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Full text of "Zoologische Garten; Zeitschrift für die gesamte Tiergärtnerei"

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HARVARD  UNIVERSITY 


LIBRARY 

OF  THE 


Museum  of  Comparative  Zo’ölogy 


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Der 


Zeitschrift 


für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschhands. 

ITerausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

Redigiert 


Eh'of.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlohrer  am  Städtischen  Gyinnasium. 


XXXIII.  Jahrgang. 

Mit  3  Abbildungen. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlan  &  Waldschmidt. 

1892. 

2 


Inhalt  des  dreiuiiddreissigsteii  Jahrgangs. 


1.  Aufsätze.  Seite 

Blaufarbiger  Wasserfroscb ;  Leuchtflecken  der  Ellritze.  Von  Prof.  Dr. 

F.  Leydig . .  '  ^ 

Zwei  javanische  Wildschweine  des  Berliner  zoologischen  Gartens  {bus 

longirostris?  Nehr.)  Von  Prof.  Dr.  A.  Ne  bring  in  Berlin  ...  7 

Der  Wasserstar,  cinclus  aquaticus,  in  seinem  Gefangenleben.  Von  Ernst 

Perzina  in  Wien . .  ' 

Ein  Zug  Aale  auf  der  Wanderschaft  im  Main.  Von  L.  Buxbaum  in 

Raunheim . 

Das  Vivarium  in  Wien.  Von  Dr.  Franz  Werner . 

Über  Dingo,  Pariah-  und  neuseeländische  Hunde.  Von  Bernh.  Lang- 

ICclVCl. 

Bemerkungen  über  den  Scheltopusik  und  die  Treppennatter.  Von  Helene 

Werner  in  Wien . 

Die  Raubsäugetiere  des  Teutoburger  Waldes.  Von  H.  Schacht: 

VIII.  Der  Fischotter . 

44 

IX.  Der  Dachs . ' 

Schnakenzucht  zum  Zwecke  der  Fischfütterung.  Von  Dr.  Emil  Buck  .  .  48 

Vö<rel  und  Binnenmollusken.  Von  Hermann  Loens . .  49 

Über  die  gegenwärtige  Verbreitung  der  Giraffe  im  Süden  des  Sambesi. 

Von  Dr.  F.  Moewes . . 

Bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Dresden  über  die  Zeit  vom 

1.  April  1890  bis  31.  März  1891 . .  •  • 

Das  Haselhuhn  in  Livland.  Von  Oskar  von  Loewis . 65,  lüJ,  188 

Fuchs  und  Dachs.  Von  C.  Greve . .  iii 

Der  Polarfuchs,  Canis  lagopus.  Von  B.  Langkavel.  .  .  .  .  .  ■  u,  lu 

Das  Trinkwasserverbot  für  Tiere  während  der  Reise.  Von  Dr,  Seite  88 

Geschäftsbericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Hannovei  für  1890/91  . 
Mitteilung  Uber  die  Felsentaube,  Columia  Ima.  Von  Paul  Spatz  in 

Der  Rohrsänger,  Äcrocephalus  streperus,  der  Frankfurter  Iromenaden  und 
Wallgärten.  Von  Prof.  Dr.  0.  Böttger  .  .  .  •  ■  ■  ■  •  •  • 

Jahresbericht  über  den  zoologischen  Garten  in  Hamburg  1891  .  .  .  .  1 

Zur  Kenntnis  der  Legeröhre  des  Bitterlings.  Von  Prof.  Dr.  F.Leydig^ 
Zoologische  Beobachtungen  während  einer  Kaukasusreise.  Von  ar 
Bericht  des  Verwaltungsrates  der  neuen  zoologischen  Gesellschaft  zu  F  an 

furt  a.  M.  vom  11.  April  1892  .  •  •  •  •  *  '  .  ’  ’  ‘  ‘  '  ‘ 

Die  Abrichtung  meines  Fischotters.  Von  A.  Pich  ei  m  ares  n  .  .  . 


IV 


Seite 

Italieuisclie  und  neugriechische  Namen  der  Eidechse  und  verwandter 

Reptilien.  Von  Dr.  C.  J.  Forsyth  Major .  172,  209,  242 

Albinismus  unter  den  Vögeln  Chiles.  Von  Dr.  R.  A.  Philippi  in  Santiago  181 
Die  Wanderung  der  Mainfische  im  P’rühling  1892.  Von  L.  Buxbaum 

in  Raun  heim  a.  M . 184 

Zoologischer  Garten  in  Basel.  Jahresbericht  1891 . 188 

Über  einige  seltene  Tiere  des  Berliner  zoologischen  Gartens.  Von  Dr. 
Ernst  Schaff; 


3.  Der  Kiwi,  Apteryx  Bulleri.  Mit  1  Abbildung . 193 

Alpen-  und  Mauersegler,  Cypselus  melba  et  apus,  in  ihrem  Gefangenleben. 

Von  Ernst  Perzina,  Wien .  202,  232 

Der  Breslauer  zoologische  Garten  im  Jahre  1891 . 214 

Die  Aufzucht  des  momtschurischen  Kranichs,  Grus  viridirostris.  Von 

P\  E.  B 1  a  a  u  w  .  .  .  . . .  /  ^  ^  ^  225 

Weiteres  über  meinen  Durchlüftungsapparat.  Von  Dr.  Emil  Buck. 

Mit  2  Abbildungen . 229 

Einige  neue  Notizen  über  die  Langrüsselschweine,  Sus  longirostris^  im 

Berliner  zoologischen  Garten.  Von  Prof.  Dr.  A.  Nehring  .  .  .  .  240 

Bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Hannover  für  1891/92  ....  248 

Die  Fortpflanzung  des  Ararauna ,  Sittace  coerulea,  in  der  Gefangenschaft. 

Von  H.  H.  Scharland.  Mitgeteilt  von  Direktor  Dr.  L.  Wunderlich.  257 
Aus  dem  Leben  der  griechischen  Landschildkröte,  Testudo  graeca.  Von  Dr. 

Gust.  Rumpf . .  2(3q 

Tierleben  in  Ost- Algerien.  Von  Dr.  F.  Werner  in  Wien . 264 

Über  den  Nestbau  gefangener  Vögel.  Von  Eduard  Rüdiger  ....  273 
Aphorismen  über  Tetraonen.  Von  Baron  A.  vonKrüdener  .  ,  .  .  279 

Aus  dem  Rotterdamer  zoologischen  Garten.  Von  Dr.  C.  L.  Reuvens  .  .*  284 
Die  Zucht  des  Schleierschwanzes  und  des  Teleskopfisches  in  Zimmer  und 

Garten.  Von  Paul  Nitsche .  289 

Über  kariöse  Erscheinungen  an  Knochen  freilebender  Tiere.  Von  Dr.  med! 

Hennicke.  Mit  4  Abbildungen .  *  300 

Über  die  Lebensweise  des  Wüsten-Warans  und  der  Hufeisennatter  in  Ge¬ 
fangenschaft.  Von  Helene  Werner  in  Wien .  3Q4 

Der  Sekretär,  Gypogeranus  serpentarius,  des  zoologischen  Gartens  zu  Köln. 

Von  Staats  von  Wacquant -  Geozelles .  gQ-j- 

Eine  Elefantenkrankheit  im  zoologischen  Garten  zu  Tokio.  Von  J.  L 
Janson  . 

Aus  dem  Tierleben  der  Heimat.  III.  Weiter vererbung  von  Albinismus 

Von  Staats  von  Wacquant-Geozelles .  *356 

Biologische  Notizen  aus  der  Reptilienwelt.  Von  Dr.  F.  Wer  ne  r' in  Wien  367 

Der  Hornwechsel  beim  indischen  Nashorn.  Von  Direktor  Dr  L  Wuuöp,- 

lich  in  Köln  ....  ■ 

. 

Nachtrag  zu  meinem  Bericht  über  den  Wüsten -Waran.  Von  Hel  php 
Werner  in  Wien  .  .  . 

. 

Löwenzucht  im  Dubliner  zoologischen  Garten.  Nach  »Science«  ..."  375 


Nekrolog.  Prof.  Dr.  P\  C.  Noll  f  . 


353 


V 


II.  Mitteilungen. 

Aus  zoologischen  Gärten.  Seite 

^wei  javanische  Wildschweine  des  Berliner  zoologischen  Gaitens,  Sus 

lomjirostris'i  Nehr.).  Von  Prof.  Dr.  A.  Nehring  in  Berlin  ....  7 

Das  Vivarium  in  Wien.  Von  Dr.  Franz  Werner . 

Aus  dem  zoologischen  Garten  in  Kopenhagen.  Von  A.  von  Kle in  .  .  27 

Geburten  in  dem  Dresdener  zoologischen  Garten  im  Jahre  1890-91  ...  2J 
Bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  DreÖcIen  über  das  Jahr  vom 

1.  April  1890  bis  31.  März  1891 . 

Geburtsliste  des  Leipziger  zoologischen  Gartens  für  1891 . 63 

Geschäftsbericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Hannover  für  1890-91 .  90 

Jahresbericht  über  den  zoologischen  Garten  in  Hamburg  1891  ....  124 

Bericht  des  Verwaltungsrates  der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft  zu 

Frankfurt  a.  M.  vom  11.  April  1892  . 

Die  Giraffen  im  Londoner  zoologischen  Garten.  Von  dem  Herausgeber  159 
Zoologischer  Garten  in  Basel.  Jahresbericht  1891  .........  188 

Über  einige  seltene  Tiere  des  Berliner  zoologischen  Gartens.  Von  Dr.  E. 

Schaff,  d.  Dev  Kiwi,  Äpteryx  Bullen.  Mit  1  Abbildung  ....  193 

Der  Breslauer  zoologische  Garten  im  Jahre  1891 . 

Aus  dem  Kopenhagener  zoologischen  Garten.  Von  A.  von  Klein  .  .  .  218 

Tod  einer  Giraffe  im  zoologischen  Garten  zu  Cincinnati.  Von  Dr.  A. 

„ .  1  . 220 

Zipperlen . 

Die  Tiere  des  zoologischen  Gartens  zu  Kopenhagen.  Generalfortegneise  .  222 

Einige  neue  Notizen  über  die  Langrüsselschweine,  Sus  longirostris,  -im 

Berliner  zoologischen  Garten.  Von  Prof.  Dr.  A.  Ne hr in g  .  .  .  .  240 

Bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Hannover  für  1891-92  ....  248 

Der  Berliner  zoologische  Garten  als  Verpflegungsstation  für  das  Publikum. 

Berliner  Tageblatt . . . 

Aus  dem  Rotterdamer  zoologischen  Garten.  Von  Dr.  C.  L.  Reuvens  .  .  284 

Der  Sekretär,  Gypogeranus  serpentarius,  des  zoologischen  Gaitens  zu  Köln. 

Von  Staats  von  Wacquant-Geozelles.  •  •  •  ^ . 

Eine  Elefantenkrankheit  im  zoologischen  Garten  zu  Tokio.  Von  J.  L. 

T  ••••••••  300 

Aus  dem  Kopenhagener  zoologischen  Garten.  Von  A.  von  Klein  ...  311 

Löwenzucht  im  Dubliner  zoologischen  Garten.  Nach  »Science«  ....  37o 

Aus  dem  NiU’schen  zoologischen  Garten . 877 

Geburten  im  Dresdner  zoologischen  Garten  im  Jahre  1891/92  .  380 

ot  r; 

Mitteilung,  redaktionelle . 


III.  Korrespondenzen. 

überden  Nestbau  unserer  gemeinen  Feldmaus  oben  auf  Maulwurfshauten, 

Von  Karl  Knauthe  in  Schlaupitz . 

Aus  dem  zoologischen  Garten  in  Kopenhagen.  Von  A.  von  Klein  . 
Die  Spechtmeise,  Sitta  europaea,  Haselnüsse  öffnend.  Von  E.  Co  ns  toi 
Breul  in  Frankfurt  a.  . . 

Benehmen  eines  Finken.  Von  Dr.  P.  Schiern  enez  in  Neapel  .  .  . 


VI 


Seite 


Ziehende  Kraniche  in  Begleitung  kleiner  Vögel.  Von  Dr.  W.  Kohelt  in 

Schwanheim . 

Über  den  Gartenschläfer.  Von  Harr  ach  in  St.  Goarshausen . 

Vorkommen  der  Hausratte,  Mus  rattus.  Von  A.  Schioltz  in  Hamburg. 
Vorkommen  der  Hausratte,  Mus  rattus.  Von  J.  Kelle r-Zschokke  in 

Olten  -  Schweiz . . 

Vorkommen  der  Hausratte,  Mus  rattus.  Von  0.  Edm.  Eifte  in  Hamburg 
Das  Gebläse  meines  Durchlüftungs -  Apparates.  Von  Dr.  Emil  Buck  in 

Konstanz . 

Insekten  auf  See.  Von  E.  Hartert  in  Frankfurt  a.  M . 

Ein  grönländischer  Edelfalk,  Falco  candicans,  auf  dem  atlantischen 

Ocean  gefangen.  Von  Dir.  Dr.  Bolau  in  Hamburg . 

Einige  Bemerkungen  über  chilenische  Reiher.  Von  Dr.  R.  A.  Philippi  in 

Santiago  .  _ . 

Die  Bambusratte,  Dactyloniijs  amhlyonyx.  Von  Dr.  Fritz  Müller  in 

Blumenau . 

Über  das  Gefangenleben  des  Iltis.  Von  Jean  Rein  einer  in  Wirtheira  . 
Aus  dem  Kopenhagener  zoologischen  Garten.  Von  A.  von  Klein.  .  . 

Zum  Kapitel  Hausratte.  Von  Eduard  Rüdiger  in  Darmstadt  .  .  .  . 

Ein  Kranichschwarm  im  Seebade  Misdroy.  Von  Prof.  Dr.  A.  Nehring  . 
Aus  dem  zoologischen  Garten  zu  Kopenhagen.  Von  A.  von  Klein  .  . 

Der  Schlammtaucher,  Pelodytes  punctatus  Daud.,  in  Spanien.  Von  A.  S  c  h  i  ö  1 1  z 
Die  Perleidechse,  Lacerta  ocellata  Daud.,  als  Glücksprophetin.  Von  A. 

Schiöttz  . 

Aus  dem  Nill’schen  zoologischen  Garten  in  Stuttgart . 


58 

59 

60 


60 

60 

92 

92 

93 

155 

155 

191 

218 

250 

286 

311 

376 

377 
377 


i 


IV.  Kleinere  Mitteilungen. 

Der  Siebenschläfer,  3Iyoxus glis,  in  Gefangenschaft.  Verhandlung  des  Sieben- 

bürgischen  Vereins  für  Naturwissenschaften . 29 

Geburten  im  Dresdener  zoologischen  Garten  im  Jahre  1890 — 91  ....  29 

Zur  Naturgeschichte  des  Tümmlers.  Nature . 30 

Ein  neuer  Maulwurf.  Von  dem  Herausgeber . 30 

Katzenzucht.  The  Field . 30 

Wildschweine  in  Preußen.  Der  Weidmann . 31 

Über  die  Laichzeit  des  Aales.  Von  F.  Zenk  in  Würzburg . 61 

Die  Zwergtrappe,  Otis  tetrax.  Ornitholog.  Jahrbuch . 62 

Die  Meharisten,  ein  Kamelreiterkorps.  Lokal-Anzeiger . 62 

Gcburtsliste  des  Leipziger  zoologischen  Gartens  für  1891 . 63 

Häufigkeit  der  Kreuzotter  in  den  Vorbergen  des  Riesengebirgs.  Von  Karl 

K  n  a  u  t  h  e . 63 

Fütterungsweise  einer  Hündin.  Von  0.  Edm.  Eiffe . 63 

Der  Puma,  Felis  concolor.  Nach  »Nature« . 94 

Eine  neue  Antilopenart,  Buhalis  Sivaynii.  The  Field . 94 

Wissenschaftlicher  Kongreß  in  Moskau.  Von  C.  Greve . 94 

Die  Schwarzamsel  im  mittleren  Livland.  Von  Oskar  von  Löwis  ...  9i 
Über  das  Blumeneintragen  des  Stares.  Von  dem  Herausgeber  .  .  .  95 


Eine  Henne  verschluckt  ein  5  Grammgewicht.  Berichte  des  naturw.-mediz. 

Vereins  in  Innsbruck . 95 


VIT 


Seite 

Größe  der  Wanderratte,  Von  0.  Edm.  Eiffe . .  9o 

Fuchs-Bastard.  Von  0.  Edm.  Eiffe . 

Die  Bassel  der  Klapperschlange,  Von  dem  Herausgeber . Iö6 

Heuschreckenplage  in  Australien.  Nach  »Nature« . 

Der  Hakengimpel,  Car_podacus  enucleator.  Von  Oskar  von  liöwis  .  .  . 

Der  Baumfalk,  Falco  suhhuteo.  Von  0,  Edm.  Eiffe . 1^8 

Eine  biologische  Station  an  der  Seeküste.  Nach  »Nature« . 1^8 

Die  Giraffen  in  dem  Londoner  zoologischen  Garten.  Von  dem  Herausgeber  lo9 

Kröten  durch  Fliegenmaden  getötet.  Zoologischer  Anzeiger . ^9 

Fuchsplage  in  Australien.  Nach  »Nature« . 

Studien  an  Giftschlangen.  Nach  »Nature« . 

Zur  Bekämpfung  der  Kaninchenplage  in  Australien.  Nach  »Nature«  .  .  220 

Tod  einer  Giraffe.  Von  Dr.  A.  Zippe rlen . 220 

Ein  Ei  des  Vogel  Ruck,  Äepyornis  maocima.  Von  dem  Herausgeber.  .  220 

Ceratodus  Forsteri.  Nach  »Nature« . 

Einführung  von  Renntieren  in  Alaska.  Nach  »Nature« . 222 

Der  Störfang  an  der  Ostseeküste.  Berliner  Tageblatt . 222 

Die  Tiere  des  Kopenhagener  zoologischen  Gartens.  Generalfortegneise  .  222 

Biologische  Anstalt  auf  Helgoland.  Von  dem  Her  au  sgeber .  ....  223 

Der  Salmfang  im  Rhein  bei  St.  Goarshausen.  St.  Goarer  Kreisblatt  .  .  223 

Nahrung  einer  Äskulapschlange,  Coluber  flavescens.  Von  dem  Her  ausgeber  250 
Kreuzottern  ohne  die  Zickzackbinde.  Von  dem  Herausgeber.  .  .  .  250 

Über  die  Walfischjagd,  welcher  der  Kaiser  auf  seiner  diesjährigen  Nord¬ 
landsfahrt  beigewohnt  hat.  Berliner  Tageblatt . .  .  250 

Der  Berliner  zoologische  Garten  als  Verpflegungsstation  für  das  Publikum. 

O 

Berliner  Tageblatt . 

Münzen  von  einem  Elefanten  verzehrt.  The  Field . 286 

Wolfsjagden  in  Frankreich.  Der  Weidmann . 287 

Mittel  gegen  den  Biß  der  Kreuzotter.  Westfalens  Tierleben . 287 

Raubtiere  in  Bosnien.  Von  D.  Gronen . .  .  311 

Hamster  in  Thüringen.  Jahresbericht  d.  ornitholog.  Beobachtungsstationen 

im  Königreich  Sachsen . 

Tierwanderungen,  der  Nahrung  wegen.  Von  D.  Gronen  ......  312 

Ein  Reh  mit  5  Zehen  an  den  Vorderfüßen.  Abhcll.  der  Naturhistor.  Gesell¬ 
schaft  in  Nürnberg . 

Der  Rheinische  Fischerei -Verein.  Von  D.  Gronen . ol4 

Biologische  Meeresstation  in  Bergen.  Von  dem  Herausgeber  ....  314 

Hausschlangen  in  Brasilien.  Von  D.  Gronen . .  315 

Die  nordische  Wühlratte,  Arvicolaratticeps,  in  Deutschland.  Naturwissensch. 

Wochenschrift . . . 

Das  Kamel  in  der  südrussischen  Landwirtschaft.  Von  D.  Gronen.  .  .  316 
Schmarotzer  der  Krontaube.  Verhandl.  der  k.  k.  zool.-botan.  Gesellschaft 

in  Wien . . ‘  ‘  qI? 

Der  Kaiman,  Alligator  mississipiensis.  Von  D.  Gronen.  . . 3  7 

Die  Hausratte,  Mus  rattus.  Verhandl.  d.  naturhistor.  Vereins  der  preuß. 

Rheinlande  und  Westfalens . . 

Eine  schädliche  Meeresassel,  Limnoria  terebrans.  Von  D.  Gronen  .  .  .  318 
Ein  listiger  Haushahu.  Von  Ed.  Rüdiger . 318 


Vllt  — 

Seite 

Bienelizucht  am  Viktoria-Nyansa.  Von  D,  Gronen . 319 

Ausfischung  des  Woogs  bei  Darmstadt.  Von  E.  Rüdiger . 379 

Der  kleine  Taucher,  Podiceps  minor,  in  Luxemburg.  Von  dem  Herausgeber  379 

Geburten  im  Dresdner  zoologischen  Garten  im  Jahre  1891/92  .  38o 

Acipenser  von  Jul.  Hochstetter . 380 

V,  Litteratur. 

Naturgeschichte  der  deutschen  Vögel  von  D.  G.  Friderich.  4.  Auflage.  Von 

dem  Herausgeber .  31 

Brehms  Tierleben.  3.  Auflage.  3.  Band,  die  Vögel  von  Prof.  Dr,  Pechuel- 

Loesche.  Von  dem  Herausgeber .  32 

Systematische  Übersicht  der  Vögel  Bayerns  von  Andr.  Joh.  Jäckel;  heraus¬ 
gegeben  von  Prof.  Dr.  Blasius.  Von  dem  Herausgeber .  64 

Les  oiseaux  hybrides,  rencontres  ä  l’etat  sauvage  par  A.  Suchetet  I.  Les 

Gallinace'es.  Von  dem  Herausgeber .  64 

Das  Leben  des  europäischen  Kuckucks  von  Dr.  A.  C.  E.  Baldamus.  Von 

dem  Herausgeber . 96 

Brehms  Tierleben,  3.  Auflage.  Die  Kriechtiere  und  Lurche  von  Prof.  Dr. 

0.  Böttger.  Von  dem  Herausgeber . 128 

Wandtafeln  für  den  naturgeschichtlichen  Unterricht  von  H.  Jung,  G.  v.  Koch 

und  F.  Quenteil.  Von  dem  Herausgeber . 159 

Pflanzengallen  und  Gallentiere  von  Dr.  Karl  Eckstein.  Von  dem  Heraus¬ 
geber  . 160 

Bechholds  Handlexikon  der  Naturwissenschaften  und  der  Medizin  von  A. 

Velde,  Dr.  Schauf,  Dr.  Löwenthal  und  Dr.  Bechhold.  Von  dem 

Herausgeber . 192 

Die  Sinne  und  Sinnesorgane  der  niederen  Tiere  von  E.  Jourdan.  Übersetzt 

von  W.  Marshall.  Von  dem  Herausgeber . 192 

Bilder  aus  dem  Naturleben  von  W.  v.  Reichenau.  Von  dem  Herausgeber  .  223 

Katechismus  für  Aquarienliebhaber  von  Wilh.  Geyer.  Von  dem  Heraus¬ 
geber...  . 224 

Westfalens  Tierleben.  3.  Band.  Die  Reptilien,  Amphibien  und  Fische  von 

Prof.  Dr.  Landois.  Von  dem  Herausgeber . 255 

Die  geographische  Verbreitung  der  Tiere  von  E.  B.  Trouessart.  Übersetzt 

von  W.  Marshall.  Von  dem  Herausgeber . .  .  287 

Brehms  Tierleben.  3.  Auflage.  Die  Fische  von  Dr.  Wilh.  Haacke  und  Prof. 

Dr.  Pechuel-Loesche.  Von  dem  Herausgeber . 288 

Die  nordamerikanische  Vogel  weit  von  Heinrich  Nehrling.  Von  dem  Heraus¬ 
geber  . 319 

VI.  Jahresbericht  der  ornithologischen  Beobachtungsstationen  im  Königreich 

Sachsen  von  A.  B.  Meyer  und  F.  Helm.  Von  dem  Herausgeber  .  320 

YI. 

Eingegangene  Beiträge  ....  32.  96.  160.  224.  256.  288.  320.  380 

Bücher  und  Zeitschriften  ...  32.  96.  128.  160.  224.  256.  288.  320 


Zeitsclirift'  ^ 


für 


UN!mi 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll- 
Verlag  von  M a h ]  a u  &  W^al  d  sch  midt  in  hrankfnrt  a.  M. 


No.  ]. 


XXXIII.  Jahrgang. 


Januar  1892. 


I  II  li  a  1 

Blaufarbiger  Wasser frosoh;  Leuchtflecke ii  der  Ellritze;  von  ?’• 
nische  Wildschweine  des  Berliner  zoologischen  Gartens  (wahrscheinlich  Sus  longuoüi  is  Nehrmg), 
von  Prof  Dr  A  N  e  h  r  i  n  £•  in  Berlin.  —  Der  Wasserstar,  6'jwdMs  in  sepem  De- 

fangenlehen;'von  Ernst  Perzi na,  Wien.  -  Ein  Zug  Aale  auf  der  ^ 

von  L.  Buxbaum,  Raunheim  a.  Main.  -  Das  Vivarium  Wien;  von  Di.  Franz  We^ne^. 
—  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  -  Litteratur.  —  Eiiigegangene  BeitraoC. 
Bücher  und  Zeitschriften. 


Blaufarbiger  Wasserfrosch;  Leuchtflecken  der  Ellritze. 

Von  F.  Leydig. 


Bei  unserer  Manci  esculenta  kann  die  Grundfarbe  dei  Rückeu- 
fläche  aus  reiuem  Grün  sich  abstufeu  iu  Hellgrüugelb  bis  Dunkel¬ 
olivengrün;  sie  kaun  auch  übergehen  in  bräunliche  Tinten  vei- 
schiedeuen  Grades.  Alle  diese  Abänderungen  finden  genaue  Berück¬ 
sichtigung  in  einer  neuen  Schrift  Bedriaga’s,  wobei  der  Verfasset 
auch  ""eines  »Bläulichgrün«  oder  »Bläulichgraugrün«  gedenkt,  das  hin 
und  wieder,  namentlich  in  der  Gegend  der  «A  ertebrallinie«  vor¬ 
komme,*)  welchen  Farbenton ,  nebenbei  bemerkt,  auch  ich  schon 
augetroffen  habe.  Indessen  gibt  es  —  und  dies  bildet  den  einen 
Gegenstand  der  vorliegenden  Mitteilung  —  auch  Tiere,  deren  ganze 
Rückeufläche  ein  entschiedenes  Blau  zeigt.  Dem  russischen  Herpe- 
tologeu,  obschon  ihm  sicher  viele  Exemplare  durch  die  Hände  ge¬ 
gangen  sind,  scheint  ein  derartig  gefärbter  Wasserfrosch  nicht  vor 
die  Augen  gekommen  zu  sein,  wie  ich  denn  selber,  trotz  vielen  Be- 
obachteus  im  Freien,  lange  Zeit  in  derselben  Lage  gewesen  bin. 

*)  ßedriaga,  v.,  Die  Liu-chfauna  Europas.  I,  Auura,  Frosch Inrche, 
Moskau  1891. 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXllI,  1892. 


Erst  beinahe  ein  Jahrzehnt  nach  der  Herausgabe  'der  Schrift 
über  die  anuren  Batrachier  besuchte  ich  Ende  Mai  1880  den  »Kreuz¬ 
berger-Pütz«,  einen  wahrscheiulich  sehr  alten  Quelleuteich  am  west¬ 
lichen  Abhang  des  Kreuzberges  bei  Bonn  und  stielß  dort  auf  ein 
junges,  etwa  zweijähriges  Individuum  von  Mana  esculenta,  das  sofort 
durch  seine  himmelblaue  Farbe  den  Blick  auf  sich  ziehen  mußte. 
Das  Nachsuchen  nach  vielleicht  weiteren,  ebenso  gefärbten  Stücken  war 
vergebens;  alle  übrigen  Wasserfrösche,  welche  sich  im  Grase  oder  im 
Teich  selber  herumtrieben,  besaßen  das  gewöhnliche  gelbgrüne  Kleid,*) 

Drei  Jahre  darnach,  Ende  Mai  1889,  erhielt  ich  durch  Herrn 
D  o  ugla  ß,  damals  Studierender  in  Karlsruhe,  die  briefliche  Nachricht, 
daß  er  in  einem  umschatteten  Tümpel  der  dortigen  Rheinwalduugen, 
»sonderbar  bläulich  gefärbte«  Tiere  von  Rana  esculenta  angetroffen 
habe.  Meine  Bitte,  einige  dieser  Frösche  in  lebendem  Zustande  au 
mich  gelangen  zu  lassen,  erfüllte  der  mit  den  heimischen  Amphibien 
wohl  vertraute  junge  Naturforscher**)  damit,  daß  er  eine  An¬ 
zahl  der  blauen  Frösche  einschickte,  welche  ich  alsdann  einige  Zeit 
zur  Beobachtung  hielt. 

Die  Farbe  dieser  aus  der  mitlleren  Rheiuebene  stammenden 
Tiere  war  das  gleiche  Blau  wie  jenes,  welches  der  von  mir  am 
Niederrhein  gefundene  Frosch  gezeigt  hatte.  Bei  deu  in  einem  nörd¬ 
lich  gelegenen  Zimmer  untergebrachten  Tieren  hob  sich,  nach  wech¬ 
selnder  Temperatur,  die  Farbe  au  manchen  Tagen  mehr  ins  Hell¬ 
blaue,  ein  andermal  ging  sie  zu  Dunkelblau  herab:  immer  aber 
stachen  die  Frösche  durch  ihr  Farbenkleid  sehr  ab  von  den  trleich- 

O 

falls  mitgeschickten  gelblichgrüuen  Individuen,  welche  derselben 
Örtlichkeit  entnommen  gewesen  waren. 

lu  dem  oben  genannten  »Kreuzberger  Pütz«  wurde  von  mir  etwa  ein 
halbes  Dutzend  (weibl.  und  männl.)  des  schönen  Triton  marnioratus,  welchen 
mir  seiner  Zeit  Herr  Lat  aste  verehrt  hatte,  und  nachdem  ich  das  Tier  gegen 
drei  Jahre  lang  im  Zimmer  gepflegt,  ausgesetzt.  Bei  späteren  Nachforschungen 
ist  davon  keine  Spur  mehr  zu  bemerken  gewesen.  Sollte  aber  doch  noch  ein¬ 
mal  dort  der  genannte  südwesteuropäische  Molch  zum  Vorschein  kommen,  so 
wird  man  durch  gegenwärtige  Anzeige  wissen,  wie  man  deu  Fund  zu  beur¬ 
teilen  hätte. 

:!-■*)  Vergl.  G.  II.  Douglafä,  der  Moorfrosch,  Jiana  arvaZLs,  bei  Karlsruhe, 
Zool.  Garten,  1889.  Der  Autor  verbessert  dabei  gelegentlich  die  unrichtige 
Stellung  der  Figur  V,  anstatt  A  womit  ich  die  Nackenzeichnuug  in  dem  Buche: 
Anure  Batrachier  der  deutschen  Fauna,  1877,  S.  129  versinnlicht  hatte.  Indessen 
wird  wohl  jeder,  welcher  das  Tier  und  die  Beschreibung  zugleich  vor  sich 
hat,  leicht  erkennen,  dafs  die  verkehrte  Stellung  der  Figur  eiu  Schreib-  oder 
Druckfehler  sein  müsse. 


Herr  Douglaß  teilte  mir  auch  mit,  daß  die  Rana  esculenta 
von  blauer  Farbe  uur  au  gauz  bestimmten  Plätzen  der  Khein- 
walduugen  vorkomme  und  bei  allen  Witterungsverhältnisseu  die 
eigentümliche  Farbe  behalte.  Die  Mehrzahl  bestände  aus  Weibchen, 
doch  käme  die  besondere  Farbe  auch  beim  männlichen  Geschlecht 
vor,  wie  denn  auch  in  der  mir  übermittelten  Sendung  neben  den 
Weibchen  ein  blaues  Männchen  sich  befand. 

Als  es  mir  aufing  beschwerlich  zu  werden,  genügende  Nahrung 
für  die  Gefangenen  herbeizuschaffen,  beschloß  ich  sie  in  das  Bassin 
des  hiesigen  (Würzburger)  botanischen  Gartens  frei  zu  lassen,  und 
indem  ich  dies  ansführte,  trat  bezüglich  der  Farbe  eine  überraschende 
Erscheinung  auf. 

Die  Frösche  waren  au  jenem  Tage  im  Zimmer  von  sattblauem 
Farbenton  gewesen  und  wurden  im  doppelten  Dunkel  eines  Säck¬ 
chens  und  der  Rocktasche  in  den  Garten  getragen.  Das  Wasser¬ 
becken  des .  letzteren  befindet  sich  an  der  Sommerseite,  liegt  offen 
und  unbeschattet.  Wie  nun  —  es  war  mittags  bei  hoher  Sonne 
und  heißer  Luft  —  auf  die  aus  dem  Dunkel  hervorgeholteu  Frösche 
Licht  und  Wärme  plötzlich  eiuwirkten,  änderte  sich  auch  die  Farbe 
gleich  plötzlich  um:  die  den  Augenblick  zuvor  dunkelblauen 
Tiere  wurden  mit  einem  Schlage  weiß,  welches  Aussehen  aber 
bald  wieder  in  bläulichweiß  überging. 

Diese  Wahrnehmung  schließt  an  das  au,  was  ich  vor  längerem 
an  jungen  Tieren,  ebenfalls  der  Rana  esculenta,  zu  beobachten  Ge¬ 
legenheit  hatte.*)  Auch  damals  gerieten  die  dunkeln  Flecken  der 
Schenkelhaut  in  eine  so  rasche  Thätigkeit,  daß  man  an  das  Farbeu- 
spiel  eines  Cephalopoden  erinnert  werden  konnte;  zuerst,  unter  Be¬ 
sichtigung  mit  der  Lupe,  groß  und  von  mattem  Aussehen,  zogen 
sich  die  Flecken  bei  den,  während  der  Nacht  im  Dunkel  einer  Blech¬ 
kapsel  auf  bewahrten  Fröschcheu  fast  plötzlich  zu  sattdunkelbraunen, 
um  die  Hälfte  und  mehr  sich  verkleinernden  Tupfen  zusammen. 
Und  dieser  Vorgang  folgte  genau  soweit,  als  die  durch  den  Fenster¬ 
spalt  eiufallende  Morgensonne  die  Farbzellen  erreichen  konnte. 

Um  noch  einmal  auf  das  Blau  des  gegenwärtigen  Falles  zurück¬ 
zukommen,  so  beruhte  die  Entstehung  desselben  offenbar  darauf,  daß 
individuell  und  wahrscheinlich  unter  dem  Einfluss  der  Örtlichkeit 
die  Menge  der  dunkeln  Chromatophoren  in  der  Haut  eine 

*)  Allgenieiiie  Becleckuugen  der  Amphibien,  Arch.  f.  mikr.  Anat.'  1876, 
Sonderausgabe  S.  64. 


4 


sehr  große  war,  so  daß  sie,  als  Ganzes,  eine  schwärzliche,  zusammen¬ 
hängende  Schicht  erzeugten.  Indem  nun  dieses  Schwarz  von  dem 
»trüben  Mittel«  des  Bindegewebes  und  der  Epidermis  überlagert  wird, 
trat  das  Blau  hervor.  In  ähnlicher  Weise  erscheint  die  Haut  des 
Laubfrosches  (Hyla),  vom  frischen  Tier  abgezogen  und  von  innen 
angesehen,  ebenfalls  blau  und  gerade  dieser  Farbenton  stimmt  mit 
dem  Blau  der  Rana  esculenta  überein. 

Weiterer  Beobachtung  mag  es  empfohlen  sein,  auszumitteln, 
ob  der  vom  obigen  Blau  verschiedene  »blaue  Reif«  auch  bei  Rana 
esculenta  vorkommt,  was  Thomas  zwar  schon  vor  Jahren  angfeffeben 
hat,  ohne  dass  es,  so  viel  ich  weiß,  bisher  bestätigt  wurde.  *)  Mir  selber 
ist  der  »blaue  Reif«  bisher  nur  von  unseren  braunen  Fröschen  bekannt 
und  ich  habe  über  die  Art  wie  er  entsteht  die  ersten  Aufschlüsse 
zu  geben  mich  bemüht,  hergenommen  aus  dem  Studium  der  Haut¬ 
struktur  und  den  Erscheinungen  im  Leben.  **) 

Im  Juli  vorigen  Jahres  habe  ich  mir  aus  der  Tauber  eine  An¬ 
zahl  Ellritzen,  Rhoxinus  laevis,  beschafft,  um  mich  über  Angaben 
in  einer  Mitteilung  zu  unterrichten,  welche  Kner  vor  mehr  als  dreißig 
Jahren  gemacht  hat.  Mir  ist  davon  nur  das  Wenige  zugängig,  was 
die  Zeitschrift  »Heimat«  von  Roßmäßler,  1859,  aus  der  mir  un¬ 
bekannten  »Allgemeinen  Zeitung  für  Wissenschaften«  gebracht  hat; 
in  dem  von  Kner  in  Verbindung  mit  He  ekel  herausgegebenen 
Werk:  »Die  Süßwasserfische  der  österreichischen  Monarchie«,  1858, 
steht  nichts  von  der  Sache.  Vergeblich  suche  ich  auch  sonst  irgend 
eine  andere  bestätigende  oder  widerlegende  Notiz. 

Der  genannte  Ichthyologe  berichtet,  daß  man  im  Sommer  und 
Herbst  Ellritzen,  welche  in  einem  Brunnen  lebten,  leuchten  sah. 
Die  Erscheinung  des  Leuchtens  ging  bei  den  einen  Tieren  von  vier, 
bei  anderen  von  sechs  Punkten  aus  und  zwar  jederseits  von  der 
Gegend  über  der  Kiemenspalte  und  von  der  Basis  der  Brust-  und  Bauch¬ 
flossen.  Namentlich  in  der  wärmeren  Jahreszeit  und  bei  älteren 

'  *)  Soeben  erscheint  ein  »Vortrag  über  die  Krieclitierfauna  Tunesiens, 

von  Alex,  König«  (Sitzungsberichte  der  niederrheinischen  Gesellschaft  für 
Natur-  und  Heilkunde  in  Bonn,  11.  Jan.  1892),  in  welchem  außer  vielen  andern 
interessanten  Dingen  auch  mitgeteilt  wird,  daß  in  den  Wasserlachen  bei  Tunis 
sich  prächtige  Frösche,  Bana  esculenta  (var.  ridihunda  Pall.,  Lastastei  Cam.) 
tummeln,  »in  wunderbaren  Farbennuancen,  bald  intensiv  grün  mit  schwarzen 
Flecken,  bald  wie  mit  bläulichem  Duft  überzogen«.  Damit  hat  also  die 
Thomas 'sehe  Angabe  Beseitigung  gefunden. 

**)  Anure  Batrachier  der  deutschen  Fauna,  1877,  S.  121.  —  Über  das 
Blau  in  der  Farbe  der  Tiere,  Zool.  Anz.  1885,  S.  754. 


5 


Fisclicheii  solle  das  Leuchteu  so  bedeutend  sein,  daß  es  selbst  bei 
Tage  wahrgeuommeu  werde;  zur  Zeit  des  Eintrittes  der  Wiuteibälte 
leuchteten  nur  wenige  Individuen  und  diese  bloß  schwach. 

Die  Ellritzen,  welche  mir  zur  Untersuchung  dienen  sollten, 
waren  über  Nacht  in  ein  weißes  Gefäß  gebracht  worden;  am  Moigen 
des  anderen  Tages  hatten  sie  sich  sehr  aufgehellt,  derart,  dals  am 
Kopf  die  Oberfläche  des  Gehirns:  Lobi  hemisphaerici,  die  schwach¬ 
rötliche  Zirbel,  die  Lobi  optici  deutlich  durchschimmerten;  auch  die 
Nasengruben  traten  an  der  hell  gewordenen  Schnauze  klar  hervor. 
An  der  Seite  des  Leibes  und  am  Rücken  hoben  sich  metallisch 
glänzende  Streifen  ab;  auf  dein  jetzt  hellen  Grunde  des  Rückens  er¬ 
schien  eine  annähernd  querbindige  Fleckeiizeichuung.  All  dieses  und 
was  sich  sonst  noch  beim  Übertragen  der  Fische  in  andere  Gefäße 
bezüglich  der  Farbeuveränderung  sehen  ließ,  stand  im  Einklang  mit 
den  alten  Beobachtungen  von  Stark*),  der  schon  die  Ellritze  als 
einen  der  Fische  bezeichnet  hat,  an  welchem  der  Farbenwechsel  sehr 


auffällig  sei  und  mit  anderen  Arten  zu  dem  von  ihm  zuerst  ausge¬ 
sprochenen  Satz  führte:  »Die  Farbe  der  Fische  richtet  sich  nach 

dem  Grunde,  worauf  sie  stehen.« 

Und  was  die  »Leuchtpuukte«  anbelangt,  so  ist  schon  fürs  freie 
Auge  klar,  daß  damit  nichts  anderes  gemeint  sein  kann  als  Partien 
des'^metallisch  glänzenden  Pigmentes.  Der  Leuchtfleck  am  Anfang 
des  Kiemendeckels  zeichnet  sich  hierbei  ganz  besonders  aus  durch  stark 
goldiges  oder  auch  silberiges  glitzerndes  Wesen**). 

Wendet  man  sich  der  mikroskopischen  Untersuchung  der  Haut  zu, 
so  unterscheiden  wir  unter  den  Chromatophoren  solche  mit  dunkel¬ 
körnigem,  mit  gelbem  und  ziegelrotem  Pigment;  diemetallisch  glän¬ 
zenden  Gegenden  zeigen  die  bekannten  irisierenden  Plättchen,  und  be¬ 
züglich  der  letzteren  Elemente  macht  sich  bemerklich,  daß  sie  gerade  an 
den  »Leuchtpunkten«  nicht  nur  in  dicker  Lage  zugegen  sind,  sondern 
daß  auch  die  Einzelflitterchen  hier  eine  bedeutende  Größe  haben. 

Faßt  mau  das  Gesagte  zusammen,  so  lassen  sich  die  Angaben 
bei  K  n  e  r,  welche  ich  für  ganz  richtig  halte,  wohl  erklären.  In 


*)  The  Edinburgh  new  philosophical  Journal,  1830.  Mir  liegt  nur  der  Auszug 

in  der  Zeitschrift  »Isis«  von  Oken,  1832,  S.  923,  vor. 

**)  Es  scheint,  dafi  auch  noch  bei  andern  Cyprinoiden  die  Gegend  über  der 
Wurzel  der  Kiemenspalte  dergestalt  reich  an  metallisch  glänzendem  Pigmente 
ist,  daß  sie  als  »Leuchtfleck«  angesprochen  werden  könnte.  Diese  Vermutung 
kommt  mir  bei  Betrachtung  des  brünstigen  Männchens  von  Bliodens  amarus, 
allwo  die  bezeichnete  Stelle  ebenfalls  ein  ungemein  lebhaftes  farbiges  Glitzern 


sehen  läßt. 


r>  — 


clei  Wäune  zogen  sich  die  dunklen  Chromatophoren,  welche  die  Leucht¬ 
flecken  umsäumen,  zurück  und  das  metallisch  glänzende  Pigment 
wirkte  aus  dem  Brunnen  heraus  in  voller  Kraft;  bei  kühler  Wit- 
tejuug  ließen  die  Chromatophoren  Fortsätze  austreten  und  überdeckten 

dadurch  das  metallisch  glänzende  Pigment. und  so  wich  das  »Leuchten« 
zurück. 

Hierbei  mochte  aber  noch  eine  weitere  Eigenschaft  der  Haut  in 
Beebnung  zu  bringen  sein. 

Daß  der  Wechsel  von  Hell  und  Dunkel,  sowie  der  gelblichbräun- 
hchcii  Tinten  aut  der  Beweglichkeit  der  mit  schwarzem  oder  anders 
tarbigem,  körnigem  Pigment  erfüllten  Chromatophoren  fußt,  braucht 
kaum  erwähnt  zu  werden  ;  hingegen  ist  darauf  hiuzuweisen,  daß  auch 
jene  plasmatische  oder  Zellsubstanz,  in  welcher  die  irisierenden,  den 
iMetallglanz  hervorrufenden  Flittercheii  liegen,  ebenfalls  von  kon¬ 
traktiler  Natur  ist*}.  Es  läßt  sich  wohl  denken,  daß  die  hierdurch 
veränderte  Stellung  und  Richtung  der  irisierenden  Plättchen  auf 

das  Sichsteigern  und  Abnehinen  des  Glanzes  der  Metallfarben 
einwirken  muß. 

solcheu  Annahme  fühlt  man  sich  auch  gedräunt,  wenn 
wir  absterhemle  Fische  aufmerksam  betrachten.  Idi  that  dies  uuter 
aiidenn  an  dem  mäiinlicheu,  bekanntlich  zur  Fri.l.jahrszeit  so  schön- 
arblgeu  Bitterling,  Eiiodeus  amarus.  Hier  nimmt  beim  Tode  vor 
iiusern  Augen  das  prächtige  Irisieren,  namentlich  an  den  Seiten  des 
Leibes,  entschieden  zu  und  wird  maiiigfaltiger,  als  es  am  lebeiisfrischen 
lere  gesehen  wird.  Die  Erklärung  hierfür  kann  nur  darin  gesucht 
werden,  daß  die  kry.stalliuisclieu  Plättchen  innerhalb  des  kontraktilen 
asma  sich  verschieben,  möglicherweise  zusaniiiienrückeu  und  wieder 
auseiuaiider  weichen  und  damit  den  Glanz  und  Schimmer  verändern 
ße.  der  besagten  Erscheinung  mag  es  sich  überhaupt  um  ein  letztes 
Zucke^cr  Zellsubstaiiz  au  der  Peripherie  des  Körpers  handeln, 

a  J  '^®‘'®‘*®'‘'“’'“'(*"8«“«i'ieBedeckungeii  der  Amphibien,  1876,  Sonder- 
au  gab  S.  60)  war  mir  an  Batrachicr...  welche  in  Weingeist  abgeW.e  waren 
au  gefallen  daß  das  Netz,  welches  das  weifsliche,  guaniiihaltige  Pigment  ent 
halt,  Ve, Schiebungen  Ul  seiner  Lage  erführt,  so  daß  es  bei  dem  einen  ludividimm 
in  Hmsieht  auf  die  Ausbreitung  des  schwarze,,  Pigmentes,  höher,  bei  dem  au: 
deren  tiefer  hegt.  Schon  dieses  Verhalte.,  deutete  aut  Kontraktilität  des  Netzes 
hm.  Be,  spateren  Untei-suchnngen.  insbesondere  an  den  Larve.,  von  lalor 
kan,  bestimmt  zu  Jage,  daß  auch  die  das  hanisanie  Pigment  eiuschließende.: 
Zellen  die  Gestalt  verändern,  so  daß  sie  ans  der  strahligen  in  die  rundliche 

ß:s:\trr;:  iSr- 


7 


gleiclisam  um  ein  letztes  Aufflackern  des  Lebens^  was  an  gewissen 
Meerfiscben  nocli  in  höbereni  Grade  ein  schon  ini  Altertum  bewundeites 
Farbenspiel  über  die  Körperoberfläclie  des  sterbenden  Tieres  gleiten  läßt. 

Bezüglich  der  eigentlichen  Natur  des  Leuchteus  in  unserem 
Falle  geht  aus  dem  Bisherigen  als  etwas  Selbstverständliches  hervor, 
daß  dasselbe  nur  auf  reflektiertem  Lichte  beruht.  Die  Leuchtpunkte 
der  Ellritze,  wenn  sie  durch  Verhältnisse  der  Örtlichkeit,  eiufalleudes 
Licht  und  Temperatur  als  solche  sich  darstellen,  sind  auf  die  gleiche 
Liuie  mit  den  durch  ein  Tapetum  leuchtenden  Augen  und  den 
»augenähnlichen  Organen«  gew-tsser  Fische  zu  bringenO. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  noch  ins  Gedächtnis  zurückrufen,  daß 
vor  nun  gerade  huudert  Jahren  Goethe  über  eine  von  ihm  gemachte 
Beobachtung  Nachricht  gibt,  die  mir  das  genaue  Seiteustück  zu  der 
Kner’scheu  Mitteilung  zu  bilden  scheint  —  wahrscheinlich  sogar  bis 
auf  die  Fischart  herab. 

Mitten  in  der  Unruhe  des  Lagerlebeus,  während  des  Feldzuges 
nach  Frankreich,  immerfort  auf  das  »Phänomen  der  Farbe«  achtsam, 
sieht  Goethe  auf  einer  Wiese  einen  trichterförmigen  Erdfall,  ge¬ 
lullt  vom  reinsten  Quellwasser,  oben  von  etwa  dreißig  Fuß  im 
Durchmesser.  Kleine  Fische  lebten  in  dem  klaren  Wasser  und 
spielten  nach  ihren  Bewegungen  in  verschiedenen  Farben.  Die  Er¬ 
scheinung  wird  ihm  vollkommen  klar,  als  er  an  einer  Scherbe  Stein¬ 
gut,  welche  in  den  Trichter  gefallen  war,  ebenfalls  die  schönsten 
prismatischen  Farben  gewahrte  und  durch  Scherbenstücke,  die  er  selber 
hineinwarf,  bemerken  konnte,  daß  sie  zuletzt  als  kleine  weiße  Kör¬ 
per,  ganz  überfärbt  in  Gestalt  eines  Flämmchens  am  Boden  anlaugten. 
Schon  dem  Agricola  sei  die  Erscheinung  bekannt  gewesen  und 
letzterer  habe  s”ch  bewogen  gesehen,  sie  unter  die  »feurigenPhäuomeue« 
zu  rechnen.**) 

Zwei  javanische  Wildschweine  des  Berliner 
zoologischen  Gartens  (wahrscheinlich  Sus  longirostris  Nehring). 

Von  Prof.  Dr.  A.  Nehring  in  Berlin. 

Seit  vorigem  Winter  besitzt  der  Berliner  zoologische  Garten 
ein  Paar  javanische  Wildschweine,  welche  ein  specmlleres  Interesse 
verdienen.  Dieselben  wurden  im  Wege  des  Tierhandels  über  England 

*)  Vergl.  Leydig,  Pie  augenähnlichen  Organe  der  Fische.  1881,  S.  90  ff. 

**)  Göthe’s  Werke,  Ausgabe  letzter  Hand,  1829,  Bd.  XXX,  Campagne 
in  Frankreich,  S.  28. 


8 


bezoffeu  und  erregten  sofort  nach  ihrer  Ankunft  meine  besondere  Auf- 

o  o 

merksamkeit.  Auffallend  erschien  zunächst  ihre  schlanke  Figur, 
welche  im  Kreuz  höher  war  als  im  Widerrist,  auffallend  ihre  lebhaften, 
behenden  Bewegungen,  der  relativ  kurze,  fast  uiibehaarte  Schwanz, 
die  eigentümliche  Form  der  Ohren,  der  schmale  Kopf,  u.  a.  m, 

Herr  Direktor  Dr.  Heck  fragte  mich  um  meine  Ansicht  über 
die  Species,  welcher  die  beiden  Exemplare  ($  und  9)  a,ngehören 
möchten ;  doch  wagte  ich  zunächst  kein  bestimmtes  Urteil  über 
dieselben  zu  äußern.  Eine  nähere  Untersuchung  war  vorläufig  un¬ 
möglich,  da  sie  sehr  scheu  waren  und  sich  mit  Vorliebe  im  Stroh 
ihres  Aufenthaltsraumes  verbargen.  Erst  nach  Ostern  d.  J.,  als  die 
beiden  Tiere  aus  ihrem  Winterquartiere  (im  Elefantenhause)  in  das 
für  sie  bestimmte  Sommerlogis  gebracht  werden  sollten,  benutzte  ich 
auf  Einladung  des  Herrn  Direktors  Dr.  Heck  die  Gelegenheit,  um 
dieselben  näher  zu  untersuchen  und  namentlich  ihr  Lebensalter  fest¬ 
zustellen.  Man  fing  die  beiden  Schweine  mit  großen  Käschern  ein, 
und  ich  konnte  nun  genau  beobachten,  daß  sie  noch  das  Milcligebiß 
besaßen,  und  daß  insbesondere  die  Milchhakeu  und  die  äußeren 
Milchschneidezähne  noch  vorhanden,  also  noch  nicht  gewechselt  waren.*) 
Nach  Analogie  der  Gebißentwickelung  unseres  gemeinen  Wildschweines, 
welches  im  Alter  von  ca.  10 — 11  Monaten  die  Milchhaken  zu  wechseln 
pflegt,  konnte  ich  den  Schluß  ziehen,  daß  die  beiden  vorliegenden 
javanischen  Wildschweine  noch  jung  (und  zwar  sehr  wahrscheinlich 
unter  10  Monate  alt)  seien.  Hieraus  ergab  sich  der  weitere  Schluß,  daß 
sie  noch  keineswegs  ausgewachsen  und  ihre  Art-Charaktere  noch  nicht 
ausgebildet  seien.  Nach  den  Beobachtungen,  welche  ich  au  sonstigen 
Wildschwein  -  Species  augestellt  habe,  bilden  sich  die  specifischeu 
Charaktere  hauptsächlich  erst  im  Laufe  des  zweiten  und  dritten 
Lebensjahres,  und  zwar  am  deutlichsten  bei  den  m  ä  n  n  1  i  c  h  e  n 
Individuen,  heraus;  die  weiblichen  Individuen  zeigen  die  Species- 
Charaktere  weniger  ausgeprägt.  **) 

Die  beiden  javanischen  Wildschweine  vvurden  vorläufig  ver¬ 
mutungsweise  als  »Sus  vHtatus«  etikettiert,  wenngleich  manches 
gegen  die  Richtigkeit  dieser  Bestimmung  sprach. 

*)  Vergl.  meine  eingebeiulen  Untersuchungen  über  die  Gebißentwickelung 
dev  zahmen  und  wilden  Schweine  in  den  »Landwirtschaftlichen  Jahrbüchern«, 
herausgogeben  von  H.  Thiel,  1888,  p.  32  ff,  wo  die  im  Gebiß  hervortretenden 
Alterskennzeichen  der  Schweine  genau  besprochen  sind. 

**)  Dieses  gilt  ja  auch  von  vielen  anderen  Säugetier-,  sowie  von  zahl¬ 
reichen  Vogel- Gattungen. 


9 


Im  Laufe  des  Sommers  liat  sich  nun  mit  voller  Sicherheit 
heransgestellt,  daß  es  sich  nicht  um  Siis  vittatus  handelt,  sondern 
um  eine  Species,  welche  zu  der  mit  Gesichtswarzeu  versehenen  Gruppe 
südost-asiatischer  Wildschweiue  gehört.  Ich  beobachtete  gegen  Lude 
Juli  d.  J.,  daß  bei  dem  Männchen  unter  jedem  Auge  (in  der  Höhe 
des  Jochbogeus,  etwa  1  Zoll  vom  Auge  entfernt)  ein  deutlichei, 
scharfumgreuzter  Höcker  hervortrat,  und  daß  zugleich  ein  laugei, 
spitzzulaufeuder,  schwarzer  Backenbart  in  der  hinteren  Waugengegend 
sich  entwickelt  hatte.  Ich  konnte  zugleich  feststelleu,  daß  die 
Milchhaken  und  die  äußeren  Milch -Schneidezähne  inzwischen  ge¬ 
wechselt  waren.  Bei  dem  Weibchen  war  ein  entsprechender  Höckei 
unter  dem  Auge  nicht  zu  sehen;  dagegen  schien  der  An  taug  eines 

Backenbartes  erkennbar  zu  sein. 

Seit  Ende  Juli  habe  ich  die  beiden  Tiere  wiederholt  und  ein¬ 
gehend  beobachtet  und  bin  schließlich  zu  der  Ansicht  gekommeu, 
daß  sie  wahrscheinlich  zu  der  von  mir  1885  aufgestellten  Species: 
Sus  longirostris  welche  auf  Borneo  und  Java  vorkommt.* **))  Diese 

Art  ist  bisher  wesentlich  nur  dem  Schädel  nach  bekannt;  über  ihr  Außeres 
konnte  ich  nach  den  Angaben  Grabowskys,  der  das  Original-Exemplar 
in  Südost-Borneo  erlegt,  aber  die  Haut  nicht  mitgebiacht  hat,  nur 
mitteilen,  daß  der  betreffende  Keiler  »dunkel  behaart  war,  ähnlich 
unserem  europäischen  Wildschweiue,  und  zwei  warzenähnliche  Haut- 
falten  im  Gesicht  hatte.«  Hiernach  unterschied  Grabowsky  diese 


Art  mit  Bestimmtheit  von  einem  ebenfalls  erlegten  Keiler  des  Bart¬ 
schweins,  Siis  harhaüis,  den  er  sofort  richtig  bestimmte,  während  er 
den  Schädel  des  ersterwähnten  Keilers  (mit  leicht  verzeihlichem 
Irrtum)  unrichtig  als  »Sus  verrucosus«  etikettierte.  Ich  erkannte, 
als  ich  diesen  Schädel  erhielt,  sofort  mit  Sicheiheit,  daß  es  sich  nicht 
um  Sus  verrucosus  handeln  könne,  und  gelangte  schließlich  durch 
eingehende  Studien  zu  der  Ansicht,  daß  jener  Schädel  eine  neue 
Spe”cies  repräsentiere,  für  welche  ich  den  Namen  Sus  lovgirostris 
vorschlug.  Später  konnte  ich  nachweiseu,  daß  ein  Wildschwein  mit 
derselben  Schädelform  auch  auf  Java  vorkomine.  ) 

Von  manchen  Autoren,  z.  B.  von  Jentiiik  in  Leyden,***)  ist  diese 
neue  Species  freilich  bisher  mit  Zweifel  aufgenommen  worden,  aber 


*)  Vergl.  meiue  ausführliche  Arbeit  über  »Siis  celebensis  und  Verwandte«, 
Berlin  1889,  Verlag  von  Frieclländer  u.  S.,  wo  auch  meine  bezüglichen  älteren 

Publikationen  citiert  sind. 

**)  Siehe  »8hs  celebensis  und  Verwandte«,  p.  19. 

***)  On  the  inalayan  and  papuan  pigs  in  the  Leyden  Museum  in  den 

Notes  from  the  Leyden  Museum,  Bd.  XIII,  p.  94  f. 


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wie  ich  glaube,  ohne  genügenden  Grund.  Jetzt  scheint  ein  merk¬ 
würdiger  Zufall  zwei  hoffnungsvolle  Repräsentanten  derselben  von 
Java  nach  Berlin  geführt  zu  haben.  Ich  frage:  Welcher  Species 
dürfen  dieselben  zugerechuet  werden  ?  Von  Sus  vittatus  kann  gar 
keine  Rede  mehr  sein  !  Von  Sus  verrucosus  weichen  sie  ebenfalls 
wesentlich  ab.  Es  bleibt  also  nur  Sus  longirostris  übrig,*) 
falls  man  nicht  aunehmen  will,  daß  die  Tiere  sich  später  (etwa  im 
3.  oder  4.  Lebensjahre)  wesentlich  verändern  und  die  Charaktere 
von  Sus  verrucosus  annehmen  werden.  Letzteres  halte  ich  aber  für 
sehr  unwahrscheinlich ;  ich  schreibe  sie  vorläufig  meinem  Sus  longi¬ 
rostris  zu,  einer  Art,  die  in  vielen  Punkten  eine  mittlere  Stellung 
zwischen  Sus  verrucosus  und  Sus  harhatus  einuimmt. 

Ich  halte  es  für  zweckmäßig,  ihr  jetziges  Aussehen,  wie  ich  es 
heute  am  11.  Oktober  1891  beobachtet  habe,  hier  zu  beschreiben. 

Beide  Tiere  sind  im  Vergleich  zu  unserem  europäischen  Wild¬ 
schweine  schlank  gebaut  und  sehr  behende  in  ihren  Bewegungen. 
Die  Kreuzgegend  ist  konvex  gerundet  und  liegt  höher  als  das 
Widerrist.  Die  Behaarung  ist  am  Rumpfe  durchweg  sparsam,  so  daß 
die  rötlich-graue  Haut  fast  überall  durchscheint;  nur  der  Kopf,  der 
Kacken  und  die  unteren  Teile  der  Beine  sind  dichter  behaart.  Auf 
Stirn  und  Nacken  stehen  ziemlich  lauge,  dicht  gewachsene  Borsten. 
Der  Schwanz  ist  auffallend  kurz  und  fast  nackt;  doch  bin  ich  einiger- 
maßen  zweifelhaft,  ob  dieser  Zustand  ganz  normal  ist,  wenngleich 
er  bei  beiden  Exemplaren  gleichartig  erscheint.  Jedenfalls  kann 
Ich  konstatieren,  daß  die  Beschaffenheit  des  Schwanzes  sich  seit 
Ankunft  der  beiden  Tiere,  d.  h.  also  seit  ca.  9  Monaten,  nicht 
geändert  hat. 

Die  Farbe  der  Borsten  ist  auf  Stirn,  Nacken,  Rücken  und 
Flanken  meist  eine  schmutzig-gelbliche;  doch  stehen  einzelne  schwarze 
Borsten  dazwischen.  Die  Kehle  und  der  Bauch  sind  mit  weißen, 

*)  In  vielen  Punkten  gleichen  die  beiden  vorliegenden  javanischen  Wild¬ 
schweine  dem  Sus  mystaceus ,  einer  etwas  problematischen  Art,  welche 
Gray  1873  aufgestellt  hat.  (Vergl.  Ann.  and  Mag.  Nat.  Hist.,  1873,  Bd.  11, 
p.  436  und  Handlist  of  the  Edentate,  Thick-Skinned  and  Runiinant  Mammals, 
1873,  p.  62  nebst  Taf.  25  u.  26.)  Aber  in  einem  Hauptpunkte  ist  eine  Ver¬ 
schiedenheit  vorhanden:  nämlich  darin,  daß  Sus  inystaceiis  Gi'&j,  obgleich 
diese  Art  nach  einem  mindestens  2jährigen,  also  annähernd  ausgewachsenen 
Keiler  beschrieben  worden  ist,  keinen  Höcker  unter  dem  Auge  besitzt.  Dazu 
kommt,  dafs  es  nach  Gray  sehr  zweifelhaft  ist,  ob  jenes  Exemplar,  das  er  als 
Sus  mystaceus  beschrieben  hat,  wirklich  von  Java  herstammte;  seine  Heimat 
war  nicht  genau  bekannt. 


11 


ziemlich  weichen  Borstenhaaren  bewachsen.  Die  Beine  zeigen  eine 
kurze,  schwarze  Behaarung.  Die  Ohren  sind  sehr  schwach  behaart, 
beinahe  nackt;  in  Bezug  auf  die  Grobe  ähneln  sie  denen  des  euro¬ 
päischen  Wildschweins,  aber  sie  sind  von  abweichender,  mit  Worten 
schwer  au  beschreibender  Gestalt. 

Besonders  eigentümlich  ist  die  Form  und  Zeichnung  des  Kopfes. 
Derselbe  ist  sehr  lang  und  schmal,  was  namentlich  bei  dem  Männchen 
stark  hervortritt.  Die  Augeuspalte  setzt  sich  nach  vorn  in  einen  langen, 
schmalen  Schlitz  fort,  welcher  au  die  »Thränengruben«  der  Cervideu 
erinnert,  über  jedem  Auge  findet  sich  eii]  schmaler  Längsstrich 
von  weihen  Borsten.  Der  vordere  Teil  der  Schnauze  ist  schwarz  be¬ 
haart;  weiter  hinten  (etwa  in  der  Gegend  des  Mundwinkels)  zieht  sich  eine 
weißliche,  unregelmäßig  begrenzte  Querbinde  um  die  Schnauze  herum. 

Wie  schon  oben  erwähnt  wuirde,  hat  sich  bei  dem  Männchen  ein 
langer,  spitzer,  schw^arzer  Backenbart  auf  dem  hinteren  Teile  der  Wange 
und  ein  starker  warzenartiger  Höcker  unter  jedem  Auge  herausgebildet; 
bei  dem  Weibchen  fehlt  dieser  Höcker  bis  jetzt  und  der  Backenbart  ist 
nur  andeutungsweise  vorhanden.  Ich  betone  noch,  daß  der  Backenbart 
des  Männchen  von  ganz  anderer  Form  und  Farbe  ist,  als  bei  Susbarhatus. 
Ich  habe  vor  mehreren  Jahren  zwei  lebende,  weibliche  Bartschweine 
(aus  Borneo)  im  Haustiergarten  zu  Halle  a.  S.  gesehen  *)  und  kann 
behaupten,  daß  dieselben  in  vielen  wesentlichen  Punkten  von  dem 
vorliegenden  Weibchen  abweichen,  obgleich  sie  dem  Lebensalter  nach 
mit  letzterem  genau  harmonierten. 

Um  die  Identität  der  beiden  vorliegenden  javanischen  Wildschweine 
mit  meinem  Sus  longirostris  sicher  festzustelleu,  würden  allerdings 
erst  noch  Schädel-  und  Gebiß- Vergleichungen  nötig  sein,  welche 
•.  vorläufig  nicht  ausführbar  sind.  Hoffentlich  werden  die  beiden 
Tiere  auch  ferner  gut  gedeihen  und  vielleicht  gar  Nachkommenschaft 
erzielen.  Das  Männchen,  das  im  vorigen  Winter  nicht  viel  große 
war  als  das  Weibchen,  hat  inzwischen  letzteres  bedeutend  an  Größe 
überholt,  obgleich  es  durch  eine  starke  Verletzung  (Bruch  oder 
Verrenkung?)  des  rechten  Fußes,  in  der  Gegend  der  Fusswurzel, 
längere  Zeit  beeinträchtigt  wurde. 

Jedenfalls  besitzt  der  hiesige  zoologische  Garten  in  den  beiden 
Tieren  zwei  sehr  interessante  und  seltene  Objekte,  die  eine  sorgsame 
Pfletre  verdienen,  und  welche  hoffentlich  noch  recht  lauge  am  Leben 
bleiben  werden. 

Berlin,  den  11.  Oktober  1891. 

*)  Siehe  meine  Bemerkungen  in  *Sus  celebensis  und  Verwandte«,  p.  22. 


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Der  Wasserstar,  Cineliis  aqiiaticus,  in  seinem  (lefangeiileben. 

Von  Ernst  Perzina,  Wien. 


Zu  den  seltensten  Erscbeiimngeii  unserer  heimischen  Vogel  weit 
in  Gefangenschaft  gehört  der  Wasserstar,  und  doch  ist  er  ein  überaus 
anziehender  Gefangener,  dessen  Benehmen  ebenso  wie  in  der  Freiheit 
jeden  Beobachter  fesselt,  selbst  wenn  er  sein  eigenartiges  Treiben  im 
eng  begrenzten  Raume  des  Käfigs  nur  zum  Teile  zeigen  kann.  In 
einem  größeren,  übergitterteu  Raume,  welcher  mit  bald  seichterem, 
bald  tieferem  geräumigen  Wasserbecken,  mit  Steinen,  Baumstrünken, 
Höhlungen  etc.  ausgestattet  ist,  in  einem  Gewahrsam,  wie  ihn  die 
zoologischen  Gärten  unserem  Vogel  zur  Heimstätte  auweisen  könnten, 
würde  der  im  Freileben  meist  so  schwer  zu  Beobachtende  gewiß  alle 
seine  Tauch-  und  anderweitigen  Künste  zum  besten  geben  und 
zweifellos  würde,  wenn  in  solcher  Weise  uutergebracht,  der  Wasser¬ 
star  in  jedem  Tiergarten  einen  hervorragenden  Anziehungspunkt  für 
alle  Besucher  bilden. 

Trotz  dieses  anziehenden  Wesens  findet  man  den  Wasserstar  fa.st 
nie  im  Besitze  einer  zoologischen  Anstalt  oder  eines  Liebhabers,  denn 
er  gehört  zu  den  am  schwierig.st  an  die  Gefangenschaft  zu  gewöhnen¬ 
den  Vogelarten.  Wie  schwer  seine  Eingewöhnung  ist,  geht  wohl 
daraus  hervor,  daß  sich  viele  der  bedeutendesten  Vogelpfleger  vergeb¬ 
lich  an  dieser  versucht  haben;  so  schreibt  der  bekannte  Schweizer 
Ornithologe  Dr,  Girtan  n er  an  A.  E.  Brehm:  »Wasserschmätzer  zu 
erhalten  hat  mir  durchaus  nicht  gelingen  wollen.  Ich  hatte  deren 
vier  zusammen  in  einem  großen  Behälter.  Sie  fraßen  Mehlwürmer 
und  Ameiseneier  massenhaft,  sangen  schon  am  ersten  Tage,  badeten 
und  waren  guter  Dinge.  Aber  schon  nach  wenigen  Tagen  bemerkte 
ich  mit  Betrübnis,  daß  sie  zu  naß  und  nach  dem  Bade  nicht  so  bald 
wieder  trocken  wurden.  Das  wurde  schlimmer  von  Tag  zu  Tag,  und 
als  ich  einen  herausgenommen,  fand  ich  ihn,  wie  vermutet,  sehr  ab¬ 
gemagert,  trotz  alles  Fressens.  Selbstverständlich  liefert  unter  solchen 
Umständen  die  Bürzeldrüse  nicht  mehr  genug  Fett  für  die  Federn, 
diese  bleiben  länger  als  gut  ist  naß,  und  damit  ist  allen  möglichen, 
namentlich  aber  Erkältungskrankheiten  Thür  und  Thor  geöffnet. 
Meine  Gefangenen  starben  innerhalb  der  ersten  acht  Tage;  sie  fraßen 
und  sangen  bis  zum  letzten  Augenblick.« 

Nicht  besser,  oder  eigentlich  noch  viel  schlechter,  erging  es  mir  mit 
den  ersten  Versuchen  der  Eingewöhnung  unseres  Vogels,  denn  meine 


13 


Gefangener)  verweigerten  ausnahmslos  in  den  ersten  Tagen  jede  Nah¬ 
rungsaufnahme,  so  daß  ich  sie  tagelang  mühsam  stopfen  mußte,  bis 
sie  endlich  aus  freien  Stücken  wenigstens  Mehlwürmer  annahnien,  im  übri¬ 
gen  waren  sie  anfangs  wie  alle  Frischfänge  dieser  Art  unbändig  wild  und 
suchten  sich  stets  in  irgend  einer  Höhlung  zu  verbergen.  Bei  meinen 
ersten  Versuchen  richtete  ich  den  Wassersfcareu,  um  ihren  Gewohn¬ 
heiten  der  Freiheit  möglichst  zu  entsprechen,  einen  großen  Käfig  mit 
einem  geräumigen  Wasserbehälter,  Steinen,  Wurzelwerk  u.  s.  w.  ein, 
gab  in  das  Wasserbecken  Wasserinsekten,  selbst  kleine  Fische,  streute 
auch  frische  oder  getrocknete  Ameiseupuppen,  Mehlwürmer  hinein 
und  im  ganzen  Käfige  herum,  aber  trotz  aller  Sorgfalt  konnte  ich 
es  augenscheinlich  den  Vögeln  nicht  recht  machen,  denn  einer  wie 
der  andere  ging  unter  denselben,  ganz -merkwürdigen  Erscheinungen 
ein.  Wenn  ich  den  eben  erhaltenen  Vogel  in  diesen,  meiner  damaligen 
Ansicht  nach  so  entsprechend  eingerichteten  Käfig  setzte,  raunte  und 
flatterte  er  wie  toll  umher,  bis  er  sich  endlich  in  ein  Versteck,  unter 
einen  Wurzelstrunk  oder  dergl.  drückte;  glaubte  er  sich  unbe¬ 
obachtet,  so  verließ  er  diese  Deckung  und  begann  nach  einem  Auswege 
zu  suchen,  um  sich  aber  sofort  bei  einer  Annäherung  in  seinen 
Schlupfwinkel  zu  flüchten.  Selbständige  Nahrungsaufnahme  fand  trotz 
der  verlockendsten  umhergestreuteu  Leckerbissen  nie  statt  und,  wie 
bereits  erwähnt,  mußte  die  Ernährung  durch  gewaltsames  Einstopfen 
vorgenommen  werden.  Dies  scheint  für  kurze  ^eit  dem  Vogel  keinen 
Schaden  zu  machen,  denn  fünf  bis  sieben  Tage  laug  waren  diese 
Gefangenen  alle  recht  gut  bei  Leibe.  So  lange  sie  dies  waieu,  zeigten 
sie  sich  stürmisch  wild  und  dachten  weder  an  fressen,  singen,  noch 
baden,  doch  bemerkte  ich  stets  scdion  am  ersten  Tage,  daß,  wenn 
sie  bei  ihrem  Herumtoben  in  das  Wasserbehältnis  gerieten,  sie  stark 
naß  und  verhältnismäßig  nur  sehr  langsam  wieder  trocken  wurden. 
Eines  Tages  begannen  daun  stets  plötzlich  mit  einem  wahren  Hei߬ 
hunger  die  Vögel  selbständig  zu  fressen,  aber  nie  etwas  audei'es  als 
Insekten,  Mehlwürmer  und  allenfalls  noch  frische  Ameisen  puppen, 
und  von  diesem  Momente  au  war  auch  ihr  ganzes  Benehmen  regel¬ 
mäßig  wie  mit  einem  Schlage  umgewandelt;  die  stürmische  Scheu 
machte  einer  geradezu  aufdringlichen  Zahmheit  Platz,  der  Gesang 
wurde  aufgenommen  und  im  Übermaße  gebadet.  Die  Wasserschmätzer 
waren  in  diesem  Stadium  fast  den  ganzen  Tag  naß,  doch  glaubte  ich 
damals  darauf  kein  weiteres  Gewicht  legen  zu  müssen,  denn  sie  saugen 
ja  so  eifrig,  und  der  Gesang  ist  ja  sonst  bei  jedem  Vogel  —  mit 
der  mir  schon  damals  bekannten  Ausnahme  des  Zaunkönigs  unter 


14 


gewissen  Umständen  —  ein  Zeichen  von  Wohlbefinden  oder  doch 
wenigstens  der  Gesundheit. 

Bald  mußte  ich  aber  zu  meinem  Schrecken  sehen,  daß  die 
Vögel  trotz  allen  Fressens  immer  mehr  verfielen,  sehr  rasch  ab¬ 
magerten  und  schließlich,  oft  noch  singend,  wenn  sie  sich  schon 
kaum  mehr  auf  den  Füßen  halten  konnten,  eingingen.  Zunächst 
schob  ich  nun  die  Schuld  darauf,  daß  die  Mehlwürmer  und  Ameisen¬ 
puppen,  welche  die  Vögel  ja  nur  selbständig  annahmen,  zu  deren 
Ernährung  zu  wenig  seien,  und  versuchte  es,  sie  nebenbei  mit  rohem 
Riudsherz  zu  stopfen ;  damit  erzielte  ich  insofern  ein  günstiges  Re¬ 
sultat,  indem  es  mir  nun  gelang,  die  Schmätzer  statt  10 — 12  Tage 
im  günstigsten  Falle  14 — 16  zu  erhalten,  ein  weiteres  Resultat  war 
aber  auch  da  nicht  zu  erreichen,  und  endlich  gab  ich  es  ärgerlich 
über  die  so  mühsamen  und  in  anbetracht  der  Masse  vertilgter  Mehl¬ 
würmer  etc.  und  des  verhältnismäßig  hohen  Preises,  welchen  ich  dem 
Fänger  für  das  unbeschädigt  eingelieferte  Tier  bezahlen  mußte,  auch 
ziemlich  kostspieligen  Versuche  auf,  umso  mehr,  als  mir  die  erfah¬ 
rensten  Vogelpfleger  versicherten,  daß  ich  mit  Altgefangeneu  nie 
bessere  Resultate  erzielen  würde.  Nun  verlegte  ich  mich  auf  das 
Aufpäppeln  von  Jungen.  Diese  gediehen  ganz  prächtig,  aber  drei 
bis  längstens  vier  Monate  nach  ihrem  Selbständigwerden  gingen  die 
überaus  liebenswürdigen  Tiere  unter  fürchterlichen,  sich  erst  verein¬ 
zelt,  bald  aber  in  rascher  Reihenfolge  wiederholenden  Krämpfen  ein. 
Da  im  selben  Jahre  noch  ein  und  in  den  letzten  Jahren  zwei  andere 
Liebhaber  mit  sehr  gut  aufgezogenen,  kräftigen  Wasserstaren  dieselbe 
Erfahrung  machen  mußten,  so  möchte  ich  fast  glauben,  daß  alle 
künstlich  Aufgepäppelteu  dieser  Art  dem  gleichen  Verhängnisse  zum 
Opfer  fallen ;  vielleicht  weil  bei  ihrer  Aufzucht  irgend  ein  notwen¬ 
diger  Futterstoff,  weil  uns  unbekannt,  mangelt.  Nebenbei  möchte 
ich  bemerkeu,  daß  derartig  aufgezogene  Wasserstare  wohl  durch  ihr 
ungemein  kluges,  zutrauliches  Wesen  erfreuen,  im  Benehmen  jedoch 
nur  ein  schwaches  Abbild  von  der  zierlichen  Regsamkeit,  der  nimmer 
müden  Beweglichkeit  eingewöhnter  Altgefangener  geben,  auch  zeigten 
sie  trotz  aller  Zahmheit  nie  jenes  für  den  Altfang  so  charakteristische, 
den  Beschauer  so  ungemein  anmutende  Ansiugen  ihres  Pflegers  oder 
ihnen  auffallender  Tiere,  auf  welches  ich  noch  später  zurückkommeu 
werde,  möglicherweise  deswegen,  weil  dieses  von  jedem  alt  gefangenen 
und  gezähmten  Männchen  gezeigte  Benehmen  in  geschlechtlichen  Re¬ 
gungen  seine  Ursache  hat  und  solche  bei  den  jungen  Tieren  sich 
noch  nicht  merklich  machten. 


15 


Ich  kann  sagen,  daß  ich  mich,  nachdem  auch  die  auferzogenen 
Wasserstare  eingegaugeu  waren,  zu  der  Ansicht  hinneigte,  daß  diese 
Art  in  Gefangenschaft  überhaupt  nicht  zu  erhalten  sei,  zur  selben 
Ansicht,  die  vor  mir  schon  so  viele  Vogelpfleger  ausgesprochen  haben! 
Nun,  ich  sollte  mich  in  der  Folge  überzeugen,  daß  diese  Ansicht  eine 
irrige,  daß  es,  wenn  allerdings  auch  sehr  mühevoll,  doch  bei  richtiger 
Behandlung  fast  regelmäßig  die  Eingewöhnung  und  dann  die  dau¬ 
ernde  Erhaltung  ohne  besondere  Schwierigkeiten  möglich  sei.  Wenn 
dies  bis  dahin  nicht  gelungen  war,  so  lag  dies  au  der  Behandlung 
der  Frischfänge,  nicht  trotzdem,  sondern  gerade  weil  man  diese  mög¬ 
lichst  naturgemäß  gestalten  zu  müssen  glaubte  und  hierzu  bei  dem 
Wasserfreunde  es  natürlich  und  notwendig  hielt,  diesem  das  vertraute 
Element  so  viel  wie  möglich  zugänglich  zu  machen. 

Als  ich  vor  einigen  Jahren  Versuche  mit  der  Eingewöhnung 
alt  gefangener  Eisvögel  begann,  welche  nebenbei  bemerkt  bald  fast 
regelmäßig  gelangen,  machte  ich  an  diesen  die  Beobachtung,  daß, 
während  der  gesunde  und  vollkräftige  Vogel  nie  eigentlich  naß  wird, 
da  das  Wasser  au  seinen  Federn  nicht  haften  bleibt,  bei  dem  gering¬ 
sten  Unwohlsein  diese  Wasserfeste  des  Gefieders  schwand  und  der 
Vogel  beim  Tauchen  ebenso  naß  wurde  wie  irgend  ein  Singvogel, 
wenn  er  dies  versuchen  wollte.  Ich  sah  bald,  daß  um  dieses  Ubel- 
befinden  hervorzurufen,  eine  starke  Aufregung,  wie  das  Herausfangeu 
aus  dem  Käfige  etc.  genügte,  daß  die  Frischfänge  unmittelbar  nach 
ihrer  Einlieferung,  wenn  ihnen  Gßlegenheit,  dem  Wasser  nahe  zu 
kommen  geboten  war,  regelmäßig  naß  wurden,  während  sie  etwa 
3 — 4  Stunden  später,  wenn  sie  sich  beruhigt  hatten  und  sonst  gesund 
waren,  selbst  hei  starkem  Tauchen  ganz  trocken  blieben.  War  ein 
Eisvogel  einmal  naß,  so  gab  es  selten  mehr  eine  Rettung  für  ihn, 
und  ich  setzte  ihm  deswegen,  um  allen  Widerwärtigkeiten  vorzubeugen, 
fortan  das  Wasser  nur  mehr  in  kleinen,  schmalen  Gefäßen,  in  welchen  ein 
starkes  Einnässen  geradezu  unmöglich  war,  vor,  erst  wenn  sie  gänzlich 
eingewöhnt  waren,  größere  reichend.  Es  war  naheliegend,  daß  ich 
auf  den  Gedanken  kam,  das  gleiche  »trockene«  Verfahren  auch  ein¬ 
mal  an  den  Wasserstareu  zu  versuchen,  und  als  ich  nach  vieler  Mühe 
wieder  einen  solchen  erhielt,  brach  ich  mit  den  Anklängen  an  Weiden¬ 
gestrüpp  und  Bachesfluten  gänzlich  und  setzte  meinen  Gefangenen 
in  eine  noch  größere  Steige,  wie  man  solche  in  Österreich  sehr  vitd 
zur  Eingewöhnung  von  Frischfängen  in  Gebrauch  hat.  Es  sind  dies 
ganz  niedere  Käfige  von  etwa  50  Gern  und  höchstens  20  —  25  cm  hoch  ; 
diesf3  Käfige  bestehen  aus  Holz  und  Draht,  und  man  gibt  keine 


16 


Sitzstaiigeu  hinein,  um  den  Vogel  zu  zwingen,  sich  auf  dem  Boden 
in  unmittelbarer  Nähe  des  Futters  aufzuhalten,  was  erfahrungsgemäß 
diesen  zum  baldigen  Nahruugsaufnehmen  veranlaßt.  Bei  den  Steigen, 
welche  ich  zur  Eingewöhnung  der  Zaunkönige  verwende,  besteht  in¬ 
sofern  eine  Änderung,  als  ich  bei  diesen  das  Drahtgitter  gänzlich  weg¬ 
lasse  und  das  Holzgestell  mit  grober  Leinwand  überziehe;  ich  hatte 
damit  die  Absicht,  das  fortwährende  Suchen  nach  einem  Auswege, 
welches  der  Zaunkönig  selbst  im  verdeckten  vergitterten  Käfige  an¬ 
fangs  stets  versucht  und  bei  welchem  er  nicht  nur  nicht  zur  Ruhe 
kommt,  sondern  sich  auch  häufig  noch  wund  stößt,  zu  verhindern.  Da  der 
Wasserstar  wie  in  so  vielen  Stücken  in  seinem  Wesen  auch  hierin  es 
dem  Zaunkönige  völlig  gleichthut,  so  verwendete  ich  für  ihn  dieselbe 
Steige  wie  für  den  befiederten  Zwerg.  Wasser  gab  ich  nur  in  einem 
ganz  kleinen  Näpfchen,  Mehlwürmer  und  Ameisenpuppen  wurden  auf 
den  Boden  gestreut.  Da  dieser  Vogel  ebenso  wenig  wie  seine  Vor¬ 
gänger  in  meiner  Pflege  gleich  Nahrung  aufnehmen  wollte,  stopfte 
ich  auch  ihn  mit  Fleisch  u.  a.  Nachdem  er  etwa  fünf  Tage  in 
meinem  Besitze  gewesen  war,  nahm  er  Mehlwürmer  freiwillig  auf, 
und  ich  erwartete  nun,  daß  bei  ihm,  wie  dies  ja  bei  allen  anderen 
regelmäßig  der  Fall  gewesen,  an  Stelle  seiner  rasenden  Scheu  jene 
bereits  erwähnte  Zahmheit  treten  werde;  aber  zu  meinem  größten 
Staunen  blieb  der  Vogel  jetzt  genau  so  wild  wie  früher  und  auch, 
als  ich  ihn  nach  drei  Wochen  als  fest  eingewöhnt  betrachten  konnte, 
da  er  sehr  gut  das  Ersatzfutter  anuahm  und  ich  ihn  in  einen  ge¬ 
räumigen  Kisteukäfig  übersiedelte,  war  er  so  scheu,  daß  jede  Annä¬ 
herung  ungefähr  noch  ein  Vierteljahr  lang  stets  unsinniges  Toben  seiner¬ 
seits  hervorrief.  Erst  nach  dieser  Zeit  wurde  der  Vogel  ruhiger,  nahm 
Mehlwürmer  aus  der  Hand,  und  nach  weiteren  drei  Monaten  war  er 
so  zahm  geworden,  wie  dies  eben  ein  alt  gefangener  Vogel  nur  sein 
kann.  Singen  hatte  ich  während  dieses  ganzen  Zeitraumes  den  Vogel 
uie  o’ehört,  und  trotzdem  ich  ihn  nach  Farbe  und  Gestalt  für  ein 
Männchen  zu  halten  geneigt  war,  glaubte  ich  schließlich  doch  ein 
Weibchen  vor  mir  zu  haben.  Da  mit  einem  Male,  zu  Frühlingsende 
begann  er  sein  Lied  äußerst  fleißig  vorzutragen. 

Eine  auffallende  Erscheinung  war  es  mir,  daß  der  Vogel,  welcher 
im  Freien  nirgends  vorkommt,  wo  es  an  Wasser  fehlt,  dieses  nicht 
nur  nicht  besonders  aufsuchte  sondern  geradezu  mied,  sich  nur  selten 
badete  und  hierbei  trotzdem  ersichtlich  kerngesund  blieb ;  obgleich  er 
sehr  gut  bei  Leibe  und  sicherlich  auch  die  Bürzeldrüse  hinreichend 
mit  Fett  gefüllt  war,  wurde  er  doch  genau  ebenso  naß  im  Bade 


17 


wie  ein  Star,  freilich  aber  auch  ebenso  schnell  trocken  wie  dieser, 
während  alle  Vögel,  die  ich  früher  besessen,  zum  Trockenwerden 
ungemein  lange  gebraucht  hatten.  Ich  besaß  den  Vogel  etwa  ein  Jahr, 
als  er  einmal  Gelegenheit  fand,  in  die  Stube  zu  entwischen.  Da  er 
hier  im  großen  Raume  ein  ungemein  anziehendes  nettes  Benehmen 
zur  Schau  trug,  wurde  ihm  trotz  starken  Schmutzens  hier  fortan  volle 
Freiheit  gewährt.  Der  Wasserschmätzer  lief  auf  Tischen  und  Stühlen 
herum,  beguckte  uud  betastete  alles,  was  ihm  vor  den  Schnabel  kam, 
ging  aber  dem  Wasser,  welches  ich  ihm  in  einer  flachen  Schüssel 
hingestellt  batte,  lauge  ebenso  sorgfältig  aus  dem  Wege  wie  früher. 
Ich  war  daher  nicht  wenig  überrascht,  eines  Tages  meinen  Liebling 
auf  dem  Rande  eines  ziemlich  tiefen,  völlig  gefüllten  Wasserkübels 
sitzen  zu  sehen  mit  der  ganz  deutlich  zur  Schau  getragenen'  Absicht, 
sich  hiueinzustürzen ;  da  ihm  zu  solchem  Wagnisse  aber  doch  der 
Mut  zu  fehlen  schien,  so  warf  ich  einen  Mehlwurm  hinein,  —  diesen 
hatte  er  sich,  wenn  auch  allerdings  stets  erst  nach  einigem  Zaudern, 
regelmäßig  aus  seinem  gewöhnlichen  Wasserbehälter  herausgeholt, 
wenn  iu  diesen  solcher  Leckerbissen  geworfen  worden  war,  —  und 
nun  stürzte  sich  mein  Freund  auch  sofort  hinein,  aber  o  weh !  er 
hatte  Tauchen  uud  Schwimmen  verlernt  und  plätscherte  hülflos  an 
der  Oberfläche  herum;  hätte  ich  ihn  nicht  herausgezogeu,  er  wäre 
sicher  ertrunken!  Durch  uud  durch  naß  flüchtete  sich  der  Wasser¬ 
star,  wieder  festen  Boden  unter  den  Füßen  fühlend,  mit  einigen 
raschen  Sprüngen.  Merkwürdigerweise  verlor  er  durch  dieses  Er¬ 
eignis  nicht  seine  ohnehin  geringe  Lust  zum  Baden,  sondern  er 
suchte  fortan  seine  Wasserschüssel  viel  öfter  heim  als  früher,  und 
allmählich  konnte  ich  bemerken,  daß  sein  Gefieder  wmhl  noch  bei 
starkem  Bade  naß  wurde,  bei  bloßem  Herumwaten  aber  nahezu 
trocken  blieb;  diese  Wasserdichtigkeit  des  Gefieders  nahm  von  Tag 
zu  Tag  zu  und  nach  etwa  einem  Monat  konnte  sich  der  Wasserstar 
»trockenen  Fußes«  bis  zum  Halse  ins  Wasser  wagen.  Nun  schien 
auch  seine  Vertrautheit  mit  diesem  Elemente  zuzunehmen,  er  begann 
zu  tauchen  uud  nach  kurzer  Zeit  besaß  er  diese  Fertigkeit  in  so  hohem 
Grade  wie  wohl  je!  Der  tiefste  Wasserbehälter  wurde  nun  bis  auf  den 
Grund  besucht  und  der  Leckerbissen  herausgeholt.  Bei  seinem  Tauchen 
geht  der  Vogel  iu  folgender  Weise  vor:  er  setzt  sich  auf  den  Rand 
des  Gefäßes,  späht  in  das  Wasser,  wie  dessen  Tiefe  abmessend, 
uud  taucht  dann  in  etw'as  schräger  Richtung  rasch  auf  den  Boden 
hinab;  auf  diesem  angelangt  läuft  er  rasch  dahin,  nimmt  einen  Mehl¬ 
wurm  oder  dergl.  iu  den  Schnabel  und  kehrt  daun  sofort  zur  Ober- 

Zoolofr.  Hart.  .Tahrgr.  XXXIII.  1S02.  2 


18 


fläche  zurück.  Im  Wasser  scheint  er  sich  unr  auf  dem  Boden 
laufend  bewegen  zu  können,  und  ein  wagrechtes  Schwimmen  zwischen 
Wasserspiegel  und  Boden  habe  ich  nie  beobachtet.  Sobald  der  Vogel 
unter  Wasser  ist,  zieht  sich  von  innen  ein  ganz  feines  Häutchen 
über  die  Nasenlöcher.  Die  längste  Zeit,  welche  der  Wasserstar 
unter  Wasser  zu '  bleiben  vermag,  scheint  22  Sekunden  nicht  zu 
übersteigen,  denn  dies  war  die  längste  Zeit,  welche  ich  an  meinem 
Gefangenen  beobachten  konnte.  Kommt  der  Vogel  mit  irgend  etwas 
Genießbarem  aus  der  Tiefe  empor,  so  schüttelt  er  das  Gefieder,  wobei 
die  Tropfen  nur  so  sprühen,  verschlingt  den  Bissen,  singt  eine  kurze 
Strophe  und  stürzt  sich,  falls  er  noch  etwas  im  Wasser  weiß,  sofort 
wieder  in  dasselbe.  Unter  dem  Wasser  verzehrt  der  W^asserschraätzer 
nie  etwas,  gleichviel  ob  er  es  von  dem  Boden  des  Behälters  aufge- 
noinmen  hat  oder  ob  er  es  beim  Hinabstoßen  erfaßte.  Mein  W^asser- 
schmätzer  suchte  oft  ein  großes  Aquarium  heim,  was  ich  insofern 
ungern  sah,  als  er  dabei  die  Wasserpflanzen  wahrscheinlich  nach 
Insekten  durchsuchend,  regelmäßig  in  Unordnung  brachte.  Fische  hat  er 
aber  nie  gefangen,  trotzdem  es  ganz  kleine  Lauben,  Ellritzen  u.  a., 
welchen  ein  Eisvogel  gewiß  alle  Ehre  angethan  hätte,  in  Menge  gah. 
Tote  Fische  fraß  er  indes  gelegentlich,  wenn  sie  ihm  vorgeworfen 
wurden,  dies  thut  aber  jede  Drossel  auch,  und  ich  bin  der  Über¬ 
zeugung,  daß  der  Wasserschmätzer  nie  ein  regelrechter  Fischfresser  ist ; 
in  der  Not  mag  er  es  vielleicht  manchmal  sein,  aus  Vorliebe  aber  gewdß 
nicht,  denn  sonst  hätte  er  zweifelsohne  bei  mir  die  ihm  so  günstige 
Gelegenheit  besser  benützt !  Hingegen  liebte  er  ungemein  alle  Arten 
von  Wasserschneckeu,  deren  Schalen  er  mit  dem  Schnabel  zertrüm¬ 
merte.  Die  Deckelschnecke*)  indes  war  vor  ihm  sicher,  ebenso  die 
Teichmuscheln. 

Als  ich  einmal  einige  Zeit  von  Hause  fort  war,  mußte  der 
Schmätzer  über  drei  Wochen  in  seinem  Käfige  verbringen.  Als  er 
wieder  frei  gelassen  wurde,  zeigte  es  sich,  daß  er  während  dieser 
kurzen  Zeit  nicht  nur  seine  Geschicklichkeit  im  Tauchen  wieder  völlio' 

O 

verloren  hatte,  sondern  daß  auch  sein  Gefieder  nicht  mehr  wasserdicht 
war;  indes  änderte  sich  dies  rasch,  und  schon  nach  einigen  Tagen 
war  er  mit  dem  flüssigen  Elemente  so  vertraut,  wie  nur  je.  Ich 
glaube,  daß  man  hieraus  ' —  die  ganz  gleiche  Erfahrung  habe  ich 
später  auch  mit  anderen  Wasserstaren  gemacht  —  den  Schluß  ziehen 
darf,  dass  Wasserschmätzer  in  der  Gefangenschaft  nur  dann  völlig 


*)  Paludina  oder  Bithynia?  N. 


19 


tauchfällig',  d.  h.  auch  ihr  Gefieder  für  das  Wasser  uudurchlässig  ist, 
weuii  sie,  Gesundheit  vorausgesetzt,  sich  frei  in  einem  größeren 
Raume,  in  welchem  Wasser  in  hiureichender  Menge  vorhanden  ist, 
längere  Zeit  bewegen  können.  Ein  solcher  Vogel,  der  stets  in  einem, 
wenn  auch  geräumigen  Käfige  weilen  muß,  wird  beim  Baden  immer 
naß,  doch  darf  er  dies  nicht  mehr  werden  als  ein  anderer  Vogel 
unter  dem  gleichen  Verhältnisse  und  muß  ebenso  schnell  trocknen 
wie  dieser.  Wird  ein  Wasserschmätzer  gar  nicht  trocken  nach  dem 
Bade,  fröstelt  er  hierbei,  dann  ist  er  eben  krank.  Ich  habe  seither 
schon  viele  Wasserstare  in  der  gleichen  Weise  mit  bestem  Erfolge 
eingewöhnt  und  alle  haben  sich  in  ganz  gleicher  Weise  benommen  ; 
anfangs  ungemein  scheu,  änderte  sich  dieses  Benehmen  nur  langsam 
und  machte  dann  aber  auch  der  größten  Zutraulichkeit  Platz.  Ge¬ 
sunde  Vögel  singen  nie  früher  als  etwa  nach  halbjähriger  Gefangen¬ 
schaft,  solche  aber,  welche  krank  eingeliefert  werden,  oder  bald  nach 
ihrem  Fange  krank  werden,  sind  auch  sogleich  sehr  zahm.  Es  ist 
dies  eine  merkwürdige  Thatsache,  über  welche  vielleicht  mancher  den 
Kopf  schütteln  dürfte,  auf  welche  ich  mich  aber  neben  meinen 
eio-enen  Erfahruno-en  auch  auf  die  gleichen  von  Autoritäten  wie  Dr. 
Girtanner,  dessen  Mitteilungen  ich  früher  erw'ähnte,  und  v.  Hoin  eyer 
berufen  kann.  Letzterer  sagt  von  seinem  gefangenen  Wasserstare: 
»Rührend  und  an  die  Sage  vom  Tode  des  Siugschwans  erinnernd, 
war  das  Ende  des  Tieres.  Ich  hatte  es  in  die  Hand  genommen,  um 
es  wieder  einmal  zu  stopfen,  da  stimmte  es  seinen  flötenden  Gesang 
an,  und  —  verschied  .  .  .  .«  Ist  der  Wasserstar  einmal  eingewöhut, 
dann  ist  er  auch  gar  nicht  mehr  besonders  heikel.  Kann  mau  ihm 
keinen  größeren  Raum  geben,  so  weise  mau  ihm  einen  geräumigen  Käfig, 
womöglich  einen  sog.  Kistenkäfig  an,  denn  in  einem  nach  allen  Seiten 
offenen  Behälter  ist  er  stets  sehr  unruhig.  Der  Boden  wird  etwa  2  cm 
hoch  mit  grobem  Flußsande  bedeckt,  in  welchem  er  zuweilen  gern  ein 
Staubbad  nimmt.  Die  Sitzstaugen  müssen  dick  sein,  auch  ist  es 
sehr  empfehlenswert,  einen  Teil  derselben  durch  flache,  etwa  10  cm 
breite  Brettchen  zu  ersetzen,  denn  auf  den  schmalen,  gewöhnlichen 
Sitzhölzern  weiß  sich  unser  Vogel  nicht  recht  zu  bewegen.  So 
reizend  der  Wasserschmätzer  sich  auf  Steinen  und  Wurzelstrünken  zu 
bewegen  w^eiß,  einen  so  kläglichen  Eindruck  macht  er  auf  den 
schwachen  Zweigen  eines  Strauches  sitzend.  Hier  ein  Bild  der  Un- 
beholfeuheit,  sonst  eines  der  sichersten  Gewandtheit.  Das  Futter 
muß  kräftig  sein,  aus  wenig  Gelbrübe,  vermengt  mit  geschwellten 
Ameisenpuppen,  viel  Weißwurm  und  rohem  klein  geschnittenem 


20 


Fleische,  dazu  einige  Mehlwürmer,  mit  welchen  mau  nicht  gar  zu 
sparsam  zu  sein  braucht.  Reines  Trinkwasser  ist  ihm  stets  Bedürfnis. 

Der  Gesang  des  VVasserstars  ertönt  im  Käfig  gewöhulich  von 
Ende  Januar  bis  zu  der  Ende  Juli  eintretendeu  Mauser,  doch  schweigt 
unser  Vogel  auch  während  der  übrigen  Zeit  nicht  völlig,  und  wenn 
er  in  eine  gewisse  Erregung  gebracht  wird,  kann  man  ihm  fast  stets 
eine  kurze  Strophe  entlocken  ;  so  singt  er,  wenn  er  seines  Pflegers, 
den  er  genau  kennt,  ansichtig  wird,  wenn  mau  ihm  einen  größeren 
Vogel  oder  sein  Spiegelbild  zeigt.  Während  seiner  eigentlichen  Ge¬ 
sangszeit  trägt  der  Vogel  dieses  Gebahren  ganz  besonders  auffällig 
zur  Schau,  dann  wird  es  zuweilen  zu  einer  förmlichen  Balze.  Hoch 
richtet  sich  der  Vogel  auf  seinem  Sitze  empor,  der  Hals  wird  lang 
ausgestreckt,  die  Flügel  entfalten  sich  und  schwirren,  und  dabei 
singt  er  unaufhörlich. 

Mit  seinesgleichen  lebt  der  Wasserstar  nur  im  großen  Raume 
halbwegs  verträglich ;  das  heißt,  nachdem  es  einigen  Streit  und 
Hader  gegeben  hat,  kümmern  sie  sich  einfach  nicht  mehr  um  einander; 
im  kleinen  Käfig  hingegen  ist  es  unmöglich,  selbst  ein  richtiges  Paar 
zusammen  zu  halten. 


Ein  Zug  Aale  auf  der  Wanderschaft  iin  Main. 

Von  L.  Buxbaum,  Rauulieim  a.  Main. 

Von  dem  Fischzuge  im  Maiu  habe  ich  in  dieser  Monatsschrift 
schon  mehrmals  berichtet,  allein  einen  vollständigen  Zug  Aale  habe 
ich  erst  im  vorigen  Sommer  beobachtet.  Am  1.  Juli  v.  J.  kam 
nämlich  ein  so  großer  Zug  Aale,  maiuaufwärts  ziehend,  an  dem  Fisch¬ 
paß  zu  Raunheim  an,  daß  bald  die  fünf  kasteuartigeu  Terrassen  des 
Fisch passes  mit  Aalen  vollständig  gefüllt  waren  und  immer  noch 
große  Massen  nachzogen.  Die  meisten  hatten  eine  Länge  von  20  bis  30  cm, 
doch  sah  ich  dabei  manchmal  auch  recht  große  ausgewachsene  Exem¬ 
plare.  Diese  alten  Tiere,  mitunter  von  riesiger  Länge,  hielten  sich  mehr 
auf  dem  Grunde  'und  kamen  nur  vereinzelt  und  vorübergehend  an 
die  Oberfläche,  während  die  jungen  Aale  das  ganze  Wasser  belebten 
und  massenhaft  an  der  Oberfläche  herumschläugelten.  Der  Übergang 
aus  einer  Terrasse  in  die  zunächst  höhere  kostete  die  Aale  große 
Anstrengung,  denn  die  Wände  der  fünf  Abteilungen  des  Fischpasses 
sind  senkrecht  und  der  Wasserfall  ist  so  stark,  daß  sie  sich  nicht 


21 


halten  können  nnd  innner  wieder  zuriickgeworfen  werden.  Die  Aale 
können  diese  Hindernisse  nicht  überspringen  wie  die  anderen  Fische, 
sondern  müssen  sie  durch  Anklammern  an  die  Wände  und  Fort¬ 
schlängeln  zu  überwinden  suchen.  So  hat  der  Zug  Tag  für  Tag  bis 
zum  12.  Juli  gewährt,  und  es  müssen  in  dieser  Zeit  ungeheuere  Mengen 
den  Paß  durchwandert  haben.  Da  nun  durch  diesen  gewaltigen  Zug 
erwiesen  ist,  daß  auch  die  Aale  in  großer  Gesellschaft  im  Main  anl- 
wärts  ziehen,  wohl  bis  dahin,  wo  das  Wasser  noch  reiner  ist  als  hier, 
so  könnte  man  diesen  Tieren  dan  Durchzug  durch  die  fünf  Fischpässe 
zwischen  Mainz  und  Frankfurt  dadurch  erleichtern,  daß  mau  soge¬ 
nannte  Aalleitern  anbrächte,  schiefliegende  Kandeluk  von  Bord,  15 
bis  20  cm  breit,  die  von  einer  Terrasse  in  die  andere  führen.  Darin 


wäre  es  den  jungen  Aalen  leicht,  die  Fischpässe  durch  Hinaufschlän- 
iXeln  zu  überwinden. 

Es  wäre  gewiß  von  Interesse,  wenn  dieser  außerordentlich 
croße  Zug  der  Aale  auch  anderwärts  wäre  beobachtet  worden, 
um  feststellen  zu  können ,  wie  weit  sie  in  sO  geschlossenen 
Scharen  eigentlich  gehen  und  ob  und  wann  sie  wieder  zurückwan¬ 
dern  ins  Meer,  oder  ob  sie  später  sich  trennen  und  vereinzelt  zurückgeheu 
oder  gefangen  werden.  Wie  anderwärts  festgestellt  wurde,  ist  die  Ge¬ 
burtsstätte  der  Aale  das  Meer  und  schlängeln  sich  die  Jungen  in  die  Flüsse 
und  ziehen  darin  aufwärts.  Es  sollen  dies  nur  weibliche  Individuen 
sein,  die,  wenn  sie  fortpflanzungsfähig  sind,  wieder  an  die  Mündungen 
der  Flüsse  zurück  gehen,  woselbst  sie  von  den  Männchen  erwartet 
werden.  Im  Frühjahre  treten  'dann  die  jungen  Aale  die  Wander¬ 
schaft  an  und  ziehen  in  großen  Scharen  in  die  Flüsse,  woselbst  sie  wie 
die  anderen  Zugfische  am  Ufer  hinstreichen  und  kein  Hindernis 
scheuen,  um  ihren  Zweck  zu  erreichen.  Aber  nicht  alle  Aale  gehen 
wieder  zurück  zum  Meer,  denn  die  Fischer  finden  solche  das  ganze 
Jahr  hindurch  im  Main,  manchmal  mehr,  manchmal  weniger.  Jeden¬ 
falls  sind  dies  solche,  die  nicht  laichen,  weil  solches  doch  nur  im 
Meer  geschehen  soll.  Da  der  Aal  ein  sehr  geschätzter  Fisch  ist,  so 
sollte  man  doch  alles  aufbieten,  daß  das  Mainwasser  wieder  in  den 
ursprünglichen  Zustand  der  Reinheit  versetzt  würde,  um  auch  dem 
Aal  den  Aufenthalt  im  Main  angenehm  zu  machen.  So  lange  das 
Wasser  in  dem  unteren  Laufe  des  Mains  nicht  rein  gehalten  wird, 
o-eheu  die  Fische  nicht  hinein  und  ist  es  jetzt  eine  Seltenheit,  daß 
man  einen  so  großen  Zug  wandernder  Fische  hier  beobachten  kann. 


22 


Das  Vivarium  in  Wien. 

Von  Dr.  Franz  Werner. 

Nicht  ohne  Bangen  habe  ich  und  haben  mit  mir  viele  Freunde  der  Natur¬ 
wissenschaften  die  Entwickelung  des  neuesten  Wiener  Tiergartens,  des  Viva¬ 
riums  im  Prater,  verfolgt.  Man  konnte  gar  nicht  glauben,  daß  das  alte 
»Aquarium«  noch  lebensfähig  und  lebenskräftig  sein  könne;  besonders  seitdem 
der  frühere  Verwalter  A.  Ulrich,  dem  wir  die  wirklich  wundervolle  Aus¬ 
schmückung  der  Galeriezimmer  mit  den  farbenprächtigen  Fischen  der  Adria  ver¬ 
dankten,  und  in  dessen  Regierungsthätigkeit  die  Glanzepoche  des  alten  Aqua¬ 
riums  fällt,  jene  Zeit,  da  es  noch  zahlreiche  Krokodile  und  Ochsenfrösche  besaß, 
wo  Erdferkel,  Seehunde,  Riesenschlangen  etc.  noch  in  seinem  Repertoir  vertreten 
waren  und  die  der  Wiener  immer  meint,  wenn  er  mit  Vergnügen  vom  Aqua¬ 
rium  spricht;  seitdem  dieser  Mann  das  Aquarium  verlassen  hat,  hielt  man  das 
Aquarium  für  einen  Bau  des  Schreckens  und  kaum  ein  Mensch  wagte  sich 
hinein,  und  als  man  hörte,  daß  das  Aquarium  unter  der  Leitung  des  Herrn 
Dr.  F.  Knauer  und  unter  dem  neuen  Namen  »Vivarium«  wieder  zu  neuem 
Leben  auferstehen  solle,  da  schüttelte  gar  mancher  den  Kopf  und  bewies  haar¬ 
klein,  daß  dieses  Unternehmen-  zu  Grunde  gehen  müsse,  denn  erstens  sei  der 
Wiener  kein  Freund  solcher  Sachen,  besonders  da  er  ja  das  alles  in  Schön¬ 
brunn  umsonst  zu  sehen  bekomme,  und  zweitens  habe  ein  so  weit  vom  Centrum 
Wiens  entferntes  Unternehmen  von  vornherein  keine  Aussicht  auf  Erfolg. 

Nun,  die  Zeit  hat  diese  Unglückspropheten  genügend  Lügen  gestraft. 
Das  Vivarium,  dessen  Entwickelung  ich  von  seiner  Entstehung  an  verfolgt  habe, 
steht  fest  und  erfreut  sich  einer  ganz  gewaltigen  Besucherzahl,  worunter  viele 
Stammgäste.  Wenn  man  bedenkt,  daß  einstweilen  mit  dem  Vivarium  noch 
keine  Restauration  verbunden  ist,  so  muß  man  zugestehen,  daß  die  Absichten 
unserer  Wiener  Vivarium-Besucher  im  allgemeinen  viel  reiner  sind  als  die  vilere 
Besucher  der  deutschen  Tiergärten,  von  denen  gewiß  viele  über  die  Restau¬ 
ration  selten  hinaus  kommen.  *) 

Woher  kommt  nun  der  Erfolg  unseres  Vivariums  und  worin  besteht  seine 
wissenschaftliche  Bedeutung  ?  — Beides  hat  denselben  Grund:  Ein  großer  Teil 
der  Kollektion  des  Vivariums  besteht  aus  Tieren,  die  in  Wien  selten  oder  uie 
gesehne  wurden  und  zwar  gerade  aus  Tieren,  die  in  der  Regel  sonst  wenig 
beachtet  werden,  aus  Kleingetier.  Während  in  einer  großen  Menagerie  alles 
den  Elefanten,  Giraffen,  Nashörnern  etc.  zuströmt  und  kleinere  Tiere  fast 
unbeachtet  läßt,  so  sind  gerade  diese  kleineren  Tiere  der  Hauptbestandteil  des 
Vivariums. 

Ein  Institut,  wie  es  das  Vivarium  ist,  hat  naturgemäß  folgende  Ziele: 

1.  Ausstellung  der  einheimischen  Tierwelt  auch  in  den  kleinsten  Ver¬ 
tretern  ; 

2.  Ausstellung  interessanter  kleinerer  Säugetiere  u.  der  gl.  aus  alle 
Zonen ; 

3.  Ausstellung  von  Reptilien  (und  Fischen). 

Wie  kommt  nun  das  Vivarium  diesen  seinen,  ich  möchte  sagen,  moralischen 
Verpflichtungen  nach? 

*)  Dieser  Aussprucli  hat  keineswegs  allgemeine  Gültigkeit!  D.  R.  Gewiss  nicht!  D.  V 


Ich  muß  allerdings  gestehen,  daß  unsere  heimische  Tierwelt  nicht  ganz 
so  vertreten  ist,  wie  es  eigentlich  sein  konnte ;  aber  was  jetzt  fehlt,  fehlt  nur 
vorübergehend,  denn  außer  Bär,  Wolf  und  Wildkatze,  Fischotter  und  Dachs 
Fuchs,  Edelmarder,  Iltis,  Frettchen,  die  noch  jetzt  gut  vertreten  sind,  waren 
auch  Fledermäuse,  Steinmarder,  Wiesel,  Igel,  Hamster  noch  vor  kurzer  Zeit  zu 
sehen.  Daß  Maulwürfe,  die  bei  ihrer  Lebensweise  der  Besucher  ohnedies 
niemals  zu  sehen  bekommt,  imd  die  empfindlichen  Spitzmäuse  in  einem  zoolo¬ 
gischen  Garten  keinen  Platz  finden  können,  ist  begreiflich  und  gerechtfertigt. 
Haselmäuse,  Feld-  und  Alpenhasen,  Murmeltiere  und  Ziesel  sind  noch  vorhanden, 
desgleichen  von  Huftieren  ein  stattlicher  Gemsbock,  der  sich  sehr  wohl  zu 
fühlen  scheint,  und  ein  Reh;  Dam-  und  Edelhirsche  fehlen  erst  seit  kurzer  Zeit ; 
ein  schönes  Paar  weißer  Damhirsche  war  lange  Zeit  ein  Gegenstand  der  Be¬ 
wunderung  für  das  Publikum.  Dagegen  besitzt  das  Vivarium  ein  Unikum,  einen 
männlichen  Ba star  d  (von  Ziege  und?)  ein  Tier,  das  nur  mit  drei  Füßen  geboren 
wurde,  an  denen  gewaltige  lange  Hufe  bemerkbar  sind;  trotz  seiner  absonder¬ 
lichen  Bauart  hinkt  das  Tier,  das  einem  alpinen  Ziegenbock  am  meisten  ähnelt, 
doch  ganz  munter  und  geschickt  herum.  Seinerzeit  besaß  das  Vivarium  auch 
einen  ohne  Vorderbeine  geborenen  Hund. 

Zwei  früher  vorhandene  Wildschweine  vermisse  ich  jetzt  auch.  Angora¬ 
katzen  verschiedener  Farbe  und  einige  prachtvolle  Rassehunde,  die  allerdings 
nicht  streng  in  den  Wirkungskreis  eines  zoologischen  Gartens  gehören,  vervoll¬ 
ständigen  die  Vertretung  der  heimischen  Tierwelt,  was  die  Säugetiere  anbelangt. 

Unsere  Raubvögel  sind  durch  Lämmergeier,  verschiedene  andere  Geier 
Adler,*)  Falken  und  Eulen  ziemlich  gut  vorgeführt;  auffallend  .sind  noch  ein 
prachtvoller  Birkhahn  (auch  das  Auerwild  war  dieses  Jahr  vertreten);  ferner 
die  schönen  Alpendohlen  und  -krähen,  eine  Spechtmeise  (Spechte  sind  leider 
jetzt  im  Vivarium  ausgestorben;  ein  schöner  Schwarzspecht  hämmerte  lange 
Zeit  daselbst  herum);  Fischreiher,  Elster,  Nußhäher,  Kuckuck. 

Weit  mehr  ist  aber  von  den  Ausländern  zu  berichten  ;  da  finden  wir  vor 
allem  die  authropomorphen  Affen  durch  nicht  weniger  als  drei  Orang**)  und 
einen  Chimpanse  vertreten;  ferner  eine  große  Anzahl  verschiedener  Paviane, 
worunter  ein  riesiger  Tschakma  und  ein  sehr  schöner  Hamadryas  mir  vor  allem 
in  die  Augen  fielen.  Die  Affenkollektion  ist  äußerst  reichhaltig  und  interessant; 
mir  war  sie  im  Anfang  ein  gewaltiger  Dorn  im  Auge,  da  manche  Affen  ge¬ 
ringerer  Qualität  durch  eine  sehr  große  Anzahl  von  Individuen  vertreten  waren, 
so  daß  ich  wirklich  fürchtete,  das  Vivarium  würde,  um  seine  Affen  alle  unter¬ 
bringen  zu  können,  alle  anderen  Tiere  aufgeben  müssen  und  ein  bloßes 
Simiarium  werden. 

Doch  haben  sich  diese  Affenmassen  anscheinend  wieder  auf  ein  annehm¬ 
bares  Maß  verringert  und  die  Sammlung  ist  jetzt  relativ  nicht  weniger  arten- 
als  individuenreich ;  nachträglich  will  ich  noch  die  Silenaffen  mit  den  grauen 
Bärten  und  die  reizenden  gelbroten  Löwenäffchen  erwähnen. 

Ein  Glanzpunkt  des  Vivariums  ist  das  Halbaffenhaus,  das  in  der  Reich¬ 
haltigkeit  an  Arten  und  Individuen  wohl  in  Europa  kaum  seinesgleichen  findet. 

*)  Stein-,  Schrei-  und  See- Adler.  ^ 

Von  denen  der  eine  durch  sein  unglaublich  drolliges  und  verständiges  Gebahren 

wahre  Lachstürme  beim  Publikum  entfesselt. 


Ich  erwähne  vor  allem  das  ausserordentlich  seltene  Fingertier  {Chiroimjs 
madagascanensis) ,  den  Galago  und  Plumplori,  die  zahlreichen  Vari  und  die 
vielen  Maki-Arten,  die  mit  ihrer  grunzenden  Stimme  einen  Heidenlärm  vollführen. 

Die  Fledermäuse  sind  durch  drei  Flughunde  vertreten,  kürzlich  kamen 
auch  Flugfüchse  aus  Südafrika  dazu. 

Sehr  schön  bieten  sich  die  in  den  ehemaligen  Riesenaquarien  einquar¬ 
tierten  Raubtiere  dar;  die  enorm  dicken  Glaswände  halten  sowohl  die  Tiere 
selbst  als  auch  ihren  Geruch  von  dem  Beschauer  ab  und  ermöglichen  dem¬ 
selben  ein  längeres  Verweilen  in  der  Raubtierabteilung,  als,  man  sonst  sich 
mit  Rücksicht  auf  seine  Nase  gestattet.  In  den  dunklen,  langen  Galeriesälen 
machen  die  hellen,  reinlichen  Tierbehälter  einen  sehr  freundlichen  Eindruck. 

Von  Katzen  sind  Somali-  und  Senegallöweu,  Jaguare,  Leoparden,  ein 
schwarzer  Panther,  Silberlöwe,  Wüstenluchs  und  eine  Tigerkatze  (Felis  tigrinus) 
zu  sehen ;  die  Caniden  werden  durch  einen  schwarzen  Polarfuchs,  gemeine  und 
(sehr  schöne)  Schabrakenschakale  vertreten.  Von  Hyaena  crocuta,  striata  und 
Proteles  lalandii  ist  je  ein  Exemplar  vorhanden  ;  es  wäre  sehr  hübsch,  wenn 
Herr  Direktor  Knauer  auch  die  in  deutschen  Tiergärten  (z.  B.  Leipzig)  nicht 
seltene  Hyaena  brunnea  für  das  Vivarium  erwerben  könnte!  Die  Zibeth- 
katzen  sind  jetzt  durch  eine  Civette  mit  zwei  niedlichen  Jungen,  sowie  durch 
eine  große  indische  Zibethkatze  vertreten,  früher  war  auch  ein  Paracloxurus  hier. 

Die  Bären  bilden  einen  zweiten  Glanzpunkt  der  Sammlung;  obwohl  sie 
nicht  immer  vollzählig  sind  und  einmal  die,  einmal  eine  andere  Art  fehlt,  wird 
man  dennoch  selten  so  viele  Arten  auf  einem  Platz  vereinigt  finden  wie  im 
Vivarium.  Nur  Arctüis  binturong,  der  in  Deutschland  schon  manchmal  zu 
sehen  war,  fehlt  konstant.  Von  all  den  braunen,  grauen,  schwarzen,  malayischen 
Isabell-,  Eis-,  Lippen-,  Kragen-,  Wasch-,  Rüsselbären  einzeln  zu  sprechen, 
würde  zu  weit  führen,  ich  erwähne  daher  nur  den  weißen  Kragenbären  mit 
der  Schweinsnase  und  den  Mausohren  besonders.  Der  neu  eingetroffene  Grisou 
(Galictis  vittata)  wäre  von  den  Raubtieren  noch  hervorzuheben. 

Von  Zahnarmen  sind  der  große  Ameisenbär  (Myrmecophaga  jubata)  und 
zwei  Gürteltiere  zu  sehen.  Ersterer,  ein  prächtiges  Scheusal,  ist  schon  lange 
Zeit  Bewohner  des  Vivariums.  —  Von  Beuteltieren  sind  Riesen-  und  Felsen¬ 
känguruh,  das  Zuckereichhorn  und  Beutelmarder  (Dasyurus  sp.?)  in  schönen 
Exemplaren  vorhanden. 

Von  Nagetieren  finden  wir  Coelogenys  Paca,  ferner  2  Agutis  mit  zwei 
Jungen,  ein  jung  ins  Vivarium  gekommenes  jetzt  schon  ziemlich  großes  Jly- 
droclioerus  Capybara,  ferner  den  unvermeidlichen  Sumpfbiber  (Myopotamus 
Coypu),  ein  in  allen  zoologischen  Gärten  von  Deutschland  und  Holland  zu 
findendes  Tier;  außerdem  eine  bereits  auch  lange  dem  Verbände  des  Viva¬ 
riums  ungehörige  Springinaus,  den  südafrikanischen  Spriughasen,  den  russischen 
Pferdespringer,  verschiedene  sehr  hübsch  gefärbte  Eichhörnchen,  das  gemeine 
Stachelschwein  und  das  Kletterstachelschwein. 

Die  Huftiere  sind  durch  zwei  Wapitihirsche,  die  leider  keinen  Vergleich 
mit  den  mächtigen  Exemplaren  der  deutschen  Tiergärten  aushalten  können, 
übrigens  für  den  ihnen  angewiesenen  kleinen  Raum  noch  immer  zu  groß  sind 
(Renntier  und  Axishirsch  waren  auch  vertreten,  sind  aber,  wie  es  scheint 
eingegaugen),  ferner  durch  einen  wunderschönen,  ebenfalls  an  Platzmangel 
leidenden  Mufion,  ein  mächtiges  Mähnenschaf  genügend  repräsentiert;  ein 


25 


Mehr  wäre  bei  dem  Jetzigen  beschränkten  Kaum  nicht  zulässig;  deuu  gerade 
diese  Tiere  brauchen  viel  Platz  und  sind  in  Schönbrunn  ohnehin  schon  vor¬ 
handen*).  Zwei  Pekari  sind  als  Vertreter  des  lieblichen  Schweinegeschlechtes 
noch  zu  erwähnen.  Seelöwen,  die  einstigen  Zierden  des  Vivariums,  und  See¬ 
hunde  sind  nicht  mehr;  sie  scheinen,  wie  dies  auch  die  Erfahrung  mit  den 
Schönbrunner  Seehunden  lehrte,  die  Wiener  Luft  nicht  zu  vertragen. 

Von  Vögeln  besitzt  das  Vivarium  große  Massee;  ich  will  hier  nicht  die 
Webervögel,  Papageien,  Kakadu,  Reisfinken  und  zahllosen  anderen  kleinen 
Vögel  aufzähbn,  sondern  mich  nur  an  die  Coryphäen  halten:  da  haben  wir 
Gaukleradler,  Königskondor,  Aasgeier  (Neophron  percnopterus)^  Schneeeulen, 
den  Carancho,  einen  Vogel,  der  in  den  europäischen  Tiergärten  ebenso  häufig 
ist  wie  der  Sumpfbiber  unter  den  Säugetieren;  ferner  einen  Pfefferfresser,  der 
bereits  die  ersten  Besucher  des  Vivariums  gesehen  hat;  prachtvolle  hasauen 
verschiedener  Art,  Bläßhühner,  Hokko,  Schopfwachteln;  endlich  einen  Helm¬ 
kasuar,  Emu  {JDi'omaeus  Novae  Mollandiae)  und  Nandu  {Uliea  americana). 
Schöne  Somali  Strauße  waren  voriges  Jahr  im  Vivarium  zu  sehen. 

Über  Reptilien  und  Fische  ist  noch  wenig  zu  sagen.  Sie  gehören  der 
Zukunft  des  Vivariums  an;  zwar  war  schon  manches  schöne  Stück  zu  sehen, 
so  die  Krustenechse  {Heloderma  suspectum),  Warane  {Varanus  griseus  und 
hengalensis) ,  Riesenschlangen  {Python  Sehae  und  P.  molurus),  Alligatoren  und 
vieles  Andere,  zuletzt  noch  die  pfianzenfresseude  Eidechse  {Macroscinus 
Coctei);  ferner  Heterodon  platyvhinus  und  andere  Schlangen  aus  Nordamerika, 
schöne  Schildkröten  u.  dgh;  auch  jetzt  noch  ist  dasReich  der  Reptilien  mit  einem 
riesigen  indischen  Waran,  den  ich  bei  meinem  diesjährigen  Besuch  bei  Hagen- 
beck  in  Hamburg  sehen  konnte,  ohne  Ahnung,  daß  es  noch  ein  Wiedersehen 
in  Wien  geben  würde,  ferner  mit  zwei  Australischen  Waranen  {ISIonitor  varius) 
Schildkröten,  dalmatinischen  und  einheimischen  Schlangen  ganz  hübsch  aus¬ 
gestattet,  und  wenn  wir  noch  von  Amphibien  einen  großen  Riesensalamander, 
etliche  weiße  und  normale  Axolotls  und  eine  Anzahl  Olme  {Proteus  anguinus) 
erwähnen,  so  ist  wohl  auf  das  Wichtigste  aus  dieser  Abteilung  hiugewiesen 
worden.  (Fische  sind  dermalen  gar  keine  mehr  vorhanden.) 

Aber  obwohl,  wie  man  siebt,  die  Reptilien  nicht  unberücksichtigt  ge¬ 
lassen  wurden,  so  merkt  mau  doch,  daß  es  nur  Gäste  sind,  die  nicht  mit  der¬ 
jenigen  Aufmerksamkeit  gepflegt  werden,  die  ihnen  eine  längere  Lebensdauei 
in  Gefangenschaft  verspricht,  und  daß  man  von  ihrer  Lebenszähigkeit  all  das 
erwartet,  was  die  Pflege  im  allgemeinen  zu  wünschen  übrig  läßt. 

Doch  kann  man  nicht  alles  auf  einmal  haben  und  es  steht  zu  hoffen, 
daß  im  nächsten  Jahr  (dieses  Jahr  war  ohnehin  kein  für  Reptilien  günstiges) 
auch  dieser  Tierklasse  ein  besonderes  Augenmerk  zugewendet  wird,  daß  wir 
also  Riesenschlangen,  Krokodile  als  Zugstücke  für  das  große  Publikum  und 
außerdem  manches  seltene  Reptil  zu  sehen  bekommen:  und  zwar  in  einer 
Einrichtung,  von  der  zu  erwarten  steht,  daß  sie  geeignet  ist,  die  mit  schwerem 
Gelde  erworbenen  Tiere  nicht  nur  einige  Wochen,  sondern  jahrelang  zu  er¬ 
halten.  Die  Fütterungen  der  Riesenschlangen  im  Vivarium  würde  gewiß  einen 

♦)  Seit  der  Einsendung  dieses  Artikels  (Anfangs  Oktober)  haben  wir  auch  ein  lang 
ersehntes  prächtiges  junges  Flußpferd  erhalten,  und  dadurch  ist  der  Verlust  ausgeglichen, 
den  das  Vivarium  durch  den  allerdings  vorauszusehenden  Tod  <ler  menschenähnlichen  Affen 

erlitten  hat. 


26 


ebenso  großen  ständigen  Zuschauerkreis  bekommen,  als  es  die  alle  Mittwoch 
stattfindende  im  Berliner  Aquarium  bereits  besitzt. 

Und  nun  schließe  ich  meine  Aufzählung  der  Schätze  des  Wiener  Viva¬ 
riums,  das  sich  zu  einer  Sehenswürdigkeit  Wiens  emporgerungen  hat  und 
welches  nur  vorzugsweise  an  Mangel  an  Raum  leidet,  welcher  zwar  der  Aus¬ 
breitung  des  Vivariums  im  allgemeinen  keine  Schranken  setzt,  aber  z.  B.  die 
Erwerbung  von  Huftieren  u.  dergl.  viel  Platz  erfordernden  Tieren  als  unthun- 
lich  erscheinen  läßt  *). 


Korrespondenzen. 

Schlaupitz,  29.  September  1891. 

Über  den  Nestbau  unserer  gemeinen  Feldmaus  oben  auf 
Maulwurfshaufen  erlaube  ich  mir  Ihnen  noch  folgendes  mitzuteilen  :  Auf 
sandigen,  durchlässigen  Ackerflächen  mit  seicht  abfallenden  Rändern  liegen 
viele  von  den  erwähnten  Klumpen  an  der  platten  Erde,  fasst  immer  ist  aber 
alsdann  unter  denselben  von  den  Nagern  eine  kleine  napfförmige  Vertiefung 
aus  dem  Boden  herausgewühlt  worden.  Die  Geniste  selbst  sind  beinahe  durch¬ 
gängig  liederlich  und  ungeschickt  aus  Halmstücken,  Grasstengeln,  Wurzeln 
und  ähnlichen  Stoffen  hergestellt,  doch  besitze  ich  einige  jüngst  gefundene 
wundervoll  kugelrunde  Exemplare,  sowie  ein  Nest,  welches  ich  unbedingt  der 
kleinen  Zwergmaus,  Mus  minitus  L.,  zugesprochen  hätte,  —  es  war  aus  Quecken¬ 
blättern  äußerst  geschickt  aufgeführt  und  innen  mit  Distelwolle  ausgefüttert  — , 
wenn  mich  nicht  ein  glücklicher  Schuß  in  den  Besitz  von  der  diese  niedliche 
Hütte  bewohnenden  Feldmäusefamilie  gebracht  hätte.  —  Sehr  häufig  wurden 
letzthin  auf  sandigem  Terrain  vom  Pfluge  mächtige  Nestklumpen  von  Teller¬ 
größe  bloßgelegt  mit  16  bis  24,  in  einem  Falle  sogar  30,  winzigen,  annähernd 
gleichaltrigen  Mäuschen  (Ärvicola  arvalis  s.  arvensis).  Diese  Ballen  sind  als¬ 
dann,  davon  habe  ich  mich  durch  Einfangen  aller  ihrer  erwachsenen  Bewohner 
öfters  überzeugt,  das  gemeinsame  Wochenbett  von  2 — 4  Weibchen  gewesen. 
(Inder  mir  zugänglichen  Litteratur  vermag  ich  entsprechende  frühere  Angaben 
nicht  zu  finden). 

Ganz  junge  Mäuse,  welche  ich  bei  spärlicher  Nahrung  aufzog,  zeigten  in 
relativ  kurzer  Zeit  eine  schmälere  Stirn  und  längere  Schnauze  als  die  unter 
günstigeren  Verhältnissen  aufgewachsenen. 

Bei  uns  am  Zobten  haben  sich  bloß  die  Mäuse  ungemein  vermehrt,  ander- 
orts  in  Mittelschlesien  nimmt  der  sonst  rare  Hamster  überhand.  So  wird 
dem  »Striegauer  Anzeiger«  unterm  14.  September  aus  Göbersdorf  gemeldet, 
daß  auf  der  dortigen  Dominialfeldmark  seit  dem  1.  Juli  1891  bis  dato  von 
Frauen  und  Kindern  neben  50,000  Feldmäusen  1100  Hamster  getötet  wurden. 

Kürzlich  hatte  ich  einmal  spät  abends  schöne  Gelegenheit,  Meister 
Rein  ecke  Fuchs  beim  Ausscharren  der  Mäuseläufe  auf  einer  Wiese  zu 
beobachten.  Zunächst  roch  der  schlaue  Gesell  in  alle  Löcher  im  Umkreise 

*)  tlbrif^cns  können  diese  Tiere  ruhig  beiseite  gelassen  werden;  die  Schönbrunner 
Menagerie  bietet  soviel  gerade  jn  dieser  Hinsicht,  dass  sich  die  Verwaltung  des  Vivariums 
ohne  Bedenken  uasschliesslich  der  Erwerbung  anderer  Tiere  zuwenden  kann. 


27 


und  scharrte  sie  zu,  dann  begann  er  zu  »graben«.  Dabei  setzte  ihm  nun  die 
feste  Grasnarbe  Widerstand  entgegen ;  aber  kurz  entschlossen  biß  er  große 
Stücke  von  ihr  ab,  schleuderte  sie  weit  weg  und  gelangte  solchergestalt  binnen 
wenigen  Minuten  in  den  Besitz  der  leckeren  Beute. 

An  einem  kalten  Januartage  a.  er.  lernte  ich  meinen  Liebling,  den 
»Schmiedegesellen«,  die  Tannenmeise,  (Parus  aterj  als  Künstler  kennen, 
er  ahmte  ganz  nett  den  Gesang  der  »Guldutsche«  (Ewheriza  citrinello)  nach, 
auch  kürzlich  hörte  ich  von  einer  Kohlmeise  wieder  dieselben  Töne  vortragen, 
(vgl.  hierzu  A.  v.  Homeyer,  »Ztschr.  für  Ornitholog.  und  prakt.  Geflügelz.«, 
Stettin,  XIV.  p.  162). 

Heut  Morgen  gegen  5  Uhr  wollte  ich  von  einer  verschlossenen  Tenne 
einen  größeren  Haufen  Distelwolle  entfernen,  dabei  stieß  ich  mit  der  Harke 
auf  einen  weichen  Gegenstand,  rasch  scharrte  ich  nach  und  legte  einen  Klumpen 
von  6  Stück  „Dreckschwalmen“  Hausschwalbcn,  (Hirundo 
urbica)  bloß.  Alle  Tiere  gaben  nur  äußerst  spärliche  Lebenszeichen  von 
sich  und  schienen  dem  Verenden  nahe  zu  sein.  In  den  warmen  Rindviehstall 
gebracht  erholten  sie  sich  bald  wieder  völlig.  Die  Vögel  umflatterten  am 
Abende  des  gestrigen  naßkalten  Tages  die  betreffende  Scheuer  beständig,  sie 
mögen  wohl  dann  zur  Erde  gefallen  und  durch  eine  Lücke  im  Thore  auf  die 
Tenne  gelangt  sein. 

Vor  einigen  Jahren  schoß  Herr  F.  Große  -  Mellendorf  hier 
einen  weißen  Jagdfasan, 9;  gegenwärtig  treiben  sich  wieder  2  weiße 
Stücke  dieses  Wildes,  mit  braunen  Flügeln  hier  herum.  Am  20.  September  a.  er. 
schoß  der  Bauer  E  1  s  n  e  r  zu  Heinersdorf  bei  Ottmachau  ein  weißes  R-eb- 
huhn  mit  braunen  Punkten  (vgl.  „Hausfreund  für  Stadt  und  Land“,  Neurode). 

Karl  K  n  a  u  t  h  e. 


Kopenhagen,  3.  Oktober  1891. 

Unsere  Fasanen-Bastarde,  nämlich  1  männl.  und  2  weibl.  von  Phasianus 
amherstiae  m'iinn].  X  Phas.  lineatus  weibl.,  scheinen  recht  eigenartig  zu  werden, 
und  wir  wollen  sie  deshalb  im  nächsten  Jahre  abbilden  lassen. 

Eine  Aquarell-Zeichnung  von  den  augenblicklich  noch  hier  in  unserem 
zoologischen  Garten  vorhandenen  Blendlingen,  nämlich  Lanis  glaucus  männl. 
X  PcLTus  mcirimis  weibl.,  —  Emheriza  citrinellci  männl.  X  Chloris  ligurinus 
_  Canis  dingo  männl.  X  Canis  groenlandidus  weibl.,  habe  ich  nach 
Aufforderung  des  Herrn  Direktors  Urbain  de  W^ael  in  Biüssel  an  diesen 
gesandt,  und  sie  werden  wahrscheinlich  dann  in  der  nächsten  Zeit  in  »Le 
Mentor  agricole  et  Acclimatation  illustree«  aufgenommen;  ebenso  eine  Aquarell- 
Zeichnung  von  einer  ganz  weißen  Amsel,  Puvdus  iiicruhij  welche  wii 
auch  zur  Zeit  hier  im  Garten  besitzen. 

Als  weitere  Neuheiten  aus  unserem  Garten  kann  ich  noch  bemerken^ 
daß  ein  Weibchen  von  einem  Uhupaare,  Bubo  buho,  Eier  legte  und  auch 
brütete,  jedoch  ohne  Erfolg.  Ebenso  hat  das  Weibchen  unseres  Königsgeiers, 
Sarcohamplms  papa,  ein  Ei  gelegt,  aber  ohne  zu  brüten. 

Leider  haben  wir  einen  sehr  schönen  Chimpansen  verloren,  indem  dieser 
sich  schon  auf  der  Reise  hierher  eine  unheilbare  Krankheit  zugezogen  hatte. 
Unser  neues  Affenhaus  ist  jetzt  ganz  fertig  und  allem  Anschein  nach  ganz  gut. 


28 


Aiigeublicklich  haben  wir  in  unserem  Garten  alle  drei  Arten  von  den 
hochnordischeu  Edel-  oder  Jagdfalken,  nämlich  Jb''alco  islandicus,  Falco  groeti- 
Jünäicus  und  Falco  canclicans. 

Ein  Paar  Wanderfalken,  Falco  peregrinus,  welche  wir  zum  Versuche  in 
einei  Voliere  zusammenbrachten,  weil  sie  als  Geschwister  ganz  jung  aus  dem¬ 
selben  Neste  gehoben  waren,  haben  doch  die  alte  Lehre  bestätigt,  daß  der 
eine  bei  Gelegenheit  den  anderen  auffrifst,  und  daß  hierbei  durchaus  keine 
\  ei  wandtschaft  gilt.  Überhaupt  ist  dieses  wohl  bei  allen  größeren  Falken¬ 
arten  der  Fall;  auch  bei  dem  Habicht,  Astur]  palumharius,  haben  wir  hier 
deigleichen  Beispiele  gehabt,  trotz  der  allerbesten  Fütterung.  Dahingegen  haben 
wir  15  Turmfalken,  Falco  tmnuneulns,  in  einer  Voliere,  was  ganz  gut  geht. 

Unsere  weißen  Störche,  Ciconiaalha,  bauten  sich  ein  Nest  auf  der  platten 
Eide  und  zwai  sehr  primitiv  ,  legten  Eier  und  brachten  4  Junge  aus, 
die  jetzt  schon  fast  ebenso  groß  wie  die  Eltern  sind. 

Wii  haben  in  diesem  Sommer  über  50  Schnee-Eulen,  Leuchghfis  nivea 
(Aegolüis  scandiacus)  aus  dem  Norden  bekommen  und  konnten  mehrere 
zoologische  Gärten  damit  versehen. 

Unsei  Garten  hat  zur  Zeit  auch  eine  —  verhältnismäßig  —  ganz  nette 
Möven-Sammlung,  nämlich  Laras  marinus,  Laras  argentatuSy  Laras  glaacus 
Laras  fuscus,  Laras  ridibandus,  Laras  canus,  Laras  tridactglus,  Lesiris  catar- 
rhactes,  Lestris  parasitica.  Wir  können  von  diesen  gewöhnlich  verschiedene 
Arten  abgeben.  A.  von  Klein. 


Frankfurt  a.  M.,  6.  Okt.  1891. 

Es  inteiessieit  Sie  vielleicht  zu  hören,  daß  ich  neulich  eine  Specht* 
moise  beobachtete,  die  wie  ein  Specht  an  unserm  Akazienbaum  herumhackte  und 
endlich  mit  ihrer  Beute  davon  flog!  Als  ich  näher  hinzutrat,  sah  ich,  daß 
die  Meise  mehrere  Haselnüsse  in  die  Rinde  des  Baumes  gesteckt  hatte,  mit 
dem  runden,  weichen  Teil  nach  oben,  und  daß  sie  auf  diese  Weise  mit 
Leichtigkeit  die  Nüßchen  aufhackte  und  verzehrte.  Am  Boden  liegen  noch 
viele  Dütchen  mit  Blutnüssen,  die  sie  vom  andern  Teil  des  Gartens  herbei¬ 
getragen  hat.  Wollen  Sie  sich  persönlich  von  der  Arbeit  des  Vögelchens, 
überzeugen,  so  bitte  ich  Sie,  zu  uns  zu  kommen!  E.  C o  u  sto  1 -Br  e  ul.  * 

Der  Einladung  der  Frau  Coustol  folgend,  besichtigte  ich  am  18.  Oktober 
den  auf  einem  Rasen  freistehenden  Akazienbaum  {BoUnia  pseadacacia)  und 
tand  außer  verschiedenen,  früher  eingeklemmten  Haselnüssen  auch  eine  frisch 
eingesetzte  und  nur  wenig  geöffnete.  Es  ist  überraschend,  mit  welchem 
Schal tblick  die  Spechtmeise  (Sitta  europaea)  die  überaus  günstige  Gelecrenheit 
die  Nüsse  festzustecken,  aufzuflnden  und  auszunutzen  wußte.  Die  gerissene 
Rinde  des  alten  Baumes  ist  mit  dicken,  mehreren  Centimeter  hohen  Wülsten 
bedeckt,  welche  sich  in  spitzem  Winkel  gabelig  teilen  und  in  ähnlicher  Weise 
mit  benachbarten  Rindenstreifen  wieder  vereinigen.  Wo  sie  auseinander 
treten,  bilden  sich  zwischen  den  übergreifenden  Rändern  der  Wülste  häufig 
kleine  trichterförmige  Vertiefungen  und  in  diese  werden  die  Haselnüsse  mit 
ihrem  spitzen  Ende  eingesteckt  und  bei  dem  Aufhämmern  fest  eingekeilt.  Da 
die  trichterförmigen  Zwischenräume  sich  meistens  an  dem  älteren,  also 
unteren  Teile  des  Stammes  befinden,  so  sind  auch  die  Haselnüsse  an  dem 
unteren  Teile  desselben,  bis  etwa  zu  1  m  Höhe  befestigt.  N 


29 


Neapel,  7.  Oktober  1891. 

In  No.  8  des  Jahrgangs  1891,  Seite  251,  berichtet  Herr  Dr.  Ziegler  über 
einen  Finken,  welcher  unablässig  gegen  eine  Fensterscheibe  pickte,  und  glaubt, 
daß  dieses  Manöver  durch  das  Spiegelbild  des  Finken  veranlaßt  wurde.  Ich 
möchte  Ihnen  einen  ganz  ähnlichen  Fall  von  einem  Sperlinge  mitteilen,  welcher 
Monate  lang  regelmäßig  an  ein  bestimmtes  Fenster  kam  und  stundenlang 
an  dasselbe  pickte.  Ich  habe  damals  nichts  ausfindig  machen  können,  was 
den  Spatz  zu  solchem  Treiben  veranlaßte,  und,  was  das  merkwürdigste  war, 
das  Tier  ließ  sich  durch  kein  Verjagen  von  seiner  stumpfsinnigen  Beschäftigung 
abbriugeu,  sondern  kehrte  immer  wieder  au  die  Scheibe  zurück.  Leider  habe 
ich  später  nicht  mehr  darauf  geachtet.  Dr.  P.  Schiemen z. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Der  Si  ebenschläfer ,  L-,  in  Gefangenschaft.  R.  Klement 

in  Hermannstadt,  Siebenbürgen,  hielt  mehrmals  diese  Tiere  in  Gefangenschaft 
und  gewann  sie  wegen  ihres  ruhigen  und  liebenswürdigen  Benehmens  bald  lieb. 
Seinen  Erfahrungen  an  anderen  Nagern  gemäß  benutzte  er  die  Zeit  ihres 
Winterschlafs,  um  sie  an  sich  zu  gewöhnen,  indem  er  sie  während  desselben 
häufig  aus  dem  Käfig  nahm  und  in  der  warmen  Hand  halb  erwachen  ließ.  Anfäng¬ 
lich  gaben  die  Tiere  dabei  durch  Fauchen  ihren  Unwillen  kund;  nachdem  sie  aber 
in  den  Käfig  zurückgebracht  waren  und  vollständig  erwachten,  nahmen  sie  die  vor¬ 
gehaltenen  Nüsse  mit  sichtlichem  Behagen  zu  sich.  Mit  ihrem  Erwachen  bei 
Eintritt  der  warmen  Witterung  zeigten  sie  sich  so  zahm,  daß  sie  oft  aus  dem 
Käfige  auf  den  Tisch  gelassen  werden  konnten.  Ein  trächtiges  Weibchen, 
das  dem  Berichterstatter  am  24.  Juli  gebracht  worden  war,  warf  am  17.  August 
sieben  nackte  blinde  Junge.  Am  8.  September,  also  nach  23  Tagen,  öffneten 
diese  die  Augen  und  nahmen  schon  nach  zwei  Tagen  an  den  Mahlzeiten  der 
Alten  teil.  Anfang  Oktober  wurden  sie  noch  saugend  gesehen.  Den  buschigen 
Schweif  erhielten  sie  im  zweiten  Monate  ihres  Lebens,  im  Dezember  hatten  sie 
noch  nicht  die  volle  Größe  der  Alten.  Im  März  des  folgenden  Jahres  schienen 
sie  zur  Fortpflanzung  geeignet,  denn  zwischen  den  Männchen  kam  es  manch¬ 
mal  zu  kleinen  Balgereien,  doch  konnten  von  hier  an  die  Beobachtungen  nicht 
fortgesetzt  werden.  Verhandl.  u.  Mitteil,  des  Siebenbürgischen  Vereins  für 

Naturwissenschaften. 

Geburten  im  Dresdener  zoologischen  Garten  im  Jahre  1890—91. 

April  1890.  16  gew.  Meerschweinchen,  Cavia  Cobaya,  2  Heideschnucken, 
Ovis  brachyceros  ericetorum.  —  Mai.  2  Rattlerhunde,  Canis  dom.,  6  Seidenhühner, 
7  blaue  und  weiße-  und  5  schwarze  Langshan-Hühner,  9  ind.  Zitterhalstaubeu, 
«■elbe,  braune,  blaue,  3  Samabiatauben,  2  Bisamschweine,  IHcotyles  torqiiatus.  - 
Juni.  2  weiße  Bantamhühner,  4  dunkelfarbige  Brahmahühner,  7  Prinz  Alberts- 
hühner,  15  Wyandotehühuer,  6  rotsattelige  Bantamhühner,  2  hellfarbene  Brah¬ 
mahühner,  8  Sultanshühner,  7  Sumatrahühner,  rote  und  schwarze,  3  Creve- 
Coeurhühner,  3  Wildhuhnbastarde,  43  Phönixhühuer,  1  Pfaufasan,  Folyplectron 
bicalcaratum,  4  Brieftauben,  3  Muselkop^tauben,  3  Indianertaubeu,  1  Malteser 


30 


taube,  1  Krickente,  Anas  crecca,  1  Löffelente,  Anas  clypeata,  2  Edelhirsche,  Cervus 
elaphus,  1  rotes  Riesenkäuguru,  Macropus  ruf  us ,  1  Damhirsch,  Cervus  dama, 

1  Heicleschnucke,  Ovis  hracli7jceros  ericetorum.  —  Juli.  31  Meerschweinchen, 
Cavia  Cohaya,  78  weiße  Mäuse,  Mus  dom.  var.  alba,  11  Bauinwolleninäuse, 
Mus  dom.  var.  alba.,  1  Silbermöve,  Larus  argentatus,  3  weiße  Spitzhunde, 

2  weiße  Bautamhöhner.  —  August.  8  Rattlerhunde,  1  Wapiti,  Cervus  cana- 
densis.  —  September.  2  Puma,  Felis  concolor,  2  afrikanische  Schafe,  Ovis 
aries  africana.  —  Oktober.  1  Wapiti,  Cervus  canadensis,  3  Tiger,  Felis 
tigns,  1  Lama,  Auclienia  lama.  —  November.  2  Axishirsche,  Cervus  axis, 
1  Löwe,  Felis  leo,  1  Schweizer  Ziege.  —  Dezember.  3  Löwen,  Felis  leo.  — 
Januar  1891.  1  Isabellantilope,  Antilope  isabellina,  1  Schweinshirsch,  Cervus 
jiorcinus,  2  Pinscherhunde,  2  Halsbandbären,  ürsus  iibetanus. — März.  1  Lach¬ 
taube,  Strepiopeleia  risoria,  1  Sattelziege,  4  Siamkatzen,  Felis  dorn.  var.  siamensis, 
1  Bison,  Bos  bonasus  americanus.  1  Heideschnucke. 

Zur  Naturgeschichte  des  Tümmlers.  Bei  Hatteras,  Nord-Karolina, 
wird  der  Fang  eines  Tümmlers,  Tw'siops  (Delpliinus)  tursio,  eifrig  betrieben,  was 
Mr.  F.  W.  True  zu  Untersuchungen  sowohl  in  industrieller  Hinsicht  als  auch 
über  die  Lebensweise  des  Tieres  veranlaßte.  Über  letztere  berichtet  derselbe 
(Proc.  of  the  United  States  National  Museum),  daß  ihm  von  den  Fischern  mit¬ 
geteilt  wurde,  die  jungen  Tiere  blieben  bei  ihrer  Mutter,  wenn  letztere  in  dem 
Netze  gefangen  wird,  was  zuweilen  vorkommt.  Er  selbst  sah  dies  einmal  nahe 
der  Bai  bei  einem  in  dem  Netze  gefangenen  Weibchen;  das  Junge  aber  wurde 
nicht  erwischt,  da  es  wahrscheinlich  unter  das  Netz  tauchte,  was  auch  die 
alten  Tiere  oft  thuu.  Die  Mütter  sollen  ferner  ihre  Jungen  bei  dem  Atmen 
unterstützen,  indem  sie  dieselben  mit  Hülfe  ihrer  Flossen  an  die  Oberfläche 
tragen,  oder  auch  auf  andere  Art.  Die  Atemöffuung  (das  Nasenloch)  scheint 
der  Sitz  des  Gefühles  im  Kopfe  zu  sein,  denn  wenn  Mr.  True  diese  Stelle  he- 
rührte,  schlugen  die  Tiere  zum  Zeichen  ihres  Unbehagens  heftig  mit  ihrem 
Schwänze.  (N.)  Nature,  26.  März  1891. 

E  in  n e  u  e r  M a u  1  w u r f.  Prof.  Dr.  A.  N e h  r  i  n  g  erh ielt  aus  dem  Südosten 
Sibiriens,  aus  der  Gegend  von  Wladiwostock,  einen  Maulwurfsbalg  mit  Schädel 
und  Beinknochen,  den  er  als  eine  neue  Art  der  Gattung  Mogera  erkannte  und 
wegen  seiner  Stärke  M.  robusta  benannte.  Bei  der  Gattung  Talpa,  zu  der  unser 
gemeiner  Maulwurf  gehört,  finden  sich  im  Unterkiefer  8  schneidezahnähnliche 
Zähnchen,  während  die  Tiere  der  Gattung  Mogera  nur  deren  6  besitzen. 
Letztere  haben,  wie  es  scheint,  regelmäßig  14  Brust-  und  5  Lendenwirbel, 
während  Talpa  13  Brust-  und  6  Lendenwirbel  aufweist.  Dieselbe  Mogera 
robusta  scheint  G.  Rad  de  aus  dem  Ussuri-Gebiete  erhalten  zu  haben;  sie  steht 
dem  japanischen  Maulwurfe  Mogera  wogura  sehr  nahe  und  ist  in  zoogeographi¬ 
scher  Plinsicht  darum  von  Bedeutung,  weil  sie  der  Vertreter  dieser  Art  auf 
dem  asiatischen  Kontinente  ist  und  auf  den  ehemaligen  Zusammenhang  des 
japanischen  Inselreiches  mit  dem  Festlande  hinzudeuten  scheint.  Die  Abtren¬ 
nung  von  dem  letzteren  muß  aber  schon  vor  ziemlich  langer  Zeit  erfolgt  sein, 
da  die  entsprechenden  Arten  beider  Gebiete  sich  in  körperlicher  Beziehuno- 
schon  mehr  oder  weniger  deutlich  von  einander  entfernt  haben.  N. 

Katzen  Zucht.  Nach  der  »Times«  (3.  Dezember  1891)  ist  iu  Washing¬ 
ton,  U.  S.  A.  iu  dem  Puget-Sund  eine  Insel  gekauft  worden  mit  der  Bestim- 


31 


mung,  darauf  die  Zucht  von  ausschließlich  schwarzen  Katzen  zu  betreiben, 
deren  Fell  wertvoll  ist  und  nach  Berechnung  der  Unternehmer  Millionen  Dollai 
einbringen  soll.  Auf  der  Insel  ist  eine  Vermischung  mit  andersfarbigen  Katzen 
ausgeschlossen,  aber  die  Frage  ist,  wie  B.  Tegetmeier  dazu  bemeiht,  die, 
ob  nicht  das  Fell  der  Tiere  unter  den  neuen  Lebensbedingungeu  —  die  Katzen 
sollen  nur  mit  Fischen  gefüttert  werden  —  im  Laufe  der  Jahre  Veiänderungen 
erleidet  und  oh  sich  die  schwarze  Farbe  rein  erhalten  und  nicht  in  die  der 
wilden  Tiere  Zurückschlagen  wird,  da  die  Tiere  wild  herumlaufen  düifen. 

The  Field,  5.  Dezember  1891. 

Wildschweine  i  n  P  r  e  u  ß  e  n.  Im  Etatsjahre  1885—86  wurden 
in  Preußen  9391  Wildschweine  erlegt,  woraus  auf  einen  Gesamtbestand  von 
etwa  16,700  Stück  geschlossen  werden  kann.  Der  Wert  der  ahgeschossenen 
Tiere  belief  sich  auf  229,538  M.,  für  ein  Tier  also  25  M.  Die  Beute  ver¬ 
teilt  sich  folgendermaßen  auf  die  einzelnen  Provinzen :  Rheinland  1821, 
Brandenburg  1652,  Hannover  1 230,  Westfalen  1158,  Hessen-Nassau  956,  Sachsen 
881,  Schlesien  718,  Pommern  567,  Westpreußen  163,  Ostpreußeii  117,  Schleswig- 
Holstein  90,  Posen  37.  Der  Weidmann,  27.  November  1891. 


L  i  1 1  e  r  a  1  u  r. 


Naturgeschichte  der  deutschen  Vögel  einschließlich  der  .sämtlichen 
Vogelarten  Mitteleuropas  von  C.  G.  Friderich  4.  Auflage.  In  zwei  Halb¬ 
bänden.  Mit  48  kolorierten  Tafeln.  Stuttgart.  Jul.  Hoffman  n.  1891. 

Das  beliebte  Buch  von  Friderich  tritt  hier  in  neuer  Form  vor  uns,  denn 
aus  einer  »Naturgeschichte  der  Zimmer-Haus-  und  Jagdvögel  mit  einem  Anhänge 
über  ausländische  Vögel«  ist  es  eine  solche  der  »deutschen  Vögel«  geworden. 
Es  hat  sich  auf  letztere  beschränkt,  ist  aber  trotzdem  von  942  Seiten  auf  970 
angewachsen,  wobei  das  Format  der  Seiten  ein  bedeutend  größeres  geworden 
ist.'’  Daraus  schon  kann  geschlos.sen  werden,  uni  wie  viel  eingeheuder  uud 
sorgsamer  unsere  heimatlichen  Vögel  behandelt  sind,  und  davon  überzeugen 
wir” uns  auch  mit  Vergnügen,  wenn  wir  über  irgend  einen  unserer  Lieblinge 
nachlesen  und  finden,  wie  er  uns  nach  Aussehen,  Aufenthalt,  Nahrung,  Ver¬ 
mehrungsweise,  Stimme  und  Gewohnheiten,  kurz  nach  allen  seinen  Eigentüm¬ 
lichkeiten  vortrefflich  geschildert  wird.  Die  neusten  Aufschlüsse,  von  zuver¬ 
lässigen  Beobachtern  gegeben,  sind  dabei  gewissenhaft  benutzt,  so  daß  wir  dem 
Buche  nachrühmen  müssen,  daß  es  eine  vorzügliche  Naturgeschichte  der 
deutschen  Vögel  darstellt.  Zugleich  aber  gibt  es  auch  dem  Vogelzüchter 
Anleitung,  wie  er  sich  seine  gefiederten  Zöglinge  am  besten  verschafft,  auch 
durch  eigenen  Fang,  und  wie  er  sie  zu  behandeln  hat  sowohl  in  gesunden 
wie  auch”  in  kranken  Tagen.  Nach  diesen  beiden  Seiten  hin  ist  die  Arbeit 
sehr  zu  loben  und  Allen,  die  unsere  heimischen  Vögel  kennen  lernen  wollen,  aut 

das  beste  zu  empfehlen.  , 

Nur  auf  einen  unwesentlichen  aber  für  Anfänger  störenden  Umstand 

möchten  wir  aufmerksam  machen.  Die  systematische  Gruppierung  des  Ver¬ 
fassers  weicht  von  den  überall  gebräuchlichen  ab,  ohne  deren  Klarheit  zu  besitzen. 
Er  setzt  stets  anstatt  des  Begriffs  »Gattung,  geuus«  die  Bezeichnung  »Familie« 


1 


—  32  — 

und  bereitet  damit  nur  Verwirrung.  So  heißt  es  z.  B.;  »22.  Familie:  Pirol, 
Oriolus.  Eine  Art:  Pirol  0.  galbula.«  —  Dann  wird  in  einem  anderen  Falle 
die  »Familie  Fink,  Fringilla,«  mit  14  Arten  in  6  »Gruppen«  geteilt,  nämlich 
Edelfink,  Alpenfink,  Sperling,  Steinsperling,  Hänfling,  Zeisig,  alle  14  Arten 
werden  aber  als  Fringilla  aufgeführt.  Es  geht  weiterhin  wohl  nicht  an,  die 
»Bezeichnung  Art  ebensogut  mit  Urtier  zu  vertauschen,«  wie  Seite  17  gesagt 
ist.  Urtiere  sind  in  der  Wissenschaft  die  einfachsten  animalen  Geschöpfe,  die 
sich  nicht  geschlechtlich  fortpflanzen.  Doch  sind  das  Dinge,  die  der  eigent¬ 
lichen  Naturgeschichte  der  deutschen  Vögel  keinen  Abtrag  thun  und  bei  einer 
folgenden  Auflage  leicht  zu  bessern  sind. 

Die  50  neu  hergestellten  Tafeln  in  Farbendruck  führen  uns  in  getreuer 
Darstellung  384  Vogelformen  vor  und  erhöhen  den  Wert  des  Werkes  wesentlich. 

N. 


Brehms  Tierleben.  Dritte  Auflage.  Die  Vögel,  unter  Mitwirkung  von  Dir. 

Dr.  Willi.  Haacke  neubearbeitet  vonJProf.  Dr.  Pechuel-Loesche.  3.  Band, 

Mit  106  Abbildungen  im  Text,  20  Tafeln  u.  3  Karten.  Leipzig  und  Wien. 

Bibliographisches  Institut.  1892. 

Mit  dem  vorliegenden  sechsten  Band  ist  die  Naturgeschichte  der  warm¬ 
blütigen  Tiere  und  die  größere  Hälfte  der  neuen  Ausgabe  abgeschlossen.  Was 
wir  wiederholt  über  dieselbe  gesagt,  das  gilt  zumal  für  diesen  ganzen  Abschnitt, 
wir  können  stolz  auf  dieses  Werk  sein,  das  eine  Arbeit  gründlichen  deutschen 
Fleißes,  eine  Fundgrube  der  Belehrung  und  eine  unerschöpfliche  Quelle  gei¬ 
stiger  Anregung  bildet.  In  seiner  Ausstattung  steht  es  unerreicht  da,  und  .so 
kann  man  sich  nicht  wundern,  wenn  es  auch  jetzt  wieder  bei  seinem  Neuer¬ 
scheinen  überall  Freunde  gefunden  hat. 

Der  letzte  Band  der  Vögel  enthält  die  nach  M.  Fürbringer’s  sorgfältigen 
Zergliederungen  neu  aufgestellten  Ordnungen  der  Singvögel,  Charadriornithes, 
(Regenpfeifer,  Brachschwalben, Möwen,  Flügeltaucher,  Blätterhähnchen,  Trappen 
Dickfüße);  Flossentaucher,  Aptenodytiornithes.  (Pinguine);  Sturmvögel 
Thallassornithes ;  Stoßvögel,  Pelargornithes  (Falken,  Neuweltsgeier,  Kranich¬ 
geier,  Reiher,  Schuhschnäbel,  Störche,  Hammerköpfe,  Ibisse,  Flamingo,  Scharben, 
Pelikane,  Fregattvögel,  Tropikvögel,  Lappentaucher,  Seetaucher,  Enten);  Wehr¬ 
vögel,  Palamedeoruithes,  (Palamedea);  Nandu,  Rheornithes;  Roßvögel, 
Ilippatectryornithes,  (Kasuar,  Emu),  und  Strauße,  Struthiornithes. 

_ _ _ _  _ _  N. 

Eingegangene  Beiträge. 

P.  L.  in  M.:  Ich  bedaure  sehr,  dass  Ihr  Reiscplan  ein  anderer  geworden  ist  und  Sie 
nicht  demnächst  liierher  führt.  —  J.  11.  in  M.  —  F.  S.  in  W.  —  E.  B.  in  K.;  Das  Heft  folgt. 

Bücher  und  Zeitschriften. 

The  .Journal  of  Comparative  Medicine  and  Veterinary  Archive.^,  edited  by  W.  A.  Conklin 
und  li.  Sli.  Huidekoper.  Fcbr.  1892.  New-York,  1892.  Ornithologisches .Talirbuch.  Ilerau.s- 
gegeb.  von  Vi  ctor  lli*te r  von  T.schusi  zu  Schmidhoffen.  II.  Jabrg.  Heft  6.  I89i. 
Hallein  1891.  Verlag  des  Herausgebers. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  vou  Malilaii  &  Waldscliniidt.  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitschrift^. 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der 'Tfere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Eedigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N..  2.  XXXIII.  Jahrgang.  Februar  L893. 

1  n  li  a  1  t. 

über  Dingos;  Pariah-  und  neuseeländische  Hunde;  von  Beruh.  Langkavel.  —  Bemer¬ 
kungen  über  den  Scheltopusik  und  die  Treppennatter;  von  Helene  Werner  in  v>  len. 
Die  Raubsäugetiere  des  Teutoburger  Waldes;  von  H.  Schacht.  —  Schnackenzucht  zum 
Zwecke  der  Fischfütterung;  von  Dr.  Emil  Buck.  -  Vögel  und  Binnenmollusken;  von  Her¬ 
mann  Loens.  —  Über  die  gegenwärtige  Verbreitung  der  Girafte  im  Süden  des  Sambesi; 
von  Dr  F  Moewes.  —  Bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Dresden  über  das  Ge¬ 
schäftsjahr  vom  1  April  1890  bis  31.  März  1891.  -  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen. 
—  Litteratur. 


lieber  Dingos,  Pariali-  und  neuseeländische  Hunde. 

Von  Bernh.  Langkavel. 

In  den  Proc.  Zool.  Soc.  London  1890  befindet  sich  ein  längerer, 
lehrreicher  Aufsatz  »On  some  Cranial  and  Dental  Characters  of  the 
Domestic  Dog.  Bj  Bertram  C.  A.  Windie  and  John  Humplireys« 
und  verschiedene  Tabellen  von  Schädelmessungen  an  vielleicht  120 
Exemplaren. 

In  den  nachfolgenden  Zeilen  gebe  ich  zuerst  eine  freie  Über¬ 
setzung  der  Gruppe  VII,  welche  die  Pariahhuude,  Dingos  und  neusee¬ 
ländischen  lunfafit,  teile  dann  die  Messungen  nach  dem  Original 
mit  und  schließe  mit  einigen  Beinerkougeu  über  diese  Hundeformen. 

Den  indischen  Pariahhnnd  stellt  Smith  zu  den  Terriers,  weil 

sie  alle  »lengtheued  hacks,  pointed  ears,  a  sharp  nose,  and  the 

tail  more  or  less  fringed«  besitzen.  Nach  W.  Youatt  (The  Dog.) 

rribt  es  von  ihnen  verschiedene  Varietäten  :  1)  eine  wilde  Form 

.... 

in  den  Jnugleu  und  Vorbergen  des  Himalaja,  rötlichhrann  und  mit 

Spitzohreu ;  2)  eine  Form  in  bewohnten  Distrikten,  unter  welchen 

sich  häufig  Teckel  vorfindeu,  gewöhnlich  weiß,  mit  langem  seiden- 

articrem  Haar:  3)  die  sumatranische  Form,  welche  fuchsähnlicli  ist 

in  Augen,  Obren,  Schnauze  und  Schwanz;  4)  der  in  Java  eiuliei- 

Zoolog.  Gart.  Jabrg.  XXXIII,  1892.  3 


1 


—  84  — 


mische  Hund.  Stonehenge  (The  Dog.  »Stonehenge«.  1879)  beschreibt 
den  Pariahhund  als  eine  Kreuzung  zwischen  Dhole  und  irgend 
einem  domestizierten  Hund  hier  oder  dort,  Fitziuger  dagegen  (Die 
Rassen  des  zahmen  Hundes)  als  eine  Abart  des  Schäferhundes.  Nach 
V.  Pelzein  (Eine  Studie  über  die  Abstammung  der  Hunderassen. 
Zool.  Jahrbücher)  soll  er  und  der  Dingo  von  Canis  pallipes  ab¬ 
stammen,  von  welchen  nach  Jeitteles  (Die  Stammväter  unserer  Hunde- 
Rassen)  auch  der  Bronzehund,  Canis  matris  optimae  herkommt. 

Über  Ursprung  und  Verwandtschaft  des  Dingo  bestehen  noch 
immer  gar  mannigfache  Ansichten.  Ogilby  (Trans.  Linn.  Soc. 
XVITI.  121)  glaubt  aus  triftigen  Gründen  schließen  zu  müssen, 
daß  er  nicht  ursprünglich  in  Australien  heimisch  gewesen;  er  wäre 
wahrscheinlich  mit  den  ersten  Wanderstämmen  dorthin  gelangt. 
Daß  er  in  Tasmanien  und  Neuseeland,  welche  von  Völkerstämmen, 
die  verschieden  von  den  australischen  sind,  besiedelt  wurden,  fehle, 
spreche  auch  wohl  für  die  Einführung  aus  Norden,  aus  Neuguinea, 
Timor  u.  a.  Für  seine  Einwanderung  scheine  auch  die  Ausrottung 
des  Thylacinus  Harrisii  und  Dasyurus  ursinus  zu  sprechen.  Nach 
Youatt  nähere  er  sich  im  ganzen  Habitus,  in  Kopf,  Vorderkopf 
und  Ohren  der  größten  Schäferhundform.  Den  Leib  bedecke  zweierlei 
Haar,  graues  wolliges  und  dunkel  gelblich  oder  lohfarben  seiden¬ 
artiges.  Er  belle  selten.  Nach  »Stonehenge«  solle  er  so  sehr  einem 
Fuchse  gleichen,  daß,  wenn  ein  Laie  den  Wolfskopf  nicht  sähe,  er 
ihn  für  einen  Fuchs  halten  würde.  Nach  v.  Pelzeln  sollen  Dingo 
und  Pariahhunde  desselben  Ursprungs  sein,  und  dafür  sprächen  auch 
die  verschiedenen  Abänderungen  in  der  Farbe. 

Der  neuseeländische  Hund  soll  nach  Youatt  wahrscheinlich  von 
Spaniern  aus  Juan  Fernandez  nach  dieser  Doppelinsel  eingeführt 
sein.  Fitzinger  hält  ihn  für  eine  klimatische  Modifikation  des  Pariah- 
hundes. 

In  der  nachstehenden  Tabelle  werden  die  Maße  auf  die  »Basicra- 
nial  Axis«  Huxleys  in  dessen  Aufsatze  »On  the  Cranial  and  Dental 
Characters  of  Canidae«  (Proc.  Zool.  Soc.  1880,  S.  238)  bezogen. 
Diese  »Axis«  ist  »a  median  line  drawu  in  the  bisected  skull  from 
the  hinder  edge  of  the  basio-occipital  hone  to  the  junction  between 
the  presphenoid  and  the  ethmoid  in  the  base  of  skull«.  The  value 
of  this  is  taken  as  100,  and  the  other  measurements  are  expressed 
in  terms  of  it. 


35 


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36 


Die  BeraerkiiDgen, welche  ich  za  dem  obigen  ziemlich  kurz  gehaltenen 
Text  der  englischen  Forscher  gebe,  sollen  sich  nur  auf  den  neusee¬ 
ländischen  Hund  und  dessen  Herleitung  von  Juan  Feruandez  beziehen, 
denn  über  die  Pariahhunde  möchte  ich  der  Kürze  halber  auf  meine 
Aufsätze  in  der  »Zeitschr,  für  Hundezucht  im  Königreich  Böhmen«. 
1884,  S.  20,  in  der  »Neuen  Deutschen  Jagd -Zeitung«  VJ.  No.  10, 
11,  12,  in  der  Zeitschr.  »Der  Hund«  1887,  S.  7  und  auf  Max  Sibers 
Bemerkungen  hierzu  S.  75  verweisen,  in  Betreff  des  Dingo  aber  auf 
meine  Aufsätze  in  der  »Illustrierten  Jagdzeitung«  1884,  S.  89,  »Die 
Natur«  1889,  S.  611  und  auf  v.  Leudeufelds  Abhandlung  in  dieser 
Zeitschrift  1889,  S.  43. 

Wie  wenig  sicheres  wir  bis  jetzt  über  den  neuseeländischen  Hund 
wissen,  mögen  die  nachfolgenden,  oft  einander  widersprechenden 
Notizen  verdeutlichen.  Die  Morioris  bewohnten  in  ferner  Vergangen¬ 
heit  die  ganze  Doppelinsel,  wurden  aber  von  den  eindriugenden 
Maoris  ermordet,  verzehrt  oder  vertrieben.  Von  diesem  Stamme 
leben  auf  den  nahen  Chatham  Inseln  noch  gegen  200,  welche  gleich¬ 
falls  Hunde  über  alles  lieben,  mehr  als  Weiber  und  Kinder.  Die 
Hunde  waren  bei  ihnen  also  höchstwahrscheinlich  Speiseobjekt  und 
standen  deshalb  in  so  hoher  Achtung  wie  bei  den  Stämmen  an  der 
Südspitze  Südamerikas.  Kürzlich  hat  die  Regierung  von  Neuseeland 
auf  diesen  Inseln  eine  Steuer  eiugeführt,  die  sic  für  höchst  gewinn¬ 
bringend  erachtet,  die  Hundesteuer,  die  aber  die  Eingeborenen  aufs 
höchste  erbittert  hat  (vgl.  Deutsche  Rundschau  für  Geogr.  u.  Statist.  XHI 
424).  Ob  von  diesen  Hunden  jemals  Exemplare  nach  Europa  ge¬ 
kommen  oder  dort  gemessen  wurden,  weiß  ich  nicht.  Über  den  so¬ 
genannten  Maorihund  weichen  die  Ansichten  dortiger  Reisenden  stark 
ab.  Im  vierten  Baude  seines  umfassenden  Werkes  »Les  Polynesiens« 
—  die  früheren  Bände  hatte  ich  schon  in  meiner  Abhandlung  in 
der  Neu.  Deutsch.  Jagd-Zeitung  citiert  —  meint  Lessou,  dass  der 
Kuri,  den  Ccok  bei  seiner  Ankunft  dort  vorfand,  schon  mit  den 
ersten  Maoris  aus  Hawahiki  nach  Neuseeland  gelangte.  Es  war  eine 
kleine  Rasse,  ä  1  o  n  g  u  e  s  o  r  e  i  1 1  e  s  ,  d  ’  u  u  b  1  a  n  c  s  a  1  e  o  u  de 
cou  1  eu  r  j  a  u  n  ät  r  e ,  avec  une  queue  touffue.  Erschien 
k  e  i  n  e  A  h  n  1  i  c  h  k  e  i  t  m  i  t  D  i  n g  o  zu  haben.  Das  Handwörterbuch 
der  Zoologie,  Anthropologie  und  Ethnologie  s.  v.  »Neuseeländischer 
Hund«  hält  ihn  für  eine  ab  g  e  ä  n  d  er  te  F  o  r  m  des  Haus  h  u  n  d  e  s  ; 
Farbe  röthlich,  schwarz,  weiß  oder  gefleckt ;  bellt  seilten.  Das  »Aus¬ 
land«  1886,  134  hält  ihn  für  dort  einheimisch.  Nach  Andr. 
Reischek,  der  viele  Jahre  als  Naturforscher  dort  lebte  (vgl.  Verhnndl. 


37 


der  K.  K.  zool.-botaii.  Ges.  in  Wien,  1891)  waren  von  den  vier 
Landsäugetieren  der  eingeborne  Hund,  Canis  Maori,  welcher 
dem  Dingo  ähnlich  ist,  der  größte,  ist  aber  in  neuerer  Zeit  aus¬ 
gestorben  (vgl.  auch  »Die  Natur«  1889,  307;  1891,437),  denn  der 
europäische  Hund  hat  ihn  verdrängt,  ähnlich  wie  der  Klee  das 
Farnkraut  (W.  Schneider,  Die  Naturvölker  I,  28). 

Wie  verhält  es  sich  nun  mit  der  Angabe  Youatts,  daß  Spanier 
aus  den  Juan  Fernaudez-Inseln  nach  Neuseeland  die  Hunde  gebracht 
hätten?  können  wir  die  oben  mitgeteilten  Messungen  auf  diese  süd- 
amerikanischen  irgendwie  anwenden?  Die  von  Juan  Fernandez  1653 
auf  den  nach  ihm  benannten  Inseln  zurückgelassenen  Ziegen  hatten 
sich  derartig  vermehrt,  daß  sie  den  spätem  Freibeutern  reichliche 
Lebensmittel  darboteu  (Jahresbericht  der  Geogr.  Ges.  Bern  11,  30). 
Um  dem  zu  steuern,  brachten  die  Spanier  einen  »Haufen  großer 
Hunde  dorthin,  welche  bald  stark  unter  den  Ziegen  aufräumten.  Die 
Hunde  sind  jetztdieHerreu,  se  hr  g  r  oß,  leben  auch  vouMeerkälbern  und 
haben  deshalb  Fischgeschmack«  (Ansons  Reise  um  die  Welt,  1749, 
S.  113).  »Auf  Masa-Fuera  erhielten  sich  aber  die  vielen  Ziegen,  weil 
dorthin  keine  Hunde  kamen«  (daselbst  S,  146).  Nach  Ulloa  hatte 
die  Regierung;  von  Chile  besonders  Windhunde  dort  ausgesetzt 
(Ausland  1889,  217),  welche  nach  33  Jahren  stumm  geworden,  nicht 
mehr  bellten  ;  aber  die  von  Ulloa  mitgenommenen  erhielten  allmählich 
die  Thätigkeit  zu  bellen  wieder  (Darwin  Variiren  I,  32,  33).  Nach 
Ed.  Poeppig  (Reisein  Peru  I,  290)  wechselten  diese  verwilderten  Hunde 
mannigfach  ab  in  Farbe  und  Gestalt.  Walpole  (fouryearsin  thePacificI, 
1849,  S.  368)  sah  selber  dort  keine,  hörte  jedoch,  daß  an  manchen 
Stellen  mit  ihnen  noch  die  Ziegen  gejagt  würden,  weil  die  Leute 
kein  Pulver  besäßen  (S.  372).  Ansons  Bericht  erwähnt  auch  Sophus 
Rime  in  den  »Abhandl.  und  Vorträgen  zur  Gesch.  der  Erdkunde« 
S.  111.  In  den  letzten  Jahren  erhielten  wir  durch  Ermel  (Eine 
Reise  nach  der  Robinson-Crusoe  Insel,  1889,  S.  53  fg.)  eine  aus¬ 
führliche  Beschreibung  dieser  Hunde.  Die  von  den  Spaniern  dorthin 
o'ebrachten  Hunde  wären  eine  unter  den  Araukanern  einheimische, 

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mi  ttelgro ße,  zottige,  sehr  krä  ftige  und  wilde  Rasse,  welche 
den  Namen  Tregua  führe  und  genau  jenen  gliche,  w'elche  in  Mexico 
seit  undenklichen  Zeiten  gleichfalls  einheimisch  gewesen.  Interessant 
wäre,  dass  diese  Amerika  ausschließlich  angehörende  Species  von 
Norden  aus  sich  nach  dem  Süden,  wahrscheinlich  infolge  der  sich 
nach  der  gleichen  Richtung  hin  ausdehnenden  Ureinwohner  dieses 
Weltteiles,  ausgebreitet  hätte.  Für  unseru  Zweck  hier  weniger 


38 


wichtige  Mitteilimgeu  über  die  Hunde  auf  den  Seiten  28,  78,  80, 
98  übergehe  ich.  Auch  Philippi  bespricht  in  der  »Festschi ift  des 
Ver.  für  Naturkunde  in  Cassel«  1886,  S.  3  fg.  den  Tregua  oder 
Thegua,  und  Alfr.  Nehring  gab  wiederholt  uns  reiches  Material  über 
diese  altamerikanischen  Hunde.  Die  Ansicht  Y^ouatts  wiid  also 
nirgends  bestätigt. 

Bemerkimgeii  über  den  Sclieltopusik  und  die  Treppennatter. 

Von  Helene  Werner  iu  Wien. 

Unter  den  Reptilien,  die  mir  mein  Bruder  von  seiner  Reise  in 
Dalmatien  im  Frühling  dieses  Jahres  sandte,  befanden  sich  auch 
vier  Exemplare  des  Scheltopusik  {Opliisaurus  apiis  oder  Pseudopus 
Pallasii).  Ich  beschäftigte  mich  gerne  mit  diesen  Tieren,  weil  sie 
äußerst  gutmütig  sind,  während  die  anderen  Reptilien,  die  ich  in 
Abwesenheit  meines  Bruders  zu  betreuen  hatte,  z.  B.  eine  Katzen¬ 
schlange,  vier  Leopardennattern  und  drei  Eidechsennattern,  unter 
welchen  sich  zwei  Riesenexemplare  befanden,  sich  gerade  durch 
ihre  Bissigkeit  und  Wildheit  auszeichueten. 

Wenn  mau  einen  Scheltopusik  in  die  Hand  nimmt,  schlägt  er 
nur  heftig  mit  dem  langen  Schwanz  herum,  ohne  zu  beißen.  Ich 
kann  die  iu  Brehms  Tierlebeu,  Bd.  VII,  S.  186,  initgeteilte  Be¬ 
merkung  Erbers  über  die  »anmutigen«  Windungen  des  Scheltopusik 
durchaus  nicht  begreifen,  da  ich  noch  nie  ein  Tier,  welches  sich  so 
hölzern,  steif  und  unbehilflich  benimmt  wie  dieses,  gesehen  habe; 
aber  trotz  seiner  ünbehilflichkeit  ist  er  ziemlich  schnell  und  lebhaft. 
Von  einer  Schlange  unterscheidet  er  sich  beim  Laufen  dadurch, 
daß  der  Körper  viel  weniger  starke  seitliche  Biegungen  macht,  was 
eben  in  der  starken  Panzerung  seines  Körpers  seinen  Grund  hat. 
Soviel  ich  bemerkt  habe,  lebt  er  mit  Schlangen,  ebenso  mit  Eidechsen 
in  Frieden  und  ich  habe  noch  nie  gesehen,  daß  er  denselben  die 
Schwänze  abbeißt.  Obwohl  der  Scheltopusik,  wie  ich  an  anderen 
Exemplaren  zweimal  bemerkt  habe,  sich  von  Schnecken  ernährt 
und  sie  samt  den  Schalen  verspeist,  so  haben  meine  Exemplare 
doch  weder  dalmatinische  noch  einheimische  Schnecken  angenommen, 
während  sie  mit  Rindsleber  und  Fleisch  leicht  zu  füttern  waren 
und  davon  große  Stücke  (größer  als  ihr  Kopf)  verschlangen.*)  Obwohl 

*)  Meine  Scheltopusik  nehmen  auch  jetzt  im  Winter  noch  Nahrung  an, 
wenn  auch  nur  in  großen  Zwischenräumen.  Das  kleinste  Exemplar  versuchte 
übrigens  vor  kurzem,  eine  große  Schnecke  aus  ihrem  Gehäuse  herauszuziehen, 
was  ihm  aber  nur  teilweise  gelang. 


39 


sie  die  vorgeworfeneu  Mäuse  nicht  aurübrteu,  bezweifle  ich  durchaus 
nicht,  daß  sie  es  gelegentlich  doch  thun,  da  nämlich  überhaupt  alle 
fleischfressenden  Eidechsen  und  alle  Schlangen,  außer  den  Wasser¬ 
schlangen,  von  einer  gewissen  Größe  aufwärts  Mäuse  fressen.  Die 
in  Brehms  Tierleben  geschilderte  Bewegung  des  Scheltopusik,  wenn 
er  eine  Maus  gefangen  hat,  zeigt  er  auch,  wenn  er  ein  großes  Stück 
Fleisch  erfaßt  hat.  Diese  Erscheinung  ist  auch  an  Blindschleichen 
und  verschiedenen  Schlangen  zu  beobachten.  Ich  glaube,  daß  diese 
schnellen  Drehungen  um  die  eigene  Axe  nicht  zur  Betäubung  des 
Opfers  dienen,  sondern  zur  Teilung  des  Bissens,  weil,  wenn  zwei 
denselben  Bissen  erfaßt  haben,  sie  ihn  fast  jedesmal  abzudrehen 
versuchen,  wobei  die  Drehung  von  beiden  Tieren  nach  entgegen¬ 
gesetzter  Richtung  vorgeuommen  wird.  Der  Scheltopusik  trinkt 

ziemlich  selten,  aber  dann  sehr  viel. 

Seit  Ende  April  haben  sich  die  Scheltopusik  bis  jetzt  zweimal 
gehäutet.  Die  Haut  geht  manchmal  in  großen  Stücken  weg,  und 
die  Häutung  dauert  dann  nur  1  bis  2  Tage ;  oder  sie  währt  sehr  lange, 
wenn  nämlich  die  Haut  sehr  trocken  ist,  wobei  sie  sich  in  kleinen  Fetzen 
abschürft.  Der  Schwanz  des  Scheltopusik  kann  nicht,  wie  bei  der 
Blindschleiche,  von  selbst  abbrecheu,  sondern  höchstens  durch  den 
Biß  eines  Raubtieres  in  Verlust  geraten.  An  der  verwundeten 
Stelle  bildet  sich  dann  eine  kurze  kegelförmige  Spitze,  aber  der 
Schwanz  wächst  ebenso,  wie  bei  der  Blindschleiche,  nicht  mehi 
nach.  Die  schon  vollständig  entwickelten  Eier  eines  von  meinem 
Bruder  secierten  Weibchens  maßen  28 — 32  mm  in  der  Länge  und 
— 16  mm  in  der  Breite  und  waren  kaum  von  Schlangeneiern  zu 
unterscheiden.  Der  Scheltopusik  ist  von  den  südeuropäischen  Reptilien 
am  häufigsten  in  Wien  zu  sehen;  daher  ist  auch  sein  Preis  ziem¬ 
lich  niedrig. 

Über  das  Freileben  des  Scheltopusik  machte  mir  mein  Bruder 
folgende  Bemerkungen ;  Ganz  junge  Exemplare,  welche  sich  durch 
hellgraue  oder  graubraune  Färbung  und  braune  Flecken  auszeichnen, 
werden  sehr  selten  gefangen.  Der  Scheltopusik  kommt  in  der 
Nähe  von  Zara  sehr  häufig  vor  und  erreicht  eine  ganz  ansehnliche 
Länge  und  Dicke ;  meine  zwei  größten  Exemplare  stammen  aus 
dieser  Gegend.  Das  Tier  scheint  sich  fast  niemals  in  Löcher  oder 
unter  Steine  zu  verkriechen  wie  die  Schlangen,  sondern  lebt  frei 
in  großen  stacheligen  Gebüschen;  namentlich  in  den  die  Weide¬ 
plätze  einsäumenden  Hecken.  Eine  andere  Gegend,  wo  er  sehr 
häufig  vorkommt,  ist  Ragusa,  wo  er  besonders  in  Gärten  zahlreich 


40 


auzutreffen  ist  und  trotz  seinor  HarmlosigkGit  uiitGi  dou  4eldaibeiterii 
deu  größten  Schrecken  hervorruft,  wenn  er  plötzlich  beim  Umwen¬ 
den  des  Heues  aus  demselben  hervortaucht.  Die  am  Ufer  des 
Meeres  telegenen  Gärten  sind  terrassenförmig  angelegt  uud  am 
Räude  dieser  Terrassen  hält  sich  das  Tier  am  liebsten  auf.  Wird  es 
erschreckt,  so  läßt  es  sich  von  der  Terrasse  herunterfallen  auf  die 
nächste,  und  da  man  ihm  auf  diesem  Wege  nicht  so  schnell  folgen 
kann,  so  entgeht  es  gewöhnlich  in  dem  dichten  Grase  allen  Nach¬ 
stellungen.  Von  meinen  vier  Exemplaren  stammen,  wie  oben 
erwähnt,  zwei  aus  der  Umgebung  von  Zara  aus  Boccaguazza,  eines 
vou  der  lusel  Solta  uud  eines  von  Ragusa. 

In  der  Meinungsverschiedenheit  zwischen  Herrn  von  Fischer 
uud  Herrn  von  Feoktistow  über  die  T  r  ep  p  en  na  t  ter,  RhinecMs 
scalaris  (Zoologischer  Garten,  27.  Jahrgang  1886,  Seite  177  und  286) 
kann  ich  auf  Grund  meiner  Beobachtungen  an  mehreren  Exemplaren 
dieser  Schlange  folgende  Mitteilungen  machen  :  Was  erstens  die  Bissig¬ 
keit  uud  Bösartigkeit  der  Treppennatter  anbelaugt,  so  muß  ich  bemerken, 
daß  frischgefangene  Exemplare  nach  meinen  Beobachtungen  nicht  be¬ 
sonders  bissig  und  jähzornig  sind,  jedenfalls  aber  wird  sie  von  der 
Dahlischen-  und  Leopardenuatter,  was  Wildheit  uud  Bissigkeit  anbe¬ 
laugt,  namentlich  von  der  erstereu,  bedeutend  übertroffen.  Ich  konnte 
meine  Treppeuuattern,  ohne  je  gebissen  zu  werden,  aus  ihrem  Käfig 
herausnehmen,  wobei  sie  nur  sehr  stark  zischten;  dasselbe  thateu  sie  in 
der  Regel,  wenn  sie  irgend  wie  beunruhigt  wurden.  Das  eine  Exemplar 
wurde  übrigeus  im  Sommer,  als  es  einen  sehr  großen  Käfig  ganz  allein 
bewohnte,  wieder  so  wild,  daß  es,  wenn  man  hinein  griff,  schon 
von  ziemlicher  Eutfernung  hervorschoß  und  nach  der  Hand  schnappte ; 
doch  vermied  es,  wie  viele  andere  Schlangen,  wenn  mau  es  mit 
einem  Stück  Holz  oder  einem  Schlüssel  reizte,  hinein  zu  beißen. 
Treppenuatteru,  die  häufig  gereizt  werden,  nehmen  einen  sehr  bös¬ 
artigen  Charakter  au  und  schnappen  mit  der  größten  Wuth  nach 
der  Hand  des  Pflegers,  so  daß  es  kaum  möglich  ist,  etwas  aus  ihrem 
Käfig  herauszuuehmeu,  ohne  einen  Biß  zu  erhalten,  da  sie  sehr  schnell 
nach  einander  beißt  und  ziemlich  gut  zielt.  Über  die  Plufeisen- 
uatter,  Zamenis  hqjpocrepis^  habe  ich  zu  bemerken,  daß  ich  ein 
großes  Exemplar  vou  Sardinien  uud  ein  kleines  vou  Algier  gepflegt 
habe,  ohne  daß  ich  gesehen  hätte,  daß  sie  einmal  zu  beißen  ver¬ 
sucht  hätten. 

Wenn  ich  auch  nicht  glaube,  daß  die  Treppeunatter  die  schnellste 
Schlange  vou  Europa  ist,  so  zähle  ich  sie  doch  unter  die  schnellsten, 


41 


wie  Zamenis  genionensis^  Z.  Dahlii,  Tropidonohis  tessellatus.  —  Es 
gibt  mauclie  Exemplare,  die,  wie  gewisse  Askulapuattern,  trotz 
vollkommeuer  Gesnudheit  die  Annahme  jeglicher  Nahrung  (auch 
Mäuse)  verweigern,  doch  bleibt  sie  noch  nach  monatel-angem  Hungern 
immer  lebhaft  und  ist  in  Gefangenschaft  überhaupt  sehr  ausdauernd. 


Die  Daubsäugetiere  des  Teutoburger  Waldes. 

Von  H.  Schacht. 

VIII.  Der  Fischotter  {Lutra  vulgaris) 

Der  Teutoburger  Wald  ist  in  seinem  Innern  nicht  sehr  reich  au 
Gewässern.  Wir  finden  zwar  einige  rauschende  und  schäumende 
Gebirgsbäche,  wie  den  bei  Feldrom  entspringenden  Silberbach  und  die 
vom  lippischeu  Poeten  vielbesungene  Berlebecke,  auch  einige  Teiche, 
wie  den  mährchenhaft  gelegenen  Donnper  Teich,  den  schwarzen  Pfuhl 
an  der  Egge  und  den  künstlich  angelegten  Teich  am  Externsteine, 
den  mau  so  gern  als  See  bezeichnet,  wenn  er  auch  nur  eines  Stein¬ 
wurfs  breit  ist ;  das  ist  aber  auch  alles.  Dagegen  flieht  einige  Kilo¬ 
meter  vom  Walde  entfernt  meist  parallel  mit  dem  Höheuzuge  die 
Werra,  welche  in  der  Nähe  der  Residenzstadt  Detmold  durch  ver¬ 
schiedene  Zuflüsse  verstärkt  wird  und  die  deswegen  auch  hier  schon 
von  unserm  bestgehaßten  und  gefährlichsten  Fischräuber,  dem  Fisch¬ 
otter,  stäudig  bewohnt  wird. 

Von  hier  aus  begiebt  sich  das  Tier,  welches  weder  an  die  Scholle 
noch  an  die  Welle  gebunden  ist,  häufig  in  die  benachbarten  Bäche, 
um  dieselben  nach  den  schmackhaften  Forellen  abzusucheu,  und  ge¬ 
langt  auf  diesen  Fahrten  auch  in  die  oben  genannten  Teiche  im 
Walde.  So  bemerkte  vor  Jahren  das  scharfe  Auge  des  Malers  Lud. 
Beckmann,  der  zur  Sommerfrische  am  Externstein  weilte,  die  frische 
Fährte  eines  Fischotters  am  Rande  des  Teiches.  Als  gegen  10  Uhr 
abends  noch  im  Saale  des  benachbarten  Hotels  eine  heitere  Gesell¬ 
schaft  beisammen  war,  entfernte  sich  Beckmann  unbemerkt,  nahm  sei¬ 
nen  Hinterlader  zur  Hand  und  stellte  sich  am  obern  Ende  des  Teichs, 
wo  das  Wasser  sehr  seicht  ist,  auf  einer  hölzernen  Brücke  an  und 
wartete  nun  geduldig  des  Räubers,  der  da  kommen  sollte.  Nach¬ 
dem  er  etwa  eine  Stunde  ruhig  auf  seinem  Posten  ausgeharrt,  ver¬ 
nahm  er  plötzlich  vor  sich  ein  lautes  Plätschern  und  sah  in  etwa 
30  Schritt  Entfernung  einen  dunkeln  Körper  aus  den  Fluten  tau- 


1 


—  42  — 

eben.  Jetzt  durclizitterte  eiu  mächtiger  Knall  die  Schluchten  des 
Waldgebirges  und  still  und  regungslos  lag  der  feee  wie  zuvor.  Am 
andern  Morgen  fuhr  man  mittels  Kahns  auf  den  Anschuß  und  ge¬ 
wahrte  auch  bald  den  toten  Fischotter  auf  dem  Boden  des  Teichs, 
Mit  lautem  Jagd-Hallo  entwand  man  das  Tier  der  feuchten  Tiefe 
und  trug  es  im  Siegesjubel  heim.  Es  war  ein  mächtiges,  4  Fuß 
messendes  Exemplar,  das  sofort  präpariert  wurde.  Bei  der  Sektion 
ergab  sich,  daß  der  ganze  Inhalt  des  Magens  nur  aus  Fröschen  be¬ 
stand,  trotzdem  der  Teich  durchaus  keinen  Mangel  an  Fischen  hatte. 

In  meinen  Jugendjahren  mußte  ich  einmal  in  einer  schönen 
Sommernacht  an  den  mit  Karpfen  besetzten  Stadtgraben  von  Lemgo 
bei  der  Leinenbleiche  Wache  halten.  Gegen  3  Uhr  morgens,  als 
ich  mich  eben  von  meinem  Lager  erhoben  hatte,  stieg  plötzlich  vor 
mir  aus  dem  Wasser  in  nur  10  Schritt  Entfernung  ein  mächtiger 
Fischotter,  schüttelte  sich  mit  einem  wuchtigen  Ruck  die  Wasser¬ 
tropfen  aus  dem  Pelze,  sah  mich  einen  Augenblick  ebenso  verwun¬ 
dert  an  als  ich  ihn  und  verschwand  dann  ebenso  geräuschlos  wieder 
in  der  Flut,  wie  er  vorher  derselben  entstiegen  war. 

Ein  andermal  saß  ich  inmitten  eines  großen  Wiesenplanes  am 
Ufer  der  Bega,  um  Fische  zu  fangen.  Unverwandt  schaute  ich  nach 
der  Angelschnur,  beständig  hoffend,  bald  einen  stummen  Bewohner 
der  Flut  emporhebeu  zu  können.  Eben  sank  die  Sonne  hinter  den 
benachbarten  alten  Weiden  nieder,  da  stieg  zu  meiner  Verwunderung 
am  gegenüber  liegenden  Ufer  ein  Fischotter  empor,  wand  sich  einige 
Schritte  weit  durch  Weidicht  und  hohes  Gras  und  glitt  dann  ge¬ 
räuschlos  wieder  ins  Wasser  nieder.  Einen  solchen  Fischer  zum 
Nebenbuhler  zu  haben,  ist  freilich  für  den  Angler  eine  schlimme 
Sache,  und  ich  konnte  mir  meinen  heutif^en  Mißerfolge  leicht  erklären. 

Eigentümlich  erscheint  es,  daß  an  den  Teichen,  Bächen  und 
llüssen,  wo  sich  Fischottern  zeigen,  auch  immer  sich  Leute  finden^ 
die  den  Räubern  eifriger  nachstellen  als  die  Herren  Fischer  selbst. 
So  wohnt  in  meiner  Nähe  ein  alter  Landwirt,  der  sich  um  Fische 
durchaus  nicht  bekümmert,  desto  eifriger  aber  den  F'ischottern  uach- 
stellt  aus  dem  einfachen  Grunde,  weil  der  zu  jeder  Jahreszeit  brauch¬ 
bare  Pelz  immer  gut  bezahlt  wird.  Der  alte  Praktikus  hat  in  seinem 
Leben  schon  an  oO  Ottern  gefangen,  und  er  hat  dies  nur  fertig 
gebracht,  weil  er  dem  Grundsätze  huldigt :  man  muß  sie  nicht  alle 
wegfangen,  sonst  bekommt  man  keine  mehr.  Er  war  deßhalb  auch 
nicht  sehr  erbaut,  als  vor  einigen  Jahren  in  seinem  Reviere  die 
bekannten  westfälischen  Otternjäger,  die  Gebrüder  Schmidt  aus 


48 


Schalksmühle,  erschieueu,  um  vermittelst  ihrer  wohldressierten  Hunde 
die  Fischottern  aufzuspüren  und  ihrer  viele  zur  Strecke  brachten. 

Der  Fischotter  unternimmt  oft,  um  von  einem  Gewässer  zum 
andern  zu  gelaufen,  weite  Reisen  zu  Laude  durch  Feld  und  Wald 
und  taucht  deshalb  mauchmal  in  Gegenden  auf,  wo  man  ihn  gai 
nicht  vermutet.  So  traf  ein  mir  befreundeter  horstmann,  dei  Heir  von 
Triller  in  Feldrom,  einst  einen  Fischotter  unter  einem  Knüppeldämme 
im  Walde  an,  hetzte  ihn  durch  seine  Teckel  aus  seinem  Versteck  und 
erlegte  ihn  dann. 

Die  Anwesenheit  eines  Fischotters  läßt  sich  immer  leicht  nach- 
weisen ;  man  braucht  nur  au  den  sandigen  oder  lehmigen  Ufern  auf 
seine  Fährte  zu  achten  oder  die  Ufer  nach  Fischresten,  wie  Knochen 
Gräten,  Schuppen  oder  Krebsschalen  abzusucheu.  Besonders  da,  wo 
sich  zwei  Flüsse  oder  Bäche  vereinigen  und  das  dazwischen  liegende 
Land  im  Winkel  ausläuft,  findet  mau  diese  Reste  oft  in  großer 
Menge.  Züiii  gewöhnlichen  Verstecke  benutzt  das  üier  hohle  Ufer, 
alte  Wurzelstöcke,  Stauwerke  und  Brücken.  Zur  Wochenstube  gräbt 
sich  das  Weibchen  eine  Höhle  mit  einem  weiten  Kessel  ins  Ufer, 
bringt  aber  den  Eingang  dazu  versteckt  unter  dem  Wasserspiegel 
an,  so  daß  derselbe  von  außen  sehr  schwer  zu  finden  ist.  Au  der 
Werre  wurde  vor  einigen  Jahren  ein  solcher  Kessel  nur  dadurch 
entdeckt,  daß  eine  auf  dem  sandigen  Ufer  grasende  Kuh  vor  den 
Augen  der  Hirten  plötzlich  einbrach.  Der  ganze  Kessel  war  mit 
Heu,  Stroh  und  trockuem  Schilfgrase  weich  und  warm  ausgefüttert. 
An  eine  bestimmte  .Jahreszeit  scheint  der  Fischotter  bei  seinem 
Fortpflanzungsgeschäfte  nicht  gebunden  zu  sein,  denn  mau  hat  hier 
schon  Junge  im  März,  im  August  und  sogar  im  Dezember  gefunden. 
Die  Jungen  stehen  lange  unter  dem  Schutze  und  der  Führung  der 
Alten,  doch  scheint  dieselbe,  wenn  die  Jungen  erst  ziemlich  heran¬ 
gewachsen  sind,  keine  große  Liebe  mehr  für  sie  zu  hegen,  denn  als 
mau  in  meiner  Nähe  einst  am  frühen  Morgen  eine  Mutter  mit  zwei 
halberwachsenen' Jungen  in  einem  dicht  mit  Weidicht  bewachsenen 
Bächlein  überraschte,  machte  sich  die  Alte  schleunigst  aus  dem  Staube, 
während  sich  die  Jungen,  so  gut  es  ging,  zu  verbergen  suchten  und 

daun  einfach  erschlagen  wurden. 

Die  Otternfäuger  gehen  bei  uns  dem  Tiere  gewöhnlich  mit  einem 

Tellereisen  zu  Leibe.  Zunächst  suchen  sie  am  Rande  des  Ufers  die 
Stelle  zu  ermitteln,  wo  der  Otter  seinen  Ausstieg  hat.  Hier  wird 
nun  das  Eisen  vorsichtig  mit  Moos  und  kurzem  Grase  bedeckt  so 
angebracht,  daß  es  unter  dem  Wasser  liegt.  Die  Falle  muß  außer- 


44 


dem  so  beschwert  werdeu,  daß  das  gefangene  Tier  damit  zu  Boden 
siukt  und  im  Wasser  ertrinkt.  Ist  dies  nicht  der  Fall,  so  macht  das 
Tier  die  verzweifelndsten  Anstrengungen,  dem  fesselnden  Eisen  zu 
entkommen  und  läßt  dabei  laut  kreischende  Schmerzenslaute  hören. 

Der  Fischotter  ist  wie  kein  anderes  Tier,  dank  seinem  schlanken 
marderartigen  Körperban,  den  mit  Schwimmhäuten  versehenen 
Zehen,  den  glatt  anliegenden  Haaren,  den  verschließbaren  Ohren 
und  dem  kräftigen,  am  Ende  spitz  zulaufenden  Ruderschwanze  recht 
dazu  angethan,  die  Fische  in  ihrem  Elemente  aufzuspüren  und  zu 
erbeuten.  Einen  geschickteren  und  eleganteren  Schwimmer  und  Tau¬ 
cher  haben  unsere  Süßgewässer  nicht  aufzuzeigen,  und  ich  gedenke 
heute  noch  immer  mit  großer  Freude  des  Augenblicks,  als  ich  im 
Jahre  1865  im  Dresdner  Garten  zum  erstenmal  Gelegenheit  fand, 
unseren  Fischotter  in  seinem  Wasserbecken  sich  belustigen  zu  sehen. 
\Vohl  eine  Stunde  widmete  ich  der  Beobachtung  dieses  einheimischen, 
viel  genannten  und  doch  so  vielen  unbekannten  Raubtieres. 

Gezähmte  Fischottern  hat  hier  meines  Wissens  noch  niemand 
gehalten.  Der  Herr  von  Kapf  in  Lemgo  versuchte  vor  einigen  Jahren 
einen  im  August  gefangenen  juugeu  Fischotter  mit  der  Saugflasche 
aufzuziehen,  doch  erreichte  derselbe  nur  ein  Alter  von  wenio’en 

O 

AVochen. 


IX.  Der  Dachs  (Meies  taxus). 

Meister  Grimmbart,  den  die  böse  Welt  gewöhnlich  für  einen 
mürrischen  und  verdrießlichen  Patron  erklärt,  weil  er  ein  wahres 
Einsiedlerleben  führt  und  durchaus  keine  Festtagsstimraung  zeio't, 
wenn  man  ihm  im  Herbst,  wo  er  sich,  wie  ein  Freiligrathscher  Moh¬ 
renfürst  »ein  rundes  Bäuchlein  augemästet«  in  seiner  Behäbigkeit  und 
Häuslichkeit  mit  den  verschiedensten  Folterwerkzeugen  zu  Leibe 
rückt,  ist  noch  überall  in  uusern  Waldungeu  anzutrefifeu.  Daß  er  nicht 
sehr  häuflg  auftritt,  wenigstens  sich  nicht  in  dem  Maße  vermehrt,  wie 
man  es  von  einem  so  wenig  verfolgten  Tiere,  das  10  Monate  des  Jahres 
hindurch  Schonzeit  hat,  eigentlich  erw’arten  könnte,  liegt  meines  Er¬ 
achtens  hauptsächlich  an  der  Strenge  des  Winters,  wodurch  viele  der 
bereits  im  Februar  geborenen  Jungen  eiugehen,  daun  aber  auch  au 
der  unter  den  Höhlenbewohnern  ausbrechendeu  Räude,  die  manchen 
Dachs  in  der  Blüte  der  Jahre  hiuwegrafl’t.  Woher  soll  z.  B.  die 
alte  Dachsmutter  ihre  Nahrung  nehmen,  wenn  metertiefer  Schnee 
oft  bis  zum  April  hin  die  Waldungen  bedeckt?  Und  wie  häufio- 


45 


fand  ich  schon  nach  schneereichen  Wintern  in  den  Bergen  hinter 
Hecken  und  Büschen  verendete  Dachse,  die  nur  der  Hunger  aus 
ihrer  Winterruhe  getrieben  hatte  und  die  dann  erschöpft  und  ent¬ 
kräftet  auf  ihren  Ausgängen  uiedergesunken  waren. 

Bei  Taffe  bekommt  mau  deu  Dachs  äußerst  selten  zu  sehen, 

O 

wenn  er  auch  im  Herbst  zur  Zeit  der  ßrombeerreife  sich  häufig 
außerhalb  des  Baues  im  Gebüsche  umhertreibt.  So  wurde  in  der 
Nähe  unseres  Waldes  auf  dem  Gebiete  des  Gutes  Roteusiek  zwei 
Jahre  nacheinander  ein  Dachs  auf  der  Treibjagd  erlegt,  welcher  in 
einem  mit  dichtem  Brombeergebüsch  bestandenen  Feldgehölze  sein 
Standquartier  genommen  hatte.  —  Als  ein  mir  befreundeter  Land¬ 
wirt  einst  am  hellen  Maitage  durch  sein  Gehölz  schritt,  kam  ihm 
auf  dem  Wege  eine  ganze  Dachsfamilie,  Mutter  und  drei  Kinder, 
entgegen.  Die  Alte  schnitt  beim  Erblicken  des  ungebetenen  Zu¬ 
schauers  ein  bitterböses  Gesicht  und  zog  mit  den  Jungen  ruhig  ihres 
Weges  weiter. 

Einst  hatte  ich  mich  zur  Herbstzeit  am  Waldrande  auf  den 
Ansitz  begeben,  um,  wenn  möglich,  einen  ins  Feld  rückenden  Hasen 
zu  erlegen.  Eben  war  die  Sonne  hinter  den  Bergen  verschwunden, 
da  raschelte  es  vor  mir  im  dürren  Laube  und  siehe,  ein  Dachs  war 
es,  der  direkt  auf  mich  lostrollte.  Ich  saß  natürlich  unbeweglich. 
Der  weißblässige  Schelm  kam  mir  auf  zwei  Schritte  vors  Gewehr, 
streckte  vorsichtig  seine  Nase  empor,  schien  aber  sofort  Menschen¬ 
fleisch  zu  wittern,  denn  er  drehte  sich  rasch  um  und  trabte,  viel 
rascher  als  er  zuvor  gekommen,  wieder  dem  nahen  Fichtendickicht  zu. 

Von  den  Dachsbauen,  die  oft  tief  im  Walde  liegen,  führt  stets 
ein  breit  und  flach  ausgetretener  Pfad  durch  Busch  und  Gestrüpp, 
über  Sumpf  und  Moor,  durch  Gräben  und  Schluchten  den  nächst- 
gelegeuen  Dreischen,  Weidekämpen,  Miesen  und  leidem  zu.  Au 
einem  solchen  wohl  seit  Jahrhunderten  benutzten  Pfade,  der  au  einer 
sehr  steilen  Bergwand  hinaufführte  und  in  einen  Weidekamp  mündete, 
hatte  ich  mich  an  einem  heitern  Septemberabeude  niedergelassen, 
um  einen  Daclis  zu  beobachten.  Gegen  8  Uhi,  als  schon  der  Mond 
seine  Lichter  durch  die  Zweige  warf  und  das  schauei liehe  Huliuhu 
des  Waldkauzes  in  den  Schluchten  des  Gebirges  widerhallte,  vernahm 
ich,  daß  tief  unter  mir  im  laubbedeckten  Thale  ein  lautes  Rascheln 
entstand.  Ich  horchte  auf  und  bald  schob  sich  langsam  die  Bergwand 
hinauf  die  fettstrotzeude  Gestalt  eines  Dachses,  dei  in  3  Schiitt  Ent¬ 
fernung  neben  mir  vorbei  trollte,  mich  aber  keineswegs  beineikte. 
Nachdem  einige  Minuten  verflossen  w’aren,  ging  ici^  demselben  nach. 


46 


Da  derWeidekamp  mit  grasbedeckteuMaulwurfshügelu  wie  übersäet  war, 
wurde  es  meinen  Augen  schwer ,  einen  Dachs  dazwischen  ausfindig 
zu  machen.  Endlich  sah  ich  einen  etwas  grösseren  Haufen,  den  ich 
mir  sofort  zum  Ziele  nahm.  Eben  wollte  ich  mit  meinem  Fuße  den 
Haufen  berühren,  als  dieser  plötzlich  lebendig  ward  und  sich  als 
Freund  Grimmbart  entpuppte,  der  nun  spornstreichs,  soweit  es  ihm 
sein  ungewöhnlicher  Leibesumfang  gestattete,  munter  von  dannen 
trabte.  Jetzt  wandte  ich  meine  Schritte  wieder  den  Penaten  des 
Hauses  zu.  Kaum  hatte  ich  aber  den  Weidekamp  verlassen,  von 
wo  aus  der  Weg  noch  eine  Strecke  durch  einen  hohen  Buchenbestand 
führte,  da  sah  ich  auf  einmal  vor  mir  hochaufgerichtet  einen  Dachs 
stehen  von  wahrhaft  reckenhafter  Gestalt.  Er  begrüßte  mich  mit 
einem  zweimaligen  lauten  Gegrunze  und  verschwand  dann  im  Walde. 
Ein  alter  Freund ,  dem  ich  tags  darauf  mein  Erlebnis  mitteilte, 
meinte  freilich  scherzhafter  Weise,  ich  hätte  mich  geirrt,  der  Dachs 
sei  sicher  ein  Schwein  aus  unserem  Dorfe  gewesen. 

Eines  Tages  kam  mein  Nachbar  zu  mir  und  machte  mir  die 
Mitteilung,  daß  er  am  Abend  zuvor  beim  Mondschein  auf  dem  An¬ 
stande  auf  eine  ihm  unbekannte  Kreatur  einen  Schuß  abgegeben 
habe.  Nach  dem  Schüsse  sei  das  Tier  dicht  neben  ihm  vorbei  in 
den  Wald  gestürmt  und  müsse  dort  verendet  sein.  Natürlich  ging 
ich  mit  ihm  sofort  auf  die  Suche  und  siehe,  er  hatte  einem  Dachse, 
der  auf  dem  Haferstoppel  der  Mäusejagd  obgelegeu,  das  Lebenslicht 
ausgeblasen. 

Im  Spätjahr  findet  man  häufig  auf  Gras  bedeckten  Waldwegen, 
Wiesen,  W^eidekämpen  und  Dreischen  kleine  trichterförmige  Ver¬ 
tiefungen,  die  der  Dachs  mit  den  scharfen  Krallen  der  Vorderläufe 
auf  der  Suche  nach  Regen würmeru,  Käfern,  Schnecken,  Engerlingen 
und  sonstigen  Maden  auswirft,  eine  Beschäftigung,  die  mau  mit  dem 
Ausdrucke  »Stechen«  bezeichnet.  Im  Frühjahr  und  Sommer  bemerkt 
man  dies  weniger,  ein  Zeichen,  dass  er  um  diese  Zeit  seine  Nahrung 
auf  andere  Weise  zu  finden  weiß.  Er  nimmt  seine  Nahrung  sowohl 
aus  dem  T-ier*  wie  aus  dem  Pflanzenreiche.  Daß  er  gern  Frösche 
frißt,  ist  bekannt,  doch  fand  ich  einst  sogar  in  der  Nähe  seines 
Baues  eine  frische,  förmlich  abgeschälte  Haut  einer  Kröte.  Auf  die 
Bauten  der  Hummeln  scheint  er  sehr  erpicht  zu  sein,  denn  er  gräbt 
gewöhnlich  die  Hummeluester  bis  zum  letzten  Rest  aus  dem 'Erd¬ 
boden. 

über  die  Roll-  oder  Ranzzeit  des  Dachses  und  die  Dauer  der 
Trächtigkeit  scheinen  die  Akten  jetzt  geschlossen  zu  sein.  In 


47 


früheren  Jahren  verlegte  man  allgemein  die  Ranzzeit  in  die  Monate 
November  und  Dezember,  'wo  der  Dachs  bereits  sein  Winterlager 
bezogen  hat  und  dank  seines  übervoll  gemästeten  W’^anstes  mehr  an 
den  Genuß  der  Ruhe  und  des  Schlafs  als  der  Liebe  denkt.  Heute 
iveiß  mau  nach  den  Beobachtungen  des  Herrn  von  Münchhausen- 
Schwöbber  (pag.  302,  Jahrgang  XVIII.  d.  Z.  G.),  daß  die  Ranzzeit 
schon  im  Juli  und  August  stattfindet  und  die  Dauer  der  Trächtigkeit 
sich  auf  6  Monate  beläuft. 

Um  einen  Dachs  zu  fangen,  legte  ich  einst  mit  einem  Forst- 
maune  eine  Dachsfalle  d.  h.  ein  starkes  Tellereisen  auf  einen  Dachs¬ 
pfad,  etwa  20  Schritte  von  einem  einsamen  Felsenbaue  entfernt. 
Nach  einigen  Tagen  war  das  Eisen  zugeschlageu ,  aber  Meister 
Grimmbart  hatte  sich  nicht  gefangen.  Wieder  ward  es  auf  derselben 
Stelle  fängisch  gestellt.  Am  nächsten  Morgen  lag  auf  dem  Eisen 
ein  ganzer  Ballast  von  Moos  und  trockenem  Grase.  Der  Forstmann 
meinte,  der  Dachs  habe  vorsätzlich  die  Falle  zugedeckt,  eine  Erklärung, 
der  ich  nicht  zustimmen  konnte.  Der  Dachs  hatte  die  Stoffe,  welche 
sein  Winterlager  behaglicher  gestalten  sollten,  im  Walde  zusammen¬ 
gescharrt,  beim  Transport  fortgeschoben  und  dieselben,  als  er  die 
verdächtige  Stelle  erreicht  hatte,  einfach  liegen  lassen. 

Sobald  die  Schonzeit  des  Dachses  mit  Ende  des  Septembermonds 
abgelaufen  ist,  rüstet  sich  der  Jäger  zum  Dachsgrabeu.  Zuerst  wird 
der  Bau  einer  sorgfältigen  Besichtigung  unterzogen,  besonders  sucht 
man  zu  erforschen,  welchen  Gang  oder  welche  Röhre  der  Dachs  am 
meisten  befährt  und  wo  er  sein  Winterlager  aufgeschlageu  hat.  Im  No¬ 
vember,  wenn  der  Sturm  bereits  die  Bäume  entblättert  hat ,  die  Tage  un¬ 
wirtlicher  geworden  und  der  Dachs  schon  fester  im  Bau  sitzt,  schickt 
mau  kläffende  Dachshunde  in  den  Bau,  die  bald  den  armen  Grimm¬ 
bart  aufspüren  und  laut  bellend  vor  demselben  Halt  machen.  Nach¬ 
dem  man  durch  verschiedentliches  Horchen  in  und  auf  dem  Bau 
festgestellt  hat,  wo  der  Dachs  liegt,  beginnt  mau  von  oben  her  den 
sogenannten  Einschlag  und  gräbt  so  tief  eine  geräumige  Grube,  bis 
man  den  Dachs  erreicht  hat.  Diese  Arbeit  erfordert  oft  einen  großen 
Zeitaufwand,  besonders  auf  steinigem  und  felsigem  Boden,  und  es 
kann  Vorkommen,  daß  sich  bei  der  Kürze  der  Tage  das  Dachsgraben 
bis  zum  späten  Abend  ausdehut  und  erst  beim  Schein  einer  Laterne 
beendet  wird.  Hat  mau  den  Dachs  erreicht,  so  wird  er  mit  der 
Dachszange  herausgezogen  oder  mit  einer  Eisenstange,  die  vorn  mit 
scharfen  Wiederhaken  versehen  ist,  förmlich  angebohrt,  hinausgezerrt 
und  erschlagen.  Einige  Jäger,  die  mau  aber  nicht  zu  den  edelsten 


48 


ihres  Geschlechts  rechnen  darf,  suchen  den  Dachs  erst  noch  zu  heißen, 
indem  sie  durch  die  abgelösten  Sehnen  der  Hinterläufe  einen  Stock 
ziehen  und  fest  binden  und  dann  unter  lautem  Hallo  die  Hunde  auf 
ihn  hetzen.  Fräo-t  man :  Warum  diese  entsetzliche  Marterei  und 

O 

Quälerei?  so  heißt  es;  Um  die  Hunde  scharf  zu  machen!  Diesen 
Zweck  erreicht  man  auch,  wenn  man  die  Hunde  auf  das  bereits 
getötete  Tier  hetzt.  »Den  Schöpfer  im  Geschöpfe  zu  ehren«,  soll 
der  edle  Weidmann  nie  vergessen. 


Sclmakenzucht  zum  Zwecke  der  Fisclifütteruiig. 

Von  Dr.  Emil  Buck. 

Um  für  meine  pelagischen  Krebse,  wie  z.  B.  Cyclops,  Diaptomiis 
und  Daphnia^  ein  geeignetes  Futter  zu  gewinnen,  lasse  ich  bereits 
seit  einem  Jahre  in  großen  Einmachgläsern  getrocknete  oder  frische 
Salatblätter,  je  nach  der  Jahreszeit,  faulen,  wobei  sich  eine  Unmenge 
von  Infusorien  und  Maden  entwickelt.  Jeden  Tag  nehme  ich  die 
weichgewordeuen  Blattteile  heraus,  spüle  sie  in  einem  kleinen  Ein¬ 
machglase  mit  etwas  reinem  Wasser  ab  und  gebe  dieselben  als  Futter 
den  größeren  wirbellosen  Tieren  meines  Aquariums.  Mit  einem 
gläsernen  Senflötfel  schöpfe  ich  ferner  von  der  grünlichen,  nicht 
gerade  wohlriechenden  Flüssigkeit  des  großen  Glases  und  mische  sie 
mit  dem  Wasser  des  kleinen.  Nunmehr  schütte  ich  dessen  Inhalt 
langsam  in  das  Aquariumwasser  und  zwar  da,  wo  der  Luftstrom 
meines  Durchlüftungs-Apparates  emporsteigt.  Von  demselben  werden 
die  feinen  organischen  Substanzen  lange  Zeit  herumgetriebeu,  ehe 
sie  allmählich  auf  den  Grund  sinken.  Sogleich  machen  die  pelagischen 
Krebse  Jagd  auf  die  treibende  Masse,  aber  wohl  auch  auf  die  In¬ 
fusorien  und  Maden.  Man  muß  in  Betracht  ziehen,  daß  von  den 
Flüssen  und  Bächen,  welche  in  Seen  münden,  eine  Menge  fein 
zerteilter  tierischer  oder  pflanzlicher  Stoffe  dort  abgesetzt  werden, 
die  fast  die  ausschließliche  Nahrung  der  kleinen  Seefauna  ausmacheu. 
Dieses  muß  mau  im  Kleinen  nachahmen.  Früher  vermochte  ich 
die  hochinteressanten  Biaptomus-lirQhsQ  nicht  länger  als  einige  Tage 
am  Leben  zu  erhalten,  nunmehr  aber  pflanzen  sie  sich  erfreulicher¬ 
weise  bei  mir  seit  dem  Frühjahre  fort.  Vorigen  Sommer  stellte  ich, 
um  stets  einen  größeren  Vorrat  von  Futter  zur  Hand  zu  haben, 
mehrere  offene  große  Einmachgläser  mit  Wasser  und  Salat  auf  der 
Nordseite  meiner  Wohnung  vor  das  Fenster.  Nach  14  Tao-en  be- 

O 


49 


merkte  ich  iu  denselben  hunderte  von  Schnaken  -  Larven ,  welche 
täglich  an  Zahl  noch  Zunahmen.  Anfangs  verfütterte  ich  die  Larven 
an  meine  Fische.  Um  aber  nicht  die  ausgebildeten  Schnaken  zu 
verlieren,  legte  ich  zuerst  Glasplatten  auf  die  Gläser.  Da  aber  die 
Schnaken  bei  Öffnung  derselben  leicht  entweichen,  was  im  Interesse 
der  Nachbarschaft  und  der  eignen  Person  nicht  wünschenswert  ist, 
so  lieL  ich  mir  ßlechaufsätze  für  die  Gläser  machen,  die  jedem  Glase 
bequem  aufsitzeu  können,  oben  aber  geschlossen  sind  und  nur  seit¬ 
wärts  eine  fingerdicke  Blechröhre  haben,  durch  welche  Licht  und 
Luft  in  die  Kapsel  eindringt.  Über  die  Röhre  ist  eine  andere  ge¬ 
schoben,  deren  freies  Ende  von  einem  angelöteten  Drahtring  umgeben 
ist,  um  einen  Sack  von  weichem,  weitmaschigem  Stoff,  wie  mau 
solchen  für  Schmetterlingsnetze  gebraucht,  daran  zu  befestigen.  Die 
ausgeschlüpften  Schnaken  entfliehen  gern  ihrer  schmutzigen  Wiege, 
steigen  nach  oben  und  gelangen  in  das  Netz,  wo  mau  täglich 
20  bis  30  bequem  durch  leichten  Druck  töten  kann.  Dieselben 
werden  zum  größten  Teil  als  Wintervorrat  getrocknet.  Entwickeln 
sich  iu  einem  Glase  keine  Schnaken  mehr,  so  läßt  mau  dasselbe 
einige  Zeit  offen  stehen.  Bald  wird  eine  neue  Brut  darin  vorhanden 
sein.  Auf  diese  Weise  stehen  uns  sehr  zarte  Insekten  als  Fisch¬ 
futter  in  Menge  zur  Verfügung. 


Vögel  und  Binneiiiiiolliisken. 

Von  Hermann  Loens. 

Die  Binnenmolluskeu  bilden  im  Gegensätze  zu  den  marinen 
Mollusken  nur  einen  geringen  Bestandteil  der  Nahrung  der  Vögel. 
Die  bedeutendsten  Weichtiervertilger  sind  die  Sumpf-  und  Wasser¬ 
vögel.  Kranich  und  Storch,  Schnepfen,  Kiebitze,  Rallen  und  Wasser¬ 
hühner  fressen  sowohl  die  Agriolimax-  und  Succiuea-Arten  der  W'ieseu 
als  auch  die  freischwimmendeu  Wasserschuecken.  Die  Enten  holen 
selbst  die  Cycladiden  aus  ihren  Schlammverstecken  hervor. 

Die  Möwen,  die  zur  Ebbezeit  starke  Verheerungen  unter  den 
marinen  Mollusken  anrichten  und  um  ihre  Horste  ganze  Konchylien- 
sammluugen  anlegen,  wie  dies  Kohlmann  auf  der  Insel  Rottum  be¬ 
obachtete  (Abhand.  d.  naturw.  Ver.  z.  Bremen,  1879  pag.  98),  ver¬ 
schmähen  auch  die  Lau dsch necken  nicht.  Vor  einigen  Wochen  be¬ 
obachtete  ich  bei  Münster  i.  W.  auf  einem  feuchten  Brachacker  an  dem 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXIII.  1892.  4 


r.o  — 


alten  Kanal  zwei,  wahrscheinlich  vom  Sturm  verschlagene  Möwen,  die  in 
Gesellschaft  einer  großen  Kiebitzschar  dem  schädlichen  Ackerschnegel, 

Agriolivnax  agrestis^  eifrig  nachstellten. 

Die  durch  Hochwasser  an  die  Flußufer  gespülten  und  hier  ab¬ 
gestandenen  Unionen  und  Anodonten  werden  von  den  Raben-  und 
Nebel-Krähen  aus  ihren  Schalen  gezogen,  was  ich  diesen  Winter  zur 
Genüge  beobachten  konnte. 

Einer  der  bekanntesten  Schneckenfresser  ist  unsere  Singdrossel, 
welche  die  Gehäuse  unserer  Tachea-Arten  an  der  Mündung  faßt  und 
auf  einem  Steine  zertrümmert.  Bei  der  Amsel,  die  in  den  Gärten 
Münsters  sehr  gemein  und  äußerst  zahm  ist,  beobachtete  ich  derartiges 
nie,  fand  aber  einst  in  dem  Magen  eines  Weibchens  Hyalma  cellaria, 
radiatula  und  Succinea  ohlonga. 

Eine  eigentümliche  Beobachtung  veröffentlichte  Kohlmann  1.  c. 
1888  pag.  36  über  den  rotrückigen  Würger,  Lanius  coUurio,  den  er 
belauschte,  wie  er  mit  dem  Schnabel  aus  den  Gehäusen  von  TacJiea 
neviiOTalis  und  hoTtensis  die  Tiere  herauszerrte  und  teils  selbei  fiaß, 
teils  seiner  Brut  zutrug. 

Auch  der  Nußhäher  verschmäht  die  Schnirkelschuecken  {TacJiea) 
nicht.  Herr  Präparator  Rudolf  Koch  in  Münster  zog  aus  verschie¬ 
denen  Kröpfen  dieses  Zigeunervogels  Exemplare  der  T.  nemoralis. 

In  der  neuesten  Zeit  sind  selbst  »der  Unschuld  und  der  Reinheit 
Bild«,  die  T  a  u  b  e  u,  als  leidenschaftliche  Fleischfresser  ertappt  worden. 

Herr  Kaufmann  Koberg  hierselbst  nahm  aus  den  Kröpfen  zweier 
Feldflüchter  über  20  erwachsene,  meist  noch  lebende  XeropJiila 
ericetorum  und  stellte  mir  den  Kropf  einer  anderen  Taube  zu,  der 
67  unausgewacbsene  Stücke  derselben  Art  enthielt,  worüber  ich  auf 
Seite  193  des  Nachrichtsblattes  der  malakozoologischeu  Gesellschaft 
für  1890  berichtet  habe. 

Auf  Seite  195  desselben  Blattes  citiert  Ernst  Friedei  eine  Stelle 
aus  »Lenz,  Gemeinnützige  Naturgeschichte,  Bd.  2,  1835  pag.  253, 
welche  besagt,  daß  bei  Podgorze  an  der  Weichsel  die  Turteltauben 
auf  nassen  Wiesen  fleißig  die  Schneckenjagd  betrieben  hätten. 

Im  Jahrgang  1891  desselben  Blattes  berichtete  ich  auf  Seite  5, 
daß  ich  im  Kropfe  einer  Ringeltaube  Bruchstücke  einer  Ilyalina  und 
Cionella  lubrica  gefunden  hatte;  ferner,  daß  eine  englische  Geflügel- 
zeitung  die  Feldflüchter  als  eifrige  Schneckenvertilger  rühmt  und 
drittens  eine  briefliche  Mitteilung  von  Herrn  Dr.  Kobelt,  wonach  ihm 
die  Vorliebe  der  Tauben  für  Agriolimax  agrestis  und  Succinea-Ärteu 
schon  lange  bekannt  war. 


5t 


Die  allermerk  würdigste  Beobachtung  machte  aber  jedenfalls  der 
ohengenanute  Präparator  Koch,  welcher  im  Kropfe  einer  Ringeltaube 
mehrere  Exemplare  von  Planorhis  corneiis  fand,  welche  der  Vogel 
wahrscheinlich  in  einem  ausgetrockneten  Tümpel  aufgelesen  hatte. 

Selbst  die  zierlichen  Lachtäubchen  verschmähen  keineswegs 
Schnecken.  Meine  Brüder  haben  ein  Pärchen  davon  zum  Ein-  und 
Ausfliegen  gewöhnt,  und  ich  hatte  sehr  häufig  Gelegenheit  zu  beob¬ 
achten,  wie  die  sehr  zahmen  Tierchen  auf  einem  feuchten  Grasplatze 
unseres  Gartens  Agriolimax  agrestis^  Zonitoides  nitida  und  Succinea 
putris  in  Menge  aufnahmen. 

Die  Hühnervögel  dürften  wohl  fast  alle  Schneckeufresser  sein. 


Über  die  gegenwärtige  Verbreitung  der  Giraffe  im  Süden  des 

Sambesi. 

Von  Dr.  F.  Moewes. 

H.  A.  Br y den  macht  in  den  Proceedings  of  the  Zoological 
Society  (1891,  III)  folgende,  z.  T.  auf  eigene  Anschauung  begründete 
Mitteilungen : 

Die  großen  Jagdtiere  verschwinden  so  rasch  aus  Südafrika,  daß 
die  Grenzen  ihres  Vorkommens  mit  jedem  Jahre  enger  werden. 
Flinten  sind  jetzt  bei  den  Eingeborenen  südlich  vom  Sambesi  reichlich 
vorhanden,  und  mit  der  raschen  Ankunft  der  Europäer  und  des  eu¬ 
ropäischen  Geldes  in  einst  entlegenen  Gegenden  sind  Pferde,  von 
welchen  die  erfolgreiche  Jagd  vieler  Tiere  der  Fauna  abhängt,  ein 
leichter  zu  beschaffender  Gegenstand  geworden.  Nach  zwanzig  Jahren 
werden  nur  noch  wenig  Giraffen  -übrig  sein,  selbst  in  den  fast  unzu¬ 
gänglichen  Wüsten,  die  jetzt  noch  ihren  Zufluchtsort  bilden.  Mit 
dem  thatsächlichen  Verschwinden  des  Nashorns  aus  Südafrika  und 
der  bevorstehenden  Ausrottung  des  Pflußpferdes  wird  der  Giraffe  jetzt 
mehr  als  früher  nachgestellt,  da  ihre  dicke  Haut  zur  Herstellung 
des  allgemein  benutzten  »sjambok«,  der  Kolouiepeitsche,  verwendet 
wird.  Die  Plant  einer  guten  männlichen  Giraffe  ist  jetzt  als  Material 
für  diesen  Zweck  4—5  Pfund  Sterling  wert;  die  eines  Weibchens  gilt 
etwas  weniger.  Es  ist  also  kein  Wunder,  daß  die  eingeborenen 
sowohl  wie  die  holländischen  Jäger  äußerst  thätig  sind  in  der  Ver¬ 
folgung  dieses  interessanten,  schönen  und  jedes  Verteidiguugsmittels 
entbehrenden  Tieres. 


Gegenwärtig  ist  das  Hauptquartier  der  Giraffen  das  dürre 
Wüstenland  der  nördlichen  Kalahari.  Noch  vor  einigen  Jahren 
waren  sie  in  keiner  großen  Entfernung  von  Khainas  alter  Haupt¬ 
stadt  Schoschong  zu  finden;  jetzt  begegnet  man  ihnen  zuerst  in 
dem  Busch-  und  Waldgebiet  jenseits  Kanne  oder  Klaballa,  auf 
dem  Wege  von  Scboschong  zum  Ngami-See.  Dieser  wasserlose  Land¬ 
strich,  der  mit  Recht  »Durstland«  genannt  wird,  dient  den  Girafien 
als  sicherer  Zufluchtsort.  Von  Kanne  bis  zum  Botletlifluß,  und  von 
da  halbwegs  zum  See  reserviert  sie  Kliama  für  seine  eigene  und 
seiner  Leute  Jagd,  und  holländische  Jäger  mit  ihren  verderblichen 
Methoden  werden  nicht  zugelassen. 

Im  größten  Teile  von  Khamas  Land  bis  nördlich  zu  den  Viktoria- 
Fällen  und  westlich  bis  zum  Tschobi  und  Mababe-Fluß  und  darüber 
hinaus  sind  noch  Giraffen  zu  finden,  ebenso  auch  in  Mo  remis  Land 
in  der  Gegend  des  Ngami-Sees. 

Der  wichtigste  Teil  des  Giraffenlaudes,  das  in  Südafrika  noch 
übrig  geblieben  ist,  dürfte  die  öde  und  gauz  wasserlose  Waldgegend 
sein,  welche  sich  südlich  vom  Botletlifluß  bis  in  die  Kalahari  er¬ 
streckt.  Acht  Monate  des  Jahres  ist  dieses  »veldt«  größtenteils 
wasserlos  und  für  die  Jagd  unzugänglich,  außer  wenn  Wasserkarren 
mitgenommen  werden  können.  Hier  schweifen  große  Giraffenherden 
frei  und  ungestört  umher.  Zuverlässige  Zeugen  berichteten  Bryden, 
daß  in  den  letzten  Jahren  öfters  70 — 80  Giraffen  bei  einander  gesehen 
wurden.  Als  der  Verfasser  am  Botletli  jagte,  traf  er  einen  Tagesritt 
weit  vom  Flusse  mit  einer  Herde  von  19  Giraffen  zusammen,  und 
auch  kleineren  Herden  begegnete  er. 

Khamas  Jäger  machen  jährlich  einen  Ausflug  in  dieses  »veldt«, 
und  die  Durchschnittsbeute  jedes  Jagdzuges  scheint  12 — 16  oder  20 
Giraffen  zu  betragen.  Diese  werden  nur  ihrer  Haut  wegen  getötet. 
Alle  Eingeborenen  in  diesem  Teile  Afrikas  bedienen  sich  derselben 
zur  Anfertigung  von  Sandalen. 

Wie  oben  erwähnt,  werden  Giraffen  vom  Botletli  aus  bis  in  die  nörd¬ 
liche  Kalahari  hinein  angetroffeu.  Im  letzten  Jahre  waren  ein  oder  zwei 
Herden  noch  viel  weiter  hinabgewandert,  beinahe  bis  zum  Molopofluß. 
Ein  solcher  Fall  ist  aber  heufzutage  sehr  ungewöhnlich.  Westlich 
von  Tuuobis  (Galtons  fernster  Funkt  1850)  gegen  das  Damaraland 
findet  man  jetzt  keine  Giraffen  mehr,  da  die  Namaquajäger  in  dieser 
Gegend  zu  thätig  sind;  aber  in  Teilen  von  Ovainpoland,  nach  dem 
Okavangafluß  hin,  sollen  sie  noch  zahlreich  vorhanden  sein.  Weiter 
östlich,  am  Südufer  des  Tschobi,  werden  sie  auch  noch  in  Menge 
gefunden. 


53 


Selous  berichtet,  daß  die  Giraffe  in  einigen  Gegenden  des  Ma- 
tebele-Landes  vor  10  Jahren  gemein  gewesen  sei,  und  sie  ist  noch 
dort  zu  finden,  wenn  auch  in  abnehmender  Zahl.  Im  eigentlichen 
Maschoualande  ist  sie  selten,  und  östlich  vom  Gwelofiuss  tritt  sie, 
ebenfalls  nach  Selous,  kaum  jemals  auf.  Dies  ist  eine  ziemlich 
sonderbare  Eigentümlichkeit  ihres  geographischen  Vorkommens. 

Bis  vor  ein  paar  Jahren  waren  Giraffen  auch  in  den  Niederungen 
zwischen  der  Nordostgreuze  von  Transvaal  und  dem  Meere  zu  finden. 
Die  Jäger  der  Buren  haben  indessen  das  Wild  in  dieser  Gegend  so 
verfolgt,  daß  nur  noch  sehr  wenig  übrig  sein  kann.  Bryden  'be¬ 
zweifelt  auch,  ob  in  Transvaal,  selbst  in  dem  entlegensten  Noidost- 
Distrikt  in  der  Nähe  des  Limpopo,  noch  eine  einzige  Giraffe  zu  finden  ist. 

So  weit  sich  beurteilen  läßt,  wird  die  Giraffe  am  längsten  in 
den  unzugänglichen,  wasserloseu  Wäldern  südlich  vom  Botletlifluß 
ausdaueru.  Es  ist  sonderbar,  wie  unabhängig  die  Giraffe  vom  Wasser 
ist.  Die  Buschmänner  und  andere  pflegen  zu  erzählen,  sie  trinke 
nie.  Dem  stimmt  Bryden  zwar  nicht  zu,  doch  ist  es  nach  ihm  sicher, 
daß  die  Giraffen  der  nördlichen  Kalahari  und  anderer  wasserloser 
Gebiete  7  —  8  Monate  im  Jahre  kein  W^asser  berühren  können.  Der 
Verfasser  gibt  zum  Schluß  noch  einige  Ratschläge  für  die  Beschaf¬ 
fung  lebender  Giraffen.  Der  Häuptling  Khama  von  Bamaug- 
wato  ist  nach  Brydens  persönlicher  Erfahrung  so  aufgeklärt,  zuvor¬ 
kommend  und  geneigt,  die  Europäer,  und  namentlich  die  Engländer, 
zu  unterstützen,  habe  auch  außerdem  solche  Macht  im  Lande,  daß 
der  Verfasser  sicher  ist,  man  werde  mit  seiner  Hülfe  lebende  Exemplare 
von  jungen  Giraffen  erhalten  können.  Die  Masarwa-Buschmänner 
der  nördlichen  Kalahari  und  der  Botletlifluß-Gegenden  könnten  mit 
Unterstützung  von  Khamas  berittenen  Jägern  die  jungen  Giraffen 
aufspüren  und  fangen,  und  diese  könnten  dann  nach  Khamas  Stadt 
Palachwe  gebracht  werden.  Von  dort  kommt  man  selbst  mit  den 
langsamen  Ochsen  wagen  in  20  Tagen  nach  Vryburg  (Britisch  Bech- 
uanaland)  und  die  weitere  Reise  mit  der  Eisenbahn  nach  Kapstadt  dauert 
nur  48  Stunden.  In  Nordafrika  muß  man  jetzt  sehr  weit  ius  Land 
hineingehen,  um  Giraffen  zu  finden,  und  in  Ostafrika  würde  die 
Mitwirkung  der  eingeborenen  Häuptlinge  und  Jäger  viel  schwerer  zu  er¬ 
langen  sein.  Nach  Khamas  Tode  wird  die  Giraffe,  welche  er  jetzt 
in  gewissen  Grenzen  schont,  in  kurzer  Zeit  ausgerottet  werden  und 
es  wird  dann  zur  Erlangung  lebender  Tiere  zu  spät  sein.  Bryden 
ermahnt  daher  die  europäischen  Sammler,  sich  die  Gelegenheit  zur 
Beschaffung  von  Giraffen  nicht  entgehen  zu  lassen. 


54 


Bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Dresden  über  das 
Gescliäftsjahr  Yom  1.  April  1890  bis  31.  März  1891. 


Das  verflossene  Geschäftsjahr  1890/91,  über  das  wir  heute  zu  berichten 
uns  gestatten,  hat  für  unseren  zoologischen  Garten,  trotz  der  ungünstigen 
Witterung  des  Sommers  1890,  immerhin  noch  befriedigende  Resultate  ergeben. 

Die  Betriebs-Einnahmen  stellen  sich  unter  Ausschluß  der  Gebühren 
bei  Erneuerung  der  Eintrittskarten  für  Aktionäre  und  der  vereinnahmten  Zinsen, 

auf  Mk.  110,560.  56 

*  gegen  »  111,169.  79  in  1889/90, 

somit  um  Mk.  609.  23  in  1890/91  niedriger. 

Für  Eintrittskarten  wurden 

Mk.  77,862.  98 

gegen  »  78,909.  81  in  1889/90, 

d.  i.  Mk.  1,046.  33  in  1890/91  weniger 

vereinnahmt. 

Ebenso  ergab  das  Abonnement  mit 

Mk.  19,240.  — 

gegen  »  19,681.  —  in  1889/90, 

Mk.  441.  —  in  1890/91  weniger. 

Die  Einnahmen  aus  dem  Pony-Reiten  hatten  ebenfalls  unter  der  Ungunst 
des  Wetters  zu  leiden  und  betrugen  nach  Abzug  aller  Spesen 

Mk.  1,578.  06 

gegen  »  1,911.  55  in  1889/90, 

mithin  Mk.  333.  49  in  1890/91  weniger. 

Militär -Konzerte,  die  nach  wie  vor  des  regsten  Besuches  sich  erfreuten, 
haben  19  gegen  20  im  Vorjahre  stattgefunden. 

Die  sogenannten  billigen  Sonntage  waren  vom  Wetter  begünstigt  und 
durch  starken  Besuch  ausgezeichnet. 

An  Volker-Ausstellungen  brachte  das  verflossene  Geschäftsjahr  nur  eine 
und  zwar  die  der  Beduinen  mit  ihren  Pferden  und  Kamelen. 

Die  Betriebs-Ausgaben  beliefen  sich  im  abgeschlossenen  Geschäftsjahre 
einschließlich  der  Hypothekenzinsen,  auf 

Mk.  107,426.  20 

gegen  »  101,244.  99  in  1889/90, 

waren  sonach  um  Mk.  6,181.  21  in  1890/91  höher. 

Die  Hypothekenzinsen  erfuhren  eine  Steigerung  um  ca.  Mk.  1,600.  — 
gegen  das  Vorjahr,  da  ein  erheblicher  Betrag  für  vorzeitige  Kapital-Rück¬ 
zahlung  an  die  Süddeutsche  Boden -Kreditbank  in  München  zu  entrichten  war, 
um  die  grundbücherliche  Verlautbarung  der  neuen  Hypothek  zu  ermöglichen. 

Ferner  machte  sich  eine  Aufbesserung  der  Beamten-Gehalte  notwendig 
und  es  sind  deshalb  diese  Positionen  gegen  das  Vorjahr  gleichfalls  höher. 

Die  gegen  das  Vorjahr  eingetretene  Erhöhung  des  für  Bauten  -  Unter¬ 
haltung  aufgewendeten  Betrages  findet  ihre  Ursache  in  den  verschiedenen  und 


zum  Teil  sehr  becleuteuden  Reparaturen  der  Einfriedigungen  und  der  Gebäude 
und  in  dem  dadurch  entstandenen  Mehrbedarf  an  Material  und  Arbeitskräften. 

Die  Beitragspfiicht  des  Arbeitgebers  ,  welche  durch  das  im  vergangenen 
Geschäftsjahre  in  Kraft  getretene  Alters-  und  Invaliditäts- Gesetz  begründet 
wurde,  hat  das  Conto  »Ortskrankenkasse  etc.«  in  der  Abschluß-Summe  gegen 
das  Vorjahr  ebenfalls  gesteigert. 

Die  übrigen  Untercouti  stellen  sich  in  ihren  Abschluß  -  Beträgen  gegen 
das  Vorjahr  teils  niedriger,  teils  gleich  hoch. 

Besucht  wurde  der  Garten  ira  vergangenen  Geschäftsjahre  von 
189,302  Personen,  die  volles  Eintrittsgeld  zahlten, 
gegen  207,421  »  in  1889/90, 

somit  von  18,119  Personen  weniger; 

die  Aktionäre  und  Abonnenten  sind  in  der  oben  angegebenen  Summe  nicht 
mitgerechnet. 

Die  Zahl  der  Besucher  verteilt  sich  nach  der  Höhe  des  Eintrittsgeldes 
wie  folgt: 


48,533 

Karten 

ZU 

75  Pfennigen 

gegen  51,613 

in 

1889/90, 

16,105 

» 

60 

»  16,310 

» 

16,342 

» 

50 

»  16,510 

» 

17,473 

» 

» 

30 

»  16,712 

» 

79,558 

» 

25 

»  94,414 

» 

11,291 

10 

»  11,862 

» 

Gegen  ermäßigtes  Eintrittsgeld  besuchten  den  Garten 
105  Volksschulen  mit  224  Lehrern  und  5811  Kindern, 

gegen  83  »  »  186  »  »  5346  »  in  1889/90, 

mithin  22  Volksschulen  mit  38  Lehrern  und  465  Kindern  in  1890/91 

mehr. 

Unentgeltlichen  Zutritt  hatten  von  den  Dresdener  Volksschulen 
737  Lehrer  und  27,022  Kinder 
gegen  721  »  »  27,456  »  in  1889/90 


Der  Tier-Bestand  war  am  31.  März  folgender  : 

1.  Säugetiere 


37  Affen  .  .  . 

. in 

13 

Arten 

3  Halbaffen  .  . 

. » 

2 

72  Raubtiere  .  . 

. » 

28 

3  Beuteltiere 

. » 

2 

108  Nagetiere  .  . 

. » 

21 

8  Einhufer  .  . 

. » 

3 

6  Wenigzähner  . 

•  .  .  ♦  .  ^ 

2 

» 

95  Wiederkäuer  . 

. » 

33 

7  Dickhäuter 

. » 

4 

in  108  Arten, 


zusammen  339  Säugetiere  . 


56 


II.  Vögel: 


64  Papageien . in  30  Arten. 

49  Raubvögel . »23  » 

2  Zahn-  und  Dünnschnäbler  .  >  Ir  Art 

144  Singvögel . >37  Arten. 

24  Krähenvögel . »10  » 

423  Hühner,  Tauben,  Fasanen  .  ...»  64  » 

73  Stelzvögel . »23  » 

3  Laufvögel . »  2  » 

221  Schwimmvögel . »37  » 

zusammen  1003  Vögel . in  227  Arten. 

Hierzu  kommen  noch 


Reptilien,  Amphibien  und  Fische 
143  Stück  in  11  Arten, 

mithin  war  der  Tierbestand  in  Summa :  1485  Tiere  in  346  Arten. 

Über  die  Bewegung  im  Tierbestande  und  in  den  Werten  desselben  gibt 
nachstehende  Übersicht  Aufschluss  : 


Bestand  am  1.  April  1890  .  .  . 

Zugang  durch  Ankauf . 

»  »  Geschenke.  .  .  . 

»  »  Geburten  .  .  .  . 

Summa 

Abgang  durch  Verkauf . 

»  »  Tod  .  . 

»  »  Abschreibung  .  . 

Bestand  am  31.  März  1891  .  . 

Summa 

folgende  Gewinne  ergaben 

durch  Geschenke . 

»  Geburten . 

>  Verkäufe  :  Verkaufswert . 

luventurwert  . 


Stückzahl 

Geldwert 

Säuge¬ 

tiere 

Vögel 

Amphi¬ 

bien 

Mark 

Pf. 

324 

877 

136 

37242 

18 

Inventurwert. 

167 

428 

149 

17108 

67 

Selbstkosten. 

28 

77 

1 

103 

— 

Schätzung. 

181 

151 

— 

549 

50 

)> 

700 

1533 

286 

55003 

35 

271 

224 

28 

5735 

29 

Inventur  wert 

90 

306 

115 

5673 

78 

» 

— 

— 

— 

7015 

67 

Schätzung. 

339 

1003 

143 

36578 

61 

Inventurwert. 

700 

1533 

286  1 

55C03 

35 

sich  auf  dem  Tier-Conto: 


. Mk.  103.  — 

.  »  549.  50 

Mk.  13,612.  61 ) 

»  5,735.  29  ) 


Verluste  erlitten  wir 
durch  den  Tod . 


und  betrug  somit  der  Gewinn 


zusammen  Mk.  8,529.  82 
•  .  .  .  ■  >  5,673.  78 


UCÜIU^  ouiuit  UÜI  VJewiDll .  2  ^^6  04 

Geboren  wurden  im  Garten:  181  Saugetiere  lind  151  Vögel.  ' 

Von  ersteren  heben  wir  hervor:  4  Löwen,  1  Tiger,  1  rotes  Riesenkänguruh, 
.ama,  2  Wapiti-,  2  Edel-,  2  Axis-,  1  Dam-  und  1  Schweinshirsch,  1  Bison, 
1  Isabell-Antilope,  2  westafrikanische  Schafe  -  - 


u.  s.  w. 


r 


—  57  — 

Verkauft  wurden  271  Säugetiere,  224  Vögel  und  28  Amphibieu  und 
es  wurde  daraus  ein  Erlös  von  Mk.  13,612.61  erzielt. 

Die  Ti  er  Verluste  beliefen  sich  auf  15'/4  Prozent  des  Gesanit-Inventur- 
wertes  gegen  17^/2  Prozent  im  Vorjahre. 

Wir  heben  darunter  hervor :  16  Affen,  2  Halbaffen,  1  Königstiger,  1  Puma¬ 
katze,  2  rote  Riesenkänguruhs,  1  Kamel,  1  Wapiti-  und  ein  Axishirsch,  1 
Schwarzhalsschwan  u.  a.  m. 

Die  A  bs  chreibunge  n  auf  Mobilien  und  Immobilien  sind  in  entsprechen¬ 
der  Höbe  bewirkt  worden,  während  wir  die  Tiere  abermals  in  ihrem  Buchwerte 
herabgesetzt  haben. 

Die  Hypothekenschuld  der  Süddeutschen  Boden-Kreditbank  in  München  in 
Höhe  von  Mk.  228,596.73  haben  wir,  wie  schon  im  Eingang  des  letzten  Jahres¬ 
berichtes  erwähut  wurde,  gelöscht  und  an  deren  Stelle  ein  Darlehen  in  Höhe 
von  Mk.  600,000  bei  der  Stadtgemeinde  Dresden  aufgenomrnen.  Von  diesen 
Mk.  600,000  haben  wir  bis  jetzt  Mk.  348,000  erhoben. 

Das  Hauptaugenmerk  hatten  wir  in  dem  abgeschlossenen  Geschäftsjahre 
auf  unseren  Konzerthaus-Neubau  zu  richten.  Derselbe  schreitet  rüstig  vor¬ 
wärts  und  behalten  wir  uns  vor,  über  dessen  Stand  in  der  Hauptversammlung 
noch  Näheres  zu  berichten. 

Verlust-  und  Gewinn-Conto  für  1890/91. 


An  B  e  t  r  i  eb  s- A  u  sg  a  b  e  n :  ]y[lj 

Materialbestand  am  1.  April  1890  .  3006.  18 

Gehalt  des  Direktors .  4675.  — 

»  »  Sekretärs .  2150.  — 

Gehalte  der  Eintrittsbeamten .  3947.  — 

Fütterung  der  Tiere .  37027.  70 

Unterhaltung  und  Material  zur  Reinigung  der  Käfige  .  .  1060.  14 

Löhne  für  Abwartung  der  Tiere .  12844.  75 

»  »  Nachtwachen .  814-  50 

Heizung  und  Beleuchtung .  2072.  83 

Wasserzins . .  .  704.  59 

Unterhaltung  der  Bauten . 10134.  12 

»  >  Garten-Anlagen .  4859.  75 

»  »  Straße .  60.  — 

»  »  Gerätschaften .  188.  78 

Wärter-  und  Arbeiter-Jupen .  540.  90 

Kranken-  bez.  Invaliden-  etc.  Kasseu-Beiträge .  253.  13 

Gratifikations-  und  Trinkgelder .  259.  65 

Konzertspesen .  1453.  70 

Verschiedene  kleine  Ausgaben .  3358.  20 

Inserate,  Plakate,  Säulen  anschlag .  3312.  42 

Druckkosten  für  Eintrittskarten,  Geschäftsberichte  etc.  .  999.  20 

Bureau-Aufwand,  einschließlich  Porti .  513.  38 

Abgaben .  1082.  43 

Prüfung  des  Rechnungswerkes .  120.  — 


Transport  95,438.  35 


58 


M.  Pf. 

Transport  95,438.  35 

Kosten  der  Hauptversammlung .  96.  32 

Pacht  und  Entschädigung  an  die  Bauverwalterei  ....  1026.  — ■ 

Unkosten  der  Ausstellungen .  1034.  52 

97595.  19 

Per  Inventur-Bestand  am  31.  März  1891  .  2196.  10  95399.  09 

Provision  und  Courtage .  19.  55 

Hypotheken-Zinsen .  '  12007.  56 

Zinsen  an  Darlehn-Conto .  294.  60 

»  »  Unterstützungsfonds .  68.  34 

Kursverlust  auf  Effekten .  1653.  60 

Abschreibungen  auf  Tiere .  7015.  67 

»  »  Mobilien  und  Immobilien .  15619.  79 

132078.  20 

Per  Betriebs-Einnahmen: 

Eintrittsgelder . Mk.  68199.  98 

Zehnerkarten .  »  9663.  —  77862.  98 

Abonnement .  19240.  — 

Reitkasse  abzüglich  der  Unkosten .  1578.  06 

Ilmschreibegebühr .  396.  — 

Pacht  des  Restaurateurs . .  .  7500.  — 

»  für  den  Futterverkauf  im  Garten .  150.  — 

»  »  die  Jagd .  17.  20 

»  »  das  Eis .  350.  — 

Erlös  aus  verkauften  Führern,  Programmen  und  Bildern  .  1657.  33 

»  »  »  Bälgen,  Kadavern,  Federn .  661.  40 

»  »  »  Dünger .  437.  — 

»  »  »  Eiern  und  Verschiedenen .  585.  84 

»  als  50®/o  Anteil  am  Ertrage  der  selbstthätigen  Wagen  124.  75110560.56 

Gebühr  bei  Erneuerung  der  Eintrittskarten .  5283. — 

Gewinn  aus  der  Tierwirtschaft .  2856.04 

Zinsen .  3124.80 

Darlehn-Conto; 

Gewinn  auf  18  Stück  zurückgekaufte  Scheine  .  .  .  253.80 

Conto  für  Beitrag  der  Stadtgemeinde ; 

Verwilligter  Beitrag  vom  1./4.— 31./12.  1890  .  .  .  7500.  — 

do.  do.  vom  1./1-— 31./3.  1891  ....  2500.  —  10000.— 

Korrespondenzen. 


Schwanheim  a.  M.,  1.  Nov.  1891. 

Am  23.  Oktober  abends  gegen  5  Uhr  stand  ich  im  Schulgarten,  als  ein 
grofser  Schwarm  Kraniche  über  mich  weg  zog.  Sie  flogen  tief  und  ich 
hörte  deutlich  das  Gezwitscher  von  vielen  kleinen  Vögeln,  die 


•  ^  - 


—  59  — 

zweifellos  die  Kraniche  begleiteten.  Es  war  noch  hell  genug,  nm  selbst 
Sperlinge  zu  sehen,  wenn  sie  mit  den  Kranichen  gefl oge u  wären,  ich  konnte 
aber  nichts  erkennen  und  muß  darum  ganz  bestimmt  annehmen,  daß  die 
kleinen  Vögel  auf  den  Kranichen  saßen. 

Ähnliche  Beobachtungen  sind  ja  schon  öfter  gemacht  worden,  aber  viel¬ 
leicht  hat  die  Mitteilung  doch  noch  Interesse.  Bei  den  Frühjahrszügen,  die 
den  Main  meist  mittags  gegen  11  Uhr  überschreiten,  habe  ich  niemals  kleine 
Vögel  gehört,  auch  mit  dem  Fernrohr  niemals  solche  erkennen  können,  ob- 
schon  die  Kraniche  hier  meist  einen  kurzen  Halt  machen  und  in  geringer 
Höhe  einige  Zeit  im  Kreise  herum  schweben.  Dr.  W.  Kobelt. 


St.  Goarshausen,  den  9.  November  1891. 

Über  den  Gartenschläfer,  Mijoxus  qiiercinus  L.  Der  Artikel,*) 
hat  mich  sehr  angesprocheu.  Da  ich  eitrigst  bestrebt  bin,  in  meinen  Kindein 
Lust  und  Liebe  zur  Natur  zu  wecken,  so  las  ich  den  Artikel  im  Kreise  meiner 
Kinder  vor  und  besprach  denselben  mit  ihnen.  Da  machte  mein  Sohn,  sowie 
ein  bei  mir  wohnender  Schüler  namens  Anheuser  eine  Bemerkung,  die  mir 
unwahrscheinlich  klingt,  die  ich  Ihnen  aber’  mitteilen  möchte,  um  \on  Ihnen 
gelegentlich  in  den  Fei’ien  erfahren  zu  können,  ob  die  Jungen  doch  richtig 
beobachtet  haben  können. 

Beide  Jungen  kennen  den  Gartenschläfer  sehr  genau,  da  unsere  Katzen 
deren  im  Laufe  des  Sommers  eine  größere  Anzahl  gefangen  und  leblos  in  das 
Haus  gebracht  haben.  Beide  Knaben  haben  auf  dem  Speicher  einen  ge¬ 
räumigen,  sehr  hellen  Taubenschlag,  der  ungefähr  50  mitunter  seltener 
Tauben  birgt.  Um  das  Füttern  bequemer  zu  haben,  haben  sie  vor  dem  Schlag 
eine  große  Kiste,  welche  mit  Wicken  und  Buchweizen  gefüllt  ist.  Die  Knaben 
wollen  nun  wiederholt  gesehen  haben,  dass  ein  Gartenschläfer  sich  nicht  nur 
bei  hellem  Tag  gemütlich  im  Taubenschlag  herumgetrieben  habe,  sondern  er 
soll  auch  häufig  von  ihnen  in  der  Futterkiste  angetroffeu  worden  sein,  aus 
welcher  er  ohne  große  Eile  gesprungen  sei,  um  sich  nach  einer  unzugänglichen 
Ecke  des  Speichers  zurückzuziehen.  Die  beiden  behaupten,  die  Tauben  hätten 
sich  durch  die  Anwesenheit  des  Schläfers  nicht  im  geringsten  beunruhigt  ge¬ 
zeigt.  Eine  Verwechselung  mit  einer  Maus  oder  einer  Ratte  halten  sie  für 
ausgeschlossen.  Auch  meine  Frau  erklärt,  daß  sie  nie  die  Anwesenheit  von 
Mäusen  oder  Ratten  auf  dem  Speicher  gemerkt  habe,  ja  behauptet  geradezu, 

Ratten  seien  nie  in  meinem  Hause  gewesen. 

Ich  meine  immer,  die  Jungen  müßten  sich  getäuscht  haben.  Wenn  ich 
selbst  zugeben  will,  daß  ein  Schläfer  einmal  bei  Tag  zufällig  in  einem  hellen 
Raum  herumirren  kann,  so  mußte  ich  in  diesem  Falle  doch  annehmen,  daß 
der  beobachtete  Schläfer  gewohnheitsmäßig  den  Taubenschlag  besucht  habe, 
denn  sonst  würde  sich  nicht  erklären  lassen,  warum  sich  die  Tauben  nicht 
durch  das  Tier  beängstigt  fühlen. 

Sein  Aufenthalt  in  der  Futterkiste  erscheint  mir  auch  unwahrscheinlich. 
Ich  habe  nie  gehört  oder  gelesen,  daß  ein  Gartenschläfer  Buchweizen  oder 
gar  Wicken  gefressen  habe.  Daß  er,  nm  Nahrung  zu  suchen,  in  die  Ki-ste  ge¬ 
klettert  sei,  ist  also  aus  dem  Grunde  wohl  ausgeschlossen.  Überdies  findet  das 


S.  7  vor.  jalirg-aiigs. 


60 


Tier  in  meinem  Garten  alle  möglichen  ihm  zusagende  Obstarten.  Als  Schlaf- 
raum  wird  er  die  Kiste  wohl  auch  nicht  betrachtet  haben,  denn  auf  dem 
Speicher  findet  er  eine  Masse  Winkel,  in  denen  weiches  Material  zu  einem 
Lager  in  Fülle  vorhanden  ist.  —  Da  die  beiden  Jungen  von  ihrer  Behaup¬ 
tung  nicht  abgehen  wollen,  so  habe  ich  ihnen  gesagt,  ich  wollte  Ihnen  einmal 
den  Fall  zur  Entscheidung  unterbreiten.  Ich  hoffe,  daß  ich  in  den  Osterferien 
Gelegenheit  finde,  die  Sache  mit  Ihnen  zu  besprechen.  Wir  hätten  uns  durch 
Aufstellen  von  Fallen  vielleicht  Gewißheit  schaffen  können,  wagen  aber  der 
3  Katzen  wegen  keine  Fallen  zu  stellen.  Har  rach. 


Hamburg,  Uhlenhorst,  5.  Januar  1892. 

Zur  Kenntnis  des  Vorkommens  der  Ha  u  s  ratte,  Mus  rattus  L.,  interessiert 
es  vielleicht  zu  erfahren,  daß  ich  dieselbe  wiederholt  auch  hier  in  Hamburg 
gefangen  habe.  Am  zahlreichsten  kommt  sie  noch  in  einigen  Güterschuppen  in 
der  Nähe  des  Hafens  vor,  und  auch  in  der  Altstadt  scheint  sie  noch  nicht 
gänzlich  ausgerottet.  A.  Schiottz. 


Olten,  Schweiz,  11.  Januar  1892. 

Die  verschiedenen  Mitteilungen,  welche  in  Ihrer  Zeitschrift  über  das  Vor¬ 
kommen  der  schwarzen  Ratte,  Mus  rattus,  erschienen  sind,  veranlassen  mich 
ebenfalls  zu  einer  Mitteilung. 

Die  Hausratte  kommt  auch  in  der  Schweiz  noch  vor,  wenigstens  im  Kanton 
Solothurn  ist  sie  sicher  nachgewiesen.  Im  Jahre  1884  brachte  mir  ein  Schüler 
zum  ersten  Male  ein  solches  Exemplar;  dasselbe  wurde  in  einer  Spritbrennerei 
in  Hägendorf  bei  Olten  gefangen.  Trotz  hohen  Fanggeldes,  das  ich  versprochen 
hatte,  wurde  kein  weiteres  Exemplar  eingebracht.  Die  alte  Schnapsbrennerei 
wurde  nämlich  bald  darauf  abgebrochen  und  durch  einen  Neubau  ersetzt,  bei 
welchem  Anlasse  allfällig  vorhandene  andere  Exemplare  vertrieben  wurden.  Im 
Jahre  1890  kam  Ihr  Mitarbeiter,  Herr  Apotheker  Fischer-Sigwar  t  in  Zofingen, 
in  den  Besitz  einer  ganzen  Kolonie  von  schwarzen  Ratten,  die  im  selben  Sommer 
auf  dem  Schlosse  Bechburg  bei  Önsingen,  Eisenbahnlinie  Olten-Solothurn,  ge¬ 
fangen  wurden.  Nachfragen,  die  ich  in  Olten,  dem  bekannten  Eisenbahnknoten¬ 
punkte,  anstellte,  ergaben  das  unzweifelhafte  Vorkommen  der  genannten  Ratte 
in  vereinzelten  Fällen.  Da  aber  das  Publikum  von  der  Existenz  zweier  Arten 
von  Ratten  keine  Kenntnis,  vor  allem  aber  einen  gewissen  Abscheu  hat,  und 
gegebenen  lalls  eher  glaubt,  in  der  schwarzen  Ratte  eine  Abnormität  denn  eine 
besondere  Species  zu  sehen,  gibt  es  eben  auf  solche  Erscheinungen  keinen  Wert. 

J.  Keller-Zschokke,  Bezirkslehrer. 


Hamburg,  im  Dezbr.  1891. 

Die  H au s ratte,  Mus  rattus,  kommt  auch  in  Hamburg  noch  immer  vor. 
Namentlich  bilden  die  alten  Häuser  die  letzten  Zufluchtsstätten  der  Hausratte; 
aher  mit  dem  Schwinden  dieser  alten  Bauten  wird  auch  sie  immer  mehr  von 
der  Bildfläche  verschwinden.  Manche  schwarze  Ratte  wird  beim  Abbruch  der 
alten  Häuser  erschlagen  und  in  den  Speichern  mit  Fallen  gefangen,  um  alsdann 
mit  ihren  grauen  Genossen,  meistens  unerkannt,  bei  Seite  geschafft  zu  werden. 


61 


Doch  gibt  es  aucli  Leute,  die  den  Wert  der  schwarzen  Ratte  kennen  und  die 
erschlagenen  Tiere  Ausstopferu  zum  Ankauf  anhieten.  Die  Hausratte  kommt 
übrigens  nicht  allein  in  Wohn-  und  Lagerhäusern  der  eigentlichen  Stadt  vor, 
sondern  man  findet  sie  zuweilen  auch  au  Orten,  wo  man  viel  eher  der  Wandei’- 
ratte  zu  begegnen  dächte.  So  fing  mein  Pintscher  kürzlich  in  der  \orstadt 
eine  halbwüchsige  Hausratte  auf  einer  Wiese,  woselbst  sie  mit  anderen  ihrer 
Art  unter  einem  Schuppen  hauste.  0.  Edm.  Eiffe. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Über  die  Laichzeit  des  Aales.  »Drei  Nächte  nachdem  der 
erste  Vollmond  im  April  statthatte,  regt  es  sich  in  den  deutschen  Strömen 
vom  Niemen  bis  zum  Rhein  ■ —  gleichmäßig  in  der  Aalwelt.  Daun  beginnt 
allenthalben  der  Abstieg  zum  Meer,  er  dauert  besonders  stark  bis  drei  Nächte 
nach  dem  folgenden  Neumond  —  den  »Aalwahdel«  nennt  man  dies  im  Fischei- 
mund ;  also  wiederholt  es  sich  bis  etwa  Ende  September.« 

So  schreibt  das  Cirkular  des  Deutschen  Fischerei-Vereines  vom  Jahre  1890 
Nr.  3,  S.  66,  sehr  zutreffend. 

Hinzuzutügen  mag  sein,  daß  nach  unseren  Erfahrungen  zwei  Ilaupt- 
wauderzeiten  des  Aales  flußabwärts  stattfinden,  die  eine,  wie  oben  geschildert, 
in  dunklen  Neuraonduächteu  des  Frühjahres,  die  zweite,  das  Gros  der  Armee 
mit  fortnehmend,  in  eben  solchen  Dunkeluächten  des  Herbstes,  etwa  Ende 
September.  '  »Wenn  die  Zwetschken  blau  werden,  gehen  die  Aaler  fort,«  sagen 
die  Fischer  bei  uns  in  Franken.  Was  an  Aalen  im  Sommer  zwischen  den 
beiden  Hauptzügen  des  Frühjahres  und  Herbstes  abwärts  geht,  erscheint  ge¬ 
wissermaßen  nur  als  Plänkler,  als  Verbindungstruppe. 

Mit  dieser  Erfahrung  stimmen  merkwürdig  zusammen  die  Beobachtungen 
welche  der  Direktor  der  Station  aquicole  de  Bologne  sur  Mer,  Mr.  H.  E.Sauvage, 
über  die  Laichzeit  einiger  Seefische,  des  Aales  insbesondere,  jüngsthin  ge¬ 
macht  und  veröffentlicht  hat: 

Darnach  findet  der  Laichakt  des  Aales  in  zwei  getrennten  Perioden  des 
Jahres  statt,  einmal  Ende  Juli,  das  zweitemal  Ende  Oktober  oder  anfangs 
November.  Zu  Anfang  des  Mai  entdeckte  Mr.  Sauvage  den  ersten  Beginn  der 
Entwickelung  im  Ei  des  weiblichen  Eierstockes,  Mitte  Juni  fand  ei  die 
Embryonen  im  Ei  weiter,  doch  verhältnismäßig  noch  wenig  entwickelt, 
während  der  Embryo  dagegen  in  den  ersten  Tagen  des  Juli  bereits  äußerst 
in  der  Entwickelung  vorgeschritten  war.  In  den  letzten  Tagen  des  Oktober 
fand  Mr.  Sauvage  abermals  Aale  mit  Eiern,  deren  Inhalt,  der  Embryo,  voll¬ 
reif  zum  Ausschlüpfen  war. 

Die  beobachteten  Aale  sind  wohl  je  frisch  aus  dem  Meere  oder  wenigstens 
Brackwasser  gefangen  gewesen.  Da  nur  in  solchem  Wasser  die  Befruchtung 
und  Entwickelung  des  Eies  beim  weiblichen  Aale  statthat,  die  Befruchtung 
weiterhin  sicher  alsbald  nach  Ankunft  des  Aalweibchens  aus  dem  Süßwasser 
stattfindet,  so  ergibt  sich  als  Schluß,  daß  der  Frühjahrszug  der  Aalweibchen 
im  Canal  la  manche  anfangs  Mai  eiuzutreften  beginnt. 


Die  Auf  Wanderung  der  Aalbrut,  Monte'e,  in  zu  diesem  Zwecke  eigens  zu- 
sammengeschavten  ungeheueren  Massen,  findet  nun  dieselbe  zu  zwei  ver¬ 
schiedenen  Zeiten  iin  Jahre,  anschließend  an  die  zwei  von  Mr.  Sauvage  für 
Frühjahr  und  Herbst  behaupteten  Laichperioden  statt,  oder  steigen  die  Früh¬ 
jahr-  und  Herbstbruten  zusammen  auf?  Die  Thatsache,  daß  sich  unter  der 
regelmäßig  4 — 5  cm  messenden  Monte'e  .  fast  immer  auch  eine  geringere  An¬ 
zahl  zwei-  und  dreifach  größerer  junger  Aale  befindet,  scheint  für  die  zweite 
Annahme  zu  sprechen.  Andererseits  beobachtete  man  in  verschiedenen  Gegen¬ 
den  vom  April  bis  in  den  Juli  hinein,  ja  sogar  schon  vom  Februar  ab  in  den 
Flüssen  aufsteigeude  Aalbruten. 

Sollte  die  Frühjahrsbrut  im  Sommer,  die  Spätherbstbrut  —  nicht  etwa 
im  anschließenden  Winter,  der  ihnen  nahrungsarme  Flüsse  und  andere 
Schwierigkeiten  entgegenbrächte  —  erst  mit  dem  Frühlingserwachen  der  Natur 
in  die  Flüsse  wandern?  Sollte  also  die  Montee  in  zwei  verschiedenen  Perioden 
des  Jahres  in  das  Süßwasser  anfsteigen? 

Die  Naturgeschichte,  namentlich  die  Biologie  des  Aales,  wartet  immer 
noch  verschiedener  Aufhellungen,  die  für  den  Fang  dieses  seltsamen  Fisches 
wie  in  sonstiger  Eichtung  praktisch  verwertbar  wären.’  Gerade  die  an  der 
Meeresküste  mehrfach  neu  errichteten  zoologischen  Stationen,  vor  allem  Be¬ 
obachtungen  an  der  Adria,  könnten  da  manches  Licht  in  diese  anscheinend 
noch  offene  Frage  bringen,  welche  wohl  der  Anregung  verdient. 

Bemerkenswert  ist,  daß  schon  früher  eine  französische  Quelle,  de  la 
Blancheres  nouveau  Dictionnaire  geue'rfil  des  Peches,  Paris  1868,  die  meines 
Wissens  seitdem  von  keiner  Seite  unterstützte,  aber  auch  von  keiner  Seite 
ausdrücklich  widerlegte  Angabe  brachte,  daß  das  Aalweibchen  seine  Eier, 
und  zwar  in  Form  von  Schleim  umhüllter  Ballen,  mehrmals  im  Jahre  absetze, 
daß  die  Brut  nach  ihrem  Ausschlüpfeu  noch  mehrere  Tage  in  den  Ballen  bei¬ 
sammen  bleibe,  sich  dann  nahrungsuchend  am  Grunde  verteile,  um  dann 
in  außerordentlich  zahlreichen  Scharen  vereint  die  Wanderung  im  Süßwasser 
anzutreten.  F.  Zenk,  Würzburg. 

(Aus  »Mitteilungen  des  Österreich.  Fischerei- 
Vereins«,  Nr.  39,  1891). 

Die  Zwergtrappe,  Olis  tetrox,  über  deren  Auftreten  in  Deutschland 
wiederholt  in  unserer  Zeitschrift  berichtet  wurde,*)  zeigte  sich  im  Winter 
1891  —  1892  auch  in  Mähren,  wo  anfangs  November  ein  Exemplar  nach  Olmütz 
gelangte ;  ein  anderes  wurde  bei  Milostowitz  in  Österr.-Schlesien  erlegt  und  ein 
drittes  in  der  Umgebung  von  St.  Margarethen  in  Steiermark. 

Ornitholog.  Jahrbuch. 

Der  französische  Kriegsminister  hat  neuerdings  unter  dem  Namen  der 
»Meharisten«  ein  kleines  ir regul  är es Ka  m  elre  itercorps  geschaflPeu,  das  für 
den  Dienst  ander  südalgerischen  Grenze  bestimmt  ist.  Vorläufig 60  Mann  stark 
soll  diese  Abteilung,  welche  in  El  Goleah  steht,  vor  allem  Aufkläruugs-  und 
Sicherungsritte  in  der  Wüste  unternehmen.  Die  Soldaten  sind  aus  den  Turco- 
Regimentern  ausgewählt  und  entstammen  den  Berbern  und  nicht  den  arabischen 
Stämmen  des  Südens.  Bis  zu  70  Kilometern  täglich  haben  die  Meharisten,  wie  sie 

=*')  Vergl.  das  Inhaltsverzeichnis  zu  den  20  ersten  Jahrgängen;  ferner  Jahro-ang  XXIV 
1888.  S.  118.  0  8- 


nach  dem  Rennhamel  »Mehar«  genannt  werden,  zAirückgelegt  und  so  den  Erwar¬ 
tungen,  die  man  auf  sie  setzte,  durchaus  entsprochen.  Im  nächsten  Jahre  denkt 
man  die  Truppe  auf  120  Mann  zu  vermehren  und  hofft  allmählich  den  Räubereien 
der  Tuaregs  auf  der  Karawanenstrafae  mit  Erfolg  begegnen  zu  können. 

Lokal-Anzeiger,  24.  Juli  1891. 


Geburtsliste  des  Leipziger  zoologischen  Gartens  für  1891. 

Januar:  1  Stummelschwanzschaf,  1  Axis,  1  Säbelantilope. 

Februar:  1  arabische  Ziege,  1  Löwe. 

März;  2  Löwen,  2  arab.  Ziegen,  1  Lama,  1  Mantelpavian,  1  Säbelantilope, 
1  Mufflon,  1  Nilgau. 

April:  1  Mufflon.  2  arab.  Ziegen,  1  Nilgau,  2  Königstiger. 

Mai:  1  bactr.  Kamel,  2  schwarze  Panther,  1  .Riesenkänguru. 

Juni:  1  Edelhirsch,  5  Wapitis,  1  Damhirsch,  3  Mähnenschafe,!  Riescii- 

känguru. 


Juli:  1  Panther,  2  Edelhirsche,  1  Damhirsch,  3  Löwen,  1  Wapiti, 

4  Zwergziegen. 

August;  2  Zwergziegen. 

September:!  Burchellzebra,  4  schwarze  Panther,  1  Riesenkänguru. 

Oktober;  2  Axis,  1  Riesenkänguru. 

November:  2  Panthei*. 

Dezember :  1  Axis.  G.  W  e  s  t  e  r  m  a  n  n. 


Häufigkeit  der  Kreuzotter  in  den  Vor  bergen  des  Riesen¬ 
gebirges  im  Frühling  und  Sommer  1891. 

Nach  amtlicher  Publikation  des  Kgl.  Landrates  zu  L  a  n  d  e  s  h  u  t,  Rgbz. 
Liegnitz,  wurden  von  Frühlings  Anfang  bis  Ende  Mai  a.  er.  600  getötete. 
Kreuzottern  au  ihn  abgeliefert,  wofür  er  300  Mark  Prämie  zahlte  (Kreisblatt), 
trotzdem  wurden  ihm  bis  Ende  August  noch  täglich  6  12  Stück  vorgezeigt 

und  konnte  am  23.  August  ein  Herr  Schremmer  auf  der  Feldmark 
Berthelsdorf  in  nicht  ganz  einer  Stunde  11  Kreuzottern  vernichten. 
(»Schles.  Pfennigblatt«,  Liegnitz,  28.  Aiig.  91). 

In  Sch  mied  eher  g,  wo  ebenfalls  eine  Prämie  gezahlt  wurde,  sind  seit 
1.  Juni  bis  Mitte  August  400  Kreuzottern  vernichtet  und  eingebracht  worden 
(»Bote  aus  dem  Riesengebirge«,  Hirschberg,  25.  Aug.  91)  und  bei  Sp rottau 
wurden  in  dem  Gelände  der  Ortschaften  Schadendorf  und  Liebichau  während 
des  Sommers  an  manchem  Tage  10  bis  20  Stück  erschlagen.  (»Schles.  Pfennig¬ 
blatt«,  Liegnitz,  2.  Sept.  91.)  Karl  Knauthe. 

Fütterungsweise  einer  Hündin.  Verschiedentlich  ist  in  dieser  Zeit¬ 
schrift  mitgeteilt  worden  (Band  XXVI  Seite  253  und  369,  Band  XXVII  Seite 
136),  daß  weibliche  Wölfe,  Füchse  und  Windhunde  die  verschlungene  Nahrung 
vor  ihren  Jungen  ausbrachen  und  letztere  auf  diese  Weise  mit  Futter  veisoigten. 

Ich  beobachtete  ein  Gleiches  an  meiner  kleinen  Rattenfäugerhündin  im 
Frühjahr  1889.  Als  deren  Junge  etwa  5  Wochen  alt  waren,  brach  sie  täglich 
die  soeben  eingenommene  Nahrung  vor  ihnen  aus;  und  zwar  bot  die  Alte  ihien 
Jungen  eine  kurze  Zeit  stehend  das  Gesäuge  und  während  die  Jungen  mit 
Trinken  beschäftigt  waren,  erbrach  sich  die  Mutter  und  alsdann  fielen  die  Kleinen 
über  den  Brei  her  und  verschlangen  ihn  hastig.  Schon  nach  einigen  Tagen 


G4 


lernten  die  kleinen  Hündchen  diese  neue  Quelle  der  Ernährung  kennen  und 
umlagerten  und  beschnupperten  das  Maul  der  Alten  jedesmal,  wenn  diese  sich 
blicken  ließ,  Bemerken  muß  ich  jedoch,  daß  es  sich  in  dem  von  mir  beobach¬ 
teten  Falle  nicht  um  halbverdaute  Nahrung  handelte,  sondern  stets  beeilte  sich 
die  Hündin,  nach  dem  Fräße  so  schnell  wie  möglich  zu  den  auf  dem  Boden 
des  Hauses  befindlichen  Jungen  zu  gelangen.  Verhinderte,  sie  eine  geschlossene 
Thür  an  ihrem  Vorhaben,  so  winselte  sie  oder  machte  einen  Umweg  durch  den 
Keller.  War  eine  Viertelstunde  seit  dem  Fressen  vergangen,  so  erbrach  die 
Hündin  das  Futter  nicht  mehr.  Meistens  ließ  sie  einen  Teil  des  Futters  im 
Napfe  zurück,  um  es  nach  der  Fütterung  ihrer  Jungen  zu  fressen,  aber  nicht 
wieder  zu  erbrechen.  0.  Edm.  Eiffe. 


L  i  1 1  e  r  a  1  u  r. 


Systematische  Übersicht  der  Vögel  B  ay  erns  von  A  n  d  r .  J  oh.  Jäckel. 
Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  R.  Blasius.  München  u.  Leipzig.  R.  01  den - 
bourg  1891. 

Den  Lesern  des  Zoologischen  Gartens  wird  der  Name  unseres  langjährigen  Mit¬ 
arbeiters,  des  sorgsamen  Beöbachters  und  eifrigen  Schriftstellers  Pfarrer  Jäckel 
(t  1885)  noch  in  guter  Erinnerung  sein.  Ein  von  ihm  hinterlassenes  Work  über  die 
Vögel  Bayerns  —  312  Arten  — ,  beruhend  auf  ^sorgfältigen  und  genauen  Beo¬ 
bachtungen  und  Arbeiten,  ist  nun  in  dankenswerterweise  von  Prof.  R.  Blasius 
hcrausgegebeu  und  mit  dem  Lebenslauf  und  dem  Bildnisse  des  verstorbenen 
Verfassers  versehen  worden.  Die  systematischen  Beschreibungen  sind,  um  die 
Arbeit,  die  schon  392  Seiten  in  Groß-Oktav  umfaßt,  nicht  allzu  umfangreich 
zu  machen,  weg  gelassen,  und  so  finden  wir  nur  genaue  Nachweise  über  das 
örtliche  und  cpiantitative  Vorkommen  der  einzelnen  Arten,  wertvolle  Angaben 
über  die  Lebenswei.se,  die  Nahrung,  den  Zug,  die  Farbenänderungen  und  die 
lokalen  Benennungen  derselben,  ein  reiches  Material,  um  das  Buch  zu  einer 
Fundgrube  für  die  Naturge.schichte  der  deutschen  Vögel  überhaupt  zu  machen. 
Möge  es  dazu  dienen,  den  Namen  Jäckels  auch  den  jüngeren  Ornithologen 
in  das  Gedächtnis  zu  rufen,  wie  es  ein  schönes  Denkmal  seiner  Thätigkeit 
bleiben  wird.  -vr 


Les  oiseaux  hybrides,  rencontres  ä  Petat  sauvage  par  Andre  Suchetet  I. 

Les  Gallinaces.  Lille  Le  Bigot  Freres  189(T. 

Del  Verfasser  hat  sich  die  verdienstvolle  Aufgabe  gestellt,  zunächst  das 
Material  zu  sammeln  über  das  Vorkommen  von  Bastarden,  damit  festgestellt 
werden  kann,  innerhalb  welcher  Grenzen  Tiere  verschiedener  Arten  sich  mit  Er¬ 
folg  jiaaren  und  welche  Regeln  bei  solchen  Kreuzungen  zur  Geltung  hoinmen. 
In  dem  voi liegenden  Hefte  sind  die  wilden  Hühner  und  besonders  unsere  Wald¬ 
hühner  behandelt.  Die  Arbeit  ist  eine  wertvolle,  da  sie  die  bekannt  gewordenen 
lälle  zusammenstellt  und  Anregung  zu  weiteren  Versuchen  auf  diesem  intcr- 
e.ssanten  Gebiete  giebt. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  MhIiUh  &  Waldsclimidt.  Krankfiirt  «.  M. 


>  189? 

Der  Zoologische  Garten 

Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Eedigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

No.  3.  XXXIII.  Jahrgang.  März  1892. 


I  n  li  a  1  1. 

Das  Haselhuhn  in  Livland  ;  von  O  s  k  a  r  von  Löwis.  —  Fuchs  und  Dachs;  von 
C.  Greve. —  Der  Polarfuchs  ('Cawjs  lagopus)\  von  Bernhard  Langkavel,  Hamburg. 
—  Das  Trinkwasserverhot  für  Tiere  während  der  Reise ;  von  Dr.  A.  S  e  i  t  z.  —  Geschäfts¬ 
bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Hannover  für  1890 — 91.  —  Korrespondenzen.  — 
Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Das  Haselhuhn  in  Livland. 

Von  Oskar  von  Löwis. 

Tagesfrageu  wollen  besprochen  werden.  Seit  die  Monographie 
des  Haselhuhnes  von  Professor  F.  Valentinitsch*)  erschien,  liegt  das 
Haselhuhn,  so  zu  sagen,  in  der  Luft.  Man  soll  das  Eisen  schmieden, 
so  lange  es  warm,  —  und  warum  sollte  man  nicht  Beiträge  bringen, 
so  lauge  noch  das  betr.  Interesse  rege  ist? 

I.  Vorkommen. 

Aus  dem  Munde  alter  Jäger,  die  noch  im  ersten  Viertel  unseres 
kulturstrebenden  Jahrhunderts  mit  ihren  wuchtigen  Feuerschloh- 
Gewehren  dem  Wilde  in  unseren  damals  noch  ziemlich  wüsten  und 
urwaldähnlich  versumpften,  sich  durchaus  selbst  überlassenen  Wäldern 
nachstellteu  und  die  jetzt  alle  längst  unter  kühler  Erde  ansruheu, 
habe  ich  es  in  meinen  jungen  Jahren  oft  genug  mit  wahrem  Ent¬ 
zücken  gehört,  wie  zahlreich  und  überall  verbreitet  das  Haselhuhn, 
socrar  auch  in  kleineren  Gehegen,  auf  dicht  bewachsenen  Viehweiden 
lind  Morästen  anzntreffeu  und  für  einige  Kopeken  Kupfermünze  in 
den  Städten  käuflich  zu  haben  war.  Der  Import  aus  dem  Innern 
Rußlands  war  nicht  erforderlich  zu  jener  Zeit.  Tempora  mutautur! 

*)  Vgl.  Jahrg.  XXXII,  1891.  S.  354. 

Zoolog.  Gart.  Jahrg,  XXXIII,  1892, 


5 


66 


Jetzt  im  letzteu  Vierteil  verzelireD  die  livliiiidiscben  Städter  fast  iinr 
noch  russisches  Haselwild.  Heute  darf  man  das  Vorkommen  dieses 
köstlichen  Tafelwildes  mit  geriugen  Ausnahmen  nur  noch  für  größere 
Waldstücke,  vorzugsweise  gemischten  oder  in  zweiter  Linie  reiner 
Grähnenbestände  (Rottannen)  und  leider  nirgends  mehr  als  ein  sehr 
gemeines  bezeichnen.  Seit  rationelle  Durchforstung  auch  bei  uns 
mehr  oder  weniger  Eingang  fand,  geht  die  »Bevölkerung«  seitens  des 
Haselhuhnes  schneller  Einbuße  entgegen.  —  Die  in  der  Neuzeit  nicht 
niehr  allzu  zahlreichen  Waldkomplexe,  welche  von  moderner  Forst¬ 
kultur  nicht  verändert  und  beleckt  wurden  und  dadurch  ihre  fast 
ursprüngliche  Wildheit  und  stellweise  sogar  Unzugänglichkeit  be¬ 
wahrt  haben,  sind  aber  noch  immer  ein  bevorzugtes,  trautes  Heim, 
gestatten  dem  Haselhuhn  noch  heute,  in  denselben  sich  gleichmäßig 
auszübreiten,  und  schützen  das  Geschlecht  noch  für  längere  Zeit  vor 
allzu  merklicher  Abnahme.  So  fremdartig  und  abschreckend  dem 
Kulturmenschen  solche  Waldwildnisse,  in  denen  man  wegen  Fallholz 
nur  klettern  und  keinen  Schritt  wirklich  gehen  kann,  zu  erscheinen 
pflegen,  so  lieb  sind  sie  dem  friedlichen,  Schutz  aller  Art  bedürftigen 
Haselhuhn.  Im  rasch  emporschießenden  Jungholz  der  Grähnen,'im 
wüsten  Astgewirr  alter  Baumriesen,  im  Gezweig  der  gestürzten  Stämme 
birgt  sich  das  verfolgte  Huhu  sogar  leicht  vor  den  beiden  Vertretern 
der  Familie  Astur,  entgehet  es  unschwer  den  geschärften  Sinnen 
des  waldbe wohnenden  Wilderers,  der  im  urwaldähulichen  Dickicht  das 
Gewehr  kaum  zur  W’^auge  heben  kann.  —  Wüe  oft  habe  ich  selbst 
weiteres  Verfolgen  und  Beschießen  einer  zerstreuten  Kette  junger 
Haselhühner  in  derartiger  Wildniß  mit  rohrdichtem  Unterholz  auf- 
gebeu  müssen,  weil  ich  kaum  weiter  als  3 — 4  Fuß  sehen,  nur  mit 
Gewalt  mir  Bahn  brechen  und  schließlich  das  Gewehr  nicht  an  die 
Schulter  heben  kounte.  —  In  allen  lichtgestellten,  durchforsteten 
Bezirken  verschwindet  aber  das  Haselhuhn  allmählich  ganz  oder  wird 
wenigstens  selten,  nur  noch  sporadisch  au  den  wenigen  ihm  noch 
bewohnbar  erscheinenden  Plätzen  sich  erhaltend.  —  Solche  Plätze 
fludet  aber  sowohl  der  richtige  Jäger  als  auch  der  Wilderer  unschwer, 
auch  der  Sperber  kennt  sie  bald,  und  fortwährendem  Raube  aus- 
gesetzt^  schrumpft  die  Anzahl  ein.  Wo  durch  besonders  günstige 
Bodenverhältnisse,  namentlich  tiefeingeschuitteue  Bachschluchten  in 
üppigem  Holzbestaude  die  Erhaltung  der  Art  möglich  blieb  und 
rechtzeitig  eine  gewissenhafte  Schonung  und  peinliche  Überwachung 
eiutrat,  da  finden  wir  als  seltene  Ausnahme  auch  noch  heute  das 
Haselhuhn  in  kleineren  Waldstücken,  wie  z.  B.  in  Meiershof  bei 


07 


Wenden  im  Parkwalde  unmittelbar  neben  dem  bewohnten  Gehöfte 
am  Garten  hausend,  so  daß  das  Locken  der  Hühner  vom  Garten  ans 
oft  gehört  werden  konnte.  Einen  zweiten,  derartig  znm  Beobachten 
des  Lebens  und  Treibens  bequemen  Ort  kenne  ich  allerdings  in 
Livland  nicht  mehr.  — 

So  fest  die  Haselhühner  an  ihren  gewohnten  Plätzen  zu  bleiben 
pflegen  und  nur  der  Gewalt  nachgebend  dieselben  verlassen,  so  be¬ 
weglich  werden  sie  für  einige  Herbstwocheu,  namentlich  im  Oktober. 
Nicht  allzu  weit  streichen  sie  daun  in  die  Vorhölzer,  in  vorliegende 
einzelne  Baumgruppen,  sogar  in  niedrig  bewachsene  Viehtriften  etc.; 
seltener  überfliegen  einzelne  Hühner,  nach  meinen  Erfahrungen  meist 
nur  Männchen,  zu  der  Zeit  auch  weitere  Flächen,  um  einige  Zeit 
sogar  in  ganz  kleinen  Feldgehegen  Umschau  haltend  Stand  zu  nehmen 
und  sich  dabei  allerlei  im  Forste  unerreichbaren  Leckereien  hinzu¬ 
geben.  Der  Unerfahrene  wird  dadurch  im  Herbst  zuweilen  verleitet, 
an  die  Existenz  resp.  das  Hausen  dieses  echten  Waldhuhnes  auch  au 
diesen,  im  freien  Felde  daliegenden  »Remisen«  zu  glauben.  Sobald 
Schneefall  eintrat,  hörten  diese  Ausflüge  gänzlich  auf.  So  erlegte 
ich  z.  B.  meinen  ersten  Haselhahn  am  6./18.  Oktober  1850  in  einer 
kleinen  Parkanlage  von  gesäten  Grähnen  (vielleicht  5 — 6  Morgen 
groß)  unmittelbar  am  Garten  des  Gutes  Würken  im  Rujenschen 
Kirchspiele,  welche  inmitten  weiter  Feldflächen  lag  und  circa  2 — 3 
Kilometer  von  einem  größeren  Sumpfwaldstücke  entfernt  war,  wo  aber 
meines  Wissens  nach  damals  auch  keine  Haselhühner  vorhanden 
waren;  der  nächste  notorisch  ermittelte  Haselhuhustand  war  vom 
Hofe  Würken  in  der  Luftlinie  mindestens  7 — 8  Kilometer  entfernt. 
Ich  möchte  diesen  F^all  nicht  als  ein  Verirren,  als  ein  Verfliegen 
aus  Dummheit  ansehen,  sondern  als  Zeichen  eines  Triebes,  im  Herbst 
auch  zuweilen  die  weitere  Umgebung  des  Standortes  kennen 
lernen  zu  wollen  und  etwaige  Nachbarn  zu  ermitteln.  Wie  schon 
«■esagt,  bevorzugt  das  Flaselhuhn  entschieden  zu  seinem  Hausen  ge- 
mischten  Forstbestaud,  dem  als  Unterholz  Haselstandeu  und  Wacholder 
nicht  fehlen:  in  solchem  Bestände  herrscht  unter  den  Laubhölzern 
die  Espe  vor,  es  folgt  die  Schwarzerle  und  erst  in  dritter  Linie  die 
Birke,  unter  den  Nadelhölzern  bei  weitem  die  Gräiine,  geduldet  wird 
auch  die  Kiefer,  wenn  sie  nicht  ausschließlich  wird.  —  Grähnen 
müssen  mindestens  den  halben  Bestand  ausmaclien  ,  soll  das  Hasel¬ 
huhn  sich  auch  im  Winter  dort  heimisch  fühlen.  —  Je  nach  der 
Jahreszeit  werden  aufgesucht:  Im  Winter  trockene  Waldstücke  mit 
vorwiegendem  Grähnenbestand,  im  Frühjahr  desgleichen  die  Sonnen- 


68 


seiten  derselben,  die  Ränder  angrenzender,  feuchtgründiger  Bestände 
Haselnnß-Dickungen  etc.;  im  Sommer  von  den  Ketten  freie  Jung¬ 
schläge,  Waldwiesen-Ränder ,  Sumpfwälder  mit  Erlen,  Weiden  und 
Rohrgestrüpp,  Waldplätze  mit  Stauden  und  Schlingpflanzen  bestanden 
u.  s.  w.,  während  die  alten  Hähne  im  Hochwald  bleiben.  Im  Spät¬ 
sommer  und  Frühherbst  treten  die  Hühner  gerne  in  lichte  Kiefern¬ 
bestände,  w’O  Preißel-  und  Heidelbeeren  reiche,  beliebte  Nahrung 
bieten ;  aber  hier  weilen  die  Hühner  nur  des  Tages  über  am  Boden, 
um  sich  zur  Nachtruhe  wieder  in  anliegende  Unterholz  -  Dickungen 
zurückzuziehen.  Im  Herbst  werden  die  Waldränder  und  Vorhölzer 
gerne  aufgesucht;  die  einzeln  stehend,  reiche  Frucht  tragenden 
Ebereschen  werden  ohne  Scheu  zu  stundenlangem  Hochsitz  erwählt, 
spät  reifenae ,  dem  Forst  anliegende  Haferfelder  werden  häufig  be¬ 
sucht  und  ergeben  im  gelockerten  Boden  oft  die  Möglichkeit  zu  Saud¬ 
bädern.  Sobald  der  eigentliche  Winter  mit  weißer  Schneelage  be¬ 
ginnt,  ziehen  sich  alle  Hühner  vorwiegend  gerne  in  die  Grähneu- 
bestände  zurück,  denen  die  Espe  aber  nicht  fehlen  darf  und  wo  der 
Wacholder  schmackhafte  Beeren  spenden  kann.  Bei  tagelangem  Schnee. 
fall  mit  starkem  Schneewehen  hocken  die  Pärchen  am  Fuße  einer 
niedrig  ästigen  Grähue,  unter  deren  Schutz  einige  Wacholderbüsche 
von  Drosseln  uugeplündert  noch  Beeren  bewahrten,  völlig  im  Schnee¬ 
hause  geborgen,  so  daß  kein  direktes  Licht  hiueinfalleu  noch  der 
Wind  hineinblasen  kann ;  dicht  deckt  der  Schnee  die  zum  Boden  sre- 
beugten  Aste ,  als  Dachsparren  dieselben  nutzend.  —  In  solcher 
Verschueiung  bleiben  Haselhühner,  falls  eben  Wacholder  oder  Zwerg¬ 
birken  Nahrung  boten ,  oft  mehrere  Tage  hindurch  der  Außenwelt 
verborgen.  So  fand  ich  einst — als  schöuesWetter  dem  Schueesturm  gefolgt 
war,  auf  dem  Gute  Nurmis  ein  Paar  Haselhühner  in  derartigem 
Schneehause  zufällig  auf,  nachdem  sie  mindestens  2^2  Tage  und  3 
Nächte  dort  zugebracht  hatten ;  die  Spuren  ihrer  Mahlzeiten  an 
Wacholderbeeren  lagen  am  Boden  umher,  —  wie  auch  tiefe  Mulden 
voll  gelblicher  Exkremente  sich  dem  Auge  zeigten.  Oft  mögen  die 
armen  Hühner  aber  ohne  Speisekammer  eingeschneit  werden  und  dann 
1  2  Jage  absolut  hungern,  bis  das  Unwetter  sich  wieder  legt. 

Größere  Gangröhren  unter  hoher  Schneelage,  wie  solche  Birkhühner 
gesellig  oft  für  Wochen  anlegen  und  bewohnen ,  fand  ich  von  Hasel¬ 
hühnern  nicht  auf,  sondern  immer  nur  hüttenartige  Überschneiungen, 
die  einen  Spielraum  zur  Bewegung  von  etwa  höchstens  2  Meter 
Durchschnitt  gestatteten.  Bei  anhaltendem  Regen  weiter  schlafen 
die  Haselhühner  gern  in  sehr  lichtem  Bestände,  sogar  auf  ganz  freien 


69 


Plätzen  neben  dem  Hochwald.  Im  Vergleich  mit  unseren  anderen 
Wildhühnerarten  ist  die  Vermehrung  des  Haselhuhnes  als  eine  nur 
mäßige  zu  bezeichnen.  —  Es  ist  »wählerisch«  in  Betreff  seiner  Nist¬ 
plätze,  wandert  daher,  durch  forstliche  Veränderungen  leicht  bewogen, 
schnell  entschlossen  aus,  ehe  es  sich  in  die  neuen  Verhältnisse  fügt.  — 
Das  Nest  wird  sehr  gut  versteckt  und  ist  daher  nicht  leicht  aufzu- 
fiuden;  absichtlich  gesucht  entgeht  es  meist  der  Entdeckung;  der 
Zufall  war  mir  günstiger,  so  daß  ich  in  meinem  Leben  etwa  1  Dutzend 
Gelege  gesehen  habe,  von  denen  nur  eins  10  Eier  enthielt,  —  die 
anderen  alle  weniger;  einmal  enthielt  ein  Nest  nur  6  Eier,  obschou 
das  Huhn  bereits  fest  brütete;  da  ich  aber  keine  Gelegenheit  fand, 
nochmals  Einsicht  zu  nehmen ,  so  mögen  später  vielleicht  noch  1 
oder  2  Eier  zngelegt  worden  sein?  —  8 — 9  Eier  dürften  die  meisten 
Gelege  enthalten.  —  Im  Jahre  1890  stellte  ich  durch  häufiges  Ab¬ 
zählen  eine  Jungkette  von  sicher  11  Jungen  in  Meiershof  fest, 
weniger  sicher  glaubte  ich  einst  (einmalige  Schätzung)  12  Junge  in 
den  Forsten  der  Ritterschafts-Güter  gezählt  zu  haben.  Regelmäßig 
brino-eu  andere  Arten  mehr  Junge  auf  z.  B.  Feldhühner  und  Schnee- 
hühner;  vou  ersterem  fand  ich  einst  ein  Gelege  von  28  über  ein¬ 
ander  geschichteten  Eiern,  von  letzteren  mehrmals  15  Stück,  vom 
Birk-  und  Auerhuhu  je  12  Stück.  Ich  fand  das  Nest  des  Haselhuhnes 
nur  unter  Haselstauden,  auf  welken  Blättern  der  Hasel  gebettet;  der 
Name  Haselhuhn  erschien  mir  daher  stets  als  der  bestgewählte  und 
passendste.  Eier  sind  aber  leider  noch  nicht  immer  Junghühnchen  — 
und  Junghühnchen  noch  keine  Vollhühner  —  denn  viele  Gefahren 
drohen  der  Entwicklung. 

II.  Gefahren  und  Feinde. 

Sobald  das  Eierlegen  beginnt,  treten  auch  die  Gefahren  für  die 
Vermehrung  des  Haselhuhns  auf.  Wiesel,  Hermelin,  Iltis,  Marder, 
Dachs,  Eichhorn,  Eichelhäher,  Haselmaus  und  Waldmaus  fressen  gern 
den  nahrhaften  Inhalt  der  Eier.  Die  treu  und  sehr  fest  brütende 
Henne  hat  den  Fuchs  und  unter  den  obigen  drei  Halbsohlengäuger 
zu  fürchten.  Oft  fand  ich  in  der  ersten  Hälfte  und  Mitte  Mai  am 
Fuchsbau  die  Reste  der  Bruthenne!  Während  der  Brutzeit  sind  die 
Habichte  weniger  gefährlich,  wenngleich  ab  und  zu  ein  Sperber 
oder  Habicht  die  Nahrung  suchende,  gebückt  dahinschleichende  Henne 
des  Morgens  abfangen  dürfte.  Vor  Jahren  fand  ich  'ein  Nest  mit 
8  abgestorbenen ,  bereits  bleichenden  Eiern  zu  Anfang  Juni ;  hätte 


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ein  Räuber  die  Heune  auf  dem  Genist  überrascht,  so  wären  die  Eier 
nicht  verschont  geblieben,  demnach  nehme  ich  an,  daß  beim  Morgen - 
mahle,  welches  sehr  frühe  gleich  nach  Sonnenaufgang  eingenommen 
wird,  ein  Astur  den  Mord  der  Henne  und  dadurch  der  Nachkommen 
begangen  haben  dürfte.  ^ — Einmal  vor  circa  15  oder  16  Jahren  war 
ich  sogar  selbst  der  Feind,  der  schuldige  Vernichter.  Von  der  Birk¬ 
hahnbalz  auf  meiner  Besitzung  Kudling  bei  den  ersten  Sonnenstrahlen 
durch  Hochwald  zurückkehrend,  gewahrte  ich  im  nächtlich  noch  uu- 
erhellten  Schatten  einer  tiefen  Bacbschlucht  etwas  Graubraunes 
herumschleichen  ;  au  Nörz  oder  Fischotter  denkend,  schieße  ich  da¬ 
hin  —  0  weh!  Es  war  eine  stark  »abgebrütete«  alte  Haselhenue, 
die  mit  gesenktem  Kopf  ihrem  Frühstück  nachgegaugen  war;  im 
Sommer  fand  der  Forstwart  die  weißlich  verblichenen  Eier  etwa 
100  Schritte  entfernt  vom  Ort  dieses  gräßlichen  Verbrechens;  also 
auch  der  wildliebeude  Jagdherr  wird  durch  Zufall  Räuber!  Schlüpfen 
nun  endlich  die  winzig  kleinen  buntwolligen  »Kügelchen«  auch 
glücklich  aus,  so  ist  damit  die  Nachzucht  noch  keineswegs  irgend 
wie  in  ein  gesichertes  Dasein  gebracht  worden.  Im  Gegenteil  drohen 
leider  in  der  ersten  resp.  bis  in  die  zweite  Lebenswoche  hinein  dem 
jungen  Hühnchen  die  allerschwersteu  und  unabwendbarsten  Gefahren 
in  zwei,-  vier,-  sechs-  und  ohufüßigen  Gestalten!  Auch  anhaltendes 
kühles  Regenwetter,  speciell  sogenannte  Platzregen  sollen  nach  Aus¬ 
sage  eines  alten,  sonst  sehr  zuverlässigen  Forstwarts  Schaden  Ursachen, 
wie  auch  Stürme  durch  Astbrüche  und  Fallholz!  —  Bis  die 
Hühnchen  mit  einiger  Sicherheit  d.  h.  rasch  und  hoch  genug  das 
Aufbanmen  erlernen,  umlauern  sie  zahllose  Feinde,  derart  daß  sehr 
oft  in  der  ersten  Zeit  ihres  Daseins  arge  Einbußen  stattfindeu,  meiner 
Ansicht  nach,  nebst  den  jungen  Auerhühnern  in  gleicher  Periode, 
größere  als  bei  den  anderen  Wildhühneru  solches  der  Fall  sein 
dürfte.  In  dem  geschlossenen,  großen  Walde  in  Kudling,  wo  den 
Feinden  wenig  uachgestellt  werden  kann,  fand  ich  meist  nur  kleine 
Gesperre,  zuweilen  sogar  nur  4—5  Junge,  also  etwa  in  halber  Anzahl  der 
Eier,  erwachsen  vor;  in  Meiershof,  wo  strenge  Beschränkung  des 
Raubzeuges  im  Auge  behalten  wurde ,  war  zuweilen  kein  Unterschied 
zwischen  Ei-  und  Küchelzahl  vorhanden;  hier  trat  häufige  Einbuße 

erst  später  durch  Sperber  und  Habichte  ein. - Während  der 

tapfere  Moor-Schneehahn  und  Papa  Feldhahu  der  Gattin  und  Mutter 
treulich  zur  Seite  stehen  bei  jeglichem  Angriff  eines  großen  oder 
kleinen  Feindes  und  notorisch  sehr  oft  mit  Mut,  List  und  Ge¬ 
wandtheit  die  drohendste  Gefahr  zu  beseitigen  verstehen,  muß  die 


71 


Mama  Haselhenne  ganz  allein  Schutz,  Trutz  uiul  Zutlucht  bieten, 
allein  sorgen,  allein  kämpfen,  führen  und  List  ersinnen,  da  der 
egoistische  Hahn,  sobald  seine  Liebestriebe  keine  Befriedigung  mehr 
fanden,  sich  eine  Junggesellen- Wohnung  mietete,  seiner  Mauser  lebte 
und  die  schwierigen  Kindersorgen  zu  fliehen  wußte.  —  Ich  halte 
während  der  ersten  Woche  den  Eichelhäher  und  die  große  Waldmaus 
für  die  gefährlichsten  Räuber,  Elstern,  Insekten  (Ameisen),  Wiesel 
erst  in  zweiter  Linie  schädlich;  die  Kreuzotter  fand  ich  nur  ein¬ 
einziges  Mal  schuldig.  Wo  daher  die  Natur  selbst  nicht  besonders 
günstige  Bedingungen  zur  gedeihlichen  Vermehrung  darbot,  wo  keine 
specielle  Schonzeit  eingehalteu  wurde  und  kein  wachsamer,  stetiger 
Schutz  vorhanden  ist,  und  solches  ist  in  Livland  sehr  allgemein  der 
Fall  diesem  zur  örtlichen  Niederjagd  gehörenden  Wilde  gegenüber, 
da  wurde  leider  eine  fortlaufende  und  sogar  meist  sehr  auffallend 
rasch  stattfindende  Abnahme  erwiesen;  ich  habe  nirgends  auch  an  den 
o-ünstiosten  Plätzen  eine  wirkliche,  wesentlich  bemerkbare  Zunahme 
und  Vermehrung  bemerken  können,  z.  B.  binnen  10  Jahren  keinerlei 
im  Meiershofscheu  Parkwalde.  Hier  wurden  in  diesem  großen  Zeit¬ 
raum  im  ganzen  überhaupt  nur  13  Stück  abgeschosseu ,  dennoch 
blieb  der  Bestand  ein  ziemlich  gleicher,  nämlich  2 — 3  Ketten  all¬ 
jährlich;  nur  im  letzten  Jahre  1890  konnten  4  Ketten  beobachtet 
werden,  während  wiederum  1887  keine  einzige  Brut  aufkam.  Diesen 
auffallenden  Mißerfolg  bin  ich  ohne  weiteres  geneigt  dem  massen¬ 
haften  Auftreten  der  Eichhörnchen  nach  einem  bemerkenswert  milden 
Winter  zuzuschreiben.  —  Binnen  6  Monaten  d.  h.  von  Ende  März 
bis  Ende  September  wurden  damals  mit  dem  Schießgewehr  im  Park 
und  Garten  186  Stück  Eichhörnchen  erlegt;  in  allen  Gebüschen,  auf 
der  Erde,  in  den  Hochbäumen  —  überall  wimmelte  es  von  diesen 
hungrigen  »rattenähnlicheu«  Tieren.  Ich  war  Augenzeuge  bei  der 
Plünderung  eines  Wacholderdrossel-Nestes  auf  dem  schwanken  Aste 
einer  Lärche  seitens  eines  alten,  starken  Eichhorns;  beim  weiteren 
Versuch  eines  zweiten  Angriffes  auf  ein  anderes  Drosselnest  holte 
ich  den  Sünder  herab.  Das  Frühjahr  war  milde,  zu  jeglicher  Brut 
und  Aufzucht  günstig,  circa  10  alte  Haselhühner  waren  im  Terrain 
vorhanden,  daher  bin  und  bleibe  ich  fest  von  dem  räube¬ 
rischen  Zerstören  und  Vertilgen  der  Haselhuhn-Eier  durch 
die  Hörnchen  überzeugt.  Wenn  Ratten,  Haselmäuse,  Waldmäuse 
n  s.  w.  nachgewiesenermaßen  Nester  plündern,  warum  sollte  das  ähnliche 
veranlagte,  nahe  verwandte  Eichhorn  nicht  auch  Eier  verzehren?  — 
Warum  verfolgen  Drosseln,  Bachstelzen  und  andere  Brutvögel  mit 


72 


ängstlichem  Geschrei  und  Gebahren  das  Eichhörnchen,  wenn  es  schuld¬ 
los  wäre,  wie  solches  neuerdings  wieder  einige  »Einsender«  in  ver¬ 
schiedenen  Jagdzeitungeu  hinzustellen  versucht  haben.  Die  geringere 
und  größere  Schädlichkeit  hängt  gewiß  von  der  geographischen 
Lage,  den  örtlichen  Nahrungsmitteln  ab;  warum  sollte  z.  B.  das  Eich¬ 
hörnchen  in  Mitteleuropa  in  geschlossenen  Buchenbeständen  sich 
nicht  an  der  überreichen  Nahrung  der  Nüßchen  genügen  lassen? 
Wozu  soll  es  da  mit  vermehrter  Mühe  und  bei  unbequemen  An¬ 
griffen  die  auch  noch  im  Frühjahr  zu  erreichenden  Buchnüsse  ver¬ 
schmähen  und  einer  weniger  natürlichen  Nahrung  zustreben?  In 
Livland  ist  die  Frühjahrsnahrung  sehr  knapp,  bei  massenhaftem  Auf¬ 
treten  stellt  sich  eine  Art  Hungersnot  ein ,  da  wird  denn  wahr¬ 
scheinlich  scharfe  Suche  nach  Vogelnestern  abgehalten.  Das  Nisten 
der  Raubvögel  konnte  ich  in  Meiershof  binnen  wenigen  Jahren  für 
die  schädlichsten  Arten  gänzlich  verhindern,  für  andere  durchaus 
beschränken ,  aber  die  stetigen  Besuche  von  auswärts  seitens  des 
Habichts  und  Sperbers  waren  selbstverständlicher  Weise  nicht  zu 
hindern;  die  stärkste  Einbuße  verursachten  zweifellos  diese  beflügelten 
Buschklepper ! 

Da,  wie  schon  gesagt  wurde,  das  Haselhuhn  fest  an  seine 
Lieblingsplätze  gefesselt  zu  sein  scheint,  so  wird  es  auch  in  großem 
Forst  viel  leichter  aufgefunden  als  irgend  ein  anderes  Wildhuhu, 
also  auch  von  Raubvögeln,  Füchsen  etc.,  die  ihre  gewohnten  Futter¬ 
plätze,  Saudbadstellen  und  andere  beliebte  Aufenthaltsorte  bald 
kennen  und  darnach  täglich  abzusuchen  lernen. 

In  erster  Linie  dürfte  als  der  gefährlichste,  zäheste  und  leider 
zugleich  überall  sich  eiufiudeude  Erzfeind  unseres  v/ehrlosen  Hasel¬ 
huhnes  der  starke  Hühnerhabicht,  Astur  pahimharms,  zu  nennen 
sein.  Das  Blut  stockt  mir  fast  im  Herzen  vor  Ärger,  wenn  ich  an 
die  zahllosen  Schandthaten  in  dieser  Richtung  erinnert  werde.  Das 
ganze  Jahr  hindurch  stellt  er  als  Feinschmecker  und  Nimmersatt 
diesen  Hühnern  mit  besonderer  Vorliebe  und  leider  auch  allzu  gutem, 
d.  h.  gräßlichem  Erfolg  nach.  Früh  im  Grauen  des  windstillen 
Frühlings-  oder  Herbstmorgens  horcht  er  gierig  auf  den  Lockruf 
des  verliebten  Hahues,  huscht  lautlos  zwischen  den  deckenden 
Bäumen  herbei,  hockt  dann  still  auf  niederem  Aste  auf,  um  den 
heißbegehrteu  Imbiß  zu  ersehen,  erjagen  mid  eilig  zu  verspeisen. 
Einst  lockte  ich  im  April  einen  hitzigen  Hahn  im  dichten,  feucht- 
giündigen  Foiste  heran,  schon  sah  ich  den  Kampfbereiten  oder 
Miuuesuchenden  zu  Fuß  zwischen  den  »Hümpelii«  herantraben,  als 


73 


plötzlich  ein  großer  Habicht  von  einem  Ast  herab  sich  niederstürzte 
und  den  erschrockenen  Haselhahn  gewiß  erhascht  und  erwürgt  hätte, 
wenn  ihn  nicht  der  meinerseits  ins  Dickicht  auf  gut  Glück  abge¬ 
gebene  Fehlschuß  bei  unmittelbar  nachfolgendem  Geschrei  in  die 
Flucht  geschlagen  hätte.  —  Im  September  1883  lockte  ich  eines 
Morgens  in  Kudling  Haselhühner.  Zweimal  meldete  ein  Huhn,  ein 
Stückchen  näher  flieetend.  Da  orewahrte  ich  auf  dem  hellen  Wald- 
moos  einen  Schatten  hinhuschen,  während  die  herbstliche  Sonne 
goldene  und  schräge  Strahlen  durchs  taublitzende  Geäst  auf  den 
Boden  warf.  Aufblickend  gewahrte  ich  ein  altes  Palumbarius- 
Weibchen  leise  zu  mir  aufliegeud  ;  als  sodann  das  beutelustige 
Räuber weib  zu  besserer  Umschau  sich  kaum  15  Schritte  vor  mir 
auf  einen  Kiefernast  setzte,  erreichte  es  just  das  tödliche  Blei. 
Aber  nur  selten  schafft  der  Zufall  solche  Abhülfe,  meist  erwischt 
der  Habicht  straflos  die  Beute.  Seine  Schlauheit,  Vorsicht,  sein 
heimliches  lautloses  Fliegen  zwischen  den  Bäumen,  die  feinen  Sinne 
lassen  ihn  den  Jäger  unschwer  meiden. 

So  wenig  die  Haselhühner  zum  Trinken  eines  Baches  oder  einer 
Quelle  in  gewöhnlichen  Jahren  bedürfen,  indem  ihnen  zur  Stillung 
des  Durstes  der  Morgentau  und  das  Regennaß  genügen,  so  eifrig 
suchen  sie  dieselben  bei  übergroßer  Dürre,  wenn  jeglicher  Tau  aus¬ 
bleibt,  auf.  Als  1882  in  Livland  durch  die  gräßliche  Dürre  im 
Juli  und  August  die  meisten  Rinnsale  und  Waldbäche  in  meinem 
Meiershofschen  Parkwalde  versiegt  wareu,  8  Wochen  kein  Regen 
niederging,  kein  Morgentau  die  Gräser  erfrischte,  so  daß  jegliches 
Grün  in  ein  fades  Gelbrot  sich  wandelte,  da  bot  nur  noch  eine 
Waldader  köstlichen  Trunk  den  schmachtenden  Waldvögeln.  Das 
ersah  auch  ein  Palumbarius-Pärchen  zu  seinem  Vorteil,  lauerte  und 
hockte  morgens  und  abends  mit  größter  Geduld,  aber  dem  Jäger 
unnahbar,  au  diesem  Bächlein  und  zerriß  außer  Wildtauben, 
Drosseln  etc.  viele  —  ach  sehr  viele  vom  Durst  heraugezogene  Hasel¬ 
hühner,  so  daß  damals  der  Bestand  bis  auf  eine  geringe  Anzahl  vermindert 
wurde.  Die  drei  Jungen  dieses  Räuberpaares  konnte  ich  mittels 
Klopft  reibens  damals  erlegen,  aber  die  Schuldigen  selbst  entgingen 
allen  Nachstellungen  und  fuhren  fort  zu  morden. 

Auch  im  Spätherbst,  wenn  das  Laub  bereits  niedergeht,  und  iin 
Winter  leiden  die  Haselhühner  besonders  durch  die  Angriffe  des 
Habichts,  so  versteckt  und  still  sie  sich  auch  in  der  Schneeperiode  zu 
halten  verstehen  und  pflegen.  Der  Böse  ist  dem  Guten  meist  überlegen, 
besonders  wenn  der  Hunger  als  rücksichtsloseste  Triebfeder  mitspielt. 


74 


Ein  fast  ebenso  scliliminer  Vertilger  ist  der  kleinere  Vetter,  der 
Sperber,  Astur  nisus ;  er  ist  aber  weniger  listig,  ich  möchte  fast 
sagen,  beim  Beutesuchen  allzn  tollkühn  bis  zur  üummdreistigkeit, 
kann  daher  leichter  vom  Jäger  im  Zaum  gehalten  werden. 

Auf  der  Locke  schoß  ich  viele  beutelustige  Sperber  herab,  da 
sie  freier  und  sichtbarer  angeflogen  kamen  als  der  Habicht  und 
unbedachter  erschienen. 

Anderen  echten  Raubvögeln,  wie  auch  den  Eulen,  gelingt  es 
seltener,  das  nur  ausnahmsweise  über  freie  Plätze,  sondern  meist 
nur  im  Dickicht  rasch  dahinfliegende  Haselhuhn  zu  erbeuten  ;  der 
Wanderfalk  findet  nur  selten  Raum  zum  Zustoßeu! 

Auch  der  große,  schwerfliegende  Steinadler  trachtet  nach  dem 
Haselhuhn.  —  Ende  August  1879  kam  ein  Steinadler  auf  mein 
Locken  niedrig  über  den  Waldboden  herangeflogen,  leider  vom 
Rücken  her  im  lichten  Walde,  während  wir  einem  Dickicht  unsere 
Blicke  zuwaudten;  er  erspähete  mich  und  den  neben  mir  sitzenden 
Forstwart  zu  frühe,  wandte  sich  blitzschnell  und  entfloh  leider  un- 
beschossen  hinter  den  Stämmen. 

Von  den  Vierfüßern  wäre  der  Edelmarder  unstreitig  der  ge- 
fährlichste  Vertilger,  wenn  er  häufiger  anzutreffeu  sein  würde;  er 
ist  durch  bewußtes  Abschießen  und  den  verlockenden  Wert  seines 
Pelzes  bei  uns  so  rar  geworden,  daß  von  einem  wesentlichen  Schaden 
seinerseits  am  Bestände  der  Plaselhühner  in  Livland  nicht  mehr  die 
Rede  zur  Jetztzeit  sein  dürfte;  anders  war  es  vor  etwa  noch 
50  Jahren  bei  uns  bestellt,  da  gab  es  in  großen  Forsten  der  Marder 
noch  genug. 

Da  ist  ein  recht  schuldlos  aussehendes,  überall  gerne  gesehenes 
Tierlein  durch  seine  Häufigkeit  weit  gefährlicher,  nämlich  wie  schon 
vorhin  erwähnt,  das  flinke,  muntere  Eichkätzchen.  Es  gibt  Jahre, 
in  denen  fast  plötzlich  ein  geradezu  unbegreiflich  massenhaftes  Er¬ 
scheinen  der  Eichhörnchen  alle  Forste,  Gehege,  Gärten  sogar  Busch- 
partieen  unheimlich  belebt.  Man  hat  sich  dieses  auffallende  Auf¬ 
treten  nicht  leicht  erklären  können,  suchte  nach  spitzfindigen 
Gründen,  glaubte  an  Hungerwanderungeu  aus  solchen  Waldgebieten, 
in  denen  alle  Holzsamen  versagt  hätten  und  jede  Nahrung  den 
Hörnchen  gefehlt  habe  u.  s.  w.  Solche  verderblich  werdenden 
»Überschwemmungen«  von  Eichhörnchen  ereignen  sich  nach  meinen 
Beobachtungen : 

1)  nur  nach  sehr  milden  Wintern,  bei  ungewöhnlich  früh¬ 
zeitig  eintretendem  Frühjahr, 


75 


2)  bei  nur  gleichzeitig  trockenem  Frühjahr  und  ersten 
Sommermonaten, 

3)  nur  nach  reichstem  Samensegen  aller  Waldbäume,  und 
sonstiger  den  Nagern  Nahrung  spendender  Gewächse  und  Sträucher, 

Beim  Zusammentreffen  dieser  3  Bedingungen  gedeihen  dann  die 
von  satten,  kräftigen  Eltern  gezeugten  Jungen  alle  —  alle  in 
größter  Anzahl  in  bester  Lebenskraft,  um  den  Kampf  ums  Dasein 
rücksichtslos  zu  führen.  Da  wurden  z.  B.  die  Obstgärten  vollständig 
abgeplündert,  die  Vogelnester  ausgebeutet,  im  Herbst  die  letzten 
Haselnüsse  geknackt  etc.  1872  und  1887  waren  besonders  durch 
Eichhorn  gekennzeichnete  Jahre,  1882  gab  es  auch  sehr  viele,  aber 
nicht  in  so  zahlloser  Masse !  In  den  mir  speciell  bekannten  Revieren 
kamen  1887  überhaupt  nur  sehr  wenige  Jungketten  auf;  an  allen 
Orten  klagte  man  über  den  Wildausfall,  so  daß  ich  unbedingt  die 
Hauptschuld  den  Hörnchen  am  Fehlen  der  Juugbruten  1887  zur 
Last  lege.  In  gewöhnlichen  Jahren  dürften  die  betr.  Sünden  nur 
sehr  geringe  sein.  —  Das  große  Wiesel  (in  Livland  überall  nur 
Hermelin  genannt),  der  I’uchs,  weniger  belastet  das  kleine  Wiesel 
und  der  Iltis,  weil  dieselben  die  großen  Forste  nur  selten  bewohnen, 
indem  sie  deren  Ränder,  Kulturgegenden  und  Feldgehege  bevor¬ 
zugen,  der  zufällig  und  gelegentlich  auch  sündigende  Dachs  sind 
o-leichfalls  ins  Schuldbuch  einzutragen.  —  Sehr  sehlimme  Feinde  er- 
wachsen  den  Haselhühner-Gelegen  in  solchen  Revieren,  wo  die 
Bauer-Viehhunde  mit  Recht  oder  Unrecht  Zutritt  finden ,  die  großen 
und  kleinen  Köter,  wahre  Muster  im  Auffiuden  der  Nester  und  er¬ 
barmungslose  Vertilger  der  Eier  und  der  unfiüggen  Küchel.  Die 
täu'lichen  Streifereien  derselben  in  allen  Gebüschen,  Dickichten,  auf 

O 

den  Weidegängen,  verhindern  das  Aufkommen  der  meisten  Gelege, 
daher  sind  bäuerliche  Ausiedlungen,  Anlagen  von  Hoflagen  im  Forste 
der  Erhaltung  des  Haselwildbestandes  besonders  widerstrebend,  bei 
lins  aber  sehr  gewöhnlich.  Was  hierin  und  durch  Wilderer  (fast 
jeder  Bauer  ist  ein  solcher)  in  unseren  baltischen  Landen  am  Wild- 
bestande  im  allgemeinen  und  an  Haselhühnern  im  besonderen  ge¬ 
sündigt  wird,  würde  einem  reichsdeutschen  Jagdherrn  kaum  glaub¬ 
lich  erscheinen  und  schreiet  zum  Himmel!  Kein  vernünftiges  Gesetz 
steht  namentlich  in  Liv-  und  Estland  dem  Jäger  und  Tierfreund 
zur  Seite,  kein  Richter  übt  da  schützendes  Recht.  Ein  sentimen¬ 
taler  östlicher  Charakterzug  schützt  durchweg  die  Bauerfrevler  in 
ihrem  jagdschädlichen,  räuberischen  Gebahren !  Nur  selten  kann  ein 
gar  zu  frecher  Diebstahl  unter  besonders  günstigen  Umständen  zur 


76 


Strafe  gebracht  werden.  —  Der  gedeihlichen  Entwicklung  des 
Haselhuhns  größter  Feind  dürfte  bei  uns  homo  sapiens  sein! 

Starke  Fröste  im  April,  in  der  Mitte  und  zweiten  Hälfte  des 
Monats  d.  h.  während  der  ersten  Hälfte  der  Periode  des  Eierlegens, 
vernichten  oft  die  Keimfähigkeit  der  Eier,  so  daß  statt  der  er¬ 
hofften  8 — 9  Jungen  kaum  3  oder  4  ausschlüpfen,  das  heißt  nur 
die  zuletzt  schon  beim  nächtlichen  Festsitzen  der  Henne  gelegten 
Eier  kommen  aus.  Mitunter  gab  es  in  unseren  nördlichen  Breiten 
auch  so  starkes  Frostwetter,  daß  ganze  Gelege  dadurch  zu  Grunde 

gingen.  Die  am  10.  Mai,  Stiles,  quer  durch  Livland  dahin- 

raseude,  noch  lebhaft  im  Gedächtnis  lebende  Windsbraut  zerstörte  viele 
Nester  und  erschlug  viele  Vögel  resp.  alte  Hühner,  unter  den  wie 
abgemäht  daliegendeu  Baumstämmen.  Sehr  arg  —  vielleicht  am 
schlimmsten  spielen  aber  frühzeitige  Waldbrände  im  April  bis  Juli 
dem  Haselwilde  mit.  Ich  selbst  habe  einige  Mal  durch  Waldschaden¬ 
feuer  zerstörte  und  »gebackene«  Gelege  aufgefundeu  resp.  mir  zeigen 
lassen  und  öfter  von  verbrannten  Gesperren  der  Auer-  und  Hasel¬ 
hühner  mir  berichten  lassen,  so  namentlich  anno  1868  während  der 
gräßlichen  Sommerdürre.  Durch  den  blendenden,  erstickenden  Rauch, 
das  Gebrause  und  Getöse  des  breiten  Feuermeeres  werden  die  Hühner 
derart  verwirrt,  daß  sie  den  richtigen  Zeitpunkt  zu  einer  anfänglich 
noch  leicht  zu  ermöglichenden  weiteren  Abflucht  versäumen  und 
dann  ratlos  uinherflatternd  und  laufend  ein  Opfer  des  Rauches 
und  Feuers  werden  ;  bei  sehr  ausgedehntem  Brande  ist  den  Juuff- 
hühnern,  die  kaum  zu  bäumen  erlernten,  überhaupt  eine  glückliche 
Flucht  ganz  unmöglich. 

Alle  soeben  angedeuteten  Gefahren  und  Feinde  sowie  die 
mangelnde  rationelle  Jagdordnung  für  alle  Forste  Livlands  ver¬ 
ursachen  leider  im  allgemeinen  einen  unverkennbaren  Rückgang 
des  Haselwildbestandes. 

Desgleichen  trat  auch  auf  meiner  Besitzung  Kudling  mit  einem 
diesem  Wilde  günstig  bestandenen  Forst,  trotz  leidlichen  Schutzes 
und  nur  mäßigen,  rationellen  Abschusses  während  23  Jahren  au 
keiner  Stelle  Zuwachs,  sondern  im  Gegenteil  eine  schmerzlich  fühl¬ 
bare  Abnahme  ein.  —  Noch  in  der  Mitte  der  siebziger  Jahre  blieb 
ein  meinerseitiger  Jagdversuch  oder  ein  Auftrag  an  einen  der  Forst¬ 
warte  zur  Beschaffung  von  Haselwild  niemals  ohne  erwünschten 
Erfolg,  während  es  jetzt  schwer  hält,  zu  einem  bestimmten  Termin 
auch  nur  wenige  Stücke  zu  erjagen.  (Fortsetzung  folgt.) 


77 


Fiiclis  und  Dachs. 

Von  C.  Greve. 

Im  Winter  1890/91  hatte  ich  gelegentlich  einer  Jagd  im  Walde 
von  Bedrino  (etwa  20  km  von  Moskau)  einen  großen  Dachsbau 
aufgefundeu,  der,  nach  den  vorhandenen  Spuren  zu  urteilen,  befahren 
war.  Im  Frühjahr  hatte  der  Waldhüter  bei  diesem  Bau  eine 
Dächsin  mit  zwei  Jungen  getroffen.  Die  Alte  war  fauchend  auf  ihn 
losgefahren,  und  der  tapfere  Biedermann  gab  Fersengeld.  Im  Anfang 
Juni  begab  ich  mich  an  den  Bau,  um  ihn  genauer  zu  untersuchen 
und  später  einmal  mit  meinen  Teckeln  Grimbart  zu  Leibe  zu 
rücken.  Ich  fand  eine  große  Zahl  von  Röhren,  etwa  gegen  20,  von 
denen  drei  beständig  in  Benutzung  waren,  während  die  übrigen  teils 
halbverschüttet  teils  mit  Moos  verstopft  sich  erwiesen.  Alle  lagen  sie 
auf  einer  hügeligen  Erhebung,  welche  dicht  mit  Linden  bestanden 
und  vou  Gestrüpp  umgeben  war,  und  nahmen  einen  Flächenraum 
von  etwa  250  qm  ein.  In  der  Nähe  des  Baues  fand  ich  einige 
Gruben,  welche  der  saubere  Grimbart  zur  Aufnahme  seiner  Losung 
angelegt  hatte,  und  außerdem  gab  es  zahlreiche  Spuren  an  der 
Rinde  der  nächsten  Birken  und  Tannen,  welche  von  den  scharfen 
Krallen  unseres  Tieres  herrührten. 

Einige  Tage  darauf  nahm  ich  einen  noch  jugendlichen  Jünger 
Dianens  mit,  dem  ich  die  Dächsin  mit  ihren  Jungen  in  ihren  possier¬ 
lichen  Spielen  nach  Untergang  der  Sonne  zeigen  wollte.  Wir  hatten 
uns  einen  wohlversteckten  Platz  im  dichten  Gebüsch  ausgesucht,  von 
dem  aus  wir  den  Bau  und  seine  nächste  Umgebung,  eine  kleine 
Lichtung,  gut  übersehen  konnten.  Es  war  noch  nicht  8  Uhr  — 
die  Sonne  also  noch  über  dem  westlichen  Horizonte  —  und  wir 
hatten  vollkommene  Muße,  unsere  Umgebung  ganz  genau  mit  dem 
Auge  zu  durchforschen.  Etwa  10  Schritte  vou  mir,  auf  der  Lichtung 
bemerkte  ich  etwas  Weißes  —  ein  wenig  mehr  rechts  lagen  schwarze 
Federn  und  noch  weiter  ein  Gegenstand,  aus  dem  ich  nicht  gleich 
klug  werden  konnte.  Vorsichtig  um  Geräusch  zu  vermeiden,  verließ 
ich  mein  Versteck  und  besah  mir  die  auffallenden  Dinge.  Es 
war  ein  frischer,  reinabgefressener  Dachsschädel  eines  etwa  4monat- 
lichen  Jungen,  zwei  Flügel  von  einem  Birkhahn,  einige  Eulenfedern, 
ein  Eichhornschwanz  und  —  ein  großer  Hechtkopf !  Davon  war  hier 
bei  meinem  ersten  Besuche  nichts  vorhanden  gewesen  —  ich  war 
also  nicht  wenig  erstaunt.  Diese  Überbleibsel  konnten  nur  vou 


78 


den  Mahlzeiten  eines  Räubers,  wie  Reinecke,  herrühren !  aber  wo 
sollte  der  plötzlich  herkoinmeu,  wo  man  vor  wenig  Tagen  richtige 
Dachsspureu  mit  eigenen  Augen  gesehen  hatte,  außerdem  in  der 
ganzen  Umgegend  nichts  von  Füchsen  zu  hören  war.  Man  kann 
sich  also  vorstelleu,  mit  welcher  Spannung  wir  aus  nnserem  Ver¬ 
stecke  der  Dinge  harrten,  die  da  kommen  sollten. 

Bald  nach  9  Uhr  verschwand  die  Sonne  —  ein  zauberisches 
Dämmerlicht  herrschte  im  stillen  Walde,  nur  die  Weindrossel  ließ 
noch  in  abgebrochenen  Sätzen  ihre  Stimme  erschallen.  Auch  sie  ver¬ 
stummte  —  es  war  totenstille.  Da  knisterte  etwas  neben  mir  im 
Grase  —  ein  großer  Laufkäfer  verschwand  im  trockenen  Laube,  das 
am  Boden  lag.  Aber  ein  anderes  Geräusch  erregte  meine  Aufmerk¬ 
samkeit:  im  Gestrüpp  am  Bau  knisterten  trockene  Zweige  und  es 
schüttelte  sich  ein  Tier,  wie  ein  Hund,  der  den  Staub  aus  seinem 
Pelz  schaffen  will.  Zu  sehen  war  nichts.  Ein  Dachs  poltert  im 
Baue,  ehe  er  zu  Tage  fährt,  —  außerdem  sichert  er  erst  lange  und 
vollführt  die  Ausfahrt  überhaupt  vorsichtig  und  bedächtig.  Dies  von 
uns  gehörte  war  aber  so  ganz  anders  —  und  richtig  —  da  trollt 
gemütlich  über  die  Lichtung  eine  sehr  ruppig  aussehende  Füchsin 
mit  einem  Gesäuge,  das  auf  Junge  schließen  ließ!  Da  wir  in  fried¬ 
licher  Absicht  gekommen  waren,  hatten  wir  keine  Gewehre  bei  uns 
und  mußten  nun  voll  Arger  den  Erzräuber  unbehelligt  ziehen  lassen. 
Da  das  Tier  uns  nicht  bemerkt  hatte,  beschlossen  wir  den  nächsten 
Abend  wieder  zu  kommen  und  der  Alten  womöglich  den  Garaus  zu 
machen,  die  Jungen  mit  Dachshunden  herauszuholen. 

Am  nächsten  Tage  waren  wir  wieder  auf  unseren  Plätzen.  Ein 
leiser  Wind  wehte  vom  Bau  zu  uns  her.  Die  Sonne  war  schon 
lauge  untergegaugen,  aber  es  blieb  immer  noch  stille  —  endlich 
um  11  Uhr  wurde  es  meinem  Begleiter  zu  lange  —  er  erhob  sich. 
Im  selben  Augenblicke  erschallte  das  heisere  Bellen  der  Füchsin, 
etwa  dreißig  Schritte  von  uns  —  sie  kam  offenbar  mit  Beute  heim. 
Unsere  Aufmerksamkeit  war  aufs  höchste  gespannt.  Nach  einiger 
Zeit  bellte  sie  wieder  und  nun  ununterbrochen,  indem  sie  beständig 
einen  Kreis  um  den  Bau  beschrieb.  Sie  hatte  offenbar  von  uns  Wind 
bekommen.  Man  konnte  mittlerweile  vor  Dunkelheit  nichts  mehr 
sehen  —  also  beschlossen  wir  abzuzieheu,  ohne  etwas  ausgerichtet 
zu  haben.  Mich  wunderte  nur,  daß  die  jungen  Füchsleiu,  die  im 
Juni  doch  schon  recht  munter  sind,  so  gar  nichts  .-von  sich  merken 
ließen  —  oder  sollte  es  ein  sehr  verspäteter  Wurf  und  die  Kleinen 
noch  uubehülflich  sein? 


79 


Die  üntersuchaug  des  näclisten  Tages  ergab,  daß  Frau  Füchsin 
mit  Familie  das  verratene  Quartier  geräumt  und  in  die  Roggenfelder 
gezogen  war.  Bald  ließ  sich  ihre  Nachbarschaft  auch  auf  dem  Ge- 
höfte  merken  —  einige  Truthühner  und  Enten  fielen  ihr  zur  Beute. 
Dabei  muß  ich  bemerken ,  daß  5  Hofhunde  und  3  Dächsel  die 
Nacht  über  die  Wache  besorgen. 

Eine  Nachsuche  nach  den  Dachsen  ergab,  daß  die  alte  Fehe 
mit  nur  einem  Jungen  ungefähr  2  km  weiter,  in  einem  Fichten¬ 
dickicht  sich  einen  neuen  Bau  angelegt  hatte,  der  fürs  erste  aus  nur 
einem  Rohr  und  dem  Anfang  zu  einem  zweiten  bestand.  Daß  das 
andere  junge  Grimbartcheu  vom  Fuchse  gefressen  worden,  darüber 
läßt  der  von  mir  gefundene  Schädel  keinen  Zweifel.  Im  Herbste 
soll  aber  die  Räubersippschaft  für  ihre  Schandthaten  büßen,  sobald 
die  Felder  alle  abgeräumt  und  eine  Jagd  mit  der  Meute  möglich  ist. 


Der  Polarfuchs  (Canis  lagopus). 

Von  Bernhard  Langkavel,  Hamburg. 

Der  nachstehende  Aufsatz  beabsichtigt  nicht  neue  Schilderungen 
des  Körpers  oder  der  Lebensweise  dieses  Dämmeruugstieres  des 
Nordens  zu  geben,  das  in  manchen  Beziehungen  erhebliche  Ähnlich¬ 
keit  mit  jenem  des  Südens,  dem  Schakal,  aufvveist,  denn  dergleichen 
finden  sich  in  den  größeren  zoologischen  und  speciell  mammalogi¬ 
schen  Werken,  welche  ich  hier  als  bekannt  voraussetze,  in  trefflichen 
Ausführungen,  sondern  ich  versuche,  das  weitschichtige  Quellen¬ 
material,  nach  gewissen  Gesichtspunkten  geordnet,  dem  Leser  vor¬ 
zuführen,  damit  er  bei  bestimmten  Fragen  um  so  leichter  sich 
zurechtfinden  könne. 

Eine  ausführlichere  Beschreibuug  unseres  Tieres  finden  wir  bei 
Gmelin  Q,  Barry  ^),  Franklin^),  in  Baers  Monographie"^),  bei  v.  Mid- 
dendorff^);  Rob.  Hartraann  bespricht  die  Artberechtigung  ^},  Greely  Q 
teilt  mancherlei  Daten  mit,  bei  Brauer^),  Fr.  Fischer»)  u.  a.  weiter 
unten  namhaft  gemachten  Forschern.  Über  den  sogenannten  Canis 

Nov.  Conimentar.  Petropolit.  V.,  358  3  <^2.  First  Voyage,  Suppl.^ 

S  187;  Second  Voyage,  Appendix  S.  299.  ü  Narrative  of  a  Jouruey  to  the 
Shores ’of  the  Polar  °Sea,  II,  1833,  Append.  S.  658.  Q  Bulletin  Acad.  Imp. 
St.  Petersbourg  IX,  1841,  S.  89.  Reise  IV.  2.  S.  942.  «j  Zeitschr.  f.  Ethn. 
III ,  235.  9  Three  Years  of  Arctic  Service  S.  366.  „Die  arktische  Subregion“, 
Zool.  Jahrb.  HI.  ®)  Die  Österreichische  Polarstation  Jan  Mayen  HL,  128. 


80 


Isatis  vergleiche  mau  außer  Gmelin  auch  L’AbbeChappe  d’Auteroche^), 
Thieuemauu  und  v.  Middendorlf  ^).  Nur  uebeiibei  erwähne  ich, 
daß  Ermau^)  Canis  decussatus  für  ein  besonderes  Stadium  des  Far¬ 
benwechsels  von  C.  lagopus  ansehen  wollte.  Über  Richardsons 
Varietät  fuliginosa  vgl.  ausser  Schreber-Wagner  und  Fr.  Fischer 
auch  Otto  Toreil  ^).  Markham  erwähnt  zweier  junger  Exemplare, 
die  anderer  Art  als  C.  lagopus  zu  sein  schienen,  denn  sie  besaßen 
längere  Beine  und  Ohren,  die  mehr  denen  des  Wolfes  ähnelten  und 
waren  invariablj  of  a  mottled  colour.  »Verschiedene  Species«  des 
Polarfuchses  bespricht  Sauer  ’), 

Der  Polarfuchs  lebt  in  der  gegenwärtigen  Erdperiode  nur  in 
den  kältesten  Gegenden  und  wandert,  falls  er  nicht  durch  Hunger 
dazu  gezwungen  wird,  aus  ihnen  freiwillig  nicht  aus.  Seine  jetzige 
Verbreitung  ist  folgende: 

Auf  dem  europäischen  Festlande  kommt  er  vor  im  nördlichsten 
Skandinavien®),  Lappland auf  Inseln  des  Weißen  Meeres^®), 
im  nördlichsten  Rußland  von  Meseu  über  die  Tundren  sodann 
auf  N  0  w  a  j  a  S  e  m  1  j  a  auf  der  Bären-Insel  zwischen  Nordkap 
und  SpitzbergeiH®),  Jan  Mayen  I  s  1  a  n  d  S  p  i  t  z  b  e  r  g  e  n  i®), 
König  Karl  Land^^),  Kronprinz  Rudolf  Land  ^®),  Franz 
Joseph  Land 


0  VoyageenSiberieL,204;  III.,  378,383. Schreber-Wagner,  Suppl.  IL,  427. 
2)  Reise  IV.,  2.  S.  791  und  Extraits  des  Publicat.  Soc.  Imp.  Ge'ogr.  de  Russie 
1859,  S.  211. *  *)  Reise  um  die  Erde  I.,  605.  In  Petermanns  Geogr.  Mitt. 

1861,  57;  vgl.  Report  of  the  Proc.  of  the  United  St.  Exped.  to  Lady  Franklin 
Bay  II.  )  A  Polar  Reconnaissance,  1881,  S.  186.  Reise  nach  Nord-Asien 
und  Amerika,  S.  85. 

«)  12.  Jahresbericht  des  Ver.  f.  Erdk.  Dresden,  S.  67 ;  Finsch,  Ferienreise 
unter  Mitternachtssonne,  S.  28;  Th.  v.  Bayer,  Über  den  Polarkreis,  S.  92. 

*)  Hogguer,  Reise  nach  Lappland,  S.  73,  134;  Deutsche  Geogr.  Blatt.  Xlll.,  18. 

)  Ausland  1881,  199.  ^ )  Allg.  Geogr.  Ephemerid.  I.,  300 ;  Ausland  1879,  728. 

Peterm.  Mitt.  1871,  35;  1872,  183,  221  und  Ergänz.  Heft  21,  S.  20,  28^ 
37,  40,  102 ;  Lewald,  Atlas  zur  Kunde  fremd.^Welth.  I.,  120.  Peterm.  ISOs' 
430.  Proc.  Geogr.  Soc.  London  V.,  181  ;  Peterm.  1878,  229,  235 ;  Ausl.  I883’ 
695 ;  Östr.  Polarstation  IIL,  709.  Anderson,  Nachricht,  von  J.  29 ;  Keilhack’ 
Reisehilder  aus  J.  139;  Deutsche  Geogr.  Blätt.  IX.,  15;  Preyer  u.  Zwickel,  Reise 
nach  J.  381 ;  Schweitzer,  Island  8  ;  Die  Natur  1887,  475 ;  v.  Middeudorff  IV., 
2,  791,  1091.  Parry,  Attempt  to  reach  North  Pole  134;  Peterm.  1863  135- 
1865,  112.  'b  Peterm.  1873,  124.  »s)  Peterm.  1876,  204.  ’ü  Proc.  Geo«r  Soc 
Lond.  V.,  210. 


8] 


Auf  dem  sibirischen  Festlande  auf  den  Tundren,  an  der 
Küste  ^),  an  der  Ob  Bai,  im  Beresovv  Bezirk  ^),  am  untern  Jenissei  ^), 
auf  den  Tairnyr  Halbinseln,  Turuchansk  ^),  au  der  untern  Lena  ^), 
am  Anui,  Baranicba,  Kovima,  unterer  Kolyma  ®),  im  Tschuktscheu 
Land  Kamtschatka  ®).  . 

Auf  den  sibirischen  Inseln^),  Neu  Sibirien^®),  Kotelnyi^^), 
Ljacbow Wrangel  Land  Bären-Inseln  aber  nicht  auf  Heu- 
rietta  Insel  sodann  auf  Bering-InseP®),  Kupfer-InseP^). 

Auf  den  von  Asien  nach  Amerika  hiuüberführenden  Aleuteu 
fehlt  der  Polarfuchs  nicht;  aus  Attu  wird  er  schon  in  Pallas  nor¬ 
dischen  Beiträgen  erwähnt,  auf  Unalaschka  von  Sauer  Tu 
Alaska  befinden  sie  sich  in  reicher  Anzahl  fehlen  jedoch  auf  der 
Insel  Kadjak,  weil  nach  ihr  im  Winter  keine  Eisbrücke  führt  ^0- 
Auf  der  Commander-Insel  bemerkte  sie  Elliot  Von  den  ameri- 
kauischen  Küsten  des  Festlandes  scheint  der  Polarfuchs  im  allge. 
meinen  weiter  südlich  zu  ziehen  als  in  Asien  und  Europa  denn  er 
lebt  am  obern  Yukon  am  Mackenzie^^),  in  der  Mistassini  Region 
auf  Labrador^’)  und  schließlich  auf  Neufundland^^). 

Auf  dem  Archipel  im  Norden  von  Amerika  haust  der 
Eisfuchs  wohl  überall,  Klutschak^^)  fand  ihn  im  Winter  auf  König 

')  Middendorff  IV.,  2,  817  ;  Ausl.  1879,  78.  Extraits  des  public.  Soc. 
Imp.  Geogr.  de  Russie  1859,  211;  Peterm.  1856,  208;Finscli,  Reise  367.  Zool. 
Gart.  XIV.,  185.  Middendorff  IV.,  2,  942. *  *)  Ausl.  1885,  359  ;  Beitr.  Keuntn. 
des  rus^.  Reichs  1887,  -99;  Müller,  Unter  Tungus  u.  Jakut,  50,  184;  Peterm. 
1884,  76  u.  Ergänz.  No.  54,  26;  Deutsche  Geogr.  Blatt.  VII.,  76.  ‘^)  Wrangels 
Reise  I.,  188,  204;  Sauers  Reise,  85.  Wrangel  I.,  97,  116,  290.  Peterm.  1879, 
425,  426;  Nordenskiöld,  Wiß-Ergebnisse  685.  Krascheninnikows  Reise  119. 

*)  Beitr.  Kennte,  des  russ.  Reichs  1887,  265.  Scottish  Geogr.  Magaz. 
IIP,  481  ;  Peterm.  1879,  173.  ”)  Peterm.  1879,  165  ;  Deutsche  Geogr.  Blatt. 

XL,  319.  **)  Sauers  Reise  113;  Pallas,  Neuste  nord.  Beitr.  IIP,  129;  Peterm. 
1879,  174.  '")  Ausl.  1882,  143;  Peterm.  1882,  242.  ’')  Peterm.  1879,  173. 
'“)  Peterm.  1882,  245.  Krascheninnikow  52 ;  Gartenlaube  1861,  264  ;  Ausl. 
1881,  87;  1884,  278;  Nordenskiöld,  Umsegelung  II,  258;  Peterm.  1881,  27 
”)  Nordenskiöld  u.  Peterm.  a.  a.  0. 

IIP,  280,  283;  vgl.  Zeitschr.  f.  allg.  Erdk.  N.  F.  XIII,  246.  '®)  Reise 
246.  Behm.  Geogr.  Jahrb.  VP,  136.  Middendorff  IV.,  2,  942.  An 
Arctic  Province  205.  Peterm.  1872,  221.  2“^)  Deutsche  Geogr.  Blatt.  XIV, 
123.  a.  a.  0.  135.  Transact.  Geogr.  Soc.  Quebec  P,  4.,  18.  Peterm. 

1863,  125;  Neumayer,  die  Deutsch.  Exped.  etc.  P,  1891,  S.  98.  Journ. 
Geogr.  Soc.  London  1863,  270;  Reports  of  Explorat.  for  a  railroad  from  the 
Mississippi  to  the  Pacific  VHP,  137;  nach  Audubon  und  Bachimin  gelegentlich 
im  nördlichen  Teile. 

2^)  Als  Eskimo  unter  Eskimos  102. 

Zoolog.  Gart.  .Jalirg.  XXXTTI.  1892.  6 


82 


William  Insel;  er  lebt  auf  Melville  *),  am  Wellington  Kanal  nach 
Cormicks  Beobachtungen  ^),  am  Cumberland  Sund  ®),  nach  Kane  in 
Grinnell-,  Ellesmore-Land,  North  Lincoln,  North  Devon  ^),  auf  dem 
ersten  sah  mau  am  31.  Juli  1882  am  Lake  Hazen  viele,  bei  Kap 
Beechey  zwei,  während  des  Septembers  in  St.  Patrick  Valley 
gleichfalls  zwei,  im  November  au  der  Karl  Ritter  Bay  nur  einen 
und  im  August  1883  bei  Rawlings  Bay  nur  dessen  Spuren  “).  Ich 
füge  diesen  Daten  noch  hinzu,  daß  auf  der  Nares  Expedition  um 
das  Winterquartier  des  »Alert«  mau  bis  zum  13.  Juli  nur  dessen 
Fährten  bemerkte,  später  aber  zwei  Tiere  in  Sommertracht  fand 
mit  schmutzig  rötlicher  Färbung  auf  dem  Rücken  und  Schwanz®) 

Auf  Grönland  sah  man  Spuren  des  Tieres  nördlich  vom 
81®  Br.  ’),  die  Greely  Expedition  sogar  noch  um  83®  Br.  Über 
die  Kälte  am  Griper  Hafen  und  die  spärlichen  Tierspuren  erfahren 
wir  näheres  bei  Petermann  ®).  Um  Godhaven  sind  ihrer  nicht 
wenige  ®),  desgleichen  am  Sophia-Hafen  ^®).  Wenn  das  Mittelalter 
den  Fuchs  als  in  Grönland  heimisch  nennt,  so  ist  darunter  unser 
Tier  zu  verstehen  ,  denn  unter  den  alten  Steiuringeu  damaliger 
Eskimos  fanden  sich  dessen  Kuochenreste  zwischen  Shannon  Insel 
und  Kap  Broer  Ruys 

Daß  der  Eisfuchs  nicht  immer  ausschließlich  ein  Bewohner 
hochnordischer  Länder  war,  darüber  belehren  uns  die  Forschungen 
über  die  vorgeschichtlichen  Zeiten;  er  ist  im  Gegenteil 
gerade  so  wie  das  Ren  durch  die  veränderten  Verhältnisse  gezwungen 
worden,  immer  weiter  nach  Norden  zu  wandern.  Wir  finden  seine 
Kuochenreste  in  altdiluvialen  Ablagerungen  Polens,  Böhmens,  Deutsch¬ 
lands,  der  Schweiz,  Belgiens  und  Englands  ln  späterer  post- 
glacialer  Zeit  besuchte  er  vielleicht  nur  noch  im  Winter  unsere 
Gegenden  welche  stellenweise  auch  eine  tundraähuliche  Flora 
besaßen^®).  Daß  aber  der  damalige  Eisfuchs  mit  dem  jetzigen  völlig 
übereinstimmt,  konnte  schon  PescheU®)  nach  seinen  Quellen  fest- 

)  Peschel,  Abhandlungen,  N.  F.  157.  Peterm.  1855,  117.  ®)  Deutsche 
Oeogi,^  Blatt.  VI.,  351.  '')  Peterm.  1856,  47;  Proc.  Geogr.  Soc.  London  VIII., 
169.  Report  Proc.  United  States  Exped.  to  Lady  Franklin  Bay  I.,  1888, 
29—53.  ®)  Geographical  Magaz.  IV.,  268. 

Bessels,  Amer.  Nordpol-Exped,  311.  «)  Mitt.  1871,  408.  ^)  Becker, 

Arct.  Reise  der  Yacht  Pandora  15.  Nordenskiöld,  Grönland  177.  ”)  Kolde- 
wey,  zweite  Deutsche  Nordpolarfabrt.  I.,  244.  >*)  Deutsche  Geogr.  Blatt.  XIII.,  105 

^^)  Heuglin,  Reise  nach  dem  Polarmeer  IIL,  351;  Zeitschr.  für  wiss.  Geogr. 
III.,  136;  Marshall,  Deutschlands  Vogelwelt  S.  7.  Zeitschr.  f.  wiss.  Geogr. 
IIL,  174.  Zeitschr.  f.  Ethn.  XVI.,  (462).  Völkerkunde  S.  43. 


83 


stellen.  Die  hauptsächlichsten  Fundorte  des  vorgeschichtlichen  Eis¬ 
fuchses  in  Deutschland  sind  folgende:  die  neueutdeckte  Herinanus- 
höhle  im  Harz  ^),  die  Funde  bei  Thiede  und  Westeregeln  ^),  die 
Lindeuthaler  Höhle  ^),  die  Höschhöhle  Oberfraukens Höhle  Hohle- 
fels  in  Schwaben  die  Funde  an  der  Schusseuquelle  ®),  Höhle 
Bucheulochs  bei  Gerolstein  Reiche  Exemplare  finden  sich  auch 
im  Kesselloch,  Kanton  Schaffhauseu  ^),  in  Mähren  bei  Dorf  Pred- 
most  im  Löß  und  in  der  Höhle  bei  Wierzschow  ^0-  Die  aus 
anderen  Gegenden  übergehe  ich  absichtlich, 

ln  solchen  Gegenden,  wo  die  Bewohner  vornämlich  durch  die 
Erträge  aus  den  Jagden  von  Land-  und  Seetieren  leben,  kann  der 
Verfall  des  Handels  entweder  durch  mangelhafte  Geräte  hervorge- 
rufen  werden,  oder  auch,  was  häufig  geschieht,  durch  nur  periodische 
oder  gar  dauernde  Abnahme  der  gejagten  Tiere.  Wir  haben  dafür 
schon  au  den  europäischen  Küsten  mannigfache  Beweise  (Austeru- 
bäuke,  Herings-  und  Sardinenzüge  u.  s.  w.),  in  den  arktischen 
Gebieten  bedingt  den  Verfall  des  Handels  die  periodische  Abnahme 
oder  das  gänzliche  Ausbleiben  der  Wale,  Walrosse,  Delphine,  Robben, 
Lachse  u.  a.,  auf  dem  Festlande  der  Pelztiere  und  noch  weiter 
nach  Norden  der  Eisfüchse, 

Die  Wanderung  unseres  Tieres  kann  entweder  eine  beab¬ 
sichtigte  sein,  oder  auch  contre  coeur  geschehen.  Das  Treibeis,  das 
den  Eisbären  oft  weit  fortführt,  entfernt  auch  den  Polarfuchs  oft 
weit  vom  Heimatlande  Bei  der  Schollenfahrt  der  Neunzehn  der 
HaH’scheu  Expedition  erblickten  sie  am  11,  April  1873  einen  Eis¬ 
fuchs,  einige  Krähen  und  Laudvögel  und  schlossen  daraus,  daß  die 
labradorische  Küste  nicht  mehr  fern  sein  dürfte  Nach  Island 
kam  er  über  Eis  von  Grönland’^),  nach  der  Bäreninsel  im  Winter  er 
und  Eisbär  von  Spitzbergen  Auf  Jan  Mayen  war  er  anfänglich  auch 
wohl  nur  Sommergast  in  der  Sommerfrische,  jetzt  ständiger  Landbewoh- 

D  Zeitschr.  f.  Ethn.  XXIIl,,  ^352);  daselbst  XIV.,  (173);  VII.,  207);  VIII., 
(208).  285;  Archiv  f.  Anthr.  X.,  361;  XI,  1.  »)  Archiv  IX.,  158.  “)  Zeitschr.  f. 
wiss.  Geogr.  III.,  136.  ^)  Arch.  f.  Anthr.  V.,  132 ;  Bär,  Der  vorgcschicht. 

Mensch,  S.  128.  Korrespondenzblatt  d,  deutsch  Ges.  f.  Anthr.  1874,  21.  ®)  Arch. 
f.  Anthr.  II.,  33;  Kinkelin,  Die  Eiszeit.  S,  54;  Ranke,  Der  Mensch  II.,  419. 
b  Zeitschr.  f.  Ethn.  XV.,  (497).  ®)  Arch.  f.  Anthr.  VIII.,  127;  Deutsche  Revue 
1879,  Dezeinherheft,  S.  333.  D  Deutsche  Rundschau  f.  Geogr.  u.  Statist.  VI., 
468.  ^®)  Sehr.  d.  phys.-ök.  Ges.  zu  Königsberg  XXIV.,  1.  S.  99. 

")  Peterin.  1872,  221.  *^)  Peterin.  18.73,  387.  '^)  Anderson,  Nachricht,  von 
J.  29;  Keilhack,  Reisebilder  139;  Deutsche  Geogr.  Blatt.  IX.,  15.  'ß  Peterm. 
1868,  430. 


84 


ner,  währeud  nur  zeitweise  vereinzelte  Eisbären  ans  dem  Norden  auf 
festgeschlossenem  Treibeise  dorthin  gelangen  Von  den  sibirischen 
Inseln  wandert  er  im  September  nach  dem  Festlande  ^),  im  Gebiet 
der  Tschuktschen  zieht  er  im  Winter  von  der  Küste  fort  ^).  Schon 
Wrangel  betont  in  einer  Reise daß  am  Anui  der  Polarfuchs  nur 
jedes  dritte  Jahr  erscheine,  daß  Zobel  und  Haseu  oft  ausblieben, 
daß  auch  die  Ren  wanderten.  Die  Tungusen  waren  so  fest  von 
den  dreijährigen  Perioden  unserer  Tiere  überzeugt,  daß  sie  vorher¬ 
sagten,  das  Jahr  1822  würde  reich  an  Füchsen.  Wie  nun  das  Vor¬ 
kommen  des  Zobels  abhängig  ist  von  dem  der  Eichhörnchen,  so  das 
des  Eisfuchses  dort  von  dem  der  Lemminge.  Man  glaubt  au  der 
Lena  au  beständige  Wanderungen,  die  von  Westen  nach  Osten  in 
drei  Jahren  sich  vollenden,  weil  alle  drei  Jahre  wieder  ein  guter 
Fang  erreicht  wird.  Die  Tiere  erscheinen  zuerst  am  Jenissei, 
Ohatanga,  Auabara,  dann  bei  der  Lena  und  Jana  u.  s.  w.,  und  das 
häufigere  Auftreten  ist  stets  verbunden  mit  dem  häufigen  und  früh¬ 
zeitigen  Erscheinen  der  Schneeeule,  Aegolins  scandiacus^  die  ja  auch  den 
Lemmingzügen  folgt  0-  Über  ähnliche  Wanderungen  der  Hasen  in 
Nordamerika  und  ihrer  Verfolger  berichtete  ich  in  der  Illustrierten  Jagd- 
Zeitung  1886.  In  strengen  Wintern  soll  der  Polarfuchs  bisweilen 
bis  an  den  Amur  gelangen  ®).  Da  dies  Tier  Eisbrücken  so  vor¬ 
trefflich  zu  benutzen  versteht,  hatten  manche  gemeint,  dass  es  auch 
die  von  Südkamtschatka  nach  der  ersten  Kurileniusel  im  Winter 
führende  benutze,  jedoch  bewies  Schrenck  dies  als  irrtümliche  An¬ 
nahme,  weil  der  Polarfuchs  im  südlichen  Teile  dieser  Halbinsel 
jetzt  wenigstens  fehle  ^).  Auf  der  skandinavischen  Halbinsel  aber, 
wo  seine  eigentliche  Heimat  nur  im  nördlichsten  Teile  ist,  w^anderte 
er  1832  und  1841  massenhaft  nach  Süden  als  Lemmingverfolger 
und  gelaugte  sogar  bis  au  die  Südspitze  ®).  Jenseit  des  atlantischen 
Oceans  hat  man  am  Priuce  of  Wales  Sund  (Hudsonstraße)  beob¬ 
achtet,  daß  die  Eisfüchse  nach  dem  ersten  Februar  sehr  selten 
werden.  Der  Fang  beschränkt  sich  auf  sehr  wenige,  und  die  letzten 
erblickt  mau  am  10.  Mai.  Fast  alle  sind  dann  wohl  ins  Innere 
gezogen,  wo  sie  im  reichlichen  Raube  junger  Vögel  schwelgen 
und  für  die  lange  Fastenzeit  sich  entschädigen'^). 

')  Peterm.  1878,  229,  235;  Ost.  Polar.  -  Exped.  IIP,  109.  Beilr. 
zur  Kenntn.  des  russ.  Reichs  1887,  2G5.  •'’)  Nordenskiöld,  Umsegelung  I.,  402; 

II.,  33.  “)  1.,  204,  208;  II.,  117.  •>)  Beitr.  u.  s.  w.  1887,  99.  «)  Bulletin  des 
Naturalisten  de  Moscou  1861,  No.’  3.  Mitt.  Ges.  f.  Rrdk.  Halle  1881, 
99.  *’)  Zool.  Gart.  XI V.,  258.  Proc.  Canadian  Institute  Toronto,  V.,  1887, 

No.  1,  113. 


Wenn  wir  die  Scliildernngen  der  lleiseiiden  dieses  Jahrhunderts 
von  den  «J'rausisen  Einöden  der  nördlichen  Polarländer  während  der 
dunklen,  langen  Winterszeit  lesen,  daun  erscheint  es  uns  fast  un- 
begreiflich,  wie  dort  auf  dem  Laude  ein  Tierleben  sich  zu  erhalten 
vermag,  wie  die  spärliche  Flora  so  viele  und  reichliche  Nahrung  den 
Pflanzenfressern  darbietet,  zumal  den  zahllosen  Massen  von  Lemmingen, 
welche  den  vierbeinigen  und  geflügelten  Fleischfressern  den  zur  Er¬ 
haltung  nötigen  Nährstoff  gewähren.  Eisfuchs,  Schneeeule  und 
Raubmöve  verfolgen  sie  eifrig^),  und  die  Wege,  welche  in  den  weiten 
Tundren  diese  kleinen  Nager  für  ihren  Privatgebrauch  nach  und 
nach  getreten  haben,  sind  die  einzigen,  die  auch  der  Mensch  be¬ 
nutzt  ^).  Eisfuchs  und  Wolf  finden  in  ihnen  am  Königin-Kanal  auf 
Cornwallis-Iusel  reichliche  Nahrung^),  und  am  Prinz  of  Wales  Sund 
der  Hudsoustrasse  lebt  ersterer  im  Winter  fast  ausschließlich  von 
ihnen  ^).  Viel  spärlicher  als  die  Lemminge  ist  in  den  Polarläudern 
der  Hase;  welche  Mittel  und  Kniffe  er  auwenden  mag,  um  dem  Eis¬ 
fuchs  zu  entgehen,  nicht  schon  längst  von  ihm  ausgerottet  zu  sein, 
wissen  wir  noch  nicht  ^).  Auf  Grant  Land  sah  Nares  ein  verein¬ 
zeltes  Hermelin  vom  Polarfuchs  verfolgt®).  In  Island  werden  öfter 
Schafe  von  ihm  niedergerissen  und  verzehrt '^).  Wie  im  Süden  die 
Hyäne  dem  Löwen  folgt  und  Nachlese  hält  an  den  Überresten 
seines  Raubes,  so  wird  im  Norden  der  Eisfuchs  der  Kostgänger  des 
Eisbären,  dem  er  in  seiner  Dreistigkeit  sogar  unter  den  Tatzen 
weg  Fleischstücke  stiehlt®),  und  sind  die  Fleischreste  auch  noch  so 
steinhart  gefroren,  seine  Zähne  vermögen  sie  zu  zerkleineiu ')i 
Fligely  Fjord  sah  mau  ihn  auch  nagen  am  Fleisch  seines  Lieferanten, 
des  Eisbären  ^®).  In  der  Winterzeit  spürt  er  aus  Gestade  geworfene 
Tierleichen  auf,  zur  Wurfzeit  der  Seehunde  überfällt  er  deren  Junge, 
doch  rührt  er  bei  Kauaga  (Aleuten)  und  bei  Kamtschatka  aus  Ufer 
geworfene  Kadaver  einer  Walspecies  selbst  im  größten  Hunger  nicht 
au“).  Auch  den  Vögeln  stellt  der  ewig  sich  umhertreibende, 
hungrige  Geselle  eifrig  nach  z.  B.  den  Scbueehühnern  und  den  Nestern 
der  Seepapageien  “),  aber  durch  viele  böse  Erfahrungen  sind  manche 

D  Petermanns  Mitteilungen  1872,  23.  219.  daselbst  187G,  451.  D  daselbst 
1855,  106.  ^)  Proceedings  Canadian  Institute  V.,  1887,  No.  1.,  Seite  113,  5. 
D  Petenn.  Mitt.  1876.  478;  Nares,  Voyage  to  the  Polar  Sea  I.,  235.  Geogr. 
Magazine  IV.,  268.  ’)  Poestion,  Island  261.  Verhaiidl.  der  Ges.  für  Erdk. 

ßerhn  XV.,  128;  Petenn.  Mitt.  1872,  221;  Wrangels  Reise  I,  323.  ®)  Petenn. 
1871,  193.  daselbst  1871,  415.  ‘b  Peterm.  Ergänzungsheft  No.  21,  102; 
Proc.  Canad.  Inst.  V.,  113;  Sauer,  Reise  nach  den  nördl.  Gegenden  von  Asien 
und  Amerika  S.  116.  Peterm.  1871,  222;  Kotzebue,  Eutdeckungsreise  I.,  145. 


1 


—  86  — 


Vogelarten,  wie  die  Walroßjäger  behaupten,  derartig  gewitzigt 
worden,  daß  sie  ihre  Eier  dort  ablegen,  wohin  er  nicht  zu  dringen 
vermag  ^).  In  Ermangelung  besseren  Mahles  verschmäht  er  nicht 
niedere  Tiere,  denn  am  Eingang  zu  seinem  Bau  fanden  sich  u.  a. 
auch  Schalen  von  Mytilus  edulis  und  JBuccinum  cyaneum.  Im  Herbste 
haben  sie  eine  stattliche  Korpulenz  erreicht,  die  aber  bei  magerer 
Winterzeit  bald  schwindet.  Ist  nirgend  wo  dann  andere  Speise  zu 
erlangen,  verzehrt  der  stärkere  den  schwächeren 2). 

In  Bezug  auf  seinen  Aufenthaltsort  ist  der  Eisfuchs  nicht 
wählerisch.  Ihm  genügen  kleine  Felseninseln,  wenn  dieselben  nur 
Blutplätze  von  Seevögeln  enthalten.  Küsten,  au  denen  Lemminge 
sich  befinden,  werden  aber  bevorzugt.  Er  bewohnt  Steinklüfte, 
Alluvialhügel  und  trockene  sandige  Gegenden  des  Strandes,  in  denen 
er  weitläufige  künstliche  Baue  mit  vielen  Röhren  und  Kesseln  an¬ 
legt.  Auf  der  Wahlberginsel  in  der  Hiulopenstraße  sah  Nordenskiöld 
ein  Fuchslager  auf  der  Höhe  eines  Alkeiiberges,  das  reichlich  mit 
Vorräten  halb  verfaulter  Alken  versehen  war,  und  ein  ähnliches  am 
nördlichen  Matotschkin  Schar  ^).  In  Nehrings  Werk,  Tundren  und 
Steppen,  sind  auf  S.  29  mehrere  Stellen  von  Reisenden  angeführt, 
aus  denen  sich  ergibt,  daß  unser  Optimist  und  Philanthrop  ein  ent¬ 
schiedener  Feind  des  Waldes  ist,  und  doch  finden  sich  mancherlei 
Ausnahmen.  Im  Journal  Geogr.  Soc.  London  (XXII.  1852,  S.  119) 
wird  u.  a.  erwähnt:  Die  einzige  Ausnahme,  wo  dieser  Fuchs  süd¬ 
wärts  bis  in  den  Walddistrikt  vorschreitet,  findet  in  Amerika  um  die 
Hudsonbai  statt.  Das  kommt  von  seiner  Gewohnheit  her,  so  viel 
als  möglich  auf  der  Wanderung  nach  Süden  au  der  Küste  zu  bleiben. 
So  breitet  er  sich  an  der  Hudsonsbai  bis  zum  50.  Grade  aus  und 
legt  in  der  Waldregion  auch  Baue  au.  Das  Journal  verweist  hierbei 
auf  Richardson  0-  Daß  er  in  Asien  auch  bisweilen  im  Walde  haust, 
ergibt  sich  aus  Petermanns  Mitteilungen «),  und  selbst  in  Europa 
muß  er  die  nördliche  Hochwaldgrenze  überschreiten,  wenn  er,  wie 
in  Asien  bei  Turuchausk  und  Jeuisseisk,  im  südlichen  Schweden,  am 
Finnischen  Meerbusen,  ja  in  Kurland  augetroffen  wird  ’). 


OPeterm.  1861,  58;  1874,  261;  1863,  404;  1871,  58.  0  Behm  Geom- 
Jahrb.  IlL,  219,  220,  261.  Peterm.  Ergänz.  No.  21,  97.  98;  auch  unsei4  Füchse 
verzehren  unter  gewissen  ümstänclen  ihresgleichen;  vgl.  Neue  Deutsche  J-icrd- 
Zeitung  X.,  187;  Deutsche  Jäger-Zeitung  XII.,  954,  Der  Deutsche  Jäaer  XL  85 
NeueDeutsche  Jagd-Zeitung  X.,  146.  ^  ’ 

ä)  Dmsegelung  I.,  127.  ')  Leslie,  Arctic  Voyages  of  A.  Ei-ik  Nordens¬ 
kiold  69.  *)  Fauna  borealis  amer.  87.  “)  1857,  119.  1879  95.  i)  Mkldeii- 

dorff  IV.,  2.,  946. 


87 


Alfred  Brebm  hält  die  geistigen  Fähigkeiten  des  Tieres 
keineswegs  für  gering.  Für  die  sonderbaren  Widersprüche  in  seinem 
Wesen,  List,  Verschlagenheit  auf  der  einen  und  grossartige  Dumni- 
dreistigkeit  auf  der  anderen  Seite  finden  wir  in  den  Schriften  der 
Reisenden  jener  polaren  Gegenden  zahlreiche  Beispiele,  von  welchen 
ich  nur  einige  hier  hervorhebe.  Auf  Jan  Mayen  bezeigten  sie  an¬ 
fangs  keine  besondere  Furcht  vor  den  Menschen,  Junge  konnten  sogar 
leicht  gefangen  werden,  aber  übergroß  war  ihre  Zutraulichkeit  doch 
nicht.  Der  erwachsene  Fuchs  stutzt  zuerst,  befriedigt  seine  Neu¬ 
gierde,  trabt  aber  weiter,  und  die  Jungen,  welche  öfter  einen  Menschen 
gesehen  habeu,  verkriechen  sich  später  in  das  erste  beste  Loch.  Die 
Gänge  unter  dem  Rasen  waren  nicht  mit  solcher  Schlauheit  angelegt 
wie  die  Reinekes  ^).  Man  hat  öfter  beobachtet,  daß  die  Lemminge 
klugerweise  die  aufgestellten  Fallen  meiden,  der  Eisfuchs  aber 
läßt  sich  in  ihnen  leicht  fangen  ^).  Nordenskiölds  Leute  fanden  einst 
zwei  Füchse,  welche  sie  für  tot  hielten  und  deshalb  in  die  Kiste 
des  Botanikers  steckten.  Die  überraschten  Tiere  aber  hatten  sich 
nur  tot  gestellt,  denn,  als  mau  später  die  Kiste  öffnete,  waren  sie 
lebendig,  munter  und  guter  Dinge  ^).  Auf  der  Tundra  östlich  der 
Kolyma  haben  die  Eisfüchse  im  Sichtotstelleu  ein  Gegenstück  in 
den  wilden  Gänsen  während  der  Mauserzeit,  die  sie  zeitweise  zum 
Fliegen  untauglich  macht.  Aufäuglich  nützte  auch  ihnen  diese  Ver¬ 
stellung;  als  jedoch  bei  den  gewitzigten  Eingebornen  der  Ausspruch, 
»Ein  überflüssiger  Schlag  schadet  nie«  seine  Wahrheit  bewiesen  hatte, 
da  entging  kein  Tier,  das  sich  tot  stellte,  mehr  dem  gewissen  Tote  ^). 
Als  ein  Zeichen  seiner  Dummdreistigkeit  erzählt  Julius  Payer  jene 
Scene  im  Nachtlager  auf  einer  Herbstschlittenreise,  als  sein  Nachbar- 
plötzlich  ein  Krabbeln  und  Tasten  am  Kopfe  spürt  und  draussen 
etwas  brummen  hört.  Der  Ruf  „ein  Bär“  weckt  die  Schläfer,  man 
macht  sich  kampffertig  und  erblickt  schließlich  einen  Eisfuchs  ^). 
In  dem  Tierleben  auf  Novaja  Semija  wird  es  als  charakteristisch 


hervorgehoben,  daß  nach  dem  Abzug  der  Gänse  lautlos  die  ohnehin 
spärlichen  Landvögel  sind,  lautlos  die  noch  viel  spärlicheren  Insekten. 
Auch  der  Eisfuchs  läßt  sich  dort  nur  in  der  Nacht  hören.  Wie 
anders  aber  gestaltet  sich  das  Leben  in  der  Nähe  der  Alken¬ 
berge,  z.  B.  an  der  Wijde  Bai  der  Nordküste  Spitzbergens,  wo  auch 


Öster.  Polar-Exped.  III.,  128.  Bessels  amerik.  Nordpol-Exped.  252. 
’b  Peterm.  1875,  474;  tot  stellen  sich  auch  die  europäischen,  vgl.  die  Stellen 
in  Carus  Gesch.  der  Zoologie  114.  '*)  Wrangels  Reise  II.,  145.  Peterm. 

1871,  130. 


88 


imser  Fuchs  am  Tage  nicht  lautlos  umherbummelt.  lu  dem  betäu¬ 
benden  Lärm  der  Myriaden  von  Vogelkolonien  vernimmt  man  das 
Knurren  der  Alken,  das  widerliche  Girren  der  Rotjes*,  tiefe  fast 
menschliche  Stimmen,  heisere  Rufe,  wehklagende  Laute  hallen  wider 
von  den  Felswänden.  Plötzlich  erklingt  ein  neuer  und  so  seltsamer 
Ton,  daß  der  Hörer  unwillkürlich  zusammentährt.  Das  ist  der 
Eisfuchs,  wenn  er  mit  seinem  Schrei  die  Vogelkolonie  begrüßt.  Die 
alten  holländischen  Walfischfahrer  hielten  diesen  gellenden  Ruf  für 
den  des  Teufels,  der  ihres  Vorhabens  spottete  i).  In  den  Tundren 
und  Steppen  Asiens  bemerkt  man  schon  aus  weiter  Ferne  aus  dem 
Riauugelb  der  Gesamtfläche  oaseugleich  grünende  Flecken  sich  her¬ 
vorheben.  Die  dort  hervorsprießenden  Süßgräser  lassen  sicher  darauf 
schließen,  daß  dort  Zeltstellen  der  Eingeborenen  waren,  daß  die  Düngung 
duich  die  oft  zahlreichen  Haustiere  eine  derartige  Vegetation  hervor¬ 
rief.  Im  hohen  Norden  stößt  der  Reisende  auf  ähnliche,  wenn  auch 
viel  kleinere  bevorzugtere  Vegetationsfleckeu,  deren  unbewußter  Ur¬ 
heber  der  Polarfuchs  ist.  Die  größere  Wärme  des  Erdbodens  über 
dessen  Bauten,  teils  durch  die  Ventilation  der  Röhren,  teils  durch  die 
Eigenwärme  der  Tiere  hervorgerufeu,  und  die  über  und  um  jene 
Stelle  abgelagerten  Exkremente  lassen  selbst  im  abscheulichen  Ammo¬ 
niakdunste  die  Vegetation  kräftiger  sich  erheben  und  werden  meist  zum 
Verräter  der  versteckt  lebenden  Familie  2).  (Schluß  folgt.) 


Das  Triiikwasserverbot  für  Tiere  während  der  Reise. 

Von  Dr.  A.  Seitz. 


Mitunter  pflanzt  sich  eine  Gewohnheit  mit  einer  bewunderungs¬ 
würdigen  Standhaftigkeit  fort,  obgleich  die  meisten,  die  sie  aus¬ 
üben,  längst  keinen  Grund  mehr  dafür  augeben  können.  Wenn  es 
sich  dabei  um  Handlungen  dreht,  die  weder  Mensch  noch  Tier 
schädigen,  so  mag  mau  sie  vielleicht  belächeln,  aber  in  Gottes  Namen 
bestehen  lassen.  Anders  verhält  es  sich,  wenn  durch  solche  Maß- 
legeln  liere  in  einer  ganz  sinnlosen  Weise  gequält  werden. 

So  besteht  noch  vielfach,  besonders  bei  sog.  Praktikern,  die 
Ansicht,  als  schade  es  den  Tieren,  wenn  ihnen  unterwegs  auf  de^ 

1)  Peterm.  1870,  115;  Bessels  aber  hörte  nie  im  Winter  ihre  Stimme 
sondern  erst  im  Frühjahr,  a.  a.  0.  345;  Peterm.  Ergänz.  Heft  21  9fi’ 
‘^)  Daselbst  82.  ’  ’ 


89 


Heise  von  ihrer  Heiiiuit  nach  Europa  Trinkwasser  gereicht  würde. 
Granz  besonders  leiden  darunter  die  Papageien,  und  ich  sah  viele 
sonst  schöne  und  kräftiofe  Tiere  au  den  Folgen  dieser 
Behandlung  verenden, 


n' 


grausamen 


Was  mit  der  Aufstellung  eines  solchen  Verbotes  den  Tieren 
zugemntet  wird,  das  kann  nur  derjenige  beurteilen,  der  selbst  Schiffs- 
reiseu  durch  die  Tropen  mitgemacht  hat.  Die  salzgeschwäugerte, 
dabei  aber  oft  unendlich  trocken  erscheinende  Luft  steigert  im  Verein 
mit  der  sengenden  Tropensonne  den  Durst  oft  bis  zur  Unerträglich¬ 
keit,  und  es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  daß  Schiffbrüchige,  denen 
das  Wasser  ausgegangen  war,  auf  See  wahnsinnig  wurden. 

Oftmals  habe  ich  Tiere  gesehen,  die  ihrem  Gebaren  nach  sich 
in  einem  ähnlichen  Zustande  befinden  mochten  und  schließlich  —  wie 
dies  nicht  anders  zu  erwarten  war  —  elend  zu  Grunde  gingen. 


Dagegen  erreichten  Hunderte  von  Papageien  gesund  die  Heimat, 
wenn  ein  mitleidiger  Matrose  den  Transport  leitete,  der  den  brennenden 
Durst  seiner  Pfleglinge  ebenso  gewissenhaft  mit  einigen  Tropfen 
Wassers  stillte,  wie  den  seinen  mit  einem  Schnaps. 


Noch  vor  wenigen  Wochen,  als  ich  mit  dem  deutschen  Schiff 
»Stuttgart«  aus  Ostasien  zurückkehrte,  befanden  sich  an  Bord  dieses 
Schiffes  vier  japanische  Wildschweine,  die,  wenn  ich  mich  recht  er¬ 
innere,  an  den  zoologischen  Garten  in  Hamburg  adressiert  waren.  Da 
dieselben  Nachbarn  zweier  dem  Schreiber  dieser  Zeilen  zugehörigen 
Viverrenhunde  waren,  so  wurden  sie  selbstverständlich  täglich  besucht 
und  beobachtet. 

Während  der  kalten  Januarreise  durch  das  chinesiche  Meer  be¬ 
fanden  sie  sich  ganz  wohl,  sobald  aber  die  indische  Hitze  einsetzte, 
wurden  die  anfangs  so  bissigen  Tiere  merkwürdig  zahm,  verloren 
den  Appetit  und  lagen  schließlich  wie  gemästete  Schweine  schwer¬ 
atmend  auf  der  Seite.  Ich  teilte  darauf  dem  mit  der  Pflege  ver¬ 
trauten  Schitfsangestellten  mit,  daß  er  sich  einer  Tierquälerei  schuldig 
mache  und  daß  die  Tiere  unfehlbar  zu  Grunde  gehen  würden,  wenn 
ihnen  dauernd  bei  einer  solchen  Temperatur  und  der  trockenen  Kost 
das  Wasser  entzogen  werde.  Der  Mann  entschuldigte  sich  darauf 
damit,  daß  er  striktes  Verbot  vom  Absender  habe,  den  Tieren  unter¬ 
wegs  Wasser  zu  reichen ;  daß  diese  »Ladung«  seien,  also  nach 
Wunsch  des  Eigentümers  behandelt  werden  müßten,  und  daß  er 
jeden,  der  den  armen  Tieren  Wasser  vorsetzen  wolle,  daran  ver¬ 
hindern  müsse,  wenn  er  seine  Pflicht  nicht  verletzen  wolle, 


—  90  — 

Wichtige  Arbeiten,  sowie  auch  der  Widerwille,  als  iiuthätiger 
Augenzeuge  eiuer  solchen  dauernden  Tierquälerei  mit  beizuwohueu, 
verhinderten  mich,  das  Schicksal  der  Tiere  bis  aus  Ende  zu  ver¬ 
folgen;  zwei  der  Tiere  waren  iu  den  Tropen  bald  gestorben,  und  ich 
behaupte,  daß  unter  solchen  Umständen  kein  einziges  heil  seinen 
Bestimmungsort  erreicht  haben  kann. 

Dem  gegenüber  möchte  ich  hier  meine  Erfahrungen  mitteilen, 
die  ich  im  gegenteiligen  Falle  machte,  wo  nämlich  die  Tiere  ge¬ 
tränkt  wurden. 

Auf  zahlreichen  meiner  Reisen  nahmen  die  Schifie  unterwegs 
Schweine  ein,  die  zwar  nicht  wild,  aber  vielfach  doch  so  gut  wie 
wild  waren.  Obwohl  diese  Tiere  durch  das  Einsperren  in  den  Schweine¬ 
stall  eine  fast  ebenso  große  Änderung  ihrer  seitherigen  Lebensweise 
erfuhren  wie  Wildschweine,  so  befanden  sie  sich  bis  zu  ihrem  Ende 
meist  iu  ungetrübtem  Wohlsein. 

Viele  Schilfsangestellte  halten  sieh  zur  Unterhaltung  selbst  Papa¬ 
geien,  und  nicht  zum  wenigsten  den  doch  recht  empfindlichen  Grau¬ 
papagei.  Auch  diese,  obwohl  stets  mit  Wasser  versehen,  halten 
vortrefflich  aus  und  leben  oft  länger  als  die  an  Land  mit  Auf¬ 
merksamkeit  gepflegten  Tiere,  wiewohl  sie  mehrmals  im  Jahr  einem 
sehr  gefährlichen  Klimawechsel,  sowie  den  zahlreichen,  durch  mangel- 
hafte  Heizung,  Änderung  des  Futters  und  sonstigen  durch  Unbe- 
cjuemlichkeiteu  des  Schilfsaufeuthaltes  bedingten  Schädlichkeiten  aus¬ 
gesetzt  waren. 

Diese  wenigen  Worte  mögen  genügen,  uns  zu  zeigen,  wie  oft 
durch  Unverständigkeit  und  durch  die  Unbekanntschaft  mit  den  ein¬ 
fachsten  physiologischen  Vorgängen  des  tierischen  Organismus  selbst 
zähe  und  widerstandsfähige  Tiere  gequält  und  vernichtet  und  die 
Eigentümer  geschädigt  werden. 


Geschäftsbericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Hannover 

für  1890—91. 


Mit  Vergnügen  können  wir  berichten,  daß  das  Publikum  unsere  Bemü¬ 
hung  für  Hebung  und  Verschönerung  des  Gartens  durch  fortgesetzten  guten 
Besuch  anerkennt.  Ungeachtet  des  schlechten  Wetters  im  letzten  Sommer  und 
der  andauernden  Kälte,  im  Winter  ist  die  Einnahme  aus  Dauerkarten  und 
Tageskasse  nur  wenig  hinter  der  des  Jahres  1889/90  zurückgeblieben.  Wäre 
das  Jahr  1889/90  nicht  durch  die  hohen  Einnahmen,  welche  die  Kaisertage 
mit  sich  brachten,  begünstigt  gewesen,  so  konnten  wir  auch  im  letzten  Jahre, 


91 


Einnahme  verzeichnen. 

Die  laufenden  Ausgaben  haben  sich  durch  weitere  Steigerung  der  Löhne, 
Futterkosten  u.  s.  w.  wieder  erhöht. 

Die  Tierverluste  sind  trotz  des  strengen  Winters  in  mäßigen  Grenzen 
geblieben  und  betreffen  meistens  Tiere,  die  infolge  ihres  Alters  dem  Einflüße 
der  Witterung  nicht  mehr  widerstehen  konnten.  Geschenke  an  Tieren  haben 
wir  in  diesem  Jahre  leider  sehr  wenige  zu  verzeichnen.  Im  Garten  geboren 
wurden  u.  A.:  Ein  Pavian,  eine  Antilope,  ein  Guanaco,  ein  Lama,  ein  Sambur- 
Hirsch  und  ein  Shetland-Pony. 

Da  der  Raum  für  das  Nilpferd  zu  klein  geworden  war,  sahen  wir  uns 
genötigt,  an  das  Elefantenhaus  einen  Anbau  zu  machen,  welcher  seinem 
Zwecke  entspricht  und  dem  Garten  zu  einer  weiteren  Zierde  gereicht. 

Zur  Beseitigung  der  Abwässer  aus  der  Restauration  haben  wir  durch  Ver¬ 
handlungen  mit  dem  Magistrat  Anschluß  an  das  städtische  Kanalnetz  erhalten, 
wodurch  viel  beklagte  Übelstände  für  den  Garten  beseitigt  sind. 

Für  das  baufällig  und  zu  klein  gewordene  Kamelhaus  beabsichtigen  wir 
einen  Neubau  aufzuführen,  welcher  den  gesteigerten  Ansprüchen  in  jeder  Weise 
genügen  soll. 


Gewinn-  und  Verlust-Conto  am  31.  März  1891. 


Debet. 


An  ßetriebs-Conto : 

Insgemein  und  allgemeine  Unkosten 

Ausgabe . 

Einnahme . 


M.  6106.07 
»  2254.46 


M.  Pf. 


M.  Pf 


Reparaturen . 

Eingelöste  Aktien-Coupons  (für  Dauerkarten  verwertet) 

Zinsen  . 

Gehalt,  Löhne  etc . 

Musikunkosten.  . . . . 

Kohlen,  Coakes  und  Torf . 

Bekleidung  der  Wärter . 

Illuminationsunkosten . 

Gerätschaften . 

Wasserverbrauch . 

Invaliditäts-Conto . 

Tierverluste . • 


3851.61 

15,889.11 

5955.— 

1992.87 

25,876.70 

13,967.25 

3080.58 


531.88 


420.76 

109.20 

2003.33 

34.85 

7660.50 


81,373.64 


»  Futter-Conto: 

Gesamt- Verbrauch  . 


36,679.69 


»  Abschreibungen: 
auf  Bauten-Conto 
»  Inventar-Conto 
»  Nutzholz-Conto 
»  Tier-Conto.  . 


11,172.15 

826.53 

512.31 

5165.13 


17,676.12 


135,729,45 


1 


—  92  - 


Per  Dauerkarten .  63,119. — 

»  Tageseiuahuien .  64,610.45 

»  Pacht .  8000.— 


135729.45 


K  0  1  r  e  s  p  0  n  (1  e  II  z  e  ii. 


Konstanz,  im  Februar  1892. 

Das  Gebläse  meines  Dnrchlüftuu  gsapparates.  Im  Heft  Nr. 
10 — 12,  XXXII  Jahrgang  1891  dieser  Zeitschrift  habe  ich  bei  der  Beschreibung 
des  Gebläses  erwähnt,  daß,  wenn  der  Raum  zwischen  den  Röhren  a  und  b  zu 
weit  sein  sollte,  es  nötig  sei,  entweder  ein  Stanniolröhrchen  oder  ein  Stückchen 
dünnen  Gummischlauch  zu  verwenden,  um  den  Zwischenraum  zu  verengen. 

Weit  einfacher  ist  es  aber,  die  Luft  aufsaugende  Glasröhre  b  nach  unten 
zu  verengern.  Nachdem  man  eine  Glasröhre  von  entsprechender  Weite  über 
der  Spiritusflamme  an  einem  Ende  auseinander  gezogen  hat,  sodaß  sie  in  eine 
feine  Spitze  endigt,  so  mache  man,  nachdem  die  erforderliche  Länge  der  Röhre 
gemessen  worden  ist,  auf  gleiche  Weise  eine  möglichst  gerade  Spitze  an  der  ent¬ 
gegengesetzten  Seite  der  Röhre  b.  Letztere  Spitze  läßt  sich  auf  einer  breiten, 
mit  Wasser  benetzten  Feile,  welche  auf  einem  Tische  liegt,  mit  Leichtigkeit 
so  weit  abschleifen,  daß  die  Röhre  a  knapp  hineingeschoben  werden  kann.  In 
längstens  einer  Viertelstunde  ist  die  gesamte  Arbeit  verrichtet.  Sollte  die 
Öffnung  etwas  zu  weit  gefeilt  sein,  so  kann  mit  flüssigem  Wachs,  indem  man 
die  Glasröhre  über  die  Spiritusflamme  hält,  die  Öffnung  verengt  werden. 

Dadurch  wird  es  statthaft,  Glasröhren  zu  verwenden,  die  sonst  wegen 
ihres  großen  Durchmessers  nicht  zu  gebrauchen  wären,  da  es  schwer  oder  ganz 
unmöglich  ist,  von  Glashandlungen  in  kleineren  Städten  vollkommen  zu  einander 
passende  Weiten  zu  erhalten. 

D  r.  Emil  Buck. 


Frankfurt  a.  M.  im  Februar  1892. 

Insekten  auf  See.  Der  Nordseelotse  Herr  Lemmel  erzählte  mir  fol¬ 
gendes:  Am  4.  Oktober  1891  kreuzten  wir  in  der  Nordsee.  Es  war  außergewöhn¬ 
lich  heiß  für  die  Jahreszeit,  kein  Luftzug,  eine  »kolossale  Schwüle«°wie  an 
heißen  Sommertagen.  Den  ganzen  Tag  über  war  der  Lotsenschouer  wie 
übersät  mit  L  liegen,  die  erst  wiedör  abnahmen,  als  nachmittags  nach  5 
Uhr  eine  leichte  Brise  aus  SO.  eiusetzte.  An  den  vorhergehenden  Tagen  war 
fast  nichts  von  Fliegen  zu  sehen. 

Ich  knüpfe  hieran  folgendes:  In  Ostpreußen  gibt  es  Tage,  an  denen 
sich  längs  des  Ostseestrandes  eine  endlose  braune,  krabbelnde  Linie  hinzieht. 
Es  sind  dies  regelmäßig  solche  Tage,  an  denen  ein  leichter  Wind  von  der  See 
zum  Lande  oder  gar  keiner  weht,  nachdem  vorher  mehrere  Tage  Landwinde 
geweht  haben.  Mit  den  Landwinden  sind  zahllose  Kerfe  auf  die  See  getrieben 
die  nun  wieder  dem  Lande  zugetrieben,  entlang  des  Stiandes  am  äußersten 


98 


Saum  der  brandenden  Wellen  ein  breites  Band  bilden.  Der  angespülte  Detritus, 
meist  trockene  Schilfstückchen  und  Tang,  wimmelt  buchstäblich  von  Käfern  und 
anderen  Insekten.  Die  Käfer  sind  fast  alle  lebend,  auch  viele  Tlymenopteren, 
während  die  Dipteren  großenteils  tot  sind.  An  solchen  Tagen  können  Sammler 
reiche  Ernte  halten  und  zuweilen  die  seltensten  Arten  in  Mengen  erlangen, 
doch  sind  derlei  Tage  nicht  eben  häufig.  Bei  einer  solchen  Gelegenheit  fing  ich 
vor  Jahren  am  (16.  Mai)  den  seltenen  Aphoclius  Inpiinctatus  (Fahr.)  und  viele 
andere  Seltenheiten. 

Ganz  dieselben  Erscheinungen  beobachtete  seiner  Zeit  Rad d  e  am  Baikal- 
See.  Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  unruhige  Meere  mit  Ebbe  und  Flut  nicht 
dieselben  Erscheinungen  zeigen,  wie  Binnenmeere  und  Landseen. 

Ernst  Martert. 


Hamburg,  im  Februar,  1892. 

Ein  auf  dem  atlantischen  Ocean  gefangener  grönländischer  Edelfalk, 
Falco  (Hierofalco)  candiccms  Gm.  wurde  unserem  Hamburger  Zoologischen 
Garten  von  dem  Führer  des  zur  Rhederei  der  Hamburg- Amerikanischen 
Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft«  gehörenden  Dampfschiffes  »Venetia«,  Herrn 
Capt.  G.  Reeßing,  vor  kurzem  zum  Geschenk  gemacht.  Herr  Reeßing  hat  mir 
in  Bezug  auf  den  Fang  mitgeteilt,  daß  der  Vogel,  ein  sehr  schön  ausgefärbtes, 
altes  Tier,  zuerst  unter  49°  NB.  und  20"  WL.  Greenwich  vom  Schiff  aus  gesehen 
wurde;  im  Laufg  des  Tages  setzte  er  sich  dann  auf  die  Marsraa  und  wurde 
nach  Eintritt  der  Dunkelheit  ergriffen.  Der  angegebene  Ort  ist  von  dem 
nächsten  Punkt  der  irländischen  Küste  etwa  500  Seemeilen  (937,5  km),  von  den 
Färöer  etwa  900  Seemeilen  (1687,5  km),  vom  Kap  Farewell,  der  Südspitze  Grön¬ 
lands,  1000  Seemeilen  (1875  km)  und  von  der  Labradork üste  etwa  1300  Seemeilen 
(2437,5  km)  entfernt.  »Wir  hatten«,  schreibt  Capt.  Reeßing,  »zur  Zeit  nur 
mäßigen  Nordwind,  dem  Seegang  nach  zu  urteilen  mußte  höher  im  Norden 
aber  ein  starker  Sturmwind  nördlicher  Richtung  geweht  haben.  Vögel  werden 
bei  solchen  Gelegenheiten  häufig  von  den  Küsten  abgetrieben  und  nach  See 
verschlagen«. 

Falco  candicans  Gm.  lebt  nur  in  Grönland  und  Labrador,  (Catal.  of  the 
Birds  in  the  British  Museum,  1.  S.  413.  1874),  unser  Vogel  muß  also  durch 
eine  Strecke  von  1875  oder  gar  2400  km  teils  selbständig  geflogen,  teils  passiv 
vom  Winde  getragen  worden  sein:  es  ist  dabei  immerhin  möglich,  daß  er 
unterwegs  hin  und  wieder  Gelegenheit  gehabt  hat,  sich  auf  vorüberfahrenden 
Schiffen  auszuruhen;  ob  er  aber,  ehe  er  auf  der  »Venetia«  gefangen  und  dort 
verpflegt  wurde,  irgendwo  Nahrung  gefunden  hat,  ist  sehr  zu  bezweifeln.  —  Der 
bekannte  Jagdfalk  Heinrichs  II.,  der  in  24  Stunden  in  der  Luftlinie  von  Fontaine¬ 
bleau  bis  Malta  flog,  eine  Strecke  von  etwa  1600  km,  legte  in  der  Stunde,  wenn 
man  den  geraden  Weg  rechnet,  66  km  zurück.  Bei  gleicher  Fluggeschwindigkeit 
würde  unser  Grönlandfalk,  wenn  er  geraden  Weges  von  Labrador  oder  Grönland 
bis  zur  »Venetia«  geflogen  wäre  und  man  die  Wirkung  des  Windes  nicht  rechnet, 
l)ezw.  28  oder  36  Stunden  von  der  amerikanischen  Küste  bis  zur  Marsraa  unseres 
New-York-Fahrers  gebraucht  haben.  Eine  wieviel  längere  Zeit  mag  der  Wirk¬ 
lichkeit  entsprechen ! —  Unser  Vogel  ist  ganz  auffallend  zahm;  die  Not  wird  ihn 
dem  Umgang  mit  Menschen  leicht  zugänglich  gemacht  haben. 

Bola  11. 


94 


Kleinere  Mitteilungen. 


Der  Puma,  Felis  concolor  L.,  besitzt  uach  den  Mitteilungen  von  F.  W. 
-1-  r  u  e  in  den  Schriften  der  Smithsonian  Institution  in  hohem  Grade  das  Ver¬ 
mögen,  sich  den  verschiedensten  Verhältnissen  anzupassen.  Er  erträgt  strenge 
Kälte  während  des  Winters  in  den  Adirondack-Bergen  und  anderen  Gegenden 
an  den  Nordgrenzen  der  Vereinigten  Staaten,  wo  er  seine  Beute  in  dem  Schnee 
verfolgt,  er  ist  ebenso  zu  Hause  in  den  heißen  Sumpfniederungen  und  Rohr¬ 
brüchen  längs  der  I  lußläufe  in  den  Südstaaten  ;  in  Südamerika  bewohnt  er 
die  baumlosen  Giasebenen^  die  Pampas,  sowohl  wie  die  W^älder  j  in  den  Rocky 
Mountains  steigt  er  bis  zu  den  Höhen,  in  welchen  die  wilden  Schafe  hausen. 
Livingstone  Stone  sah  die  Sjruren  des  amerikanischen  Löwen  auf  dem 
Gipfel  des  Berges  Persephone  in  Kalifornien  in  der  Höhe  von  3000  Fuß  und 
Darwin  bemerkte  seine  Fußtapfen  in  den  Cordilleren  von  Central  Chili  in 
der  Höhe  von  fast  10,000  Fuß;  ebenso  kommt  er  nach  Tschudi  in  Peru  in 
den  höchstgelegenen  Wäldern  selbst  bis  zur  Schneelinie  vor. 

Nature  10.  März  1892.  (N.) 


Eine  neue  Antilopen-Art,  Buhalis  Sioaynii,  Sclater,  ist  aus  dein 
Somaliland,  dem  für  Jäger  vielversprechenden  Gebiete,  von  Kapitän  H.  G.  Swayne 
mrtgebracht  und  von  dem  Sekretär  der  Londoner  Zoologischen  Gesellschaft 
Mr.  Sclater  dem  Besitzer  zu  Ehren  benannt  worden.  Kopf  und  Hörner  wurden 
in  einer  Sitzung  dieser  Gesellschaft  vorgezeigt.  Doch  waren  schon  vorher  durch 
.1.  W.  H.  Clarke  und  seine  Reisegefährten  einige  Köpfe  dieser  Antilope  heim- . 
gibiacht  und  als  der  Tora-Antilope,  Alceldphus  tovci,  zugehörig  anoeseheu 
worden,  der  die  neue  Art  sehr  gleicht.  Das  Weibchen  der  Sw'aynes-Antilope 
hat  eine  helle  Zeichnung  zwischen  den  Augen,  einer  Brille  ähnlich,  etwa  in 
der  Art,  wie  sie  Hunters  Antilope,  Alcelaphus  Hunteri,  aufweist; 

The  Field  26.  März  1892  (N.) 

Wissenschaftlicher  Kongreß.  Im  August  dieses  Jahres  werden  in 
Moskau  internationale  Kongresse  für  prähistorische  Archäologie,  Anthropologie 
uud  Zoologie  tagen.  Bis  jetzt  konnte  das  Örganisationskomite  über  100  Zusagen 
von  Teilnehmern  verzeichnen.  Wissenschaftliche  Arbeiten  und  Fragen  Helen 
bereits  in  großer  Zahl  ein,  und  erstere  werden  im  Bulletin,  das  etwa  in  4  Bänden 
während  der  Kongres.se  erscheint,  abgedruckt.  Eine  reiche  Beteiligung  auch  des 
Auslandes  an  diesen  Versammlungen  ist  sehr  erwünscht. 

C.  Greve,  Mitglied  des  Organisationskomitees. 


Die  Schwarzamsel,  Turdus  merida,  im  mittleren  Livland.  »Dieser 
in  diesem  Gebiete  noch  immer  seltene  und  nur  sporadisch  vorkommende  Vogel 
scheint  sehr  langsam,  aber  stetig  sich  ausbreiten  zu  wollen.  1889  fand  ich"iii 
einsamer  WaldwiJdnis  unter  Hoineln  wieder  eine  neue  Stätte  seines  Hausens,  an 
welcher  er  früher  nicht  gefunden  worden  war.  Mir  sind  bisher  neun  Örtlichkeiten 
in  Livland  bekannt  geworden,  an  denen  die  Amsel  Brutvogel  wurde.  Eigentümlich 
ist  bei  diesen  »vorgerückten  Posten«,  daß  sie  sehr  scheu  .sind,  so  scheu,  daß  es 
schwer  halten  würde,  sie  zu  schießen,  während  sie  in  Deutschland  furchtlos 
Gärten  uud  Parkaulagen  bewohnen  und  auf  freiem  Rasen  hockend  Menschen 
bis  auf  zehn  Schritte  sich  nähern  lassen.  Auch  bei  Störchen  fand  ich  in  Livland 


scheueres  Wesen  als  in  Deutschland,  aber  durchaus  doch  nicht  derart  verschieden 
wie  bei  der  Amsel.  Es  wäre  hochinteressant,  in  dieser  Richtung  genaue  Nach¬ 
forschungen  zu  machen,  wie  weit  Scheuheit  vom  Centrum  der  geographischen 
Verbreitung  aus  allmählich  zunimmt.« 

0.  V.  Löwis  (Ornith.  Monatsschrift  d.  deutschen  Vereins 
z.  Schutze  der  Vogelwelt.  XVII,  1892.  S.  133). 

Über  das  Blumeneintragen  des  Stares,  worüber  zuletzt  in 
vorigem  Jahrgange  S.  152  berichtet  wurde,  hat  auch  der  verstorbene  Pfarrer 
Jäckel  Beobachtungen  gemacht.  Er  schreibt  darüber  (Systematische  Über¬ 
sicht  der  Vögel  Bayerns,  S.  149):  »In  meinen  Gärten  bemerkte  ich  öfter,  daß 
die  Stare  gefüllte  Leberblümchen  und  Hyazinthenblüten,  Blütenbüschel  von 
Reineclaudebäumen,  Blätter  von  Birnbäumen  und  allerlei  Grünes  abrissen  und 
in  die  Kobel  trugen.  Es  geschah  dies  einmal  am  9  Api-il  zur  Zeit  des  Nest¬ 
baues,  dann  Anfang  und  Mitte  Mai,  wo  die  Weibchen  brüteten  und  beziehungs¬ 
weise  Junge  im  Neste  saßen,  und  endlich  am  29.  Mai,  an  welchem  Tage  ein 
Starenmännchen,  dessen  Junge  wenige  Tage  zuvor  ausgeflogen  waren,  von 
einer  Geraniengruppe  Blätter  abriß  und  in  die  verlassene  Brutstätte  trug.  Von 
dem  Blumenbeete  verscheucht,  holte  er  junges  Laub  von  einem  Apfelbaum  und 
trug  es  zu  Nest.«  N. 

Eine  Henne  hatte  nach  der  Mitteilung  von  Prof,  von  Dalla  Tor  re  in 
Innsbruck  ein  5  Gramm-G  e wicht  verschluckt  und  ungefähr  ein  Jahr  lang 
im  Magen  getragen.  Alsdann  betrug  das  Gewicht  noch  3,8  gr.,  somit  der 
Verlust  an  Gewicht  infolge  mechanischer  Abreibung  und  vielleicht  auch 
chemischer  Anätzung  1,2  gr. 

Berichte  des  naturw.-mediz.  Vereins  in  Innsbruck,  19.  Jahrg.  1891. 

Größe  der  Wanderratte.  Daß  die  Wanderratte  mitunter  eine  beträcht¬ 
liche  Größe  erreicht,  bewies  mir  ein  Exemplar,  welches  von  meinem  Pintscher, 
und  zwar  an  einem  Wassergraben  in  der  Umgegend  von  Antwerpen  gefangen 
wurde.  Diese  Ratte  batte  eine  Gesamtlänge  von  47  cm,  wovon  auf  den 
Schwanz  nur  18,  mithin  auf  den  übrigen  Körper  29  cm  kamen.  Sie  war  also 
etwa  5  cm  (ihre  Kopflänge)  größer  als  Wanderratten  gewöhnlich  zu  werden 
pflegen.  Ö.  Edm.  Eiffe. 

Fuchs-Bastard.  Im  Sommer  1886  sah  ich  auf  einem  Bauernhöfe  in 
Collow  i.  Lauenburg  einen  weiblichen  Fuchsbastard,  welcher  von  einer  Schäfer¬ 
hündin  und  einem  wildlebenden  Fuchse  abstammte.  Der  Bastard  hatte  die 
Größe,  Gestalt  und  Behaarung  des  Fuchses;  jedoch  war  die  Färbung  nicht  fuchs¬ 
rot,  sondern  wolfsartig,  wie  Schäferhunde  häufig  gefärbt  zu  sein  pflegen.  Der 
Bastard  hatte  zu  jener  Zeit  Junge,  und  zwar  von  einem  Haushunde,  und  waren 
die  Jungen  schwarz  gefärbt.  Es  geht  hieraus  hervor,  daß  auch  Euch  sbastard  e 
bei  der  Anpaarung  fruchtbar  sind.  In  hiesiger  Gegend  tragen  viele  Schäfer 
blinde  ein  fuchsartiges  Gepräge,  so  daß  man  den  Aussagen  mancher  Leute,  die 
Bauernbänden  ihre  hitzigen  Schäferhündinnen  im  Walde  an,  um  sie  vom  Fuchse 
belegen  zu  lassen  und  dadurch  besonders  wachsame,  lebhafte  Hunde  zu  er¬ 
halten,  wohl  Glauben  schenken  darf.  0.  Edm.  Eiffe. 


96 


L  i  1 1  e  r  a  t  u  r. 


Das  Leben  der  europäischen  Kuckucke.  Nebst  Beiträgen  zur  Lebens¬ 
kunde  der  übrigen  parasitischen  Kuckucke  und  Stärlinge.  Von  Dr.  A.  C. 
E.  Baldinus.  Mit  8  Farbendrucktafeln,  Berlin,  Paul  Parey.  1892.  gr. 
8«  224  Seiten.  M.  10. 

Es  ist  eine  sehr  verdienstliche  Arbeit,  das  Leben  des  europäischen  Kuckucks, 
sowie  das  seiner  Verwandten  nach  dem  heutigen  Stande  der  Kenntnisse  über¬ 
sichtlich  und  kritisch  zusammen  zu  stellen,  um  so  mehr,  wenn  der  Verfasser, 
wie  in  vorliegendem  Falle,  selbst  72  Jahre  hindurch  zahlreiche  Beobac  htuno-en 

C? 

über  den  Kuckuck  gemacht  hat.  Daß  damit  keineswegs  alle  Fragen  über  den 
so  gemeinen  und  doch  so  rätselhaften  Vogel  beantwortet  sein  können,  gibt  der 
Verf.  gern  zu.  Ist  es  doch  immer  nur  der  »goldene  Zufall«,  keineswegs  aber 
die  ])lanmäßige  oder  gar  experimentelle  Forschung,  von  denen  die  Beobachtung 
des  Gauches  abhängt,  und  damit  ist  den  Mutmaßungen,  Schlußfolgerungen  und 
Streitfragen  noch  auf  lange  Zeit  hinaus  das  Thor  geöffnet.  Ein  Vogel,  der  von 
den  Küsten  des  atlantischen  bis  zu  denen  des  großen  Oceans,  vom  11.  bis  69° 
n.  Br.,  vom  Spiegel  des  Meeres  bis  nahe  an  die  Grenze  des  ewigen  Schnees 
(selbst  im  Himalaja)  die  alte  \Velt  bewohnt,  muß  in  vielen  Beziehungen  der 
Anpassung  unterliegen,  und  dies  ist  bei  dem  Kuckucke  nicht  nur  hinsichtlich 
des  Wohnortes,  sondern  auch  der  Nahrung  und  der  Färbung  seiner  Eier  der 
Fall,  ja  selbst  betreffs  seiner  äußeren  Erscheinung,  wie  denn  mehrfache  »lokale« 
aber  nicht  wohl  abzutrenneude  »Arten«  bekannt  sind.  Das  wird  —  auch  dieser 
Schluß  ist  gestattet  —  auch  sicher  bezüglich  seiner  Gewohnheiten  zutreffen, 
und  es  fragt  sich  sehr,  ob  der  Kuckuck  der  pjrenäischen  Halbinsel  genau  die 
gleiche  Lebensweise  führt  wie  der  auf  den  japanischen  Inseln,  der  im  Himalaja 
wie  der  in  den  skandinavischen  Gebirgen.  Sind  doch  von  seinen  134  nächsten 
Verwandten  merkwürdige  Fälle  abändernder  Gewohnheiten  bekannt;  von  einigen 
weiß  man  ja  bestimmt,  daß  sie  ihre  Eier  teils  selbst  bebrüten,  teils  fremden 
Nestern  anvertrauen.  Was  wir  von  unserem  Cuculus  ca/iorus  genaueres  wissen, 
das  ist  nach  dem  vorliegenden  Buche  vorzugsweise  den  Bemühungen  deutscher 
und  englischer  Ornithologen  zu  verdanken.  Hoffen  wir,  daß  man  auch  in  an¬ 
deren  Ländern  bald  ebenso  genaue  Beobachtungen  machen  möge  wie  auf  dem 
l)eschränkten  deutschen  Gebiete. 

Mit  großem  Interesse  haben  wir  die  nach  allen  Seiten  hin  gründliche 
Arbeit  von  Dr.  Baldamus  durchgele''.en  und  empfehlen  sie  allen,  die  sich  für  die 
Lebensgeschichte  des  seltsamen  Vogels  interessieren,  auf  das  Angelegentlichste. 

_ _ _ _ _  _  N. _ 

Eingegangene  Beiträge, 

A.  S.  in  G.  —  C.  G.  in  M.  {Rußland.)  —  H.  B.  in  H.  Besten  Dank  für  die  i’berarbeitiino' 
des  Berichtes.  -  K.  II.  in  Fr.  —  R.  (J.  in  M.  Dank  für  die  Zusendungen.  —  P.  S.  in  \r 
(  l'uiiis).  Besten  Dank  liir  die  hochinteressante  Mitteilung.  —  C.  J.  F.  M.  in  Fl.  (Italien)  Die 
Arbeit  wird  gern  aufgenomnien.  -  K.  B.  in  C.  Beste  Grube.  —  .1.  R.  in  G.  ^ 

Bücher  und  Zeitschriften. 

Breil  in  8  Ti  erleben.  3.  Auflage.  Die  Kriechtiere  und  lairche,  ncubearbeitet  von  Prof 
Dr.  0.  Böttger  u.  Prof.  Dr.  P e  ch  u e  1  -  B  o e sch  e.  Mit  167  Abbild.,  1  Karte  n  16  Taf 
Leipzig  u.  Wien.  Bibliographisches  Institut.  18!»w. 

Nachdruck  verboten. 


Priick  von  Mahlan  &  Waldsclimidt.  Frankfurt  a.  M 


JUL  11  1892 

Der  Zoologische  Garten. 

Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutsclilands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N..  4.  XXXIII.  Jahrgang,  April  1893. 

I  11  1i  a  1  1. 

Mitteilnng  über  die  Felsentaube  (Cohimha  liviu)\  von  Paul  Spatz  in  Monastir.  Das 
Ilaselbubn  in  Livland;  von  Oskar  von  Löwis.  Fortsetzung,  —  Der  Polarfudis  (Onu.s 
hioopus) ;  von  Bernhard  Langkavel,  Hamburg.  Scliluß.  —  Der  llohrsänger  der  frank¬ 
furter  Promenaden  und  Wallgiirten ;  von  Prof.  Di',  ü.  Boettger.  —  .Tahresbericbt  über  den 
zoologiscdieu  Garten  in  Hambui'g  1891.  —  Litteratur.  —  Hüclier  und  Zeit.schrilteu. 


Mitteilung  über  die  Felsentaube  {Columba  Uvia). 

Von  Paul  Spatz  in  Monastir. 

In  »Brelinis  Tierleben  III.  Auflage«  stehen  unter  anderen  über 
die  Felsentaube  folgende  Angaben:  »Man  nimmt  an,  daß  die  Felsen- 
taube  mindestens  zweimal  per  Jahr  niste«  und  weiterhin:  »Mit  Be¬ 
ginn  des  Frühlings  ruckst  der  Tauber  sehr  eifrig,  zeigt  sich  den 
anderen  gegenüber  sehr  zänkisch  und  erkämpft  sich,  nicht  immer 
ohne  Mühe,  sein  Weibchen.« 

Hier  in  Tunis  wird  die  Felsentaube  eifrigst  gejagt  und  ebenso 
von  Arabern  gefangen,  welche  sie  nachts  in  ihrer  nnterirdisclien 
Behausung  aufsnclien  ;  die  letztere  befindet  sich  (hier  an  der  Küste) 
fast  ausschließlich  in  alten  Brunnen.  Diese  zahlreichen  Nach¬ 
stellungen  machten  es  mir  nnwabrsclieinlicli,  daß  die  Felsentaube 
bei  mir  zweimaliger  Brnt  im  Jahre  sicli  in  so  verhältnismäßig 
uroßer  Anzahl  dauernd  halten  könne.  Damm  entschloß  ich  mich,  das 
hortjiflanznngsgeschäft  genauer  zu  boohacliten,  wozu  mir  der  seit 
mehreren  Monaten,  freilich  mit  wechselndem  Glücke,  betriebene  Fang 
Gelegenheit  bieten  sollte. 

Ganz  in  der  Nähe  von  Monastir  zieht  sich  ein  niedriger  Berg¬ 
rücken  der  Meeresküste  folgend  lang  bin,  in  welchem  vor  vielen 

Zooloj?.  Gart.  Jahrg.  XXXIIT,  1892.  7 


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Jahren  eine  große  Anzahl  von  Brunnen  gebohrt  wurde.  Diese,  circa 
25 — 30  m  tief,  gehen  durch  das  Gestein  hindurch  und  erreiclien  die 
unter  letzterem  gelegene,  wasserführende  Erdschicht.  Sie  sind  schon 
lange  außer  Gebrauch  und  enthalten  entweder  stehendes,  faules  Was¬ 
ser  oder  sind  gänzlich  trocken,  zumal  da,  wo  nachstürzendes  Erdreich 
die  Wasserader  verschüttet  hat.  Diesen  Brunnen  kommt  eiue  eigene 
Vogelwelt  zu,  welche  sich  aus  Sperlingen  und  Eiufarbsta°reu, 
Schleiereulen  und  Turmfalken  und  endlich  den  Felsentauben  zusammen- 
setzt.  Die  Vögel  leben  friedlich  neben-  oder  richtiger  übereinander. 
Im  Laufe  der  Zeiten  sind  in  dem  oberen  Teile  des  Brunnens  viele 
Löcher  und  Risse  verschiedenster  Größe  entstanden;  Sperlinge  und 
Stare  haben  die  kleineren  in  Besitz  genommen,  während  Falke  und 
Eule  die  größeren  mit  Beschlag  belegten.  Sonderbarerweise  scheinen 
die  letzteren  den  Hausfrieden  nicht  zu  stören,  denn  soviel  ich  auch 
ihre  Behausungen  untersuchte,  gelang  es  mir  nie  in  denselben 
Federn  oder  Flügel  von  Tauben,  Staren  und  Sperlingen  aufzufinden, 
wohl  aber  Schwänze  einer  Art  Springmaus  {Dipus  alactaga). 

Während  die  genannten  Vogelarten  ausschließlich  den  oberen 
Abschnitt  des  Brunnens  bewohnen,  bildet  der  untere  das  Revier  der 
Tauben.  Durch  das  erwähnte  Nachrutschen  des  Erdreiches  sind  hier 
Höhlungen  entstanden,  die  dem  Besucher  dieser  unterirdischen 
Taubenschläge  einen  wunderbaren  Eindruck  machen  ;  schwebt  doch 
dem  Untenstehenden  die  ganze  Brunnenröhre  über  dem  Kopfe,  der 
einzige  Weg,  durch  welchen  Licht  herabgelaugen  kann.  Hier  iinten 
unmittelbar  über  dem  Wasserspiegel  resp.  Boden  nisten  die  Felsen¬ 
tauben.  Ehe  ich  mich  indessen  zur  Beschreibung  des  Fanges  wende, 
möchte  ich  die  auf  das  Fortpflanzuugsgeschäft  bezüglichen  Daten 
voraussenden,  die  ich  bei  dieser  Gelegenheit  erlaimte* 

Tag. 

23.  Xll.  91.  2  Junge  von  ca.  14  Tagen;  im  Zimmer  mit  Art¬ 
genossen  aufgezogen,  wurden  ebenso  scheu,  wie  diese, 
h  4  bereits  flü^^ge  Junge  gefangen. 

4.  11.  92.  ein  Junges  mit  gelbem  Flaum  am  Kopfe. 

9.  11.  92.  2  Eier  gefunden,  stark  bebrütet  und  bereits  von  innen 
angepickt.  Versuch  des  Ausblasens  mißlang  bei  dem 
einen.  Das  andere,  einer  brütenden  Haustaube  unter¬ 
gelegt,  ergab  ein  Junges,  trotzdem  das  Ei  circa 
18  Stunden  kalt  gelegen  hatte. 

An  demselben  Tage  wurden  in  einem  anderen 
Brunnen  5  wenig  angebrütete  Eier  des  Turmfalken, 


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11.  II.  92. 
13.  II.  92. 
15.  n.  92. 
29.  IV.  87. 

EucIhIV.  91. 


Falco  timmnaihis ,  gefüiulen.  Dio  Alten  wurden  am 
Neste  gefangen,  so  daß  kein  Zweifel  über  die  Art  der 
Eier  bestehen  kann.  (Ein  seltenes  Vorkommnis,  da  der 
Falke  sonst  doch  erst  im  April  zu  brüten  pflegt). 

2  seit  höchstens  24  Stunden  ausgekoramene  Junge. 

2  ganz  frische  Eier  und  ein  altes,  verlassenes. 

2  etwas  angebrütete  Eier. 

ein  Ei,  gefunden  von  Dr.  A.  König  in  ilonn  (»Avi¬ 
fauna  von  Tunis«). 

2  Eier;  gefunden  in  den  Ruinen  des  Amphitheaters 
zu  El  Djem,  zusammen  mit  Herrn  Dr.  A.  König. 


Die  am  23.  XII.  91  gefundenen  halbflüggen  und  die  im  Januar  92 
frefaimenen  flü<i:o:en  Juiigen  dürften  in  der  zweiten  Hälfte  des 
November  gelegt  sein,  während  die  Eier  vom  9.  H.  92  und  die 
Juuoen  vom  11.  H.  92  in  der  zweiten  Hälfte  des  Januar  gelegt 
sind.  Die  Legezeit  der  am  13.  II.  und  15.  H.  gefundenen  gehört 
dem  Februar  an.  Es  ergeben  sich  daraus  zwei  Legeperioden  : 
November-Dezember  und  Januar-Februar.  Außerdem  wurden  indessen 
auch  im  April  Eier  gefunden.  Hieraus  läßt  sich  weiterhin  folgern, 
daß  die  Tauben  während  des  Winters  in  Zwischenräumen  von  circa 
6 — 8  Wochen  legen.  Über  das  Vorkommen  von  Eiern  während  des 
Sommers  kann  ich  einstweilen  bestimmte  Angaben  nicht  machen, 
doch  darf  man  wohl  annehmen,  daß  die  Tauben  in  gleichen 
Zwischenräumen  auch  in  dieser  Zeit  weiterlegen ;  es  würde  dies  dem 
Verhalten  der  Haustauben  entsprechen.  Ein  Versuch,  diese  An¬ 
nahme  an  Felseutauben  in  der  Gefangenschaft  zu  bestätigen,  schlug 
fehl,  denn  obgleich  den  Tauben  bei  mir  ein  großes  Zimmer  einge¬ 
räumt  ist,  in  welchem  Nistplätze  und  Material  reichlich  zur  Ver¬ 
fügung  stehen,  hat  sich  von  der  ganzen  Menge  noch  kein  Paar 
zum  Legen  und  Brüten  entschlossen.  Dieses  negative  Ergebnis  er¬ 
laubt  freilich  andererseits  keinen  Schluß  auf  das  Verhalten  der  Fels¬ 
tauben  in  voller  Freiheit. 

Immerhin  möchte  ich  die  zweite  aus  Brehms  Tierleben  angeführte 
Angabe  auf  eine  sommerliche  Legeperiode  beziehen.  Vielleicht  er¬ 
lauben  mir  spätere  Beobachtungen  den  sicheren  Nachweis  zu  er- 
brino-en,  daß  die  Felsentaube  in  der  Freiheit  ebenso  wie  die  Haustaube 
das  ganze  Jahr  hindurch  legt  und  brütet. 

Von  den  eingangs  erwähnten  Jagdmethoden  ist  die  zweite  bei 
weitem  erfolgreicher.  Die  Furchtsamkeit  der  Tauben  erlaubt  es 
nicht,  ihnen  an  der  Oberwelt  mit  Flinte  oder  Fangapparaten  beizu- 


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kommen,  und  nur  durch  Zufall  werden  einzelne  erlegt.  Man  ent¬ 
schließt  sich  daher  meistens,  dieselben  in  den  Brunnen  aufzusnchen. 
Noch  voi  Sonnenaufgang  finden  sich  die  eingeborenen  Jäger  ein 
und  versuchen  durch  große  Steine,  die  in  den  Brunnen  geworfen 
laut  klatschend  und  dröhnend  aufschlagen,  die  Tauben  herauszu¬ 
scheuchen.  Es  bleibt  dies  freilich  oft  ein  vergebliches  Bemühen, 
denn  die  Tauben  kümmern  sich  kaum  um  den  erfahrungsmäßig 
blinden  Lärm;  selbst  ein  in  den  Brunnen  abgefeuerter  Schuß  bleibt 
ohne  Wirkung,  Andere  Jäger  fangen  die  Sache  schlauer  an  oder 
wollen  es  wenigstens  thun.  Sie  bringen  sich  eine  Glocke  oder  Kette 
mit  und  lassen  diese  meist  in  Gesellschaft  einer  Jacke  oder  eines 
anderen  entbehrlichen  Kleidungsstückes  an  einem  langen  Stricke  in 
den  Brunnen  hinab  und  bringen  erstere  durch  hin-  und  herschleudern 
zum  läuten  resp.  rasseln.  Diese  Mittel  scheuchen  hin  und  wieder 
lauben  auf,  und  wenn  sich  von  diesen  manchmal  eine  als 
schwieriges  Zielobjekt  bietet,  so  sind  es  meist  nur  jüngere  Tiere, 
die  den  Brunnen  verlassen,  um  schleunigst  hinter  den  umgebenden 
Johannisbrot-  und  Oliveubäumen  zu  verschwinden.  Ältere  Tauben 
fliegen  wohl  in  dem  Brunnen  selbst  herum,  lassen  sich  aber  wie  ein 
Stein  in  die  Tiefe  fallen,  um  fester  als  zuvor  zu  sitzen,  sobald  sie 
den  oben  stehenden  und  im  Schweiße  seines  Angesichts  Glocke  oder 
Kette  schwingenden  Mann  erblicken.  Mit  ebenso  zweifelhaftem  Er¬ 
folge  haben  wir  brennende  Reisigbündel,  in  denen  zum  Überflüsse 
noch  Schwärmer  und  Frösche  stecken,  herabgelassen.  Aber  der 
arabische  Jäger  ist  ausdauernd;  wenn  auch  ein  schlechter  Fluo-- 
schütze,  so  kommt  er  um  so  beharrlicher  au  den  Bruuneu.  Was  er 
heute  nicht  erreicht,  versucht  er  morgen  oder  übermorgen  und  noch 
später,  bis  er  endlich  doch  eine  oder  die  andere  Taube  erbeutet. 
Gefährlicher  sind  den  Felseutauben  die  beherzten  Araber,  die  sich 
nachts  in  die  Brunnen  hiuablassen,  doch  gibt  es  ihrer  zum  Glücke 
nur  wenige,  sonst  wären  die  Vögel  bald  ausgerottet.  Sobald  näm¬ 
lich  der  Betreffende  in  den  Brunnen  gelaugt  ist,  wird  die  Öffnung  des 
letzteren  mit  einem  großen  Tuche  bedeckt,  so  daß  darunter  absolute 
Finsternis  herrscht.  Am  Boden  angelaugt  steckt  der  Jäger  irgend 
etwas  Laterueuähuliches  an  und  schlägt  auf  die  ihn  umflatternden 
geblendeten  Tiere  los,  bis  auch  die  letzten  erlegt  sind.  Die  Tauben 
denken  nicht  daran,  sich  durch  Hochfliegen  vor  dem  totbriiio-enden 
Knüppel  zu  retten,  da  sie  über  sich  die  völlige  Finsternis  sehen 
Nun  werden  die  Erschlagenen  zusammengelesen  und  ihnen  an  der 
Oberwelt  feierlichst  »bismillah«  (im  Namen  Allahs)  die  Kehle  durch- 


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schnitten,  wobei  der  Ausfnlirende  sich  stets  nach  Osten  wendet.  Ob 
die  Tauben  dabei  schon  tot  sind  oder  nicht,  ist  gleich,  denn  der 
Koran  verbietet  den  Gläubigen  aufs  strengste  ein  Tier  zu  essen, 
dein  nicht  die  Kehle  durchschnitten  wurde,  behufs  Auslauten  des 
Blutes  ;  jedes  auf  andere  Weise  getötete  Tier  ist  »djifa«  (Aas)  und 
unrein. 

In  ähnlicher  Weise  wird  das  Lebenclfaugeu  betrieben,  nur 
wird  statt  des  Tuches  ein  sog.  Spiegelnetz  über  den  Brunnen  ge¬ 
spannt,  so  daß  die,  besonders  in  mondhellen  Nächten,  das  Licht  oben 
sehenden  Tauben  sich  beim  Versuche  des  Ausfliegeus  in  dasselbe 
verwickeln.  Dem  unten  im  Brunnen  Befindlichen  fällt  die  Aufgabe 
zu,  so  viele  als  möglich  mit  den  Händen  zu  greifen,  wobei  es  freilich 
oft  vorkommt,  daß  er  statt  der  Taube  nur  deren  Schwanz  in  der 
Hand  behält.  Wird  der  Fang  bei  Tage  betrieben,  so  geschieht  es 
leicht,  daß  die  Tauben  das  Netz  über  sich  sehen.  Sie  fliegen  dann 
nicht  ganz  so  hoch,  sondern  setzen  sich  an  die  Brunnen  wand 
unterhalb  des  Netzes.  Wird  dann  der  unten  befindliche  Fänger 
heraufgezogen,  so  fliegen  sie  nicht  etwa  höher,  sondern  an  demselben 
vorbei  in  die  Tiefe;  davon  lassen  sie  sich  weder  durch  Schreien 


noch  Umsichschlagen  des  Entgegenkommenden  abbriugen. 

Ein  Brunnen,  in  dem  sich  mehrere  Tauben  befanden,  war 
ziemlich  geräumig  und  sehr  tief.  Da  er  teilweise  eingefallen  war 
und  außerdem  unter  den  Arabern  Gerüchte  über  in  ihm  wohnende 
böse  Geister  umgingen,  so  wollte  niemand  hinuutersteigen.  Ich  ließ 
daher  den  Brunnen  mit  einem  Netze  bedecken,  und  wir  warteten 
still,  ob  nicht  eine  Taube  sich  beim  Ausfliegen  fangen  würde.  Aber 
die  Vögel  hatten  das  Netz  gesehen.  Sie  flogen  wohl  in  dem  Brunnen 
herum,  vermieden  aber  das  Netz.  Der  Brunnen  blieb  die  Nacht 
über  mit  dem  Netze  bedeckt,  ebenso  den  darauf  folgenden  Tag, 
aber  die  Tauben  thaten  mir  nicht  den  Gefällen  ;  am  dritten  Tage 
hatte  sich  gleichfalls  keine  gefangen.  Im  Laufe  dieses  dritten  Tages 
mochte  sich  indessen  der  Hunger  fühlbar  gemacht  haben  ;  zwei 
Tauben  flogen  in  die  Nähe  des  Netzes  —  und  entwischten  mir.  Sie 
bewiesen  dabei  viel  Scharfsinn  und  flogen  nicht  etwa  verzweillungs- 
voll  f»-eo-en  das  Netz,  sondern  nur  bis  dicht  unter  dasselbe.  Dann 
«ringen  sie  an  dem  schräg  abfallenden  inneren  Rande  des  Brunnens 
in  die  Höhe,  hoben  an  einer  etwas  losen  Stelle  das  Netz  in  die 
Höhe  und  schoben  den  Körper  nach.  Ich  kam  gerade  dazu,  als  sich 
beide  empfahlen.  Da  sich  noch  Tauben  im  Brunnen  befänden,  ließ 
ich  das  Netz  noch  eine  Nacht  liegen.  Am  anderen  Morgen  fand 


ich  eine  Taube  tot  ini  Netze,  sie  war  jedoch  von  oben  hinein¬ 
geflogen,  also  eine  der  am  vorhergegaugenen  Tage  entwischten ;  sie 
mochte  spät  nach  Sonnenuntergang  zurückgekehrt  sein  und  das  Netz 
nicht  gesehen  haben.  Es  war  ein  Weibchen  mit  einem  ziemlich 
entwickelten  Ei  im  Schlauche.  In  diesem  Brunnen  wurden  am 
13.  Februar  die  beiden  Eier,  sowie  das  alte  verlassene  —  letzteres  war 
unbebi'ütet,  also  ganz  frisch  gewesen  —  gefunden.  Das  verlassene 
führe  ich  auf  die  im  Netze  verunglückte  Taube  zurück,  denn  bei  der 
ersten  Besichtigung  -  des  Brunnens  fanden  sich  vier  Tauben,  von 
denen  ein  Weibchen,  wie  erwähnt,  umkam,  nachdem  es  das  erste  Ei 
gelegt;  dem  zweiten  Weibchen  habe  ich  die  beiden  frischen  Eier 
genommen.  Bei  einem  ferneren  Besuche  hatte  sich  der  Bestand 
des  Brunnens  nicht  geändert,  ich  fand  drei  Stück:  ein  Pärchen  und 
das  einsame  Männchen. 

In  einem  ziemlich  engen,  einsam  gelegenen  Brunnen  fing  ich 
sechs  Paare,  darunter  ein  männliches  mit  teilweisem  Albinismus.  Der 
Kopf  war  ziemlich  weiß,  die  Flügel  zeigten  mehrere  weiße  Federn; 
dagegen  ist  der  Bürzel  weniger  weiß  als  bei  normal  gefärbten 
Exemplaren.  Eine  Bastardierung  mit  Haustauben  erscheint  mir  aus¬ 
geschlossen.  Dieselbe  mußte  öfter  Vorkommen,  doch  ist  mir  unter 
vielen  geschossenen  und  gefangenen  Exemplaren  nie  ein  abnorm  ge¬ 
färbtes  vorgekommen.  Fernerhin  ist  jener  Brunnen  weit  abgelegen 
von  menschlichen  Wohnungen,  in  deren  Umgebung  zahme  Tauben 
leben  könnten.  Andererseits  habe  ich  an  und  in  Brunnen  ge¬ 
jagt,  die  dicht  bei  Dörfern  lagen,  in  denen  Haustauben  gehalten 
wurden,  ohne  je  Bastardierung  zu  finden,  obgleich  hier  Gele<^enheit 
genug  gegeben  war. 


Das  liaselhuliii  in  Livland. 

Von  Oskar  von  Löwis. 

(Fortsetzung.) 

IIl.  Lebensweise. 

Die  Haselhühner  leben  in  Livland  —  und  höchst  wahrschein¬ 
lich  überall  —  durchweg  in  halbjährlicher  Monogamie  und  zwar 
vom  Oktober  resp.  November  bis  Ende  April  oder  Anfang  Mai  je 
nach  den  Jahren  in  musterhafter  ünzertrennlichkeit  und  steter  Ge¬ 
meinschaftlichkeit,  ob  auch  ausnahmslose  in  tadellos  ehelicher  Treue, 


1U3 


entzieht  sich  der  menschlichen  Beobachtungsgabe ;  wer  »hielt  da 
das  Licht«?  wer  unterscheidet  im  Waldesduukel  einen  Hahn  vom 
anderen,  wer  könnte  ein  Hennenkleid  vom  anderen  erkennen  ?  Lhe 
solches  möglich  würde,  mülsten  dem  homo  sapiens  bessere,  sehr 
viel  feinere  Sinne  zugeteilt  werden!  Erst  mit  Beginn  des  Wochen¬ 
bettes  der  Frau  Haselhuhn  lockert  sich  das  Liebes-  und  Lebens¬ 
verhältnis  allmählich  und  unrettbar  immer  mehr  bis  zu  völliger 
Trennung.  Brütet  die  Henne  erst  ganz  fest  und  folgt  naturgemäß 
nicht  mehr  den  zärtlichen  Verführungskünsten,  dem  Werben  des 
heißblütigen  Gemahls,  dann  entfernt  sich  der  grollende  Hahn  weiter 
ab  vom  Platze  seiner  Frühjahrshuldigungeu  und  dem  Nistplatz  der 
Henne,  bleibt  aber  stets  in  einer  nachbarlichen  Nähe  von  etwa 
200  Schritten  bis  zu  einem  halben  Kilometer  uud  streicht  niemals 
im  Sommer  oder  Frühherbst  in  andere  Reviere  fort  (was,  wie  bereits 
gesagt  wurde,  iin  späteren  Herbst  sich  mitunter  ereignet),  sondern 
hauset  in  der  altgewohnten  Umgegend  je  nach  dem  Terrain  und 
Bestände  näher  oder  weiter  vorzugsweise  im  Hochwald  älterer 
Schläge.  Wenn  nun  Anfang  Mai  eine  andere  benachbarte  Henne 
ihr  Gelege  verlor  und  als  Witwe  zur  Brut  geschritten  war,  wie 
solches  in  Livland  Vorkommen  kann,  und  nach  einer  Spätbrut  ver¬ 
langen  sollte,  dann  wäre  es  recht  wahrscheinlich,  daß  der  Stroh¬ 
witwer  -  Hahn  ihr  erbetene  Liebesdienste  gewähren  dürfte  und 
der  darum  »lockenden«  Henne  zu  keimfähigen  Eiern  verhelfen 
könnte.  »Kann  sein  —  kann  auch  nicht  sein  —  man  weiß  nicht 
<yewiß!«  Diese  mögliche  Untreue,  vom  menschlichen  Standpunkte 
aus  naheliegender  Hülfsbereitschaft,  wird  ewig  Theorie  bleiben,  da 
absolut  beweisende  Thatsachen  kaum  nachgewiesen  werden  dürften. 
Die  sehr  langsam  verlaufende,  den  Hahn  niemals  flugunfähig 
machende  Mauserzeit  verbringt  der  allen  Vaterfreuden  uud  Vater¬ 
sorgen  gänzlich  entsagende  Erzeuger  der  Juugbrut  als  Einsiedler, 
duixhaus  ungesellig,  im  dichtesten  Teil  des  hochstämmigen  Wald¬ 
reviers.  Sie  dauert  nur  wenig  über  zwei  Monate,  etwa  9  bis 
10  Wochen  ;  ich  erlegte  in  den  ersten  Tagen  des  Juni  (einmal  am 
10.)  alten  Stiles  öfter  alte  Haselhähue,  bei  denen  kaum  Spuren  der 
beginnenden  Mauser  bemerkbar  waren,  uud  bereits  Mitte  August 
welche,  die  fertig  ausgemausert  hatten.  In  warmen,  frühzeitig  vor¬ 
geschrittenen  Frühliugen  tritt  dieselbe  früher  ein,  um  entsprechend 
auch  früher  ihren  Abschluß  zu  finden.  Niemals  fand  ich  in  dieser 
Zeit  Hähne,  die  besonders  schlecht  flogen,  geschweige  denn  flug- 
unfähig  geworden  waren.  Gerne  flogen  sie  Ende  Juni  allerdings 


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weder  ab  uoch  weit  fort,  soiideru  liiichteteu  immer  wachsam  uucl 
scheu  zeitig  in  die  Kronen  der  höchsten  liottauuen,  von  denen  sie 
oft  nicht  mehr  abzutreiben  waren  —  noch  weniger  aber  auf  solchen 
llochstätten  wahrgenomnien  werden  konnten.  Das  eigentliche  Fliegen 
ward  aber  auch  in  dieser  Zeit  scheinbar  sicher,  in  demselben 
stürmischen  Tempo  wie  sonst  vorgetrageu;  das  Senken  wurde  ge¬ 
wöhnlich  vermieden,  dagegen  zeigte  sich  ein  Streben  zum  Steigen. 
Wenn  das  junge  Volk  sich  im  August  zu  zerstreuen  und  im  Locken 
zu  üben  aufangt,  dann  beginnt  auch  der  alte  Hahn  auf  solche 
Leizuiigeu  lebhafter  zu  werden,  treibt  sich  mehr  umher  und  wird 
oft  die  Beute  des  Junghühner  lockenden  Jägers,  der  zuweilen  etwas 
kritiklos  und  vorschnell  auniinmt,  der  Hahn  hätte  sich  im  Kreise 
seiner  Jungen  als  »Führer«,  »Wächter«,  »Vorposten«  oder  wie 
sonst  Jäger  sein  Verhalten  als  »Vater«  (?)  zu  bezeichnen  belieben. 
Keine  »edlen«  Vatertugenden  brachten  ihn  zum  Hausen  in  der 
gleichen  Gegend  mit  den  Jungen,  sondern  seine  sommerlichen  Ein- 
siedler-Gewohnh^iiten  lieläen  ihn  einfach  bleiben,  wo  er  war;  das 
Jungvolk  aber  begab  sich  umherstreichend  in  sein  Revier.  Sein 
Tiieb,  wieder  gesellig  als  Bräutigam  oder  Ehemann  zu  leben,  der 
ihm  von  Natur  eingeinipft  ist,  brachte  ihn  vor  das  Rohr  des  hm-bst- 
hchen  Jagers  in  gleichen  Revieren,  wo  seine  der  mütterlichen  Für¬ 
sorge  entwachsenen  Kinder  sich  tummelten.  Erst  im  Oktober  be¬ 
merkte^  ich  wirkliche  gesellige  Paarung  seitens  des  alten  Hahnes  mit 
einer  Gefährtin,  ob  der  alten  Ehefrau,  ob  mit  einer  anderen  »Alten« 
oder  einer  »Jungen«,  das  bin  ich  nicht  imstande  zu  beweisen,  daher 
auch  nicht  zu  behaupten;  hübsch  wäre  es,  wenn  er  seiner  »Ollen« 
treu  bliebe,  meinem  oruithologischen  Gefühle-  nach  vermute  ich  es 
sogar.  Das  polygamische  Getriebe  der  alten  Hirsche  und  Relie  soll 
immer  die  »Jungfrau«  vorziehen;  vielleicht,  zur  besseren  Auf¬ 
frischung  der  Rasse  würde  Darwin  sagen,  zieht  auch  der  alte  Hasel¬ 
hahn  es  vor,  eine  jungfrische  Henne  zu  freien,  und  überlätit  es  den 
hitzigen  Söhnen,  bei  der  Alten  herein  zu  fallen.  —  Ob  diese  Frao-e 
jemals  ganz  klar  und  unwiderleglich  beantwortet  werden  wird,  iiiufä 
man  einstweilen  dahin  gestellt  sein  lassen.  Zur  Erhaltung  der  Art 
ehören  aber  nicht  nur  lebensstark  von  junger  Mutter  zur  Welt 
gebrachte  Kinder,  sondern  auch  kluge,  sorgsame,  mutige  und  er¬ 
fahrene  Mütter;  das  war  gewiß  die  alte  Henne,  welche  ihr  fast 
vollzähliges  Gesperre  im  Herbst  verlassen  durfte  — ;  die  bewährte 
Führerin  ist  für  die  Arterhaltung  wichtiger  als  eine  junge  flotte 
Eierlegerin;  ich  nehme  also  »frei  nud  naturphilosophierend«\n,  daß. 


in 


105 


wenn  inöglicb,  derselbe  alte  Halm  durch  »dunkeln  Naturtrieb«  ver¬ 
anlagt  sich  iin  Herbst  wieder  mit  derselben  Heime  paart,  um,  wie 
früher  gewohnt,  eng  zusammenhausend  in  friedfertigem  Zusammen¬ 
leben  die  geringen  winterlichen  Freuden  und  zahlreichen  Leiden  zu 
teilen,  und  zusammen  der  alljährlich  wiederkehrendeu  Liebeszeit  ent¬ 
gegen  zu  harren.  Vielleicht  werden  solche  Ehen  mit  fast  halb¬ 
jährlichen  Erholungspausen  nur  durch  gewaltsamen  Tod  oder  sehr 
selten  durch  Altersschwäche  gelöst.  Polygamie  in  irgend  welcher 
Weise  besteht  meines  Wissens  nach  niemals  beim  Haselhuhn,  ebenso 
wenig  aber  auch  Monogamie  in  dem  Sinne,  wie  wir  dieselbe  beim 
Schnee-  und  Feldhuhn  durchgeführt  sehen.  Ein  guter  Gatte  — 
aber  ein  »herzlich«  schlechter  Vater  ist  und  bleibt  der  Haselhahn. 
Wenn  Jägern  das  herbstliche  Folgen  auf  der  Locke  an  gleichem 
Ansitz  seitens  der  Junghähne  und  des  Althahnes  als  Beweis  der 
väterlichen  Führerschaft  bis  in  die  Jagdtasche  zu  dienen  vermag, 
so  könnte  dasselbe  bei  der  Birkhühnerjagd  im  Juli  mit  dem  Hühner¬ 
hunde  anch  »beweisend«  erscheinen,  da  alte  Birkhähne  nach  Zer¬ 
streuung  und  Beschießung  der  Junghühner  wiederholt  im  Doublette 
mit  einem  Junghahn  von  mir  erlegt  wurden!  Der  begleitende  Forst¬ 
wart  meinte  allerdings  auch:  »Das  war  ein  guter  Vater«! 

Es  mag  in  Livland  sehr  viele  Jäger  geben,  —  und  ich  weiß 
es  sogar  ganz  bestimmt  —  die  ungleich  tüchtiger,  energischer  und 
im  Abschießen  mir  bedeutend  überlegen  sind,  aber  als  friedlicher 
Beobachter  und  Erforscher  der  Lebensart,  des  Treibens  und  des 
Charakters  unserer  Warmblüter  habe  ich  angeborene  Sinne,  die 
rechte  Liebe  zur  Sache  und  so  viel  kritische  Objektivität  wie  viel¬ 
leicht  nicht  viele  Wildtöter  und  Bentemacher  es  bisher  bethätigten; 
dazu  kam  in  diesem  Falle,  daß  mir  unter  besonders  günstigen  Um¬ 
ständen  die  fast  tägliche  becinenie  Beobachtung  der  Haselhühner 
während  10  Jahren  in  Meiershof  möglich  wurde,  welches  ein  selten 
herrlicher  Platz  zum  Studieren  dieser  Art  ist  —  nicht  aber  zum 
Anfertigen  großer  Abschußlisten,  zu  Erfolgen  und  reicher  Strecke. 
Konnte  ich  doch  vor  bald  3  Jahren  am  18 — 30.  Juli  ein  Volk  Hasel¬ 
hühner  einen  halben  Tag  über  im  Garten  dort  beobachten,  ihr 
Lagern  unter  einem  Faulbeerbusch,  ihr  Hocken  auf  den  Apfelbäumen, 
die  treue,  äußerst  wachsame,  stets  mißtrauische  Führung  der  alten 
Henne,  das  stete  Fehlen  des  Hahnes,  der  etwa  200  Schritte  abseits 
als  Einsiedler  lebte  etc.  Ein  derartiges  Beobachtungsfeld  besaß  kein 
Anderer!  —  Von  unseren  anderen  Wildliühnerarten  weicht  das 
Haselhuhn  im  geschlechtlichen  Verkehr  und  in  dem  Eheleben  gänzlich 


106 


ab,  iiud  zwar  eigenartig  einzig  in  seiner  Art.  —  Während  das 
Auer-  und  Birkwild  in  freiester  Liebe  ohne  jede  Spur  eines  Ehe¬ 
standes,  ohne  irgend  welche  Pflichtenübernahme  nach  genossenem 
sinnlichen  Liebesglück  dahin  lebt  —  wüst,  heidnisch  und  egoistisch 
,  und  während  Morast-,  Schnee-  und  Feldhühner  sich  nimmer  trennen, 
es  scheide  sie  denn  der  Tod,  gemeinschaftlich  brüten,  die  Kinder  er¬ 
ziehen,  führen  und  verteidigen,  also  das  hübsche  Bild  menschlich- 
sittlicher  Eheverbindungen  darstellen,  zeigt  uns  allein  das  nervöse 
Haselhuhn  eine  reizvolle  poetische  Liebesehe  mit  Ferien,  ohne  die 
Prosa  des  bürgerlichen  Kindererziehens,  des  täglichen  Sichplagens 
seitens  des  Hahnes.  —  So  wenig  achtbar  die  Haltung  des  Hahnes 
vom  menschlich  -  sittlichen  Standpunkt  hier  erscheint,  so  unendlich 
hoch  stehet  hier  in  meinen  Augen  die  Henne  da,  indem  sie  an 
ein  Zusammenleben  gewöhnt,  der  Pflichten  halber  jetzt  allein  die 
Kinder  übernahm.  Die  Birkhenne  kannte  kein  Ehelebeu,  da  laff  ihr 
auch  ein  Leben  mit  dem  Vater  ihrer  Kinder  ferne !  —  Vom  Oktober 
an  gehörte  alle  Zärtlichkeit,  alle  Liebe,  das  ganze  Selbst  der  Hasel- 
he  une  dem  Gatten  bis  zum  Mahnruf  der  Brutpflichten;  nun  wird 
sie  ganz  Mutter,  Versorger,  arbeitet,  kämpft,  opfert  ihr  Leben 
scheinbar  bewußt  für  die  lieben  Kleinen,  verlangt  nichts  vom  Manne 
ihrer  Wahl  und  —  gibt  ihm  wieder  alles,  sobald  sie  ihre  letzte 
Pflicht  dem  Nachwuchse  gegenüber  erfüllt  hat;  das  ist  vom  mensch¬ 
lichen  Standpunkt  aus:  Selbstlosigkeit!  Seine  etwaige  eheliche 
Irene  wiegt  die  Arbeitsscheu  nicht  auf;  seine  winterliche  Anhänglich¬ 
keit  verblaßt  vor  den  dauernden  Tugenden  der  nimmer  ruhenden 
Gefährtiu.  Während  41  jähriger  Bekanntschaft  mit  schlecht  gerechnet 
3 — 400  Haselhühnerketten,  von  denen  ich  in  den  letzten  10  Jahren 
25  Gesperre  speciell  in  Meiershof,  so  oft  ich  wollte,  besichtigen  konnte, 
habe  ich  kein  einziges  Mal  den  Hahn  bei  der  Kette,  so  lange  sie  in 
geschlossenem  Volk  lebte,  angetroffen  und  erkläre,  daß  die  alten 
Hähne,  welche  im  Frühherbst  unter  Junghühuern  mitlockten,  zu 
Schuß  gelaugten  und  zusammen  in  die  Jagdtasche  wauderten,  nicht 
als  »Väter«  anzusprecheu  sind,  sondern  als  Werber,  Nebenbuhler 
oder  wie  man  das  herbstliche  Treiben  zu  nennen  belieben  mag! 
Weniger  beständig,  weil  nicht  so  tief  innerlichem  Naturgesetz  folgend 
oder  durch  Tiersitte,  Anlage  physisch  bedingt,  wie  die  Vaterschaft 
des  Haselhuhnes,  dürfte  die  Wahl  der  Schlafstätteu  desselben  sein. 
Hier  spielt  die  Fähigkeit  des  Anpassungsvermögens  wesentlich  mit, 
die  geographische  Lage,  das  Vorhandensein  von  Gebirge  oder  flachem 
Wald,  die  Häufigkeit  der  geflügelten  Räuber  —  oder  die  vorwiegende 


107 


Anzahl  vierbeiniger  Feinde,  große  Winterkälte,  hohe  Sehneelage, 
die  Art  des  Waldbestandes  n.  a.  m,  —  —  Die  beweisenden  d.  h. 
überzeugenden  Thatsacheu  oder  das  Fehlen  derselben  sind  für  das 
Vorliegende  sehr  viel  schwerer  zu  erkennen  als  das  Fehlen  des 
Hahnes  bei  der  Kette,  —  In  Livland  schläft  das  Haselhuhn  in  der 
Regel  am  Boden  ;  für  den  Winter,  das  Frühjahr  und  den  Sommer 
nebst  Frühherbst  sind  betreffende  Beobachtungen  und  Nachforschungen 
leichter  als  für  den  Spätherbst  und  schneelosen  Frühwiuter  ’/u 
machen,  weil  die  Länge  und  Dunkelheit  der  Nächte  störend  ist,  weil 
die  Hühner  zu  dieser  Zeit  später  (dem  Lichte  nach)  zur  Ruhe  gehen  und 
dieselbe  am  Morgen  früher  verlassen,  weil  das  ümherstreifen  dann 
schwierig  ist,  der  Schnee  fehlt  u.  a.  m.  Ich  glaube,  daß  Haselhühner 
im  Gebirge  eher  als  in  der  Ebene  den  Baumschlaf,  ferner  wo  vier¬ 
beinige  Räuber  zahlreich,  wo  hohe,  sehr  dicht  belaubte  astreiche 
Bäume  vorhanden,  im  Süden  der  Reptilien  und  Insekten  halber  vielleicht 
auch  lieber,  bevorzugen  dürften,  dagegen  im  hohen  Norden,  bei  großer 
Kälte,  bei  hoher  Schneelage,  bei  zahlreichen  Eulen,  bei  Niederwald 
und  krüppelichem  Moorbestande  immer  dem  Bodenschlaf  sich  hin¬ 
geben  werden.  —  Nur  wenige  Ausnahmen  konnte  ich  im  Laute  der 
Jahre  bemerken,  besonders  nur  dann,  wenn  spät  abends  Zerstreuen 
der  Kette  stattfaud,  wenn  ein  altes  Paar  oder  Einzelhuhn  durch 
Nachstellung  bis  in  die  Dunkelheit  beunruhigt  und  verschüchtert 
wurde.  —  Einmal  im  Spätherbst,  nach  sehr  regnerischem  Abend 
und  ebensolcher  Nacht,  der  ein  Reifmorgen  folgte,  als  ich  durch 
Morgeuschlaflosigkeit  veranlaßt  im  Frühdunkel  in  dem  Park  zu 
Meiershof  mich  verlor,  trieb  ich  von  einer  sehr  dichtästgien  Grähne 
(Rottanne)  ein  Huhu  ab,  welches  offenbar  Schutz  suchend  am  Abend 
unter  diesem  Schirmdach  sein  Nachtquartier  bezogen  hatte.  Dieser  Fall 
wurde  mehrere  Jahre  nach  meinem  1881  und  1882  niitDr.  Wurm  geführ¬ 
ten  Federkrieg  von  mir  erlebt  und  nicht  vergessen.  —  Nachdem  ich  im 
Juli  1890  das  schwere  Unglück  gehabt  hatte,  eine  alte  Henne, 
Mutter  von  10  Jungen,  beim  Auflliegeu  der  Kette  in  dichtbelaubten 
Erlen  zu  erschießen,  zerstreuten  sich  die  Jungen,  ganz  scheu  und 
fremdartig  sich  gebahrend,  über  ein  größeres  Gebiet,  sich  allmählich 
buchstäblich  verlierend ;  während  sie  sonst  mit  der  Mutter  Tag  und 
Nacht  ausschließlich  am  Boden  weilten,  nur  nach  Aufscheucheu 
bäumten,  um  binnen  kurzer  Zeit  wieder  zu  Boden  zu  fliegen,  hockten 
diese  armen  Waisen  vereinzelt  auf  den  höchsten  Bäumen,  wagten  vor 
Angst  und  offenbarer  Ratlosigkeit  nicht  für  kurze  Zeit  nach 
Nahrung  zu  Boden  zu  »fallen«.  Von  diesen  Hühnern,  die  ver- 


108 


wirrt,  der  Führerschaft  beraubt,  schlecht  ernährt  sich  nicht  zu 
»lassen  und  zu  finden«  wußten,  trieb  ich  eines  noch  spät  am  Abend, 
als  längst  Schlafenzeit  eingetreteu  war,  vom  Baume  ab;  wahrschein¬ 
lich  verbrachten  alle  diese  Unglücklichen  die  traurig  einsame  Nacht 
aut  blattreichem  Hochsitz  zu !  Ausnahmen  festigen  meist  die  Regel 

—  diese  ist  und  bleibt  für  Livland  der  ßodenschlaf! 

IV.  Seelisches. 

V\^achsamkeit,  Vorsicht  und  scheues  Gebahren  dürften  wesent¬ 
liche  Eigenschaften  des  ohne  Grund  wenig  beweglichen  aber  stets 
Umschau  haltenden  Haselhuhnes,  schüchterne  Uugeselligkeit,  stilles 
beschauliches  Eheleben  an  gewöhnter,  Versteck  gewährender  Örtlich¬ 
keit,  und  sorgende  Erfüllung  der  Mutterpflichten  seine  leicht  bemerk¬ 
bare  Eigentümlichkeiten,  und  ein  schnell  erregbares,  hitziges  — 
aber  auch  bald  wieder  sich  beruhigendes  Blut,  in  geschlechtlicher 
Liebe  wann  glühend ,  seine  vorherrschende  Gemütsbeschalfenheit 
sein!  Halbwegs  mutig  und  leidlich  unerschrocken  dürfte  mau  nur 
ausnahmsweise  das  Gebahren  der  Haselhühner  neunen  können,  eisreut- 
lieh  nur  das  zeitweise  Verteidigen  und  Verhalten  der  Mutter  dem 
Feinde  der  Jungen  gegenüber  und  das  Vorgehen  des  Hahues  in  der 
Balzzeit  gegen  einen  vermeintlichen  oder  wirklich  vorhandenen 
Nebenbuhler. 

Das  Kämpfen ,  bei  anderen  Hühuerarten  eine  so  wichtige, 
häufige  und  sofort  in  die  Augen  springende  Erscheinung,  spielt  bei 
dem  durchaus  friedfertig  angelegten  Haselhuhn  eine  nur  sehr  neben¬ 
sächliche  —  fast  verschwindende  Rolle.  —  Die  Eifersucht  der  Liebe 
treibt  die  Hähne  zueinander,  aber  nur  selten  zum  wirklichen  Zwei¬ 
kampf,  —  und  nach  meinen  allerdings  in  dieser  Richtung  etwas 
spärlichen  Erfahrungen  nur  in  der  ersten  Balzperiode  ;  kein  einziges 
Mal  habe  ich  Kampf  in  der  zweiten  abnehmenden  Balzzeit  oder 
sonst  wann  im  Jahr  —  auch  nicht  in  der  herbstlichen  Lockepisode 

—  wahrnehmen  können.  —  Das  nicht  seltene,  spielende  Haschen 
und  nur  scheinbare  Aneinandergerateu  der  Junghähne  im  Herbst  ist 
kein  Kampf,  sondern  nur  ein  unthätiges  Prahlen  —  kaum  ein 
Kampfspiel  zu  neunen!  Ihn  Heldenrollen  zu  geben  ward  das  Hasel¬ 
huhn  offenbar  nicht  geschaffen.  —  Auch  gefiederte  Helden  leben 
nicht  versteckt,  sondern  brüsten  sich  gerne  »auf  den  Gassen«  ; 
Helden  meiden  nicht  Standesgenosseu,  sondern  zeigen  sich  heraus¬ 
fordernd,  erwarten  an  sichtbarem  Platz  etwaigen  Angriff  und  Kampf, 
wie  es  z.  B.  der  tajjfere  Birkhahn  so  gern  thut.  Unser  Haselhuhn 


109 


ist  ein  Ehe-  und  Jiiiiggesellen-Philister,  der  nur  durch  augenblickliche 
Reizung  angreifend  werden  kann.  Es  geht  aller  Gefahr,  allem  Streit 
gern  aus  dem  Wege,  stiehlt  sich  gebeugten  Ganges,  ins  Dunkel  des 
VValdgehüsches  flüchtend,  von  dannen,  sobald  irgend  ein  Geräusch 
hörbar  wird.  —  Bis  zur  wirklichen  Ratlosigkeit  im  Banne  lähmen¬ 
der  Furcht  wird  aber  das  schüchterne  Wesen  bei  mangelndem  Mut 
doch  nicht  leicht  gesteigert,  als  Gegenstrom  wirkt  da  die  angeborene 
Klugheit,  welche  nur  selten,  eigentlich  nur  ausnahmsweise  das  sich 
gewandt  in  Sicherheit  zu  bergen  wissende  Huhn  verläßt.  —  Plötzlich 
durch  allzu  heftigen  Schreck  bewirkte  Ratlosigkeit  überfällt  auch  zu¬ 
weilen  den  Klügsten  der  Klugen  z.  B.  den  Meister  Reinecke,  von 
dem  ich  unzweideutige  Kopflosigkeiten,  geradezu  direkt  ins  offenbare 
Verderben  jagende  Dummheiten  als  augenblickliche  Verrücktheit, 
durch  Augst  und  Schreck  veranlaßt,  zahlreich  berichten  könnte,  wie 
ich  solche  namentlich  bei  großen,  lärmenden  Parforce  -  Jagden  er¬ 
lebte !  —  Dem  Haselhuhn  mangelt  es  für  gewöhnlich  nicht  au  Geistes¬ 
gegenwart;  das  ümschauhalteu,  das  Erspähen  des  besten  Fluchtweges 
ist  nicht  Unsicherheit;  der  Dumme  stürzt  kopfüber  bei  Gefahr  fort 
und  schlägt  daher  oft  falsche  Richtung  ein,  die  ins  Verderben  führt, 
der  Kluge  nimmt  sich  einen  Augenblick  Zeit,  ehe  er  sich  entschließt. 
Einige  vereinzelte  Beispiele  von  Kopflosigkeit  sind  Ausnahmen  von 
der  Regel,  welche  beim  Haselhuhn  Vorsicht,  Umsicht,  rechtzeitiges 
Verschwinden  etc.  heißt. 

Das  pfeifende ,  sehr  eigentümliche  Locken  der  Haselhühner, 
speciell  das  der  Hähne,  ist  ihr  Gesang.  —  Das  Hauptmotiv  zum 
Siuffeu  ist  für  alle  Vögel  zweifellos  der  sich  regende  oder  bereits 
entbrannte  Geschlechtstrieb,  die  rein  physische  oder  auch  ehelich 
kameradschaftliche  Liebe  in  allen  ihren  bald  versteckten,  bald  offen 
erkennbaren  Schattierungen ;  erst  in  zweiter  Linie  tritt  auch  als 
Grund  das  allgemeine  Wohlbefinden,  die  Lebenslust  als  solche  hinzu. 
Friedfertige  Vögel  sind  die  meisten  Säuger  —  auch  die  »Balzer«  — 
Raubvögel  singen  niemals!  Während  nun  alle  übrigen  Hühnerarteu 
die  Balzlaute  fast  nur  in  der  rechten  Liebeszeit  des  Frühjahrs  er¬ 
schallen  lassen  (Auerhahn  und  Birkhahn  nur  selten  im  Herbst  eine 
Probeübung  machen)  befleißigt  sich  das  Haselhuhn  einzig  und  allein 
unter  den  Vögeln  Europas,  aus  freien  Stücken  in  zwei  Balzlock- 
Perioden  des  eifrigen  »Singeus«.  Im  Herbst  hört  mau  sogar  meist 
anhaltender  und  häufiger  das  Pfeifen  d.  h.  also  das  Singen  der 
Haselhühner.  Es  gibt  frische,  sonnige,  windstille  Tage  im  September, 
au  denen  ein  reich  besetztes  Gebiet  von  allseitigem  Pfeifen  erfüllt 


110  — 


wird;  das  sonst  kaum  bemerkbare  Haselhuhn  macht  sich  wahrnehm¬ 
bar  wie  fast  im  Frühjahr  die  Singdrossel! 

Wenn  nun  das  Locken,  resp.  Singen  des  Haselhuhns  anderen 
Vögeln  gegenüber  ein  abnormes,  weil  vollständig  2  periodisches  ge¬ 
nannt  werden  muß,  so  dürfen  wir  zurückschließen,  daß  im  phy¬ 
sischen  Leben  dieses  Wildhuhnes  auch  abweichend  entwickelte  Ge- 
mütserscheinungeii  vorhanden  sein  müssen.  Ohne  Grund  keine 
Erscheinung,  ohne  Ursache  keine  Wirkung,  also  in  diesem  Falle 
auch  ohne  besonderen  Trieb  kein  Singen  im  »stummen«  Herbst. 

Von  den  bez.  Frühjahrs-Äußerungen  könnten  wir  fast  absehen, 
denn  darin  ähneln  eben  alle  Vögel  mehr  oder  weniger;  aber  ein 
teilweise  abweichendes  Moment  könnte  hier  doch  (wie  auch  beim 
Moor-  und  Feldhuhn)  bemerkt  werden,  nämlich  daß  das  Haselhuhn 
ungleich  mäßiger,  oft  nur  speciell  angereizt  in  der  Liebeszeit  singt 
als  die  anderen  Waldhühner  und  auch  sonstige  Vögel.  —  Warum? 
Nun  weil  ein  solides  Eheleben,  ohne  Liebesraserei,  halbjährlich  vor- 
ausging,  was  eben  sonst  in  der  Vogelwelt  nicht  Regel  ist.  Kein 
toller,  liebewütiger  Bräutigam  tritt  auf  den  Plan,  der  auf  Eroberungen 
ausgeht,  sondern  ein  warmer  Ehemann  in  berechtigtem,  gewöhntem  — 
nicht  aber  bräutlich  stürmischem  Liebeswerben.  Die  Eifersucht  ist 
ja  damit  nicht  ausgeschlossen  ■ —  Othello  war  auch  ein  Ehemann!  — 

Während  sich  im  Herbst  die  Moorschneehühner  stumm  zu 
größeren  Flügen  vereinigen,  jedenfalls  in  der  Familie  bleiben,  des¬ 
gleichen  die  Feldhühner  'in  voller  Familienzahl,  oder  nach  starker 
Beschießung  mehr  als  decimiert,  mitunter  zu  2 — 3  Familien  sich  ohne 
viel  Lärm  vereinigen,  die  Birkhühner  zu  Hunderten  sich  für  den 
Winter  sammeln,  auch  das  weniger  gesellige  Auerhuhu  in  kleinen 
Gruppen  der  Hähne  von  2 — 4  Stück  und  in  größerer  Anzahl  von 
Hennen,  bis  zu  20  Stück  zuweilen,  sich  in  Livland  oder  sonst  wo 
zusammen  fanden  und  hielten,  und  keine  dieser  Arten  so  frühe  an 
eine  Paarung  für  das  erst  im  Frühling  zu  erwartende  Liebesieben 
dachte,  begehrt  das  im  Grunde  durchweg  ungesellige  Haselhuhn 
sich  eigenartig  baldmöglichst  von  seiner  Familie  völlig  zu  lösen  und 
abzutrenuen,  aber  nicht  um  einsiedlerisch  »mutterseelenallein«,  son¬ 
dern  wo  möglich  in  weiser  Vorsorge  für  das  Frühjahr  schon  jetzt 
in  vorbräutlicher  oder  gewissermaßen  eheligem  Paarleben  die  kalte 
Zeit  zu  verbringen.  —  Dieses  abweichende  Gelüste,  schon  im  Herbst 
sich,  wenn  auch  vorläufig  nur  platonisch  zu  paaren,  fand  seinen 
Ausdruck  in  dem  zum  Zwecke  führenden  fleißigen  Locken  und  Au- 
locken.  Diese  Sprache  dürfte  die  Wünsche  des  Hahnes  der  Henne 


111 


gegenüber  aiissprechen,  dieses  Werben  in  gewohnten  Tönen  Gehör 
finden,  also  ist  das  Singen  im  Herbst  begründet  und  der  Gemütsart 
und  dem  Lebeusideal  entsprechend  und  zweckdienlich.  Die  anderen 
VVildhühner  besitzen  diesen  winterlichen  Ehe -Trieb  nicht,  daher 
wird  von  ihnen  das  »Singen«  im  Herbst  nicht  gleichwertig  mit  dem 
»Singen«  im  Frühjahr  betrieben.  —  Das  reiche  Herbstlocken  ist 
eine  hervorragende  Eigentümlichkeit  des  Haselhuhnes,  wie  das  halb¬ 
jährliche,  stetige  Eheleben  vor  Eintritt  der  geschlechtlichen,  treibenden 
Brunft.  —  Der  eine  Trieb  bedingt  den  anderen,  die  zu  beweisende 
Wechselwirkung  ist  thatsächlich  vorhanden.  (Schluß  folgt.) 


Der  Polarfuchs  {Canis  lagopus). 

Von  Bernhard  Langkavel,  Hamburg. 

■  (Schluß.) 

Über  das  Haa  rkleid  der  jungen  isländischen  Polarfüchse 
gibt  uns  schon  Thienemann  genaue  Berichte.  Bis  zur  sechsten 
Lebenswoche  Ist  es  weich,  wollig,  anderthalb  cm.  lang  und  entweder 
überall  schmutzig  graubraun  oder  an  Gesicht,  Unterleib  und  Seiten 
mit  weiß  gemischt,  wenn  sie  später  weiL  werden.  Bis  gegen  den 
Herbst  hin  durchdringen  den  Wollpelz  daun  steife,  ''glänzende  und 
3^2  cm.  lange  Haare.  Im  ersten  Winter  wird  der  Wollpelz  mit 
einem  weichem  längeren  Unterhaar  vertauscht,  das  SVa  cm.  lang, 
am  Grunde  grau,  an  den  Spitzen  weiß,  grau  oder  braun  wird.  Im 
Ajiril  und  Mai  des  nächsten  Jahres  ballen  sich  die  Haare  des  Winter¬ 
pelzes  zusammen  und  werden  von  dem  neu  hervorkommenden  kurzen 
Unterhaare  abgestoßen,  das  gegen  den  nächsten  Winter  nicht  aus¬ 
fällt,  sondern  dichter  wächst  und  sich  verlängert.  WraugeU)  nennt 
das  Haarkleid  der  Jungen  leicht  gekräuselt.  Auf  Novaja  Semlja 
variirten  die  im  August  schon  völlig  ausgewachsenen  jungen  Tiere 
etwas  in  Farbe,  aber  alle  zeigten  ein  mehr  oder  weniger  deutliches 
sraubräunliches  Kreuz  über  Rücken  und  Schultern,  bei  einem  Exein- 
plare  dunkler  und  reiner  braun,  die  Unterseite  fast  mardergelb  ^). 
Wie  schon  Schreber^)  und  von  Middendorff  in  einem  Geheck  blaue 
und  weiße  Junge  erwähnen,  so  fanden  auch  die  Mitglieder  der 
Östr.  Polar-Exped.  nach  Jan  Mayen-'')  im  Winter  1882  —  1883  zwei 

>)  Reise  II.,  117.  ")  Peterm.  1872,  221.  III.,  864.  IV.,  2.  942.  5) 
III.,  128-180. 


112 


Würfe,  von  denen  jeder  drei  braune  und  ein  weilses  Junge  enthielt. 
Alle  waren  bis  Mitte  Oktober  bläulich  grau,  dann  zeigten  sich  in 
geringem  Grade  weiße  Haare  auf  Schnauze  und  Schwanz.  Diejenigen 
Jungen,  welche  später  weiß  werden,  sind  in  den  ersten  Wochen 
kurzhaarig  und  rötlichgelb,  die  andern  besitzen  dieselbe  llaarläuge, 
sind  jedoch  schwärzlich. 

Der  erwachsene  Eisfuchs  ist  dichroinatisch,  d.  h.  er  tritt  in 
zwei  beständigen  Varietäten  auf,  von  denen  die  eine  bläulich  und  im 
Winter  nicht  weiß  ist,  die  andere  dagegen  fahlfarbig  und  im  Winter 
weiß;  die  weiße  ist  aber  durchaus  nicht  die  nördlichere  ’),  Die  weiße 
Färbung  scheint  in  verschiedenen  Ländern  sowohl  als  bleibende  indivi¬ 
duelle  Abänderung  als  auch  als  bloße  Wintertracht  vorzukommen 
und  auch  in  derselben  Gegend  erstreckt  sich  der  Farbenwechsel  nicht 
auf  alle  Individuen;  die  weißen  werden  nie  grau,  die  grauen  nie 
weiß^).  Die  schwarze  Schwanzspitze  beim  weißen  wird  von  Parrj 
hervorgehoben  ^).  Eine  analoge  Erscheinung  wollen  manche  in  dem 
gescheckten  Raben  der  Färöer  erblicken,  welchen  Vieillot  irrtümlicher¬ 
weise  zu  einer  besonderen  Art  Corviis  leucopliaeiis  erhob.  Nach 
J.  Reinhardt  ist  diese  Varietät  von  G.  corax  auf  jenen  Inseln  gar 
nicht  häufig,  denn  es  vergehen  bisweilen  mehrere  Jahre,  ohne  daß 
sich  ein  solcher  zeigt Wenn  aus  den  nördlichen  Teilen  Japans 
weiße  Füchse  erwähnt  werden,  so  sind  das  natürlich  nicht,  wie 
manche  glaubten,  Polarfüchse  sondern  nur  Albinos,  wie  sie  auch  bei 
uns  Vorkommen^).  Die  weißen  Fuchsfelle,  mit  denen  Mandarinen 
von  hohem  Range  trauern,  sind  vielleicht  importierte  Polarfüchse  oder 
die  in  China  sehr  seltenen  Fuchsalbiuos  ®). 

Nach  den  Ansichten  unserer  Jäger  sollen  weiße  Exemplare 
unseres  hiesigen  Fuchses  nur  in  sehr  kalten  Wintern  auftreten;  so 
wären  die  im  Jahre  1864  bei  Planegg,  1866  bei  Gerau  und  Darm¬ 
stadt  gesehenen  durch  die  Kälte  weiß  geworden.  Ähnlich  äußerte 

b  Deutsche  Geogr.  Blätter  1885,  284.  b  Polarexped.  III.,  130. 129. 

vgl.  Peterra.  1869,  461;  1871,  418.  Kükenthal  sah  einen,  der  vorn  weiß 
hinten  schwarz  war;  vgl.  Deutsche  Geogr.  Blatt.  XIII. j  38.  b  Zweite  Reise? 
Appendix  299.  “)  Ö.str.  Polarexped.  IIP,  130.  b  IVlitt.  Gesellsch.  f.  Erdk. 

Halle  1885,  101.  Canis  milpes  ändert  auch  bei  uns  in  der  Farbe  mannigfach 
ab;  es  gibt  mehrfarbige  (Deutsche  Jägerzeitung  XVI.,  80),  weißgraue 
(a.  a.  0.  XIV.,  350),  mit  weißen  Vorderbeinen  (a.  a.  0.463),  halbweifse 
a.  a.  0.  X.,  III),  gesprenkelte  (Deutscher  Jäger  X.,  34),  weifie  a.  a.  0.  XIII., 
154;  XI.,  218;  1887,  100  vgl.  168;  Neue  Deutsche  Jagdzeitung  VI.,  74;  Deutsche 
Jäger  Zeitung  XIII.,  741;  XIV.,  134).  b  Giles,  Chinesische  Skizzen;  Ausland 
1873,  III. 


sicli  anch  Wood  in  seinem  Buche  »liomes  withont  Lands«  :  Die  Kälte 
bleiche  das  Haar  des  Polarfuchses^).  Daß  die  Strenge  des  Winters 
aber  nicht  die  veränderte  Haarfarbe  hervorruft,  erkennen  wir  deutlich 
daraus,  daß  auch  im  warmen  Zimmer  gehaltene  Eisfüchse  sich  zu 
derselben  Jahreszeit  verfärben ;  wir  harren  noch  der  Lösung  der 
Fragen  über  die  verschiedenen  Färbungen,  Auch  das  Verhältnis  der 
verschieden  gefärbten  Tiere  zu  einander  läßt  sich  schwer  bestimmen, 
denn  auf  deu  Schueeflächeu,  zwischen  den  Steinen  und  auf  dem 
Lande  werden  die  dem  jedesmaligen  Terrain  gleichfarbigen  dem  Auge 
des  Jägers  verborgen  bleiben.  Am  Prince  of  Wales  Sund  ist  zu 
Anfang  des  September  das  Fell  aller  kurz  und  schieferfarben,  bisr 
weilen  fast  weiß,  mit  wenigen  zerstreuten  Haaren,  die  eine  schwarze 
Spitze  tragen.  Später  im  November  ist  der  Pelz  auch  noch  sehr 
grau,  besonders  nahe  an  der  Wurzel  der  Haare  und  zeigt  sogar 
noch  einen  Monat  später  wenig  Veränderung.  Während  des  Januar 
jedoch  scheint  der  Pelz  schnell  zu  wachsen  und  ist  in  der  Mitte 
dieses  Monats  vollkommen  weiß  geworden  mit  Ausnahme  kleiner 
Büschel  alten  Haares,  welche  in  vielen  Fällen  verwickelt  in  dem  neuen 
den  ganzen  Winter  hindurch  Zurückbleiben^).  Nach  Richardson  ®) 
ist  in  Amerika  das  Winterkleid  weiß,  das  Sommerkleid  mehr  oder 
minder  braun,  doch  werden  nur  wenige  Tiere  im  Winter  völlig  rein¬ 
weiß,  viele  behalten  dunkle  Flecken  an  der  Nase,  andere,  wahr¬ 
scheinlich  junge,  bleiben  das  ganze  Jahr  hindurch  mehr  oder  minder 
farbio-:  die  auch  im  Sommer  rein  weißen  Füchse  halten  die  Grönländer 
für  eine  besondere  Varietät.  Pallas '*)  hält  für  die  in  Asien  häufigste 
Form  diejenige,  welche  im  Winter  weiß  wird,  eine  zweite  bleibe  auch 
im  Winter  dunkelbraun,  und  eine  dritte,  freilich  sehr  seltene,  wäre 
schwarzbraun.  Der  Haarwechsel  und  die  Farbe  erfolge  nicht  als 
Wirkung  der  Kälte,  sondern  wohl  nach  gewissen  uns  noch  unbekannten 
Gesetzen,  weil  auch  die  in  Petersburg  in  warmen  Zimmern  gehaltenen 
Tiere  weiß  wurden.  An  der  untern  Lena  tragen  noch  Ende  Juni 
die  Polarfüchse  das  weiße  Winterkleid  '"’).  Auf  Spitzbergen  wird  das 
weiße  Haar  im  Juni  und  Juli  abgeworfen,  die  Tiere  sind  dann 
schwärzlich  blaugrau,  werden  Ende  August  aber  wieder  weiß'’).  Auf 
Jan  Mayen  wurde  der  erste  silberweiße  am  21.  November  1882 
(resehen  ein  am  20.  Januar  1883  gefangener  bekam  reichlich  weiß- 
o-espitztes  Grannenhaar,  sah  aber  noch  immer  aschfarben  aus,  em  am 

i)  ZooL  Garten  V.,  125-,  VII,  288.  0  Pi'f’C.  Canadian  Institute.  Toronto 

V,  1887,  No.  1,  113.  bor-americana  I.,  83.  '')  Zoogr.  rossica  I.,  51-57. 

G  Beitr.  Kenntn.  des  rnss.  Reichs,  1887,  2G5.  '’)  Peterm.  1865,  112. 

Zoolog.  Gart.  .Talirg.  XXXTTI.  1892.  3 


114 


2.  Februar  gefangenes  altes  Männchen  war  noch  im  Haarwechsel 
begriffen.  Auf  dieser  Insel  ist  die  Norinalfarbe  also  die  braune, 
welche  das  ganze  Jahr  hindurch  bleibt;  die  weißen  sind  Farben- 
varietäteu,  welche  auch  im  Sommer  das  helle  Kleid  bewahren 
Diese  Beobachtungen  scheinen  mit  denen  Thienemanns  auf  Island 
übereinzustimmen  ^). 

In  Betreff  der  Blaufüchse  huldigte  v.  Middendorfif  der  Ansicht, 
daß  die  Küstennähe  das  Blauwerden  begünstige;  er  fragt,  ob  viel¬ 
leicht  die  thranige  Nahrung  diese  Farbe  hervorrufe;  es  würden  jetzt 
verhältnismäßig  nur  wenig  blaue  in  gewissen  Gegenden  gefunden, 
weil  dem  Jäger  sich  das  dunkle  Kleid  leichter  verrate  als  das  weiße 
auf  dem  Schiieeboden  ^).  In  Petermanns  Mitteilungen  heißt  es: 
blaue  und  weiße  nur  in  der  Küstengegeud  des  Eismeeres  im  nord¬ 
östlichen  Sibirien  '^),  und  in  dem  Müller’schen  Werke  (Unter  Tuimusen 
und  Jakuten  S.  184):  am  Eismeere  (Lena)  blaue  fast  unbekannt. 

Nach  meinen  Notizen  wurden  blaue  Füchse  nicht  beobachtet  um 
Beresow  U,  aber  in  dessen  Bezirk  jährlich  unter  15000  Eisfüchsen 
vielleicht  gegen  40  blaue  gefunden  Im  Taimyrlande  sah  v.  Midden¬ 
dorf!  nur  einen  blauen.  Am  Meere  und  auf  den  Inseln  im  Liman 
der  Lena  gibt  es  blaue  und  weiße,  auf  den  Ljachow  Inseln  sind  blaue 
selten  ’).  Die  Tschuktscheu  bringen  nach  Ssredne  Kolymsk  ziemlich 
viele  Blaufüchse,  beim  Wettrennen  in  Anadyr  bestand  einer  der  drei 
höchsten  Preise  in  einem  Blaufuchs  ^).  Es  kommen  in  Sibirien  auf 
ungefähr  100  weiße  3—4  blaue,  früher  dagegen  auf  1000  weiße 
sicher  50  blaue,  nach  Kyber  an  der  Kolymä  nur  ^2  Prozent  blaue. 
Auf  der  Behriugsiusel  hat  sich  das  Verhältnis  im  Laufe  der  Jahre 
erheblich  geändert.  Nach  Krascheninnikow  (S.  52)  gab  es  mehr 
blaue  als  weiße  ).  Jetzt  sind  sie  dort  so  selten,  daß  Nordenskiöld 
keine  sah,  aber  noch  viele  auf  der  KupferinseU®).  Nach  L.  Stejneger^^) 
wurden  von  letzteren  exi)ortiert  1871—1872  blaue  836,  weiße  4; 
1872  1873:  580  und  28;  1873 — 1874:  514  und  24;  1874 — 1875: 

keine;  1875—1876:  1087  und  50;  1876—1877:  573  und  19; 

)  Östi.  Polar-Exped.  III.,  129.  130.  ^)  Bemerk,  auf  einer  Reise  im  Nord, 
von  Europa,  vorzügl.  Island,  1824,  2. 

^)  Reise  IV.,  2,  942.  817.  ^)  1879,  422. 

•')Fiu3ch,  Reise  307.  «)  Peterm.  1850,  208;  daselbst  1857,  119; 
1879,  174.  '’)  Peterm.  1879,  425.  420;  Wraugels  Reise  I.,  290.  ®)  Vgl.  auch 

Pallas  Nord.  Beitr.  II.,  310.  318.  ^'')  Ümsegelung  Asiens  II.,  258;  Wiss. "Ergehn, 
der  Vega  Exped.  085.  707;  Peterm.  1881,  27;  Ausland  1881,  87.  ")"um- 

segelung  der  Beringsinsel,  vgl.  Deutsche  Geogr.  Blatt.  1885,  248. 


-  115 


1877—1878:  keine;  1878—1879:  789  blaue;  1879— 1880  und  1880— 
1881  keine;  1881—1882:  1447  und  20;  1882—1883;  872  und  13; 
Der  durclischnittliche  Jahreswert  betragt  1000  Silb.  Rubel,  also  (bei 
3000  Seelen)  für  jeden  Mann  18  Rubel.  Die  blauen  werden,  und 
zwar  nicht  jedes  Jahr,  nur  zwischen  10. -November  und  31.  Dezember 
alten  Stiles  gefangen. 

In  Europa  werden  blaue  Füchse  bei  Arvidjaur  gefangen,  auch 
nach  Kola  hin  soll  es  solche  geben  ^).  In  den  Tundren  nimmt 
wegen  der  unauscresetzten  Verfolgung  der  Eisfuchs  von  Jahr  zu 
Jahr  ab,  der  blaue  ist  jetzt  recht  selten^).  Im  Jahre  1832 — 1833 
wurden  auf  Nowaja  Seinlja  gegen  40  Eisfüchse  erlegt,  unter  denen 
aber  nur  ein  blauer  war,  1871  sollte  jedoch  nach  Heuglin  dort  die 
blaue  Varietät  »nicht  gar  selten«  sein  ^).  Friedr.  Litke  '‘)  erwähnte, 
daß  auf  Grumant  diese  Tiere  noch  häufiger  als  auf  der  zuletzt  er¬ 
wähnten  Insel  wären,  denn  er  fand  unter  10  Stück  8  blaue  und  nur 
zwei  weiße,  und  die  blauen  waren  7 — 8  mal  teuerer.  Auf  Island 
kommen  fast  nur  blaue  vor^). 

Auf  Grönland  sind  viele  »dunkle«  Eisfüchse  und  their  pizzles 
were  of  hone  *').  In  den  Bemerkungen  Rob.  Browns  ’)  befindet 
sich  ein  Widerspruch,  denn  es  heißt:  »die  weiße  Art  ist  zahlreicher«, 
und  bald  darauf:  es  »werden  jährlich  1 — 3000  Stück  erlegt,  von 
denen  blau  sind«. 

In  Amerika  sind  nach  Karr  weiße  und  blaue  zahlreich  im 
Norden.  Wie  das  Verhältnis  zwischen  blauen  und  weißen  Füchsen 
sich  ändern  kann ,  verdeutlicht  uns  Elliot  :  Als  die  Pribylow- 
Inseln  178G — 1887  zuerst  betreten  wurden,  waren  alle  Felle  unver¬ 
änderlich  blau,  später  kamen  weiße  übers  Eis  vom  Festlande  östlich, 
durch  Kreuzungen  entstanden  rauchblane  oder  aschindigofarbene, 
und  jetzt  sind  schon  ein  Fünftel  aller  völlig  weiß.  Nach  Veniamikow 
aber  soll  die  Farbenänderung  durch  Einwanderung  roter  Füchse 
hervoro-erufen  worden  sein.  Auf  der  aleutischen  Attu  kamen  nach 
Pallas  nur  wenige  blaue  voj’,  auf  der  Commander-Insel  nach 

0  Hogguer,  Reise  nach  Lappland  73;  Deutsche  Geogr.  ßlätt.  XIIL,  18. 
2)  Ausland  1879,  728.  Peterm.  Ergänz.  No.  21,  100;  Mitt.  1872,  221. 
''*)  Viermalige  Reise  .  •  •  ,  deutsch  von  Erman,  114,  Anderson,  Nachrichten 
von  J.  29;  Keilhack,  Reisebilder  aus  J.  139;  Deutsche  Geogr.  Blatt.  IX.,  15; 
Preyer  u.  Zirkel,  Reisen  nach  .1.381;  Middondorff  IV.,  2  1091.  Narborough, 
O'asman  ,  Wood  and  Martens,  Account  of  several  late  voyages,  1694,  S.  198; 
vcd.  Anderson  a.  a.  0.  172:  Bessels  Amerik.  Nordjiol-E.xped.  345.  ’’)  Proc.  Zool. 
Soc.  London  1868,  28.  Mai  und  darnach  Peterm.  Mitt.  1869,  463.  Shores  and 
Alps  of  Alaska  236.  An  Arctic  Province  205.  Nord.  Beitr.  IIL,  280.  283. 


116 


Elliot  viele.  An  den  Küsten  des  Polar-  und  Beringmeeres  finden 
sich  sowohl  blaue  als  weiße,  aber  die  letztere  Varietät  fehlt  östlich 
von  Kap  Barrow  und  an  einigen  Teilen  des  Norton  Sundes  und  der 
Kuskokwiu  Bai  ^).  Blaue  fehlen  nicht  am  obern  Yukon  und  sind 
am  Mackenzie  ebenso  häufig  wie  die  weißen^).  Nördlich  von  der 
Hudson  Bay  werden  Füchse  in  verschiedenen  Farben  gefangen,  unter 
ihnen  auch  blaue  ^).  Am  Prince  of  Wales  Sund  erscheint  mit  dem 
Beginn  Septembers  zuerst  au  der  Küste  in  zahlreichen  Exemplaren 
die  weiße  Varietät,  und  kurz  nachher,  aber  viel  geringer  au  Zahl, 
die  blaue  Ähnlich  wie  am  Mackenzie  verhält  sich  auf  Labrador 
die  Zahl  der  blauen  und  weißen  Eisfüchse  ^).  Der  Norden  Neu¬ 
fundlands  liefert  »Füchse  in  allen  Farben«;  es  werden  also  auch 
wohl  blaue  bisweilen  erlegt  werden  6).  In  den  Vereinigten  Staaten 
wurde  nie  die  blaue  Varietät  gefunden  ^). 

Aus  meinem  statistischen  Materiale  über  die  an  den  verschiedenen 
Orten  erlegte  Anzahl  Eisfüchse  mögen  hier  nur  einige  Mitteilungen 
genügen.  In  Bereosoff «)  wurden  1830  für  den  Markt  15,000  Felle 
gesammelt.  Auf  der  Sommermesse  1888  in  Irkit^),  welche  nur  den 
Markt  für  einen  Teil  der  sibirischen  Pelze  bildet,  verkaufte  mau 
11,000  Eisfnchsfelle,  auf  dem  Jahrmarkt  in  Jakutsk^®)  crelaucrten 
38,000  Felle  aus  der  Lena-  und  Jana-Tundra  zum  Verkauf;  sie  und 
Mammutszähne  bilden  den  Haupthandelsartikel  an  der  untern  Lena. 
Ini  Lenadeltu  fän^t  man  in  Fallen  jährlich  gegen  300  Tiere,  und 
Bunge  konnte  gleich  anfänglich  70—80  Schädel  erhalteiHi).  In 
Jenisseisk^^)  kostet  ein  blauer  Fuchs  10 — 12  Rubel,  ein  weißer  nur 
3 — 5,  bei  den  TschuktscheiH^)  erhält  mau  für  ein  Pfund  Tabak 
30  Eisfüchse.  Aus  Grönland  gelangten  1855  nach  Kopenhagen 
1700  blaue  im  Wert  von  66,000  Däu.  Thlrn. ;  diese  nordische  Insel 
ist  somit  für  die  dänische  Staatskasse  hierdurch  allein  schon  er¬ 
giebiger  als  die  andern  Beilande  Island  und  Far  Oer^'^),  im  Jahre 
1874  betrug  die  Ausfuhr  für  blaue  99,000  Reichsmark;  einen  aus¬ 
führlichen  Bericht  teilt  das  Geographical  Magazine  mit;  durch  die 


0  Peterm.  Erg.  No.  84,  55.  0  Deutsche  Geogr.  Blatt.  XtV.,  123.  135 

Hearne,  Journey  from  Hudson  Bay  to  the  North  Ocean  363.  635.  381.  382.' 
Proc.  Canadian  In-stitute,  Toronto  V,  1887,  No.  1  ,  113.  Neumayer,  Die 

Deutschen  Exped .  I,,  1891,  98.  «)  .Tournal  Grogr.  Soc.  London,  1864,’ 270. 

0  Report  of  Explorations  etc.  VIII,  137. 

0  Peterm.  1856,  208.  »Natur«  1889,87.  '«)  Beitr.  zur  Kenntn.  des  ruß 
Reichs  1887,  99.  ")  Deutsch.  Geogr.  Blatt.  VII.,  76.  ^'0  Seebohm,  Siberia  in  Asia 
41.  >9  Peterm.  1879,426.  Peterm.  1856,  115;  Peschei,  Europ.  Staatenknnd'e 
I.,  262.  ’•')  III.,  179. 


117 


Hudson-Companie  wurden  1887  erlangt  10,257  weiße  und  1400  blaue  '), 
Von  den  Eingebornen  werden  die  Polarfüchse  häufig  in  Pallen  ge¬ 
fangen  und  zwar  im  nördlichen  Kußlaud  und  in  Sibirien  von  Oktober 
an  den  Winter  hindurch  gewöhnlich  nur  beim  Mondschein Neben 
den  Pallen  stehen  auch  noch  Götzenbilder,  weil  dann  der  Pang  viel  besser 
gelingt.  So  stellen  die  Samojeden  des  Kreises  Meseu,  wenn  der  Tadibei 
(Priester)zu  weit  entfernt  ist,  um  den  Willen  der  Tadepzii  zu  erforschen, 
ein  Götzenbild  daneben  auf;  gelingt  dann  der  Pang,  so  betrachten 
sie  es  als  Chehe  und  ehren  es  mit  Opfern,  andernfalls  aber  werfen 
sie  es  als  unbrauchbar  fort^).  Da  nun  die  Samojeden  den  Eisfuchs 
erst  wenn  er  eine  bestimmte  Größe  erlangt  hat,  fangen  und  töten, 
also  eine  gewisse  Schonzeit  iunehalteu,  die  Russen  und  Istmaer  aber 
zu  jeder  Zeit  ihn  fangen,  so  nimmt  das  Tier  auch  in  diesen  Gegenden 
an  Zahl  schnell' ab  ^).  Jene  habgierigen  Leute  zerstören  die  Baue 
mit  laugen  Stangen,  ziehen  die  Jungen  mittels  Haken  hervor  oder 
treiben  sie  durch  Rauch  heraus.  Zu  jener  Zeit  erhalten  sie  für  den 
Pelz  eines  jungen  Exemplares  höchstens  15  Kopeken,  während  das 
Pell  eines  erwachsenen  Tieres  einen  Rubel  einbringt.  Außerdem 
«■eilt  in  einen  zerstörten  Bau  in  mindestens  zehn  Jahren  nicht  wieder 

o 

ein  Puchs  hinein. 

Es  ist  bekannt,  daß  in  manchen  Gegenden,  besonders  im 
südwestlichen  Deutschland  von  Bauern,  in  Belgien  und  in  Holland 
von  den  Dienstboten  Katzen  gehalten  werden,  um  durch  den  Ver¬ 
kauf  der  Winterfelle  sich  kleine  Extra-Einnahmen  zu  verschafilen. 
Ähnlich  verfahren  manche  arktische  Völkerstämme  mit  den  Polar¬ 
füchsen.  Am  Anui  haben  die  Leute  seit  sehr  langer  Zeit  die  Ge¬ 
wohnheit,  die  noch  blinden  jungen  Tiere  aus  dem  Nest  zu  stehlen, 
aufzuziehen  und  wenn  das  Pell  »reif«  geworden,  zu  streifen Die 
Ostiaken  und  die  wenigen  Bewohner  auf  Attu,  dem  äußersten  west¬ 
lichen  Eilande  der  Aleutischen  Gebirgskette  züchten  und  ziehen  sie 
sorgfältig  auf,  bis  der  Winterpelz  sich  vollständig  ausgebildet  hat*’). 
In  manchen  Samojedenzelten  fanden  Reisende  völlig  gezähmte  Eis¬ 
füchse,  welche  sogar  mit  den  Schlitteuhundeu  im  besten  Einvernehmen 
zu  leben  schienen  ’^).  Am  weitesten  in  der  Zähmung  haben  es  aber 
wohl  die  Bewohner  der  Beringsiusel  gebracht,  welche  zum  Spielzeug 
für  ihre  Kinder  junge  Füchse  in  den  Behausungen  halten®). 

1)  »Natur«  a.  a.  0.  Zeitschr.  f.  allg.  Erdk.  N.  J.  XIX.,  433.0  Daselbst  18GÖ, 
59;  Zeitschr.  f.  Ethnologie  1874,  289.  0  Zeitschrift  f.  allg.  Erdk.  N.  F.  X,  110. 

0  Wrangels  Reise  I.,  208.  0  Finsch,  Reisen  in  Westsibirien  438;  Elli,  An 
Arctic  Province  205.  0  Peterm.  1872,  221.  *)  Behm,  Geogr.  Jahrb.  X.  1.  243. 


118 


In  eleu  letzten  Jabrzehnten  gelangen  die  Pelze  des  sibiriscbeii 
Eisfuchses  zum  gtüläeu  Teil  auf  die  bedeuteusten  Pelzmärkte  Europas, 
desgleicbeu  die  amerikanischen,  welche  im  westlichen  Teil  dieses  Erd¬ 
teils  besonders  in  Fort  Michael  (Alaska)  angesammelt  werden^).  In 
ÜstgrÖJiland  trug  man  im  Sommer  Fuchspelzmützeu  mit  hinten 
herabhängenden  Schwänzen,^)  in  Werchojausk  trägt  mau  über  den 
Eistuchsstrürnpfeu  noch  Kenstrünipfe  mit  dem  Fell  nach  außen  und 
einen  doppelten,  innen  mit  Eisfüchsen  gefütterten  und  mit  lienfeil 
überzogenen  Pelz^).  In  Tobolsk  war  in  den  dreißiger  Jahren  der 
weiße  Fuchspelz  besonders  bei  Frauen  beliebt,  das  Fell  junger  Tiere 
nahm  man  häutig  zum  Besatz  der  Parki^). 

Nach  denMitteüuugeu  Bessels“^)  sollen  alle  gefangeueuEisfüchse  zahl¬ 
reiche  Bandwürmer  besessen  haben,  und  die  Mitglieder  der  Österreichi¬ 
schen  Polarexpeditiou  nach  Jan  Mayen  hindeu  die  dortigen  voll  von 
Ungezieter  und  au  Hautkrankheiten  leidend;  rechnen  wir  dazu  noch 
die  unangenehme  Ausdünstung  dieser  Tiere  in  zoologischen  Gärten, 
so  linden  wir  es  recht  begreiflich,  daß  die  Eskimo  au  der  Hudsou- 
straße  sie  nur  beim  höchsten  Hunger  verzehren,  die  Kamtschadaleu 
aber  deren  fleisch  nie  anrühreu  In  Zaschiwersk  jedoch  trägt  mau 

kein  Bedenken  sie  zu  verspeisen*^);  die  Leute  dort  sind  vielleicht  so 
wenig  Gourmauds  wie  die  Besatzung  auf  Parry’s  Schiff*’),  welche 
an  dem  weißen  Fleische  keinen  Beigeschmack  des  gewöhnlichen 
f  uchsfleisches  bemerkten,  oder  wie  jene  Holländer,  welche  auf  Nowaja 
Semlja  1596—97  gleichfalls  Eisfüchse  wenn  auch  nicht  als  Lecker¬ 
bissen  genossen^®).  Aßen  doch  auch  die  Kumaneu,  als  sie  im  letzten 
Viertel  des  elften  Jahrhunderts  die  Länder  südlich  von  der  Donau 
verwüsteten,  saus  gene  Wölfe,  Füchse,  Hamster  und  Mäuse  ^^),  dts- 
gleichen  die  einstigen  Kalmaks  und  manche  Leute  in  Palästina 
Aus  meiner  Sammlung  von  Tiernamen  stelle  ich  folgende  für  Eis¬ 
füchse  hier  zusammen.  Die  Lappländer  nennen  ihn  allgemein:  njal, 
sval,  svala,  das  junge  Tier:  njala  shuvga,  den  weißen:  velges  njala, 

9  Woldt,  Jacobsens  Reise  iu  Nordwest-Amerika  156.  9  Deutsche  Geogr. 

Blatt.  XL,  279.  9  Verbandl.  der  Ges.  für  Erdk.  Berlin  XV.,  123.  9  Wran^ls 
Reise  II.,  117. 

9  Amer.  Nordpol-Exped.  345.  9  Ausland  1889,  813.  9  Krasebeninnikow 
Reise  119.  9  Coebrane,  Eufsreise  durch  Rußland  164.  9  Narrative  etc.  Supp 
lement  I.,  187.  '9  Peterm.  1872,  183;  vgl.  1871,  418.  “)  Scblözer,  Gesch.  d. 
Deutsch,  in  Siebenbürgen  224;  Neumann,  Völker  des  südl.  Rußlands  133. 
^9  Yule,  Book  of  Marco  Polo  L,  222.  ^9  Seetzens  Reise  durch  Syrien  II.,  111. 

Fuchslungen  hielten  nach  Jugler,  Aus  Hannovers  Vorzeit,  noch  1745  die  Apo¬ 
theken  vorrätig. 


119 


den  blauen:  zoppes  njala,  den  sclnnutziggrauen :  shelta  njala.  Bei  den 
Samojeden  heisst  er:  uoga,  sellero,  siruolio ;  bei  denOstjaken:  kiöu,  na- 
iilebg,iniSoinmerpelz :  krestovatik;  beiTataren:aik-til-koe=Weit3fuclis; 
bei  Jakuten:  kuirsa,  kirssa;  bei  Jukagiren :  naven  etla;  bei  Tuugusen: 
tschitara,  das  noch  iin  Lager  liegende  Juuge:  nor  niki  (noruik, 
Höhle  kleiner  Tiere);  bei  Tschuktscheu :  edTu-rekokadliu,  tenup.  Im 
Rassischen  heißt  das  Tier  pes’ez  (=  Hündlein),  in  der  Mehrzahl  • 
pesstzy,  der  weiße:  bjelyj,  der  blaue:  goluboj ;  mundartlich  sind  iu  Ar- 
chaugel :  peszi,  in  Sibirien:  pessets,  Tobolsk:  pesez,  auf  Kamt¬ 
schatka:  pessez,  auf  der  Beriugsiusel :  peszi  golubye  (der  blaue). 
Auf  den  Aleuten  wird  unser  Tier  genanut:  krassnie  pichi,  von 
Kskimo  :  terieuuiak,  teriiuiak,  kaka,  auf  Labrador  der  weiße:  kak- 
kortässuk,  der  blaue:  amgasek.  Die  isländischen  Bezeichnungen  sind 
nach  Preyer  und  Zirkel  (Reise  nach  Island  S.  381):  refur,  fox, 
dratthali,  holtaporr,  melrakki  (Feldhund),  bloddrekkur  (Bluttrinker), 
skölli  (Spötter),  bitur  (schlau),  lägfoetla  (Schleicher),  tortryggur  (mi߬ 
trauisch);  das  Weibchen:  refkeila,  weil  keila  das  Raubtier  im  all¬ 
gemeinen  bezeichnet),  töa  (töfa):  das  Junge:  tönyrmlinger  (vgl.  auch 
Poestiou,  Island,  S.  261).  Nach  dem  isländischen  Vokabular  bei 
Anderson  (Nachrichten  von  Island,  S.  287)  soll  das  obenerwähnte 
grönländische  »kaka«  anch  auf  dieser  Insel  als  »kakaka«  gebräuchlich 
sein.  Nach  Nordeuskiöld  legt  mau  auch  dem  spitzbergischen  Eis¬ 
füchse  den  Namen  fjällräf  bei. 


Der  Rohrsänger  der  Frankfurter  Promenaden  und  Wallgärten. 

Von  Prof.  Dr.  O.  Boettger. 


»Von  allen  Vögeln  meiner  nordischen  Heimat,  die  ich  iu  frem¬ 
den  Ländern  im  Verlaufe  von  nun  dreißig  Jahren  singen  hörte,  hat 
mir  Acroceplialus  streperus  immer  die  größte  Freude  bereitet.  Es 
lieirt  ini  Gesänge  dieses  Vögelchens  trotz  mancher  Rauhheit  der  Me¬ 


lodie  die  Kühnheit  geeint  mit  der  Heiterkeit  und  dem  Fleiße.  Da 
ist  Mut,  Sorglosigkeit,  Frohsinn  darin,  freilich  auch  schwatzhaftes 
Wesen  und  etwas  Aufdringlichkeit.  Aber  wenn  schon  vor  Sonnen¬ 
aufgang  dieser  Rohrsänger  sein  schnarrendes  Schwatzen  beginnt  und 
alles  in  der  Natur  noch  so  ruhig  schläft,  und  wenn  es  nach  kühler 
Nacht  auch  dem  noch  nicht  ganz  ermunterten  Jäger  im  fremden 
Lande  unbehaglich  über  den  Rücken  rieselt  —  dann  tritt  ihm  beim 
Auhören  dieser  Weisen  die  heimatliche  Sceuerie  mit  ganzer  Frische 


120 


vor  die  Seele.  Am  stillen  Wasser,  iiicbt  weit  von  der  Windmühle 
und  dem  Weidenbusche,  da  bab’  ich  die  Angel  geworfen.  Das  Wasser 
ist  so  klar,  es  ist  ein  Spiegel^  die  Flut  zieht  langsam  bin.  Rund¬ 
herum  alles  still,  noch  waltet  Dämmerlicht.  Es  ist  Sonntags  früh 
Am  Haken  krümmt  sich  der  Leckerbissen,  ein  fetter  Regenwurm. 
Der  Barsch  soll  aubeißen.  —  Vieles  ist  anders  in  der  Feime.  Aber  der 
Rohrsperling  singt  und  die  Sonne  geht  auf!  «*) 

Dieses  liebliche  Erinnerungsbildcheu  aus  der  Jugendzeit  unseres 
trefflichen  Gustav  Radde  kommt  mir  jedesmal  in  den  Sinn,  wenn 
ich  die  Ankunft  »meines«  Gartenrohrsängers  erwarte.  »Tiri  tiri  tiri, 
tir  tir  tir,  zeck  zeck  zeck,  zerr  zerr  zerr,  tiri  tiri  tiri,  dscherk  dscherk 
dscheik,  heid  heid  heid,  trett  trett  trett,  zippe  zippe  zippe,  zapp  zapp 
zapp,  läck  räck  räck«  u.  s.  w.  ad  indefinitum  ertönt  es  früh  morgens 
plötzlich  fröhlich  und  gemütlich  im  kleinen  Vorgärtcheu,  und  ich 
notiere  erfreut  den  Tag  der  Ankunft  meines  kleinen  Lieblings.  Anno 
1887  kam  er  am  16.  Mai,  dann  blieb  er  leider  zwei  Jahre  aus,  weil 
die  Fliederhecken  verschnitten  und  noch  nicht  hoch  genug  naclure- 
wacbsen  waren,  1890  begrüßte  er  mich  am  19.,  1891  am  17.,  18^92 
am  19.  Mai  mit  seinem  bescheidenen  Liedchen.  Wir  sehen,  das 
Vögelchen  hält  auch  auf  Pünktlichkeit.  Genistet  hat  es  in  den 
letzten  15  Jahren  bei  uns  in  der  Seilerstraße  dreimal,  öfter  noch 
aber  die  größeren  Nachbargärteu  oder  die  anstoßende  Promenade  den 
engeren  Verhältnissen  in  unserem  Gärtchen  voro-ezoo-eu 

Ich  bin  kein  zünftiger  Vogelmauu  und  kenne  die  neuere  Litte- 
ratur  über  unsere  deutschen  Vögel  nicht  hinreichend,  um  sicher  zu  sein, 
ob  ich  hier  über  ganz  neue  und  unerhörte  Dinge  berichte.  Aber 
wie  die  Amsel  und  der  Girlitz  ist  der  Teichrohrsänger  {Acrocephalus 
streperus  Vieill.)  in  Frankfurt  seit  30  Jahren  und  länger  ein  stän¬ 
diger  Briitvogel  in  den  Wallgärten  und  Promenaden  gewesen.  Da 
auch  die  neueste  (III.)  Auflage  von  Brehms  Tierleben  hierüber 
schweigt,  muß  ich  anuehmen,  daß  diese  Thatsache  noch  allgemein 
so  unbekannt  ist,  wie  sie  es  1890  und  1891  zwei  der  bedeutendsten 
deutschen  Ornithologen  (Hart  er  t  undKoenig)  war,  denen  ich  zu 
ihrer  großen  Überraschung  bei  ganz  zufälligen  Besuchen  »meinen« 
Rohrsänger  im  Garten  vorstelleu  konnte. 

Wasser  haben  wir  in  nächster  Nähe  nicht;  Bethmanns  Weiher, 
die  beiden  Teiche  im  zoologischen  Garten  und  der  Rechneigraben- 
weiher  sind  nach  drei  verschiedenen  Richtungen  hin  doch  ziemlich 

*)  G.  Radde,  Reisen  an  der  Persisch -Russischen  Grenze.  Talysch  und 
seine  Bewohner.  Leipzig,  F.  A.  Brockhaus,  1886  pag.  267,  Anin. 


121 


weit  von  unserem  Garten  entfernt  und  kommen  für  den  Vogel  — 
abgesehen  vielleicht  von  einem  gelegentlichen  Morgenhade  —  schwer¬ 
lich  ernstlich  in  Betracht.  Wie  erklärt  sich  nun  die  jedem  Vogel- 
kenuer  Staunen  abuotigende  Veränderung  der  Lebensweise  und  der 
Nistgewohnheiten  dieses  meikwürdigen  Vögelchens? 

Den  echten  Teichrohrsänger,  wie  ihn  Brehm  sehr  anschaulich 
schildert,  besitzen  auch  wir.  Er  wohnt,  fast  möchte  ich  sagen,  gesellig, 
d.  h.  nur  einen  ganz  kleinen  Baum  von  Schilf  und  Röhricht  als  seine 
Domäne  beanspruchend  und  behauptend,  in  den  Enkheimer  Sümpfen, 
im  Buchrainweiher  und  in  manchen  anderen  Schilfsüinpfen  der  Frank¬ 
furter  Umgebung.  Ich  habe  ihn  schon  am  7.  Mai  (1862)  bei  Bischoffs- 
heim  singen  hören.  Er  baut  sein  leicht  kenntliches  Hängenest  an 
mehrere  benachbaite  Rohrstengel,  meist  über  dem  offenen  Wasser. 
Frische,  vollzählige  Gelege  fanden  sich  bei  Enkheim  vom  22.  bis  28.  Mai 
(1862),  die  ersten  Jungen  am  4.  Juni  (1862).  Nicht  allzu  selten 
aber  fehlt  das  Wasser  unter  dem  Neste,  worin  der  Vogel  brütet, 
und  man  kann  das  Nest  daun  trockenen  Fußes  erreichen. 

Das  ist  der  erste  Schritt,  den  der  normale  Teichrohrsänger  ge- 
than  hat,  um  sich  zum  Landleben  zu  bequemen  und  Gartenvogel  zu 
werden.  Ehe  wir  ihn  auf  dem  weiteren  Wege,  den  er  dazu  nötig 
gehabt  hat,  verfolgen,  wollen  wir  noch  kurz  ein  paar  Worte  über 
sein  Gebahreu  im  Rohr  und  beim  Neste  sagen.  Wenig  scheu  schlüpt- 
ten  die  Tierchen  vor  mir  durch  den  Schilfwald,  ja  sie  sangen  mir 
kletternd  keck  und  offen  ins  Gesicht.  Je  näher  ich  aber  an  ihr 
Nest  hiuantrat,  watete  oder  fuhr,  um  so  lauter  wurde  ihr  Schwätzen 
und  ihr  Gesang,  so  daß  es  mir  fast  schien,  als  wollten  sie  mich  hin¬ 
wegzetern  und  verwünschen.  Im  übrigen  befestigte  sich  in  mir  aber 
auch  die  Meinung,  als  seien  sie  weniger  scheu  als  ihre  Vettern  in 
in  unseren  Gärten  und  Promenaden. 

Neben  diesem  »echten«  Rohrsänger,  der  sich  ausschließlich  im 
Schilfe  aufbält  und  in  ihm  nistet  und  nur  vorübergehend  den  Ufer- 
gebüschen  Besuche  zu  machen  pflegt,  besitzen  wir  hier  eine  zweite 
Rasse,  nennen  wir  ihn  den  Weidenrohrsänger,  der,  fast  ebenso  häufig 
wie  die  Stammform,  sich  von  ihm  nur  dadurch  auffallend  unterschei¬ 
det,  daß  er  sein  Nest  zwar  in  der  Nähe  des  Wassers,  aber  im  Wei¬ 
dengebüsch  oder  Erleudickicht  anlegt,  0,75 — 1,25  m  über  dem 
Sumpfboden  oder  dem  trockenen  Uferrande,  selten  höher.  Volle  Gelege 
dieser  Form  traf  ich  schon  am  19.  Mai  (1862)  in  der  Nähe  von 
üffenbach  am  Mainufer,  stark  bebrütete  Eier  noch  am  4.  Juni  (1862) 
bei  Enkheim.  Beachtenswert  vor  allem  ist,  daß  Rohr,  das  diese 


122 


Tiere  für  ihren  Nistplatz  hätten  erwählen  können,  im  Überflüsse  da 
war  nnd  auch  vielfach  von  den  »echten«  Rohrsängern  in  unmittel¬ 
barer  Nachbarschaft  benützt  worden  war. 

Einen  weiteren  großen  Schritt  zum  Landleben  machte  der  Rohr¬ 
sänger,  als  er  sich  in  der  ersten  Hälfte  des  Jahrhunderts  in  den 
Promenaden  von  Frankfurt  in  der  Nähe  des  ehemaligen  Stadtgrabens 
ansiedelte.  Der  recht  schmale  Wasserfaden  genügte  offenbar  seinen 
Ansprüchen  und  Bedürfnissen;  als  Ersatz  für  das  Rohr  boten  ihm 
weniger  Weiden  und  Erlen,  als  vielmehr  die  zahlreiclien  Syriugeu- 
büsche  mit  ihren  parallel  aufstrebenden  ein-  und  zweijährigen  Schossen 
Nistgelegeuheit.  Er  benutzte  sie  reichlich,  und  im  Anfänge  der 
sechziger  Jahre  war  der  Teichrohrsäuger  rund  um  die  Stadt  eine  so 
häufige  Erscheinung,  daß  ich  im  Herbste  die  leicht  kenntlichen,  immer 
in  Fliederbüscheu  in  etwa  doppelter  Mannshöhe  errichteten  alten 
Nester  zu  Dutzenden  zählen  und  abschneiden  konnte. 


Im  Laufe  der  folgenden  Jahrzehnte  wurde  der  Stadtgraben,  das 
Aquarium  meiner  Jugendzeit,  nach  und  nach  überbrückt,  au  das 
städtische  Kanalsystem  augeschlosseu  oder  zugeschüttet.  Der  Stadt¬ 
graben,  dessen  schlammreichem,  stinkenden  Wasser  ich  soviel  Anregung 
und  Belehrung  verdankte,  verschwand  und  mit  ihm  die  Nachtigall, 
aber  nicht  der  weniger  anspruchsvolle  Rohrsänger.  Er  bildete  eine  dritte 
Kasse,  den  Garteurohrsäuger.  Die  Vögelchen  paßten  sich  nämlich  auch 
an  diese  tiefgreifende  Veränderung  ihres  Aufenthaltsortes  au  nnd  leben 
jetzt,  unbekümmert/  um  die  zunehmende  Wasserlosigkeit  ihrer  Um¬ 
gebung,  munter  in  der  alten  Weise  fort. 

Da  langjährige  Kränklichkeit  mich  au  Haus  und  Garten  fesselt, 
konnte  ich  in  den  letzten  Jahre)i  nicht  verfolgen,  ob  das  Tierchen 
in  unseren  Promenaden  noch  zunimmt  oder  bereits  wieder  abgenommeu 
hat.  Der  Rohrsänger,  der  jedes  Jahr  unseren  Garten  aufsucht,  ist 
ein  scheues  Tierchen,  das  man  zwar  sehr  oft  zu  hören,  aber  sehr 
selten  zu  sehen  bekommt.  Es  klettert  und  schlüpft,  dank  seinem 
gestreckten  Leibesbau,  der  mich  —  man  verzeihe  mir  den  weuio- 
poetischen  Vergleich  —  an  die  Schlankheit  und  seitliche  Bewe<Hich- 
keit  des  Igelflohes  erinnert,  der  ja  auch  sein  ganzes  Leben  laug  um 
die  starren  Stacheln  seines  Wirtes  herumturuen  muß,  er  schlüpft, 
sage  ich,  mit  der  größten  Gewandtheit  singend  und  ewig  schwätzend 
durch  das  dichteste  1  liedergebüsch  und  kommt  nur  sehr  selten  auf 
den  Boden  herab,  meinen  Beobachtungen  nach  überhauj)t  nur,  wenn 
er  Niststüfle  für  sein  künstliches  Nest  zusammeusucht.  Ebenso  selten 
sieht  man  ihn  während  der  Tageszeit  freie  Strecken,  und  wäre  es 


nur  unser  kleiner  Rasen,  überfliegen;  er  wählt  stets  die  dichtesten 
Gebüsche  als  Marschroute  und  wandert  von  einem  Busche  in  den 
anderen  und  durch  deren  Vermittlung  dann  und  wann  auch  von 
einem  Garten  in  den  andern. 

Seine  Nahrung  scheint  mir  fast  ausschließlich  —  doch  ist  das 
nur  Vermutung;  noch  habe  ich  keinen  Gartenrohrsänger  auf  seinen 
Mageninhalt  geprüft  —  aus  den  Räupchen  eines  für  unsere  Gärten 
und  Promenaden  höchst  verderblichen  Wicklers  zu  bestehen,  der  in 
manchen  Jahren  die  Fliederblätter  dergestalt  heimsucht,  daß  sie  schon 
im  Hochsommer  ein  verdorrtes,  ja  verbranntes  Aussehen  erliallen. 
Dieser  schlimme  kleine  Schmetterling  heißt  Gracilaria  syringeUa  F. 
Es  ist  neben  der  scheußlichen  Blutlaus  fast  das  einzige  Insekt,  das 
in  unseren  Stadtgärten  noch  in  ungezählten  Massen  vorkommt, 
während  Luftverschlechterung  und  Entwässerung  Leuchtkäfer,  Mai¬ 
käfer,  Feuerspeuzer  (Theleplioriis)  und  selbst  die  Ameisen  decimiert 
oder  ausgerottet  haben.  Selbst  Regenwürmer  sind  innerhalb  der  Stadt 
selten  und  der  Bestand  der  Amseln  ist  infolgedessen  kleiner  geworden, 
nicht  infolge  des  Überhandnehmens  der  Katzen,  wie  viele  meinen. 

Daß  alle  die  oben  genannten,  in  ihrem  Brutgeschäfte  so  verschie¬ 
denen  und  jetzt  schon  so  weit  von  einander  abweichenden  Rohrsänger 
übrigens  zu  einer  einzigen  Art  gehören,  schließe  ich  nicht  nur  aus 
der  Gleichheit  ihres  Gesanges,  der  Übereinstimmung  in  der  Brutzeit 
und  Brutdauer  und  der  charakteristischen  Anheftungsweise  und  Form 
ihrer  Nester,  sondern  auch  aus  der  Anzahl,  Gestalt  und  Färbung 
ihrer  in  Farbe  und  Zeichnung  gleich  wandelbaren  Eier.  Bälge  der 
verschiedenen  Rassen  nebeneinander  zu  vergleichen,  habe  ich  freilich 
bis  jetzt  keine  Gelegenheit  gehabt. 

Wie  es  möglich  wurde,  daß  ein  ursprünglich  so  streng  auf  das 
Leben  im  Rohre  angewiesener  Vogel  sich  zu  einem  ausgesprochenen 
Gartenvogel  umänderu  konnte,  ist  freilich  nicht  ganz  leicht  zu  ver¬ 
stehen.  Folgende  Momente  dürften  vielleicht  bei  dem  Versuche  einer 
Erklärung  in  erster  Linie  in  Betracht  kommen.  Trotzdem  daß  der 
Vogel  nur  einmal  bei  uns  brütet  und  höchstens  5  —  gewöhnlich  nur 

4  _  Junge  ausbringt,  scheint  er  sich  doch  stark  zu  vermehren,  was 

auch  Brehm  ausdrücklich  bestätigt,  da  er  durch  seine  Lebens-  und 
Nistweise  im  Rohr  unmittelbar  über  dem  Wasser  einen  guten  Schutz 
gegen  Raubsäugetiere  genießt.  Von  den  Katzen,  den  schlimmsten 
Feinden  der  Singvögel,  hat  der  Rohrsänger  auch  in  unseren  Gärten 
in  keiner  Weise  zu  leiden,  da  der  luftige  Aufenthalt  in  dem  feinen 
Gezweige  Eltern  und  Brut  aufs  trefflichste  schützt  und  unser  Vögel- 


124 


eben  den  gefährlichen  Erdboden  sorgsam  meidet.  Audi  im  vogel¬ 
mordenden  Süden  dürfte  es,  geschützt  durch  seine  Lebensgewohn- 
lieiten,  leichter  dem  tötlichen  Blei  und  den  Fallen  und  Stellnetzen 
entgehen  als  alle  übrigen  Singvögel,  da  es  mit  ängstlicher  Sorge  stets 
in  erster  Linie  auf  seine  Deckung  bedacht  ist. 

Austrocknung  und  Urbarmachung  der  Sumpfstreckeu,  vielleicht 
auch  Abnahme  der  gewohnten  Nahrung  veranlallten  vielleicht  einen 
Teil  der  Tiere  notgedrungen,  den  Versuch  zu  machen,  als  Pioniere 
einer  neuen  Zeit  sich  weniger  wasserreichem  Terrain  auzupassen,  und 
Gewohnheit  und  Liebe  zur  Geburtsstätte  mögen  dann  die  iuime  Brut 
veranlagt  babeu,  die  als  für  den  Lebensunterhalt  ausreichlich  er¬ 
kannten  Örtlichkeiten  wieder  zu  besuchen  und  als  zweite  Heimat 
festzuhalten. 

Aber  selbst  im  inneren  Wesen  und  Charakter  des  Vogels  scheinen 
sich  leichte  Änderungen  schon  jetzt  bemerkbar  zu  machen.  Ich  mulA 
den  Gartenrohrsäuger  für  scheuer,  unzugänglicher  und  vor¬ 
sichtiger  erklären  als  seinen  normalen  Vetter  im  Rohrwalde.  Viel¬ 
leicht  erklärt  sich  aus  seiner  beispiellosen  Fähigkeit,  sich  im  Gelaube 
der  Sträucher  unsichtbar  zu  machen,  der  Umstand,  daß  viele  gute 
Beobachter  in  Frankfurt  das  Vögelchen  in  den  Promenaden  noch 
nicht  gesehen  haben,  Leute,  die  freilich  auch  seinen  Gesang  nicht 
kennen  dürften,  der  den  munteren  Vogel  fast  immer  verrät. 

Auch  mir  ist  das  liebe  Tierchen  ein  Sinnbild  und  Vorbild  des 
beharrlichen  Fleißes.  Ich  kenne  keinen  Sänger,  der  selbst  in  der 
heißesten  Sommerzeit,  im  Juni,  so  ununterbrochen  thätig  ist  und  sein 
verborgenes  Wirken  durch  fröhlichen  und  ausdauernden  Gesang  jeder¬ 
mann  kundthut.  Kein  Vogel  singt  ohne  Mittagspause  gerade  in  den 
heißesten  Tagesstunden  so  munter  wie  er.*) 


Jahresbericlit  ttder  den  zoologischen  Garten  in  Hamburg  1891. 

Wir  entnehmen  dem  vom  Vorstande  der  zoologischen  G  esellscliat’t  in 
Hamburg,  Herrn  Dir.  Dr.  Heinrich  Bolau,  erstatteten  30.  Jahresbericht  die 
folgenden  Angaben. 

Der  Ti  erbestand  war  Ende  1891  der  folgende: 

58  Affen,  Primates  L . in  24  Arten 

1  Flattertier,  Chiroptera  Bl  heb . .  j 

_  Übertrag  in  25  Arten, 

*)  Vergl.  Jahrgang  V,  1864.  S.  252;  X,  1869.  S.  98;  XXI,  1880.  S.  50. 

(N.) 


Übertrag  in  25  Arten, 


7  Insektenfresser,  Insectivora  Cuv . »  1  » 

31  Nagetiere,  Bodentia  Vicq.  d’Az . »15  » 

19  Halbaffen,  Prosimii  111 . »11  » 

97  Raubtiere,  Carnivora  Cuv . »47  » 

3  Robben,  Pinnipedia  111 . »  1  » 

3  Rüsseltiere,  Prohoscidea  111 . »  2  » 

110  Paarzeher,  Arliodactyla  Ow . »46  » 

5  Uuj)aarzeher,  Perissodactyla  Ow . »  4  » 

7  Zahnarme,  Bruta  L . »  4  » 

17  Beuteltiere,  Marsupialia  111 . »11  » 

zus.  358  Säugetiere . in  167  Arten. 

178  Papageien,  Psittaci  Sund . in  59  Arten, 

6  Kukuks  Vögel,  Coccygomorphae  Huxl . »  5  » 

339  Singvögel,  Passeres  Nitzsch . »115  » 

72  Raubvögel,  Baptatores  II l . »47  » 

55  Tauben,  Gyrantes  Bp . »19  »  . 

106  Hühnervögel,  Basores  111 . »34  » 

7  Laufvogel,  Brevipennes  Dum . »  4  » 

65  Watvögel,  Grallae  Bp . »22  » 

30  Storchvögel,  Ciconiae  Bp . »21  -> 

576  Entenvögel  LamelUrostres  Cuz . »38  » 

5  Ruderfüßler,  Steganopodes  111 . »  3  » 

18  Langflügler,  Longipennes  Ciiv . »  3  » 

2  Taucher,  Urinatores  Cuv . »  1  » 

zus.  1459  Vögel . in  371  Arten. 

66  Schildkröten,  Chelonia  Brgn . in  20  » 

20  Krokodile,  CrocodiUa  Opp . »  6  » 

15  Schlangen,  Ophidia  Brgn . »  6  » 

17  Eidechsen,  Sauria  Brgn . »  7  » 

66  Amphibien,  AmpUihia  aut . »  3  » 

zus.  184  Reptilien  und  Amphibien . in  42  Arten. 

Gesammtbestand  an  Säugetieren,  Vögeln,  Reptilien  und  Amphibien 
Ende  1891  demnach: 

2001  Tiere . in  580  Arien. 


Angekauft  wurden  im  verflossenen  Jahre  113  Säugetiere,  537  Vögel  und 
22  Reptilien  im  Werte  von  M.  31  437.59. 

An  Geschenken  gingen  ein:  127  Säugetiere,  286  Vögel  und  92Replilien 
und  Amphibien,  nach  mäßiger  Taxe  im  Werte  von  M.  8  590.60.  Als  von  be¬ 
sonderem  Interesse  sind  hervorzuheben:  1  Orang-Utan,  Pilliecns  safyrus  ]j.^ 
1  wolliger  Greifstach  1er,  Cercolahes  villosns  Fr.  Cuv.,  3  Panii>askatzen,  Prelis 
geoffroyi  Grv.,  10  Tenreks  oder  Borstenigel,  Centetes  ccniidntus  Schreb  ,  1  Fossa, 
Cryptoprocta  ferox  Benn.,  3  Sonnenbären,  Ursus  malayanns  Kffl.,  1  brauner  Bär, 
IJrms  aretos  L.,  1  Zwergantilope,  CcplialopUus  maxivclU  Sm.,  1  Pampashirsch, 
Cervus  camjje^tris  Cuv.,  1  Samburhirsch,  Cervus  aristoteUs  Cuv.,  1  Andenhirsch, 


126 


C.  antisiensis,  cl’Orb.,  2  Guanakos,  Anchcnia  huannco  Mol.,  2  Bärenknsus,  Pha- 
langista  ursina  Temm.,  1  Streifen-Schlangensperber,  Polyhoroides  radiatus  Scop., 
1  südamerikaniscber  Strauss,  Phea  americana  V.,  1  Sclieidenschnabel,  Cliionis 
alba  Forst.,  1  Weißscbopf-Rohrdonimel,  Botaiirus  leucolophus  Jard.,  1  Marabu^ 
Ijeptoptilus  crumenifer  Cuv.,  2  Rosenflainingos,  Phoenicopterus  ruber  L.,  1  Bin¬ 
den  pinguin,  Apienodytes  taeniatus  Peale,  1  Diamautschlange,  Morelia  argus  D. 
B.,  und  3  Königsschlangen,  Poa  constricior  L. 

Ein  sehr  umfangreiches  Verzeichnis  aller  Geschenke  ist  dem  Be¬ 
richte  angehängt. 

Gezüchtet  wurden  38  Säugetiere  und  295  Vögel  im  Werte  von  M.  2977.50, 
darunter  5  Löwen,  2  Silberlöwen,  1  Geschirr-Antilope,  1  Nylgau-Autilope,  1 
Kaffernbüffel,  1  Mähuenmuflon  und  verschiedene  Hirsche. 

Durch  Verkauf  von  75  Säugetieren,  465  Vögeln  und  18  Reptilien  wurden 
M.  19  958,60  eingenommen,  darunter  M.  5876. —  für  im  Garten  gezogene  Tiere. 

Die  Tierverluste  beliefen  sich  auf  M.  14  504.10  gegen  M.  10  86185  im 
Vorjahre  und  M.  12  952.45  im  Jahre  1889.  An  wertvolleren  Tieren  starben 
•1  Tiger,  10  Jahr  7  Monate  im  Garten;  1  Löwin,  8  Jahr  77«  Monate;  1  afrika¬ 
nischer  Elefant,  4  Jahr  372  Monate;  1  Kaffernbüffel,  15  Jahr  9  Monate;  1  Säbel¬ 
antilope,  1  Dromedar,  3  Jahr  —  Monate,  1  Mähnenmuflou,  10  Jahr  4  Monate; 
1  Elenantilope,  1  Riesenkänguru;  —  1  afrikanischer  Strauß,  1  Kasuar,  1  Emu, 
5  Jahr  3  Monate  im  Garten. 

Durch  den  Verkauf  von  toten  Tieren,  Geweihen  und  Eiern  wurden  M.  939.80 
gelöst,  im  übrigen  aber  dem  Naturhistorischen  Museum  und  öffentlichen  Lehr¬ 
anstalten  in  üblicher  Weise  passende  Stücke  unentgeltlich  überlassen. 

Der  Tierbestand  des  Aquariums  war  Ende  1891  der  folgende: 


402  Fische . in  23  Arten, 

23  Weich-  und  Gliedertiere . .  6  » 

799  Stachelhäuter  und  Hohltiero . »10  » 

zus.  1224  Tiere . .  in  39  Artem 


Für  den  Ankauf  von  Aquarien-  und  Terrarientieren  wurden  M.  1733.98 
aufgewandt,  dagegen  durch  Verkauf  derartiger  Tiere  M.  136.90  eingenommen. 

Die  Ausstellung  des  Ham burg-Altonaer-Ver eins  für  Geflügel¬ 
zucht  fand  in  den  Tagen  vom  11.  bis  14.  Juli  in  gewohnter  Weise  staHq  sie 
war  vom  Wetter  besonders  begünstigt  und  lebhaft  besucht. 

Der  neue  Saalbau  ist,  wie  bereits  im  letzten  Bericht  angekündigt 
worden  war,  am  Himmelfahrtstage  des  verflossenen  Jahres,  den  7.  MaF,  mit  der 
großen  Frühlings-Blumen-  und  Pflanzen-Ausstellung  des  »Gartenbau- 
Vereins  von  Hamburg,  Altona  und  Umgegend«  in  würdiger  W^eise 
eröffnet  worden.  Nachdem  der  Vorsitzende  des  Aufsichtsrats,  Herr  Heinr.  Freiherr 
von  Ohlendorff,  den  Neubau  in  einer  Ansprache  den  Besuchern  des  zoologischen 
Gartens  übei geben  hatte,  oröffnetc  Se.  Magnificenz  Herr  Bürgerirreister  Dr.  Pe- 
tersen  als  Ehrenpr-äsident  des  Gartenbau-Vereins  die  Blumen-Ausstellung  und 
gedachte  insbesondere  auch  der  Verdienste  der  Männer,  die  für  die  erfreuliche 
Entwickelung  des  schönen  Gartens  in  so  erfolgreicher  Weise  thätig  gewesen  sind. 


127 


Mit  dem  Ende  des  Jahres  1891  war  der  fünfjährige  Zeitraum  abgelaufen, 
für  den  von  den  Hohen  Behörden  ein  Quantum  von  jährlich  50  000  cbm 
Wasser  un  en  tg el  tl  ich  bewilligt  worden  war.  Auf  desfallsiges  Gesuch  wurde 
durch  Beschluß  eines  Hohen  Senates  und  der  Bürgerschaft  die  gleiche  Vergün¬ 
stigung  für  die  nächsten  fünf  Jahre  gewährt. 

Die  Betriebseiunahme  hat,  obwohl  die  Witterungsverhältnisse  gerade  in 
den  Sommermonaten  dauernd  schlechte  waren,  auch  im  verflos.senen  Jahre  wieder 
eine  wesentliche  Steigerung  aufzuweisen.  Dieselbe  betrug  in  1891: 

M.  353  231.44 

gegen  »  322  237.43  in  1890, 

mithin  1891  M.  30  994.01  mehr,  als  in  1890,  oder,  wenn 
man  den  nach  Verausgabung  der  Baugelder  für  den  Saalbau  um  M.  13  705.70 
geringeren  Ertrag  an  Zinsen  berücksichtigt,  M.  44  699.71  mehr  als  im  Vorjahre. 

Der  Ertrag  des  D  auer  karten  Verkaufes  war  M.  118  259  (-b  M.  18501 
gegen  1890);  an  Eintrittsgeldern  wurden  eingenommen  M.  166  312.55 
(-f  M.  129.71),  die  Pacht  für  die  Restauration  brachte  M.  46  705.12(4-  M.  10  267.73). 

Die  Betriebsausgabe  betrug: 

in  1891  M.  256  532.95 
gegen  »  238  555.56  in  1890, 
mithin  in  1891  M.  »  17  977.39  mehr,  als  in  1890. 

Abgesehen  von  geringeren  Abweichungen  gegen  das  Vorjahr  erforderten 
einen  höheren  Aufwand  die  Ausgaben  für  Annoncen,  Plakate  und  Säulenanschlag 
von  M.  1362.28,  für  Futter  und  Verpflegung  von  M.  3675.34,  für  Bau-Reparaturen 
und  Materialien  von  M.  2723.85,  für  Unterhaltung  des  Gartens  von  M.  1577.63, 
für  Musik  und  Illumination  von  M.  6559.17  und  für  allgemeine  Unkosten  von 
M.  4004.02;  dem  Pensionsfonds  für  die  Angestellten  wurden  M.  2000.  mehr 
überwiesen.  Niedriger  berechneten  sich  dagegen  die  Heizungs-  und  Beleuch¬ 
tungskosten  mit  M.  3764.92. 

Gegen  Zahlung  von  Eintrittsgeld  besuchten  den  Garten  : 

in  1891  312  515  Erwachsene, 

75  261  Kinder, 

zusammen  387  776  Personen,  d.  i. 

34  923  Personen  mehr,  als  in  1890. 

Davon  an  den  Tagen  mit  ermäßigtem  Eintrittsgeld  (50  Pf.  oder  30  Pf. 
die  Person,  Kinder  die  Hälfte) 

in  1891  247  614  Erwachsene, 

66  023  Kinder, 

zusammen  309  637  Personen,  d.  i. 

18  348  Personen  mehr,  als  in  1890. 

Das  Aquarium  besuchten: 

in  1891  37  167  Pensonen,  d.  i. 

281  Personen  mehr,  als  in  1890. 

Der  besuchteste  Tag  in  1891  war  der  Pfingstmontag,  der  18.  Mai,  mit 
35  678  Personen. 

Unentgeltlicher  Besuch  wurde  gewährt:  1758  Lehrern  und  52  923  Kindern 
hiesiger  Volksschulen,  1710  Zöglingen  mildthätiger  Anstalten,  Seeleuten  u.  s. 
w.,  zusammen  56  391  Personen. 


128 


Der  Abrechnung  entnehmen  wir  folgende  Zahlen: 

Gehalte  und  Löhne  der  Beamten  und  Angestellten  M.  67  215.33,  Anzeigen 
M.  5934.56,  Futter  und  Verpflegungshosten  M.  46  695. — ,  Heizung  und  Beleuchtung 
M.  7993.13,  Baureparaturen  M.  16  797.72,  Unterhaltung  de.s  Gartens  M.  19  535.94 
Musik  und  Illuminationen  M.  39  857.26.  —  Zu  Abschreibungen  wurden  verwendet 
M.  87  900.38  und  aus  dem  Reingewinn  von  M.  9  119.85  dreizehn  Aktien  im 
Werte  von  zus.  M.  8  437.50  ausgelost  und  zurückbezahlt.  In  der  Bilanz  steht 
das  Tierconto  mit  M.  88  055.95,  das  Gebäudeconto  mit  M.  1  183  279.85,  die 
Krankenkasse  der  Angestellten  mit  M.  14  736.40,  der  Pensions -Fonds  mit 
M.  10  857.86. 


L  i  1 1  e  r  a  1  u  r. 


Brehms  Tierleben.  3te  Auflage.  Die  Kriechtiere  und  Lurche.  Neubearbeitet 
von  Prof.  Dr.  0.  Böttger  und  Prof.  Dr.  Pe  c  h  u  e  1  -  Loe  s  ch  e.  Mit  167  Ab¬ 
bildungen,  1  Karte  und  16  Tafeln.  Leipzig  und  Wien.  Bibliographi¬ 
sches  Institut.  1892.  825  Seiten. 

Die  kaltblütigen  luftatmenden  Wirbeltiere  liegen  von  berufenster  Hand 
neu  bearbeitet  vor  uns.  Prof.  Dr.  Böttger  hat  durch  zahlreiche  sorgsame  Ar¬ 
beiten  in  deutschen  und  auswärtigen  Fachschriften  sich  Verdienste  um  die 
Erweiterung  der  Herpetologie  erworben,  ihm  werden  aus  allen  Ländern  und 
Gegenden  der  Erde  tote  und  lebende  Tiere  zur  Bestimmung  zugesandt,  er  hat 
die  Sammlung  dieser  Tiere  in  dem  Senckenbergischen  Museum  neu  geordnet 
katalogisiert  und  zu  einer  der  reichhaltigsten  erhoben;  er  kennt  die  Litteratur, 
auf  diesem  Gebiete  vollständig  und  hat  seihst  an  den  lebenden  einheimischen 
Reptilien  und  Amphibien  zahlreiclie  Beobachtungen  gemacht;  außeialem  besitzt 
er  eine  angenehme  Darstellungsweise,  und  so  treffen  alle  Bedingungen  für  die 
Abfassung  einer  populär-wissenschaftlichen  Bearbeitungsweise  zusammen.  Und 
nach  genauer  Durchsicht  des  7ten  Bandes  von  Brehms  Tierleben  dürfen  wir 
wohl  sagen,  dafs  wir  eine  ganz  vorzügliche  Naturgeschichte  der  Kriechtiere 
und  Lurche  vor  uns  haben,  die  sowohl  an  Vollständigkeit  und  Gediegenheit 
wie*  auch  hinsichtlich  der  Ausstattung  mit  vortrefflichen  Illustrationen  alles 
bisher  Gebotene  übertrifft.  Unsere  Litteratur  darf  stolz  sein  auf  dieses  Werk, 
das  dem  Forscher  wie  dem  Liebhaber  eine  Fundgrube  für  die  Kunde  der  ge¬ 
nannten  Geschöpfe  bleiben  wird.  N. 

Bücher  und  Zeitschriften. 

Oniis,  [ntcnmtioiialc^  Zeitsclirift.  für  die  K’csainte  Ornithologie,  etc.  llerausgegobeii  von  Prof 
Dr.  It.  lilasins.  ^’II.  .Jahrg.  tS!)l.  lieft  IV.  Wien.  Cai'l  Oerold’.s  Solin. 

Itronn  Klas.sen  n .  Ordnungen  des  'fierrci  e.h.s.  0  Hd.  V.  Abteil.  Säugetiere  von 
Prof.  Dr,  W.  IjCcIk^  'Al — SD  Liehn-g.  Leijizig  n,  Heidelberg.  C.  P.  W  i  n  te  r 
Dr.  .1  nl.  Ziegler,  'rierpbänologi.'^clie  Heobaclitnngen  zu  Frankfurt  a.  iM.  (P,eric'bt  der 
Senckenberg.  nalurfors(di.  0(!.sellsebaft  ls!)2). 

The  .lonrnal  of  Ooiniiarative-Medieine  and  Veterinary  Arcbive.s.  Kdited  bv  W.  A.  C  on  k  1  i  ii 
&  II.  Sb.  II 11  i  d  ek  o  j)  e  r.  Newyork.  March.  IS!t2. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlaii  &  Walelsclimidt.  Frftnkfiirt  «.  M. 


Zeitschrift  ,n 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Kedigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

No.  5.  XXXIII.  Jahrgang. 


Mai  1892. 


I  II  li  a  1  I. 


Zur  Kenntnis  der  Legerölire  des  Bitterlings;  von  F.  Leydig.  —  Das  Ilasellmhn  m 
Livland;  von  O  s  k  a  r  v  o  n  Löwis.  (Schluß.)  -  Zoologische  Beobachtungen  "'jüircmd  einei 
Kaukasusreise;  von  Carl  Greve.  -  Bericht  des  Verwaltungsiuats  der  Neuen  /.•olo^sc^ 
Gesellschaft  zu  Frankfurt  a.  M.  an  die  Generalversainmlung  der  Aktionäre  vom  11  Apnl  189- 

_  Korrcs]>ondciizcn.  —  IvlGinoro  MitteiluiigGii.  —  Tjittcratur.  lidin^e^^angciic  ci  i 

liUcher  nml  Zeitsclirifteu.  — 


Zur  Keimtnis  der  Legerölire  des  Bitterlings. 

Von  F.  Leydig. 


Schon  Heckel-Kiier  führen  in  ihrem  Werke*)  an,  daß  der 
Bitterliug,  Bhodeus  amarus,  einer  näheren  anatomischen  Untersnehnng 
wert  wäre,  indem  er  sich  in  gar  manchen  Punkten  von  sonstigen 
Cyprinolden  nnterscheide.  IlierzAi  habe  ich  vor  kurzem  bezüglich 
der  Perlorgane  schon  einen  kleinen  bestätigenden  Beitrag  geliefert  ^■*) 
niid  werde  über  anderes  später  noch  berichten.  Im  Augenblick  aber 
(Tcstatte  ich  mir  zur  Stroktnr  eines  Körperteiles,  über  dessen  Lebens- 
erscheinnngen  gerade  die  Blätter  des  »Zoologischen  Gartens«  An- 
sprecliendes  enthalten,  einiges  vorzulegen. 

Zuvor  mag  gesagt  sein,  daß  im  Main  bei  Würzbnrg  der  Bittcr- 
liinr  nicht  bloß  häufig  ist,  sondern  auch  eine  verhältnismäßig  statt- 
liehe  Größe  erreichen  kann.  Ich  hatte  wenigstens  Stücke  vor  mir, 
die  fast  drei  Zoll  lang  und  also  wahre  Ptiesen  waren,  gegonüher 
dem  Tiere,  wahrscheinlich  ans  der  Gegend  von  München  .stammend, 

*)  Süfawasserfisclic  der  österroiclii.schcn  Monavcliic  von  Heckei  und 
Kner,  Wien  1858. 

**)  Leydig,  Integument  brünstiger  Fische  und  Amphibien.  Biolog. 

Centralhl.  1892.  ‘ 

Zoolog.  Gart.  .Tahrg.  XXXIII.  1892. 


9 


130 


welches  Weber  iu  »natürlicher  Größe«  abbiklet.  ")  Auch  über¬ 
treffen  viele  der  hiesigen  Exemplare  jene,  welche  FI  e  c  k  el  -  Kn  e  r, 
sowie  auch  Sieb  old* **)  uns  im  Bilde  darstellen. 

Die  U  r  oge  n  i  t  a  1  p  a  p  i  1 1  e  ist  es  gewesen,  welche  ich  nach 
langer  Unterbrechung  zur  Zeit  ihrer  vollen  Entwicklung,  im  Monat 
Mai,  wieder  vorgeuommen  habe,  und  indem  ich  mitteile,  was  ich 
gefunden,  bitte  ich  um  die  Erlaubnis  eine  persönliche  Erinnerung 
vorausschicken  zu  dürfen. 

Im  Anfang  der  1840er  Jahre  bemühte  ich  mich  in  Gemein¬ 
schaft  mit  einem  andern  Studierenden  der  Medizin,  Ahlefeld  aus 
Darmstadt  (ob  er  noch  lebt?),  die  Fische  des  Mains  bei  Würzbnrg 
kennen  zu  lernen,  wozu  wir  uns  ganz  besonders  durch  das  iu  jener 
Zeit  erscheinende  Reisewerk  von  Russegger  angeregt  fühlen, 
weil  in  demselben  für  uns  zum  erstenmal  von  Heckei  die  Schlund¬ 
zähne  der  einheimischen  Cypriuoiden  in  klarer  übersichtlicher 
Zeichnung  als  Hültsmittel  der  Determinieruug  zu  sehen  waren.  Da 
wir  nun  ständige  Gäste  des  Fischmarktes  wurden,  so  konnte  es 
nicht  fehlen,  daß  uns  im  Füühjahr  au  dem  Bitterling  der  seltsame 
Anhang  in  der  Aftergegend  zu  Gesicht  kam  und  ratlos,  was  daraus 
zu  machen  sei,  wandten  wir  uns  an  den  damaligen  1-^rofe.ssor  der 
Zoologie,  L  e  i  b  1  e  i  u ,  mit  der  Bitte  um  Aufklärung,  Dem  Genannten 
war  die  Sache  ebenfalls  fremd,  doch  schien  er  nicht  viel  davon  zu 
halten,  wie  er  denn  auch  in  seiner  mehr  als  ein  Jahrzehnt  darnach 
herausgegebenen  Aufzählung  der  Fische  des  Maingebietes***)  des 
Gebildes  mit  keiner  Silbe  gedenkt.  Ich  selber  zu  andern  Dingen 
übergegaugen,  kümmerte  mich  auch  nicht  weiter  darum. 

Erst  im  Sommer  1857,  nach  meiner  Übersiedelung  au  die 
Universität  Tübingen,  ergab  sich  Veranlassung,  dem  wunderlichen 
Anhängsel  erneute  Aufmerksamkeit  zu  schenken,  indem  der  damalige 
Direktor  des  Stuttgarter  Naturalieu-Kabinets,  K  r  a  u  ß  ,  mich  auf- 
snchte,  um  meine  Ansicht  über  das  Gebilde  zu  hören,  welches  unter¬ 
dessen  auch  ihm  und  andern  Naturforschern  in  Stuttgart  aufgefallen  war. 
Ich  ging  daher  jetzt  an  eine  wirkliche  Untersuchung,  als  deren  Er¬ 
gebnis  ich  aussprecheu  konnte,  der  Teil  sei  keineswegs,  wie  man 
gemeint  hatte,  etwas  Krankhaftes  oder  Zufälliges,  sondern  stelle  eine 
sehr  entwickelte  Urogenitalpapille  vor.  Krauß  gab  nun  eine  den 

U  Weber,  Fische  J)eutsclilancls  und  der  Schweiz,  1870. 

v.  Siebold,  Süßwas.serfische  von  Mitteleuropa,  1802. 

***)  Korre.spondenzblatt  des  zool.  mineralo"..  Vereins  in  Regensbmg,  1853. 


131 


Gegenstaucl  betreffende  Mitteilung*),  worin  er  meine  Mithülfe  nicht 
im  geringsten  erwähnt,  was  ich  alsdann  einige  Jahre  nachher,  ge¬ 
legentlich  einer  Doktordissertation  **),  gerügt  habe,  vielleicht  in  einer 
etwas  zu  scharfen  Form.  Unzutreffend  bleibt  es  auf  jeden  Fall, 
wenn  Siebold***)  seiner  Verwunderung  Ausdruck  gibt,  daß  der 
so  eigentümliche  Teil  »trotz  seiner  Augenfälligkeit«  erst  im  Jahre 
1858  von  Krauß  wahrgenommen  worden  sei.  Dem  eben  Gesagten 
zufolge  ist  dies  lange  vorher  geschehen  gewesen. 


Die  Urogenitalpapille  oder  Legeröhre,  um  die  angegebene  Zeit 
vom  lebenden  Tier  abgenommen,  zeigt  eine  derartig  lichte,  pigment- 
lose  Epidermis,  daß  dieselbe  das  Aussehen  einer  hellen,  homogenen 
Zone  hat,  und  beim  Auflegen  des  Deckglases  auf  das  frische  Objekt 
glaubt  mau  wahrzunehmeu,  daß  zellige  Elemente  (Lyraphkügelchen) 
auf  die  Oberfläche  sich  hervordrängen.  Schleimzellen  sind  vorhanden. 
Becherorgane  aber,  welche  so  zahlreich  über  Kopf  und  Leib  des 
Fisches  in  bestimmter  Anordnung  sich  verbreiten,  was  an  anderer 
Stelle  im  näheren  erörtert  werden  soll,  vermisse  ich  hier  in  der 
Flpidermis.  Das  Epithel,  welches  den  Innenraum  der  Röhre  aus¬ 
kleidet,  ist  ebenfalls  von  sehr  hellem  Aussehen. 

Der  bindegewebige  Teil  der  Wand  enthält  gelbes,  rotbraunes 
und  dunkles  Pigment  in  solcher  Verteilung,  daß  die  Wurzel  der 
Papille  ziemlich  hell  ist  und  insbesondere  dunkle  Piginentzellen  nur 
spärlich  zugegen  sind;  der  mittlere  Teil  besitzt  neben  schwarzem 
viel  rotbraunes  Pigment  und  nach  der  Spitze  hin  setzt  sich  das 
Rotbraun  in  Gelb  um.  In  den  gelben  Zellen  erscheinen  die  Nuclei 
wie  umgewandelt  in  einen  Haufen  gelber  Körner,  welche  voii 
satterem  Farbenton  sind  als  jene  im  Zellenleib.  Irisierendes  oder 
guaninhaltiges  Pigment,  im  Integument  des  Körpers  weit  ausge¬ 
breitet,  fehlt  der  ürogenitalpapille  völlig. 

Was  nun  aber  den  eigentlichen  Zweck  jetziger  Mitteilung  aus¬ 
macht,  ist  die  Anzeige,  daß  sich  eine  entwickelte  Muskulatur 
in  der  Wand  der  Legeröhre  vorfindet.  Sie  besß'ht  aus  Längs¬ 
muskeln,  welche  durch  Seitenzweige  so  verbunden  sind,  daß  ein 
zierliches  Netz  mit  weiten  Maschen  zu  stände  kommt.  Die  Fäden 
dieses  Muskelnetzes  sind  dünn  und  gehören  der  quergestreiften 

*)  Krauß,  Über  dcu  Bitterling,  Württemb  natiirwiss.  Jahreshefte,  1858. 

**)  Noll,  der  Main  in  seinem  unteren  Lauf.  Frankfurt  a.  M.,  1860. 

***)  v.  Siebold,  Süßwasserfische  von  Mitteleuropa,  1862. 


132 


Muskelart  an,  welche  Sonderung  ihrer  Substanz  allerdings  nicht 
immer  dem  ersten  Blick  sich  ankündigt,  aber  bestimmt  zum  Vor- 
schein  kommt  bei  gehöriger  Vergrößerung  und  genauer  Prüfung. 
Ihid  ich  will  daher  im  Hinblick  auf  die  Untersuchungsmethode  aus¬ 
drücklich  erwähnen,  daß  man  die  Muskeln,  sowohl  was  ihre  Anord¬ 
nung  als  auch  ihren  histologischen  Charakter  betrifft,  am  frischen 
Organ  leichter  als  an  solchen,  welche  durch  Reagentien  gegangen  sind, 
ins  Auge  bekommt.  —  Wegen  der  querstreifigen  Natur  hat  man 
wohl  diese  Muskeln,  ihrem  Herkommen  nach,  von  der  Muskulatur 
des  Stammes  abzuleiten  und  ich  denke  mir,  daß  sie  sich  hierzu  un¬ 
gefähr  so  verhalten,  wie  das  System  quergestreifter  Muskeln  in  der 
Flughaut  der  Fledermäuse.  *) 

Besagtes  Muskelnetz  scheint  nur  in  Thätigkeit  zu  treten  für  den 
Augenblick,  wo  die  ürogenitalpapille  ihr  Geschäft  als  »Legeröhre« 
zu  vollziehen  hat.  Denn  außer  diesem  Moment  baumelt  das  Organ 
bei  dem  im  Glase  schwimmenden  Fisch  einfach  hin  und  her,  so  daß 
mehr  als  ein  Beobachter  bei  flüchtigem  Zusehen  zuerst  den  Eindruck 
erhielt,  das  Gebilde  sei  wohl  nur  etw^as  Wurmartiges,  das  aus  dem 
After  heraushiuge. 

Im  Hinblick  auf  die  Lebenserscheinungen  meldet  zwar  Sieb  old 
bereits,  daß  die  Legeröhre  »reizbar«  sei  und  Reflexbewegungen  her¬ 
vorbringe;  an  matten  Fisehchen  konnte  er  durch  einen  Stich  in  die 
Legeröhre  »Muskelzuckuugen«  hervorrufen.  Doch  das  in  der  Wand 
wirklich  vorhandene  Muskelnetz  erkannte  er  nicht,  trotzdem  er  eine 
histologische  Untersuchung  vorgenommen  hat,  denn  er  spricht  aus¬ 
drücklich  nur  von  Blutgefäßen  und  Nerven,  die  in  das  Organ  ein¬ 
dräu  gen. 

Am  aufmerksamsten  hat  Noll  die  Lebensweise  des  Fischchens 
im  Zimmer- Aquarium  studiert  und  namentlich  das  merkwürdio-e  Be- 
nehmen  beim  Eierabsetzen  verfolgt,  weshalb  denn  auch  seine  An¬ 
gaben  von  größtem  Interesse  sind.**)  Nach  ihm  gerät  die  Legeröhre, 
vorher  flottierend,  in  dem  Augenblicke,  wo  das  Ei  in  sie  eintritt,  in 
»Erection«  oder  »Streckung«  und  das  Ei  schießt  blitzschnell  hin¬ 
durch  in  die  Muschel. 

Was  ruft  nun  wohl  die  »Streckung«  der  vorher  schlaff  flottie¬ 
renden  Legeröhre  hervor?  Geht  dem  Eintritt  des  Eies  eine  Fülluno- 
der  Blutgefäße  oder  vielleicht  etwaiger  Lymphräume  in  der  bindege- 

*)  Siche  Leydig,  Üher  die  äußeren  Bedeckungen  der  Säugetiere,  Arck 
f.  Anat.  n.  Phys.  1859,  S.  r,93. 

**)  Noll,  Gewohnheiten  und  Eierlegen  des  Bitterlings,  Zool.  Garten.  1877. 


webijjjeii  Wand  vuriiiisV  Oder  hat  Noll  recht,  wenn  er  die  Vei- 
inutung  ansspricht,  daü  es  das  Ei  selbst  sei,  das  bei  seiner  Länge 
und  seinem  blitzschnellen  DurchschieLen  die  »btreckung  der  Lege¬ 
röhre«  veranlasse?  Auf  alle  Fälle  wird  das  von  mir  aiifgezeigte 
Muskelnetz,  das  auch  Noll  unbekannt  war,  durch  seine  Ihätigkeit 
auf  das  Fortgleiten  des  Eies  eine  Wirkung  ausübeii  müssen,  wie 
es  auch  selbstverständlich  ist,  daü  die  von  Siebold  beobachteten 
»Zuckungen«  der  Legeröhre  auf  das  Muskelnetz  zurückzuführen  sind. 

Immerhin  sieht  man  auch  wieder  an  Gegenwärtigem,  wie  selbst 
ganz  einfach  scheinende  Vorgänge  doch  einstweilen  noch  manche 
Fragen  zur  Lösung  uns  übrig  lassen. 


Das  Haselhuhn  iu  Livland. 

Von  Oskar  von  Löwis. 

(Schluß.) 

V.  Jagdliches. 

Das  Haselhuhn  nimmt  unter  den  livländischen  Jagdobjekten 
eine  sehr  wenig  geachtete  Ötellung  ein,  in  Deutschland  winde  man 
sagen:  es  gehöre  zur  Niederjagd;  die  meisten  Hühner  werden  ge¬ 
legentlich  »anderer«  Jagden,  sehr  viele  nur  zufällig  eilegt;  dafüi 
nimmt  es  als  Tafelwild  unstreitig  die  erste  Stelle  ein,  indem  uns 
das  Fasanen-Wildpret  durchaus  fehlt.  Es  gibt  nur  vereinzelte, 
wenige  Besitzungen,  auf  denen  sich  der  Jagdherr  das  Haselwild  voi- 
behielte  und  dessen  Abschuh  den  Forstwärteru  untersagte.  Die 
meisten  Herren,  auch  sonst  tüchtige,  leidenschaftliche  und  fleihige 
Jäger,  wenden  ihre  der  Jagd  gewidmete  Zeit  viel  lieber  anderem 
Wilde  zu,  überlassen  gerne  den  Forstbeamten  den  Abschuh,  zahlen 
mit  Vergnügen  das  geringe  Schuügeld  für  Pulver  und  Blei,  um 
nachher  mit  noch  bedeutend  vermehrtem  Vergnügen  den  Braten  zu 
schmausen.  So  ein  richtiger  »ländischer«  Geburtstag  der  Herrschaften, 
der  Hochzeitstag  und  sonstige  seltene  Feste,  sind  ohne  ein  bis  zwei 
Schüsseln  geschmorter  Haselhühner  nur  ungern  denkbar;  es  muh  eben 
sein.  Früher  war  es  auch  immer  so,  jetzt  leider  nicht  mehr  allemal. 

Jeder  Jäger  und  Forstbeamte  trägt  in  haselhühneiieichen  hoist- 
distrikten  vom  Frühjahr  bis  zum  Spätherbst  stets  ein  Paar  Lock- 
pfeifen  aus  Zinn,  Blei  oder  besser  aus  dem  Flügelknochen  des  Sperbers, 
des  Merlin  ,  des  Haselhuhns,  des  Llaushuhns,  auch  aus  Hasenknochen 


134 


bei  sieb,  aniliieiiieii  der  Jagdtasebe  oder  im  Knopfloch  bängeud,  auf 
allen  Gangen  mit.  Er  versucht  das  Anreizen  gelegentlich  au  allen 
passenden  Waldstellen  fast  täglich  bei  seinen  Dieusttouren,  sei  es 
auf  Gängen  zu  speciellen  Waldgescbäften,  bei  allgemeinen  Revisionen, 
auf  dem  Waldsclinepfeustande  nach  der  Auerhahn-  oder  Birkhahn¬ 
balz  oder  im  Herbst  während  der  Hasenjagd  mit  Brakirhunden,  kurz 
jede  freie  Zwischenstunde  oder  Rastzeit  wird  versuchsweise  benutzt;  ist 
die  Beute  auch  nicht  oft  zu  erringen,  —  ini  Lauf  des  Jahres  summiert 
sie  sich  doch !  Die  meiste  Nachstellung  erfährt  das  delikate,  dem 
Wilderer  sehr  gut,  dem  Forstwart  die  Schufl-Auslagen  deckend, 
bezahlte  Haselhuhn  im  Frühjahr  von  Mitte  März  bis  Mitte  Mai, 
ferner  im  Juli  und  Anfang  August  zur  Jungwildsjagd  -  Zeit  und 
schließlich  im  September  und  Anfang  Oktober  während  specieller 
Lockjagd  oder  bei  Hasenjagden  —  im  Winter  wird  es  nur  ganz 
ausnahmsweise  zufällig  bei  uns  erlegt.  —  Ausschließlich  widmet  und 
opfert  nur  sehr  selten  ein  Jäger  den  ganzen  Tag  speciell  der  Hasel- 
hühnerjagd,  etw'a  nur  daun,  wenn  au  reichlichem  Wildpret  zu  fest¬ 
lichen  Gelegenheiten  sehr  viel  gelegen  ist;  die  Jagdlust  allein  brächte 
solche  Geduld  und  Ausdauer  nur  als  Ausnahme  zu  stände.  So  ließ 
ich  z.  B.  im  September  1875  zur  Hochzeit  meiner  Schwäoeriu 
4  rorstwarte  während  3  Lage  nur  Haselhühner  jagen,  was  bei  einer 
Schußprämie  von  25  Kop.  per  Stück  (=  50  Pfg.)  eine  Beute  von 
42  Stück  ergab.  —  Die  Leute  jagten  nur  in  der  Frühe  des  Morgens 
mit  der  Locke  ;  im  Lauf  des  Tages  wurde  durch  Klopftreiben  und 
Anschleichen  bei  weitem  das  meiste  erlegt.  Die  Letten  sind  Meister 
im  lautlosen  »Anpürschen«  ;  ihre,  durch  keine  Bücherstudien  er¬ 
müdeten  Augen  leisten  hierbei  Großartiges. 

Bei  der  Suche  nach  Birk  wild  in  niedrig  bestandenen  Juug- 
schlägen  stoßt  man  zufällig  zuweilen  im  Juli  oder  Anfajig  August 
auf  eine  vor  dem  Hunde  niemals  festliegende,  sondern  stets  weiter 
lautende,  endlich  sich  erhebende  Haselhühuerkette;  da  dieselben  ge¬ 
wöhnlich  nur  zu  2,  3  —  4  Stück  a  tempo  auffliegen,  wandern  dann 
viele  in  die  Jagdtasche,  da  der  Schuß  vor  dem  Hunde,  von  Bäumen 
ungedeckt,  kein  schwerer  genannt  werden  darf;  ist  der  Junnschlat»- 
sehr  groß,  so  fliegen  sie  nicht  bis  zum  Hochwald,  sondern  werfen 
sich  wieder  zu  Boden  und  laufen  weiter.  Ist  der  Hochwald  aber 
200  bis  höchstens  300  Schritt  entfernt,  dann  streben  alle  Hühner  die 
Bäume  zu  erreichen. 

Über  die  Jagd  mit  der  Lockpfeife  zur  Balzzeit  und  im  Herbst 
ist  so  oft  erschöpfend  Gutes  und  in  ausgezeichneter  Form  geschrieben 


185 


nntl  veröffentlicht  worden,  daß  es  als  »Holz  in  den  Wald  tragen« 
erscheinen  niilffte,  wollte  ich  noch  etwas  darüber  berichten;  es  gibt 
darüber  nichts  Nenes. 

Dagegen  scheint  das  Anlocken  versprengter,  etwa  ^/i  oder  ^/ö 
ausgewachsener  Junghühner  ini  Juli  oder  ersten  Drittheil  des  August 
russischen  Stiles,  während  sie  noch  eng  in  geschlossener  Kette  der 
mütterlichen  t^ührung  folgen,  in  Deutschland  gar  nicht  geübt  und 
wenig  gekannt  zu  sein,  weil  die  Jagd  zu  der  Zeit  noch  geschlossen 
ist.  Anders  liegen  die  jagdlichen  Verhältnisse  in  Divland,  wo  dem 
lieichsgesetze  gemäff  jegliche  Jagd  schon  am  29.  Juni/11.  Juli,  dem 
Peter-Paul-Tage  eröffnet  wird.  —  Da  in  der  betreffenden  Litteratur 
so  gut  wie  nichts  über  diese  nicht  uninteressante  Lockjagd  auf 
Sonnnerhühnchen  zu  finden  ist,  so  erlaube  ich  mir,  eigenste  Erfah¬ 
rungen  hierüber  kurz  mit  zu  teilen  : 

”  Zur  Sommerjagd  auf  junge  Haselhühner  in  geschlossenen 
Ketten  ist  es  ratsam  ,  niemals  allein  ,  sondern  am  besten  zu 
dreien  (2  Schützen  und  1  Hülfsjäger)  mit  einem  kurz  und  vor¬ 
sichtig  suchenden,  durchaus  ruhigen  Hühnerhunde  früh  morgens  oder 
gegen  Abend  auszuziehen.  Lohnend  und  jagdlich  amüsant  ist  nui 

Bejagen  »jungfräulicher«  Ketten,  denn  nach  1  oder  2maligem 
Locken  und  Beschießen  werden  die  Hühner  mißtrauisch,  stumm  und 
scheu.  —  Das  beste  Terrain  ist  dichter,  jüngerer  Bestand  oder 
Sumpfwald  mit  halbkrüppeligem  Baumwuchs  und  dichtem  Stauden- 
o-ewirr  am  Boden.  —  Wurde  die  Kette  in  lichten  Hochwald  hinein- 
rretriebeu,  so  hält  es  schwer,  unbemerkt  einen  guten  Ansitz  zu  er¬ 
wählen,  die  Hühner  fallen  schneller  zu  Boden,  sehen  und  treffen  sich 
bald,  um  dichterem  Bestände  zuzustreben.  Am  Morgen  muß  der 
Hülfsjäger  das  erste  Auftreiben  im  thaunassen  Blättergewirr  des  Ge¬ 
strüpps,  Anwuchses  oder  Sumpfgebrächs  zustande  bringen,  während 
die  Herrenjäger  mit  dem  Hunde,  ohne  allzu  naß  zu  werden,  bequemere 
Pfade  oder  lichtere  Gelände  suchend,  folgen.  Sobald  eine  dem 
Alter  resp.  der  Größe  uach  gut  beschießbare  Kette  hoch  gemacht  und 
durch  Versuche  des  » Anpürschens«,  welches  in  diesem  Altersstadium 
einem  gewandten  Jäger  nicht  schwer  fallen  dürfte,  zersprengt  und 
verstreut  wurde,  tritt  an  die  Jäger  der  entscheidende  Moment  heran, 
nämlich  die  richtige  Auswahl  des  Lock-Ansitzes  im  Centrum  der 
auseinander  geffüchteteu  Kette.  Man  wähle  sehr  sorgfältig  prüfend 
die  Umgebung,  den  Bestand,  kurz  alles  Einschlägige  m  Erwägung 
ziehend,  einen  gut  gedeckten  Ansitz,  an  welchen  die  beiden  Schützen 
yt^va  7—8  Schritt  von  einander  Platz  zu  nehinen  haben,  während 


136 


der  Hültsjiiger  mit  dem  an  die  Leine  geuommeneu  Hund  sich  völlio- 
unsichtbar  in  einen  absolut  bergenden  Busch  hinein  verkrieclieu 
muh.  Nach  einem  Zuwarteu  von  etwa  10  bis  40  Minuten  (dieses 
muh  sich  nach  dem  Grade  der  Verschüchterung  richten;  beschoh 
mau  beim  Anschleicheu  die  Kette  bereits  lebhaft,  trieb  die  Hühner 
wiederholt  ab  und  hin  und  her,  so  warte  mau  mindestens  ’/2  Stunde, 
—  scheuchte  mau  sie  wenig  oder  gar  nicht,  kann  das  Locken  sehr 
bald  beginuen)  beginne  mau  das  Locken,  indem  mau  die  gewöhnliche 
llahneulocke  mit  dem  Schalloch  nach  unten  tief  in  den  Mund  bis  an 
den  Gaumen  steckt,  die  Luft  durchströmeu  läht,  während  die  Zungen¬ 
spitze  die  Pfeife  nach  oben  andrückt  und  die  zweite  Silbe  »ü«  durch 

die  Unterlippe  erzeugt  und  abschlieht;  3—4  mal  muh  das  »Tfiu _ 

tliu — tfiu — tfiu«  nach  einander  erklingen. 

Beim  Klopftreiben  habeich  Ende  August  und  im  September  jeden¬ 
falls  überhaupt  das  meiste  Haselwild,  bei  gelegentlicher  Zuhülfeuahme 
der  Locke,  erlegt.  Es  gehört  hierzu  aber  eine  sehr  genaue  Lokal¬ 
kenntnis,  indem  dieHühiier gerne  seitlich  abschweukeu  und  auch  gewisse 
»Klugwechsel«  eiuzuhalten  pflegen.  Es  gibt  auch  Örtlichkeiten, 
in  denen  der  Trieb  wie  geboten  und  leicht  erscheint  z.  B.  wo  schmale 
langgestreckte  Waldwiesen  den  Wald  natürlich  in  ebensolche  Cou- 
lisseu  einteilen ;  au  derartigen  Plätzen  ist  diese  Jagdart  nicht  schwierig 
und  recht  ergiebig. 

Im  allgemeinen  erfordert  aber  das  Zutreiben  viel  Umsicht,  Er¬ 
fahrung  und  Geduld.  —  Ich  habe  Porstwarte  gekanut,  welche  im 
eigenen,  genau  bekannten  Revier  fast  jedes  aufgescheuchte,  darnach 
vorsichtig  umgangene  Haselhuhn  dem  von  ihnen  mit  oft  instinktivem 
Geschick  angestellten  Jäger  zuzutreiben  wußten.  —  Beim  reizvollen 
und  schwierigen  Schießen  im  Fluge  ist  es  ratsam,  sehr  feines 
Schnepfeuschrot  zu  benutzen,  damit  das  Huhn  möglichst  dicht  gedeckt 
und  dadurch  allemal  die  Flügel  niitbrecheu  müssen,  widrigenfalls 
manches  Stück  beim  sturnischnellen  Fortschießeii  totkrank  im  dichten 
Wald  verloren  gehen  dürfte,  »zu  Holz  geschossen  würde«. 

Leyen  beschreibt  diesen  Juughühuer-Lockruf  als  ein  Pi _ pi _ 

pi— pi,  was  mir  unrichtig  erscheint,  da  mau  deutlich  das  Zischen 
eines  S  vorher,  dann  erstsilbig  ein  »i«  und  schließlich  ein  »u« 
durchhöreu  kann.  Der  Gaunienhauch  bringt  die  erste  Silbe,  die 
Unterlippe  allein  das  tiefere  »u«  und  den  korrekten  Abschluß  her¬ 
vor.  Anfangs  mache  mau  mehrere  Minuten  Pause;  antwortet  die 
alte  Henne,  was  meist  bald  und  eifrig  bei  gutem  Zulauf  am  Boden 
zu  geschehen  pflegt,  so  kann  man  die  Pausen  abkürzen  und  falls 
rund  umher  die  Jungen  locken,  dieselben  fast  fortlasseu. 


Bauei-jägei-  —  und  in  einsciui  abgelegeneu  Furstdistrikteii  auch 
mancher  heutelustige  Heireujäger  schieüeu  vorweg  die  alte  1  leime 
ah  (als  ich  noch  sehr  jung  war,  beging  ich  diese  »Sünde«  wiederholt), 
locken  dann  als  solche  und  erzielten  meist  glänzende  Erfolge ;  nach-, 
her,  d.  h.  zum  zweiten  Maie  sind  aber  daun  die  verslörteii,  verwaisten 
und  für  immer  sich  versprengenden  Junghühner  nicht  mehr  zu  he- 
jagen,  folgen  vor  dem  Herbst  keiner  Locke  und  werden  sehr  scheu. 

—  Beim  gebotenen  Schonen  der  Henne  ist  es  ratsam,  entwedei 
dieselbe  bei  sehr  dichtem  Bestände  und  gutem  Versteck  m  der  ?sahe 
zu  belassen  und  ihr  Anlocken,  sich  zum  Vorteil,  auszunutzeu  resp. 
einige  Schüsse  auf  zulaufende  Hühner  anzubringen,  oder  abei^  die¬ 
selbe  gründlich  durch  Erschrecken  und  Forttreiben  zu  vergrämen, 
was  der  Hülfsjäger  ihr  folgend  abseits  besorgen  resp.  ihr  den 
»Schnabel«  dadurch  stopfen  kann  ;  denn  beginnt  sie  abseits  vom 
Ansitz  wieder  eifrig  zu  locken,  so  entführt  sie  bald  die  ganze  Jung¬ 
schar  auf  anderes  Terrain  und  die  Jäger  haben  das  Nachsehen. 
Die  Jungen  folgen  eben  dem  mütterlichen  Pfift  lieber  als  dem 
Locken  der  Geschwister.  Geht  alles  nach  Wunsch  und  Plan,  so 
kommen  die  Jungbühner  auf  den  Lockrufzu  Fuh,  seltener  im  Fluge, 
oft  von  Ast  zu  Ast  springend  heran  und  sind  dabei  zweckgenügend 
unvorsichtig,  anfangs  fast  dummdreist,  fürchten  bei  erstmaligem 
Bejagen  der  Kette  das  Knallen  des  Gewehres  nicht  odm-  nur  wenig. 
Sobald  sie  aber  bei  wiederholtem  Bejagen  derselben  Kette  in  dieser 
Art  niiütrauisch  wurden,  schweigen  sie  ganz  und  lassen  auch  die 
verführerischste  Locke  unberücksichtigt,  höchstens  »plittern«  sie, 
sich  gegenseitig  warnend,  sammeln  sich  wie  auf  Verabreden,  all- 
niählich  zu  Boden  fällend,  stumm  und  verschwinden  in  irgend  einer 
Dickung;  wie  gesagt  »jungfräulich«  niuü  das  Volk  sein!  Versuchte 
ich,  während  die  Henne  noch  lebte  resp.  geschont  wurde,  auch^  als 
olche  zu  locken,  so  verdarb  ich  mir  regelmälHg  die  Jagd,  vergrämte 
alle  Hüliner;  vermutlich  merkte  die  Alte  die  gefährliche  List  und 
warnte  in  ihrer  dem  Menschen  unverständlichen  Weise  alle  Kinder. 
Das  günstigste  Terrain  für  diese  Jagdart  ist  ein  moosiger,  feucht- 
grümliger,  im  Unterholz  sehr  dichter,  im  Baumstande  lichter,  halb, 
rkrüpplicher  Bestand,  an  dessen  Boden  Bohr,  Snmptstauden  etc.  das 
Anlaufen  auf  demselben  den  Hühnern  erschwert.  Wo  dichtbelaubte^ 
lamdistige  Grähnen  von  circa  5-6  Meter  sich  mit  ihren  biegsamen, 
dickholzigen  »Armen«  fast  berühren,  ohne  selbst  nahe  zn  einander 
zu  stehen,  da  ist  das  Anlockeu  und  der  Abschuü  möglichst  gut  aus¬ 
führbar.  *  Mit  großem  Geschick  laufen  die  Junghühner  auf  den 


13S 


schwunkeu  Ästen  der  Locke  zu,  überspriugen  sebr  graziös  und 
gescliickt  die  Zwischenräume,  sind  dabei  dem  Jäger  sehr  sichtbar, 
während  sie  selbst  durch  die  Schwierigkeiten  ihres  halbluftigen  Weges 
von  sicheindei  Umschau  abgelenkt  erscheinen.  In  Kiulliug  besitze 
ich  derartige  günstige  Bestände  viele  und  habe  dort  hübsche  erfolg¬ 
reiche  Lockjagden  im  Sommer  abgehalten.  1869  war  ein  reiehge- 
seguetes  Haselhühuerjahr ;  damals  konnte  ich  derart  eines  Morgens 
in  wenigen  Stunden  9  Stück  aus  2  Ketten  und  6—7  Stiiclf  zu 
wiederholten  Malen  erlegen,  wobei  allerdings  auch  einzelne  Hühner 
durch  Anpürschung  beim  erstmaligen  Baumen  geschossen  sein  dürften. 

Mein  Bruder,  weiland  Rendant  des  Adligen  Kredit -Vereins  zu 
Riga,  schoL  damals  von  einem  Ansitz  aus  binnen  wenigen  Minuten 
4  aut  Ästen  anlaufeude  Junghühner  der  Reihe  nach  ab;  das  Knallen 
des  Gewehres,  der  Rauch  störte  die  Naiven  durchaus  nicht.  Zuweilen 
nach  einem  Sprung  auf  einen  sehr  schwanken  Ast  trat  ein  förm¬ 
liches  Schaukeln  ein;  nun  mußte  das  Hühnchen  richtig  balancieren, 
dabei  die  Flügel  öffnen  und  geschickt  weiter  turnen;  diese  und  ähnliche 
Bilder  erhöhen  den  Reiz  der  Sommer  -  Lockjagd  gar  sehr.  DieStimmen- 
^  erwandtschaft  mit  den  anderen  Waldhühnern  in  gleichem  Alter 
ist  nui  in  diesem  »riiu  tfiu  tfiu«  heraushörbar;  wie  sonst  auch, 
ist  in  jugendlichem  Alter  manche  Familienähnlichkeit  allein  noch 
spürbar;  embryonal  sind  sogar  Fisch  und  Mensch  sich  ähnelnd;  junge 
Haselhühner  locken  birkhühuer-  oder  moorhühnerartio- 1 

O  * 


VI.  F  a  r  b  e  n  s  p  i  e  1  e  und  Bastarde. 

Abweichungen  von  den  gewöhnlichen,  im  Norden  mehr  grauen, 
nn  Süden  inehi  biauuen  Färbung  sind  in  unseren  Ostseeprovinzen 
lesp.  Livland  sein  selten,  jedenfalls  noch  seltener  als  bei  den  anderen 
Waldhühnern  und  dem  Rebhuhn.  Im  rroviuzial-Museum  zu  Reval 
befinden  sich  einige  auffallende  und  interessante  Farbenvarietäten  des 
Haselhuhns,  doch  stammen  sie  ausnahmslos  alle  vom  weltberühmten 
Wildmarkt  in  St.  Petersburg  her,  also  aus  dem  Innern  Rußlands, 
aus  dem  Osten.  —  Im  zoologischen  Kabinet  der  Universität  zu  Dor¬ 
pat  steht  gut  ausgestopft  ein  rauchgraues,  ziemlich  dunkles,  fast 
einfarbiges  Exemplar  eines  Hahnes.  —  Vor  vielen  Jahren  sah  ich 
irgendwo  in  unserer  Heimat  ein  trüb  saudfarbiges,  mit  etwas 
dunklerem  Schwanz  und  Flügeln  ausgestattetes  Exemplar,  weiß  aber 
nicht  mehr,  ob  es  ein  Männchen  oder  Weibchen  gewesen  war. 

Ich  selbst  habe  nur  1886,  als  einziges  Objekt,  eine  Farbenvarietät 
im  Freien  beobachten  können.  Dieses  Haselhuhn  hauste  Ende  August 


139 


in  völliiier  Isolieniuj»'  im  uordwestliclien  Teil  meines  Parkwaldes  7ai 
Meiershül*  und  war  sehr  dunkel,  schwärzlich  gefärbt.  Zweimal  konnte 
ich  das  nicht  scheue,  hochinteressante  GeschöjT  gut  beobachten, 
führte  aber  leider  kein  Gewehr  mit  mir.  Der  Rücken  und  fechwanz 
erschienen  mir  bei  etwa  30  Schritten  Entfernung  fast  rein  schwarz, 
Hals  und  Brust  dunkel,  rauchgrau  und  der  Bauch  fahlschwarz  ge¬ 
färbt  zu  sein.  Beim  Abstreichen  machte  es  den  Eindruck,  fast  so 
schwarz  wie  ein  Schwarzspecht  zu  sein.  Meine  Suche  uud  Nach¬ 
stellungen  mit  dem  Gewehr  blieben  leider  erfolglos;  es  schien  im 
September  jedenfalls  in  meinem  Revier  nicht  mehr  anwesend  zu  sein 

—  und  blieb  für  immer  verschollen. 

Mir  ist  keine  einzige  Bastardbildung  aus  den  Ostseeprovinzen 
zu  Gesicht  gekommen,  noch  hörte  ich  von  einem  einzigen,  auch  nur 
einigermaßen  verbürgten  Falle  in  Livland  erzählen.  Halbgebildete 
Förster,  ungebildete  Waldläufer  u.  d.  in.  machen  sich  so  gejiie 
»interessant«  durch  wunderbare  Mähr  aus  dem  Waldesduukel ;  sie 
wollen  allerlei  gesehen  haben,  was  niemand  noch  sah,  oder  bauschen 
einige  abweichende  Federn  zum  Kleide  eines  Bastardes  auf  etc.  etc. 

—  Die  als  verbürgt  in  der  Fachlitteratur  bekannt  gemachten  wenigen 

Fälle  einer  mutmaßlichen  Kreuzung  mit  dem  Birkhuhn  bilden 
Ausnahmen  seltenster  Art  und  müssen  geglaubt  werden.  Die  An¬ 
gaben  über  eine  angebliche  Kreuzung  mit  dem  Moorschneehuhn  ge¬ 
nügen  meinem  Thomas-Unglauben  nicht;  wie  soll  ein  Ilasel bahn  zum 
Werl,»eu  um  eine  Moorheune  gelangen,  wie  eine  Haselhenne  zur 
Gunstbezeugung  eines  Moorhahnes?  Im  Norden  leben  die  Mooischnce 
hühner  ausschließlich  aut  baumlosen  Moosmorästen  mit  ganz  nied¬ 
rigem,  gänzlich  verkrüppelten  Kiefern  von  2  bis  6  Fuß  Höhe  höchstens, 
mcüst  sogar  auf  ganz  nakter  Tundra,  die  nur  Zwergbirken  und  Beeren¬ 
kraut  wachsen  ließ.  Dahinein  verirrt  sich  ein  Haselhuhn  niemals, 
eine  Henne  schon  recht  nicht,  da  sie  dem  Geschlechte  nach  in  der 
Minderzahl,  also  von  Haselhä’hnen  umschwärmt  sein  dürfte.  —  Ohne 
schützendes  Waldesdickicht  kein  Haselhuhn,  und  derartige  Dickungen 
meidet  das  Moorschneehuhn  !  Birk-  uud  Haselwild  bewohnen  häutig 
das  gleiche  Terrain  im  Juugwalde  und  dichtem  Sumpf  bestände  und 
dennoch,  wie  selten  nur  die  unnatürliche  Bastardierung.  Wenn 

also  die  häufige  Gelegenheit  bei  der  nahen  Verwandtschaft  zwischen 
Birk-  uud  Haselwild  keine  »Liebesdiebe«  zu  machen  imstande  ist, 
sondern  nur  als  ganz  seltene,  abnorme  Ausnahme  so  etwas  Vor¬ 
kommen  läßt,  wie  könnte  da  ohne  irgend  welche  lokale  Ge¬ 
le  <^en  heit,  bei  sehr  weiter  Verwandtschaft  die  unnatürliche  Lust 


140 


erwachen,  zur  1  hat  uutl  Produktiou  werden  ?  Gäbe  e.s  viele  Bastarde  von 
Birk-  und  Haselliuhn,  dann  könnten  Ausnahmen  mit  dem  Moor- 
sclmeehuhu  eher  gedacht  und  geglaubt  werden;  —  so  aber  nicht! 
Daun  glaubte  ich  eher  an  eine  Kreuzung  zwischen  Kormoran  und 
Schwan,  sie  bewohnen  doch  das  gleiche  Naß  —  leben  auf  der  Fläche  — 
tauchen  in  dieselben  Tiefen  und  sehen  sich  oft!  Ich  kenne  einen 
Rittergutsbesitzer,  der  auch  Jäger  ist,  welcher  alljährlich  Bastarde 
verschiedener  Art  gesehen  haben  will;  eine  etwas  »hellhalsige«  Birk- 
heune  muß  sofort  herhalteu;  ich  glaube  ihm  nicht  mehr;  Zweifeln 
hat  auch  sein  Gutes! 


Vll.  Altuo  torisches  und  Neuer  run  gen  es  in  thetischer 

F  0  r  m, 

1)  Es  gibt  in  Europa  und  Asien  nur  eine  untrennbare  Art  Tctrao  hona- 
sia.  Die  klimatisch-geographischen  Abweichungen  sind  nicht  wesentlicher 
oder  größer  als  bei  vielen  anderen  Standvögeln  mit  großem  Ver¬ 
breitungs-Gebiet.  Es  ist  daher  wünschenswert,  alle  kleinen  und 
großen  Trenn ungsversuche,  die  früher  artspaltend  gemacht  worden 
sind,  wie  auch  die  abweichenden  lateinischen  Namen,  küufti<r  nicht 
mehr  zu  berücksichtigen,  sondern  dieselben  einfach  unberücksichtigt 
zu  lassen. 

2)  Wie  das  geschlechtlich  sehr  grell  verschiedene  Kleid  und 
noch  m  e  li  r  die  völlig  a  u  d  e  r  s  tönende  S  t  i  m  m  e  der  üb¬ 
rigen  Waldhühner  auf  Polygamie  und  das  nahezu  gleichgefärbte 
Gefieder  und  die  sich  ähnelnden  stimmlichen  Äußerungen 
der  Schnee-  und  Feldhühner  auf  Monogamie  hiuweiseu,  so  deutet 
auch  beim  Haselhuhn  das  beiden  Geschlechtern  ähnliche  Federkleid 
lind  sehr  eintönig  harmonierende  Pfeifen  und  Plitteru 
auf  eine  eheliche  Zusammengehörigkeit  des  Hahnes  und  der  Henne. 

Ö)  Das  starke  Durchforsten  der  Wälder,  namentlich  auch  des 
jungen,  noch  buschartigen  Anwuchses  in  denselben,  wird  bei  allge¬ 
meiner  und  konsequent  rationeller  Durchführung  imstande  sein,  das 
Haselhuhn  in  Kultui-Einopa  nahezu  auszurotten,  wie  dasselbe  da¬ 
durch  bereits  aus  den  mitteleuropäischen  Tiefwäldern  in  die  wilderen 
Bergschluchten  und  ostwärts  in  die  dichteren,  naturwüchsigen  Sunipf- 
bestände  gedrängt  wurde;  im  gelichteten  Bestände  mußte  das  häus¬ 
liche,  am  gleichen  Platze  gern  weilende  Haselhuhn  eine  leichte 
Beute  der  allzu  zahlreichen  Feinde,  auch  des  homo  sapiens  \verden. 

4)  Im  höheren  Norden  weilen  die  gern  trocken  liegenden  und 
sandbadenden  Haselhühiier  meist  an  südseitigeu  Abhämmn  und  Wald- 


Ul 


rändern,  im  sonnigen,  trockneren  Süden  inelir  an  den  Nordseiten 
der  Berge  und  Hochwälder,  welche  Erscheinung  aber  je  nach  dei 
Tages-  und  Jahreszeit  und  der  augeublicklichen  W itterung  inanchei- 

lei  Abweichungen  zu  erfahren  hat. 

5)  Das  Haselhuhn  bevorzugt  für  den  größten  Teil  des  Jahres 
trockengründigen  Wald  und  rückt  im  Gebiet  der  Tiefeben- Wälder 
im  Sommer  der  reicheren  Insekten-  und  Beeren-Nahrung  halbei  in 
die,  außerdem  besseren  Schutz  gewährenden,  sehr  dicht  verwachsenen, 
rnoos-  und  feuchtgründigen  Sumpfbestäude  ein,  wo  dasselbe  nicht 
bereits  durch  fortschreitende  Durchforstung  und  Rodung  der  ge¬ 
mischten  Bestände  in  solche  Morastwälder  gänzlich  zurückgedrängt 
wurde.  Reine  Heidekiefern-ßestände  behagen  dem  Haselhuhn  nicht. 


0)  Das  herbstliche,  zeitweise  Verlassen  des  engeren  Wohuplatzes 
auf  kurze  Entfernungen  hin  und  das  weitere  Abstreichen  einzelner 
Hühner  in  Vorwälder  und  sogar  isoliert  abliegende  Feldgehege  ist, 
abgesehen  von  momentanem  Verscheuchen  und  Zersprengen  oder 
Aufsuchen  einer  Lieblingsnahrung,  allein  durch  den  herbstlichen, 
instinktiven  Trieb  nach  einer  frühzeitigen,  sehr  absonderlichen  und 
arteigentümlichen  platonischen  Paarung  behuts  winterlichen  Ehe 
resp.  Brautstandslebens  —  also  durch  die  Suche  nach  einer  Ge¬ 
fährtin  bedingt. 

7)  Die  Haselhühner  grabeu  sich  niemals  derartige  lange  Gänge 
unter  resp.  in  den  Schnee,  wie  solche  die  Birk-  und  Moorhühner 
im  Norden  häufig  anzulegen  pflegen,  sondern  bei  Unwetter  lassen 
sie  sich  passiv  oft  unter  einer  iriedrigästigen  Rottanne  (Grähne)  oder 
einem  Wacholderbusch  etc.  förmlich  zu-  und  einschneieu ,  derart  in 
überdachter,  geschützter  Schneestube  zuweilen  2—3  Tage  hindurch 
lebend,  dort  schlafend,  scharrend  und  sich  kümmerlich  ernährend. 

8)  Das  wiederholt  bestätigte  Zusammenrotten  der  Haselhühner 
im  Winter  ist  eine  ebenso  sehr  seltene,  als  meist  nur  geographisch¬ 
lokale  Erscheinung,  durch  welche  die  Regel  nicht  umgestoßen  wiid, 
nämlich  daß  das  Haselhuhn  im  Winter  in  ungeselliger  Ehe  oder 
als  Junggeselle  lebt. 

9)  Regel  ist  und  bleibt,  daß  die  Haselhühner  im  allgemeinen 
Bodenschlaf  halten  ;  doch  kommen  Ausnahmen  des  Baumschlafes 
überall  vor,  im  Norden  und  in  der  Ebene  sehr  selten,  wdihrend  im 
Süden  und  im  Gebirge,  speciell  in  manchen  Gegenden  der  Banm- 
schlaf  nicht  ungewdlhnlich  ist. 

10)  Während  erwachsene  Auer-  und  Birkhühner  sich  mitunter 
(reni  in  furchtloser  Weise  auch  auf  die  höchsten  Baumspitzen  setzen. 


142 


thut  solches  das  stets  Versteck  suchende  Haselhuhn  niemals  und 
unter  keiner  Bedingung ;  es  würde  ihm  solche  Bloßstellung  schlecht 
bekommen.  —  Wenn  im  Sumpfbestande  ein  Haselhuhn  gelegentlich 
eine  latschenartig- horizontal  gedrückte  Krüppeltanne,  solche  als 
Brücke  benutzend,  überläuft  oder  auf  derselben  momentan  Posto 
faßte,  so  kann  solches  niemals  als  Sitzen  oder  Einfallen  auf  einer 
Baumspitze  genannt  werden  ;  die  Spitze  fehlt  eben. 

11)  Halberwachsene  (oder  Junghühuer,  zu  Baum  getrieben 
und  augelockt,  vermeiden  gern  das  Überfliegen  freier  Plätze,  größerer 
Baumlückeu,  kommen  aber  in  dazu  günstigem  Bestände  auf  den 
Asten  wie  »Haselmäuse«  augelaufeii,  dabei  ziemlich  weite  Sprünge, 
auch  flatternd  machend,  schaukeln  sich  dabei  und  müssen  teilweise 
sogar  turnen  oft  mit  halbgeöffneten  Flügeln. 

12)  Die  Junghühnchen  wurden  in  geschlossener  Kette  aus¬ 
nahmslos  nur  allein  von  der  Mutter  geführt  und 
beschützt,  und  zwar  vom  ersten  Tage  ihres  Daseins  an  bis  zur 
herbstlichen  bleibenden  Abtrennung  und  Zerstreuung.  —  Der  alte 
Hahn,  der  Kette  PJrzeuger,  wird  im  Mai  bald  nach  dem  Pestbrüten 
der  Henne  aus  freiem  Entschluß  Stroh- Wittwer  für  circa  5  Monate 
und  begibt  sich  dadurch  und  wegen  Mangels  jeglicher 
Sorge  um  seine  Kinder  des  Rechtes  Vater  derselben  o-e- 
nanut  zu  werden.  Ob  er  im  Oktober  wiederum  seine  alte  Frau  oder 
eine  neue  ehelicht,  entzieht  sich  einstweilen  jeglichen  Nachweises. 

13)  Weder  der  Althahn  oder  die  Mutterhenue  noch  die  JumT- 
hühner  werden  durch  die  allmählich  vor  sich  gehende  Mauser  wesent¬ 
lich  im  Flugvermögen  gehindert  oder  specieller  Gefahr  dadurch  ans¬ 
gesetzt.  —  Niemals  steigert  sich  das  zu  der  Zeit  allerdings  nicht  mit 
Liebhaberei  geübte  Fliegen  bis  zum  Unvermögen. 

14)  Dem  Ffaselhuhn  genügt  bei  gewöhnlichen  Witterungsver¬ 
hältnissen  als  tägliches  Getränk  die  Aufnahme  des  Tautroi)tens 
vom  Grase,  und  im  Winter  des  Schnees.  Tritt  aber  eine  ungewöhn- 
liclie  Dürre  und  dadurch  gänzliche  Taulosigkeit  ein,  dann  bedarf 
das  Haselhuhn  der  Quelle  oder  des  Baches  zum  Löschen  des  vor¬ 
handenen  Durstes  und  eilt  dann  alle  Morgen  zur  bekannten  Tränke 


im  Schatten  des  Waldes  vorsichtig  dahin. 

15)  Das  Haselhuhn  ist  scheu,  vorsichtig  und  umsichtig,  nervös 
und  doch  überlegend;  erst  Raten  dann  Thaten,  scheint  seine  Devise 
zu  sein;  völlige  Ratlosigkeit  ist  bei  ihm,  wie  bei  andern  Vö^reln 
und  so  manchem  Säugetier  auch  nur  eine  Ausnahme,  die  unter 
Umständen  durch  allzu  heftiges  Erschrecken 


schwierigen 


bedingt 

O 


143 


wird,  aber  durchaus  kein  Charakteristikum  ist.  Die  zartweichen,  nur 
in  ü-eriuji’er  Entfernuuo;  hörbaren,  sämtlichen  stimmlichen  Aeuhe- 
runden,  welche  an  Schall  und  Kraft  auch  bei  voller  Betrachtnahme 
der  <>:erin«;en  GröL^e  denen  der  anderen  Wildhühner-Ärten  bedeutend 
nachstehen,  weisen  schon  darauf  hin,  daß  das  Haselhuhn  nicht 
herausfordernd  tapfer  ist  und  allen  europäischen  Hühnerarten  an 
Kampfeslust  und  Bereitschaft  unstreitig  weit  nachsteht, 

16)  Der  dumpf  brausende  oder  still  gradaus  zuschießende  Balz- 
flng  wird  meist  in  der  ersten,  hitzigen  Balzperiode  als  vorherrschend 
wahrgenoininen,  während  der  leicht  schwebende,  oft  in  sanftein  Hoch¬ 
bogen  mit  gespreizten  Flügelfedern  ausgeführte  Balzflug  des  ange¬ 
reizten  Hahnes  namentlich  zu  der  Zeit  häufiger  bemerkt  wird,  wann 
die  Henne  bereits  zum  Brutgeschäft  geschritten  war. 

17)  Die  Eifersucht,  vielleicht  auch  Neugier  oder  gar  etwas 
Schlimmeres  treibt  zuweilen  gegen  die  sonstige  Regel  das  erregte 
Weibchen  in  der  allerersten  Balzzeit  zu  so  hitzigem  Vorgehen  ^ind 
Folgen  der  Locke,  daß  es  nicht  nur  gleichzeitig  mit  dem  Hahn 
nahte,  sondern  demselben  sogar  vorauslief  oder  flog,  was  mehrfach 
festgestellt  werden  konnte  :  Keine  Regel  ohne  Ausnahme. 

18)  Während  die  meisten,  eigentlich  alle  Vögel  sich  stimmlich 
und  dadurch  überhaupt  im  Frühjahr  besonders  bemerkbar  machen 
und  ihr  Passieren  oder  Hausen  dem  Kenner  verraten,  thun  dieses  die 
versteckt  lebenden  Haselhühner  als  hochinteressante  Sondererscheinung 
und  im  merkwürdigen  Gegensätze  erst  im  September  d.  h.  im  Früh¬ 
herbst;  zu  der  Zeit  erklingt  bei  günstigem  Wetter  das  ganze  Revier 
von  vielseitigem  Lockpfeifen,  viel  lebhafter  als  bei  der  Balz  im 
Frühling;  es  ist  dieses  herbstliche  Pfeifen  auch  ein  Paaningsruf  zu 
einer  Winterehe. 

19)  Das  sogenannte  »Plittern«  zeigt  immer  das  Befürchten  oder 
Wahrnehmen  einer  Gefahr  resp.  das  Erkennen  der  menschlichen  Nähe 
an;  es  ist  eine  Angst-  und  Warnungs-Äußerung,  der  meist  die  Flucht 
entweder  lautlos  zu  Fuß  oder  durch  Abfliegen  folgt,  aber  durchaus 
nicht  immer  sofort,  indem  sich  das  »plitternde«  Huhn  erst  versichert, 
ob  überhaupt,  oder  von  wo,  durch  wen  etwa  Gefahr  droht;  es  über- 
leo't  vorher,  wohin  es  und  wie  es  fliehen  solle.  Ein  blinddummes 
Entweichen  irgendwohin  ist  nicht  Sache  des  Haselhuhns,  wenngleich 
grade  dem  gewandten  Jäger  dieses  Zaudern  Gelegenheit  gibt,  die 
Nähe  des  WLldes  festzustellen,  sich  schußbereit  zu  machen  und 
Sie<*'er  zu  werden. 

C5 


1 


—  144  — 

20)  Stimmliche  Ahulicbkeiten  treten  bei  unseren  Wilcihülinern 
nur  im  ersten  Jiigendalter,  vor  dem  Auswachsen,  merklich  hervor. 
Des  halb  gepfiffene,  halb  geblasene  Locken  der  jungen  Haselhühner 
in  geschlossener  Kette  erinnert  im  Tonfall  und  Rhythmus,  auch  etwas 
in  der  Klangfarbe,  an  den  Ruf  der  jungen  Moor-,  Auer-  und  Birk¬ 
hühner,  weniger  der  halberwachsenen  Feldhühner;  der  spätere  reine 
Pfiff  ist  bei  Haselhühnern  mehr  augedeutet  als  bei  den  anderen 
Arten  deren  spätere  Stimme,  —  welche  gar  keine  Ankläuge  an  das 
jugendliche  Lockrufen  enthalten.  —  Naumann  hatte  für  dieses  spe- 
cielle  Altersstadium  Recht,  wenn  er  schrieb:  »oder  auch  dem  Lock¬ 
ton  der  Birkhühner  vergleichbar  .  .«  —  Leute  wie  Naumann  wissen 
meist,  warum  und  was  sie  schreiben !  Also  Respekt  vor  den  alten 
»  Klassikern« ! 

21)  Der  korrekt  »con  amore«  balzende  nordische  Hasel¬ 
hahn  leitet  seinen  »Balzgesang«  mit  2  langgezogenen  ungleichen 
Tüi>en  ein,  von  denen  der  2  te  der  tiefere,  etwas  kürzere  und  un¬ 
mittelbar  den  Übergang  zum  Triller  aukuüpfende  Ton  ist.  —  1  m 
Süden  sind  beide  Tone  gleichlautende,  —  Im  Norden  unter¬ 
scheiden  sich  der  Hahnen-  und  Hennenruf  ungleich  weniger  als  im 
Süden.  Das  Zischen  beim  hochklingendeu  fl  en  n  e  n  r  u  f  i  m  N ord  en 
ist  ein  geringes,  nur  in  nächster  Nähe  einem  guten  Ohr  hörbar, 
während  im  Süden  der  Pfiff  tiefer,  das  Zischen  laut  ist. 

22)  Da  ein  bedeutendes  numerisches  Überwiegen  der 
Hähne  für  alle  Gegenden  und  Plätze  nicht  nachweisbar  ist, 
so  muß  ein  stetiger  Frühjahrsabschuß  derselben  vor  dem  Brutgang 
der  Weibchen  zweifellos  schädlich  sein,  während  ein  solcher  im  Mai 
bei  festem  Brüten  der  Weibchen  gänzlich  freigegeben  werden  könnte, 
ohne  dem  Bestände  irgendwie  Beeinträchtigung  zu  bringen.  Die 
Notwendigkeit  absoluter  Hennenschounng  liegt  auf  der  Hand. 

23)  Die  Tageszeit  ist  zum  Änlocken  des  Haselbuhues  weniger 
wichtig,  als  man  früher  solches  glaubte.  Die  Jahreszeit  und  die 
Witterung  sind  jedenfalls  die  Hauptsache.  —  Nach  Sonnenuntergang 
kommen  in  der  Regel  die  I laselhühner  nicht  heran  geflogen  rcsp, 
zum  Schuß,  auch  kurz  vor  dem  Lntergang  nicht  leicht.  Stroh¬ 
witwer  im  Mai  folgen  sehr  willig  der  Locke  zwischen  4 — G Uhr 
nachmittags,  meist  fliegend. 

24)  Je  weniger  ein  Waldgebiet  von  Menschen  beunruhigt  wurde, 
desto  besser  stellen  sowohl  Balz-  als  Sommerkeuchel-  und  flerbst- 
liühner  der  Locke  zu.  In  sehr  belebten,  von  vielen  Wegen  durch- 


145 


kreuzten  parkartigen  Waldstiickeii  ist  die  Lockjagd  iiberans  schwierig; 
die  Hühner  sind  durch  häufiges  ZnsammentreflPen  mit  Menschen 
offenbar  schener  im  Gemüt  nnd  mißtranischer  geworden  ;  sie  werden 
an  derartigen  Plätzen  doppelt  still  nnd  heimlich  in  ihrem  Hansen ; 
sie  beweisen  damit  ein  gewisses  physisches  Anpassnngsvermögen. — ■ 


Zoologische  Beobachtungen  während  einer  Kaukasusreise. 

Von  Carl  Greve. 

Im  letzten  Hefte  des  Jahrgangs  1891  hatte  ich  unter  obigem 
Titel  einige  Notizen  über  von  mir  auf  meiner  Reise  beobachtete 
Säugetiere  und  Haustiere  gebracht.  Heute  will  ich  meinem  Ver¬ 
sprechen  gemäß  die  Vögel  nnd  das  wenige,  was  ich  über  andere 
Tiere  niederer  Ordnungen  aufzeichnete,  behandeln. 

Bei  meiner  Einfahrt  in  die  Stadt  Tiflis  von  NW  sah  ich  auf 
einigen  Felsen  mehrere  Gänsegeier,  Gyps  fulvus^  träge  dasitzen 
uud  ihr  Gefieder  putzen.  Sie  schienen  eben  eine  reichliche  Mahlzeit 
genossen  zu  haben. 

Der  Aasgeier,  Neophron  percnopterush.^  trieb  sich  in  kleinen 
Scharen  um  die  Steppendörfer  bei  Elisabethpol  herum.  Zahlreiche 
Exemplare  saßen  auch  auf  den  flachen  Dächern.  Jüngere  Tiere 
unterschieden  sich  durch  ihre  schmutzig  braune  Färbung  von  den 
rein  weißen  Alten. 

Auf  der  grusinischen  Heerstraße  erblickte  ich  zwei  Lämmer¬ 
geier,  Gypaetos  barhatus  L.,  offenbar  ein  Paar,  in  der  Nähe  des 
Kasbek,  hoch  in  den  Lüften.  Trotz  der  gewaltigen  Höhe,  in  welcher 
die  Tiere  schwebten,  konnte  man  sie  sicher  als  Lämmergeier  an¬ 
sprechen,  da  der  charakteristische,  abgestufte  Schwanz  deutlich  zu 
erkennen  war.  Später  sah  ich  ein  anderes  Paar  im  Tifliser  Museums¬ 
hofe  im  Käfig.  Es  zeichnete  sich  durch  große  Zahmheit  aus.  Eines 
dieser  Tiere  befindet  sich  jetzt  im  Moskauer  zoologischen  Garten. 

Den  Baumfalken,  Falco  subbuteo  L.,  den  Rotfußfalken, 
F.  vespertinus  L. ,  den  Turmfalken,  F.  tinnunculus  L.  und  den 
Rötelfalken,  F.  cewc/^m  Naum.,  sowie /broa;  Gml.  hatte  ich 
Gelegenheit  in  den  Kubansteppen,  am  Kur  bis  Elisabethpol  und  im 
breiten  Thal  von  Zalkaug  (an  der  grusinischen  Straße),  in  ziemlicher 
Mengfe  zu  beobachten.  In  Tiflis  versammelten  sich  allabendlich  auf 
den  Turmgesimsen  der  Kirchen  zahlreiche  kleine  Falken  (Turmfalken? 

Zoolog.  Uart.  Jalirg.  XXXIir,  1892.  10 


146 


Uotfnßfalkeu?).  Am  Tage  schienen  sie  hauptsächlich  auf  die  hoch 
in  der  Luft  umhersch wirrenden  Heuschrecken  Jagd  zu  machen. 

Adler,  deren  Artzugehörigkeit  ich  nicht  zu  bestimmen  wagte, 
weil  ich  kein  Exemplar  näher  zu  Gesicht  bekam,  traf  ich  an  ver¬ 
schiedenen  Punkten  der  Militärstraße,  so  bei  Mlet,  bei  Passanaur. 
Hinter  Elisabethpol  waren  sie  in  der  Luft  nicht  selten.  Am  Unter¬ 
laufe  der  Wolga  sonnten  sie  sich,  wie  es  schien,  nach  einem  Bade 
im  seichten  Wasser  des  linken  Ufers  am  Morgen  in  großer  Zahl. 
Ein  Paar  bemerkte  ich  in  der  Krim,  über  dem  Baidarpaß  majestätisch 
dahinziehend.  Höchst  wahrscheinlich  waren  die  Exemplare,  welche 
ich  im  Gebirge  sah,  meist  Aquila  chrysaetos  L.,  während  in  der 
Steppe  Aquila  orientalis  Cab.  vorherrschen  dürfte.  ' 

Die  Rohrweihe,  Circus  aeruginosus  L.  bevölkerte  zahlreich 
die  Waldsäume  am  Gebirgsfuße,  ebenso  wie  die  Ebene  bei  Lenkoran. 
Es  gelang  mir  ein  junges  Männchen  zu  erlegen,  indem  ich  mich  an 
die  sonst  sehr  scheuen  Tiere  hinter  meinem  Reitpferde  heranschlich. 

Der  Uhu,  JBuho  hubo  L.  strich  im  Abeuddunkel  bei  Mlet  aus 
dem  Hochwalde  an  der  Gebirgswand  in  das  Thal  hinunter,  aus  dem 
die  Schakale  ihr  häßliches  Gewimmer  ertönen  ließen.  Aus  Suchnm- 
Kaleh  brachte  ich  ein  Pärchen  nach  Moskau,  doch  ermordete  der 
stärkere  Uhu  den  schwächeren  und  verzehrte  ihn  zum  Teil,  wie  sich 
eines  Morgens  erwies. 

Den  Kolkraben,  Corvus  corax  L.  bemerkte  ich  nur  im  Gebirge. 
Im  Tieflande,  besonders  um  die  großen  Dörfer  des  Leukoraiier  Kreises 
am  Kaspisee,  trieb  die  Ne  bei  krähe,  Corvus  cornix  L.  ebenso  frech 
ihr  Wesen  wie  bei  uns  in  Europa. 

Die  Alpendohle,  Fregilus  pyrrhocorax  L.  und  die  Alpe  n- 
krähe.  Fr.  graculus  L.  übten  in  großen  Gesellschaften  ihre  ge¬ 
wandten  Flugkünste  au  den  Wänden  der  steilen  Abstürze  der  Darjal- 
schlucht.  Ebenso  umschwärmten  sie  die  Bergkuppen  bei  der  Posi- 
statiou  Kasbekskaja  und  am  Gudaurpaß,  dem  höchsten  Punkte  der 
Militärstraße  (7916  Fuß). 

Die  Elster,  Fica  caudatah.  trat  stellenweise  ungemein  zahlreich 
auf,  wie  z.  B.  in  der  Nähe  der  Stadt  Duschet  in  Grusieu  und  noch 
mehr  in  den  Gärten  der  Steppendörfer  bei  Elisabethpol  und  Kürdamur. 

Der  Eichelhäher,  Garrulus  glaudarius  L,  trieb  sich  in  den 
Gebüschen  bei  der  Station  Larskaja,  bei  Duschet,  Ananur  und 
Passanaur,  sowie  im  Gebirge  und  Tiefland  von  Lenkoran  zahlreich 
umher,  sowohl  der  gemeine  als  auch  die  von  Radde  gesammelten 
Varietäten. 


147 


Der  Star,  Shmins  vvlgaris  L.,  bildete  wolkeiiartige  Scbwärme 
'  in  der  Steppe  bei  Elisabethpol,  wie  in  den  Ebenen  und  Morzy  (Brack- 
wasserdjnugeln)  bei  Lenkoran.  Der  Rosenstar,  St.  roseus  L.,  be¬ 
gleitete  die  großen  Henschreckenschwärme  in  den  Steppen  am  Kuban 
und  am  Kur.  Die  gewaltige  Menge  der  prachtvoll  gefärbteu  Vögel 
machte  auf  das  Auge  des  Nordländers  einen  wunderbaren  Eindruck. 

Den  Pirol,  Oriolus  galbula  L.,  hörte  ich  nur  in  der  Nähe  der 
Stauize  Tichorezkaja  in  der  Kubansteppe. 

Hoch  oben  auf  dem  Gudaurpasse  ließ  trotz  der  unangenehmen 
Frische  des  Morgens  der  S  c  h  n  e  e  a  m  m  e  r ,  Montifringüla  nivicola, 
Pall,  sein  Gezwitscher  hören  und  in  den  Bächen  und  am  Terek  auf 
der  Gebirgsstraße  trieb  zwischen  den  schaumbespritzten  Steinen  der 
VV  a  s  s  e  r  s  t  a  r ,  Cinclus  aquaticus  Bechst.  sein  W eseu. 

Nach  der  Amsel,  Turdiis  merulah..,  schaute  ich  im  Kaukasus 
vergeblich  aus,  wohl  aber  schlüpfte  sie  durch  die  blühenden  Mimosen 
und  die  Clematisranken  am  Südufer  der  Krim  bei  Orianda  und  Jalta. 

Von  W ür  gern  bemerkte  ich  nur  Lanius  minor  L.  bei  Suchum- 
Kaleh,  wo  er  in  den  Fruchtgärten  und  Verbergen  zahlreich  die 
stachligen  Brombeerhecken  bewohnte. 

Der  Wiedehopf  kam  mir  recht  häufig  zu  Gesicht,  so  bei 
Baku,  in  der  Steppe  am  Kuban,  au  der  Wolga  (bei  Ilowlja).  Bekannt¬ 
lich  ist  Upupa  epog)S  L.  kein  besonderer  Flugkünstler,  und  doch  er¬ 
schien  einer  am  letzten  Juni  früh  auf  den  Masten  des  Dampfers,  als 
wir  uns  etwa  11  Kilometer  vom  Lande  auf  der  Höhe  von  Tuapse 
im  Schwarzen  Meere  befanden.  Nachdem  er  von  den  Matrosen  bei 
den  Versuchen,  seiner  für  mich  habhaft  zu  werden,  weidlich  abgehetzt 
worden,  entschloß  er  sich  und  flog  dem  Lande  zu,  das  er  wohl  er¬ 
reicht  haben  mag,  da  sein  wellenförmiger  Flug  nicht  den  Eindruck 
des  Ermüdetseins  machte. 

Die  Blaurake,  Coracias  garrtila  h.,  war  allenthalben  in  der 
Ebene  und  den  Thälern  häufig.  Besonders  bei  Zalkany  und  Lenkoran, 
wie  auch  später  an  der  Wolga  bei  Zarizyno  und  Katschalino. 

Der  Bienenfresser,  Merops  apiaster  L.,  saß  auf  den  Tele¬ 
graphendrähten  bei  Neslobnaja  in  der  Kubansteppe  ebenso,  wie  im 
Thal  von  Zalkany  und  bei  Zarizyno.  Bei  Lenkoran  traf  ich  ihn 
auch,  aber  mehr  die  Species  Merops  persica  Pall. 

Die  Hohltaube,  Columba  oenas  Gml.,  sah  ich  au  mehreren 
Stellen  der  grusinischen  Straße,  doch  am  häufigsten  bei  Anauur  und 
im  Thalkessel  von  Duschet  am  Salzsee  »Limau«.  —  Die  Turtel¬ 
taube,  Turtur  auritus  Gray,  welche  auch  um  Moskau  vorkommt, 


148 


traf  ich  überall  auf  meiuem  Wege,  aber  nirgenüs  iu  so  großer  Meno-e 
M’ie  bei  Suchum  und  am  schon  erwähnten  See  bei  Duschet.  Sie  hält  * 
sich  meist  im  Gestrüpp  der  Vorberge. 

Das  K  a  n  k  a  s  n  s  -  R  e  b  h  u  h  n ,  Perdix  caucasica  Pall .,  bekam 
ich  nur  ausgestopft  im  Museum  zu  Tiflis  zu  sehen.  Dieser  edle 
Vogel  heißt  bei  den  Russen  »goriiaja  iudeika«  d.  h.  Gebirgstruthahn 
und  soll  iu  den  Hochalpeii  des  großen  Kaukasus  häufig  sein.  Im 
Moskauer  zoologischen  Garten  lebten  ein  Paar  Perdix  caspica^  ein 
naheverwandte  Art  aus  Transkaspien. 

Der  Jagdfasan,  Phasianus  colcJiiciis  L.,  erreicht  nach  Norden 
den  Kuban.  Bei  Kürdamür  in  der  Kuruiederung  ist  er  häufig.  Ich 
horte  und  sah  ihn  in  der  Ebene  und  den  Vorbergen  bei  Lenkoran. 

Der  Halsband  -  Frankolin,  Pternistes  vulgaris  Steph., 
lebt  in  der  Kursteppe.  Dieser  hier  »turatsch«  genannte  schöne 
Vogel  versteht  es  meisterhaft,  sich  iu  dem  spärlichen  Gestrüpp 
der  öden  Steppe  zu  verbergen.  Man  erstaunt,  wenn  plötzlich  wie 
aus  der  Erde  hervorgezaubert  ein  zahlreiches  Volk  lärmend  aufgeht, 
wo  man  eben  erst  nichts  als  braunen  Lehm  und  einige  magere, 
verdorrte  Steppengräser  gesehen. 

Einen  herrlichen  Anblick  gewährt  das  blaue  Sultausbuhu, 
Porphijrio  vetenm  Gmh,  welches  ich  bei  Lenkoran  und  au  der 
persischen  Grenze  bei  Astara  in  den  Brackwassersümpfeu  beobachten 
konnte.  Das  farbenprächtige  Tier  paßt  vollkommen  zu  der  schon 
halbtropischen  Staffage  dieser  herrlichen  Ufergelände  des  Kaspisees. 

Kraniche,  Grus  cinerea  Bechst.,  sah  ich  bei  Wladikawkas  im 
Juni  abends  nach  Norden  ziehen  und  später  in  großen  Massen  am 
Ufer  der  W olga  versammelt  (Ende  Juli).  Juugfernkrauiche, 
Grus  virgo  L.,  kommen  am  Kaspi  überall  vor,  werden  aber  auch  iu 
den  Limauen  bei  Odessa  am  Schwarzen  Meere  erbeutet. 

Störche  trifft  mau  im  nördlichen  Rußland  und  bei  Moskau 
nicht,  während  sie  iu  den  baltischen  Provinzen  gemein  sind.  Bei 
meiner  Fahrt  nach  Süden  zeigten  sich  die  ersten  weißen  Störche, 
Ciconia  alha  Briss.  in  der  Nähe  von  Kiew  (Wesseloi  Knt).  Späterhin 
stolzierten  ihrer  eine  große  Menge  bei  Elisabethpol,  ebenso  wie  am 
Meer  bei  Baku  herum. 

Der  Reiher,  Ärdea  cinerea  L.  lauerte  in  der  bekannten 
Stellung  an  den  Wasserlachen  der  Kursteppen  und  besonders  zahl¬ 
reich  im  Delta  der  Wolga  bei  Astrachan.  Der  große  S  i  1  b  e  r  r  e  i  h  e  r, 

A.  alha  L.  und  die  kleine  A.  gar^etta  L.  war  an  der  Wolga  wenig 
zu  sehen,  aber  desto  häufiger  in  den  Morzy  bei  Lenkoran  und  an 


149 


dem  Fliißclieu  bei  dieser  Stadt  (der  Leiikoruuka),  wo  mit  iliiieii  auch 
der  Lüffelreiber,  Platalea  leucorlwdia  L.  zahlreich  vorkommt. 

Trappen,  Otis  tarda  L.,  sah  ich  nur  als  Wild  auf  dem  Markte 
in  Kertsch,  konnte  aber  nicht  herausbekommeu,  von  wo  sie  stammten. 

Emen  Regenpfeifer,  Gharadrius  pluvialis  L.,  'wenn  ich 
nicht  irre,  sah  ich  bei  Elisabethpol  am  Sumpfraude  dahinieuneu, 
während  zahlreiche  Kibitze,  Vancltus  cristatus  M.  et  W^.,  ihr 
gaukelndes  Flugspiel  unter  beständigem  Kreischen  ausführten. 

Von  den  zahlreichen  Möwen,  die  bei  Baku,  Leukoran,  Saljany, 
an  der  Kurmünduug  und  an  der  Wolga  sich  zeigten,  konnte  ich 
nur  die  Silbermöwen,  Larus  argentatus  Brünn.,  mit  Sicherheit 
erkennen. 

Der  Kormoran,  »B  a  k  1  a  u«  der  Russen,  Crraculus  carho  L., 
war  in  einzelnen  Exemplaren,  wie  in  ganzen  Flügen,  nicht  nur  auf 
dem  Kaspisee  bei  Petrowsk,  Baku  und  Lenkoran,  sondern  auch  weit 
hinauf  in  der  Wolga  zu  treffen.  Abends  schienen  die  Tiere  be¬ 
stimmten  Ruheplätzen  zuzustreicheu. 

Pelikane,  weiße  wie  graue,  waren  am  ganzen  Kaspiufer 
häufig.  Pelecanus  crispus  Bruch,  bewegte  sich  halb  laufend,  halb 
flatternd  in  riesigen  Scharen  längs  dem  Ufer  bei  Baku  nach  Süden. 
Bei  Saljany  konnte  ich  ihre  Art,  im  Halbkreise  mit  zum  Ufei  ge¬ 
wandten  Köpfen  im  Wasser  sitzend,  den  Fischfang  zu  betreiben, 
beobachten,  ln  der  Wolga  war  der  graue  Pelikan  zahlreich  ver¬ 
treten.  Die  letzten  sah  ich  dicht  unterhalb  Zarizyuo  auf  einer  Sandbank. 

Die  Fluß-,  Sterna  Jiirundo,  und  die  Z  we  r  g  -  S  e  e  s  ch  w  a  1  b  e, 
St.  minuta  L.,  folgten  den  Schiffen  auf  dem  Kaspischen  Meere  wie 
auf  der  Wolga,  um  die  Abfälle  zu  erhaschen,  welche  der  Koch  ins 
Wasser  warf.  Enten  sah  ich  in  großen  Ketten  des  Morgens  zum 
offenen  Meere,  am  Abend  landwärts  fliegen,  konnte  aber  nicht  die 
Arten  bestimmen,  da  die  Entfernungen  zu  groß  waren.  Die  Stock¬ 
ente,  Anas  boschas,  flog  häufig  quer  über  die  Wolga,  von  einem 
Seitenarm  zum  andern. 

Wegen  der  großen  Hitze  und  Trockenheit  während  meines 
Aufenthalts  im  Kaukasus  bekam  ich  von  Amphibien  und  Lurchen 
wenig  zu  Gesicht.  Ein  grüner  Salamander  soll  die  Höhlen  an 
dem  Kodor,  einem  Flusse,  der  südlich  von  Suchum-Kaleh  ins  Schwarze 
Meer  geht,  bewohnen.  Er  ist  wohl  kaum  einem  Forscher  in  die 
Hände  gekommen.  Eigene  Nachsuchungen  waren  vergeblich,  Er¬ 
kundigungen  bei  den  Eingeborenen  führten  nur  zu  erschreckten 
Gesichteru,  denn  dieser  Salamander  gilt  als  mächtiger  böser  Geist 


150 


uiid  seiu  NaiiiG  »Duchatsch-skotscli«,  abcljusiscli  =  BcrgiuGDscli,  Erd- 
uiensch,  darf  nicht  laut  ausgesprocheu  werden. 

In  demselben  Flußtlial  sollen  auch  große  Schlangen  und  Varanus¬ 
artige  Eidechsen  Vorkommen  —  doch  waren  die  mir  gemachten  Mit¬ 
teilungen  der  Eingeborenen  sehr  einer  blühenden  Phantasie  ent¬ 
sprossen,  wie  es  schien. 

Laubfrösche,  Hyla  arhorea^  trieben  sich  zahlreich  auf  den 
Blättern  der  Bäume  in  deu  Gärteu  Suchums  umher  und  vollführten 
abends  gewaltigen  Lärm  mit  ihrem  knarrenden  Gequak.  lu  deu 
Gräben  dieser  Stadt  lebten  riesige  W  a s  s  er  f  r  ö  sc  h  e,  Rana  escu- 
lenta  L.,  die  auch  das  Beste  thaten,  was  sie  vermochten,  um  das 
Konzert  zu  vervollständigen. 

o 

Grüne  Kröten,  Bufo  variabilis  Pall,  erbeutete  ich  in  drei 
Exemplaren :  zwei  fielen  mir  auf  den  Steiustufen  eines  Fleischerladens 
in  Petrowsk  in  die  Hände  und  ein  Tier  fing  ich  im  Garten  des 
deutschen  Klubs  iu  Tiflis.  Die  Färbung  war  bei  allen  dreien  ver¬ 
schieden,  soweit  es  sich  um  die  grünen  Flecke  handelt.  Der  persische 
Name  für  Kröte  ist  »Dörtno«. 

Schließlich  noch  wenige  Bemerkungen  über  einige  wirbellose  Tiere: 

Die  W  a  u  d  e  r  h  e  u  s  c  h  r  e  c  k  e ,  Pacliytilus  migratorius  L.  war 
iu  riesigen  Schwärmen  im  Kaukasusgebiet  aufgetreteu,  zusammen  mit 
Acridkmi  aegyptium  Latr.  In  Tiflis  waren  Kinder,  Hühner  und 
Katzen  eitrigst  beschäftigt,  die  Tiere  zu  fangen  und  zu  —  verzehren. 
Bei  Odessa  starben  die  Heuschrecken  massenhaft  an  einer  Epidemie; 
sie  schrumpften  zu  einer  unförmlichen  schwarzen  Masse  zusammen, 
offenbar  infolge  eines  kleinen  Pilzparasiten. 

Das  Heimchen,  Gryllus  domestims  L.,  wanderte  des  Nachts 
in  großer  Menge  auf  Deck  und  in  der  Kajüte  der  »Tamara«  auf  dem 
Kaspisee  umher. 

Von  Skolopendern  hörte  ich  viel,  zum  Teil  unglaublich 
Abergläubisches,  erzählen  und  sah  auch  einige  recht  große  Exemplare 
in  Spiritus  bei  einem  Arzte  iu  Baku,  doch  konnte  ich  die  Art  nicht 
feststelleu.  Ihr  Biß  soll  nach  allgemeiner  Ansicht  tötlich  sein,  die 
Ärzte  aber  meinen,  es  erfolge  nur  eine  starke  Anschwellung.  Ebenso 
gefürchtet  sind  die  Skorpione,  von  denen  ich  übrigens  keinen 
einzigen  zu  sehen  bekam. 

Nicht  minder  schreckliche  Dinge  wurden  mir  von  »Pha¬ 
langen«  erzählt,  besonders  in  Baku.  Sie  sollen  geradezu  auf  den 
Menschen  losgeheu.  Leider  gelang  es  mir  nicht,  irgend  ein  Exemplar 
zu  erhalten,  so  daß  ich  nicht  imstande  bin  anzugeben,  was  für 


151 


Spinnen  man  unter  dieser  Bezeichnung  hier  versteht  —  aller  VValir- 

scheiulichkeit  nach  sind  es  Lycosa-Arten. 

Das  ist  das  Wenige,  was  ich  auf  meiner  eiligen  Heise  an 
zoologischen  und  zoogeographischeu  Notizen  sammeln  konnte.  Es 
soll  mir  angenehm  sein,  wenn  auch  dieser  kleine  Beitrag  zur  Keuut- 
uis  der  Tierwelt  des  Kaukasus,  dem  einen  oder  andern,  wenn  auch 
nur  einen  kleinen  Nutzen  gebracht  haben  sollte. 


Bericht  des  Yerwaltuiigsrats  der  Neuen  Zoologisclieii  Oesellscbatt 
zu  Frankfurt  a.  M.  an  die  Generalversammlung  der  Aktionäre 

vom  11.  April  1892. 


Sehr  geehrte  Herren ! 

Das  Betriebsjahr  1891,  über  dessen  Ergebnis  wir  Ihnen  heute 
zu  berichten  haben,  stellt  sich  als  eines  der  günstigsten  dar,  welche 
wir  seit  langer  Zeit  hatten. 

Neben  dem  auf  der  Sicherheit  der  finanziellen  Grundlage  be¬ 
ruhenden  Aufschwung  des  Instituts  war  es  besonders  der  enorme 
Fremdeuzuzug,  den  die  elektrotechnische  Ausstellung  mit  sich  brachte, 
welcher  in  überaus  förderlicher  Weise  auf  die  Einnahmen  des 
Gartens  wirkte. 

Dem  erstereu  Umstande  ist  eine  erhebliche  Zunahme  der  Abonne¬ 
ments,  dem  letzteren  eine  alle  Erwartung  übertrelFende  Steigei  uug 

der  Tages-Einnahmeu  zu  danken. 

Die  Jahres-Rechnuug  weist  eine  Gesamt-Einnahme  von 
M.  238,278.36  gegen  veranschlagte  M.  200,100  auf,  während  die 
Gesamt’ Ausgabe^M.  217,476.63  betrug  gegeu  M.  191,350,  die  im 
Budget  vorgesehen  waren,  zu  welchen  aber  die  Mehrautwenduugen 
kamen,  die  wir  bereits  in  unserem  Bericht  vom  25.  Juni  v.  J.  aii- 

deuteteu. 

Das  Gewinn-  und  Ve  r  1  u  st  -  C  ont  o  wurde  mit  den  von  der 
Stadt  für  Rechnuug  der  Gesellschaft  geleisteten  Zahlungen  ±üi  liio 
ritäten-Ziusen  und  Amortisation  belastet  und  der  nach  Abrechnuug 
des  Betriebs-Überschusses  verbleibende  Saldo  in  üblicher  Weise  dei 
Schuld  an  die  Stadt  einerseits  zugeschriebeii,  während  er  andererseits 
am  Aktienkapital  abgeschriebeu  werden  mußte. 

Den  von  der  Prioritäten-Schuld  planmäßig  amortisierten  Betrag 
haben  wir  zu  entsprechenden  Abschreibungen  au  den  Aktiv-Posten 
der  Bilanz  verwendet. 


Die  Zahl  der  Besucher  des  Garteus  auf  Tageskarten  betrug  209,929 
eine  Ziffer,  welche  wir  seit  vielen  Jahren  nicht  erreicht  haben.  Dieselben 
brachten  uns  eine  Einnahme  von  M.  145,005.20,  wovon  nach  Abzug 
der  Kosten  besonderer  Veranstaltungen  M.  112,029.41  als  Netto- 
Einnahnie  übrig  blieben,  M.  22,000  mehr  als  veranschlagt  waren. 

Das  Abonnement-Conto  wuchs  um  rund  M.  10,000  gegen 
das  Vorjahr  und  den  Voranschlag.  ^  ' 

Auch  der  Nutzen  am  Wein-  und  Bier-Konsum  überstieg  den 
1890  eil  eichten  Betrag  und  die  in  Anschlag  gebrachte  Summe  um 
über  M.  2000. 


Die  aus  den  Vermietungen  und  anderen  Neben-Quellen  fließen¬ 
den  Einnahmen  kamen  nicht  ganz  auf  die  gedachte  Höhe,  was  jedoch 
zutälhgen  Umständen  zuzuschreiben  ist  und  einen  dauernden  Aus¬ 
fall  kaum  befürchten  läßt. 

Von  den  Ausgabe-Posten  hielten  sich  die  für  Musik, 
Heizung,  Beleuchtung,  Wasserversorgung,  Druckkosten, 
Insertionen,  Livree,  Versicherungen  und  Gartenunter¬ 
haltung  auf  der  vorgesehenen  Höhe.  Das  Gehalte -Conto  erfuhr 
durch  unerläßliche  Vermehrung  des  Personals  eine  Erhöhung  um 
M.  1600,  die  Fütterung  und  Pflege  der  Tiere  erforderte  M.  5300 
niehr^  als  veranschlagt  war.  Auch  die  allgemeinen  Unkosten  betrugen 
M.  1300  mehr,  als  wir  voraussehen  konnten,  was  besonders  durch 
die  vermehrten  Einrichtungskosten  im  Frühjahr  und  Herbst  beim 
Wohnungswechsel  der  Tiere  verursacht  wurde. 

Die  bedeutendste  Überschreitung  des  Voranschlao’s 
M.  18,000  bei  der  Bau-Unterhaltung  notwendig, 
dessen  die  mit  besonderer  Zustimmung  des  Magistrats  .ui  vj.eseii- 
schaftshaus  vorgenommeuen  Herrichtungen  den  weitaus  größten  Teil 
in  Anspruch  nahmen. 

Sehr  günstig  stellte  sich  das  Verhältnis  der  Einnahmen  und 
Ausgaben  tür  den  Betrieb  des  Aquariums.  Während  die  Aus^raben 
die  veranschlagte  Höhe  von  M.  7000  nicht  ganz  erreichten,  weisen 
die  Einnahraen  ein  Plus  von  über  M.  3000  auf,  wodurch  in  diesem 
Betriebszweig  ein  Überschuß  von  M.  3600  erzielt  wurde,  ein  Er¬ 
gebnis,  wie  wir  es  auch  seit  vielen  Jahren  nicht  hatten. 


wurde  mit 
wovon  in- 
im  Gesell- 


Der  Verkauf  von  Tieren  einschließlich  dankenswerter  Geld¬ 
zuwendungen  brachte  M.  16,473.76  ein,  darunter  allein  M.  13,852.14, 
also  über  84 ‘^/o  der  Gesamtsumme,  für  Tiere  eigner  Zucht  Diese 
Jahreseinnahrae  für  selbstgezogene  Tiere  ist  bei  weitem  die  größte. 


153 


die  der  Garten  erreicht  hat.  Unter  den  verkauften  im  Garten  gebore¬ 
nen  Stücken  heben  wir  besonders  hervor:  1  Wildesei,  2  Molukkenhirsche, 

1  Axishirsch,  2  Hirschziegeuantilopeu,  2  Nilghauantilopen,  1  Streifeu- 
gnii,  1  Lama,  1  brauner  Bär,  1  Baribal,  1  Jaguar,  1  schwarzer 
Panther,  2  Puma,  9  Löwen,  4  Tiger.  Die  hohen  Einnahmen  für 
Verkäufe  ermöglichten  uns  gemäß  den  seitens  der  Stadt  getroffenen 
Bestimmungen  die  Summe  von  M.  21,968.99  für  den  Ankauf  von 
Tieren  auszugeben.  Unter  den  Neuerwerbungen  sind  in  erster 
Linie  zu  neunen:  2  Kahlkopfgeier,  1  Muntjak,  1  Vikunja,  2  Anubis¬ 
paviane,  1  Maudrill,  1  Gemse,  2  Kronenkraniche,  2  Wüstenfüchse, 

2  Beutelteufel,  2  Pharaonenuhu,  1  Gazelle,  2  Riesenschlangen,  1  Emu, 

1  Kasuar,  1  Teufelsafie,  2  Zebra,  1  Lippenbär.  Bei  allen  Ankäufen 
waren  wir  von  dem  Bestreben  geleitet ,  zunächst  abgängiges  Tier¬ 
material  durch  besseres  zu  ersetzen ,  vor  allem  aber  den  unterhal¬ 
tenden ,  belehrenden  und  wissenschaftlichen  Wert  unserer  Tier¬ 
sammlung  zu  erhöhen.  Solches  Bemühen  führte  insbesondere  zu 
Einrichtungen,  die  uns  in  den  Stand  setzen,  unser  gesamtes  Affen¬ 
haus  svährend  der  Sommermonate  zu  einem  Hause  für  in-  und  aus¬ 
ländische  Reptilien  und  Amphibien  umzugestalten.  Der  große  Bei¬ 
fall,  den  diese  auch  im  Winter  zum  Teil  fortbestehende  und  eine 
schöne  Ergänzung  des  gleichfalls  reicher  besetzten  Aquariums  bil¬ 
dende  Anlage  gefunden  hat,  läßt  uns  weitere  derartige  Neuerungen 
planen,  um  uns  dem  Ziele  einer  möglichst  gleichmäßigen  Vertretung 
der  gesamten  Tierwelt  immer  mehr  zu  nähern,  —  Tier-, 
beziehungsweise  Geldgeschenke  machten  dem  Garten:  Frau  Patrick, 
Frau  von  Stumpf-Brentano,  Frau  Marie  Weguer  (Stettin)  sowie  die 
Herren:  Bornhausen,  Bohn  (Offenbach),  E.  Kalb,  Ruland,  Rosipal 
(München),  Nicolaus,  Goldbeck,  Bartraann,  Andreae,  Abt,  Graf  Erbach, 
Rosenberg,  Goldschmidt,  Ranke,  Dietz ,  Fulda,  Caesar,  Kullmann, 
Bilger,  Rost  (Cannes),  Enholtz,  Schiemann,  Zernin  (Darmstadt),  Kirsch¬ 
baum,  Münster,  Ur.  Volger,  Böhm,  Seyd  (Wiesbaden),  Becker  (Oberrad), 
Hanau,  Mayer,  Karbach  (Ems),  Scheibe  und  Helle  (Mainz).  Diesen, 
sowie  allen  ungenaunten  Gebern  sprechen  wir  unsern  wärmsten 
Dank  aus. 

Indem  wir  hiermit  unseren  Bericht  über  das  Jahr  1891  schließen, 
creben  wir  der  Hoffnung  Ausdruck,  Ihnen  übers  Jahr  in  ebenso  er- 

”  «  1  r*  • 

treulicher  Weise  berichten  zu  könneu,  und  rechnen  daraut,  daß  ein 
jeder  von  Ihnen  dazu  beiträgt,  was  in  seinen  Kräften  liegt. 


154 


Betriebs -Rechnung  vom  Jahre  1891. 


Einnahmen. 

M.  Pf. 

Ausgaben. 

M.  Pf. 

1.  Abonnements: 

1 .  Gehalte . 

.  35,588.  92 

1241  Aktionär  -  Familien 

23,412.  — 

2.  Fütterung  .... 

.  45,321.  46 

214  Einzel-Aktionäre 

1,712.  - 

3.  Musik . 

.  35,492.  — 

1396  Familien  -  Abonne- 

4.  Heizung  u.  Beleuchtun 

g  9,139.  88 

ments . 

40,.853.  ~ 

5.  Wasserversorgung  . 

.  7,537.  42 

633  Einzel-Abonnements  7,596.  — 

6.  Garten-Unterhaltung 

.  5,748.  20 

151  Pensionär-  und  Mo- 

7.  Bau-Unterhaltung  . 

.  33,092.  47 

nats-Abounements  . 

919.  — 

8.  Uruckkosten  .  .  . 

.  2,753.  80 

73,992.  — 

9.  Insertionen  .  .  . 

.  1,795.  25 

2.  Billete . 

112,029.  41 

10.  Livree  . 

.  1,119.  — 

3.  Wein-  und  Bier-Nutzen 

10,199.  60 

11.  Versicherung  .  .  . 

.  1,305.  95 

4.  Pacht . 

5,080.  — 

12.  Allgemeine  Unkosten 

.  9,835.  83 

5.  Vermietungen  .  .  .  . 

4,345.  — 

13.  Aquarium  .... 

.  6,777.  46 

Verschiedenes  .  .  .  . 

3,005.  08 

14.  Tiere . 

.  21,968.  99 

Zinsen . 

2,788.  61 

Uberschuß  . 

.  20,801.  73 

8.  Aquarium . 

10,364.  90 

9.  Tiere  und  Geschenke 

16,473.  76 

238,278.  36 

238,278.  36 

Gewinn-  und  Verlust- 

■Conto  vom  Jahre  1891. 

Soll ;  M.  Pf. 

Mähen : 

M.  Pf. 

Planmäßige  Prioritäten- 

Betriebs-Überschuß  .  . 

20,801.  73 

Amortisation  .... 

7,250.  — 

Abschreibung  am  Aktien- 

3V2"/o  Zinsen  der  Priori- 

Kapital . 

35,203.  27 

täts- Schuld  von 

M.  1,393,000  .... 

48,755.  — 

56,005.  — 

56,005.  — 

Bilanz  vom  31.  Dezember  1891. 

Passiva ;  M.  pf. 

Aktien-Kapital 

(nominal  M.  1,260,000) 
am  1.  Januar 

1891  ...  M.  961,291  69 
Abschreibg'.^^^^^^^^SS^^oS^^^?  ()28  091  42 

Prioritäts-Aktien  .  .  .  188,250.  — 

Prioritäts-Obligationen  .  1,393,000.  — 
Zinsen-Guthaben  d.  Stadt  214,960.  31 
Zinsen-Vortrag  ....  12,782.  — 

Aquarium-Scheiben-Reserve  2,000.  — 
Abonnenten  für  1892  .  .  10,688.  — 


2,749,771.  73 

Der  Verwaltungsrat  der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft. 

Dr.  Fritz  Stiebei,  L.  H.  Heiss, 

1.  Vorsitzender.  2.  Vorsitzender. 


Aktiva :  M.  Pf. 

Tiere .  76,000.  - 

Gebäude .  2,165,000.  — 

Park .  145,000.  - 

Aquarium .  2,000.  — 

Pflanzen .  8,000.  — 

Mobilien .  270,000.  — 

Käflge .  1,000.  — 

Musikalien .  3,000.  — 

Bibliothek .  500.  — 

Vorräte  (Futtern. Kohlen)  3,230.  18 

Effekten .  60.782.  75 

Frankfurter  Bank.  .  .  11,578.  68 

Kassenbestand  ....  892.  12 

1  Debitor .  2,788.  — 


2,749,771.  73 


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K  0  r  r  e  s  p  0  II  (1  e  11  z  e  ii. 


Santiago,  tlen  27.  März.  1892. 

Einige  Bemerk  uu  gen  über  chilenische  lleiher.  Vor  wenigen  Tagen 
bekam  ich  eine  der  Größe  nach  zu  urteilen  ausgewachsene,  aber  noch  nicht 
mit  dem  Gefieder  des  alten  Vogels  geschmückte  eben  geschossene  Cu  ca,  Ardca 
Cocoi,  die  eben  ihr  Winterkleid  angelegt  hatte.  Die  Holle  war  aufgerichtet 
und  der  Schaft  jeder  Feder  über  die  Fahne  hinaus  in  einen  bis  drei  Centimeter 
langen,  dünnen,  weichen,  schneeweißen  Faden  verlängert,  der  wohl  nur  eine 
kurze  Existenz  haben  kann  und  daher  selten  zu  beobachten  ist.  Von  den 
beiden  schwarzen  in  vollkommen  ausgewachsenem  Zustand  am  Nacken  herab 
hängenden  Federn  ist  noch  keine  Spur  zu  sehen.  Dieser  Reiher  ist  über  das 
ganze  mittlere  und  südliche  Chile  verbreitet,  aber  ziemlich  selten,  und  sieht 
man  immer  nur  einzelne  Individuen.  Vor  vielen  Jahren  erhielt  ich  eine  ganz 
ausgewachsene  Cuca,  welcher  die  vordere  Hälfte  aller  Zehen  fehlte;  sie  waren 

wahrscheinlich  abgefroren.  Der  Vogel  war  spicktett. 

Der  hiesige  Professor  Dr.  Federico  Gnga  hat  einen  Brüteplatz  unseres 
kleinen  weißen  Reihe-rs,  Ärdea  candidissima  bei  Goy  entdeckt.  Dicht  bei 
dem  etwa  50  Meter  hohen,  prachtvollen  Wasserfall  des  Itata  -  Flusses  sind 
die  steilen,  fast  senkrechten,  aber  ziemlich  weichen  üterfelsen  von  dem  Conuius 
cyanolysios,  dem  Loro  der  Chilenen  ausgehöhlt,  um  darin  zu  nisten.  Solchei 
Höhlen  haben  sich  nun  die  Reiher  bemächtigt  um  darin  ihre  Nester  anzulegen. 
Dr.  Guga  hat  sie  aus-  und  einfiiegen  sehen,  aber  keine  Gelegenheit  gehabt,  die 
Nester  selbst  zu  untersuchen.  —  Dieser  kleine,  weiße  Reiher  ist  in  Chile  sehr 
häufig  und  keineswegs  scheu.  Wenn  man  auf  der  Eisenbahn  von  Santiago 
nach  dem  Süden  fährt,  kann  man  immer  welche  in  feuchten  Gründen  in  der 
Nähe  der  Bahn  sehn.  Dr.  R.  A.  P  h  i  i  i  p  p  i* 


Blumen  au,  Santa  Catbarina,  Brazil,  29.  April  1892. 

Neu  war  es  mir,  daß,  wie  ich  ans  dem  Aufsatze  von  E.  Göldi  (Jahr¬ 
gang  XXX,  1889,  S.  225)  sehe,  unsere  Barabusratte,  Dactylomys  amUyonyx, 
ein  in  den  europäischen  Museen  noch  seltenes  Tier  sei.  Hier  ist  sie  allgemein  als 
Verwüsterin  des  Bambus  bekannt;  auch  mein  Bambus  hat  schon  oft  sehr  von 
ihr  leiden  müssen,  manches  Jahr  hat  sie  kaum  einen  der  jungen  Triebe  auf- 
kommen  lassen,  die  sie  quer  durchbeißt.  —  Kurz  vor  dem  Eintreffen  des 
»Zoologischen  Gartens«  fanden  meine  Enkel  zwei  noch  ganz  junge  Tiere  am 
Boden  unter  dem  Bambus,  sowie  ein  altes,  hauptsächlich  aus  Bambushlättern 
bestehendes  Nest,  welches  wohl  ein  Gewittersturm  samt  den  Jungen  herunter 
geworfen  hatte.  Als  etwas  ganz  Wertlo.ses  haben  sie  dieselben  weggeworfen. 
Als  ich  sie  jetzt  fragte,  ob  sie  an  denselben  nichts  Besonderes  bemerkt  hätten, 
erinnerten  sie  sich  der  langen  Finger.  Jetzt  haben  die  beiden  Bürschchen 
hoch  oben  im  Bambus  ein  im  Bau  begriffenes  Nest  entdeckt,  in  welchem^ wir 
seiner  Zeit  wohl  auch  Junge  antreffen  werden.  Ich  würde  in  diesem  halle 
versuchen,  .sie  aufzuziehen. 

(Aus  einem  Schreiben  des  Herrn  Dr.  Fritz  M  üll  er  an  den  Herausgeber.) 


156 


Kleinere  Mitteilungen. 


Die  Rassel  der  Klapperschlange.  In  der  dritten  Autlage  von 
Biehnis  lierleben,  7.  Bd.,  die  Kriechtiere  und  Lurche,  finden  wir  auf  Seite 
439  folgende  Betrachtungen  über  die  Bedeutung  der  Rassel  der  Klapperschlange: 
»Frömmelnde  Bewunderer  der  Weisheit  des  Schöpfers  —  so  spricht  .sich  Giebel 
aus,  erkennen  darin  eine  vorsorgliche,  den  Menschen  vor  Gefahr  warnende 
Einrichtung;  aber  sie  sagen  uns  nicht,  wodurch  der  Mensch  gleich  vorsorglich 
gegen  andere,  nicht  minder  gefährliche,  tückisch  im  Hinterhalte  lauernde  Gift¬ 
schlangen  geschützt  ist.  Die  Klapperschlangen  greifen  so  wenig  wie  die  meisten 
anderen  Giftschlangen  ungereizt  den  Menschen  an  und  schlagen  überdies  ihr 
Standquartier  in  dürren,  offenen  Gegenden  auf,  wo  der  Mensch  nichts  zu  holen 
hat  und  seinen  Feind  auch  leichter  bemerken  kann  als  im  Gebüsche  und  im 
dichten  Graswuchse.  -  Diesen  Worten  habe  ich  nichts  hinzuzufügen,  weil  sie 
verständlich  genug  sind.  Dagegen  scheint  eine  Vermutung  0.  P.  Hays  doch 
beachtenswert,  der  den  Nutzen  der  Klai5per  darin  findet,  daß  die  Schlange 
die  Büffel  rechtzeitig  warnen  und  so  zugleich  sich  und  die  jetzt  freilich  ausge- 
lotteten  großen  Wiederkäuer  vor  Beschädigung  sichern  konnte.« 

Wollen  wir  eine  Eigentümlichkeit  in  dem  Körperbau  eines  Tieres  nach 
ihrer  Bedeutung  verstehen  lernen,  so  ist  die  erste  Frage  doch  wohl  nicht  die, 
ob  die  betreffende  Einrichtung  anderen  Geschöpfen  etwas  nützt  und  in  welcher 
Weise;  in  vorliegendem  Falle  dürfen  wir  also  sicher  nicht  annehmen,  daß  die 
Klapper  bei  vier  amerikanischen  Arten  von  Giftschlangen  sich  ausgebildet  habe, 
um  Menschen  und  Büffel  vor  einer  diese  bedrohenden  Gefahr  zu  warnen. 

In  erster  Linie  muß  doch  eine  jede  Besonderheit  der  Organisation  in  Bezug 
gesetzt  werden  zu  den  Lebensäußerungen  und  Lebensaufgaben  des  Geschöpfes, 
denn  Bau  und  Thätigkeit  eines  Organs  stehen  stets  im  Dienste  des  Lebens. 
Die  Frage  muß  demnach  lauten:  >Was  nutzt  die  Rassel  der  Schlange?  Welchen 
Vorteil  haben  die  Croüdus- kxten  davon,  daß  die  bei  verwandten  Giftschlangen 
einfach  hornig  gewordene  und  mit  der  Haut  abgeworfene  Schwauzspitze  bei  ihnen 
nach  der  jedesmaligen  Häutung  über  dem  ueugebildeten  Schwauzende  als  Ring 
hangen  bleibt  und  mit  einer  Anzahl  von  Ringen  der  letzten  Jahre  das  rasselnde 
Werkzeug  bildet  ?«  Die  zweite  der  obigen  Angaben,  daß  die  Schlange  durch  das 
verursachte  Geräusch  die  Büffel  zurückschreckt  und  sich  selbst  dadurch  vor 
dem  Zertreten  werden  schützt,  könnte  in  dieset  Hinsicht  schon  eher  genügen, 
aber  warum  hat  daun  auch  die  in  den  dichten  Wäldern  Südamerikas  lebende 
Schauerklapperschlange,  die  der  Gefahr,  von  Hufen  zermalmt  zu  werden,  nicht 
im  mindesten  ausgesetzt  ist,  ebenfalls  die  Rassel? 

Suchen  wir  eine  Antwort  auf  die  Frage  nach  dem  Nutzen  der  Klapper 
(richtiger  Rassel;  rattlesnaJce  nennt  auch  der  Amerikaner  das  Tier),  so  könnte 
ein  solcher  sich  wohl  nach  mehrfacher  Seite  hin  finden  lassen;  er  kann  Be¬ 
zug  haben  auf  die  Ernährung  des  Tieres,  auf  seinen  Schutz,  sowie  auf  sein 
Geschlechtsleben. 

Fassen  wir  die  Ernährung  der  stets  als  träge  geschilderten  Klapperschlange, 
die  wegen  ihrer  Farbe  kaum  von  dem  Boden,  auf  dem  sie  zusaminengeroUt 
liegt  oder  auf  dem  sie  sich  kriechend  fortbewegt,  sich  unterscheidet,  in  das'^Auge. 
Kleine  Säugetiere,  Vögel  und  Frösche  bilden  ihre  Nahrung,  und  von  ersteren 


157 


geböi’en  dazu  vorzugsweise  Nager:  Mäuse,  Ratten,  Zieselarten,  Krdeichhörncben 
u.  a.  Diese  Tiere  bewegen  sich  scheu  und  leise  am  Boden,  sehen  die  Schlange  nicht 
leicht  und  werden  von  dieser  wegen  des  hindernden  Pflanzenwuchses  nicht  leicht 
bemerkt,  da  sie  ihr  Auge  nahe  dem  Boden  bat.  Da  kann  das  rasselnde  Geräusch 
der  kriechenden  Schlange  diese  Tiere  neugierig  machen  oder,  was  noch  wahr¬ 
scheinlicher  ist,  plötzlich  erschrecken,  so  daß  sie  auffahrend  die  Aufmerksamkeit 
der  Schlange  erregen,  die  nun  ihre  vorherige  Trägheit  vollständig  verlieren 
und  die  Jagd  mit  außerordentlicher  Heftigkeit  aufnehmen  soll.  Denken  wir 
uns,  daß  sowohl  die  Klapperschlange  als  auch  viele  Nager  nächtliche  Tiere 
sind,  dann  leuchtet  uns  die  Wirkung  eines  auffallenden  Geräuschs  auf  die  Be¬ 
schaffung  der  Nahrung  für  erstere  um  so  mehr  ein.  Und  diese  Wirkung  halten 
wir  für  die  Hauptbedeutung  der  Rassel. 

Einen  ähnlichen  Erfolg  bringt  der  starke,  weithin  bemerkbare  Geruch 
unserer  Ringelnatter,  Tropidonotus  natrix,  auf  die  Frösche  hervor.  Diese 
Schlange  würde  bei  ihren  Wanderungen  durch  das  hohe  Gras  der  Waldwiesen 
ruhig  dasitzende  Frösche  nur  selten  bemerken  und  auch  von  diesen  häufig  nicht 
beachtet  werden,  wenn  nicht  ihre  Ausdünstung  bei  den  Fröschen  den  größten 
Abscheu  und  Schrecken  hervorrufen  würde,  wie  man  an  Fröschen,  die  in 
der  Gefangenschaft  eingewöhnt  und  beruhigt  waren,  bemerken  kann,  wenn 
man  eine  selbst  junge  Ringelnatter  in  ihren  Behälter  bringt,  ohne  daß  sie 
dieselbe  sehen.  In  heller  Verzweiflung  machen  die  Frösche  planlose  Luft¬ 
sprünge,  verraten  sich  der  Schlange  und  fällen  ihr  leicht  zum  Opfer. 

Wie  aber  der  widerwärtige  Geruch  der  Natter  Menschen  und  andere 
ihrer  Feinde  vielleicht  von  ihrer  Verfolgung  und  Tötung  abzuhalten  vermag, 
so  kann  in  einzelnen  Fällen,  wie  dies  oben  von  den  Büffeln  bemerkt  ist,  das 
Rasseln  auch  zur  Rettung  der  Klapperschlange  beitragen.  Aber  in  diesem 
Sinne  ist  die  Erregung  der  Aufmerksamkeit  durch  Geräusch  jedenfalls  ein  zwei¬ 
schneidiges  Schwert,  denn  dem  Menschen  gegenüber  führt  es  in  den  meisten 
Fällen  zur  Vernichtung  des  Tieres. 

Das  Rasseln  der  Klapperschlange  mag  aber  auch  in  ihrem  Geschlechts¬ 
leben  eine  Rolle  spielen.  Wie  die  Kreuzottern  zur  Zeit  der  Paarung  sich  oft 
zu  Klumpen  zusammen  gesellen,  so  wird  dies  ähnlich  sowohl  von  den  nord¬ 
amerikanischen  wie  auch  von  den  südamerikanischen  Klapperschlangen  ge¬ 
meldet.  Das  Zusammenfinden  der  beiden  Geschlechter  zu  dem  genannten 
Zwecke  wird  durch  das  Geräusch  der  Rassel,  die  ja,  wie  angegeben  und  von 
Mützel  bildlich  dargestellt  i.st,  zur  Zeit  der  Erregung  hoch  gehoben  und  in 
steter  Bewegung  erhalten  wird,  jedenfalls  sehr  erleichtert.  So  haben  ja  auch 
die  Frühlingskonzerte  der  Frösche  den  Nutzen,  die  Kameraden  aus  nah  und 
fern  zu  den  Teichen  zusammen  zu  rufen,  in  welchen  die  beste  Gelegenheit 

zum  Absetzen  des  Laiches  gegeben  ist. 

Jedenfalls  müssen  wir  auf  dem  angegebenen  Wege  nach  der  Erklärung 
für  uns  anfangs  unverständlicher  Erscheinungen  in  dem  Körperbau  und  in  den 
Lebensäußerungen  der  Tiere  suchen.  N. 

Heuschreckenplage  in  Australien.  Das  Hauptgebiet  der 
Heuschreckenplage  in  Neusüdwales  ist  in  dem  westlichen  Distrikte  zwischen 
den  Küsten  Lachlan  und  Darling.  Die  Brutstätten  der  Insekten  sind  in 
Australien  ebenso  ansgedehnt  wie  die  in  den  Rocky-Mountains  und  haben  eine 


158 


ähnliche  Lage;  gewöhnlich  sind  dies  sandiger  Boden  oder  hochgelegene  trockene 
Plätze,  gelegentlich  aber  auch  Stellen  an  den  Ufern  eines  Flusses.  So  fand  der 
ßerichtei’statter ,  Mr.  A.  Sidney  Olliff,  im  vorigen  September  bei  Renmark  in 
feüdaustralien  an  den  sandigen  Ufern  eines  kleinen  Flusses  die  zahlreichen  kleinen 
Höhlungen,  aus  denen  die  jungen  Heuschrecken  eben  ausgekrochen  waren.  Die 
entomologische  Kommission  der  Vereinigten  Staaten  erforscht  eifrig  die  ver¬ 
schiedenen  Mittel,  durch  welche  die  Plage  bekämpft  werden  kann  und  Mr. 
Ollitf  macht  die  Ergebnisse  dieser  Untersuchungen  zum  Nutzen  der  australischen 
Farmer  bekannt.  Nature  31.  März  1892.  (N). 

Der  Hakengimpel,  Carpodacus  enucleator  L.,  im  mittleren  Livland. 
Diese  schönen  und  durch  ihren  weichen,  melodischen  Lockruf  angenehmen  Zier¬ 
vögel  haben  in  Anzahl  und  Regelmäßigkeit  des  Erscheinens  Rückschritte  gemacht. 
Die  Kerne  der  Vielbeeren  (Vogelbeeren,  Sorbus  aucuparia)  berauschen  sie  derart, 
daß  sie  dummdreist  werden,  sich  Schlingen,  an  Ruthen  befestigt,  über  den  Kopf 
ziehen  und  so  in  Mengen  fangen  lassen.  Stößt  man  sie  mit  den  Stöcken,  so 
weichen  sie  turnend  aus,  ohne  abzufliegen.  Ich  habe  dieselben  Vögel  probeweise 
dreimal  hintereinander  gefangen;  erst  sehr  allmählich  werden  sie  klüger. 

0.  V.  Löwis  (Ornith.  Monatsschrift  d.  deutschen  Vereins 
z.  Schutze  der  Vogelwelt.  XVII,  1892,  S.  133.) 

Baum  falle,  I^nlco  subbuteo.  Im  vorigen  Sommer  ereignete  sich  in  der 
Nähe  von  Harburg  a.  d.  Elbe  ein  Vorfall,  der  übrigens  in  der  Lebensgeschichte 
unserer  Raubvögel  nicht  vereinzelt  dasteht.  Diesmal  war  es  ein  Baumfalk, 
welcher  seine  Verwegenheit  mit  dem  Leben  bezahlen  mußte.  Der  Falke  flog, 
vermutlich  durch  den  im  Zimmer  befindlichen  Kanarienvogel  angelockt,  mit 
solcher  Wucht  gegen  das  verschlossene  Parterre-Fenster  eines  Landhauses,  daß 
die  Scheibe  zertrümmerte  und  der  gefiederte  Räuber  am  anderen  Ende  der  Stube 
betäubt  zu  Boden  fiel.  Da  er  stark  am  Kopfe  verletzt  war  und  man  daher  an 
seinem  Aufkommen  zweifelte,  wurde  er  getötet.  0.  Edm.  Eiffe. 

Eine  neue  biologische  Station  an  der  Seeküste.  Das  »Liver¬ 
pool  Marine  Biology  Committee«  hatte  vor  sieben  Jahren  mit  der  Untersuchuno¬ 
der  Bai  von  Liverpool  und  der  benachbarten  Meeresteile  begonnen  und  seit 
fünf  Jahren  eine  kleine  biologische  Station  auf  Puffin -Insel,  Anglesea,  unter¬ 
halten.  Am  4.  Juni  dieses  Jahres  wurde  nun  eine  größere  derartige  Anstalt  zu 
Poit  Elin  an  der  Südspitze  der  Insel  Man  eröffnet.  Hier  ist  ein  festes  Gebäude 
auf  dem  Felsen  unter  dem  Hotel  Bellevue  errichtet,  so  daß  es  noch  10  Fuß 
über  der  Hut  liegt.  Das  Haus  enthält  drei  Räume  mit  sieben  Arbeitsplätzen, 
Aquarien  und  was  sonst  an  Vorrichtungen  nötig  ist  und  hat  im  Grundriß 
etwas  über  30  auf  20  Fuß.  Die  Insel  Man  ist  von  Liverpool  aus  stets  leicht 
zu  eireichen,  mit  dem  Besitzer  des  genannten  Hotels  sind  Vereinbarungen  zur 
guten  und  preiswürdigen  Verpflegung  getroffen,  und  da  die  umliegenden 
Meeresteile  in  jeder  Hinsicht  reiche  Ausbeute  versprechen,  so  ist  Aussicht 
auf  eine  erfolgreiche  Thätigkeit  für  diese  neue  Station  vorhanden.  Der  Leiter 
der  Anstalt,  Prof.  Herdmann,  und  Mr.  J.  C.  Thompson,  4  Lord  Street,  Liverpool, 
nehmen  Anmeldungen  für  Besucher  entgegen. 

Nature,  IG.  Juni  1892.  (N.) 


159 


Die  Giraffen  im  Londoner  zoologischen  Garten.  Nach  W.  B. 
Tegetmeier  (The  Field,  2.  April  1892)  wurden  die  ersten  lebenden  Giraffen 
in  England  in  den  zwanziger  Jahren  ausgestellt;  sie  gehörten  einem  Privat¬ 
eigentümer  und  wurden  in  einem  hohen  Gebäude  zu  Turnham  Green  mit  den  sie 
begleitenden  Nubiern  gezeigt.  —  Im  Mai  1836  erhielt  der  Londoner  zoologische 
Garten  die  ersten  Giraffen,  4  Stück,  3  Männchen  und  ein  Weibchen.  Eins  der 
Männchen  starb  1837,  die  anderen  1846  und  1849.  Das  Weibchen,  das  erst  1852  ein¬ 
ging,  hatte  5  Junge  zur  Welt  gebracht  in  den  Jahren  1839,  1841,  1844,  1846  und 
1849.  Eins  davon  starb  sehr  jung;  das  zweite  kam,  nachdem  es  3  Jahre  alt  war, 
in  denDubliner  Garten;  das  dritte (1844) lebte  in  demGarten  bis  1853;  das  vierte 
(1846)  wurde  21  Jahre  alt,  und  das  fünfte  wurde  verkauft,  als  es  ein  Jahr  alt 
—  1849  wurden  zwei  erwachsene  Weibchen  gekauft,  und  von  diesen 
wurden  von  1852  bis  1867  nicht  weniger  als  zwölf  Junge  erzielt.  Von  diesen 
starben  einige  jung,  andere  erreichten  ein  Alter  von  19  und  20  Jahien,  einige 
wurden  aufgezogen  und  verkauft;  das  letzte,  1867,  kam  sehr  gelegen,  da  ein 
in  dem  vorhergehenden  Jahre  in  dem  Giraffenhause  ausgebrochenes  Feuer  die 
Zahl  dieser  Tiere  auf  zwei  Stück,  ein  Pärchen,  vermindert  hatte.  Leider  starb 
das  alte  Männchen,  das  1846  geboren  war,  im  Januar  1867.  —  Nachher  wurden 
noch  mehrmals  Giraffen  angekauft  aber  keine  Nachkommenschaft  mehr  erzielt. 
Ein  Weibchen,  1867  erworben,  starb  1869,  und  ein  Männchen  hielt  sich  nur  von 
1871  bis  1874.  Dann  wurde  1871  wieder  ein  Weibchen  von  Mr.  Rice  gekauft, 
starb  aber  ohne  Nachkommen  1878.  —  1874  wurden  von  C.  Hagenbeck  noch¬ 
mals  ein  Männchen  und  zwei  Weibchen  erworben,  die  nicht  weniger  als 
M.  20,000  kosteten.  Die  letzte  kam  1879  in  den  Besitz  des  Gartens.  Tm  ganzen 
lebten  30  Giraffen  in  demselben. 


L  i  1 1  e  r  a  t  u  r. 


Wandtafeln  für  den  n a tu r geschichtlichen  Unterricht  von  H.  Jung, 
Prof.  Dr.  G.  V.  Koch  und  Dr.  F.  Qu  ent  eil.  Darmstadt,  Frommann 
und  Morian.  1.  Lieferung  1892. 

Es  fehlt  wahrlich  nicht  an  Wandtafeln  für  den  zoologischen  Unterricht; 
aber  wenn  wir  dieselben  auf  ihren  Wert  betrachten,  dann  finden  wir  sie  in 
der  Größe,  in  der  Auswahl  der  Gegenstände,  in  der  Zusammenstellung  oder  in 
der  Ausführung  nicht  immer  den  Anforderungen  entsprechend.  Diese  Gründe 
haben  die  VerfLer  bewogen,  eine  neue  Arbeit  in  Angriff  zu  nehmen  und  sowohl 
für  die  Zooloc-ie  wie  auch  für  die  Botanik  Farbendrucktafeln  herzustellen.  Die 
zoologischen  Ausführungen  sind  unter  der  Leitung  des  bekannten  Professors 
der  Zoologie  an  der  technischen  Hochschule,  Dr.  G.  v.  Koch,  entstanden  und 
können  von  uns  als  etwas  ganz  Vorzügliches  empfohlen  werden.  Die  Figuren, 
einfach  gehalten,  heben  sich  von  mattschwarzem  Grunde  äußerst  plastisch  ab. 
Das  auf  einer  Tafel  dargestellte  Tier  ist  als  Ganzes^  sowie  in  seiner  äußeren 
Anatomie  künstlerisch  und  doch  einfach  und  verständlich  gegeben,  und  so 
erfüllen  die  Tafeln  ihren  Zweck,  neben  dem  Naturobjekte,  wie  dies  ausdruck- 


160 


lieh  hervorgehoben  ist,  erläuternd  und  besonders  bei  Wiederholungen  fördernd 
zu  wiiken.  So  bringt  z.  B.  eine  Tafel  die  sitzende  Figur  einer  Katze,  in 
starker  Vergrößerung  deren  Schädel  in  drei  verschiedenen  Ansichten,  den 
Schädel  mit  den  äußeren  Muskeln  im  Umrisse  der  Haut,  die  wichtigeren 
Zähne,  den  Vorder-  und  Hinterfuß  von  unten  gesehen,  die  eingezogene  und 
ausgestreckte  Kralle  und  die  Zunge  mit  der  »Kleiderbürste«.  —  Auch  die 
botanischen  Tafeln  sind  gut  ausgeführt. 

Wir  wünschen  dem  Werke,  das  in  je  fünf  Lieferungen  —  jede  zu  10 
Tafeln  auf  Leinwand  aufgezogen  ä  M.  30  —  erscheinen  soll ,'  den  besten 
Fortgang,  in  der  Überzeugung,  daß  es  in  der  richtigen  Hand  von  großem 
Nutzen  sein  wird.  xr 


Pflanzengallen  und  Gallentiere  von  Dr.  Karl  Eckstein.  Zoologische 
Vorträge,  herausgegeben  von  Prof.  Will.  Mars  hall.  7.  und  8.  Heft 
Leipzig.  Richard  Freese.  1891.  Mit  4  Tafeln. 

In  geschickter  Weise  hat  der  Verfasser  übersichtlich  dargestellt,  was  bis 
jetzt  über  die  von  Tieren  an  Pflanzenteilen  verursachten  Auswüchse  und  Mi߬ 
bildungen,  die  »Gallen«  ,  ihre  Erzeuger,  die  Ursache  ihres  Entstehens  und 
Wachsens,  ihre  Bedeutung  für  die  Pflanze  und  das  Tier  und  schließlich  auch 
ihre  Beziehungen  zum  Menschen  bekannt  geworden  ist.  Wie  einige  Würmer, 
ein  Rädertier,  zahlreiche  Milben  und  Insekten  aller  Art  durch  den  Reiz,  den 
sie  durch  Stechen  und  Saugen,  vorzugsweise  aber  durch  Abgabe  einer  Flüssig¬ 
keit  (Speichel  etc.)  io  das  Zellgewebe  der  Pflanze  das  ungewöhnliche  Aus¬ 
wachsen  derselben  verursachen,  wird  an  ausgelesenen  Beispielen  von  bekann¬ 
teren  Erscheinungen  dieser  Art  dargethan  —  so  z.  B.  die  an  der  Eiche  vor¬ 
zugsweise  durch  Wespen  verursachten  Gallen  wie  auch  die  Befruchtung  der 
kultivierten  feigen  u.  s.  w.  so  daß  das  Buch  ein  den  Gegenstand  nach  allen 
Seiten  beleuchtendes  und  zugleich  interessantes  und  lehrreiches  ist.  Auf  vier 
Steindrucktafeln  sind  die  Haupttypen  der  Gallen  und  ihren  Eigentümlich¬ 
keiten  bildlich  dargestellt.  m 


Eingegangene  Beiträge. 


•  ij  M-’  Dank.  —  A.  P.  in  W.  (Kroatien):  Gerne  aiif^enomincn.  —  H  L 

inli:  Die  Hette  sind  abg-egangen.  —  E.  P.  in  W:  Die  Aufträge  sind  besorgt.  —  A  n’  in' 

iV'  r  t/  t-  Vüi  N  ^s’umniern  sind  besorgt  in  der  AVeise,  wie  Sie  es  wiinseliten.  - 

tV  i'  "1,  Desten  Dank  tur  die  Mitteilungen  und  Gruß.  —  E.  M.  in  B.  (Br):  Besten 

Dank  tur  llire  treundlielien  Zeilen.  —  .J.  K.  in  W.  —  '  ' 


Bücher  und  Zeitschriften. 


Prof.  K.  Möbius.  Die  Behaarun 
iiiitersuclit.  Sitzungsber.  der 
XXVII.  1892. 


g  des  Maminnths  und  der  lebenden  Elefanten,  vergleichend 
Königl.  jirenß.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin. 


der  Ornithologisehen  Gesellschaft  Basel  1891.  Basel.  J.  G. 


.Jahresbericht 
Baur  1892. 

Berliner  E  n  t  o  in  o  I  o  g  i  s  c  h  e  Zeitschrift,  llcrau.sgegebcn  von  dem  Entomo- 
logischen  Verein  in  Berlin.  Kedigiert  von  Dr.  G.  Kar  sch.  37.  Band  Berlin  K 
Eric  dl  an  der  &  Sohn.  1892. 


D 


e  S  c  h  w  a 
Bai  lisch 
Mai  1892. 


1  be.  Mitteilungen  des  Ornithologisehen  Vereins  in  Wien,  lledigiert  von  C 
unter  Mitwirkung  von  llofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVI.  .Jalirg.  No.  i 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Muhlaii  &  Waldsclimirtt.  Kraiikfiirt  a.  M. 


Der  Zoologisclie  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

No.  6.  XXXIII.  Jahrgang.  Juni  1892. 


I  n  li  a  1 

Die  Atriclitimg  meines  Fischotters;  von  A.  Pichler,  Lehrer  am  Obergymnasium  zii 
Varesdin.  —  italienische  und  neugriechische  Namen  der  Eidechse  und  verwandter  Keptilien, 
von  Dr.  C.  J.  Eorsyth  Major.  —  Albinismus  unter  den  Vögeln  Chiles;  vmi  Dr.  K.  A. 
Philippi  in  Santiago.  -  Der  Wanderzug  der  Maintische  im  Frühling  1892;  von  L. 
Buxbauni,  Raunheim  a.  Main.  -  Zoologischer  Garten  in  Basel.  Jahresbericht  3891. 
Korrespondenzen.  “  Litteratur.  —  _ _ 


Die  Ahrichtung  meines  Fischotters. 

Von  A.  Pichler,  Lehrer  am  Obergymnasium  zu  Varesdin. 

Am  12.  Juli  1887  ging  unerwartet  mein  sehnlicher  Wunsch, 
das  Erlangen  eines  jungen  lebenden  Fischotters,  in  Erfüllung:  Ein 
Diener  des  Spediteurs  M.  händigte  mir  das  junge  Tierchen  ein,  das 
von  der  Gemahlin  des  Bezirksvorstandes,  A.  Heickelmann,  für  das 
zoologische  Nationalrausenm  in  Agram  bestimmt  war.  Der  Direktor 
des  Museums,  Prof.  Sp.  Brusina,  überlieh  mir  auf  meinen  Wunsch 

das  Tierchen  zur  weiteren  Pflege. 

Nach  Hanse  gebracht,  wurde  es  trotz  meiner  zur  Vorsicht 
mahnenden  Worte  von  meinen  Schwestern  liebkost,  als  »ein  aller¬ 
liebstes  Vieh«  erklärt  und  ihm  ein  Teller  Milch  vorgestellt,  in 
dessen  Rand  es,  die  lorm  vom  Inhalte  nicht  nuteischeideiid,  nntei 
dem  Eindrücke  des  Wohlgernches  der  frischen  Milch  gierig  hineiiibiß. 
Einige  Stückchen  Kalbsleber  beschnupperte  das  Tier,  anfänglich  keine 
rechte  Lust  zum  Fressen  zeigend,  entschloß  sich  aber  später  dennoch 
dieselben  nach  bedächtigem,  langwierigem  Kauen  mit  den  nadel¬ 
scharfen  Zähnen  hinabznvvürgen,  wobei  es  schien,  als  wolle  das 
Tier  jedes  einzelne  Stück  durch  hervorwürgende  Schlundbewegiingeu 
wiedergeben.  Das  in  einem  Teller  gereichte  Wasser  trank  es  erst, 

Zoolog.  Oart.  Jahrg.  XXXII [.  1892.  H 


162 


als  es  aus  dem  Teller  am  Boden  einlierfloß  und  zwar  stromaufwärts. 
Nach  der  so  eiugeuorameneu  Mahlzeit  wurde  es  auf  Stroh  gebettet 
in  einen  Korb  gebracht  und  schlief  ein. 

Als  es  erwachte,  mußte  es  vom  Gefühle  des  Verlasseuseins 
geplagt  worden  sein,  denn  es  pfiff  anfangs  sehnsuchtsvoll,  und  als 
dies  nichts  nützte,  schrie  es  jämmerlich,  sprang  au  den  Wänden  des 
Korbes  empor,  bis  es  die  Magd  in  der  festen  Überzeugung,  daß  es 
baden  wolle,  wohlwollend  in  die  Muschel  der  Wasserleitung  ver¬ 
setzte  und  den  Hahn  öffnete,  daß  der  kalte  Strahl  brausend  auf 
das  arme  Geschöpf  niedersauste.  In  diesem  Momente  kam  ich  hinzu. 
Pfeifend  und  vor  Wut  und  Verzweiflung  mäckernd  biß  das  Tier  um 
sich,  bis  ich  es  aus  der  mißlichen  Lage  befreite  und  der  Magd, 
die  bestürzt,  über  den  Fehlgriff  verblüfft,  dastand,  erklärte,  daß  das 
Begießen  mit  kaltem  Wasser  die  größte  Strafe  für  einen  Otter  sei. 
Nun  fütterte  ich  das  Tier  von  neuem  mit  in  Milch  geweichter 
Semmel  und  gehackter  Kalbsleber,  es  dabei  zart  über  den  Rücken 
streichelnd  und  ihm  seinen  zukünftigen  Namen  »Lutra«  zurecht¬ 
legend.  Mit  Gedankenschnelle  hatte  das  Tier  sich  umgewaudt  und 
mich,  einen  mäckernden  Pfiff  ausstoßend,  in  die  streichelnde  Hand 
gebissen.  Der  Grund  war  wohl  die  Besorgnis  um  das  Futter.  Die 
erste  Lehre  hatte  ich  somit  um  den  Preis  eines  nicht  schmerzlosen 
Bisses  vom  Otter  empfangen.  Ich  teilte  diese  Erfahrung  der  ferneren 
Beherzigung  halber  allen  Mitgliedern  meiner  Familie  mit. 

Abends  wurde  Lutra  nochmals  gefüttert  und  wieder  in  den 
Korb  zur  Ruhe  gebracht.  Als  echtes  Nachttier  erwachte  Lutra 
schon  gegen  Mitternacht,  pfiff  eine  kurze  Weile,  und  als  dies,  mein 
Erwachen  ausgenommen,  erfolglos  blieb,  grollte  und  rumorte  sie 
im  Korbe  umher,  daß  es  ein  Graus  war.  Zu  mir  ins  Bett  genommen, 
beruhigte  sie  sich  alsbald  und  schlief  von  neuem  ein.  Als  ich 
morgens  das  Lager  verließ,  schlief  Lutra  noch  fest,  auf  dem  Rücken 
liegend,  die  Vorderläufe  kreuzweise  auf  die  Brust  gelegt,  die  Hinter¬ 
läufe  mäßig  eiugezogen.  Tags  über  hatte  mau  in  meiner  Abwe¬ 
senheit  die  Erfahrung  gemacht,  daß  Lutra,  trotzdem  sie  nach  jedem 
Erwachen  gefüttert  wurde,  dennoch  jämmerlich  pfiff,  bis  sie  jemand 
in  den  Schoß  nahm,  um  mit  ihr  eine  Weile  zu  spielen ;  wenn  man 
ihr  nun  das  Ende  eines  Tuchlappens  zum  Spielen  gab,  steckte  sie 
denselben  in  den  Mund,  gleichsam  als  »Schnuller« ,  und  schlief 
schnullend  ein.  Diese  neue  Erfahrung  benützte  ich  nun  gleich  in 
der  nächsten  Nacht.  Ich  legte  in  den  mit  Heu  belegten  Korb 
nebst  gehackter  Leber  auch  einen  Leinenlappen,  den  ich  an  einer 


163 


Spitze  mit  Leber  bestrich.  Nachts  war  der  Otter  zwar  erwacht, 
denn  er  pfiff  eine  kurze  Zeit,  verstummte  aber  bald,  und  morgens 
fand  ich  ihn  mit  dem  Schnuller  im  Munde  fest  schlafend. 

Nachdem  sich  Lutra  tagsüber  sehr  viele  Liebkosungen  gefallen 
lassen  mufite,  uuzählige  Male  aus  dem  Schlafe  geweckt  wurde,  war 
sie  mit  der  Zeit  angewiesen,  des  Tags  zu  wachen,  sie' mußte  während 
der  Nacht  den  Mangel  an  Tagesschlaf  ersetzen  und  hatte  sieb 
infolgedessen  ganz  unserem  Tageswachen  und  Nachtschlafen  anbe- 
quemt.  Zn  jeuer  Zeit  war  Lutra  unbedingt  ein  allerliebstes  Wesen: 
sie  ließ  alle  Liebkosungen  über  sich  willig  ergehen,  schien  sogar 
an  denselben  Gefallen  zu  finden,  so  daß  sie  sehr  oft,  wenn  sie 
Langeweile  empfand,  eine  meiner  Schwestern  aufsuchte,  murksend 
an  ihreu  Kleidern  emporkroch  und  sie  zu  Liebkosungen  anregte. 
Die  Stellungen,  die  Lutra  sowohl  beim  Spielen  als  beim  Schlafen 
einnahra,  waren  so  zahlreich,  so  verschieden,  so  possierlich,  daß  es 
mir  schwer  fällt  alle  zu  beschreiben.  Es  befand  sich  in  der  ganzen 
Wohnung  kein  Gegenstand,  dem  sie  nicht  eine  gute  Seite  abzu- 
gewinneii  vermochte.  Au  den  Tisch-  und  Stuhlfüßen  kroch  sie, 
nach  Meuschenart  dieselben  umfassend,  empor;  in  allen  Winkeln 
der  Zimmer,  unter  allen  Teppichen  verbarg  sie  sich  bis  zum  Kopfe 
und  lugte  schelmisch  hinter  denselben  hervor;  an  den  Fransen  und 
Quasten  der  Gardinen  fand  sie  eine  besondere  Freude,  sie  legte 
sich  unter  denselben  auf  den  Rücken,  stieß  sie  mit  den  Füßen, 
daß  sie  baumelten,  zeitweise  mit  dem  Munde  nach  ihnen  haschend, 
und  dergleichen  mehr. 

Auf  den  Ruf  Lutra  oder  auf  ein  schmatzendes  Zischen  gehorchte 
sie  sofort,  nur  vom  Fräße  und  vom  Schnuller  ließ  sie  sich  nicht 
abrufen.  Sie  war  auch  sehr  bald  das  Muster  eines  Omnivoren 
geworden,  denn  es  mundete  ihr  alles,  was  unser  Tisch  bot,  sowohl 
roh  als  gar.  Sie  fraß  außer  Fleisch,  Brot  und  Milch  auch  Möhren, 
roh  und  gekocht.  Gurken,  frisch  und  aus  dem  Essig,  Melonen 
reif  oder  unreif.  Spanischen  Pfeffer  {Capsicum  annuum)^  aber  das 
Höchste  w'aren  für  sie  reife  Tomaten  geworden,  nach  denen  sie 
oft  drei  bis  vier  Gärten  (200 — 400  Meter)  weit,  unter  den  Ein¬ 
friedigungen  durchschlüpfend,  umherschweifte. 

Personen  vermochte  sie  nicht  zu  unterscheiden;  sie  folgte  auf 
den  Ruf  »Lutra«  sowohl  der  Dienerschaft  als  auch  wildfremden 
Personen,  so  daß  es  eine  schwere  Sache  war,  sie  mit  auf  die  Straße 
zu  nehmen.  Dort  lief  sie  jedermann  gleich  einem  Hündchen  nach, 
rannte  in  jede  Hausflur,  schnupperte  an  allen  Kellerfenstern,  floh 


1 


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beim  Heraniiabeii  eines  Wagens  zuerst  zu  mir  und  daun  iu  die 
midiste  Hausflur,  um  erst  nadi  vorsichtiger  Sichtung  des  Terrains 
wieder  hervorzukommen. 

Vor  meiner  Abreise  Ende  Juli  übergab  ich  meiuen  Lieldino- 
meinen  Schwestern  mit  der  dringenden  Bitte,  ihm  ja  nichts  abgeheu 
zu  lassen,  und  diese  nahmen  ihn  mit  hiuaus  aufs  Land.  Bald  darauf 
erfuhr  ich  brieflich,  daß  Lutra  sehr  bissig  geworden  sei  und  sich 
infolgedessen  bei  unserer  Dienerin  iu  der  Stadt  befinde.  Besorgt, 
daß  d  as  Tier  bei  mangelhafter  Behandlung  und  geringem  Umgänge 
mit  Menschen  bald  den  Firnis  der  Kultur  abstreifeu  und  verwildern 
werde,  wie  der  zahme  Nörz  des  Herrn  v.  Löwis,  veranlaßte  ich 
aus  der  Ferne  eilends  Lutras  Rückkehr  in  meine  Familie,  was 
auch  geschah. 

Bei  meiner  Rückkehr  nach  Agram  (Mitte  September)  erkannte 
mich  Lutra  nicht  mehr.  Sie  lief  mir  zwar  nach,  sprang  gierig 
und  ungestüm  an  mir  empor,  als  ich  ihr  ein  Stück  Fleisch  zeigte, 
geberdete  sich  aber  gleich  wieder  halbhestialisch.  Sie  spielte  noch 
mit  mir,  biß  mich  aber  gelegentlich  iu  die  Hand  und  zwar  viel 
tiefer  als  vor  2  Monaten,  sprang  auf  alle  Stühle  und  Tische  und 
warf  alles  in  ihrer  Nähe  um  ;  bei  dem  Vorzeigeu  einer  Gerte  wies 
sie  fletschend  die  Zähne  und  mäckerte  wu'ld,  stahl,  was  sie  erlano-eu 
konnte  und  biß  wütend  um  sich,  wenn  man  ihr  die  Beute  abuehmen 
wollte.  Ja  sogar  wenn  man  sich  ihr  mit  dem  Futter  näherte, 
sprang  sie  nach  dem  Futterbehälter  empor,  fauchte  wild  umher, 
riß  dem  Spender  sogar  das  bereit  gehaltene  Futter  aus  der 
Hand,  und  wehe  demselben,  der  es  ihr  nicht  sofort  überließ,  er 
wurde  unbedingt  gebissen.  Als  ich  sie  einmal  mit  iu  das  Mu¬ 
seum  nahm,  da  witterte  sie  schon  aus  der  Ferne,  daß  sich 
hier  zwei  modernde  Glareolen  befanden,  fuhr  gierig  in  der  Richtung 
dahin,  nahm  sie  auf  und  verschwand  eilends  iu  eine  düstere  Ecke, 
um  sie  zu  zerreißen.  Als  ich  nur  versuchsweise  ihr  eine  abnehmen 
wollte,  schoß  sie  wütend  und  mäckerud  mit  grünsprühendem  Blicke 
nach  mir,  riß  mit  Blitzesschnelle  einen  gewaltigen  Lappen  aus 
meiuen  Beinkleidern,  sprang  an  mir  empor  und  hätte  mich  zweifels¬ 
ohne  recht  empfindlich  gebissen,  wenn  ich  sie  nicht  mit  einer  zu¬ 
fällig  dort  liegenden  Gerte  rechtzeitig  empfangen  hätte. 

So  war  meine  allerliebste  Lutra  zu  einem  wilden,  ungestümen, 
ja  beinahe  gefährlichen  Haustyranneu  heraugewachsen. 

Mitte  Oktober  begann  ich  nach  Mitteln  und  Wegen  zu  sinnen, 
wie  ich  meinen  bösen  Wildfang  den  Segnungen  der  Dressur  zuführeu 


—  1(15 


könnte.  Lntra  war  damals  nach  meiner  Schätzung  gewiß  schon 
mehr  als  sechs  Monate  alt,  also  in  einem  Zeitpunkte  augelangt, 
in  dem  der  erfahrene  Jäger  seinen  Vorstehhund  zu  dressieien  beginnt. 

Daß  sich  der  Otter  unschwer  zähmen  und  zum  Fischfänge 
(auch  für  seiueu  Herrn)  abrichten  läßt,  fand  ich  in  jedem  Buche 
hervorgehoben,  das  den  Otter  auch  nur  dürftig  beschreibt.  Welcher 
Weg  zu  diesem  Behufe  eiuzuschlagen  sei,  ist  in  »Brehms  Tierleben« 
andeutungsweise  enthalten,  und  dennoch  beschloß  ich  nach  mehr¬ 
fachen  mißlungenen  Versuchen,  einen  eigenen  Weg  der  laifoice- 
dressur  eiuzuschlagen,  der  vom  Prinzipe  Brehms  verschieden  ist. 

Ich  vereinte  die  Methode  der  Falkenbeize  mit  jener  der  Dressur 
des  A^orstehhundes.  Der  ersten  entlehnte  ich  das  Prinzip  dei  Ver¬ 
geltung  mit  Futter  für  geleistete  Dienste,  von  der  letzteren  suchte 
ich  dem  Tiere  so  viel  als  möglicli  Wohlwollen  für  brave  Ausfüh¬ 
rung  und  Strafe  für  absichtlichen  Ungehorsam  und  Unfolgsarakeit 
eiirruprägeu.  Nachdem  ich  mich  uacli  der  von  Brehm  empfohlenen 
Methode,  der  absoluten  Entziehung  aller  Fischnahruug  und  dem 
Spielen  mit  dem  aus  Leder  uachgebildeteu  Fische,  den  der  Otter 
apportieren  sollte,  vergebens  14  Tage  bemüht  hatte,  ohne  den  geringsten 
Erfolg  erzielt  zu  haben,  schritt  ich  am  1.  November  zur  Ausführung 
des  von  mir  entworfenen  Dressurplanes.  Ich  verfuhr  wie  folgt: 


Ich  legte  den  (Atter  an  eine  Leine  und  nahm  eine  zarte,  aber 
immerhin  wirksame  Gerte,  rief  Lutra  zu  mir,  legte  voisichtig  mit 
beschuhter  Hand  den  Kopf  Lutras  zwischen  meine  in  der  »Hab 
acht« -Stellung  befindlichen  Füße  flach  auf  den  Boden,  drohte  mit 
der  Gerte,  gezogen  den  Laut  »Hüt«  (bei  uns  statt  »down«  odei 
»couche«  allgemein  gebräuchlich)  ausrufend.  Lutra  verharrte  in  diesei 
Stelinng.  Beim  Rufe  »Auf«  zeigte  ich  ihr  ein  Stückchen  Fleisch, 
das,  wmm  Lutra  brav  gewesen,  stets  gereicht  wurde.  Die  Bedeutung 
dieser  beiden  Worte  hatte  Lutra  gleich  erlernt,  und  als  die  Aus¬ 
führung  tadellos  flott  ging,  schritt  ich  weiter. 

Lutra  stets  an  der  Leine,  ließ  ich  sie  »Hüt«  machen,  auf  den  Laut 
»Auf«gab  ich  ihr  das  Fleisch  nicht  gleich,  sondern  ließ  von  neuem 
»Hüt«''inachen,  warf  daun  bei  straff  gespannter  Leine  das  Fleisch 
weit  weg  und  zwang  Lutra  drohend  nochmals  »Hüt«  zu  machen, 
was  sie  nach  einigen  tiefen  Seufzern  und  stillem  Grolleu  auch  that. 
Nun  ließ  ich  die  Leine  etwas  frei,  damit  Lutra  das  Fleisch  erreichen 
könne,  rief  wieder  »Hüt«  und  veraulaßte  sie  dadurch,  zu  mir  zu 
kommen  und  das  Fleisch  zu  meinen  Füßen  zu  verzehren.  Von 


1 


—  166  — 

nun  an  bediente  ich  mich  des  Rufes  »Herein«,  um  Lutra  herbeizu- 
rufen,  was  auch  alsbald  verstanden  wurde. 

Nun  verbarg  ich  das  Fleisch  unter  irgeud  einem  Gegenstände 
im  Zimmer,  ließ  aus  der  »Hüt« -Stellung  »Auf«  machen  und  wies 
nach  der  Stelle,  wo  das  Fleisch  lag,  mit  dem  Worte  »Such«  hin. 
Sehr  rasch  hatte  Lutra  das  Kommando  »Such«  verstanden,  folgte 
dabei  auf  den  Wink,  denn  dieser  wies  ihr  doch  die  verheißende 
Stelle,  wo  das  Futter  lag.  Bald  darauf  suchte  sie  schon  eifrig  im 
ganzen  Gemache,  dem  Geruchsiun  wie  ein  Vorstehhund  folgend, 
umher,  brachte  den  gefundenen  Brocken  nicht  selten  ohne  Weisung 
zu  mir  und  fraß  ihn  sorglos  zu  meinen  Füßen. 

Jetzt  giug’s  an  die  harte  Nuß  des  Abnehmeus,  ich  sage  be¬ 
rechtigt,  die  harte,  denn  der  Otter  ist  keiu  Falke,  der  sich  den 
geschlagenen  Vogel  widerstandslos  abnehmen  ließe.  Als  die  ersten 
Versuche  des  Fleischabuehmens  durchwegs  gescheitert  und  mir  nur 
zahlreiche  Bißwunden  von  seiten  meines  gelehrigen  und  gefräßigen 
Schülers  eingetragen,  schritt  ich  zu  folgender  Methode :  Ich  fütterte 
den  Otter  reichlich  mit  Fleisch,  ohne  ihu  vollkommen  zu  sättigen, 
befeuchtete  eine  Patronenhülse  mit  etwas  Blut,  ließ  sie  von  Lutra 
holen,  was  ohne  weiteres  geschah,  ließ  dieselbe  anbeißen  und  ver- 
anlaßte  Lutra  mit  dem  Rufe  »Aus«  und  einigen  Drohungen  mit  der 
Gerte  zum  Loslassen  der  Hülse  und  reichte  ihr  sofort  ein  Stückchen 
Fleisch.  Gar  bald  hatte  sie  eingesehen,  daß  das  Herbeibringen  der 
Patrone  Früchte  trage  und  führte  es  auch  zu  meiner  vollsten 
Zufriedenheit  ohne  Drohung,  aber  bei  steter  Belohnung  aus.  Von 
nun  au  schloß  ich  dem  »Such«  noch  »Apport«  an,  ließ  ersteres  aus 
und  ließ  die  verschiedensten  Dinge,  Patronenhülsen,  Taschentücher, 
kleine  Fläschchen,  Schachteln  und  zum  Schlüsse  einen  kleinen  Vogel¬ 
balg  apportieren. 

So  brachte  ich  Lutra,  zwar  mitunter  sehr  mühsam,  bei  zwei¬ 
maligem  je  einstündigen  Unterrichte  täglich  auf  Umwegen  dem 
fernen  Ziele  entgegen.  Sie  wurde  durch  den  andauernden  und 
häufigen  Verkehr  immer  vertrauter  mit  mir,  lernte  mich,  obwohl 
langsam,  als  ihren  Herrn  und  Gebieter  kennen  —  früher  mußte 
sie  mich  unbedingt  nur  als  den  Urquell  alles  Fraßes  im  Gedächt¬ 
nisse  erhalten  haben. 

Nun  ging  es  an  das  Weglassen  der  Leine,  die  ich  zeitweise 
fällen  ließ;  als  Lutra  auch  daun  noch  folgsam  blieb  und  willig 
meinen  Befehlen  uachkam,  entfernte  ich  im  geschlossenen  Raum 
die  Leine  gänzlich  und  übte  eine  Weile  ohne  Leine. 


167 


Bisher  hatte  Lutra  nur  ungeuielsbare  Gegenstände  apportiert, 
nun  versuchte  ich  das  Abnehmen  des  Futters.  Ich  fütterte  sie 
während  des  Suchens  und  Apportierens  reichlich  mit  dem  Fleische 
eines  abgebalgten  Vogels,  legte  sie  darauf  au  die  Leine  und  waif 
ihr  das  entfleischte  Knochengerüst  des  Rumpfes  mit  der  Weisung 
»Apport«  hin.  Lutra  befolgte,  was  ihr  befohlen,  aber  abgebeu  wollte 
sie  das  Gebrachte  nicht,  sondern  schickte  sich  rasch  an,  es  sich 
eiuzuverleibeu.  Nun  warf  ich  ihr  rasch  ein  schon  bereit  gehaltenes 
Stück  Fleisch  vor  und  seitwärts,  dieses  nahm  sie  au  und  ließ,  zwar 
erst  nach  einigen  teilweise  ausgeführten  Drohungen,  das  Gerippe  los, 
um  das  vorgeworfene  Fleisch  zu  verzehren.  So  hätte  ich  also  zum 
ersten  Male  die  Art  geübt,  wie  dem  Otter  die  gemachte  Beute 
abzuuehmeu  sei. 

Nach  diesem  ungeahnten  Erfolg,  den  ich  gleich  reichlich  übte 
und  mit  der  Suche  verband,  ließ  ich  mich  zu  einem  übereilten 
Schritt  hiureißen,  dessen  Erfolg,  besser  Mißerfolg,  mich  momentan 
ungemein  verstimmte.  Ich  warf  nämlich  Lutra,  die  schon  einiger¬ 
maßen  gesättigt  war  und  alle  täglichen  Vorübungen  anstandslos 
ausgeführt  hatte,  eine  tote,  kalte  Taube  zum  Apport  hin,  in  der 
Meinung,  sie  werde  dieselbe  apportieren;  doch  da  hatte  ich  mich 
gewaltig  getäuscht.  Schnell  wie  der  Gedanke  fuhr  Lutra  aus  der 
»Hüt«-Stelluug  ohne  Kommando  auf  die  Taube,  ergriff  sie  mit  dem 
Gebiß  am  Rücken,  mit  allen  vier  Füßen  am  übrigen  Körper,  rollte, 
die  Taube  mit  dem  Körper  umschlingend,  einer  Kugel  gleich  im 
Gemache  umher  und  zauste  die  Taube,  daß  das  Gefieder  nach  allen 
Richtungen  flog:  kein  Rufen,  kein  Zerren  an  der  Leine,  keine  Nach¬ 
hülfe  mit  der  Gerte  nützte,  ich  konnte  das  Tier  nicht  mehr  zum 
Bewußtsein  bringen.  Nun  harrte  ich  ruhig  der  Dinge,  die  da 
folgen  sollten.  Nach  geraumer  Zeit  beruhigte  sich  Lutra,  wahr¬ 
scheinlich  weil  sie  sah,  daß  die  Beute  keinen  Widerstand  leistete, 
und  begann  gierig  mit  dem  Werke  der  Zerstörung.  Der  Kopf 
wurde  hervorgeholt,  mit  einem  Bisse  zermalmt  und  abgebissen,  daß 
der  Stumpf  des  Halses  einerseits  aus  dem  Rachen  hervorkani.  Nun 
veranlaßte  ich  durch  Rufe,  begleitet  mit  einigem  Zerren  au  der 
Leine,  daß  Lutra  zu  mir  kam,  und  entriß  ihr  die  Beute.  Nun  fuhr 
sie  wild  am  Boden  umher,  biß  mich  in  den  Stiefel,  und  als  ich  flir 
dies  gewährte,  fuhr  sie  nach  meiner  Linken  empor;  ich  wollte  ihr 
mit  der  Gerte  begegnen,  schlug  fehl  und  sofort  hatte  ich  zwei  tiefe 
blutende  Wunden  an  der  Dorsalfläche  der  Hand.  Ich  züchtigte  sie 
darauf  mit  der  Gerte,  sie  fuhr  jedoch  nach  jedem  Hiebe  rasend 


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nach  meiner  Hand,  bis  ich  mich  mit  einem  gewandten  Griffe  ihres 
Halses  versicherte  und  sie  nun  windelweich  hieb.  Losgelassen 
schnappte  sie  nochmals  nach  mir  und  verkroch  sich  darauf  in  eine 
dunkle  Ecke.  Nachdem  ich  meine  Wunden  verbunden,  setzte  ich 
mich  ruhig  auf  einen  Stuhl,  während  Lutra  brütend  in  der  Ecke  la^. 

Nach  einiger  Zeit  erhob  Lutra  leise  den  Kopf  und  kroch  mit 
flach  auf  den  Boden  gedrücktem  Körper  in  schlängelnder  Linie 
(nicht  kreisend  wie  ein  Hund)  meinem  Stuhle  zu.  Ich  verhielt  mich 
ruhig 5  sachte  kroch  sie  am  FuLe  des  Stuhles  empor,  schnupperte 
nach  der  verwundeten  Hand,  durch  deren  Verband  das  Blut  durch¬ 
gedrungen  war,  stieß  unterbrochen  mucksende  Laute  aus  und  rieb 
sich,  nachdem  sie  in  meinen  Schoß  gekrochen  war,  an  meiner 
Kleidung,  augenscheinlich  in  versöhnender  Absicht.  Ich  schalt  sie 
und  entließ  sie  in  Gnaden,  ohne  das  Experiment  zu  wiederholen, 
denn  darin  hatte  ich  entschieden  gefehlt. 

Duich  diesen  Unfall  gewitzigt,  nahm  ich  das  nächste  Mal  einen 
ausgestopften  Bekassiuenbalg  unter  die  übrigen  Vogelbälge  und, 
nachdem  ich  Lutra  nahezu  wie  eine  Walze  gesättigt,  ließ  ich  mehr¬ 
mals  den  Balg  apportieren,  und  nachdem  ich  sie  an  die  Leine  ge¬ 
nommen,  warf  ich  eine  Bekassine  im  Fleische  als  Apport  hin. 
Lutra  brachte  sie  und  übergab  sie  anstandslos.  Nach  Entfernung 
der  Leine  ging  es  ebenfalls  tadellos.  Daß  somit  nur  ich,  nicht  aber 
Lutia  am  voierwähuten  Mißerfolge  schuld  war,  wird  jedermann 
einsehen,  der  jemals  einen  Hund  dressiert.  Meine  Freude  am  Erfolge 
war  deshalb  um  so  größer. 

Diese  Übungen  setzte  ich  selbstverständlich  eifrig  fort.  Nach 
einigen  Tagen  fing  ich  eine  lebende  Wanderratte,  nahm  dieselbe  au 
e  ,  len  Otter  da^e^en  an  die  Leine  und  hielt  ihn  in 
der  »Hüt«-Stelliiiig  hinter  mir,  schoß  auf  die  Batte,  und  als  diese 
getroffen  zusammenbrach,  hetzte  ich  Lutra  auf  die  Ratte.  Lutra 
nahm  die  schwergetroffeue  Ratte  schneidig  an,  ergriff  sie,  wie  un¬ 
längst  die  Taube,  würgte  sie,  bis  sie  nicht  mehr  zuckte,  brachte  sie 
auf  Kommando  herbei  und  ließ  sie  los.  Diesen  Versuch  nahm  ich 
mehrmals  vor,  und  als  es  stets  gleichmäßig  ohne  Fehler  ging,  nahm 
ich  Lutra  mit  mir  auf  den  Hof,  um  mit  einem  Zimmergewehre  auf 
Ratten  anzustehen.  Lutra  wollte  lauge  nicht  ruhig  liegen,  doch  als 
ich  ihr  einen  Schnuller  gab,  blieb  sie  ruhig.  Die  erste  Ratte,  welche 
kam,  war  ein  altes  Männchen  von  seltener  Größe.  Ich  schoß  ihr 
eine  Schrotladung  gegen  den  Kopf,  daß  sie  schwer  getroffen  dem 
anderen  Ende  des  Hofes  zueilte;  Lutra,  durch  den  Schuß  auf- 


1(39 


merksam  gemacht,  bemerkte  sie  und  fuhr  wie  besessen  auf  dieselbe 
los  und  erfaßte  sie  au  den  Weichen  ;  die  Ratte  aber  wandte  sieb 
rasch  und  biß  knirschend  Lutra  in  die  Lippen,  worauf  ihr  Lutra 
mit  einem  Bißi  den  Kopf  zermalmte,  sich  darauf,  wie  gewöhnlich,  mit 
der  Ratte  überseblug  und  mir  dieselbe  überbraebte.  Doch  schien 
es,  als  hätte  Lutra  damals  noch  den  Knall  des  Zimmergewebres  nicht 
recht  verstanden. 

Nun  beschloß  ich  einen  Versuch  mit  Fischen  zu  machen.  Ich 
warf  Lutra  einen  Näsling  vor,  um  zu  sehen,  ob  sie,  die  noch  niemals 
Fischfleisch  gekostet,  wissen  werde,  was  mit  dem  Fische  zu  beginnen 
sei.  Nur  der  pure  Geruch  des  Fisches  versetzte  Lutra  iu  die  größte 
Aufregung;  sie  stellte  sich,  unterstützt  vom  Schwanz,  auf  das 
Gesäß  und  zog  mit  gierigen  Zügen  den  Fischduft  in  die  Nase,  daß 
die  Nüstern  zitterten.  Den  nun  vorgeworfeneu  Fisch  ergrifl'  sie 
mit  dem  Gebisse  am  Hinterkopf,  mit  den  Vorderfüßen  etwas  rück¬ 
wärts,  und  begann  ihn,  nachdem  sie  mir  ihn  zu  küßen  gebracht, 
mit  gierigem  Behagen  zu  verzehren. 

Von  nun  an  trachtete  ich,  Lutra  statt  mit  gemischter  Nahrung 
thunlichst  mit  Fischen  zu  nähren,  und  setzte  dabei  die  bisher  ein¬ 
gedrillten  Übungen,  so  konsecjuent  es  nur  ging, -fort.  Als  Lutra 
eines  Tages  besonders  lebhaft  apportiert  hatte,  fütterte  ich  sie 
reichlich  mit  Fischen,  nahm  sie  an  die  Leine  und  die  Gerte  zur 
Hand,  warf  ihr  einen  toten  Fisch  mit  dem  Kommando  »Apport« 
vor.  Lutra  brachte  ihn,  begann  aber  mir  zu  Füßen  sofort  das 
Werk  der  Zerstörung.  Mühsam  und  mit  Zuhülfenahme  der  Gerte 
entriß  ich  ihr  den  Fisch,  und  als  sie  wild  emporsprang,  warf  ich 
ihr  ein  Stück  Fischfleisch  hin,  das  sie  sofort  herbeibrachte  und  ver¬ 
zehrte.  Ich  futterte  sie  von  nun  an  immer  für  brave  Leistungen 
mit  Fischfleisch.  Darauf  warf  ich  ihr  den  Fisch  nochmals  vor, 
dasselbe  Experiment  wiederholend,  und  auch  diesmal  gelang  das 
Abnehmen  ziemlich.  Nach  einigen  Tagen  hatte  Lutra  den  Zu¬ 
sammenhang  zwischen  »Fischbringen«  und  »Fischfleiscb  erhalten« 
herausgefunden,  ließ  sogar  den  Fisch  bald  freiwillig  los  und  ver¬ 
langte,  sich  emporrichtend,  die  Belohnung  von  mir.  Bald  darauf 
erhob  sich  Lutra,  stets  auf  den  Hinterfüßen  und  dem  Gesäß 
sitzend,  unterstützt  vom  Schwanz,  und  übergab  mir  derart  den  ge¬ 
brachten  Fisch,  denn  sie  war  fest  überzeugt,  daß  die  Belohnung 
niemals  ausbleibe.  Nun  entfernte  ich  die  Leine  und  warf  den  Fisch 
immer  weiter,  doch  sie  brachte  ihn  mit  einer  einzigen  Ausnahme 
immer,  ohne  ihn  iin  geringsten  zu  verletzen.  Mitunter  warf  ich  den 


Fisch  in  einen  Wasserbehälter,  aber  aus  diesem  holte  ihn  Lutra 
sehr  ungern  hervor,  weil  ihr  das  Wasser,  die  kleine  Menge,  die  sie 
täglich  trank,  stets  widerwärtig  war. 

Als  ich  Lutra  iin  Frühling  1888  einmal  an  einen  kleinen 
Sumpf  brachte,  um  ihr  Gelegenheit  zu  einem  Bade  zu  geben,  wollte 
sie  gar  nicht  in  die  Nähe  und  holte  sogar  den  Fisch  nicht,  den  ich 
ihr  an  eine  0.30  in  tiefe  Stelle  ins  Wasser  warf.  Damals  warf  ich 
Lutra  in  das  Wasser;  dies  versetzte  sie  in  die  größte  Wut,  doch 
schwamm  sie  behende  und  sicher  wieder  ans  Ufer.  Seit  dieser  Zeit 
hatte  Lutra  einen  entsetzlichen  Respekt  vor  dem  Anblicke  des  Wasser¬ 
spiegels,  den  sie  teilweise  stets  bewahrte.  Ich  habe  Lutra,  trotz 
aller  Kunstgriffe,  die  bei  dem  Abrichten  der  Vorstehhunde  zum 
Apportieren  aus  dem  Wasser  gebraucht  werden,  nicht  dazu  bewegen 
können,  einen  vom  Ufer  in  das  tiefe  Wasser  geworfenen  Fisch 
schwimmend  zu  holen.  Sie  geht  in  das  Wasser,  doch  sobald  ihr 
der  Grund  unter  den  Füßen  zu  schwinden  beginnt,  kehrt  sie  blitz¬ 
schnell  um  und  läßt  den  auf  der  Oberfläche  des  Wassers  so  ver¬ 
lockend  blinkenden  Fisch  lieber  liegen,  als  sich  desselben  schwimmend 
zu  bemächtigen.  Ebenso  geht  es  mit  den  Fröschen,  welche  ich  mit 
einem  Kapselgewehre  an  einer  Pfütze  zu  schießen  pflegte ;  sie  holte 
jene  hervor,  derer  sie  sich,  ohne  zu  schwimmen,  bemächtigen  konnte, 
brachte  sie  ohne  Leine  herbei,  ließ  sie  sich  abnehmeu  und  nahm 
dann  einen  Teil  des  Frosches  in  Empfang. 

Eines  Tages  kam  Lutra  ganz  unerwartet  in  mein  Zimmer  und 
legte  einen  noch  lebenden  Hecht  vor  mir  auf  den  Boden  nieder.  Ich 
nahm  den  zappelnden,  anscheinend  unverletzten  Fisch  auf  und 
wandte  mich  nach  der  Küche,  um  meine  brave  Lutra  zu  belohnen 
und  nachzufragen,  woher  wohl  der  Fisch  sei.  Da  fuhr  mir  die  Magd 
mit  einem  Höllengezeter  entgegen  :  »Lutti  hat  mir  meinen  »zahmen« 
Hecht  gestohlen,  den  ich  schon  lange  in  einem  Schaffe  halte«.  So 
schrie  die  Magd  und  war  nicht  wenig  erstaunt,  als  ich  ihr  den 
lebenden  Fisch  wiedergab.  Lutra  nahm  die  Belohnung  mit  regem 
Appetite  an,  war  somit  nicht  satt  gewesen  und  hatte  mir  doch  den 
Fisch  gebracht.  So  tief  hatte  die  Dressur  und  der  Drill  die  ange¬ 
borene  Gefräßigkeit  des  Tieres  geändert. 

Die  Ausdauer  Lutras  im  Suchen  und  Zubringen  und  ihre  Ver¬ 
läßlichkeit  waren  so  groß,  daß  ich  getrost  meine  Börse  in  das  hohe 
Gras  des  Nachbargartens  werfen  konnte,  ohne  besorgt  sein  zu 
müssen,  daß  Lutra  sie  vielleicht  nicht  finden  dürfte.  Ich  habe 
Lutra  wiederholt  vor  Freunden  und  Bekannten  auf  diese  schwere 


171 


Probe  gestellt,  uud  sie  hat  niemals  versagt.  Fand  sie  das  Ding 
lange  nicht,  so  wandte  sie  sich  fragend  nach  mir  nm  einen  Wink, 
wo  sie  zu  suchen  hätte. 

Das  Zimmergewehr  kannte  Lutra  sehr  gut  und  freute  sich  un¬ 
bändig,  so  oft  ich  nach  demselben  griff,  denn  sie  wußte  bestimmt, 
um  was  es  sich  handelte  uud  blickte  neugierig  dahin,  wohin  sie 
mich  zielen  sah.  Nach  dem  Schüsse  fuhr  sie  sofort  in  die  Richtung, 
nach  welcher  ich  gezielt,  und  wollte  einst  nach  einem  Fehlschüsse 
vom  Suchen  gar  nicht  mehr  absteheu,  denn  sie  konnte  es  nicht  be¬ 
greifen,  wie  die  gewöhnliche  Wirkung  des  Knalles  ausbleiben  könne. 
Trotzdem  sie  geschossene  Tauben  so  brachte,  wie  sie  sie  fand, 
würgte  sie  jede,  auch  die  schon  tote  Ratte  mit  seltener  Wut,  wohl 
des  Umstandes  eingedenk,  daß  die  erste  Ratte  sie  so  arg  gebissen. 

Die  erste  vor  Lutra  geschossene  Taube  zauste  sie  anfangs, 
brachte  sie  aber  auf  Befehl  sofort.  Daraus  ergab  sich  die  Not¬ 
wendigkeit,  Lutra  diese  so  vielen  schlechten  Hühnerhunden  eigene 
Unart  abzugewöhnen.  Ich  ließ  zu  diesem  Behufe  mehrmals  einen 
Taubenbalg  apportieren,  dann  nahm  ich  Lutra  zurück,  das  Ziminer- 
gewehr  zur  Hand  uud  schoß,  nach  dem  Balge  zielend,  das  Gewehr 
ab,  sodann  ließ  ich  Lutra  nur  langsam  den  Balg  augehen  uud 
apportieren,  sie  zauste  ihn  nicht.  Nun  wurde  statt  des  Balges  eine 
steife  tote  Taube  mehrmals  apportiert,  daun  wieder  nach  dieser 
mehrmals  geschossen  und  abermals  tadellos  apportiert.  Darauf  wurde 
eiue  lebende  Taube  mit  gebundenen  Flügeln  ausgelassen,  Lutra  zu- 
rückgenommeu  und  nach  der  Taube  geschossen.  Sie  durfte  erst 
dann  von  Lutra  apportiert  werden,  als  sie  kein  Lebenszeichen  von 
sich  gab.  Lutra  apportierte  nun  tadellos. 

So  weit  hatte  ich  Lutra  mit  der  eingangs  erwähnten  Dressur¬ 
methode  gebracht,  als  ich  anfangs  Mai  erkrankte  und  infolgedessen 
die  täglichen  Übungen  aufgeben  mußte.  Kaum  einigermaßen  ge¬ 
nesen,  ließ  ich  mir  Lutra  au  mein  Lager  bringen  und  begann  mit 
der  Repetition  des  Fischapportiereus.  Lutra  hatte  während  meiner 
14tägigen  Krankheit  absolut  nichts  vergessen,  viel  mehr:  Sie  brachte, 
ohne  vorher  gefüttert  worden  zu  sein,  den  Fisch  auf  mein  Bett 
und  legte  ihn  ohne  Kommando  vor  mich  auf  die  Bettdecke,  wartete 
ungeduldig  auf  die  gewohnte  Belohnung  und  verzehrte  dieselbe  mit 
Bedacht,  nach  Otterurt  langsam  kauend,  aber  doch  mit  dem  An¬ 
scheine  eines  sehr  regen  Appetites. 

Trotzdem  fiel  mir  Lutras  Benehmen  auf.  Sie  war  beweglich 
und  doch  nicht  munter;  folgsam,  aber  nicht  lebhaft,  kurz  sie  machte 


172 


auf  mich  eleu  Eindruck,  als  sei  ihr  etwas  widerfahren.  Abends  nahm 
sie  vor  mir  noch  Speise  und  trank  dabei  ungewöhnlich  viel  Wasser. 

Tags  darauf  hatte  sie  erbrochen,  verlor  den  Appetit  gänzlich, 
eilte,  als  sie  meine  Stimme  hörte,  au  meio  Lager,  kam  zu  mir  auf 
das  Bett,  schmiegte  sich  au  mich  und  öffnete  häufig,  unter  gräi.i- 
licheu  Krümmuügen  des  lliickeiis  und  schmerzhaftem  Stöhnen  den 
Fang,  dessen  sonst  rosenrotes  Zahnfleisch  nahezu  weiß  war.  Stniiiin, 
das  Auge  um  Hülfe  flehend  zu  mir  emporgerichtet,  lag  sie  da.  Dar¬ 
gereichte  Milch  und  Seifenwasser  waren  erfolglos  geblieben.  Bald 
darauf  folgte  eine  reichliche  Bluteutleeruug  per  anum,  Lutra  fiel 
111  eine  dauernde  Agonie,  aus  der  sie  sich  nur  noch  einmal  er¬ 
holte,  um  verendend  mit  den  Vorderläufen  meinen  rechten  Arm  zu 
umklammern  uud^  zu  mir  emporzublicken  —  dann  hatte  sie  aus¬ 
gerungen. 

Ich  hatte  somit  Lutra  10  Monate  nahezu  ausschließlich  in 
meiner  nächsten  Nähe  gehabt,  und  es  war  mir  auch  ihre  Erziehung 
und  Dressur  in  der  Richtung  des  Vorstehhundes  gelungen.  Später 
konnte  ich,  trotzdem  ich  eift'ig  suchte,  keinen  jungen  Fischotter 
mehr  erhalten.  Ich  hätte  gar  so  gerne  nochmals  mein  Glück  mit 
der  Erziehung  und  Dressur  versucht. 

Ifalieiiisclie  iiiid  iieugriecliische  Namen  der  Eidechse  und 

verwandter  Reptilien. 

Von  Dr.  C.  J.  Forsyth  Major. 

An  eine  Kritik  des  Glossariums  von  Giovanni  Galvaui,  der  die 
mundartlichen  Formen  der  Stadt  Modena  und  Umgebung,  beinahe 
ohne  jede  Rücksicht  auf  die  der  übrigen  Provinzen  untersuchte, 
hat  Flechia  eine  lehrreiche  Besprechung  einer  Anzahl  italienischer  volks¬ 
tümlicher  Bezeichnungen  der  Eidechse  geknüpft ,  die  er  fast  sämt¬ 
lich  auf  das  lateinische  lacerta,  lacertus  zurückführt.  Es  blickt 
dabei  die  principielle  Voraussetzung  durch,  die  Mundart  der  Stadt 
Rom  habe  alle  übrigen  derart  verdrängt,  daß  von  diesen  sich  nicht 
einmal  in  den  heutigen  Mundarten  abgeschlossener  Gegenden  eine 
Spur  erhalten  habe;  während  man  doch  schon  a  priori  annehmen 

0  G.  P  1  e  c  h  i  a  ,  Postille  etimologiclie  I.  Saggio  di  nu  Glossario  Modeiiese 
ossia  studii  del  Conte  Giovanni  Galvani  intovno  le  probabili  origini  di  alquanti 
idiotisini  della  citta  di  Modena  e  del  suo  contado.  Modena  1868,  in 
p.  582.  Archivio  Glottologico  Italiano  III.  1878  p.  150  ad  Pag.  504. 


173 


kann ,  daß  vor  allem  die  unter  sicli  nahe  verwandten  italischen 
Stämme  und  weiterhin  auch  Kelten  n.  s.  w.  nicht  oline  Einfluß  auf 
die  heutioren  Mundarten  gewesen  sein  möchten. 

O  o 

Man  wird  einwenden,  daß  wo  das  Lateinische  genügende  Anhalts¬ 
punkte  gibt,  keine  Veranlassung  vorliegt  an  ferner  liegende  Quellen  zu 
appellieren.  Im  vorliegenden  Falle  scheint  aber  Flechia  selbst  Zweifel 
an  mehreren  seiner  Ableitungen  zu  hegen;  denn  er  schließt  seine 
Erörterungen  der  von  lacerta  abgeleiteten  mundartlichen  Ausdrücke 
mit  den  Worten:  »Urgöl  adunque  non  e  altro  che  un  alterazione 
di  rugöl,  e,  se  non  souo  infondate  le  counessioni  di  sopra  congetturate, 
entrambe  queste  forme  finirebbero  per  metter  capo  all’  equivalente 
latino  lacertus  o,  ad  ogni  modo,  verrebbero  di  lä  donde  le  varie 
forme,  colle  quali  van  coufrontate  le  modenesi  e  per  conseguente 
da  ben  altra  fonte  che  non  da  quella  loro  assegnata  dal  Galvani.«  Q 

Es  wird  daher  doch  erlaubt  sein,  wenigstens  zu  fragen,  ob  nicht 
etwa  mit  dem  lat.  lacerta,  lacertus  verwandte  Wörter  anderer 
italischer  und  weiterhin  indoeuropäischer  Sprachen  bei  der  Bildung 
der  heute  in  den  italienischei]  und  überhaupt  romanischen  Mundarten 
fortlebenden  Bezeichnungen  mitgewirkt  haben  könnten. 

Zum  Beispiel:  Glazart  ist  eine  bretonische  Bezeichnung  für 
Eidechse,  und  die  Verwandtschaft  mit  lacerta  wohl  nicht  abzu- 
weisen;  fremdartig  ist  dabei  fast  nur  das  g  im  Anlaut.  Nun  hat 
Brm>'man  vermutet,  daß  im  Lateinischen  vor  dem  1  von  lacerta 
ein  c  abgefallen  sei  und  daß  es  sich  um  eine  Reduplikationsbildung 
handelt.  Ich  gebe  die  kurze  Ausführung  Brugmans  mit  des  Ver¬ 
fassers  eigenen  Worten  wieder: 

»Für  lacert-us,  lacerta  Eidechse  ergibt  sich  eine  in  jeder 
Weise  befriedigende  Etymologie,  wenn  wir  annehmen,  daß  wie  auch 
sonst  im  Lateinischen  vor  dem  anlauteuden  1  ein  c  abfiel.  —  — 
Die  demnach  anzusetzende  ältere  Form  *clacertu-s  zerlegt  sich  in 
*cl  a- cer- tu- und  ist  eine  Reduplikationsbildung,  die  ins  urindo- 
germanische  übersetzt  *kar-kar-ta  lauten  würde.  Die  ümstellnng 
der  liquida  in  der  vorderen  Zwillingssilbe  hat  analoga  z.  B.  in 
cracentes,  gracilis  und  greg-s  (verf.  in  Ciirtius  sind.  VII.  285. 
349).  Als  Wurzel  betrachte  ich  das  weitverbreitete  kar  krümmen, 
biegen,  dessen  Ableitungen  und  Bedcutungsentwicklungen  ich  a.  a.  o.  s. 
275  ff.  ausführlich  behandelt  habe,  und  auf  das  u.  a.  auch  skr. 
^ar-kota-s  und  kar-kota-s  (P.  W.  V.  1257),  karkotaka-s, 
kurkutähi-s,  Namen  von  Schlangen  und  Schlangendämonen  zurück- 

ß  1.  c.  p.  162. 


174 


gehen,  welche  ebenfalls  auf  ein  *kar-kar-ta  hinweisen  (a.  a.  o. 

s.  280) - - «  1). 

Gaelischer  Narae  der  Eidechse  ist  dearclu achr ach  ^).  dearc, 
ein  Wort  mit  war  auch  allein  für  Eidechse  im  Gebrauch^); 

das  erwähnte  Wort  ist  also  ein  Compositum  :  dear  cl  uachrach  für 
d  ea  rcclna  chrach.  Ziehen  wir  dearc  ab,  so  bleibt  wie  mir  scheint, 
eine  deutliche  B.eduplikationsbilduug  c  Ina -chrach  übrig,  deren 
erster  Teil  offenbar  identisch  ist  mit  gla  von  gla-zart.  Der  keltische 
Name  würde  sich  also  ebenfalls  auf  Brugmans  hypothetisches  kar- 
kar -ta  znrückführen  lassen,  oderauf  eine  bereits  weiter  modifizierte 
Form,  etwa  kla-kar-ta  ^).  Im  breton.  glazart  mag  das  z  durch 
Anlehnung  an  das  Lateinische  oder  selbst  Französische  zu  erklären 
sein. 

Wie  mir  scheint,  darf  man  sogar  vermuten,  daß  das  häufige 
Vorkommen  des  a  einer  oder  selbst  beider  Silben  in  den  auf  lacerta 
zurückgehenden  Bezeichnungen  der  unter  keltischem  Einfluß  ge¬ 
standenen  Länder: 

Schweiz,  linzard,  laiuzar. 

span.  pg.  lagarto,  lagartijo  etc.,  cat.  Hangar dax  etc.  eben¬ 
falls  keltischer  Überrest  sei.  — 

Das  mir  vorliegende  reiche  Material,  hauptsächlich  italienischer 
mundartlicher  Bezeichnungen  für  die  Eidechse  und  verwandte  Rep¬ 
tilien  will  ich  nun  zunächst  an  der  Hand  von  Flechias  Postille  be¬ 
sprechen;  meine  Abweichungen  von  dessen  Ansichten  mit  aller 
Bescheidenheit  andeutend,  wie  es  dem  Nicht- Giottologen  geziemt. 

Zunächst  einige  der  im  Anhang  von  F.  erwähnten  Ausdrücke; 
»Possono  infiue  mentovarsi  come  nomi  d’iucerta  origine  lo  scef  rofr  i  o 
calabr.,  il  racauo,  ragano,  racono  naj).  e  rom.,  il  ghezz 
{=  ghezzo  =  aegyptius?)  friul.  e  lomb. ,  il  vannuzzu  sic.,  il 
s  a  r  m  e  n  u  1  a  lecc  —  —  —  «  ''*) 

Karl  Br  u g  in  a n ,  Lateinisclie  Ktymologieen.  1.  Lat.  1  a  c  e  r  t  ii  s 
lacerta.  (Zeitschrift  f.  vergleichende  Sprachforschung  auf  dem  Gebiete  der 
indogermanischen  Sprachen)  ed.  Dr.  A.  Kuhn.  Bd.  XXIII.  1877.  Berlin  p.  94. 

2)  P.  A.  Nemnich,  Allgemeines  Polyglotten-Lexikon  der  Naturgeschichte. 
Hamburg  und  Leipzig  1793.  s.  lacerta  agilis  p.  291. 

Grimm’s  Deutsche  Mythologie.  4.  Ausg.,  HL  Bd.,  p.  199;  „Apaxwr 

stammt  von  Aepxoi  wie  von  dem  verlornen  oottgi - gal.  daerc  ist 

lacerta.« 

V 

■*)  cf.  A.  Vanicek,  Griechisch -latein.  etymologisches  Wörterbuch.  I. 
Leipz.  1877  p.  136. 

1.  c.  p.  161. 


175 


»Scefrofrio«. 

Das  Wort  wird  zuerst  von  0.  G.  Costa  angeführt;  es  scheint 
eine  Entstellung  aus  einem  ursprünglich  griechischen  Worte ,  an 
dessen  Bildung  o'avpa,  aav^oq  beteiligt  ist,  vorzuliegen.  Zunächst 
gebe  icli  die  mir  bekannten,  hier  einschlägigen  neugriechischen  Be¬ 
zeichnungen,  und  sodann  die  von  0.  G.  Costa,  Morosi,  Mandalari 
iind  mir  in  Unteritalien  gefundenen. 

Du  Cange  hat  für  Eidechse :  v.o'kiaav^a ,  ‘Kokoo-ä(p^a.  In 
Kinds  Wörterbuch  findet  sich  nur  craiJpa;  bei  Sakellarios:  aav^a,  aavpt] 
und  ■no'^oaavpa. 

j 

Sibthorp  hat  für  »Lacerta  aurea«  :  yaloo-iravpoq. 

Erhard'^):  »Die  sämmtlicheu  Eidechsen  auf  den  Cykladen  heißen 

(ravpdSa.,« 

Heldreich  ^) :  »Archipel:  xco'köa-avpog  =  »  »T  r  opid  o  sau  r  a 

algira  Fitz.«« 

Allgemeiner  Ausdruck:  crav^a,  crav^dSa. 

Attica :  xoi'kocrTav^LSa  =  Lacerta  viridis.« 

Ich  selbst  habe  gefunden: 

Karpathos:  ==^  Gecko  (Gymnodactylus  Kotschii  Steiud.). 

Syra  :  (ravpada  =  Eidechsen  im  allgemeinen. 

Cephalonia:  salavrichi  {(TaXav^i%i)  Bez.  einer  »Feldeidechse«. 

Cerigo :  savrachida  (aavpa-z^ida)  =  Eidechse. 

Kos:  chrusosävra  {-^^ovaocsavpa)'.  eine  gelbe  Eidechse. 

Cerigo:  colisävra  [xoikKrav^a)  =  Eidechse. 

Asphendiu  (Kos):  corosävla  (xoDpocra^Aa)  —  Eidechse. 

Ikaria:  colostavrida  (xoiAorrTaiipAIa)  =  Eidechse. 

0.  G.  Costa  führt  folgende  hierhergehörigen  Namen  der 
Eidechse  aus  dem  ehemaligen  Königreich  Neapel  an: 

h  0,  G.  Costa,  Vocabolario  zoologico.  Napoli  1846.  p.  37. 

2)  Du  Cange  Carol.  DuFresne,  Glossarium  ad  Scriptor.  mediae 

et  infimae  graecitatis.  Lugd.  1688. 

h  Roh.  Walpole,  Memoirs  relating  to  European  and  Asiatic  Turkey, 
edited  from  Manuscript  Journals.  London  1817.  Darin:  p.  255— 275:  XIV.  Birds, 
Quadrupcds  and  Fishes  of  Greece  and  Cyprus,  with  their  naines  in  Roniaic; 
from  the  papers  of  Dr.  Sibthorp.  Notes  by  the  Editor  p.  269.  --  Sibthorps 
Orthographie  ist  nicht  durchweg  zuverlässig. 

4)  Dr.  Erhard,  Fauna  der  Cykladen.  Leipzig  1858.  p.  81. 

‘^)  Th.  d  e  He  1  d  r  e  i  c  h ,  La  Faune  de  Grece.  Athenes  1878.  p.  67.  68. 

«)  0.  G.  Costa,  Vocabolario  zoologico  comprendente  le  voci  volgari  con 
cui  in  Napoli  ed  in  altre  contrade  del  Regno  appellansi  animali  o  parti  di  essi 
u.  s.  w.  Napoli  1846. 


17G 


Calabrien  :  s  c  e  f  r  a  t  e  u  luI 

Cal.  ultra  (Gerace):  zzafrate,  Eidechsen  im  Allg. 

Capo  die  Lecce :  sar^ca,  Eidechse. 

Aus  deu  iieugriechischeu  Dialekten  ünteritaliens  führt  Morosi  an  : 

Bova:  zofrata  =  hicertola  ^). 

Rochudi:  sprofata  =  lucertola  ^). 

Condofnri:  spurvata  =  lucertola  ^). 

Cardeto  (Calabria):  fsufrata  =  lucertola  ^). 

Terra  d’Otrauto:  savricola,  stavricola  =  lucertola  di 

campagna 

ib.  savridi,stavridi—  lucertola  ®).  savri¬ 

cola  und  stavricola  sind  augenscheinlich  Umstellungen  von 
Koy^ocravpa  und  ^oi'koavavolSa. 

j  j 

Mandalari ’)  gibt  für  Gerace  (Reggio  Calabrien):  zzefrata, 
lucertola;  zzefrotu,  lacertone,  also  Lac.  viridis. 

Von  mir  wurden  in  Calabrien  notiert: 

Sta.  Cristiua  :  z  a  f  i  a  t  e  =  lucertola. 

Coudofuri :  s  u  r  1  v  a  d  a ,  s  e  1  v  a  d  a  =  lucertola, 

Roccaforte  :  zofrata,  sprofata  ==  lucertola  ®). 

Palizzi :  muzzafrati  =  Lacerta  viridis. 

Bova:  zofrofi  (offenbar  craviwcpLq)  —  Lacerta  viridis. 

San  Stefano  d’Äspronionte  :  stroffacöne  =  Lac.  viridis. 

b  G.  Morosi,  Dialetti  Romaici  del  Mandameuto  di  Bova  in  Calabria 
(Arch.  Glottol.  Ital.  IV.  1878).  p.  3. 

2)  1.  c.  p.  33. 

G  ib. 

h  1.  c.  p.  99. 

Gius.  Morosi,  Studi  sui  Dialetti  Greci  della  Terra  d’Otranto,  prece- 
duto  da  una  Raccolta  di  Canti  Leggende  Proverbi  e  Indovinelli  nei  Dialetti 
niedesirni.  Lecce  1870. 

c)  id.  ib. 

’’)  Mario  M  a  n  d  a  1  a  r  i ,  Canti  del  Popolo  Reggino-Lessico  delle  parole 
pici  notevoli  del  dialetto.  Napoli  1881. 

®)  sprofaco  »lucertolone«  (d.  i.  Lacerta  viridis),  von  »G.  Meyer, 
Etymolog.  Wörterbuch  der  albanes.  Sprache«,  s.  v.  bre  tek,  nach  »Racc.  di 
Rocc.  1,25«,  als  in  Roccaforte  gebräuchlich  mitgetheilt,  gehört  nach  Meyers  An¬ 
sicht  zu  cal.  vrosacu,  Bova  vrüSfako  aus  volksgr.  ß^w^axog,  »Frosch«. 
Da  wir  aber  in  Roccaforte  die  beiden  im  Text  aufgeführten  als  häufigste  Be¬ 
nennungen  der  Eidechse  haben ,  von  denen  zofrata  unzweifelhaft  aav^ddu 
ist  (worauf  schon  Morosi  das  »zofrata«  von  Bova  bezog),  und  sprofata 
eine  Entstellung  aus  zofrata,  so  würd  wohl  sprofaco  nichts  anders  als 
weitere  Entstellung  von  sprofata  sein;  das  Wort  aus  dem  Dialekt  des  nicht 
griechischen  S.  Stefano  geht  darin  noch  einen  Schritt  weiter. 


Das  von  Flechia  erwähnte  scefrofrio  kommt  am  nächsten 
dem  zofröfi,  aus  dem  es  eine  spätere  Entstellung  zu  sein  scheint. 

Das  colo  - — ,  coli  —  (durch  Metathesis  coro  — )  in  mehreren  der 
oben  aufgeführten  zusammengesetzten  Formen  dürfte,  wie  auch  das 
xo’kco'zrjq  bei  Aristoteles  (=  Gecko  oder  Stellio),  auf  die  Verbal wurzel 
xoX  =  »gehen«  uud  weiter  auf  das  indogerm.  kar  (»gehen«)  zurück¬ 
zuführen  sein  ^). 

»Ghezz«. 

Lombardische  Bezeichnung  für  Lacerta  viridis  ^),  Flechia  fügt 
hinzu:  »(=  ghezzo  =  aegyptius  ?)«.  Ich  möchte  vermuten,  daß 
dieses  Wort  lombardischen  Ursprungs  ist  und  mit  dem  deutschen 
»Eidechse«  ahd.  egidehsa  im  Zusammenhang.  Unter  den  vielen 
Umgestaltungen  von  egidehsa  finde  ich  auch  die  folgenden  zwei: 
eckes,  eck  es  z  3).  , 

»Vannuzzu«. 

Ich  denke,  De  Guberuatis  ist  im  Recht,  wenn  er  diese  sicilia- 
nische  Bezeichnung  für  Lacerta  viridis  als  Diminutiv  von  Giovanni, 
für  Giovann  uzz n  ,  erklärt ‘^).  Auf  der  Insel  Mykonos  wird  ein  kleines 
Reptil  (Ablepharus  pannonicus  Fitz.)  x^etSl  tov  aytov  ’ladvvov 
»Johannesschlüssel«  genannt  uud  dient  den  Kindern  als  Spielzeug,  wie 
Gleiches  De  Guberuatis  von  der  Eidechse  auf  Sicilien  berichtet. 

»Sarmenula«. 

Nach  Flechia  ein  Wort  aus  dem  Distrikt  von  Lecce,  vermuthlich 
nach  0.  G.  Costa-''),  der  sarmenula  als  Namen  der  Lacerta 
viridis  vom  Capo  di  Lecce  anführt.  Es  könnte  sich  um  eine  der 
zahlreichen  Entstellungen  von  s  a  1  a  m  a  n  d  r  a  handeln  :  s  a  1  a- 
raanua  (Garfagnana),  salamandria  (Frignano),  mar  asangola, 
sarmandola  (Ven.  Trent.)  u.  s.  w.  Auch  das  alb.  tsamil 
»Eidechse« ,  von  G.  Meyer  ^')  nach  Rossi  aufgeführt,  mag  in  Betracht 

’)  ct.  J.  S  a  V  e  1  s  b  erg,  TTrubr.  Studien  (A.  Kubn,  Zeitschr.  f.  vergl.  Sprach¬ 
forschung).  Bei.  XX.  Berlin  1873.  p.  128. 

2)  A.  T  i  r  a  b  0  s  c  h  i ,  Vocabolario  dei  Dialetti  bergamaschi  antichi  e  mo- 
derni.  2a  Ed  Bergamo  1873:  ghez  Valle  San  Martino  =  ramarro. 

L 0 r.  Diefenbach,  Novum  Glossarium  Latino-Germanicum  mediae 
et  infimae  aetatis.  Beiträge  z.  wissenseb.  Kunde  der  neulat.  u.  der  germ. 
Sprachen.  Frankfurt  a.  M.  1867.  s.  v.  lacerta. 

-*)  A  n  g  e  1  0  De  G  u  b  e  r  n  a  t  i  s  ,  Zoological  Mythology  or  the  Legends. 
of  An  im  als.  London  1872  Vol.  II.  p.  385.  386. 

^')  Vocabolario  zoologico. 

V  i 

1.  c.  s.  V.  sapi. 

Zoolog.  (Ifirt.  Jahrg.  XXXIII,  1892. 


12 


178 


kommen.  Das  Wort  könnte  ferner  mit  aav^a  in  Beziehung  stehen; 
oder  eine  Entstellung  der  in  Unteritalien  verbreiteten,  aus  Griechen 
land  importierten  Bezeichnung  des  Gecko  :  s  i  m  a  m  i  d  i ,  s  a  1  a  m  i  d  a, 
salamitro  u.  s.  w.,  oder  endlich  auch  eine  Kombination  von  zwei 
Benennungen  verschiedener  Herkunft  sein.  Die  verschiedenen  Ab¬ 
leitungen  vom  Thema  cravga  sind  schon  besprochen  ;  im  folgenden 
gebe  ich  ein  möglichst  vollständiges  Verzeichnis  der  erwähnten  Namen 
für  den  Gecko. 

Bei  den  klassischen  Schriftstellern  findet  sich  kein  deiaitiges 
Wort;  die  älteste  mir  bekannte  Erwähnung  desselben  ist  bei  Sophronius, 
der  in  der  Mitte  des  7.  Jahrhunderts  Patriarch  von  Jerusalem  war. 
Es  handelt  sich  um  die  Geschichte  eines  Wunders,  vollbracht  au 
einem  Mädchen  von  Heraclea,  das  zufälligerweise  „xp/a  IporexA  rä 
y.a'kovfJiiva,  crajiiocf-iföta“  verschluckt  hatte  ^).  Also  s a  m  am  f  t  h  i  o  n. 

Darauf  folgt  Belon,  der  über  die  Geckos  in  Kairo  berichtet : 
»Sur  le  soir  Ion  voit  uue  sorte  de  petit  Lezard  se  pouimenant  le 
long  des  niurailles,  qui  vient  raanger  les  mouches.  Les  Grecs  Pont 
appele  en  leur  vulgaire  samiamitos,  les  Italiens  Tareiitola,  les 
anciens  Chalcidica  lacerta«  ^). 

Du  Gange  schreibt  o-a^nd^iiv^og  »Stellio,  Acrxa'kaß  oo 'rr,g, 

in  Gloss.«  ^)  ;  und  er  a 

In  Thessalien  nach  Sibthorp  ^) :  er  a  ^  a  q  r?. 

In  Kinds  Handwörterbuch  der  neugriechischen  und  deutschen 
Sprache  findet  sich  folgende  Schreibweise:  6, 

(TocfAiot/xtJioVj  TOj  Eidechse. 

Bei  Erhard  =  H  e  m  id  acty  lus,  der  gemeine 

Gecko.  Es  ist  dies  offenbar  eine  Volksetymologie,  Anlehnung  an 
Saud,  um  einen  griechischen  Klang  in  das  unverständ¬ 
liche  Wort  zu  bringen. 


q  A.  Mail  Spicileg.  Roman.  T.  IIL  Romae  1840.  Sophrouii  Monachi 
Sopbistae  Narratio  miraculorum,  SS.  Cyri  et  Johannis  sapientium  Anargyranim. 

p.  474  ff.  .... 

q  Pierre  Belon  du  Mans,  Les  observations  de  plusieurs  singularitez  et 
choses  memorables,  trouvdes  en  Grece,  Asie,  Judee,  Egypte,  Arabie  et  autres 
pays  etranges,  redigees  en  trois  livres.  Paris  1555.  Sec.  livre  p.  107. 

3)  Gange  Carol.  Du  Fresne,  Glossar,  ad  Scriptor.  mediae  et 

infimae  graecitatis.  Lugd.  1688.  s.  v. 

q  ib.  s.  V.  o  1  %  o  |S  a  cr.rn  =  lacertus,  mit  den  fernem  Synonymen  t 

TOL’)ioßäTrig^  ^vXo  ßaXo  q. 

q  in  Wal  pole,  1.  C.  p.  270. 

q  1.  c.  ii.  83. 


Heldreich  liat :  »H e m  i  d ac tyliis  verruculatus  Cuv.,  iiom 
viilg.  aafAßirxf-iv'^L  (ou  alias  crafxva (xlSi) ,  mot  d’origiiie  hebraique' 
d’apres  quelques-  uns.«  Bikelas  bemerkt  zu  dem  Worte  cra^^ia l 
»D’apres  Coraj,  le  mot  serait  d’origiue  hebraique.  Byzantios  observe 
ce  qui  suit  au  mot  xf/vyiacrl^i :  »»  =  (pvxog,  apvaiov^ 
fr.  fard.  Le  mot  s’est  conserve  corrompu  daus  le  mot 

(Ta^if^iiaav  ^  i,  les  excrements  du  lezard  etant  employes  par  les  femmes 
(comme  cela  se  fait  eucore  en  Italic)  dans  la  composition  du  fard.«« 

Wenn  irgend  eine  Beziehung  zwischen  und 

besteht,  SO  ist  eher  auzunehmeu,  daß  ersteres  von 
letzterem  abgeleitet  wurde  (vergl.  xpoxo^eiHa,  der  als  Schminke  be¬ 
nutzte  Kot  des  xpoxdfleiXog,  Agama  stellio  L.  sp.) ;  das  würde 
dann  allerdings  für  Alter  des  Tiernamens  im  Griechischen  sprechen. 

Die  von  mir  auf  griechischen  und  türkisch  -  griechischen  Inseln 
gesammelten  Benennungen  lauten  wie  folgt: 

Samos:  samiamidhi  und  samiamithi  ((rafua^hh, crafnaat^i). 

Kasos:  sapomita  (o-a^out-ra). 

Astypalaea  :  m  i  a m  i  6s  {(xia^ioq)- 

Syra  :  samiamiso,  samiamidhi  pl.  ia. 

Cerigo:  samamidhi. 

Kalymnos:  samuiomitas  (pl.-i.),  samniomiti. 

Kos  :  s  a  p  0 m  I ti. 

Cephalonia:  samiamithi. 

Ikaria :  psapsamitis,  psapsamitia. 

Nachfolgend  die  nach  Unteritalien  importierten  Namen: 

Terra  d’Otranto :  »fsalammidi,  fsammidi  n.  lucertolina 
domestica  (quasi  T^aXa^ildiov  da  y^aXdyfxa  da  -if  aXotrirG)  =  tocco  stris- 
ciando?)«  ^). 

Galatina  und  Taranto:  salenitro,  sala  nitro,  Gecko  ^). 

Circondario  von  Gallipoli  (Terra  d’Otranto):  salamitro  = 
»Gecko  mauritanicus  und  G.  verruculatus«  ^’)* 

0  1.  c.  p.  65. 

M.  D.  Bikelas,  Sur  la  nomenclatnre  moderne  de  la  faune  grecque 
(Extr.  de  l’Annuaire  de  l’Association  pour  l’encourageraent  des  etudes  grecques 
—  12e  annde.  1878).  Paris  1879. 

Gius.  Mo  ros  i,  Studi  sui  Dialetti  greci  della  Terra  d’Otranto  ecc. 
Lecce  1870.  s.  v. 

q  0.  G.  Costa,  Vocabolario  zoologico. 

0  Gius.  Costa,  Fauna  Salentina  ossia  Enumerazione  di  tutti  gli 
Animali  che  trovansi  nelle  diverse  contrade  della  Prov.  di  Terra  d’Otrauto. 
Lecce  1871.  p.  74,  75. 


180 


Bova  (Prov.  Reggio  Calabria);  »zimaraidi  (Ofcr.  fsalani- 
mitli,  fs  amni  idi),  ramarro«,  i.  e.  Lacerta  viridis. 

Reggio  (Calabria):  salaraita,  mit  der  Bedeutnug  »salamaudra«.^) 

Sicilieu  ;  »zazzamiria,  zazzamita  vel  schirpiimi  s.  m.  Tarän- 
tola«  *^). 

Catania  ;  z  ii  z  z  a  in  i  d  a  ==  H  e  m  i  d  a  c  t  y  1  n  s  '^) . 

Von  mir  wurden  in  Calabrien  die  folgenden  Benennungen  der 
zwei  Geckos  (Tarentola  und  H  e  m  i  d  a  cty  1  us)  gesammelt: 

Bova:  s  im  a  midi  (pl.-ia). 

Roccaforte  *  sidamidi. 

Condofuri :  salamida. 

Pizzo  di  Calabria  :  s  a  1  a  m  i  d  a. 

Lipari  (t.  Prof.  Giglioli) :  salamida. 

Endlich  ist  noch  zu  erwähnen,  daß  ein  nahestehendes  Wort 
auch  bei  den  Arabern  im  Gebrauch  ist,  nämlich : 

In  Algerien:  ze  rmoumia,  Tarentol  a  (Platy  dactylu  s).^)  »In 
der  Umgegend  von  Mogador  (Marocco)  wurden  kleinere  Eidechsen  und 
Schleichenarten  »tas  ermo  niät,«  berberische  Form  des  in  den  Ebenen 
der  Westküste  von  den  Arabern  gebrauchten  Wortes  »sermomia« 
genannt.« 

Da  das  Wort  nach  Coray  und  anderen  aus  dem  Hebräischen 
stammen  soll,  und  in  der  That  auch  als  Bezeichnung  für  »Salamander« 
»semamit«  aufgeführt  wii^  ^),  wandte  ich  mich  um  Aufschluß  an 
Professor  Lasinio  in  Florenz,  der  folgendes  zu  antworten  die  Güte 


hatte : 

»Sim  a m idi,  ec.,  ec.,  —  Nell’  ebr.,  e  vero  c’e  s’mam  1 1  o  semamit 
»Lacertae  venenatae  species;  ramarro«  ;  ma  io  non  ci  so  trovare 
origine  semitica.  Simamidi,  ec.  ec.,  sono  forme  diverse,  di 
provenienza  greca,  tutte«. 


^)  G.  M  0  r  0  s  i ,  Dialetti  Romaici  del  Manclamento  di  Bova.  p.  65.  Es 
handelt  sich  um  den  Gecko  ;  der  »ramarro«  (Lacerta  viridis)  wird  in  Bova 
»zofröfi«  genannt  (siehe  oben). 

2)  Mario  M  a  n  d  a  1  a  r  i ,  1.  c. 

®)  Ant.  Traina,  Vocabolarietto  delle  Voci  Siciliane.  Torino  1877.  s.  v. 
^)  Pietro  Doderlein,  Rivista  della  Fauna  Sicula  dei  Vertebrati. 
Palermo  1881.  p.  40.  (Estr.  dalle  »Nuove  Etfemeridi  Siciliane«  vol.  XI). 

^j  Hanoteau  et  Letourncux,  La  Kabylie  et  les  coutumes  kabyles. 
Paris  1872. 

®)  M.  Quedenfeldt,  Einteilung  und  Verbreitung  der  Berberbevölkerung 
in  Marocco.  Fortsetzung.  Zeitschr.  f.  Ethnologie.  Organ  d.  ßerl.  Ges.  f. 
Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte.  XXL  Bd.  1889.  p.  196  ff. 

’)  Megiserns,  Thesaurus  polyglottus,  s.  v.  salamandra. 


181 


Nach  meinem  unmaßgeblichen  Urteile  haben  die  obigen  Worte, 
mit  Ausnahme  des  entstellten  ■^a^iaof.iVTriq  durchaus  keinen  griechischen 
Klang;  die  griechische  Herkunft  ist  mir  daher  zweifelhaft,  da  noch 
allerlei  nötig  wäre,  um  die  Ableitung  von  \}/i^ivSnov  oder  gar  von 
wahrscheinlich  zu  machen.  —  (Fortsetzung  folgt.) 


Albinismus  unter  den  Vögeln  Chiles. 

Von  Dr.  R.  A.  Philippi  in  Santiago. 

Es  kommt  mir  sehr  auffallend  vor,  daß  unter  den  Vögeln  Chiles 
öfters  größere  oder  geringere  Grade  von  Albinismus  beobachtet 
werden.  Unser  Museum  zeigt  folgende  Beispiele  dieser  Erscheinung. 

1 .  Der  amerikanische  Turmfalke,  Falco  sparverüis. 
Hals  und  Brust  sind  rein  weiß,  die  Schwungfedern  sind  weiß,  die 
Federn  des  Rückens  und  des  Schwanzes  weiß  mit  zimmetbrauueu 
Bändern ;  die  zimmetbraune  Färbung  der  Bänder  des  normalen 
Zustandes  ist  stehen  geblieben  und  die  sonst  schwarzen  Bänder 
sind  weiß. 

2.  DerChurrete,  Alpticerthia  vulgaris.  Der  Vogel  ist  größten¬ 
teils  weiß,  namentlich  sind  Kopf  und  Rücken  rein  weiß,  auf  dem 
Nacken  und  an  den  Seiten  sind  einzelne  Federn  schwärzlich;  die 
ersten  Schwungfedern  sind  rein  weiß,  die  meisten  aber  haben  die 
normal  schwärzliche  Färbung;  von  den  Schwanzfedern  sind  einige 
rein  weiß,  andere  schwarz,  eine  einzige  der  äußeren  ist  schwarz  mit 
hell  braunroter  Spitze,  also  normal  gefärbt. 

3.  Die  F  a  1  k  la  n  d  d  r  0  s  s  e  1 ,  Turdus  falklau dicus.  Bei  diesem 
Albino  ist  nur  die  kleinere  Hälfte  des  Vogels  weiß,  die  Kehle  ist 
rein  weiß,  der  Rücken  ist  isabellfarbig,  die  Schwanzfedern  sind  bla߬ 
braun  mit  weißem  Schaft.  Ich  bemerke  bei  dieser  Gelegenheit,  daß 
dieser  Vogel  die  gemeine,  in  ganz  Chile  häufige  Drossel,  der  »zorzal» 
ist  und  nicht  Turdus  fusco-ater.,  wie  in  dem  Werk  von  Gey  (His- 
toria  fisica  y  politica  de  Chile.  Zoologia  I.  p.  331)  angegeben  ist; 
letztere  Art  ist  weit  seltener  und  kommt  nur  im  nördlichen  Teile 
des  Landes  vor. 

4.  Die  Ten  ca,  Minius  Thenca.  Ein  Exemplar  ist  ganz  und 
gar  rein  weiß,  ein  anderes  weiß  und  schwarz  gescheckt. 

5.  DerTrile,  Xanthornus  cayennensis.  Wir  besitzen  drei  normale 
Exemplare  dieses  häufigen  Vogels.  Ein  Exemplar  ist  rein  weiß. 


182 


oliue  jede  Spur  von  Schwarz ;  bei  einem  zweiten  sind  Kopf,  Nacken, 
Hals,  Brust  weiß,  der  Bauch  und  die  obere  Hälfte  des  Rückens  weiß 
und  schwarz  gescheckt,  die  Schwungfedern  sind  rein  weiß,  die 
Schwanzfedern  weiß  bis  auf  eine,  die  schwarz  geblieben  ist;  ein 
drittes  Exemplar  hat  eine  schneeweiße  Kehle,  und  die  weiße  Färbung 
desselben  dehnt  sich  über  die  ganze  Augengegend  bis  weit  auf  den 
Hinterkopf  und  Nacken  aus. 

6.  Der  grosse  Schwarzstärling,  der  Tordo,  Agelaius 
curaeus.  Kopf,  Hals,  Brust,  Bauch,  Unterschenkel,  Rücken  dieses 
im  normalen  Zustand  ganz  kohlschwarzen  Vogels  sind  weiß,  die 
Schwungfedern  schwarz  aber  mit  weißer  Spitze,  die  Schwanzfedern 
sind  ebenfalls  schwarz  mit  weißer  Spitze;  aber  noch  an  der  Wurzel 
weiß  gefleckt. 

7.  Der  Soldatens tärliug,  Leistes  americamis  {Sturmis  mili- 

etc.),  die  Loica  der  Chilenen.  Ein  Exemplar  ist  bis  auf  die  blaßrote 

Brust,  die  beim  normalen  Vogel  hochrot  ist,  ganz  weiß,  die  Schwanz¬ 
federn  sind  zwar  auch  weiß,  aber  auf  der  äußeren  Hälfte  der  Fahne 
schwarz  gefleckt;  vier  Exemplare  sind,  bei  normal  rotgefärbter  Brust, 
weiß  und  schwarz  gescheckt,  und  die  weiße  Farbe  bat  das  Über¬ 
gewicht  über  die  schwarze.  Ein  anderes  Exemplar  hat  eine  citronen- 
gelbe  Brust,  ist  aber  sonst  ganz  normal  gefärbt.  Eine  zweite  Loica 
mit  gelber  Brust  habe  ich  vor  ein  paar  Jahren  selbst  auf  meinem 
Gute  San  Juan  in  der  Provinz  Valdivia  unter  einem  Schwann  normal 
gefärbter  Vögel  gesehen,  es  gelang  aber  nicht  sie  zu  schießen. 

Diese  gelbe  Abweichung  von  der  normalen  Färbung  erinnert  an  den 
fast  ganz  goldgelben  P  apag  e  i  en  k  ön  i  g ,  rei  de  choroics,  den  man 
in  Valdivia  bisweilen  unter  einem  großen  Schwarm  normal  gefärbter 
Enicognathiis  leptorrhynclius  findet,  über  welche  er  übrigens  keine 
königliche  Autorität  ausübt.  Wir  besitzen  ihn  auch  im  Museum;  bei 
den  beiden  anderen  chilenischen  Papageien,  dem  Loro  oder  Tricao, 
Conunis  cganolyseos,  und  der  Catita,  Conunis  erytlirofrons  (schrecklicher 
Name  für  einen  Philologen),  ist  bisher  noch  keine  Abweichung 
von  der  normalen  Färbung  beobachtet. 

8.  Die  D  i  u  c  a ,  Fringüla  diuca.  Bei  einem  Exemplar  ist  die 
ganze  Unterseite  fast  rein  weiß,  während  Kopf  und  Rücken  hell 
aschfarbig  sind;  ein  zweites  Exemplar  hat  eine  rein  weiße  Kehle 
und  ebensolchen  Bauch,  eine  hell  aschfarbige  Brust ;  Rücken,  Flügel 
und  Schwanz  sind  etwas  dunkler  grau. 

9.  Der  Chincol,  Fringüla  matutina.  Bei  unserem  albino- 
artigen  Exemplare  sind  Kopf,  Nacken,  Kehle  rein  weiß,  an  den 


Seiten  des  Halses  ist  eine  scliwacbe  Andeutung  des  zimmetbraunen 
Halsbandes,  welches  diesen  Vogel  anszeichuet;  der  übrige  Köiper 
ist  normal  gefärbt. 

10.  Ghloyospizo,  erytJirOTrJiyncJici.  Von  diesem  sonst  beinahe  ganz 
schwarzen  Vogel  besitzen  wir  ein  weiß  und  schwarz  geschecktes 
Exemplar.  Die  weiße  Farbe  herrscht  vor,  und  namentlich  die 
Unterseite  und  die  Schwanzfedern  bis  auf  eine  sind  ganz  weiß ; 
schwarz  sind  die  Kehle  hart  am  Schnabel,  die  Oberseite  des  Kopfes, 
der  untere  Teil  des  Nackens,  die  Schwungfedern  und  ein  Teil  der 
Flügeldeckfedern,  sowie  eine  Schwanzfeder. 

11.  Der  Chirihue,  Crithagra  hrevirostris.  Kopf  und  Nacken, 
die  schwärzlich  sein  sollten,  sind  hellgelb,  Rücken  und  Flügel  weiß 
und  schwärzlich  gescheckt,  einige  Schw^anzfederu  sind  im  grössten 
Teile  ihrer  Länge  weiß. 

12.  Der  Silguero  oder  Jilguero  der  Chilenen,  CJirysomitris 
canipestris,  (der  spanische  Name  jilguero  bezeichnet'  den  Distelfinken, 
mit  welchem  der  chilenische  jilguero  keine  Ähnlichkeit  hat,  eher 
könnte  man  ihn  Zeisig  nennen).  Fast  der  ganze  Vogel  ist  hell 
citroneugelb,  Schwungfedern  und  Schwanzfedern  sind  rein  weiß,  auf 
dem  o-elblicheu  Rücken  sind  einzelne  normale  schwärzliche  Federn  ge- 
blieben. 

13.  Die  chilenische  Turteltaube,  Zenaida  aurita.  Ein 
Exemplar  ist  fast  ganz  rein  weiß,  eine  einzelne  Schwanzfeder  ist 
schwarz  und  die  Schwungfedern  sind  schwarz  gefleckt.  Bei  einem 
zweiten  Exemplar  ist  die  Unterseite  ebenfalls  weiß,  aber  einzelne 
Federn  besonders  am  Bauch  haben  eine  bräunliche  Spitze;  Rücken 
und  Schw'auz  sind  schwarz  und  weiß  gescheckt,  die  äußeren  Schwanz¬ 
federn  sind  rein  weiß.  Ein  drittes  Exemplar  ist  ziemlich  normal 
o-efärbt,  hat  aber  eine  rein  weiße  Brust. 

14.  Ibis  fcdcinellus,  in  einigen  Provinzen  Gallarete,  sonst 
Cuervo.  Von  diesem  sonst  ganz  schwarzen  Vogel  erhielt  ich  vor  vier 
Wochen  ein  fast  ganz  weißes  Exemplar,  das  nur,  besonders  auf  der  Stirn, 
zerstreute,  etwa  linsengroße  schwärzliche  Fleckchen  zeigt;  bei  einigen 
im  übrigen  ganz  w^eißen  Schwungfedern  ist  der  Schaft  tiefscluvarz.  — 
Diese  Art  ist  in  dem  großen  Werk  von  Gey  zweimal  aufgeführt,  ein 
mal  als  Ibis  fcdcinelhts  und  das  zweite  Mal,  zwei  Seiten  weiter  hin, 
als  Falcinellus  Guarauna.  Herr  Desmurs,  welcher  die  Ornithologie 
bearbeitet  hat,  unterscheidet  das  Genus  Falcinellus  von  Ibis  durch 
den  Mangel  des  Daumens,  der  doch  recht  laug  ist,  »pollice  nullo« 
und  im  Spanischen  »carece  de  pulgar« ,  und  läßt  den  Typus  des 


184 


Geuus  bei  Ibis.  Was  soll  man  dazu  sagen !  Leider  habe  ich,  als 
ich  vor  39  Jahren  aufangen  mußte,  mich  auch  mit  der  Ornithologie 
Chiles  zu  beschäftigeu,  nicht  früh  genug  bemerkt,  welches  unzuver¬ 
lässige  Machwerk  das  des  genannten  Herrn  ist. 

15.  Die  Pa  r aguay -  S  u  m pfs  ch n e pfe,  Gallinago  Paraguaya, 
Porrotero  und  Ävecasina.  Der  ganze  Vogel  ist  schneeweiß. 

16.  Die  Tagua,  Fulica  chilensis.  Von  diesem  sonst  ganz 
schwarzen  Vogel  besitzen  wir  auch  ein  Exemplar,  das  schneeweiß 
ist  bis  auf  ein  paar  Schwungfedern,  die  schwarz  geblieben  sind. 

Dieser  Albinismus  der  chilenischen  Vögel  erinnert  an  die  ana¬ 
loge  Erscheinung  bei  den  chilenischen  Pflanzen.  Es  ist  eine  bekannte 
Sache,  daß  bei  Arten  mit  blau  oder  rot  gefärbten  Blumen  oft  ein¬ 
zelne  Individuen  mit  weißen  Blumen  Vorkommen,  aber  in  Chile  ist 
dies  weit  häufiger  und  auffallender.  Als  nach  Gründung  des  bota¬ 
nischen  Gartens  in  Santiago  unser  roter  Wiesenklee,  die  Klatschrose, 
Papaver  Rhoeas,  die  Rade,  Agrostemma  Githago^  ausgesät  waren, 
trugen  die  aufgegangeueu  Pflanzen  wohl  zum  vierten  Teil  ganz 
weiße  oder  wenigstens  ganz  blaßiote  Blumen.  Der  rote  Fiugerhut, 
der  an  vielen  Orten  des  südlichen  Chiles  ein  schreckliches  Unkraut  ire- 
worden  ist  und  oft  große  Strecken  mit  Unterdrückung  jeder  anderen  Pflan¬ 
zen  bedeckt,  trägt  au  allen  diesen  Orten  zum  dritten  Teil  weiße  Blumen* 


Der  Wanderziig  der  Mainflsche  im  Frühling  1892. 

Von  li,  Buxbaum,  Raun  heim  a.  Main. 

In  diesem  Frühjahre  konnte  der  Zug  der  Fische  im  Main  ge¬ 
nauer  beobachtet  werden,  weil  die  Fische  in  den  fünf  Behältern  des 
Fischpasses  täglich  mehrmals  mit  einem  liebnetze  herausgeuommen 
wurden,  um  feststelleu  zu  können,  welche  Arten  vertreten  waren 
und  welche  Größe  und  Schwere  die  einzelnen  Exemplare  erreicht 
hatten.  Sowohl  am  Tage  als  auch  bei  Nacht  haben  diese  Erhebuno-en 

O 

stattgefundeu,  und  so  konnte  daraus  nun  ein  klares  Bild  des  ganzen 
Verlaufs  zusammeugestellt  werden.  Durch  häufig  eingetreteue  kalte 
Witterung  wurde  der  Zug  oft  unterbrochen,  denn  bei  kaltem  Wetter 
zeigen  die  Fische  keine  Lust  zum  Wandern  und  so  kam  es,  daß  oft 
mehrere  Tage  keine  Fische  zu  sehen  waren.  In  der  Nacht  gehen 
die  Fische  nicht  durch  den  Paß,  auch  nicht  bei  hellem  Vollmond, 
und  man  findet  nur  vereinzelt  größere  Exemplare  auf  dem  Grunde 
der  Behälter.  Nur  am  Tage,  und  da  wieder  nur  bei  Sonnenschein 


185 


springen  die  Fische  durch  die  Luft  über  die  Zwischenwände  der 
einzelnen  Abteilungen  des  Fischpasses,  In  der  Nacht  gehen  sie 
lieber  in  rnhiy'es  Wasser  und  stellen  sich  da  dichter  zusammen,  weshalb 
auch  die  Fischer  in  der  Nacht  vielfach  bessere  Beute  machen  als  am 
Tage.  Auch  bei  kaltem  Wetter,  besonders  im  Winter,  wenn  das 
Wasser  -j-  4^  B.  und  weniger  Wärme  hat,  stehen  die  Fische  dicht 
beisammen,  um  sich  zu  erwärmen  durch  die  Reibung^),  denn  trotz 
seines  kalten  Blutes  liebt  der  Fisch  doch  die  Wärme  und  nur  an 
warmen,  sonnigen  Tagen  wird  es  ihm  so  wohl,  daß  er  seine  Hoch- 
und  Weitsprünge  über  die  Hindernisse  ausführt.  Am  Tage  halten 
sie  sich  am  liebsten  in  brausendem  Wasser  aut,  wie  solches  hiei  am 
Nadel  wehr  entsteht,  denn  dieses  Wasser  enthält  vor  allen  Dingen 
viel  Luft  und  die  Fische  scheinen  diese  Plätze  geradezu  als  Lult- 
kurorte  und  Sommerfrischen  zu  benutzen.  Da  fühlen  sie  sich  so 
recht  wohl  und  lassen  sich  wiegen  und  schaukeln  und  es  eilt  ihnen 
gar  nicht,  mit  dem  Weiterzieheu.  Vielleicht  ist  ihnen  diese  Be¬ 
wegung  und  Reibung  auch  angenehm  wegen  des  Laiches,  den  sie 
bei  sich  führen.  Es  war  mir  nämlich  sehr  auffallend,  daß  auch  die 
kleinen,  10  cm  langen  Fischcheu  teilweise  mit  Laich  förmlich  ausgestopft 
waren,  und  daß  sich  viel  mehr  weibliche  als  männliche  Exemplare 
darunter  befanden.  Im  freien  Main  hatte  der  Zug,  der  sich  haupt¬ 
sächlich  den  beiden  Ufern  entlang  bewegte,  durchschnittlich  eine 
Geschwindigkeit  von  15  Meter  in  der  Minute,  ging  also  verhältnis¬ 
mäßig  sehr  langsam  voran. 

Der  mainaufwärts  gehende  Zug  begann  am  28.  März,  an  welchem 
Tage  die  Spitze  des  diesmaligen  Frübjahrszuges  hier  ankam.  Diese 
Pfadfinder  waren  Schneider,  Älburnus  lucidus,  von  durchschnitt¬ 
lich  10  cm  Länge.  Am  31.  März  waren  sie  aber  wieder  ver¬ 
schwunden,  denn  das  Thermometer  zeigte  an  diesem  Tage  morgens 
um  (3  Uhr  —  I®  R.,  was  die  Fische  veraulaßte,  zurückzubleiben. 
Am  2.  April  kamen  sie  wieder  augerückt,  uud  es  waren  diesmal 
auch  einige  Rotaugen,  Leuciscus  ndilus,  darunter  von  10— 15  cm 
Länge.  Am  6.  April  kamen  auch  noch  Gründlinge  (Grosse), 
Gobio  /luviatilis,  dazu  von  10—15  cm  Länge.  Am  7.  April  fanden 
sich  hauptsächlich  nur  Gründlinge  vor  und  waren  die  Rotaugen 

nur  vereinzelt,  die  Schneider  fehlten  ganz. 

Am  13.  April  waren  nur  Schneider  im  Fischpaß  und  am 
14.  April  war  der  Paß  leer;  das  Thermometer  zeigte  +  2»  11. 


1)  Vielleicht  mehr  durch  die  gegenseitige  Ausstrahlung? 


N. 


186 


Vom  14.  bis  zum  18.  April  zeigten  sich  keine  Fische,  es  war  zu 
kalt,  1®  R.  bis  +5®  R.,  trübe  und  regnerisch.  Am  22.  April 
kamen  die  Schneider,  die  Rotaugen  von  10 — 12  cm  Länge 
wieder  an  und  am  23.  April  sprangen  sie  ganz  lustig  bei  +14®  R. 
und  Sonnenschein :  auch  iu  der  Abenddämmerung  waren  noch 
Schneider  im  Fischpaß.  Auch  am  folgenden  Tage,  am  24.  April, 
sprangen  Schneider,  Rotaugen,  Gründlinge  und  auch  einige 
Mulbeu,  Aspius  rapax,  alle  aber  nur  10 — 12  cm  lang.  Am  26. 
April  war  es  wieder  zu  kühl  und  am  27.  April  war  der  Paß  leer 
bei  +1®  R.  Am  folgenden  Tage  zeigten  sich  zwar  wieder  einige 
Schneider,  aber  am  30.  April  war  der  Paß  wieder  leer.  Auch 
die  folgenden  Tage  vom  1.  bis  6.  Mai  zeigten  sich  keine  Fische,  es 
wai  zu  kalt.  Lrst  am  7.  Mai  wurde  das  Wetter  besser  und  die 
Fische  kamen  wieder  iu  Bewegung.  Es  kamen  Rota  u  gen,  15  cm  laug, 
Schneider,  10 — 12  cm  lang  und  Bresem,  Abramis  hrama^  12  cm 
laug,  welche  bei  +9®  R.  ihre  Luftsprünge  ausführten.  Am  9.  Mai 
wai  der  Paß  ganz  gefüllt  und  die  Fische  sprangen  bei  Sonnenschein 
sehr  häufig;  auch  am  11.  Mai  sprangen  besonders  kleine  Fische  sehr 
lustig.  Am  12.  Mai  war  der  Paß  geradezu  überfüllt  mit  Rot¬ 
augen,  Schneidern,  B  r  ese  m  und  Gr  ü  n  d  1  i  u  g  e  n,  die  bei  16®  R. 
bis  zum  Sonnenuntergang  beständig  sprangen.  Am  13.  Mai  kamen 
etwas  größere  tische,  Rotaugen  von  25  cm  Länge,  Bresem  von 
15  cm  und  Schneider  von  10 — 12  cm  Länge  iu  den  Paß.  Am 
15.  Mai  ließ  sich  zum  erstenmal  der  Flußbarsch,  Ferca  fluviatilis, 
das  Zebra  unter  den  Mainfischen,  hier  sehen  und  es  waren  Exem¬ 
plare  von  25  cm  Länge  und  0,5  Kilo  Gewicht  darunter,  außerdem 
fänden  sich  Barben,  JBarha  fluviatilis ,  Weißfische,  Ghondrostoma 
nasiis,  Rotaugen,  Bresem  und  Mulbeu  dabei  von  15—25  cm 
Länge.  Auch  am  17.  Mai  zeigten  sich  dieselben  von  10 — 25  cm 

Länge.  Am  18.  Mai  waren  fast  nur  Rotaugen  im  Paß  von  15 _ 

25  cm  Länge,  welche  vom  Laich  förmlich  aufgetriebeu  waren.  Vom 
20.  bis  24.  Mai  war  der  Zug  sehr  stark  und  bestand  aus  Flu߬ 
barsch ,  Mulb  e ,  Bresem,  Rotauge,  Gründling  und  Schnei¬ 
dei  von  10  bis  25  cm  Länge.  Es  waren  besonders  schön  gefärbte 
Exemplare  des  Flußbarsches  dabei  mit  den  hellroten  Flos.sen. 
Vom  27.  Mai  bis  1.  Juni  war  der  Zug  stark  und  am  Abend  fanden 
sich  auf  dem  Grund  der  Wasserbehälter  noch  einige  Barben  von 
2  Kilo  Gewicht,  die  sich  leicht  mit  der  Hand  herausnehmeu  ließen 
und  so  voller  Laich  waren,  als  wären  sie  damit  förmlich  ausgestopft. 
Nachdem  sie  wieder  in  das  Wasser  ge.setzt  wurden,  ließen  sie  sich 


187 


sofort  wieder  auf  den  Boden  sinken.  Vom  1.  bis  5.  Juni  wurde 
der  Zug  immer  schwächer  und  am  6.  Juni  hatte  ei  sein  Lnde  ei 
reicht.  In  den  letzten  Tagen  sah  man  vereinzelt  auch  junge  Aale, 
Angiiilla  vulgaris,  und  hie  und  da  einen  kleinen  Hecht,  Esox 
liicius.  Der  Maifisch,  Alosa  vulgaris,  kommt  jetzt  nicht  leicht  in 
den  Main  herein,  weil  er  nicht  durch  den  ersten  Fischpaß  geht.  Ob 
im  Juli  wieder  ein  Zug  Aale  maiuaufwärts  geht,  wie  im  Vorjahre, 
muß  sich  nun  bald  zeigen. 

Gerade  in  der  letzten  Zeit  zeigen  sich  wieder  viele  Fische  an 
der  Oberfläche  des  Wassers,  welche  mit  dem  Fischpilze,^  Saprolegma 
ferax,  behaftet  sind  und  daran  zu  Grunde  gehen.  Zum  Glück  werden 
sie  von  den  Milanen  und  Krähen  herausgefischt,  sonst  würden  sie 
die  Luft  verpesten.  Überblickt  mau  nun  den  ganzen  Zug,  so 
ergibt  sich,  daß  zuerst  die  kleinen  Schneider  den  Weg  aufsuchteu, 
dann  die  ebenso  kleinen  G  ründliuge  dazu  kamen  und  erst  nach  und 
nach  größere  Fische  sich  eiufanden.  Daß  der  Zug  hauptsächlich  zum 
Zwecke  des  Laicheus  ausgeführt  wird,  ist  damit  erwiesen,  denn  auch 
die  kleinen  Fische  siud  zeugungsfähig  und  mit  Laich  versehen.  Be¬ 
wunderungswürdig  ist  die  Muskelkraft,  die  die  Fische  bei  dem  Sprung 
durch  die  Luft  entwickeln,  denn  ein  Fischchen  von  5  cm  Länge 
führt  mit  Leichtigkeit  einen  Sprung  durch  die  Luft  aus  von  ein 
Meter  Höhe  oder  Weite.  Erstaunenswert  ist  auch  die  Beharrlichkeit 
der  Fische,  den  einmal  aufgenomnieiien  Weg  weiter  zu  verfolgen, 
denn  durch  kein  Hindernis  lassen  sie  sich  davon  abbringen.  Mag  ein 
Fisch  noch  so  oft  fehlspringeu  und  die  Hindernisse  nicht  übersetzen,  so 
versucht  er  es  immer  wieder,  bis  es  ihm  gelingt.  Der  schärfste 
Sinn  der  Fische  ist  wohl  das  Gesicht,  denn  es  ist  sehr  auffallend, 
wie  schnell  sie  in  die  Tiefe  sinken,  sobald  jemand  am  Rande  des 
Passes  erscheint,  oder  wenn  sich  etwas  am  Ufer  regt.  Eine  h  rage 
ist  mir  immer  noch  nicht  recht  klar,  nämlich,  womit  der  Fisch  die 
Kraft  entwickelt,  die  ihn  so  hoch  und  so  weit  durch  die  Luft  treibt. 
Daß  die  Flossen  und  der  Schwanz  bei  seiner  Bewegung  in  Tätigkeit 
treten,  ist  richtig.  Wenn  aber  der  Fisch  ganz  gerade  nach  vorn 
sprino-end  aus  dem  Wasser  hervorkommt,  sollte  dabei  nicht  auch  die 
Form'^ 'des  Fisches  eine  Rolle  spielen?  Der  keilförmig  zugespitzte, 
ö-latte  Schwanz  bildet  gegen  das  Wasser  zwei  schiefe  Ebenen  und 
wenn  die  Hälfte  des  Fischkörpers  aus  dem  W^asser  hervorgekornmen, 
so  drückt  dasselbe  nun  von  zwei  Seiten  den  Schwanz  heraus,  ge¬ 
rade  so  wie  man  einen  keilförmigen  Körper,  wie  z.  B.  einen  glatten 
Zwefschenkern,  eine  große  Bohne  oder  ein  keilförmig  zugeschnittenes 


188 


Stückchsü  Söif©,  RD  eiueiii  Eud©  zwischsu  zwei  FiDgem  drückend, 
liiDciusschleudem  kauu.  Zu  einem  so  großen  Sprung  nach  vorn,  wie 
ihn  die  Fische  oft  ausführeu,  ist  eine  bedeutende  Kraft  erforderlich, 
und  ich  kann  nicht  aunehmen,  daß  eine  Bewegung  der  Flossen 
allein  dazu  schon  ausreiche,  ebenso  kann  eine  Bewegung  des 
Schwanzes  bei  solchem  Sprunge  auch  nicht  viel  helfen.  Jedenfalls 
kommt  auch  die  Schwungkraft  dabei  in  Rechnung  und  es  ist  möglich, 
daß  der  Fisch  vor  dem  Sprunge  dazu  einen  ordentlichen  Anlauf 
nimmt;  eine  sichere  Beobachtung  darüber  habe  ich  bis  jetzt  noch 
nicht  machen  können.  Vielleicht  ist  der  Vorgang  anderwärts  schon 
genauer  erforscht  worden  und  könnte  in  diesem  Blatte  darüber  ge¬ 
nauere  Auskunft  erteilt  werden.*) 


Zoologischer  Garten  in  Basel. 

Jahresbericht  1891. 


ri  erbestand.  Das  am  31.  Dezember  1891  aufgenommene  Inventar  der 
Tiere  wies  auf: 


Säugetier 

e. 

Vögel. 

4  Affen . 

in 

1 

Arten. 

32  Papageien  .  .  . 

in 

15  Arten. 

24  Raubtiere  .... 

» 

14 

28  Tagraubvögel  .  . 

12 

5  Nager . 

1 

» 

15  Nachtraubvögel  . 

6 

V 

1  Zahnarmer  .... 

1 

7  Rabenvögel  . 

6 

1  Beuteltier  .... 

» 

1 

» 

56  Sperlingsvögel  .  . 

» 

9 

6  Einhufer  .... 

2 

97  Schwimmvögel  . 

29 

31  Zweihufer  .... 

» 

14 

» 

27  Stelzvögel 

» 

11 

3  Vielhufer  .... 

» 

2 

20  Wildtauben  . 

6 

75  Säugetiere  .... 

in 

36  Arten. 

60  Haustauben  .  .  . 

7 

X> 

Reptilien. 

49  Haushühner  . 

» 

9 

1  Panzerechse  .  .  . 

in 

1 

Art. 

18  Fasanen  .... 

» 

7 

2  P’eldhühner  .  .  . 

2 

» 

3  Hokkohühner 

» 

3 

> 

1  Strauß . 

» 

1 

415  Vögel . 

in  123  Arten. 

Total:  491  Tiere  in  160  Arten. 


*)  Der  Schwanz  wirkt  in  diesem  Falle  mit  grofser  Kraft  als  Schraube. 
Ähnliches  sieht  man  vom  Schiffe  aus  in  dem  Mittelmeer  und  Atlantischen 
Ozean,  wenn  eine  Schar  Delphine  spielend  dem  Dampfer  folgt  und  diesen  mit 
Leichtigkeit  überholt  oder  wenn  eines  der  schönen  Tiere  um  das  andere  sich 
der  Oberfläche  nähert,  einen  kräftigen  Schlag  mit  dem  Schwänze  ausführt  und 
nun  wie  eine  geworfene  Lanze  einen  weiten  Bogen  in  der  Luft  beschreibt  um 
hier  das  Atmen  zu  besorgen. 


189 


Nach  den  üblichen  Abschreibungen  wurde  der  Tierbestand  gewertet  auf 


Fr.  12,110.-. 

Augekauft  wurden  13  Säugetiere,  109  Vögel,  27  Reptilien  mit  einer 

Gesamtausluge  von  Fr.  5011-77. 

Geschenkt  wurden  13  Säugetiere  und  57  Vögel. 

Geboren  im  Garten  wurden  23  Säugetiere  und  82  Vögel. 

Mit  Tod  (inklusive  Verfütterung)  gingen  ab  48  Säugetiere  und  107  Vögel. 

Verkauft  wurden  21  Säugetiere,  78  Vögel  und  27  Reptilien  mit  einem 
Gesamterlös  von  Fr.  3,565.85.  Inbegriffen  sind  diejenigen  Tiere,  die  in  Ver¬ 
losungen  abgesetzt  und  die,  welche  zum  Schlachten  verkauft  wurden. 

Unter  den  Verlusten  durch  Todesfall  erwähnen  wir  als  besonders  schmerz¬ 
lich  den  der  2  jungen  Mähnenschafe,  den  der  Gemsen,  Nilgauantilopen  und 
Nandus,  von  welch’  letztem  nun  schon  zum  zweitenmal  die  ganze  zahlreiche 
und  zuerst  vielversprechende  Brut  trotz  aller  Vorsichtsmaßregeln  zu  Grunde 
gegangen  ist.  Alle  diese  Tiere  erlagen  zumeist  nicht  aufgeklärter  Krankheit, 
während  nicht  wenige  andere  auch  durch  Unfälle  und  besondeis  durch  gegen 
seitig  zugebrachte  Verwundungen  gestorben  sind.  Auch  Entweichungen  aus 
dem  Garten  kamen  zahlreiche  vor,  besonders  bei  dem  Sumpfbibern  und  beim 


Teichgeflügel. 

'p  j 0  j. w  0  h  11  u n  g  e n.  Der  strenge  4Vinter  von  1890/1891  setzte  vielen 
unserer  Tierwohnungen  arg  zu,  so  daß  allenthalben  mein  odei  mindei  kost 
spielige  Reparaturen  mußten  ausgeführt  werden.  Außerdem  wurde  manches 
ausgebaut  oder  neuerstellt,  so  vor  allem  das  El  et  antenhaus.  Es  war 
nicht  bloß  das  Gebäude  selbst  zu  Anfang  November  bezugsfertig,  sondern  es  sind 
auch  die  offenen  Lanfräume  und  der  Abschluß  des  Hofes  fertig  gestellt  worden, 
Ausbauten,  die  wir  erst  für  dieses  und  folgende  Jahve  in  Aussicht  genommen 
hatten.  Es  ist  ein  Bauwei’k  maurischen  Stils,  das  mit  einer  Warmwasser¬ 
heizung  versehen  ist. 

Betrieb  und  Finanzielles.  Es  wurden  ausgegeben: 


1891.  1890. 

Billete  zu  1  Fr . 4.509 

.  »  50  Cts .  45,745  25,946 

»  »  25  »  ....  52,493  55,495 

»  »  20  »  ....  1,749  1,637 

104,496  83,078 

Gesamtertrag  der  Eintrittsbillete  .  .  Fr.  40,854.55 

ab:  Anteil  von  Herrn  Menges 

(Somalikarawane)  ...  »  8,150.50 


Abonnemente  wurden  gelöst: 

Für  Familien  ohne 

»  einzelne  Personen  » 

»  Familien  mit  1  Aktie 


Fr.  32,704.05  (1890:  Fr.  27,174.15). 

1891.  1890. 
Aktien,  zu  Fr.  20  .  .  408  346 

»  »  »  10  .  .  45  <0 

»  »  10  .  .  70  53 

523  469 


25 


23  Aktien  wurden  auf  andere  Namen  übertragen. 

Chronik.  An  46  Sonn-  und  Festtagen  war  der  Eintrittspreis  auf 
Cts.  ermäßigt,  an  21  Sonn-  und  Festtagen  fanden  Nachmittags- Konzerte 


190 


statt.  Abendkonzerte  konnten  der  ungünstigen  Witterung  halber  keine  abge- 
balten  werden. 

Dei  stäikste  ßesuchertrag  war  der  18.  Mai,  der  letzte  Sonntag  der 
Soiualiausstellung,  mit  6813  Personen. 

Irotz  dem  im  ganzen  sehr  regenreichen  Sommer  hatten  wir  doch  nur  drei 
eigentliche  Regensonntage,  an  welchen  die  Konzerte  abbestellt  werden  mußten. 

Vom  2.  bis  19.  Mai  hielt  sich  Menges  Somali  -  Karawane  im  Garten  auf, 
mit  für  beide  Teile  befriedigendem  finanziellen  Erfolg. 

Ende  Mai  wurde  zu  Gunsten  der  Äufnung  des  Fonds  für  den  Elefanten¬ 
hausbau  eine  größere  Verlosung  veranstaltet,  zu  welcher  seitens  zahlreicher 
Freunde  und  Freundinnen  des  Gartens  in  erfreulichem  Maße  wertvolle  Ver¬ 
losungsgegenstände  geschenkt  worden  sind.  Der  Ertrag  dieser  Verlosung  ent¬ 
sprach  vollauf  unsern  Erwartungen  und  er  machte  es  möglich,  daß  wir  ohne 
Sorgen  der  Vollendung  des  begonnenen  Werkes  entgegensehen  konnten. 

Am  6.  September  und  11.  Oktober  fanden  kleinere  Tierverlosungen  statt, 
wie  wir  solche  alljährlich  periodisch  abhalten. 

Geschenke.  Dem  Verzeichnis  senden  wir  voraus  unsern  nochmaligen 
verbindlichen  Dank  an  die  Geber. 

a)  Geldgeschenke  und  Legate:  Fr.  4,475. — . 
h)  Geschenke  für  d  e  n  E  I  e  f  a  n  t  e  n  h  a  u  s  b  a  u  :  Fr.  625.75. 

Zu  besonderm  Danke  sind  wir  auch  verpflichtet  den  Herren  Prof.  Dr. 
Rütimeyer,  Prof.  Dr.  M.  Roth  und  Herrn  Dr.  Dubler  für  gefällige  Begutachtung 
der  gefallenen  Tieie,  Herrn  Tierarzt  Kunz  und  Herrn  Apotheker  Bühler  für 
ihre  uneigennützige  Mithülfe  bei  Krankheits-  und  Todesfällen. 


Fr.  Ct. 

Eintrittsgelder . ^  .  40,854.  55 

ab:  Anteil  der  Unternehmer  von  Schaustellungen  8,150.  50 

Abonnemente . 

Verkauf  von  Tieren . 

Verpachtung  der  Restauration . 


Diverse  Einnahmen .  39I  55 

Verkauf  von  Eiern  .  171^  


Betriebs- Defizit  pro  1891 


Gehalte  und  Löhne: 

Besoldungen  und  Wärterlöhne  .  12,004.  85 

Aushülfe  und  Taglöhne  .  2,258  20 

Bureauspesen . 

Inserate  und  Druckkosten  . 


Allgemeine  S^jesen  und  Unterhalt: 

Assekuranz  und  Unfallversicherung .  271.  35 

Pachtzins  und  Vergütung  an  den  Spitalpächter  .  1,512.  70 

Telephon .  112.  30 

Gas  Fr.  532.86,  Wasser  Fr.  431.80  .  964.  66 


Fr.  Ct. 

32,704.  05 

9,310.  — 
3,565.  85 
1,500.  — 

562.  55 

47,642.  45 
2,180.  69 

49,823.  14 


14,263.  05 

454.  19 
2,278.  21 


Transport  .  .  .  16,995.  45 


191 


Fr.  Ct. 


Transport  .  . 


Kohlen . 

Gartenanlagen:  Unterhalt . 

Geräte  und  Mobiliar:  Unterhalt . 

Hochbauten  und  Einfriedigungen:  Unterhalt  .  . 

Unkosten  bei  Festen  und  besondern  Anlässen,  Ver¬ 
losungen  und  Ausstellungen . 

Dienstkleider,  Frachten,  Material  und  Diverses  .  . 

Löwenzwinger:  Erstellung  eines  Glasdaches 


694.  60 
981.  15 
1,747.  40 
3,868.  75 

1,083.  96 
1,141.  68 
409.  65 


F  utter : 

Heu . 

Stroh  . 

Fleisch  .  . . 

Brod  und  Krüsch . 

Milch . 

Fische . 

Körnerfutter . 

Sämereien,  Früchte,  Rüben  und  Diverses 

Musik . 

Ankauf  von  Tieren . 

Kapitalzinsen . 


1,673.  47 
627.  75 
4,142.  95 
1,942.  94 
469.  — 
241.  90 
3,239.  80 
676.  56 


Fr.  Ct. 
16,995.  45 


12,788.  20 


13,014.  37 
1,728.  25 
5,011.  77 
285.  10 
49,823.  14 


Korrespondenzen. 


Wirtheim  (Kr.  Gelnhausen),  anfangs  Mai  1892. 

Über  das  Ge  fangen  1  e  b  en  des  Iltis.  Einst  wurde  mir  von  einem 
Arbeiter  ein  junger  Iltis  gebracht,  den  ich  aufzuziehen  beschloß.  Er  war  von 
dem  Betreffenden  aus  dem  Neste  genommen  und  ungefähr  schon  zwei  Monate 
o-ehalteu  worden.  Als  ich  ihn  bekam,  war  er  ein  ziemlich  zahmes,  munteres 
Tierchen.  Ich  wies  ihm  als  Aufenthaltsort  eine  Kiste,  deren  Boden  mit  Blech 
auscrefüttert  war,  an.  Oben  legte  ich  ein  paar  Brettchen  quer  über,  den  Boden 
bedeckte  ich  mit  Heu.  In  diesem  Käfig  hielt  er  nun  die  größte  Reinlichkeit; 
seine  Bedürfnisse  verrichtete  er  stets  in  einem  bestimmten  Winkel-,  allerdings 
war  der  Geruch  ein  äußerst  scharfer  und  unangenehmer.  Peter  wurde  sehr 
zahm,  so  daß  er  auf  Ruf  und  Pfiff  folgte.  Im  Fressen  zeigte  er  sich  gerade 
nicht*  sehr  wählerisch.  Überreste  von  Fleischsachen,  Wurst  etc.  dienten  ihm 
zur  Nahrung,  dürre  Zwetschen  und  Honig  waren  ihm  ein  Leckerbissen.  Die 
m-ößte  Freude  konnte  man  ihm  aber  bereiten,  wenn  man  einige  große  Gras¬ 
frösche  mitbrachte;  er  stürzte  sich  sofort  über  dieselben  her,  ^inem  nach 
dem  andern  den  Rückgrat  entzwei,  daß  sie  nicht  mehr  von  der  Stelle  konnten, 
und  ließ  dann,  nachdem  er  vielleicht  einen  gefressen  hatte,  die  andern  noch 
lebend  in  diesem  hülflosen  Zustande  liegen,  um  sie  sich  für  spateien  Appetit 
aufzubewahren.  Unangenehm  war  es,  daß  er  jede  Nacht  unruhig  wurde  und 
mit  großem  Gepolter  im  Kasten  herumtobte-,  manchmal  gluckte  es  ihm,  die 


192 


Biettchen  bei  Seite  zu  drücken  \ind  sich  durclizuwinden ;  dann  machte  er  seine 
nächtlichen  Spaziergänge  und  suchte  alles  aus.  So  gelang  es  ihm  eines  Nachts 
zu  entkommen,  am  anderen  Morgen  wurde  Peter  lange  vergeblich  gesucht,  bis 
ich  ihn  endlich  in  der  Küche  in  einem  alten  Wasserkrng,  in  welchem  diure 
Zwetschen  aufbewahrt  wurden,  entdeckte.  Natürlich  hatte  er  gehörig  darunter 
autgeräumt,  nachdem  er  sich  schon  vorher  einen  Solberknochen  mit  in  sein 
Versteck  genommen  und  rein  abgenagt  hatte.  Diese  nächtlichen  Reisen,  oder 
wenn  ihm  diese  unmöglich  gemacht  wurden,  das  nächtliche  Toben  im  Kasten, 
sowie  der  scharfe,  unangenehme  Geruch,  den  er  verbreitete,  veranlaßten  mich 
schließlich,  ihn  zu  töten,  und  er  ziert  nun  ausgestopft  die  Stube. 

Jean  Rein  ein  er,  Forstkandidat. 


L  i  1 1  e  r  a  t  n  r. 


Bechholds  Handlexikon  der  Naturwissenschaften  und  der  Me¬ 
dizin,  bearbeitet  von  A.  Velde,  Dr.  W.  Schaiif,  Dr.  V.  Löwenthal, 

und  Dr.  J.  Bechhold.  Frankfurt  a.  M.  H.  Bechhold.  10  Lieferuno-en 
ä  80  Pfg.  ° 

Es  ist  keine  gevmge  Aufgabe,  die  zahlreichen  Namen  und  terniini  techuici 
aus  dem  Gebiete  der  gesamten  Naturwissenschaften  und  der  Medizin  auf  einem 
Raume  von  40  Druckbogen  aufzuzählen  und  zu  erklären.  Bechholds  Lexikon 
unterzieht  sich  dieser  Aufgabe  mit  vielem  Geschick.  Dies  kann  aber  nur  da¬ 
durch  erreicht  werden,  daß  die  Erläuterungen  so  kurz  als  nur  möglich  gehalten 
und  daß  selbst  eine  ganze  Reilie  der  häufigsten  und  bekannteste  Wörter  in 
denselben  in  Abkürzung  gegeben  sind.  So  ist  iu  der  That  auf  kleinem  Raum 
und  in  geschickter  Darstellung  ein  billiges  und  doch  reichhaltiges  Nach  sch  lao-e- 

_  K 


buch  geliefert. 


Die  Sinne  und  Sinnes-Organe  der  niederen  Tiere  von  E.  Jourdan. 

Übersetzt  von  W.  Marshall.  Leipzig.  J.  J.  Weber.  1891 

Es  gehört  zu  den  anziehendsten  und  lehrreichsten  Gegenständen  der 
Forschung,  den  Bau  und  die  Thätigkeit  einzelner  Organe  vergleichend  durch 
die  Reihe  der  Tierwelt  zu  verfolgen,  das  Organ  iu  seiner  einfachsten  Form  in 
der  großen  Mannigfaltigkeit  seiner  Ausbildung  und  in  seiner  höchsten  Ent¬ 
wickelung  kennen  zu  lernen.  Eine  solche  Studie  führt  uns  das  vorliecrende 
anmutige  Werkchen  vor;  es  hat  sich  zum  Vorwurfe  die  Sinnesorgane  miUhrer 
Art  der  Thätigkeit  gewählt  und  erklärt  uns  dieselben  durch  die  ganze  Ab¬ 
teilung  der  wirbellosen  Tiere,  von  den  Urtieren  zu  den  Schwämmen,'’pflanzen- 
tieren,  Stachelhäutern,  Würmern,  Gliederfüßern  und  Weichtieren.  Das  sind 
vergleichend  anatomische  und  physiologisclie  Studien  von  hohem  Werte  die 
jeden  Gebildeten  interessieren  sollten.  Geben  sie  doch  erst  den  Schlüssel ’zum 
Verständnis  des  Baues  der  menschlichen  Sinnesorgane  und  ihrer  Beziehungen  zu 
denen  der  Tierwelt.  Die  klare  und  ansprechende  Dar.stellung  wird  durch  eine 
Reihe  vorzüglicher  Abbildungen  unterstützt. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  vou  Mal, lau  &  Waldsclimidt.  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Eedigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldachmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

No.  7.  XXXIII.  Jahrgang,  Juli  1892. 

1  n  li  a  1  1. 

über  einige  seltene  Tiere  des  Berliner  zoologischen  Gartens;  von  Dr.  Ernst  Schätf, 
Berlin.  Mit  1  Abbildung.  —  Alpen-  und  Mauersegler,  C'i/pfelus  melba  et  apus,  in  ihrem  Ge- 
l'angenleben ;  von  Ernst  Perzina,  Wien.  —  Italienische  und  neugriechische  Namen  der 
Eidechse  und  verwandter  Reptilien;  von  Dr.  C.  J.  Forsyth  Major.  (Fortsetzung.} 

Der  Breslauer  zoologische  Garten.  (Auszug’  aus  dem  Berichte  für  das  Jahr  1891.)  —  Korrespon¬ 
denzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Littcratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und 
Zeitschriften.  — 

Über  einige  seltene  Tiere  des  Berliner  zoologischen  Gartens.*) 

Von  Dr.  Ernst  Schaff,. Berlin. 

Mit  1  Abbildung, 

3.  Der  Kiwi  (Apteryx  bulleri  Sharpe). 

Seit  Monaten  befinden  sich  im  hiesigen  Zoologischen  Garten, 
meines  Wissens  zum  ersten  Mal,  zwei  lebende  Kiwi,  welche  ich  unter 
die  in  der  Überschrift  angeführte  Kategorie  der  »seltenen  Tiere«  zu 
stellen  mich  berechtigt  glaube  und  denen  ich  daher  das  heutige  Kapitel 
meiner  Mitteilungen  aus  dem  Berliner  zoologischen  Garten  widmen 
möchte.  Daß  ich  dabei  auf  die  Gattung  Apteryx  überhaupt  etwas 
näher  eingehe,  wird  mir  hoffentlich  nicht  übel  genommen  werden. 

Schon  äußerlich  fallen  die  Kiwis  jedem  Beschauer  auf  und 
zwar  ist  es  neben  der  allgemeinen  Erscheinung  bei  etwas  genauerem 
Zusehen  wohl  hauptsächlich  die  höchst  merkwürdige  Beschaffenheit 
des  Gefieders,  welche  Aufmerksamkeit  erregt.  Flügel-  und  Schwanz¬ 
federn  fehlen  völlig,  Dunen  und  Deckfederu  sind  nicht  zu  unter¬ 
scheiden  ;  alle  Federn  zeigen  einen  ziemlich  übereinstimmenden, 
eigentümlichen  Ban.  Sie  sind  im  allgemeinen  von  duneuähulicher 
Besch  affen  beit,  aber  weich  nur  im  basalen  Teil,  während  sie  nach 
der  Spitze  hiu,  und  zwar  besonders  an  den  *  oberen  und  hinteren 

*)  Vgl.  vorigen  .Tabrgaug.  S.  246. 

Zoolog.  Gart.  .Tahrg.  XXXTII.  1892. 


13 


194 


Körperteileu,  von  strafferer,  mehr  borstiger  Struktur  siud.  Ein  wenig 
ähneln  sie  den  Federn  des  Emu,  doch  fehlen  die  bei  diesem  Vogel 
so  hoch  entwickelten  Afterschäfte  beim  Kiwi  vollständig.  Die 
Schuabelbasis  wird  von  laugen  Borsten  umgeben.  Der  Schnabel 
ähnelt  etwas  dem  einer  Schnepfe  oder  eines  Brachvogels;  er  ist 
lang  und  schlank,  schwach  gebogen,  an  der  Basis  etwas  flach  ge¬ 
drückt,  so  daß  die  Mnndspalte  ziemlich  breit  erscheint.  Höchst 
merkwürdig  ist  die  Lage  der  Nasenlöcher,  welche  sich  dicht  an  der 
Spitze  des  Schnabels  befinden  —  ein  Verhalten,  wie  wir  es  bei 
keinem  andern  Vogel  wiederfinden.  Au  den  ziemlich  kleinen  Kopf 
schließt  sich  ein  kräftiger,  sehr  muskulöser  Hals.  Der  Rumpf  ist 
kleiner  und  schmaler,  als  er  wegen  der  wolligen,  dichten  Beflederuug 
erscheint.  Von  Flügeln  nimmt  mau  keine  Spur  wahr,  und  auch 
am  Skelett  des  Kiwi  sind  die  Flügelkuochen  ganz  verkümmert.  Au 
einem  gerupften  Exemplar  treten  die  Flügelstummel  ganz  wenig 
hervor  und  einige  etwas  starkschäftigere  Federn  deuten  die  Schwung¬ 
federn  au.  Herr  Direktor  Heck  erzählte  mir,  daß  er  am  lebenden 
Vogel  deutlich  die  Flügelstummel  durch  den  Federpelz  hindurch  mit 
der  Hand  gefühlt  und  dabei  den  Eindruck  erhalten  habe,  als  ähnele 
der  Kiwi-Flügelstummel  in  seiner  Form  den  rudimentären  Flügeln 
der  Pinguine.  Schwanzfedern  fehlen,  wie  erwähnt,  gänzlich.  Die  Beine 
der  Apteryx- kxieM  sind  sehr  stark  und  kräftig,  aber  kürzer  als  man 
bei  einem  flugunfähigen,  auf  Laufen  angewiesenen  Vogel  erwarten  sollte. 
Sie  haben  drei  mit  kräftigen  Krallen  versehene  Vorderzehen  und  eine 
hoch  angesetzte,  aber  kleine,  eine  spornartige  Kralle  tragende  Hiuter- 
zehe,  welche  den  Boden  nicht  berührt.  Bekleidet  sind  die  Beine 
mit  mehrseitigen  Schildern,  au  der  Vorderseite  des  Laufes  manchmal 
mit  größeren  Tafeln.  Es  macht  sich  jedoch  eine  gewisse  Ver¬ 
änderlichkeit  in  der  Form  und  Größe  der  Tafeln  und  Schilder 
geltend,  welche  soweit  geht,  daß  bisweilen  bei  einem  Individuum  das 
rechte  und  das  linke  Bein  ziemlich  starke  Verschiedenheiten  in  der 
Bekleidung  zeigen.  Soviel  über  die  äußere  Erscheinung  der  Kiwi. 

Die  erste  Kunde  von  Kiwi  stammt  von  Dr.  Shaw  (1813), 
welcher  1812  den  ersten  Balg  erhielt  und  das  Tier  wegen  der 
mangelnden  Flügel  als  Apteryx  beschrieb.  Noch  1833  war  nur 
1  Exemplar  wissenschaftlich  bekannt,  welches  Lord  Stau  1  ey,  damals 
Präsident  der  Zool.  Soc.  of  London,  aus  dem  Nachlaß  Shaws  er¬ 
worben  hatte. 

Bis  1847  kannte  mau  nur  1  Art,  den  A.  australis  .  1847 
beschrieb  Gould  eine  zw^üte,  A.  Oweni.  Dieselbe  ist  nach  Gould 


195 


ungefähr  so  groß  wie  Ä.  australis,  zeigt  jedoch  Querbänder  auf  den 
Federn  und  weicht  in  der  Struktur  der  letzteren  ab.  Das  Gefieder 
ist  mehr  haarartig,  der  Schnabel  kürzer,  schwächer,  krummer,  der 
Flügel  rudimentärer  als  bei  A.  ausiralis. 

Bartlett  beschreibt  1850  Ä.  ManteUi.  Ein  ihm  von  Dr.  Mantell 
übergebenes  Exemplar  stimmt  mit  dem  Originalexemplar  von  Shaw 
überein  uud  wurde  daher 
als  A.australis  bezeichnet. 

Diese  beiden  sind  jedoch 
bedeutend  größer  als  die 
bisherige  gemeinste  Art, 
welcher  lauge  fälschlich 
der  Name  A.  aiistralis  bei- 
gelcgtwar.  A]^A. ManteUi 
beschreibt  B  artlett  jetzt 
diese  kleinere  Art,  welche 
dunkler  uud  mehr  rot¬ 
bräunlich  ist  uud  eiueu 
läiK>’eren  Tarsus,  der  vorn  beschildert  ist,  trägt.  A.  ManteUi  stammt 
von  der  Nordinsel.  (Vgl.  die  Abbildung.) 

Die  neueste  und  eingehendste  Arbeit  über  die  Gattung  Apteryx 
rührt  von  Bull  er  her  (Birds  of  New-Seeland).  Dieser  Autor  nennt 
den  Apteryx  von  der  Nordinsel  A.  Imlleri.  Sharpe  und  Finsch 
hatten  nachgewiesen,  daß  Bartletts  A.  mantelli  synonym  mit 
A.  aiistralis  von  der  Südinsel  sei  und  daß  Bartletts  Irrtum  durch 
das  Variieren  der  Art  entstanden  sei.  Der  Vogel  der  Nordinsel  habe 
noch  keinen  Namen,  daher  bezeichnet  ihn  Sharpe  1888  als  A.  buUcri. 
Die  übrigen  3  Arten  (außer  hulleri)  stammen  von  der  Südinsel. 

Übersicht  über  die  4  Arten  der  Gattung  Apteryx  (nach  Buller). 

1.  Apteryx  Buller i^hdixpe^  der  Kiwi  von  der  Nordinsel.  Heimat¬ 
licher  Name:  »Kiwi«  oder  »K  i  w  i  -  p  a  r  u  r  e«. 

»Rötlichbrann.  Federn  des  Rückens  rötlich  braun,  au 
der  Basis  blasser,,  beiderseits  dunkel  gerändert,  gleichsam  ge¬ 
streift;  Schäfte  der  Federn  verlängert,  hart.  Scheitel  und 
Hinterhals  schwärzlichbraun,  die  Federn  an  der  Basis  grau. 
Stirn  uud  Kopfseiten  heller  grau,  jene  blasser;  Kehle 
schmutzigbraun,  der  übrige  Körper  unten  graubraun,  die 
Federn  in  der  Mitte  blasser,  gleichsam  gestreift.  Körper¬ 
seiten  wie  der  Rücken  gefärbt.  Schnabel  horuweiß,  Füße 
gesättigt  braun,  Iris  schwarz.« 


196 


2.  A.  australis  Shaw  and  Nodder,  der  Kiwi  von  der  Südinsel. 
Heimatlicher  Name:  »Kiwi«  oder  »Tokuka«. 

»Ähnlich  dem  Ä.  hulleri,  aber  größer,  blasser  und  mehr 
grau,  Rücken  nur  kaum  mit  Rotbraun  überhaucht.  Schäfte 
der  Federn  kaum  sichtbar,  daher  durch  größere  Weichheit 
des  Gefieders  kenntlich.« 

Diese  Art  kommt  sehr  selten  in  Sammlungen,  während 
die  folgende  öfter  gebracht  wird. 

3.  Ä.  0‘iveni  Gould,  der  kleine  graue  Kiwi.  Heimatlicher 
Name:  »Kiwi  pukupuku«. 

»Grau,  abwechselnd  braun  und  roströtlich  quergestreifte 
Rückenfedern  auch  dicht  vor  der  Spitze  schwarz  quer¬ 
gestreift;  unten  blasser,  heller  grau,  die  Federn  abwechselnd 
weißlich  und  braun  gebändert.  Scheitel  und  Kehle  hellgrau, 
Kopfseiten  etwas  gesättigter.  Schnabel  gesättigt  hornfarbeu, 
Füße  blaßbraun,  Krallen  hornfarbig,  Iris  schwarz.« 

Verbreitet  über  einen  großen  Teil  der  Südiusel,  in  ab¬ 
gelegenen  Teilen  noch  immer  sehr  zahlreich.  Einzeln  kommt 
er  auch  auf  der  Nordiusel  vor. 

4.  Ä.  Uaasti  Potts,  der  große  graue  Kiwi.  Heimatlicher  Name 
»R  o  a«  oder  »R  o  a  r  o  a«  oder  » K  i  w i  -  K  a  r  u  a  i.« 


»Ähnlich  dem  Ä.  Oiveni,  aber  viel  größer,  lebhafter  ge¬ 
färbt  und  auf  dem  Rücken  kastanienbraun  überhaucht.« 

Nur  wenige  Exemplare  bekannt.  Stammen  von  der  Westküste 
der  Südinsel. 

Die  weiblichen  Kiwi  sind  größer  als  die  Männchen,  dasfeyren 
sind  letztere  durchweg  lebhafter  gefärbt.  Für  A.  bulleri  gibt  Buller 
als  Maße  an  :  (5*  Größte  Länge  nach  den  Krümmungen  23  englische 
Zoll;  Schnabel  längs  der  Firste  4,25;  Lauf  2,75;  für  das  Q:  27,5 
resp.  6  resp.  3,5. 

Für  die  anderen  Arten  sind  die  Maße  folgende: 

Gesamtlänge  Schuabellänge  Laufläuge 

A.  austr.  cf  22,  9  27  cf  3,75,  9  5,5  2,25,  9  3 

A.  Owem  cf  17,5,  9  20  cf  2,85,  9  3,5  cf  1,75,  9  2,5 

A.  Uaasti  25,5  4,75  2,75 

(bei  A.  Uaasti  kein  Geschlecht  angegeben). 


Beim  A.  JBulleri  hat  das  Männchen  helle,  das  Weibchen  dunkel 
gefärbte  Beine;  doch  kommen  Ausnahmen  vor.  W^ahrscheinlich 
werden  die  Füße  mit  dem  Alter  dunkler.  Der  Gesamtton  des  Ge- 


197 


fieders  zeigt  verschiedene  Abünderungeu.  So  erhielt  Buller  ein 
Exemplar,  welches  am  Körper  matt  (trübe)  ziegelrot  gefärbt  war 
und  auffallend  weiches,  flaumiges  Gefieder  hatte.  Noch  ein  zweites 
derartiges  Exemplar  wird  erwähnt,  ferner  drei  auffallend  dunkle  mit 
fast  schwarzen  Beinen.  Auch  Varietäten  in  der  Schnabel-  und 
Krallenfärbimg  werden  angeführt,  sowie  in  der  Beschaffenheit 
des  Gefieders.  Unter  300  Kiwi,  welche  die  Eingeborenen  eines 
Distriktes  während  einer  Jagdsaisou  erbeuteten,  befanden  sich  fünf 
Albino. 

Die  Lebensweise  der  4  Kiwi-Arten  stimmt  im  grofsen  und 
ganzen  überein,  so  daß  wir  uns  auf  die  Biologie  der  am  genauesten 
beobachteten  Art,  des  Kiwi  von  der  Nordinsel,  halten  können, 
wobei  wir  uns  hauptsächlich  auf  die  eingehenden  Mitteilungen 
Bullers  stützen,  welche  er  in  seinem  schon  erwähnten  Werk  über 
die  Vögel  Neuseelands  uiedergelegt  hat. 

Bekanntlich  führen  die  Kiwi  eine  nächtliche  Lebensweise,  was 
auch  die  meisten  Besucher  des  hiesigen  zoologischen  Gartens,  und 
zwar  mit  einigem  Mißfallen,  bemerkt  haben,  da  die  Tiere  sich  den 
Tag  über  bis  zum  Anbruch  der  Dämmerung  in  den  für  sie  aufge¬ 
stellten  Strohbündeln  verkriechen.  Auch  in  der  Freiheit  halten  sie 
sich  am  Tage  verborgen  und  kommen  erst  gegen  Abend  zum  Vor¬ 
schein,  um  ihren  Geschäften  iiachzugeheu,  besonders  um  ihren 
Hunger  zu  stillen.  Ihre  Nahrung  besteht  wohl  vornehmlich  aus 
Würmern,  doch  fand  mau  auch  Beeren  und  Insekteiireste,  sowie 
Quarzstückcheii  in  Kiwimagen.  In  der  Gefangenschaft  nehmen  sie 
auch  zerschnittenes  Fleisch,  Leber  u.  s.  w.  an,  doch  bevoizugen  sie 
auch  hier  Regen würmer,  welche  ihnen  im  hiesigen  Garten  in  einem 
mit  Gartenerde  angefüllteu  eisernen  Topf  und  einer  ebensolchen 
Schüssel  vorgesetzt  werden.  Der  Vogel  sticht  mit  seinem  Schnabel 
in  die  Erde  bis  fast  an  die  Schnabelwurzel.  Hat  er  einen  Wurm 
gleich  gefunden,  so  faßt  er  ihn  und  zieht  ihn  mit  kleinen  Absätzen 
heraus,  um  ihn  ganz  zu  verschlingen.  Andernfalls  arbeitet  er  so 
gut  es  geht  und  oft  unter  offenbarer  Anstrengung  etwas  weiter, 
wobei  er  mit  Kopf  und  Hals  ruckweise  Bewegungen  macht, 
während  der  Körper  wenig  bewegt  wird.  Die  Beine  setzt  der  Vogel 
hierbei  in  eine  gerade  Linie,  eins  gerade  vor  das  andere.  Die  hiesigen 
Exemplare  stemmen  oft  ein  Bein  auf  deu  Rand  der  Schüssel,  um 
festeren  Halt  zu  haben. 

Vermutlich  befinden  sich,  wie  dies  ja  auch  bei  andern  Vögeln 
z.  B.  Schnepfen  und  Enten  der  Fall  ist,  im  Schnabel  und  besonders 


198 


im  vorderen  Teil  desselben  Tastorgane,  durch  welche  der  Vogel  die 
Würmer  wahrnimmt.  Doch  spielt  jedenfalls  auch  der  Geruch  eine 
Rolle,  da  bekanntlich  die  Nasenlöcher  sich  ganz  vorn  au  der  Schnabel- 
spitze  befinden.  Wunderbar  erscheint  es,  daß  bei  dem  Stechen  in 
der  Erde  sich  die  Nasenlöcher  nicht  sofort  verstopfen  und  dadurch 
funktionsunfähig  werden.  Es  ist  jedoch  beobachtet  worden,  dali  der 
Kiwi  beim  Stechen  stets  ein  schnaubendes  Geräusch  von  sich  ü'ibt. 
Buller  macht  keine  weiteren  Bemerkungen  hierzu,  ich  möchte  jedoch 
die  Ansicht  äufieru,  daß  dieses  Schnauben  daher  rührt,  daß  der  Vogel 
Luft  d  urch  die  Nase  ausstößt,  um  Fremdkörper,  Erde  u.  dergl.  aus 
den  Nasengängen  zu  entfernen.  Verschiedentlich  findet  man  in  der 
Litteratur  Angaben  über  eine  Klappvorrichtuug,  vermittels  welcher 
der  Kiwi  seine  Nasenlöcher  schließen  könne,  wenn  er  sticht.  Ich  kann 
mir  jedoch  hiervon  keine  Vorstellung  machen,  finde  auch  keine  nähere 
Beschreibung  dieser  Vorrichtung.  Um  eine  die  Nasenlöcher  bedeckende 
Klappe  zu  öffnen  und  zu  verschließen  ,  wären  Muskeln  nötig  ,  von 
denen  selbstverständlich  am  Schnabel  selbst  nicht  die  Rede  sein 
kann.  Aber  auch  au  der  Schnabelwurzel,  vorn  am  Kopf  befiudliche 
Muskeln,  welche  vermittelst  sehr  langer  Sehnen  auf  die  Naseu- 
klappen  wirken  müßten,  scheinen  mir  ein  Unding  zu  sein. 

Die  Eingeborenen,  welche  Buller  befragte,  bestritten,  daß  der 
Kiwi  selbst  Höblen  grabe.  Allein  der  englische  Forscher  machte 
an  seinen  Gefangenen  die  Erfahrung,  daß  dieselben  ihre  starken 
Füße  sehr  wohl  zum  Graben  benutzen  und  zwar,  wie  es  scheint, 
nur  die  Weibchen.  Buller  hielt  4  Männchen  und  3  Weibchen  in 
einem  Käfig,  welcher  aus  in  den  Boden  gerammten  Stangen  bestand. 
Am  Morgen,  nachdem  sie  eiugesperrt  waren,  hatten  sich  sämt¬ 
liche  Weibchen  unter  den  Käfigwänden  durchgegraben  und  waren 
ausgerückt.  Buller  gibt  ferner  an,  daß  die  W^eibchen  fast  immer 
durch  das  Scharren  abgenutzte  Krallen,  sowie  zur  Brutzeit  ein  sehr 
abgeriebenes  Gefieder  haben,  während  bei  den  Männchen  die  Krallen 
wenig  abgenutzt  sind  und  das  Gefieder  in  gutem  Zustande  sich  be¬ 
findet,  abgesehen  vom  Hinterleib,  wo  während  des  Brütens  durch 
das  andauernde  Sitzen  sich  natürlich  die  Federn  abstoßen. 

Wie  bei  den  straußartigeii  Vögeln  liegt  nämlich  bei  den  Kiwi 
dem  Mäiinche]!  die  Fllicht  des  Brütens  ob.  Die  Weibchen  scharren 
eine  Höhle,  etwa  arnilang,  für  das  Nest  oder  richten  eine  vorhandene 
für  diesen  Zweck  her,  tragen  etwas  Reisig  und  Halme  zu  einem 
rohen  Nest  zusammen  und  legen  darauf  2  Eier.  Dann  kümmern 
sie  sich  um  nichts  weiter,  sondern  überlassen  es  dem  Gatten,  die 


199 


Jongeu  zu  erbrüten  und  für  dieselben  zu  sorgen,  bis  sie  selbständig 
geworden  sind.  Die  normale  Kierzabl  ist  2,  selten  1,  in  wenigen 
Fällen  wurden  3  Eier  iu  einem  Nest  beobachtet.  Die  Eier  sind 
von  breit  elliptischer  Form  und  variieren  in  den  Mähen  von  4,5  Zoll 

Länge  bei  2,7  Breite  bis  5,3  Länge  bei  3,3  Breite.  Ein  wenig 

variiert  auch  die  Form.  Frisch  gelegt  sind  die  Eier  reinweih  oder 
grünlichgrau;  während  der  Bebrütung  färben  sie  sich  durch 

Schmutz  u.  s.  w.  schmutzig  gelbbraun,  lassen  sich  aber  durch 

Waschen  von  diesem  Überzug  befreien.  Im  zoologischen  Garten  zu 
London  wurde  das  Brutgeschäft  mehrfach  beobachtet.  Bartlett 
schildert  es  in  den  P.  Z.  S.  1868.  1851  erhielt  der  Garten  ein 

weibliches  Exemplar,  welches  im  Jahre  1859  zu  legen  begann  und 
jedes  Jahr  1  oder  2  Eier  erzeugte.  1865  kam  ein  Männchen  iu 
den  Besitz  des  Gartens.  Die  beiden  zusammen  lebenden  Vögel 
zeigten  nach  einiger  Zeit  Paarungslust,  welche  sich  durch  lautes 
Kufen  des  Männchens  und  leiseres  Antworten  des.  Weibchens  kund 
gab.  Diese  Rufe  hörte  man  nur  nachts,  tags  waren  die  Tiere  still. 
Am  2.  Jan.  legte  das  Weibchen  ein  Ei  in  eine  selbst  gekratzte,  mit 
Stroh  belegte  Vertiefung.  Vmm  zweiten  Tage  an  fing  der  männ¬ 
liche  Kiwi  an  zu  brüten.  Am  7.  Febr.,  also  nach  sehr  langer 
Zwischenzeit,  wurde  ein  zweites  Ei  gelegt,  so  daß  nunmehr  das 
Männchen  auf  zweien  saß  und  zwar  quer  über  den  parallel  mit 
ihren  Längsaxeu  nebeneinander  liegenden  Eiern,  welche  wegen 
ihrer  Größe  au  jeder  Seite  unter  dem  schmalen  Leibe  des  Vogels  zu 
sehen  waren.  Bis  zum  25.  April  saß  das  Männchen,  dann  verließ 
es  ganz  erschöpft  das  Nest  und  nunmehr  ergab  die  Untersuchung 
der^Eier,  daß  sie  unbefruchtet  waren.  Nach  den  Angaben  der  Ein¬ 
geborenen  beginnt  der  Kiwi  im  August  zu  legen.  Im  November 
fand  Buller  in  einem  Weibchen  ein  häutiges  Ei,  welches  etwa  nach 
14  Tagen  gelegt  worden  wäre.  Andererseits  wurden  gleichzeitig 
mit  dem  eben  erwähnten  weiblichen  Exemplar  einige  Junge  vom 
Jahr  erbeutet,  welche  etwa  April  oder  Mai  ausgeschlüpft  sein  mußten. 
Buller  schließt  aus  diesen  Fällen,  daß  das  Brutgcschäft  der  Kiwi  sich 
über  einen  sehr  bedeutenden  Zeitraum  aiisdehut.  Bestätigt  wird  diese 
Annahme  durch  die  Beobachtung  im  Londoner  zoologischen  Garten, 
wo,  wie  erwähnt,  ein  Männchen  von  Anfang  Januar  bis  Ende  April 
brütete.  Die  ausgeschlüpften  Jungen  sind  bald  imstande  zu  laufen 
und  sich  selbst  zu  ernähren  und  wachsen  sehr  rasch  heran. 

Mau  jagt  die  Kiwi  auf  Neuseeland  mit  Hunden,  denen  eine 
Glocke  angehängt  wird,  ähnlich  wie  es  vielfach  bei  uns  bei  der 


200 


j 


Schuepfensucbe  geschieht.  Die  Hunde  folgen  der  Spur  des  Kiwi 
bis  zu  der  Höhle,  in  welcher  der  betreffende  Vogel  sich  den  Tag 
über  versteckt  hält.  Der  Jäger  eilt,  so  rasch  es  die  Bodeube- 
schaffenheit  und  die  oft  ein  rasches  Vorwärtsdriugen  sehr  erschwerende 
Pflanzendecke  möglich  macht,  dem  Hund  nach  und  zieht  dann  den 
Vogel  ziemlich  leicht  aus  seinem  Versteck  hervor.  Da  die  Hunde, 
bis  der  Jäger  herankommt,  an  dem  Eingang  der  Höhle  kratzen  und 
mitunter  bis  zu  dem  Vogel  gelangen,  den  sie  alsdann  töten,  viel¬ 
leicht  auch  zerreißen,  so  muß  der  Jäger  möglichst  rasch  zur  Stelle 
sein;  manchmal  legt  mau  auch  den  Hunden  Maulkörbe  an,  um  das 
Beißen  zu  verhindern.  In  früheren  Jahren,  als  noch  die  Kiwi  zahl¬ 
reicher  waren,  sollen  von  einer  Jagdgesellschaft  bisweilen  in  einer 
Nacht  an  100  Exemplare  erbeutet  worden  sein.  Jetzt  macht  sich 
eine  rasche  Abnahme  der  sonderbaren  Vögel  bemerkbar,  Buller 
unternahm  einen  Stägigen  Ausfing  behufs  Kiwijagd  mit  bekannten 
eingeborenen  Kiwijägern  und  erbeutete  während  dieser  Zeit  in  einer 
an  dem  Wild  relativ  reichen  Gegend  nur  40  ICxemplare  und  9  Eier. 
Das  Fleisch  des  Kiwi  ähnelt  gekocht  in  Aussehen  und  Geschmack 
zartem  Rindfleich. 

Um  noch  einiges  über  die  anderen  Kiwi-Arten  zu  bemerken,  so 
sei  erwähnt,  daß  Ä.  cmstralis  von  der  Südinsel  jetzt  sehr  selten  von 
Sammlern  gebracht  wird  und  daher  wahrscheinlich  dem  Aussterben 
nahe  ist, 

Ä.  Oweni  scheint  hauptsächlich  an  der  westlichen  Seite  der 
Alpen  auf  der  Südinsel  vorzukommen.  J.  v.  Haast  sammelte  dort 
etwa  50  Exemplare,  hörte  und  sah  aber  au  der  Ostseite  des  Ge¬ 
birges  nichts  von  dieser  Art.  Übrigens  ist  der  Bestand  von  A.  Oweni 
arg  gefährdet  durch  den  Umstand,  daß  der  Vogel  ein  ausgezeichnetes 
Fleisch  liefert.  Nicht  nur  die  Europäer  sondern  auch  die  Maori 
wissen  es  zu  schätzen  und  letztere  töten  besonders  zu  festlichen  Ge¬ 
legenheiten  eine  große  Menge  der  wehrlosen  Vögel,  um  sie  zu  ver¬ 
speisen. 

A.  llaasti  ^vurde  1871  von  Potts  beschrieben.  Einige  Exemplare 
besitzt  das  Canterbury-Museum ;  außerdem  sind  nur  noch  wenige 
nach  England  gekommen.  Verreaux  beschrieb  noch  eine  Apteryx 
maximay  welche  die  Größe  eines  Truthahns  haben  soll,  doch  ist  mir 
über  diese  Art  nichts  weiter  bekannt  geworden  und  sie  wird  auch  in 
der  Litteratur,  besonders  von  Buller,  als  sehr  zweifelhaft  erwähnt. 

Die  systematische  Stellung  der  Gattung  Apteryx  hat  verschiedene 
Beurteilungen  gefunden.  Zuerst  und  vielfach  noch  bis  auf  die  Jetztzeit 


201 


rechnete  man  diese  Gattung  zu  den  Straußen  und  in  der  That  spricht 
manches  für  diese  Stellung  im  System,  besonders  das  typisclie  Ra- 
titenbrustbein,  die  Reduktion  der  Flügel  und  des  Schwanzes.  Die 
Kiwi  wurden  teils  einfach  als  eine  Gattung  bildend  aufgefaßt,  so 
von  lluxley  1867  in  seiner  »Classification  of  Birds«,  teils  als  Familie 
Apterygidae,  so  von  Garrod  1874,  teils  als  Ordnung,  so  z,  B.  von 
Forbes  1884,  von  Sclater  1880,  und  von  Newton.  Reicheiio  w  läßt 
die  Kiwi  nur  als  Gattung  gelten  in  der  Familie  der  Strauße  Stru- 
thionidae,  Ordnung  3revipennes.  In  Stejuegers  System  wiederum 
bilden  die  Apteryges  eine  eigene  Ordnung,  während  die  zweizehigen 
und  die  dreizehigeu  Strauße,  die  Kasuare  und  Emus  zusammen  eine 
Ordnung  für  sich  bilden.  Endlich  versetzte  1888  Fürbriuger  in 
seinem  epochemachenden  Werke  »Untersuchungen  zur  Morphologie 
und  Systematik  der  Vögel«,  wie  so  manche  andere  Vogelgruppe, 
auch  unsere  Kiwi  weit  weg  von  ihrem  bisherigen  Platz. 

Nach  dem  letztgenannten  Autor  weisen  die  nahe  verwandten 
neuseeländischen  Familien  der  Apterygidae  und  Dinornithidae  die 
meisten  Beziehungen  zu  den  Crypturi  und  den  Ftdicariae  auf  und 
stehen  diesen  sogar  näher  als  den  übrigen  Ratiten.  Die  Rück¬ 
bildung  der  Flügel,  den  Mangel  des  Akrokorakoides  und  der  Crista 
sterni,  durch  welche  sich  die  Apterygidae  von  den  genannten  Cari- 
naten  unterscheiden,  sieht  Fürbringer  nicht  als  grundlegende, 
absolute  Verschiedenheiten,  sondern  als  graduelle,  da  auch  bei 
den  Fulicariae  bei  sonstiger  Übereinstimmung  im  Ban  Reduk¬ 
tionen  der  genannten  Körperteile  sich  finden,  w'elche  sich  eben 
nur  durch  den  Grad  ihrer  Ausbildung  von  den  Befunden  bei 
unterscheiden.  »Die  Befunde  der  Untersuchung«,  so  sagt  Für¬ 
bringer,  »dürften  die  Annahme  rechtfertigen,  daß  die  Apterygifornies 
(Subord.  enth.  Apterygidae  und  Dinornithidae)  in  der  nächsten  Nähe 
der  Crypturiformes  und  Balliformes  dem  Vogelstamme  entsprossen 
sind,  aber  schon  in  ziemlich  früher  Vorzeit  ihre  Vordergliedinaßen 
durch  Nichtgebrauch  zur  Rückbildung  brachten  und  damit  ihre 
einstige  karinate  Natur  völlig  verloren,  während  die  beiden  letzteren 
erst  viel  später,  nach  einer  gewissen  Erstarkung  der  Flugfähig¬ 
keit  und  karinaten  Bildung,  dem  ähnlich  wirkenden  Reduktions¬ 
prozesse  anheirafielen  und  dem  entsprechend  nur  in  einem  be¬ 
schränkteren  Grade  unterlagen.  Diese  Beziehungen  zu  der  Siibordo 
Cryx)turiformes^  sowie  demnächst  und  mittelbar  zu  den  Snhordines 
Balliformes  Mud  Galliformcs  dürften  mehr  rechtfertigen,  Snbordo 
Aptery gif ormes  mit  denselben  (zu  der  Ordnung  AlectO)  O)  nitlies)  zu 


1 


—  202  — 

verbiiidei],  als  ilmeu  eine  separierte  Stellung  als  besouclere  oder  den 
Kasuaren  mehr  genäherte  Ordnung  zu  geben.«  übrigens  hatte  auch 
schou  Seebohm  die  nahe  Beziehung  zwischen  den  Apterygidae  und 
den  Crypkiri  ausgesprochen  und  ebenfalls  Stejneger  stellt  zwar  noch 
die  Apteryyes  zu  den  straulsartigen  Vögeln,  aber  auch  die  Crypturi  zu 
dieser  Reihe.  Sharpe  operirt  in  ähnlichem  Sinne,  indem  er  die 
Apterygiformes  als  letzte  Ordnung  der  liatitae  und  die  Crypturi- 
formes  als  zunächst  sich  anschliessende  Ordnung  der  Carinatae  an¬ 
sieht.  So  sehen  wir  also  hierin  die  Bestätigung  der  Ansichten  Für¬ 
bringers,  dem  es  Vorbehalten  blieb,  den  weiteren  Schritt  zu  thun 
und  die  Apteryges  ganz  von  den  strauüartigen  Vögeln  loszulösen. 


Alpen-  und  Mauersegler,  Cypseliis  melha  et  apiis,  iu  ihrem 

Grefangenlebeii. 

Von  Ernst  Perzina,  Wien. 

»Einen  Segler  im  Käfig  zu  halten,  ist  ein  Ding  der  Unmöglich¬ 
keit«,  schrieb  der  unübertreffliche  Beobachter  des  Lebens  und  Treibens 
freier  und  gefangener  Tiere  A.  E.  Brehm  in  seinem  »Tierleben«, 
und  jeder,  welcher  die  beiden  europäischen  Seglerarten,  den  Alpen- 
und  den  Mauersegler,  nur  in  ihrem  Freileben  beobachtet  hat,  sie 
nur  als  das  kennt,  was  sie  hier  sind,  die  wahre  Verkörperung  der 
raschesten  und  ungebundensten  Bewegiiugsfähigkeit,  der  rastlosesten, 
nimmermüden  Thätigkeit,  dem  wird  es  wohl  als  eine  Unmöglichkeit 
erscheinen,  diese  stürmischen  Geschöpfe,  welchen  kein  Raum  zu  groß 
zu  sein  scheint,  an  die  Gefangenschaft  zu  gewöhnen,  sie  in  derselben 
dauernd  und  bei  bestem  Wohlsein  zu  erhalten.  —  Und  doch  ist  dies 
möulich,  dafür  kann  ich  einen  lebenden  Beweis  erbringen:  meinen 
Alpensegler,  welcher  sich  nun  seit  Ende  Juli  1891,  also  gegenwärtig 
durch  etwa  elf  Monate,  in  Gefangenschaft  befindet  und  dessen  körper¬ 
liches  Wohlbefinden  ersichtlich  nichts  zu  wünschen  übrig  läüt. 

Daü  diese  Möglichkeit  vorhanden,  ja,  wenigstens  was  die  Ein¬ 
gewöhnung  betrifft,  leichter  durchführbar  als  bei  manchen  anderen 
\^()gelarteu  ist,  erscbcint  aber  auch  wirklich  wunderbar;  denn  nicht 
nur,  daß  der  gefangene  Segler  seiner  eigentlichen  Lebens-  und  Be¬ 
wegungssphäre,  dem  unbegrenzten  Raum  der  Luft  entfremdet,  sich 
sehr  begrenzten  Raumverhältnissen  anpasseu,  die  ihm  in  der  Freiheit 
fast  einzig  geläufige  Bewegungsart,  den  Flug,  aufgeben  und  sich  ge- 


203 


wohnen  mnls,  sein  Vorwärtskominen  durch  ungeschicktes  Laufen 
und  Klettern  zu  finden,  muü  auch  die  Art  der  Nalirungsaufnahine 
eine  Umänderung  erfahren,  wie  sie  gröfier  kaum  sein  kann,  denn 
die  Weise,  in  welcher  sich  der  freie  Segler  ernährt,  ist  derjenigen, 
welche  der  Gefangene  auzuwenden  gezwungen  ist,  geradezu  entgegen¬ 
gesetzt.  Während  ersterer  seine  Nahrung  wohl  ausschließlich  während 
des  Fluges  in  der  Luft  aufschuappt,  muß  letzterer  jeden  Bissen  vom 
Boden,  aus  seinem  Futtergefäß,  aufklauben.  Gerade  dieser  Umstand 
mag  dem  Vogelpfleger  als  schwierigster  Punkt  der  vollständigen 
Eingewöhnung  der  Seglerarten  erscheinen,  besonders  nachdem  eiu 
Versuch  in  dieser  Richtung ,  welchen  der  ausgezeichnete  Pfleger 
alpiner  Tiere,  Herr  Dr.  Girtanner,  vor  Jahren  mit  dem  Alpen¬ 
segler  unternommen  hatte,  bezüglich  Gewöhnung  der  Vögel  au  selb¬ 
ständige  Nahrungsaufnahme  erfolglos  blieb.  Die  vier  Versuchs¬ 
exemplare  konnten  wohl  durch  neuu  Mouate  am  Leben  erhalten 
werden,  doch  war  während  dieser  ganzen  Zeit  die  Ernährung  eine 
künstliche,  indem  die  Futterstoffe  tief  in  deu  Rachen  geschoben 
werden  mußten.  Auch  ich  konnte  zu  Anfang  meiner  Segler- Ein- 
gewöhnuugsversuche,  welche  ich  mit  unserem  Mauersegler  vornahm, 
kein  besseres  Resultat  erzielen,  ja  in  vielen  Fälleu  mußte  ich,  nach¬ 
dem  ich  nach  tagelangem  Bemühen  nicht  einmal  so  viel  erreichen 
konnte,  daß  die  eingestopfte  Nahrung  nicht  immer  wieder  ausge- 
spieeu  wurde,  die  Versuchstiere  wieder  in  Freiheit  setzen,  um  sie  nicht 
nutzlos  zu  Grunde  gehen  zu  lassen.  Allerdings  erschienen  dieselben 
meist  schon  von  vornherein  als  alte,  völlig  ausgewachsene  Vögel  zur 
Eingewöhnung  wenig  geeignet,  aber  nachdem  ich  keine  jungen,  noch 
nicht  selbständigen  Exemplare  trotz  aller  Bemühungen  erlangen 
konnte,  mußte  ich  mich  eben  wohl  oder  übel  an  erstere  halten.  Das 
verhältnismäßig  günstigste  Resultat  mit  diesen  Seglern  hatte  ich  bei 
einem  solchen  zu  verz'ächnen,  welcher  Ende  Juni  1890  in  meine 
Pflege  kam.  Dieser  Vogel  war  von  einer  Dame  auf  dem  Boden 
lietrend  irefunden  worden,  als  er  in  meine  Hände  kam,  bereits  fünf 
Ta're  im  Besitze  derselben  gewesen  und  hatte,  da  er  nicht  allem 
fressen  wollte  und  auch  nicht  gestoi>ft  worden  war,  während  dieser 
«ranzen  Zeit  keine  Nahrung  aufgenommen;  trotzdem  war  er  sehr  gut 
bei  Leibe,  nicht  im  geringsten  abgemagert  und  sehr  munter.  An¬ 
fangs  hatte  ich  auch  mit  diesem  Tierchen  einen  schweren  Stand,  da 
er  die  eingestopften  Mehlwürmer  nicht  schluckte,  sondern  stets 
wieder  ausspie.  Nach  einigen  Pagen  hatte  sich  indes  dei  Segler  an 
die  etwas  gewaltsame  Fütterung  gewöhnt  und  verzehrte  nun  täglich 


204 


bis  achtzig  groläe  Mehlwürmer.  lu  dieser  Weise  eruährte  ich  ihn 
durch  fast  zwei  Monate,  während  welcher  Zeit  er  stets  sehr  munter  war 
iiud  an  Körper  eher  zu-  als  abnahin.  Nachdem  ich  ihn  durch  etwa 
sieben  Wochen  gestopft  hatte,  begann  er  die  Würmer  freiwillig  von 
der  Hand  abzunehmen  und  ich  bin  fest  überzeugt,  daß  ich  ihn  zur 
selbständigen  Futteraufnahme  gebracht  hätte,  wenn  ich  nicht  durch 
Umstände  gezwungen  worden  wäre,  seine  Pflege  aufzugeben.  Zu 
meinem  Schmerze  mußte  ich  bald  hören,  daß  das  arme  Tier  unter 
der  »sachverständigen  Pflege«  desjenigen,  welcher  den  Vogel  nach 
mir  in  Behandlung  nahm  —  ich  habe  gehört,  daß  der  Segler,  um 
ihn  vor  »Überfütterung«  zu  bewahren,  täglich  fünf  oder  sechs  Mehl¬ 
würmer  erhielt  und  wahrscheinlich  auch  sonst  unrichtig  behandelt 
wurde,  denn  dem  Hunger  allein  wäre  er  nicht  so  schnell  erlegen  — , 
sein  Leben  ausgehaucht  hatte.  Glücklicher  als  mit  diesen  Mauer¬ 
seglern  fielen  meine  demnächst  angestellteu  Versuche  mit  dem  Alpen¬ 
segler  aus,  denn  hier  wurde  gleich  der  erste  mit  vollem  Erfolge 
gekrönt;  allerdings  waren  die  in  Rede  stehenden  Vögel  als  junge, 
zwar  schon  gut  entwickelte,  aber  doch  noch  nicht  selbständige  Exem¬ 
plare  dafür  so  geeignet  wie  nur  möglich. 

Ich  verdankte  meine  Alpensegler  der  Güte  des  Herrn  Präpara¬ 
tors  Zollikofer  in  St.  Gallen,  des  ausgezeichneten  Kenners  und 
Pflegers  der  schweizerischen  Tierwelt.  Ende  Juli  1891  meldete  mir 
ein  Schreiben  desselben,  daß  er  an  Herrn  Ingenieur  C.  Pal  lisch, 
Erlach,  N.-Ö,  welcher  sich  in  derselben  Weise  wie  ich  für  die  Ein¬ 
gewöhnungsversuche  mit  Spaltschnäbleru  interessierte ,  einen  Korb 
mit  neun  Stück  jungen  Alpenseglern,  von  welchen  ein  Teil  für  mich 
bestimmt  sei,  senden  werde.  Ein  weiteres,  noch  am  selben  Tage  ein¬ 
laugendes  Schreiben  meldete,  daß  Herr  Zollikofer  unerwarteter 
Weise  noch  neun  Alpensegler  erhalten  habe  und  daß  diese  direkt 
an  meine  Wiener  Adresse  abgehen  würden.  Meine  Gefühle  l)eim 
Lesen  dieser  Zeilen  waren  etwas  gemischter  Natur,  einerseits  große 
Freude,  die  so  sehulichst  gewünschte  Art  zu  erhalten,  andererseits 
aber  eine  kaum  minder  große  Furcht  vor  der  Versorgung  dieser 
Schar,  denn  ich  war  der  festen  Ansicht,  daß  es  die  Ankömmlinge, 
wohl  die  ersten  Alpeusegler  auf  Wiener  Boden,  wenigstens  anfangs, 
melirere  Wochen  vielleicht  aber  auch  Monate  hindurch,  nicht  besser 
machen  würden,  als  die  Pfleglinge  des  Herrn  Dr.  Girtanner,  daß  ich 
sie  mindestens  während  eines  längeren  Zeitraumes,  möglicherweise  aber 
auch  für  immer,  werde  gewaltsam  stopfen  müssen.  Wie  unangenehm, 
wie  mühsam  und  zeitraubend  eine  derartige  Fütterungs weise  für  den 


205 


Püeger  ist,  das  hatte  icli  damals  ein  Jahr  vorher  mit  meinen  drei 
Nachtschwalben,  die  anfangs  auch  nicht  freiwillig  »sperrten«,  gerade 
zur  Genüge  ansgekostet,  wie  würde  sich  das  nun  erst  bei  einer 
solchen  Schar  gestalten !  Am  nächsten  Morgen  brachte  der  Postbote 
zwei  große  Körbe,  den  einen  aus  Erlach,  den  anderen  von  St.  Gallen 
geschickt,  deren  Inhalt  noch  bei  geschlossenen  Deckeln  durch  heftiges 
Schreien  und  Zischen  seine  Lebendigkeit  anzeigte.  Schnell  wurde 
zunächst  der  Schweizer  Korb  geöffnet,  um  dessen  Insassen,  welche 
während  der  ganzen  Reisedauer  gefastet  hatten,  zu  füttern.  Als  der 
Deckel  gehoben  war,  bot  sich  mir  ein  Bild,  welches  ich  wahrlich 
nicht  erwartet  liatte:  auf  ein  weiches  Heulager  gebettet  lagen  da 
neben  und  übereinander  die  Alpeusegler  und  —  rissen  Futter 
heischend  unter  gräulichem  Spektakel  die  Rachen  in  ihrer  verhält¬ 
nismäßig  ganz  enormen  Weite  auf!  Jetzt  nur  schnell  Futter  her 
und  ein  großes  Stück  Käsequark  mit  daranhaften  den  Ameisenpnppen 
dem  ärgsten  Schreier  tief  in  den  Schlund  geschoben !  Nun  daß  dieses 
tiefe  Einschieben  vollständig  überflüssig  sei,  wurde  mir  bald  klar, 
denn  die  hungrigen  Schweizer  rissen  mir  jeden  Bissen  aus  der  Hand, 
und  wenn  es  nur  gegangen  wäre,  hätten  sie  gewiß  meine  Finger 
auch  mit  verschluckt.  Endlich,  endlich  schwiegen  die  Schreihälse, 
wie  es  mir  schien  aber  auch  nur  aus  dem  Grunde,  weil  es  mit  bestem 
Willen  nicht  mehr  ging,  —  meine  Futtervorräte  zeigten  aber  auch 
Breschen  !  !  Ein  einziger  der  Insassen  dieses  Korbes  verweigerte  jede 
Nahrungsaufnahme,  zeigte  sich  überhaupt  sehr  matt  und  ging  wenige 
Stunden  später  ein,  wahrscheinlich  war  er  schon  beim  Einsammeln 
innerlich  verletzt  worden,  denn  daß  ihm  das  Fasten  und  die  etwaig 
erlittenen  Unbilden  während  der  Reise  geschadet  haben  sollten,  kann 
ich  nicht  wohl  annehmeu,  nachdem  all’  seine  Genossen  sich  nicht  im 
mindesten  angegriffen  zeigten.  Die  Segler  des  zweiten  Korbes,  sechs 
an  der  Zahl,  welche  den  Tag  vorher  in  Erlach  Station  gemacht 
hatten  und  dort  gefüttert  worden  waren,  zeigten  sich  wohl  infolge 
des  letzteren  Umstandes  lange  nicht  so  lebhaft  wie  die  St.  Galler, 
sie  schrieen  wohl  auch,  sperrten  aber  nicht.  Ich  nahm  infolge  dessen 
an,  daß  sie  noch  nicht  hungrig  seien  und  stellte  sie  mit  ihrem  Korbe 
auf  die  Seite.  Als  ich  einige  Stunden  später  wieder  nachsah, 
schienen  sie  denn  auch  das  Versäumte  wieder  nachholen  zu  wollen, 
denn  nun  lärmten  sie  mit  ihren  Landsleuten  im  anderen  Korbe  um 
die  Wette,  und  bis  es  Abend  wurde,  hatten  sie  sich  ebenso  wie 
diese  noch  zweimal  in  gleicherweise  gemeldet  und  Quantitäten  von 
Futter  verschlungen,  deren  Menge,  bei  all’  den  guten  Wünschen, 


206 


welche  ich  für  eleu  gesegneten  Appetit  meiner  Schützlinge  hegte,  mir 
doch  ein  gelindes  Grauen  einflößte,  wenn  ich  au  die  Kosten  dachte, 
mit  welchen,  nach  dem  ersten  Tage  zu  schließen,  die  Erhaltung 
dieser  scheinbar  ewig  hungrigen  Schreihälse  verbunden  schien  !  Man 
denke,  die  Vögel  hatten  während  dieses  ersten  Tages  über  ein  Kilo 
Käsequark,  ^/4  Kilo  rohes  Rindsherz  und  ^/2  Liter  frische  Araeisen¬ 
puppen  aufgezehrt!  Am  nächsten  Tage  war  ihre  Freßlust  kaum 
geringer,  ihre  Bewegungen  beim  Futterheischen  mit  Flügelschlageu 
und  einem  eigentümlichen,  stoßweisen  Kopfnicken  noch  weit  ener¬ 
gischer  als  am  ersten  Tage,  überhaupt  zeigten  sie  sich  nun,  von  den 
Strapazen  der  Reise  ausgeruht  und  gekräftigt,  viel  lebhafter  und 
vor  allem  hatten  sie  ihre  Stellung  gänzlich  verändert,  denn  während 
sie  nach  der  Ankunft  auf  dem  Boden  des  Korbes  lagen,  hatten  sie 
sich  jetzt  au  dessen  Wänden  mit  den  Füßen  angeklammert  und 
hingen  so  dicht  aneinander  gedrängt  da.  Während  der  Fütterung 
suchte  einer  den  anderen  mit  Flügelschlageu  zu  verdrängen,  und  oft 
kam  es  im  Eifer  vor,  daß  mehrere  nach  demselben  Bissen  sebnajDpten 
oder  sich  den  glücklich  erhaschten  Brocken  wechselseitig  aus  dem 
Schnabel  zu  reißen  suchten,  wobei  dann  manchmal  ein  Teil  des 
Kopfes  des  einen  im  Rachen  des  anderen  verschwand.  Dabei 
schrieen  sie  unaufhörlich,  und  selbst  daun,  wenn  sie  gerade  an  einem 
großen  Futterstücke  würgten ,  tönte  aus  ihrer  Kehle  das  heisere 
Zischen  herauf.  Etwa  fünf  Tage  nach  ihrer  Ankunft  in  Wien  ließ 
die  Freßlust  der  Segler  ganz  bedeutend  nach;  sie  zeigten  wohl  noch 
immer  einen  ganz  ansehnlichen  Appetit,  verzehrten  jedoch  nicht 
mehr  solche  Massen  und  begehrten  vor  allem  nicht  mehr  so  oft 
Nahrung  wie  anfangs.  Während  sie  früher  oft  zehnmal  w^ähreiid  des 
Tages  mit  lautem  Gezisch  nach  Futter  verlangten  und  Aveuu  sie 
nicht  gerade  vollgefressen  waren,  so  oft  mau  ihnen  nur  Nahrung 
aubot,  diese  aufs  gierigste  verschlangen,  genügte  ihnen  später  eine 
zweimalige  tägliche  Fütterung,  die  erste  gegen  9  Uhr  vormittags, 
die  zweite  abends.  Bei  diesen  beiden  Mahlzeiten  zeigten  sie  sich 
allerdings  auch  so  stürmisch,  so  gierig  und  unersättlich  wie  nur  je, 
in  der  Zwischenzeit  aber  verhielten  sie  sich  ganz  ruhig  ;  hielt  man 
ihnen  etwas  vor,  so  schnappte  wohl  einer  oder  der  andere  darnach, 
aber  ohne  jede  Hast,  ich  möchte  fast  sagen,  gleichgültig,  und  nie 
ließ  sich  dann  einer  hierbei,  mehr  als  ein  oder  zwei  Brocken  zu 
nehmen.  Während  des  Tages  hingen  die  Vögel  in  dieser  Altersstufe 
eng  aneinander  geschmiegt,  stets  an  der  Außenwand  eines  runden 
Weideukorbes,  ohne  sich  in  anderer  Weise  zu  bewegen,  als  daß  der 


207 


Kopf  öfters  nach  allen  Seiten  gewendet  oder  daß  im  Gefieder 
genestelt  wurde;  rückte  der  Abend  heran  und  stellte  sich  mit  der 
vorgeschrittenen  Zeit  auch  der  Hunger  ein,  dann  wurden  die  Tiere 
lebhafter,  kletterten  an  den  Korbwänden  herum,  schlugen  mit  den 
Flügeln  und  vor  allem  suchte  jeder  einen  Platz  zunächst  des  Korb¬ 
randes  einzunehmeu.  Mit  dieser  erhöhten  Beweglichkeit  wurden  die 
Segler  auch  lauter,  und  wenn  ich  mich  einmal  etwas  später  als 
gewöhnlich  eiustellte,  dann  wurde  mein  Näherkommeu  mit  obren- 
zerreißendem  Geschrei  begrüßt.  Etwa  zwei  Wochen  hindurch  fütterte 
ich  die  Segler  in  der  W^eise,  daß  ich  ihnen  die  Nahrungsstofte,  rohes 
Herz,  Käsequarkstücke  oder  zu  kleinen  Ballen  geformtes  Mischfutter 
mit  den  Fingern  vor  den  Schnabel  Fielt,  worauf  es  stets  aufge- 
schuappt  wurde,  daun  versuchte  ich  als  ersten  Schritt,  um  die  Vögel 
an  selbständiges  Aufheben  des  Futters  zu  gewöhnen,  ihnen  dies  auf 
der  flachen  Hand  vorgehalten  zu  reichen,  und  als  dies  nach  einigen 
mißglückten  Anfängen  auch  bald  prächtig  angenommen  wurde, 
dachte  ich  mir,  nun  gewonnenes  Spiel  zu  haben  und  stellte  ihnen 
einfach  eine,  bis  an  den  Rand  mit  Futter  gefüllte  Schüssel  hin. 

Nun  aber  zeigten  sich  die  Segler  auf  einmal  störrisch,  indem  sie  von 
der  ihnen  in  dieser  Weise  vorgelegteu  Nahrung  absolut  nichts  frei¬ 
willig  anfuehmen  wollten.  Von  der  Voraussetzung  ausgehend,  daß 
sie  sich,  wenn  nur  erst  recht  ordentlich  hungrig  geworden,  schon 
dazu  bequemen  würden  selbst  zuzugreifen,  fütterte  ich  die  Segler 
durch  drei  Tage  gar  nicht  von  der  Hand,  allein  die  Vögel  hungerten 
lieber,  als  daß  sie  sich  hätten  entschließen  können,  etwas  aus  der 
Schüssel  zu  nehmen.  Die  Segler  waren  nach  diesem  dreitägigen 
Fasten  recht  hungrig  geworden  —  aber  dabei  in  keiner  Weise  sicht¬ 
bar  abgemagert  —  und  wenn  ich  ihnen  meine  Hand  hinhielt,  so 
stürzten  alle  gierig  darauf  los  und  schnappten  schreiend  nach  meinen 
Fingern.  Dies  brachte  mich  auf  eine  neue  Idee:  ich  wühlte  nun  mit 
der  Hand  im  Futter  herum,  die  Vögel  schnappten  nach  derselben 
und  dabei  unwillkürlich  auch  nach  jenen  Futtermengen,  welche  sich 
bei  den  Bewegungen  der  Finger  vor  diesen  augehäuft  hatten,  belvamen 
den  einen  oder  anderen  Brocken  in  den  Schnaliel  und  veistanderi 
bald  auch  auf  diese  Art  ihr  Futter  aufzunehmen,  thaßm  dies  aller 
nur  so  lange,  als  ich  die  Hand  in  die  Schüssel  hielt,  entfeinte  ich 
diese  aus  der  letzteren,  so  wurde  auch  nichts  mehr  aufgenommen. 
Endlich  nach  weiteren  acht  Tagen  gewöhnten  sich  die  Segler  auch 
daran,  ohne  meine  Beihülfe  zu  fressen.  Anfangs  schien  ihnen  hierbei 
wenio-stens  noch  meine  Gegenwart  unbedingt  nötig  zu  sein,  denn 


208 


das  Vorgesetzte  Putter  wurde,  war  ich  abwesend,  nicht  weniger,  trat 
ich  hierauf  aber  in  die  Stube,  so  eilten  sie  sofort  zu  dein  Futter¬ 
geschirr  und  begannen  mit  großer  Hast  zu  fressen.  Auch  später 
noch  schien  meine  Anwesenheit  immer  sympathisch  auf  ihren 
Appetit  zu  wirken ,  wenn  sie  ihre  Freßlust  auch  nicht  mehr 
an  dieselbe  banden,  sondern  ohne  sich  an  eine  bestimmte  Zeit  zu 
halten,  während  des  ganzen  Tages  fraßen,  am  meisten  aber  während 
des  Morgens,  wenn  ich  ihnen  frisches  Futter  reichte  und  mich 
während  dessen  mit  ihnen  beschäftigte,  denn  da  wurde  stets  die 
größere  Hälfte  der  gebotenen  Nahrung  verzehrt. 

Die  Art  der  Nahrungsaufnahme  ist  eigentümlich;  ist  das  Futter 
ein  lockeres  Gemisch,  so  fährt  der  Segler  mit  weit  geöffnetem 
Schnabel  in  dasselbe  hinein  und  vollführt  dann  gleichsam  schlürfende 
Bewegungen,  größere  Brocken  werden  ebenso  erfaßt.  Sind  sie  im 
Schnabel,  so  wird  der  Kopf  in  die  Höhe  gerichtet  und  nun  in  dieser 
Lage  der  Bissen  hinabgewürgt,  doch  sind  -die  Segler  auch  fähig, 
kleinere  Gegenstände,  wie  z.  B.  einzeln  liegende  Ameisenpuppen 
mittels  der  wenig  geöffneten  Schuabelspitzen  aufzuheben,  —  aller¬ 
dings  scheint  ihnen  dies  sauer  genug  zu  werden,  denn  so  lauge  der 
Futternapf  gefüllt  war,  machten  weder  die  jungen  noch  der  gegen¬ 
wärtig  in  meinem  Besitze  befindliche  Alpensegler  je  von  dieser 
Fähigkeit  Gebrauch. 

Während  der  ersten  Zeit  bevorzugten  meine  Segler  von  allen 
gebotenen  Nahrungsstoffen  entschieden  größere  Stücke  Käsequarks, 
sogenannten  Topfens.  Ballen  festgedrückten  Mischfutters  wurden, 
trotzdem  sehr  viele  frische  Ameiseupuppeu  darunter  gemengt  waren, 
weit  weniger  gern  genommen.  Fleisch,  roh  oder  gekocht,  stand  am 
wenigsten  in  Gunst  und  wurde  nur  dann  verschluckt,  wenn  ich  es 
ihnen  tief  in  den  Schlund  schob;  steckte  ich  es  bloß  in  den  Schnabel, 
so  wurde  es  alsbald  verächtlich  weggeschleudert  und  selbst,  wenn  sie 
noch  so  hungrig  und  gierig  waren,  verschmähten  sie  es  von  der 
Hand  abzunehmen. 

Später  gewöhnte  ich  die  Alpensegler  au  ein  Gemenge  von  gleichen 
Teilen  geriebener  Möhre,  gekochten  Rindsherzens,  geschwellter  Ameisen¬ 
puppen  und  Eintagsfliegen,  worunter  etwa  haselnußgroße  Stücke 
Käsequark  und  fein  geschabtes  rohes  Herzfleisch  gemischt  waren. 
Alle  Teile  des  Futters  wurden  nun  gleich  gern  angenommen.  Gewiß 
ist,  daß  den  Vögeln  diese  gemischte  Nahrung  besser  bekam,  als  die 
fast  ausschließliche  Ernährung  mit  ihrem  einstigen  Lieblingsfutter, 
dem  Käsequark,  denn  während  zur  Zeit,  als  ich  hauptsächlich  diesen 


209 


fütterte,  die  EntleeruDgen  dünnflüssig  waren,  sind  sie  hierbei  fest 
ge\\orden.  Mein  gegenwärtiger  Pflegling  hat  sich  seit  neuester  Zeit 
die  frischen  Ameisenpuppen  zur  Leibspeise  erkoren  und  befindet  sieb 
bei  ausschließlicher  Fütterung  mit  diesen  so  wohl,  daß  er  seither  — 
singt !  Doch  hiervon  später.  (Schluß  folgt.) 


Italienische  und  neugriechische  Namen  der  Eidechse  und 

verwandter  Reptilien. 

Von  Dr.  C.  J.  Porsyth  Major. 

(Fortsetzung). 

»Racano,  ragano,  racono«:. 

i.  e.  Lacerta  viridis.  Aus  dem  Neapolitanischen  und  der 
Romagua.  In  Sinigaglia  (Marken)  findet  sich :  räghu,  ragano ,  d  r  äg  h 
^^t.  Piof.  Matteucci) in  Umbrien  rägolo  neben  räcouo;  und  regolo 
als  Bezeichnung  für  eine  große  Schlange,  die  ich  nicht  gesehen  habe, 
von  der  aber  allerhand  gefabelt  wird.  Das  drägh  (Drache)  mag 
eine  volkstümliche  Umdentung  des  unverständlich  gewordenen 
räghn  sein;  es  könnte  sich  aber  auch  umgekehrt  verhalten, 
und  racano,  racono  geradezu  von  draco,  dracouem  abgeleitet 
sein,  sowie  räghn,  ragano  und  parm.  rangoll,  aus  it.  dragone^); 
auch  im  Gaelischeu  ist  dearc  Eidechse,  wie  wir  sahen.  So  lauge 
nicht  ältere  Formen  vorliegen,  dürfte  der  Entscheid  schwer  fallen. 

Rägolo  seinerseits  mahnt  an  das  moden.  rugöl.  Neben  dem 
von  Flechia  aufgeführten  rangoll,  das  derselbe  mit  dem  vorher¬ 
gehenden  auf  lacerta  zurückführt,  finden  sich  noch,  ebenfalls  im 
parm.  riugöll  und  rigöll.  Ferner  nigölo  in  der  Lunigiana 
(Prov,  Massa)  und  rogio,  rogiolo  in  der  Umgegend  von  Pisa; 
sämtlich  Synonyme  von  ramarro  (La  certa  viridis).  Provenzalische 
Bezeichunngeu  für  Eidechse  sind  u.  a.  rigolon,  rigoloun^). 
Es  liegt  nahe,  füi  alle  diese  eine  Ableitung  vom  Lat.  r  e  g  u  1  u  s 
auzuuehnieu,  welches,  ursprünglich  als  Übertragung  von  ßaenXiaxot;, 

9  Definition  des  Volkes:  »serpente  grosso  molto,  fischia,  e  quando  fischia 
si  rinniscono  gli  altri«  (Frataguida,  Prov.  Perugia). 

9Verg].  alb.  dra  ngua-öi,  Drache,  und  cal.  alb.  drangol’d,  Scblancre. 
(G.  Meyer  Et.  W.  d.  alb.  Sprache). 

9  Zu  bemerken  ist  bei  diesem  Anlaß,  daß  in  der  Provinz  Teramo  ein 
Meerfisch,  der  Trachinus  draco,  die  Namen  ragano  und  rägana  de  mare 
führt.  (0.  G.  Costa,  Vocab.  zoologico). 

'*)  Honnorat,  Dictionnaire  provenfal-fran^ais. 

Zoolog.  Gart.  Jalirg.  XXXIII,  1892. 


14 


210 


zuerst,  wie  es  sclieint,  von  Hieronymus  gebraucht  wurde.  Wir  sahen, 
dah  das  Wort  noch  heutzutage  vorkommt,  allerdings  zur  Bezeichnung 
einer  Schlange.  Aber  auch  sonst  werden  in  verschiedenen  Sprachen 
Namen  von  Schlangen  auf  Eidechsen  übertragen  ;  so  gerade  in  Um¬ 
brien  heißt  biscia  die  Eidechse  (Lacerta  muralis);  in  Pyli  auf 
der  Insel  Kos  ist  (fidhaki,  d.  h.  Schlänglein)  =  Eidechse, 

und  ebenso  in  der  Schweiz,  (Canton  Bern)  Kupferschlängeli  = 
Lacerta  vivipara.  Möglich  wäre  es  auch,  daß  all  die  genannten 
an  regulus  aukliugeuden  Wörter  nur  allmählich  au  das  lateinische 

O  c5 

Wort  angelehnt  wurden.  — 


»Angö«. 

Wir  haben  soeben  einige  Formen  erwähnt,  welche  von  Flechia 
auf  lacerta  zurückgeführt  werden,  die  aber  auch  eine  andere 
Deutung  zulassen.  Dahin  gehört,  meiner  Meinung  nach,  auch  ventim. 
angö  =  ramarro,  für  welches  anguis  eine  näherliegeude  Ab¬ 
leitung  ist  als  lacerta.  Vergl.  ven.  angio,  angia  und  sic. 
angio;  diese  drei  allerdings  als  Bezeichnung  einer  Schlange  (Elaphis 
Aesculapii)  ^);  aber  wir  sahen  vorhin,  daß  der  Begriff  Schlange 
häufig  auch  auf  die  Eidechse  übertragen  wird.  — 

Ramarro. 

Zwei  in  Betracht  zu  ziehende  Etymologien  dieser  schon  bei 
Dante  vorkommenden  Benennung  der  grünen  Eidechse  (Lacerta 
viridis)  finden  sich  in  der  Litteratur: 

1)  Von  rame,  Kupfer,  wegen  der  Farbe.  Die  Idee  ist  von 
Mahn,  dem  sich  Diez  anschließt  ^). 

2)  Von  r  a  m  o  =  ramus,  Zweig,  woraus  ein  adj.  ramarius  ge¬ 
bildet  worden  wäre.  So  Galvani  ^)  und  andere;  auch  Flechia^) 
tritt  dafür  ein. 

Wer  je  eine  grüne  Eidechse  gesehen  hat,  wird  die  erstere 
Ableitung  sofort  von  der  Hand  weisen.  Höchstens  Malachit  oder  sehr 
stark  mit  Grünspan  überzogenes  Kupfer  könnte  auf  eine  derartige 
Idee  führen!  Die  herangezogene  Bezeichnung  »Kupfereidechse«, 
sowu’e  die  ähnliche  »Ku  pferscli  längli«  und  das  griechische  xuI-kIc, 

ß  Fauna  d’Italia.  IV.  E.  De  Betta,  Rettili  ed  Anfibi.  Milano  1874,  p.  43. 

ß  fitymol.  Wörterbuch  der  romau.  Sprachen,  4.  Ausg.  Bonn  1878.  Ila 
(p.  392). 

ß  ].  c.  p.  505  s.  V.  urgöl. 

ß  ].  c.  p.  162. 


211 


beziehen  sich  auf  Reptilien,  die  wirklieli  metallenen  Kupferglanz 
und  -färbe  besitzen. 

Was  die  zweite  Deutung  betrifft,  so  ist  der  Aufenthalt  auf  und 
zwischen  Zweigen  nicht  etwa  besonders  charakteristisch  für  den 
ramarro.  Zudem  findet  sich  im  romagnol.  Dialekt  eine  einfachere 
form:  mar  =  ramarro  ^).  Nun  scheinen  allerdings  Diez  und 
Flechia  geneigt,  diese  als  eine  aphaeretische  Form  von  ramarro 
zu  betrachten.  Wenn  wir  aber  unsere  Blicke  etwas  weiter  richten, 
so  finden  wir  im  Kurdischen  mär  =  Schlange  ^),  und  wie  es  scheint 
auch  im  Persischen  eine  ähnliche  Form.  Ferner  kurd.  märek 
(Diminutiv)  =  Viper,  Eingeweidewurm;  tlremär  =  »serpenteau«, 
märe-jök,  oder  raäregok  =  Eidechse^).  Sodann  existiert  ein 
italienisches,  in  der  Schriftsprache  veraltetes  Wort  marasso,  für 
Schlange  und  Viper  speciell.  Acarisi  hat  als  Syuomym  von  ramarro, 
den  er  »specie  di  serpe«  nennt,  magarasso,  ein  Wort,  das  ich  in 
dieser  Form  sonst  nirgends  getroffen  habe.  Wenn  magarasso, 
nach  Flechia,  =  ist  magaraccio  das  auf  ein  primitives  rnagaro 
zurückgehe,  so  ist  marasso  =  niaraccio  und  setzt  ein  primitives 
maro  voraus,  was  uns  zu  dem  romagn.  mar  führt;  marasso  also 
ein  mar  mit  dem  Nebeubegriff  des  Schlechten,  Gefährlichen. 

.Nachträglich  mag  die  Volksetymologie  den  mar,  maro  wegen 
seiner  Farbe  an  ramo,  ramarius  augelehnt  haben,  und  auf  diese 
Weise  ramarro  entstanden  sein.  In  Castelfioreutiuo  (Prov.  Florenz) 
wird  das  Thier  zamarro  genannt,  ln  der  Prov.  Teramo  heisst^)  der 
Drosch  ramarro,  in  tarautiuischer  Mundart  mara  vuetto. 

Sardinische  Benennungen  für  Eidechsen,  und  daran  sich  anschliessende 

neugriechische. 

Zu  den  Formen,  die  Flechia  zufolge  deutlich  die  Ableituno-  von 
lacerta  zeigen,  gehören  u.  a.  auch  die  sardinischen,  die  bei  Spauo '*) 
wie  folgt  aufgeführt  sind  : 

b  Antonio  Morri,  Vocabolario  Romagnolo  —  Italiauo.  Faenza  1840. 

Lerch,  Gloss.  Ad.  Pictet,  les  origines  indo-europeennes  ou  les 
Arya.s  priniitifs.  2  ecl.  T.  I.  Paris  1877.  p.  626.  §  143.  —  F.  .Justi,  les  noms 
des  aniinaux  en  Kurde.  Paris  1878.  2.  serpents. 

Pictet  1.  c. ;  Justi  1.  c. 

Alberto  Acharisio  da  Cento,  Vocabolario  et  grammatica  con 
Portbographia  della  lingua  volgare.  Venezia  1550. 

■'’)  Costa,  Vocabolario  zoologico. 

De  V  i  n  c  e  n  t  i  i  s ,  Vocabolario  del  dialetto  tarantino  —  Taranto  1872. 

G  i  0  V.  S  p  a  n  0  ,  Vocabolario  Italiano-Sardo.  T.  II.  Cagliari  1852, 


212 


Log.  tiligherta.  Mer.  caluxertiila.  Set.  tiliclierta.  gal. 
ziriclielta.  Daraus  ist  bei  Flecbia  L  geworden: 

Log.  ti-ligherta.  Mer.  Inscertola.  Set.  ti-licherta.  gal. 
z  i-1  iclielta. 

Cetti  hat:  Campidano:  calisce  rtu  1  a.  Capo  di  sopra: 
til  iguerta. 

Nach  Ferraro  :  Logud.  (Siligo):  tilighelta. 

Von  mir  wurden  in  Sardinien  notiert:  Thiesi:  tilighesta, 
Iglesias:  coxuedda.  Sassari :  tiliguerta.  Alghero  :  salgantäna. 
Nurra:  zilighetta. 

Wie  die  Anfangssilbe  ti — ,  zi —  zu  erklären  sei,  erfahren  wir 
von  Flechia  nicht.  Man  könnte  allenfalls  au  den  Artikel  denken ; 
aber  selbst  wenn  man  zugebeu  wollte,  daß  aus  dem  sard.  su,  sa 
(von  ipsum,  ipsam)  durch  eine  Art  Assimilation  allmählich  ti — zi — 
geworden  sei,  so  würden  damit  nicht  die  gleich  zu  besprechenden 
ähnlichen  Formen  aus  andern  Gebieten  erklärt  werden  können. 
Zunächst  ist  zu  erwähnen,  daß  in  Sardinien  selbst  ein  etwas  größeres 
Reptil  als  die  aufgeführteu  Eidechsen,  der  Chalcides  (Gongylus) 
ocellatus  Forsk,  tiligugu  heißt ;  oder  auch  tilingoni  (und 
s  a  z  z  a  1  u  g  a) ‘^).  Das  gleiche  Tier  führt  in  Palermo  und  Umgegend 
den  Namen  tiru,  in  Catania  ti  r  a  xi  a  t  u  ^),  auf  Greta  liakoni'ß, 
welch  letzteres  Wort  an  »tilingoni«  erinnert.  Wahrscheinlich  ist 
das  auf  Cerigo  akonäci  genannte  Reptil,  das  ich  nicht  gesehen  habe, 
ebenfalls  der  Chalcides  oc e  1 1  at  u s  ;  die  Endung  —  aci  scheint 
das  ital.  —  accio  zu  sein. 

1.  c.  p.  160. 

2)  Fr.  Cetti,  Anfibi  e  Pesci  di  Sardegna.  Sassari  1777  p.  15. 

3)  Gins.  F  e  r  r  a  r  0  ,  Canti  popolari  in  Dialetto  Logudorese.  P.  I.  To¬ 
rino  1891.  p.  90.  V 

'*)  Der  zweite  Teil  von  sazzaliiga  scheint  auf  das  metallglänzende 
Äußere  des  Tieres  Bezug  zu  haben.  Der  Leuchtkäfer  (lucciola)  heißt  in 
Sardinien  (log.)  nach  Spano  culilughe;  ich  fand  in  Fonni  (Sard.)  für  denselben 
den  Namen  cincilughe. 

'")  Nach  Gemraellaro;  cf.  Doderlein,  Rivista  della  Fauna  Sicula  dei 
Vertebrati.  Palermo  1881  p.  40. 

•’’)  Pococke  erwähnt  von  Kandia  eine  Art  Eidechse,  die  jakonie  genannt 
werde;  (Voya.ge  de  Richard  Pococke.  Paris  1773  T.  IV.  p.  306).  Es  handelt 
sich  offenbar  um  den  liaköni,  womit  auch  stimmt,  daß  P.  das  Tier  als 
außerordentlich  giftig  schildert,  eine  Ansicht,  die  obwohl  irrtümlich,  da  es 
ganz  harmlos  ist,  die  allgemein  verbreitete  ist.  In  Palermo  hört  man  häufig 
die  Verwünschung:  »ti  venga  male  di  tiru«.  Auf  die  angebliche  Schädlichkeit 
des  Tieres  bezieht  sich  wohl  auch  die  Endung  —aci  von  akonäci. 


218 


Z  i  1  i  g  h  e  1 1  a  könnte  als  Diminutiv  von  t  i  1  i  g  u  g  u  aufgefaßt 
werden. 

Auf  mehreren  der  Sporaden  fand  ich  Benennungen  für  Eidechsen, 
die  in  naher  Beziehung  zu  der  sardinischen  stehen,  nämlich 

Astypalaea :  alisigüda. 

Samos  :  s  i  1  i  g  ü  d  a  ^),  s  i  1  i  g  ü  d  i. 

Sira  und  Icaria :  siligüdi. 

Chio :  siligüdh  i. 

Pyli  (Kos) :  si  liü  d  h  i. 

Kos  :  s  i  s  s  i  K. 

Kalymuos :  sissiK,  siskiK. 

Professor  Comparetti,  den  ich,  verwundert  über  die  auffallende 
Übereinstimmung  zwischen  siligüda,  alisigüda  und  dem  sardi¬ 
nischen  zilighetta,  um  Rat  fragte,  ist  der  Ansicht,  daß  mau. 

Die  Beueiinung findet  sich  schon  bei  Du  Gau  ge  (1.  c.)  als  o-'nXXtyofiüi 
8.  V.),  a  v^7]y  ov  d  L  (s.Y.  Toi^oßava-TTig')^  und  er  v}.  ly  o  v  {)  S  o  v  v.)-  [Letzteres 
Wort  findet  sich  bei  Ptochoprodroniiis:  xal  dg  epeporerf  crv'kiyovqdov^  xal 
dg  ßd'kovcnv  «Treo-oj  und  wird  übrigens  von  Sophocles  (A  Glossary  of  later 
and  Byzantine  Greek.  Appendix.  Modern  Greek  Period.  s.  v.  London  1860) 
»aroinatic  substance«  gedeutet.].  Auch  Kind  (Handwörterbuch)  hat  o-'uXAjj- 
yov^LOV,  Eidechse.  crvXX-q'yovdia  ist  ferner  »Strängei«  (eine  Krankheit 
der  Pferde)  und  »Bräune«  (Kind);  so  auch  Du  Gange:  er  vW  i]  y  o  v  ^  i  a 
=  ano'ina.  Merkwürdigerweise  besteht  diese  Übereinstimmung  auch  im  Al- 
banesischen  :  härÜje,  härüeje,  Eidechse;  härÜje,  Halsbräune  (cf.  G.  Stier. 
Die  albanesischen  Tieruameu,  in  Kuhn,  Zeitschr.  f.  vergl.  Spracht.  XI,  1862. 
p.  233.  No.  131.  —  G.  Meyer,  Etymol.  Wörterb.  d.  albau.  Sprache,  1891, 
8.  V.  harüje).  Zwischen  der  Eidechse  und  der  Krankheit  wüßte  ich  nichts 
Gemeinsames,  als  daß  sich  bei  letzterer  Membranen  bilden,  die  allenfalls  mit 
denen  der  sich  häutenden  Eidechse  verglichen  werden  könnten.  Wenn  da- 
erpo-en,  wie  mir  sehr  wahrscheinlich  wird,  an  die  bei  manchen  Halskrankheiten 
auftretenden  auch  äusserlich  sichtbaren  Anschwellungen  der  Tonsillen  oder 
Speicheldrüsen  (Parotis  u.  s.  f.)  gedacht  ist,  welche  den  »geschwollenen  Hals« 
veranlassen,  so  muß  der  Vergleich  als  ein  glücklicher  bezeichnet  werden,  da 
viele  Eidechsen  durchaus  den  Eindruck  machen,  einen  »geschwollenen  Hals«  zu 
haben,  was  daun  bei  andern  Arten  und  bei  Fröschen  gewöhnlich  in  dem 
Maße  übertrieben  erscheint,  daß  das  Aussehen  eines  Kropfes  entsteht.  —  Mau 
vergleiche  bei  Franz  Miklosich,  Etymol.  Wörterbuch  der  slavischen 
Sprachen,  s.  v.  gusteru  (der  der  Sippe  altslov.  gusteru,  bulg.  gustör  , 
serb.  guster  lacerta  zu  Grunde  liegenden  Form);  neuslov.  guscar,  kuscar 
k  u  s  c  a  r  j  i  Halsdrüseu. 

Zu  siligüda  u.s.w.  gehört  wahrscheinlich  auch  der  anscheinend  durch 
Mißverstehen  entstellte  Name  der  »Lacerta  a  g  i  1  i  s«  aut  Gypern : 

L  ^  e  er  T  (J  0  V  X  bei  Sibthorp,  in  Walpole  1.  c.  p.  268. 


214 


✓ 


nach  Abzug  der  Euduugeu  — uda,  — edda,  diese  Wörter  auf 
ßaaLTildxoQ  zurückleiteii  kaiiu,  uni  so  mehr,  da  der  Wegfall  von  s 
und  die  Metatliesis  — lisi  keiu  Hindernis  bieten.  Da  zilighetta 
von  den  andern  sardiuisclien  Formen  zirichelta,  tilig  liest  a, 
tiliguerta,  bei  denen  theilweise  die  Einwirkung  von  lacerta  un¬ 
verkennbar  ist,  unmöglich  getrennt  werden  kann,  andererseits  aber 
kaum  denkbar  ist,  daß  ein  speciell  sardinisches  Wort  nach  dem  Orient 
verpflanzt  wurde,  so  ist  wohl  mit  Prof.  Comparetti  anzuuehmen, 
daß  sowohl  die  östlichen  als  die  westlichen  Formen  auf  ßaa-Lkio-xoq 
zurückgehen.  Die  sardiuisclien  Formen  wurden  daun  uachträtjlich, 
als  das  romanische  Element  auf  der  Insel  überhand  nahm,  mehr 
oder  weniger  an  lacerta  angelehnt. 

Übrigens  muß  ich  gestehen,  daß  mir  „ßacri^laxog^^  verdächtig 
ist  eine  Volksetymologie  zu  sein,  also  eine  Bezeichnung,  die  seiner 
Zeit  eine  noch  ältere,  unverständlich  gewordene,  ersetzt  hat.  Mehrere 
der  au  den  Namen  sich  knüpfenden  Mythen  werden  wohl,  wie  dies 
ja  so  häufig  der  Fall  ist,  ersterem  ihre  Entstehung  verdanken.  Alban, 
(öcutari)  sel’ige  ist  »Schlange«  (2);  siligüdi  u.  s.  f.  dürfte  dessen 
Diminutiv  sein.  Ist  nun  ßacnXLcrxog  eine  ümdeutung  von  sel’ige 
oder  einem  ähnlichen  Thema,  oder  umgekehrt  letzteres  aus  ersterm 
abireleitet? 


»Coxuedda«,  das  ich  im  Gebiet  von  Iglesias  vorfand,  wird  eine 
Zusamraenziehung  von  caliscertula,  caluxertula  sein. 

Das  algherische  salgantana  endlich  ist  ohne  Zweifel  spanische 
Importation;  vergl.  neucatal.  sagrantana  (und  siuglantana, 
Fyren-Orient.)  Eidechse,  bei  Eug.  Rolland,  Faune  pojrml.  de  la 
France  III,  1881  p.  17.  (SoWuß  folgt.) 


Der  Breslauer  zoologische  Garten. 

(Auszug  aus  dem  Berichte  für  das  Jahr  1891.) 

Wir  freuen  uns  berichten  zu  können,  daß  auch  das  abgelaufeue  Geschäfts¬ 
jahr  uns  wieder  eine  Steigerung  der  Einnahmen  gebracht  hat  und  wir  im 
stände  gewesen  sind,  nicht  nur  alle  wünschenswerten  Aufwendungen  zu  be¬ 
streiten,  sondern  auch  den  Rest  der  Bauschulden  im  Laufe  des  Jahres  zu  tilo-en 
und  den  Ergänzungsfonds  angemessen  zu  verstärken. 

2)  G.  Meyer,  Etymol.  Wörterbuch  der  Albanes.  Sprache,  Strassburg 
1891  s.v. 


215 


Für  Abonnement,  Eintritts-  und  Heitkarten  wurden  zAisammen 
M.  111,912.60  vereinnahmt,  während  diese  Einnahmen  1890  auf  M.  107,088.— 
sich  beliefen. 

Die  Abonnements-Einnahme,  M.  40,663. — ,  hat  sich  gegen  das  Vor¬ 
jahr  um  M.  520.50  verringert,  was  wohl  in  der  Wiederaufnahme  der  Zwinger¬ 
konzerte,  deren  Ausfallen  im  Jahre  1890  uns  eine  Anzahl  Abonnenten  vorübei- 
gehend  zugeführt  hatte ,  seine  Erklärung  findet.  Die  Einnahme  f  ü  i 
E  i  n  t  r  i  1 1  s  k  a  r  t  e  n,  M.  69,731.-,  war  um  M. 4594.30,  die  E  i  n  u  a  h  m  e  f  ü  r 
Reitkarten,  M.  1518.60,  um  M.  150.80  höher  als  im  Vorjahre;  die  ge¬ 
nannten  drei  Einnahmeposten  zusammen  ergaben  also  ein  Mehr  von  M.  4224.60. 

Konzerte  fanden  in  dem  seit  Jahren  herkömmlichen  Umfange  statt  und 
erfreuten  sich  regen  Besuchs.  Vorgreifend  sei  erwcähnt,  daß  wir  seit  Ende 
Januar  1892  versuchsweise  auch  an  den  Winter-Sonntagen  Konzerte  veranstaltet 
haben  und  uns  vielleicht  entschließen  werden,  solche  auch  für  die  Folge 
dauernd  einzuführen. 

Die  auch  für  das  abgelaufene  Jahr  seitens  der  hochlöblichen  Provinzial- 
und  städtischen  Behörden  wieder  bewilligten  Subventionen  von  M.  3000.— 
und  M.  5000. —  geben  uns  den  erfreulichen  Beweis,  daß  die  genannten  Behörden 
die  gemeinnützige  Wirksamkeit  unseres  Instituts  als  Stätte  der  Belehrung  für  jung 
und  alt  vollkommen  würdigen  und  gern  unterstützen.  Von  dem  freien  Eintritt 
für  die  Volksschulen  wird  auch  aus  der  Provinz  in  stetig  zunehmendem  Um¬ 
fange  Gebrauch  gemacht;  in  vielen  Gemeinden  ist  es  schon  Sitte  geworden, 
daß  die  Gutsbesitzer  oder  Gemeinde -Mitglieder  die  Wagen  stellen  oder  die 
Fahrkosten  durch  Sammlung  aufbringen,  um  ihren  Schulen  den  Besuch  des 
Gartens  zu  gewähren. 

Auf  das  Stabsarzt  Dr.  Heinrichsche  Vermächtnis  sind  zu  den 
im  Jahre  1890  ausgezahlten  M.  5400.—  im  Jahre  1891  noch  M.  717.—  einschlie߬ 
lich  Verzugszinsen  zur  Auszahlung  gelangt  und  gleich  dem  erstgenannten  Betrage 
dem  Ergänzungsfonds  zugeführt  worden.  , 

Die  Einnahme  auf  Pachten-Conto,  M.  10,770.-,  betrug  durch  Saal¬ 


vermietungen  M.  1.50. —  mehr  als  im  Vorjahre. 

Nach  dem  Tier- K rg  änz  un gs- Gon  to  beträgt  der  Erlös  für  verkaufte 
Tiere  u.  s.  w.  um  M.  7800'47  mehr  als  die  Ausgaben  für  lieiankäufe. 

Zur  Erläuterung  der  Ausgabeposten  diene  folgendes:  das  Futter- 
Gon  to,  in  seiner  Höhe  von  den  schwankenden  Marktpreisen  abhängig,  bean¬ 
spruchte  M.  757.13  weniger,  das  Heizungs-Gonto  infolge  lauge  anhaltender 
Kälte  M.  494.87  mehr  als  im  Vorjahre;  beim  Zinsen-Gonto  hatte  der  Weg¬ 
fall  der  Verzinsung  der  bereits  im  Frühjahr  getilgten  Bauschulden  und  die 
Verringerung  der  Obligationsschuld  durch  Auslosung  und  Tilgung  von  Obliga¬ 
tionen  eine  Verringerung  der  Ausgaben  zur  Folge,  während  an  Depotzinsen  sich 
eine  Mehreinuahme  ergab;  beides  zusammen  bewirkte  eine  Minderbelastung  des 
Zinsen-Gontos  um  M.  815.—  im  Vergleich  zum  Vorjahre.  Bei  den  Aufwendungen 
des  Baureparaturen-Gontos,  welche  die  des  Vorjahres  um  M  1321.94 
übersteigen,  sind  außer  Reparaturkosten  auch  die  Kosten  des  Neubaus  eines  Pferde¬ 
stalls  eh] begriffen.  Am  W  a  s  s  e  r  v  c  r  s  o  r  g  u  n  g  s  -  G  o  n  t  o  wurden  gegen 
das  Vorjahr  IR.  1093.35  erspart,  einerseits  durch  die  erstmalige  Rückvergütung 
des  Betrages  für  3000  Kubikmeter  Leitungswasser  seitens  der  städtischen  Behörden, 
andererseits  durch  geringeren  Wasserverbrauch  infolge  der 


regnerischen  Witte- 


216 


mng  während  eines  großen  Teils  des  Sommers.  Die  übrigen  Ausgabeposten  sind 
auf  ungefähr  gleicher  Höhe  wie  im  Vorjahre  geblieben. 

Der  Reservefonds  wurde  um  M.  20.79  verstärkt  auf  M.  4206.13,  dem 
Ergänzungsfonds  wurden  außer  der  oben  erwähnten  Zahlung  aus  dem 
He  in  rieh  sehen  Vermächtnis  M.  9071.19  aus  laufenden  Einnahmen  zuge¬ 
wiesen,  und  derselbe  beläuft  sich  danach  auf  M.  16,584.95.  Zu  Abschrei¬ 
bungen  konnten  M.  28,479.45  verwandt  werden. 

Der  Tier  best  and  ist  wieder  zum  alten  Buchwerte  von  M.  62,165.— 
eingestellt,  während  sein  sehr  mäßig  bemessener  Schätzungswert  sich  auf 
M.  94,900.-  beläuft. 

Das  Effekten-Conto  weist  einen  Bestand  von  M.  27,436.13  auf. 
Ausser  den  schon  aufgeführten  Beträgen  des  Reservefonds  und  des  Ero-än- 
zungs  -  Fonds  schließt  dasselbe  den  Kranken-  und  ünterstützungs  -  Fonds  ""mit 
M.  2145.05  und  an  Kautionen  M  4500  in  sich. 

Die  fünfte  Auslosung  der  Obligationen  unserer  Anleihe 
hat  planmäßig  am  15.  Mai  1891  stattgefunden.  Nach  Einlösung  der  bis  zum 
Jahresschluß  eingereichten  Obligationen  blieben  deren  noch  271  Stück  im 
Werte  von  M.  135,500.—  in  Umlauf. 

Die  auf  Conto-Coireiit-Conto  aus  dem  Vorjahre  übernommene 
Buchschuld  für  restliche  Baugelder  u.  s.  w.,  in  Höhe  von  M.  26,113.55,  ist,  wie 
schon  eingangs  erwähnt,  im  Laufe  des  Jahres  getilgt  worden. 

Was  die  Gartenanlagen  betrifft,  so  ist  die  im  Herbste  1890  be¬ 
gonnene  und  bereits  im  vorigen  Geschäftsbericht  aufgeführte  Umgestaltung  der 
Partie  längs  des  Oderdamms,  zwischen  Odereingang  und  Wolfsbau,  im  Früh¬ 
jahr  des  Berichtsjahres  beendigt  und  der  Konzertplatz  abermals  in  der  Richtung 
nach  Norden  zu  vergrößert  worden  unter  gleichzeitiger  Erweiterung  des  Gas- 
rolirnetzes. 

Zweimal  im  Laufe  des  Jahres,  Mitte  März  und  Ende  Juli,  wurde  der  Garten 
infolge  lange  andauernden  Hochwassers  der  Oder  von  Überscliwem  muiicren 
heimgesucht,  die  eine  Höhe  und  einen  Umfang  erreichten  wie  keine  der  früheren 
Überschwemmungen  in  den  26  Jahren  seines  Bestehens.  Manche  Tiere  mußten 
aus  ihren  Behausungen  entfernt,  für  andere,  nämlich  die  Bison  und  die  Dam¬ 
hirsche,  Erhöhungen  in  den  Gehegen  vorübergehend  geschaffen  werden.  Un¬ 
mittelbare  Verluste  an  Tieren  haben  die  Überschwemmungen  nicht  verursacht, 
wohl  aber  haben  sie  die  Anlagen  zum  Teil  stark  beschädigt.  Die  den  Über¬ 
schwemmungen  am  meisten  ausgesetzten  tiefgelegenen  Teile  des  westlichen 
Teichufers  gedenken  wir  noch  im  Laufe  dieses  Sommers  in  ähnlicher  Weise  zu 
erhöhen,  wie  im  Jahre  1889  der  nordwestliche  Teil  des  Gartens  erhöht  worden  ist. 
Den  dazu  erforderlichen  Boden  wollen  wir  durch  Abtragung  eines  Teiles  der 
Insel  des  großen  Teichs  gewinnen  und  dadurch  zugleich  eine  Vergrößerung  der 
Wasserfläche  und  landschaftliche  Verschönerung  der  Teichumgebung  zu  er¬ 
reichen  suchen.  Wir  hegen  übrigens  die  Hoffnung,  daß  die  bevorstehenden 
Veränderungen  in  der  Gestaltung  des  Betts  der  Oder  und  der  alten  Oder  eine 
wesentliche  Besserung  der  Wasserverhältnisse  des  Gartens  zur  dauernden  Folge 
haben  werden. 


217 


Der  Tier  bestand  betrug  am  Schlüsse  des  Jahres  1891 : 

471  Säugetiere, 

1169  Vögel, 

70  Kriechtiere  und  Lurche, 
insgesamt  1710  Tiere. 

Diese  Gesamtzahl  übersteigt  die  des  Vorjahres  um  207. 

Geboren  wurden  im  Laufe  des  Jahres  .  6  Löwen,  1  Burchells  Zebra, 
3  Edelhirsche,  5  Damhirsche,  1  Alpensteinbock,  1  Mähuenschaf,  1  Fettstei߬ 
schaf,  1  Bison,  2  Zebu,  1  Pekari  und  eine  Anzahl  Rassehunde,  Angora-, 
Zwerg-  und  vierhöruige  Ziegen  und  kleine  Nagetiere  verschiedener  Arten. 
Davon  sind  im  Laufe  des  Jahres  eingegangen:  2  Löwen.  Erbrütet  wurden: 
Höckerschwäne,  Nilgänse,  Rassehühner,  1  Schopftaube,  Blutrumpf-,  Nymphen- 
und  Wellensittiche,  Gebirgslori,  Diamantvögel,  Ceresastrilde,  Zebrafinken  und 
japanische  Mövchen. 

Von  den  im  Laufe  des  Jahres  angekauften  und  eingetauschten 
Tieren  seien  erwähnt:  1  Manclrill,  1  Drill,  1  BartafFe,  1  Blendling  von  Haus¬ 
hund  und  Wölfin,  1  Schakal,  1  Krabbenwaschbär,  2  Biber,  2  Prevosts  Eich- 
höi’nchen ,  1  Kantschil,  1  Nylgau- Antilope,  2  Somalistranße,  2  japanische 
Krickenten,  2  madagassische  Baumenten,  2  gemeine  Kraniche,  2  Ohrfasanen, 
2  Halsband-Frankoline,  1  Bartgeier,  2  Kahlkopfgeier  und  Papageien  und  Sing¬ 
vögel  mannigfacher  Arten  für  das  Vogelhaus. 

Die  Ti  er  Verluste  beliefen  sich  auf  5^2%  des  Schätzungswertes  gegen 
6°/o  im  Jahre  1890. 

An  wertvolleren  Tieren  starben  :  1  Schimpanse  (2  Jahre  im  Garten)  an 
Tuberkulose,  1  Orang-Utan  (3  Jahre  im  Garten)  an  einem  Darmgeschwür, 
1  Mormikatze  an  Lungenentzündung,  1  Elch  an  Herzbeutel -Entzündung  und 
Verwachsung,  1  Gemse  an  Darmkatarrh,  1  Büffel  an  Lungenschlag,  verursacht 
durch  Futterstoffe,  die  in  die  Luftwege  geraten  waren,  1  Yak  an  Alters¬ 
schwäche,  1  Nashornvogel  an  Vormagen-  und  Darmentzündung. 

Von  den  verkauften  und  vertauschten  Tieren  waren  im  Garten 
geboren:  5  Löwen,  1  Silberlöwe,  1  Aguti,  2  Lama,  3  Wapiti,  1  Edelhirsch? 
6  Damhirsche,  2  Alpensteinböcke  (Blendlinge),  2  Mähnenschafe,  1  Fettstei߬ 
schaf,  1  Yak,  2  Zebu,  1  Wildschwein,  1  Pekari,  Angorakatzen,  Rassehunde, 
Angoraziegen,  Geflügel,  Sittiche,  Prachtfinken  u.  a.  Der  Erlös  für  im  Garten 
geborene  Tiere  betrug  M.  9748.30. 

Gewinn-  und  Verlust-Conto. 

Debet. 

An  Futter-Conto,  verbrauchtes  Futter . M. 

»  Gehalte-  und  Emolumente-Conto . » 

»  Gartenanlage-Conto,  für  Arbeitslöhne,  Kies,  Schutt,  Bäume 

u.  s.  . . 

»  Zinsea-Conto,  Obligationszinsen  u.  s.  w . » 

»  Baureparaturen-Conto . 

»  Inventar-Ergänzungs-Conto . ^ 

Transport  M. 


33,064.79 

21,457.62 

6,774.84 

5,549.10 

12,793.31 

1,765.64 

81,405.30 


21S 


Transport 

M. 

81,405.30 

An 

Beheizungs-,  Beleuchtungs-  und  Bereinigungs-Conto  .  .  . 

5,274.83 

Druck-  und  Inserate-Conto . 

3,053.31 

Konzert-Conto,  für  Musik . 

6,332  35 

Abgaben-  und  Versicherungs-Conto  .  .  .  . 

1,546.91 

» 

Unkosten-Conto . 

961.87 

Wasserversorgungs-Conto,  Wasserverbrauch  . 

•  •  • 

» 

1,840.95 

Kranken-  und  Ünterstützungs-Conto  .  .  .  . 

» 

500.- 

» 

Reservefonds-Conto,  Zuschreibung  .  .  .  . 

20.79 

Ergänzungsfonds-Conto,  dergl . 

9,071.19 

Abschreibungen: 

Grundstück-Conto . 

M. 

22,265.— 

Inventarien-Conto . 

5,122.05 

• 

Pflanzen-Conto . 

1,092.40 

» 

28,479.45 

Bilanz-Conto,  Gewinn-Überschuß . 

472.— 

M. 

138,958.95 

Credit. 

Per 

•  Gewinn-Vortrag  vom  vorigen  Jahre  .... 

415.88 

Garten-Entree-Conto,  Jahres-Einuahme  .  . 

M. 

69,731.— 

» 

Abonuenten-Conto,  Jahres-Einnahme  .  .  . 

40,663.— 

» 

Reitbillets-Conto,  Jahres-Einuahme  .... 

1,518.60 

» 

111,912.60 

3S> 

Subventions-Conto ; 

Subvention  der  Stadtkommune  .  .  . 

M. 

5,000.— 

Subvention  des  Provinziallandtages  .  . 

» 

3,000.— 

8,000.— 

Pachten-Conto,  Pacht  für  Restauration,  Selters- 

hallen  u.  s.  w . 

10,770.— 

Tier-Ergänzungs-Conto,  für  verkaufte  Tiere, 

Eier,  Kadaver  u.  s.  w . 

15,481.78 

ab:  für  Tier-Ankäufe . 

7,621.31 

» 

7,860.47 

M 

138,958.95 

Der  Vorstand: 

Eckhardt.  Neddermann, 

Rcinisch.  Kemna.  Beck 

Korrespondenzen. 


Kopenhagen,  im  Juni  1892. 

Anbei  sende  ich  Ihnen  2  Abbildungen,  nach  dem  in  Brüssel  erscheinenden 
Blatte:  »Mentor  agricola  et  accliinatation  illustre'e  reuuis«,  von  unseren  im  zoo¬ 
logischen  Garten  erzeugten  Blendlingen,  nämlich  vom  Grünfink,  Ligurhms 
chloris,  und  Goldammer,  X  Emberiza  citrinella,  und  von  der  Eis-  und  Mantel- 
möve,  Larus  glaucus  X  Earus  marinus  —  von  uns  hier  »Larus  glauco  — 
raarinus«  genannt.  HofFentlich  werde  ich  Ihnen  auch  bald  einen  Abdruck 
(Bild),  aus  demselben  obengenannten  Blatte,  von  unseren  hier  im  Garten  er¬ 
haltenen  Blendlingen  vom  Strichelfasan,  Euplocowus  lineal iis  X  Ainherstfasan 


219 


Phasianus  (Ihamialea)  amlierstiae  sendou  können,  welches  Produkt  ganz  inter¬ 
essant  ist  und  worüber  ich  Ihnen  später  nähere  Mitteilung  zusenden  werde. 

In  diesem  Jahre  haben  wir  Bastarde  der  Silbermöve,  Larus  argen- 
tatus  (männl.),  X  der  Heringsmöve,  Larus  fuscus  (weibl.),  bekommen.  Leider 
wurden  die  Jungen  aber  von  einem  Schwane  totgeschlagen. 

Von  den  Eiern  der  Blaudrossel,  Turdus  eyanea  (weibl.)  und  der  Amsel, 
Turdus  merula,  var.  alb.  (männl.),  batten  wir  leider  keinen  glücklichen  Erfolg, 
obgleich  erstere  sehr  gut  brütete. 

Wie  ich  Ihnen  früher  mitgeteilt  habe,  hatten  wir  hier  einen  Blendling 
von  Dingo  (männl.),  X  Eskimohund  (weibl.),  gezogen.  Von  diesem  Produkte, 
welches  ein  Weibchen  war,  haben  jetzt  wieder  mit  demselben  Dingo  (männl.) 
einige  Abkömmlinge  erhalten  (also  wohl  ^/4 -Bluts),  die  auch  recht  interessant 
anzusehen  und  halb  Dingo,  halb  Eskimohund  sind,  sowohl  im  Benehmen  als 
in  Farbe  und  Wesen. 

Unter  anderen  haben  bei  uns  hier  dieses  Jahr  im  Garten  folgende  Vögel 
Junge  gehabt:  Ciconia  alba  (dessen  Nest  wieder  auf  der  platten  Erde  gebaut 
war),  CalUoenas  nicoharica,  Zenaida  amabiUs ,  Palumbus  torquatus ,  Columba 
livia  (in  der  Voliere),  Turdus  rnenda,  Turdus  üiacus,  Cyanopolius  coohii  (alle 
in  der  Voliere),  Spermestes  (Amadina)  fasciata,  Sp.  acuticauda,  Ligurinus  clilo- 
ris,  TJuplectes  melanogaster,  Ilypliantornis  oUvaceus,  Anas  sponsa,  A.  galericulata, 
»Mignon<.<-Ente,  Phas.  amlierstiae,  Plias.  colchicus,  Fulica  atra,  Anser  albifrons 
und  Larus  glaucus. 

Außerdem  haben  noch  hier  im  Garten  Eier  gelegt  und  gebrütet,  jedoch 
ohne  glücklichen  Ertrag :  Buho  bubo,  Tetrao  tetrix,  Geopelia  striata,  Columba 
oenas,  Bolborrhynchus  monachus,  Cygnus  atratus;  —  auch  einer  unserer  Gribben 
und  ein  Hokko  haben  jedes  ein  Ei  gelegt. 

Unsere  im  vorigen  Jahre  erhaltene  Gittocinela  macrowra  Sundev.,  wie  auch 
der  ebenfalls  im  vorigen  Jahre  gekaufte  Blattvogel,  Phyllornis  aurifrons,  schei¬ 
nen  sich  hier  recht  wohl  zu  befinden  und  gut  zu  halten. 

Von  Säugetieren  haben  wir  bis  jetzt  Junge  erzielt  von:  Bär,  Ui'sus 
thibetanus,  Wolf,  Canis  Renntier,  Bangifer  tarandus,  Edelhirsch,  Cerous 

elaplms,  Schweinshirsch,  Cervus  porcinus,  Mähnenschaf,  Ovis  tragelaphus  und 
Schweifbiber,  Myopotamus  coypus. 

Der  Tierbestand  unseres  Gartens  war  am  1.  Januar  1892;  251  Säugetiere 
in  97  Arten,  1052  Vögel  in  290  Arten,  77  Amphibien  und  Reptilien  und  Fische 
in  21  Arten.  A.  v.  Klein. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Kröten  durch  Fliegenmaden  getötet.  Schon  einigemale  sind 
Fliegenlarven  als  Schmarotzer  in  den  Nasenhöhlen  von  Kröten,  Btifo  vul¬ 
garis,  gefunden  worden,  ein  Verhältnis,  das  stets  mit  dem  Tode  der  Kröte 
zu  endigen  scheint.  R.  C.  Mortensen  hat  einen  derartigen  Fall  genauer 
beobachtet;  er  fand  am  9.  August  1889  in  einem  Walde  bei  Kopenhagen  eine 
zusammengekauert  dasitzende  Kröte  mit  ungewöhnlich  großen  Nasenlöchern 


220 


ohne  Scheidewand,  in  welchen  Maden  sichtbar  w^aren.  Er  setzte  das  Tier  in 
ein  Glasgefäß,  dessen  Boden  mit  Erde  bedeckt  war.  Die  Kröte  machte  keine 
anderen  Bewegungen,  als  dafa  sie  die  Nase  an  der  Erde  rieb  oder  mit  einem 
Fufse  nach  dem  Kopfe  fuhr.  Am  10.  August  lag  sie  mit  ausgestreckten  Beinen 
tot  da.  Die  Maden,  deren  es  27  waren,  wanderten  in  den  Schlund,  die  Brust¬ 
höhle  und  das^  Gehirn  der  Kröte  und  verließen  am  13.  und  14.  August  den 
Leichnam,  um  sich  in  der  Erde  zu  verpuppen  und  zu  überwintern.  Vom  17.  April 
bis  zum  3.  Mai  kamen  die  Fliegen  hervor,  die  als  Uicilia  sylorum  Meig.  be¬ 
stimmt  wurden,  sich  aber  nicht  paarten  und  darum  nicht  weiter  in  ihrer  Ent- 
Avicklung  verfolgt  werden  konnten. 

Zoologischer  Anzeiger,  30.  Mai  1892.  N. 

Fuchsplage  in  Australien.  Die  ungeheure  Vermehrung  der  Kanin¬ 
chen  in  Australien  hat  noch  andere  Übel  im  Gefolge.  Die  eingeführten  Füchse 
haben  sich  bereits  über  eine  große  Strecke  des  Landes  ausgebreitet  und  thun 
großen  Schaden  an  den  Lämmern  und  Hühnern.  Sie  werden  stärker  als  in 
England  und  vermehren  sich  in  dem  milden  Klima  derart,  daß  sie  sich  über 
den  ganzen  Kontinent  ausbreiten  werden,  wenn  ihnen  nicht  bald  Einhalt  ge- 
than  werden  kann.  Nature,  5.  Mai  1892.  K 

Studien  an  Giftschlangen.  Der  Vorstand  des  Zoologischen  Gartens 
zu  Kalkutta  baut  mit  allen  Ausrüstungen  der  Neuzeit  aus  Privatbeiträgen 
ein  Haus,  in  welchem  alle  Arten  der  Giftschlangen  Indiens  gehalten  werden 
sollen.  Wenn  die  Mittel  ausreichen,  soll  damit  ein  Laboratorium  verbunden 
werden  zur  Anstellung  von  Untersuchungen  über  die  Natur  und  Wirkungsweise 
des  Schlangengiftes;  ebenso  sollen  alle  Gegenmittel  erprobt  werden,  deren  von 
Zeit  zu  Zeit  neue  genannt  werden.  Dr.  D.  D.  Cumming,  der  Präsident  des 
Vorstandes,  will  sich,  wenn  die  Sache  zustande  kommt,  selbst  an  diesen  Arbeiten 
beteiligen.  Wenn  die  Regierung  von  Indien  zur  Errichtung  des  Laboratoriums 
Rs.  5000  gibt,  will  der  Lieutenant -Gouverneur  das  Fehlende  aus  den  Mitteln 
der  Provinz  zulegen  lassen.  Nature,  5.  Mai  1892.  N. 

Zur  Bekämpfung  der  Kanin  chenprage  hat  sich  in  dem  Hay- 
Distrikte  in  Neu-Süd-Wales  die  Anwendung  von  vergiftetem  Wasser,  besonders 
in  regenarmen  Gegenden,  wirksam  erwiesen.  Eine  Unze  Strychnin  wird  mit 
konzentrierter  Salzsäure  übergossen  und  über  Nacht  stehen  gelassen.  Diese 
Mischung  löst  sich  leicht  in  einer  Gallone  kochenden  Wassers,  wird  auf  Flaschen 
gefüllt  und  nach  Bedürfnis  verbraucht.  Zwölf  Unzen  (1  Pinte)  reichen  für 
60  Gallonen  kalten  Wassers  hin.  —  Dieses  Mittel  wurde  bei  der  Benerem- 
bah- Station  angewandt,  indem  man  flache  Tröge  mit  8—10  Gallonen  Wasser 
aufstellte.  Es  wurden  an  jedem  Behälter  bis  zu  10,000  Kaninchen  in  einer  Nacht 
getötet,  in  dem  Moßgiel-Distrikt  nicht  weniger  als  27,000  in  zwei  Wochen. 

Nature,  16.  Juni  1892.  N. 

Eine  männliche  Giraffe,  die  15  Jahre  im  zoologischen  Garten  in 
Cincinnati  gelebt  hatte  und  zwanzig  Fuß  hoch  war,  starb  im  Januar  dieses 
Jahres.  Ausgedehnte  Lungentuberkulose  war  die  Ursache  ihres  Todes. 

Dr.  A.  Zip  perlen. 

Ein  Ei  des  »Vogel  Ruck«,  Aepyornis  maxima  Geotfr.,  ist  neuerdings 
aus  Madagaskar  nach  England  gekommen.  Mr.  W.  Clayton  Pickersgill,  Vice- 


221 


konsiil  aus  Antananarivo,  hat  ein  fast  voll.stä,ntliges  Ei  des  ansgestorbenen 
Riesenvogels  nach  London  niitgebracht,  wo  es  von  P.  E.  Sclater,  dem  Sekretär 
der  zoologischen  Gesellschaft,  in  der  Sitzung  dieser  am  3.  Mai  vorgezeigt  wurde. 
Es  war  wie  auch  die  anderen  früheren  an  der  Südküste  der  Insel  bei  Cap  Ste. 
Marie  gefunden  worden.  Die  ersten  Eier  dieser  Art  kamen  nach  Frankreich. 
»Als  im  Jahre  1850  Abadie,  der  Kapitän  eines  französischen  Schiffs,  auf  der 
Südwestseite  der  Insel  4  Monate  vor  Anker  lag,  sah  er  bei  den  Eingeborenen 
ein  riesiges  Ei,  das  an  dem  einen  Ende  geöffnet  war  und  als  Gefäß  zu  häus¬ 
lichen  Zwecken  gebraucht  wurde.  Bald  darauf  erhielt  er  ein  zweites  solches  Ei 
aus  dem  Bette  eines  Flusses,  und  später  wurde  ein  drittes  in  neu  angeschwemmtem 
Boden  mit  mehreren  Fußknochen  eines  Vogels  gefunden.  Alle  diese  Gegen¬ 
stände  wurden  von  Abadie  mit  nach  Paris  gebracht  und  von  Geoffroy-St. 
Hilaire  beschrieben.  Von  den  Eiern  hat  das  größte  die  Länge  von  34  cm,  das 
zweite  von  32  cm,  während  der  größte  Durchmesser  des  ersten  22  cm,  der 
des  zweiten  23  cm  beträgt.  Die  Dicke  der  Schale  ist  3  mm.  Der  Inhalt  dieser 
gewaltigen  Eier  kommt  dem  von  6  Straußeneiern,  von  148  Hühnereiern  odei 
von  50,000  Kolibrieiern  gleich.  Ein  gefundener  Mittelfußknochen  gleicht  im 
ganzen  dem  des  Straußes,  ist  aber  in  seinem  unteren  Teile  stark  abgeplattet. 
Auf  einem  der  Knochen  sind  unzweideutige  Spuren  von  der  Wirkung  eines 
Steiumessers  zu  bemerken,  und  es  unterliegt  kaum  einem  Zweifel,  daß  der 
Riesenvogel  Madagaskars  von  dem  Menschen  gejagt  und  ausgerottet  wurde. 
Wann  dies  geschah,  ist  unbestimmt.  Unter  den  Eingebornen  in  jenem  Teil  der 
Insel  besteht  sogar  die  Sage,  daß  der  etwa  3,50  m  hohe  Vogel  im  Inueiii  der 
Insel  noch  lebe.  Man  hat  ihn  für  das  Vorbild  des  »Vogel  Ruck«  in  den 
orientalischen  Märchen  erklärt,  der  schon  von  Marco  Polo  nach  Madagaskar 
versetzt  wird.  Nach  seiner  Angabe  hätte  der  Großkhan  der  lartaren  Boten 
nach  Madagaskar  geschickt,  um  nach  dem  Vogel  zu  forschen.  Die  Abgesandten 
seien  mit  einer  Riesenfeder,  »neunzig  Spannen«  lang,  zurückgekehrt.  Einge¬ 
borene  von  Madagaskar  sollen  einmal  nach  Mauritius  gekommen  sein,  um  Rum 
einzukaufen.  Als  Gefäße  brachten  sie  riesige  Eischalen  mit,  die  mitunter  im 

Röhricht  auf  ihrer  Insel  gefunden  würden.«  N. 

(z.  T.  Bericht  der  Senckenberg.  naturforsch.  Gesellschaft 
in  Frankfurt  a.  M.  1889). 


Ceratodus  forsteri.  Prof.  Baldwin  Spencer,  der  Präsident  des 
»Field  Naturalist  Club«  in  Victoria,  hatte  einen  Ausflug  nach  Queensland  ge¬ 
macht,  um  den  merkwürdigen  Fisch  zu  erlangen,  der  mit  Lepidosiren  in  Süd- 
anieriL  und  Protopterus  in  Afrika  die  Gruppe  der  lungenatmenden  Fische 
(Dipnoi)  bildet,  eine  Mittelform  zwischen  Fischen  und  Reptilien.  Wegen  der 
zu  frühen  Jahreszeit  waren  Eier  nicht  zu  erhalten,  doch  war  der  Reisende 
imstande,  aus  dem  genauen  Studium  der  Umstände,  unter  welchen  Ceratodus 
lebt  zu ’erkennen,  daß  dessen  Lungen  ebensowohl  während  der  Regen-  als 
auch  während  der  trockenen  Jahreszeit  von  der  größten  Wichtigkeit  sind. 
Bisher  war  man  der  Meinung,  die  Lungen  träten  hauptsächlich  nur  dann  in 
Thätic^keit  wenn  das  Tier  während  der  trocknen  Zeit  in  einem  Erdklumpen 
eingesMilos’sen  liegt.  Es  sind  der  Mary-  und  Burnett-Fluß  in  Queensland,  in 
welchen  Ceratodus  gefunden  wird.  Nature,  16.  Juni  1892.  N. 


222 


Eiriiührung  von  Renn  tieren  in  Alaska.  Dr.  Sch  eldon-Jackson  , 
dei  Regierungsagent  für  Erziehung  in  Alaska,  hat  im  letzten  Jahre  aus  Sibirien 
16  Renntiere  kommen  lassen  und  gedenkt  weitere  100  Stück  in  die  Umgegend 
des  Fort  Clarence  zu  bringen.  Da  dieses  nützliche  Tier,  welches  nicht  nur 
den  Schlitten  zieht,  sondern  auch  Milch,  Fleisch  und  Haut  liefert,  in  Sibirien 
so  gut  gedeiht,  so  hofft  man,  daß  es  auch  in  Alaska,  dessen  Klima  und  Pflanzen¬ 
welt  denen  von  Sibirien  so  ähulich  sind,  sich  einbürgern  werde. 

Nature,  2.  Juni  1892.  (N.) 


Der  Störfang  wird  jetzt  au  der  Ostseeküste  in  einer  ganz  neuen  Weise 
betrieben.  Während  die  Fischer  sonst  den  Stör  mit  dem  sogenannten  »großen 
Horn«  (Zugnetz)  fingen,  hat  man  jetzt,  vielleicht  eine  Meile  vom  Land  entfernt, 
große  Stellnetze  in  Anwendung  gebracht,  welche  in  der  Weise  einer  Netzwand, 
Hunderte  von  Klaftern  lang,  aufgestellt  werden.  Der  Stör,  welcher  sehr 
schnell  schwimmt,  läuft  bei  Nacht  mit  dem  Kopf  in  die  großen  Maschen  hinein 
und  verwickelt  sich  derart,  daß  er  nicht  mehr  entkommen  kann.  In  der 
Gegend  von  Danzig  sind  die  Erfolge  großartig.  Es  wurden  Störe  bis  zu 
250  Pfund  gefangen.  Die  Fischer  von  Deep  a.  d.  Ostsee  fingen  in  diesen 
Tagen  sogar  einen  Stör,  welcher  das  Gewicht  von  330  Pfund  hatte.  lu  den 
letztverflossenen  14  Tagen  wurden  ungefähr  70  bis  80  Störe  gefangen,  von 
denen  keiner  unter  100  Pfund  wog.  B.  T.  Bl.  22.  7.  1892. 


In  demKopenhagener  zoologisch  enGarten  sind 

von 

seiner 

Gründung  an  im  Jahre  1859  bis  zum  Jahre  1892  folgende  Tiere 

ausgestellt 

gewesen : 

Säugetiere  (Pattedyr) : 

Vögel  (Fugle) : 

Affen  (Aber) . 42  Arten 

Kletter-,  Schrei-,  Tauben- 

Halbaffen  (Ilalvaher)  .  .  4  » 

und  Kleinvögel  {lüattre-, 

Flattertiere  {llagermus)  .  5  » 

Skrige-  Due-  og  Smaa- 

Insektenfresser  (InseMaeclere)  2  » 

fugle) . 

364  Arten 

Raubtiere  {liovdyr)  ...  65  » 

Raubvögel  {Rovfugle)  .  . 

54 

Seehunde  {Saeler)  ...  2  » 

Laufvögel  [Loebefugle) 

5 

Nager  {Gnavere)  ....  39  » 

Hühnervögel  {Hoensefugle) 

54 

Zahnarme  [Gumlere]  .  .  6  » 

Watvögel  (Vadefugle)  .  . 

73 

Huftiere  (Hovdyr)  ...  53  » 

Schwimmvögel  {Svoemme- 

Beuteltiere  {Pungdyr)  .  .  8  » 

fugle) . 

93 

» 

226  Arten 

643  Arten 

Kriechtier 

e  {Krybdyr) : 

Schildkröten  (Slcüdinidder)  ...  9  Arten 

Krokodile  (Krokodiller) 

....  3  » 

Echsen  (Oegler)  .  . 

.  9  » 

Schlangen  (Slanger) 

. 19  » 

40  » 

Lurche  {Padder)  .  . 

....  12  » 

Fische  {Fiske)  .  .  . 

. 16  » 

Summa  937  Arten. 

Generalfortegneise. 


223 


Biologische  Anstalt  auf  TI  e  1  g  ola  nd.  Die  mehvfacli  untei’nom  menen 
Vei’suche,  auf  Helgoland  eine  zoologische  Station  zu  errichten,  sind  stets  ge¬ 
scheitert,  bis  jetzt,  nachdem  die  Insel  deutsch  geworden,  der  lang  gehegte 
Wunsch  der  deutschen  Forscher  in  Erfüllung  gegangen  und  eine  Anstalt  für 
wissenschaftliche  üntersuchuug  der  Nordseefauna  und  -flora  errichtet  ist.  Eiu 
Haus  an  der  Jütlandterrasse  in  bester  Lage  ist  von  der  preußischen  Regierung 
angekauft  und  wird  jetzt  für  die  Zwecke  der  Anstalt  umgebaut.  Es  enthält 
Arbeitsräume  für  den  Direktor,  drei  Assistenteu,  einen  Präparator  und  vier 
weitere  Gelehrte.  Für  andere  vier  Forscher,  die  außerhalb  des  Austaltsge- 
bäudes  arbeiten  wollen,  würden  außerdem  noch  alle  nötigen  Hülfsmittel  ge¬ 
währt.  Kleinere  Aquarien  können  in  genügender  Zahl  beschafft  werden. 
Mehrere  Bote  sowie  eine  große  Zahl  von  Fanggeräten  aller  Art  steheu  bereits 
zur  Verfügung,  auch  wird  ein  seetüchtiger  Kutter  zu  größeren  Fahrten  in  die 
Nordsee  bei  Helgoland  stationiert  werden;  ein  Fischmeister  und  ein  zweiter 
Fischer  begleiten  die  Ausfahrten.  Die  Anstalt  bietet  nicht  nur  Zoologen  und 
Botanikern  Arbeitsplätze,  sie  versendet  auch  lebende  und  konservierte  Tiere 
uud  gibt  vor  allem  den  Beamten  Gelegenheit,  gründliche  Uutersuchungen  über 
die  Fauna  und  Flora  der  Nordsee  anzustellen;  die  wissenschaftliche  Erforschung 
der  nutzbaren  Seetiere  als  eine  Grundlage  für  den  richtigen  Betrieb  der  See¬ 
fischerei  wird  eine  Hauptaufgabe  derselben  bilden.  Die  eigentliche  Eröffnung 
der  Anstalt  soll  im  Herbste  erfolgen,  doch  lädt  der  Direktor  Prof.  Dr. 
Fr.  Heincke  die  Fachgenossen  ein,  jetzt  schon  die  Anstalt  zu  besuchen  oder 
ihre  Hülfe  in  Anspruch  zu  nehmen.  N. 

Der  Salmfang  im  Rhein  bei  St.  Goarshausen.  Im  Rechnungs¬ 
jahre  1890/91  wurden  in  den  beiden  hiesigen  Salm -Erbleihfischereien  Woog 
Lung  und  Woog  Sann  zusammen  nur  12  Salmeu  im  Gesamtgewichte  von 
197  Pfd.  gefangen.  Der  Gesamterlös  bezifferte  sich  auf  M.  343.26,  von  welchem 
Betrage  der  Fiskus  M.  123.73  zu  erhalten  hatte.  Das  Gewicht  der  Salinen 
schwankte  zwischen  10  und  16  Pfund.  In  den  Vorjahren  stellte  sich  der  Ertrag 
erheblich  höher  und  zwar  wurden  1889/90  gefangen  104  Sahnen  von  1609  Pfund 
(Erlös  M.  2720.26),  1888/89  206  Sahnen  von  3624  Pfd.  (Erlös  M.  4975.26), 
1887/88  181  Sahnen  von  2968  Pfd.  (Erlös  M.  4208.82),  1886/87  183  Sahnen  und 
1  Stör  von  3224  Pfd.  (Erlös  M.  4627.70.) 

St.  Goarer  Kreisblatt  26.  Febr.  1892. 


L  i  1 1  e  r  a  t  u  r. 

Bilder  aus  dem  Natu  rieben,  geschildert  von  W.  v.  Reichen  au.  Leipzig. 
Ernst  Günther.  1892.  gr.  8L  286  Seiten. 

Mit  Vergnügen  machen  wir  auf  dieses  hübsche  Buch  aufmerksam,  das  mit 
zu  dem  Gediegensten  gehört,  was  auf  dem  Gebiete  der  Schilderungen  des  Lebens 
in  der  Natur  gehört.  Der  Verfasser  führt  uns  in  13  Abschnitten  m  Feld  und 
Wald,  auf  den  Mombacher  Düneusand  bei  Mainz,  in  die  sumpfige  Rheinebene 
uud  auf  den  Fluß,  er  nimmt  uns  mit  auf  die  Jagd  und  zu  einer  Schlittenfahrt 
in  die  Alpen,  und  überall  gelingt  es  ihm,  unsere  Aufmerksamkeit  zu  fesseln, 


224 


ein  naturwahres  Gemälde  zu  entwerfen  und  auf  zahllose  Dinge  aufmerksam  zu 
machen,  die  den  meisten  Spaziergängern  entgehen  und  doch  geeignet  sind,  ihre 
Kenntnisse  zu  vermehren,  sie  im  Beobachten  zu  üben  und  ihre  Freude  au 
der  Naturbetrachtung  zu  erhöhen.  Neben  einer  umfassenden  Kenntnis  des 
Tier-  und  Pflänzenlebens  steht  dem  Verfasser  eine  schöne  Darstellung  zu  Ge¬ 
bote,  die  sich  streng  an  die  Sache  hält  und  alle  Gefühlsduselei  sowie  philo¬ 
sophierende  Betrachtungen  meidet.  Seine  Schilderungen  bieten  darum  zugleich 
eine  angenehme  Unterhaltung  wie  eine  Quelle  der  Belehrung.  N. 


Katechismus  für  Aquarienliebhaber  von  Wilhelm  Geyer. 
2.  Auflage.  Mit  vielen  Abbildungen.  Magdeburg.  Creutzsche  Verlags¬ 
buchhandlung.  1892.  ° 

Es  ist  kein  Zweifel,  die  Art,  den  Inhalt  eines  Zweiges  der  Wissenschaft  in 
Fragen  und  Antworten  darzustellen,  bietet  mancherlei  Vorteile;  sie  ist  kurz 
und  klar  und  darum  geeignet,  leicht  für  jedermann  verständlich  zu  sein.  So 
gibt  auch  das  Büchlein  von  Geyer  in  kleinen,  leicht  faßlichen  Kapiteln, 
deren  Überschrift  jedesmal  eine  Frage  ist,  eine  vollständige  Kunde  von  dem, 
was  dem  Liebhaber  von  Süßwasseraquarien  zu  wissen  nötig  ist,  sowohl  von 
der  Einrichtung  und  Durchlüftung  dieser  Behälter  sowie  von  den  für  dieselben 
geeigneten  Pflanzen  und  Tieren.  Besonders  der  Anfänger  wird  von  dem  prak¬ 
tischen  Buche,  dessen  zweite  Auflage  vielfach  verbessert  ist,  großen  Nutzen 
haben.  -vr 


Eingegangene  Beiträge. 

F.  E  B  in  ’s  G.  BericlUe  über  Ihre  Ergebnisse  in  der  Tierzucht  sind  stets  willkommen. 

B^ten  Dank.  ~  F.  W.  m  W.  —  A.  N.  in  B.  (2  Sendungen).  -  A.  v.  K.  in  K.  —  B.  K.  in  J  - 
o.  u.  K.  in  —  A.  S.  m  G.  — 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Trol.  I)r.  H.  L an dois.  Westfalens  Tierleben.  3  Bd.  Die  Reiitilien,  Amphibien  und  Fische 
in  Wort  und  Dibl.  Mit  19  Farbendrucktafeln  und  111  Holzschnitten.  Paderborn  Ferdi¬ 
nand  Schon  in  gh.  1892. 

E.  L.  Trouessart.  Die  geographische  Verbreitung  der  Tiere.  Aus  dem  Französischen 

^  Karten  in  Farbendruck.  Leipzig.  J.  .T.  Weber  189-^ 
1  roi.  Dr.  G.  Jagers  Mouatsblatt.  Zeitschrift  für  Gesundheitspflege  und  Lebenslehre 
11.  Jahrgang.  No.  7.  Stuttgart  1892. 

Schiller-Tietz.  Folgen,  Bedeutung  und  Wesen  der  Blutsyerwandtschaft  (Jnzucbt)  im 


und  Pflanzenleben.  2.  Auflage.  Berlin  und  Neuwied.  Heuser 


Menschen  —  Tier  — 

Verlag  1892. 

(leschiittsbericbt  über  den  Zoologischen  Garten  zu  Hannover  für  1891—1892. 

’lf.®  T  Ordnungen  des  Tierreichs.  2.  Bd.  3.  Abteil.  Die  Stachelhäuter 
von  1  rot.  Di.  Ludwig.  15.  u.  IG.  Lieterung.  Leipzig’ u.  11  eidelbcrir  O  F  W inte 7- 
Dr.  W.  Welt  11  er.  Die  Methoden,  bei  nalikonservierten  Tieren  die  Farben  zu  erhalten 
Sitzungsber.  d.  Gesellschaft  naturforscliender  Freunde  Berlin  189-’ 

Dr.  L  Rhumbl  er.  Eisenkiesablagerung-en  in  verwesenden  Weichkörpe^n  von  Foraminiferen 
SngenT8tr2  Gesellschatt  der  Wissenschaften  u.  der  Georg- Aiigusts-UniversS 

F.  Leydig.  Zum  Integument  niederer  Wirbeltiere.  Biologisches  Oeiitralblatt.  Leipzig  1892 
Ornithologisches  Jahrbuch.  Organ  für  das  paläarktische  Faunengebiet  Heraut 
gepbeii  von  V  ictor  Ritter  von  Tschusi  zu  Schmidhofen.  III.  Jahrg  S  i 
Mit  dem  Bildnisse  von  Chr.  Ludw.  Brehni.  Hallein  1892. 

32.  Bericht  des  Offenbacher  Vereins  für  Naturkunde.  Offenbach  a  M  1892 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mnhlau  &  Waldschmidt.  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahl  au  &  Wald  Schmidt  in  h  rankfurt  a.  M. 

N.,  8.  XXXIII.  Jahrgang.  August  1892. 


1  II  hall. 

Die  Aufzucht  des  maiitschurischen  Kranichs, 

-  Weiteres  über  meinen  Durchlüftungsapparat;  von 

—  Alpen-  und  Mauersegler,  Cijpi'ehis  melba  et  apiis ,  m  ^ 

Perzina,  Wien.  (Schfuß.)  -  Einige  neue  Notizen  über 

longirostril  im  Berliner  zoologischen  Garten;  von  Prof.  ^r.  ^  N  ehi  ing  -  Itahemsche  m 
neuo-riecbische  Namen  der  Eidechse  und  verwandter  Reptilien,  von  Dr.  ^ ^ ® ^ “ 
ETor  (Schluß.;  -  Bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Hannover  ^^r  1891-92.  - 
KorrLpondenzen.  -  Kleinere  Mitteilungen.  -  Litteratur.  -  Eingegangene  Beitiage.  - 
Bücher  und  Zeitschriften.  —  _  _ 


Die  Anfzuclit  des  maiitschurischen  Kraniclis,  Grus 

viridirostris  Yieill. 

Von  F.  E.  Blaatiw. 


Ich  erhielt  ein  Paar  dieser  Vögel  vor  ungefähr  vier  Jahren. 
Das  Männchen  war  schon  ein  paar  Jahre  im  Pariser  Acclima- 
tisationsgarten  in  Gefangenschaft  gewesen,  das  Weibchen,  eben  im¬ 
portiert,”  kam  ans  Hamburg  und  war  teilweise  noch  im  braunen 
Kleide  mit  schwärzlichen  Schwingen,  es  war  also  offenbar  noch  sehr 
jung.  Im  Laufe  des  Sommers  (ich  erhielt  das  Tier  im  Frühling) 
färbte  sich  das  Weibchen  aus  zum  weiß  und  schwarzen  Alterskleide 
und  lebte  von  jetzt  au  mit  dem  Männchen  in  tiefster  Eintracht. 
Die  Vögel  waren  überaus  munter  und  vergnügt  und  wußten  ihre 
Zeit  trefflich  zu  vertreiben  mit  Futtersucheu,  Baden  und  Tanzen, 
auch  ließen  sie  oft  ihre  durchdriugende  Stimme  hören. 

So  vergingen  zwei  Jahre,  ohne  daß  ernstliche  Anstalten  zum 
Brüten  gemacht  worden  wären.  Im  Frühlinge  des  dritten  Jahres 
endlich  beobachtete  ich  wiederholt  die  Paarung,  die,  während  das 
Weibchen  mit  ansgehreiteten  Flügeln  und  vorgestrecktem  Halse 
lärmend  dastand,  vor  sich  ging.  Bald  wurde  ein  Nest  gemacht  und 

Zoolog.  Gart.  .lahrg.  XXXIII.  1892.  1^ 


226 


nach  Verlauf  von  einigen  Tagen  brüteten  die  Vögel  abwechselnd 
auf  demselben. 

Ich  zweifelte  jetzt  nicht  daran,  daß  Eier  anwesend  wären,  und 
um  dieselben  zu  sehen,  ließ  ich  den  brütenden  Vogel  aufstehen. 
Zu  meinem  nicht  geringen  Arger  sah  ich  aber  statt  der  Eier  nur 
zwei  Steine  im  Neste,  die  das  Männchen  wütend  verteidigte,  als 
ich  mich  zu  viel  näherte.  In  der  Voraussetzung,  daß  vielleicht  doch 
noch  Eier  folgen  würden,  ließ  ich  die  Vögel  vorläufig  ruhig  sitzen, 
und  erst  als  nach  Verlauf  von  14  .Tagen  nichts  kam,  nahm  ich  die 
Steine  fort  und  zerstörte  das  Nest. 

Die  Vögel  waren  wütend,  trösteten  sich  aber  bald  durch  deu 
Bau  eines  zweiten  Nestes,  welches  diesmal  in  der  Nähe  des  Wassers 
angelegt  wurde. 

Dieselbe  Täuschung  wie  das  erstemal  wurde  auch  jetzt  auf¬ 
geführt,  und  zwei  Steine,  die  das  Männchen  mühsam  aus  dem 
Wasser  hervorholte,  mußten  den  Platz  der  fehlenden  Eier  ausfüllen. 
Das  Brüten  währte  wohl  drei  Wochen  laug,  bis  ich  auch  diesmal, 
um  die  Vögel  nicht  zwecklos  zu  ermüden,  die  Steine  entfernte. 

Bald  folgte  nun  die  Mauser,  und  mit  allen  Bruthoffuuugen 
war  es  aus. 

Im  vergangenen  Frühling  endlich,  April  1892,  beobachtete  ich 
wieder  alle  Vorbereitungen  zur  Brut.  In  der  Nähe  des  Wassers 
wurde  aus  einigen  Strohhalmen  ein  Nest  gemacht  und  am  19.  Mai 
wurde  das  erste  Ei  gelegt,  das  sogleich  bebrütet  wurde.  Dasselbe 
war  auf  grünlichem  Grunde  rötlich  gefleckt  und  gesprenkelt. 

Einen  Tag  später  folgte  das  zweite  Ei,  und  abwechselnd  — 
das  Männchen  aber  gewöhnlich  des  Nachts  —  brüteten  jetzt  die 
Vögel  bis  zum  20.  Juni. 

An  diesem  Tage  sah  ich  das  erste  Junge  aus  deu  Federn  des 
Alten  hervorguckeu.  Am  folgenden  Tage  fing  das  Junge  an,  um 
deu  Alten  herumzulaufen,  es  wurde  dabei  durch  den  zweiten  Vogel 
(der  also  nicht  auf  dem  Neste  saß)  begleitet  und  bald  auch  mit 
Begenwürmeru  gefüttert. 

O  C) 

Am  Abend  des  zweiten  Tages  nach  der  Geburt  des  ersten  war 
auch  das  zweite  Junge  der  Schale  glücklich  entkommen,  wurde 
dann  aber  noch  einen  ganzen  Tag  auf  dem  Neste  abwechselnd  vom 
Münnchen  und  Weibchen  gehalten,  während  der  nicht  auf  dem 
Neste  sitzende  Vogel  das  älteste  Junge  in  der  Nähe  des  Nestes  mit 
Futter  versah. 


227 


Id  dieser  Zeit  hockten  während  der  Nacht  beide  Alte  neben 
einander  auf  dem  Neste,  jedes  ein  Junges  bedeckend.  Als  endlich 
das  zweite  Junge  genügend  gekräftigt  war,  liefen  beide  Alte  mit 
den  Jungen  davon,  um  die  Fütterung  der  letzteren  zu  besoigen. 

Das  Nest  war,  wie  schon  erwähnt,  in  der  Nähe  des  Wassers 
angelegt,  und  da  das  Wasser  in  der  Mitte  80  cm  und  mehi  tief 
war,  so  war  ich  nicht  wenig  überrascht,  als  ich  die  ganze  hamilie 
bald  auf  der  anderen  Seite  des  Grabens  herumspazieren  sah.  Näheie 
Beobachtung  ergab  dann,  daß  die  Jungen  den  durch  das  tiefe 
Wasser  watenden  Alten  schwimmend  folgten  und  zwar  ebenso  ge¬ 
schickt  wie  junge  Schwimmvögel.  Die  Alten  zeigten  für  die  Jungen 
die  größte  Sorgfalt  und  jedes  Insekt,  jeder  Regenwurm  wurde  sorg¬ 
fältig  zerkleinert,  ehe  er  den  Jungen  vorgehalten  wurde,  und  dabei 
wußten  sie  ganz  gut  zu  unterscheiden,  welches  der  Jungen  schon 
oft,  welches  weniger  gefüttert  worden  war. 

Die  Jungen  waren  in  den  ersten  Tagen  muntere,  flinke  Tierchen, 
die  sich  oft  um  das  Futter  stritten  und  dann  mit  geöffneten 
Schnäbelchen  und  ausgebreiteten  Flügeln  auf  einander  losfuhren, 
was  urkomisch  auzusehen  war. 

Während  des  Tages  setzten  sich  die  Alten  fast  nie  auf  die 
Jungen;  während  der  ersten  Abende  legten  sich  aber  beide  Alte 
neben  einander  hin  auf  das  Nest,  jedes  ein  Junges  deckend,  das 
hinten  unter  die  schwarzen  Flügeldeckfedern  kroch  und  sich  dann 
zwischen  Flügel  und  Körper  des  Alten  hineiuarbeitete. 

Nach  Verlauf  von  drei  oder  vier  Tagen  setzte  sich  nur 

das  Weibchen  abends  auf  das  Nest,  beide  Jungen  bedeckend, 
während  das  Männchen  daneben  aufrecht  stehend  übernachtete  und 
Wache  hielt. 

Nach  Verlauf  von  fünf,  sechs  Tagen  wurde  es  mir  klar,  daß 
die  Jungen  nicht  vollkommen  gesund  waren.  Das  Wachstum  war 
sehr  langsam,  sie  schreckten  oft  und  sperrten  die  Schnäbelchen,  was 
unfehlbar  auf  Atemnot  hinwies.  Diese  wurde  immer  schlimmer, 

und  am  10.  Tage  starb  das  erste  und  am  11.  Tage  das  zweite 

Junge.  Die  Sektion  ergab  vollständig  erkrankte  Atmungsorgane. 
Der  Tod  der  beiden  Jungen  liegt  meiner  Überzeugung  nach  wohl 
unfehlbar  an  der  damals  herrschenden  fortwährenden  Abwechslung 
der  Temperatur,  da  große  Hitze  und  Kälte  und  sogar  Sturm 

während  der  kurzen  Lebensdauer  der  Tiere  immer  untereinander 

ab  wechselten. 


228 


Auch  waren  die  Alten,  die  ja  früher  noch  keine  Jungen  er¬ 
zogen  hatten,  in  den  ersten  Nächten  sehr  unruhig,  so  daß  sie  sich 
beim  geringsten  Geräusch  oder  irgend  einer  Störung  aufrichteten 
und  ihren  Ärger  durch  Geschrei  kundthateu.  Die  armen  Jungen 
wurden  dabei  natürlich  jedesmal  in  ihrer  Nachtruhe  gestört,  aus 
ihrem  warmen  Verstecke  aufgeschreckt  und  der  kalten  Nachtluft 
ausgesetzt.  Unzweifelhaft  haben  sie  sich  dabei  erkältet,  was  den 
Tod  zur  Folge  hatte. 

Die  Jungen  haben  ein  zimtbraunes  Dunenkleid,  das  auf  der 
Oberseite  am  dunkelsten,  unten  weißlich  ist.  Die  Beinchen  und 
auch  der  Schnabel  sind  noch  ziemlich  kurz.  Die  beiden  Alten 
zeigten  einen  leidenschaftlichen  Kummer  beim  Sterben  der  Jungen, 
besonders  des  letzten. 

Als  dieses  sterbend  in  der  größten  Todesangst  sieb  am  Boden 
herumwälzte,  versuchten  sie  es  mit  dem  Schnabel  zu  unterstützen 
und  aufzulieben,  und  als  es  endlich  tot  war  und  alle  schmeichelnde 
Bemühung  es  nicht  aufzuheben  vermochte,  setzte  das  Weibchen  sich 
eine  Stunde  laug  auf  den  kleinen  Leichnam  (was  es  sonst  am  Tage 
niemals  that),  um  zu  versuchen  ihn  zu  beleben.  Dann  stand  es  auf, 
und  als  es  sah,  daß  das  Junge  noch  immer  starr  dalag,  wurde 
dieses  in  Gemeinschaft  mit  dem  Männchen  nochmals  genau  mittels 
des  Schnabels  untersucht,  worauf  leidenschaftliches  Geschrei  den 
Kummer  der  beiden  Vögel  kund  gab.  Das  Weibchen  schien  jetzt 
begriffen  zu  haben,  daß  alle  Mühe,  das  Junge  zu  belebeu,  vergeblich 
war  und  wandte  sich  dann  ab,  um  für  sich  selbst  Futter  zu  suchen. 

Das  Männchen  hielt  noch  bei  der  Leiche  Wache  und  fiel  mich 
wütend  an,  als  ich  versuchte,  das  Junge  zu  entfernen. 

Da  ich  fürchtete,  Krähen  könnten  das  Junge  anfressen,  ver¬ 
suchte  ich,  sobald  der  Alte  sich  endlich  entfernte,  es  wegzunehmen, 
und  durch  List  gelang  mir  dies  auch.  Einen  Tag  lang  schrieen  die 
Alten  unaufhörlich  nach  der  verlorenen  Brut  und  erst  am  dritten 
Tage  beruhigten  sie  sich  ganz. 

Merkwürdigerweise  versuchten  die  Alten  das  tote  Junge  nicht 
zu  füttern  oder  zu  unterstützen  oder  zu  verwarnen.  Es  ist  dies  ein 
Beweis  dafür,  daß  diese  hochintelligenten  Vögel  ein  Verständnis 
dafür  hatten,  daß  die  Jungen  kein  Futter  oder  etwas  anderes  mehr 
brauchten. 

Falls  die  Vögel  gesund  bleiben,  wird  folgendes  Jahr  zweifellos 
eine  neue  Brut  gemacht  werden,  die  dann  hoffentlich  zu  einem  voll¬ 
kommenen  Resultat  führen  wird. 


229 


Weiteres  über  nieiiieii  Durclilüftiiiigsapparai. 

Vou  Dl-,  Emil  Buck. 

(Mit  a  Abbildungen.) 

Siehe  1)  dieser  Zeitschrift  No.  10 — 12  XXXII  Jahrg.  1891,  pag.  290. 

,  2)  »  ^  »3  XXXIII  »  1892,  »  92. 

»  3)  »  »  »10  XXX  ■  »  1889,  »  289. 

Für  mein  großes,  75  cm  weites  Beckenacjuarium  loc.  cit.  3), 
welches  auf  einem  niederen  Tische  ruht,  konnte  ich  bisher  meinen 
neuen  Durchlüfter  nicht  verwenden.  Durch  eine  an  der  Zimmer- 
waud  hängende  Vorrichtung  ist  jetzt  auch  bei  diesem  Aquarium  der 
Apparat  mit  sehr  gutem  Erfolg  seit  längerer  Zeit  thätig,  und  auf 
diese  Weise  läßt  er  sich  bei  allen  Aquarien  benutzen,  wenn  er  nicht 
direkt  an  den  letzteren  hängen  soll. 

Früher  schlugen  alle  Versuche  fehl,  in  ineiuem  Beckeuaquarium 
die  so  munteren  und  niedlichen  Bachfiohkrebse,  Gamarus  piilex,  zu 
züchten. 

Nunmehr  besitze  ich  eine  größere  Anzahl  selbst  gezüchteter 
Jnm'^en  und  x41ten  und  der  Luftstrora  ist  so  stark,  daß  oft  20  30 

Blasen  auf  der  Wasserfläche  eiuhertreibeu,  infolgedessen  sich  etwas 
Schaum  am  Ufer  absetzt.  Die  gesammte  Wassermasse  ist  in  starke 
Bewegung  gesetzt  mit  Ausnahme  der  acht  Buchten,  woselbst  sich 
die  Tiere  stehender  Gewässer  aufhalteu. 

Die  benutzte  Vorrichtung  besteht  in  einem  doppelten  Ziuk- 
behälter,  welcher  an  der  Wand  aufgehäugt  ist.  (Fig  I).  Der  Behälter 
A  hat  20  cm  Höhe,  27  cm  Breite  und  15  cm  Tiefe,  er  enthält  das 
Kraftwasser  für  den  Durchlüfter.  An  denselben  augelötet  befindet 
sich  darunter  der  Behälter  B  vou  9  cm  Höhe,  21  cm  Tiefe  und 
27  cm  Breite.  Au  diesem  mit  Wasser  gefüllten  Becken  hängt  der 
Apparat.  Ein  Ziukröhrchen  (d)  mit  Kautschukschlauch  leitet  das 
überschüssige  Wasser  in  das ,  auf  dem  Zimmerboden  befindliche 
Zinkbeckeu  ab.  In  dem  letzteren  sammelt  sich  gern  Staub  an  und 
bildet  in  Gemeinschaft  mit  dem  zuweilen  etwas  schlammigen  Wasser 
der  Wasserleitung  einen  feinen  Niederschlag,  der  beim  Hiueinschütten 
in  das  Becken  A  sich  dort  niedersetzt  und  mit  der  Zeit  Störungen 
hervorrufeu  kann.  Wenn  aber  eine  Filtriervorrichtung  in  Gestalt 
des  Reagensgläscheus  D  vorhanden  ist,  so  erscheint  eine  Störung, 
meiner  Erfahrung  nach,  ganz  ausgeschlossen.  Das  Gläschen  ist  durch 
einen  Kautschukpfropfen  mit  zwei  Löchern  verschlossen.  Durch 
letztere  mündet  der  Heber  a  ein,  während  der  Heber  b  mit 


230 


kurzem  Kantscbukschlauch  und  einer  Schraubenklaininer  das 
gereinigte  Wasser  in  den  Behälter  B  überführt.  Das  Gläschen 
hängt  vermittels  des  Drahtes  (c)  am  oberen  Rande  des  Be¬ 
hälters  A.  An  der  anderen  Ecke  des  Behälters  B  ist  im  Wasser 
das  Gebläse  des  Durchlüfters  C  eingetaucht.  Von  letzterem  be¬ 
findet  sich  in  Fig.  II  eine  genaue  Abbildung  in  natürlicher  Größe. 
Da  ich  bereits  eine  genaue  Beschreibung  desselben  gab,  so  kann  ich 
mich  beschränken  anzuführen,  daß  die  Luft  in  der  Röhre  b  vier 
cm  tief  in  das  Wasser  eintauchen  kann  (x),  wenn  eine  so  hohe 
Kraft-Wasserschicht  über  der  Mündung  der  Röhre  a  steht.  Letztere 
ist  nicht  verengt.  Die  Röhre  b  muß  aber  genau  so  weit  sein,  daß 
die  Röhre  a  knapp  hineingeschoben  werden  kann.  (Siehe  loc.  cit.  2). 
—  Bei  hohem  Wasserstand  im  Behälter  B  wird  der  Apparat  sehr 
rasch  aber  regelmäßig  arbeiten  und  zwar  so  lange,  bis  die  Röhre  a 
den  Wasserspiegel  berührt.  Da  nun  der  Behälter  B  ziemlich  groß 
ist  und  das  darin  enthaltene  Wasser  eine  große  Fläche  dem  Luft¬ 
druck  darbietet,  so  dauert  der  starke  Gang  des  Apparates  ziemlich 
lauge,  nämlich  ein  bis  zwei  Stunden.  Diese  überschüssige  Kraft 
kann  von  dem  zuleitendeu  Heber  b  ganz  unabhängig  sein,  insofern 
mau  das  Kraft-Wasser  in  den  Behälter  B  einschüttet,  um  einen 
kleinen  Sturm  im  Aquarium  zu  erzeugen,  der  den  Tieren  sehr  wohl- 
thätig  zu  sein  scheint.  Ist  das  Wasser  abgelaufeu,  so  beginnt  wieder 
der  normale  Gang  des  Apparates  infolge  der  alleinigen  Wasserzufuhr 
aus  dem  Heber  b. 

Somit  hat  mau  es  in  der  Hand,  den  Gang  zu  verstärken,  ohne 
au  der  Schraubeuklammer  etwas  zu  ändern.  —  Statt  des  Behälters 
B  läßt  sich  auch  ein  Reagensgläschen,  welches  au  einem  Draht  hängt, 
verwenden.  Auch  so  geht  der  Apparat  gleichmäßig,  doch  ist  es  hier 
ausgeschlossen,  den  Luftstrom  zu  verstärken,  ohne  die  Schraubeu¬ 
klammer  weiter  zu  öfinen.  Glasröhren  a,  von  dem  Querdurch¬ 
messer  wie  in  der  Zeichnung  angegeben  (5  mm),  sind  nur  für  große 
Aquarien  anzuraten,  indem  sie  einen  stärkeren  Wasserverbrauch  be- 
auspruchen,  dafür  aber  um  so  mehr  Luft  auffaugeu. 

Für  kleinere  Aquarien  sind  Glasröhrcheu  von  nur  3  mm  Quer¬ 
durchmesser  vorzuziehen. 

Soll  der  Apparat  weit  vom  Aquarium  entfernt  angebracht  werden, 
z.  B.  in  einem  anderen  Zimmer,  so  empfiehlt  es  sich,  daß  die  Luft- 
Leitung  eine  kurze  Strecke  vor  dem  Aquarium  hoch  über  dem 
letzteren  auf  eine  Garnrolle  zu  liegen  kommt,  damit  kein  Wasser 
aus  dem  Aquarium  in  sie  eiudriugen  kann,  wenn  der  Pfeifeukopf 
(siehe  loc.  cit.  1)  aus  dem  mit  Wasser  gefüllten  Gefäße  gehoben  wird. 


Fig.  I. 

A  Oberer  Zinkbehältcr. 

B  Unterer  Zinkbehälter,  oben  offen. 

C  Durchlüfter. 

1)  Filtrierfläschchen. 
a  Heber  Wasser  einleitend. 

Heber  Wasser  ableitend,  anschlic-sscnd  daran  Stückchen  Kautschuk -Schl auch 
mit  Klemmschraube. 

(■  Draht  zum  Aufhängen  des  Fläschchens. 
d  Zinkröhre  mit  Schlauch. 


Fig.  II.  Durchlüfter,  natürl,  GröCjc. 


a  Heberglasröhre. 
b  Luftfangglasröhre. 

£  nach  unten  eindringcnde  Luft. 

7  Stelle  wo  das  Wasser  in  den  Apparat  eindringt. 

z  in  das  Wasser  eingetauchter  Schenkel  der  Röhre  u,  darf  auch  2  cm.  kürzer  sein. 


Wie  ich  bereits  früher  geschildert  habe,  liegt  im  Pfeifeiikopf 
des  Durchlüfters  eiu  Schrotkügelchen,  um  den  Gang  zu  regulieren. 
Nun  fand  ich,  als  ich  vor  kurzem  mehrere  Pfeifeuköpfe  eiukaufte, 
daß  sich  das  Schrot-Kügelchen  in  deren  Röhreu  fest  eiuklemmte,  da 
diese  zu  weit  waren.  Das  Kügelcheu  muß  aber  ganz  lose  auf  dem 
Loch  im  Pfeifenkopf  zu  liegen  kommen.  Um  sicher  zu  sein,  nehme 
mau  beim  Einkäufe  eines  Pfeifenkopfes  Schrotkügelcheu  mit.  Mit 
Leichtigkeit  läßt  sich  eine  5  mm  dicke  Glasröhre  in  der  Form  des 
Hebers  a  (Fig.  II)  über  einer  Spiritusflamme  biegen,  wenn  mau  über 
das  eine  Ende  der  Glasröhre,  welches  gebogen  werden  soll,  eine 
etwas  weitere  Glasröhre  auf  eine  Strecke  von  1 — 2  cm  überstülpt. 
Die  Krümmungen  der  Röhre  erfolgen  daun  unschwer  in  einer  geraden 
Fläche  und  man  beginnt  mit  demjenigen  Ende,  welches  in  der  Luft¬ 
fangröhre  b  stecken  soll. 

Algen  können  sich  in  den  Glasröhren  des  Apparates  nicht  au- 
setzen,  wenn  der  letztere  in  einer  dunklen  Ecke  steht;  aber  eben¬ 
sowenig  Pilze,  wenn  das  Wasser  in  den  Ziukbeliältern  rein  erhalten 
wird,  während  sie  »bei  Durchfluß  von  Aquarium wasser  reichlich 
Nahrung  erhalten,  infolge  kleiner  Organismen. 


Alpen-  1111(1  xMauersej^ler,  Cyxjselus  melha  d  ainis,  in  ihrem 

Gelange  11  leben. 

Von  Ernst  Perzina,  Wien. 

(Schluß.)  — 

Da  die  Segler  während  der  ersten  Zeit  nach  ihrer  Ankunft  kein 
Wasser  zu  sich  genommen  hatten,  so  glaubte  ich,  daß  sie  desselben 
nicht  bedürften,  und  machte  gar  keine  weiteren  Versuche,  sie  daran 
zu  gewöhnen,  denn  eiu  ähnliches  Experiment  mit  Ziegenmelkern 
hätte  im  Jahre  vorher  beinahe  üble  Nachfolgen  gehabt.  Die  Ziegen¬ 
melker  hatten  nämlich  beharrlich  jedes  Wasseraufnehmeu  verschmäht 
aus  dem  Grunde,  weil  sie  eben,  wie  meine  über  halbjährigen  und 
Herrn  Pa  llischs,  in  dessen  Besitz  die  Tiere  später  übergingen,  etwa 
einjährigen  Beobachtungen  ergaben,  keines  Getränkes  bedürfen,  nie 
trinken.  Mir  schien  dies  damals  unnatürlich  und  um  sie  allmählich 
an  Flüssigkeit  zu  gewöhnen,  befeuchtete  ich  einmal  ihr  Futter,  in 
Streifen  geschnittenes  Herzfleisch,  durch  Eintauchen  in  Wasser.  Die 
Folge  war,  daß  alle  drei  Nachtschatten,  kaum  daß  sie  das  Fleisch, 


233 


au  welchem  ja  doch  nur  einige  Tropfen  anhafteten,  verscliluckt 
hatten,  es  unter  allen  Zeichen  des  Übelbefiudeus  wieder  ausspieen,  leb 
hielt  daher  die  Segler  wochenlang  ohne  Wasser;  sie  schienen  das¬ 
selbe  auch  in  keiner  Weise  zu  vermissen,  ja  wenn  ihnen  einmal 
solches  in  die  Nähe  kam,  ihm  geradezu  auszuweichen.  Ich  war  da¬ 
her  nicht  wenig  erstaunt,  später,  als  sie  mit  einer  kleinen  Haus¬ 
und  Rauchschwalbenkolonie  zusammen  ein  Zimmerchen  bewohnten, 
eines  Tages  einen  Alpeusegler  in  dem  großen,  für  die  Schwalben 
bestimmten  Wasserbehälter  liegen  und  dabei  gemütlich  planschend 
ein  Bad  nehmen  zu  sehen!  Herr  Pal  lisch  hatte  sowohl  au  zwei 
Alpeuseglern  als  auch  an  zwei  Mauerseglern  bereits  einige  Tage 
vorher  die  Bemerkung  gemacht,  daß  sie  auch  trinken.  Das  Wasser 
schlürfen  die  Alpensegler  in  laugen  Zügen,  fast  taubenartig  ein,  der 
Schnabel  wird  bis  an  die  Angen  eingetaucht;  öfters  wird  das  Trinken 
von  kleinen  Pausen  unterbrochen,  indem  der  Vogel  nach  einigen 
Zügen  den  Kopf  hebt,  etwas  wartet  und  dann  erst  wieder  in  seiner 
Beschäftigung  fortfährt. 

Trotz  des  zeitweiligen  Badens  sind  die  Alpensegler  gegen  Nässe 
ungemein  empfindlich,  wie  ich  einmal  mich  zu  überzeugen  leider 
Gelegenheit  hatte.  Das  Zimmerchen  ,  welches  den  Seglern  und 
Schwalben  als  Aufenthaltsort  diente  und  auf  dessen  Boden  sich  die 
ersteien  frei  bewegten,  wurde  während  der  Nacht  von  Ratten  heim¬ 
gesucht.  Daher  sah  ich  mich  gezwungen,  die  Vögel  des  Abends  vor 
diesen  gefährlichen  Nagern  in  sicheren  Verschluß  zu  bringen  und 
während  ich  die  Schwalben  veranlaßte,  in  ihrer  geschützten  Außen¬ 
voliere  zu  nächtigeu  —  worau  sich  dieselben,  nebenbei  bemerkt, 
bereits  nach  zweimaligem  Hineinscheuchen  vollständig  gewöhnt 
hatten  — ,  brachte  ich  die  Segler  in  einem  Doppelfenster  unter. 
Die  äußeren  Flügel  desselben  schlossen  nicht  ganz  fest,  und  als  eines 
Nachts  ein  besonders  starkes  Gewitter  niederging,  strömte  durch  die 
Fensterspalteu  Wasser  ein  und  durchnäßte  die  Segler;  am  nächsten 
Morf^en  fand  ich  sie  förmlich  erstarrt  und  im  höchsten  Grade 
ermattet,  sie  schlugen  bei  Berührung  kaum  die  Augen  auf,  ver¬ 
weigerten  jede  Nahrungsaufnahme  und  litten  im  höchsten  Grade  an 
Durchfall.  Ich  bettete  die  Erstarrten  sofort  zwischen  erwärmte 
Tücher,  aber  erst  nach  Stunden  erholten  sie  sich  einigermaßen, 
Futter  nahmen  sie  erst  am  nächsten  Tage. 

Ebenso  sehr  wie  die  Nässe  fürchtet  der  Segler  die  Kälte.  Als 
die  kalten  Wintertage  mit  Ende  Oktober  sich  bemerklich  zu  machen 
begannen  und  meine  Vögel  noch  in  einem  sehr  luftigen,  unheizbarem 


234 


Saale  des  Hauses  des  1.  Österreichisch -Ungarischen  Geflügelzucht¬ 
vereines  im  Wiener  Prater  logieren  mußten,  da  zeigten  die  Segler 
manchmal  ein  gar  trauriges  Gesicht;  eng  aneinander  geschmiegt  lagen 
sie  in  einer  Ecke  des  großen  Käfigs,  welcher  nun  ihren  Aufenthalt 
bildete,  das  Gefieder  gesträubt,  die  schönen  großen  Augen  trübe 
blickend;  die  Nahrungsaufnahme  wurde  äußerst  gering,  freiwillige 
Bewegungen  hörten  gänzlich  auf,  dabei  magerten  sie  ab,  und  wenn  ich 
diesem  Zustande  nicht  durch  ünterbringen  der  Tiere  in  einem  wärmeren 
Kaum  ein  Ende  gemacht  hätte,  so  wären  sie  gewiß  noch  ein- 
gegangeu. 

Auch  der  überwinterte  Segler  zeigte  im  zeitigen  Frühjahre,  als 
die  Zimmer  nicht  mehr  geheizt  und  es  infolgedessen  manchmal 
recht  kühl  war,  an  solchen  Tagen  sichtliches  Unbehagen,  fraß  wenig, 
sträubte  die  Federn  und  blieb  in  seinem  Lieblingswiukel  ruhig 
liegen.  Wärme  ist  für  die  Seglerarten  Lebensbedingung,  Sonne 
lieben  sie  ungemein ;  wenn  die  Sonnenstrahlen  warm  in  die  Kammer 
drangen,  die  meine  vorjährigen  Pfleglinge  bewohnten,  welche  ich 
nebenbei  bemerkt,  zu  Winters  Anfang  Raummangels  halber  abgeben 
mußte  und  welche  größten  Teils  in  den  Besitz  deutscher  Tiergärten 
gelangten  —  der  gegenwärtig  in  meinem  Besitze  befindliche  ist 
eines  der  von  Herrn  Pallisch  aufgezogenen  Exemplare,  welches  im 
März  d.  J.  in  meine  Pflege  überging,  —  dann  verließen  sie  sogleich 
ihre  sonst  so  geliebten  Sitze,  Baumrinden-  und  Tuffsteinstücke, 
Korbdeckel  u.  dergl.  und  begaben  sich  eilfertigst  au  jenen  Fleck 
des  Fußbodens,  welchen  gerade  die  Sonne  beschien,  und  gaben  sich 
hier  ganz  dem  Vergnügen  hin,  welches  ihnen  das  Durchwärint- 
werden  bietet.  Bald  wurde  die  eine,  bald  die  andere  Seite  dem 
Lichte  zugewendet,  dieser  oder  jener  Flügel  gelüftet  und  gedehnt, 
das  Gefieder  gesträubt,  damit  es  die  warmen  Strahlen  nur  ja  recht 
durchdringeu  konnten.  War  die  Sonne  verschwunden,  so  begaben 
sich  alle  wieder  auf  ihre  gewohnten  Sitze  zurück.  Genau  so  be¬ 
nimmt  sich  mein  gegenwärtiger  Pflegling  der  Sonne  gegenüber,  ja 
diese  scheint  ihm  zu  einem  ganz  eigenartigen  Treiben  Ver¬ 
anlassung  zu  geben ,  welches  ich  nur  als  eine  Art  entstelltes 
Liebesspiel  deuten  kann,  dadurch,  daß  es  auf  der  Erde  vollfuhrt 
wird  statt  wie  im  Freien  wahrscheinlich  in  der  Luft  in  den 
obersten  Schichten,  in  welchen  das  Auge  den  herrlichen  Fliegern 
nicht  zu  folgen  vermag,  denn  ich  habe  noch  nie  eine  Beobach¬ 
tung  hierüber  in  Erfahrung  gebracht.  Wenn  die  Sonne  recht 
in  den  Käfig  brennt  und  sich  der  Segler  eine  Weile  dem  behag- 


235 


liebsten  Genüsse  der  Wärme  hingegeben  hat,  richtet  er  den  Kopf 
plötzlich  in  die  Höhe,  bewegt  denselben  einige  Male  in  kreisförmigem 
Bogen,  beugt  ihn  dann  etwas  gegen  den  Nacken  zurück,  ruft  in 
dieser  Stellung  mit  weit  aufgerissenem  Schnabel  in  ungemein 
schrillem,  weit  hinschallendem  Tone  »gi-gi"gi  —  wawa — wawawa — 
giii — gigiaa«,  macht  einige  nickende  Stöße  mit  dem  Kopfe,  öffnet 
die  Flügel  und  beginnt  nun  mit  diesen  heftig  zu  rütteln,  ziemlich 
anhaltend,  etwa  zwei  bis  drei  Minuten  lang,  und  stößt,  sobald  er 
auf  dem  Höhepunkte  seiner  Begeisterung  angekommen  scheint,  noch 
einmal  den  erwähnten  Ruf,  aber  viel  länger  gedehnt,  namentlich 
das  »giiiaa«  öfters  wiederholt  aus,  auch  fügt  er  noch  eine  Schluß- 
Strophe  bei,  welche  mich  lebhaft  an  das  Zischen  des  Textorwebers 
erinnert.  Während  dieses  Treibens  sondert  sich  in  den  beiden 
Schnabel  winkeln  ein  weißlicher,  glänzender  Schleim  ab,  dessen  sich 
der  Vogel  sofort,  nachdem  die  Eudstrophe  '  seines  »Gesanges«  er¬ 
tönte  —  dieser  scheint  der  Schluß  des  Spieles  zu  sein  — ,  mit  einer 
gewissen  Hast  entledigt,  indem  er  denselben  stets  an  ein  und  der¬ 
selben  Stelle,  einem  Riudenstück,  welches  seinen  Lieblingssitz  bildet, 
durch  Reiben  des  Kopfes  gegen  dasselbe  abstreift;  hierauf  ist  der 
Vogel  stets  ungemein  bewegungslustig  und,  wie  es  mir  scheint,  un¬ 
ruhig,  erregt,  kriecht  und  klettert  im  Käfige  umher  und  schlägt  mit 
den  Flügeln.  Anfangs  hielt  ich  dieses  Treiben  für  etwas  Krank¬ 
haftes,  etwa  durch  Krämpfe  Hervorgerufenes,  aber  da  der  Vogel 
dasselbe  sofort  beendet,  wenn  mau  zu  seinem  Käfige  tritt,  glaube 
ich  nun  in  demselben  einen  Ausdruck  der  Paaruugslust,  ein  Liebes¬ 
spiel  zu  sehen.  Ausgeführt  wird  es  nur  während  des  Vormittags 
und  nur  dann,  wenn  es  sehr  warm  ist  und  ihm  alles  sicher  er¬ 
scheint.  Ist  trübes,  kühles  Wetter  oder  beschäftige  ich  mich  un¬ 
mittelbar  neben  seinem  Käfige,  daun  verhält  er  sich  ganz  ruhig. 
Da  ich  des  von  mir  so  bezeichueten  »Gesanges«  des  Alpeuseglers 
erwähnte,  so  mögen  an  dieser  Stelle  auch  die  übrigen  Lautäuße- 
rungeu  desselben  verzeichnet  werden. 

Bis  etwa  Ende  Oktober  waren  die  Segler  mit  dem  Gebrauche 
ihrer  Stimmmittel  sehr  freigebig  ;  bei  jeder  Gelegenheit,  nameutlich 
aber  während  des  Fütterns,  wurde  ein  heiseres,  langandaueriides 
Zischen  ausgestoßeu,  dessen  Tonstärke  ganz  bedeutend  und,  namentlich 
wenn  in  Gemeinschaft  gelärmt  wurde,  ziemlich  weit  hin  vernehmbar 
war.  Ärgerlicher  Erregung  gaben  sie  durch  ein  rasches  »sii-sii-iiiiii 
Ausdruck,  so  wenn  mau  sie  in  einer  ihnen  nicht  genehmen  Weise 
anfaßte  etc. ;  fiel  ihnen  etwas  auf  oder  erschracken  sie  über  etwas. 


236 


so  ertönte  ein  Uuf,  der  lebhaft  au  jenen  des  Thurmfalkeu  erinnert. 
Später  hörten  sie  /u  zischen  auf  und  gewöhnten  s  ch  nur  während 
des  llinnuterwürgeus  der  Nahrung  einen  etwa  wie  »gick-gick« 
tönenden  Laut  au,  der  falkenähnliche  Schrei  schien  nun  der  eigent¬ 
liche  Lockruf  geworden  zu  sein.  Der  überwinterte  Segler  ist  sehr 
schweigsam,  außer  zu  seinem  »Gesäuge«  erhebt  er  seine  Stimme 
nur  daun,  wenn  eine  Taube  etc.  knapp  vor  dem  Fenster  vorbei¬ 
streicht  oder  wenn  ich  nachts  ins  Zimmer  trete. 

Die  Bewegungen  der  Segler  sind  auf  dem  flachen  Boden  un¬ 
geschickt,  doch  fördern  die  Vögel  sich,  namentlich  wenn  die  Flügel 
zu  Hülfe  genommen  werden,  welche  dann  gewissermaßen  das  Gleich¬ 
gewicht  halten,  ziemlich  rasch  vorwärts.  Besser  verstehen  sie  sich  auf 
das  Klettern  an  Drahtgitterwänden  und  ähnlichen  Gegenständen;  die 
etwa  1^2  Meter  hohe  Gitterthüre  ihres  Aufenthaltsortes  erklommen 
sie  oft  mit  Leichtigkeit  in  wenigen  Sekunden.  Eine  sehr  oft  geübte 
Gewohnheit,  welche  ihnen  wahrscheinlich  für  die  mangelnde  Flug- 
beweguug  Ersatz  schaffen  soll,  ist  starkes  rüttelndes  Flügelschlagen, 
welches  sie  ebensowohl  auf  dem  Fußboden  wie  auf  einem  Stein  oder 
Uiudenstück  sitzend,  wie  an  der  Gitterwand  hängend  ausübeu. 

In  der  Ruhestellung  scheint  der  Seglar  auf  ebenem  Boden  auf 
dem  Bauche  zu  liegen,  da  die  kurzen  Füße  ganz  im  Gefieder  ver¬ 
schwinden;  der  Oberkörper  ist  indes  stets  aufgerichtet.  Lieber  halten 
sie  sich  auf  Gegenständen  auf,  deren  rauhe  Außenseite  ein  An¬ 
klammern  mit  den  Füßen  gestattet,  und  auf  diesen  ist  ihre  Haltung 
auch  eine  viel  sicherere.  Wenn  nicht,  wie  in  erwähnter  Weise  er¬ 
regt,  zeigt  mein  Segler  wenig  Bewegungslust.  Von  seinem  Sitze  auf 
einigen  Rindenstücken  zum  Futter  oder  Wassergeschirre  und  wieder 
zurück,  ein  gelegentliches  Rütteln  und  Lüften  der  Flügel,  das  ist 
alles ;  selten  gefällt  er  sich  einmal  darin,  an  dem  Käfiggitter  herum¬ 
zuklettern.  Nur  der  Kopf  ist  in  ständiger  Bewegung,  die  schönen, 
großen  Augen  blicken  fortwährend  umher. 

Die  Alpensegler  sind  ungemein  friedfertig.  Als  die  ganze  Ge¬ 
sellschaft  noch  beisammen  war,  sah  ich  sie  nie  untereinander 
streiten ,  und  selbst  wenn  beim  Füttern  einer  dem  andern  vorzu¬ 
kommen  trachtete,  seinen  Vordermann  zu  verdrängen  suchte,  so 
geschah  dies  doch  ohne  jede  feindliche  Regung.  Entfernte  man  einen 
von  seinen  Kameraden  und  setzte  ihn  an  einer  andern  Stelle  nieder, 
so  begab  er  sich  sofort  wieder  zu  seiner  Gesellschaft  zurück.  Des 
Nachts  drängten  sich  alle  möglichst  eng  aneinander,  dies  allerdings 
wohl  hauptsächlich,  um  die  gegenseitige  Körperwärme  zu  genießen. 


237 


Auch  mit  an  deren  Vögeln  vertragen  sie  sich  gut.  Die  kecken  Rauch¬ 
schwalben  nahmen  oft  au  dem  Mahle  ihrer  groben  Verwandten 
Teil  ;  ein  Alpenfluevogel,  dem  es  unter  der  Schwalbensippschaft 
recht  langweilig  zu  sein  schien,  unterhielt  sich  mit  seinen  uube- 
holfeueu  Landsleuten,  indem  er  dieselben  an  den  laugen  Schwingen 
zupfte,  auf  ihren  Rücken  herumhüpfte,  ohne  daß  sich  die  Segler, 
denen  diese  Aufmerksamkeiten  keiuenfalls  angenehm  zu  sein  schienen, 
deshalb  zur  Wehre  gesetzt  hätten.  Unangenehmer  noch  war  ihnen 
entschieden  die  kurze  Zeit  währende  Gesellschaft  zweier  einfarbiger 
Stare,  Sturmis  unicolor,  denn  diese  leidenschaftlichen  Wasserfreunde 
schienen  nach  genommenem  Bade  gerade  die  Rücken  der  Segler- 
«•esellschaft  für  den  geeignetsten  Ort  zu  halten,  um  das  triefende 
Gefieder  auszuschüttelu.  Wie  wenig  die  Segler  von  derartigen 
Sprühregen  erbaut  waren,  das  bekundete  stets  die  eilige  Flucht  vor 
den  schillernden  Schwarzröcken.  Ein  junger  Wachtelkönig  schlüpfte 
gern,  so  lange  er  noch  das  Dunenkleid  trug,  zwischen  die  neben¬ 
einander  hockenden  Segler  und  niemals  hatte  er  hiebei,  wohl  aber 
einmal  beim  Besuche  der  Futterschüssel,  ein  unangenehmes  Erlebnis 
zu  verzeichnen.  Die  junge  Ralle  liebte  es,  sich  aus  dem  Futter  der 
Segler  die  frischen  Ameisenpuppen  herauszusuchen,  und  so  erschien 
sie  auch  einmal  bei  der  gedeckten  Tafel,  als  dieselbe  noch  von  den 
Seglern  umringt  war.  Rasch  hatte  sich  der  schmale  Vogel  zwischen 
den  übrigen  durchgezwängt  und  stand  nun  mitten  in  der  Futter¬ 
schüssel,  mit  gesenktem  Kopfe  seinen  Leckerbissen  nachspähend. 
Da  plötzlich  beginnt  er  heftig  zu  zappeln  —  einer  der  Segler  hat 
beim  gierigen  Schnappen  statt  eines  Quarkbrockeus  den  Kopf  des 
Wachtelkönigs  erwischt  und  versucht  nun,  diesen  hinunter  zu  würgen, 
ein  Bestreben,  welches  allerdings  ebenso  sehr  au  der  Größe  des 
Gegenstandes  wie  an  dem  heftigen  Widerstreben  des  Angefallenen 
scheiterte.  Immerhin  hielt  er  aber  den  Kopf  doch  durch  einige  Sekunden 
fest,  bis  es  dem  Wiesenschnarrer  gelang,  sich  mit  raschem  Rucke 
zu  befreien  und  mit  einigen  schnellen  Sätzen  das  Weite  zu  suchen, 
während  ihm  der  Segler  verdutzt  nachstarrte ! 

Größeren  Vögeln  gegenüber  zeigen  sie  entschiedene  Furcht, 
denn  als  ich  einmal  eine  Mandelkrähe  mitten  unter  sie  setzte, 
suchten  alle  möglichst  rasch  aus  der  Nähe  dieses  unheimlichen 
Gastes  zu  kommen,  drängten  sich  im  Winkel  zusammen  und  stießen 
ihren  Alarmruf  aus. 

Der  Federwechsel  des  Alpenseglers  dürfte  im  Freien  wohl  kurze 
Zeit  vor  seiner  Ankunft  bei  uns  erfolgen,  denn  mein  Pflegling  be- 


288 


gami  erst  mit  Anfang  April  zn  mausern  und  verliert  bis  heute 
noch  Federn.  Jedenfalls  ist  seine  Mauser  ein  Beweis  für  sein  voll¬ 
ständiges  körperliches  Wohlbefinden. 

Nun  noch  einmal  zu  den  Mauerseglern!  Einige  Tage  vor 
dem  Eintreffen  der  Alpensegler  erhielt  ich  zufällig  drei  Turm¬ 
schwalben,  ihrem  ganzen  Gebahren,  sowie  der  Größe,  Farbe  und 
Gestalt  nach  zu  schließen,  zwei  alte  und  ein  junges  Exemplar. 
Erstere  waren  geradezu  unbändig  wild ;  selbst  sie  durch  ge¬ 
waltsames  Eiustopfeu  von  Futter  zu  ernähren,  erwies  sich  als  ein 
Ding  der  Unmöglichkeit,  denn  alles  wurde  wieder  ausgespieen,  selbst 
wenn  ich  minutenlang  ihren  Schnabel  zuhielt,  und  so  sah  ich  denn 
bald  ein,  daß  ich  mit  diesen  beiden  keinerlei  günstige  Resultate  er¬ 
zielen  werde,  und  setzte  sie  daher  in  Freiheit.  Der  junge  Vogel 
hatte  sich  sehr  bald  an  das  Stopfen  gewöhnt  und  nahm  bereits 
nach  einigen  Tagen  das  vorgehaltene  Futter  von  der  Hand  ab,  als 
er  während  einer  mehrtägigen  Abwesenheit  meinerseits  Gelegenheit 
fand,  zu  entwischen  und  das  Weite  zu  suchen.  Ich  verschaffte  mir 
nun  wohl  noch  einige  Mauersegler,  aber  alle  erwiesen  sich  mehr  oder 
minder  für  meine  Versuche  als  ungeeignet,  bis  ich  endlich  zwei 
Exemplare  erlangte,  deren  Flügelspitzen  sich  noch  nicht  kreuzten, 
die  also  etwa  erst  zu  zwei  Drittteilen  ausgewachsen  waren.  Diese 
gewöhnten  sich  ebenfalls  bald  an  das  Gestopftwerden;  ein  Exemplar 
gab  ich  nun  an  Herrn  Pallisch  ab,  während  ich  mit  dem  zweiten 
Exemplare  selbst  weiter  Versuche  machte;  dazu,  daß  der  Segler  das 
Futter,  Käsequark,  frische  Ameisenpuppen,  aus  den  vorhaltenden 
Fingern  selbst  abnahm,  hatte  ich  ihn  bald  gebracht,  aber  weiter 
trotz  wochenlanger  Bemühungen  nicht.  Tageiauges  Hungernlasseu 
bewirkte  bloß,  daß  er  sehr  unruhig  in  seinem  Behälter  herumkroch 
und  sehr  viel  trank,  sich  sonst  dadurch  aber  keineswegs  besonders 
angegriffen  zeigte.  Auf  die  Macht  des  Beispiels  bauend,  setzte  ich  ihn 
unter  seine  schmausenden  Schweizerverwaudten  —  umsonst!  Merkwür¬ 
digerweise  verweigerte  dieser  Segler  plötzlich  die  Annahme  jedes  anderen 
Nahruugsstoffes  als  Käsequark,  von  welchem  er  bei  den  dreimal  täglich 
stattfindendeu  Fütterungen  verhältnismäßig  viel  zu  sich  nahm,  doch 
schien  ihm  die  alleinige  Ernährung  mit  diesem  Futterstoffe  nicht  zuträg¬ 
lich  zu  sein,  denn  er  magerte  allmählich  —  sehr  langsam  —  ab,  die 
Körperwärme  sank  bedeutend,  der  Vogel  fröstelte  fortwährend  und  ging, 
nachdem  er  etwa  drei  Monate  in  meinem  Besitze  war,  ein. 

Länger  erhielt  sich  sein  wahrscheinlicher  Nestgenosse  in  Herrn 

o  O 

Pallischs  Pflege,  und  dieser  konnte  auch  zum  Alleiufressen  ge¬ 
bracht  werden. 


239 


Auch  dieses  Exemplar  gewöhnte  sich  zuerst  daran,  das  vorge¬ 
haltene  Futter  von  der  Hand  zu  nehmen,  um  schließlich,  durch  diese 
geleitet,  seiue  Nahrung  aus  dem  Gefäße  selbständig  aufzunehmen. 
Anfangs  bestand  das  Futter  aus  feingeschabtem  rohem  Herzfieische 
mit  frischen  Ameisenpuppen  vermengt,  in  der  Folge  wurde  es 
durch  eine  Mischung  von  Gelbrübe,  trockenen  Ameisenpuppen, 
Eintagsfliegen  und  Herzfleisch  ersetzt.  Eigentümlicherweise  ver¬ 
schmähte  dieser  Mauersegler,  ebenso  wie  der  meine  und  auch  sämt¬ 
liche  Alpensegler,  Mehlwürmer,  diesen  von  den  meisten  Weich¬ 
fressern  so  hoch  geschätzten  Leckerbissen,  vollständig.  Wasser  trank 
er  in  vollen,  tiefen  Zügen,  worauf  ein  leichtes  Heben  des  Kopfes 
folgte;  badend  konnte  der  Mauersegler  nie  beobachtet  werden, 
höchstens,  daß  er  nach  dem  Trinken  mit  dem  feuchten  Schnabel 
die  Rückenfedern  etwas  benetzte  und  ordnete.  Über  das  weitere  Be¬ 
nehmen  des  Vogels  veröffentlichte  Herr  P  a  1 1  i  s  c  h  in  den  von  ihm 
redio-ierten  »Mitteilungen  des  Ornithologischen  Vereins  in  Wien« 
folgendes : 


»Wärme  liebt  der  Vogel  über  alles  ;  jeder  Sonnenstrahl,  der 
in  den  Käfig  fällt,  wird  sofort  aufgesucht,  und  mit  gesträubtem  Ge¬ 
fieder  genießt  er  daun  die  wohlthuende  Wärme. 

Wird  es  kühl  im  Zimmer  oder  dämmert  der  Abend,  so  kriecht 
der  Mauersegler  in  einen  liegenden  Filz-Nistkasten,  worin  er  auf 
weicher  Torflage  die  Nacht  verbringt. 

Die  Beweglichkeit  meines  Seglers  ist  gering,  fliegend  bewegt 
er  sich  wenig,  doch  ziemlich  sicher;  weit  lieber  schafft  er  sich  da¬ 
durch  Bewegung,  daß  er  sich  mit  den  Füßen  an  einem  Rinden¬ 
stück  oder  Ast  festhält,  mit  den  Flügeln  andauernd  fächelnde  Be¬ 
wegungen  ausführt  und  dabei  das  bekannte  durchdringende  Ge¬ 
schrei  seiner  Art  hören  läßt. 

Am  Boden  bewegt  er  sich  natürlich  schwerfällig  doch  ruhig 
und  sicher,  so  weit  es  sich  um  das  Bereich  seines  Käfiges  handelt, 
also  vom  rauhen  Aststruuk,  seinem  Lieblingssitzplatze,  zum  L  uttei 
oder  Wassergeschirr  etc.,  dagegen  flattert  er  unruhig,  sobald  er  aut 
den  Boden  gesetzt  wird,  und  sucht  dann  Gelegenheit  emporzu- 
kletteru.  An  kühlen  oder  selbst  nur  trüben  Tagen  ist  die  Freß- 
lust  gering,  und  der  Vogel  verkriecht  sich  dann  gern  in  seine 
Schlafhöhle.  Doch  ist  seine  Lebensfrische  in  solchen  Fällen  nicht 
vermindert.  Jede  Thätigkeit  meinerseits  im  Käfig  beobachtet  er  mit 
Anfinerksamkeit,  kommt  aus  seinem  Versteck,  untersucht  das  Futter¬ 
geschirr  nach  etwa  gespendeten  Leckerbissen  u.  dergl.  Seit  Eintritt 


240 


der  längeren  Nächte  beleuchte  ich  abends  gegen  9  Uhr  seinen 
Käfig,  worauf  er  sofort  das  Futter  aufsucht  und  demselben  tüchtig 
zuspricht. 

Bei  schönem  warmem  Wetter  oder  jetzt  bei  gutgeheizter  Stube 
sitzt  er  entweder  auf  erwähntem  Aststück  oder  er  liegt  am  torf¬ 
bestreuten  Boden,  mit  seinen  schönen  großen  Augen  jede  sich 
zeigende  Fliege  aufmerksam  verfolgend.« 

D  cj  o 

Leider  ging  dieser  Segler  im  Januar  dieses  Jahres  ein,  immer¬ 
hin  ist  aber  durch  sein  über  halbjähriges  Käfigleben  der  Beweis 
erbracht,  daß  sich  auch  diese  Art  an  die  Gefangenschaft  ge¬ 
wöhnen  läßt. 

Selbstverständlich  können  die  beiden  Seglerarten  nicht  als 
empfehlenswerte  Stuben vögel  gelten,  denn  einerseits  erfordert  ihre 
Erhaltung  gutes,  sehr  reichliches  Futter  und,  so  leicht  auch  die  Auf¬ 
fütterung  der  Alpeus'.igler  war,  doch  eine  für  die  Dauer  sehr  sorg¬ 
same,  fachmännische  Behandlung,  während  sie  andererseits  weder 
durch  Gesang  —  die  erwähnte  stimmliche  Leistuug  des  Alpenseglers 
kann  ja  doch  kaum  als  solcher  bezeichnet  werden  —  noch  durch 
Schönheit  der  Gestalt  oder  Anmut  der  Bewegungen  entschädigen. 
Für  zoologische  Anstalten  und  Schaustellungen  hingegen  sind  es 
entschieden  hochinteressante  Tiere,  deren  eigentümliche  Körper- 
forraen,  den  meisten  Besuchern  gewiß  fremd — denn  der  rasche  Flug 
und  die  Höhe,  in  welcher  sich  die  Segler  im  Freien  heruratummelu, 
machen  hier  ein  genaues  Kennenlernen  derselben  so  gut  wie  un- 
möo-lich  —  dieselben  ebenso  fesseln  werden  wie  das  Gebahreu  in  nicht 

O 

fliegendem  Zustande.  Für  den  fachmännischen  Beobachter  wäre  gewiß 
noch  vieles  an  diesen,  in  ihrer  Heimat  allgegenwärtigen  und  doch 
noch  so  wenig  bekannten  Tieren  zu  erforschen  1 


Einige  neue  Notizen  über  die  Langrüsselscli weine,  Siis 
lon(/irost7Hs,  iin  Berliner  zoologischen  Garten.*) 

Von  Prof.  Dr.  A.  Nehring. 

In  Anknüpfung  an  meine  Mitteilungen  vom  11.  Oktober  1891, 
welche  in  dieser  Zeitschrift  1892,  S.  7  abgedruckt  sind,  erlaube 
ich  mir,  folgendes  mitzuteilen. 

*)  Ich  bemerke,  daß  die  beiden  Exemplare  dieser  merkwürdigen  Species 
inzwischen  auch  thatsächlich  als  »Äos  longirosfris  Nehring,  Langrüsselschwein 
von  Java,«  etikettiert  worden  sind. 


241 


Die  Charaktere,  welche  ich  bereits  a.  a.  0.  hervorhob,  haben 
sich  bei  dem  männlichen  Exemplare  immer  deutlicher  ausgeprägt. 

*  Dahin  gehört  zunächst  die  starke,  etwa  wallnuhgroße,  sch  wach  behaaite 
Warze,  welche  unter  jedem  Auge,  etwa  in  der  Höhe  des  Joch- 
bocens,  hervortritt:  dahin  gehören  ferner  der  auffallende,  ca.  2o  cm 

r5  *  7  0  ^ 

lange  Backenbart  an  der  hinteren  Wangengegend,  die  lange,  schmale 
Form  des  Kopfes,  die  schlitzartigen  Thränengrubeu,  der  kurze,  un¬ 
behaarte  Schwanz,  die  eigentümliche.  Behaarung  des  Rumpfes,  die  vom 
europäischen  Wildschweine  abweicheude  Figur  des  Körpers.  Als 
neuer  Charakter  bildet  sich  jetzt  (Juli  1892)  noch  ein  Höcker  au  jeder 
Seite  der  Schnauze  heraus,  ungefähr  dort,  wo  das  Wurzelende  des 
oberen  Hakeuzahns  (»Haderers«)  liegt,  und  zwar  in  ähnlicher  Foim, 
wie  man  einen  solchen  Höcker  bei  Sus  celebensis  beobachtet.  Außei- 
dem  ist  an  der  Stelle  der  Wange,  wo  die  längsten  ßarthaare  stehen, 
eine  warzenähnliche  Hautbildung  zu  erkennen. 

Bei  dem  Weibchen  von  Sus  longirostris  haben  sich  bisher  keine 
Höcker  am  Kopfe  herausgebildet;  doch  scheint  es  jetzt  so,  als 
ob  unter  dem  Auge  ein  Höcker  im  Entstehen  wäre.  Der  Bart  hat 
sich  mäßig  entwickelt.  —  Bei  beiden  Exemplaren  hat  sich  die  Wähl¬ 
scheibe  (vorn  au  der  Schnauze)  in  einer  eigentümlichen,  von  unserem 
europäischen  Wildschweine  stark  abweichenden  Form  entwickelt; 
sie  ist  relativ  schmal,  schräg  von  oben  nach  unten  abgestutzt,  ihr 
oberer  Rand  in  einen  stumpfen  Fortsatz  zugespitzt. 

Am  28.  Mai  d.  J.  habe  ich  das  Gebiß  des  Weibchens  untersucht, 
indem  Herr  Direktor  Dr.  Heck  so  freundlich  war,  das  Tier  zu  diesem 
Zweck  mit  einem  großen  Käscher  einfangen  und  sein  Maul  durch  einen 
Knebel  öffnen  zu  lassen.  Es  zeigte  sich,  daß  das  Gebiß  seit  Ostei u  18J1^ 
wo  ich  es  bei  beiden  Exemplaren  untersucht  hatte  (siehe  a.  a.  0.),  in  der 
Entwickelung  bedeutend  fortgeschritten  war.  Während  damals  noch 
sämtliche  Milch-Schueidezähne  und  Milchhaken  ihren  Platz  inne  hatten, 
waren  seitdem  das  1.  und  3.  Paar  der  Schneidezähne,  sowie  die  Milch- 
hakeii  gewechselt  worden;  ebenso  waren  die  Milchbackenzähne  bereits 
durch  die  bleibenden  Prämolaren  ersetzt.  Nur  das  zweite  Paar  der 
Schneidezähue  war  noch  nicht  gewechselt,  und  von  den  Molaren  fehlte 
noch  der  letzte  in  jeder  Backenzahn  reihe  (m  3). 

Dieser  Zustand  des  Gebisses  zeigt,  daß  die  Gebißentwickelung 
sich  hei  Sus  longirostris  ganz  analog  wie  bei  Sus  scrofa  fcrus  voll¬ 
zieht*),  (was  von  vornherein  zu  erwarten  war).  Das  Alter  der 


in 


*)  Vergl.  meine  ünter.siichnngen  über  die  riebißentwickelung  der  Schweine 
den  »Landwirtschaftlichen  Jahrbüchern«,  herausg.  v.  II.  J’hiel,  1888, p.  32  ff 
Zoolog.  G.art.  .Talirg.  XXXllT,  1892. 


14 


242 


beiden  Exemplare  ersterer  Species  durfte  hiernach  am  28.  Mai  d.  J. 
auf  ca.  21 — 22  Monate  abgeschätzt  werden ;  sie  werden  jetzt 
(Juli  1892)  ca.  2  Jahre  alt  sein. 

Das  Mäunchen  haben  wir  diesesmal  auf  das  Gebiß  nicht  näher 
untersucht;  doch  läßt  sich  annelimen,  daß  letzteres  seit  Ostern 
1891,  wo  wir  es  untersuchten,  sich  in  der  entsprechenden  Weise, 
wie  bei  dem  gleichalterigen  Weibchen,  verändert  hat.  Der  Wechsel 
der  Milchhaken  hat  bei  ihm  zwischen  Ende  Mai  und  Anfang  August 
1891  stattgefnnden,  wie  ich  damals  beobachten  konnte;  die  blei¬ 
benden  Haken  (Hauer)  haben  sich  inzwischen  gut  entwickelt  und 
ragen  bereits  aus  dem  Maule  hervor.  Sie  entsprechen  in  Form  und 
Stellung  denen  unseres  Original-Schädels  vou  Sus  longirostris  Nehring 
(Zool.  Samml.  d.  Kgl,  Landw.  Hochschule,  Tit.  II,  A,  Nr.  40G7); 
doch  sind  sie  vorläufig  viel  zierlicher. 

Sehr  interessant  wäre  es,  wenn  die  beiden  Exemplare  von 
Sus  longirostris  sich  im  hiesigen  zoologischen  Garten  fortpflanzen 
würden.  Da  sie  Geschwister  sind,  so  erscheinen  die  Aussichten  auf 
Nachzucht  leider  nicht  sehr  günstig. 

Immerhin  bilden  jene  beiden  Wildschweine  au  und  für  sich 
schon  eine  höchst  beachtenswerte  Sehenswürdigkeit  des  Gartens. 
Der  Anblick  des  Männchens  ist  so  frappierend,  daß  auch  die  Laien 
meistens  ihre  Verwunderung  darüber  aussprechen. 

Berlin,  18,  Juli  1892. 


Jtalieiiisclie  iiml  iieiigriecliische  Namen  der  Eidechse  und 

verwandter  Reptilien. 

Von  Dr.  C.  J.  Forsyth  Major. 

(Schiufa). 


Auf  »lacerta«  zurückgehende  Benennungen,  die  von  Flechia  nicht 

erwähnt  sind. 

In  Calabrien  (Monteleone)  Heer  tone;  in  Sicilien  lacertuni 
=  Lacerta  viridis. 

In  Corte  (Corsica)  Entstellung  von  Incertola  iiibucertola. 

Das  bergam.  leü  (Val  di  Scalve)  ’)  vielleicht  doch  nicht  ans 
lacerta. 


*)  Tiraboschi  1.  c. 


243 


Lacerta  mnralis. 


Mit  Apbaeresis  des  anlautendeii  für  den  Artikel  gehaltenen 
1:  wie  im  Piemont  neben  lajöl  ajöl  sieb  findet  (blecliia),  so 
neben  dem  venet.  liserte  (und  lisierte)  das  trent.  iserta  für 
Lacerta  mnralis,  und  iserdola  (Zootoca  vivipara  und 
Lac.  mnralis),  so  wie  veuez.  osertola  neben  Insert a  (Zoo¬ 
toca  vivipara  und  Lacerta  mnralis. 

Mit  Apbaeresis  von  la —  die  folgenden  aus  dem  Gebiete  der 
apuaniseben  Alpen: 

Sassorosso  und  andete  Gegenden 

der  Garfagnana:  ciortella 

Pievefosciana  (Garfagnana) :  c  i  o  r  t  e  1 1  o  r  a 
Obere  Garfagnana:  ciortel  löne  =  Lacerta  viridis. 

Tagliole  (in  dem  an  die  Garfagnana  grenzenden  Frignano,  Prov. 
Modena):  giortülla  =  Lacerta  mnralis 

ffiortellöne  =  Lacerta  viridis. 

o 

Equi  (Prov.  Massa):  ciotrela  und  ciotreda  =  Lacerta  muralis. 

Diese  Formen  schließen  sich  an  die  von  Flechia  ’)  aus  der 
Provinz  Teramo  angeführten  s  c  e  r  t  e  1 1  a  (für  1  a  c  e  r  t  e  1 1  a)  und 
sciortorella  (für  lacertolella)  an.  Wenigstens  scheint  mir  diese 
Deutung  näher  zu  liegen,  als  die  etwaige  Annahme,  es  habe  bei  den 
genannten  Formen  keine  Reduplikation  stattgefunden  D* 


Eine  weitere  Modifikation  von  ciortella  ist  ortigilla,  von 
Fiumalbo  (Frignano ,  Prov.  Modena)  =  Lacerta  muralis; 
vielleicht  mit  Anlehnung  an  orto.  Dagegen  gehört  wohl  kaum 
hierher :  s i  n  i  s tr  el  1  a  =  L  a  c  e  r  t  a  muralis  (Isola  del  Gran  Sasso), 
das  ein  Diminutiv  scheint  von  senestro,  genuesisches  Wort  für 
den  Salamander  und  Wassersalamander  ^).  Aber  wie  kommt  das 
lif''urische  Wort  nach  den  Abruzzen? 


L  1.  c.  p.  160  Aom.  1. 

2)  Gleiche  Zweifel  könnte  man  hegen  über  die  Art  der  Beziehimgen 
der  albanesischen  har  Aj  e  ,  härAe.ie,  härAel’e,  harAitse,  harAitske, 
harAutse,  arlntse,  Eidechse,  zu  »lacerta«;  wobei  ich  mir  dachte,  es 
habe  keine  Reduplikationsbildung  stattgefunden,  wie  bei  xopA-nXo^  (s.  weiter 
unten);  die  albanesischen  Benennungen,  gingen  also  nicht  auf  ein  *kar-kar- 
ta  (Brugman  1.  c.),  sondern  auf  ein  einfaches  *kar-ta  zurück,  während 
kakerA*itske  (»kleine  graue  Eidechse«)  allerdings  Reduplikation  zeigt. 
Nun  ist  aber  nach  G.  Meyer  Etymologisches  Wörterb.  d.  alban.  Spradie 
s.  V.  »harAje«,  dieses  und  Konsorten  »wohl  nichts  anderes  als  starke  Ent¬ 


stellung  aus  lat  lacerta . 

3)  De  ß  e  1 1  a  1.  c.  p.  78.  85. 


—  el’e  und  — its«  sind  verkleinernd«. 


244 


Au  serpa  und  biscia  aiilehueud :  neben  ven.  luserta, 
trent.  luserpa,  und  ven.  bissordola  (vergl.  sic.  serpa  de 
muri  =  L  a  c  e  r  t  a  m  u  r  a  1  i  s.) 

Mit  Verleü’uim  des  r  in  die  dritte  Silbe:  neben  trent.  ligordo 
(Flechia:  ligord,  lugord),  ven.  und  trent.:  ligador  =  Lacerta 
viridis  ^). 

Der  Name  den  die  gewöhnliche  Eidechse,  Lacerta  mnralis 
in  der  Luuigiana  (Prov.  Massa)  führt, :  lesin  a  (Pfriem,  Schusterahle), 
daneben  auch  lesiuone  (Lacerta  viridis)  in  Tenerauo  (Prov. 
Massa),  mag  ans  direkter  Vergleichung  des  Tieres  mit  dem  Werkzeug 
entstanden  sein,  vielleicht  auch  Volksetymologie  eines  entstellten 
Derivatuin  von  lacerta.  — 

Wie  parm.  arsiutela^),  und  modeu.  (b.  Fanano,  Friguano) 
argiautalla,  auf  lacertella  zurückgeheu,  so  das  modeuesisclie 
(Frassiuoro,  im  Friguano,  Prov.  Modena),  argentlöu  (Lacerta 
viridis)  auf  lacertoue. 

Das  ligurische  sgrigua  (Genua,  Savoua  u.  s.  w.)  =  Lacerta 
muralis,  läLt  eine  Reduplikatiousbildung  ahnen  und  dürfte  eine 
weit  zurückliegende  Verwandtschaft  mit  lacerta  haben.  Dagegen 
sind  mir  völlig  unverständlich  die  folgenden  zwei : 

Lago  Maggiore  (piem.  Seite):  loppa  =  Lacerta  muralis. 
Ven.  (t.  DeBetta)^):  sborf,  Friaul.:  sbörf,  sbö  r  s^)  =  L  ac  e  rta 
viridis. 

Weitere  neugriechische  Benennungen  für  Eidechse  und  Verwandte. 

Es  folo-en  hier  noch  eine  Anzahl  von  andern  und  mir  notierte 

O 

neugriechische  Benennungen,  die  im  Vorhergehenden  nicht  besprochen 
wurden. 

Mit  dem  generellen  Ausdruck  epTrcTo  wird  auf  Karpathos  (neben 
aavpa),  und  mit  timero  auf  Kasos  (neben  cra^rof-iz'ra)  ein  Gecko, 
Gymnodacty  lu  s  Kotschii  Steind.  bezeichnet. 

Ebenfalls  für  Gecko  fand  ich  auf  Kos:  miarö  (fttand*;  = 
unrein).  Sibthorp  •^)  führt  von  Cypern  (iexd(wvg  an,  =  »Lacerta 
mauritanica«,  also  auch  ein  Gecko;  wahrscheinlich  nur  mi߬ 
verstanden  für  livo-LUiwg,  das  nach  Sakellarios  (Kypriaca  vol.  3),  der 

b  De  Betta  1.  c.  p.  22.  25.  28. 

‘b  Flechia,  1.  c.  p.  160.  Aura.  1. 

b  1.  c. 

b  .T  a  c.  Piro  na,  Vocaholario  Friulano.  Venezia  1871. 

'b  in  Walpole  1.  c.  p.  268. 


245 


das  Wort  von  rer «()()(,■,  =  unrein,  ekelhaft,  ahleitet,  cypiiotischei 
Name  der  Eidechse  ist  ^). 

Der  Bedeutung  naöh  schließt  sich  hier  an 
Held  reich  in  Attica  für  L  a  c  e  r  t  a  v  i  r  i  d  i  s  und  für  einen  Gecko 
(H  e  in  i  d  a  c  t  y  1  u  s)  ;  von  mir  auch  als  thebauische  Bezeichnung 
eines  Gecko  notiert.  Das  Wort  wird  ganz  allgemein  von  ^olvvo^, 
beschmutzen,  beflecken,  abgeleitet,  was  auch  Bikelas  angibt  Abei 
auch  hier  mufs  gefragt  werden,  ob  es  sich  nicht  um  eine  spätere  An¬ 
passung  eines  unverständlich  gewordenen  Wortes  handelt,  feibthoip 
hat  Kiohvovpa  als  in  Griechenland  gebräuchlichen  Namen  der 
»Lacerta  agilis«'^).  Bei  Nicander  ")  findet  sich  fioXo-apo?, 
»eine  unschädliche  Schlangenart«. 

Auf  einen  Stamm  scol  (vergl.  ,  Wurm)  scheinen  die 

folgenden  zurückzugehen  : 

Aperi  etc.  (Insel  Karpathos)  :  skoli,  papaskoH,  pa])askulf. 
Olymbos  (Ins.  Karpathos) :  s  k  u  1  u  m  v  r  i ,  s  k  u  1  ii  m  v  r  i  a  ,  tolius- 
kolnmvri,  sämtlich  Bezeichnungen  für  den  Ablepharus 
pannonicus  Fitz.,  einen  Verwandten  des  S  e  p  s  c  h  a  1  c  i  d  e  s 
(it.  cicigua). 

Hierher  gehört  auch  die  Benennung  eines  von  mir  nicht  ge¬ 
sehenen  Reptils  von  der  Insel  Symi :  s  k  y  1  o  m  e  t  h  i  r  i  ä  ,  skulo- 
m  e  d  h  e  r  i  ä. 


Von  6cpi<i,  ocpl^Lov  abgeleitet: 

Kos  :  f  i  d  h  ä  k  i  ==  Eidechse. 

Santorin  und  Paros :  chrousaffdha,  eine  von  mir  nicht 
tresehene  gelbe  oder  goldglänzeude  Eidechsenart. 

liier  mag  auch  seinen  Platz  finden  das  von  Morosi  ^)  erwähnte 


')  Bikelas  1.  c.  p.  19.  Anm.  2.  —  Bei  Nicander  ther.  490  heifst  eine 
Schlangenart  pättypog,  »Mäusefänger«,  von  (nvg  »Mäusefalle«, 

abgeleitet,  also  vielleicht  ^vaiaQÖg  eine  spätere  Volksetymologie.  Näher  hegt 
übrigens  anzunehmen,  daß  ^vaLUi^og  sowohl  als  rniaro  erklärende  Ent¬ 
stellungen  von  samamithion,  dein  für  schädlich  gehaltenen  Gecko  sind. 
Mucriapo^  wird  auf  Cypern  wohl  Name  eines  Gecko  und  nicht  einer  Lacerta 
(im  zoologischen  Siuue)  sein,  welch  letztere  für  unrein  zu  erklären  niemandem 
in  den  slnn  kommen  wird.  Von  miamiös  (Kos,  siehe  oben)  ist  der  Weg 
nicht  weit  zu  miarö  und  mysiarös. 

2)  1.  c.  p.  68.  65. 

3)  1.  c.  p.  19  Anm.  2. 

'‘)  in  Walpole  1.  c.  p.  268. 

®)  Nie.  Ther.  491. 

®)  G.  Morosi,  Studi  sui  Dialetti  greci  della  Terra  d’Otrauto. 


246 


a  f  s  e  11 0  f  1  d  i ,  »lucertoloiie  di  campagua«,  welches  derselbe  mit 
cevov  6(pidiov  erklärt;  vielleicht  eher:  ä^aevov  dcpl^tov. 

Keine  Erklärung  weiß  ich  für : 

skundri  —  Ablepharus  pannonicus  auf  Kasos, 
skoutarella  =  »Podarcis  taurica«  in  Lakonieu  ^),  und  kftrini 
skontarella  —  Lacerta  viridis  in  Lakonieii  ^).  Die  Dimi- 
nutivendiing  der  beiden  letzteren  scheint  italienisch ;  es  handelt  sich 
bei  denselben  vielleicht  um  Entstellung  eines  italienischen  Wortes, 
etwa  ciortorella,  oder  dergl. 

Slavischen  Ursprungs  sind  die  sehr  verbreiteten  gustera  und 
gusteritza  ®).  Auf  Sainos  heißt  die  Lacerta  viridis:  pras- 
11  0  11  gaste ra,  prasnagustera,  prasinogustera  (npacnvöq 
=  grün). 


h  Heldreich  1.  c.  p.  68, 
h  id.  ib. 

cf.  Bikelas  1.  c.  p.  19.  Anm.  4,  der  vermutet,  die  Wörter  seien  ein 
Gesclienk  der  Vlachen,  was  mir,  bei  der  großen  Verbreitung  dieser  slavischen 
Benennungen  der  Eidechse  in  Griechenland  und  auf  den  Inseln  des  griecliischen 
und  türkischen  Archipels,  unwahrscheinlich  ist.  M  i  k  1  o  s  i  c  h  (Die  slavischen 
Elemente  im  Neugriechischen,  1870,  s.  v.  jova-vepiT^a,  und:  Etymolog. 


Wörterbuch  der  slav,  Sprachen,  1886,  s,  v.  g  u  s  t  e  r  ü)  führt  noch  die  Formen 
ß  6  (iTZpoq,  ßoo-'vepl'v^a,  yxovcTTZpa,  yxovcnrepiT^a  auf; 
die  zweite  Form  hat  Du  Gange  (1.  c.  s.  v.  xoXio'arpoc).  Miklosich  scheint 
geneigt,  die  auf  die  Form  jasteru  (E.  W.  s.  v.)  zurückgehendeu  slavischen 
Benennungen  der  Eidechse,  an  die  berb.  igsch  der,  Eidechse  anklingt 
(altsloven. :  jasterb,  nensloven. :  jascerica,  cechisch  :  je  st  er, 
j  e  s  t  e  r  k  a ,  slovak. :  j  a  s  c  e  r  k  a ,  polnisch ;  jaszczur,  jaszczura, 
j  a  s  z  c  z  u  r  k  a  aus  jaszczor,  kasub. :  jascerzeca,  vjescerzeca, 

V  V  V 

obersorb.  :  j  e  s  c  e  1  eidechse  ,  j  e  s  c  e  r  otter  (doch  wohl  im  Sinne  von 
Schlange?),  niedersorb. :  jascef,  kleinruss. :  jascirka,  jascurka^ 
i  a  s  c  0  1  k  a ,  weißrussisch :  jascerka,  jascef,  russisch  :  jascerica, 

Y  V  ,  V  V 

jascerb.)  —  mit  denen  die  der  Form  gusteru  verglichen  werden 
—  von  s  t  u  r  u  poln.  s  z  c  z  u  r  ,  mus  rattus,  und  dem  »manchen  nomina,  wie 
es  scheint,  deminuierend  Vorgesetzten«,  dem  altindischen  ä  (in  älauchita 
rötlich  u.  s.  w.)  entsprechenden  j  a  abzuleiten.  Bei  der  Form  j  a  s  t  u  r  ü  :  russ. 
jascurb  Haselmaus,  macht  die  Bedeutung  keine  Schwierigkeiten; 
daß  aber  so  ganz  allgemein  Eidechsen  als  kleine  Ratten  oder  Mäuse 
sollten  bezeichnet  worden  sein,  ist  eher  einer  an  ja  stur  ü  augelehnten 
Volksetymologie  verdächtig.  Vergl.  übrigens  bei  Pictet  (Origines  Indo- 
Europeennes  2  Aufl.  I  p.  565)  irl.  easög  wegen  der  Bedeutungen  »ecureuil, 
belette,  lezard«,  mit  dem  Hinweis  auf  Formen,  von  denen  die  eine  den  Begiitf 
»Schwanz«,  die  andere  den  der  »Behendigkeit«  in  sich  schließt.  —  Nach  Du  Gange 
(1.  c.)  ist  ngr.  yovn'vepl'r^u  »talpa«  und  xo^icravpa^  x  oTi  o  a  d  cp  pa 
»talpa«  und  Eidechse. 


217 


Mit  slavisclier  Endung  und  walirscdieinlicli  nur  Entstellungen 

von  gnsteritza  die  folgenden: 

Sibthorp  hat  als  Namen  der  »Lacerta  delpbica«  (:*)  in 

Griechenland  :  a  x  o  v  t  o  v  Itt  a. 

Skoteritsa  beißt  eine  »Mauereidecbse«  auf  Cephalonia,  die 

ich  nicht  gesehen  habe. 

Skurkuritza  =  »Podarcis  tanrica«  auf  Zante  2), 
g  a  1  d  u  r  0  s  k  u  r  k  u  r  i  t  z  a  (jaiSov^i  =  Esel)  =  Lacerta  viridis 
auf  Zante  ^).  Die  letzteren  beiden  wahrscheinlich  mit  Anlehnung  an 
das  sogleich  zu  besprechende  corcödilos  =  crocödilos. 

Agama  stellio  ox  oSevl  oq  ^S^o-alo  g)- 

Folgende  Benennungen  finden  sich  vor  : 

Auf  Greta  nach  Tournefort  und  Andern  :  c  o  c  ö  r  d  h  i  1  o  s. 
Cypern^):  courcötas. 

Greta,  Mykonosu.s.w.")  cocordhilos,  crocödhilos,  corcödhilos. 

Auf  allen  Inseln,  wo  ich  den  Stellio  fand,  trägt  er  ebenfalls 
seinen  alten  Namen  in  mehr  oder  weniger  veränderter  Form,  nämlich  : 
Halki:  crocä  (x^oxd). 

Evdhilo  (Icaria) :  corcöfila  (xo^xöcpiXa). 

Rhodos;  curcüti  (xov^xoaTi). 

Kalymnos:  curcudhialos  (xov(yxovffujclog). 

J^os  :  curcuviälos  (xovpxovßLaXog). 

Im  Altgriechischen  ist  außer  der  Form  x^oxä^euXog  auch 
jH^exvSeilog  und  xepxvdeilog  überliefert  (Steph.).  Die  lateinischen 
Bezeichnungen  sind  zunächst  dem  Griechischen  entlehnt  und  zum 
Teil  nachträglich  entstellt  ;crocodilus,crocodillus,corcodilus 
corcodillus,  cocodrillus,  c  o  r  c  o  dr  i  11  u  s ,  crocodrillus  ^). 
Über  die  Etymologie  hat  Vanicek  folgendes  ^) : 

»Kark  hager  sein,  abmagern.  —  Skr.  kary  abmagern,  unan¬ 
sehnlich  werden;  caus.  abmageru  lassen,  hager  halten  (P.  W.IL  142). 
Urspr.  W.  wohl  kar. 


*)  in  W  a  l  p  0  l  e  1.  c.  p.  268. 

2)  H  e  1  d  r  e  i  c  h  1.  c.  p.  68. 

2)  id.  ib. 

'*)  Sibthorp  in  Walpole  1.  c.  p.  268. 

H  e  1  d  r  e  i  c  h  1.  c>  p.  66. 

®)  cf  Z  e  y  ß  ,  Erörterungen  aus  dein  Gebiete  der  italischen  Sprachen 
(Kuhn,  Zeitschr.  f.  vergl.  Sprachforschung  etc.  Bd.  XVII,  1868  p.  435.  436. 
2)  Griech.-lat.  etyinol.  Wörterbuch  Bd.  I.  Leipz.  1877.  p.  145. 


248 


K  a  r  +  k(a  r).  —  k  a  r  k ,  k  a  1  k.  —  —  — 

Kiak;  o  3ei()o  r*)  x^ox  —  o — Secko — c  (^x{iexv — ,  xepxv — 

f)^eLloq  Steph.  Taus.  IV.  p.  1989  Par.)  (Dissimil. ;  =  mit  sclmialem 
lauggestreckteii  Rücken)  m.  das  Krokodil,  die  größte  und  gefähr¬ 
lichste  Nileidechse,  Eidechse  überhaupt  (^e^cralog  Landeidechse, 
Herod.  4.  192)  —  — «. 


Die  Deutung  »mit  schmalem,  langgestrecktem  Rücken«  ist  etwas 
weit  hergeholt  und  paßt  durchaus  nicht  auf  den  Stellio,  der  »lang¬ 
gestreckte«  Rücken  höchstens  auf  das  Nilkrokodil.  Nun  geht  aber 
aus  der  Angabe  bei  Herodot:  „xakeovTat  ov  xpoxoSeckoo  dkka 
x^oxodeikovg  8h  ''Xovzg  oovoiicxaav,  elxd^ovTeg  avrwv  t«  ei8ea 
ToXcn  Tia^d  (xcpicri  ywo^ivoicri  x^oxodeikoicfi  xolcrt  ev  Ttjao  aifj.aaifjat^)« 
deutlich  genug  hervor,  daß  der  griechische  Name  zunächst  auf  das 
griechische  Tier  angewandt  und  erst  nachträglich  vom  x^ox68eikog 
X^^craiog  auf  das  Nilkrokodil  übertragen  wurde.  Die  augezogene 
Etymologie  ist  daher  auch  aus  diesem  Grunde  unstatthaft.  Ich 
möchte  die  Glottologen  fragen,  ob  wir  nicht  in  dem  griechischen 
Worte  das  Äquivalent  des  lateinischen  1  a  c  e  r  t  a  (aus  k  ar  -  k  a  r  - 1  a  ^)) 
vor  uns  haben,  d.  h.  eine  Reduplikatiousbildung  von  der  Wurzel 
kar,  die  ajs  schließlich  zu  Grunde  liegend  auch  Vanicek  anuimmt. 
KpoxdüeiXo?  würde  zunächst  auf  ein  "^xo^-xo^-S eikog  zurückgeheu.  — 
Ohne  Reduplikation  :  xo{i-8vkog,  Wassersalamaiuler  ^),  xop-vr^iog, 
ein  von  mir  nicht  gesehenes  Reptil  auf  Kalymnos.  — 

C  h  a  m  a  e  1  e  0 n  vulgaris  Daud.  —  Einen  schmalen,  ja  scharfen 
Rücken  hat  aber  der  Chamaeleon,  der  darum  auf  Samos,  wo  ich 
das  Tier  fand,  (Sichelrücken)  heißt;  außerdem  auch 

8  BTi  av  6  ^  a  und  öXid. 


Dericlit  über  den  zoologischen  Garten  zn  Hannover  für  1891—92. 


Wenngleich  im  verflossenen  ßetriebsjahre  die  unsere  Einnahmen  beein¬ 
flussenden  Umstände  nicht  durchaus  günstig  waren,  so  können  wir  doch  mit 
Befriedigung  auf  unsere  Bemühungen  um  die  Pflege  des  Gartens  zurückblickeu. 

Die  Einnahmen  aus  Dauerkarten,  M.  60,(;G4.50,  gegen  M.  03,190  in  1890/91, 
sind  zwar  um  M.  2525.50  zurückgeblieben,  wogegen  die  Tages  -  Einnahmen, 
M.  65,702.—  gegen  M.  64,610.45  in  1890/91,  sich  um  M.  1091.55  mehrten.  

9  Hist.  II,  69.  Siehe  auch  Heldreich  1.  c.  p.  66  Anm.  3. 

B  r  u  g  m  a  n  ,  1.  s.  c. 

A  r  i  8 1  0 1.  I,  1.  7. 


249 


Die  Tier  Verluste  sind  trotz  des  während  des  ganzen  Sommers  1891 
vorherrschend  gewesenen  naßkalten  Wetters,  welches  den  wohlthätigen  Aufent¬ 
halt  der  Tiere  in  den  Außenhehältern  sehr  beschränkte,  verhältnismäßig  gering 
gewesen.  An  wertvollen  Tieren  verloren  wir  einen  afrikanischen  Elefanten, 
ein  Kamel,  einen  Jagclleoparden,  ein  Lama.  Der  Elefant,  welcher  18  Jahre 
im  Garten  war,  mußte  getötet  werden,  da  ein  unheilbares  Knochenleiden  vor¬ 
lag.  Da  man  ein  solches  schon  seit  Jahren  vermutete  und  deshalb  den  Wert 
des  Tieres  immer  mehr  ermäßigte,  so  stand  dasselbe  jetzt  nur  noch  zu  M.  1500 
zu  Buche. 

Dagegen  hatten  wir  erfreulicherweise  verschiedene  wertvolle  Geburten 
zu  verzeichnen.  Als  solche  sind  2  Löwen,  3  Wölfe,  1  brauner  Bär,  1  Waschbär, 
2  Shetlandponies,  2  Wapitihirsche,  1  Aristoteleshirsch,  1  Hamadryas -Pavian 
und  3  Halbaffen  besonders  zu  erwähnen. 

Die  erhöhten  Ausgaben  für  Futterkosten  sind  hauptsächlich  durch  die  in 
diesem  Jahre  stattgehabte  Verteurung  des  Fleisches,  des  Brotes  und  der 
Kartoffeln  entstanden,  während  wir  die  Rauhfourage  etc.  sehr  preiswert  ein¬ 
kauften,  so  daß  sich  dadurch  der  Gesamt-Verbrauch  von  M.  39,558.66  gegen 
M.  36,679.69  im  Vorjahre  dennoch  günstig  stellte. 

Das  im  Bau  begriffene  neue  Kamelhaus,  welches  seiner  Vollendung  rüstig 
entgegenschreitet,  verspricht  nicht  nur  in  Bezug  auf  Zweckmäßigkeit,  sondern 
auch  in  architektonischer  Hinsicht  eine  hervorragende  Zierde  unseres  Gartens 
zu  werden. 


Gewinn-  und  Verlust-Conto  am  31.  März  1892. 


.  Debet, 

Au  Betriebs-Conto: 

Allgemeine  Unkosten,  Saldo . M.  3,556.73 

Reparaturen . »  7,266.95 

Eingelöste  Aktien-Coupons . »  5,946. — 

(für  Dauerkarten  verwertet) 

Zinsen,  Saldo . »  1,712.89 

Gehalt,  Löhne  etc . »  25,015.68 

Musik-Unkosten . »  14,610.50 

Kohlen,  Coaks  und  Torf . »  2,700.80 

Bekleidung  der  Wärter . »  429.92 

Illuminations-Unkosten  . »  159.75 

Gerätschaften . »  95.20 

Wasserverbrauch . »  1,621.22 

luvaliditäts-Conto . »  251.37 

Tier-Conto,  Saldo . »  1,720. — 

»  F  u  1 1  e  r  -  C  0  n  1 0  : 

Gesamt-Verbrauch . 

»  Abschreibungen: 

auf  Bauten-Conto . M.  21,931.26 

»  In ventar-Conto . *  837.94 

»  Nutzholz-Conto . »  1331.50 

»  Tier-Conto . »  5620. 1 3 


Summa 


M.  65,087.01 
»  39,558.66 

^  29,720.83 

M.  134,366.50 


—  250  — 


Credit. 


Per  Dauerkarten . M.  60,664.50 

»Tageseinnahmen . »  65,702. — 

»Pacht . »  8,000. — 


Summa . M.  134,366.50 


K  0  r  r  e  s  p  0  ii  d  e  ii  z  e  ii. 


Darmstaclt,  im  August  1892. 

Zum  Kapitel  Hausrat  teO  Selbsterlebnis.  —  Am  1.  August  1892 
haben  die  Maurer  gelegentlich  des  Abbruchs  eines  alten  hölzernen  Schweine¬ 
stalles  auf  dem  Grundstück  des  Bäckers  Schäfer  in  Darmstadt 
3  graue  Wander- 
5  schwarze  Haus¬ 
weiche  anscheinend  friedlich  zusammenlebten,  totgeschlagen.  Die  gleiche  Anzahl 
ist  zu  den  Nachbarn  entkommen. 

E  d  u  a  r  d  R  ü  d  i  g  e  r. 


Ratten,  ausgewachsene  Exemplare, 


Kleinere  Mitteilungen. 


Nahrung  einer  Äskul  ap  sch  lange,  Cöluber  flavescens.  Ein  1  m 
langes  weibliches  Exemplar  dieser  Schlange,  das  jetzt  im  dritten  Jahre  von 
einem  Gymnasiasten  in  Gefangenschaft  gehalten  wird,  zeichnet  sich  durch 
seinen  guten  Appetit  aus  und  hat  vom  Juni  bis  Oktober  1891  20  Mäuse,  vom 
9.  April  bis  15.  August  1892  26  Mäuse  und  12  junge  Sperlinge  verzehrt. 

N. 

Kreuzottern  ohne  die  Zickzackbinde  kom men  nach  einer  Mitteilung 
des  Herrn  Prof.  A.  Nehring  in  der  »Deutschen  Jägerzeitung«  (7.  Juli  1892) 
nicht  selten  im  Kreis  Naugard,  Pommern  vor.  Es  sind  meistens  weibliche, 
braungefärbte  Tiere,  mit  etwas  kupfrigem  Kolorit  bei  gewisser  Beleuchtung, 
die  im  Volke  als  »Höllennattern«  (früher  als  Vipera  prester  beschrieben)  be¬ 
zeichnet  werden,  welchen  die  die  neusten  Kreuzottern  kennzeichnende  dunkle 
Zickzackbiude  über  den  Rücken  fehlt.  Immerhin  ist  es  also  geboten,  nicht  un¬ 
vorsichtig  mit  einer  Schlange  ohne  Zeichnung  in  Gegenden,  in  welchen  Kreuz¬ 
ottern  Vorkommen,  umzugehen.  N. 

Über  die  Walfisch -  Jagd,  welcher  der  Kaiser  auf  seiner  dies¬ 
jährigen  N  0 r  d  1  a  n  d  s  f  a  h  r  t  b  e  i  g  e  w  o  h  n  t  hat,  geht  der  N.  A.  Z.  die  nach- 
folgende  interessante  Schilderung  zu: 

Am  15.  Juli  gegen  Mittag  begab  sich  der  Kaiser  an  Bord  des  Wal¬ 
fischfänger-Dampfers  »Dunkan  Grey«  mit’  fünf  Herren  des  Gefolges.  Die 

>)  Zool.  Garten  1891.  Heft  8.  S.  254/255. 


251 


anderen  Herren  schifften  sich  auf  einem  zweiten  Wallisclitäuger  »Nancy 
Grey«  ein.  Beide  Dampfer  gehören  dem  reichen  Walfischfangunternehmer 
Gjäver,  der  sich  an  Bord  desjenigen  Dampfers  befand,  der  den  Kaiser  aufgc- 
noramen  hatte,  während  sein  Sohn  auf  dem  zweiten  Dampfer  war.  Diese 
Dampfer  sind  kurze,  etwa  20  Meter  lange,  ziemlich  breite  Schraubendampfer, 
welche  mit  wenig  Geräusch  nicht  sehr  rasch  —  die  besten  8  bis  9,  die 
meisten  nur  5  bis  6  Knoten  in  der  Stunde  —  fahren,  aber  sehr  schnelle 
Wendungen  ausführen  können.  Sie  sind  ganz  schwarz  angestrichen ,  mit 
zwei  Masten  versehen  und  können  auch  segeln.  Das  nur  wenige  Fuß  über 
das  Wasser  eraporragende  Deck  bietet  nur  geringen  Raum  und  ist  mit  einem 
niedrigen  Gitter  von  Eisenstäben  umgeben.  Hinten  am  Dampfer  befindet  sich 
unter  Deck  eine  ziemlich  enge  Kajüte.  Am  vorderen  Mast  ist  oben  im  Top 
ein  Faß  befestigt,  in  welchem  em  Mann  steht,  der  auslugt.  Vorn  am  Bug 
—  das  Schiff  ist  vorn  nicht  spitz,  sondern  breit  abgerundet  —  steht  das 
Geschütz,  das  die  Harpune  schleudert.  Es  ist  das  ein  auf  einem  festen  Gestell 
ruhendes  Rohr,  welches  sich  auf  diesem  sowohl  nach  rechts  und  links  als 
auch  nach  oben  und  unten  mittelst  einer  Kurbelvorrichtung  und  eines  Hebels 
mit  einer  Hand  leicht  drehen  läßt.  In  dieses  Rohr  wird  die  Harpune  auf  eine 
Pulverladung  geschoben.  Die  Harpune  ist  etwa  Vji  Meter  lang.  Das  auf 

der  Pulverladung  aufsitzende  Ende  bildet  ein  massiver  eiserner  Cylinder,  etwa 
von  der  Länge  einer  Mannsfaust,  der  genau  auf  das  Rohr  verpaßt  ist.  Dann 
kommt  ein  etwa  einen  Meter  langes  Stück,  von  zwei  eisernen  abgeflachten 
Stäben  gebildet,  mit  einem  freien  Raum  zwischen  diesen  Stäben,  also  in  der 
Form  eines  Nadelöhrs ;  in  diesem  Nadelöhr  läuft  ein  eiserner  Ring,  der  hin- 
und  hergeschoben  werden  kann.  An  ihm  ist  das  Tau  befestigt.  Ist  die 
Harpune  in  das  Rohr  der  Kanone  verladen,  so  befindet  sich  der  Ring  vorn 
an  der  Öse,  beim  Abschießen  läuft  er  nach  hinten.  Am  vorderen  Ende  der 
Öse,  da,  wo  die  beiden  diese  bildenden  Eisenstangen  zusammenlaufen,  befinden 
sich,  in  Scharnieren  laufend,  vier  Widerhaken.  Dieselben  liegen  vor  dem 
Schuß  den  eisernen  Stangen  der  Harpune  parallel,  das  Scharnier  nach  vorn, 
die  Spitze  der  Widerhaken  nach  hinten.  Sie  sind,  um  ein  zufälliges  Auf¬ 
klappen  zu  verhindern,  durch  einen  leichten  Bindfaden  zusammengehalten, 
der  sich  beim  Eindringen  der  Harjjuue  in  den  V  alfisch  abstreift.  Dringt 
nun  die  Harpune  unter  die  Rippen  des  Fisches  ein,  so  werden  durch  Anziehen 
des  Taues,  an  dem  die  Harpune  befestigt  ist,  die  Widerhaken  geöffnet,  so 
daß  die  Harpune  nicht  mehr  heraus  kann.  Die  fernere  Einrichtung  ist  aber 
folgende:  Da,  wo  die  Widerhaken  angesetzt  sind,  laufen  die  beiden,  die  Öse 
bildenden  Eisenstäbe  wieder  in  eine  Eiseustange  zusammen,  diese  ist  hohD, 
in  der  Höhlung  befindet  sich  eine  Glasröhre,  welche  beim  Öffnen  der  Wider¬ 
haken  zerdrückt  wird;  dadurch  läuft  das  in  der  Glasröhre  befindliche  Nitro¬ 
glycerin  aus  und  bringt  die  vorn  an  der  Harpune  befindliche  Granate  zur 
Explosion.  Die  Eisenstauge,  in  die  die  beiden  Seitenstücke  der  Öse  zusam¬ 
menlaufen,  setzt  sich  nämlich  über  dem  Knotenpunkt  der  Widerhaken  noch 
etwa  einen  drittel  Meter  fort.  Das  äußerste  Ende  läuft  in  eine  dreikantige 
Spitze  zu,  bestimmt,  das  Geschoß  in  den  Walfisch  eindringen  zu  machen ; 
zwischen  dieser  Spitze  und  dem  Knotenpunkt  der  Widerhaken  ist  auf  die 
Eiseustange  die  Granate  aufgeschraubt.  An  dem  in  der  Öse  laufenden  eisernen 
Ring  ist  ein  starkes  Tau  befestigt.  Während  einige  Meter  davon  lose  auf- 


252 


gerollt  vor  dem  Geschütz  liegen,  um  gleich  mit  dem  Geschoß  loszugehcu, 
läuft  das  Tau  seihst  über  verschiedene  eiserne  Räder  oder  Rollen.  Ein  gi-oßer 
Teil  seines  letzten  Endes  ist  im  Schiffsraum  aufgerollt.  Zieht  das  getroffene 
Tier  an,  so  läuft  das  Tau  über  eiue  Rolle  ab,  bis  zu  seinem  befestigten  Ende. 
Nachdem  der  Wal  getötet  ist,  wird  dann  das  Tau  mit  ihm  vermittelst  der 
Dampfmaschine  -über  die  Rollen  eingeholt. 

Wie  erwähnt,  setzten  sich  die  Dampfer  gegen  Mittag  in  Bewegung.  Bei 
kaltem  Wind  und  ziemlicher  Dünung  wurde  auf  die  offene  See  hinausgefahren. 
An  der  Stelle,  an  der  tags  zuvor  die  Walfische  gemeldet  worden  waren, 
wurden  keine  augetroffen  und  die  Fahrt  wurde  weiter  fortgesetzt.  Gegen 
6  Uhr  nachmittags  meldete  der  Mann  im  Mastkorbe  »Walfische  in  Sicht«. 
Am  Horizont  gewahrte  man  zahlreiche  Springbrunnen,  welche  durch  das  von 
den  Walfischen  in  die  Höhe  gespritzte  Wasser  erzeugt  wurden.  Der  »Dunkan 
Grey«  ging  direkt  auf  diese  los.  40  Minuten  später  war  das  Schiff  des  Kaisers 
mitten  unter  den  Walfischen;  um  7  Uhr  fiel  der  Schuß  auf  einen  direkt  vor  dem 
Bug  schwimmenden  Wal.  Eine  große  Blutlache  kennzeichnete  seinen  Weg 
vor  dem  Schiff,  das  er  etwa  5  Minuten  hinter  sich  herzog.  Alsdann  erfolgte 
die  Explosion  der  Granate.  Der  Wal  verschwand  unter  Wasser.  Bald  darauf 
wurde  er  aber  an  dem  Seil  emporgezogen  und  längseits  des  Schiffes  befestigt. 
Die  Rückfahrt  konnte  wegen  des  zu  schleppenden  Ungeheuers  nur  langsam 
erfolgen. 

Auf  dem  »Nancy  Grey«  kamen  die  Walfische  um  6  Uhr  am  Horizont  in 
Sicht;  zunächst  waren  nur  die  Wasserstrahlen  sichtbar.  Um  7  Uhr  war  man 
so  nah,  daß  die  periodisch  in  schlangenförmiger  Bewegung  aus  dem  Wasser 
auftauchenden  riesigen  Rücken  der  Walfische  zu  sehen  waren,  bald  aber  auch 
der  Hinterteil  des  Kopfes  mit  den  Nasenlöchern;  gleichzeitig  hörte  man  das 
Schnauben  der  Tiere.  Sobald  das  Schiff  nahe  heran  war,  verschwanden  die 
Tiere  plötzlich,  um  100  Meter  weiter  rechts  oder  links  aufzutauchen.  Sie 
schwimmen  viel  schneller,  als  der  Dampfer  fahren  kann ;  da  sie  aber  stets  in 
Kurven  schwimmen,  so  besteht  die  Kunst  des  Steuermanns  darin,  ihnen  den 
Weg  abzuschneiden  und  zu  sehen,  in  welcher  Richtung  sie  untertauchen,  um 
bei  ihrem  Wiedererscheinen  näher  an  ihnen  zu  sein.  Einige  Walfische  ver¬ 
schwanden  wieder,  bis  die  Fährte  von  vier  hintereinander  schwimmenden  Riesen 
verfolgt  werden  konnte.  Mehrmals  war  der  »Nancy  Grey«  den  Tieren  so 
nahe,  daß  es  Erstaunen  erregte,  als  der  Mann  am  Geschütz  nicht  sofort  feuerte. 
Derselbe  verharrte  in  einer  bewunderungswürdigen  Ruhe  und  Kaltblütigkeit. 
Endlich  nach  einstündiger  Jagd  erschienen  die  Wale  plötzlich  dicht  vor  dem 
Bug  des  Schiffes,  von  rechts  und  links  kommend,  der  dritte  in  der  Reihe  un¬ 
mittelbar  vor  dem  »Nancy  Grey«,  in  einer  Entfernung  von  etwa  20  Metern. 
Da  krachte  der  Schuß  und  das  Tier  verschwand  im  Pulverdampf  unter  der 
Wasserfläche.  Das  hinabgefallene,  vorn  aufgerollt  gewesene  Tau  schwamm 
einen  Moment  auf  dem  Wasser.  Dann  wurde  es  in  die  Tiefe  nachgezogen, 
gleich  darauf  erschien  der  Wal  wieder  auf  der  Wasserfläche,  scharf  rechts  von 
dem  »Nancy  Grey«,  auf  der  Höhe  der  Spitze  des  Schiffes,  eine  große  Blutlache 
um  sich  verbreitend.  Deutlich  sah  mau  in  seinem  Rücken  die  Harpune  stecken, 
welche  fast  bis  ans  Ende  hineingedrungeu  war.  Die  Granate  mußte  gleich¬ 
zeitig  mit  dem  Schuß  explodiert  sein,  denn  eiue  zweite  Detonation  wurde 
nicht  gehört.  Das  Tier  verschwand  wieder.  Rasch  wurde  das  Schiff  nach 


253 


i'echts  hevumgeworfen,  damit  der  Wal  nicht  unter  dasselhe  käme.  Nach  etwa 
zwei  Minuten  wurde  etwa  30  Meter  vor  dem  Bug  der  Walfisch  wieder  sichtbar, 
der  sich  in  gerader  Richtung  pfeilschnell  fortbewegte  und  senkrecht  den  ge¬ 
waltigen  Rachen  aus  dem  Wasser  aufschnellen  ließ.  Bald  jedoch  konnte  der 
verendete  Wal  aus  der  Tiefe  heraufgehaspelt  werden.  32  Meter  Tau  waren 
ahgelaufen.  Der  Wal  tauchte  an  der  Harpune  hängend  quer  vor  dem  Bug 
auf.  Ein  Boot  wurde  ins  Wasser  gelassen,  dessen  Mannschaft  gewaltige  Ketten 
an  Schwanz  und  Kiemen  des  Riesen  befestigten.  Er  wurde  alsdann  herum¬ 
geholt  und  an  der  Steuerbordseite  im  Wasser  liegend  bei  dem  Schiffe  festge¬ 
legt.  Derselbe  war  fast  so  lang  als  das  Schiff;  15  Meter  und  etwas  mehr  maß 
er,  wie  am  nächsten  Tage  festgestellt  wurde.  Die  Jagd  war  hochinteressant, 
spannend  und  aufregend.  Ein  Walfisch,  wie  die  erlegten,  repräsentiert  einen 
Wert  von  etwa  8000  Kronen,  beinahe  M.  9000.  ßerl.  Tagebl.,  26.  Juli  1892. 

—  Der  Berliner  zoologische  Garten  als  Verpflegungsstation 
für  das  Publikum.  Die  Eigenart  des  Instituts  und  die  ganz  außergewöhn¬ 
lichen  Verhältnisse  bedingen  einen  ganz  außergewöhnlichen  Verpfiegungsbetrieb, 
und  man  kann  wohl  sagen,  daß  kein  zweiter  Restaurationsbetrieb  unserer 
Riesenstadt  mit  dem  des  Zoologischen  Gartens  in  Vergleich  kommen  kann. 
Da  ist  vor  allem  die  Massenverpflegung,  die  an  schönen  Sonntagen  40 — 50,000 
Personen  umfaßt  ,  ja  an  den  sogenannten  billigen  Sonntagen  und  bei  außer¬ 
ordentlichen  Gelegenheiten  schon  auf  70  -  -80,000 ,  einmal  sogar  schon  auf 
100,000  Gäste  an  einem  Tage  sich  zu  erstrecken  hatte.  Solche  Zahlen  sprechen 
für  sich  selber,  und  wer  etwa  schon  erprobt  hat,  was  es  heißt,  nur  tausend 
Menschen  auf  einem  Eiecke  zu  verpflegen,  der  wird  die  ungeheure  Schwierig¬ 
keit  ermessen,  den  Anforderungen  einer  hundertfachen  Anzahl  auch  nur  einiger¬ 
maßen  gerecht  zu  werden. 

Die  »feuchte«  Verpflegung  ist  immer  noch  am  leichtesten  durchführbar. 
Wennman  statt  der  werktäglichen  vier  Ausschankstellen  deren  zehn  bis  zwanzig 
an  verschiedene  Stellen  des  Gartens  verteilt  und  die  Biertonnen  direkt  von  den 
Zufuhrwagen  an  die  Schankstätten  fahren  läßt ;  wenn  man  die  14,000  Stühle 
des  Etablissements  ins  Freie  schleppt,  die  30,000  Seidel,  die  das  eiserne  In¬ 
ventar  bilden,  auf  die  einzelnen  Schankstätten  verteilt  und  ein  Heer  von 
200  Lohnkellnern  ausschwärmen  läßt,  so  hat  man  gewiß  das  Menschenmögliche 
gethan,  um  dem  Ansturm  der  durstigen  Besucher  zu  begegnen. 

Da  der  Kaffeedurst  namentlich  in  den  ersten  Nachmitt agsstunden  mit 
dem  Bierdurst  in  Konkurrenz  tritt,  so  muß  natürlich  auch  für  entsprechendes 
Kaffeegeschirr  gesorgt  werden.  15,000  Kaffeetassen  mit  dem  nötigen  Beige¬ 
schirr  stehen  zur  Verfügung  ’,  Kaffeekännchen  und  Kannen  in  verhältnißmäßiger 
Anzahl  zu  2,  3,  4,  5  und  6  Tassen.  Aus  einem  in  heißem  Wasser  stehenden 
und  stets  wieder  neugefüllten  Riesenbehälter  mit  sechs  Hähnen  wird  der  Kiifl’ee, 
ähnlich  wie  das  Bier,  in  der  großen  Kaffeschenke  verzapft.  In  einem  beson¬ 
deren  Raum  wird  der  Mokka,  das  braune  Labsal  für  Feinschmecker  bereitet 
und  verabreicht. 

Nun  zur  kalteii  Küche,  die  selbstverständlich  an  großen  Verptlegungsfagen 
die  Hauptrolle  spielt;  denn  vou  den  Zehntausenden,  die  an  einem  25  Pfennig- 
Sonntag  den  Zoologischen  Garten  besuchen,  sind  —  abgesehen  von  der  großen 
Zahl  der  Selbstverpflegler,  deren  Stullenpapiere,  Eierschalen  und  Käserinden 


am  folgenden  Tage  eine  centnerweise  Abfuhr  erfordern  —  nur  wenig  Tausende 
in  der  Lage,  sich  an  der  Stätte  ihres  Sonntags-Vergnügens  ein  warmes  Mittag¬ 
oder  Abendbrot  zu  leisten.  Da  muß  also  in  erster  Linie  für  belegte  Butter¬ 
brote  gesoi'gt  werden.  Die  dazu  bestimmten  Räume  und  Apparate  sind  mit 
höchster  Zweckdienlichkeit  in  Bereitschaft  gestellt.  Da  liegen  Hunderte  von 
großen  Broten  und  die  dazu  gehörigen  Brotschneidemaschinen ;  werktäglich 
werden  die  Schnitten  dünner  hergestellt  —  die  sogenannten  »Geheimerats¬ 
schnitten«  — ;  das  Sonntagspublikum  aber  verlangt  derbere  Bissen;  da  werden 
die  Maschinen  auf  dicke  Schnitten  eingestellt,  und  etwa  hundert  Stück  in  der 
Minute  rasseln  die  Rundbrote  aus  der  Maschine  in  den  untergestellten  Korb. 
Ein  Schock  fleißiger  Hände  beschmiert,  ein  zweites  Schock  belegt  die  »Stullen«. 
Schinken-  und  Wurstschneidemaschinen  liefern  das  Material  dazu  in  kleinen 
Bergen  mit  unheimlicher  Geschwindigkeit.  Ein  Schock  Schinken,  mehrere 
Tausend  Wiener  Würstchen,  mächtige  Käselaibe,  das  fliegt  alles  nur  so  in 
handsamen  Schnitten  aus  den  Maschinen,  und  in  wenig  Stunden  verschwinden 
an  einem  solchen  Sonntage  Vorräte,  mit  denen  man  eine  Armee  verproviantieren 
zu  können  vermeinte.  Eine  Unzahl  von  Tellern  —  der  Gesanitvorrat  beläuft 
sich  auf  40,000  Stück  —  gehört  natürlich  gleichfalls  zu  solcher  Verproviantie¬ 
rung,  und  nicht  minder  gehört  dazu  eine  einfache  und  doch  prompt  funktio¬ 
nierende  Kontroleinrichtung,  denn  ohne  eine  solche  möchte  der  Teufel  Inhaber 
eines  derartigen  Etablissements  sein. 

Doch  von  den  Fährlichkeiten  und  Ärgernissen  später.  Nehmen  wir  einmal 
den  nicht  eben  häufigen  Fall,  daß  Alles  aufs  Pünktchen  klappt  und  der  herrlich 
begonnene  Tag  auch  herrlich  zu  Ende  geführt  wird.  Die  Inhaber  des  Restau¬ 
rationsbetriebes  haben  sich  auf  großartigen  Besuch  eingerichtet  und  sehen  sich 
in  ihren  Erwartungen  nicht  getäuscht.  100  Gänse,  150  Enten,  800  junge 
Hamburger  Hühner,  50  Rehkeulen,  1000  Pfund  Fische,  zwei  Centner  Filet, 
500  Portionen  Fricasse,  zwei  Centner  Hummern,  1000  Liter  Bouillon  —  Alles 
geht  in  rasendem  und  reißendem  Betriebe  ab.  —  Die  Hunderte  zerbi-ochener 
Seidel,  zerschlagener  Teller  und  Tassen,  die  Schocks  ruinirter  Wäsche  u.  s.  w. 
spielen  dann  und  dürfen  an  solchen  Tagen  keine  Rolle  spielen. 

Das  Personal  freilich  hat  unmenschlich  arbeiten  müssen,  und  wenn  die 
Einrichtungen  nicht  wirklich  mustergültige  wären,  würde  ein  derartiger  Apparat 
ohne  Stockung  überhaupt  nicht  arbeiten  können.  Die  Hauptköche  des  Zoologischen 
Gartens  mit  ihrem  Oberlicht  und  ihren  breiten,  ins  Grüne  führenden  Flügel¬ 
türen  ist  eine  Sehenswürdigkeit  für  sich.  Der  600  Liter  fassende  Bouillon¬ 
kessel,  die  vier  mächtigen  »Maschinen«  mit  ihren  Riesenkesseln,  die  Brat¬ 
maschinen  und  Roste  für  Geflügel  und  Fische,  die  kupfernen  Kasserollen  und 
Behälter  —  die  Küche  enthält  allein  128  Centner  Kupfer  —  die  rings  um  die 
Riesenküche  gelagerten  Nebenräume ,  wo  die  weißbemützten  Kochkünstler 
nufer  Leitung  des  »Chefs«  ihres  Amtes  walten  —  das  alles  muß  man  sehen, 
um  ein  zutreffendes  Bild  von  dem  Umfange  des  Gesamtbetriebes  zu  gewinnen. 

Und  daneben  die  Konditorei  und  Kuchen bäckerei;  in  Backröhren  neuester 
Konstruktion  werden  an  »großen  Sonntagen«  allein  circa  2000  Stück  Kaffee- 
kuchen  gebacken  ;  dann  die  Vorratsräume  mit  zahllosen  Eisschränken,  die  aus 
dem  ca.  30,000  Centner  enthaltenden  Eishaus  gespeist  werden;  dazu  die 
Wäscheräume,  in  denen  u.  a.  8000  Tischttücher  und  18,000  Servietten  unter¬ 
gebracht  sind;  dazu  die  Abwaschküchen,  die  Kartoffelschäl-  und  Gemüseputz- 


räume,  die  Magazine  für  Kaffee,  Thee,  Zucker  und  andere  Gebrauchsartikel, 
die  ca.  140,000  Flaschen  meist  feiner  Weine  umfassenden  Kellereien  —  das 
gibt  einen  Gesamtbetrieb,  bei  dessen  llesichtiguug  es  eine  ehrsame  Hausfrau 
heiß  übex'läuft.  Wie  soll  man  da  genaue  Kontrolle  übenV  Nun,  dafür  wäre 
schon  gesorgt,  wenn  nur  der  böse  Wettergott  nicht  häufig  genug  alle  Kontroll- 
maßregeln  sowohl  wie  alle  Voraussicht  und  alle  Vorbereitungen  vereiteln  möchte. 

Das  ist  die  Kehrseite  dieses  Engros-Betriehes. 

Sonnabend  Abend  herrliches  Wetter.  Zu  Sonntag  die  großartigsten  Vor¬ 
bereitungen.  Keulen  und  Kotelett,  Fisch  und  Geflügel,  Hummern  und  Krebse 
—  alles  in  Bereitschaft.  Und  Sonntag  morgens  regnet  es  in  Strömen.  Das 
ist  noch  der  gelindere  Fall,  denn  dann  wandern  die  Vorräte  einfach  in  die 
großen  Eisschränke  zurück,  wo  sie  einen  appetitlichen  Riesenstapel  bilden,  und 
harren  späterer  Verwendung.  Aber  schlimmer,  viel  schlimmer  ist’s,  wenn  der 
Sonn-  oder  Festtsag  sich  herrlich  anläßt  und  40,000  bereits  um  2  Uhr 
nachmittags  den  Garten  bevölkern  und  neue  20,000  von  3  bis  6  Uhr  anrücken 
und  in  allen  Kesseln  die  Vorräte  kochen  und  die  Saucen  brodeln  und  in  allen 
Pfannen  die  Braten  bräunen;  und  dann  plötzlich  beliebt  es  dem  launischen 
Jupiter  pluvius  sich  einzustellen  und  seine  grimmigste  Miene  aufzustecken.  In 
zehn  Minuten  sind  die  Tausende  zerstoben,  und  auf  die  für  eine  hungrige 
Armee  gerüstete  brodelnde  Küche  senkt  sich  die  Ruhe  des  Kirchhofs.  Was  nun? 

Die  vorjährige  Sommersaison  bot  ein  leuchtendes  Beispiel  solch  verreg¬ 
neter  Tage,  die  aber  eben  mit  in  den  Kauf  genommen  werden  müssen. 

Berliner  Tage-Blatt  20.  7.  1892. 


L  i  1 1  e  r  a  t  u  r. 


Westfalens  Ti  er  leben.  3.  Band.  Die  Reptilien,  Amphibien  und  Fische. 
Herausgegeben  von  der  zoologischen  Sektion  für  Westfalen  und  Lippe  unter 
der  Leitung  ihres  Vorsitzenden  Prof.  Dr.  H.  Landois.  Mit  19  Tafeln  in 
Farbendruck  und  111  Holzschnitten.  Paderborn.  Ferd.  Schöningh.  1892. 

Mit  diesem  dritten  Bande  ist  einWerk  vollendet,  auf  welches  die  zoologische 
Sektion  des  Westfälischen  Provinzial -Vereins  für  Wissenschaft  und  Kunst 
sowie  die  Verfasser  mit  Stolz  hinsehen  dürfen,  denn  die  Aufgabe,  das  Tier¬ 
lehen  Westfalens,  soweit  es  seine  Wirbeltiere  betrifi't,  zu  schildern,  ist  mit 
viel  Liebe  und  Geschick  und  in  ganz  selbständiger  und  eigenartiger  Weise 
durchgeführt. 

Der  vorliegende  Band  behandelt  die  kaltblütigen  Wirbeltiere  und  wird 
mit  einem  Kapitel  über  die  »vorzeitlichen«  Reptilien  und  Fische  von  Dr. 
W.  von  der  Marek  eingeleitet.  Die  übrigen  Teile  sind  von  II.  Landois 
E.  Rade  und  Fr.  West  ho  ff  bearbeitet.  Bei  den  Reptilien  kommen  zur 
Besprechung  die  europäische  Sumpfschildkröte,  die  Zauneidechse,  Bergeidechse, 
Mauer-  und  grüne  Eidechse  sowie  die  Blindschleiche,  wenn  auch  das  Vor¬ 
kommen  einiger  dieser  Tiere  für  Westfalen  nicht  ganz  sicher  festgestellt  ist. 
(Von  der  grünen  Eidechse,  dem  »Grüneder«  hätten  die  Verf.  aus  unserer 
Zeitschrift  erfahren  können ,  daß  sie  auch  noch  weiter  »rheinabwärts  als 
bei  Kreuznach«  vorkomint.  Z.  G.  Jahrg.  XXII,  1881,  S.  119;  XXIII,  1882, 


256 


S.  159;  XXVI,  1885,  S.  140.)  Ferner  die  Ringelnatter,  Würfelnatter,  Schling¬ 
natter  und  Kreuzotter.  Bei  den  Amphibien  sind  die  neuerdings  neu  aufge¬ 
stellten  Arten  unterschieden  und  es  werden  demnach  aufgeführt  der  grüne 
Wasserfrosch,  Seefrosch,  Grasfrosch,  Moorfrosch,  Springfrosch,  die  graue  Kröte, 
Wechselkröte,  Kreuzkröte,  der  Laubfrosch,  die  Knoblauchkröte,  die  gelb¬ 
bauchige  und  rotbauchige  Feuerkröte,  der  Feßler,  der  Feuersalamander,  der 
Kammmolch,  Bergmolch,  Ledermolch  und  Leistenmolch.  Es  wird  allen,  die 
sich  mit  diesen  Tieren  näher  beschäftigen  wollen,  außer  dem  eingehenden 
Texte  auch  die  Zugabe  vortrefflicher  Holzschnitte  willkommen  sein,  die  bei 
Schlangen  und  Eidechsen  die  Beschuppung,  bei  Fröschen  und  Kröten  die  Füße 
und  andere  unterscheidende  Merkmale  stark  vergrößert  darstellen.  Ebenso 
wird  der  Körperbau  der  Fische  durch  ähnliche  Abbildungen  erläutert. 

Besonders  sorgsam  sind  die  Fische  des  Gebietes  behandelt  und  zwar 
gehen  der  eigentlichen  Naturgeschichte  dieser  im  Ganzen  weniger  gekannten 
Geschöpfe  wichtige  und  ansprechende  Kapitel  voraus  über  die  Gewässer  West¬ 
falens,  über  die  Geschichte  des  westfälischen  Fischerei wesens,  die  Anstalten  für 
künstliche  Fischzucht  in  Westfalen,  sowie  das  Aquarium  des  Zoologischen 
Gartens  zu  Münster,  aus  welchem  wir  in  unserem  Blatte  ja  auch  schon  mehr¬ 
fach  Mitteilungen  gebracht  haben.  Sämtliche  in  Westfalen  vorkommende 
Fische  sind  alsdann  in  anziehender  Darstellung  nach  ihrem  Auftreten  in  den 
Gewässern,  nach  ihren  Kennzeichen,  ihrer  Lebensweise  und  Bedeutung,  sowie 
nach  ihren  gerade  in  Westfalen  beobachteten  Eigentümlichkeiten  geschildert. 
Von  den  meisten  Fischen  führt  eine  Umrißzeichnung  die  äußere  Form  vor, 
wie  auch  andere  kennzeichnende  Merkmale,  Schlundknochen,  Gaumen  u.  s.  w. 
in  Abbildungen  gegeben  werden. 

Was  die  Naturgeschichte  der  Fische  in  diesem  Bande  besonders  aus¬ 
zeichnet,  das  sind  die  19  beigegebenen  Tafeln  mit  farbigen  Abbildungen  der 
westfälischen  Fische.  Ein  jeder,  der  sich  einmal  mit  diesen  einheimischen 
Wasserbewohnern  beschäftigt  hat,  weiß,  wie  schwierig  es  ist,  die  einzelnen 
Arten  auf  bloße  Beschreibungen  hin  zu  unterscheiden,  und  um  so  wertvoller 
erscheint  daher  die  kostbare  Beigabe  der  mit  großer  Sorgfalt  von  Fritz 
Schütte  ausgeführten  Originalabbildungen.  Sie  werden  das  Erkennen  der 
einzelnen  Arten  wesentlich  erleichtern.  Leider  ist  nur  auf  Taf.  VI  die  Maler¬ 
muschel,  in  welche  der  Bitterling  seine  Legeröhre  einschiebt,  ganz  unrichtig 
dargestellt. 

Der  reichen  und  schönen  Ausstattung  dieses  Bandes  gegenüber  ist  der 
Preis  von  10  Mark  ein  sehr  mäßiger  zu  nennen.  N. 

Eingegangene  Beiträge. 

K.  ll.  in  D.  —  A.  V.  K.  in  1).:  Ersuche  gef.  um  Ihre  Adresse.  —  G.  R.  in  F.  —  E.  F. 
in  B. .  Besten  Dank.  — 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Prof  Dr  O  Behneider.  Schneiders  Typenatlas.  Naturwisscnschaftlich-geograpliiseher 
Ilandatläs  für  Schule  und  Haus.  4te  Auflage.  Dresden.  0.  C.  Meinhold  &  Sohne. 
1  <4g9  2  M»  40  l*f. 

Ai.handiiinoen  der  Natnrliistnrischen  Gescdlschaft  zu  Eürnherg.  Juhihlumsschnft  zur  Feier 
des  Sb-rhrigen  Bestehens.  IX.  Band.  Nürnberg.  U.  E.  Sebald.  1892. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Maiilan  &  WaldachmicU.  Frankfurt  a,  M 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitsclirift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

No.  9.  XXXIII.  Jahrgang.  September  1892. 


Inhalt. 

Die  Fortpflanzung  des  Ararauna  (Sätace  coemleu)  in  der  Gefangenschaft;  von  H.  H. 
Sharland  in  La  Fontaine  h.  Tours;  mitgeteilt  von  Dr.  L.  Wunderlich.  —  Aus  dem 
Lehen  der  griechischen  Landschildkröte,  Testudo  graec.a\  von  Dr.  Gust.  Kumpf.  —  Tierlehen 
in  Ost-Algerien;  von  Dr.  F.  Werner  (Wien).  —  Über  den  Nestbau  gefangener  Vögel;  von 
Eduard  Rüdiger.  —  Aphorismen  über  Tetraonen;  von  Baron  A.  von  Krüdener.  — 
Aus  dem  Rotterdamer  zoologischen  Garten;  von  Dr.  C.  L.  Reuv ens.  —  Korrespondenzen.— 
ICleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Die  Fortpflanzung  des  Ararauna  (Sittace  coerulea)  in  der 

Gefangenschaft. 

Von  H.  H.  Sharland  in  La  Fontaine  b.  Tours. 

Mitgeteilt  von  Dr.  Ij.  Wunderlich. 


Id  unseren  zoologischen  Gärten  ist  man  stets  gewohnt,  die 
großen  Ara  auf  Bügeln  zu  halten,  wo  dieselben  wohl  den  Besuchern 
ihre  Form  und  Farben  bestens  zeigen  können,  in  der  Ausübung 
ihrer  Lebeusgewohnheiten  aber  vollständig  gehemmt  sind.  Nur  höchst 
selten  findet  man  einmal  einige  dieser  großen  Papageien  in  einer 
Voliere,  und  wenn  ich  das,  was  mir  Herr  Sharland  über  seine  Ara 
mitteilte,  hier  mit  seiner  Zustimmung  der  Öffentlichkeit  übergebe, 
so  bezwecke  ich  damit  in  erster  Linie,  gegen  eine  alte  Gewohnheit 
auzngehen  und  zu  einer  Nacheiferuug  des  von  Herrn  Sharland 
gegebenen  Beispiels  auzuregeu. 

Dieser  Herr,  ein  außerordentlicher  Tierliebliaber,  der  wie  der 
verstorbene  Mitarbeiter  an  diesem  Blatt,  Cornely  St.  Gerlach,  einen 
eigenen  zoologischen  Garten  besitzt,  der  sich  mit  manchem  öffent¬ 
lichen  Institut  dieser  Art  messen  kann,  hatte  1889  in  einer  Voliere 
zwei  Grünflügelara  {Sittace  chlor optera) ,  zwei  Soldateuara  {Sittace 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXIII.  1892.  17 


258 


niititaris)  und  zwei  Ararauna  (Sittace  coendea)  und  zufälligerweise 
von  jeder  Art  Männchen  und  Weibchen.  Dieselben  vertrugen  sich 
vorzüglich,  bis  die  Grüuflügelara  sich  paarten.  Da  war  Herr 
Sharland  genötigt,  diese  allein  zu  setzen;  das  Weibchen  legte, 
brütete  aber  nicht,  und  iin  Laufe  des  Jahres  starb  das  Männchen. 
Im  folgenden  Jahre  paarten  sich  die  Soldaten ara  und  die  Ararauna 
und  mußten  jetzt  auch  wegen  Zwistigkeiten  getrennt  werden.  Der 
weibliche  Soldatenara  legte  alsbald  auf  die  bloße  Erde,  brütete  aber 
schlecht  und  verließ  nach  vierzehn  Tagen  die  Eier.  Eins  derselben 
erwies  sich  als  unbefruchtet,  während  das  andere  ein  halb  ausge¬ 
bildetes  Junge  enthielt.  Die  Ararauna  benutzten  einen  Holzzuber 
zur  Nestaulage  und  höhlten  in  dem  Boden  desselben  ein  Loch  aus. 
In  dasselbe  legten  sie  zwei  Eier,  die  sie  mit  Ausdauer  bebrüteten. 
Nach  einem  Monat  waren  die  Eier  jedoch  daraus  verschwunden; 
man  fand  sie  im  Sande  verscharrt  und  unbefruchtet.  Im  Jahre 
1891  wurden  Holzscheite  in  die  Volieren  gestellt,  in  der  Hotfnuug, 
daß  die  Ara  dadurch  zum  Nisten  augeregt  würden.  Beide  Arten 
brüteten  auch,  die  Ararauna  sogar  zweimal,  doch  waren  die  Eier 
wiederum  klar. 

lu  diesem  Jahre  endlich  wurden  die  Bemühungen  des  Herrn 
Sharland  von  Erfolg  gekrönt  und  er  konnte  mir  die  Geburt  und 
glückliche  Aufzucht  eines  Ararauna  melden.  Er  sah  denselben 
zum  erstenmal  am  23.  August,  als  er  mindestens  zwei  Monate  alt 
sein  mußte.  Als  Nest  diente  ein  Weinfaß.  Dasselbe  war  durch- 
(»•esä"t,  die  beiden  Teile  auf  Holzscheite  in  die  Voliere  gesetzt  und 
zur  Hälfte  mit  Sägespähnen  gefüllt.  Im  März  paarten  sich  die 
Ararauna,  zerstörten  die  eine  Faßhälfte  und  streuten  den  Inhalt 
beider  heraus.  Gegen  den  20.  Mai  hielt  sich  das  Weibchen  viel 
in  der  anderen  Faßhälfte  auf  und  seit  diesem  Tage  duldeten  die 
Ararauna  es  nicht  mehr,  daß  jemand  sich  derselben  näherte.  Nach 
Verlauf  von  drei  bis  vier  Wochen  sah  man  weder  Junge  noch 
Eierschalen,  und  mau  nahm  an,  daß  die  Eier  wie  im  Vorjahre 
unbefruchtet  waren.  Da  das  Weibchen  sich  jedoch  viel  in  dem 
Fasse  auf  hielt  und  auch  früher  oft  länger  als  einen  Monat  auf  dem 
Neste  gesessen  hatte,  so  stand  man  von  jedem  Eingriff  ab.  Sehen 
konnte  man  nichts,  so  sehr  man  sich  auch  der  Tonne  näherte, 
höchstens,  daß  der  Boden  derselben  zerstört  war,  weiter  nichts. 

Mitte  August,  als  Herr  Sharland  von  einer  Reise  nach  Deutsch¬ 
land  zurückkehrte,  die  auch  mir  die  Gelegenheit  verschafft  hatte,  diesen 
auf  dem  Gebiete  der  Tierhaltung  und  Tierzucht  so  erfahrenen  Mann 


259 


persönlich  kennen  zu  lernen,  sah  derselbe,  dah  die  Ararauna 
noch  immer  in  die  Tonne  gingen  und  er  glaubte,  dah  sie  zum 
zweitenmal  legen  wollten.  Am  23.  August  nun  machte  man  in 
der  von  denselben  bewohnten  Voliere  Jagd  auf  Mäuse  und  hatte, 
um  dies  ohne  Beunruhigung  der  Ara  thun  zu  können,  diese  in  einem 
benachbarten  Raume  uutergebracht.  Als  man  das  Faß  wegnahm, 
fand  man  unter  demselben  zu  aller  Überraschung  einen  jungen, 
vollständig  befiederten  Ararauna.  Das  Erstaunen  war  um  so  größer,  als 
mau  nie  vorher  einen  Schrei  gehört  oder  sonst  etwas  von  dem  Vor¬ 
handensein  eines  Jungen  bemerkt  hatte.  Auch  die  Alten  waren, 
wenn  sie  in  der  Tonne  waren,  völlig  unsichtbar  und  weder  Herrn 
Sharland  noch  seinem  Wärter  war  etwas  Außergewöhnliches  aufge¬ 
fallen.  Da  die  Eier  gegen  den  20.  Mai  gelegt  sein  müssen  und  die 
Brutdauer  bei  den  Ara  21 — 25  Tage  beträgt,  so  mußte  das  Junge, 
als  es  gefunden  wurde,  älter  denn  zwei  Monate  sein.  Es  schien 
allein  zu  fressen,  doch  wurde  das  Nest  sofort  wieder  in  den  früheren 
Zustand  versetzt  und  die  alten  Ararauna  wieder  zu  dem  Jungen  ge- 
lassen,  das  nach  den  letzten  Nachrichten  vom  1.  September  weiter¬ 
gedeiht  als  der  erste  in  Europa  gezüchtete  Ara. 

Die  Geschlechter  der  alten  Ara  sind  durch  die  Färbung  nicht 
zu  unterscheiden ,  doch  konnte  Herr  Sharland  bei  den  Ararauna 
feststellen,  daß  nur  das  Weibchen  brütet,  während  z.  B.  bei  den 
Kakadu  auch  das  Männchen  sich  am  Brutgeschäft  beteiligt. 

Eine  andere  eigentümliche  Erscheinung,  die  Herr  Sharland  be¬ 
obachten  konnte,  ist  die  vollkommene  Schweigsamkeit  der  alten  Vögel 
während  der  Brutperiode.  Jedermann,  der  Ara  gepflegt  hat,  kennt 
die  unangenehme  Schreierei,  welche  einem  das  Halten  der  präch¬ 
tigen  Tiere  oft  gänzlich  verleidet.  Aber  sowohl  die  Ararauna  ,  wie 
Soldatenara  entsagten  dieser  Unart  gänzlich ,  sobald  das  Brüten  be¬ 
gann;  weder  Männchen  noch  Weibchen  ließen  alsdann  den  geringsten 
Schrei  hören. 

Als  Futter  gibt  Herr  Sharland  den  Ara  nur  Hanfsamen,  Mais 
und  Schiffszwieback,  und  er  warnt  vor  der  Fütterung  mit  einge- 
weichtem  Brot  oder  gekochtem  Mais,  einem  Rate,  dem  ich  mich  voll 
anschließen  kann. 


260 


Aus  dem  Leben  der  griechisch eii  Landscliildkröte,  Testudo 

graeca. 

Von  Dr.  Gust.  Rumpf. 

Unter  dem  Titel  »Schildkröten  im  Freien«  erschien  in  Bd.  XI, 
1870,  pag.  384  dieser  Zeitschrift  eine  Notiz  meines  Bruders,  und  es 
ist  vielleicht  nicht  ohne  Interesse  zu  erfahren,  daß  das  damals  als 
glücklich  überwinterte  Exemplar  der  Landschildkröte  bis  zum  vorigen 
Jahr  bei  mir  ausgehalten  und  sich  im  allgemeinen  stets  des  besten 
Wohlseins  erfreut  hat.  Dieselbe  hat  somit  33  Jahre  in  Deutsch¬ 
land  gelebt.  Der  Gefährte,  welcher  ihr  im  Jahre  1869  zugesellt 
wurde,  ist  dieses  Jahr  eingegangeu  und  zwar  an  der  von  J.  von 
Fischer  Bd.  XIII,  1872,  pag.  244  d.  Z.  erwähnten  Augenkrank¬ 
heit;  er  hat  somit  23  Jahre  in  Frankfurt  zugebracht. 

Beide  Tiere  sind  fast  die  ganze  Zeit  in  einem  der  Freiheit  fast 
gleichkommenden  Zustand  gehalten  worden,  d.  h.  sie  konnten  sich 
in  einem  kleinen  Garten  während  des  ganzen  Sommers  frei  bewegen 
und  wurden  im  Herbst,  wenn  man  ihrer  habhaft  wurde,  in  Heu  ver¬ 
packt  und  in  den  Keller  gestellt. 

Die  Tiere  stehen  geistig  sicher  auf  einer  niederen  Stufe,  doch 
haben  sie  ein  ganz  gutes  Orientierungsvermögen  innerhalb  des  kleinen 
Kreises,  in  dem  sie  sich  bewegen.  Sie  finden  mit  Sicherheit  den  Platz 
wieder,  wo  sie  zu  übernachten  pflegen,  was  für  die  Tiere  gar  nicht 
so  leicht  ist,  da  ihnen  jeder  Überblick  fehlen  muß,  und  vor  allem 
haben  sie  eine  vorzügliche  Befähigung  zur  Auffindung  des  wärmsten 
Platzes  für  das  Überwintern. 

Vergangenen  Herbst  konnte  von  2  neuangeschafften  Schildkröten 
die  eine  nicht  aufgefunden  werden.  In  diesem  Frühjahr  fand  man 
sie  beim  ümgraben  etwa  20  cm  tief  und  zwar  an  der  Stelle  des 
Gartens,  wo  der  Schnee  am  frühesten  wegthaut  und  welche  sich  die 
Veilchen  als  Lieblingsplatz  ausgesucht  haben. 

Die  Sinne  der  Tiere  sind  schwach  entwickelt,  selbst  heftiges 
Geräusch  erschreckt  sie  nicht  und  auch  die  schönen  glänzenden  Auo-en 

O  O 

geben  dem  Tier  nicht  die  Sicherheit,  daß  das  vorliegende  Futter  das 
richtige  sei,  wenn  nicht  die  eingehende  Prüfung  mit  der  Nase 
günstig  ausgefallen  ist. 

Trotz  dieser  geringen  geistigen  Begabung  haben  die  Tiere  eine 
große  Selbständigkeit  und  einen  großen  Freiheitsdrang.  An  den  vier 
Exemplaren,  die  ich  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte,  habe  ich 


261 


gefunden,  daß  sie  tagelang  nach  einem  Ausweg  suchen,  wenn  inan 
sie  in  einem  abgeschlossenen  Raum  von  nur  einigen  Quadratmetern 
Fläche  hält.  Wenn  sie  sich  überzeugt  haben,  daß  es  kein  Entrinnen 
gibt,  so  fügen  sie  sich  wohl  in  ihr  Schicksal,  man  bringt  sie  auch 
dazu,  daß  sie  das  Vorgesetzte  Futter  in  Menge  verzehren  und  sich 
körperlich  wohl  befinden,  aber  ein  richtiges  Bild  gibt  eine  solche  in 
engem  Gewahrsam  gehaltene  Schildkröte  nicht.  Ist  es  ihr  aber 
gelungen,  zwischen  den  einschließenden  Brettern  einen  Spalt  zu 
entdecken,  und  sind  die  Pflöcke,  mit  denen  diese  festgehalten 
werden,  etwa  morsch  oder  locker,  so  vollführt  unser  Tier  wahre 
Turnerkünste,  indem  es  sich  zwischen  die  Bretter  klemmt  und 
mit  den  verhältnismäßig  sehr  kräftigen  Füßen  den  Spalt  er¬ 
weitert,  bis  es  ganz  sozusagen  hochkant  eingeklemmt  ist,  und  in 
dieser  Lage  wird  ein  Weg  von  einem  halben  Meter  mit  unsäglicher 
Anstrengung  und  Geduld  zurückgelegt,  bis  die  ersehnte  Freiheit  er¬ 
langt  ist.  Entfernt  man  die  einschließenden  Bretter,  so  kann  man 
oft  genug  die  Schildkröten  in  dem  ihnen  früher  zugewiesenen  Raum 
sehen,  ein  deutliches  Zeichen,  daß  es  nicht  der  Ort  ist,  den  sie 
fliehen,  sondern  die  Gefangenschaft.  Überhaupt  lieben  sie  die  Ab¬ 
wechselung  sehr.  Beim  Umherkriechen  wird  unebenes  Terrain  bevor¬ 
zugt,  und  es  ist  oft  drollig  zuzusehen,  wie  das  unbeholfene  Tier  sich 
die  steilste  Stelle  aussucht,  um  auf  eine  kleine  Erhöhung  zu  gelangen, 
so  daß  es  oft,  zwischen  2  Steinen  eingeklemmt,  nur  mit  den  starken 
Vorderfüßen  arbeitet,  während  die  Hinterfüße  nutzlos  in  der  Luft 
herumtreteu,  bis  mit  großem  Aufwand  an  Beharrlichkeit  und  Zeit  der 
»Berg«  erstiegen  ist.  Noch  schlimmer  geht  es  dem  Tiere  manchmal 
beim  Absteigen,  wenn  es  fällt  und  auf  den  Rücken  zu  liegen  kommt; 
es  bleibt  ihm  dann  nichts  übrig,  als  solange  mit  den  Beinen  zu 
strampeln  und  heftige  Bewegungen  mit  dem  ganzen  Körper  zu 
machen,  bis  irgend  ein  Steinchen  sich  unter  eine  Seite  des  Rücken¬ 
schildes  schiebt.  Dieser  Umstand  wird  dann  benutzt  und  der  Rücken¬ 
schild  so  lange  an  dem  Steinchen  emporgearbeitet,  bis  die  Lage  so 
schief  geworden  ist,  daß  der  Körper  mit  einer  letzten  energischen 
Bewegung  auf  die  Bauchseite  umkippen  kann.  Es  ist  einleuchtend, 
daß  ein  solches  Manöver  viele,  viele  Stunden  dauern  kann. 

Ebenso  wie  die  griechische  Schildkröte  einförmiges  Terrain 
meidet,  ebenso  behagt  ihr  auch  einförmige  Kost  nicht.  Hat  sie 
nichts  anderes,  so  frißt  sie  in  der  warmen  Jahreszeit  ganze  Hände 
voll  Salat  oder  wilden  Wein,  aber  wenn  sie  sich  ihre  Nahrung 
selber  suchen  darf,  dann  bleibt  sie  nie  lange  bei  einem  Gegenstand. 


262 


Hat  sie  sich  halb  satt  gefressen,  so  folgen  noch  einige  Bisse  in  die 
Luft ,  welche  wahrscheinlich  die  Schlingbewegung  erleichtern  und 
stets  den  vorläufigen  Abschluß  einer  Mahlzeit  bilden.  Daun  wird 
der  Kopf  erhoben,  eine  rasche  Seitenbewegung  —  und  es  geht  weiter 
zu  einem  grünen  Gegenstand,  der  einige  Schritte  entfernt  ist.  Ist 
es  Löwenzahn  (Leontoäon),  Melde  (Chenopodium)^  Salat,  wilder  Wein 
oder  Gänsedistel,  so  werden  einige  Blätter  verzehrt  und  dann  geht 
es  wieder  weiter.  Ist  es  aber  Klee  oder  sonst  ein  Gewächs  mit 
glatten  Blättern,  so  wird  höchstens  ein  halbes  Maul  voll  genom¬ 
men,  dazwischen  wird  auch  ganz  vorübergehend  an  einem  dürren 
Blatt  oder  an  einer  Brotkrumrae  geknuspert  oder  eine  Stiefmütter¬ 
chen-  oder  Boraschblüte  genascht. 

Es  ist  sehr  erklärlich,  daß  die  Tiere  viel  lieber  von  auge- 
wachseueu  Pflanzen  fressen  als  von  abgebrochenen  Blättern.  Ihre 
Kiefer  sind  schwach  und  wenig  scharf,  so  daß  sie  mehr  darauf  an¬ 
gewiesen  sind,  den  einmal  gefaßten  Blattfetzen  abzureißen  als  abzu¬ 
beißen,  und  das  geht  ganz  gut,  wenn  die  Pflanze  fest  angewurzelt 
ist,  während  bei  abgebrochenen  Blättern  immer  die  Pfoten  zu  Hülfe 
genommen  werden  müssen.  Sie  sind  daher  auch  recht  dankbar, 
wenn  mau  ihnen  das  Blatt  vorhält,  das  Fressen  geht  dann  doppelt 
so  rasch. 

Bei  meinen  alten  Tieren  waren  alle  Versuche  mit  tierischer 
Nahrung  ganz  fehlgeschlagen,  und  auch  von  den  jungen  Tieren, 
welche  ich  jetzt  besitze,  kümmert  sich  das  eine  nicht  im  geringsten 
um  Regenwürmer,  welche  man  ihm  vorlegt,  während  das  andere 
diese  Fleischuahruug  entschieden  bevorzugt.  Gibt  man  ihm,  selbst 
wenn  es  gerade  an  einer  saftigen  Staude  frißt,  einen  Regenwurm 
in  der  Eutferuuug  von  8  — 10  cm,  so  hört  es  auf  zu  fressen  und 
betrachtet  den  Wurm;  fängt  dieser  au  sich  zu  bewegen,  so  wird 
die  Schildkröte  plötzlich  lebhaft,  geht  rasch  auf  ihn  zu,  senkt  den 
Kopf,  was  ja  auch  J.  v.  Fischer  als  sicheres  Zeichen  von  Freß- 
begier  schildert,  und  packt  den  Wurm,  der  daun  lebendig  und  ohne 
vorherige  Zerkleinerung  verschlungen  wird.  Ich  habe  ihr  so  schon 
6  mittelgroße  Würmer  hintereinander  gegeben,  ohne  ihren  Hunger 
cranz  gestillt  zu  haben.  Erwähnt  sei,  daß  dies  fleischgierige 
Exemplar  ein  Männchen  ist,  daß  aber  unter  den  fleischver¬ 
schmähenden  ebenfalls  ein  Männchen  war.  Vergl.  J.  v.  Fischer 
Bd.  XHI  1872  pag.  71  dieser  Zeitschrift. 

Währeud  hiermit  bewiesen  ist,  daß  unter  sonst  ganz  gleichen 
Bedingungen  manche  Schildkröten  Fleischuahruug  geradezu  bevor- 


263 


zuo’eu,  wäbreucl  aiiderG  Artgetiosseii  sie  durchaus  verschmähen,  liat 
sicli  bei  keinem  von  meinen  4  Exemplaren  ein  Bedürfnis  nach 
Wasser  nachweisen  lassen,  wie  es  J.  v.  Fischer  Bd.  XIII,  1872, 
pag.  09  beschreibt.  Die  sorgfältigsten  Beobachtungen  haben  mich 
überzeugt,  daß  meine  Tiere  nicht  saufen,  und  es  ist  absolut  sichei, 
daß  ihnen  viele  Jahre  hindurch  außer  den  Thau-  und  Regentropfen 
auf  Pflanzen  kein  Wasser  zur  Verfügung  gestanden  hat.  Ebenso¬ 
wenig  zeigen  sie  Vergnügen  am  Baden;  aus  kaltem  wie  aus  lau¬ 
warmem  Wasser  suchten  sie  möglichst  rasch  zu  entkommen,  wenn 
sie  gewaltsam  hineingesetzt  wurden.  Freiwillig  gehen  sie  überhaupt 
nicht  hinein. 

Alles  dies  bezieht  sich  natürlich  nur  auf  die  heiße  Jahreszeit, 
während  welcher  die  Tiere  lebhaft  und  munter  sind.  Bei  drückender 
Hitze  suchen  sie  übrigens  gegen  Mittag  auch  den  Schatten  auf  und 
halten  eine  Siesta,  die  bei  ihrem  in  dieser  Zeit  sehr  entwickelten 
Appetit  sehr  erklärlich  ist. 

Solange  die  Schildkröten  im  Freien  leben,  habe  ich  nie  irgend 
eine  Krankheit  an  ihnen  wahrnehmen  können,  wohl  aber  haben 
sie  mehrmals  die  Anfänge  der  schon  erwähnten  Augenkrankheit  von 
der  Überwinterung  im  Keller,  nie  aber  von  der  Überwinterung  im 
Freien  mitgebracht.  Dieselbe  heilte  in  der  Regel  in  wenigen  Wochen 
während  des  Aufenthaltes  im  Freien.  Dieses  Frühjahr  waren  beide 
Exemplare,  die  im  Keller  überwintert  hatten,  von  der  Kraukheit 
befallen  und  zwar  das  Exemplar  vom  Jahr  1869  so  stark,  daß  es 
diesen  Sommer  gar  nicht  mehr  zum  Fressen  kam  und  schon  nach 
einigen  W^ochen  starb.  Das  jüngere  Exemplar  hat  sich  lediglich 
durch  frische  Luft  und  einige  Bäder,  welche  ich  gab,  um  die  Augen 
aufzuweichen,  vollkommen  wieder  erholt. 

Ich  vermute,  daß  der  Keller,  in  welchem  jetzt  eine  Central¬ 
heizung  eingerichtet  wurde,  für  den  Winterschlaf  zu  warm  ist,  und 
ich  werde  hinfort  die  Tiere  im  Winter  kälter  halten. 

Die  Schildkröte,  welche  33  Jahre  bei  mir  ausgehalten  hat,  ist 
offenbar  an  Altersschwäche  gestorben.  Schon  in  den  letzten  Jahren 
waren  ihre  Bewegungen  langsamer  geworden  und  ihre  Freßlust  war 
gegen  früher  sehr  gemindert.  Im  letzten  Sommer  bewegte  sie  sich 
fast  nicht  mehr  und  eines  Tages  wurde  der  eingetretene  Tod  fest¬ 
gestellt. 

Schließlich  sei  noch  für  solche,  welche  Lust  haben,  ihren 
Schildkröten  die  freie  Benutzung  des  Gartens  zu  gestatten,  bemerkt, 
daß  die  Tierchen  sehr  wenig  Schaden  anrichten,  da  ihre  Lieblings- 


264 


nahriing  in  Unkräutern  bestellt.  Nur  jung  angesäte  Beete  müssen 
geschützt  werden,  weniger  wegen  des  Abfressens  als  vielmehr  wegen 
des  Schadens,  den  sie  dadurch  anrichten,  daß  sie  über  die  jungen 
Pflanzen  hinkriechen. 


Tierleben  in  Ost -Algerien. 

Von  Dr.  F.  Werner  (Wien). 

Der  freundliche  Leser  möge  bei  Anblick  dieser  Überschrift  ja 
nicht  erwarten,  in  den  folgenden  Zeilen  interessante  Geschichten  von 
Leoparden-  und  Hyänenjagden  zu  erfahren,  denn  er  würde  in  diesem 
Falle  sehr  enttäuscht  werden  5  ich  habe  während  meiues  kurzen 
Aufenthaltes  in  Algerien  von  Säugetieren  überhaupt  fast  nur  ein 
paar  höchst  unschuldige  Schakale  und  Gazellen  zu  sehen  Gelegenheit 
gehabt,  mit  einer  Hyäne  nur  ein  einzignial  verkehrt,  und  alle  diese 
Tiere  flößten  mir  viel  weniger  Respekt  ein,  als  die  zahllosen  Störche, 
welche  von  Bona  bis  Batna  alle  Städte  bevölkern,  alle  Hausdächer, 
Kirchtürme  und  Minarets  besiedelt  haben,  namentlich  aber  auf  den 
Wiesen  bei  Kroubs  in  Gesellschaften  von  vielen  Dutzenden  sich 
fliegend,  springend  und  laufend  herumtreiben. 

Ich  gedenke  hier  nur  diejenigen  Tiere  in  ihrem  Leben  und 
Treiben  kurz  zu  schildern,  welche  dem  Sammler  wegen  ihrer  Häufig¬ 
keit  fast  unvermeidlich  begegnen  müssen,  und  lade  zu  diesem  Behufe 
den  Leser  ein,  mir  auf  den  wegen  seines  Tierreichtums  bekannten 
Mont  Edough  bei  Bona  im  Geiste  zu  folgen. 

Allerdings  wird  man  finden,  daß  den  Reptilien  und  Amphibien 
relativ  mehr  Aufmerksamkeit  geschenkt  wurde  als  den  anderen 
Tieren,  was  eben  darin  seinen  Grund  hat,  daß  ich  speciell  ihret¬ 
wegen  die  Reise  ausführte. 

Im  allgemeinen  kann  man  nicht  sagen,  daß  in  den  Gegenden, 
welche  ich  in  Algerien  besuchte,  eine  so  starke  Massenentfaltuug  der 
lierwelt,  wie  es  in  Dalmatien  vielfach,  namentlich  aber  bei  Zara, 
dei  Fall  ist,  wo  manche  Eidechsen  {Lacerta  muralis  und  viridis)  und 
Schlangen  {Coelopeltis  monspessulana)  etc.),  ferner  Skorpione,  Skolo¬ 
pender,  Käfer  etc.  geradezu  wimmeln,  zu  finden  wäre;  der  Mont 
Edough  erscheint  anfangs  tierarm  im  Vergleich  zu  jenen  trostlosen, 
steinigen  Gegenden  Dalmatiens. 

Abei  wir  brauchen  nicht  lange  den  Berg  hinauf  zu  wandern, 
um  die  ersten  Vertreter  der  algerischen  Tierwelt  zu  Gesichte  zu  be- 


265 


kommen.  Die  schöne  Lacerta  pater ^  * *)  die  algerisch-tunesische  Ver¬ 
treterin  der  europäischen  Perleidechse  (L.  ocellata)  kreuzt  sehr  oft 
unseren  Weg,  und  einem  geübten  Fänger  gelingt  es  leicht,  sie  zu 
erhaschen.  Noch  leichter  fängt  mau  sie  beim  ümwenden  großer 
Steine,  unter  denen  sie  häufig  angetroffen  wird ;  wie  viele  andere 
Eidechsen  und  auch  Schlangen  ergreift  auch  sie  in  diesem  Falle  näm¬ 
lich  nicht  gleich  die  Flucht,  sondern  verhält  sich  eine  genügende 
Zeit  lang  unbeweglich,  um  gefangen  werden  zu  können.  Allerdings 
macht  sie  dann  von  ihrem  Gebiß  und  ihren  Krallen  einen  so  ener¬ 
gischen  Gebrauch,  daß  mau  sie  trotz  ihrer  geringen  Größe  —  sie 
wird  selten  über  40  cm  lang  —  kaum  mit  beiden  Händen  festhalten 
kann,  umsomehr  als  sie  sich  fortwährend  um  ihre  eigene  Längs-Axe 
dreht  (eine  Eigenschaft,  die  mit  ihr  unter  anderen  auch  Opliisaurus 
apus^  Rhinechis  scalaris  und  die  australische  Rautenschiauge,  Morelia 
argus^  gemeinsam  haben)  und  heftig  mit  dem  Schwanz  herumschlägt. 

Eine  nicht  weniger  häufige  Erscheinung  ist  die  Kieleidechse, 
Rsammodromus  algiriis,'^^)  ein  Tierchen  meist  von  der  Größe  unserer 
gemeinen  Zauneidechse,  welches  auf  buschigen  Abhängen  des  Berges 
mit  großer  Schnelligkeit  herumläuft  und  sich  durch  seine  deutliche 
Stimme  vor  seinen  Verwandten  auszeichnet.  Der  »Bou-Rioun«, 
wie  die  Lacerta  pater  auch  von  den  Arabern  von  Bona  und  Lam- 
besa  genannt  wird,  verzehrt  Käfer  und  sogar  Mäuse,  dürfte  sich  aber 
in  Freiheit  mit  Vorliebe  von  den  großen,  bunten  und  flügellosen 
Heuschrecken  der  Gattung  Pamphagus  ernähren,  die  namentlich  auf 
den  Zwergpalmen  und  den  immergrünen  Sträuchern  sich  aufhalten, 
welche  ihr  als  Versteck  dienen.  Diese  Heuschrecken,  sowie  die  son¬ 
derbaren  Nasenheuschrecken  {Tryxalis)  und  die  gemeine  südeuropäische 
Wanderheuschrecke  {Aeridiimi  aegyptiacum)  stellen  das  größte  Kon¬ 
tingent  der  dem  Wanderer  auffallenden  Insekten  weit ;  wie  überhaupt 
die  Heuschrecken  und  Käfer  von  den  wirbellosen  Tieren  wohl  am 
meisten  sich  bemerkbar  machen;  teils  wegen  ihrer  verhältnismäßig 
bedeutenden  Größe,  teils  weil  viele  von  ihnen  bei  Tag  ihrem 
Nahrungserwerb  nachgehen. 

An  den  Mauern  alter  verfallener  arabischer  Häuser  und  auf 
Steinhaufen  finden  wir  mit  großer  Regelmäßigkeit  den  gemeinen 
Ma  u  ergecko,  ***)  Tarentola  mauritaniea^  eine  Eidechse,  die  von 
dieser  Gegend  Nordafrikas  durch  den  Schiffsverkehr  nach  den  Küsteu- 

*)  J.  V.  Fischer  im  Zool.  Garten  XXIX,  1886.  p.  265. 

J.  V.  Fischer  ebenda  XXVIll,  1887.  p.  65. 

***)  J.  V.  Fischer  im  Zool.  Garten  XXVIII,  1887.  p.  118,  178. 


266 


orten  Südfrankreiclis  (Nizza,  Cette  etc.)  und  wohl  auch  nach  Italien 
verschleppt  wurde,  ja  die  sogar  —  wahrscheinlich  durch  dalmatinische 
Fischerbote,  die  an  der  tunesischen  Küste  dem  Sardiueufang  oblagen, 
bis  nach  der  lusel  Lesina  kam,  wo  sie  gegenwärtig  gar  nicht  selten 
ist,  *)  Mit  diesen  an  heißen  Tagen  mit  erstaunlicher  Schnelligkeit 
an  den  Mauern  dahinschießenden  Tieren ,  deren  lebhaftem  Treiben 
niemand  ohne  Vergnügen  und  Interesse  Zusehen  kann,  teilt  die 
uordafrikanische  Pantherkröte,  JBufo  mauritanicus^  den  Aufent¬ 
halt  in  Manerlöchern  und  Steinhaufen.  Diese  Kröte  steht  in 
vieler  Beziehung  ebenso  genau  in  der  Mitte  zwischen  JBufo  vulgaris 
und  viridis^  wie  die  vorhin  erwähnte  Lacerta  pater  zwischen 
L.  ocellata  und  viridis.  Sie  wird  ebenso  groß  wie  die  gemeine 
Kröte,  ist  also  ein  ganz  stattliches  Tier,  und  besitzt  die  Zeich¬ 
nung  des  JB.  viridis  \mi  allerdings  charakteristischen  Abweichungen. 
So  ist  die  Grundfarbe  mehr  braun,  als  grau,  auch  die  Flecken  sind 
olivengrüu  bis  braun  und  namentlich  bei  alten  Exemplaren  dunkler 
gerändert.  Außer  der  gefleckten  Form  gibt  es  auch  eine  einfarbig 
braune,  die  dem  JB.  viägaris  auffallend  ähnlich  ist.  —  Die  Panther¬ 
kröte  **)  ist  überall  auf  dem  Mont  Edough  recht  häufig  und  geht 
auch  bei  Tage  dem  Nahrungserwerb  nach,  nicht  humpelnd  oder 
laufend,  sondern  in  ziemlich  weiten  Sprüngen  sich  bewegend.  In 
Gefangenschaft  ist  sie  ungemein  anspruchslos  und  verträgt  sich  mit 
anderen  Amphibien  und  überhaupt  anderen  Tieren,  die  nicht  viel 
kleiner  sind  als  sie  selbst,  sehr  wohl;  (nach  Mäusen  schnappen  große 
Exemplare  fast  stets);  iu  der  Freiheit  lebt  sie  gar  nicht  selten  mit 
der  Lacerta  pater  oder  mit  der  Kapuzenzornnatter  unter  denselben 
Steinen. 

Unter  großen  Steinen  findet  man  auch,  obwohl  nicht  eben  häufig, 
die  Hufeiseuuatter,  Zamenis  hippocrepis,  die  schönste  Schlange 
Algeriens,  Im  Gegensatz  zu  den  anderen  früher  in  Gefangenschaft 
gehaltenen  und  selbstgefaugeueu  Hufeisennattern  war  ein  ziemlich 
großes  Exemplar,  welches  ich  noch  am  Tage  vor  meiner  Heimreise 
auf  dem  Mont  Edough  fing,  von  außerordentlicher  Bissigkeit  und 
hat  diese  Eigenschaft  bis  heute,  nachdem  sie  schon  einige  Monate  in 
Wien  lebt,  noch  nicht  abgelegt.  Solche  Teinperainentverschieden- 
heiten  konnte  ich  bei  fast  allen  Nattern  sehen,  die  ich  lebend  zu 
beobachten  Gelegenheit  hatte,  und  man  kann  ebensowenig  im  all¬ 
gemeinen  sagen,  daß  die  Katzenschlange,  Schling-,  Pfeil-,  Eidechsen-, 

*)  Möglicherweise  ist  sie  auch  erst  über  Italien  nach  Lesina  gekommen! 

**j  V.  Fischer  ebenda  XXIV  1883.  p.  43. 


207 


Äskulap-,  Leoparden-  oder  Treppenuatter  bissig  seien,*)  als  man 
andererseits  der  Streifennatter,  girondisclien  Natter  und  den  Wasser¬ 
nattern  durchwegs  ein  gutmütiges  Naturell  zuschreiben  darf. 
Daraus  erklären  sich  naturgemäß  die  Kontroversen  v.  Fischers 
und  F  e  0  k  t  i  s  1 0  w  s  über  die  Treppenuatter,  die  ich  umsoweniger 
zu  Gunsten  des*  einen  oder  des  anderen  Forschers  entscheiden  kann, 
als  fast  jedes  neu  in  meinen  Besitz  gelangende  Exemplar  überhaupt  eine 
charakteristische  Temperamentverschiedeuheit  von  den  anderen  auf¬ 
weist.  —  Wenn  man  von  ihrem  Verhalten  in  Gefangenschaft  auf 
das  Freileben  schließen  darf,  so  nährt  sich  die  anmutige,  aber  nicht 
sehr  flinke  Schlange  im  erwachsenen  Zustande  von  Mäusen,  die  sie 
wie  viele  andere,  wenn  auch  nicht  mit  Spaltpupille  versehenen 
Nattern  bei  Nacht  erbeutet. 

Weit  häufiger  ist  bei  Bona  die  Vipern uatter,  welche  mau  au 
allen  Gewässern,  Bächen,  Teichen,  Bewässerungsriunen  etc.  antreffen 
kann  und  welche  von  einer  seltenen  Dreistigkeit  ist.  Ich  konnte 
mehrmals  Vipernnattern  ans  einer  Entfernung  von  nur  1 — 2  dm.  bequem 
betrachten,  ohne  daß  sie  sich  auch  nur  im  mindesten  um  mich  ge¬ 
kümmert  hätten;  sie  lagen,  den  Körper  durch  Ausspreizuug  der 
Rippen  stark  verbreitert,  im  Sonnenschein  und  rührten  sich  nicht 
eher  vom  Fleck,  bis  es  bereits  zu  spät  und  sie  in  meinen  Händen 
waren.  Ganz  dasselbe  habe  ich  auch  bei  ihrer  osteuropäischen  Ver¬ 
wandten,  der  Würfelnatter,  au  den  Ufern  der  Schwechat  in  Baden 
bei  Wien,  wo  sie  sehr  häufig  ist,  beobachtet.  Die  Vipernnatter  ist 

Doch  sind  allerdings  weitaus  die  meisten  Exemplare  der  erwähnten 
Arten  wirklich  bissiger  Natur;  fast  immer  aber  die  Dahlische  Natter, 
Zcmicnis  Dcililii,  und  die  schwarze  Varietät  der  Pfeil natter,  Zamenis  gemo- 
nensis  var.  carhonarius.  Sehr  gutmütige  Exemplare  kommen  vor  bei  der 
Katzenschlange,  Tarlophis  vivax,  und  zwar  gar  nicht  selten;  die  Sand¬ 
schlange,  Eryx  jaculus,  ist  immer  sanften  Naturells  und  beißt  niemals. 
Sehr  viele  Schlangen  wie  z.  B.  alle  meine  Treppennattern  beißen  nui, 
wenn  man  sie  im  Käfig  reizt,  nicht  aber,  wenn  man  sie  herausnimmt  und 
selbst  in  der  Hand  hält  (Ausnahme  natürlich  beim  Fang).  Die  Schling¬ 
natter  beißt  gerade  in  diesem  Falle  sehr  häufig  und  zwar  gewöhnlich  nich  t 
schnappend,  sondern  indem  sie  ganz  ruhig  den  Finger  des  Pflegers  zwischen 
ihre  Kiefer  nimmt  und  ihm  die  sonst  uninerkliche  Bißwunde  durch  seitliches 
Hin-  und  herbewegen  des  Kopfes  gehörig  vergrößert.  Das  Geifern  von  Zamcnis 
gßtnonensis  beim  Angriff  (Brehms  fierleben  HI.  Auflage  1892  p.  286)  habe  ich, 
obwohl  ich  viele  selbst  gefangen  habe,  niemals  gesehen.  Bemerken  will  ich 
noch,  daß  ich  auch  Exemplare  der  sonst  so  ausserordentlich  bissigen  Kreuzotter 
«•esehen  habe,  die  trotz  alles  Beizens  nicht  zum  Beißen  zu  bewegen  waren,  trotz¬ 
dem  ihre  Gesundheit  nichts  zu  wünschen  übrig  ließ. 


268 


wohl  die  langsamste  der  drei  europäischen  Tropidonotas-Arten.  Wenn 
Brehra*)  p.  312  sagt,  daß  man  die  Ringelnatter,  ohne  sich  bedeutend 
anzustrengen,  in  der  Ebene  jederzeit  einholen  könne  (Brehms  Tier¬ 
leben  III.  Aufl.  1892,  VII.  Bd.)  so  gilt  dies  wohl  nur  von  sehr  orroßen 
Exemplaren  oder  von  trächtigen  Weibchen;  kleinere  Exemplare  geben, 
wenigstens  in  nnserer  Gegend,  der  Würfelnatter  an  Schnelligkeit  durch¬ 
aus  nichts  nach  und  von  einem  Nebenhergehen  kann  wohl  in  einem 
Zimmer,  wo  der  glatte  Fußboden  der  Schlange  die  Fortbewegung 
sehr  erschwert,  auf  keinen  Fall  jedoch  im  Freien  die  Rede  sein. 

Au  denselben  Orten  wie  die  erwähnte  Schlange  finden  wir  auch 
zwei  Frösche,  den  Seefrosch,  Hana  esculenfa  var.  ridibunda,  und 
Discoglossus  pictus^  einen  feisten,  flachköpfigeu  und  schön  gezeich¬ 
neten  Frosch  in  großer  Häufigkeit.  Ersterer  entfernt  sich  nicht 
gar  weit  vom  Wasser,  letzterer  hingegen  streift  überall  auf  dem 
Mont  Edough  herum,  wo  sich  Pflanzeuwuchs  befindet  und  dadurch 
der  Boden  etwas  vor  dem  Austrockuen  geschützt  ist. 

Unter  Steinen  findet  mau,  namentlich  am  Ostabhange  des 
Berges,  eine  schöne  Eidechse,  den  Chälcides  ocellcitus  var.  tiligugu^ 
welcher  mit  großer  Schnelligkeit  in  dem  lockeren,  an  Glimmer- 
schüppcheu  reichen  Saude  sich  bewegt  und,  wenn  gefangen,  durch 
heftiges  Herumschlagen  des  aalglatten  Körpers  und  durch  Beißen 
sich  zu  retten  versucht.  **)  Noch  interessanter  ist  die  in  feuchten, 
waldigen  Stellen  dieses  Ostabhanges  nicht  seltene  Süßwasser- 
krabbe,  Thelpliusa  fluviatilis,  welche  oft  weitab  vom  Wasser  eben¬ 
falls  unter  Steinen  lebt  und  beim  ümwenden  derselben  nach  seit¬ 
wärts  laufend  flüchtet.  Das  kleine  Tier  vertheidigt  sich  so  mutig 
und  geschickt  mit  seinen  Scheeren,  daß  mau  ohne  Zuhülfenahme 
einer  Piucette  es  nicht  verhindern  kann,  empfindlich  gekneipt  zu 
weiden.  Jedenfalls  ist  eine  Krabbe  auf  einem  Berge  eine  nicht 
gewöhnliche  Erscheinung. 

Wenn  wir  uns  nach  Süden,  in  die  Ebene  von  Batua  und 
Lambesa  wenden,  wo  das  gewaltige  Auresgebirge  mit  seinen  bereits 

*)  Auch  Lenz  sagt  ebenda  p.  185:  »Keine  Schlange  bewegt  sich  so 
schnell,  dass  inan  nicht,  ohne  zu  laufen,  mit  starken  Schritten  nebenher  gehen 
kann.«  Lenz  hat  zweifellos  keine  südeuropäische  Schlange  im  Freien  beobachtet, 
sonst  hätte  er  diese  Aeußerung  gewiß  nicht  gethan. 

**)  Die  von  v.  Fischer  bei  den  jungen  Exemplaren  beobachtete  Lähmung 
der  Hinterextremitäten  stellte  sich  bei  einem  meiner  Exemplare  ebenfalls  und 
zwar  als  Folge  der  allzu  heftigen  Einwirkung  der  Julisonne  ein;  das  Tier  starb 
noch  am  selben  Tage,  obwohl  es  eine  Stunde  vor  der  Lähmung  noch  ge¬ 
fressen  hatte. 


269 


selir  vegetatioiisarmeu,  eine  deutlich  geschichtete  Struktur  zeigenden 
Felsinasseu  an  die  nahe  Sahara  und  ihre  gänzlich  kahlen,  gelb¬ 
braunen  Berge  gemahnt,  so  finden  wir  noch  sehr  viele  bekannte 
Tierformen  von  der  Küste:  zahlreiche  große  grüne  Eidechsen 
{Lacerta  pater)  sitzen  auf  den  Zweigen  der  vereinzelten  Wacholder¬ 
büsche  und  die  bunten  Pamphagus-Heuschrecken  treten  in  mehreren 
schönen  Arten  recht  häufig  auf;  die  früher  erwähnten  Frösche, 
Kröten,  Eidechsen  und  Schlangen  finden  wir  auch  hier  wieder ; 
außerdem  auch  die  maurische  Landschildkröte,  Testudo  ihera^ 
welche  sich  in  ihrem  Gebahren  und  in  der  Wahl  ihres  Aufenthalts- 
oi'tes  von  der  griechischen  Landschildkröte  nicht  im  mindesten  unter¬ 
scheidet  und  nameutlich  bei  Lambesa  im  Gebüsch  nicht  selten 
herumkriecht.  Große  gelbe  und  braune  Skorpione,  ferner  Skolopender, 
welche  allerdings  die  dalmatinischen  an  Länge  nicht  erreichen,  sind 
die  regelmäßige  Beute  des  Sammlers.  Äußerst  häufig  ist  auch  eine 
Tarantel-Art,  deren  mit  einem  seidenartigen  Gespinnst  ausgekleidete 
Erdlöcher  überall  sichtbar  sind.  Zwei  kleine,  zierliche  Eidechseuarten, 
Ophiops  occidentalis  bei  Batua,  Psammodromus  hlanci  bei  Lambesa 
sind  recht  häufig,  aber  wegen  ihrer  Schnelligkeit  und  ihrer  Geschick¬ 
lichkeit,  sich  im  Steingeröll  und  Wurzelgeflecht  zu  verstecken,  nicht 
leicht  zu  erbeuten;  erst  nach  langer  Mühe  gelingt  es  mekst,  eines 
der  mit  der  steigenden  Tagestemperatur  immer  lebhafter  und  schneller 
werdenden  Tierchen  zu  erhaschen.  In  Gefangenschaft  sind  sie  wohl 
kaum  lauge  Zeit  zu  erhalten. 

Anders  aber  als  au  der  Küste  und  im  Atlasgebiet  ist  der  Ein¬ 
druck,  den  wir  von  der  Tierwelt  der  Sahara  bekommen  ;  denn  wenn 
auch  manche  der  bisher  erwähnten  Arten  bis  in  die  Wüste  Vor¬ 
dringen,  so  sind  es  doch  ganz  andere,  die  uns  dort  vorwiegend 
begegnen  und  von  ihnen  allen  ist  es  die  schwefelgelbe  uordafri- 
kauische  Wanderheuschrecke,  Schistocerea  peregrina^  deren 
riesige  Schwärme  den  Reisenden,  der  mit  der  Bahn  von  Batna  nach 
Biskra  fährt,  schon  etwa  von  El  Kantarah  an  begleiten  und  von  da  an 
das  Interesse  der  Fremden,  die  das  erstemal  das  Schauspiel  eines  Wauder- 
Heuschreckeuzuges  sehen,  in  höchstem  Grade  gefangen  nehmen. 

Niemand  aber,  der  es  nicht  selbst  gesehen,  hält  es  für  möglich, 
daß  die  nur  spärlichen  Pflanzen  wuchs  tragenden  Sauddünen  ein  so 
reiches  Tierleben  beherbergen,  wie  es  thatsächlich  der  Fall  ist. 

Eine  wenigstündige  Exkursion  in  die  östlich  von  Biskra  ge¬ 
legenen  ausgedehnten  Sauddünen  wird  uns  die  gewöhnlichsten  Ver¬ 
treter  der  Wüstenfauna  sehr  bald  vor  Augen  führen. 


270  — 


Obwohl  der  Weg,  wie  schon  bemerkt,  nur  wenige  Stunden  be¬ 
trägt,  so  kann  er  dem  au  Temperaturen  von  mehr  als  50*^  C. 
nicht  gewöhnten  Ausflügler  sehr  unangenehm,  ja  verhängnisvoll 
werden;  da  jedoch  der  Vormittag  und  Mittag  die  geeignetste  Zeit 
ist,  um  die  Tiere  der  Dünenregiou  in  ihrer  vollsten  Lebensthätigkeit 
zu  sehen,  so  muß  man  diese  Zeit  zum  Besuch  wählen.  Anfangs 
fallen  dem  Wanderer  nur  die  zahllosen  Wanderheuschrecken  auf, 
die  kreuz  und  quer  herumfliegeu,  daß  es  einem  bald  vor  den  Augen 
zu  fliininern  beginnt;  auf  dem  Saude  liegen  nicht  weniger  Leichen 
dieser  Heuschrecken,  welche  einer  Unmasse  von  schwarzen  Käfern 
aus  der  Familie  der  Tenebrioniden,  deren  Fußspuren  mau  nebst 
denen  der  Laufkäfer  im  feinen  Sande  eingedrückt  findet,  zur  Nahrung 
dienen.  Diese  unzähligen,  durchwegs  schwarzen,  gerippten,  stacheligen, 
haarigen,  runzligen  oder  glatten,  großen  und  kleinen,  kurz-  und 
langbeinigen  Käfer  gehören  meistens  den  Gattungen  Pimelia,  Adesmia 
und  Erodius  an.  Noch  mehr  in  die  Augen  fallend  sind  große 
schwarze,  kreideweiß  gefleckte  Laufkäfer  {Antliia  sexmaculata),  welche 
unsere  Carabus-Arten  in  der  Sahara  vertreten  und  die  kleinen  zier¬ 
lichen  Graphipterus-Arten,  welche  wieder  mit  unseren  Cicindelen 
viele  Ähnlichkeit  besitzen.  Wenn  diese  Laufkäfer  verfolgt  werden, 
so  eilen  sie  mit  größter  Schnelligkeit  nach  den  stachligen  Ge¬ 
sträuchen  oder  dürren  Stauden,  die  meist  auf  dem  Gipfel  der  Sand¬ 
hügel  wachsen  und  in  deren  Wurzelgeflecht  man  meistens  einen 
oder  mehrere  dieser  schönen  Käfer  finden  kann.  Auf  diesen 
Wüsteupflanzen  sitzen  häufig  große  goldglänzeude  Prachtkäfer, 
Jidodis  albopilosa,  und  wunderbar  gefärbte  und  gezeichnete  Sphin- 
gidenraupen. 

Von  den  Eidechsen  der  Dünenregiou  sind  besonders  dieAcan- 
thodactjlus -Arten,  A.  bosManus,  und  der  viel  häufigere  J..  ^ar- 
dalis  hervorzuheben,  da  man  sie  bei  ihrer  Häufigkeit  jedenfalls  zu 
sehen  bekommt.  Obwohl  die  Färbung  im  allgemeinen  der  des 
Flugsandes  im  höchsten  Grade  angepaßt  ist,  so  daß  man  einen 
Acanthodactylus,  von  dem  man  den  Blick  nur  kurze  Zeit  abwendet, 
mitunter  gänzlich  aus  den  Augen  verlieren  kann,  ohne  daß  er  seine 
Stellung  nur  im  mindesten  verändert  hätte,  so  findet  man  doch 
kaum  zwei  ganz  gleich  gefärbte  und  gezeichnete  Exemplare;  der 
bosJcianus  ist  meistens  gestreift,  der  pardalis  gefleckt,  und  zwar  so 
schwach,  daß  die  Zeichnung  durchaus  nicht  zur  Verräterin  an 
ihrem  Träger  wird;  im  direkten  Gegensatz  zu  der  prachtvoll  ge¬ 
zeichneten  var.  aurolineata  der  Vip er  n  n  a  1 1  er,  die  den  Blick  des 


271 


unaufmerksamsten  Spaziergängers  durcli  ihre  hellgelben  Längsstreifeu 
und  schwarzweißen  Ocellen  auf  sich  zieht. 

Wenn  man  den  kleinen  Eidechsen,  deren  Dasein  eigentlich  nur 
durch  ihre  Bewegungen  verraten  wird,  da  man  sie  selbst  weder 
sieht,  noch  in  dem  feinen,  weichen  Sande  laufen  hört,*)  in  der  stillen, 
von  der  Sonne  durchglühten  Sahara  begegnet,  so  glaubt  man  es  mit 
kleinen  Gespenstern  zu  thun  zu  haben  —  Gespenster,  die  den 
sammelnden  Herpetologen  durch  ihre  plötzlichen  Seitensprünge,  das 
Laufen  im  Zickzack  und  besonders  dadurch,  daß  sie  beständig  den¬ 
selben  Weg  von  einem  Busch  zum  andern  geräuschlos  hin-  und  Zu¬ 
rückläufen,  geradezu  zur  Verzweiflung  bringen.  Je  hitziger  der  \ei- 
folo’er  wird,  desto  unvermuteter  werden  die  Wendungen,  desto  schneller 
wird  der  Lauf  der  Eidechse;  es  ist  kaum  möglich,  ihr  den  Weg  ab- 
zuschneideu,  auch  auf  größere  Entfernungen  hin  und  häufig  endet 
die  Jagd  damit,  daß  der  Verfolger  der  Länge  nach  über  einen  Hügel 
stolpert  und  sich  noch  lange  die  Nase  und  Augen  von  Sand  und  die 
Hände  von  den  Dornen  befreien  muß,  während  die  Eidechse  sich  schon 
wieder  von  ihrem  Schrecken  erholt  hat.  Bei  einei  solchen  Gelegenheit 
fiel  ich  einmal  auf  einen  großen  gelbbraunen  Buthus,  ohne  daß  wir 
einander  etwas  zuleide  gethan  hätten.  Diese  liesigen,  bis  12  cm 
langen  Skorpione  sind  in  der  Sahara  nicht  selten  und  verraten  ihre 
Wohnungen  unter  großen  flachen  Steinen  in  der  Regel  durch  die 
großen  Eingangsöffuungen. 

Mein  arabischer  Führer  hatte  eine  vortreffliche  Methode,  die  in 
den  Sand  sich  verkriechenden  Acauthodactylus  zu  fangen.  Er  merkte 
sich  ungefähr  die  Stelle,  wo  die  Eidechse  unteigetaucht  war  und  be 
arbeitete  sie  längere  Zeit  kräftig  mit  einem  Stock.  Dann  läunite 
er  den  Sand  weg  und  nach  einigem  Suchen  fanden  wir  regelmäßig 
den  gänzlich  besinnungslosen  oder  wenigstens  sehr  mürbe  gewordenen 
Sandbewohner.  Auf  diese  Weise  habe  ich  die  meisten  meiner 
Exemplare  unbeschädigt  und  noch  ganz  lebensfähig  erhalten. 

Von  kleineren  Tieren  sind  noch  zahlreiche  hellgraue  Rollasselu 
und  sonderbare  grosse,  breite  Heuschrecken,  Ereniohia  cisti,  zu  er¬ 
wähnen;  ich  will  nur  noch  den  beiden  großen  und  lecht  häufigen 
Saharaeidechsen,  dem  Uromastix  acanthinurus'^'^)  und  Varemus  griseus 
einige  Worte  widmen,  obwohl  ersterer  von  v.  Fischer  und 

*)  Die  Spuren  ihrer  Zehen  und  Schwänze  sieht  man  allenthalben  im 
Flugsand  eingedrückt. 

V.  Fischer,  Zool.  Garten  XXVI.  1885  p.  269,  XXVII.  1886  p.  146, 
XXIX.  1888  p.  97.  Feoktistow  ebenda  XXVII.  1886  p.  340. 


272 


Peoktistow  bereits  eingehend  und  trefflich  beschrieben  wurde. 
Meine  Exemplare  haben  die  lange  Reise  nach  Wien  ohne  Schaden 
Überstunden  und  boten  mir  Gelegenheit  zu  folgenden  Beobachtungen. 

Dals  sie  geradezu  unglaubliche  Hitzegrade  nicht  nur  ohne  Schaden 
aushalten  können,  sondern  sich  dabei  äußerst  wohl  befinden,  habe 
ich  oft  genug  beobachtet:  sie  rumpeln  daun  äußerst  lebhaft  in  ihrem 
Käfig  herum,  laufen  trotz  ihrer  anscheinenden  Plumpheit  recht  schnell 
und  klettern  sehr  geschickt.  Bei  gewöhnlicher  Zimmertemperatur 
werden  sie  auch  im  Hochsommer  etwas  träger,  bei  Temperaturen 
von  unter  10 — 15®  C.  aber  laufen  sie  schon  sehr  wenig  herum  und 
schlafen  tagelang  hindurch  ;  dies  war  auch  auf  der  Reise,  während 
welcher  häufig  kaltes,  regnerisches  W.etter  herrschte,  der  Fall.  Bei 
ordentlicher  Heizung,  bei  der  die  Tiere  so  heiß  werden,  daß  mau 
sie  kaum  berühren  kann,  entwickeln  sie  einen  großen  Appetit;  und  zwar 
verschmähen  sie  fast  alle  getrockneten  Pfiauzen  (bis  auf  Rotklee), 
fressen  dagegen  mit  Gier  die  Blütenköpfcheu  der  Rotkleearten,  des 
Luzerneklees  und  der  Astragalus- Arten ,  weniger  gern  hingegen 
Wicken  und  Kamillenblüten.  Alle  anderen  Pflanzen,  die  ich  ihnen 
bisher  versuchsweise  gab,  bissen  sie  zwar  an,  wendeten  sich  jedoch 
sofort  ab,  ohne  sie  weiter  zu  berühren,  oder  verzehrten  nur  sehr 
wenig  davon.  Wenn  sie  schon  von  anderen  Pflanzen  genug  hatten, 
konnten  sie  noch  immer  Rotklee-,  Luzern-  oder  Astragalus-Köpfcheu 
fressen.  Die  Blüten  waren  ihnen  das  liebste,  doch  fraßen  sie  auch 
Blätter  und  Stengel,  wenn  sie  nichts  anderes  hatten.  Ihre  Vor¬ 
liebe  für  Papilionaceen  ist  durch  das  häufige  Vorkommen  solcher 
in  der  von  ihnen  bewohnten  steinigen  Sahara  wohl  genügend  erklärt. 
Ich  bin  fortwährend  damit  beschäftigt,  sie  mit  verschiedenen  Pflanzen 
zu  füttern,  obwohl  sie  bisher  nahezu  nichts  anderes  als  Papilionaceen 
fressen  wollten.  Meine  Exemplare  trinken  niemals,  sind  nicht  im 
geringsten  bissig  und  überhaupt  äußerst  liebenswürdige  Gefangene, 
die  das  Futter  ohne  Furcht  aus  der  Hand  fressen.  Über  den 

Wüsten  war  an,  welchen  meine  Schwester  in  ihre  besondere  Obhut 
genommen  hat,  wird  sie  wohl  selbst  berichten,  ich  will  daher  nur 
erwähnen,  daß  der  Wüsten waran,  Varanus  griseus,  südlich  von  Bis- 
kra  nicht  eben  selten  ist,  daß  ich  aber  über  sein  Freileben  wegen 
der  kurzen  Zeit,  welche  ich  in  Biskra  verbrachte,  nicht  viel  mehr 
erfahren  konnte,  als  daß  er  im  Gegensätze  zu  Uromastix  im  Saude  lebt 
und  sich  von  Saudeidechseu,  Skorpionen  und  kleinen  Nagern  ernährt. 
Daß  seine  Schnelligkeit  im  Laufen  ebenso  bewunderungswürdig  ist  als 
seine  Gewandtheit  im  Springen,  ja  auch  im  Klettern,  daß  seine 


273 


Bissigkeit,  wenn  auch  uiclit  sehr  gefiirclitet,  doch  die  Araber  zu 
einer  sehr  respektvollen  Behandliuig  der  gefangenen  Exemplare  ver¬ 
anlaßt  (sie  werden  immer  am  Halse  festgehalten  und  so  getragen, 
wobei  der  kräftige  und  schwere  Körper  fast  regungslos  herabhängt) 
will  ich  noch  erwähnen.  Von  den  zwei  mitgebrachteu  Exemplaren 
starb  eines  infolge  einer  Verwundung  bald  nach  seiner  Ankunft  in 
Wien,  das  größere  lebt  noch  und  ist  von  unverminderter  Bösartig¬ 
keit  und  Lebhaftigkeit. 


lieber  den  Nesterban  gefangener  Vögel. 

Von  Eduard  Rüdiger. 

Ob  die  angeborene  Kunstfertigkeit  im  Nestbau  durch  längere 
Gefangenschaft  wirklich  mehr  oder  weniger,  dem  Vogel  selbst  unbe¬ 
wußt,  eingebüßt  wird,  oder  ob  dieser  im  Vollgefühl  eines  allseitigen 
Meusclienschutzes  nicht  für  nötig  hält,  in  seine  überwachten  Bauten 
fortdauernd  die  Eigenschaften  zu  legen,  welche  den  Einflüssen  der 
freien  Natur  gegenüber  geradezu  zwingende  gewesen  wären? 

Der  wahrscheinlichen  Ursachen,  welclie  den  gefangenen  Vogel 
einzeln  oder  zusammenwirkend*  behindern,  uns  ausnahmslos  die  freie 
Eutfaltuug  seiner  individuellen  Kunstthätigkeit  bewundern  zu  lassen, 
sind  wohl  vier.  Erstens  sind  wir  außer  Stande,  irgend  einem  Vogel 
eine  nichts  zu  wünsclien  übrig  lassende,  durch  und  durch  natur 
gemäße  Fütterung  angedeihen  zu  lassen,  welche  ihn  zum  vollen, 
beständigen  Gefühle  des  Wohlbehagens  und  den  sich  daraus  erge¬ 
benden  Äußerungen  des  Fortpflanzungsgeschäftes  unbedingt  fähig 
machte.  Wenn  wir  auch  in  den  meisten  Fällen  annähernd  oder 
sogar  ziemlich  sicher  wissen,  welcher  Nahrungsmittel  ein  bestimmter 
Vogel  bedarf  und  wie  er  sie  erlangt,  so  wird  uns  doch  niemand 
zweifellos  überzeugen  können,  ob  nicht  gerade  doch  die  Stoffe  fort¬ 
blieben  ,  welche  weniger  zur  Erhaltung  eines  schon  bestehenden 
Lebens  als  vielmehr  zur  artlichen  Fortpflanzuugsanreizung  und  Er¬ 
weckung  der  Zeuguugstüchtigkeit  gehören  oder  notwendig  sind; 
denn  was  im  Freileben  unter  naturgemäßer  Selbstwahl  die  Regel, 
wird  in  der  Gefangenschaft  zur  Ausnahme:  das  Brutgeschäft.  — 
Selten  dürfte  jemand  gleich  mir  in  der  Lage  sein,  im  praktischen 
Gebrauch  eine  solche,  namentlich  Körnerfressern  gegenüber  außer¬ 
ordentliche  Reichhaltigkeit  der  Futterstoffe  aufweisen  zu  können. 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXIII,  1892.  18 


274 


Neben  fast  sämtlichen  im  Handel  vorkommenden  Sämereien  ernte 
nnd  füttere  ich  schon  seit  Jahren  gegen  20  nirgends  käuflich  zu 
habende  ünkraiitgesäme,  aber  trotzdem  bleiben  meine  Zuchtergebnisse 
mit  wilden  deutschen  Vögeln  bei  aller  Aufmerksamkeit  und  sach¬ 
gemäßer  Pflege  kaum  nennenswert. 

Ferner  auch  angenommen,  die  Fütterung  wäre  in  Ordnung,  so 
ist  ja  jeder  Vogel  sein  eigenster  Baumeister,  uud  wie  im  Menschen- 
dasein  der  Erbauer  eines  soliden  Heims  Mühe  und  Not  hat,  bis  er 
Stein  zu  Stein  gefügt,  so  findet  auch  kein  Spatz,  was  er  zum  Nest¬ 
gefüge  benötigt,  durch  einen  Glücksfall  so  zurecht  gelegt,  daß  er 
es  nur  in  seinen  Schnabel  zu  nehmen  und  davon  zu  tragen  brauchte. 
Mögen  wir  noch  so  fleißig  allüberall  zusammen  lesen,  der  Vogel  mit 
seinem  praktischen  Kennerblick  würd  uns  als  Dank  Einseitigkeit 
zum  Vorwurf  machen.  Einen  Ausweg  gibt  es  zwar  hier.  Wie 
ein  Fink  baut,  so  bauen  alle  Finken  au  allen  Orten  das  nämliche 
Nest,  und  das  wertbefundeue  Material  des  einen  hat  deshalb  ein 
vollgültiges  Zeugnis  für  seine  Brauchbarkeit  in  allen  Verhältnissen. 
Man  sollte  daher,  wenn  sie  zu  erlangen  sind,  fertige  Nester  ohne 

Gelege  der  gleichen  freien  Arten  in  ihre  Bestandteile  auflösen  und 

* 

diese  den  Gefangenen  bieten,  um  sich  zu  dem  Glauben  berechtigt 
zu  fühlen,  daß  es  an  rechten  Niststoffen  keineswegs  liegt,  wenn  sich 
jede  Hoffnung  auf  selbstgezüchteteu  Zuw^achs  unserer  Vogelstube  als 
trügerisch  erweist.  Wohl  wird  ausnahmsweise  auch  mit  geringen 
Mitteln  Unglaubliches  geleistet,  jedoch  nur  dem  im  Freien  gefun¬ 
denen  Neste  können  wir  den  unbedingt  in  die  Augen  fallenden 
Vorzug  zugestehen,  daß  es  in  richtigster  Inbetrachtnahme  aller  Ver¬ 
hältnisse  als  mustergültiges  Kunstwerk  uns  entzückt.  Bleibt  der 
sogenannte  Instinkt  draußen,  wenn  sich  die  Thür  hinter  dem 
gefiederten  Gefangenen  schließt? 

Drittens:  Es  ist  längst  bekannt,  daß  sich  kein  Geschöpf  den 
gegebenen  Umständen  so  schnell  anzufügen  versteht,  wie  der  zarte 
Vogel.  Wir  werden  keinem  einzigen  eine  Nistgelegenheit  bieten 
können,  wie  er  sie  sich  selbst  ausgesucht  haben  würde,  wenn  die 
goldene  Freiheit  ihre  Schwingen  über  ihm  hielte.  Es  ist  deshalb 
billig,  daß  wir  uns  über  jeden  Nisterfolg,  der  anscheinend  unser 
Verdienst  ist,  freuen  und  wundern.  Was  ist’s  auch,  das  wir  dar¬ 
bieten?  Ein  Zimmer,  wenu’s  hoch  kommt,  mit  allerlei  praktisch 
sein  sollenden  Nistkästchen,  Harzerbauerchen,  mit  Fichtenbäumchen 
und  Baumzweigen.  Die  Wände  schützen  vor  gefiederten  und  vier¬ 
beinigen  Räubern  uud  halten  Sturm  uud  Regen  fern.  Aber  das 


275 


wesentlichste  vermögen  wir  doch  nicht  zu  bieteu :  das  verborgene 
Heiligtlium  unter  dem  Leben  ausströnienden  schützenden  Blätterdache 
und  blauen  Himmel  und  Sonnenschein  darüber  mit  ihren  stündlich 
tief  eingreifenden  recht  äußerlichen  Wirkungen.  Wodurch  ver¬ 
blassen  denn  fast  alle  lebhaften  Farben  des  Gefieders? 

Wir  sind  auch  wohl  nimmer  so  vermessen,  zu  behaupten,  der 
wilde  Vogel  erkenne  in  uns  nur  seine  Freunde  an.  Im  Gegenteil, 
er  fürchtet  in  uns  den  kein  Gesetz  über  sich  wollenden  Herrn  der 
Welt.  Wo  auch  immer  in  der  Natur  wir  mit  ihm  in  Berührung 
kommen,  stets  zieht  er  sich  gerade  vor  uns  instinktiv  hurtiger 
zurück  als  vor  allen  anderen  bewegungsfähigen  Gestalten.  Und  zu 
keiner  Zeit  ist  der  Vogel  auch  im  Freien  mißtrauischer  und  vor¬ 
sichtiger,  als  wenn  er  Elternpflichten  ausübt. 

Nicht  zu  unterschätzen  ist  bei  einem  Verhältnis  zur  gefiederten 
Welt  das  überlegene  sichere  Auge  des  Menschen,  welches  gerade 
im  beschränkten  Horizonte  der  Vogelstube  zur  vollsten  Geltung 
kommt.  Gesetzt  auch,  wir  vermöchten  einem  Vogel  im  Zimmer 
irgend  ein  Plätzchen  anzuweisen,  das  denselben  beim  Bauen  und 
Brüten  vor  unseren  neugierigen  und  unwillkürlichen  Blicken  schützte, 
wir  sind  seinen  Augen,  ohne  daß  wir  es  ahnen,  stets  preisgegeben 
und  bringen  ihm  somit  fortwährende  Beängstigungen.  Ein  erfolg¬ 
reiches  Brutgeschäft  bedingt  Sicherheit  und  Ruhe,  und  solche  findet 
ein  Vogel  nicht  an  einem  ihm  zugewiesenen  Platze,  sondern  lediglich 
im  Gefolge  einer  mit  vollster  Überlegung  vollzogenen  Selbstwahl. 

Auch  jedes  Vogelpaar,  selbst  das  iriedliebendste,  muß  viertens 
ein  Gebiet  haben ,  in  dem  es  unbestreitbare  Hoheitsrechte  besitzt, 
gleichsam  einen  Grund  und  Boden  als  seine  eigenste  Domäne  zur 
Belustigung  und  zur  Ernährung.  Sei  dieser  Bezirk  auch  noch  so 
klein,  immer  ist  er  größer,  als  wir  ihn  in  Zimmern  und  Kämmerchen 
bieten  können. 

Wir  wähnen  ein  Reich  des  Friedens  zu  begründen,  wenn  wir, 
auf  einigen  Erfahrungen  fußend,  unsere  Stuben  mit  ähnlich  ge- 
eigenschafteten  Arten  bevölkern.  Und  doch  wie  unberechenbar 
ist  in  der  That  auch  der  Vogelcharakter  iu  der  erregtesten  Zeit 
seines  Lebens,  in  der  Hochzeit!  Gerade  wie  des  Menschen  Indivi¬ 
dualität  und  Naturell  in  plötzlich  veränderten  Verhältnissen  einen 
Charakter  zeigt,  der  uns  irre  führt,  weil  wir  in  einer  Seele  falsch 
gelesen  und  ein  liebgewonnenes  Bild  unmöglich  festhalten  können, 
so  ist  auch  der  harmlose  Vogel  nicht  wiederzuerkennen;  er  wird 
zänkisch,  ; neidisch,  mutig,  listig,  schädlich,  wenn  er  im  Begriff 


276 


steht,  sich  häuslich  einzurichten  und  ihm  dabei  abwechselnd  Freund 
oder  Feind  wider  Willen  auf  den  Leib  rücken.  Deshalb  ist  es 
sicher,  ein  großer  Teil  der  Schuld  bei  mißglückenden  Nistversucheu 
fällt  auf  Rechnung  einer  gewaltthätigen  Geuossenschaftsbegründung 
in  einem  unzureichenden  Raume  und  wir  werden  nach  dieser  Seite 
hin  trotz  aller  Beobachtung  und  allen  Schadens  niemals  auslernen. 

Zum  Studium  der  Frage  habe  ich  jahrelang  in  einem  selir 
großen  Flugbauer  mit  allerlei  der  Natur  nachgeahmten  Nistgelegen¬ 
heiten  ein  aufgezogenes  Buchfinkenweibchen  und  einen  wilden, 
sehr  schönen  und  namentlich  regelmäßig  sehr  ehelustigen  Buch- 
fiukenhahn  gehalten.  Selbst  das  Material  von  verlassenen,  in  der 
Freiheit  gebauten  Nestern  dieser  Art  wurde  öfters  geboten.  Ver¬ 
gebens.  Das  allerdings  oft  auch  nistlustige  Weibchen  wählte  von 
allen  Örtlichkeiten  stets  mit  bedauerlichem  Unverstand  die  aller¬ 
unpassendste,  einen  weiten,  allbekannten  sogenannten  Harzer  Bauer 
nämlich,  dessen  Boden  unermüdlich  zwar,  aber  vergeblich  mit 
einzelnen  Gräsern  belegt  wurde.  Wenn  dort  ein  Dutzend  Halme 
lag,  versuchte  das  Weibchen  in  der  Regel  bereits  seine  Kunst  und 
nach  wenigen  Drehungen  lag  das  Material,  unabsichtlich  über  Bord 
geworfen,  wieder  am  Boden  des  Flugkäfigs  und  die  Mühe  begann 
von  neuem.  Ersichtlich  groß  war  die  Freude,  als  ich  einmal  das 
ganze  Bauerchen  mit  Moos  locker  halbvoll  ausstopfte.  Da  zirkelte 
sich  das  Vögelchen  gar  emsig  seine  Rundung,  aber  schließlich  wurde 
mit  jedem  Abflug  auch  diesmal  das  Material  wieder  absichtslos 
hinausgeschafft,  und  kaum  einige  Stunden  währte  es,  so  war  das 
Bauerchen  wieder  völlig  eben  so  leer  als  vorher  und  einzelne  Halme 
wurden  auch  nunmehr  wieder  unermüdlich  herbeigeschafft.  Übrigens 
habe  ich  doch  me  ein  verlorenes  Ei  oder  Teile  desselben  finden  können. 

Den  nämlichen  Käfig  erhielt  später  eine  ganze  Gesellschaft  ver¬ 
schiedener  Finkenarten  in  richtigen  Paaren,  Es  dauerte  nicht  lauge, 
so  brüteten  Blutfiukeu  in  einem  von  außen  angehäugten  Nist¬ 
kästchen  und  zwar  in  einem  selbstgemachten  Napfe,  bestehend  bloß 
aus  frischen  Gräsern.  Über  ihnen,  in  einem  genau  gleichen  Käst¬ 
chen,  hatten  sich  alte  Zeisige  eingerichtet.  Das  Weibchen  trug 
dorthin  in  seinem  Schnabel  Moosballen,  so  groß,  wie  sein  eigener 
kleiner  Körper,  und  brachte  überhaupt  ohne  Eingriff  der  Menschen¬ 
hand  ein  Nest  zustande,  das  schwerlich  einem  solchen  aus  der 
Freiheit  viel  nachgestanden  haben  mag.  Damals  war  es  mein  Zweck, 
Junge  zu  erziehen,  und  es  ist  mir  das  auch  als  einem  der  ersten 
gelungen,  wie  ich  seiner  Zeit  in  verschiedenen  Blättern  ausführlich 


277 


berichtete.  Ja  sogar  Junge  von  den  Jungen  zog  ich  damals,  die 
heute  noch  in  Sniritus  meinen  Schreibtisch  zieren,  weil  ein  allezeit 
zerstörnngslustiger  Stieglitz  die  kleinen  Tierchen  anf  den  Käfigbodeu 
heruntergeworfeii  hatte,  wo  sie  natürlich  tot  gefunden  wurden. 

Vor  einigen  Jahren  nun  habe  ich  der  Biergewinnung  wegen  — 
sie  kosten  in  allen  Naturalienhandlungen  meistens  2  Mark  das  Stück  — 
eine  größere  Zeisigzucht  oder  eigentlich  Zeisigleganstalt  in  4  Käfigen 
eingerichtet.  Die  Vögel  waren  sämtlich  Junibrut  1887  und  kurz 
nach  dem  Ausfiiegen  gefangen  und  in  meinen  Besitz  gekommen,  in 
den  Geschlechtern  also  noch  nicht  unterscheidbar. 

Paar  I  bewohnt  den  großen  Plugkäfig,  in  welchem  früher  die 
Buchfinken  hausten.  Auch  dieses  Weibchen  verliebte  sich  sonder¬ 
barerweise  in  das  noch  dort  befindliche  Harzer  Bauerchen  und  trug 
ebenfalls  einzelne  Halme  und  Würzelchen  dorthin,  weshalb  ich  es 
sofort  entfernte.  Nunmehr  entschloß  es  sich,  jenen  Nistkasten  zu 
beziehen,  in  dem  auch  vor  Jahren  seine  Art  gelebt,  geliebt  und  sich 
vermehrt  hatte.  Hierhin  trug  das  Tierchen  unermüdlich  tagelang  halb¬ 
trockene  Tannennadeln.  Das  ging  mir  zu  langsam,  denn  das  Weibchen 
erschien  sehr  brütelustig.  Da  machte  ich  aus  Moos  ein  schönes  Nest 
im  Kästchen  zurecht.  Dies  wurde  sofort  angenommen  und  nun 
hatte  der  Vogel  für  nichts  mehr  Sinn,  als  alle  erreichbaren  Charpie- 
fäden  einzusammeln  und,  so  viele  der  Schnabel  auf  einmal  fassen 
mochte,  einzutragen.  Dies  geschah  am  26.  Mai  1888  nachmittags. 
Bereits  am  27.  morgens  lag  ein  Ei  im  Neste,  welches  mitten  im  Moos 
nur  aus  Charpie  einen  reizenden  kugelrunden  Napf  hatte.  Nur  auf 
Eiergewiun  erpicht  und  durch  frühere  Erfahrungen  gewitzigt,  nahm 
ich  das  Ei  sofort  an  mich.  Am  28.  Mai  hatte  ich  das  zweite  Ei,  am 
29.  Mai  setzte  der  Vogel  aus,  und  da  er  inzwischen  seinen  Napf  mit 
neuem  Material  weiter  ausbaute,  schien  er  auzunehmen,  daß  noch 
kein  Ei  dagewesen.  Am  30.  Mai  lag  das  dritte  Ei  im  Neste,  aber 
schon  halb  verborgen,  so  daß  ich  beabsichtigte,  es  später  herauszu- 
nehmen ;  als  dies  aber  geschehen  sollte,  fand  es  sich  anscheinend 
nicht  mehr  vor  und  ich  war  genötigt,  den  Kasten  abzuhängen,  um 
nachzuforschen.  Bei  der  Gelegenheit  fiel  es  leider,  im  Moos  ver¬ 
borgen,  zur  Erde  und  zerbrach.  Das  jetzt  etwas  zerzauste  Nest 
wurde  sofort  vom  Weibchen  wieder  zurecht  gemacht  und  abends 
bezogen,  aber  trotzdem  lag  am  31.  Mai  morgens  6  Uhr  das  vierte 
Ei  zerschellt  am  Käfigboden  und  das  Tierchen  saß  darüber  auf 
einem  Tannenzweiglein.  Ganz  sicher  weiß  der  Vogel  voraus,  wann 
er  legen  wird. 


278 


Am  30.  Juni  begann  das  Weibchen  an  der  nämlichen  Stelle, 
aber  ohne  jegliche  Unterstüt/ung  meiuerseits,  den  Bau  des  zweiten 
Nestes,  zu  dem  die  denkbar  vielartigsten  Stoffe,  Moos,  Papier, 
Schweinshaare,  Wildgras,  Charpie,  trockene  Birkenblätter  mühsam 
zusammengeholt  wurden.  Der  ganze  innere  Napf  bestand  aus 
Wellen-  und  Nymphensittigfederchen,  welche  Arten  gerade  stark  in 
der  Mauser  waren  und  mit  jedem  Flügelschlage  ihren  willkommeneu 
Ausfall  in  tiefer  stehende  Käfige  trieben.  Genug,  dieses  Nest  geriet 
meisterhaft,  aber  demgemäß  auch  laugsani,  so  daß  ich  am  3.  Juli 
morgens  G  Uhr  ein  reifes,  jedoch  gegen  die  früheren  bedeutend 
schwächeres  und  wunderbarerweise  völlig  unverletztes  Ei  auf  dem 
Käfigbodeu  vorfaud,  während  gleichzeitig  das  Weibchen  selbst  durch 
lautes  Piepen  sein  Sitzen  im  Neste  verriet.  Dieses  Piepen  wurde 
auch  immer  lauter  und  schneller,  wahrscheinlich  war  es  eine  Eiu- 
ladung  au  den  Herrn  Gemahl,  denn  kaum  war  es  auf  ein  Stäugel- 
cheu  abgefiogen  und  hatte  dort  mit  zitternden  Flügelschlägen  be¬ 
gehrlich  Platz  geuommen,  begriff*  auch  sofort  das  Männchen,  was 
ihm  zugemutet  wurde.  Die  Begattung  war  beiderseits  sehr  energisch 
lind  nach  derselben  saßen  beide  Vögel  dicht  uebeueiuauder,  sich 
starr  anseheud,  aber  wie  leblos,  wohl  eine  Minute  lang. 

Als  das  Weibchen  am  4.  Juli  morgens  gegen  7  Uhr  abflog, 
lag  ein  tadelloses  Ei  im  Neste,  aber  eine  Begattung  fand  nicht  noch 
einmal  statt,  nur  ein  leises  Piepen.  Am  5.  Juli  zweites  Ei.  Am 
(5.  Juli  morgens  um  6  Uhr  saß  das  Weibchen  am  Futteruapfe  und 
fraß,  und  noch  war  kein  Ei  dazugekommeii.  Um  ^/2  7  Uhr  saß  es 
aber  wieder  piepend  im  Neste,  und  als  es  dort  gegen  7  Uhr  abflog, 
war  das  dritte  Ei  gelegt. 

Außer  zum  Legen  war  das  Weibchen  bisher  nicht  im  Neste, 
das  Brutgeschäft  begann  vielmehr  erst  jetzt  auf  drei  Eiern  und 
zwar  so  hingebend,  daß  höchst  selten,  regelmäßig  etwa  alle  6  Stunden 
zum  Futter,  Wasser  und  Salat  geflogen  wurde.  Am  7.  Juli  entnahm 
ich  die  drei  Eier  für  meine  Sammlung  und  am  13.  Juli  lag  ein  Ei 
—  das  nunmehr  neunte  —  im  nämlichen  Neste.  Das  Zeisig¬ 
männchen  hat  sich  niemals  am  Bauen  beteiligt,  auch  das  Weibchen 
auf  dem  Neste  nie  gefüttert.  Das  Gelege  besteht  in  der  Regel  aus 
4  Eiern  (bei  mir  5  mal  zwei  Bruten  mit  38  Stück  und  2  verun¬ 
glückt),  die  ebenso  regelmäßig  täglich  morgens  zwischen  6 — 7  Uhr 
abgelegt  werden. 


279 


Aphorismen  über  Telraoiieii. 

Von  Baron  A.  von  Krüdener. 


Individuelle  inid  kliuiatisch-lokale  Abweicliuugen  vom  typisclieu 
Beueliiiieii  sowohl  als  auch  vom  ganzen  Habitus  finden  wir  bei  deu 
meisten  Tieren.  Ich  wenigstens  brauche  nur  deu  »Brehm«  oder  ein 
anderes  biologisches  Werk  anfzuschlageu,  um  sofort  zu  denken: 
»Sehr  richtig,  aber  .  .  oder:  »ja,  wenn  aber«  u.  s.  w.  Alle 
Abnormitäten  und  Anomalien  auch  nur  einer  Gattung  zusammen¬ 
zustellen,  wird  selbst  dem  aufmerksamsten  Mouographisten  nie 
gelingen.  Wir  müssen  uns  oft  damit  begnügen,  die  Ursachen 
solcher  Abweichungen  vom  inneren  wie  äußerlichen  Normalcharakter 
nachzuweisen.  Und  solche  immer  wieder  Ergänzungen  heischenden 
Lücken  wirken  darin  förderlich,  daß  sie  zu  erneuten  Forschungen 
an spornen. 

Es  sei  mir  heute  vergönnt,  mich  mit  einigen  Sonderbarkeiten 
ausschließlich  der  Waldhühner  zu  beschäftigen,  wie  ich  solche  auf 
meinen  zahlreichen  forstlichen  und  jagdlichen  Waldgängeu  in  wild¬ 
reicher  Gegend  häufig  zu  beobachten  Gelegenheit  fand. 

Eigene  Irrtümer  oder  die  anderer  zurechtzustellen,  dazu  dünkt 
es  mich  nie  zu  spät.  Im  Heft  No.  4  und  5  des  »Zool.  Gartens« 
1887  sprach  ich  einige  Zweifel  aus  au  der  Richtigkeit  einer  von 
V,  von  Tschusi  zu  Schmidhoffen  wiederholten  Angabe  Barths, 
der  zufolge  die  M  o  o  r  s  c  h  n  ee  h  ü  h  u  e  r  in  Norwegen  sich  auf 
Bäume  setzen.  Mir  erschien  solches  Gebühren  dieser  hier  nur  auf 
dem  Erdboden  sich  bewegenden  Hühner  unglaublich,  denn  niemals 
hatte  ich  die  Möglichkeit  des  Baumens  ernstlich  in  Erwägung 
o-ezoo-en.  Wenn  ich  mich  nun  trotzdem  im  Irrtum  befand  mit 
meinem  Zweifel,  so  beweist  dies  nur,  daß  man  die  Lebensgewonn- 
heiten  eines  Tieres  niemals  ganz  auskeunen  kann,  auch  wenn  man 
sich  aufs  gründlichste  mit  seinen  Charaktereigentümlicbkeiteu  beläßt 
zu  haben  vermeint,  was  ich  schon  zu  Anfang  betonte.  Der 
kollegialisch-aushelfeuden  Unterstützung  des  hochgeschätzten  Mit¬ 
arbeiters  dieses  Blattes,  des  Herrn  Dr.  W  u  r  m  -  Teinach  ,  verdanke 
ich  folgenden  Passus  aus  »L.  Lloyd,  the  game  Birds  and  wild 
Fowl  of  Sweden  and  Norway,  1867«,  den  ich  wörtlich  übersetzt  habe: 

»Das  Dal-Ripa  {Lagopus  albus)  bäumt  oft,  eine  Thatsache, 
welche  manche  Leute  in  Skandinavien  zu  bezweifeln  scheinen ; 
jedoch,  ohne  behaupten  zu  wollen,  daß  ich  selbst  oft  Augenzeuge 


280 


davon  gewesen,  gibt  es  reichliche  Beweise  dafür.  M.  Genberg  aus 
Robertsforss  bei  Uineä  fährt  folgendermaßen  in  seinem  Bericht  fort, 
nachdem  er  vorausgeschickt,  daß  Dal-Ripa  im  Winter  gewöhnlich 
in  dichten  Birken-  und  Fichtenwäldern  sich  aufhält:  »Zuweilen  aber, 
bei  harter  Kälte,  unternehmen  diese  Vögel  Exkursionen  in  das 
offenere  Land,  und  man  erblickt  sie  dann  auf  den  oberen  Ästen  der 
Birken  sitzend ,  wie  sie  Knospen  pflücken«.  Der  Rev.  Conrad 
Grönland  schreibt  aus  Gickjock  in  .  Lappland,  daß  während  der 
Paruugszeit  der  Hahn  oft  auf  den  Spitzen  hoher  Fichten  oder 
schottischer  Kiefern  (?)  sitzt,  wahrscheinlich  um  besser  nach  etwaigen 
Rivalen  ausschauen  zu  können.  —  Das  am  meisten  entscheidende 
Zeugnis  vernehmen  wir  von  M.  Barth,  welcher  sich  wie  folgt 
ausdrückt:  »Von  Mitte  April  hauptsächlich  sitzen  die  Schneehühner 
(Dal-Ripa),  welche  um  Mittagszeit  sich  meistens  auf  dem  Erdboden 
aufhalten,  am  Vor-  und  Nachmittag  auf  Bäumen,  besonders  wenn 
das  Wetter  milde  ist  uud  die  Sonne  scheint.  Man  kann  alsdann 
die  Dal-Ripa  in  großer  Anzahl,  bis  zu  200  Stück,  beisammen  sehen, 
wie  sie  auf  den  Birken wipfeln  sitzen,  wobei  ihre  weißen  leuchtenden 
Körper  sich  prächtig  abheben:  ein  herrlicher  Anblick.  Während 
des  Frühlings  bilden  Birkenknospen  ihre  wichtigste  Nahrung.  Ich 
habe  sie  auch  gelegentlich  im  Herbst  uud  Winter  auf  Bäumen 
gesehen,  im  Sommer  niemals«.  Diese  Hühner  werden  nicht 
selten  bei  ihrer  Äsung  derart  vom  Baume  geschossen,  berichtet 
Barth  weiterhin,  denn  sie  verlieren  ein  wenig  au  Scheu,  sobald  sie 
aufgebäumt,  obgleich  immerhin  noch  eine  gewisse  Vorsicht  bei 
Annäherung  mit  dem  Schießpferde  geboten  erscheint. 

Ferner  erzählte  mir  üg,  daß  in  Bruueberget,  in  den  Wäldern 
Wermelands,  sich  eine  besonders  hohe  Espe  befand,  in  deren 
oberen  Zweigen  oft  Schneehühner  zu  sehen  gewesen,  und  daß  einer 
seiner  Bekannten  sich  daselbst  in  den  Hinterhalt  zu  legen  pflegte, 
um  die  zum  Futter  fliegenden  Hühner  mit  seinem  »Erbsrohr« 
herunter  zu  knallen.  Im  Winter  werden  die  Dal-Ripa  manchmal 
nachts  bei  Fackellicht  geschossen.  M.  Falk  berichtet:  »Da  die 
Moorschneehühner  tags  über  immer  wieder  auf  den  Erdboden  eiu- 
fallen,  sobald  sie  aufgejagt  worden,  so  könnte  mau  annehmeu,  daß 
sie  auch  die  Nacht  auf  dem  Boden  zubriugen.  Das  ist  aber  nicht 
der  Fall.  Hier  in  Risäter  (Wermeland),  wo  ich  wohne,  gibt  es 
um  den  Rada-See  ausgedehnte  Espenbestäude.  Als  uns  vor  einiu-eu 
Jahren  große  Mengen  Dal-Ripa  besuchten,  pflegte  das  Landvolk 
nach  Eintritt  der  Dunkelheit  diese  Hühner  von  den  Bäumen  herab¬ 
zuschießen,  auf  denen  sie  leicht  wahrnehmbar  waren. 


281 


Ich  behaupte  nicht,  daß  Lagopus  albus  niemals  die  Nacht  auf 
der  Erde  verbringt,  aber  daß  sie  solches  nicht  immer  thiin. 

Schließlich  wird  uns  von  Prof.  Nilsson  mitgeteilt,  daß  ihm  in 
Brakleforss  (Norwegen)  von  den  dortigen  Laudleuten  versichert  sei, 
sie  seien  gewöhnt,  im  Winter  bei  Fackellicht  in  der  Nacht  Dal- 
Ripa  zu  schießen,  wenn  es  in  W  e  i  d  e  n  gebüschen  schlafe«.  — 

Soweit  Lloyd.  Da  ich  nicht  zu  deujeuigen  gehöre,  welche  nur 
dann  zur  Feder  greifen,  wenn  sie  mit  etwas  vermeintlich  Neuem 
sich  brüsten  zu  können  glauben,  so  gestehe  ich  mein  »errare 
humanum«  gern  ein.  Nicht  nur  Menschen,  —  auch  Tiere  haben  in 
verschiedenen  Zeiten  und  Ländern  verschiedene  Sitten.  — 

Es  ist  selbstverständlich,  wenn  wir  nun  in  unserer  Plauderei  über 
Tetraouen  vor  allen  dem  Auerhahn  einige  Worte  widmen.  Herr 
Dr.  Wurm  führt  in  seiner  Auerwild-Monographie  (II.  Aufl.  pag.  55) 
bei  der  Gewichtsangabe  der  Magenkiesel  verschiedener  Waldhühner 
27,2  gr  Maximalgewicht  für  einen  alten  Auerhahn  an  und  bemerkt 
hierzu:  »Die  irgendwo  gelesene  Angabe  von  50  gr  bei  einem  Hahne 
will  mir  als  auf  Irrtum  beruhend  erscheinen«.  Und  dennoch  werden 
sogar  die  50  gr  bei  einigen  Hähnen  übertroffen.  Der  Wildmarkt 
von  St.  Petersburg  ist  bekanntlich  neben  dem  von  Moskau  der 
reichhaltigste  für  alle  Waldhühner.  Bei  Sektion  eines  der  Auerhähne 
aus  dem  südlichen  Gouvernement  Kasan,  die  sich  durch  hellen 
Bauch  auszeichuen,  fand  ich  bei  genauester  Wägung,  nachdem 
ich  schon  durch  den  Anblick  einer  so  reichlichen  Menge  Kiesel  über¬ 
rascht  war,  62  Gramm!  Also  auch  hierin  keine  Regel  ohne  Ausnahme. 

In  letzter  Zeit  sind  mir  drei  verschiedene  Fälle  abnormen  Zu¬ 
grundegehens  alter  Auerhähne  mitgeteilt,  die  ich  hier  niederlegen 
will.  Zu  Anfang  November  1890  schlug  sich  ein  Auerhahn  an 
den  Telegraphendrähteu  der  Riga-Pleskauer  Eisenbahnlinie  tot.  Der 
Anprall  war  ein  so  heftiger  gewesen,  daß  ein  Halswirbel  des  Hahnes 
geknickt  war.  Von  kleineren  Vögeln  habe  ich  ähnliches  häufig 
berichten  gehört*),  doch  vom  edlen,  starken  Urhahn  niemals. 
Am  14.  Oktober  1891  wurde  auf  dem  Wirtschaftshofe  meines 
Nachbargutes  A-K.,  dem  Herrn  von  W.  gehörig,  ein  Auerhahn 
vom  Dache  des  Schweinestalles  herabgeschossen.  Halbur¬ 
waldähnliche  Waldungen  stoßen  freilich  bis  aus  Gehöfte  heran,  und 
heftiger  Nebel  hatte  ein  Verfliegen  des  sonst  so  »misauthropischen« 
Vogels  ermöglicht.  —  Am  20.  Juni  1891,  um  die  Mittagszeit  eines 
sehr  heißen  Tages,  giug  einer  meiner  Forstwarte  ins  Bruchwald- 

N. 


*)  Vgl.  Jahrgang  XXIII,  1882.  S.  125  und  257. 


282 


iGviGi,  bGf^lGitGt  VOD  GiliGiii  iiocli  »llGgGlhaltGu«  juugGii  HüliiiGrhuDclG. 

I  lützlicli  Grblickt  dGr  Forstwart  am  RaiictG  giugs  klGiiiGu  Pfades 
GiiiGu  alten  Auerhahn  auf  dem  Erdboden  sitzen,  der,  statt  aufzu¬ 
fliegen,  laugsam  ins  nächste  dichte  Gebüsch  zu  laufen  beginnt. 
Dies  sieht  der  noch  ungezügelte,  hitzige  Vorsteher,  —  einige  schnelle 
Sätze,  und  der  stolze  König  der  Waldhühner  schlägt  zum 
letztenmal  mit  den  Schwingen!  Der  Hahn  befand  sich  in 
voller  Mauser,  und  dies  erklärt  seine  Flugunlust.  Die  fast  tropisch - 
üppige  Sumpfwaldflora  verhinderte  den  sonst  sehr  behende  laufenden 
Vogel  au  schnellerem  Entkommen. 

Nach  Eilediguug  dieser  Absonderlichkeiten  wenden  wir  uns  zum 

II  i  1  k  w  i  1  d  e.  Mit  einseitiger,  einen  bedauerlichen  Mangel  au  wissen¬ 
schaftlicher  Objektivität  aufweisendeu  Hartnäckigkeit  wird  von  den 
Tetraouenforschern  Deutschlands  und  Österreichs  das  Birkhuhn  als 
ein  »quecksilbriger«,  »unsteter«  Vogelvagabuud  geschildert,  der  ohne 
Veranlassung  seinen  Wohnbezirk  verläßt  und  somit  dem  sorgsani- 
schouendeu  Jagdpersonal  ein  Schnippchen  schlägt.  Hierim  Norden 
sti eicht  ebenfalls  das  Birkhuhn  im  W^iuter,  wenn  die  Beereuäsung 
am  Boden  versiegt,  oft  einige  Kilometer  in  Schwärmen  umher,  um 
Knospenäsung  spendende  Laubholzbestände  (Birken,  Erlen)  aufzu¬ 
suchen,  kehrt  aber,  vorausgesetzt,  daß  das  Terrain  sich  nicht  ver¬ 
ändert,  jedesmal  auf  seine  alten  Balz-  und  Brutplätze  zurück.  Diese 
Abweichung  wird  ihm  im  Süden  und  Westen  Europas  gleichsam  auf¬ 
gezwungen  und  vererbt  sich  dementsprechend  durch  die  ein¬ 
sichtslos-verderbliche  Beunruhigung  auf  den  Balz¬ 
plätzen.  An  Verbreitung,  aber  nicht  an  Zahl  hat  dies  schmucke 
hedeiwild  stellenweise  im  südwestlichen  Europa  zugenommen,  was 
gerade  beweist,  wie  diese  Hühner  verscheucht  und  zum  Verstreichen 
veranlaßt  werden.  Hier  zu  Laude,  wo  freilich  die  jungen  Hähne 
im  Frühherbst  vor  dem  Hühnerhunde  abgeschossen,  die  alten  aber 
auf  dem  Balzplan  verhältnismäßig  selten  von  Herrenjägern  belästigt 
werden,  hat  noch  keiner  dieser  Wildart  einen  »perpetuum-mobile- 
Charakter«  nachgesagt.  Je  reichlicher  eine  Wildart  in  einem  Lande 
sich  findet,  desto  leichter  fällt  es  natürlich  dem  Weidmann,  deren 
Eigentümlichkeiten  zu  ergründen  und  demgemäß  sein  Schonver¬ 
fahren  eiuzurichteii. 

Für  gewöhnlich  sitzt  die  Birkhenne  nicht  so  fest  auf  ihren 
Bruteiern  wie  die  Auer-  und  Haselhenne.  Eine  Ausnahme  erlebte 
ich  im  vorigen  Sommer.  Mit  meinem  Forstwarte  fanden  wir  eine 
brütende  Birkhenne  ohne  Stoßfederu!  Letztere  lagen  in  einem 


Büschel  ziisammeu,  auf  eiueu  Ruck  abgetreimt,  hart  dabei  und 
zwar  in  einer  frischen  Elchfährte!  Das  Elch  war  der  Henne  zu¬ 
fällig  gerade  auf  den  dem  Erdboden  dicht  anliegenden  Stoli  getreten 
und  hatte  denselben  abgelöst.  Mehr  Ausdauer  kann  mau  von  einer 
Bruthenne  nicht  verlangen!  — 

Für  die  Fluguulust  der  Waldhühner  während  der  Mauserzeit, 
erhielt  ich  am  17.  Juni  v.  J.  folgenden  auffallenden  Beweis:  Ich 
befand  mich  auf  einem  Waldspaziergang  in  Begleitung  zweier 
Dachshunde,  als  ich  plötzlich  das  ängstlich-trillernde,  zwitschernde 
Pfeifen  eines  Haselhahnes  vor  mir  auf  dem  Erdboden  vernehme. 
Näher  eilend  erblicke  ich  einen  mühsam  abstreichenden  Tetruo- 
JJonasia-Hixhn^  dem  die  Hündchen  eilig  nachfolgen.  Kaum  sind 
mir  letztere  im  Dickicht  aus  dem  Gesichtskreis  entschwundei],  so 
höre  ich  wiederum  jenes  ängstliche  Lockrufen  des  verfolgten 
Hähnchens,  und  eiueu  Moment  später  apportiert  mir  der  ältere 
Hund  den  verendenden  Vogel,  der  sich  im  vollen  Mauserstadium 
befand  und  dessen  Flugvermögen  durch  einen  kurz  vorher  uieder- 
gegangeuen  Regenschauer  jedenfalls  noch  veriniudert  war.  Ähnliches 
läLt  sich  au  alten  Birkhähnen  um  dieselbe  Zeit  häufig  beobachten. 

Ich  schließe  mit  einer  Notiz  über  Rackeihähne.  Bekanntlich 
gehören  letztere  auf  dem  St.  Petersburger  reichhaltigen  Wildmarkt 
nicht  zu  den  Seltenheiten,  sind  vielmehr  bis  Weihnachten  (später 
seltener)  eine  ständige  Erscheinung  daselbst.  So  erhielt  ich  auch  im 
vorigen  Dezember  ein  hübsches  Exemplar  im  Fleische  von  dort,  welches 
sich  aber  leider  zum  Ausstopfeu,  resp.  Abbalgeu,  nicht  mehr  eignete. 
Die  von  mir  höchst  exakt  abgenoinmenen  Maße  betrugen: 

Schwingeuspaunweite . 107  Ceutim. 

Länge  des  Schnabels  bis  zum  Mundwinkel  4,9  » 


Länö’e  des  Oberschnabels  bis  zur  Be- 

O 

fiederung .  3  » 

Schuabelbreite  längs  der  Befiederung  oben 

(im  Bogen  gemessen) .  3  » 

Äußerste  Stoßfedern .  24  » 

Mittlere  »  .  20,5  » 

Breite  der  Stoßfederu .  2  bis 4  » 

Mittelzehe  ohne  Nagel .  5,5  » 

Nagel  der  Mittelzehe  längs  der  Krümmung  2  » 

Anzahl  der  Stoßfedern . 18  Stück. 

Die  äußeren  beiden  Stoßfederu  ein  wenig  nach  außen  gebogen. 

Farbe  des  Schnabels:  birkhahnähnlich.  Die  Rose  verhältnismäßig 


284 


stärker  eutwickeltals  beim  Auerbahu.  Allgemeiufärbung:  sehr  duukeler 
Habitus  typisch  für  die  gewöhnliche  Form.  Über  die  Abstamm 
vermag  ich  keinerlei  Vermutung  anzustelleu.  Immer  wieder  drängt 
sich  mir  die  Frage  auf:  wann  wird  uns  eine  Monographie  des 
Rack  eiwildes  zu  teil?  Und  wer  wird  sie  uns  Tetraonen- 
freunden  endlich  bescheren?  An  Material  fehlt  es  nicht,  und  leider 
zersplittert  sich  letzteres  immer  mehr  in  verschiedenen  Zeitschriften 
verschiedener  Länder!  Ein  Menschenalter  ist  mindestens  verflossen, 
seitdem  man  den  Tetrao  medius  als  Bastard  erkannt  hat,  —  doch 
über  sein  Leben  und  —  Lei  den  durch  seine  größeren  und  kleineren 
Vettern  ist  leider  noch  gar  wenig  verlautbart.  Glück  auf  zu 
weiteren  Forschungen  in  dieser  Richtung! 

o  55 


Aus  dem  ßotterdamer  zoologischen  Garten. 

Von  Dr.  C.  L,  Reuvens. 


Dem  Berichte  über  1891,  vom  Sekretär  des  Verwaltungs-Rates  in  der 
alljährlichen  Abonnenten-Versammlimg  gegeben,  entnehmen  wir  das  Folgende  : 
Die  Betriebs-Einnahmen  betrugen: 

fl.  148,472.01  in  1891 
gegen  fl.  146,840.05  in  1890 

mithin  fl.  1,631.96  mehr  als  in  1890. 

Die  Abonn  ements-Ein  nähme  betrug: 

fl.  107,181.50  in  1891 
gegen  fl.  105,386.25  in  1890  - 

mithin  fl.  1,795,25  mehr  als  in  1890. 

Die  Eintritts-Gelder  betrugen : 

fl.  22,366.75  in  1891 
gegen  fl.  23,322.00  in  1890 

mithin  fl.  955.25  weniger  als  in  1890. 

Im  ganzen  besuchten  den  Garten: 

56,340  Entreezahlende  in  1891 
gegen  60,496  »  »  1890. 

Die  Betriebs-Ausgaben  betrugen; 

fl.  148,472.01  in  1891 
gegen  fl.  146,840.05  in  1890. 

Als  Ausgaben  sind  gerechnet  fl.  2,070.00  zur  Auslosung  von  Aktien  und 
fl.  97.50  zum  Reservefonds. 

Verkauft  wurde  in  1891  für  fl.  1426.93 
in  1890  für  fl.  1282.00. 

Neu  angekauft  wurde  in  1891  für  fl.  6182,10 

in  1890  für  fl.  6596.84. 


285 


Die  Bilanz  scliliesst  in  Debet  und  Credit  mit 

fl.  856,844.72. 

Dev  Tierbestand  war  am  1.  Januar  1892: 

265  Säugetiere 
1528  Vögel 
112  Kriechtiere. 

Geboren  wurden  in  1891  22  Säugetiere  und  117  Vögel.  Unter  diesen 
sind  bemerkenswert:  2  Würfe  Löwen  einer  Mutter,  von  welchen  heute  noch 
am  Leben  sind  1  weibl.,  geb.  29.  Juni  1891,  und  1  männl.,  geb.  23.  Oktober 
1891,  beide  wurden  von  Hündinnen  gesäugt;  2  Würfe  Silberlöwen,  Felis 
concölor,  von  welchen  der  erste  zu  früh  geboren  wurde,  weshalb  die  drei 
Jungen  starben,  während  der  zweite  (16.  November  1891J  völlig  ausgewachsen 
war;  2  Antilope  cervicapra,  1  Bos  indicus  var.  nana,  5  verschiedene  Hirsche, 
1  Auchenia  lama,  3  Ovis  aries  var.  steatopyga  1  Cercocehus  cynamolgus.  Von 
den  ausgebrüteten  Vögeln  sind  nennenswerth :  Bernicla  canadensis,  Cygnus 
atratus,  Tadorna  vidpanser,  Anas  xanthorhyncha,  Nyroca  leucophthahna, 
Fuligula  ferina,  Bastard  von  Larus  argentatus  und  Larus  glaucus,  Gallus 
aeneus,  Tragopan  satyrus  und  mehre  andere  Anatidae,  Phasianidae  etc. 

Die  Fischreiher-Ansiedelung  im  Garten  zählte  28  Nester. 

Neu  angebaut  wurden  in  1891,  außer  einem  großartigen  Musikpavillon, 
ein  Pecarigehege ,  nahe  dem  Raubvögelkäfig  und  dem,  im  Jahre  1889  neu 
geballten  Bären-  und  Hyänen-Hause.  Dies  letztere,  mit  3  großen  und  6 
kleineren  Käfigen,  deren  ein  jeder  1  oder  2  Innenkäfige  hat,  enthält  heute 
(Juli  1892)  folgende  Arten:  2  Ursus  sibiricus,  2  U.  horribilis,  2  U.  thibetanus 
1  U.  americanus,  1  ü.  syriacus,  vom  Libanon  (Farbe  goldgelb),  2  U.  arctos, 
1  U.  malayanus,  3  Hyaena  striata,  1  H.  brunnea,  2  H.  crocuta  von  S.-W.-Afrika 
und  1  H.  crocuta  von  0. -Afrika.  Außerdem  wohnen  in  2  kleineren  Bären¬ 
käfigen  noch :  3  U.  arctos.  Im  ganzen  haben  wir  also  5  braune  Bären,  welche 
alle  von  einander  verschieden  sind. 

Merkwürdig  ist  heutzutage  das  Treiben  im  kleinen  Affenhause,  im 
sogenannten  Chimpansenhäuschen  (s.  Zool.  Garten  1889  p.  183);  es  wohnen 
dort  in  den  4  Käfigen,  meistens  gesellig  mit  einander,  und  was  die  kleineren 
Tiere  anbelangt,  im  Stande  einander  Besuche  zu  machen,  folgende  Arten: 
1  Simia  satyrus,  männl.,  von  Sumatra,  1  Simia,  troglodytes,  3  Seninopithecus 
cephalopterus,  1  Cercopithecus  cephus,  1  C.  albogularis ,  1  C.  leucampyx, 
einige  G.  cynosurus,  1  Cercocebus  aethiops,  einige  C.  cynamolgus,  2  Lemur 
macaco,  1  L.  catta,  1  prachtvoller  Ameisenbär,  Myrmecophaga  jubata,  und  2 
Kaninchen,  Lepus  cuniculus. 

Von  den  im  Garten  lebenden  Rindern  und  Antilopen  sind  nennenswert:  weibl. 
und  männl.  Bison  americanus,  männl.  Bubaltis  caff er,  mänxA.  Anoa  depressicornis, 
männl.  Cephalophus  sylvicultrix,  männl.  C.  dorsalis,  weibl.  Tragulus  gratus. 

Das  über  Hektar  große  Straußgehege  ist  von  2  männl.  und  2  weibl. 
Struthio  camelus  bewohnt;  beide  Tiere  haben  in  einem  solchen  Raum  beste 
Gelegenheit,  ihre  Laufgeschwindigkeit  zu  üben. 

Die  Gewächshäuser,  .besonders  das  Palmengebäude  und  das  Victoria- 
regiahaus,  das  letztere  mit  seinen  Flügeln  für  Orchideen  und  anderen  exotischen 
Pflanzen,  waren  auch  1891  Gegenstände  der  allgemeinen  Bewunderung  seitens 
des  Publikums. 


286 


Korrespondenzen. 


Seebad  Misdroy  (Insel  Wollin),  25.  Aug.  1892. 
Soeben,  9^/4  Uhr  vormittags,  beobachtete  ich  einen  Kranich  -  Schwarm, 
welcher  in  ansehnlicher  Höhe  von  Ost  nach  West  flog,  unter  Hörenlassen  des 
bekannten,  weithin  tönenden  Kranichrufes.  Die  Individuenzahl  belief  sich  auf 
35  40  Stück.  Prof.  Dr.  A.  Ne  bring. 


Kleinere  Mitteilungen. 

Münzen  von  einem  Elefanten  verzehrt.  Montag  den  25.  Juli 
wurde  der  Londoner  zoologische  Garten  unter  vielen  Landleuten  auch  von  einer 
Frau  von  Norwich  mit  ihrer  Tochter  besucht.  Da  auf  Tafeln  in  dem  Garten 
vor  Taschendieben  gewarnt  wird,  nahm  Frau  Bennett  ihr  Geldtäschchen  aus 
der  Tasche  und  verbarg  es  vorn  in  ihrem  Mieder.  Als  sie,  um  einmal  auf 
dem  Elefant  zu  reiten,  den  Tritt  hinauf  ging,  der  zu  dessen  Rücken  führt, 
bückte  sie  sich  und  verlor  dabei  ihre  Börse.  Rasch  faßte  der  Elefant  dieselbe 
mit  dem  Rüssel,  schob  sie  in  den  Mund,  kaute  ein  wenig  und  schluckte  sie 
unter.  Groß,  war  der  Schrecken  der  Frau,  denn  das  Geld  war  ihr  Spa.rpfennig 
gewesen,  den  sie  gesammelt  hatte,  um  London  sehen  zu  können,  und  nun 
hatte  sie  nicht  einmal  einen  Pfennig  mehr  zum  Leben  in  der  Stadt  und  zur 
Heimreise;  5  halbe  Sovereign,  fast  20  Schillinge  in  Silber  und  noch  einiges 
Kupfergeld  waren  verloren.  Der  Superintendent  des  Gartens,  Mr.  Bartlett,  gab 
der  Frau  einen  Sovereign  für  die  Rückreise,  und  die  Wärter  versprachen,  darauf 
zu  achten,  wenn  etwa  Geld  von  dem  Elefanten  abginge.  Neun  Tage  nach 
dieser  Begebenheit  wurde  der  erste  Halbsovereign  in  dem  Miste  entdeckt,  und 
bald  darauf  folgte  ein  Schilling  und  dann  wieder  ein  Halbsovereign  und  ein 
Sixpence.  Am  nächsten  Tage  erschienen  8  Schillinge,  2  Halbsovereign  und  auch 
Kupfer,  so  dafs  über  2  Pfund  Sterling  zurückerstattet  waren.  Doch  wurde  nicht 
alles  wieder  gefunden,  da  kleinere  Stücke  wahrscheinlich  in  den  Abgängen 
übersehen  wurden.  Alle  Stücke  zeigen  Spuren  von  der  Gewalt  der  kauenden 
Backenzähne,  ein  halber  Sovereign  ist  sogar  um  Vs  Zoll  ausgedehnt.  Diese  Ab¬ 
flachung  ist  jedenfalls  mit  einem  einzigen  Bisse  bewirkt,  da  die  Oberfläche  des 
Goldstücks  nicht  viel  beschädigt  ist;  da  wo  in  dem  Worte  »Victoria«  die  Buch¬ 
staben  R.  J.  stehen,  ist  das  Stück  so  dünn  wie  die  Schneide  eines  Mössers  gepreßt. 
Weil  nicht  mehr  die  ganze  Summe  zurück  erhalten  wurde,  beabsichtigte  Mr. 
Bartlett  die  Stücke  auszubieten,  um  der  Frau  ihr  ganzes  Geld  wieder  geben 
zu  können.  Weder  die  Gold-  noch  die  Silber-  und  die  Kupferstücke  waren 
durch  die  Verdauungssäfte  angegriffen  worden. 

In  dem  Londoner  zoologischen  Garten  war  vor  mehreren  Jahren  schon 
einmal  eine  ähnliche  Geschichte  vorgekommen.  Ein  Herr  neckte  einen  großen 
Elefanten  mit  seinem  Bambusstocke,  der  mit  einem  wertvollen  Knopfe  •  aus 
Gold  und  Edelsteinen  verziert  war.  Der  Elefant  ergriff  den  Stock  und  fraß 
ihn  vor  den  Augen  des  Eigentümers.  Dieser  setzte  einen  hohen  Preis  auf  die 
Wiedererlangung  des  Knaufs  aus,  aber  vergeblich.  Auch  als  der  Elefant 
mehrere  Jahre  nachher  starb,  wurden  seine  Eingeweide  ohne  Erfolg  nach  dem 
wertvollen  Gegenstände  untersucht.  The  Field,  6.  August  1892.  N. 


287 


Wolfsjagden  in  Frankreich.  Über  das  Ergebnis  der  Wolfsjagden  in 
Frankreich  im  Jahre  1889  haben  wir  im  vorigen  Jahrgange  auf  S.  224  berichtet. 
1891  wurden  in  diesem  Lande  149  alte  Wölfe  und  253  Nestwölfe  ei’leert.  Da 
für  einen  der  ersteren  100,  für  einen  jungen  Wolf  Frcs.  35  Prämien  bezahlt 
werden,  so  belief  sich  die  Höhe  derselben  auf  nahezu  Frcs.  22,000  und  ein¬ 
schließlich  der  für  jede  Wölfin  gezahlten  Extraprämien  auf  Frcs.  25,325.  Es 
hat  demnach  entschieden  eine  Abnahme  der  Wölfe  stattgefunden.  Die  größte 
Zahl  dieses  Wildes  wurde  1891  in  der  Dordogne  erlegt,  nämlich  67  Stück. 

Nach  dem  »Weidmann«  XXIII  Bd.  No.  49. 

Mittel  gegen  den  Biß  der  Kreuzotter.  »Gegen  den  Biß  dieser 
Gittschlange  gibt  es  nur  ein  sicher  wirkendes  Mittel  und  dies  besteht  in  ab¬ 
solutem  Alkohol,  Spiritus  absolutus,  äußerlich  und  als  Schnaps  innerlich  genom¬ 
men,  sei  es  nun  in  der  Form  von  Cognac,  Rum,  Arrak,  Kornbranntwein,  Nord¬ 
häuser  oder  von  schwerem  Portwein,  Ungarwein,  Weiu  von  Samos  und  wie 
die  Getränke  mit  hohem  Alkoholgehalte  heißen  mögen.  Der  Gebissene  trinke 
ruhig  bis  zur  Bewußtlosigkeit  und  er  wird  gesunden.  So  gut  wie  von  Leichen¬ 
gift  wird  nämlich  auch  von  Schlangengift  das  Blut  zersetzt,  d.  h.  die  Blut¬ 
zellen  werden  zertrümmert  und  der  Blutfarbstoff  tritt  in  die  Gewebe  aus;  außer¬ 
dem  durchtränkt  die  flüssige  Substanz  der  Blutzellen  die  umliegenden  Teile. 
So  wird  es  leicht  verständlich,  wie  nach  dem  Bisse  eine  so  fürchterliche  An¬ 
schwellung  sich  ausbilden  kann;  so  wird  es  erklärlich,  wie  die  Schwellung  des 
verletzten  Körperteils,  durch  eine  blaue,  sogenannte  Demarkationslinie  gekenn¬ 
zeichnet,  alle  Farbenveränderungen  durchmacheu  muß  (rot,  blau,  orange,  gelb, 
grün,  u.  s.  w.),  kurz  mehr  als  die  sieben  Regenbogenfarben,  um  zu  zerfallen 
und  wieder  aufgesogen  werden  zu  können.  Während  also  das  Schlangengift 
die  Blutkörperchen  zu  zersprengen  droht,  zieht  der  Alkohol  dieselben  stern¬ 
förmig  zusammen  und  übt  seine  günstige  Wirkung  als  Gegengift. 

Das  Aussaugen  der  Bißwunde  ist  nur  im  Notfälle  zu  empfehlen;  kleine 
Verletzungen  oder  Schrunden  an  Mund  und  Lippen  können  hier  eine  neue 
Vergiftung  hervorrufeu.  Ist  Alkohol  zur  Stelle,  so  muß  mau  mit  den  Nägeln, 
der  vorher  in  die  Flüssigkeit  eingetauchten  Finger  die  Wunde  sofort  ausdrücken 
und  so  lange  mit  Alkohol  benetzen  und  ausdrücken,  bis  kein  Blut  mehr  kommt. 
Der  Arzt  Rud.  Franz,  dem  wir  bei  vorstehenden  Angaben  gefolgt  sind,  da  er 
selbst  mehrere  von  der  Kreuzotter  Gebissene  mit  bestem  Erfolge  behandelte, 
indem  er  seine  Patienten  immer  dreiviertel  bezecht  und  schlafend  erhalten, 
empfiehlt  jedem  Touristen,  gegen  die  Gefahr  eines  Schlangenbisses  sich  mit 
einem  halben  Liter  Cognac  auszurüsten«.  Westfalens  Tierleben.  3.  Band.  1892. 


L  i  1 1  e  r  ji  i  u  r. 


Die  geographische  Verbreitung  der  Tiere  von  E.  B.  Trouessart. 
Aus  dem  P’ranzösischen  übersetzt  von  W.  Marshall.  Mit  2  Karten  in 
Farbendruck.  Leipzig  J.  J.  Weber  1892.  M.  4 

Der  französische  Verfasser  gibt  uns  in  seiner  Arbeit  ein  Bild  von  der  Ver¬ 
breitung  des  Tierlehens  auf  dem  Lande  wie  im  Wasser  uud  schließt  sich  dabei 
im  ganzen  den  1858  von  Sclater  vorgeschlageuen  und  1876  von  Wallace  an- 


288 


genommenen  Regionen  und  Subregionen  an,  nur  daß  er  anstatt  der  von  jenen 
aufgestellten  sechs  Regionen  deren  acht  schildert,  indem  er  noch  eine  arktische 
(Nordpolar-)  und  eine  antarktische  (Südpolar-)  Region  zufügt.  Zunächst  werden 
diese  Abgrenzungen  in  Bezug  auf  ihr  Tierleben  eingehend  und  anmutig  be¬ 
schrieben,  dann  folgt  die  Angabe  der  Mittel  und  Wege,  wodurch  die  Geschöpfe  ver¬ 
breitet  werden,  und  eine  recht  anziehende  Darstellung  der  faunistischen  Charaktere 
nach  dem  Vorgänge  P  ucherans,  der  nach  den  den  verschiedenartigen  Gebieten 
(Wald,  Wüste,  Steppe  u.  s.  w.)  augepaßten  Eigenschaften  der  Tiere  recht 
natürliche  Provinzen  aufstellt,  die  aber  nur  teilweise  mit  den  von  Wallace 
angenommenen  Regionen  zusammenfallen.  Auch  die  Methode  der  graphischen 
Darstellung  der  Tierverbreitung  wird  besprochen.  Nachdem  dann  in  weiteren 
fünf  Kapiteln  die  Verteilung  der  Landsäugetiero,  der  Süßwassertiere,  der  Luft¬ 
tiere,  der  Meerestiere  und  die  Verbreitung  der  Tiere  nach  Höhe  und  Tiefe 
geschildert  ist,  erfolgt  noch  ein  Rückblick  auf  die  Beziehungen  der  Paläonto¬ 
logie  zur  Zoogeographie,  so  daß  das  hübsche  und  lesenswerte  Buch  seine  Auf¬ 
gabe  allseitig  erfaßt  und  gediegen  durchführt.  Daß  der  Übersetzer  sich  ebenfalls 
viel  mit  der  Tiergeographie  befaßt,  geht  aus  mehrfach  von  ihm  eingestreuten 
Bemerkungen  und  Zusätzen  hervor.  N. 


Brehms  Tierleben.  Dritte  gänzlich  neu  bearbeitete  Auflage.  8.  Band. 
Die  Fische.  [Jnter  Mitwirkung  von  ür.  Willi.  Ha acke  neubearbeitet  von  Prof. 
Dr.  Pechuel-Loesche.  Leipzig  und  Wien.  Bibliographisches  Institut.  1892. 
Mit  11  Tafeln,  1  Karte  und  146  Holzschnitten. 

Vergleicht  man  den  achten  Band  der  vorigen  Auflage  mit  426  Seiten  Text 
gegen  den  vorliegenden  neuen  mit  517  Seiten  und  übersieht  man  die  Syste¬ 
matik  der  Fische  im  Inhaltsverzeichnis  der  beiden  Bände,  dann  tritt  auf  den 
ersten  Blick  die  Veränderung  zu  gunsten  der  neuen  Auflage  hervor.  Diese 
behandelt  in  jeder  Hinsicht  die  früher  wohl  etwas  stiefmütterlich  weggekom¬ 
menen  Fische  in  bei  weitem  vollständigerer  und  gediegenerer  Weise.  Nicht 
nur  findet  man  zahlreiche  Familien,  Gattungen  und  Arten,  die  früher  über¬ 
gangen  waren,  aufgenommen  —  auch  die  Geschichte  mancher  der  behandelten 
Species  ist  ausführlicher  gegeben,  so  daß  dieser  Band  in  vortrefflicher  Weise 
seiner  Aufgabe  genügt.  Bei  den  Abbildungen  ist  eine  große  Zahl  älterer  Bilder 
ausgeschieden,  wofür  neuere  Zeichnungen  für  denselben  Gegenstand  gegeben 
oder  neue  Arten  dargestellt  sind.  Eine  weitere  Verbesserung  ist  die  Ausführung 
der  elf  seither  schwarzen  Tafeln  in  Farbendruck.  So  reiht  sich  jetzt  auch 
dieser  Band  ebenbürtig  seinen  sieben  vorzüglichen  Vorgängern  an.  N. 

Eingegangene  Beiträge. 

A.  N.  in  B.  (M.  auf  W.).  —  H.  L.  in  B.  — 

Bücher  und  Zeitschriften. 

Brehms  Tierleben.  3.  Auflage.  8.  Band.  Die  Fische.  Unter  Mitwirkung  von  Dr.  W. 
Ha  acke,  neubearbeitet  vonProf.Dr.  Pechuel-Loesche.  Mit  1  Karte, il  Tafelnund 
143  Holzschnitten.  Leipzig  u.  Wien.  Bibliographisches  Institut.  1892. 

Dr.  Paul  Le  verkülin.  Bericht  über  eine  Reise  nach  Ungarn  im  Frühjahre  1891.  (Hauptber. 

des  2ten  Internationalen  ornitholog.  Kongresses  zu  Budapest). 

Bericht  über  den  zoologischen  Garten  in  Dresden  1891-1892. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornithologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 
Pal  lisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  C.  Claus.  XVI.  Jahrg.  No.lG.  31.  Aug.i892. 

Nachdruck  verboten. 


Drack  von  Mahlau  &  Waldschmidt.  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitsctirift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  vou  Mahlau  &  Waldschraidt  in  Frankfurt  a.  M. 

No.  10.  XXXIII.  Jahrgang,  Oktober  1892* 

I  II  li  a  1  I. 

Die  Zucht  des  Schleierschwanzes  und  des  Teleskopfisches  in  Zimmer  und  Garten.  Als 
Vortrag  gehalten  in  Triton,  Verein  für  A(iuarien  u.  Terrarieii-Kunde  zu  Berlin;  von  Paul 
Nitsche.  —  Uber  kariöse  Erscheinungen  an  Knochen  freilebender  Tiere;  von  Dr.  med. 

I?  PU’ ^  (^tit  4  Aldtildungen.)  —  Über  die  Lebensweise  des  Wüsten- VVarans  und  der 
Huteisennattei'  in  Gefangenschaft;  von  Helene  Werner  in  W'ien.  —  Der  Sekretär,  Qypo- 
fierunns  ■•^erpentarni.s,  des  zoologischen  Gartens  zu  Kein;  vou  Staats  von  Wacquant- 
G e o z el  1  es.  —  Eine  Elefantenkraukheit  im  zoologischen  Garten  zu  Tokio.  —  Korrespon¬ 
denzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und 
Zeitschriften.  — 


Die  Zucht  de.s  Schleierschwanzes  und  des  Teleskopflsches 

in  Zimmer  und  Oarteii. 

Als  Vortrag  gehalten  iin  T  r  i  t  o  n ,  Verein  für  Aquarien-  u.  Terrarien-Kunde  zu  Berlin. 

Von  Paul  Nitsche. 

Als  ich  im  Jahre  1886  zum  erstenmal  in  der  Haltung  von 
Aquarientieren  gute  Erfolge  hatte,  reifte  der  Entschluß  in  mir,  um 
andere  Liebhaber  vor  den  für  den  LTnerfahreneu  unausbleiblichen 
Mißerfolgen  zu  bewahren,  einen  Verein  für  Terrarien-  und  Aqnarieu- 
liebhaber  zu  gründen.  Herr  Dr.  Karl  Ruß,  mit  dem  ich  deshalb 
sprach,  nahm  den  Gedanken  mit  Freuden  auf,  ging  thatkräftig  an 
die  Ansfübrung,  und  so  entstand  durch  die  Beteili«juut)'  eifri‘Ter 
Männer  der  Verein  »Triton«,  der  bereits  im  Jahre  1800  mit  einer 
Ansstellnng  vor  die  Öffentlichkeit  treten  konnte.  Die  Auregfunofen 
und  lielehrnngeu,  die  in  iFim  seinen  Mitgliedern  zu  teil  werden,  . 
haben  auch  .schon  vielfach  schöne  Ergebnisse  in  der  Haltung  und 
Züchtung  von  Ziertischeu  herbeiget'ührt.  Unter  Züchtung  verstehe 
ich  hier  nicht  die  zufällig,  unter  günstigen  Umständen  eintretende 
Vermehrung  unserer  Fische,  sondern  die  absichtlich,  durch  Be¬ 
schaffung  aller  dazu  erforderlicheu  Bedinguugeu  herbeigeführte 
wiederholte  Fortpflanzung  derselben.  Dies  muß  das  Endziel  unserer 

Zoolog.  Gart.  .Jahi-g.  XXXIII,  1892.  19 


290 


Bestrebungen  sein,  gewährt  allein  dauernde  Befriedigung  und  kann 
unter  Umständen  sogar  lohnend  sein,  wie  denn  z.  B.  für  einen  feinen, 
einsömmerigen  Schleierschwanz  -  Goldfisch  heute  20  Mark  bezahlt 
werden. 

Bei  der  Beschaffung  der  genannten  zarten  Rassen  des  Gold¬ 
fisches  muß  man  schon  vorsichtig  sein,  und  es  gehört  ein  geübter 
Blick  dazu,  um  zu  beurteilen,  was  aus  einem  jungen  Tiere  werden 
'kann.  Sind  die  Fische  2-  und  Ssommerig,  also  in  einer  Länge  von 
6 — ^10  cm  ohne  den  Schwanz,  so  geht  man  schon  ziemlich  sicher, 
denn  ein  so  alter  Fisch  wird  sich  nicht  erheblich  zum  Schlechteren 
entwickeln.  ( 

Auf  einige  Punkte  bezüglich  des  Ankaufs  will  ich  aufmerksam 
machen.  Zunächst  kaufe  mau  teure  Fische  nur  da,  wo  die  Über¬ 
zeugung  geboten  wird,  daß  die  Tiere  in  sachgemäßer  Weise  gepflegt 
werden.  Unsinnige  Behandlung  eines  Fisches  zeigt  sich  an  dem 
Tiere  nicht  gleich,  bringt  aber  sehr  böse  Nachwirkungen,  die  meist 
zum  Tode  führen;  dann  kaufe  nur  derjenige  sich  teure  bische,  der 
durch  jahrelange  Übung  vollständig  sicher  in  der  Pflege  ist.  Man 
glaube  mir,  daß  trotz  aller  Belehrungen  nur  sehr  wenig  Liebhaber 
es  verstehen,  einen  Fisch  wirklich  sachgemäß  zu  pflegen,  und  unter 
denen,  die  es  vielleicht  verstehen,  sind  wieder  eine  ganze  Anzahl,  die  zu 
bequem  dazu  sind.  Dafür  spricht  folgende  Thatsache.  Tn  den  Züchte- 
reien  von  Willi.  Geyer  in  Regensburg  und  Paul  Matte  in  Lankwitz, 
Südende  bei  Berlin,  kommen  alljährlich  viele  Tausende  durchaus 
gesunder  Fische  in  la.  Qualität  zum  Verkauf  und  doch  findet  man  so 
sehr  selten  im  Besitze  eines  Liebhabers  einen  4jährigen  oder  gar  älteren 
Schleierschwanz  oder  Teleskop,  also  einen  Fisch,  an  dem  die  cha¬ 
rakteristischen  Eigentümlichkeiten  schon  ausgebildet  sind,  —  nur  in 
diesem  Stadium  tritt  erst  die  außerordentliche  Schönheit  des  Fisches 
zu  Tage.  Wo  bleiben  nun  alle  die  Tiere?  Sie  gehen  fast  aus¬ 
nahmslos  noch  vor  diesem  Alter,  die  meisten  schon  nach  ganz  kurzer 
Zeit,  zu  Grunde,  weil  sie  unrichtig  behandelt  wurden. 

Will  man  einen  höherwertigen  Schleierschwanz  oder  Teleskop¬ 
fisch  erwerben,  so  beachte  man  tolgendes':  Man  sehe  in  das  den  Fisch 
bergende  Kastenaquarium  (nicht  rundes  Glas)  von  oben  hinein,  und 
beachte  (Teleskop),  wie  weit  die  Augen  herausstehen,  ob  sie  sich 
beide  gleichmäßig  entwickelt  haben  (bei  jüngeren  Tieren  holt  ein 
zurückgebliebenes  Auge  das  andere  bisweilen  noch  ein),  ob  die  Augen 
auch  in  gerader  Linie  nach  der  Seite  oder  wenig  nach  vorn  gehen 
(nach  oben  stehende,  besonders  aber  nach  unten  hängende  Augen 


291 


machen  den  Fisch  weniger  wertvoll),  ob  Rücken-,  Rrnst-,  Biiiich- 
uud,  wenn  doppelt,  auch  Afterflossen  gleichmäüig  und  uu verkrüppelt 
entwickelt  sind;  dasselbe  gilt  auch  für  Schwanzteile  und  Körper*), 
Ferner  ist  zu  beachten,  ob  das  Tier  hinter  den  Kiemen  nicht  ein¬ 
gedruckt  erscheint  (Abzelirungskandidat) ;  sodann  sehe  man  den  Fisch 
durch  die  Seitenscheiben  von  beiden  Seiten  an.  Die  Flossen  müssen 
breit  auseinander  resp.  aufrecht  stehen  ;  Fische  mit  angelegter 
Rückenflosse  sind  meist  krank,  sicher  fühlen  sie  sich  aus  irgend 
welchem  Grunde,  der  allerdings  nicht  immer  Krankheit  zu  bedingen 
braucht,  nicht  wohl.  Hier  ist  beim  Kauf  aber  zu  berücksichtigen, 
dati  sich  die  Rückenflosse  selbst  bei  kranken  Fischen  auf  kurze  Zeit 
aufrichtet,  wenn  der  Fisch  in  frisches  Wasser  gesetzt  oder  durch 
Anstoflen  etc.  scheu  gemacht  wird.  Deswegen  und  auch  um  Er¬ 
kältungen  zu  vermeiden,  ist  das  für  kurzen  Transport  bestimmte 
Wasser  dem  bisherigen  Aufenthaltsbecken  zu  entnehmen.  Stets  ist 
der  Fisch  krank,  wenn  anher  der  uiedergelegten  Rückenflosse  auch 
Brust-,  Bauch-,  After-  und  Schwanzflossen  zusammeugeklebt  erscheinen, 
wenn  blutrote  Flecken  an  Flossen  oder  Schuppen  sind;  genaue  Lieb¬ 
haber  achten  auch  auf  das  Vorhandensein  aller  Schuppen.  Fische, 
die  an  einzelnen  Stellen  flaumartige  Gebilde  (Saprolegnien)  zeigen, 
sind  pilzkrank  und  dürfen  nur  von  ganz  bewanderten  Liebhabern 
erworben  werden.  Ebenso  kaufeder  nicht  ganz  Kundige  niemals  Fische, 
die  am  Körper  oder  den  Flossen  weiße  erhabene  Stellen  ohne  die  den 
Saprolegnien  eigenen  fadenförmigen  Strahlen  zeigen.  Fische,  denen 
die  Schuppen  vom  Körper  reibeisenartig  abstehen,  oder  solche,  die 
bleibend  auf  dem  Bodengrund  scheinbar  ruhen,  bei  Berührung 
mühsam  nach  oben  steigen  und  dann  langsam,  ohne  Flossenbewegung, 
senkrecht  wieder  nach  unten  in  vorherige  Stellung  sinken,  oder  gar 
solche,  die  krumm  gezogen  entweder  an  der  Oberfläche  oder  am 
Boden  auf  der  Seite  liegen,  zu  heilen,  gelingt  selbst  dem  Kenner 
nur  in  den  Fällen,  in  denen  die  Krankheit  im  Anfangsstadium  steht. 

Gesunde  Fische  schnellen  beim  Klopfen  an  den  Rand  des 
Behälters,  mindestens  beim  Aujrasten  oder  Berühren,  nach  unten  und 
halten  sich  dort  so  lauge  auf,  bis  ihnen  die  drohende  Gefahr  beseitigt 
scheint ;  krank  sind  sie  immer  ,  wenn  sie  bei  dieser  Probe  langsam 
und  nach  rechts  und  links  schaukelnd  oder  den  Körper  schlangen¬ 
artig  bewegend  fortschwimmen  oder  ruhig  direkt  unter  der  Ober¬ 
fläche  stehend ,  angestoßen,  langsam  ein  wenig  nach  unten  gehen. 


*)  Vgl.  die  Abbildung  des  Teleskopfisches  im  Jahrg.  XIX,  1878,  S.  3G1. 


292 


um  sofort  wieder  langsam,  ohne  Flossenbewegnng,  fast  senkrecht 
nach  oben  zu  steigen;  auch  die  Freßlust  der  Tiere  ist  zu  beachten. 

Von  Fischen  unter  2  cm  Größe  in  den  Monaten  November  bis 
Ende  Mai  halte  ich  nicht  viel,  es  sind  meist  sogenannte  Kümmer¬ 
linge  (schlechte  Fresser),  wenn  sie  nicht  gar  an  innerlichen  Krank¬ 
heiten  oder  organischen  Fehlern  leiden.  Hiergegen  wird  man  sich 
bei  unreellen  Verkäufern  schwer  schützen  können,  da  ein  vorjähriger 
Kümmerling  vom  August  an  als  großer  diesjähriger  immer  Abnehmer 
finden  wird.  Nur  ein  ganz  geübtes  Auge  kann  sich  vielleicht  vor 
dem  so  beabsichtigten  Betrug  schützen.  Es  ist  hier  aber  nicht  zu 
vergessen,  daß  hochfeine  Stücke  erheblich  langsamer  wachsen  als 
geringe  Ware,  die  ersteren  sind  unbeholfener  in  dem  Erhaschen 
der  Nahrung.  Fische,  die  im  Zustand  der  Ruhe  den  Kopf  be¬ 
deutend  tiefer  als  den  Schwanz  halten,  kaufe  mau  ebenfalls  nicht, 
der  Zustand  verschlimmert  sich  mit  der  Zeit  iu  nicht  ganz  bewan¬ 
derten  Händen  derartig,  daß  der  Fisch  schließlich  auf  dem  Rücken 
liegt  und  zu  Grunde  geht  oder  doch  wenigstens  emen  traurigen 
Eindruck  macht,  während  andrerseits  geringes  Tieferhalteu  des  Kopfes 
nichts  schadet. 

Je  größer  beim  Teleskopfische  die  Augen  sind,  vor  allem  je 
mehr  sie  aus  dem  Kopf  herausstehen,  —  je  länger  beim  Schleier¬ 
schwanz  die  4  Schwanzenden  sind  (die  mittelsten  beiden  Fahnen 
dürfen  nicht  zusammengewachsen  sein)  und  wieder  vor  allem,  je 
mehr  sie,  nach  unten  hängend,  bei  älteren  Tieren  faltenwurfartig 
auseiuaudergehen  und  mit  einem  weißen,  sclileierartig  zarten  Gewebe 
endigen,  je  länger  die  anderen  Flossen  (die  Rückenflossen  hoch  und 
lang)  sind,  desto  wertvoller  ist  der  Fisch.  Bei  einem  besonders 
feinen  2sommerigen  Schleierschwanz  müssen  bei  4  cm  Körpergröße 
die  Schwänzenden  mindestens  so  laug  wie  der  Körper  sein.  Es  macht 
den  Fisch  ganz  besonders  wertvoll,  wenn  auch  alle  anderen  Flossen 
das  zarte,  schleierartige,  weiße  Gewebe  ausetzeu,  das  ist  aber  wohl 
kaum  vor  Beendigung  des  dritten  Sommers  zu  erwarten.  Manche  Fische 
setzen  den  weißen  Schleier  erst  sehr  spät  an,  können  aber  trotzdem 
Prachtexemplare  werden  oder  sein,  fch  besitze  einen  solchen  von 
circa  7  cm  Körperlänge  und  8 — 9  cm  laugen  roten  Schwanzenden. 
Beim  Teleskopüsch  muß  der  Schwanz  recht  weit  auseinanderspreizen, 
die  Augen  am  Ssommerigen  feinen  Fisch  etwa  8  mm  Durchmesser 
haben  und  10  mm  laug  sein. 

Verlangt  der  Händler  für  solchen  Sjährigeu  la.  Fisch  Mk.  200,  so 
ist  es  nicht  zu  teuer,  denn  wie  aus  dem  uachsteheudeu  ersichtlich  ist, 


293 


sind  solcher  Stücke  nur  herzlich  wenig  zu  erlangen.  Hier  ist  auch 
zu  bedenken ,  daß  von  diesen  wenigen  feinsten  Stücken  noch  lange 
nicht  alle  das  dritte  Jahr  erreichen,  sondern  ein  ganzer  Teil  an 
Kinderkrankheiten  zu  Grunde  gehen  kann,  auch  wird  der  Preis  selbst¬ 
redend  immer  schwankend  sein,  je  nach  dem  Ergebnis  der  Zucht, 
genau  wie  die  Ernteprodukte  beim  Landinaun.  Daß  der  Preis  eines 
Fisches,  der  die  Eigenschaften  des  Teleskop  und  Schleierschwanzes 
in  sich  vereinigt  —  Teleskopschleierschwanz  —  auch  entsprechend 
höher  wird,  ist  selbstredend. 

Schon  bei  Teleskopen  von  4—6  Wochen  kann  man  an  einzelnen 
Exemplaren  die  Entwicklungsfähigkeit  der  Augen  beurteilen,  bei 
den  meisten  sicher  nach  4  Monaten,  dagegen  ist  die  der  Flossen 
beim  Schleierschwanz  schwerer  vorauszusagen.  Im  ersten  Sommer 
stehende  Schleierschwänze  beurteile  man  von  oben  gesehen;  von  der 
Seite  gesehen  erscheinen  selbst  feine  Exemplare  minderwertig ,  da 
der  Schwanz  noch  nicht  lang  genug  ist.  Die  Enden  der  Schwanz¬ 
flossen  müssen  sich  bei  jungen  Tieren  bei  der  geringsten  Bewegung 
flimmernd  auf  und  ab  bewegen,  beim  stillsteheudeu  Fisch  müssen 
sie  nach  unten  hängen  ,  am  einfachschwäuzigen  Schleierschwanz 
—  Kometenschweif  —  ebenso,  nur  daß  die  flimmernden  Bewegungen 
seitwärts  gehen  und  zwar  bei  jedem  Schwanzteil  für  sich.  Kometen¬ 
schweife  gewähren  im  Alter  von  3 — 4  Jahren  einen  prächtigen  An¬ 
blick  und  eignen  sich,  besonders  das  Männchen,  außerordentlich  gut 
zur  Zucht,  da  sie  weniger  unbeholfen  sind  als  die  Doppelschwänze 
und  trotz  der  anderen  Flossenbildung  doch  die  schönsten  Doppel¬ 
schwänze  erzeugen  können.  Gehen  die  Strahlenknorpel  in  der 
Schwanzflosse  bis  ganz  an  das  Ende,  so  daß  der  Fisch  diese  Flossen 
«»■anz  in  der  Gewalt  hat,  so  wird  meist  nichts  besonderes  in  dieser 
Beziehung  zu  erwarten  sein.  Der  Liebhaber  wird  gut  thun,  sobald 
die  srerinswertigen  Fische  als  solche  erkennbar  sind,  sich  von  ihnen 
zu  befreien,  um  so  den  wertvolleren  Exemplaren  besseres  Gedeihen 
zu  sichern. 

Im  Nachstehenden  will  ich  nicht  etwa  eine  Anleitung  zur  Zucht 
der  in  Kede  stehenden  Fische  geben,  sondern  nur  das  von  mir  be¬ 
folgte  Verfahren  darlegeu. 

Drei  Hauptbedingungeu  sind  erforderlich  : 

1)  ein  normal  eingerichtetes  Aquarium,  wie  ich  solches  in  Nr.  37 
der  Isis  1889,  Seite  292  beschrieb; 

2)  geeignete  Zuclitflsche  und 

3)  richtige  Behandlung  derselben. 


294 


Um  Beclinguug  2  zu  erfüllen ,  kaufte  ich  im  Jahre  1889 
etwa  30  1 — 2^/2  cm  groläe  Stücke  aus  zwei  verschiedenen  Züchtereien, 
um  so  in  erster  Linie  nicht  Inzucht  treiben  zu  müssen,  und  zog 
diese  Tiere  in  einem  Zimmeraquarium  von  70X45X45  cm  heran. 
Für  lebendes  Futter  sorgte  ich,  so  viel  es  mir  nur  irnend  möglich 
war.  Gar  manchmal  heißt  es  da,  früh  3  Uhr  loswandern,  um  zum 
Beginn  der  Berufsthätigkeit  wieder  zurück  zu  sein,  oder  abends  beim 
Scheine  der  Laterne  Löcher  durch  m  starkes  Eis  schlagen,  um 
daun  vielleicht  —  —  —  nichts  zu  fangen.  So  kam  es,  daß  trotz 
aller  Mühe  die  Tiere  oft  monatelang  ohne  lebende  Nahrung  blieben, 
ln  dieser  Zeit  fütterte  ich  dann  fein  gehackte  und  gut  gewaschene 
Kegenwürmer,  fein  geschabtes,  frisches,  rohes  Rindfleisch,  frische  oder 
getrocknete  Ameisenpuppen,  getrocknete  Daphnien,  Weißwurm,  Gar¬ 
neelenschrot,  fein  gehacktes  rohes  oder  gekochtes  Fleisch  von  Fischen, 
Hummer,  Krabben ;  auch  Kaviar  ist  ein  gutes  Futter,  ebenso  nicht 
allzuhart  gesottenes  Eigelb.  Nach  einem  Jahr  hatten,  wie  die  Aus¬ 
stellung  zeigte,  meine  Fische  eine  Größe  von  6  cm  und  laichten 
in  diesem  Alter  zum  ersten  Male,  ohne  daß  ich  irgend  welche  Vor¬ 
bereitungen  getroffen  hätte.  Ich  ließ  daher  auch  den  Laich  ohne 
jede  Beachtung;  es  war  mir  genügend,  den  Laichprozeß  zu  be¬ 
obachten,  um  sicher  die  Männchen  von  den  Weibchen  unterscheiden  zu 
können. 

Heute  nun  kann  ich  mit  ziemlicher  Sicherheit  au  laichfähigeii 
Fischen  die  Geschlechter  unterscheiden ;  hierzu  gehört  ebeii  nichts 
weiter  als  ein  geübter  Blick.  Stets  hat  das  Männchen  am  After 
eine  Vertiefung,  als  wenn  mau  ein  Stückchen  Fleisch  mit  dem  Finger¬ 
nagel  herausgezwickt  hätte,  während  diese  Vertiefung  beim  Weibchen 
fehlt.  Die  bekannten  Punkte,  die  nur  das  Männchen  au  den  Kiemeu- 
deckeln  haben  soll,  wolle  man  nicht  als  unbedingt  sicheres  Erken¬ 
nungszeichen  halten.  Daß  man  das  Männchen  au  der  schlankeren 
Form,  das  Weibchen  au  dem  gedrungenen,  am  After  kurz  abfallen¬ 
den  Körper  erkennen  solle,  ist  nicht  richtig,  ich  besitze  sehr  hübsche 
Männchen  mit  dieser  zuletzt  beschriebenen  Körperform,  sie  wird 
beim  feinen  Fisch  ja  überhaupt  stets  so  verlangt.  So  hat  mich  auch 
das  bekannte  Erkennungszeichen  der  Weibchen,  das  Heraussteheu  der 
liCgeröhre  aus  der  Afteröffiiung  in  Form  eines  circa  1  mm  langen 
Zipfelchens  gerade  veranlaßt,  einen  Teil  meiner  Männchen  als  Weibchen 
anzuseheu.  Nur  beim  Beobachten  des  Treibens  zur  Paarungszeit  resp. 
durch  vorsichtiges  und  geringes  Abstreifen  der  laichfähigen  Fische  kann 
mau  mit  unbedingter  Sicherheit  die  Paare  bestimmen.  Es  geschieht 


295 


(lies  in  folgender  Weise:  Man  legt  den  Fiscli  anf  den  Kücken  aui  ein 
über  die  linke  Hand  gebreitetes  nasses  leinenes  Tuch,  den  Kopf  nach 
der  Handwurzel,  hält  so  den  Fiscli  vorsichtig  fest  und  fährt  nun 
mit  Daumen  und  Zeigefinger  mit  nur  ganz  gelindem  Druck  au  den 
Bauchwanduugen  entlang  nach  dem  After  zu.  Zeigt  sich  so  nicht 
Milch  oder  Rogen ,  so  ist  der  Fisch  eben  noch  nicht  laichreif,  und 
man  macht  den  Versuch  nach  einiger  Zeit  noch  einmal.  Stärkerer 
Druck  nützt  durchaus  nichts,  kann  aber  Schaden  bringen,  sei  es 
auch  nur  durch  Verlust  von  einigen  Schuppen.  Dieser  ganze  Ver¬ 
such  darf  natürlich  nur  in  der  Laichzeit  vorgeuommen  werden,  also 
vom  Mai  bis  September,  bei  einer  Wassertemperatur  von  nicht 
unter  14®  K.,  ist  aber  möglichst  ganz  zu  vermeiden. 

Nachdem  ich  nach  der  Ausstellung  im  August  1890  diejenigen 
Fische,  die  sich  nach  meiner  Ansicht  nicht  besonders  entwickelt  hatten 
oder  es  noch  später  thuu  würden,  beseitigt  hatte,  besetzte  ich  mein  in 
No.  9/10  der  Blätter  für  Aquarien-  und  Terrarien -Freunde  1890 
beschriebenes  Aquarium  (circa  120  Liter;  die  angegebene  GröLe  des 
Aquariums  ist  durchaus  nicht  unbedingt  erforderlich,  Hauptsache  ist 
wohl  nur,  daL  die  Fische  vou  klein  an  an  den  ihnen  bestimmten 
Zuchtbehälter  gewöhnt  werden,  denn  ein  Mitglied  unseres  Veieins 
erreichte  in  einem  Kasten  von  60  X  30  X  25  cm  sehr  gute  Er¬ 
folge  mit  etwa  15  Fischen  in  Größen  von  5 — 8  cm,  also  um  etwa 
die  Hälfte  zu  viel.  Ich  that  dies  aus  dem  Grunde,  weil  ich  den 
Tieren  einen  als  Laichplatz  angenehmen  Aufenthalt  nicht  schaffen 
wollte,  da  ich  fürchtete,  sie  würden  mir  sonst  zu  früh,  also  zu  einer 
Zeit  laichen,  wo  mir  das  Beschaffen  des  Futters  für  die  jungen  Tiere 
noch  nicht  möglich  sein  würde ;  wir  sind  im  Zimmer  eben  der  Natur 
immer  um  etwa  2  Monate  vorauf,  wie  dies  au  den  Pflauzeu  deutlich 
ersichtlich  ist. 

Am  30.  April  v.  J.  hielt  ich  die  Zeit  für  das  Laichgeschäft 
für  gekommen,  die  Weibchen  waren  ganz  außerordentlich  dick,  und 
so  brachte  ich  bis  auf  die  3  besten  Exemplare,  1  weibl.  2  niäunl., 
meine  Fische  in  Gartenhecken,  die  Geschlechter  getrennt  haltend. 
Am  Freitag  den  1.  Mai  mittags  begann  im  Aquarium  auch  schon 
das  Treiben,  so  daß  ich  überzeugt  war,  daß  der  Laichprozeß  am 
andern  Morgen  vor  sich  gehen  würde.  Ich  sah  voraus,  daß  dieser 
in  der  rechten,  dem  Fenster  zugekehrten  Ecke  stattfinden  werde, 
denn  in  dieser  Ecke  befand  sich  ziemlich  dichter,  fast  undurchdring¬ 
licher  Pflauzenwiichs,  und  ich  hatte  beobachtet,  daß  bei  allen  Ver¬ 
folgungen,  denen  die  Fische,  sei  es  durch  das  Netz  oder  durch 


296 


Genossen  oder  sonst  wie  ausgesetzt  waren,  sie  sich  immer  in  dieses 
Dickicht  flüchteten.  Ich  sagte  mir  nun,  daß,  da  bei  den  Liebes- 
werbu Ilgen  der  Fische  das  Männchen  durchaus  nicht  »errötend  ihren 
Spuren  folgt«,  sondern  seine  Liebe  in  geradezu  blindem  Eifer  be¬ 
kundet,  das  Weibchen  hier  Schutz  suchen  und  sich  des  Laichs  ent¬ 
ledigen  würde.  Genau  so  kam  es.  Ich  brachte  an  diese  und  etwa 
vorhandene  freiere  Stellen  des  Behälters  noch  Büschel  von  Wasser¬ 
pflanzen  und  hatte  am  andern  Morgen  früh  5  Uhr  das  Vergnügen 
zu  sehen,  daß  das  Treiben  trotz  Durchlüfter  und  Springbrunnen,  an 
welche  die  Fische  von  klein  au  gewöhnt  waren,  schon  im  vollen 
Gange  war.  Die  Männchen  jagten  bald  hinter,  bald  neben,  bald 
unter  dem  Weibchen,  so  daß  es  aussah,  als  wollten  sie  das  letztere 
in  Kiemen,  Schwanz  oder  After  beißen,  denn  Teile  der  Brust  oder 
Bauchflossen  des  Weibchens  hatten  die  Männchen  oft  im  Maule.  Die 
Tiere  befanden  sich  in  einer  Aufregung,  die  man  dem  sonst  so  dumm 
erscheinenden  Fisch  gar  nicht  zutraut.  Machten  dieselben  sonst  in 
der  Minute  etwa  90  Atmungen,  so  steigerte  sich  diese  Zahl  während 
des  Laichprozesses  oft  auf  182.  Um  8  Uhr  vormittags  etwa  kam 
der  erste  Laich,  Das  Weibchen  saß  in  der  beschriebenen  Ecke  fest 
und  die  Männchen  trieben  fortwährend  weiter,  da  —  ein  Ruck 
seitwärts  fast  gleichzeitig  von  allen  3  Fischen,  und  eine  Portion 
Laich ,  circa  60 — 100  Körner  flogen  nach  der  Oberfläche  des 
Wassers  zu,  um  sich  im  nächsten  Augenblick  zu  senken.  Was 
nicht  schon  beim  Aufwirbeln  au  einem  Pflaiizeuteil  oder  der 
Scheibe  hängen  geblieben  war,  blieb  beim  Niedersinken  an  jedem 
beliebigen,  sich  ihm  in  den  Weg  stellenden  Gegenstand  hängen, 
oft  an  den  äußersten  Blattspitzen  ,  so  daß  der  Berührungspunkt 
kaum  zu  sehen  war. 

Dieser  Vorgang  hat  sich  im  Laufe  des  Tages  etwa  15  mal 
wiederholt,  mit  Mengen  von  circa  10 — 100  und  mehr  Laichkörneru. 
Um  ^1-27  Uhr  abends  beobachtete  ich  den  letzten  Wurf,  nachher 
standen  die  3  Fische  getrennt  in  verschiedenen  Winkeln  des  Aqua¬ 
riums,  fast  unbeweglich,  teilnahmslos  gegen  alles,  was  nm  sie  her 
vorging,  mau  sah  ihnen  die  Erschöpfung  au. 

Schon  nach  etwa  6  Stunden  ist  zu  sehen,  was  von  den  klein¬ 
hirsekorngroßen  gallertartigen  Eiern  befruchtet  oder  unbefruchtet  ist, 
letztere  sehen  nach  dieser  Zeit  milchweiß  aus,  während  erstere  durch¬ 
sichtig  klar  bleiben.  Mehr  als  dreiviertel  war  unbefruchtet.  Am 
selben  Abend  gegen  10  Uhr  entfernte  ich  die  alten  Fische  aus  dem 
Aquarium  und  verteilte  am  folgenden  Morgen  den  Laich  in  6  Be- 


297 


25./5. 

30. /5. 

31.  /5. 


liälter  laut  folgender,  die  Eutwickeluiig  der  Eier  bei  verschiedener 

VV  asserteraperatnr  zeigenden  3\ibelle; 

(Die  hier  t'ulK'emlc  'l'abollo  siehe  Seite  208  und  290.) 

16./5.  Am  Bauch  einzelner  Tiere  sieht  inan  eine  3  bis  2  nun  grobe 
Blase,  die  sich  bei  allen  Pischchen  in  mehr  oder  weniger 
gröberem  Umfange  zeigt.  Es  sind  dies  die  Verdauungsorgane; 
die  dieselben  einschliebenden  Bauch  wände  sind  so  durchsichtig 
dünn,  dab  man  sie  mit  blobem  Auge  nicht  sehen  kann.  Brust- 
hosseu  sind  deutlich  zu  erkenueu.  An  einzelnen  Exemplaren 
sind  Körper  -  Verkrüppelungen  erkennbar. 

20. /5.  Gröbte  Stücke  sind  1  cm  lan«;-  Die  Rückenflosse  deutlich 
sichtbar.  Die  Tiere  fressen  von  nun  an  so  viel,  dab  sie  oft 
auf  dem  Kopf  stehen,  bei  versuchten  Schwimmbewegungen 
sich  förmlich  kugeln.  Ich  halte  das  reichliche  Püttern  gerade 
in  diesem  Stadium  für  notwendig,  um  gute  Presser,  also 
schnelles  Wachstum  zu  erzielen. 

1^/4  cm  grobe  Exemplare,  Afterflosse  deutlich  sichtbar. 
Bauchflosse  und  somit  alle  Plossen  deutlich  sichtbar. 

Einige  Exemplare  haben  eine  Gröbe  erreicht,  dab  ich  fürchte, 
sie  können  besonders  zurückgebliebene  verschlucken,  deshalb 
setzte  ich  die  letzteren  in  besondere  Behälter.  Es  ist  bei 
diesen  Pischen  nötig,  jedes  Tier  bis  zu  der  Entwicklung  zu 
bringen,  die  zeigt,  was  aus  dem  Tier  werden  dürfte;  es  können 
sonst  gerade  die  feinen  Stücke,  auf  die  es  ja  doch  hauptsäch¬ 
lich  ankommt,  verloren  gehen. 

4. /6.  Die  ßauchwände  werden  undurchsichtig,  die  Pischform  ist  also 

jetzt  vollständig,  die  Schuppen  sind  zu  erkennen.  Zum  ersten 
Male  wurstige  PJxkreniente. 

12. /6.  2^j4:  cm  grobe  Exemplare,  die  am  31./5.  extra  gesetzten,  im 
Wachstum  zurückgebliebenen  Pischchen  haben  sich  durch  be¬ 
sondere  Pflege  so  weit  entwickelt,  dab  ich  sie  bis  auf  3  Stück 
ohne  Gefahr  wieder  zu  den  anderen  setzen  kann.  Es  ist 
genau  zu  sehen,  was  Teleskopaugen  werden  wollen. 

5. /7.  Ich  sehe,  dab  einige  Tiere  sich  färben.  Das  frühe  Pärben  und 

die  Rasch wüchsigkeit  sollen  erblich  sein,  man  soll  also  thun- 
lichst  solche  zur  Zucht  verwenden,  die  diese  Jdigenschafteii 
haben,  wenn  man  beides  erreichen  will.  Das  letztere  liebe 
sich  einfach  dahin  erklären,  dab  raschwüchsige  Fische  kräftig 
und  gesund  sein  müssen  und  man  von  gesunden  Eltern  ja 
zweifellos  kräftigere  Nachkoiiimenschaft  zu  erwarten  habe  als 


298 


Wärme  des  Wassers.  Grade 


Standort. 

Datum  1891. 

Am  Fenster  eines  nach  S.  W.  gelegenen 
Wohnzimmers,  durch  nichts  vor  den 

Sonnenstrahlen  geschützt. 

Am  Neben¬ 
fenster  von  No.l 
bis  3,  aber  dort 
stehender  Topf¬ 
gewächse  weg. 
durch  Holzja¬ 
lousien  vor  der 
Mittagssonne 
geschützt. 

No.  1, 

rechteckiges 
Kasten- 
aquarium  entli. 
ca.  120  Liter. 

No.  2, 

wie  No.  1  enth. 
ca.  20  Liter. 

No.  3, 

rundes  Ein¬ 
macheglas 
enth.  ca.  10  Lit. 

No.  4, 
viereckiges 
Gllasaquarium 
enth.  ca.  10  Liter. 

3/5. 

verteilte  ich  die  am  2/5.  bei  15'*  in  No.  1  erhalte- 
5  Aquarien,  deren  Wasser  auf  14° 

Vorm.  7  Uhr.  . 

15^2 

141/2 

13 

13 

4/5.  ^ 

Mittags  12  Uhr 

141/2 

14 

18 

14 

Nachm.  4  Uhr  . 

16'/2 

17 

181/2 

15 

.Abends  10  Uhr 

16 

16 

151/2 

141/2 

Vorm.  7  Uhr.  . 

15 

141/2 

14 

14 

5/5.  ■ 

Nachm.  2  Uhr  . 

16 

151/2 

201/2 

151/2 

Abends  10^/2  Uhr 

16 

17 

151/2 

15 

6/5. 

Früh  6  Uhr  .  .  . 

14°/i 

141/2 

131/4 

131/2 

Nachts  1  Uhr  . 

15®/4 

16 

15 

15 

7/5. 

Vorm.  7  Uhr  .  . 

15 

— 

— 

— 

Abends  10  Uhr 

\ 

1474 

1474 

1474 

141/2 

8/5. 

Vorm.  7  Uhr  .  . 

141/2 

14 

14 

14 

.  Nachm.  1  Uhr  . 

14’/2 

141/4 

14 

141/4 

9/5.{ 

Vorm.  10  Uhr  . 

1474 

141/2 

141/2 

15 

Nachm.  2  Uhr  . 

1574 

16 

1874 

I61/4 

10/5.  Mittags  12  Uhr 

18 

18 

18 

17'/2 

299 


nach  Reaunuir. 


Auf  dem  Blumenbrett  eines 
uach  S.O.  gelegenen,  nach 
engem  Hof  mündenden 
Fensters,  daher  täglich  nur 
wenige  Vormittagsstunden 
Sonne. 

Benierkungen  über  Witterung, 
Entwicklung  etc. 

No.  5. 

sechseckiges 
Kasten- 
aiiuarium  enth. 
ca.  20  Liter. 

No.  6, 

wie  No.  3. 

Am  2/5.  warmes,  sonniges  Wetter. 

nen  Eier  in  die  weiteren 
temperiert  war. 

Wenig  Sonne,  kühl. 

9 

15 

WI2 

13 

9 

15 

14'/2 

13 

Warmes,  sonniges  Wetter.  Unbefruchtete  Eier  voller  Sapro- 
legnien.  Embryo  mittelst  Lupe  erkennbar. 

10' /2 

15 

10 

10  '/ 

15 

9'/2 

Vorm,  kühles,  klares  AVetter,  nachm,  bedeckt.  Embryo  in 
No.  1—4  mit  bloßem  Auge  sichtbar,  die  Augen  mittelst 
Lupe  deutlich  erkennbar.  Embryo  abends  sich  bewegend. 
In  No.  5  u.  6  Eml)ryo  weniger  deutlich  erkennbar  und 
ohne  Bewegung. 

6'/ 4 

Wetter  wie  vorher.  Am  Embryo  überall  mit  bloßem  Auge 
die  Augen  zu  sehen.  Saprolegnien  au  unbefruchteten 
Eiern  verschwinden  mehr  und  mehr.  Befruchtetes  Ei, 
das  von  Saprolegnien-Strahlen  eines  anstoßenden  unbe¬ 
fruchteten  Eies  eingehüllt  i.st,  nimmt  selbst  Saprolegnien 
nicht  an.  Diese  meine  Beobachtung,  die  ich  in  mehreren 
Fällen  machte,  widerspricht  dem  in  „Fische,  Fischerei 
und  P’ischzucht“  von  Professor  l)r.  Bertho’d  Ben  ecke 
auf  Seite  213  Besagten,  es  heißt  dort:  „Die  Saprol-Sporen 
keimen  aber  auch  auf  den  benachbarten  guten  Eiern, 
die  sie,  indem  ihre  Wurzelfäden  durch  die  Eihaut  ein- 
dringen,  schnell  und  häufig  in  großer  Masse  töten.“ 
(Vergl.  auch  Bericht  unserer  Vereinssitzung  vom  6/5.  92.) 

9'/2 

8 

11 

9'/4 

11 

Kaltes,  regnerisches  Wetter.  Unbefruchtete  filier,  an  denen 
Saprolegnien  fast  ganz  verschwunden,  fallen  zum  Teil 
ab  und  sinken  zu  Boden. 

10 

ll’/2 

10 

11 ‘/2 

Warmer  liegen,  ln  No.  1—3  schlüiifen  junge  filsche  aus, 
sie  hängen  fast  ohne  Bewegung  senkrecht  an  der  Ober¬ 
fläche:  in  andere  Beliälter  gebracht,  sinken  sie  zu  Boden 
und  bemühen  sich  im  Verlauf  von  10  Minuten  nach  oben 
zu  kommen,  fihschform  kaum  erkenntlich,  Augen  sehr 
groß. 

Wji 

17 

15 

17'/2 

Sehr  warmes,  .sonniges  Wetter,  ln  No.  1  Junge,  in  1—3 
hängen  junge  fi'isclto  nach  der  Vorderschei))e  zu  senk¬ 
recht  an  der  Oherlläche,  bewegen  sich  aber  oft.  Beim 
Klopfen  an  das  A(iuarium  schießen  sic  durcheinander, 
einzelne  fangen  an  wagerecht  zu  schwimmen. 

15% 

15% 

Sonniges,  sehr  warmes  Wetter,  ln  No.  5— G  junge  Fische. 

« 


300 


von  Schwächlingen.  Für  die  Erblichkeit  des  frühen  Färbens 
indes  habe  ich  keine  Erklärung,  Von  in  meinem  Besitz 
verbliebenen  circa  60  ‘Fischen  färbten  etwa  10  im  ersten 
Jahre  aus;  einer  meiner  Zuchtfische  fing  im  dritten  Sommer 
an  zu  färben  und  ist  heute,  nach  einem  weiteren  Jahre,  noch 
nicht  fertig  damit,  während  von  den  jungen  Tieren  einige 
innerhalb  14  Tagen  vollständig  ausfärbten. 

Es  ist  aus  der  Tabelle  zu  ersehen,  dalä  durch  die  Sonne  verur¬ 
sachte  erhöhte  Wärme  des  Wassers  viel  zur  schnellen  Entwicklung 
der  Eier  beiträgt,  sie  bringt  aber  noch  einen  weiteren  aufierordeutlich 
wichtigen  Vorteil.  »Sie  bewirkt,  daß  die  Fische  heu  un- 
verkrüppelt  dem  Ei  entschlüpfen«.  In  kälterem  Wasser 
bleibt  die  Eischale  härter,  die  Tiere  sind  im  Ei  schon  entwickelt, 
ehe  sie  durch  geringe  Bewegung  die  Eischale  brechen  können, 
machen  also  hierzu  gewaltige  Anstrengungen,  und  so  schädigen 
sie  sich  schon  im  Ei,  sicher  aber  beim  Ausschlüpfeu  den  zarten 
Körper  und  die  noch  zarteren  Flossen.  So  geholte  Verkrüppelungen 
wachsen  sehr  spät  oder  nie  wieder  ganz  aus.  Die  Gefahr  der  Ver¬ 
krüppelung  mag  auch  noch  in  den  ersten  Minuten  durch  die  Bewegung 
der  Tierchen  selbst  vorhanden  sein,  später  aber  treten  Verkrüppe¬ 
lungen  nicht  mehr  ein,  wenn  nicht  größere  Kraft,  als  sie  die  Tiere 
selbst  besitzen,  sie  ihnen  beibringt.  Deshalb  ist  es  auch  nicht 
richtig,  die  Tiere  schon  vor  Ende  Mai  laichen  zu  lassen. 

(Schluß  folgt.) 


•Über  kariöse  Erscheinimgeii  au  Kuoelieii  freilebender 


Tiere. 


Vou  Dr.  med.  Hennieke, 


(Mit  4  Ahbildungeii.) 


Herr  Hofrat  Professor  Dr.  Liebe  berichtete  vor  13  Jahren 
über  Knochenfraß  bei  einem  Exemplare  des  Höhlenbären  folgendes*): 
»Ein  Radius  vou  Ursiis  spelaeiis  zeigt  an  der  Oberfläche  eine  grofö 
Anzahl  vou  flachen  Vertiefungen  mit  unregelmäßigen,  rundlichen 
Umrissen,  deren  verschiedene  Durchmesser  zwischen  zwanzig  und 
drei  Millimeter  schwanken  uud  deren  Tiefe  etwa  einen  Millimeter, 
selten  mehr  beträgt.  Öfter  verfließen  die  Vertiefungen  mit  einander 
und  bilden  daun  größere  erodierte  Flecken.  Es  fragt  sich  nun, 

*)  LXXIX.  Band  d.  Sitzb.  d.  K.  K.  Akad.  der  Wissensch.  I.  Abt.  Mai- 
lleft,  Jahrg.  187Ü. 


301 


welche  Ursachen  der  Verunstaltung  des  Knochens  eines  Höhlen¬ 
bären  zu  Grunde  liegen.  An  eine  Benagung  durch  Raubtiere  ist 
nicht  zu  denken,  wie  der  erste  Blick  lehrt;  aber  auch  jene  Be- 
uaguntj  liegt  nicht  vor,  wie  sie  gewisse  Schneckenarten  mit  ihren 
Zungen  ausführen,  und  welche  ich  schon  früher  nachgewiesei«  habe 
(»die  Liudenthaler  Hyäuenhöhle  und  andere  diluviale  Knocheufunde 
in  Ostthüringen«  in  Eckers  Arch,  f.  Anth.  etc.  1876).  Wir  haben 
es  hier  vielmehr  mit  einer  pathologischen  Erscheinung  zu  thun,  mit 
einer  Krankheit,  die  unter  Karies  gehört  und  an  der  das  Tier 
mutmaßlich  eingegangen  ist,  obschon  von  dem  einen  Ende  des 
Knochens  aus  der  Heilungsprozeß  kräftig  vorgeschritten  war.  Nach 
dem  oberen  Ende  hin  ist  die  Knochenmasse  auf  dem  Grunde  der 
Grübchen  zerstört  und  der  Zusammenhang  zwischen  den  Knochen¬ 
zellen  sehr  gelöst,  nach  dem  unteren  Ende  hin  dagegen  hat  auf 
dem  Grunde  der  Gruben  eine  gesunde  Neubildung  stattgefunden  und 
erkennt  man  namentlich  au  der  einen  großen  Grube  eine  voll¬ 
ständige  Ausheilung  der  Nekrose.  Was  nun  weiter  die  Ursache  der 
Knocheukraukheit  betrifft,  so  liegt  es  nahe,  an  Bißwunden  zu 
denken,  die  das  Tier  bei  harten  Kämpfen  davougetragen  hat.  Dem 
widerspricht  aber  die  große  Zahl  und  vor  allem  auch  die  Lage  der 
Gruben,  die  zum  Teil  auf  von  Haus  aus  geschützten  Stellen  stehen, 
sowie  nicht  weniger  der  Umstand,  daß  wie  alle  lebenden  Bären  der 
kälteren  Zonen  wohl  auch  der  Höhlenbär  durch  dichten  Pelz  gegen 
so  arge  Bißwunden  geschützt  war.  Ich  halte  daher  die  Annahme 
für  die  richtige,  daß  eine  allgemeine  körperliche  Disposition  der 
Krankheit  zu  Grunde  gelegen  hat,  die  allerdings  daun  durch  zu¬ 
fällige  Bißwunden  sich  örtlich  kompliziert  haben  kann.  Für  diese 
Ansicht  spricht  der  Umstand,  daß  der  Knochen,  wie  die  hie  und  da 
deutlichen  blättrigen  Absonderungen  au  der  Oberfläche  und  das 
ganze  Gewebe  lehren,  von  einem  alten  Individuum  herrühren  mag, 
und  vor  allem  die  Erfahrung.  Gerade  an  Knochen  von  Ursus 
spelaeus  habe  ich  solche  Karies  öfter  gesehen  ;  so  z.  B.  an  Knochen 
der  fränkischen  Höhlen  in  der  Sammlung  des  verstorbenen  Prof. 
Braun  und  au  einem  Exemplare  von  Quedlinburg.  Auch  in  der 
Liudenthaler  Hyäuenhöhle  fand  ich  in  einem  sonst  ganz  gesunden 
Schädel  bei  ganz  gesunder  Krone  die  Wurzeln  des  einen  oberen 
Backenzahnes  durch  Karies  angegriffen  und  zwei  Eiterkanäle,  welche 
von  den  Zahnwurzeln  aus  den  Randteil  des  Oberkiefers  U  mm. 
oberhalb  des  Randes  durchbohrt  haben  (der  genannte  Schädel  liegt 
in  der  fürstlichen  Laudessammluug  zu  Gera).« 


302 


Hieran  reihte  Liebe  später  noch  weitere  Ausführungen  über 
das  Aussterben  gewisser  Tierformen  in  geologischen  Zeiträumen  und 
dessen  Ursachen. 

Leider  befinden  sich  weder  die  Knochen  selbst,  noch  die  7Aim 
Zweck  der  mikroskopischen  Untersuchung  angefertigten  Schlifi- 
präparate  noch  im  Besitze  des  Herrn  Hofrat  Liebe,  so  daß  es  un¬ 
möglich  ist,  zu  mutmaßen,  auf  welcher  Basis  die  kariösen  Er¬ 
scheinungen  beruhten,  ob  sie  durch  eine  tuberkulöse,  syphilitische 
oder  osteomyelitische  Erkrankung  hervorgerufen  waren  oder  auch 
nur  gewöhnlichen  Eitercoccen  ihren  Ursprung  verdankten.  Leider 
konnte  ich  so  auch  nicht  entscheiden,  ob  sie  irgendwie  einem  sofort 
zu  besprechenden  ähnlichen  Vorkommnis  an  einem  Sc  h  i  m  pan  s e  n- 
Skelett  gleich  oder  ähnlich  waren,  obgleich  mich  die  Beschreibung 
zu  der  Vermutung  führt,  daß  die  Erkrankungen  wenigstens  zum 
Teil  identisch  sind. 

Tm  Herbst  1891  wurde  mir  fjeleojentlich  einer  Reise  an  der 
Westküste  Afrikas  in  Majumba  das  Rohskelett  eines  außergewöhnlich 
großen,  weiblichen  Schimpanse  angeboten,  der  wenige  Tage  vor¬ 
her  mit  einem  Jungen  an  der  Brust  erlegt  worden  war.  Leider 
war  das  Tier  infolge  der  Hitze  schon  derartig  in  Verwesung  über- 
gegangen,  daß  von  der  Haut  und  den  Weichteilen  wenig  mehr  zu 
erkennen  war.  Bei  der  in  Gera  von  Herrn  Hofrat  Liebe  vor- 
genommenen  Präparation  des  Skelettes  dieses  Tieres  zeigte  es  sich  nun, 
daß  das  erste  Phalangealgelenk  am  Mittelfinger  der  rechten  Hand 
eine  Knochenerkrankungf  aufwies.  Sämtliche  andere  Knochen  des 
Skelettes  waren  gesund. 

Die  Erkrankung  zeigte  folgende  Eigentümlichkeiten.  Das  obere 
Ende  der  ersten  Phalanx  (Fig.  «),  sowie  das  untere  Ende  der  zweiten 
Phalanx  (Fig.  Z/)  waren  anfgetrieben  und  in  diesen  Auftreibungen  zeigten 
sich  eine  Anzahl  größere  und  kleinere  Gruben  und  Gänge.  Die 
Grundform  des  Knochens  war  dabei  keineswegs  alteriert,  sondern 
noch  deutlich  erkennbar.  An  dem  ersteren  Knochen  waren  die 
beiden  Condylen  deutlich  sichtbar,  wie  auch  au  dem  zweiten  die 
Gelenkflächen  deutlich  ausgeprägt  waren  (Fig.  c  und  d).  Nur  waren 
die  Verhältnisse  räumlich  größere,  wie  au  den  gesunden  Knochen 
der  anderen  Seite  und  die  Geleukflächen  zeigten  eine  zerfressene 
Oberfläche.  Die  Verunstaltung  erstreckte  sich  bei  beiden  nicht 
weiter  als  ca.  einen  Centimeter  von  der  Geleukliäche  entfernt.  Die 
Gruben,  welche  sich  in  ihnen  befanden,  waren  teilweise  4 — 6  Milli¬ 
meter  tief,  ihr  Durchmesser  betrug  bis  zu  6  Millimeter.  Dazwischen 


303 


kamen  aber  auch  sehr  viele  kleine  Vertiefungen  von  1 — 2  Millimeter 
Tiefe  und  gleichem  Durchmesser  vor,  so’  dah  die  ganze  Knochen¬ 
substanz  ein  eigentümlich  schwammartiges  Aussehen  hatte.  Der 

O  O 


a  Krste  Phalanx  seitlich  von  unten, 
b  zweite  Phalanx  seitlich  von  unten, 
c  beide  Phalang’cn  von  oben, 
d  beide  Plialanjjren  von  unten  gesehen. 

Übrige  Teil  der  beiden  Knochen  zeigte  ein  vollständig  normales 
Aussehen.  Die  Leisten  für  den  Ansatz  der  Muskeln  waren  hoch¬ 
gradig  entwickelt,  wie  überhaupt  der  ganze  Bau  des  Tieres  auf 
ein  in  gutem  Kräftezustande  befindliches  Exemplar  schließen  ließ. 

Die  zum  Zweck  der  mikroskopischen  Untersuchung  augefertigten 
Knochenschlilfe  zeigten  kein  specifisches  Bild,  im  besonderen  ließen 
sich  keine  Biesenzellen  oder  Tuberkelbacillen  darin  finden. 


304 


Es  läßt  sich  also  auch  hier  nicht  entscheiden,  auf  welcher 
Ursache  diese  Kochenerkrankung  beruht.  Möglich,  daß  eine  Ver¬ 
letzung  der  Gelenkgegend  die  Eintrittspforte  für  Streptococcen  oder 
Staphylococcen  und  damit  die  Ursache  der  Knochenerkrankung  wurde, 
möglich  auch,  daß  eine  allgemeine  körperliche  Disposition  zu  Grunde 
liegt.  Wir  müssen  es  dahingestellt  sein  lassen. 

Sehr  interessant  würde  es  sein,  wenn  bei  ähnlichen  Vorkomm¬ 
nissen  eine  Untersuchung  der  Weichteile,  nicht  nur  des  betreffenden 
Gliedes,  sondern  auch  des  übrigen  Körpers,  vor  allem  der  inneren 
Organe  vorgenommen  werden  könnte,  da  nur  eine  solche  einen 
sicheren  Schluß  auf  die  Ursache  der  Krankheit  zuläßt.  Jedenfalls 
ist  aber  schon  der  Umstand  nicht  ohne  Interesse,  daß  wildlebende, 
so  verschiedenen  Zonen,  Zeiträumen  und  Ordnungen  angehörige  Tiere, 
wie  Höhlenbären  und  Schimpansen,  auch  in  der  Freiheit  von  den 
tückischen  Mikroorganismen  heimgesucht  werden.  Bei  domestizierten 
und  in  der  Gefangenschaft  lebenden  Tieren  sind  ja  derartige  Vor¬ 
kommnisse  häufig. 


Über  die  Lebensweise  des  Wüsten -Warans  und  der 
Hufeisennatter  in  Gefangensehaft. 

Von  Helene  Werner  in  Wien. 

Bevor  ich  meine  Beobachtung  über  die  oben  erwähnten  Reptilien 
hier  wiedergebe,  will  ich  ausdrücklich  bemerken,  daß  ich  von  jeder  dieser 
beiden  Arten  nur  ein  Exemplar  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte;  ich 
glaube  jedoch,  daß  meine  Mitteilungen  nicht  ohne  einiges  Interesse 
sind,  nachdem  sich  die  beiden  Exemplare  in  Gefangenschaft  ganz 
wohl  befinden,  daher  anzuuehmeu  ist,  daß  ihre  hiesige  Lebensweise  von 
der  in  ihrer  Heimat  nicht  wesentl  ch  abweicht,  und  mir  keine  früheren 
ausführlicheren  Berichte  über  diese  Tiere  bekannt  geworden  sind. 

Der  Wüsten -Waran  iVaramis  griseus)^  der  aus  Biskra  in  Al¬ 
gerien  stammt  und  von  meinem  Bruder  im  Frühling  dieses  Jahres 
initgebracht  wurde,  ist  eiu  mittelgroßes,  fehlerloses  Exemplar  von 
nahezu  70  cm  Länge  und  nährt  sich  hauptsächlich  vou  Mäusen; 
bis  jetzt  hat  er  37  Mäuse  und  7  Eidechsen  verzehrt.  Sobald  eine 
Maus  frei  im  Kälig  herumläuft,  stürzt  er  auf  sie  los,  zerdrückt  ihr 
den  Kopf  und  verschlingt  sie  dann  stets  mit  dem  Kopf  voran  ruck¬ 
weise  und  sehr  schnell,  ohne  zu  kauen,  da  er  sich  nicht  die  Zeit 


iiiiiimt,  ihi  die  Scluidelknoclieii  ordeutlicli  zu  zernialivieii,  wie  dies  die 
Perieidechse  (Lacerta  ocellata)  zu  tlmii  pliegt,  sondern  sich  mit  einigen 
Bissen  begnügt,  die  nur  die  Haut  und  die  Muskeln  durchschneideu; 
ei  nimmt  übrigens  die  Mäuse  ohne  Scheu  aus  der  Hand. 

Nach  Brehnis  Tierlebeu  II.  Auflage,  und  mehreren  anderen 
mir  zugekommeneu  Mitteilungen  soll  der  Waran  in  Gefangenschaft 
keine  Nahrung  auuehmeu,  was  mit  dem  Benehmen  meines  Exemplars, 
welches  durchaus  keine  besondere  Pflege  genießt,  in  direktem  Wider¬ 
spruch  steht.  (Vgl.  dagegen  ßrehm.  III.  Aufl.  Bd.  7.  Seite  113.  N.) 

Ohne  Lisache  verschmäht  er  auch  manchesmal  nahezu  einen 
Monat  lang  jede  Nahrung,  kann  aber  andererseits  wieder  5  Mäuse 
nacheinander  verzehren.  Ebenso  wie  der  Dornschwanz  (üromastix 
acanthinurus)  und  die  Sandschiauge  {Eryx  jacuUis)  trinkt  der  Waran 
niemals. 

Obwohl  derselbe  eine  in  jeder  Beziehung  vollendete  Eidechse  ist,  so 
erinnert  er  doch  sehr  au  eine  Schlange,  sowohl  durch  seine  sehr  lange 
Zunge,  welche  er  häufig  und  mit  großer  Schnelligkeit  hervorstreckt, 
und  seinen  ebenfalls  verhältnismäßig  laugen  Hals,  als  auch  durch  sein 
schlangeuähnhches  starkes  Zischen,  wenn  er  gereizt  wird,  wobei  er 
den  Körper  stark  ausdehnt  und  zusammeuzieht  und  seine  Kehlhaut 
aufbläht. 


Wenn  er  besonders  erregt  ist,  z.  B.  wenn  er  nach  einem  Flucht¬ 
versuch  in  seinen  Käfig  zurückgebracht  wird,  verteidigt  er  sich,  da 
er  durchaus  keinen  gutmütigen  Charakter  besitzt,  durch  wütendes  Beißen 
und  Kratzen  und  kann  sich  noch  lange  nachher  nicht  beruhigen, 
sondern  faucht  heftig  und  stoßweise.  Außerdem  pflegt  der  Waran 
nach  demjenigen,  der  seine  Ruhe  stört,  plötzlich  und  heimtückisch  zu 
schnappen  und  mit  dem  laugen  Schwanz  empfindliche  Schläge  aus¬ 
zuteilen. 

Wenn  er  einen  Fluchtversuch  plant,  reibt  er  sich  an  den  Wänden 
des  Käfigs  herum  und  blickt  unverwandt  in  die  Höhe,  springt,  wenn 
er  sich  unbemerkt  glaubt,  mit  einem  einzigen  Satz  auf  den  Rand 
seines  Käfigs,  eilt  dann  gewöhnlich  mit  rasender  Schnelligkeit  irtmiid 
einem  Versteck  zu  und  klettert  bei  dieser  Gelegenheit  mit  großer  Ge¬ 
wandtheit  in  den  Spalten  zwischen  Mauer  und  Kästen  empor. 

Mit  anderen  Reptilien  in  ungefähr  gleicher  Größe  verträgt  er 
sich  sehr  gut;  während  er  bei  dem  Anblick  einer  Maus  oder  Eidechse 
in  große  Erregung  kommt  und  sich  gleich  zur  Verfolgung  bereit 
macht,  die  meist  nicht  lauge  dauert,  da  er  sein  Opfer  mit  großer 
Sicherheit  erfaßt.  Dabei  schleicht  er  sich  von  der  Seite,  beziehungs- 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXIIl,  1892.  20 


SOG 


weise  mit  seitlich  geneigtem  Kopfe  an  die  Maus  heran  und  packt 
sie  mit  einem  plötzlichen  Vorstoß  in  der  Mitte  oder  beim  Kopf. 
Ist  ihm  dies  geluugen,  so  schüttelt  und  schlägt  er  sie,  wenn  sie  sehr 
groß  und  stark  ist  und  zu  beißen  versucht,  solange  gcg^“!!  den  Boden, 
bis  sie  einigermaßen  betäubt  ist. 

Die  Häutung  geht  in  der  Weise  vor  sich,  daß  sich  die  alte 
Haut  zuerst  au  dem  Genick,  an  der  Schwanzwurzel  und  an  den  Ex¬ 
tremitäten  loslöst  und  daun  in  kleinen  Fetzen  abgestreift  wird.  Am 
längsten  dauert  die  Häutung  am  Rücken  und  am  Schwanz  und  sie 
beansprucht  überhaupt  einen  sehr  langen  Zeitraum.  Der  Appetit 
des  Warans  ist  während  der  Häutung  unvermindert. 

Zu  bemerken  wäre  noch,  daß  der  Waran  beim  Laufen  oder  Gehen 
mit  dem  Bauch  nicht  den  Boden  berührt,  wie  es  hei  den  Eidechsen 
der  Fall  zu  sein  pflegt.  Wenn  er  schläft,  hat  er  den  Kopf  gewöhn¬ 
lich  seitlich  geneigt  und  die  Beine  nach  hinten  gerichtet  au  den 
Körper  angelegt;  sein  Schlaf  ist  ziemlich  fest.  Der  Waran  ver¬ 
trägt  noch  mehr  Wärme  als  die  Dornschwänze,  befindet  sich  aber 
bei  +  15°  Celsius  noch  ganz  wohl,  obgleich  er  dann  die  Annahme 
von  Nahrung  verweigert.  Der  Waran  ist  bei  genügender  Wärme 
und  reichlicher  Nahrung  (da  er  eine  sehr  schnelle  Verdauung  besitzt) 
immer  lebhaft  und  in  seinen  sonstigen  Ansprüchen  sehr  bescheiden. 

Meine  Hufeisennatter  {Zmnenis  Jdppocrepis)  stammt  aus  Bona 
in  Algerien,  wo  das  schöne  mittelgroße  Exemplar  ebenfalls  von 
meinem  Bruder  am  Mont  Edough  gefangen  wurde.  Sie  nährt  sich 
hauptsächlich  von  Mäusen,  die  sie  vorwiegend  bei  Nacht  verschlingt 
und  zwar  tote  fast  lieber  als  lebende;  ausnahmsweise  nimmt  sie  auch 
Eidechsen  an.  Mein  Exemplar  ist  trotz  fünfmonatlicher  Gefangen¬ 
schaft  noch  ziemlich  bissig;  sie  häutete  sich  bisher  circa  alle  Monate 
einmal  und  zwar  sehr  vollständig,  indem  die  Haut  nahezu  in  einem 
Stück  abgestreift  wurde.  Mein  Exemplar  trinkt  zwar  selten,  meidet 
aber  ini  allgemeinen  die  Feuchtigkeit  nicht.  Die  Hufeisennatter 
ist,  wie  es  scheint,  eine  auf  dem  Erdboden  lebende  Schlange,  welche 
nur  selten  klettert,  und  ist  in  ihren  Bewegungen  im  Vergleich  zu 
den  beiden  europäischen  Arten  Zamenis  gemoneiisis  und  Z.  Dahlii 
nicht  besonders  schnell. 


307 


Der  Sekretär,  Gypogeramis  serpeiitarius,  des  zoologischen 

Oarteiis  zu  Köln. 

Von  Staats  von  Waequant-Geozelles. 


Mein  erstes  Znsammentrelfen  mit  diesem  Vogel  fand  in  Alfeld 
statt,  wo  Herr  Reiche  mich  ihm  im  Februar  d.  J.  vorstellte.  Da 
dei  Vogel  soviel  ich  weiß,  ein  Schiffbrüchiger  von  der  »Fider«  — 
gesund  und  munter  war,  so  dachte  ich  sofort  au  die  vortreffliche 
Raubvogelsammluug  des  zoologischen  Gartens  zu  Köln  und  schrieb 
sotoit  au  meinen  hochverehrten  Freund,  Direktor  Dr.  Wunderlich. 

Zu  meiner  Freude  kaufte  derselbe  dieses  interessante,  leider  nur 
selten  importierte  Geschöpf,  und  somit  sah  ich  dasselbe  Ende  Juli 


»Wenn  ich  nur  ’mal  eine  Schlange  be- 

O 


dieses  Jahres  wieder.  — 

kommen  könnte  !«.....  sagte  mir  der  Herr  Direktor,  und  da 
auch  ich  und  ohne  Frage  auch  der  Sekretär  selbst  —  diesen 
unsch  he,^te,  so  suchte  ich  eine  mir  bei  Köln  (Lohmar,  Siegkreis) 
bekannte  Schlangengegeud  eifrig  ab.  Meiiie  Bemühungen  wurden 
von  Erfolg  gekrönt,  meine  Erwartungen  aber  —  übertrotfeu ;  denn 
während  ich  die  Ringelnatter  suchte,  fand  ich  —  —  ein  ausge¬ 
wachsenes  Exemplar  der  W ürfe luatter,  Tropiclonotus  tessellatus^ 
Laur.  Ich  warf  das  Tier,  welches  sich  au  einem  Reisighaiifen 
sonnte,  mit  dem  untergeschobenen  Gewehre  auf  eine  gemähte  Wiese 
und  hatte  das  Vergnügen,  zu  sehen,  wie  mein  Hund  ohne  Besinnen 
über  das  sich  ringelnde,  wütend  um  sich  beißende  Tier  herfiel  und 
es  zu  töten  suchte.  *) 

Ich  nahm  die  Schlange  mit  nach  Köln,  sagte  dem  Herrn 
Sekretär  au  der  Kasse  Bescheid,  daßi  er  den  Herrn  Direktor  von 
I  unde  ben achi ichti^en  möge,  und  begab  mich  vom  Herrn 
Sekretär  direkt  zum  Vogel  Sekretär.  Dort  fand  sich  alsbald  auch 
der  Herr  Direktor  ein  und  wir  überlegten  nun,  wie  wir  das  Schau¬ 
spiel  eiurichten  könnten.  Da  wir  die  außerordentlich  behende 
Schlange  auf  keinen  lall  iin  Außeuraume  des  Secretarius  gänzlich 
freilassen  durften,  —  denn  wenn  sie  uns  entkam,  so  konnte  der 
zoologische  Garten  leicJit  in  ganz  Köln  in  Verruf  kommen,  —  so 
banden  wir  sie  an  einen  dünnen  Bindfaden  und  warfen  sie  dann  in 


*)  E.S  wird  auch  hier  am  Platze  sein,  zu  bemerken,  daß  dieser  Hund, 
»Mucki«,  S.  »Zool.  (fart.«  WXII,  Seite  89,  —  welcher  in  »Hunde.sport 
und  Jagd«  und  anderen  Fachschriften  von  den  berufensten  Federn  als  »der 
best  dressierte  Hund,  der  in  Deutschlands  Gauen  existiert«,  beschrieben  wird, 
nur - ein  Teckel  ist. 


308 


deu  Raum  des  iu  einer  Ecke  hockenden  Vogels.  Sofort  veräudeite 
sich  das  ganze  Aussehen  und  Wesen  desselben  in  höchst  auffallender 
Weise.  Glühenden  Auges  unverwandt  auf  die  Schlange  schauend, 
näherte  er  sich  ihr  gravitätisch  und  ruhig,  je  nach  dem  Benehmen 
der  Schlange  vor-  und  zurückgehend  und  nur  im  Anfänge  einmal 
kurz  mit  deu  festauliegeuden  Flügeln  zuckend  und  die  Haube  einen 
Moment  sträubend :  —  er  brauchte  ja  nicht  >abzuschrecken«  sondern 
nur  »anzugreifen«  ;  denn  die  Schlange  versuchte  zu  fliehen. 

Somit  lieh  er  seine  Schirm-  und  Schreck-Mittel :  b  lügel  und 
Haube,  entsprechend  seiner  immerhin  nur  geringen  Frregung,  außer 
Thätigkeit, 

Der  endliche,  wirkliche  Angriff  geschah  von  Seiten  des  Vogels 
nicht  vermittels  eines  Schlages  mit  dem  Flügelhöcker,  wie  Le  Vaillant 
angibt,  sondern  so,  wie  wir  Zuschauer  es  uns  gleich  dachten,  mit 
dem  Fange  (Fuße).  Der  Flügelbug  mag  dem  Vogel  bei  größeren, 
sich  aufrichtendeu  Schlangen,  z.  B.  bei  der  schrecklichen  ägyptischen 
Brillenschlange,  allerdings  von  größtem  Nutzen  sein,  bei  kleineren 
Schlangen  aber,  welche  am  Erdboden  kriechen  und  sich  kaum  ei- 
heben,  kann  nur  der  kräftige  Fang  deu  tödlichen  Streich  austeileu. 
Wir  haben  das  gesehen:  —  plötzlich  und  mit  Blitzesschnelle  sauste 
der  Fang  herab  und  mit  lautem  Klatsch  —  wie  wenn  mau  mit 
flacher  Hand  kräftig  den  Erdboden  schlägt  —  traf  der  »Ballen« 
des  Fußes  genau  deu  Kopf  der  Schlange.  Auch  der  zweite, 
leuchtenden  Auges  ausgeführte  Schlag  traf  wiederum  sicher  den 
Kopf  des  sich  wild  im  Todeskampfe  ringelnden  Opfers  und  eist  der 
dritte  Hieb  schmetterte  die  lebenden  Ringe  zu  Boden. 

Nunmehr  löste  ich  die  ohnmächtige  Schlange  vom  Bindfaden, 
bei  welcher  Gelegenheit  der  Vogel  mir  augenscheinlich  höchst  un¬ 
gehaltene  Blicke,  begleitet  mit  Rucken  des  Halses,  zuwaif. 

Sowie  die  Schlange  wieder  im  umhegten  Raume  lag,  erhielt  sie 
von  neuem  einige  laut-klatscheude  Tritte  und  wurde  dann  vom  Vogel 
längere  Zeit  aufmerksam  beobachtet. 

Nach  eingehendster  Betrachtung  wurde  sie  nun  sehr  bedächtig 
am  Kopfe  erfaßt  und  mit  weit  vom  Körper  vorgestrecktem  Halse 
in  die  Höhe  gehoben,  wobei  der  Vogel  aufmerksam  das  unten  sich 
krümmende  Schwanzende  des  Reptils  im  Auge  behielt  und  es  sich 
beim  Vorwärtsschreiten  augenscheinlich  ängstlich  vom  Leibe  hielt. 

hüll  Zerbeißen  des  Schädels  fand  nicht  statt,  konnte  aüer  auch 
nicht  mehr  stattfinden,  denn  der  Kopf  war,  als  ich  deu  Bindfaden 
löste,  schon  total  zertrümmert. 


300 


Plötzlich  verschwaiul  mit  einem  Ruck  ein  Fünftel  der  Schlange 
im  Schlunde  des  Sekretärs,  und  indem  sich  der  letztere  durch  Rück¬ 
wärtsschreiten  und  lang  vorgestreckteii  Hals  wiederum  vor  den 

O  O 

baumelnden  übrigeü  vier  F^'unfteln  vorsichtig  gewahrt  hatte,  be¬ 
förderten  zwei  weitere  Rucke  auch  diesen  Rest  in  die  Tiefe,  worauf 
der  Vogel  lüstern  den  ganzen  Käfig  abspähte. 

Bei  diesem  ganzen  Vorgänge  benutzte  der  Sekretär  nur  den 
rechten  Fuß  als  Waffe,  mit  welchem  er  die  Hiebe  sicher,  aber  be¬ 
dächtig  austeilte.  Der  erste  Hieb  war  ohne  Zweifel  mit  aller  Ab¬ 
sicht  lediglich  auf  den  Kopf  der  Schlange  abgewartet,  berechnet 
und  erstaunlich  sicher  ausgeführt!  Erst  als  die  Schlange  durch  diesen 
Hieb  betäubt  war,  erfolgten  Doppelschläge.  Im  Gegensatz  hierzu 
schlägt  der  Vogel,  wie  mir  Direktor  Wunderlich  erzählte,  auf  Ratten 
und  Mäusen,  also  auf  ungefährlicheren  Tieren,  mit  beiden  Fängen 
geradezu  einen  Wirbel. 

Der  Vogel  ist  ein  jung  aufgezogenes  Exemplar  und  kaum 
dürfte  er  schon  in  seiner  Heimat  Anleitung  zur  Jagd  erhalten 
haben,  da  die  Jungen  des  Kranichgeiers  außerordentlich  unbehülfiich 
sind  und  an  sechs  Monate  im  Horste  verbleiben :  eine  welch’  er¬ 
staunliche  »anererbte  Geschicklichkeit«  bekundete  er  hier  in  Köln!! 
Die  Schuppen  dieser  kleineren  Schlange  hat  er  verdaut :  ob  er  Ge¬ 
wölle  speit,  will  Herr  Direktor  Wunderlich  experimentell  prüfen. 


Eine  Elefaiiteiikraiiklieit  iiu  zoologischen  Garten  zu  Tokio. 


»Vor  etwa  drei  Jahren  machte  der  König  von  Siam  dem  Kaiser  von 
Japan  ein  Geschenk  mit  einem  Elefantenpaar.  Die  Tiex'e  wurden  dem 
zoologischen  barten  in  Tokio  überwiesen,  wo  sie  bis  Mitte  vorigen  Jahres 
keine  Erscheinungen  zeigten,  welche  auf  eine  Störung  der  Gesundheit  schließen 
ließen.  Seit  dieser  Zeit  aber  fing  der  kleinere  weibliche  Elefant  an  abzu¬ 
magern  und  seit  Ende  des  vorjährigen  Sommers  traten  Geschwüre  in  der  Haut 
auf,  die  allmählich  an  Zahl  und  Ausdehnung  Zunahmen.  Plnde  März  fing  er 
sogar  an,  das  Futter  zu  verschmähen  und  konnte  ohne  Hülfe  nicht  mehr  auf¬ 
stehen,  weshalb  ich  von  der  Verwaltung  dos  zoologischen  Gartens  zu  Kate 
gezogen  wurde. 

Die  Untersuchung  ergab  l'olgendes: 

Das  Tier  ist  abgemagert  und  der  beib  desselben,  besonders  in  den 
Flanken,  durch  Futtermassen  hervorgewölbf ;  das  Allgemeinbefinden  ist  ge¬ 
stört,  dargereichtes  Futter  wird  zögernd  mit  dem  K.üssel  eutgegengeuommen 
und  nur  teilweise  vermittels  des.selben  in  die  Mundhöhle  befördert;  das  Kauen 
geschieht  langsam  und  mit  Pausen. 


-  310.wi  — 

Die  Haut  fühlt  sich  tther  den  größten  Teil  des  Körpers  pergameutartig 
an,  und  au  vielen  Stellen  hat  sich  die  pergameutartige  Schicht  durch  Eiterung 
von  den  darunter  befindlichen  Teilen  getrennt;  au  einzelnen  scharf  begrenzten 
Stellen  tritt  die  Eiterung  absceßartig  auf;  viele  solcher  Abscesse  haben  sich 
durch  Abstoßung  ihrer  Decke  in  flache  unregelmäßige  Geschwüre  umgewandelt. 
Diese  Geschwüre  haben  den  Umfang  von  einem  silbernen  10-Seustück  bis  zu 
dem  eines  Dollars.  Die  Geschwürfläche  ist  entweder  noch  mit  einer  dünnen 
Eiterschicht  bedeckt  oder  sie  erscheint  trocken;  in  dem  letzteren  Falle  ist  sie 
uneben  granuliert. 

Die  Ohren  sind  beide  in  ihrer  Peripherie  bis  ungefähr  3 — 4  Zoll  vom 
Rande  ganz  symmetrisch  kalt  und  hart  wie  Knochen;  hinter  dieser  Grenze 
sind  die  Ohren  innen  und  außen  weich  und  stärker  warm.  Die  Bindehaut  der 
Augen  ist  auffallend  rot  und  geschwollen,  der  innere  Augenwinkel  und  die 
darunter  befiudliche  Haut  der  Backe  sind  mit  einer  schleimig  eiterigen  Masse 
bedeckt.  Die  übi’igen  Organe  zeigen,  soweit  dieselben  bei  diesen  Tieren  der 
Untersuchung  zugänglich  sind,  keine  wesentlichen  Veränderungen. 

Der  Elefant  litt  hiernach  an  einer  mvdtiplen,  oberflächlichen  brandigen 
Hautentzündung  {Dermatitis  superficialis  gangraenosa  multiplex)^  an  symme¬ 
trischem  Brand  der  Ohren  (Gangraena  symmetrica  aiirumj  und  an  einer 
chronischen  Entzündung  der  Bindehaut  der  Augen  (Conjunctivitis  chronica). 

Auch  bei  dem  großen  männlichen  Elefanten  fanden  sich  an  dem  hinteren 
Teile  des  Körpers  einzelne  kleine  Geschwüre  in  der  Haut  von  der  oben  an¬ 
gegebenen  Beschaffenheit,  was  den  Verdacht  erweckte,  daß  eine  ansteckende 
Krankheit  vorliege.  Die  mikroskopische  und  bakteriologische  Untersuchung 
des  Absceßinhaltes  blieb  indessen  resultatlos. 

Als  wahrscheinliche  Ursache  wurden  deshalb  Ernährungsstörungen  an¬ 
genommen,  die  wieder  durch  zu  schlechte  Nahrung,  besonders  aber  durch  die 
in  der  letzteren  befindlichen  Pilze  veranlaßt  waren.  Die  Elefanten  waren  seit 
ihrer  Ankunft  ausschließlich  auf  japanisches  Heu  angewiesen,  welches  nur 
einen  geringen  Nährwert  hat  nnd  außerdem  eine  große  Menge  trockenen 
Schlammes  enthielt.  Solches  Heu  ist  ungemein  häufig  auch  bei  Pferden 
Ursache  von  Krankheiten,  von  denen  chronische  Magendarmkatarrhe  und 
Dämpfigkeit  hervorzuheben  sind.  Bei  den  Elefanten  kommt  noch  hinzu  ,  daß 
ihnen  keine  Gelegenheit  gegeben  worden  war,  ihren  Körper  vermittels  des 
Rüssels  zu  begießen  und  zu  reinigen,  eine  Gewohnheit,  welche  so  sehr  zum 
Wohlbefinden  dieser  Tiere  beiträgt. 

Beide  Elefanten  waren  derselben  Ursache  ausgesetzt,  aber  das  weibliche 
Tier  war  von  Haus  aus  schwächer  und  deshalb  zuerst  ergriffen  worden. 

Die  eingeleitetc  Behandlung  bestand  in  einem  vollständigen  Futter¬ 
wechsel.  Die  Tiere  erhielten  an  Stelle  des  bisherigen  Heues  gutes  reines 
Reisstroh  und  Hokkaido-Heu,  daneben  eine  entsprechende  Menge  an  Reis, 
Gerste  und  Brot.  Ferner  wurde  angeorduet,  daß  die  Kranken  gründlich  mit 
lauwarmem  Seifenwasser  abgewaschen  wurden  und  daß  ihnen  öfter  Gelegen¬ 
heit  gegeben  ward,  ihren  Körper  a))zuspülen.  Innerlich  erhielten  sie  Arsenik 
in  Form  der  Fowlerschen  Solution.  Die  Geschwüre  in  der  Haut  wurden  täglich 
zweimal  mit  einer  Lösung  von  Alaun  und  Bleizucker,  der  sogenannten 
Burowscheii  Solution,  behandelt. 


iJuSll 


f 


Acht  Tage  nach  Beginn  dieser  Behandlung  zeigten  sich  bereits  die 
ersten  Spuren  der  guten  Wirkung  derselben.  Das  Weibchen  fraß  besser  und 
war  munterer,  was  es  besonders  durch  Schreien  und  durch  die  elefantenartigen 
Laufbewegungeu  (Ent-  und  Belastung  der  einzelnen  Beine)  kund  that.  Neue 
Geschwüre  traten  nicht  mehr  auf  und  die  alten  heilten  langsam  ab. 

Vier  Wochen  später  waren  beide  Tiere  wieder  vollkommen  gesund,  die 
Geschwüre  mit  Hinterlassung  von  pigmentlosen  Stellen  geheilt. 

Übrigens  hat  sich  die  Verwaltung  des  zoologischen  Gartens  entschlossen, 
aus  Siam  einen  elefantenkundigen  Wärter  kommen  zu  lassen,  der  bereits  in 
nächster  Zeit  in  Tokio  erwartet  wird.« 

J.  L.  Janson  (Mitteilungen  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Natur- 
und  Völkerkunde  Ostasiens.  49.  lieft). 


K  0  r  r  e  s  p  0  n  (1  e  11  z  e  ii. 


r  Kopenhagen,  im  September  1892. 

Unser  zoologischer  Garten  hat  jetzt  ein  neues  Affenhaus.  Dasselbe  hat 
Ijeinahe  51,000  Kronen  gekostet  und  ist  zu  ca.  60,000  Kronen  taxiert. 

In  den  letzten  Tagen  haben'wir  ein  sehr  schönes  Exemplar  des  Vielfraßes, 
Gulo  horealis,  aus  Finnland  bekommen,  wie  auch  ein  junges,  weibliches  Elen, 
Älces  palmatus,  als  zukünftige  Gemahlin  für  unseren  ganz  hübschen  männlichen 
Elenhirsch.  Als  Geschenk  erhielten  wir  ein  sehr  schönes  Exemplar  der 
K r agen trappe ,  Otis  Macqueeni,  welches  am  7.  Oktober  von  einem  Land¬ 
manne  in  der  Gegend  beitlöyer  in  Schleswig  erbeutet  wurde.  Im  Jahre  1843 
wurde  ein  ähnliches  Exemplar  in  der  Gegend  bei  Flensburg  erlegt.  Jeden¬ 
falls  sind  diese  Vögel  sehr  selten  hier  in  Dänemark  wie  überhaupt  im  Norden 

A.  v.  Klein, 

Kleinere  Mitteilungen. 

Raubtiere  in  Bosnien.  Die  von  Österreich  besetzten  Provinzen  be¬ 
sitzen  einen  keineswegs  beneidenswerten  Reichtum  au  Bären  und  Wölfen. 
Geffen  diese  unangenehmen  Gäste  wird  seit  einer  Reihe  von  Jahren  sowohl  von 
der  ländlichen  Bevölkerung  als  auch  von  den  hierzu  berufenen  Behörden  ein 
energischer  Vernichtungskrieg  geführt.  So  wurden  erlegt: 


im 

Jahre 

1880 

263 

Wölfe, 

28 

Bären 

» 

1881 

641 

70 

» 

1882 

854 

» 

53 

» 

)!> 

1883 

879 

» 

94 

» 

» 

» 

1884 

1031 

70 

» 

1885 

1057 

» 

129 

» 

» 

1886 

941 

» 

85 

» 

» 

» 

1887 

971 

130 

3> 

» 

1888 

739 

117 

» 

1889 

855 

85 

312 


Im  ganzen  sind  also  in  den  Jahren  1880  bis  einsch]ief3lich  1889  8230  Wölfe 
und  861  Bären  vertilgt  worden,  wobei  noch  im  Auge  zu  behalten  ist,  daß  nicht 
alle  erfolgreichen  Jagden  zur  Anzeige  gebracht  werden,  obgleich  die  Begierung 
Fanggelder  bewilligt.  Die  Wölfe  halten  sich  wohl  in  allen  Teilen  der  Pro¬ 
vinzen,  am  liebsten  aber  in  den  nördlichen  Bezirken  Bosniens  auf,  während 
die  Bären  in  den  südlicheren  Gegenden,  besonders  im  Bezirke  Serajevo,  sich 
wohler  fühlen.  Die  Vertilgung  der  liaubtiere  seitens  der  Forstverwaltung  ge¬ 
schieht  durch  Fang  und  Abschufs;  seit  1888  ist  auch  die  Vergiftung  durch 
Strychnin  eingeführt,  womit  gute  Erfolge  erzielt  worden  sind.  Interessant  ist 
es,  daß  die  Landleute  ohne  jede  Schußwaffe,  bloß  mit  Beilen  oder  Knütteln 
auf  die  Raubtiere  losgehen.  Gro. 

Hamster  wurden  im  Sommer  1890  in  den  Fluren  der  Stadt  Gotha  nicht 
weniger  als  34,610  Stück  gefangen.  Für  ein  Weibchen  wurden  25  Pfg.,  für 
ein  Männchen  5  Pfg.  Prämie  bezahlt,  ln  der  Flur  der  Stadt  Mühlhausen  in 
Preuß.  Thüringen  sind  in  der  Zeit  vom  22.  September  bis  22.  Oktober  1892 
5358  Hamster  getötet  worden,  4606  Männchen  und  752  Weibchen;  dadieSladt- 
kasse  für  die  Weibchen  30  Pfg.,  für  die  Männchen  15  Pfg.  Fangprämie  bezahlt, 
so  sind  über  M.  900  hierfür  verausgabt  worden. 

VI.  Jahresber.  der  ornitholog.  Beobachtungsstationen  im 
König],-.  Sachsen  1892.  (Anhang.) 

Tierwaudernngeii,  der  Nahrung  wegen.  Während  Wanderfischc, 
wie  Lachse,  Maifische,  Störe,  nebst  Aalen  hauptsächlich  des  Laichens  wegen 
ihre  Wanderungen  unternehmen,  ist  es  bei  den  Heringen  der  ausgesprochene 
Trieb  der  Selbsterhaltung,  welcher  die  gewaltigen  Wanderungen  in  Be¬ 
wegung  bringt.  Die  Heringe,  wie  auch  der  Lodd  -  Fisch ,  erstere  au  den 
europäischen ,  letzterer  an  den  amerikanischen  Küsten  des  nordatlantischen 
Oceans  folgen  kolossalen,  für  unser  Denkvermögen  unfaßbaren  Scharen 
winziger  Krebschen,  welche  von  Strömungen  der  Meeresoberfläche  ohne  eigenes 
Wollen  aus  den  arktischen  Meeren  südlich  getrieben  werden.  Dieses  von  den 
nordischen  Fischern  »Aat«  genannte  »lebende  Mus«  bildet  die  Hauptnahrung 
der  Heringe.  Möbius  fand  im  Mageninhalt  von  Heringen  20,000  bis  60,000 
Stück  Copepoden-Krebschen, deren  Kleinheit  hieraus  wohl  ersichtlich  ist.  Mit  den 
Krebschen  kommt  eine  schleimige  Masse,  aus  Diatomeen  und  Peridineen  bestehend 
und  »Bäk«  benannt,  geschwommen.  Von  diesen  leben  die  Copepodeii.  Be¬ 
sonders  die  Peridineen  scheinen  Tieren  zur  Nahrung  zu  dienen,  da  sie  einer- 
seiis  keine  Kieselschalen  besitzen  und  andererseits  substanzreicher  sind  als  die 
Diatomeen.  Es  ist  direkt  nachweisbar,  daß  die  Peridineen  von  kleinen  Krebs¬ 
chen  gefressen  werden.  Den  Heringen  folgen  nun  wieder  die  Schellfische, 
diesen  eine  Anzahl  fischfressender  Vögel  und  Delphine,  also  ei  nt  Kette  wan¬ 
dernder  Organismen,  deren  Glieder  eines  vom  anderen  aus  Rücksicht  auf  die 
Selbsterhaltung  zur  Wanderung  veranlaßt  werden. 

Diesem  Heringszug  stehen  gleichartige  Beispiele  zur  Seite  aus  dem 
übrigen  Tierleben.  Die  Schnee-Eule  reist  im  Gefolge  des  in  kolossalen  Massen 
wandernden  bekannten  Lemmings;  Rosenstare,  Blauraken  und  kleine  Falken 
schließen  sich  den  Heuschreckenschwännen  an;  Kittlitz  fuhr  auf  dem  Großen 
Ocean  zwei  Tage  laug  durch  zart  blau  gefärbte  Velelliden,  und  dann  plötzlich 


313 


erschienen  jene  wundersamen  seßhaften  Krebse,  die  sogenannten  Knteninnscheln, 
Lepas.  Letztere  hatten  ihre  Kolonien  auf  Velellideu  angelegt,  deren  Brut 
ihnen  gleich  als  Speise  diente.  Sie  folgten  also  sowohl  aktiv  als  passiv  ihrer 
Nahrung.  Und  wenn  man  nun  sieht,  daß  der  Mensch  alljährlich  durch  die 
Heringszüge  auf  einer  Legion  von  Fahrzeugen  auf  die  See  hinausgelockt  wird, 
daß  in  Centralafrika  gewisse  Negerstämme  alljährlich  ihr  Lager  aus  dem 
Binnenland  an  die  Flußufer  verlegen,  um  die  nahenden  ungeheueren  Fisch¬ 
scharen  abzupassen  und  während  der  Dauer  des  Zuges  an  ihnen  den  Hunger 
zu  stillen,  was  ist  diese  Erscheinung  anderes,  als  dasselbe,  was  das  Beispiel 
von  den  Heringen  uns  lehrt:  die  Jagd  nach  Nahrung! 

Ein  Parallelstück  hierzu  berichtet  E.  v.  Lenden  feld  aus  den  austra¬ 
lischen  Alpen  bei  Gelegenheit  seines  Besuches  des  Mount  Bogong  (Zoolog. 
Garten,  Jahrgang  XXXI,  1890.  S.  240).  Ungezählte  Schwärme  einer  Eule, 
Agrotis  spina^  zogen  am  Abende  des  7.  Januar  1886  an  dem  Gipfel  des  Berges 
in  raschem  Fluge  von  Westen  nach  0.sten  vorüber.  Dieser  Schmetterling  und 
seine  Raupen,  die  in  der  Erde  sich  von  den  Wurzeln  der  Alpenkräuter  nähren, 
wurden  früher  in  großen  Mengen  von  den  Australnegern  verzehrt.  Sobald  im 
Frühsommer  der  Schnee  auf  den  Hochebenen  zu  schmelzen  bega.nn,  machten  sich 
Horden  von  Australnegern  nach  dem  Gebirge  auf  und  rückten,  dem  zu- 
rückweichendeu  Schnee  folgend,  lang.sam  bis  zu  den  höchsten  Gipfeln  vor.  Im 
Hochsommer  trieben  sich  dann  auf  den  Hochebenen  große  Scharen  von  Austral¬ 
negern  herum,  welche  sich  bis  zum  Herbst  von  diesem  Schmetterling  und 
seinen  Raupen  nährten,  die  beide  in  heißer  Asche  gebraten  wurden.  Diese 
Speise  scheint  den  Australnegern  sehr  gut  angeschlagen  zu  haben,  denn  sie 
kehrten  im  Herbst  recht  wohlgenährt  in  das  Tiefland  zurück.  Gro. 

Ein  Reh  mit  5  Zehen  an  den  Vorderfüßen  wurde  bei  Betzenheim 
bei  Nürnberg  erlegt.  Die  Läufe  wurden  an  das  Nürnberger  Museuui  abgeliefert 
und  stammten  von  einem  zweijährigen  Rehbocke.  Außer  den  zwei  Afterhufen, 
die  bei  dem  Auftreten  den  Boden  nicht  berühren,  befindet  sich  hier  an  jedem 
Vorderfuße  noch  ein  ähnlicher  drittel’,  der  in  gleicher  Weise  wie  jene  durch 
drei  Fiugerglicder  (Phalangen)  und  den  Rest  eines  Mittelhandkuoeheus  an  den 
großen  Mittelhandknochen  der  beiden  Hauptzeheu,  das  sogenannte  Kanonen¬ 
bein,  angeheftet  ist.  Da  bei  den  vierhufigen  Wiederkäuern  die  beiden  auf- 
treteuden  Zehen  als  dritter  und  vierter  Finger  der  Vorderhand  zu  betrachten 
sind,  denen  sich  die  nicht  gebrauchten  Afterhufe  als  zweiter  und  fünfter  Finger 
zugesellen,  während  der  Daumen  nicht  zur  Ausbildung  gelangt  ist,  so  ist  viel¬ 
leicht  die  hier  überzählige  Zehe  als  der  verloren  gegangene  Daumen  und  der 
Fall  als  ein  Rückschlag  (Atavismus)  nach  den  fünfzehigen  Urahnen  des  Rehes 
anzusehen,  wie  ähnliches  bei  Pferden  mitunter  vorkommt,  wenn  nicht  das  Vor¬ 
handensein  von  drei  Phalangen  an  jedem  der  üherzäliligen  Finger  dagegen 
spricht,  weil  der  Daumen  nur  aus  zwei  Gliedern  best(‘ht.  Das  Vorkommen 
könnte  vielleicht  auch  in  die  Reihe  der  überzähligen  Mißbildungen  gestellt 
werden,  wohin  die  Menschen  mit  sechsfingerigen  Händen  und  Füßen  gehören, 
sowie  die  fünfzehigen  Hühner,  bei  welchen  die  dem  Daumen  angefügte  Zehe 
ebenfalls  mehr  Glieder  als  der  normale  Daumen  selbst  zu  besitzen  pflegt. 

Abhandl.  der  Naturhistorischeu  Gesellschaft  zu  Nürnberg.  1892.  (N.). 


314 


Aus  dem  Jahresberichte  des  Rheinischen  Fischerei-Vereins  heben 
wir  leigendes  hervor:  Die  Gesamtzahl  der  Mitglieder  l.)eträgt  jetzt  307;  die  Ein¬ 
nahme  des  Vereins  bezifferte  sich  auf  M.  2619,  die  Ausgabe  auf  M.  2684.42. 
Für  148  erlegte  Fischottern  wurden  gegen  Einlieferung  der  Schnauzen  M.  444, 
tür  231  erlegte  Fischreiher  und  einen  Fischadler  M.  430  an  Prämien  und  für 
erfolgreiche  Anzeigen  von  Fischfrevlern  M,  513  an  28  Personen  ausgegeben. 
Wie  in  den  Vorjahren  hielt  der  Vorsitzende  (Geh.  Medicinalrat  Dr.  Freiherr 
V.  la  Valette  St.  George  in  Bonnj  Vorträge  über  die  Naturgeschichte  der 
Fische  und  ihre  Zucht,  verbunden  mit  Demonstrationen  in  der  Brutanstalt 
des  Anatomischen  Instituts  zu  Poppelsdorf.  Den  Vereinsmitgliedern  wurden 
für  M.  153  Fischbrut-  und  Transport-Apparate  beschafft  und  eine  Summe  von 
M.  190  als  Beihülfe  zur  Errichtung  von  drei  Brutanstalten  liergegeben. 
Außerdem  kamen  15,000  Forelleneier  zur  Verteilung  an  Mitglieder  des  Vereins, 
ln  das  Arpiarium  des  Anatomischen  Instituts  zu  Poppelsdorf  wurden  durch 
die  Siegfischer  Gebr.  Werner  36,000  Stück  und  als  Geschenk  der  Bergheimer 
Fischerei-Bruderschaft  66,000  Stück  gut  befruchteter  Lachseier  eingeliefert. 
Die  hiervon  gewonnenen  jungen'  Lachse  sind  Ende  Mai  und  Anfang  Juni  in 
die  Agger  eingesetzt  worden  auf  der  Strecke  zwischen  Siegburg  und  Overath. 
Daß  die  Lachsbrut  dort  vortrefflich  gedeiht,  beweisen  die  Erfahrungen  der 
Vorjahre.  Auch  die  untere  Sieg  wurde  mit  70 — 80,000  jungen  Lachsen  besetzt, 
die  Fabrikbesitzer  Hansen  in  Siegburg  in  seiner  dortigen  Brutanstalt  aus 
100,000  Stück  von  dem  Fischereibesitzer  Scherpich  gelieferten  Eiern  erbrütet 
hatte.  Unter  der  Leitung  des  Vertreters  des  Vorsitzenden,  des  Kgl.  Baurats 
und  Oberfisch nieisters  Treplin  in  Trier,  hat  die  Zucht  der  Salmoniden  im 
dortigen  Regierungsbezirk  einen  ganz  bedeutenden  Erfolg  aufzuweisen.  Es 
wurden  dort  erbrütet  1,215,000  Lachse  und  188,000  Forellen.  Auch  von 
anderen  Vereinsmitgliedern  gingen  dem  Verein  Berichte  zu,  welche  beweisen, 
daß  das  Interesse  an  der  Hebung  der  Fischzucht  im  Rheiulande  in  erfreu¬ 
lichem  Aufschwung  begriffen  ist.  Der  Kgl.  Rentmeister  Kunz  in  Dierdorf 
war  in  der  Lage,  80,000  Stück  ausgebrüteter  Forelleneier  au  die  kleineren 
Brutanstalten  des  Westerwaldes,  der  Eifel  und  des  Hunsrück  abzugeben,  und 
setzte  30,000  Stück  Forellenbrut  in  die  Bäche  des  Westerwaldes  aus.  Lehrer 
Schumacher  in  Kruft  hat  27,000  Stück  Forelleneier  ausgebrütet  und  die  Brut 
nebst  5000  jungen  Aalen  den  Gewässern  des  Kreises  Mayen  einverleibt.  ln 
gleich  verdienstvoller  Weise  hat  Lehrer  Pfahl  in  Oberwinter  umfassende 
Teichanlagen  im  Berndorfer  Thale  ausgeführt,  denen  sich  eine  neue  Brut¬ 
anstalt  zugeselleu  wird.  Eine  ganze  Reihe  kleinerer  Vereine  ist  mit  dem 
Rheinischen  Fischerei- Verein  in  regen  Verkehr  getreten  zu  gemeinsamem 
Wirken.  Gro. 

Biologische  M  e e r  e s s t a t  i o n  in  Bergen.  Die  Stadt  Bergen  in 
Norwegen  besitzt  ein  vortreffliches  uaturhistorisches  Museum,  das  unter  der 
Ijeitung  des  um  die  Wissenschaft  hochverdienten  Dr.  med.  D.  C.  Danielssen 
steht,  an  dom  als-  Konservator  auch  Fridtjof  Nansen  vor  seiner  Durch¬ 
querung  Grönlands  stand.  Letzterem  ist  auch  die  Anregimg  zu  verdanken,  mit 
dem  Museum  eine  biologische  Meeresstation  zu  errichten,  eine  Anstalt,  die  durch 
Aufstellung  von  Seewasseraquarien  allgemein  belehrend  wirken  und  besonders 
die  Kenntnis  der  norwegischen  Seetiere  fördern  soll,  die  ferner  einheimischen 


315 


und  fremden  Zoologen  Gelegenheit  bieten  soll,  eingehende  Studien  an  den 
Tieren  des  Meeres  zu  machen,  und  die  drittens  dazu  beitragen  wird,  die  Natur¬ 
geschichte  der  für  Norwegen  eine  so  große  liolle  spielenden  Fische  und 
anderen  nutzbaren  Seetiere  zu  ergründen  und  dadurch  dem  Wohlstände  des 
Landes  zu  dienen.  Jetzt  ist  unter  der  Leitung  von  Dr.  J.  Brunchor  st, 
dem  Nachfolger  Nansens,  die  Anstalt  zu  stände  gehomraen  und,  wie  aus  den 
vorliegenden  Plänen  hervorgeht,  vortrefflich  eingerichtet. 

An  einem  bis  in  die  Stadt  hineinreichenden  Meeresarme,  dem  Puddefjord, 
und  zwar  auf  einem  Felsen  zwischen  diesem  und  einem  inneren  Seewasser¬ 
bassin,  ist  auf  einer  hochwasserfreien  Grundmauer  von  20  X  12  m  das  zwei¬ 
stöckige  hölzerne  Gebäude  in  feinerem  norwegischen  Stile  errichtet,  ln  dem 
unteren  Stocke  befinden  sich  12  Seewasseraquarien  verschiedener  Größe,  die 
sowohl  von  Pumpen  als  auch  von  einer  durch  die  städtische  Wasserleitung 
betriebenen  Turbine  mit  Wasser  versorgt  w^erden. 

Der  obere  Stock  ist  der  wissenschaftlichen  Aufgabe  der  Station  Vorbe¬ 
halten  und  enthält  demnach  zwei  große  Laboratoriensäle,  von  denen  der 
kleinere  vorzugsweise  physiologischen  Arbeiten  und  etwa  vorzunehmendeu 
chemischen  Operationen  Vorbehalten  ist,  während  in  dem  größeren  Saale  ein 
geräumiger  Tisch  zum  Aufstellen  von  Aquarien  und  acht  Plätze  für  arbeitende 
Forscher  vorhanden  sind.  Für  künstliche  Beleuchtung  ist  durch  Gaslarapen 
gesorgt.  Da  eine  Telephouleitung  die  Station  mit  dem  nahegelegetien  Museum 
verbindet,  so  können  jederzeit  aus  der  dort  befindlichen  reichen  Bibliothek 
die  nötigen  Bücher  u.  s.  w.  beschafft  werden.  —  Die  Anstalt  führt  mit 
Recht  den  Namen  des  langjährigen  Leiters  des  naturhistorischen  Museums 
»D.  C.  Danielssen«. 

Wie  der  Herausgeber  dieses  Blattes,  der  im  Jahre  1884  auch  in  den 
Fjorden  um  Bergen  herum  dem  Dredschen  oblag  und  dabei  auf  das  liebens¬ 
würdigste  von  der  Direktion  des  Museums  wie  auch  von  F.  Nansen  unterstützt 
wurde,  mit  dem  er  eine  Woche  auf  Haakelsund  an  der  Südspitze  von  Sartorö 
in  einsam  gelegenem  Hause  zum  Zwecke  des  Schrabens  zubrachte,  aus  Er¬ 
fahrung  weiß,  ist  die  Fauna  der  dortigen  Meeresteile  eine  äußerst  reiche  und 
mannigfaltige,  und  darum  ist  umsomehr  die  Errichtung  einer  biologischen 
Station  daselbst  mit  Freude  zu  begrüßen.  N. 

Hausschlangen  in  Brasilien.  Die  Ratten  vermehren  sich  in 
Brasilien  derart  schnell,  daß  es  zu  ihrer  Vernichtung  nötig  ist,  eine  spezielle 
Schlangenart  zu  züchten.  Dieselbe  ist  eine  kleine  Boa,  welche  nicht  über 
4  Meter  lang  wird,  von  der  Stärke  eines  Mannesarmes;  sie  gehört  zur  Art 
der  Giboia.  Solche  Schlangen  verkauft  man  auf  den  Märkten  von  Rio,  Pernam- 
biico,  Bahia  etc.  zu  M.  4 — 5  [)ci’  Stück.  Absolut  ungefährlich  und  gewöhnlich 
träge,  schläft  das  Tier  den  Tag  über  am  Fuße  der  Treppe  dos  Hauses  und 
erhebt  höchstens  den  Kopf  bei  Ankunl't  eines  Besuchers  oder  bei  sonstigem 
fremdem  Geräusch.  Bei  Anbruch  der  Nacht  aber  beginnt  die  Jagd,  die 
Schlange  dringt  durch  alle  Spalten  und  Winkel,  wirft  sich  mit  der  Schnel¬ 
ligkeit  einer  Sprungfeder  auf  die  Ratten  und  erwürgt  sie.  Da  die  Schlangen 
wenig  fressen,  selbst  in  der  Freiheit,  so  mordet  auch  die  Giboia  nur  zu  ihrem 
Vergnügen.  Sie  gewöhnt  sich  so  sehr  an  das  Haus  ihres  Herrn,  daß  sie 
stets  wieder  in  dasselbe  zurückkehrt,  soweit  mau  sie  auch  von  demselben 


316 


entfernen  majj.  Jedes  Haus,  in  den  heißesten  Provinzen,  in  welchem  die 
Patten  heriunsjndngeu,  besitzt  eine  Giboia  als  »Iinmobiliar«,  und  der  Eigen¬ 
tümer  rühmt  deren  gute  Eigenschaften,  wenn  er  das  Haus  verkaufen  oder 
vermieten  will.  Gro, 

Die  nordische  Wühlratte,  Arvicola  raiticeps,  K.  &  Bl.  in  Deutscli- 
land.  Dieses  Tier,  das  unserer  Wasserratte,  Arv.  ampliibius,  nahe  steht,  lebt 
jetzt  in  Skandinavien,  den  russischen  Ostsee2)rovinzen,  Nord-Pußland  und  Si¬ 
birien,  war  aber  zur  Diluvialzeit  über  einen  großen  Teil  von  Mittel-  und 
Westeuropa  verbreitet.  Das  naturhistorische  Peichsmuseum  zu  Leiden  enthält 
4  Stücke,  die  1835  und  1836  zwischen  Leiden  und  Haarlem  gefangen  worden 
waren,  seit  welcher  Zeit  aber  keine  weiteren  Exemplare  in  Holland  aufgefunden 
werden  konnten.  Nun  ist  diese  Patte  von  Prof.  Dr.  A.  Nehring  auch  für 
Preußeii  nachgewiesen  und  zwar  aus  der  Umgegend  von  Brandenburg,  wo  5 
oder  6  Stück  während  des  Spätherbstes  in  einem  Garten-Treibhause  gefunden 
wurden  und  in  die  Hände  des  bekannten  Sammlers  Gustav  Stimming  kamen. 
Die  genaue  Untersuchung  des  Gebisses  führte  zu  der  hübschen  Entdeckung 
der  für  Deutschland  neuen  Art,  die  vielleicht  als  Überbleibsel  aus  der  Diluvial¬ 
zeit  sich  hier  erhalten  haben  mag.  Als  Kennzeichen  des  Tieres  werden  außer 
einer  charakteristischen  Bildung  des  1.  unteren  Backenzahns  angegeben :  ein 
viel  zierlicherer  Bau  als  bei  der  Wasserratte,  rötlich  braungraue  Behaarung 
an  der  Oberseite  des  Körpers,  an  der  jedes  Haar  eine  schwarze  Spitze  hat,  und 
eine  weißlichgraue  Bauchseite. 

Naturwissensch.  Wochenschrift  1892.  No.  35. 

Das  Kamel  in  der  südrussischeu  Landwirtschaft.  Im  Ural¬ 
gebiet,  in  den  Gouvernements  Oreuburg,  Astrachan,  Stantropol,  Taurien  und 
im  südlichen  Teil  des  Dongebietes,  ferner  in  der  Krim  und  in  zwei  Kreisen 
des  Gouvernements  Samara  wird  das  Kamel  mit  Erfolg  für  Feldarbeiten 
benutzt.  Viele  bäuerliche  Wirtschaften  besitzen  außer  Kamelen  kein  anderes 
Arbeitsvieh  und  auch  die  Gutsbesitzer  ziehen  Kamele  Ochsen  und  Pferden  vor. 
In  geringerer  Zahl  kommen  Kamele  auch  in  den  Gouvernements  Charkow, 
Poltawa,  Woronesch,  Saratow  und  vielleicht  in  noch  anderen  Gegenden  des 
europäischen  Rußland  vor.  Gegen  Kälte  unempfindlich  und  nur  Feuchtigkeit 
lies  Bodens  fürchtend,  können  Kamele  in  ganz  Rußland,  fast  bis  Archangel 
im  Norden,  leben.  Besonders  auf  die  Verbreitung  des  Kamels  mag  der 
Umstand  eingewirkt  haben,  daß  die  Rinderpest  ihm  nichts  anhaben  kann  und 
Kamele,  von  Quarantänemaßnahmen  unbehelligt,  aus  einem  Gouvernement  in 
das  andere  gebracht  werden  können.  In  Oreuburg,  wo  Kamele  vor  30  Jahren 
bloß  für  den  Salztransport  benutzt  wurden,  besitzen  eiuSselne  größere  Wirt¬ 
schaften  jetzt  hundert  und  mehr  Stück,  mit  denen  alle  Feldarbeiten  bestellt 
werden.  'Die  früher  höheren  Preise  für  Kamele  sind  seit  der  Fertigstellunir 
der  transkaukasischen  Bahn  bedeutend  gesunken  und  schwanken  zwischen 
30—70  Rbl.  Gro. 

Schmarotzer  der  Krontaube.  Im  Vivarium  im  Prater  in  Wien  ver¬ 
endete  eine  Krontaube,  bei  deren  Sektion  sich  in  der  Unterhaut  [Outis)  und  im 
Bindegewebe  unter  dieser  massenhaft  ein  bisher  noch  nicht  beschriebener  Parasit 
fand;  die  Exemplare  desselben  liegen  nicht  nur  neben  einander  sondern  stellen- 


r 


weise  auch  bis  zu  vier  Exemplaren  über  einander,  sodaß  nach  diesem  zahl¬ 
reichen  Auftreten  zu  schließen,  die  Schmarotzer  den  Tod  der  Krontaube  her¬ 
beigeführt  haben.  Sowohl  die  Federn  als  auch  die  Epidermis  waren  un¬ 
versehrt. 

Das  Tier  ist  eiue  Milbe  von  2 — 8  mm  Länge,  von  cylindrischer  Form 
mit  vier  Paar  Beinen,  deren  vordere  in  Krallen  endigen,  während  das  vierte 
Fußpaar  in  eine  sehr  lange  Borste  ausgeht.  Auffallend  ist  es,  daß  die  Mund¬ 
teile  zu  fehlen  scheinen,  ja  nicht  einmal  eine  Mundöff'nung  gefunden  werden 
honnte.  Die  Milbe,  die  sich  in  der  Gestalt  an  Phytoptus  und  Demodex  an¬ 
schließt,  gehört  wohl  mindestens  einem  neuen  Genus  an  und  dürfte,  da  die 
Epidermis  und  die  Federu  unversehrt  sind,  nicht  von  außen  eingewandert  sein. 

Verbandl.  der  k.  k.  zooh-botan.  Gesellschaft  in  Wien.  August  1892. 


Der  Kaiman  {Alligator  mississipiensis)  bildet  in  der  Union  seiner  un¬ 
gemeinen  Ergiebigkeit  wegen  das  Ziel  eifriger  Verfolgung:  sein  Leder  wird 
bekanntlich  zu  Quincailleriewaren  vielfach  verwendet  und  erzielt  daher  einen 
hohen  Preis;  die  Zähne  gelten  M.  8-48  das  Kilo  und  das  aus  dem  Fleische 
ausgezogene  Öl  wird  zu  12—24  Pf.  per  Liter  verkauft.  Das  ausgesottene 
Fleisch  dient  als  gutes  Hunde-  uud  Hühnerfutter,  ja  auch  die  Indianer  und 
Neger  verzehren  es  in  Ermangelung  anderer  Nahrungsmittel.  Den  florida- 
nischen  Viehzüchtern  wird  der  Kaiman  dadurch  nützlich,  daß  er  sich  auf  dem 
Boden  umherzuwälzen  pflegt,  wodurch  Erdlöcher  entstehen,  die  sich  wahrend 
der  Regenzeit  mit  Wasser  füllen  und  kostbare  Praukeplätze  bilden,  wenn  die 
Sommersonne  die  Bäche  ausgetrocknet  hat.  Die  Sportsleute  jagen  den  Kaiman 
mit  Flinten  von  Boten  aus.  Ist  eines  der  am  Strande  umherkriecheiiden  Tiere 
getroffen  und  behält  es  noch  Zeit,  den  Fluß  zu  gewinnen,  so  verendet  es 
auf  dem  Boden  dessellien  uud  ist  dann  verloren.  Erst  einige  Wochen  später 
erscheint  der  von  Gasen  aufgetriebene  Körper  wieder  auf  der  Oberfläche.  Der 
Kaiman  wird  auch  lebhaft  von  Negern  gejagt.  Er  gräbt  sich  nämlich  für 
den  Winter  in  den  Boden  ein  und  verbringt  so  die  kältere  Jahreszeit  in  Erd¬ 
löchern,  gemeinsam  mit  den  Terrapenen  oder  Dosenschildkröten,  einer  unserer 
einheimischen  Sumpfschildkröte  verwandten  Art.  Die  Neger  sind  den  Winter 
über  damit  beschäftigt,  die  Umgebung  von  Savannah  (Stadt  mit  80,0ü0  Ein¬ 
wohnern  in  Georgia)  zu  durchstreifen  und  die  Stellen,  wo  die  Krokodile  sich 
eingegraben  haben,  mit  Merkmalen  zu  versehen.  Mit  Einbruch  des  Frühlings 
kehren  sie,  mit  Werkzeugen  versehen,  wieder  zurück  und  graben  die  ganz 
erstarrten  Kaiman  und  Schildkröten  aus;  die  Terrapenen  geben  sie  den 
Händlern,  den  Kaiman  verbinden  sie  das  Maul  fest  und  verkaufen  sie  an 
Menagerien  und  Museen:  ein  lebendes  Krokodil  von  12  Fuß  Länge  wird  mit 
M  24”  bezahlt.  Infolge  der  lebhaften  Nachfrage  nacli  Kaimanen  von  Seite 
der  Industrie  wird  di^  Jagd  auf  diese  Tiere  so  lebhaft  betrieben,  daß  die¬ 
selben  in  nicht  allzuferner  Zeit  der  Ausrottung  anheimfallen  werden.  Gro. 


Die  Hausratte, 
in  Westfalen)  gar  nicht 
Stallungen.« 


Mus  raitus,  ist  »in  der  Stadt  Viersen  (Kreis  Gladbach 
selten;  sie  bewohnt  die  Bodenräume,  besonders  der 
Verbandl.  d.  uaturhistor.  Ver.  der  preuß. 
Rheinlande  11.  Westfalens  1892. 


318 


Eine  s  eil äd  liehe  Meevesassel ,  TAmnoria  terebrans  Leach.  In  der 
naturwissenschaftlichen  Abteilung  der  Königlichen  Akademie  der  Wissen¬ 
schaften  in  Amsterdam  erstattete  Professor  Dr.  Hubrecht  Bericht  über  die 
Arbeiten  der  von  der  Regierung  ernannten  Limnoria-Kommission,  deren  Unter¬ 
suchungen  nach  siebeujähiger  Arbeit  nunmehr  zum  Abschluß  gekommen  sind. 
Die  Limnoria  ist  eine  kleine  Assel  (Isopode)  und  richtet,  wie  der  Pfahl  wurm, 
an  dem  zu  Wasserbauten  verwandten  Holz  imermeßlichen  Schaden  an.  Die¬ 
selbe  kommt  von  Friesland  bis  pach  Zeeland  vor  und  man  konnte  bis  jetzt 
nui  feststellen,  daß  die  Verminderung  des  Salzgehaltes  des  W^assers  ihre  Ver¬ 
mehrung  und  Verbreitung  beschränkt.  Ihren  Angriffen  bieten  selbst  die 
härtesten  Holzsorten  keinen  Widerstand,  und  Professor  Hubrecht  weiß  vor¬ 
derhand  kein  anderes  Mittel  gegen  dieselbe  zu  empfehlen,  als  dasjenige, 
welches  auch  gegen  den  Pfählwurm  angewandt  wird,  nämlich  dafür  zu  sorgen, 
daß  die  Köpfe  der  Nägel,  mit  welchen  die  Pfähle  geschützt  werden^  nicht 
abbrechen,  und  dann  ein  sehr  starkes  Kreosotieren  des  Holzes,  das  durch 
Beimeuguug  von  giftigen  metallischen  Salzen  noch  wirksamer  gemacht  werden 
kann.  Piofessor  Dr.  Hoek,  ebenfalls  Mitglied  der  Kommission,  zeigte  verschiedene 
anatomische  Präparate  des  nur  4  mm  langen  Tierchens,  sein  Urteil  über  das 
anzuwendende  Mittel  wich  aber  insofern  von  dem  seines  Kollegen  Hubrecht 
ab,  als  er  vom  Kreosotieren  keineswegs  den  von  letzterem  in  Aussicht  gestellten 
Erfolg  erwartet,  weil  das  Kreosot  durch  das  Seewasser  nach  kurzer  oder 
längerer  Zeit  doch  ausgelaugt  wird.  Da  die  anhängige  Kruge  ein  ungemein 
wichtiges  praktisches  Interesse  hat,  so  ist  zu  wünschen,  daß  Wissenschaft  und 
Erfahrung  ein  sicheres  Mittel  ausfindig  machen,  durch  welches  dieser  ge- 
tährliche  Bundesgenosse  des  Pfahlwurms  unschädlich  gemacht  werden  kann. 

Gro. 


Ein  listiger  Hau  sh  ahn.  Mein  Nachbar,  ein  Fuhrmann,  hält  auf  seinem 
völlig  bekiesten  Hofe  einen  Hahn  und  zwölf  Hennen,  italienische  Kuckucksperber 
mit  gelben  Beinen,  prächtige  Tiere;  sie  werden  Tag  für  Tag,  Winter  und 
Sommer  aus  der  Hand  gefüttert  und  zwar  so,  daß  Kinder  den  Hof  gleichsam 

,  ■  e  das  0  efiup,el  einzeln  finden  und  auflesen  muß. 

Teure  Eier  sind  das  jedenfalls  und  satt  gehen  schwerlich  alle  Köpfe  immer  zu 
Bette.  Das  weiß  wohl  auch  ihr  Sultan  und  er  handelt  danach.  Zu  gleicher 
Zeit  hält  sich  nämlich  der  Sohn  des  Hauses  ein  einziges  Paar  weiße  Maltesertauben 
mit  roten  Füßen.  Nur  allein  diesen  ist  stets  und  reichlich  Futter  auf  dem 
Fenstersims  vor  der  Wohnstube  bereit  gestreut,  bisher  unerreichbar  für  jedes 
Huhn.  Da  hat  nun  trotzdem  seinen  Lieblingshennen  der  Hahn  regelmäßitTcn 
Anteil  folgendermaßen  gewonnen:  er  ist  allemal  so  beharrlich  hinter  einer 
auf  dem  Hofe  unten  herumtrippelnden  Taube  her,  bis  diese  endlich  ihren 
schützenden  Futterplatz  aufsucht.  Schon  beim  jedesmaligen  Auffliegen  fallen 
viele  Ivörner  herunter  vor  die  Schnilbel  der  wartenden  Hennen,  und  außerdem 
—  sitzt  die  Taube  einmal  mitten  im  Futter,  pflegt  sie  auch  zu  fressen,  es  ist 
ihr  gar  zu  bequem  gemacht.  So  fallen  massenhaft  Körner  über  das  Sims 
herunter.  Das  will  der  Gockel  und  danach  handelt  er  zweckbewußt  jeden 
Tag  öfter.  Eduard  Rüdiger. 


319 


Bienenzucht  am  Vi  ktoria-Ny  an  s  a.  Als  Joseph  Thomson  in  die 
Landschaft  Kawirondo  in  der  Nähe  des  eheugenannten  mittelafrikanischen  Sees, 
und  zwar  nach  dem  Dorfe  Kaharas,  zu  den  Wakawironoas  kam,  fand  er  fast  in  allen 
Hütten,  die  übrigens  selbst  eine  Bienenkorb-Form  haben,  einen  Bienenstock.  Ein 
solcher  besteht  aus  einem  hohlen,  im  Innern  der  Hütte  befestigten  Holzklotz, 
dessen  Ende  in  der  Mauer  liegt  und  aus  selbiger  hervorsteht,  so  daß  die  Bienen 
frei  ein-  und  ausgehen  können.  Obgleich  nun,  erzählt  der  Reisende,  das  Haus 
meist  voll  Rauch  ist  und  der  Honig  eine  schwarze  Farbe  nnd  einen  sehr  un¬ 
angenehmen  Geschmack  davon  annimmt,  so  werden  doch  sonderbarer  Weise 
die  Bienen  hierdurch  nicht  vertrieben.  Die  Wakawironoas  aber  sind  jederzeit  im¬ 
stande,  die  Waben  herauszunehmen.  Eine  derartige  Anpassung  an  das  Fa¬ 
milienleben  des  Menschen  von  Seiten  der  Bienen  hätte  man  bei  Mittel-Afrika¬ 
nern  schwerlich  gesucht.  Gro. 


L  i  1 1  e  r  a  1;  u  r. 

Die  nordamerikanische  Vogelwelt  von  Heinrich  Nehrling,  Kustos 
des  öffentlichen  Museums  in  Milwaukee.  Unter  künstlerischer  Mitwirkung 
von  Prof.  Robert  Ridgway  in  Washington,  Prof.  A.  Göring  in  Leipzig 
und  G.  Mützel  in  Berlin.  Milwaukee,  Wis.  Georg  Brumder  1891- 
Leipzig,  F.  A.  Brock  haus,  M.  52. 

Mit  dem  13.  Hefte  ist  ein  wahres  Prachtwerk  beendet,  auf  das  wir  schon 
mehrfach  aufmerksam  gemacht  haben,  ein  Prachtwerk  nicht  nur  nach  äußerer 
Ausstattung,  mit  schönen  kunstvollen  Bildern,  sondern  vor  allem  auch  nach 
seinem  Inhalte.  Die  nordamerikanischen  Vögel  sind  mit  einer  Kenntnis,  mit 
einer  Liebe  und  sinnigen  Auffassung,  zugleich  aber  mit  Beherrschung  der 
deutschen  Sprache  beschrieben  und  in  ihrer  Lebensweise  wie  im  Rahmen  ihrer 
Umgebung  geschildert,  wie  wir  es  nicht  gerade  häufig  finden.  Jeder  Freund 
des  Tierlebens  und  insbesondere  der  Vogelwelt  wird  darum  seine  Freude  an 
dem  vorzüglichen  Werke  haben. 

Der  den  Lesern  des  '•>Zoolog.  Garten«  wohl  bekannte  Verfasser,  ein 
Deutschamerikaner,  der  deutsches  Wesen  und  G(;müt  sich  vollständig  bewahrt, 
hat  von  Jugend  auf  eine  besondere  Vorliebe  für  die  Vogelvvelt  gefaßt  und  in 
vielen  J'eilen  der  Union,  in  Nord  und  Süd,  Gelegenheit  gehabt,  die  köstlichsten 
Beobachtungen  zu  machen  und  die  nordamerikanischen  Vögel  in  ihrem  innersten 
Wesen  wie  in  ihren  Beziehungen  zur  Mitwelt  kennen  zu  lernen,  h'rüh  schon 
wurde  es  ihm  klar,  »daß  man  nur  dann  einen  Vogel  wirklich  kennt,  wenn 
man  mit  den  Bäumen  und  Blumen,  den  Jahreszeiten,  dem  Klima  und  anderen 
Verhältnissen  seines  Aufenthaltes  genau  vertraut  ist.«  Diesem  Vortrautsein 
entsprechen  die  poetisch  angehauchten  und  doch  nirgends  überschwenglichen 
Schilderungen  völlig,  und  darin  liegt  der  große  Reiz  seines  Werkes,  das  außer¬ 
dem  auf  3G  Farbendrucktafeln  136  Arten  amerikanischer  Vögel  in  muster¬ 
hafter  Ausführung  zur  Anschauung  bringt.  N. 


320 


VI.  Jahresbericht  der  ornit  hole  gischen  Beohachtungsstationeii 
im  Königreich  Sachsen.  Bearbeitet  von  A.  B.  Meyer  und  F.  Helm. 
Mit  einem  Verzeichnisse  der  bis  jetzt  im  Königreiche  Sachsen  beobachteten 
Vögel  und  einer  Vegetationskarte  der  Erde.  R.  Friedländer  u.  Sohn, 
Berlin  1892. 

In  dem  Jahre  1890  haben  37  Beobachter  ans  dem  Königreich  Sachsen 
über  die  Erscheinungen  (Zug,  Nestbau  u.  s.  w.)  bei  169  Arten  von  Vögeln  be¬ 
richtet  und  wieder  ein  reiches  Material  zusaminengebracht,  das  besonders  wei't- 
voll  wird  durch  den  Vergleich  mit  den  früheren  Jahrgängen  dieses  Werkes, 
sowie  mit  den  anderwärts  erscheinenden  ähnlichen  Arbeiten.  Nur  so  läßt  sich 
endlich  ein  sicheres  Bild  entwerfen  von  dem  Verhalten  der  Vögel  in  dem 
mittleren  Europa,  nach  Ort  und  Zeit,  von  den  Ursachen,  die  dabei  maßgebend 
sind  und  von  den  besonderen  Gewohnheiten  der  einzelnen  Arten.  Arbeiten 
wie  die  vorliegende  kosten  viele  Zeit  und  Mühe  und  verdienen  die  Beteiligung 
aller,  die  in  der  Lage  sind,  regelmäßige-  Beobachtungen  zu  machen. 

Im  ganzen  sind  bis  jetzt  in  Sachsen  274  Arten  von  Vögeln  vorgekommeu, 
während  die  Liste  von  Homeyers  375  Vögehirten  für  Deutschland  nachweist. 
Dieselben  sind  zunächst  nach  verschiedenen  Gesichtspunkten  tabellarisch  grup¬ 
piert  und  werden  dann  einzeln  nach  ihrem  allgemeinen  und  besonderen  Vor¬ 
kommen  besprochen. 


Eingegangene  Beiträge. 

A.  G.  in  St.  G.  Seit  lange  haüen  wir  Ihre  stets  wertvollen  Beiträge  entbehrt.  Sie  haben 
freilich  Recht;  je  älter  man  wird,  desto  mehr  hat  man  zu  thun,  und  gar  zu  häufio-  kommt 
man  nicht  an  das,  Avas  man  gern  möchte.  Dank  und  Grub.  A.  v.  K.  in  K.  Besten  Dank 
für  die  häufigen  Nachrichten,  die  stets  Avillkommen  sind,  ebenso  für  die  interessante  Abbildun»- 
des  Bastardfasans.  —  E.  R.  in  D.  —  F.  W.  in  W.  —  E.  1*.  in  W.  —  Jb  L.  in  M.  —  ” 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zweiter  internationaler  ornithologischer  Kongreü.  Budapest  1891.  Hauiitbericht.  I  Ofifizieller 
Teil.  TI  Wissenschaftlicher  Teil.  Mit  2  Taf.  Budapest.  1892  (R.  Friedländer  u  Sohn. 
Berlin).  20  Mk. 

Natur  und  Haus:  Illustrierte  Zeitschrift  für  alle  Liebhabereien  im  Reiche  der  Natur 
Ilerausgegeben  von  Dr.  Ludw.  Staby  und  Max  Hesdörffer.  Berlin.  Rob.  Oitnen- 
heim.  1.  .lahrg.  l  Heft.  Okthr.  1892. 

H.  Fischer-  Sigwart.  Das  Gebirge,  ein  Rückzugsgebiet  für  die  Tierwelt.  Aarau.  H 
R.  Sauerländer  1892. 

Dr.  Karl  Rub.  Handbuch  für  Vogellicbhaber,  -  Züchter  und  Händler.  TT  Die  einheimischen 
Stubenvögel.  Magdeburg,  Creiitzsche  Verlagsbuchhandlung  1892.  (!  Mk. 

Andre  Suehetet.  Les  oiseaux  hybrides,  rcncontrds  ä  l’ctat  sauvage.  3me  partie.  Tvcs  paseraux 
Lille.  Tm  Bigot  Fröres.  1892. 

l’rof.  Dr.  T.  Rein.  Geographische  und  naturwissenschaftliche  Abhandlungen  I  Columbus 
und  seine  vier  Reisen  nach  dem  Westen.  Natur-und  hervorragende  Erzeugnisse  Siianiens 
Mit  ;i  Karten,  8  Holzschnitten  und  8  Lichtdrucken.  Leijtzig.  Wilh.  Engel  mann  1S9-' 

Ch.  Greve.  Distribution  gcograjdiique  des  carnassiersMoscou.  (?). 

Dr.  A.  Seitz.  Vergleichende  Studien  über  die  Faunen  von  China  und  Japan.  (Mitteilungen 
der  Deutschen  Gesellschaft  für  Natur-und  Völkerkunde  Ostasiens  in  Tokio.  1892). 

Ernest  Dufour.  Les  Hybrides.  (Mentor  agrieole  et  Acclimatation  illiistree  rcunis.  Bruxelles. 
18.  Sej)tbr.  1892.  Mit  1  'l’afel.) 

The  An  n  als  ot  St^otl  isli  Natural  History.  A  (piarterly  Magazine.  Nr.  i.  1892.  Edin¬ 
burgh.  David  Douglas.  1892. 

Berliner  Entomolo  gische  Zeitschrift.  Redigiert  von  Dr.  F.  Karsch.  37.  Bank  2 
Heft.  Berlin.  R.  Friedländcr  tni  d  Sohn.  1892. 

Verslag  van  den  Toestand  van  hei  Koninkl.  Zoologisch.  Botanisch  Genootschap  tc  ’s  Graven- 
hage  over  het  Jaar  1891. 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlau  &  WaldHclimidt.  Frankfurt  a.  M, 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 


N»  ll.  XXXIII.  Jahrgang,  November  1892. 


1  11  li  a  1  1. 

Si)ringfrosch,  litina  agiUs;  Ellritze,  Phoxinus  luevis;  Bemerkungen  von_F.  Leydig, 
Würzljurg.  —  Ein  gefangenes  Wiesel  (Putorius  vulgaris)-^  von  Ernst  Perzina,  Wien.  — 
Die  Zucht  des  Schleierschwanzes  und  des  Teleskopfisches  in  Zimmer  und  Garten.  Als 
Vortrag  gehalten  im  Triton,  Verein  für  Aquarien- u.  Tcrrarien-Kunde  zu  Berlin;  von  l’aul 
Nits  che.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangeue 
Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Spriiigfrosch,  Hana  agilis',  EUritze,  JPhoximis  laevis. 

Bemerkungen  von  F.  Leydig,  Würzbnrg. 


Vor  einiger  Zeit  wurde  von  mir  berichtet,  daß  Eana  agilis^ 
über  deren  Vorkommen  auf  deutscbem  Boden  dazumal  noch  wenig 
Sicheres  bekannt  war,  im  Mainthal  bei  Wnrzburg  aufgefunden 
worden  sei*).  Durch  weitere  Erfahrungen,  welche  sich  bald  an- 
schlosseu,  durfte  man  vermuten,  daß  gedachte  Froschart,  obsclion  sie 
den  südlichen  Ggenden  von  Europa  vorzugsweise  angehort,  doch  wohl 
noch  da  und  dort  auch  in  Deutschland  sich  werde  aufzeigen  lassen**). 
Ich  bin  imstande  jetzt  hierzu  einen  kleinen  Beitrag  zu  liefern,  indem 
ich  zu  melden  habe,  daß  Rana  agilis  auch  im  Tauberth  al ,  welches 
einen  Bestandteil  des  Maingebietes  bildet,  zugegen  ist. 

Im  Juli  des  vergangenen  Sommers  traf  ich,  nicht  ohne  Über¬ 
raschung,  ein  Stück  des  genannten  Frosches  bei  Rothenburg  und 
zwar  an  der  linksseitigen  Halde  des  obersten  Teiles  des  Thaies,  dort 
wo  ans  dem  ehemaligen  Seebecken,  welches  am  Fuße  der  Fraiiken- 

*)  Leydig,  Triton  helveticus  und  Rana  agilis.  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
Tierwelt  Frankens.  Verh.  phys.  med.  Ges.  Würzbnrg,  1888. 

**)  Leydig,  Einiges  über  unsere  braunen  Frösche,  Zool.  Anz.  1889. 

Zoolog.  Gart.  .Tuhrg.  XXXITI,  1892.  21 


322 


höhe  sich  hinzog,  die  Tauber  sich  eiugewühlt  und  das  gegenwärtige 
Thal  gebildet  hat  und  wo  die  Kultur  noch  nicht  alle  Spuren  des 
früheren  Zustandes  verwischen  konnte.  Man  muß  nunmehr  abwarten, 
ob  in  dem  15  Meilen  laugen  Lauf  der  Tauber,  bis  sie  bei  Wertheim 
iu  das  Maiuthal  ausgeht,  noch  audere  Örtlichkeiten  auftauchen 
werden,  wo  sich  das  Tier  ebenfalls  vorfiudet.  Einstweilen  ist  es 
übrigens  für  die  bezeichnete  Gegend  zu  den  Seltenheiten  zu  rechnen, 
indem  bisher  außer  dem  erbeuteteu  Stück  ein  zweites  nicht  vor  die 
Augen  gekommen  ist. 

O  O 

Neben  dem  vereinzelten  Vorkommen  macht  sich  abermals,  wie 
an  den  Exemplaren  des  Maiuthales  die  geringe  Körpergröße  des 
Tieres  autfällig.  Es  steht  in  dieser  Hinsicht  sehr  zurück  gegen  die 
Stücke,  welche  mir  aus  südlichen  Gegenden  geboten  worden  sind. 
Auch  die  ungarischen  Exemplare  der  Hana  agilis  erreichen  einen 
ganz  anderen  Umfang,  wie  mau  aus  den  Abbildungen,  welche  jüngst 
Mehely  geliefert  hat,  ersehen  kann*).  Sowohl  das  Männchen 
als  auch  das  Weibchen,  insbesondere  letzteres,  sind  dort  wahre 
Riesen  gegenüber  dem  »Springfrosch«  unseres  Landes. 

Die  biologischen  Wahruehmungeu,  welche  ich  früher  ge¬ 
macht,  erhalten  auch  an  dem  Tier  aus  dem  Tauberthal  ihre 
Bestätigung.  Es  hat  Bana  agilis^  gegenüber  von  Bana  fusca,  etwas 
Sanftes,  Geduldiges  in  seinem  Wesen,  mau  möchte  in  gewissem 
Sinne  sagen,  Verständigeres.  Nach  der  Gefangennahme  in  den 
Zwinger  gesetzt,  beruhigte  sich  das  Tier  nach  einigen  Stunden, 
nahm  auch  bereits  am  zweiten  Tag  Nahrung  zu  sich,  und  da  Nackt- 
sch necken  und  Regenwürmer  aus  dem  Hausgarteu  leicht  zu  be¬ 
schaffen  waren,  so  wurde  es  bei  guter  Fütterung  ganz  zutraulich. 
Nachdem  es  so  drei  Monate  lang  iu  Rothenburg  mein  Zimmerge¬ 
nosse  gewesen  war  und  frisch  und  gerundet  aussah,  nahm  ich  es 
mit  nach  Würzburg,  bei  welcher  Verpflanzung  sich  aber  zeigte, 
daß  auch  dasjenige,  was  ich  seiner  Zeit  über  die  »zartere  Konstitution« 
auszusagen  fand,  sich  leider  als  richtig  erweisen  sollte.  Denn  das  in 
luftigem  Behältnis  verwahrte  Tier  ertrug  die  nur  drei  Stunden  dauernde 
Fhsenbahnfahrt  so  schlecht,  daß  mir  schon  bei  der  Ankunft  das  erschlalFte 
Aussehen  auffiel,  und  des  andern  Morgens  fand  ich  das  Tier  lot. 

*)  Magyarorszäg  Barna  Bekäl  (Ranae  fuscae  Hungariae)  ista  Mehely 
Lajos.M.  T.  Ak.  S.  Termeszettud  Közlenienyek.  XXV.  Die  Tafeln  bringen  Abbildun¬ 
gen  von  Mana  ftisca,  B.  arvalis,  B.  agilis  und  stehen  in  Zeichnung  und  Kolorit 
unübertrefflich  da,  so  daß  sie  eine  wahre  Zierde  der  zoologischen  Litteratur 
bilden.  Der  Text  ist  mir  durch  die  Sprache  verschlossen. 


323 


In  vollem  Einklang  mit  meinen  Beobachtungen  und  sie  noch 
erweiternd,  stehen  die  soeben  veröffentlichten  Angaben  Me  he  ly ’s*), 
die  ich  um  so  weniger  wörtlich  hier  folgen  zu  lassen  mir  versagen 
kann,  als  »im  bewaldeten  Hügellande  Ungarns  Hana  agilis  allgemein 
verbreitet«  ist  und  sonach  das  Wahrgenommene  auf  breiter  Er¬ 
fahrung  beruht.  Der  genannte  Zoologe  schreibt: 

»Im  Freien  ist  er  (der  »Springfrosch«)  ungemein  lebhaft  und 
flink,  anfgescheucht  trachtet  er  mit  zwei  Meter  langen  Sätzen  zu 
entkommen  ;  in  der  Gefangenschaft  wird  er  aber  so  zahm,  daß  er  sein 
Futter  zu  jeder  Zeit  und  gern  aus  der  Hand  seines  Pflegers  annimmt. 
Hierbei  ist  er  ruhig,  durchaus  nicht  ängstlich  und  dermaßen  nicht 
mißtrauisch,  daß  mau  wann  immer  nach  ihm  greifen,  ihn  streicheln 
und  in  die  Hand  nehmen  kann,  ohne  daß  er  wegspringt.  Es  ist 
der  schönste  Beweis  seines  geduldigen,  zahmen  Wesens,  daß  er,  auf 
den  Rücken  gelegt,  stundenlang  in  derselben  Stellung  verharrt  und 
es  sogar  kaltblütig  geschehen  läßt,  daß  mau  seinen  Fuß  ausstreckt 
und  wieder  ein  biegt;  —  der  Zeichner  kann  sich  kaum  ein  gedul¬ 
digeres  Modell  wünschen.  Seine  Lebenszähigkeit  ist  gering,  den 
Transport  erträgt  er,  besonders  zur  Paarungszeit,  sehr  schwer, 
trotzdem  kann  man  ihn  in  der  Gefangenschaft  bei  sorgsamer  Pflege 
auch  drei  Jahre  lebend  erhalten.« 

Das  vereinzelte,  seltene  Vorkommen  der  Bana  agilis  in 
Deutschland  suchen  sich  die  Herpetologeu  in  verschiedener  Weise 
zu  erklären,  indem  die  einen  ein  gegenwärtig  stattfludendes  Ein- 
wanderu  auuehmeu,  die  andern  au  ein  zufälliges  Eingeschlepptwerden 
des  befruchteten  Laiches  durch  Zugvögel  denken  möchten. 

Weder  der  einen  noch  der  anderen  Ansicht  vermag  ich  beizu¬ 
pflichten,  sondern  ich  rechne  unseren  Frosch  zu  den  Tierarten, 
welche  in  das  Rhein-  und  Maingebiet  vou  Süden  her  in  weit  zurück- 
lieo-euder  Zeit  einwanderten,  wie  ein  solches  Vorrücken  vou  Seite 
einer  ganzen  Anzahl  von  Reptilien,  Amphibien,  Arthropoden,  Weich¬ 
tieren  und  andern  Gruppen  unzweifelhaft  stattgefunden  hat.  Ich 
habe  darüber  an  einem  früheren  Orte  eine  Aufzählung  und  Erörte- 
runo’  im  einzelnen  zu  geben  versucht**). 

*)  V.  Mehely  ,  Die  herpetologischen  Verbältnisse  des  Siebeiibürgischen 
Burzenlandes.  1892.  (Aus  der  Festschrift  zu  Ehren  der  26.  Wanderversamni- 
lung  der  ungarischen  Ärzte  und  Naturforscher  zu  Kronstadt). 

**)  Leyd  ig,  Verbreitung  der  Tiere  iin  Rhöngebirge  und  Mainthal,  mit 
Hinblick  auf  Eifel-  und  Rheinthal.  Verb,  naturhist.  Ver.  d.  Rheinlande  und 
Westfalens,  1881,  S.  152.  —  Vergl.  auch:  Noll,  Einige  dem  E.heinthale  von 


324 


Das  Klima,  namentlicb  laug  dauernde  uud  sich  oft  wiederholende 
Kälte  und  Nässe  mögen  der  zarten  Konstitution  des  Tieres  mehr 
wie  anderen  Arten  zugesetzt  haben,  die  Vermehrung  verringerte  sich, 
wozu  auch  beigetragen  haben  kann  das  stetige  Verschwinden  der 
Wassergräben  uud  damit  Eingehen  der  Laichplätze,  Kurz  als 
Folge  ergab  sich  der  jetzige  Zustand  der  Verkümmerung  und  des 
bevorstehenden  Erlöschens  im  westlichen  Deutschland;  während  im 
östlichen  Teil,  wie  es  scheint,  günstigere  Lebeusverhältuisse  bestehen 
blieben,  so  dafs  das  Tier  dort,  wenigstens  nach  den  Mitteilungen 
von  W  ol  t  e r s t  0  r  f  f  *),  in  manchen  Strichen  noch  »relativ  häufig« 
sich  erhalten  hat. 

Wenn  man  übrigens  auch  nur  auf  das  Mainthal  sieht,  so  ließen 
sich  gleichlaufende  Fälle  hierzu  in  mehrfacher  Zahl  namhaft  machen  ; 
doch  beschränke  ich  mich  auf  einige  Beispiele. 

Mantis  religiosa^  ein  echt  südliches  und  dabei  großes  uud  selt¬ 
sam  gestaltetes  Insekt,  lebte  noch  in  der  Mitte  des  vorigen  Jahr¬ 
hunderts  bei  Frankfurt  a.  M,  und  bei  Würzburg,  wohin  es  vom 
südwestlichen  Frankreich  zunächst  ins  Rheiugebiet  gelaugt  sein 
mochte.  An  beiden  Orten  ist  das  Tier  völlig  erloschen,**) 

Der  Käfer  Gymnopleiirus  eantharus^  welcher  der  Mittel meerzone 
augehört,  also  wieder  eine  südliche  Tierform  ist,  war,  wie  mau  aus  den 
Schriften  des  trefflichen  Nürnberger  Naturforschers  Sturm  ersieht, 
noch  im  Anfang  des  Jahrhunderts  einheimisch  bei  Würzburg.  Wie 
vielfach  habe  ich  unterdessen  nach  dem  Käfer  gesucht,  aber  trotz 

Bingen  bis  Coblenz  eigentümliche  Pflanzen  und  Tiere,  1878.  (Aus:  Jahres¬ 
bericht  d.  Vereins  für  Geographie  und  Statistik.)  Den  französischen  Ahorn, 
Acer  monspessulanum,  läßt  Noll  »bei  Würzburg«  wachsen,  was  insofern  zu 
verbessern  wäre,  als  dieser  Strauch  erst  weiter  abwärts  am  Main,  am  Karlsberg 
bei  Karlstadt  auftritt.  Von  dort  wird  er  schon  durch  Heller  (Flora  Wirce- 
burgensis,  1810)  erwähnt;  »In  dumetis  et  ad  seinitam,  quae  ducit  a  pago 
Mühlbach  versus  der  Karlsburg  et  circa  arceni  copiose.«  Vor  einigen  Jahren, 
als  ich  einen  Ausflug  an  den  bezeichneten  Platz  unternahm,  konnte  ich  mich 
überzeugen,  daß  der  interessante  südliche  Strauch  noch  zahlreich,  und  zum 
Teil  fast  in  Baumform,  längs  des  ganzen  Burgsteiges  und  über  die  Felsen  hin, 
vorhanden  ist.  Schenk  hat  übrigens  schon  im  Jahre  1848  (Flora  von 
Würzburg)  gezeigt,  daß  Acer  monspessulanum  aus  dem  Mainthal  in  dessen 
Nebenthäler  sich  verbreitet  hat,  so  ins  Thal  der  fränkischen  Saale  und  ins 
Wernthal,  wo  er  »größtenteils  schöne  Bäume«  bildet. 

*)  Wolterstor  ff.  Über  Rana  agilis  in  Böhmen.  Zool.  Anz.  1890. 

**)  Vergl.  Näheres  in:  Leydig,  Beiträge  und  Bemerkungen  zur  württom- 
bergischen  Fauna  mit  teilweisem  Hinblick  auf  andere  deutsche  Gegenden. 
Jahroshefte  Ver.  vaterl.  Natnrk.  in  Württemberg,  1871,  S.  262. 


anhaltender  Achtsamkeit  während  vieler  Jahre  nicht  eine  Spur 
davon  zu  entdecken  vermocht. 

Ja  man  könnte  auch  auf  ein  Insekt  südlichen  Herkommens 
hinweisen,  das  uns  den  Vorgang  des  Aussterbens  in  unseren  Tagen 
vor  Augen  bringt.  Es  ist  die  große  Singcikade,  Tettigonia  haema- 
todes,  welche  noch  vor  etwa  40  Jahren  in  solcher  Menge  an  warmen 
Weingeländen  bei  Würzburg  lebte,  daß  sie  sich  durch  ihren  scharf 
gellenden  Gesang  jedermann  bekannt  machte  und  zu  den  charakte¬ 
ristischen  Zügen  des  Mainthaies,  an  heißen  Sommertagen,  gehörte. 
Jetzt  ist  das  Tier  so  selten  geworden,  daß  nur  hin  und  wieder  noch 
eines  angetroffen  wird.  Selbst  der  alte  Name  »Lauer«,  welchen  die 
Weingärtner  ihm  beigelegt  hatten,  verliert  sich.  Jüngere  kennen 
diese  Bezeichnung  nicht  mehr ! 


Im  Januarhefte  1892  der  gegenwärtigen  Zeitschrift*)  brachte  ich 
einige  Nachricht  über  »Leuchtflecken«  der  Ellritze,  PJioxinus 
laevis,  welche  vor  langem  von  Kn  er  augezeigt  worden  waren,  wobei 
ich  zugleich  an  führte,  daß  ich  mich  vergeblich  nach  weiteren  Notizen 
über  diese  Sache  in  der  Litteratur  umgesehen  hätte.  Und  doch,  wie 
jetzt  zu  sagen  ist,  wurde  ein  Autor  übersehen,  welcher,  ohne  etwas 
von  den  früheren  Wahrnehmungen  zu  wissen,  auf  die  gleiche  Er¬ 
scheinung  gestoßen  war,  wenn  er  sich  auch  des  Ausdruckes  »Leucht- 
puukte  oder  Leuchtfiecken«  nicht  bedient. 

Es  ist  G  eisenheyner,  der  in  der  Schrift:  Wirbeltierfauna 
von  Kreuznach,  unter  Berücksichtigung  des  ganzen  Nahegebietes,**) 
seine  Verwunderung  darüber  ausspricht,  daß  bis  dahin  von  den 
Ichthyologen  eine  Eigentümlichkeit  des  Farbenkleides  an  Phoxinns 
laevis  nicht  erwähnt  werde,  die  außerordentlich  auffallend  sei.  Bei 
einer  Anzahl  von  Ellritzen,  die  in  einem  Wasserbecken  des  Gartens 
gehalten  wurden,  ließ  sich  schon  bei  ganz  oberflächlichem  Hinsehen 
bemerken,  daß  jederseits  hiuterm  Kopfe  fortwährend  ein  helles 
Blinken  und  Blitzen  sichtbar  sei,  wie  wenn  das  Licht  von  Diamanten 
zurückgestrahlt  werde.  Mit  Hülfe  dieses  Merkmales  sei  jeder,  der 
von  unserm  Beobachter  darauf  aufmerksam  gemacht  worden  war, 
sofort  in  den  Stand  gesetzt  worden,  die  Ellritze  heraus  zu  erkennen. 

*)  »Zoologischer  Garten«:  Leydig,  Blaufarbiger  Wasserfrosch;  Leucht¬ 
flecken  der  Ellritze. 

**)  Wissenschaftliche  Beilage  zum  Programm  des  kgl.  Gymnasiums  zu 
Kreuznach,  1888, 


326 


Soweit  wii'tl  mau  die  Augabeu  Gei  s  eu  beyiiers  in  Übereiu- 
stimiuung  mit  Bislierigem  fiudeu  müsseu.  Weniger  vermag  icli  das¬ 
jenige  für  richtig  zu  halten,  was  er  über  die  Ursache  des  »Blinkens 
und  Blitzens«  bei  näherer  Untersuchung  erkannt  zu  haben  glaubt. 
Es  wollte  ihm  nämlich  scheinen,  als  ob  unter  der  oberen  Ecke  des 
Kiemeudeckels  »unter  sehr  dünner,  von  grünlichem  Pigment  bedeckter 
Oberhaut  eine  Luftblase  säße,  die  bei  der  fortwährenden  Bewegung 
des  Deckels  durch  Beflexion  der  Lichtstrahlen  dieses  starke  Glitzern 
erzeuge.«  Was  mich  selber  über  diesen  Punkt  die  histologische 
Prüfung  gelehrt  hat,  wurde  in  meiner  Veröffentlichung  im  einzelnen 
vorgelegt  und  ich  darf  wohl  unterlassen,  hier  noch  einmal  darauf 
zurückzukommen. 

Sollte  nicht  beregter  Gegenstand  es  verdienen,  von  neuem  und 
planmäßig  in  die  Hand  genommen  zu  werden,  sowohl  in  Hinblick 
auf  andere  einheimische  Fische  des  Süßwassers,  als  insbesondere  auch 
mit  Rücksicht  auf  Vorkommnisse  bei  manchen  Meeresfischen? 


Ein  gefangenes  Wiesel  {I*iitorius  vulgaris). 

Von  Ernst  Perzina,  Wien. 

Obwohl  das  kleine  Wiesel  das  bei  uns  im  Freien  häufige,  die 
Nähe  des  Menschen  wenig  scheuende  Mitglied  der  Marderfamilie 
ist,  findet  man  es  doch  weit  seltener  in  Gefangenschaft  als  seine 
meisten  Verwandten,  welche  wohl  regelmäßig  in  den  Sammlungen 
der  zoologischen  Gärten  vorhanden  sind  und  hier  jahrelang  vorzüg¬ 
lich  ausdauern,  während  der  Zwerg  dieser  Räubersippe  in  der  Regel 
durch  seine  Abwesenheit  glänzt  oder  in  einem  frisch  gefangenen 
Exemplar  eine  vorübergehende,  gewöhnlich  nur  ganz  kurze  Zeit  zu 
sehende  Erscheinung  ist. 

»Gefangene  Wiesel,«  sagt  A.  E.  Brehm,  »gehören  zu  den 
größten  Seltenheiten,  nicht  weil  sie  schwierig  zu  erlangen  sind, 
sondern  weil  sie  nur  in  wenigen  Ausnahmsfallen  den  Verlust  ihrer 
Freiheit  ertragen.  Ich  meinesteils  habe  mir  die  größte  Mühe  ge¬ 
geben,  ein  Wiesel  längere  Zeit  am  Leben  zu  erhalten,  ihm  die  ihm 
zusagendsten  Aufenthaltsorte  und  die  passendste  Nahrung  geboten, 
habe  es  in  keiner  Weise  an  umsichtiger  Pflege  fehlen  lassen,  und 
bin  doch  nicht  zum  Ziele  gelaugt.  Ein  paar  Tage,  manchmal  auch 
wochenlang,  geht  es  ganz  gut;  plötzlich  aber  liegt'  das  Tierchen 


327 


zuckend  und  sich  windend  auf  dem  Bodeu  und  bald  darauf  ist  es 
verendet.  lii  seiner  aulserordentlichen  lleizbarkeit  dürfte  meiner 
Meinung  nach  die  hauptsächlichste  Ursache  seiner  Hinfälligkeit  ge¬ 
funden  werden;  das  Wiesel  ärgert  sich,  falls  mau  so  sagen  darf,  zu 
Tode«.  Wie  treffend  diese  Schilderung  ist,  wird  gewiß  jeder  Tier¬ 
pfleger,  welcher  den  Versuch  machte,  altgefaugeue  Wiesel  au  die 
Gefangenschaft  zu  gewöhnen,  zu  seinem  Leidwesen  haben  erfahren 
müssen. 

Wenn  das  frischgefangene  Wiesel  in  einen  Käfig  gesetzt  wird, 
tobt  es  in  demselben  entweder  wie  rasend  herum  und  sucht  dann, 
wenn  es  endlich  von  seinen  mit  fabelhafter  Geschwindigkeit  aus¬ 
geführten  Sprüngen  ermattet  ist,  am  ganzen  Leibe  vor  Erregung 
zitternd  nach  einem  Verstecke,  welches  es  dann,  so  lauge  es  die  Nähe 
eines  Beobachters  wittert,  kaum  mehr  verläßt,  oder  es  zeigt  —  die 
Charaktere  scheinen  eben  auch  bei  den  Wieseln  verschieden  zu  sein  — 
von  allem  Anfänge  an  ein  dem  beschriebenen  geradezu  entgegenge¬ 
setztes  Treiben,  indem  es  nicht  nur  keine  Furcht,  sondern  sogar  ein 
höchst  feindliches  Wesen  zur  Schau  trägt,  unter  gellendem  Schreien 
nach  jedem  sich  dem  Käfige  Nähernden  schnappt,  fortwährend  faucht, 
und  wütend  in  die  Käfigdrähte  oder  in  irgend  einen  ihm  vor¬ 
gehaltenen  Gegenstand  beißt.  Ich  habe  etwa  ein  Dutzend  frisch 
gefangener  Wiesel  im  Laufe  der  Zeit  besessen  und  bei  ihnen  stets 
eine  dieser  beiden  Benehmeusweisen  gefunden,  entweder  sinnlose 
Furcht  oder  grenzenlose',  vor  nichts  zurückschreckende  Wut;  die¬ 
jenigen,  welche  das  erst  beschriebene  Wesen  zeigten,  verweigerten 
ausnahmslos  jede  Nahrung,  ließen  lebend  zu  ihnen  gesetzte  Mäuse, 
Vögel  und  andere  Kleintiere  völlig  unbehelligt  und  lagen  nach  drei 
bis  vier  Tagen,  wahrscheinlich  dem  Hunger  erlegen,  tot  in  ihrem 
Verstecke;  die  anderen  hingegen  töteten  nicht  nur  jedes  ihnen  in  die 
Nähe  kommende  Tier  sofort  und  fraßen  von  demselben,  sondern  sie 
rissen  auch  ihnen  hingehaltene  Fleischstücke  aus  den  Fingern  und 
zerkauten  sie  unter  ärgerlichem  Gemurmel,  aber  trotzdem  war  auch 
ihnen  nie  ein  langes  Leben  beschieden;  sie  verendeten  stets  an  den 
Folgen  eines  ihrer  Zornesausbrüche;  wenn  sie  wieder  einmal  auf 
irgend  etwas  kreischend  losgefahren  waren  und  sich  eine  Weile  in 
dasselbe  verbissen  hatten,  ließen  sie  plötzlich  taumelnd  los,  warfen 
sich  wie  von  Krämpfen  geschüttelt  auf  den  Boden  —  einige  heftige 
Zuckungen  und  der  Tod  trat  ein. 

Ich  muß  gestehen,  daß  ich  mich  nach  diesen  Erfahrungen  der 
Ansicht  Buffons,  daß  das  Wiesel  unzähmbar  sei,  auschloß  und, 


328 


als  mir  im  Februar  dieses  Jahres  ein  frisch  gefangeues  Exemplar, 
welches  sehr  wütend  that,  gebracht  wurde,  nur  wenig  Lust  hatte, 
noch  einen  Zähmuiigsversuch  mit  dieser  fauchenden  kleinen  Bestie  zu 
unternehmen.  Auf  vieles  Drängen  seitens  des  Verkäufers  nahm  ich 
das  Wiesel  schließlich  doch  und  beschloß  bei  ihm  ein  anderes  Ver¬ 
fahren  als  bei  seinen  Vorgängern  anzuwenden,  wodurch  ich  ihm 
seine  Erregbarkeit  eher  abzugewöhnen  hoffte.  Während  ich  nämlich 
die  früher  gepflegten  Wiesel  in  einem  größeren  Draht- Vogelkäfig, 
welcher  mit  allerhand  Verstecken  wie  kleinen  Kästchen  etc.  ausge¬ 
stattet  war,  untergebracht  hatte,  wies  ich  dem  neuen  Ankömmling 
eine  geschlossene  geräumige  Kiste,  deren  Boden  dicht  mit  Sand 
bestreut  war,  und  welche  Luft  nud  Licht  nur  durch  einige  kleinere, 
mit  Drahtgeflecht  überspannte  Löcher  erhielt,  zum  Aufenthaltsorte 
an  und  kümmerte  mich  durch  etwa  zwei  Wochen  nur  insoweit  um 
ihn,  als  ich  für  Wasser  und  Futter,  als  welch  letzteres  ich  lebende 
Sperlinge,  Hausmäuse,  Mehlwürmer  bot,  sorgte.  Mein  Wiesel  ver¬ 
hielt  sich  hier  während  des  Tages  ziemlich  ruhig  und  schien,  soviel 
ich  durch  die  Ritzen  sehen  konnte,  meistenteils  schlafend  in  einer 
Ecke  zu  liegen.  Öffnete  ich  indes  die  kleine  Lucke,  durch  welche 
es  seine  Nahrung  erhielt,  so  war  es  stets  sofort  da  und  fuhr  unter 
Ausstößen  eines  trillernden  Tones  zunächst  auf  meine  Hand  los  — 
welche  einige  Male,  im  Verhältnis  zur  Größe  des  Angreifers  ganz 
gehörige  Bißwunden  davon  trug ;  warf  ich  ein  Futtertier  hinein,  so 
wurde  dieses  blitzschntdl  angefallen,  getötet,  zum  Lager  geschleppt 
und  meist  sofort  verzehrt.  Nach  einiger  Zeit,  etwa  zwei  Wochen 
nachdem  das  Wiesel  die  Kiste  bewohnte,  mußte  ich  diese  uubediimt 
reinigen  lassen,  da  der  sehr  starke  Geruch  der  Entleerungen  durch 
deren  Anhäufung  geradezu  unerträglich  wurde.  Die  Hand  durch 
einen  sehr  starken  Wildlederhandschuh  geschützt,  wollte  ich  das 
Wiesel  fassen,  um  es  während  der  Reinigung  au  einen  anderen  Ort 
zu  bringen,  aber  ehe  ich  noch  hierzu  Gelegenheit  hatte,  war  ich 
schon  von  dem  Tierchen  gefaßt ;  es  hatte  sich  in  einen  Finger, 
welcher  trotz  der  dichten  Lederhülle  die  Bisse  der  scharfen  Zähuchen 
tüchtig  zu  spüren  bekam,  verbissen,  mit  solcher  Wut,  daß  es  selbst 
dadurch  nicht  zum  Loslasseu  zu  bewegen  war,  als  ich  die  Hand  so 
in  die  Höhe  hob,  daß  das  Wiesel  mit  dem  ganzen  Leibe  frei  in  der 
Luft  hing.  Ich  suchte  es  nun  in  ein  großes  Einsiedeglas  abzustreifen, 
was  nach  einigen  sehr  derben  Rucken  schließlich  auch  gelang,  aber  nur 
mit  dem  Erfolge,  daß  ich  im  nächsten  Augenblicke  in  die  andere 
Hand  gebissen  wurde  und  das  Wiesel,  welches  sich  das  durch  den 


820 


Schmerz  verursachte  Zusauimeiizucken  derselben  rasch  zu  seinem 
Vorteile  zu  benutzen  gewuljt  hatte,  pfeilschnell  im  Zimmer  dahin 
schießen  und  sich  unter  einen  Kasten  verstecken  sah.  Ich  ent¬ 
fernte  mich  aus  der  Stube,  um  ein  Tuch  zu  holen,  mittelst  dessen 
ich  durch  Überwerfen  am  ehesten  den  Ausreißer  wieder  zu  fangen 
hoffte.  Nach  wenigen  Minuten  zurückgekehrt,  mußte  ich  schon 
erfahren,  wie  rasch  ein  Wiesel  seine  Freiheit  in  einer  Stube,  welche 
Käfigvögel  beherbergt,  zu  benutzen  verstünde !  Bei  meinem  Wieder¬ 
eintritt,  mit  dem  Tuche  bewehrt  und  nach  dem  Flüchtlinge  spähend, 
erblickte  ich  diesen  zu  meinem  nicht  geringen  Schrecken  in  dem  Käfige 
einer  Steindrossel,  welche  durch  ihre  liebenswürdige  Zahmheit  mein 
besonderer  Liebling  war,  auf  dem  bereits  getöteten  Vogel  liegend!  Die 
etwas  weit  geflochtenen  Maschen  des  Käfiggitters  hatten  dem  schlanken 
Räuber  nur  zu  bequemen  Zutritt  gestattet.  Als  ich  dem  Wiesel 
nun  hier  zu  Leibe  rückte,  griff  es  mich  zunächst  an,  nahm  dann 
aber  Reißaus  und  ließ  sich  eine  Weile  im  ganzen  Zimmer  herum 
hetzen,  von  einer  ihm  Deckung  bietenden  Stelle  zur  andern  flüchtend  ; 
alle  Fangversuche  scheiterten  an  der  Geschmeidigkeit  des  Tieres, 
welches  immer  wieder  zu  entwischen,  überall  sich  durchzuzwängen 
verstand.  Endlich  hatte  es  sich  in  eine  Ecke  geflüchtet,  aus  welcher 
es  keinen  zweiten  Ausweg  zu  finden  vermochte  und  frohlockend  wollte 
ich  cs  ergreifen  ;  aber  da  geschah  etwas,  worauf  ich  völlig  unvorbereitet 
war!  (öfters  hatte  ich  gelesen,  daß  das  Wiesel  sich  nicht  scheue, 
selbst  manchmal  den  Menschen  anzugreifeu,  dies  aber  immer  für 
mehr  oder  weniger  übertrieben  gehalten,  denn  wenn  ich  auch  an  den 
»Zornigen«,  welche  ich  von  dieser  Art  gefangen  gehalten,  gesehen 
hatte,  daß  sie  auf  den  sich  ihrem  Käfige  Nahenden  wütend  schnap¬ 
pend  loszufahren  suchten,  so  hatte  ich  dies  doch  immer  größten¬ 
teils  als  durch  die  enge  Gefangenschaft  verursacht  geglaubt,  denn 
in  dieser  werden  ja  bekanntlich  manche  Tiere,  welche  sonst  den 
Menschen  aufs  ängstlichste  meiden,  angriffslustig;  sie  sind  gewisser¬ 
maßen  aus  Furcht  mutig  geworden.  So  wird  jeder  alt  gefangene 
Kuckuck,  welcher  sonst  doch  zu  unseren  scheuesten  Vögeln  gehört, 
wenn  eiugesperrt,  die  ihm  durchs  Gitter  entgegen  gesteckten  Finger 
mit  Flügel-  und  Schnabelhieben  bearbeiten,  selbst  unmittelbar  nach 
seiner  Gefangennahme  !  —  Nun  sollte  ich  aber  den  Beweis  dafür,  daßjeue 
Angaben  völlig  richtig  seien  ,  selbst  erleben.  Mit  seinem  gewohnten 
Augriffsschreie  sclmellte  sich  das  Wiesel  fast  meterhoch  empor  und 
erfaßte  mich  au  dem  Stoffe  meiner  Jacke ;  daß  diese  hingegen 
ziemlich  fühllos  sei,  schien  die  kleine  Bestie  sofort  zu  begreifen,  denn 


330 


sie  ließ  augenblicklich  los  und  erneuerte  ihre  Angriffe,  ja  als  ich 
für  mein  Gesicht  besorgt  zurücktrat,  begann  sie  mich  sogar  zu  ver¬ 
folgen  !  Das  ging  mir  denn  nun  doch  über  den  Spaß,  und  ich  wollte 
bereits  mit  einem  kräftigen  Fußtritte  das  boshafte  kleine  Wesen 
unschädlich  machen,  als  mir  ein  mit  Wasser  gefülltes  Gefäß  ins 
Auge  fiel  und  mich  auf  den  Gedanken  brachte,  die  bezähmende 
Wirkung  dieser  Flüssigkeit  vorher  noch  einmal  an  dein  Wiesel  zu 
versuchen.  Kaum  hatte  sich  das  Wasser  über  meinen  kleinen  Feind 
ergossen,  als  es  auch  schon  mit  dessen  Mut  gründlich  vorbei  war  — 
triefend  machte  es  kehrt  und  flüchtete  sich  in  einen  in  der  Nähe 
stehenden  Stiefel ;  nun  hatte  ich  es,  rasch  wurde  die  Offüuug  des 
Schuhes  mit  einem  Tuche  verstopft  und  dieser  dann  samt  Inhalt  in 
einem  sehr  eng  geflochtenen  Vogelbauer  verwahrt. 

Die  erhaltene  Dusche  schien  eine  nachhaltige  Wirkung  erzielt 
und  das  Wiesel  um  seine  ganze  Angriffslust  gebracht  zu  haben,  denn 
einige  Stunden  laug  wagte  es  sich  nicht  aus  seinem,  für  ein  Wiesel 

O  O  O  ' 

gewiß  sonderbaren  Asyle  heraus,  hie  und  da  blickte  wohl  für 
einen  Moment  sein  Köpfchen  spähend  aus  der  Öffnung,  um  aber 
sofort  wieder,  meine  fortdauernde  Nähe  witternd,  zu  verschwinden. 
Selbst  nachdem  ich  die  getötete  Steindrossel  in  den  Käfig  warf,  ver¬ 
mochte  dies  nicht,  wie  in  früherer  Zeit  immer,  den  kleinen  Räuber 
zu  einem  Angriffe  zu  veranlassen.  Endlich  schlüpfte  es  aus  -dem 
Stiefel  hervor,  um  sich  zu  lösen,  denn  sein  Lager  oder  Versteck 
verunreinigt  ein  Wiesel  nie,  obwohl  es  sich  lange  nicht  so  reinlich 
zeigt  wie  die  meisten  seiner  Verwandten  (z.  B.  das  Frettchen),  welche 
ihre  Entleerungen  immer  an  ein  und  derselben  Stelle  absetzen, 
während  das  Wiesel  seine  Losung  im  ganzen  Käfig  zerstreut,  und 
bei  dieser  Gelegenheit  wurde  auch  die  Vogelleiche  erfaßt  und  in  den 
gewählten  Schlupfwinkel  gezerrt.  Aus  demselben  hörte  ich  denn 
auch  allsogleich  das  schmatzende  Kauen  des  Tieres,  welches  durch 
das  mehrstündige  Fasten  gewiß  schon  recht  hungrig  geworden  war. 
Spät  abends  verließ  das  Wiesel  abermals  sein  Versteck,  und  während 
der  Nacht  schien  es  dem  Geräusche  nach  ziemlich  lebhaft  zu  sein, 
auch  Befreiungsversuche  unternehmen  zu  wollen,  denn  ich  hörte  es 
oft  minutenlang  an  den  Gitterstäben  herumarbeiten.  Am  nächsten 
Morgen  fand  ich  es  schon  in  den  Stiefel  zurückgezogen  der  Ruhe 
pflegend,  die  ungenießbaren  Überreste  des  Steinrötels  lagen  iin  Käfig. 
Ein  Stückchen  rohen  Fleisches  in  den  Käfig  geworfen,  schien  sofort 
von  dein  Wiesel  gewittert  zu  werden,  denn  es  steckte  den  Kopf  aus 
dem  Stiefelschafte  hervor,  schnüffelte  einige  Augenblicke  in  der 


Luft  lieriiiii,  zog  sich  al)er,  sobald  es  meiner  ansichtig  geworden  war, 
wieder  zurück ;  nach  einiger  Zeit  lugte  es  wieder  hervor,  verschwand 
wieder,  und  nach  noch  einigen  Wiederholungen  dieses  Spieles  schien 
es  sich  endlich  Mut  zu  fassen,  es  kam  zögernd  in  den  Käfig  heraus, 
packte  das  Fleisch  und  stürzte  sich  daun  mit  demselben  Hals  über 
Kopf  wieder  in  sein  Versteck.  Einige  Zeit  hindurch  blieb  sich 
nun  sein  Benehmen  ganz  gleich,  den  Tag  verbrachte  es  in  seinem 
Stiefel,  welchen  es  nur  daun  verließ,  wenn  es  seine  Losung  absetzeu 
mußte  oder  wenn  es  sich  sein  Futter  holte ;  bestand  letzteres  in 
einem  Stückchen  Fleisch,  so  zögerte  es  immer  ein  Weilchen,  bis  es 
sich  zum  Holen  desselben  entschloß,  war  es  hingegen  ein  totes  oder 
gar  lebendes  Tier,  daun  fuhr  es,  wohl  in  der  Besorgnis,  daß  ihm 
dieses  sonst  entgehen  könnte,  wie  der  Blitz  darauf  zu,  versetzte  ihm 
einige  Bisse  und  trug  es  dann  zu  seinem  Lager.  Während  der  Nacht 
war  es  viel  in  Bewegung  und  machte  dabei  mit  seinem  Arbeiten  au 
dem  Gitter  und  seinen  Sprüngen  ziemlichen  Lärm,  Seine  frühere 
tolle  Angriffslust  war  wie  verschwunden,  es  war  scheu  geworden, 
ohne  aber  dabei  jene  Furcht,  jene  zitternde  Aufregung  zu  zeigen, 
wie  die  anderen  mir  bis  dahin  als  »Nicht  bösartig«  bekannt  ge¬ 
wordenen  Artgenossen. 

Allmählich  wurde  es  zahmer,  kam  auch  ohne  besondere  Ver¬ 
anlassung  während  des  Tages  aus  seinem  Schlupfwinkel  —  den 
Schuh  hatte  ich  inzwischen  schon  durch  ein  mit  einem  Schlupfioche 
versehenes  Holzkästchen  ersetzt  —  hervor,  machte  ganz  ohne  Be¬ 
achtung  meiner  Gegenwart  seine  Spaziergänge,  ja  nahm  schließlich 
sogar  ihm  durchs  Gitter  gesteckte  Futterstückcheii  aus  den  Fingern 
ab,  ohne  dabei  in  ärgerliche  Aufregung  zu  verfallen.  Nahte  ich 
mich  mit  einer  lebenden  Maus  oder  einem  Sperlinge  in  der  Hand, 
so  wurde  es  freilich  erregt,  zeigte  ich  ihm  dieses  Beutestück  vorerst 
eine  Weile  durchs  Gitter,  so  konnte  es  sogar  recht  zornig  werden, 
unter  schrillendem  Schreien  gegen  meine  Hand  fahren  und  seinen 
Grimm  an  den  Drahtstäben  durch  wütende  Bisse  auslassen. 

Ich  konnte  nun  auch  die  Bemerkung  machen,  daß  es  mich 
als  seinen  Pfleger  recht  wohl  von  anderen  Personen  zu  unterscheiden 
vermochte,  denn  von  dem  immerhin  gemütlichen,  oder  besser  ge- 
safj't.  Meicho’ültisfen  Verkehre  mit  mir,  war  sein  Benehmen  gegen 
Fremde  weit  verschieden;  entweder  zeigte  es  vor  diesen,  namentlich 
vor  Damen,  welche  große  Hüte  trugen  oder  in  lebhaften  Farben 
gekleidet  waren,  die  größte  Furcht,  welche  sich  in  seinem  sofortigen 
Rückzuge  äußerte,  oder  es  griff  ohne  weiteres  wütend  an,  sprang 


332 


gegen  das  Gitter  und  geriet  dabei  in  die  größte  Aufregung.  Einen 
befreundeten  Offizier,  welcher  mich  fast  täglich  besuchte  und  sich 
dabei  stets  mit  dem  Wiesel  beschäftigte,  kannte  es  indes  recht 
bald  und  verhielt  sich  gegen  denselben  in  ganz  gleicher  Weise  wie 
gegen  mich  ;  als  mein  Freund  aber  einmal  in  Civilkleiduug  erschien, 
erkannte  ihn  das  Wiesel  nicht,  es  stutzte  wohl  bei  seinem  Anblick 
zuerst  einen  Moment,  stürzte  aber  dann  sofort  mit  seinem  Augriffs- 
schreie  gegen  das  Gitter.  Kaum  aber  hatte  der  Augefeindete  einige 
Worte  gesprochen,  als  es  ihn  auch  schon  an  der  Stimme  zu  er¬ 
kennen  schien,  denn  es  stellte  sofort  ■ —  was  es  sonst  nie  that  — 
seine  Angriffe  ein,  gewiß  ein  Beweis  für  die  Intelligenz  des  Tieres. 

Mit  seinem  allmählichen  Vertrauterwerdeu  wurde  das  W'iesel 
durch  sein  Benehmeu  ein  recht  interessanter  Beobachtungsgegen¬ 
stand;  es  sprang  in  kurvenförmigen  Sätzen,  wie  sie  auch  Edel¬ 
oder  Steinmarder  mit  Vorliebe  ausführeu,  im  Käfige  herum,  bestieg 
den  Kletterbaum,  auf  dessen  Zweigen  es  sich  indes  nicht  besonders 
gewandt  bewegte,  vielmehr  oft  genug,  wenn  es  sich  auf  einen  etwas 
schwankenderen  vorgewagt  hatte,  von  diesem  zu  Boden  fiel,  setzte 
sich  auf  die  Hinterbeine  und  spähte  in  dieser  Stellung  nach  allen 
Seiten,  manchmal  spielte  es  auch  mit  dem  Zipfel  eines  in  den  Käfig 
gesteckten  Tuches,  oder  wenn  es  sehr  satt  war,  auch  mit  einer 
toten  Maus  oder  einem  Vogel,  sehr  selten  mit  dem  noch  lebenden 
Tiere.  Beim  Spiele  mit  einem  Tuchende  zerrte  es  mit  den  Zähnen 
an  demselben,  machte,  dabei  immer  das  Tuch  festhaltend,  allerlei 
Sprünge,  oder  es  legte  sich  unter  diesem  Spielzeuge  auf  den  Rücken 
und  bearbeitete  es  nun  in  dieser  Stellung  mit  Zähnen  und  Vorder¬ 
füßen.  Anders  waren  seine  Spiele  mit  einer  Tierleiche;  an  diese 
schlich  sich  das  Wiesel  gewöhnlich  ganz  an  den' Boden  angedrückt, 
sehr  vorsichtig  und  mit  vielem  Zeitaufwand  heran,  hielt  dann  in 
geringer  Entfernung  vor  derselben  eine  Weile,  um  hierauf  plötzlich 
mit  einem  Sprunge  auf  die  eingebildet  Verfolgte  los  zu  stürzen, 
sie  am  Halse  zu  fassen,  zu  würgen  und  zu  schütteln  —  offenbar 
eine  Nachahmung  seiner  Jagd  im  Freien  —  dann  sprang  es  mit 
seiner  Beute  im  Maule  mit  raschem  Satze  auf  einen  erhöhten  Punkt, 
das  Dach  seines  Schlafkästchens  oder  einen  breiteren  Ast  des  Kletter¬ 
baumes,  ließ  auf  diesem  sitzend  das  Erfaßte  fallen,  spähte  ihm 
eine  Weile  nach,  um  ihm  dann  wieder  nachzustürzeu,  es  aufs  neue 
zu  packen,  im  ganzen  Käfige  herumzuschleppen,  öfters  in  seinem 
Schlafkästchen  zu  verbergen  und  dann  wieder  aus  demselben  her¬ 
vorzuholen,  um  daun  nach  einigen  Wiederholungen  den  Scbein 


338 


durch  die  Wirklichkeit  zu  ersetzen,  das  lieitit,  sein  Spielzeug  mit 
bestem  Appetite  anfzuspeiseii. 

Weit  seltener  spielte  es  mit  lebenden  Tieren  und  zwar  nur 

dann,  wenn  es  schon  sehr  satt  war  und  ich  mich,  nachdem  ich 
das  Puttertier  iu  den  Käfig  geworfen  hatte,  sofort  aus  dessen  Nähe 
entfernte.  —  Blieb  ich  dabei  stehen,  so  wurde  es,  vielleicht  aus 
Furcht,  daß  ich  sonst  möglicherweise  ebenfalls  auf  einen  fetten 
Mausebraten  Appetit  bekommen  könnte  —  sofort  getötet  und  wenn 
nicht  sofort  verzehrt,  doch  wenigstens  in  das  Lager  geschleppt. 
Höchst  fesselnd  war  der  Kampf  des  Wiesels  mit  einem  größeren 
und  wehrhaften  Säuger  zu  beobachten;  mit  Mäusen  und  Vögeln 
bis  zur  Taubengröße  war  es  immer  rasch  fertig,  diese  wurden  durch 
Bisse  in  die  Halsgegend  rasch  getötet. 

Einmal  brachte  ich  in  seinen  Käfig  eine  frisch  gefangene, 

sehr  wütend  sich  geberdende  Wanderratte  von  ganz  enormer  Größe  — ■ 
»Wie  a  klaue  Katz«  sagte  unser  Hausmeister,  als  er  sie  mir  über¬ 
gab.  —  Kaum  war  diese  im  Bereiche  des  Wiesels,  als  sich  dieses 

auch  schon  auf  den  Hals  der  Ratte  stürzte.  Aber  noch  bevor  es 

sich  in  diesen  verbeißen  konnte,  hatte  es  von  dem  sich  blitzschnell 
wendenden  Nager  einen  tüchtigen  Biß  wegbekommen  ;  verdutzt  zog 
sich  das  Wiesel  etwas  zurück,  um  dann  seinen  Angriffsschrei  aus¬ 
stoßend,  blitzschnell  auf  den  ihm  an  Größe  weit  überlegenen  Feind 
loszuspringen,  sich  für  einen  Moment  in  dessen  Nase  zu  verbeißen, 
daun  loszulassen  und  sich,  noch  ehe  ihm  die  wütend  quieckende  Ratte 
etwas  anhaben  konnte,  wieder  zurückzuzieheu ;  einige  Mal  wiederholte 
sich  der  Angriff  des  Wiesels  ganz  iu  derselben  Weise  und  mit  ganz 
demselben  Erfolge;  die  Ratte  blutete  ziemlich  stark  aus  der  Nase  und 
schien,  obgleich  immer  zorniger,  doch  auch  matter  zu  werden,  daun 
verbiß  sich  das  Wiesel  nach  einem  plötzlichen  Angriffe  iu  die  Schulter¬ 
gegend  der  Ratte;  diese  suchte  abzuwehren  und  namentlich  ihrem 
Feinde  in  der  Weichengegend  Bisse  beizubringen,  dabei  überkugelten 
sich  die  beiden  Streiter  oft,  die  Ratte  quieckte  fortwährend,  und  als 
das  Wiesel  nach  einem  sitzenden  Bisse  des  Nagers  loslies  und  zurück¬ 
taumelte  ,  ergriff  dieser  eiligst  die  Flucht  und  rettete  sich ,  aus 
mehreren  ziemlich  bedeutenden  Wunden  an  Schulter,  Seiten  und  Rücken 
blutend,  in  das  Schlafkästchen  seines  Besiegers;  dieser  hatte  ebenfalls 
einige  Wunden  davongetrageu,  je  eine  an  der  Schulter  und  Seite, 
welche  ihn  aber  nicht  sehr  zu  belästigen  schienen,  und  eine  ihm 
gewiß  empfindlichere  andern  linken  Vorderlaufe.  DieseFußwunde  wurde 
fortwährend  beleckt  und  schien  das  Tier  sehr  zu  schmerzen,  denn 


334 


es  vermied  es  ersichtlich  mit  dem  kranken  Beine  anfzntreten.  Seinen 
Feind  schien  es  ganz  vergessen  zu  haben,  als  es  nach  einiger  Zeit 
sein  Schlafkästchen  anfsuchte;  kaum  hatte  es  in  dessen  Schlupflocli 
aber  den  Kopf  gesteckt,  als  es  auch  schon  wieder  zurücksprang, 
wahrscheinlich  einem  Angriffe  der  Ratte  ausweichend;  nun  ging  es 
an  ein  fortwährendes  Vorgehen  gegen  die  Öffnung  des  Kästchens; 
doch  schien  dies  für  die  gut  gedeckte  Ratte  ziemlich  ungefährlich  zu 
sein,  da  sie  sich  ja  sehr  leicht  verteidigen  konnte.  Das  Wiesel  wurde 
dabei  so  erregt,  wie  ich  es  noch  gar  nicht  gesehen  hatte,  stieß  bei 
jedem  neuen  Angriffe  seinen  Zornesschrei  aus,  sprang  auf  das  Dach 
des  Kästchens  und  spähte  von  hier  nach  seiner  verborgenen  Beute. 
Dieses  nutzlose  Angreifeu  mochte  etwa  zwei  Stunden  gedauert  haben, 
ehe  sich  das  Wiesel  ermüdet  und  erschöpft  zurückzog  und  in  einer 
Ecke  des  Käfigs  zum  Schlafe  zusammeurollte.  Mittlerweile  war  es 
Nacht  geworden ,  und  als  ich  mich  zur  Ruhe  begab,  schlief  das 
Wiesel  noch  und  auch  die  Ratte  gab  kein  Lebenszeichen  von  sich. 
Gegen  Mitternacht  weckte  mich  ein  heilloses  Poltern  und  Quiecken 
vorn  Wieselkäfig  her,  und  rasch  an  denselben  herantreteud,  sah  ich, 
wie  die  Ratte  in  geradezu  rasender  Schnelligkeit  an  der  Gitterwand 
empor  vor  dem  Wiesel  flüchtete  ;  dieses  war  aber  an  Schnelligkeit 
seinem  Wilde  weit  überlegen,  erfaßte  es  knapp  unter  der  Käfigdecke 
in  der  Halsgegeud,  die  Ratte  ließ  mit  den  Füßen  los  und  im  nächsten 
Moment  lagen  beide  am  Käfigboden,  das  Wiesel  fast  rittlings  auf 
seinem  Opfer,  demselben  mit  raschen  Bissen  unter  stetem  Gemniinel 
die  Halsgegeud  zerfleischend  —  bald  war  die  Ratte  erlegen  und  der 
Sieo-er  begann  seinen  Schmaus. 

Einen  sehr  großen  Kaninchenrammler,  welcher  eines  Ausschlages 
wegen,  der  ihn  seiner  Haare  beraubte,  getötet  werden  sollte,  gab 
ich  in  ein  kleines,  völlig  leeres  Zimmer,  brachte  daun  den  Wiesel¬ 
käfig  und  öffnete  dessen  Thür.  Das  Wiesel  kam  sofort  an  die  Öffnung 
heran,  zögerte  aber  sichtlich  diese  zu  überschreiten,  schnupperte 
mißtrauisch  und  verließ  sein  gewohntes  Heim  erst,  als  ich  mit  einem 
Stocke  einschritt.  Nun  lief  es  schuüffelud  im  Zimmer  herum,  ver¬ 
riet  aber  dem  Kaninchen  gegenüber  keinerlei  Angriffslust,  ja  wich 
ihm  direkt  aus,  ich  veranlaßte  daher  den  der  Gefahr  anscheinend 
völlig  unbewußten  Rammler,  sich  immer  wieder  in  die  Nähe  des 
gegen  ihn  zwerghaften  Wiesels  zu  begeben.  Dies  ging  eine  ganze 
Weile  so  fort,  und  mir  begann  die  Sache  schon  langweilig  zu  werden, 
als  dem  Kaninchen  der  Einfall  kam,  sich  seinerseits  dem  Wiesel  zu 
nahen  und  es  neugierig  zu  beschnuppern.  Damit  war  sein  Geschick 


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entschieden,  denn  blitzschnell  sprang  ihm  der  kleine  Räuber  an  den 
Hals  und  verbiß  sich  in  denselben,  während  das  Kaninchen  klagend 
flüchtete  und  wie  rasend  nmhertobte;  dabei  blutete  es  stark,  doch 
schien  die  Kraft  des  Wiesels  nicht  ausreichend  zu  sein  um  es  zu  töten! 
Mir  that  das  Tier  schließlich  leid  und  ich  versetzte  ihm,  um  seiuem 
Leiden  ein  Ende  zu  machen,  mit  einem  Hammer  mehrere  Hiebe  auf 
den  Kopf,  welche  es  denn  auch  sofort  töteten;  das  Wiesel  blieb  noch 
eine  Weile  an  dem  toten  Tiere  hängen  und  fraß  ein  förmliches 
Loch  aus,  daun  zog  es  sich  in  seinen  Käfig  zum  Schlafen  zurück. 
Als  es  später  wieder  munter  wurde,  ließ  ich  es  abermals  frei  und 
warf  ihm  das  Kaninchen  vor  —  das  Wiesel  giug  dem  Leichnam 
ersichtlich  aus  dem  Wege.  Nun  befestigte  ich  an  demselben  eine 
Schnur  und  versetzte  ihn  durch  Ziehen  an  derselben  in  zuckende 
Bewegungen  ;  aber  während  solches  Bewegen  toter  Mäuse  oder  Vögel, 
um  welche  sich  das  satte  Wiesel  nach  der  Tötung  auch  nicht 
mehr  gekümmert  hatte,  sofort  einen  neuen  Angriff  veranlaßte,  war 
es  diesmal  ganz  erfolglos.  Ich  glaube  demnach  die  Vermutung  aus¬ 
sprechen  zu  können ,  daß  das  Wiesel  im  Freien  Tiere  dieser  Größe 
nur  unter  gewissen  Bedingungen,  entweder  bei  großem  Hunger  oder 
wenn  sie  sich  seinen  Jungen  zu  sehr  nähern  und  diese  scheinbar 
bedrohen,  angreift. 

Eidechsen,  Schlangen  und  Frösche  wurden  stets  angegriffen  und 
getötet,  indes  wurde  nur  bei  großem  Hunger  davon  gefressen, 
Kröten  wurden  nach  einem  Bisse  nicht  mehr  belästigt,  doch  sehr 
eingehend  aus  geringer  Entfernung  beschnüffelt. 

Getränke  nahm  das  Wiesel  sehr  wenig  zu  sich,  es  leckte  nur 
an  der  Flüssigkeit  und  schreckte  nach  jeder  Annäherung  an  dieselbe 
mit  dem  Kopfe  förmlich  zurück;  daß  es  Milch  besonders  dem  Wasser 
vorziehe,  habe  ich  nie  bemerkt. 

Nachdem  ich  das  Wiesel  über  sechs  Monate  gesund  und  munter 
gehalten  und  dadurch  gesehen  hatte,  daß  es  auch  bei  diesem  Tiere 
möglich  sei,  es  bei  entsprechender  Pflege  an  die  Gefangenschaft  zu 
gewöhnen,  gab  ich  es,  des  im  Zimmer  unangenehm  fühlbaren  Ge¬ 
ruches  halber,  ab  —  es  befindet  sich  heute  im  Frankfurter  zoolo¬ 
gischen  Garten. 

o 


336 


Die  Zucht  des  SclileierscliAvanzes  und  des  Teleskopfisclies 

in  Zimmer  und  Darten. 

Als  Vortrag  gehalten  imTriton,  Verein  für  Aquarien-  u.  Terrarien-Kunde  zu  Berlin. 

Von  Paul  Nitsehe. 

(Schluß.) 

Daß  ohne  Sonne  der  Laich  nicht  aiiskoninien  könnte,  ist  unrichtig. 
Laichkörner,  die  au  Stellen  geraten  waren,  wo  sie  auch  nicht  der 
kleinste  Sonnenstrahl  traf,  kamen  ziemlich  zu  gleicher  Zeit  mit  solchen 
im  selben  Behälter  aus,  die  der  grellen  Sonne  ausgesetzt  waren. 

Ähnliche  Erfahrungen  machten  wir  s.  Z.  in  der  Ausstellung  ; 
dort  laichten  Makropoden  in  Becken,  die  von  keinem  Sonnenstrahl 
o'etrotfen  wurden,  die  Jungen  kamen  nach  derselben  Zeit  aus,  wie 
in  den  von  der  Sonne  reichlich  beschienenen  Behältern.  Nur  die 
Wärme  ist  der  treibende  Faktor. 

Die  im  Laichbehälter  ausgekommenen  Fischcheu  nahm  ich 
etwa  vier  Tage  nach  dem  Ausschlüpfeu  auch  heraus  und  brachte 
sie  in  die  kleineren  Becken,  da  das  große  Acjuarium  zu  dicht  be¬ 
wachsen,  also  ein  genaues  Beobachten  nicht  möglich  war.  Dies 
letztere  ist  durchaus  notwendig,  denn  mit  den  Futtertiercheu  bringt 
mau  die  Keime  von  größeren  Wasserinsekteu  in  die  Behälter,  die,  den 
Blicken  verborgen,  sich  hier  zu  schadenbriugeuder  Größe  entwickeln. 

Nach  etwa  vier  Tagen  beginnen  die  jungen  Fischcheu  nach 
Nahrung  suchend  hin  und  her  zu  schießen.  Tn  den  schon  14  Tage 
vorher  fertig  gemachten  Behältern  haben  sich  Infusorien  und  ganz 
kleine  I^rustaceen,  die  erste  Nahrung  der  Tierchen,  genügend  ent¬ 
wickelt,  so  daß  für  die  ersten  10  Tage  für  Futter  gesorgt  ist.  Daun 
aber  beginnen  die  Mühen  des  Faugens  von  lebendem  Futter 
(Cyclops,  Daphnien  etc.),  das,  nach  Hause  gebracht,  durch  ein  der 
Größe  der  Fischcheu  entsprechend  engmaschiges  Sieb  gegossen  wird. 
Ich  habe  mir  hierzu  einen  Blechtrichter  nach  Art  der  Milchseiher 
machen  lassen,  in  den  ich  je  nach  Bedarf  engere  oder  weitmaschigere, 
seidene  Müllergaze  spanne. 

Ob  auch  gute  Erfolge  zu  erzielen  sind,  wenn  man  von  vorn¬ 
herein  von  lebender  Nahrung  absieht,  bleibt  zu  versuchen;  es  wäre 
jedenfalls  viel  becpemer,  aber  ich  halte  doch  für  Fische  lebende 
Nahrung  mindestens  gleichbedeutend  mit  der  Muttermilch  der 
Säugetiere,  mit  der  Schnabelfütterung  der  Vögel. 

Mit  allem  lebenden  Futter  ist  sehr  sorgfältig  zu  verfahren, 
besonders  Daphnien  darf  man  nie  zu  viel  auf  einmal  in  die  Zucht- 


becken  geben.  Diese  kleinen  Krnster  brauchen  schließlich  mehr 
Sauerstoff,  als  sie  im  Wasser  vorfinden,  sie  gehen  zu  Grunde  und 
verderben  das  Wasser.  Was  von  den  Fischchen  nicht  vorher  aus 
Mangel  an  Sauerstoff  einging,  das  geht  nun  sicher  ein.  Wer  mit 
lebendem  Futter  anfängt  zu  füttern,  gebe  lieber  des  Tages  öfter 
kleine  Portionen,  aber  niemals  viel  auf  einmal.  Es  muß  jedenfalls 
immer  so  gefüttert  werden,  daß  am  Abend  alles  aufgezehrt  ist, 
denn  über  Nacht  arbeiten  die  Pflanzen  nicht,  ein  sehr  wesentlicher 
Faktor,  besonders  in  Behältern  ohne  Durchlüftung,  Zu  berück¬ 
sichtigen  ist  hierbei  ja  auch,  daß  bei  der  Zimmerzucht  fast  immer 
die  Behälter  übervölkert  sind;  abschwächend  für  den  letzteren  Übel¬ 
stand  wirkt  allenfalls  ein  niedriger  Wasserstand,  er  wird  aber 
wieder  größer  im  Verhältnis  des  Wachstums  der  Fische  und  macht 
einen  unschönen  Eindruck. 

In  allzu  übervölkerten  Aquarien  treten  dann  besonders  Kr  a  n  k- 
heiten  auf,  die  folgende  Symptome  zeigen: 

1)  Der  Fisch  bleibt  ganz  munter,  bekommt  aber  eine  hellere 
Färbung,  besonders  am  Leib  eine  fast  gelbliche;  dieser  wird  dicker 
und  der  Körper  sieht  im  Anfang  aus,  als  wäre  er  mit  ganz  kleinen 
Perlen  besetzt;  beim  genauen  Schauen  sieht  mau,  daß  diese  letztere 
Erscheinung  durch  abstehende  Schuppen  verursacht  wird.  Ist  das 
Abstehen  der  Schuppen  und  das  Anschwelleu  des  Leibes  schon  sehr 
weit  vorgeschritten,  dann  ist  der  Fisch  meist  rettungslos  dem  Tode 
verfallen.  Bringt  man  das  Tier  aber  im  Anfangsstadium  der  Krank¬ 
heit  in  ein  kleineres  Gefäß  (ich  habe  hierzu  immer  ein  Kasten¬ 
aquarium  von  10  X  Ih  cm  benutzt)  mit  3 — 5  cm  W^asserstand,  in 
das  viel  Sauerstoff  entwickelnde  Pflanzen  (Riccia)  eingeworfen  werden, 
und  setzt  nun  das  Gefäß  hinter  der  Fensterscheibe  recht  der 
brennenden  Sonne  aus,  so  ist  der  Fisch  nach  etwa  acht  Tagen 
sicher  wieder  gesund.  Selbstredend  muß  für  gutes  Futter  gesorgt 
werden,  auch  ist  das  Wasser,  wenn  nötig,  zum  Teil  durch  abge¬ 
standenes  zu  ergänzen.  Lebendes  P^utter  darf  mau  hier  nur  des 
Morgens  geben,  da  zu  anderen  Tageszeiten  das  Wasser  zu  hohe 
Temperatur  hat,  die  Futtertiere  infolge  dessen  zu  Grunde  gehen 
und  das  Wasser  verderben.  Händler  und  Züchter  nennen  diese 
Krankheit  Wassersucht,  ich  glaube  indes  nicht,  daß  diese  Be¬ 
zeichnung  richtig  ist.  Untersuchungen  des  aufgetriebenen  Körpers 
ergaben  nicht  Wasser,  sondern  nur  Luft. 

2)  Der  Phsch  bekommt  au  Flossen  und  am  Körper  ganz  blut¬ 
rote  Stellen  (Rotlauf),  die  immer  größer  werden  und  sicher  den  Tod 

Zoolog-,  Gart.  Jahrg,  XXXIIT,  1892.  22 


338 


des  Tieres  herbeiführeii,  wenn  nichts  dagegen  gethan  wird.  Im 
Anfaugsstadium  behandelt  wie  oben,  hat  stets  geholfen. 

In  beiden  Fällen  dürfen  die  Tiere  selbstredend  nicht  wieder  in 
übervölkerte  Behälter  zurück  gebracht  werden. 

Die  durch  unser  verehrtes  Ehrenmitglied  Herrn  W.  Hartwig 
auf  mein  Ersuchen  in  seiner  bekannten  liebenswürdigen  Bereit¬ 
willigkeit  vorgeuommene  Secierung  und  mikroskopische  Untersuchung 
ergab  unter  den  Schuppen  der  roten  Flecke  das  massenhafte  Vor¬ 
handensein  von  stäbchenförmigen  Bakterien.  Ob  diese  die  Krank¬ 
heitserreger  sind  und  die  Krankheit  daun  ansteckend  ist,  müssen 
weitere  Versuche  lehren.  Eine  Art  der  später  zu  beschreibenden  Haken¬ 
würmer  fand  Herr  Hartwig  auch  in  einzelnen  Exemplaren  an  diesen 
Fischen,  so  dafs  es  nach  meiner  Ansicht  nicht  ausgeschlossen  wäre, 
daf3  die  roten  Stellen  erst  Folgen  der  Haft-  bezw.  Saugapparate 
der  Würmer  sind. 

Einer  dritten  Krankheit,  an  der  mir  etwa  10  Fische  zu  Grunde 
gingen,  konnte  ich  nicht  Herr  werden.  Die  Tiere  trieben  trotz  aller 
Gegenanstrengungen  immer  wieder  zurück  zur  Oberfläche  und  blieben 
dort  schließlich  senkrecht  stehen,  den  Kopf  nach  unten  haltend, 
schließlich  kam  der  Bauch  nach  oben,  später  sogar  bis  zum  After 
außer  ^^asser.  Es  schien  mir,  als  wenn  an  der  i  echten  Seite,  kuiz 
vor  der  Afteröffiiung,  eine  kleine  Auftreibung  im  Leibe  stattge- 
fuudeu  hätte. 

Herr  Hartwig  schreibt  mir  über  die  Secierung  eines  solchen 
Patienten  :  »In  den  Körnchen  fand  ich  sonderbare  Schläuche,  welche 
pilzartig  zu  sein  scheinen,  doch  konnte  ich  noch  zu  keiner  be¬ 
stimmten  Ansicht  kommen.« 

Ich  bin  der  Ansicht,  daß  die  Tiere  krank  wurden  durch  allzu 
schnelles  und  vieles  Fressen,  es  waren  immer  kräftige  Exemplare, 
also  «-ute  Fresser,  die  von  dieser  Krankheit  betroffen  wurden,  aber 
ich  beobachtete  diese  Krankheit  nur  bei  Exemplaren  bis  zum  Alter 
von  acht  Wochen,  während  die  anderen  Krankheiten  auch  bei 
älteren,  sogar  mehrjährigen  Fischen  Vorkommen. 

Als  vierte  von  mir  beobachtete  Krankheit  käme  die  durch 
Ectoparasiteu  hervorgerufene,  die  ich  später  noch  beschreiben  will. 

An  alten  Zuchtfischeu  habe  ich  besonders  drei  verschiedene 
Krankheiten  beobachtet,  bemerke  aber  ausdrücklich,  daß  die  Krank¬ 
heiten  immer  auf  einen  Fehler  des  Pflegers  bezw.  Verkäufers  znrück- 

znführen  sind: 


339 


1)  Der  Fisch  liegt  krmnm  gezogen  auf  der  Seite  am  Boden 
des  Behälters  oder  der  Oberfläche  des  Wassers;  es  ist  dies  das  letzte 
Stadium  der  Krankheit,  die  nach  wenig  Tagen  den  Tod  bedingt. 
Selbst  hier  ist  noch  zu  helfen,  doch  ist  es  selbstredend  weit  sicherer, 
wenn  man  schon  im  Anfangsstadium  helfend  eiugreift. 

Dieses  zeigt  sich  wie  folgt :  Der  Fisch  steht  ruhig  an  der 
Oberfläche  des  Wassers,  seine  Bewegungen  sind  schwerfällig, 
schaukelnd,  Freßlust  wenig,  zuletzt  gar  nicht  vorhanden.  Äußere 
Fiin Wirkungen,  die  sonst  den  gesunden  Fisch  veranlassen,  schnellend 
tieferes  Wasser  aufzusuchen,  bringen  ihn  kaum  zu  irgend  welchen 
Fortbewegungen.  Schließlich  folgt  er,  mit  dem  Finger  angestoßen, 
nur  dem  Druck  des  Fingers,  um  langsam  nach  oben  steigend  wieder 
seine  frühere  Stellung  einzunehraen. 

Solchen  Fischen  gebe  ich  ein  Klystier,  weil  sie  au  Verstopfung 
leiden. 

Das  mag  komisch  klingen  und  wird  hier  und  da  auch  ein 
ungläubiges  Lächeln  hervorrufen,  aber  es  ist  doch  so  —  gar 
manchen  wertvollen  Fisch,  der  schon  auf  der  Seite  lag,  der,  nur 
zu  seinem  Schaden,  in  diesem  Zustande  schon  24  Stunden  in  Salz¬ 
lösung  gelegen  hatte,  habe  ich  auf  diese  Weise  gerettet.  Ich  habe 
Versuche  augestellt,  indem  ich  von  zwei  gleich  kranken  Fischen 
den  einen  nur  mit  Klystier,  den  anderen  nur  mit  Salzlösung  be¬ 
handelte.  Der  letztere  starb  nach  zwei  bis  drei  Tagen,  der  erstere 
war  in  zwei  bis  sechs  Stunden  gesund. 

Ich  bin  ira  Prinzip  überhaupt  gegen  Salzlösung  als  Heilmittel 
für  Fische.  Salzlösung,  von  der,  nebenbei  gesagt,  der  sie  An  wendende 
oft  gar  nicht  einmal  weiß,  wie  viel  prozentig  sie  sein  muß,  ist  zum 
Universalmittel  gegen  alle  nur  denkbaren  Fischkraukheiten  geworden. 
Das  ist  doch  entschieden  falsch.  Wenn  ich  irgend  ein  Mittel  a'eo-en 
eine  Krankheit  anwenden  will,  so  muß  ich  in  erster  Linie  wissen, 
worin  besteht  die  Krankheit,  wie  soll  das  Mittel  wirken  und  welche 
Eigenschaften  desselben  bringen  die  Heilung,  also  auch,  wie  soll  die 
Zusammensetzung  sein.  Auch  kann  ich  doch  unmöglich  einen  Sü߬ 
wasserfisch  auf  einmal  in  starke  Salzlösung  bringen,  ohne  ihm  zu  schaden. 
Jeder  derartige  Übergang  muß  eben  ganz  allmählich  geschehen,  wie 
ich  später  bezüglich  der  angewandten  Salicyllösung  beschreiben  werde. 

Zn  der  erwähnten  Operation  benutze  ich  eine  entsprechend 
fein  ausgezogeue  Glasröhre  ca.  50  X  7  mm,  deren  Spitze  gut  ab- 
«■eschinolzen  ist,  so  daß  im  Darm  des  Fisches  nichts  verletzt  werden 
kann.  Nachdem  in  die  Glasröhre  für  einen  Fisch  von  5  cm 


340 


10  Tropfen  Ricinnsöl  (wenig  angewärmt,  weil  so  leichtflüssiger)  ge¬ 
tröpfelt  wurden,  schließe  ich  die  Röhre  mit  einem  Gummiball.  Auf 
ein  über  die  linke  Hand  aiisgebreitetes,  feuchtes,  leinenes  Tuch 
kommt  der  Fisch  auf  den  Rücken  zu  liegen,  der  Kopf  nach  der 
Handwurzel  zu  und  wird  so  festgehalten,  daß  die  AfteröfFniiug  frei 
bleibt.  Nun  wird  mit  der  anderen  Hand  die  Glasröhre  vorsichtig 
eingeführt  und  in  den  Darm  durch  ganz  langsames  Drücken  des 
Gummiballes  etwa  des  Öles  gepreßt.  Jetzt  muss  sich  der 

Fisch  erst  eine  Weile,  etwa  fünf  Minuten,  im  Wasser  erholen,  dann 
gibt  mau  ihm  in  derselben  Weise  den  Rest  des  Öles  in  das  Maul, 
indem  mau  die  Röhre  möglichst  tief  in  den  Schlund  führt.  Man 
hüte  sich  noch  zu  drücken,  wenn  das  letzte  Öl  aus^der  Röhre  ist. 
Es  würde  daun  Luft  in  die  inneren  Teile  gepresst  werden,  die  ja 
allerdiuojs  wohl  beim  Zurückziehen  der  Röhre  sofort  wieder  ent- 
weichen  mag.  Nach  der  Operation  zwinge  mau  den  Fisch  durch 
Anstößen  etc.  Schwimmbewegungen  zu  machen  und  halte  ihn  stets, 
auch  bei  etwa  durch  das  an  die  Oberfläche  tretende  Öl  nötig 
werdende  Umsetzen  in  demselben  Wasser,  in  dem  er  vorher  lebte, 
also  in  dem  vom  Aquarium  entnommenen. 

Es  ist  meiner  Ansicht  nach  nicht  richtig,  mit  »abgestandenem« 
Wasser  zufrieden  zu  sein,  diese  Art  Fische  liebt  so  frisches  Wasser 
nicht.  In  solchem  setzen  sich  an  die  Fische  auch  immer  massen¬ 
haft  Luftblasen  an ;  diese  sind  dem  gesunden  Fisch  schon  unan¬ 
genehm,  wieviel  mehr  wohl  erst  dem  kranken,  der  sich  ihrer  gar 
nicht  erwehren  kann. 

3 — 6  Stunden  nach  der  Operation  exkrementiert  der  Fisch  und 
ist  daun  sicher  gerettet.  Es  ist  nun  für  leicht  verdauliches,  am 
besten  lebendes  Futter  zu  sorgen  und  in  den  ersten  Tagen  nicht  zu 
viel  zu  reichen.  Stets  nehme  mau  derartige  Operationen  über  einem 
mit  weicher  Unterlage  versehenen  Tische  vor,  um  so  ein  etwaiges 
Fortspringeu  des  Fisches  ungefährlich  für  denselben  zu  machen. 

Eine  andere  Krankheit  dürfte  durch  Erkältung  entstehen;  Der 
Fisch  ruht  mit  dem  Bauch  auf  dem  Bodeugrund,  atmet  ganz 
normal  und  frißt  auch  tüchtig,  er  ist  aber  nur  unter  Anwendung 
o-roßer  Anstrengung  imstande,  sich  nach  oben  zu  bewegen,  um  sofort 
wieder,  sobald  er  mit  den  starken  Bewegungen  der  Brustflossen  auf¬ 
hört,  senkrecht  schnell  nach  unten  zu  sinken.  Ich  denke  mir,  daß  bei 
solchen  Fischen  die  Funktionen  der  Schwimmblase  gestört  sind  und 
habe  nur  im  Anfaugsstadium  durch  erwärmtes  Wasser,  wie  bei  den 
Krankheiten  der  einsömmerigen  Fische  beschrieben,  gute  Erfolge  erzielt. 


Die  dritte,  mir  ganz  unerkUirliclie  Kraiiklieit  beobachtete  ich 
an  zwei  von  den  Fischen,  die  Herr  Hothorn  aus  Japan  impor¬ 
tierte.  Freülust  war  hier  gar  nicht  vorhanden,  selbst  lebende 
Daphnien  und  Corethra  -  Larven  blieben  unberührt.  Die  Fische 
schwammen  wohl  schwerfällig  aber  sonst  ganz  normal,  ruhten  auch 
wohl  ab  und  zu  am  Bodengrund  oder  hingen  mit  dem  Maul  au  der 
Oberfläche,  trotzdem  ein  Mangel  an  Sauerstoff  ira  Wasser  bestimmt 
nicht  vorhanden  war.  So  gingen  sie  langsam  zu  Grunde,  ohne  daL 
eine  besondere  Abmagerung  zu  sehen  gewesen  wäre,  und  verblieben 
—  und  das  ist  das  Merkwürdige  —  im  Tode  in  ganz  normaler 
Lage,  wie  zu  Lebzeiten,  sie  lagen  also  nicht  auf  der  Seite, 
schwammen  weder  auf  der  Oberfläche,  noch  lagen  sie  am  Boden, 
sondern  hingen  mit  dem  Maul  au  der  Oberfläche,  wie  ein  lebender 
Fisch.  Auf  mein  Ersuchen  an  Herrn  Geheimrat  Professor  Möbius 
ließ  ireuaunter  Herr  einen  solchen  Fisch  untersuchen.  Das  Resultat 
war  leider  ein  negatives,  es  konnten  keinerlei  außergewöhnliche  Er¬ 
scheinungen  gefunden  werden.  Au  einem  zweiten  von  mir  auf- 
geschnittenen  Fisch  bestätigte  das  gänzliche  Fehlen  von  verdauter 
Nahrung  in  den  Eingeweiden,  sie  waren  ganz  leer  und  durch¬ 
scheinend  klar,  meine  Beobachtung  bezw.  der  Verweigerung  der  An¬ 
nahme  von  Nahrung. 

Zum  Herausfangen  von  älteren  Schleierschwänzen  benütze  mau 
stets  ein  entsprechend  großes  und  weiches  Netz,  es  kommt  sonst 
leicht  vor,  daß  sich  die  Fische  beim  Schlagen  mit  dem  Schwanz  die 
einzelnen  Fahnen  beschädigen.  Stets  ist  der  herausgefangene  Fisch  sofort 
mit  der  Hand  oder  Tuch  im  Netz  zu  überdecken  ;  ein  Herausspringeu 
aus  dem  Netz  kann  bei  unglücklichem  Fall  den  Tod  zur  Folge  haben. 

Die  bei  alten  und  jungen  Fischen  vorkommenden,  vorher  er¬ 
wähnten  Saprolegnien  und  Schleimhautwucherungen  kommen  in 
richtig  eingerichteten  Behällern  nicht  vor.  Dort  verschwinden  die 
Saprolegnien  au  mit  solchen  behafteten  Fischen  ganz  von  selbst. 
An  Fischen,  die  ich  mit  Schleimhautwucherungen  kaufte,  traten, 
wenn  ich  letztere  mittels  eines  entsprechenden  Schabeiustrumeutes 
entfernte,  in  meinem  Aquarium  Neubildungen  der  Wucherungen 
nicht  mehr  auf.  Wie  ängstlich  ist  man  früher  gerade  bei  der  Pilz¬ 
krankheit  gewesen.  Man  sollte  solche  Fische  sofort  von  den  anderen 
entfernen,  mit  Salz  behandeln,  dunkel  stellen  und  was  sonst  noch 
für  Ratschläge  waren,  die  ja  auch,  richtig  angewandt,  wirken 
mögen,  aber  durchaus  nicht  nötig  sind.  Ich  habe  sogar  gesehen, 
wie  jemand  einen  kleinen  unbeschuppten  Teleskop,  der  wenig  Pilz- 


342 


bikluug  um  Schwänze  zeigte,  in  starke  Salzlösung  setzte.  Die  Folge 
war,  (laß  am  anderen  Tage-  der  ganze  Körper  des  Tieres  in 
einen  förmlichen  Saprolegnien-Mautel  eingehüllt  war  und  der  Fisch 
zu  Grunde  ging. 

Um  zu  beweisen,  wie  sicher  Saprolegnieu  im  guten  Aquarium 
verschwinden  müssen,  bin  ich  bereit,  zu  meinen  wertvollen  Fischen 
solche  pilzkranke  zwecks  Beweis  meiner  Behauptung  einsetzeu 
zu  lassen.  Auch  haben  mehrere  Mitglieder  unseres  Vereins  sich  au 
einem  von  Sporospermien  behafteten  Fisch,  den  ich  heilte,  indem 
ich  ihm  die  Beulen  kreuz  und  quer  aufschuitt,  die  Wunde  gut  aus¬ 
spritzte  und  mit  Salicylpulver  ausstreute,  hiervon  überzeugt;  die 
Wunde  setzte  auch  nicht  die  mindeste  Saprolegnienbilduug  au. 

Über  die  Qualität  der  jungen  Fischcheu  kann  sich  der  Kenner 
schon  nach  etwa  vier  Wochen  ein  Urteil  bilden,  wennschon  ich 
gern  zugebeu  will,  daß  ein  jung  gute  Aussichten  versprechendes 
Flossen  werk  mit  der  Zeit  zurückbleibt,  während  andererseits  ein 
gering  entwickeltes  sich  nach  Jahren  sehr  reich  entfaltet,  aber  es 
bleiben  dies  eben  immer  Ausnahmen. 

Ob  die  Augen  des  Teleskopen  sicher  gut  werden,  kann  mau 
ebenfalls  schon  sehr  früh  beurteilen,  während  weniger  gute  sich  mit 
den  Jahren  auch  noch  recht  gut  herausbildeu  können,  aber  eben 
auch  nur  in  seltenen  Fällen. 

Das  Wachstum  der  jungen  Fischcheu  bei  reichlicher  und  ge¬ 
eigneter  Nahrung  ist  bedeutender  als  mau  glaubt,  ich  habe  heute 
am  22.  März  1892,  schon  Fische  von  1891  Sommerbrut,  die  6  cm 
ohne  Schwanz  messen  und  20  Gramm  wiegen,  wobei  zu  berück¬ 
sichtigen  ist,  daß  die  Krankheiten,  zu  kleine  und  übervölkerte 
Aufzuchtbeckeu  uud  noch  manches  andere,  was  vermieden  werden 
kann,  die  Tiere  im  Wachstum  zurückgelialteu  hat.  Je  weniger 
Fische  auf  ein  bestimmtes  Quantum  Wasser  im  richtig  formierten 
Behälter  (Breite  uud  Höhe  etwa  gleich  uud  je  halb  so  groß  wie 
Länge)  kommen,  je  besser  wachsen  die  Tiere.  Sogenannte  Kümmer¬ 
linge  gibt  es  bei  jeder  Brut,  während  ich  mich  durchaus  nicht  zu 
der  Meinung,  daß  alle  im  Zimmeraquarium  gehaltenen  Fische 
Kümmerlinge  würden,  bekehren  kann. 

Was  nun  meine  Erfolge  bezüglich  der  Qualität  betrifft,  so 
bemerke  ich,  daß  ich  im  Zimmer  von  einem  Satz,  bestehend  aus 
einem  schwarzen  Teleskopweibcheu  (zweisömmerig),  zwei  roten 
Schleierschwanz-Männchen  (dreisömmerig)  in  einer  Brut  150  Junge 
erhalten  habe,  von  denen  50  mit  Doppelschweif,  100  einfach- 


scliwäirzige  waren;  unter  ersteren  befanden  sieb  etwa  10  fische, 
die  das  Prädikat  gut  und  unter  diesen  wieder  drei,  die  das  Prädikat 
vorzüglich  verdienten.  Von  den  Eiufachschwänzen  waren  etwa  30 

O 

Kometenschweife.  Mindestens  100  der  ganzen  Zucht  hatten  flossen¬ 
fehler,  die  Eier  entwickelten  sich  bei  zu  wenig  Sonnenwärme  zu 
langsam  und  dies  war,  luie  schon  gesagt  und  weiterhin  ersichtlich, 
der  Grund  für  die  vielen  Verkrüppelungen. 

Bessere  Erfolge  hatte  ich  in  meinen  Gartenhecken,  wo  ich  die 
Zuchtfische  bei  16®  R  zusammensetzte.  Dort  benutzte  ich  dieselben 
Fische  wie  im  Zimmer  und  noch  zwei  ebensolche  Sätze,  die  schon 
am  nächsten  Tage  laichten,  und  erzielte  in  je  zwei  Bruten  etwa 
850  Fische,  von  denen  durch  ein  Versehen  der  von  mir  mit  der 
Aufsicht  betrauten  Person  (meine  Gartenhecken  habe  ich  in  einem 
1  Stunde  Bahnfahrt  von  hier  entfernten  Ort,  den  ich  nur  alle  14 
Tage  aufsuchen  kann)  etwa  200  im  Alter  von  8  Tagen  eingingen. 
Von  den  übrig  bleibenden  650  waren  etwa  350  Einfachschwänze 
und  Doppelschwänze,  der  Rest  von  300  dagegen  bestand  aus  ca. 
50  sehr  schönen  Kometenschweifen  und  250  guten  und  mittleren 
Schleierschwänzen,  Teleskopen  und  Teleskopschleierschwänzeu.  Wirk¬ 
lich  hochfeine  Stücke  sind  hierbei  etwa  20, 

Bei  diesem,  meinem  ersten  Resultat  ist  in  Betracht  zu  ziehen, 
dafi  ich  die  alten  Fische  nach  dem  Ablaichen  im  Gartenhecken 
Nr.  1  nicht  entfernte,  sondern  hier  hinein  auch  noch  die  alten 
Fische  der  Becken  2  und  3  nach  dem  jedesmaligen  Ablaichen  der¬ 
selben  brachte,  bis  ich  nach  etwa  14  Tagen  bis  3  Wochen,  je 
nachdem  ich  nach  der  herrschenden  Witterung  den  nächsten  Laich 
erwarten  durfte,  die  jungen  Fische  aus  2  u.  3  herausgefangen  hatte, 
selbstredend  ein  mühsames  Stück  Arbeit,  um  sie  dann  im  Zimmer¬ 
aquarium  heranzuziehen. 

Im  Becken  Nr.  1  habe  ich  zwei  Bruten  gehabt,  von  der  einen 
konnte  ich  eine  Partie  Laich  ins  Nebenbecken  bringen,  es  ist  aber 
selbstredend  das  meiste  des  im  Becken  Nr.  1  erzielten  Zuchtresultates 
von  den  alten  Fischen  aufgefressen  worden,  zumal  ich  hierin  auch 
noch  eine  Anzahl  ein-  bis  zweijähriger  Teleskopen  und  Schleier¬ 
schwänze  hatte.  Groß  geworden  sind  hier  nur  vier  Fischcheu. 
Die  alten  Fische  müssen  eben  durchaus  noch  am  Abend  des  Laich¬ 
tages  entfernt  werden. 

Meine  Gartenhecken  (man  richte  sie  stets  so  ein,  daß  das 
Wasser  abgelassen  werden  kann)  sind  an  sonniger  Stelle  aufgestellt, 
aus  Ziegeln  mit  Gement  gemauert,  innen  und  außen  mit  Gement 


344 


abgeputzt,  1  Meter  iuneu  breit  und  laug  uucl  ^/4  Meter  tief,  zur 
Hälfte  mit  Torf,  Erde  und  darüber  liegender  Kiesscbiclit  gefüllt, 
der  Bodengrund  fällt  nach  einer  Ecke  zu  schräg  ab.  Das  Wasser 
ist  au  der  tiefsten  Stelle  etwa  ^/2  Meter,  an  der  seichtesten  knapp 
^4  Meter  tief  und  reichlich  mit  lose  eiugeworfeuer  Wasserpest  etc. 
ausgestattet.  Die  Pflanzen  müssen  in  einem  anderen,  mit  Glas  fest 
zugedeckteu  Behälter  vorher  14  Tage  stark  der  Sonne  ausgesetzt 
worden  sein,  damit  etwaige  Eier  von  schädlichen  Insekten  sich  ent¬ 
wickeln  und  dann  die  Pflanzen  vor  dem  Einbringen  in  das  Zucht- 
beckeu  sehr  sorgfältig  von  diesen  gesäubert  werden  können. 

Zum  Zudecken  der  Behälter  benutzte  ich  Mistbeetfeuster,  an 
denen  die  Mittelscheibe  durch  ganz  feine  Drahtgaze  ersetzt  wurde. 
Au  kälteren  Tagen  und  während  der  Nacht  deckte  ich  über  diese 
wieder  eine  Glasscheibe.  Das  Zudecken  der  Behälter  ist  durchaus 
nötig,  um  Fischfeinde,  bestehend  aus  Wasserinsekten,  Fröschen, 
Raubvögeln,  Katzen,  Fischottern  etc.  fern  zu  halten. 

Nach  den  Mitteilungen  der  anderen  Herren  unseres  Vereins 
die  in  diesem  Jahre  sich  mit  der  Sache  befaßten,  glaube  ich 
annehmen  zu  dürfen,  daß  es  rein  individuelle  Eigenschaften  der 
Zuchtfische  sind,  ob  sie  schöne  oder  weniger  schöne  Nachkommen 
geben.  Ich  selbst  habe  nur  hochfeines  Zachtmaterial  verwandt  und 
dabei  verhältnismäßig  geringere  Zahl  wirklich  feiner  Fische  erzielt  als 
andere  Herren,  die  mit  geringerem  Zuchtmaterial  arbeiteten.  Es 
gilt  hier  also  zuerst  auszuproben,  ob  sich  die  alten  Fische  für  die 
Zucht  eignen  oder  nicht.  Ich  kann  heute  sehr  wohl  den  Ausspruch 
eines  Züchters  verstehen,  dem  ich  meine  Verwunderung  ausdrückte, 
daß  er  einen  Fisch  zur  Zucht  benutze,  den  ich,  geschenkt  erhalten, 
nicht  anuehmen  würde.  »Der  Fisch  wäre  ihm  für  keinen  Preis 
feil«.  Damals  stellte  der  betreffende  Herr  allerdings  nur  einige 
Körpereigentümlichkeiten  als  für  ihn  von  Liebhaberwert  dar,  heute 
weiß  ich,  daß  es  sicher  ein  Fisch  war,  der  vorzügliche  Junge 
lieferte.  Ebenso  wird  es  Fische  geben,  die  sich  zur  Zucht  gar  nicht 
eignen,  sogenannte  Zwitter. 

Einen  großen  Fehler  beging  ich  beim  Einrichten  meiner 
Gartenhecken,  durch  den  mir  etwa  7  hochwertige  Zuchtfische  ein- 
gingen,  weitere  6  im  doppelten  Wert  nur  durch  schnelles  Eingreifen 
gerettet  werden  konnten.  Die  erforderliche  Wasserpest  holte  ich 
mir  aus  einem  Torfgraben,  2  Stunden  von  Berlin,  gelegentlich  einer 
Geschäftsreise.  Hierbei  wurden  die  Pflanzen  etwas  stark  zusammen¬ 
gedrückt,  am  andern  Tage  erst  am  Bestimmungsort  ausgepackt  und 


345 


in  eiu  wenig  Licht  bekommendes  Wasserloch  im  Garten  geworfen, 
wo  sie  nicht  einmal  gehörig  auseinaudergebreitet  werden  konnten. 
So  blieben  sie  etwa  8  Tage  liegen.  Beim  Ein  werfen  in  die  Zucht¬ 
becken  machte  ich  die  Wasserpflanzenschicht  zu  dicht,  die  ohnedies 
schon  stark  beschädigten  Pflanzen  bekamen  in  den  unteren  Schichten 
zu  wenig  Licht,  fingen  daher  au  zu  faulen  und  verdarben  mir  so 
das  Wasser. 

Ich  kam  gerade  noch  zur  rechten  Zeit,  um  mir  das  Wertvollste 
retten  zu  können. 

Eiu  ebenso  großer  Fehler  ist  es,  zum  Füllen  der  Gartenhecken 
Regenwasser  zu  benützen,  das  schon  lauge  in  den  betreffenden 
Sammelbehältern  gestanden  und  eine  fast  schwarze  Farbe  angenommen 
hat;  es  ist  unatembar  für  die  Fische,  sie  gehen  in  solchem  in 
wenig  Stunden  eiu.  Hier,  wie  in  noch  so  manchem  anderen  Fall 
schützt  ein  vorheriges  probeweises  Einsetzen  von  minderwertigen 
Fischen  vor  Verlusten.  Ein  frisch  eingerichtetes  Becken  soll  außer¬ 
dem  stets  erst  14  Tage  von  dem  Sauerstoff,  den  die  Pflanzen  ab¬ 
geben,  durchströmt  werden,  ehe  man  auch  nur  die  Probefische  einbringt. 

Herr  E.  Hothorn  hier  bat  mich,  während  seiner  Sommer¬ 
reisezwei  von  ihm  importierte  Schleierschwänze  in  Pflege  zu  nehmen, 
der  eine  war  ein  außerordentlich  prächtiges  Tier,  der  andere  weniger 
gut,  aber  immer  noch  das  Prädikat  »gut«  verdienend.  Diese 
Fische,  beide  Männchen,  ließ  ich  mit  einem  meiner  schwarzen 
la  Teleskopen  kreuzen  und  erzielte  hiervon  etwa  100  Junge,  darunter 
nur  10  Stück  guter  Qualität  und  davon  nur  ein  einziges  sogenanntes 
Prachtstück.  Alle  diese  Fischchen  zeichneten  sich  aber  von  den 
ersten  Lebenstagen  an  durch  ganz  auffallende  Gewandtheit  uud 
Kraft  in  ihren  Bewegungen  aus. 

Bis  Anfang  November  hatte  mir  die  ganze  Zucht,  trotz  aller 
Mühe,  Freude  gemacht,  von  da  an  aber  begann  der  Verdruß.  Ich 
kam  in  den  Besitz  von  einigen  anderwärts  gezogenen  Teleskop¬ 
fischen,  die  schon  nach  wenig  Tagen  matte  Bewegungen  zeigten 
und  in  kurzer  Zeit  eiugingen.  Meine  sonst  munteren  Fische  zeigten 
nach  14  Tagen  eine  gleiche  Veränderung;  sie  standen  still,  gerade 
unter  der  Oberfläche,  ab  nnd  zu  schnellten  sie  an  Pflanzensteugeln, 
Felsen,  Seitenwänden  oder  auf  dem  Bodengrund  entlang,  als  wollten 
sie  sich  etwas  abstreifeu ,  die  Rückenflosse  war  niedergeklappt, 
Bauch-,  Brust-  und  Afterflossen  wurden  scheinbar  durch  Zusammen¬ 
ziehen  immer  schmäler,  die  Schwanzflosse  desgleichen  und  an  den 
Enden  spitz,  sie  sahen  aus,  als  klebten  sie  zusammen.  Es  stellten 


sich  am  Körper,  besonders  in  den  Winkeln  der  Brustflossen,  rote 
Stellen  ein,  die  Bewegungen  des  Fisches  wurden  schwerfällig  und 
schließlich  schlaugengangartig.  In  diesem  letzteren  Stadium  waren 
die  Fischchen,  die  ich  von  einem  Freund  erhielt. 

Mikroskopische  Untersuchungen  führten  zu  dem  Resultat,  daß 
die  Fischchen  über  und  über  mit  Parasiten  besetzt  waren.  In  einer 
hirsekorngroßen  Menge  Schleim  fand  ich  etwa  30  dieser  Parasiten, 
die  mittels  eines  Kranzes  kleiner  und  zwei  größerer  Haken  am 
Fischkörper  sich  festsetzten,  sich  auch,  aus  jungen  Tieren  zu  schließen, 
dort  vermehrten. 

Gingen  schon  durch  die  Krankheit  selbst  eine  Menge  der  von 
mir  zurückbehalteuen  (also  besten)  Fische  ein,  so  kosteten  mich  die 
Versuche,  die  Fische  von  den  Parasiten  zu  befreien,  noch  weit  mehr 
Opfer.  Es  galt,  ein  Mittel  zu  finden,  das  die  Fische,  unbeschadet 
ihrer  Gesundheit,  durch  die  Kiemen  mit  dem  Atmungswasser  leiten 
konnten,  denn  ein  bloßes  Bepinseln  mit  irgend  welchen  Heilmitteln 
würde  nie  zum  vollständigen  Vernichten  der  Parasiten  geführt 
haben.  Schließlich  aber  bin  ich  doch  Herr  der  letzteren  geworden. 

In  Porzellan-  oder  Glasgefäßen  brachte  ich  auf  je  einen  Liter 
Wasser  ca.  zwei  Gramm  Salicylsäure  und  ließ  das  Ganze  12  Stunden 
stehen,  es  öfter  mit  Porzellan-  oder  Holzlöffel  umrühreud  (Salicyl 
darf  mit  Metall ,  speciell  Eisen ,  nicht  in  Berührung  kommen, 
es  verliert  dann  an  Wirkung).  Mittels  Glastrichter  und  Glaswolle 
filtrierte  ich  die  Lösung,  den  Rückstand  zu  \veiteren  Lösungen 
verwendend.  Von  der  so  gewonnenen  Mutterlauge  setzte  ich  den 
in  einer  Porzellanschüssel  befindlichen  Fischen,  auf  40  Theile  Wasser 
früh  gegen  8  Uhr  anfangend,  nach  und  nach  bis  abends  11 — 12  Theile 
zu.  Fische,  die  gleich  in  die  Mutterlauge  oder  auch  nur  in  eine 
Lösung  von  40  Teilen  Wasser  und  8  Teilen  Lauge  gebracht  wurden, 
frinQ:en  sofort  ein.  Nach  Zusetzen  des  elften  Teiles  Lauge  darf 
man  die  Fische  nicht  aus  den  Augen  lassen;  sobald  sie  aufangen 
unruhig  umher  zu  schießen  oder  sich  zur  Seite  neigen ,  müssen  sie 
sofort  schnellstens  herausgenommen  und  in  bereit  gestelltes,  abge¬ 
standenes,  frisches  Wasser  von  gleicher  Temperatur  gebracht  werden. 
Mau  vermeide  bei  dem  Umsetzen  der  Fische,  daß  Tropfen  des  in¬ 
fizierten  Wassers  in  den  neuen  Behälter  kommen ,  sie  könnten 
Parasiten  enthalten,  die  dort  möglicherweise  wieder  aufleben. 

Das  schnelle  Umsetzen  ist  uötig,  weil  gleich  nach  dem  Umher¬ 
schießen  die  Fische  matt  werden,  sich  zur  Seite  legen  und  sterben, 
wenn  sie  im  gelaugten  Wasser  verbleiben.  Etwa  im  neuen  Wasser 


347 


doch  sich  matt  zeigende  Fische  zwinge  man  in  der  ersten  Stunde 
durch  Anstohen  etc,  zu  Schwimmbewegungen,  —  man  lasse  ihnen 
keine  Zeit  zum  Sterben  —  das  klingt  lächerlich  und  unglaublich, 
ich  halte  dieses  Verfahren  aber  für  ganz  wesentlich  —  man  versuche! 

Wenn  schon  ich  diesbezügliche  Erfahrungen  nicht  gemacht  habe, 
so  ist  es  doch  vielleicht  angebracht,  diese  Kur  ira  Laufe  von  8 — 10 
Tagen  zu  wiederholen,  da  möglicherweise  noch  lebensfähige  Eier 
der  Parasiten  an  den  Fischen  sitzen  können,  die  sich  inzwischen 
entwickelt  haben  dürften.  Ich  habe  bei  diesem  Radikalmittel,  wie 
eben  beschrieben,  auch  nicht  einen  Fisch  verloren,  während  einem 
meiner  Freunde  von  21  so  gebadeten  Fischen  17  mit  Tod  abgingen. 
Welchen  Fehler  machte  er?  Wir  wissen  es  beide  nicht,  vielleicht 
daß  die  Widerstandsfähigkeit  selbst  in  ein  und  derselben  Art  ganz 
verschieden  ist,  vielleicht  auch,  daß  seine  Fische  schon  zu  sehr 
durch  die  Parasiten  geschwächt  waren. 

Mein  Aquarium  desinfizierte  ich  in  derselben  Weise;  ich  warf 
soviel  Salicyl  in  das  Wasser,  als  es  aufnehmen  wollte;  hierbei  gehen 
allerdings  alle  zarteren  Pflanzen  zu  gründe.  Nach  meinen  diesjährigen 
Versuchen  scheint  mir  das  Desinfizieren  des  Aquariums  beinahe  über¬ 
flüssig,  der  Parasit  scheint  sich  nur  am  Fischkörper  zu  halten. 

Auf  meine  au  Herrn  Geheimrat  Professor  Möbius,  Direktor 
des  naturwissenschaftlichen  Museums,  hier,  gerichtete  Bitte  um 
Feststellung  der  Parasiten  ersuchte  dieser  Herrn  Dr.  A.  Co  11  in 
um  die  Erledigung  derselben.  Herr  Dr.  Coli  in  bestimmte  das 
Tier  als  Gyrodactylus  elegaiis  und  schrieb  mir  dazu  folgendes: 

Gyrodactylus  elegans  ist  ein  parasitischer  Trematode  (Saugwurm), 
der  au  Kiemen  und  Flossen  vieler  Süßwasserfische  vorkommt  und 
nach  dem  »Handbuch  der  Fischzucht  und  Fischerei«  von  Beuecke, 
Dallmer  und  v.  d.  Borne  Seite  208 — 9  selbst  bei  sehr  reichlichem 
Auftreten  den  Fischen  keinen  wesentlichen  Schaden  zufügt«. 

Dies  letztere  mag  in  Bezug  auf  Fische  von  über  3  cm  Größe 
richtig  sein,  jüngere  Tiere  aber  gehen  bei  massenhaftem  Auftreten 
der  Parasiten  unweigerlich  zu  Grunde  und  auch  die  größeren  Tiere 
leiden  stark  Einbuße  iu  Bezug  auf  Wachstum  und  Körperfülle. 
Sicher  würde  ich  nie  einen  fremden  Fisch  in  meine  Behälter  setzen, 
ohne  vorher  diesbezügliche  Untersuchungen  augestellt  zu  haben, 
iranz  besonders  genau  würde  ich  aber  vor  dem  Einsetzen  in  Zucht- 
becken  die  Zuchtfische  untersuchen.  Ich  wundere  mich,  daß  in 
Werken  über  Fischzucht  nirgend  etwas  über  Bekämpfung  derartiger 
Krankheiten  und  Parasiten  zu  finden  ist;  die  Tiere  werden  benannt 


848 


1111(1  bescliriebeu,  aber  das  ist  auch  alles.  Im  freien  Wasser  mögen 
ja  vielleiclit  andere  Verhältnisse  die  Parasitenplage  schlielalicb 
bekämpfen,  dort  kommt  es  auch  auf  einige  Tausend,  die  an  den 
Folgen  zu  Grunde  gehen,  nicht  au,  während  bei  den  hier  behandelten 
Fischen  jedes  Exemplar  gehütet  werden  muß,  denn  gerade  das 
bedrohte  kann  das  beste  Tier  geben.  Die  Parasiten  sitzen  auch 
nicht  nur  an  Kiemen  und  Flossen,  sondern  sie  bewohnen  den  ganzen 
Körper  des  Fisches. 

Derartige  Seuchen  können  den  Züchter  von  Beruf  ruinieren, 
den  Liebhaber  zur  Verzweiflung  bringen  und  ihm  jeden  Mut  zu 
weiteren  Versuchen  benehmen.  Das  letztere  ist  ja  nun  zweifellos 
falsch,  mau  suche  vielmehr  der  Sache  auf  den  Grund  zu  gehen  und 
sie  zu  bekämpfen  und  —  berichte  stets  in  den  Blättern  über  seine 
Erfolge,  wodurch  man  für  sich  und  andere  leicht  Belehrung  erhält. 

Nach  meinen  letzten  (bis  Herbst  1892)  Erfahrungen  wird  der 
Parasit  unbedingt  getötet,  wenn  man  stündlich  einen  Teil  der  Sali- 
cyllösung  zusetzt  und  daun  in  40:10  die  Fische  30  Minuten  beläßt, 
auch  die  am  Fischkörper  oft  in  großer  Menge  haftende  Trichodina 
pediciilus,  Polypenlaus,  fällt  ab.  Selbst  2 — 3  cm  große  Fischcheu 
halten  dies  Verfahren  ohne  Schaden  aus,  während  bei  40  :  11  schon 
schwache  Exemplare  zu  Grunde  gehen. 

Ein  Wiederauftreten  der  Parasiten  im  Aquarium  beobachtete 
ich  nach  erfolgter  Badekur  nicht,  trotzdem  ich  das  Aquarium  selbst 
nicht  desinfizierte.  Weitere  Beobachtungen  müssen  lehren,  ob  die 
Schmarotzer  nur  durch  Berühren  der  Fische  von  einem  zum  andern 
übertragen  werden  oder  ob  sie,  frei  durch  das  Wasser  schwimmend, 
ihre  Wirte  wechseln.  Von  Gyrodactylus  ist  bekannt,  daß  er  lebende 
Junge  zur  Welt  bringt.  Die  vorgeschlageue  Wiederholung  der 
Salicylkur  wäre  demnach  überflüssig,  sofern  es  nicht  darum  zu  thuu 
ist,  etwa  noch  im  Wasser  lebende  Exemplare  des  Gyrodactylus  nach 
und  nach  fortzubringen.  Man  erneuere  im  Aquarium  täglich  ge¬ 
legentlich  der  Schmutzentferuuug  das  Wasser  um  etwa  ^/lo  seines 
Quantums  durch  abgestandenes  frisches. 

Vorträge  wie  dieser  erscheieen  stets  in  anderen  Zeitschriften,  werden  aber 
regelmäßig  unseren  Mitgliedern  zugänglich  gemacht. 

Der  Vorstand  des  »Triton«, 

Verein  für  Aqu.-  u.  Terr.-Kunde  zu  Berlin. 


349 


K  0  r  r  e  s  p  0  n  (1  e  11  z  e  n. 

St.  Gallen,  im  Oktober  1892. 

Die  griechische  Landschildkröte  im  Garten.  Die  interessanten 
Beobachtungen  des  Herrn  Dr.  G.  Rumpf  über  das  Leben  der  griechischen 
Landschildkröte  (s.  Nr.  9  dieser  Zeitschrift)  ermahnen  mich,  auch  meiner 
griechischen  Landschildkröten  hier  nochmals  zu  gedenken,  die  ich  während 
mehrerer  Jahre  in  einem  kleinen  Garten  vollständig  sich  selbst  überließ  und 
unter  denen  mir  namentlich  ein  altes,  weibliches  Individuum  Gelegenheit  zu 
manchen  Beobachtungen  verschaffte.  Ich  hatte  dasselbe  von  der  Insel  Sardinien 
her  erhalten  und  ohne  weiteres  im  Garten  freigelassen,  wo  es  sich  denn  auch  sofort 
fest  einhauste  und  ihn,  obwohl  täglich  oftmals  au  der  offenen,  ebenen  Weges 
zum  Trottoir  führenden  Gartenthüre  vorbei  laufend,  niemals  verließ.  Das  Tier 
hätte  auch  sonst  Gelegenheit  zum  Weglaufen  gehabt,  benutzte  sie  aber  niemals 
Der  Größe  nach  zu  schließen,  war  es  ein  altes  und  den  mannigfachen  Ein-, 
drücken  und  Schäden  seines  Panzers  nach  zu  urteilen,  ein  mit  dem  Kampf 
um  das  Leben  wohl  bekanntes  Tier.  Es  wußte  sich  seinen  Lebensunterhalt 
so  ziemlich  selbst  zu  verschaffen;  nur  bei  sehr  trockenem  heißem  Wetter  half 
ich  wohl  mit  etwas  Kopfsalat  nach.  Ein  Hauptbestandteil  seiner  Nahrung 
bestand  in  ßegenwürmern,  die  es  sich  nach  gefallenem  Regen  sehr  geschickt 
durch  rechtzeitiges  kräftiges  Ziehen  und  rechtzeitiges  Nachgebeu  aus  der  Erde 
zu  holen  wußte  und  die  es  dann  vorwegs  und  angestrengt  kauend  verschlang. 
Von  Vegetabilien  schien  dieser  Schildkröte  das  verschiedenste  Blätterwerk  des 
Hausgartens  angenehm  zu  sein.  Ihr  Aufenthaltsort  behagte  ihr  offenbar  sehr 
und  sie  verfehlte  nicht,  die  verschiedenen  Teile  des  Gartens  in  verschiedenster 
aber  bestimmter  Weise  für  sich  auszunutzen.  Eine  kleine  Felsgruppe  wurde 
von  allen  Seiten  her  bestiegen,  der  Abstieg  aber  schien  meistens  durch  unfrei¬ 
williges  aber  schadlos  erfolgtes  Sich-fallen-lassen  bewerkstelligt  zu  werden. 
Bei  besonderem  Wärmebedürfnis  grub  sie  sich  in  die  durch  die  Sonne  er¬ 
hitzte  Erde  ein;  bei  zu  großer  Wärme  hatte  sie  ihre  Liebliugsschattenplätze, 
wo  sie  dann  sicher  zu  finden  war  und  aus  denen  sie  auf  Anrufen  hervorkam, 
wie  ich  denn  auch  die  Überzeugung  hatte,  daß  sie  mich  an  der  Stimme  er¬ 
kenne,  da  sie  nur  auf  meinen  Anruf  sich  zum  Erscheinen  verpflichtet  fühlte. 
War  ich  allein  im  Garten  anwesend,  so  kam  sie  gewiß  auch  sehr  bald  zu  mir 
herangekrochen.  Zu  meinen  Füßen  blieb  sie  liegen  und  strengte  sich  an,  zu 
mir  emporzuschauen  und  sich  mir  auf  diese  Weise  zu  erkennen  zu  geben. 

Mehrere  andere  gleichzeitig  mit  ihr  und  nach  ihr  gehaltene  Exemplare 
äußerten  hingegen  weniger  deutliche  Personenerkennung,  hingegen  bekundeten 
alle  in  gleichem  Maße  ihr  Genügen  an  dem  Gartenterrain  und  ebenso  ihre 
große  Freude  an  der  Musik,  Sobald  auf  dem  dem  Garten  unmittelbar  gegen¬ 
über  liegenden  Platze  die  Stadtmusik  zu  spielen  begann,  rückten  alle  meine 
Schildkröten  in  möglichster  Eile  gegen  die  betreffende  Gartenseite  vor  bis 
zum  Zaune,  bis  zur  offenen  Gartenthüre,  aber  nie  weiter.  Dort  angelangt  ver¬ 
blieben  sie,  Kopf  und  Hals  lang  herausgestreckt  und  erhoben,  in  starrer  Stille, 
bewegungslos  lauschend.  Mit  dem  Verklingen  des  Musikstückes  löste  sich  der 
Bann  und  es  kam  wieder  Leben  in  diese  sonst  so  teilnahmlos  scheinenden 
Geschöpfe.  Sobald  aber  die  Musik  aufs  neue  anhob,  trat  dieselbe  über¬ 
raschende  Ei-scheinung  ein,  die  ja  übrigens  bei  so  vielen,  vielleicht  bei  allen 


350 


Krieclatieren  höherer  Organisation  zu  finden  ist.  Wen  immer  ich,  bei  vor¬ 
handener  Gelegenheit  sich  von  diesem  musikalischen  Sinne  zu  überzeugen, 
hierauf  aufmerksam  machte,  hatte  seine  Freude  an  diesen  aufmerksamen  Zu¬ 
hörern.  —  Jenes  alte  weibliche  Exemplar  legte  im  August  in  kurzem  Zeitraum 
und  zu  einer  Zeit,  als  es  den  Garten  noch  allein  bewohnte,  3  vollständig  ent¬ 
wickelte,  sehr  hartschalige  Eier  in  eine  Mulde  heißer  Gartenerde,  ohne  sich 
begreiflich  nachher  um  dieselben  weiter  zu  bekümmern,  außer  daß  es  diese 
Windeier  leicht  mit  Erde  überdeckte.  —  Im  Herbst  wußte  sie  sich  selbst  so 
warm  einzugraben,  daß  sie  im  Frühjahr  regelmäßig  wohlerhalten  zum  Vor¬ 
schein  kam.  Andere  Stücke  schienen  dieses  Eingraben  nicht  zu  verstehen, 
so  daß  ich  sie  im  Keller  überwintern  mußte,  auch  hier  aber  gingen  mir  2  Stück, 
die  Sand  zum  Aufenthalt  gewählt  hatten,  zu  Grunde,  während  die  im  Heu 
verwahrten  erhalten  blieben.  Ihr  jeweiliges  Wiedererscheinen  im  Garten  galt 
mir  so  für  das  Sinnbild  des  wiedererwachten  Frühlings,  und  ihr  interessantes 
Treiben  daselbst  bereitete  mir  manches  Vergnügen.  Wer  Gelegenheit  hat, 
ein  oder  mehrere  Exemplare  dieser  leicht  erhältlichen  Art  im  Garten  zu  be¬ 
herbergen,  und  diese  Gelegenheit  benützt,  wird  die  Erfahrung  machen,  daß 
auch  an  diesen  vermeintlich  stupiden  Faullenzern  Freude  zu  erleben  ist,  und  daß 
auch  die  »untern  Zehntausend«  aus  dem  Tierreich  manchen  überraschenden 
Blick  in  das  immer  anziehende  Naturleben  ermöglichen. 

Hr.  med.  A.  Girtanner. 

Kopenhagen,  im  Oktober  1892. 

Fasa ne nbastarde.  Im  vorigen  Jahre  hatten  wir  in  ‘einer  Voliere 
einige  überzählige  Fasan-Hennen  von  Lady  Amherst  und  vom  gemeinen 
Fasan  (Phasiamis  colchicus),  nebst  einem  Hahn  von  Euiüocomus  lineatus  gehen. 

Eines  Tages  fingen  die  Hennen  an,  Eier  zu  legen,  aber  ohne  daß  es 
dem  Wärter  gelingen  konnte,  genau  zu  beobachten,  ob  es  die  Amherst-  oder 
Colchicusfasanen  waren,  welche  Eier  legten  —  indem  er  die  Eier  gleich  ein¬ 
sammelte  und  aufbewahrte,  damit  die  Vögel  sie  nicht  vernichteten  und  die 
Ratten  (diese  Plage  aller  Gärten)  sie  nicht  wegschleppten.  Die  Eier  wurden 
feiner  gewöhnlichen  Henne  untergelegt,  und  es  kamen  auch  einige  Küchlein 
hervor,  von  denen  einige  nach  und  nach  eingingen,  so  daß  nur  ein  männl.  und  ein 
weibl.  am  Leben  blieben.  In  diesem  Jahre  zeigten  sich  die  Tiere  der  Farbe 
nach  jedoch  —  meiner  Meinung  nach  —  ganz  deutlich  als  Abkömmlinge  von 
Lineatus  männl.  und  Colchicus  weibl.  zu  sein,  während  wir  im  vorigen  Jahve 
glairbten,  daß  es  Blendlinge  von  Lineatus  männl.  und  Amherst  weibl.  seien. 

Jedenfalls  unterlasse  ich  nicht.  Ihnen  ein  Bild  davon  zu  senden,  indem 
es  Sie  vielleicht  interessieren  könnte,  und  man,  soweit  ich  weiß,  bis  jetzt  noch 
keine  dergleichen  Blendlinge  anderswo  von  diesen  Fasan- Arten  gezogen  hat. 

A.  V.  Klein. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Fortpflanzung  des  Emu.  Ein  Herr  R.  Bell  (Castle  O’er,  Langholm) 
teilt  in  ^the  i'ield«  (29.  Oktbr.)  mit,  daß  er  von  einem  Einuweibchen  in  einem 
Jahve,  vom  28.  Dezembev  bis  11.  Mai,  zweiundvierzig  Eier  erhalten  habe.  Das 


Männchen  brachte  fünf  Bruten  aus  mit  sechs,  neun,  drei,  sechs  und  zwölf,  also 
im  ganzen  mit  sechsunddreißig  Jungen,  von  denen  übrigens  keines  eines 
natürlichen  Todes  starb.  N, 

Geburten  im  Zoologischen  Garten  zu  Kopenhagen  im 
Jahre  1891:  3  braune  Bären,  1  glatthaariges  afrikanisches  Schaf,  3  Biberratten, 
1  Zebu,  5  Wölfe,  2  Renutiere,  1  Mähnenschaf,  2  Lama,  2  Schweinshirsche, 
1  Molukkenhirsch,  3  Angorakatzen,  32  dänische  Doggen,  9  Rattenfänger;  9  Band¬ 
finken,  5  Brandenten,  6  Brautenten,  4  Erdenten  (Gravand  Aellinger),  2  Bläß- 
gänse  [Blisgaasunger),  3  Graumöwen,  4  Störche,  1  Nikobartaube,  93  Küchlein 
verschiedener  Hühnerrassen,  2  Perlhühner,  2  Pfauen,  8  Amherstfasanen,  2  ge¬ 
streifte  Schopffasanen,  3  Silberfasanen,  1  Jagdfasan,  3  Bastarde  von  Amherst- 
uud  gestreiftem  Schopffasan. 

Regnskab  over  den  zoologiske  Have  ved  Kjöbenhavn  1891. 


L  i  1 1  e  r  a  t  u  r. 


V o g e  1  z u c h t b u c h.  Von  Dr.  Karl  Ruß.  Mit  30  Abbild,  im  Text.  M.  1.50. 
Die  ei  nh  ei'in  i  s  c  h  e  u  Stubeuvögel.  Handbuch  für  Vogel-Liebhaber,  -Züch¬ 
ter  und  -Händler,  2.  Bd.  Von  Dr.  Karl  Ruß.  3te  Auflage.  M.  6.  Magde¬ 
burg.  Creutzsche  Verlagsbuchhandlung.  1892. 

In  einem  kleinen,  92  Seiten  starken  Buche  legt  Dr.  Ruß  seine  in  vielen 
Jahren  praktischer  Thätigkeit  gemachten  Erfahrungen  in  gedrängter  Form,  die 
durch  Abbildungen  von  Geräten,  Käfigen  etc.  unterstützt  wiid,  füi  den  Anfän¬ 
ger  auf  diesem  Gebiete  nieder  und  hat  damit  vielen  angehenden  und  selbst 
geübteren  Liebhabern  der  Vogelzucht  ein  angenehmes  llülfsmittel  für  ihre 
Thätigkeit  geliefert.  Das  „Vogelzuchtbuch“  wird  von  dem  Verfasser  selbst  als 
ein  Auszug  aus  dem  „Haudbuche“  bezeichnet,  dessen  zweiter  Band  uns  in 
neuer  Auflage  vorliegt.  Er  umfaßt  die  Insekten-  und  Körneifresser  unserer 
einheimischen,  für  die  Gefangenschaft  geeigneten  Vögel.  Nicht  nur  werden 
diese  selbst  nach  ihren  Eigentümlichkeiten  und  Gewohnheiten  kurz  beschrie. 
ben,  es  folgen  dieser  Naturgeschichte  auch  ausgedehnte  Darlegungen  über  die 
Stubenvogel- Pflege,  -Abrichtung  und  -Zucht  mit  allem,  was  Bezug  darauf 
hat;  sogar  der  Vogelfang  und  der  Vogelschutz  sind  eingehend  behandelt,  so 
daß  der  Freund  der  einheimischen  Vögel  gediegene  Belehrung  in  allen  ihm 
vorkommeiiden  Fragen  finden  wird.  N. 


Brehms  Tierleben.  Wohlfeile  Volks-  und  Schulausgabe  in  3  Bänden.  Her¬ 
ausgegeben  von  Rieh.  Schmidtlein.  Leipzig.  Bibliographisches  Institut 

1892. 

Es  ist  in  hohem  Grade  verdienstlich  von  der  Verlagsbuchhandlung,  daß 
sie  von  dem  prächtigen,  in  dritter  Auflage  erschienenen  Tierleben  von  Brehm 
eine  billigere,  auch  dem  weniger  Bemittelten  zugängige  Ausgabe  veranstaltet, 
die  in  vorzüglicher  Auswahl  das  Wichtigste  aus  dem  großen  Werke  bietet 


352 


und  zugleich  mit  1200  Abbildungen,  1  Karte  und  3  Farbentafeln  ausgestat¬ 
tet  ist.  Das  Buch  erscheint  in  3  Halbfranzbänden  ä  M.  10  und  kann  als 
Weihnachtsgabe  bestens  empfohlen  werden.  N, 


Hausschatz  des  Wissens.  Das  Tierreich  von  Dr.  Heck,  Dr.  Schaff, 
Prof.  Dr.  V.  Martens,  E.  Krieghoff,  Br.  Dürigen  u.  Dr.  L.  Staby. 

Der  Hausschatz  des  Wissens  ist  ein  neues  litterarisches  Unternehmen,  das 
eine  Reihe  von  Bänden  über  die  „Natur“  und  die  „Menschheit“  zu  billigem  Preise, 
(ä  Band  M.  7.50)  liefern  wird  und  mit  zahlreichen  Abbildungen  ausgestattet 
ist.  Band  8  und  9  enthalten  die  Naturgeschichte  des  Tierreichs,  bearbeitet 
von  den  genannten  Fachmännern,  über  deren  wissenschaftliche  Bedeutung 
unsere  Leser  hinreichend  unterrichtet  sind.  Daß  jeder  derselben  nur  sein 
eigenstes  Fach  bearbeitet,  ist  eine  Gewähr  für  die  Vorzüglichkeit  des  Wer¬ 
kes,  das  durch  etwa  1000  Abbildungen  und  10  bunte  Tafeln  illustriert  sein 
wird.  Das  uns  vorliegende  1  Heft  enthält  eine  allgemeine  Einleitung  von 
Dr.  Heck,  geschmückt  mit  einer  Reihe  instruktiver  Abbildungen.  N. 


Eingegangene  Beiträge. 

P.  L.  in  M.  Besten  Dank  für  die  interessanten  Sonderabdrücke.  Brieflich  Näheres.  — 
F.  L.  in  W.  Die  ausgesprochenen  Wünsche  werden  gern  erfüllt.  —  A.  S.  in  6.  (F.)  in  S.  Der¬ 
artige  Originalmitteilungen  werden  jederzeit  gern  angenommen.  —  C.  G.  in  M.  Besten  Dank 
für  Ihre  freundliche  Vermittlung,  Zusendungen  betreffend,  wie  auch  für  direkte  Widmung.  — 
A.  O.  in  St.  Für  klare  Gebirgsbäche  mit  kaltem  Wasser  und  wenig  Pflanzenwuchs  können  wohl 
nur  wenige  Fische  in  Betracht  kommen ,  sicher  nicht  Rhodens  amarus  und  Perca  ßuviatilis. 
Die  angeregte  Frage  ist  jedenfalls  eine  wichtige.  -  S.  W.  in  K.:  Besten  Dank.  —  A.  N.  in 
St. :  Die  Nachriehten  haben  mich  sehr  erfreut.  —  P.  L.  in  M.:  Die  Rücksendung  ist  Ihnen 
wohl  zugegangen?  Besten  Dank.  —  L.  W.  ln  K.  — 


Bücher  und  Zeitschriften. 


Congres  international  de  Zoologie.  2me  Session  ä  Moscou.  1892.  Ire  Partie.  Moscou.  Lasch- 
kevitsch,  Inamensky  &  Co.  1802. 


Congres  international  d’Archeologie  prehistorique  et  d’Antbropologie.  lleme  Session,  ä  Moscou. 
1892.  Tome  I.  Moscou.  Imprimerie  de  l’Universite  Imperiale  1892. 

Captain  Charles  Ben  dir  e.  Dife  Histories  of  North  American  Birds  with  special  Reference 
to  their  Breeding  Habits  and  Eggs.  With  12  Plates.  Washington.  Government  Printine 
Office.  1892.  ^ 


Hausschatz  des  Wissens.  Berlin.  Leipzig.  W.  Paulis  Nachf.  (H.  .Terosch).  Heft  1-  Das 
Tierreich  von  Dr.  Heck,  Dr.Schäff,  Prof.  Dr.  v.  Martens,  E.  Krie  ghoff,  B  Dürigen 
u.  Dr,  Staby.  —  Hett  2.  Entwicklungsgeschichte  der  Natur  von  Willi.  Bölsche  -2 
Heft  3.  Geschichte  der  Weltlitteratur  von  .Tul.  Hart.  —  Heft  4.  Weltgeschichte  'von 
M.  Reymond.  Vollständig  in  320  Heften  ä  30  Pfg. 

Mitteilungen  des  Ornithologischen  Vereins  in  Wien.  „Die  Schwalbe.“  Redigiert  v  C  Pallisch 
11.  Hofrat  Prof.  Dr.  Claus.  XVI.  .lahrg.  No:  21. 


Bulletin  de  la  Soeiöte  Imperiale  des  Naturalistes  de  Moscou.  1892.  No.  2.  (Avec  6  nlanchesl 
Moscou.  1892.  ^  ‘ 


Erwin  Schulze.  Fauna  piscium  germaniae.  Verzeichnis  der  Flußfische  Deutschlands 
2te  Auflage.  Mit  49  Abbildungen.  Königsberg.  Hartungsche  Verlagsdruckerci  1892. 

.Tahrbücher  des  Nassauischen  Vereins  für  Naturkunde.  Herausgeg.  von  Dr.  A.  Pagenstech  er 
45.  Jahrgang.  Wie.sbaden.  J.  F.  Bergmann.  1892.  "  ® 

Dr.  L.  W  u  11  d  e  r  1  i  c  h.  Der  "Wechsel  des  Ilornes  Rhinocevos  nuivovuis.  Aus  der  Festschrift 
zum  70.  Geburtstag  Rudolf  Louckarts.  Leipzig.  W.  Engelmann  1892. 

Berliner  Entomologische  Zeitschrift.  Redigiert  von  Dr.  Kartsch.  37  Band  i  Heft 
Berlin.  R.  Frie dl  linder  u.  Sohn.  1892. 

Fauna.  Verein  Luxemburger  Naturfreunde.  Mitteilungen  aus  den  Vereins-Sitzun<>-en  Talire- 
1892.  Luxemburg.  P.  W orrö-Mertens.  1892.  n  ■  • 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlaii  Waldsclimidt.  Frankfurt  n.  M. 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M, 

N».  12.  XXXIII.  Jahrgang.  Dezember  1892. 


I  11  li  a  1  1. 

Nekrolog.  —  Aus  dem  Tierleben  der  Heimat;  von  Staats  von  W ac quan t  - G  e oz eil  es. 
—  Biologische  Notizen  aus  der  Reptilienwelt:  von  Dr.  F.  Werner,  Wien.  —  Der  llorn- 
wechsel  beim  indischen  Nashorn;  von  Dr.  L.  Wunderlich,  Köln.  —  Nachtrag  zu  meinem 
Bericht  über  den  Wüsten-Waran;  von  Helene  Werner  in  VVien.  —  Löwenzucht  ira  i)uD- 
liner  zoologischen  Garten.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  Register.  — 


Professor  Dr.  Friedrich  Carl  Noll 


seit  dem  Jahre  1866  mit  der  Redaktion  dieser  Zeitschrift 
betraut,  hat  am  14.  Januar  1893  seine  Augen  für  immer  ge¬ 
schlossen.  Auf  seinem  Schreibtische  fanden  die  Hinterbliebenen 
die  ihm  kurz  vor  seiner  Erkrankung  zugegangeneii  Korrektur¬ 
abzüge  dieses  seines  letzten  Heftes,  welches  wir,  tieferschüttert, 
unseren  Freunden  hiermit  überreichen  als  das  letzte  Andenken 
an  den  treuesten  und  gewissenhaftesten  Mitarbeiter,  den  die 
Zeitschrift  besessen. 

Nach  Dr.  D.  E.  Weinland,  welcher  im  Jahre  1863  die 
Redaktion  niederlegte,  die  von  Prof.  Dr.  C.  Bruch  daim  bis 
zum  Juli  1865  und  von  Geh.  San. -Rat  Dr.  med.  Stiebei  bis  Ende 
desselben  Jahres  weitergefürt  wurde,  übernahm  Professor  Dr. 
Noll  am  1.  Januar  1866  die  Leitung  der  Zeitschrift  mit  der 
Bitte  an  seine  Mitarbeiter  ihn  bei  seiner  schwierigen  Aufgabe 
zu  unterstützen.  Wie  er  diese  Aufgabe  in  seiner  stillen  und 
bescheidenen  Weise  glänzend  gelöst,  davon  legen  die  26  Jahr¬ 
gänge,  die  er  geschaffen,  Zeugnis  ab. 


Zoolog.  Gart.,  Jalirg.  XXXIII.  1892. 


354 


Am  22.  Sejjtember  1832  in  Niederrad  geboren,  erhielt  er  den 
ersten  Unterricht  von  seinem  Vater,  Lehrer  an  der  Schule  daselbst, 
und  besuchte  alsdann  das  hiesige  Gymnasium.  Auf  diesen  täg¬ 
lichen  Gängen  zur  Schule  und  heimwärts  durch  den  Wald  und 
längs  des  Maines  fand  seine  angeborene  Liebe  zur  Natur  die  erste 
erwünschte  Nahrung.  Da  gab  es  keinen  Baum,  dessen  Lebensge¬ 
schichte  er  nicht  verfolgt  hätte,  keine  Blume,  deren  Standort  er  nicht 
ausfindig  zu  machen  wußte.  Er  beobachtete  die  Vögel  in  ihrem  Fluge, 
belauschte  sie  bei  ihrem  Brutgeschäfte  und  lernte  ihre  Weisen. 
Besonders  fesselte  ihn  die  niedere  Tierwelt,  deren  Beobachtung  man 
sich  damals  in  dem  noch  ziemlich  einsamen  Walde  und  am  stillen 
Flußufer  ungestört  hingeben  konnte.  Diese  Naturbetrachtungen  in 
den  verschiedenen  Jahreszeiten  mögen  zu  seiner  spätem  Erstlingsarbeit 
»Das  Leben  der  Natur  im  Winter.  Briefe  an  einen  zehnjährigen 
Knaben«  die  Anregung  gegeben  haben. 

In  dem  Seminar  zu  Nürtingen  bereitete  er  sich  zum  Lehrfache 
vor  und  war  dann  von  1854 — 1857  Hülfslehrer  an  der  Schule  seines 
Vaters.  In  letzterem  Jahre  begann  seine  Frankfurter  Thätigkeit  an 
der  neugegründeten  höheren  Bürgerschule,  von  ^welcher  Anstalt  er 
Ostern  1877  als  Lehrer  der  Naturgeschichte  an  das  Gymnasium  ver¬ 
setzt  wurde.  Er  besaß  eine  seltene  Gabe  für  das  Lehrfach ;  er  wußte 
besonders  deshalb  seine  Schüler  zu  fesseln  und  für  sein  Fach  zu 
gewinnen,  weil  er  sofort  auf  den  Kern  der  Sache,  auf  das  Leben 
und  Weben  der  Tiere  und  Pflanzen  lossteuerte,  die  Sinne  schärfte 
und  zur  Überlegung  anfeuerte  und  nicht  durch  Häufung  von  Ge¬ 
dächtnisballast  jede  Freude  an  der  Natur  von  vornherein  erstickte. 
Dazu  kam  allerdings  noch  das  ruhige ,  schlichte ,  liebenswürdige 
Wesen  des  Mannes,  der  in  dem  Schüler  das  Gute  suchte  und 
auch  fand. 

Seine  Studien  hatte  er  besonders  an  dem  Senckenbergischen 
Institut,  in  der  Senckenbergischen  naturforschenden  Gesellschaft  und 
im  Physikalischen  Verein  gemacht,  seine  vorzüglichste  Lehrmeisterin 
blieb  aber  immer  die  Natur. 

Im  Jahre  1865  wurde  er  nach  abgelegtem  Examen  und  auf 
Grund  einer  Dissertation  »Der  Main  in  seinem  untern  Laufe.  Die 
physikalischen  und  naturhistorischen  Verhältnisse  dieses  Flusses,  als 
Beitrag  zur  Kunde  der  Heimat«  von  der  Universität  Tübingen  zum 
Doktor  promoviert.  Die  Regierung  gab  ilire  Anerkennung  seiner 
Tüchtigkeit  kund,  indem  sie  ihn  zum  Oberlehrer  ernannte  und  ihm 
vor  Jahren  den  Titel  Professor  verlieh. 


Zwölf  Jahre  war  er  Dozent  der  Zoolop,'ie  au  der  Senckenbergisclien 
naturforsclienden  Gesellschaft,  deren  Director  er  zuletzt  gewesen,  las 
über  wirbellose  Tiere,  und  verschaffte  sich  durch  seine  schlichte  und 
klare  Vortragsweise  einen  immer  größeren  Zuhörerkreis,  besonders 
unter  der  Lehrerwelt.  Es  ist  zweifellos,  daß  der  früher  schon  aner¬ 
kannt  gute  naturgeschichtliche  Unterricht  in  den  Frankfurter  Schulen 
zum  großen  Teil  sein  Verdienst  war,  und  daß  mancher  hervorragende 
Forscher  bei  ihm  seine  erste  Anregung  gefunden  hat. 

Im  Jahre  1871  machte  er  eine  Reise  nach  den  kanarischen 
Inseln,  nach  West-Marokko  und  nach  Süd-Spanien  und  1884  eine 
solche  an  die  norwegische  Küste.  Reich  an  Ergebnissen,  an  neuen 
Eindrücken  und  an  wissenschaftlicher  Ausbeute  kehrte  er  von  diesen 
und  anderen  Reisen  zurück  und  berichtete  begeistert  und  begeisternd 
davon  in  Vorträgen  und  wissenschaftlichen  Arbeiten. 

Ein  schönes  und  reiches  Leben,  dem  in  der  Vollkraft  seines 
Schaffens  ein  Ziel  gesetzt  worden  ist,  liegt  vor  uns.  Die  Teilnahme,  die 
der  Heimgang  des  teueren  Mannes  in  den  weitesten  Kreisen  der  Be¬ 
völkerung  gefunden  hat,  ist  der  beste  Beweis  für  die  hohe  Verehrung^ 
mit  der  ihm  alle  Herzen  zugethan  waren.  Das  Denkmal,  welches  er 
sich  allein  in  unserer  Zeitschrift  und  durch  dieselbe  gesetzt,  wird  ihn 
überdauern  und  wer  das  Glück  hatte,  ihn  persönlich  zu  kennen,  wird 
seiner  stets  in  Liebe  und  Verehrung  gedenken.  Friede  seiner  Asche! 

Frankfurt  a.  M.,  19.  Januar  1893. 

Der  Verlag  des  „Zool.  Gartens.“ 

Mahlau  &  Waldsclimidt. 


Den  geehrten  Abonnenten  unserer  Zeitschrift  teilen  wir 
hierdurch  mit,  dass  diese  ungestört  und  in  gleichem  Geiste 
wie  bisher  weitergeführt  werden  wird.  Wir  bitten  die  ver- 
ehrlichen  Mitarbeiter,  uns  ihr  Vertrauen  zu  erhalten  und  ihre 
Manuskripte,  Briefe  u.  s.  w.  von  jetzt  ab  an  die  Unterzeich¬ 
neten  Verleger  direkt  gelangen  zu  lassen. 


Mahlau  &  Waldsclimidt. 


356 


Aus  dem  Tierlebeii  der  Heimat. 

Von  Staats  von  Wacquant- Geozelles. 

III. 

■Weitervererbung  von  Albinismus. 

I.  Maulwurf  {T  alp  a  eur  o  p  aea). 

Wie  über  alle  nächtlich  oder  unterirdisch  lebenden  Tiere,  so 
sind  auch  über  das  Leben  und  Treiben  unseres  Maulwurfes  noch 
manche  Beobachtungen  zu  macheu  und  werden  einige  von  mir  über 
diesen  unterirdischen  Finsterling  im  Laufe  der  Jahre  gesammelte 
Thatsachen  nicht  uninteressant  sein. 

Tm  Volke  hier  zu  Lande  hat  Talpa  europaea  den  Namen  »Mult¬ 
wurm«  oder  auch  »Wenuewurm«  (Weudewurm)  und  die  von  ihm 
aufgeworfenen  Hügel  heißen  »Mult- Hucken«.  —  »Hucken«  ist  hier 
der  heutige  plattdeutsche  Ausdruck  für  Haufen.  —  Die  Ortschaft, 
zu  welcher  ich  eingemeindet  bin,  liegt  oben  auf  einem,  rings  von 
Thälern  umzogenen  Berge  und  trägt  aus  diesem  Grunde 
offenbar  den  Namen  »Multhöpe)i«. 

Die  Bezeichnung  »Mull«  finden  wir  bei  vielen  unterirdisch -leben¬ 
den  Tieren.  Deu  ts ch- wissenschaftlich  wird  die  Familie  der  »Talpae« 
die  Familie  der  »Mulle«  benannt  und  finden  wir  in  dieser  Familie 
unseren  M  u  1 1  w  u  r  f ,  den  B  1  i  n  d m  u  1 1 ,  den  S  t  e  r  u  m  u  1 1 ,  Gold- 
muH,.  W  a  s  s  e  r  m  u  1 1  etc. 

In  der  Familie  der  Nagetiere,  welcher  die  Erdgräber  oder  Wurf¬ 
mäuse  angehoreu,  also  Geschöpfe,  welche  nach  Art  und  Weise  unseres 
Maulwurfes  leben,  finden  wir  den  Strand  mol  1  —  Batliyergiis  mari- 
timus  —  und  den  Blindmoll  —  Spalax  Typhlus. —  Der  nach  Art 
unseres  Maulwurfes  lebende  M  u  1 1  s  a  1  a  m  a  n  d  e  r  —  Salamandra 
talpoidea  —  mag  hier  erwähnt  werden,  wohingegen  es  sehr  erwähuens- 
werth  ist,  daß  der  Feuersalamander  hier  beim  Volke  ebenfalls  nur 
unter  dem  Naraeu  »die  Mulle«  bekannt  ist. 

Mül,  möl  heißt  Staub,  Erde  und  kommt  auch  jetzt  noch  etwas 
umgewandelt  als  Müll,  Moll  oder  Mülm  und  Mulm  und  Mull 
vor.  —  Mül,  oberdeutsch  modifiziert  =  maul;  daher  Maulwurf 
=  Erdwerfer.  —  Auch  der  Ausdruck  Molch  —  (für  Salamander) 
—  hängt  damit  zusammen;  er  ist  das  Adjektivum  von  mül,  mol.  — 

Die  wichtigste  Beobachtung,  welche  ich  über  unseren  Maulwurf 
aus  hiesiger  Gegend  zu  berichten  habe,  ist  das  verhältnismäßig 
sehr  häufige  Vorkommen  rein -weißer  Exemplare  inner¬ 
halb  eines  ganz  bestimmten  Revier  es  hiesiger  Gegend. 


357 


Dies  Revier  liegt  an  beiden  Seiten  des  Baches  »Hunime«  und 
erstreckt  sich  vom  Flecken  A  erzen  bis  in  die  Wiesen  unterhalb 
der  Ortschaft  Groß- Berk  eh 

Die  genannte  Strecke  ist  —  am  Bache  entlang  —  bequem  in 
einer  Stunde  abzugeheu;  zwei  Drittel  Wiesen,  das  übrige  Felder  und 
Gemüsegärten.  Die  Wiesen  sind  stellenweise  sehr  sumpfig;  sie  sind 
infolgedessen  vielfach  nur  mit  den  vom  Landwirt  gehaßten,  soge¬ 
nannten  »saueren  Gräsern«  bestanden,  haben  auf  große  Strecken  hin 
moorigen  Untergrund,  sodaß  der  Bitte rklee,  Menyanthes  trifoliata^ 
L.  (ursprünglich  wohl  Biberklee  genannt;  in  St.  Gallen -Biberlichler) 
dort  üppig  wuchert,  und  werden  alljährlich  zur  Flößezeit  lange  Zeit 
so  überflutet,  daß  alle  Maulwürfe  sich  daraus  zurückziehen  und  in 
Dämmen,  Grabenrändern  etc.  aufhalten  müssen.  Aber  selbst  an  diesen 
Stellen  werfen  die  Tiere  oft  nur  nasse,  schwarze  Erde  auf. 

Dies  ist  die  kurze  Beschreibung  der  Gegend,  wo  seit  nachweisbar 
60  Jahren  die  weißen  Maulwürfe  Vorkommen,  so  daß  ein  solches  Tier 
bei  den  Besitzern  und  Anliegern  jener  genannten  Grundstücke  gerade 
kein  besonderes  Aufsehen  mehr  erregt;  denn  wenn  dort  einmal  ein 
solches  Tier  gefunden  oder  gefangen  wird,  so  sind  immer  einige 
Leute  da,  welche  auch  ihrerseits  augebeu,  da  und  dort  einen  weißen 
Maulwurf  gefunden  oder  gesehen  zu  haben. 

Somit  ist  es  nur  sehy  erklärlich,  daß  ein  solcher  Albino  nicht, 
—  wie  es  an  anderen  Orten  stets  geschieht,  — immer  mit  in  die 
Ortschaft  genommen  wird,  um  daselbst  als  großes  Wundertier  bis 
zur  totalen  Verwesung  oder  —  im  Winter  —  Mumifizierung  gezeigt 
und  angestauut  zu  werden.  Der  Albino  wird  auch  hier  allerdings 
betrachtet  und  besprochen,  bleibt  aber  häufig  in  Feld  oder  Wiese  liegen. 

Die  ältesten,  in  jenem  Bachgebiete  gemachten  Beobachtungen 
sind  mir  von  meinem  Vater  überliefert  worden  und  erstrecken  sich 
auf  die  Zeit  vor  1820. 

Damals  war  die  Zeit  der  professionierten  »Maulwurfsfäuger«, 
jener  Leute,  welche  zu  bestimmten  Zeiten  des  Jahres  auf  der  Bild- 
fiäche  erschienen,  um  Wiesen  und  Felder  vom  »schädlichen  Maul¬ 
wurf«  zu  befreien,  also  den  Maulwurfsfang  »mit  Ruten  und  Schlingen« 
im  Großen  zu  betreiben.  Der  Fänger  lieferte  allabendlich  die  Beute 
ab;  —  jedem  Tiere  wurde  ein  Vorderfuß  abgeschnitteu,  welcher  dann 
bis  zur  Ablöhnung  als  Beleg  aufbewahrt  wurde.  Mein  Vater  ist  der 
erste  gewesen,  welcher  sich  damals  auf  das  wärmste  des  armen  Maul¬ 
wurfs  anuahm,  indem  er  ihm  zwar  nicht  im  Garten,  wohl  aber  in 
Feld  und  Wiese  eifrig  das  Wort  redete.  —  Selbstverständlich  hatte 


358 


damals  solche  Fürsprache  noch  weit  weniger  Erfolg  als  heutzutage,  avo 
mau  doch  schon  so  viel  erreicht  hat,  daß  mau  den  Maulwurf  wenigstens 
in  Feld  und  Wiese  in  Ruhe  läßt,  jedenfalls  aber  keine  Mauhvurfsfänger 
mehr  besoldet!  Ein  Gutes  aber  hat  für  uns  die  damalige  Thätigkeit 
des  massenmordenden  Fängers  gehabt:  —  wir  wissen  von  meinem 
Vater,  daß  unterhalb  des  Flecken  Aerzen  alljährlich  einige  Albinos 
unter  der  Zahl  der  an  schlingen -bewehrten  laugen  Ruten,  also  an 
den  überall  in  den  Wiesen  stehenden  Fang-Apparaten  baumelnden 
Opfer  vorhanden  waren.  Die  Anzahl  der  Albinos  schwankte  damals 
zwischen  2 — 8  pro  anno,  und  zwar  wurden  diese  nur  auf  der  Do¬ 
mänenländerei  gefangen.  — 

Heute  existiert  kein  »professioneller  Maulwurfsfänger«  mehr,  da 
aber  alle  paar  Jahre  schneeweiße  Maulwürfe  gefangen  werden,  so 
muß  sich  »diese  Art«  (wie  sie  hier  von  einigen  Leuten  genannt 
wird),  ohne  Frage  stets  weitervererbt  und  konstant  erhalten  haben. 
Ihre  Zahl  kann  nicht  kleiner  geworden  sein,  als  sie  zur  Zeit  war, 
wo  mein  Vater  die  erwähnten  Beobachtungen  gesammelt  hat;  denn 
wer  fängt  heute  in  Feld  und  Wiese  —  weit  entfernt  vom  Dorfe  — 
noch  Maulwürfe?  Der  Mensch  nur  zufällig,  beim  Mähen  oder 
beim  Heumachen  u.  s.  w.  und  ebenso  zufällig  der  ihn  etwa  be¬ 
gleitende,  auf  Maulwürfe  passionierte  Fixköter.  —  Auf  diese  Weise 
eben,  also  zufällig,  sind  auch  die  letzten,  mir  bekannten  Albinos 
gefangen  ;  also  muß  »diese  Art«  gewiß  nicht  selten  dort  sein  ! 

In  den  letzten  Jahren  erhielten  aus  jener  Gegend  Herr 
Direktor  Hodgson  und  Mister  Stacy  Stallard,  beide  wohn¬ 
haft  auf  dem,  im  genannten  Reviere  gelegenen  englLchen  Institute 
»Alte  Burg«,  je  einen  weißen  Maulwurf.  —  Unterhalb  Aerzen 
fing  ein  Arbeiter  der  dortigen  Domäne  einen  solchen,  und  ebenso 
wurde  einer  bei  Gr o ß -  B  e r  k  e  1  vom  Herrn  Postagenten  Wi  e b  r  o  c  k 
gefangen.  Mir  selbst  wurde  im  vorigen  Jahre  ein  Albino  aus  der 
Nähe  der  Ortschaft  Selxen  gebracht,  welch’  letzterer  leider  schon 
halb  verwest  war.  Aus  eben  derselben  Gegend  erhielt  Herr  Präparator 
Rehm-Hameln  vor  zwei  Jahren  einen  solchen,  in  diesem  Jahre  zwei. 

Im  Juni  dieses  Jahres  fing  Herr  Hermann  Herzberg  zu  Aerzen 
einen  weißen  Maulwurf  in  seinem  Garten  und  zeigte  denselben  in 
seiner  Gaststube.  14  Tage  darauf  fing  Herr  Stahlhut  im  Nachbargarten 
ebenfalls  einen  solchen.  —  Die  meisten  Albinos  werden  anscheinend  eben 
bei  Selxen,  und  zwar  in  einer  stets  sehr  sumpfigen  Moorwiese,  im 
»R  ah  1-B  ru  ch«,  gefangen  und  ist  dies  schon  seit  langer  Zeit  der 
Fall;  denn  meine  Mutter,  zu  deren  elterlicher  Besitzung  ebenjenes 


»Rahl- Bruch«  gehört,  gibt  an,  dafs  früher  der  alljährlich  von  alt 
und  jung  erwartete  und  begrüßte,  nur  wenige  Tage  (aber  daun  mit 
Hunderten  von  Ruteuschlingen)  arbeitende  Maulwurfsfäu  ger 
unter  der  Zahl  seiner  Opfer  stets  5  —  8  reinweiße  Maulwürfe  hatte  und 
im  Schlosse  vorzeigte.  Zu  meines  Vaters  Beobachtuugszeit,  also  vor 
1820,  war  »die  Liere«  bei  Aerzen  als  Fundstelle  der  weißen  Maul¬ 
würfe  allgemein  bekannt.  Herr  Revierförster  Richter-Aerzeu 
besitzt  einen  im  vorigen  Sommer  dort  gefangenen  Albino.  In  248, 
dem  Kirchturme  zu  Aerzen  entnommenen  Gewöllen  der  Schleiereule 
fand  ich  die  Reste  eines  weißen  Maulwurfes.  —  Prinz  Löwensteiu- 
Wertheim  fand  auf  einer  überschwemmten  Miese  bei  Selxen  fünf 
solcher  Albinos;  einige  Jahre  zuvor  ein  Arbeiter  deren  vier.  Die  vom 
Prinzen  gefundenen  fünf  Stücke  waren  ertrunken  und  zwar  waren 
es  junge,  aus  einem  ^^este  entstammende  Tiere,  wie  mir  der 
Prinz  genau  bewies. 

Soviel  über  diese  höchstinteressanten  Belege  für  konstant  sich  ver¬ 
erbenden  Albinismus.  Ich  habe  mit  großer  Vorsicht  geforscht;  denn 
jedem  Forscher  ist  bekannt,  daß  die  Laudleute,  sowie  sie  großes 
Interesse  merken,  gern  von  der  Wahrheit  abschweifen.  Hat  eine 
Anzahl  von  Leuten  einen  gefangenen  weißen  Maulwurf  gesehen, 
so  will  ihn  bald  jeder  »selbst  gefangen«  haben  und  aus  einem 
Sülchen  Tiere  werden  dann  natürlich  sechs  oder  acht. 

Darum  habe  ich  nur  Thatsachen  gebracht:  sie  werden  genügen ! 

_ Schärfste  Weiterbeobachtuug  und  stete  genaue  Prüfung  werde  ich 

mir  selbstverständlich  auch  in  Zukunft  angelegen  sein  lassen. 

Füchse  und  Hunde  haben  eine  wahre  Passion,  den  Maulwurf 
zu  überlisten,  und  obwohl  er  beiden  immerhin  widerwärtig  ist 
und  von  Hunden  nie,  von  Füchsen  nur  in  karger  Zeit  verspeist 
wird,  so  schleichen  sich  beide  Tiere  doch  augenblicklich  listig  näher, 
wenn  sich  ihnen  ein  Maulwurf,  durch  den  der  aufgestoßenen  Erde 
mitgeteilten  und  somit  dem  Feinde  auf  ziemliche  Eiitferuiiug  in  die 
Nase  gekommenen  Geruch  bei  seiner  unterirdischen  Thätigkeit  verrät. 

Es  ist  »die  Freude  am  Überlisten«,  durch  welche  Hund  und  Fuchs 
hierbei  beherrscht  werden,  denn  das  Opfer  wird  mit  offenbarem  Ab¬ 
scheu  totgebissen,  mit  Abscheu  liegen  gelassen.  —  Auf  dem  Fuchs¬ 
bau  findet  man  häufig  tote  Maulwürfe  und  spielen  die  jungen  Füchse 
langeZeitmitdem  ihnen  nicht  besonders  mundenden  Schwarzrockehernni. 

Mein  Mops  fängt  alljährlich  mindestens  zwanzig  Maulwürfe. 

Auch  die  hiesigen  Eulenarten  finden  augenscheinlich  keinen 
rechten  Geschmack  an  solchem  Braten.  Der  arme  Maulwurf  veriät 


360 


sich  ihnen  durch  sein  Graben  oder  Pflügen  (oder  auch  bei  seinem 
nächtlichen,  überirdischen  Exkursionen)  —  wird  erdolcht  und 
dann  sehr  häufig  voll  Abscheu  fortgeworfen  oder  doch  in  die  Vor¬ 
ratskammer  getragen,  um  für  schlimmere  Zeiten  aufgespart  zu  werden. 

Tritt  die  Zeit  der  Not  dann  heran,  so  werden  zunächst  alle  anderen 
in  der  Vorratskammer  vorhandenen  Opfer  verzehrt  und  zuletzt  erst 
der  bisamduftende  Maulwurf,  welcher  inzwischen  oft  halb  verfault, 
mumifiziert  und  zu  Eis  gefroren  ist. 

Weit  ^schlimmer  aber,  als  alle  diese  großen  Feinde,  wütet 
gegen  das  Heer  der  Maulwürfe  ein  bis  jetzt  anscheinend  noch  nicht 
bekannter,  ein  winziger  Feind:  ein  Bacillus. 

Die  »Maulwurfsseuche«  — ^  wie  ich  diese  Erscheinung  nennen 
will  beobachte  ich  hier  alle  paar  Jahre,  und  sie  grassiert  unter 
deu  Maulwürfen  oft  mehr  oft  weniger. 

Die  von  dieser  Krankheit  befallenen,  ihr  ohne  alle  Rettung 
dann  stets  erliegenden  Individuen  pflügen  erst  eine  Zeit  lang 
hoch  oben  unter  der  Oberfläche  der  Erde  umher,  also  in  der  Weise, 
wie  wir  dies  bei  jungen,  unerfahrenen  Maulwürfen  —  oder  auch  bei 
der  Maulwurfsgrille  —  kennen.  Dann,  etwas  später,  schieben  sie 
im  Grase  hin  und  her,  lautkratzend  und  sich  durch  nichts  stören 
lassend.  Endlich  sterben  sie  auf  der  Oberfläche  der  Erde.  Man 
kann  den  Grad  dieser  Seuche  schon  bemessen,  wenn  man  auf  irgend 
einer  Chaussee  etc.  fährt  oder  geht  und  sein  Augenmerk  auf  die 
Zahl  der  am  Wege  liegenden  Opfer  richtet.  Meine  Beobachtungen 
habe  ich  im  dieser  Sache  nur  in  den  heißen  Monaten  des  Jahres 
(Juli,  August)  gemacht  und  anfangs  auf  ^Vassermaugel  geschoben. 

Die  betreffenden  Tiere  scheinen  von  einem  gewaltigen  Jucken 
geplagt  zu  werden,  denn  sie  kratzen  s''ch  alle  Augenblicke  heftig 
mit  dem  Hinterfuße. 

Genau  unter  denselben  Symptomen,  und  sich  in  meiner  Hand 
ebenfalls  ohne  Scheu  fortwährend  kratzend,  obgleich  äußerlich  nichts 
Besonderes  (auch  kein  Schmarotzer)  an  ihr  zu  entdecken  war,  starb 
einst  auch  eine  Spitzmaus. 

Als  geschickten  Schwimmer  habe  ich  deu  Maulwurf  gelegentlich 
der  vor  einigen  Jahren  plötzlich  hereinbrecheuden  Überschwemmumr 
der  Weser  kennen  gelernt.  —  Sah  mau  damals  vom  Klüt-Turme 
auf  das  Land  herab,  so  wälzte  sich  unten  ein  unabsehbares  Meer 
dahin,  aus  welchem  nur  die  Spitzen  der  Fabrikschornsteine  uud  der 
hohen  Bäume  hervorragten.  —  Die  Flut  war  sehr  überraschend  ge¬ 
kommen  und  Rehe  uud  Hasen  etc.  ertranken  damals  in  Menge. 


Die  Maulwürfe  aber  schienen  sich  schleunigst  in  die  Berge  gerettet 
zu  haben  um  nach  Abflnii  des  Wassers  sofort  wieder  in  ihre  Reviere 
zurückzukehren ;  wenigstens  sah  ich  bald  nach  dem  Verlaufen  der 
Wassermassen  wieder  mitten  im  Überschwemmungsgebiete  die  Maul¬ 
würfe  in  neuer  Thätigkeit:  sie  mußten  viele  tausend  Meter  schwim¬ 
mend  geflohen  und  wieder  zurückgekehrt  sein. 

Schließlich  möge  hier  noch  eine  kurze  Schilderung  der  bei  Maul¬ 
würfen  üblichen  Art  und  Weise,  zu  kämpfen  folgen. 

In  den  Natnrgeschichtswerken  wird  angegeben,  daß  die  Maul¬ 
würfe  sich  einen  unterirdischen  Kampfplatz  zurechtmacheu ,  auf 
welchem  daun  gestritten  werde.  »Beide  (Rivalen)«,  so  finden 
wir  z.  B  in  »Brehms  Tierleben«  angegeben,  »erweitern  die  Röhre, 
in  welcher  sie  sich  getroffen,  zu  einem  Kampfplatze,  und  nun  wird 
auf  Tod  und  Leben  gefuchten  !« 

Dieses  »vorherige  Zurechtmachen  der  Wahlstatt«  sieht  aber  doch 
etwas  gar  zu  kommentmäßig  aus,  und  die  schwer  zu  beobachtende 
Sache  verhält  sich  in  Wirklichkeit  etwas  anders. 

»Die  ausgewühlten  Kampfplätze  und  die  Zweikämpfe  zwischen  lie¬ 
benden  Bewerbern,«  —  sagt  Brehm  weiter  —  »hat  mau  entdeckt,  indem 
man  den  Lärm  des  Kampfes  vernahm  und  die  Tiere  schnell  ausgrub.« 

Ich  habe  nun  vor  Jahren  das  Glück  gehabt,  einen  in  Herzens- 
üder  Magenaugelegeuheiten  zwischen  Maulwürfen  stattfindenden  Zwei¬ 
kampf  von  allem  Anfang  an  entstehen  zu  sehen  und  zu  hören,  und 
kann  somit  beweisen,  daß  nicht  »erst  die  Wahlstatt  hergerichtet 
und  dann  gekämjDft«,  sondern  daß  »sofort  gekämpft,  zusammenge- 
fahren,  zurückgeprallt,  geschrieen  und  sich  umgangen  wird«,  und  da 
dieses  Umgehen  des  Feindes  in  der  Erde  geschieht,  auch  die 
lockere  Erde  vorgeschoben  und  als  Schild  benutzt  wird,  durch  welches 
gedeckt  die  Vorstöße  mit  zirpendem  Geschrei  unternommen  werden, 
—  so  wird  der  Kampfplatz  nicht  vor  dem  Gefecht  zurechtgemacht, 
sondern  vielmehr  während  des  Gefechtes,  resp.  durch  die  Art,  zu 
kämpfen  —  zufällig  gebildet.  Der  von  mir  beobachtete  Zweikampf 
fand  in  einem  lockeren,  dicht  besäeten  Blumenbeete  statt,  vor  welchem 
ich  lange  Zeit  gestanden,  ohne  etwas  zu  vernehmen.  Plötzlich  hörte 
ich  das  Geschrei  und  konnte  dann  den  ganzen  unter  irdischen  Vorgang 
und  Verlauf  am  Wakeln  der  Pflanzen,  am  Bersten  der  Erde,  am  lauten 
Scharren,  am  Hin  und  Her  des  Geschreies  u.  s.  w.  genau  verfolgen. 

Auch  hier  war  schließlich  ein  »Kampfplatz«  entstanden,  und 
daß  auf  solchem  der  Zwist  häufig  zu  Ende  geführt  wird,  leuchtet 
ein.  —  Treffen  sich  Maulwürfe  im  festeren  Erdreich,  z.  B.  in  der 


362 


durch  Zusammeudrücken  resp.  Seitwärtspresseu  des  losgescharrteii 
Materials  außerordentlich  festwaudigeu  Laufröhre,  so  wird  infolge  der 
eben  geschilderten  Kampfesweise  alsbald  ein  größerer  Raum  entstehen. 

Auch  einer  größeren  Schlange  —  (Beobachtungsversuch)  —  ver¬ 
setzt  der  auso-ehuno;erte  Maulwurf  seine  Bisse,  indem  er  sie  unter- 
irdisch  umgeht. 

Vor  mehreren  Jahren  erschien  dicht  vor  mir  au  einem  Busche 
ein  noch  nicht  ausgewachsener  Maulwurf  und  schnappte  mit  außer¬ 
ordentlicher  Geschicklichkeit  ein  in  Maulwurfshöhe  über  ihm  au 
einem  Halme  sitzendes  Kerbtier  weg :  ein  Beweis  von  der  großen 
Schärfe  seines  Geruchsinnes. 

Ein  andermal  —  ebenfalls  im  Walde  —  steckte  ein  Maulwurf 
unmittelbar  neben  mir,  der  ich  (unter  Wind)  schon  länger  seinem 
graben  zugehört,  seinen  Kopf  aus  einem,  schön  von  grünem  Moose 
umrahmten  Loche  und  —  —  sah  in  die  oberirdische  Welt  hinein. 
—  Er  »sah«  in  die  Welt  hinein.  Denn  er  schlug  den  Haarverschluß 
der  Augen  auseinander  und  da  nur  die  Spitzen  der  Haare  tlen 
metallischen  Farbenglanz  haben,  der  andere  Teil  des  Haares  aber  heller 
gefärbt  ist,  so  sah  ich  deutlich  diese,  durch  die  regelmäßig  strahlen¬ 
förmig  auseinaudergebreiteten  Augenborsten  gebildeten  hellen  Flecke. 

Lassen  wir  nun  aber  den  »blinden  Maulwurf«  in  Ruhe;  es  ist  sehr 
fraglich,  ob  jener  andere  Maulwurf,  welcher  —  wie  soeben  berichtet  — 
mit  lautem,  »spitzmausartigein«  Klatsch  ein  Insekt  von  eiuem  Hahne 
schnappte,  dieses  sein  Opfer  nicht  etwa  thatsächlich  gesehen  hatte. 

»Der  Maulwurf  ist  nicht  blind,  gegeben  hat  ihm  nur 
»Ein  kleines  Auge,  wie  er’s  brauchet,  die  Natur, 

»Mit  welchem  er  wird  seh’n,  soweit  er  es  bedarf 
»Im  unterirdischen  Palast,  den  er  entwarf ; 

»Und  Staub  iu’s  Auge  wird  ihm  desto  minder  fallen, 

»Wenn  wühlend  er  emporwirft  die  gewölbten  Hallen. 

»Den  Regenwurm,  den  er  mit  ander’n  Sinnen  sucht, 

»Braucht  er  nicht  zu  erspäh’u,  nicht  schnell  ist  dessen  Flucht. 

»Und  wird  in  warmer  Nacht  er  aus  dem  Boden  steigen, 

»Auch  seinem  Augenstern  wird  sich  der  Himmel  zeigen, 

»Und  ohne  daß  er’s  weiß,  nimmt  er  mit  sich  hernieder 
»Auch  einen  Strahl  und  wühlt  im  Dunkeln  wieder.« 

(Rückert.) 

Sophieuhof  in  »Multhöpen«,  Kreis  Hameln,  Se;pttember  1892. 

11.  Haubenlerche  —  Galerita  er  ist  ata.  — 

Ein  Albino  irgend  welcher  freilebender  Tierart  ist  immerhin 
eine  auffallende  Erscheinung,  und  ich  wurde  daher  auf  eine  schnee¬ 
weiße  Haubenlerche,  welche  dahier  die  Chaussee  zwischen  den 


Ortschaften  Reh  er  nncl  A  erzen  seit  Jahren  als  ihr  Eigentnni 
betrachtet,  von  den  verschiedensten  Seiten  aufmerksam  gemaclit.  — 
Seit  etwa  einem  Jahre  kenne  ich  diese  Lerche  persönlich,  habe  aber 
bei  meiner,  ihr  bei  jeder  Gelegenheit  gewidmeten  Aufmerksamkeit 
seit  langem  konstatiert,  daß  es  —  —  zwei  Lerchen  sind; 

denn  ich  habe  dort  mehrmals  ein  offenbar  verliebtes  Albino- 
Pärchen  oder  -Geschwister  dicht  vor  mir  beobachtet.  Beide  Vögel 
sind  »Schneewittchen«  im  wahrsten  Sinne  des  Wortes,  völlige 
Albinos  mit  roten  Beinen  und  demnach  wohl  auch  ohne  Pigment 
des  Auges.  —  Leute,  welche  im  Reviere  dieser  Vögel  wohnen,  oder 
welche  regelmäßig  jene  Chaussee  befahren,  haben  mir  mancherlei 
Mitteilungen  über  die  betreffenden  Tiere  gemacht;  und  da  mir  die 
wichtigsten  dieser  Mitteilungen  von  drei  ganz  verschiedenen  Seiten 
zugingen,  mir  auch  stets  »ungefragt«  gemacht  wurden,  so  stehe  ich 
keinen  Moment  an,  die  aus  diesen  Berichten  gewonnenen,  höchst 
interessanten  Resultate  hier  als  Thatsachen  zu  veröfiPentlichen. 

Wie  ich  schon  in  der  »ornithol.  Mon.-Schr.«  1892,  S.  7(3 
kurz  berichtet  habe,  erhielt  ich  die  erste  Kunde  vom  Vorhanden¬ 
sein  einer  weißen  Haubenlerche  von  Herrn  Lenke  zu  A erzen. 

Derselbe  ist  Inhaber  des  Post-Omnibus  »Hameln-Barntrup«  und 
erzählte  mir  einst,  als  ich  neben  ihm  auf  dem  Bocke  saß  folgendes: 
»Während  des  ganzen  Winters  1889/90  sah  ich  in  oder  bei  der  Ort¬ 
schaft  Reh  er  eine  schneeweiße  Haubenlerche  mit  roten  Beineu. 
Am  häufigsten  traf  ich  sie  vor  dem  Dorfe,  bei  der  Blank-Schmiede«. 

Die  nächste,  mir  dann  gewordene  Mitteilung  stammt  von  einem 
jungen  Manne,  Namens  Mejer.  Dieser  half  mir  einst  beim  Fange 
von  Elritzen  {Phoxinus  laevis  Ag.)  und  Wasserinsekten  und  berichtete 
bei  dieser  Gelegenheit  zufällig:  »Als  ich  in  Re  her  noch  zur 
Schule  ging,  da  habe  ich  vier  Jahre  auf  der  Reihe  im  Dorfe 
eine  schneeweiße  Haubenlerche  gesehen,  welche  rote  Beine  hatte.  — 
Es  war  dies  in  den  Jahren  1884 — 87.« 

Aus  diesen  Beobachtungen  geht  also  hervor,  daß  jener  Albino 
sich  sieben  Jahre  in  unmittelbarer  Nähe  der  Ortschaft  Reh  er 
aufgehalten  hat. 

Am  häufigsten  wurde  die  weiße  Lerche  während  der  Winterzeit 
beobachtet,  wo  sie  dann  auch  vor  einigen  Häusern  besonders  gern  ge¬ 
sehen  und  besonders  gefüttert  wurde;  im  Sommer  zeigte  sie  sich  seltener. 

Ich  selbst  sah  ein  Pärchen  Albino  im  März  dieses  Jahres  und 
konstatierte  dann  in  der  Folge,  daß  diese  Tiere  dort  allgemein 

O  '  o 

bekannt  waren  und  geradezu  von  Jung  und  Alt  geehrt  wurden.  — 


364 


Albino  erfreuen  sich  ja  überhaupt  einer  ganz  besonderen  Achtung 
und  Verehrung.  Sämtliche  Bewohner  Aerzens  sehen  mit  höchstem 
Stolze  auf  ein  in  ihrer  Mitte  wohnendes  liebliches  Mägdlein,  ein 
»Fa.st-Albiuo«  mit  prachtvollen  Kornbluinen-Augen.  —  Des  Dorf¬ 
kindes  Lieblinge  sind  die  weißen  Kaninchen  und  die  auch  beim 
Habicht  beliebten  und  daher  in  vielen  Dörfern  nur  seltenen  weißen 
Tauben;  —  das  Stadtkind  pflegt  seine  weißen  Mäuse  und  selbst 
mit  der  widerlichen,  gemeiniglich  Schrecken  erregenden  Ratte  be¬ 
freundet  man  sich,  sowie  sie  weiß  ist. 

Der  »weiße  Elefant«  ist  das  größte  Heiligtum  Siams;  er 
muß  zu  seinem  Leidwesen  als  Gott  ein  Prunkgemach  bewohnen, 
muß  (statt  erdiger,  ausgerissener  Grasbüschel)  sorgsam  bereitete 
feine  Speisen  von  silbernen,  ihm  von  knienden  Dienern  dargereichten 
Tellern  herunter-rüsseln  und  langweilt  sich  ob  des  dort  üblichen, 
peinlich  beobachteten  Geremoniels  so  fürchterlich,  wie  mau  sich 
anderswo  unter  dem  Herrscherstabe  strenger  Etikette  fürchterlich 
langweilt!  —  Der  König  von  Siam  ist  stolz,  kann  auch  mit  Fug 
und  Recht  stolz  sein :  führt  er  doch  als  höchsten  Ehrentitel  den 
Titel  »Herr  des  weißen  Elefanten!« 

So  ehrt  man  die  Albino  und  so  ehren  die  Leute  auch  die 
reizenden  weißen  Haubenlerchen  bei  der  Ortschaft  Reher.  —  Anders 
dachte  ein  gebildeter  Sohn  Albions:  Dieser  entdeckte  eine 

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sehr  weiß  gezeichnete  Haubenlerche  in  der  oberhalb  der  oftge- 
naunten  Ortschaft  Reher  belegenen  Feldmark  Rein  erb  eck,  merkte 
sich  die  Stelle,  wo  sie  wieder  einflel,  schlich  sich  vorsichtig  auf 
fünfzehn  Schritt  heran  und  —  zerschoß  das  schöne  Tier  in  Fetzen! 
Was  sollte  dieser  Schuß?  Mußte  sich  der  mit  der  Kenntnis  der 
Schußwaffe  sehr  vertraute  Herr  nicht  von  vornherein  sagen,  daß  das 
»choke  bored«-Rohr  seines  Schießprügels  auf  diese  nahe  Distanz  alles 
zerschmettern  werde?!  — 

Ein  solches  Beginnen  ist  Frevel,  ist  Mord!  —  Und  was  soll 
eigentlich  die  Unsitte,  einen  »gescheckten  Vogel«  oder  einen  Albino 
immer  gleich  zu  erschießen?!  —  In  wie  vielen  Fällen  wird  ein  solcher 
nur  als  Kadaver  eine  Zeit  lang  betrachtet  und  dann  fortgeworfen ! 
Oder  hat  es  besonderen  Zweck  und  Wert,  wenn  ein  solches  Tier,  wie 
es  so  oft  geschieht,  zum  Schauergestell  von  unkundiger  Hand  aus¬ 
gestopft,  als  »Opfer  der  Wissenschaft«  den  —  Motten  verfällt?!  — 

Darum  ist  meine  stete  Auftbrderung  an  alle  diejenigen,  welche 
die  Flinte  führen,  wohl  zu  bedenken,  ob  ein  auffallend  gefärbter 
Vogel,  auf  welchen  der  Schuß  gerichtet  wird,  ob  also  ein  solches 


365 


Opfer  nach  dem  Tode  auch  nnhediugt  von  Wert  für  die  Wissen¬ 
schaft  ist,  —  oder  ob  es  nur  »in  der  Nähe  besehen«  uud  dann 
fortgeworfen  werden  soll?  — 

Zeigt  sich  ein  weißes  (oder  doch  weißliches)  Rebhuhn  in 
der  Kette,  so  muß  es  als  erstes  fallen,  um  dann,  wie  ich  es  zweimal 
miterlebt  habe,  von  »frommen«  Hühnerhunden  halb  zu  Brei  ge¬ 
quetscht,  hierauf  von  allen  Seiten  besehen  und  endlich  —  gebraten 
zu  werden !  —  Einer  weißen  Rabenkrähe  stellt  mau  eifrig  nach 
und  schießt  womöglich  auf  frevelhafte  Distanzen  nach  ihr,  nur  um 
den  Ruhm  davonzutragen,  »sie  erlegt  zu  haben«,  in  Wahrheit 
aber,  »um  sich  als  Aasjäger  zu  dokumentieren!« 

Wie  sehr  ein  Albino  unter  den  Nachstellungen  des  Homo  sapiens 
zu  leiden  hat,  das  kann  ich  hier  seit  Jahren  au  einem  völlig  schnee¬ 
weißen  Bussarde  beobachten,  welcher  allen  Jägern  einer  gewissen  Gegend 
bekannt,  welcher  aber  andererseits  durch  vielfache  Verfolgung  so  klug 
und  scheu  geworden  ist,  daß  er  selbst  der  weittragendsten,  kleinkalibrigen 
Büchse  nicht  mehr  stand  hält  uud  sofort  abstreicht,  wenn  ein  ihm  auf¬ 
fallend  erscheinender  Mensch  ihn  scharf  beobachtet.  Erfahrung  hat 
ihn  gewitzigt,  diesen  bei  normalem  Stande  der  Dinge  doch  nicht  eben 
hervorragend  schlauen  Wegelagerer,  so  daß  ich  mich  vergeblich  be¬ 
müht  habe,  ihn  in  einer  gefahrlosen  Falle  für  Freund  Wuuderlich- 
Köln  zu  berücken.  —  Nur  zwei  Verwandte  dieses  (anscheinend  Total-) 
Albino  habe  ich  nach  Köln  auf  Festung  schicken  können,  zwei 
»Isabellen«,  deren  Befiederung  wir  erst  abwarten  müssen. 

Die  armen  Albino  kleinerer  Geschöpfe  sind  stets  arg  von 
Feinden  bedrängt,  denn  Albinismus  und  sonstige  von  der  Norm 
abweichende  Färbungen  sind  gegen  die  Regeln,  gegen  den  Willen 
der  Natur.  —  Die  Natur  will  »Anpassung  au  die  Umgebung«;  — 
und  handelt  ein  Organismus,  ein  Individuum  plötzlich,  und 
ohne  sich  au  den  von  der  Natur  eventuell  gewünschten  »allmäh¬ 
lichen  Übergang«  zu  kehren,  kühn  dagegen,  so  betrachtet  sie  dieses 
Beginnen  als  das,  was  es  ist:  als  etwas  Krankhaftes  und  hat  stets 
ihr  Messer  bereit,  dieses  Krankhafte,  also  Schädliche,  mit  raschem 
Schnitte  zu  entfernen.  Sie  hat  zu  ihren  Korrektoren  in  dieser 
Hinsicht  die  vierfüßigen  und  fliegenden  Raubtiere  erwählt  und  aus- 
gesaudt,  uud  wenn  auch  der  unterirdische,  oder  doch  »oberirdisch- 
11  ä  c  h  1 1  i  c  h  -  1  e  1)  e  n  d  e  Finsterling,  Maulwurf,  sich  hier  hei  uns, 
wie  in  Teil  I  beschrieben,  seit  sicher  60  Jahren  als  Albino  gehalten 
und  seine  farblose  Haut  und  Haare  gewiß  weitervererht  hat  (wenn 
auch  der  Untergrund  des  Revieres  möglicherweise  ebenfalls  in 


3G6 


Frage  stehen  mag),  so  dürfte  eine  Lerche,  also  ein  der  angepaßten, 
ergo  schützenden  Färbung  so  sehr  bedürftiges  Tier  sich  als  Albino 
ganz  gewiß  nicht  durch  lauge  Jahrzehnte  Aveitervererben  oder 
konstant  erhalten.  —  »Natura  non  facit  saltus«,  so  lautet  die  alte, 
wenn  auch  immerhin  etwas  übertriebene  Regel ;  daß  aber  erstens 
dieser  bei  der,  oder  besser  von  der  Haubenlerche  hier  gemachte 
saltus  nunmehr  fast  ein  Jahrzehnt  ungestraft  überdauert  hat,  glaube 
ich  als  sicher  bewiesen  zu  haben,  und  daß  sich  auch  dieser  Fall 
von  Albinismus  w  e  i t  e  r  v  e  re  r  b  t  hat,  das  habe  ich  aus  einer 
Mitteilung  des  Herrn  Dr.  Köthe-Aerzen  ersehen. 

Wie  ich  schon  mitgeteilt,  sah  ich  selbst  zwei  dieser  oftge¬ 
nannten  Albino  im  März  dieses  Jahres. 

Zu  Anfang  des  Juni  dieses  Jahres  fuhr  ich  nun  mit  Herrn 
Dr.  Köthe  nach  Reher  und  bemerkte  unterwegs,  wie  ein  Steinkauz 
von  einem  Chaussee-Baume  abstrich. 

Herr  Dr.  Köthe  berichtete,  daß  diese  Eule  dort  ihr  Nest  habe 
und  ich  stieg  vom  Wagen  aus  in  den  Baum,  um  einmal  uachzu- 
schauen.  Zum  eigentlichen  Neste  konnte  ich  nicht  gelangen,  wohl 
aber  lagen  vorn  in  der  Höhlung  eine  Menge  von  Gewöllen,  trockenen 
Fröschen  und  Federn.  Ich  nahm  diese  Reste  mit,  um  sie  einer 
genauen  Untersuchung  zu  uuteiwverfeu,  konstatierte  aber  schon  gleich 
im  Wagen,  daß  die  Federn  von  Lerchen  stammten,  wie  denn 
auch  kein  Vogel  wohl  öfter  von  Eulen  geraubt  werden  dürfte,  als 
diese,  durch  heimkehrende  Arbeiter,  umherhoppelude  Hasen  etc.  nur 
allzuoft  am  Abend  aufgescheuchten  und  somit  leicht  von 
den  Eulen  erspähten  Feldbewohner.  —  Sowie  ich  von  der 
Lerche  sprach,  erzählte  mir  der  Dr. ;  »Im  vorigen  Jahre  sah  ich 
hier  auf  der  Chaussee  bei  Reher  eine  ganze  Anzahl  rein¬ 
weißer  Haubenlerchen,  —  Meist  in  der  Nähe  der  Blankschiniede.« 

Also  dies  war  »im  vorigen  Jahre«  gewesen.  Soviel  über 
Galerita  cristata  oder  den  »Chaussee-Vogel«  wie  mau  ihn  ob  seiner 
Lebensweise  wohl  neunen  dürfte. 

In  dem,  an  Albinismus  und  sonstige  Farbenänderung  aufweisenden 
Vögeln  so  reichen  Dresdener  zoologischen  Garten  besitzt  Herr  Direktor 

O  O 

Schöpf  auch  drei  zart  isabellfarbige  Amseln,  M criila  vidfj.^  (leren 
Füße  hellgefärbt  und  deren  Augen  pigmentlos  sind.  —  Auch  in  der 
Familie  dieser  Amseln  ist  der  Albinismus  erblich;  denn  dasselbe 
Paar  Alte,  dem  man  im  Jahre  1884  diese  damals  Jungen  geraubt, 
(wohnhaft  im  Garten  der  dortigen  Pierson’ scheu  Heilanstalt)  brachte 
auch  im  Jahre  1885  wieder  ein  ebenso  gefärbtes  Junges  aus. 


Riologisclie  Notizen  aus  der  Reptilienwelt. 

Von  Dr.  F.  Werner,  Wien. 

Nachfolgende  Bemerkungen  nnd  Beobachtungen  ans  dem 
Jahre  1892,  teilweise  auch  noch  ans  den  vorigen  Jahren,  dürften, 
obwohl  sie  nur  kurz  und  unzusammenhängend  sind,  doch  teils  als 
Ergänzung  zu  meinen  früheren  Mitteilungen,  teils  an  sich  einiges 
Interesse  erwecken. 

Vor  allem  mochte  ich  den  gewaltigen  Unterschied  hervorheben, 
der  zwischen  den  mir  bekannten  Arten  der  B o u le n  ge r sehen 

O 

Familie,  der  Angiiiäae  einer-  den  Scincoiden  andererseits  in  der  Art 
und  Weise  besteht,  wie  sie  ihre  Beute  ergreifen.  Am  überraschendsten 
ist  wohl  der  Unterschied,  wenn  man  einer  Blindschleiche  und  der 
im  allgemeinen  so  ähnlichen  Erzschleiche  (gleichgültig  ob  Chalciäes 
tridactyliis  oder  lineatus)  Futter  vor  wirft.  Während  die  der  Familie 
der  Änguidae  angehörende  Blindschleiche  mit  empörender  Langsam¬ 
keit  zuerst  den  vorgeworfeuen  ßegeuwurm  betrachtet,  bezüngelt  und 
dann  erst  allmählich  den  Rachen  öffnet,  um  den  Wurm  zu  packen, 
auch  zum  Verzehren  desselben  sehr  lange  Zeit  braucht,  fährt  die 
Erzschleiche  wie  wütend  auf  einen,  wenn  auch  ziemlich  weit  ent¬ 
fernten  Mehlwurm  los,  packt  ihn  sofort,  ohne  ihn  weiter  zu  unter¬ 
suchen,  schüttelt  ihn  heftig,  quetscht  ihn  einige  Male  von  einem 
Ende  zum  anderen  durch  und  verzehrt  ihn  dann  ziemlich  schnell. 
Ganz  so  betragen  sich  aber  alle  von  mir  lebend  beobachteten  Scinco¬ 
iden:  Chedeides  ocellatus ,  sepoides  {Splienops  capistratiis*)  ^  Eumeces 
Schneiden,  Scincus  officinaUs*),  Äblephariis  pannonicus  —  nur  geringe 
Unterschiede  obwalten  in  der  Schnelligkeit  des  Angriffs  auf  ihre 
Beute;  wenn  auch  meines  Erachtens  Eumeces  und  Ahlepliarus  ver¬ 
hältnismäßig  zu  den  langsamsten  Gliedern  ihrer  Familie  gehören,  so 
ist  der  Unterschied  auch  noch  zwischen  ihnen  einer-  der  Blind¬ 
schleiche  und  der  zweiten  europäischen  Anguiden-Axi :  Ophisanrns 
apus  andererseits  noch  immer  auffallend  genug.  Wenn  man  bedenkt, 
Avie  der  äußere  Eindruck  unserer  (im  übrigen  durchaus  nicht  so 
faulen)  Blindschleiche  viel  mehr  auf  die  Verwandtschaft  mit  den 
Scincoiden  als  mit  dem  ziemlich  unähnlichen  Ophisanrus  hinzuweisen 
scheint,  so  ist  dieser  biologische  Unterschied  immerhin  bemerkenswert 
und  spricht  sehr  für  die  Richtigkeit  der  von  Strauch  bekämpften 
Bo u len  g  ersehen  Einteilung. 


*)  Siebe  »Zoolog.  Garten«  1890  No.  11  p.  337  und  1891  No.  1  p. 


368 


Sehr  merkwürdig  sind  'die  Idiosynkrasien  und  Liebhabereien 
mancher  Schlangen.  Es  ist  schon  oft  besprochen  worden,  daß  viele 
Ringelnattern  den  Wasserfrosch  hartnäckig  verschmähen  nnd  ihn 
entweder  niemals  oder  nur  bei  großem  Hunger  verzehren.  Meine 
bisherigen  Erfahrungen  zeigen,  daß  auch  Würfel-  und  Vipernnatter 
dieselbe  Abneigung  gegen  den  Wasserfrosch  zeigen  und  jeden  anderen 
Froschlurcb  unserer  Gegend  (außer  Bombinator)  demselben  vorziehen. 

Eine  ähnliche  Abneigung  ist  bei  der  glatten  Natter,  Coronella 
austriaca,  gegen  die  Smaragdeidechse*)  {Lacerta  viridis)  bemerkbar; 
in  Gegenden,  wo  nur  Lacerta  muralis  und  viridis  Vorkommen,  lebt 
Coronella  ausschließlich  von  der  muralis  und  von  Blindschleichen, 
rührt  auch  jüngere  viridis  kaum  jemals  an.  Ebenso  auffallend  sind 
manche  abnorme  Liebhabereien.  Während  normaler  Weise  unsere 
Äskulapschlange  {Coluber  Aescidapii)  in  erwachsenem  Zustande 
Eidechsen  nur  selten  zu  sich  nimmt,  besitze  ich  seit  fast  einem  Jahre 
ein  sehr  großes  Exemplar,  welches  von  Mäusen  nicht  die  geringste 
Notiz  nimmt,  dagegen  Zauneidechseu  {Lacerta  agilis)  mit  großem 
Appetit  verzehrt  (immer  mindestens  4  Stück  nacheinander)  und 
ausschließlich  von  ihnen  lebt. 

Zu  meinem  Aufsatz  über  die  Nahrung  der  europäischen  giftlosen 
Schlangen**)  hätte  ich  noch  folgendes  nachzutragen  : 

Tropidonotus  viperinus  frißt  außer  den  genannten  Arten  von  Amphi¬ 
bien  auch  noch  alle  drei  mitteleuropäischen  Arten  von  braunen 
Fröschen  und  Belobates  fuscus  sehr  gern  und  stimmt  überhaupt 
mit  Trapidonotus  natrix  und  tessellatus  in  der  Nahrung  vollkommen 
überein  —  bis  auf  den  Umstand,  daß  sie  als  die  kleinste  der 
drei  Arten  (sie  erreicht  nicht  einmal  die  Länge  der  Würfel¬ 
natter)  stets  auf  viel  kleinere  Beutetiere  angewiesen  ist  als  die 
Ringelnatter,  welche  ja  bekanntlich  über  U/s  m  lang  wird 
und  nahezu  die  Dicke  des  Handgeleukes  eines  Mannes  erreicht 
(Südfrankreich,  Süditalieu) ; 

Lihinecliis  sccdaris  und  Zamenis  Jiippocrepis  außer  Mäusen  auch  ge¬ 
legentlich  Zauneidechsen  {Lacerta  agilis) ; 

TarhopMs  vivax  habe  ich  bisher  mit  Lacerta  agilis,  muralis  und 

*)  Die  Smaragdeiclechse  wird  z.  B.  auch  in  Dalmatien  nur  von  CoetopeUis 
monspessnlana  (Jaceriina)  und  Etaphis  quaterradiatus,  den  beiden  größten  Arten, 
gefressen;  alle  anderen  eidechsenfressenden  Schlangen  ziehen  muralis  und  ihre 
Verwandten  vor. 

**)  Zoolog.  Garten  XXXI.  1890.  No.  5.  S.  134. 


3G0 


Tarentola  maiiritmnca  (Mauergecko)  gefüttert; 

Ziimcms  (jemonensis  (viridiflavus)  frißt  auch  Schmetterlinge  und 
zwar  Schwärmer  (Sphingiden). 

Größe  der  Eier  einiger  europäischer  Schlangen  und  Schildkröten  : 


Länge 

Durchmesser 

Eier  in  einem  Gelege 

mm 

mm 

beobachtet. 

Tropidonotus  natrix  .  . 

29—33 

18—21 

bis  34 

»  tessellatus  . 

33—36 

19—22 

11—25 

Zamenis  gemonensis 

34—38 

14 

5 

»  daJilii 

37 

14 

3 

Coluber  aesculapii 

42 

24 

5 

»  qiiadrilineatus  . 

67 

19 

2—5 

Tarbophis  vivax  .  .  . 

33-36 

14 

7 

Coelopeltis  monspessulana 

39 

15 

? 

Clemmys  caspia  . 

32-39 

16-22 

? 

Testudo  graeca 

30—33 

24 

2—4 

»  marginata  .  . 

30—32 

28—30 

2 

Über  die  australische  Rauteuschlange  {Morelia  argtis- 
spüotes)  von  welcher  ich  sowohl  im  Berliner  Aquarium  als  auch  in 
meinem  eigenen  Besitze  je  ein  Exemplar  zu  beobachten  Gelegenheit 
hatte,  kann  ich  folgende  Mitteilungen  machen  (dieselben  beziehen 
sich  im  allgemeinen  auf  meine  Exemplare  und  nur  zur  Ergänzung 
meiner  Angaben  sind  die  Beobachtungen  an  dem  schönen  Berliner 
Exemplar  —  beobachtet  imWiuter  1890/91  —  heraugezogen).  Vor  allem 
fällt  an  dem  Tiere  der  eigentümliche,  aber  durchaus  nicht  unange¬ 
nehme  Moschusgeruch  auf,  der  der  Schlange,  so  lange  sie  gesund 
ist,  und  ihrem  gewöhnlichen  Aufenthaltsort  anhaftet. 

Morelia  scheint  eine  echte  Baumschlange  zu  sein,  denn  bei  mir 
verließ  sie  fast  nie  den  Kletterbaum,  den  sie  im  Käfig  hatte  und 
auf  dem  sie  meist  in  schöner  Verschlingung  ruhte.  Obgleich  sie 
sich,  wie  viele  andere  Riesenschlangen,  oft  tagelang  nicht  vom  Fleck 
rührt  und  dann  nur  infolge  äußerer  Umstände  ihre  Lage  verändert, 
so  darf  man  sie  doch  für  kein  träges  oder  langsames  Tier  halten. 
Denn  läßt  man  ein  Beutetier  in  ihren  Käfig,  so  verläßt  sie  sofort 
ihren  Platz  und  macht  sich  unter  lebhaftem  Züngeln  zum  Kampf 
bereit.  Da  ich  meine  Morelia  ihrer  geringeren  Größe  halber  nur 
mit  weißen  Ratten  füttern  konnte,  während  die  Fütterung  der  Berliner 
Rautenschiauge  mit  Kaninchen  und  Meerschweinchen  geschieht,  so 
ergibt  sich  daraus  ein  ganz  merklicher  Unterschied  im  Benehmen 

Zoolog:.  Gart.  Jahrgf.  XXXIII.  1892.  24 


370 


der  beiden  Exemplare.*)  Denn  während  die  Berliner  Schlange  die 
vorgeworfenen  Futtertiere  sofort  ergreift  und  erwürgt,  war  das  Ver¬ 
halten  meines  Exemplares  den  sehr  bissigen  Ratten  gegenüber  ein 
sehr  vorsichtiges  und  reserviertes  und  es  dauerte  oft  stundenlang,  bis 
ein  mit  Blitzesschnelligkeit  geführter  Vorstoß  der  Schlange  erfolgte.  War 
die  Ratte  nicht  richtig  gepackt,  so  entrang  sie  sich  unter  jämmerlichem 
Quietschen  immer  wieder  den  langen  Zähnen  der  Schlange,  welche 
darauf  gewöhnlich  einige  Zeitlang  die  Verfolgung  aufgab  und  die 
unangenehme  Beute  keines  Blickes  würdigte.  Bald  aber  wurde  der 
Kampf  wieder  aufgeuommeu  und  die  Schlange  verfolgte  den  Nager 
mit  rührender  Beharrlichkeit  von  Zweig  zu  Zweig,  wobei  sie  immer 
suchte,  der  Ratte  von  der  Seite  oder  von  unten  beizukommen.  War 
die  Gelegenheit  günstig,  d.  h.  hielt  die  Ratte  ahnungslos  eine  Minute 
lang  still,  so  bog  die  Schlange  den  Hals  in  ein  horizontales  S  zu¬ 
sammen  und  biß  in  der  nächsten  Sekunde  mit  unglaublicher  Schnellig- 
keit  nach  ihrem  Opfer.  Dann  ein  großartiges  Herumkollern  der 
mächtigen  Räuberin  mit  der  zwischen  ihren  Ringen  eingeklemmten, 
quietschenden,  zähnefletschenden  und  beißenden  Ratte,  eine  Ruhe¬ 
pause,  während  welcher  die  Schlange  allmählich  ihre  Windungen 
lockert  —  und  dann  wird  die  Ratte,  den  Kopf  voran,  in  ziemlich 
kurzer  Zeit  verschlungen.  Ganz  ähnlich  verhält  sich  die  Berliner 
Morelia^  nur  daß  bei  den  gutmütigen  Kaninchen  und  Meerschwein¬ 
chen  die  den  mutigen  und  stets  kampfbereiten  Ratten  gegenüber 
gebotene  Vorsicht  außer  acht  gelassen  wird.  Die  Schlange  er¬ 
faßt  das  in  einem  Netz  herabgelassene  Tier  oft,  bevor  es  noch 
den  Erdboden  berührt  hat,  beim  Kopf  und  schlingt  es  nach 
erfolgter  Erdrosselung  ebenfalls  sehr  schnell  hinunter,  was  in  Anbe¬ 
tracht  des  Größenunterschiedes  zwischen  dem  Schlaugenkopf  und 
dem  ziemlich  großen  Kaninchen  eine  recht  bedeutende  Leistung  ist. 

Die  Schlange  badet  sehr  gern,  liegt  oft  halbe  Tage  lang  ruhig 
im  Wasser,  trinkt  nicht  sehr  oft,  kriecht  bei  Nacht  fleißig  herum, 
doch  nahm  mein  Exemplar  nur  bei  Tag  Nahrung  au.  Mäuse  beachtete 
sie  kaum ,  ebensowenig  irgend  welche  Reptilien  oder  Amphibien. 
Mein  Exemplar  versuchte  niemals  zu  beißen,  nahm  aber  bei  Beun¬ 
ruhigung  eine  recht  drohende  und  kampfbereite  Stellung  ein.  Ihre 
Kraft  ist  sehr  bedeutend,  von  einem  umklammerten  Gegenstand 
(Stuhl  etc.)  ist  sie  kaum  wegzubringen  und  wenn  man  sie  um  den 
Arm  windet,  so  ist  der  Druck,  den  sie  ausübt,  ein  ganz  gewaltiger, 

*)  Eines  meiner  beiden  Exemplare  nahm  niemals  Nahrung  an,  kommt 
daher  bei  der  Beschreibung  der  Fütterung  nicht  in  Betracht. 


371 


namentlich  wenn  man  sie  reizt  oder  wenn  sie  zu  fallen  fürchtet 
oder  wenn  man  sie  vom  Arm  herunter  nehmen  will.  Sie  züngelt  hei 
weitem  nicht  so  schnell,  wie  andere  Schlangen  z.  B.  wie  die  Ringel¬ 
natter,  ist,  wenn  sie  einmal  ihren  gewohnten  Ruheplatz  verlassen 
hat,  unausgesetzt  in  Bewegung  und  durchwandert  dann,  fortwährend 
mit  der  violettgrauen  Zunge  ihre  Umgebung  untersuchend,  den 
Käfig  nach  allen  Richtungen,  In  allen  ihren  Bewegungen,  in 
der  Art  und  Weise,  wie  sie  sich  auf  ihren  Kletterbaum  oder  auf 
dem  Boden  hinlagert,  zeigt  sie  sich  auf  eine  nicht  leicht  zu  defi¬ 
nierende,  aber  charakteristische  Weise  verschieden  von  den  anderen 
mir  bekannten  Schlangen.  Eine  ihrer  charakteristischen  Stellungen, 
wenn  dieser  Ausdruck  bei  einer  Schlange  erlaubt  ist,  ist  die  in 
Brehins  Tierlebeu  (1892)  Bd,  VII  p.  252)  abgebildete,  wobei  sie  die 
vordere  Körperhälfte  herabhängen  läßt  und  die  S-förmige  Krümmung 
der  Halspartie  und  der  Kopf  horizontal  bleibt,  lu  dieser  Stellung 
ist  sie  stets  angriffsbereit  und  ich  habe  diese  nur  bei  baumlebenden 
Boiden  und  Pythoniden  bemerkt.  Sehr  geschickt  weiß  sie  sich  auf 
einem  tragfähigen,  wenn  auch  dünnen  horizontalen  Ast  hinzulagern, 
ohne  ihn  anders  als  mit  der  äußersten  Schwanzspitze  zu  umwickeln  ; 
dadurch  nämlich,  daß  sie  links  und  rechts  eine  Partie  ihres  zusam- 
mengerollten  Körpers  herabhängen  läßt,  verlegt  sie  ihren  Schwer¬ 
punkt  etwas  unterhalb  des  Astes.  Dabei  ist  sie  oft  so  genau  im 
Gleichgewicht,  daß  sie  sich  kaum  rühren  kann,  ohne  daß  der  ganze 
schwere  Klumpen  ihres  Körpers  in  bedenkliches  Wackeln  gerät;  es 
dauert  aber  dann  nicht  lange  und  sie  hat  nach  einigen  Versuchen 
wieder  ihr  Gleichgewicht  hergestellt. 

Die  Rauteuschlauge  braucht  durchaus  keine  hohe  Temperatur, 
um  sich  behaglich  zu  fühlen,  und  bei  18 — 20®  C.  geht  es  ihr  noch 
recht  gut.  Sie  geht  unbedenklich  in  kaltes  Wasser  und  läßt  sich 
bei  Reinigung  und  Nachfüllung  ihres  Wasserbehälters  kaum  daraus 
vertreiben.  Große  Reinlichkeit,  genügender  Raum  sind  die  ersten 
Erfordernisse  zur  Haltung  dieser  ebenso  schönen  als  anmutigen 
Schlange.  Da  ihr  Preis  im  Vergleich  zu  dem  anderer  Riesenschlangen 
nicht  sehr  hoch  ist  und  mau  bei  Herrn  Jam  rach,  London,  180 
St.  Georges  Street  S.  W.  um  dem  Preis  von  2^/2 — 3  £  schon  ganz 
ansehnliche  Exemplare  bekommt,  so  ist  die  Anschaffung  dieser 
Schlange  auch  Privatpersonen  möglich :  Fütterung  wöchentlich  ein¬ 
mal.  —  Bezüglich  der  Färbung  möchte  ich  bemerken,  daß  sie  nicht 
blauschwarz,  sondern  eher  rein  schwarz  ist  und  daß  die  großen 
Flecken  des  Rückens  und  der  Seiten  ein  anderes  Gelb  (Blaßgelbj  be¬ 
sitzen  als  die  (hochgelben)  Punkte  auf  den  Schuppen.  — 


372 


Uromatix  acanthinuriis  fußt  nach  meinen  jetzigen  Beobachtungeu 
außer  den  XXXIIT.  No.  9  Seite  272  angeführten  Pflanzen  auch  noch 
Blätter  von  Kraut,  Kohl,  Spinat,  Sauerampfer,  Salat,  ebenso  Wein¬ 
beeren;  beim  Verzehren  der  letzteren  hebt  er  zuerst  den  Kopf  hoch 
und  zerdrückt  daun  die  Beere  zwischen  den  Kiefern,  worauf  er  den 
Saft  unter  saugender  oder  schlürfender  Bewegung  des  Unterkiefers 
in  die  Kehle  rinnen  läßt.  Äpfel  verschmäht  er,  dagegen  ist  getrock¬ 
neter  Klee  auch  jetzt  noch  seine  Lieblingsspeise.  Fast  täglich  ver¬ 
zehrt  das  Tier  ein  bis  zwei  Kohlblätter  oder  ein  entsprechendes 
Quantum  anderer  Pflanzen,  und  zwar  am  liebsten  aus  der  Hand;  ist 
überiiaupt  vollkommen  zahm,  und  erkennt  mich  ganz  zweifellos  als 
seinen  Pfleger. 

Bevor  ich  die  Leihe  dieser  Mitteilungen  abschließe,  will  ich  noch 
zwei  kurze  Bemerkungen  hier  wiedergeben.  1.  Konnte  ich  auch 
bei  dem  Mauergecko  {TaTentola  Müuritanicci)  den  von  Bedriaga *)  **) 
bei  den  Geckonen  bezweifelten  Farbenwechsel  konstatieren  ;  auch  in 
diesem  Falle  war  das  Tier  im  Finstern  hell  (hellgrau,  nahezu  weiß, 
mit  sehr  hellbraunen  Querbinden),  bei  Einwirkung  des  direkten 
lageslichtes  ziemlich  duukelgrau,  die  Querbinden  dunkelbraun  ;  die¬ 
selbe  Verdunkelung  zeigte  er  auch  in  gereiztem  Zustande.  2)  Glaube 
ich  einen  meines  Wissens  noch  nicht  beschriebenen  Fall  von  Mimicry 
bei  Schlangen  mitteilen  zu  können,  nämlich  von  Dasypeltis  scabrci^ 
der  bekannten  eierfressenden  Natter  Südafrikas  nach  VipeTü  ütropos^ 
dei  gemeinen  südafrikanischen  »Bergadder.«  Ich  habe  kürzlich  bei 
Gelegenheit  der  Durchbestimmung  der  Reptilienvorräte  des  verstor¬ 
benen  Naturalienhändlers  Erber  in  Wien  zahlreiche  Exemplare 
beider  Schlangenarten  in  guter  Erhaltung  gesehen  und  war  oft  über¬ 
rascht  von  der  auffallenden  Ähnlichkeit,  welche  sie  bei  flüchtiger 
Betrachtung  (ein  Blick  auf  die  9  ganz  normalen  Kopfschilder  von 
Dasypeltis  läßt  den  Irrtum  natürlich  nicht  auf  kommen)  miteinander 
besitzen.  Da  beide  Schlangen  iu  denselben  Gegenden  Vorkommen, 
so  ist  die  Auffassung  dieser  Ähnlichkeit  als  mimetische  wohl  o-e- 
rechtfertigt. 

*)  Bei  Ilenvidactylus  tureieus  erwähnt  Zoolog.  Garten  1891  No.  8,  Seite  229; 
Verb.  Zool.-botan.  Ges.  1891  (S.  A.  Seite  7). 

**)  Reptilien  und  Amphibien  Griechenlands.  Bull.  Soc.  Imp.  Moscou 
Bd.  XVI.  1881  No.  4. 


373 


Der  Horiiweclisel  beim  indischen  Nashorn. 

Von  Dr.  L.  Wunderlich,  Köln. 

Der  hiesige  zoologische  Garten  besitzt  seit  dem  26.  April  1872 
ein  weibliches  indisches  Nashorn,  das  mir  Gelegenheit  zu  einer 
interessanteli  Beobachtung  bot.  Als  ich  am  3.  Februar  1891  meine 
Morgenrunde  machte,  fand  ich  das  mächtige  Tier  seiner  Waffe  be¬ 
raubt.  Dieselbe  war  kurz  zuvor  infolge  eines  Stoßes  gegen  das 
Gitter  abgebrochen,  ohne  daß  eine  nennenswerte  Blutung  gefolgt 
war.  Und  auch  diese  beschränkte  sich  auf  eine  etwa  thalergroße 
central  gelegene  Wunde,  während  rings  um  dieselbe  die  Loslösung 
des  Hornes  von  der  Unterlage  sich  schon  früher  vollzogen  haben 
mußte.  Die  Wunde  selbst  erinnerte  unwillkürlich  au  die  durch  den 
Abwurf  der  Geweihe  bei  den  Hirschen  entstehende;  sie  wurde  bald 
trocken  und  überzog  sich  mit  einem  elastischen  Schorf,  der  sich 
durch  etwas  hellere  Färbung  von  der  Umgebung  abhob.  Die  Fläche 
auf  welcher  das  Horn  gesessen  hatte,  war  eiförmig,  das  spitze  Ende 
nach  den  Lippen  zu  gelegen,  nur  schwach  gewölbt.  Der  längere 
Durchmesser  betrug  18  cm,  der  kürzere  12  cm,  der  Umfang 
46,5  cm.  Das  Horn  selbst  war  leider  nicht  gänzlich  unversehrt ; 
die  Spitze  war,  wie  dies  bei  gefangenen  Tieren  wohl  stets  der  Fall 
ist,  durch  Scheuern  an  den  Wänden  und  Gittern  abgeschliffen. 
Immerhin  hatte  es  noch  die  ansehnliche  Höhe  von  23,5  cm  und 
ein  Gewicht  von  3300  g.  Die  Grundfläche  war  von  fein  netzförmiger 
Struktur  mit  einigen  größeren  Poren  in  der  Mitte.  Nach  dem  Bande 
zu  nahm  deren  Zahl  zu  und  an  dem  der  Stirn  zugewaudten  stumpfen 
Ende  stehen  etwa  60  solcher  Off’nungen,  deren  Durchmesser  bis  zu 
5  mm  beträgt,  dicht  beieinander. 

Das  Abwerfen  des  Hornes  kam  nicht  ganz  überraschend  für 
mich.  Ein  eifriger  Besucher  des  Gartens,  Herr  Generalmajor 
V.  Schmid,  und  nach  ihm  noch  andere  hatten  mir  erzählt,  daß 
dasselbe  Tier  zu  Anfang  der  80er  Jahre  schon  einmal  sein  Horn  ver¬ 
loren  hatte,  und  daß  dieses  jetzt  wieder  zu  der  Größe  herauge- 
wachsen  sei,  die  es  damals  hatte.  Da  unser'Tier  jetzt  etwa  22  Jahre 
alt  ist,  so  hat  es  etwa  im  Alter  von  11  Jahren  zum  erstenmal 
und  im  Alter  von  21  Jahren  zum  zweitenmal  das  Horn  abge¬ 
worfen,  also  in  Zwischenräumen  von  10  Jahren  und  was  das 
wichtigste  ist,  dasselbe  jedesmal  erneuert.  Es  widerspricht  das  der 
Ansicht  Blyths,  wonach  sehr  alte  Tiere  das  Horn  wohl  verlieren 
sollten,  eine  Erneuerung  aber  ausgeschlossen  wäre. 


374 


Die  Beobaclitmig  au  dem  Kölner  Nashorn  erinnerte  mich  au 
eine  gleiche,  die  ich  au  dem  männlichen  Rhinozeros  des  Berliner 
Gartens  im  Winter  1881/82  gemacht  hatte.  Auch  dieses  verlor 
eines  Tages  sein  Horn  und  mein  verehrter  Lehrer  B  o  d  i  u  us  meinte 
damals  schon,  es  sei  nicht  unwahrscheinlich,  daß  dies  eine  periodisch 
wiederkehrende  Erscheinung  sei.  Diese  Ansicht  hat  sich  bestätigt, 
denn,  wie  mir  Kollege  Heck  mitteilt,  hat  dasselbe  Tier  im 
Herbst  1891  wiederum  sein  Horn  abgeworfen.  Fast  gleichzeitig  that 
dies  auch  das  dort  befindliche  Weibchen,  das  ebenso  wie  das 
Männchen  der  Art  BUnoceros  unicornis  L.  augehört.  Ob  dasselbe 
bereits  schon  einmal  geschehen  war,  konnte  ich  nicht  feststellen,  da 
ich  Ende  1884  meine  Stellung  am  Berliner  Garten  verließ. 

Diese  vier  Beobachtungen  geben  mir  wohl  ein  Recht  zu  der 
Annahme,  daß  wie  bei  den  Hirschen  und  der  Gabelgemse  auch  bei 
dem  indischen  Nashorn  sich  ein  in  etwa  zehnjährigen  Zwischen¬ 
räumen  sich  wiederholender  Hornwechsel  vollzieht,  und  es  wäre  von 
Wichtigkeit  festzustellen,  ob  bei  den  übrigen  Arten  dieser  Familie 
ein  gleicher  Vorgang  stattfindet.  Wie  mir  von  dem  durch  seine 
Tierimporte  rühmlich  st  bekannten  Tierhändler  C.  Reige  in  Alfeld 
mitgeteilt  wird,  werden  in  Südafrika  jahraus,  jahrein  große  Mengen 
von  dem  afrikanischen  Rhinozeros  stammende  Hörner  an  die  Küste 
gebracht  und  es  sei  ausgeschlossen,  daß  dieselben  alle  von  ge¬ 
schossenen  Tieren  stammen.  Es  will  mir  scheinen,  als  ob  schon 
diese  Thatsache  für  die  Annahme  spricht,  daß  auch  die  afrikanischen 
Nashörner  die  Hörner  wechseln. 


Nachtrag  zu  meinem  Bericht  über  den  Wüsten -Waran. 

Von  Helene  Werner  in  Wien. 


Zu  meiner  Mitteilung  in  Nr.  10  S.  304  des  Jahrgangs  1892  habe 
ich  noch  folgendes  hiuzuzufngen.  Der  besprochene  Waran  hat  bis  jetzt 
im  ganzen  60  Mäuse  (davon  im  Mai  5,  Juni  8,  Juli  4,  August, 
September  und  Oktober  je  11,  November  10),  ferner  10  Eidechsen^ 
2  Ringelnattern  von  etwa  40  und  75  cm  Länge  und  eine  Blind¬ 
schleiche  (40  cm  lang)  verzehrt.  Die  kleinere  der  beiden  Ringel¬ 
nattern,  welche  ihm  durch  ihre  Umschlingungen  viel  zu  schaffen 
machte,  verschlang  er  in  zusammengeringeltera  Zustand,  wogegen  er 
die  andere  solange  gegen  die  Wand  schlug,  bis  sie  betä^’ubt  war 
und  er  sie  in  ausgestreckter  Lage  verschlucken  konnte.  Da  sie  ihm 


375 


aber  zu  laug  war,  mußte  mein  Bruder  das  letzte  Drittel  der  Schlange 
abschneideu.  Die  Schlaugeu  sowohl  als  die  Bliudschleiche  erfaßte 
er  uugefähr  iu  der  Mitte  uud  quetschte  sie  bis  zum  Kopf  allmählich 
gründlich  durch,  bis  sie  ganz  platt  wurden,  und  dann  fing  er  mit 
dem  Verschliugen  auch  bei  ihnen  am  Kopfe  au.  Die  Häutung 
dauert  nun  schon  seit  Anfang  September,  ist  aber  Jetzt  nahezu 
vollendet.  Trotz  mehr  als  siebenmonatlicher  Gefangenschaft  ist  der 
Waran  noch  sehr  unbändig  uud  wild,  und  man  kann  ihn  kaum 
ein  paar  Minuten  iu  der  Hand  halten,  ohne  tüchtig  zerkratzt  zu 
werden. 


Löweiiziiclit  im  Dubliner  zoologischen  Garten. 


Der  Garten  der  König!.  Zoologischen  Gesellschaft  von  Irland  in  Dublin 
hat  seit  Jahren  in  der  Vermehrung  seiner  Löwen  ganz  besonderes  Glück  ge¬ 
habt,  wie  nachstehende  Angaben  beweisen,  die  Herr  Dr.  W.  Ball,  Ehren¬ 
sekretär  der  Gesellschaft,  an  die  amerikanische  Zeitschrift  »Science«  ein- 
andte.  Die  Aufzucht  junger  Löwen  begann  im  Garten  der  Königl.  Zoologischen 
Gesellschaft  von  Irland  im  Jahre  1857  und  dauerte  bis  Ende  1891,  also  35  Jahre. 
Zieht  man  hiervon  die  fünf  Jahre  von  1874  bis  einschließlich  1878  ab,  während 
Avelcher  keine  zuchtfähige  Löwin  im  Garten  war,  so  beträgt  die  wirkliche 
Zuchtperiode  nur  30  Jahre,  und  in  dieser  Zeit  betrug  die  durchschnittliche 


Anzahl  der  jährlich  Geborenen  5,3. 

Eltern  der  Jungen. 

Männchen:  Anzahl  Weibchen;  Anzahl 

der  Jungen.  der  Jungen. 

I  Natalie  (1857-59; . 10 

Natal  (1857—64) .  42  |  Anonyma  (1861—64) .  20 

i  Old  Girl  (1862—73) .  55 

(  Nellie  (1869) . 3 

Sire  unknown  (1869) .  3  |  Biddy  (1871) . 4 

Old  Charley  (1866—74) ....  47  Victoria  (1879—81) . 7 

l  Zenobia  (1879—83) .  17 


Young  Charley  (1879  84).  .  .  {  Q^een  (1884— 91) .  28 

Paddy  (1883-91) .  31  {  (1884-86) . 6 

Borneo  (1890—91) .  9  Juliet  (1890—91) . _ 9 

159  159 

Geschlecht  der  Jungen. 

Männchen . 85 

Weibchen . 73 

Unbekannt  . 1 


159 


376 


Auf  100  Junge  kommen  demnach 

53,8  Männchen  und 

46,2  Weibchen 

oder  eine  Überzahl  der  erstereu  von  7,6 

auf  jedes  Hundert. 

Anzahl  der  Jungen 

in  einem  Wurf. 

Die  159  Jungen  verteilen  sich  auf  43  Würfe,  so  daß 

also  die  durch- 

schnittliche  Stärke  derselben  3,7  beträgt. 

W  ürfe 

mit  6  Jungen  zählt  man  2 

» 

»5  » 

»  »  8 

»4  » 

»  »  17 

»3  » 

»  »  9 

» 

»2  » 

»  »  5 

» 

»1  » 

»  »  2 

Die  durchschnittliche 

Stärke  des  Wurfes  beträgt  also  in 

der  Mehrzahl 

der  Fälle  vier. 

Monat  des  Wurfes. 

Januar  . 

.  6 

Juli . 

Februar  . 

.  14 

August  .... 

.  .  13 

März . 

.  3 

September  .  .  . 

•  •  27  1  _ 

April . 

.  22) 

Oktober  .  .  ,  . 

.  .  23 

Mai . 

.  18 

November  .  .  . 

.  .  13 

Juni . 

.  9 

Dezember  .  .  . 

.  .  6 

159. 

Von  den  159  Jungen  sind  also  90  in  den  beiden  Monatspaaren  April— Mai 
und  September— Oktober  geboren,  gleich  56,6o/o  der  ganzen  Anzahl,  während 
auf  die  übrigen  acht  Monate  nur  43,4°/o  entfallen. 

Verbleib  der  Jungen. 

o 


Tot  bei  oder  kurz  nach  der  Geburt . 30 

»  innerhalb  des  ersten  Jahres . 12 

Im  Garten  verblieben .  q 


Verkauft  für  etwa  M.  80,000  wurden . 109 


159 

(Nach  ^'Science«  Vol.  XX.  No.  493.  New- York  1892.) 


Korrespondenzen. 


Gibraltar,  1.  November  1892. 

Der  Schlam ratauch  e  r,  Pelochjtes  pimetatus  Daud,  in  Spanien.  Fast 
unerklärlich  ist  es  mir,  daß  weder  Dr.  Egid.  Schreiber  in  seiner  Herpeto- 
logia  europaea,  noch  irgend  ein  anderer  Autor  diesen  Froschlnrch  als  in  Süd¬ 
spanien  vorkommend  anführt,  da  er  doch  hier  überall  zu  den  gemeinsten 
Arten  zählt*).  An  Regentagen  kann  man  ihn  zu  Dutzenden  finden,  doch 
gehört  ein  sehr  geübtes  Auge  dazu,  ihn  zu  erkennen,  da  er  sich  vermöge 
seiner  unscheinbaren  Färbung,  seiner  geringen  Größe  und  der  Eigentüm- 


*)  Das  Senckenber^ische  Museum  dahier  besitzt  3  Exemplare  dieser  Art  von  Algeciras 
und  eines  von  Villa  Nova  de  Portimao  in  der  Algarve.  S.  Katalog  der  Patrachiersammluno- 
der  Senckenberg.  Naturforsch.  Gesellschaft  von  Prof.  Dr.  0.  Ilöttger.  1892.  N 


377 


lichkeit,  sich  bei  nahender  Gefahr  fest  an  den  Boden  zu  drücken,  leicht  den 
Blicken  entzieht.  — 

Er  kommt  nach  meinem  Dafürhalten  in  zwei  ständigen  Spielarten 
vor.  Die  eine,  welche  nicht  selten  über  4  cm  au  Länge  erreicht,  zeigt 
auf  hellgrauer  Grundfarbe  lichtgrüne  Flecken  und  wählt  besonders  die 
feuchten  Wiesen  und  Heideflächen  der  Flußniederungen  zu  ihrem  Aufenthalt. 
Bei  der  zweiten  Form,  welche  durch  die  viel  geringere  Größe  und  den  spitzen 
Kopf  gekennzeichnet  wird,  ist  die  Oberseite  schmutzig  braun,  und  heben  sich 
die  helleren  Zeichnungen  nur  sehr  undeutlich  ab.  Diese  Varietät  bewohnt 
die  Bestände  des  spanischen  Rohrs  und  die  Kaktusdickichte ;  geht  auch  ziemlich 
hoch  ins  Gebirge  hinauf,  wenn  man  sie  dort  auch  nur  vereinzelt  findet. 

A.  Schiöttz.  Hamburg. 

Gibraltar,  2.  November  1892. 

Die  Perleidechse,  Laeerta  ocellata  Daud.,  als  Glücksprophetin. 
In  Südspanien  benutzen  die  passionierten  Lotteriespieler  die  Perleidechse 
folgendermaßen  als  Orakel.  Die  Eidechse  wird  in  eine  größere  Kiste  gesetzt, 
die  zur  Hälfte  mit  Sand  gefüllt  ist.  Wenn  nun  das  Tier  herumzukriechen 
beginnt,  liest  der  Spieler,  welcher  schon  mit  einiger  Phantasie  begabt  sein 
muß,  aus  den  Spuren,  die  der  nachschleppende  Schwanz  des  Tieres  im  Sande 
hinterläßt,  die  Nummern  der  ihm  Glück  bringenden  Lose,  respektive  der 
Haupttreffer  heraus.  Gewinnt  das  Loos  nicht,  so  ist  die  betreffende  Eidechse 
eben  eine  »mucho  mala«  gewesen,  und  der  Spieler  macht  sich  von  neuem  auf 
die  Eidechsenjagd,  bis  seine  Bemühungen  von  Erfolg  gekrönt  werden  und 
Fortuna  ihm  ihre  Schätze  zu  teil  werden  läßt. 

A.  Schiöttz,  Hamburg. 

Stuttgart,  den  24.  November  1892. 

Mein  zoologischer  Garten  vergrößerte  sich  durch  Hinzuziehung  von  ca* 
60 Ar  um  ein  Drittel  und  mißt  jetzt  ungefähr  ISOAr.  Sie  sehen  daraus,  daß 
ich  die  Vervollständigung  des  Stuttgarter  zoologischen  Gartens  anstrebe. 

Gleichzeitig  erlaube  ich  mir.  Ihnen  mitzuteilen,  daß  sich  mein  Vater 
1.  Nill  von  der  Leitung  des  Geschäftes  zurückgezogen  und  dieselbe  nun  ganz 
in  meine  Hände  gelegt  hat. 

Als  erwähnenswert  aus  meinem  Tierbestand  füge  ich  noch  bei,  daß 
meine  beiden  Schimpansen,  männlich  und  weiblich,  ersterer  nun  4  Jahre 
und  letztere  4^2  Jahre  in  meinem  Besitze  sind  und  beide  nach  überstandener 
schwerer  Skorbuterkrankung  vortrefflich  gedeihen.  —  Auch  ist  es  mir  in  diesem 
Jahre  wieder  gelungen,  von  meinen  afrikanischen  Straußen,  Struihio  mohßdo- 
2)hanes,  1  Junges  zu  erzielen.  Dasselbe  lebte  aber  nur  8  Tage.* 

Adolf  Nill.  (seit  1883  approb.  Tierarzt.) 

Im  Anschlüsse  daran  geben  wir  nach  dem  Stuttgarter  »Neuen  Tageblatt« 
vom  3.  November  1892  folgende  Mitteilungen  über  die  Vergrößerung  und  den 
Stand  des  Gartens: 

Mit  dem  Wachstum  des  Gartens  und  mit  dem  gesteigerten  Verkehr  in 
demselben  traten  auch  bald  verschiedene  Bedürfnisse  in  den  Vordergrund,  die 
jedoch  ohne  bedeutende  finanzielle  Opfer  nicht  befriedigt  werden  konnten. 
Hierzu  gehört  in  erster  Linie  der  in  diesem  Sommer  eingeweihte  Bau  der  neuen 


378 


Restaurationshalle,  welche  an  dem  Platze  erstellt  wurde,  wo  sich  früher  zwei 
ältere  Gebäude  befanden,  die  den  Elefanten  und  andere  Tiere  beherbergten. 
Sowohl  für  diese  Tiere  wie  auch  für  größere  Wiederkäuer  und  kleinere  Raub¬ 
tiere  mußten  neue  Gebäude  errichtet  werden;  auch  erwiesen  sich  im  Laufe  der 
Zeit  die  Adlerkäfige  als  nicht  mehr  zweckentsprechend,  kurzum  überall  machten 
sich  erhöhte  Anforderungen  an  den  Besitzer  des  Gartens  geltend.  Durch  Re¬ 
gulierung  der  beiden  Zufahrtsstraßen  Herdweg  und  Seestraße,  sowie  durch  die 
Unterstützung  des  Königs  und  der  städtischen  Behörden  wurde  die  Existenz 
des  Gartens  gesichert,  und  so  konnten  die  zu  seinem  Ausbau  projektierten 
Neuanlagen  ausgeführt  werden.  Im  vergangenen  Jahre  wurde  das^Elefautenhaus, 
im  Laufe  dieses  Jahres  die  schon  erwähnte  Restaurationshalle,  das  Antilopen¬ 
haus,  die  Häuser  für  kleine  fremdländische  und  einheimische  Raubtiere,  sowie 
die  Raubvogelkäfige  erbaut.  Diese  neuen  Bauten  reihen  sich  in  würdiger 
Weise  den  schon  bestehenden  größeren  und  kleineren  Tierbehausungen  an. 
Fassen  wir  die  Neuanlagen  näher  ins  Auge,  so  bietet  sich,  wenn  wir  uns  vom 
Eingang  links  wenden,  gleich  dadurch  ein  überraschender  Anblick,  daß  durch 
den  Abbruch  der  alten  Adlerkäfige  eine  freie  Übersicht  über  einen  großen 
Teil  des  Gartens  ermöglicht  wird.  Ferner  ist  Raum  geschaffen  für  ein  großes 
im  nächsten  Jahre  einzurichtendes  Seehundbassin.  Die  neuerstellte  Raub- 
vogelgallerie  ist  40  m  lang  und  enthält  Behausungen  für  folgende  drei  Haupt¬ 
abteilungen:  1)  für  Eulenarten  (noch  nicht  ganz  vollendet),  2)  für  Adler  und 
Geier,  3)  für  mittelgroße  Raubvögel.  Die  Abteilungen  sind  aus  Eisen  und 
Drahtgeflecht  konstruiert,  hell  und  sehr  durchsichtig,  sowie  mit  alten  dürren 
Bäumen  als  Sitzstangen  und  Tufitsteinen  zweckentsprechend  ausgerüstet.  Die 
Rückwand  in  Form  einer  Nischenanlage  ist  zum  Schutz  gegen  Unwetter  be¬ 
deckt.  Weiter  ist  durch  Niederlegung  des  früheren  Rollschuhbahngebäudes  ein 
großer  freier  Raum  (Ausstellungsplatz  der  Schuli-Truppe)  entstanden,  welcher 
vorerst  zur  Eisbahn,  später  aber  als  Platz  für  ein  Schlangen-  und  Vogelhaus 
sowie  ein  Aquarium  benutzt  werden  soll.  Im  Hintergrund  dieses  Platzes  be¬ 
findet  sich  das  massive  Elefantenhaus  in  maurischem  Stil,  in  welchem  außer 
Freund  Peter  noch  Zebu  und  Kamel  logieren.  In  unmittelbarer  Nähe  des 
Elefantenhauses  steht  das  aus  Holz  konstruierte  neue  Antilopenhaus  mit  großen 
Ausläufen  ins  Freie,  die  durch  Stangen  und  Drahtgitter  abgeschlossen  sind.  Im 
Innern  des  Hauses  ist  in  der  Mitte  ein  großer  Raum  für  das  Publikum  offen 
gelassen;  die  Tierbehälter  ziehen  sich  in  sieben  Abteilungen  auf  etwas  erhöhtem 
Boden  an  den  Wänden  entlang.  Es  befinden  sich  in  dem  Hause  Zebra,  Säbel- 
und  Hirschziegenantilopen,  Lama,  Riesenkänguruh,  Fettschwanzschafe  und  Heide¬ 
schafe.  Etwas  entfernt  von  dem  Antilopenhaus  wird  die  Aufmerksamkeit  des 
Besuchers  auf  ein  längliches  Gebäude  gelenkt,  welches  die  kleinen  fremdländischen 
Säugetiere  beherbergt.  An  der  Außenseite  dieses  Gebäudes  sind  acht  Sommerkäfige 
mit  zwei  Eckpavillons  angebaut.  Das  Innere  des  Gebäudes  zeigt  auf  der  einen 
Längsseite  eine  Galerie  Käfige  auf  erhöhtem  Bretterboden,  die  nach  Belieben 
abgeteilt  werden  können.  An  der  Rückwand  sind  im  Winter  kleine  Käfige 
aiifgestellt,  die  im  Sommer  ins  Freie  gebracht  werden  und  die  kleinen  Säuger 
wie  Mangusten,  Opossum,  Wiesel,  Hamster  etc.  beherbergen.  In  der  vorderen 
Reihe  befinden  sich  Leopard,  Serval,  Zibetkatzen,  afrikanische  Schakale  und 
Marderhunde.  Das  ganze  Haus  macht  mit  seiner  guten  Beleuchtung  einen 
ebenso  freundlichen  Eindruck  wie  das  Antilopenhaus.  Den  Beschluß  der  Neu- 


879 


bauten  bildet  ein  Ökonomiegebäucle  mit  grofaem  Ilofraum,  das  zur  Aufbewaliruug 
der  i uttervorräte  dient  und  Werkstatt,  Stallungen,  sowie  Lagerräume  enthält. 
Angebaut  sind  au  der  einen  Seite  dieses  Gebäudes  6  Käfige  für  Füchse,  Dächse, 
Uüsselbären,  Waschbären  etc.,  mit  Bäumen  und  TutFsteinen  dekoriert.  Auf  der 
anderen  Seite  des  Baues  sind  dann  noch  8  weitere  Abteilungen  für  Pelztiere, 
wie  Marder,  Iltis,  Frettchen  etc.  angebracht. 


Kleinere  Mitteilungen. 


A u s f i s c h u n g  des  Woogs  bei  Darmstadt.  Im  Frühjahr  1 890  wurden 
in  den  9,5  h  Wasserfläche  umfassenden  Woog  eingesetzt:  500  Stück  2-  und 
3jährige  Karpfen,  1000  einjährige  Karpfen,  500  Genfer  Seeforellen,  500  schot¬ 
tische  Forellen.  Auch  befinden  sich  in  demselben  Barsche,  Aale,  Weißfische, 
Hechte. 

Das  Ergebnis  eines  Fischzuges  bei  völlig  abgelassenem  Wasser  am  3.  ISTov. 
1892  betrug:  14  Ctr.  8  Pfd.  Karpfen  (396  Stück)  6  Ctr.  86  Pfd.  Hechte 
241  Stück)  6  Ctr.  16  Pfd.  Weißfische,  20  Pfd.  Barsche  11  Pfd.,  Schleien  — 
im  Gesamtwerte  von  M.  10 — 1200. 

Eigentümlich  ist  es,  daß  die  Kar  au  sch  e_,  die  sich  bei  dem  Fischzuge 
vor  3  Jahren  in  großer  Menge  vorfand,  nur  ganz  spärlich  vertreten  war.  Die 
vor  2  Jahren  eingesetzte  Forellenbrut  ist  anscheinend  ganz  eingegangen, 
jedenfalls  wegen  der  reichlich  vertretenen  Hechte,  von  denen  Riesen  bis  10  Pfd. 
eingefangen  wurden.  Auch  Karpfen  von  5 — 7  Pfd.  waren  keine  Seltenheit.  — 

Eduard  Rüdiger. 

Der  kleine  Taucher  (Podiceps  minor)  ist  auf  den  Gewässern  des 
Großherzogtums  Luxemburg  überall  zu  Hause  und  wird  besonders  häufig  auf 
den  Weihern  der  Rümelinger  Hochöfen  getroffen.  Er  kümmert  sich  wenig  um 
das  geräuschvolle  Leben,  das  Tag  und  Nacht  hier  herrscht.  Auf  jedem 
der  beiden  Weiher  mögen  alljährlich  etwa  zehn  Pärchen  brüten.  Während 
der  kalten  Jahreszeit  gefrieren  diese  Weiher  niemals  und  die  Zahl  der  ge¬ 
flügelten  Besucher  steigert  sich  alsdann  auf  50,  ja  oft  auf  100  Stück.  Es  ist 
ein  eigenartiger  Anblick,  diese  unübertroffenen  Kunstschwimmer  ihre  Parforce- 
stückchen  in  allernächster  Nähe  ausführeu  zu  sehen.  Die  Rümelinger  Jagd¬ 
beflissenen  lassen  diese  geflügelten  Gäste  unbehelligt,  da  das  Fleisch  dieser 
Vögel  ungenießbar  ist. 

Dieser,  den  Mitteilungen  des  Luxemburger  Vereins  der  Naturfreunde 
vFauna«  entnommenen  Nachricht  können  wir  beifügen,  daß  der  kleine  Taucher 
sich  schon  mehrere  Winter  hindurch  auch  auf  dem  Maine  aufliält  und  zwar 
innerhalb  der  Stadt  Frankfurt.  In  kleinen  Gesellschaften  von  2 — 4  Stück  treibt 
ersieh  nahe  den-Brücken  ohne  alle  Scheu  umher  und  erregt  durch  sein  munteres 
Wesen  und  seine  auffallende  Form  die  Neugier  aller  Beobachtenden.  N. 


380 


Dresdeuer  Zoologischer  Garten.  Die  im  Jahre  1891/92  im  Garten 
geborenen  Tiere. 

April  1891,  1  Haideschnucke,  Ovis  brachycevos  ericetorum,  1  weißer  pomm. 
Spitzhund,  Ganis  dom.  var.,  1  Mähnenschafbock,  Ovis  irogelajjhus,  3  Puma, 
l'elis  concolor,  1  wildes  Lama,  Äuchenia  Guanaco.  — 

Mai,  1  Schweinshirsch,  Cervus  porcinus,  2  Edelhirsche,  Cervus  elaphus, 
1  Hirsehziegenantilope,  Ant.  cervicapra.  — 

Juni,  1  Nilgauantilope,  Ant.  picta,  4  Bastardpinscher,  Canis  dom.  var., 

1  Löwe,  Felis  leo,  2  Silbermöwen,  Lanis  argeniatus,  66  weiße  Mäuse,  Mus  dom. 
var.  alb..,  4  Kaninchen,  Lepus  eiiniculus,  3  Meerschweinchen,  Cavia  cohaya.  — 

Juli,  4  Jagdhunde,  Ganis  dom.  var.,  6  Meerschweinchen,  Gavia  cohaya, 

2  Virginerhirsche,  Cervus  virginianus,  148  div.  Hühner,  Gallus  dom.  var., 
2  Pfauen,  Pavo  crxstatus,  30  div.  Tauben,  Golumba  dom.  var.,  8  div.  Enten, 
Anas  dom.  var.  — 

August,  1  afrikanisches  Schaf,  Ovis  aries  africana. 

September,  1  Zebra,  Eguus  Aebra,  1  Schweiiishirsch,  Cervus  porcinus, 
1  schwarzes  Zweigzebu,  Bos  indicus  var.  pyg.,  21  weiße  Ratten,  Mus  decumanus 
var.  alb.  — - 

November,  2  afrikanische  Schafe,  Ovis  aries  africana.  — 

Januar  1892,  2  braune  Bären,  Ursus  arctos,  5  Jagdhunde,  Canis  dom.  var.  — 

Februar,  1  Sattelziege,  Bircus  dom.  var.,  3  Puma,  Felis  coneolor,  3  Seiden¬ 
pinscher,  Canis  dom.  var.  — 

März,  2  Sattelziegen,  Strcws  dom.  var.,  1  Schweinshirsch,  CervMS  porcmits, 
4  schwarze  Spitze,  Canis  dom  var.  — 

Acipenser.  In  Pierers  Lexikon  7.  Auflage  steht  zu  lesen,  Acipenser 
sei  soviel  als  Stör.  Diese  Identifizierung  ist  aber  nicht  minder  zurückzuweisen, 
als  schon  die  Alten  die  Gleichsetzung  mit  dem  rhodischen  yaVeoq  oder  mit 
dem  elloxl/  verworfen  haben.  Vielmehr  müssen  wir  zugeben,  daß  wir  nicht 
wissen,  was  es  für  ein  Fisch  gewesen  ist.  Jedenfalls  war  es  ein  seltener  See¬ 
fisch,  der  bis  auf  Cicero  von  den  Römern  zu  den  größten  Leckerbissen  gerech¬ 
net  wurde,  und  wenn  derselbe  dann  auch  zu  Horaz’  und  Plinius’  Zeit  in  der 
Wertschätzung  gesunken  war,  so  kam  er  doch  bald  wieder  zu  Ansehen,  so  daß 
er  zu  Zeiten  des  Septimius  Severus  an  der  kaiserlichen  Tafel  unter  Flötenschall 
von  bekränzten  Sklaven  serviert  wurde.  Ein  kleines  Exemplar  kostete  nicht 
weniger  als  1000  Drachmen.  Hochstetter. 


Eingegangene  Beiträge. 

L.  B.  in  R.  Ihre  Fortsetzung?  werden  wir  nächstens  bringen.  —  E  F  in  B  Ihr  Manu 
Skript  dankend  erhalten.  -  Dr.  B.  L.  in  H.  Besten  Dank  für  gesandte  Miscellen  —  Ed  R 
in  D.  Wir  besitzen  noch  Manuskripte  von  Ihnen  und  werden  solche  nach  und  nach  hrin<^en’ 
-  St.  V.  W.-G.  in  S.  Die  Korrekturen  haben  sich  gefunden,  auch  liegen  noch  mehrere  Mami- 
skripte  von  Ihnen  vor  -  D.  F.  W  in  Wien.  Die  Verhaltungsmassregeln  hetr.  Zeichnungen 
I.  d.  Zool.  Garten  linden  Sie  lin  XXV.  Jahrg.,  S.  :}69  und  XXVI.  Jahrg.,  S.  128.  — 


Nachdruck  verboten. 


Druck  vou  Malilau  &  Waldschmidt.  Frankfurt  a.  M. 


Register 


Aal  187,  Laichzeit  61. 

Aale  auf  der  Wanderschaft  20. 

Abbildungen,  Durchlüftungs¬ 
apparat  231,  Kariöse  Kno¬ 
chen  303,  Kiwi  195. 

Abramis  brama  186. 

Acanihodactylus  bosJiümus  270, 
pardalis  270. 

Acipenser  380. 

Acrocephalus  strepenis  119. 

Aeyolius  scandiacus  81. 

Aepyornis  maxima  220. 

Agania  stelho  247. 

Ayeluins  mvaeiis  182. 

Anrotis  spina  313. 

Alaska,  Remitier  222. 

Albinismus  chilenischer  Vögel 
181 ,  chilenischer  Pllanzen  184, 
Weiterverbreitung  356. 

Albino,  Vögel-  27,  Fuchs- 112, 
Rabe  112. 

Alburnns  lucidus  185. 

Alcelaplius  Biinteri  94,  tora  94. 

Algerien,  Tierleben  264. 

Alligator  mississipiensis  317. 

Alosa  vulgaris  187. 

Alpucerthia  vulgaris  181. 

Ammer,  Schnee-  147. 

Amphibien  Westfalens  25.ö. 

Amsel  147,  Schwarz-  94,  hell¬ 
gefärbt  366. 

Anus  boschas  149. 

Angö  210. 

Anguilla  S.  Aal. 

Anstalt,  biologische,  Helgo¬ 
land  223. 

Antilope,  Swayns-  94. 

Apparat,  Durchlüftungs-  229. 

Apterijx  australis  195,  ßulleri 
193,  Haasti  196,  Mantelli  195, 
Oiveni  194. 

Aquarium  Frankfurt  a.  M.  152, 
Katechismus  v.  Geyer  224, 
Zimmer-  289. 

Aqttila  c/irijsaetos  146,  orientalis 
146. 

Ararauna,  Fortpflanzung  257. 

Ardea  alba  148,  cinerea  148, 
garzetta  148. 

Ardea  candidissima  155,  Coroi  155. 

Arv  cola  amphibius  316,  ratticeps 
316. 

Aspius  rapax  186. 

Assel,  Meeres-  318. 

Auerhahn  281. 

Ausfischung  des  Woogs  bei 
Darmstadt  379. 

Australien,  Fuchsplage  220, 
Heuschreckenplage  157,  Ka¬ 
ninchenplage  220. 

Bär,  Höhlen-  301. 

Baklan  149. 

Baldamus,Leben  derKuckucke 
96. 

Bambusratte  155. 

Burba  fluviatilis  186. 

Barbe  186. 

Barsch,  Fluß-  186. 


Bastarde,  Fasanen-  27,  218, 
350,  Finken-  27,  218,  Fuchs 
u.  Hund-  95,  Haselhuhn-  139, 
Hunde-  27,  219,  Möwen-  218. 

ßechholds  Handlexikon  192. 

Beiträge,  eingegangene  32, 96, 
160,  224,  288,  320,  352. 

Beobachtungsstationen,  orni- 
tholog.  in  Sachsen  320. 

Bergen,  Biologische  Station 

314. 

Berliner  Garten  als  Vevpfle- 
gungsstation  253. 

Bienenfresser  147, 

Bienenzucht  319. 

Bilder  aus  d.  Naturleben  v. 
Reichenau  223. 

Biologische  Station  in  Bergen 
314. 

Birkhuhn  282. 

Bitterling  6,  Legeröhre  129. 

Blaauw,  F.  E.  Die  Aufzucht 
des  mantschurischen  Kra¬ 
nichs  225. 

Blaufarbiger  Frosch  1. 

Blaurake  147. 

Blumeneintragen  des  Stars  95. 

Böttger,0.  Der  Rohrsänger 
d.  Frankfurter  Promenaden 
u.  Wallgärten  li9. 

Bol  au,  H.  Grönlandsfalke 
auf  offenem  Ocean  93. 

Bosniens  Raubtiere  311. 

Bou-Rioun  265. 

Brehms  Tierleben  32,  128,  288, 
Volksausgabe  351. 

Bresem  186. 

Brunnen,  Tierleben  in  97. 

Bubulis  Swaijnii  94. 

Bubo  bubo  146. 

Buck,E.  Schnakenzucht  zum 
Zwecke  d.  Fischfütterung  48. 

Buck,E.  Das  Gebläse  meines 
Durchlüftungsapparates  92, 
E.  Weiteres  über  meinen 
Durchlüftungsapparat  229. 

Bücher  und  Zeitschriften  32, 
96,  128,  160,  224,  288,  320,  352, 

B'ifo  mauritanicus  266,  variabilis 
i50,  vulgaris  219. 

Buteo  ferox  145. 

Buxbaum,  L.  Ein  Zug  Aale 
auf  der  Wanderschaft  im 
Main  20,  -  L.  Der  Wander¬ 
zug  der  Maiiifische  im  Früh¬ 
ling  1892  184. 


Canis  lagojms  79,  111,  Afaori  37, 
matris  optimae  34,  sallipes  34. 
Carpodacus  enucleutor  158. 
Ceratodus  forsteri  221. 
Charadrkts  pluvialis  149. 
Chlorospiza  erythrorrhjjnrha  183. 
Chondrostoma  nasns  186. 
Chri/somitris  campestris  183. 
Churrete  181. 

Chimpanse  27. 

Chincol  182. 


Chirihue  183. 

Chiromys  mudagasca  ricnsis  24 

C'iconin  alba  148. 

Cinclus  aquaticus  12,  147. 

Circus  aeruyinosus  146. 

Coluber  flavescens  250. 

Columba  livia  iw  T\m\^  97,  ocnas 
147. 

Conurus  cyanolyseos  182,  ery- 
throfrons  182. 

Coracias  garrula  147. 

Corvus  leucophaeus  112,  corax  112, 
146,  corntx  146. 

Co  ustol- Breul,  E.  Be¬ 
nehmen  einer  Spechtmeise 
28. 

Crithagra  brevirostris  183. 

Cuca  155. 

Cuervo  183. 

Cypselus  232,  apus  212,  melba  202. 

Dachs  44,  77. 

Bactylomys  amhlyonyx  155. 

Dal-Ripa  279. 

Dasyurus  ursinus  34. 

Belphiniis  tursio  30. 

Dingo  33. 

Bipus  alactaga  98. 

Biscoglnssus  pictus  268. 

Diuca  182. 

Dohle,  Alpen-  146. 

Drossel,  Falkland-  181. 

Durchlüftungsapparat  92,  229. 

Eckstein,  Pflanzengallen  und 
Gallensteine  160. 

Ei,  Riesen-  220. 

Eidechse,  Kiel- 265,  Namenl72. 

Eidechsen  Algeriens  264. 

Eiffe,  0.  Edm.  Der  Baum¬ 
falk  158,  —  Fütterungsweise 
einer  Hündin  63,  -  Fuchs¬ 
bastard  95,  —  Größe  der 
Wanderratte  95,  —  Vor¬ 
kommen  der  Hausratte  60. 

Elefantenkrankheit  309. 

Elefant,  Münzen  fressend  286. 

Ellritze.Leuchtflecken  1,4,  321. 

Elster  146. 

Emu,  Fortpflanzung  350. 

Kn  cognathus  Icptorrhynchus  182. 

Ente,  Stock-  149. 

JFalco  candicans  93,  ccnchris  145, 
sparvcrius  181,  subbuUo  145, 
tinnunculus  lib, vespert inus)  45. 

FalcmeUus  Ouarauna  183. 

Falk,  Baum-  158. 

Falke,  Baum-  115,  Edel-  93, 
Rötel-  115,  Rotfuß-  145, 
Turm-  145. 

Fasan,  Bastard- 350,  Jagd-  148. 

Felis  runrolor  94. 

Fclsentaube  97. 

Fink,  Buch-,  Benehmen  29,  — 
Nestbau  276. 

Fisch,  Schleierschwanz-  289, 
336,  Teleskop-  289,  336. 


382 


Fische,  Main-,  Wanderzug  184, 
Westfalens  255,  des  Woogs 
379. 

Fischereiverein,  rheinischer 
314. 

Fischotter  41,  Ahrichtung  161. 
Fliegen  auf  See  92. 
Fortpflanzung  in  zoologischen 
Gärten  28. 

Frankolin,  Halsband-  148. 
Fregüus  craciilus  146,  pyrrhocorax 

146. 

Friderich,  Die  deutschen  Vö¬ 
gel  31. 

Fringilla  diuca  182,  matutina  182. 
Frosch,  Laub-  150,  See-  268, 
Spring-  321,  Wasser-  1,  150. 
Fuchs  77,  Polar-  79,  lll,  - 
Mäuse  fangend  26. 
Fuchsplage  in  Australien  220. 
Fütterung,  Fisch-  48. 
Fütterungsweise  einer  Hündin 
63. 

FuUcu  chilensis  184. 

Gulerita  cristuta  362. 

Gallarete  183. 

Clullivago  Farugttai/a  184. 
Garrnlus  ylandarius  146. 
Gebläse  des  Durchlüftungs¬ 
apparates  92. 

Geburten  in  zoolog.  Gärten 
28,  29,  63,  219,  225,  257,  350, 
351,  380. 

Gecko,  Mauer-  265. 

Geier,  Aas-  145,  Gänse-  145, 
Lämmer-  145. 

Geographische  Verbreitung 
der  Tiere  von  Trouessart  287. 
Geyer,  Katechismus  für  Aqua¬ 
rienliebhaber  224. 

G/iezs  177. 

Giftschlangen,  Untersuchung 
220. 

Gimpel,  Haken-  158. 

Giraffe  220,  —  im  Londoner 
Garten  159,  —  im  Süden  des 
Sambesi  51. 

Girtanner,  A.  Die  griech. 
Landschildkröte  im  Garten 
349. 

Gobio  fluviatiis  185. 

Graciilus  Carlo  149. 

G  r  e  V  6,  C.,Fuch8  und  Dachs  77, 
Zoologische  Beobachtung 
während  einer  Kaukasus¬ 
reise  145. 

Groneu,  Die  Kaubtiere  in 
Bosnien  311,  —  Tierwande- 
riingen  312,— DerRheinische 
Fischerei-Ver.  314,  —  Haus¬ 
schlangen  in  Brasilien  315, 
—  Das  Kamel  in  der  süd¬ 
russischen  Landwirtschaft 
316,  —  Der  Kaiman  317,  — 
Eine  schädl. Meeresassel  318, 
—  Bienenzucht  am  Viktoria- 
Nyansa  319. 

Gründling  185. 

Gnis  cinerea  148,  virgo  148. 

Grus  viridirostris  225. 

Gryllus  domesticiis  150. 

Gypaetos  harhafns  145. 
Gypogeranwi  .serpentarius  .307. 
Oyps  fiilrus  145. 

G yroductylus  elegans  347. 

Hahn  listiger  318. 

Hamster  26,  —  Menge  312. 
Ilandle-xikon  Bechholds  192. 


Har  rach,  Über  den  Garten¬ 
schläfer  59. 

Harten,  E.  Insekten  auf 
See  92. 

Haselhuhn  in  Livland  65,  102 
133. 

Haubenlerche  Albino  362. 
llausschatz  des  Wissens  352. 
Heck,  Schäff  u.  A.  Das  Tier¬ 
reich  352. 

Heher,  Eichel-  146. 

Heimchen  150. 

Helgoland,  biologische  An¬ 
stalt  223. 

Henne,  Verdauimgskraft  95. 
Hennicke,  Dr,Über  kariöse 
Erscheinungen  an  Knochen 
freilebender  Tiere  300. 
Hering  312. 

Heuschrecke, Wander-  150,269. 
Heuschrecken  Algeriens  265,— 
Plage  157. 

Bierofulco  candicans  93. 

Hirundo  urbicu  27. 

Hochstetter,  Acipenser  380. 
Hornwechsel  beim  Nashorn 
373. 

Huhn,  Hasel-  in  Livland  65, 
102,  133. 

Hund,  Bronze-  34,  Dingo  33, 
neuseeländischer  33,  Pariah- 
33,  Fütterungs weise  I50. 
Hyla  arborea  150. 

Iltis,  Gefangenleben  191. 

Ibis  falcinellus  183. 

Insekten  auf  See  92. 

Jäckel,  A.  J.,  Die  Vögel 
Bayerns  64. 

Jagd,  Walfisch-  des  Kaisers 
250, W olfs-  in  Frankreich 287. 
Jans  0  n,L.J.,  Eine  Elefanten¬ 
krankheit  im  zoologischen 
Garten  zu  Tokio  309. 
Jilguero  183. 

Jourdan,  Sinne  der  niederen 
Tiere  192. 

Jung,  Koch  u.  Queutell,  Wand¬ 
tafeln  für  den  naturgesch. 
Unterricht  159. 

Kaiman  317. 

Kamel  in  der  Landwirt¬ 
schaft  316. 

Kamelreitercorps  62. 
Kanincheuplage  in  Austra¬ 
lien  220. 

Katechismus  für  Aquarien¬ 
liebhaber  224. 

Katzenzucht  30. 
Keller-Zschokke,  J.  Vor¬ 
kommen  der  Hausratte  60. 
Kibitz  149. 

Kiwi  193. 

Klapper.schlange ,  Rasseln 
der  156. 

V.  K  1  e  i  n  ,  A.  Kopenhagener 
Garten  27,  218,  311. 
Fasanenbastarde  350. 

K  n  a  u  t  h  e  ,  K,  Häufigkeit 
der  Kreuzotter  im  Riesen¬ 
gebirg  63.  —  Nestbau  der 
Feldmaus  26. 

Knochen,  kariöse  300. 
Kobalt,  W.  Wanderung  der 
Kraniche  mit  kleinen  Vö¬ 
geln  58. 

Kongress,  Wissenschaft!.  94. 
Kormoran  149. 


Krabbe,  Süßwasser-  268. 

Krähe,  Nebel-  146.  Alpen- 
146. 

Kranich,  grauer  148.  —  Jung¬ 
fern-  148.  —  Mantschurei- 
225.  -  -Zug  58,  286. 

Krankheiten  der  Tiere  220, 
300,  309,  316,  337. 

Kreuzotter  63.  —  -Biß  287 
—  ohne  Zickzackbinde  250. 

Kröte ,  grüne  150.  Panther- 
266.  —  durch  Fliegenmaden 
getötet  219. 

Krontaube,  Schmarotzer  der 
316. 

V.  K  r  ü  d  e  n  e  r ,  A.  Aphoris¬ 
men  über  Tetraonen  279. 

Kuckuck  96. 


Ltacerta 

ocellüta  265,  377. 
pater  265. 

Ableitung  172. 

Lagopus  albus  279- 

Landois,  Westfalens  Tier¬ 
leben  255. 

Landschildkröte,  griechische 
260,  349,  maurische  269. 

Langkavel,B.  Der  Polar¬ 
fuchs,  Canis  lagopus  79,  111.  — 
Uber  Dingo,  Pariah-  und 
neuseeländische  Hunde  33 

Lanius  minor  147. 

Larus  argentatus  149. 

Leben  der  Kuckucke  von 
Baldamus  96. 

Legeröhre  d.  Bitterlings  129. 

Leistes  nniericanus  182. 

Lemming  85. 

Leuciscus  rutilus  185. 

Leuchtfiecken  der  Ellritze  1. 
4,  325. 

Lexikon,  Hand-,  Bechholds 
192. 

L  e  y  d  i  g ,  F.  Wasserfrosch, 
blauer ,  Leuchtflecken  der 
Ellritze  1.  —  Springfrosch; 
Ellritze  321,  —  Zur  Kenntnis 
der  Legeröhre  des  Bitter¬ 
lings  129. 

Limnoria  terebrans  318. 

Litteratur  31,  64,  96,  128,  159, 
192,  223,  255,  287,  319,  351. 

Loens,  H.  Vögel  und  Bin¬ 
nenmollusken  49. 

Löwenzucht  im  Dubliner  zool. 
Garten  375. 

V.  L  ö  w  i  s ,  O.  Das  Haselhuhn 
in  Livland  65,  102,  133.'  — 
Die  Schwarzamsel  im  mitt¬ 
leren  Livland  94.  —  Der 
Hakengimpel  158. 

Lutra  vulgaris  41. 


Magenkiesel  des  Auerhahns 
281. 

Maifisch  187. 

Mainfische  Wanderzug  1S4. 

M  aj  0  r,  Forsyth.  Italienische 
und  neugriechische  Namen 
der  Eidechse  u.  verwandter 
Reptilien  172,  209,  212. 

Älaulwurf,  neuer  30,  Albino  356. 

Maus,  Feld-,  Nestbau  26. 

Meise,  Speclit-,  28.  —  Tannen- 
27. 

Meies  taxus  44. 

Merops  opiasler  147,  persica  147. 


383 


Meyer  u.  H  e  1  m  ,  Jahres- 
berictit  der  ornithol.  lieob- 
achtungsstationen  in  Sach¬ 
sen  32C. 

Miinns  Tlietira  181. 

Mißbildung,  Reh-  313. 

M  0  e  w  e  s  ,  F.  Die  Verbrei¬ 
tung  der  Giraffe  im  Süden 
des  Sambesi  51. 

Mogera  robusta  30. 

Moyiüfrmgilla  niiicola  147. 

u^forelia  argus  265. 

Moskau,  Kongreß  in  04. 

Müller,  F.  Die  Bambus¬ 
ratte  155. 

Münzen,  von  Elefanten  ver¬ 
schluckt  286. 

Mulbe  186. 

Mus  rattiis  60,  250,  317. 

Mustvla  vulgaris  326. 

Mguxus  glis  29;  qucrrinns  59. 

tarnen  der  Eidechse  u.  a.  Rep¬ 
tilien  172,  209,  242. 

Nashorn, 'Hornwechsel  373. 

Natter,  Hufeisen-  40,  266,  306, 
Treppen-  38,  40,  Viper-  267, 
Würfel-  307. 

N  ehring.A. Zwei  javanische 
Wildschweine  des  Berliner 
zoologischen  Gartens  7.  — 
l'linige  neue  Notizen  über 
die  Langrüsselschweine  im 
Berliner  zoolog.  Garten  240. 
— KranichzuginMisdroy286. 

Nehrling,  H,  Nordamerik. 
Vogelwelt  319. 

Xfophron  peronoptcrns  145. 

Nestbau  der  Feldmaus  26,  — 
gefangener  Vögel  273. 

Niedere  Tiere,  Sinne  192. 

Nill’s  Tiergarten  377. 

Nitsche,  P.  Die  Zucht  des 
Schleierschwanzes  und  des 
Teleskoptisches  im  Zimmer 
und  Garten  289,  336. 

Noll,  F.  C.  die  Rassel  der 
Klapperschlange  156.  —  Die 
Giraffen  imLondonerzoolog. 
Garten  159.  —  Nahrung  einer 
Äskula.pschlange  250.  —  Bio¬ 
logische  Meeresstation  in 
Bergen  314.  —j  Der  kleine 
Taucher  379.  » 

Noll,  F.  C.,  Nekrolog  3.53. 

Oiseaux  hybrides  von  Suchetet  61. 

Ophisaurtis  aptts  38. 

(h  iolus  galbula  147. 

Ohs  Macgueeni  311,  tarda  149, 
teirax  62. 

Otter,  Fisch-  41,  161,  Kreuz-, 
63,  250,  287. 

Packytibes  migratorius  150. 

Papageienkünig  182. 

l’arus  ater  27. 

Pelikan,  grauerl49,  weißer  149. 

Pelotyfes  punctatus  376. 

Perm  ßüviotilis  186. 

Perdix  caspica  148,  mucasica  148. 

Perleidcchse  265,  377. 

P  e  r  z  i  n  a ,  E.  Der  Wasserstar 
in  Gefangenschaft  12.  — 

Alpen-  und  Mauersegler  in 
ihremGefangenleben202,232. 
— Ein  gefangenesWiesel  326. 

Pffanzengallen  u.  Gallentiere 
V.  Eckstein  160. 

Phalange  150. 


Phasianus  colrhicus  148. 

P  hiliirpi,  R.  A.  Bemerkungen 
über  chilenische  Reiher  155. 
—  Albinismus  unter  den 
Vögeln  Ghiles  181. 

Phoxinus  laevis  4,  321. 

Pica  caudata  146. 

Pichler,  A.  Die  Ahrichtung 
meines  Fischotters  161. 

Pirol  147. 

Plage,  Heuschrecken-  157. 

Platulea  leacurhodia  149. 

Podiceps  minor  379. 

Polarfuchs  79. 

Porphyrio  veteruin  148. 

Fort  Erin,  biolog.  Station  158. 

Psammodromus  algirus  265. 

Pseudopus  Pallasii  38. 

Pteriiistes  vulgaris  148. 

Puma  94. 

Putorius  vulgaris  326. 

Rabe,  Kolk-  146. 

Racano  209,  Racono  209,  Ra¬ 
gano  209. 

Rackeihahn  283. 

Ramarro  210. 

Pana  ugilis  321,  arvalis  2,  esculenla 
1,  150,  rulibunda  268. 

Ratte,  Bambus-  155,  Haus-  60, 
250,  317,  Wander-,  große  95, 
Wühl-,  nordische  3i6. 

Raubtiere  Bosniens  311. 

Rebhuhn,  Kaukasus-  148. 

Bei  de  rhoroics  182. 

V.  Reichenau,  Bilder  aus  dem 
Naturleben  223. 

Reiher,  grauer  l»8,  Löffel- 148, 
Silber-  148,  wedser  155. 

Reinoiner,J.  Über  das  Ge¬ 
fangenleben  des  Iltis  i9i. 

Reitercorps,  Kamel-  62. 

Renntier,  Einführung  2z2. 

Reptilien  Westfalens  255.  — 
Biologische  Notizen  367. 

Reuvens,  C.  L.  Aus  dem 
Rotterdamer  zoologischen 
Garten  284. 

Rhein,  Salmfang  223. 

Bhincchis  scularis  40. 

Bhodeus  amariis  6,  129. 

Roa  196,  Roaroa  196 

Rohrsänger  in  Frankfurt  119. 

Rotauge  185. 

Ruck,  Vogel-  220. 

Rüdiger,  Ed.  Zum  Kapitel 
Hausratte  250.  —  Nestbau 
gefangener  Vögel  273.  — Ein 
listiger  Haushahn  318.  — 
Fische  des  Woogs  379. 

Ruß,  Vogelzuchtbuch  351. 

Sänger,  Rohr- 119,  Teich-  121. 

Salamander,  grüner  1.9. 

Salmläng  im  Rhein  223. 

Saprolegiiia  ferux  187. 

Sarinenula  177. 

S  c  h  a  c  h  t ,  H.  Die  Raubsäuge¬ 
tiere  des  Teutoburger  Wal¬ 
des  41. 

Schäff,  E.  Ülier  einige  sel¬ 
tene  Tiere  des  Berliner 
zoologischen  Gartens  193. 

Scheltopusik  38. 

Schiemenz,  P.  Benehmen 
eines  Finken  29. 

Schildkröte,  griechische  Land- 
260,  349. 

Schimpanse  302. 


Schiöttz,  A.  Vorkommen 
der  Hausratte  60,  —  Der 
Schlammtaucher  in  Spanien 
376.  —  Die  Perleidechse  als 
Glücksprophetin  377. 

Schistorerea  pereyrina 

Schläfer, Sieben-  29,Garten-  .59. 

Schlammtaucher  376. 

Schlange,  Aeskulap-  25o. 

Schlangen  Algeriens  264, 
Haus-  in  Brasilien  315,  -Gift 
220. 

Schmätzer,  AVasser-  12. 

Schneehuhn,  Moor-  279. 

Schneider  185. 

Schwalbe,  Haus-  27. 

Schwarzstärling,  großer  182. 

Schwein,  javanisches  7,  Lang¬ 
rüssel-  7,  240. 

Schw.^ine,Wild-,  in  Preußen  31. 

Scefrofrio  175. 

Seeschwalbe, Fluß-  149,Zwerg- 
149. 

Segler,  Alpen-  202, 232,  Mauer- 
202,  -Gefangenleben  202. 

Seitz,  A.  Trinkwasserverbot 
für  Tiere  während  der  Reise 
88. 

Sekretär  307. 

Sharland,  H.  H.  Fortpflan¬ 
zung  des  Ararauna  257. 

Siebenschläfer  in  Gefangen¬ 
schaft  29. 

Silguero  183. 

Sinne  der  niederen  Tiere  v. 
Jourdan  192. 

Sitta  europaea  28. 

Sittace  coerulea,  Fortpflanzung 

257,  chloroptera  257,  militaris 

258. 

Soldatenstärling  182. 

Spatz,  P.  Mitteilung  über 
die  Felsentaube  97. 

Spechtmeise,  Benehmen  28. 

Stärling,  Schwarz-  182,  Sol¬ 
daten-  182. 

Star  147,  Blumeneintragen  95, 
Wasser-,  in  Gefangenschaft 
12. 

Station,  biologische,  zu  Port 
Erin  158. 

Sterna  hirundo  149,  minuta  149. 

Störtäng  222. 

Storch,  weißer  148. 

Stubenvögel  von  Ruß  351. 

Starnus  >nilitaris\S2,  vulgaris  147. 

Suchetet,  Lcs  oiseaux  hybrides 
64. 

Sultanshuhn,  blaues  148. 

Sumpfschnepfo, Paraguay-  l,s4. 

Sus  ba>  batus  9,  celebc.nsis  9, 
longirostris  7,  240,  mystacens 
10,  verrucosus  9,  vittaius  8. 

Tagua  184. 

Talpa  30,  356. 

Tarentola  mauritanica  265. 

T.aube ,  Felsen-  97,  Haus-, 
Sclinecken  fressend  50, 
Hehl- 147,  Krön- 316,  Tur- 
tel-  147,  Turtel-,  chilenische 
183. 

Taucher,  kleiner  379. 

Tenca  l8l. 

Testudo  graeca  260,  ibera  269. 

Titrao  bonasia  140. 

Tetraonen  279. 

Teutoburger  Wald,  Raub¬ 
tiere  41. 

Thclpteusa  fluviatilis  268. 


384 


Tli/jlarinus  Harrisii  34. 
l'ierbestand  d.  Kopenhagener 
Gartens  222. 

Tiere,  Wanderungen  der  312, 
seltene  —  des  Berliner  Gar¬ 
tens  193. 

Tierleben  Westfalens  von 
Landois  255,  -Ost-Algeriens 
2(54,  Breliins-  32,  12»,  288. 
Tierreich ,  das  von  Heck, 
Schäff  u.  a.  352. 

Tokuka  196. 

Tordo  182. 

Trappe,  Grofa-  149,  Kragen- 
311,  Zwerg-  62. 

Trichodma  pediculus  348. 

Trile  181. 

l'rinkwasserverbot  f.  Tiere88. 
Tropidonohis  t'saellatus  307. 
Trouessart,  Geograph.  Ver¬ 
breitung  der  Tiere  287. 
Tümmler  30. 

Tttrdus 

f(dkland<cus  181. 
fusco-ater  181. 
merula  27,  94,  147. 

Turmfalke,amerikanischerl81. 
Turaiops  tur.sio  30. 

Turteltaube,  chilenische  183. 
Turtur  auritua  147. 

rhu  146. 

Upupa  epops  147. 
l’romnstix  acantliimirus  271. 
l'rsus  spelneus  300. 

Vanellus  criatatus  149. 

Vannuszu  177. 

Varanus  griseus  271,  272,  304. 
Verbot,  Trinkwasser-  »8. 
Verbrauch,  Lebensmittel-  im 
Berliner  Garten  253. 
Verdauungskraft  einer  Henne 
95. 


Verein,  Fischerei-,  rheini¬ 
scher  314. 

Verpflegungsstation  der  Ber¬ 
liner  zoolog.  Garten  als  253. 

Vivarium  in  Wien  22. 

Vögel  Bayerns  v.  Jäckel  64, 
Chiles,  Albino  181,  —  die 
deutschen,  von  C.  G.  Fri- 
derich  3i,  —  und  Binnen- 
molusken  49,  —  Zug-,  kleine 
und  Kraniche  58. 

Vogel  Ruck  220, - Welt  von 

Ruh  351,  —  -Welt ,  nord- 
amerikanische,  von  Nehr¬ 
ung  319. 

Volksausgabe  von  Brehms 
Tierleben  351. 

v.  Wacquant-G eozelles. 
St.  Der  Sekretär  des  zoolog. 
Gartens  zu  Köln  307.  —  Aus 
dem  Tierleben  der  Heimat. 
III.  Weiterverbreitung  von 
Albinismus  356. 

Walfischjagd  des  Kaisers  250. 

Wanderung  des  Aals  20,  — 
der  Mainfische  184. 

Wanderungen,  Insekten-  92, 
eines  Falken  93,  Tier-  312. 

Wandtafeln  für  d.  naturge¬ 
schichtlichen  Unterricht  von 
Koch,  Jung  u.  Quenteil  159. 

Waran,  Wüsten-  304,  374. 

Wasserfrosch,  blauer  i. 

Wasserstar  147,-  in  Gefangen¬ 
schaft  12. 

Weihe,  Rohr-  146. 

Weißfisch  186. 

Werner,  Hel.  Bemerkungen 
über  d.  Scheltopusik  und  d, 
Treppennatter  38.  —  Die 
Lebensweise  des  Wüsten- 
Warans  und  der  Hufeisen¬ 
natter  304.  —  Nachtrag  dazu 
374. 


Werner,  F.  Das  Vivarium  in 
Wien  22.  —  Tierleben  in  Ost- 
Algerien  264.  —  Biologische 
Notizen  aus  der  Reptilien¬ 
welt  367. 

Westermann,  G.  Geburts¬ 
liste  des  Leipziger  zoolog. 
Gartens  63. 

W  estfalens  Tierleben  vonLan- 
dois  255. 

Wiedehopf  147. 

Wiener  Vivarium  22. 

Wiesel,  kleines,  in  Gefangen¬ 
schaft  326. 

Wolf  in  Frankreich  287. 

Wunderlich,  L.  Die  Fort¬ 
pflanzung  des  Ararauna  257. 
—  Der  Horn  Wechsel  beim 
indischen  Nashorn  373. 


Xanihornns  cagennensis  181. 


Zamenia  hippocrepis  40,  266,  306, 
gemoneusis  306. 

Zenaida  aurita  183. 

Zenk,  F.  Über  die  Laichzeit 
des  Aals  61. 

Zoologische  Gärten,  Basel  188, 
Berlin  7, 193, 240, 253,  Breslau 
214,  Cincinnati  220,  Dresden 
29,  54,  380  ,  Dublin  375, 
Frankfurt  a.  M,  151,  Ham¬ 
burg  93,  124,  Hannover 

90,  248,  Köln  307,  Kopen¬ 
hagen  27,  218,  222,  350,  351, 
Leipzig  63,  London  159,  286, 
Rotterdam  284,  Tokio  309, 
Wien  22. 

Zucht,  Bienen- 3 19,  Fisch- 289, 
336,  Katzen-,  30,  Schnaken- 
48. 


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Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Oärten  Dentschlands. 


Herausgegeben  , 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigiert 


von 


Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  1. 


Frankfurt  a.  M. 


Verlag  von  M  a  h  1  a  n  k  W  a  1  d  s  c  h  in  i  d 


1892. 


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Franco  gej.  Einsdg.  d.  Betrg.  in  deut  Not. 
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völlig  neubearbeitete,  stark  vermehrte  Auflage  ausgegeben  werden,  welche  an  Schönheit 
der  Stiche  und  Reichhaltigkeit  des  Inhalts  die  früheren  Auflagen  bei  weitem  übertreffen  wird. 

Der  Umfang  wird  140  bedruckte  Kartenseiten  (gegen  96  Seiten  der  ersten  und 
120  Seiten  der  zweiten  Auflage)  betragen  und  zwar  sollen  die  Karten  nur  noch  auf  einer 
Seite  des  Papiers  gedruckt  werden,  die  Rückseiten  also  frei  bleiben.  Dadurch  wird  die 
Herstellung  großer  schöner  Doppelblätter  ermöglicht,  die  zunächst  der  Karte  von  Deutsch¬ 
land  zu  gute  kommen  sollen,  welche  in  einer  Reihe  von  Spezialblättern  und  in  Ma߬ 
stäben  dargestellt  sein  wird,  wie  sie  sich  in  keinem  andern  Handatlas  bis  jetzt  finden. 
Diese  Blätter  sollen  eine  Hauptzierde  der  neuen  Auflage  bilden  und  allen  Ansprüchen 
für  den  praktischen  Gebrauch  genügen.  Ferner  haben,  wie  aus  der  Ankündigung  der 
Verlagshandlung  zu  ersehen  ist,  die  wichtigsten  europäischen  und  außereuropäischen  Länder, 
vorzüglich  Österreich-Ungarn,  Frankreich,  England,  Italien  und  die  deutschen  Kolonien 
in  umfassender  Weise  Berücksichtigung  gefunden.  Trotz  dieser  Erweiterung  und  Ver¬ 
vollkommnung  ist  der  Preis  der  neuen  Auflage  seitens  der  Verlagshandlung  nicht  erhöht 
worden,  so  daß  man  dem  Andreeschen  Handatlas  neben  seinen  übrigen  Vorzügen  auch 
den  Charakter  unerreichter  Wohlfeilheit  wird  zuerkennen  müssen. 

Um  die  Anschaffung  allen  Kreisen  des  Publikums  zu  ermöglichen,  soll  die  neue 
Auflage  in  billigen  Wochenlieferungen  zu  50  Pf.  ausgegeben  werden,  eine  Erscheinungs¬ 
form,  die  diesem  berühmten  Unternehmen  eine  große  Volkstümlichkeit  und  Verbreitung 
in  den  weitesten  Schichten  des  Publikums  sichert. 

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Der 


Zoologische  Garten. 


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Zeitschrift 

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Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


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Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigiert 


von 


Prof.  Dr.  F.  C.  N  O  1  1 , 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  2. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1892. 


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»Das  hier  vorliegende  Werk  ist  eine/bedeutende  Leistung,  das  Ergebnis  wahren 
Bienenfleißes.  Es  giebt  über  Bau,  Leben  etc.  zahlloser  Tiere  kurzen,  aber  verläßlichen 
Aufschluß.  Schwerlich  wird  jemand,  der  über  das  eine  oder  andre  Tier  eine  Auskunft 
sucht  von  dem  Buch  im  Stich  gelassen  werden.  In  einer  Einleitung  findet  sich  übei*- 
dies  eine  Übersicht  der  zoologischen  Litteratur,  womit  denjenigen,  die  in  einer  be¬ 
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XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  B.  -;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jtilirgänge  I— XX  und  Sach¬ 
register  znsaniiiieii  für  nur  M.  55.  —  Bei  Ahn.ahme  der  Jahrgänge  I— XXV  und  Sach¬ 
register  für  I— XX  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


jUL  11  1892 

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Der 


Zoologische  Garten. 


Zeitsctirift 

für 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands.  S  t 


Herausgegeben  - 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

Redigiert 

von 

Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtisihen  GyiiMiasium. 


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XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  3. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Wald  Schmidt. 

1892. 


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WicMis:  für  Museen  nni  Privatsamlniiien! 

Eine  hübsche,  frisch  von  Madagascar 
iinportirte  Kollektion  Halbaffen,  kleinerer 
Raubtier-,  sowie  Vogelbälge  ist  zu  ver¬ 
kanten  bei  ^  Steffens,  Hamburg, 

Dovenfleet  44. 


Verlag  von  Malilau  &  Waldsehmidt 
in  Frankfu  rt  a.  M. 

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Womit  jeder  sofort  und  ohne  Vorkenntnisse  einfach  und  leicht  photo¬ 
graphieren  kann. 

Tausende  vollkommene  Photographien  lassen  sich  von  einer  einzigen 
Aufnahme  hersteilen.  (Retouche  nicht  nötig.) 

Praclitvolles,  elegantes  Möbelstück. 

HoelmVelitig  für  Gewerbetreibende,  Kaufleute,  Touristen,  Künstler, 
Private  etc.  etc.  zum  Beruf  und  zum  Vergnügen  zur  Aufnahme  von  Personen, 
Gruppen,  Tieren,  Landschaften,  Objekten  etc.  etc.  im  Zimmer  und  im  Freien. 

Aus  allen  Weltgegeiideii  werden  Aufträge  effektuiert,  da  Spesen 
sehr  gering.  Eine  Karte  genügt  zur  Bestellung.  Versand  gegen  Nachnahme  durch 
Ia.  Müller,  Wien,  Döbling,  Pantzergasse  14. 


Wie  bekannt,  wird  demnächst  nach  jahrelangen  Vorbereitungen  von  dem  berühmten 
Andree’sclien  Handatlas,  der  bereits  in  nahezu  250  000  Exemplaren  verbreitet  ist,  eine 
völlig  neubearbeitete,  stark  vermehrte  Auflage  ausgegehen  werden,  welche  an  Schönheit 
der  Stiche  und  Reichhaltigkeit  des  Inhalts  die  früheren  Auflagen  bei  weitem  übertreffen  wird. 

Der  Umfang  wird  140  bedruckte  Kartenseiten  (gegen  96  Seiten  der  ersten  und 
120  Seiten  der  zweiten  Auflage)  betragen  und  zwar  sollen  die  Karten  nur  noch  auf  einer 
Seite  des  Papiers  gedruckt  werden,  die  Rückseiten  also  frei  bleiben.  Dadurch  wird  die 
Herstellung  großer  schöner  Doppelblätter  ermöglicht,  die  zunächst  der  Karte  von  Deutsch¬ 
land  zu  gute  kommen  sollen,  welche  in  einer  Reihe  von  Specialhlättern  und  in  Ma߬ 
stäben  dargestellt  sein  wird,  wie  sie  sich  in  keinem  andern  Handatlas  bis  jetzt  finden. 
Diese  Blätter  sollen  eine  Hauptzierde  der  neuen  Auflage  bilden  und  allen  Ansprüchen 
für  den  praktischen  Gebrauch  genügen.  Ferner  haben,  wie  aus  der  Ankündigung  der 
Verlagshandlung  zu  ersehen  ist,  die  wichtigsten  europäischen  und  außereuropäischen  Länder, 
vorzüglich  Österreich-Ungarn,  Frankreich,  England,  Italien  und  die  deutschen  Kolonien 
in  umfassender  Weise  Berücksichtigung  gefunden.  Trotz  dieser  Erweiterung  und  Ver¬ 
vollkommnung  ist  der  Preis  der  neuen  Auflage  seitens  der  Verlagshandlnng  nicht  erhöht 
worden,  so  daß  mau  dem  Andreeschen  Handatlas  neben  seinen  übrigen  Vorzügen  auch 
den  Charakter  unerreichter  Wohlfeilheit  wird  zuerkennen  müssen. 

Um  die  Anschaffung  allen  Kreisen  des  Publikums  zu  ermöglichen,  soll  die  neuel 
Auflage  in  billigen  Wochenlieferungen  zu  50  Pf.  ausgegehen  werden,  eine  Erscheinungs-i 
form,  die  diesem  berühmten  Unternehmen  eine  große  Volkstümlichkeit  und  Verbreitung; 
in  den  weitesten  Schichten  des  Publikums  sichert.  j, 

Bestellungen  werden  schon  jetzt  von  der  Buchhandlung  MAHL  AU  &  WALDSCHMIDT, 
in  Frankfurt  a.  M.  entgegengenommen ! 


JUL  11  1892 


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Z(iologische  Garten. 


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Zeitsclirift 


für 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


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Orsran  der  Zoolosisclieii  Gärten  Deutschlands. 


Herausgegeben 


von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigiert 


von 


Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  I. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1892. 


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Wichtig  für  Musecii  nni  PriTatsamilniieii ! 


Eine  hübsche,  frisch  von  Madagascar 


importii’te  Kollektion  Halbaffen-,  kleinerer 


Raubtier- , 

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sowie  Vogelbälge  ist  zu  ver- 


A.  Steffens,  Hamburg, 

Dovenfleet  44. 


Verlag  von  Mahiau  &  Waldschmidt 
in  Frankfurt  a.  M.: 

Das  Terrarium, 

seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung. 
Von  Job.  V.  Fischer. 

Mit  40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8®. 
Broschiert  in  Umschlag  M.  10.— 
Elegant  gebunden  M.  12. — 


Gesucht  für  das  Albany-Museiim  in  Grahamstown,  Südafrika  eiu  tüchtiger  Präpa¬ 
rator,  der  besonders  im  Ausstopfen  von  Vögeln  und  Säugetieren  geübt  ist.  Gehalt  150  ' 
Pfund  Sterling  (etwa  3100  Mark).  Reise  frei.  Arbeitszeit  von  9—1  und  2—5  mit -Aus-  ^ 
nähme  von  Mittwoch  und  Sonnabend  Nachmittag,  an  denen  nicht  gearbeitet  wird, 
Privatarbeiten  ^  außerhalb  der  Museumsstunden  gestattet.  Bewerber  wollen  ihre  Zeugnisse  ] 
an  Dr.  S.  SCHONLAND,  Curator  of  the  Albany-Museum,  Grahamstown  senden,  von”  dem  i 
Näheres  zu  erfahren  ist.  i 


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Aufnahme  hersteilen.  (Retouche  nicht  nötig.) 

r*raclitvoIles,  elegantes  Möbelstück. 

lloeliwiolitig  für  Gewerbetreibende,  Kaufleute,  Touristen,  Künstler, 
Private  etc.  etc.  zum  Beruf  und  zum  Vergnügen  zur  Aufnahme  von  Personen, 
Gruppen,  Tiereu,  Landschaften,  Objekten  etc.  etc.  im  Zimmer  und  im  Freien 

Aus  allen  Weitgehenden  werden  Aufträge  effektuiert,  da  Spesen 
sehr  genug.  Eine  Karte  genügt  zur  Bestellung.  Versand  gegen  Nachnahme  durch 
Li.  Müller,  Wien,  Döhliug,  Pantzergasse  14. 


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Bedeutende  Preisermässigung! 


Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens, 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt:  "  : 

Jahrgang  I  (1860)  (IVendruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  a  M.  2.  —  J 
XI-XX  (1870-1879)  a  M.  3.  -;  XXI-XXV  (1880-1884)  a  M.  5.  -  Sachregister  ' 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  nnd  Sach¬ 
register  zusammen  für  mir  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XXY  nnd  Sach¬ 
register  für  I  — XX  znsammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  M. 


JUL  29  1892 


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Zoologische  Garten 


Zeitschrift 


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Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigiert 


VOE 


Prof.  D)-.  F.  C.  N  O  1  i\ 

Oberlohrer  am  StäcUisclien  Gyinnii.siuni. 


XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  5. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  M  a  h  1  a  u  &  W  a  1  d  s  c  h  m  i  d  t. 

1802. 


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Organ  der  Zoologischen  Ctärten  Deutschlands. 


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N]lie  Praxis  der 

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Ein  vollständiges  Lehrbuch  über  das  Sammeln  | 
lebender  und  toter  Naturkörper;  deren  Be-, 
Obachtung,  Erhaltung  und  Pflege  im  freien! 
und  gefangenen  Zustand;  Konservation,  Präpa-, 
ration  und  Aufstellung  in  Sammlungen  etc.  j 
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In  drei  Teilen.  ! 


Erster  Teil:  j 

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oder  die  Lehre  vom  Beobachten,  Konservieren,* 
Präparieren  etc.  j 

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Mit  Atlas  von  lO  Tafeln  gr.  8.  Geh.  (i  M.  | 

Z  vv  e  i  t  e  r  T  e  i  1 : 

Dermoplastiku.  Museologie 

oder  das  Modellieren  der  Tiere  und  das  Auf¬ 
stellen  u.  Erhalten  von  Naturaliensammlungen. 
Zweite  venu,  und  verb.  Auflage. 

Nebst  einem  Atlas  von  10  Tafeln, 
gr.  8.  Geh.  7  Mark  50  Pfge. 

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Dritter  Teil: 


Naturstudien. 


Junger  Mann,  praktischer  Tierpfleger 
sowol  europäischer  wie  exotischer  Säuger 
und  Vögel,  besonders  bewandert  in  der  Hal¬ 
tung  der  heikeh.tea  Vogel  arten,  Eace-  und 
Ziergeflügelzucht,  einigen  Kenntnissen  iu 
der  Behandlung  von  See-  und  Süfswasser- 
Aquarien,  Terrarien,  auch  kaufmännisch 
gebildet,  guter  Korrespondent,  .sucht  unter 
bescheidenen  Ansprüchen  in  einem  zoo¬ 
logischen  Garten  Stellung  zu  finden. 

Über  seine  angeregten  Kenntnisse  sind 
erste  Fachautoritäten  bereit  Auskunft  zu 
geben. 

Gell.  Zuschriften  unter  »E.  P.  W  .«  an 
die  Red.  d.  Bl.  erbeten. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt 

in  Frankfurt  a.  M.: 

Das  Terrarium, 

seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung. 
Von  Joh.  V.  Fischer. 

Mit  40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8°. 
Broschiert  in  Umschlag  M.  10. — 
Elegant  gebunden  M.  12. — 

Verlag  von  Mahlau  &,  Waldschmult  in 
Frankfurt  a.  M. 

Die 

Behanäliii  to  Wildes  ii.  derFiscle, 

von  ihrem  Tode  bis  zur  Verwendung  in  der  Küche, 

mit  einem  Aufsätze  über  den  Krebs 

und  «leutllclier  Abbildung  eines  Krebs  -  Männcliens 
und  Weibchens. 

Eatgeber  für  Jäger,  Jagdliebhaber,  Köche  und 
Hausfrauen. 

Von  August  Pfaff. 

Preis  M.  1.  — 


Die  botanischen,  zoologischen  und  Akklima¬ 
tisationsgärten,  Menagerien,  Aquarien  und  Ter¬ 
rarien  in  ihrer  gegenwärtigen  Entwickelung.  — 
Allgemeiner  Naturschutz;  Einbürgerung  frem¬ 
der  Tiere  und  Gesundheitspflege  gefangener 
Säugetiere  und  Vögel. 

2  Bände,  mit  Atlas  von  12  Tafeln, 
gr.  8  Geh.  12  Mark  50  Pfge. 

Preis  des  kompletten  Werkes  26  Mrk. 

Söonntlfl  in  allen  ÜBudi^aiiiiluuöcu. 


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Womit  jeder  sofort  und  ohne  Vorkenntnisse  einfach  und  leicht  photo- 
graphiei’en  kann. 

Tausende  vollkommene  Photographien  lassen  sich  von  einer  einzigen 
Aufnahme  hersteilen.  (Retouche  nicht  nötig.) 

l*raclil  volles,  elegantes  Möbelstück. 

lloeliu’ielitig  für  Gewerbetreibende,  Kaufleute,  Touristen,  Künstler 
Private  etc.  etc.  zum  Beruf  und  zum  Vergnügen  zur  Aufnahme  von  Personen 
Gruppen,  Tieren,  Landschaften,  Objekten  etc.  etc.  im  Zimmer  und  im  Freien. 

Alis  allen  WeltgCgeiideii  werden  Aufträge  eftektuiert,  da  Spesen 
sehr  gering.  Eine  Karte  genügt  zur  Bestellung.  Versand  gegen  Nachnahme  durch 
I..  Müller,  Wien,  Döbling,  Pantzergasse  14. 


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Der 


Zoologische  Garten. 


Zeitsclirilt 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

Redigiert 


von 


Prof.  Dr.  P.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  6. 


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Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1892. 


Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmlflt  in  Frankfurt  a.  M.: 

Die  Behandlung  des  Wildes  und  der  Fische, 

von  ihrem  Tode  bis  zur  Verwendung  in  der  Küche 

mit  einem  Aufsatz  über  den  Krebs 

und  deutlicher  Abbildung  eines  Krebs-Männchens  und  Weibchens. 

Ein  Eatgeber  für  Jäger,  Jagdliebhaber,  Köche  und  Hausfrauen. 

Von  August  P  f  a  f  f. 

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Das  Terrarium, 

seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung. 

Ein  Handbuch  für  Terrarienbesitzer  und  Tierhändler,  eine  umfassende  Anleitung  zur 
Herstellung,  Einrichtung,  Bepflanzung  und  Bevölkerung  der  Terrarien  enthaltend, 
nebst  einer  scharfen  Diagnose  sämtlicher  in  denselben  zu  haltenden ,  bisher  im  Hände 

angetroftenen  Reptilien-  und  Amphibienarten 

von  Joliaiiii  von  Fischer. 

Mit  40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8°. 

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graphieren  kann.  ...  .  ,  •  •  • _ 

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Aufnahme  hersteilen.  (Retouche  nicht  nötig.) 

Praclitvolles,  elegantes  Möbelstück.  .  v- 

Hocliwiclitig  für  Gewerbetreibende,  Kautleute,  Touristen,  Künstler 
Private  etc.  etc.  zum  Beruf  und  zum  Vergnügen  zur  Aufnahme  von  Personen 
Gruppen,  Tieren,  Landschaften,  Objekten  etc.  etc.  im  Zimmer  und  im  Freien. 

^  ^  Aus  allen  Weltgegeiideii  werden  Aufträge  effektuiert,  da  Spesen 
sehr  crering.  Eine  Karte  genügt. zur  Bestellung.  Versand  gegen  Nachnahme  durch 
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Bedeutende  Preisermässigungl 


Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens.  ^ 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt:^ 

Jahrgang  I  (1860)  (IVeudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ,  XXI-XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  -  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  1-XX  nnd  Sach- 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  -  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I-XXV  nnd  Sach- 
register  für  I— XX  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


Zoologische 


Zeitschrilt 

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Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

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Organ  der  Zoologischen  Grärten  Deutschlands. 


Herausgegeben 


von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigiert 


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Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


^  XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  7. 


■  Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1892. 


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Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M.: 

Die  Behandlung  des  Wildes  und  der  Fische, 

von  ihrem  Tode  bis  zur  Verwendung  in  der  Küche 

mit  einem  Aufsatz  über  den  Krebs 

und  deutlicher  Abbildung  eines  Krebs-Männchens  und  Weibchens. 

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Preis  M.  1.  — 


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seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung. 

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Herstellung,  Einrichtung,  Bepflanzung  und  Bevölkerung  der  Terrarien  enthaltend, 
hebst  einer  scharfen  Diagnose  sämtlicher  in  denselben  zu  haltenden,  bisher  im  Handel 

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Mit  40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8®. 

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Aufnahme  hersteilen.  (Retoiiche  nicht  nötig.) 
l*raclit volles,  elegantes  Möbelstück. 

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sehr  gering.  Eine  Karte  genügt  zur  Bestellung.  Yersand  gegen  Nachnahme  durch 
I..  Müller,  Wien,  Döbling,  Pantzergasse  14. 


Bedeutende  Preisermässigung! 


Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neiulruek)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI-XXV  (1880-1884)  a  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I-XX  und  Sach¬ 
register  znsannneii  lür  nur  M.  55.  -  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XXY  und  Sach- 
register  für  1-XX  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


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Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


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Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M.' 


Redigiert 


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Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gynuiasium. 


XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  8. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  .M  ah  lau  <fe  Waldschmidt. 

1892. 


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Das  Terrarium, 

seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung. 

Ein  Handbuch  für  Tex’rarienbesitzer  und  Tierhändler,  eine  umfassende  Anleitung  zur 
Herstellung,  Einrichtung,  Bepflanzung  und  Bevölkerung  der  Terrarien  enthaltend, 
nebst  einer  scharfen  Diagnose  sämtlicher  in  denselben  zu  haltenden,  bisher  im  Handel 

angetroftenen  Reptilien-  und  Amphibienarten 

von  Johann  von  Fischer. 

Mit  40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8°. 

Broschiert  in  Umschlag  M.  10.  —  Elegant  gebunden  M.  12.  — 


Bedeutende  Preisermässigung! 


Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  voidiandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neuclnifk)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  a  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  mir  M.  65.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XXV  und  Sach¬ 
register  für  I-;XX  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


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Der 


2jeitöchrit't 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Orsaii  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 


Heraasgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M, 


Redigiert 

von 


Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtiseben  Gymnasium. 


XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  9. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  Ä  Waldschmidt. 

1892. 


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Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M,: 

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Das  Frettchen. 

Eine  Anleitung  zu  dessen  Zucllt,  Pflege  und  Abriclltuilg’  nebst 
einer  historischen  und  kritisch-zoologischen  Betrachtung  über  dessen 
specifische  Verschiedenheit  vom  Iltis,  auf  Kreuzungsresultaten  basiert. 

Von  Johann  von  Fischer. 

6*/2  Bogen  in  Umschlag  mit  einer  Tafel  und  Abbildungen.  M.  4.  — 


Wichtig  für  die  Berufswahl,  sowie  für  Stellensuchende. 

Fast  alle  Berufszweige  leiden  an  üeberfüllung,  infolgedessen  das  Angebot  von  Ar¬ 
beitskräften  die  Nachfrage  bedeutend  übersteigt.  Unter  die  wenigen  Stellungen,  wo 
gerade  das  Umgekehrte  der  Fall  ist  und  seit  längerer  Zeit  ein  erheblicher  Mangel  an 
geeignetem  Personal  vorhanden  ist,  dürfte  die  des  landwschfl.  Rechnungsführers  und  Amts- 
Secretairs  zu  zählen  sein.  Derartige  Personen  sind  stets  gesucht  und  finden  schnell 
Placement,  da  der  Oekonom  nur  ungern  sich  mit  ßureau-Arbeiten  befaßt,  infolge  des 
neuen  Einkommensteuergesetzes  jedoch  verpflichtet  ist,  genau  Buch  zu  führen.  Wir 
können  deshalb  jungen  Leuten  mit  guter  Schulbildung  und  Handschrift,  die  wenig  ver¬ 
mögend  sind  nur  raten,  diese  Carriere  einzuschlagen. 

Nach  einer  Vorbereitung  von  ca.  lö  Wochen,  ist  ein  einigermaßen  befähigter  junger 
Mann  imstande,  sofort  eine  Anstellung  zu  erhalten,  die  ihn  in  die  Lage  setzt,  bei  be¬ 
scheidenen  Ansprüchen  nicht  den  geringsten  Zuschuss  mehr  zu  bedürfen.  Vorkenntnisse 
sind  durchaus  nicht  erforderlich.  Der  Vorstand  des  landw.  Beamten-Vereins  Stettin, 
Bugenhagenstr.  1411-  ist  gern  geneigt,  dem  sich  hierfür  interessierenden  Teile  des  Pub¬ 
likums  jede  gewünschte  Auskunft  zu  geben. 


Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
'Härtens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — 
XI— XX  (1870—1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI — XXV  (1880—1884)  ä  M.  5.  —  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  und  Sach¬ 
register  ziisainnien  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XXV  und  Sach-  • 
register  für  I  — XX  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


Liste  über,  aiithropol.  Obj.,  Thiere,  Vogeleier,  mikroscop.  Präpa¬ 
rate;  leb.  Reptil.  —  Liste  üb.  Coleoptera;  Mimicry-Fälle:  Bio¬ 
logien  V.  Terrait.  etc.  —  Prospectus  üb.  d.  Zucht  exot.  Käfer.  —  Liste  üb. 
Lepidoptera  u.  alle  and.  lusect.-Ord.:  Biolog.  d.  madag.  Seidenschmetterl.  — 
Liste  üb.  Pflanzen,  Samen,  Knollen,  Biol.  d.  Raffiapalme;  frische  Orchideen.  — 
Liste  üb.  anthrop.,  ethnoL,  ethnogr.,  zoolog.  phytolog.  u.  geognost.  Photographien; 
Formate  bis  24X30  ctm.  Stereoscop-Bild  für  Laien:  Madag.  u.  s.  Völker.  Vieles 
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Jede  L.  franco  geg.  10  Pf.  in  Biiefmark.  w.  b.  Bestellg.  einrechne.  Aufträge  f. 
Obj.  w.  nicht  im.  gewöhnl.  N.-Handel  vorkom.,  gerne  angenom.  Bitte  auf  Doppelkarte. 
Zoolog.  Aufnahmen  (wilde  Thiere  in  Freiheit  u.  Hausthiere)  besonders  empfohlen ! 
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Bedeutende  Preisermässigung 


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I  Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


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Orffaii  der  Zoolosrisclieii  Gärten  Dmitschlands.  P 


Herausgegeben 


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von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«- in  P'rankfurt  a.  M. 


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Redigiert 


von 


Prof.  Dr.  .  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  StäiUis'hen  Gymnasium. 


XXXIII.  Jjxlirgang.  —  No.  10. 


''  Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  M  a  li  l  a  u  W  a  1  d  s  c  h  ni  i  cl  t. 

1892. 


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Verlag  des  Bibliograph.  Instituts  in  Leipzig  u.  AVien. 


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Der 


Zoologische  Garten. 


Zeitsclirift 

für 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Oärten  Dentschlands. 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigiert 


von 


Prof.  Dr.  P.  C.  Noll, 

Oberlolirer  am  .Städtischen  Gymnasium. 


XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  11. 


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Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1892. 


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Frankfurt  a.  M. 

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von  ihrem  Tode  bis  zur  Verwendung  in  der  Küche, 

mit  einem  Aufsätze  über  den  Krebs 

und  deutlicher  Ahhildung  eines  Krebs  -  Männcliens 
und  Weibchens. 

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Hausfrauen. 

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Von  Joh.  V.  Fischer. 

Mit  40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8^ 
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Lepidoptera  u.  alle  and.  Insect.-Ord.:  Biolog.  d.  madag.  Seidenschnietterl.  _ 

Liste  üb.  Pflanzen,  Samen,  Knollen,  Biol.  d.  Raffiapalme;  frische  Orchideen.  _ 

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Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

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Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigiert 


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Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtisehen  Gymnasium. 


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XXXIII.  Jahrgang.  —  No.  12. 


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Paul  Parey  Berlin  betr.  „Deutschlands  nützliche  und 


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