderlich-
Köln zu berücken. — Nur zwei Verwandte dieses (anscheinend Total-)
Albino habe ich nach Köln auf Festung schicken können, zwei
»Isabellen«, deren Befiederung wir erst abwarten müssen.
Die armen Albino kleinerer Geschöpfe sind stets arg von
Feinden bedrängt, denn Albinismus und sonstige von der Norm
abweichende Färbungen sind gegen die Regeln, gegen den Willen
der Natur. — Die Natur will »Anpassung au die Umgebung«; —
und handelt ein Organismus, ein Individuum plötzlich, und
ohne sich au den von der Natur eventuell gewünschten »allmäh¬
lichen Übergang« zu kehren, kühn dagegen, so betrachtet sie dieses
Beginnen als das, was es ist: als etwas Krankhaftes und hat stets
ihr Messer bereit, dieses Krankhafte, also Schädliche, mit raschem
Schnitte zu entfernen. Sie hat zu ihren Korrektoren in dieser
Hinsicht die vierfüßigen und fliegenden Raubtiere erwählt und aus-
gesaudt, uud wenn auch der unterirdische, oder doch »oberirdisch-
11 ä c h 1 1 i c h - 1 e 1) e n d e Finsterling, Maulwurf, sich hier hei uns,
wie in Teil I beschrieben, seit sicher 60 Jahren als Albino gehalten
und seine farblose Haut und Haare gewiß weitervererht hat (wenn
auch der Untergrund des Revieres möglicherweise ebenfalls in
3G6
Frage stehen mag), so dürfte eine Lerche, also ein der angepaßten,
ergo schützenden Färbung so sehr bedürftiges Tier sich als Albino
ganz gewiß nicht durch lauge Jahrzehnte Aveitervererben oder
konstant erhalten. — »Natura non facit saltus«, so lautet die alte,
wenn auch immerhin etwas übertriebene Regel ; daß aber erstens
dieser bei der, oder besser von der Haubenlerche hier gemachte
saltus nunmehr fast ein Jahrzehnt ungestraft überdauert hat, glaube
ich als sicher bewiesen zu haben, und daß sich auch dieser Fall
von Albinismus w e i t e r v e re r b t hat, das habe ich aus einer
Mitteilung des Herrn Dr. Köthe-Aerzen ersehen.
Wie ich schon mitgeteilt, sah ich selbst zwei dieser oftge¬
nannten Albino im März dieses Jahres.
Zu Anfang des Juni dieses Jahres fuhr ich nun mit Herrn
Dr. Köthe nach Reher und bemerkte unterwegs, wie ein Steinkauz
von einem Chaussee-Baume abstrich.
Herr Dr. Köthe berichtete, daß diese Eule dort ihr Nest habe
und ich stieg vom Wagen aus in den Baum, um einmal uachzu-
schauen. Zum eigentlichen Neste konnte ich nicht gelangen, wohl
aber lagen vorn in der Höhlung eine Menge von Gewöllen, trockenen
Fröschen und Federn. Ich nahm diese Reste mit, um sie einer
genauen Untersuchung zu uuteiwverfeu, konstatierte aber schon gleich
im Wagen, daß die Federn von Lerchen stammten, wie denn
auch kein Vogel wohl öfter von Eulen geraubt werden dürfte, als
diese, durch heimkehrende Arbeiter, umherhoppelude Hasen etc. nur
allzuoft am Abend aufgescheuchten und somit leicht von
den Eulen erspähten Feldbewohner. — Sowie ich von der
Lerche sprach, erzählte mir der Dr. ; »Im vorigen Jahre sah ich
hier auf der Chaussee bei Reher eine ganze Anzahl rein¬
weißer Haubenlerchen, — Meist in der Nähe der Blankschiniede.«
Also dies war »im vorigen Jahre« gewesen. Soviel über
Galerita cristata oder den »Chaussee-Vogel« wie mau ihn ob seiner
Lebensweise wohl neunen dürfte.
In dem, an Albinismus und sonstige Farbenänderung aufweisenden
Vögeln so reichen Dresdener zoologischen Garten besitzt Herr Direktor
O O
Schöpf auch drei zart isabellfarbige Amseln, M criila vidfj.^ (leren
Füße hellgefärbt und deren Augen pigmentlos sind. — Auch in der
Familie dieser Amseln ist der Albinismus erblich; denn dasselbe
Paar Alte, dem man im Jahre 1884 diese damals Jungen geraubt,
(wohnhaft im Garten der dortigen Pierson’ scheu Heilanstalt) brachte
auch im Jahre 1885 wieder ein ebenso gefärbtes Junges aus.
Riologisclie Notizen aus der Reptilienwelt.
Von Dr. F. Werner, Wien.
Nachfolgende Bemerkungen nnd Beobachtungen ans dem
Jahre 1892, teilweise auch noch ans den vorigen Jahren, dürften,
obwohl sie nur kurz und unzusammenhängend sind, doch teils als
Ergänzung zu meinen früheren Mitteilungen, teils an sich einiges
Interesse erwecken.
Vor allem mochte ich den gewaltigen Unterschied hervorheben,
der zwischen den mir bekannten Arten der B o u le n ge r sehen
O
Familie, der Angiiiäae einer- den Scincoiden andererseits in der Art
und Weise besteht, wie sie ihre Beute ergreifen. Am überraschendsten
ist wohl der Unterschied, wenn man einer Blindschleiche und der
im allgemeinen so ähnlichen Erzschleiche (gleichgültig ob Chalciäes
tridactyliis oder lineatus) Futter vor wirft. Während die der Familie
der Änguidae angehörende Blindschleiche mit empörender Langsam¬
keit zuerst den vorgeworfeuen ßegeuwurm betrachtet, bezüngelt und
dann erst allmählich den Rachen öffnet, um den Wurm zu packen,
auch zum Verzehren desselben sehr lange Zeit braucht, fährt die
Erzschleiche wie wütend auf einen, wenn auch ziemlich weit ent¬
fernten Mehlwurm los, packt ihn sofort, ohne ihn weiter zu unter¬
suchen, schüttelt ihn heftig, quetscht ihn einige Male von einem
Ende zum anderen durch und verzehrt ihn dann ziemlich schnell.
Ganz so betragen sich aber alle von mir lebend beobachteten Scinco¬
iden: Chedeides ocellatus , sepoides {Splienops capistratiis*) ^ Eumeces
Schneiden, Scincus officinaUs*), Äblephariis pannonicus — nur geringe
Unterschiede obwalten in der Schnelligkeit des Angriffs auf ihre
Beute; wenn auch meines Erachtens Eumeces und Ahlepliarus ver¬
hältnismäßig zu den langsamsten Gliedern ihrer Familie gehören, so
ist der Unterschied auch noch zwischen ihnen einer- der Blind¬
schleiche und der zweiten europäischen Anguiden-Axi : Ophisanrns
apus andererseits noch immer auffallend genug. Wenn man bedenkt,
Avie der äußere Eindruck unserer (im übrigen durchaus nicht so
faulen) Blindschleiche viel mehr auf die Verwandtschaft mit den
Scincoiden als mit dem ziemlich unähnlichen Ophisanrus hinzuweisen
scheint, so ist dieser biologische Unterschied immerhin bemerkenswert
und spricht sehr für die Richtigkeit der von Strauch bekämpften
Bo u len g ersehen Einteilung.
*) Siebe »Zoolog. Garten« 1890 No. 11 p. 337 und 1891 No. 1 p.
368
Sehr merkwürdig sind 'die Idiosynkrasien und Liebhabereien
mancher Schlangen. Es ist schon oft besprochen worden, daß viele
Ringelnattern den Wasserfrosch hartnäckig verschmähen nnd ihn
entweder niemals oder nur bei großem Hunger verzehren. Meine
bisherigen Erfahrungen zeigen, daß auch Würfel- und Vipernnatter
dieselbe Abneigung gegen den Wasserfrosch zeigen und jeden anderen
Froschlurcb unserer Gegend (außer Bombinator) demselben vorziehen.
Eine ähnliche Abneigung ist bei der glatten Natter, Coronella
austriaca, gegen die Smaragdeidechse*) {Lacerta viridis) bemerkbar;
in Gegenden, wo nur Lacerta muralis und viridis Vorkommen, lebt
Coronella ausschließlich von der muralis und von Blindschleichen,
rührt auch jüngere viridis kaum jemals an. Ebenso auffallend sind
manche abnorme Liebhabereien. Während normaler Weise unsere
Äskulapschlange {Coluber Aescidapii) in erwachsenem Zustande
Eidechsen nur selten zu sich nimmt, besitze ich seit fast einem Jahre
ein sehr großes Exemplar, welches von Mäusen nicht die geringste
Notiz nimmt, dagegen Zauneidechseu {Lacerta agilis) mit großem
Appetit verzehrt (immer mindestens 4 Stück nacheinander) und
ausschließlich von ihnen lebt.
Zu meinem Aufsatz über die Nahrung der europäischen giftlosen
Schlangen**) hätte ich noch folgendes nachzutragen :
Tropidonotus viperinus frißt außer den genannten Arten von Amphi¬
bien auch noch alle drei mitteleuropäischen Arten von braunen
Fröschen und Belobates fuscus sehr gern und stimmt überhaupt
mit Trapidonotus natrix und tessellatus in der Nahrung vollkommen
überein — bis auf den Umstand, daß sie als die kleinste der
drei Arten (sie erreicht nicht einmal die Länge der Würfel¬
natter) stets auf viel kleinere Beutetiere angewiesen ist als die
Ringelnatter, welche ja bekanntlich über U/s m lang wird
und nahezu die Dicke des Handgeleukes eines Mannes erreicht
(Südfrankreich, Süditalieu) ;
Lihinecliis sccdaris und Zamenis Jiippocrepis außer Mäusen auch ge¬
legentlich Zauneidechsen {Lacerta agilis) ;
TarhopMs vivax habe ich bisher mit Lacerta agilis, muralis und
*) Die Smaragdeiclechse wird z. B. auch in Dalmatien nur von CoetopeUis
monspessnlana (Jaceriina) und Etaphis quaterradiatus, den beiden größten Arten,
gefressen; alle anderen eidechsenfressenden Schlangen ziehen muralis und ihre
Verwandten vor.
**) Zoolog. Garten XXXI. 1890. No. 5. S. 134.
3G0
Tarentola maiiritmnca (Mauergecko) gefüttert;
Ziimcms (jemonensis (viridiflavus) frißt auch Schmetterlinge und
zwar Schwärmer (Sphingiden).
Größe der Eier einiger europäischer Schlangen und Schildkröten :
Länge
Durchmesser
Eier in einem Gelege
mm
mm
beobachtet.
Tropidonotus natrix . .
29—33
18—21
bis 34
» tessellatus .
33—36
19—22
11—25
Zamenis gemonensis
34—38
14
5
» daJilii
37
14
3
Coluber aesculapii
42
24
5
» qiiadrilineatus .
67
19
2—5
Tarbophis vivax . . .
33-36
14
7
Coelopeltis monspessulana
39
15
?
Clemmys caspia .
32-39
16-22
?
Testudo graeca
30—33
24
2—4
» marginata . .
30—32
28—30
2
Über die australische Rauteuschlange {Morelia argtis-
spüotes) von welcher ich sowohl im Berliner Aquarium als auch in
meinem eigenen Besitze je ein Exemplar zu beobachten Gelegenheit
hatte, kann ich folgende Mitteilungen machen (dieselben beziehen
sich im allgemeinen auf meine Exemplare und nur zur Ergänzung
meiner Angaben sind die Beobachtungen an dem schönen Berliner
Exemplar — beobachtet imWiuter 1890/91 — heraugezogen). Vor allem
fällt an dem Tiere der eigentümliche, aber durchaus nicht unange¬
nehme Moschusgeruch auf, der der Schlange, so lange sie gesund
ist, und ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort anhaftet.
Morelia scheint eine echte Baumschlange zu sein, denn bei mir
verließ sie fast nie den Kletterbaum, den sie im Käfig hatte und
auf dem sie meist in schöner Verschlingung ruhte. Obgleich sie
sich, wie viele andere Riesenschlangen, oft tagelang nicht vom Fleck
rührt und dann nur infolge äußerer Umstände ihre Lage verändert,
so darf man sie doch für kein träges oder langsames Tier halten.
Denn läßt man ein Beutetier in ihren Käfig, so verläßt sie sofort
ihren Platz und macht sich unter lebhaftem Züngeln zum Kampf
bereit. Da ich meine Morelia ihrer geringeren Größe halber nur
mit weißen Ratten füttern konnte, während die Fütterung der Berliner
Rautenschiauge mit Kaninchen und Meerschweinchen geschieht, so
ergibt sich daraus ein ganz merklicher Unterschied im Benehmen
Zoolog:. Gart. Jahrgf. XXXIII. 1892. 24
370
der beiden Exemplare.*) Denn während die Berliner Schlange die
vorgeworfenen Futtertiere sofort ergreift und erwürgt, war das Ver¬
halten meines Exemplares den sehr bissigen Ratten gegenüber ein
sehr vorsichtiges und reserviertes und es dauerte oft stundenlang, bis
ein mit Blitzesschnelligkeit geführter Vorstoß der Schlange erfolgte. War
die Ratte nicht richtig gepackt, so entrang sie sich unter jämmerlichem
Quietschen immer wieder den langen Zähnen der Schlange, welche
darauf gewöhnlich einige Zeitlang die Verfolgung aufgab und die
unangenehme Beute keines Blickes würdigte. Bald aber wurde der
Kampf wieder aufgeuommeu und die Schlange verfolgte den Nager
mit rührender Beharrlichkeit von Zweig zu Zweig, wobei sie immer
suchte, der Ratte von der Seite oder von unten beizukommen. War
die Gelegenheit günstig, d. h. hielt die Ratte ahnungslos eine Minute
lang still, so bog die Schlange den Hals in ein horizontales S zu¬
sammen und biß in der nächsten Sekunde mit unglaublicher Schnellig-
keit nach ihrem Opfer. Dann ein großartiges Herumkollern der
mächtigen Räuberin mit der zwischen ihren Ringen eingeklemmten,
quietschenden, zähnefletschenden und beißenden Ratte, eine Ruhe¬
pause, während welcher die Schlange allmählich ihre Windungen
lockert — und dann wird die Ratte, den Kopf voran, in ziemlich
kurzer Zeit verschlungen. Ganz ähnlich verhält sich die Berliner
Morelia^ nur daß bei den gutmütigen Kaninchen und Meerschwein¬
chen die den mutigen und stets kampfbereiten Ratten gegenüber
gebotene Vorsicht außer acht gelassen wird. Die Schlange er¬
faßt das in einem Netz herabgelassene Tier oft, bevor es noch
den Erdboden berührt hat, beim Kopf und schlingt es nach
erfolgter Erdrosselung ebenfalls sehr schnell hinunter, was in Anbe¬
tracht des Größenunterschiedes zwischen dem Schlaugenkopf und
dem ziemlich großen Kaninchen eine recht bedeutende Leistung ist.
Die Schlange badet sehr gern, liegt oft halbe Tage lang ruhig
im Wasser, trinkt nicht sehr oft, kriecht bei Nacht fleißig herum,
doch nahm mein Exemplar nur bei Tag Nahrung au. Mäuse beachtete
sie kaum , ebensowenig irgend welche Reptilien oder Amphibien.
Mein Exemplar versuchte niemals zu beißen, nahm aber bei Beun¬
ruhigung eine recht drohende und kampfbereite Stellung ein. Ihre
Kraft ist sehr bedeutend, von einem umklammerten Gegenstand
(Stuhl etc.) ist sie kaum wegzubringen und wenn man sie um den
Arm windet, so ist der Druck, den sie ausübt, ein ganz gewaltiger,
*) Eines meiner beiden Exemplare nahm niemals Nahrung an, kommt
daher bei der Beschreibung der Fütterung nicht in Betracht.
371
namentlich wenn man sie reizt oder wenn sie zu fallen fürchtet
oder wenn man sie vom Arm herunter nehmen will. Sie züngelt hei
weitem nicht so schnell, wie andere Schlangen z. B. wie die Ringel¬
natter, ist, wenn sie einmal ihren gewohnten Ruheplatz verlassen
hat, unausgesetzt in Bewegung und durchwandert dann, fortwährend
mit der violettgrauen Zunge ihre Umgebung untersuchend, den
Käfig nach allen Richtungen, In allen ihren Bewegungen, in
der Art und Weise, wie sie sich auf ihren Kletterbaum oder auf
dem Boden hinlagert, zeigt sie sich auf eine nicht leicht zu defi¬
nierende, aber charakteristische Weise verschieden von den anderen
mir bekannten Schlangen. Eine ihrer charakteristischen Stellungen,
wenn dieser Ausdruck bei einer Schlange erlaubt ist, ist die in
Brehins Tierlebeu (1892) Bd, VII p. 252) abgebildete, wobei sie die
vordere Körperhälfte herabhängen läßt und die S-förmige Krümmung
der Halspartie und der Kopf horizontal bleibt, lu dieser Stellung
ist sie stets angriffsbereit und ich habe diese nur bei baumlebenden
Boiden und Pythoniden bemerkt. Sehr geschickt weiß sie sich auf
einem tragfähigen, wenn auch dünnen horizontalen Ast hinzulagern,
ohne ihn anders als mit der äußersten Schwanzspitze zu umwickeln ;
dadurch nämlich, daß sie links und rechts eine Partie ihres zusam-
mengerollten Körpers herabhängen läßt, verlegt sie ihren Schwer¬
punkt etwas unterhalb des Astes. Dabei ist sie oft so genau im
Gleichgewicht, daß sie sich kaum rühren kann, ohne daß der ganze
schwere Klumpen ihres Körpers in bedenkliches Wackeln gerät; es
dauert aber dann nicht lange und sie hat nach einigen Versuchen
wieder ihr Gleichgewicht hergestellt.
Die Rauteuschlauge braucht durchaus keine hohe Temperatur,
um sich behaglich zu fühlen, und bei 18 — 20® C. geht es ihr noch
recht gut. Sie geht unbedenklich in kaltes Wasser und läßt sich
bei Reinigung und Nachfüllung ihres Wasserbehälters kaum daraus
vertreiben. Große Reinlichkeit, genügender Raum sind die ersten
Erfordernisse zur Haltung dieser ebenso schönen als anmutigen
Schlange. Da ihr Preis im Vergleich zu dem anderer Riesenschlangen
nicht sehr hoch ist und mau bei Herrn Jam rach, London, 180
St. Georges Street S. W. um dem Preis von 2^/2 — 3 £ schon ganz
ansehnliche Exemplare bekommt, so ist die Anschaffung dieser
Schlange auch Privatpersonen möglich : Fütterung wöchentlich ein¬
mal. — Bezüglich der Färbung möchte ich bemerken, daß sie nicht
blauschwarz, sondern eher rein schwarz ist und daß die großen
Flecken des Rückens und der Seiten ein anderes Gelb (Blaßgelbj be¬
sitzen als die (hochgelben) Punkte auf den Schuppen. —
372
Uromatix acanthinuriis fußt nach meinen jetzigen Beobachtungeu
außer den XXXIIT. No. 9 Seite 272 angeführten Pflanzen auch noch
Blätter von Kraut, Kohl, Spinat, Sauerampfer, Salat, ebenso Wein¬
beeren; beim Verzehren der letzteren hebt er zuerst den Kopf hoch
und zerdrückt daun die Beere zwischen den Kiefern, worauf er den
Saft unter saugender oder schlürfender Bewegung des Unterkiefers
in die Kehle rinnen läßt. Äpfel verschmäht er, dagegen ist getrock¬
neter Klee auch jetzt noch seine Lieblingsspeise. Fast täglich ver¬
zehrt das Tier ein bis zwei Kohlblätter oder ein entsprechendes
Quantum anderer Pflanzen, und zwar am liebsten aus der Hand; ist
überiiaupt vollkommen zahm, und erkennt mich ganz zweifellos als
seinen Pfleger.
Bevor ich die Leihe dieser Mitteilungen abschließe, will ich noch
zwei kurze Bemerkungen hier wiedergeben. 1. Konnte ich auch
bei dem Mauergecko {TaTentola Müuritanicci) den von Bedriaga *) **)
bei den Geckonen bezweifelten Farbenwechsel konstatieren ; auch in
diesem Falle war das Tier im Finstern hell (hellgrau, nahezu weiß,
mit sehr hellbraunen Querbinden), bei Einwirkung des direkten
lageslichtes ziemlich duukelgrau, die Querbinden dunkelbraun ; die¬
selbe Verdunkelung zeigte er auch in gereiztem Zustande. 2) Glaube
ich einen meines Wissens noch nicht beschriebenen Fall von Mimicry
bei Schlangen mitteilen zu können, nämlich von Dasypeltis scabrci^
der bekannten eierfressenden Natter Südafrikas nach VipeTü ütropos^
dei gemeinen südafrikanischen »Bergadder.« Ich habe kürzlich bei
Gelegenheit der Durchbestimmung der Reptilienvorräte des verstor¬
benen Naturalienhändlers Erber in Wien zahlreiche Exemplare
beider Schlangenarten in guter Erhaltung gesehen und war oft über¬
rascht von der auffallenden Ähnlichkeit, welche sie bei flüchtiger
Betrachtung (ein Blick auf die 9 ganz normalen Kopfschilder von
Dasypeltis läßt den Irrtum natürlich nicht auf kommen) miteinander
besitzen. Da beide Schlangen iu denselben Gegenden Vorkommen,
so ist die Auffassung dieser Ähnlichkeit als mimetische wohl o-e-
rechtfertigt.
*) Bei Ilenvidactylus tureieus erwähnt Zoolog. Garten 1891 No. 8, Seite 229;
Verb. Zool.-botan. Ges. 1891 (S. A. Seite 7).
**) Reptilien und Amphibien Griechenlands. Bull. Soc. Imp. Moscou
Bd. XVI. 1881 No. 4.
373
Der Horiiweclisel beim indischen Nashorn.
Von Dr. L. Wunderlich, Köln.
Der hiesige zoologische Garten besitzt seit dem 26. April 1872
ein weibliches indisches Nashorn, das mir Gelegenheit zu einer
interessanteli Beobachtung bot. Als ich am 3. Februar 1891 meine
Morgenrunde machte, fand ich das mächtige Tier seiner Waffe be¬
raubt. Dieselbe war kurz zuvor infolge eines Stoßes gegen das
Gitter abgebrochen, ohne daß eine nennenswerte Blutung gefolgt
war. Und auch diese beschränkte sich auf eine etwa thalergroße
central gelegene Wunde, während rings um dieselbe die Loslösung
des Hornes von der Unterlage sich schon früher vollzogen haben
mußte. Die Wunde selbst erinnerte unwillkürlich au die durch den
Abwurf der Geweihe bei den Hirschen entstehende; sie wurde bald
trocken und überzog sich mit einem elastischen Schorf, der sich
durch etwas hellere Färbung von der Umgebung abhob. Die Fläche
auf welcher das Horn gesessen hatte, war eiförmig, das spitze Ende
nach den Lippen zu gelegen, nur schwach gewölbt. Der längere
Durchmesser betrug 18 cm, der kürzere 12 cm, der Umfang
46,5 cm. Das Horn selbst war leider nicht gänzlich unversehrt ;
die Spitze war, wie dies bei gefangenen Tieren wohl stets der Fall
ist, durch Scheuern an den Wänden und Gittern abgeschliffen.
Immerhin hatte es noch die ansehnliche Höhe von 23,5 cm und
ein Gewicht von 3300 g. Die Grundfläche war von fein netzförmiger
Struktur mit einigen größeren Poren in der Mitte. Nach dem Bande
zu nahm deren Zahl zu und an dem der Stirn zugewaudten stumpfen
Ende stehen etwa 60 solcher Off’nungen, deren Durchmesser bis zu
5 mm beträgt, dicht beieinander.
Das Abwerfen des Hornes kam nicht ganz überraschend für
mich. Ein eifriger Besucher des Gartens, Herr Generalmajor
V. Schmid, und nach ihm noch andere hatten mir erzählt, daß
dasselbe Tier zu Anfang der 80er Jahre schon einmal sein Horn ver¬
loren hatte, und daß dieses jetzt wieder zu der Größe herauge-
wachsen sei, die es damals hatte. Da unser'Tier jetzt etwa 22 Jahre
alt ist, so hat es etwa im Alter von 11 Jahren zum erstenmal
und im Alter von 21 Jahren zum zweitenmal das Horn abge¬
worfen, also in Zwischenräumen von 10 Jahren und was das
wichtigste ist, dasselbe jedesmal erneuert. Es widerspricht das der
Ansicht Blyths, wonach sehr alte Tiere das Horn wohl verlieren
sollten, eine Erneuerung aber ausgeschlossen wäre.
374
Die Beobaclitmig au dem Kölner Nashorn erinnerte mich au
eine gleiche, die ich au dem männlichen Rhinozeros des Berliner
Gartens im Winter 1881/82 gemacht hatte. Auch dieses verlor
eines Tages sein Horn und mein verehrter Lehrer B o d i u us meinte
damals schon, es sei nicht unwahrscheinlich, daß dies eine periodisch
wiederkehrende Erscheinung sei. Diese Ansicht hat sich bestätigt,
denn, wie mir Kollege Heck mitteilt, hat dasselbe Tier im
Herbst 1891 wiederum sein Horn abgeworfen. Fast gleichzeitig that
dies auch das dort befindliche Weibchen, das ebenso wie das
Männchen der Art BUnoceros unicornis L. augehört. Ob dasselbe
bereits schon einmal geschehen war, konnte ich nicht feststellen, da
ich Ende 1884 meine Stellung am Berliner Garten verließ.
Diese vier Beobachtungen geben mir wohl ein Recht zu der
Annahme, daß wie bei den Hirschen und der Gabelgemse auch bei
dem indischen Nashorn sich ein in etwa zehnjährigen Zwischen¬
räumen sich wiederholender Hornwechsel vollzieht, und es wäre von
Wichtigkeit festzustellen, ob bei den übrigen Arten dieser Familie
ein gleicher Vorgang stattfindet. Wie mir von dem durch seine
Tierimporte rühmlich st bekannten Tierhändler C. Reige in Alfeld
mitgeteilt wird, werden in Südafrika jahraus, jahrein große Mengen
von dem afrikanischen Rhinozeros stammende Hörner an die Küste
gebracht und es sei ausgeschlossen, daß dieselben alle von ge¬
schossenen Tieren stammen. Es will mir scheinen, als ob schon
diese Thatsache für die Annahme spricht, daß auch die afrikanischen
Nashörner die Hörner wechseln.
Nachtrag zu meinem Bericht über den Wüsten -Waran.
Von Helene Werner in Wien.
Zu meiner Mitteilung in Nr. 10 S. 304 des Jahrgangs 1892 habe
ich noch folgendes hiuzuzufngen. Der besprochene Waran hat bis jetzt
im ganzen 60 Mäuse (davon im Mai 5, Juni 8, Juli 4, August,
September und Oktober je 11, November 10), ferner 10 Eidechsen^
2 Ringelnattern von etwa 40 und 75 cm Länge und eine Blind¬
schleiche (40 cm lang) verzehrt. Die kleinere der beiden Ringel¬
nattern, welche ihm durch ihre Umschlingungen viel zu schaffen
machte, verschlang er in zusammengeringeltera Zustand, wogegen er
die andere solange gegen die Wand schlug, bis sie betä^’ubt war
und er sie in ausgestreckter Lage verschlucken konnte. Da sie ihm
375
aber zu laug war, mußte mein Bruder das letzte Drittel der Schlange
abschneideu. Die Schlaugeu sowohl als die Bliudschleiche erfaßte
er uugefähr iu der Mitte uud quetschte sie bis zum Kopf allmählich
gründlich durch, bis sie ganz platt wurden, und dann fing er mit
dem Verschliugen auch bei ihnen am Kopfe au. Die Häutung
dauert nun schon seit Anfang September, ist aber Jetzt nahezu
vollendet. Trotz mehr als siebenmonatlicher Gefangenschaft ist der
Waran noch sehr unbändig uud wild, und man kann ihn kaum
ein paar Minuten iu der Hand halten, ohne tüchtig zerkratzt zu
werden.
Löweiiziiclit im Dubliner zoologischen Garten.
Der Garten der König!. Zoologischen Gesellschaft von Irland in Dublin
hat seit Jahren in der Vermehrung seiner Löwen ganz besonderes Glück ge¬
habt, wie nachstehende Angaben beweisen, die Herr Dr. W. Ball, Ehren¬
sekretär der Gesellschaft, an die amerikanische Zeitschrift »Science« ein-
andte. Die Aufzucht junger Löwen begann im Garten der Königl. Zoologischen
Gesellschaft von Irland im Jahre 1857 und dauerte bis Ende 1891, also 35 Jahre.
Zieht man hiervon die fünf Jahre von 1874 bis einschließlich 1878 ab, während
Avelcher keine zuchtfähige Löwin im Garten war, so beträgt die wirkliche
Zuchtperiode nur 30 Jahre, und in dieser Zeit betrug die durchschnittliche
Anzahl der jährlich Geborenen 5,3.
Eltern der Jungen.
Männchen: Anzahl Weibchen; Anzahl
der Jungen. der Jungen.
I Natalie (1857-59; . 10
Natal (1857—64) . 42 | Anonyma (1861—64) . 20
i Old Girl (1862—73) . 55
( Nellie (1869) . 3
Sire unknown (1869) . 3 | Biddy (1871) . 4
Old Charley (1866—74) .... 47 Victoria (1879—81) . 7
l Zenobia (1879—83) . 17
Young Charley (1879 84). . . { Q^een (1884— 91) . 28
Paddy (1883-91) . 31 { (1884-86) . 6
Borneo (1890—91) . 9 Juliet (1890—91) . _ 9
159 159
Geschlecht der Jungen.
Männchen . 85
Weibchen . 73
Unbekannt . 1
159
376
Auf 100 Junge kommen demnach
53,8 Männchen und
46,2 Weibchen
oder eine Überzahl der erstereu von 7,6
auf jedes Hundert.
Anzahl der Jungen
in einem Wurf.
Die 159 Jungen verteilen sich auf 43 Würfe, so daß
also die durch-
schnittliche Stärke derselben 3,7 beträgt.
W ürfe
mit 6 Jungen zählt man 2
»
»5 »
» » 8
»4 »
» » 17
»3 »
» » 9
»
»2 »
» » 5
»
»1 »
» » 2
Die durchschnittliche
Stärke des Wurfes beträgt also in
der Mehrzahl
der Fälle vier.
Monat des Wurfes.
Januar .
. 6
Juli .
Februar .
. 14
August ....
. . 13
März .
. 3
September . . .
• • 27 1 _
April .
. 22)
Oktober . . , .
. . 23
Mai .
. 18
November . . .
. . 13
Juni .
. 9
Dezember . . .
. . 6
159.
Von den 159 Jungen sind also 90 in den beiden Monatspaaren April— Mai
und September— Oktober geboren, gleich 56,6o/o der ganzen Anzahl, während
auf die übrigen acht Monate nur 43,4°/o entfallen.
Verbleib der Jungen.
o
Tot bei oder kurz nach der Geburt . 30
» innerhalb des ersten Jahres . 12
Im Garten verblieben . q
Verkauft für etwa M. 80,000 wurden . 109
159
(Nach ^'Science« Vol. XX. No. 493. New- York 1892.)
Korrespondenzen.
Gibraltar, 1. November 1892.
Der Schlam ratauch e r, Pelochjtes pimetatus Daud, in Spanien. Fast
unerklärlich ist es mir, daß weder Dr. Egid. Schreiber in seiner Herpeto-
logia europaea, noch irgend ein anderer Autor diesen Froschlnrch als in Süd¬
spanien vorkommend anführt, da er doch hier überall zu den gemeinsten
Arten zählt*). An Regentagen kann man ihn zu Dutzenden finden, doch
gehört ein sehr geübtes Auge dazu, ihn zu erkennen, da er sich vermöge
seiner unscheinbaren Färbung, seiner geringen Größe und der Eigentüm-
*) Das Senckenber^ische Museum dahier besitzt 3 Exemplare dieser Art von Algeciras
und eines von Villa Nova de Portimao in der Algarve. S. Katalog der Patrachiersammluno-
der Senckenberg. Naturforsch. Gesellschaft von Prof. Dr. 0. Ilöttger. 1892. N
377
lichkeit, sich bei nahender Gefahr fest an den Boden zu drücken, leicht den
Blicken entzieht. —
Er kommt nach meinem Dafürhalten in zwei ständigen Spielarten
vor. Die eine, welche nicht selten über 4 cm au Länge erreicht, zeigt
auf hellgrauer Grundfarbe lichtgrüne Flecken und wählt besonders die
feuchten Wiesen und Heideflächen der Flußniederungen zu ihrem Aufenthalt.
Bei der zweiten Form, welche durch die viel geringere Größe und den spitzen
Kopf gekennzeichnet wird, ist die Oberseite schmutzig braun, und heben sich
die helleren Zeichnungen nur sehr undeutlich ab. Diese Varietät bewohnt
die Bestände des spanischen Rohrs und die Kaktusdickichte ; geht auch ziemlich
hoch ins Gebirge hinauf, wenn man sie dort auch nur vereinzelt findet.
A. Schiöttz. Hamburg.
Gibraltar, 2. November 1892.
Die Perleidechse, Laeerta ocellata Daud., als Glücksprophetin.
In Südspanien benutzen die passionierten Lotteriespieler die Perleidechse
folgendermaßen als Orakel. Die Eidechse wird in eine größere Kiste gesetzt,
die zur Hälfte mit Sand gefüllt ist. Wenn nun das Tier herumzukriechen
beginnt, liest der Spieler, welcher schon mit einiger Phantasie begabt sein
muß, aus den Spuren, die der nachschleppende Schwanz des Tieres im Sande
hinterläßt, die Nummern der ihm Glück bringenden Lose, respektive der
Haupttreffer heraus. Gewinnt das Loos nicht, so ist die betreffende Eidechse
eben eine »mucho mala« gewesen, und der Spieler macht sich von neuem auf
die Eidechsenjagd, bis seine Bemühungen von Erfolg gekrönt werden und
Fortuna ihm ihre Schätze zu teil werden läßt.
A. Schiöttz, Hamburg.
Stuttgart, den 24. November 1892.
Mein zoologischer Garten vergrößerte sich durch Hinzuziehung von ca*
60 Ar um ein Drittel und mißt jetzt ungefähr ISOAr. Sie sehen daraus, daß
ich die Vervollständigung des Stuttgarter zoologischen Gartens anstrebe.
Gleichzeitig erlaube ich mir. Ihnen mitzuteilen, daß sich mein Vater
1. Nill von der Leitung des Geschäftes zurückgezogen und dieselbe nun ganz
in meine Hände gelegt hat.
Als erwähnenswert aus meinem Tierbestand füge ich noch bei, daß
meine beiden Schimpansen, männlich und weiblich, ersterer nun 4 Jahre
und letztere 4^2 Jahre in meinem Besitze sind und beide nach überstandener
schwerer Skorbuterkrankung vortrefflich gedeihen. — Auch ist es mir in diesem
Jahre wieder gelungen, von meinen afrikanischen Straußen, Struihio mohßdo-
2)hanes, 1 Junges zu erzielen. Dasselbe lebte aber nur 8 Tage.*
Adolf Nill. (seit 1883 approb. Tierarzt.)
Im Anschlüsse daran geben wir nach dem Stuttgarter »Neuen Tageblatt«
vom 3. November 1892 folgende Mitteilungen über die Vergrößerung und den
Stand des Gartens:
Mit dem Wachstum des Gartens und mit dem gesteigerten Verkehr in
demselben traten auch bald verschiedene Bedürfnisse in den Vordergrund, die
jedoch ohne bedeutende finanzielle Opfer nicht befriedigt werden konnten.
Hierzu gehört in erster Linie der in diesem Sommer eingeweihte Bau der neuen
378
Restaurationshalle, welche an dem Platze erstellt wurde, wo sich früher zwei
ältere Gebäude befanden, die den Elefanten und andere Tiere beherbergten.
Sowohl für diese Tiere wie auch für größere Wiederkäuer und kleinere Raub¬
tiere mußten neue Gebäude errichtet werden; auch erwiesen sich im Laufe der
Zeit die Adlerkäfige als nicht mehr zweckentsprechend, kurzum überall machten
sich erhöhte Anforderungen an den Besitzer des Gartens geltend. Durch Re¬
gulierung der beiden Zufahrtsstraßen Herdweg und Seestraße, sowie durch die
Unterstützung des Königs und der städtischen Behörden wurde die Existenz
des Gartens gesichert, und so konnten die zu seinem Ausbau projektierten
Neuanlagen ausgeführt werden. Im vergangenen Jahre wurde das^Elefautenhaus,
im Laufe dieses Jahres die schon erwähnte Restaurationshalle, das Antilopen¬
haus, die Häuser für kleine fremdländische und einheimische Raubtiere, sowie
die Raubvogelkäfige erbaut. Diese neuen Bauten reihen sich in würdiger
Weise den schon bestehenden größeren und kleineren Tierbehausungen an.
Fassen wir die Neuanlagen näher ins Auge, so bietet sich, wenn wir uns vom
Eingang links wenden, gleich dadurch ein überraschender Anblick, daß durch
den Abbruch der alten Adlerkäfige eine freie Übersicht über einen großen
Teil des Gartens ermöglicht wird. Ferner ist Raum geschaffen für ein großes
im nächsten Jahre einzurichtendes Seehundbassin. Die neuerstellte Raub-
vogelgallerie ist 40 m lang und enthält Behausungen für folgende drei Haupt¬
abteilungen: 1) für Eulenarten (noch nicht ganz vollendet), 2) für Adler und
Geier, 3) für mittelgroße Raubvögel. Die Abteilungen sind aus Eisen und
Drahtgeflecht konstruiert, hell und sehr durchsichtig, sowie mit alten dürren
Bäumen als Sitzstangen und Tufitsteinen zweckentsprechend ausgerüstet. Die
Rückwand in Form einer Nischenanlage ist zum Schutz gegen Unwetter be¬
deckt. Weiter ist durch Niederlegung des früheren Rollschuhbahngebäudes ein
großer freier Raum (Ausstellungsplatz der Schuli-Truppe) entstanden, welcher
vorerst zur Eisbahn, später aber als Platz für ein Schlangen- und Vogelhaus
sowie ein Aquarium benutzt werden soll. Im Hintergrund dieses Platzes be¬
findet sich das massive Elefantenhaus in maurischem Stil, in welchem außer
Freund Peter noch Zebu und Kamel logieren. In unmittelbarer Nähe des
Elefantenhauses steht das aus Holz konstruierte neue Antilopenhaus mit großen
Ausläufen ins Freie, die durch Stangen und Drahtgitter abgeschlossen sind. Im
Innern des Hauses ist in der Mitte ein großer Raum für das Publikum offen
gelassen; die Tierbehälter ziehen sich in sieben Abteilungen auf etwas erhöhtem
Boden an den Wänden entlang. Es befinden sich in dem Hause Zebra, Säbel-
und Hirschziegenantilopen, Lama, Riesenkänguruh, Fettschwanzschafe und Heide¬
schafe. Etwas entfernt von dem Antilopenhaus wird die Aufmerksamkeit des
Besuchers auf ein längliches Gebäude gelenkt, welches die kleinen fremdländischen
Säugetiere beherbergt. An der Außenseite dieses Gebäudes sind acht Sommerkäfige
mit zwei Eckpavillons angebaut. Das Innere des Gebäudes zeigt auf der einen
Längsseite eine Galerie Käfige auf erhöhtem Bretterboden, die nach Belieben
abgeteilt werden können. An der Rückwand sind im Winter kleine Käfige
aiifgestellt, die im Sommer ins Freie gebracht werden und die kleinen Säuger
wie Mangusten, Opossum, Wiesel, Hamster etc. beherbergen. In der vorderen
Reihe befinden sich Leopard, Serval, Zibetkatzen, afrikanische Schakale und
Marderhunde. Das ganze Haus macht mit seiner guten Beleuchtung einen
ebenso freundlichen Eindruck wie das Antilopenhaus. Den Beschluß der Neu-
879
bauten bildet ein Ökonomiegebäucle mit grofaem Ilofraum, das zur Aufbewaliruug
der i uttervorräte dient und Werkstatt, Stallungen, sowie Lagerräume enthält.
Angebaut sind au der einen Seite dieses Gebäudes 6 Käfige für Füchse, Dächse,
Uüsselbären, Waschbären etc., mit Bäumen und TutFsteinen dekoriert. Auf der
anderen Seite des Baues sind dann noch 8 weitere Abteilungen für Pelztiere,
wie Marder, Iltis, Frettchen etc. angebracht.
Kleinere Mitteilungen.
A u s f i s c h u n g des Woogs bei Darmstadt. Im Frühjahr 1 890 wurden
in den 9,5 h Wasserfläche umfassenden Woog eingesetzt: 500 Stück 2- und
3jährige Karpfen, 1000 einjährige Karpfen, 500 Genfer Seeforellen, 500 schot¬
tische Forellen. Auch befinden sich in demselben Barsche, Aale, Weißfische,
Hechte.
Das Ergebnis eines Fischzuges bei völlig abgelassenem Wasser am 3. ISTov.
1892 betrug: 14 Ctr. 8 Pfd. Karpfen (396 Stück) 6 Ctr. 86 Pfd. Hechte
241 Stück) 6 Ctr. 16 Pfd. Weißfische, 20 Pfd. Barsche 11 Pfd., Schleien —
im Gesamtwerte von M. 10 — 1200.
Eigentümlich ist es, daß die Kar au sch e_, die sich bei dem Fischzuge
vor 3 Jahren in großer Menge vorfand, nur ganz spärlich vertreten war. Die
vor 2 Jahren eingesetzte Forellenbrut ist anscheinend ganz eingegangen,
jedenfalls wegen der reichlich vertretenen Hechte, von denen Riesen bis 10 Pfd.
eingefangen wurden. Auch Karpfen von 5 — 7 Pfd. waren keine Seltenheit. —
Eduard Rüdiger.
Der kleine Taucher (Podiceps minor) ist auf den Gewässern des
Großherzogtums Luxemburg überall zu Hause und wird besonders häufig auf
den Weihern der Rümelinger Hochöfen getroffen. Er kümmert sich wenig um
das geräuschvolle Leben, das Tag und Nacht hier herrscht. Auf jedem
der beiden Weiher mögen alljährlich etwa zehn Pärchen brüten. Während
der kalten Jahreszeit gefrieren diese Weiher niemals und die Zahl der ge¬
flügelten Besucher steigert sich alsdann auf 50, ja oft auf 100 Stück. Es ist
ein eigenartiger Anblick, diese unübertroffenen Kunstschwimmer ihre Parforce-
stückchen in allernächster Nähe ausführeu zu sehen. Die Rümelinger Jagd¬
beflissenen lassen diese geflügelten Gäste unbehelligt, da das Fleisch dieser
Vögel ungenießbar ist.
Dieser, den Mitteilungen des Luxemburger Vereins der Naturfreunde
vFauna« entnommenen Nachricht können wir beifügen, daß der kleine Taucher
sich schon mehrere Winter hindurch auch auf dem Maine aufliält und zwar
innerhalb der Stadt Frankfurt. In kleinen Gesellschaften von 2 — 4 Stück treibt
ersieh nahe den-Brücken ohne alle Scheu umher und erregt durch sein munteres
Wesen und seine auffallende Form die Neugier aller Beobachtenden. N.
380
Dresdeuer Zoologischer Garten. Die im Jahre 1891/92 im Garten
geborenen Tiere.
April 1891, 1 Haideschnucke, Ovis brachycevos ericetorum, 1 weißer pomm.
Spitzhund, Ganis dom. var., 1 Mähnenschafbock, Ovis irogelajjhus, 3 Puma,
l'elis concolor, 1 wildes Lama, Äuchenia Guanaco. —
Mai, 1 Schweinshirsch, Cervus porcinus, 2 Edelhirsche, Cervus elaphus,
1 Hirsehziegenantilope, Ant. cervicapra. —
Juni, 1 Nilgauantilope, Ant. picta, 4 Bastardpinscher, Canis dom. var.,
1 Löwe, Felis leo, 2 Silbermöwen, Lanis argeniatus, 66 weiße Mäuse, Mus dom.
var. alb.., 4 Kaninchen, Lepus eiiniculus, 3 Meerschweinchen, Cavia cohaya. —
Juli, 4 Jagdhunde, Ganis dom. var., 6 Meerschweinchen, Gavia cohaya,
2 Virginerhirsche, Cervus virginianus, 148 div. Hühner, Gallus dom. var.,
2 Pfauen, Pavo crxstatus, 30 div. Tauben, Golumba dom. var., 8 div. Enten,
Anas dom. var. —
August, 1 afrikanisches Schaf, Ovis aries africana.
September, 1 Zebra, Eguus Aebra, 1 Schweiiishirsch, Cervus porcinus,
1 schwarzes Zweigzebu, Bos indicus var. pyg., 21 weiße Ratten, Mus decumanus
var. alb. — -
November, 2 afrikanische Schafe, Ovis aries africana. —
Januar 1892, 2 braune Bären, Ursus arctos, 5 Jagdhunde, Canis dom. var. —
Februar, 1 Sattelziege, Bircus dom. var., 3 Puma, Felis coneolor, 3 Seiden¬
pinscher, Canis dom. var. —
März, 2 Sattelziegen, Strcws dom. var., 1 Schweinshirsch, CervMS porcmits,
4 schwarze Spitze, Canis dom var. —
Acipenser. In Pierers Lexikon 7. Auflage steht zu lesen, Acipenser
sei soviel als Stör. Diese Identifizierung ist aber nicht minder zurückzuweisen,
als schon die Alten die Gleichsetzung mit dem rhodischen yaVeoq oder mit
dem elloxl/ verworfen haben. Vielmehr müssen wir zugeben, daß wir nicht
wissen, was es für ein Fisch gewesen ist. Jedenfalls war es ein seltener See¬
fisch, der bis auf Cicero von den Römern zu den größten Leckerbissen gerech¬
net wurde, und wenn derselbe dann auch zu Horaz’ und Plinius’ Zeit in der
Wertschätzung gesunken war, so kam er doch bald wieder zu Ansehen, so daß
er zu Zeiten des Septimius Severus an der kaiserlichen Tafel unter Flötenschall
von bekränzten Sklaven serviert wurde. Ein kleines Exemplar kostete nicht
weniger als 1000 Drachmen. Hochstetter.
Eingegangene Beiträge.
L. B. in R. Ihre Fortsetzung? werden wir nächstens bringen. — E F in B Ihr Manu
Skript dankend erhalten. - Dr. B. L. in H. Besten Dank für gesandte Miscellen — Ed R
in D. Wir besitzen noch Manuskripte von Ihnen und werden solche nach und nach hrin<^en’
- St. V. W.-G. in S. Die Korrekturen haben sich gefunden, auch liegen noch mehrere Mami-
skripte von Ihnen vor - D. F. W in Wien. Die Verhaltungsmassregeln hetr. Zeichnungen
I. d. Zool. Garten linden Sie lin XXV. Jahrg., S. :}69 und XXVI. Jahrg., S. 128. —
Nachdruck verboten.
Druck vou Malilau & Waldschmidt. Frankfurt a. M.
Register
Aal 187, Laichzeit 61.
Aale auf der Wanderschaft 20.
Abbildungen, Durchlüftungs¬
apparat 231, Kariöse Kno¬
chen 303, Kiwi 195.
Abramis brama 186.
Acanihodactylus bosJiümus 270,
pardalis 270.
Acipenser 380.
Acrocephalus strepenis 119.
Aeyolius scandiacus 81.
Aepyornis maxima 220.
Agania stelho 247.
Ayeluins mvaeiis 182.
Anrotis spina 313.
Alaska, Remitier 222.
Albinismus chilenischer Vögel
181 , chilenischer Pllanzen 184,
Weiterverbreitung 356.
Albino, Vögel- 27, Fuchs- 112,
Rabe 112.
Alburnns lucidus 185.
Alcelaplius Biinteri 94, tora 94.
Algerien, Tierleben 264.
Alligator mississipiensis 317.
Alosa vulgaris 187.
Alpucerthia vulgaris 181.
Ammer, Schnee- 147.
Amphibien Westfalens 25.ö.
Amsel 147, Schwarz- 94, hell¬
gefärbt 366.
Anus boschas 149.
Angö 210.
Anguilla S. Aal.
Anstalt, biologische, Helgo¬
land 223.
Antilope, Swayns- 94.
Apparat, Durchlüftungs- 229.
Apterijx australis 195, ßulleri
193, Haasti 196, Mantelli 195,
Oiveni 194.
Aquarium Frankfurt a. M. 152,
Katechismus v. Geyer 224,
Zimmer- 289.
Aqttila c/irijsaetos 146, orientalis
146.
Ararauna, Fortpflanzung 257.
Ardea alba 148, cinerea 148,
garzetta 148.
Ardea candidissima 155, Coroi 155.
Arv cola amphibius 316, ratticeps
316.
Aspius rapax 186.
Assel, Meeres- 318.
Auerhahn 281.
Ausfischung des Woogs bei
Darmstadt 379.
Australien, Fuchsplage 220,
Heuschreckenplage 157, Ka¬
ninchenplage 220.
Bär, Höhlen- 301.
Baklan 149.
Baldamus,Leben derKuckucke
96.
Bambusratte 155.
Burba fluviatilis 186.
Barbe 186.
Barsch, Fluß- 186.
Bastarde, Fasanen- 27, 218,
350, Finken- 27, 218, Fuchs
u. Hund- 95, Haselhuhn- 139,
Hunde- 27, 219, Möwen- 218.
ßechholds Handlexikon 192.
Beiträge, eingegangene 32, 96,
160, 224, 288, 320, 352.
Beobachtungsstationen, orni-
tholog. in Sachsen 320.
Bergen, Biologische Station
314.
Berliner Garten als Vevpfle-
gungsstation 253.
Bienenfresser 147,
Bienenzucht 319.
Bilder aus d. Naturleben v.
Reichenau 223.
Biologische Station in Bergen
314.
Birkhuhn 282.
Bitterling 6, Legeröhre 129.
Blaauw, F. E. Die Aufzucht
des mantschurischen Kra¬
nichs 225.
Blaufarbiger Frosch 1.
Blaurake 147.
Blumeneintragen des Stars 95.
Böttger,0. Der Rohrsänger
d. Frankfurter Promenaden
u. Wallgärten li9.
Bol au, H. Grönlandsfalke
auf offenem Ocean 93.
Bosniens Raubtiere 311.
Bou-Rioun 265.
Brehms Tierleben 32, 128, 288,
Volksausgabe 351.
Bresem 186.
Brunnen, Tierleben in 97.
Bubulis Swaijnii 94.
Bubo bubo 146.
Buck,E. Schnakenzucht zum
Zwecke d. Fischfütterung 48.
Buck,E. Das Gebläse meines
Durchlüftungsapparates 92,
E. Weiteres über meinen
Durchlüftungsapparat 229.
Bücher und Zeitschriften 32,
96, 128, 160, 224, 288, 320, 352,
B'ifo mauritanicus 266, variabilis
i50, vulgaris 219.
Buteo ferox 145.
Buxbaum, L. Ein Zug Aale
auf der Wanderschaft im
Main 20, - L. Der Wander¬
zug der Maiiifische im Früh¬
ling 1892 184.
Canis lagojms 79, 111, Afaori 37,
matris optimae 34, sallipes 34.
Carpodacus enucleutor 158.
Ceratodus forsteri 221.
Charadrkts pluvialis 149.
Chlorospiza erythrorrhjjnrha 183.
Chondrostoma nasns 186.
Chri/somitris campestris 183.
Churrete 181.
Chimpanse 27.
Chincol 182.
Chirihue 183.
Chiromys mudagasca ricnsis 24
C'iconin alba 148.
Cinclus aquaticus 12, 147.
Circus aeruyinosus 146.
Coluber flavescens 250.
Columba livia iw T\m\^ 97, ocnas
147.
Conurus cyanolyseos 182, ery-
throfrons 182.
Coracias garrula 147.
Corvus leucophaeus 112, corax 112,
146, corntx 146.
Co ustol- Breul, E. Be¬
nehmen einer Spechtmeise
28.
Crithagra brevirostris 183.
Cuca 155.
Cuervo 183.
Cypselus 232, apus 212, melba 202.
Dachs 44, 77.
Bactylomys amhlyonyx 155.
Dal-Ripa 279.
Dasyurus ursinus 34.
Belphiniis tursio 30.
Dingo 33.
Bipus alactaga 98.
Biscoglnssus pictus 268.
Diuca 182.
Dohle, Alpen- 146.
Drossel, Falkland- 181.
Durchlüftungsapparat 92, 229.
Eckstein, Pflanzengallen und
Gallensteine 160.
Ei, Riesen- 220.
Eidechse, Kiel- 265, Namenl72.
Eidechsen Algeriens 264.
Eiffe, 0. Edm. Der Baum¬
falk 158, — Fütterungsweise
einer Hündin 63, - Fuchs¬
bastard 95, — Größe der
Wanderratte 95, — Vor¬
kommen der Hausratte 60.
Elefantenkrankheit 309.
Elefant, Münzen fressend 286.
Ellritze.Leuchtflecken 1,4, 321.
Elster 146.
Emu, Fortpflanzung 350.
Kn cognathus Icptorrhynchus 182.
Ente, Stock- 149.
JFalco candicans 93, ccnchris 145,
sparvcrius 181, subbuUo 145,
tinnunculus lib, vespert inus) 45.
FalcmeUus Ouarauna 183.
Falk, Baum- 158.
Falke, Baum- 115, Edel- 93,
Rötel- 115, Rotfuß- 145,
Turm- 145.
Fasan, Bastard- 350, Jagd- 148.
Felis runrolor 94.
Fclsentaube 97.
Fink, Buch-, Benehmen 29, —
Nestbau 276.
Fisch, Schleierschwanz- 289,
336, Teleskop- 289, 336.
382
Fische, Main-, Wanderzug 184,
Westfalens 255, des Woogs
379.
Fischereiverein, rheinischer
314.
Fischotter 41, Ahrichtung 161.
Fliegen auf See 92.
Fortpflanzung in zoologischen
Gärten 28.
Frankolin, Halsband- 148.
Fregüus craciilus 146, pyrrhocorax
146.
Friderich, Die deutschen Vö¬
gel 31.
Fringilla diuca 182, matutina 182.
Frosch, Laub- 150, See- 268,
Spring- 321, Wasser- 1, 150.
Fuchs 77, Polar- 79, lll, -
Mäuse fangend 26.
Fuchsplage in Australien 220.
Fütterung, Fisch- 48.
Fütterungsweise einer Hündin
63.
FuUcu chilensis 184.
Gulerita cristuta 362.
Gallarete 183.
Clullivago Farugttai/a 184.
Garrnlus ylandarius 146.
Gebläse des Durchlüftungs¬
apparates 92.
Geburten in zoolog. Gärten
28, 29, 63, 219, 225, 257, 350,
351, 380.
Gecko, Mauer- 265.
Geier, Aas- 145, Gänse- 145,
Lämmer- 145.
Geographische Verbreitung
der Tiere von Trouessart 287.
Geyer, Katechismus für Aqua¬
rienliebhaber 224.
G/iezs 177.
Giftschlangen, Untersuchung
220.
Gimpel, Haken- 158.
Giraffe 220, — im Londoner
Garten 159, — im Süden des
Sambesi 51.
Girtanner, A. Die griech.
Landschildkröte im Garten
349.
Gobio fluviatiis 185.
Graciilus Carlo 149.
G r e V 6, C.,Fuch8 und Dachs 77,
Zoologische Beobachtung
während einer Kaukasus¬
reise 145.
Groneu, Die Kaubtiere in
Bosnien 311, — Tierwande-
riingen 312,— DerRheinische
Fischerei-Ver. 314, — Haus¬
schlangen in Brasilien 315,
— Das Kamel in der süd¬
russischen Landwirtschaft
316, — Der Kaiman 317, —
Eine schädl. Meeresassel 318,
— Bienenzucht am Viktoria-
Nyansa 319.
Gründling 185.
Gnis cinerea 148, virgo 148.
Grus viridirostris 225.
Gryllus domesticiis 150.
Gypaetos harhafns 145.
Gypogeranwi .serpentarius .307.
Oyps fiilrus 145.
G yroductylus elegans 347.
Hahn listiger 318.
Hamster 26, — Menge 312.
Ilandle-xikon Bechholds 192.
Har rach, Über den Garten¬
schläfer 59.
Harten, E. Insekten auf
See 92.
Haselhuhn in Livland 65, 102
133.
Haubenlerche Albino 362.
llausschatz des Wissens 352.
Heck, Schäff u. A. Das Tier¬
reich 352.
Heher, Eichel- 146.
Heimchen 150.
Helgoland, biologische An¬
stalt 223.
Henne, Verdauimgskraft 95.
Hennicke, Dr,Über kariöse
Erscheinungen an Knochen
freilebender Tiere 300.
Hering 312.
Heuschrecke, Wander- 150,269.
Heuschrecken Algeriens 265,—
Plage 157.
Bierofulco candicans 93.
Hirundo urbicu 27.
Hochstetter, Acipenser 380.
Hornwechsel beim Nashorn
373.
Huhn, Hasel- in Livland 65,
102, 133.
Hund, Bronze- 34, Dingo 33,
neuseeländischer 33, Pariah-
33, Fütterungs weise I50.
Hyla arborea 150.
Iltis, Gefangenleben 191.
Ibis falcinellus 183.
Insekten auf See 92.
Jäckel, A. J., Die Vögel
Bayerns 64.
Jagd, Walfisch- des Kaisers
250, W olfs- in Frankreich 287.
Jans 0 n,L.J., Eine Elefanten¬
krankheit im zoologischen
Garten zu Tokio 309.
Jilguero 183.
Jourdan, Sinne der niederen
Tiere 192.
Jung, Koch u. Queutell, Wand¬
tafeln für den naturgesch.
Unterricht 159.
Kaiman 317.
Kamel in der Landwirt¬
schaft 316.
Kamelreitercorps 62.
Kanincheuplage in Austra¬
lien 220.
Katechismus für Aquarien¬
liebhaber 224.
Katzenzucht 30.
Keller-Zschokke, J. Vor¬
kommen der Hausratte 60.
Kibitz 149.
Kiwi 193.
Klapper.schlange , Rasseln
der 156.
V. K 1 e i n , A. Kopenhagener
Garten 27, 218, 311.
Fasanenbastarde 350.
K n a u t h e , K, Häufigkeit
der Kreuzotter im Riesen¬
gebirg 63. — Nestbau der
Feldmaus 26.
Knochen, kariöse 300.
Kobalt, W. Wanderung der
Kraniche mit kleinen Vö¬
geln 58.
Kongress, Wissenschaft!. 94.
Kormoran 149.
Krabbe, Süßwasser- 268.
Krähe, Nebel- 146. Alpen-
146.
Kranich, grauer 148. — Jung¬
fern- 148. — Mantschurei-
225. - -Zug 58, 286.
Krankheiten der Tiere 220,
300, 309, 316, 337.
Kreuzotter 63. — -Biß 287
— ohne Zickzackbinde 250.
Kröte , grüne 150. Panther-
266. — durch Fliegenmaden
getötet 219.
Krontaube, Schmarotzer der
316.
V. K r ü d e n e r , A. Aphoris¬
men über Tetraonen 279.
Kuckuck 96.
Ltacerta
ocellüta 265, 377.
pater 265.
Ableitung 172.
Lagopus albus 279-
Landois, Westfalens Tier¬
leben 255.
Landschildkröte, griechische
260, 349, maurische 269.
Langkavel,B. Der Polar¬
fuchs, Canis lagopus 79, 111. —
Uber Dingo, Pariah- und
neuseeländische Hunde 33
Lanius minor 147.
Larus argentatus 149.
Leben der Kuckucke von
Baldamus 96.
Legeröhre d. Bitterlings 129.
Leistes nniericanus 182.
Lemming 85.
Leuciscus rutilus 185.
Leuchtfiecken der Ellritze 1.
4, 325.
Lexikon, Hand-, Bechholds
192.
L e y d i g , F. Wasserfrosch,
blauer , Leuchtflecken der
Ellritze 1. — Springfrosch;
Ellritze 321, — Zur Kenntnis
der Legeröhre des Bitter¬
lings 129.
Limnoria terebrans 318.
Litteratur 31, 64, 96, 128, 159,
192, 223, 255, 287, 319, 351.
Loens, H. Vögel und Bin¬
nenmollusken 49.
Löwenzucht im Dubliner zool.
Garten 375.
V. L ö w i s , O. Das Haselhuhn
in Livland 65, 102, 133.' —
Die Schwarzamsel im mitt¬
leren Livland 94. — Der
Hakengimpel 158.
Lutra vulgaris 41.
Magenkiesel des Auerhahns
281.
Maifisch 187.
Mainfische Wanderzug 1S4.
M aj 0 r, Forsyth. Italienische
und neugriechische Namen
der Eidechse u. verwandter
Reptilien 172, 209, 212.
Älaulwurf, neuer 30, Albino 356.
Maus, Feld-, Nestbau 26.
Meise, Speclit-, 28. — Tannen-
27.
Meies taxus 44.
Merops opiasler 147, persica 147.
383
Meyer u. H e 1 m , Jahres-
berictit der ornithol. lieob-
achtungsstationen in Sach¬
sen 32C.
Miinns Tlietira 181.
Mißbildung, Reh- 313.
M 0 e w e s , F. Die Verbrei¬
tung der Giraffe im Süden
des Sambesi 51.
Mogera robusta 30.
Moyiüfrmgilla niiicola 147.
u^forelia argus 265.
Moskau, Kongreß in 04.
Müller, F. Die Bambus¬
ratte 155.
Münzen, von Elefanten ver¬
schluckt 286.
Mulbe 186.
Mus rattiis 60, 250, 317.
Mustvla vulgaris 326.
Mguxus glis 29; qucrrinns 59.
tarnen der Eidechse u. a. Rep¬
tilien 172, 209, 242.
Nashorn, 'Hornwechsel 373.
Natter, Hufeisen- 40, 266, 306,
Treppen- 38, 40, Viper- 267,
Würfel- 307.
N ehring.A. Zwei javanische
Wildschweine des Berliner
zoologischen Gartens 7. —
l'linige neue Notizen über
die Langrüsselschweine im
Berliner zoolog. Garten 240.
— KranichzuginMisdroy286.
Nehrling, H, Nordamerik.
Vogelwelt 319.
Xfophron peronoptcrns 145.
Nestbau der Feldmaus 26, —
gefangener Vögel 273.
Niedere Tiere, Sinne 192.
Nill’s Tiergarten 377.
Nitsche, P. Die Zucht des
Schleierschwanzes und des
Teleskoptisches im Zimmer
und Garten 289, 336.
Noll, F. C. die Rassel der
Klapperschlange 156. — Die
Giraffen imLondonerzoolog.
Garten 159. — Nahrung einer
Äskula.pschlange 250. — Bio¬
logische Meeresstation in
Bergen 314. —j Der kleine
Taucher 379. »
Noll, F. C., Nekrolog 3.53.
Oiseaux hybrides von Suchetet 61.
Ophisaurtis aptts 38.
(h iolus galbula 147.
Ohs Macgueeni 311, tarda 149,
teirax 62.
Otter, Fisch- 41, 161, Kreuz-,
63, 250, 287.
Packytibes migratorius 150.
Papageienkünig 182.
l’arus ater 27.
Pelikan, grauerl49, weißer 149.
Pelotyfes punctatus 376.
Perm ßüviotilis 186.
Perdix caspica 148, mucasica 148.
Perleidcchse 265, 377.
P e r z i n a , E. Der Wasserstar
in Gefangenschaft 12. —
Alpen- und Mauersegler in
ihremGefangenleben202,232.
— Ein gefangenesWiesel 326.
Pffanzengallen u. Gallentiere
V. Eckstein 160.
Phalange 150.
Phasianus colrhicus 148.
P hiliirpi, R. A. Bemerkungen
über chilenische Reiher 155.
— Albinismus unter den
Vögeln Ghiles 181.
Phoxinus laevis 4, 321.
Pica caudata 146.
Pichler, A. Die Ahrichtung
meines Fischotters 161.
Pirol 147.
Plage, Heuschrecken- 157.
Platulea leacurhodia 149.
Podiceps minor 379.
Polarfuchs 79.
Porphyrio veteruin 148.
Fort Erin, biolog. Station 158.
Psammodromus algirus 265.
Pseudopus Pallasii 38.
Pteriiistes vulgaris 148.
Puma 94.
Putorius vulgaris 326.
Rabe, Kolk- 146.
Racano 209, Racono 209, Ra¬
gano 209.
Rackeihahn 283.
Ramarro 210.
Pana ugilis 321, arvalis 2, esculenla
1, 150, rulibunda 268.
Ratte, Bambus- 155, Haus- 60,
250, 317, Wander-, große 95,
Wühl-, nordische 3i6.
Raubtiere Bosniens 311.
Rebhuhn, Kaukasus- 148.
Bei de rhoroics 182.
V. Reichenau, Bilder aus dem
Naturleben 223.
Reiher, grauer l»8, Löffel- 148,
Silber- 148, wedser 155.
Reinoiner,J. Über das Ge¬
fangenleben des Iltis i9i.
Reitercorps, Kamel- 62.
Renntier, Einführung 2z2.
Reptilien Westfalens 255. —
Biologische Notizen 367.
Reuvens, C. L. Aus dem
Rotterdamer zoologischen
Garten 284.
Rhein, Salmfang 223.
Bhincchis scularis 40.
Bhodeus amariis 6, 129.
Roa 196, Roaroa 196
Rohrsänger in Frankfurt 119.
Rotauge 185.
Ruck, Vogel- 220.
Rüdiger, Ed. Zum Kapitel
Hausratte 250. — Nestbau
gefangener Vögel 273. — Ein
listiger Haushahn 318. —
Fische des Woogs 379.
Ruß, Vogelzuchtbuch 351.
Sänger, Rohr- 119, Teich- 121.
Salamander, grüner 1.9.
Salmläng im Rhein 223.
Saprolegiiia ferux 187.
Sarinenula 177.
S c h a c h t , H. Die Raubsäuge¬
tiere des Teutoburger Wal¬
des 41.
Schäff, E. Ülier einige sel¬
tene Tiere des Berliner
zoologischen Gartens 193.
Scheltopusik 38.
Schiemenz, P. Benehmen
eines Finken 29.
Schildkröte, griechische Land-
260, 349.
Schimpanse 302.
Schiöttz, A. Vorkommen
der Hausratte 60, — Der
Schlammtaucher in Spanien
376. — Die Perleidechse als
Glücksprophetin 377.
Schistorerea pereyrina
Schläfer, Sieben- 29,Garten- .59.
Schlammtaucher 376.
Schlange, Aeskulap- 25o.
Schlangen Algeriens 264,
Haus- in Brasilien 315, -Gift
220.
Schmätzer, AVasser- 12.
Schneehuhn, Moor- 279.
Schneider 185.
Schwalbe, Haus- 27.
Schwarzstärling, großer 182.
Schwein, javanisches 7, Lang¬
rüssel- 7, 240.
Schw.^ine,Wild-, in Preußen 31.
Scefrofrio 175.
Seeschwalbe, Fluß- 149,Zwerg-
149.
Segler, Alpen- 202, 232, Mauer-
202, -Gefangenleben 202.
Seitz, A. Trinkwasserverbot
für Tiere während der Reise
88.
Sekretär 307.
Sharland, H. H. Fortpflan¬
zung des Ararauna 257.
Siebenschläfer in Gefangen¬
schaft 29.
Silguero 183.
Sinne der niederen Tiere v.
Jourdan 192.
Sitta europaea 28.
Sittace coerulea, Fortpflanzung
257, chloroptera 257, militaris
258.
Soldatenstärling 182.
Spatz, P. Mitteilung über
die Felsentaube 97.
Spechtmeise, Benehmen 28.
Stärling, Schwarz- 182, Sol¬
daten- 182.
Star 147, Blumeneintragen 95,
Wasser-, in Gefangenschaft
12.
Station, biologische, zu Port
Erin 158.
Sterna hirundo 149, minuta 149.
Störtäng 222.
Storch, weißer 148.
Stubenvögel von Ruß 351.
Starnus >nilitaris\S2, vulgaris 147.
Suchetet, Lcs oiseaux hybrides
64.
Sultanshuhn, blaues 148.
Sumpfschnepfo, Paraguay- l,s4.
Sus ba> batus 9, celebc.nsis 9,
longirostris 7, 240, mystacens
10, verrucosus 9, vittaius 8.
Tagua 184.
Talpa 30, 356.
Tarentola mauritanica 265.
T.aube , Felsen- 97, Haus-,
Sclinecken fressend 50,
Hehl- 147, Krön- 316, Tur-
tel- 147, Turtel-, chilenische
183.
Taucher, kleiner 379.
Tenca l8l.
Testudo graeca 260, ibera 269.
Titrao bonasia 140.
Tetraonen 279.
Teutoburger Wald, Raub¬
tiere 41.
Thclpteusa fluviatilis 268.
384
Tli/jlarinus Harrisii 34.
l'ierbestand d. Kopenhagener
Gartens 222.
Tiere, Wanderungen der 312,
seltene — des Berliner Gar¬
tens 193.
Tierleben Westfalens von
Landois 255, -Ost-Algeriens
2(54, Breliins- 32, 12», 288.
Tierreich , das von Heck,
Schäff u. a. 352.
Tokuka 196.
Tordo 182.
Trappe, Grofa- 149, Kragen-
311, Zwerg- 62.
Trichodma pediculus 348.
Trile 181.
l'rinkwasserverbot f. Tiere88.
Tropidonohis t'saellatus 307.
Trouessart, Geograph. Ver¬
breitung der Tiere 287.
Tümmler 30.
Tttrdus
f(dkland<cus 181.
fusco-ater 181.
merula 27, 94, 147.
Turmfalke,amerikanischerl81.
Turaiops tur.sio 30.
Turteltaube, chilenische 183.
Turtur auritua 147.
rhu 146.
Upupa epops 147.
l’romnstix acantliimirus 271.
l'rsus spelneus 300.
Vanellus criatatus 149.
Vannuszu 177.
Varanus griseus 271, 272, 304.
Verbot, Trinkwasser- »8.
Verbrauch, Lebensmittel- im
Berliner Garten 253.
Verdauungskraft einer Henne
95.
Verein, Fischerei-, rheini¬
scher 314.
Verpflegungsstation der Ber¬
liner zoolog. Garten als 253.
Vivarium in Wien 22.
Vögel Bayerns v. Jäckel 64,
Chiles, Albino 181, — die
deutschen, von C. G. Fri-
derich 3i, — und Binnen-
molusken 49, — Zug-, kleine
und Kraniche 58.
Vogel Ruck 220, - Welt von
Ruh 351, — -Welt , nord-
amerikanische, von Nehr¬
ung 319.
Volksausgabe von Brehms
Tierleben 351.
v. Wacquant-G eozelles.
St. Der Sekretär des zoolog.
Gartens zu Köln 307. — Aus
dem Tierleben der Heimat.
III. Weiterverbreitung von
Albinismus 356.
Walfischjagd des Kaisers 250.
Wanderung des Aals 20, —
der Mainfische 184.
Wanderungen, Insekten- 92,
eines Falken 93, Tier- 312.
Wandtafeln für d. naturge¬
schichtlichen Unterricht von
Koch, Jung u. Quenteil 159.
Waran, Wüsten- 304, 374.
Wasserfrosch, blauer i.
Wasserstar 147,- in Gefangen¬
schaft 12.
Weihe, Rohr- 146.
Weißfisch 186.
Werner, Hel. Bemerkungen
über d. Scheltopusik und d,
Treppennatter 38. — Die
Lebensweise des Wüsten-
Warans und der Hufeisen¬
natter 304. — Nachtrag dazu
374.
Werner, F. Das Vivarium in
Wien 22. — Tierleben in Ost-
Algerien 264. — Biologische
Notizen aus der Reptilien¬
welt 367.
Westermann, G. Geburts¬
liste des Leipziger zoolog.
Gartens 63.
W estfalens Tierleben vonLan-
dois 255.
Wiedehopf 147.
Wiener Vivarium 22.
Wiesel, kleines, in Gefangen¬
schaft 326.
Wolf in Frankreich 287.
Wunderlich, L. Die Fort¬
pflanzung des Ararauna 257.
— Der Horn Wechsel beim
indischen Nashorn 373.
Xanihornns cagennensis 181.
Zamenia hippocrepis 40, 266, 306,
gemoneusis 306.
Zenaida aurita 183.
Zenk, F. Über die Laichzeit
des Aals 61.
Zoologische Gärten, Basel 188,
Berlin 7, 193, 240, 253, Breslau
214, Cincinnati 220, Dresden
29, 54, 380 , Dublin 375,
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Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
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Herausgegeben ,
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
XXXIII. Jahrgang. — No. 1.
Frankfurt a. M.
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völlig neubearbeitete, stark vermehrte Auflage ausgegeben werden, welche an Schönheit
der Stiche und Reichhaltigkeit des Inhalts die früheren Auflagen bei weitem übertreffen wird.
Der Umfang wird 140 bedruckte Kartenseiten (gegen 96 Seiten der ersten und
120 Seiten der zweiten Auflage) betragen und zwar sollen die Karten nur noch auf einer
Seite des Papiers gedruckt werden, die Rückseiten also frei bleiben. Dadurch wird die
Herstellung großer schöner Doppelblätter ermöglicht, die zunächst der Karte von Deutsch¬
land zu gute kommen sollen, welche in einer Reihe von Spezialblättern und in Ma߬
stäben dargestellt sein wird, wie sie sich in keinem andern Handatlas bis jetzt finden.
Diese Blätter sollen eine Hauptzierde der neuen Auflage bilden und allen Ansprüchen
für den praktischen Gebrauch genügen. Ferner haben, wie aus der Ankündigung der
Verlagshandlung zu ersehen ist, die wichtigsten europäischen und außereuropäischen Länder,
vorzüglich Österreich-Ungarn, Frankreich, England, Italien und die deutschen Kolonien
in umfassender Weise Berücksichtigung gefunden. Trotz dieser Erweiterung und Ver¬
vollkommnung ist der Preis der neuen Auflage seitens der Verlagshandlung nicht erhöht
worden, so daß man dem Andreeschen Handatlas neben seinen übrigen Vorzügen auch
den Charakter unerreichter Wohlfeilheit wird zuerkennen müssen.
Um die Anschaffung allen Kreisen des Publikums zu ermöglichen, soll die neue
Auflage in billigen Wochenlieferungen zu 50 Pf. ausgegeben werden, eine Erscheinungs¬
form, die diesem berühmten Unternehmen eine große Volkstümlichkeit und Verbreitung
in den weitesten Schichten des Publikums sichert.
Bestellungen werden schon jetzt von der Buchhandlung MAHLAÜ & WALDSCHMIDT
in Frankfurt a. M. entgegengenommen !
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Aufnahme hersteilen. (Retouche nicht nötig.)
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Private etc. etc. zum Beruf und zum Vergnügen zur Aufnahme von Personen,
Gruppen, Tieren, Landschaften, Objekten etc. etc. im Zimmer und im Freien.
Auh allen Weltgegeiicleii werden Aufträge eftektuiert, da Spesen
^■^sehr gering. Eine Karte genügt zur Bestellung. Versand gegen Nachnahme durch
. Nfüller, Wien, Döbling, Pantzergasse 14.
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Der
Zoologische Garten.
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Zeitschrift
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Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
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Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. N O 1 1 ,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
XXXIII. Jahrgang. — No. 2.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
1892.
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Bienenfleißes. Es giebt über Bau, Leben etc. zahlloser Tiere kurzen, aber verläßlichen
Aufschluß. Schwerlich wird jemand, der über das eine oder andre Tier eine Auskunft
sucht von dem Buch im Stich gelassen werden. In einer Einleitung findet sich übei*-
dies eine Übersicht der zoologischen Litteratur, womit denjenigen, die in einer be¬
stimmten Richtung specielle Studien machen wollen, die gediegensten Quellen und
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Um die Anschaftung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Preise wie folgt ermäßigt:
.lahrgaiig I (1860) (Neudruck) M. 5. — ; II— X (1861—1869) ä M. 2, —
XI-XX (1870-1879) ä M. B. -; XXI— XXV (1880-1884) ä M. 5. - Sachregister
der ersten 20 Jahrgänge M. 5. — Bei Abnahme der Jtilirgänge I— XX und Sach¬
register znsaniiiieii für nur M. 55. — Bei Ahn.ahme der Jahrgänge I— XXV und Sach¬
register für I— XX zusammen für nur M. 75. —
MAHLAU & WALDSCHMIDT, Verlagshandlung, FRANKFURT a. M.
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Der
Zoologische Garten.
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Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands. S t
Herausgegeben -
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtisihen GyiiMiasium.
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XXXIII. Jahrgang. — No. 3.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Wald Schmidt.
1892.
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sehr gering. Eine Karte genügt zur Bestellung. Versand gegen Nachnahme durch
Ia. Müller, Wien, Döbling, Pantzergasse 14.
Wie bekannt, wird demnächst nach jahrelangen Vorbereitungen von dem berühmten
Andree’sclien Handatlas, der bereits in nahezu 250 000 Exemplaren verbreitet ist, eine
völlig neubearbeitete, stark vermehrte Auflage ausgegehen werden, welche an Schönheit
der Stiche und Reichhaltigkeit des Inhalts die früheren Auflagen bei weitem übertreffen wird.
Der Umfang wird 140 bedruckte Kartenseiten (gegen 96 Seiten der ersten und
120 Seiten der zweiten Auflage) betragen und zwar sollen die Karten nur noch auf einer
Seite des Papiers gedruckt werden, die Rückseiten also frei bleiben. Dadurch wird die
Herstellung großer schöner Doppelblätter ermöglicht, die zunächst der Karte von Deutsch¬
land zu gute kommen sollen, welche in einer Reihe von Specialhlättern und in Ma߬
stäben dargestellt sein wird, wie sie sich in keinem andern Handatlas bis jetzt finden.
Diese Blätter sollen eine Hauptzierde der neuen Auflage bilden und allen Ansprüchen
für den praktischen Gebrauch genügen. Ferner haben, wie aus der Ankündigung der
Verlagshandlung zu ersehen ist, die wichtigsten europäischen und außereuropäischen Länder,
vorzüglich Österreich-Ungarn, Frankreich, England, Italien und die deutschen Kolonien
in umfassender Weise Berücksichtigung gefunden. Trotz dieser Erweiterung und Ver¬
vollkommnung ist der Preis der neuen Auflage seitens der Verlagshandlnng nicht erhöht
worden, so daß mau dem Andreeschen Handatlas neben seinen übrigen Vorzügen auch
den Charakter unerreichter Wohlfeilheit wird zuerkennen müssen.
Um die Anschaffung allen Kreisen des Publikums zu ermöglichen, soll die neuel
Auflage in billigen Wochenlieferungen zu 50 Pf. ausgegehen werden, eine Erscheinungs-i
form, die diesem berühmten Unternehmen eine große Volkstümlichkeit und Verbreitung;
in den weitesten Schichten des Publikums sichert. j,
Bestellungen werden schon jetzt von der Buchhandlung MAHL AU & WALDSCHMIDT,
in Frankfurt a. M. entgegengenommen !
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Orsran der Zoolosisclieii Gärten Deutschlands.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
XXXIII. Jahrgang. — No. I.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
1892.
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Wichtig für Musecii nni PriTatsamilniieii !
Eine hübsche, frisch von Madagascar
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Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Preise wie folgt ermäßigt: " :
Jahrgang I (1860) (IVendruck) M. 5. — ; II— X (1861—1869) a M. 2. — J
XI-XX (1870-1879) a M. 3. -; XXI-XXV (1880-1884) a M. 5. - Sachregister '
der ersten 20 Jahrgänge M. 5. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XX nnd Sach¬
register zusammen für mir M. 55. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XXY nnd Sach¬
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MAHLAU & WALDSCHMIDT, Verlagshandlung, FRANKFURT M.
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Zoologische Garten
Zeitschrift
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Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
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Prof. D)-. F. C. N O 1 i\
Oberlohrer am StäcUisclien Gyinnii.siuni.
XXXIII. Jahrgang. — No. 5.
Frankfurt a. M.
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für
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Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. P. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
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Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
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Verlag von Mahlau & Waldschmlflt in Frankfurt a. M.:
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Organ der Zoologischen Grärten Deutschlands.
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von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
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Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
^ XXXIII. Jahrgang. — No. 7.
■ Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
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Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.:
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XI-XX (1870-1879) ä M. 3. — ; XXI— XXV (1880-1884) a M. 5. - Sachregister
der ersten 20 Jahrgänge M. 5. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XX und Sach¬
register zusammen für mir M. 65. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XXV und Sach¬
register für I-;XX zusammen für nur M. 75. —
MAHLAU & WALDSCHMIDT, Verlagshandlung, FRANKFURT a. M.
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für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Orsaii der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Heraasgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M,
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtiseben Gymnasium.
XXXIII. Jahrgang. — No. 9.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau Ä Waldschmidt.
1892.
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Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M,:
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Eine Anleitung zu dessen Zucllt, Pflege und Abriclltuilg’ nebst
einer historischen und kritisch-zoologischen Betrachtung über dessen
specifische Verschiedenheit vom Iltis, auf Kreuzungsresultaten basiert.
Von Johann von Fischer.
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Wichtig für die Berufswahl, sowie für Stellensuchende.
Fast alle Berufszweige leiden an üeberfüllung, infolgedessen das Angebot von Ar¬
beitskräften die Nachfrage bedeutend übersteigt. Unter die wenigen Stellungen, wo
gerade das Umgekehrte der Fall ist und seit längerer Zeit ein erheblicher Mangel an
geeignetem Personal vorhanden ist, dürfte die des landwschfl. Rechnungsführers und Amts-
Secretairs zu zählen sein. Derartige Personen sind stets gesucht und finden schnell
Placement, da der Oekonom nur ungern sich mit ßureau-Arbeiten befaßt, infolge des
neuen Einkommensteuergesetzes jedoch verpflichtet ist, genau Buch zu führen. Wir
können deshalb jungen Leuten mit guter Schulbildung und Handschrift, die wenig ver¬
mögend sind nur raten, diese Carriere einzuschlagen.
Nach einer Vorbereitung von ca. lö Wochen, ist ein einigermaßen befähigter junger
Mann imstande, sofort eine Anstellung zu erhalten, die ihn in die Lage setzt, bei be¬
scheidenen Ansprüchen nicht den geringsten Zuschuss mehr zu bedürfen. Vorkenntnisse
sind durchaus nicht erforderlich. Der Vorstand des landw. Beamten-Vereins Stettin,
Bugenhagenstr. 1411- ist gern geneigt, dem sich hierfür interessierenden Teile des Pub¬
likums jede gewünschte Auskunft zu geben.
Frühere Jahrgänge des Zoologischen Gartens.
Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
'Härtens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Preise wie folgt ermäßigt:
Jahrgang I (1860) (Neudruck) M. 5. — ; II— X (1861—1869) ä M. 2. —
XI— XX (1870—1879) ä M. 3. — ; XXI — XXV (1880—1884) ä M. 5. — Sachregister
der ersten 20 Jahrgänge M. 5. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XX und Sach¬
register ziisainnien für nur M. 55. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XXV und Sach- •
register für I — XX zusammen für nur M. 75. —
MAHLAU & WALDSCHMIDT, Verlagshandlung, FRANKFURT a. M.
Liste über, aiithropol. Obj., Thiere, Vogeleier, mikroscop. Präpa¬
rate; leb. Reptil. — Liste üb. Coleoptera; Mimicry-Fälle: Bio¬
logien V. Terrait. etc. — Prospectus üb. d. Zucht exot. Käfer. — Liste üb.
Lepidoptera u. alle and. lusect.-Ord.: Biolog. d. madag. Seidenschmetterl. —
Liste üb. Pflanzen, Samen, Knollen, Biol. d. Raffiapalme; frische Orchideen. —
Liste üb. anthrop., ethnoL, ethnogr., zoolog. phytolog. u. geognost. Photographien;
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I Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
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Orffaii der Zoolosrisclieii Gärten Dmitschlands. P
Herausgegeben
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von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft«- in P'rankfurt a. M.
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Redigiert
von
Prof. Dr. . F. C. Noll,
Oberlehrer am StäiUis'hen Gymnasium.
XXXIII. Jjxlirgang. — No. 10.
'' Frankfurt a. M.
Verlag von M a li l a u W a 1 d s c h ni i cl t.
1892.
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Der
Zoologische Garten.
Zeitsclirift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Oärten Dentschlands.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. P. C. Noll,
Oberlolirer am .Städtischen Gymnasium.
XXXIII. Jahrgang. — No. 11.
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Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
1892.
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Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
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Verlag von M a h 1 a u & W a 1 d s c h m i d t.
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