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Full text of "Zoologische Garten; Zeitschrift für die gesamte Tiergärtnerei"

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HARVARD  UNIVERSITY 


LIBRARY 

OF  THE 


Museum  of  Comparative  Zoölogy 


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Der 

Zoologische  Garten. 

(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


- 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 
unter  Mitwirkung  von  Fach  genossen. 


XXXIY.  Jahrgang. 

Mit  32  Abbildungen. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

°w1893. 


Inhalt  des  yiemnddreissigsten  Jahrganges. 


I.  Aufsätze. 

Seite 

Das  Alpenmurmeltier.  Von  Dr.  B.  Langkavel,  Hamburg .  1 

Wolf  und  Wolfsjagd  in  Deutsch-Lothringen.  Von  Ernst  Friedei,  Berlin  5 

Der  Wanderzug  der  Mainfische  im  Sommer  1892.  Von  L.  Bux  bauin, 

Raunheim  am  Main .  11 

Mein  Rosakakadu.  Von  Ed.  Rüdiger .  13 

Lebendes  Winterfutter  für  insektenfressende  Stubenvögel.  Von  Staats 

von  Wacquant-Geozelles .  18 

Bericht  über  die  Versammlung  des  Deutschen  Vereins  zum  Schutze  der 

Vogelwelt  zu  Gera . 19 

Bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Dresden  über  die  Zeit  vom  1. 

April  1891  bis  zum  31.  März  1892  .  21 

Empfehlenswerte  Schlangen  für  zoologische  Gärten.  Von  Herrn.  Lach¬ 
mann,  Berlin  ' .  33 

Zur  Frage:  »Rauben  die  Raubvögel  unterwegs,  wenn  sie  eine  Oceanreise 

unternehmen?«  Von  Staats  von  Wacquant-Geozelles .  48 

Ein  Lehrbuch  der  Zoologie  aus  dem  XVII.  Jahrhundert.  Von  C.  Greve, 

Moskau . 50 

Die  Krankheiten  der  Reptilien  und  Amphibien.  Von  Dr.  Franz  Wer  ne  r,Wieu  65 

Asiatische  Antilopen.  Mit  einer  Abbildung . 71 

Forschungsgänge  durch  Feld  und  Wald.  Von  Staats  von  Wacquant- 
Geozelles. 

I.  Vorkommen  des  Wespenbussards  im  Kreise  Hameln .  75 

II.  Europäische  Sumpfschildkröte  bei  Osnabrück . 110 

III.  Einige  weitere  Beobachtungen  am  Feuersalamander . 137 

Die  Bergziege,  Aplocerus  montanus.  Von  C.  A.  Purpus,  Delta  Colorado  79 
Albinismus  unter  den  Vögeln  Chiles.  Von  Dr.  R.  A.  Philippi,  Santiago  82 
Kosmopolitische  Tiere.  Von  Dr.  C.  Müller,  Potsdam  83,  117,  144,  179,  , 


Jahresbericht  über  den  zoologischen  Garten  in  Hamburg  1892  .  88 

Ein  Beitrag  zur  Anpassungstheorie.  Von  Dr.  Carl  R.  Hennicke  Mit 

18  Abbildungen .  97 

Die  Trächtigkeitsdauer  des  Dachses.  Von  Prof.  Dr.  A.  Nehring,  Berlin  107 
Silvertip-  und  Cinnamon-Bär.  Von  C.  A.  Purpus,  Delta  Colorado.  .  .  113 

Ein  neuer  Beutelfrosch.  Von  Prof. D r.  0.  Boettger,  Frankfurt  a.  Main  .  129 

Ein  Beispiel  von  Vererbung  mechanischer  Verletzungen.  Von  C.  Greve, 

Moskau . 132 


IV 


Seite 

Beiträge  zur  Naturgeschichte  von  Mephitis  occidentalis.  Von  C.  A.  Purpus, 

Delta  Colorado . 135 

Jahresbericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Hannover  für  1892-1893  150 

Ein  Jubiläum  des  Jardin  des  Plantes . 161 

Die  Europäische  Sumpfschildkröte,  Emys  europciea.  Von  H.  Fisch  er- 

Sigwart,  Zofingen .  162,  193,  235,  257 

Aufruf  an  alle  Vogelkenner  Deutschlands . 174 

Verzeichnis  seltener  Tiere,  die  zur  Zeit  im  zoologischen  Garten  zu  Hamburg 

leben.  Von  Direktor  Dr.  Bol  au . 186 

Bubalis.  Von  Dr.  Beruh.  Langkavel,  Hamburg . 200 

Bericht  des  Verwaltungsrats  der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft  zu 

Frankfurt  a.  M.  vom  22.  Juni  1893  . .  213 

Neotoma  cinerea  Baird.  Von  C.  A.  Purpus,  Delta  Colorado . 225 

Die  Mainfische  und  ihre  Namen.  Von  L.  Buxbaum,  Raunheim  a.  M.  233 
Geschäftsbericht  des  Breslauer  zoologischen  Gartens  für  das  Jahr  1892. 

Mitgeteilt  von  Direktor  H.  Stechmann . 244 

Die  Gemse.  Von  Dr.  Bernh.  Langkavel,  Hamburg . 267 

Die  ältesten  Tiere  des  zoologischen  Gartens  in  Hamburg.  Von  Direktor 

Dr.  B  o  1  a  u . . . . 281 

Das  Quagga.  Von  Prof.  Dr.  Th.  Noack,  Braunschweig . 289 

Die  Scheidenschnäbel  im  Hamburger  zoologischen  Garten.  Von  Direktor 

Dr.  Heinr.  Bolau . 297 

Beobachtungen  über  das  Leben  des  Dachses.  Von  C.  Greve,  Moskau  .  .  299 

Ein  Besuch  des  zoologischen  Gartens  zu  Köln.  Von  C.  Paul  .  .  .  303,  328 
Zoologischer  Garten  in  Basel.  Zwanzigster  Geschäftsbericht  1892  ...  310 

Gustav  Mützel.  Eine  biographische  Skizze.  Von  Dr.  J.  Müller- 

Liebenwalde,  Berlin . 321 

Beobachtungen  an  Sphenodon  ( Hatteria )  puyictatus.  Von  Dr.  Franz 

Werner,  Wien . 335 

Der  Tannenhäher  (Nucifraga  caryo  catactes).  Von  L.  Buxbaum,  Raun¬ 
heim  am  Main . 346 

Bison  americanus.  Verbreitung  und  Ausrottung.  Von  Bernh.  Lang¬ 
kavel,  Hamburg . 353 

Aus  dem  Berliner  zoologischen  Garten.  Von  Dr.  J.  Müller-Lieben  walde  363 
Der  Erdtriton  im  Terrarium.  Von  Johannes  Berg.  Mit  4  Abbildungen  367 

II.  Mitteilungen  aus  zoologischen  Gärten. 

Bericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Dresden  über  die  Zeit  vom 

1.  April  1891  bis  zum  31.  März  1892  21 

Geburtsliste  des  Leipziger  zoologischen  Gartens  für  1892.  Von  G. 

Westermann .  30 

Neuanschaffungen  im  Frankfurter  zoologischen  Garten .  61 

Ein  neuer  Tiergarten  in  Wien  . .  62 

Jahresbericht  über  den  zoologischen  Garten  in  Hamburg  1892.  Neue 

Freie  Presse .  88 

Neue  Tiere  im  Frankfurter  zoologischen  Garten .  93 


Y 


.* 

Seite 

Verzeichnis  der  Tierarten,  die  1892  im  zoolog.  Garten  zu  Hamburg  zum 

ersten  Male  ausgestellt  wurden.  Von  Direktor  Dr.  Bol  au . 124 

Jahresbericht  über  den  zoologischen  Garten  zu  Hannover,  für  1892 — 1893  150 

Neues  im  Frankfurter  zoologischen  Garten . . . 155 

Ein  Jubiläum  des  Jardin  des  Plantes .  161 

Verzeichnis  seltener  Tiere  im  zoologischen  Garten  zu  Hamburg.  Von 

Direktor  Dr.  Bolau . 186 

Aus  dem  zoologischen  Garten  zu  Frankfurt  a.  M.  .  .  . . 189 

Feuer  im  Raubtierhause  zu  Magdeburg  . 190 

Bericht  des  Verwaltungsrats  der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft  zu 

Frankfurt  a.  M.,  vom  22.  Juni  1893  .  213 

Neues  im  zoologischen  Garten  zu  Frankfurt  a.  M . 221 

Der  Dresdener  zoologische  Garten . 222 

Geschäftsbericht  des  Breslauer  zoologischen  Gartens  für  das  Jahr  1892 

Mitgeteilt  von  Direktor  H.  Stechmann . 244 

Die  Schimpansen  im  zoologischen  Garten  in  Cincinnati.  Von  Dr.  A.  Zi  p  perlen  251 

Der  zoologische  Garten  bei  Kopenhagen.  Von  A.  v.  Klein . 252 

Die  ältesten  Tiere  des  zoologischen  Gartens  in  Hamburg.  Von  Direktor 

Dr.  Bolau . 281 

Aus  dem  Dresdener  zoologischen  Garten . 285 

Aus  dem  Frankfurter  zoologischen  Garten . 286 

Die  Scheidenschnäbel  im  Hamburger  zoologischen  Garten.  Von  Direktor 

Dr.  Hch.  Bolau . 297 

Ein  Besuch  des  zoologischen  Gartens  zu  Köln.  Von  C.  Paul.  .  .  .  303,  328 
Zoologischer  Garten  in  Basel.  Zwanzigster  Geschäftsbericht  1892  .  .  .  310 

Aus  dem  zoologischen  Garten  in  Frankfurt  a.  M . 318 

Brütende  Riesenschlange  (im  Leipziger  Garten).  Leipziger  Zeitung  ...  319 

Zoologischer  Garten  bei  Kopenhagen.  Von  A.  v.  Klein . 349 

Aus  dem  Berliner  zoologischen  Garten.  Von  Dr.  J.  M  ül  1  e  r- Liebe n  walde  363 

III.  Korrespondenzen. 

Aus  dem  Leben  der  spanischen  Batrachier.  Von  A.  Schiöttz,  Hamburg.  28 

Ei  im  Ei.  Von  Dr.  R.  A.  Philippi,  Santiago .  57 

Winter  in  Wien.  Von  Dr.  Franz  Werner,  Wien .  58 

Kröten  durch  Fliegenmaden  getötet.  Von  Karl  Knauthe,  Schlaupitz  .  58 

Bemerkungen  übereinen  Fisch  in  Chile.  Von  Dr.  R.  A.  Philippi,  Santiago  91 

Zählebigkeit  der  Aale.  Von  Kathariner,  Würzburg .  92 

Wasserhuhn  in  einem  Starenkasten.  Von  Karl  Knauthe .  92 

Wilder  Fuchs  im  Centrum  einer  großen  Stadt . 122 

Vorkommen  der  Hausratte.  Von  Karl  Knauthe . 123 

Wanderheuschrecke:  in  Wien.  Von  Dr.  Franz  Werner,  Wien  ....  123 

Über  verschiedene  Fische.  Von  Karl  Knauthe,  Schlaupitz . 154 

Die  Affen  auf  Gibraltar.  Von  A.  Schiöttz,  Hamburg . 188 

Zur  Verbreitung  des  Triton  alpestris.  Von  A.  Schiötz,  Hamburg  .  .  .  218 

Fortpflanzung  von  Aras  in  Gefangenschaft.  Von  C.  P  a  u  1,  Frankfurt  a  M.  250 
Ein  Schwalbennest  auf  einem  Uhubalge.  Von  H.  Reeker,  Münster  .  .  250 


VI 


Seite 

Über  spanische  Fregatten.  Von  I)r.  raed.  Hennicke,  Jena . 284 

Über  verschiedene  Weißfische.  Von  Karl  Knauthe,  Schlaupitz  ....  315 

Nahrung  der  Korallenschlangen.  Von  Prof.  Dr.  O.B  oettger,  Frankfurta.M.  317 
Schwalbeumöwe  in  Deutschland  erbeutet.  Von  C.  H.  Schilling,  Gürzenich  347 
Nachschrift  zu  den  »Beobachtungen  an  Splienodon  punctatus «.  Von  Dr. 

Franz  Werner,  Wien . 347 

IV.  Kleinere  Mitteilungen. 

Über  das  Vorkommen  der  Wassertreter  auf  der  südlichen  Halbkugel. 

Von  Dr.  R.  Philippi,  Santiago .  28 

Zur  Frage  der  Vererbung  erworbener  Eigenschaften.  Von  Karl  Knauthe  29 

Ein  neues  Beuteltier  aus  Chile.  Von  Dr.  R.  A.  Philip'pi .  29 

Zum  Kapitel  »Hausratte.«  Von  J.  K  el  1  er- Z  schok  ke,  Olten .  30 

Geburtsliste  des  Leipziger  zoologischen  Gartens.  Von  G.  Westermann  30 

Stipendium .  30 

Ein  kluger  Papagei . 30 

Die  Geflügelzucht  in  Ungarn .  31 

Hund  als  Krankenpfleger  einer  Katze . 59 

Londoner  zoolog.  Gesellschaft .  59 

Ausdauer  eines  Hundes .  59 

Spinnen  als  Baukünstler .  60 

Neuanschaffungen  im  Frankfurter  zoologischen  Garten .  61 

Affensprache .  61 

Ein  neuer  Tiergarten  in  Wien .  62 

Wilde  Papageien  bei  Berlin.  Nach  Dr.  L.  Fleck .  63 

Zur  Kaninchenplage  in  Australien .  93 

Neue  Tiere  im  Frankfurter  zoologischen  Garten .  93 

Vogelschutz-Insel  bei  Neuseeland .  94 

Verzeichnis  der  Tierarten,  die  1892  im  zoolog.  Garten  zu  Hamburg  zum 

ersten  Male  ausgestellt  wurden.  Von  Direktor  Dr.  Bol  au . 123 

Fische  im  Eis  eingefroren.  Von  Karl  Knauthe . 124 

Neue  Papageienarten . 124 

Leuchtende  Regenwürmer . 125 

Außergewöhnliche  Taubeneier.  Von  Eduard  Rüdiger . 126 

Die  Affen  auf  Gibraltar.  Zoological  Society,  London . 126 

Moschusochsen . 126 

Equus  przewalskii.  Nach  W.  B.  Tegetmeier . 127 

Neues  im  Frankfurter  zoologischen  Garten . 155 

Über  Fische.  Von  Karl  Knauthe  . . 155 

Über  den  Delphin.  Von  Karl  Knauthe . 155 

Hühnchen  durch  eine  Eule  ausgebrütet . 156 

Ornithologische  Beobachtungen  und  Jagdskizzen  aus  Irrland . 157 

Aus  dem  zoologischen  Garten  zu  Frankfurt  a.  M . 189 

Krebs  versand . 189 

Feuer  im  Raubtierhause  zu  Magdeburg . 190 

Der  Robbenfang  bei  Neufundland . 190 


VII  - 


Seite 

Buchfinkeneier.  Von  Eduard  Rü  di  ge  r . 220 

Seltene  Papageien . 220 

Neues  im  zoologischen  Garten  zu  Frankfurt  a.  M . 221 

Schildkröten  in  den  märkischen  Seen . 221 

Der  Dresdener  zoologische  Garten . 222 

Professor  Semper  f . 222 

Die  Schimpansen  im  zoologischen  Garten  in  Cincinnati.  Von  Dr.  A. 

Zipperlen . 251 

Der  zoologische  Garten  bei  Kopenhagen.  Von  A.  v.  Klein . 252 

Paviane  als  Raubtiere . 252 

Neue  Hirschart.  Zoological  Society,  London . 252 

Ameisenregeu . 253 

Über  den  Graupapagei . 254 

Seltene  Jagdbeuten . 284 

Aus  dem  Dresdener  zoologischen  Garten . 285 

Im  Käfig  brütende  Rauchschwalben.  F.  Sch  all  er . 286 

Aus  dem  Spatzenleben . .  .  286 

Aus  dem  Frankfurter  zoologischen  Garten . 286 

Persönliches  . . 287 

Forschungsreise  nach  den  Molukken . 318 

Professor  Strauch  f . 318 

Die  Einführung  und  Acclimatisation  von  Schottischen  Moorhühnern  .  .  .  318 

Aus  dem  zoologischen  Garten  in  Frankfurt  a.  M . 318 

Der  Ziesel.  Von  K.  Knauthe . 319 

Ein  Rebhuhn  mit  höchst  anormaler  Schnabelbildung . 319 

Brütende  Riesenschlange  . . 319 

Dr.  G.  Ben  nett  f . 348 

Bald  a  mus  f . 348 

Zahme  Renntiere  in  Nordamerika . 348 

Zoologischer  Garten  bei  Kopenhagen.  Von  A.  v.  Klein . 349 

Ein  seltener  Fang  .  .  .  .  . . .  .  349 

Fasanenzucht  in  Kalifornien . 349 

Eine  große  Aquarien-  und  Terrarien-Ausstellung . 350 

Freundschaft  zwischen  Hunden  und  Füchsen . 381 

Eine  Katze  als  Vegetarianerin  und  Mäuse  als  Wespenfresser . 381 

V.  Litteratur. 

»Die  gefiederte  Welt«.  Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Ruß.  .  .  .  32,159,255 
Ornithologisches  Jahrbuch.  Herausgegeben  von  Victor  Ritter  von 

Tschusi-Schmidhofen .  63 

Verhandlungen  d.  K.  K.  Zoolog. -botan.  Gesellschaft  in  Wien.  Redigiert 

von  Dr.  Karl  Fritsch .  64 

Bilder  aus  dem  Tier-  und  Pflanzenreiche.  Von  Dr.  W.  Breslich  und 

Dr.  0.  Koepert .  94 

Hofrat  Professor  Dr.  Liebes  Ornithologische  Schriften.  Herausgegeben 

von  Carl  R.  Hennicke.  .  . . 95 

Liebe  zur  Tierwelt.  Nach  dem  Englischen  von  B.  Hoffmann  .....  127 


VIII 


Seite 

Sport-  und  Schlachtkaninchenzucht.  Von  P.  Waser . 127 

Fauna  Saxonica.  Amphibia  et  Reptilia.  Von  Dr.  Erwin  Schulze  und 

Friedrich  Bore  her  ding . 159 

Brehms  Tierleben.  8.  Auflage.  10.  Band.  Niedere  Tiere . 190 

Breh ms  Tierleben.  Kleine  Ausgabe.  2.  Auflage.  2.  Band.  Vögel  .  .  .  223 

Der  Wellensittich.  Von  Dr.  Karl  Ruß . 223 

Bechholds  Handlexikon  der  Naturwissenschaften  und  Medizin . 224 

The  Hawks  and  Owls  of  the  United  States.  By  A.  K.  Fis  her  .  .  .  .  255 

Im  Reiche  des  Geistes.  Illustrierte  Geschichte  der  Wissenschaften.  Von 

K.  Faul  mann .  256,  351 

Berliner  Entomologische  Zeitschrift.  Herausgegeben  von  dem  Entom. 

Verein  in  Berlin  unter  Redaktion  von  Dr.  F.  Kar  sch . 287 

Die  Schöpfung  der  Tierwelt.  Von  Dr.  W.  Haacke . 382 

Gestaltung  und  Vererbung.  Von  Dr.  W.  Haacke . 383 

Storchnester  in  Frankfurt  a.  M.  Von  Dr.  J.  Ziegler . 384 


VI. 

Eingegangene  Beiträge  32,  64,  96,  128,  160,  192,  224,  256,  288,  320,  352,  384 
Bücher  und  Zeitschriften  32,  64,  96,  128,  160,  192,  224,  256,  288,.  320,  352,  384 


(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 


N°-  1.  XXXIV.  Jahrgang.  Januar  1893. 


I  n  U  st  I  I. 

Das  Alpenmurmeltier ;  von  Dr.  B.  Langkavel,  Hamburg.  —  Wolf  und  Wolfsjagd 
in  Deutsch-Lothringen;  von  Ernst  Eriedel  in  Berlin.  —  Der  Wanderzug  der  Mainfische 
im  Sommer  1892;  von  L.  Buxbaum,  Raunheim  am  Main.  —  Mein  Rosa-Ivakadu.  Eine 
ornithologische  Charakterstudie.  Von  Eduard  Rüdiger.  -  Lebendes  Winterfutter  für 
inseatenfressende  Stubenvögel;  von  Staats  von  Wacquant-Geozelles.  -  Bericht  über 
die  Versammlung  des  Deutschen  Vereins  zum  Schutze  der  Vogelwelt  zu  Gera.  —  Bericht 
über  den  Zoologischen  Garten  zu  Dresden.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  — 
Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Das  Alpeumurmeliier. 

Von  Dr.  B.  Langkavel,  Hamburg. 

Es  ist  bekannt,  daß  in  prähistorischen  Zeiten  Mitteleuropas 
das  Alpeumurmeltier  einer  weiten  Verbreitung  nach  Norden  sich 
erfreute,  denn  wir  finden  Reste  von  ihm  u.  a.  in  der  Liudenthaler 
Höhle  hei  Gera,  in  Höhle  Ölsen  (Merseburg),  in  der  quaternären 
Fauna  des  Donauthaies  (Langenbrunn  bei  Sigmaringen)  und  in  den 
niederen  Lößhügeln  Österreichs.  Seit  jenen  fernen  Tagen  zog  es 
sich  immer  mehr  auf  die  hohen  Gebirge  zurück  und  lebt  gegen¬ 
wärtig;  in  der  Schweiz  meistenteils  über  der  Waldgrenze,  die  bei 
6000  Faß  liegt,  iu  den  Alpes  maritimes  in  6500  Fuß. 

Um  den  Lesern  den  Unterschied  unserer  jetzigen  exakten 
Beschreibungen  gegen  frühere  vorzuführen,  gehe  ich  eine  aus  dem 
Jahre  1588  stammende:  »Es  sieht  gleich  wie  ein  gross  Künigelin 
(Kaninchen),  hat  aber  abgeschnittene  Ohren,  und  ein  Schwantz, 
der  eiuen  spannen  lang  ist,  lang  vorder  Zen,  beisst  vbel  so  es 
erzürnt  wird,  hat  kurtz  Schenkel,  die  seiud  unter  dem  Bauch  ganz 
dick  von  Haar,  gleich  alsz  hett  es  Schlotterhosen  angezogen,  hat 
Beeren-tappen  und  lange  Klauwen  daran,  mit  denen  es  gar  unbittlich 

Zoolog1.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  1 


2 


tieff  in  das  Erdreich  grebt.  So  man  ihm  etwas  zu  essen  gibt,  nimpt  er 
dasselbig  in  sein  vorder  Fusz  wie  ein  Eichhörnlein  sitzt,  aufgericht  wie 
ein  Alf,  kann  auch  auff  den  zweien  hindern  Füssen  gehn  wie  en  Beer«. 

Nach  Brehms  Tierleben  ist  das  Alpenmurmeltier  ein  ausge¬ 
sprochener  Vegetariauer,  wahrscheinlich  aber  würden  zahlreiche  Un¬ 
tersuchungen  des  Mageninhalts  etwas  andere  Resultate  ergeben,  denn 
ein  gefangenes  und  in  Versoix  gezähmtes  drang  nachts  in  einen  Hühner- 
stall,  nicht  einmal  sondern  öfter,  und  würgte  mehrere  Küken;  beim  Ver¬ 
zehren  dieser  wurde  er  betroffen.  Die  lichtbrau uen  Zähne  alter  Tiere 

werden  wie  Hirschbaken  von  Alpenjägern  als  Trophäen  getragen. 

•• 

In  der  Zeitschrift  des  Deutsch,  und  Osterr.  Alpen-Vereines 
B.  VIII  gab  Professor  Zimmeter-Steyr  eine  recht  anziehende  Arbeit 
über  Arctomys  mcirmota,  namentlich  über  die  physiologischen  Vor¬ 
gänge  im  Winterschlaf  und  über  die  Verbreitung  dieses  Tieres. 
Daß  es  im  stände  ist,  größere  Wanderungen  auszuführen,  wie  die 
vom  Gschr.itz-Thale,  ist  bei  diesem  außerordentlich  scheuen  Wesen 
seltsam  genug,  doch  kann  ich  weiter  unten  noch  einige  andere 
Beweise  dafür  beibringen.  Berücksichtigen  wir  außerdem  noch  die 
neuen  Untersuchungen  L.  Cuenots,  Regnaults  und  von  Raphael 
Dubois,  so  ergeben  sich  für  den  fast  sieben  Monate  dauernden 
Winterschlaf  folgende  Einzelheiten.  Das  Tier  beginnt  ihn  damit, 
daß  es  die  Schnauze  gegen  den  After  drückt,  Angen  und  Maul 
schließt.  Es  kann  dann  wie  eine  Kugel  gerollt  werdeu,  ohne  zu 
erwachen,  Die  Wärme  der  Brust-  und  Bauchhöhle  ist  voll  30°  auf 
4°  gesunken;  es  stirbt  in  einer  Kälte  von  — 8°;  beim  Erwachen 
steigt  die  Blutwärme  schnell  von  8°  auf  37°.  Magen  und  Darm 
sind  leer,  der  Mastdarm  ist  von  einer  dem  Kindspecb  ähnlichen 
Lösung  angefüllt,  die  Gallenblase  enthält  eine  braungriine,  wenig 
bittere  Masse,  die  zusammengefallenen  Lungen  enthalten  wenig  Luft, 
es  haucht  etwa  dreißigmal  weniger  Kohlensäure  als  sonst  aus,,  in 
den  Gefäßen  befindet  sich  aber  viel  Blut.  Der  Herzschlag  sinkt  auf 
ein  Neuntel  gegen  den  wachenden  Zustand.  Nach  Mangli  dauert  beim 
wachenden  Tier  der  Herzschlag  nach  abgeschuittenem  Kopfe  noch 
fünfzig  Minuten,  beim  schlafenden  dagegen  drei  Stunden.  In  zwei 
Monaten  verliert  der  Schläfer  nur  200 — 300  Gramm  an  Gewicht, 
er  ist  selbst  gegen  tiefe  Wunden  wenig  empfindlich,  das  Auge  für 
Lichteindrücke  unempfindlich.  Bei  elektrischen  Schlägen  erwacht 
er  nicht,  sondern  erst  nach  fortgesetztem  Galvanisieren.  Der  Winter¬ 
schlaf  ist  kein  kontinuierlicher,  sondern  ungefähr  alle  fünfzehn  Tage 
erwacht  es,  um  zu  harnen,  weil  die  Überfüllung  der  Harnblase 


3 


mittels  Reflexes  zahlreiche  Atmungsbewegungen  bewirkt.  Wahr¬ 
scheinlich  sind  in  der  Blase  zuckenerregende  Ptomai'ne  enthal¬ 
ten.  Dieser  Reflex,  gleichsam  ein  »Wecker«,  wird  jedoch  unter¬ 
drückt,  wenn  in  der  Blase  eine  Fistel  angelegt  wird,  welche  die 
Anhäufung  des  Urins  verhindert.  Derlei  Tiere  werden  nicht  geweckt, 
bleiben  ohne  Unterbrechung  in  ihrem  Schlafe  bis  zum  Tode.  Wegen 
solcher  Versuche  und  Vivisektionen  stieg  in  neuerer  Zeit  der  Preis 
für  diese  Tiere  etwas. 

In  der  Schweiz  ist  man  in  den  letzten  Jahren  eifrig  bestrebt 
gewesen,  neue  Murmeltier-Kolonien  zu  gründen  ;  was  ich  in  dieser 
Beziehung  aus  verschiedenen  Jagdzeitungen  gesammelt  habe,  will 
ich  versuchen,  hier  zusammenzustellen.  In  Graubündeu  wurden  in 
der  letzten  Jagdsaison  2944  Stück  erlegt.  Der  lange  Winter 
1891  —  92  hatte  den  Tieren  nicht  geschadet,  sie  haben  ihn  im 
Gegenteil  gut  überstanden  und,  wie  aus  der  Schußliste  ersichtlich, 
sich  stark  vermehrt.  (Schweizer  Zeitschr.  f.  Jagd-  und  Hundelieb¬ 
haber  [hier  abgekürzt:  ZJH]  1892,  110).  Glarus  besitzt  im  Frei¬ 
berg  Kärpfstock  recht  viele.  Im  Jahre  1890  wurden  durch  Wild¬ 
hüter  14  geschossen,  obwohl  die  Erlaubnis  zur  Erlegung  von  40  —50 
gegeben  war  (daselbst  1891,  88.  123).  Im  letzten  Jahre  stieg  die 
Zahl  der  getöteten  auf  24,  und  es  wurde  beschloßeu,  von  Kärpf¬ 
stock  aus  im  Frühjahr  1893  einige  Paare  im  Glärnischgebiet,  wo 
sie  seit  Jahren  völlig  verschwunden  sind,  auszusetzen.  Im  Herbst 
wurden  die  betreffenden  Tiere  ausgegraben  und  diesen  Winter  zweck¬ 
entsprechend  behandelt  (daselbst  1892,  135.  197).  Im  Herbst  1886 
wurden  am  Vättisberge  6  Tiere  ausgegraben,  während  des  Winters 
in  Vättis  verpflegt  und  im  darauf  folgenden  Frühjahr  nach  Appen¬ 
zell  J.  Rh.  gebracht,  zwischen  Eben  alp  und  Mesmer  ausgesetzt, 
(Der  Deutsche  Jäger  [hier  abgekürzt:  DJ]  IX,  168).  Die  von  St. 
Gallen  vor  einigen  Jahren  hierher  verschenkten  erhielten  in  der 
Alp  Wesen  die  Freiheit,  doch  verließen  sie  diesen  Standort,  wan- 
derten  aus  und  wurden  im  Sommer  1890  auf  Garten  beobachtet 
(ZJH41891,  58).  Die  am  Säntisgebirge  eingegangene  Kolonie  ersetzte 
man  durch  sechs  neue  (ZJH  1891,  130;  1892,  102).  Um  Kolonien 
auf  den  Innerrhodenalpen  machten  sich  die  Alpenldubs  St.  Gallen 
und  Säntis  verdient  (DJ  VIII,  88).  Es  sind  schon  mehrfach  Ver¬ 
suche  gemacht  worden,  Alpenmurmeltiere  im  Kanton  Luzern  einzu¬ 
bürgern  und  neue  Kolonien  zu  begründen ;  so  kamen  neun  aus 
Graubünden  geschenkte  nach  dem  Bann  bezirk  Schratten  (DJ  XII, 
224;  ZJH  1891,  88),  zwei  aus  Laatsch  in  Tirol,  vier  aus  Savoyen 


4 


(Neue  Deutsche  Jagd-Zeitung  XI,  45).  Zur  weiteren  Schonung  des 
Wildes  wurde  im  vorigen  Jahre  die  Jagd  auf  Murmeltiere,  Gemsen 
und  Fasanen  im  ganzen  Kantongebiete  verboten. 

In  den  hohen  Teilen  des  Bregenzer  Waldes  gab  es  zu  Anfang 
der  sechziger  Jahre  noch  allenthalben  diese  Tiere,  und  noch  jetzt 
nach  König- Warthauseu  im  bayrischen  Allgäu  (Petermanns  Geogr. 
Mitt.  1863,  11;  Brebras  Geogr.  Jabrb,  VI,  65).  Auf  der  Plansee¬ 
straße  bei  Garmisch  ergriff  im  Mai  1887  ein  Grenzwächter  ein 
Murmeltier.  Da  dort  nun  aber  gar  keine  Kolonie  existiert,  muß 
man  aunehmen,  daß  es  von  der  nächsten  Ansiedluug  im  Allgäu,  in 
einer  Entfernung  von  15 — 20  Stunden,  dorthin  gewandert.  Im 
Jahre  1878  wurden  in  Tirol  und  Vorarlberg  164  Bormenta  erlegt 
(vgl.  Egger,  Die  Tiroler,  S.  18),  sie  sind  im  letzteren  noch  ziemlich 
häufig  (DJ  VIII, 161).  Nach  J.  Payer  ist  nur  noch  auf  der  Mar¬ 
teller  Alp  die  Jagd  wirklich  lohnend  (Petermanns  Ergänzungsheft 
No.  31,  S.  7).  Vor  250  Jahren  gab  es  Mankei  oder  Murmentel 
im  wildromantischen  Gleirschthal  an  der  bayrischen  Grenze  und  an 
der  Frauhütt  bei  Innsbruck,  wohin  sie  durch  die  tirolischen  Herzoge 
versetzt  waren  (Neue  Deutsche  Jagd-Zeitung  VI,  212).  Im  Salzkammer¬ 
gut  wurde  1890  ein  einziges  erlegt  (daselbst  X,  245).  Für  ganz  Öster¬ 
reich  betrug  im  Jahre  1886  die  Abschußliste  325  Stück  (DJ  X,  7), 
für  1887  die  Durchschnittszahl  des  jährlichen  Abschusses  nach  neun¬ 
jährigem  Turnus  214  (Neue  Deutsche  Jagd-Zeitung  VIII,  364). 

Ob  in  Siebenbürgen  noch  Murmeltiere  Vorkommen,  ist  mir 
zweifelhaft;  das  Jahrbuch  des  Karpathen-Vereins  1877,  51  kennt 
sie  dort,  aber  unsere  Zeitschrift  (1889,  281)  verneint  es. 

Im  Jahre  1865  gab  es  im  Tatragebirge  nur  noch  acht  Familien, 
die  andern  waren  ausgestorben  (Ausland  1872,  643).  Sie  wurden 
deshalb  überall  geschont,  und  1877  hatten  sie  sich  in  den  Komitaten 
Sohl  und  Märamaros,  besonders  aber  in  der  Zipser  Tatra  stark 
vermehrt.  Sie  kommen  auch  vor  unter  der  Hoverla  und  im  Königs- 
berg  Zug,  doch  nur  auf  der  westlichen  Nachbargruppe,  der  Alp 
Orlowa,  wo  sie  vom  Waldinspektor  Ludvv.  Beauregard  angesiedelt 
wurden,  sodann  auf  den  höchsten  Spitzen  der  Magura  (Jahrb.  des 
Karp. -Vereins  1877,  41.  51;  1882,  88.  361;  Deutsche  Rundschau 
für  Geogr.  u.  Statistik  1889,  305). 

Im  Jahre  1885  ließ  Graf  Rudolf  Czernin-Morzin  im  Revier 
Petzer,  bei  der  sogenannten  Blauhöhle  (Rieseugebirge)  zwei  Paar 
aussetzen,  wo  sie  sich  wohl  befanden  und  wahrscheinlich  auch  ver¬ 
mehrt  haben  (DJ  XII,  1890,  S.  35).  Neuere  Nachrichten  fehlen  mir. 


5 


Wolf  und  Wolfsjagd  in  Deutsch-Lothringen. 

Von  Ernst  Friedei  in  Berlin. 

Der  Direktor  der  lothringischen  Archive,  Dr.  G.  Wolfram  in 
Metz,  hat  im  Jahrbuch  der  Gesellschaft  für  lothringische  Geschichte 
und  Altertumskunde  im  IV.  Jahrgang  1892  höchst  interessante 
Mitteilungen  über  die  Wolfsplage  in  Lothringeu  gebracht,  aus  denen 
ich  im  nachfolgenden  verschiedene  Angaben  mache,  welche  ich  durch 
anderweitige  schriftliche  Nachrichten  und  das,  was  ich  bei  öfterm 
Aufenthalt  in  Lothringen  selbst  gehört  und  beobachtet,  ergänzt  habe. 

Wie  ist  es  möglich,  fragt  mau  sich  zunächst,  daß  in  so  hoch" 
kultivierten  und  bevölkerten  Ländern  als  Lothringen  und  Frankreich 
sich  der  Wolf  in  so  ansehnlicher  Zahl  und  in  der  Nähe  der  größeren 
und  großen  Städte  erhalten  konnte,  während  er  bei  uns  in  Deutsch¬ 
land,  trotz  der  Gebirge  und  Wälder,  fast  ausgerottet  ist  und  selbst 
in  den  östlichen  Teilen  des  Königreichs  Preußen,  wo  er  ab  und  zu 
bis  in  die  Neumark  hinein  vorkommt,  kaum  mehr  als  eigentliches 
Standwild,  sondern  als  polnischer,  litauischer  oder  russischer  Über¬ 
läufer  angesehen  zu  werden  pflegt.  In  der  Umgegend  von  Metz 
werden  fast  jeden  Winter  Wölfe  gespürt,  in  -  der  Umgegend  von 
Diedenhofen  sind  sie  besonders  unverschämt,  indem  sie  sich  bis  aufs 
Glacis  der  Festung  wagen.  Wolfsjagden  gehören  zu  dem  beliebten 
Sport  der  Offiziere  und  der  Großgrundbesitzer  dortiger  Gegend. 

Die  betreffenden  Gegenden  gehören  keineswegs  zu  den  besonders 
volksarmen,  ja  die  Landstraßen  sind  geradezu  belebt  zu  nennen, 
dennoch  werden  manche  von  ihnen  nachts  und  in  den  frühen 
Morgenstunden  mitunter  von  der  Gesippschaft  des  Isegrimm  belaufen. 
Der  wahre  Grund,  weshalb  sich  die  gefährlichen  Raubtiere  hier 
inmitten  der  Kultur  erhalten  haben,  liegt  in  der  eigentümlichen 
Forstkultur.  Wälder,  namentlich  Hochwald  im  deutschen  Sinne, 
giebt  es  fast  nicht.  Es  wird  vorwiegend  und  fortwährend  seit  Jahr¬ 
hunderten  Hackwirtschaft  getrieben,  die  Eichen,  die  Rot-  und 
Weiß-Buchen  werden  als  junge  Stämme  abgehauen,  die  Wurzeln 
niemals  ausgerodet.  Aus  denselben  schlägt  beständig  wieder  junger 
Nachwuchs  auf  und  so  erwächst  allmählich  eine  Art  von  natürlichem 
Wald-Gebücke  und  Wald-Verhau,  das  nach  wenig  Jahrzehnten 
undurchdringlich  ist.  Gaisblatt,  wilder  Hopfen,  Waldrebe,  Epheu 
und  andere  Kletterpflanzen  schlingen  sich  dazwischen,  schattenliebende 
Stauden  sowie  Hasel-Gebüsche  schießen  empor,  versperren  Weg  und 


6 


Aussicht.  Es  entsteht  ein  Dickicht,  in  welchem  man  sich  nur  auf 
schmalen  Pfaden  bewegt;  nicht  selten  ist  der  Kalkfelsen  des  Unter¬ 
grundes  zu  Tage  gelegt,  zerklüftet  und  geborsten;  auch  sind  wohl 
verlassene  Steiubrüche  da.  Welche  Hindernisse  diese  Buschwald¬ 
gelände  bereiten,  das  haben  unsere  Truppen  namentlich  bei  den 
Kämpfen  in  der  engern  und  weitern  Umgebung  von  Metz  erprobt. 
So  liegt  noch  jetzt  ein  geradezu  typischer  derartiger  Forstkomplex 
zwischen  Gravelotte  und  den  Außenforts  der  Mosel veste,  der  für 
Kavallerie,  von  Artillerie  nicht  zu  reden,  ja  selbst  für  Infanterie¬ 
kolonnen  unpassierbar  ist. 

Grund  und  Boden  von  solcher  Beschaffenheit  liebt  der  Wolf, 
dort  heckt  er  nnd  nistet  er,  dort  ist  er  vor  den  Verfolgungen  des 
Menschen  gesichert.  Eine  völlige  Ausrottung  dieser  Tiere  in  der¬ 
gleichen  Landstrichen  wird  trotz  der  verbesserten  Schußwaffen  noch 
längere  Zeit  auf  sich  warten  lassen. 

Früher  war  Lothringen  ein  Dorado  für  die  Wölfe,  die  nament¬ 
lich  im  Gefolge  der  Heere,  der  Kriege,  der  Schlachten,  der  Bela¬ 
gerungen,  der  Rückzüge  in  Schwärmen  auftrateu.  Eine  fürchterliche 
Ernte  hielt  das  Wahltier  Wodans  vor  Nanzig  im  Januar  1477. 

Der  grausame  Herzog  Karl  der  Kühne  von  Burgund,  der  so 
manche  arme  Schweizer  gehängt  und  die  Körper  den  Wölfen  über¬ 
lassen  hatte,  Karl  der  Kühne,  von  dem  es  im  Volksmunde  heißt: 

bei  Granson  verlor  er  das  Gut, 
bei  Murteu  den  Mut, 
bei  Nanzig  das  Blut, 

mußte  selbst  den  Wölfen  zur  Atzung  dienen.  Herzog  Rene  von 
Lothringen  ließ  das  Schlachtfeld  vom  5.  absucheu.  Bis  Karls 
Leichnam  entdeckt  ward,  vergingen  drei  Tage  und  die  Wölfe  konnten 
sich  inzwischen  sättigen.  Endlich  fand  man  in  der  Nähe  von 
St.  Johann  auf  den  sumpfigen  Wiesen  von  Volay  am  Rande  des 
Laxon-Baches  einen  Haufen  von  Leichnamen,  13  oder  14  neben 
einander  liegend.  So  wurde  auch  ein  Körper  mit  Mühe  vom  ange¬ 
frorenen  Boden  losgelöst.  Ein  Hellebardenhieb  hatte  den  Kopf 
seitlich  vom  Ohr  bis  in  die  Zähne  gespalteu,  ein  Stich  ging  durch 
das  Gesäß,  ein  Lanzenstich  durch  beide  Schenkel.  Eine  Backe 
war  vou  den  Wölfen  abgefressen.  Also  erging  es  dem  hochmütigsten 
Fürsten  seiner  Zeit,  inmitten  eines  stolzen  zahlreichen  Heeres*). 

Bereits  Karl  der  Große  hatte  sich  veranlaßt  gesehen  gegen 
die  Wölfe  einzuschreiten.  Nach  seinem  Capitulare  Acjuis- 


*)  Lothringen  und  Burgund.  Vou  Dr.  H.  Witte  —  Hagenau  a.  a.  0.  S.  135. 


7 


granense,  sollen  die  Vicarii  jeder  zwei  Wolfsjäger  halten  und 
diese  für  ihre  Mühewaltung  vom  Kriegs-  und  Gerichts-Dienst  frei 
bleiben.  Die  Wolfsfelle  haben  sie  abzuliefern,  wofür  sie  einen 
Scheffel  (modius)  Getreide  (annona)  erhalten. 

Im  Capitulare  de  Villiset  Curtis  sagt  der  Kaiser : 
»Über  die  Wölfe  soll  uns  jeder  Zeit  berichtet  werden,  wie  viel  ein 
jeder  erlegte,  uud  die  Pelle  selbst  sollen  sie  uns  vorweisen.  Und 
im  Monat  Mai  sollen  sie  nach  den  jungen  Welpen  forschen  und 
sowohl  mit  Gift  und  Angelhaken  (?  Wolfseisen),  wie  mit  Gruben 
und  Hunden  nachstellen«. 

Noch  älter  ist  die  Bestimmung  der  lex  Burgundionum 
tit.  46.  M.  G.  LL.,  wonach  König  Gundobad  verordnet,  daß 
jeder  der  zur  Erlegung  von  Wölfen  Selbstschuß-Bogen  aufstelle, 
dies  selbigen  Tages  seinen  Nachbarn  kenntlich  mache.  Zu  diesem 
Zwecke  sollen  nach  dem  Bogen  drei  Fäden  gezogen  werden,  wovon 
zwei  so  hoch  über  der  Erde  liegen,  daß  ein  dort  passierender  Mensch 
oder  Haustier  notwendig  den  Faden  rühre  und  den  Bogen  un¬ 
schädlich  abschieße.  Wenn  trotzdem  sich  jemand  unvorsichtig 
den  Selbstschuß  zuzieht,  so  trifft  den  Bogensteller  keine  Ver¬ 
antwortung  *). 

Aus  den  Luparii’Karl  des  Großen  und  dem  Lu  pariatu  s 
sind  die  L o  u  v  e  t  i  e  rs  und  die  Lou  veterie  des  französischen  Jagd¬ 
rechts  hervorgegangen. 

Aus  den  von  Wolfram  veröffentlichten  Metzer  Stadtrechnungen 
geht  hervor,  daß  im  Jahr  1388  im  etwa  auderthalbmeiligen  Um¬ 
kreise  der  Stadt  nicht  weniger  denn  388  Wölfe  erlegt  wurden,  was 
die  Zahlung  von  1569  sol  Fäugerlohn  veranlaßte. 

In  Lothringen  wurden  nach  amtlichen  Berichten  erlegt : 


im 

Jahr 

1876  .  . 

.  45 

Wölfe 

» 

» 

1877  .  . 

.  44 

» 

» 

» 

1878  .  . 

.  94 

» 

» 

» 

1879  .  . 

.  53 

» 

» 

» 

1880  .  . 

.  67 

» 

» 

» 

1881  .  . 

.  21 

» 

» 

» 

1882  .  . 

.  34 

» 

» 

» 

1883  .  . 

.  34 

» 

» 

» 

1884  .  . 

.  20 

» 

*)  Wolfram  a.  a.  0.  S.  166  und  Villequez:  Destruction  des  animaux 
nuisibles.  Paris,  1867.  Die  Lex  Burgundionum  oder  Lex  Gundebalda  (Gun- 
dobada)  stammt  aus  der  zweiten  Hälfte  des  5.  Jahrhunderts  n.  Chr. 


8 


im 

Jahr  1885  . 

.  .  39 

Wölfe 

» 

»  1886  . 

.  .14 

» 

» 

»  1887  . 

.  .  16 

» 

» 

»  1888  . 

.  .  12 

» 

» 

»  1889  . 

.  .  5 

» 

» 

»  1890  . 

.  .  5 

» 

» 

»  1891  . 

.  .  2 

» 

Eine  ersichtliche  Verminderung  des  gefährlichen  Raubzeuges 
ist  seit  1885  unverkennbar  eingetreten.  Forstrat  von  Daacke 
hat  Herrn  Wolfram  folgende  interessante  Nachrichten  über  die 
Verbreitung  des  Wolfes  zugehen  lassen. 

»In  neuerer  Zeit,  und  zwar  seit  1870,  hat  sich  die  Richtung 
der  Wanderungen  der  Wölfe  deutlich  erkennen  lassen.  Mit  Vorliebe 
wandern  sie  den  Moselhäugen  entlang  und  berühren  die  in  der  Nähe 
der  Mosel  östlich  und  westlich  liegenden  Forsten,  oder  sie  verlassen 
die  Mosel  bei  Pont-ä-Mousson,  um  sich  nach  den  in  der  Umgebung 
von  Nomeny  liegenden  Forsten  zu  wenden  und  von  dort  aus  nach 
dem  Passieren  der  Seille  durch  die  Waldkomplexe,  von  welchen  die 
Staatsforsteu  Gremerey,  Amelecourt  und  Neufcher  der  Oberförsterei 
Cbäteau-Salins  einen  Teil  bilden,  durch  den  Wald  von  Remilly  in 
der  Oberförsterei  Falkenberg  bis  in  die  Forsten  der  Oberförsterei 
St.  Avold  vorzudringen,  und  sich  von  dort  aus  nach  Nordwesten  wendend, 
durch  die  Hauptwaldkomplexe  der  Oberförsterei  Bolcheu  und  Busen¬ 
dorf  bis  in  die  Nähe  der  Mosel  bei  Diedenhofen  zu  wandern.  Von 
dieser  Hauptwauderung  aus,  welche  durch  die  Aneinanderreihung  nicht 
unbedeutender  Waldkomplexe  bedingt  und  begünstigt  wird,  werden 
kleine  Streifzüge  durch  die  benachbarten  kleinen  Forsten  unternom¬ 
men,  ohne  jedoch  wesentlich  davon  abzuweichen.« 

Nicht  ohne  Interesse  ist  es,  einen  Blick  hinsichtlich  Steuerung 
der  Wolfsplage  auf  Deutsch- Lothringens  westlichen  Nachbar  zu 
werfen.  In  ganz  Frankreich  wurden  1884  noch  1035,  1885  noch 
900,  1887  noch  701  Wölfe  erlegt,  wobei  die  Ardennen,  Sevennen  und 
Pyrenäen  hauptsächlich  beteiligt  sind. 

Von  einzelnen  Vorkommnissen  in  den  letzten  Jahren  habe  ich 
mir  folgendes  vermerkt.  Vor  einigen  Jahren  passierte  ein  kleines 
Mädchen  die  Chaussee  von  Diedenhofen.  Mitten  auf  derselben 
bemerkte  sie  ein  Tier  von  der  Größe  eines  Schäferhundes,  wtdches 
sie  auch  dafür  hielt.  Das  Tier  starrte  das  Kind  eine  Weile  an  und 
zog  sich  dann  langsam  in  ein  Dickicht  zurück ;  es  wurde  später  als 
ein  junger  Wolf  erkannt. 


9 


Aus  Gravelütte  bei  Metz  wurde  unterm  16.  Dezember  1885 
folgendes  gemeldet :  »Der  starke  Sch  neefall  der  letzten  Tage  kam 
unseren  Jägern  sehr  gelegen;  seit  Monaten  schon  hatte  sich  ein 
Rudel  Wölfe,  sieben  Köpfe  stark,  bemerklich  gemacht,  und 
nachdem  es  vor  drei  Monaten  bei  Rezonville  eine  Schafherde 
heimgesucht,  die  Schäfer  zu  großer  Wachsamkeit  zur  Nachtzeit  ge¬ 
nötigt.  Bei  einer  am  letzteu  Sonutag  veraustalteteu  Treibjagd  kamen 
nun  richtig  alle  sieben  Wölfe  in  Sicht;  der  Besitzer  des  jenseits  der 
Grenze  belegenen  Schlosses  Villers-aux-Bois,  einer  der  gewaltigsten 
Nimrode  hiesiger  Gegend,  erlegte  eine  starke  Wölfin,  während  ein 
zweites  der  Raubtiere  verwundet  wurde.«  *) 

In  der  Kölnischen  Zeitung  befindet  sich  unter  dem  15.  Januar 
1886  nachstehendes  aus  Forbach  gemeldet:  »Ein  Wolf  voü  großer 
Seltenheit  wurde  gestern  in  der  Jagd  des  Fabrikbesitzers  Adt  von 

o  o 

hier  in  dem  Staats wald  Frene  bei  Machern  durch  den  kaiser¬ 
lichen  Förster  Ruland  erlegt.  Derselbe  war  ziemlich  stark,  ganz 
schwarz,  unter  dem  Leibe  grau,  hatte  einen  laugen  gebogenen  Schweif 
und  sah  eher  einem  schweren  Hunde  als  einem  Wolf  ähnlich.  Ein 
zweiter  noch  stärkerer  Wolf  entwischte  leider  aus  dem  Treiben.  — 
Aus  Metz  wird  ferner  berichtet :  Es  war  gauz  kürzlich  am  hellen 
Mittage,  als  der  von  der  Kreisstadt  Chateau  -Sali  ns  nach 
Delme  fahrende  Handelsmann  Camille  Mouchot  auf  der  Landstrasse 
zwischen  den  genannten  Städtchen,  unfern  des  Waldes  von  Amele- 
court,  bemerkte,  daß  eine  Wölfin  seinen  hinter  dem  Wagen  laufenden 
Hund  verfolgte  und  immer  enger  umkreiste,  bis  es  endlich  zum  offenen 
Angriff  kam.  Der  Hund  wehrte  sich  tapfer,  während  die  Wölfin  an 
einer  Telegraphenstange  feste  Stellung  nahm  und  auch  nicht  wich, 
als  Mouchot  sie  durch  einen  Revolverschuß  an  der  Schulter  verwundete. 
Weitere  Schüsse  abzugeben,  verhinderte  ihn  das  enge,  wütende  Ringen 
der  beiden  Tiere.  Eilig  abgestiegen,  riß  Mouchot  einen  Baumpfahl 
aus  und  schlug  damit  auf  die  Bestie  ein.  Leider  wurden  über  deu 
Vorgang  die  Wagenpferde  scheu,  so  daß  der  Eigentümer,  von  der 
fast  sichern  Beute  ablassend,  äußerste  Mühe  batte,  dieselben  wieder 
zum  stehen  zu  briugeu.  So  riß  sich  die  Wölfin  los  und  entfloh 
unter  Geheul,  einen  starken  Blutstreifen  hinter  sich  lassend,  nach 
dein  Walde.  Zwei  Steinklopfer,  welche  jetzt,  zu  spät  auf  der  Kampf¬ 
stätte  ankamen,  verfolgten  das  Tier  im  Walde,  jedoch  ohne  seiner 
habhaft  zu  werden.  Der  Hund  kam,  Dank  seinem  mit  Stacheln  be¬ 
setzten  Halsbande,  mit  einer  starken  Bißwunde  am  Kopfe  davon.« 


*)  Metzer  Zeitung  vom  Dezember  1885. 


10 


Daß  die  Wolfsjagd,  abgesehen  von  der  Fang-Prämie,  ganz 
lohnend  ist,  mögen  folgende  Angaben  erweisen.  Das  Wolfsfell  ist  sehr 
gesucht.  Diesen  Winter  galten  die  Felle  von  jungen  schwachen  Wölfen, 
ohne  Schädel,  nur  mit  oberer  Kopfhaut,  gegerbt  und  als  Decken 
zubereitet,  in  Berlin  10  Mark.  Für  ein  größeres  ebenfalls  ohne 
Schädel  wurden  mir  30  Mark  abverlangt ;  zu  Weihnachten  1892 
machte  ich  in  einem  in  der  Auflösung  begriffenen  Kürchnergeschäft 
hierselbst  einen  guten  Gelegenheitskauf,  indem  ich  ein  zubereitetes 
sehr  schön  behaartes  Fell  eines  alten  Wolfs  für  30  Mark  erstand. 
Dasselbe  mißt  von  der  Schnauzen-  bis  zur  Schwauzspitze  1,57  m. 
Die  Breite  des  Fells  quer  über  die  Mitte  des  Rückens  gemessen  be¬ 
trägt  52  cm.  Derartige  Prachtfelle  werden  mit  40  Mark  gewöhnlich 
hierorts  bezahlt.  Es  laufen  auch  kleine  Wolfsfelle  von  ausgewachsenen 
Wölfen  unter,  diese  stammen  zumeist  von  den  russischen  Step¬ 
pen- Wölfen,  die  von  den  Kosakkeu  im  Winter  mit  der  Kugel¬ 
peitsche  getötet  werden  oder  von  den  ungarischen  Rohr- Wölfen 
aus  den  Niederungen  der  Theiß  und  der  Donau,  welche  man  in 
ähnlicher  Weise  auf  dem  sonst  sumpfigen,  im  ersten  Frühjahr  ge¬ 
frorenen  Gelände  zu  jagen  pflegt.  Für  die  beiden  in  Silber  zum 
Anhängen  am  Uhrring  gefaßten  Schneidezähne  eines  solchen  Klein- 
Wolfs  zahlte  ich  in  München  1887  4  Mark.  Fast  alle  Teile  des 
Wolfs  gelten  im  Volksglauben  als  heilkräftig  und  sind  sehr  gesucht. 
Die  Zähne  um  den  Kindern  das  Zahnen  zu  erleichtern,  sind  äußerst 
begehrt  und  geschätzt;  meist  erhält  man  aber  Fuchs-  oder  Hunde- 
Zähue  untergeschoben.  Die  Krallen  sind  nicht  minder  gesucht,  ln 
der  Apotheke  zu  Lassan  in  Neuvorpommern  fand  ich  unlängst 
getrockuete  Wolfsleber  als  Heilmittel,  und  so  ließen  sich  noch 
mancherlei  Verwendungen  nachweisen. 

Zum  Schluß  sei  bemerkt,  daß  der  Winter  1892/93  so  recht 
ein  Wolfs  winter  ist.  Eine  so  allgemein  durch  ganz  Europa 
verbreitete,  mit  gewaltigem  Schneefall  begleitete,  erschreckende  Kälte 
ist  in  unserem  Jahrhundert  nicht  oft  zu  verzeichnen.  Frost  und 
Schnee  treiben  das  hungrige  Geschlecht  des  Fenrir  von  den  Hoch¬ 
gebirgen  Sicilieus  und  den  spanischen  Sierras  so  gut  wie  von  den 
Waldgebirgen  der  Ardennen  in  die  Nähe  der  menschlichen  Wohnungen. 
Auf  dem  Schnee  ist  das  Raubtier  am  leichtesten  zu  verfolgen  und 
so  werden  wir  denn  in  diesem  Winter  wieder  sicherlich  von  ausgie- 
bigeu  Wolfsjagden  auch  in  Deutsch-Lothringen  hören. 


11 


\ 

Der  Wanderzag  der  Mainfische  im  Sommer  1892. 

Von  L.  Buxbaum,  Raunheim  a.  Main. 


In  No.  6  dieser  Monatshefte  vom  Juni  1892  habe  ich  über  den 
Wanderzug  der  Mainfische  im  Frühling  1892  berichtet  und  will  nun 
meine  diesbezüglichen  Beobachtungen  während  des  Sommers  hier 
folgen  lassen.  Im  Juli  letzten  Jahres  kamen  auf  einmal  größere 
Barben,  Barba  fluviatilis ,  angerückt,  Exemplare  von  50  bis  60  cm 
Länge,  die  sich  auf  den  Böden  der  einzelnen  Abteilungen  des  Fisch¬ 
passes  aufhielten  und  nur  selten  an  die  Oberfläche  kamen.  Es  waren 
nur  Weibchen,  die  so  viel  Laich  bei  sich  führten,  daß  sie  wie  aus- 
gestopft  aussahen.  Am  26.  Juli,  gegen  Abend,  wurden  in  einem 
Zeitraum  von  10  Minuten  12  Stück  Barben,  50  bis  60  cm  lang, 
mit  der  Hand  ergriffen,  herausgeholt  und  nachdem  sie  gemessen 
waren,  wieder  oberhalb  des  Fischpasses  eingesetzt.  Hierbei  habe  ich 
auch  die  Beobachtung  gemacht,  daß  die  aus  dem  Wasser  genommenen 
Fische  nicht  so  schnell  starben,  als  man  gewöhnlich  an  nimmt,  denn 
sie  können  ganz  gut  15  Minuten  aus  dem  Wasser  sein,  ohne  Schaden 
an  ihrem  Leben  zu  nehmen.  Am  folgenden  Tage  wurden  wieder 
14  Barben  von  derselben  Große  und  Beschaffenheit  aus  dem  Fischpaß 
aufgegriffen  und  wieder  eingesetzt.  Es  schien  denselben  nicht  sehr 
zu  eilen  mit  ihrer  Reise,  denn  sie  waren  so  träge,  daß  sie,  wieder 
in  das  Wasser  gesetzt,  hinabsanken  und  auf  dem  Platze  liegen 
blieben,  so  daß  man  sie  wiederholt  herausnehmen  konnte.  Hier  hätte 
man  Bruteier  zu  Millionen  bekommen  können,  weun  man  solche 
hätte  verwenden  wollen.  Es  drängt  sich  da  unwillkürlich  die  Frage 

auf:  Was  geschieht  nun  mit  diesen  Millionen  Eiern  V  Nun,  man 

r 

muß  wohl  annehmeu,  daß  ein  großer  Teil  zu  Grunde  geht,  allein 
es  müßten  doch  noch  so  viele  übrig  bleiben,  daß  die  Fischerei  im 
Main  wie  ehemals  ein  lohnendes  Gewerbe  sein  müßte,  was  leider 
nicht  der  Fall  ist,  und  mau  muß  immer  wieder  bedauern,  daß  das 
Main wasser  für  die  Fischzucht  nicht  mehr  geeignet  ist  und  daß  da- 

o  o 


durch  ein  großer  Teil  des  National-Reichtums  verloren  geht.  Dieser 
Zug  der  großen  Barben  währte  12  Tage  lang,  doch  habe  ich  nicht 
einen  einzigen  springen  sehen,  sie  gingen  alle  durch  die  Wasser¬ 
rinnen  aufwärts.  Jedenfalls  war  es  ihnen,  mit  dem  durch  Laich 
ausgestopften  Leibe  nicht  möglich,  zu  springen.  Wie  weit  diese 
großen  Fische  mainaufwärts  gehen  und  ob  sie  auch  in  Nebenflüßchen 
eindri ngen,  darüber  habe  ich  noch  keine  Beobachtungen  machen 


12 


können.  Daß  die  Hechte  zur  Laichzeit  in  die  kleine  Kelster  bei 
Kelsterbach  eiudriugen  und  sich  iu  das  seichte  Wasser  auf  den  Wiesen 
stellen,  habe  ich  schon  gesehen.  Im  August  und  September  war 
der  Fischpaß  mehrmal  auf  kurze  Zeit  von  Fischen  belebt,  meistens 
B  r  e  s  e  m  ,  Ahramis  brcuna,  und  M  u  1  b  e  n  ,  Aspius  rapcix ,  die  aber 
nicht  so  groß  waren  wie  die  Barbeu.  Am  27.  Juli  hatte  ein  kischei 
aus  Flörsheim  am  Kaual  eine  Mulbe  gefangen,  die  eine  Wasser¬ 
spitzmaus  verschluckt  hatte,  ein  Beweis,  daß  sie  auch  darauf  Jagd 
macht,  uud  daß  die  Spitzmaus  in  den  Fischen  einen  gefährlichen 
Feind  hat.  Im  letzten  Herbste  machten  die  Fischer  sehr  schlechte 
Geschäfte,  denn  es  ging  ihnen  sehr  oft  wie  dem  Petrus,  sie  hatten 
häufig  die  ganze  Nacht  gearbeitet  und  nichts  gefangen.  Als  aber 
der  Winter  kam  und  das  Wasser  durch  die  Kälte  heller  wurde,  da 
stellten  sich  besonders  die  Hechte  über  die  Krippen  in  das  lebendige 
Wasser  und  wurden  häufig  iu  großer  Anzahl  gefangen.  Nachdem 
am  11.  Dezember  die  Nadelwehre  umgelegt  waren,  kamen  viele 
Fische  aus  dem  Rhein  in  den  Main,  so  daß  die  Fischer  reiche  Beute 
machten.  Man  sieht  daraus,  daß  die  Nadelwehre  doch  viele  Fische 
abhalten  in  den  Main  zu  gehen,  und  weuu  zur  Hauptzugzeit,  wie 
schon  geschehen,  wegen  Hochwasser  die  Wehre  umgelegt  werden 
mußten,  so  kamen  die  Fische  in  Scharen  in  den  Main.  Am  30.  De¬ 
zember  hat  sich  das  Maineis  gestellt  und  nun  haben  die  Fischer 
Anstalten  getroffeu,  die  unter  dem  Eise  stehenden  Fische  mit  dem 
Streichgarne  heraus  zu  fischen.  Am  4.  Januar  1893  haben  sie  das 
Eis  iu  dem  Unterkaual  rundum  losgehauen  und  das  Netz  darunter 
durchgezogen,  wobei  mehrere  große  Körbe  mit  Fischen  gefüllt 
wurden.  An  den  folgenden  Tagen  haben  sie  den  Oberkanal  ebenso 
ausgefischt  und  auch  da  reiche  Beute  gemacht.  Es  ist  eiu  böses 
Stück  Arbeit,  bei  dieser  Kälte  zu  fischen  und  es  ist  den  Leuten  zu 
gönnen,  weuu  ihre  sauere  Arbeit  auch  einmal  belohnt  wird.  Von 
den  eingesetzten  Sandern  sind  keine  mehr  zu  sehen,  jedenfalls 
haben  sie  sich  in  den  Rhein  verzogen.  Auch  die  Lachse  zeigen 
keine  Lust  mehr,  iu  den  Main  zu  gehen ;  im  Rhein  wurden  dagegen 
einige  schöne  Exemplare  gefangen.  So  wurde  am  17.  Oktober  in 
Worms  eiu  Lachs  gefangen  von  40  Pfund  Gewicht  und  am  7.  No¬ 
vember  haben  die  Fischer  zu  Giusheim  eiuen  solchen  von  24  Pfund 
gefangen.  Am  22.  November  wurde  bei  Ginsheim  ein  weiblicher 
Lachs  von  20  Pfund  Gewicht  gefangen,  der  ganz  voller  Laich  war 
und  nach  Mainz  verkauft  wurde,  woselbst  er  zur  Zucht  verwendet 

•  j» 

werden  sollte.  Ob  letzteres  geschehen  ist,  kann  ich  nicht  sagen,  da 


-  13 


ich  nichts  Näheres  darüber  hören  konnte.  In  früherer  Zeit  kamen 
die  Lachse  häufiger  in  den  Main,  ebenso  Neunaugen,  Vetrouvyzou 
marinus ,  und  mitunter  wurde  auch  ein  Stör,  Accipenser  Sturia , 
gefangen.  Jetzt  kommt  letzterer  nicht  mehr  in  den  Main  schon 
wegen  der  Nadelwehre  und  das  Wasser  würde  ihm  erst  recht  nicht 
Zusagen.  Jetzt  bei  der  strengen  Kälte,  —  16°  und  —  18°  R,  stehen 
die  Fische  gewöhnlich  ganz  dicht  beisammen  unter  dem  Eise,  was 
man  von  oben  ganz  gut  sehen  kann,  die  kleinen  Fischchen,  welche 
sich  jetzt  an  die  offenen  Stellen  im  Eise,  hier  Schlote  genannt, 
wagen,  werden  von  den  Möven  und  Wildenten  erhascht,  die  an 
diesen  Stellen  baden  und  tauchen  und  gerade  jetzt  eine  harte  Zeit 
durchzumachen  haben. 


Mein  Rosa-Kakadu. 

Eine  ornithologische  Charakter  Studie. 

Von  Eduard  Rüdiger. 

Als  ich  vor  fünf  Jahren  nachmittags  durch  die  lebhafteste 
Straffe  unserer  Altstadt  ging,  fiel  mir  das  markerschütternde,  beharr¬ 
liche  Schreien  eines  groffen  Vogels  auf,  welches  alle  von  Menschen 
gleichzeitig  herrührenden  Geräusche  weit  hinter  sich  ließ.  Natürlich 
entdeckte  ich  ohne  jegliche  Nachfrage  den  Urheber,  einen  gesunden, 
tadellos  befiederten,  ungewöhnlich  großen  Rosa-Kakadu.  Billiger 
hätte  ich  ja  wohl  aus  erster  Hand  gekauft,  aber  der  Kamerad  schien 
mir  so,  wie  er  sich  gerade  gab,  für  Privatzwecke  sonderlich  passend, 
nämlich  zu  Hause  gewissermaßen  als  Rächer  für  die  Ohren  liebens¬ 
würdiger  Nachbarn  installiert  zu  werden,  daß  ich  froh  war, 
als  ich  ihn  mit  allen  seinen  unbekannten  Fehlern  mein  eigen 
uanute.  Seine  bisherige  Umgebung  atmete  förmlich  auf  —  schon 
abends  hielt  er  bei  mir  seinen  Einzug  unter  der  ausdrücklichen 
Gewährleistung,  daß  er  ja  auch  Papa  und  Kakadu  spreche. 

In  meinen  Erwartungen  bin  ich  indessen  nun  während  fünf 
Jahren  völlig  getäuscht.  Statt  eines  nichtsnutzigen  Schreiers  für  das 
offene  Fenster  habe  ich  den  prächtigsten  Gast  erworben,  der  nur 
äußerst  selten  sich  laut  meldet.  Kein  biederer  Freund  ahnt  nur,  daß 
ich  glücklicher  Besitzer  eines  privilegierten  Schreiers  aus  Australia  bin. 
Doch  das  ist  eigentlich  kein  Wunder.  Einerseits  unterblieb  jegliche 
Speichelein tiößung,  anderseits  ist  er  mit  Seinesgleichen  oder  einem 


u 


Gliede  meiner  Familie  ständig  in  Unterhaltung.  Zunächst  kam  der 
Kakadu,  selbstredend  in  einem  sicheren  Käfige,  in  die  längst  über¬ 
setzte  Vogelstube.  Hier  plauderte  er  ganz  nach  Belieben  mit  den 
anderen  Papageien  in  seiner  heimischen  Sprache.  Das  war  ihm  wohl 
lauge  nicht  vergönnt  gewesen. 

An  seinem  rechten  Fuß  hängt  noch  das  letzte  Glied  einer  Kette, 
absichtlich,  aber  einmal  wurde  es  schon  beinahe  verhängnisvoll;  er 
hatte,  außen  herumkletternd,  den  Fuß  von  unten  herauf  quer  nach 
oben  geschoben  und  wollte  ihn  trotz  der  da  verengerten  Drähte 
breit  wieder  heraus  haben.  Wäre  er  damals  gerade  allein  gewesen, 
hätte  er  zweifellos  das  Bein  gebrochen.  —  Beim  öfteren  Nägel¬ 
beschneiden,  ihm  offenbar  eine  Erleichterung,  hält  er  allemal  be¬ 
haglich  still. 

Wie  weit  er  bei  seinem  grauen  Alter  bereits  zahm  oder  wohl 
sprachbegabt,  das  mußte  erst  angesichts  seines  Riesenschuabels  vor¬ 
sichtig  ermittelt  werden,  doch  dauerte  es  keinen  Tag,  da  hatte  er 
gelernt,  das  durch  eigene  Schwere  fällende,  in  Ösen  gehende  massive 
Thürchen  listig  zu  heben  und  oben  auf  dem  Käfig  un vertreibbar 
Posten  zu  fassen.  Das  Thürchen  wurde  deshalb  festgebunden,  er 
ging  aus  und  ein  und  betrug  sich  stets  so  klaglos,  daß  er  eine 
bessere  Wohnung  wohl  verdiente.  Der  größte  Käfig,  so  geräumig, 
als  man  sie  überhaupt  fabriziert,  mit  Schaukel,  Bodeugitter,  Futter- 
und  Wassernapf  und  bequemer  großer  Thür  ist  ihm  denn  auch 
bereits  seit  Jahren  zur  Verfügung  gestellt.  Diese  prächtige  Be¬ 
hausung  konnte  indessen  nicht  anders  untergebracht  werden  als  auf 
einem  eigenen  Tischchen  in  der  sogenannten  guten  Stube.  Wenn 
ich  täglich  früh  dort  die  Uhr  und  den  Kalender  stelle  und  ihn  ab¬ 
sichtlich  nicht  beachte,  hat  er  längst  ausgeschlafen,  grüßt  und  bittet 
in  wenigstens  20  verschiedenen  glockenreinen  Tönen  und  hält  mir  glück¬ 
selig  dann  den  Kopf  entgegen,  damit  ich  ihn  möglichst  lange  kraue. 

•  • 

Uber  sechs  Monate  bereits  hatte  der  Kakadu  seine  einladende, 
kunstvolle  Schaukel  sonderbarerweise  ganz  und  gar  nicht  beachtet, 
als  ich  ihn  aber  eines  Morgens  zum  erstenmal  darin  antraf  und  die 
Familie  dazu  rief,  wie  er  sich  lustig  hin  und  her  trieb,  dauerte  es 
höchstens  noch  zwei  Stunden  und  der  daumendicke,  hölzerne,  ge¬ 
beizte  Sitz  war  spurlos  verarbeitet  und  verschwunden;  den  starken 
Drahtschenkeln  konnte  er  freilich  nichts  anhaben,  sie  sind  und 
bleiben  heute  noch  leer  und  werden  alle  Tage  vom  Vogel  selbst 
mit  Geschick  an  dem  einen  Teile  der  Käfigwand  eingehängt,  weil  — 

O  D  O  ' 

sie  ihm  andernfalls  bei  jeder  Beweguug  ins  Gesicht  schlagen. 


15 


An  dem  einzigen  quer  durch  den  Käfig  gehenden  Sitzholz  hat 
er  sich  in  fünf  Jahren  noch  nie  vergriffen,  wenn  ich  aber,  was  alle 
Tage  gar  oft  geschieht,  den  Zeigefinger  der  linken  Hand  hart  darauf 
lege,  so  steigt  er  mit  beiden  Füßen  langsam  und  behäbig  darauf, 
weiß  er  doch,  daß  jetzt  allemal  eine  schnelle  lustige  Fahrt  beginnt 
bis  hoch  hinauf  zum  hindernden  Querblech,  an  dem  ich  mich  selbst 
wegen  des  Tieres  Schwere  mit  dem  Daumen  festhalte.  Trotz  des 
offenbaren  Vergnügens,  oder  auch  gerade  deshalb,  weil  es  ihm 
immer  zu  kurz,  ist  der  Vogel  keineswegs  dankbar,  denn  so  oft  noch 
der  rückfahrende  Finger  ihn  auf  sein  Holz  wieder  absetzte,  mußte 
ich  sehr  flink  zurückziehen,  soust  biß  der  Heimtücker  mir  hier 
sicherlich  jedesmal  empfindlich  hinein.  Manchmal  gelang  das  früher 
und  das  Blut  spritzte.  Doch  das  Lustigste  ist,  wenn  die  voraus¬ 
gesehene  Fahrt  in  Wirklichkeit  gar  nicht  losgeht.  Da  hebt  und  rückt 
und  schiebt  sich  der  verblüffte  Gast  auf  dem  Fiuger,  steigt  daun, 
wie  im  höchsten  Verwundern,  ab,  guckt,  probiert  noch  einmal  uud 
geht  daun  langsam  schrittweise  aus  andere  Ende  der  Stange  —  um 
dennoch  einer  baldigen  neuen  Einladung  nicht  zu  widerstehen  und 
oft  wiederholt  gefoppt  zu  werden. 

Doch  unsere  Freundschaft  war  keineswegs  von  vornherein  so 
ungetrübt.  Als  Fritz,  so  heißt  er,  dank  eines  Familiengeheimnisses, 
eiumal  nicht  zum  Spielen  aufgelegt  war,  wohl  aber  ich,  kehrte  ich 
kurzer  Hand  meinen  langen  hölzernen  roten  Federhalter  um  uud 
gab  ihm  einen  durchaus  ungefährlichen  Stich  in  das  dichte  Gefieder. 
Schreiend  nahm  er  Reißaus  und  wenn  er  mich  monatelang  nur  von 
weitem  sah,  flüchtete  er  besonders  gern,  wenn  außerhalb  des  Käfigs, 
zu  meinem  Töchterchen,  von  dem  allem  auch  heute  noch  er  sich 
überhaupt  alles  gefallen  läßt. 

Wandert  er  in  einer  Stube  umher  und  stößt  auf  unbekannte 
Dinge,  so  macht  er  hart  davor  mit  gleichen  Füßen  einen  Sprung 
in  die  Höhe  und  fächert  mit  der  Haube.  Wenn  er  besonders  brav 
gewesen,  darf  er  sich  eine  Zeitlaug  im  Spiegel  betrachten.  Sein 
Gebahren  und  Minenspiel  dabei  ist  nicht  zu  beschreiben.  Mit  den 
denkbar  zärtlichsten  Tönen  begrüßt  er  sein  Bild,  dann  rückt  er 
überrascht  und  zögernd  näher,  als  wolle  er  vorfühlen,  fortwährend 
klappert  er  dabei  ganz  schnell  aber  leise  mit  dem  Schnabel  uud 
schaut  verdutzt  nach,  wenn  der  Vogel  mit  dem  Spiegel  gewisser¬ 
maßen  abfliegt.  Ungeheuer  schwerfällig  ist  der  darum  äußerst 
seltene  Zimmerflug.  Offenbar  hat  er  in  Freiheit  nie  seine  Schwingen 
entfaltet  uud  wenn  er  sich  nun  hier  durch  ein  förmliches  Luft- 


—  16  - 

einpumpen  flugfähig  machen  will,  keucht  und  pustet  er  zum  Stein¬ 
erbarmen  vorher  und  nachher,  obwohl  er  keineswegs  an  Fettsucht 
leidet,  und  klammert  sich  verzweifelt  oben  auf  seinem  geliebten 
Käfig  fest,  wenn  es  ihm  gelingt,  sich  dorthin  wieder  in  vermeint¬ 
liche  Sicherheit  zu  bringen. 

Eine  sonderbare  Dummheit  finde  ich  darin,  daß  der  Kakadu 
auch  nicht  ein  Stückchen  von  dem  selber  aufhebt,  was  ihm  durch 
das  Gitter  auf  den  Käfigboden  absichtslos  entfällt.  Mit  dem  Schnabel 
und  den  Füßen  könnte  er  in  jedem  Falle  leicht  dorthin  gelangen, 
aber  er  ruft  stets  so  lange  sehr  deutlich  Minna,  bis  jemand  kommt 
und  hilft.  Ruft  man  ihm  Fritz  zu,  so  giebt  er  meistens  ein  helles 
Hier  zurück,  aber  die  gesamte  Naturphilosophie  ist  ja  darin  einig, 
daß  kein  Vogel  versteht,  was  er  »spricht«.  Für  beliebige  Mahl¬ 
zeiten  sind  im  Käfig  ständig  Hanf,  Mais,  Kanariensaat,  Sonnen¬ 
blumen  und  indische  Nüßchen  geboten,  aber  sonst  lebt,  ißt  und 
triukt  der  Hausgenosse  ganz  pünktlich  mit  uns.  Morgens  Kaffee 
mit  Weck,  mittags  sind  namentlich  Kartoffelbrei,  Kart  flfelklöße, 
Ivartoffelpfannkucheu,  Eierpfannkuchen,  breite  Eier-Nudeln,  die 
während  des  Schnabulierens  laug  heruuterhängen,  seine  Leibgerichte, 
aber  über  schöne  Wallnüsse  ließe  er  sich  womöglich  tot  schlagen. 
Eine’  von  mir  aus  mühsam  zwischen  die  starken  Käfigdrähte  fest 
verflochtene  sehr  derbe  Ruthe  wird  erst  an  einem  Ende  bearbeitet, 
als  aber  lange  alle  Mühe  umsonst,  das  andere  mit  Erfolg  in  An¬ 
griff  genommen.  Manchen  Tag  werden  20  frische  Fichtenzapfen, 
die  ich  von  meinen  Spaziergäugen  aus  dem  nahen  Walde  mit  heim 
bringe,  verarbeitet,  sind  sie  zu  umfassen,  dann  sitzt  er  dabei  auf 
seiner  Stange,  andernfalls  auf  dem  Käfigboden,  ruht  aber  nie,  bis 
er  als  Tagewerk  auch  das  letzte  erreichbare  Stück  bewältigt  hat. 

Er  badet  nie  freiwillig,  obwohl  er  jeden  Morgen  reichlich 
frisches  Wasser  erhält.  Eiumal  hatte  er  sich  zwischen  dem  Körner¬ 
futter  ein  höchst  selten  gebotenes  Zuckerstückchen  aufgehoben.  Als 
er  eine  Weile  Kaffee  getrunken,  bricht  er  ab,  als  ob  ihm  plötzlich 
etwas  eiufiele,  geht  an  die  audere  Käfigseite  und  bringt  richtig-  den 
Zucker,  wirft  ihn  aber  nicht,  wie  erwartet,  in  den  Kaffee,  sondern 
beißt  einzelne  Stückchen  ab,  frißt  sie  und  trinkt  dazu,  was  natürlich 
zur  Folge  hat,  daß  der  Rest  naß  auseinanderfällt.  Am  6.  Mai 
abends  7  Uhr  erhielt  er  ein  Stück  steinhartes  Weißbrot.  Nachdem 
er  etwa  ein  Viertel  davon  verzehrt,  trug  er  das  Übrige  im  Schnabel 
in  seinen  Wassernapf,  wartete,  holte  es  heraus  und  speiste  weiter; 
nach  wenigen  Bissen  trug  er  es  wieder  ins  Wasser,  wartete  länge 


17 


und  noch  zweimal  weichte  er  den  Rest  ein,  bevor  er  ihn  befriedigt 
verzehrte.  Offenbar  muß  er  die  Wirkung  des  Wassers  auf  Brot 
genau  kennen. 

Die  Mauser  ve  lief  regelrecht,  kein  Federchen  fehlt,  keins  ist 
auch  nur  zerknickt.  Täglich  unterhielt  er  sich  halblaut  durch  zwei 
Zimmerthüren  mit  der  gestorbenen  Nymphe.  —  Mein  unvergessener 
Gebirgslori  ruhte  oft,  wenn  ich  schrieb,  stundenlang  mir  bewegungs¬ 
los  im  Nacken,  der  Rosakakadu  aber  sitzt  gravitätisch  vor  mir,  so 
aufmerksam  und  neugierig,  als  wollte  er  selber  schreiben  lernen, 
dabei  greift  und  beißt  er  plötzlich  nach  dem  raschelnden  Ding, 
dem  nämlichen  roten  Halter,  vor  dem  er  früher  entsetzt  geflohen, 
daß  ich  gewaltig  aufpassen  muß.  Im  Zimmer  wird  nie  Licht  ge¬ 
brannt,  wenn  es  also  dämmert,  zieht  er  sich  ins  dunkelste  Plätzchen 
des  Käfigs  neben  einem  Schranke  zurück.  Trotzdem  kommt  er  aber 
auf  Anrufen  jederzeit  wieder  nach  vorn  hin,  hat  er  jedoch  keinerlei 
Lust  mehr  zum  Spielen  in  so  später  Stunde,  schreit  und  beißt  er  nicht, 
sondern  richtet  bloß  stillschweigend  seine  prächtige  Haube  dem  Besucher 
entgegen  —  wohl  weil  er  meint,  sich  dadurch  größer  und  gefährlicher 
aussehend  zu  machen.  Wieder  eine  zweifellos  überlegte  Handlung. 

Ob  es  andern  Beobachtern  auch  so  geht?  Mich  erinnert  jedes 
Vogelangesicht  an  ein  bekanntes  Menschenantlitz,  zwischen  denen 
ich  mühelos  unverkennbare  Charakterähnlichkeiten  herausfinde. 
Weiter  gähnt  mein  gefiederter  Freund  rein  menschlich,  auch  hält 
er  ein  Mittagsschläfchen,  wie  manche  bevorzugte  Menschenkinder 
und  zeigt  zu  verschiedenen  Zeiten  verschiedenen  Geschmack.  Kartoffel- 
pfanukuchen,  einst  in  unglaublicher  Menge  verzehrt,  beliebte  später 
so  wenig,  daß  auch  das  kleinste  Stückchen  versuchsweise  angeboten 
ein  ersichtliches  Schaudern  verursachte. 

Angst  und  Schrecken  ergriff  ihn,  wenn  man  zufällig  einen  der 
großen  ausgestopf’teu  Vögel,  die  er  ständig  nur  entfernter  vor  sich 
hat,  neben  den  Käfig  stellt,  dagegen  kommt  er  keineswegs  aus  dem 
inneren  Gleichgewicht  vor  einer  lebenden  Maus,  die  manchmal 
allzunah  an  ihm  vorüberhuscht,  bevor  sie  ihr  Schicksal  ereilt. 
Schabernack  treibt  ‘der  Schelm,  sobald  es  ihm  nur  gelingt,  von 
irgend  jemand  ein  echtes  Haarbüschel  zu  ergreifen.  Sein  altkluger, 
verständnisinniger  Blick  gewinnt  Freunde  und  zärtlich  schmeichelt  er 

o  cj 

sich  an,  wenn  er  frei  im  Freien  den  köstlichen  Sommermorgen  mitgenießt. 

Aus  so  vielen  verschiedenen  Angenblicksbildern  setzen  sich 
Vogelleben  und  Vogelseele  zusammen. 


Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXIV.  18915. 


2 


18 


Lebendes  Winterfutter  für  insektenfressende  Stubenvögel. 

Von  Staats  von  Wacquant-Geozelles. 


»Variatio  delectat  —  Abwechslung  gefällt«,  dieses  so  oft  eitierte 
Wort,  welches  mau  wohl  fälschlich  dem  alten  Horaz  oder  auch 
dem  biederen  alten  Fabeldichter  Phaedrus  in  die —  Sandalen  schiebt, 
—  (während  von  ihnen  thatsäcklich  »veritas«,  die  Wahrheit  oder  von 
Phaedrus  »varietas«  :  Buch  II.  Prolog.  V.  10.  gesagt  worden)  —  muß 
ganz  besonders  vom  Liebhaber  und  Besitzer  insektenfressender  Vögel 
beherzigt  werden.  —  Variatio,  Abwechslung,  —  wie  überaus  wichtig 
und  unumgänglich  notwendig  ist  sie  für  das  ungestörte  Gedeihen 
so  vieler  der  genannten  Vögel  und  —  wie  wenig,  wie  unzulänglich 
vermag  sie  ihnen  der  Vogelwirt  (besonders  im  Winter)  zu  bieten  ! 
»Lebendes  Futter«;  —  —  was  haben  wir  denn  außer  dem  Mehl¬ 
wurm  in  dieser  Hinsicht  für  unsere  Lieblinge  ? —  Ich  habe  nun  ein 
ander  weites  »lebendes  Futter«,  welches  dem  Mehlwurm  stark  Kon¬ 
kurrenz  macht,  die  Ameisenpuppen  aber  in  vielen  Fällen  übertrifft; 
und  da  ich  seit  langem  damit  operiert  und  von  meinen  Vögeln  nur 

Dank  geerntet  habe,  so  werde  ich  dieses  Futter  heute  empfehlen. 

•  • 

Ähnlich  nämlich,  wie  man  sich  zu  dem  in  Frage  stehenden 
Zwecke  einen  »Mehlwurmtopf«,  die  »Mehlwurm-Anstalt«,  anlegt,  so 
habe  ich  mir  außerdem  ein  »Muscarium«,  eine  »Fliegen-Anstalt«, 
hergerichtet. 

Ich  verfahre  dabei  folgendermaßen:  Im  letzten  sonnigen  Monate 
des  Jahres,  ja  selbst  noch  in  den  letzten  sonnigen  Wochen  oder 
gar  Tagen  des  Herbstes  verschaffe  ich  mir  Kadaver  von  Fuchs, 
Katze  oder  Rabenvögeln  etc.,  um  sie  an  sonnigen,  abgelegenen  Stellen 
den  Schmeißfliegen  preiszugeben. 

Ist  die  Zeit  günstig,  so  stellen  sich  alsbald  Massen  der  großen 
schwarzblauen  Schmeißfliege,  »Brummer«,  Calliphora  vomitoria,  und 
der  großen  Goldfliege,  Musca  caesarea ,  ein  und  wimmeln  die  Kadaver 
alsbald  von  deren  Maden,  welch’  letztere  unglaublich  schnell  wachsen, 
so  zwar,  daß  sie  —  erst  einige  Tage  langsamer  wachsend  —  plötzlich 
in  20  Stunden  um  das  200-fache  ihres  Gewichtes  zunehmen  ! 

Nunmehr  lege  ich  diese  Kadaver  in  ein  altes,  weitmaschiges 
Drahtsieb,  auf  Drahtgeflecht,  Blech  oder  Holz  und  stelle  letztere 
Gegenstände  so  über  eine,  mit  lockerer  Erde  angefüllte  Tonne  oder 
über  andere  Gefäße,  daß  die  zur  Verpuppung  aus  dem  Tierkörper 
hervorkriechenden  Maden  darin  aufgefangen  werden.  Auf  diese 


19 


Weise  komme  ick  in  Besitz  von  Tausenden,  —  wenn  ick  will 
Hunderttausenden  —  von  Puppen  der  genannten,  von  fast  allen  Vögeln 
mit  Gier  befekdeten  Fliegenarteu. 

Die  Maden  als  solche,  und  ebenso  die  etwa  in  »Fliegengläsern« 
draußen  massenweise  eingefangen eu  Brummer  würden  unseren  Stuben- 
vögelu  unter  Umständen  schädlich  sein  können;  ist  mir  doch  z.  B. 
im  Jahre  1888  eine  ganze  Voliere  an  auf  diese  Weise  eingefangenen 
Schmeißfliegen,  welche  sich  an  irgeud  einem  Gifte  des  Kadavers 
vollgesogen,  sehr  schnell  ausgestorben!  —  Die  Puppen  oder  »Tönnchen« 
dieser  Fliegen  können  dahingegen  ohne  das  geringste  Bedenken  an 
die  Vögel  verfüttert  werden. 

Ohne  sonderliche  Mühe  habe  ich  schon  mehrfach  einen  so  großen 
Vorrat  an  Puppen  zusammeugebrackt,  daß  ich  während  des  ganzen 
Winters  Tag  für  Tag’  mehrere  Hundert  davon  au  alle  möglichen 
(selbst  größere)  Vögel  verfüttern  konnte.  Ich  verfahre  iudesseu 
auch  noch  ganz  anders  mit  dieser  Nahrung.  Jeden  Tag  hole  ich  mir, 
je  nach  Bedarf,  davon  mehr  oder  weniger  ius  warme  Zimmer,  lege  sie 
in  ein  mit  Erde  angefülltes  Gefäß,  stelle  dieses  in  die  Voliere  und 
bedecke  es,  um  die  Vögel  abzuhalten,  mit  weitmaschigem  Drahtgeflecht. 

Die  Puppen  würden  draußen  den  Winter  durchschlafen  haben, 
- —  hier  im  warmen  Zimmer  aber  werden  sie  in  kürzerer  oder 
längerer  Zeit  durch  die  Wärme  gezeitigt,  das  fertige  Insekt  kriecht 
durch  das  Drahtgeflecht  und  wird  —  dankbarst  verspeist ! 

Was  es  für  die  Insektenfresser  bedeutet,  jeden  Tag  einige 
hundert  lebender  Puppen  oder  aber  lebender  —  wenn  auch  etwas  »leer- 
leibiger«  —  Insekten,  (resp.  beides  gleichzeitig)  »i  n  veritate«  und  »ad 
variationem«  zu  haben,  das  wird  jeder  Vogelwirt  wissen! 

Selbstverständlich  muß  der  »Vorrat«  draußen 
verbleiben. 


Bericht  über  die  Versammlung  des  Deutschen  Vereins  zum 

Schutze  der  Vogelwelt,  zu  Gera. 

Herr  Vorsitzender  Wangelin  eröffnete  die  Versammlung  mit  herzlicher 
Begrüßung  der  Anwesenden  und  erstattete  darauf  den  Jahresbericht.  Hiernach 
hatte  der  Verein  im  verflossenen  Jahre  eine  Gesamteinnahme  von  M.  9809  zu 
verzeichnen.  Darunter  befanden  sich:  M.  508  als  Bestand  aus  dem  Vorjahre, 
M.  5400  Mitgliederbeiträge,  M.  100  für  Einbanddecken  zur  Monatsschritt  des 
Vereins,  M.  1539  für  die  erste  Vogeltafel,  M.  555  für  die  zweite  (in  diesem 
Jahre  hei  Leutzsch)  in  Gera  erschienene  Vogeltafel,  und  M.  1500  auf  das  Spar* 


20 


kassenbuch  erhobener  Betrag.  Die  Erhebung  dieses  Betrages  war  erforderlich 
in  Rücksicht  auf  die  Herstellung  der  zweiten  Vogeltafel.  Die  Gesamtausgabe 
betrug  M.  8895,  so  daß  noch  ein  Barbestand  von  M.  904  vorhanden  ist.  Dazu 
kommen  noch  die  rückständigen  Mitgliederbeiträge  in  der  Höhe  von  M.  740 
und  ein  Konsols  von  M.  300  nebst  Zinsen,  so  daß  das  gegenwärtige  Barver¬ 
mögen  des  Vereins  in  Summa  M.  1332  beträgt.  Unter  den  Ausgaben  befanden 
sich  u.  a.  folgende  Posten:  M.  3166  für  Druckkosten,  M.  2358  für  die  Her¬ 
stellung  von  Bildern  und  Abbildungen,  M.  684  Honorarkosten  für  gelieferte 
Aufsätze,  M.  278  Kostenverläge  für  Vorstandsmitglieder,  M.  420  Verwaltungs¬ 
kosten,  M.  800  für  Porto,  M.  600  für  das  Aufziehen  von  Bildern.  Von  der 
zweiten  Bildertafel  sind  10,000  Exemplare  hergestellt  worden.  Sobald  die¬ 
selben  einmal  sämtlich  abgesetzt  sein  werden,  wird  der  Verein  durch  das 
Unternehmen  einen  Reinertrag  von  ca.  M.  18,000  erzielt  haben.  Die  Zahl  der 
Mitglieder  des  Vereins  beträgt  zur  Zeit  ca.  1350.  Mit  Rücksicht  auf  den  Um¬ 
stand,  daß  in  letzterer  Zeit  einige  Austrittserklärungen  erfolgt  sind  unter  dem 
Vorgeben,  der  Verein  treibe  »zu  wenig  Tierschutz«,  sah  der  Herr  Vorsitzende 
sich  veranlaßt,  darauf  hinzuweisen,  daß  die  Hauptaufgabe  des  Vereins  darin 
bestände,  der  Kenntnis  der  Vögel  immer  weitere  Verbreitung  zu  verschaffen; 
denn  nur  das  könne  man  wahrhaft  lieben  und  schützen,  was  einem  auch  wirk¬ 
lich  bekannt  sei.  Den  einzelnen  kleineren  Vereinen  liege  es  dann  hauptsäch¬ 
lich  ob,  specielle  Vogelschutzvorschriften  an  den  einzelnen  Orten  zu  erlassen. 
Eine  von  einer  Dame  in  Oelsuitz  an  die  Generalversammlung  gerichtete  Zu¬ 
schrift,  worin  auf  den  stark  betriebenen  Vogelfang  in  jener  Gegend  hingewiesen 
wurde,  wird  der  Vorstand  des  Vereins  an  maßgebender  Stelle  zur  Kenntnis 
bringen.  Herr  Wangelin  schloß  seiue  geschäftlichen  Mitteilungen  mit  der  Ver¬ 
sicherung,  daß  der  Vorstand  nach  wie  vor  seine  ganze  Kraft  zur  Förderung  der 

* 

edlen  Bestrebungen  und  Interessen  des  Vereins  einsetzen  werde. 

Herr  Student  Kleinschmidt  aus  Marburg  hielt  darauf  einen  sehr  an¬ 
sprechenden  Vortrag  über  »seine  Lieblinge«,  die  Raubvögel.  Redner,  welcher 
namentlich  auf  diesem  Gebiete  zahlreiche  Naturstudien  gemacht  hat,  bekämpfte 
gleich  von  vornherein  jene,  insbesondere  in  Jägerkreisen  häufig  unzutreffende 
Ansicht,  nach  welcher  es  verdienstlich  sei,  die  Raubvögel  zu  vertilgen.  Auch 
die  Raubvögel  verdienten  von  den  Menschen  geschützt  zu  weiden.  Das  Weg¬ 
schießen  dieser  Tiere  ist  nach  Ansicht  des  Herrn  Kleinschmidt  nur  gerecht¬ 
fertigt,  wenn  die  geschossenen  Exemplare  an  Museen,  Schulen  etc.  übergeben 
werden  sollen.  Obwohl  gerade  die  Raubvögel  von  der  Natur  mit  so  vorzüg¬ 
lichen  Schutzorganen  ausgerüstet  seien,  wie  kein  anderer  Vogel,  so  sei  bei  der 
heutigen  Vervollkommnung  der  Fangmethoden  doch  die  Gefahr  vorhanden,  daß 
einzelne  Arten  unserer  Raubvögel  in  kurzer  Zeit  gänzlich  ausgerottet  werden 
würden.  Seine  Forderung:  »Schützet  jeden  Raubvogel!«  begründet  Referent 
damit:  1)  Die  Raubvögel  verdienen  den  Schutz  um  ihrer  Schönheit  und  um 
das  Interesse  der  Menschen  um  dieser  Schönheit  willen;  2)  weil  sie  nicht 
schädlich  sind  und  3)  weil  die  Raubvögel  sehr  nützliche  und  notwendige 
Glieder  in  dem  Naturganzen  bilden.  Redner  schilderte  nun  zunächst  in  leben¬ 
diger  Weise  alle  Schönheiten  der  Raubvögel,  um  sodann  für  die  einzelnen 
Raubvogelarten  nachzuweisen,  daß  sie  zumeist  mit  Unrecht  in  dem  Rufe  stehen 
nur  »Räuber«  zu  sein.  Das  meiste  Interesse  nahmen  die  Ausführungen  über 
den  dritten  Punkt  für  sich  in  Anspruch.  Redner  führte  hierbei  u.  a.  folgendes 


21 


aus.  Die  Raubvögel  sind  nicht,  wie  man  früher  glaubte,  dazu  bestimmt,  ge¬ 
wisse  Tiergattungen  zu  vermindern,  sondern  ihnen  fällt  in  dem  großen  Natur¬ 
ganzen  vielmehr  die  Aufgabe  zu,  die’  Organismen  in  der  Natur  vor  einem 
Degenerieren  zu  schützen.  Es  ist  eine  erwiesene  Thatsache,  daß  ein  Raubvogel 
zehnmal  vergeblich  auf  eine  Beute  losschießt,  ehe  er  einmal  sein  Ziel  erreicht. 
In  der  Regel  sind  es  kranke  Tiere,  bereits  angeschossene  Exemplare,  die  dem 
Raubvogel  zum  Opfer  fallen.  Falken  und  Habichte  stoßen  ferner  stets  auf 
Tiere,  die  durch  auffallende  Färbung  sich  auszeichnen.  So  sind  der  Verfolgung 
der  Raubvögel  ganz  besonders  die  Albinos  ausgesetzt.  Wenn  weiße  Schwalben 
zuweilen  im  Herbste,  nie  aber  im  Frühjahr  beobachtet  werden,  so  hat  das 
seinen  Grund  in  der  eben  angeführten  Thatsache.  In  gewissem  Zusammen¬ 
hang  steht  gewiß  auch  die  Erscheinung,  daß  in  Chile,  wo  die  Albinos  unter 
den  Tieren  auffallend  stark  vertreten  sind,  auch  die  Raubvögel  stärker  als 
anderswo  auftreten.  Dem  sehr  scharf  ausgebildeten  Auge  des  Raubvogels  fällt 
es  sofort  auf,  wenn  irgend  ein  Tier  abnorm  gebildet  ist;  dieses  wird  ihm  auch 
bald  zum  Opfer  fallen,  und  zwar  zum  Segen  für  das  Naturganze;  denn  abnorm 
gebildete  Individuen  würden  doch  nur  gleiche  Nachkommen  erzeugen  und  so 
beitragen  zu  einer  Degeneration  der  Organismen.  Aus  diesem  Grunde  bilden 
die  Raubvögel  einen  sehr  wichtigen  Bestandteil  des  Naturganzen;  letzteres 
würde  geschädigt  werden  durch  Massenvernichtung  jener  Tiere.  Durch  die 
hier  und  da  eiugeführten  Schießprämien  für  einzelne  Vögel  wird  der  Natur 
ein  sehr  schlechter  Dienst  erwiesen.  Ein  wahrer  Vertreter  des  Vogelschutzes 
wird  nur  der  sein,  der  auch  die  Raubvögel  schützt.  —  Redner  erntete  reichen 
Beifall.  —  Herr  Kleinschmidt  legte  sodann  noch  eine  Anzahl  ausgestopfter 
Vögel  (Subspecies  von  der  Schwanzmeise,  dem  Eisvogel,  Dompfaff,  Baumläufer 
u.  a.)  zur  Ansicht  vor  und  forderte  auf,  allenthalben  die  Subspecies  genau  zu 
beobachten  und  den  Gründen  für  die  Abarten  nachzuspüren.  — 

In  einem  zweiten,  beifällig  aufgenommenen  Vortrage  verbreitete  sich  Herr 
Hofrat  Professor  Dr.  Liebe  über  das  neuerdings  ins  Werk  gesetzte  Unternehmen, 
in  ganz  Deutschland  die  Trivial-Namen  (Volks-Namen)  unserer  Vögel  zu  sam¬ 
meln.  Redner  beleuchtete  sowohl  den  Zweck  des  Unternehmens,  wie  auch  die 
Schwierigkeiten,  unter  denen  derselbe  nur  durchgeführt  werden  kann.  —  Dem 
Rechnungsführer  wurde  für  die  inzwischen  geprüfte  Jahresrechnung  Decharge 
erteilt  und  dankte  Herr  Vorsitzender  Wangeliu  für  die  freundliche  Aufnahme 
in  Gera.  Herr  Lehrer  E.  Fischer  sprach  dem  Vorstande  des  Vereins  für  seine 
Mühewaltungen  den  Dauk  der  Versammlung  aus,  welchen  diese  noch  durch 
Erheben  von  den  Sitzen  bethätigte. 

Die  Firma  Franz  Friedrich  hier  hatte  eine  reiche  Sammlung  von  Vogel- 
futter  aller  Art  ausgestellt.  Reuß-Geraer  Ztg. 


Bericht  über  (len  Zoologischen  Garten  zu  Dresden  über  die 
Zeit  vom  1.  April  1891  bis  31.  März  1892. 

Unser  Hauptaugenmerk  hatten  wir  der  Fertigstellung  und  Einrichtung 
unseres  Konzert-  und  Gesellschaftshauses  zuzuwenden. 

Nachdem  uns  am  3.  Weihnachtsfeiertage  die  Ehre  und  Freude  zu  teil 
geworden  war,  beide  städtische  Kollegien  und  den  Vorstand  der  königlichen 


Amtshauptmannschaft  Dresden-A.,  Herrn  Geh.  Reg.-Rat  Dr.  Schmidt,  sowie 
die  Vertreter  der  Presse  und  andere  zahlreiche  Freunde  des  Gartens  in  dem 
neuerbauten  Hause  zu  begrüßen,  eröffneten  wir  dasselbe  am  2.  Januar  1892 
mit  einem  gutbesuchten  Konzert. 

Wie  aus  der  beigefügten  Bilanz  ersichtlich  ist,  beliefen  sich  die  für  den 
Bau  bis  zum  81.  März  1892  aufgewendeten  Kosten  auf  353,385  Mk.  46  Pf. 
Inzwischen  ist  die  gesamte  Abrechnung  fertiggestellt  worden  und  danach 
beträgt  der  Aufwand  überhaupt  und  einschließlich  der  Kosten  für  die  elektrische 
Beleuchtung,  für  das  Inventar  und  für  die  Leitung  des  Baues  414,635  Mk.  62  Pf 

Unsere  gesamten  Betriebs-Einnahmen  hatten  unter  der  Ungunst 
der  Witterung  des  Sommers  zu  leiden  und  stellten  sich,  unter  Ausschluß  der 
Gebühren  bei  Erneuerung  d’er  Eintrittskarten  für  Aktionäre  und  der  verein¬ 
nahmten  Zinsen,  auf 

Mk.  110,283.  21 

gegen  „  110,560.  56  in  1890/91, 

somit  um  Mk.  277.  35  in  1891/92  niedriger. 

Die  Einnahmen  für  Pacht  der  Restauration  erhöhten  sich  um  nur 
4400  Mk.  gegen  das  Vorjahr,  weil  dem  Pächter  der  alten  Restauration  in  Be¬ 
rücksichtigung  der  durch  das  neueröffnete  Konzerthaus  umgestalteten  Verhält¬ 
nisse  für  sein  letztes  Pachtquartal,  1.  Januar  bis  31.  März  1892,  eine  Ermäßigung 
in  Höhe  von  600  Mk.  vertragsmäßig  zugestanden  worden  war. 

Neu  sind  in  der  angefügten  Gewinn-  und  Verlust-Rechnung  die  Einnahme¬ 
posten:  Garderoben pacht  mit  250  Mk.  für  das  erste  Quartal  1892  und  der 
Erlös  aus  Saalvermietungen  mit  475  Mk. 

Für  Eintrittskarten  wurden 

Mk.  75,376.  10 

gegen  „  77,862.  98  in  1890/91, 

das  ist  Mk.  2,486.  88  in  1891/92  weniger. 

vereinnahmt. 

Auch  das  Abonnement  ergab  nur 

Mk.  17,052.  50 

gegen  „  19,240.  —  in  1890/91, 

somit  Mk.  2,187.  50  in  1891/92  weniger. 

Das  Pony-Reiten  brachte  uns  eine  reine  Einnahme  von 

Mk.  1416.  15, 

d.  i.  Mk.  161., 91  weniger  wie  im  Vorjahre. 

Die  Einnahmen  aus  Bälgen,  Kadavern,  Federn  und  Dünger  sind  gegen 
das  Vorjahr  etwas  niedriger,  dagegen  ist  der  Erlös  aus  verkauften  Führern 
Programmen,  Eiern  u.  s.  w.  höher. 

Im  verflossenen  Geschäftsjahre  wurden  19  Sommer-Konzerte  und  22 
Winter-Konzerte  abgehalten. 

Die  billigen  Sonntage  brachten  in  unveränderter  Weise  regen  Besuch. 

Die  Betriebsausgaben  beliefen  sich  einschließlich  der  Hypotheken- 
isinsen  auf 


23 


Mk.  112,009.  59 

gegen  »  107,426.  20  in  1890/91 

somit  um  Mk.  4,583.  39  in  1891/92  höher. 

Die  Inbetriebnahme  des  Konzerthauses  verursachte  erhöhte  Ausgaben 
in  den  verschiedenen  Positionen,  ganz  besonders  an  K  onz  ertspese  n.  Letztere 
betrugen 

Mk.  4,291.  20 

gegen  «  1,453.  70  in  1890/91 

somit  Mk.  2,837.  50  in  1891/92  mehr. 

Die  gegen  das  Vorjahr  eingetretene  Erhöhung  des  für  Fütterung  auf¬ 
gewendeten  Betrags  findet  ihre  Ursache  in  dem  allgemeinen  Steigen  der  Lebens¬ 
mittelpreise. 

Der  Beitrag  zur  Alters-  und  Invalidenrente  für  das  ständige  und  nicht¬ 
ständige  Personal  ergiebt  den  Mehrbetrag,  welchen  die  Position  Krankenkassen- 
etc.  Beiträge  gegen  das  Vorjahr  aufweist. 

Endlich  finden  die  gegen  das  Vorjahr  eingetretene  Erhöhung  auf  dem 
Conto:  Unkosten  der  Ausstellungen  ihren  Grund  in  der  Veranstaltung  von 
4  Ausstellungen  gegen  eine  im  Vorjahre.  Es  fanden  zu  gleicher  Zeit  eine 
Nordpolar-,  Schwertwal-  und  eine  uordostsibirische  Ausstellung  des  Reisenden 
Herrn  Otto  Herz  aus  Blasewitz  statt.  Letzterer  hat,  wie  auch  später  Herr 
Georg  Hübner  von  hier,  für  seine  peruanische  zoologisch- ethnographische 
Ausstellung  keine  Entschädigung  verlangt,  sondern  die  Sammlung  dem 
Garten  unentgeltlich  zur  Verfügung  gestellt,  wofür  wir  beiden  Herren  auch  an 
dieser  Stelle  nochmals  unseren  Dank  aussprechen. 

Besucht  wurde  der  Garten  im  verflossenen  Geschäftsjahre  von 

187,752  Personen,  die  volles  Eintrittsgeld  zahlten, 
gegen  189,802  «  in  1890/91 

somit  von  1,550  Persouen  weniger. 

Nach  der  Höhe  des  Eintrittsgeldes  verteilt  sich  die  Zahl  der  Besucher 
in  folgender  Weise: 


49,004 

Karten  zu 

75 

Pfennigen 

gegen 

48,533 

in 

1890/91 

17,210 

»  » 

60 

» 

» 

16,105 

» 

» 

21,783 

»  » 

50 

16,342 

» 

18,352 

»  » 

80 

» 

» 

17,473 

» 

67,634 

»  » 

25 

» 

79,558 

» 

292 

»  » 

15 

» 

— 

» 

» 

13,477 

»  » 

10 

» 

11,291 

K> 

Ermäßigte  Eintrittspreise  wurden 

113  Volksschulen  mit  312  Lehrern  und  8215  Kindern 

gegen  105  »  »  224  »  »  5811  »  in  1890/91. 

somit  8  Volksschulen  mit  88  Lehrern  und  2404  Kindern  in  1891/92. 

mehr  gewährt,  während  von  den  Dresdner  öffentlichen  Elementarschulen 

780  Lehrer  und  28,160  Kinder 
unentgeltlichen  Zutritt  genossen. 


24 


Der  Tierbestand  war  am  31.  März  1892  folgender: 

I.  Säugetiere: 


26  Affen . in  12  Arten, 

89  Raubtiere . v  40  » 

7  Beuteltiere . »4  » 

112  Nagetiere . »21  » 

9  Einhufer . »3  » 

97  Wiederkäuer . »32  » 

4  Dickhäuter . »3  » 

zusammen  344  Säugetiere . in  115  Arten. 

II.  Vögel: 

1  Kurzflügel . in  1  Art. 

187  Schwimmvögel . in  37  Arten. 

76  Stelz vögel . »24  » 

186  Girr  vögel . »24  » 

232  Scharrvögel . »47  » 

52  Raubvögel . »24  » 

53  Paarzeher . »26  » 

6  Sitzfüßler . »4  » 

220  Singvögel . »58  » 

zusammen  1023  Vögel . in  245  Arten. 

Hierzu  kommen  noch 


Reptilien,  Amphibien  und  Fische, 

135  Stück  in  10  Arten, 
mithin  war  der  Tierbestand  in  Summa: 

1502  Tiere  in  370  Arten  im  Inventurwerte  von  45,794  Mk.  56  Pf. 

An  Tier-Geburten  hatten  wir  im  abgeschlossenen  Geschäftsjahre 

150  Säugetiere  und  190  Vögel 
zu  verzeichnen.  (Siehe  Z  G.  XXXIII.  Jahrg.  Seite  380.) 

Verkauft  wurden  219  Säugetiere,  212  Vögel  und  19  Amphibien  um  den 
Gesamtpreis  von  Mk.  7664.  05. 

Die  Tier  Verluste  bezifferten  sich  auf  18*/2  Prozent  des  Bestandwertes. 
Veranlaßt  waren  sie  durch  das  Absterben  mehrerer  alter,  aber  wertvoller 
Tiere.  Wir  heben  unter  diesen  besonders  hervor:  1  Bären-Pavian,  1  Pracht¬ 
makak,  3  Wildkatzen,  1  Jaguar  rundi,  1  Moschustier,  1  Moufflonbock,  1  Rhino- 
ceros,  1  Emu,  4  schwarze  Schwäne,  1  Schwarzhalsschwan. 

Von  dem  hypothekarischen  Darlelm  der  Stadtgemeinde  Dresden  in  Höhe 
von  600,000  Mark  waren  am  31.  März  a.  c.  noch  70,000  Mark  zu  erheben. 

Debet. 

An  Betriebs-Ausgaben: 

Mk.  Pf.  Mk.  Pf. 

Material-Bestand  am  1.  April  1891  .  2  196  10 


Gehalt  des  Direktors .  4  800  — 

»  *  Sekretärs .  2  200  — 


Transport  9 196  10 


25 


M.  Pf.  M.  Pf. 

Transport  9  PJ6  10 

Gebalte  der  Eintrittsbeamten .  4  564  — 

Fütterung  der  Tiere .  37  882  48 

Unterhaltung  und  Material  zur  Reinig,  der  Käfige  954  10 

Löhne  für  Abwartung  der  Tiere .  12  854  23 

»  »  Nachtwachen .  828  — 

Heizung  und  Beleuchtung .  2  698  97 

Wasserzins . 1  036  41 

Unterhaltung  der  Bauten .  8  607  04 

»  »  Garten-Anlagen .  6  388  81 

»  »  Straße  .  60  — 

»  »  Gerätschaften .  449  30 

Wärter-  und  Arbeiter-Joppen .  535  — 

Krankenkassen- bez.  Invaliden-  u.  Altersr.-Beiträge  588  89 

Gratifikation  und  Trinkgelder .  221  50 

Konzertspesen .  4  291  20 

Verschiedene  kleine  Ausgaben .  1  706  58 

Inserate,  Plakate,  Säulenanschlag .  3  490  15 

Druckkosten  f.  Eintrittskarten  Geschäftsbericht  etc.  883  10 

Bureau-Aufwand  einschl.  Porti .  644  81 

Abgaben .  1  050  16 

Prüfung  des  Rechnungs Werkes .  120  — 

Kosten  der  Hauptversammlung .  88  79 

Pacht  und  Entschädigung  an  die  Bauverwalterei  1  326  — 

Unkosten  der  Ausstellungen .  1  472  72 

101  938  34 

Per  Inventur-Bestand  am  31.  März  1892.  ...  1  629  98  100  308  36 

Verlust  aus  der  Tierwirtschaft .  2  066  48 

Provision  und  Courtage  . .  6  20 

Hypothekenzinsen .  11  695  03 

Zinsen  au  Darlehn-Conto .  286  80 

»  »  Unterstützungsfonds . .  .  71  08 

Kursverlust  auf  Effekten .  396  25 

Abschreibungen  auf  Tiere .  4  300  52 

»  »  Mobilien  und  Immobilien .  9  432  79 

128  563  51 

Credit. 

Per  Betriebseinnahme:  ]yp-  pf 

Eintrittsgelder . Mk.  65  050  10 

Zehnerkarten . »  10  326  —  75  376  10 

Abonnement .  17  052  50 

Reitkasse  abzüglich  der  Unkosten . 1  416  15 

Umschreibegebühr .  354  — 

Pacht  des  Restaurateurs .  11  900  — 

Transport  106  098  75 


26 


Transport 

Pacht  für  Garderobe  im  Konzerthaus . 

Saalmieten . 

Pacht  für  deu  Futterverkauf . 

*>  »  das  Eis . 

»  »  die  Jagd . ,  .  .  .  . 

Erlös  aus  verkauften  Führern,  Programmen  und  . 

Bildern . .  • 

Erlös  aus  verkauften  Bälgen,  Kadavern,  Federn  . 

»  »  »  Dünger . 

»  »  »  Eiern  und  Verschiedenem  . 

»  als  50proc.  Auteil  am  Ertrage  der  selbst- 

tliätigen  Wagen . 

Gebühr  bei  Erneuerung  der  Eintrittskarten  .  .  .  . 

Zinsen  . 

Darlehn-Conto : 

Gewinn  auf  11  Stück  zurückgekaufte  Scheine 
Conto  für  Beitrag  der  Stadtgemeinde: 

Verwilligter  Beitrag  vom  1./4. —  31./12.  1891  . 

»  »  »  l./l. — 31  j 7 1 .  1892  . 


M. 

Pf. 

106  098 

75 

250 

— 

475 

— 

150 

— 

200 

— 

17 

20 

1  786 

21 

374 

40 

248 

— 

601 

90 

131 

75 

7  500 
2  500 


M.  Pf. 


110  288  21 
5  247  — 
2  812  20 

161  70 


10  000  - 


Geschenk-Conto: 

2  unausgel.  Darlehnscheine 


59  40 


128  563  51 


Der  V or stand. 


Kor  respondenze  n. 


Cadiz,  im  Dezember  1892. 

Aus  dem  Leben  der  spanischen  Batrachier  im  Herbst.  —  Mit 
Beginn  der  Regenzeit,  also  im  Oktober,  erwacht  auch  das  Volk  der  Frösche 
zum  neuen  Lehen.  Den  heißen  Sommer  über  haben  sie  sich  verborgen  gehalten 
und  wagten  kaum  einen  nächtlichen  Ausflug  ;  jetzt  aber,  wo  alle  Gräben  und 
Tümpel  mit  Wasser  gefüllt  sind,  und  der  Regen  oder  der  allnächtlich  fallende 
sehr  starke  Tau  den  Boden  hinlänglich  durchnässen,  hüpft  und  kriecht  es 
überall.  —  Neben  der  südspanischen  Varietät  unseres  grünen  Wasserfrosches 
liana  hispaniolensis  Michah.,  der  ganz  lichtbraun  und  gefleckt  aussieht,  und 
auch  die  brackigen  Gewässer  der  Küste  bevölkert,  kommt  der  Scheibenzüngler 
Discoglossus  pictus  D.  &  B  ,  am  häufigsten  vor.  Oft  findet  man  beide  Arten 
in  ein  und  demselben  Teich  oder  Tümpel  beisammen;  nur  scheint,  daf3 
Discoglossus  weiter  ins  Gebirge  heraufgeht.  Ich  fand  ihn  wiederholt  in  den 
Quellen  der  Sierras  und  waren  diese  Stücke  immer  viel  lebhafter  gefärbt  als 
die,  welche  aus  der  Ebene  stammten.  Besonders  bevorzugt  werden  die  Be¬ 
stände  des  spanischen  Rohres  von  den  Froschlurchen.  Geht  man  nach  einem 
längeren  Regen  an  diesen  entlang,  so  kann  man  fast  alle  Arten  beisammen 


27 


finden.  Hier  hüpfen  bunte  Scheibenzüngler  über  den  Weg;  dort  gräbt  sich 
eine  faustgroße  Knoblauchkröte,  Pelobates  cultripes  Tschudi,  rückwärts  in  den 
Sand,  einige  rotbewarzte  Kreuzkröten,  Buss  calamita  Laur .,  rennen  eiligst  davon, 
und  zwischen  dem  Kraut  und  Gestein  kriecht  schwerfällig  eine  riesige  Erdkröte, 
B.  palmarurn  Schinz.  Wenn  der  frühe  Abend  hereinbricht,  hören  wir  von  den 
Lagunas  her  das  Brummen  der  Wasserfrösche,  die  jetzt,  wie  viele  andere 
Lurche,  zum  zweitenmal  zum  Laichen  schreiten,  und  aus  den  Agavehecken  tönt 
uns  der  helle  Ruf  des  Laubfrosches  entgegen.  In  diesem  begrüßen  wir  einen 
Landsmann,  der  sich  jedoch  mit  dem  spanischen  Klima  sehr  vertraut  gemacht 
hat,  und  ein  großer  Verehrer  der  Mutter  Sonne  ist  so  lange  sie  es  ihm  nicht 
zu  toll  treibt.  Im  Herbst  bei  gutem  Wetter  sitzt  er  zu  Hunderten  als  leuch¬ 
tender  hellgrüner  Punkt  auf  dem  Aloe  oder  dem  Feigenkaktus  in  der  Sonne  ; 
oft  auch  zu  fünf  oder  sechs  in  den  Spitzen  des  Rohres  und  laßt  sich  vom 
Winde  hin  und  her  schaukeln.  Auch  ein,  bisher  nur  aus  Frankreich  bekanntes 
Mitglied  dieser  Ordnung  finden  wir  hier.  Es  ist diesderpunktierte  Schlammtaucher, 
Pelodytes  punctatus  Daud.\  ein  kleines  nur  wenige  cm  lang  werdendes  Frösch- 
ehen,  das  in  seiner  unscheinbaren  Färbung  ein  ganz  vortreffliches  Deckungs¬ 
mittel  besitzt,  und  infolgedessen  leicht  übersehen  werden  kann.  Letzterer 
Umstand  mag  auch  dazu  beigetragen  haben,  daß  er  von  keinem  mir  bekannten 
Autor  zu  der  spanischen  Fauna  gerechnet  wird.  Die  schon  erwähnte  gespornte 
Knoblauchkröte,  Pelobates  cultripes  Tschudi  der  Messerfuß,  wie  sie  sehr  be¬ 
zeichnend  in  Brehms  Tierleben  benannt  ist,  kann  entschieden  für  einen  der  am 
schönsten  gefärbten  Frösche  gelten.  Es  kommen  Exemplare  vor,  welche  auf 
strohgelbem  Grunde  tiefschwarze  Wurmzeichnungen  zeigen,  in  denen  sogar  eine 
gewisse  Symmetrie  herrscht.  Auch  über  ihn  äußert  Schreiber  in  der  Herpeto- 
logia  europaea,  »daß  derselbe  im  Süden  der  pyrenäischen  Halbinsel  zu  fehlen 
scheine,  da  er  mindestens  von  Rosenhauer  in  seinen  »Tieren  Andalusiens« 
nicht  angeführt  wird.«  Dieses  beruht  aber  auf  einem  Irrtum,  denn  er  ist  hier 
sogar  sehr  häufig.  Die  Kaulquappen  dieser  Kröte  findet  man  zu  jeder  Jahreszeit, 
und  erreichen  sie  eine  ungeheure  Größe.  So  fand  ich  Exemplare,  welche  mit 
dem  Schwanz  vierzehn  cm  maßen.  In  seiner  Lebensweise  gleicht  der  Messerfuß 
völlig  unserer  gemeinen  Knoblauchkröte,  Pelobates  fuscus  Laurenti. 

Eine  wesentlich  andere  Froschfauna  finden  wir  im  Norden  der  pyrenäischen 
Halbinsel  vor.  Dort  begegnen  wir  unserem  braunen  Grasfrosch,  liana  tempo- 
raria  L .,  und  der  Geburtshelferkröte  am  häufigsten.  Unser  Wasserfrosch,  Bana 
esculenta  L.  behält  hier  sein  grünes  Gewand,  und  die  Erdkröte  Buss  vulgaris 
Laur.,  wird  nicht  viel  größer  als  bei  uns.  Nur  die  Wechselkröte,  B.  variabilis 
Pallas,  macht  ihrem  Namen  Ehre,  indem  sie  sich  mit  noch  weit  bunteren 
Farben  geschmückt  hat.  Auch  hier  laichen  einige  Arten  zum  zweitenmal  im 
Jahre,  doch  geht  der  größte  Teil  dieser  Brut  regelmäßig  zu  Grunde  wenn 
starkes  Frostwetter  eintritt.  Der  Grasfrosch  belebt  die  Heide,  die  Wiesen  und 
die  Wälder;  der  grüne  Wasserfrosch  ist  in  jedem  Gewässer  anzutreffen,  und 
Erd- und  Wechselkröte  kommen  uns  nur  sehr  selten  zu  Gesicht;  dafür  ist  aber 
der  Laubfrosch  in  der  Ebene  um  so  häufiger.  In  alten  Steinbrüchen,  öden 
sandigen  Gegenden  mit  spärlicher  Vegetation,  wo  größere  Steinblöcke  herum¬ 
liegen,  in  deren  Nähe  aber  nie  irgend  ein  Gewässer  fehlen  darf,  haust  die 
Geburtshelferkröte,  Alytes  abstetrieans  Laur.  Sie  ist  es  auch  die  sich  uns  von 
allen  Lurchen  am  bemerkbarsten  macht.  Besonders  an  stillen  Abenden  kann 


28 


man  den  hellen  Ruf  des  Männchens,  der  mit  dem  Geläute  ferner  Kuhglocken 
zu  vergleichen  ist,  weithin  hören.  Am  Tage  verbirgt  sie  sich  unter  Steinen 
oder  iu  Erdlöcher,  in  passenden  Verstecken  oft  zu  sechs  und  acht  beisammen, 
und  beginnt  erst  nach  eingetretener  Dunkelheit  herumzustreifen.  Ihr  Fang 
ist  dann  nicht  leicht.  Von  allen  Seiten  hört  man  den  Ruf.  Wendet  man  sich 
dem  einen  nach,  so  verstummt  er  sofort  und  der  kleine  Schreier  ist  weder  mit 
Blendlaterne  noch  sonst  zu  entdecken.  Von  andern  Seiten  scheinen  dagegen 
immer  mehr  aufzutauchen,  aber  wenn  wir  hinkommen  sind  alle  verschwunden. 
Am  leichtesten  erbeutet  man  noch  diejenigen,  welche  eine  Eierlast  mit  sich 
schleppen  und  durch  diese  in  ihren  Bewegungen  gehindert  werden.  Man 
findet  Stücke,  die  mit  einem  Klumpen  belastet  sind,  dessen  Größe  die  ihrige 
noch  bedeutend  übertrifft.  Solch  ein  Klumpen  stammt  regelmäßig  von  mehreren 
Weibchen,  was  leicht  daran  zu  erkennen  ist,  daß  sich  die  Eier  in  verschiedenen 
Stadien  der  Entwicklung  befinden.  Über  die  Fortpflanzung  der  Geburtshelfer¬ 
kröte  ist  schon  so  häufig  und  ausführlich  berichtet  worden,  daß  es  wohl  über¬ 
flüssig  ist  hier  von  neuem  darauf  zurückzukommen. 

Erwähnt  mag  noch  werden,  daß  sich  stellenweise  auch  Discoglossus  pictus 
findet.  Er  vertritt  den  Grasfrosch  in  den  Gebirgen,  scheint  sich  jedoch  nicht 
so  zu  Hause  zu  fühlen  wie  im  Süden. 

A.  Schiöttz,  Hamburg. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Über  das  Vorkommen  der  Wassertreter,  Phalaropus,  auf  der 
südlichen  Halbkugel.  Die  meisten  Ornithologen  nehmen  nur  drei  Arten 
dieses  Geschlechtes  an,  Pli.  fulicarius  ( Tringa  /.  L.),  Ph.  hyperboreus  ( Tringa 
h.  L.)  und  Ph.  Wilsoni  Sabine.  Ich  brauche  wohl  nicht  zu  sagen,  daß  bei  der 
jetzigen  Genusspalterei  diese  drei  Arten  Veranlassung  zur  Aufstellung  von  vier 
neuen  Gattungen  gegeben  haben,  nämlich  Lobipes  Cav.,  welches  Genus  viel¬ 
leicht  beibehalten  werden  kann,  Crymophilus  Vieill.,  Holopodius  Bonap., 
Steganopus  Coues;  fünf  Genera  für  drei  Arten!  —  Giebel  gibt  1877  nur  die 
nördliche  Halbkugel  als  Vaterland  dieser  Vögel  an,  und  dasselbe  lesen  wir  in 
der  dritten  Auflage  von  Leunis  Synopsis  des  Tierreiches,  ungeachtet  schon 
vierzig  Jahre  früher,  Gay  in  der  Historia  fisica  &  politica  de  Chile,  Zool.  I 
p.  430,  drei  Arten  aus  Chile  bekannt  gemacht  hatte:  Ph.  fulicarius ,  den  schon 
Meyer  in  Chile  gefunden  haben  soll,  der  mir  aber  in  den  vierzig  Jahren,  die 
ich  jetzt  in  Chile  lebe,  noch  nicht  vorgekommeu  ist,  Ph.  lobatus  Wilsoni  und 
Ph.  antarcticus  Lesson,  der  von  Giebel  ganz  vergessen  ist.  Nach  Taczanowski 
(Ornithologie  du  Perou)  ist  auch  in  dortigem  Lande,  also  in  der  heißen  Zone, 
ein  Phalaropus  und  zwar  Ph.  hyperboreus  an  zwei  Orten  der  Meeresküste 
nicht  etwa  auf  den  kühlen  Gebirgen,  geschossen.  Es  ist  mir  nicht  bekannt, 
daß  in  Argentinien  Arten  dieser  Gattung  gefunden  sind.  Es  ergeben  sich  also 
daraus  folgende  drei  gewiß  höchst  merkwürdige  Thatsachen:  Erstens  sämt¬ 
liche  drei  aus  der  nördlichen  Halbkugel  bekannte  Arten  finden  sich  auch  auf 
der  südlichen  ;  zweitens  während  sie  auf  der  nördlichen  Halbkugel  nur  die 


kalten  Gegenden  bewohnen,  findet  sich  eine  derselben  sogar  in  der  heißen  Zone, 
drittens  die  südliche  Halbkugel  besitzt  eine  vierte,  ihr  eigentümliche  Art.  Sollte 
aber,  was  ich  noch  bezweifle,  wirklich  in  Argentinien  kein  Phalaropus  Vor¬ 
kommen,  so  wäre  dies  eine  vierte,  nicht  weniger  merkwürdige  Thatsache,  die 
an  eine  analoge  in  der  Flora  beider  Länder  erinnert.  Es  stellt  sich  nämlich 
heraus,  daß  Chile  in  manchen  Eigentümlichkeiten  seiner  Flora  eine  viel 
größere  Ähnlichkeit  mit  Europa  hat  als  Argentinien.  Doch  ich  komme  auf 
Phalaropus  zurück.  Unser  Museum  besitzt  nur  die  beiden  Arten  Ph.  Wilsoni 
bei  Santiago  erlegt,  und  Ph.  antarcticus ,  der  ziemlich  häufig  zu  sein  scheint, 
wir  haben  Exemplare  von  Valparaiso,  Valdivia  und  Chiloe.  Beide  haben  fast 
das  gleiche  Gefieder,  oben  grau,  unten  weiß,  unterscheiden  sich  aber  ohne  die 
geringste  Schwierigkeit  durch  den  Schnabel,  der  bei  Ph.  antarcticus  breit  wie 
bei  Ph.  fulicarius  ist,  wogegen  Ph.  Wilsoni  den  schmalen  Schnabel  von 
Totonus  hat,  also  ein  Lobipes  Cav.  ist.  —  Ich  weiß  nicht,  ob  ich  Ihnen  bereits 
einmal  geschrieben  habe,  daß  die  chilenische  Fauna  vor  ein  paar  Jahren 
durch  einen  neuen  Bürger  Zuwachs  bekommen  hat,  nämlich  durch  Actitis 
Bartrami,  von  welchem  Vogel  mir  ein  Jäger  Männchen  und  Weibchen  brachte, 
die  er  in  der  Cordillare  Santiagos  erlegt  hatte.  Dr.  R.  A.  Philippi. 

Zur  Frage  der  Vererbung  erworbener  Eigenschaften.  —  Als 
ich  im  November  1891  die  Heimat  verließ,  um  nach  Holland  überzusiedeln,  da 
setzte  ich  kurz  zuvor  in  eine  alte,  abgebaute  Lettengrube  mit  ziemlich  tiefem 
Wasserstande,  in  welcher  sich  Fische  nicht  befanden: 

1  Männchen,  2  Weibchen  von  Cyprinus  carpio  L.  var.  nudus  v.  alepidotus 

Ag.  mit  Mopsköpfen, 

2  Männchen  und  2  Weibchen  von  Gobio  ßuviatilis  Cuv.  ebenfalls  mit 

Mopsköpfen, 

1  Männchen  und  1  Weibchen  von  Leucaspius  delineatus  v.  Sieb,  mit  ganz 
verkümmerter  Dorsale  und  Anale, 

endlich  2  Männchen  und  2  Weibchen  von  Leucaspius  delineatus  mit 
Mopsköpfen. 

Jetzt,  bei  meiner  Rückkehr  aus  Indien,  wimmelt  es  in  der  Grube  von 
den  genannten  Cypriniden,  Laichfischchen,  und  mit  Freuden  sehe  ich,  daß 
sich  die  beiden  erworbenen  Eigenschaften,  Mopsköpfigkeit  und  verkümmerte 
Flossen,  auf  ca.  60  °/o  der  Nachkommenschaft  vererbt  haben.  Nun,  im  kom¬ 
menden  Lenz  will  ich  bei  denjenigen  Cyprinidae,  die  zeitig  laichfähig  werden, 
zuselien,  ob  sich  die  Eigenschaften  rassig  fixieren  lassen,  und  darüber  später 
berichten.  Karl  Kn  aut  he. 

Ein  neues  Beuteltier  aus  Chile.  Ganz  kürzlich  haben  wir  auch 
die  Entdeckung  gemacht,  daß  Chile  eine  zweite  Art  Beuteltiere  besitzt,  die  sich 
von  der  in  den  mittleren  Provinzen  nicht  seiteneu  D.  elegans  nicht  nur  durch 
einen  beinahe  schwarzen,  jederseits  mit  drei  großen  weißlichen  Flecken  ver¬ 
zierten  Pelz  unterscheidet,  sondern  auch  durch  halb  so  lange  Ohren.  Sie  lebt 
in  den  südlichsten  Provinzen,  wosie  ziemlich  häufig  ist  und  mein  Sohn  hat 
sie  in  Valdivia  ein  paarmal  lebendig  gehalten.  Wir  haben  sie  für  eine  bloße 
Farben  Varietät  von  D.  elegans  angesehen  bis  uns  bei  Vergleichung  mit  Exem- 
plaren  dieser  Art  die  kurzenOhren  auffielen.  Mein  Sohn  wird  sie  als  JDulelphye 
valdiviana  abbilden  und  beschreiben.  Dr.  R.  A.  Philippi. 


30 


Zum  »Kapitel  Hausratte«.  Vor  einigen  Tagen,  ca.  20.  Dez., 
wurde  mir  eine  schwarze  Hausratte  gebracht,  welche  in  Läufelfingen  an 
der  Eisenbahnlinie  Basel  Olten  gelegen,  gefangen  wurde.  Dieselbe  befand  sich 
in  dem  Stalle  des  Herrn  Buser,  Posthalter  im  besagten  Dorfe,  und  war  just 
daran,  auf  dem  Rücken  einer  Kuh  die  Haare  abzufressen;  so  konnte  sie  von 
dem  Sohne  Buser  mit  der  Hand  gefangen  und  leicht  getötet  werden.  Die 
schwarze  Hausratte  soll  in  diesem  Dorfe  dann  und  wann,  wenn  auch  viel 
seltener  als  die  gewöhnliche  Wanderratte,  angetroffen  werden. 

Olten,  29.  Dezember  1892. 

J.  Keller-Zschokke,  Bezirkslehrer. 

Geburtsliste  des  Leipziger  zoologischen  Gartens  für  1892. 
Januar :  4  Löwen,  2  Lamas,  2  arabische  Ziegen,  1  Rhesus. 

Februar:  2  arabische  Ziegen,  8  Mähnenschafe,  1  Säbelantilope. 

März:  1  Axis,  2  Nylgaus,  1  Sarnbur,  4  Löwen,  1  Mufflon,  1  Rhesus,  1  Yak, 
1  Säbelantilope. 

April:  2  Zwergziegen,  8  Löwen,  2  schwarze  Panther. 

Mai  :  — 

Juni:  1  Lama,  2  Wapitis,  1  Yak,  1  Axis. 

Juli;  1  Axis,  6  Rüsselbären,  1  Edelhirsch. 

August:  1  Wapiti,  1  Beisaantilope,  2  Mähnenschafe,  8  Löwen,  1  Lama. 
September:  3  Königstiger,  1  Mähneuschaf,  4  arabische  Ziegen. 

Oktober:  3  Zwergziegen. 

November:  2  Löwen. 

Dezember:  2  Löwen,  2  Eisbären,  2  Panther. 

Hierzu  noch  2  rote  Riesenkänguruhs,  bei  denen  der  Monat  der  Geburt 
nicht  zu  bestimmen  war.  Georg  Westermann. 

Stipendium  Die  Senckenberg.  naturf.  Gesellschaft  beabsichtigt,  im  Laufe 
des  Jahves  1893  aus  den  Erträgnissen  der  Rüppell-Stiftung  ein  Stipendium  von 
ungefähr  M.  12,000  zu  einer  Forschungs-  und  Sammelreise  nach  dem  malaischen 
Archipel,  speciell  nach  den  Molukken,  an  einen  deutschen  Zoologen  zu  ver¬ 
geben.  Geeignete  Bewerber,  die  eine  gründliche  wissenschaftliche  Vorbildung 
nachweisen  können,  im  Sammeln  und  Konservieren  von  Tieren  die  nötigen 
Kenntnisse  besitzen,  haben  sich  bis  zum  1.  Juli  1893  schriftlich  bei  der 
Direktion  zu  melden.  Den  Meldungen  sind  die  erforderlichen  Schriftstücke, 
aus  denen  die  Befähigung  des  Bewerbers  hervorgeht,  beizufügen. 

Ein  kluger  Papagei.  Treu  der  Wirklichkeit  nacherzählt  soll  die 
nachfolgende  Schilderung  sein,  welche  ein  Herr  Nicaise  in  dem  französischen 
Blatte  »La  Nature«  von  seinem  Papagei  erzählt,  einem  48jährigen,  gut  kon¬ 
servierten  Jocko. 

»Ehe  ich  ihn  erhielt«,  schreibt  Herr  Nicaise,  Mitglied  der  Anthro¬ 
pologischen  Gesellschaft,  »war  er  in  Paris  in  einem  Hause,  wo  viele  Mieter 
wohnten.  Er  ahmte  das  Rufen  und  die  Zänkereien  der  Spatzen,  die  sich  auf 
dem  Dach  und  auf  dem  Hof  umhertrieben,  täuschend  ähnlich  nach,  ebenso 
die  Rufe,  die  auf  der  Straße  erschollen,  insbesondere  den  des  Trödlers.  Oft 
hat  er  den  Ruf  »Marchand  d’habits«  so  treu  wiedergegeben,  daß  die  Bewohner 
des  Hauses  sich  dadurch  täuschen  ließen. 


Im  Jahre  1870  schenkte  ihn  mir  mein  Schwager,  und  ich  schickte  ihn 
aufs  Land.  Dort  bereicherte  sich  seine  Tonliste  um  alle  die  Geräusche,  die 
in  der  freien  Natur  Vorkommen,-  den  Ruf  der  Wachtel,  der  Eule,  der  Elster, 
des  Huhns  und  des  Hahns.  Eine  seiner  Meisterleistungen  ist  die  phonische 
Darstellung  des  Schweinesclilachtens  ;  er  muß  einmal  dabei  gewesen  sein,  hat 
die  Prozedur  seit  22  Jahren  nicht  mehr  mit  angehört,  wiederholt  sie  aber  noch 
heute  zuweilen  mit  virtuoser  Treue.  Es  kommen  die  abgebrochenen,  bald 
tiefen,  bald  hohen  Laute  des  Tieres,  welches  an  den  Ort  der  That  geschleppt 
wird,  dann  das  Gequieke  der  Angst  und  des  Abstechens,  und  das  macht  er  mit 
einer  Hingebung  und  Kraft,  daß  die  Fenster  klirren,  und  man  ihm  Still¬ 
schweigen  gebieten  muß,  weil  es  nicht  auszuhalten  ist. 

Der  Papagei  beobachtet  jede  Handlung,  die  von  einem  Geräusch  be¬ 
gleitet  ist,  und  wenn  er  die  Vorbereitungen  dazu  sieht,  bringt  er  das  ent¬ 
sprechende  Geräusch  hervor.  Er  achtet  auf  die  Gespräche,  welche  in  seiner 
Gegenwart  geführt  werden,  und  mischt  sich  mit  Ausrufen,  wie  Ah  und  Oh 
hinein;  diese  Äußerungen  der  Billigung  und  des  Erstaunens  fallen  stets  auf  den 
richtigen  Augenblick,  wo  sie  sinngemäß  sind.  Er  schüttelt  sich  vor  Lachen, 
wenn  man  etwas  Lächerliches  mit  einiger  Lustigkeit  vor  ihm  sagt.  Hat  er 
etwas  nötig,  so  ruft  er  seine  Herrin  bei  ihrem  Vornamen  Marie,  und  wenn 
sie  nicht  gleich  kommt,  erhält  seine  Stimme  einen  deutlichen  Klang  von 
Ungeduld. 

An  einem  Wintertage  stand  sein  Käfig  vor  dem  Herd;  ein  brennendes 
Scheit  rollte  heraus  und  hüllte  ihn  in  eine  Wolke  von  Asche,  Rauch  und 
Funken.  Seine  Herrin  hörte  ihn  »Marie,  Marie!«  rufen,  wie  ein  Mensch  in 
großer  Gefahr  und  großem  Schreck  schreit,  eilte  herzu  und  rettete  ihn.  Wenn 
man  ihm  sein  Mittagessen  gibt,  legt  er  sich  regelmäßig  die  Konfitüren  für  den 
Abend  zurück. 

Besonders  bemerkenswert  ist  er  aber  als  Freund  der  Musik  und  als 
»Komponist«.  Tanzt  mau  ihm  eine  Polka  mit  Gesang  vor,  so  begleitet  er  sie 
mit  abgestoßenen  Tönen  taktrichtig  und  mit  der  Sicherheit  eines  Musikers. 
Er  improvisiert  wahre  Musikstücke,  die  er  mit  immer  anderen,  sich  nie 
wiederholenden  Variationen  ausführt,  und  das  mit  einem  Geschmack  und  in 
einem  Stil,  um  die  ihn  ein  Schüler  des  Konservatoriums  beneiden  könnte. 
Seine  Improvisationen  werden  von  ihm  gepfiffen  und  haben  etwa  den  Klang 
einer  kräftigen,  biegsamen  Flöte.«  B.  T.  M.  8.  9.  1892. 

Die  Geflügelzucht  in  Ungarn  hat  nach  amtlichen  Angaben  einen 
ganz  bedeutenden  Aufschwung  genommen,  indem  innerhalb  sieben  Jahren  eine 
Wertzunahme  von  5  Millionen  Gulden  stattgefunden  hat.  Im  Jahre  1891 
wurden  erzielt:  für  verschiedenes  Geflügel  6,9  Millionen,  ‘  für  Bettfedern 
4,5  Millionen,  für  Eier  8,1  Million  Gulden,  wozu  noch  mindestens  200,000 
Gulden  für  Gänsefett,  und  Gänseleber  zu  rechnen  sind,  also  ein  Gesamt¬ 
ergebnis  von  nahezu  zwanzig  Millionen  Gulden. 

Die  Schwalbe,  Mitteil,  des  Ornitholog.  Vereins  in  Wien  XVI.  Jahrg.  Nr.  21. 


32 


Litteratur. 

Die  »Gefiederte  Welt«,  Zeitschrift  für  Vogelliebhaber,  -Züchter  und  -Händler, 
herausgegeben  von  Dr.  Karl  Ruß.  Magdeburg,  Creutzsche  Verlagsbuch¬ 
handlung,  R.  &  M.  Kretschmann  1893. 

Der  Inhalt  des  zweiten  Heftes  dieser  allseits  bekannten  Zeitschrift 
bringt  uns:  Freifliegende  Papageien  in  der  Mark  Brandenburg.  —  Von  meinem 
Kakadu.  —  Unsere  Sumpfvögel  .in  der  Vogelstube  (Fortsetzung).  —  Blicke 
auf  das  Vogelleben  der  Provinz  Rio  de  Janeiro  (Fortsetzung).  —  Natur  und 
Kunst  in  der  Kanarienvogelzucht  (Schluß).  —  Versuche  mit  dem  Mäuse- Bazillus 
in  der  Vogelstube  (Schluß). 

Die  folgenden  8  Hefte  enthalten  außer  den  Fortsetzungen  noch:  Beobach¬ 
tungen  über  das  Sprachvermögen  und  die  Abrichtungsfähigkeit  des  Rosakakadu. — • 
Schilderung  des  weißbrüstigen  Schilffink  und  seiner  Züchtung.  Hilfsmittel  der 
Stubenvogelpflege  und  -Zucht:  Ein  Versandt-Käfig  für  Weichfresser  (Mit  Ab¬ 
bildung).  —  Züchtung  weißer  Reisvögel.  Der  Harzer  Kanariengesang  nach  den 
Auffassungen  der  Gegenwart. 


Eingegangene  Beiträge. 

K.  Ivn.  in  Schl.  -  Dr.  R.  A.  Ph.  in  S.  Ihre  Briefe  und  Manuskr.  vom  Dez.  empfang'en 
und  bestätigen  wir  unser  Schreiben  vom  17.  Febr.  K.  A.  Gr.  in  M.  Wir  nehmen  Bezug  auf 
unsere  Karte  und  erwarten  Ihre  gef.  Nachrichten.  Dr.  F.  W.  in  W.  Kommt  im  nächsten 
Heft.  J.  von  P.  in  W.  Besten  Dank  für  Ihre  w.  Zuchrift  und  freundl.  Zusage.  Ed.  R.  in  D. 
Unsere  Postanw.  liotfen  wir  in  Ihrem  Besitz. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Vereinsschrift  für  Forst-,  Jagd-  und  Naturkunde,  Organ  der  forstl.  Land  es  ver¬ 
suchsstelle  f.  d.  Ivönigr.  Böhmen.  Redig.  von  J  osef  Zenker,  K.  K.  Forstrat.  Prag.  In 
Komm,  hei  Max  Berwald,  Nachf.  von  Karl  Reichenecker.  1892/93.  4.  und  5.  Heft. 
Naturwissenschaftliche  Wochenschrift.  Redaktion  Dr.  H.  Potoniö.  BerlinFerd. 
Dümmlers  Verlag.  Probenummern. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornithologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 

Pallisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVH.  Jahrg.  No.  1. 

Das  Weid  werk  in  Wort  und  Bild.  Gemeinschaftlich  mit  bewährten  Fachmännern 
und  Jagdmalern  herausgegeben  von  Hegewald.  Neudamm.  J.  Neumann. 
Zoologischer  Anzeig  er  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Uarus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann.  XVI.  Jahrg.  No.  410—412. 

Deutsch  e  Forst-  und  Jagdzeitung.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier  Fr.  Li  et zs che  Buchh.  VIII.  Jahrg.  No.  13.  14.  15. 
Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  F erd. 
Wirth  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg. 
No.  1  6. 

Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz-Dresden.  Paul  Wolff. 
XXIV.  Band  No.  17-21. 

Die  gefiederte  Welt.  Herausgegehen  von  Dr.  Karl  Russ.  Magdeburg.  Creutzsche 
Verlagsbuchh.  XXII.  Jahrg.  No.  2  —  7. 

Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science.  London.  Macmillan  &  Co.  Vol.  47 
No.  1213—15. 

Field.  London.  Horace  Cox.  XXXI.  No.  2098  —  92. 

Ornithologische  Monatsberichte,  herausgegeben  von  Dr.  Ant.  Reicheno w.  Berlin 
R.  Friedländer  &  Sohn.  I.  Jahrg.  No.  2. 

Prof.  Dr.  G.  Jaegers  Monatsblatt.  Zeitschrift  f.  Gesundheitspflege  und  Lehenslehre. 

Stuttgart.  W.  Kohlhammer.  XII.  Jahrg.  No.  2. 

Ornithologische  Monatsschrift  d.  Deutschen  Vereins  z.  Schutze  d.  Vogelwelt.  Redi¬ 
giert  von  Hofrat  Prof.  Dr.  Liebe  in  Gera,  Dr.  Frenzei,  Dr.  Rey,iProf.  Dr.  O.  Taschen¬ 
berg.  Merseburg  Kommiss-Verlag  von  Friedrich  Stollberg.  XVIII.  Jahrg.  No.  1. 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlan  &  Waldselimidt.  Frankfurt  a.  M. 


MAY  15  I893 


Der  Zoo]  ogische  Garten 

(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N».  2.  XXXIV.  Jahrgang.  Februar  1893. 


I  ii  li  a  1  I. 

Empfehlenswerte  Schlangen  für  zoologische  Gärten;  von  Herrn.  Laclimann,  Berlin. 
Mit  5  Abbildungen.  —  Zur  Frage:  „Rauben  die  Raubvögel  unterwegs,  wenn  sie  eine  Ocean- 
reise  unternehmen ?w  von  Staats  von  Wacquant-Oeozelles.  -  Ein  Lehrbuch  der 
Zoologie  aus  dem  XVII.  Jahrhundert;  von  C.  Grevö  in  Moskau.  —  Korrespondenzen.  — 
Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  -  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften. 


Empfehlenswerte  Schlangen  für  zoologische  Gärten. 

Von  Herrn.  Lachmann,  Berlin. 

Mit  5  Abbildungen. 


Es  ist  eine  auffallende,  aber  wenig  erfreuliche  Thatsache,  daß 
die  europäischen  Schlaugen  in  unseren  zoologischen  Gärten  nur  sehr 
wenig  oder  gar  nicht  vertreten  sind.  Es  ist  mir  bisher  nicht 
gelungen  ausfindig  zu  machen,  welchem  Umstande  wir  das  auffallende 
Fehlen  oder  das  nur  spärliche  Vorhandensein  der  europäischen 
Ophidier  in  unseren  zoologischen  Gärten  zu  danken  haben.  Sollte 
vielleicht  der  Grund  der  sein,  daß  diese  Tiere  leicht  und  billig  zn 
beschaffen  sind  und  daher  nicht  mit  so  großen  Summen  wie  die 
großen  Boa-  und  Python-Schlaugen  in  den  Tierbestandlisten  para- 
dieren  können?  Kaum  glaublich  —  aber  möglich.  Oder  sollte 
auch  hier  die  Interesselosigkeit  oder  wolilf  gar  Abneigung  des 
Publikums  als  Grund  anzuführen  sein?  Ich  glaube  nicht,  daß  das 
Publikum  diesen,  obwohl  kleineren,  doch  im  allgemeinen  lebhafteren 
Schlaugen,  weniger  Interesse  bezeigen  würde,  als  den  großen  meist 
trägen  Boa-,  Python-  oder  fremdländischen  Giftschlangen,  eher  halte 
ich  mich  vom  Gegenteil  überzeugt.  Die  bisweilen  recht  lebhaften 

Bewegungen  der  europäischen  Schlangen  werden  das  Publikum  ent- 
Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXIV.  1893.  3 


34 


schieden  mehr  fesseln,  als  die  in  träger  Ruhe  daliegenden  großen 
Repräsentanten  der  Ophidier  fremder  Länder.  Auch  unter  den 
europäischen  Schlangen  gibt  es  viele,  welche  hübsch  gefärbt  und 
gezeichnet  sind,  und  von  welchen  sich  das  Publikum  sicher  nicht 
mit  Abscheu  abwenden  wird.  Die  Existenzbedingungen  sind  eher 
leichter  zu  erfüllen,  als  die  der  Boa-  und  Python-Arten  etc.,  ihre 
Verpflegung  ist  nicht  schwieriger  als  die  jener.  Die  öffentlichen 
Fütterungen  dieser  kleineren  Schlangen  dürften  noch  eineu  größeren 
Eindruck  machen,  als  die  der  großen  Boa-Schlangen,  da  die  Tiere 
mit  welchen  letztere  gefüttert  werden,  doch  gegenüber  der  Körper¬ 
größe  der  Schlange  nur  klein  erscheinen.  Dahingegen  wird  es  dem 
Publikum  unglaublich  erscheinen,  daß  eine  nur  ca.  2  m  lange  und 
höchstens  5  cm  im  Durchmesser  dicke  ElapMs  quadrilineatus  eine 
Ratte,  einen  ausgewachsenen  Maulwurf,  oder  ein  großes  Hühnerei 
zu  verschlingen  im  stände  sei.  Im  großen  Publikum  ist  ja  auch 
noch  heute  der  Glaube  vorherrschend,  daß  die  Riesenschlangen  Tiere 
von  der.  Größe  eines  Kalbes  oder  einer  Kuh  verschlingen  könnten, 
und  wiederholt  habe  ich  Worte  der  Enttäuschung  vernommen, 
welche  im  Publikum  bei  der  Fütterung  der  Riesenschlangen 
laut  wurden.  Diesen  kleinen  europäischen  Schlangen  aber  traut 
man  es  nicht  zu,  daß  sie  junge  Kaninchen,  Ratten,  Maulwürfe, 
junge  Tauben,  Hühner,  Enten-  und  Hühnereier  etc.  zu  ver¬ 
schlingen  vermögen,  und  vielfach  hörte  ich  Ausdrücke  des  Erstaunens 
seitens  meiner  Bekannten,  wenn  ihnen  in  meinen  Terrarien  ein 
solches  Schauspiel  geboten  wurde.  Ist  es  doch  in  einem  meiner  Terrarien 
vorgekommen,  daß  eine  ca.  1 ,7 o  cm  lauge  Calopeltis  Neumayeri 
eine  fast  ebenso  große  JRhinechis  scalaris  verschlang,  ein  Vorkomm¬ 
nis,  welches  nur  den  erstaunen  läßt,  welcher  die  Lebensgewohn¬ 
heiten  der  europäischen  Ophidier  nicht  aus  eigener  Beobachtung 
kennt.  Wir  sehen  also,  daß  sich  die  europäischen  Schlangen  den 
Riesenschlangen  würdig  zur  Seite  stellen,  ja  die  Leistungsfähigkeit 
dieser,  im  Verhältnis  zu  ihrer  Größe,  in  mancher  Beziehung 
übertreffen. 

Man  mag  sich  drehen  und  wenden  wie  man  will,  es  läßt  sich 
schlechterdings  kein  stichhaltiger  Grund  auführen,  welcher  das 
gänzliche  Fehlen,  oder  die  nur  spärliche  Vertretung  der  europäischen 
Ophidier  in  unseren  zoologischen  Gärten  entschuldigen  könnte.  Mit 
nur  geringen  Ausgaben  können  hier  prächtige  und  interessante 
Schaustücke  dem  Publikum  vorgeführt  werden,  deren  Unterhaltung 
eine  leichte  ist,  denn  Ratten  und  Mäuse  etc.  zur  Fütterung  finden 


35 


sich  ja  in  jedem  zoologischen  Garten  mehr  als  im  Überfluß.  Manche 
dieser  Schlangen  können  auch  während  der  warmen  Jahreszeit  mit 
ihren  Behältern  im  Freien  aufgestellt  werden,  indem  die  Behälter 
um  eine  Tuffsteingrotte  gruppiert  werden,  welche  Einrichtung  jedem 
Garten  zur  Zierde  gereicht,  vorzüglich  dann,  wenn  diese  Grotte 
hübsch  mit  Alpen-Pflanzen  besetzt  ist.  Im  nachstehenden  werde 
ich  nun  einige  europäische  größere,  über  1  ^2  m  lang  werdende 
Schlangen  besprechen,  welche  ich  jahrelang  gepflegt  habe,  und 
dereu  Einführung  ich  jedem  zoologischen  Garten  nur  empfehlen 
kann,  da  sich  diese  Schlangen  sehr  gut  in  der  Gefangenschaft 
gehalten  haben  und  infolge  ihrer  größeren  Lebhaftigkeit  ebenso 
würdige  Ausstellungsobjekte  sind,  wie  die  Riesenschlangen. 

Eine  Schlange,  welche  wohl  würdig  wäre,  in  jedem  zoologischen 
Garten  Aufnahme  zu  finden,  ist  die  V ier  s tr e ife  n  n  a  tt  e  r  ( Elaphis 
quadrilineatus ,  Bonap.).  Abb.  1.*)  Von  allen  größeren  europäischen 
Nattern  ist  sie  wohl  die  am  längsten  in  der  Gefangenschaft  aus¬ 
dauernde.  Ihre  Verpflegung  ist  eine  ungemein  leichte  und  ihre  Lebens¬ 
bedingungen  derartige,  daß  ihr  wohl  jeder  zoologische  Garten  diese  zu 
bieten  vermag,  da  diese  Schlange  betreffs  der  Wärme  lange  nicht 
so  anspruchsvoll  ist,  als  allgemein  angenommen  wird.  Ich  habe 
diese  Schlaugen  lange  Jahre  gepflegt  und  sie  im  kalten  Terrarium 
sowohl,  als  auch  im  erwärmten  gehalten.  Sie  waren  im  letzteren 
nicht  lebhafter  als  im  kalten.  Selbstredend  stand  das  kalte  Terra¬ 
rium  in  einem  Zimmer,  welches  im  Winter  geheizt  wurde,  und 
waren  die  Tiere  bei  einer  Temperatur  von  +  15°  R.  immer  wohl 
und  munter,  nahmen  ununterbrochen  Nahrung  zu  sich.  Von  Natur 
gutmütig,  harmlos,  vertragen  sie  sich  mit  audern  Schlangen  etc. 
sehr  gut  und  waren  zufrieden,  wenn  sie  von  ihren  Mitgefangenen 
in  Ruhe  gelassen  wurden.  Ich  habe  wiederholt  vergeblich  versucht, 
sie  zu  reizen  und  zum  Beißen  zu  bewegen,  doch  stets  ohne  Erfolg. 
Sie  ließen  Experimente  mit  sich  ausführen,  welche  andere  Schlangen 


*)  Die  in  diesem  Aufsatz  beigegebenen  Abbildungen  sind  zum  Teil  vom 
Verfasser  für  diesen  Aufsatz  gezeichnet,  zum  Teil  verdanken  wir  sie  der  Güte 
der  Creutz’schen  Verlagsbuchhandlung  in  Magdeburg,  welche  uns  diese  Abbil¬ 
dungen  aus  dem  in  ihrem  Verlage  erschienenen  empfehlenswerten  Buche: 
Herrn.  Lachmann  »Das  Terrarium«  (mit  II  Tafeln  und  87  Abbildungen 
im  Text,  Preis  broch.  Mk.  3. —  geb.  Mk.  3. GO.)  gütigst  geliehen  hat.  Dieses 
Buch  sei  hiermit  allen  Fachleuten  und  Naturfreunden  aufs  Wärmste  empfohlen, 
und  wolle  man  behufs  näherer  Information  betreffs  der  hier  behandelten 
Schlangen  etc.  gefälligst  dieses  Buch  zu  Rate  ziehen. 


36 


nicht  dulden  würden.  Nur  zu  oft  wurden  sie  von  den  kleineren 
Coronella  Sayi  und  Bhinechis  scolaris  angegriffen,  sie  verteidigten 
sich  niemals,  sondern  waren  nur  darauf  bedacht,  sich  zu  befreien 
und  zu  entfliehen. 


Abbildung1  1. 


Vi  erstreif  ennatter  {Elaphis  quadrilineatus,  Bonap.) 

Diese  schöne  Schlange  »wird  ca.  2*/4  m  und  darüber  lang.  Die 
Grundfarbe  ist  gelblich-aschgrau,  gelblich-rötlich  bis  nußbraun, 
olivenfarbig.  Die  sich  fast  immer  kräftig  abhebendeu  Zeich¬ 
nungen  sind  dunkelbraun  bis  schwarz.  Vom  Hinterrande  der 
Augen  zieht  sich  schräg  nach  den  Mundwinkeln  ein  dunkler  meist 
schwarzer  Streifen.  Auf  jeder  Seite  des  Körpers  finden  sich  zwei 
parallel  nebeneinander  laufende  Längsstreifen,  welche  sich  bis  etwa 
auf  die  Mitte  des  Schwanzes  fortsetzen.  Die  Unterseite  kann 
schmutzig-gelb,  schwefelgelb  oder  braun-grau  sein,  und  ist  bei  alten 
Tieren  ungefleckt,  bei  jungen  mit  dunklen  Flecken  gezeichnet.  Die 
Heimat  dieser  hübschen  Schlange  ist  Süd-Europa,  in  Dalmatien  ist 
sie  besonders  häufig.  Ich  habe  meine  Exemplare  stets  von  einem 
Bekannten  aus  Pola  erhalten. 

Trotz  ihrer  Größe  ist  diese  Schlange  ziemlich  lebhaft,  sie  klettert 
häufig  auf  dem  Tuffsteinfelsen  und  auf  den  starkästigen  Bäumen 
im  Terrarium  umher.  Ihre  Beweglichkeit  kann  man  dann  so  recht 
beobachteu,  wenn  einige  Sperlinge  in  das  Terrarium  gesetzt  werden. 


37 


Sofort  machen  die  Schlangen  nun  Jagd  auf  diese  ihre  Lieblingsfutter¬ 
tiere  und  entwickeln  hierbei  eine  Schnelligkeit  und  List,  die  uns 
erstaunen  läßt.  Durch  Scheinverfolgungen,  Vorstöße,  wissen  sie 
die  geäugstigten  Spatzen  nach  irgend  einem  Punkt  hinzutreiben, 
wo  es  dem  Spatzen  nicht  möglich  ist,  sofort  wieder  auffliegen  zu 
können,  wo  er  daun  schnell  eine  Beute  der  ihn  verfolgenden  Schlange 
wird,  wenn  er  nicht  schon  auf  seiner  ängstlichen  Flucht  vor  der 
Verfolgerin  einer  anderen  lauernden  Schlange  in  den  Rachen  geriet. 
Es  kommt  auch  bei  diesen  Schlangen  bisweilen  vor,  daß  zwei 
Schlangen  gleichzeitig  ein  Futtertier  packen.  Ein  langes  Hin-  und 
Herzerreu,  wie  man  solches  bei  andern  Schlangenarten  beobachtet, 
kommt  hier  jedoch  selten,  nur  bei  Futtermangel,  vor;  gewöhnlich 
läßt  eine  dann  sofort  los,  um  einem  andern  Opfer  nachzustellen. 
Merkwürdig  ist  bei  diesen  Schlangen  die  besondere  Vorliebe  für 
Geflügel  und  Eier.  Junge  Hühner  und  Tauben,  Sperlinge  und 
andere  Vögel  von  dieser  Größe  werden  stets  gern  angenommen, 
ebenso  sind  manche  besonders  lüstern  nach  Enten-  oder  Hühner¬ 
eier.  Mit  letzteren  brachte  ich  frisch  angekommene  Schlangen  am 
ehesten  zum  Fressen. 

Gewöhnlich  haben  diese  Schlangen,  wie  auch  viele  andere  Kriech¬ 
tiere,  bei  der  Ankunft  großen  Durst,  und  suchen  bald  nachdem  sie 

sich  etwas  erholt  das  Wasserbecken  auf.  Da  sie  gewöhnlich  in 

trockenes  Moos  verpackt,  das  erstemal  sogar  in  Hobelspäue,  in  meine 
Hände  gelangten,  so  gab  ich  ihnen  alsbald  eine  Erfrischung  mittels 
des  Zerstäubers,  wozu  ich  Wasser  von  ca.  18 — 20°  R  anwendete.  Den 
bisweilen  ziemlich  matten  Schlangen  schien  dies  sehr  zu  behagen, 

gierig  leckten  sie  die  Wassertropfeu  auf  oder  ließen  sich  diese  in 

den  Mund  laufen.  Nachdem  die  Schlangen  ihren  Durst  gelöscht  und 
sich  von  der  durch  das  Auspacken  und  ihre  Übersiedlung  in  das 
Terrarium  hervorgerufene  xAufregung  erholt  hatten,  pflegten  sie  etwa 
eine  Stunde  der  Ruhe.  Dann  begannen  sie  im  Terrarium  umherzu¬ 
kriechen,  hierbei  jeden  Winkel,  jeden  Spalt  im  Felsen  untersuchend. 
Nachdem  dies  etwa  eine  halbe  Stunde  gedauert,  die  Schlangen  sich 
gewissermaßen  heimisch  gemacht  und  durch  wiederholtes  Gähnen 
andeuteten ,  daß  sie  Hunger  hatten  hielt  ich  es  für  zweckmäßig 
ihnen  nun  mancherlei  Futter  vorzulegeu.  Gewöhnlich  gab  ich  Sper¬ 
linge,  junge  Ratteu,  Mäuse,  Maulwürfe,  teils  lebend  teils  tot,  und 
Hühnereier  in  das  Terrarium.  Die  lebenden  und  toten  Futtertiere 
wurden  meist  nicht  beachtet,  dahingegen  machten  sich  die  meisten 
Schlangen  alsbald  über  die  Eier  her.  Es  mochte  diese  auffallende 


t 


38 


Vorliebe  für  Eier  darin  seinen  Grund  haben,  daß  sich  die  Schlangen 
noch  zu  ermattet  fühlten,  um  schon  mit  Erfolg  auf  die  lebenden 
Futtertiere  Jagd  machen  zu  können  und  an  tote  Tiere  waren  sie 
noch  nicht  gewöhnt. 

Beim  Aufnehmen  und  Verschlingen  der  Eier  spielten  sich  oft 
ergötzliche  Scenen  ab,  aber  wiederum  war  es  zu  bewundern  mit  welcher 
Schlauheit  sich  die  Schlangen  zu  helfen  wußten.  Da  die  Eier  auf 
dem  losen  Saud  bei  jeder  Berührung  seitens  einer  Schlange  hin-  und 
her  rollten,  so  sahen  sie  bald  ein,  daß  sie  so  nicht  zum  Ziel  ge¬ 
langen  konnten.  Sie  wußten  sich  aber,  nachdem  sie  einige  vergeb¬ 
liche  Versuche’gemacht,  die  Eier  vom  Sandboden  aufzuheben,  jedoch 
stets  au  der  harten  Schale  abglitten,  bald  zu  helfen.  Sie  schoben 
die  Eier  einfach  mit  Hülfe  ihres  Kopfes  und  Halses  in  eine  Ecke 
des  Terrariums  oder  des  Felsens.  Nun  wurde  das  Ei  so  gedreht, 
daß  die  Spitze  desselben  schräg  emporstand.  Dann  unispaunten  sie 
einen  Teil  des  Eies  mit  den  weit  geöffneten  Kiefern  und  schoben 
sich  das  Ei,  indem  sie  mit  dem  Kopf  dagegen  drückten  in  den  Rachen 
hinein.  Hatten  die  Kiefer  erst  den  größten  Durchmesser  des  Eies  über¬ 
wunden,  so  daß  sie  sich  nach  vorn  hin  wieder  mehr  schließen  konnten, 
so  war  die  Arbeit  des  Verschlingens  sehr  bald  beendet.  Sobald  das 
noch  immer  ganze  Ei  kaum  den  Hals  passiert  hatte,  welcher  sich 
hierbei  unförmig  ausdehnte,  sahen  sie  sich  schon  wieder  nach  weiterer 
Nahrung  um.  ich  habe  beobachtet,  daß  eine  Schlange  hintereinander 
fünf  Eier  verschlang,  und  sie  war  noch  nicht  die  größte  von  der 
Gesellschaft.  Sie  hätte  vielleicht  noch  mehr  gefressen,  wenn  ich 
noch  mehr  Eier  in  das  Terrarium  gelegt  hätte.  Bei  der  ausge¬ 
sprochenen  Vorliebe  dieser  Schlangen  für  Eier  und  junges  Geflügel 
ist  es  leicht  erklärlich,  daß  die  Vierstreifennatter  starker  Verfolgung 
seitens  der  Bauern  und  Geflügelbesitzer  ihrer  Heimat  ausgesetzt  ist, 
umsomehr  da  sie  sich  ihre  Lieblingsnahrung  mit  vieler  List  und 
Verschlagenheit  zu  verschaffen  weiß.  Fanden  die  Schlangen  keine 
Eier  mehr  vor,  so  preßten  sie  ihren  von  der  Eierladung  augetrie- 
benen  Körper  gegen  den  Felsen  etc.  oder  krochen  durch  enge  Spalten, 
wodurch  sie  die  Eier  in  ihrem  Leibe  zerdrückten.  Die  in  ganz  kleine 
Stückchen  zerdrückten  Eierschalen  wurden  als  unverdaulich  wieder 
ausgeworfen.  Nachdem  die  Schlangen  sich  nun  durch  Aufnahme 
der  Eier  etwas  gestärkt  hatten  fielen  sie  nach  einigen  Tagen  auch 
über  Sperlinge  und  Mäuse,  Eidechsen  etc.  her,  Sperlinge,  überhaupt 
Geflügel  zogen  sie  jedoch  stets  den  kleinen  Sängern  vor,  wie  sie 
denn  auch  Eier  nach  wie  vor  annahmen. 


—  39  — 


Die  Verpflegung  dieser  schönen  und  ausdauernden  Schlangen 
ist  also  sehr  leicht  und  wären  sie  es  wohl  wert,  daß  ihnen  seitens 
der  zool.  Gärten  Beachtung  geschenkt  würde.  Als  ich  noch  in  Bunz- 
lau  i.  Schl,  wohnte  hielt  ich  meine  Vierstreifennattern  u.  a.  während 
der  wannen  Sommermonate,  vom  Juni  bis  iu  den  September  hinein, 
im  Freien.  In  dem  großen  Garten  hinter  dem  von  mir  bewohnten 
Hause  befand  sich  ein  großer  nach  vorn  (Südseite)  offener  Schuppen, 
welcher  der  Souue  voll  ausgesetzt  war.  In  diesen  Schuppen  brachte 
ich  die  Behälter  mit  den  Schlangen  und  verschiedenen  Echsen  etc. 
unter,  was  allen  Tieren  sehr  gut  bekam.  Ähnlich  ließe  sich  die 
Unterbringung  verschiedener  europäischer  Schlangen  in  den  zoolog. 
Gärten  sehr  gut  ausführen,  und  während  des  Winters  könnten  die 
Schlangenbehälter  dann  in  verschiedenen  Häusern  (Affenhaus,  Ele¬ 
fantenhaus  etc.)  untergebracht  werden. 

Eine  nicht  minder  empfehlenswerte  imposante  Schlange  ist  die 
auf  Abbildung  2  dargestellte  Zornnatter  ( Zamenis  viridiflavas, 
Latreille)  mit  ihren  Spielarten  Zamenis  trabalis ,  Pall.  ( Coluber 

Abbildung  2. 


Zornnatter  ( Zamenis  viridiflavus.  Latreille). 

caspius ,  Iwan);  Zamenis  sardus ,  Suckow;  Zamenis  gemonensis , 
Laurenti;  Zamenis  carbonarius ,  Schreiber.  Die  Zornnatter,  be¬ 
sonders  die  Varietät  Zamenis  trabalis ,  ist  die  .größte  und  meines 

.  ]. 

Wissens  nach  auch  die  lebhafteste  und  bissigste  europäische 
Schlange.  In  letzterer  Beziehung  steht  sie  der  sehr  bissigen 
Sprossennatter  (Bhinechis  scaleris,  Schinz)  durchaus  nicht  nach,  und 


40 


sind  große  Exemplare  vorsichtig  zu  behandeln,  da  uns  solche  bis¬ 
weilen  recht  schmerzhafte  Wunden  beibringen  können,  was  ich  nur 
zu  oft  erfahren  mußte.  Es  ist  daher  geraten  die  Hände  mit  dicken 
Tuchhandschuhen  zu  bekleiden  wenn  man  etwas  in  dem  von  größeren 
Tieren  dieser  Arten  bewohnten  Käfig  zu  verrichten  hat.  Junge  Tiere 
werden  bisweilen  recht  zahm,  nehmen  jedoch  oft  im  höheren  Alter 
die  den  Zornschlaugen  eigentümliche  Wildheit  wieder  an.  Diese 
bisweilen  recht  hübsch  gefärbte  und  gezeichneten  Schlangen,  welche 
eine  Länge  bis  über  2x/2  m  erreichen  können  sind  äußerst  gefräßig 
und  verschonen  kein  Tier,  welches  sie  überwältigen  können.  Selbst 
Schlangen,  welche  so  groß  sind  als  sie  selbst,  sind  vor  ihrer  Ge¬ 
fräßigkeit  nicht  sicher,  es  sei  denn,  daß  solche  ebenso  wild  und  bissig 
sind  als  sie  selbst.  Kleinere  Schlangen,  und  seien  diese  noch  so 
bissig,  werden  doch  bald  ihr  Opfer.  Es  ist  in  meinem  Terrarium 
vorgekommen,  daß  eine  Zameuis  eine  nur  wenig  kleinere  ihrer  Art 
verschlungen  hatte.  Das  Opfer  hatte  sich  aber  derartig  gewehrt, 
daß  ich  die  Räuberin  nachdem  stark  blutend  und  abgemattet  vor¬ 
fand.  Die  Schlange  legte  sich  dann  ein  Weilchen  in  das  Wasser¬ 
becken,  worauf  die  Wunden  bald  zu  bluten  aufhörten. 

Die  Zornschlangen  sind  sehr  lebhaft  und  beweglich,  klettern  viel 
im  Gezweige  und  auf  der  Tulfsteingrotte  umher.  Ihre  Bewegungen 
sind  flink  und  geschmeidig,  auch  entwickeln  sie  dabei  eine  große 
Kraft.  Sie  können  sich  an  ganz  dünnen  Zweigen  festhalten  und 
ihren  Körper  bis  zur  halben  Länge  wagrecht  vorstrecken.  Lange 
halten  sie  sich  selten  an  einem  Flecke  auf,  nur  wenn  die  Sonne  recht 
warm  in  das  Terrarium  hineinschien,  lagen  sie  längere  Zeit  sich  sonueud 
ruhig  da,  wobei  jedoch  eine  der  andern  den  besten  Platz  streitig  zu 
machen  suchte.  Selbst  die  großen  Landschildkröten,  welche  ich  im 
selben  Terrarium  hielt,  wußten  sie  von  dem  sonnigen  Platz  zu  ent¬ 
fernen,  indem  sie  dieselben  einfach  fortschobeu. 

Ich  fütterte  diese  Schlangen  meist  mit  großen  Feldmäusen, 
Hausmäusen,  Maulwürfen,  jungen  Kaninchen,  Vögeln,  besonders 
Spatzen,  doch  auch  junge  Dohlen,  Krähen  und  Tauben.  Die  kleineren 
erhielten  auch  Eidechsen  und  Blindschleichen.  Der  Fütterung  mit 
Eidechsen  und  Blindschleichen  hatte  ich  es  zu  danken ,  daß 
mir  mehrere  Schlangen,  selbst  ganz  große  durch  Fadenwürmer 
zu  Grunde  gingen.  Einige  stark  durch  Fadenwürmer  zerfressene 
große  und  kleine  Exemplare  dieser  und  anderer  Schlangen  -  Arten 
besitze  ich  heute  noch  in  Spiritus.  Seitdem  ich  diese  traurigen 
Erfahrungen  gemacht  habe,  füttere  ich  nie  wieder  Echsen,  welche 


41 


icli  später  als  Schlangenfutter  verwenden  muß,  mit  Heuschrecken 
und  deren  Larven.  Bei  Schlangen,  welchen  ich  selbstaufgezogene 
Echsen  zu  fressen  gab,  die  nur  mit  Regen-  und  Mehlwürmer, 
Fliegen  etc.  gefüttert  wurden ,  ist  mir  noch  kein  durch  Faden- 
wärmer  verursachter  Todesfall  vorgekommen.  Da  für  die  zoo¬ 
logischen  Gärten  doch  meist  nur  große  Exemplare  in  Betracht 
kommen,  so  ist  es  am  besten  diese  nur  mit  Ratten,  Mäusen  und 
Sperlingen  zu  füttern.  Sie  beanspruchen  meist  lebende  Nahrung, 
selten  gewöhnt  sich  eine  oder  die  andere  daran  tote  Nahrung  anzu¬ 
nehmen.  Eine  vorbeihuschende  Maus  wissen  sie  geschickt  abzufangen, 
doch  suchen  sie  die  Futtertiere  auch  in  den  von  diesen  im  Boden 
gewühlten  Gängen  und  Löchern  auf.  Sie  geben  sich  sehr  oft  nicht 
erst  die  Mühe,  ihre  Beute  vor  dem  Verschlingen  zu  erdrücken,  sondern 
verschlingen  ihre  Opfer  häufig  lebend,  so  wie  sie  es  gerade  gefaßt 
haben,  unbekümmert  darum  ob  die  Maus  oder  der  Sperling  auch 
noch  so  sehr  zappelt  und  Befreiungs versuche  macht.  Mit  kleineren 
Schlangen  machen  sie  ebenfalls  nicht  viel  Umstände.  Größere  Tiere 
jedoch,  als  Ratten,  Maulwürfe  u.  a.  werden  in  rollender  Bewegung 
sehr  fest  umschlungen  und  erdrosselt,  worauf  sie  das  Opfer,  mit  dem 
Kopfe  desselben  anfangend,  verschlingen.  Eine  mittelgroße  Schlange 
ist  im  stände  vier  bis  fünf  Mäuse  hintereinander  zu  verschlingen 
und  hält  dann  event.  einige  Tage  wieder  aus.  Sind  jedoch  beständig 
Futtertiere  im  Behälter  so  fressen  sie  auch  alle  Tage.  Sie  trinken 
und  baden  oft  und  häufig  sieht  mau  die  eine  oder  die  audere  im 
Wasserbecken  liegen. 

Obwohl  sie  etwas  wärmebedürftiger  als  die  vorige  Art  zu  sein 
scheiuen,  so  haben  sie  doch  unsere  warmen  Sommertage  im  Freien, 
in  dem  erwähnten  Schuppen,  recht  gut  ausgehalten.  Nur  gebrauchte 
ich  die  Vorsicht  ihren  Behälter  während  der  Nacht  mittelst  einer 
dicken  Decke  zu  umhüllen.  Ihr  Käfig  muß,  wie  der  der  vorigen 
Art,  mit  hohen  Tuffsteingrotteu  und  recht  starkästigen  Pflanzen  aus¬ 
gestattet  werden,  um  ihnen  Gelegenheit  zum  Klettern  zu  geben. 
An  Stelle  lebender  Pflanzen  lassen  sich  auch  trockene,  niedrige 
knorrige  Eichen  oder  Kuieholzbiische  gut  verwenden. 

Die  nachbenannten  Schlangen  erreichen  nun  zwar  nicht  die 
Größe  der  vorgenannten,  doch  können  dieselben  noch  immer  den 
großen  europäischen  Schlangen  zugezählt  werden,  da  alle  noch  die 
Länge  von  1  x/2  m  überschreiten.  Die  größte  von  diesen  ist  die  auch 
in  Deutschland  vorkommende  allbekannte  Äsk  ul  a  puatter  (Gallopeltis 
Aesciilcipii ,  Aldrovaudi),  Abbildung  3,  welche  noch  eine  Länge 


Abbildung  3 


1.  Aeskulapnatter  ( Callopeltis  Aescülapii ,  Aldrovandi) 

2.  Schlingnatter  ( Coronella  laevis,  Boie). 


43 


von  1,90  m  erreichen  kann.  So  große  Stücke  gehören  nun  allerdings 
dem  Süden  Europas  an,  wo  ja  auch  die  eigentliche  Heimat  dieser 
Schlange  ist.  Von  allen  europäischen  Schlangen  ist  sie  am  ge¬ 
schicktesten  und  flinksten  beim  Klettern,  namentlich  auf  Bäumen 
und  im  Gesträuch  bewegt  sie  sich  mit  großer  Schnelligkeit,  nicht 
minder  jedoch  auch  am  Boden,  wo  sie  geschickt  alle  Hindernisse, 
Steine,  hohes  Gras ,  Gräben  etc.  zu  überwinden  weiß.  Ihre  Be¬ 
wegungen  sind  anmutig,  ja  elegant  zu  nennen. 

Sie  gewöhnt  sich  recht  bald  an  die  Gefangenschaft.  Obwohl 
in  der  ersten  Zeit  etwas  bissig,  wird  sie  jedoch  bald  sehr  zahm  nud 
gewöhnt  sich  völlig  an  ihren  Pfleger,  sofern  sie  ordentlich  behandelt, 
und  nicht  mutwillig  gereizt  wird.  Sie  frißt  Maulwürfe,  junge  Ratten 
Mäuse,  Sperlinge  und  Eidechsen,  Mäuse  jedoch  am  liebsten.  Kleine 
Tiere  müssen  mit  jungen  Mäusen  oder  Eidechsen  gefüttert  werden. 
Sie  umschlingen  fast  stets  ihre  Beute  um  sie  zu  erdrosseln,  wissen 
ganz  genau  wenn  ihr  Opfer  tot  ist  und  lösen  nie  vorzeitig  die  das 
Opfer  fesselndeu  Ringe.  Die  Beute  wird  fast  stets  mit  dem  Kopf 
voran  verschlungen.  Große  Tiere  machen  mit  Eidechsen  keine 
Umstände,  sie  packen  dieselben  wie  es  der  Zufall  bringt,  und  drehen 
das  Opfer  im  Rachen,  ohne  es  erst  zu  umschlingen,  so,  daß  sie  es 
mit  dem  Kopfe  voran  verschlingen  können. 

Sie  ist  ziemlich  lebhaft  und  klettert  viel  im  Terrarium  umher, 
so  lebhaft  jedoch  als  die  Zornschlangen  ist  sie  nicht.  Scheint  die 
Sonne  recht  warm  in  das  Terrarium,  so  lagert  sie  gern  an  der  von 
der  Sonne  am  meisten  getroffenen  Stelle,  sei  es  am  Boden,  auf  der 
Felsgrotte  oder  im  Gezweige  der  Pflanzen.  Sie  erträgt  grosse 
Hitzegrade;  ich  habe  sie  an  Stellen  auf  Steinen  lagernd  gefundeu, 
welche  so  heiß  waren,  daß  man  diese  kaum  mit  der  Hand  berühren 
konnte.  Trotz  dieser  Vorliebe  für  hohe  Temperatur,  hält  die 
Äskulapnatter,  ich  meine  natürlich  besonders  die  dem  Süden  Europas 
entstammenden  Tiere,  unseru  Sommer  im  Freien  recht  gut  aus, 
haben  sich  auch  in  dem  im  Freien  stehenden  Terrarium  fortgepflanzt. 
Die  verschiedenen  Varietäten  vertragen  sich  recht  gut  miteinander, 
ebensogut  verträgt  sie  sich  auch  mit  andern  Schlangen,  wenn  diese 
nicht  gar  zu  klein  sind,  und  mit  großen  Echsen.  Mittelgroße  oder 
gar  kleine  Echsen  dürfen  ihnen  jedoch  nicht  beigesellt  werden. 

Die  Eidechsennatter  ( Coelopeltis  lacertina ,  Fitzing.),  Ab¬ 
bildung  4,  wird  nicht  ganz  so  lang  als  die  vorige,  sieht  aber  doch 
größer  aus  als  diese,  da  sie  einen  größeren  Körperumfang  als  die 
Äskulapnatter  erreicht.  Die  Stammform  bleibt  meines  Wissens 


44 


nach  am  kleinsten,  während  die  Varietät  Coelopeltis  Neumayeri 
eine  Länge  von  über  170  cm  erreicht. 

Auch  diese  Art  ist  recht  lebhaft  und  jähzornig.  Im  Anfang 
sehr  bissig  wird  sie  doch  nach  längerer  Zeit  soweit  zahm,  daß  sie 
ihrem  Pfleger  das  Futtertier  von  der  Zange  abnimmt.  Ich  habe 
sowohl  die  Stammform  als  auch  C.  Neumayeri  lange  Zeit  gepflegt 
und  dabei  die  Erfahrung  gemacht,  daß  Neumayeri  schneller  zahm 
wird  als  die  Stammform.  Ich  bin  von  beiden  ziemlich  oft  gebissen 
worden,  ohne  daß  diese  Bisse  je  schlimme  Zufälle  im  Gefolge  gehabt 
hätten,  selbst  damals  nicht  als  die  G.  Neumayeri  den  Zeigefinger 
meiner  linken  Hand  ganz  im  Racheu  hatte,  weshalb  ich  ihren  hinteu 
im  Rachen  stehenden  gefurchten  Zähnen  keine  besondere  Be- 

Abbildung  4. 


Ei  dechsennatter  ( Coelopeltis  lacertinu,  Fitzing.) 


deutung  beimesseu  kann.  Nichtsdestoweniger  halte  ich  es  jedoch 
für  geraten,  vorsichtig  beim  Umgang  mit  dieser  Schlangenart  zu 
sein.  Auch  diese  Art  klettert  gern,  doch  weniger  im  Gesträuch  als 
auf  der  Grotte,  durch  deren  Höhlungen  und  Löcher  sie  sich  geschickt 
zu  winden  weiß.  Sie  lagert  gleichfalls  gern  an  recht  heißen  von  der 
Sorme  beschienenen  Stellen,  uud  läßt  sich  von  dem  einmal  gewählten 
Platz  nicht  leicht  vertreiben.  Öfters  wählt  sie  sich  muldenförmige 
Höhlungen  an  der  Stelle  wo  sie  lagern  will  aus.  Anderen  Schlangen 
gegenüber  ist  sie  nicht  so  friedlich  als  die  vorige,  was  ich  zu  meinem 


Leidwesen  öfters  habe  erfahren  müssen.  Sie  haben  im  Terrarium 
nicht  nur  Schlangen  anderer  Art,  welche  fast  ebeusogroß  als  sie 
selbst  waren,  verschlungen,  sondern  auch  kleinere  ihrer  eigenen  Art. 
Nach  solchen  Vorkommnissen  wurde  ich  gewitzigt  und  gesellte  ihnen 
nur  gleich  bissige  und  fast  gleichgroße  Schlangen  anderer  Art  bei. 
Mag  eine  andere  Schiauge  auch  noch  so  bissig  und  wild  sein,  die 
Eidechsennatter  wird  ihrer  doch  Meister,  selbst  wenn  sie  auch  kaum 
kleiner  als  die  Räuberin  ist.  Eine  prachtvolle  und  sehr  bissige 
Rhinechis  scalaris  bin  ich  auf  diese  Art  los  geworden  ebenso  andere 
Schlangen,  welche,  obwohl  weniger  bissig,  doch  größer  waren.  Ein¬ 
mal  kam  ich  gerade  dazu,  als  eine  Eidechsennatter  eine  fast  ebenso- 
große  Tropidonotus  sparsus ,  ein  Prachtexemplar,  hinunter  würgte. 
Das  Opfer  mußte  der  Räuberin  denn  doch  wohl  ein  wenig  zu  groß 
sein,  da  es  ihr  schlechterdings  nicht  sofort  möglich  war  ihre  Beute 
in  ihrem  Leibe  unterzubringen.  Das  Schwanzende  der  verschlungenen 
Schlange  hing  der  Räuberin  von  Nachmittags  gegen  4  Uhr  bis  gegen 
Mittag  des  andern  Tages  zum  Rachen  heraus,  bis  es  endlich  nach  und 
nach  verschwand.  Die  Eidechsennatter  schien  sich  durch  dieses  An¬ 
hängsel  durchaus  nicht  gestört  zu  fühlen.  Mit  derselben  Rhinechis  hatte 
sich  die  betreffende  Eidechsennatter  schon  öfter  herum  gehalgt,  ohne 
daß  der  einen  oder  der  andern  je  ein  Schaden  daraus  erwachsen 
wäre.  Ich  hielt  auch  stets  die  Rhinechis  für  das  Karnickel,  welches 
den  Streit  anfiug.  Da  sie  aber  kleiner  als  die  Eidechsennatter  war 
und  letztere  sich  nur  immer  loszumachen  suchte,  so  fürchtete  ich 
nichts,  bis  ich  den  Schaden  für  meine  Gleichgültigkeit  hatte.  Ebenso 
wie  mit  der  Rhinechis  balgte  sich  eine  große  C.  Neumayeri  auch  mit 
meiner  Coronella  Sayi ,  Deck,  herum.  Hier  war  aber  wirklich  die 
weit  kleinere  Coronella  Sayi  immer  diejenige,  welche  den  Streit 
anfing,  der  stets  zum  Nachteil  der  großen  C.  Neumayeri  ausfiel. 
Nach  dem  Vorkommnis  mit  der  Tr.  sparsus  und  Rhinechis  fürchtete 
ich  doch  für  meine  prächtige  C.  Sayi,  die  ich  heute  noch  besitze, 
und  nahm  sie  heraus.  Ich  fütterte  die  Eidechseunatteru  je  nach  ihrer 
Größe  mit  Sperlingen,  Mäusen,  Blindschleichen,  Eidechsen  und  kleineren 
Schlangen.  Junge  Kreuzottern  habe  ich  schon  oft  ohne  Nachteil  an 
diese  Schlangen  verfüttert.  Mäuse  fressen  sie  lieber  als  Sperlinge. 
Mittelgroße  Schlangen  ziehen  Eidechseu  den  Mäusen  vor. 

Es  wird  mehrfach  angegeben,  daß  diese  Schlange  nicht  lauge 
in  Gefangenschaft  aushalte.  Meine  diesbezüglichen  Erfahrungen  be¬ 
sagen  das  Gegenteil.  Haben  die  Schlangen  erst  das  erste  halbe  Jahr 
oder  einen  Winter  in  der  Gefangenschaft  überlebt,  so  halten  sie  auch 


46 


mehrere  Jahre  ans.  Ein  Exemplar  habe  ich  über  3  Jahre  gepflegt 
und  dann  vertauscht.  Beim  neuen  Besitzer  ging  sie  aber  nach  vier 
Monaten  ein,  ich  vermute  an  Nahrungsmangel.  Auch  diese  Art  hält 
unser n  Sommer  im  Freien  ans.  Ihr  Behälter  ist  jedoch  gegen  die 
kühle  Nachtluft  zu  schützen. 

Die  letzte,  welche  noch  anzuführen  wäre,  als  zu  den  größeren 
europäischen  Schlangen  gehörend,  ist  die  auf  Abbildung  5  dargestellte 
Sprossen  n  att.er  ( Rhinechis  scalaris,  Schinz).  Uber  diese  Schlinge  ist 
im  »Zoolog.  Garten«  schou  des  öfteren  berichtet  worden.  (Jahrg.  XXVII, 
Seite  177  u.  286,  Jahrg.  XXXIII,  Seite  40).  Im  allgemeinen  muß  ich 
diese  hübsche  lebhafte  Schlange  als  sehr  jähzornig  und  bissig  bezeichnen; 
es  währt  sehr,  sehr  lange  ehe  sie  sich  an  den  Menschen  soweit  ge¬ 
wöhnt,  daß  sie  nicht  mehr  wütend  nach  der  in  das  Terrarium 


Abbildung  5. 


Sprossen-  oder  Treppennatter  ( Rhinechis  scalaris,  Schinz). 


langenden  Hand  beißt,  ja  einige  meiner  Gefangenen  legten  ihr 
bissiges  Wesen  überhaupt  nicht  ab,  trotzdem  ich  mich  viel  mit 
ihnen  beschäftigte.  Demgegenüber  habe  ich  jedoch  Tiere  besessen 
und  bei  Bekannten  gesehen,  welche  man  wirklich  zahm  nennen 
konnte.  Sie  ließen  es  ruhig  geschehen,  daß  man  sie  aus  dem 
Terrarium  herausnahm,  man  konnte  sie  necken,  ohne  daß  sie  zu 
beißen  versuchten.  Nur  iu  einem  Falle  bissen  alle :  Ließ  ich  sie 
an  der  Erde  kriechen  und  hob  sie  dann  plötzlich  beim  Schwänze 
empor,  so  setzte  es  Bisse  mehr  als  mir  lieb  waren.  Bisweilen  bisseh 
diese  Schlangen  ohne  jeden  ersichtlichen  Grund  nach  ihren  Mit¬ 
gefangenen  und  fuhren  gegen  die  Scheiben  des  Terrariums,  wenn 
man  an  demselben  vorbeiging  oder  sich  dabei  hiustellte.  Trotz 
dieser  üblen  Eigenschaften  kann  ich  diese  hübsche  lebhafte  Schlange 
doch  allen  zoologischen  Gärten  und  allen  Terrarienbesitzern  empfehlen, 


47 


da  sie  sich  recht  gut  au  die  Gefangenschaft  gewöhnt  und  lange 
darin  aushält.  Sie  lassen  sich  zur  Annahme  des  Futters  selten 
lange  nötigen  und  nehmen  schließlich  auch  tote  Mäuse,  Sperlinge 
uud  Eidechsen  an.  Ich  habe  bisher  nur  eine  Rhinechis  die  An¬ 
nahme  von  Nahrung  verweigern  sehen,  doch  kann  dieses  Tier 
immerhin  noch  des  Nachts  gefressen  haben,  da  sie  immer  recht  gut 
beleibt  war,  auch  öfters  in  meiner  Gegenwart  exkrementierte.  Tn 
meinem  Beisein  jedoch  hat  sie  nie  gefressen,  obwohl  sie  ziemlich 
zahm  geworden  war.  Sie  ließ  es  ruhig  geschehen,  wenn  ich  in  ihrer 
Nähe  etwas  im  Terrarium  ordnete,  kam  ich  ihr  dabei  zu  nahe,  so 
kroch  sie  davon,  ohne  jedoch  nach  meiner  Hand  zu  beißen.  Die 

Bewegungen  der  Sprossen nattern  sind  sehr  flink,  mindestens  ebenso  flink 

•• 

als  die  der  Äskulapnatter,  doch  kamen  mir  diese  Bewegungen  nie  so 
anmutig  als  die  der  letzteren  vor.  Der  Wärme  sind  sie  sehr  zuge- 
than,  je  wärmer  es  im  Terrarium  ist,  je  lebhafter  sind  diese  Schlangen. 
Trotzdem  hielt  ich  auch  diese  Art  im  Sommer  im  Freien  und  um¬ 
hüllte  ihren  Behälter  des  Nachts  mit  einer  Decke.  Wenn  die 

Sonne  recht  warm  auf  das  Terrarium  schien,  so  war  es  eine  Freude 
ihrem  Treiben  zuzusehen,  wie  sie  sich  gegenseitig  den  wärmsten 

Platz  streitig  machten,  sich  ein  Weilchen  lagerten,  dann  wieder  auf 

» 

der  Grotte  oder  dem  trockenen  Geäst  umherkrochen,  oder  auf 
Mäuse  Jagd  machten.  Auch  sie  hatten,  wie  die  Zornnattern,  selten 
lange  Ruhe  an  einem  Platz,  sondern  krochen  immer  bald  wieder 
davon. 

Das  wären  zunächst  die  fünf  größten  europäischen  Schlangen¬ 
arten,  deren  Haltung  ich  allen  zoologischen  Gärten  nur  warm 

empfehlen  kann.  Alle  können  unbedenklich  von  Aufang  Juni  bis 
Mitte  August  in  Mitteldeutschland  im  Freien  gehalten  werden,  so¬ 
fern  ihre  Behälter  recht  sonnig  und  geschützt  aufgestellt  werden. 
Eine  Vorrichtung  die  Behälter  gegen  das  Eindringen  der  kühlen 
Nachtluft  zu  schützen,  müßte  allerdings  getroffen  werden.  Ebenso 
ist  dafür  zu  sorgen,  daß  sich  die  Tiere  an  kühleren  Tagen  gut  in 
Moos  verkriechen  können.  Für  die  übrige  Jahreszeit  kann  den  Be¬ 
hältern  ein  Plätzchen  in  den  eingangs  erwähnten  Häusern  ange¬ 
wiesen  werden.  Doch  auch  liier  ist  darauf  zu  achten,  daß  die 
Sonnenstrahlen  soviel  als  möglich  in  die  Behälter  dringen  können. 

Die  kleineren  europäischen  Schlangen  werde  ich  mir  erlauben, 
in  einem  andern  Aufsatz  zu  besprechen,  da  auch  diese  es  verdienen 
Aufnahme  in  allen  zoologischen  Gärten  zu  finden.  Mögen  diese 
Zeilen  dazu  beitragen,  daß  den  europäischen  Schlangen  seitens  der 


48 


zoologischen  Gärten  mehr  Beachtung  als  bisher  geschenkt  werde, 
das  Publikum  wird  sich  sicher  dankbar  für  deren  Einführung  er¬ 
weisen  und  manche  schönen  Beobachtungen  lasseu  sich  bei  sach¬ 
gemäßer  Unterbringung  dieser  Schiauge  noch  machen. 


Zar  Frage:  „Rauben  die  Raubvögel  unterwegs,  wenn  sie  eine 

Oceanreise  unterneh inen  ?  “ 

Von  Staats  von  Wacquant-Geozelles. 

Diese  Frage  ist  angeregt  und  wird  sehr  bezweifelt  vom  Herrn 

O  o  O 

Direktor  Dr.  B  o  lau  -  Hamburg  (in  der  Nr.  3  des  XXXIII.  Jahr¬ 
ganges  dieser  Zeitschrift,  S.  93)  gelegentlich  der  interessanten  Mit¬ 
teilung  des  Fanges  eines  Falco  candicans ,  Gm.,  auf  der  Marsraa  des 
der  »Hamburg-Amerik.  Packetfahrt-Aktieu-Gesellschaft«  gehörigen 
Dampfers  »Venetia«,  Kapit.  Reeßing. 

Ich  bin  nun  durch  glücklichen  Zufall  in  der  Lage,  die  obige 
Frage  mit  absoluter  Sicherheit  zu  bejahen,  und  es  ähnelt  das,  was 
ich  über  einen  ebensolchen  »Fang  eines  Falken  auf  hoher  See«  mit¬ 
zuteilen  weiß,  dem  Berichte  des  Herrn  Direktor  Dr.  Bo  lau  in 
staunenswerter  Weise. 

Im  März  des  Jahres  1891  besuchte  mich  mein  Freund 
Dr.  G.  Schl  äg  er  -Hameln,  ein  scharfer,  stets  mit  objektiver 
Gewissenhaftigkeit  prüfender  Beobachter,  welcher  als  Schiffsarzt 
wohl  15mal  den  Ocean  durchquert  und  dabei  eine  Menge  der 
interessantesten  naturwissenschaftlichen  Thatsaehen  gesammelt  hat. 

Dr.  Schläger  erzählte  mir  nun  folgendes:  »Ich  befand  mich  auf 
der  Rückreise  von  New-York  nach  Hamburg  auf  dem,  der  »Hamb. 
Amerik.-Paeketf.-Akt.-Ges.«  gehörigen  Dampfer  »Rugia«,  Kapt. 
Cariowa. 

Auf  der  Mitte  des  Weges  zwischen  New-Foundland  und  den 
Scilly-Inseln  hörte  ich  am  Nachmittage,  gerade  im  Begriff  unter 
Deck  zu  gehen,  wie  oben  die  Matrosen  über  irgend  etwas  laut 
wurden.  Ich  drehte  mich  um  und  sah,  wie  ein  schöner  Falke  mit 
rasender  Gewalt  auf  einige  »Sturmvögel«  stieß.  Die  geängstigten, 
von  den  englischen  Matrosen  »Mother-carry-chickeu«  genannten 
Vögel  drängten  zum  Schiffe;  der  Falke  stürmte  hinterher,  nahm 
wiederum  ein  Opfer  aufs  Korn  und  packte  es,  trotz  einer  von  dem 
Sturmvogel  vorn  am  Bug  gemachten,  aufwärts  gerichteten  Schwenkung 
mit  wahrhaft  erstaunlicher  Wut  und  Sicherheit!  Bei  diesem 


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Stoß  etwas  vom  Schiffe  abgekommen,  wandte  er  sich  mit  seiner 
zappelnden  Beute,  auf  die  er  unterwegs  mehrmals  mit  dem  Schnabel 
einhieb,  sofort  zum  Schiffe  zurück,  setzte  sich  oben  auf  eine  Raa, 
schaute  sich  in  etwas  geduckter  Stellung  kühn  nach  allen  Seiten 
um  und  fing  dann  an,  sein  Opfer  in  aller  Ruhe  und  unbe¬ 
kümmert  um  die  vielen  Zuschauer,  zu  rupfen  und  zu  verspeisen. 

Schießen  wollte  ich  nicht  auf  ihn  und  somit  ließen  wir  ihn  in 
Ruhe.  Die  lauge  Reise  (nach  allen  Seiten  stets  etwa  500  Meilen 
vom  Land)  mochte  ihn  aber  doch  wohl  angegriffen  haben;  dazu 
kam  die  reichliche  Mahlzeit  und  die  auf  beides  naturgemäß  erfolgende 
Erschlaffung,  und  somit  blieb  er  ruhig  oben  sitzen,  gab  einmal 
sein  Geschmeiß  in  weitem  Strahle  von  sich  —  »spuckte  Priem«,  wie 
die  Matrosen  sagten  —  und  schlief  endlich  ein.  Als  die  Dunkelheit 
hereingebrochen  war,  stieg  der  Spar-Deck-Feger  Cossmin,  früher 
Seiltänzer  bei  der  Truppe  Kolter-Hegelmanu,  äußerst  vorsichtig 
hinauf,  kam  wirklich  bis  an  den,  nach  seiner  Aussage  »fest 
schlafenden«  Raubvogel  und  drückte  ihn  mit  geschicktem  Griffe 
fest  nieder  auf  die  Raa.  —  Nunmehr  erhob  der  überraschte  Vogel 
ein  sehr  klägliches,  langgezogeues  Geschrei,  welches  wie  »Hiii-ää« 
lautete,  wurde  aber  trotz  allen  Sträubens  sicher  auf  Deck  befördert. 

Ich  hielt  das  Tier  für  einen  Wanderfalken  ;  doch  mochte  es 
auch  ein  nordischer  Jagdfalke  sein.  Da  ich,  in  Hamburg  ange¬ 
kommen,  noch  am  Platze  bleiben  mußte,  so  war  es  mir  unmöglich, 
den  Vogel  für  Sie  mitzubringen ;  doch  wenn  Sie  genau  erfahren 
wollen,  welcher  Art  er  angehört,  so  schreiben  Sie  nur  an  Herrn 
Direktor  Dr.  Bolau;  —  ich  hörte  nämlich,  daß  das  Tier 
dem  Zoologischen  Garten  zu  Hamburg  durch  dritte  Hand 
überwiesen  werden  sollte.« 

Soweit  Herr  Dr.  Schläger  über  diesen  interessanten  Fall:  Herr 
Dr.  Schläger  ist  wohl  der  erste  Beobachter,  welcher  das  »that- 
sächliche  Rauben  eines  den  Ocean  überfliegenden  Raubvogels«  fest¬ 
gestellt  und  hiermit  wissenschaftlich  festgelegt  hat. 

Weiter  ist  mir  u.  a.  von  demselben  Beobachter  mitgeteilt  worden, 
daß  ihm  einst,  ziemlich  weit  von  dem  amerikanischen  Festlande, 
drei  —  —  Spatzen  an  Bord  kamen  und  ferner,  daß  er  einst 
an  Bord  erfuhr,  daß,  sehr  weit  von  deutscher  Küste  entfernt, 
eine  völlig  ermattete  Brieftaube  auf  das  Deck  niedergefallen  sei. 
Letzteren  Fall  erfuhr  er  erst  nach  einigen  Tagen  zufällig:  man 
hatte  die  Sache  geheim  gehalten  und  die  Taube,  welche  »bedruckte 
Federn«  gehabt,  —  —  verspeist! 


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Ein  Lehrbuch  der  Zoologie  aus  dem  XVII.  Jahrhundert. 

Von  C.  Greve  in  Moskau. 

Es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  daß  im  Altertum  auf  wissen¬ 
schaftlichem  und  künstlerischem  Gebiet  in  mancher  Beziehung  Größeres 
geleistet  wurde,  als  im  Mittelalter.  Der  Neuzeit  war  es  Vorbehalten 
das  Verlorengegangene  wieder  aufzufinden,  vieles  auch  erst  neu  zu 
entdecken.  Wenn  uun  auch  die  alte  Zoologie  kaum  den  Namen 
einer  selbständigen  Wissenschaft  verdient  und  außer  Aristoteles  viel¬ 
leicht  keinen  einzigen  Vertreter  aufzuweisen  hat,  der  selbständig  ar¬ 
beitete  und  nicht  bloß  naiv  aufzeichuete,  was  der  allgemeine  Köhler-  und 
Aberglauben  für  wahr  und  möglich  hielt,  so  wußte  sie  sich  doch  von 
derartigen  ungeheuerlichen  Märchen  freizuhalten,  wie  sie  uns  von 
den  Zoologen  des  späteren  Mittelalters  aufgetischt  worden  und  wie 
sie  sich  noch  bis  in  das  XVIII.  Jahrhundert  zu  behaupten  verstanden. 

Um  unseren  Lesern  einen  Begriff  von  dieser  »Scientia  naturalis« 
zu  geben,  wollen  wir  aus  einem  uns  zufällig  in  die  Hände  gekom¬ 
menen  Buche  einiges  herausgreifen,  vorerst  aber  —  weil  es  charak¬ 
teristisch  —  den  vollen  Titel  dieses  Werkes  hersetzen. 

Joh.  Sperliugii,  Scient.  Natural,  quondam  Prof.  P.  Celeberrimi 
Zoologiam  physicam  recensuit  Georg.  Casp.  Kirchmajer  Eloquen.  Prof. 
P.  Witteb.  Addictitque  Dissertations  De  Basilisco,  Uuicornu,  Phoenice, 
Behemoth,  Leviathan,  Draeone,  Aranea,  Ave  Paradisi.  Editio  altera, 
priori  longe  emendatior.  Wittebergae,  impensis  Maeredum  Joh.  Ber- 
geri,  Literis  Joh.  Haken.  A.  MDCLXIX. 

Die  Richtung  des  Werkes  wird  genugsam  gekennzeichnet,  wenn 
wir  sehen,  daß  der  Klassifikation  des  Tierreichs  I.  Buch  der  Könige 
IV.  33  zu  Grunde  gelegt  wird.  Weil  König  Salomo  von  Vieh, 
Vögeln,  Reptilien  und  Fischen  redete,  kann  das  ganze  Tierreich  auch 
nur  in  die  vier  Klassen  der  Fliegenden,  Schwimmenden,  Schreitenden 
und  Kriechenden  eingeteilt  werden.  Dann  vertieft  sich  der  Autor  in 
die  Frage,  ob  die  Tiere  ursprünglich  paarweise,  oder  gleich  in 
größerer  Anzahl  getroffen  wurden  ;  hierauf  beweist  er  unwiderleglich, 
daß  den  Tieren  die  Sprache  fehlt ;  daß  sie  weder  lachen,  noch  weinen 
können;  daß  ihnen  ein  freier  Wille  versagt  ist;  daß  sie  weder  das 
Streben  nach  Wahrheit,  nach  Vernunft  kennen  und  lediglich  durch 
das  Bedürfnis  nach  Nahrung  bei  ihren  Handlungen  bestimmt  werden. 
Mit  demselben  tiefen  Ernste  sucht  er  nachzuweisen,  daß  sie  keine 
unsterbliche  Seele  besitzen.  Nach  verschiedenen  scharfsinnigen  Be¬ 
trachtungen  über  die  Seele  und  deren  Funktionen  überhaupt,  gelangt 


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der  Autor  zu  dem  Schluß,  daß  der  Seele  auch  ihr  äußeres  Kleid, 
der  Leib,  entspreche.  So  sei  der  Ochse  mit  Hörnern  begabt,  weil 
seiue  Seele  kampflustig  ist ;  der  Hund  besitze  scharfe  Zähne,  weil 
seine  Seele  bissig  ist;  der  Affe  habe  einen  lächerlichen  Körper,  weil 
seine  Seele  zum  Lächerlichen  neige. 

Die  Definition  der  Vierfüßler  bringt  es  mit  sich,  daß  auch  Rep¬ 
tilien  und  Amphibien  mit  unter  die  Zahl  der  Tiere  geraten,  welche 
zur  Klasse  der  Säuger  gehören.  Die  Entstehungsursache  für  die 
Vierfüßler  ist  erstens  Gott,  dann  die  Natur;  Zweck  derselben  ist: 
Gottes  Ruhm  zu  künden,  in  zweiter  Reihe  dem  Menschen  Nahrung, 
Kleidung  und  Freude  zu  bieten  —  endlich  habe  ein  jedes  auch 
seinen  Selbstzweck,  welches  zu  begreifen  den  Sterblichen  versagt  ist. 

Bei  der  Behandlung  der  einzelnen  Tierspecies  kommen  die  spa߬ 
haftesten  Fabeln  vor.  Der  Löwe  reißt  sich  mit  seinen  Klauen  aus 
dem  Schlunde,  was  er  zu  viel  gefressen  und  enthält  sich  der  Nahrung, 
so  lange  er  fühlt,  daß  die  Verdauung  des  Genossenen  noch  nicht 
beendet  ist.  Er  ist  edel,  bricht  in  seinem  Zorn  selbst  Eisen  —  schont 
aber  ihm  vorgeworfene  junge  und  schwache  Tiere.  Den  Trotzigen 
greift  er  offen  an  —  verschont  aber  des  Elenden  und  Bittenden. 
Er  ist  dankbar:  als  Beispiel  wird  natürlich  die  bekannte  Geschichte 
mit  der  Befreiung  eines  Löwen  aus  den  Umschlingungen  eines 
Drachens  aufgeführt. 

Von  den  Affen  in  Peru  sollen  Augenzeugen  berichtet  haben, 
daß  sie  mit  den  Eingeborenen  solche  Freundschaft  geschlossen  hätten, 
daß  sie  mit  ihnen  um  Geld  würfelten.  Wenn  die  Affen  gewinnen, 
gehen  sie  mit  ihren  Freunden  ins  Wirtshaus,  zechen  und  zählen  den 
Gewinnst.  Freilich  fügt  der  Verfasser  hinzu:  diese  Erzählung  gehe 
über  die  Grenze  des  Glaubwürdigen  hinaus. 

Das  auf  hohen  Bergen  lebende  Einhorn  hat  die  Größe  des 
Pferdes,  den  Kopf  eines  Hirsches,  Elefantenfüße,  einen  Schweiue- 
schwanz,  auf  der  Stirn  ein  einziges,  vier  Fuß  langes  Horn,  mit  dem 
es  alles  durchbohren  kann.  Trotz  seiner  Wildheit  werde  es  von  der 
Liebe  zu  schönen  Mädchen  ergriffen,  lege  sich  gezähmt  zu  deren 
Füßen  und  schlafe  ein.  In  diesem  Falle  kommen  die  Jäger  herbei 
und  schneiden  dem  schlafenden  Tiere  das  kostbare  Horn  ab.  Letzteres 
ist  ein  probates  Mittel  gegen  Gift  und  Pest,  erfrischt  und  stärkt 
alle  edlen  Körperteile.  Aus  dem  Bemühen  des  Autors,  nachzuweisen, 
daß  dieses  kein  Fabelwesen,  kann  man  wohl  erkennen,  daß  es  das 
entstellte  Bild  des  Nashorns  ist. 


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Dem  Tiger  wird  ein  ganz  besonderer  Hang,  sein  eigenes  Eben¬ 
bild  in  seinen  Jungen  zu  lieben,  zugeschrieben,  woher  denn  auch 
die  Jäger,  welche  ihm  seine  Kleinen  geraubt  haben,  Spiegel  hinzu¬ 
werfen  pflegen.  Während  das  verfolgende  Tier  sich  mit  dem  Bewundern 
des  eigenen  Bildnisses  aufhält,  gewinnen  die  Räuber  einen  größeren 
Vorsprung  und  entkommen. 

Die  Pferde  vertragen  die  Ausdunstung  der  Schweine  nicht  und 
tragende  Stuten  werden  durch  dieselbe,  ebenso  wie  Menschenweiber 
durch  den  Geruch  ausgelöschter  Kerzen,  zu  Frühgeburten  veranlaßt. 
(Umgekehrt  glauben  die  Letten  in  Livlaud,  daß  Schweine  sterben, 
wenn  sie  mit  der  Schnauze  zum  Pferde  hin  auf  dem  Wagen  liegen). 

Mit  dem  vollsten  Ernste  sucht  weiterhin  der  Professor  Sperling 
uachzu weisen,  daß  aus  einem  Rinderaase  keine  Bienen  entstehen 
können,  woraus  wir  wohl  schließen  dürfen,  daß  dieses  damals  allge¬ 
mein  geglaubt  wurde.  Der  Esel  säuft  mit  Vorliebe  trübes  Wasser, 
verabscheut  aber  alles  Fettige.  Der  wilde  Esel  hält  sich  in  der 
Nähe  der  kreisenden  Stute,  um  das  neugeborene  Füllen,  wenn  es 
ein  männliches  ist,  sofort  zu  entmannen,  woran  die  sorgsame  Mutter 
den  eifersüchtigen  Vater  zu  verhindern  bestrebt  ist.  Hier  scheint  ein 
Anklang  an  die  Thatsache  vorhanden,  daß  der  Wildesel  in  der  That 
die  jüngeren  Hengste  abschlägt  uud  sie  .  zwingt,  fern  von  seinem 
zahlreichen  Harem  sich  zu  halten. 

Das  Elen  (Alces)  soll  seinen  Namen  vom  Worte  »Elend«  haben, 
weil  es  an  vielen  Krankheiten  leidet  —  oder  aber  von  seiner,  für 
das  große  Geschöpf  ziemlich  jämmerlichen  Stimme.  Gesuer  behauptet, 
das  Elen  könne  nur  daun  gesund  werden,  wenn  es  ihm  gelingt,  den 
Huf  des  rechten  Hinterfußes  in  das  linke  Ohr  zu  zwängen :  Dr.  Sper- 
lingius  aber  meint,  solches  geschehe  nur  zufällig,  wenn  es  in  seiner 
Krankheit  vor  Schmerz  an  allen  Gliedern  zusammengezogen  werde.  Die 
Hufe  des  Elchs  werden  als  sicheres  Mittel  gegen  Epilepsie  empfohlen. 

Der  Hirsch  soll  in  seinem  Schwänze  ein  tötliches  Gift  be¬ 
herbergen.  Unter  anderem  wird  auch  sehr  eingehend  bewiesen, 
daß  der  Hirsch  durch  das  Einziehen  seines  Atems  nicht  im  stände 
ist,  Schlangen  aus  ihren  Schlupfwinkeln  zu  ziehen,  um  sie  dann  zu 
töten.  Sein  Wildbret  macht  melancholisch  und  treibt  die  Leber  und 
Milz  auf,  das  Horn  aber  ist  ein  wirksames  Gegenmittel  für  ver¬ 
schiedene  Gifte.  Wer  mit  Hirschmilch  aufgezogen  wurde,  kann 
Hirsche  im  Laufe  einholen,  wie  auch  derjenige,  der  mit  Ziegenmilch 
ernährt  wurde,  dem  Naturei  der  Ziege  entsprechend,  stets  den  Tanz 
liebt  und  aufsucht. 


Die  Waldziege  (d.  i.  das  Reh)  liefert  einen  besseren  Braten, 
als  der  Hirsch,  denn  durch  die  schnellen  Bewegungen  dieses  Tieres 
dünsten  seine  überflüssigen  Säfte  aus  und  sein  Fleisch  wird  zarter. 

Bockblut  ist  den  Diamant  zu  erweichen  im  stände  —  freilich, 
erklärt  der  Autor,  scheinen  hierbei  mehr  die  Kräuter,  welche  der 
Bock  genießt,  zu  wirken,  nämlich  die  Bachweide  und  Petersilie! 

Das  Schwein  liebt  Stinkendes,  verabscheut  alles  Wohlriechende, 
vor  allem  aber  Rosen  und  Pomeranzen.  Man  soll  Schweine  nicht 
necken  und  ärgern,  da  durch  die  Blutentzündung  Finnen  entstehen, 
welche  man  bei  eiuem  lebenden  Borstenvieh  voraussetzen  muß, 
wenn  seine  Hinterfüße  beim  Gehen  schwanken. 

Des  Wolfes  Gehirn  nimmt  mit  dem  Monde  ab  und  zu  !  Für 
Aberglauben  erklärt  es  der  Professor,  daß  man  stumm  werde,  wenn 
man  plötzlich  einen  Wolf  zu  Gesichte  bekommt,  ebenso  wie  er  die 
Verwandlung  von  Menschen  in  Wölfe  für  absolut  unmöglich  hält. 

Der  würdige  Petz  soll  es  besonders  auf  die  Mädchen  abgesehen 
haben  und  sie  gerne  umarmen.  Olaus  Magnus  berichtet,  die  Könige 
von  Dänemark  stammten  von  einem  Bären  ab.  Unser  Verfasser 
gibt  die  Möglichkeit  einer  echten  Bastardierung  zu,  bezweifelt  aber, 
daß  die  Nachkommenschaft  menschenähnlich  ausfallen  könnte. 

Ein  arger  Bösewicht  ist  der  Panther.  Er  stellt  sich  schlafend 
und  ergreift  dann  ganz  plötzlich  die  ihn  umstehenden,  seine  Schön¬ 
heit  anstaunenden  Tiere.  Dieses  Raubtier  vermischt  sich  fruchtbar 
mit  Wolf  und  Hund!  Er  liebt  die  Wohlgerüche  und  wird  so  den 
Jägern,  welche  seine  Leidenschaft  auszunutzen  wissen,  leicht  zur 
Beute.  Andererseits  strömt  er  angenehme  Düfte  aus  und  lockt  so 
die  Tiere  herbei. 

Manche  Menschen  tragen  beständig  Hundeherzen  bei  sich,  oder 
essen  solche,  um  sich  vor  bissigen  Hunden  zu  schützen :  solche 
Maßregeln  nennt  Dr.  Sperlingius  zwecklos,  lacht  auch  über  die, 
welche  glauben,  daß  Wölfe  sich  in  Hunde  verwandeln  können. 
Vom  Fuchse  weiß  er  uns  beinahe  dasselbe  zu  berichten,  was  in 
Reineke  Voß  von  diesem  rothaarigen  Freibeuter  erzählt  wird  : 
Hühner  bethört  er,  indem  er  sich  fromm  und  harmlos  stellt ;  die 
Fische  und  Wespen  weiß  er  mit  seinem  buschigen  Schwänze  zu 
fangen  u.  s.  w.  Weil  seine  rechten  Oberbeine  kürzer  sind,  als  die 
linken,  ist  sein  Gang  hinkend! 

Die  Hauskatzen  strömen  ein  Fluidum  aus,  welches  manche 
Menschen  in  Raserei  versetzt.  Lampe  steuert  beim  Laufen  mit 
seinen  langen  Löffeln,  da  er  sein  kurzes  Stummelschwänzchen  zu 


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diesem  Zwecke  nicht  gebrauchen  kann.  Der  Genuß  von  Hasenfleisch 
schädigt  die  Schönheit  des  menschlichen  Körpers,  weshalb  man  sich 
davon  enthalten  muß.  Daß  aber  die  Hasen  Zwitter  seien,  gibt  er 
nicht  zu. 

Grimmbart,  der  Dachs,  vergilt  seinen  alten  Eltern  für  die 
Wohlthaten,  welche  sie  ihm  erwiesen,  indem  er  sie  füttert  und  pflegt. 
Sein  Fett  nimmt  mit  dem  Monde  ab  und  zu. 

Ein  Tier,  welches  Sperlingius  »glis«  nennt  (wohl  der  Iltis,  da 
es  Hühner  raubt),  vermehrt  sich  dermaßen,  daß  es  Städte  und  Fluren 
überfüllt.  Das  kleine  Wiesel  empfängt  durchs  Ohr  und  gebiert 
durch  den  Mund  !  Doch,  meint  der  Autor,  könnte  dieses  vielleicht 
Fabel  sein.  Bei  Gefahren  aber  birgt  es  seine  Jungen  wieder  im 
Mutterleibe.  Die  Natur  hat  dieses  Geschöpf  zum  Kampf  gegen  den 
Basilisk  bestimmt,  auch  fühlt  das  Wiesel  es  voraus,  wenn  ein  Haus 
eiustürzen  soll.  Es  weiß  sehr  wohl  die  Zwiebel  von  der  Raute  zu 
unterscheiden  und  geuießt  letztere,  bevor  es  sich  in  einen  Kampf 
mit  giftigen  Schlangen  einläßt. 

Der  Hamster  (viverra !)  jagt  Kaninchen.  Daß  wir  unter  »viverra« 
wirklich  den  Hamster  zu  verstehen  haben,  ersieht  man  aus  der  Be¬ 
schreibung  und  den  Angaben  über  die  Lebensweise  des  Tieres. 

Daß  der  Maulwurf  zum  Schädiger  der  Wurzeln  und  des  Ge¬ 
treides  gestempelt  wird,  kann  uns  nicht  Wunder  nehmen.  Merk¬ 
würdig  ist  aber,  daß  der  Verfasser  es  zu  widerlegen  sucht,  daß 
derselbe  durch  den  Regen  aus  dem  Staube  entstehe.  Mäuse 
entstehen  auch  nicht  aus  dem  Staube.  Sie  fressen  gerne  Salz, 
um,  so  glaubt  er  annehmen  zu  dürfen  —  klügere  Jungen  zu  er¬ 
zielen  !  Sie  retten  ihre  Artgenossen,  wenu  diese  ins  Wasser  gefallen 
sind,  indem  sie  denselben  die  Schwänze  hinhalteu.  Den  Mäusen  sehr 
ähnlich  soll  das  Ichneumon  sein. 

Die  Vögel  hat  Gott  aus  dem  Wasser  hervorgehen  lassen,  da 
es  bei  Moses  heißt:  »es  rege  sich  das  Wasser  von  lebenden  Tieren, 
von  Geflügel  u.  s.  w.«  »Daher«  —  fährt  Sperlingius  fort  —  »sagt 
Nierembergius  mit  Recht,  die  Fische  und  Vögel  sind  verbrüdert, 
denn  die  Fische  fliegen  im  Wasser,  die  Vögel  schwimmen  in 
der  Luft.« 

Der  Adler  stößt  auf  Hirsche  und  Stiere.  Sein  rechter  Fuß  ist 
größer  als  der  linke.  Sein  Atem  ist  übelriechend  und  verpestet  die 
Mahlzeitreste,  die  weder  er  selbst,  noch  andere  Tiere  ferner  an¬ 
rühren  mögen.  Daß  dieser  Vogel  wohl  in  die  Sonne,  nicht  aber  in 
den  Mond  sehen  könne,  erscheint  unserem  Professor  zweifelhaft. 


55 


Seine  Erzfeinde  sind  Schwan  und  Kranich.  Die  jungen  Adler  können 
keinen  Laut  hervorbringen,  weil  ihre  Zungen  zu  dick  sind.  »Aquila 
post  senectutem  non  juvenescit«  :  der  Adler  wird,  wenn  er  alt  ge¬ 
worden,  nicht  wieder  jung! 

Vom  Habicht  glauben  einige,  Brot  wirke  tötlich  auf  ihn  — 
doch  ist  dieses  nicht  erwiesen.  Der  Geyer  liebt  Aas,  verabscheuet 
allen  Wohlgeruch. 

Bei  der  Besprechung  des  Straußes  glaubt  unser  Gewährsmann 
erst  beweisen  zu  müssen,  daß  es  wirklich  ein  Vogel  ist,  obwohl  er 
nicht  fliegt,  sondern  bloß  läuft.  Wird  er  verfolgt,  so  schleudert  er 
auf  der  Flucht  gewandt  Steine  nach  den  Jägern.  Im  Kranichnest 
findet  man  Steine,  welche  einer  Wöchnerin  aufs  Bett  gelegt,  die 
Geburt  erleichtern.  Von  Schwangeren  in  der  Tasche  getrageu,  ver¬ 
hüten  sie  Frühgeburten.  Reisenden,  welche  von  Kämpfen  der 
Kraniche  mit  Pygmäen  erzählen,  braucht  man  keinen  Glauben  zu 
schenken. 

Die  Störche  siud  keusche,  gerechte  Vögel,  nützlich  und  klug 
—  keine  Räuber.  Merken  sie,  daß  Nahrungsmangel  eintritt,  so 
werfen  sie  die  Eier  oder  die  Jungen  aus  dem  Neste. 

Reiherfett  auf  die  Hände  geschmiert,  lockt  die  Fische  in  die¬ 
selben.  Der  Reiher  ist  ein  sicherer  Wetterprophet,  da  sein  schwacher 
und  empfindlicher  Körper  mit  Schmerzen  den  Witterungsumschlag 
vorausempfindet  und  den  Vogel  traurig  stimmt. 

Im  Kehlsack  der  Pelekaue  hat  man  öfters  kleine  Äthiopier 
gefunden  1 

Der  Truthahn  ist  ein  Monstrum ,  entstanden  aus  der  Ver¬ 
mischung  von  Hahn  uud  Pfau,  daher  »gallopavo«.  Bei  Behandlung 
dieses  Vogels  findet  unser  gelehrter  Doktor  die  Gelegenheit  zu  be¬ 
weisen,  daß  der  Hahn  keine  Eier  legt. 

Rührt  ein  Rabe  einen  Leichnam  nicht  au,  so  ist  das  ein 
Zeichen,  daß  der  Mensch  an  der  Pest  starb.  Dieser  Vogel  wagt 
sich  sogar  an  Ochsen  und  Esel  und  durchbohrt  ihnen,  auf  ihrem 
Nacken  sitzend,  das  Herz  und  hackt  ihnen  die  Augen  aus.  Schreit 
mau  einen  Raben  an,  so  fällt  er  tot  aus  der  Luft  herab,  was  viel¬ 
leicht  aber  auch  augezweifelt  werden  kann.  Die  Farbe  des  Raben 
hängt  von  dem  Klima  ab,  denn  im  Norden  gibt  es  weiße  Raben, 
während  im  Süden  nur  schwarze  Vorkommen,  wie  ja  auch  die  Süd¬ 
länder  unter  den  Menschen  dunkel  gefärbt  erscheinen. 

Die  Atmung  soll  zur  Abkühlung  des  Herzens  dienen,  daher 
atmen  die  Fische  Wasser  und  keine  Luft,  weil  letztere  nicht  kalt 


56 


genug  ist,  um  das  Blut  der  Kaltblütler  auf  die  erforderliche  niedrige 
Temperatur  zu  bringen. 

Der  Walfisch  wird  für  eineu  Fisch  erklärt,  obwohl  wir  lesen, 
daß  dem  Autor  bekannt  ist,  daß  dieses  Tier  durch  Lungen  atmet, 
lebende  Junge  gebiert,  die  es  dann  mit  Milch  säugt. 

Karpfen  und  überhaupt  alle  Fische  sollen  heiß  genossen  werden, 
um  den  Magen  nicht  zu  erkälten,  auch  soll  man  nach  einem  Fisch¬ 
gericht  nicht  Wasser  oder  dünnes  Bier,  sondern  »vinurn  gene- 
rosum«  trinken. 

Manchmal  findet  man  in  Küchen  Hechteier,  wo  nie  ein  Hecht 
hingekommen  —  solche  sind  nicht  von  selbst  entstanden,  sondern 
wahrscheinlich  durch  Enten  verschleppt  worden.  Der  Hering  liegt 
in  der  Nacht  auf  dein  Rücken  und  leuchtet  mit  seinem  Bauche! 

Der  Krebs  gehört  natürlich  zu  den  Fischen.  Das  Wichtigste, 
was  uns  der  Verfasser  von  diesem  Kruster  zu  berichten  weiß,  ist 
ein  umständlicher  Nachweis,  daß  der  Krebs  nicht  rückwärts,  wie 
allgemein  geglaubt  wird,  sondern  nur  vorwärts  gehen  kann,  denn 
seine  Augen  sitzen  vorne ! 

Die  Schlangen  verwunden  nicht  mit  der  Zunge  —  nur  die 
Meuschen  benutzeu  dieselbe  als  Geschoß.  Das  Schlangengift  ent¬ 
steht,  indem  alle  Absonderungen  des  Körpers  und  die  Exkremente 
zurückgehalten  werden  und  sich  in  die  Zähne  entleeren.  Schlangen¬ 
biß,  ebenso  Spinnen-  und  Skorpionenbiß  wird  dadurch  geheilt,  daß 
man  das  Tier  tötet  und  au  die  Wunde  anlegt.  Die  Schlangen  ent¬ 
stehen  nicht  aus  dem  Rückenmark  des  Menschen. 

Es  gibt  Drachen,  Schlangen  mit  Hautauhängen  auf  dem 
Rücken.  Sie  vermehren  sich  durch  Eier.  Die  jungen  Drachen 
trinken  viel  und  heulen  schrecklich,  wenn  sie  Durst  leiden.  Flügel 
hat  ein  Drache  aber  nicht.  Wenn  jemand  solche  bei  einem 
Drachen  gesehen,  so  ist  ihm  der  Teufel  selbst  erschienen,  um  ihn 
zu  täuschen,  denn  der  Böse  vermag  alles! 

Die  Ottern  leben  von  Gras  und  Mäusen  und  die  beiden  Ehe¬ 
gatten  halten  treu  zusammen,  rächen  auch  den  Tod  des  Gefährten 
am  Verfolger.  Sie  sind  vielleicht  mit  dem  Basilisken  identisch.  Die 
Viper  beißt  und  tötet  auch  wenn  sie  bereits  in  Stücke  geschnitten 
wurde. 

Die  Natter  oder  Wasserschlange  ist  so  giftig,  daß  ihr  Gift  in 
einem  Augenblicke  von  der  Ferse  bis  zum  Kopfe  steigt.  Wird 
jemand  von  einer  solchen  gebissen,  so.  muß  man  ihn  sofort  mit 
dem  Kopfe  nach  unten  aufhängen,  um  ihn  zu  retten,  denn  das 


57 


Gift  steigt  eben  mir  in  die  Höhe.  Schwerter  erblinden  sofort  vom 
Hauche  giftiger  Schlangen. 

Die  Spinnen  sind  giftig,  aber  nur  für  die  Menschen,  nicht  für 
Vögel,  welche  ruhig  jede  Spinne  fressen  dürfen. 

Die  Fliegen  legen  nicht  Würmer,  statt  der  Eier,  sondern  diese 
Würmer  gehen  ihnen  unverdaut  wieder  ab,  nachdem  sie  erst  ge¬ 
fressen  worden  waren. 

Die  Heuschrecke  ist  ein  Mittelding  zwischen  kriechendem  und 
fliegendem  Tier,  daher,  wie  alle  Monstra,  schädlich. 

Unsere  ekle  Bettwanze  kann  sich  für  eine  Ehrenrettung  bei 
dem  Professor  Sperlingius  bedanken  —  man  höre:  sie  ist  ein  sehr 
nützliches  Tier  (wie  jedes  Tier  einen  Zweck  und  Nutzen  hat)  — 
sie  soll  den  Menschen  durch  ihren  Biß  in  der  Nacht  wecken,  damit 
er  das  Beten  nicht  vergesse!  Aus  zerriebenen  Wanzen  können  keine 
neuen  entstehen. 

Die  Läuse  lieben  mehr  das  Saftige  und  »humorem«,  woher 
man  sie  öfter  bei  den  Weibern  findet!  Auch  die  Kretzmilbe  gehört 
zu  dieser  Tiergattung. 

Das  letzte  Kapitel  in  der  eben  besprochenen  »Zoologia«  trägt 
die  sonderbare  Überschrift:  »Cur  pediculi  morituros  deserunt?« 
Der  Verfasser  findet  als  einzig  annehmbaren  Grund  den  Umstand, 
daß  beim  Sterbenden  die  Säfte  eintrockuen  und  da  die  Läuse  stets 
»succumae  sanquinem  petunt«,  so  verlassen  sie  ihren  sterbenden 
Wirt  und  suchen  sich  »meliora  loca.« 


Korrespondenzen. 


Santiago,  den  4.  Dezember  1892 
Ei  im  Ei.  Gestern  wurde  mir  ein  kolossales  Hühnerei  gebracht,  das  von 
einem  gewöhnlichen  Huhn  gelegt  ist,  nachdem  dieses  ein  paar  Tage  früher 
bereits  ein  ähnliches,  nur  etwas  kleineres  gelegt  hatte.  Dies  Ei  mißt  74  mm. 
in  der  Länge  und  50  mm  in  der  Dicke.  Es  enthielt  den  Dotter  und  Eiweiß, 
vollständig  wie  ein  normales  Ei,  aber  außerdem  ein  zweites  ganz  normales  Ei, 
ebenfalls  mit  normalem  Eiweiß  und  Dotter.  Ich  erinnere  mich  von  Fällen  ge¬ 
lesen  zu  haben,  wo  innerhalb  eines  Eies  ein  zweites,  aber  unvollkommenes  Ei 
gefunden  wurde,  klein,  ohne  Dotter  meist  mit  lederartiger  Schale.  Aber  in  unserem 
Fall  ist  das  weiße  Ei  ganz  normal,  mit  kalkiger  Schale,  in  nichts  von  einem 
regelrechten  Ei  zu  unterscheiden.  Dr.  R.  A.  Philippi. 


58 


Wien,  den  19.  Februar  1893. 

Winter  in  Wien.  Der  diesjährige  strenge  Winter  hat  uns  in  Wien  ein 
Schauspiel  bereitet,  wie  es  sonst  nicht  oft  zu  sehen  ist.  In  der  Mitte  des 
Januar  (welcher  bei  uns  in  der  Nacht  des  17.  das  Temperaturminimum  von 
— 22°  C.  erreichte)  haben  Tausende  von  Krähen  die  heimatlichen  Donau-Auen 
des  Praters  verlassen  und  sich  in  Wien  selbst  angesiedelt.  In  allen  Gärten, 
in  den  Straßen  der  inneren  Stadt  konnte  man  sie  sitzen  und  herumfliegen  sehen 
und  am  Wienflusse  in  der  Nähe  der  Elisabethbrücke  saßen  viele  Hunderte, 
so  daß  sie  einen  breiten  schwarzen  Streifen  an  beiden  Ufern  bildeten  und 
fischten  aus  dem,  wahrscheinlich  durch  Abflüsse  von  Fabriken  erwärmten  lind 
ganz  eisfreien  Wasser  Orangenschalen  und  Brotkrummen,  die  ihnen  von  der 
Brücke  aus  zugeworfen  wurden.  Noch  auffallender  war  das  Erscheinen  von 
Hunderten  großer  Möven  die  sich  im  Donaukanal,  namentlich  bei  der  Aspern¬ 
brücke  versammelt  hatten,  sich  ohne  Scheu  zwischen  und  auf  den  Eisschollen 
herumtrieben  und  von  den  Passanten  füttern  ließen.  Der  Anblick  dieser  zahl¬ 
reichen  schönen,  schreiend  fliegend  und  schwimmend  ihr  »Brot«  erwerbenden 

Vögel  war  ein  überaus  merkwürdiger.  Dr.  F.  Werner. 

» 

Schlaupitz,  24.  Februar  1893. 

Kröten  durch  Fliegen m ade n  getötet.  Im  Anschluß  an  die  in  No.  7, 
p.  219 — 220  des  vorigen  Jahrganges  publizierte  Notiz  aus  dem  »Zoologischen 
Anzeiger«  von  Prof.  J.  V.  Carus  betreffend  der  durch  Fliegenmaden  getöteten 
Kröten  erlaube  ich  mir  Ihnen  zu  bemerken,  daß  auch  ich  im  Frühling  1891 
hier  in  den  Vorbergen  des  Zobten  häufig,  an  einem  Tage  mitunter  4 — 5  und  mehr 
Stück,  Kröten  ( Bufo  cinereus  Laur.)  mit  ungewöhnlich  großen  Nasenlöchern 
immer  an  feuchten  Stellen,  —  entweder  wenig  wasserhaltigen  Gräben  oder 
sumpfigen  Wiesen  —  vorfand.  Bei  näherer  Besichtigung  fehlte  den  Tieren 
immer  die  Scheidewand  der  Narinen  und  es  zeigten  sich  große  Maden,  welche 
nicht  selten  bereits  ein  Auge  ausgebohrt  hatten. 

Gar  oftmals,  denn  ich  wollte  die  .Quälgeister  der  armen  Lurche  an  mir 
bekannte  Gelehrte  einsenden,  nahm  ich  solche  totkranke  Kröten  mit  nach 
Hause  und  setzte  sie  in  kleine  Glaskrausen  mit  stark  befeuchtetem  Boden  am 
Grunde.  Dabei  habe  ich  denn  nie  ein  »Reiben  der  Nase  an  der  Erde«  sondern 
stets  ein  »Eingraben«  derselben  beobachten  können;  die  Tiere  hielten  den  arg 
lädierten  Körperteil  minutenlang  in  eine  vorher  mit  ihm  ins  nasse  Erdreich 
gemachte  winzige  Grube. 

Immer  verendeten  sie  bald  und  die  Maden  krochen  in  1  bis  2  Tagen  ent¬ 
weder  zum  Maule  oder  auch,  nachdem  sie  ihn  durchgefresseu,  zum  Rücken  heraus. 

Ich  habe  damals  die  Fliegenlarven,  da  ich  dieselben  nicht  bestimmen 
konnte  und  wollte  —  denn  ich  bin  in  diesen  Regionen  der  Entomologie  homo 
novus  — ,  an  Herrn  Prof.  J.  V.  Carus  in  Leigzig  gesendet;  derselbe  hat  sie 
an  seinen  Kollegen  Herrn  Geheimen-Rat  Prof.  Leuckart  übergeben;  das  be¬ 
treffende  Antwortschreiben  ist  leider  während  meiner  Abwesenheit  von  Hause 
verloren  gegangen. 

Nun,  man  findet  hier  fast  alljährlich  solche  von  Maden  angefressene,  dem 
sicheren  Tode  geweihte  Kröten,  ich  denke  daher  heuer  noch  über  die  betreffende 
Fliegenart  ins  klare  zu  kommen.  Die  gewonnenen  Resultate  sollen  in  dieser 
Ztschr.  veröffentlicht  werden.  Karl  Knauthe. 


59 


Kleinere  Mitteilungen. 


Königsberg  i.  0.,  29.  September  1892.  Folgende  interessante  Tierge¬ 
schichte,  in  welcher  ein  Hund  zum  Krankenpfleger  einer  Katze  ward,  berichtet 
die  »K.  A.  Z.«  :  Der  Fuhrwerksbesitzer  H.  in  B.  hat  auf  seinem  Hofe  außer 
Pferden,  Hühnern  und  Tauben  auch  eine  Katze  und  einen  Hund  (Dachsrasse). 
Hund  und  Katze  lebten  von  der  Stunde  an,  da  sie  sich  kennen  lernten,  in 
wahrhaft  bitterer  Feindschaft,  und  es  mag  sehr  schwer  nachzuweisen  sein,  wer  von 
beiden  mehr  Spuren  eines  ritterlichen  Kampfes,  sei  es  von  Krallen  oder  Zähnen 
aufzuweisen  hat.  In  der  Küche  steht  ein  Korb  als  unbestrittenes  Schlafzimmer 
des  Dachshundes,  die  Katze  hingegen  liebt  es  sehr,  nachdem  das  Mittagessen 
vorbei  und  der  Abwaschtrubel  überstanden,  sich  in  die  gutdurchwärmte  Brat¬ 
röhre  zu  legen.  Vor  kurzem,  es  mochte  3  Uhr  nachmittags  sein,  hielten  die 
beiden  in  gewohnter  Weise,  er  parterre  im  Korbe  und  sie  Bel- Etage  in  der 
Röhre,  wieder  ihren  Mittagsschlaf.  Da  kam  ein  verspäteter  und  hungriger 
Gast.  Schnell  wurde  wieder  Feuer  gemacht  und  die  Bratröhre  geschlossen, 
um  die  nötige  Glut  sich  ansammeln  zu  lassen.  Die  Familie  H.  saß  in  traulichem 
Gespräch  in  der  guten  Stube  oberhalb  der  Küche,  da  tönte  plötzlich  aus  der¬ 
selben  immer  lauter  und  ängstlicher  werdendes  Hundegeheul  herauf.  Die 
Hausfrau  eilte  in  die  Küche,  und  da  sah  sie  wie  der  Hund  unter  lautem  Bellen 
an  dem  Herd  in  die  Höhe  sprang ;  sie  öffnete  die  Thür  der  Bratröhre,  aus 
welcher  die  arme,  vergessene  Katze  in  elendem  Zustande  mit  fast  ganz  ver¬ 
brannten  Pfoten  herausstürzte  und  wie  tot  liegen  blieb.  Mit  einem  Griff  er¬ 
faßte  der  kluge  Dachs  sie  mit  den  Zähnen  am  Rücken,  trug  sie  in  seinen  Korb 
und  leckte  stundenlang  die  verbrannten  Glieder  seiner  ehemaligen  Feindin. 
Unterdessen  war  zum  Kreistierarzt  geschickt  worden.  Als  derselbe  ankam  und 
den  Hund  bei  seinem  Samariterdienste  erblickte,  meinte  derselbe,  für  ihn  sei 
hier  nichts  zu  thun,  einen  besseren  Arzt  als  den  unermüdlich  leckenden  Hund 
gäbe  es  nicht;  freilich  seien  die  Brandwunden  derartig,  daß  er  an  eine  baldige 
Heilung  nicht  glauben  könne.  Der  Hund  aber  hat  in  treuer  Pflege  nicht  nach¬ 
gelassen,  rührt  auch  das  ihnen  jetzt  gemeinschaftliche  Futter  nicht  eher  an, 
bis  die  Katze  vollständig  gesättigt  ist,  und  die  Kranke  ist  auch  wieder  leidlich 
hergestellt.  Jetzt  leben  die  beiden  Tiere  im  besteu  Frieden. 

B.  T.  Bl.,  2.  Oktbr.  1892. 

* 

Londoner  Zoolog.  Gesellschaft.  In  der  Sitzung  vom  20.  Dezember 
1892  berichtete  Dr.  Hans  Gadow  über  den  Fund  von  Überresten  riesiger  Land- 
Schildkröten  und  Didosaurus  auf  Mauritius.  Die  Reste  stammten  von  T.  indica, 
T.  triserrata,  T.  inepta ,  und  zwei  neuen  Arten,  die  T.  sauzieri  und  T.  soumeirei 
genannt  werden  sollen,  letztere  ist  wahrscheinlich  verwandt  mit  den  Riesen¬ 
schildkröten  von  Aldabra.  Gleichzeitig  wurden  auch  zahlreiche  Knochen  der 
ausgestorbenen  Rieseneidechse,  Didosaurus  maurit.  aufgefundeu. 

Ausdauer  eines  Hundes.  Vor  kurzem  wurde  berichtet,  daß,  ge¬ 
legentlich  der  Überfahrt  einer  Menagerie  von  Reval  nach  Lübeck  der  Dampfer 
»Marie  Louise«  einen  Sturm  zu  bestehen  hatte,  bei  dem  die  Tiere  gefährdet 
waren  und  eine  wertvolle  Dogge  über  Bord  ging.  Dem  »Phönix«,  eine 


60 


Fachzeitung  für  Schausteller  und  Marktreisende,  geht  soeben  aus  Libau  (Russ¬ 
land)  die  Nachricht  zu,  daß  am  Tage  des  Unfalls  am  dortigen  Strande  eine 
große  Dogge  in  völlig  erschöpftem  Zustande  aufgefischt  wurde,  die  bis  auf 
einige  Wunden  am  Kopf  und  am  Fuß  sich  wieder  munter  und  wohl  befindet. 
Es  wird  vermutet,  daß  die  Dogge  mit  der  vom  Löwenbändiger  J.  Seeth  ver¬ 
lorenen  identisch  ist,  welche,  wie  erwähnt,  während  des  Sturmes  über  Bord 
ging.  B.  T.  8.  I.  1893. 

Ganz  abgesehen  von  dem  hohen  Seegang  und  der  Länge  des  Weges,  den 
der  Hund  zu  durchschwimmen  hatte,  erscheint  die  Leistung  des  letztem  be¬ 
sonders  erstaunlich,  wenn  man  die  Jahreszeit  und  die  jetzige  Kälte  des  Ost¬ 
seewassers  in  Betracht  zieht. 

Spinnen  als  Baukünstler.  Nach  einer  Zuschrift  von  Dr.  Cleveland 
an  die  »Science«  sind  bauende  Spinnen  ( Mygale  Henzii  Girard)  in  der  Nähe 
von  San  Diego  in  Kalifornien  außerordentlich  häufig.  Ihre  unterirdischen 
Nester  bilden  senkrecht  in  den  Erdboden  getriebene  Schächte  von  5 — 12  Zoll 
Tiefe  und  J/2  —  1 V2  Zoll  Durchmesser  je  nach  dem  Alter  und  der  Größe  des 
Bewohners.  Die  Spinne  stellt  die  Höhlung  mit  Hülfe  ihrer  scharfen  Oberkiefer 
her,  die  ihr  als  Hacke,  Schaufel  und  Minierwerkzeug  dienen.  Die  abgelöste 
Erde  wird  zwischen  den  Oberkiefern  festgehalten  und  an  die  Oberfläche  ge¬ 
schafft.  Wenn  der  Schacht  die  gewünschte  Größe  hat,  glättet  die  Spinne  die 
Wand  und  überzieht  sie  mit  einer  von  ihr  ausgeschiedenen  Flüssigkeit.  Hierauf 
wird  die  ganze  Höhlung  mit  einem  seidenartigen  Gespinst  aus  den  Spinndrüsen 
austapeziert.  Die  Thür  am  Eingang  des  Schachtes  wird  aus  abwechselnden 
Schichten  aus  Seide  und  Erde  hergestellt  und  mit  einer  elastischen  und  sinn¬ 
reichen  Angel  versehen.  Die  Thür  paßt  genau  in  eine  Furche  am  Rande  des 
Schachtes.  Sie  gleicht  an  ihrer  Außenseite  dem  umgebenden  Boden  und  kann 
nur  bei  sorgfältiger  Nachforschung  unterschieden  werden.  Um  sie  der  Umgebung 
noch  ähnlicher  zu  machen,  beklebt  die  Spinne  sie  sogar  mit  Erde  und  kleinen 
Pflanzenstücken.  Gewöhnlich  hält  sich  die  Spinne  am  Grunde  ihres  Nestes  auf. 
Wenn  durch  Tappen  auf  die  Thür  oder  durch  andere  Mittel  ein  leises  Erzittern 
hervorgerufen  wird,  so  läuft  die  Spinne  an  den  Eingang,  hebt  den  Deckel  auf 
und  blickt  spähend  hinaus.  Wenn  sie  ein  kleines  Geschöpf  erblickt,  so  ergreift 
sie  es  und  verschlingt  es.  Ist  der  Ankömmling  furchtbarer,  so  wird  die  Thür 
rasch  geschlossen  und  von  der  Spinne  so  fest  zugehalten,  daß  beträchtliche 
Kraft  angewendet  werden  muß,  um  sie  zu  öffnen.  Ist  sie  geöffnet,  so  flüchtet 
die  Spinne  auf  den  Grund  ihres  Nestes.  Wird  dieses  seiner  Thüre  beraubt,  so 
kann  die  Spinne  sie  noch  ein  paarmal  erneuern,  doch  werden  die  späteren  Deckel 
immer  reicher  an  Erde  und  ärmer  an  Seide;  der  letzte  hat  nur  noch  gerade 
Seide  genug,  um  die  Erde  zusammen  zu  halten.  Wird  auch  dieser  entfernt,  so 
muß  die  Spinne  ihre  Behausung  verlassen  und  warten,  bis  die  erschöpften 
Spinndrüsen  wieder  in  Fähigkeit  treten  können.  Aus  den  gelben  Eiern  am 
Grunde  des  Nestes  schlüpfen  40  bis  50  junge  Spinnen  aus.  Bevor  diese  halb 
erwachsen  sind,  werden  sie  von  der  liebenden  Mutter  aus  dem  Hause  gejagt, 
um  selbst  für  sich  zu  sorgen.  Nach  einer  kurzen  Zeit  der  Ungewißheit  begin¬ 
nen  sie  ein  thätiges  Leben,  jedes  für  sich  mit  dem  Bau  eines  Nestes,  gewöhnlich 
dicht  bei  der  alten  Heimstätte.  Diese  Nester  sind  immer  wenig  breit  und  tief  und 
werden  den  Insassen  bald  zu  klein.  Wenn  die  Spinne  ihre  volle  Größe  erreicht 


61 


hat,  so  baut  sie  sich  ein  anderes  Nest.  Selten  sieht  man  die  Spinne  außerhalb 
des  Nestes,  das  sie  höchstens  auf  einige  Minuten  und  eine  kurze  Entfernung  ver¬ 
läßt.  Bei  jeder  Beunruhigung  eilt  sie  nach  ihrer  Wohnung  und  hebt  die  Thür 
auf,  die  nach  dem  Hineinschlüpfen  des  Tieres  rasch  wieder  zufällt  uud  von  dem 
Insassen  so  lange  niedergehalten  wird,  bis  die  Gefahr  vorüber  zu  sein  scheint. 

Ne uanschaff ungen  im  Frankfurter  Zoologischen  Garten.  Von 
Säugetieren  wurden  in  der  letzten  Zeit  unter  anderen  ein  R  otluchs  (Felis  mfa), 
drei  B  e  ute  1  m  ar  d  er  (Dasyurus  maugaei)  und  ein  Marder-  oder  Wasc  b  bär- 
hund  (Canis  [Nyctereutes]  proeyonoides)  erworben.  Der  letztere  ist  nicht,  wie 
seine  beiden  schon  länger  vorhandenen  Artgeuossen,  bei  den  übrigen  Wildhunden 
untergebracht,  sondern  dicht  neben  den  Waschbären,  so  daß  er  mit  den  letzteren, 
welchen  er  in  seinem  Äußeren  so  sehr  ähnelt,  gut  verglichen  werden  kann.  — 
Unter  einer  Sendung  ausländischer  Vögel  befinden  sich  manche  Seltenheiten,  so 
vor  allem  ein  Paar  des  hochinteressanten  Seiden  laubenvogels  ( Chlaviydodera 
holosericea ),  ferner  die  seltene  australische  Würgerkrähe  ( Strepera  graculina) 
der  ebenfalls  australische  Kräh  en  Würger  ( Cracticus  torquatus)  zwei  Mexika¬ 
nische  Blauraben  (Cyanocorax  luxuosus )  und  ein  Paar  der  stattlichen, 
sonderbar  gezeichneten  Wongataube  (Phaps  picata).  —  Der  Sammlung, 
deutscher  Vögel  wurde  durch  einige  Seidenschwänze  (Bombycilla  garrula), 
beide  Gol  d  h  ähn  ch  en  arte  n  (Regulus  reg-ulus  und  ignicapülusj,  Schnee-  Grau- 
und  Rohrammern  (Plectrophanes  nivalis ,  Emberiza  calandra  und  schoeniclus ) 
u.  a.  in.  vervollständigt.  Dies  alles  sind  Vögel,  die  schon  öfters  in  der  reich¬ 
haltigen  Sammlung  vertreten  waren,  ganz  neu  für  den  Garten  aber  und 
außerordentlich  selten  ist  der  Hakengimpel  (Pinicola  [Corythus]  enucleator % 
welcher  jetzt  in  drei  Exemplaren,  einem  roten  alten  Männchen  und  zwei  grün¬ 
gelben  Weibchen  (oder  jungen  Männchen?)  eine  ganz  besondere  Zierde  des 
Hauses  für  deutsche  Vögel  bildet.  Der  Hakengimpel  fällt  namentlich  durch 
seine  bedeutende  Größe  auf,  und  weicht  dadurch,  sowie  durch  den  sehr  stark 
hakig  gebogenen  Oberschnabel  aulfallend  genug  von  dem  nahverwandten 
Karmingimpel  ( Pinicola  Erythrina)  ab.  Die  letztere  Art  ist  übrigens  schon  seit 
mehreren  Jahren  durch  ein  Männchen  vertreten,  das  aber  leider  seine  schöne 
rote  Färbung  ganz  verloren  hat  und  graubraun  mit  orangegelbem  Gesicht 
aussieht.  Ähnlich  wird  es  auch  wohl  mit  dem  männlichen  Karmingimpel  gehen, 
wenn  er  lange  genug  am  Leben  bleibt.  P. 

Affensprache.  Wenn  man  den  Nachrichten  der  »Sydney  Evening  News« 
Glauben  schenken  darf,  so  hat  Prof.  Garner  einen  Erfolg  gehabt,  der  seine 
kühnsten  Träume  übersteigt.  Er  schreibt:  »Ich  bin  hier  in  Sicherheit  an  der 
Küste,  als  glücklicher  Besitzer  eines  Schimpanse,  der  »Tena  koe  Pakeha«  sagen 
kann,  das  heißt  in  Maori  »Guten  Tag  Fremder«,  ferner  eines  Gorilla,  der 
zwanzig  Worte  des  Fijianischen  kann,  und  eines  Orang-Utang- Weibchens,  das 
von  meinem  deutschen  Diener,  in  den  es  ganz  verliebt  ist,  »Donner  und  Blitz« 
aufgeschnappt  hat.  Ich  habe  außerdem,  was  noch  wichtiger,  viele  Affenworte 
niedergeschrieben.  Hier  sind  einige  Proben:  »Achru«  bedeutet  Sonne,  Wärme, 
Feuer,  »Kukcha«  heißt  Wasser,  Regen,  kalt  und  bedeutet  offenbar  alles  Unan¬ 
genehme,  »goshku«  Futter,  Essen.  Du  kannst  aus  obigem  ersehen,  daß  es  eine 
sehr  primitive  Sprache  ist,  sie  besitzt  vielleicht  nicht  mehr  als  20  oder  30 
Wörter,  die  ich  alle  besitze,  so  daß  mein  Versuch  nun  praktisch  zu  Ende  ist.« 


62 


Der  Professor  erzählt  dann,  wie  er  120  Meilen  in  einen  von  Affen  wimmelnden 
Urwald  eindrang.  »Ich  stellte  meine  Batterie  mit  dem  Phonographen  und  dem 
sich  drehenden  Spiegel  iu  ein  Banyanengebiisch  und  verbarg  mich  50 — 60 
Meter  davon.  Der  glitzernde  Spiegel  lockte  sogleich  einen  Haufen  schwatzender 
Affen  an;  ich  beobachtete  sie  für  eine  Stunde  und  näherte  mich  dann  vorsichtig. 
Als  sie  mich  sahen,  verschwanden  sie  alle  wie  durch  Zauber  mit  Ausnahme 
eines  einzigen  Chimpansen.  Als  ich  mich  ihm  näherte,  fand  ich,  daß  er  keine 
Notiz  von  mir  nahm,  sondern  wie  versteinert  dastand,  und  mit  weit  aufgesperrten 
Augen  und  erweiterten  Pupillen  den  Spiegel  anstarrte.  Eine  leichte,  zitternde 
Bewegung  lief  durch  seine  Glieder  und  seiue  Ohren  zuckten  krampfhaft.  Ich 
konnte  kaum  meinen  Augen  glauben;  Der  Affe  war  hypnotisiert!  Er  ließ  zu¬ 
weilen  einen  Kehllaut  hören  wie  »achru«,  ein  Laut,  den  ich  nachher  in  meinem 
Phonogramm  immer  wiederkehreu  hörte.  Ich  setzte  den  Affen  in  einen  Bam¬ 
buskäfig  und  fand  ihn  nach  einer  Stunde  bei  erneuter  Prüfung  immer  noch 
unter  hypnotischem  Einfluß.  Ich  belebte  ihn  mit  einer  starken  Dosis  Ammoniak 
und  hielt  ihm  eine  brennende  Kerze  vor  die  Augen.  Er  sagte  wieder  »achru« 
und  einige  weitere  Experimente  bewiesen  mir,  daß  dies  »Hitze«,  »Licht«, 
»Wärme«  etc.  bedeute.  Andere  Worte  folgten  und  es  ist  wundervoll,  seine 
erwachende  Intelligenz  zu  verfolgen.  Den  Gorilla  fing  ich  auf  dieselbe  Weise 
und  ich  machte  Jack  den  Chimpansen  zu  seinem  Schulmeister.« 

Ein  neuer  Tiergarten  in  Wien.  Vor  zwei  Jahren  fand  sich  eine 
Anzahl  angesehener  Wiener  Bürger  zusammen,  welche  den  Plan  faßten,  dem 
Mangel  eines  Tiergartens  in  Wien  durch  die  Gründung  eines  solchen  abzuhelfen. 
Der  Direktor  des  Vivariums,  Dr.  Knauer,  lenkte  die  Aufmerksamkeit  der  Mit- 
glieder  der  Tiergarten-Gesellschaft  auf  den  am  Schüttei  befindlichen  alten 
Tiergarten,  der  im  Jahre  1869  eröffnet  worden  war,  aber  infolge  der  geringen 
Beteiligung  des  Publikums  bald  geschlossen  werden  mußte 

Im  November  vorigen  Jahres  wurde  dieser  im  Besitze  des  Baron  Hasen- 
auer  befindliche  Grund  seitens  der  Gesellschaft  augekauft.  Vorgestern  fand 
sich  im  Tiergarten  am  Schüttel  unter  der  Leitung  des  Magistratsrates  Kraus 
eine  Baukommission  ein,  um  über  die  von  der  Tiergarten-Gesellschaft  einge¬ 
reichten  Pläne  schlüssig  zu  werden.  Die  Gesellschaft  ist  zunächst  nur  bezüglich 
der  sofort  in  Angriff  zu  nehmenden  Wirtschaftsbauten,  der  Abschlußmauern,  der 
Adaptierung  der  vorhandenen  Gebäude,  der  großen  Schaustellungshallen  und 
des  Wasserturms  eingeschritten  und  sind  ihr  dieselben  anstandslos  bewilligt 
worden.  Weitere  Pläne  kommen  in  der  nächsten  Woche  zur  Vorlage.  Sämtliche 
projektierten  Baulichkeiten  werden  nach  den  Plänen  der  Architekten  Miksch  und 
Niedzielski  ausgeführt. 

Ein  Novum  auf  dem  Gebiete  der  Tiergarten-Einrichtungen  dürfte  die 
projektierte  Schaustellungs-Arena  sein.  Sie  stellt  eine  Verbindung  von  Volieren 
mit  Schaustellungsräumen  dar.  Von  außen  sieht  man  nur  die  verschiedenen 
Volieren  und  ihre  Bewohner,  erst  wenn  man  durch  das  Portal  eintritt,  kommt 
man  in  eine  Arena.  Dieselbe  soll  nicht  nur  für  die  zeitweiligen  ethnologischen 
Vorführungen,  die  diversen  Tierdressuren  und  sonstige,  nicht  gerade  speciell 
zoologische  Arrangements,  sondern  insbesondere  für  die  verschiedensten  speciellen 
Fachausstellungen,  soweit  sie  in  das  Gebiet  der  Naturkunde  gehören,  verwendet 
werden.  Der  Tiergarten  soll  Zucht-  und  Acclimatisations-Versuclie  in  sein 


63 


Bereich  ziehen,  Bienen-,  Fischerei-,  Geflügel-,  Hunde-,  Kaninchen-,  Blumen-  und 
andere  derartige  Ausstellungen  arrangieren  und  auch  durch  Einrichtung  von 
Kinderspielplätzen  für  die  Belustigung  der  Kleinen  sorgen.  Durch  die  unmittel¬ 
bare  Nähe  des  Donaukanales  ist  die  Anlage  von  Bassins,  Teichen,  Springbrunnen 
etc.  ermöglicht,  um  eine  Belebung  des  Tiergartens,  sowie  gleichzeitig  eine 
gründliche  Durchspülung  der  Nachbarkanäle  zu  bewirken.  Durch  Errichtung 
schöner  Parkanlagen  soll  dem  Publikum  der  Aufenthalt  so  angenehm  als 
möglich  gestaltet  werden. 

Im  Programme  soll  auch  in  der  Wintersaison  keine  Pause  eintreten,  und 
man  will  durch  Veranstaltung  von  Konzerten,  Bällen  und  ähnlichen  Unter 
lialtungen  das  Interesse  des  Publikums  für  das  Unternehmen  stets  rege  halten. 
Das  Entree  wird  sehr  niedrig  festgesetzt.  Mit  Ausnahme  eines  einzigen  Wochen¬ 
tages  wird  dasselbe  20  Kreuzer,  an  Sonn-  und  Feiertagen  sogar  nur  10  Kreuzer 
betragen.  Der  Verein,  an  dessen  Spitze  die  Hofräte  Koch  und  Claus  stehen, 
beabsichtigt  mit  der  Gründung  des  neuen  Tiergartens  durchaus  nicht  irgend 
welche  materiellen  Vorteile  zu  erlangen;  jeder  eventuell  erzielte  Reingewinn 
soll  für  eine  Vergrößerung  und  weitere  Ausgestaltung  des  Unternehmens 
verwendet  werden.  Die  Arena  des  neuen  Tiergartens,  welche  einen  Teil  des 
alten  Tiergartens  am  Schüttel  einnimmt,  beträgt  26000  Quadratmeter.  Der 
vollständige  Ausbau  dürfte  erst  nach  15  Jahren  beendet  sein.  Der  Verein  hat 
die  Grundfläche  im  November  vorigen  Jahres  von  Baron  Hasenauer  käuflich 
erworben,  nachdem  sich  die  Unterhandlungen  bezüglich  des  Ankaufes  des 
Kaisergartens  wegen  der  allzu  hohen  Forderungen  der  englischen  Aktien-Gesell- 
schaft  zerschlagen  hatten.  Dem  Unternehmer  ist  seitens  des  Gemeinderates 
Herrn  Bachofen  v.  Echt  und  des  Herrn  Anton  Dreher  die  weitgehendste 
Unterstützung  zu  teil  geworden.  Als  Direktor  des  neuen  Tiergartens  wurde  der 
bekannte  Naturforscher  Dr.  Knauer  designiert.  (N.  Fr.  Pr.) 

Wilde  Papageien  bei  Berlin.  Auf  einer  kgl.  Domäne  in  der  Um¬ 
gegend  Berlins  lebt  in  voller  Freiheit  in  vier  Köpfen  der  Mönch ssittisch 
( Bolborliynchus  monachus).  Die  Vögel  sind  seit  Juni  vorigen  Jahres  da,  jeden¬ 
falls  von  irgend  einem  Liebhaber  absichtlich  oder  fahrlässig  freigelassen,  und 
haben  auch  ihr  eigentümliches  Reisernest  hart  hinter  der  Gutshofmauer  auf 
einer  hohen  Pappel  gebaut.  Im  Sommer  und  Herbst  ließen  sie  es  sich  wohl 
sein  bei  zartem  Grünfutter  und  saftigem  Obst,  als  dann  der  rauhe  Winter  kam, 
verstanden  sie  es  immer  noch,  sich  durchzuschlagen. 

(Nach  einem  Aufsatz  von  Dr.  L.  Heck  in  den  »Ornithol.  Monatsberichten«.) 


Litteratur. 


Ornithologisches  Jahrbuch.  Organ  für  das  palaearktische  Faunengebiet. 
Herausgegeben  von  Victor  Ritter  von  T sch usi-Schmid hoffen.  III. 
Jahrgang  1892.  Hallein. 

Dieses  in  der  Stärke  von  6  Heften  ä  21/2  bis  3  Druckbogen  erscheinende 
Jahrbuch  hat  seit  dem  Jahre  1890,  in  welchem  der  verdienstvolle  Herausgeber 


64 


und  Verleger  dasselbe  ins  Leben  rief,  eine  recht  stattliche  Anzahl  von  interes¬ 
santen  Beobachtungen  und  Nachrichten  geliefert.  Wir  sind  überzeugt,  daß  es 
dem  Ornithologen  ein  wertvolles  Nachschlagebuch  geworden  ist  und  dank  der 
trefflichen  Leitung  immer  mehr  Freunde  erwerben  wird.  Wir  können  daher 
die  Anschaffung  der  bisher  erschienenen  drei  Bände  wiedas  Abonnement  auf  die 
weiteren  Jahrgänge  nur  empfehlen. 


Verhandlungen  d.  K.  K.  Z  o  o  1  og. -b  ota  n.  Gesellschaft  in  Wien. 

Redigiert  von  Dr.  Karl  Fritsch.  Wien  1893.  XLII.  Band,  IV.  Quartal. 

Mit  9  Tafeln  und  28  Figuren  im  Texte.  Inland  durch  A.  Holder.  Univ. 

Buchh.  Wien.  Ausland  durch  F.  A.  Brockhaus  in  Leipzig. 

Der  eben  ausgegebene  Bericht  enthält  außer  den  geschäftlichen  Mitteilungen 
über  den  Mitgliederstand,  Scbriftenbezug  und  Schriftentausch  sowie  Sitzungs¬ 
berichten  verschiedene  Abhandlungen  Den  Anfang  machen  »Beiträge  zur  Kennt- 
niss  des  Baues  und  Lebens  der  Flechten«  von  Dr.  Arthur  Minks  in  Stettin; 
»Beitrag  zur  Lepidopteren-Fauna  Südtirols  insbesondere  der  Umgebung  Bozens« 
von  Dr.  H.  Rebel,  welcher  51  neue  Arten  bespricht  und  eine  nicht  unbedeutende 
Zahl  faunistisch  für  Südtirol  und  das  östliche  Dolomitengebiet  wertvolle  Angaben 
veröffentlicht.  Hierauf  folgt:  »Desmidiaceen  aus  der  Umgebung  des  Attersees 
in  Oberöstreich«  von  Dr.  J.  Lütkermüller ;  »Neue  Lepidopteren  des  K  K. 
naturhist.  Hofmuseums«  von  A.  F.  Rogenhofer;  »Novitäten  aus  der  Flora  Alba¬ 
niens«  von  Dr.E.  v.  Haläcsy;  »Uber  die  taschenförmigen  Hinterleibsanhänge  der 
weibl.  Schmetterlinge  der  Acraeiden«  von  A.  F.  Rogenhofer.  Außerdem  sind 
in  den  Sitzungsberichten  interessante  Mitteilungen  enthalten. 


Eingegangene  Beiträge. 

A.  v.  K.  in  Koph.  —  K.  Ku.  in  Schl.  —  Dr.  B.  in  Const.  —  A.  v.  K.  in  Whlf.  C.  Gr.  in 
Moskau.  Hoffen  Sie  im  Besitze  der  Sendung1.  -  Dr.  P.  Sch.  in  N.  Vormerkung  genommen. 
—  Dr.  ph.  Fr.  W.  in  W.  —  C.  A.  P.  in  Delta  Colorado.  Mspt.  durch  Ihren  Herrn  Bruder, 
erhalten.  —  K.  Th.  L.  in  G  Manuskript  u.  Zeichnungen  erhalten.  —  Direktor  B.  in  H. 
Bestätigen  dankend  Empfang.  —  Dr.  C.  M.  in  P.  Befindet  sich  bereits  im  Satz.  — 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornithologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 

Pallisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  VIII.  Jahrg.  No.  2  und  3. 
The  american  Journal  of  Science.  Editors  James.  D.  and  Eduard  S.  Dauer  32d.  series. 

Vol.  XLIV.  No.  262  264  und  Vol.  XLV.  No.  265. 

Deutsche  Forst-  und  Jagdzeitung.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier.  Fr.  Lientzsche  Buchh.  VriT.  Jahrg.  No.  16,  17  und  18. 
Verhandlungen  der  Kais.  Kgl.  Zool.-botan.  Gesellschaft  in  Wien.  Redigiert  von  Dr.  Carl 
Fritsch.  XVIT.  Band.  IV.  Quartal.  A.  Holder  Hofbuchhdl.  in  Wien. 

Ornithologisches  Jahrbuch.  Herausg.  v.  Victor  Ritter  von  Tschusi  zu  Schmidhoffen. 
Hallein.  1893.  IV.  Jahrg.  Heft  l  und  2. 

Erstes  Ö  sterr.-ung.  Lehr-  u.  Lernmittelmagazin.  Organ  d.  Grazer  permanenten  Lehr- 
mittel-Ausst.  in  Graz.  Verw.  von  Gottfried  Nickel  Xf.  Jahrg.  No.  1. 
Sitzungsberichte  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien.  Jahrgang  1893. 
No.  I — VI. 

Bulletin  de  la  Sociötö  imperiale  des  naturalistes  de  Moscou.  Redact.  Prof.  Dr.  M. 
Menzbier.  1892  No.  3. 

Prof.  Dr.  G.  Jä g  e r  s  M  o n  a  t  sb la  1 1,  Herausgeber  Dr.  Gustav  Jäger.  1893.  No.  4.  Stuttgart. 
W.  Kohlhammer. 

Das  Weid  werk.  Zeitschrift  für  den  Jagd-  u.  Naturfreund.  Redakteur  J.  Dolezal.  Saar.  II. 
Jahrg.  No.  2  und  3. 

Zoolog.  Anzeiger  von  Prof.  Victor  Carus  in  Leipzig.  Verlag  von  Willi.  Engelmann 
XVI.  Jahrg.  No.  415. 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlau  &  Waldsclimidt.  Frankfurt  a.  M. 


,!UN  16  1893 


(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag'  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 


N°-  3.  XXXIV.  Jahrgang.  März  1893. 


Inhalt. 

Die  Krankheiten  der  Reptilien  und  Amphibien;  von  Dr.  phil.  Franz  Werner, 
Wien.  —  Asiatische  Antilopen.  Mit  1  Abbildung.  —  Forschungsgänge  durch  Wald  und  Feld ; 
von  Staats  von  Wacquant-Geozelles.  —  Die  Bergziege,  Aplocerns  mnntanus;  von  C. 
A.Purpus,  Delta  Colorado.  —  Albinismus  unter  den  Vögeln  Chiles,  von  Dr.  R.  A.  Philippi 
in  Santiago.  —  Kosmopolitische  Tiere;  von  Dr.  C.  Müller.  —  Jahresbericht  über  den  zoo¬ 
logischen  Garten  in  Hamburg.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  — 
Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften. 


Die  Krankheiten  der  Reptilien  und  Amphibien. 

Von  Dr.  phil.  Franz  Werner,  Wien. 

I.  Die  Mundfäule  der  Schlangen. 

Von  allen  Krankheiten,  denen  die  Schlangen  in  Gefangenschaft 
unterworfen  sind,  ist  die  Mundfäule  (mal  de  gueule  nach  Margitot) 
die  bekannteste,  und  jeder  Schlangeupfleger,  mag  er  sich  mit  Riesen¬ 
schlangen,  Nattern  oder  Vipern  beschäftigen,  kennt  sie  als  den 
tückischsten  Feind  seiner  Pfleglinge. 

Die  Mundfäule,  welcher  meines  Wissens  nur  Schlangen  und  von 
Eidechsen  angeblich  die  Varaniden  ausgesetzt  sind,  ist  in  ihrem  ersten 
Auftreten  an  dem  Erscheinen  kleiner  weißer  Klümpchen  oder  Pünkt¬ 
chen,  die  auf  dem  Zahnfleisch,  also  zwischen  den  Zahnreihen  und 
den  Mundrändern  liegen,  erkennbar.  Diese  kleinen  Massen  sind  mit 
dem  Messer  sehr  leicht  abtragbar.  Später  werden  sie  immer  größer 
und  vereinigen  sich  zu  großen  Schollen,  die  bereits  ohne  Öffnung 
des  Rachens  sichtbar  sein  können,  indem  häufig  schon  in  diesem 
Stadium  die  Ränder  der  Ober-  und  Unterlippe  gegen  einander  ver¬ 
schoben  erscheinen.  Bis  zu  diesem  Zeitpunkte  ist  eine  Heilung  mit¬ 
unter  noch  möglich,  da  auch  diese  Schollen  sich  mit  dem  Messer 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXIV.  1893.  5 


66 


leicht  entfernen  lassen,  ohne  daß  man  auch  nur  eine  Spur  von  einer 
etwaigen  Erkrankung  des  Zahnfleisches  selbst  bemerken  könnte. 
Später  aber  wird  die  Abtragung  der  weißen  Massen  unmöglich. 
Abgesehen  davon,  daß  sie  sich  rapid  vermehren  und  den  ganzen 
Rachen  —  gewöhnlich  mit  Ausnahme  der  Gaumenpartie  —  erfüllen, 
ja  sogar  in  die  Respirationsorgane  eindringen,  wird  nun  auch  das 
Zahnfleisch  affiziert  und  wenn  man  die  Abtragung  versucht,  so  sieht 
mau  unter  der  abgetragenen  Masse  das  Zahnfleisch  stark  gerötet ; 
später  kann  dieses  überhaupt  nicht  mehr  vollständig  gereinigt  werden, 
es  findet  eine  starke  Blutung  statt ;  tiefe  Gruben  sind  unter  dem 
weißen,  fast  ununterbrochenen  Beleg  des  Rachens  zu  sehen ;  die 
Zähne  brechen  aus,  endlich  treten  die  beiden  Unterkieferäste  durch 
die  Haut  durch. 

Selten  bleibt  eine  Schlange  bis  zu  diesem  Stadium  am  Leben  ; 
nur  bei  Tropidonotus- Arten,  die  man  im  Wasser  hält,  kann  mau 
das  Hervorbrechen  der  nackten  Unterkieferkuochen  noch  beobachten. 
In  d  iesem  Falle  sieht  oft  der  Rachen  wieder  ganz  rein  aus  und 
durch  gewaltsame  Fütterung  mit  Fischen  (freiwillig  frißt  keine  an 
der  Mundfäule  leidende  Schlange)  kann  eine  solche  Schlange  noch 
Monate  lang  am  Leben  erhalten  werden. 

Die  Mundfäule  ist  hochgradig  ansteckend,  so  zum  Beispiel 
wurden  durch  eine  Leopardennatter  die  an  der  Mundfäule  litt, 
sechs  andere  Exemplare ,  die  mit  ihr  in  demselben  Gefäße  ein 
Bad  nahmen,  binnen  einer  Woche  infiziert.  Obwohl  die  Mundfäule 
auf  jede  Schlangenart  übertragen  werden  kann,  so  ist  doch  die  In¬ 
fektion  innerhalb  derselben  Art  am  schnellsten. 

Von  allen  europäischen  Schlangen  leidet  Coluber  quaterrcidiatus , 
die  Streifennatter,  am  meisten  daran  und  sie  wird  ebensowohl 
am  schnellsten  infiziert,  als  sie  trotz  ihrer  großen  Kraft  und  ihrer 
Größe  ihr  am  schnellsten  erliegt.  Ihr  kommen  Coluber  quadrüine- 
atus  und  Tarbophis  vivax  am  nächsten.  Die  Empfindlichkeit  der 
anderen  Arten  ist  so  ziemlich  gleich ,  am  wenigsten  leiden  die 
Zamenis -Arten,  mit  Ausnahme  von  Zamenis  diadema  (parallelus .). 
Im  Winter  ist  die  Neigung  dazu  sehr  gering,  wird  auch  im  Vor¬ 
frühling,  wo  sonst  die  Sterblichkeit  am  größten  ist,  nicht  be¬ 
deutend  ;  die  zu  dieser  Zeit  herrschenden  Krankheiten  sind  fast 
durchwegs  solche  der  Respirationsorgane.  Am  stärksten  tritt  die 
Krankheit  in  den  Zeiten  der  größten  Lebeusthätigkeit  auf,  also 
in  den  Sommermonaten  und  ist  auch  noch  im  Herbst,  wo  ihr 
wiederum  zahlreiche  Opfer  erliegen,  sehr  häufig. 


67 


Die  vollständige  Heilung  ist  sehr  selten.  Ich  habe  sie  nur  in 
vier  Fällen  beobachtet:  bei  einer  Coluber  aesculajpii,  bei  Zamenis 
gemonensis  var.  carbonarius  und  bei  zwei  Tropidonotus  viperinus. 
Das  Verfahren  in  beiden  letzteren  Fällen  habe  ich  seinerzeit  im 
»Zool.  Garten«  (1890,  No.  11)  angegeben  und  bemerke  ich,  daß 
beide  Tiere  noch  leben.  —  Die  Krankheit  tritt  bei  Schlangen  der 
verschiedensten  Art,  bei  Python  und  Morelia  ebenso  wie  bei  Nattern  etc. 
in  ganz  gleicher  Weise  auf. 

Da  die  Mundfäule  in  dem  ersten  Stadium  äußerlich  durchaus 
nicht  auffällt,  da  die  Tiere  ganz  munter  bleiben,  züngeln  und  herum¬ 
kriechen,  so  wird  sie  oft  nicht  früher  bemerkt,  bis  die  Krankheit 
schon  weiter  um  sich  gegriffen  und  mehrere  Exemplare  erfaßt  hat. 
Bei  gut  fressenden  Exemplaren  ist  die  Verweigerung  der  Nahrungs¬ 
annahme  schon  ein  Symptom  der  Krankheit;  ein  weiteres  ist  das 
Aufhören  des  Ziingelns,  das  nicht  mehr  vollständige  Aufeiuauderpassen 
der  beiden  Lippenränder,  die  sich  bei  fortschreitender  Krankheit 
immer  mehr  von  einander  entfernen.  Bei  Coronella  austriaca ,  welche 
durch  diese  Krankheit  am  meisten  und  auf  die  ekelhafteste  Weise 
entstellt  wird,  sind  Ober-  und  Unterkiefer  oft  1 — 2  mm  durch  die 
den  Rachen  ausfüllende  Masse  auseinander  getrieben.  Dabei  schwillt 
der  Kopf  an,  sodaß  die  Haut  zwischen  den  Schildern  der  seitlichen 
Kopfpartien  sichtbar  wird.  Die  Schlange  atmet  schwer,  mit  pfeifendem 
oder  rasselndem  Geräusch  (wegen  Verstopfung  der  Luftwege)  und 
meist  erscheint  die  Kehlhaut  sackartig  aufgetrieben.  Der  Tod  tritt  an 
Entkräftung  ein  und  ohne  Todeskampf,  oft  schon  in  wenigen  Wochen 
nach  Ausbruch  der  Krankheit.  Die  Ursachen  der  Krankheit  liegen 
wohl  teils  in  Mangel  an  Bewegung  und  Überfüllung  der  Käfige,  teils 
in  Verunreinigung  des  Triukwassers  durch  Exkremente  (manche 
Schlangen  haben  hartnäckig  die  Gewohnheit  die  Trinkgefäße  als 
Abort  zu  beuützen)  und  tote  Tiere. 

II.  Krankheiten  der  Respirationsorgane. 

Eine  solche  Krankheit,  die  ebenfalls  epidemisch  auftreten  kann, 
und  zwar  namentlich  im  Vorfrühling,  vor  der  ersten  Häutung  im 
Jahre,  ist  sehr  schnell  tödlich,  oft  schon  in  wenigen  Tagen.  Es  ist 
ein  Leiden  des  Kehlkopfes  und  der  Trachea  und  der  Tod  tritt  nach 
heftigem  Todeskampfe  durch  Ersticken  ein.  An  derselben  Krankheit 
sterben  viele  große  Schlangen,  die  sich  bei  der  Abtragung  der  Mund¬ 
fäule  nicht  ruhig  verhielten,  infolge  des  starken  Druckes,  den  man, 
um  sie  festzuh alten,  auf  die  Halspartie  auszuüben  gezwungen  ist. 


68 


Die  Krankheit  ist  daran  zu  erkennen,  daß  entweder  die  Halspartie 
sehr  auffallend  dünn  wird,  während  die  Lungen  von  Luft  strotzen, 
daher  ist  der  sie  enthaltende  Körperabschnitt  stark  aufgetriebeu, 
so  daß  die  Haut  zwischen  den  Schuppen  deutlich  sichtbar  wird ;  oder 
bei  anderen  Schlangen  (z.  B.  Coluber  quaterrcidiatus)  ist  wieder  der 
Hals  durch  Ausspreizung  der  Halsrippen  von  dreieckigem  Querschnitt, 
die  Lungenregiou  aber  ebenfalls  stark  aufgeblasen ;  der  Rachen  fort¬ 
während  geöffnet.  Die  Stellung  des  Vorderkörpers  ist  ganz  vertikal 
oder  sogar  nach  hinten  übergebeugt.  Sehr  gewöhnlich  ist  eine  tiefe 
Längsrinne  auf  der  Unterseite  des  Halses,  in  der  Regel  asymmetrisch 
an  der  Grenze  der  Schuppen  und  Bauchschilder.  Die  Luft  wird 
unter  bedeutender  Anstrengung  aus  dem  Körper  ausgepreßt,  wobei 
man  ein  starkes  Pfeifen  hört;  während  dieser  Zeit  ist  die  Lungenregion 
stark  kontrahiert,  die  Hals-  (Tracheal-)  Region  sackförmig  aufgetrieben. 
Diese  Krankheit  ist  mir  ihrer  Entstehung  nach  unbekannt,  sie  tritt 
bei  Elaphis  cervone  am  häufigsten  auf.  Vor  Schlangen,  die  anscheinend 
ohne  Grund  den  Rachen  geöffnet  haben,  und  deren  Körper  längere 
Zeit  stark  aufgeblasen  ist,  ohne  daß  auf  die  Zeit  der  Anschwellung 
regelmäßig  eine  solche  der  Kontraktion  folgt  (manche  Schlangen  sind 
nämlich  im  gereizten  Zustand  auch  stark  aufgeblasen,  kontrahieren 
aber  den  Körper  in  regelmäßigen  Zwischenräumen  wieder,  und  siud 
ganz  gesund),  ist  beim  Ankauf  zu  warnen. 

III.  Krämpfe. 

Besonders  bei  Coluber  quadrilineatus,  C.  Aesculapii  und  Tcirbo- 
pliis  vivax  vorkommend.  Bei  diesen  Krämpfen,  die  plötzlich  auf- 
treten  und  in  wenigen  Minuten  den  Tod  herbeiführen ,  ist  der 
Rachen  weit  geöffnet,  der  ganze  Rumpf  im  Querschnitt  stark 
kontrahiert;  das  Tier  scheint  fortwährend  um  einen  fixen  Punkt, 
nämlich  um  seinen  eigenen  Kopf  zu  rotieren,  was  sehr  sonderbar 
aussieht;  im  Tod  ist  das  Tier  spiralig  zusammeugerollt,  aber  nicht 
ganz  in  einer  Ebene.  Die  Kontraktion  hört  erst  längere  Zeit 
nach  Eintritt  des  Todes  auf.  Ursache  unbekannt;  die  Krankheit  ist 
relativ  selten. 


IV.  Hautkrankh  eiten 

sind  die  harmlosesten  von  allen;  führen  fast  niemals  den  Tod  herbei. 
Hierzu  gehören  speckige  Ablagerungen  zwischen  Epidermis  und  Cutis, 


69 


welche  oft  sehr  große  Knoten  vorstellen,  bei  der  Häutung  mit  der 
Epidermis  abgeheu  und  in  der  Cutis  eine  bald  verheilende,  nicht  tiefe 
Wunde  zurücklassen.  Sehr  häufig  sind  Geschwüre  zwischen  den 
Rinnenschildern  der  Kehle  oder  an  anderen  Stellen  des  Kopfes,  bei 
deren  Entfernung  gelegentlich  einer  Häutung  in  der  Regel  etliche 

Schuppen  oder  Schilder  in  Verlust  gehen. 

\ 

V.  Eidechsenkrankheiten. 

Die  Eidechsen  zeigen  viel  weniger  ausgeprägte  Krankheiten  ;  sie 
sterben,  ohne  daß  man  irgend  ein  Symptom  eines  bestimmten  Leidens 
an  ihnen  bemerken  kann  und  sie  lassen  auch  keine  ansteckenden 
Krankheiten  erkennen.  Ein  sicheres  Kennzeichen  der  mangelnden 
Gesundheit  ist  das  Senken  der  über  dem  Augenbulbus  liegenden 

_  4» 

Hautpartie,  des  Discus  palpebralis  unter  das  Niveau  der  Frontal¬ 
gegend;  diese  Senkung  wird  wohl  durch  den  Schwund  der  über  dem 
Augenbulbus  liegenden  Fett-  und  Drüsenmassen  hervorgebracht  und 
zeigt  sich  bei  allen  kranken  Eidechsen,  falls  nicht  besondere  Ver¬ 
hältnisse  obwalten,  wie  z.  B.  bei  Chamaeleonten.  Die  Mundfäule 
tritt  bei  Eidechsen  nur  in  der  Gruppe  der  Varaniden  auf;  ich  selbst 
habe  sie  auch  bei  diesen  niemals  beobachtet,  häufig  sind  dagegen 
Lungenkrankheiteu,  Krankheiten  der  Augen;  auch  eine  Art  Schnupfen, 
wobei  das  Niesen  oft  sehr  laut  hörbar  ist.  Die  Lungenkrankheiten 
sind  am  verderblichsten  und  sehr  häufig  bei  kühlem  Wetter.  In  der 
nächsten  Zeit  wird  das  Tier  sehr  still,  sitzt  mit  halbgeöffnetem  Rachen, 
geschwollenen  Lidern  und  vorgetriebenen  Augen  und  auf  den  Vorder¬ 
beinen  aufgerichtet  da,  atmet  schwer  und  verschmäht  die  Annahme 
jeder  Nahrung.  Auch  nach  einem  zu  kalten  Trunk  entstehen  häufig 
derartige  Erscheinungen  und  sterben  namentlich  Scincoiden  sehr 
leicht  an  seinen  Folgen.  —  Zu  erwähnen  wären  noch  verschiedene 
häufig  bösartige,  stinkende  Wucherungen  bei  Lacertiden,  namentlich 
bei  L.  ocellata  und  viridis  und  zwar  an  den  Extremitäten;  bei 
kleineren  Geschwülsten  dieser  Art  lässt  sich  mitunter  durch  Aus¬ 
schneiden  und  Ausbreuuen  Heilung  erzielen.  Brand  der  Zehen  und 
des  Schwanzes,  Lähmungen  der  Hinterextremitäten  und  des  Schwanzes 
(letzteres  bei  Schlag  auf  die  Wirbelsäule  oder  Einwirkung  heftiger 
Sonnenhitze),  Verlust  der  Krallen,  gewöhnlich  im  Gefolge  von  Haut¬ 
krankheiten  (speckige  Veränderung  des  Unterhautbindegewebes,  na¬ 
mentlich  an  den  Zehen  nicht  selten)  sind  weitere,  nicht  eben  seltene 
Eidechsenkrankheiten. 


70 


VI.  Die  Schildkröte nkrankheiten. 

Schildkröten  leiden  häufig  an  Augenkrankheiten,  wobei  das  Auge 
verloren  geht;  seltener  auch  au  Krankheiten  der  Respirationsorgane 
unter  ähnlichen  Symptomen  wie  bei  den  Eidechsen  ;  dabei  ist  gewöhnlich 
der  Hals  weit  vorgestreckt ;  übrigens  werden  auch  vorgeschrittene 
Fälle  dieser  Art  durch  Aussetzen  der  Tiere  ins  Freie  mitunter  voll¬ 
ständig  geheilt.  Landschildkröten  leiden  viel  weniger  an  Krankheiten 
irgendwelcher  Art  als  Wasserschildkröten. 

CJ 

Dabei  will  ich  noch  bemerken,  daß  Wunden  der  furchtbarsten 
Art  bei  guter  Fütterung  der  Tiere  auch  in  Gefangenschaft  rasch 
und  vollständig  verheilen. 


VII.  Amphibien. 

Die  häufigste  und  bei  weitem  gefährlichste  Krankheit  aller 
Amphibien  ist  eine  Art  Starrkrampf,  der  durch  folgende  Ursachen 
hervorgebracht  wird.  1.  Durch  schlechtes,  stinkendes  Wasser  oder 
2.  durch  Übervölkerung  der  Käfige. 

Diesem  Starrkrampf  erliegen  Amphibien  aller  Art.  Zuerst  be¬ 
ginnt  sich  eine  Art  Unruhe  bemerkbar  zu  machen.  Die  Tiere  hüpfen 
und  laufen  wie  rasend  herum  und  durcheinander.  Dabei  schäumen 
Kröten,  Unken  und  Salamander  sehr  stark.  Später  beginnen  die 
Bewegungen  steif  und  unbeholfen  zu  werden,  die  Beine  versagen  den 
Dienst,  die  Augen  sehen  verglast  aus,  indem  das  untere  Augenlid 
ganz  oder  teilweise  über  das  Auge  gezogen  wird.  Bei  Fröschen  und 
Kröten  beginnt  sich  nach  und  nach  ein  krampfhaftes  Zucken  in  den 
Hinterbeinen  einzustellen,  zuerst  in  den  Zehenspitzen,  dann  immer  weiter 
aufwärts  ;  ohne  daß  sich  die  schließlich  starr  ausgestreckten  Hinter¬ 
beine  selbst  bewegen  würden.  Bei  Urodelen  bewegt  sich  der  Schwanz 
schlängelnd  sehr  lange,  wenn  schon  der  übrige  Körper  kein  Lebens¬ 
zeichen  mehr  gibt.  Endlich  liegen  die  Tiere  lang  ausgestreckt  tot 
da,  wobei  sie  einen  ganz  merkwürdigen  Geruch  verbreiten.  Die 
Mittel  gegen  diese  Krankheit  ergeben  sich  sehr  leicht.  Nicht  zu 
viele  Tiere  in  einen  Käfig,  besonders  nicht  zu  viel  lebhafte,  wie 
Rana- Arten,  strenge  Reinlichkeit.  Schon  erkrankte  Tiere  können 
durch  eine  Dusche  von  kaltem  Wasser  oft  noch  gerettet  werden. 
Nach  derartigen  Krankheiten  ist  der  Käfig  vollständig  zu  entleeren 
und  zu  reinigen.  Andere  Krankheiten  sind:  die  Anschwellung  des 
Bauches  bei  Tritouen,  Geschwüre  an  den  Zehen  bei  Wasserfröschen, 
Warzen  bei  Bana  agilis  (aber  nur  in  der  Freiheit).  Frösche,  welche 


71 


in  niedrigen  Käfigen  viel  springen,  verwunden  sich  die  Schnauze  und 
stoßen  sie  allmählich  so  weit  ab,  bis  die  Nasenlöcher  in  den  Bereich 
der  Wunde  kommen  ;  dann  sterben  sie  in  der  Regel.  Drahtdeckel 
auf  Froschhäusern  sind  sehr  häufig  Schuld  an  diesem  Vorkommen. 
Bei  Bombinator  ist  eine  riesige  Anschwellung  der  Zunge  mitunter 
zu  beobachten,  so  daß  sie  gar  nicht  in  den  Rachen  zurückgezogen 
werdeu  kann. 


Asiatische  Antilopen. 

Mit  1  Abbildung. 


Einen  Aufsatz  von  R.  Lydekker  in  »The  Field«  benutzend,  geben 
wir  nachstehend  eine  Übersicht  der  21  bis  jetzt  bekannten  Antilopen¬ 
arten  Asiens  und  schließen  hieran  Bemerkungen  über  die  weniger 
bekannten  Formen. 

1.  Indische  Gazelle,  Tschiukara,  G azella  ( Tragops ,  Anti¬ 
lope)  bennetti.  Wurde  (zuerst  1831  von  Sykes  beschrieben.  Wenig 
größer  als  Gaz.  dorcas.  Durch  leierförmige,  aber  an  der  Spitze  nicht 
nach  iunen  gekrümmte  Hörner,  die  bei  beiden  Geschlechtern  vor¬ 
handen  sind,  gekennzeichnet.  Hauptfarbe  hell,  nußbraun,  nach  dem 
Weiß  des  Unterkörpers  zu  dunkler.  Sie  belebt  in  Rudeln  von  2  bis  6, 
seltener  bis  20  Stück,  unfruchtbare,  wüste  Gegenden  Nordwest-  und 
Mittelindiens  westwärts  durch  Beludscbistau  bis  zum  Persischen  Golf. 
(Vergl.  Jahrg.  1890,  Seite  113). 

2.  Arabische  Gazelle,  Schwarznasengazelle,  Gaz.  ( Antil .) 
arabica.  Graulich -rotbraun,  Unterteile  blasser.  Großer  schwarz¬ 
brauner  Fleck  auf  der  Nase.  Sehr  häufig  im  südlichen  Arabien. 

3.  Muskatgazelle,  Gaz.  {Antil.)  muscatensis.  Der  vorigen 
sehr  ähnlich,  hat  auch  dieselbe  Verbreitung. 

4.  Gazelle,  Gaz.  {Antil.)  dorcas.  Allgemein  bekannt.  Nicht 
nur  über  Nordafrika,  sondern  auch  über  Syrien,  Palästina  und 
Kleinasien  verbreitet. 

5.  Persische  Gazelle,  Gaz.  {Antil.,  Procapra)  subgutturosa. 
Hörner  nur  beim  Männchen  vorhanden,  schwarz,  leicht  gekrümmt, 
deutlich  leierförmig  und  mit  nach  innen  gebogenen  Spitzen.  Be¬ 
haarung  oberseits  rötlich  sandfarben.  Bewohnt  die  Hochländer  Persiens 
in  3000  bis  7000  Fuß  über  dem  Meere,  und  verbreitet  sich  bis  nach 
Kandahar  und  Afghanistan. 


72 


6.  Mongolische  Gazelle,  Kropfantilope,  Gaz.  ( Antil .,  P.) 
gutturosa.  Unterscheidet  sich  von  der  Persischen  Gazelle  durch  be¬ 
deutendere  Größe,  sowie  durch  das  kürzere  und  sehr  hellfarbige 
Gehörn.  Bewohnt  die  mongolische  Tatarei.  (Schilderung  und  Be¬ 
schreibung,  s.  auch  »Brehms  Tierl.«  III.  Aufl.  Bd.  III.  S.  340.) 

7.  Tibetgazelle,  Gaz.  (Antil.,  P.)  picticauda.  Bewohnt  das 
tibetanische  Hochland,  13,000  bis  18,000  Fuß  über  dem  Meeresspiegel 
(beschrieben  in  dem  Aufsatze  von  Dr.  Langkavel :  »Wildschaf,  Wild¬ 
ziegen  und  Autilopen  des  Himalaya«,  Jahrg.  1890,  S.  114  des 
»Zoolog.  Gart.«). 

Auch  die  nächstfolgenden  Arten  bedürfen  hier  keiner  Besprechung, 
da  dieselben  teils  allbekannt  und  in  jedem  besseren  Werke  zu  finden 
sind,  teils  aber  in  gegenwärtiger  Zeitschrift  schon  früher  behandelt 
wurden. 

8.  Saiga.  Saiga  tatarica  (=  Colus  tataricus). 

9.  Tschiru,  Pantholops  hodgsoni  (vergl.  den  Aufsatz  von 
Langkavel,  Jahrg.  1890,  S.  112). 

10.  Hirsch  ziegenantilope,  Antilope ,  cervicapra  (Vergl. 
Jahrg.  1890,  S.  113,  sowie  Brehm). 

11.  Vierhorn  antilope,  Tetraceros  quadricornis. 

12.  Nilgau,  Boselaphus  tragocamelus  (—  Portax  pictus). 

13.  Ta  kin,  Budorcas  taxicolor.  Im  Jahre  1850  machte 
Hodgson  diese  merkwürdige  Antilope  bekannt.  Das  Tier  steht  in 
Bezug  auf  seiue  Größe  zwischen  Nilgau  und  Goral  und  hat  ge¬ 
drungenen,  plumpen  Körperbau,  großen,  schweren  Kopf  und  kräftige 
Füße.  Der  Schwanz  ist  kurz  und  ziegenartig,  die  Nase  behaart, 
schafähnlich.  Die  Färbung  des  ziemlich  laugen  und  zottigen  Haares 
wechselt  zwischen  dunkelgelblichbraun  und  rötlichbraun  und  ist  mit 
schwarz  untermischt.  Die  Hörner  sind  sehr  groß  und  kräftig,  beim 
alten  Bocke  berühren  sie  sich  an  der  Basis  nahezu ;  sie  sind  am 
Grunde  leicht  gerunzelt,  sonst  glatt  und  biegen  sich  zuerst  seitlich 
abwärts  und  steigen  dann  plötzlich  nach  oben,  ähneln  also  denen 
des  afrikanischen  Gnu;  beim  Weibchen  wenden  sich  die  Hörner  erst 
nach  außen  und  dann  nach  oben,  ohne  Biegung  nach  unten.  Der 
Takin  bewohnt  einzeln  oder  in  Herden  die  Hochländer  des  nördlichen 
Assam,  sowie  das  östliche  Tibet.  Über  die  Lebensweise  ist  nichts 
näheres  bekannt.  Es  wurden  bis  jetzt  erst  wenige  Gehörne  und  Felle 
des  Tieres  und  noch  kein  lebendes  Exemplar  nach  Europa  gebracht. 

14.  Sarao,  Nemorhoedus  bubalinus.  (Vergl.  »Zoolog.  Gart.« 
1890,  S.  111). 


G  o  r  a  1 ,  Cemas  goral 


74 


15.  Kambing-Utan,  N.  sumatrensis.  Unterscheidet  sieb 
vom  vorigen  durch  mehr  rötliche  Färbung  und  durch  ebenso  wie 
der  Körper  gefärbte  Beine.  Da  Kinloch  ein  Exemplar  gefunden  hat, 
das  in  der  Färbung  zwischen  beiden  Arten  steht,  zweifelt  Blanford, 
ob  N.  sumatrensis  als  besondere  Art  zu  betrachten  ist.  Man  hat 
das  Tier  bisher  im  östlichen  Himalaja,  im  östlichen  Tibet,  ferner 
in  Assam,  Burma,  Siam,  auf  der  Malajischen  Halbinsel  und  auf 
Sumatra  gefunden. 

16.  Kraushaarantilope,  Japanische  Antilope,  N.  crispus. 
Lebt  in  Japan  und  ist  im  Freileben  noch  sehr  wenig  erforscht.  Ein 
Exemplar  gelangte  im  Jahre  1879  in  den  Londoner  zoologischen 
Garten.  Übertrifft  den  Goral  wenig  an  Größe.  Trägt  ein  krauses 
Haarkleid  von  brauner,  unten  und  auf  den  Wangen  ins  Weiße  und 
an  den  Beinen  ins  Schwarzbraune  übergehender  Farbe. 

17.  Formosaantilope,  N.  swhinhoei.  Von  der  Kraushaar¬ 
antilope  nur  durch  dunklere  Färbung  und  mehr  gelbliche  Unterseite 
und  Wangen  unterschieden.  Auf  Formosa. 

18.  Goral,  Cemas  ( Kenias )  goral.  Vorstehend  wiederholen 
wir  die  vortreffliche  von  Noack  gezeichnete  Abbildung  eines  Gorals 
des  Hamburger  zoologischen  Gartens  aus  Jahrgang  1884  unserer 
Zeitschrift  und  beschränken  uns  im  übrigen  darauf,  auf  den  betreffen¬ 
den  Noackschen  Aufsatz,  sowie  auf  Jahrgang  1890,  S.  111  und  auf 
die  Angaben  in  »Brehms  Tierleben«  hinzuweisen. 

19.  G.  grisea  und  20.  C.  cinerea ,  zwei  noch  sehr  ungenügend 
bekannte  Arten,  sollen  den  Goral  im  östlichen  Tibet  vertreten. 

21.  C.  caudata  von  Nordchina  und  dem  Amurlande  unter¬ 
scheidet  sich  von  den  Verwandten  durch  den  langen  Schwanz,  der 
bis  zum  Sprunggelenk  reicht. 


Forschungsgänge  durch  Wald  und  Feld. 

Von  Staats  von  Wacquant-Geozelles. 


I. 

V  ork  om men  des  Wesp eubuss ards  ,  Perms  apivorus ,  im  Kreise 

Hameln. 

Der  Wespenbussard  ist  in  mehreren  geeigneten  Revieren  des 
Kreises  Hameln  nicht  gerade  selten,  und  doch  behaupte  ich  nicht 
zu  viel,  wenn  ich  sage,  daß  ihn  hier  im  ganzen  Kreise  bis  vor 


75 


Jahresfrist  niemand  kannte,  daß  auch  heute  noch  hier  niemand  im¬ 
stande  ist,  ihn  in  freier  Natur  zu  erkennen. 

In  seinem  vortrefflichen  Werke  »Die  Raubvögel  Deutschi,  etc.« 
läßt  der  Herr  Oberförster  von  Riesen thal  gelegentlich  der  Beschrei¬ 
bung,  resp.  gelegentlich  der  Erwähnung  der  beobachteten,  oft  nicht 
unbeträchtlichen,  vom  Süden  zu  uns  heimkehrenden  Züge  dieses 
Vogels,  einen  seiner  Gewährsmänner  fragen:  »Wo  mögen  diese  großen 

Züge  des  Wespenbussards  bleiben? . da  man  doch  zu  anderer 

Zeit  kaum  einen  sieht?!« 

Ja,  wo  bleiben  sie?!  —  Sowie  der  das  Zusammenscharen  be¬ 
dingende  Zweck  erfüllt  ist,  lockert  sich  der  Verband  mehr  und  mehr, 
jeder  begibt  sich  in  seine  Heimat  und  die  Armee  ist  alsbald,  ähn¬ 
lich  wie  ein  zur  Übung  zusammengezogenes  und  dann  entlassenes 
Heer  der  Landwehr,  anscheinend  spurlos  in  alle  Winde  verschwun¬ 
den.  »Anscheinend« . denn  wer  kennt  den  Wespen¬ 

bussard?  —  In  vielen  Gegenden  Norddeutschlands  hat  kein  Mensch 
jemals  von  ihm  gehört  und  nur  der  Forscher  kann  dort  in  dem 
einen  oder  anderen  Reviere  einige  Belege  über  das  Vorkommen  und 
Horsten  dieses  interessanten  Raubvogels  sammeln  und  bringen,  resp.  ihn 
in  der  Gegend  bekannt  macheu.  Im  Osnabrückschen  sind  es 
z.  B.  zwei  emsige  Forscher,  welche  diesem  Vogel  ihre  Aufmerksam¬ 
keit  schenken:  Herr  Lehrer  Seemann  und  Herr  Lehrer  Wilbers, 
und  jeder  von  ihnen  hat  ihn  in  je  drei  Fällen  erhalten  oder  sicher  als 
Brutvogel  konstatiert.  Durch  sie  erst  wurde  der  Vogel  dort,  wie 
ich  mich  deutlich  erinnere,  aus  seiner  Verborgenheit  hervorgezogen 
und  bekannt  gemacht;  denn  erst  durch  meinen  Freund  Seemann 
wurde  der  damals  in  Osnabrück  wohuende  Präparator  Schwarze  mit 
Pernis  bekannt  und  legte  mir  bald  ein  Exemplar  vor,  während  er 
ihn  vorher,  wie  er  sagte,  allerdings  mehrere  Male  erhalten, 
aber  nur  als  »besondere  Raubvogelsorte«  präpariert  hatte.  Aus 
Wildeshausen,  Großherzogt.  Oldenburg,  schreibt  mir  der  als  Ver¬ 
fertiger  von  Strychnin  -  Kapseln  (für  Füchse)  und  von  »Areca  Cakes 
in  Pastillenform«  (ganz  vortreffliches  Wurm -Mittel)  bekannte  Herr 
Apotheker  A.  Jacobi,  daß  er  dort  den  Wespenbussard  als  Brut¬ 
vogel  konstatiert  habe;  ein  ebenso  scharfer  Beobachter,  Herr  C.  H. 
Schillings,  meldete  mir  das  gleiche  aus  Weiherhof-Giirzenich 
bei  Düren. 

So  steht  es  mit  der  Kenntnis  dieses  Vogels  au  sehr  vielen  Orten. 
Hier  im  Kreise  Hameln  bin  ich  wohl  der  erste  gewesen,  welcher 
ihn  in  verschiedenen  Feldgehölzen  als  Brutvogel  konstatiert,  dann 


76 


die  Aufmerksamkeit  (mit  dringender  Bitte  um  Schonung)  allgemeiner 
auf  ihn  gelenkt  hat  und  ihn  dann  auch  alsbald  mehrmals  zur  Be¬ 
stimmung  —  teils  in  freier  Natur,  teils  als  Beutestück  —  vorgeführt 
oder  vorgelegt  erhielt. 

Nach  meiner  Aufforderung  legte  mir  der  Herr  Präparator 
Rebm-Hameln  den  ersten  Pernis  etwa  vor  Jahresfrist  vor;  er 
hielt  den  ihm  auffallenden  Vogel  (sehr  bezeichnend  für  des 
Tieres  Charakteristika)  für  einen  »Bastard  zwischen  Habicht  und 
Bussard.« 

Dieser  war  ein  junges  männliches  Exemplar,  dessen  Kropf  nur 
Grashüpfer  und  Wespenbrut  enthielt. 

Den  zweiten,  ebenfalls  ein  junges  Männchen,  übersandte  Herr 
Stacy  Stallar  d  dahier.  Kropf-  und  Magen -Inhalt  ergab:  Mist¬ 
käfer,  Wespen brut  und  Teile  der  löschpapier- artigen  Waben,  sowie 
einige,  zufällig  verschluckte,  Tannennadeln.  —  Der  dritte  Pernis 
wurde  von  Herrn  Forstmeister  Gerl  ach -Hameln  erlegt.  Es  war  ein 
junges  Weibchen,  welches  mit  allen  möglichen  Insekten  vollgepfropft 
war.  No.  5  wurde  im  Städtchen  Bo  den  wer  der  erlegt  und  Herrn 
Rehm  zur  Präparatur  eiugesandt:  sehr  dunkeles,  altes  Weib¬ 
chen;  Kropfinhalt  fünf  halb  -  befiederte  Nestvögel  (Goldammern). 
Monat  Juli. 

Auch  Nr.  6  wurde  vom  Herrn  Präparator  Rehm  konserviert;  ein 
altes  Weibchen,  welches  von  Herrn  Dr.  Koe t h e- Aerzen  im  Monat 
Juli  erlegt  wurde.  —  Dieses  letztere  Weibchen  gehörte  einem  auch 
von  mir  selbst  in  einem  Feld  geh  ölze  bei  Aerzen  konstatierten  Brut- 
Paare  an  und  wurde  leider  in  der  Nähe  des  Horstes,  beim  Ab-  und 
Zustreichen  erlegt. 

Nr.  7  wurde  vom  Herrn  Förster  Le  ege  während  der  Horstzeit 
in  der  Nähe  des  Forsthauses  »Finkenborn«  bei  Hameln  beim  Aus¬ 
scharren  eines  Wespennestes  betroffen:  Der  Vogel  flüchtete  vor  dem 
Herrn  Förster  Leege  und  kehrte  nach  etwa  drei  Minuten  zum 
Wespenneste  zurück. 

In  einer  mir  vom  Gymnasium  zu  Hameln  zur  Bestimmung  über¬ 
wiesenen,  in  der  Umgegend  der  Stadt  zusammen  gebrachten  Eier- 
sammluug  befand  sich  auch  ein  Gelege  von  Pernis. 

Das  sind  außer  meinen  eigenen ,  erwähnten  Beobachtungen 
die  Belegstücke  für  einen  gewissen  Kreis,  die  Belegstücke  für 
ein  einziges  Jahr  (1891/92)  die  Erfahrungen  einer  einzelnen 
Person.  Keiner  der  vorbenannten  Schützen  wußte,  was  für  ein 
Tier  er  erlegt:  Die  Exemplare  wurden  eiugesandt  unter  der  viel- 


77 


sagenden  Bezeichnung  »Raubvogel«  resp.  »Stößer«  —  oder  als 
»Habicht«  resp.  »Bussard.« 

Man  sieht  also,  daß  unser  Wespenbussard  in  ihm  zusagen¬ 
den  Revieren  so  »sehr  selten«  gerade  nicht  ist;  denn  alle  die  vor¬ 
stehend  beschriebenen  Exemplare  wurden  zu  ganz  verschiedenen  Zeiten 
(nur  ein  Exemplar  während  des  Zuges)  und  an  weit  von  ein¬ 
ander  getrennten  Orten  erlegt,  so  daß  eine  etwaige  Familienzu- 
sammengehörigkei  t  bei  ihnen  ausgeschlossen  ist. 

Was  günstige  Verteilung  und  Beschaffenheit  von  Wald  und 
Feld  anbelangt,  so  kann  unsere  Gegend  dem  interessanten  Geschöpfe 
allerdings  wohl  zusagend  sein  und  wahrscheinlich  werden  die  hier  an 
manchen  Stellen  auffallend  häufigen  Wespen  aller  Art  für  Perms 
apivorus  maß-  und  ausschlaggebender  sein  als  Wald  und  Feld;  denn 
seinen  Horst  legt  er  zuweilen  dumm  genug  an.  Jedenfalls  beobachte 
ich  ihn  hier  als  regelmäßige  Erscheinung  nur  in  einem  Reviere, 
welches  für  Wespen  giiustig  ist,  wie  kein  anderes,  nämlich  iu  der 
Feldmark  Grupeuhageu.  Seit  Jahresfrist  habe  ich  mein  Augenmerk 
darauf  gerichtet  und  konstatiert,  daß  allein  iu  einem  kleinen  Reviere, 
dem  Forstort  »Hauben«,  bis  heute  zweiundzwanzig  Wespennester  vom 
Dachs,  Fuchs  uud  Pernis  ausgescharrt  worden  sind. 

Ähnlich  sind  hier  die  Wespen- Verhältnisse  im  Forstort  »Hoppe¬ 
hude«  bei  Reher,  woselbst  Pernis  ziemlich  regelmäßig  horstet. 

Wenn  Behrends  in  »Brehms  Tierleben«  die  sonderbare  Tliat- 
sache  mitteilt,  daß  der  WTespenbussard  früher  bei  Koburg  »zwanzig 
Jahre  lang  in  jedem  Feldgehölze  gehorstet  habe«,  dahingegen 
bei  Gotha  schon  eine  »seltene  Erscheinung«  gewesen  sei,  so  mag 
auch  dort  (wie  augenscheinlich  hier  bei  uus),  das  Insekt,  welches 
unserem  Vogel  mit  Recht  zu  seinem  Namen  verbolfen  hat,  bestim¬ 
mend  gewesen  sein. 

In  vielen  Fällen  kann  man  den  Wespenbussard  schon  an  den 
auf  ausgescharrten  Wespennestern  befindlichen  Fußspuren  konsta¬ 
tieren;  doch  muß  mau  genau  prüfen,  da  auch  Fasane  und  Reb¬ 
hühner  gern  auf  solcher  losen  Erde  umhertrippeln. 

Wie  sein  Vetter  Buteo  am  Abend  und  bis  tief  in  die  Dämme- 

•  • 

rung  hinein  weite  Strecken  der  Acker,  Schafweideu  etc.  beutesucheud 
abschreitet,  so  spazierte  auch  einst  ein  Pernis  vor  mir  auf  einer 
gemähten  Wiese  umher,  jedoch  während  des  Mittags.  Der  Gang 
des  Pernis  ist  weitaus  geschickter,  selbstbewußter  als  der  des  Buteo, 
welcher  tölpelhaft  aus  einer  Gangart  in  die  andere  zu  verfallen  pflegt. 


78 


Im  übrigen  jagt  Perms  auf  sehr  verschiedene  Weise  :  er  schwebt 
oft  fast  weihenartig  umher,  lauert  zu  anderen  Zeiten  lange  Zeit 
beharrlich  auf  Beute,  indem  er  auf  irgend  einem  geeigneten  Platze 
Posto  faßt  und  schreitet  endlich,  wenn  er  sich,  beutefangeud,  irgendwo 
auf  den  Boden  gesetzt,  gravitätisch  eine  Strecke  dahin. 

Ich  sass  einst  mitten  im  Holze,  wohlversteckt  an  einem  breiten 
Kreuzwege,  als  plötzlich  ein  Wespenbussard  erschien  und  sich  auf 
den  untersten  Ast  einer  mir  gegenüberstehenden  Eiche  setzte. 

Er  lüftete  mehrfach  abwechselnd  die  Flügelspitzen,  spähte 
dann  einen  Moment  scharf  nach  unten  und  .  stürzte  sich  unter  einen 
Eichenbusch.  Dort  griff  er  mit  großer  Schnelligkeit  und  Gewalt  in 
Haide  und  Laub,  warf  die  gepackten  Sachen  wieder  fort  und  wieder¬ 
holte  dieses  Manöver,  sich  nach  allen  Seiten  wendend,  wohl  noch 
sechs-  bis  achtmal.  Dabei  spähte  er  fortwährend  nach  unten,  kehrte 
mit  den  Fängen  auf  einem  Raume  von  etwa  1j 2  Quadratmeter  im  wahren 
Sinne  das  unterste  der  Bodendecke  zu  oberst  und  zog  dann,  ohne 
zu  einem  Resultate  gelangt  zu  sein,  weiter. 

Ohne  Zweifel  hatte  er  es  auf  eine  der  dort  häufigen  flinken 

Eidechsen  abgesehen  gehabt  und  bewies  sein  Benehmen  eine  große 
•  • 

Überlegung,  Ausdauer  und  Routine. 

Hier  im  Parke  besuchte  mich  nur  ein  einziges  Mal  ein  Wespen¬ 
bussard,  wenigstens  habe  ich  nur  einmal  einen  solchen,  welcher  in 
der  Nähe  wohnte,  beobachtet. 

Drossel  und  Ammern  warnten  bei  seinem  Erscheinen  und  ich 
selbst  hielt  ihn  im  ersten  Moment  für  Astur  palumbarius . 

Erst  als  ich  Flügel  und  Flugart  sah,  wußte  ich  Bescheid.  Sehr 
sonderbar  benahmen  sich  damals  meine  Tauben;  denn  das,  was  ich 
erst  nach  einiger  Zeit  sah,  nämlich,  daß  es  ein  Wespenbussard  sei, 
das  sahen  sie  sofort,  und  anstatt  vom  Dache  in  wilder  Flucht 
herunterzuprasseln,  erhoben  sie  sich  ohne  irgendwelche  Furcht  und 
zogen  über  ihm  mit,  ihm  in  allen  seinen  Schwenkungen  eine  Strecke 
folgend  und  ihn  augenscheinlich  neugierig  betrachtend.  Sie  werden 
ihn  sicher  in  allen  seinen  Neigungen  längst  gekannt  und  beobachtet 
haben ;  denn  die  Entfernung  bis  zum  jenseits  des  Thaies  befind¬ 
lichen  Holze,  dem  Revier  dieses  Wespenbussardes,  bedeutet  nicht 
viel  für  das  schärfe  Taubenauge:  sehen  meine  Tauben  doch  un¬ 
fehlbar  von  hier  aus,  ob  dort  am  Holze  Chilisalpeter  oder  ob  Ge¬ 
treide  gesäet  wird ! 

Sophienhof  bei  Gr upenhagen,  Kreis  Hameln. 


79 


Die  Bergziege,  Aplocerus  montanus . 

Von  C.  A.  Purpus,  Delta  Colorado. 

Man  könnte  die  Bergziege  {Aplocerus  montanus)  im  Westen 
» Mountain  Goat«  genannt,  die  Gemse  Amerikas  nennen.  Sie 
hat  ungefähr  die  nämliche  Lebensweise,  bewohnt  dieselben  hohen 
Gebirgsregionen  und  ist  ein  ebenso  gewandter  Gymnastiker  wie  die 
Gemse  der  europäischen  Alpen,  sie  ist  jedoch  weit  größer  und  anders 
gefärbt  wie  diese.  Die  Bergziege  ist  unstreitig  eines  der  schönsten 
Tiere  des  westlichen  Nord-Amerika.  Sie  erreicht  öfters  die  Größe 
eines  halbjährigen  Rindes.  Ihr  Fell  ist  langhaarig,  ähnlich  wie 
dasjenige  der  Kaschmirziege,  im  Winter  schneeweiß  und  unter  den 
sehr  dichten  Haaren  mit  einer  feinen,  seidenweichen  Wolle  bedeckt, 
die  das  Tier  befähigt,  der  sibirischemKälte  seiner  unwirtlichen  Heimat 
zu  widerstehen.  Die  Bergziege  verliert  diese  Wolle  im  Frühjahr,  man 
sieht  deshalb  da,  wo  sich  die  Tiere  um  diese  Jahreszeit  aufgehalten 
haben,  überall  kleine,  weiße  Wollbüschel  an  den  Sträucheru  hängen, 
wie  ich  dies  in  den  Cascaden  Britisch  Columbias  öfters  zu  sehen 
Gelegenheit  hatte.  Im  Sommer  ist  das  Fell  des  Tieres  mehr 
schmutzigweiß,  grau  oder  bräunlichgelb,  der  Grundton  ist  jedoch 
immer  weiß.  Aus  der  schönen  Wolle  weben  die  Flathead  oder 
Cholomuch-Indianer  am  untereu  Fraser-River  in  Br.  Columbia  sehr 
schöne  Decken  auf  eigens  von  ihnen  hierzu  verfertigten  Webstühlen. 
Das  Gehörn  der  Bergziege  ist  schwarz  und  im  Vergleich  zur  Größe 
des  Tieres  klein  zu  nennen  und  nur  wenig  gebogen,  etwa  wie  das- 
enige  unserer  Hausziege.  Ihr  Kopf  sieht  daher  auch  mehr  dem 
der  Hausziege  wie  dem  der  Gemse  ähnlich.  Ihre  Beine  sind  sehr 
stark  und  die  Hufe  mehr  rund  und  breit,  als  spitz.  Der  Gesichts¬ 
ausdruck  der  Bergziege  ist  weit  weniger  intelligent,  wie  derjenige  der 
Gemse,  und  sie  scheint  überhaupt  geistig  viel  weniger  begabt  und 
weniger  vorsichtig  zu  sein  wie  diese.  Sie  bewohnt  das  Cascaden- 
gebirge  von  Britisch  Columbia  bis  Oregon  und  die  Felsengebirge  von 
Britisch  Columbia  bis  in  das  nordöstliche  Colorado  und  zwar  kommt 
sie  hier  nur  noch  iu  einigen  schwer  zugänglichen  und  hohen  Ge¬ 
birgsketten  bei  Central-City  und  Georgetown  westlich  von  Denver  vor. 
Im  Westen  und  Süden  des  Staates  fehlt  sie  ganz;  hier  haust  das 
dieselben  Regionen  bewohuende  Bergschaf  ( Ovis  montana). 

Die  Bergziege  bewohnt  im  Sommer  in  den  Hochgebirgen  des 
Nordwestens  Höhen  von  8000 — 10,000  Fuß  und  darüber.  In  dem 


80 


südlichen  Teile  der  Rocky  Mountains  steigt  sie  noch  einige  tausend 
Fuß  höher  hinauf.  Gewöhnlich  sieht  man  sie  dann  zu  zweien  oder 
in  kleinen  Rudeln  zu  4 — 5  Stück,  seltner  und  dann  nur  im  Winter 
in  Rudeln  von  15  oder  20  Stück.  Sie  unterscheidet  sich  hierdurch 
vom  Bergschafe  (Ovis  montana),  welches  man  gewöhnlich  in  Rudeln 
von  30 — 40  Stück  und  mehr  antrifft.  Ihre  Lieblingsplätze  sind  im 
Sommer  jene  mit  duftenden  Alpenkräutern  durchwirkte  Weiden  oder 
Rasenflecke  hoch  über  der  Baumgrenze  und  in  nächster  Nachbar¬ 
schaft  von  Schnee-  oder  Firnfeldern,  oder  aber  abgelegene,  schwer 
zugängliche  Hochgebirgsthäler  oder  Rasenbänder,  die  sich  an  den 
Felswänden  hinziehen  und  bis  zur  Grenze  des  ewigen  Schneees 
hinanreichen.  Dort  trifft  man  sie  in  der  Regel  des  Morgens  oder 
Abends  äsend  an.  Ihre  Mittagsruhe  hält  sie  auf  einem  Felsenvor¬ 
sprung  oder  steilen  Abhang  hinter  einer  dort  etwa  noch  hinauf¬ 
steigenden,  verkrüppelten  Tanne  'oder  Kiefer  gedeckt  und  verborgen. 
Des  Nachts  steigt  sie  in  tiefere  Regionen  herab,  ebenso  im  Winter, 
wenn  der  Schnee  meterhoch  ihre  Lieblingsweideplätze  bedeckt.  Man 
trifft  sie  dann,  falls  man  überhaupt  um  diese  Jahreszeit  die  Gebirge 
besucht,  was  nur  auf  Schneeschuhen  geschehen  kann,  in  den  Coni- 
ferenwäldern  der  subalpinen  Region,  an  Stellen,  die  vor  den  eisigen 
Winden  geschützt  sind,  in  Hochthälern  oder  Thalmulden  u.  s.  w. 
Dort  findet  sie  kärgliche  Nahrung  au  den  mannigfachen,  hier 
wachsenden  Sträuchern,  welche  mit  ihren  Spitzen  aus  dem  Schnee 
hervorschauen.  In  diesen  Regionen  kommt  das  Tier  in  größeren 
Rudeln  vor,  und  hier  wirft  es  auch  zeitig  im  Frühling,  etwa  anfangs 
Mai,  seine  Jungen  und  zwar  in  der  Regel  zwei  Stück,  welche,  wenn 
dann  der  Frühling  auch  im  Hochgebirge  seinen  Einzug  hält,  schon 
so  erstarkt  sind,  daß  sie  die  Alte,  welche  sich  von  der  Herde  ab¬ 
gesondert  hat,  auf  ihrer  beschwerlichen  Wanderung  über  Felsen  und 
Schneefelder  hinauf  in  die  luftigen  Regionen  zu  begleiten  vermögen, 
um  dort  zu  sommern.  Die  Jungen  sind,  da  zur  Zeit  ihrer  Geburt 
mächtige  Schneemassen  das  Gebirge  bedecken  und  sie  später  sehr 
flink  und  leichtfüßig  sind,  sehr  schwer  zu  fangen  und  ebenso  schwer 
aufzuziehen.  Man  trifft  das  prächtige  Tier  deshalb  wenig  oder  gar 
nicht  in  unseren  zoologischen  Gärten,  was  in  Anbetracht  seiner 
Schönheit  und  im  Interesse  der  Wissenschaft  sehr  zu  wünschen 
wäre.  Ich  habe,  als  ich  vor  ein  paar  Jahren  den  Nordwesten  Nord¬ 
amerikas  bereiste,  vielfach  versucht,  sowohl  bei  Indianern  als  bei  Weißen, 
eine  lebende  Bergziege  für  den  zoologischen  Garten  zu  Berlin  zu  erhalten, 
aber  vergebens.  Auf  meinen  zahlreichen  Wanderungen  in  den  Cas- 


81 


caden  Britisch  Columbias  und  den  Felsengebirgen  Montanas  hatte  ich 
öfters  Gelegenheit,  die  Bergziege  in  der  Freiheit  zu  sehen  und  zu 
beobachten.  So  sah  ich  z.  B.  dies  prachtvolle  Exemplare  auf  einer 
Hochgebirgstour  in  den  Cascaden  zwischen  Lytton  und  dem  Lilooet- 
lake  in  Br.  Columbia,  allerdings  nur  mit  Hülfe  meines  Feldstechers 
—  der  Indianer,  der  mit  bei  der  Expedition  war,  sab  sie  mit  bloßem 
Auge  —  an  den  Hängen  eines  mit  Abgründen  bedeckten  Berges  äsen. 
Dieser  Berg  war  das  Ziel  unserer  Tour,  und  am  nächsten  Tage  hatte 
ich  Gelegenheit,  einer  Jagd  auf  Bergziegen,  welche  einer  meiner 
Begleiter,  ein  Schottländer  ausführte,  beizuwohnen.  Wir  stiegen 
ziemlich  früh  am  Morgen  au  den  steilen  Abhängen  des  etwa  7000  F. 
hohen  Berges  hinauf  und  erreichten  die  Spitze,  ohne  eine  Bergziege 
zu  Gesicht  bekommen  zu  haben,  obschon  wir  jedes  Gebüsch  von  ver¬ 
krüppelten  Tannen,  die  Lieblingsruheplätze  des  Tieres,  genau  revidiert 
hatten.  Vom  Gipfel  des  Berges  schritten  wir  längs  eines  nach 
Norden  steil  abfallenden  Grates  dahin.  Auf  einmal  winkte  mir  mein 
Begleiter,  der  vorausging,  ich  solle  mich  uiederducken.  Ich  ließ  mich 
sofort  auf  die  Erde  nieder,  meinen  Begleiter  im  Auge  behaltend, 
welcher  eine  Zeit  laug  mit  der  Büchse  nach  einer  Stelle  am  Nord¬ 
abhang  des  Grates  hinzielte.  Da  fiel  ein  Schuß,  und  aufspringend 
sehe  ich  eine  Bergziege  sich  mehrmals  überschlagend  wie  eine  kleine 
Lawine  an  einem  steilen  Schneefeld  in  ein  mit  Geröll  und  Weiden 
bedecktes  Hochthal  hinabstürzen.  Wir  stiegen  sofort  nach  und 
fanden  unten  angekommen  einen  prachtvollen  Bock  von  der  Größe 
eines  halbjährigen  Rindes  verendend  vor  uns  liegen. 

Als  ich  ein  Jahr  später  die  Mission  Range  in  den  Rocky  Moun¬ 
tains  von  Montaua  besuchte,  hatte  ich  eine  sehr  schöne  Gelegenheit 
fünf  Stück  Bergziegen  ganz  in  der  Nähe  zu  sehen.  Ich  war  im 
Begriff  vom  M.  Donald  Peak,  einem  der  höchsten  Spitzen  dieser 
Gebirgskette,  herab  zu  steigen  und  kletterte  eben  an  einem  Rasen¬ 
band,  welches  sich  über  einer  Einsenkung  dahinzog,  abwärts,  da 
gewahrte  ich  auf  einmal  in  dieser  Einsenkung  die  Bergziegen,  welche 
dort  ästen,  oder  ausruhend  im  Geröll  lagen.  Sie  hatten  von  meiner 
Gegenwart,  wenige  hundert  Fuß  über  ihnen,  keine  Ahnung,  und 
so  konnte  ich  die  Tiere  hinter  einer  verkrüppelten  Tanne  gedeckt 
lange  Zeit  beobachten. 

Ein  anderes  Mal  sah  ich  eines  dieser  Tiere  au  einer  fast  senk¬ 
recht  emporstrebenden  Felswand  hinaufklettern  und  zwar  mit  einer 
Leichtigkeit,  Eleganz  und  Sicherheit,  die  mich  in  Erstaunen  setzte. 
Später  sah  ich  dann  noch  mehrere  Exemplare  dieses  schönen  Tieres, 

Zoolog-.  Gart.,  Jalirg.  XXXIV.  1893.  G 


82 


so  z.  B.  eines  einen  Satz  auf  einen  mir  unzugänglich  scheinenden 
Felsen  nehmend. 

In  der  Mission  Range,  welche  innerhalb  der  Grenzen  der 
Flathead-Indianer-Reservation  liegt  und  woselbst  von  den  Weißen 
nicht  gejagt  werden  darf,  scheint  die  Bergziege  noch  ziemlich  häufig 
zu  sein.  Nicht  unwesentlich  trägt  auch  der  Umstand  dazu  bei,  daß 
dieselbe  ziemlich  schwer  zugänglich  ist  und  die  zum  großen  Teil 
unersteiglichen  Zackengipfel  der  Kette  dem  Tiere  eine  gute  Zuflucht 
gewähren,  wie  die  prächtigen  Alpweiden  derselben  eine  reichliche 
und  nahrhafte  Weide.  Wenn  wir  in  diesem  Gebirge  kampierend 
abends  vor  dem  Lagerfeuer  saßen,  hörten  wir  beständig  Fels¬ 
blöcke  und  Steine  von  den  Felswänden  herabpoltern,  losgelöst  von 
Bergziegen,  welche  an  den  Rasenbändern  herumkletterten.  Noch 
häufiger  trifft  man  das  Tier  in  den  unzugänglichen  Wildnissen  des 
Cascadengebirges  von  British  Columbia.  Auf  der  erwähnten  Expe¬ 
dition  sahen  wir  Massen  von  Spuren  und  Pfaden  derselben,  welche 
sich  über  Abhänge  und  Grate  dahinzogen. 

Viel  seltner  als  hier  trifft  man  sie  in  den  Cascaden  Washingtons. 
Ich  habe  einige  der  weniger  besuchten  Regionen  dieses  Gebirges 
besucht,  ohne  jemals  eine  Bergziege  zu  Gesicht  bekommen  zu  haben, 
wohl  aber  sah  ich  Felle  in ‘einem  Minnigcamp  am  Snoqualmie-Pass, 
welche  von  Tieren  stammten,  die  dort  von  Bergleuten  erlegt  worden 
waren.  Das  Gebirg  wird  hier  schon  zu  viel  von  Prospektors  und 
Jägern  durchstreift,  welche  das  Tier  entweder  vertreiben  oder  aus¬ 
rotten.  Noch  weiter  südlich  in  den  Cascaden  Oregons  scheint  die 
Bergziege  nur  noch  sporadisch  vorzukommen,  was  jedenfalls  auf 
dieselbe  Ursache  zurückzuführen  ist. 


Albinismus  unter  (len  Yögeln  Chiles. 

Vou  Dr.  P.  A.  Philippi  in  Santiago. 

Zur  Ergänzung  meiner  früheren  Mitteilungen*)  berichte  ich  noch, 
daß  ich  eine  weiße  Schwalbe,  wahrscheinlich  Hirundo  ( Atticora ) 
cyanoleuca  erhalten  habe.  Bei  dieser  Gelegenheit  erlaube  ich  mir  zu 
bemerken,  daß  in  Chile  nur  zw'ei  Arten  Schwalben  Vorkommen,  eine 
schwarzsteißige  Hirundo  cyanoleuca,  die  Lichtenstein  ganz  passend 
melampyga  genannt  hat,  und  die  auch  in  Argentinien  und  Peru  vor- 
kommt,  und  eine  weißsteißige,  Hirundo  leucopyga  Lichtenstein,  welche 


*)  Z.  G.  1892.  S.  181. 


83 


nach  Herrn  Desmurs  (im  Werk  von  Grey:  »Hist,  flsica  u.  politica  de 
Chile«)  einerlei  mit  Hirundo  leucorrhoa ,  Viell.  sein  soll,  was  entschieden 
falsch  ist.  Herrn  Taczanowski  scheint  es  unbekannt  geblieben  zu  sein, 
daß  Lichtenstein  unter  dem  Namen  leucopyga  eine  Schwalbe  beschrieben 
hatte,  denn  sonst  würde  er  wohl  nicht  einer  neuen  aus  dem  Norden  Perus 
denselben  Namen,  nur  mit  einem  i  mehr,  leucopygia ,  beigelegt  haben. 
Die  Lichtensteinsche  Schwalbe  scheint  Chile  eigentümlich  zu  sein, 
ich  finde  sie  wenigstens  nicht  in  Sclater’s  Argentine  Ornithology 
noch  in  Taczauowskis  Ornithologie  du  Perou  aufgeführt.  Desmurs 
gibt  noch  eine  dritte  chilenische  Schwalbe  an,  Hirundo  leucoptera 
(=  albiventer )  und  sagt,  sie  fände  sich  auf  den  Falklands-Inseln 
und  iu  den  Gegenden  der  Magellansstraße,  allein  diese  Schwalbe  ge¬ 
hört  dem  tropischen  Südamerika  an,  und  nicht  dessen  kühler  Südspitze. 

Ferner  habe  ich  einen  gelben  Smaragdsittich  ( Pyrrhura 
smaragdina )  erhalten,  ein  Seitenstück  zum  König  der  Choroies;  die 
Stirngegend  ist  rot  geblieben  aber  viel  blasser  als  beim  normalen  Vogel, 
ebenso  ist  der  untere  Teil  des  Bauches  und  der  Schwanz  rot,  nur 
die  grüne  Farbe  ist  in  Citronengelb  umgewandelt.  Dieser  Papagei, 
den  man  in  Valdivia  cachana  (spr.  katschanja)  nennt,  findet  sich  von 

den  mittleren  Provinzen  bis  zur.  Magellansstraße. 

*  *  . 

•  •  ■ 

Kosmopolitische  Tiere. 

Von  Dr.  C.  Müller. 

Es  ist  wohl  allgemein  bekannt  und  dürfte  schon  durch  eine  nur 
oberflächliche  Beobachtung  stets  von  neuem  festzustellen  sein,  daß 
bestimmte  Teile  der  Erde  bezüglich  ihrer  Tierwelt  die  mannigfachsten 
Verschiedenheiten  zeigen.  Die  einzelnen  Arten  der  Tiere  sind  keiues- 
wegs  gleichmäßig  über  die  ganze  Erdoberfläche  verbreitet,  und  jeder 
einigermaßen  scharf  begrenzte  Abschnitt  derselben  zeigt  hinsichtlich 
seiuer  Tierwelt  seine  Eigentümlichkeiten.  Es  hat  denn  diese  Er¬ 
scheinung  auch  dazu  geführt,  die  gesamte  Erdoberfläche  iu  vier 
geographische  Regionen  zu  teilen,  wodurch  allerdings  eine  Einteilung 
geschaffen  ist,  die  durchaus  nicht  immer  mit  der  übereinstimmt,  die 
die  physikalische  Geographie  der  Erde  gegeben  hat. 

»Natürlich  war  es,  so  sagt  E.  L.  T  r  o  u  e  s  s  a  r  t  *),  daß  man,  um 

*)  E.  L.  Trouessart,  die  geograpb.  Verbreit,  der  Tiere,  übers,  von  W. 
March  all.  Leipzig,  Verl.  v.  S.  J.  Weber.  1892. 


84 


für  eine  geographische  Einteilung  feste  Gesichtspunkte  zu  gewinnen 
diejenigen  Tiere  ins  Auge  faßte,  welche  dem  Menschen  am  nächsten 
stehen,  also  Säugetiere  und  Vögel,  welche  zunächst  vor  ihm  auf  der 
Erde  erschienen  waren  und  deren  Entwicklungsgang  schon  seiuen 
Abschluß  in  jener  geologischen  Epoche  erreicht  hatte,  welche  der¬ 
jenigen,  in  der  unsere  unmittelbaren  Vorfahren  in  die  Erscheinung 
treten,  vorangiug,  während  der  Tertiärzeit  nämlich.« 

In  erster  Linie  sind  daher  die  kontinentalen  zoogeographischen 
Regionen  durch  die  in  ihrer  Fauna  vertretenen  Säugetiere  und  Vögel 
gekennzeichnet.  Gewöhnlich  gesellt  man  ihnen  noch  die  Reptilien 
zu,  aber  die  geographische  Verbreitung  dieser  Tierklasse  weicht  doch 
schon  wesentlich  von  derjenigen  jener  beiden  höheren  ab,  was  nicht 
verwunderlich  ist,  wenn  man  im  Auge  behält,  daß  Reptilien  in  einer 
weit  früheren  Epoche  als  die  sogenannten  warmblütigen  Tiere  auf 
der  Erde  erschienen  waren.  Die  aufsteigeude  Entwicklung  der  Rep¬ 
tilien  war  bereits  in  der  Sekuudärzeit  abgeschlossen  und  wenn  man 
ihrer  geographischen  Verbreitung  Rechnung  tragen  will,  muß  man 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  die  alten  Kontiuente  jener  geologischen 
Epoche  rekonstruieren,  welche  sich  in  ihrem  Umfang,  ihrer  Ver¬ 
teilung  und  Lage  sehr  wesentlich  von  denen  der  Tertiärzeit  unter¬ 
schieden.  Dasselbe  gilt  für  die  Amphibien  und  Süßwasserfische,  deren 
Verteilung  auf  der  Erde  auf  noch  ältere  Zeiten  zurückweist. 

Die  Insekten  und  Weichtiere  endlich  erschienen  in  der  Primär¬ 
zeit  oder  in  der  paläozoischen  Zeit,  d.  h.  damals,  als  die  ersten 
Kontinente  entstanden,  und  was  eben  gesagt  wurde,  hat  für  diese 
niederen  Wesen  eine  noch  weit  höhere  Geltung  als  für  Reptilien 
oder  irgendwelche  Wirbeltiere  des  süßen  Wassers. 

Die  1858  von  Sei  ater  vorgeschlagene  und  1876  fast  unver¬ 
ändert  von  Wallace  übernommene  Einteilung  ist  folgende: 

1.  Die  paläarktische  Region,  welche  Europa,  das  uördliche  Asien 
bis  zur  Centralmasse  des  Himalaja,  und  das  nördliche  Afrika  bis 
zur  Sahara  umfaßt, 

2.  die  äthiopische  Region,  welche  Afrika  südlich  von  der  Sahara, 
Südarabien,  Madagaskar  und  die  Maskarenen  umschließt, 

3.  die  indische  oder  orientalische  Region,  d.  h.  Asien  südlich 
vom  Himalaja  und  die  Sundainseln  (Malayasien)  bis  Celebes  und 
Lombock  ausschließlich, 

4.  die  australische  Region,  bestehend  aus  Australien  und  allen 
Inseln  im  Südosten  vou  Malayasien  vou  Celebes  und  Lombock  an 


85 


bis  und  mit  Neuseeland,  sowie  die  im  stillen  Oeean  zerstreute  Insel¬ 
welt  (Polynesien), 

5.  die  neotropische  Region,  welche  den  ganzen  südlichen  ameri¬ 
kanischen  Kontinent  von  der  Nordgrenze  Mexikos  bis  zum  Kap 
Horn  umfaßt, 

6.  die  neoarktische  Region,  die  aus  Nordamerika  bis  zu  den 
Wüstenbezirken  im  Norden  von  Mexiko  besteht. 

Trouessart  hat  diesen  Regionen  uoch  zwei  weitere,  die 
arktische  oder  die  Region  des  Nordpols  und  die  anarktische  oder  die 
Region  des  Südpols  hinzugefügt. 

Selbstverständlich  sind  nun  diese  Regionen  bezüglich  ihrer  Fauna 
nicht  so  von  einander  geschieden,  daß  Arten,  die  der  einen  Region 
angehören  nicht  auch  gleichzeitig  einer  andern  angehören.  Alle 
Regionen  zeigen  neben  den  Arten,  die  eben  nur  ihnen  eigentümlich 
sind  und  auf  denen  ihre  Scheidung  beruht,  mannigfache  Überein¬ 
stimmungen,  ja  es  gibt  eine  ganze  Anzahl  von  Familien,  Gattungen 
und  Arten  unter  den  Tieren,  die  über  die  ganze  Erde  verbreitet, 
also  kosmopolitisch  sind.  Diese  kurz  zusammenzufassen  soll  im 
folgenden  unsere  Aufgabe  sein.  Zu  Grunde  gelegt  sind  dieser 
Zusammenstellung  hauptsächlich  die  Werke  von  Wallace  und 
Trouessart. 

Die  Bewegungsmittel,  welche  den  Tieren  zur  Verfügung  stehen, 
haben  auf  ihre  geographische  Verbreitung  nachweislich  einen  ganz 
besondern  Einfluß  gehabt.  Die  sogenannten  kosmopolitischen  Arten 
sind  ohne  Ausnahmen  Vögel,  Fledermäuse  oder  Insekten,  d.  h.  also 
Tiere  mit  Flügeln  ausgestattet,  tüchtig  genug,  um  ihnen  das  Über¬ 
fliegen  der  Meere  zu  gestatten,  oder  aber  es  sind  schwimmende  Tiere, 
für  welche  nahezu  dasselbe  gilt.  Ausschließliche  Landtiere  hingegen, 
wie  z.  B.  die  meisten  Säugetiere  und  die  Reptilien,  können  nur  im 
Gefolge  des  Menschen,  mit  Hülfe  seiner  Fahrzeuge  von  einem  Kon¬ 
tinent  zum  andern  gelangen,  somit  also  auch  nur  durch  diesen,  oft 
allerdings  gegen  seinen  Willen,  eine  universelle  Verbreitung  erlangen. 

Unter  den  Säugetieren  besitzen  nur  die  Fledermäuse  Flügel,  die 
zwar  ganz  anders  gebaut  sind  als  die  der  Vögel,  sie  aber  dennoch 
befähigt  haben,  wenigstens  in  einer  Familie,  der  Vespertilionidae, 
eine  kosmopolitische  Verbreitung  zu  erlangen. 

Unter  den  Seesäugetieren  ist  die  Familie  der  Delphinidae  mit 
den  Gattungen  Delphinus ,  Clymenia,  Electra  und  Globicephalus 
kosmopolitisch. 


86 


Mit  Hülfe  des  Menschen  haben  zunächst  die  Haussäugetiere, 
also  Pferd,  Rind,  Schaf,  Ziege,  Hund  und  Katze  eine  universelle 
Verbreitung  erlangt,  ja  sie  sind  sogar  da,  wo  sie  eingeführt  sind, 
zum  Teil  wieder  verwildert.  So  stammen  z.  B.  die  unzählbaren 
Pferdeherden,  die  sich  im  Süden  des  Rio  de  la  PI  ata  umhertreiben, 
von  denjenigen  Pferden  ab,  die  beim  Verlassen  der  Stadt  Buenos 
Aires,  nach  1535,  sich  selbst  überlassen  blieben.  Als  im  Jahre  1580 
dieselbe  Stadt  wieder  in  Besitz  genommen  wurde,  fand  man  bereits 
eine  Menge  verwilderter  Pferde,  Nachkommen  der  wenigen  ausge¬ 
setzten,  als  Wildlinge  vor. 

Bezüglich  der  Rinder  gilt  ähnliches.  Um  das  Jahr  1540  ver¬ 
pflanzte  man  Stiere  aus  Spanien  nach  den  südlichen  Läudern  Ameri¬ 
kas.  Sie  fanden  auch  hier  das  Klima  der  Neuen  Welt  für  ihr 
Gedeihen  so  ersprießlich,  daß  sie  in  kurzer  Zeit  von  dem  Menschen, 
welcher  sie  ohnehin  nur  lässig  bewachte,  sich  gänzlich  befreiten. 
Ein  Jahrhundert  später  bevölkerten  sie  bereits  in  solch  ungeheurer 
Zahl  die  Pampas,  daß  man  bei  den  Jagden,  welche  auf  sie  angestellt 
wurdeu,  gerade  so  verfuhr,  wie  später  im  Norden  mit  den  Bisons, 
indem  man  sie  einzig  und  allein  deshalb  erlegte,  um  ihre  Haut  zu 
benutzen. 

Verwilderte  Rinder  sollen  sich  ferner  auf  den  Galapagos-Inseln, 
den  Philippinen,  den  Sandwichsiuseln,  auf  Celebes,  in  Australien, 
Neuseeland  und  in  den  hochgelegenen  Gegenden  Innerasiens  finden. 

Uber  die  Verbreitung  der  Katze  ist  nach  Brelim  folgendes 
bekannt :  Gegenwärtig  findet  sich  die  Katze  mit  Ausnahme  des 
höchsten  Nordens,  und  laut  Tscliudi,  des  höchsten  Gürtels  der 
Audes  fast  in  allen  erschlossenen  Ländern,  in  denen  der  Mensch 
feste  Wohnsitze  hat.  In  Europa  trifft  man  sie  überall;  in  Amerika 
wurde  sie  schon  bald  nach  Entdeckung  dieses  Erdteils  verbreitet. 
Auch  in  Asien  und  Australien  ist  sie  ziemlich  häufig,  weniger  jedoch 
in  Afrika,  zumal  im  Innern  des  Erdteils.  Je  höher  ein  Volk  steht, 
je  bestimmter  es  sich  seßhaft  gemacht  hat,  um  so  verbreiteter  ist 
die  Katze.  In  Europa  wird  sie  von  Deutschen,  Engländern  und 
Franzosen  am  meisten  geschätzt  und  gepflegt;  in  ganz  Indien,  China 
und  Japan,  auch  auf  Java,  gehört  sie  zu  den  gewöhnlichen  Haus¬ 
tieren.  In  Ägypten  genießt  sie  als  Lieblingstier  des  Propheten  große 
Achtung,  nimmt  teil  an  Aufzügen,  wird  in  Kairo  auch  öffentlich 
verpflegt,  da  Vermächtnisse  bestehen,  deren  Zinsen  man  zu  ihrer 
Fütterung  verwendet;  in  Südamerika  verkümmert  sie,  laut  Hensel, 
hier  und  da,  gedeiht  aber  in  Städten,  wo  es,  wie  in  Frankreich, 


87 


Sitte  ist,  sie  in  den  Läden  als  Feind  der  Ratten  oder  zum  Staate 
zu  halten,  vortrefflich;  auf  Neuseeland  ist  sie  verwildert.  Wo  man 
sie  in  ihrem  wahren  Werte  erkannt  hat,  verbreitet  man  sie  mehr 
und  mehr. 

Gegen  den  Willen  des  Menschen,  aber  dennoch  durch  ihn,  hat 
die  Familie  der  Muridae  eine  universelle  Verbreitung  erhalteu.  Die 
ersteu  Omnivoren  Mäuse  und  Ratten  haben  ihr  Verbreituugscentrum 
in  der  orientalischen  Region,  am  Fuß  des  Himalajagebirges,  und  von 
hier  aus  haben  sie  nach  und  nach  die  ganze  Alte  Welt  überschwemmt, 
sogar  sich  Australien  erobert.  In  Amerika  erschienen  unsere  be¬ 
kannten  drei,  an  das  Haus  und  den  Haushalt  gebundenen  Arten, 
die  Hausmaus,  die  Haus-  und  die  Wanderratte,  erst  nach  Entdeckung 
dieses  Erdteils  durch  Colurnbus. 

Erst  Pallas  beschreibt  nach  Brehm  die  Wanderratte  mit 
Sicherheit  als  europäisches  Tier  und  berichtet,  daß  sie  im  Herbste 
1727  nach  einem  Erdbeben  in  großen  Massen  aus  den  kaspischen 
Ländern  in  Europa  eingerückt  sei.  In  Turkmenien  war  sie,  laut 
A.  Walter,  nicht  heimisch  und  fehlte  im  vorigen  Jahrzehnte  noch 
in  Arkabad  und  Merwr,  wohin  sie  nun  wohl  die  russische  Bahn  ver¬ 
schleppt  haben  wird.  Damals  setzte  sie  bei  Astrachan  in  großen 
Haufen  über  die  Wolga  und  verbreitete  sich  von  hier  rasch  nach 
Westen  hin.  Fast  zu  derselben  Zeit,  im  Jahre  1732  nämlich,  wurde 
sie  auf  Schiffen  von  Ostindien  nach  England  verschleppt,  und  nun¬ 
mehr  begann  sie  auch  von  hier  aus  ihre  Weltwauderuug.  In  Ost- 
preussen  erschien  sie  im  Jahre  1750,  in  Paris  1753,  in  Deutschland 
war  sie  schon  1780  überall  häufig;  in  der  Schweiz  kennt  man  sie 
erst  seit  dem  Jahre  1809  und  in  Dänemark  ungefähr  seit  der  näm¬ 
lichen  Zeit  als  einheimisches  Tier.  Im  Jahre  1755  wurde  sie  nach 
Nordamerika  verschleppt  und  erlangte  hier  ebenfalls  in  kürzester 
Zeit  eine  unglaublich  große  Verbreitung,  doch  war  sie  im  Jahre 
1825  noch  nicht  weit  über  Kingston  hinaus  in  Oberkanada  vorge¬ 
drungen,  und  im  vorigen  Jahrzehnt  hatte  sie  den  oberen  Missouri 
noch  nicht  erreicht.  So  viel  aber  steht  fest,  daß  sie  gegenwärtig 
auch  über  alle  Teile  des  großen  Weltmeeres  verbreitet  und  selbst 
auf  den  ödesten  und  einsamsten  Inseln  zu  finden  ist.  Größer  und 
stärker  als  die  Hausratte,  bemächtigt  sie  sich  überall  der  Orte,  wo 
diese  früher  ruhig  lebte,  und  nimmt  in  demselben  Grade  zu,  wie 
jene  abnimmt.  (Fortsetzung  folgt.) 


88 


Jahresbericht  über  den  zoologischen  Garten  in  Hamburg  1892. 


Dem  vom  Vorstandederzoologischen  Gesellschaftin  Hamburg, 
Herrn  Dir.  Dr.  Heinrich  Bolau,  erstatteten  31.  Jahresbericht  entnehmen 
wir  die  folgenden  Angaben. 


Der  Tier  bestand  war  Ende  1892  der  folgende: 


43  Affen,  Primates  L . in 

5  Flattertiere,  Chiroptera  Blbch . » 

2  Insektenfresser,  Insectivora  Cuv . » 

41  Nagetiere,  Rodentia  Vicq.  d’Az . » 

35  Halbaffen,  Prosimii  111.  . . » 

107  Raubtiere,  Carnivora  Cuv . » 

2  Robben,  Pinnipedia  111 . » 

3  Rüssel  tiere,  Proboscidea  111 . » 

137  Paarzeher,  Artiodactyla  Ow . » 

6  Unpaarzeher,  Perissodactyla  Ow . » 

6  Zahnarme,  Bruta  L . » 

15  Beuteltiere,  Marsupialia  111 . » 


20  Arten, 
1  * 

1  » 

20  » 

13  » 

56  » 

1  * 

2  » 

46  * 

4  * 

4  » 

8  » 


402  Säugetiere 


in  176  Arten. 


150  Papageien,  Psittaci  Sund . 

5  Kuckucksvögel,  Coccygomorphae  Huxl. 
331  Singvögel,  Passeres  Nitsch . 

85  Raubvögel,  Raptatores  111.  .  .  . 

39  Tauben,  Gyrantes  Bp . 

86  Hühnervögel  Rasores  111 . 

7  Laufvögel,  Brevipennes  Dum.  .  . 

59  Watvögel,  Grallae  Bp . 

30  Storchvögel,  Ciconiae  Bp . 

574  Enten vögel,  Lamellirostres  Cuv. 

5  Ruderfüßler,  Steganopodes  111.  .  . 

15  Langflügler,  Longipennes  Cuv.  .  . 

2  Taucher,  Urinatores  Cuv.  .  .  . 


in 

54  Arten 

5 

» 

» 

128 

» 

52 

18 

35 

CO 

19 

» 

» 

19 

38 

» 

3 

» 

3 

1 

1388  Vögel . in  378  Arten. 

65  Schildkröten,  Cheloniae  Brgn . in  21  Arten, 

20  Krokodile,  Crocodilia  Opp . »  7  » 

20  Schlangen,  Opkidia  Brgn . »  9  » 

31  Eidechsen,  Sauria  Brgn . »  9  » 

46  Amphibien,  Amphibia  aut . »  3  » 

182  Reptilien  und  Amphibien . in  49  Arten. 

Gesamtbestand  an  Säugetieren,  Vögeln,  Reptilien  und  Amphibien  Ende 
1892  demnach: 

1972  Tiere . in  603  Arten. 


An  gekauft  wurden  im  verflossenen  Jahre  109  Säugetiere,  333  Vögel 
und  26  Reptilien  im  Werte  von  zusammen  M.  31,120.18. 


89 


An  Geschenken  gingen  ein:  151  Säugetiere,  217  Vögel  und  99  Rep¬ 
tilien  und  Amphibien,  nach  mäßiger  Schätzung  im  Werte  von  M.  11,280,60. 

Als  von  besonderem  Interesse  unter  den  angekommenen  Tieren  sind 
hervorzuheben:  2  Chimpansen,  Troglodytes  niger  Gffr.,  2  Klammeraffen, 
Ateles  vellerosus  Gr.,  1  weißes  Grauhörnchen,  Sciurus  cinereus  L.  var.  alba, 

1  Paar  Pampashasen,  Dolichotis  patagonica  Schw.,  1  weiße  Biberratte,  Myopo - 
tamus  coypus  Mol.  var.  alba ,  1  mänul.  Löwe,  Felis  leo  L.,  1  männl.  Tiger, 
F.  tigris  L.,  1  Schilfkatze,  F.  passerum  Sch,  1  Madagaskar-Zibethkatze,  Viver- 
ricula  schlegeli  Poll.,  1  Paar  rote  Pinselohrschweine,  Potamochoerus  pennicillatus 
Schnz.,  2  Paar  Sumpfantilopen,  Tragelaphus  gratus  Sei.,  2  Gemsbüffel,  Anoa 
depressicornis  H.  Sm.,  1  Paar  weiße  Kerabaubüffel,  Bubalus  kerabau  Müll.,  var. 
alba,  1  männl.  Tharziege,  Capra  jemlaica  Hdgs.,  2  Pampashirsche,  Cervus 
campestris  F.  Cuv.,  1  Paar  Dromedare,  Camelus  dromedarius  L.,  1  weibl. 
Schabrackentapir,  Tapirus  indicus  Desm.,  1  großer  Ameisenbär,  Myrmecopliaga 
jubata  L.,  1  Paar  Rotkängurus,  Macropus  rufas  Desm.,  —  1  Hornrabe,  Tme- 
toceros  abyssinicus  Gm.,  2  Schwarzflügel stare,  Graculipica  melanoptera  Daud., 
1  Schopfadler,  Spizaetus  occipitalis  Daud.,  1  Grönlandsfalk,  Falco  candicans 
Gm.,  1  Kupferfasan,  Phasianus  soemmerringi  Tem.,  var.  scintillans.,  —  1  Elefan¬ 
tenschildkröte,  Testudo  nigrita  D.  B.,  2  Sumpfriesenschlangeu,  Pelophilus 
madagascariensis  D.  B. 

Ein  umfangreiches  Verzeichnis  aller  Geschenke,  sowie  ein  solches  der  im 
verflossenen  Jahre  zum  erstenmal  im  Garten  ausgestellten  Tierarten  ist  dem 
Berichte  angehängt.  Im  Anhang  finden  wir  außerdem  in  Anlaß  des  80 
jährigen  Bestehens  des  Hamburger  Gartens  in  diesem  Jahre  zum  ersten¬ 
mal  eine  Aufzählung  aller  Tiere,  die  seit  vielen  Jahren,  zum  Teil  seit  Eröffnung 
des  Gartens,  dessen  Sammlungen  angehören,  und  ferner  eine  Liste  allersehr 
seltenen  Tiere,  die  augenblicklich  im  Garten  leben. 

Geboren  wurden  78  Säugetiere  und  350  Vögel  im  Werte  von  M.  4606. — , 
darunter  6  Löwen,  5  Silberlöwen,  2  Jaguare,  1  Elen-Antilope,  1  Nylgau-Anti- 
lope,  1  Kaffernbüffel,  1  Wapiti,  verschiedene  andere  Wiederkäuer  und  3 
Riesenkängurus. 

Durch  Verkauf  von  56  Säugetieren,  358  Vögeln  und  28  Reptilien  wurden 
M.  14  661.31  eingenommen,  darunter  M.  7  567. —  für  im  Garten  gezogene  Tiere 

Die  Tierverluste  beliefen  sich  auf  M.  15  039.65  gegen  M.  14  504.10  im 
Vorjahre  und  M.  10  861.85  im  Jahre  1890.  An  wertvolleren  Tieren  starben: 
ein  erwachsener  männlicher  Drill,  ein  Seelöwe,  der  4  Jahre  5  Monate  26  Tage 
im  Garten  lebte,  eine  Säbelantilope,  ein  Kaffernbüffel,  16  Jahr  7  Monate 
4  Tage,  ein  männlicher  Wapitihirsch,  15  Jahre  2  Monate  14  Tage,  die  letzte 
Giraffe  22  Jahre  5  Monate  13  Tage  im  Garten,  ein  Graukänguru,  ein  männ¬ 
licher  afrikanischer  Strauß  und  ein  Orangehals-Kasuar. 

Durch  den  Verkauf  von  toten  Tieren,  Geweihen  und  Eiern  wurden 
M.  588.45  gelöst,  im  übrigen  aber  dem  Naturhistorischen  Museum  und  öffent¬ 
lichen  Lehranstalten  in  üblicher  Weise  passende  Stücke  unentgeltlich  überlassen. 

Der  Tierbestand  des  Aquariums  war  Ende  1892  der  folgende: 

213  Fische . in  26  Arten, 

31  Weich-  und  Gliedertiere . »8  » 

679  Stachelhäuter  und  Hohltiere  ...»  10  » 


zus.  923  Tiere 


in  44  Arten. 


90 


Für  den  Ankauf  von  Aquarien-  und  Terrarientieren  wurden  M.  1414.96 
verausgabt,  dagegen  durch  Verkauf  derartiger  Tiere  M.  30.50  eingenommen. 

Die  Ausstellung  des  Hamburg-Altonaer  Vereins  für  Geflügelzucht  fand  in 
den  Tagen  vom  2.  bis  5.  Juli  in  üblicher  Weise  statt.  Sie  war  mit  schönen 
Tieren  reichhaltig  beschickt,  wurde  vom  Wetter  begünstigt  und  war  stark 
besucht. 

Eine  im  Anschluß  an  die  Hamburgisclie  Feier  zur  Erinnerung 
an  die  Entdecku ng  Amerikas  für  den  Oktober  des  verflossenen  Jahres  ge¬ 
plante  Ausstellung  sollte  im  Großen  Saale  des  Zoologischen  Gartens  stattfinden. 
Sie  wurde  durch  die  Choleraepidemie  verhindert  und  mußte  leider  gänzlich 
aufgegeben  werden. 

Dagegen  veranstalteten  die  Herren  Götze  &  Hamkens,  Marienthal-Wands¬ 
bek,  vom  17.  bis  20.  November  im  Großen  Saale  eine  Chrysanthemum- 
Ausstellung,  die  erste  in  Hamburg.  Sie  war  gut  besucht  und  fand 
vielseitigen  Beifall. 

Die  Ungunst  der  Verhältnisse  hat  leider  gehindert,  den  Bau  eines  Straußen- 
•  und  Kranichhauses,  der  im  Herbst  begonnen  werden  sollte,  auszuführen.  Sobald 
die  Umstände  es  gestatten,  gedenkt  der  Vorstand  auf  den  Bau  zurückzukommen. 

Die  Betriebseinnahme  des  Jahres  1892  ist  eine  wenig  günstige  ge¬ 
wesen.  Unter  den  schweren  Folgen  der  Choleraepidemie,  die  die  alte 
Hansestadt  heimsuchte,  nahm  der  Besuch  des  Zoologischen  Gartens  in  den 
letzten  Tagen  des  Monats  August  so  rasch  ab,  daß  die  Konzerte  namentlich 
auch  aus  Rücksicht  auf  die  damalige  allgemeine  Stimmung  bereits  am  2.  Sep¬ 
tember  eingestellt  wurden.  Eine  bedeutende  Einbuße  in  der  Einnahme  war 
naturgemäß  die  Folge.  Sie  betrug  in  1892: 

M.  308  882.53 

gegen  »  353  231.44  in  1891, 

mithin  1892  M.  44  848.91  weniger,  als  in  1891. 

Der  Ertrag  des  Dauerkarten  Verkaufs  war  M.  105756,  (4-  M.  12503, 
gegen  1891),  an  Eintrittsgeldern  wurden  eingenommen  M.  143  715.85 
(-f-  M.  31  805.05)  die  Verpachtung  der  Restaurati  on  brachte  M.  48  991.67. 

Die  Betriebsausgabe  betrug: 

in  1892  M.  248  660.52 
gegen  »  256  532.95  in  1891. 

mithin  in  1892  M.  7  872.43  weniger,  als  in  1891. 

Höher  stellten  sich  u.  A.  die  Futter-  und  Verpflegungskosten  um  M.  1668. — 
die  allgemeinen  Unkosten  um  M.  986.86,  wogegen  für  Musik  und  Illumination 
M.  10  501.64  und  für  Annoncen  M.  1  338.98  weniger  verausgabt  wurden. 

Gegen  Zahlung  von  Eintrittsgeld  besuchten  den  Garten: 

in  1892  267361  Erwachsene, 

62  450  Kinder, 

zusammen  329  811  Personen, 

gegen  387  776  »  in  1891, 

mithin  57  965  Personen  weniger,  als  in  1891. 

Davon  an  den  Tagen  mit  ermäßigtem  Eintrittsgeld  (50  Pf.  und  30  Pf. 
die  Person,  Kinder  die  Hälfte), 


91 


in  1892  218  286  Erwachsene, 

58  424  Kinder, 

zusammen  271  710  Personen, 

gegen  309  637  »  in  1891, 

mithin  87  927  Personen  weniger,  als  in  1891. 

Das  Aquarium  besuchten : 

in  1892  28  810  Personeu, 

gegen  37  167  »  in  1891, 

mithin  8  357  Personen  weniger,  als  in  1891. 

Die  besuchtesten  Tage  in  1892  waren: 

Pfingstmontag,  der  6.  Juni,  mit  38  261  Personen, 

Sonntag,  »  3.  Juli,  »  29  476  »  , 

während  sich  am  8.  September  kein  zahlender  Besucher  einstellte. 

Unentgeltlicher  Besuch  wurde  gewährt:  1322  Lehrern  und  44706  Kindern 
hiesiger  Volksschulen,  2041  Zöglingen  mildthätiger  Anstalten,  Seeleuten  u.  s.  w. 
zusammen  48  069  Personen. 

Der  Abrechnung  entnehmen  wir  folgende  Zahlen: 

Gehalte  und  Löhne  der  Beamten  und  Angestellten  M.  67  369.51,  Anzeigen 
M.  4  595.58,  Futter-  und  Verpflegungskosten  M.  48  363. — ,  Heizung  und  Be¬ 
leuchtung  M.  8  223.47,  Baureparaturen  M.  17  516.40,  Unterhaltung  des  Gartens 
M.  19  619.83,  Musik  und  Illuminationen  M.  29  355.62.  Zu  Abschreibungen 
wurden  verwendet  M.  50  968.16  und  aus  dem  Reingewinn  von  M.  8  980.20 
dreizehn  Aktien  im  Werte  von  zus.  M.  8  437.50  ausgelost  und  zurückbezahlt. 
In  der  Bilanz  steht  das  Tierconto  mit  M.  87  653.83,  das  Gebäudeconto  mit 
1  178  388.61,  die  Krankenkasse  der  Angestellten  mit  M.  15  326.09,  der  Peusions- 
fonds  mit  M.  12  397.86. 


Korrespondenzen. 


Santiago,  den  24.  12.  1892. 

Bemerkungen  über  einen  Fisch  in  Chile.  Vor  ein  paar  Jahren 
wurden  Goldkarpfen  in  einem  kleinen  See  bei  Peine,  einem  einige  Meilen  südlich 
von  Santiago  gelegenen  Örtchen  ausgesetzt.  Seit  etwa  zwei  Jahren  fangen  nun 
die  dortigen  Fischer  in  dem  See  einen  ihnen  unbekannt  gewesenen  Fisch,  der 
bald  goldig,  bald  einfach  braungrau  ist,  und  erklärten  sich  die  Thatsache  dadurch, 
daf3  sie  annahmen,  dieser  Fisch  sei  ein  Bastard  zwischen  dem  Goldfisch  und  einer 
Barschart,  die  ich  vor  Jahren  als  Perca  ( Percichthys )  pocha  beschrieben  habe. 
Vor  zwei  Tagen  habe  ich  nun  ein  rotgelbes  und  ein  graubraunes  Exemplar 
bekommen.  Es  ist  eine  merkwürdige  Abart  vom  gewöhnlichem  Goldfisch  ;  der 
Körper  ist  weit  höher,  bei  einer  Länge  des  Körpers  (ohne  den  Schwanz)  von 
19  cm  beträgt  nämlich  die  Höhe  9  cm.  Die  Gestalt  hält  also  die  Mitte  zwischen 
der  der  Karausche  und  der  des  gewöhnlichen  Goldfisches,  der  ja  nach  einigen 
Ichthyologen  eine  bloße  Varietät  der  gemeinen  Karausche  sein  soll. 


N 


92 


Sehr  häufig  ist  in  Chile  hei  diesem  Fisch  der  Rückschlag  von  der  Goldfarbe 
in  die  braune  Normalfarbe,  so  daß  vor  mehreren  Jahren  unsere  Sociedad 
nacional  de  Agricultura  solche  braune  Goldfische  als  Karpfen  verkaufte.  Ich 
habe  einmal  versucht,  einen  Goldfisch  zu  verspeisen  ;  der  Geschmack  war  nicht 
schlecht,  aber  das  Fleisch  so  voller  Gräten,  daß  ich  vom  Genuß  des  halben 
Fisches  schon  mehr  als  befriedigt  war.  Dr.  R.  A.  Ph. 


Würzburg,  den  9.  März  1893. 

Für  die  außerordentliche  Zählebigkeit  der  Aale  spricht  folgende  von 
mir  in  diesem  Winter  gemachte  Beobachtung.  Ein  im  Garten  des  zoologischen 
Instituts  gelegener  kleiner  Teich  erhält  einen  Teil  seines  Zuflusses  aus  einem 
im  Warmhaus  befindlichen  Bassin,  von  wo  ihm  das  Wasser  durch  thönerne 
Halbrinnen  zugeführt  wird.  Da  dieselben  im  Herbste  zum  Teil  durchgebrochen 
waren,  wurden  sie  im  Februar  herausgehoben ;  da  fand  sich  denn  gerade  unter¬ 
halb  der  Bruchstelle  im  grobkörnigen  Kies  unter  der  Rinne  ganz  vergraben  ein 

_  _  < 

junger  Aal.  Derselbe  stammt  von  einer  Partie  im  Frühjahr  1892  in  den  Teich 
gesetzter  Aalbrut  her  und  mußte  sich  im  Lauf  des  Sommers  bereits  diesen 
eigentümlichen  Wohnort  gewählt  haben,  da  seitdem  ein  den  Teich  mit  jener 
Rinne  verbindender  Wassergraben  trocken  liegt.  Das  Tier  hat  nun  in  dem 
vom  Wasser  ständig  durchsickerten  Kiessand  auch  während  der  enormen  Kälte 
dieses  Winters  (bis  — 27°  R.)  sein  Dasein  gefristet,  während  die  im  Teiche 
selbst  befindlichen  Aale  durch  das  Auffrieren  desselben  zu  zwei  Dritteln  zu 
Grunde  gegangen  sind.  Diese  haben  im  Durchschnitt  eine  Länge  von  32  cm 
während  der  unter  der  Rinne  gefundene,  mit  ihnen  gleichaltrige,  nur  11  cm 
mißt  und  sich  auch  durch  seine  ganz  auffallend  blaßgelbliche  durchscheinende 
Färbung  auszeichnet;  außerdem  sind  seine  Brustflossen  nur  sehr  mangelhaft 
entwickelt.  Kathariner. 


Anfangs  voriger  Woche  wurde  in  einem  Garten  auf  der  Haynauer  Vor¬ 
stadt  hier  beim  Reinigen  der  Nistkästen  für  Stare  in  einem  recht  hoch  an 
einer  Birke  angebrachten  Nistkasten  eine  Vogelleiche  von  der  Größe  einer 
Dohle  vorgefunden  und  da  man  die  Species  nicht  bestimmen  konnte,  dem 
zoologischen  Museum  der  Universität  Breslau  geschickt.  Der  Einsender  erhielt 
darauf  folgende  Antwort: 

»Die  dem  zoologischen  Museum  gütigst  zugesendete  Vogelleiche  rührt 
von  einem  griinfüßigen  Wasserhuhn  (Gällinula  chloropus  L.)  her.  Auffallend 
ist,  daß  ein  so  großer  Vogel  überhaupt  in  einen  Starenkasten  gelangen 
konnte,  da  die  Öffnungen  der  Regel  nach  doch  nicht  so  große  sind.  Daß  der 
Vogel  überhaupt  ein  solches  Versteck  aufgesucht:  hat,  ist  wohl  nur  aus  zwei 
Gründen  herzuleiten:  vielleicht  fühlte  er  das  Herannahen  des  Todes,  wobei 
Vögel  gern  Verstecke  aufsuchen  oder  er  ist  vom  Hunger  getrieben,  auf  der 
Suche  nach  Nahrung,  auf  diesen  Kasten  gestoßen  und  hat  vielleicht  Würmer 
oder  Maden  darin  vorgefunden,  wobei  ihm  das  Hineinkriechen  gelungen  ist, 
er  sich  aber  durch  seinen  Körperumfang  den  Rückweg  abgeschnitten  hat  und 
so  verhungert  ist.«  Fr.  Tie  mann.  K.  K. 

»Schlesisches  Pfennigblatt«,  Liegnitz,  16.  März  1893. 


93 


Kleinere  Mitteilungen. 


Zur  K  an  i  n  ch  e  n  pl  age  in  Australien  wird  der  »Köln.  Ztg.«  aus 
Brisbane  vom  20.  Januar  geschrieben:  In  diesen  Tagen  erschien  in  unseren 
Zeitungen  eine  Bekanntmachung  des  »Regierungsaufsehers  der  kaninchensicheren 
Zäune«,  Mr.  A.  Donaldson  daß  trotz  aller  Maßnahmen  die  Zahl  der  Kaninchen 
sich  anhaltend  vermehre.  Neben  der  zeitweise  eintretenden  anhaltenden  Dürre, 
die  mit  verheerenden  Wolkenbrüchen  wechselt,  den  weißen  Ameisen,  den  Beutel¬ 
tieren  sind  eine  unserer  schlimmsten  Landplagen  die  Kaninchen. 

Wenn  ein  einziger  Squatter  in  einem  Monat  64,000  Beuteltiere  getötet  hat, 
so  mag  man  ermessen,  welchen  Schaden  diese  Tiere  anrichten. 

Dieser  Schaden  verschwindet  aber  neben  den  Verwüstungen  durch  die 
Kaninchen.  Als  diese  Nager  von  Europa  her  eingeführt  wurden,  hatte  man 
keine  Ahnung  davon,  was  für  Unheil  durch  sie  entstehen  würde.  Millionen 
und  aber  Millionen  werden  alljährlich  getötet,  eine  eigene  Art  von  Jägern, 
die  »Rabbiters«,  beschäftigt  sich  mit  ihrer  Ausrottung  —  alles  vergebens.  Man 
griff  zu  den  ausgesuchtesten  Mitteln,  suchte  ihnen  das  Trinkwasser  abzusperren 
und  drängte  sie  zu  Becken  voll  vergifteten  Wassers,  wo  sie  in  zahllosen  Mengen 
umkamen;  man  umgab  die  »Runs«  und  »Paddocks«  mit  »kaniuchensicheren« 
Zäunen,  unter  denen  sie  sich  nicht  hindurchwühlen  können,  und  stellte  diese 
viele  Meilen  langen  Zäune  unter  staatliche  Aufsicht  —  der  Kaninchen  wurden 
immer  mehr.  Gar  mancher  der  fleißigen  Landwirte  hat  schon  sein  Heim,  seine 
Pflanzungen  räumen  und  machtlos  den  nimmersatten  Nagern  überlassen  müssen. 
Die  Kolonie  Viktoria  hat  10  bis  12  Millionen  Acker  »Mallee-Scrubs«.  (Der 
Mallee  ist  eine  zwergartige  am  Boden  kriechende  Gummibaumart.  Der  Stamm 
hat  nur  wenige  Zoll  im  Durchmesser  und  ist  von  geringer  Höhe;  die  Wurzel 
hat  Peitschenform  und  ist  von  außerordentlicher  Härte.)  Diese  Gebüsche  sind 
fast  undurchdringlich  und  von  Kaninchen  dicht  bevölkert.  Hier  halfen  sich 
die  Rabbiter  dadurch,  daß  sie  mit  langen  Ochsenzügen  den  Mallee  niederrollten 
und  dann,  wenn  er  vertrocknet  war,  verbrannten.  Das  alles  aber  hat  die 
Landplage  nicht  auszurotten  vermocht,  hauptsächlich  deshalb  nicht,  weil  bisher 
weder  unter  den  Ansiedlern  noch  unter  den  einzelnen  Kolonien  ein  Einvernehmen 
über  die  zu  ergreifenden  Maßnahmen  zu  erzielen  gewesen  ist. 

Neue  Tiere  im  Frankfurter  zoologischen  Garten.  Unter  den 
Erwerbungen  im  Monat  März  sind  in  erster  Linie  drei  Wasserböcke  (Cobus 
unctuosus)  zu  nennen,  prächtige  Tiere,  von  denen  namentlich  das  Männ¬ 
chen  ein  überaus  stattliches  Aussehen  hat.  Einen  neuen  Ehegatten  erhielt  die 
verwitwete  Nilgau-Kuh;  es  ist  ein  sehr  kräftiger  Bursche  von  auffallend 
dunkler,  schwarzbrauner  Färbung.  Hoffentlich  werden  sich  beide  Antilopenarten 
durch  recht  zahlreiche  Nachkommenschaft  dankbar  erweisen.  Der  Bestand 
großer  Katzen  erhielt  einen  wertvollen  Zuwachs  durch  ein  Paar  Leoparden 
{Felis  pardus);  die  jetzt  sehr  artenreiche  Sammlung  von  Wildhunden  wurde 
durch  einen  Azaras- Fuchs  ( Canis  azarae)  und  einen  Dingo  ( Canis  dingo ) 
vermehrt.  Die  letztere  Hundeart  wurde  bekanntlich  früher  für  einen  verwil¬ 
derten  Haushund  gehalten.  Nach  Nehrings  und  Mac  Coys  neuesten  Unter¬ 
suchungen  ist  es  jedoch  wahrscheinlich,  daß  der  Dingo  ein  echter  Wildhund  ist. 
Das  hiesige  Exemplar  scheint  ziemlich  gutmütiger  Natur  zu  sein.  Ferner  sind  als 


neu  zu  nennen:  zwei  Beutelratten  (Didelphys  cizarae),  ein  juuger  Reh  bock 
(Capreolus  capreolus),  eine  Zebramanguste  (Herpestes  fasciatus )  und  ein 
Mungo  (Herpestes  mungo),  der  sich  von  den  typischen  Exemplaren,  wie  sie 
früher  vorhanden  waren,  durch  dunklere  Färbung  mit  roströtlichem  Anflug 
unterscheidet.  Von  Vögeln  wurden  u.  a.  eine  Alpenlerche  (Otocorys  dlpestris ) 
und  vier  weitere  Hakengimpel  (Pinicola  enucleator)  angeschafft. 

Nachträglich  fügen  wir  noch  folgendes  bei.  Dem  großen  Man  drill  ( Cyno - 
cephalus  morrnon)  wurde  eine  Gemahlin  beigesellt;  eines  der  beiden  Nandu- 
Männclien  ( Bhea  rhea )  wurde  gegen  ein  Weibchen  vertauscht.  Besonders 
bemerkenswert  ist  noch  ein  angeblich  wild  gefangener  Bastard  von  Stieglitz 
und  Grünling,  mit  dem  Schnabel  und  der  Gestalt  des  Stieglitzes  und  der  Fär¬ 
bung  des  Grünlings.  Ferner  erhielt  der  Garten  einen  Bastard  von  Steinbock 
und  Hausziege,  8  Makaken  (Macacus cynomolgus),  2  Steinmarder  (Mustela 
foind) ,  ein  Sporenammer  ( Calcarius  lapponicus) ,  1  Bläßhuhn  ( Fulia  atra), 
sowie  verschiedene  Wildenten,  darunter  Reiherenten  (Fuligula  fuligula). 
—  Geboren  wurden  u.  a.  zwei  Löwen  und  zwei  Nilgau-Antilopen. 

.  Vogelschutz-Insel  bei  Neuseeland.  Das  Vogelleben  der  Insel 
Hauturu  Little  (Barrier)  bei  Neuseeland  schildert  Mr.  H.  Wright  in  einem  an 
das  Government  in  Wellington  am  17.  Oktober  1892  erstatteten  Bericht.  Das 
kleine  Eiland  beherbergt  noch  die  Vertreter  der  neuseeländischen  Fauna  in 
einer  Mannigfaltigkeit,  wie  sie  sonst  nicht  mehr  angetroffen  werden.  Der  Referent 
zählt  40  Arten  als  Bewohner  der  Insel  auf,  darunter  die  dem  Aussterben  nahe 
Pogonornis  cincta.  Auch  der  große  dunkle  Kiwi,  Apteryx  bulleri  (Vergl.  »Zoolog. 
Garten«  Jahrgang  1892  Seite  193  ff.)  wird  4ort  gmgetroffen,  leidet  jedoch  unter 
der  Nachstellung  zahlreicher  verwilderter  Katzen.  Das  Government  von  Neu¬ 
seeland  beabsichtigt,  die  Insel  zu  erwerben,  um  aus  derselben  eine  Schutzstätte 
zur  Erhaltung  des  wissenschaftlich  so  interessanten  Tier-  und  Pflanzenlebens 
Neuseelands  zu  schaffen.  Ornitholog.  Monatsberichte.  Febr.  1898.  P. 


Litteratur. 


Bilder  ausdemTier-und  Pflanzenreiche.  Für  Schule  und  Haus  bearbei¬ 
tet  von  Dr.  W.  Br  es  1  i  ch  und  Dr.  0.  K  oep  er  t.  I.  Heft.  Säugetiere.  Alten - 
bürg,  Stephan  Geibel.  1893. 

Das  vorliegende  Werk  soll  diese  Lücke  der  im  Gebrauch  befindlichen 
Schulnaturgeschichten  ausfüllen,  und  es  löst  seine  Aufgabe  in  vortrefflicher 
Weise.  Das  soeben  erschienene  206  Seiten  starke  erste  »Heft«  schildert  in 
33  lebendig  geschriebenen  Aufsätzen  die  wichtigsten  Vertreter  der  Säuge¬ 
tiere  hauptsächlich  nach  ihren  Lebenseigentümlichkeiten ,  bespricht  aber 
auch  nebenbei  die  äußeren  und  inneren  Kennzeichen.  Vornehmlich  für 
Lehrer  dürfte  sich  das  Werk  außerordentlich  brauchbar  erweisen,  indem 
es  denselben  reichlichen  Stoff  zu  Besprechungen  und  Erörterungen  bietet.  Aber 
auch  strebsame  Schüler  werden  Nutzen  daraus  ziehen,  dadurch,  daß  sie  das, 


was  der  Lehrer  in  der  Stunde  erzählt  hat,  zu  Hause  nachlesen.  Endlich  wird 
überhaupt  jeder  Naturfreund  Belehrung  aus  dem  Buche  schöpfen  und  manches 
Neue  darin  finden.  Dem  sehr  empfehlenswerten  ersten  Hefte  sollen  drei  weitere 
folgen,  welche  Repräsentanten  der  übrigen  Tierwelt  und  der  Pflanzen  enthalten. 

P. 


Hof'rat  Professor  D  r.  Liebe’s  Ornithologische  Schriften.  Lieferung 
I  und  II,  gesammelt  und  herausgegeben  von  Karl  R.  Hennicke,  Dr.  med., 
Verlag  von  W.  Haiende,  Leipzig. 

Nicht  bloß  die  Pietät  hat  den  Herrn  Herausgeber  veranlaßt,  Liebes  zer¬ 
streut  erschienene  ornithologische  Schriften  zu  sammeln  und  in  Buchform  der 
Öffentlichkeit  zu  übergeben,  sondern  auch  die  richtige  Überzeugung,  daß  diese 
Schriften  wahre  Perlen  der  Forschung  und  Beobachtung  enthalten,  die  weiten 
Kreisen  von  Fachgenossen  und  Freunden  der  Vogelwelt  vor  Augen  gehalten 
zu  werden  verdienen.  In  dem  Verfasser  tritt  uns  überall  ein  Mann  entgegen 
der  mit  Sorgfalt  und  Berufsernst  sachlich  abwägt,  der  erst  seiner  Sache  gewiß 
sein  will,  ehe  er  sein  Urteil  abgiebt.  Sein  Urteil  zu  bilden  und  demselben 
überzeugende  Kraft  zu  verleihen,  steht  ihm  eine  ganz  vorzügliche  Beobach¬ 
tungsgabe  zu  Gebote  und  ein  kritisches  Sichtungsvermögen,  welches,  ähnlich  dem 
divinatorischen  Dichter,  schon  instinktiv  das  Wahre  trifft.  Freilich  wäre  dies 
nicht  möglich  ohne  tiefe  und  weitgehende  Kenntnis  des  Lebens,  der  Eigen¬ 
tümlichkeiten,  Bedürfnisse  und  Ernährungsweisen  der  Vögel,  sowie  des  Ver- 
hältnises  zum  Haushalte  der  Natur,  in  welchem  sich  dieselben  als  nützliche 
ocler  schadenbringenjfle  Individuen  darstellen.  Die  in  Fülle  vorhandenen  Bewpise 
feinster  Kenntnis  selbst  des  geheimen  Treibens  der  befiederten  Wesen,  setzt 
Umgang  mit  ihnen  von  jeher,  einige  Beziehungen  und  unmittelbare  Anschauung 
voraus,  stets  begleitet  von  dem  regen  Forschertrieb  und  der  unverkennbaren 
Absicht,  den  liebenswürdigen  Geschöpfen  die  Bedingungen  schaffen  zu  helfen, 
unter  denen  sie  sich  wohl  fühlen  und  gedeihlich  mehren  können.  Mit  einer 
sinnigen  Verehrung  der  Natur  und  gefühlvollen  Empfänglichkeit  für  ihre  Ein¬ 
drücke  der  Schönheit  und  Zweckmäßigkeit  verbindet  sich  der  leitende  Verstand, 
welcher  nach  den  verschiedenen  Seiten  hin  die  Eingriffe  der  Kultur-  und 
Wissenschaft  in  das  rechte  Licht  setzt,  und  jeder  einseitigen  und  von  Vorurteilen 
eingegebenen  Behauptung  wehrt.  Die  Schriften  sind  durchweg  so  gehalten, 
daß  die  Herzenswärme  die  Gründlichkeit  und  den  reellen  Wert  der  Arbeit 
nicht  beeinträchtigt,  sie  sind  praktisch  verwendbar  und  zielbewußt. 

Mag  der  Herr  Verfasser  reden  von  den  künstlichen  Brutstätten,  er  stellt  sich 
als  der  Erfahrene  dar,  der  das  grundlegende  Wort  spricht:  »Die  Vögel  müssen 
sich  erst  an  dieselben  gewöhnen,  und  es  muß  diese  Gewohnheit  eine  erbliche 
werden.«  Mag  er  von  den  Eisenbahnen  und  Telegraphendrähten  eine  Abhandlung 
schreiben,  er  klagt  nicht  den  Lärm  der  Kultur  an  als  Verscheucherin  der  Vögel; 
wohl  aber  konstatiert  er  Massenmorde  durch  die  Drähte  in  Citaten  aus  seinen 
reichen  Notizen;  praktische  Winke  giebt  er  über  Bepflanzung  der  Eisenbahn¬ 
dämme  zum  Anlocken  der  Nahrung  suchenden  Samenfresser.  Die  Feinde  der 
nützlichen  und  nützlichsten  unserer  Insektenfresser  erkennt  er  nicht  bloß 
in  Häher,  Krähe,  Würger,  Sperber,  Katze,  Wiesel,  Mäusen,  etc.,  sondern  auch 
vielfach  in  der  Art  der  Wald-  und  Feldbewirtschaftung,  wie  iu  dem  Juni-  und 


96 


Julisclinitt  der  Hecken.  Die  Einflüsse  der  Kultur  sind  richtig  abgewogen. 
Greifen  wir  nur  folgende  Sätze  heraus:  »Sie  häuft  gewisse  Pflanzenarten  auf 
räumlich  beschränkten  Flächen  an  mit  möglichster  Ausschließung  alles  Zwischen¬ 
bestandes  und  fördert  deren  Wachstum  auf  jede  mögliche  Weise.  So  bietet 
sie  den  Insekten,  die  von  den  betreffenden  Pflanzenarten  leben,  nicht  bloß 
große  Quantitäten  beisammen,  welche  sie  von  weit  und  breit  zusammenlocken, 
sondern  sie  macht  auch  eben  durch  die  gute  Pflege,  die  ein  rascheres  und 
geileres  Wachstum  bezweckt,  die  Pflanzenteile  selbst  für  die  große  Mehrzahl 
der  kleinen  Feinde  schmackhafter  und  anlockender,  zarter  und  bekömmlicher. 
Auf  der  anderen  Seite  aber  hält  die  Kultur  die  natürlichen  Feinde  der  Insekten 
direkt  oder  indirekt  ab  und  begünstigt  auch  so  wider  Absicht  den  Insektenfraß.« 

»Die  Natur  hilft  sich  bei  Insekteniiberhandnahme  durch  Witterungsein¬ 
flüsse,  Pilzkrankheiten,  Vermehrung  der  Schlupfwespen  selbst,  leider  aber  erst 
wenn  der  Schaden  schon  gewaltige  Dimensionen  angenommen  hat.«  — 

Sehr  richtig,  und  so  ist’s  ja  auch  bei  der  Mäusekalamität,  wo  Witterung 
und  Seuche  dem  Fortschritt  der  Verheerung  oft  plötzlich  Stillstand  gebietet. 

Es  ist  nicht  nötig,  in  Einzelheiten  bei  dem  auf  wenigen  Bogen  schon 
reichhaltig  sich  zusammendrängenden  kostbaren  Material  tiefer  einzugehen. 
Wollten  wir  dies,  dann  müßten  wir  sehr  umfangreichen  Raum  für  unsere 
Kritik  in  Anspruch  nehmen.  Es  genüge,  wenn  wir  zum  Schluß  sagen:  es  ist 
in  der  That  ein  glücklicher  Griff,  den  der  dankbare  Herausgeber  dem  Autor 
und  allen  Forschern,  Beobachtern  und  Freunden  der  Vogelwelt  gegenüber 
getha.n  hat. 

Wir  freuen  uns  darüber  von  ganzem  Herzen,  und  wünschen  dem  schönen 
Unternehmen  den  besten,  wohlverdienten  Erfolg. 

Die  Brüder  Adolf  und  Karl  Müller. 


Eingegangene  Beiträge. 

M.  Iv.  in  Luxemburg.  Mit  dem  Tausch  einverstanden.  —  Dr.  O.  Kr.  in  C.  Besten 
Dank.  —  Dr.  H.  in  D.  Ihrem  Wunsche  sofort  entsprochen.  Prof.  Dr.  N.  in  B.  Erhalten. 
—  Dr.  med.  H.  Sep.-Abz.  notirt.  —  Ed.  R.  in  D.  —  Prof.  D.  R.  Bl.  in  Br.  Wird  dankend 
verwertliet. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Bilder  aus  dem  Tier-  und  Pflanzenreiche.  Von  Oberlehrer  Dr.  W.  Breslich  und 
Oberlehrer  Dr.  0.  Koepert.  Heft  1.  Säugetiere.  Altenburg.  Stephan  Geibel.  1893. 

Im  Reiche  des  Geistes.  Von  Professor  K.  Faulmann.  l.  Lieferung.  Wien.  A. 
Hartlebens  Verlag. 

Fauna.  Mitteilungen  des  Vereins  Luxemburger  Naturfreunde.  Jahrgang  1893.  Heft  1. 
Bulletin  de  la  Soci6t6  imperiale  des  naturalistes  de  Moscou.  Redact.  Prof.  Dr.  M. 
Menzbier. 

Illustrirte  Zeitung  No.  2598.  Enthaltend  eine  Abbildung  „Mantelpaviane  bei  einem 
Angriff“  (Originalzeichnung  von  Fr.  Specht),  worauf  wir  unsere  Leser  ganz  besonders 
und  empfehlend  aufmerksam  machen. 

Liebe  zur  Tierw'elt.  Nach  dem  Englischen  von  B.  Hoffmann.  Illustrirt  von  Ch.  Votteler. 
Stuttgart.  Felix  Krais. 

Ein  Wort  über  Herrn  Prof.  Karl  Kraepelin  und  s.  neuesten  Beitrag  zur  Bryozoenkunde. 
Von  Dr.  F.  Braem,  Breslau.  Kassel.  Verlag  von  Th.  G.  Fischer  &  Co. 

Vorstehende  Bücher  und  Zeitschriften  können  durch  Mahlau  &  Wal d sch  m  i dt s  Sort.  bezogen  werden. 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlau  &  Waldsclimidt.  Frankfurt  a.  M. 


ÄUvJ  i  O  iÖviö 


(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 


N°.  4.  XXXIV.  Jahrgang.  April  1893. 


I  n  li  all. 

Ein  Beitrag  zur  Anpassungstheorie;  von  Dr.  med.  Carl  R.  Hennicke.  Mit  18  Ab¬ 
bildungen.  —  Die  Trächtigkeitsdauer  des  Dachses;  von  Prof.  Dr.  A.  N  eh  ring  in  Berlin.  — 
Forschungsgänge  durch  Wald  und;  Feld;  von  Staats  von  W acqu  an t-G eoz e  1 1  e s.  — 
Silvertip-  und  Cinnamon-Bär ;  von  ,C.  A.  Purpus,  Delta  Colorado.  Mit  1  Abbildung.  — 
Kosmopolitische  Tiere;  von  Dr.  C.  Müller.  (Fortsetzung.)  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere 
Mitteilungen.  —  Litteratur.  -  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften. 


Ein  Beitrag  zur  Anpassungstheorie. 

Von  Dr.  med.  Carl  R.  Hennicke. 

Mit  18  Abbildungen. 

Es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  daß  die  Lebewesen,  vor  allem 

die  Tiere,  der  Umgebung  und  den  Verhältnissen,  in  denen  sie  leben,  in 
•  • 

ihrem  Äußeren,  wie  in  ihrem  Bau  augepaßt  sind.  Am  bekanntesten 
und  am  häufigsten  behandelt  ist  die  Lehre  von  der  Schutzfärbung. 
Die  Anpassung  erstreckt  sich  aber,  mindestens  in  demselben,  vielleicht 
noch  in  weit  höherem  Grade  auf  den  ganzeu  Bau  eiues  Tieres.  Hier  hat 
sie  teils  einzelue  Glieder  zu  Organen  sich  umbildeu  lassen,  wie  sie  das 
betreffende  Tier  unter  den  Umständen,  unter  denen  es  lebt,  nötig  bat, 
teils  auch  den  ganzen  Körperbau  und  die  ganze  Körperform  so  modifi¬ 
ziert,  wie  es  die  Lebensverbältnisse  der  betreffenden  Tierart  erfordern. 
So  ist  z.  B.  die  Hand  verschiedener  im  tiefen  Walde  lebender  und  da¬ 
durch  auf  das  Klettern  an  Bäumen  angewiesener  Affen,  der  Geschlechter 
Ateles,  Colobus  und  Hylobates,  dadurch,  daß  entweder  kein  Daumen 
vorhanden  ist  oder  mehrere  Finger  mit  einander  verwachsen  sind, 
zu  einem  bloßen  Haken  umgewandelt,  der  ihnen  beim  Klettern  sehr 
zu  statten  kommt,*)  und  die  Hinterfüße  der  Seeottern  und  Biber 

*)  Darwin,  Abstammung  des  Menschen,  deutsch  von  J.  Victor  Carus. 
IV.  Aufl.  Stuttgart  1883.  S.  49. 

Zoolog.  Gart.  Jalirg.  XXXIV.  1893. 


7 


—  98  — 

1 

wesen  ihres  Aufenthaltes  im  Wasser  mit  Schwimmhäuten  versehen. 
Noch  weiter  geht  dieses  bei  den  Robben,  bei  den  Sirenen  und  Walen, 
bei  denen  nicht  nur  die  Extremitäten,  sondern  auch  der  ganze 
übrige  Körper  in  Form  und  Bau  für  das  Leben  im  Wasser  und  das 
Schwimmen  in  demselben  eingerichtet  ist.  Bei  den  beiden  letzteren 
Ordnungen  kommt  zu  allen  Eigenschaften  noch  die  Nacktheit  der 
Haut,  die  ihnen  beim  Gleiten  durch  das  Wasser  sicher  sehr  von 
Vorteil  ist,  da  dadurch  eine  bedeutend  geringere  Reibung  entsteht.*) 

Daß  die  Anpassung  dieser  Seetiere  an  das  Wasser  aber  eiue  noch 
weit  größere  ist,  als  im  allgemeinen  angenommen  wird,  und  sich  auf 
die  verborgensten  Teile  des  Körpers  erstreckt,  das  möchte  ich  aus 
den  nachstehend  raitgeteilten  Thatsachen  schließen. 

Bei  der  kritischen  Durchmusterung  meiner  kleinen  Sammlung 
von  Gehörknöchelchen  von  Säugetieren  fiel  mir  die  un verhältnismäßige 
Größe  uud  Plumpheit  der  Ossicula  der  im  Wasser  lebenden  Tiere 
auf,  zuerst  bei  denen  von  Phoca  vitulina  und  Phocaena  communis. 
Je  näher  ich  mir  die  Knochen  ansah,  um  so  mehr  Eigentümlichkeiten 
gelang  es  mir,  an  ihnen  zu  entdecken,  und  dies  veranlaßte  mich, 
denselben  meine  Aufmerksamkeit  etwas  mehr  zuzulenken. 

Die  Litteratur  über  die  Morphologie  der  Ossicula  auditus  der 
Säugetiere  ist  keine  sehr  umfaugreiche,  dabei  aber  doch  eine  ziem¬ 
lich  erschöpfende.  Außer  einer  im  Jahre  1845  erschienenen  Arbeit 
Hyrtls  über  das  innere  Gehörorgan  der  Menschen  und  der  Säuge¬ 
tiere,  in  der  sich  auch  ein  den  Gehörknöchelchen  gewidmeter  Ab¬ 
schnitt  befindet,  ist  hauptsächlich  eine  längere,  mit  sehr  guten 
Abbildungen  versehene  und  sehr  eingehende  Darstellung  der  Ossicida 
auditus  Dora  ns  zu  erwähnen,  die  1878  in  den  Trausactions  of  the 
Liunean  Society  2.  ser.  vol.  I.  unter  dem  Titel  Morphology  of  the 
Mammaliau  ossicula  auditus  niedergelegt  wurde. 

Schon  die  diesem  Aufsatze  beigefügten  Bilder,  die  zum  Teil  dem 
ebenerwähnten  Werke  entnommen  wurden,  zum  Teil  nach  Originalen 
gezeichnet  sind,  zeigen  auf  den  ersten  Blick  eine  ganz  außerordentliche 
Verschiedenheit  in  Größe  und  Form  zwischen  den  Gehörknöchelchen 
der  auf  dem  Lande  und  denen  der  im  Wasser  lebenden  Tiere. 
'Wenn  wir  die  Größe  gar  nicht  berücksichtigen,  die  ja  ohne  Angabe 
der  Größe  des  ganzen  Tieres  oder  wenigstens  des  Schädels  nicht  viel 
Schlüsse  zuläßt,  sondern  nur  die  Form:  wie  fein  und  in  allen  Einzel¬ 
heiten  ausgearbeitet,  man  möchte  fast  sagen,  elegant,  sind  da  die 
dem  Gehörorgan  des  Menschen,  des  Pferdes,  ja  selbst  noch  dem  des 


*)  1.  c.  S.  54. 


99 


Eisbären  entnommenen  Knochen,  wie  plump,  nach  allen  Richtungen 
abgerundet,  dick  und  unförmlich  dagegen  die  der  Phoca  vitulina ,  der 
Halaenoptera  rostrata  und  der  Halicore  australis. 

Ein  Blick  auf  die  Zeichnungen  sagt  alles  besser,  als  ich  es  hier 
mit  vielen  Worten  auseinandersetzen  könnte.  Bei  sämtlichen  im 
Wasser  lebenden  Tieren  aber  ist  ein  ähnliches  Verhältnis  zu  finden, 
ich  habe  nicht  einige  prägnante  Fälle  herausgegriffen.  Zum  Beweise 
hierfür  führe  ich  nachstehend  einige  Stellen  aus  Dorans  oben  ge¬ 
nanntem  Werke  an,  zumal  das  mir  zu  Gebote  stehende  Material  bei 
weitem  nicht  an  das  hinan  reicht,  über  welches  dieser  Forscher  ver¬ 
fügen  konnte. 

Nach  der  eingehenden  Schilderung  der  Ossicula  auditus  der 
Raubtiere  sagt  er  in  der  Scblußzusammenfassung  folgendes  auf  Seite 
406  und  407. 

»Die  Gehörknöchelchen  der  Fissipedia  unterscheiden  sich  von 
denen  der  Pinnipedia  in  hohem  Maße,  sowohl  in  Bezug  auf  ihren 
Typus,  wie  in  Bezug  auf  ihre  Festigkeit.« 

»Bei  allen  Robben  sind  die  Gehörknöchelchen  von  sehr  kom¬ 
pakter  Beschaffenheit,  und  bei  allen  außer  den  Otariiden  sind  sie  sehr 
groß,  absolut,  wie  relativ.« 

»Bei  den  Otariiden  sind  die  Ossicula  klein.  Der  Incus  zeigt 
den  Typus,  der  bei  den  Bären  vorherrscht,  während  Malleus  und 
Stapes  entschieden  denen  der  übrigen  Robben  entsprechen.«*) 

Ferner  faßt  er  die  Schilderung  der  Gehörknöchelchen  der 
Waltiere  auf  Seite  463  in  folgenden  Worten  zusammen:- 

»Die  Ossicula  dieser  Tiere  unterscheiden  sich  von  denen  der 
übrigen  Säugetiere  mehr  durch  ihre  Plumpheit  als  durch  großen 
Umfang  im  Verhältnis  zum  übrigen  Skelet  und  mehr  durch  äußerste 
Beschränkung  aller  Einzelheiten,  als  durch  die  Festigkeit  ihres  . 

*)  Die  Otariiden  sind  aber  wiederum  diejenigen  Robben,  welche  im  Bau 
ihres  Körpers  resp.  Skelettes  den  Landraubtieren  noch  am  nächsten  stehen. 
Können  sie  sich  doch  auf  dem  Lande  vermöge  der  Entwicklung  ihrer  Füße, 
besonders  der  Hinterfüße,  noch  mit  ziemlich  bedeutender  Schnelligkeit  fortbe¬ 
wegen,  was  den  übrigen  Robben  unmöglich  ist.  Auch  ihr  äußeres  Ohr  ist 
anders  entwickelt  als  das  der  übrigen  Verwandten,  wie  schon  ihre  Namen: 
»Otaria«  und  »Ohrenrobbe«  besagen.  Sie  haben  eine,  wenn  auch  nicht  sehr 
differenzierte,  doch  immerhin  wohl  entwickelte  Ohrmuschel,  die  den  anderen 
Robben  vollständig  fehlt.  Ich  möchte  also  fast  sagen,  daß  sie  im  allgemei¬ 
nen  schon  dem  Leben  im  Wasser  nicht  so  angepaßt  sind,  wie  ihre  Vettern, 
obgleich  sie  sich  in  demselben  mit  derselben  Fertigkeit  bewegen  wie  jene. 

Der  Verfasser. 


—  100  — 


1.  Homo  sapiens,  Mensch.  4.  Phoca  vitulina,  Seehund. 

2.  Emus  caballus,  Pferd.  5.  Balaenoptera rostrata,  Zwergwal. 

3.  Ursus  maritinms,  Eisbär.  6.  Halicore  australts,  Seejungfer. 

a.  Hammer,  b.  Ambos,  c.  Steigbügel. 

3fache  Vergrößerung. 


101 


Baues.  Denn  hinsichtlich  der  Größe  und  des  Umfanges  werden  sie 
übertroffen  von  denen  der  Robben  und  Sirenen  und  hinsichtlich  der 
Festigkeit  von  denen  der  letzteren,  aber  in  der  Einfachheit  ihrer 
Form  von  denen  keines  anderen  Säugetieres«. 

»Die  hauptsächlichen  charakteristischen  Eigenschaften  sind  am 
Hammer:  stets  eine  feste  kuöcherue  Ankylose  mit  dem  Tympanicum 
durch  den  Processus  longus  bei  geringer  Entwicklung  oder  vollstän¬ 
digem  Fehlen  des  Mauubriums ; 

am  Ambos:  Starke  Entwicklung  des  mit  dem  Steigbügel  artiku¬ 
lierenden  Schenkels ; 

am  Steigbügel:  Dicke  der  Schenkel,  Verkleinerung,  ja  sogar 
•• 

Oblitteratiou  der  Öffnung.*)  Der  letztere  Knochen  ist  stets  fest  in 
die  Fenestra  ovalis  eingefügt,  mit  der  er  jedoch  bei  keiner  Species 
konstant  ankylosiert  ist.«  **) 

Zum  Schluß  sagt  er  auf  Seite  469  über  die  Ossicula  der 
Sirenen  : 

»Daß  ihre  dichte  Struktur  und  plumpe  Form,  übereinstimmend 
mit  den  Charakteren  des  ganzen  Skelettes,  sie  auf  den  ersten  Blick 
von  denen  aller  übrigen  Ordnungen  unterscheiden«. 

»Daß  ihre  Modifikationen  viel  mehr  in  ihrer  eigentümlichen 
allgemeinen  Form  liegen  als  in  dem  Fehlen  oder  der  eigenartigen  Ent¬ 
wicklung  irgend  eines  der  Fortsätze,  welche  bei  den  Cetaceeu  so 
auffallend  sind.« 

Nach  Hyrtl***)  zeigt  Halicore  den  in  der  Tierwelt  einzig  da¬ 
stehenden  Fall  von  Verwachsung  des  kurzen  dicken  Fortsatzes  des 
Ambos  mit  dem  Tympanicum.  Die  Verwachsungsstelle  hat  2,3'" 
Durchmesser. 

Über  die  Verwachsuugsstelle  des  Processus  longus  mallei  mit 
der  Paukenhöhlenwand,  die  bei  den  Walen  konstant  ist,  sagt  der 
eben  genannte  Forscher,  daß  dieselbe  so  breit  ist,  daß  an  eine,  wenn 
auch  noch  so  geringe  Beweglichkeit  des  Hammers  nicht  zu  denken 
ist.f)  '  Zudem  liegt  der  Hammer  weit  entfernt  vom  Trommelfell 

*)  Auch  bei  Otaria  stelleri,  Trichechus  rosmarus  und  Macrorhinus  probos- 
cideus  oblitteriert  die  Öffnung  des  Stapes  vollständig.  Der  Verfasser. 

**)  Hyrtl  (1.  c.  Seite  59)  fand  nur  bei  den  Cetaceen  Ankylose  des 
Stapes  mit  dem  ovalen  Fenster  und  zwar  häufig  schon  bei  jungen  Exemplaren. 
Er  erwähnt  besonders :  Narwal,  Beluga  leucas ,  Phocaena  communis ,  JDelphirms 
tursio ,  sowie  Manatus.  Ich  fand  bei  Phocaena  communis,  keine  Ankylose.  ' 

Der  Verfasser. 

***)  1.  c.  Seite  71. 

f)  1.  c.  Seite  67. 


102 


(nach  Hyrtl  *)  bis  1/4  Zoll  hinter  demselben),  und  bat  mit  ihm  nur 

eine  mittelbare  Verbindung  durch  einen  muskulösen,  kegelförmigen 

•  • 

Fortsatz,  so  daß  also  schon  deshalb  eine  direkte  Übertragung  der 
Schallwellen  des  Trommelfells  auf  den  Hammer  nicht  anzunehmen 
ist,  ein  Umstand,  der  Buchanan  wohl  mit  veranlaßt  hat,  als  Zu¬ 
leitungsgang  fiir  die  Schallwellen  zum  Mittelohre  bei  den  Walen  nicht 
den  allerdings  sehr  engen,  gewundenen  äußeren  Gehörgang,  sondern 
die  Tuba  Eustachii  anzunehmen. 

Ich  habe  diesen  Worten  Do r ans  und  Hyrtl s  nichts  beizufügen? 
als  daß  ich  in  den  Fällen,  wo  mir  das  Material  dazu  zu  Gebote 
stand,  bei  meinen  Untersuchungen  dieselben  Verhältnisse  gefunden  habe. 

Zum  Schlüße  der  thatsächlichen  Feststellung  gebe  ich  noch 
eine  Tabelle  über  das  Gewicht  der  Schädel  einiger  Säugetiere  und 
der  daraus  entnommenen  Gehörknöchelchen.  Ich  habe  dieselben 
zusammengestellt  und  ihren  prozentualen  Wert  ausgerechnet.  Noch 
mehr  beweisend  wäre  es  vielleicht  gewesen,  wenn  ich  berechnet  hätte, 
in  welchem  prozentualen  Verhältnisse  die  Ossicula  auditus  zu  dem 
ganzen  Knochengerüste  des  betreffenden  Tieres  standen,  doch  dazu 
fehlte  mir  das  Material. 


Name. 

Gewicht  in  Gramm  des 

Verhältnis 
der  Gehör¬ 
knöchelchen 
zum  Schädel 
in  °/oo. 

Schädels. 

Ham¬ 

mers. 

Ambos. 

Steig¬ 

bügels. 

aller  Gehör¬ 
knöchel¬ 
chen. 

Homo  sapiens  .... 

800 

0,025 

0,025 

0,01 

0,06 

0,075 

Cebus  capucinus.  .  . 

60 

0,002 

0,005 

0,001 

0,008 

0,13 

Equus  caballus  .  .  . 

3650 

0,04 

0,045 

0,015 

0,1 

0,027 

Ovis  aries . 

370 

0,007 

0,006 

0,001 

0,014 

0,038 

Capreolus  capreolus  . 

170 

0,001 

0,0025 

0,0005 

0,004 

0,024 

Ursus  arctos  . 

1520 

0,025 

0,015 

0,02 

0,06 

0,039 

Canis  lupus . 

550 

0,03 

0,015 

0,015 

0,06 

0,109 

Cauis  vulpes . 

100 

0,01 

0,005 

0,002 

0,017 

0,17 

Felis  domestica  .  .  . 

50 

0,009 

0,004 

0,001 

0,014 

0,28 

Lutra  vulgaris .... 

50 

0,005 

0,005 

0,002 

0,012 

0,24 

Phoca  vitulina  .  .  . 

150 

0,05 

0,13 

0,015 

0,195 

1,30 

Phocaena  communis  . 

250 

0,19 

0,085 

0,01 

0,285 

1,14 

Am  prägnantesten  ist  das  Verhältnis  bei  den  Raubtieren.  Bei 
Ursus  arctos  stehen  die  Gehörknöchelchen  zu  dem  Schädel  im  Ver¬ 
hältnis  von  0,039:1000,  bei  Ganis  luptis  von  0,109  zu  1000  und  bei 
Vlioca  vitiäina  von  1,30  zu  1000.  Berücksichtigt  man  hierbei  noch 


*)  1.  c.  Seite  66. 


103 


die  Thatsaehe,  daß  das  relative  Gewicht  der  Gehörknöchelchen  um 
so  größer  wird,  je  kleiner  ein  Tier  ist,  daß  also  von  den  in  dieser 
Tabelle  aufgeführten  Raubtieren  am  ehesten  noch  Canis  lupus  oder 
Canis  vulpes  mit  Phoca  vitulina  zu  vergleichen  wäre,  so  wird 
die  relativ  größere  Schwere  der  Gehörknöchelchen  der  Land-  zu 
denen  der  Seeraübtiere  noch  bedeutend  mehr  in  die  Augen  springend 
und  zeigt  ein  Verhältnis  von  ungefähr  1:10. 

Ich  glaube,  daß  nach  allem  bisher  Mitgeteilten  an  der  That- 
sache,  daß  die  Ossieula  auditus  der  Seesäugetiere  sich  nicht  nur 
durch  ihre  plumpe  Form  und  ihre  relative  und  absolute  Größe, 
sondern  teilweise  auch  durch  ihre  geringere  Beweglichkeit  und  damit 
durch  die  Beschränkung  ihrer  Funktion  ganz  außerordentlich  von 
denen  der  Landsäugetiere  unterscheiden,  wohl  nicht  zu  zweifeln  ist. 

Wie  ist  aber  diese  Verschiedenheit  zu  erklären? 

Um  diese  Frage  beantworten  zu  können,  müssen  wir  uns  zunächst 
die  Anatomie  und  Physiologie  des  Gehörorgans  in  kurzen  Zügen 
noch  einmal  vergegeuwärtigen.  Wir  unterscheiden,  wie  bekannt, 
am  Ohr  ein  äußeres,  mittleres  und  inneres  Ohr.  Die  beiden  ersteren 
bilden  den  schallleitenden,  das  letztere  den  schallempfindenden  Teil. 
Das  äußere  Ohr  (Muschel  und  Gehörgang)  ist  vom  mittleren 
(Trommelhöhle  mit  accessorischen  Bestandteilen)  durch  das  Trommel¬ 
fell,  das  mittlere  vom  inneren  durch  die  beiden  Fenestrae  (rotunda 
und  ovalis)  resp.  die  dieselben  verschließenden  Membran  und  Stapes- 
fußplatte  getrennt.  Zwischen  Trommelfell  und  Fenestra  ovalis  befindet 
sich  die  Kette  der  Gehör-Knöchelchen,  von  denen  das  dritte,  der 
Steigbügel,  wie  eben  gesagt,  mit  seiner  Fußplatte  der  Fenestra  ovalis 
eingefügt  ist.  Das  runde  Fenster  ist,  wie  ebenfalls  schon  ange¬ 
deutet,  nur  durch  eine  dünne  Membran  verschlossen. 

Dadurch  nun,  daß  eine  Schallwelle  auf  das  Trommelfell  trifft, 
wird  dieses  nach  innen  getrieben,  dabei  das  dem  Trommelfell  eingefügte 
Manubrium  des  Hammers  ebenfalls  und  so  das  ganze  System  der  Gehör¬ 
knöchelchen  in  eine  Bewegung  versetzt,  indem  sich  dasselbe  um  eine 
Axe  dreht,  die  beim  Menschen  am  oberen  Rande  des  Trommelfelles  fast 
wagerecht  von  vorn  nach  hinten  läuft.  Durch  diese  Bewegung  der 
ganzen  Kette  der  Gehörknöchelchen  wird  nun  die  Fußplatte  des 
Steigbügels,  die  durch  eine  Membran  mit  der  Wand  des  ovalen 
Fensters  verbunden  ist,  nach  Art  eines  Spritzeustempels  nach  dem 
Labyrinth  zu  hiueingeschoben  oder  herausgezogen.  Dadurch  entsteht 
eine  Bewegung  der  im  Labyrinth  befindlichen  Flüssigkeit,  des  sog. 
Labyrinthwassers,  in  dem  die  auf  den  Hörzellen  befindlichen  Hör- 


104 


haare  flottieren,  die  sich  wieder  auf  die  Nervenendigungen  überträgt. 
Die  Membran,  welche  das  runde  Fenster  verschließt,  wirkt  dabei, 
da  sie  nachgiebig  ist,  gewissermaßen  als  Ventil,  da  sie  ein  Aus¬ 
weichen  der  durch  den  Stapes  verdrängten  Flüssigkeit  ermöglicht. 

Es  gibt  aber  noch  einen  zweiten  Weg,  auf  dem  die  Schall¬ 
wellen  auf  das  Labyrinth wasser  übertragen  werden  können,  und  dies 
sind  die  Kopfknochen.  Die  Kopfknochenleitung  ist  bei  den  auf  dem 
Lande,  also  in  der  Luft,  lebenden  Tieren  ganz  ohne  Bedeutung,  da 
die  Schallwellen,  welche  durch  die  Luft  fortgepflanzt  werden,  nur 
in  höchst  geringem  Grade  direkt  auf  die  Kopfknochen  übertragbar 
sind.  Eine  Übertragung  findet  nur  dann  statt,  wenn  der  feste 
tönende  Körper  direkt  auf  den  Kopf  aufgesetzt  wird.  Dagegen 
spielt  die  Leitung  durch  die  Kopfkuochen  eine  sehr  große  Rolle  bei 
den  im  Wasser  lebenden  Tieren,  da  die  durch  Flüssigkeiten  über¬ 
tragenen  Schallwellen  direkt  auf  die  Kopfknochen  übertragen  werden, 
wenn  der  Kopf  sich  in  der  Flüssigkeit  befindet.  Man  kann  diese 
allbekannte  Thatsache  ja  leicht  selbst  probieren ,  wenn  man  im 
Bade  ist. 

Aber  nicht  nur  die  durch  das  Wasser  fortgepflanzten  Schall¬ 
wellen  sind  es,  welche  das  Trommelfell  der  Wassertiere  treffen, 
sondern  auch  die  Wasserwellen  selbst.  Die  Seetiere  müssen  also 
schon  wegen  der  Dichtigkeit  des  Elementes,  in  dem  sie  leben,  und 
das  viel  größere  Ansprüche  an  die  Widerstandsfähigkeit  der  schall¬ 
leitenden  Organe  stellt,  widerstandsfähigere,  und  damit  plumpere  und 
kompaktere  Gehörknöchelchen  haben,  während  sie  andererseits  durch 
die  Übertragung  der  Schallwellen  durch  das  Wasser  auf  die  Kopf¬ 
knochen  eine  besonders  feine  Ausbildung  der  schallleitenden  Organe 
des  Mittelohres  entbehren  können. 

Bei  den  Robben,  die  beim  Aufenthalt  im  Wasser  den  Kopf 
größtenteils  außerhalb  desselben  trageu  und  nicht  für  läugere  Zeit 
sich  vollständig  unter  Wasser  aufhalten  können,  auch  sonst  sich 
häufig  am  Lande  aufhalten,  also  auch  außerhalb  des  Wassers  in  der 
Lage  sein  müssen,  gut  zu  hören,  wenn  sie  nicht  beim  Kampf  ums 
Dasein  sich  von  vornherein  als  benachteiligt  erweisen  sollen,  ist 
deshalb  das  Gehörorgan  zwar  insofern  dem  Leben  im  Wasser  ange¬ 
paßt,  als  die  Gehörknöchelchen  infolge  ihrer  bedeutend  stärkeren 
Bauart  den  Wellen  dieses  Elementes,  die  eine  größere  Widerstands¬ 
fähigkeit  voraussetzen,  als  die  Wellen  der  Luft,  entsprechen,  aber 
doch  auch  zum  Auffangen  der  durch  die  letztere  fortgepflanzten 
Schallwellen  geeignet  sind,  da  sie  trotz  ihrer  Größe  und  Plumpheit 


105 


doch  in  jedem  ihrer  Teile  noch  beweglich  sind  und  nirgends  eiue 
Ankylose  sich  vorfindet. 

Ganz  anders  aber  liegen  die  Verhältnisse  bei  den  Sirenen  und 
Walen,  von  denen  die  ersteren  nur  höchst  selten  ihren  massigen 
Leib  über  den  Saum  des  Wasserspiegels  herausschieben,  die  letzteren 
jedoch  ausschließlich  auf  das  Leben  im  Wasser  angewiesen  sind  und 
dadurch  auch  nie  in  die  Notwendigkeit  versetzt  werden,  durch  die 
Luft  übertrageue  Geräusche  hören  zu  müssen.  Wie  der  ganze  Körper 
noch  in  viel  höherem  Grade  als  bei  den  Robbeu  dem  Aufenthalt 
im  Wasser  angepaßt  ist,  so  ist  dies  auch  mit  dem  Gehörorgan,  vor 
allem  den  Gehörknöchelchen,  der  Fall.  Da  sie  sich  fast  stets  unter 
Wasser  aufhalten  und,  besonders  die  Waltiere,  nur  an  die  Oberfläche 
kommen,  um  Luft  zu  schöpfen,  kommt  bei  ihnen  hauptsächlich  die 
Kopfkuochenleitung  beim  Hören  von  Geräuschen  in  Betracht  und 
dadurch  wird  die  Zuleitung  durch  den  äußeren  Gehörgang,  das 
Trommelfell  und  die  Gehörknöchelchen  nicht  nur  überflüssig,  sondern 
sogar  störend,  wie  ich  sogleich  beweisen  werde.  Es  ist  eine  Erfahrungs- 
thatsache,  daß  Geräusche  oder  Töne,  durch  die  Kopfkuochen  über¬ 
geleitet,  weit  besser  wahrgenommen  werden,  wenn  die  Bewegungen 
des  Labyrinthwassers,  welche  durch  die  Kopf knochenleitung  hervor¬ 
gerufen  werden,  sich  nicht  durch  die  Gehörknöchelchen  auf  das 
Trommelfell  und  von  diesem  auf  die  im  Gehörgang  beflndliche  Luft 
fortpflauzen  können,  mit  anderen  Worten,  wenn  ein  Schallabfluß  nicht 
stattfindeu  kann.  Ein  jeder  Ohrenarzt  benutzt  diesen  Umstand  zur 
Sicherung  der  Diagnose  z.  B.  einer  Sekretansammlung  im  Mittelohr 
oder  einer  Ankylose  des  Stapes,  da  in  diesem  Falle  die  auf  den  Scheitel 
des  Patienten  aufgesetzte  Stimmgabel  auf  dem  kranken  Ohr  besser  ge¬ 
hört  Jwird  als  auf  dem  gesunden,  ja  meist  n  u  r  auf  dem  kranken  gehört 
wird.  'Auch  bei  Verstopfung  des  Gehörgangs  durch  einen  Ohren¬ 
schmalzpfropf  tritt  diese  Erscheinung  ein.  Leicht  zu  demonstrieren 
ist  sie  nach  Verstopfung  des  einen  Gehörgangs  mit  Watte. 

Es  würde  also  eine  ungehemmte  Entwicklung  des  schallleitenden 
Apparates:  äußerer  Gehörgaug,  Trommelfell,  Gehörknöchelchen,  wie 
wir  sie  bei  den  Landsäugern  finden,  bei  den  Sirenen  und  vor  allem 
den  Waltieren  nur  dazu  beitragen,  die  durch  die  Kopfkuochenleitung 
zum  inneren  Ohr  übergeleiteten  Geräusche  oder  Töne  weniger  leicht 
vernehmbar  zu  machen. 

Ich  möchte  hierin  den  Grund  suchen  für  die  bei  den  Walen  in 
so  ausgiebigem  Maße  vorkommenden  Ankylosen.  Wenn  auch  Do  ran 
eine  konstante  Ankylosierung  des  Steigbügels  mit  dem  ovalen  Fenster 


106 


nicht  zugibt,  so  räumt  er  doch  ein,  daß  sie  häufig  vorkomme,  denn 
das  ist  doch  wohl  aus  den  Worten:  »bei  keiner  Species  konstant 
aukylosiert«  zu  entnehmen.  Hyrtl  hat  sie  ja  ebenfalls  häufig  ge¬ 
funden.  Auch  die  Verwachsung  des  Ambosfortsatzes  bei  Halicore 
mit  der  Wand  der  Paukenhöhle,  die  des  Hammers  mit  derselben 
Wand  bei  den  Cetaceen,  die  »so  breit  ist,  daß  an  eine,  wenn  auch 
noch  so  geringe  Beweglichkeit  des  Hammers  nicht  zu  denken  ist«, 
sowie  die  entfernte  Lage  des  Hammers  von  dem  Trommelfell  bei 
diesen  Tieren  möchte  ich  aus  diesem  Grunde  erklären,  also  nicht 
als  eine  Folge  des  Nichtgebrauchs  #  hinstellen,  wie  z.  B.  die  Ver¬ 
kümmerung  der  Augen  bei  unterirdisch  lebenden  Tieren  oder  die 
Verkümmerung  der  Flügel  bei  mehreren  Vögeln. 

Vergleichen  wir  nun  zum  Schlüsse  die  Eigentümlichkeiten  der 
Gehörknöchelchen  mit  den  Modifikationen  des  übrigen  Körpers  des 
betreffenden  Tieres,  so  finden  wir,  daß  dieselben  sich  vollständig 
entsprechen.  Je  mehr  ein  Tier  in  seinem  ganzen  Bau  dem  Leben 
im  Wasser  angepaßt  ist,  um  so  mehr  sind  auch  seine  Ossicula  auditus 
diesem  entsprechend  modifiziert.  Sehen  wir  uns  die  Sache  nochmals 
in  Form  einer  Tabelle  au  : 


N  a  m  e. 

Aufent¬ 

halt. 

Glieder. 

Ohr¬ 

muschel. 

Gehörknöchelchen. 

Otariidae 

Land 

und 

Wasser. 

Deutlich  vom 
Körper  ab¬ 
gesetzt,  zum 
Laufen  noch 
benutzbar. 

vor¬ 

handen. 

Klein,  aber  plump.  Keine 
Ankylosen. 

Phocidae 

Land 

und 

Wasser. 

Stark  verkürzt, 
nicht  mehr 
zum  Laufen 
brauchbar. 

fehlt. 

Groß  und  plump.  Keine 
Ankylosen. 

Sirenia 

Wasser, 
sehr  selten 
Land. 

Nur  vordere 
Gliedmaßen 
vorhanden,  aber 
zuFlossenbeinen 
umgebildet. 
Andeutung  von 
Nägeln. 

fehlt. 

Groß  und  plump.  Größte  aller 
S  äugetie  r  ge  h  ör  k  n  öc  h  elc  h  e  n . 
Ankylose  nur  des  Ambosfort- 
satzes  mit  der  Paukenhöh leu- 
wand. 

Cetacea 

Wasser. 

Nur  vordere 
Gliedmaßen 
vorhanden, 
äußerlich  voll¬ 
kommen  Flossen 
gleichend. 

fehlt. 

Groß  und  plump.  Ankylo§e 
des  Hammers  mit  der  Pauken- 
höhlenwand.  Häufige  Ankylose 
des  Steigbügels  mit  dem  ovalen 
Fenster.  Keine  Verbindung 
des  Hammers  mit  dem 
Trommelfell. 

107 


Ich  glaube  hiermit  den  Beweis  geliefert  zu  liabeu,  daß  auch 
bei  der  Entwicklung  des  Gehörorgans  die  Anpassung  eine  große  und 
bedeutungsvolle  Rolle  •  gespielt  hat,  und  daß  bei  dieser  Anpassung 
nicht  von  einer  rudimentären  Entwicklung  oder  Verkümmerung  resp. 
Rückbildung  der  betreffenden  Organe,  iufolge  fortdauernden  Nicht¬ 
gebrauches  sondern  im  Gegenteil  nur  von  einer  »Verbesserung«  die 
Rede  sein  kann,  da  ein  gut  entwickelter  zuleitender  Apparat  des 
Ohres  für  die  in  Rede  stehenden  Tiere  nicht  nur  uuuiitz,  sondern 
direkt  schädlich  sein  würde. 


Die  Träclitigkeitsdauer  des  Dachses. 

Von  Prof.  Dr.  A.  Nehring  in  Berlin. 


Am  30.  März  d.  J.  hat  eine  Däclisiu  im  hiesigen  zoologischen 
Garten  3  Junge  geworfen ;  da  dieselbe  nach  der  bestimmten  Ver¬ 
sicherung  des  betr.  zuverlässigen  Wärters  seit  dem  11.  Oktober  1892, 
an  welchem  Tage  das  Tier  im  hiesigen  zoologischen  Garten  ankam, 
mit  keinem  männlichen  Dachse  in  Berührung  gekommen  ist,  und  man 
außerdem  annehmen  darf,  daß  der  (auswärtige)  Vorbesitzer,  welcher 
das  Tier  dem  zoologischen  Garten  schenkte,  dasselbe  schon  einige  Zeit 
besessen  hat,  so  ergibt  sich ,  daß  die  Trächtigkeitsdauer  des 
Dachses  mindestens  ein  halbes  Jahr  beträgt. 

Wenn  man  bedenkt,  daß  die  Wölfe  und  Hunde,  die  kleineren 
Katzen  und  viele  andere  Raubtiere  nur  9  Wochen  trächtig  gehen, 
so  erscheint  jene  Trächtigkeitsdauer  des  Dachses  auffallend  lang. 
Dieses  ist  wohl  auch  einer  der  Gründe,  weshalb  man  in  der  älteren 
Litteratur  die  Trächtigkeitsdauer  des  Dachses  wesentlich  kürzer  an¬ 
gegeben  fiudet,  als  sie  wirklich  ist;  ein  anderer  wichtiger  Grund 
ist  der,  daß  mau  während  der  Herbstmonate  keine  irgendwie  ent¬ 
wickelten  Embryonen  in  dem  Uterus  der  weiblichen  Dachse  findet, 
woraus  mau  den  Schluß  gezogen  hat,  daß  die  wahre  Begattungszeit 
dieser  Tierart  nicht  im  Spätsommer,  sondern  im  Spätherbst  stattfinde. 

Nach  R.  v.  Meyerincks  Naturgeschichte  des  Wildes,  Leipzig  1876, 
S.  61  soll  die  Ranzzeit  gewöhnlich  im  November  stattfinden  und 
die  Dächsin  9  Wocheu  »dick  gehen.«  In  Brehms  Tierleben,  neueste 
(3.)  Auflage,  Bd.  I,  S.  651  heißt  es:  »Die  Rollzeit  des  Dachses 
fiudet  im  Oktober,  ausnahmsweise  (zumal  bei  jungen  Tieren)  später 
statt.  Nach  12 — 15  Wochen,  also  Ende  Februar  oder  Anfang  März, 


108 


wirft  die  Mutter  3 — 5  blinde  Junge«  etc.*)  Im  Jagdlexikon  von 
0.  v.  Riesenthal,  Leipzig  1882,  S.  50  findet  mau  folgende  Angaben: 

»Vorher  aber,  im  Oktober,  stellt  sich  die  Ranzzeit  ein . 

Ende  Februar  bringt  die  Dächsin  3 — 5  graue,  neun  Tage  blinde 
Junge«  etc. 

Nach  den  Beobachtungen,  welche  Dr.  S.  Fries  teils  aus  der 
Litteratur  zusammeugestellt,  teils  an  eigenem  Materiale  gemacht 
hat)**,  kann  es  heutzutage  nicht  mehr  zweifelhaft  sein,  daß  die  Träch¬ 
tigkeitsdauer  des  Dachses  thatsächlich  viel  länger  ist,  als  man  früher 
angenommen  hat.  Sie  beträgt  mindestens  ein  halbes  Jahr,  eher  mehr  als 
weniger,***)  und  die  normale  Ranzzeit  fällt  in  den  Spätsommer  und 
Anfang  des  Herbstes  ;  doch  scheinen  sowohl  die  Ranzzeit,  als  auch 
dementsprechend  die  Wurfzeit  zeitlich  nicht  so  scharf  begrenzt  zu  sein, 
wie  bei  vielen  anderen  wildlebenden  Säugetieren  unserer  Gegenden. 

Man  hat  bereits  im  Juli  an  frei  lebenden  Dachsen  die  Be¬ 
gattung  beobachtet,  f) 

Nach  den  Untersuchungen  des  Dr.  S.  Fries  werden  die  Eier  der 
Dächsin  während  der  angegebenen  Ranzzeit  thatsächlich  befruchtet, 
machen  aber  nach  der  Furchung  zunächst  ein  längeres  Ruhe¬ 
stadium  durch,  gerade  so,  wie  dieses  von  Bischoff  u.  A.  einst  für  die 
Eier  des  Rehwildes  festgestellt  worden  ist.  Daher  kommt  es,  daß 
mau  bei  Dächsiunen,  welche  im  Herbst  erlegt  und  auf  etwaige 
Trächtigkeit  untersucht  werden,  keine  in  der  Entwickelung  begriffene, 
leicht  iu  die  Augen  fallende  Embryonen,  sondern  nur  bei  sehr  ge¬ 
nauem  Zusehen  die  kleinen,  im  Ruhestadium  befindlichen  Eier  im 
Uterus  bezw.  in  dessen  Hörnern  vorfindet.  Erst  im  Dezember  (und 
zwar  wohl  meistens  erst  von  der  Mitte  desselben  an)  beginnt  die 
Weiterentwicklung  der  befruchteten  Eier,  grade  wie  beim  Reh. 

*)  Es  ist  auffallend,  daß  die  unten  zu  erwähnenden  neueren  Beobachtungen 
in  der  neuesten  Auflage  von  Brehrns  Tierleben  nicht  berücksichtigt  sind. 

**)  Siehe  »Zoologischer  Anzeiger«,  1880,  Nr.  66.  Vergleiche  auch  Altum, 
Forstzoologie,  2.  Auflage,  Bd.  I,  1876,  S.  239. 

***)  Nach  Prof.  G.  Herbst  hat  eine  am  3.  August  1869  gefangene  und  am 
7.  März  1870  getötete  Dächsin  3  ausgetragene  Junge  bei  sich  gehabt;  hiernach 
hat  die  Tragezeit  über  7  Monate  betragen.  —  Nach  Flower  and  Lydekker, 
Mammals  living  and  extinct,  S.  576,  beträgt  die  Trächtigkeitsdauer  des  Dachses 
gewöhnlich  IH/2  Monate;  in  einzelnen  Fällen  soll  sie  sich  über  15  Monate 
ausgedehnt  haben.  Vergl.  auch  Lilljeborg’s  Werk  über  die  Wirbeltiere  von 
Schweden  und  Norwegen,  Bd.  I,  Upsala  1874,  S.  575,  Note.  Ferner  »The 
Field,«  vom  18.  März  1893,  S.  420. 

f)  Siehe  »Zoolog.  Garten«,  1877,  S.  304.  —  Vergleiche  auch  die  Be¬ 
merkungen  von  Ludwig  Beckmann  im  »Zoolog.  Garten«,  1866,  S.  327  ff. 


109 


Warum  dieses  so  ist,  das  läßt  sieb  vorläufig  nur  vermuten. 
Beim  Reh  mag  es  sich  um  eine  Anpassung  an  unsere  klimatischen 
Verhältnisse  handeln,  die  wahrscheinlich  schon  während  der  Eiszeit 
erworben  wurde ;  beim  Dachse  dürfte  jenes  Ruhestadium  des  be¬ 
fruchteten  Eies  im  Zusammenhänge  mit  dem  sogenannten  Winter¬ 
schlafe  stehen.  Allerdings  muß  ich  bemerken,  daß  die  oben  erwähnte 
Dächsin  des  hiesigen  zoologischen  Gartens  während  des  verflossenen 
Winters  keinen  Winterschlaf  gehalten,  sondern  täglich  Nahrung  zu  sich 
genommen  hat*);  aber  dieser  Umstand  konnte  wohl  keinen  wesentlichen 
Einfluß  auf  die  Trächtigkeitsdauer  ausüben,  da  letzte  vermutblich  auf 
einer  seit  vielen  Generationen  ererbten  Eigentümlichkeit  beruht. 

Jedenfalls  beweist  der  vorliegende  Fall  von  neuem,  daß  die  Trächtig¬ 
keitsdauer  des  Dachses  eine  verhälnismäßig  lange  ist;  er  beweist  ferner, 
daß  die  Wurfzeit  bis  Ende  März  reicht,  während  nach  Fries  und  An¬ 
deren  die  normale  Wurfzeit  Mitte  Februar  bis  Anfang  März  fallen  soll. 

Was  die  3  jungen  Dachse  an  betrifft,  welche  am  30.  März  im 
hiesigen  zoologischen  Garten  geboren  sind,  so  wurde  einer  derselben 
in  den  ersten  Tagen  nach  der  Geburt  erdrückt;  die  beiden  anderen 
sind  bisher  bei  dem  Genuß  der  Muttermilch  gut  gediehen.  Als  ich 
dieselben  am  letzten  Sonntag  (den  16.  April)  durch  den  betreffenden 
Wärter  mir  zeigen  ließ,  sahen  dieselben  gesund  und  wohlgenährt 
aus,  hatten  aber  die  Augen  noch  geschlossen.  Nach  den  Angaben, 
welche  ich  in  der  Litteratur  gefunden  habe,  sollen  die  jungen  Dachse 
nur  neun  Tage  »blind«  sein;  im  vorliegenden  Falle  hatten  sie  aber 
am  18.  Tage  uach  der  Geburt  die  Augen  noch  nicht  geöffnet.  Die 
Behaarung  der  beiden  Jungen  war  an  dem  genannten  Tage  ziemlich 
dünn  und  sparsam;  sie  bestand  aus  weißlichgrauen,  kurzen  (nicht 
wolligen)  Härchen.  Die  beiden  schwarzen  Streifen,  welche  am  Kopfe 
des  erwachsenen  Dachses  von  der  Nase  über  die  Augen  sich  hin¬ 
ziehen,  markierten  sich  am  Kopfe  der  beiden  jungen  Dachse  am 
16.  April  schon  ziemlich  deutlich. 

Man  darf  hoffen,  daß  die  beiden  Jungen  sich  auch  ferner  gut 
entwickeln  und  Gelegenheit  zu  manchen  Beobachtungen  bieten  werden. 
Immerhin  ist  der  vorliegende  Fall  schon  in  der  oben  angedeuteten 
Beziehung  von  großem  Interesse;  es  wäre  zu  wünschen,  daß  demnächst 
noch  weitere  Feststellungen  über  die  Trächtigkeitsdauer  des  Dachses, 
sowie  über  die  eigentümliche  Entwicklung  des  Dachs-Eies  stattfänden. 
Berlin,  18.  April  1893. 

*)  Nach  Schacht  (Zoolog.  Garten,  1877,  S.  308)  soll  der  Dachs  überhaupt 
keinen  Winterschlaf  halten,  auch  nicht  in  der  freien  Natur. 


110 


Forschungsgänge  durch  Wald  und  Feld. 

Von  Staats  von  "Wacquant  -  Geozelles. 


ir. 

Europäische  Sumpfschildkröte,  Emys  e-uropaea  Merr.  bei 

0  s  u  a  b  r  ü  c  k. 

Ende  Juli  des  Jahres  1884  war  ich  Wachhabender  des  am 
Piesberge  bei  0  s  n  a  b  rück  belegenen  Pulverhauses.  Vor  der 
Thür  sitzend,  sah  ich  einige  Grubenarbeiter  in  der  Nahe  stehen, 
welche  aufmerksam  ein  auf  der  Erde  laufendes  Tier  betrachteten 
und  augenscheinlich  eifrig  über  dasselbe  sprachen.  Ich  ging  zu 
ihnen  und  sah,  daß  die  Leute  eine  Sumpfschildkröte  umstanden. 
Selbstverständlich  erregte  diese  Sache  mein  höchstes  Interesse ;  da 
man  aber  stets  gut  thut,  bei  derartigen  Leuten  nicht  gleich  allzu 
eifrig  zu  fragen,  so  sah  auch  ich  mir  das  betreffende  Tier  lauge 
Zeit  ruhig  mit  an  und  fragte  erst  später  so  ganz  nebenbei  nach 
allen  näheren  Umständen. 

Nach  und  nach  erfuhr  ich  also  folgendes :  Die  Schildkröte 
hatte  bewegungslos  am  Rande  eines  am  Fuße  des  Piesberges 
befindlichen,  sumpfigen  Tümpels  —  etwa  einen  Schritt  vom  Wasser 
entfernt  —  gesessen.  Ein  alter  Grubenarbeiter,  welcher  sich  die 
Hände  waschen  wollte,  hatte  sie  entdeckt  und  gefangen. 

Ganz  nebenbei  —  wie  schon  erwähnt  —  erkundigte  ich  mich, 
ob  solche  Tiere  wohl  öfter  in  der  Gegend  vorkämen,  und  erfuhr, 
daß  dort  schon  früher  einmal  ein  solches  »Meer-Tier«  gefangen 
worden  sei.  An  welcher  Stelle  dieser  letztere  Fund  gemacht  worden, 
das  wußte  der  betreffende  altehrwürdige  Arbeiter  nicht;  doch 
ging  aus  seiner  ganzen  Erzählung  hervor,  daßer 
die  Wahrheit  sagte.  (Auch  ich  selbst  hatte  schon  im  Jahre 
1878  in  Osnabrück  gehört,  daß  eine  Schildkröte  von  einem  Knaben 
in  der  Umgegend  der  Stadt  gefangen  sei.)  Nachdem  man  das 
wunderbare  Tier  eine  Zeit  lang  betrachtet  hatte,  beschloß  man  ein¬ 
stimmig,  dasselbe  nun  doch  auch  einmal  von  innen  zu  besehen, 
stand  aber  sofort  von  der  wissenschaftlichen  Obduktion  ab,  als  ich 
mit  einem  Fünfzigpfennigstücke  für  sein  Leben  bat. 

Das  Tier  war  mein  und  ich  nahm  es  mit  in  das  Wachlokal, 
wo  ich  es  in  den  gewaltigen,  eisernen  Kohlenkasten  setzte.  Die 
Schildkröte  war  ein  ausgewachsenes  Exemplar,  und  daß  die  Leute 


111 


betreffs  ihres  Fanges  mich  nicht  belogen  hatten,  dafür  bürgte  — 

ganz  abgesehen  von  der  die  Wahrheit  allein  schon  bestätigenden, 

•  • 

soeben  kurz  beschriebenen  Situation  —  auch  das  Außere  des  Tieres 
selbst.  Dasselbe  war  mit  Schlamm,  Algen  und  gallert-artig  ver¬ 
faulten  Blättern  von  Wasserpflanzen  beklebt,  und  zwischen  einzelnen 
Schildern  befanden  sich  Kalkanhäufungen,  welche  von  irgend  einem 
Lebewesen  herzurühren  schienen.  Während  der  Nacht  hatte  sich 
das  Tier  aus  dem  mit  nassem  Grase  versehenen  Kohlenkasten  heraus¬ 
gehaspelt  und  sich  beim  Niederfallen  das  rechte  Auge  eingedrückt, 
so  daß  dasselbe  eine  blutige,  an  der  Iris  geplatzte,  hervorquellende 
Kugel  bildete. 

Am  anderen  «Mittage  setzte  ich  die  Schildkröte  in  mein  Zimmer 
und  gab  ihr  in  einer  Ecke  ein  flaches  Wassergefäß.  Als  ich  am 
anderen  Nachmittage  vom  Dienste  heimkehrte,  empfing  mich  das 
Hausmädchen,  mit  den  Worten:  »Die  Schildkröte  sitzt  unter  dem 
Schranke  und  —  hat  eine  ganze  Menge  Eier  gelegt  1« 

Ich  sah  schleunigst  nach  und  fand  wirklich  fünf  längliche  Eier 
unter  dem  Schranke,  von  denen  das  Hausmädchen  eins  mit  dem 
Besen  eingedrückt  hatte. 

Nun  konnte  ich  mir  auch  den  sonderbaren  Umstand  erklären, 
wie  es  möglich  gewesen  war,  daß  der  Mann  die  Schildkröte  »etwa 
einen  Schritt  vom  Wasser  entfernt,  stillsitzend,  angetroffen  batte«: 
—  sie  hatte  ein  Loch  für  die  Eier  graben  wollen,  —  viel¬ 
leicht  auch  schon  gegraben;  denn  andernfalls  würde  sie  sich 
ohne  Zweifel  nicht  haben  fangen  lassen.  Wir  rückten  ins  Manöver 
und  ich  schickte  die  Schildkröte  vorher  nach  Haus,  wo  sie  von 
meiner  Schwester  in  unseren  Teich  gesetzt  wurde.  Die  Eier  legte 
ich  in  eiuen  großen,  mit  Schlamm  und  faulenden  Substanzen  ge¬ 
füllten  Blumentopf,  das  Hausmädchen  genau  instruierend,  wie  letzterer 
während  meiner  Abwesenheit  begossen  werden  sollte.  —  Als  ich 
nach  dem  Manöver  heimkehrte,  sah  ich,  daß  man  meiner  bittenden 
Instruktion  doch  nicht  gehörig  entsprochen  hatte,  denn  die  Eier 
waren  abgestorben  und  der  Topf  augenscheinlich  erst  kurz  vor 
meiner  Heimkehr  begosseu  worden:  die  Liebe  war  inzwischen  in 
der  Jungfrau  eingekehrt;  was  nützte  es  da  wohl,  daß  ich  ihr 
Schildkröten  eier  ans  Herz  gelegt?! 

Betreffs  dieser  Eier  war  mir  nunmehr  also  jegliche  Weiter¬ 
beobachtung  (leider ! !)  unmöglich  gemacht ;  die  Schildkröte  selbst  aber 
fühlte  sich  in  unserem  Teiche  sehr  heimisch,  trieb  abeuds  die 


112 


kleinen  Fische  zu  Luftsprüngen  au  und  manche  obenschwimmende 
Fischblase  zeugte  von  erfolgreicher  Jagd! 

Uber  tags  sonute  sich  das  prächtige  Tier  fleißig  auf  einer  alten 
Wurzel,  ließ  aber  nie  jemand  in  ihre  Nähe  kommen,  ohne  schleunigst 
unterzutauchen.  Im  nächsten  Frühjahre  erschien  sie  wieder  auf 
der  Bild-  und  Wasserfläche,  und  als  ich  sie  mit  einem  Netze  einmal 
überlistet  hatte,  da  war  das  verletzte  Auge  wieder  in  bestem  Stande 
und  t ad  eilos-  s eh  k räf  tig . 

Soviel  über  meine  Erfahrungen,  betreffend  Emys  europaea  bei 
Osnabrück. 

Die  Frage,  welche  ich  nun  aufstelle  ist  die:  ist  es  schon  be¬ 
obachtet  worden,  daß  die  Weibchen  von  Emys  europaea  in  Gefangen¬ 
schaft  auch  un begattet  Eier  legen? 

In  »Brehms  Tierleben«  wird  das  Frühjahr  als  Begattungszeit 
angegeben  und  soll  das  Weibchen  dann  »nach  einiger  Zeit«  die 
Eier  legen.  Die  hier  in  Frage  stehende  Schildkröte  aber  legte 
Ende  Juli. 

Ich  beobachtete  die  Schildkröte  hier  in  unserem  Teiche  zwei 
Jahre  lang.  Im  Frühjahre  des  zweiten  Jahres  wurde  sie  nicht  zu¬ 
erst  im  Teiche,  sondern  300  Meter  davon  entfernt,  in  einer  Wiese 
beim  Aufschlagen  eines  Grabens  entdeckt. 

Im  dritten  Jahre  trocknete  unser  Teich  infolge  einer  Dürre 
gänzlich  aus  und  die  Schildkröte  war  spurlos  verschwunden. 

Erst  im  Herbst  erhielt  ich  wieder  Kunde  von  ihr:  sie  war  zu 
Thal  gewandert  und  hielt  sich  im  großen  Teiche  des  Schlosses 
Schwöbber,  eine  Viertelstunde  von  hier,  auf.  Dort  wurde  sie 
leider  nach  einigen  Wocheu  von  einem  Engländer  entdeckt, 
welcher  sie  schleunigst  erschoß!! 

Herr  Professor  Dr.  Landois  schreibt  im  III.  Baude  seines 
vortrefflichen  »Westfalens  Tierleben«  über  diese  Schildkröte: 

»Was  ihr  Vorkommen  in  unserer  Provinz  betrifft,  so  schreibt 
uns  zwar  Herr  Förster  Otto  zu  Fernewald  bei  Sterkerade,  daß  auf 
der  öden  Haide  zwischen  Forsthaus  Mahlberg  uud  dem  Arbeiterheim 
Lühlerheim  in  Pfützen,  Gräben  und  Wasserlöchern  diese  Schild¬ 
kröten  gar  nicht  selten  seien;  er  selber  habe  eine  solche  in  der 
Gemeinde  Brünen  gesehen,  die  ein  Knabe  in  der  Yssel  gefunden. 
Ferner  siud  Sumpfschildkröten  auch  schon  anderwärts  hier  und  da 
in  Westfalen  gefangen  worden,  so  noch  im  Jahre  1888  ein  Stück 
in  der  Werse,  früher  schon  wiederholt  in  den  Aawiesen  bei 
Münster.  Wir  siud  aber  noch  immer  geneigt,  anzunehmen,  daß 


/ 


diese  Tiere  aas  Aquarien,  Springbrunnenbehältern,  und  wo  sie  sonst 
in  Gefangenschaft  gehalten  werden,  entwischt  und  nun  scheinbar 
im  freilebenden  bezw.  hier  ansässigen  Zustande  aufgefunden  worden 
sind,  und  sonach  auch  zu  der  Behauptung  berechtigt,  daß  unsere 
Provinz  keine  Schildkröten  beherbergt,  da  eine  dauernde  An¬ 
siedelung  und  eine  Fortpflanzung  hier  noch  niemals 
beobachtet  worden  ist.« 

Soweit  Herr  Prof.  Dr.  Landois. —  Eine  »dauernde  Ansiede¬ 
lung  und  Fortpflanzung«  muß  nach  meinen  vorstehenden  Er- 

•  • 

fahrungen  dem,  der  sie  erreichen  will,  an  passenden  Örtlichkeiten 
nicht  viel  Schwierigkeiten  bereiten.  Ich  werde  im  kommenden  Früh¬ 
jahre  die  Einbürgerung  dieser  Schildkröte  auf  das  umsichtigste  unter¬ 
nehmen  und  später  darüber  in  diesem  Blatte  berichten. 

Eine  ohne  Zweifel  irgendwo  entflohene  Emys  enropaea  wurde 
vor  ca.  zwei  Jahren  in  der  »Eilenriede«  bei  Hannover  —  (im  dortigen 
»Försterteiche«)  —  gefangen. 

Sophienhof  bei  Grupenhagen,  Kreis  Hameln,  August  1892. 


Silvertip-  und  Cinnamon-Bär. 

'  Yon  C.  A.  Purpus,  Delta  Colorado. 

Mit  1  Abbildung. 


Der  sogenannte  Silvertip  und  der  Cinnamon-Bär  sind  kleinere 
Abarten  des  grauen  oder  Grizzlybären  (Ursus  horribilis).  Während 
die  Heimat  dieses  größten  der  Landbären  ausschließlich  die  Sierra 
Nevada  in  California  ist,  leben  der  Silvertip  und  Cinnamoubär  in 
den  Wildnissen  der  Kaskaden  Britisch  Columbias  und  Washingtons 
und  den  Felsengebirgen  von  Britisch  Columbia  bis  Colorado.  Der 
Cinnamoubär  findet  sich  mehr  in  den  Kaskaden,  der  Silvertip  aber 
in  den  Rocky  Mountains,  doch  ist  ersterer  ebenso  häufig  daselbst 
anzutreffen  wie  letzterer.  Klimatische  und  Nahrungsverhältnisse 
scheinen  diese  Varietäten  hervorgebracht  zu  haben.  Beide  Bären 
sind,  wie  schon  erwähnt,  kleiner  wie  der  Grizzly.  Gewöhnlich  gilt  der 
Silvertipbär  als  der  größere  von  beiden.  Ich  habe  einen  dieser 
Bären  in  den  Gebirgen  Westmontanas  gesehen,  welcher  dem  echten 
Grizzly  nicht  viel  an  Größe  nachstand.  Das  Fell  des  Silvertip- 
bären  ist  von  schwarzbrauuer  Farbe  mit  silbergrauen  Haaren  durch¬ 
zogen.  Schnauze  und  Tatzen  sind  fast  ganz  grau,  daher  der  Name 

Zoolog-.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  8 


114 


»Silvertip«.  Der  Cinnamonbär  ist  weit  heller,  fast  zimmtfarbeu,  ohne 
die  silbergraue  Behaarung,  daher  der  Name  »Zimmtbär«. 

Iu  den  hiesigen  Gebirgen,  den  Elk  Mountains,  der  Grand  Mesa 
u.  s.  w.  soll  es  noch  eine  andere  Abart  geben,  welche  fast  ganz 
grau  aussehen  soll.  Die  beiden  Bären  sind  Bewohner  des  Hoch- 
Gebirges  von  8 — 14,000  Fuß  Höhe.  Selten  findet  man  sie  in  tieferen 
Regionen  und  nur  dann,  wenn  sie  die  Suche  nach  Nahrung  dazu 
treibt.  So  verläßt  der  Cinnamonbär  in  Britisch  Columbia  zur  Zeit  der 
Wanderung  der  Lachse  im  Herbst  seine  hochgelegenen  Jagdreviere, 
um  iu  die  Thäler  hinabzusteigen  zum  Fischfang. 

Ihre  Lieblingsplätze  sind  sumpfige  Hochthäler  mit  üppigem 
Pflanzen  wuchs,  von  Wald  umschlossen.  Dort  scharren  sie  sich  eine 
runde  Vertiefung,  um  darin  zu  ruhen  oder  auf  Wild  zu  lauern. 

Obschon  ausgesprochene  und  grimmige  Raubtiere,  welche  Fleisch¬ 
nahrung  aller  anderen  vorziehen,  verschmähen  sie  keineswegs  Pflan¬ 
zenkost  und  leben  ebensowohl  von  Wurzeln,  die  sie  mit  den 
fingerlangen  Klauen  ihrer  Vordertatzen  sehr  geschickt  auszugraben 
wissen,  als  auch  Kräutern  und  namentlich  Beeren  und  in  manchen 
Gegenden,  wie  z.  B.  hier  in  der  Grand  Mesa,  von  Eicheln.  Mau 
trifft  sie  deshalb  häufig  da,  wo  Vogelbeeren  ( Virus  sambiicifolia ) 
Heidelbeeren  oder  Himbeeren  in  Menge  wachsen,  ferner  in  Sümpfen, 
da  sie  sich  darin  zu  wälzen  lieben  und  das  manchmal  daselbst 
vorkommende  Sumpfmoos  (Sphagnum)  in  Masse  verzehren.  Da  wo 
ihnen  reichliche  Fleischnahrung  zu  Gebote  steht,  wie  z.  B.  hier 
oder  anderen  Teilen  der  Felsengebirge,  wo  große  'Viehherden  im 
Sommer  in  den  Bergen  weiden  und  eine  Menge  von  Aas  zu  ihrer 
Verfügung  steht,  halten  sich  die  Bären  fast  ausschließlich  an  diese, 
und  es  fällt  ihnen  manches  Stück  Jungvieh  in  den  Rachen.  An 
ältere  Tiere  wagen  sie  sich  nur  selten.  Da  wo  die  Bären  leicht 
ihre  Nahrung  zu  erlangen  vermögen,  werden  sie  dem  Menschen 
nicht  gefährlich  oder  nur  in  Ausnahmsfällen,  z.  B.  wenn  man 
zufällig  einen  in  seinem  Lager  überrascht,  so  daß  er  sich  die  Flucht 
abgeschnitten  wähnt;  in  diesem  Falle  kann  man  sich  vorsehen,  und 
es  ist  gut,  wenn  man  eine  gute  Büchse  bei  sich  hat.  Auch  dann 
sind  sie  gefährlicher,  wenn  sie  Junge  haben.  Trifft  man  ein  solches 
nicht  in  Begleitung  der  Alten,  und  fühlt  mau  sich  versucht,  dasselbe 
zu  greifen,  so  stürzt  die  Bärin  auf  das  Geschrei  des  Jungen  sofort 
herbei  und  blindlings  auf  den  Angreifer  los.  Weit  weniger  harmlos 
für  den  Menscheu  ist  der  Bär  in  den  wenig  betretenen  Wildnissen 
der  Kaskaden  oder  der  anderen  Gebirge  Br.  Columbias  und  es  kann, 


115 


wie  ich  ans  Erfahrung  weiß,  sehr  leicht  Vorkommen,  daß  man  von 
einem  Cinnamonbär  Überfällen  wird. 

Es  war  vor  mehrereu  Jahren,  als  ich  in  Britisch  Columbia  reiste 
und  von  Lytton  am  Zusammenfluß  des  Thompson  mit  dem  Fraserfluß 
aus  eine  dreiwöchentliche  Tour  in  die  noch  von  keinem  Fuß  eines 
Weißen  betretenen  Gebirge  um  Ste-in  Creek  in  den  hohen  Kaskaden 
unternahm.  Ich  war  in  Begleitung  eines  Indianers  und  zweier 
Weißen.  Wir  besuchten  von  unserem  Hauptlagerplatz  aus,  der 
sich  an  einem  reißenden  Gebirgsbache,  der  in  den  Ste-in  Creek  mündet, 
befand,  ein  schwer  zugängliches  Bergrevier  in  der  Nachbarschaft 
hoher,  mit  riesigen  Firnfeldern  bedeckter  Berge.  Nach  zweitägigem 
Marsche  hatten  wir  die  Gegend  erreicht,  ein  von  dichtem  Urwald, 
Felsen  und  riesigen  Bergspitzen  eingeschlossenes,  sumpfiges  Hochthal. 
Als  wir  von  den  Berghängen  hinabgestiegen  waren  und  den  kleinen 
Bach,  der  das  Thal  durchfloß,  überschritten,  bemerkten  wir  die 
Fährte  eines  Bären.  Wir  beschlossen,  in  diesem  Thale  zu  kampieren, 
und  während  meine  Gefährten  das  Zelt  aufschlugen,  Holz  hackten 
für  das  Lagerfeuer,  unternahm  ich  einen  Ausflug  thalaufwärts. 
Ich  mochte  mich  etwa  eine  halbe  Meile  vom  Lagerplatz  entfernt 
haben,  da  sah  ich  auf  und  erblickte  in  etwa  60  Schritt  Entfernung 
einen  Bären,  halbverdeckt  durch  hohe  Stauden,  unverwandt  nach 
mir  herschauend.  Da  ich  unbewaffnet  war,  so  rief  ich  nach  meinen 
Gefährten,  in  demselben  Moment  sah  ich  aber  auch  das  Tier  schon 
auf  mich  losstürzen.  Ich  machte  rasch  Kehrt  und  rannte,  so  rasch 
ich  es  vermochte,  dem  Lager  zu,  der  Bär  hinter  mir  drein.  Bevor 
ich  dasselbe  erreichte,  kam  der  Indianer  und  einer  der  beiden  Weißen, 
dieser  mit  der  Flinte,  der  Indianer  glücklicherweise  mit  Wiuchester- 
büchse  herbeigesprungen  und  warfen  sich  dem  Tier  entgegen, 
welches  seitwärts  abdrehte.  Mehrere  Schüsse  aus  der  Büchse  des 
Indianers,  und  der  Bär  lag  verendend  am  Boden ,  und  ich  war  ge¬ 
rettet.  Es  war  ein  männliches,  etwa  dreijähriges  Exemplar  eines 
Cinnamonbären  von  etwa  6 — 800  Pfund  Schwere. 

4  |  * 

Eine  andere  Begegnung  mit  einem  Silvertipbär  in  den  Gebirgen 
West-Montanas  lief  ganz  gut  ab,  da  uns  das  Tier  nicht  augriff, 
sondern  davon  rannte.  Im  allgemeinen  gilt  der  Silvertipbär  für 
dreister,  zum  Angriff  geneigter,  wie  der  Cinnamon,  welcher  tückischer 
und  feiger  sein  soll.  In  den  Gebirgen  Colorados,  wo  beide  Varietäten 
zusammen  Vorkommen,  paaren  sie  sich,  uud  vielleicht  ist  der  silber¬ 
graue  Bär,  von  dem  schon  die  Rede  war,  ein  Bastard  zwischen 
beiden.  In  den  Felsengebirgen  Colorados  werfen  sie  im  März  zwei, 


116 


manchmal  auch  drei  Junge  in  Felsenhöhlen  oder  einer  schwer  zu¬ 
gänglichen  Wildnis.  Der  Winterschlaf  dauert  hier,  wo  der  Winter 
weit  kürzer  und  schneeärmer  ist,  als  in  den  Kaskaden  und  Rocky 
Mountains  des  Nordwestens,  zwei,  höchstens  3  Monate.  Sobald 
der  Schneefall  beginnt,  suchen  sie  sich  einen  geeigneten  Platz  im 
Geklüfte  oder  sonst  wo  im  dichten  Tannenwald  und  richten  sich 
das  Nest  her,  welches  mit  Gezweig,  Gras  u.  s.  w.  ausgepolstert 
wird.  Sie  verlassen  dasselbe  schon  im  März,  wenn  die  Strahlen  der 
Sonne  auf  die  Schneedecke  zu  wirken  beginnen,  um  ihre  Raubzüge 
anzutreten.  In  der  Grand  Mesa  sind  sie  nicht  mehr  häufig  und  ich 
selbst  habe  auf  meinen  vielen  Wanderungen  in  diesem  Gebirge 
wohl  manchmal  mehrere  frische  Fährten  gesehen,  aber  nie  einen 
Bären  zu  Gesicht  bekommen.  Man  fängt  sie  hier  in  Fallen,  welche 

man  in  einer  Umzäunung  in  Form 


eines  Dreiecks  aufsteilt.  Dieselbe 
besteht  aus  dicken  Pfählen  und 
wird  unter  einem  Baum  aufge- 
bant  und  mit  diesem  verbunden. 
Am  Eingang  des  Dreiecks  steht 
die  Eisenfalle,  durch  darüber  ge¬ 
breitetes  Geuist  verborgen,  und 
in  der  Spitze  des  Dreiecks  be¬ 
findet  sich  der  Kadaver  irgend 
eines  Tieres  als  Lockspeise.  Damit 
nun  der  Bär  den  Weg  zur  Er¬ 
langung  des  Aases  über  die  verborgene  Falle  nehmen  muß,  werden  an 
den  Seiten  spitze  Pfähle  in  die  Erde  gesteckt,  über  welche  der  Bär 
nicht  schreiten  kann,  und  so  muß  er  notgedrungen  den  Weg  über 
die  lalle  nehmen  und  wird  gefangen.  Auch  iu  dem  hiesigen  Ge¬ 
birge  legt  der  Bär  manchmal  seine  Scheu  vor  dem  Menschen  ab, 
wenn  er  sich  bei  der  Verfolgung  seiner  Beute  befindet,  wie  folgender 
Vorfall  darthut.  Ein  Silvertipbär  verfolgte  vor  zwei  Jahren  ein 
Rind  bis  vor  die  Hütte  in  der  sich  die  Cowboys  befanden  und 
wohin  sich  das  Tier  in  seiner  Todesangst  flüchtete.  Derselbe  ließ 
erst  dann  von  der  Verfolgung  ab,  als  die  Boys  vor  die  Hütte  liefen, 
um  zu  sehen  was  der  Lärm  bedeute.  Als  ich  vorigen  Sommer  im 
Camp  weilte,  passierte  ein  Bär  in  der  Nacht  dicht  au  meinem  Zelte 
vorbei,  wie  wir  an  der  frischen  Spur  am  nächsten  Morgen  wahr¬ 
nahmen.  Doch  dies  sind  nur  Ausnahmen.  In  der  Regel  gehen 
sie  dem  Menschen  aus  dem  Wege,  bevor  derselbe  sie  nur  zu  Gesicht 


Baum 


117 


bekommt.  Der  Silvertip-  und  Cionamonbär  vermögen  nicht,  wie 
der  schwarze  Bär  ( Ursus  americanus) ,  auf  Bäume  zu  klettern, 
wenigstens  hat  hier  not  h  niemand  einen  beim  Klettern  beobachtet. 

TD 

Sie  scheinen  hierzu  viel  zu  plump  und  schwerfällig  zu  sein  und 
wohl  auch  niemals  den  Versuch  gemacht  zu  haben.  Mau  ist  daher, 
falls  man  unbewaffnet  ist  und  von  einem  Bären  verfolgt  wird, 
gesichert,  wenn  man  rasch  genug  einen  Baum  zu  erklimmen  vermag, 
was  wohl  selten  der  Fall  ist,  da  das  Tier  weit  rascher  laufen  kann 
wie  der  Mensch. 

Kosmopolitische  Tiere. 

Von  Dr.  C.  Müller. 

Fortsetzung. 

Wie  schon  vorher  erwähnt,  finden  wir  unter  den  Vögeln  die 
meisten  über  alle  Kontinente  verbreitete  Familien  und  Gattungen, 
tritt  uns  doch  in  dieser  Tierklasse  der  vollendeste  Typus  der  be¬ 
flügelten  und  wandernden  Tiere  entgegen. 

Unter  den  Passeres  finden  sich  nach  W  a  1 1  a  c  e  —  es  ist  im 
folgenden  die  von  diesem  Autor  angewandte  Einteilung  der  Vögel 
beibehalten  —  nur  wenige  Familien,  die  echt  kosmopolitisch  sind, 
denn  wenn  auch  sieben  in  allen  großen  Regioneu  gefunden  werden, 
so  siud  doch  wenige  derselben  durch  alle  Regionen  verbreitet  und 
wir  können  nur  drei  finden,  die  jede  Subregion  bewohnen  und  mit 
ziemlicher  Gleichförmigkeit  verbreitet  sind.  Es  sind  dieses  die 
Hirundinidae  oder  Schwalben,  die  Motacillidae  oder  Bachstelzen  und 
die  Corvidae  oder  Krähen,  aber  letztere  ist  eine  Familie  von  so 
heterogener  Natur,  daß  sie  vielleicht  die  Materialien  verschiedener 
natürlicher  Familien  enthält,  und,  weun  so  geteilt,  würden  die  Teile 
wahrscheinlich  alle  aufhören,  kosmopolitisch  zu  sein.  Die  Sylviidae, 
die  Turdidae  und  die  Paridae  sind  die  einzigen  anderen  Familien, 
welche  sich  einer  Universalität  der  Verbreitung  nähern  und  alle 
diese  fehlen  in  einer  oder  mehreren  Subregionen. 

Unter  den  Hirundinidae  hat  Hinmdo  rustica,  die  Rauch- 
Schwalbe,  einen  enormen  Verbreitungsbezirk.  Sie  bewohnt  Europa, 
Asien  und  Afrika,  von  Lappland  bis  zum  Cap  der  guten  Hoffnung 
und  zu  den  Molukken. 

Die  Motacillidae  oder  Bachstelzen  sind  am  zahlreichsten  in  der 
palaearktischeu,  äthiopischen  und  orientalischen  Region,  auf  welche 


118 


die  echten  Bachstelzen  fast  beschränkt  sind,  verbreitet.  Kosmo¬ 
politisch  ist  nur  die  Gattung  Anthus. 

Die  Corvidae  oder  Krähen,  Elstern  u.  s.w.  bilden,  wie  schon  gesagt, 
eine  ausgedehnte  und  etwas  heterogene  Gruppe,  von  denen  einige  Glieder 
fast  überall  auf  der  Erde  Vorkommen,  wenn  auch  keine  Gattung 
kosmopolitisch  ist.  Die  echten  Krähen  werden  überall  außer  Süd¬ 
amerika  gefunden;  die  Elstern  und  Nußkrähen  sind  charakteristisch 
für  die  palaearktische  Region ;  die  Dohlen  sind  palaearktisch,  orien¬ 
talisch  und  amerikanisch,  während  die  Würger-Krähen  eigentümlich 
australisch  sind. 

Unter  den  Familien,  die  annähernd  kosmopolitisch  sind,  sei  die 
der  Turdidae  hervorgehoben,  die  nur  in  Neu-Seeland  fehlt.  Sie 
kommt  am  zahlreichsten  in  den  nördlichen  gemäßigten  Regionen 
vor  und  hat  ihre  geringste  Entwicklung  in  der  australischen  Region. 
Die  Gattung  Turdus,  die  den  Verbreitungsbezirk  der  ganzen  Familie 
hat,  findet  sich  sehr  zahlreich  in  der  palaearktischen,  orientalischen 
und  neotropischen  Region,  weniger  zahlreich  in  der  neoarktischen 
und  äthiopischen  und  sehr  spärlich  in  der  australischen. 

Auch  die  Familie  der  Alaudidae  dürfte  zu  den  universell  ver¬ 
breiteten  gerechnet  werden,  obgleich  die  neoarktische,  neotropische 
und  australische  Region  jede  nur  eine  einzige  Art  besitzen. 

Aus  der  Ordnung  der  Picariae  ist  nur  die  Familie  der  Alce- 
dinidae  absolut  kosmopolitisch,  annähernd  sind  es  die  Caprimulgidae 
und  Cypselidae,  die  allein  auf  Neu-Seeland  und  die  Cuculidae,  die 
in  der  kanadischen  Subregion  Nord-Amerikas  fehlen.  Die  Eisvögel, 
Alcedinidae  sind  sehr  ungleich  über  die  Erde  verbreitet  und  bieten 
in  dieser  Hinsicht  die  sonderbarsten  Anomalien  unter  den  Vögeln 
dar.  Sie  haben  ihren  Hauptsitz  in  der  östlicheu  Hälfte  des 
malayischen  Archipels  von  Celebes  bis  Neu-Guinea,  in  welchem 
Distrikte  nicht  weniger  als  13  von  den  19  Gattungen  Vorkommen, 
8  derselben  sind  eigentümlich.  Es  ist  wahrscheinlich,  daß  in  keiner 
anderen  gleich  mannigfaltigen  Gruppe  von  universeller  Verbreitung 
ein  so  großer  Teil  der  generischen  Formen  auf  einen  so  kleinen 
Distrikt  beschränkt  ist.  Von  diesem  Centrum  aus  vermindern  sich 
die  Eisvögel  schnell  nach  allen  Richtungen  hin. 

Die  Caprimulgidae  fehlen  nur  auf  Neu-Seeland  und  den  Pacific- 
Inseln,  ebenso  die  Cypselidae. 

Aus  der  Ordnung  der  Columbae  ist  die  Familie  der  Columbidae 
oder  Tauben  als  universell,  aber  sehr  ungleich  verbreitet  in  den  ver- 


119 


schiedenen  Regionen,  zu  nennen.  Da  sie  am  besten  an  warme  oder 
gemäßigte  Klimate  angepaßt  sind,  so  vermindern  sie  sich  rasch 
dem  Norden  zu  und  erreichen  ungefähr  62°  nördlicher  Breite  in 
Nord-Amerika,  gehen  aber  in  Europa  beträchtlich  weiter.  Die 
nearktische  und  palaearktische  Region  ist  sehr  arm  an  Gattungen 
und  Arten  von  Tauben ;  die  der  ersteren  Region  sind  am  nächsten 
verwandt  mit  neotropischen  und  die  der  letzteren  mit  orientalischen 
und  äthiopischen  Typen.  Die  äthiopische  Region  ist  jedoch  selbst 
sehr  arm  und  mehrere  ihrer  eigentümlichen  Formen  sind  auf  die 
Madagaskar  -  Subregion  beschränkt.  Die  neotropische  Region  ist 
sehr  reich  an  eigentümlichen  Gattungen,  wenn  auch  nur  mäßig 
an  Artenzahl.  Die  orientalische  Region  nähert  sich  ihr  sehr  in 
beiden  Hinsichten,  die  australische  aber  ist  bei  weitem  die  reichste; 
sie  besitzt  fast  doppelt  so  viel  Gattungen  und  Arten,  wie  irgend 
eine  anderer  und  ist  voll  von  bemerkenswerten  Formen ,  die  denen 
irgend  eines  anderen  Teiles  der  Erde  durchaus  nicht  gleichen. 

Interessant  ist  die  Ansicht,  die  Wallace  über  das  auffallende 
Vorwiegen  von  Tauben,  den  Gattungen  und  Arten  nach,  in  der 
australischen  Region,  äußert.  Es  scheint  dies  anzuzeigen,  daß  zu 
einer  früheren  Zeit  ein  ausgedehnteres  Landareal  hier  vorhanden 
war,  auf  welchem  diese  Formen  des  Vogellebens  ihren  Ursprung 
fänden.  Aber  es  gibt  andere  Gesichtspunkte,  welche  auf  diese  An¬ 
sicht  einen  Zweifel  werfen.  Die  westliche  Hälfte  des  malayischeu 
Archipels,  die  zu  der  orientalischen  Region  gehört,  ist  auch  reich 
an  Tauben,  denn  sie  hat  43  Arten,  die  zu  11  Gattungen  gehören, 
eher  mehr,  als  in  der  ganzen  übrigen  orientalischen  Region  gefunden 
werden.  Dann  wiederum  finden  wir,  daß  die  Maskarenen  und  die 
Antillen  beide  mehr  Tauben  besitzen,  als  wir  erwarten  sollten  im 
Verhältnis  zu  denen  der  Regionen,  zu  welchen  sie  gehören,  und  zu 
ihrem  Totalbetrag  an  Vogelleben.  Es  sieht  dieses  aus,  als  ob  Inseln 
günstiger  für  die  Taubenentwicklung  wären  als  Kontinente,  und 
wenn  wir  die  Pacificischen  und  die  Malayischeu  Inseln,  die  Mas- 
karenen-Gruppe  und  die  Antillen  zusammenstellen,  so  finden  wir, 
daß  sie  insgesamt  170  Arten  von  Tauben,  besitzen,  während  alle 
großen  Kontinente  vereinigt  nur  ungefähr  dieselbe  Zahl  von  Arten 
produzieren.  Die  große  Entwicklung  der  Gruppe  in  der  australischen 
Region  kann  daher  eine  Folge  davon  sein,  daß  sie  hauptsächlich 
aus  Inseln  besteht,  und  nicht  eine  Folge  davon,  daß  die  Ordnung 
hier  ihreu  Ursprung  fand  und  daher  eine  längere  Zeit  zur  Dis¬ 
position  hatte,  um  .sich  zu  entwickeln. 


120  — 


Eine  physische  Ursache  für  diese  Eigentümlichkeit  der  Ver¬ 
breitung  sieht  Wallace  in  folgendem  :  Tauben  bauen  rohe  offene 
Nester  und  ihre  Jungen  bleiben  während  einer  beträchtlichen  Zeit 
bülflos.  Sie  sind  daher  den  Angriffen  solcher  Baumvierfüßler  oder 
anderer  Tiere  ausgesetzt,  welche  auf  Eier  und  junge  Vögel  jagen. 
Affen  sind  sehr  destruktiv  in  dieser  Hinsicht;  und  es  ist  eine  be- 
merkenswerte  Thatsache,  daß  über  die  ganze  australische  Region, 
die  Maskareneu  und  Antillen,  Affen  unbekannt  sind.  In  der  Indo- 
malayischen  Subregion,  wo  Affen  im  allgemeinen  zahlreich  Vor¬ 
kommen,  findet  man  die  größte  Mannigfaltigkeit  an  Tauben  auf  den 
Philippinen,  wo  nur  eine  einzige  Affenart  vorkommt,  und  auf  Java, 
wo  Affen  viel  weniger  zahlreich  sind  als  auf  Sumatra  und  Borneo. 
Wenn  wir  dieser  Betrachtung  die  Thatsache  anfügeu,  daß  Säuge¬ 
tiere  und  Raubvögel  der  Regel  nach  viel  weniger  zahlreich  auf 
Inseln  als  auf  Kontinenten  sind,  und  daß  die  äußerste  Entwicklung 
des  Taubenlebens  auf  der  Papua-Inselgruppe  erreicht  wird,  auf 
welcher  Säugetiere  mit  Ausnahme  einiger  weniger  Beuteltiere,  Fleder¬ 
mäuse  und  Schweine  gänzlich  fehlen,  so  haben  wir  einen  weiteren 
Grund,  diese  Ansicht  zu  adoptieren.  Man  muß  auch  in  Betracht 
ziehen,  daß  in  Amerika  verhältnismäßig  wenig  Tauben  in  den  reichen 
Wäldern  gefunden  werden,  sondern  meist  auf  die  offenen  Campos, 
die  hohen  Anden  und  die  westlichen  Küstendistrikte  beschränkt  siud, 
wo  das  Affeugeschlecht  gänzlich  fehlt. 

Die  Tetraonidae  oder  Rauchfußhühner  sind  die  einzige  kosmo¬ 
politische  Familie  aus  der  Ordnung  Gallinae  und  selbst  diese  ver¬ 
breiten  sich  nicht  in  das  gemäßigte  Südamerika  und  sind  in 
Australien  sehr  dürftig  repräsentiert.  Die  äthiopische  Region  enthält 
wahrscheinlich  die  meisten  Arten,  dann  kommt  die  orientalische, 
während  die  australische  die  ärmste  ist. 

Die  Falconidae,  Ordo  Accipitres,  sind  absolut  kosmopolitisch, 
sie  verbreiten  sich  weit  in  die  arktische  Zoue  hinein  und  besuchen 
die  entlegensten  oceanischen  Inseln.  Sie  sind  zahlreich  auf  allen 
großen  Kontinenten  und  größeren  Inseln  und  ziehen  offene  den 
waldigen  Regionen  vor.  Von  den  hierher  gehörigen  Gattungen 
sind  kosmopolitisch:  Astur,  ausgenommen  die  gemäßigte  südameri¬ 
kanische  Subregion,  Accipiter  bis  auf  das  östliche  Oceanien,  Buteo 
in  der  australischen  Region  und  der  iudo- malayischen  Subregion 
fehlend,  Haliaetus  ,  ausgenommen  die  neotropische  Region.  Die 
Gattung  Falco  fehlt  nur  auf  den  Pacific  -  Inseln ,  Cerchneis  in 
Oceanien, 


121 


Die  Paudionidae  oder  Fischadler  sind  universell  verbreitet  mit 
Ausnahme  der  südlichen  gemäßigten  Teile  Südamerikas.  Die  Gattung 
Paudion  mit  nur  einer  Art,  Pandiou  haliaetus  hat  den  Verbreitungs- 
bezirk  der  ganzen  Familie.  In  Europa  bewohnt  der  Fischadler  als 
Brutvogel,  während  des  Sommers  alle  Länder  von  Lappland,  Finn¬ 
land  und  Nordrußland  an  bis  zum  äußersten  Süden,  einzeln  auch 
Inseln  und  selbst  kleine  Eilande  des  Meeres.  In  Asien  lebt  er  an 
allen  größeren  Strömen  und  Seen  des  Nordens  und  des  Südens,  hier 
wie  in  einzelnen  Teilen  Afrikas  jahraus  jahrein.  In  letzterem  Erd¬ 
teile  zeigte  er  sich  mindestens  zeitweise  an  geeigneten  Orten  überall 
soweit  das  Land  bis  jetzt  durchforscht  wurde.  In  Amerika  hat  mau 
ihn  so  weit  nördlich  beobachtet,  wie  die  süßen  Gewässer  genügend 
lange  Zeit  offen  bleiben  und  von  hier  aus  bis  Südbrasilien  nirgends 
vermißt.  In  Australien  endlich  findet  er  sich  geeigneten  Orts  eben¬ 
falls  im  ganzen  Lande.  Im  Norden  ist  unser  Fischadler  Sommer¬ 
vogel,  im  Süden,  wie  es  scheint,  Strichvogel. 

Die  Strigidae  verbreiten  sich  über  die  ganze  Erde,  gehen  bis 
zu  den  äußersten  Polarregiouen  und  den  entferntesten  oceanischen 
Inseln.  Kosmopolitisch  sind  die  Gattungen  Bubo  mit  Ausnahme  der 
australischen  Region,  desgleichen  die  Gattungen  Scops,  die  auch 
noch  auf  den  Pacific-Iuseln,  Asio,  die  auf  den  Sandwichsinseln  fehlen 
und  Syrnium.  Überall  vorhanden  ist  die  Gattung  Strix  mit  der 
universell  verbreiteten  Art  Strix  flammea. 

Aus  der  Ordnung  Grallae  gehören  zunächst  die  Rallidae  zu  den 
kosmopolitischen  Vögeln.  Die  Gattungen  Rallus,  Porzana,  Gallinula 
und  Fulica  sind  über  die  ganze  Erde  verbreitet.  Von  den  hierher 
gehörigen  Arten  ist  Gallinula  chloropus  universell  verbreitet,  ebenso 
Fulica  atra,  das  Bläßhuhn,  das  in  Europa  und  Mittelasien  überall 
vorkommt,  außerdem  in  ganz  Afrika,  Südasien  und  Australien  in  der 
Winterherberge  anzutreffen  ist. 

Die  Scolopacidae  sind  ebenfalls  echt  kosmopolitisch.  Sie  verbreiten 
sich  bis  zum  äußersten  Norden  und  besuchen  die  entferntesten  Inseln. 
Die  Gattungen  von  universeller  Verbreitung  sind  Numenius,  Limosa, 
Totanus,  Tringoides,  Himantopus,  Tringa  und  Gallinago.  Als  hierher 
gehörige  kosmopolitische  Arten  sind  z.  B.  Totanus  littoreus ,  Tringa 
canutus ,  maritima  und  minuta  zu  nennen. 

Der  Glutt,  Totanus  littoreus ,  auch  Grünscheukel  genannt  ist 
nach  Brehm  buchstäblich  in  allen  Erdteilen  gefunden  worden,  also 
Weltbürger,  seine  eigentliche  Heimat  aber  ist  der  Norden  der  alten 
Welt.  Unser  Vaterland  berührt  er  gelegentlich  seiner  Reisen  im 


122 


Frühjahre  und  im  Herbste;  als  Brutvogel  hat  man  ihn  hier  noch 
nicht  beobachtet.  Er  erscheint,  vom  Norden  kommend,  bereits  in  der 
letzten  Hälfte  des  Juli,  streift  während  des  August  und  September 
regellos  im  Lande  umher  und  tritt  Ende  September  oder  Anfang 
Oktober  die  Reise  wirklich  an,  verbringt  die  Wintermonate  bereits 
auf  mehreren  Eilanden  des  griechischen  Inselmeeres  oder  in  Nord¬ 
afrika,  behält  jedoch  seine  umherstreifende  Lebensweise  bei  und 
gelangt  so  nach  den  Wendekreis-  und  weiter  südlich  gelegenen 
Ländern,  beispielsweise  nach  Südaustralien,  Tasmanien,  Südafrika  und 
den  La  Plata-Staaten. 

Der  Roststrandläufer,  Tringa  canutus,  brütet  nur  im  hohen 
Norden,  durchwandert  im  Herbste  und  Winter  aber  Europa,  fast 
ganz  Asien,  einen  großen  Teil  von  Amerika,  ebenso  auch  Afrika,  ist 
sogar  auf  Neuseeland  angetroffen  worden.  Ebenso  durchwandert  der 
Seestrandläufer,  Tringa  maritima ,  beide  Erdhälften,  ist  selbst  noch 
weiter  südlich  beobachtet  worden.  Auch  der  Zwergstraudläufer, 
Tringa  minuta ,  gehört  dem  hohen  Norden  an,  zieht  aber  so  weit, 
daß  man  ihn  fast  an  allen  Meeresküsten,  erweislich  an  denen  Europas, 
Asiens,  Afrikas  und  Australiens,  sowie  an  Flüssen  und  stehenden 
Gewässern  im  Innern  dieser  Erdteile  gefunden  hat. 

Kosmopolitisch  ist  ferner  die  Familie  der  Regenpfeifer,  Charadri- 
idae,  mit  den  Gattungen  Charadrius,  und  Haematopus;  desgleichen 
die  Familie  der  Ardeidae  mit  der  Gattung  Ardea  und  Nycticorax  und 
der  fast  kosmopolitischen  Gattung  Botaurus.  Der  Bekannteste  Ver¬ 
treter  der  Ardeidae,  der  Fischreiher,  Ardea  cinera ,  ist  universell  ver¬ 
breitet.  Nach  Norden  hin  reicht  der  Verbreitungskreis  derselben  bis 
zum  64.  Grade;  nach  Süden  hin  kommt  er  fast  in  allen  Ländern 
der  Alten  Welt  vor  und  zwar  nicht  bloß  als  Zug-  sondern  auch  als 
Brutvogel.  In  Indien  ist  er  gemein,  und  von  hier  aus  streift  er 
gewiß  bis  auf  eine  oder  die  andere  Insel  von  Oceanien  hinüber. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Korrespondenzen. 

Breslau,  16.  März  1893. 

Das  gewiß  seltene  Faktum,  daß  ein  wilder  Fuchs  im  Centrum  einer 
großen  Stadt  sein  Quartier  aufgeschlagen  hat  und  durch  die  Straf3en  seine 
Fahrten  unternimmt,  wird  gegenwärtig  auf  der  Matthiasinsel  beobachtet.  Meister 
Reinecke  ist  hierher  durch  den  Eisgang  verschlagen  worden  und  wahrscheinlich 
nach  einer  längeren  Reise  auf  einer  Scholle  uubemerkt  auf  der  Matthiasinsel 


123 


gelandet.  Der  Fuchs,  ein  stattliches  Tier,  hält  sich  tagsüber  versteckt,  ist 
aber  in  der  Nacht  schon  wiederholt  auf  dem  Ritterplatz  und  in  anderen  der 
Matthiasinsel  benachbarten  Gegenden  gesehen  worden. 

»Tägliche  Rundschau  für  Stadt  und  Land«,  Breslau  und  Schweidnitz  No.  65. 

Vielleicht  dürfte  die  Nachricht  angebracht  sein,  daf3  die  Hausratte  auch 
in  dem  südlichen  Teile  des  Zobtenberggaues  noch  nicht  völlig  verdrängt  ist 
durch  ihre  Base  die  Wanderratte.  Ich  habe  sie  aus  einer  ganz  abgelegenen 
Wassermühle  bei  Schlaupitz,  aus  einer  Windmühle  bei  Niederlangseifersdorf, 
endlich  auch  aus  Silsterwitz  erhalten,  freilich  ist  der  Nager  an  den  genannten 
Orten  keineswegs  häufig.  Karl  Kn  aut  he. 


Wien  27.  März  1893. 

In  der  Mitte  des  März  fing  Herr  Ferdinand  Weichberger  hier  in  Wien  im 
Garten  seines  Wohnhauses  V.  Embelgasse  21  ein  vollkommen  erwachsenes 
tadelloses  Exemplar  der  südeuropäisch-nord afrikanischen  gemeinen 
Wanderheuschrecke,  Acridium  aegyptiacum ,  welches  sich  jetzt  in  meinem  Besitze 
befindet.  Dieser  Fund  einer  mediterranen  Heuschreckenform  in  Wien  steh 
zwar  bezüglich  der  Jahreszeit,  aber  sonst  nicht  vereinzelt  da,  indem  die  echte 
Wanderheuschrecke  Pacliytylus  migratorius  vor  mehreren  Jahren  ebenfalls  in 
einem  Garten  (in  der  Burggasse  im  VII.  Bezirk)  in  mehreren  Exemplaren 
gefangen  wurde.  Dr.  Franz  Werner. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Verzeichnis  der  Tierarten  und  Spielarten,  die  im  Jahre  1892  im 
zoologischen  Garten  zu  Hamburg  zum  ersten  Male  ausgestellt 

wurden. 

I.  Säugetiere. 

Cercopithecus  cynosurus  Scop.,  Malbrukaffe.  Pteropus  edwardsii  Gffr.,  Edwards 
Flatterhund.  Sciurus  carolinensis  L.,  Karolina-Eichhörnchen.  Sciurus  cinereus 
L.,  var.  alba,  Weißes  Grauhörnchen.  Arctornys  monax  L.,  Mouax-Murmeltier 
Cerodon  rupestris  Wd.,  Felsen -Meerschweinchen.  Psammomys  cibesus  Rpp., 
Wüstenmaus.  Myopotamus  coypus  Mo^.,  var.  alba ,  Weiße  Biberratte.  Loris, 
gracilis  Gffr.,  Schlanklori.  Galago  agizymbanus  Coqu.,  Zanzibar-Galago.  Cki- 
rogaleus  myoxinus  Pet.,  Mäusemaki.  Felis  passerum  Sei.  var.,  Schilfkatze. 
Canis  cerdo  Gm.,  Wüstenfuchs,  Fennek.  Canis  anthus  F.  Cuv.,  Berberschakal. 
Viverricula  schlegeli  Poll.,  Madagaskar-Zibethkatze.  Nasaa  rufa  Dsin.,  Roter 
Nasenbär.  Cephalophus  pygmaeus  L.,  Blaubock.  Anoa  depressicornis  H.  Sm., 
Anoa,  Gemsbüffel.  Bubalus  Jcerabau  Müll.,  var.  alba,  Weißer  Kerabaubüffel 
Belideus  flaviventer  Gffr.,  Gelbbauch-Flugbeutler. 

II.  Vögel. 

Cacatua  buffoni  Fnsch.,  Buffon-Kakadu.  Conurus  nanus  Vog.,  Zwergsittich. 
Chrysotis  inornata  Salvad.,  Müller-Amazone.  Buceros  convexus  Tm.,  Kronen- 


124 


vogel.  Crotophaga  minor  Less.,  Madenfresser.  Ploceus  hypoxanthus  Daud., 
Goldgelber  Bayaweber.  Habropyga  modesta  Gld.,  Ceresastrild.  Hcibropyga 
formosa  Lth.,  Grüner  Bengalist.  Habropyga  cincta  Gld.,  Bartfink.  Spermestes 
scutata  Hgl.,  Sehildelsterchen.  Spcrmcstcs  malabarica ,  Malabarfasänchen.  Coc- 
coborus  torridus  Gm.,  Beisknacker.  Junco  hiemalis  L.,  Winterfink,  Mimus 
lividus  Lebt.,  Küstenspottdrossel.  Cassicus  icteronotus  V.,  Gelbsteißstirnvogel. 
Graculipica  melanoptera  Daud.,  Schwarzflügelmeina.  Cyanocorax  heclteli  Piz., 
Veilchenblaurabe.  Strepera  graculina  White,  Austr.  Würgerkrähe.  Bubo 
magellanicus  Gm.,  Magellannhu.  Bubo  turcomanus  Evrsm.,  Sibirischer  Uhu. 
Milvus  melanotis  T.  u.  Schl.,  Schwarzohrmilan.  Falco  candicans  Gm.,  Grön¬ 
ländischer  Jagdfalk.  Falco  fcldeggi  Schl.,  Feldegg -Falk.  Columba  corensis  Sm., 
Portorikotaube.  Peristera  chalcospila  Wgl.,  Bronzeflecktaube.  CaUipepla  gam- 
bcli  Nutt.,  Helmwachtel.  Phasianus  soemmerringi  Tem.,  Kupferfasan.  Platalea 
japonica  Bchnw.,  Sibirischer  Löffelreiher. 

III.  Reptilien  und  Amphibien. 

Testudo  nigrita  D.  B.,  Elephantenschildkröte.  Xenodon  rliabdocephalus  Wd., 
Streifenkopfnatter.  Tropidonotus  fasciatus  L.,  Bindennatter.  Bhinechis  scalaris 
Sclmz.,  Treppennatter.  Trachysaurus  rugosus  Gr.,  Rauhechse.  Zonurus 
giganteus  Sm.,  Gürtelechse.  Callula  pulchra  Kurzkopfkröte.  Bana  rnugiens 
Merr.,  Ochsenfrosch.  B  o  1  a  u. 

Daß  Fische  im  Eise  eingefroren  zu  leben  vermögen,  das  zeigt  ein 
in  Ostpreußen  beobachteter  Vorfall.  Ein  dortiger  Besitzer  fand  kürzlich  einen 
seiner  Teiche  bis  auf  den  Grund  vollständig  ausgefroren.  Die  Bewohner  des 
nassen  Elementes  lagen  im  Eise  eingefroren.  Selbige  wurden  zum  Teil  heraus- 
geliolt,  waren  aber  anscheinend  tot.  Trotzdem  legte  man  sie  doch  in  ein 
Gefäß  mit  Wasser  und  hatte  nach  einigen  Stunden  die  Freude  zu  sehen,  wie 
die  Fische  allmählich  aus  ihrem  starrem  Zustande  erwachten  und  lustig  um¬ 
herschwammen,  bloß  diejenigen,  welche  beim  Herausnehmen  beschädigt  waren, 
blieben  tot.  Diese  Beobachtung  zeigt,  daß  Fische  im  Eise  eine  Art  Winter¬ 
schlaf  zu  halten  vermögen.  (»Elbinger  Zeitung«  vom  15.  Februar  1890.)  Der 
Fall  wird  besonders  Herrn  Geheimrat  Prof.  F.  v.  Leydig  zu  Würzburg,  welcher 
in  seiner  Schrift:  »Zu  den  Begattungszeichen  der  Insekten«  die  Mitteilungen 
über  so  hochgradige  Kältestarre  scharf  kritisiert,  höchlichst  interessieren.  — 
Ich  selbst  habe  wohl,  wie  ich  früher  bereits  dem  geneigten  Leser  des  »Zoolog- 
Gartens«  mitgeteilt,  in  »ausgefrorenen«  Gruben  die  in  dem  ebenfalls  »ge¬ 
backenen«  Schlamme  steckenden  Fische  bei  naturgemäßem  Abtauen¬ 
zu  neuem  Leben  erwecken  können;  aber  nimmer  die  im  Eise  einge 
fröre  neu.  Zum  Glück  beginnt  es  hier  wieder  Winter  zu  werden,  alle  meine 
Gruben  sind  wenig  bewässert,  dagegen  stark  mit  zählebigen  Fischen  besetzt, 
ich  kann  also  in  Bälde  einige  weitere  einschlägige  Notizen  in  Aussicht  stellen. 

Karl  K  n  a  u  t  h  e. 

Neue  Papageienarten.  In  der  »Gefiederten  Welt«  veröffentlicht 
Claudia  Hartert  einen  sehr  lesenswerten  Aufsatz  über  ornithologische  Beobach¬ 
tungen  während  einer  Reise  nach  Westindien  und  macht  darin  auch  Mit¬ 
teilungen  über  zwei  neue  Papageienarten,  die  ihr  Gemahl,  der  bekannte  Ornitho¬ 
loge,  auf  westindischen  Inseln  auffand  und  benannte.  Auf  Aruba  kommt  ein 


125 


Keil schwanzsittich  ziemlich  häufig  vor,  demHartert  den  Namen  Conurus  arubensis 
beilegte.  Er  ist  dem  festländischen  Conurus  aeruginosus  sehr  ähnlich,  unter¬ 
scheidet  sich  aber  deutlich  durch  viel  hellere  Färbung  von  Vorderkopf  und 
Backen;  von  Conurus  pertinax  ist  er  leicht  durch  hellbraunes,  anstatt  orange¬ 
farbenes  Gesicht  zu  unterscheiden.  Ferner  erwies  sich  ein  auf  der  Insel  Bonaire 
lebender  Amazonenpapagei,  welcher  der  Chrysotis  ochroptera  sehr  ähnlich  ist, 
als  neue  Art  und  erhielt  den  Namen  Chrysotis  rothschildi.  Während  bei  Chrysotis 
ochroptera  das  Gelb  vom  Oberkopf  bis  unter  das  Kinn  reicht,  zeigen  sich  an 
den  Kopfseiten  von  Chrysotis  rothschildi  nur  die  Zügel  und  Ohrdecken  gelb, 
und  ein  grüner  Streif  zieht  sich  nach  der  Wurzel  des  Unterschnabels  hin;  am 
Kinn  ist  nur  wenig  oder  gar  kein  Gelb  vorhanden.  Der  innere  Flügelbug,  der 
bei  Chrysotis  ochroptera  immer  gelb  ist  und  nur  selten  an  der  Wurzel  etwas 
Rot  zeigt  ist  bei  Chysotis  rothschildi  lebhaft  rot  mit  nur  geringer  gelber  Bei¬ 
mischung.  Auch  ist  der  gelbe  Schulterfleck  viel  kleiner,  und  die  Federn  des 
Bauches  siud  nur  schwarz  gesäumt.  P. 

Leuchtende  Regenwürmer  sind  neuerdings  iu  Berlin  beobachtet 
worden,  und  zwar  in  einem  au  der  nördlichen  Weichbildgrenze  gelegenen 
Garten.  Über  diese  in  unserer  Gegend  ziemlich  seltene  Tierspecies  sprach 
der  Gymnasiallehrer  Dr.  Matzdorff  in  der  letzten  Sitzung  der  Berliner  Gesell¬ 
schaft  naturforschender  Freunde  und  stellte  fest,  daß  diese  Gattung  von  den 
anderen  in  Deutschland  heimischen  Regenwurmarten  erheblich  abweicht.  Die 
Leuchtkraft  der  Tiere,  die  fast  niemals  freiwillig  von  ihnen  ausgeübt  wird, 
rührt  ohne  Frage  von  einem  ausgeschiedenen  Saft  her,  der  die  Haut  der  Wür¬ 
mer,  dann  auch  den  von  ihnen  zurückgelegten  Weg  vollständig  bedeckt. 
Oftmals  fand  man  auch,  wenn  man  die  leuchtenden  Streifen  und  Punkte  unter¬ 
suchte,  keine  Würmer  mehr,  sondern  nur  deren  Spuren.  In  gleicher  Weise 
bedeckten  sich  die  Stiefel,  die  Pinzette,  die  Hände  und  die  Glasgefäße  des 
Untersuchenden  mit  der  leuchtenden  Absonderung,  sowie  die  Würmer  mit  ihnen 
in  Berührung  gekommen  waren.  Diese  Erscheinungen  an  der  Berliner  Art 
stimmen  mit  den  Erfahrungen  überein,  die  französische,  australische,  englische 
und  amerikanische  Gelehrte  an  dortigen  Arten  gemacht  und  beschrieben  haben. 
Die  Tiere  zeigten  sich  zuerst  im  Sommer  bis  in  den  September  hinein  und 
kamen  sogar  noch  bei  Eintritt  des  Frostes  aus  dem  Boden  hervor.  Eine  besonders 
hohe  Luftwärme  schienen  sie  nicht  zu  brauchen,  da  sie  auch  an  recht  kühlen 
Tagen  das  Erdreich  verließen  —  nur  mußte  Boden  und  Luft  feucht  sein.  Am 
besten  waren  sie  nach  starken  Regengüssen  in  ihrer  Leuchtfähigkeit  zu  beobach¬ 
ten,  ja  bei  trockenem  Wetter  mußte  ihr  Aufenthaltsort  am  Tage  gehörig  besprengt 
werden,  wenn  man  sie  abends  zu  sehen  sicher  sein  wollte.  Sie  bewohnen  an 
der  bisher  allein  beobachteten  Stelle  die  Erde  eines  vielfach  betretenen,  fast 
gar  nicht  mit  Rasen  bedeckten,  mit  Kies  überschütteten  Weges,  aus  dessen 
Rändern  sie  gegen  Abend  hervorkommen,  und  erscheinen  weder  auf  der  fest¬ 
getretenen  Mitte  des  Weges,  noch  auf  den  benachbarten  Beeten.  Sie  vermehrten 
sich  in  der  Beobachtungsperiode  überaus  rasch  und  lebhaft.  So  wie  sie  getötet 
wurden,  hörte  ihre  Leuchtkraft  auf,  da  der  aus  den  Drüsen  dringende  Saft 
schnell  eintrocknet,  sie  wurde  intensiver  und  kam  auch  manchmal  erst  dann 
zum  Vorschein,  wenn  die  Tiere  berührt  oder  gedrückt  wurden.  Über  die  Her¬ 
kunft  der  mit  ziemlich  lebhaftem  Glanze  strahlenden  Würmer  bemerkte  Herr 


126 


Dr.  Matzdorff,  daß  der  Besitzer  des  Gartens,  in  dem  die  vorliegenden  Tiere 
gesammelt  worden  sind,  öfters  aus  Gärtnereien  norddeutscher  Hafenstädte 
Pflanzen  mit  Erde  erhalten  habe,  welche  wahrscheinlich  zur  Erhöhung  des  Weges, 
den  die  leuchtenden  Regenwürmer  bewohnen,  benutzt  worden  ist.  Mit  dieser 
Erde  müssen  sie  eingeführt  worden  sein.  Didaskalia. 

Außergewöhnliche  Taubeneier.  —  Eine  alte  bewährte  Bagadetten- 
täubin  hat  im  vorigen  Jahre  nicht  gebrütet,  wohl  aber  zu  verschiedenen  Zeiten 
vier  überaus  verschiedene,  wie  ebenso  interessante  Eier  einzeln  abgelegt. 

Obwohl  bekanntlich  im  allgemeinen  diese  Taubenart  außerordentlich 
starke  Eier  liefert,  erscheint  doch  No.  1  bei  48  mm  Länge  und  98  mm  außen 
um  die  Mitte  gemessenem  dickstem  Umfange  als  ein  Riesenei,  abgesehen  von 
seiner  Größe  wäre  es  aber  durchaus  normal  in  Form,  Korn  und  glänzendem 
Weiß.  Gewogen  wurde  es  leider  nicht  und  durch  Zufall  auch  nicht  zum  Brüten 
untergelegt.  —  No.  2,  ein  regelrechtes  Durchschnittsei,  ist  48  mm  lang  und 
84  mm  dick.  —  No  3  wäre  in  seinen  Dimensionen  nicht  geradezu  auffällig, 
es  hat  nämlich  45  mm  Länge  bei  88  mm  dickstem  Umfange,  wenn  nicht  an 
dem  einen  Pole  ein  nicht  glänzender,  am  Beginn  6  mm  an  der  Spitze  2  mm 
und  48  mm  langer  widderhornartig  gewundener  Auswuchs  sich  angesetzt  fände, 
der  mit  dem  Ei  selbst  die  innigste  Verbindung  eingegangen.  . 

No.  4  endlich  ist  ein  starkschaliges  glanzloses  Ei  von  27  mm  Länge  bei 
60  mm  Dicke  ohne  jeglichen  durchscheinenden  Inhalt.  Man  mag  es  legen  und 
drehen,  wie  man  will,  immer  stellt  es  sich  wieder  auf  die  eine  Spitze.  Den 
rätselhaften  Schwerpunkt  zu  ermitteln,  habe  ich  das  Ei  soeben  geöffnet  uud 
erblicke  vor  mir  ein  wunderbares  Vorkommnis,  das  noch  von  keiner  Seite  sonst 
bestätigt  wurde.  Das  ganze  offen  liegende  Ei  ist  ohne  jegliche  Spur  von  Weiß 
oder  Dotter,  frisch  oder  eingetrocknet,  seine  obere  Hälfte  unterscheidet  sich  in 
nichts  von  der  eines  jeden  anderen  leeren,  dagegen  seine  untere,  auf  der  es 
infolgedessen  beharrlich  stand,  umschließt  eine  völlig  für  sich  bestehende 
zweite  aber  nur  halbe  Eischale,  deren  Rand  sich  mathematisch  genau,  ohne 
den  kleinsten  Riß,  kreisrund  abgeschnitten  zeigt,  als  hätte  ein  zuverlässiges 
Instrument  hieran  seine  Arbeit  verrichtet.  Es  tritt  dieser  Umstand  umsomehr 
hervor,  weil  der  daneben  ringsum  etwas  überstehend  gelassene  Rand  des  äußeren 
Eies  durch  das  gewaltsame  Brechen  zersplittert  und  zerrissen  ist. 

Wenn  nun  diese  beiden  Eier  am  Stock  und  in  der  Leitung  sich  in¬ 
einander  geschoben,  woher  kommt  es,  daß  die  Grenzen  des  eingeschobenen 
sich  meisterhaft  durchschnitten  verhalten  und  wo  ist  die  naturgemäß  dazu 
gehörige  weitere  Hälfte  geblieben?  Ich  stehe  vor  einem  Rätsel!  —  Es  wäre 
hoch  erwünscht,  daß  etwa  ähnliche  Vorkommnisse  bekannt  gegeben  und  thun- 
lichst  begründet  würden.  Eduard  Rüdiger. 

Die  Affen  auf  Gibraltar.  Die  auf  den  Felsen  von  Gibraltar 
lebenden  Magots  (Macacus  inuus)  sollen  sich  in  den  letzten  Jahren  vermehrt 
haben  und  ihre  Zahl  nunmehr  etwa  60  betragen.  .  Z.  S.  i.  L. 

Moschusochsen.  Für  die  Beschaffung  von  fünf  lebenden  in  gutem 
Zustande  befindlichen  Moschusochsen  ( Ovibus  moscluitus) ,  und  zwar  zwei 
Männchen  und  drei  Weibchen,  hat  die  Zoologische  Gesellschaft  zu  London  eine 
Summe  von  500  Pfund  ausgesetzt,  eventuell  eine  entsprechend  geringere  Summe 
für  eine  kleinere  Anzahl  von  Exemplaren.  »Nature.« 


127 


Equus  przewalskii.  Dieses  bisher  nur  durch  einen  im  Jahre  1881  von 
Prschewalski  nach  Europa  gebrachten  und  von  Poliakow  beschriebenen  Balg 
bekannte  Wildpferd  der  Dsungarei  ist  neuerdings  wieder  erbeutet  worden. 
Nach  den  »Berichten  der  russischen  geographischen  Gesellschaft«  erlegten  die 
Gebrüder  Grijimailo  drei  Hengste  und  eine  Stute  dieser  Pferdeart.  Das  Tier 
das  auch  im  »Zoolog.  Garten«,  Jahrg.  1884,  S.  331  von  Noack  nach  »Nature« 
beschrieben  wurde,  besitzt  bekanntlich  im  Gegensatz  zu  allen  anderen  be¬ 
kannten  Wildpferden,  aber  in  Übereinstimmung  mit  Equus  caballus  Schwielen 
an  Vorder-  und  Hinterbeinen  und  wird  deshalb  von  manchen  Forschern  als 
Stammvater  von  Equus  caballus  betrachtet,  obwohl  Schwanz,  Mähne  und  Größe 
eselsartig  sind.  Man  hegt  übrigens  gegenwärtig  Zweifel,  ob  das  Tier  eine 
wirkliche  Art  bildet,  oder  ob  es  nicht  vielmehr  ein  Kreuzungsprodukt  von 
Pferd  und  Wildesel  (Kulan)  ist. 

Nach  W.  B.  Tegetmeier  in  »The  Field.« 


Litte  r atu  r . 


Liebe  zur  Tierwelt.  Anregende  Beispiele  zur  Zähmung  und  Pflege  unserer 
Wald-  und  Gartenvögel  und  anderer  freilebender  Tiere.  Nach  dem  Eng¬ 
lischen  der  Eliza  Brightwen  von  B.  Iloffmann.  Verlag  von  Felix 
Krais  in  Stuttgart. 

Frei  in  Wald  und  Feld  lebende  Geschöpfe  —  Vögel,  Insekten  und  manche 
kleine  Vierfüßler  sind  es,  die  von  der  geduldigen  Güte  der  Mrs.  B.,  zum  Teil 
vom  Nest  aus,  aufgezogen  und  gepflegt  wurden,  und  es  ist  kein  Zweifel,  daß 
die  schlichte  Schilderung  dessen,  was  sie  dabei  erfahren  hat,  allen  Freunden 
der  belebten  Natur  neues  und  fesselndes  vor  Augen  bringt.  In  anziehender, 
verständlicher  Form  werden  Beispiele  und  Thatsachen  angeführt,  die  einen 
tiefen  Blick  in  das  wunderbare  Seelenleben  der  Tiere  gewähren.  Die  rührend¬ 
sten  Züge  von  Elternliebe,  Mitleid,  Gelehrigkeit,  ja  von  köstlichem  Humor 
werden  vorgeführt  und  treffliche  Anweisungen  über  Futter,  Wohnstätte  und 
Behandlung  der  Ziehtierchen  gegeben.  Goethes  Wort,  als  ihm  von  der  Liebe 
und  Selbstverleugnung  eines  Zaunkönigpärchens  erzählt  wurde;  Wer  da  an 
keinen  Gott  glaubt,  dem  ist  nicht  zu  helfen  !  findet  in  diesen  Tiergeschichten 
manch  entsprechenden  Wiederklang.  Das  Buch  ist  in  seiner  Art  ein  Unikum, 
Jung  und  Alt  werden  es  mit  gleichem  Interesse  lesen  und  sich  an  den  vielen 
nach  der  Natur  gezeichneten,  ganz  hervorragend  schön  ausgeführten  Illustratio¬ 
nen  nicht  wenig  erfreuen. 


Waser,  P.,  Sport-  und  Schlacht-Kaninchenzucht.  Ein  Handbuch 
zur  speciellen  Beurteilung  der  Pflege  und  Zucht  aller  einzelnen  Rassen  der 
Sport-  und  Schlacht-Kaninchenzucht.  Mit  30  Abbildungen  im  Text.  (Magde¬ 
burg,  Creutzsche  Verlagsbuchhandlung.) 

Die  Kaninchenzucht  hat  in  verhältnismäßig  kurzer  Zeit  in  Deutschland 
einen  Aufschwung  genommen  und  eine  Verbreitung  gefunden,  wie  nie  zuvor 


128 


und  besonders  auch  die  Sport*  oder  Edelzucht  hat  sich  in  überraschender  Weise 
entwickelt.  Dies  beweist  die  große  Anzahl  Kaninchen  -  Ausstellungen,  die  teils 
in  selbständiger  Form,  teils  in  Verbindung  mit  Geflügel-  und  anderen  Aus¬ 
stellungen  in  den  letzten  Jahren  stattfanden.  Diese  Entwicklung  der  Sport-Zucht 
wäre  indes  bei  dem  regen  Interesse,  welches  dieselbe  fand,  eine  noch  umfang¬ 
reichere  gewesen,  wenn  die  Erfahrungen  nach  dieser  Richtung  hin  verbreiteter 
waren,  wenn  vor  allem  eine,  die  Sport-  und  Edelzucht  ausführlich  behandelnde 
Schrift  existiert  hätte.  —  Das  von  Künstlerhand  illustrierte  Buch  wird  jedem 
Kaninchenzüchter  eine  unentbehrliche  Belehrungsquelle,  jedem  Tierliebhaber 
eine  höchst  willkommene  Gabe  sein. 


Eingegangene  Beiträge. 

St.  v.  W.-G.  in  S.  Die  Überschrift  war  schon  so  gedruckt  und  mußten  wir  solche 
daher  heibehalten.  —  Dr.  C.  M.  in  P.  Fortsetzung  erhalten.  —  K.  Kn.  in  Schl.  Die  Bücher 
sind  an  Sie  .abgesandt  und  ist  uns  Ihr  Vorschlag  recht.  —  Dr.  L.  W.  in  Iv.  Besten  Dank  für 
Ihre  Aufmerksamkeit.  Wir  sehen  den  gütigst  versprochenen  Mitteilungen  aus  Ihrem  Garten 
gern  entgegen. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Zeitschrift  für  Naturwissenschaften.  Herausgegeben  von  Dr.  O.  Lüdecke,  Prof.  a.  d. 

Univ.  Halle.  Leipzig  C.  E.  M.  Pfeffer  1892.  65.  Band.  6.  Heft. 

Occasional  Papers  of  the  natural  history  society  of  Wisconsin.  By  George  W.  and  Elisabeth 
G.  Peckham.  Vol.  II.  1892. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornithologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 

Pallisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVII.  Jahrg.  No.  4. 
Zoologischer  Anzeiger  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Carus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann.  XVI.  Jahrg.  No.  416-418. 

Deutsche  Forst-  und  Jagdzeitung.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier.  Fr.  Lintzsche  Buchh.  VIII.  Jahrg.  No.  19—21. 
Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  Ferd. 
Wirth  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg. 
No.  8—14.  17-19. 

Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz -Dresden.  Paul  Wolff. 
XXIV.  Band  No.  22-29.  31—33. 

Die  gefiederte  Welt.  Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Russ.  Magdeburg.  Creutzsche 
Verlagsbuchh.  XXII.  Jalirg.  No.  8—15.  17.  18. 

Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science.  London.  Macmillan  &  Co.  Vol.  47. 
No.  1216—1224.  1227.  1228. 

Field.  London.  Horace  Cox.  XXXI.  No.  2093—2102.  2107. 

Ornithologische  Monatsberichte,  herausgegeben  von  Dr.  Ant.  Reicheno w.  Berlin. 
R.  Friedländer  &  Sohn.  I.  Jahrg.  No.  2. 

Prof.  Dr.  G.  Jaegers  Monatsblatt.  Zeitschrift  f.  Gesundheitspflege  und  Lebenslehre. 

Stuttgart.  W.  Kohlhammer.  XII.  Jahrg.  No.  5. 

Ornithologische  Monatsschrift  d.  Deutschen  Vereins  z.  Schutze  d.  Vogclwelt.  Redi¬ 
giert  von  Hofrat  Prof.  Dr.  Liebe  in  Gera,  Dr.  Frenzei,  Dr.  Rey,  Prof.  Dr.  O.  Taschenberg. 
Merseburg.  Kommiss-Verlag  von  Friedrich  Stollberg.  XVTIT.  Jahrg.  No.  2  u.  3. 
Sitzungsberichte  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien.  Jahrgang  1893. 
No.  7—9. 

Verhandlungen  der  Kais.  Kgl.  Zool.-hotan.  Gesellschaft  in  Wien.  Redigiert  von  Dr.  Carl 
Fritsch.  XL1II.  Band.  I.  Quartal.  Wien  1893. 

Rechenschaftsbericht  des  Zoolog.  Garten  in  Kopenhagen  für  die  Zeit  vom 
1.  Januar  bis  31.  Dezbr.  1892. 

Sport-undSchlacht-Kaninchenzucht.  Von  P. Waser.  Magdeburg.  Creutzsche 
Verlagsbuchh.  1893. 

Bechholds  Handlexikon  der  Naturwissenschaften  und  Medizin.  Frankfurt  a.  M. 
Verlag  von  H.  Bechhold. 

Vereinsschrift  für  Forst-,  Jagd-  und  Naturkunde.  Organ  der  forstl.  Landesver¬ 
suchsstelle  f.  d.  Königr.  Böhmen.  Redig.  von  Josef  Zenker,  K.  Iv.  Forstrat  u.  Forstmstr. 
6.  Heft.  1892/93.  Prag.  In  Komm,  bei  Max  Berwald. 

Vorstehende  Bücher  und  Zeitschriften  können  durch  Mahl  au  &  W  aldsehm  idts  Sort.  bezogen  werden. 


Nachdruck  verboten. 


Druck  vou  Malilau  &  WaldsclimiiH.  Frankfurt  ».  M. 


(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  5.  XXXIV.  Jahrgang.  Mai  1893. 

I  n  H  a  1  i. 

Ein  neuer  Beutelfrosch;  von  Prof.  Dr.  0.  Boettger  in  Frankfurt  (Main).  —  Ein  Beispiel 
von  Vererbung  mechanischer  Verletzungen;  von  C.  Greve  in  Moskau.  —  Beiträge  zur 
Naturgeschichte  von  Mephitis  occidentalis ;  von  C.  A.  Pur  pus,  Delta  Colorado.  —  Forschungs¬ 
gänge  durch  Wald  und  Feld;  von  Staats  von  Wacquant  Geozelles.  Kosmopolitische 
Tiere;  von  Dr.  C.  Müller.  (Fortsetzung).  —  Jahresbericht  über  den  Zoologischen  Garten  zu 
Hannover  für  1892-  93.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Ein¬ 
gegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften. 

Ein  neuer  Beutelfroscli. 

Von  Prof.  Dr.  O.  Boettger  in  Frankfurt  (Main). 

Im  Jahre  1854  stellte  Dr.  D.  F.  Weiuland,  der  noch  lebende 
Begründer  dieser  Zeitschrift,  dessen  anregende  Lehrvorträge  und  große 
Verdienste  um  das  naturwissenschaftliche  Leben  in  Frankfurt  auch 
heute  noch  nicht  vergessen  sind,  eine  merkwürdige  südamerikauische 
Laubfroschgattung  auf,  bei  der  das  Weibchen  mit  einer  geräumigen 
Rückentasche  ausgerüstet  ist,  in  welcher  die  Eier  einen  kleineren 
oder  größeren  Teil  ihrer  Entwicklung  durchzumachen  haben.  Im 
übrigen  weichen  die  Vertreter  dieser  Gattung  Nototrema  von  den 
echten  Laubfröschen  (Hyla)  in  keiner  Weise  ab.  Bis  zum  Jahre  1888 
waren  5  Arten  dieses  Geschlechtes  bekannt,  die  mit  60 — 82  mm  Leibes¬ 
länge  zu  den  größeren  Baumfröschen  gehören  und  sämtlich  den  Westen 
der  Anden,  namentlich  Ecuador,  bewohnen,  aber  auch  in  Peru,  in 
Golumbien,  dem  südlicheu  Mittelamerika  und  dem  westlichen  Venezuela 
in  einzelnen  Formen  heimisch  sind.  In  neuerer  Zeit  nun  wurden 
noch  2  weitere  Arten  und  schliesslich  weitab  von  diesem  westlichen 
Verbreitungsgebiete  eine  achte  Art  bei  Pernambuco  ganz  im  Osten 
von  Südamerika  auf  der  atlantischen  Seite  von  Brasilien  nachgewiesen. 

Die  Beutelfrösche  lassen  sich,  je  nach  der  Art  ihrer  Entwicklung, 
in  zwei  Reihen  einteilen.  Bei.  den  einen  verlasseu  die  Jungen  die 

Zoolog.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  9 


Eier  als  Kaulquappen  und  schlüpfen  als  solche  aus  der  Rückentasche 
des  Weibchens  (N.  marsuviatum  und  plumbeum ),  um  zur  Regenzeit 
in  Waldsümpfen  ihre  volle  Verwandlung  zu  Fröschen  durchzumachen, 
bei  den  audern  (N.  testudineum ,  oviferum  und  fissipes )  aber  vollenden 
die  Jungen  im  Innern  des  mütterlichen  Brutbeutels  ihre  ganze  Ent¬ 
wicklung  und  kriechen  schließlich  als  kleine,  vierbeinige,  schwanz¬ 
lose,  lungenatmende  Frösehchen  aus  der  Tasche.  Bei  den  erstereu 
sind  die  Eier  klein  und  zahlreich,  bei  den  letzteren  finden  wir 
höchstens  15  oder  16  Eier,  deren  Durchmesser  aber  den  sechsten 
bis  achten  Teil  der  Leibeslänge  des  Frosches  zu  erreichen  pflegt. 
Von  einigen  Species  kennen  wir  die  Art  der  Verwandlung  noch  nicht. 

Kürzlich  habe  ich  nun  eine  neunte  Art  von  Puerto  Cabello 
in  Venezuela  beschrieben,  die  sich  zwar  an  die  zweite  genannte 
Gruppe  anschließt,  deren  vollständige  Entwicklung  im  »Rucksacke« 
der  Mutter  erfolgt,  die  sich  aber  noch  durch  eine  Reihe  von  Eigen¬ 
tümlichkeiten  vor  allen  anderen  Arten  auszeichnet.  Wenn  wir  die 
Cordillere  von  Merida,  an  deren  Nordseite  dieses  N.  pygmaeum *) 
augetroffen  wird,  noch  als  den  nordöstlichsten  Ausläufer  der  Anden 
betrachten,  w’ozu  wir  wohl  berechtigt  sind,  fällt  sein  Fundort  noch 
in  den  Rahmen  des  westandischen  Hauptverbreitungsgebietes  der 
Gattung.  Bemerkenswert  vor  allem  ist  nun  die  geringe  Größe  des 
Tieres.  Das  erwachsene,  eiertragende  Weibchen  hat  eine  größte 
Leibeslänge  von  etwa  25  mm,  ist  also  nur  ungefähr  den  dritten  Teil 
so  groß  wie  die  stattlichen  anderen  Arten  von  Nototrema.  Auch 
die  Anzahl  der  Eier  ist  kleiner  als  bei  irgend  einem  anderen 
Gattungsverwandten ;  sie  beträgt  hier  nur  4 — 7.  Trotzdem  sieht, 
infolge  der  unförmlichen  Größe  dieser  Eier,  ein  mit  solchen  beladenes 
Weibchen  dieser  Art  ans,  als  ob  es  einen  mit  ein  paar  riesigen 
Kugeln  unregelmäßig  vollgestopften  Sack  auf  dem  Rücken  trage.  Das 
merkwürdigste  aber  ist  folgendes.  Während  bei  den  großen  Gattungs¬ 
verwandten  die  Mündung  der  Rückentasche  am  Rumpfende  oberhalb 
des  Afters  punktförmig  oder  dreieckig  aussieht,  und  wie  durch  einen 
Ringmuskel  (Sphinkter)  geschlossen  erscheint,  ist  diese  Öffnung  bei 
unserer  neuen  Zwergart  ein  kurzer  Längsschlitz,  der  nach  oben  in 
einer  feinen,  erhabenen  Läugsfalte  endigt,  die  in  der  Mittellinie  des 
Rückens  bis  zum  Hinterkopfe  zieht.  Diese  Längsfalte  macht  ganz 
den  Eindruck  und  hat  die  Beschaffenheit,  wie  wenn  man  ein  Blatt 
Briefpapier  zusammengelegt  und  zu  einem  Doppelblatt  in  der  Mitte 


*)  Bei*,  d.  Senckenberg.  Kat.  Ges.  Frankfurt  a.  M.  1893,  Seite  40 — 42. 


recht  scharf'  gefaltet  und  geknickt  hat.  Wie  ein  solches  Papier  nun 
längs  der  Palte  einer  leicht  geführten  Reißbewegung  nachgiebt  und 
uur  einen  ganz  schwachen  Widerstand  entgegensetzt,  so  auch  die 
Rücken  falte  des  Weibchens  von  N.  pygmaeum  (das  Männchen  ist 
noch  nicht  bekannt),  die  au  ihrem  Hintereude  ja  durch  die  Spalt¬ 
öffnung  der  Bruttasche  bereits  eingerissen  ist.  Nun  wird  es  auch 
leicht  verständlich,  wie  das  Auskriechen  der  entwickelten  Jungen 
sich  vollziehen  dürfte.  Die  Größe  der  Eier  und  der  daraus  ent¬ 
schlüpfenden  Fröschchen  gestattet  wegen  der  Enge  des  Brutbeutels 

•• 

und  der  Kleinheit  seiner  schlitzförmigen  Öffnung  kein  Aneinander- 
vorbeikriechen  oder  Ausweichen  der  Jungen,  aber  die  lebhaften  Be¬ 
wegungen  dieser  Tierchen,  die  dem  engen  Gefängnis  zu  entrinnen 
streben,  verursachen  Zerrbewegungen  der  Beuteldecke,  die  alsbald  in 
ihrer  ganzen  Ausdehnung  längs  der  Rückenfalte  von  hinten  nach 
vorn  aufreißen  muß  und  die  Fröschchen  freigibt.  Was  weiter  ge¬ 
schieht,  ist  freilich  noch  unklar,  da  uns  darüber  Beobachtungen,  ja 
Vermutungen  fehlen.  Wenig  wahrscheinlich  ist  übrigeus,  daß  die 
Wundräuder  des  durch  die  Jungen  auf  dem  Rücken  der  Mutter  aus¬ 
geführten  »Kaiserschnittes«  sich  wieder  schließen  werden,  daß  also 
der  »Rucksack«  nach  dem  Ausschlüpfen  der  Brut  in  der  Mitte  verheilen 
wird.  Dazu  ist  die  Rückenhaut  doch  wohl  zu  dünn  und  zu  gefäßarm,  und 
wohl  auch  das  trockene  Klima  hinderlich.  Viel  wahrscheinlicher  ist 
dagegen,  daß  die  ganze  Rückenhaut  alsbald  abdorrt  und  die  untere 
Hautlage  der  Bruttasche  nach  dem  Auskriechen  der  Jungen  zur 
neuen,  bleibenden  Rückenhaut  wird.  Ob  sich  nun  aber  zum  zweiten¬ 
mal  eine  Bruttasche  erzeugen  kann,  und  ob  diese  Erneuerung  derselben 
nach  jeder  »Geburt«  Regel  ist,  oder  ob  der  Frosch  nur  einmal  in  seinem 
Leben  fortpflanzungsfähig  wird,  das  entzieht  sich  vorläufig  noch 
ebenso  unserer  Kenntnis,  wie  der  Umstand,  auf  welche  Weise  bei 
dieser  Froschgattung  die  Eier  in  den  Rückenbeutel  des  Weibchens 
gelangen,  und  wer  sie  eigentlich  einschiebt.  Daß  dem  Männchen 
dabei  eine  hervorragende  Thätigkeit  zuzusprecheu  sein  wird,  dürfte 
zweifellos  sein;  wie  die  Sache  aber  vor  sich  geht,  ist  noch  ein  voll¬ 
kommenes  Geheimnis. 

Die  wunderbare  Brutpflege  der  Beutelfrösche  haben  wir  aufzu¬ 
fassen  als  eine  Anpassuugserscheinung  an  ein  Klima,  dessen  kurze 
und  unregelmäßige  Regenpausen  eine  ungestörte  Entwicklung  der 
Kaulquappen  unsicher  machen  oder  geradezu  gefährden.  Durch  das 
Herumschleppen  der  Eier  oder  Jungen  im  Brutbeutel  von  Seiten 
des  Weibchens  wird  die  Periode  des  Freilebens  der  anfangs  kiemen- 


132 


atmenden  und  auf  lufthaltiges  Wasser  angewiesenen  Jungen  wesent¬ 
lich  abgekürzt  und  so  die  Möglichkeit  erreicht,  die  Brut  selbst  in 
einem  wasserarmen  und  trockenen  Klima  über  die  erste,  das  Gedeihen 
der  Jungen  am  meisten  gefährdende  Zeit  der  Verwandlung  hinüber¬ 
zubringen.  Für  die  lang  andauernde  Entwicklung  des  Tierchens  in 
der  Bruttasche  der  Mutter  aber  ist  das  Ei  in  vorsorglicher  Weise 
mit  einer  großen  Dottermasse  ausgerüstet,  von  der  der  junge  Frosch 
bis  zur  Zeit  des  Auskriechens  zehrt. 


Ein  Beispiel  von  Vererbung  mechanischer  Verletzungen. 

Von  C.  Greve  in  Moskau. 

In  neuerer  Zeit  beschäftigt  sich  die  Forschung  sehr  viel  mit  der 
Frage,  ob  mechanische  Verletzungen  und  Verstümmelungen,  welche 
das  Muttertier  erlitten,  sich  auf  die  Nachkommen  forterben  können 
oder  nicht.  Sehr  häufig  begegnet  man  heut  zu  Tage  in  der  Litte- 
ratur  Abhandlungen,  welche  das  Für  und  Wider  verhandeln.  Zum 
Leidwesen  der  allzueifrigen  Verfechter  der  Vererblichkeit  sind  aber 
die  Beispiele,  die  das  Gegenteil  beweisen,  immer  noch  viel  häufiger,  als 
die  Thatsachen,  welche  sie  stützen  könnten.  Seit  einer  großen  Reihe 
von  Generationen  wurden,  wie  bekannt,  den  Bulldoggen  die  Ohren 
und  Ruthen  gekappt,  aber  noch  nie  ist  etwas  darüber  verlautet,  daß 
etwa  junge  Bulldoggen  ohne  Schwanz  oder  mit  den  von  der  herr¬ 
schenden  Mode  geforderten,  verstümmelten  Ohren  geboren  worden 
wären,  alle  haben  sie,  wie  ihre  Eltern  und  Ureltern,  die  von  der 
Natur  erhaltenen  halbüberhängenden  Ohren  und  langen  Schwänze, 
wenn  sie  das  Licht  der  Welt  erblicken.  Genau  so  steht  es  mit  den 
englischen  Pferden;  obwohl  Generationen  hindurch  das  grausame 
Verfahren  des  » Anglisierend«  angewandt  wurde,  ist  noch  nie  ein 
Füllen  zur  Welt  gekommen,  das  durch  Ererbung  eines  vom  verderbten 
Geschmack  gewünschten  Schweifes  die  grausame,  verstümmelnde 
Operation  für  sich  erspart  hätte. 

Eine  Möglichkeit  der  Vererbung  wird  niemand  in  Abrede  stellen 
und  es  ist  ein  Ziel  jedenfalls  erstrebenswert:  die  Auffindung  der  Ge¬ 
setze,  unter  deren  Erfüllung  eine  solche  Erbschaft  möglich  ist  oder 
auch  stattfinden  muß.  Tst  man  in  der  Wissenschaft  auch  schon  längst 
soweit  gelangt,  daß  von  einer  Zweckmäßigkeit  in  deu  Vorgängen 
der  Natur  keine  Rede  sein  kann,  so  wird  doch  andererseits  täglich 


mehr  und  mehr  erwiesen,  daß  bestimmte  Ursachen  auch  bestimmte 
Folgen  haben  müssen  und  umgekehrt,  eine  jede  Erscheinung  ihre 
bewirkende  Ursache  hat,  daß  —  mit  einem  Wort  —  alle  Vorgänge 
in  der  Natur  an  bestimmte  Gesetze  gebunden  sind. 

Aufgefunden  können  aber  solche  Gesetze  nur  werden,  indem 
das  Material  zu  ihrer  Herleitung  erst  sorgfältig  gesammelt  und  ge¬ 
sichtet  wird.  Das  rein  Wissenschaftliche,  die  Auffindung  der  Theorie 
der  Gesetze,  ist  speciell  Sache  der  Fachgelehrten  —  beim  Sammeln 
des  Materials  werden  aber  auch,  besonders  auf  naturwissenschaft¬ 
lichem  Gebiete,  wo  es  oft  nur  auf  die  Gabe  richtiger  Beobachtung 
und  eines  offenen  Blickes  für  die  Geschehnisse  in  der  umgebenden 
Natur  ankommt  —  da  werden  auch  die  Handlangerdienste  der  nicht¬ 
zünftigen  Zoologen,  der  bloßen  Naturfreunde,  viel  Nutzen  schaffen 
können.  Darum  will  ich  hier  den  Lesern  des  »Zoologischen  Gartens« 
einen  interessanten,  von  mir  selbst  beobachteten  Fall  von  Vererbung 
einer  Verletzung  berichten. 

Vor  drei  Jahren  erhielt  ich  eine  sehr  schöne  Dachshündin  zum 
Geschenk,  welche  im  inneren  Augenwinkel  des  rechten  Auges,  an 
der  Thränendrüse  eine  Wucherung  von  roter  Farbe  besaß.  Diese 
Neubildung  wurde  im  Winter,  wenn  das  Tier  wenig  Bewegung  hatte 
und  gut  bei  Leibe  war,  größer,  oft  erbsengroß,  so  daß  das  Auge 
fast  halb  verdeckt  war;  im  Sommer  aber,  wenn  das  viele  Laufen 
und  der  Aufenthalt  im  Freien  die  Hündin  magerer  gemacht  hatten, 
verschwand  der  rote  Wulst  fast  ganz  und  man  mußte,  um  ihn  zu 
finden,  das  untere  Augenlid  umstülpen.  Auf  mein  Befragen  teilte 
der  frühere  Besitzer  des  Hundes  mir  mit,  das  Tier  habe  vollkommen 
gesunde  Augen  gehabt,  sei  aber  einmal  auf  eine  Katze  gehetzt 
worden,  welche  mit  ihren  Krallen  dem  armen  Dächsel  das  rechte 
Auge  derart  zugerichtet  hätte,  daß  man  fast  ein  Erblinden  desselben 
fürchtete.  Später  sei  dann  die  verletzte  Thränendrüse  bald  mehr  bald 
weniger  geschwollen  gewesen.  Ich  wollte  anfangs  das  Tier  einer 
Operation  unterwerfen,  weil  der  Tierarzt  meinte,  eine  solche  sei  eine 
Kleinigkeit  —  schließlich  stand  ich  davon  ab,  da  mein  Vertrauen 
zu  den  Herren  Veterinären  bei  uns  zu  Lande  mehrfach  erschüttert 
worden  ist. 

Im  Herbst  1887  warf  die  Hündin  fünf  gesunde  und  ein  sehr 
schwaches  Junge.  Letzteres  ging  nach  einigen  Tagen  ein  —  die  anderen 
entwickelten  sich  sehr  gut  und  wurden,  als  sie  selbständig  fressen  konnten, 
an  verschiedene  Bekannte  fortgeschenkt.  Nach  Jahresfrist  teilte  mir 
einer  von  diesen  mit,  seine  kleine  Dachshündin  hätte  genau  so  eine 


134 


Wucherung  am  rechten  Auge,  wie  die  Mutter.  Dieses  veranlagte 
mich  auch  bei  den  audereu  Leuten  Umfrage  zu  halten  —  aber  ihre 
Dächsel  waren  alle  vollkommen  gesund,  so  daß  nur  eines  der  Jungen 
die  Verletzung  der  Alten  überkommen  hatte.  Man  brachte  das  Tier 
zum  Tierarzt,  welcher  ohne  Schwierigkeiten  das  Gewächs  entfernte, 
aber  nach  einigen  Wochen  erschien  ein  solches  am  inneren  Winkel 
des  anderen,  also  des  linken  Auges!  Die  Operation  mußte  wiederholt 
werden  und  seitdem  ist  der  Hund  vollkommen  gesund. 

Vor  fünf  Wochen  (15.  [27.]  Mai)  warf  die  Hündin  wieder  vier 
Junge.  Natürlich  werden  diese  nunmehr  genau  .beobachtet ,  um 
eine  etwaige  Wiederholung  des  Falles  sofort  zu  bemerken  und  es  soll 
meine  erste  Pflicht  sein,  ein  derartiges  Vorkommnis  sofort  zur  Kenntnis 
der  Leser  des  »Zoologischen  Gartens«  zu  bringen.*) 

Zum  Schlüsse  sei  mir  gestattet,  um  mein  obiges  Urteil  über 
unsere  hiesigen  Tierärzte  zu  rechtfertigen,  folgendes  anzuführen.  Ein 
Veterinärarzt  erklärte  einen  etwas  klaffsüchtigen,  bissigen  Pintscher 
für  toll  und  verlangte  sofortige  Tötung  des  Hundes  —  dieser  selbe 
Hund  lebt  noch  heute,  nach  6  Jahren.  Ein  anderer  Tierarzt,  den 
ich  zur  Behaudlung  eines  alten  Setters  rief,  welcher  an  einer  Entzün¬ 
dung  (?)  des  Uterus  leiden  sollte,  erklärte,  das  Tier  würde  kaum  den 
nächsten  Tag  erleben,  man  müsse  es  vergiften.  Diese  alte  Hündin 
(14  Jahre)  lebt  noch  heute  und  ist  noch  sehr  munter  und  leistungs¬ 
fähig.  So  viel  ich  von  der  Sache  verstehe,  hatte  das  Tier  sehr 
starkes  Fieber  und  war  daher  natürlich  sehr  schwach  geworden. 
Eine  Entzündung  des  Uterus  hat  freilich  wohl  selten  ein  Hund 
überstanden. 


Beiträge  zur  Naturgeschichte  von  Mephitis  occidentalis . 

Von  C.  A.  Purpus,  Delta  Colorado. 

Das  Stinktier  oder  Skunk  des  westlichen  Amerika  ist  wie  das¬ 
jenige  des  Ostens,  dort  »Polecat«  genannt,  ein  reizendes  Tier  und 
sieht  diesem  auch  sehr  ähnlich.  Es  unterscheidet  sich  jedoch  dadurch, 
daß  es  im  Durchschnitt  etwas  größer  wird ,  und  daß  die  weißen 
Streifen,  welche  das  schwarze  Fell  auf  Kopf  und  Rücken  durch¬ 
ziehen,  etwas  breiter  sind.  Das  Verbreitungsgebiet  von  Mephitis 

*)  In  den  späteren  Würfen  hat  sich  (im  Laufe  von  mehreren  Jahren) 
eine  weitere  Vererbung  gezeigt.  D.  Verfasser. 


/ 


1 35 

occidentalis  erstreckt  sich  von  Br.  Columbia  bis  Mexico.  Es  zieht 
Gebirge  oder  gebirgige  Gegenden  der  Ebene  vor.  Ohne  sein  übel¬ 
duftendes  Parfüm,  welches  in  seinem  After  durch  Drüsen  abgesondert 
wird,  und  das  es  seinem  Verfolger  bis  auf  etwa  10  Fuß  Entfernung 
entgegenzuspritzen  vermag,  würde  es  ein  hübsches  und  nützliches 
Haustier  abgeben,  da  es  sich  leicht  zähmen  laßt  und  wie  die  Katze 
ein  guter  Mäusevertilger  ist. 

Das  Skunk  ist  mehr  Nachttier  und  lebt  in  selbstgegrabenen 
Höhlen  oder  in  solchen,  die  andere  Tiere  verlassen  haben  und  liebt 
zur  Anlage  derselben  umliegende  Felsen  oder  Abhänge.  Es  verläßt 
seine  Schlupfwinkel  ebensowohl  bei  Tag,  wenn  auch  seltener,  als  bei 
Nacht.  Seine  Raubzüge  erstrecken  sich  auf  den  Faug  aller  Arten 
von  Kleinwild,  Käfern,  Heuschrecken  und  andere  Insekten.  Mit 
seiner  fast  stets  am  Boden  schnuppernden  Nase,  weiß  es  seine  Beute 
leicht  aufzuspüren  und  wird  namentlich  den  Vögeln  und  ihrer  Brut 
gefährlich,  welche  auf  dem  Boden  nisten.  Auf  Bäume  zu  klettern 
vermag  es  nicht,  da  die  langen  Klauen  der  Vorderfüße  nur  zum 
Graben  eingerichtet  sind.  Wie  der  Dachs,  dem  es  in  gewisser  Be¬ 
ziehung  nahe  steht,  liebt  es  aber  auch  Obst,  Wurzeln  etc.  und 
schleicht  sich  sowohl  bei  Tage  wie  bei  Nacht  in  die  Obstgärten  der 
Ansiedler,  um  das  gefallene  Obst  zu  naschen.  Es  ist  namentlich 
ein  großer  Liebhaber  von  Trauben.  Noch  lieber  wie  in  die  Obst¬ 
gärten  schleicht  es  sich  in  die  Hühuerställe,  und  hier  kommt  deun 
das  Marderartige  in  seinem  Naturell,  d.  h.  eine  unersättliche  Blutgier 
so  recht  zu  Tage.  Was  es  erwischen  kann,  wird  niedergemacht 
und  es  ist  keine  Seltenheit,  daß  der  Ansiedler  am  Morgen  dreißig 
oder  mehr  seiner  Hühner  mit  durchbissener  Kehle  vorfiudet.  Das 
Skunk  bewohnt  hier  in  der  Grand  Mesa,  einem  von  der  Hauptkette 
der  Felsengebirge  sich  nach  Westen  abzweigenden  Gebirgszug  in 
West-Colorado,  noch  Höhen,  die  bei  8000 — 9000  Fuß  liegen.  Als 
ich  im  Sommer  des  vorigen  Jahres  mehrere  Wochen  im  Camp 
verbrachte,  welches  in  einer  Höhe  von  8200  Fuß  lag,  besuchten 
mich  fast  jeden  Abend  mehrere  Skunks.  Anfangs  war  mir  ihr  Besuch 
sehr  wenig  willkommen,  da  ich  fürchtete,  bei  einer  verdächtigen 
Bewegung  bespritzt  zu  werden.  Als  ich  jedoch  nachträglich  erfuhr, 
daß  das  Tier  nur  im  äußersten  Notfälle  von  seiuer  widerlichen 
Waffe  Gebrauch  mache,  waren  mir  die  Tiere  sehr  willkommene 
Gäste,  deren  Thun  und  Treiben  mich  lebhaft  interessierte.  In  der 
ersten  Nacht,  welche  ich  im  Camp  verbrachte,  stellte  sich  nur  ein 
Skunk  ein.  Ich  hatte  mich  schon  zur  Ruhe  begeben,  wurde  aber 


136 


plötzlich  durch  ein  Kratzen  am  Ofen  aufgeweckt.  Als  ich  ein  Licht 
angezündet  hatte,  sah  ich,  daß  es  ein  Skunk  war,  welches  den  ver¬ 
geblichen  Versuch  machte,  auf  den  Ofen  zu  gelangen,  wo  eine 
Pfanne  mit  gebratenem  Speck  stand,  den  das  Tier  mit  seiner  feinen 
Nase  gewittert  hatte.  Nach  vielen  vergeblichen  Versuchen,  und 
nachdem  es  mehr  denn  zwanzigmal  um  den  Ofen  herumspaziert 
war,  gelang  es  ihm  endlich  den  Aschenkasten  zu  erreichen  und  von 
da  endlich  den  Ofen,  und  nun  ging  ein  Schmatzen  los,  das  wirklich 
zu  possierlich  war.  In  seinem  Eifer  kam  es  dem  Rande  des  Ofens 
zu  nahe  und  kollerte  samt  der  Pfanne  zu  Boden.  Am  nächsten 
Abend  stellten  sich  schon  drei  Skunks  ein  und  schließlich  sogar  ein 
halbes  Dutzend.  Kam  eines  dem  andern  zu  nahe,  so  stießen  sie 
ein  schrilles  Geschrei  aus,  sonst  herrschte  Friede  und  Eintracht 
unter  ihnen.  Als  ich  im  Herbst  nochmals  einige  Zeit  im  Camp 
verweilte,  hatte  ich  wieder  jeden  Abend  Besuch  von  Skunks.  Sie 
waren  so  wenig  scheu,  daß  sie  mir,  während  ich  am  Abendessen 
saß,  unter  den  Füßen  herumliefen  und  die  Bissen  auflasen,  die 
hinunterfielen,  oder  die  ich  ihnen  zuwarf.  Dabei  ließen  sie  sich 
durch  die  Gegenwart  meines  Hundes  nicht  im  mindesten  stören. 
Derselbe  wagte,  wohl  wissend,  welch  scheußliche  Waffe  sie  besitzen, 
auch  gar  nicht  die  Tiere  anzugreifen ,  sondern  zog  sich  in  einen 
Winkel  zurück  und  knurrte,  oder  schnappte  nur  ein  wenig  nach 
ihnen,  wenn  sie  ihm  zu  nahe  kamen.  Eines  dieser  hübschen  Tiere 
wurde  so  zahm,  daß  es  mir  aus  der  Hand  fraß.  Ich  brauchte  ihm 
nur  ein  Stück  Fleisch  hinzuhalten,  so  kam  es  ganz  wie  ein  Marder 
oder  Wiesel  herangesprungen  und  nahm  es  in  Empfang,  sprang 
damit  ins  nahe  Gebüsch  oder  verzehrte  es  gleich. 

Die  Tiere  können  übrigens  im  Camp  oft  sehr  lästig  werden, 
und  zwar  hauptsächlich  deswegen,  weil  sie  sich  über  die  Vorräte 
hermachen,  falls  man  sie  nicht  auf  hängt  oder  verschließt.  Sie  zu 
schießen  oder  in  Fallen  zu  fangen,  ist  nur  in  einer  gewissen  Ent¬ 
fernung  vom  Lager  möglich,  da  sie,  getroffen  oder  gefangen,  ihr 
Parfüm  ausspritzen  und  alles  verderben.  Packt  man  jedoch  den 
Skunk  rasch  beim  Schwänze,  bevor  er  spritzt,  so  kann  man  ihn 
wegtragen,  muß  jedoch  das  Tier  weit  hinwegschleudern  oder  nach 
dem  Niedersetzen  sich  rasch  entfernen,  da  es,  sobald  es  den  Schwanz 
gebrauchen  kann,  sofort  losspritzt.  Das  Tier  vermag  nämlich  nicht 
zu  spritzen,  bevor  es  nicht  den  Schwanz  mehrmals  herumgedreht 
hat.  Es  gibt  Leute  hier,  die  dieses  Experiment  schon  sehr  oft 
versucht  haben,  ohne  bespritzt  worden  zu  sein.  Man  kann  sogar 


137 


das  Tier  mit  einem  Stecken  in  der  Hand  vor  sich  bertreiben.  Es 
stellt  zwar  den  Schwanz  auf  —  was  es  übrigens  auch  bei  jeder 
verdächtigen  Bewegung,  bei  jedem  Geräusch  thut  —  spritzt  seinen 
übelduftenden  Saft  jedoch  nicht  von  sich.  Anders  verhält  sich  jedoch 
die  Sache,  wenn  mau  drauf  losschlägt,  dann  spritzt  das  Tier  sofort. 

Außer  diesem  größeren  Skunk,  giebt  es  hier  noch  ein  kleineres, 
aber  weit  seltner  wie  dieses.  Es  ist  das  sogenannte  Little  striped 
Skunk  ( Mephitis  bicolor ) ,  ein  reizendes  Tierchen  von  nicht  ganz 
der  Größe  eines  hiesigen  Minks  (Marders).  Dasselbe  verhält  sich 
in  seiner  Lebensweise  ähnlich  wie  das  große  Skunk.  Es  zieht  aber, 
wie  der  Marder,  alte  Gebäulichkeiten  vor,  macht  sich  hier  entweder 
selbst  ein  Nest,  oder  nimmt  dasjenige  der  sogenannten  Mountainrat, 
die  sich  ebenda  gerne  aufhält,  in  Beschlag. 


Forschuugsgänge  durch  Wald  und  Feld. 

Von  Staats  von  Wacquant-Geozelles. 

III. 

Einige  weitere  Beobachtungen  am  Feuersalamander 

—  Salamanda  maculosa.  — 

In  der  Nr.  3  des  XXXII.  Jahrganges  des  »Zoologischen  Gartens« 
berichtete  ich  von  einer  »sehr  oft  von  mir  am  Feuersalamander  ge¬ 
machten ,  mir  nicht  recht  erklärlichen  Beobachtung,  nämlich  der 
sonderbaren  Thatsache,  daß  man  in  den  Laichgewässern  des  Feuer¬ 
salamanders  so  häufig  ausgewachsene  tote  Exemplare  finde.«  — 
Ich  habe  diese  Sache  seither  wieder  der  eingehendsten  Prüfung 
unterworfen  und  will  also  nochmals  über  dieselbe  und  meine  weiteren 
diesbezüglichen  Erfahrungen  berichten. 

Der  Feuersalamander  kommt  in  allen  Bergen,  weit  und  breit 
um  Hameln  herum  vor;  ich  habe  ihn  selbst  oben  auf  einem  lang¬ 
gestreckten  Höhenzuge,  dem  bei  Ärzen  gelegenen  »Pyrmonter  Berg« 
gefunden,  welch’  ganzer  Höhenzug  auch  nicht  eine  einzige  Quelle 
aufweist,  so  daß  das  fortpflanzungsbedürftige  Salamauderweibchen 
gewiß  sehr  weit  zu  Wasser  wandern  muß. 

Mich  besuchte  auf  jenem  Berge  ein  solches  Tier  nachts  am 
Lagerfeuer,  offenbar  durch  das  Licht  herbeigezogen. 

Was  nun  das  Auffinden  toter  Salamanderweibchen  in  den  Laich¬ 
gewässern  anbelangt,  so  habe  ich  etwa  30  solcher  Fälle  zu  verzeich- 


138 


nen  uud  ich  bin  überzeugt,  daß  man  überall  solche  Funde  machen 
wird,  weun  man  der  Sache  iu  Zukunft  einige  Aufmerksamkeit  schenkt. 
—  Hier  in  Sophienhof  selbst,  wohin  ich  seit  vielen  Jahren  eine  Menge 
von  Feuersalamandern  transportiert  habe,  befinden  sich  fünf  geeignete 
Laichplätze  uud  in  oder  an  allen  fünf  Gewässern  habe  ich  häufig 
tote  Weibchen  dieses  Lurches  gefunden.  —  Zwei  dieser  Laichgewässer 
sind  überdeckte  Bruunen;  tintenschwarze  Nacht  herrscht  im  Innern 
ihres  Wassers,  denn  absolut  siud  sie  gegen  das  Licht  abgeschlossen 
und  das  einzige  lebende  Geschöpf,  welches  ihre  Tiefe  ständig  be¬ 
wohnt,  das  ist  ein  völlig  farbloser,  kleiner  Flohkrebs,  welcher  selbst¬ 
verständlich  noch  weit  mehr  unter  Lichtstrahlen  leidet,  als  seine, 
ebenfalls  schon  sehr  lichtscheuen  Verwandten.  Wahrscheinlich  wird 
dies  derselbe  farblose  Flohkrebs  seiu,  welcher  auch  in  anderen  unter¬ 
irdischen  Gewässern  lebt  uud  z.  B.  wahrscheinlich  die  hauptsäch¬ 
lichste  Beute  des  Olm,  Proteus  anguinus ,  in  der  Adelsberger 
Höhle  bildet. 

Wenigstens  fressen  die  Olme  nichts  lieber  als  Flohkrebse,  eine 
ihnen  also  unbedingt  sehr  bekannte  Beute. 

In  beiden  hier  in  Frage  stehenden,  unterirdischen  Brunnen  habe 
ich  Larven  von  Salamandra  maculosa  gefunden  und  in  dem  eiuen, 
welcher  nur  etwa  drei  Fuß  tief  uud  leicht  zu  öffnen  ist,  fand  ich 
bislang  schon  drei  tote  Weibchen  desselben.  Wie  nicht  anders  zu 
erwarten,  sind  die  an  diesen  Orteu  (selten)  befiudlicheu  Larven  sehr 
hellgefärbt. 

Ferner  befindet  sich  im  Park  ein  großer,  und  (einen  Schritt 
davon)  ein  kleiner  Teich.  Iu  dem  großen  Teiche  vermag  ich  nur 
mit  größter  Mühe  einmal  ganz  ausnahmsweise  eine  Larve  von  Feuer¬ 
salamander  zu  fangen,  obgleich  ich  ihn  mehrfach  mit  engmaschigem 
Netze  gänzlich  abgefischt  habe.  Im  erwähnten  kleinen  Teiche, 
welcher  von  einer  unterirdischen  Quelle  gespeist  wird,  wimmelt 
es  dahingegen  alljährlich  von  Larven  und  über  ein  Dutzend 
toter  Weibchen  habe  ich  in  ihm,  oder  wenige  Schritte 
von  ihm  entfernt,  im  Laufe  der  Zeit  auf  gefunden. 
Findet  sich  ausnahmsweise  im  großen  Teiche  eine  Larve,  so  ist  selbe 
durch  Hochwasser  aus  dem  kleinen  Teiche  entführt;  kein 
Salamander  Weibchen  besucht  jemals  den  »großen 
Teich«  zur  Fortpflanzung. 

Nicht  weit  davon  befindet  sich  ein  Bassin.  In  den  ersten  Tagen 
des  April  dieses  Jahres  kroch  ein  sehr  großes  Salamanderweibchen 


139 


an  der  gemauerten  Wand  desselben  herunter  und  begab  sich  laugsam 
zum  Gruude:  am  andern  Tage  lag  es  unten  tot. 

Im  nächsten  Walde  dahier,  befindet  sich  eine  kleine  Quelle, 
welche  ich  in  ein  etwa  vier  Quadratfuß  großes,  einen  Fuß  tiefes 
Becken  geformt  und  gefaßt  habe.  Die  Quelle  versiegt  nie ,  und 
ihr  Ausfluß  ist  ganz  seicht;  ich  habe  seither  schon  zwei 
tote  Salamander  weibchen  und  viele  Skelettteile  in 
ihr  gefunden. 

Mehrfach  habe  ich  Salamauder  gefangen  und  in  dieses  Becken 
hiueingesetzt ;  sie  begabeu  sich  stets  schleunigst  durch  den  mit 
Steinbrocken  belegten  seichten  Ausfluß  wieder  an  Land  und  ist  da¬ 
her  hier  sowohl,  wie  an  den  anderen  in  Frage  stehenden  Stellen  ein 
»Ersticken«  gänzlich  ausgeschlossen. 

An  einem  anderen,  stark  von  Salamandern  besuchten,  etwas 
größeren  Quell becken  habe  ich  schon  vier  tote  Weibchen 
gefunden  und  in  mehreren  anderen  Quellen  endlich,  welche  ich 
in  diesem  Frühjahr  und  Sommer  auf  diesen  interessanten  Umstand 
hin  mit  engmaschigem  Netze  scharf  auf  dem  schlammigen  Gruude 
abfischte,  fand  ich  Skelettteile  des  o  ft  ge  nannten  L  u  rch  e  s. 

Fast  immer  fand  ich  diese  toten  Weibchen  im  April  oder  Mai; 
die  später  gefundenen  waren  stets  mehr  oder  weniger  verwest  oder 
auch- —  wie  erwähnt  —  schon  zu  Skeletten  umgewandelt.  Ich  be¬ 
sitze  so  gefundene  tadellose  Skelette. 

Gelegentlich  einer  Jagd  im  Monat  Dezember  wollte  ein  Jäger 
trinken,  kam  aber  unverrichteter  Sache  vom  Quell  zurück  und 
berichtete  mit  Abscheu,  daß  ein  toter  Feuersalamander  darin  läge: 
es  war  ein  altes  Weibchen.  Dies  ist  der  eiuzige  Fall,  wo  ich  im 
Winter  einen  solchen  Fund  machte;  doch  sah  ich  einmal  im  Oktober 
ein  schönes  Salamanderweibchen  im  Wasser,  auf  hineingewehten 
Blättern  umherkriechen. 

Ein  Salamanderweibchen,  welches  ich  zufällig  sehr  zeitig  im 
Jahre  gefangen  und  in  mein  Terrarium  eingesetzt  hatte,  starb, 
nachdem  es  seine  Jungen  geboren  hatte,  im  Wasserbecken. 

Soviel  über  meine  eigenen  diesbezüglichen  Beobachtungen! 

Nun  liegt  mir  seit  wenigen  Tagen  der  III.  Band  von  »West¬ 
falens  Tierleben«  (Prof.  Dr.  Landois),  vor  und  ich  fiude  auch  darin 
wieder  eine  gewisse  Bestätigung  meiner  Erfahrungen.  Herr  Prof. 
Dr.  Landois  schreibt  nämlich  über  Salam.  mac.  auf  Seite  129 
seines  vortrefflichen  Werkes:  »Am  26.  Oktober  1888  beobachteten 
wir  einen  weiblichen  Salamander,  wie  er  sich  in  das  Wasser  begab 


140 


und  dort  5  von  einer  zarten  Hülle  umgebene  Embryonen  ablegte. 

.  Das  Salamanderweibchen  selbst  fanden  wir  im 

Wasser  auf  dem  Rücken  liegend  und  sehr  matt;  mittags  war 
es  schon  verendet  und  zwar  allem  Anschein  nach  erstickt,  ob¬ 
schon  man  ihm  sofort  eine  Kopfunterlage  hergerichtet  hatte,  so  daß 
die  Schnauze  aus  dem  Wasser  hervorragte.  In  den  Eigängen  fanden 
sich  bei  der  sofortigen  Öffnung  noch  30  ebensoweit  in  der  Aus¬ 
bildung  voraugeschrittene  Embryone.  Diese  wurden  gleichfalls  ins 
Wasser  gesetzt,  und  lieferten  nach  kurzer  Zeit  die  jungen  Larven, 
welche  alsbald  in  einem  geeigneten  Aquarium  untergebracht  wurden.« 
Auch  zu  dem  letzten  Teile  dieser  wichtigen  und  interessanten 
Beobachtung  des  Herrn  Prof.  Dr.  Landois  befindet  sich  ein  Analogon 
in  meinem  Aufsatze  in  der  oben  citierten  Nr.  dieser  Zeitschrift,  wo 
ich  schrieb: 

»In  nächster  Nähe  einer  Quelle  tötetenj  zwei  Häher  ein  Sala¬ 
manderweibchen  und  •  ließen  es  dann  unberührt  liegen.«  Und  dann 
weiter  unten:  »Jenes  Weibchen,  welches  von  den  Hähern  umge¬ 
bracht  wurde  —  es  war  Ende  Juli  —  hatte  eine  Menge  lebendiger 
Jungen  im  Leibe,  welche,  von  mir  an  den  nahen  Ort  ihrer  Bestim¬ 
mung  gebracht,  am  Leben  blieben.« 

Die  beiden  Umstände,  welche  bei  dieser  meiner,  im  März  1891 
veröffentlichten  Beobachtung  sehr  zu  beachten  sind,  sind  erstens:  »In 
nächster  Nähe  einer  Quelle  töteten  die  Häher  das  Tier«  —  und 
zweitens:  »Es  war  Ende  Juli,  und  —  im  Innern  des  Weibchens 
befanden  sich  völlig  entwickelte  Junge,  welche  am  Leben  blieben.« 

Also  auch  hier  lag  das  tote  Salamanderweibchen  in  nächster 
Nähe  einer  Quelle,  wo  es,  wahrscheinlich  ermattet,  von  den  Hähern 
gefunden  und  vollends  getötet  wordeu  war,  und  der  Umstand,  daß 
dies  Weibchen  im  Juli  legreife  Embryonen  bei  sich  hatte,  zeigt 
wieder,  wie  schwankend  die  Zeit  der  Fortpflanzung  bei  diesem 
Tiere  ist. 

Aus  all*  diesen  beobachteten  Thatsachen  geht  hervor,  daß  der 
weibliche  Feuersalamander  sehr  häufig  nach  Ablage  seiner  Eier  oder 
Jungen  in  dem  dazu  gewählten  Wasser  oder  dessen  Nähe  stirbt  und 
ist  dies  eine  Sache,  auf  welche  ich  hier  nochmals  das  Auge  aller 
Forscher  dringend  lenken  möchte !  Erinnert  nicht  dieser  sonder¬ 
bare  Umstand  fast  an  unser  Neunauge,  welches  auch  —  ebenso  wie 
Salam.  mac.  —  ein  langes  Leben  vor  der  endlichen  Fortpflanzung 
führt,  um  bald  nach  der  Fortpflanzung  zu  sterben? 


141 


Es  gibt  Wasserläufe,  welche  dem  Salamander  so  sehr  Zusagen, 
daß  Hunderte  von  ihnen  dort  ihre  Nachkommenschaft  absetzen ;  hat 
doch,  laut  Prof.  Dr.  Landois  in  »Westf.  Tierleben«.  Seite  124, 
Herr  Meis  he  im  er  unweit  Dattenberg  bei  Linz  a./Rh.  am  29.  April 
1886  weit  über  1000  Salamanderweibchen  in  einem  Wassertümpel 
beobachtet,  welche  dort  ihre  Eier  absetzten!  An  solchen  Orten  muß 
man  doch  wahrlich  Gelegenheit  genug  haben,  die  von  mir  heute 
beschriebene,  sonderbare  Thatsache  näher  zu  studieren! 

Audere  Quellgewässer  werden  hinwiederum  ganz  und  gar  von  den 
Feuersalamandern  gemieden.  So  befindet  sich  hier  in  Sophienhof 
ein  drei  Fuß  tiefer,  zwei  Quadratmeter  weiter  Brunnen,  welcher  nur 
hundert  Meter  weit  von  einem  stark  von  Salamandern  frequentierten 
Laichplatze  entfernt  ist.  Er  versiegt  nie,  hat  aber  seinen,  von  allen 
übrigen  Teicheu,  Bassins  und  Bruqnen  gänzlich  abgesonderten, 
eigenen,  unterirdischen  Quellzufluß:  noch  niemals  hat  in 
ihm  ein  Feuersalamander  gelaicht ! 

In  unserer  Nachbarschaft,  höher  oben  am  Berge,  ist  ein  Brunnen, 
in  welchem  man  fünfzig  Fuß  tief  unten  das  Wasser  blinken  sieht: 
—  er  beherbergte  im  Jahre  1890  eine  Menge  Larven  des  Feuer¬ 
salamanders! 

In  meinem  Reviere  befindet  sich  ein  Steinbruch,  in  welchem 
ein  sehr  tiefes  Loch  mit  unbrauchbaren  Steinen  fast  ausgefüllt  worden 
ist.  Im  Frühjahre  steigt  das  Grundwasser  stets  bis  etwa  zwei  Fuß 
über  die  hiueingeworfenen  Steine  und  alljährlich  bringt  das  steigende 
Wasser  eine  Anzahl  von  Feuersalamander -Larven  mit  empor:  — 
viele  Meter  tief  unten  im  Grunde  werden  sie  abgelegt,  sie  »steigen 
und  fallen«  mit  dem  Wasser  und  sobald  der  Winter  weicht 
sind  sie  oben. 

Die  vollentwickelten,  zu  ihrem  Landleben  übergegangenen  jungen 
Feuersalamander,  welche  sich  auf  so  rätselhafte  Weise  dem  Auge 
des  Forschers  zu  entziehen  wissen,  habe  ich  nur  ein  einziges  Mal 
an  der  Oberfläche  der  Erde  getroffen.  Es  war  dies  im  Jahre  1890, 

wo  ich  vier  etwa  45  mm  lange  Exemplare  oben  am  »Siintel«  unter 

feuchtem  Moose  fand  und  fing;  sie  waren  wohl  erst  vor  kurzem 
einem,  in  einem  unweit  befindlichen  Steinbruche  stehenden  Tümpel 
entstiegen.  Hier  in  Sophienhof  entdeckte  ich  andere  gelegentlich 

eines  Kanalbaues  in  einer  Tiefe  von  l1/*  m  und  beim  Abtragen 

eines  Stallgebäudes  in  einer  Tiefe  von  einem  m  in  der  feuchten 
Erde.  Da  ist  es  denn  freilich  nicht  zu  verwundern,  daß  man  die 
Salamanderjugend  nur  so  selten  sieht! 


142 


Die  mir  bekannten  Feinde  des  Feuersalamanders  habe  ich  in  der 
obencitierten  Nummer  dieser  Zeitschrift  namhaft  gemacht  und  bin 
ich  in  dieser  Hinsicht  bescheiden  etwas  anderer  Ansicht,  wie  der 
Herr  Prof.  Dr.  Landois,  insofern  nämlich,  als  es  doch  immerhin 
einige  Tiere  gibt,  welche  diesen  Lurch  befehden,  —  befehden,  trotz 
instinktiven  Abscheues,  also  aus  Bosheit  und  gerade  aus  Abscheu. 

Unsere  Puter  haben  gar  manchen  dieser  Lurche  getötet  und 
zerhackt,  und  wenn  ich  im  Jahre  1891  im  »Zoologischen  Garten«  schrieb, 
»daß  ich  eine,  zuweilen  bei  unseren  Putern  vorkommende,  mir  lange 
Zeit  unerklärliche  Krankheit,  welche  meistens  gleichzeitig  die  Schleim¬ 
haut  des  Rachens  und  das  Auge  befiele,  nunmehr,  d.  h.  nach 
Experimenten,  auf  die  »Salamander  -  Mord  -  Passion«  der  Puter 
schöbe«,  so  kann  ich  heute  einen  Kommentar  zu  diesen  Erfahrungen 
bringen,  der  mir  denn  doch  einen  ziemlichen  Respekt  vor  der 
Giftigkeit  des  Feuersalamanders  beigebracht  hat! 

Im  »Zoolog.  Garten«  ,  1891.,  S.  89  schrieb  ich  schon,  »daß 
einer  meiner  Teckel  diesen  Salamander  in  der  bei  Raubtieren  bei 
gewissen  Gelegenheiten  bekannten,  gleichzeitig  Mordlust,  Ekel  und 
Furcht  verratenden  Weise  (nach  häufigem,  schnarrendem  In-die-Luft- 
Schuappen,  Pfotenhieben  etc.  etc.),  mit  von  den  Lippen  entblößten 
Schneidezäh uen  anfasse  und  sofort  in  die  Luft  werfe«. 

Diese  Passion  meines  braven  »Mucki«  hätte  ihm  nun  zu  Anfang 
August  des  vorigen  Jahres  fast  das  Leben  gekostet.  Er  biß  damals 
wieder  einmal  einen  solchen  Salamander  und  holte  ihn  aus  einem 
Wag  engeleise  hervor,  ließ  ihu  aber  sofort,  und  unter  Zeichen  des 
heftigsten  Schreckens,  wieder  fallen:  der  vom  Regen  geschwellte, 
gequälte  Salamauder  hatte  sein  Gift  ausgespritzt.  Mein  Hund  ge¬ 
bärdete  sich  sehr  ängstlich,  suchte  etwas  auszuspeien ,  faßte  sogar 
mit  den  Pfoten  ins  Maul  und  stemmte  bei  den  vergeblichen  Spei¬ 
versuchen  die  Schnautze  gegen  die  Erde.  Ich  reinigte  ihm  das  Maul 
mit  meinem  Taschentuche.  Es  stellte  sich  Erbrechen  und  heftiges 
Zittern  ein  und  wurde  das  letztere  eine  Zeit  laug  so  schlimm,  daß 
ich. für  sein  Leben  fürchtete. 

Am  anderen  Tage  war  aber  schon  bedeutend  Besserung  einge¬ 
treten  und  nur  Appetitlosigkeit  verblieb  noch  einige  Zeit. 

Eine  geringe  Dosis  mehr  Gift,  und  mein  Hund  wäre  verloren 
gewesen,  dies  ist  meine  Überzeugung! 

Sowie  ich  jetzt,  1892,  die  Mitteilungen  in  »Westf.  Tierleb.«  gelesen, 
wo  Herr  Prof.  Dr.  Landois  von  zwei  ähnlichen,  bei  Hunden  tötlich 


verlaufeneu  Fällen  berichtet,  war  meine  obige  Überzeugung  noch 
fester. 

Zum  Schlüsse  noch  eine  kurze  Mitteilung,  betreffend  die  so  oft 
erwähnt  werdende  »Findigkeit«  der  Weibchen,  wenn  sie  ihre  Larven 
einem  geeigneten  Gewässer  anvertrauen  wollen.  Wie  finden  sie  immer 
diese  Gewässer?  Nun,  auf  der  mindestens  auf  drei  Beinen  lahm¬ 
gehenden  Rosinante  »Instinkt«  reiten  sie  sicher  nicht  hin !  Eiu  Tier, 
welches  so  ungemein  abhängig  von  Feuchtigkeit  ist,  wie  unser  Feuer¬ 
salamander,  dieses  Tier  hat  eben  auch  ein  Empfindungsvermögen 
für  Feuchtigkeit,  wie  wir  uns  ein  solches  kaum  vorzustellen  ver¬ 
mögen.  Ich  habe  im  letzten  April  ein  auf  »Wasserwanderschaft« 
befindliches  Weibchen  augetroffen:  —  fast  “ohne  Rast  wanderte  das 
Tier  durch  dick  und  dünn;  erst  mühsam  durch  Heidelbeer-Gestrüpp, 
dann  über  einen  Weg,  in  Wagengeleise  und  Löcher  purzelte  es 
hinein,  aber  immer  weiter  ging  die  Reise,  direkt  gegen  die  herrschende 
Luftströmung.  So  kamen  wir  beiden  endlich  au  eine,  stets  von 
Salamauderweibchen  aufgesuchte  sumpfige  Stelle  in  einer  Fichten¬ 
dickung.  Hier,  in  den  Wasser-Rinnsalen,  machte  das  ganz  ermattete 
Tier  endlich  halt.  Ich  blieb  noch  zwei  Stunden  in  der  Nähe  und 
sah  häufig  nach ;  da  das  Tier  aber  ruhig  auf  ein-  uud  derselben 
Stelle  verharrte,  so  ging  ich  nach  Hause  um  bald  darauf  wieder  an 
Ort  und  Stelle  zurückzukehren.  Ich  fand  das  Tier  bei  meiner  Rück¬ 
kehr  dort,  wo  die  Quelle,  die  »Mutter  des  erwähnten  Sumpfes«,  ent¬ 
springt  und  einen,  stets  Wasser  haltenden  Tümpel  bildet. 

Hier  im  Parke  entdeckte  ich  ,  früh  morgens,  eiu  Weibchen  in 
einem  Bassin  ;  nach  etwa  einer  Viertelstunde  kroch  es  in  das  Ge¬ 
mäuer,  oberhalb  des  Wassers.  Abends  erschien  es  wieder,  begab  sich 
in  das  Wasser  und  setzte  das  Laichgeschäft  fort.  Als  ich  am 
anderen  Morgen  nachsah,  schwamm  es  matt  auf  der  Oberüäche,  uud 
erst  als  ich  es  berührt  batte,  kroch  es  wieder  in  eine  Steiuspalte 
wo  es  von  außen  sichtbar  ruhig  sitzen  blieb.  Am  anderen  Morgen 
war  es  nicht  zu  sehen;  nachmittags  war  es  wieder  im  Wasser, 
vermochte  sich  aber  kaum  zu  bewegen:  gegen  Abend  war  es  tot. 
(6.  April  1893.) 

Am  9.  April  dieses  Jahres  traf  ich  wiederum  ein  Weibchen  in 
dem  Bassin,  als  es  gerade  am  schrägen,  rohen  Gemäuer  in  die  Höhe 
stieg  und  dann  in  eine  Spalte  kroch.  Am  anderen  Morgen  derselbe 
Vorgang.  Am  dritten  Morgen  rief  mich  mein  Onkel  an  das  Bassin: 
ein  liebe-bedürftiger,  aber  einsamer  Gras  frösch, 
Rana  temporaria  AuL,  hatte  seine  Arme  um  den  Sala- 


144 


m  ander  geschlungen,  nach  verliebter  Frösche -Manier  seine 
zusammengeballten  Fäuste  vor  dessen  Brust  gepreßt  und  schwamm 
so  mit  seiner  Auserkorenen  am  Rande  des  Wasserbeckens.  Ich 
befreite  den  gequälten  Salamander  und  trug  den  verrückten  Frosch 
in  den  entfernten  Teich.  Der  Salamander  erholte  sich  und  kroch 
später  wieder  in  die  Mauer.  Dieser  Fall  dürfte  doch  wohl  einzig 
dastehen. 

Diese  letzten  beiden  Beobachtungen  habe  ich  heute,  wo  ich  den 
»Korrekturabzug«  erhielt,  dem  Berichte  angefügt. 


Kosmopolitische  Tiere. 

Von  Dr.  C.  Müller. 

Fortsetzung. 

Die  Anatidae,  Ord.  Anseres,  welche  die  Enten,  Gänse  und 
Schwäne  mit  ihren  Verwandten  umfassen,  sind  von  so  universeller 
Verbreitung,  daß  es  keinen  Teil  der  Erde  gibt,  wo  sie  nicht  ge¬ 
legentlich  Vorkommen ;  sie  sind  jedoch  am  zahlreichsten  in  gemäßigten 
und  kalten  Regioneu.  Kosmopolitisch  ist  die  Gattung  Anas  welche 
die  universell  verbreitete  Art  Anas  clypeata,  die  Löffelente,  aufzu¬ 
weisen  hat.  Der  gemäßigte  Gürtel  der  Erde  ist  die  Heimat  derselben; 
im  hohen  Norden  kommt  sie  seltener  vor.  Europa  bewohnt  sie  vom 
südlichen  Norwegen  an  allerorten,  in  Amerika  findet  man  sie  von 
Canada  au  in  sämtlichen  Vereinigten  Staaten.  Von  hier  aus  wandert 
sie  während  des  Winters  bis  Mexiko,  von  Europa  aus  bis  Nord-  und 
Mittelafrika,  von  Asien  aus  bis  Südchina,  Indien  und  Australien. 

Die  Laridae  oder  Möwen  bewohnen  die  Ufer  und  Inseln  aller 
Zonen  und  enthalten  drei  Gattungen  von  universeller  Verbreitung  : 
Sterocarius,  Larus  und  Sterna. 

Die  Porcellariidae  mit  den  Gattungen  Porcellaria  und  Fulmarus, 
die  Pelecanidae  mit  Sula  und  Phalacrocorax  und  die  Podicipidae  oder 
Steißfüße  mit  der  Gattung  Podiceps  haben  ebenfalls  eine  weltweite 
Verbreitung. 

Zu  denjenigen  Vögeln,  die  ihre  Verbreitung  in  erster  Linie  dem 
Menschen  verdanken,  gehört  vor  allem  der  Haussperling.  W.  Mar¬ 
shall  lehrt  ihn  uns  als  Kulturfolger  kennen.  Der  populärste  deutsche, 


145 


wilde  Vogel  ist  nach  ihm  für  unser  Vaterlaud  eine  verhältnismäßig 
neue  Errungenschaft.  Der  Haussperling  gehört  zum  Getreidebau 
in  dem  Grade  fast,  wie  der  Hamster:  in  Sibirien  zeigte  er  sich  erst 
im  vorigeu  Jahrhundert,  nachdem  die  Russen  die  Kulturgräser  ein¬ 
geführt  hatten.  In  Norwegen  geht  er  mit  dem  Bau  der  Feldfrüchte 
bis  zum  66.  Grade,  in  Archangel  kommt  er  noch  uicht  vor;  erst  in 
diesem  Jahrhundert  fing  er  an,  in  einige  Dörfer  des  Thüringer 
Waldes  einzuwandern,  ist  aber  noch  uicht  in  allen  seßhaft,  und 
gerade  so  verhält  es  sich -mit  ihm  auch  in  den  Hebriden.  1864  hatte  er 
noch  nicht  alle  hochgelegenen  Ortschaften  des  Schwarzwaldes  erreicht, 
jedenfalls  aber  versucht  er  es,  dem  Menschen  überall  hin  zu  folgen. 

Jenseit  der  Alpen  tritt  der  Haussperling  (siehe  Brehm)  in  einigen 
mehr  oder  weniger  von  der  Stammform  und  von  einander  verschie¬ 
denen  Rassen  auf,  die  indessen  nur  auf  einer  Steigerung  gewisser 
Farben  Verhältnisse  im  männlichen,  nicht  auch  im  weiblichen  Geschlechte, 
auf  einigen  unwesentlichen  Unterschieden  der  Körperverhältnisse  und 
•  teilweise  auf  etwas  veränderten  Lebensgewohnheiten  beruhen.  Die 
beiden  hauptsächlichsten  Rassen  hat  man  selbstverständlich  eiligst 
zu  Arten  erhoben,  nämlich  den  spanischen  Spatz  und  den  italienischen. 

Der  spanische  Sperling  findet  sich  von  Syrien  au  in  den  süd- 

•  • 

liehen  Gestadeländern  des  Mittelmeeres,  in  Ägypten  und  ganz  Nord¬ 
afrika,  geht  von  hier  hinüber  nach  Spauien,  Sicilien  und  Sardinien, 
aber  nicht  auf  das  italienische  Festland.  Aus  dieser  sonderbaren 
Verbreitung  läßt  sich  vielleicht  folgender  Schluß  ziehen :  Die  Ge¬ 
treidearten,  besonders  der  Weizen,  stammen  höchst  wahrscheinlich 
aus  dem  westlichen  Mittelasien  und  dort  mag  auch  die  Stammform 
des  Haussperlings  entstanden  sein.  Der  Getreidebau  wanderte  zugleich 
mit  dem  Menschen  oder  ihm  folgend,  westwärts,  zuerst  in  den  alten 
Kulturländern  Nordafrikas,  von  hier  wohl  mit  phönicischen  Völkern, 
nach  der  Iberischen  Halbinsel  sowie  nach  Sicilien  und  Sardinien. 
Dieser  ältesten  Einfuhrstraße  des  Getreides  wanderte  in  uralten  Zeiten 
schon  der  Sperling  nach,  der  unter  neue  Verhältnisse  gebracht  und,  vou 
der  Stammform  gänzlich  abgeschnitteu,  zum  »spanischen  Sperlinge« 
wurde.  Viel  später,  mit  den  gräko-italienischen  Völkern,  kam  der  Ge¬ 
treidebau  nach  der  östlichen  und  der  mittleren  der  südeuropäischen 
Halbinseln  und  mit  ihm  der  »italienische  Haussperling«,  der  seinen 
Verbreitungsbezirk  auch  nach  Kleinasien,  Sicilien  und  der  Provence 
ausdehnte  und  in  den  beiden  letzten  Ländern  mit  dem  spanischen 
zusammentraf.  Auch  er  hat  sich  zwar  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
etwas  von  der  Stammform  entfernt,  aber  lange  uicht  in  dem  Grade, 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXIV.  1893.  10 


146 


wie  in  viel  längerer  Zeit  sein  südwestlicher  Vetter.  Eine  direkte 
Einwanderungsstraße  nach  Westen  fand  der  Sperling  weit  später 
mit  den  Ackerbau  treibendeu  Völkern,  die  Europa  nördlich  von  den 
Alpen  besiedelten  :  er  ist  der  zuletzt  erschienene,  und  er  gleicht  der 
Stammform  noch  völlig,  so  daß  diese  gegenwärtig,  abgesehen  von 
Südindien  und  Ceylon,  wohin  sie  wahrscheinlich,  Java,  Neuseeland 
und  Nordamerika,  wohin  sie  sicher  unmittelbar  von  Menschen  ein¬ 
geführt  wurde,  das  ungeheure  Gebiet  von  Nordindien  an  über  ganz 
Asien  und  das  cisalpine  Europa  weg,  soweit  Getreide  gebaut  wird 
bewohnt. 

Ein  anderer  Genosse  des  Menschen  und  durch  ihn  kosmopolitisch 
verbreitet,  ist  das  Haushuhn,  Gallus  domesticus.  In  unzähligen 
Rassen  und  Spielarten  ist  es  über  die  ganze  bewohnte  Erde  ver¬ 
breitet,  mit  Ausnahme  der  hohen  Gebirge  und  der  Polargegenden,  wo 
es  unfruchtbar  und  deshalb  nicht  mehr  gezüchtet  wird.  Es  verrät 
überall  seine  südliche  Abstammung  durch  seine  Vorliebe  für  warme, 
sonnige  Plätze,  die  Scheu  vor  Kälte  und  die  Schwierigkeit  der 
Züchtung  in  kälteren  Gegenden.  Die  Nachforschungen  in  den  Pfahl¬ 
bauten  beweisen,  daß  es  in  der  Urzeit  in  Europa  nicht  existierte, 
sondern  offenbar  mit  andern  Arten  erst  zur  Zeit  der  Metalle  dort 
eingeführt  und  wahrscheinlich  vom  Mittelmeere  aus  verbreitet  wurde. 
Nach  den  Philippinen  und  Oceanien  wurde  es  von  den  Malayen, 
nach  den  übrigen  Weltteilen,  wo  es  ursprünglich  nicht  existierte, 
von  den  Europäern  eingeführt.  Die  gegenwärtigen  Rassen  sind 
höchst  wahrscheinlich  durch  Züchtung  der  wilden  Arten  und  durch 
Kreuzung  derselben  nach  und  nach  eustauden.  So  schreibt  man  die 
großen  Rassen,  wie  das  Sarsevese-  oder  Paduahuhu,  das  persische, 
das  Astrachan-  und  Peguhnhu,  sowie  das  Hollen-  oder  Haubenhuhn, 
dem  wilden  Jagohuhne  zu,  während  der  europäische  Kampfhahn,  das 
gewöhnliche  Haushuhn,  das  hamburgische  und  ähnliche  Rassen  dem 
Bankiva  zugeteilt  werden.  Außer  diesen  Rassen  hat  man  noch  in 
neuerer  Zeit  die  Rassen  von  Cochinchina  und  Brahmaputra  eingeführt, 
welche  ebenfalls  wilden  Arten  zu  entsprechen  scheinen. 

Wenden  wir  uns  jetzt  den  Reptilien  zu.  Bezüglich  ihrer  Ver¬ 
breitung  sagt  Trouessart  folgendes:  »Als  eierlegende  (oder,  wenn 
lebendig  gebärende,  so  doch  ovovivipare  Tiere)  und  zufolge  ihrer 
nach  der  Temperatur  des  umgebenden  Stadiums  sich  richtenden 
Blutwärme  bebrüten  diese  Geschöpfe  ihre  Eier  nur  ganz  ausnahms¬ 
weise,  dieselben  entwickeln  sich  vielmehr,  entweder  in  der  Erde 
oder  in  lockeren  Sand  vergraben  oder  öfters  einfach  auf  den  Boden 


147 


gelegt,  unter  dem  ausschließlichen  Einfluß  der  Sonnenwärme.  Daher 
kommt  es,  daß  diese  in  tropischen  Gegenden  so  zahlreichen  Tiere 
in  den  gemäßigten  Ländern  beider  Hemisphären  selten  werden  und 
in  der  arktischen  und  antarktischen  Region  vollkommen  fehlen. 
Im  allgemeinen  kann  mau  sagen,  daß  der  Verbreitungskreis  der 
Reptilien  mit  dem  60°  n.  Br.,  entsprechend  dem  südlichen  Teil  der 
skandinavischen  Halbinsel,  aufhört,  während  sie  auf  der  südlichen 
Hemisphäre  nicht  so  weit  polwärts  Vorkommen,  denn  hier  erreichen 
sie  im  Süden  von  Patagonien  ( Liolaemus  magellanicus )  und  auf 
Neu-Seeland,  also  ungefähr  unter  dem  45°  s.  Br.  ihre  Südgrenze. 
Die  Kälte  nördlicher  Erdgegendeu  hat  auf  die  Fortpflanzuugsweise 
der  wenigeu  Reptilien,  welche  sich  hier  zu  acclimatisieren  vermoch¬ 
ten,  einen  bemerkenswerten  Einfluß,  sie  sind  (siehe  oben)  ovovivipar 
geworden,  so  die  Kreuzotter  (Vipera  berus )  und  die  Bergeidechse 
(Lacerfa  vivipara),  diejenigen  beiden  europäischen  Arten,  welche 
am  weitesten  nach  Norden  geheu. 

Dieses  Bedürfnis  nach  einer  verhältnismäßig  hohen  Jahres¬ 
temperatur  genügt,  um  es  begreiflich  zu  machen,  daß  die  alte  und 
neue  Welt  so  wenig  Reptilieusippen  gemeinsam  haben. 

Aus  der  Ordnung  der  Schlangen,  Ophidia,  ist  nur  die  Familie 
Colubridae  universell  über  die  Erde  verbreitet.  Sie  erreicht 
die  äußerste  nördliche  Grenze  der  Ordnung,  fehlt  jedoch  fast  in 
Australien  und  ist  dort  nur  durch  einige  wenige  Arten  von  Tropidouotus 
und  Coronella,  in  den  nördlichen  und  östlichen  Distrikten  reprä¬ 
sentiert. 

Der  Ordnung  Lacertilia,  Echsen,  fehlen  echt  kosmopolitische 
Familien  vollständig.  Zwei  Familien  dürften  aber  dennoch  hier  er¬ 
wähnt  werden,  die  Geckotidae  und  Scincidae. 

Die  Geckos  oder  Mauereidechsen  bilden  eine  ausgedehnte  Fami¬ 
lie  von  fast  universeller  Verbreitung  in  den  wärmeren  Teilen  der 
Erde.  Sie  müssen  einige  exceptionelle  Mittel  zur  Verbreitung  gehabt 
haben,  denn  sie  werden  auf  vielen  der  entferntest  liegenden  Inseln 
der  großen  Oceaue  gefunden,  wie  auf  den  Galapagos,  den  Sandwichs- 
iuseln,  Tahiti,  Neu-Seeland,  den  Loo-Choo-Inseln  und  auf  den  Sey¬ 
chellen,  den  Nicobaren,  Mauritius,  Ascencion,  Madeira  und  vielen 
anderen. 

Die  Skinke  sind  ebenfalls  fast  universell  über  die  Erde  verbreitet, 
sie  fehlen  nur  in  den  kalten  nördlichen  und  den  südlichen  Zonen. 

Beide  Familien  haben  nach  Trouessart  ihre  Urheimat  wahr¬ 
scheinlich  in  der  alten  Welt.  Als  ausschließliche  Insektenfresser 


J 


148 


gelangen  die  kleineren  Geckoarteu  oft  an  Bord  der  Schiffe  und 
werden,  versteckt  in  den  kleinsten  Schlupfwinkeln,  welche  die  gela¬ 
denen  Waren  bieten,  hierhin  und  dorthin  verschleppt  und  sie  ac- 
climatisieren  sich  leicht  in  allen  wärmeren  Teilen  der  Erde.  Wie 
Mäuse  lassen  sie  sich  in  menschlichen  Wohnungen  nieder  und  ver¬ 
lassen  nachts  ihre  Verstecke,  um  der  Insektenjagd  obzuliegen.  Die 
gleichfalls  insektenfressenden,  meist  lebendig  gebärenden  Skinke  ha¬ 
ben  oft  bloß  ganz  kurze  oder  verkümmerte  Gliedmaßen,  so  daß  sie 
aussehen  wie  Blindschleichen.  Sie  verkriechen  sich  gern  hinter  ab¬ 
gesprungene  Baumrinde  und  können  mit  den  Holzstämmen  von 
einem  Kontinent  zum  andern  durch  die  Meeresströmungen  leicht 
transportiert  werden.  Diese  Thatsachen  erklären  uns,  weshalb  gerade 
diese  beiden  Echsenfamilien  allein  durch  kleine  Arten  in  der  poly- 
nesischen  Inselwelt  vertreten  sind. 

Die  Ordnung  Chelonia  hat  keine  echt  kosmopolitische  Familie 
aufzuweisen.  Die  Familie  Testudinidae  ist  zwar  weit  über  die  alte 
und  neue  Welt  verbreitet,  fehlt  aber  gänzlich  in  Australien,  ebenso 
sind  die  Seeschildkröten  (Chelonidae)  in  fünf,  in  allen  wärmeren  und 
gemäßigt  warmen  Meeren  auftretenden  Arten  nur  nahezu  kosmo¬ 
politisch. 

Die  Amphibien  oder  Lurche  bieten  das  einzige  bekannte  Bei¬ 
spiel,  daß  eine  ganze  Tierklasse  strikte  an  süße  Gewässer  gebunden 
ist  und  zwar  durch  die  Notwendigkeit,  daß  sie  in  denselben  den 
ersten  Teil  ihres  Lebens  verbringen  und  zu  ihnen  im  ausgebildeten 
Zustande  zurückkehren  müssen,  um  in  ihnen  ihre  Eier,  aus  denen  die 
zukünftigen  Generationen  hervorgehen  sollen,  abzulegen.  Direkte 
Versuche  haben  ergeben,  daß  Meereswasser  Amphibieneier  rasch  ab¬ 
tötet;  man  muß  daher  den  Transport  solcher  Eier  von  einem  Fest¬ 
lande  zum  andern  als  fast  unmöglich  oder  als  eine  vereinzelte  und 
ganz  exceptionelle  Erscheinung  ausehen.  Außerdem  sind  auch  die 
Bewegungsmittel,  über  welche  die  ausgebildeten  Iudividuen  bei  ihrem 
Bodenleben  verfügen,  äußerst  beschränkt  und  trotz  der  Verschieden¬ 
artigkeit  der  Lebensgewohnheiten,  wie  sie  bei  schwimmenden,  krie¬ 
chenden,  springenden,  auf  Bäumen  oder  in  der  Erde  wühlend  lebenden 
Arten  notwendig  sind,  zwingt  sie  der  alte  Instinkt  ihrer  Brutpflege 
in  der  Umgebung  der  Gewässer  zu  verbleiben,  in  welchen  sie  selber 
geboren  wurden.  Keine  einzige  Amphibienfamilie  ist  daher  durchaus 
kosmopolitisch.  Aus  der  Ordnung  der  Anuren  finden  sich  nach 
Trouessart  15  eigentümliche  Gattungen  von  Fröschen,  Ranidae, 
in  der  alten  Welt  und  bloß  4  in  der  neotropischen  Region.  Das 


149 


Genus  Rana  ist  weit  verbreitet,  fehlt  aber  auf  den  Antillen,  in  der 
patagonischen  Subregion,  in  Australien  mit  Ausnahme  einer  bis 
Kap  York  vorkommenden  Art  und  in  Neu-Seeland.  In  Polynesien 
wird  die  Gattung  Rana  durch  das  Genus  Cornufer  vertreten,  welche 
östlich  bis  zu  den  Fidschi  -  Inseln  geht.  Die  ganze  Familie  der 
Raniden  hat  aber  das  Maximum  ihrer  Entwicklung  in  der  äthiopischen 
und  indischen  Region,  bloß  die  Gattung  Rana  ist  uoch  in  der  nörd¬ 
lichen  Zone  vertreten. 

Die  Kröten,  Bufonidae,  fehlen  nur  auf  Madagaskar  und  in  Neu- 
Seeland,  aber  von  den  acht  Gattungen,  aus  denen  diese  Familie 
besteht,  ist  nur  die  Gattung  der  echten  Kröten,  Bufo,  weit  ver¬ 
breitet,  besonders  in  der  nördlichen  Zone.  Sie  fehlt  in  Australien, 
wo  die  Genera  Pseudophryne,  Notaden  und  Myobatrachus  statt  ihrer 
erscheinen,  und  ist  ebensowenig  in  Polynesien  vertreten,  denn  die 
einzige  Art  auf  deu  Sandwichs-Inseln  ist  vermutlich  eingeführt,  da 
sie  einer  neotropischen  Untergattung,  Ohilophryne,  angehört. 

Bei  der  Betrachtung  der  Fische  bezüglich  ihrer  Verbreitung 
werden  gewöhnlich  die  Süßwasserfische  von  den  Seefischen  geschieden. 
Da  die  kosmopolitischen  Fischfamilien  eigentlich  nur  den  Seefischen 
augehören,  so  soll  im  folgenden  auf  diese  Teilung  weitere  Rück¬ 
sicht  nicht  genommen  werden,  ebenso  soll  auf  die  durch  Günther 
geschaffene  Zoneneinteilung  bezüglich  des  Vorkommens  der  Seefische 
nicht  näher  eingegangen  werden. 

Als  erste  kosmopolitische  Familie  sei  die  der  Percidae,  Barsche, 
erwähnt,  die  sich  in  den  Meeren,  Flüssen  und  Seen  aller  Regionen 
findet.  Von  den  ausschließlich  marinen  Gattungen  ist  eine,  Serranus, 
in  fast  150  Arten  über  die  Erde  verbreitet,  aber  am  zahlreichsten 
in  den  Tropen. 

Die  Triglidae  finden  sich  in  allen  Meeren,  einige  gehen  in  süßes 
Wasser  und  einige  wenige  bewohnen  die  Wässer  der  arktischen 
Regionen.  Die  hierher  gehörige  Gruppe  der  Scorpaenina,  23  Gat¬ 
tungen,  113  xArten,  hat  eine  fast  universelle  Verbreitung,  die 
Gattungen  aber  sind  alle  auf  den  einen  oder  andern  der  großen 
Oceane  beschränkt.  Die  Cottina,  28  Gattungen,  110  Arten,  haben 
auch  eine  universelle  Verbreitung;  die  zahlreichen  Arten  von  Cottus 
werden  in  den  Meeren  oder  süßen  Wassern  Europas  und  Nord- 
Amerikas  gefunden. 

Fast  oder  ganz  universell  ist  die  Familie  Trachinidae  ;  die  Blen- 
niclae  finden  sich  in  allen  Meeren  von  den  arktischen  Regionen  bis 
Neu-Seeland,  Chili  und  dem  Kap  der  guten  Hoffnung.  Die  Ophidiidae 


150 


sind  von  Grönland  bis  Neu-Seeland  verbreitet,  aber  am  zahlreichsten 
in  den  Tropen.  Universell  sind  die  Pleuronectidae,  die  an  allen 
arktischen,  gemäßigten  und  tropischen  Küsten  Vorkommen.  In  den 
süßen  Gewässern  aller  gemäßigten  und  tropischen  Regionen  finden 
sich  Siluridae;  die,  welche  in  Salzwasser  gehen,  halten  sich  nahe 
der  Küste  auf.  Die  den  Süßwasser-Siluridae  gleichenden  Scopelidae 
sind  fast  universell,  aber  am  zahlreichsten  in  warmen  und  tropischen 
Meeren.  Es  sind  Tiefseefische,  die  im  Mittelländischen  Meer  und  in 
den  großen  Oceauen  zahlreich  Vorkommen,  einige  wenige  gehen  nach 
Norden  bis  nahe  an  Grönland  und  nach  Süden  bis  nach  Tasmanien. 

Clupeidae  finden  sich  in  allen  Meeren,  viele  Arten  gehen  in 
Flüsse.  Sie  sind  sehr  zahlreich  in  den  indischen  Meeren,  weniger 
in  Amerika,  selten  in  Afrika,  fehlen  fast  in  Australien.  Die  Gattung 
Clupea  enthält  61  Arten  und  geht  über  die  ganze  Erde. 

Die  Carchariidae  sind  in  den  Meeren  der  arktischen,  gemäßigten 
und  tropischen  Regionen  vorhanden,  ebenso  die  Spinacidae. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  der  sogenannten  Tiefseefische  Erwähnung 
gethan,  zu  denen  man  diejenigen  Familien  rechnet,  die  unter  300  m 
Tiefe  Vorkommen.  Das  Aufstellen  zoogeographischer  Distrikte  hat 
für  diese  Fische  keine  Bedeutung  und  keine  Berechtigung  mehr. 
Die  abyssische  Fauna  der  äquatorialen  Zone  unterscheidet  sich  durch 
keine  besondere  Eigenschaft  von  der  arktischen  und  das  ist  begreif¬ 
lich,  denn  in  einer  Tiefe  von  2000  m  ist  die  Temperatur  des  Meeres 
unter  allen  Breiten  die  nämliche.  Für  die  Gleichheit  der  betreffenden 
Fauna  haben  die  Tiefsee  -  Expeditionen  des  französischen  Schiffes 
Travailleur  und  besonders  die  große  Erdumsegelung  des.  englischen 
Schiffes  Challenger  zahlreiche  Beispiele  ergeben.  Man  kann  daher 
sagen,  bis  zu  einem  gewissen  Grade  seien  die  Tiefseefische,  wie  alle 
Tiefseetiere  überhaupt,  kosmopolitisch.  Bezüglich  der  zu  den  Tiefsee¬ 
fischen  gehörigen  Familien  sei  hier  auf  W.  Marshall,  die  Tiefsee 
und  ihr  Leben,  verwiesen.  (Fortsetzung  folgt.) 


Jahresbericht  über  den  Zoologischen  Garten  zu  Hannover 

für  1892 — 1893. 


Beim  Rückblick  auf  das  abgelaufene  Geschäftsjahr  haben  wir  zunächst 
des  Hinscheidens  unseres  seitherigen  Direktors  Christian  Kuckuck  zu  ge¬ 
denken.  Sein  in  neunzehnjähriger  Amtsdauer  unter  teilweise  schwierigen  Ver¬ 
hältnissen  bewährtes  pflichttreues  und  umsichtiges  Wirken,  dessen  erfreuliche 
Frucht  in  einer  Periode  des  lebhaften  Aufschwunges  unseres  Unternehmens  zu 


Tage  trat,  sichert  in  der  Entwicklungsgeschichte  des  letzteren  .dem  Verstor¬ 
benen  allezeit  eine  ehrende  Erinnerung. 

Nach  sorgfältiger  Prüfung  aller  zu  berücksichtigenden  Verhältnisse  ent¬ 
schieden  wir  uns  für  Herrn  Dr.  Ernst  Schaff,  bislang  Docent  und  Assistent 
an  der  Königlichen  landwirtschaftlichen  Hochschule  in  Berlin,  dem  die  besten 
Empfehlungen  zur  Seite  stehen.  Wir  hegen  die  feste  Zuversicht,  daß  es  dem 
neuen  Direktor  gelingen  wird,  den  Garten  nicht  nur  in  seinem  jetzigen  Stande 
zu  erhalten,  sondern  noch  immer  zu  verbessern  und  zu  vervollkommenn. 

Aus  dem  beigefügten  Rechnungsabschluß  ergibt  sich,  daß  das  verflossene 
Betriebsjahr  nicht  besonders  günstig  verlaufen  ist.  Die  Einnahme  für  Dauer¬ 
karten  und  aus  der  Tageskasse  ist  um  M.  10,674.35  hinter  der  des  Vorjahres 
zurückgeblieben  (M.  126,366.50  gegen  M.  115,692.15).  Die  Ursache  des  gerin¬ 
geren  Besuches  dürfte  in  dem  außergewöhnlich  ungünstigen  Wetter  zu  suchen 
sein,  wozu  im  Spätsommer  noch  die  durch  das  Auftreten  der  Cholera  in  mehreren 
Orten  Deutschlands  erzeugte  allgemein  gedrückte  Stimmung  kann  Auch  ist 
nicht  zu  vergessen,  daß  mehrere  in  der  Stadt  und  deren  Umgebung  neuerdings 
entstandene  größere  Vergnügungslokale,  deren  Besuch  durch  den  erweiterten 
Pferdebahnbetrieb  sehr  erleichtert  ist,  uns  starke  Konkurrenz  bereiten.  —  Die 
Kosten  des  von  der  Stadt  im  Jahre  1890/91  erbauten  Kanals  konnten  wir  erst 
jetzt  mit  M.  8199.  49  Pf.  in  Rechnung  stellen;  dieselben  sind  mit  5°/o  zu  ver¬ 
zinsen  und  zu  amortisieren.  Das  Bauten -Conto  erhält  durch  diese  Kanal¬ 
anlage,  sowie  durch  für  das  neu  erbaute  Tierhaus  bereits  geleistete  Zahlungen 
u.  s.  w.  den  erheblichen  Zuwachs  von  M.  47,738.51.  —  Der  Zugang  zum  In¬ 
ventar -Conto  begründet  sich  durch  die  Erwerbung  einer  Anzahl  von  Inventar¬ 
stücken,  die  der  frühere  Wirtschaftspächter  angeschafft  hatte,  ohne  hierzu  ver¬ 
pflichtet  gewesen  zu  sein  und  deren  Übernahme  daher  auch  dem  jetzigen 
Pächter  nicht  angesonnen  werden  konnte. 

Dagegen  haben  sich  die  Tierverluste  in  mäßigen  Grenzen  gehalten  und 
sind  zum  großen  Teil  durch  Geburten  wieder  gedeckt.  Nur  von  unserem  Aflfen- 
bestande,  der  sich  sonst  durch  geringe  Sterblichkeit  vorteilhaft  auszeichnete, 
hat  der  ungewöhnlich  harte  Winter  ein  größeres  Opfer  gefordert  (28  Stück 
zum  Werte  von  M.  1000).  —  An  sonstigen  wertvollen  Tieren  gingen  ein:  zwei 
Nilgau- Antilopen,  ein  Malayenbär,  zwei  Alpakas,  ein  afrikanischer  Strauß. 
Letztere  drei  Tiere  sind  nur  kurze  Zeit  im  Garten  gewesen,  und  es  ist  anzu- 
nehmen,  daß  dieselben  schon  beim  Ankauf  nicht  ganz  gesund  gewesen  sind. 

An  wertvollen  Geburten  sind  hervorzuheben:  drei  Löwen,  zwei  Panther, 
vier  Wölfe,  drei  braune  Bären,  drei  Shetlandponys,  eine  Nilgau  -  Antilope,  ein 
Wapitihirsch  u.  s.  w.  —  Geschenke  erhielten  wir  von  Sr.  Durchlaucht  Prinz 
Hermann  zu  Bückeburg,  von  den  Herren  Major  von  Hattorf,  Rittergut 
Lemmie,  Apotheker  Raßmann  in  Uslar,  Becker  in  Ülzen,  Noffz  in  Göttin¬ 
gen,  Ingenieur  Lackemeyer,  hier,  Grote,  hier,  Vöschen,  hier,  Zeichen¬ 
lehrer  Schmidt,  hier,  Kaufmann  Nöldecke,  hier,  und  gestatten  uns,  den 
freundlichen  Spendern  hiermit  nochmals  unseren  verbindlichsten  Dank  aus¬ 
zusprechen. 

Das  im  Herbst  1891  begonnene,  jetzt  bis  auf  kleine  Einzelheiten  fertig 
gestellte  neue  Tierhaus  gereicht  dem  Garten  zur  wirklichen  Zierde  und  hat 
sich  auch  in  Hinsicht  auf  zweckmäßige  Wartung  und  gesundheitliche  Pflege 
seiner  Bewohner  im  verflossenen  strengen  Winter  vortrefflich  bewährt.  Bei 


152 


unserem  Bemühen,  dem  schönen  Gebäude  nach  und  nach  eine  Anzahl  der  uns 
bislang  noch  fehlenden  selteneren  Tiere  zuzuführen,  glauben  wir  auch  die 
Opferwilligkeit  unserer  Aktionäre  und  Mitbürger  anrufen  zu  dürfen,  zu  deren 
Bethätigung  sich  hier  eine  vorzügliche  Gelegenheit  bietet.  Wenn  manche  Tier¬ 
arten  bei  uns  gar  nicht  oder  schwächer  als  in  anderen  zoologischen  Gärten 
vertreten  sind,  so  mag  darauf  verwiesen  werden,  daß  den  meisten  der  letzteren 
abgesehen  von  höheren  Eintrittspreisen  und  Unterstützungen  vom  Staat  oder 
von  Korporationen,  auch  regelmäßig  reiche  Geschenke  von  privater  Seite  zuzu¬ 
fließen  pflegen,  während  wir  seit  einer  Reihe  von  Jahren  lediglich  auf  be¬ 
scheidene  Eintrittspreise,  ein  freundliches  Entgegenkommen  der  Stadtverwaltung 
und  kleine,  stets  mit  Dank  und  Freude  begrüßte  Zuwendungen  von  Gönnern 
unseres  Unternehmens  angewiesen  sind. 

Nachdem  wir  die  Saalbau- Anleihe  bis  auf  einen  kleinen  Rest  zurückge¬ 
zahlt  haben,  hielten  wir  die  Zeit  für  gekommen,  unseren  Statuten  entsprechend 
einen  Reservefonds  zu  gründen  und  haben  demselben  M.  1000  überwiesen. 
Desgleichen  ist  von  uns  im  Interesse  des  Personals  ein  Unterstützungsfonds 
mit  zunächst  M.  1000  eingerichtet. 


Gewinn-  und  Verlust-Konto  am  31.  März  1893. 


Debet. 

An  Betriebs- Konto:  M.  Pf. 

Musik-Unkosten .  13  987  60 

Wasserverbrauch .  1  665  58 

Bekleidung  der  Wärter .  581  55 

Kohlen,  Coakes  und  Torf .  2  252  32 

Reparaturen .  7  938  49 

»  Tier  - Konto: 

Verlust  durch  Tod .  4  892  — 

abzüglich  Geburten . M.  3  875 

»  Geschenke . »  180  . 


»  Futter-Konto: 

Gesamt-Verbrauch . 

»  Zinsen-Konto: 

Eingelöste  Aktien-Koupons .  5  973  — 

Zinsen,  Saldo .  1  748  45 


»  Handlungsunkosten-Konto: 

Gehalt  und  Löhne .  24  515  17 

luvaliditäts-  und  Krankenkassen-Beiträge  .  .  .  246  10 

Allgemeine  Unkosten .  5  933  48 


»  A  bschreibungen: 

auf  Bauten-Konto . 16  738  51 

»  Tier-Konto .  4  180  81 

»  Bibliothek-Konto .  71  30 

»  Inventar-Konto .  2  181  95 

Zuweisung  zum  Reservefonds .  1  000  — 

Zuweisung  zum  Beamten-Unterstützungsfonds  .  1  000  — 


M.  Pf. 


26  425  54 


837  — 
36  571  68 


7  721  45 


30  694  75 


23  172  57 

2000  — 


Summa  .  .  .  127  422  99 


153 


Kredit. 

M.  Pf.  M.  Pf. 

Per  Dauer karten-Ein nähme .  54  510  — 

»  Tages- Einnahme .  61182  15 

»  Pacht- E in  nah  me .  10  000  — 

»  diverse  Einnahmen .  1730  84 


Summa  .  .  .  127  422  99 


Bilanz-Konto  an  31.  März  1893. 


Aktiva. 


Bauten-Konto: 

Bestand  am  31.  März  1892  . 

Zugang  in  1892/93  . 

ab  Abschreibung . 

Inventar -Konto: 

Bestand  am  31.  März  1892  . 

Zugang  in  1892/93  . 

ab  Abschreibung . 

Thier-Konto: 

Bestand  am  31.  März  1892  . 

Zugang  durch  Kauf . M.  6  017.43 

»  »  Geschenke  ....  »  180. — 

»  »  Geburten  ....  »  3  875. — 


Abgang  durch  Tod . M.  4892. — 

»  „  Verkauf  ....  »  990.62 


ab  Abschreibung . 

Bibliothek-Konto: 

Bestand  am  31.  März  1892  . 

ab  Abschreibung . 

Effekten-Konto: 

Bestand  am  31.  März  1892  . 

Abgang  durch  Verkauf . 

Debitoren: 

Guthaben  bei  der  Hannoverschen  Bank  .  .  . 

Guthaben  bei  der  Kapital-Versicheruugs-Anstalt 


M.  Pf. 


184 

000 

— 

47 

738 

51 

231 

738 

51 

16 

738 

51 

697 

15 

4 

288 

06 

4 

985 

21 

2 

181 

95 

36 

000 

.  10 

072 

43 

46 

072 

43 

.  5 

891 

62 

40 

180 

81 

4 

180 

81 

71 

30 

71 

30 

19 

875 

10 

050 

— 

8 

08 

12 

500 

— 

Kassa-Konto: 

Kassa-Bestand 


M.  Pf. 


215  000  — 


2  803  26 


36  000  — 


9  825 


12  508  08 
221  16 


Summa  .  .  .  276  357  50 


154 


Passiva. 

M.  Pf. 

Ak  ti  en- K  a  p i  t  al- Ko  n  to . 

Prioritäts-Anleihe -Konto .  76  200  — 

amortisirt  in  1892/93  .  1  200  — 

Saalbau -Anleihe-Konto .  6  400  — 

eingelöst  in  1892/93  6  300  — 

Prior  itäts-Anleihe-Zin  sen-Konto: 

Zinsen  auf  M.  75000  vom  1.  Januar  bis 31.  März  1893 

Kanalbau- An  leihe .  8  199  49 

amortisiert  in  1892/93  .  122  99 

Kreditoren : 


Guthaben  der  Stadtkämmerei  (bis  zum  1.  April 

1895  gestundete  Zinsen) . 

Reservefonds-Konto . 

Beamten-  Unter  st  ützungsfonds  -Konto.  .  . 

Abonnenten -  Conto: 

eingezahlte  Beträge  für  1893/94  . 

Summa  . 


M.  Pf. 

148  740  — 


75  000  — 


100  — 
750  — 


8  076  50 


14  130  — 
1  000  — 
1  000  — 

27  561  — 
276  357  50 


Korrespondenz©  n. 


Schlaupitz,  14.  Mai  1893. 

Bekanntlich  pflegen  unsere  Alburnen,  vorzüglich  der  lucidus,  wenn  ihnen 
in  ihrem  Elemente  von  Raubfischen  Gefahr  droht,  sich  über  das  Wasser  empor 
zu  schnellen  und  in  der  Luft  die  wunderlichsten  Sprünge  auszuführen,  wobei 
sie  oft  genug  aufs  Ufer  geraten  und  elendiglich  umkommen  müssen.  Ähnliches 
konnte  ich  dem  geneigten  Leser  dieser  Zeitschrift  bei  der  Schilderung  seiner 
Gepflogenheiten  vom  Leucaspins  delineatus  Sieb,  vorplaudern.  Heut  muß  ich 
nun  als  des  dritten  im  Bunde  des  Leuciscus  phoxinus  Erwähnung  thun.  Ich 
hatte  da  neulich  in  echter  Specklette  eine  Grube  mir  fabriziert,  ohne  jeglichen 
Schlupfwinkel,  ganz  flach  mit  krystallklarem  Wasser  bespannt  endlich  mit  recht 
sehr  vielen  P/sjährigen  Elritzen  (91er  Herbstbrut),  sowie  zwei  7 — 8  cm  langen 
Barschen  besetzt.  —  Die  kleinen  »Sonnenbrüter«  wandern  immer  in  Masse. an 
der  Oberfläche  des  Tümpels  herum  auf  der  Jagd  nach  den  über  dieselbe  weg¬ 
schwirrenden  Insekten  begriffen.  Ihnen  folgen  die  beiden  »Perschken«  ( Perca 
fluviatilis  L.)  äußerst  behutsam,  ständig  lauernd,  um  im  geeigneten  Momente 
uuter  die  ahnungslosen,  spielenden  Cyprinidae  zu  fahren.  Anfangs  flüchteten 
die  letzteren  nun  bloß  im  Wasser  nach  allen  Seiten  hin,  suchten  vergeblich  sich 
irgendwo  zu  verstecken  u.  s.  w.,  bald  jedoch  begannen  einige  über  die  Ober¬ 
fläche  emporzuschnellen  und  gegenwärtig  thut  es  die  ganze  Sippe  schon. 
Dieses  Gebühren  ist  lediglich  ein  Produkt  des  Verstandes,  denn  alle  andern 
»Bitterfische«  in  den  Gewässern  des  Zobten  zeigen  solche  Gepflogenheit  nicht 
und  von  dem  Leucaspius  können  meine  Tiere  das  nicht  gelernt  haben,  da  sie 


155 


von  frühester  Jugend  ab  allein  gehalten,  nimmer  mit  jenem  in  Berührung 
gekommen  sind. 

Sodann  erlaube  ich  mir  im  Anschluß  an  die  beiden  Artikel  von  Geheimrat 
Prof.  Dr.  F.  von  Leydig  in  XXXJII,  No.  1  und  11  über  Leuchtflecken  bei 
Leuciscus  phoxinus  zu  bemerken,  daß  ich  auch  neuerdings  vereinzelt  bei  Gobio 
ßuviatilis  Cuv. ,  sowie  Lencaspius  delineatus  Sieb,  jeder, seits  hinterm  Kopfe  ein 
helles  Blinken  und  Blitzen,  wie  wenn  das  Licht  von  Diamanten  zurückgestrahlt 
wird,  wahrgenommen  habe.  Auf  diesen  Punkt  denke  ich  später  genauer 
eiuzugehen.  Karl  Knauthe. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Neues  im  Frankfurter  zoologischen  Garten.  Im  Monat 
April  wurde  der  Tierbestand  hauptsächlich  durch  häufigere,  aber  für  einen 
zoologischen  Garten  wichtige  Tierarten  ergänzt,  die  meist  im  letzten  Winter 
eingegangen  waren.  Es  sind  namentlich  folgende  Tiere  zu  nennen:  zehn 
B  u  n  d  e  r  ( Macacus  rhesus ),  ein  Rüsselbär  ( Nasua  rufa) ,  eine  Streifen¬ 
hyäne  ( Hyaena  striata),  ein  Paar  Schwei  fbiber  ( Myopotavius  coypus ) 
drei  schwarze  Schwäne  f Cygnus  atratus),  eine  Bergente  ( Fuligula 
marila),  ein  Paar  Formosafasanen  ( Euplocomus  sivinhoei),  ein  Paar  Gold¬ 
fasanen  (Phasianus  pictus),  ein  weiblicher  A  m  her  stfasan  (Ph.  amherstiae), 
ein  männlicher  Königsfasan  (Ph.  reevesi ),  ein  Paar  Schopfwachteln 
( Callipepla  californica j,  ein  Paar  Pfauen  ( Pavo  cristatus),  eine  Rohr  weihe 
( Circus  aeruginosus) ,  zwei  Waldkäuze  (Syrnium  aluco),  ein  Bläßhuhn 
( Fulica  atra),  sowie  einige  ausländische  Finken  und  Astrilde.  Interessant 
ist  ein  neu  angekommenes  junges  Weißbartsch  wein,  Sus  leucomystax.  Herr 
Kullmann  schenkte  außer  einigen  Fichtenkreuzschnäbeln  (Loxia 
curvirostra )  auch  ein  sehr  nett  und  wohnlich  eingerichtetes  »Meisenheim«  mit 
deutschen  Meisen  und  Kleibern  als  Insassen.  P. 

In  früheren  an  dieser  Stelle  publizierten  Artikeln  habe  ich  mir  bereits 
erlaubt,  dem  geneigten  Leser  einige  neue  Wanderfische  namhaft  zu  machen: 
Perca  fluviatilis  Cuv.,  Esox  lucius  L.,  sowie  den  Leucaspius  delineatus  v.  Sieb., 
heute  berichte  ich,  daß  nach  genauen  Beobachtungen  in  den  Jahren  1890,  1891, 
und  jetzt  neben  dem  Karpfen,  von  dem  Ähnliches  ja  schon  durch  Jäckel, 
Benecke  u.  a.  publiziert  wurde,  Carassius  carassius  Gtinth.,  sowie  Tinea  vulgaris 
Cuv.  nebst  ihrer  schönen  goldigen  Varietät  in  unseren  der  Forellenregion 
angehörenden  Bächen  vom  Fortpflanzungstriebe  gedrängt  sehr  hoch  hinauf¬ 
steigen  und  teilweise  dicht  bei  der  Quelle  ihren  Laich  absetzen. 

Kar  1  Knauthe. 

Brehm  erwähnt  bei  der  Beschreibung  des  Delphin  ( Delphinus  delphis ), 
daß  er  auf  einer  Reise  durch  die  Rote  See  einen  Delphin  geschossen  habe  aus 
einer  größeren  Gesellschaft  heraus,  die  Genossen  seien  augenblicklich  beim 
Leichname  zurückgeblieben;  jedoch  nicht  »aus  sonderbar  gesellsehaft  und  liebe 


zusammen«,  wie  der  alte  Geßner  angibt,  sondern  nach  Versicherung  des 
Schiffsführers  in  der  »edlen  Absicht,  den  liebwerten  Genossen  aufzufressen.« 
Was  Brehm,  der  treffliche  Forscher,  uns  vom  Hörensagen  berichtet,  das  habe 
ich  mit  eigenen  Augen  geschaut  ebenfalls  in  der  berüchtigten  Roten  See  kurz 
vor  dem  kleinen  Eilande  Perim.  Wir  mußten  einen  vollen  Tag  lang  »gestopft« 
liegen',  da  die  Maschine  den  Dienst  versagte,  die  Offiziere  schossen,  um  sich 
die  Langweile  zu  vertreiben,  auf  die  den  Bug  des  »Anchises«  umspielenden 
Delphin,  trafen  aber  nichts,  endlich  hatte  der  Doktor  Erfolg;  das  Wasser  färbte 
sich  rot  vom  Blute,  der  lustige  Springer  drehte  sich  einige  Male  um  sich  selbst 
herum  und  erschien  dann  an  der  Oberfläche.  Nach  etwa  5  Minuten  begannen 
die  Gefährten,  die  die  ganze  Zeit  deu  entseelten  Körper  umspielt,  ihn  anzu- 
gehen  und  in  relativ  recht  kurzer  Zeit  war  er  »abgefleischt«,  das  Skelett  bloß 
noch  übrig.  Karl  K  n  a  u  t  h  e. 

Hühnchen  durch  eine  Eule  ausgebrütet.  Vohren,  8.  Mai.  Auf 
dem  Hofe  des  Herrn  Kolon  H.  hierselbst  sind  zwei  junge-  Hühnchen  von  einer 
Eule,  dem  großen  Waldkauz,  ausgebrütet  worden.  Am  Palmsonntage  entdeckte 
der  Sohn  des  Herrn  ff.  in  einem  Birnbaum  des  Gartens  ein  Eulennest  mit  fünf 
Eiern.  Zwei  Eulen  sollen,  wie  der  junge  Mann  beobachtete,  das  betreffende 
Nest  benutzt  haben.  Er  entfernte  nun  die  Euleneier  und  legte  drei  Hühnereier 
au  deren  Stelle.  Nach  21  Tagen  fanden  sich  in  dem  Eulennest  zwei  normal 
entwickelte  Hühnchen,  die  den  ganzen  Tag  sorgfältig  von  dem  alten  Waldkauz 
bedeckt  wurden.  Das  dritte  Ei  war  verdorben.  Da  die  jungen  Hühnchen 
Eulen-Nabrung  verschmähten,  wurden  die  jungen  Tierchen  vierzehn  Tage  lang 
täglich  zwei-  bis  dreimal  herausgenommen  und  im  Hause  oder  auf  dem  Hofe 
gefüttert.  Jedesmal  umkreiste  die  alte  Eule  bei  dieser  Gelegenheit  ängstlich 
ihre  Stiefkinder.  Am  Abend  wurden  die  Kleinen  dann  dem  Eulennest  anver¬ 
traut  und  über  Nacht  der  Euleumutter  überlassen,  die  dann  nicht  verfehlte, 
sie  mit  der  nötigen  Eulennahrung,  Mäuse  und  Vögel,  reichlich  zu  versehen. 
Die  nächtliche  Beute  ihrer  Pflegemutter  wurde  allerdings  von  den  Pfleglingen 
verschmäht,  und  so  fanden  sich  jeden  Morgen  fünf  bis  sechs  Mäuse,  bisweilen 
auch  einige  Vögel,  unberührt  bei  den  Jungen  im  Nest.  Leider  war  einmal 
auch  eine  Nachtigall  dabei.  Heute,  im  Alter  von  drei  Wochen,  bewegen  sich 
die  kleinen  Tierchen  äußerst  selbständig  in  der  Küche.  Dabei  sind  sie  so 
zahm,  daß  sie  zu  jeder  Zeit  aus  der  Hand  fressen  und  sich  auf  Hand  und 
Schulter  setzen. 

Ornithologische  Beobachtungen  und  Jagdskizzen  aus  Liv¬ 
land.  Im  Verein  für  Naturwissenschaft  hielt  Prof.  Dr.  Blasius  im  März 
einen  interessanten  Vortrag  über  dieses  Thema.  Redner  gab  zunächst  eine  kurze 
Schilderung  der  Jagdverhältnisse  in  Rußland  im  allgemeinen.  Seit  dem  3.  Februar 
1892  existiert  in  Rußland  ein  Jagdgesetz,  das  sich  durch  vortreffliche  im  Sinne 
eines  rationellen  Jagdschutzes  ausgearbeitete  Bestimmungen  auszeichnet  und 
vieles  enthält,  was  dem  Inhalt  des  Deutschen  Vogelschutzgesetzes  entspricht.  Die 
Schonbestimmungen  wurden  verlesen.  Besonders  hervorzuheben  sind  §  17  a 
und  p.  In  a  heißt  es:  »Die  Ausübung  der  Jagd  ist  verboten  auf  Auerochsen, 
weibliches  Elch-,  Hirsch-  und  Rehwild,  im  gleichen  auf  die  Kälber  dieser 
Tiergattungen  im  Verlaufe  des  ganzen  Jahres«,  in  p;  »Die  Ausübung  der  Jagd¬ 
ist  verboten  auf  alle  übrigen  Tiere  und  Vögel  —  ausgenommen  die  Raubtiere 


157 


und  Raubvögel  —  vom  1.  März  bis  zum  29.  Juni«,  nachdem  in  den  zwischen¬ 
liegenden  Absätzen  b — o  die  Schonzeiten  aller  möglichen  Jagdtiere  (Säugetiere 
und  Vögel)  sehr  reichlich  bemessen  angegeben  sind  Es  erscheint  nur  fraglich, 
ob  es  durchführbar  sein  wird,  bei  den  weiten,  verhältnismäßig  schwach  be¬ 
wohnten  Länderstrecken  des  russischen  Reiches  diese  sehr  wohl  gemeinten 
Bestimmungen  immer  streng  zu  kontrollieren.  —  Sehr  wichtig  ist  für  Jagden 
in  Ruf3land  die  Jagd-Ausrüstung.  Redner  führte  Büchsflinte  und  Doppelflinte 
von  Herrn  E.  v.  Middendorff,  aus  einer  bekannten  Handlung  in  Prag  stam¬ 
mend,  Patronen  wurden  selbst  an  Ort  und  Stelle  frisch  angefertigt.  Nament¬ 
lich  zur  Bekleidung  der  Füße  ist  eine  besondere  Ausrüstung  in  den  wasser¬ 
reichen  Wäldern,  Sümpfen  und  Mooren  erforderlich.  Eigens  für  diese  Jagden 
in  Livland  angefertigte  Wasserstiefel  und  Torfschuhe  wurden  vorgelegt.  Jeder 
Jäger  muß  jetzt  in  Rußland  einen  Jagdschein  besitzen,  der  für  2  Rubel  zu 
kaufen  ist  gegen  genügende  Sicherheit,  daß  der  Inhaber  ihn  zweckentsprechend 
benutzt.  Derselbe  hat  die  Form  eines  kleinen  Oktavbüchelchens  und  muß  auf 
der  Jagd,  wie  bei  uns,  immer  mitgeführt  werden. 

Ornithologische  Beobachtungen  wurden  in  großer  Anzahl  gemacht,  im 
ganzen  bei  107  verschiedenen  Vogelarten.  Meistens  geschah  dies  gelegentlich 
der  Jagd.  Nach  der  Örtlichkeit  wurden  folgende  verschiedene  Jagden  ge¬ 
schildert  : 

1)  Strandjagd.  Diese  wurde  gelegentlich  einer  Exkursion  nach  der  Insel 
Manja  ausgeübt  und  erstreckte  sich  auf  graue  Gänse  ( Anser  anser),  verschiedene 
Enten  [Trauerente  ( Oedemia  nigra),  Sammetente  (Oedemia  fusca ),  Märzente 
(Anas  boscas ),  Krickente  ( Anas  crecca)  und  Spießente  (Anas  acuta) J  und  eine 
Reihe  von  Strandläufern  [Goldregenpfeifer  (Charadrius  pluvialis) ,  Halsband¬ 
regenpfeifer  (Charadrius  hiaticula ),  Rotschenkel  (Totanus  totanus),  Bruch¬ 
wasserläufer  (Totanus  glareola),  Uferläufer)  Totanus  hypoleucus ),  Kampfbahn 
(Philoniachas  pugnax),  Alpenstrandläufer  (Tringa  alpinia ),  Zwergstrandläufer 
(Tringa  minuta)  und  Temmincks  Zvvergstrandläufer  (Tringa  temmincki .)]  Das 
Flugbild,  die  Locktöne  der  einzelnen  Vögel  wurden  kurz  beschrieben  und  die 
Schwierigkeiten  geschildert,  dem  Wilde  sich  zu  nähern  und  die  erlegten  Exem¬ 
plare  unter  Umständen  aus  dem  Meere  zu  erlangen, 

2)  Sumptjagd.  Dieselbe  betraf  außer  unseren  März-  und  Krick- Enten 
namentlich  die  drei  in  Europa  vorkommenden  Bekassinen,  die  große,  gewöhnliche 
und  stumme  Bekassine.  Die  große  Bekassine  (Gallinago  major),  deren  Brüten 
auch  bei  Brauuschweig  durch  J.  H.  Blasius  zuerst  festgestellt  wurde,  kommt 
an  geeigneten  Lokalitäten  sehr  häufig  in  Livland  vor  und  wurde  zahlreich 
erlegt.  Durch  den  ruhigen  geraden  Flug  ist  sie  verhältnismäßig  leichter  zu 
schießen,  als  eine  gewöhnliche  und  stumme  Bekassine. 

3)  Morastjagd.  Dieselbe  ist  besonders  charakteristisch  für  die  russischen 
Ostprovinzen  und  körperlich  außerordentlich  beschwerlich.  Es  gehört  eine  schwer 
zu  erlangende  Übung  dazu,  nicht  bei  jedem  Schritte  bis  an  die  Knie  in  dem 
Sumpfmoor  einzusinken  und  dann  doch  noch  die  Elastizität  zu  besitzen,  den  vor  dem 
Hunde  in  der  Moorhaide  hinlaufenden  Hühnern  rasch  zu  folgen.  Auf  den  großen 
holländischen  Mooren  findet  man  hauptsächlich  das  Moorschneehuhn  (Lagopus 
lagopus ),  das  im  Winter  ganz  weiß  erscheint  und  im  Sommer  wenigstens  die  weißen 
Flügel  behält.  Ein  prachtvolles  Bild  bietet  sich  dem  Schützen,  wenn  der  Hund 
eine  Schneehuhn-Kette  steht,  diese  aufgeht  und  nun  in  schnellem  Fluge  über 


158 


dem  rötlich  grauen  Moor  hineilt,  die  eintönigen  Farben  durch  das  blendende 
Weiß  der  Schwingen  unterbrechend.  Sehr  gern  halten  sich  namentlich  am 
Rande  der  großen  Moore  auch  Birkhühner  (Tetrao  tetrix)  auf.  Sehr  junge  Vögel 
liegen  sehr  fest  vor  dem  Hunde,  so  daß  man  sie  mit  den  Händen  greifen 
kann,  ähnlich  auch  fast  erwachsene  junge  Tiere  in  der  heißen  Mittagssonne. 
Es  gelang  eine  ganze  Kette  junger  Birkhühner  lebend  vor  dem  Hunde  zu 
fangen.  Der  Plan,  dieselben  hierher  zu  Zwecken  der  Accliinatisation  überzu¬ 
führen,  mißlang  leider,  da  sie  sämtlich  trotz  der  sorgfältigsten  Pflege  in  der 
Gefangenschaft  umkamen.  Sehr  spaßhaft  ist  eine  dort  beliebte  Art,  die  Birk¬ 
hühner  zu  jagen,  nämlich  durch  Anlockert  der  Jungen.  Wenn  man  eine  Kette 
gesprengt  hat,  sich  sorgfältig  in  der  Nähe,  wo  sie  angefallen  ist,  verbirgt  und 
dann  ein  feines  Piepen  auf  einem  Grashalme  erschallen  läßt,  so  kommen  die 
Jungen  dem  Schützen  bis  fast  vor  die  Füße  gelaufen.  Sehr  komisch  wirkt  das 
»Kollern«  der  alten  Henne,  die  dann  auch  herangeflogen  kommt  und  vom 
Baume  herab  die  Jungen  zu  locken  sucht. 

4)  Feldjagd  war  im  August  wenig  auszuüben,  auf  Feldhühner  beginnt 
dieselbe  erst  mit  dem  27.  August  unseren  Stiles.  Hasen  dürfen  erst  vom 
13.  September  unseren  Stiles  an  geschossen  werden.  Hühner-  und  Hasenjagd 
vor  dem  Hunde  unterscheidet  sich  nicht  von  der  bei  uns  üblichen  Methode. 
Hasen  werden  häufig  im  Herbste  von  den  Herren  zu  Pferde  mit  und  ohne 
Meute  gejagt. 

5)  Waldjagd.  Ganz  besonderen  Reiz  bietet  die  Jagd  auf  Jungwild,  be¬ 
sonders  außer  Birkhühnern,  die  man  häufig  auch  im  Walde  antrifft,  auf  Hasel¬ 
hühner  ( Tetrao  bonasia )  und  Auerhühner  ( Tetrao  urogallus).  Junge  Hassel¬ 
hühner  sind  lebend  vor  dem  Hunde  nicht  zu  fangen,  da  sie  nicht  halten  und 
fortlaufen  oder  auffliegen.  Kommt  man  nicht  beim  ersten  Auffliegen  der  Kette 
zu  Schüsse,  so  gilt  es  später  die  aufgebäumten  Haselhühner  vom  Aste  herunter¬ 
zuschießen.  Sehr  schwierig  ist  es,  die  Hühner  in  dem  dichten  Walde  in  den 
Baumwipfeln  mit  den  Augen  zu  erspähen.  Unbeweglich  drücken  sie  sich  an 
den  Baumstamm  an.  Meistens  waren  es  die  geübten  Buschwächter,  die  den 
Schützen  auf  die  Tiere  aufmerksam  machten.  Erst  später  im  Herbste 
kommen  die  jungen  Haselhähne  auf  die  Locke  angeflogen.  —  Die  Auerhahu- 
jagd  vor  dem  Hunde  kann  in  den  wildreichen  Revieren  Livlands  noch  aus¬ 
geübt  werden,  während  man  ja  bei  uns  in  Deutschland  eigentlich  nur  den 
alten  Auerhahn  auf  der  Balz  schießt.  Es  ist  ein  großartiger,  für  den  Jäger 
wahrhaft  erhebender  Anblick,  eine  volle  Auerhahnkette  vor  dem  Hunde  auf¬ 
stehen  zu  sehen.  Meistens  bäumen  die  aufgescheuchten  Vögel  auf  und  werden 
dann  später  von  dem  eigens  hierauf  dressierten  Hunde  auf  dem  Baume  verbellt 
und  können  dann  leicht  herabgeschossen  werden.  —  Von  den  meisten  erlegten 
Jagdvögeln  wurden  Exemplare  vorgelegt.  Besonderes  Interesse  boten  im  Über¬ 
gangsstadium  befindliche  junge  Schneehühner  und  Auerhähne.  —  Waldschnepfen 
(Scolopax  rusticula )  kommen  fast  überall  in  den  Wäldern  vor  und  werden  ge¬ 
legentlich  bei  der  Suche  geschossen.  Die  Jagd  vor  dem  Hunde  in  den 
sumpfigen  livländischen  Wäldern  bietet  für  den  Ungeübten  große  Schwierigkeiten, 
entweder  klettert  man  balancierend  auf  umgestürzten  Baumstämmen  hin,  oder 
man  bricht  auf  dem  wirren  Wurzelwerk  plötzlich  mit  einem  Bein  in  die  Tiefe 
durch,  oder  man  watet  bis  über  die  Knie  in  einem  tiefen  Moraste,  oder  man 
geht  bis  über  die  Enkel  im  Wasser,  oder  was  am  seltensten  vorkommt,  man 


steht  auf  festem  Boden.  Gerade  im  vorigen  nassen  Sommer  gehörte  die  größte 
Energie  dazu,  in  einem  derartigen  Terrain  einer  vor  dem  Hunde  in  einer 
Dickung  hinziehenden  Auerhahnkette  rasch,  oft  springend,  trabend,  über  weite 
Wassergräben  setzend,  zu  folgen.  Der  Lohn,  endlich  zu  Schuß  zu  kommen 
und  einen  Auerhahn  zu  erbeuten,  war  dafür  um  so  schöner.  —  Das  Rehwild 
wird  von  den  dortigen  Jagdherren  sehr  geschützt  und  geschont.  Ganz  im  Gegen¬ 
satz  zu  der  hiesigen  Gegend  ist  das  Reh  dort  das  reine  Waldtier,  das  niemals 
auf  Wiese  oder  Feld  austritt.  Beim  »Blatten«  gelang  es  nicht,  einen  Rehbock 
zu  schießen,  dieselben  »sprangen«  nicht.  Auf  Treibjagden  kamen  sie  vor, 
wurden  aber  vom  Redner  mit  Rücksicht  auf  etwa  vorkommendes  Elchwild 
nicht  erlegt.  Elche  werden  eigentlich  nur  auf  Treibjagden  dort  geschossen 
und  zwar  meistens  erst  im  Beginn  des  Winters.  Leider  war  der  Bestand  gegen 
1888  sehr  vermindert,  so  daß  es  nur  gelang,  einen  einzigen  Elch  zu  erlegen. 
Hoffentlich  wird  es  durch  das  neue  Jagdgesetz  möglich,  den  Wildbestand  in 
Livland  und  Estland  zu  erhalten  und  womöglich  zu  heben  und  so  unserem 
edlen  Waidwerk  ein  ergiebiges  Feld  zu  bewahren. 

Braunschweiger  Tagblatt,  23.  März  1893. 

Li t ter at  ur . 


Die  No.  8  bis  21  der  »GefiedertenWelt«,Zeitschrift  für  Vogelliebhaber, 
-Züchter  und  -Händler,  herausgegeben  von  Dr.  Karl  Ru ss  (Magdeburg 
Creutzsche  Verlagsbuchhandlung,  R.  &  M.  Kretschmann),  enthalten: 

Allerlei  Beobachtungen  während  einer  Reise  nach  Westindien.  —  Noch 
einmal  die  Frage:  »Warum  singt  der  Vogel?«  —  Blicke  auf  das  Vogelleben  der 
Provinz  Rio  de  Janeiro.  —  Aus  meiner  Vogelstube.  Von  meinen  Papageien.  — 
Die  siebente  Ausstellung  des  Vereins  »Ornis«  in  Berlin.  —  Etwas  vom  Holz¬ 
schreier.  —  Der  Harzer  Kanariengesang  nach  den  Auffassungen  der  Gegenwart. 
—  Züchtung  weißer  Reisvögel  II.  —  Der  sprechende  Nymphenkakadu  auf  der 
Ausstellung  des  Vereins  »Ornis«.  —  Etwas  von  den  Vögeln  des  Zoologisch- 
Botanischen  Gartens  im  Haag.  —  Mischling  von  rotköpfiger  Gould’s  Amandine 
Männchen  und  schwarzköpfiger  Gould’s  Amandine  Weibchen.  —  Neue  und  seltene 
Erscheinungen  des  Vogelmarkts.  —  Der  Bademeister  und  das  weiße  Rotschwänz¬ 
chen.  —  Ein  neuer  Beitrag  zum  sanitären  Wert  der  Vogelliebhaberei.  — 
Nistkörbchen  von  grünem  Weidengeflecht  für  alle  Finken,  Astrilde,  Täubchen 
u.  a.  für  die  Vogelstube.  —  Gimpel.  —  Begabung  eines  braunschwänzigen  Grau¬ 
papagei.  —  Indigofinken  -  Züchtung.  —  Kanarienkäfige  für  Einzelsänger.  — 
Naturlaute.  —  Abrichtung  des  sprechenden  Nymphenkakadu. 


Fauna  Saxonica.  Am  phibia  et  Rep  tili  a.  Verzeichnis  der  Lurche 
und  Kriechtiere  des  nordwestlichen  Deutschlands  von  Dr.  Erwin  Schulze 
und  Friedrich  Borcherding.  Mit  25  Abbildungen.  Jena,  Verlag  von 
Gustav  Fischer.  1893. 

Als  Gebiet  der  vorliegenden  Fauna  bezeichnen  die  Verfasser  den  nord¬ 
westlichen  Teil  Deutschlands,  der  im  Norden  von  der  Ostsee  und  Nordsee, 
im  Westen  vom  Niederrhein,  im  Süden  vom  Main,  dem  Erzgebirge  und  dem 
westlichen  Teil  der  Sudeten  bis  zum  Riesengebirge,  im  Osten  von  dem  Bober 


160 


und  der  unteren  Oder  begrenzt  wird.  Das  Werk  zerfällt  in  zwei  getrennte 
Abteilungen:  Amphibien  und  Reptilien.  Jede  dieser  Abteilungen  beginnt  mit 
einem  sorgfältig  zusammengestellten  Schriftenverzeichnis,  in  welchem,  nebenbei 
bemerkt,  auch  viele  im  »Zoologischen  Garten«  veröffentlichte  Aufsätze  mit 
aufgeführt  sind.  Darauf  folgt  eine  systematische  Übersicht  der  17  Ampliibien- 
uud  11  Reptilienarten,  welche  in  dem  genannten  Gebiet  bisher  aufgefunden 
worden  sind,  mit  kurzer  Angabe  ihrer  Kennzeichen.  Die  beigegebenen  Ab¬ 
bildungen  verdeutlichen  meist  die  Beschilderung  der  Köpfe  von  Schlangen 
und  Eidechsen  und  erleichtern  so  die  Bestimmung  von  schwieriger  zu  er¬ 
kennenden  Formen.  Bei  jeder  Art  sind  alle  in  Betracht  kommenden  Fundorte 
mit  Angabe  der  Gewährsmänner  angeführt ;  hierbei  ist  nicht  nur  das  in  der 
Litteratur  vorhandene  Material  gewissenhaft  benutzt,  sondern  es  finden  sich 
auch  viele  neue  Angaben,  die  teils  von  den  Verfassern  selbst,  teils  von  andern 
angesehenen  Forschern  herrühren.  Wir  können  die  fleißige  Arbeit  allen 
Freunden  der  Reptilien-  und  Araphibienkunde  aufs  wärmste  empfehlen.  P. 

Eingegangene  Beiträge. 

K.  Kn.  in  Schl.  —  Dr.  C.  M.  in  P.  —  Prof.  B  in  F.  —  A.  von  K.  in  C.  —  H.  F.-S.  in 
Z.  —  C.  A.  P.  in  D.  C.  —  Dir.  St.  in  B.  Manuskripte  dankend  erhalten. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornitliologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 

Pallisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVII.  Jahrg.  No.  5. 
Zoologischer  Anz e iger  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Carus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann.  XVI.  Jahrg.  No.  41  9.  420. 

Deutsche  Forst-  und  Jagdzeitunkg.  Herau  gegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier.  Fr.  Lintzsche  Buchh.  VIII.  Jahrg.  No.  22.  23. 
Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  Ferd. 
Wirth  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg. 
No.  16.  20-22. 

Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz -Dresden.  Paul  Wolff. 
XXIV.  Band  No.  30.  34—36. 

Die  gefiederte  Welt.  Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Russ.  Magdeburg.  Creutzsche 
Verlagsbuchh.  XXII.  Jahrg.  No.  19  —  23. 

Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science.  London.  Macmillan  &  Co.  Vol.  47. 
No.  1225.  1226.  1229—31. 

Field.  London.  Horace  Cox.  XXXI.  No.  2108  —  10. 

Prof.  Dr.  G.  Jaegers  Monatshlatt.  Zeitschrift  f.  Gesundheitspflege  und  Lehenslehre. 

Stuttgart.  W.  Kohlhammer.  XII.  Jahrg.  No.  6. 

Ornitho logische  Monatsschrift  d.  Deutschen  Vereins  z.  Schutze  d.  Vogelwelt.  Redi¬ 
giert  von  Hofrat  Prof.  Dr.  Liebe  in  Gera,  Dr.  Frenzei,  Dr.  Rey,  Prof.  Dr.  O.  Taschenberg. 
Merseburg.  Kommiss.-Verlag  von  Friedrich  Stollberg.  XVIII.  Jahrg.  No.  4. 
Ornithologisches  Jahrbuch.  Herausgegeben  von  Victor  Ritter  von  Tschusi  zu  Schmid- 
hoffen.  IV.  Jahrg.  Heft  3.  1893.  Hallein. 

Der  Wellensittich,  seine  Naturgeschichte,  Pflege  u.  Zucht.  Von  Dr.  Karl  Russ  3.  Aufl. 

Mit  Abbildungen.  Magdeburg  1893.  Creutzsche  Verlagsdlg. 

Helios.  Abhandl.  u.  monatl.  Mitt.  a.  d.  Gesamtgebiete  d.  Naturwissensch.  Herausg.  Dr. 

Ernst  Huth.  Berlin.  R.  Friedländer  &  Sohn  1893.  10.  Jahrg.  No.  10-12  11.  Jahrg.  No.  1. 
Societatum  Litterae.  Herausg.  v.  Dr.  Ernst  Huth  u.  M.  Klittke.  In  Commission  bei 
R.  Friedländer  Sohn.  7.  Jahrg.  No.  1-3. 

Fauna  Saxonica.  Amphibia  et  Reptilia.  Von  Dr.  Erwin  Schulze  u.  Friedrich  Borcher ding 
Jena.  Verlag  von  Gustav  Fischer.  1893. 

Das  Weidwerk.  Zeitschrift  für  den  Jagd-  u.  Naturfreund.  Redakteur  und  Verleger  J. 
Dolezal.  II.  Jahrg.  No.  4. 

„Fauna.11  Mitteilungen  des  Vereins  Luxemburger  Naturfreunde.  1893.  Heft  1  u.  2. 

The  Hawks  aüd  Owls  of  the  United  States  in  their  relation  to  agriculture.  Prep,  under 
the  direction  of  Dr.  C.  Hart  Merriam  by  A.  K.  Fischer,  M.  D.  Washington  1893. 
Berliner  Entomologische  Zeitschrift.  Redaktion  von  Dr.  F.  Karsch.  37.  Band 
(1892).  Berlin.  In  Komm,  bei  R.  Friedländer  &  Sohn. 

Vorstehende  Bücher  und  Zeitschriften  können  durch  Mahlau  &  Waldschtn  idts  Sort.  bezogen  werden. 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlau  &  Waldschmidt.  Frankfurt  a.  M. 


(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  6.  XXXIV.  Jahrgang.  Juni  1893. 


Inhalt. 

Ein  Jubiläum  des  Jardin  des  Plantes.  —  Die  Europäische  Sumpfschildkröte,  Emyst  europaea. 
Ihr  Vorkommen  in  der  schweizerischen  Hochebene  und  ihr  Lehen  im  Aquarium  und  im 
Terrarium.  Eine  biologische  Studie  nach  Tagehuchnotizen;  von  H.  Fisch er-Sigwart  in 
Zofingen.  —  Aufruf  an  alle  Vogelkenner  Deutschlands!  —  Kosmopolitische  Tiere;  von 
Dr.  C.  Mül  ler.  (Fortsetzung).  —  Verzeichnis  seltener  Tiere  im  Zool.  Garten  zu  Hamburg.  - 
Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  — 
Bücher  und  Zeitschriften. 


Ein  Jubiläum  des  Jardin  des  Plantes. 

Im  Juni  1893  sind  es  hundert  Jahre,  daß  der  Jardin  des  Plantes 
in  Paris  zu  dem  eigenartigen  großen  naturwissenschaftlichen  Institut 
geworden  ist,  als  welches  er  heute  besteht.  Schon  im  Jahre  1426 
wurde  unter  Ludwig  XIII.  ein  botanischer  Garten  angelegt,  aber  erst 
zur  Zeit  der  Revolution  wurde  dieser  Garten  zugleich  ein  zoologischer 
durch  die  Aufnahme  der  Tiere,  welche  bisher  in  den  königlichen 
Menagerien  von  Versailles  und  Raincy  gehalten  worden  waren. 
Seinen  ursprünglichen  Namen  »Jardin  des  Plantes«  führt  das  Institut 
auch  noch  gegenwärtig,  obwohl  es  sich  im  Laufe  der  Zeit  zu  einer 
einzig  dastehenden  Pflegestätte  der  gesamten  Naturwissenschaften 
entwickelt  hat.  Im  übrigen  ist  es  wohl  unnötig,  an  dieser  Stelle 
näher  auf  die  Geschichte  der  Anstalt  einzugehen,  da  dieselbe  in 
Jahrgang  I  (S.  194  ff.)  und  Jahrgang  III  (S.  21  ff.)  des  »Zoolog. 
Gartens«  ausführlich  mitgeteilt  ist.  Auch  über  die  uns  insbesondere 
angehende  Tiersammlung  des  Gartens  hat  die  gegenwärtige  Zeit¬ 
schrift  häufig  Mitteilungen  gebracht.  Der  letzte  Bericht  über  den 
Stand  des  Jardin  des  Plantes,  von  Ernst  Friedei  herrührend,  findet 
sich  im  XXNI.  Jahrgang  (1890),  S.  245  ff. 


Zoolog-.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893. 


11 


162 


Die  Europäische  Sumpfschildkröte,  JEmys  europaea. 

Ihr  Vorkommen  in  der  schweizerischen  Hochebene  und  ihr  Leben 

im  Aquarium  und  im  Terrarium. 

Eine  biologische  Studie  nach  Tagebuchnotizen. 

Von  H.  Fischer -Sig  wart  in  Zofingen. 

Einige  Sumpfschildkröten  bildeten  stets  einen  wesentlichen  Be¬ 
standteil  der  lebenden  Insassen  meiner  Aquarien  und  meines  großen 
Terrariums.  Es  ist  dies  auch  die  am  meisten  feilgebotene,  deshalb 
am  leichtesten  erhältliche  Art. 

Die  gelben  Zeichnungen  auf  dunklem  Grunde,  welche  die  ganze 
Oberfläche  des  Tieres  bedecken  und  auf  den  Hautplatten  des  Rücken¬ 
schildes  aus  konzentrisch  gestellten,  kleinen  Linien  bestehen,  auf 
dem  Kopfe  und  der  Oberfläche  der  Glieder  aber  mehr  aus  Punkten 
oder  kleinen  Eflecken,  sowie  der  flache,  nicht  harte,  sondern  mehr 
lederartige  Panzer,  an  dem  der  Rückenschild  und  der  Brustschild  nur 
durch  Knorpel  verbunden  sind,  endlich  aber  namentlich  auch  der 
ziemlich  lange  Schwanz  charakterisieren  sie  genügend  und  unter¬ 
scheiden  sie  von  der  andern  häufigen,  europäischen  Art,  der  griechi¬ 
schen  Landschildkröte.  Der  Panzer  schützt  sie  nicht  so  gut,  wie  der 
viel  härtere  der  Landschildkröte  es  thut.  Sie  wird  schon  tödlich 
verletzt,  wenn  sie  nur  unvorsichtiger  Weise  getreten  wird,  was  leider 
im  Terrarium  einige  Male  vorkam  uud  jedesmal  den  Tod  des  Tieres 
zur  Folge  hatte.  Auch  wenn  sie  aus  ziemlicher  Höhe  herunterfällt, 
überdauert  sie  den  Fall  meist  nicht  lange. 

Der  Rückenschild  variiert  nicht  nur  in  der  Zeichnung,  sondern 
namentlich  auch  in  der  Form.  Er  bildet  im  Umriß  ein  mehr  oder 
weniger  regelmäßiges  Oval.  Öfter  noch  nähert  er  sich  der  Eiform,  die 
er  auch  hier  und  da  ganz  annimmt,  indem  er  nach  hinten  sich  etwas 
verbreitert,  nach  vorn  zuspitzt.  Die  Wölbung  ist  eine  regelmäßige, 
mehr  oder  weniger  hohe,  gleichförmige,  oder  dann  eine  unregelmäßige, 
z.  B.  an  den  Seiten,  namentlich  uach  vorn,  etwas  zusammengedrückt, 
so  daß  das  Gewölbe  mehr  länglich  wird.  Der  Höhepunkt  des  Ge¬ 
wölbes  ist  oft  etwa  in  der  Mitte  der  Läugenachse  des  Panzers,  oft 
nach  vorn  gerückt,  am  meisten  aber  hinter  der  Mitte.  Bei  einem 
•kleineren  Exemplar,  das  heute  noch  im  Terrarium  lebt  (Mai  1893),  ist 
der  Schalenrand  des  Rückenschildes  hinten,  links  und  rechts  vom 
Schwänze,  symmetrisch  aufgebogen.  Aus  der  hier  folgenden  Tabelle 
über  Messungen  an  Schildkröten,  meist  solchen,  die  im  Terrarium 
lebten  oder  noch  leben,  sind  diese  Verschiedenheiten  im  Bau  des 


163 


Panzers  am  besten  ersichtlich.  Dieser  Tabelle  sind  noch  die  Ge¬ 
wichte  der  betreffenden  Individuen  beigefügt,  diese  sind  teils  direkt 
gewogen,  teils  berechnet.  (Die  hierher  gehörige  Tabelle  siehe  164  und  165.) 

Wenn  man  in  dieser  Tabelle  die  Maße  von  No.  6  und  No.  7 
vergleicht,  so  kommt  man  darauf,  daß  dies  fast  genau  gleich  große 
Tiere  sind.  Der  Zufall  wollte,  daß,  wenn  man  bei  beiden  alle 
Maße  zusammeuzählt,  nur  bei  No.  7  die  Länge  statt  auf  8,45  auf  8,5 
setzt,  man  genau  das  gleiche  Resultat  bekommt,  nämlich  24,9.  Es 
ist  dies  deswegeu  von  Wichtigkeit,  weil  No.  7  beim  Messen  lebend 
war,  No.  8  aber  in  getrocknetem  Zustande  sich  befand.  Man  konnte 
nun  den  Schluß  ziehen,  daß  No.  8  im  lebenden  Zustande  gleichviel 
gewogen  habe,  wie  No.  7,  nämlich  136,5  Gramm,  und  aus  diesem 
Verhältnis  vom  getrockneten  zum  lebenden  Tier  konnte  man  das 
Lebendgewicht  anderer  getrockneter  Exemplare  berechnen,  wenigstens 
annähernd. 

In  der  Tabelle  sind  auf  diese  Art  die  Gewichte  von  No.  1,  2 
und  3  bestimmt  worden,  während  das  Lebendgewicht  von  No.  5,  8, 
10,  12  und  13  durch  Vergleichung  mit  ungefähr  gleichgroßen 
lebendig  gewogenen  bestimmt  worden  ist. 

Das  Gewicht  und  die  Größe  der  Sumpfschildkröte  richtet  sich 
nach  dem  Alter,  und  da  nur  die  wenigsten  ein  sehr  hohes  Alter  er¬ 
reichen,  so  gibt  es  infolgedessen  mehr  kleine.  Die  Käuflichen  haben 
gewöhnlich  einen  6 — 8  cm  langen  Panzer.  Solche  von  10  cm  sind 
im  Handel  bereits  etwas  seltener,  Tiere  mit  12 — 15  cm  langen  Panzern 
gehören  schon  zu  den  alten,  werden  aber  noch  hie  und  da  getroffen, 
und  gar  20 — 25  cm  lange  sind  Seltenheiten. 

Das  größte  Exemplar,  das  in  meine  Hände  fiel,  war  Eude  der 
sechziger  Jahre  von  einem  Luzerner  aus  Neapel  heimgebracht  worden. 
Es  mochte  wohl  zwei  Kilo  wiegen  und  eine  Schildlänge  von  gewiß 
20 — 25  cm  haben.  *  Leider  ist  es  nicht  gemessen  und  gewogen  worden. 
(Wenn  man  aus  den  Resultaten  einer  Anzahl  Messungen  und  Wägungen 
an  verschieden  großen  Schildkröten  eine  Proportion  herstellt,  so 
müßte  eine  solche  von  25  cm  Panzerlänge  nahezu  2,5  Kilo  wiegen.) 
Dieses  Exemplar  hatte  außerdem  die  Eigentümlichkeit,  daß  seine 
Schale  stellen  weise  vergoldet  und  deutlich  zu  sehen  war,  daß  sie 
einmal  ganz  vergoldet  gewesen.  Das  Tier  kam  also  aus  der  Ge¬ 
fangenschaft. 

In  England,  in  der  Provinz  Yorkshire,  kommt  es  in  vornehmen 
Familien  vor,  daß  Schildkröten  im  Hause  gehalten  werden,  quasi 
als  Wahrzeichen,  und  nachweisbar  haben  solche  schon  während 


164 


Tabelle  über  Masse  des  Panzers  und  Gewicht 


Bezeichnung  des  Tieres. 

No. 

Länge 

des 

Panzers. 

Gröfäte 

Breite. 

Punkt 
derselben 
an  der 
Längenachse. 

Kleinste 

Breite. 

Punkt 
derselben 
an  der 
Längenachse. 

1. 

4,2 

Ctm. 

3,95  Ctm. 

bei  2,7  Ctm. 

3,3 

Ctm. 

bei  l,i  Ctm. 

7 

Junge  Tiere  die  im  Jahre 

1 8GG  im  Aquarium  lebten 

2. 

4,5 

» 

3,9  » 

»  2,9  » 

3,6 

» 

»  1 ,25  » 

• 

3. 

4,6 

» 

4,i  » 

»  3,i  » 

3,6 

» 

»1,3  » 

Das  Exemplar  mit  liinteu  auf¬ 
gestülpten  Schalenrändern 
Seit  1891  im  Terrarium  . 

4. 

7,7 

» 

6,3  » 

< 

»  4,5  » 

4,5 

» 

»1,8  » 

Im  Terrarium  1889  .  . 

• 

5. 

7,9 

» 

G,i  » 

»  5,1  » 

5,5 

5> 

»  2,1  » 

Bei  Zofingen  1887  gefangen 
in  rotem  Spiritus  kon 
serviert  . 

5 

6. 

8,5 

6,5  » 

»  5,e  » 

6 

»  2,9  » 

Seit  1887  lebend  im  Terra 
rium.  Bei  Zofingen  ge 
fangen . 

- 

7. 

8,45 

» 

7 

»  5,5  » 

5,6 

»  3,5  » 

War  im  Jahr  1885  im  Ter 
rarium . 

8. 

10,7 

» 

8 

• 

»  6,7  » 

7,  ‘4 

»  4,4  » 

Seit  einigen  Jahren  lebend 
im  Terrarium  .... 

9. 

10,9 

» 

7,9  .» 

»7,3  » 

7,3 

» 

»  4,1  » 

1878  durch  Fall  verunglückt. 
Bei  Zofingen  gefangen  . 

10. 

1 1,35 

» 

8,2  » 

»8  » 

7,25 

» 

»  3,5  » 

Seit  1882  lebend  im  Ter 
rarium . 

- 

11. 

13,4 

10, <-5  » 

»10  » 

9,65 

»  4,5  » 

Im  Oktober  1869  von  Dr. 
Casimir  Moesch  im  Katzen¬ 
see  gefangen  und  von  ihm 
Jahre  lang  gehalten  .  . 

12. 

12 

8,5  » 

7,2 

» 

Vor  circa  15  Jahren  bei 
Rupperswyl  im  Kanal  ge¬ 
fangen  worden  .... 

13. 

13 

» 

10,5  » 

8 

2> 

Im  Sommer  1892  in  der 
Reuss  bei  Rottenschwyl 
gefangen,  nun  im  Museum 
Aarau  ausgestopft  .  .  . 

14. 

15,3 

12 

bei  10  Ctm. 

9 

» 

bei  2,5  Ctm. 

Am  18.  März  1893  im  Burg- 
äschisee  gefangen,  war  in 
Herzogenbuchsee  in  einem 
Garten,  entwischte  aber  . 

15. 

— 

1 

165 


verschiedener  Individuen  der  europ.  Sumpfschildkröte. 


Höhe. 

Kulminations¬ 
punkt  an 
der 

Längenachse. 

Gewicht 

trocken. 

des  Tieres 

lebend. 

Bemerkungen. 

1,5 

Ctm. 

bei  2,5  Ctm. 

j 

3,4  Gramm. 

•  - 

14,87 

Gramm. 

Ziemlich  regelmäßiges  Oval.  Kulminations¬ 
punkt  hinter  der  Mitte.  Das  Lebendgewicht 
wurde  nach  dem  Trockengewicht  berechnet. 

1,6 

» 

»  2,9  » 

3,35  » 

14,65 

Ziemlich  regelmäßiges  Oval.  Kulminations¬ 
punkt  hinter  der  Mitte.  Das  Lebendgewicht 
wurde  nach  dem  Trockengewicht  berechnet. 

1 ,85 

| 

»3,i  » 

3,8  » 

16,62 

» 

Ziemlich  regelmäßiges  Oval.  Kulminations¬ 
punkt  hinter  der  Mitte.  Das  Lebendgewicht 
wurde  nach  dem  Trockengewicht  berechnet. 

2,7 

»  2,4  » 

— 

95 

» 

Regelmäßiges  Oval.  Kulminationspunkt  vor 
der  Mitte.  Wurde  lebend  gewogen. 

8,2 

» 

»  3,9  -  '» 

103 

» 

Schöne  Eiform.  Flache  Wölbung.  Culminations- 
punkt  in  der  Mitte.  DasLebendgewicht  wurde 
durch  Vergleichung  mit  No.  4  berechnet. 

3,9 

» 

»5  » 

31,2  » 

136,5 

» 

Ziemlich  regelmäßiges  Oval.  Wölbung  hoch. 
Kulminationspunkt  hinter  der  Mitte.  Das 
Lebendgewicht  wurde  nach  dem  Trocken¬ 
gewicht  und  durch  Vergleichung  mit  No.  7 
berechnet. 

3,8 

» 

»  3,5  » 

136,5 

Regelmäßiges  Oval.  Wölbung  hoch.  Kul¬ 
minationspunkt  vor  der  Mitte.  Wurde 
lebend  gewogen. 

3,7 

» 

»4  » 

203 

Ziemlich  regelmäßige  Eiform.  Kulminations¬ 
punkt  vor  der  Mitte.  Das  Lebendgewicht 
wurde  durch  Vergleichung  mit  No.  9  be¬ 
rechnet. 

4,25 

» 

»42  » 

— 

209 

» 

Schönes  Oval,  mehr  lang.  Kulminationspunkt 
vor  der  Mitte.  Wurde  lebend  gewogen. 

4,5 

» 

»  5,6  » 

' 

214 

» 

Vorn  ist  das  Gewölbe  seitlich  etwas  zusammen¬ 
gedrückt.  Kulminationspunkt  in  der  Mitte. 
Das  Lebendgewicht  wurde  durch  Ver¬ 
gleichung  mit  No.  9  und  No.  11  berechnet. 

7,25 

V 

»  7,85  » 

491 

» 

Schönes,  mehr  breites  Oval.  Wölbung  hoch. 
Kulminationspunkt  nur  wenig  hinter  der 
Mitte.  Wurde  lebend  gewogen. 

4,5 

~ 

— ■ 

c.  300 

Ähnlich  wie  No.  10.  Die  Maße  wurden  von 
Dr.  Cas.  Moesch  mitgeteilt.  Das  Lebend¬ 
gewicht  wurde  durch  Vergleichung  mit 
No.  11  und  No.  9  berechnet. 

5 

» 

c.450 

Ähnlich  wie  No.  11,  aber  flacheres  Gewölbe. 
Die  Maße  wurden  von  Dr.  Fr.  Mühlberg 
mitgeteilt.  DasLebendgewicht  wurde  durch 
Vergleichung  mit  No.  11  berechnet. 

5 

bei  7,8  Ctm. 

* 

c.  500 

» 

Nicht  so  hoch  gewölbt  wie  No.  11.  Ziemlich 
regelm.  Oval.  Die  Maße  wurden  von  Dr. 
Fr.  Mühlberg  an  einer  Zeichnung  mitgeteilt. 
Lebendgewicht  durch  Vergleichung  mit 
No.  11. 

1 

900 

Wurde  von  mir  selbst  lebend  gewogen  auf 
einer  rohen  Waage.  Die  Maße  wurden 
leider  nicht  genommen. 

166 


mehrerer  Generationen  in  der  gleichen  Familie  existiert.  Sie  wurden 
bei  gewissen  Anlässen  frisch  herausgeputzt,  und  der  Schild  lackiert 
und  poliert.  Im  Winter  verkrochen  sie  sich  in  der  Küche  unter  dem 
Feuerherd  und  kamen  im  Frühlinge  wieder  hervor,  was  jedesmal  als 
Familieuereignis  betrachtet  wurde.*)  Diese  Sitte  betrifft  jedoch  meist 
die  griechische  Landschildkröte,  existiert  aber  vielleicht  auch  in  Italien, 
wo  die  Wasserschildkröte  häufiger  vorkommt,  oder  mag  auch  nur 
gelegentlich  durch  einzelne  Familien  dorthin  verschleppt  worden  sein. 
Das  große  Tier  mit  seiner  vergoldeten  Schale  weist  auf  so  etwas  hiu. 

Dasselbe  war  indes  viel  zu  groß  für  meine  damaligen  Ein¬ 
richtungen  und  wurde  deshalb  in  einem  großen  Garten,  in  dem  auch 
kleine  Weiher  mit  Wasserpflanzen  existierten,  untergebracht,  wo  es 
aber  argen  Unfug  trieb,  Pflanzen  knickte  und  das  Wasser  be¬ 
ständig  trübte.  Später  verschwand  es,  und  man  hörte  nie  mehr 
etwas  von  ihm.  Vermutlich  ist  es  vom  Gärtner  gründlich  beseitigt 
worden,  so  daß  es  bedauerlicher  Weise  nicht  konserviert  werden 
konnte. 


Eine  Liebhaberei,  welche  ein  ganzes  Leben  hindurch  andauert, 
verdankt  oft  ihren  Anfang  einem  geringfügigen  Umstande  oder  An¬ 
stoße.  So  erging  es  dem  Schreiber  dieser  Zeilen  mit  seiner  Lieb¬ 
haberei  für  Aquarien  und  Terrarien.  Im  Frühlinge  des  Jahres  1865 
wurde  ihm  eine  Sumpfschildkröte  gebracht,  die  in  der  Umgebung 
von  Zofingen  gefunden  worden  war,  und  sie  bildete  bei  ihm  den  An¬ 
fang.  Er  setzte  das  Tier  in  einen  Kübel  mit  Wasser  und  einigen 
Steinen,  der  nun  sein  erstes  Aquarium  vorstellte.  Wegen  ungenügender 
Kenntnis  der  Lebensgewohnheiten  und  Bedürfnisse  des  Tierchens, 
unzweckmäßiger  Placierung  des  ganzen  Apparates  und  unrichtiger 
Behandlung  beschloß  es  binnen  kurzer  Zeit  seinen  Lebenslauf,  aber 
der  Besitzer  hatte  doch  schon  etwas  gelernt  dabei  und  Liebe  zur 
Sache  gewonnen. 

Der  zweite  Versuch  mißlang  zwar  ebenfalls,  indem  er  mit  zu 
jungen,  ganz  kleinen,  nur  etwa  4  cm  langen  Schildkröten  gemacht 
wurde,  die  ein  Italiener  direkt  aus  dem  Süden  seines  Vaterlandes 
importiert  hatte,  und  die  unser  Klima  nicht  vertragen  konnten.  Es 
waren  4  Stück,  die  zwar  einige  Tage  munter  in  ihrem  Behälter 

*)  Die  Mitteilungen,  das  Halten  von  Schildkröten  in  englischen  Familien 
betreffend,  verdanke  ich  Herrn  Arnold  Imhof-Imer,  der  sich  in  den  sechziger 
Jahren  in  der  Provinz  Yorkshire  aufhielt. 


167 


berumsch wammen,  aber  nicht  zum  Fressen  zu  bringen  waren.  Sie 
wurden  bald  matt  und  eine  nach  der  andern  fand  sich  tot  auf  dem 
Trockenen.  Nur  die  letzte  hielt  sich  länger,  nachdem  sie  in  einem 
Goldfischglas,  das  mit  einem  aus  dem  Wasser  hervorragenden  »Felsen« 
versehen  war,  an  einen  sonnigen  Ort  gebracht  worden,  wo  sie  sich 
den  wärmenden  Sonnenstrahlen  aussetzen  konnte.  Sie  wurde  hier¬ 
durch  sichtlich  belebt  und  fraß  auch  bald  einige  kleine  Regenwürmer. 
Lange  aber  hielt  auch  sie  es  nicht  aus  und  gegen  den  Herbst  hin 
verendete  sie.  Ihr  Herr  hatte  aber  wieder  etwas  gelernt.  Auch 
war  inzwischen  bekannt  geworden,  daß  er  solche  Tiere  gerne  halte, 
und  dies  hatte  zur  Folge,  daß  ihm  öfters  Wasserschildkröten  gebracht 
wurden,  die  in  der  Umgebung  von  Zofingen  gefangen  worden  waren. 
Im  Anfänge  hielt  er  dies  für  zufällige  Funde,  wurde  aber  in  dieser 
Meinung  wankend,  als  ihm  alle  Sommer  ein  oder  einige  Exemplare 
gebracht  wurden.  Bis  zum  Jahre  1879  geschah  dies  ziemlich  regel¬ 
mäßig,  nach  dieser  Zeit  aber  weniger  häufig,  jedoch  immerhin  noch 
hie  und  da.  Es  scheint,  daß  der  außerordentlich  strenge  und  kalte 
Winter  von  1879/80  die  damals  hier  im  Freien  existierenden  Schild¬ 
kröten  sehr  dezimiert  habe.  Es  mögen  so  im  ganzen  innerhalb  20  Jahren 
etwa  25  Exemplare  in  der  Gegend  gefunden  worden  sein,  und  zwar  fast 
alle  im  Gebiete  eines  Baches,  genanut  der  »Altachenbach«,  der  in 
die  Wigger  fließt.  Bis  im  Jahre  1886  konnte  nur  von  zweien  dieser 
Schildkröten  nachgewiesen  werden,  daß  sie  au  andern  Stellen  gefunden 
worden  seien,  wovon  die  eine  im  Spätherbst  1873  aus  einem 
Kartoffelacker,  nahe  bei  einem  kleinen  Tümpel,  östlich  von  Zofingen, 
aus  der  Erde  gegraben  wurde,  die  andere  beim  Fischen  in  der 
Wigger  bei  Brittnau  im  Jahre  1877  ins  Netz  geriet.  (No.  10  der 
Tabelle.)  Diese  letztere  konnte  als  Varietät  bezeichnet  werden.  Sie 
unterschied  sich  von  der  gewöhnlichen  Form  durch  die  Zeichnung  der 
Rückenschale,  die  fast  nur  aus  gelben  zerstreuten  Punkten  bestand, 
während  dem  sie  bei  der  Stammform  aus  konzentrisch  angeordneten 
Strichen  besteht.  Auch  die  Augen  waren  abnormal  gebildet,  weiß 
mit  schwarzer  Pupille,  diese  aber  nicht  rund  sondern  von  fast  vier¬ 
eckiger  Form.  Der  Blick  des  Tieres  bekam  durch  diese  Abnormität 
etwas  recht  Bösartiges;  auch  war  es  viel  scheuer,  als  seine  Kame¬ 
raden,  verhielt  sich  übrigeus  sonst  in  allen  Beziehungen  gleich 
wie  diese. 

Diese  Funde  von  Sumpfschildkröten  um  Zofingen  könnten  nun 
die  Annahme  gerechtfertigt  erscheinen  lassen,  daß  sie  hier  in  wirk¬ 
lich  wildem  Zustande  Vorkommen,  indem  kaum  anzunehmen  sei,  daß 


168 


so  viele,  während  einer  langen  Reihe  von  Jahren,  regelmäßig  der 
Gefangenschaft  entlaufen  seien,  doch  ist  diese  Aunahme,  wie  man 
später  sehen  wird,  durchaus  nicht  zweifellos  richtig. 

Es  sind  in  der  schweizerischen  Hochebene  noch  andere  Lokalitäten 
bekannt,  wo  diese  Schildkröteuart  schon  mehr  oder  weniger  häutig 
gefangen  worden  ist.  In  den  sumpfigen  Schachen  der  Aare  und  ihrer 
Zuflüsse  ist  sie  mehrmals  beobachtet  worden,  worüber  folgende  sichere 
Daten  bekannt  sind : 

Im  Sommer  1882  sah  mau  öfters  eine  große  Schildkröte  in 
einem  Tümpel  im  Aarschachen  bei  Schinznach  und  am  2.  August 
des  gleichen  Jahres  konnte  mau  sich  ihrer  bemächtigen.  Der  Rektor 
der  dortigen  Bezirksschule  übersandte  mir  dieselbe.  Es  war  ein  sehr 
schönes,  großes,  am  Riickenschild  gemessen  damals  11  cm  langes,  wohl¬ 
genährtes  Exemplar  (No.  11  der  Tabelle),  das  jetzt  noch,  nach 
11  Jahreu,  im  Terrarium  lebt.  Dieser  Fang  war  dort  allerdings  ein 
vereinzelter,  und  machte  Aufsehen,  so  daß  darüber  in  den  Zeitungen 
referiert  wurde,  und  die  Neuigkeit  in  vielen  Blättern  der  Schweiz  die 
Runde  machte.  Dies  war  jedoch  mehr  ein  Zufall,  indem,  nachdem 
in  einer  Zeitung  darüber  etwas  geschrieben  worden,  alle  andern  es 
übungsgemäß  abdruckten,  während  dem  von  andern  Fängeu,  von 
denen  zufällig  in  keiner  Zeitung  etwas  erwähnt  wurde,  uichts  ans 
Tageslicht  kam,  obschon  sie  es  eben  so  gut  verdient  hätten.  Es 
mögen  so  viele  solcher  Vorkommnisse  in  Vergessenheit  geraten  sein; 
die  mir  bekannten  sollen  hier  noch  aufgeführt  werden. 

Schon  etwa  zwei  Jahre  vor  dem  Funde  in  Schinznach  ist  im 
Kanal  bei  Rupperswyl  eine  ungefähr  gleich  große  Schildkröte  ge¬ 
fangen  worden,  die  im  Museum  in  Aarau  aufbewahrt  wird.  Dieselbe 
hatte  eine  Riickenschildläuge  von  13  cm,  eine  Kopflänge  von  ca.  3  cm 
und  eine  Schwanzlänge  von  8  cm,  also  eine  Totallänge  von  ca. 
24  cm.  (No.  13  der  Tabelle.) 

Dann  ist  in  einem  stillen  Arm  der  Reuß  bei  Rottenschwyl  im 
Sommer  1892  beim  Fischen  eine  noch  größere  Sumpfschildkröte  er¬ 
beutet,  und  dem  Herrn  Dr.  Fr.  Mühlberg  in  Aarau  gebracht  worden, 
der  sie  ausstopfen  ließ  und  ebenfalls  dem  dortigen  Museum  einver¬ 
leibte.  Dieselbe  maß  am  Rückenschild  15,3  cm  vom  Rückenschild 
bis  zum  Kopfende  5,2  cm  und  bis  zum  Schwänzende  8  cm,  also  total 
28,5  cm.  (No.  14  der  Tabelle.)  Dazu  kam  ein  Schreiben  von  dem 
betreffenden  Fischer  des  Inhalts,  es  sei  schon  im  Jahre  1890  au  der 
gleichen  Stelle  eine  ähnliche  gefangen  worden. 


169 


Noch  mehr  als  die  bisher  erwähnten  Lokalitäten  haben  einige 
kleine  Seen  den  Charakter  von  echten  Standorten  unserer  Schildkröte. 
Es  sind  diejenigen  mit  wenig  tiefem  Wasserstande,  flach  verlaufenden 
Ufern  und  geringem  Zufluß,  welche  Eigenschaften  sie  zu  Aufent¬ 
haltsorten  des  Tieres  vorzüglich  geeignet  erscheinen  lassen,  weil  im 
Sommer  ihr  Wasser  eine  hohe  Temperatur  annimmt  und  zum  Eier¬ 
legen  günstige  Stellen  vorhanden  sind. 

Ein  solcher  See  ist  der  Katzensee  im  Kanton  Zürich.  In  dem¬ 
selben  sind,  nach  Mitteilung  von  Herrn  Dr.  Casimir  Moesch  in  Zürich 
schon  seit  Jahren  öfters  Sumpfschildkröten  gefunden  worden,  die 
meisten  im  oder  nahe  beim  Ausfluß  des  Sees,  wo  er  selbst  im 
Oktober  1869  eines  Abends  bei  einbrechender  Dämmerung,  als  er 
auf  dem  Entenanstand  sich  befand,  eine  fing,  die  er  viele  Jahre 
lebend  erhielt,  und  mit  kleinen  Fischen  fütterte.  Dieselbe  hatte 
eine  Pauzerlänge  von  12  cm,  gehörte  also  ebenfalls  zu  den  größeren 
Exemplaren.  (No.  12  der  Tabelle.)  Im  nach  Osten  sich  richtenden 
Abfluß,  beiläufig  dem  einzigen  in  dieser  Direktion  fließenden  Abwasser 
eines  Schweizersees  nördlich  der  Alpen,  sind  Exemplare  bis  zunächst 
Oerlikon  gefunden  worden. 

Herr  Dr.  Moesch  teilte  mir  ferner  mit,  daß  die  Flußschildkröte 
auch  im  Moos -Seedorfsee  zu  Hause  sei,  worüber  ich  bis  jetzt  keine 
weiteren  Nachrichten  besitze. 

Die  Anwohner  des  Burgäscliisees  bei  Herzogenbuchsee  und  des 
Inkwylersees  bei  Solothurn  erzählen  schon  lange,  daß  sich  in  beiden 
Seen  Schildkröten  fänden  und  als  daraufhin  in  den  Jahren  1890 
und  1891  nähere  Nachfrage  gehalten  wurde,  ergab  es  sich,  daß 
wirklich  im  ersteren  See  öfters  solche  gesehen  wurden  und  daß  im 
letzteren  eine  größere  Anzahl  existierten,  so  viele,  daß  die  Fischer 
durch  sie  am  Fischen  mit  Beeren,  dort  »Warlef«  oder  »Wartlauf« 
genannt,  gehindert  wurden,  indem  die  Tiere,  wenn  sie  iu  diese  hiu- 
eiugerieten,  beim  Bestreben,  sich  frei  zu  machen,  mit  ihren  kräftigen 
Vorderbeinen  das  Netz  zerrissen,  und  sowohl  die  gefangenen  Fische, 
als  auch  sich  selbst  befreiten. 

Am  10.  Juli  1890,  bei  einer  Rekognoszierung  am  Burgä¬ 
sch  isee,  sagte  der  hart  daran  wohnende  Fischer  Victor  Notli 
aus,  er  habe  seit  einigen  Jahren  öfters  Schildkröten  im  See  gesehen, 
die,  wenn  sie  sich  beobachtet  sähen,  stets  in  der  Tiefe  verschwänden. 
Mehrmals  seien  welche  unter  den  am  Ufer  festgebundenen  Kähnen 
weggeschwommen,  wenn  diese  losgelöst  und  fortgeführt  worden  seien, 
und  im  Frühling  1890  sei  beim  Wegräumen  eines  alten,  morschen 


170 


Fischerkahnes,  der  am  Seeufer,  zum  Teil  im.  Wasser  lag,  ebenfalls 
eine  zum  Vorschein  gekommen,  die  sich  darunter  aufgehalten  habe. 
Sie  sei  aber  schnell  in  die  Tiefe  entwichen.  Vor  ganz  kurzer  Zeit 
habe  er  wieder  eine  große,  »zwei  Faust  breite«  gesehen.  Junge  sah 
er  im  See  nie.  Andere  Anwohner  des  Sees  und  Bewohner  der  Um¬ 
gebung  bestätigten  diese  Aussagen.  Bis  jetzt  hatte  mau  diesen  Vor¬ 
kommnissen  keine  große  Beachtung  geschenkt,  und  namentlich  war 
deswegen  noch  keine  gefangen  worden,  weil  es  jedes  mal  unvor¬ 
hergesehene  und  unvorbereitete  Begegnisse  waren,  und  das  Tier 
jeweilen  schon  entwichen  war,  wenn  man  daran  dachte,  sich  seiner 
zu  bemächtigen. 

Der  Burgäschisee  hat  circa  45  m  Tiefe  und  an  vielen  Stellen 
reichen  schwimmende  Torfboden  tief  ins  Wasser  hinein,  wo  dann  das 
Ufer  weit  unterhöhlt  ist  und  unzugängliche  Schlupfwinkel  bietet. 
Diese  Verhältnisse  wären  günstig  für  den  Aufenthalt  von  Schild¬ 
kröten,  weniger  dagegen  der  Umstand,  daß  der  See  zum  großen  Teil 
von  kalten  Quellen  genährt  wird,  und  viel  tiefer  ist,  als  der  nahe 
gelegene  Inkwylersee,  sein  Wasser  deßhalb  auch  im  Sommer  kalt 
bleibt,  was,  in  Verbindung  mit  den  nicht  flachverlaufenden  Ufern, 
die  für  das  Legen  der  Eier  keine  günstigen  Stellen  aufweisen,  die 
Fortpflanzung  unmöglich  macht.  Es  muß  angenommen  werden,  daß 
die  iu  diesem  Seeleiu  sich  findenden  Tiere  vom  Inkwylersee  her¬ 
stammen,  und  sich  zufällig  hierher  verirrt,  dann  aber  eingewöhut 
haben. 

Es  wurde  nun  auf  diese  Berichte  hin  vom  Friihlinge  1892  au 
hier  auf  Schildkröten  gefahndet.  Trotzdem  man  aber  hier  und  da  einer 
gewahr  wurde,  gelang  es  doch  erst  am  18.  März  1893,  einer  hab¬ 
haft  zu  werden.  Sie  wurde  beim  Fischen  mit  dem  Netze  herausge¬ 
zogen  und  war  ein  sehr  großes  Exemplar ;  denn  sie  wog  900  Gramm. 
(No.  15  der  Tabelle.)  Ich  selbst  wog  sie  iu  Herzogenbuchsee,  konnte 
sie  aber  leider  nicht  acquirieren  und  auch  die  Maße  sind  nicht  ge¬ 
nommen  worden.  Seither  sei  sie  wieder  entwichen.  Ob  sich  nun 
alle  diese  Angaben  auf  dies  eine  Exemplar  bezogen  haben,  was  un¬ 
wahrscheinlich  erscheint,  oder  ob  im  See  noch  mehr  existieren,  wird 
die  Zukunft  lehren. 

Im  Inkwylersee  hat  Herr  Ammann  Roth  von  Iukwyl  seit 
Jahren  die  Fischpacht,  und  ihm  gehört  auch  die  kleine  Insel  darin 
eigentümlich  zu.  Er  hat  nun  schon  öfters  Schildkröten  im  Netze 
herausgefischt,  und,  wie  er  aussagte,  jeweileu  in  dem  nahen  Walde 
ausgesetzt.  Auf  Befragen,  ob  die  ganze  Geschichte  vielleicht  nicht 


171 


eiue  Fabel  sei,  erwiderte  er,  daß  er  das  sehr  wünschte,  da  ihm  seit 

•  • 

dem  Uberhandnehmen  der  Schildkröten  das  Fischen  mit  »Wart¬ 
laufen«  verunmöglicht  sei.  Auch  sähe  man  im  Sommer  oft  etwa 
thalergroße  Junge,  welche  durch  die  Maschen  der  Netze  hindurch¬ 
gehen.  Mau  sehe  sie  beim  Fischen,  wie  sie  sich  auf  Seerosenblättern 
sonnen,  und  beim  Heraunahen  des  Kahnes  ins  Wasser  entwichen. 

Die  letzten,  so  außergewöhnlich  kalten  Winter  haben  die  Kolonie 
jedenfalls  vermindert;  denn  seither  hat  man  weniger  mehr  von  ihnen 
gehört  und  in  den  beiden  Sommern  1891  und  1892  sind  keine 
Jungen  zum  Yorscheiu  gekommen. 

Es  ist  nun  festgestellt  worden,  daß  der  frühere  Pächter  des 
Inkwylersees,  Herr  Jb.  Bernhard,  ungefähr  im  Jahre  1880  fünf 
Wasserschildkröten  in  den  See  eingesetzt  hat,  welche,  wie  die  Fischer 
sagen,  sich  nun  leider  so  vermehrt  haben.  Es  ist  aber  ziemlich 
sicher,  daß  schon  vorher  solche  darin  existiert  haben ;  denn  viele 
Leute,  worunter  auch  ältere,  sprechen  davon,  obschon  nach  andern 
zuverlässigen  Nachrichten  vor  etwa  40  Jahren  niemand  etwas  von 
diesen  Seebewohnern  wußte.  Herr  Bernhard  hat  damals  fünf  ge¬ 
wöhnliche,  käufliche,  also  kleinere  Tiere  eingesetzt.  Es  ist  nun  nicht 
wahrscheinlich,  daß  diese  in  zehn  Jahren  so  gewachsen  seien,  um 
fortpflanzungsfähig  zu  werdeu,  und  eine  Kraft  zu  entwickeln,  daß 
sie  Fischernetze  zerreißen  konnten;  denn  ihr  Wachstum  ist  äußerst 
langsam,  und  das  mußten  schon  sehr  große  und  alte  Exemplare  ge¬ 
wesen  sein,  die  das  thaten.  Die  bisher  dort  gefangenen,  wovon  ich 
einige  Schalen  zu  sehen  bekam,  waren  auch  wirklich  größere.  Es 
dürfte  sich  wohl  am  Ende  so  verhalten,  daß  Herr  Bernhard  vom 
Vorhandensein  von  Schildkröten  im  Inkwylersee  gehört,  als  er  die 
Fischpacht  übernahm,  und  daß  ihn  dies  veranlaßt  hat,  noch  eine 
Anzahl  zu  kaufen  und  einzusetzen,  als  sich  eine  Gelegenheit  dazu 
bot.  Es  entspricht  dies  ganz  seiner  Art  und  seiner  Liebhaberei  für 
Tiere  und  zoologische  Raritäten.  Die  eingefangenen  größeren  Tiere 
aber,  sowie  die  Jungen,  die  von  den  Fischern  beobachtet  worden 
sind,  sprechen  dafür,  daß  schon  lange  Schildkröten  im  Inkwylersee 
existiert,  und,  ob  eingesetzt  oder  natürlicherweise  dort,  sich  vermehrt 
haben,  wenn  auch  nur  in  besonders  günstigen  Jahren. 

Dieser  See  ist  nur  4 — 5  m  tief,  viel  kleiner  als  der  Bnrgäschisee 
und  hat  keinen  nennenswerten  Zufluß.  Es  ergießen  sich  nur  schwache 
Bächlein  und  Rinnsale  in  denselben,  die  vorher  durch  sumpfige 
Ebenen  fließen/  Hauptsächlich  ist  er  ein  Sammelbecken  für  das  Regen¬ 
wasser.  Den  Ausfluß  bildete  bis  vor  kurzem  ein  unbedeutender,  ver- 


172 


sumpfter  Kanal,  der  nur  wenig  Wasser  führte  und  nach  kurzem 
Wege  in  den  Feldern  versickerte.  Erst  im  Jahre  1891  ist  dieser 
Kanal  wieder  ausgeweitet,  korrigiert  und  vertieft  worden.  Im  Früh¬ 
ling  1892  war  er  fertig  und  durch  ihn  wurde  nun  der  Seespiegel  über 
einen  m  tiefer  gelegt.  In  dem  stark  abströmenden  Wasser  wurde 
wieder  eine  ziemlich  große  Schildkröte  gefangen,  die  letzte,  von  der 
man  hörte.  Die  Ufer  des  Sees  sind  an  den  meisten  Stellen  sehr 
flach,  und  bei  der  Tieferlegung  erhoben  sie  sich  nicht  aus  der 
zurück  weichenden  oder  sinkenden  Wasserfläche,  wie  man  hätte  er¬ 
warten  sollen,  sondern  sanken  mit  dem  Seespiegel,  so  daß  sie  jetzt 
noch,  wie  zuvor,  flach  im  Wasser  verlaufen,  vom  Wasser  weg  nun 
aber  sanft  ansteigen.  An  einigen  Stellen  sind  sie  auch  sandig.  Im 
See  befindet  sich  die  schon  erwähnte,  kleine,  mit  Bäumeu  bewachsene 
Insel,  eine  alte  Pfahlbaute.  Alle  diese  Verhältnisse  sind  sehr  günstig 
für  die  Vermehrung  der  Schildkröten,  namentlich  nimmt  das  Wasser 
im  Sommer  eine  verhältnismäßig  sehr  hohe  Temperatur  an.  Den¬ 
noch  bleibt  es  dahin  gestellt,  ob  infolge  der  Tieferlegung  und  des 
letzten  so  strengen  Winters  1892/93,  der  auch  den  wirklich  ein¬ 
heimischen  Lurchen  und  Reptilien  sehr  Abbruch  gethan  hat,  nicht 
die  ganze  Kolonie  zerstört  worden  sei. 

Trotz  allem  dem,  was  bisher  erwähut  worden  ist,  kann  die 
Frage,  ob  Schildkröten  in  der  schweizerischen  Hochebene  endemisch, 
das  heißt  wirklich  wild  Vorkommen,  ob  sie  überall  künstlich  einge¬ 
setzt  worden  und  sich  später  vermehrt  haben,  oder  ob  alle  Funde 
zufällig  seien  und  von  entlaufenen  herrühreu,  noch  nicht  endgültig 
entschieden  werden. 

Es  wird  zwar  häufig  nach  dem  bloßen  Auffinden  von  erwachsenen 
Exemplaren  auf  das  Vorkommen  »im  wilden  Zustande«  geschlossen. 
So  ist  dies  im  Februarhefte  des  Jahres  1888  des  »Zoolog.  Gartens« 
der  Fall  in  einem  Artikel  von  C.  Greve  in  Moskau,  »Die  Sumpf¬ 
schildkröte  bei  Moskau«,  zufolge  dem  sie  sich  dort  »wild«  linden 
soll ,  sowie  auch  in  einem  andern  Artikel  »der  naturwissen¬ 
schaftlichen  Wochenschrift«,  Verlag  von  Hermann  Riemann,  Berlin 
III,  Band  VI.  vom  4.  November  1888,  S.  45,  betitelt:  »Ein 
neuer  Fundort  der  Sumpfschildkröte«  von  G.  Partheil,  nach  welchem 
sie  12  Kilometer  südwestlich  Dessau  in  einem  Teiche  der  Fuhne¬ 
niederung  im  Flußgebiete  der  Saale  beim  Dorfe  Tornau  sich  ziem¬ 
lich  häufig  findet.  (Der  Lehrer  des  Dorfes  Tornau  hat  diese  Fund¬ 
stätte  entdeckt.)  Wollte  man  aber  das  mehrmalige  Auffinden  an 
einer  Lokalität  als  Beweis  dafür  gelten  lassen,  daß  sie  dort  wirklich 


m 


wild  vorkomraeu,  so  müßten  das  Gebiet  der  Altachen  bei  Zofiugen, 
sowie  der  Burgäschisee  bei  Herzogen buchsee,  der  Jnk  wylersee  bei 
Solothurn,  ferner  der  Katzensee  bei  Zürich,  allenfalls  auch  die  stillen 
Nebenarme  in  den  Schachen  der  Aare  und  der  Reuß  ebenfalls  und 
mit  demselben  Rechte  als  Standorte  bezeichnet  werden.  Ein  sicherer 
Beweis  ist  nur  der,  wenn  man  an  der  betreffenden  Lokalität  dort 
geborene  Eier  oder  Junge  nachweisen  kann,  was  bis  jetzt,  mit  Ausnahme 
des  Inkwylersees,  wo  es  aber  Mangels  eigener  Anschauung  auch  noch 
nicht  über  allen  und  jeden  Zweifel  erhaben,  noch  nirgends  der 
Fall  ist. 

Dr.  V.  Fatio  in  seinen  Animaux  vertebres  de  la  Suisse  führt 
zwar  Emys  lutaria  an,  aber  er  kommt  zu  dem  Schlüsse,  daß  alle 
Funde,  die  ihm  zur  Kenntnis  kommen,  von  importierten,  später  ent¬ 
laufenen  herrühren,  oder  doch  in  dieser  Hinsicht  sehr  verdächtig 
seien.  Er  gibt  aber  an,  daß  nach  Wagner,  Historia  naturalis  Hel¬ 
vetia,  vor  zwrei  Jahrhunderten  die  Sumpfschildkröte  in  einigen  kleinen 
Seen  der  Ostschweiz  sich  häufig  fand.  Es  ist  anzunehmen,  daß  dies 
auch  später  noch  der  Fall  war,  indem  sie  sich  nur  allmählich  ver¬ 
mindert  haben  wird. 

Für  das  endemische  Vorkommen  in  der  Schweiz  kann  nun 
folgendes  angeführt  werden  : 

•  Vermöge  ihrer  Lage  gegenüber  dem  .bekannten  Verbreitungs¬ 
gebiete  könnte  die  Schweiz  ganz  gut  ebenfalls  noch  dazu  gehören, 
ohne  ein  isoliertes  Fundgebiet  darzustellen  ;  denn  in  andern  Ländern, 
namentlich  östlich  von  der  Schweiz,  kommt  unsere  Schildkröte  noch 
weit  nördlicher  vor,  als  unser  Land  liegt,  und  nur  das  durch  die 
höhere.  Lage  und  durch  die  Nähe  der  Alpenkette  bedingte,  etwas 
rauhere  Klima  der  schweizerischen  Hochebene  könnte  die  Ursache 
sein,  daß  sie  fehlt.  Lokale  Verhältnisse  können  aber  die  Hinder- 
nisse  für  ihr  Vorkommen  aufheben.  So  eignen  sich  namentlich  die 
kleinen,  wenig  tiefen  Seen  aus  den  schon  bemerkten  Gründen  zu 
ihrem  Aufenthalte,  und  im  Winter  ist  sie  durch  den  Winterschlaf 
im  Schlamme  geschützt. 

Wenn  vor  zwei  Jahrhunderten  das  Tier  noch  stellenweise  häufig 
war,  und  an  den  gleichen  oder  ähnlichen  Orten  heute  noch  solche 
dort  gefangen  werden,  vereinzelt  zwar,  oder  in  wenigen  Individuen, 
aber  oft  von  einer  Größe,  die  auf  ein  Alter  hin  weist,  das  bis  an¬ 
nähernd  in  jene  Zeiten  zurückreicht,  und  wenn  Exemplare  von 
solcher  Größe  in  unser  Land  von  auswärts  her  heute  nicht,  oder 
nur  ausnahmsweise  importiert  werden,  so  spricht  dies  dafür,  daß  diese 


174 


großen  Exemplare  wenigstens  endemisch,  oder  doch  vor  einer  sehr 
langen  Reihe  von  Jahren  eingebürgert  worden  seien. 

Es  ließe  sich  höchstens  für  diese  Vorkommnisse  noch  der  Fall 
denken,  daß  von  zahlreichen  aus  der  Gefangenschaft  seit  alten  Zeiten 
entflohenen,  für  deren  erforderliche  große  Zahl  man  aber  keine  An¬ 
haltspunkte  hat,  einige  an  Stellen  gerathen  seien,  die  ihnen  zusagten, 
und  hier  ein  hohes  Alter  erreicht  haben.  Annehmbarer  jedoch 
scheint  d  i  e  Idee,  daß  von  den  vielen  in  der  schweizerischen  Hoch¬ 
ebene  gefangenen  Sumpfschildkröten  einige  wenige  von  jenen  Kolo¬ 
nien  herzuleiten  seien,  die  noch  vor  zwei  Jahrhunderten  oder  vor 
noch  kürzerer  Zeit  unsere  kleinen  Seen  belebten. 

’  (Fortsetzung  folgt.) 

Aufruf  an  alle  Vogelkenner  Deutschlands ! 


Am  4.  Oktober  1892  wurde  auf  der  Generalversammlung  der  »Allge¬ 
meinen  deutschen  ornithologischen  Gesellschaft«  zu  Berlin  eine  Kom¬ 
mission  zurZusammenstelluug  der  Trivialnamen  deutscher  Vögel  gewählt, 
bestehend  aus  Dr.  Kurt  Floerieke  (Marburg  i.  H.),  Dr.  Paul  Lever¬ 
kühn  (Briefe  München,  postlagernd),  Dr.  Ernst  Schaff  (Direktor  des 
zoolog.  Gartens,  Haunover),  Lehrer  W.  Hartwig  (Berlin  N.,  Lottumstr.4  4) 
und  Maler  Herrn.  Hocke  (Berlin  NO.,  Linienstr.  1).  DieThätigkeit  dieser 
Kommission  soll  sich  aber  auch  über  die  politischen  Grenzen  Deutsch¬ 
lands  hinaus  auf  die  anstoßenden  deutschen  Sprachgebiete  erstrecken 
und  also  auch  die  deutsch  sprechenden  Kantone  der  Schweiz,  die 
deutschen  Provinzen  Österreichs  und  Luxemburg  mit  umfassen.  Des¬ 
gleichen  sollen  auch  fremde  Sprachgebiete  berücksichtigt  werden, 
wenn  sie  innerhalb  der  politischen  Grenzen  Deutschlands  liegen.  Es 
müssen  also  auch  die  französischen  Bezeichnungen  aus  den  Reichs¬ 
landen,  die  wendischen  aus  der  Mark  und  Lausitz,  die  lithau- 
ischen  aus  Ostpreußen  und  die  polnischen  aus  Schlesien ,  Posen 
und  Westpreußen  mit  gesammelt  werden.  Dieses  Gebiet  wurde 
unter  die  einzelnen  Aussehußmitglieder  in  der  Weise  verteilt,  daß 
Dr.  Floerieke  Schlesien,  Posen,  Ost-  und  Westpreußen,  Hessen- 
Nassau,  Hessen  -  Darmstadt,  Lippe  und  Waldeck,  Dr.  Lever  kühn 
Bayern  mit  Pfalz,  Deutsch-Österreich,  Hannover,  Braunschweig  und 
Schleswig-Holstein,  Dir.  Dr.  Schaff  Thüringen,  Provinz  Sachsen,  Anhalt, 
Baden,  Württemberg,  Oldenburg,  Hansestädte  und  Helgoland,  W. 
Ha  rtvvig  Brandenburg,  Pommern,  Mecklenburg  und  Königreich 


175 


Sachsen,  Hocke  Schweiz,  Reichslaude,  Luxemburg,  Rheinprovinz  und 
Westfalen  zur  Bearbeitung  übernahm. 

Die  Kommission  richtet  an  alle  Kenner  und  Freunde  der  deutschen 
Vogel  weit  die  ganz  ergebene  Bitte,  sie  bei  diesem  Vorhaben  nach 
Möglichkeit  unterstützen  zu  wollen.  Insbesondere  werden  die  Herren 
Lehrer,  Landwirte  und  Forstbeamten,  welche  am  ehesten  und  besten 
Gelegenheit  haben,  die  im  Volksmuud  üblichen  Bezeichnungen  unserer 
Vögel  zu  sammeln,  ersucht  ihre  Mitarbeiterschaft  dem  Werke  zu  teil 
werden  zu  lassen. 

Um  die  langwierige  Schreibarbeit  möglichst  zu  ersparen  und 
zugleich  eine  größere  Vollständigkeit  zu  erzielen,  sind  Tabellen  an¬ 
gefertigt  worden,  in  deren  leere  Rubriken  die  in  der  betreffenden 
Gegend  gebräuchlichen  Trivialnamen  einzutragen  sind.  Die  fertig 
gestellten  Listen  sind  danach  so  bald  als  möglich  demjenigen  Aus¬ 
schußmitglied  zuzusenden,  in  dessen  Sammelgebiet  der  betr.  Korre¬ 
spondent  ansässig  ist.  Das  auf  diese  Weise  von  den  einzelnen  Aus¬ 
schußmitgliedern  zusammengebrachte  Material  hat  alsdann  der  Vor¬ 
sitzende  der  Kommission  (Dr.  Floericke)  zu  einem  übersichtlichen 
Ganzen  zu  verarbeiten  und  der  nächsten  im  September  1893  zu 
Kassel  stattfindenden  Generalversammlung  der  »Allgemeinen  deutschen 
ornithologischen  Gesellschaft«  druckfertig  vorzulegen.  Selbstverständ¬ 
lich  werden  die  Arbeiten  aller  Korrespondenten  nur  unter  voller 
Namensnennung  derselben  verwertet  werden  und  nach  erfolgtem 
Druck  stehen  denselben  die  fertigen  Verzeichnisse  gern  kostenlos 
und  postfrei  zur  Verfügung. 

Allen  denen,  welche  die  ebenso  schöne  und  interessante,  wie 
lohnende  und  praktisch  wertvolle  Aufgabe  durch  thätige  Mitarbeiter¬ 
schaft  zu  fördern  geneigt  sind,  sei  schon  im  voraus  im  Namen  der 
Wissenschaft  herzlichster  Dank  gesagt. 

In  der  Versammlung  des  Vereins  zum  Schutze  der  Vogel  weit, 
hielt  Hofrat  Prof.  Dr.  K.  Th.  Liebe  folgenden  auf  diesen  Aufruf 
bezüglichen  Vortrag: 

Die  Ethnographen  sind  jetzt  eitrigst  bestrebt,  rasch  noch  zu  beobachten, 
und,  wo  es  angeht,  durch  Sammlungen  zu  fixieren,*  was  von  wilden  oder  halb¬ 
wilden  Völkerschaften,  ihren  Sitten  und  Vorstellungen,  Gebräuchen  und  Ein¬ 
richtungen,  Geräten  und  Waffen  noch  übrig  ist,  denn  in  kürzester  Frist  wird 
die  allenthalben  vordringende  Kultur  jene  Völkerschaften  vernichten  oder  sie 
wenigstens  so  assimilieren,  daß  vom  Ursprünglichen  nichts  mehr  übrig  bleibt. 
Doch  das  ist  draußen,  in  weiter,  weiter  Ferne;  bei  uns  aber,  in  dem  hoch- 
civilisierten  Vaterland,  haben  wir  auch  Anlässe  zu  derartigen  konservierenden 
Arbeiten.  Eine  Menge  Volksgebräuche  waren  eng  genug  mit  dem  Volksleben 


in  Familie  und  Gemeinde  verknüpft,  um  Jahrhunderte  lang  ihr  Recht  be¬ 
haupten  und  fröhlich  fortexistieren  zu  können,  und  doch  schwinden  sie  in 
der  neuesten  Zeit  unter  dem  stürmischen  Wehen  unserer  jetzigen  Kulturent¬ 
wicklung  mit  unglaublicher  Schnelligkeit.  Ebenso  verhält  es  sich  leider  auch 
mit  den  Märchen  und  Sagen,  unter  denen  so  viele  von  hochpoetischem  Inhalt. 
Es  haben  daher  schon  seit  Decennien  wackere  patriotische  Männer  beim  An¬ 
blick  dieses  rapiden  Dahinschwindens  den  Entschluß  gefaßt,  die  bis  dahin 
nur  mündlich  überlieferten  Erzählungen  und  Schilderungen  niederzuschreiben 
und  systematisch  zu  sammeln,  und  durch  ihr  Verdienst  wird  als  Idealbesitz 
uns  erhalten  bleiben,  was  früher  im  wirklichen  Besitz  des  Volkes  war.  —  Hat 
doch  im  Laufe  der  Zeit  unsere  Sprache  eine  ganze  Menge  von  Worten  verloren, 
die  früher  zu  ihrem  Schatze  gehört  haben.  War  das  nun  auch  gerade  zur  Zeit 
der  Invasion  der  wälschen- Redeweisen  und  Worte  in  erhöhtem  Grade  der 
Fall,  so  ist  der  ganze  Prozeß  des  Verschwindens  einzelner  Wörter  doch  unaus¬ 
gesetzt  in  Thätigkeit  —  auch  in  unserer  Zeit,  wo  der  Bücherdruck  ebenso  zur 
Konservierung  beiträgt,  wie  zur  Zerstörung.  Ich  erinnere  nur  an  verschiedene 
Wörter  wie  »das  Ort«,  »Saiger«,  »das  Trum«  etc. 

Von  ganz  besonderem  Interesse  sind  dabei  auch  die  Namen  für  die  Tier-  und 
Pflanzenarten,  insonderheit  fürdie  Vogelarten.  Auch  hier  schwinden  eine  Menge  von 
Namen,  welche  zum  Teil  recht  poetisch,  zum  Teil  auch  recht  bezeichnend  waren 
und  zwar  nicht  bloß  solche  Namen,  welche,  wie  allerdings  die  meisten,  den  verschie¬ 
denen  Dialekten  angehören,  sondern  auch  solche,  von  denen  man  glaubte,  sie  seien 
als  schriftsässig  allgemein  recipiert.  Es  ist  allerdings  wünschenswert  und  von 
unbestreitbar  praktischem  Nutzen,  wenn  wir  durch  ganz  Deutsch¬ 
land  hindurch  überall  eine  jede  Vogelart  mit  demselben 
schriftsässigen  deutschen  Namen  bezeichnen;  sind  wir  doch  endlich 
dabei,  auch  in  den  so  mannigfaltig  gewordenen  lateinischen  Art-  und  Genus¬ 
namen  endlich  einmal  eine  internationale  Einheitlichkeit  einzuführen.  Die 
Einheitlichkeit  der  deutschen  Benennungen  wird  ganz  gewiß  früher  oder  später 
auch  zu  stände  kommen;  damit  sie  aber  in  zweckmäßiger  Weise  zu  stände 
kommt,  ist  es  notwendig,  daß  aus  allen  Gauen  Deutschlands  die  volkstümlichen 
d.  h.  in  diesem  Falle  die  dialektischen  Namen  sorglich  gesammelt  werden, 
damit  man  weiß,  welcher  von  den  zahlreichen  Namen,  die  jede  einzelne  Art 
trägt,  den  weitesten  Verbreitungskreis  hat,  oder  auch  für  den  Ge. 
brauch  am  geeignetsten  erscheint,  und  diesen  dann  bei  der  Wahl  eventuell 
bevorzugt.  Das  ganz  genaue  und  exakte  Sammeln  der  volkstümlichen  Namen 
hat  daher  neben  jener  idealeren  auch  eine  eminent  praktische  Bedeutung. 
Übrigens  aber  liegt  Gefahr  im  Verzug,  denn,  wie  schon  bemerkt,  werden  in 
kurzer  Zeit  die  volkstümlichen  Namen  der  Vögel  in  demselben  Maße  ver¬ 
schwinden,  in  welchem  die  modernen,  namentlich  aber  die  mehr  einheitlichen 
deutschen  Bezeichnungen  an  Herrschaft  gewinnen.  Sie  sollen  einer  einheitlichen 
Benennung  den  Platz  räumen,  aber  nicht  spurlos  verschwinden:  sie  sollen,  wie 
die  deutschen  Sagen  und  alten,  zum  Teil  noch  im  Heidentum  wurzelnden 
Bräuche,  vor  ihrem  gänzlichen  Verschwinden  aufgezeichnet  und  so  konserviert 
werden  für  die  historische  Seite  der  Wissenschaft. 

Wir  müssen  es,  wie  aus  dem  Gesagten  ersichtlich,  mit  doppeltem  Danke 
begrüßen,  wenn  man  jetzt  daran  geht  volkstümlichen  Namen  der  Vogelarten 
aus  allen  einzelnen  Gauen,  so  weit  die  deutsche  Zunge  klingt,  sorgfältig  zu 


177 


sammeln,  lind  müssen  wünschen,  daß  sich  recht  viele  an  diesem  Sammeln  be¬ 
teiligen  mögen.  Zugleich  müssen  wir  aber  darauf  aufmerksam  machen,  daß 
solches  Sammeln  keineswegs  ein  unter  allen  Umständen  leichtes  Werk  ist.  Die 
Schwierigkeitep,  welche  man  scharf  ins  Auge  fassen  muß,  wenn  etwas  Gutes, 
d.  h.  Richtiges  und  Brauchbares  geliefert  werden  soll,  liegen  in  folgenden  Um¬ 
ständen  : 

Zuerst  muß  besonders  betont  werden,  daß  der  bloße  gute  Wille  nicht  ausreicht, 
wenn  man  sprachliche  Eigentümlichkeiten  des  Volkes  erkunden  will  :  man  muß 
vielmehr  mit  dem  Manne  aus  dem  Volke  umgehen  können,  und  das  ist  eine 
Eigenschaft,  welche  man  oft  genug  nicht  einmal  bei  auf  dem  Dorfe  geborenen 
Gebildeten  findet,  bei  Städtern  selten  genug  und  hei  Großstädtern  nur  ganz 
ausnahmsweise.  Ich  spreche  hier  natürlich  nicht  davon,  daß  der  ortsfremde 
Gebildete  den  Volksdialekt  überhaupt  gar  nicht  oder  wenigstens  nur  unvoll¬ 
kommen  versteht,  obwohl  auch  das  in  viel  mehr  umfänglicher  Weise  vor¬ 
kommt,  als  man  vermuten  sollte,  sondern  vorzugsweise  von  dem  Sichverständ- 
lichmachen  und  von  dem  erfolgreichen  Zwiegespräch.  Der  gewöhnliche  Mann, 
namentlich  der  Bewohner  der  einsameren  Waldgebirgsgegenden  wie  der  der  san¬ 
digen  oder  moorigen  schwächer  bevölkerten  Ebene,  ist  gegen  audersredende, 
nach  seiner  Meinung  höher  gestellte  Leute  mißtrauisch  und  zurückhaltend, 
vorsichtig  zugeknöpft,  zumal  wenn  er  den  Grund  ihres  Fragens  nicht  ganz 
versteht.  Lieber  verschweigt  er,  was  er  sagen  könnte,  als  daß  er  unbefangene 
Auskunft  gibt,  um  nicht  irgendwie  etwas  Schädliches  oder  Dummes  anzu¬ 
richten.  Im  günstigsten  Falle  noch  lauert  im  Hintergründe  seiner  Seele  der 
Verdacht,  man  wolle  sich  über  seine  »bäurische  Sprache«  lustig  machen,  und 
nun  maskiert  er  seinen  angeborenen  Dialekt  und  nennt  die  Vögel  nicht  mit 
dem  »eingeborenen«  Namen,  sondern  mit  einem  anderen,  der  ihm  gerade  ein¬ 
fällt,  —  vielleicht  mit  einem  Namen,  den  er  einst  vom  Schullehrer  gehört.  — 
Ich  wiederhole,  es  ist  eine  seltene  Gabe,  wenn  jemand  aus  der  Ferne  kommend, 
also  auf  einer  Reise  oder  Exkursion,  sich  sofort  im  Volke  heimisch  zu  machen 
und  zu  informieren  versteht.  Leichter  wird  es  natürlich  bei  längerer,  an¬ 
dauernder  persönlicher  Bekanntschaft,  und  dann  den  ortseingeborenen  Gebildeten. 
Wie  viele  aber  gibt  es  deren,  bei  welchen  das  Interesse  für  die  Sache  mit 
einer  kleinen  Portion  Energie  verbunden  is.t  ?  Gar  viele  könnten  recht  gut  mit 
beitragen  zu  der  Aufgabe,  alle  Volksnameu  zu  sammeln,  wenn  sie  nicht  zu  in¬ 
dolent  wären,  und  es  lieber  den  beliebten  »anderen«  überließen. 

Einen  zweiten  Übelstand  habe  ich  schon  in  den  einleitenden  Bemerkungen 
leichthin  erwähnt:  es  ist  die  schon  im  Gange  befindliche  Einbürgerung  ihm 
ursprünglich  fremder  Namen  beim  Volke.  Seit  über  zwei  Menschenaltern  ist 
naturgeschichtlicher  Unterricht  in  den  Volksschulen  eingebürgert,  erst  in  Ge¬ 
stalt  von  Aufsätzen  in  den  »Lesebüchern«  und  dann  in  besonderen  Stunden 
der  Heimatskunde  und  Naturgeschichte.  Seit  mehr  als  einem  Menschenalter 
schon  hört  auch  das  Volk  direkt  und  noch  weit  mehr  indirekt  aus  den  vielen 
populären  Schilderungen  der  Naturforscher  und  der  Vereine  von  Freunden  der 
Naturwissenschaften  sowie  der  Tierschutzvereiue  andere  als  die  ureigenen  Be¬ 
zeichnungen  für  die  einzelnen  Vogelarten.  Namentlich  nehmen  kleine  populäre 
ornithologische  Artikel  die  kleinen  Lokalzeitungen  gern  auf.  Man  glaube  ja 
nicht,  daß  das  ohne  Wirkung  geblieben:  vielfach  kennt  man  im  Volke  für 
denselben  Vogel  jetzt  zwei  Namen,  vielfach  aber  hat  eine  gräuliche  Konfusion 
Zoolog1.  Gart.  Jahrg.  XXXIV.  1893.  12 


178 


Platz  gegriffen,  indem  nun  falsche  Bezeichnungen  auftauchen  und  sich  ein- 
bürgern.  Unter  allen  Umständen  aber  trifft  unter  solchen  Einflüssen  eine 
Menge  alter  guter  Volksnamen  das  Los  des  unaufhaltsamen  Verschwindens 
Nur  wenige  Beispiele  werden  zur  Beleuchtung  dieses  sprachlichen  Prozesses 
genügen.  Vater  Bechstein  erfand  für  die  Anthus-Arteri  den  deutschen  Namen 
Pieper:  an  verschiedenen  Punkten  des  Thüringer-Waldes  und  Ostthüringens 
verdrängt  jetzt  im  Volksmunde  dieser  Name  Pieper  den  ursprünglichen  hei¬ 
mischen  Namen  Spitzlerche;  den  meines  Erinnerns  ebenfalls  gemachten  Namen 
Segler  oder  Mauersegler  habe  ich  schon  mehrfach  von  den  Lippen  der  Dorf¬ 
kinder  gehört.  Noch  leichter  natürlich  bürgern  sich  Namen  aus  anderen 
Dialekten  ein:  so  hört  man  zum  Beispiel  in  Oberfranken  und  im  Vogtland 
öfter  den  Ausdruck  Schwarzplättel,  der  eigentlich  dem  Süden  von  Deutschland  , 
an  gehört.  * 

Wenn  nun  ein  Sammler  von  Volksnamen  unserer  einheimischen  Vögel 
wirklich  den  oben  besprochenen  Bedingungen  mit  seiner  Persönlichkeit  ent¬ 
spricht,  —  wenn  er  einen  « Vogeltobies»  draußen  im  einsamen 'Dörfchen  näher 
kennen  lernt  und  sich  mit  ihm  versteht,  dann  liegt  immer  noch  eine  Klippe 
vor,  die  in  der  Eigenart  solcher  Vogeltobiese  liegt.  Meist  sind  diese  Leute 
bessere  Beobachter  als  andere  und  wissen  mehr  als  ihre  Nachbarn,  und  werden 
auch  dafür  von  letzteren  angesehen.  Aus  einer  gewissen  Eitelkeit  gebrauchen 
sie  oft  (nicht  alle)  ihnen  eigentlich  fremde  Worte,  um  dadurch  ihr  höheres 
Wissen  zu  dokumentieren,  und  so  verfahren  sie  auch  bei  Vogelnamen.  Da 
man  gerade  von  solchen  Leuten  am  meisten  erfahren  kann,  muß  man  hier 
doppelt  vorsichtig  sein,  —  namentlich  nicht  auf  das  erste  Wort  hin  gleich 
zum  Notizbuch  greifen,  sondern  abwartend  mit  Geduld  weiterer  Gesprächs¬ 
äußerungen  harren,  auch  wohl  mit  einer  geschickt  gestellten  Frage  das  Terrain 
sondieren. 

Schwierigkeiten  liegen  ferner  auch  in  dem  Sprachgebrauch  des  Volkes 
selbst,  insofern  sich  hier  keineswegs  die  logischen  Konsequenzen  finden,  welche 
die  Grammatiken  fordern  und  gut  heißen.  Zuerst  wechseln  gewisse  Worte 
die  Begriffe,  wenn  man  von  einem  Dialekt  zum  andern  übergeht.  In  Ost¬ 
thüringen  z.  B.  und  auch  anderwärts  versteht  man  unter  »Buchfink«  stets  den 
Bergfinken  ( Fringilla  montifringilla )  und  niemals  den  Edelfinken  (Fr.  coelebs). 
(Wegen  seiner  Lieblingsnahrung  verdient  der  Bergfink  allerdings  weit  eher 
den  Namen  Buchfink  wie  unser  Edelfink.)  In  anderen  Gegenden  soll  das  Wort 
Buchfink  für  Edelfink  volkstümlich  sein.  Ich  selbst  habe  diese  Bezeichnung  in 
manchen  Gegenden  bei  den  Gebildeten  gefunden,  wo  der  gemeine  Mann  unter 
Buchfink  nur  den  Quäker  (Fr.  montifringilla )  meinte.  —  Manche  Vögel  haben 
im  Volksmunde  weder  einen  besonderen  Namen,  noch  werden  sie  unter  einem 
Kollektivnamen  mit  inbegriffen.  Hierhin  gehören  z.  B.  unter  anderem  im 
nördlichen  Ostthüringen  der  gewöhnliche  Schwirl.  Möglich  ist,  daß  in  solchem 
Falle  eine  spätere  Einwanderung  des  Vogels  als  Ursache  zu  Grunde  liegt.  — 
Öfter  noch  begegnet  uns  der  Fall,  daß  das  Volk  als  scharfgeschiedene  Arten 
unterscheidet,  was  die  Wissenschaft  in  eine  einzige  zusammenzieht.  Es  unter¬ 
scheidet  in  Mitteldeutschland  scharf  von  dem  Rothänfling  den  Grauhänfling 
und  den  Gelbhänfling  als  ganz  bestimmte  Arten  und  verwirft  die  Meinung, 
daß  das  Altersdifferenzen  seien,  als  irrig.  Ebenso  unterscheidet  es  nach  dem 
Gesang  und  nebenbei  uach  der  häufigeren  Brntweise  die  Stockamsel  von  der 


179 


Buschamsel  etc.  Auf  solche  Scheidungen  im  Volkssprachgebrauch  muß  man 
eingehen,  denn  ihnen  liegen  öfter  feinere  Beobachtungen  von  ^tatsächlichen 
Verschiedenheiten  zu  Grunde,  die  Wichtigkeit  für  die  Frage  der  Abarten 
haben.  —  Auf  der  anderen  Seite  aber  vereinigt  der  Volksmund  auch  wieder 
naturgemäß  von  einander  zu  trennende  Arten  in  eine  ;  er  unterscheidet  nicht 
zwei  Arten  von  Goldhähnchen,  er  vereinigt  ganz  ohne  Gewissensregung  das 
harmlose  Turmfälkchen  mit  dem  Baumfalken  etc.  —  Die  Kollektivnamen  des  Volks¬ 
sprachgebrauchs  decken  sich  bisweilen  mit  den  Geschlechts-  oder  Familien¬ 
namen  der  Ornithologie,  aber  sehr  oft  auch  nicht,  oder  wenigstens  nicht  voll¬ 
ständig.  So  versteht  der  Ostthüringer  unter  dem  Kollektivnamen  «Grasmücke» 
eine  Anzahl  kleiner,  grauer  Vögel,  und  unterscheidet  die  Arten  großes  Weißkätel 
( Sylvia  hortensis ),  kleines  Weißkätel  (S.  cinerea ),  Staudenhitscher  (S.  curruca) 
und  wälsche  Grasmücke  (Muse,  grisola );  die  Mönchgrasmücke  ( S .  atricapilla ) 
aber  rechnet  er  mit  größter  Entschiedenheit  nicht  mit  zu  den  Grasmücken. 
Bei  den  Raubvögeln  und  Eulen,  Wasser-  und  Strandvögeln  muß  man  diese 
Kollektivnamen  ganz  besonders  vorsichtig  anfassen. 

Doch  genug  von  den  Schwierigkeiten !  Es  möchte  ein  mißtrauisches  Ge¬ 
müt  sonst  vermuten,  wir  ständen  dem  höchst  verdienstvollen  Unternehmen 
nicht  ganz  sympathisch  gegenüber.  Im  Gegenteil  —  wir  begrüßen  es  aufrichtig 
herzlich  und  wünschen  ihm  die  besten  Erfolge.  Wir  fordern  alle  Interessenten  — 
und  deren  sind  sicher  nicht  wenige  —  auf,  sich  durch  Beiträge  zu  beteiligen. 
Mag  man  vielleicht  auch  hier  und  da,  z.  B.  an  der  besonderen  Form  der 
Tabellen,  meinen,  etwas  aussetzen  zu  können,  so  sind  das  nur  Kleinigkeiten, 
über  die  man  sich  leicht  hinweghilft,  da  ja  die  Namen  der  Herren  in  der 
Kommission  uns  Bürge  sind,  daß  dort  das  gesammelte  Material  in  der  rechten 
gründlichen  und  gewissenhaften  Weise  verarbeitet  werden  wird. 

Vielleicht  dürften  wir  zum  Schluß  noch  den  einen  Wunsch  aussprechen, 
daß  noch  ein  Germanist  zur  großen  Arbeit  herbeigezogen  wird,  damit  auch  in 
dieser  Richtung  das  Ganze  sich  vollkommen  abrundet. 


Kosmopolitische  Tiere, 

Von  Dr.  C.  Müller. 

(Fortsetzung.) 

Die  große  Klasse  der  Insekten  umfaßt  Formen  mit  äußerst 
verschiedenen  Lebensgewohnheiten  und  während  die  Käfer,  Wanzen 
und  sogar  die  Orthopteren,  die  doch  verhältnismäßig  nur  wenig 
fliegen,  im  großen  und  ganzen  (s.  Trouessart)  als  reine  Bodentiere 
angesehen  werden  können,  sind  die  andern  Gruppen,  wie  die  Schmet¬ 
terlinge,  Fliegen,  Hymenopteren,  Neuropteren,  Cicaden  und  Pflan¬ 
zen  läuse,  Tiere,  welche  von  ihren  Flügeln  umfassenden  Gebrauch 
machen,  genau  so  wie  die  Vögel.  Gleichwohl  können  sie  doch  nur 
beschränkte  Wanderungen  unternehmen,  denn  man  darf  nicht  über- 


180 


sehen,  daß  sie  Geschöpfe  mit  einer  im  Verhältnis  zu  ihrer  Lebens¬ 
dauer  langwierigen  Verwandlung  sind,  welche  als  Larven,  Raupen 
oder  Maden  oft  genug  nur  auf  einer  einzigen  Pflanzenärt  schma¬ 
rotzend  hausen.  In  diesem  F^alle  hängt  die  Fauna  offenbar  direkt  von 
der  Flora  ab  und  die  Vermehrung  bestimmter  Insektenarten  wird  voll¬ 
ständig  davon  beeinflußt,  ob  die  Pflanzenformen,  von  denen  sie  sich 
nähren,  oder  nahe  verwandte,  welche  diese  ersetzen  können,  vorhan¬ 
den  sind  oder  nicht.  Mit  Rücksicht  hierauf  sind  z.  B.  die  Schmet¬ 
terlinge  trotz  der  Entwicklung  ihrer  Flügel  viel  weniger  dazu  ge¬ 
eignet  auszuwandern  und  neue  Gebiete  zu  besiedeln,  als  etwa  die 
Libellen,  deren  Larven  im  Wasser  von  allerlei  tierischer  Kost  leben 
und  bei  denen  die  alten  sich  gleichfalls  von  Insekten  ernährenden 
Weibchen  überall,  wo  nur  immer  geeignete  Gewässer  sich  finden, 
ihre  Eier  ablegen  können. 

Die  Zahl  der  beschriebenen  Arten  von  Insekten  ist  unsicher, 
da  niemals  eine  vollständige  Aufzählung  gegeben  worden  ist  ;  aber 
sie  übersteigt  nach  Wallace  wahrscheinlich  100,000,  und  diese 
können  wohl  zu  ungefähr  10,000  Gattungen  gehören,  viele  Male 
mehr  als  alle  Wirbeltiere  zusammen.  Unter  den  Ordnungen  der  In¬ 
sekten  sind  nur  zwei,  die  Coleoptera  und  Lepidoptera  so  sorgfältig 
in  allen  Teilen  der  Erde  gesammelt  worden,  daß  sie  mit  ziemlicher 
Sicherheit  dazu  dienen  können,  um  ihre  Verbreitung  mit  der  der 
Wirbeltiere  zu  vergleichen  ;  und  selbst  von  diesen  sind  es  nur  ge¬ 
wisse  beliebte  Gruppen,  welche  so  gesammelt  worden  sind.  Unter 
den  Lepidoptera  z.  B.  sind,  obgleich  die  ausgedehnte  Gruppe  der 
Tag-Schmetterlinge  im  allgemeinen  als  durchaus  gut  bekannt  be¬ 
zeichnet  werden  muß,  die  sehr  kleinen  Tineidae  oder  selbst  die 
größeren  aber  dunkleren  Noctuidae  kaum  überhaupt  in  tropischen 
.  Ländern  gesammelt  worden.  Dasselbe  findet  man,  wenn  auch 
vielleicht  in  geringerem  Grade  bei  den  Coleopteren.  Daß  daher  im 
folgenden  keine  ausführliche  Zusammenstellung  der  kosmopolitischen 
Insekten  gegeben  werden  kann,  ist  wohl  selbstverständlich.  Ein 
fast  vollständiges  Verzeichnis  dieser  hat  H.  Plateau  (Revue  de 
Geneve  1886)  gegeben.  Benutzt  wurde  zu  Nachfolgendem  vom 
Verfasser  Taschenberg,  Insekten  sowie  auch  die  Bearbeitung  dieser 
im  Brehm ,  außerdem  Leuniß,  Zoologie  neben  den  bereits  vor¬ 
hererwähnten  Werken  von  Trouessart  und  Wallace.  Als  erste 
Insektenordnung  sind  die  Käfer  betrachtet  worden. 

Die  Cicindelidae  oder  Tigerkäfer  sind  eine  mäßig  ausgedehnte 
Gruppe ;  sie  verbreiten  sich  über  die  ganze  Erde,  sind  aber  viel 


181 


zahlreicher  in  tropischen,  als  in  gemäßigten  und  kalten  Ländern. 
Mehr  als  die  Hälfte  der  Arten,  418,  gehört  der  Gattung  Cicindela 
an,  der  einzigen,  welche  kosmopolitisch  ist. 

Die  ungefähr  9000  bekannten  Laufkäferarten,  Carabidae,  ver¬ 
teilen  sich  auf  613  Gattungen  und  bewohnen  die  ganze  Erde,  schei¬ 
nen  in  den  gemäßigten  und  kalten  Teilen  derselben  das  Überge¬ 
wicht  über  die  dort  überhaupt  lebenden  Käfer  zu  haben,  dringen 
bis  in  die  kältesten  Gegenden  und  auf  die  höchsten  Berge  vor  und 
werden  stellenweise  zu  Cbarakterkerfen ;  so  kommen  namentlich  ge¬ 
wisse  unter  ihnen  ausschließlich  im  Gebirge,  niemals  in  der  Ebene 
vor  und  umgekehrt  andere  wieder  ausschließlich  in  heißen  Erd¬ 
strichen.  Nach  Trouessart  weist  die  paläarktische  Region  nicht 
weniger  als  30  Prozent  der  bekannten  Arten  auf,  während  die  neo¬ 
tropische  bloß  19  Prozent,  die  äthiopische,  australische  und  neoark¬ 
tische  jede  bloß  14  Prozent  und  die  orientalische,  in  diesem  Punkt 
die  ärmste  von  allen,  gar  nur  9  Prozent  beherbergt.  Von  den 
613  Gattungen  Gnd  nur  zwölf  große  Gattungen  mit  zusammen  mehr 
als  200  Arten  echt  kosmopolitisch.  Zu  diesen  Gattungen  gehört  zu¬ 
nächst  die  Gattung  Calosoma,  mit  79  Arten,  die  sich  allerdings  auch 
an  der  Erde,  vorherrschend  aber  an  Baumstämmen  aufhalten.  Hier 
steigen  sie  auf  und  ab  und  spähen  nach  Raupen  und  Puppen  von 
Schmetterlingen  und  nach  den  Larven  anderer  freilebender  Käfer,  welche 
sie  mit  großer  Gier  verzehren,  weshalb  die  Bezeichnung  »Kletterlauf¬ 
käfer«  (T  aschenberg)  für  die  Gattung  vollkommen  gerechtfertigt 
erscheinen  dürfte.  Die  Gattung  Brachinus  findet  sich  in  allen  Län¬ 
dern,  mit  Ausnahme  von  Australien  vor,  in  den  wärmeren  Gegenden 
zahlreicher  an  Arten  als  weiter  nach  Norden  hin,  und  zwar  nehmen 
sie  in  dieser  Richtung  so  schnell  ab,  daß  während  z.  B.  in  Frank¬ 
reich  noch  elf  Arten  leben,  deren  nur  vier  in  Deutschland  und  so¬ 
gar  nur  eine,  sehr  selten,  in  Schweden  angetroffen  wird.  Kosmo¬ 
politisch  sind  ferner  die  Gattungen  Scarites,  mit  ungefähr  100  Ar¬ 
ten,  alle  ungezeichnet  von  schwarzer  Farbe,  die  meisten  von  bedeu¬ 
tender  Körpergröße,  nur  die  wärmeren  Gegenden  aller  Erdteile  be¬ 
wohnend,  Cymindis,  Lebria,  Chlaenius,  Platynus,  Harpalus,  Bembe- 
cidium,  Paecilus  und  Argutor.  Die  Gattung  Omophron,  22  Arten 
findet  sich  (s.  Leunis),  in  allen  Weltteilen,  mit  Ausnahme  Au¬ 
straliens. 

Die  etwa  600  bekannten  Schwimmkäfer  Dyticidae  und  Hydro- 
canthari  breiten  sich  über  die  gange  Erde  aus,  vorwiegend  jedoch 
in  der  gemäßigten  Zone  und  stimmen  in  der  Gestalt,  auch  in  der 


182 


meist  eintönigen  Färbung  überein,  so  zwar,  daß  hier  in  keinerlei 
Weise  die  Bewohner  heißerer  Erdstriche  eine  Auszeichnung  vor  un¬ 
seren  heimischen  aufzuweisen  haben.  Schwarz,  braun,  bei  den 
größten  wohl  auch  olivengrün  mit  oder  ohne  schmutziggelber  Zeich¬ 
nung,  welche  vorherrschend  einige  Ränder  trifft,  sind  die  einzigen 
Farben,  welche  den  Schwimmkäfern  zukommen.  Die  kleinsten  hier¬ 
her  gehörigen,  von  durchschnittlich  4,5  mm  Länge,  aus  der  Gattung 
Hydroporus  verbreiten  sich  in  180  Arten  über  die  ganze  Erde,  de¬ 
ren  eine,  nigrolineatus,  in  Europa  und  Nordamerika  zugleich  vor¬ 
kommt. 

Die  Familien  der  Taumelkäfer,  Gyrinidae,  mit  etwa  120  Arten 
und  die  der  Hydrophilidae  mit  ungefähr  570  Arten  sind  ebenfalls 
über  den  größten  Teil  der  Erde  verbreitet,  ferner  die  Kurzflügler, 
Staphylinidae,  mit  mehr  als  4000  Arten,  von  denen  die  meisten  in 
Europa  Vorkommen.  Einzelne  Gattungen  und  Arten  dieser  bieten 
das  bei  Käfern  höchst  seltene  Auftreten  von  einem  oder  zwei 
Nebenaugen  auf  dem  Scheitel  und  noch  merkwürdiger  ist  die  von 
Schiödte  gemachte  Beobachtung  von.  Lebendiggebären  einiger 
Südamerikaner  der  Gattung  Spirachtha  und  Corotoca. 

Die  Aaskäfer  Silphidae,  gegen  500  bekannte  Arten,  sind  über¬ 
all  auf  der  Erde  verteilt.  Die  Gattung  der  Aaskäfer  im  engeren 
Sinne,  welche  der  ganzen  Familie  den  Namen  gegeben  hat,  um¬ 
faßt  ungefähr  67  Arten,  die  außer  Australien  alle  Erdteile  bewoh¬ 
nen.  Kosmopolitisch  ist  auch  die  Familie  der  Stutzkäfer,  Histeridae, 
die  etwa  1200  Arten  umfaßt,  am  spärlichsten  in  Afrika,  Indien  und 
Australien  verbreitet.  Von  Gattungen  dieser  Familie  ist  als  kosmo¬ 
politisch  Hister  und  Saprinus  zu  nennen. 

Aus  der  Familie  der  Kammhornkäfer,  Pectinicornia,  hat  die 
Liuuesche  Gattung  Lucanus,  neuerdings  in  zahlreiche  weitere  Gat¬ 
tungen  zerlegt,  in  allen  Erdteilen  Vertreter,  die  meisten  in  Asien, 
nächstdem  in  Südamerika  (84),  die  wenigsten  in  Europa.  Alle  ha¬ 
ben  den  Charakter  unseres  gemeinen  Hirschkäfers,  insofern  die  Kinn¬ 
backen  der  Männchen  vor  denen  der  Weibchen  mehr  oder  weniger 
geweihartig  entwickelt  sind.  Die  Blatthornkäfer,  Lamellicornia, 
Scarabaeidae,  bilden  die  sich  unmittelbar  anschließende  Familie,  von 
der  man  ungefähr  6600  Arten,  welche  sich  über  alle  Erdteile  aus¬ 
breiten,  am  wenigsten  in  Australien  am  stärksten  in  Afrika  vertre¬ 
ten  sind;  in  Europa  leben  davon  385.  Abgesehen  von  diesem  Reich¬ 
tum,  mit  welchem  große  Mannigfaltigkeit  in  der  äußeren  Erschei¬ 
nung  verbunden  ist,  zeichnet  sich  die  Familie  vor  allen  andern  durch 


183 


die  Größe  und  Schönheit  der  Formen,  wie  durch  die  Farbenpracht 
aus.  Ferner  finden  wir  (s.  Brehm  Bd.  IX  S.  84)  in  keiner  Familie 
einen  so  gewaltigen  Unterschied  zwischen  den  zwei  Geschlechtern 
einer  und  derselben  Art,  wie  hier.  Die  Männchen  weichen  nicht 
nur  durch  Auswüchse  am  Kopfe  oder  an  dem  Halsschilde,  oder  an 
beiden  zugleich,  sondern  in  einzelnen  Fällen  in  Farbe  und  Skulptur 
so  wesentlich  von  dem  andern  Geschlechte  ab,  daß  man  Bedenken 
tragen  könnte,  sie  für  zusammengehörig  anzuerkennen,  und  merk¬ 
würdigerweise  prägen  sich  diese  Unterschiede  am  schärfsten  und  bei 
den  größten  Arten  aus,  mindern  sich  und  verschwinden  fast  gänz¬ 
lich,  je  kleiner  dieselben  werden.  Dieses  Gesetz  gilt  nicht  allein 
für  die  verschiedenen  Arten,  sondern  auch  für  die  verschiedenen 
Einzelwesen  einer  und  derselben  Art. 

Die  hierher  gehörige  Unterfamilie  der  Cetoniidae  ist  speciell 
zahlreich  in  tropischen  und  warmen  Ländern,  jedoch  bei  weitem 
zahlreicher  in  der  alten  Welt  als  in  der  neuen,  und  in  der  alten 
Welt  bietet  die  äthiopische  Region  einen  wunderbaren  Reichtum 
in  dieser  Familie  dar,  nicht  weniger  als  76  Gattungen  werden  hier 
gefunden,  während  64  oder  mehr  als  die  Hälfte  der  Totalzahl,  für 
sie  eigentümlich  ist. 

Die  zu  den  Blatthornkäfern  gehörige  Gattung  der  kleinen,  aus¬ 
schließlich  vom  Miste  pflanzenfressender  Säugetiere  lebenden  Dung¬ 
käfereben,  Apliodiidae,  ist  unsern  Haustieren  auf  die  Inseln  l^olyne- 
siens  gefolgt  und  rasch  kosmopolitisch  geworden. 

Die  Prachtkäfer,  Buprestidae,  umfassen  ungefähr  2700  Arten 
welche  sich  über  alle  Erdteile  ausbreiten,  aber  in  dem  heißen 
Erdgürtel  gegen  die  gemäßigten  und  kalten  Zonen  außerordentlich 
vor  walten.  Die  dort  lebenden  Arten  sind  es  auch  hauptsächlich, 
deren  Kleid  an  Glanz,  Lebendigkeit  und  Feuer  der  Farben  die 
unserer  heimatlichen  weit  überstrahlt.  Von  diesen  letzteren  sind  die 
meisten  klein,  unansehnlich  in  der  Färbung  und  wenig  geeignet, 
ihre  Familie  glänzen  zu  lassen ;  sie  kommen  nie  in  bedeutenderen 
Mengen  vor,  und  der  Mangel  an  jeglicher  deutschen  Benennung 
für  einzelne  Arten  beweist,  wie  wenig  populär  sie  sich  bisher  ge¬ 
macht  haben.  Die  neotropische  uud  australische  Region  haben  die 
meisten  Prachtkäfer,  die  erstere  20,  die  zweite  19  Prozent  der  bekannten 
Arten.  Die  Gattung  Agrilus  ist  vielleicht  kosmopolitisch,  obgleich 
nach  Wallace  keine  Art  bis  jetzt  auf  Neu-Seeland  gefunden  ist. 

Kosmopolitische  Familien  sind  ferner  die  Elateridae,  die  Mala- 
codermata  und  die  in  sehr  ungleicher  Weise  über  die  Erde  verbreitete 


184 


Familie  Melanosomata  mit  etwa  600  Gattungen,  unter  denen  die 
Gattung  Helops  fast  in  allen  Weltteilen  vorkommt.  Der  der  Gattung 
Gnatliocerus  angehörige  Gn.  cornutus  ist  aus  Brasilien  und  Cuba 
mehrfach  mit  pflanzlichen  Handelsartikeln  nach  Europa  verschleppt 
worden  und  bietet  somit  ein  Beispiel  unbeabsichtigten  Transportes. 

Die  Familie  der  Rüsselkäfer,  Curculionidae,  übertrifft  alle  andern 
an  Reichtum  der  Arten,  deren  man  nach  Leunis  etwa  10,800  mit 
etwa  1100  Gattungen  aus  allen  Teilen  der  Erde  kennt.  Kosmopo¬ 
litisch  ist  die  Gattung  Apion,  Rhynchites  mit  Ausnahme  Australiens 
und  Balanius.  Aus  der  Gattung  Calandra  dürften  zwei  Arten  auf¬ 
zuführen  sein,  die  durch  den  Handel  nicht  nur  über  Europa  sondern 
über  alle  Erdteile  verbreitet  sind.  Die  erste  Art  ist  Calandra  gra- 
naria  oder  Sitophilus  granarius,  der  schwarze  Korn  wurm,  wahrschein¬ 
lich  aus  dem  Morgenlande  verschleppt.  Er  bewohnt  die  Magazine 
und  Kornböden,  weil  er  und  seine  Larve  vom  Mehle  des  Getreides 
leben,  und  letztere  zwar  von  dem  einen  Korne,  welches  die  Mutter 
anbohrte  und  mit  einem  Eie  beschenkte.  Hier  frißt  sich  die  Larve 
weiter  und  hat  ihre  volle  Größe  erlangt,  wenn  von  jenem,  sofern 
es  sich  um  Roggen  oder  Gerste  handelt,  nur  noch  die  Hülse  vor¬ 
handen  ist,  in  der  sie  sich  einpuppt.  Nach  5 — 6  Wochen,  vom  Eie 
angerechnet,  erscheint  Anfang  Juli  die  erste  Brut  von  den  überwinterten 
Käfern.  14  Tage  später  beginnen  die  jungen  Käfer  ihr  Brutgeschäft, 
und  vor  Winter  kommen  zum  zweiten  Male  die  in  Dielenritzen, 
Balkenfurchen  und  sonstigen  Winkeln  des  Speichers  überwinternden 
Käfer  zur  Ausbildung.  Man  weiß  längst,  daß  Reinlichkeit  und  guter 
Luftdurchzug  die  besten  Schutzmittel  gegen  diesen  nicht  zu  unter¬ 
schätzenden  Feind  sind,  und  hat  neuerdings  mit  bestem  Erfolge  ein 
sinnreiches  Verfahren  in  Anwendung  gebracht,  um  den  Kornwurm 
zu  vertreiben:  durch  eine  Luftdrainage,  mittelst  reichlich  3  m  von¬ 
einander  durch  den  Getreidehaufen  gelegter  Drainröhren,  welche  sich 
nach  außen  öffnen  oder  auch  zu  einem  Ausgang  verbunden  sein 
können,  wird  innerhalb  des  Haufens  dieselbe  Temperatur  wie  in  der 
umgebenden  Luft  hergestellt,  und  die  die  Wärme  liebenden  und  die¬ 
selbe  zur  Entwicklung  gebrauchenden  Käferchen  verlassen  den 
Haufen.  Das  Verfahren  gestattete  außerdem,  die  Haufen  ohne 
Schaden  für  das  Getreide  selbst  höher  aufzuschütten,  als  es  sonst 
möglich  wird.  (Brehm,  Bd.  IX,  S.  167.) 

Die  zweite  kosmopolitische  Art  ist  Calandra  oryzae  der  Reis¬ 
käfer,  der,  der  ersten  Art  in  seiner  Lebensweise  sehr  ähnlich,  von 
Reiskörnern  lebt,  deren  Lagerräume  seinen  Aufenthalt  bilden,  indem 


185 


er  sich  so  wenig  wie  der  vorige  bei  uns  zu  Lande  im  Freien  ver¬ 
mehren  kann. 

Eine  der  größten  Familien  von  universeller  Verbreitung  ist  die 
der  Bockkäfer.  Sie  sind  nach  Trouessart  besonders  in  den  tropischen 
Urwäldern  massenhaft  vertreten.  Die  brasilianische  Region  ist  die 
reichste  (39  Prozent)  und  das  Amazonenthal  ist  seit  der  Reise  des 
englischen  Forschers  und  Sammlers  Bat  es  berühmt.  Die  malayische 
Subregion  folgt  mit  16  Prozent  und  Wallace  hat  gezeigt,  daß  sie 
was  Schönheit  und  Originalität  der  Formen  von  Bockkäfern  angeht, 
der  vorigen  wenig  nachsteht.  Unmittelbar  und  vor  Afrika  schließt 
sich  Australien  mit  14  Procent  der  Arten  an.  Als  kosmopolitisch 
führt  Wallace  nur  eine  Gattung,  Clytus,  auf,  die  etwa  330  Arten 
umfaßt.  Saperda  und  Calliehroma  sind  nach  ihm  die  einzigen  andern, 
welche  vielleicht  in  allen  Regionen  Vorkommen ;  aber  diese  beiden 
fehlen  über  weite  Striche  der  Erdoberfläche.  Saperda  ist  nicht  im 
tropischen  Afrika  und  malayischen  Archipel  und  Calliehroma  nicht 
in  der  australischen  Region  und  nur  mit  einer  Art  in  Polynesien  vor¬ 
handen.  Als  universell  verbreitet  führt  Leunis  noch  die  Gattungen 
Callidium  und  Cerambyx  auf  und  zwar  erstere  mit  70,  letztere  mit 
26  Arten. 

Die  Erbseukäfer,  Bruchidae,  umfassen  400  Arten  aus  allen  Erd-  . 
teilen,  besonders  aber  aus  Südamerika  und  Europa.  Aus  der  Familie 
der  Chrysomelidae  kann  als  kosmopolitisch  die  Gattung  Lema  angeführt 
werden  und  darf  wohl  als  ein  Beispiel  für  die  unfreiwillige  Ver¬ 
breitung  von  Tieren  Chrysomela  decemlineata,  der  zur  Genüge  bekannte 
Kartoffelkäfer,  nicht  unerwähnt  bleiben.  Ihm  sowohl  wie  seiner 
Larve  haben  ursprünglich  wild  wachsende  Nachtschattengewächse  im 
Felsengebirge  Nordamerikas  zur  Nahrung  gedient.  Durch  den  nach 
Westen  vordringenden  Anbau  der  Kartoffel  ist  ihm  diese  Nachtschatteu- 
art  nahe  gebracht  worden,  er  ist  auf  sie  übergegangen  und  hat  mit 
ihr  in  unglaublicher  Schnelligkeit  seine  Ausbreitung  nach  Osten  und 
Nordosten  vollendet.  Im  Jahre  1859  war  er  noch  100  Meilen  west¬ 
lich  von  Omaha  in  Nebraska  entfernt.  1865  überschritt  er  den 
Mississippi  und  brach  in  Illinois  ein,  1870  hat  er  sich  bereits  in 
Indiania,  Ohio,  Pennsylvanien,  Massachusettes  und  im  Staate  New- 
York  eiugenistet;  1871  bedeckten  Schwärme  desselben  den  Detroit- 
River  in  Michigan,  überschritten  den  Eriesee  auf  schwimmenden 
Blättern,  Spänen,  Schindeln  und  anderen  Holzstückchen  und  begannen 
ihre  Verwüstungen  in  den  Landstrichen  zwischen  den  Flüssen  St.  Clair 
und  Niagara.  Solchen  trüben  Erfahrungen  in  Nord- Amerika  gegen- 


186 


über  suchte  man  sich  in  Europa  durch  Einfuhrverbote  nordamerika¬ 
nischer  Kartoffeln  seitens  verschiedener  diesseitiger  Regierungen  vor 
der  Einschleppung  dieses  neuen  Feindes  zu  schützen.  Vergeblich! 
Auf  noch  nicht  erklärte  Weise  ist  er  in  den  letzten  Junitagen  1877 
bei  Mühlheim  am  Rheine  und  einen  Monat  später  bei  Schildau  in 
der  preußischen  Provinz  Sachsen  auf  drei  verschiedenen  Punkten 
aufgetreten  (Taschenberg,  Insektenkunde).  Dank  der  Energie  der 
preußischen  Behörden  hat  mau  diesen  gefährlichen  Feind  mit  schweren 
Opfern  vernichtet,  so  daß  sich  im  folgenden  Jahre  keine  Spur  mehr 
von  ihm  gezeigt  hat  und  hoffentlich  auch  fernerhin  nicht  wieder 
zeigen  wird. 

Als  letzte  Käferfamilie  von  kosmopolitischer  Verbreitung  ist  die 
der  Marienkäfercheu,  Coccinellidae,  zu  nennen,  der  mehr  als  1000 
Arten  augehören.  Erwähnt  sei  noch,  daß  Dr.  Albert  Müller  in  Basel 
in  einer  besonderen  Abhandlung  über  den  Wind  als  Transportmittel 
der  Tiere,  welche  von  Haus  aus  nicht  Wandertiere  sind,  die 
Marienkäfercheu  anführt  als  solche,  die  durch  zweifelsohne  unbe¬ 
wußt  oder  gezwungenermaßen  ausgeführte  Wanderung  bekannt  ge¬ 
worden  sind. 

Aus  der  Ord.  der  Coleoptera  seien  noch  nachträglich  erwähnt: 
Die  Scaphidiidae,  lebhafte,  kleine  Käfer,  die  in  Pilzen  leben  und  in 
wenigen  Alten  über  die  ganze  Erde  verbreitet  sind,  die  Phalacridae 
und  die  Nitidulidae,  die  sehr  zahlreich  über  ganz  Amerika  und  Europa 
und  vereinzelt  über  Afrika  bis  nach  den  australischen  Inseln  sich 

ausbreiten.  (Fortsetzung  folgt.) 

/ 

Verzeichnis  seltener  Tiere,  die  zur  Zeit  im  zoologischen  Garten 

zu  Hamburg  leben. 

I.  Säugetiere. 

1  Paar  Prachtmakaken,  Macacus  speciosus  F.  Cuv.,  aus  Japan,  gekauft  den 

8.  April  1892. 

2  Tenreks  oder  Bofstenigel,  Centetes  ecaudatus  Schreb.,  von  Madagaskar,  ge¬ 

schenkt  von  Herrn  H.  Tappenbeck,  Tamatave,  den  14.  August  1892. 

1  schwarzer  Jaguar,  Felis  onca  L.,  aus  Südbrasilien,  gekauft  den  23.  Juli  1890. 
1  Schilfkatze,  Felis  passerum  Sei.,  aus  Rosario  am  La  Plata,  geschenkt  von 
Herrn  Kapt.  A.  Bireh  den  13.  Dezember  1892. 

1  Pampaskatze,  Felis  geoffroyi  Gr.,  aus  Argentinien,  geschenkt  von  Herrn 

Ernst  Nolte,  z.  Z.  hier  und  Rud.  Funke  Tornquist,  Buenos  Aires,  den 
25.  September  1891. 

2  weiße  Schakale,  Canis  aureus  L.,  var:  alba ,  aus  Indien,  gekauft  den 

8.  November  1891. 


187 


1  Fossa,  Cryptoprocta  ferox  Benn.,  von  Madagaskar,  geschenkt  von  Herrn 
H.  Tappenbeck,  Tamatave,  den  7.  April  1891 
1  Madagaskar-Zibethkatze,  Viverricula  schlegeli  Poll,  von  Madagaskar,  gekauft 
den  8.  Januar  1892 

1  Paar  rote  Pinselohrschweine,  Potamochocrus  penicillatus  Schnz.,  aus  West- 

afrika,  geschenkt  von  Herrn  Kapt.  J.  Taggenbrock,  den  30.  April  1892. 

2  männliche  und  4  weibliche  Sumpfantilopen,  Tragelciphus  gratus  Sei.,  aus 

Westafrika,  zwei  derselben  geschenkt  von  Herrn  G.  L.  Gaiser  den  22. 
Mai  1887,  eine  geschenkt  von  Herrn  P.  Buss,  Whydah,  den  22.  Juli 
1892,  drei  gekauft  den  17.  März  1892. 

1  Paar  Rappenantilopen,  Hippotragus  nigcr  Harr.,  aus  Südafrika,  gekauft 
den  30.  Mai  1890. 

1  Goral,  Nemorhaedus  goral  Hrdw.,  Männchen,  aus  Indien,  gekauft  den 
13.  Februar  1884. 

1  Paar  weiße  KerabaubüfFel,  Bubalus  lcerabau  Müll.,  var.  alba ,  aus  Siam,  ge¬ 
schenkt  von  Herrn  R.  Nissle,  Bangkok,  den  16.  September  1892. 

1  Gemsbüffel,  Anoa  depressicornis  H.  Sm.,  von  Celebes,  geschenkt  von  Herrn 
Konsul  Palm  Siemssen,  Macassar,  den  27.  April  1892. 

1  desgl.,  geschenkt  von  General-Konsul  Ed.  L.  Behrens  den  3.  August  1892. 

1  Paar  Tharziegen,  Capra  jemlaica  Hdgs.,  das  Weibchen  gekauft  den  12.  Mai 
1885,  das  Männchen  den  3.  Juli  1892. 

1  weiblicher  Borneo-  oder  Pferdehirsch,  Cervus  equinus  Cuv.,  von  Borneo,  ge¬ 
schenkt  von  Herrn  Kapt.  Christiansen  den  12.  Juni  1891. 

1  männlicher  desgl.,  geschenkt  von  den  Herren  Otto  Schwemer  und  Oscar 
Hube,  Singapore,  den  4.  Oktober  1892. 

1  Formosahirsch,  Cervus  taevanus  Swnh.,  von  Formosa,  geschenkt  von  Herrn 
W.  Krohn,  d.  Z.  Singapore,  den  13.  Juli.  1879. 

1  weiblicher  Andenhirsch,  Cervus  antisiensis  D’Orb.,  aus  Peru,  geschenkt  von 
Herrn  Kapt.  Siegmund  den  10.  April  1891. 

1  männlicher  Schabrackentapir,  Tapirus  indicus  Dsm.,  von  Malakka,  gekauft 
den  23.  August  1884. 

1  weiblicher  desgl.,  gekauft  den  18.  August  1892. 

1  großer  Ameisenbär,  Myrtnecophaga  jubata  L.,  gekauft  den  5.  April  1892. 

II.  Vögel. 

1  Nashornvogel,  Buceros  rhinoceros  L.,  angekommen  den  15.  Dezember  1892. 

4  Winterfinken,  Junco  hiemalis  L.,  aus  Nordamerika,  gekauft  den  31. 
Dezember  1892. 

1  Laubenvogel,  Ptilonorhynchus  hölosericeus  Kühl.,  aus  Australien,  gekauft 

den  4.  September  1891. 

2  Schwarzflügelstare,  Graculipica  melanoptera  Daud.,  von  Java  gekauft  den 

2.  Dezember  1892. 

1  Veilchen-Blauelster,  Cyanocorax  heckeli  Piz.,  aus  Mittelamerika,  gekauft  den 
22.  Mai  1891. 

1  Guineakauz,  Syrnium  nucliale  Sharpe,  aus  Kamerun,  geschenkt  von  Herren 
Jantzen  &  Thormählen  den  4.  Februar  1888. 

1  Guinea-Uhueule,  Scotopelia  bouvieri  Sharpe,  aus  Lagos,  geschenkt  von  Herrn 
G.  L.  Gaiser  den  23.  Mai  1884. 


188 


1  Streifen-Schlangensperber,  Volyboroides  radiatus  Scp.,  von  Madagaskar,  ge¬ 
schenkt  von  Herren  Wm.  O’Swald  &  Co.  den  30.  Dezember  1891. 

1  Riesenseeadler,  llaliaetus  pelagicus  Pall.,  aus  Ostsibirien,  geschenkt  von 
Herrn  Kapt.  Hävecker  den  12.  Dezember  1882. 

1  Koreaseeadler,  Häliactus  branicM  Tacz.,  von  Korea,  geschenkt  von  Herrn 
Kapt.  B.  Detlilefsen  den  6.  Februar  1887. 

1  Schopfadler,  Spizaetus  occipitalis  Daud.,  aus  Linde,  Ostafrika,  geschenkt  von 
Herrn  Kapt.  E.  Elson  den  13.  Mai  1892. 

1  Grönländischer  Jagdfalk,  Falco  candicans  Gm.,  auf  dem  Atlantischen  Occan 
gefangen,  geschenkt  von  Herrn  Kapt.  G.  Reessing  den  16.  März  1892. 

1  Scheidenschnabel,  Chionis  albet  Forst.,  am  Kap  Horn  gefangen,  geschenk 
von  Herrn  Carl  Müller  den  12.  März  1891. 

1  desgl.  zwischen  Kap  Horn  und  Diego  Ramierez  gefangen,  geschenkt  von 
Herrn  Kapt.  C.  J.  Steincke  den  10.  Februar  1892. 

III.  Reptilien. 

1  Strahlenschildkröte,  Testudo  radiata  Shw.,  von  Madagaskar,  geschenkt  von 

Herren  Wm.  O’Swald  &  Co.  den  20.  August  1891. 

2  Sumpf-Riesenschlangen,  Felophilus  madagascariensis  DB.,  von  Madagaskar, 

geschenkt  von  Herrn  H.  Tappenbeck,  Tamatave,  den  27.  Oktober  1892. 
1  Nashornleguan,  Metopocerus  comutus  Khl.,  von  St.  Domingo,  geschenkt  von 
Herrn  Kapt.  J.  H.  Schwaner  den  31.  August  1889. 

1  desgl.,  geschenkt  von  Herrn  Kapt.  P.  Froehlich  den  12.  Dezember  1890. 

Bolau. 


Korrespondenzen. 

Gibraltar,  April  1893. 

Die  Zahl  der  Affen  des  Gibraltar -Felsens  soll  in  diesem  Jahre  38  Stück 
betragen.  Sie  bewohnen  hauptsächlich  den  westlichen  Abhang  und  auch  einen 
Teil  der  südöstlichen  Seite,  die  an  das  Besitztum  des  Gouverneurs  der  Festung 
grenzt.  Wie  mir  der  Wachtmeister  der  Signalstation,  dem  ich  diese  Angaben 
in  der  Hauptsache  verdanke,  mitteilte,  befürchtet  man,  daß  bei  zu  großer 
Vermehrung  der  Affen  Futtermangel  eintritt,  wie  das  schon  vor  einigen  Jahren 
geschah.  Die  Affen  stiegen  damals  in  kleinen  Trupps  vereinigt  den  Felsen 
hinunter  und  plünderten  die  Fruchtbäume  und  Gärten,  so  daß  die  Besitzer  sich 
genötigt  sahen,  etliche  davon  zu  erschießen,  um  die  Eindringlinge  wieder  in 
ihr  Gebiet  hinaufzutreiben.  Da  sich  auf  dem  ganzen  Felsen  kein  Wasser  be¬ 
findet,  sind  die  Tiere  auf  den  Tau  und  die  Früchte  angewiesen,  welche  sie  dort 
finden.  Vorzugsweise  dienen  ihnen  diejenigen  des  Feigenkaktus  zur  Nahrung, 
welcher  dort  in  großer  Menge  wächst.  Doch  scheint  ihnen  dieses  im  Sommer 
nicht  zu  genügen,  denn  man  kann  sie  zu  dieser  Zeit  besonders  bei  Sonnenauf- 
und  Untergang  beobachten,  wie  sie  zu  den  Brunnen  und  Lagunas  zur  Tränke 
kommen.  Seitdem  das  Gouvernement  auch  das  letzte  Grundstück  auf  dem 
oberen  Felsen,  welches  einem  Privatmann  gehörte,  angekauft  hat,  ist  der 
Zutritt  zur  Signalstation  dem  Publikum  untersagt.  Die  Affen  dürften  daher 
jetzt  noch  weniger  beunruhigt  werden,  als  es  möglicherweise  früher  der  Fall 
gewesen  ist.  A.  Schiöttz,  Hamburg. 

(Vergl.  die  Mitteilung  der  Zoological  Society  in  London,  S.  126  des  „Zoolog.  Gartens“.) 


189 


Kleinere  Mitteilungen. 


Aus  dem  Zoologischen  Garten  zu  Frankfurt  a.  M.  In  der  Woche 
vor  Pfingsten  wurden  die  während  des  Winters  im  »Affenhause«  befindlichen 
kleineren  Säugetiere  in  ihre  Sommerwohnungen  verbracht,  und  schon  am  ersten 
Feiertage  wurde  das  »Affenhaus«,  im  Innern  als  Reptilien-  und  Amphibienhaus 
eingerichtet,  wieder  eröffnet.  Die,  wie  selbstverständlich,  während  des  Winters 
sehr  zusammengeschmolzene  Sammlung  von  Kriechtieren  und  Lurchen  präsentiert 
sich  jetzt  wieder  in  großer  Manigfaltigkeit.  Außer  sehr  zahlreichen  gewöhn¬ 
licheren  Arten  wurden  von  Reptilien  zwei  Riesentiliquas  (Tiliqua  gigas )  von 
Neuguinea,  eine  Stutzechse  (Trachysaurus  rugosus),  eine  australische  Bartagame 
( Amphibolurus  barbatus),  ein  Wüstenwaran  ( Varanus  griseus)  und  ein  riesiger 
Buntwaran  ( Varanus  varius ),  von  Amphibien  zwei  stattliche  Ochsenfrösche 
(Bana  catesbyona )  angeschafft.  —  Auch  der  Bestand  an  Säugetieren  und 
Vögeln  wurde  in  der  Zeit  vom  1.  Mai  bis  zum  20.  Juni,  bis  zu  welchem  Tage 
der  Bericht  reicht,  vielfach  ergänzt.  Die  hauptsächlichsten  neu  angekommenen 
Säugetiere  sind  folgende :  zwanzig  Bunder  ( Macacus  rhesus),  sieben  junge 
Mantelpaviane  ( Cynoceplialus  hamadryas),  ein  Babuin  ( Cynoc .  babuin),  zwei 
prächtige  Grünaffen  ( Cercopithecus  callitrichus ),  zwei  Goldstaubmangusten 
(Herpestcs  javanicus),  ein  Hermelin  ( Mustela  erminea),  das  zu  dem  schon  seit 
vorigem  Jahre  vorhandenen  Wiesel  (Must,  vulgaris)  gesetzt  wurde,  vier  Perl¬ 
ziesel  {Spermophilus  gattatus ),  zwei  Alpenmurmeltiere  ( Arctomys  marmotta), 
einige  wilde  Kainchen  ( Lepus  cuniculus),  ein  zur  Gattin  des  schon  längere  Zeit 
hindurch  vereinsamten  Ebers  bestimmtes  weibliches  Wildschwein  (Sus  scrofa) 
ein  Paar  rote  Rieseukänguruhs  ( Macropus  rufus ),  ferner  ein  niedliches  Zwerg- 
moschustiercben,  das  eine  etwas  abweichende  Form  des  Tragulus  kanchil 
(=  pygmaeus)  zu  sein  scheint  und  von  der  in  den  letzten  Jahren  mehrfach  vor¬ 
handenen  Art  Tragulus  meminna  (vgl.  Z.  G.  Jahrg.  1889  S.  321  ff.)  gänzlich 
verschieden  ist.  Sehr  bereichert  wurde  die  ohnehin  schon  große  Sammlung 
von  Wildhunden;  außer  einigen  jungen  gewöhnlichen  Füchsen  ( Canis  vulpes) 
erhielt  der  Garten  ein  kleines  Füchschen  unter  dem  Namen  Canis  bengalensis 
sowie  zwei  offenbar  noch  junge  unausgefärbte  afrikanische  Wildhunde,  die 
bis  jetzt  noch  keine  Spur  einer  Schabracke  zeigen,  als  Schabrackenschakale 
(Canis  mesomelas).  Ob  sie  und  der  angebliche  Canis  bengalensis  wirklich  richtig 
bestimmt  sind,  wird  die  weitere  Entwicklung  der  Tiere  zeigen.  Ans  der 
Kreuzung  von  Wölfin  und  schottischem  Schäferhund  gingen  mehrere  kräftige 
Bastarde  hervor.  Geboren  wurden  außer  einigen  Hirschen  auch  eine  Anzahl 
Beutelratten  (. Didelphys  azarac).  —  Unter  den  Vögeln,  welche  der  Garten  neu 
erhielt,  sind  erwähnenswert:  zwei  Braunkehlchen  (Pratincola  rubetra ),  zwei 
Graupapageien  (Paittacus  erithacus ),  drei  Waldkäuze  ( Syrinum  aluco),  ein  junger 
Gaukler  ( Helotarsus  ecaudatus),  zwei  Turmfalken  (Falco  tinunculus ),  vier 
Flamingos  ( Phoenicopterus  roseus),  eine  Zwergrohrdommel  ( Ardetta  mimita)i 
fünf  Uferschnepfen  ( IAmosa  melanura ),  zwei  Kiebitze  (Vanellus  vanellus),  eine 
Anzahl  Kampfläufer  ( Philomachus  pugnax ),  ein  Paar  weiße  Pfauen  ( Pavo 
cristatus  var.  alba)  und  ein  Bastard  von  Gold-  und  Amherstfasan.  P. 

Krebsversand.  Der  bekannte  deutsche  Krebszüchter  Benno  Reche, 
Apotheker  und  Ratsherr  zu  Myslowitz,  0.  S.,  hat  dieser  Tage  von  der  marok- 


190 


kanischen  Regierung  zu  Tanger  einen  größeren  Auftrag  auf  schnelle  Lieferung 
von  Satzkrebsen  erhalten.  Um  die  Tiere  wohlbehalten  bis  nach  dem  heißen 
Süden  zu  bringen,  werden  sie  in  einer  feuchten  Moosbettung  verschickt  werden, 
Die  Krebschen  werden  zuerst  nur  bis  Zürich  reisen,  wo  sie  Station  machen, 
in  fließendes  Wasser  gesetzt  werden  und  sich  erholen  sollen.  Daun  geht  ihre 
Reise  bis  Marseille,  wo  ihnen  die  gleiche  Erfrischung  zu  Teil  wird.  Schließlich 
werden  sie  in  erneuter  Verpackung  von  Marseille  zu  Schiff  über  Gibraltar 
nach  ihrem  Bestimmungsorte  befördert. 

»Schlesische  Zeitung«,  Breslau*  30.  Mai  1893. 

Feuer  im  Raubtierhause  zu  Magdeburg.  In  der  Nacht  zum 
Montag  brach  in  dem  an  der  Herrenkrug-Chaussee  belegenen,  früher  Woll- 
schlägerschen  Tiergarten  Feuer  aus.  Es  brannte  der  Saal,  sowie  das  Raub¬ 
tiergebäude.  Die  Feuerwehr  konnte  sich  nur  darauf  beschränken,  das  Feuer 
von  den  anderen  Gebäuden  und  den  mit  Vögeln  gefüllten  Käfigen  zurückzu¬ 
halten,  was  auch  dem  energischen  Eingreifen  der  Mannschaften  gelang.  Die 
im  Raubtierhause  vorhandenen  Tiere,  darunter  sehr  wertvolle,  wie  2  Löwen, 
2  Tiger,  1  Leopard,  Lamas,  Affen,  1  Pferd,  1  Esel  u.  s.  w.,  sind  elend  in  den 
Flammen  umgekommen,  bis  auf  1  Kamel  und  2  Ziegen,  die  von  der  Feuer¬ 
wehr  noch  geborgen  werden  konnten.  Dreiviertel  Stunden  nach  dem  Eingreifen 
der  Feuerwehr  stürzten  die  Gebäude  in  sich  zusammen. 

Der  Robbenfang  bei  Neufundland  hat  in  der  diesjährigen  Saison 
bis  31.  März  nur  11,600  Stück,  meist  junge  Seehunde  ergeben,  ist  also  weit 
unter  allen  Erwartungen  ausgefallen.  Einzelne  Schiffe  sind  kaum  in  der  Lage 
die  Kosten  der  Expedition  zu  decken.  Da  der  Fang  noch  nicht  beendet  ist 
hoffen  die  bis  jetzt  ohne  Beute  gebliebenen  auf  einen  Zug  der  Robben  von 
Norden  her,  der  sie  für  den  bisherigen  Ausfall  entschädigen  könnte. 

»Der  Weidmann.« 


L  i  t 1  e  r  a  t  u  r . 


Brehms  Tierleben.  Dritte  gänzlich  neu  bearbeitete  Auflage.  10.  Band. 
Niedere  Tiere  von  Prof.  Dr.  Schmidt.  Neu  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  W.  Mar¬ 
shall.  Mit  496  Abbildungen,  16  Tafeln,  1  Karte.  716  Seiten.  Leipzig  und 
Wien.  Bibliographisches  Institut  1893. 

Mit  diesem  zehnten  Bande  liegt  die  neue  Auflage  von  Brehms  Tierleben 
vollendet  vor  uns  und  es  ist  damit  ein  Werk  in  dritter  Auflage  dem  deutschen 
Volke  geschenkt,  das  einzig  in  der  Welt  dasteht  und  somit  als  ein  Geschenk 
für  die  ganze  gebildete  Welt  angesehen  werden  kann. 

Es  gereicht  der  Verlagsanstalt  zur  höchsten  Ehre,  daß  sie  keine  finanziellen 
Opfer  gescheut  hat,  solch  ein  Werk  mit  dieser  Unzahl  künstlerischster  und 
bester  Abbildungen  und  mit  einem,  von  den  berufensten  Männern  geschriebenen 
gediegenen  Texte  zu  schaffen.  Es  gereicht  aber  nicht  minder  der  deutschen 
Nation  zur  Ehre,  daß  sie  eine  derartige  Schöpfung  so  zu  würdigen  wußte,  daß 
dieselbe  in  dritter  Auflage,  in  reicherer  Ausstattung  denn  je  vorher,  erscheinen 
konnte.  Ein  Volk,  in  dem  so  viel  gesunder  Natursinn  steckt,  das  nicht  ganz 


191 


aufgeht  in  dem  egoistischen  Treiben  der  Menschengemeinschaft  unter  sich, 
ein  solches  Volk  ist  im  innersten  Kern  gesund  und  lebenskräftig.  In  dem  er¬ 
neuten  Erscheinen  unseres  Brehm  liegt  deshalb  eine  ethische  Bürgschaft  für 
unsere  nationale  Zukunft.  Ein  abgestumpfter  oder  in  selbstsüchtigen  Zielen 
verrannter  Volksgeist  ermöglicht  nie  und  nimmer  ein  solches  Werk  wie  es  nun 
schon  zum  dritten  Male  in  Deutschland  verlangt  wird.  Die  Freude  an  der 
Schöpfung,  das  Gefühl  und  Interesse  für  die  Mitwelt  ist  ein  hervorragender 
Zug  im  germanischen  Charakter;  es  ist  ein  edler  und  im  Grunde  tief  religiöser 
Zug.  Es  ist  deshalb  kein  Zufall,  wenn  ein  solches  Werk  gerade  auf  deutschem 
Boden  gedieh,  aus  deutschem  Geiste  und  Gemüt  hervorging.  Deutsche  Eigen¬ 
art  ist  es,  welche  aus  dieser  Auffassung  der  Natur  zu  uns  spricht,  deutscher 
Geist,  der  uns  aus  den  wissenschaftlichen  Forschungen  und  Entdeckungen 
überall  tief  und  gründlich,  dabei  herzerquickend  in  Humor  und  Schilderung 
entgegentritt.  Deshalb  begrüßen  wir  in  diesem  Kleinod  der  deutschen  Litteratur 
nicht  nur  ein  wertvolles  Geschenk  für  die  Wissenschaft  als  solche,  sondern 
einen  ethischen  nationalen  Schatz  für  unser  deutsches  Volk  im  weitesten  Sinne. 
Möge  das  Werk  von  der  Nation  wie  bisher  fleißig  verwertet  werden,  möge 
die  Nation,  zum  großen  Teil  abgeschlossen  in  großen  Städten  von  der  Mutter  Natur 
aus  diesem  Werke  stets  von  neuem  die  Liebe  zu  derselben  wach  erhalten  und 
sich  aus  beengendem  Menschenthun  und  Menschentreiben  lernend  und  bewun¬ 
dernd  zur  ewigen  Schöpfung  wenden  und  daran  reinste  Erholung  und  neue  ge¬ 
sunde  Kraft  schöpfen,  wie  einst  Antäos  in  der  Berührung  mit  seiner  Mutter  Erde. 

Nach  dieser  Würdigung  des  ganzen  Werkes  möge  es  noch  gestattet  sein, 
des  vorliegenden  Baudes  im  besonderen  zu  gedenken.  Sein  stärkeres  Volumen 
(716  Seiten  gegen  582  der  zweiten  Auflage)  zeigt  schon  äußerlich,  daß  der 
Text  stark  vermehrt  ist  und  der  Name  des  Bearbeiters  gibt  uns  von  vornherein 
die  Gewähr,  daß  dies  nicht  allein  im  streng  wissenschaftlichen  und  umfassendem 
Sinne  geschehen  ist,  sondern  auch  in  der  anmutigen  spannenden  Form,  welche 
Marshall  als  Erzähler  und  Redner  so  beliebt  gemacht  hat. 

Das  System  ist  nach  den  neuesten  Auffassungen  etwas  umgearbeitet;  neu 
hinzugekommen  sind  die  so  hochinteressanten,  erst  durch  die  neuesten  Forschungs¬ 
reisen  bekannt  gewordenen  Tiere  der  finsteren  Tiefsee.  Auch  auf  dem  Gebiete 
der  kleinsten  niedersten  Lebewesen  finden  wir  die  neuesten  Forschungen  kritisch 
berücksichtigt. 

Die  prachtvollen  Abbildungen  sind  vermehrt  um  5  farbige  Tafeln,  8  Voll¬ 
bilder,  1  Karte  der  Verbreitung  und  72  vorzügliche  Textbilder.  Als  ganz  be¬ 
sonders  gelungen  müssen  von  den  neuen  Bildern  folgende  hervorgehoben  werden: 
Zunächst  das  schwarze  Vollbild  »Molukkenkrebse«  von  Altmeister  Mützel. 
Wie  ist  hier  die  starre  plumpe  vorweltliche  Eigenart  dieser  Pfeilschwanzkrebse 
meisterhaft  wiedergegeben!  Wie  schwerfällig  ist  die  Bewegung  des  einen 
Tieres  im  Vordergrund,  das  auf  das  breite  Rückenschild  gefallen,  sich  mühsam 
aufrichtet.  Wir  bekommen  so  die  Organe  der  Unterseite  zu  sehen;  aber  welche 
Charakteristik  liegt  außerdem  in  der  Stellung  und  Bewegung  dieses  Geschöpfes! 
Wir  erkennen  die  ganze  Eigenart  der  Bewegungen,  die  Hülfsmittel  des  schwer 
gepanzerten  Tieres,  wir  sehen  seine  Kiemenfüße  schlagen  —  kurz  es  steckt 
eine  solch  treffende  lebendige  Charakteristik  von  dem  Wesen  dieses  Tieres  in 
dem  Bilde,  daß  es  einfach  unmöglich  ist  meisterhafter  ein  Lebewesen  im  Bilde 
zu  schildern,  als  es  hier  geschehen  ist.  Dabei  verbindet  der  Meister  mit  diesem 


192 


Genius  der  Auffassung  die  kräftigste  und  doch  feinste  Durchbildung  im  einzelnen, 
so  daß  seine  Darstellungen  in  jeder  Hinsicht  ganz  unübertroffen  dastehen. 
Von  den  farbigen  Tafeln  ist  ein  Meisterwerk  des  Farbendrucks  die  der  See- 
Rosen  und  Seeanemonen.  Leuchtender  Farbenschmelz  bei  größter  Zartheit  der 
durchsichtigen  und  durchscheinenden  Körper  ist  hier  in  einer  Weise  auf  dem 
Papiere  wiedergegeben,  die  unser  freudiges  Staunen  und  unsere  Bewunderung 
erregt.  Als  sehr  gelungen  sind  noch  zu  erwähnen  die  Buntdrucktafeln  der 
Edelkoralle  und  der  merkwürdigen  Physalien,  jenen  eigenartigen  Quallen¬ 
gemeinschaften,  die  aus  ihrem  schiffsartigen  Schwimmkörper  meterlang  die 
tiefblauen  Fangorgane  hinabsenken  in  die  Salzflut.  Den  Siphonophoren  ist  in 
der  neuen  Auflage  zudem  das  Doppelte  an  Text  gewidmet  als  in  der  früheren. 
Die  niederen  Tiere,  die  der  letzte  Band  des  Brehrn  behandelt,  sind  durch  ihr 
meist  leichtes  und  jederzeit  erlaubtes  Einfangen,  ihre  anspruchslose  Zucht  und 
Unterhaltung  in  Terrarien  und  Aquarien  leichter  zu  halten  und  zu  beoachten 
als  alle  höheren  Tiere;  durch  ihren,  von  Säugern  und  Vögeln  gänzlich  ab¬ 
weichenden  Bau  und  ihre  höchst  mannigfache  Lebensart  sind  sie  aber  weit 
interessanter  als  die  uns  näher  stehenden  und  deshalb  in  ihrer  Organisation 
und  ihren  Lebensgewohnheiten  leichter  begreiflichen  höheren  Tiere.  Der  letzte 
Band  des  Brehmschen  Werkes,  der  wie  die  übrigen  einzeln  käuflich  ist,  wird 
deshalb  jedenfalls  ganz  bevorzugt  verlangt  und  gelesen  werden.  Das  sehr 
genaue  Sachregister,  dem  noch  ein  Autorenverzeichnis  beigegeben  ist,  erleichtert 
neben  der  Inhaltsangabe  die  Orientierung  in  dem  Buche  ungemein,  so  daß 
sich  ein  Jeder  in  kürzester  Frist  in  diesem  Buche  zurechtfinden  wird. 


Berichtigung.  In  der  Besprechung  der  „Ornithologischen  Schriften“  von  Prof. 
Dr.  Liebe  ist  der  Name  des  Verlegers  falsch  gedruckt,  derselbe  heißt  W.  Malende  in  Leipzig. 


Eingegangene  Beiträge. 

A.  Sch.  in  H.  —  L.  B.  in  R.  -  H.  R.  in  M.  i.  W.  —  Dr.  L.  in  H.  —  C.  A.  P.  in  D.  C. 
Beide  Korrekturen  sind  nicht  wesentlich  und  daher  wohl  nicht  besonders  zu  erwähnen. 

Dr.  F.  N.  in  B.  —  Dr.  C.  M.  in  P.  —  Z.  G.  in  Basel.  Bericht  dankend  erhalten.  —  J.  G.  M. 
in  D.  Wir  danken  Ihnen  für  Ihr  Interesse.  Ihren  Wünschen  werden  wir  soviel  wie  möglich 
nachkommen.  —  K.  Kn.  in  Schl.  Wir  bitten  bezüglich  der  Cicadinella  um  genauere  Angaben. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornithologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 

Palliscli  unter  Mitwirkung  von  Ilofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVII.  Jalirg.  6. 
Zoologischer  A n z e i ger  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Carus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann.  XVI.  Jalirg.  No.  421.  422. 

Deutsche  Forst-  und  Jagdzeitung.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier.  Fr.  Lintzsclie  Buchh.  VIII.  Jahrg.  No.  24. 
Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  Ferd. 
Wirtli  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg. 
No.  23-26. 

Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz- Dresden.  Paul  Wolff. 
XXIV.  Band  No.  37—40. 

Die  gefiederte  Welt.  Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Russ.  Magdeburg.  Creutzsche 
Verlagsbuchh.  XXII.  Jahrg.  No.  24-26. 

Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science.  London.  Macmillan  &  Co.  Vol.  47. 

No.  1232—1235. 

Field.  London.  Ilorace  Cox.  XXXI.  No.  2111—2114. 

Prof.  Dr.  G.  J aegers  Monatsblatt.  Zeitschrift  f.  Gesundheitspflege  und  Lebenslehre. 

Stuttgart.  W.  Kohlhammer.  XII.  Jahrg.  No.  7. 

Sitzungsberichte  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien.  Jahrgang  1893. 
No.  10—14. 

Vorstoheude  Bäcker  und  Zeitschriften  können  durch  M  alü  au  &  W  al  d sch  m  i dt s  Sort.  bezogen  werden. 


Nachdruck  verboten. 


Druck  vou  Mahl&u  &  Waldschmidt.  Frankfurt  a.  M, 


Der  Zoologische  Garten 

(Zoologischer  Beobachter.) 

Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  7.  XXXIV.  Jahrgang.  Juli  1893. 


I  n  li  a  H. 

Die  Europäische  Sumpfschildkröte,  Emys  europaen.  Ihr  Vorkommen  in  der  schweizerischen 
Hochebene  und  ihr  Leben  im  Aquarium  und  im  Terrarium.  Eine  biologische  Studie  nach 
Tagebuchnotizen;  von  H.  Fischer-Sigwart  in  Zofingen.  (Fortsetzung.)  —  Bubalis  Licht; 
von  Bernh.  Langkavel.  —  Kosmopolitische  Tiere;  von  Dr.  C.  Müller.  (Fortsetzung).— 
Bericht  des  Verwaltungsrats  der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft  zu  Frankfurt  a.  M.  an 
die  Generalversammlung  der  Aktionäre  vom  22.  Juni  1893.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere 
Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Die  Europäische  Sumpfschildkröte,  JEmys  europaea . 

Ihr  Vorkommen  in  der  schweizerischen  Hochebene  und  ihr  Leben 

im  Aquarium  und  im  Terrarium. 

Eine  biologische  Studie  nach  Tagebuchnotizen. 

Von  H.  Fischer-Sigwart  in  Zofingen. 

Fortsetzung. 

Das  Leben  der  Sumpfschildkröte  im  Terrarium  oder  Aquarium 
ist  kein  sehr  abwechslungsreiches.  Aber  dennoch  weist  es  viele 
Eigentümlichkeiten  auf,  welche  das  Halten  dieser  Tiere,  auch  heim 
Laien,  beliebt  machen,  zumal,  da  nicht  leicht  ein  Bewohner  des 
Terrariums  leichter  zu  halten  ist  und  dem  Besitzer  weniger  Mühe 
macht,  als  dieser,  das  heißt,  wenn  er  richtig  behandelt  wird  und 
einmal  eingewöhnt  ist.  Die  meisten  von  denen,  die  nach  kurzer 
Gefangenschaft  umkommen,  gehen  an  unrichtiger  Behandlung  zu 
Grunde,  und  zwar  namentlich,  weil  sie  nicht  die  richtige  Nahrung 
bekommen',  wozu  hier  nur  ein  Beispiel. 

Im  Sommer  1883  verkaufte  ein  Italiener  in  Zofingen  Wasser¬ 
schildkröten  zu  billigen  Preisen  und  setzte  ihrer  viele  ab.  Es  waren 
alles  kleine  Exemplare  von  6 — 8  cm  Länge.  Nach  der  Nahrung  der 
Tiere  befragt,  gab  er  überall  die  Auskunft,  daß  sie  »Salat«  fräßen. 

Zoolog.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  13 


194 


Nach  der  übrigen  Behandlungsweise  fragte  überhaupt  niemand. 
Gedankenlos  wurden  die  Tiere  im  Trockenen  gehalten,  meist  an 
Orten,  wo  nie  ein  direkter  Sonnenstrahl  hingelangte,  und  ihnen  als 
Nahrung  Salat  und  andere  Kräuter  hingelegt,  wobei  mau  darauf  nicht 
achtete,  ob  sie  fraßen  oder  nicht  und  sich  einbildete,  sie  seien  gut  gehalten 
und  genährt.  Schon  im  Herbst  fingen  viele  dieser  Gefangenen  an  krank 
zu  werden  und  wurden  mir  zum  großen  Teil  zum  »Wiederherstellen« 
übergeben.  Es  war  zu  spät.  Auch  die-  sonst  gesund  waren,  zeigten 
eine  sehr  ausgehungerte  und  abgemagerte  Gestalt  und  alle  gingen 
im  Laufe  des  Winters  zu  Grunde. 

Aber  auch  bei  richtiger  Fütterung  können  nicht  alle  Sumpf¬ 
schildkröten  ans  Futter  gewöhnt  werden.  Von  den  um  Zofingen 
gefangenen,  die  in  Gefangenschaft  kamen,  gingen  infolgedessen 
stets  eiue  Anzahl  ein,  so  daß  immer  nur  einige  wenige,  jedoch  gut 
eingewöhnte  sich  dort  befanden. 

Bis  zum  Jahre  1880  wurden  sie  nur  in  kleineren  Aquarien  ge¬ 
halten,  zuerst  iu  großen  Vitriolölflaschen  (Bombonnen),  an  denen  der 
obere  Teil  abgesprengt  war,  später  iu  etwas  großem  Glaskästen. 
Aber  schon  in  diesen  kleinen  Behältern  konnten  aus  dem  Leben 
dieser  Tiere  viele  Beobachtungen  gesammelt  werden,  die  hier  nach¬ 
folgend  uiedergelegt  werden  sollen. 

Im  Sommer  1879  befanden  sich  vier  solcher  Schildkröten  in 
einem  Aquarium,  das  in  einem  gutgelegeuen  Fensterraum  stand 
und  etwa  90  Liter  Wasser  enthielt,  in  dem  viele  Wasserpflanzen 
vegetierten,  auch  Goldfische  schwammen  und  einzelne  Inseln  empor- 
tauchteu,  auf  denen  sie  sich  sonnen  konnten.  Die  gute  Lage  eines 
Aquariums  oder  Terrariums  besteht  aber  darin,  daß  die  Sonne  dasselbe 
während  eines  großen  Teiles  des  Tages  bescheinen  kann.  Vermögen 
sich  diese  Tiere  nicht  zu  sonnen,  so  steht  es  schlecht  mit  ihrem 
Wohlbefinden  und  das  Gleiche  muß  auch  von  allen  andern  Insassen 
gesagt  werden  ;  doch  muß  die  Einrichtung  zugleich  so  sein,  daß  sie 
sich  auch  nach  Belieben  dem  Sonnenschein  entziehen  können. 

So  lange  sie  in  diesem  Raume  genügend  andere  Nahrung  er¬ 
hielten,  ließen  sie  die  Goldfische  unbehelligt.  Bei  Nahrungsmangel 
aber,  oder  auch,  wenn  eiu  Goldfisch  krank  und  infolge  dessen 
nicht  mehr  so  bewegungsfähig  war,  wurde  er  angegriffen,  getötet 
und  aufgezehrt.  Sie  gingen  hierbei  so  zu  Werke,  daß  sie  sich  vor¬ 
sichtig  und  langsam  dem  Fische  näherten,  dann  plötzlich  schnappend 
den  Kopf  nach  ihm  vorschnellten,  und  ihn,  womöglich  am  Bauche, 
verwundeten.  Diese  Angriffe  wurden  so  lange  wiederholt,  bis  der 


195 


Fisch  ermattete,  sterbend  niedersank  und  dann  verspeist  wurde,  bei 
welchem  Schmaus  andere  Schildkröten  ebenfalls  mithielten.  Alle 
saßen  dann  um  den  Fisch  herum  beim  gemeinschaftlichen  Mahle, 
wobei  sie  das  Tier  zerfetzten,  indem  sie  Stück  um  Stück  mit  den 
zahnlosen  Kinnladen  erfaßten,  und  mit  den  kräftigen  Vorderfüßen, 
beidseitig  neben  dem  Maul  anstemmend,  losrissen. 

Frösche  konnten  im  gleichen  Aquarium  nicht  gehalten  werden. 
Sobald  einer  hineingesetzt  wurde,  so  ward  er  in  kurzer  Zeit  eine 
Beute  der  Sumpfschildkröten,  welche  das  zarte  Fleisch  der  Lurche 
allem  anderen  vorzogen.  Sie  fielen  diese  von  unten  unter  dem 
Wasser  au,  faßten  sie  an  den  Hinterbeinen  und  zogen  sie  so  lange 
unter  Wasser,  bis  sie  ermatteten  und  erstickten,  worauf  sie  dieselben 
auf  ähnliche  Weise  zerrissen  und  aufspeisten,  wie  die  Fische. 

Regenwürmer  sind  eine  beliebte  und  wohl  auch  eine  natürliche 
Nahrung  unserer  Schildkröte,  wie  übrigens  auch  alle  bisher  genannten 
Nahrungsmittel  uud  wurden  ihr  öfters  gereicht,  doch  zog  sie  Fische 
und  Frösche  vor.  Auch  die  Würmer  werden  von  ihr  mit  den  Kinn¬ 
laden  durch  Schnappen  erfaßt  und  dann  mit  den  Krallen  der  Vorder¬ 
füße  zerrissen,  resp.  zerkleinert. 

Ferner  wurden  ihr  Fliegen  als  Kutter  gegeben  namentlich  den 
kleineren  Exemplaren,  die  sie  gerne  wegfischten,  wenn  sie  an  der 
Oberfläche  des  Wassers  zappelten,  sowie  andere  lusekten,  die  zu¬ 
fällig  hineinfielen,  und  dann  Wasserschnecken,  die  mit  ihren  weichen, 
leicht  zerdrückbaren  Schalen  eine  weitere  Abwechslung  in  ihren 
Mahlzeiten  bildeten. 

Da  es  übrigens  oft  schwer  hielt,  den  Schildkröten  genügend 
natürliche  Nahrung  zu  verschaffen,  so  wurden  sie  nach  und  nach  an 
rohes  Kalbfleisch  gewöhnt,  wovon  aber  nur  rotbes,  zartes  Muskel¬ 
fleisch  verwendet  werden  durfte.  Dieses  wurde  mit  der  Scheere 
mundgerecht  in  kleine,  längliche  Stückchen  zerschnitten*  und  ihnen 
anfangs  vorgehalten,  zum  Beispiel  an  eine  Stahlfeder  oder  an  eine 
Nadel  gespießt,  die  vermittelst  eines  kleinen  Korkes  vorn  an  eine 
Glasröhre  befestigt  war,  wobei  man  vorsichtig  verfahren  mußte, 
damit  sich  das  Tier  beim  Zuschnappen  nicht  verletzte.  Nach  einiger 
Zeit  durfte  man  das  zerkleinerte  Fleisch  nur  ins  Wasser  werfen 
an  Stellen,  wo  sie  sich  erfahrungsgemäß  gerne  aufhielten,  worauf 
es  dann  von  ihnen  aufgesucht  uud  gefressen  wurde,  wobei  es  oft 
vorher  noch  auf  die  oben  angegebene  Art  und  Weise  zu  kleineren 
Stücken  zerrissen  wurde.  Es  ist  jedoch  besser,  die  Stücke  gleich 
so  klein  zu  schneiden  und  auch  sorgfältig  alles  Sehnige  davon  zu 


196 


entfernen,  da  sie  dieselben  sofort  ganz  verschlingen,  ohne  einen 
Versuch  zu  machen,  sie  noch  durch  Zerreißen  zu  verkleinern;  denn 
oft  hängt  sich  dabei  von  dem  zerfetzten  Fleisch  in  den  Mund¬ 
winkeln  oder  au  der  Spitze  der  Kinnlade  fest,  und  kann  erst  nach 
langem,  ermüdenden  Schnappen  und  vielen  Bemühungen,  es  mit  den 
Vorderfüßen  zu  entfernen,  verschlungen  oder  herausgerissen  werden, 
wobei  das  Tier  so  matt  wird,  daß  es  häufig  lange  nicht  mehr  frißt. 
Bei  dieser  Fütterung  mit  rohem  Kalbfleisch  hielten  sich  die  vier 
Schildkröten  ausgezeichnet  und  wurden  dabei  fett. 

Nie  fraßen  sie,  wenn  sie  außerhalb  des  Wassers  sich  befanden, 

oder  wenn  sie  nur  den  Kopf  über  die  Oberfläche  des  Wassers 

herausstreckten,  sondern  immer  unter  der  Oberfläche  im  Wasser. 

Sie  packten  den  Bissen  zuerst  mit  der  Kinnlade,  schnellten  dann 

•  • 

den  Kopf  vor,  unter  Loslassen  des  Bissens,  Offnen  des  Mundes,  und 
nachherigem  Wiederzuschnappen  dieses,  wobei  der  Bissen  durch  den 
Gegendruck  des  Wassers  während  des  Vorsehnellens  weiter  in  den 
Mund,  und  nach  mehrmaliger  Wiederholung  dieser  Aktion  bis  zum 
Schlund  befördert  und  dann  hinuntergeschlungen  wurde.  Wenn  eine 
hungrig  war,  konnte  es  Vorkommen,  daß  sie  einen  vorgehalteuen 
Bissen  auch  faßte,  während  dem  sie  auf  dem  Trockenen  war  oder 
den  Kopf  aus  dem  Wasser  hervorstreckte.  Dann  begab  sie  sich  aber 
schleunigst  mit  demselben  ins  Wasser  und  verschlang  ihn  unter  der 
Oberfläche  desselben. 

So  lange  bei  schönem  Wetter  die  Sonue  ihren  Aufenthaltsort 
beschien,  so  hielten  sie  sich  stets  außerhalb  des  Wassers  auf  dem 
Trockenen  auf  und  sonnten  sich.  Sie  wußten  sich  hierbei  stets  so 
aufzustellen,  daß  die  Sonnenstrahlen  möglichst  vertikal  auf  ihren 
Rücken  fielen,  wobei  es  ihnen  gar  nicht  darauf  ankam,  zu  diesem 
Zwecke  sich  an  einem  Gegenstände  aufzurichteu,  und  wenn  gegen 
Abend  die  Strahlen  der  untergehendeu  Sonne  nur  noch  sehr  schräg 
einfielen,  so  standen  sie  oft  aufrecht  an  einer  Wand  auf  den  Hinter¬ 
beinen,  um  dieselben  möglichst  günstig  auf  sich  ein  wirken  zu 
lassen. 

Wenn  sie  dann  auf  diese  Weise  recht  durchwärmt  waren,  so 
sah  man  ihnen  an,  daß  es  ihnen  jetzt  recht  wohl  war.  Sie  saßen 
zwar  nun  meist  immer  noch  rubig,  wenn  sich  nicht  etwa  der  Hunger 
regte,  waren  aber  gegen  äußere  Eindrücke  viel  empfindlicher,  als  ge¬ 
wöhnlich,  und  die  Bewegungen,  die  sie  infolgedessen  ausführten, 
waren  viel  flinker,  behender  und  energischer.  Wenn  sich  zum 
Beispiel  nun  jemand,  namentlich  ein  Fremder,  nahte,  und  um  sie 


197 


zu  betrachten  unvorhergesehen  mit  dem  Kopfe  durch  das  zuerst  ge¬ 
öffnete  Fenster  über  dem  Aquarium  erschien,  so  ergriff*  sie  panischer 
Schrecken,  Pladautz!  plumpsten  sie  mit  ungeahnter  Geschwindigkeit 
ins  Wasser  und  verschwanden  unter  dessen  Oberfläche. 

Vor  ihrem  Herrn  ergriffen  sie  jedoch  nicht  so  schnell  die  Flucht, 
sondern  blieben  ruhig  an  der  Sonne  liegen,  wenn  er  sich  nahte,  was  bei 
ihnen  schon  als  ziemlich  hoher  Grad  von  Zahmheit  angesehen  werden 
mußte;  denn  frisch  eingesetzte  entwichen  bei  jeder  Annäherung  eines 
Menschen  sofort  ängstlich  ins  Wasser. 

Bei  trübem,  regnerischem  und  kühlem  Wetter  fraßen  die  Wasser¬ 
schildkröten  tagelang  nichts,  sondern  hielten  sich  dann  meist  im 
Wasser  auf,  etwa  in  dichtem  Pflanzen  wuchs  in  apathischer  Ruhe, 
nur  den  Kopf  aus  dem  Wasser  hervorstreckend.  Bei  schönem  Wetter 
dagegen,  namentlich  bei  gewitterhaft  schwüler  Temperatur,  zeigten 
sie  einen  starken  Appetit.  Je  höher  die  Temperatur  stieg,  desto 
stärker  war  ihre  Freßlust  und  sie  verzehrten  während  der  warmen 
Jahreszeit  dann  oft  viele  Tage  hintereinander  je  ein  nußgroßes  Stück 
Kalbfleisch  in  zerkleinertem  Zustande. 

Beim  Fressen  zeigten  sie  am  meisten  Intelligenz,  von  der  man 
außerdem  nicht  viel  an  ihnen  bemerken  konnte.  Wenn  sie  aber 
Hunger  hatten  und  ihr  Herr  sich  nahte  zu  einer  Zeit,  wo  sie  sich 
sonnten,  so  stürzten  sie  sich  ihm  entgegen  ins  Wasser,  nicht  um  zu 
fliehen  oder  sich  zu  verbergen,  sondern  um  sich  ihm  zu  nähern. 
Sie  schwammen  auf  ihn  zu,  um  Nahrung  zu  betteln,  kannten  ihn 
also  und  wußten,  daß  er  ihnen  solche  geben  werde.  Sogar  wenn 
er  nicht  anwesend  war  und  sie  Hunger  hatten,  so  machten  sie  sich 
bemerklich,  indem  sie  an  der  dem  Zimmer  zugewendeten  Seite  des 
Aquariums  hin  und  her  schwammen,  und  mit  den  Vorderfüßen  das 
Wasser  peitschten,  daß  es  weit  umher  spritzte. 

Wenn  der  Winter  herannahte,  war  es  notwendig,  daß  sie  recht 
fett  waren,  damit  sie  den  Winterschlaf  gesund  überstehen  konnten. 
Sie  zehrten  dann  von  ihrem  Fette,  und  diejenigen,  die  im  Spätherbst 
schlecht  genährt  waren,  gingen  ein.  Das  Fettsein  kann  dadurch 
konstatiert  werden,  wenn  mau  sie  plötzlich  ergreift,  wonach  sie  Kopf, 
Beine  und  Schwanz  unter  die  Schale  zu  bergen  suchen.  Für  ge¬ 
wöhnlich  kann  eine  Wasserschildkröte  all  diese  Teile  vollständig 
unter  die  Schale  zurückziehen,  den  Schwanz,  indem  sie  ihn  seitlich 
umlegt.  Wenn  sie  aber  im  Herbst  recht  fett  ist,  so  kann  sie  dies 
nicht  mehr,  sondern  der  am  mindesten  gefährdete  Teil  muß  wegen 
Platzmangel  draußen  bleiben,  gewöhnlich  lang  ausgestreckt.  Wenn 


198 


mau  nun  diesen,  z.  B.  einen  Fuß,  berührt,  so  zieht  sie  ihn  dennoch 
unter  die  Schale  zurück,  wobei  aber  auf  der  entgegengesetzten  Seite 
ein  Glied  oder  der  Kopf,  was  sie  gerade  als  am  mindesten  gefährdet 
erachtet,  hinausgedrängt  wird.  Neben  allen  diesen  Körperteilen  sieht 
man  dann  wahre  Fettpolster  unter  der  Schale  hervorquellen,  während¬ 
dem  ein  schlechtgenährtes  Tier  alle  Teile  unter  die  Schale  zurück¬ 
ziehen  kann  und  daneben  noch  Vertiefungen  zeigt. 

Schon  früh  im  Herbste  hörte  bei  den  Schildkröten  des  Aquariums 
die  Freßlust  auf,  und  sie  suchten  sich  günstige  Stellen  aus,  um  dort 
den  Winter  zu  verbringen.  Im  Freien  sollen  sie  das  Wasser  ver¬ 
lassen  und  sich  zum  Winterschlaf  in  die  Erde  eingraben,  was  sich 
auch  bestätigt  durch  den  früher  erwähnten  Fund  einer  im  Spät¬ 
herbst  1873  beim  Kartoffelgraben  aus  der  Erde  ausgehobenen,  die 
übrigens  bald  eingiug,  da  sie  hierbei  mit  einem  Karste  einen  Hieb 
erhalten  hatte.  *) 

Im  Aquarium  aber  konnte  dies  nie  beobachtet  werden.  Die  vier 

Exemplare,  die  bis  1881  in  dem  kleinen  Glaskasten  gehalten  wurden, 

der  in  einem  geheizten  Zimmer  stand,  wählten  zum  Überwintern 

stets  eine  Stelle  im  Wasser,  wo  sie,  vor  den  Blicken  Neugieriger 

möglichst  verborgen,  nahe  unter  der  Oberfläche  des  Wassers  bequem 

ruhen,  und  doch  zu  jeder  Zeit  durch  Vorschieben  des  Kopfes  die 

Nasenlöcher  über  die  Wasserfläche  erheben  und  atmen  konnten,  und 

verbrachten  hier  den  Winter  fast  unbeweglich,  indem  sie  tagsüber  nur 

höchstens  viermal  die  Atmung  vollzogen.  Das  Wasser  gefror  trotz 

Heizens  einige  Male  an  der  Oberfläche  ohne  daß  die  Schildkröten 

hierdurch  Schaden  genommen  hätten.  Wie  mau  später  sehen  wird, 

•  • 

ist  diese  Art  der  Überwinterung  nicht  die  natürliche,  sondern  die 
nur  in  kleineren  Aquarien,  die  in  geheizten  Zimmern  stehen,  statt¬ 
findende. 

Wenn  im  März  warme,  sonnige  Tage  kamen,  so  verließen  die 
Schildkröten  im  Aquarium  ihr  Winterquartier  und  kamen  wieder 
aufs  Trockene  um  sich  zu  sonnen.  Man  mußte  nun  sein  Haupt¬ 
augenmerk  darauf  richten,  die  durch  den  langen  Winterschlaf  stark 
abgemagerten  Tiere  wieder  zum  Fressen  zu  briugeu,  wobei  namentlich 
die  Sonnen  wärme  gute  Dienste  leistete.  So  lange  im  Frühling  die 
Sonne  nicht  lange  genug  aufs  Aquarium  schien,  wegen  seiner  Lage, 
wurden  sie  anderwärts  im  Freien  dem  Sonnenscheine  ausgesetzt.  Erst 

*)  Es  war  dies  nahe  einem  kleinen  Weiher,  südlich  vom  Eingang  der 
Straf3e  von  Zofingen  nach  Bottenwyl  in  den  Baanwald,  in  dem  sie  unzweifel¬ 
haft  den  Sommer  1873  über  gelebt  hatte. 


199 


wenn  sie  tagelang  recht  durchwärmt  worden  waren,  regte  sich  die 
Freßlust.  Solche,  denen  im  Frühjahr  die  Freßlust  nicht  mehr  bei¬ 
gebracht  werden  konnte,  die  vielleicht  schon  im  Herbste  schlecht  genährt 
den  Winterschlaf  angetreten  hatten,  wurden  nun  bald  matt,  verließen 
das  Wasser,  um  Tag  und  Nacht  auf  dem  Lande  zuzubringen,  wo  sie 
schlaff  an  ein  und  derselben  Stelle  blieben.  Setzte  man  sie  wieder 
ins  Wasser,  so  verließen  sie  dasselbe  sofort  wieder,  wenn  sie  noch 
die  Kraft  dazu  besaßen,  selbst  wenn  die  Sonne  nicht  schien,  und  es 
in  einer  Tageszeit  war,  wo  sich  alle  anderen  im  Wasser  verkrochen 
hatten.  Im  Laufe  des  Frühlings*  oder  Sommers  gingen  solche  fast 
unfehlbar  ein. 

Immerhin  gelang  es,  einige,  die  in  diesem  abgematteten,  krank¬ 
haften  Zustande  sich  befanden,  durch  Auwendung  von  warmen 
Bädern  noch  zum  Fressen  zu  reizen  und  zu  erhalten. 

Es  konnte  festgestellt  werden,  daß,  wenn  eine  Sumpfschildkröte 
im  Aquarium  einen  Winter  glücklich  überstanden  hatte  und  im 
Frühliuge  gut  fraß,  sie  als  acclimatisiert  betrachtet  werden  konnte 
und  sich  dann  bei  richtiger  Behandlung  viele  Jahre  hindurch  hielt. 

Da  es  sich  gezeigt  hatte,  daß  möglichst  viel  Sonnenschein  ein 
Hauptbedürfnis  unserer  Schildkröte  sei,  und  auch  frische  Luft  sie 
besser  bei  Gesundheit  erhalte,  als  die  Stubenluft,  wurde  ein  Stück, 
das  seit  zwei  Jahren  das  Aquarium  neben  den  vier  Gefährtinnen 
bewohnt  hatte,  aber  im  Herbst  1878  etwas  schlecht  genährt  erschien 
und  auch  matt  und  schwach  geworden  war,  im  Frühlinge  1879, 
bald  nach  dem  Hervorkommen  aus  dem  Winterschlaf,  in  eiuem 
kleineren  Glasaquarium,  das  mit  untergetauchteu  Wasserpflanzen  be¬ 
setzt  war,  im  Freien  an  einer  Stelle  gehalten,  wo  die  Sonne  fast 
den  ganzen  Tag  hinschien.  Es  war  kein  Exemplar,  das  um  Zofingen 
gefangen  worden  war,  sondern  ein  ziemlich  kleines,  das  einem  direkt 
aus  Italien  kommenden  Händler  abgekauft  worden,  und  deshalb  an 
unser  Klima  noch  nicht  gewöhnt  war.  Der  Erfolg  war  ein  über¬ 
raschender,  sowohl  in  Hinsicht  auf  die  Wasserpflanzen,  als  auch  auf 
das  kranke  Tier.  Die  untergetauchten  Pflanzen  fingen  an,  so  üppig 
zu  gedeihen,  daß  sie  bald  den  ganzen  Raum  einnahmen,  und  außer¬ 
dem  entwickelte  sich  in  dem  Gewirr  eiu  reges  Leben  von  kleinen  Wasser¬ 
tieren.  Es  bildete  sich  aus  wenigen  Individuen  eine  größere  Kolonie 
von  Wasserschnecken,  eine  Menge  Limnaeen  lebten  an  den  Pflanzen. 
Die  Schildkröte  aber  erholte  sich  nicht  nur  vollständig,  sondern  ge¬ 
dieh  auch  vortrefflich.  Sie  war  früher  zutraulich  und  zahm  gewesen 
und  hatte  gerne  das  an  die  Nadel  gespießte,  vorgehaltene  Kalbfleisch 


200 


weg  geschnappt.  Das  ward  nun  bald  anders.  Sie  gedieh  nicht 
nur  in  der  freien  Natur,  in  der  sie  sich  jetzt  befand,  und  wo  sie 
sich  selbst  überlassen  war,  sondern  sie  verwilderte  auch,  und  beim 
Herannahen  ihres  Herrn  verschwand  sie  eiligst  im  dichtesten  Pflanzen- 
gewirr  und  ließ  sich  nicht  mehr  blicken,  so  lange  er  anwesend  war, 
nahm  auch  nie  mehr  Nahrung  von  ihm  an.  Lange  wußte  er  nicht, 

womit  sie  sich  nähre,  bis  er  durch  aufmerksames  Beobachten  darauf 

• 

kam,  daß  sie  die  Wasserschnecken  ab  weidete,  auch  andere  Wasser¬ 
tierchen,  sowie  hineingefallene  Insekten  vertilgte,  und  dann  noch, 
daß  sie  au  den  Wasserpflanzen  im  Sonnenschein  sich  gütlich  that 
und  namentlich  die  jungen  Triebe  an  den  Spitzen  sich  schmecken 
ließ.  Es  war  hauptsächlich  die  Art  Myriophyllem  spicatum  L., 
welche  in  dem  Aquarium  vegetierte.  Es  konnte  nachher  häufig  be¬ 
obachtet  werden,  daß  sie  so  aus  freien  Stücken  Pflanzennahrung 
zu  sich  nahm,  trotzdem  sie  nicht  Mangel  an  animalischer  Kost  litt, 
so  daß  also  angenommen  werden  muß,  daß  wenn  auch  die  letztere 
die  für  gewöhnlich  bevorzugte  ist,  die  erstere  doch  auch  in  geringerem 
Grade  zur  natürlichen  Nahrung  des  Tieres  gehöre.  Im  folgenden 
Sommer,  1880,  konnte  dann  des  öftern  konstatiert  werden,  daß  auch 
die  anderen  Schildkröten  zu  Zeiten  im  Aquarium  herum  Wasser¬ 
pflanzen  ab  weideten.  (Fortsetzung  folgt.) 

Bubalis  Licht. 

Yon  Bernh.  Langkavel. 

Wie  über  die  meisten  Antilopen,  so  ist  auch  über  die  Gattung 
Bubalis  die  Litteratur  eine  recht  weitschichtige.  Die  nachfolgenden 
Zeilen  beabsichtigen  hier  in  möglichster  Kürze  das  Material  nur 
für  deren  Verbreitung  zusammenzustellen.  Inbetreff  der  Auf¬ 
einanderfolge  der  verschiedenen  hierher  gehörigen  Formen  richte  ich 
mich  nach  jener,  welche  Prof.  A.  v.  Mojsisovics  im  Handwörterbuch  der 
Zoologie,  Anthropologie  und  Ethnologie  unter  dem  Worte  »Bubalis« 
nebst  kurzer  Charakteristik  gab. 

1.  Bubalis  ( Antilope )  bubalis  Pall.  Dr.  Mook  (Ägyptens  vor¬ 
metallische  Zeit,  1880,  S.  13)  fand  bei  Cairo  in  einer  Lage  von  tho- 
nigem  Sand  Zähne  und  Fußwurzelknochen  von  Zebra  und  Kamel,  etwas 
tiefer  von  Hyaena  crocuta ,  Esel,  Antilope,  noch  tiefer  14  Kamelschädel 
und  Zebrazähne.  Nach  Rütimeyer  stammt  der  Antilopeuschädel  sicher 
von  B.  bubalis ,  und  somit  hätten  wir  hier  eine  prähistorische  Fund- 


201 


statte  dieser  Art,  wenn  nicht  Virchow  (Zeitschrift  für  Ethnologie, *) 
XX,  352)  in  Erwägung  gezogen,  daß  an  jener  Stelle  die  Bäder  von 
Helwan  in  arabischer  Zeit  seit  722  in  Gebrauch  gewesen,  und  es 
somit  möglich  wäre,  daß  damals  Jagdtiere  oder  dort  gefallene  liegen  ge¬ 
blieben  und  nach  uud  nach  von  Sand  überschüttet  worden  wären. 

Es  fehlt  hier  also  noch  der  sichere  Nachweis  geologischen  Charakters. 

■  • 

Von  den  alten  Ägyptern  wurde  dies  Tier  farbig  dargestellt  zu 
Abu  Sir  und  im  fälschlich  sogenannten  Köuigsgrabe  von  Saqärah 
(Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde,  Berlin,2)  III,  263;  Zeit¬ 
schrift  für  äg.  Sprache  I,  23).  .  In  der  ersteren  Zeitschrift  gibt 
Hob.  Hartmaun  folgende  Verbreitung  an:  Ganz  Nordafrika  bis  gegen 
den  11°  n.  Br.,  im  Süden  von  Algier  und  im  Süf,  überhaupt  in 
der  Sahara  westlich  bis  zum  Meere,  nach  Tanger,  Säle  und  Mogador 
kommen  öfter  Hörner  aus  der  marokkanischen  Sahara,  in  Täqä, 
Qalabät,  Qedärif,  um  die  Gebäl-e-Fung,  in  der  Bejüdah.  Olivier 
(Reise  durch  das  türkische  Reich  II,  72)  meiute,  daß  sie  zu  seiner 
Zeit  fast  nie  bei  Alexandrien  vorkämen.  Im  nordwestlichen  Afrika 
erwähnt  dieser  Art  in  Algier  Froriep  (Fortschritte  der  Geogr.  II,  478), 
Buvry  im  östlichen  Teile  des  Aures  sowie  auch  in  der  Steppe  und 
Wüste  (Zeitschr.  für  allg.  Erdkunde,  N.  F.  3)  III,  136),  Behm 
(Geogr.  Jahrb.  XI,  174),  südlich  von  der  Hochebene  in  Algier  und 
iu  der  Wüste  von  Algier  und  Tunis  (vgl.  Kobelt,  Reiseerinneruugen 
aus  Algier  und  Tunis,  S.  304  und  Zool.  Garten  1886,  242),  viele 
sollen  Vorkommen  im  Gebiet  der  Trarza  an  der  atlantischen  Küste 
(»Unsere  Zeit«  von  Gottschall,  N.  F.  XIV,  270).  Aus  verschiedenen 
Teilen  der  Sahara  berichten  über  sie,  aus  Fezzau  die  Allg.  Geogr. 
Ephemeriden  XII,  201,  südlich  von  Murzuk  Wagner  (E.  Vogel,  der 
Afrikareisende,  S.  126).  Gust.  Nachtigal  sah  zwischen  Murzuk  und 
Kuka  bei  den  niedrigen  Tefraska-Felsen  zunehmende  Vegetation  und 
häufige  Spuren  von  Bubalis  und  Gazellen,  tags  darauf  sogar  massen¬ 
hafte  (Petermanns  Geogr.  Mitteilungen  4)  1871,  452;  vgl.  1870,  27 
uud  Zb.  V,  232);  die  reiche  Weide  von  Agadem  zeigt  gleichfalls 
viele  (Zb.  VI,  137),  zum  Teil  auch  in  der  neuen  Oase  Bu  Naima 
(Mitt.  der  afrikanischen  Gesellschaft  in  Deutschland 5)  I,  132),  bei 
den  nördlichen  Tuareg  (P.  1863,  380).  Heiur.  Barth  erwähnt  ihrer 
in  seinen  Reisen  I,  292.  295  ;  V,  422.  523.  536.  Gust.  Nachtigal 
(Sahara  und  Sudan)  nördlich  von  Bornu  (II,  384),  im  Südosteu  (499), 
bei  Sokoro  (678),  am  Südrande  auf  Lichtungen  (386),  am  Fluß 
Komodugu  (34),  in  den  südlichen  Heiden  ländern  Baghirmis  zwischen 

9  abg e k ürzt  weiter  unten  als:  E. —  2)  Zb. —  3)  Za. —  4)  P. —  6)  M.  A. 


\ 


202 


Ngala  und  Telam  in  der  Wildnis  (Zb.  VIII,  252).  Hieran  schließe 
ich  noch  die  Notiz  aus  Morgen  (durch  Kamerun  von  Süd  nach 
Nord,  S.  330),  daß  auf  dem  innern  Plateau,  besonders  am  oberu 
Saunaga  Herden  von  200  Kuh-  und  Pferde- Antilopen  waren.  Aus 
Wadai  berichten  über  sie  schon  die  Quellen  in  Ritters  Afrika,  S.  503. 
über  die  in  Dar- Für,  vgl.  Ensor,  Incidents  on  a  journey  through 
Nubia  to  Darfoor,  S.  138,  über  jene  in  Sennär  Hartmanu  in  Za. 
XIV,  18,  in  Nubien  v.  Beurmaun  in  P.  1862,  214.  Sie  lebt  in 
den  Steppen  zwischen  Berber  und  Suakim  (Za.  XII,  193),  in  den 
Habab-Läuderu  (P.  1858,  371  ;  1861,  16),  am  Gasch  in  Barka 
(P.  1859,  364),  im  Bazenlande  (P.  1884,  166).  Über  die  Bubalis 
in  Abessinien  vgl.  Parkyns,  Life  in  Abyssinia  II,  137.  302  und 
Baker,  The  Nile  Tributaries  of  Abyssinia6)  S.  179.  188.  543,  so¬ 
dann  an  den  oberu  Nilzuflüssen,  im  Gebiet  der  Bahr-el-azraq  und 
Söbät  Pruyssenare  in  Petermauns  Ergänzungsheften  7)  No.  50,  S.  29, 
am  Bahr-el-Ghazal  Junkers  Reisen  I,  467;  III,  372  mit  Abbild.,  bei 
Lobore  (Baker,  Ismailia  II,  51),  im  Afudda-Laud  (79),  Shooly  country 
(531),  Unyoro  (133),  vgl.  auch  Petherick,  Egypt,  the  Soudan  and 

Central  Afrika,  S.  474. 

•  • 

Uber  die  anders  gezeichneten  Kuhantilopen  des  Somalilaudes 
P.  1884,  408,  über  jene  in  der  Nähe  des  Döngo  Ngai  Dr.  Fischer 
in  den  Mitt.  der  Geogr.  Ges.  Hamburg  I,  87. 

2.  Bubalis  (Alcelaphus)  mauretanica ,  Og.,  Sund.  v.  Heugliu., 
Reise  nach  Abessinien  1868,  275:  Zool.  Garten  IX,  171  ;  Zb.  III, 
263.  349;  ßa.  543.* 

3.  Bubalis  Gaama ,  Sund.  Am  Bahr-el-Djur,  bei  Ngoli  (Sehwein- 
furth,  lm  Herzen  Afrikas8)  I,  1874,  203.  463),  im  südlichen  Kordufan 
(Ba.  543),  in  der  Seenzone  (Journal  of  the  Geogr.  Soc.  of  London y) 
XLII,  1872,  320),  Gebiet  des  obern  Nils  (Zb.  III,  264.  268),  im  Kir- 
Gebiet  (P.  Erg.  No.  50,  16),  bei  den  Niam-Niam  (Zb.  VII,  394. 
397;  VI,  50;  V,  133),  bei  Nindo  (P.  1859,  500  und  Speke,  Journal 
of'  a  cruise  on  the  Tangauyika,  1864,  S.  291),  Ukumbi  (daselbst 
S.  327),  Usoga  Speke,  Journal  of  the  discovery  of  the  source  of  the 
Nile  (1863,  461),  Isimbiri  (M.  A.  III,  200),  Savannen  Nubiens 
(Ratzels  Völkerkunde  III,  77)  cf.  Junkers  Reisen  S.  190  Abbild. 

Am  Zusammenfluß  des  Lujonde  und  Rovuma  (Proceedings 
Geogr.  Soc.  Loudon  10)  IV,  1882,  69),  Khutu  (Journ.  XXIX,  110), 
Massailand  (Thompson,  Through  Masai  Land  1885,  469;  vgl.  Meyer 


6)  Ba. 


7)  P.  Erg. 


8)  Scliw.  —  9)  Journ. 


10)  Pro.  G. 


203 


Ostafrikauisclie  Gletscherfahrten  1890,  S.  70),  le  desert  de  la  Mkata 
(Gaur  et  Le  Roy,  A  travers  le  Zanguebar,  1886,  S.  240),  Usegua, 
Pongue  Berg  (Mitt.  Geogr.  Ges.  Hamburg  III,  148),  am  Baringo-See 
(v.  Holmel,  Zum  Rudolph-See  u.  s.  w.  1892,  S.  487;  Abbild.  S.  488; 
vgl.  S.  735).  Über  die  drei  Schädel  im  Hamburger  Naturhistorischen 
Museum  vgl.  Pagenstecher:  Die  von  Dr.  Fischer  auf  der  Reise  ins 
Massai-Land  gesammelten  Säugetiere,  1885,  S.  41  und  Jahrb.  der 
Hamburger  Wissenschaftlichen  Anstalten  1891,  S.  83. 

Wenige  in  der  Nähe  des  Lieba  (P.  1858,  213;  Livingstone, 
Missionsreisen  1858,  319),  Griqua-Land  (Fritsch,  drei  Jahre  in  Süd¬ 
afrika,  !1)  1868,  S.  291),  am  Krokodilfluß  auf  der  ausgedehnten 
steppenartigen  Fläche  nach  Mauch  (P.  Erg.  No.  37,  17  ;  vgl.  im 
allgemeinen  Thomas,  Eleven  Years  in  Central  South  Africa,  S.  111; 
Zool.  Garten  III,  244.  262.  In  Groß-Namaqua  (P.  1865  390),  im 
Marutse  Gebiet  (Holub,  Kulturskizze  des  Marutse-M.  -  Gebietes,  12) 
1879,  184),  in  der  Kapkolonie  zur  Zeit  des  Prinzen  Alfred  (Behm, 
Geogr.  Jahrbuch  III,  244),  Natal,  Umwoti  (Brooks  Natal,  1876,  S.  119), 
Kalahari,  Lechuana  Pool  (Pro.  G.  1886,  441 ;  Farini,  Through  the 
K.  Desert,  1886,  465 ;  Ausland  1886,  891.  931,  Kerr,  The  Far 
Interior,  1886,  I,  39.  168;  Verhandlungen  zu  Zb.  XVI,  146),  bei 
den  Herero  (Die  Natur  1888,  16),  auf  den  Plateaux  des  obern  Oanob- 
Gebirges  (Mitt.  Geogr.  Ges.  Hamburg.  H.  1.  1891 — 92,  S.  149), 
am  Vaalfluß  im  Distrikt  Boshof  (Holub,  Von  Kapstadt  ins  Land 
der  Maschukulumbe  I,  1889,  S.  81),  am  Zambesi  (539),  im  südlichen 
Betschuana -Gebiet  (539;  vgl.  II,  40.  157.  113),  im  Griqua-Land, 
uubekannt  in  den  Ländern  zwischen  Chobe  Mababe,  Matabele  und 
Mashuna.  Sie  leben  im  südöstlichen  Afrika  von  Komati  Poort  bis 
Olifants  Poort  (P.  1892,  130). 

4.  JBubalis  {Antilope)  Lichten  steinig  Peters.  Nach  Peters  »Säuge¬ 
tiere  Mossambiques«  S.  190.  T.  53  (Schädel),  54  (Tier)  ist  die  Be¬ 
schreibung  in  Schreber- Wagner,  Suppl.  V,  445  und  Rob.  Hartmanu 
(Zb.  III,  264)  fügt  hinzu,  daß  das  Tier  nach  Sclater  (Proceeedings 
Zool.  Soc.  London  13)  1864,  103)  in  den  zwischen  dem  Sohil  und 
Qondökoro  gelegenen  Landschaften  verbreitet  zu  sein  scheine ; 
Spekes  frühere  Angabe  (daselbst  1863,  3)  könne  ebensogut  auf 
B.  Caama  passen.  Das  Tier  lebt  ferner  in  Bari,  Latuka  und  noch 
weiter  südlich.  Nach  Peters  ist  die  Vaca  do  mato  der  Portugiesen 
unter  16 — 18°  bei  Sena,  in  Iuhacuera  und  Borör  zu  fiuden.  Kirk 
traf  kleine  Herdeu  während  der  trockenen  Zeit  in  den  Wäldern  von 


n)  Fr. 


12)  Ho.  K.  —  i»)  Pro.  Z. 


204 


Chupauga  uud  Inhamunha,  sowie  in  der  Gegend  des  Südendes  von 
Nyassa  (Pro.  Z.  1864,  660).  Als  »gnamera«  wird  das  Tier  be¬ 
schrieben  in  Journ.  XLII,  1872,  320,  lebend  in  der  Seenzone;  es 
wird  ferner  erwähnt  in  Mitt.  Geogr.  Ges.  Hamburg  1882 — 3,  S. 
272  im  Mossailande  und  beschrieben  von  Pagenstecher  a.  a.  0.  S.  41 
(vgl.  Dr.  Fischer  in  P.  1886,  366  -  »auf  den  Ebenen  am  Rubana- 
Flusse«).  Ferner  im  östlichen  und  nördlichen  Teil  des  Herero-Landes 
nach  »Ausland«  1886,  891.  Selous  (A.  Hunter’s  Wauderings  in 
Africa,  1890,  S.  224)  sah  es  auf  den  offenen  Gegenden  des  Manica- 
Plateau  nördlich  von  Zambesi  und  Hörner  aus  der  Gegend  des  Sabi- 
Husses  in  Unzeilo’s  Land,  gibt  auch  genauere  Beschreibung  des 
Haarkleides  uud  der  Hörner  bei  cf  und  Q.  Vgl.  auch  Jahrb.  der 
Hamb.  Wiss.  Austalten  1891,  83  und  Sitzungsberichte  der  Ges.  na¬ 
turforsch.  Freunde,  Berlin,  1891,  41,  No.  20. 

5.  Bubalis  lunata ,  Sund.,  (Damalis,  H.  Sm.)  Gray.  In  der 
llistoire  Generale  des  Voyages  par  Valkenaer,  XX,  1830,  S.  201 
lesen  wir:  Le  vrai  khaama  differe  du  hartebeest  par  ses  cornes 
courbees  en  croissant;  ce  qui  a  engage  Mr.  Burchell  ä  apeller  cette 
espece  Antilope  lunata.  Die  ältere  Litteratur  steht  in  Schreber- 
Wagner,  Suppl.  IV,  469,  471;  V,  446;  nach  P.  1858,  212  lebt  das 
Tier  im  Laude  zu  beiden  Seiten  des  Liambye,  nach  Journ.  XXVIII, 
1858,  S.  158  bei  Bull  Fountain  (?),  nach  Fr.  286  in  Motito,  nach 
Behm  Geogr.  Jahrb.  III,  244  in  der  Steppe  bei  Khoponk.  Holub 
(Ho  K.  184)  sah  es  »auch  in  Wäldern,  doch  stets  in  mäßigen  Ru¬ 
deln«.  Vgl.  Kranz,  Natur-  und  Kulturleben  der  Zulus,  1880,  S. 
179;  nach  Serpa  Pinto  (How  I  crossed  Africa  II,  1881,  S.  92)  am 
Upper  Zambesi,  nach  M.  A.  III,  1882,  184  am  Tanganjika,  S.  195 
am  Walabafluß.  Kerr  (The  Far  Inferior)  I,  114.  Selous  a.  a.  O. 
225:  Vom  Marico  River  (Limpopo)  durch  das  ceutrale  Südafrika 
südlich  vou  Zambesi,  aber  nie  im  hügeligen  Terrain  oder  im  dichten 
Jnngle.  Sie  werfen  Junge  nicht  vor  der  ersten  November woche. 
Rob.  Hartmann  (Sitzungsberichte  naturf.  Freunde,  Berlin,  1891, 
No.  12  meint,  daß  jimäla  wohl  nicht  Damalis  lunata  (nach  Dr. 
Böhm),  sondern  D.  senegalensis  (nach  Dr.  Noack)  wäre. 

6.  Bubalis  ( Antilope )  senegalensis  H.  Sm.  Schreber- Wagner, 
Suppl.  V,  447;  Zb  III,  254;  Pro.  Z.  1890,  354.  Zwischen  Söbät 
und  Bahr-el-azraq,  in  der  Nähe  des  Brunnens  Genok,  in  der  Wald¬ 
zone  des  Gog,  bei  Omm-ebeil  (P.  Erg.  No.  50,  S.  29.  9.  14;  No. 
51,  S.  12.  Aus  »route  to  the  Djur«  sandte  Petherick  (a.  a.  O. 
S.  474)  verschiedene  Schädel  nach  England.  Baker  (Ba  543  und 


205 


Ismalia  I,  75,  Abbild.  S.  531)  sab  sie  am  Balir-el-Abiad.  Herdenweise 

leben  sie  am  Westufer  des  Mwutan  Nzige  (Schweinfurth  und  Ratzel, 

»Emin  Pascba«,  1888,  144),  auf  den  Ebenen  am  Rubanafluß  (P. 

1886,  366)  nach  Dr.  Fischer,  auf  deu  Savannen  vou  Kanoma  nach 

Dr.  Böhm  (Schalen,  Von  Sanzibar  zum  Tanganjika,  1888,  S.  81), 

Reichard  erlegte  vier  jenseits  Gondwe  (M.  A.  IV,  89).  Die  Denka- 

stämme  unterscheiden  mancherlei  Farben  Varietäten  als  verschiedene 

Tiere  (Neumayer,  Anleitung  zu  wiss.  Beobachtungen,  1875,  488). 

Vogel  sah  sie  am  Tsad  (Za  III,  71.  73;  vgl.  Denham  I,  319;  II, 

192 — 3),  zwischen  Belkaschifari  und  diesem  See  Rohlfs  (P.  Erg. 

No.  25,  147.  50),  in  deu  tributären  Heidenländern  Baghirmis  G. 

Nachtigal  (P.  1874,  323),  H.  Barth  am  Fluß  Komädugu  (Reisen 
•  • 

IV,  27).  Uber  ihr  Vorkommen  in  Westafrika  vgl.  u.  a.  Roskoschny, 
Europas  Kolonien  in  Westafrika  S.  104  mit  Abbild. 

7.  Bubalis  pygarga  Sund.  {Antilope  pygarga  Pall.).  Eine  Be¬ 
schreibung  gab  Barrow  (Travels  in  the  Interior  of  South  Africa, 
1801,  I,  104.  105).  Sparrmanns  A.  pygarga  auf  Tat.  8  seiner  Reise 
nach  dem  Vorgebirge  der  Guteu  Hoffnung  ist  =  A.  eucliore  Förster. 
Vgl.  Lichtenstein,  Über  die  Antilopen  des  nördlichen  Afrikas  S. 
230.  Thunberg  in  Mem.  de  l’Acad.  Imp.  des  Sc.  de  St.  Petersbourg 
III,  1811,  S.  311.  Wenn  Schreber- Wagner,  Suppl.  V,  447,  Gray 
beistimmt,  daß  Buffous  Koba  ==  A  pygarga ,  so  vergl.  dazu  Sparr- 
maun  a.  a.  O.  572,  wo  A.  dorcas  Sparrm.  =  Koba  Buff.  =  A. 
bubalis  Pall.  Chapman  a.  a.  O.  II,  333  gab  eine  Beschreibung  sei¬ 
ner  Gazella  pygarga ,  und  L.  Maggar  (Reisen  in  Südafrika  I,  1859, 

i 

S.  246)  meint,  daß  die  bei  Bihe  »au  den  Seiten  vorn  nach  hinten 
laufende  braune  Streifen  besäßen».  Nach  P.  1858,  211  sollen  im 
Kaplande  nur  noch  wenige  ihr  Leben  fristen  ;  vgl.  Sitzungsberichte 
naturf.  Freunde,  Berlin  1891,  S.  190;  daselbst  1883,  26  wird  aus- 
gef'iihrt,  daß  die  9  f^er  ihr  nächstverwaudten  Art  aus  Pikermi,  Tra- 
gocerus  amaltheus  Wagn.  keine  Hörner  führten. 

8.  Bubalis  albifrons  Sund.  Auf  Fritsch  (Fr.  115),  der  dies  Tier 
bei  Philipolis  beobachtete,  beziehen  sich  R.  Hartmann  (Zb  III,  417) 
und  Belnn  (Geogr.  Jahrb.  III,  244).  James  Chapman  (II,  333)  be¬ 
schrieb  seine  Damalis  albifrons,  deren  auch  Korrespondeuzblatt  der 
deutsch.  Ges.  für  Ant’hrop.  1871,  33  erwähnt.  Nach  Brooks  (Natal, 
1876,  121)  kommt  sie  gelegentlich  am  Fuß  der  Drakenberge  während 
der  drei  kältesten  Monate  des  Jahres  vor.  Spillmann  (Vom  Kap  zum 
Zambesie,  1882,  85)  sah  bei  der  Farm  Redoley  Hunderte  von  ihnen 
und  fügte  eine  Abbildung  bei. 


206 


9.  Bubalis  ( Älcelaphus )  Cokei  wurde  zuerst  von  Colonel  Coke 
erlegt  (Thompson,  Through  Mosai  Land,  S.  469).  Eine  Abbildung 
der  Hörner  daselbst  S.  220  und  bei  Johnston  (Kilima - njaro, 
1886,  S.  65).  Dieser  Reisende  sah  sie  in  der  großen  Ebene  zwischen 
Taita  und  dem  Fuß  des  Götterberges  (S.  66),  am  Lake  Jipe  (S.  298, 
vgl.  394)  in  Herden,  beschrieb  sie  S.  65  und  355.  Pagenstecher  hält 
sie  für  identisch  mit  A.  Lichtenstein ii  (a.  a.  0.  S.  41);  nach  Hart¬ 
mann  (Sitzungsberichte  u.  s.  w.  1891,  S.  41.  No.  11  ist  Könzi 
vielleicht  =  A.  Cokei.  Von  Höhnel  (Zum  Rudolph-See  u.  s.  w. 
S.  487)  sah  am  Bariugo-See  zuerst  A.  caama ,  wärend  alle  früher 
gesehenen  A.  Cokei  wären,  beide  verschieden  durch  Form  und  Größe 
der  Hörner  (S.  488). 

10.  Bubalis  Sivaynii  Sclat.  nach  Zool.  Garten  1892,  94  = 
A.  tora. 


Kosmopolitische  Tiere. 

Von  Dr.  C.  Müller. 

Fortsetzung. 

Wenden  wir  uns  jetzt  den  Hymenopteren  zu.  Die  Zahl  der 
bekannten  Arten  ist  in  rascher  Zunahme  begriffen;  man  schätzt 
die  lebenden  auf  2500  Arten.  Als  kosmopolitisch  tritt  uns  zunächst 
die  Familie  Apidae  Bienen  entgegen,  die  ungefähr  2000  Arten  um¬ 
faßt,  unter  denen  Apis  mellifica ,  die  gemeine  Honigbiene,  universell 
verbreitet  ist.  Sie  findet  sich  in  Europa,  Afrika,  Asien,  mit  Aus¬ 
nahme  Ostindiens  und  der  ostindischen  Inseln,  in  Nordamerika 
(hierhin  bereits  1675  vou  Europa  aus  eingeführt)  und  Brasilien 
(hierhin  erst  1845  eiugeftihrt).  Man  unterscheidet  mit  Rücksicht 
auf  die  Körperfärbung  mehrere  Spielarten,  deren  wichtigste  die 
folgenden  sind:  1)  Die  nordische  Biene,  welche  sich  nicht  nur  über 
den  ganzen  Norden  ausbreitet  und  bis  vor  noch  wenigen  Jahren 
daselbst  die  einzige  war,  sondern  auch  im  südlichen  Frankreich  und 
Spanien,  in  Portugal,  einigen  Gegenden  Italiens,  in  Dalmatien, 
Griechenland,  der  Krim,  auf  den  Inseln  Kleinasiens  und  dessen 
Küstenstrichen,  in  Algerien,  Guinea,  am  Kap  und  in  einem  großen 
Teile  des  gemäßigten  Amerika  auzutreffen  ist.  2)  Die  italienische 
Biene,  Apis  ligustica ,  mit  braunroter  Hinterleibs wurzel  und  hoch¬ 
roten  Beinen  der  Königin.  Sie  findet  sich  in  den  nördlichen  Ge¬ 
genden  Italiens,  in  Tirol,  der  italienischen  Schweiz,  Süd  Frankreich 


207 


Dalmatien,  Sicilien,  Kleinasien  und  im  Kaukasus;  seit  1853  nach 
Deutschland,  seit  1862  nach  Australien  eingeführt.  3)  Die  egyptische 
Biene,  A.  fasciata ,  kleiner  als  die  beiden  vorigen,  die  beiden  ersten 
Hinterleibsringe  sind  bis  auf  den  schwarzen  Rand  wachsgelb, 
Schildchen  wachsgelb  bis  rötlich,  Behaarung  weiß,  in  Egypten, 
Arabien,  Syrien  bis  nach  China;  1864  nach  Deutschland  eingefuhrt. 
5)  Die  afrikanische  Biene,  von  der  Größe  der  vorigen,  aber  an 
Brust  und  Hinterleib  graugelb  behaart ;  in  ganz  Afrika,  mit  Aus¬ 
nahme  Algier  uud  Egypten.  6)  Die  schwarze  Biene,  A.  unicolor , 
bedeutend  kleiner  als  die  nordische,  Behaarung  ganz  schwärzlich, 
nur  auf  Madagaskar  und  Mauritius. 

Kosmopolitische  Gattungen  sind  ferner  die  Schnauzen-  oder 
Pelzbienen,  Autbophora,  die  Gattung  Bombus,  Hummel,  die  Erd¬ 
oder  Sandbiene,  Andrena,  nach  Schmiedeknecht  188  Arten  in  Europa, 
außerdem  noch  zahlreiche  im  Norden  von  Asien,  Afrika  und  Amerika, 
einige  in  Australien,  die  Schmalbiene,  Halictus,  die  Seidenbiene 
Colletes,  ebenso  die  Mauerbiene,  Osmia,  und  die  Wollbiene,  Anthi- 
dium,  ausgenommen  Australien.  Weiter  ist  universell  verbreitet  die 
Gattung  Megachile,  Tapezierbiene,  Prosopis,  die  Maskeubiene,  Crocisa, 
Fleckeubiene,  die  allerdings  in  Amerika,  Nomada,  Wespeubiene  und 
Coelioxys,  Kegelbiene,  die  in  Australien  fehlen. 

Die  Familie  der  Wespen,  Vespidae,  umfaßt  etwa  1000  Arten, 
die  über  alle  Erdteile  verbreitet  sind.  Die  größte  Zahl  der  Familien¬ 
glieder  bewohnt  die  wärmeren  Erdstriche,  während  Europa  verhält¬ 
nismäßig  nur  schwachen  Beitrag  liefert ;  je  weiter  sich  ein  Land 
vom  Gleicher  entfernt,  desto  ärmer  wird  es  an  Wespen.  Kosmo¬ 
politisch  sind  die  Gattungen  Polistes,  Feld  wespe,  Eumenes  und 

Odynerus. 

•  • 

Uber  die  ganze  Erde  verbreitet  ist  die  Familie  der  Ameisen, 
Formicidae,  eine  Familie,  die  schon  im  Altertum  das  Interesse 
des  Beobachters  wach  gerufen  hat.  Aristoteles  bemerkt  in  einem 
der  ersten  Sätze  seiner  Naturgeschichte  der  Tiere,  die  Ameise 
sei  wie  die  Biene  und  der  Mensch  ein  politisches  Wesen  und 
sie  teile  mit  diesen  die  Gewohnheit  und  Sitte,  in  staatlichen 
Vereinigungen  zu  leben  und  bürgerliche  Gesellschaften  zu  bilden. 
Marschall,  der  in  seinen  zoologischen  Vorträgen  (Heft  3  und  4)  das 
Leben  und  Treiben  der  Ameisen  in  ausführlichster  Weise  geschildert, 
sagt  über  diese  folgendes:  »Wir  sind  von  vornherein  zu  der  Annahme 
genötigt,  daß  die  Ameisen  eine  alte  Sippe  des  Stammes  der  haut- 
fliigeligen  Insekten  sind  und  daß  sie  bereits  eine  lange  Geschichte 


208 


hinter  sich  haben.  Eine  im  ganzen  wie  in  den  einzelnen  Teilen  so 
verwickelte  Einrichtung,  wie  sie  sich  in  einem  Ameisenstaate  und 
allen  seinen  die  körperlichen  und  geistigen  Eigenschaften  der  Bürger 
betreffenden  Konsequenzen  vor  Augen  stellt,  kann  unmöglich  die 
Folge  erst  seit  kurzem  vor  sich  gehender  Anpassungen  sein.  Und 
mehr!  wir  sind  nicht  lediglich  darauf  angewiesen,  auf  ein  geologisch 
hohes  Alter  der  Ameisen  aus  Wahl scheinlichkeitsgriinden  zu  schließen, 
wir  können  es  beweisen.  In  so  alten  Schichten,  wie  die  des  unteren 
Juras  (des  Lias  von  Schambelen)  sind,  finden  sich  Reste  von  echten 
Ameisen  (Palaeomyrmex)  und  im  Bernstein  zählen  Ameisen  mit  zu 
den  häufigsten  Insekten  und  zum  Teil  gehören  die  in  diesem  fossilen 
Harze  vorkommenden  Formen  noch  lebenden  Gattungen  an,  ja  was 
von  besonderem  Interesse  ist,  wir  finden  hier  durch  solche  noch 
blühende  Gattungen  schou  die  beiden  großen  Gruppen,  in  welche  mau 
die  lebenden  Ameisen  geteilt  hat,  vertreten:  durch  das  Geschlecht 
Formica  die  Gruppe  der  stachellosen ,  und  durch  Myrinex  die  der 
stacheltragenden. 

Es  ist  nicht  leicht,  nähere  Verwandtschaftsbezieh ungeu  der 
Ameisen  zu  den  übrigen  Familien  der  lebenden  hautflügeligen  In¬ 
sekten  zu  finden  und  darzuthun  :  sie  müssen  sich  schon  auf  einer 
sehr  frühen  Stufe  der  Entwicklung  dieses  Tierstammes  abgezweigt 
und  in  selbständiger  Richtung  weiter  entwickelt  haben.  Namentlich 
dürfen  wir  nicht  etwa  in  den  gewöhnlichen  Wespen,  den  Hummeln 
und  Honigbienen  deshalb,  weil  diese  Tiere  einfachere  Staatswesen 
bilden,  auch  in  den  Charakteren  ihres  Körpers  sich  weniger  weit  von 
der  typischen  Eigenart  der  Hymenopteren  entfernen,  Formen  sehen 
wollen,  welche  gewissen  Ahnengenerationen  der  Ameisen  entsprächen.« 

Kosmopolitisch  ist  die  Gattung  Camponotus,  deren  bekannte 
Art  C.  ligniperdus  sich  über  Europa  bis  Ostsibirien  und  Nordamerika 
ausbreitet,  von  der  Ebene  bis  zu  den  höchsten  Alpen.  Andere  zahl¬ 
reiche  Arten  derselben  Gattung  kommen  in  allen  Erdteilen  ohne 
Ausnahme  vor.  Die  rote  Ameise,  Formica  rufa ,  lebt  in  ganz  Eu¬ 
ropa,  in  Asien  bis  Ostindien  und  in  Nordamerika  ;  die  Poneridae, 
Stachelameisen,  finden  sich  iu  den  Tropen  der  Alten  und  Neuen  Welt, 
sind  aber  nur  sparsam  in  Europa  vertreten.  Die  Gattung  Atta,  meistens 
den  heißen  Ländern,  namentlich  Südamerika  angehörend,  ist  wahr¬ 
scheinlich  ans  wärmeren  Gegenden  nach  Deutschland  eingeschleppt 
worden,  woselbst  ihr  Vorkommen  noch  immer  selten  und  vereinzelt  ist. 

Die  etwa  700  Arten  umfassende  Familie  der  Pompilidae  mit 
der  Gattung  Pompilus  ist  universell  verbreitet;  die  Arten  der  heißen 


209 


Lander  sind  nicht  viel  zahlreicher,  aber  häufig  lebhafter  gefärbt 
und  größer  als  die  heimischen.  Eine  große  Anzahl  kosmopolitischer 
Lattungen  enthält  die  Familie  der  Grab wespen  (Crabonidae),  unter 
denen  als  erste  die  Lin6’sche  Gattung  Sphex  zu  nennen  wäre,  eine 
Gattung,  die  allerdings  infolge  der  vielen  bekannt  gewordenen  Arten  in 
mehrere  zerlegt  ist.  Die  neueste  Einteilung  dieser  hat  F.  F.  Kohl 
in  Wien  in  seiner  Bearbeitung  der  »Hymenopterengruppe  der  Sphe- 
cinen«  gegeben.  Kosmopolitisch  sind  ferner  die  Gattungen  Ammo- 
phila,  Bembex,  Cerceris  und  Astata.  Familien,  die  über  die  ganze 
Erde  verbreitet,  sind  die  Goldwespen,  Cbrysidae,  mit  733  Arten, 
von  denen  205  namentlich  im  südlichen  Europa  leben  und  wahr¬ 
scheinlich  die  Cynipidae  oder  Gallwespen.  Nach  den  unzureichenden 
Beobachtungen  in  außereuropäischen  Ländern,  welche  über  diesen 
Gegenstand  bekannt  geworden  sind,  fehlt  es  nach  Taschenberg  zwar 
nirgends  an  Gallen,  wohl  aber  überall  an  der  Menge  von  Gallwespen, 
welche  unsere  Heimat  ernährt.  Von  Alexandria  bis  zum  Ende  der  Sinai¬ 
tischen  Halbinsel  fand  von  Frauenfeld  sehr  zahlreiche  Gallen  an  der  Ta¬ 
mariske,  behauptet  aber,  daß  nicht  eine  davon  einer  Cynipide  angehöre. 
Schräder,  welcher  sich  über  gallenerzeugende  Insekten  Australiens 
verbreitet,  hat  gleichfalls  nur  wenig  Gallwespen,  sondern  haupt¬ 
sächlich  Fliegen,  Schild-  und  Blattläuse  aufzuzeichneu. 

Unter  den  Zehrwespen,  Chalcididae,  ist  die  Gattung  Chalcis,  unter 
den  Hungerwespen,  Evanidae,  die  Gattung  Brachygaster,  aus 
dieser  sogar  einzelne  Arten,  und  die  Gattung  Foenus  universell, 
weiter  sind  die  Ichneumonidae,  Schlupfwespen  und  die  Tenthredini- 
dae,  die  echten  Blattwespen,  kosmopolitisch,  mit  denen  die  Hymenop- 
teren  geschlossen  sein  mögen. 

Als  nächste  Ordnung  wäre  die  der  Schmetterlinge,  Lepidoptera, 

zn  betrachten.  Die  Anzahl  sämtlicher  Schmetterlinge  schätzt  Speyer 

auf  200,000  Arten,  von  denen  sich  in  Deutschland  und  der  Schweiz 

•  • 

etwa  3500  Arten  finden.  Nach  dem  Äquator  zu  nimmt  der  Reich¬ 
tum  an  Gattungen  und  Arten  bedeutend  zu  und  erreicht  hier, 
namentlich  in  feuchten  Waldbezirken  Brasiliens  und  des  tropischen 
Afrikas,  seinen  Höhepunkt.  Wegen  ihrer  Zartheit  konnten  sich 
fossile  Überreste  schwieriger  erhalten  als  von  andern  Kerfen,  und 
kommen  daher  auch  seltner  vor;  indessen  haben  wir  aus  der 
Tertiärperiode  mehrere  wohl  erhaltene  Schmetterlinge,  Schwärmer,  und 
als  Einschluß  iu  Bernstein  kleinere  und  zartere  Formen. 

Die  Rhopalocera  oder  Tagschmetterlinge  bieten,  wie  sich  aus 
den  Untersuchungen  von  Staudinger  und  Koch  ergibt,  und  wie 

Zoolog.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  14 


210 


wohl  schon  von  vornherein  zu  vermuten  ist,  in  ihrer  geographischen 
Verbreitung  gewisse  Analogien  mit  derjenigen  der  Vögel  (Trouessart 
Hauptstück  IX).  Die  ungefähr  5000  Arten  enthaltende  Familie 
ist  über  die  ganze  Erde  verbeitet.  Bezüglich  ihrer  Verbreitung  sagt 
Taschenberg:  »Welchen  Einfluß  Licht  und  Wärme  gerade  auf  die 
Glieder  dieser  Familie  ausüben,  ersieht  man  aus  der  örtlichen  Ver¬ 
breitung  und  der  Farbenpracht,  welche  nur  solchen  in  vollem  Maße 
zukommt,  die  unter  fast  immer  senkrechten  Sonnenstrahlen  heimisch 
sind,  wo  sie  stellenweise  in  solchen  unglaublichen  Massen  Vorkommen, 
daß  sie  den  Mangel  an  Blüten  im  Urwalde  reichlich  ersetzen.  In 
den  nördlicheren  Breiten,  für  welche  der  74.  Grad  die  äußerste 
Grenze  des  Schmetterlingslebens  bildet,  und  auf  höheren  Gebirgen, 
deren  Schmetterlingsgrenze  je  nach  den  Breitengraden  zwischen 
2812  und  4080  m  Höhe  schwanken  kann,  werden  jene  Grenzen  von 
den  Tagfaltern  meist  nicht  erreicht.  Während  in  Deutschland  nicht 
volle  200  Arten  von  Tagfaltern  angetroffeu  werden,  in  ganz  Europa, 
einschließlich  der  asiatischen,  in  dieser  Beziehung  nicht  wohl  zu 
trennenden  Grenzländer,  kaum  400,  fliegen  allein  bei  Para  in  Bra¬ 
silien  600  Arten«. 

Als  universell  verbreitete  Unterabteilungen  dieser  Familie  sind 
zunächst  die  Papilionidae  und  die  Pieridae  aufzuführen,  letztere  mit 
der  kosmopolitischen  Gattung  Pieris.  Vieris  rapae ,  der  kleine  Kohl¬ 
weißling,  hat  sich,  sonst  nur  über  Europa  verbreitet,  seit  1860  auch 
in  Nordamerika  eingebürgert.  Bezüglich  der  Papilionidae  ist  noch 
zu  bemerken,  daß  sie  nicht  auf  so  viele  entfernte  Inseln,  noch  so 
weit  in  die  arktischen  und  antarktischen  Regionen  hineingeheh,  wie 
die  Pieridae. 

Die  größte  und  am  universellsten  verbreitete  Sippe  ist  die  der 
Nymphalidae ;  sie  ist  zu  finden,  wo  immer  Schmetterlingsleben  ge¬ 
deiht  und  einige  Arten  verbreiten  sich  über  die  ganze  Erde,  so 
z.  B.  der  Admiral,  Vanessa  Atalanta.  Er  breitet  sich  über  ganz 
Europa  und  Nordamerika  aus,  fliegt  auch  auf  dem  Himalaya,  auf 
den  Sundainseln,  auf  Neuseeland  und  in  Ostindien.  Der  Distelfalter, 
Vanessa  cardui ,  ist  mit  Ausnahme  von  Südamerika  wirklich  auf  der 
ganzen  Erde  verbreitet,  selbst  in  Polynesien  findet  er  sich  bis  zu 
den  Marquesas-Inselu  und  Neu-Seeland.  Bisweilen  fliegen  die  Distel¬ 
falter  in  außerordentlicher  Menge,  wie  von  unwiderstehlicher  Wander¬ 
lust  getrieben.  Prevost  beobachtete  am  29.  Oktober  1827  in 
Frankreich  einen  3 — 4  m  breiten  Zug,  welcher  zwei  Stunden  lang 
von  Süden  nach  Norden  flog;  Ghiliani  ebenfalls  im  südlichen  Europa 


211 


am  26.  April  1851  einen  audern  frisch  ansgekrochener  Falter,  de 
Rocqaigny-Adanson  einen  solchen  am  2.  Jnni  1889  in  Baieine  früh 
9  Uhr,  in  der  Richtung  von  Nordosten  nach  Siidwesteu  und  weitere 
ähnliche  Erscheinungen  finden  sich  in  den  entomologischen  Jahr¬ 
büchern  verzeichnet. 

Die  Satyridae  haben  eine  absolut  universelle  Verbreitung,,  sie 
gehen  bis  in  die  arktischen  und  anarktischen  Regiouen.  Viele  der 
Gattungen  sind  jedoch  in  ihrem  Verbreitungsbezirk  beschränkt. 

Die  Lycaenidae,  von  deren  Mannigfaltigkeit  und  Schönheit  in 
tropischen  Regionen  unsere  eigenen  Bläulinge  und  Feuerfalter  nur 
eine  schwache  Vorstellung  geben,  sind  ebenfalls  eine  Gruppe  von 
universeller  Verbreitung.  Kosmopolitisch  ist  die  Gattung  Polvom- 
matus.  Unsere  gewöhnlichen  Bläulinge  repräsentieren  die  Gattung  gut. 
Licaena  ist  speziell  charakteristisch  für  die  paläarktische  und  neark- 
tische  Region,  aber  abirrende  Arten  kommen  auch  in  Nord-Indien, 
Südafrika,  Chili  und  Neu-Seeland  vor. 

Die  Hesperidae  sind  eine  ungeheure  Gruppe  von  meist  kleinen, 
dunkel  gefärbten  Schmetterlingen,  die  universell  verbreitet  und  von 
denen  eine  Unmenge  von  Arten  noch  zu  entdecken  uud  zu  be¬ 
schreiben  bleibt.  Pamphila  und  Hesperia  sind  über  alle  Erdteile 
verbreitet. 

Der  Verbreitungsbezirk  der  Danaidae  •  erstreckt  sich  über  alle 
tropischen  Regionen.  Einige  wenige  Arten  verbreiten  sich  nördlich 
in  die  palaearktische  und  nearktische  Region,  aber  diese  sind  nur 
Abirrende  und  berühren  kaum  den  ausschließlich  tropischen  Charakter 
der  Gruppe.  Die  Gattung  Danais  hat  den  Verbreitungsbezirk  der 
ganzen  Gruppe.  Danais  Chrysippus  fliegt  vereinzelt  auf  Sicilieu 
als  einziger  Danaide  in  Europa. 

Die  Sphingidae,  Schwärmer*  enthalten  in  runder  Zahl  400  Arten, 
die  in  allen  Erdteilen  gefunden  werden.  Die  meisten  kommen  auf 
Südamerika,  die  wenigsten  auf  Neuhollaud ;  Europa  ernährt  mit 
voller  Sicherheit  nur  35. 

Aus  der  Gattung  Acherontia  hat  A.  Atropos  einen  recht  aus¬ 
gedehnten  Verbreitungsbezirk,  denn  er  kommt  in  Mexiko,  in  ganz 
Afrika  und  auf  Java  vor  und  im  südlichen  Europa  häufiger  als  im 
nördlichen.  Die  Gattungen  Macroglossa,  Chaerocaiupa  und  Macro- 
sila  sind  kosmopolitisch. 

Die  Zygaenidae  sind  universell  verbreitet,  aber  viele  der  Gat¬ 
tungen  sind  in  ihrem  Verbreitungsbezirk  beschränkt. 


212 


Aus  der  Familie  der  Spinner,  Bombycidae,  ist  als  kosmopolitisch 
die  Gattung  Saturnia,  Nachtpfauenaugen,  zu  nennen.  Mehrere  Arten 
dieser  Gattung  haben,  weil  sie  für  die  Gewinnung  der  Seide  von  • 
hervorragender  Bedeutung  sind,  durch  den  Menschen  eine  Ver¬ 
breitung  gewonnen,  die  weit  über  ihren  ursprünglichen  Heimatsbe¬ 
zirk  hinausgeht,  so  z.  B.  Saturnia  Cynthia ,  1854  oder  1856  aus 
Japan  und  dem  nördlichen  China  in  Frankreich  eingeführt,  Saturnia 
Pernyi ,  durch  Vermittelung  des  Abbe  Paul  Peruy,  sowie  durch 
chinesische  Geschäftsverbindungen  und  der  japanische  Eichen-Seiden- 
spinner,  Saturnia  Yama  mayu ,  1862  in  Europa  eingeführt.  Dasselbe 
gilt  bezüglich  seiner  Verbreitung  vom  Maulbeerspinner,  JBombyx 
mori,  der  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  aus  China,  dem  Vaterlande 
seiner  Futterpflanze  stammt  und  sich  mit  ihr  von  Norden  nach 
Süden  in  der  nächsten  Umgebung  verbreitete,  bis  unter  der  Re¬ 
gierung  des  Kaisers  Justinianus  zwei  persische  Mönche  um  550 
n.  Chr.  Maulbeerpflauzen  und  Eier  nach  Konstantiuopel  einschmug- 
gelteu,  von  wo  aus  dieser  Schmetterling  schließlich  nach  Deutsch¬ 
land  gelaugte. 

Die  etwa  2500  Arten  der  Eulen,  Noctuina,  verteilen  sich  über 
die  ganze  Erde.  Die  hierher  gehörige  Wintersaateule,  Agrotis  sege- 
tum ,  ist  nicht  nur  über  ganz  Europa,  sondern  auch  über  einen  großen 
Teil  von  Asien  sowie  Südafrika  und  Nordamerika  verbreitet,  gehört 
also  entschieden  zu  den  Weltbürgern,  desgleichen  die  Gattuug  der 
Goldeulen,  Plusia.  Aus  der  Familie  der  Spinner,  Geometridae,  kennt 
man  gegenwärtig  ungefähr  1800  Arten  aus  allen  Weltteilen. 

Die  Kleinschmetterlinge,  Microlepidoptera,  sollen  bei  der  großen 
Zahl  ihrer  Arten  bei  dem  geringeren  Interesse,  das  ihnen  im  all¬ 
gemeinen  entgegengebracht  wird  und  vor  allen  Dingen,  weil  sie  im 
Verhältnis  zu  den  Großschmetterliugen  noch  recht  unvollständig 
bekannt  sind,  bezüglich  ihrer  Verbreitung  hier  nicht  besprochen 
werden. 

Die  Ordnung  der  Fliegen,  Diptera,  ist  nach  Taschenberg  dadurch 
ausgezeichnet,  daß  der  heiße  Erdgürtel  keine  Familie  ausschließlich 
enthält,  daß  die  Verbreitung  derselben  eine  allgemeinere  zu  sein 
scheint  als  bei  anderen  Kerfen.  Es  soll  daher  im  folgenden  von 
einer  Aufführung  der  kosmopolitisch  verbreiteten  Familien,  zu 
denen  wahrscheinlich  alle  bekannten  Familien  gehören,  ab¬ 
gesehen  werden  ;  nur  universell  verbreitete  Arten  sollen  genannt 
werden.  Die  erste  dieser  ist  die  Schlammfliege,  Eristalis  tenax,  die 
sich  in  ganz  Europa,  im  Norden  und  Süden  Afrikas,  in  China  und 


213 


Japan  und  seit  einigen  Jahrzehnten  in  allen  Teilen  der  Vereinigten 
Staaten  Nordamerikas  findet.  Aus  der  Familie  der  Oestridae  ist 
die  Schafbeisfliege,  Oestrus  ovis,  mit  dem  Schafe,  in  dessen  Stirn¬ 
höhle  die  Larve  schmarotzt,  über  alle  Erdteile  verbreitet.  Hypo- 
derma  bovis ,  die  Rinderbiesfliege  oder  Rinderbremse,  findet  sich 
nach  Leuniß  in  Europa,  Asien,  Afrika  und  Nordamerika,  desgleichen 
die  Pferdemagen-Bremsfliege,  Gastrophilus  equi.  Auch  unsere  Stuben¬ 
fliege,  Musca  domestica ,  hat  einen  ausgedehnten,  fast  die  ganze  Erde 
umfassenden  Verbreituugsbezirk.  »Kein  Tier«,  sagt'  Taschenberg,  ist 
dem  Menschen  ohne  sein  Zuthun  und  ohne  ihn  selbst  zu  bewohnen, 
ein  so  treuer,  in  der  Regel  recht  lästiger,  unter  Umständen  unaus¬ 
stehlicher  Begleiter,  als  die  Stubenfliege.  Sie  versteht  es  ebensogut, 
sich  im  kalten  Lappland  häuslich  eiuzurichten,  wie  die  Annehmlich¬ 
keiten  der  Länder  unter  dem  heißen  Erdgürtel  zu  würdigen.  Wir  alle 
kennen  ihre  schlimmen  Eigenschaften,  die  Zugdringlichkeit,  Nasch¬ 
haftigkeit  und  die  Sucht,  alles  und  jedes  zu  besudeln  ;  eine  Tugend 
wird  niemand  von  ihr  zu  rühmen  wissen.  Besonders  gegen  Ende 
des  Sommers,  wo  sie  die  kühlen  Nächte  und  Morgen  massenhaft  in 
die  Häuser  treiben,  wird  sie  in  den  Zimmern  am  lästigsten,  doch 
für  den  Nordländer  und  Bewohner  des  mittleren  Europa  noch  nicht 
in  dem  Maße  wie  für  den  Südländer.«  Zum  Schlüsse  sei  noch  einer 
Familie,  nämlich  der  der  Flöhe,  Pulicidae,  erwähnt,  der  verschie¬ 
dene  kosmopolitische  Arten  angehören,  so  der  gemeine  Floh,  P. 
irritans ,  auf  dem  Menschen  schmarotzend,  Ceratopsyllus  canis,  der 
Hundefloh,  auf  Hunden  und  Katzen  und  G.  gaUinae ,  auf  Hühnern, 
Tauben  und  zahlreichen  anderen  Vögeln.  Bezüglich  des  Sandflohes, 
Sarcopsylla  penetrans ,  der  im  tropischen  und  subtropischen  Amerika 
und  Afrika  zu  Hause,  sei  noch  erwähnt,  daß  er  1873  durch  ein 
Segelschiff  von  Bahia  nach  Afrika  verschleppt  worden  ist  und  sich 
hier  in  kurzer  Zeit  am  Kongo  und  in  Gabun  angesiedelt  hat.  (Brehm, 
Bd.  IX.)  (Fortsetzung  folgt.) 

Bericht  des  Verwaltungsrats  der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft 
zu  Frankfurt  a.  M.  an  die  Generalversammlung  der  Aktionäre 

vom  22.  Juni  1893. 


Während  wir  Ihnen  im  vorigen  Jahr  von  einer  erfreulichen  Zu¬ 
nahme  der  Tageseinnahmen  des  Jahres  1891  berichten  konnten,  die 
durch  den  bedeutenden  Fremdenverkehr,  den  uns  die  Elektrische  Aus- 


—  21.4  — 

Stellung  gebracht  batte,  bedingt  war,  haben  wir  im  letztverflossenen 
Jahr  gerade  auf  diesem  Konto  eine  erhebliche  Mindereinnahme  zu 
verzeichnen.  Die  Ungunst  der  Witterung,  häufige  Regentage  im 
Vorsommer  und  die  spätere  ungewöhnliche  Hitze  mußten  ungünstig 
auf  den  Besuch  des  Gartens  einwirken,  und  während  der  Cholera¬ 
epidemie  hatte  der  Fremdenverkehr  stark  nachgelassen.  Der  Ausfall 
des  Billetkontos  betrug  gegenüber  dem  Voranschlag,  dem  nicht  die 
hohe  Einnahme  des  Vorjahres,  sondern  der  Durchschnitt  normaler 
Jahre  zu  Grunde  gelegt  war,  fast  M.  21,000. 

Daß  aber  der  Garten  sich  der  beständig  zunehmenden  Gunst 
des  hiesigen  Publikums  erfreut,  wird  durch  die  Thatsache  erwiesen, 
daß  die  Einnahmen  auf  Abonnenten-Konto  um  M.  3500  gegen  das 
Vorjahr  zugenommen  haben.  Die  normalen  Verhältnisse  des  laufenden 
Jahres  haben  inzwischen  auch  dargethan,  daß  die  vorjährige  Minder¬ 
einnahme  nur  als  eine  vorübergehende  zu  betrachten  ist,  indem  der 
geringe  Ausfall  von  M.  5473.69  im  Gesamtergebnis  des  Jahres 
1892  durch  die  diesjährigen  Einnahmen  bereits  vollständig  einge¬ 
holt  ist. 

Die  Wahrnehmung  der  eingetretenen  Verminderung  der  Ein¬ 
nahmen  veranlaßte  uns  im  Lauf  des  Berichtsjahres  auch  die  Betriebs¬ 
kosten  möglichst  zu  verringern.  Eine  wesentliche  Erhöhung  gegen¬ 
über  dem  Voranschlag  erfuhr  nur  das  Fütterungskonto  durch  die 
um  M.  4000  vermehrten  Kosten,  die  teils  in  teurer  gewordenen 
Preisen,  teils  in  der  als  zweckdienlich  für  die  Gesundheit  der  Tiere 
befundenen  Beschaffung  kostspieliger  Ernährungsstoffe  ihre  Begrün¬ 
dung  finden.  — 

Der  für  die  planmäßige  Amortisation  von  Prioritäts-Obligationen 
aufgewendete  Betrag  wurde  in  üblicher  Weise  zu  entsprechenden 
Abschreibungen  an  den  Aktiv-Posten  der  Bilanz  verwendet.  — 

Für  Tierankäufe  wurden  M.  13,139.47  ausgegeben,  während 
der  Erlös  für  verkaufte  Tiere  zuzüglich  einiger  Zuwendungen  an 
barem  Geld  eine  Einnahme  von  M.  11,756.10  brachte. 

Bei  Tierankäufen  wurde  außer  dem  Ersatz  für  den  jedes  Jahr 
erfolgenden  Abgang  an  Tieren  der  schon  früher  ins  Auge  gefaßte 
Plan,  möglichst  viele  typische  Formen  zu  acquirieren,  weiter  durch¬ 
geführt,  um  dem  Besucher  des  Gartens  einen  möglichst  klaren  Über¬ 
blick  über  die  Fauna  unserer  Erde  zu  gewähren. 

Die  vorhin  als  Ausgabe  erwähnte  Geldsumme  wurde  verwandt 
zum  Ankauf  von  858  Tieren,  die  219  Arten  angehören.  Davon 
kommen 


215 


auf  die  Säugetiere .  280  Stück  in  46  Arten 

»  »  Vögel .  360  »  »  139  » 

»  »  Reptilien  und  Amphibien  218  »  »  33  » 

Besondere  Aufmerksamkeit  wurde  der  Kompletierung  der  Samm¬ 

lung  deutscher  Vögel  zugewandt,  für  welche  allein  229  Vögel  in 
87  Arten  angekauft  wurden.  Dadurch  erreichte  diese  Kollektiou 
einen  solchen  Grad  von  Vollständigkeit,  daß  sie  in  systematischer 
Form  geordnet  im  Juli  vorigen  Jahres  dem  Publikum  geöffnet  werden 
konnte. 

Von  besonders  interessanten  Tierarten,  welche  im  Lauf  des 
Jahres  angeschafft  wurden,  mögen  folgende  Erwähnung  fiuden: 
Brüll-  und  Klammeraffen,  verschiedene  Formen  von  Makis,  Schakale, 
Somalikatzen,  Zwergmoschustiere,  ein  amerikanischer  Tapir  und  zahl¬ 
reiche  kleinere  Raub-  und  Nagetiere.  Unter  den  Vögeln  sind  zwei 
Somalistrauße  und  der  sonderbare  Schlangenhalsvogel  bemerkenswert, 
unter  den  Schlangen  verschiedene  giftige  Arten,  wie  die  Klapper- 
und  Uräusschlange. 

Durch  Geschenke  gingen  dem  Garten  146  Tiere  zu,  die  etlichen 
50  Arten  angehören.  Besonders  zu  erwähnen  sind  davon  Seiden¬ 
äffchen  und  größere  Affen,  Angora-  und  Wildkatzen,  Marderhunde 
und  ein  Schakal,  eine  größere  Anzahl  deutscher  Vögel  und  Reptilien, 
kleine  Nager,  Papageien  und  junge  Alligatoren.  Wir  ergreifen  die 
Gelegenheit,  hier  allen  Gönnern  des  Gartens,  die  durch  freundliche 
Geschenke  an  der  Bereicherung  des  Institutes  mitgewirkt  haben, 
unseren  wärmsten  Dank  auszusprechen.  Zugleich  fügen  wir  die 
Bitte  an  alle  Freunde  des  Gartens,  insbesondere  an  solche,  welche 
mit  dem  Auslande  in  Verbindung  stehen,  hinzu,  dem  Garten  auch 
ferner  ihr  Wohlwollen  zu  bewahren  und  sich  demselben  wohlthätig 
zu  erweisen. 

Wie  in  jedem  Jahr,  so  hatte  auch  in  dem  verflossenen  der 
Garten  bezüglich  des  Tierbestandes,  manche  Verluste  zu  beklagen.  Die 
abnorme  Hitze  des  vorigen  Sommers  hatte  eine  große  Anzahl  von 
Todesfällen  zur  Folge;  glücklicher  Weise  aber  betrafen  nur  ganz 
wenige  davon  wirklich  wertvolle  Stücke,  die  meisten  bezogen  sich 
auf  kleine  Eidechsen,  Schlangen,  Vögel  und  Nagetiere.  An  wert¬ 
volleren  Tieren  verlor  der  Garten  durch  Tod  einen  Schabraken¬ 
schakal,  einen  Andenbär,  einige  junge  größere  Raubtiere,  deren  Auf¬ 
zucht  nicht  glückte,  einen  Yak,  ein  Kamel,  eine  Beisaantilope  und 
einige  Affen;  an  Vögeln  einen  Nandu  und  zwei  Kraniche, 


216 


Die  Zucht  lieferte  ähnlich  günstige  Resultate  wie  die  vorjährige; 
es  wurden  95  Tiere  im  Garten  geboren  und  großenteils  aufgezogen. 
Unter  diesen  sind  erwähnenswert:  Löwen,  Tiger,  Jaguar,  Puma, 
schwarze  Panther,  Gnu,  Antilopen  und  zahlreiche  Ziegen,  Schafe 
und  Hirsche  verschiedener  Art.  Diese  jungen  Tiere  wurden,  insoweit 
sie  überzählig  waren,  verkauft  und  der  Erlös  zum  Ankauf  neuer  Tier¬ 
arten  verwendet. 

Der  Gesamt-Tierbestand  belief  sich  am  31.  Dezember  1892 
auf  1054  Tiere,  welche  421  Arten  angehören.  Davon  kommen  auf 
Säugetiere  484  Tiere,  der  Rest  auf  Vögel  und  Reptilien. 

Im  Aquarium  wurden  weitere  Neuerungen  nicht  vorgenommen ; 
es  war  das  ganze  Jahr  hindurch  je  nach  den  Erzeugnissen  der  Jahres¬ 
zeit  mit  Vertretern  aus  dem  Mittelländischen  Meere,  der  Nord-  und 
Ostsee,  sowie  mit  typischen  Süßwassertieren  aus  Seen  und  Flüssen 
besetzt. 

Indem  wir  hiermit  unseren  Bericht  über  das  abgelaufene  Jahr 
schließen,  fügen  wir  hinzu,  daß  das  neue  Jahr,  in  dessen  Mitte  wir 
nun  bereits  nahezu  stehen,  bezüglich  der  Weiterentwicklung  des 
Gartens  einen  in  jeder  Beziehung  erfreulichen  Verlauf  nimmt. 

Der  durch  längeres  Kranksein  und  den  im  Dezember  vorigen 
Jahres  erfolgten  Tod  unseres  langjährigen  Gärtners  Knüpfer 
dem  Garten  entstandene  Verlust  fand  einen  Ausgleich  in  der  Über¬ 
nahme  der  gärtnerischen  Arbeiten  durch  die  Stadtgärtnerei.  Das 
segensreiche  Wirken  des  Herrn  Stadtgärtner  Weber,  der  als 
Schöpfer  unserer  schönen  Anlageii  sich  der  Sache  mit  besonderer 
Sorgfalt  annimmt,  läßt  sich  bereits  überall  erkennen. 

Zu  unserem  großen  Bedauern  schied  am  1.  April  d.  J.  Herr 
Dr.  Wilhelm  Haacke  aus  der  Direktion  des  Gartens,  um  sich, 
seiner  Neigung  folgend,  ganz  der  akademischen  Lehrthätigkeit  und 
wissenschaftlich  schriftstellerischen  Arbeiten  zu  widmen.  Seiner 
Initiative  und  seinem  genialen  Schaffenstalent  verdankt  unser  Garten 
in  der  Zusammenstellung  und  Vervollständigung  der  Tiersammlung 
so  vieles,  daß,  wue  wir,  alle  Freunde  des  Gartens  ihn  ungern  gehen 
sahen. 

An  seine  Stelle  trat  Herr  Dr.  Adalbert  Seitz,  der  auf 
mehrjährigen,  aus  wissenschaftlichem  Streben  unternommenen  Reisen 
in  alle  Weltteile  sich  Erfahrungen  sammelte,  die  ihm  neben  gründ¬ 
lichem,  theoretischem  Wissen,  zum  Nutzen  des  Gartens  für  seine 


217 


Thätigkeit  als  wissenschaftlicher .  Leiter  des  Instituts  zu  statten 
kommen. 

Einen  herben  Verlust  erlitt  der  Garten  durch  den  Tod  des 
Herrn  Professor  Dr.  Noll,  der  als  warmer  Freund,  sachkundiger 
Berater  und  eifriger  Förderer  uns  in  vielen  schwierigen  Fragen 
zur  Seite  stand  und  dem  wir  ein  dankbares  Andenken  bewahren. 

Frankfurt  a.  M.,  den  22.  Juni  1893. 


Betriebs -Rechnung  des  Zoologischen  Gartens  vom  Jahre  1892. 


1. 


2. 


Einnahmen. 

M.  Pf. 

Abonnements: 

1263  Aktionär  -  Familien 
zu  durchschnittlich 
M.  18.  89  Pf.  .  .  23,860.  — 
221  Einzel-Aktionäre  zu 

M.  8.  —  .  .  .  .  1,768.  — 

1450  Familien  -  Abonne¬ 
ments  .  zu  durch- 
schnittl.M.  29.83  Pf.  43,257.  — 
657  Einzel-Abonnements 

zu  M.  12.  — .  .  .  7,884.  — 
131  Pensionär-  und  Mo¬ 
nats-Abonnements  .  764.  — 

77,533.  — 


Ausgaben. 

M.  Pf. 

1.  Gehalte . 38,151.  50 

2.  Fütterung .  49,251.  98 

3.  Musik .  35,487.  — 

4.  Heizung  u.  Beleuchtung  8,279.  70 

5.  Wasserversorgung  .  .  6,262.  80 

6.  Garten-Unterhaltung  .  5,520.  15 

7.  Bau-Unterhaltung  .  .  27,436.  57 

8.  Druckkosten  ....  3,525.  30 

9.  Insertionen  ....  1,732.  40 

10.  Livree . 1,177.  40 

11.  Versicherung  ....  1,250.  20 

12.  Allgemeine  Unkosten  .  8,059.  62 

13.  Aquarium .  4,765.  41 

14.  Tiere . 13,139.  47 


Billete: 


65,991  Personen  zu  vollem  Ein¬ 
trittspreis. 

80,608  Personen  zu  ermässigtem 
Eintrittspreis. 

2,272  Schüler. 

148,871  Personen  M.  91,345. 90  Pf. 
ab :  Kosten  be¬ 
sonderer  Veran¬ 
staltungen  .  .„  14,377.75,,  76,968.  15 

3.  Wein-  und  Bier -Nutzen  9,443.  65 


4.  Pacht .  5,080.  — 

5.  Vermietungen  ....  6,455.  25 

6.  Verschiedenes  ....  3,326.  90 

7.  Zinsen .  2,633.  03 

8.  Aquarium .  5,369.  73 


9.  Tiere  und  Geschenke  .  11,756.  10 
Übertrag  auf  Gewinn-  und 

Verlust-Conto  ....  5,473.  69 


204,039.  5Q 


204,039.  50 


218 


Gewinn-  und  Verlust-Conto  vom  Jahre  1892. 


Soll :  Haben : 

M.  Pf.  M.  Pf. 

Planmäßige  Prioritäten-  Abschreibung  am  Aktien- 

Amortisation ....  7,500.  —  Kapital .  61,466.  19 


31/20/ o  Zinsen  der  Priori- 
täts  -  Schuld  von 

M.  1,385,500  ....  48,492.  50 

Übertrag  von  Betriebs- 
Rechnung  .  5,473.  69 

61,466.  19  61,466.  19 


Bilanz  vom  31. 

Ahti  va  : 

M.  Pf. 

Tiere .  73,000.  - 

Gebäude .  2,165,000.  - — 

Park .  145,000.  - 

Aquarium .  2,000.  — 

(Tiere,  Seewasser,  Scheiben) 

Pflanzen .  5,000.  — 

Mobilien .  270,000,  — 

Käfige .  1,000.  — 

Musikalien .  1,500.  — 

Bibliothek .  500.  — 

Vorräte  (Futtern. Kohlen)  1,979.  11 

Effekten .  60,782.  75 

Vorversicherung  .  .  .  2,890.  40 

Kassenbestand  ....  3,892.  36 

2,732,544.  62 


Dezember  1892. 

Passiva : 

M.  Pf 

Aktien-Kapital 

(nominal  M.  1,260,000) 
am  1.  Januar 

1892  .  .  .  M.  928,091  42 

Abschreibg1.  „  61,466.  19  ggg  625  23 

Prioritäts-Aktien  .  .  .  188,250.  — 

Prioritäts-Obligationen  .  1,385,500.  — 
Zinsen-Guthaben  d.  Stadt  250,151.  08 

Zinsen-Vortrag  ....  7,782.  25 

Aquarium-Scheiben-Reserve  2,000.  — 
Abonnenten  für  1893  .  .  10,106.  — 

Frankfurter  Bank  .  .  .  22,130.  06 


2,732,544.  62 


Frankfurt  a.  M.,  22.  Juni  1893. 


Der  Verwaltungsrat  der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft. 

Dr.  Fritz  Stiebei,  L.  H.  Heiss, 

1.  Vorsitzender.  2.  Vorsitzender. 


Kor  respondenze  n. 

Hamburg,  Juni  1893. 

Zur  Verbreitung  des  Triton  alpestris.  Daß  sich  der  Alpen- 
molch,  Triton  alpestris  Laur.,  in  seiner  Verbreitung  durchaus  nicht  nur  auf 
das  Gebirge  oder  Hochland  beschränkt,  und  doch  auch  in  der  Ebene  Nord¬ 
deutschlands  vorkommt,  dafür  ist  wohl  der  beste  Beweis  sein  Vorkommen  in 
der  Lüneburger  Heide.  —  Ende  des  vorigeu  Monats  fing  ich  diesen  Molch  in 


großer  Anzahl  in  einem  kleinen,  inmitten  eines  Buchenwaldes  bei  Unterlüs 
gelegenen,  Tümpel,  den  er  in  Gesellschaft  von  T.  cristatus  und  T.  pünctatus 
bevölkerte.  Auch  in  dem  nördlich  von  Unterlüs  gelegenen  alten  Eichenbestand, 
dem  sogenannten  Unwald  fand  ich  diese  Art  am  selben  Tage  unter  der  Rinde 
alter  Baumstümpfe.  .  A.  Schiöttz,  Hamburg. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Buch  finken  eie  r.  Zuweilen  —  meint  Brehm,  Leben  der  Vögel,  II.  Auflage, 
ruft  ein  Kuckuck  mehr  als  hundertmal.  —  Am  19.  April  1898  hatte  ich  in  der 
Tanne  bei  Darmstadt  die  Bestätigung  wahrzunehmen.  Nahe  bei  meiner  Bank, 
um  5  Uhr  nachmittags,  rief  einer  weitschallend  einhu  ndertu  nd  vierzehnm  a  1 
und  nach  einer  Pause  von  12  Minuten  von  dem  nämlichen  Baume  wieder 
einhundertundsiebenmal!  — 

Daß  man  eine  großartige  Sammlung  sehr  verschieden  aussehender 
Kuckuckseier  vereinigen  könnte,  ist  allbekannt,  wie  auch  die  Annahme, 
daß  dieser  eigenartige  Vogel  das  Vermögen  besitzt,  seinen  in  etwa  achttägigen 
Pausen  langsam  reifenden  Eiern  die  ähnliche  Farbe  derjenigen  jeweilig  beglück¬ 
ter  Pfleger  geben  zu  können  und  wahrscheinlich  bleibt,  daß  ein  aufmerksamer 
Beobachter  nicht  allein  bei  nur  gleichartigen,  sondern  erst  recht  bei  Eiern 
eines  und  desselben  Geleges  oder  wenigstens  des  nämlichen  weiblichen  Vogels 
Unterscheidungen  vorfindet,  die  eigentlich  gar  nicht  zu  übersehen  und  unter 
allen  Umständen  äußerst  interessant  sind. 

Woher  kommen  solche  Abweichungen?  —  Wir  wissen,  daß  die  gefiederte 
Welt  einen  natürlichen  Schutz  in  ihrer  Färbung  in  vielen  Fällen  hat.  Dem 

Erdbewohner  ist  z.  B.  die  Grundfarbe  seiner  Eier  —  und  auch  schon  der  Federn 

.  .  *  /  » 

—  vorwiegend  in  den  Tönen  der  Scholle  mit  vorkommenden  Lokalunterschieden 
gegeben. 

Kann  nun  nicht  eine  bestimmte  Gegend  einen  bestimmten,  unter  Um¬ 
ständen  einfach  im  Wasser  zugeführten  Futterstoff  bieten,  der  niemals  die  Form 
wohl  aber  immer  die  Farbe  eines  Eies  beeinflußt?  Wäre  das  nicht  das  näm¬ 
liche  Gesetz,  nach  dem  unter  allen  Himmelsstrichen  aus  dem  nämlichen  Samen¬ 
korn  wohl  stets  dieselbe  Pflanze,  aber  mit  sehr  verschiedener  Blätterzahl,  ent¬ 
steht?  Kann  nicht  eine  vorsorgliche  Natur  in  ihrem  uns  noch  vielfach  geheimen 
Walten  ebenfalls  dadurch  schützend  eingreifen,  daß  sie,  falls  ein  Vogel  sein 
Wohn-  und  Nistgebiet  verändern  wollte,  neue  Farben  bildet,  welche  irgend 
eine  Wechselbeziehung  mit  der  neuen  Umgebung  nachweisen  lassen? 

Einen  allgemeinen  Beleg  gibt  uns  der  allbekannte  Buchfink  (Fringilla 
coelebs  L),  der  sogar  treulich  auch  die  grimmigster  Winter  mit  auszuhalten  be¬ 
ginnt.  vom  Wandervogel  ein  Standvogel  geworden,  ist.  Seit  jeher  trägt  er  in  jeder 
Gegend  seinen  ihm  nur  gerade  dort  eigentümlichen  »Schlag«  vor  als  einen  gar 
deutlichen  Heimatschein  für  den  Finkler.  Ebenso  erbauen  überall  die  Buch¬ 
finken  innerhalb  einer  Woche  etwa  ganz  das  nämliche  nicht  zu  verwechselnde 
charakteristiche  Künstlernest,  dessen  Verfertiger  bei  Leibe  nie  und  nimmer  einen 
freundnachbarlich  gebotenen  Nistkasten  annimmt. 


220 


# 

Aber  darüber  sind  nun  alle  Beobachter  einig,  daß  die  Finkeneier  gerade 
wie  der  Finkenschlag  sich  veränderlich  zeigen.  Gewöhnlich  haben  sie  bla߬ 
blaugrünen  Grund,  schwarz-  rot-  oder  hellbraune  ungleich  verteilte  Punkte 
verschiedener  Größe,  geringen  Glanz  und  zeigen  als  besonderes  Merkmal  Tupfe» 
welche  wie  Brandflecke  auf  Papier  auss^hen,  nämlich  einen  gleichsam  ver¬ 
waschenen  Rand  haben. 

Einem  etwa  6  Jahre  in  meiner  Pflege  befindlichen  erzgebirgischen  Finken 
gesellte  ich  vor  Jahren  —  die  Ristzeit  war  vorüber  —  ein  anscheinend 
mehrjähriges  Weibchen  bei.  Erst  im  Juli,  nachdem  bereits  ein  gebotenes,  im 
Freien  ausgebautes  aber  unbenutzt  gewesenes  Nest  in  seine  einzelnen  Teile 
zerrissen,  wurden  in  Zwischenräumen  von  4—6  Tagen  4  Eier  in  einem  vom 
Weibchen  ganz  allein  höchst  notdürftig  vorbereiteten  Nistkasten  gelegt. 
Sämtliche  Eier  entfernte  ich  jedesmal.  Bei  der  Vorbereitung  für  die  Sammlung 
fanden  sie  sich  so  äußerst  zartschalig,  daß  zwei  selbst  unter  der  vorsichtigsten 
Behandlung  brachen. 

Meine  Eier  zeigen  wohl  richtig  den  blassen  blaugrünen  Grund,  aber 
Farbe  und  Verteilung  der  Punkte  ist  eine  äußerst  eigentümliche,  so  daß  ich 
selber  an  deren  Echtheit  zweifeln  würde,  wenn  sie  mir  ein  anderer  als  Buchfinken¬ 
eier  anbieten  wollte  oder  wenn  nicht  Irrtum  wegen  des  Ursprungs  ausgeschlossen 
da  kein  zweiter  weiblicher  Vogel  irgend  einer  Art  im  Käfig  ist.  Das  stumpfe 
Ende  hat  einen  vollständig  *  geschlossenen  Kranz  markierter  dunkelstbrauner 
Punkte  und  zwar  derartig,  daß  ein  kleinerer  glänzenderund  ein  wenigstens  doppelt 
so  großer  mit  Brandfleck  regelmäßig,  wie  abgezählt,  wechseln.  Unter  diesen 
zeigt  sich,  wie  in  der  Schale  liegend,  ein  weiterer  matter  Kranz  von  unbeschreib- 
barer  Farbe.  Im  Viertel  des  einen  wie  anderen  Eies,  vom  stumpfen  Pole  an 
gerechnet,  läuft  kaum  1  cm  von  dem  anderen  entfernt,  vollständig  parallel, 
ein  weiterer  äußerst  schmaler  Kranz,  gebildet  durch  Striche,  welche  sich  von 
rechts  oben  nach  links  unten  ziehen.  Etwa  in  der  Mitte  beider  Eier  sind  dicht 
neben  einander  wieder  je  ein  einzelner  brandig  aussehender  und  ein  reiner  Punkt 
und  die  nach  dem  spitzen  Pole  liegende  Hälfte  ist  ohne  jegliche  Zeichnung. 

Sehr  nachträglich  ist  noch  ein  fünftes  Ei  gelegt.  Dasselbe  stellt  sich 
am  allerabweichendsten  dar.  Der  Grund  ist  der  gleiche  wie  bei  allen,  aber 
sonst  sind  es  zwei  völlig  verschiedene  Hälften.  Auf  der  einen,  im  Mittelpunkte 
des  stumpfen  Endes,  tiefstes  nach  der  entgegengesetzten  Spitze  verlaufendes 
Braun,  etwa  1je  der  ganzen  Länge  bedeckend,  sonst  keinerlei  Zeichnung.  Die 
Kehrseite  nun  aber  erscheint  oben  am  stumpfen  Pole  in  demselben  dunklen 
reinen  Braun,  die  beiden  mittleren  Viertel  des  Eies  zeigen  eine  genau  geomet¬ 
rische  Figur  von  Tüpfeln  mit  hellem  Rande  und  haarscharfer  dunkler  Mitte 
in  marmorierten  Feldern  und  den  Abschluß  bildet  ein  so  unerwarteter,  kräftiger 
und  unharmonischer  Doppelschnörkel  einige  Centimeter  in  die  Quere,  daß 
ich  unwillkürlich  glaubte,  derselbe  lasse  sich  als  eine  nicht  zum  Ei  gehörige 
zufällige  Verunreinigung  unschwer  entfernen,  er  spottete  jedoch  aller  dahin 
zielenden  Versuche.  Auffällig. ist  auch,  daß  das  teilweise  Ineinanderfließen  der 
Farben  das  ganze  Ei  wie  mit  Pflaumeuduft  überhaucht  erscheinen  läßt. 

Ed.  R. 

Seltene  Papageien.  Auf  der  kürzlich  stattgehabten  siebenten 
Ausstellung  des  Vereins  »Ornis«  in  Berlin  wurde,  wie  Ruß  in  der  »Gefiederten 
Welt«  berichtet,  neben  vielen  anderem  Seltenheiten  von  Fräulein  Hagenbeck 


221 


ein  lebendes  Pärchen  des  Einfarbsittichs  ( Cyanorhamphus  unicolor )  aus¬ 
gestellt  und  zum  Preise  von  M.  1000  ausgeboten.  Diese  Art  war  bisher  nur 
in  einem  einzigen  Exemplar  bekannt,  das  im  Londoner  zoologischen  Garten  gelebt 
hat  und  nach  seinem  Tode  aus  diesem  in  das  britische  Museum  gelangt  ist. 
Die  Vögel  stammen  von  Neuseeland. 

Neues  im  Zoologischen  Garten  zu  Frankfurt  a.  M.  Vom 
20.  Juni  bis  zum  20.  Juli  hat  der  Frankfurter  Garten  sowohl  durch  Ankauf 
wie  durch  Geburten  sehr  wertvollen  und  interessanten  Zuwachs  erhalten. 
Sehr  bemerkenswert  ist  zunächst  die  Fortpflanzung  einer  der  seltensten  Tier¬ 
arten  des  Gartens,  nämlich  der  Anoa  ( Anoa  depressicornis).  Das  kürzlich 
geborene  Anoakälbchen,  das  recht  gut  zu  gedeihen  scheint,  ist  männlichen 
Geschlechts;  es  erinnert  noch  viel  mehr  wie  die  alten  Tiere  an  die  echten 
Rinder  und  hat  ein  lebhaft  goldgelblichbraunes  Fell.  Auch  ein  Wapiti  ( Cervus , 
canadensis )  ein  Muflon  (Ovis  musimon )  und  ein  Hamadryas  ( Cynocephalus 
hamadryas )  erblickten  das  Licht  der  Welt;  leider  starb  der  prächtig  ent¬ 
wickelte  Vater  des  letzteren  einige  Tage  nach  der  Geburt  seines  Spröß- 
lings.  —  Gekauft  wurde  vor  allem  ein  großer  Ameisenfresser  ( Myrmecophaga 
jubata) ;  hoffentlich  gelingt  es,  das  sehr  bewegungslustige,  lebhafte  Tier,  das 
wegen  seines  sonderbaren  Aussehens  und  Betragens  allgemein  großes  Aufsehen 
erregt,  recht  lange  am  Leben  zu  erhalten.  Ferner  bekam  der  Garten  eine 
Persische  Gazelle  ( Gazella  subgutturosa ),  zwei  Edelmarder  ( Mustela  martes ),  acht 
Uhus  ( Bubo  bubo),  drei  Wanderfalken  ( Falco  peregrinus),  sowie  zwei  aus  der 
Gegend  des  Roten  Meeres  stammende  Falken,  die  wohl  als  Falco  eleonorae 
zu  bestimmen  sind,  endlich  noch  zwei  Streifennattern  ( Coluber  qiiaterradiatus ) 
und  einige  in-  und  ausländische  Singvögel. 

Schildkröten  in  den  märkischen  Seen.  Schildkröten,  die  von 
Alters  her  als  einheimische  Tiere  die  märkischen  Wasserläufe  belebten,  sind 
gegenwärtig  fast  ausgestorben  und  so  selten  geworden,  daß  ein  gelegentliches 
Vorkommen  schon  als  auffallender  Fund  bezeichnet  wird.  In  der  »Branden¬ 
burgs«  veröffentlicht  soeben  Karl  Bolle  eine  briefliche  Schilderung  des  Hof¬ 
gärtners  Reuter  von  der  Pfaueninsel,  dessen  Beobachtungen  und  Erinnerungen 
von  diesen  Tieren  auch  für  weitere  Kreise  Interesse  haben  werden.  »Leider 
sind  die  Schildkröten  in  hiesiger  Gegend  fast  ausgestorben,  während  in  früheren 
Jahren  noch  dann  und  ^yann  einzelne  von  den  Fischern  im  Netz  gefangen 
wurden ;  nur  bei  Leest,  Uetz  und  auch  bei  Templin  kommen  noch  Überbleibsel 
davon  vor.  Oft  noch  erinnere  ich  mich  daran,  wie  vor  etwa  60  Jahren  mein 
seliger  Vater,  auf  der  Langen  Brücke  zu  Potsdam  stehend,  mir  sagte  :  »Hörst 
du  wohl  die  pfeifenden  Töne  im  Rohr  ?  Das  sind  die  Schildkröten,  die  da 
ihr  Wesen  treiben.«  Und  einer  meiner  Arbeiter  aus  Dorf  Cladow  glaubt  noch 
jetzt  die  gleichen  Laute  am  Kälberwerder  zu  hören.  Die  interessanten  Teiche 
in  Charlottenhof,  wo  man  Goldfische  und  sich  sonnende  Schildkröten  beobachten 
konnte,  sind  verschwunden.  Wie  die  Schildkröten  aussterben  und  die  Ringel¬ 
nattern,  ja  sogar  die  Frösche  im  Vermindern  begriffen  sind,  so  wird  auch  der 
Fischfang  von  Jahr  zu  Jahr  dürftiger  und  es  sind  einzig  und  allein  die  Dampf¬ 
schiffe  die  Vertilger  "der  Tier-  und  Pflanzenwelt  an  den  Ufern  der  Havel.  Nicht 
nur  die  größeren  Seen  von  Berlins  Umgegend,  auch  die  oft  sehr  kleinen 
Wasserbecken  des  Teltow  und  Barnim  galten  als  Wohnorte  der  Schildkröten,  jene 


222 


überaus  reizvollen  Teiche,  schwer  auffindbar  in  ihren  Gründen,  die  gleichsam 
als  Wasseroasen  zwischen  den  Feldern  lagen;  namentlich  die  »blanke  Hölle«, 
die  sich,  halb  Pfuhl,  halb  See,  der  Sage  nach  unergründlich,  in  einer  tiefen  Falte 
der  Gemarkung  zwischen  Schöneberg  und  Tempelhof  verbarg,  galt  als  eine 
eigentliche  Schildkrötenherberge.  Jetzt  liegen  die  meisten  dieser  Diluvialbecken 
trocken  und  sind  durch  Bebauung  und  Bepflanzung,  z.  B.  bei  Südende  und  Steglitz, 
eingehegt,  uud  thöricht  wäre  es,  an  denselben  noch  heute  nach  dem  schlank 
und  klug  aus  der  Flut  auftauchenden  Köpfchen  einer  Schildkröte  ausschauen 
zu  wollen.  Am  Tegeler  See  ist  indeß  der  Pfiff  der  Schildkröte  noch  nicht 
gänzlich  verstummt;  aber  es  bedarf  eines  feinen  Ohres  und  vor  allem  einer 
o-lücklichen  Stunde,  um  ihn  ausnahmsweise  einmal  zu  vernehmen.  Im  Spät- 

O  ' 

herbst  des  Jahres  1887  wurde  noch  in  der  dortigen  Gegend,  so  viel  Bolle  er¬ 
fahren  konnte,  ein  vereinzeltes  Tier  im  Haderloch  zwischen  Scharfenberg  und 
Baumwerder  erbeutet,  und  einen  gleichen  Fang  machte  1892  Julius  Kosewski 
in  denselben  Gewässern.  Junge  Tiere  hat  Bolle  niemals  gesehen,  die  wenigen 
Gefangenen  waren  stets  alt.  Auch  in  den  zahlreichen  kleinen  Seen  des  Kreises 
Königsberg  (Neumark)  fand  sich  noch  im  Jahre  1866  diese  Schildkröte  sehr 
häufig.  Sie  war,  wie  E.  Handtmann  in  Seedorf  bei  Lenzen  a.  d.  Elbe  mitteilt, 
dazumal  ein  beliebtes  Kinderspielzeug.  Von  jener  Zeit,  wo  man  aus  den  Bruch¬ 
dörfern  um  Wriezen  die  Schildkröten  noch  wagenweise  wegfuhr,  um  sie  zu 
verspeisen,  sind  wir  schon  weit  entfernt.  Alte  Küchenrechnungen  und  Speise- 
-  zettel  aus  dem  Hof  halte  des  Großen  Kurfürsten  thun  ihrer  noch  kulinarisch 
Erwähnung.  Dem  Tisch  des  märkischen  Landmannes  sind  sie  wohl  seit  Be¬ 
ginn  des  Protestantismus,  als  es  Fastenspeisen  nicht  mehr  gab,  fremd  geworden, 
so  daß  der  übermäßige  Verbrauch  als  Grund  des  Verschwindens  nicht  anzu¬ 
nehmen  ist.« 

Der  Dresdener  zoologische  Garten  erhielt  im  verflossenen  Jahre 
aus  Ungarn  ein  Paar  Wölfe.  Im  Februar  dieses  Jahres  warf  die  Wölfin  5  Junge, 
und  zwar  2  ganz  schwarze,  von  denen  eines  nach  8  Tagen  einging,  ein  weißes 
und  zwei  wolfsartig  gefärbte,  aus  welcher  Thatsache  der  Schluß  gezogen  werden 
kann,  daß  die  Eltern  einer  Kreuzung  von  Wolf  und  Hund  entstammen.  Es  ist 
interessant,  vor  dem  Käfig  dieser  Tiere  die  verschiedenen  Bemerkungen  des 
Publikums  mitanzuhören ;  meistens  bemitleidet  man  die  zu  den  Wölfen  ge¬ 
sperrten  »schwarzen  und  weißen  jungen  Hunde.«  Der  Laie  hält  es  eben  für 
unmöglich,  daß  diese  bunte  Gesellschaft  von  einem  Wolfspaare  abstammt. 

Professor  Semper  j*.  Am  80-  Mai  d.  J.  starb  zu  Würzburg  der  be¬ 
kannte  Zoologe  Professor  Semper.  Er  wurde  am  6.  Juli  1882  zu  Altona  ge¬ 
boren,  besuchte  seit  1848  die  Seekadettenschule  in  Kiel,  später  die  poly¬ 
technische  Schule  in  Hannover,  studierte  seit  1854  Zoologie  in  Würzburg  und 
ging  1858  nach  Manila.  Die  nächsten  Jahre  führten  ihn  dann  von  den 
Philippinen  nach  den  Paulainseln  und  Mindanoa.  Eine  reiche  wissenschaft¬ 
liche  Ausbeute,  in  zahlreichen  Werken  niedergelegt,  war  die  Frucht  dieser 
Reisen.  1866  habilitierte  er  sich  dann  in  Würzburg  für  Zoologie  und  erhielt 
zwei  Jahre  darauf  die  Professur  für  Zoologie  und  vergleichende  Anatomie 
daselbst.  1872  übernahm  er  auch  das  Direktorium  des  .neugegründeten  zoo¬ 
logisch-anatomischen  Instituts.  Auch  unserem  »Zoologischen  Garten«  hat  der 
Verstorbene  in  früheren  Jahren  nahe  gestanden. 


90Q  _ , 

i -uO  r 


Litte  r atu  r . 


Breli ras  Tierleben.  Kleine  Ausgabe  für  Volk  und  Schule.  Zweite  Auflage 
gänzlich  neu  bearbeitet  von  Richard  Sclimidtlein.  Zweiter  Band.  Die 
Vögel.  Mit  1  Tafel  in  Farbendruck  und  240  Abbildungen  im  Text.  Leipzig 
und  Wien.  Bibliographisches  Institut  1893. 

Bei  der  Besprechung  der  großen  Ausgabe  des  Brehm  haben  wir  hervor¬ 
gehoben,  wie  das  Buch  dem  Geiste  und  Gemüt  des  Deutschen  vor  allem  ent¬ 
gegenkommt,  aus  deutschem  Geist  und  Charakter  entsprungen  ist.  Nicht  Jeder 
aus  dem  Volke  verfügt  aber  über  die  Mittel  ein  mit  solchen  Hülfsmitteln  her¬ 
gestelltes  Werk  zu  erwerben  und  so  ist  es  ein  im  allgemeinen  Interesse 
dankenswertes  Beginnen,  daß  die  Verlagshandlung  durch  Veranstaltung  einer 
billigeren  Volksausgabe  den  weniger  Bemittelten  entgegenkommt.  Der  Text 
dieser  Ausgabe  ist  natürlich  gegen  den  der  großen  beschränkt,  ein  genauer 
Vergleich  zeigt  jedoch,  daß  er  dadurch  kaum  minderwertig  geworden  ist.  Im 
Gegenteil  ist  durch  Weglassen  der  Dinge,  welche  etwas  ausführlicher  als  durch¬ 
aus  nötig  auf  den  Gegenstand  eingehen  —  wie  es  aber  die  große  Ausgabe  natür¬ 
lich  der  Vollständigkeit  halber  verlangt  —  das  Werk  seiner  speziellen  Aufgabe 
nur  um  so  besser  gerecht  geworden.  Es-  ist  auch  nichts  Wesentliches,  nichts 
Wichtiges  weggelassen,  die  Charakteristik  ist  nur  kürzer  gefaßt. 

Die  240  prächtigen  Abbildungen  sind  natürlich  der  großen  Ausgabe  ent¬ 
nommen  und  diese  Musterwerke  eines  Mützel,  Specht,  Beckmann,  Kretschmer 
und  Kuhnert  entzücken  uns  hier  in  derselben  sauberen  Ausführung,  in  dem¬ 
selben  sorgsamen  Druck  wie  in  der  großen  Ausgabe.  Sie  stempeln  auch  diese 
Ausgabe  für  Schule  und  Volk  zu  einem  Prachtwerke  ersten  Ranges.  Nur  mit 
innerster  Freude  kann  man  diese  naturwahren  schönen  Bilder  betrachten  und 
diese  Freude  wird  nicht  wenig  dazu  beitragen,  das  Buch  volkstümlich  zu 
machen,  in  den  weitesten  Volksschichten  die  Liebe  zur  herrlichen  Schöpfung 
zu  beleben,  das  Auge  zu  schärfen  und  vor  allem  auch  den  guten  Geschmack 
zu  heben.  Recht  vielen  aufgeweckten  Knaben  aus  dem  Volke  wünschen  wir, 
daß  ihnen  das  Buch  zu  Gesicht  kommt.  Wir  sind  überzeugt,  daß  sich  manch 
späterer  Genuß  und  edelste  reine  Freude  mit  der  Erinnerung  an  diesen  Brehm 
verknüpfen  wird.  Dr.  F.  Noll. 


Der  Wellensittich,  seine  Naturgeschichte,  Pflege  und  Zucht.  Von  Dr.  Karl 
Ruß.  3.  Aufl.  Mit  einem  Vollbild  und  14  Abbildungen  im  Text.  Magde¬ 
burg  1893.  (Creutzsche  Verlagshandlung.)  M.  1.50. 

Nächst  dem  Kanarienvogel  ist  besonders  der  Wellensittich  dem  Menschen 
zugänglich  und  fügsam  und  als  Stubenvogel  geeignet.  In  vorliegendem  Bänd¬ 
chen  gibt  Dr.  Ruß,  der  bekannte  Ornithologe,  außer  der  Naturgeschichte  und 
Übersicht  der  Einführung  und  Entwicklung  des  Wellensittichs  als  Stubenvogel, 
vor  allem  gründliche  Anleitung  für  den  Einkauf,  die  Verpflegung  und  Züchtung 
(Fütterung,  Käfig,  Nistkasten  u.  a.  m.).  Die  dritte  Auflage  ist  bereichert,  nicht 
allein  durch  Mitteilungen  aller  neueren  Erfahrung,  so  z.  B.  durch  eingehende 
Angaben  über  die  seit  kurzem  gezüchteten  weißen  und  blauen  Wellensittiche, 
sowie  über  die  Sprachabrichtung  und  alle  bisher  bekannten  Fälle  sprechender 


224 


Wellensittiche,  sondern  auch  durch  ein  Vollbild  und  14  Abbildungen  im  Text. 
In  Anbetracht  der  außerordentlichen  Beliebtheit  und  Verbreitung  des  Vogels 
wird  das  vorliegende  Buch  von  Vielen  willkommen  geheißen  werden. 

Bechholds  Handlexikon  der  Naturwissenschaften  und  Medizin, 
bearbeitet  von  A.  Velde,  Dr.  W.  Schauf,  Dr.  G.  Pulvermacher,  Dr.  L. 
Mehler,  Dr.  V.  Loewenthal,  Dr.  C.  Eckstein,  Dr.  J.  Bechhold  und  G.  Arends. 
(Verlag  von  H.  Bechhold,  Frankfurt  a.  M.)  Lieferung  7 — 15. 

Das  Werk  bietet,  dank  der  geschickten,  durchsichtigen  Anordnung,  eine 
Fülle  von  Material  in  gedrängter  Form.  Der  enge  Zusammenhang  von  Natur¬ 
wissenschaften  und  Medizin,  sowie  der  einzelnen  Disciplinen  unter  einander,  wird 
bei  Durchsicht  dieses  Werkes  klar  erwiesen  und  gezeigt,  daß  ein  Fortschritt 
in  der  Wissenschaft  auch  einen  solchen  in  Industrie  und  Technik  bedeutet.  — 
Für  den  praktischen  Gebrauch  ist  das  Werk  deshalb  besonders  empfehlens¬ 
wert,  weil  man  unter  jedem  Stichwort  das  Gewünschte  findet  oder  auf  die 
richtige  Fährte  gewiesen  wird.  —  Wird  von  einem  Insekt  gesprochen,  so  wird 
immer  mitgeteilt,  wodurch  es  schädlich  oder  nützlich  ist,  welche  Mittel  man 
zu  seiner  Vertilgung  kennt  etc.,  bei  Besprechung  einer  Krankheit  findet  man 
Ursachen  und  Symptome  eingehend  beschrieben,  bei  industriellen  Erzeugnissen 
ist  Fabrikation  und  Verwertbarkeit  auf  das  übersichtlichste  dargestellt, 
wissenschaftliche  und  theoretische  Gegenstände  sind  in  einer  für  jeden  ver¬ 
ständlichen  Form  gegeben.  —  Daß  ein  solches  Werk  die  neuesten  Ent¬ 
deckungen  und  Erfindungen  mit  besonderer  Sorgfalt  behandelt  brauchen  wir 
nicht  hervorzuheben. 


Eingegangene  Beiträge. 

B.  L.  in  H.  Ihr  Manuskript  dankend  erhalten.  —  Prof.  Dr.  N.  in  W.  Sie  werden  das 
Kreuzband  mit  der  Abbildung  erhalten  haben.  —  Dr.  A.  Z.  in  Cinc.  Wir  danken  Ihnen  für  Ihre 
Zusendung  und  werden  Verwendung  dafür  haben.  —  J.  G.  M.  in  D.  Wir  bestätigen  dankend 
den  Empfang  Ihres  geehrten  Schreibens  vom  23.  Juli  und  kommen  n<3ch  darauf  zurück. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornithologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C 
Pallisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVII.  Jahrg.  7. 
Zoologischer  Anzeiger  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Carus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann.  XVI.  Jahrg.  No.  423. 

Deutsche  Forst-  und  Jagdzeitung.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier.  Fr.  Lintzsche  Buchh.  IX.  Jahrg.  No.  1.  2. 
Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  Ferd. 
Wirth  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg. 
No.  27—29. 

Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz -Dresden.  Paul  Wolff. 
XXIV.  Band  No.  41—43. 

Die  gefiederte  Welt.  Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Russ.  Magdeburg.  Creutzsch 
Verlagsbuchh.  XXII.  Jahrg.  No.  27.  28. 

Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science.  London.  Macmillan  &  Co.  Vol.  47 
No.  1236. 

Field.  London.  Horace  Cox.  XXXI.  No.  2115.  2116. 

Verhandlungen  der  Kais.  Kgl.  Zool.-botan.  Gesellschaft  in  Wien.  Redigiert  voti  Dr.  Carl 
Fritsch.  XL1II.  Band.  II.  Quartal.  Wien  1893. 

The  American  Journal  of  Science.  Editors  James.  D.  and  Edward  S.  Dana  3  Series. 

Vol.  XLV.  No.  266.  1893.  New  Haven  Conn.  J.  D.  &  E.  S.  Dana. 

Bulletin  de  la  Societd  imperiale  des  naturalistes  de  Moscou.  Redäct.  Prof.  Dr.  M. 
Menzbier.  1893.  No.  1.  Moskau. 

„Fauna.“  Mitteilungen  des  Vereins  Luxemburger  Naturfreunde.  1893.  Heft  3. 

Vorstehende  Bücher  und  Zeitschriften  können  durch  Mahl  au  &  Wald  Schmidts  Sort.  bezogen  werden. 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlau  &  Waldsclimidt.  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten 

(Zoologischer  Beobachter.) 

Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflegö  und  Zucht  der  Tiere. 

Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  8.  XXXIV.  Jahrgang.  August  1893. 

Inhalt. 

Neotoma  cinerea  Baird:  von  C.  A.  Purpus,  Delta-Colorado,  Nordamerika.  -  Kosmo¬ 
politische  Tiere;  von  Dr.  C.  Müller  (Fortsetzung).  —  Die  Mainfische  und  ihre  Namen; 
von  L.  Buxbaum,  Raunheim  am  Main.  —  Die  Europäische  Sumpfschildkröte,  Kmys  europaect. 
Ihr  Vorkommen  in  der  schweizerischen  Hochebene  und  ihr  Lehen  im  Aquarium  und  im 
Terrarium.  Eine  biologische  Studie  nach  Tagebuchnotizen;  von  H.  Fischer-Sigwart  in 
Zofingen.  (Fortsetzung.)  —  Geschäftsbericht  des  Breslauer  zoologischen  Gartens  tur  das 
Jahr  1892;  mitgeteilt  von  Direktor  H.  Stechmann.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mit¬ 
teilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Neotoma  cinerea  Baird. 

Von  C.  A.  Purpus,  Delta-Colorado,  Nordamerika. 

Eines  der  interessantesten  der  kleineren  Nagetiere  des  westlichen 
Colorado  ist  Neotoma  cinerea,*)  hier  »Mountainrat«  genannt  und 
zwar  deshalb,  weil  das  Tier  einer  Hausratte  ähnlich  sieht  und  nur 
im  Gebirge  lebt.  Die  Berg-  oder  Mountainrat  hat  eine  Länge  von 
20  cm  und  manchmal  darüber.  Das  Fell  ist  auf  dem  Rücken  hell¬ 
braun  bis  graubraun,  auf  dem  Bauche  weiß  oder  weißgrau.  Der 
Schwanz  ist  buschig  und  etwa  12 — 14  cm  lang.  Die  Ohren  sind 
groß,  vorstehend  und  muschelförmig,  die  Angen  groß  und  tief¬ 
schwarz.  Der  Blick  ist  klug  und  ausdrucksvoll.  Die  Schnauze  ist  mit 
sehr  langen  Schnurrhaaren  versehen.  Die  Bergratte  ist  hauptsächlich 
Naclittier  und  außerordentlich  beweglich.  Sie  lebt  hier  in  der  Grand 
Mesa,  einem  10,000  Fuß  hoben  Gebirgszug  West  -  Colorados,  meist 
im  Geklüft  der  Felsen,  so  namentlich  der  Sandsteinfelsen,  welche  in 
ihren  mannigfachen  Aushöhlungen  dem  Tiere  willkommene  und  trockene 

*)  Herr  Prof.  Dr.  Leche  in  Stockholm  war  so  freundlich,  die  Art  nach 
einem  ihm  übersandten  Balge  festzustellen.  Beschrieben  ist  das  Tier  in  Explor.  .• 
etc.  from  Mississippi  to  Pacif.  Ocean  1857  und  in  Coues  and  Allen,  Monogr. 
of  the  North  American  Rodentia. 

Zoolog.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893. 


15 


Schlupfwinkel  bieten.  Manchmal  trifft  man  sie  aber  auch  in  hohlen 
Bäumen,  in  verlassenen  Gruben  oder  alten,  unbewohnten  Blockhütten. 
Bewohnte  Gebäulichkeiten  dagegen  meidet  sie  entweder  oder  nistet 
sich  darin  nur  in  Ausnahmefällen  ein.  Man  trifft  sie  gewöhnlich  in 
Höhen  von  6 — 8000  Fuß.  Das  Tier  wirft  4 — 5  Junge  in  einem 
ziemlich  umfangreichen  Nest,  welches  sich  manchmal  auf  Felsvor¬ 
sprungen  außerhalb  seiner  Höhle,  häufiger  jedoch  im  Baue  selbst 


befindet.  Zum  Bau  desselben  verwendet  sie  den  sehr  zähen  und  ge¬ 
schmeidigen  Bast  von  Juniperus  occidentalis  var.  monosperma ,  eine 
der  häufigsten  Koniferen  der  Grand  Mesa.  Sie  zerfasert  denselben 
sehr  fein  und  mischt  ihn  mit  Haaren,  namentlich  mit  Hasenhaaren. 
Die  Außenseite  umgibt  sie  mit  Zweigen  derselben  Koniferen  -  Art, 
ferner  mit  Holz,  Spänen,  Lumpen,  überhaupt  mit  allen  möglichen 
Gegenständen,  deren  sie  habhaft  werden  kann  und  die  sie  fortzu¬ 
schleppen  vermag.  Das  Tier  hat  wie  die  Elster  eine  wahre  Stehl¬ 
manie.  Was  es  findet,  wird  weggeschleppt,  und  falls  es  die  zusammen- 
getrageuen  Gegenstände  nicht  um  das  Nest  aufhäuft,  füllt  es  damit 
die  Felsspalten  an,  oder  trägt  sie  vor  den  Eingang  seines  Baues. 
Man  findet  daher  da,  wo  die  Ratte  haust,  ein  Durcheinander  von 
Gegenständen,  welches  oft  recht  komisch  ist.  Durch  ihre  Stehlmanie 
werden  diese  Tiere,  falls  sie  sich  in  der  Nähe  von  Wohnungen  an¬ 
gesiedelt  haben,  sehr  lästig,  da  sie  alle  Haushaltungsgegenstände, 
Kleidungsstücke  etc.,  deren  sie  habhaft  werden  können  und  die  sie 
wegzutragen  vermögen,  vor ‘"ihre  Höhle  schleppen.  So  habe  ich 
schon  Messer,  Löffel,  Gabeln,  Strümpfe,  alte  Schuhe  u.  s.  w.  in  wirrem 
Durcheinander  vor  ihren  Höhlen  oder  um  die  Nester  gefunden. 
Finden  sie  in  einer  verlassenen  Hütte  ein  Faß  oder  eine  Kiste,  so 
werden  diese  Behälter  bis  obenan  voll  gefüllt.  So  fand  ich  kürzlich 
in  einem  alten  Keller  dort  stehende  Fässer  und  Kisten  voll  aller 
nur  möglichen  Gegenstände,  sogar  kleine  Steine  waren  dabei.  Das 
Tier  lebt  nur  von  Vegetabilien,  Wurzeln,  Samen,  Früchten,  jungen 
Pflanzen  und  hauptsächlich  von  den  zahlreich  hier  wachsenden 
Opuntien.  Sobald  der  Herbst  herannaht,  fängt  das  Tier  an,  die 
Nahrungsstoffe  zusammen  zu  schleppen  und  setzt  dieselben  in  den 
Felsspalten  und  Höhlen  auf.  Während  die  Ratte  die  anderen  Gegen¬ 
stände  durcheinander  wirft,  setzt  sie  die  ihr  zur  Nahrung  dienenden 
Dinge  manchmal  gesondert  auf,  oder  mischt  Knochen  darunter,  die 
sie  benagt.  So  fand  ich  z.  B.  in  demselben  alten  Keller  da  einen 
Haufen  Opuntien,  dort  einen  Haufen  junger  Pflanzen,  an  einem  andern 
Platze  Wurzeln  u.  s.  w.  Ein  hiesiger  Ansiedler  erzählte  mir,  daß  er, 


227 


als  er  eines  Tages  sein  Vorratshaus  besuchte,  wo  er  seine  Zwiebeln,  ge¬ 
trocknetes  Obst  u.  s.  w.  aufbewahrte,  nichts  mehr  davon  vorfand.  Nach 
langem  Suchen  entdeckte  er  diese  Dinge  in  einem  sackartig  von  der 
Wand  herabhängenden  Stück  Leinwand,  daselbst  jede  Sorte  für  sich, 
vou  der  Bergratte  aufgehäuft.  Eine  andere  Eigentümlichkeit  des 
Tieres,  die  es  mit  dem  Klippschliefer,  Hyrax  capensis ,  gemein  hat, 
ist  die,  daß  es  auf  Felsvorsprüngen,  unter  überhängenden  Felsen 
u.  s.  w.  eine  dem  Hyraeeum  ähnliche  Masse  von  penetrantem  Ge¬ 
ruch  und  brauner  Farbe  absetzt.  Diese  Masse  wird  aus  Drüsen, 
welche  sich  unten  am  Bauche  befinden ,  abgesondert  und  enthält 
sehr  wahrscheinlich  dieselben  Bestandteile  wie  das  Bibergail  (Castoreum). 
Man  findet  sie  manchmal  in  festen  Klumpen  von  5  cm  Dicke.  Dies 
rührt  jedoch  nicht  daher,  dass  das  einzelne  Tier  davon  größere  Mengen 
ausscheidet,  sondern  das  Produkt  stammt  von  mehreren  Generationen 
her  und  wird  stets  an  ein  und  derselben  Stelle  abgesondert.  Da 
man  die  Masse  nur  an  Stellen  findet,  die  nicht  vom  Regen  erreicht 
werden,  so  häuft  sich  dieselbe  nach  und  nach  bis  zu  dieser  Dicke  au. 


Kosmopolitische  Tiere. 

Von  Dr.  C.  Müller. 
Fortsetzung. 


Aus  der  Ordnung  der  Netzflügler  ist  als  kosmopolitisch  die 
Gattung  Chrysopa,  Flor-  oder  Blattlausfliegen,  Familie  Megaloptera, 
zu  erwähnen,  außerdem  die  Familie  der  Köcher-  oder  Frühlings¬ 
fliegen,  Phryganeidae,  deren  Arten  besonders  in  den  gemäßigten 
Zonen  zu  finden  sind.  Aus  der  Familie  der  Panorpiden  ist  bezüg¬ 
lich  ihrer  Verbreitung  die  Gattung  Panorpa,  Skorpionfliege,  hervor¬ 
zuheben,  die  nach  Westwood  19  Arten  enthält,  von  welchen  3  in 
Europa,  7  in  Amerika,  2  auf  Java,  1  auf  Madras  und  die  übrigen 
in  Afrika  leben. 

Echt  kosmopolitisch  sind  die  Libellen,  Ordnung  4^hfrptrrra. 
Es  ist  dies  dadurch  erklärlich,  daß  sie  sehr  kräftig  entwickelte 
Flügel  haben,  die  sie  befähigen,  oft  weite  Wanderungen  zu  unter¬ 
nehmen.  Außerdem  sind  sie  nicht  wie  viele  andere  Insektenarten, 
z.  B.  Schmetterlinge,  von  dem  Vorhandensein  bestimmter  Pflanzen¬ 
formen,  von  denen  sie  sich  nähren,  abhängig.  Die  Larven  der 
Libellen  leben,  wie  schon  oben  gesagt,  im  Wasser  von  allerlei 
tierischer  Kost ;  die  alten  sich  gleichfalls  von  Insekten  ernährenden 


228 


Weibchen  können  überall,  wo  nur  immer  geeignete  Gewässer  sich 
finden,  ih re  Eier  ablegen.  Von  den  sechs  Unterfamilien,  aus  denen 
sich  die  Libellen  zusammensetzen,  sind  die  Agrioniuae  und  zwar 
in  der  Gattung  Agrion ,  durchaus  kosmopolitisch,  indem  sie  sich 

selbst  über  Polynesien  bis  Neu -Seeland  verbreiten.  Tn  diesen 

%/  • 

beiden  Uuterregionen  fehlen  die  Libellulinae  und  Aeschninae,  diese 
letzteren  auch  auf  Madagaskar,  wo  hingegen  die  Corduliinae 
(durch  die  Gattung  Macromia)  ebenso  wie  in  ganz  Polynesien 
(durch  die  Gattung  Cordulia)  vertreten  sind.  Von  Gomphinae 
kommt  die  Gattung  Petalura  in  Australien  und  Neu -Seeland  vor. 
Die  Calopteryginae  fehlen  auf  Madagaskar  uud  in  der  ganzen 
australischen  Region.  Die  Gattung  Macromia,  welche  eigentlich  in 
den  heißen  Ländern  der  alten  Welt  und  im  südlichen  Nordamerika 
zu  Hause  ist,  scheint  sich  manchmal  nach  Europa  zu  verfliegen, 
denn  eine  einzige  Art,  Macromia  splcndens,  wurde  sehr  selten  in 
Frankreich  in  den  Departements  Herault  und  Charente  gefangen. 
Die  Gattung  Tachopteryx  kommt  in  Nordamerika  und  Japan  zu¬ 
gleich  vor  (Trouessart,  Kap.  TX). 

Die  Holzläuse,  Poscidae,  umfassen  ungefähr  150  Arten,  be¬ 
sonders  aus  der  nearktischen,  neotropischen,  paläarktischen  und 
orientalischen  Region,  während  die  Termiten  hauptsächlich  den 
wärmeren  und  heißen  Ländern  angehören  und  sich  besonders  häufig 
in  Afrika  und  Amerika  finden,  in  Südeuropa  kommen  3  Arten  vor. 
Aus  der  Familie  der  Blattidae  ist  die  deutsche  Schabe  zu  erwähnen, 
die  durch  den  Handelsverkehr  über  die  ganze  Erde  verbreitet  ist, 
ebenso  die  Küchenschabe,  Teriplaneta  orientalis.  »Die  Küchenschabe«, 
sagt  Taschenberor  »welche  man  wohl  auch  »Schwabe«  oder  »Käfer« 
neunen  hört,  müßte  ihres  wissenschaftlichen  Beinamens  zufolge  aus 
dem  Morgenlande  stammen,  jedoch  fehlen  die  Beweise,  um  dies  mit 
voller  Bestimmtheit  aussprechen  zu  können.  Man  weiß  nur,  daß 
sie  sich  in  Ostindien  wie  in  Amerika,  nicht  bloß  in  Küstenstädten, 

sondern  auch  im  Binnenlaude  und  in  ganz  Europa  mehr  oder  weniger 

• 

häufig  findet,  daß  sie  sich  gern  auf  Schiffen  auf  hält  und  daß  sich 
endlich  ihre  Entwicklungsweise  durch  die  Eikapsel  ganz  vorzüglich 
dazu  eignet,  da  diese  durch  Warensendungen  überallhin  verschleppt 
werden  kann.  Zuverlässige  Nachrichten  über  ihr  Vorhandensein  in 
Europa  reichen  etwa  150  Jahre  zurück.« 

Weit  verbreitet  ist  die  Familie  der  Laubheuschrecken,  Locustiäae, 
uud  die  der  Feldheuschreckeu,  Acridiodea ;  sie  haben  Vertreter  in 
allen  Erdteilen.  Eineu  besonders  ausgedehnten  Verbreituugsbezirk 


hat  Pachytilus  migratorius ,  die  Wanderheuschrecke.  Koppen  bat  eine 
Karte  von  dem  Verbreitungsgebiet  derselben  entworfen,  welche  veran¬ 
schaulicht,  daß  diese  durch  ihre  Verheerungen  berüchtigte  Art  sich 
über  den  ganzen  centralen  Teil  der  Alten  Welt  verbreitet.  Dieses 
Verbreitungsgebiet  stellt  ein  ungeheures  Parallelogramm  dar,  das  sich 
westlich  von  den  Azoren  bis  zur  Küste  von  Mozambique,  östlich  von 
Japan  bis  Neu-Seeland  erstreckt,  im  Norden  bis  in  das  Herz  von 
Europa  und  Asien,  im  Süden  auf  Mauritius  und  in  das  Innere  von 
Australien  und  auf  Neu-Seeland  reicht.  Die  Seiten  der  Parallelo¬ 
gramms  verschieben  sich  stark  von  Nordwest  nach  Südost,  was  anzu¬ 
deuten  scheint,  daß  die  Wanderungen  mit  Vorliebe  nach  Osten,  nach 
Marshall  ohne  Zweifel  unter  Einfluß  der  Monsums,  hier  vor  sich 
gehen  und  weder  vom  indischen  noch  vom  stillen  Ocean  aufgehalteu 
werden  (Trouessart).  Auch  die  Familie  der  Ohrwürmer,  Forficulidae, 
ist  über  die  ganze  Erde  verbreitet;  Forficula  auricularia  findet  sich 
in  ganz  Europa,  ferner  in  Nordafrika,  Kleinasien  und  Nordamerika. 

Bezüglich  der  allgemeinen  Verbreitung  der  Orthopteren  sei  auf 
die  Ansicht  J.  Bolivars,  Trouessart,  *S.  304,  verwiesen. 

Die  Ordnuug  der  Schnabelkerfe,  Rhynchota,  vereinigt  Kerbtiere, 
die  bezüglich  ihrer  Verbreitungsmittel,  wie  schon  früher  erwähnt,  weit 
auseinander  gehen.  So  z.  B.  können  die  Wanzen,  die  verhältnismäßig 
nur  wenig  fliegen,  als  reine  Bodentiere  angesehen  werden,  während 
die  Cicaden  und  Pflauzeuläuse  von  ihren  Flügeln  umfassenden  Ge¬ 
brauch  machen.  Ohne  Mitwirkung  des  Menschen,  sei  es  beabsichtigte 
oder  unbeabsichtigte,  konnten  also  nur  Angehörige  der  letzten  beiden 
Gruppen  universelle  Verbreitung  erlangen,  wenn  schon  gerade  die 
Pflanzenläuse  dadurch,  daß  sie  bezüglich  ihrer  Nahrung  auf  bestimmte 
Pflanzen  angewiesen  sind,  in  ihrer  Ausbreitung  von  diesen  abhängig 
gemacht  sind.  Man  kennt  zur  Zeit  an  14,000  über  alle  Erdteile 
verbreitete  Schnabelkerfe.  Diese  Zahl  dürfte  jedoch  nach  Tascheu- 
berg  hinter  der  Wirklichkeit  noch  Zurückbleiben,  da  bisher  von 
den  außereuropäischen  nur  die  ansehnlicheren  Formen  erforscht 
worden  sind. 

Eine  Menge  von  Säugern,  wie  Schweine,  Wiederkäuer,  Einhufer, 
Nager  werden  von  Läusen,  Pediculina,  bewohnt,  jeder  von  einer  be¬ 
stimmten,  auch  von  mehreren  Arten  zugleich,  selbst  der  Mensch 
ernährt  deren  drei.  Daß  alle  diese  Arten  mit  ihren  Wirten,  soweit 
diese  Kosmopolitiker  geworden  sind,  ebenfalls  solche  geworden  sind, 
liegt  auf  der  Hand,  wenn  schon  ihnen  diese  ausgedehnte  Ver¬ 
breitung  sicherlich  gegen  den  Wunsch  ihrer  Wirte  geworden  ist. 


230 


Aus  der  Familie  der  Schildläuse  hat  Coccus  cacti ,  die  echte 
Schildlaus,  ihres  Farbstoffes  wegen  eine  ausgedehnte  Verbreitung  er¬ 
langt.  So  wurde  sie  von  Mexiko  1809  nach  Guadeloupe  und  Domingo, 
182(5  nach  Cadix  im  südlichen  Spanien,  1827  auf  die  kanarischen 
Inseln  und  1828  nach  Java,  seit  der  Eroberung  Algiers  durch  die 
Franzosen  auch  dorthin  verpflanzt. 

Aus  der  Familie  der  Blattläuse,  Aphidae,  deren  Angehörige 
wohl  in  allen  Erdteilen  zu  finden  sind,  soll  hier  die  Reblaus,  Phylloxera 
vastatrix ,  erwähnt  werden,  die,  aus  Amerika  stammend,  wo  sie 
1854  entdeckt  wurde,  nach  Europa  verschleppt  worden  ist.  Neben 
dieser  wäre  noch  die  Blutlaus,  Schizoneura  lanigera,  zu  erwähnen, 
die  als  der  ärgste  Feind  des  Apfelbaums  bezeichnet  werden  muß 
und  deshalb  wie  die  Reblaus  in  vielen  Staaten  unter  Polizei¬ 
aufsicht  steht.  Sie  hat  sich  mit  der  Zeit  immer  weiter  von  Westen 

nach  Osten  ausgebreitet,  wahrscheinlich  durch  das  Versenden  von 
•  • 

Apfelstämmchen  und  Propfreisern  weiter  befördert.  Beide  Arten 
haben  zwar  keine  kosmopolitische  Verbreitung,  bieten  aber  wieder 
ein  Beispiel  für  die  Verbreitung  durch  unbeabsichtigten  Transport. 

Aus  der  Familie  der  Kleinzirpen,  Cicadellidae,  ist  als  echt  kos¬ 
mopolitisch  die  Gattung  der  Stirnzirpen,  Cercopis,  anzuführen,  aus 
der  Familie  der  Buckelzirpen,  Membracidae,  die  Gattung  der  Dorn¬ 
zirpen,  Centrotus.  Die  Familie  der  Leuchtzirpen,  Fulgoridae,  ist 
ebenfalls  über  alle  Erdteile  verbreitet;  universell  ist  die  ihr  ange- 
hörige  Gattung  Cixius,  in  Asien,  Afrika  und  Amerika  vorhanden 
die  Gattung  Fulgora.  Aus  der  Familie  der  Siugzirpen,  Stridantia, 
Cicadidae  kennt  man  zwischen  400  und  500  Arten,  von  denen  18 
den  Süden  Europas,  die  meisten  übrigen  aber  den  heißen  Erdgürtel 
bewohnen  und  ungefähr  bis  zum  40.  Grade  südlicher  Breite,  nach 
Norden  jedoch  in  einzelnen-  Arten  bedeutend  weiter  reichen.  Die 
der  Familie  der  Rückenschwimmer,  Notonectidae,  angehörigen  Gattun¬ 
gen  der  Ruderwanzeu,  Corixa,  und  der  Rückenschwimmer,  Notonecta, 
sind  in  vielen  Arten  über  die  ganze  Erde  verbreitet,  ebenso  die  Arten 
der  Wasserskorpionwanzen,  Nepidae,  und  der  Wasserläufer,  Hydro- 
rnetridae.  Die  eigentlichen  Standquartiere  der  letzteren  bilden  alle 
größeren  Wasserlachen  und  ruhige  Stellen  fließender  Gewässer  jeder 
Art,  ja  die  Meerläufer,  Hylobates,  treiben  auf  der  Oberfläche  der 
tropischen  Meere  ihr  Wesen  und  sollen  sich  dabei  weit  von  der 
Küste  entfernen.  Weitere  kosmopolitische  Familien  sind  die  Schreit¬ 
wanzen,  Reduviidae,  universell  verbreitet  in  der  Gattung  der  Sand¬ 
wanzen,  Harpactor,  und  die  Hautwanzen,  Membranacei.  Letzterer 


231 


Familie  gehört  die '  über  die  ganze  Erde  verbreitete  Gattung  der 
Rückenwanzen,  Aradus,  und  die  Bettwanze,  Acanthia  lectularia ,  an. 
»Wo  die  Bettwanzen  hergekommen  sind«,  sagt  Taschenberg,  »weiß 
man  nicht;  denn  daß  Ostindien,  wie  behauptet  wird,  ihre  ursprüng¬ 
liche  Heimat  sei,  bedarf  noch  des  Nachweises.  Die  alten  Griechen 
und  Römer  kannten  sie,  wie  bereits  erwähnt  wurde,  fürchteten  sie 
und  schrieben  ihnen  allerlei  Heilkräfte  zu.  Im  11.  Jahrhundert 
haben  sie  sich  in  Straßbnrg  gezeigt,  dagegen  wird  der  Behauptung, 
sie  seien  erst  um  1670  durch  die  Bettstellen  der  vertriebenen  Huge¬ 
notten  nach  London  gebracht  worden,  von  anderer  Seite  wider¬ 
sprochen,  weil  schon  1503  daselbst  ein  paar  adlige  Damen  deren 
Stiche  für  Anzeichen  der  Pest  gehalten  hatten.  Als  ich  vor  Jahren 
zur  Düngung  meiner  Fuchsien  von  einem  Kirchboden  Fledermausmist 
selbst  herabgeholt  hatte,  war  ich  nicht  wenig  erstaunt,  zwischen 
demselben  zahlreiche  Wanzenbälge  aller  Größen  zu  erblicken.  An 
jener  Stelle  hausten  im  alten  Holzwerk  entschieden  die  Wanzen  und 
bezogen  ihre  Nahrung  von  den  daselbst  wohnenden  Fledermäusen. 
Bedenkt  man  nun,  daß  sie  in  Hühnerställen,  auf  Taubenschlägen,  in 
Schwalbennestern  gleichfalls  Vorkommen,  so  liegt  die  Vermutung  nahe, 
daß  sie  ursprünglich  als  Ungeziefer  der  verschiedensten  warmblütigen 
Tiere  im  Freien  gelebt  haben  und  durch  Verschleppung  allmählich 
dem  Menschen  nahe  gebracht  worden  sind,  und  zwar  können  die 
nächtlichen  Fledermäuse  am  besten  zu  der  schnelleren  Weiterver¬ 
breitung  wesentlich  beigetragen  haben,  da  sich  annehmen  läßt,  daß 
manche  Wanze  zum  Blutsaugen  aus  ihrem  Schlupfwinkel  bereits  auf 
den  Körper  einer  Fledermaus  gekrochen  ist,  ehe  diese  ihre  nächt¬ 
lichen  Umflüge  beginnt.« 

Kosmopolitische  Gattungen  aus  der  Familie  der  Langwanzen, 
Lygaeidae,  sind  die  Feuerwanzen,  Pyrrhocoris,  die  Augenwanzen, 
Ophthalmicus,  die  Langwauzen,  Lygaeus,  und  die  Dickschenkel¬ 
wanzen,  Pachymerus,  aus  der  Familie  der  Schildwanzen,  Peutato- 
midae,  die  Gattungen  der  Dornwanze,  Asopus,  der  Deckwanze,  Tetyra, 
der  Erdwanze,  Cydnus,  und  der  Baumwanze,  Peutatoma,  mit  der  die 
Aufzählung  kosmopolitischer  Insekten  beendet  sein  möge.  Es  sei 
nochmals  darauf  hingewiesen,  daß  von  einer  vollständigen  Aufzählung 
der  kosmopolitischen  Familien,  Gattungen  und  Arten  nicht  die  Rede 
sein  konnte,  daß  in  der  vorliegenden  Besprechung  nur  die  bekannteren 
enthalten  sind. 

Aufgezählt  seien  hier  auch  noch  diejenigen  Insekten,  die 
Schmarda  (Geograph.  Verbreitung  der  Tiere,  Erstes  Buch)  als 


232 


solche  bezeichnet,  die  über  die  ganze  Erde  verbreitet  zu  sein 
scheinen  und  zwar  Käfergattungen:  Calosoma,  Harpalus,  Pteros- 
tiehus,  Cyphon,  Limnichus,  Ceryon,  Ontophagus,  Aphodius,  Tene- 
brio,  Mordella,  Anthicus,  Brontes,  Graptodera,  Phalacrus,  Scyninus, 
Corylophus,  Batrisus,  Lebia  und  Cymiudis;  Käferarten,  in  der  alten 
und  neuen  Welt  vorkommend:  Dermestes  murinus  und  Brachmus 
crepitans ;  Schmetterlinge:  Vanessa  anthiopa,  Lycaena  argiolus , 
Hespcria  comma ;  Hautflügler:  Vespa  vulgaris ,  Ophion  luteum. 

Unsere  Zusammenstellung  bestätigt  voll  und  ganz  die  Ansicht 
Trouessart’s,  daß  es  nicht  genügt,  bei  der  Untersuchung  der  Verschieden¬ 
heiten  in  der  geographischen  Verbreitung  der  Insekten,  wie  bei  den 
Wirbeltieren  etwa  bloß  die  Ordnungen  und  Familien  zu  berücksichtigen. 
Man  muß  viel  weiter  ins  Detail  treten  und  den  Gattungen,  selbst 
den  Arten  Rechuung  tragen,  da  alle  Familien  und  Unterfamilien 
von  einiger  Bedeutung  ein  kosmopolitisches  Vorkommen  haben.  Das 
beruht  ohne  Zweifel  auf  dem,  geologisch  gesprochen,  hohen  Alter 
dieser  Tiere  und  auf  dem  geringen  Einfluß,  den  die  Veränderungen 
der  Länder  in  räumlicher  und  klimatischer  Beziehung  auf  sie  aus- 
zuiiben  vermögeu,  da  sie  weit  kleiner  als  Wirbeltiere  sind  und  so 
ganz  anders  leben. 

Die  Klasse  der  Myriapoda,  Tausendfüßer,  umfaßt  etwa  800 
Arten,  von  denen  die  meisten  als  auch  die  durch  Größe  und  Fär¬ 
bung  besonders  auffallenden  den  wärmeren  und  heißen  Ländern  an- 
gehöreu.  Universell  verbreitet  sind  folgende  Familien:  Die  Schild¬ 
asseln  mit  der  Gattung  Scutigera,  die  Landasseln  mit  der  Gattung 
Lithobius,  die  Bangasseln  mit  der  Gattung  Scolopendra  und  der  in 
Europa,  Afrika  und  Australien  vorhandenen  Gattung  Cryptops  und 
die  Erdasseln,  zu  denen  die  über  Europa,  Afrika  und  Amerika  ver¬ 
breitete  Gattung  Geophilus  gehört.  Weitere  kosmopolitische  Familien 
sind  die  Vielfüßer,  lulidae,  die  Randasseln,  Polydesmidae,  und  die 
Saugasseln  Polyzonidae,  so  daß  also  fast  alle  zu  den  Tausendfüßern 
gehörigen  großen  Familien  kosmopolitisch  sind.  Trouessart  erwähnt 
noch,  daß  eine  gewisse  Anzahl  meist  tropischer  Arten  durch  Schiffe 
verschleppt  und  jetzt  fast  kosmopolitisch  geworden  ist,  z.  B.  Scolo¬ 
pendra  subspinipes ,  Sc.  morsitans ,  Otostigma  calcitrans. 

(Schluß  folgt.) 


233 


Die  Mainfische  und  ihre  Namen. 

Von  L.  Buxbaum,  Raunheim  am  Main. 

Hie  deutschen  Benennungen  der  Mainfische  sind  in  den  ver¬ 
schiedenen  Gebenden  wesentlich  verschieden  und  haben  die  Fischer 
am  Untermain  mitunter  ganz  sonderbare  Namen  für  einzelne  Fisch- 
arteu,  die  aber  manchmal  recht  bezeichnend  sind.  So  wird  der 
Kaulbarsch,  Cottus  gobio,  wegen  seiner  schleimigen,  schmierigen 
Oberfläche  »R  o  t  z  b  a  r  s  c  h«  genannt.  Der  Wetterfisch,  Cobitis 
fossilis ,  wird  wegen  des  gruuzenden  Tones,  den  er  beim  Anlassen 
hören  läßt,  »G  reiner«  genannt.  Der  Weißfisch,  Chondrostoma 
nasus ,  speit  sehr  oft  die  Speise,  die  er  gerade  zwischen  den  Schlund- 
zälinen  hat,  beim  Einfangen  aus  und  wird  deshalb  auch  »Speier« 
genannt. 

Es  wird  aber  auch  manchmal  einer  Art  der  Name  einer  an¬ 
deren  beigelegt,  wodurch  daun  Verwechslungen  und  Unrichtigkeiten 
entstehen,  die  sogar  in  wissenschaftliche  Werke  übergehen  und  dann 
von  gewerbsmäßigen  Büchermachern  gewissenhaft  abgeschrieben 
werden.  So  geht  es  z.  B.  mit  dem  Namen  »Mulbe«.  Die  Fischer 
des  Untermaius  nennen  einen  Fisch  »Mulbe«,  der  auch  in  Mainz 
auf  dem  Fischmarkt  unter  diesem  Namen  verkauft  wird,  in  Frank¬ 
furt  kommt  er  aber  unter  dem  Namen  »Hasel«  auf  den  Markt. 
Diesen  Fisch,  der  bis  5  Pfund  schwer  wird,  habe  ich  seither  eben¬ 
falls  als  »Mulbe«  angesprocheu,  allein  Herr  Dr.  Hofer,  Privat- 
docent  an  der  Universität  München,  hat  mir  seine  Bedenken  gegen 
diese  Benennung  geäußert,  und  glaubt,  daß  die  echte  Mulbe 
Aspius  rapax,  im  Untermain  nicht  vorkomme.  Auch  Herr  Professor 
Dr.  Metzger  in  Hann.- Münden  hat  mir  seine  Zweifel  darüber  mit¬ 
geteilt  und  mich  gebeten,  einige  Exemplare  unserer  Mulbe  zur  ge¬ 
naueren  Untersuchung  an  ihn  einzuschickeu.  Dieser  Aufforderung 
habe  ich  mit  Vergnügen  entsprochen  und  drei  Exemplare  von  Mittel¬ 
größe  eingesandt.  Herr  Professor  Dr.  Metzger  schrieb  mir  nun 
folgendes : 

»Meine  Vermutung  wegen  bestehender  Verwechslung  des  Aspius 
rapax  mit  Squalius  cephalus  hat  sich  bestätigt.  Die  drei  einge¬ 
schickten  Exemplare  waren  sämtlich  männlichen  Geschlechts  und 
gehören  einer  Form  des  Squalius  cephalus  an,  die  in  der  Form  der 
Schnauzenbildung  etwas  an  Squalius  leuciscus,  den  Häsling,  erinnert, 
auch  nicht  so  rund  ist,  als  sich  der  Squalius  cephalus  sonst  darstellt. 


234 


Ich  habe  eine  genaue  Untersuchung  vorgenommen  und  alle  Charak¬ 
tere  genau  verglichen;  es  ist  wie  gesagt,  Squalius  cephalus.  Daß 
Aspius  rapax  wirklich  im  Main  vorkommt,  muß  ich  daher  so  lauge 
bezweifeln,  als  ich  mich  nicht  durch  ein  authentisches  Exemplar 
davon  überzeugt  habe.  Unter  Mulbe,  Mülbe,  Milbe,  Milpe  habe  ich 
bis  jetzt  nur  Squalius  cephalus  erhalten. 

Die  Maß-  und  Gewichtsbestimmungen  der  eiugeschickten  Fische 

sind : 

No.  1  cf  Totalläuge  25  cm  bis  z.  mittl.Eude  d.  Schwanzflosse  24  cm 

No.  2  cf  »  25,3  »  »  »  »  »  »  »  24,4  » 

No.  3  cf  »  22,3  »  »  »  »  »  »  »  21,3  » 

No.  1  hatte  ein  Gewicht  von  200  gr 

No.  2  »  »  »  »  193  » 

No.  3  »  »  »  »  113  » 

Die  Fische  standen  vor  der  Laichzeit,  waren  aber  noch  nicht  laich¬ 
reif,  denn  erst  bei  No.  1  zeigten  sich  sehr  schwache  Spuren  des  Laich¬ 
ausschlages  am  Kopfe.  Der  Mageninhalt  der  drei  Fische  bestand 
aus  Algen,  einer  Mückenlarve  und  Resten  von  drei  Maikäfern.« 

Hieraus  ist  zu  ersehen,  daß  man  sich  auf  die  deutschen  Benen¬ 
nungen  nicht  verlassen  kann  und  daß  auch  die  Fischer  nicht  immer 
den  rechten  Namen  wissen.  Man  muß  sich  in  zweifelhaften  Fällen 
immer  an  eine  Autorität  weuden ,  denn  nur  dadurch  kann  der 
Wissenschaft  genützt  werden.  Es  ist  mitunter  sehr  -schwer,  eine 
Fischart  genau  zu  bestimmen,  denn  es  entstehen  sehr  häufig  Bastarde. 
So  laichen  z.  B.  die  Rotaugen,  Leuciscus  rutilus,  und  die  Bresem, 
Abramis  brama ,  gleichzeitig,  und  da  kommt  es  vor,  daß  die  Männchen 
der  einen  Art  ihre  Milch  über  die  Eier  der  anderen  Art  ergießen, 
wodurch  daun  Verrassungen  Vorkommen.  Ebenso  verbastarden  sich 
Karpfen,  Cyprinus  carpio ,  und  die  K a r a u s c h e ,  Carassius  vulgaris. 

Die  Fischerei  geht  in  diesem  Jahre  nicht  gut,  das  trockene 
Wetter  ist  auch  dem  Fischfang  nicht  günstig;  Regenwetter,  besonders 
Gewitterregen  macht  die  Fischerei  ergiebiger. 

Der  Fischzug  im  Main  hat  in  diesem  Frühjahre  am  1.  April 
begonnen  und  am  6.  Juni  sein  Ende  erreicht.  Den  Anfang  machten 
wieder  die  Schneider,  Alburnus  lucidus,  dann  kamen  Rotaugen, 
Leuciscus  rutilus ,  dazu  und  Bresem,  Abramis  brama.  Weiter 
zeigten  sich  Barben,  Barbus  vulgaris  und  der  Flußbarsch,  Perca 
fluviatilis ,  sowie  der  Kaulbarsch,  Acerina  cernua.  Am  23.  April 
kam  der  D  ö  b  o  1  oder  K  i  1  b  s ,  Squalius  cephalus.  Der  W  e  i  ß  f  i  s  c  h  , 
Chondrostoma  nasus ,  war  diesmal  nicht  so  häufig,  als  in  den  Vorjahren. 


235 


Ich  habe  beobachtet,  daß  in  einer  Minute  50  bis  100  Fische  durch 
den  Fischpaß  aufwärts  gegangen  sind,  ohne  die,  welche  die  Paßwände 
übersprungen  haben.  Das  ist  aber  nur  bei  sehr  günstigem  Wetter 
der  Fall.  Auch  diesmal  kamen  zuerst  wieder  kleine  Fische  und 
nach  und  nach  größere  Exemplare  dazu,  auch  stellten  sich  die  ein¬ 
zelnen  Arten  immer  in  größerer  Anzahl  ein,  ein  Beweis,  daß  sie  in 
Gesellschaft  wandern,  gerade  wie  die  Zugvögel.  Die  Geschwindigkeit 
des  Zuges  betrug  in  der  Minute  15  bis  18  Meter  und  zogen  die 

Fische  an  beiden  Ufern  entlang.  Während  des  Zuges  habe  ich 

Rotaugen  gehabt,  die  nicht  bloß  am  Kopfe,  sondern  auf  jeder 
Schuppe  und  auf  den  Flossen  den  Laichausschlag  hatten  und  aus¬ 
sahen,  als  wären  sie  mit  groben  Sandkörnern  beworfen.  Diesmal 

haben  die  Rabenkrähen  kleine  Fische  beim  Einzug  in  den  Fischpaß 
aus  dem  Wasser  geholt  und  sind  dabei  in  das  Wasser  gegangen. 
Die  Milane,  die  hier  zahlreich  Vorkommen,  nehmen  bloß  kranke 
und  tote  Frische  aus  dem  Wasser,  denn  um  gesunde  Fische  zu  fangen, 
dazu  sind  sie  nicht  flink  genug. 

Die  Europäische  Sumpfschildkröte,  Emys  europaea . 

Ihr  Vorkommen  in  der  schweizerischen  Hochebene  und  ihr  Leben 

im  Aquarium  und  im  Terrarium. 

Eine  biologische  Studie  nach  Tagebuchnotizen. 

Von  H.  Fischer -Sig  wart  in  Zofingen. 

Fortsetzung. 


Alles,  was  bis  jetzt  erwähnt  worden,  bezieht  sich  auf  meine 
ersten  Beobachtungen,  die  ich  von  1865 — 1880  in  kleineren  Aquarien 
sammelte.  Im  Sommer  1880  erbaute  ich  nun  ein  großes  Terrarium 
von  über  20  Quadratmeter  Oberfläche,  das  dann  im  Jahre  1884  bis 
zu  45  Quadratmeter  erweitert  wurde  und  mehrere  große  Wasser- 
Bassins  enthielt,  die  in  die  Erde  eingelassen  waren  und  den  Tieren 
einen  ziemlich  naturgemäßen,  dem  Leben  in  der  Freiheit  angepaßten 
Aufenthalt  bot.  Im  folgenden  sollen  nun  noch  die  Beobachtungen 
verwertet  werden,  die  in  diesem  während  12  Jahren  gemacht  und 
notiert  worden  sind. 

Es  waren  zum  Teil  die  gleichen  Individuen,  die  hier  gehalten 
wurden,  wie  diejenigen,  die  vorher  die  kleinen  Aquarien  bewohnt 
hatten.  Ein  Hauptzuwachs  war  die  schon  früher  erwähnte,  große 
Schildkröte,  die  am  2.  August  1882  bei  Schinznach  gefangen  wurde,  und 


236 


die  in  der  Tabelle  der  Maße  unter  No.  11  aufgeführt  ist.  Sie  bildete 
den  Hauptrepräsentanten  der  Gesellschaft  und  hat,  wie  die  andern 
auch,  alle  seitherigen,  zum  Teil  sehr  harten  Winter  gut  über¬ 
standen. 

An  mich  hat  sie  sich  so  weit  gewöhnt,  als  es  einer  Schildkröte 
irgend  möglich  ist,  hat  sich  sogar  mit  mir  befreundet.  Sie  mochte  im 
Wasser  sein,  oder  auf  dem  Lande,  so  ließ  sie  sich  von  mir  ergreifen, 
ohne  irgend  welche  Fluchtversuche  zu  machen.  Höchstens  stieß  sie 
einmal  mit  einem  Vorder-  oder  Hinterfuß  energisch  gegen  die  sie 
haltende  Hand,  wenn  sie  zu  lauge  festgehalten  wurde,  etwa  zu  einer 
Demonstration  bei  Besuchern  des  Terrariums,  um  anzuzeigen,  daß 
auch  bei  ihr,  dem  plumpen,  man  möchte  sagen  phlegmatischen  Tiere, 
die  Geduld  erschöpft  werden  kann,  während  die  andern  sich  beim 
Ergreifen  viel  anders  gebärden.  Zuerst  wollen  sie  sich  durch  die 
Flucht  retten,  wenn  sie  die  Absicht  merken,  wobei  sie  aut  dem 
Lande,  namentlich,  wenn  sie  sich  gesonnt  haben,  eilig  davonrennen, 
ruckweise  zwar,  öfter  wieder  plötzlich  stille  stehend,  als  ob  ihnen 
der  Atem  ausgehen  wolle.  Einmal  ergriffen  aber,  ziehen  sie  zu¬ 
nächst  alles,  was  möglich  ist,  unter  die  Schale  zurück.  Aber  nach 
einigen  Augenblicken  brechen  sie,  wenn  sie  ruhig  in  der  Hand  ge¬ 
halten  werden,  ungestüm  mit  dem  Kopf  und  allen  vier  Gliedern 
zappelnd  und  strampelnd  hervor,  um  durch  diesen  plötzlichen  Aus¬ 
bruch  sich  womöglich  frei  zu  machen,  was  ihnen  auch  nicht  selten 
durch  diesen  Überfall  gelingt.  Werden  sie  während  desselben  aber 
festgehalten,  und  mit  der  Hand  etwa  bewegt,  so  sehen  sie  das  Un¬ 
nütze  ihres  Beginnens  bald  ein,  und  ziehen  sich  dann  ebenso  plötz¬ 
lich  wieder  unter  die  Schale  zurück,  um  bei  der  ersten,  ihnen 
günstig  -scheinenden  Gelegenheit,  den  Ausfall  zu  wiederholen. 

Beim  Fressen  bleiben  die  Verhältnisse  so  ziemlich  die  gleichen, 
wie  sie  im  vorigen  Abschnitt  behandelt  worden  sind.  Bei  dieser 
Aktion  gewöhnten  sie  sich  am  ehesten  au  ihren  Herrn,  wie  das  üb¬ 
rigens  bei  allen  Tieren  der  Fall  ist.  Durch  Hunger,  das  heißt 
durch  persönliches  Darreichen  von  Nahrung  bei  Hunger  werden  sie 
am  ehesten  zahm.  Auch  hierin  nahm  die  große  die  erste  Stelle  ein. 

Trat  man  an  einem  sonnigen  Frühlings-  oder  Sommernachmittage 
ins  Terrarium,  so  plumpste  da  und  dort  von  einer  Steingruppe  am 
Rande  eines  Wasserbassins  ein  Gegenstand  ins  Wasser  hinunter,  als 
ob  sich  ein  Stein  losgelöst  hätte.  Es  waren  die  Wasserschildkröten, 
die  sich  dort  gesonnt  hatten  und  vor  dem  nahenden  Besuche  die 
Flucht  ergriffen,  indem  sie  Kopf  und  Gliedmaßen  unter  die  Schale 


237 


zurückzogen,  mit  einem  hinteren  Beine  noch  einen  kräftigen  Abstoß 
hinten  hinaus  ausführten,  und  nun  ins  Wasser  fielen,  wo  sie  sich 
schwimmend  alsbald  in  die  Tiefe  zurückzogen.  Aber  nicht  alle  er¬ 
griffen  auf  diese  Weise  die  Flucht.  Die  große  blieb  ruhig  sitzen, 
zog  höchstens  den  Kopf  etwas  ein,  oder  wenn  sie  just  Hunger  ver¬ 
spürte,  so  veranlaßte  sie  das,  bei  Annäherung  ihres  Herrn  sich  zu¬ 
nächst  ebenfalls  ins  Wasser  zurückzuziehen,  doch  nicht  um  zu  fliehen, 
sondern  um  ihm  entgegen  zu  schwimmen  und  um  Nahrung  zu  betteln, 
die  ihr  natürlich  stets  gereicht  wurde.  Die  andern  erhoben  daun 
bald  da  und  dort  auch  ihren  Kopf  über  die  Wasserfläche,  beobachteten, 
was  vorging,  näherten  sich'  sodann  auch  und  erhielten  ebenfalls 
ihre  Ration. 

Am  9.  Mai  1893,  mittags  3  Uhr,  faud  diese  Scene  in  besonders 
komischer  Weise  statt.  Alle  saßen  am  Rande  des  Bassins,  als  ich 
eiutrat,  auch  die  kleine  scheue,  welche  aber  sofort  mit  großer  Ge¬ 
schwindigkeit  dahin  raunte  und  im  Wasser  verschwand.  Die  andern 
folgten  gemächlich,  eine  nach  der  andern,  jede  in  ihrer  besouderu 
Art.  Eine  glitt  über  eine  Steingruppe  hinunter,  die  andere  ver¬ 
schwand  geräuschlos,  unter  Blättern  der  Pflanzen  verborgen,  die  große 
ohne  jegliche  Vermehrung  der  Geschwindigkeit  und  die  zweitgrößte 
mit  ihrem  bekannten  drolligen  Abstoße  mit  dem  linken  Hinterbeine, 
mit  eingezogenem  Kopfe  und  Beinen,  wobei  kein  anderes  Glied  eine 
Bewegung  machte,  als  der  abstoßende  Fuß.  Dies  geschah  diesmal 
an  einer  Stelle,  wo  sie  nahezu  30  Centimeter  tief  senkrecht  ins 
Wasser  fiel. 

Bei  der  Fütterung  wurden  sie  oft  futterneidisch  und  drängten  sich 
gegenseitig  von  der  dargebotenen  Nahrung  weg,  und  auf  dem  Grunde 
des  Wassers  wurden  bei  Hunger  oft  um  ein  Fleischstücklein  lächer¬ 
liche  Kämpfe  ausgefochteu.  Das  ging  an  ein  Stoßen,  Ringen  und 
Ziehen,  wenn  sich  zwei  in  die  gleiche  Beute  verbissen  hatten  und 
zuletzt  ergriff  die  Besiegte  mit  eingezogenem  Kopfe  die  Flucht,  oder 
auch  riß  die  Siegerin  aus,  die  Beute  im  Maul  davontragend. 

Sie  hatten  alle  das  gleiche  Wasserbassin  zu  ihrem  Aufenthalte 
auserkoren,  das  sie  stets,  uachdem  sie  sich  gesonnt  hatten,  auf¬ 
suchten  und  in  dem  sie  gefüttert  wurden,  wodurch  sie  namentlich 
in  diesen  Aufenthaltsort  eiugewöhnt  worden  waren.  Nur  selten 
gingen  sie  in  ein  anderes  Bassin  und  auch  dies  muß  als  ein  ge¬ 
wisser  Grad  von  Zahmheit  angesehen  werden. 

Am  meisten  Intelligenz  entwickelten  sie,  wenn  es  sich  darum 
handelte,  zu  mehr  oder  besserer  Nahrung  zu  gelangen.  Die  große 


238 


t 

begab  sich  in  den  ersten  zwei  Jahren  ihrer  Anwesenheit  im  Terrarium 
(1883  und  1884)  oft,  wenn  sie  Hunger  hatte,  in  einen  anderen  Wasser¬ 
behälter,  bei  und  in  dem  einer  Kolonie  von  Grasfröschen  ihr  Aufent¬ 
haltsort  angewiesen  worden  war,  und  wo  diese  mit  aufgeklopften 
und  entschalten  Landschnecken  gefüttert  wurden,  weil  sie  wußte, 
daß  sie  von  diesen  zarten  Bissen  auch  ihren  Teil  abbekam.  Es  war 
dies  im  Frühlinge  jeweilen  ihre  erste  Nahrung,  gleich  nach  ihrem  Her¬ 
vorkommen.  Dann  ging  sie  oft  tagelang  wieder  ans  Land,  um  sich 
zu  sonnen.  Erst  nachdem  höhere  Temperatur  herrschte,  nahm  ihr 
Appetit  zu  und  dann  wurde  sie  mit  rohem  Kalbfleisch  gefüttert. 
Auch  ihre  Gefährtinnen  verhielten  sich  im  Frühlinge  in  dieser  Hin¬ 
sicht  gleich  wie  sie.  Von  »enthülsten«  Schnecken  der  Art  Helix 
cirbustorum ,  deren  schwarzes  Fleisch  viel  zarter  ist,  als  dasjenige 
anderer  gleichgroßer  Arten,  brauchte  sie  zu  einer  Mahlzeit  im  Friih- 
liuge  vier,  später  sechs  Stück.  Von  Kalbfleisch  verzehrte  sie  eben¬ 
falls  verschiedene  Quantitäten  auf  einmal,  je  nach  der  Jahreszeit  und 
der  Witterung.  Beim  Beginn  der  Freßlust,  die  oft  erst  im  Mai 
eintrat,  nahm  sie  kleinere  Mengen  zu  sich,  dann  nach  und  nach 
größere,  bis  im  Juli,  von  wo  an  die  Freßlust  wieder  abnahm  und 
die  Portionen  kleiner  wurden.  Anfangs  Mai  1891  z.  B.  fraß  sie 
bei  einer  Mahlzeit  16  kleine  Stückchen  Kalbfleisch,  von  je  1,  1  */2 
bis  2  Gramm  Gewicht,  im  ganzen  12  — 15  Gramm ;  am  29.  Juli  1891 
fraß  sie  14  Stückchen  von  zusammen  24  Gramm,  andern  Tages 
20 — 25  Gramm.  Einmal,  im  Jahre  1885,  im  Juni,  dem  Monate 
der  größten  Freßlust,  konnte  nachgewogen  werden,  daß  sie  40  Gramm 
bei  einer  Mahlzeit  zu  sich  nahm.  Die  kleineren  Schildkröten  fraßen 
per  Mahlzeit  nicht  verhältnismäßig  soudern  nur  unbedeutend  weniger 
als  die  große. 

Eine  Mahlzeit  war  bei  den  Flußschildkröten  genügend  für  einen 
ganzen  Tag,  und  sie  fraßen  nicht  einmal  alltäglich.  Nur  bei  an¬ 
dauernd  warmem,  schönem  Wetter  stellten  sie  sich  alle  Tage  zum 
Fressen  ein.  Bei  weniger  warmem  Wetter,  wie  in  den  Frühlings¬ 
monaten,  wo  die  Temperatur  namentlich  über  Nacht  noch  ziemlich 
sank,  fraßen  sie  nur  alle  2 — 3  Tage,  und  auch  im  Sommer  blieben 
sie  bei  kühlem,  regnerischem  Wetter  oft  mehrere  Tage  ohne  Nahrung. 
Meist  erst  vou  Ende  Juni  an  fraßen  sie  periodenweise  bei  schöner 
Witterung  alle  Tage.  Selten  traten  diese  Perioden  früher  ein,  wie 
im  Frühlinge  1891,  wo  das  alltägliche  Zusichnelimen  von  Nahrung 
schon  anfangs  Mai  anfing,  und  im  Frühling  1893,  wo  vom  16  April 
au  diese  Perioden  des  täglichen  Fressens  eintraten,  da  vom  18.  März 


239 


an  bis  am  24.  Mai  beständig  das  schönste  Wetter  bei  meist  klar¬ 
blauem  Himmel  existierte,  uud  große  Wärme  lind  Trockenheit  herrschte. 
Größere  Quantitäten  mit  recht  großer  Freßlust  wurden  aber  auch 
dies  Jahr  erst  vom  29.  Mai  an  eingenommen.  Die  Wärme  ist  also 
die  Ursache  der  vermehrten  Freßlust,  die  deshalb  vom  Friihlinge  an 
zuuimmt  und  erst  dann  recht  vorhanden  ist,  wenn  eine  längere 
Wärmeperiode  ohne  Unterbrechung  auf  die  Tiere  eingewirkt  hat. 

Zum  Kapitel  des  Futters  gehört  noch  die  Thatsache,  daß  in 
den  ersten  Jahren  des  Bestehens  des  Terrariums  die  Schildkröten 
zeitweise  große  Zerstörungen  augerichtet  haben,  indem  sie  sowohl 
Goldfische  töteten,  als  auch  Lurchen  nachstellten.  Nachdem  sie 
aber  einmal  an  rohes  Kalbfleisch  gewöhnt  waren,  zogen  sie  diese 
Nahrung  aller  audern  vor  und  griffen  nun  weder  Goldfische  noch 
Frösche  mehr  an,  so  lange  sie  genügend  mit  diesem  versehen  waren. 
Und  daß  sie  genügend  davon  bekamen,  wurde  wohl  am  besten  da¬ 
durch  bewiesen,  daß  sie  mit  den  Goldfischen  eine  ganze  Reihe 
von  Jahren  im  gleichen  Wasserbehälter  lebten,  einem  Zinkblech¬ 
kasten  von  2  Quadratmeter  Oberfläche  und  V2  Meter  Tiefe.  Nicht 
selten  kam  es  vor,  daß  ein  Goldfisch  einer  Schildkröte  ein  schon 
erfaßtes  Stück  Kalbfleisch  aus  dem  Maul  heraus  entriß ,  was 
namentlich  im  Mai  1893  häufig  beobachtet  wurde.  Die  vier  Schild¬ 
kröten  brauchten  in  der  Zeit,  wo  sie  freßlustig  waren,  täglich  100 
Gramm  frisches  Kalbfleisch,  wovon  aber  immerhin  die  Goldfische 
auch  etwas  eroberten.  ' 

Jedesmal,  wenn  eine  neue  Schildkröte  acquiriert  wurde,  war 
das  erste,  daß  sie  in  einem  Separataquarium  zuerst  ans  Kalbfleisch 
gewöhnt,  ehe  sie  als  eingewöhnt  betrachtet  wurde.  So  war  im  Mai  1886 
wieder  ein  kleineres  Exemplar,  aus  der  Umgebung  von  Zofingen,  einge¬ 
bracht  worden,  und  da  es  in  Bezug  auf  Körperbeschaffenheit  nicht 
sehr  vertrauenerweckend  aussah,  wurde  es  abgesondert,  dann  zuerst  mit 
frischen  Ameisenpuppen  gefüttert  und  später  nach  und  nach  ans 
Kalbfleisch  gewöhnt,  das  es  bald  gerne  nahm.  Bis  im  Juli  war  es 
so  zahm  wie  die  andern,  streckte,  wenn  es  Hunger  hatte,  den  Kopf 
aus  dem  Wasser  und  blickte  sehnsüchtig  nach  der  Gegeud,  woher 
es  wußte,  daß  sein  nunmehriges  Lieblingsfutter  gebracht  wurde. 

Aber  nicht  in  allen  Fällen  hielt  das  Füttern  mit  Kalbfleisch 
die  Schildkröten  von  Angriffen  auf  andere  Tiere  ab.  Für  noch 
zärtere  Lurche,  als  die  Frösche  waren,  behielten  sie  eine  Vorliebe, 
die  sie  sogar  jenes  Lieblingsfutter  vergessen  machte,  und  um  zu 
solchen  Leckerbissen  zu  gelangen,  verrichteten  sie  Kunststücke,  die 


240  — 


inan  ihnen  nicht  zngetrant  hätte.  Im  April  1887  wurden  dem 
Terrarium  vier  Axolotl  und  ein  Olm  einverleibt,  die  in  einem  be¬ 
sonderen  Bassin  untergeb  rächt  wurden,  in  dem  die  Schildkröten  sonst 
nicht  verkehrten.  Zu  ihrem  Schutze  wurden  um  das  Bassin  herum 
Weidengerten  eingesteckt  in  eiuem  Abstande  vou  nur  etwa  2  Centi- 
meter  und  diese  mit  Draht  quer  verbunden,  wodurch  der  Besitzer 
dasselbe  für  die  Feinde  unzugänglich  gemacht  zu  haben  glaubte. 
Trotzdem  witterten  diese  deu  feinen  Leckerbissen  und  waren  nun 
beständig  an  der  Arbeit,  zu  ihm  zu  gelangen.  Namentlich  die 
große  Schildkröte  that  sich  hierbei  hervor.  Sie  fand  sich  eines  Tages  in 
dem  umschlossenen  Raume  und  ihr  Herr  glaubte,  es  habe  sie  jemand 
aus  Unkenutuis  der  Sachlage  hineingesetzt,  der  ihr  hatte  helfen 
wollen,  als  er  sah,  wie  sie  sich  abmühte,  hineinzukommen.  Sie  hatte 
noch  keinen  Angriff  auf  Axolotl  und  Olm  gemacht  und  wurde  eut- 
fernt.  Ihr  Herr  sah  nun,  wie  sie  sofort  wieder  mit  großem  Eifer 
der  etwa  30  Centimeter  hohen  Umzäunung  zustrebte  und  vor  der¬ 
selben  rasch  auf  und  abmarschierte,  um  eine  Stelle  zu  suchen,  wo  sie 
hineingelangen  könne,  wie  eiu  wildes  Tier  hinter  dem  Gitter  zu 
thun  pflegt,  nur  daß  sie  hinein  wollte,  ein  wildes  Tier  im  Käfig 
aber  hinaus  möchte.  Sie  versuchte  endlich,  darüber  weg  zu  klettern, 
indem  sie  sich  davor  aufrichtete,  und  sich  an  den  quer  laufenden 
Drähten  mit  den  Vorderfüßen  hob,  aber  schließlich  rücklings  herunter¬ 
purzelte.  Er  glaubte  nuu  nicht,  daß  ihr  der  Einbruch  in  die  Um¬ 
zäunung  gelingen  werde.  Als  er  aber  am  folgenden  Tage  wieder  kam, 
hatte  eine  Schildkröte  den  Zaun  durchbrochen  und  bereits  einen 
Axolotl  zerrissen,  und  die  große  war  eben  daran,  auf  einer 
Seitenkante  ihres  Panzers  liegend,  sich  zwischen  zwei  Weiden,  die 
sich  weit  auseinander  biegen  mußten,  hindurchzuzwängen.  Sie  hatte 
diejenige  Stelle  gewählt,  wo  die  Weiden  am  weitesten  auseinander 
standen.  Die  Erde  um  den  Zaun  herum  war  förmlich  festgetreten, 
ein  Beweis,  daß  die  Dnrchbruchsversuche  ohne  Unterbrechung  auch 
während  der  Nacht  fortgedauert  hatten.  Der  Besitzer  zog  nun  noch 
mehr  Draht  quer  durch  den  Zaun  und  glaubte  die  Einwohner  der 
Umzäunung  jetzt  sicher.  Aber  am  andern  Morgen  waren  schon 
wieder  mehrere  der  Feinde  innerhalb  der  Umzäunung,  darunter  auch 
die  große,  und  hatten  sämtliche  Insassen  umgebracht.  Er  setzte  sie 
nun  wieder  außerhalb  des  Zaunes,  um  zu  konstatieren,  auf  welche 
Art  und  Weise  ihnen  das  Hineinkommen  gelungen  sei,  und  konnte 
nun  beobachten,  daß  alle  sofort  wieder  mit  wahrer  Wut  an  die 
Arbeit  gingen,  die  kleineren  sich,  auf  die  oben  beschriebene  Weise  seit- 


241 


lieh  zwischen  den  Weiden  durchzwängten,  wobei  sie  eine  Kraft  ent¬ 
wickelten,  deren  man  sie  nicht  für  fähig  gehalten  hätte,  die  andern 
aber,  darunter  die  große,  über  den  Zaun  wegkletterten,  indem  sie 
sich  mit  den  Füßen  an  den  quer  durchgezogenen  Drähten  einhakten. 
Bei  diesem  Beginnen  fielen  sie  zwar  mehrmals  rücklings  zurück, 
aber  mit  einer  eines  Bessern  würdigen  Ausdauer  *  begannen  sie  die 

schwierige  Arbeit  stets  von  neuem,  bis  es  ihnen  endlich  gelang,  die 

•  • 

Höhe  des  Zaunes  zu  erklimmen,  und  dort  das  Übergewicht  nach 
vorn,  statt  rückwärts  zu  bekommen,  worauf  sie  dann  kopfüber  in 
den  umzäunten  Raum  hineinpurzelten. 

Im  Charakter  und  in  der  Intelligenz  zeigten  sich  nicht  alle  In¬ 
dividuen  der  Sumpfschildkröte  gleich.  Währenddem  einige  in  kür¬ 
zester  Frist  so  zutraulich  wurden,  daß  sie  ihrem  Herrn  eutgegen- 
schwammen,  wenn  er  ihnen  Nahrung  brachte,  blieben  andere  be¬ 
ständig  scheu,  und  flüchteten  in  die  Tiefe  des  Wassers,  sobald  sich 
ein  Mensch  zeigte.  Diese  Charakterverschiedenheit  zeigte  sich  nament¬ 
lich  an  folgendem  Beispiel :  Im  Mai  1885  kam  wieder  neuer  Zuwachs 
von  drei  kleineren  Schildkröten  ins  Terrarium,  die  namentlich  des¬ 
wegen  Aufnahme  fanden,  weil  sie  der  früher  besprochenen  punktirten 
Varietät  angehörten.  Eine  davon  war  schon  nach  wenigen  Wochen 
eingewöbnt,  und  so  zahm,  wie  die  große,  kannte  ihren  Herrn  und 
nahm  ihm  die  Nahrung  aus  der  Hand.  Auch  die  zweite  verhielt 
sich  ähnlich,  nur  daß  es  etwas  länger  ging,  bis  sie  so  zahm  war  und 
daß  sie  sich  mißtrauischer  zeigte.  Alle  waren  gewöhnt  worden, 
wenn  sie  in  der  Tiefe  des  Wassers  sich  aufhielten,  durch  Klopfen 
mit  der  Scheere,  mit  der  ihnen  das  Fleisch  verschnitten  wurde, 
zum  Rande  des  Bassins  gelockt  zu  werden.  Auf  dieses  Zeichen  er¬ 
schienen  die  schon  längere  Zeit  im  Bassin  lebenden  Schildkröten,  so 
wie  die  zahmere  der  beiden  sofort,  währenddem  die  zweite,  neuein¬ 
gesetzteerst  etwas  später  an  der  Oberfläche  erschien,  zuerst  neugierig 
umher  sah,  und  erst,  wenn  sie  die  andern  Nahrung  entgegennehmen 
sah,  sich  ebenfalls  näherte. 

Die  dritte  aber  blieb  scheu  und  zeigte  sich  selten,  sondern  blieb 
stets  unter  dem  Wasser  versteckt,  wenn  gefüttert  wurde,  oder  ent¬ 
wich  in  die  Tiefe,  sobald  sie  zufällig  einmal  überrascht  wurde,  wenn 
sie  sich  noch  an  der  Oberfläche  oder  am  Rande  des  Wassers 
befand.  Gewöhnlich  hatte  sie  die  Flucht  schon  lange  ergriffen,  bevor 
man  das  Terrarium  betrat.  Sie  nahm  auch  kein  Kalbfleisch,  sondern 
bemächtigte  sich  ins  Wasser  gefallener  Landschnecken,  die  sie  aus 
dem  Gehäuse  herauszuziehen  wußte,  indem  sie  die  ertrinkende  und 

Zoolog.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  16 


242 


deshalb  ans  dem  Gehäuse  heraushängende  Schnecke  mit  dem  Maul 
ergriff  und  daun  mit  den  Vorderfüßen  die  Schale  abstreifte.  Die 
täglich  auf  dem  Wasser  schwimmeudeu,  leeren  Gehäuse  machten 
den  Besitzer  auf  dieses  Treiben  aufmerksam. 

Auch  ein  anderes,  kleines  Exemplar,  das  seit  1891  sich  im 
Terrarium  befand,  und  sich  durch  eine  eigentümliche  Bildung  des 
Rückenschikies  auszeichnete,  indem  der  Rand  desselben  hinten  auf' 
beiden  Seiten  des  Schwanzes  symetrisch  aufgebogeu  war,  benahm 
sich  ähnlich,  und  blieb  scheu  uud  unzugänglich.  Es  zeigte  sich 
selten  auf  dem  Trockenen,  und  war  so  flüchtig,  daß  es  stets  schon 
verschwunden  war,  wenn  sein  Herr  kam,  oder,  wenn  er  sich  vor¬ 
sichtig  uud  lautlos  näherte,  so  sah  er  es  höchstens  noch  am  Rande 
des  Wassers  dahinrennen  und  sich  hineinstürzen.  Als  es  gemessen 
und  die  Maße  der  früher  angeführten  Tabelle  einverleibt  werden 
ollten,  dauerte  es  mehr  als  2  Wochen,  bis  er  seiner  habhaft  werden 
konnte.  Es  nährte  sich  von  den  Fleischstückchen,  die  beim  Füttern 
der  andern  auf  den  Grund  des  Wassers  abfielen.  In  der  genaunten 
Tabelle  ist  es  unter  No.  4  aufgeführt. 

Zur  Intelligenz  der  Sumpfschildkröten  gehört  auch  eine  ziemliche 
Ortskenntnis.  Es  wurde  beschrieben,  wie  sie  mit  konsequentester 
Ausdauer  immer  wieder  dem  Bassin  zukrochen,  in  dem  4  Axolotl 
und  ein  Olm  waren,  so  oft  sie  auch  davon  entfernt  wurden,  und 
wie  es  ihrer  unermüdlichen  Thätigkeit  schließlich  gelang,  zum  Ziel 
zu  kommen.  —  Auch  wenn  sie  das  Wasser  verlassen  hatten,  um 
sich  zu  sonnen,  -fanden  sie  stets  den  Weg  dorthin  wieder  zurück, 
sofern  sie  sich  hierbei  nicht  allzu  weit  entfernt  hatten  und  sie  nicht 
allzu  große  Hindernisse  überwinden  mußten.  Namentlich  mußte 
mau  hierbei  ihr  Klettervermögen  bewundern,  wenn  sie,  um  wieder 
in  ihren  Wasserbehälter  zuriickzukehreu ,  über  die,  denselben  um¬ 
gebende,  etwa  1/‘2  Meter  hohe,  allerdings  sehr  höckerige  Mauer 
klettern  mußten. 

Im  Sommer  1882  hatte  die  große  oft  ein  Bassin  besucht,  in 
dem  sich  Thaufrösche  aufhielten,  was  ihr  abgewöhnt  werden  sollte, 
da  sie  einige  Male  solche  getötet  hatte.  Sie  wurde  deshalb  jedes¬ 
mal,  wenn  sie  sich  dort  vorfand,  ergriffen,  einige  Male  im  Kreise 
geschwungen,  damit  sie  sich  nicht  mehr  sollte  orientieren  können, 
und  daun  in  ihr  richtiges  Bassin  versetzt.  Das  half  anfänglich  auf 
kurze  Zeit,  dann  nicht  mehr.  Schließlich  verfiel  sie  in  Winterschlaf. 
Im  Frühling  1883  war  aber  ihr  Erstes,  daß  sie  dieses  Bassin  wieder 
aufsuchte,  und  sich  daselbst  an  ertrunkenen  Maikäfern  uud  Land- 


m 


Schnecken,  mit  denen  die  Thaufrösche  gefüttert  wurden,  gütlich  that, 
und  zuletzt  auch  diese  vergewaltigte.  Erst  nachdem  sie  an  Kalb- 
fleischnahruug  gewöhnt  worden  war,  konnten  ihr  diese  Unarten  ab¬ 
gewöhnt  werden. 

Schmutz  und  Unrath  sind  unserer  Schildkröte  ein  Gräuel.  Im 
Terrarium  umging  sie  Stellen,  wo  Kotli  und  Nässe  sich  torfanden 
und  wählte  zum  Sichsonnen  oder  Ruhen  nur  trockene,  reine  Orte. 
Die  kleine,  die  im  Sommer  1886  in  einem  kleineren  Kasten  ein¬ 
gewöhnt  und  fürs  Terrarium  vorbereitet  wurde,  verließ  das  Wasser, 
wenn  es  durch  ihre  Exkremente  und  Futterabfälle  trübe,  oder  gar 
übelriechend  wurde,  und  ging  nicht  mehr  hinein,  bis  es  erneuert 
worden  war. 

Anpassung  an  die  Umgehung  findet  hei  der  Sumpfschildkröte 
nur  in  geringem  Grade  statt,  und  es  konnten  nur  wenige  sichere 
Beobachtungen  darüber  gemacht  werden.  Die  große  hatte  sich  im 
Jahre  18835  nachdem  sie  einmal  im  Winterschlaf  gestört  worden 
war,  in  ein  Schlammaquarium  verkrochen,  wo  sie  nur  die 
Nasenspitze  zum  Atmen  aus  dem  Schlamme  herausstreckte.  Ihr 
Herr,  der  glaubte,  daß  sie  sich  hier  nicht  wohl  befinde,  was  gar 
nicht  der  Fall  war,  da  sie  später  alle  Winter  im  Schlamme  zu- 
braehte,  nahm  sie  heraus,  reinigte  sie  und  setzte  sie  in  einen  großen 
Behälter  mit  klarem  Wasser  und  wenigen  Wasserpflanzen.  Nach 
kurzer  Zeit  schien  sie  verschwunden  und  konnte  lange  nicht  mehr 
entdeckt  werden.  Schließlich  zeigte  es  sich,  daß  sie  sich  am  Grunde 
an  einer  Stelle  eiugehaust  hatte,  wo  sie  trotz  des  klaren  Wassers 
und  trotzdem  sie  von  den  Pflanzen  nur  wenig  verdeckt  war,  über¬ 
sehen  wurde.  Sie  hatte  sich  so  hingelagert,  daß  ihre  Farben  mit 
denen  der  Umgebung  verschwammeu.  Es  war  dies  das  erste  Mal, 
daß  diese  Anpassung  zu  Tage  trat.  In  der  Folge  zeigte  es  sich  noch 
öfters,  daß  auch  die  Schildkröten  wirklich  nicht  zufälligerweise,  son¬ 
dern  anscheinend  mit  Bedacht  oder  aus  vererbter  Gewohnheit  solche 
Stellen  zu  ihren  Verstecken  oder  Ruheorten  aussuchten,  die  möglichst 
mit  ihrer  Färbung  übereinstimmten. 

Der  Geselligkeitstrieb,  der  bei  diesen  Tieren  hie  und  da  schein¬ 
bar  zu  Tage  tritt,  ist  kein  echter,  sondern  ein  durch  gleiche  Be¬ 
dürfnisse  bedingter.  Als  zum  Beispiel  in  den  schönen  und  heißen 
Maitagen  1893  die  Schildkröten  des  Terrariums  schon  etwas  heraus¬ 
gefüttert  waren,  wunderten  sie  öfters  aus  ihrer  Wasseransammlung 
heraus,  und  gingen  weiter,  als  zu  dem  zunächst  gelegenen  Plätzchen, 
wo  sie  sich  gewöhnlich  sonnten.  Sie  fanden  sich  so  am  ersten  Mai 


244 


allesamt,  mit  Ausnahme  der  kleinen,  scheuen,  hinter  einer  Kiste 
in  einer  sonnigen  Ecke  beisammen.  Für  sonnige  Plätze  haben  aber 
alle  die  gleiche  Vorliebe,  und  wenn  daher  ein  solcher  der  schönste 
ist,  den  sie  erreichen  können,  so  ist  sicher,  daß  sich  alle  dorthin 
begeben,  um  ihrem  Wärmebedürfnis  zu  genügen.  Sie  kamen  also 
hier  zusammen  durch  die  gleiche  Begierde  getrieben,  die  sie  an 
diesem  Platze  am  besten  befriedigen  konnten,  wie  dies  auch  bei 
einer  Mahlzeit  Vorkommen  kann,  bei  der  sie  sich  zusammen  finden. 
Wenn  aber  verschiedene  gleiche  Gelegenheiten  vorhanden  sind,  so 
genügt  dies  schon,  um  zu  erkennen,  daß  nicht  ein  eigentlicher  Ge¬ 
selligkeitstrieb  sie  beherrscht;  denn  sie  benutzen  dann  diese  Gelegen¬ 
heiten  nach  Zufall,  die  einen  hier,  die  anderen  dort. 

(Schluß  folgt.) 


Gesell äftsbericlit  des  Breslauer  zoologischen  Gartens  für  das 

Jahr  1892. 

Mitgeteilt  von  Direktor  H.  Stechmann. 


Das  geschäftliche  Ergebnis  des  Jahres  1892  und  die  Lage  unseres  Instituts 
am  Abschluß  desselben  dürfen  wir  unseren  Aktionären  wieder  als  zufrieden¬ 
stellend  bezeichnen;  es  ist  uns  möglich  gewesen,  aus  den  laufenden  Einnahmen 

außer  Bestreitung  der  laufenden  Ausgaben  auch  erhebliche  Verbesserungen  in 

#• 

den  Gartenanlagen,  die,  vor  einer  Reihe  von  Jahren  bereits  beschlossen,  bisher 
vor  anderen  noch  dringenderen  Erfordernissen  hatten  zurücktreten  müssen 
durchzuführen  und  auch  in  baulicher  Beziehung  mancherlei  wünschenswerte 
Neuherstellungen  und  Veränderungen  ins  Werk  zu  setzen. 

Die  Einnahmen  für  Abonnement,  für  Eintrittskarten  und  für 
Reit-  und  Fahrkarten  beliefen  sich  zusammen  auf  M.  111,227.50,  gegen 
M.  111,912.60  im  Jahre  1891  und  M.  107,688  im  Jahre  1890. 

Die  Abonnements-Einnahme,  M.  42,355.50  überstieg  die  des 
Vorjahres  um  M.  1692.50,  während  die  Einnahme  für  Eintrittskarten 
M.  67,397.40,  um  M.  2333.60  und  die  für  Reit-  und  Fahrkarten,  M.  1474.60, 
um  M.  44  hinter  der  vorjährigen  zurückblieb.  Die  abnorme  Witterung  in  der 
zweiten  Hälfte  des  Sommers,  namentlich  die  übermäßige  Hitze  im  August,  hat 
den  Besuch  des  Gartens  stark  beeinträchtigt:  der  Monat  August  brachte  an 
Eintrittsgeld  M.  4183.10  weniger  und  der  September  M.  2415.80  weniger  als 
die  nämlichen  Monate  des  Jahres  1891 ;  der  Gesamtbetrag  der  drei  Einnahme¬ 
posten  bleibt  indes  hinter  dem  vorjährigen  nur  um  M.  685.10  zurück. 

Die  Zahl  der  Konzerte  haben  wir,  den  Wunsch  vieler  Aktionäre  und 
Abonnenten  gern  erfüllend,  dadurch  vermehrt,  daß  wir  seit  Ende  Januar  1892 
auch  an  den  Sonntagen  der  Wintersaison  solche  regelmäßig  stattfinden  lassen  ;  die 
sonstigen  Konzerte  sind  in  dem  seit  Jahren  herkömmlichen  Umfange  beibehalten 
und  die  Sonutagskonzerte  der  Sommersaison  zum  Teil  als  Doppelkonzerte  aus¬ 
geführt  worden. 


245 


Die  J ah  r  e  s- S ub  v  e  n  t  i  o lien  von  M.  3000  und  M.  5000  wurden  unserem 
Institut,*  wie  seit  Jahren,  seitens  der  hochlöblichen  Provinzial-  und  städtischen 
Behörden  auch  für* das  Jahr  1892  wieder  bewilligt,  und  von  unserer  Gegen¬ 
leistung,  dem  freien  Eintritt  für  sämtliche  Volksschulen  der  Stadt  und  Provinz 
je  einmal  im  Jahre,  wurde  in  erfreulichem,  für  die-  Förderung  des  naturkund¬ 
lichen  Unterrichts  ersprießlichem  Umfange  Gebrauch  gemacht. 

Die  Einnahme  auf  Pachten-  Konto,  M.  10,570,  betrug  M.  200  weniger 
als  im  Vorjahre,  als  Folge  davon,  daß  wir  im  Laufe  des  Jahres  beschlossen 
haben,  bei  Vergebung  der  Säle  an  Vereine,  geschlossene  Gesellschaften  u.  s.  w. 
von  Erhebung  einer  Saalmiete  abzusehen;  dagegen  beläuft  sich,  wie  vorgreifend 
erwähnt  sei,  die  Restaurationspacht  vom  1.  April  1893  ab  um  M.  2000  jährlich 
höher  als  bisher. 

Die  unter  Führer-V erlags-Konto  aufgeführte  Einnahme  von  M.  240.25 
stellt  den  im  Laufe  des  Jahres  erzielten  Reingewinn  an  verkauften  Führern 
und  Gartenplänen  dar. 

Zu  den  Ausgabepo sten  sei  folgendes  erläuternd  bemerkt:  Das  Futter- 
Konto  beanspruchte  infolge  hoher  Preise  fast  aller  Futterstoffe  um  M.  1940.95 
mehr,  das  Heizungs-Konto  um  M.  275.45  weniger  als  im  Vorjahre;  das 
Gehalte-Konto  war,  etatsmäßiger  Festsetzung  entsprechend,  um  M.  2620 
höher  infolge  von  Gehalts-  und  Lohnerhöhungen  und  Annahme  eiues  Bureau¬ 
gehülfen  auch  für  die  Wintermonate',  auf  Garten-Anlage- Konto  wurden 
M.  8071.38  mehr  verausgabt  infolge  von  umfangreichen  und  kostspieligen  Erd¬ 
bewegungen  und  Veränderungen  der  Anlagen,  auf  die  wir  weiter  unten  näher 
eingehen  werden;  das  B aureparatur en-Ko nto  weist  eine  Mehrausgabe  von 
M.  4143.08  gegen  das  Vorjahr  auf;  einbegriffen  sind  darin  außer  mannigfachen 
Reparaturen  auch  die  Kosten  des  Neubaus  eines  Gewächshauses  und  der  Ein¬ 
führung  von  Wasserleitung  und  Warmwasserheizung  im  großen  Raubtierhause 
die  Ausgaben  auf  K  on  zert-Konto  erhöhten  sich  infolge  der  schon  erwähnten 
Einführung  von  Sonntags- Konzerten  in  den  Wintermonaten  um  M.  1720.15; 
auf  Tier-Ergänzungs-Kon  to  wurden  für  Tierankäufe  M.  10,004.64  veraus¬ 
gabt  und  für  verkaufte  Tiere  u.  s.  w.  M.  8294.91  vereinnahmt;  es  sind  mithin 
M.  1709.73  mehr  verausgabt  als  vereinnahmt,  und  dieser  Betrag  ist  als  Aus¬ 
gabeposten  in  Rechnung  gestellt;  dem  Kranken-  und  Unterstützungs- 
Konto  wurde  laut  Etatsfestsetzung  ein  von  M.  500  auf  M.  1000  erhöhter  Be¬ 
trag, 'auch  für  die  Folge,  zugewiesen.  Die  übrigen  Betriebs- Ausgabeposten  sind 
auf  ungefähr  gleicher  Höhe  wie  im  Vorjahre  geblieben. 

"Der  Reservefonds  wurde  um  M.  23.60  verstärkt  auf  M.  4229.73  und 
dem  Ergänzungsfonds  wurden  M.  3374.90  zugeschrieben;  sein  Bestand  er¬ 
höhte  sich  hierdurch  und  durch  Zinsertrag  auf  M.  20,723.12. 

Zu  Abschreibungen  wurden  M.  5132.32  verwandt,  davon  auf  Inven- 
tarien-  Konto  25  Prozent  und  auf  Pflanzen -Konto  95  Prozent  des  Buchwertes. 

Der  Schätzungswert  des  Pflanzenbestandes  beträgt  M.  4545,  zu 
Buch  steht  er  mit  M.  45. 

Der  Tierbestand  ist  in  der  Bilanz  wieder  zum  alten  Buchwerte  von 
M.  62.165,  bedeutend  unter  dem  weiter  unten  aufgeführten  Schätzungswerte, 
eingestellt. 

Das  Effek  ten- K  onto  weist  einen  Bestand  von  M.  32,313.25  auf.  Außer 
den  -schon  aufgeführten  Beträgen  des  Reservefonds  und  des  Ergänzungsfonds 


246 


schließt  dasselbe  den  Kranken-  und  Unterstützungsfonds  mit  M.  2860.40  und 
an  Kautionen  M.  4500  in  sich. 

Die  sechste  Auslosung  der  Obligationen  ifnserer  Anleihe  hat 
planmäßig  am  16.  Mai  1892  stattgefunden.  Nach  Einlösung  der  bis  zum  Jahres¬ 
schluß  eingereichten  Obligationen  blieben  deren  noch  263  Stück  im  Werte  von 
M.  131,500  in  Umlauf. 

Die  Rechnungen  und  Geschäftsbücher  der  Gesellschaft  für  1892 
sind  von  den  Herren  Revisoren  laut  Protokoll  statutenmäßig  geprüft  und  richtig 
befunden  worden.  An  Stelle  der  ausfallenden  Dividende  wurde  durch  Beschluß 
der  ordentlichen  Generalversammlung  wiederum  in  herkömmlicher  Weise  den 
Aktionären,  neben  dem  mit  ihrem  Aktienbesitz  verbundenen  Recht  auf  freien 
Eintritt,  ein  Prozent  in  Eintrittskarten  gewährt. 

An  baulichen  Herstellungen  seien  hervorgehoben :  der  einem 
langgefühlten  gärtnerischen  Bedürfnis  abhelfende  Neubau  eines  Pflanzenver¬ 
mehrungshauses,  zu  welchem,  wie  vorgreifend  erwähnt  sei,  in  diesem  Jahre 
noch  ein  schmales,  an  die  Heizung  des  ersteren  anzuschließendes  Erdhaus  hin¬ 
zutritt,  der  Ersatz  der  Luftheizung  des  großen  Raubtierhauses  durch  eine  Warm¬ 
wasserheizung,  die  Einführung  der  Wasserleitung  in  dasselbe  Haus  unter  Ein¬ 
richtung  eines  Springbrunnens  in  einer  Tuffsteinnische  und  der  Spülung  der 
Rinnen  längs  der  Käfige,  die  Hebung,  Untermauerung  und  teilweise  Erneuerung 
des  Bisonhauses,  der  Bau  eines  Schuppens  für  Zwecke  der  Gärtnerei  neben  dem 
alten  Gewächshause,  die  Be-  und  Entwässerungs- Anlagen  für  zwei  Beamten¬ 
wohnhäuser  und  zwei  Gewächshäuser,  eine  teilweise  Erneuerung  der  Luft¬ 
heizung  des  Saalbaus  und  die  Anlage  zweier  großer  Senkgruben  für  Bedürfnis¬ 
anstalten. 

Für  die  Gartenanlagen  haben  wir  im  Berichtsjahre  außergewöhnlich 
hohe  Aufwendungen  gemacht  zur  Ausführung  unserer  im  vorigen  Geschäfts¬ 
bericht  bereits  mitgeteilten  Absicht,  die  den  Überschwemmungen  am  meisten 
ausgesetzten  tiefgelegenen  Teile  des  westlichen  Ufers  des  großen  Teichs  .  in 
ähnlicher  Weise  zu  erhöhen,  wie  im  Jahre  1889  der  nordwestliche  Teil  des 
Gartens  erhöht  worden  ist.  Den  zu  dieser  Anhöhung  erforderlichen  Boden 
haben  wir  zum  Teil  durch  Verkleinerung  der  Insel  des  großen  Teichs  ge¬ 
wonnen  und  dadurch  zugleich  eiue  Erweiterung  der  Wasserfläche  und  land¬ 
schaftliche  Umgestaltung  der  Teichumgebung  erreicht,  eine  bedeutende  Meuge 
Boden  aber  haben  wir  außerdem  fuhrenweise  ankaufen  müssen.  Der  ges'amte 
Uferrand  des  großen  Teichs  sowie  der  Insel  ist  in  derselben  Weise  wie  vor 
4  Jahren  das  Ufer  des  kleinen  Teichs  durch  ausgefugtes  Granitpflaster  befestigt 
worden,  nachdem  zuvor  das  Wurzelgestrüpp  und  die  zahllosen  Pappeln  wilder 
Aussaat,  von  denen  Teichufer  und  Insel  überwuchert  waren,  ausgerodet  und 
der  Boden  tief  rigolt  worden  war.  Durch  Schenkung  eines  Teils  der  zu  der 
Abpflasterung  erforderlichen  Granitbruchsteine  haben  die  Firmen  Völker  & 
Nicolaier  hier  und  C.  Kulmitz  in  Saarau  dem  Garten  wiederum  ihr  Wohl¬ 
wollen  bethätigt.  Auf  einem  erhöhten  Vorsprung  des  westlichen  Teichufers  ist 
eiu  schöner  von  der  Firma  W.  Voigt  &  II.  Kretzner,  Dachfalzziegel fabrilc 
»Wilhelmshöhe«  in  Kunzendorf  N.-L.,  geschenkter  Aussichtspavillon  errichtet 
und  das  Fundament  desselben  durch  Bekleidung  mit  Tuffsteinen  als  Tuffstein¬ 
felsen  gestaltet  worden.  Unsere  Aktionäre  werden  sicher  unserer  Meinung  bei¬ 
pflichten,  daß  die  für  die  Umgestaltung  der  Teicbufer  gemachten  Aufwendungen 


247 


neben  dem  praktischen  Zweck  der  Verhütung  von  Überschwemmungen  auch 
eine  wesentliche  Verschönerung  eines  großen  Teils  unserer  Farkanlage  herbei¬ 
geführt  haben.  —  In  nächster  Nähe  des  Konzertplatzes,  au  der  Stelle,  die  zuvor 
der  photographische  Zwinger  von  0.  Anschütz  einnahm,  haben  wir  einen  Kinder¬ 
spielplatz  angelegt  und  damit  dem  Wunsche  vieler  Eltern  entsprochen.  Für 
Zwecke  der  Gärtnerei  haben  wir  in  der  Nähe  des  Gartens,  in  Grüneiche,  einen 
eingezäunten  "Garten ,  zunächst  auf  3  Jahre,  gemietet,  da  im  zoologischen 
Garten  selbst  Platz  für  diese  Zwecke  leider  ebenso  wenig  verfügbar  ist  wie 
für  manche  andere  wünschenswerte  Einrichtungen  und  Neuanlagen. 

Der  Tier  best  and  betrug  am  Schlüsse  des  Jahres  1892:  450  Säuge¬ 
tiere,  1107  Vögel,  98  Kriechtiere  und  Lurche,  insgesamt  1655  Tiere. 

Am  Schlüsse  des  Vorjahres  betrug  die  Gesamtzahl  der  Tiere  1710.  Der 
durchweg  mäßig  veranschlagte  Schätzungswert  des  Tier  bestand  es 
beläuft  sich  auf  M.  91,701,  M.  3199  weniger  als  im  Vorjahre. 

Geboren  wurden  im  Laufe  des  Jahres:  4  Löwen,  2  Pademelons, 
1  Burchells  Zebra,  1  Shetlandpony,  2  Wapitis,  2  Edelhirsche,  2  Damhirsche, 
1  Mähnenschaf,  1  Yak,  2  Zebus,  1  Pekari  und  eine  Anzahl  Rassehunde,  Fett¬ 
steißschafe,  Angora-  und  Zwergziegen  und  kleinere  Nagetiere  verschiedener 
Arten.  Davon  sind  im  Laufe  des  Jahres  eingegangeu:  1  Löwe  und  1  Burchells 
Zebra.  Erbrütet  wurden:  Halsband-,  Nymphen-  und  Wellensittiche,  1  Gebirgs- 
lori,  Ceresastrilde,  Zebrafinken,  japanische  Möwchen,  1  Schopftaube,  Lachtauben, 
Pfauen,  grauköpfige  Sultanshühner,  Nilgänse  und  verschiedenes  Rassegeflügel. 

Unter  den  Tiergesc  henken  sind  hervorzuheben :  2  Mantelpaviane  von 
Herrn  Schiffskapitän  Elson  in  Hamburg,  2  Rhesusaffen  von  Herrn  Kaufmann 
C.  Fleischer  hier,  1  Babuin  von  der  Philomathie  in  Neisse,  1  grüne 
Meerkatze  von  Herrn  Dr.  Sandberg  hier,  1  Wildschwein  von  Seiner  Durch¬ 
laucht  dem  Erbprinzen  zu  Hohenlohe  auf  Slawentzitz,  1  Rehbock  von 
Herrn  Rittergutsbesitzer  Lieutenant  Boas  auf  Langenau,  Kreis  Trebnitz,  2  Nil¬ 
warane,  1  blasser  Uhu,  1  Weißohreule,  10  Halsbandtaubeu  und  2  Clapperton- 
Frankoline  von  Herrn  Stabsarzt  Gaertner  in  Dar-es-Salaam,  eine  Anzahl  aus¬ 
ländischer  Sing-  und  Schmuckvögel  von  Herrn  Kanzleirat  Blottner  hier,  eine 
dgl.  von  Herrn  Direktor  Springer  hier,  1  Portoriko  -  Amazone  von  Fräulein 
Ilgner  in  Neiße,  1  Grünflügelara  von  Herrn  Moritz  Altmann  hier  und 
1  Mantelmöwe  von  Herrn  Neukireh  hier. 

Von  den  im  Laufe  des  Jahres  angekauften  und  eingetauschten 
Tieren  seien  erwähnt:  1  weißer  Wolf,  1  Blendling  von  Haushund  und  Wölfin, 
1  paar  rote  Kängurus,  1  Guanako,  2  Zwergmoschustiere,  2  Mähneuschafe,  6  Fett¬ 
steißschafe,  3  Zackelscliafe,  3  englische  Heideschafe,  1  Yak,  1  Büffel,  1  Paar 
japanische  Weißbartschweine,  1  Somalistrauß,  4  Nandus.  1  Schwarzhalsschwan, 
1  Helmbuschturako  und  mehrere  Riesenschlangen  verschiedener  Arten. 

Die  Tierverluste  beliefen  sich  auf  132/ä  Prozent  des  Schätzungswertes 
gegen  5^2  Prozent  im  Jahre  1891.  Ein  besonders  schwerer  Verlust  war  der 
des  im  Mai  1888  aus  dem  Ertrage  der  Lotterie  angekauften  zweihörnigen  Nas¬ 
horns;  der  Tod  dieses  Tieres  ist  umsomehr  zu  beklagen,  als  es  das  einzige  und 
letzte  noch  in  Europa  lebende  seiner  Art  war  und  wenig  Aussicht  vorhanden 
ist,  daß  von  derselben  in  absehbarer  Zeit  wieder  lebende  Exemplare  zu  uns 
gelangen.  Die  unter  bereitwilligst  gewährter  Mitwirkung  des  Direktors  des 
pathologischen  Instituts  der  Universität  Herrn  Geheimrats  Professor  Dr. 


v 


248 


Po ii fick  und  seiner  Assistenten  ausgeführte  Obduktion  des  Tieres  und  die  im 
genannten  Institut  vorgenommeue  mikroskopische  und  bakteriologische  Unter¬ 
suchung  ergaben  als  Todesursache  Tuberkulose,  deren  Entstehung  ohne  Zweifel 
auf  den  zehnjährigen  Zeitraum  zurückzuführen  ist,  den  das  Tier,  bevor  es  in 
unseren  Besitz  gelangte,  in  dem  engen  Baum  eines  Menageriewagens  verlebt 
hatte.  An  sonstigen  wertvolleren  Tieren  starben’.  1  junges  Burchells  Zebra 
an  Wurmkachexie,  1  Kamel  an  Leberegeln,  1  Somalistrauß  an  Diphtheritis, 

2  Bennettskängurus  an  Aktinomykose,  1  Leopard  und  ein  Bison  an  Tuber¬ 
kulose,  1  Tapir  an  Magen-  und  Darmentzündung,  1  Baribal  an  Darmentzündung. 

Yon  Zuwendungen  an  Bäumen,  Pflanzen  und  Samen  seien  er¬ 
wähnt:  eine  Anzahl  größerer  Bäume  von  Herrn  Adolph  Grunwald  hier, 

3  Musa  enscnte  von  der  städtischen  P ark v  e r  w altung  hier,  1  dgl.  von 
Herrn  Partikulier  Ilennig  hier,  1000  junge  Fichten  von  Herrn  Sanitätsrat 
Dr.  Jänisch  in  Wölfeisgrund,  eine  Anzahl  Gehölze  von  Frau  Direktor  Söhndel 
hier,  eiue  Sammlung  Warmhauspflanzen  von  Herrn  Dr.  Lauterbach  auf 
Stabeiwitz  und  einige  Säcke  Grassamen  von  Herrn  S.  Friedeberg  hier. 

Zum  Schlüsse  unseres  Berichts  genügen  wir  der  gern  erfüllten  Pflicht,  den 
zahlreichen  Bewohnern  unserer  Stadt  und  Provinz  und  den  in  überseeischen 
Ländern  weilenden  Schlesiern,  die  dem  Garten  Beweise  ihres  Wohlwollens  haben 
zu  teil  werden  lassen,  unseren  besten  Dank  auch  an  dieser  Stelle  auszusprechen. 
Breslau,  den  13.  Mai  1893. 

Gewinn-  und  Verlust-Konto  für  1892. 


Debet .  m.  Pf. 

An  Futter-Konto,  verbrauchtes  Futter .  35,005.74 

»  Gehalte-  und  Emolumente-Konto .  24,077.62 

»  Garten-Anlage-Konto,  für  Arbeitslöhne,  Granitsteine,  Schutt  u.  s.w.  14,846.22 

»  Zinsen-Konto,  Obligationszinsen  u.  s.  w . M.  6,080.80 

ab:  vereinnahmte  Depotzinsen . .  »  354.75  5,726.05 

v  Baureparaturen-Konto .  16,936.39 

»  Inventar-Ergänzungs-Konto,  für  Reparaturen  und  Ersatzstücke  .  1,646.77 

»  Tier-Ergänzungs-Konto  für  Tier-Ankäufe  .  .  .  .  M.  10,004.64 

ab:  für  verkaufte  Tiere,  Eier,  Kadaver  u.  s.  w.  .  .  »  8,294.91  1,709.73 

»  Beheizungs-,Beleuchtungs-  und  Bereinigungs-Konto .  4,999.38 

»  Druck-und  Inserate-Konto,  für  Billets,  Plakate, Fachschriften  u.s.  w.  3,228.23 

»  Konzert-Konto,  für  Musik . 8,052.50 

»  Abgaben-  und  Versicherungs-Konto .  1,640.60 

»  Unkosten-Konto,  Gerichts-  und  Notariatskosten,  Stempel,  Porti, 

Kontobücher,  Papier  u.  s.  w .  873.90 

»  Wasserversorgungs-Konto,  Wasserverbrauch . -2,047.80 

»  Kranken-  und  Unterstützungs-Konto .  1,000. — 

»  Reservefonds-Konto,  Zuschreibung .  23.60 

»  Ergänzungsfonds-Konto,  dergl .  3,374.90 

Abschreibungen: 

Inventarien-Konto . M.  4,279.32 

Pflanzen-Konto . »  853. —  5,132.32 

»  Bilanz-Conto,  Gewinn-Überschuß . . . 188. — 


130,509.75 


249 


Credit .  M  pt 

Per  Gewinn-Vortrag  vom  vorigen  Jahre .  472. — 

»  Garten- Entree-Konto,  Jahres-Ein nähme  .  .  .  M.  67,397.40 

»  Abonnenten-Konto,  Jahres-Einnahme . »  42,355.50 

»  Reitbillets-Konto,  Jahres-Einnahme . »  1,474.60  111,227.50 

»  Subventions-Konto: 

Subvention  der  Stadtcommune . M.  5,000. — 

Subvention  des  Provinziallandtages . »  3,000.—  8,000. — 


»  Pachten-Konto  Pacht  für  Restauration,  Selterhallen  u.  s.  w.  .  10,570. — 

»  Führer  -  Verlags  -  Konto  Nutzen  an  verkauften  Führern  und 

Garten  planen .  240.25 

130,509.75 


Bilanz  für  1892. 
Debet. 

An  Grundstück-Konto: 

a)  Grundstück  Altscheitnig  No.  31  »grünes 

Schiff«  nebst  den  darauf  befindlichen 
Baulichkeiten  .  . . 

b)  Baulichkeiten  auf  städtischem  Terrain . 

»  Inventarien-Konto,  Vortrag  vom  vorigen  Jahre 
ab:  Abschreibung  25°/o . 

»  Pflanzen  -  Konto,  Bestand  an  Palmen  und 

Gewächshauspflanzen . 

ab  :  Abschreibung  95°/o . 


M.  165,358.23 


.  » 

126,165.  - 

291,523.23 

.  » 

17,117.40 

.  » 

4,279.32 

12,838.08 

.  M. 

898.— 

.  » 

853.— 

45.— 

»  Tier-Konto,  Tierbestand  laut  Buch .  62,165. — 

»  Futter-Konto,  Inventurbestand . 1,471.41 

»  Beheizungs-,  Beleuchtungs-  und  Bereinigungs- Konto,  Bestand 

an  Steinkohlen . .  ....  152.77 

»  Kassa-Konto,  Baarbestand . 18.12 

»  Effekten-Konto,  Bestand  an  Effekten . 32,313.25 

»  Kouto-Korrent-Konto,  Debitores . 2,199.69 


402,726.55 


Credit. 

Per  Aktien- Kapital-Konto,  1582  Stück  Aktien  M.  ä  150  .  237,300. — 

»  Partial-Obligationen-Konto,  263  Stück  4°/o  Partial  Obligationen 

M.  ä  500  .  131,500  — 

»  Kautions-Konto,  Kautionen  des  Direktors,  des  2.  Beamten  und 

des  Restaurateurs .  4,500.— 

»  Reservefonds-Konto,  Reservekapital .  4,229.73 

»  Krankeu-undUnterstützungs-Konto, BestanddesUnterstützungsfonds  2,860.40 

»  Ergänzungsfonds-Konto,  Bestand  des  Ergänzungsfonds  ....  20,723.12 

»  Konto-Korrent-Konto,  Creditores .  1,425.30 

»  Gewinn-  und  Verlust-Konto,  Gewinn-Überschuß . . _ 188.— 


402,726.55 


250 


Korrespo  11  <1  e  n  z  e  n. 


Frankfurt  a.  M.,  10.  Juli  1893. 

Im  vorigen  Jahrgange  dieser  Zeitschrift,  S.  257,  teilt  Herr  Direktor  Dr.  W  un- 
d  er  lieh  einen  interessanten  Bericht  über  die  Fortpflanzung  des  Ararauna, 
Ara  ararauna  L.  (bei  lleichenow  Sittace  caerulea  Gmel.)  in  dem  Tierparke  von 
H.  H.  Sharland  in  La  Fontaine  hei  Tours  mit.  Der  von  Sharland  gezüchtete 
Ararauna  wird  in  dem  Aufsatze  als  der  erste  in  Gefangenschaft  gezüchtete 
Ara  bezeichnet.  Es  sei  gestattet,  hierzu  zu  bemerken,  .daß  mir  zwei  Mit¬ 
teilungen  über  früher  vorgekommene  Fälle  von  Fortpflanzung  von  Aras  in 
Gefangenschaft  bekannt  sind.  Zunächst  findet  sich  in  den  meisten  einschlägigen 
Werken  eine  Bemerkung,  wonach  gerade  der  Ararauna,  einer  Angabe  B o  urj  ets 
zufolge,  schon  im  Jahre  1818  zu  Caen  in  Gefangenschaft  genistet  haben  soll 
(ob  mit  Erfolg,  weiß  ich  nicht).  Sodann  steht  bei  der  Schilderung  des  Rot- 
rückenara  oder  Marakana,  Ara  maracana  Vieill.  (bei  Reichenow  Sittace  illigeri 
Tein.)  in  Ruß  »Handbuch  für  Vogelliebhaber«,  3.  Auflage,  folgende  Notiz: 
»Ein  Pärchen  erbrütete  bei  Dr.  Frenzei  ein  Junges,  welches  jedoch  nur 
wenige  Tage  alt  wurde.  Gatten  sehr  zärtlich.  Nisteten  zuerst  im  Juni  1880. 
Gelege  zwei  Eier;  Weibchen  brütet  allein,  gefüttert  vom  Männchen.  Während 
der  Brut  ruhig,  fast  lautlos;  Männchen  dann  böse,  biß  selbst  Edelpapageien. 
Zweite  Brut  Mai  1881.  Brutdauer  24  Tage.  Nach  der  letzten  Brut  wurden 
die  Alten  so  sebreiwütig  und  bösartig  gegen  andere  Vögel,  daß  Dr.  F.  sie 
fortgab«.  Diese  Beobachtungen  stimmen  mit  den  später  von  Sharland  ge¬ 
machten  im  wesentlichen  überein.  C.  P. 


Münster,  am  16.  Juni  1893. 

Ein  Schwalbennest  auf  einem  U  h  u  b  a  1  g  e.  .  Gelegentlich 
einer  Exkursion  nach  dem  bei  Münster  i.  W.  gelegenen  Dörfchen  Angelmodde 
machte  ich  die  Bekanntschaft  des  dortigen  Lehrers,  des  Herrn  J  ü  d  e.  Als  de 
Herr  im  Laufe  des  Gespräches  vernahm,  daß  ich  Zoologe  bin,  glaubte  er  mich 
auf  ein  interessantes  Schwalbennest  in  seiner  Wohnung  aufmerksam  machen  zu 
müssen.  Dasselbe  erregte  allerdings  mein  berechtigtes  Staunen  und  dürfte  auch 
weitere  Kreise  interessieren.  Auf  dem  zweifensterigen  etwa  6  m  langen,  aber 
nicht  viel  über  2  m  hohen  Schlafzimmer  des  Herrn  Jüde  war  über  der  den 
Fenstern  gegenüber  befindlichen  Eingangsthüre  der  Balg  eines  Uhus  an  die 
Wand  genagelt;  derselbe  bestand  aus  Kopf,  Flügeln,  Schwanz  und  der  die¬ 
selben  verbindenden  Rückenpartie.  Um  den  Kopf  desselben  hatte  ein  Schwalben¬ 
pärchen,  Hirundo  rustica ,  sein  Nest  derartig  angebracht,  daß  nur  Schnabel  und 
Augenhöhlen  noch  deutlich  wahrnehmbar  sind.  Den  Weg  zu  ihrer  Niststellc 
mußten  die  Schwalben  über  eine  anstoßende  schmale  Mansardenstube  nehmen, 
deren  Fenster  ebenso  wie  die  Verbindungsthüre  stets  geöffnet  waren.  Die 
Tierchen  störten  sich  sehr  wenig  an  die  Gegenwart  ihres  Wirtes.  Nur  an 
den  ersten  Abenden,  nachdem  das  Weibchen  mit  dem  Brüten  begonnen  hatte, 
zeigte  es  beim  Anzünden  der  Lampe  einige  Unruhe,  aber  diese  verlor  sich  sehr 
bald.  Als  ich  am  6.  oder  7.  Tage  der  Brutzeit  mir  das  Nest  ansah  und  dabei 
unmittelbar  unter  demselben  ein  lebhaftes  Gespräch  führte,  die  Höhe  des 


Zimmers  mit  der  Hand  maß  u.  s.  w.,  blieb  die  Schwalbe  ruhig  auf  ihren  Eiern 
sitzen.  —  Die  Liste  merkwürdiger  Nistplätze  dürfte  durch  den  oben  be¬ 
schriebenen  Fall  um  einen  sehr  interessanten  vermehrt  sein. 

LI.  Kecker. 


Kleinere  Mitteilungen. 

Die  Schimpansen  im  zoologischen  Garten  in  Cincinnati. 
Über  fünf  Jahre  sind  nun  die  beiden  Rooney’s  (ihr  Spitzname)  im  zoologischen 
Garten,  waren  in  dieser  Zeit  stets  der  Hauptanziehungspunkt  und  werden  es 
auch  bleiben.  Dieselben  sind  in  den  fünf  Jahren  ungemein  gewachsen  und 
haben  au  dem  Reck,  wo  sie  eifrig  turnen,  ihre  Glieder  gestählt:  Sie  nehmen 
noch  jedesmal  ihre  Mahlzeiten  am  gedeckten  Tische,  essen  mit  Löffel  und 
Gabel  und  wischen  sich  nach  gehabter  Mahlzeit  mit  der  Serviette  gar  säuberlich 
den  Mund.  Die  Möbel,  Sophas,  Schaukelstuhl,  Spiegel  u.  s.  w.,  mit  welchen 
ein  Enthusiast  ihren  Käfig  vor  fünf  Jahren  ausstaffiert  hatte,  sind  längst  alle 
von  Rat,  dem  Männchen,  nach  Art  der  Kinder,  die  keine  Ruhe  haben,  bis  ihr 
Spielzeug  zerbrochen  ist,  total  ruiniert  worden.  Der  Schaukelstuhl  war  mit 
einer  Kette  am  Roden  befestigt,  wurde  aber  nach  vielen  vergeblichen  Ver¬ 
suchen  endlich  doch  von  der  Kette  losgerissen  und  nun  war  es  Rat  eiu 
leichtes,  denselben  in  seine  Bestandteile  zu  zerlegen.  Das  lederne  Sofa  wider¬ 
stand  seinen  Zerstörungsversuchen  längere  Zeit,  aber  als  er  einmal  eine  kleine 
Ecke  des  Lederüberzugs  losbekommeu  hatte,  da  war  auch  das  Zerstörungswerk 
in  kurzer  Zeit  vollendet.  Schlauer  Weise  waren  die  Schimpansen  ganz  ruhig 
und  ordentlich,  so  lange  der  Wärter  in  der  Nähe  war  oder  ein  Auge  auf  sie 
hatte.  Kaum  aber,  sobald  sie  sich  nicht  beobachtet  glaubten ,  ging  das  Zer¬ 
störungswerk  vor  sich,  wobei  das  Weibchen  aufpaßte,  ob  der  Wärter  nicht 
komme  und  dann  Rat  wieder  unschuldig  dreinschaute. 

Kürzlich  nun  war  eine  Reparatur  im  Fußboden  des  Käfigs  notwendig,  und 
der  Zimmermann  betrat  unter  dem  Schutze  des  Wärters  den  Käfig.  Rat  hielt  sich 
in  der  entgegengesetzten  oberen  Ecke  des  Käfigs  am  vierten  Gitter  fest,  während 
der  Wärter  zwischen  ihm  und  dem  am  Boden  arbeitenden  Zimmermann  stand. 
In  dem  Augenblick,  als  der  Wärter  seine  Augen  von  Rat  ab  wandte  und  dem 
kuieenden  Zimmermann  seinen  Hammer  reichte,  sprang  Rat  mit  einem  Riesen¬ 
sprung  über  den  Wärter  hinweg,  dem  Zimmermann  auf  den  Riickeu  und 
stieß  ihm  den  Kopf  gegen  das  Gitter;  zugleich  fuhr  eine  Hand  des  Affen  ihm 
ins  Gesicht  *und  suchte  sich  an  der  Nase  festzuhalten.  Der  unerwartete 
Angriff  hatte  den  Zimmermann  so  verdutzt,  daß  er  mit  Hinterlassung  seiner 
Werkzeuge  auf  allen  Vieren  sich  schleunigst  zurückzog,  während  Rat  schon 
wieder  in  seiner  oberen  Käfigecke  saß  und  den  Wärter,  der  mit  der  Peitsche 
zum  Schlag  ^usgeholt,  aber  nicht  getroffen  hatte,  beobachtete.  Derselbe 
verließ  nun  auch  den  Käfig,  worauf  die  Affen  sich  mit  den  Werkzeugen 
beschäftigten.  Er  ergriff  den  Hammer  und  versuchte  nun  deu  Nagel,  welchen 
der  Zimmermann  einzuschlagen  im  Begriff  war,  einzutreiben,  was  ihm  auch 
wirklich  nach  einigen  Minuten  gelang,  während  sie  mit  dem  Winkeleisen  die 
Rückwand  des  Käfigs  abmaß  und  dabei  mit  der  Kreide  allerlei  Striche  machte. 


252 


Er  marschiert  sehr  oft  auf  zwei  Beinen  im  Käfig  umher,  wobei  dieselben 
weit  ausgestreckt  von  einander  stehen.  Die  Kniee  biegen  sich  nicht  bei  der 
Vorwärtsbewegung,  während  die  Hände  die  Schenkel  festhalten  und  nun  durch 
Hin-  und  Herwackeln  bald  der  rechte,  bald  der  linke  Fuß  vortritt.  Oft  um 
von  einem  Platz  zum  andern  zu  kommen  machen  sie  Purzelbäume  und  rollen 
wie  eine  Kugel  im  Käfig  umher.  Das  Familienleben  ist  ein  ziemlich  ruhiges, 
man  hört  nur  selten  einen  ernstlichen  Wortwechsel.  Mir  können  sie,  wie  es 
.scheint,  nicht  verzeihen,  daß  ich  sie  einmal  mit  dem  Spiegel  angeführt 
habe,  denn  sowie  ich  an  den  Käfig  trete,  sucht  mir  Rat  eine  Handvoll  Stroh 
ins  Gesicht  zu  werfen  und  sie  mich  anzuspucken,  was  mich  aber  nicht  treffen 
kann,  da  Glasscheiben  zwischen  mir  und  dem  Gitter  sind.  Einige  leichte 
Anfälle  von  Katarrh  abgerechnet,  haben  die  beiden  Tiere  sich  immer  einer 
guten  Gesundheit  erfreut  und  der  zoologische  Garten  hofft  dieselben  noch  lange 
zu  behalten  und  vielleicht  Nachkommenschaft  zu  erzielen. 

'  Dr.  A.  Zipp erlen. 

Der  zoologische  Garten  bei  Kopenhagen  hat  leider  am  25.  Mai 
das  eine  Exemplar  seines  sehr  schönen  Elefanten-Paares  verloren,  nämlich  das 
Weibchen.  Als  Todesursache  zeigte  sich  nach  der  stattgefuudenen  Obduktion 
eine  hartnäckige  Verstopfung  mit  danach  folgenden  Gedärmverschlingungen; 
trotz  Einspritzen  mit  Pilocarpin,  und  aller  Vorsicht,  war  das  schöne  Tier 
doch  nicht  zu  retten.  Vom  Samstag,  den  20.  Mai,  bis  zum  25.  Mai  wollte 
das  Tier  durchaus  gar  keine  Nahrung,  nicht  einmal  feines  frisches  Gras,  zu 
sich  nehmen,  sondern  ab  und  zu  nur  Wasser  trinken  ;  sobald  aber  nur  das 
geringste  Glaubersalz  hineiDgethan  war,  wollte  es  auch  dieses  nicht  trinken, 
und  die  Heilkunst  der  Veterinäre  zeigte  sich  hier  ganz  vergebens. 

Das  hiesige  Elefanten-Paar,  »Chang«  und  »Eng«  genannt,  wurde  dem 
Garten  im  Jahre  1878  vom  Herrn  Konsul  Köbke  in  Bangkok  geschenkt  und  waren 
damals. zwischen  5  und  6  Jahre  alt,  und  zwischen  65  und  68  dänischen  Zoll  hoch. 

Der  männliche  Elefant  (»Chang«)  ist  jetzt  101  Zoll  hoch,  und  das  jetzt 
verstorbene,  weibliche  Exemplar  (»Eng«)  maß  jetzt  99  Zoll,  und  wog  jetzt 
zwischen  7  und  8,000  dänische  Pfund. 

Der  Verlust  dieses  Tieres  ist,  ganz  natürlich,  kein  unbedeutender  für  un¬ 
seren  zoologischen  Garten,  indem  die  beiden  Tiere  im  Laufe  der  Jahre  die 
Lieblinge  des  Publikums  geworden  und  im  ganzen  ungemein  hübsch  und  gut 
waren.  A.  v.  Klein. 

Paviane  als  Raubtiere.  Nach  Mitteilungen  von  Farmern  im  Kaplande 
sollen  die  dort  lebenden  Bärenpaviane  ( Cynocephalus  porcarius )  in  manchen 
Distrikten  die  Gewohnheit  angenommen  haben,  die  von  den  Ansiedlern  ge¬ 
haltenen  Schafe  und  Ziegen  zu  überfallen  und  zu  verzehren.  Es  wurden  Bei¬ 
spiele  erzählt,  daß  die  Paviane  zwanzig  Ziegen  töteten,  aufbrachen  und  die 
inneren  Teile  fraßen.  Ob  die  Affen  aus  Mangel  an  ihrer  natürlichen  Nahrung 
oder  aus  einem  anderen  Grunde  sich  als  Raubtiere  zeigen,  ist  noch  nicht 
aufgeklärt.  »The  Field.« 

Neue  Hirschart.  In  der  Sitzung  der  Londoner  Zoologischen  Gesell¬ 
schaft  vom  2.  Mai  d.  J.  wurde  von  W.  T.  Blanford  der  Vorschlag  gemacht,  eine 
von  Dr.  W.  G.  Thorold  200  Meilen  nordöstlich  Chasas  in  einer  Höhe  von 
13,500  Fuß  über  dem  Meeresspiegel  gefundene  Hirschart  Cervus  thoroldi  zu 
nennen.  Z.  Soc.  of  L. 


* 


253 


Ameisenregen.  Dem  »Leipz.  Tageblatt«  schreibt  der  bekannte  Zoologe 
J.  Marshall,  daß  ein  Ameisenregen  an  einem  Donnerstag  Morgen  über  die 
Stadt  niedergegangen  sei  und  zwar  habe  dies  folgende  Bewandtnis:  Die  Kolo¬ 
nien  oder  Städte  der  Ameisen  haben  dreierlei  Bewohner,  wie  die  Bienenkörbe; 
Weibchen  (Ameisenköniginnen),  Männchen  (Ameisendrohnen)  und  Arbeiter  oder 
richtiger  Arbeiterinnen,  denn  es  sind  in  der  Entwicklung  zurückgebliebene,  so  zu 
sagen  »nicht  ganz  fertig  gewordene«  Weibchen.  Die  Arbeiterinnen  sind  unge¬ 
flügelt  und  finden  sich  das  ganze  Jahr  —  in  der  guten  Jahreszeit  immer 
thätig,  im  Winter  in  Lethargie  verfallen  —  auch  im  vollkommen  entwickelten 
Zustande,  als  sogenannte  Imagines.  Die  vollentwickelten  Weibchen  und  Männchen 
aber  sind  geflügelt  und  treten  als  Imagines  jährlich  bloß  zu  ganz  bestimmten 
Zeiten,  in  gewissen  Gegenden  fast  an  ganz  bestimmten  Tagen  auf.  Dann  be¬ 
decken  sich,  namentlich  an  einem  warmen,  sonnigen,  windstillen  Tage,  der  auf 
Regen  folgt,  die  Nester  der  Ameisen  mit  den  beiden  geflügelten  Geschlechtern  und 
den  flügellosen  Arbeiterinnen,  die  unruhig  und  geschäftig  zwischen  jenen  herum¬ 
laufen.  Immer  mehr  und  mehr  dringen  aus  den  Tiefen  des  Baues  hervor  ans  Tages¬ 
licht  —  aus  10  werden  100,  aus  100  werden  1000.  Dasselbe  Schauspiel  auf  andern 
Ameisenstädten,  die  sich  in  der  Regel,  Töchterkolonien  einer  Mutterkolonie, 
in  der  Nachbarschaft  finden.  Die  Sonne  steigt  höher,  es  wird  wärmer,  und 
immer  mehr  und  mehr  wächst  damit  auch  das  Temperament  der  kleinen  Aus¬ 
wanderer.  Plötzlich  und  gleichzeitig,  wie  auf  ein  gegebenes  Zeichen  erheben 
sich  die  geflügelten  Scharen  in  die  Lüfte,  und  ihre  flügellosen  Schwestern,  Tanten 
und  Großtanten  haben  das  Nachsehen.  Die  Auswanderer  verschiedener  Städte 
schlagen  sich  immer  zahlreicher  zusammen,  je  höher  sie  steigen.  Ein  wunder¬ 
bares  Schauspiel!  Alles  wirbelt  durcheinander  in  tollem  Tanz,  und  der  Be¬ 
schauer  sieht,  wenn  die  Hochzeitsreisenden  noch  nicht  zu  hoch  sind,  in  den 
von  ihnen  gebildeten  dunkeln  Säulen  ein  Flimmern  und  Schimmern,  ein 
Füttern  und  Schittern,  daß  ihm  ganz  nervös  dabei  zu  Mute  wird.  Das  Licht 
der  Sonne  bricht  sich  wie  anf  Spiegelchen,  auf  tausend  und  aber  tausend 
gläsernen  Fltigelchen. 

Geht  alles  gut,  das  heißt,  verschlägt  nicht  der  Wind  die  ganze  Gesell¬ 
schaft,  so  fallen  nach  geraumer  Zeit  die  Ausflüglinge  zu  Boden.  Die  Weibchen 
werfen  ihre  Flügel  ab  und  werden  von  den  Arbeiterinnen  in  Empfang  ge¬ 
nommen  und  in  Triumph  in  die  Städte  gebracht,  wo  sie  nun  jahrelang  (Sir 
John  Lubbock  besaß  eine  Ameisenkönigin  über  0  Jahre!)  nichts  zu  thun  haben, 
als  sich  füttern  zu  lassen  und  »allzeit  Mehrerinnen  des  Reiches«  zu  sein 
d.  h.  brav  Eier  zu  legen.  Um  die  Männchen  kümmert  sich  keine  Arbeiterin, 
ihre  kurze  Lebensrolle  ist  ausgespielt  und  elend  gehen  sie  zu  Grunde. 

Bisweilen  verläuft  aber  die  Geschichte  nicht  so  programmmäßig.  In  der 
Nähe  des  Bodens  kann  es  ja  windstill  sein,  —  denn  Windstille  gehört  dazu, 
sonst  rückt  die  Gesellschaft  nicht  aus  — ,  aber  in  höheren  Luftschichten 
braucht  das  nicht  der  Fall  zu  sein,  so  weit  reicht  indessen  die  Philosophie 
der  Ameis.en  nicht,  so  kluge  Tiere  es  sonst  auch  sind.  Dann  werden  die 
Hochzeitszüge  vom  leichten  Wind  erfaßt  (ein  starker  würde  sie  zerstieben!) 
und  langsam  weiter  und  weiter  getragen,  und  wie  Rauchwolken  ziehen  sie 
über  das  Land  und  erscheinen  auch  in  Städten,  wo  sie  wirklich  schon  für 
Rauchwolken  gehalten  worden  sind;  so  hat  man  einmal  ihretwegen  in  Breslau 
und  Koburg  die  Feuerwehr  alarmiert. 


254 


Eine  derartige  Wolke  muß  nun  auch  am  Donnerstag  Morgen  in  unserer 
Stadt  niedergegangen  und  auf  Straßen,  Wegen  und  Plätzen,  auf  Dächern  und 
an  Hauswänden  zu  Lande  gekommen  sein.  Die  betreffende  Art  war  Lasius  niger 
Latrl.  und  waren  die  zahlreicheren  größeren  Individuen  die  Weibchen,  teils 
o-eflügelte,  teils  ungeflügelte,  welche  die  Flügel  schon  abgeworfen  hatten,  die 
kaum  halb  so  großen  die  Männchen. 

Wenige  der  ganzen  Schar  werden  ihren  natürlichen  Beruf  erfüllt  haben. 
Zwar,  daß  die  Weibchen  von  den  Ameisenarbeiterinnen,  die  hier  innerhalb 
der  Stadt  gerade  von  dieser  Art  wohl  allgemein  fehlen  werden,  in  Empfang 
genommen  würden,  ist  nicht  durchaus  nötig,  sie  können  auch  selbständig  eine 
Kolonie  gründen.  Aber  —  wo  finden  die,  welche  allen  Fährlichkeiten  ent¬ 
ronnen  sind,  geeignete  Heimstätten?  Und  diese  Fährlichkeiten  erst  alle!  Die 
Rotschwänzchen  picken  sie  emsig  weg,  Sperlinge  kosten  davon,  aber  die 
meisten  werden  in  der  volksreichen,  geschäftigen  Stadt  zerfahren  und  zertreten. 

Es  bringt  uns  die  Thatsache  der  zertretenen  Ameisen  auf  den  zweiten 
Teil  der  ganzen  Erscheinung  —  auf  die  Bouillontröpfchen.  Wer  dieselben, 
wie  ich,  näher  betrachtet  hat,  der  wird  gesehen  haben,  daß  in  der  Mitte 
derselben  eine  weißliche  Masse  war,  wie  geronnehes  Fett,  und  das  maehte 
die  Ähnlichkeit  mit  Bouillontröpfchen  noch  größer.  Nun,  —  diese  weiße  Masse 
bestand  aus  zerquetschten  Eierchen,  und  der  Hof  darum  war  wirklich  mit 
hellem  Insektenblut  vermischtes  Fett.  Wunderlich  ist  es,  daß  man  nur  sehr 
selten  einmal  eine  zerquetschte  Ameise  in  dem  Fleckchen  bemerken  konnte, 
ihre  Kadaver  scheinen  —  aus  welcher  Ursache,  weiß  ich  nicht  —  eine  größere 
Wahlverwandtschaft  mit  Stiefel-  und  Schuhsohlen,  an  denen  hängend  sie  fort¬ 
getragen  wurden,  als  mit  Trottoirplatten  zu  haben,  was  nicht  mit  allen 
Insekteuleichnamen  der  Fall  ist. 

Über  den  Graupapagei.  In  der  »Ornitholog.  Monatsschrift  des 
deutschen  Vereins  zum  Schutze  der  Vogelwelt«  findet  sich  ein  interessanter 
Aufsatz  von  Carl  R.  Hennicke  über  den  Graupapagei  ( Psittacus  erithacus), 
woraus  wir  folgendes  entnehmen.  Der  Graupapagei  verlangt  auf  der  Seereise 
eine  gute  Pflege,  Gelegenheit  zur  Bewegung  in  freier  Luft,  Fütterung  mit 
mehlhaltigen  Stoffen  und  vor  allem  mehrmals  täglich  Wasser.  Die  meisten 
Graupapageien  gehen  nach  glücklich  überstandener  Seereise  bald  nach  ihrer 
Ankunft  in  Europa  ein,  und  zwar  nur  infolge  ungeeigneter  Behandlung  während 
der  Reise  (vergl.  Reichenows  Angaben  in  Brehms  »Tierleben«).  In  den  ersten 
Monaten  der  Ankunft  füttere  man  den  Papagei  wie  in  der  Heimat  und  auf 
der  Reise  hauptsächlich  mit  Mais;  später  schadet  es  jedenfalls  nichts,  wenn 
er  auch  ölhaltige  Sämerei,  z.  B.  Hanf  bekommt.  Das  Freileben  des  Vogels 
schildert  Hennicke  nach  eigenen  Beobachtungen,  die  übrigens  im  wesentlichen 
mit  den  Mitteilungen  Reichenows  (in  seinen  »Vogelbildern  aus  fernen  Zonen« 
und  in  Brehms  »Tierleben«)  übereinstimmen.  »Den  Flug  der  Graupapageien«, 
schreibt  Hennicke,  »kann  auch  ich  als  einen  sehr  schlechten  bezeichnen.  Er 
fliegt  ähnlich  wie  die  Enten,  nur  daß  seine  Flügelschläge  noch  viel  kürzer  und 
schneller  sind.  Daneben  habe  ich  ihn  aber  in  der  Luft  gewissermaßen  »rütteln« 
sehen,  ähnlich  wie  den  Turmfalken.  Doch  befand  sich  der  Körper  dabei  in 
fast  senkrechter  Richtung,  während  die  Flügel  die  Luft  mit  großer  Schnelligkeit 
von  hinten  oben  nach  vorn  unten  schlugen,  der  schlechte  Flug  der  Graupapa- 


255 


geien  würde  übrigens  die  Jagd  sehr  erleichtern,  wenn  sie  nicht  in  so  großer 
Höhe  ihre  Züge  ausführten,  daß  es  meist  unmöglichist,  sie  miteinem  Flintenschuß 
zu  erlangen.  Auch  beim  Aufbäumen  wählen  sie  die  höchsten  Spitzen  der 
Bäume,  jedenfalls,  weil  sie  sich  da  am  sichersten  fühlen.« 


Litteratur. 


TJ.  S.  Department  of  Agriculture.  Division  of  Ornithology  and  Mammalogy. 
The  Hawks  and  Owl3  of  the  United  States  in  their  relation  to 
agriculture  by  A.  K.  Fisher,  M.  D.  Assistant  Ornithologist,  Bulletin  No.  3. 
Washington  1898. 

Von  73  Species  und  Subspecies  der  Raubvögel  der  Vereinigten  Staaten 
wird  ausführlich  die  Verbreitung  angegeben,  dann  folgt  eine  Beschreibung  der 
Species,  welcher  oft  eine  sehr  gute  farbige  Abbildung  hinzugefügt  ist.  Da 
das  Buch  besonders  für  den  Farmer  bestimmt  ist,  wurde  genau  der  Magen¬ 
inhalt  von  2700  Exemplaren  in  den  verschiedenen  Jahreszeiten  untersucht,  da¬ 
mit  aus  ihm  klar  bewiesen  werden  könne,  ob  der  betreffende  Vogel  nützlich 
oder  schädlich  ist,  damit  fernerhin  nicht  mehr,  und  zwar  zu  seinem  größten 
Schaden,  der  Farmer  jeden  beliebigen  Raubvogel  als  schädlich  niederknalle. 
Unter  allen  73  Species  sind  aber  nur  6  schädlich,  von  welcher  Zahl  drei  als 
äußerst  selten  gar  nicht  in  Betracht  kommen  können,  einer  nur  indirekt  schadet. 
Es  bleiben  also  nur  2  dem  Farmer  schädliche  Vögel  übrig:  Aecipiter  velox 
und  A.  cooperi.  Farbige  Abbildungen  finden  wir  von:  Elanoides  forftcatus  L., 
Ictinia  mississippiensis  Wils.,  Circus  hudsonius  L.,  Aecipiter  velox  Wils.,  Acci- 
piter  cooperi  Bonap.,  Aecipiter  atricapillus  Wils.,  Buteo  borealis  Gmel.,  Buteo 
lineatus  Gmel.,  Buteo  swainsoni  Bonap.,  Buteo  latissimus  Wils. ,  Archibuteo 
lagopus  st.  johannis  Gmel.,  Archibuteo  f er rugineus  Licht.  Aquila .  chrysaetos  L., 
Haliaetus  leucocephalus  L.,  Falco  peregrinus  anatum  Bonap.,  Falco  colum- 
bcirius  L.,  Falco  sparverius  L.,  Bandion  haliaetus  carolinensis  Gmel.,  St  rix 
pratincola  Bonap.,  Asio  wilsonianus  Less.,  Asio  acciptrinus  Pall.,  Syrnium 
nebulosum  Forst.,  Megascops  asio  L.,  Megascops  flammeolus  idahoensis  Merriam, 
Speotyto  cunicularia  hypogaea  Bonap.,  Bubo  virginianus  Gmel. 

Bernh.  Langkavel. 


»Gefiederte  Welt«,  Zeitschrift  für  Vogelliebhaber  -Züchter  und 
-Händler,  herausgegeben  von  Dr.  Karl  Ruß,  Magdeburg,  Creutzsche 
Verlagsbuchhandlung,  R.  &  M.  Kretschmann.  Die  Nummern  22 — 28 enthalten: 

Wiederholte  Erörterungen  über  die  Frage:  »Warum  singt  der  Vogel  ?«  — 
Die  siebente  Ausstellung  des  Vereins  »Ornis«  in  Berlin.  —  Gimpel.  —  Zur 
Weltausstellung  in  Chicago.  —  Ein  zahmes  Blaukehlchen.  —  Die  spitzschopfige 
Wachteltaube.  —  Zum  Schutz  der  Waldschnepfe.  —  Wem  gehört  der  Vogel  ?  — 
Ornithologische  Beobachtungen  in  Süd-Amerika  IV.  —  Hülfsmittel  der  Stuben¬ 
vogelpflege,  -Abrichtung  und  -Zucht.  —  Ornithologische  Reiseschilderungen  von 
der  Balkanhalbinsel.  —  Der  rotriiekige  Würger  als  Räuber  junger  Vögel.  — 
Aus  meiner  Vogelstube.  —  Der  Sperlingsfalk. 


256 


Im  Reiche  des  Geistes.  Illustrierte  Geschichte  der  Wissenschaf¬ 
ten,  anschaulich  dargestellt  von  K.  Faulmann,  k.  k.  Professor.  Mit  13 
Tafeln,  30  Beilagen  und  200  Textabbildungen.  (Wien,  A.  Hartlebens  Ver¬ 
lag.)  In  30  Lieferungen  ä  50  Pf.  Liefgn.  1  bis  10. 

Von  diesem  beachtenswerten,  vortrefflichen  Buche  sind  bisher  zehn 
Lieferungen  ausgegeben,  von  welchen  Lief.  1  —  5  die  freien  Künste,  die 
Theologie,  die  Rechtsgeschichte  und  Medizin  des  Mittelalters,  Lieferung  6 — 10 
die  Geschichte  der  Wissenschaften  im  XVI.  Jahrh.  und  den  Unterricht,  die 
Sprachwissenschaft  und  Zoologie  im  XVII.  Jahrh.  enthalten.  Was  hier 
geboten  wird,  ist  eine  förmliche  Entwicklungsgeschichte  unseres  Geistes,  und 
jeder  Gebildete  wird  mit  Interesse  der  hier  gebotenen  Fülle  von  Thatsachen 
folgen,  welche,  aus  den  besten  Quellen  geschöpft  und  kritisch  gesichtet,  in 
ihrer  knappen  drastischen  Form  oft  kurzweilig  auf  den  Leser  wirken.  Die 
zahlreichen  interessanten  Illustrationen,  aus  Originalen  und  diesen  gleich¬ 
kommenden  Publikationen  sorgfältig  ausgewählt,  siud  von  kulturhistorischer 
Bedeutung  und  erwähnen  wir  besonders  die  schönen  Tierbilder  Gessners,  da¬ 
runter  das  Rhinoceros  von  Dürer,  Willoughbys  Vögel,  die  mit  Mikroskopen 
arbeitende  Tieranatomie,  die  Entwicklung  des  Frosches  und  der  Seidenraupe, 
die  Infusorien  Leeuwenhoeks  etc. 


Eingegangene  Beiträge. 

Prof.  Dr.  N.  in  Berlin.  Wir  danken  Ihnen  für  Ihre  Nachrichten  und  haben  bereits 
weitere  Schritte  gethau.  —  F.  W.  in  Z.  Wir  bestätigen  dankend  den  Empfang  des  kleinen 
Betrages.  —  A.  Sch.  in  H.  Wir  sehen  Ihren  ferneren  Zusendungen  gern  entgegen.  —  .1.  6. 
M.  in  Dr.  Wir  haben  von  den  uns  gesandten  Mitteilungen  Gebrauch  gemacht  und  danken 
bestens  dafür. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Zoolo  gischer  Anzeiger  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Carus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann.  XVI.  Jahrg.  No.  425. 

Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  Ferd. 
Wirtli  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg.  No.  30. 

Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz -Dresden.  Paul  Wolff. 
XXIV.  Band  No.  44. 

Field.  London.  Ilorace  Cox.  LXXXII.  No.  2117.  2118. 

Prof.  Dr.  G.  Jaegers  Monatshlatt.  Zeitschrift  f.  Gesundheitspflege  und  Lebenslehre. 
Stuttgart.  W.  Kohlhammer.  XII.  Jahrg.  No.  8. 

Dr.  II.  G.  Bronns  Klassen  u.  Ordnungen  des  Tierreichs,  wissenschaftlich  dar¬ 
gestellt  in  Wort  u.  Bild.  Fortgesetzt  von  Dr.  W.  Leche,  Prof.  a.  d.  Univcrs.  z.  Stockholm. 
Leipzig.  C.  F.  Winters  Verlag.  VI.  Bd.  V.  Abt.  Säugetiere  Mammalia.  40.  41.  Lief. 

Das  Weidwerk.  Zeitschrift  für  den  Jagd-  u.  Naturfreund.  Redakteur  und  Verleger  J. 
Dolezal.  II.  Jahrg.  No.  5  u.  fi. 

O  r  n  i  t  h  ol  o  g  i  s  c  h  e  s  Jahrbuch.  Herausgegeben  von  Victor  Ritter  von  Tschusi  zu  Schmid- 
hoften.  IV.  Jahrg.  Heft  4.  1893.  Hallein. 

Tm  Reiche  des  Geistes.  Illustr.  Geschichte  d.  Wissenschaften.  Von  Professor  K. 
Faulmann.  Wien»  A.  Hartlebens  Verlag.  Lieferung  2—10. 

Vereinsschrift  für  Forst-,  Jagd-  und  Naturkunde.  Organ  der  forstl.  Landesver¬ 
suchsstelle  f.  d.  Königr.  Böhmen.  Redig.  von  Josef  Zenker,  Iv.K.  Forstrat  u.  Forstmstr. 
1.  Heft.  1893/94.  Prag,  ln  Komm,  bei  Max  Berwald. 

Vorstehende  Bücher  und  Zeitschriften  können  durch  Malilau  &  Waldsehm  idts  Sort.  bezogen  werden. 


Nachdruck  verboten. 


Druok  von  Malilau  &  Waldaclimidt.  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten. 

(Zoologischer  Beobachter.) 

Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Kedaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N».  9.  XXXIV.  Jahrgang.  September  1893. 

.  I  ii  h  a  H. 

Die  Europäische  Sumpfschildkröte,  Emys  europaea.  Ihr  Vorkommen  in  der  schweizerischen 
Hochebene  und  ihr  Leben  im  Aquarium  und  im  Terrarium.  Eine  biologische  Studie  nach 
Tagebuchnotizen;  von  H.  Fischer-Sigwart  in  Zofingen.  (Schluß.)  —  Die  Gemse;  von 
Bernh.  Langkavel,  Hamburg.  —  Kosmopolitische  Tiere;  von  Dr.  C.  Müller  (Fortsetzung). 

—  Die  ältesten  Tiere  des  zoologischen  Gartens  in  Hamburg;  von  Direktor  Dr.  Bola u.  — 
Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  — 
Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Die  Europäische  Sumpfschildkröte,  Emys  europaea . 

Ihr  Vorkommen  in  der  schweizerischen  Hochebene  und  ihr  Leben 

im  Aquarium  und  im  Terrarium. 

Eine  biologische  Studie  nach  Tagebuchnotizen. 

Von  H.  Fischer-Sigwart  in  Zofingen. 

Schluß. 

Nach  Erwähnung  all  dieser  Eigenschaften,  Charaktereigen  tiim- 
lichkeiten  und  Lebensäußeruugen  unserer  Schildkröte,  die  sich  un¬ 
regelmässig  auf  ihren  Lebenslauf  verteilen,  indem  sie  da  und  dort 
nach  Bedürfnis  zum  Ausdruck  kommen,  kann  nun  an  der  Hand  der 
Beobachtungen  in  dem  großen  Terrarium,  die  sich  mit  deu  analogen 
Begebenheiten  im  freien  ziemlich  decken,  das  regelmäßig  sich  ab¬ 
wickelnde  Lebensbild  eines  Jahres  entworfen  werden. 

Nach  früheren  Erfahrungen  im  kleineren  Aquarium  hielten  die 
Sumpfschildkröten  ihren  Winterschlaf  stets  im  Wasser,  dicht  unter 
der  Oberfläche.  Zufolge  einiger  Autoren  soll  die  gewöhnliche  Form 
des  Winterschlafes  aber  die  sein,  daß  die  Tiere  sich  im  Herbst  aus 
Land  begeben  und  dort  in  die  Erde  eingraben,  was  allerdings  vor¬ 
kommt,  wie  der  früher  erwähnte  Fund  in  einem  Kartoffelacker  be¬ 
weist.  Im  Terrarium  dagegen  hielt  sich  die  große  nur  den  ersten 

Zoolog.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  17 


258 


Winter  über,  von  1882  auf  1883,  frei  im  Wasser  auf,  die  anderen 
blieben  ein  oder  zwei  Winter  hindurch  im  Wasser,  und  in  späteren 
Wintern  begaben  sich  alle  in  den  Schlamm  am  Grunde  der  Wasser¬ 
behälter,  wo  sie  unter  einer  wenigstens  30  cm  hohen  Wasserschicht 
schliefen,  und  nur  höchst  selten  au  die  Oberfläche  kamen,  um  zu 
atmen.  Ihre  Lebensthätigkeit  war  daun  auf  ein  Minimum  reduziert, 
und  sie  nahmen  den  sehr  kleinen  Bedarf  an  Sauerstoff  aus  dem 
Wasser  durch  die  Haut  auf.  Diese  »Hautatmung«  während  des 
Winterschlafes  ist  bei  verschiedenen  Lurchen  eine  längst  bekannte 
Thatsache;  daß  sie  aber  auch  bei  den  Schildkröten  vorkomme,  war 
bis  jetzt  wahrscheinlich  nicht  bekannt,  bei  ihrer  Leibesbeschaffenheit, 
wo  der  größte  Teil  des  Körpers,  statt  mit  einer  Haut,  mit  einem 
dicken  Kuochenpanzer  bedeckt  ist,  auch  nicht  zu  vermuten.  Sie 
hätten  sich  übrigens  im  Terrarium  leicht  außerhalb  des  Wassers  in 
die  Erde  graben  können,  indem  eine  genügend  dicke  Schicht  dort 

war,  so  daß  doch,  weil  sie  dies  unterließen,  anzunehmen  ist,  die  hier 

•  • 

beschriebene  Art  der  Überwinterung;  sei  die  gewöhnliche  natur- 
gemäße.  Beispiele  hierfür:  Im  Winter  1885/86  blieb  die  große  den 
ganzen  Winter  hindurch  im  Schlamme  auf  dem  Grunde  des  Bassins 
ohne  jemals  an  die  Oberfläche  zu  kommen,  um  zu  athmen,  bis  sie 
Ende  Januar  1886,  als  schönes,  warmes  Wetter  eintrat,  einmal  auf- 
stieg  und  mit  dem  Kopf  über  das  Wasser  kam.  Nachher  blieb  sie 
aber  wieder  am  Grunde  bis  im  März.  Sehr  gut  sah  man  von  1890 
auf  1891  alle  den  ganzen  Winter  hindurch,  indem  damals  nicht 
mehr  sehr  viel  Erde  in  ihrem  Bassin  war,  so  daß  sie  mit  den  Rücken¬ 
schalen  aus  dem  Schlamm  etwas  heraussahen.  Nur  dreimal  jedoch  während 
des  ganzen  Winters  konnte  beobachtet  werden,  daß  sie  an  die  Ober¬ 
fläche  stiegen,  einmal  eine  im  Laufe  des  Januars,  einmal  eine  an¬ 
fangs  Februar  und  einmal  eine  anfangs  März,  was  aber  schon  als 
erste  Frühlingsregung  angenommen  werden  mußte.  Es  war  jedes¬ 
mal  ein  anderes  Individuum. 

Im  März,  wenn  warme  Tage  es  ermöglichten,  schon  im  Februar 
erwachten  die  Schildkröten  aus  dem  Winterschlafe,  durch  die  Ein¬ 
wirkung  der  Wärme.  Es  wurde  zwar  im  Terrarium  stets  geheizt; 
allein  es  zeigte  sich,  daß  die  natürliche,  durch  den  Sonnenschein 
entstandene  Wärme  auf  sie,  wie  auf  alle  Winterschlaf  haltenden  Tiere, 
ganz  anders  einwirkte,  als  die  künstliche,  indem  eine  Feuchtigkeit 
und  Ozon  enthaltende  Athmosphäre  entsteht.  Das  zeigte  sich  z.  B. 
Ende  Dezember  1882.  Durch  die  Heizung  im  Terrarium  war  die 
Temperatur  dort  stets  auf  mindestens  12°  C.  gehalten,  stieg  aber 


259 


auch  hie  und  da  höher,  bis  auf  20°  C.,  ohne  daß  das  auf  die 
Sumpfschildkröten  eingewirkt  hätte.  Als  nun  aber  im  Dezember, 
bei  Sonnenschein  die  Temperatur  im  Freien  auf  13,5°  C.  gestiegen  war, 
im  Terrarium  infolge  dessen  auf  17,5°  C.,  da  bewirkte  dies,  daß  die 
Tiere  erwachten  und  hervorkamen,  ja  daß  auch  die  anderen  Lurche 

und  Reptilien  neugierig  den  Kopf  aus  ihrem  Schlupfwinkel  oder  dem 

* 

Wasser  hervorstreckten,  in  der  Meinung,  der  Frühling  sei  eingerückt. 
Dabei  war  durch  die  Einwirkung  der  natürlichen  Wärme  auch  der 
Hunger  erwacht,  und  trotzdem  es  in  einer  Jahreszeit  war,  wo  sie 
sonst  keine  Nahrung  zu  sich  nehmen,  so  machten  sie  sich  diesmal 
an  die  Goldfische,  und  töteten  und  verzehrten  sechs  davon.  Es  muß 
aber  bemerkt  werden,  daß  es  der  erste  Wiuter  war,  den  sie  in  dem 
großen  Terrarium  zubrachten,  also  noch  nicht  recht  in;die  Lokalität  ein¬ 
gewöhnt,  und  daß  sie  im  Herbst  nicht  übermäßig  gut  genährt  gewesen 
waren,  welche  beiden  Umstände  bewirkt  haben  mochten,  daß  sie  in 
keinen  allzufesten  Winterschlaf  verfielen.  Die  am  Abend  wieder  zu¬ 
nehmende  Kälte  trieb  sie  auch  bald  wieder  in  ihre  Winterquartiere  zurück. 

Wenn  also  Ende  Februar  oder  anfangs  März  die  Sonne  das 
Terrarium  erwärmte,  so  streckten  die  Schildkröten  vorerst  ihre  Köpfe 
aus  dem  Schlamme  hervor,  kamen  etwa  einige  Tage  später  mit  dem 
ganzen  Körper  ins  klare  Wasser,  ohne  vorerst  häufig  au  die  Ober¬ 
fläche  zu  steigeu.  Sie  befanden  sich  noch  in  einem  Übergangs¬ 
stadium.  Im  Friihlinge  1885  z.  B.  bewegte  sich  die  große  Schild¬ 
kröte  zum  erstenmal  am  12.  Februar,  nachdem  einige  schöne, 
warme  Tage  übers  Land  gezogen,  streckte  aber  nur  zuweilen  den 
bisher  unter  die  Schale  eingezogenen  Kopf,  wie  neugierig,  hervor, 
ohne  daß  man  hätte  beobachten  können,  daß  sie  an  die  Oberfläche 
des  Wassers  gekommen  wäre,  um  zu  atmen.  Sie  that  dies  zwar 
dennoch,  aber  nur  verstohlen  und  in  langen  Zwischenräumen. 

Nach  einigen  warmen  Tagen  aber  kamen  mittags  alle  Schild¬ 
kröten  aus  dem  Wasser  heraus,  um  sich  zu  sonnen.  Im  Freien  ge¬ 
schieht  dies  natürlicherweise  oft  später,  je  nach  der  Witterung;  im 
Terrarium  geschieht  es  stets  im  Monat  März.  Das  war  ihr  Auf¬ 
erstehungsmonat.  Der  Hunger  regte  sich  aber  dann  erst  nach 
einiger  Zeit,  das  heißt,  wenn  sie  sich  genügend  gesonnt  und  die 
Sonnenwärme  ihre  Lebensthätigkeit  erhöht  hatte.  Oft  ging  es  bis 
in  den  Mai  hinein  bis  sie  Nahrung  zu  sich  nahmen,  ja  auch  dann 
war  der  Appetit  im  Anfang  noch  gering,  und  wurde  erst  mit  der 
vorrückenden  Jahreszeit  stärker,  wie  schon  früher  erwähnt.  Die 
Tagebuchnotizen  verzeichnen  hierüber  folgendes: 


260 


Im  Frühliuge  1885  kamen  sie  Mitte  März  zum  erstenmal 
aus  dem  Wasser,  fraßen  aber  erst  im  Mai,  etwa  alle  Woche  ein¬ 
mal,  häufiger  erst  im  Juni. 

Im  Frühliuge  1886  kamen  sie  am  18.  März  ans  Land  gestiegen 

•  • 

um  sich  zu  sonnen  und  fraßen  zum  erstenmal  am  6.  April.  Ähn¬ 
lich  verhielt  es  sich  in  den  Frühlingen  1887,  1888  und  1889. 

Im  Jahre  1890  bewegten  sie  sich  am  1.  März  im  Schlamm  am 
Grunde  des  Bassins,  am  6.  März  kamen  sie  aus  dem  Schlamme  her¬ 
vor,  schon  am  8.  März  lockte  sie  die  warm  scheinende  Sonne  ans 
dem  Wasser  heraus  ans  Land;  und  am  26.  März  nahmen  sie  zum 
erstenmal  etwas  Nahrung  zu  sich. 

Im  Frühliuge  1891  erschienen  die  ersten  »Mitte  März«  und 
»am  24.  März«  außerhalb  des  Wassers,  und  verlangten  am  23.  April 
zum  erstenmal  Nahrung. 

Im  Jahre  1892  fraßen  sie  im  ersten  Drittel  des  April. 

Im  Frühliuge  1893  bewegten  sie  sich  im  Winterquartier  etwa 
vom  8.  März  an,  und  kamen  Mitte  März  aus  dem  Schlamm  hervor. 
Das  Wasser  verließen  sie  am  30.  März  zum  erstenmal  um  sich 
zu  sonnen,  und  von  da  au  regelmäßig  alle  Tage,  wenn  die  Sönne 
schien,  was  ja  leider  in  diesem  Friihlinge  nur  zu  kontinuierlich  der 
Fall  war,  bis  Ende  Mai.  Sie  fingen  anfangs  April  an  zu  fressen; 
vom  16.  April  an  fraßen  sie  täglich  ihre  Ration.  Ende  April,  erst¬ 
mals  am  23.,  waren  sie  schon  so  herausgefüttert,  daß  trotz  des 
warmen,  ja  heißen  Wetters  hie  und  da  Tage  eintraten,  wo  sie  keine 
Nahrung  zu  sich  nahmen.  Am  29.  April  hatte  die  große  zum  ersten¬ 
mal  eine  größere  Exkursion  unternommen,  und  von  Mai  an  waren 
oft  alle  weit  weg  von  ihrer  Wasserbehausung  in  sonnigen  Winkeln 
des  Terrariums.  Dennoch  kam  die  eigentliche  Freßlust,  wo  sie  täg¬ 
lich  große  Portionen  zu  sich  nahmen  und  auf  dieselben  sehnsüchtig 
warteten,  erst  vom  29.  Mai  an. 

Anfangs  Mai  regte  sich  bei  den  Schildkröten  im  Terrarium  der 
Fortpflanzungstrieb,  ohne  daß  bis  jetzt  eine  Begattung  wirklich  statt- 
gefunden  hätte.  Zum  erstenmal  anfangs  Mai  1890  begab  es  sich,' 
daß  eines  heißen  Nachmittags  im  Wasser  sich  die  zweitgrößte  auf 
die  größte  festgeklammert  hatte,  was  zuerst  als  bloßer  Zufall  be¬ 
trachtet  wurde.  Allein  das  wiederholte  sich  häufig,  indem  die 
kleinere  mit  ihren  vier  Beinen  die  größere  an  den  Seitenrändern  des 
Rückenschildes  festhielt,  und  sie  in  dieser  Verbindung  längere  Zeit 
im  Bassin  herumschwamrnen,  ohne  daß  sich  jedoch  die  Geschlechts¬ 
werkzeuge  gegenseitig  berührt  hätten.  Da  dies  im  Mai,  und  auch 


261 


noch  im  Juni  öfters  geschah,  und  sich  im  Mai  1891,  und  im  Jahre 
1892  sogar  schon  vom  14.  April  an  wiederholte,  leider  stets  ohne 
Erfolg,  so  ist  kein  Zweifel,  daß  dies  Begattungsversuche  waren. 
Nachdem  das  Männchen  dieses  Paares  im  Sommer  1892  verschenkt 
worden  war,  unterblieben  im  Frühling  1893  die  Begattuugs versuche. 
Das  Weibchen  zeigte  keine  Anzeichen  vou  Brunst  oder  etwas  ähnlichem. 

Es  ist  bis  jetzt,  in  unserem  Klima  wenigstens,  noch  nie  vor¬ 
gekommen,  daß  sich  unsere  Schildkröte  in  der  Gefangenschaft  fort¬ 
gepflanzt  hätte.  Eine  Zeitungsnotiz,  wonach  im  September  1892 
bei  Rorschach  eine  »Flußschildkröte«  sechs  Eier  gelegt  hätte,  bedarf 
der  Bestätigung.  Nach  Brehm  legen  sie  schon  Ende  Mai.  — 

Das  Sommerlebeu  gestaltet  sich  sehr  einförmig  uud  wird  aus¬ 
gefüllt  mit  den  gewöhnlichen  Thätigkeiten,  Fressen  und  Sichsonuen. 
Aber  beides  nimmt  mit  der  zunehmenden  Wärme  ab.  Die  Schild¬ 
kröten  werden  schon  im  Juli  fett  und  die  Freßlust  vermindert  sich, 
und  vor  der  allzugroßen  Wärme  fliehen  sie  im  Juli  oder  August  oft 
ins  Wasser  und  verkriechen  sich  für  längere  Zeit  in  den  Wasser¬ 
pflanzen,  oder  auch  im  Trockenen  an  versteckte  Orte,  was  zu  der 
Sage  des  sogenannten  »Sommerschlafes«  Anlaß  gegeben  hat,  der  bei 
einer  Anzahl  Lurche  und  Reptilien  regelmäßig  stattfinden  soll.  Dieser 
Zustand  ist  im  Terrarium  öfters  beobachtet  worden.  Während  allen 
heißen  Sommern  war  im  Juli  oder  August,  manchmal  auch  erst  im 
September,  d.  h.  jeweilen  während  der  größten  Hitzperiode  der 
Hunger  ganz  verschwunden  und  die  Schildkröten  fraßen  sozusagen 
nichts  mehr,  sondern  zogen  sich  in  die  Wasserpflanzen  ihres  Aufent¬ 
haltsortes  zurück,  wo  sie  in  einem  schlafartigen  Zustande  verblieben. 
Auch  die  kleine,  die  im  Sommer  1886  in  einem  kleineren  Aquarium 
gehalten  wurde,  war  in  der  zweiten  Hälfte  Juli  eines  Tages  ver¬ 
schwunden  und  fand  sich  erst  nach  etwa  10  Tagen  im  Trockenen, 
tief  im  Moos  verkrochen,  in  diesem  winterschlafähnlichen  Zustande. 
Ins  Wasser  gesetzt  war  sie  aber  sofort  munter  und  fraß  Kalbfleisch. 
Auch  die  anderen  verfielen  nie  in  einen  eigentlichen  Schlaf,  sondern 
es  war  mehr  ein  Ruhezustand.  Wenn  ein  solches  Tier  eben  im 
Sommer  gehörig  herausgefüttert  ist,  auch  sich  genug  gesonnt  hat, 
und  dann  große  Hitze  eintritt,  so  zieht  es  sich  vor  dieser  an  einen 
kühleren  Ort  zurück,  wo  es  während  der  Hitzperiode  bleibt.  Es 
existiert  aber  keine  Regelmäßigkeit  hierin,  weder  im  Beginn,  noch 
in  der  Dauer  dieses  sogenannten  Sommerschlafes,  und  dieser  findet 
auch  nicht  alle  Jahre  statt,  sondern  nur  in  solchen  Perioden  starker 
Hitze,  so  daß  dieser  Zustand  eher  als  eine  öfters  vorkommende 


262 


Zufälligkeit  taxiert  werden  muß,  denn  als  eine  normale  Er¬ 
scheinung. 

Wenn  der  Spätherbst  naht,  und  kühle  Tage  sich  einstelleu,  so 
hören  die  Sumpfschildkröten  mehr  und  mehr  auf  zu  fressen,  und 
diejenigen,  die  sich  einer  guten  Gesundheit  erfreuen,  beziehen  jetzt 
bald  die  Winterquartiere,  indem  sie  sich  in  den  Schlamm  am  Grunde 
ihrer  Wasserbehälter  begeben.  Dies  geschah  im  Terrarium  oft  schon 
Ende  August,  oder  im  September,  so  im  Herbst  1886.  Wenn  dann 
aber  etwa  einmal  noch  freundliche  Tage  eintraten,  so  kamen  sie 
wieder  hervor,  um  die  letzte  Wärme,  welche  die  Sonne  spendete, 
zu  genießen.  Endgültig  begaben  sie  sich  stets  erst  im  Oktober  in 
den  Winterschlaf,  je  nach  der  Witterung  schon  von  Anfang  an, 
wie  im  Jahre  1885,  wo  sie  vom  7.  Oktober  an  im  Winterquartier 
blieben,  oder  auch  erst  am  Ende,  wie  1886,  wo  sie,  nachdem  sie 
schon  anfangs  September  sich  ausgewintert  hatten,  nochmals  hervor¬ 
kamen,  um  erst  in  den  letzten  Tagen  des  Oktobers  endgültig  zu 
verschwinden. 

Aus  den  Tagebuchuotizen  und  einigen  in  Temperatur  und 
anderen  Tabellen  enthaltenen  zerstreuten  Notizen  kann  über  das 
Jahresleben  der  Wasserschildkröten  im  Terrarium  während  9  Jahren 
die  auf  der  nächsten  Seite  folgende  Tabelle  aufgestellt  werden. 

Als  Schluß  einer  biologischen  Tierbeschreibung  geziemt  es  sich 
wohl,  auch  davon  zu  sprechen,  wie  das  Tier  sein  Lebensende  findet. 
Darüber  kann  nun,  insofern  es  sich  um  einen  gewaltsamen  oder  un¬ 
natürlichen  Tod  handelt,  sehr  viel  gesagt  werden,  in  Bezug  auf  einen 
natürlichen  Tod  dagegen,  gar  nichts;  denn  nach  Aussage  glaubwürdiger 
Autoren,  die  durch  meine  Beobachtungen  nur  unterstützt  wird, 
ist  es  noch  gar  nie  vorgekommen,  daß  das  natürliche  Ende  einer 
Schildkröte  beobachtet  worden  ist.  Es  kann  hieraus  geschlossen 
werden,  daß  diese  Tiere  sich  eines  sehr  laugen  Lebens  erfreuen, 
wenn  sie  nicht  eines  gewaltsamen  Todes  sterben.  Auch  das  lang- 
same  Wachsen  derselben,  und  das  dennoch  verhältnismäßig  große 
Gewicht,  das  sie  erreichen,  lassen  einen  sicheren  Schluß  ziehen,  daß 
sie  ungeheuer  alt  werden  müssen.  Eine  junge  Schildkröte,  die  noch 
nicht  lange  das  Ei  verlassen  h*at,  ist  nicht  größer  als  ein  Thaler 
und  wiegt  wenige  Gramm.  Alte  Tiere  von  700  Gramm  bis  1  Kilo 
sind  selten  und  die  früher  erwähnte  außerordentlich  große  von 
Neapel  wog  nahezu  2  Kilo.  Die  größte  Schildkröte  des  Terrariums 
wog  am  5.  Mai  1893  =  491  Gramm  und  maß  13,4  Centimeter 


Tabelle  über  das  Jahresleben  der  Sumpfschildkröten  im  Terrarium  von  1885  bis  1893. 


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Anmerkung.  Im  Jahr  1886  könnte  der  erste  Rückzug  im  September  ebensogut  als  »Sommerschlaf«  bezeichnet  werden,  da  das 

Tier  nochmals  zum  Vorschein  kam  und  erst  Ende  Oktober  sich  zum  Winterschlaf  be^ab. 

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264 


am  liiickenschild,  weun  Kopf  und  Schwanz  außer  Acht  gelassen 
wurden.  Trotzdem  sie  stets  gut  genährt  wurde  und  jeden  Herbst 
recht  fett  war,  so  ist  sie  seit  ihrem  Einzug  ius  Terrarium,  der  Mitte 
August  1882  stattfand,  nur  höchstens  2 — 3  Centimeter  gewachsen, 
oder  wenn  man  das  Mittel  annimmt,  um  2,5  Centimeter.  Um  so 
viel  zu  wachsen,  brauchte  sie  demnach  10  Jahre,  8  Monate  und 
zwanzig  Tage  oder  3912  Tage.  Beim  Verlassen  des  Eies  war  sie 
höchstens  4  Centimeter  lang,  ist  also  während  ihres  ganzen  Lebens  um 
9^2  Centimeter  in  die  Länge  gewachsen.  Daraus  läßt  sich  nun,  wenn 
man  gleichmäßiges  Wachstum  annimmt,  das  Alter  aproximativ  be¬ 
rechnen  auf  40  Jahre  und  9  Monate.  Demuach  müßte,  nun  nach 

•  • 

dem  Gewichte  berechnet,  die  am  18.  März  1893  im  Aschisee  ge¬ 
fangene  von  900  Gramm  Gewicht,  ein  Alter  von  circa  75  Jahren 
hinter  sich  haben,  und  jene,  etwa  2  Kilo  schwere  von  Neapel  ein 
solches  von  gegen  200  Jahren.  Wenn  nun  auch  an  diesen  Berech¬ 
nungen  vieles  ausgesetzt  werden  mag,  so  geben  sie  doch  Anhalts¬ 
punkte,  die  darauf  hinweisen,  daß  das  Alter  der  Sumpfschildkröte 
ein  sehr  hohes  werden  kann. 

Dagegen  ist  es  nur  wenigen  vergönnt,  ein  extra  hohes  Alter 
zu  erreichen ;  denn  wenn  sie  auch  sehr  zählebig  und  nur  wenigen 
Krankheiten  ausgesetzt  sind,  sowie  auch  scheinbar  wenige  Feinde 
haben,  so  fallen  diesen  letzteren  doch  eine  Menge  zum  Opfer.  Gegen 
die  Tiere,  von  denen  sie  etwa  verfolgt  werden,  sind  sie  durch  ihren 
Panzer  etwas  geschützt,  der  jedoch  keine  sehr  große  Widerstands¬ 
kraft  besitzt,  gegen  den  Menschen  aber  ziemlich  schutzlos  und  dabei 
leben  sie  noch  zumeist  in  Ländern,  wo  die  Bewohner  durch  ihre 
Tierverfolgungen  zu  Genußzwecken  bekaunt  siud,  und  gerade  die 
Schildkröten  bilden  einen  äußerst  beliebten  Leckerbissen.*)  Sie  waren 
sogar  in  der  Gefangenschaft  nicht  sicher  vor  den  Verfolgungen  ihrer 
menschlichen  Landsleute;  denn  ein  ziemlich  großes  Exemplar,  das 
viele  Jahre  hindurch  in  einem  Verkaufslokale  und  hier  in  einem 
Aquarium  gehalten  wurde,  dabei  recht  zahm,  aber  auch  recht  fett 
geworden  war,  wurde  im  Sommer  1877  von  italienischen  Erdarbeitern 
entwendet,  und  zu  Eßzwecken  verbraucht.  **)  Sie  lieben  eben  die 
Tiere  nur,  wenn  sie  dieselben  verzehren  können,  diese  Italiener. 

*)  Anmerkung  :  Dieser  Passus  sieht  etwas  teleologisch  aus,  obschon  der 
Verfasser  dem  teleologischen  Prinzip  nicht  huldigt. 

**)  Anmerkung :  Es  waren  Arbeiter  an  der  Nationalbahn,  die  sich  damals 
in  Menge  in  Zofingen  aufhielten,  und  die  Gegend  von  allem  Lebenden  ausplün¬ 
derten,  was  gekocht  werden  konnte,  wie  Katzen,  Hunde  und  leider  auch  Vögel. 


265 


Von  cler  Zählebigkeit  der  Sumpfschildkröte  kann  ein  recht 
drastiges  Beispiel  erzählt  werden  : 

Im  Jahre  1878  wurde  wieder  ein  ziemlich  großes,  um  Zofiugen 
gefangenes  Exemplar  eingebracht,  das  vorläufig  auf  einer  freien, 
der  Sonne  ausgesetzten  Terrasse  im  zweiten  Stock  untergebracht 
wurde.  Es  konnte  entwischen  und  fiel  zwei  Stockwerke  hinunter 
auf  die  gepflasterte  Straße  auf  den  Rücken.  Infolge  des  Falles  war 
die  Rückenschale  quer  gespalten  und  das  Tier  schien  tot.  Als  es 
am  folgenden  Tage  noch  keine  Bewegungen  machte  und  alle  Glieder 
sowie  auch  den  Kopf  schlaff  herabhängen  ließ,  die  Augen  aber  ge¬ 
brochen  erschienen,  so  zweifelte  niemand  daran,  daß  es  tot  sei,  und 
die  Bauchschale  wurde  losgetrennt  und  das  Tier  geöffnet.  Da  zeigte 
es  sich,  daß  das  Herz  noch  kräftig  und  regelmäßig  pulsierte,  und 
über  eine  Stunde  konnten  die  Herzkontraktionen  beobachtet  werden, 
zuletzt  allerdings  mit  immer  länger  werdenden  Pausen.  Das  Tier 
machte  hierbei  keinerlei  Bewegungen  mit  irgend  einem  Teile  des 
Körpers,  die  Leben  verraten  hätten,  war  also,  wenn  die  letzten 
Lebenserscheinungen  auch  sehr  langsam  aufhörten,  doch  vollständig 
bewußtlos  und  wohl  auch  gefühllos.  Die  spätere  Untersuchung  er¬ 
gab,  daß  der  Bruch  in  der  Rückenschale  auch  auf  die  mit  dieser 
verwachsenen  Wirbelsäule  sich  erstreckte,  indem  ein  Wirbel  einen 
breiten,  und  total  durchgehenden  Querbruch  hatte,  mit  dem  das 
Tier  noch  über  einen  Tag  lebte,  wenn  auch  in  bewußtlosem  Zustande. 

Von  Krankheiten  konnte  an  den  vielen  Schildkröten,  die  während 
einer  langen  Reihe  von  Jahren  gehalten  wurden,  nichts  beobachtet 
werden,  als  zweimal  eine  Augenkrankheit;  denn  das  allmähliche 
Absterben  derjenigen,  die  nicht  ans  Futter  gewöhnt  werden  konnten, 
war  ein  Siechtum  infolge  der  Gefangenschaft  und  keine  eigentliche 
Krankheit. 

Es  war  seiner  Zeit  in  einem  Fachblatte  zu  lesen,  daß  eine  solche 
Augenkrankheit  bei  ihnen  entstehe,  wenn  sie  in  zinkenen  Behältern 
gehalten  würden,  das  war  hier  der  Fall;  denn  die  großen  Wasser¬ 
behälter  im  Terrarium  mit  1  qm  Oberfläche  und  mehr  bestanden 
aus  Zinkblech,  und  doch  kam  diese  Krankheit  nur  zweimal  vor,  was 
dafür  spricht,  daß  eine  andere  Ursache  hierfür  gesucht  werden  muß. 
Sie  bestand  darin,  daß  in  den  Augenwinkeln  Wucherungen  entstanden, 
die  nach  und  nach  größer  wurden  und  schmerzten  ;  denn  das  Tier 
versuchte  beständig,  sie  mit  den  Vorderfüßen  zu  entfernen,  was  aber 
nicht  gelang.  Dagegen  gelang  beim  ersten  Falle  eine  Operation. 
Es  betraf  anfangs  der  achtziger  Jahre  eine  kleinere  Schildkröte,  an 


266 


der  die  Wucherungen,  als  sie  nach  wochenlangem  Wachsen  endlich 
nicht  mehr  größer  wurden,  mit  einem  Pincette  entfernt  werden 
konnten,  worauf  die  kleine,  zurückbleibende  Wunde  schnell  heilte. 

Ein  zweiter  Fall  verlief  nicht  günstig.  Im  Frühling  1888  fingen 
wieder  bei  einer  Schildkröte  solche  Augen  Wucherungen  au,  die  aber  die 
Erblindung  des  Tieres  herbeiführten,  so  daß  es  am  25.  August  durch 
Chloroform  umgebracht  werden  mußte.  Es  zeigte  sich  hierbei,  daß 
die  Sumpfschildkröten  gegen  Chloroform  viel  widerstandsfähiger  sind, 
als  andere  Reptilien  und  Lurche.  Um  ein  Tier  mit  Chloroform  zu 
töten,  wurde  so  verfahren,  daß  in  ein  gut  schließendes  Gefäß,  z.  B.  eine 
Blechbüchse  oder  eine  Kartouschachtel  zuerst  ein  mit  der  Flüßigkeit 
getränkter  Wisch  von  Charpiebaumwolle  eingelegt,  dieser  mit  einem 
umgestülpten  Topf  oder  einer  Holzschachtel  bedeckt,  und  zuletzt  das 
zu  tötende  Tier  eingesetzt  wurde.  Daun  wurde  das  Gefäß  ge¬ 
schlossen.  Das  Chloroform  verdunstete  nun  in  dem  verschlossenen 
Raume,  ohne  im  flüssigen  Zustande  mit  dem  Tiere  in  direkte  Berührung 
zu  kommen,  was  vermieden  werden  muß,  weil  diese  direkte  Be¬ 
rührung  ein  brennendes  Gefühl  verursacht,  wodurch  das  Tier  be¬ 
ängstigt  und  beunruhigt  wird.  So  wird  es  von  einer  Chloroform- 
athmosphäre  umgeben,  in  der  es  ohne  große  Beängstigung  in  Be¬ 
täubung  verfällt  und  während  dieser  stirbt,  wenn  dafür  gesorgt 
wird,  daß  der  Apparat  lange  genug  geschlossen  bleibt,  damit  das 
Tier  nicht  etwa  durch  zu  frühen  Zutritt  von  Luft  wieder  erwache. 
Frösche,  Eidechsen  und  Mäuse  verfielen  bei  dieser  Methode  in  wenigeu 
Minuten  in  Betäubung ;  bei  der  Schildkröte  brauchte  es  40  Minuten 
bis  sie  sich  nicht  mehr  rührte,  und  dabei  hielt  sie  den  Kopf  hoch 
unter  den  Rand  des  Deckels,  wo  trotz  des  guten  Verschlusses  viel¬ 
leicht  doch  etwas  Luft  eintreten  mochte ,  was  sie  instinktiv  ge¬ 
merkt  hatte.  Ohne  gerade  starke  Bewegungen  aus  Beängstigung 
auszuführen,  kam  sie  dann  nach  der  angegebenen,  verhältnismäßig 
langen  Zeit  zur  Ruhe,  und  blieb  nun  mit  senkrecht,  aufgerichtetem 
Hals  und  Kopfe  bis  sie  tot  war,  ja  noch  des  andern  Tages,  steif 
in  dieser  Stellung. 

Ein  sehr  schnell  und  tötlich  wirkendes  Gift  auf  alle  Lurche 
und  Reptilien  ist  das  Nikotin,  resp.  das  Gift  des  Tabaks.  Im  Laufe 
des  August  1882  erhielt  ich  von  einem  Freunde  zwei  kleine  Schild¬ 
kröten  von  5 — 6  Centimeter  Schildlänge.  Sie  waren  beim  Empfang 
wohl  genährt,  und  sehr  lebhaft  in  ihren  Bewegungen  und  wurden 
in  die  Rocktasche  gesteckt,  um  so  nach  Hause  gebracht  zu  werden. 
Es  war  anfangs  auffallend,  daß  sie  so  gar  lebendig  und  unruhig 


267 


wurden  und  aus  der  Tasche  zu  entweichen  suchten ;  bald  aber  ver¬ 
hielten  sie  sich  nur  zu  ruhig,  und  beim  Herausnehmen  nach  */2  bis 
3/r  Stunden,  ließen  sie  die  Köpfe  und  Beine  schlaff  herabhängen, 
hatten  die  Augen  ganz  oder  halb  geschlossen  und  machten  nur 
noch  unbedeutende  Bewegungen.  Als  Grund  für  diese  Erscheinung 
erkannte  ich  sofort  eine  vielgebrauchte  hölzerne  Cigarrenspitze,  die 
ich  in  der  Tasche  aufbewahrte.  Schon  der  Geruch  dieses,  mit 
Tabakssaft  imprägnierten  Gegenstandes,  sowie  auch  die  Berührung 
wirkten  als  vehementes  Gift  auf  die  beiden  Tiere,  von  denen  andern 
Tages  eines  tot  war,  das  andere  in  einem  schlimmen  Zustande, 
und  später  auch  einging.  Es  bestätigte  dies  die  schon  längst  be¬ 
kannte  Thatsache,  daß  der  Saft  des  gerauchten  Tabaks  für  Rep¬ 
tilien  und  Lurche  ein  scharfes,  vielleicht  das  stärkste  Gift  sei. 

Nach  allen  den  in  den  früheren  Abschnitten  geschilderten 
Lebensbildern  bilden  diese  Giftgeschichten  keinen  gerade  schönen  Schluß, 
aber  sie  finden  ihren  Platz  doch  am  besten  hier ;  denn  zum  Leben 
gehört  ja  auch  der  Tod,  er  bildet  den  Schluß  desselben. 


Die  Gemse. 

Von  Bernh.  Langkavel,  Hamburg. 

Der  Körperstamm  der  Gemse,  vergleichbar  dem  der  Gebirgsrassen 
der  Rinder,  ist  vollständig  dem  Leben  auf  Gebirgsboden  angepaßt. 
Bei  beiden  steigt  die  Rückenlinie  von  der  Schulter  nach  dem  Kreuz 
in  die  Höhe,  die  Muskeln  der  hinteren  Partien  sind  bedeutend  kräftiger 
entwickelt,  weshalb  Gemsen  möglichst  bergan  fliehen,  Fluchten  von 
7  m  Weite  machen  und  sich  an  senkrechten  Wänden  von  4  m  Höhe 
hinaufzuschnellen  vermögen.  Über  ihr  Lebensalter  werden  sehr  ver¬ 
schiedene  Angaben  gemacht;  manche  schätzten  das  Alter  eines 
Latschenbockes  auf  40 — 50  Jahre,  andere,  in  den  Karpathen,  auf 
25 — 30  und  fügten  hinzu,  daß  sie  bis  zum  15.  Jahre  fortpflanzungs¬ 
fähig  blieben.  In  einem  Zimmer  in  München  findet  sich  unter  einem 
ausgestopften  Gemskopfe  folgende  Bemerkung:  »Von  Georg  Roeder, 
Bauer  am  Guth  Wiessen  in  der  Stubach,  wurde  im  Jahre  1734  ein 
Gämskitz  in  den  beiden  Ohren  just  so  gemärkt,  so  anno  1800  den 
5.  September  vom  Matthias  Tropmayer,  Revierjäger  zu  Uettendorf, 
in  der  Bejaidrinn  gefühlt  wurde,  so  also  ein  Alter  von  66  Jahren 
erreichte«.  »In  der  berühmten  Sammlung  des  Freiherrn  von  Karg- 


268' 


Bebenburg  zu  Reichenball«,  so  schreibt  der  »Deutsche  Jäger«  IX, 
1887,  S.  224,  »erblickt  man  eine  Gemskrucke,  deren  Träger  nach¬ 
weislich  ein  hohes  Alter  erreichte.  Der  Bock  stand  im  Warteibezirk 
Weißbach  unweit  des  bekannten  Mauthhäusels  und  wurde  dem  Förster 
Scheuerl  beim  Stellenantritt  vor  28  Jahren  schon  als  alter  Bursche 
übergeben.  Er  wurde  erlegt  am  15./8.  1885,  d.  h.  nach  25  Jahren, 
war  also  weit  über  40  Jahre  hinaus«. 

Der  ausführlichen  Beschreibung  des  Haarkleides  in  Brehms  »Tier¬ 
leben«  möchte  ich  nur  noch  hinzufügen,  daß  die  Färbezeit  gewöhnlich 
sehr  lange  dauert.  Sehen  wir  die  Gemse  langsam  ziehen,  so  erscheint 
uns  ihr  Gang  etwas  schwerfällig,  die  Haltung  fast  unschön  und  die 
Schalen  plump  im  Vergleich  zu  denen  der  andern  Antilopen.  Werden 
wir  hierdurch  nicht  leicht  zu  einem  verkehrten  Schlüsse  über  die 
Flüchtigkeit  des  Tieres  verleitet?  Der  Oberlandforstmeister  v.  Burgs¬ 
dorf  sagte  einst  vom  früheren  Ministerpräsidenten  v.  Manteufel,  der 
stets  mit  seinen  schönen  Händen  kokettierte :  »Ein  Mann  mit  schönen 
Händen,  da  ist  nie  was  Rechtes  dahinter«.  Aber  Hände  und  Füße  sind 
doch  nicht  ausschließlich  Zierat  am  Körper ;  erst  in  der  Thätigkeit  zeigt 
sich  deren  Nutzen,  und  besäße  die  Gemse  so  zarte  Läufe  und  Schalen, 
wie  viele  ihrer  afrikanischen  Verwandten,  so  hätte  sie  nie  zu  solchem 
Muster-Gebirgstier  sich  entwickeln  können.  Es  wurde  aber  ein  Ge- 
birgstier  xot  £* oyriv  durch  die  enorme  Elastizität  seiner  Muskeln, 
durch  den  vorzüglich  entwickelten  Muskelsinn  uud  die  sehr  harten 
Schalen.  Mit  Fug  und  Recht  lassen  sich  die  Worte,  welche  die 
Scipionen  auf  das  Grabdenkmal  setzten,  das  sie  dem  Cornelius  Lucius 
Barbatus,  dem  Sieger  über  die  Samniter,  weihten:  »Seine  Körperkraft 
war  vergleichbar  seinem  Werte«,  auch  auf  die  Gemse  an  wenden. 
Eine  genauere  Untersuchung  der  Schalen  ergibt  ferner  auch,  daß  sie 
sich  weiter  spreizen  lassen  als  bei  ähnlichen  Tieren.  Im  hohen  Alter 
verändern  sie  sich  öfter  erheblich.  Bei  einer  uralten  Geis,  deren 
Gesäuge  längst  vertrocknet  war,  waren  die  Vorderläufe  völlig  normal 
geblieben,  an  den  hinteren  dagegen  die  einwärtigen  Schalen  zu  be¬ 
deutender  Länge  ausgewachsen.  Wir  staunen  bei  unserem  Wild 
im  Flachlande,  wie  es  nur  möglich,  daß  bei  ein  oder  zwei  ganz  ver¬ 
kümmerten  Läufen  das  Tier  flüchten  und  sich  am  Leben  zu  erhalten 
vermag.  Auch  im  unwegsamen  Hochgebirge  fristen  derartige  Gemsen 
ihr  Leben.  Am  Domleschg  (Graubünden)  wurde  kürzlich  eine  Geis 
erlegt,  welcher  der  rechte  Vorderlauf  gänzlich  fehlte;  sie  trug  statt 
dessen  an  der  Schulter  nur  eine  harte  hornartige  Masse  ähnlich  einer 
Klaue.  Leider  wurde  diese  gelte  Geis  nicht  als  Seltenheit  einem 


2(39 


Museum  übergeben,  sondern  als  Delikatesse  im  Hotel  verspeist.  Den 
Gemsbart,  der  nicht  mit  dem  sogenannten  Ziegenbart  zu  vergleichen 
ist,  bilden  die  langen  Haare  des  Rückenstreifens  am  Widerrist,  welche 
zu  einer  Art  Rosette  geformt,  als  Zier  am  Hute  getragen  werden, 
ein  Zeichen  kühnen  Kletterns,  da  der  Gams  in  Verzweiflung  »den 
Jäger  rückspringend  mit  sich  in  den  Abgrund  reißt«  (Schillers  Teil 
TU,  1).  Den  besten  Gemsbart  in  ganz  Steiermark,  wohl  20  cm  lang 
mit  tiefschwarzen,  nur  an  der  Spitze  weißlich  -  grau  verlaufenden 
Haaren,  trug  der  Forstmeister  des  Stiftes  Admont  und  schenkte  diese 
Seltenheit  kürzlich  dem  Kaiser  Franz  Joseph. 

Die  Krickeln  (Hörner)  bilden  mit  dem  Kopfprofil  fast  einen 
rechten  Winkel,  erscheinen  beim  Bock  und  bei  der  Geis  im  Alter 
von  etwa  vier  Mouaten  und  erreichen  im  ersten  Jahr  eine  Höhe  von 
5  cm,  jedoch  ohne  sich  zu  krümmen ;  erst  im  zweiten  biegen  sich 
die  Spießchen  nach  hinten  und  haben  nach  Ablauf  eines  Jahres  die 
charakteristische  Form  angenommen,  ohne  im  Wachstum  inne  zu 
halten.  Die  Krickeln  beider  Geschlechter  unterscheiden  sich  nur 
durch  die  größere  Stärke  und  die  etwas  mehr  nach  außen  gebogenen 
Haken  der  Böcke.  Nur  selten  erreichen  sie  eine  Länge  von  30  cm. 
Recht  schön  geformte  eines  achtjährig  angesprochenen  Bockes  waren 
in  der  Krümmung  28  cm  lang  bei  18  cm  Höhe,  die  größte  Ent¬ 
fernung  am  Krickelbug  15  cm,  der  Spitzenabstand  18  cm,  Basis¬ 
umfang  10,8  cm.  An  dem  oben  erwähnten  Bock  aus  der  Sammlung 
in  Reichenhall,  besitzt  die  recht  kräftige  schön  gestellte  »Krücke« 
20,5  cm  Höhe  und  hat  18  cm  Spannweite  an  den  Spitzen  der  Krönung. 
Ein  vom  Förster  in  Plansee  in  der  sogenannten  Neuwied  erlegter 
Bock  besitzt  Krickeln,  die  bis  zur  Krümmung  28  cm  messen  mit 
einem  Durchmesser  von  l1^  cm  an  der  Basis.  Als  Ursachen  ab¬ 
normer  Krickeln  gibt  Oberjäger  Dorn  Stei uschläge  an,  auch  Verletzungen 
durch  kleinere  Lawinen  und  hartgefrorene  abratschende  Schneeknollen, 
bisweilen  eine  verirrte  Büchsenkugel,  höchst  wahrscheinlich  aber  * 
nicht  durch  Kämpfe  während  der  Brunst,  weil  diese  anders  als  von 
Hirsch  und  Reh  ausgeführt  würden,  im  Sprung  mit  Stoß  von  unten. 
Für  diese  letzte  Angabe  Dorns  sprechen  auch  die  häufigen  Narben 
in  Gemsdecken,  und  es  ist  ja  bekannt,  daß  früher  derartige  die 
gesuchtesten  für  Lederhosen  waren ,  weil  sie  von  alten  Böcken 
stammten,  in  Geisdecken  aber  nur  wenige  oder  gar  keine  Risse  sich 
vorfinden.  Da  nun  aber  F.  C.  Keller  in  seiner  Monographie  der 
Gemse  S.  142.  144  während  der  Kämpfe  auch  des  Zusammenschlagens 
der  Krickeln  erwähnt,  desgleichen  Tschudi  u.  a.,  so  sind  hierüber 


270 


wohl  noch  fernere  Beobachtungen  von  Jägern  dringend  nötig.  Recht 
selten  finden  sich  Gemsen  mit  3  Krickeln;  da  aber  das  abnorme 
dritte,  an  dem  bei  Landeck  erlegten  Tiere  hinter  dem  linken  Auge 
in  Halsuähe,  aus  der  Haut  hervorwächst  und  sich  leicht  hin  und 
her  bewegen  läßt,  so  gehört  solche  Bildung  zu  den  Hauthörnern,  über 
welche  C.  A.  Joseph  im  »Deutschen  Jäger«  VII,  29  sprach  und  eine 
Abbildung  hinzufügte.  Zur  Brunstzeit  schwellen  die  Drüsengruben 
hinter  »den  Wurzeln  der  Krickeln«  an  und  verbreiten  starken  Ge¬ 
ruch.  Der  Badedirektor  Bläsy  schreibt  »die  neben  den  Krickeln  in 
1,5  cm  Entfernung  und  kaum  bemerkbaren  zwei  Öffnungen,  ähnlich  den 
Ohrmuscheln  der  Vögel,  dem  außerordentlichen  Gehörsinn  der  Gemsen 
zu«  (Jahresbericht  des  Ungar.  Karpath.  Vereins  1881,  15).  Da 
Professor  Nitsche  in  Tharand  bei  einem  jungen  Tiere  Eckzähne  kon¬ 
statierte,  diese  von  andern  auch  bei  Antilope  cervicapra  und  Saiga 
tartarica  gefunden  wurden,  so  darf  man  wohl  annehmen,  daß  das 
Auftreten  von  Eckzähuen  selbst  den  Antilopen  nicht  völlig  fremd  ist. 

Bezoarkugelu,  welche  sich  öfter  im  Magen  von  Gemsen,  Ziegen  und 
andern  mehr  oder  weniger  lang  behaarten  Tieren  vorfinden,  namentlich 
wenn  sie  in  der  Haarzeit  sich  stark  lecken,  sind  schon  oft  die  Ursache 
schwer  erkennbaren  Magenleidens  geworden,  das  schließlich  zu  großer 
Abmagerung  und  Versagen  des  Futters  führte.  Auch  bei  Menschen 
kommt  bisweilen  ähnliches  vor.  Ich  erinnere  nur  au  jene  Frau,  die 
ihr  Töchterchen  stets  auf  den  Kopf  küßte  und  nach  einiger  Zeit  eine 
ziemlich  große  Kugel  im  Magen  hatte.  Über  die  Verwendung  solcher 
Kugeln  in  früherer  Zeit  verweise  ich  auf  »Zool.  Garten«  1888,  25. 

Wirkliche  Albinos,  d.  h.  weiße  mit  weißen  Hörnern  und  Schalen 
und  mit  roten  Augen,  sind  sehr  selten,  ln  Graubünden  wurde  seit 
30  Jahren  1878  zuerst  wieder  eine  weiße  Gemse  gesehen,  und  unter 
den  4000,  welche  Graf  Wilczek  beobachtet  hatte,  befand  sich  nur 
eine  einzige  von  weißlicher  Färbung.  Ein  weißer  Bock  wurde  von 
*  Baron  0.  v.  Braun  auf  dem  schwarzen  Kogel  im  Todtengebirge  er¬ 
legt,  ein  anderer  durch  Schneiter  in  der  Nähe  vou  Latterbach  im 
Simmeutlial,  ein  weißes  Kitz  am  Rothorn,  ein  anderes  auf  der  Flösch- 
Fluh.  Eine  schon  seit  längerer  Zeit  in  der  Nähe  von  St.  Martin 
beobachtete  weiße  Geis,  führte  1880  ein  weißes  Kitz  mit  sich;  es 
wurde  eine  specielle  Verordnung  mit  strengem  Verbot  sie  zu  jagen 
1884  erlassen  und  im  folgenden  Jahre  durch  die  ganze  Schweiz  für 
weiße  völlige  Schonzeit  eingeführt.  Gefleckte  Exemplare  sind  ebenso 
selten  ;  in  Graubünden  wurde  vor  einigen  Jahren  ein  solches  mit 
geflecktem  Hinterlauf  erlegt. 


271 


Wenn  wir  das  Resultat  ziehen  aus  den  vielerlei  Beobachtungen, 
welche  über  die  geistigen  Fähigkeiten  der  Gemsen  von  vielen  in 
den  verschiedensten  Schriften  niedergelegt  sind,  so  müssen  wir  ge¬ 
stehen,  daß  ihr  Verstand  sehr  hoch  ausgebildet  ist,  daß  sie,  »weniger 
scheu  als  vorsichtig,  sorgfältig  prüft,  bevor  sie  handelt«.  Sie  besitzt 
eine  ganz  vorzügliche  Terrainkenntnis,  d.  h.  mit  Lessings  Worten: 

sie  verwaudelt  die  Schätze  des  Gedächtnisses  in  Nahrung  des  Geistes. 

•  • 

ln  der  steten  Wechselbeziehung  und  Übung  der  körperlichen  und 

geistigen  Fertigkeiten  arbeitet  sie  beständig  an  ihrer  Statue  der  Art, 

wie  begabte  Dichter  und  Maler  sie  uns  vorführen,  ohne  wie  so 

manche  eitle  Menschen  von  sich  aufs  höchste  begeistert  zu  sein. 

Ihr  Spurvermögeu  ist  überaus  fein,  denn  selbst  im  Walde  versprengte 

Kitzchen  von  wenigen  Tagen  folgen  sicher  der  Spur  ihrer  Muttergeis.  Eine 

Kitzgeis,  die  von  den  Jägern  Wind  bekommen,  ging  um  die  liegende 

kranke  Mutter  zuerst  langsam  herum  und  stieß  sie  sacht  mit  dem 

Kopfe  an,  zuletzt  aber,  als  der  Jäger  näher  und  näher  kam, 

eilte  sie  wie  besessen  um  sie,  stieß  sie  von  allen  Seiten,  sprang 

rittlings  auf  sie  und  entfloh  erst,  als  alle  Versuche  vergeblich  blieben. 

Wie  dem  Huude  in  der  Schweiz  die  starke  Austrocknung  der  Luft 

bei  eintretendem  Föhn wetter  die  Witterung  raubt,  so  auch  der  Gemse 

(vgl.  Kohl,  Alpenreise  III,  189  ;  Petermanns  Ergänzungsheft  No.  83, 

1886,  S.  53;  Coaz,  der  Föhn  S.  16;  Senn,  der  Föhn  S.  241).  Die 

Gemse  ist  ein  Tagtier,  ist  scharfblickender-  als  Reh  und  Hirsch,  aber 

ihr  Hauptsinu  bleibt  doch  der  Geruch.  Sie  liebt  die  Geselligkeit, 

steht,  wo  sie  nicht  beständig  den  Menschen  zu  fürchten  hat,  mit 

Ziegen,  Rehen  und  Hirschen  auf  gutem  Fuße,  empfindet  aber  tiefe 

•  • 

Abneigung  gegen  Schafe.  Nach  der  Äsung  sitzen  sie  gewöhnlich 
in  den  Dickungen  der  Krummholzkiefern,  den  »Latschen«,  fügen  den 
Bäumen  keinen  Schaden  zu,  rühren  das  im  Winter  ausgelegte  Heu 
kaum  an,  sondern  fressen  lieber  Flechten  und  Moose;  sie  sind 
nicht  immer,  das  lehren  uns  die  vorgeschichtlichen  Forschungen, 
Alpentiere  gewesen,  sind  es  erst  geworden  und  vornehmlich  durch 
den  Menschen  »und  seinen  Wahn«.  Von  der  Berge  hohen  Zinnen 
betrachten  sie  die  Welt  aus  der  Vogelperspektive,  die  meisten 
Menschen  aber  aus  der  Perspektive  der  Frösche.  Wen  die  alten 
Griechen  recht  weit  wegwünschten,  den  wünschten  sie  zu  den  Gemsen  ; 
wir  lassen  ihn  vom  Kuckuck  holen.  In  Herrn,  v.  Gilms  Schützenlied 
heißt  es:  »Wir  (Tiroler)  sind  Deutschlands  Grenzsoldaten,  Seiner 
Freiheit  Gemsenwacht«  ;  doch  dürfen  wir  hierbei  nicht  an  die  Fabel 
der  längst  abgethaneu  »Wachtgemse«  denken,  die  zuerst  der  ver- 


272 


dienstvolle  Ornithologe  Dr.  Job.  Matth.  Bechstein,  der  aber  nie  ein 
Gemsenrevier  selbst  besucht  hat,  aufbrachte.  Sie  predigte  dann 
weiter  H.  K.  Rohrdorf  im  »Schweizer  Jäger«,  Liestal  1836,  Friedr. 
v.  Tschudi  im  »Tierleben  der  Alpen  weit«,  Fitzinger  in  »Naturge¬ 
schichte  der  Säugetiere«  u.  a.  Die  Hochwildjäger  aber  räumen 
nicht  ein,  daß  eine  »Wachtgemse  mit  nahezu  menschlichem  Ver¬ 
stände«  wesentlich  verschieden  ist  von  dem  Vor-,  Kopf-  oder  Leit¬ 
tiere  der  Hirscharten.  Wie  Karl  Ludwig  in  der  Neuen  Deutschen 
Jagd-Zeitung  XI,  131  die  »Wachtgemse«  beseitigte,  so  thaten  es  in 

Österreich  Jägermeister  Grill  in  Ebensee  und  Karl  Fuchs  zu  Reichenau. 
•  • 

Uber  angebliche  Rutschpartien  auf  dem  Eise,  natürlich  ohne  die 
modischen  Ski,  in  Steiermark  vgl.  dieselbe  Zeitung  IV,  346.  Die 
Gemse  ist  ein  Gleichgewichtskünstler  ersten  Ranges,  vermöge  ihres 
»Muskelsinnes«  mißt  sie  aufs  genaueste  für  den  Sprung  die  Ent¬ 
fernung  ab,  die  kräftigen  Muskeln  übernehmen  daun  die  Ausführung. 
Man  hat  schon  Sprünge  von  7  m  gemessen,  und  ragen  am  Gestein 
Stellen  nur  2  cm  hervor,  so  versteht  das  Tier  auf  ihnen  sich  fort¬ 
zuhelfen  in  die  Höhe ;  aber  auch  beim  Abstürzen  verläßt  Geistes¬ 
gegenwart  sie  keinen  Augenblick.  Da  es  schon  öfter  vorgekommen 
ist,  daß  sie  lebend  aus  dem  Bodensee  aufgefischt  wurden,  so  glaubten 
manche  ihnen  große  Schwimmfertigkeit  zuschreibeu  zu  dürfen,  aber 
zum  Vergnügen  geht  wohl  nie  das  Tier  ins  Wasser,  es  scheut  sich 
sogar  Bäche  von  5 — 10  m  Breite  und  2  m  Tiefe  zu  durchschwimmen, 
wie  der  bekannte  Hochgebirgsjäger  Dorn  vom  Knappenkopfe  aus 
an  der  Tiroler  Grenze  an  einem  Rudel  vou  34  Stück  beobachten 
konnte  (vgl.  Der  Deutsche  Jäger  VIII,  148).  Ein  Wildwasser  reißt 
sie  öfters  widerwillig  fort  und  brachte  sie  z.  B.  im  Engadin  in  Gefangen¬ 
schaft.  In  den  Bodensee  gelangten  sie  wahrscheinlich  verfolgt  vou 
Hunden. 

Das  Gemswild  unternimmt  größere  oder  kleinere  Wanderungen 

•• 

bald  im  Sommer  bald  im  Winter  der  Äsung  halber,  oder  aber  um 
sich  der  Nähe  der  Menschen  zu  entziehen  ;  ältere  schwächere  werden 
durch  jüngere  kräftigere  vom  Rudel  abgetrieben  und  zu  Einsiedlern 
gemacht,  und  schließlich  verirren  sich  manche  nach  zu  langer  Ver¬ 
folgung.  Sobald  die  ersten  Almglocken  auf  den  Weiden  der  öster¬ 
reichischen  Gebirge  laut  werden,  ziehen  sich  in  der  nahen  Herze¬ 
gowina  die  Gemsen  in  die  hochgelegene  »Steinkare«  zurück.  Im  ro¬ 
mantischen  Wildthale  des  Haller  Salzberges,  dem  früheren  Leibge¬ 
hege  Kaiser  Ferdinands  I,  wechseln  zur  Winterszeit  die  Tiere  weit 
hinab  bis  zum  Bergbaus  des  Salzwerkes,  ja  selbst  bis  St.  Magdalena. 


273 


Im  Revier  Schönbichl  unweit  Melk  am  Tafernkogel  wurde  kürzlich 
ein  alter  Bock  erlegt;  er  dürfte  durch  Schneestürme  in  Steiermark 
dorthin  getrieben  worden  sein.  Gegen  Ende  des  Winters  1885  er¬ 
schienen  Gemsen  in  der  Nähe  von  Ortschaften,  sogar  ijr  Gehöften,  so 
z.  B.  bei  Lichtenstein  (St.  Gallen),  bei  La  Tour  (Waadt),  bei  Brienz 
u.  a.  Aus  dem  bayrischen  Algäu  wechseln  sie  öfter  nach  dem 
württembergischen  Algäu  (dem  schwarzen  Grat).  Auf  dem  Wenge¬ 
reck  wurden  1887  drei  erlegt ;  man  begegnet  ihnen  bisweilen  sogar 
in  den  bayrischen  Vorbergen,  auf  dem  Hauchenberg  in  einem  kleinen 
Walde  und  den  starken  Tobeln.  Der  im  Hettlinger  Ried  erlegte 
Bock  war  vermutlich  von  einem  Nebenbuhler  aus  der  Kolonie  vom 
Tößstock  abgetrieben ;  vergrämt  wollte  er  sich  wohl  dem  Einsiedler¬ 
leben  hingebeu.  Im  August  1887  erschien  im  Argenthal  bei  Waugen 
ein  einjähriger  Bock,  der  ohne  Zweifel  von  den  30 — 40  Kilometer 
entfernten  bayrischen  algäuer  Alpen  dahin  versprengt  war ;  er  hauste 
wahrscheinlich  erst  wenige  Tage  in  diesem  Thale,  das  mit  seinen 
steil  abfallenden  Berghäugen,  Felswänden  und  Schluchten  eine  Ge- 
birgswelt  im  kleinen  bildet.  Ein  anderer  im  Revier  Bronnen  (Donau¬ 
thal,  Württemberg)  erlegter  war  ganz  allein  dorthin  aus  den  nächsten, 
doch  mindestens  40  Stunden  entfernten  Gemsbergen  verschlagen 
worden.  Auch  bei  Starnberg,  auch  in  der  Isarleite  bei  Wolfrats¬ 
hausen  entdeckte  man  einzelne  Exemplare.  Da  die  Isar  durch  hohe, 
tief  eingerissene  Hänge  aus  den  Bergen  herabströmt,  so  konnte  an 
diesen  vor  einigen  Jahren  ein  Bock  sogar  bis  in  die  Nähe  von 
München  versprengt  werden.  Kurz  erwähne  ich  nur  noch  der  bei 
Eibstetten  erlegten  Gemse  und  jenes  stattlichen  Bockes  in  Marbach, 
der,  wahrscheinlich  von  Hunden  lange  verfolgt,  ganz  ermattet  sich 
mitten  im  Dorfe  niederlegte. 

Ein  bekannter  Spruch  lautet : 

Manche  Kraukheitserscheinung  ist  Dichtung, 

Manche  Dichtung  Krankheitserscheiuung. 

Wenn  nun  auch  in  unseren  Tagen  der  zweite  Satz  mehr  Gel¬ 
tung  besitzen  mag  als  der  erste,  der  bei  Menschen  vornehmlich  zur 
Zeit  der  Badesaison  seine  Wahrheit  bewährt,  so  legen  doch  nicht 
minder  manche  Laien  unseren  Haus-  und  Jagdtieren  allerlei 

Krankheiten  bei,  die  in  Wahrheit  nur  erdichtet  sind.  Von  solchen, 

•  • 

welche  das  Gemswild  betreffen,  sehe  ich  hier  ab.  Öfter  schon  ver¬ 
breitete  sich  die  Maul-  und  Klauenseuche  auf  die  Gemsen,  weil  diese 
in  Gegenden,  wo  ihnen  von  Menschen  nicht  nachgestellt  wird,  ihre 

Zoolog.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  18 


274 


Scheu  ablegen  und  sich  unter  das  Weidevieh,  Schafe  ausgenommen, 
begehen.  Auf  dem  Revier  Stadtgraben  des  Grafen  Latour  brach  im 
Winter  1888  die  Räude  'unter  den  Gemsen  aus  und  forderte  160 
Opfer;  es  blieb  aber  unbekannt  ob  sie  durch  Ansteckung  allein  oder 
auch  begünstigt  durch  schlechte  Äsung  hervorgerufen  wurde.  Schreck¬ 
lich  sahen  die  Tiere  ans,  Skelette  mit  Haut  überzogen  und  über  und 
über  bedeckt  mit  eiternden  Pusteln  und  Geschwüren.  Bei  den  in 
der  Nähe  von  Gastein  an  der  Räude  erkrankten  ging  das  Verhären 
ungleich  von  statten;  die  kranken  Stellen  zeigten  dunklere  Nadeln 
und  verliehen  deshalb  dem  Tiere  ein  geflecktes  Aussehen.  Beim  Be- 

ginne  der  Jagdzeit  war  die  Färbung  wieder  eine  normale.  Im  Winter 

_  < 

1886 — 87  waren  in  einem  Teile  Oberkärntens  ziemlich  viele  Gemsen 

\  • 

den  Lawinen  zum  Opfer  gefallen,  andere  erkrankten  zu  Anfang  des 
Frühlings  heftig  an  Durchfall  und  gingen  ein.  Wenn  diese  Tiere 
durch  Annahme  von  nassem,  fauligem  Grase  oder  Kohl  an  Darm¬ 
katarrh  leiden,  kurieren  sie  sich  selber  durch  Ebereschen-  und  Mistel¬ 
blätter.  Für  das  Laub  der  Eberesche,  das  auch  in  der  Gefangenschaft 
ihnen  gut  bekommt,  haben  sie  ganz  besondere  Vorliebe,  mag  es 
frisch  oder  trocken  sein ;  Blätter  und  Früchte  der  Mistel  bevorzugen 
sie  zeitweise  als  schleimigen  Futterstoff.  Vielleicht  ein  Unikum  an 
einer  Gemse,  ein  Sklerosarkoma,  fand  Professor  Eppiuger  in  Graz 
und  übergab  das  Original  dem  dortigen  pathologisch-anatomischen 
Museum.  Das  Tier  stammte  aus  der  Herzmayer-Alm,  zwei  Stunden 
über  der  Sohle  des  Schladminger- Unterthaies.  Eine  photographische 
Abbildung  zeigt,  daß  der  Kopf  durch  eine  nach  unten  ausgebreitete, 
nach  oben  zugespitzte  Geschwulst,  einer  Mütze  ähnlich,  völlig  ver¬ 
unstaltet  war ;  das  eine  Krickel  war  durch  sie  ganz  ausgetrieben, 
das  eine  Auge  durch  die  Last  aus  der  Höhlung  gebracht.  Bei  Ma¬ 
riazell  sah  1885  ein  Arbeiter  eine  vertraut  ziehende  Gemse,  welche, 
als  er  sie  treiben  will,  eine  Flucht  in  den  Mühlgraben  macht  und 
ertrinkt.  Eine  Untersuchung  des  an  Prof.  Kundrat  in  Wien  ge¬ 
schickten  Kopfes  ergab,  daß  im  linken  Hirnlappen  eine  Coenurus- 
blase  von  Gänseeigröße  lag,  durch  welche  der  Schädel  an  seiner 
Decke  auf  Kartenblattdicke  verdünnt  war.  Die  letzten  Jahrgänge 
unserer  Jagdzeitungen  berichten  über  verschiedene  Fälle  von  Starr¬ 
krampf  beim  Fuchs,  Rehbock,  Elster  u.  a.  Auch  bei  der  Gemse 
wurde  er  beobachtet.  In  einem  »Graben«  zwischen  Radstadt  und 
Mandling  stand  ein  Bock  äsend,  die  Breitseite  dem  Jäger  zugewendet. 
Nach  dem  Schüsse  warf  er  den  Kopf  auf  und  blieb  unbeweglich 
stehen,  verharrte  auch  so  nach  der  zweiten  Kugel.  Das  Fernrohr 


275 


ergab,  daß  beide  Kugeln  im  Blatt  steckten.  Man  ging  heran,  er 
blieb  stehen,  die  Angen  waren  verglast  und  weit  hervorgetrieben  ; 
endlich  erzitterten  die  Läufe,  und  er  brach  zusammen. 

Um  die  Mitte  des  Novembers,  wenn  die  Böcke  den  hohlen, dunkeln, 
grunzenden  Brunstton  erschallen  lassen,  in  der  Brunst,  finden  auch  beim 
Gemswild  heftige  Kämpfe  statt;  Mißhandlungen  aber,  welche  die 
Böcke  während  dieser  Zeit  gegen  solche  Geisen,  die  nicht  sofort  in 
horizontaler  Bereitwilligkeit  schweben  wollen,  oder  die  ihre  ganz 
besondere  Zuneigung  hervorrufen,  begehen  sollen,  gehören  wohl 
ebenso  zu  den  Ausnahmen  wie  jener  von  Franzosen  genauer  definierte 
Sadismus,  wenn  in  seinem  übermäßigen  Liebesdrange  der  Sadist  die 
grausamsten  Akte  an  dem  Gegenstände  seiner  Liebe  begeht.  Ein 
achtjähriger  Bock,  welcher  in  Gastein  mehrere  Jahre  in  einer 
Scheune  eingesperrt  gehalten  wurde,  war  während  der  Gefangen¬ 
schaft  fast  das  ganze  Jahr  hindurch  brünstig;  man  schenkte  ihm 
später  die  Freiheit,  er  kümmerte  jedoch  und  brunstete  nicht  mehr. 
Ende  Mai  oder  Anfang  Juni  setzen  die  Geisen,  wenn  sie  noch  jung 
sind,  ein,  alte  dagegen  zwei,  selten  drei  Kitze.  Ein  Satz  von  dreien 
wie  kürzlich  bei  Appenzell  J.  Rh.  ist  eine  große  Ausnahme,  noch 
größer,  wenn  alle  drei  gleichstark  sind  (Gastein).  Warum  Forst¬ 
rat  Heinr.  Volkmanu  »Das  Weid  werk  in  Österreich«  das  »Tier  42 
Wochen  tragen  läßt«,  verstehe  ich  nicht.  Bei  Dr.  Girtanner  warf 
eine  in  Gefangenschaft  gehaltene  Geis  ein  Kitz,  Joh.  Stäger  zum 
Staubbach  hatte  sogar  das  Glück,  daß  sein  im  Stalle  gehaltenes 
Paar  zwei  setzte.  Von  Wilderern  gefangen  gehaltene  Kitze  erhalten 
gewöhnlich  in  einsamen  Alphütten  eine  Ziege  als  Ziehmutter.  In 
Siebenbürgen  gab  man  sich  vor  drei  Jahren  die  größte  Mühe  ein 
gefangenes  Kitz  mit  der  Flasche  aufzuziehen  ;  es  gelang  nicht.  Als 
man  aber  eine  braunrote  Ziege  zu  ihm  führte,  sprang  es  sofort  leb¬ 
haft  auf  sie  zu,  kniete  nieder  und  begann  zu  saugen.  Im  Gehege 
des  Besitzers  sind  jetzt  die  Gemse,  die  Ziehmutter  und  ein  mit  der 
Flasche  aufgezogenes  Rehkitz  unzertrennliche  Freunde,  die  keine 
Furcht  vor  Hunden  zeigen,  aber  manche  zudringlichen  Dorfköter  mit 
gehörigem  Puff  durch  die  Latten  gezwängt  haben.  Eine  auch  in 
diesen  Tagen  wieder  lebhaft  besprochene  Frage  ist  die  über  Bastarde 
von  Gemsen  und  Ziegen.  Schon  Kohl  (Alpenreisen  III,  397)  hatte 
in  den  Gebirgen  mehrmals  von  solchen  gehört,  aber  nie  einen  solchen 
zu  Gesicht  bekommen.  In  Gastein  gelangen  nie  Kreuzungen  eines 
gefangen  gehaltenen  Bock  mit  Ziegen ;  auch  Brehm,  andere  und  jetzt 
Deutsche  Jäger-Zeitung  XXI,  396  flg.  nehmen  mit  großem  Mißtrauen 


276  — 


Mitteilungen  über  derlei  Bastarde  auf,  aber  Girtanner  behauptet  fest, 
daß  in  der  Gefangenschaft  sowohl  Bock  wie  Geis  sich  mit  Ziegen 
paaren,  daß  der  hybride  infolge  kürzerer  Tragzeit  der  Hausziege 
nackt  zur  Welt  käme,  erwachsen  aber  recht  stattlich  werde. 

Gemsgehege,  doch  von  größerer  Ausdehnung  als  die  in  unseren 
heutigen  zoologischen  Gärten,  besaßen  schon  vor  mehreren  Jahr¬ 
hunderten  deutsche  Fürsten. 

In  einem  alten  Buche  über  die  württembergische  Stadt  TTrach 
vom  Jahre  1626  wird  berichtet,  daß  Herzog  Christoph  1550 — 1568 
in  seinem  dortigen  Tiergarten  neben  Gemsen,  die  ein  Geschenk  des 
Herzogs  von  Bayern  waren,  auch  Damwild  (»Dhen«)  hielt  und  beide 
Tierarten  sich  gut  vertrügen.  Nach  Beckmann  (phys.  Ökonom. 
Bibliothek  XX,  1804,  S.  482)  legte  Erzbischof  Sittich  1615  eine 
Gemskolonie  in  Hellbrunu  au.  Daß  Gemsen  in  solchen  größeren 
Gehegen  mit  anderem  Wild,  vornehmlich  Damwild  durchaus  nicht  in 
Feindschaft  leben,  ergibt  sich  auch  aus  dem  ersten  diesjährigen 
Jahresbericht  der  St.  Galler  Wildparkkommission.  Die  Parkfläche 
liegt  780  m  über  dem  Meere,  und  die  5  Gemsen  bleiben  im  Winter 
nachts  mit  dem  Damwild  lieber  in  der  windgeschützten  Hütte 
zusammen,  als  in  den  zugigen  offenen  Scheunen ;  bei  Tage  aber 
bevorzugen  sie  den  bewaldeten  Tobelabhang.  Wie  zahm  Gemsen 
in  verständiger  Behandlung  werden  können,  bewies  Herr  David 
Leuoir  in  Bulle,  der  1883  eine  selbst  aufgezogene  Geis  besaß,  die 
ihm  überall  hin  wie  ein  Hund  folgte  und  der  Liebling  aller  war. 

Zum  Schluß  möge  mir  noch  eine  kurze  Bemerkung  über  das 
Gemsbluttrinken  der  Jäger  gestattet  werden. 

Das  Bluttrinken  als  Nahrungsmittel  war  in  frühen  Zeiten  wohl 
weit  verbreitet.  Spuren  desselben  finden  sich  noch  heute,  z.  B. 
in  Afrika  bei  manchen  Stämmen  am  obern  Nil  und  bei  den  Tibbu, 
wenn  nach  längerem  Hungern  der  Kamelreiter  Stücke  der  gebleichten 
Knochen  der  Wüste  zu  Pulver  verreibt,  eine  Ader  am  Kopf  des 
Reittieres  öffnet  und  mit  einigen  Tropfen  Blut  das  Pulver  zu  wenig 
schmackhaftem  Brei  umschafft.  Allmählich  verschwand  der  Blut¬ 
genuß  als  Nahrungsmittel,  er  hielt  sich  aber  hier  und  dort  im 
Aberglauben,  welcher  vermeinte,  durch  dies  rote  Lebenswasser  auch 
die  geistigen  Eigenschaften  des  erschlagenen  Menschen  oder  der 
erlegten  Jagdtiere  sich  aneignen  zu  können.  So  trinken  japanische 
Jäger  und  Soldaten  das  Blut  der  Schlange  Firakutz,  so  aßen  Grön¬ 
länder  das  Herz  ihrer  Feinde  und  Indiauer  der  Anden  das  Blut 
des  Kondors  u.  dgl.  m.  Auch  bei  Gemsjägern  hat  sich  solcher 


277 


Glaube  lange  erhalten.  Sie  öffnen  das  Herz  des  aufgebrocheneu 

Tieres  und  trinken  das  Blut,  um  Muskeln  und  Sinne  zu  stählen 

•  • 

und  den  Schwindel  zu  vertreiben.  Uber  die  Verwendung  anderer 
Gemsenteile  in  ihrer  stets  wirksamen  Volksmedizin  verweise  ich  auf 
Arthur  Achleitner  im  »Familienblatt,  Beilage  zur  Berliner  Morgeu- 
zeitung«  vom  5.  Januar  1893.  Gerade  in  jetziger  Zeit  durch  Auf¬ 
klärung  solcherlei  Vorurteile  beseitigen  zu  wollen,  wäre  ebenso 
unerhört,  wie  irgend  »ein  gutes  Haar  an  dem  alten  Fürsten  Metternich 
zu  lassen«. 

Über  die  frühere  und  jetzige  Verbreitung  der  Gemsen  berichtete 
ich  au  anderer  Stelle. 


Kosmopolitische  Tiere. 

Von  Dr.  C.  Müller. 

Fortsetzung. 

Bezüglich  der  nächsten  Klasse,  der  Spinnentiere,  Araehnoidea, 
sagt  Trouessart  folgendes :  »Sie  sind  wesentlich  insektenfressende 
Tiere,  deren  Ursprung  auf  sehr  weit  entlegene  Zeiteu,  für  die 
Skorpione  auf  die  Kohlen-,  vielleicht  selbst  Silurzeit  zurückgeht.  Da¬ 
her  bietet  auch  ihre  Verbreitung,  namentlich  wenn  man  sie  mit 
derjenigen  der  Säugötiere  vergleicht,  ein  sehr  gleichmäßiges  Aus¬ 
sehen.  Wie  im  allgemeinen  für  alle  Gliedertiere  gilt,  vermehrt  sich 
ihre  Zahl  nach  den  Tropen  hin,  vermindert  sich  in  dem  Maße,  wie 
sie  sich  den  Polen  nähern.  Nur  in  den  heißesten  Teilen  der  alten 
und  neuen  Welt  findet  man  jene  riesigen,  bis  zwanzig  Centimeter 
lang  werdenden  Skorpione  und  die  Vogelspinnen,  Avicularidae,  welche 
mit  ausgespreizten  Beinen  einen  Platz  von  der  Größe  eines  Hand¬ 
tellers  einnehmen.  Die  jungen  Spinnen  besitzen  in  ihren  abge¬ 
schlossenen  Faden  ein  außergewöhnliches  Verbreitungsmittel,  aber 
sie  machen  wahrscheinlich  keinen  bewußten  Gebrauch  davon,  wenigstens 
nicht,  um  längere  Reisen  zu  unternehmen.  Ebenso  lassen  sie  sich 
unbeabsichtigt  vom  Menschen  auf  dessen  Schiffen  transportieren,  und 
so  sind  zwanzig,  zum  größten  Teil  tropische  Arten  gegenwärtig 
kosmopolitisch  geworden.« 

Hingewiesen  sei  noch  auf  die  von  Eugen  Simou  aufgestellten 
arachnologischen  Regionen,  die  wesentlich  andere  sind  als  die  all¬ 
gemeinen  von  Wallace  (Trouessart,  Siebentes  Hauptstück.  S.  237). 


In  der  Ordnung  der  Skorpione  ist  eine  Familie  von  wirklich 
universeller  Verbreitung  nicht  zu  finden,  da  alle  Angehörigen  der¬ 
selben  vorzugsweise  in  heißen  Ländern  und  in  den  wärmeren  Teilen 
der  gemäßigten  Erdstriche  leben ;  viel  weiter  als  bis  zum  45.  Grade 
nördlicher  Breite  dringen  sie  nicht  vor,  so  daß  sie  im  nördlichen 
Deutschland  ganz  fehlen.  Südlich  dieser  Grenze  ist  die  Familie  der 
Scorpionidae  in  allen  Erdteilen  vertreten ;  kosmopolitisch  ist  ferner 
die  Familie  der  Chernetidae  (Ord.  Pseudoscorpionina)  und  die  der 
Afterspinnen,  Phalangidae  (Ord.  Phalangina).  Aus  der  Ordnung  der 
echten  Spinnen,  Araueina,  kennt  man  zur  Zeit  einige  Tausend 
Spinnen,  welche  über  die  ganze  Erde  verbreitet  sind  uiid  in  ein¬ 
zelnen  Arten  nach  Taschenberg  bis  gegen  3125  m  hoch  über  dem 
Meere  Vorkommen,  trotzdem  aber  in  den  heißeu  Erdstrichen  sich 
wohler  befinden  als  in  den  kälteren,  wie  die  Mannigfaltigkeit  an 
zum  Teil  großen  und  schönen  Spinnen  in  den  wärmeren  Ländern 

beweist.  Entschieden  erreicht  die  Zahl  der  bekannten  und  benannten 

_ • 

Arten  bei  weitem  noch  nicht  die  der  in  Wirklichkeit  lebenden;  es 
ist  diese  Zahl  in  rascher  Zunahme  begriffen.  Die  Mehrzahl  der 
hierhergehörigen  Familien  dürfte  Vertreter  in  allen  Erdteilen  auf¬ 
zuweisen  haben,  so  die  Krabbenspinnen,  Thomisidae,  die  Wolfs¬ 
spinnen,  Lycosidae,  die  Radspinnen,  Epeiridae,  die  Trichterspinnen, 
Agalenidae  u.  a.  Unter  denjenigen  Arten,  die  kosmopolitisch  ge¬ 
worden  sind,  ist  unsere  gemeine  Hausspinne,  Tegemria  vulgaris , 
zu  nennen;  Amaurobius  ferox  hat  sich  bis  nach  Neu-Seeland  ver¬ 
breitet.  Thanatus  dblongus  wird  in  Europa,  Asien  und  Nordamerika 
gefunden. 

Eine  noch  überaus  lückenhaft  bekannte  Ordnung  ist  die  der 
Milben,  Acarina.  Da  ein  großer  Teil  derselben  als  Schmarotzer  an 
Menschen  und  Tieren  lebt,  so  wird  auch  mit  diesen  der  Verbreituugs- 
bezirk  derselben  ein  entsprechender  geworden  sein,  um  so  mehr,  da 
gerade  unsere  Haustiere  vielfach  unter  den  schmarotzenden  Milben  zu 
leiden  haben.  Als  Kosmopolitiker  seien  aus  der  Familie  der  Wasser¬ 
milben  Atax  ypsilophorus ,  Elays  extendens,  LimnocJiares  holosericea 
angeführt.  Von  denjenigen  Famifien,  die  auf  Menschen  und  Tieren 
schmarotzen  und  somit  Kosmopolitiker  geworden  sein  dürften,  seien 
die  Gamasidae  mit  Dermanyssus  hiruudinis ,  die  Zecken  ,  Ixodidae, 
die  Dermaleichidae  mit  Myocoptes  muscidinus  auf  Mäusen  und  Ratten 
und  Dnnorphus  fuscus  auf  Pandion  haliaetus ,  vor  allen  aber  die 
Sarcoptidae  mit  Sarcoptes  scabiei  und  squamiferus  und  Angehörige 
der  Gattungen  Dennatophagus  und  Dermatocoptes  sowie  solche  der 


279 


Haarbalgmilben,  Demodicidae ,  wie  Demodcx  folliculonmi  hominis , 
canis  u.  a.  erwähnt. 

Als  letzte  Ordnung  aus  der  Klasse  Arachnoidea  sei  die  der 
Zungenwürmer,  Liuguatulina  genannt  mit  der  Familie  der  Pentasto- 
midae.  Die  hierher  gehörigen  Arten  sind  zum  Teil  noch  unvoll¬ 
ständig  bekannt,  sie  leben  schmarotzend  in  Säugetieren  und  Reptilien. 
Aus  Europa  kennen  wir  (s.  Looß,  Schmarotzertum  in  der  Tierwelt) 
bis  jetzt  nur  eiue  einzige  Art  dieser  Tiere,  das  Pentastomum  taeniodes, 
welches  im  geschlechtsreifen  Zustande  in  der  Nase  des  Hundes,  ferner 
des  Wolfes,  Pferdes  und  wahrscheinlich  noch  anderer  Säugetiere  lebt, 
und  als  Jugendform,  die  man  früher  unter  dem  Namen  P.  denti- 
culatum  für  eine  besondere  Art  hielt,  die  inneren  Organe  der  Hasen 
und  Kaninchen,  Rinder,  Hämmel,  Katzen,  des  Löwen  und  gelegentlich 
auch  des  Menschen  bewohnt,  somit  also  auch  kosmopolitisch  sein  dürfte. 

Von  den  Krebsen  haben  weitaus  die  meisten  ihren  Aufenthalt 
im  Wasser  und  zwar  im  Meere,  ja  eine  nicht  unbedeutende  Ordnung, 
die  der  Rankenfüßer,  ist  überhaupt  auf  dieses  beschränkt,  während 
die  Kiemenfüßer  fast  ausschließlich  Bewohner  des  süßen  Wassers 
sind.  Zehnfüßer,  Asseln,  Hüpferlinge  und  Muschelkrebse  finden  sich 
in  süßem  und  salzigem  Wasser,  das  Land  bewohnen  nur  einige 
Asseln  und  Zehnfüßer,  langschwänzige  sowohl .  als  kurzschwäuzige, 
sowie  ein  paar  Flohkrebse.  In  den  nordischen,  besonders  den 
schwedischen  und  finnischen  Seen  leben  eine  Anzahl  von  Formen, 
welche,  sonst  aus  dem  Meere  bekannt  sind,  z.  B.  Mysis  ocidta  etc. 
(s.  Brehm  Bd.  X,  S.  19).  Im  allgemeinen  ist  ein  Übergewicht 
tropischer  Formen  unter  den  Krebsen  nicht  nachzuweisen.  Der 
Artenreichtum  ist,  wenn  die  Arten  teilweise  auch  kleiner  sein  mögen, 
in  den  arktischen  und  auarktischen  Meeren  nicht  geringer  als  in  • 
den  tropischen,  der  Individuenreichtum  sogar  größer,  so  daß  wahr¬ 
scheinlich  hier  wie  dort  auf  das  gleiche  Quantum  Wasser  ein  ent¬ 
sprechend  gleiches  Quantum  Krebse  kommen  dürfte,  doch  gilt  dies 
nur  für  die  Meeresr  und  allenfalls  für  die  Süßwasserformen,  die 
Landformen  nehmen  nach  dem  Äquator  hin  entschieden  zu. 

Die  kurzschwäuzigen  Zehnfüßer  (Brachyura)  sind  nach  Marshall 
(s.  Brehm)  weit  besser  in  den  Tropen,  als  in  den  gemäßigten  Klimaten 
vertreten  und  nehmen  nach  den  Polen,  besonders  nach  dem  Süd¬ 
pol  hin,  rasch  an  Artenzahl  ab.  Gattungen,  die  in  allen  Meeren 
Vertreter  haben,  sind:  Grapsus,  Pilumnus,  Porcellana  uud  Dromia. 

Bei  Besprechung  der  Fische  ist  schon  darauf  aufmerksam  gemacht, 
daß  sich  die  abyssische  Fauna  der  äquatorialen  Zone  durch  keine 


280 


besondere  Eigenschaft  von  der  arktischen  unterscheidet,  da  bei  einer 
Tiefe  von  2000  m  die  Temperatur  des  Meeres  unter  allen  Breiten 
die  nämliche  ist,  so  daß  also  die  Tiefseetiere  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  sämtlich  als  kosmopolitisch  bezeichnet  werden  können.  Es 
sollen  daher  jeder  Abteilung  der  Crustaceen  die  in  der  Tiefsee  ge¬ 
fundenen  Arten  angefügt  werden.  Eine  zu  den  Brachyuren  gehörige 
Art  ist  Ethusa  granulata,  die  (s.  Marshall,  die  Tiefsee  und  ihr  Leben) 
im  flachen  Wasser  gut  entwickelte  Augen  hat,  während  Exemplare 
aus  110  bis  370  Faden  Tiefe  zwar  noch  Augenstiele  besitzen,  aber 
offenbar  ihr  Sehvermögen  eingebüßt  haben,  indem  an  Stelle  der 
Augen  am  Ende  der  noch  beweglichen  Stiele  sich  kalkige  An¬ 
schwellungen  befinden  und  bei  Individuen  aus  500  bis  700  Faden 
haben  die  Augenstiele  selbst  ihre  Beweglichkeit  eingebüßt  und  sind 
zu  einem  sekundären  Stirnstachel  verschmolzen,  während  der  ursprüng¬ 
liche  obliterierte.  Andere  Tiefseekrabben  sind:  Amathia  carpenteri, 
auf  der  Prokupine-Expedition  bei  385  Faden  gefangen,  ausgezeichnet 
durch  einen  gablig  in  zwei  spitze  Hörner  auslaufenden  Stirnfortsatz, 
ferner  Ergasticus  clouei  und  Dorynchus  ( Lypsognathus )  thomsoni. 
Letztere  Art  ist  nicht  nur  von  der  Prokupine,  sondern  später  auch 
vom  Talisman  an  der  marokkanischen  Küste  bei  Tiefen  von  330  bis 

i 

660  Faden  beobachtet,  ebenso  vom  Challenger  an  der  Spitze  Süd¬ 
afrikas  bis  Sydney  hinunter.  Bei  345  Faden  Tiefe  fand  die  Challenger- 
Expedition  an  der  japanischen  Küste  die  bekannte  Riesenkrabbe, 
Macroclieira  kämpf eri,  vor,  ein  Koloß,  der  von  Scherenspitze  zu 
Scherenspitze  bis  zu  3  m  klaftern  kann. 

Die  mittelschwänzigen  Zehnfüßer  (Anomura)  namentlich  die 
Einsiedlerkrebse,  gehen  sehr  tief,  bis  5500  m  und  nehmen  mit  der 
Tiefe  an  Artenzahl  nur  sehr  wenig  ab,  gehen  auch  entsprechend 
weit  nach  Norden,  scheinen  aber  in  den  anarktischen  Gewässern 
selten  zu  sein.  Kosmopolitisch  ist  die  Gattung  Pagurus,  ebenso 
enthält  sie,  wie  schon  oben  gesagt,  abyssische  Form,  desgleichen  die 
Gattung  Galathea  und  Lithodes.  Marshall  behandelt  die  diesbezüg¬ 
lichen  Arten  ausführlich  in  seinem  »Tierleben  der  Tiefsee«  S.  273  etc. 
Er  erwähnt  hier  an  Arten  der  Gattung  Galathea  die  während  der 
Expedition  des  Talisman  bei  2400  Faden  gefundene  Art  Galathodes 
antonii  und  die  verwandte,  bei  510  Faden  gefangene  Form  Pachy- 
gaster  formosus.  Bezüglich  der  Paguriden  weist  er  darauf  hin,  daß 
der  eigentümliche  symbiotische  Prozeß,  der  zwischen  Seeanemonen 
und  Paguriden  herrscht,  noch  bis  über  3000  Faden  stattfindet,  wo 
Pagurus  abyssorum  gefunden  wurde. 


281 


»Es  unterliegt,  keinem  Zweifel,  daß  diePaguriden  von  symmetrischen 
Ahnen  abstammen  und  wir  wissen,  daß  sie  unter  Umständen  wieder 
zur  Symmetrie  zurückkehren  können.  Solche  Umstände  finden  sich 
aber  auf  dem  Boden  der  Tiefsee.  Hier  sind  die  Schalen  abgestorbener 
Schnecken  eine  so  große  Seltenheit,  daß  unsere  Krebse,  wenn  sie 
dort  überhaupt  hausen  wollen,  gezwungen  sind,  ihre  Lebensgewohu- 
heiten  mehr  oder  weniger  zu  ändern.  Das  haben  sie  in  verschiedene! 
Art  getban.  Die  einen  haben  sich  an  ein  freies  Leben  zurück  au¬ 
gepaßt  und  das  dürfte  der  Fall  bei  der  von  Challenger  im  südlichen 
stillen  Ocean  bei  2375  Faden  Tiefe  aufgefundenen  Tylaspis  anomala 
sein,  die  ein  festes  Brustschild  erhalten  hat  und  deren  Hinterleib, 
wenn  er  auch  nicht  fest  bepanzert  ist,  so  doch  dadurch  weit  ge¬ 
schützter  erscheint,  daß  er  sich  ganz  außerordentlich  verkürzt  hat, 
dabei  ist  er  völlig  unsegmentiert  und  seine  Endanhänge  sind  wohl 
entwickelt  und  symmetrisch.  In  den  westindischen  Gewässern  ent¬ 
deckte  der  Blake  eine  andere  Form,  Pylocheles  agassizii,  welche, 
wahrscheinlich  selbstverfertigte,  gerade  Röhren  in  Klumpen  zusammen¬ 
gebackenen  Sandes  bewohnte  und  dieselben  ganz  ausfüllte  und  nach 
Art  der  gewöhnlichen  Bernhardkrebse  vorn  mit  ihren  Scheeren  ver¬ 
schloß.  Infolge  der  geraden  Richtung  der  Wohnung  aber,  war  der 
Hinterleib  völlig  symmetrisch  entwickelt.« 

Als  besonders  interessante  Art  wird  von  Marshall  Hylopagarus 
rectus  aufgeführt.  Sie  bewohnt  in  einer  Tiefe  von  300  bis  400  Faden 
offene  Röhren  in  Holzstücken  oder  hohle  Stengelteile  von  Bambus, 
in  welche  sie  nicht  wie  die  andern  Paguriden  mit  dem  Hinterteile, 
sondern  mit  dem  Kopf  voran  hiueinschlüpft.  Ihr  Leib  ist  symmetrisch, 
aber  infolge  der  Wohnstätte  weichhäutig  bis  auf  das  hinterste  Ende. 

(Fortsetzung  folgt.) 

Die  ältesten  Tiere  des  zoologischen  Gartens  in  Hamburg. 

Von  Direktor  Dr.  Bolau. 

Die  Dauer  des  Aufenthaltes  im  Garten  ist  auf  den  31.  Dezember  1892  berechnet. 


I.  Säugetiere. 


1  Grauhörnchen,  Sciurus  cinereus  L.  .  .  . 

7 

Mon.  13  Tage 

1  Paar  Löwen,  Felis  leo  L . 

.  .  10 

5 

»  24 

\ 

1  Paar  Jaguare,  Felis  onca  L . 

.  .  8 

» 

9 

»  4 

1  Tigerkatze,  Felis  tigrina  Schreb . 

.  .  9 

11 

»  6 

1  gefleckte  Hyäne,  Hyaena  crocuta  Erxl. 

.  .  14 

5 

»  19 

» 

2  Eisbären,  Ursus  maritimus  L . 

.  .  18 

3 

»  3 

1  brauner  Bär,  Ursus  arctos  L . 

.  .  10 

8 

»  10 

282 


1  männl.  indischer  Elephaut,  Elephas  indicus  L., 

»Anton«  . 

1  weibl.  indischer  Elephaut,  Elephas  indicus  X., 

»Valy« . 

1  weibl.  afrikanischer  Elephaut,  Elephas  africanus 

Blb.  »Jenny« . 

1  Flußpferd,  Hippopotamus  amphibius  L.  .  .  . 

1  Warzenschwein,  Phacochoerus  aetliiopicus  Erxl. 
1  Hirschziegenantilope,  Antilope  cervicapra  L.  . 
1  Goral,  Nemorhaedus  goral  Hrdw. 

1  männl.  Zebu,  Pos  indicus  L.  . 

1  weibl.  Zebu,  Bos  indicus  L.  .  .  . 

1  weibl.  Yak,  Poephagus  grunniens  L. 

1  männl.  Yak,  Poephagus  grunniens  L. 

1  weibl.  Muflou,  Ovis  musimon  Schrb. 

1  weibl.  Damhirsch,  Dama  vulgaris  Gr.  .  .  . 

1  weibl.  Edelhirsch,  Cervus  elaphus  L . 

1  männl.  Isubrahirsch,  Cervus  luehdorfd  Bol.  .  . 

1  weibl.  Samburhirscli,  Cervus  aristotelis  Cuv. 

1  männl.  Samburhirseh,  Cervus  aristotelis  Cuv.  . 
1  weibl.  Mähnen hirsch,  Cervus  hippelaphus  Cuv. 
1  weibl.  Mähnenhirsch,  Cervus  hippelaphus  Cuv. 

1  männl.  Schweinshirsch,  Cervus  porcinus  Zimm. 

1  männl.  Formosahirsch,  Cervus  taevanus  Swh.  . 

1  Kameel,  Camelus  badrianus  L . 

1  Lama,  Auchenia  lama  Brdt . 

1  Indisches  Nashorn,  Bhinoceros  indicus  Cuv. 

1  Schabrackentapir,  Tapirus  indicus  Dsm.  .  . 

• 

•  II.  Vögel. 


1  Nasenkakadu,  Licmetis  nasica  Tem. . 

1  Wühlkakadu,  Licmetis  pastinator  Gld. 
1  Schwarzpapagei,  Coracopsis  nigra  L. 


1  Hahnenschweifwitwe*),  Penthetria  progne  Bdd. 

1  Bootschwanz,  Quiscalus  macrurus  Sw . 

1  australische  Alpendohle,  Corcorax  melanoramphus 

Vieill . 

1  Guinea-Uhueule,  Scotopelia  bouvieri  Slirp.  .  . 


2  virgin.  Uhus,  Bubo  virginianus  Gm. 
1  Kondor,  Sarcorhamphus  gryphus  L. 

1  Lämmergeier  Gypaetus  barbatus  L. 


2  Gänsegeier,  Gyps  fulvus  Gm. 


samraen  gehalten  werden,  das  Alter  nicht  sicher  feststellen. 


21 

Jahre 

5 

Mon.  .  5 

Tage 

11 

5 

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16 

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14 

Jahre 

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21 

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» 

7 

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10 

15 

6 

» 

15 

» 

30 

» 

3 

25 

sie 

gewöhnlich 

mit 

anderen  zu- 

/ 


283 


Mönchsgeier,  Vultur  monachus  L. 


Keilschwanzadler,  Aquila  andax  Lth.  . 
Steinadler,  Aquila  chrysaetus  L.  .  .  . 

Riesenseeadler,  Haliaetus  pelagicus  Pall. 


Fleckentaube,  Columba  maculosa  Tem. 
Silberfasan,  Euplocomus  argentatus  Sws. 
Satyrfasau,  Ceriornis  satyra  Edw.  B.  . 


1  weißer  Storch,  Ciconia  ciconia  L. 


Maguaristorch,  Ciconia  maguari  Gm.  . 
Koskorobaschwan,  Pseudolor  coscoroba  Mol. 

Graugans,  Anser  anser  L . 

Indische  Gans,  Anser  indicus  Gm.  .  . 


Schwanengans,  Anser  cygnoides  L.  .  . 

1  Rosenschnabelente,  Anas  peposaca  V.  . 

1  Schopfpelekan,  Pelecanus  mitratus  Lcht. 

1  gern.  Pelekan,  Pelecanus  onocrotalus  L. 

1  »  »  » 

2  Mantelmöwen,  Larus  marinus  L.  .  . 

1  »  »  »  .  . 


.  .  15 

Jahre 

6 

Mon. 

28 

Tage 

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5 

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18 

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.  .  14 

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— 

.  .  9 

» 

1 

15 

III.  Reptilien  und  Amphibien.*) 

1  Schwarze  Landschildkröte,  Testudo  carbona- 

ria  Spx . 5  Jahre 

1  Sumpfschildkröte,  Emys  caspica  Wgl.  .  .  .  .  5  » 

2  Dosenschildkröten,  Kinosternum  scorpioides  Gr.  5  » 

1  Zacken- Dosenschildkröte,  Sternotliaerus  sinu- 

atus  Sm . 5  » 

1  Schwarze  Dosenschildkröte,  Sternotliaerus  nigri¬ 
cans  DB . 5  » 

1  Nilkrokodil,  Crocodilus  vulgaris  Cuv . 5  » 

1  Hechtkrokodil,  Alligator  lucius  Cuv . 18  » 

1  Hieroglyphenschlange,  Python  sebae  Gm.  ...  5  » 

1  Anakonda  oder  Wasserboa,  Boa  murina  L.  .  .  5  » 

1  »  »  »  »  »»..5» 

1  Riesensalamander,  Sieboldia  maxima  Schlgl.  .  *  .  10  » 

1  »  »  »  »  .  .  .  6  » 


4  Mon. 

3  » 

7  » 

7  » 

7  » 

9  » 

6  » 

8  * 

5  » 

1  » 

9  » 


20  Tage 

18  » 

24  » 

11 

11  * 

28  » 

11  » 

22  » 

30  » 

3  » 

2  » 

30  » 


IV.  Fische.**) 

4  Meeräschen,  Mugil  capito  Cuv.  ......  8  Jahre  5  Mon.  3  Tage 

1  Flußaal,  Anguilla  vulgaris  Flm . 11'»  7  »  7  » 

1  Muräne,  Muraena  hclena  L . 6  »  6  »  19  » 


*)  Wir  besitzen  ein  eigentliches  Reptilienhaus  erst  seit  dem  Sommer  1887. 

**)  Auch  von  den  Fischen  gilt  das  von  den  kleineren  Vögeln  Gesagte. 


284 


Korrespondenzen. 


Jena,  den  9.  August  1893. 

Auf  einer  Beise  zwischen  Las  Palmas  und  Monrovia  im  März  1892 
wurden  wir  eines  Nachmittags  aufmerksam  auf  einige  kleine,  mattrosa  gefärbte 
Körperchen,  die  auf  der  Oberfläche  des  Meeres  schwammen.  Binnen  kurzer 
•  Zeit  hatten  sich  dieselben  bis  ins  Unendliche  vermehrt  und  stellten  sich  nun 
heraus  als  Exemplare  von  Argonauta  argo ,  »spanische  Fregatten«,  wie  sie 
unsere  Matrosen  nannten.  Zu  Tausenden  bedeckten  sie  die  See  mit  ihren 
Gehäusen.  Drei  Tage  lang  fuhren  wir  durch  diese  wandernde  Flotille,  ehe  wir 
die  letzten  passiert  hatten.  Dabei  fiel  mir  und  anderen  nun  auf,  daß  die 
Stellung,  in  welcher  die  Tiere  auf  dem  Wasser  schwammen,  eine  ganz  andere 
war,  als  die  in  »Brehms  illustriertes  Tierleben«  1887,  vierte  Abteilung  2.  Band, 
auf  Tafel  zu  Seite  202  abgebildete.  Während  nämlich  auf  dieser  Abbildung  das 
Tier  gewissermaßen  in  der  Schale  drin  liegt,  wie  in  einem  Schiffe,  und  der  Kiel  der 
Schale  nach  unten  sieht,  war  die  Stellung  bei  den  von  uns  beobachteten  Exem¬ 
plaren  stets  so,  daß  die  Mündung  der  Schale  nach  unten  gedreht  war,  so 
daß  das  Tier  direkt  auf  dem  Wasser  auflag  und  der  Kiel  der  Schale 
nach  oben  gerichtet  war.  Sie  nahmen  also  eine  Stellung  ein,  die  der 
der  Gehäussehnecken  noch  am  nächsten  kommen  würde,  wenn  diese  sich  an 
einem  festen  Gegenstände  oder  auf  dem  Boden  fortbewegen.  Es  würde  also 
hier  das  Tier  die  Schale  tragen,  während  auf  der  Tafel  das  Tier  von  der 
Schale  getragen  wird.  Die  Stellung,  welche  auf  der  genannten  Tafel  darge¬ 
stellt  ist,  habe  ich  während  der  drei  Tage,  an  denen  ich  viele  Tausende 
beobachten  konnte,  nicht  ein  einziges  Mal  gesehen. 

Dr.  med.  Denn  icke. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Seltene  Jagdbeuten.  Im  Verlaufe  des  verflossenen,  ebenso  strengen 
wie  lang  anhaltenden  Winters  haben  sich  auch  im  Binnenlande  wiederholt 
seltene  hochnordische  »Gäste«  eingefunden.  Abgesehen  von  den  in  den  letzten 
Jahren  hier  und  da  erlegten  wie  auch  gefangenen  Polar-  und  Eistauchern,  von 
welch’  ersteren  ein  Stück  bei  Gödöllö,  Ungarn,  an  dem  höchst  unbedeutenden 
Räkos-Bach  geschossen  wurde,  waren  es  namentlich  wilde  Schwäne,  die  sogar 
in  Gebirgsgegenden  auf  Saatfelder  einfielen ,  während  auf  offenen  Gewässern 
oder  an  deren  Ufern  verschiedene  Arten  von  Wildgänsen,  Wildenten  und  allerlei 
Möwen  bezeugten,  dass  jene  nordischen  Breiten,  in  denen  sie  sonst  zu  über¬ 
wintern  pflegten,  ihren  Lebensbedingungen  nicht  entsprechen  konnten.  Selbst 
die  Nordostküsten  Englands,  deren  Gewässer  in  jedem  Jahre  mehrere  Monate 
hindurch  von  dem  mannigfachsten  Wasserwild  aufgesucht  werden,  boten  heuer 
ein  in  der  Beziehung  höchst  überraschendes  Bild ;  sogar  tief  im  Lande  wieder¬ 
holte  sich  dasselbe  zum  Teil,  indem  von  Januar  an  ganze  Züge  von  Schwänen, 
Cygnus  cygnus  und  Cygnus  bewicki ,  sich  dort  auf  den  grünenden  Saaten 
äßten.  Herden  von  Branta  bernicla ,  strichen  ab  undj  zu,  während  Möwen 
aller  Größen  am  Strande  lagen,  oder  lärmend  über  den  von  der  Ebbe  zurück- 


gelassenen  Tümpeln  kreisten  und  mit  scharfem  Auge  jede  Gelegenheit  zu  reicher 
Beute  ausnützten.  Andauernde  Stürme  brachten  Züge  von  Tausenden  von 
Wildenten,  die  in  den  durch  Klippen  halbwegs  geschützten  Lagunen  einfielen. 
Im  bunten  Durcheinander  ruderten,  tauchten  oder  lagen  apathisch  Sammt- 
Sehnatter-,  Spieß-,  Eis-  und  andere  hochnordische  Enten,  die  bei  wieder  heran¬ 
brechender  Fluth  weiter  gegen  das  Land  zu  in  ruhigeres  Wasser  strichen,  bis 
sie  auch  dort  den  immer  höher  brandenden  Wogen  weichen  mußten  und  nach 
irgend  einem  der  Binnenseen  zogen. 

Der  an  solche  Züge  gewöhnte  »Küstenjäger«  schenkte  ihnen  jedoch  wenig 
Beachtung;  denn  seitdem  sich  die  Kunde  verbreitet  hatte,  dass  ungewöhnlich 
starke  Züge  von  Schwänen  da  und  dort  eingefallen  waren,  sah  es  jeder  nur 
auf  dieses  »königliche«  Wild  ab. 

Nach  Ankunft  der  ersten  dieser  nordischen  Gäste  konnte  man  sich  nicht 
genug  darüber  wundern,  wie  vertraut  sie  waren;  hin  und  wieder  strich  wohl 
manches  Stück  weit  ab,  es  mochten  das  aber  alte  gewesen  sein,  die  bereits 
beschossen  worden  waren;  sie  ließen  nicht  näher  als  etwa  auf  300  Schritte  an¬ 
kommen.  Am  Strand  lagen  geringere  Züge,  12 — 18  Stück,  den  schlanken  Hals 
unter  den  Flügeln,  augenscheinlich  in  Schlaf  versunken,  während  ein  oder  zwei 
ältere  Wache  hielten.  Bei  annähernder  Gefahr  stießen  diese  einen  schrill 
tönenden  Schrei  aus,  auf  den  hin  alle  sofort  die  Schwingen  ausbreiteten,  knapp 
über  dem  Schlamm  dahinstrichen  und  sich  schließlich  in  kürzester  Zeit  hoch 
in  die  Lüfte  erhoben. 

Rücksichtlich  der  Schwäne  konnte  man  höchst  eigentümliche  Beobach¬ 
tungen  machen.  Am  frühen  Morgen  war  weit  und  breit  kein  einziges 
Stück  zu  sehen ;  nur  einmal  innerhalb  der  vielen  Wochen  wurde  bei  Ge¬ 
legenheit  des  Ansitzes  auf  Wildgänse  eine  Stunde  nach  Tagesanbruch  ein 

Schwan  wahrgenommen,  der  mit  allem  Eifer  sich  äßte;  sonst  scheint  es  der 

•  • 

Nachmittag  zu  sein,  an  dem  dies  der  Fall  ist.  Die  erste  Aßungszeit  mag 
immerhin  in  die  frühen  Tagesstunden  fallen,  darauf  folgen  mehrere  Stunden 
der  Ruhe  an  oder  auf  dem  Wasser,  und  von  etwa  2  Uhr  nachmittags  an  suchen 
die  Schwäne  abermals  Saaten  auf,  um  erst  bei  eintretender  Dämmerung  zum 
Wasser  zurückzustreichen.  Nur  bei  Vollmondlicht  äßten  sie  sich  auch  nachts. 

Allerdings  gilt  vorstehendes  nur  für  strenge  Winter,  in  denen  dieses 
königliche  Wild  Gebiete  aufsucht,  die  es  sonst  nicht  bewohnt,  und  in  denen  es 
im  Wasser  die  ihm  zusagende  Nahrung  nicht  vorfindet. 

Die  Ankunft  der  Schwäne  an  der  Nordostküste  von  England  fiel  mit  dem 
Einstellen  der  Schifffahrt  an  den  baltischen  und  dänischen  Küsten,  also  mit 
dem  Zufrieren  der  betreffenden  Gewässer,  zusammen.  Kurz  nach  Neujahr 
trafen  die  ersten  ein,  Mitte  Januar  berichtete  man  bereits  allgemein  hierüber 
und  bis  gegen  Ende  Februar  währte  der  Zuzug  der  nordischen  Gäste,  die 
plötzlich  und  mit  einem  Male  verschwunden  waren.  »Der  Weidmann.« 

Aus  dem  Dresdener  zoologischen  Garten  macht  uns  ein  Freund 
dieses  Institutes  folgende  Mitteilungen :  Von  selteneren  Tieren  besitzt  der  Garten 
gegenwärtig  einen  sibirischen  Königstiger,  ein  mächtiges  Männchen,  drei 
sibirische  und  eine  siamesische  Hauskatze,  einen  europäischen  Luchs  ( Felis 
lynx ),  eine  Mbarakayakatze  ( Felis  mitis ),  einen  1884  im  Garten  geborenen 
Albino-Kragenbär  ( Ursus  tibetanus ),  einen  Baumstachler  ( Sphingurus  villosus), 

* 


280 


2  Borkenratten  ( Phloeomys  cumingi )  (vergl.  Zool.  Gart,  Jahrg.  1890  S.  195), 
ein  Pferdeschweifeichhorn  ( Sciurus  hippur us),  ein  Kulan  ( Equus  onogcr),  zwei 
Weißbartsch  weine  {Sus  leucomystax).  ferner  8  Bisons  jeglichen  Alters  und  Ge¬ 
schlechts,  6  davon  im  Garten  geboren,  sowie  eine  in  den  70  er  Jahren  geborene 
Wisentkuh,  das  letzte  Tier  von  einer  Herde.  Dieses  Tier  und  die  schöne 
weibliche  Giraffe,  welche  auch  schon  18  oder  19  Jahre  im  Garten  lebt,  dürften 
wohl  die  seltensten  Stücke  sein.  Außerdem  sind  zu  nennen  einige  weiße,  bezw. 
halbweiße  Edelhirsche  und  ein  in  Dresden  geborener  Halbblut-Steinbock.  Bei 
diesem  Tier  beschreibt  das  mächtige  Gehörn  ziemlich  einen  Bogen,  kreuzt  sich 
am  Ende  und  ist  auf  die  rechte  Halsseite  gewachsen,  so  daß  dort  alles  Haar 
weggerieben  ist  und  der  Hals  nur  einseitig  bewegt  werden  kann.  —  Ein  1882 
angekaufter  Wapitihirsch  trägt  3  Geweihstangen  ;  Abbildungen  befinden  sich 
in  der  Jubiläumsfestschrift  vom  Jahre  1886.  Drei  Lamas  werden  zum  Reiten 
und  Fahren  für  Kinder  benutzt. 

Im  Käfig  brütende  Rauchschwalben.  Vor  vier  Jahren  bei  plötz¬ 
lichem  Eintreten  von  Kälte  blieben  zwei  junge  Schwalben  zurück,  die  mir  ein 
Freund,  der  meine  Vorliebe  für  die  Tiere  kennt,  in  halb  erstarrtem  Zustande 
überbrachte. 

Es  gelang  mir  in  kürzester  Zeit,  die  Vögel  an  das  künstliche  Futter  zu 
gewöhnen,  und  verbrachten  dieselben  diesen  Zeitraum  in  einem  circa  1  m  langen 
Käfig.  Vor  ungefähr  drei  Wochen  begannen  die  Schwalben  sich  mit  dem 
im  Käfig  befindlichen  Neste  zu  befassen  und  am  16.  v.  M.  legten  sie  in 
Zwischenräumen  von  je  einem  Tage  5  Eier,  welche  sie  eifrig  bebrüteten  und 
aus  welchen  heute  zwei  Junge  ausfielen.  Die  Alten  füttern  dieselben  mit 
frischen  Ameisenpuppen  und  scheinen  sich  die  Kleinen  sehr  wohl  zu  befinden. 

Ich  bin  auch  im  Besitze  eines  lebenden  Kuckucks,  welcher  fleißig  seinen 
Ruf  erschallen  lä.ßt.  Er  rief  bis  zu  103mal,  ohne  zu  pausieren. 

F.  Schal  ler  in  den  »Mitteil,  des  ornith  Vereins  in  Wien.« 

Aus  dem  Spatzen  leben,  ln  Kiereningken  im  nördlichen  Samlande 
ist  jüngst  ein  interessanter  Vorgang  ,aus  dem  Vogelleben  beobachtet  worden. 
Unter  den  Dachpfannen  eines  Hauses  hat  ein  Sperlings  paar  sich  ein 
Nest  aufgeschlagen.  Dieser  Tage  gerieth  nun  der  seinen  Jungen  eine  Mahl¬ 
zeit  zutragende  Spatzenvater  in  einige  vom  Nest  herunterhängende  Fäden  und 
verfing  sich  mit  dem  Kopf  in  einer  Schlinge.  In  Todesangst  zappelte  er  umher 
und  stieß  laute  Hülferufe  aus.  Im  Nu  waren  etwa  10  Genossen  dabei,  ihm  zu 
helfen.  Doch  wollte  dies  nicht  gelingen.  Einige  schoben  sich  daher  fliegend 
unter  ihn  und  brachten  ihn  so  auf  die  Dachpfannen,  damit  er  festen  Boden 
unter  sich  hatte,  und  nun  zausten  sie  mit  den  Schnäbeln  so  lange  an  den 
Fäden,  bis  diese  gelöst  und  der  Gefangene  aus  der  Schlinge  befreit  war. 

Frankfurter  Zeitung. 

Aus  dem  Frankfurter  zoologischen  Garten.  Die  bemerkens¬ 
wertesten  Erwerbungen,  die  in  der  Zeit  vom  20.  Juli  bis  Ende  August  gemacht 
wurden,  sind  folgende:  ein  Paar  Strandschakale,  ( Canis  riparius )|,  ein  Fenek 
( Canis  cerdo),  der  aber  leider  inzwischen  schon  eingegangen  ist,  ein  Seiden¬ 
äffchen  ( Ilapale  penicillata),  eine  Rehgeis  (Capreolus  capreolus),  zwei  Himalaya- 
kaninchen  (Lepus  cuniculus  var.\  ein  Schmutzgeier  (Neophron  percnopterus),  vier 

ft 


287 


Schleiereulen  ( Strix  flcimmea ),  eine  Rotbngamazone  (Androglossa  aestiva) ,  eine 
Kollektion  Prachtfinken:  weiße  Reisfinken  (Spcrmestes  oryzivora  var.  alba ),  Gold- 
brüstchen  ( Fstrelda  subßava ),  Schmetterlingsfinken  ( E.  phoenicotis),  Stahlfinken 
(Vidua  nitens ),  Paradies-  und  Dominikanerwitwen  ( Vidua  paradisea,  V.  princi- 
palis )  ü.  a.,  eine  Schar  europäischer  Reiher,  darunter  Schopfreiher  (Ardea  comato r), 
Rohrdommeln  (Botaurus  stellaris)  u.  a.,  sowie  eine  Anzahl  deutscher  Kleinvögel, 
unter  welchen  ein  Sprosser  ( Erithacus  philomela ),  zwei  Mandel  krähen  ( Coracias 
garrula)  und  ein  Kuckuck  ( Cuculus  canorus )  besondere  Erwähnung  verdienen. 
Bemerkenswert  sind  die  zahlreichen  neuen  Reptilien:  eine  Schlangenhalsschild¬ 
kröte  ( Ilydromedusa  sp .),  mehrere  amerikanische  Wassernattern  ( Tropidonotus 
ordinatus  und  Tr.  fasciatus ),  ein  afrikanischer  und  ein  indischer  Dornschwanz 
( Uromastix  spinipes  und  TJ.  hardwickii ),  ein  Gürtelschweif  ( Zonurus  gigantens) 
ein  Apothekerskink  (Scincus  officinalis),  ein  Wüsten waran  {Varanus  griseus)  etc. 
—  Geschenkt  erhielt  der  Garten  einen  Schreiadler  ( Aquila  pomarina ),  drei 
Turmfalken  ( Falco  tinnunculus ),  zwei  Bussarde  ( Buteo  buteo ),  einen  Kuckuck 
( Cuculus  canorus )  und  einen  Igel  (Erinaceus  europacus). —  Geboren  wurden  drei 
Löwen  ( Felis  leo),  ein  Puma  (F.  concolor),  ein  Lama  ( Lama  lama )  und  ein  Jak 
( Vo'cphagus  grunuiens).  —  Von  Todesfällen  ist  nur  ein  bedeutender  vorgekommen; 
am  letzten  Zwanzigpfennigmorgen  rannte  sich  das  vor  einem  Vierteljahr  ge¬ 
borene  Nilgauweibchen  den  Schädel  ein.  Außerdem  starben  zwei  Bunder, 
ein  Macacus  ocreatus ,  ein  Steinhuhn,  mehrere  der  obengenannten  Reiher  und 
eine  Anzahl  kleinerer  Vögel  und  Reptilien. 

Persönliches.  Unser  Mitarbeiter,  der  bisher  in  München  lebende  Arzt 
und  Ornithologe  Dr.  Paul  Leverkühn  wurde  vom  Prinzen-  Ferdinand  von 
Bulgarien  nach  Sofia  als  Direktor  der  wissenschaftlichen  Sammlungen  und  der 
Bibliothek  des  Prinzen  berufen.  Die  Sammlungen  bestehen  aus  einem  zoologi¬ 
schen  Garten,  einer  bedeutenden  Vogelsammlung,  sowie  einer  reichhaltigen 
Lepidopterenkollektion,  die  grösstenteils  aus  vom  Prinzen  selbst  auf  seinen 
Reisen  in  Brasilien,  Marokko  und  den  verschiedensten  Teilen  Fluropas  gesammel¬ 
ten  Exemplaren  besteht. 


Litteratur. 


Berliner  Entomologische  Zeitschrift.  Herausgegeben  von  dem  Entom. 
Verein  in  Berlin  unter  Redaktion  von  Dr.  F.  Karsch.  88.  Band  1893. 
1.  u.  2.  Heft.  Mit  1  Übersichtskarte  des  Togogebietes.  4  photolithogr. 
Tafeln,  2  Tafeln  in  Bunddruck  und  35  Textfiguren.  Berlin.  In  Kommission 
bei  R.  Friedländer  &  Sohn. 

Diese  zu  einem  stattlichen  Bande  vereinigten  Hefte  enthalten  eine  genaue 
Beschreibung  der  »Insekten  der  Berglandschaft  Adeli  im  Hinterlande  von 
Togo  (Westafrika)«  und  sind  nach  dem  von  dem  Hauptmann  Eugen  Kling  und 
Dr.  Richard  Büttner  gesammelten  Materiale  von  Dr.  F.  Karsch  bearbeitet  wor¬ 
den.  Ein  interessantes  Vorwort  aus  der  Feder  des  um  die  Erforschung  von 
Adeli  so  sehr  verdienten  Herrn  Dr.  Büttner  zeigt  die  geschichtliche  Ent¬ 
wicklung  der  im  Juni  1888  zum  crstenmale  betretenen  Berglandschaft. 


288 


Der  erstaunliche  Reichtum  an  Arten  von  Insekten  aller  Ordnungen  aus 
einem  kleinen  Gebiete,  aus  dem  bis  dahin  noch  nicht  ein  Insekt  bekannt  ge¬ 
worden  war,  hat  den  Herausgeber  bestimmt,  die  Resultate  der  bisherigen 
Forschungen  bekannt  zu  geben. 

Die  vorliegende  Veröffentlichung  bringt  415  Insektenarten:  4  Apterygoten, 
32  Libellen,  159  Springheuschrecken  und  220  Tagfalter.  Es  sind  nicht,  wie 
bei  faunistischen  Arbeiten  gewöhnlich,  bloße  Namen  aufgeführt,  durch  welche 
nur  der  Kenner  eine  bestimmte  Vorstellung  erhält,  sondern  es  ist  eine  logische 
Kette  von  Begriffen  gegeben,  welche  jeder  sich  zu  nutzen  machen  kann;  es 
ist  überall  das  vergleichend  charakterisiert,  was  der  Autor  unter  dem  aufge¬ 
führten  Namen  sich  vorstellte  und  eine  Methode  angewendet,  welche  faunis¬ 
tischen  Arbeiten  erst  den  eigentlichen  Wert  verleiht,  indem  sie  allein  dem 
Sachkundigen  die  Möglichkeit  gewährt,  die  Richtigkeit  der  Bestimmungen 
durch  die  Arbeit  selbst  zu  kontrollieren. 

Wir  sind  überzeugt,  daß  diese  Arbeit,  die  durch  eine  Menge  Abbildungen 
erläutert  und  ergänzt  wird,  volle  Würdigung  findet;  die  beiden  Farbentafeln 
(Tagfalter)  sind  sehr  sauber  ausgeführt. 


Eingegangene  Beiträge. 

Dr.  med.  H.  in  J.  Besten  Dank.  —  Dr.  phil.  F.  W.  in  W.  Manuscript  dankend  erhalten. 
Wir  haben  übrigens  gefunden,  daß  wir  ganz  gut  vorwärts  kommen,  von  Müdigkeit  nichts 
zu  spüren.  —  R.  L.  in  G.  Wir  bedauern  sehr,  paßt  nicht  für  uns.  —  Dr.  M.  in  P.  Fortsetzung 
erhalten.  —  Dr,  S.,  Z.  G.  hier.  Wir  danken  sehr  und  wollen  mit  der  Besprechung  gern  bis 
zum  Winter  warten.  —  A.  P.  in  D.  Sie  werden  die  Belege  erhalten  haben.  —  Dir.  Dr.  B. 
in  H.  Mspt.  mit  Dank  erhalten.  Wir  bitten  recht  sehr,  uns  die  Abbildung  zu  senden. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  au  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornithologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 
Pallisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVII.  Jahrg.  8. 

Zoologischer  Anzeiger  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Carus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann.  XVI.  Jahrg.  No.  426.. 

Deutsche  Forst-  und  Jagdzeitung.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier.  Fr.  Lintzsche  Buchh.  IX.  Jahrg.  No.  3.  4. 

Schweizerische  Blättert.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  Ferd. 
Wirth  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg.  No.  31—34. 

Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz- Dresden.  Paul  Wolff. 
XXIV.  Band  No.  45  —  48. 

Die  gefiederte  Welt.  Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Ruß.  Magdeburg.  Creutzsche 
Verlagsbuchh.  XXII.  Jahrg.  No.  32 — 34. 

Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science.  London.  Macmillan  &  Co.  Vol.  48. 
No.  1240-1243. 

Field.  London.  Horace  Cox.  LXXII.  No.  2119.  2122. 

Sitzungsberichte  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien.  Jahrgang  1893. 
No.  15—19. 

North  american  Fauna.  No.  7.  The  Death  Valley  Exhibition.  U.  S.  Department  of 
agriculture.  Division  of  ornithology  and  mammalogy.  Part  II.  1893. 

Illustriertes  Jahrbuch  f.  Kleintier-Züchter  u.  Liebhaber.  Ilerausg.  u.  illustr.  von  Jean 
Bungartz.  Leipzig.  Verlag  v.  A.  Twietmeyer.  1893. 

Berliner  Entomologisclie  Zeitschrift.  Redaktion  von  Dr.  F.  Karsch.  38.  Band. 
1.  u.  2.  Heft.  In  Komm,  bei  It.  Friedländer  &  Sohn,  Berlin. 

Vorstehende  Bücher  und  Zeitschriften  können  durch  Mahlau&Waldsohmidts  Sort.  bozogen  werden. 


Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlau  &  Waldsclimidt.  Frankfurt  a.  M. 


(Zoologischer  Beobachter.) 


für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N»-  10.  XXXIV.  Jahrgang.  Oktober  1893. 


I  ii  li  a  1  I. 

Das  Quagga;  von  Prof.  Dr.  Tli.  Noack.  Mit  einer  Abbildung.  —  Die  Scheiden- 
schnäbel  im  Hamburger  zoologischen  Garten;  vom  Direktor  Dr.  Heinr.  Bo  lau.  —  Be¬ 
obachtungen  über  das  Leben  des  Dachss;  von  C.  Greve  in  Moskau.  —  Ein  Besuch  des 
zoologischen  Gartens  zu  Köln;  von  C.  Paul.  —  Kosmopolitische  Tiere;  von  Dr.  C.  Müller. 
(Fortsetzung).  —  Zoologischer  Garten  in  Basel.  Zwanzigster  Geschäftsbericht  1892.  — 
Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und 
Zeitschriften. 


Das  Quagga. 

Von  Prof.  Dr.  Th.  Noack. 

Mit  1  Abbildung. 

Es  gibt  noch  etwa  ein  Dutzend  wilder  Equiden,  die  sich  auf 
Asien  und  Afrika  verteilen,  falls  man  nicht  den  Tarpan  in  Südost- 
Europa  dazu  rechnet.  Dieselben  repräsentieren  den  geringen  Rest 
einer  bedeutenden  Familie  der  Säugetiere,  welche  sich  in  der  späteren 
Tertiär-  und  in  der  Quaternärzeit  in  zahlreichen  Arten  über  Asien, 
Europa,  Afrika  und  Amerika  ausbreitete  und  hauptsächlich  durch 
die  Reduktion  des  Fußes  bis  auf  die  Mittelzehe  merkwürdig  ist.  In 
Asien  leben  noch  zwei  oder  drei  Wildpferde  und  ein  Wildesel,  in 
Afrika  fünf  Zebras  und  zwei  oder  drei  Wildesel.  Manche  Arten 
sind  umstritten,  so  der  Kiaug,  der  immerhin  im  Körperbau  erheb¬ 
lich  vom  Kulan  abweicht,  ferner  Prschewalskis  Wildpferd,  über 

* 

welches  aber  die  Akten  noch  nicht  geschlossen  sind,  sodann  der 
Tarpan  und  der  Somali- Wildesel,  welchen  ich  in  dieser  Zeitschrift 
als  Varietät  des  gebänderten  Wildesels  zuerst  beschrieben  habe,  der 
aber  in  der  englischen  Litteratur  noch  immer  als  Asinus  sonialicus 
Sei.  und  eigne  Art  umherwandelt.  Matschie’s  Equus  boehmi 
(S.  B.  Ges.  nat.  Freunde,  1892,  p.  131)  ist  ohne  Berechtigung  auf- 

Zoolog.  Gart.,  Jalirg.  XXXIV.  1893.  19 


290 


gestellt  uud  mit  Equus  chapmani  identisch,  wie  ich  an  anderer 
Stelle  ausführlich  begründen  werde. 

Von  den  fünf  afrikanischen  Zebras  wurden  E.  zebra ,  quagga 
und  burchelli  zu  Ende  des  vorigen,  resp.  im  Anfang  dieses  Jahr¬ 
hunderts,  E.  chapmani  von  Lajard  in  den  sechziger,  E.  grevyi  von 
Mil  ne  Edwards  im  Anfang  der  achtziger  Jahre  beschrieben. 

An  das  Quagga  knüpft  sich  ein  besonderes,  so  zu  sagen  patho¬ 
logisches  Interesse,  weil  dasselbe  nach  kaum  hundertjähriger  Be¬ 
kanntschaft  entweder  schon  ausgestorben,  oder  doch  dem  Aussterben 
nahe  ist.  Nachdem  J.  F.  Gmelin,  der  Neffe  des  bekannteren  Er¬ 
forschers  von  Sibirien,  es  in  Linnes  Syst.  Nat.  beschrieben  hatte, 
wurde  es  im  vorigen  und  in  diesem  Jahrhundert  oft  getroffen,  be¬ 
schrieben,  auch  nach  Europa  gebracht  und  —  getötet.  Es  lebte 
nur  südlich  vom  und  im  Norden  des  Vaal-river,  der  nach  Harris  die 
nördliche  Grenze  seiner  Verbreitung  bildete.  In:  The  Field,  1893, 
No.  210  werden  als  einstiges  Gebiet  des  Quagga  das  Kaplaud,  der 
Orange-Freistaat  und  der  Westen  von  Griqualand  angegeben.  Noch 
183(3  wurde  es  dort  häufig  angetroffeu.  Im  Jahre  1864  kam  zum 
letzten  male  ein  weibliches  Quagga  in  den  Londoner  zoologischen 
Garten.  Ich  habe  vor  einigen  dreißig  Jahren  zweimal  ein.  lebendes 
Quagga  gesehen,  das  eine  in  der  Menagerie  von  Kreuzberg,  das 
andere  im  Berliner  zoologischen  Garten.  Seit  Jahrzehnten  ist  es 
in  der  Kap-Ivolouie  sicher  ausgerottet  und  kein  Spezimen  ist  je 
wieder  einem  Zoologen  in  die  Hände  gekommen.  Neuere  Angaben 
über  sein  heutiges  Vorkommen  sind  vorhanden,  müssen  aber  auf 
Zweifel  stoßen,  bis  das  lebende  Tier  oder  Balg  und  Schädel  vor¬ 
liegen.  Schon  Buckley  bemerkt  1876,  daß  es  mit  E.  burchelli  ver¬ 
wechselt  werde,  so  auch  wohl  jüngst  (1892)  von  Distant  in:  A  Na¬ 
turalist  in  the  Transvaal,  der  dort  ein  paar  junge  Quaggas  erwähnt. 
In  der  3.  Aufl.  von  Brehms  Tierleben  berichtet  Prof.  Pechuel- 
Loesche  über  das  noch  1878  beobachtete  Vorkommen  der  Quagga  in 
der  Gegend  der  Delagoa-Bai.  Auch  mir  ist  eine  Mitteilung  über  das 
Vorkommen  im  Damaralaude  geworden,  wo  es  ein  Jäger  des  Herrn 
C.  Reiche  in  Alfeld  noch  vor  ein  paar  Jahren  geschossen  haben 
will.  Demgegenüber  bemerke  ich,  daß  ich  in  den  letzten  Jahren 
die  Berichte  und  Sammlungen  der  Herren  Prof.  Dr.  Sellin  z,  Dr. 
A.  Schenck  und  noch  jüngst  des  Dr.  E.  Fleck  in  den  Händen 
g<  habt  und  nirgends  eine  Erwähnung  des  Quagga  gefunden  habe. 
Auch  bei  Selous:  A  Hunters  Wauderings  in  South  Africa  wird  das 
Quagga  nicht  erwähnt.  Eine  Verwechselung  mit  E.  burchelli  ist  für 


291 


Laien  um  so  leichter  möglich,  als  manche  Exemplare  des  letzteren, 
wie  ein  kürzlich  von  mir  bei  Herrn  Reiche  gesehenes  Exemplar 
beweist,  einen  langen  dick  behaarten  Schwanz,  einen  lebhaft  gelb¬ 
roten  Farbenton  und  fast  gar  nicht  gebänderte  Schenkel  besitzen. 

Der  Körperbau  des  Quagga  ist  kräftig  und  pferdeartig,  doch 

bemerke  ich,  daß  die  frisch  importierten  Zebras,  z.  B.  E .  chapmani , 

welches  ich  bei  Herrn  Reiche  in  20  Exemplaren  gesehen  habe, 

viel  schlanker  und  eleganter  ausseheu,  als  die  in  zoologischen  Gärten 

durch  lange  Ruhe  und  gutes  Futter  feist  und  träge  gewordenen  Tiere. 

Die  Behaarung  und  Länge  des  Schweifes  ist  wechselnd  und  kaum 

•  • 

wesentlich  von  der  bei  E .  burchelli  verschieden.  Uber  die  Färbung 
und  Streifung  finden  sich  Irrtiimer,  die  einer  Berichtigung  bedürfen. 
Bei  Giebel  und  auch  bei  Brehm  3.  Aufl.  ist  die  Rede  von  wei߬ 
grauen  ins  Rötliche  ziehenden  Streifen.  Das  gibt  eine  unrichtige 
Vorstellung.  Der  Farbenton  des  Quagga  ist  am  Leibe  ein  nach 
Alter,  Geschlecht  und  Jahreszeit  wechselndes,  aber  immer  lebhaftes 
helles  Rotbraun,  wie  es  viele  unserer  Hauspferde  zeigen.  Am  Kopfe 
ist  der  Ton  wegen  der  engen  Streifen  etwas  dunkler.  Die  Färbung 
des  Leibes  schneidet  entweder  mit  dem  Oberarm  und  Oberschenkel 
ab,  oder  zieht  sich  auch  in  hellerem  Ton  über  den  Unterarm  und 
Unterschenkel.  Brust,  Bauch,  Metacarpus  und  Metatarsus  sind  weiß, 
oder  gelblich  weiß,  der  Bauch  öfter  mit  dunklem  Mittelstreif;  über 
den  Hufen  und  hinter  dem  Fesselgelenk  schwarz  ;  das  mäßig  lange 
Ohr  innen  weiß  mit  schwarzem  äußeren  Rande,  außen  gelblich 
weißgrau  mit  dunklem  Fleck  unterhalb  der  Spitze  und  einem 
schmaleren  Bande  nach  der  Basis  hin.  Die  Mähne  ist  schwarz  und 
weiß  gebändert ,  das  Maul ,  wie  sonst,  braun.  Die  Streifen  sind 
schwarzbraun,  wie  bei  anderen  Zebras,  ihre  Zahl  und  Beschaffenheit, 
wie  bei  den  übrigen  Arten  individuell  sehr  wechselnd ;  waren  doch 
nicht  zwei  von  20  E.  chapmani  in  der  Bänderung  übereinstimmend, 
die  meist  auch  auf  den  beiden  Körperseiten  differiert.  Man  kann 
immer  nur  von  einem  allgemeinen  Charakter  der  Bänderung  bei 
den  einzelnen  Arten  sprechen. 

So  sind  z.  B.  die  Streifen  mittelkräftig  und  sehr  gleichmäßig 
über  den  Körper  ausgedehnt  bei  Equus  zebra ,  sehr  fein  und  zahlreich 
bei  E.  grcvyi ,  die  Farbe  der  dunklen  Bänder  schwankt  zwischen 
dunkelbraun  und  schwarz,  bei  E.  chapmani  ist  die  Färbung  iu  der 
Jugend  weiß  und  schwarz,  im  Alter  gelb  und  schwarzbraun. 

Die  Bänderung  ist  die  ursprüngliche  Zeichnung  der  Equiden 
und  wird  auch  beim  Hipparioo  vorhanden  gewesen  sein.  Bei 


292 


Equus  africanus  ist  sie  bis  auf  das  Schulterkrenz  verschwunden, 
bei  E.  taeniopus  und  somaliensis  an  den  Beinen  erhalten ,  bei 
Jungen  viel  kräftiger  und  zahlreicher,  als  bei  erwachsenen  Tieren  ; 
beim  Kulan  findet  sie  sich  öfter  an  den  Beinen,  beim  Kiang  nie, 
ebensowenig  bei  E.  przewolsJcii .  Auch  der  Tarpan  ist  ungebändert, 
so  wahrscheinlich  auch  das  gegen  Ende  des  Mittelalters  in  Ost¬ 
preußen  uiid  Lithauen  erloschene  Wildpferd  Europas.  Doch  hatte 
dasselbe  nach  der  Angabe  Thomas  Cauzows  einen  dunklen  Rücken¬ 
streif.  Der  Herzog  Boleslaw  X.  von  Pommern  besaß  nach  Canzows 
Pomerania  ein  Reitpferd  von  falber  Farbe  mit  brauuem  Rücken¬ 
streif,  welches  wild  in  der  Ukermünder  Haide  eingefaugen  worden 
war.  Dieselbe  Zeichnung  kommt  noch  öfter  bei  Hauspferden,  be¬ 
sonders  bei  Ponys  vor.  Die  Bänderung,  wie  eine  Mehrzahl  von 
Zehen  findet  sich  bei  Hauspferden  äußerst  selten.  Augenblick¬ 
lich  lebt  in  Brauiischweig  ein  grauer  Doppelpony  mit  starker  Mähne 
und  starkem  Stirnschopf,  offenbar  lithauischer  Rasse,  welcher  breite 
dunkle  verwaschene  Querbänder  an  den  Beinen  und  au  der  Unter¬ 
seite  des  Leibes  besitzt. 

Die  Zeichnung  des  Kopfes  und  Halses  ist  beim  Quagga  dicht 
gebändert,  sonst  ähnlich  wie  bei  anderen  Zebras.  Übrigens  sind  die 
dunklen  Bänder  unregelmäßiger,  als  bei  den  übrigen  Arten,  sie  sind 
oben  und  unten  mehrfach  gegabelt  und  lösen  sich  nach  hinten  hin 
auf,  die  matten  Zwischenstreifen,  die  E.  burchelli  und  chapmani 
mehr  oder  minder  regelmäßig  haben,  finden  sich  am  Halse  und 
Körper.  Nach  hinten  werden  die  Streifen  oft  zu  Flecken  und 
Tupfen,  werden  grau  und  matt  und  verschwinden  am  Hinterschenkel, 
doch  ist  auch  der  Oberschenkel  noch  öfter  matt  gebändert,  der 
Oberarm  mehr  oder  weniger.  Ich  habe  zwei  verschiedene  Arten 
der  Bänderung  in  meiner  Zeichnung  bei  dem  Hengst  und  der 
Stute  dargestellt.  Keinenfalls  sieht  das  Quagga  immer  so  aus,  wie 
in  der  Zeichnung  bei  Brehm.  Das  junge  Quagga  ist  heller,  mehr 
isabellfarbig,  die  Streifung  undeutlicher.  Merkwürdiger  Weise  sind 
beim  Quagga  die  Streifen  nach  hinten  zu  im  Verschwinden,  während 
sonst  bei  quergestreiften  Tieren,  z.  B.  beim  Beutelwolf,  bei  Hemi- 
galea  hardivichi  uud  vielen  anderen  die  Streifung  vorn  geschwunden 
ist.  Das  letztere  erscheint  leichter  erklärlich,  da  die  vordere  Hälfte 
des  Körpers  zugleich  die  angreifende  und  die  angegriffene  ist.  Es 
giebt  einige  gute  und  viele  schlechte  Abbildungen  des  Quagga.  Gut 
sind  die  bei  Harris  und  bei  Gray  in  dem  großen  Werke:  Gleanings 
from  the  menagerie  at  Ivuowsley  Hall,  welche  ich  bei  meinen 


Quagga,  Equus  qnoggn. 


294 


ZeichmiDgen  benutzt  habe,  sowie  von  Leutemann  in  der  von 
J.  J.  Weber  herausgegebenen  Tierbildersammlung  »Zoologischer 
Garten«.  Mäßig  gut  ist  die  in  Wood’s  Natural  History,  schlecht 
diejenige  in  Cuviers  Regue  Animal  und  viele  andere.  Ein  gut  aus¬ 
gestopftes  Exemplar  befindet  sich  im  Berliner  zool.  Museum. 

Die  Lebensweise  der  Quagga  ist  besonders  gut  von  Harris 
geschildert  worden.  E.  quagga  und  E.  burchelli  hielten  sich  immer 
getrennt,  ersteres  oft  in  Gesellschaft  des  Wildebeestes,  letzteres  in 
derjenigen  des  Gorgon-Gnus.  Die  Stimme  des  Quaggas  ist  ein  oft 
wiederholtes  »oa«  oder  qua.  Die  Stimme  der  übrigen  Arten  ist 
verschieden.  Ich  habe  im  Laufe  von  Jahrzehnten  viele  Dutzende 
von  Zebras  verschiedener  Arten  gefangen  gesehen,  habe  aber  nie 
einen  Ton  von  ihnen  gehört.  Den  Aufenthalt  bilden  wie  bei 
E.  burchelli  und  chapmani  die  Steppen  von  Südafrika,  während 
E.  zebra  mehr  die  Berge  liebt.  Es  scheint,  daß  an  die  Stelle  von 
E.  quagga  E.  burchelli  eingerückt  ist  und  daß  letzteres  im  Begriff 
ist,  von  E.  chapmani  verdrängt  zu  werden.  Wenigstens  kommt 
in  den  letzten  Jahren  sowohl  durch  Herrn  Reiche,  wie  durch 
Herrn  Hagenbeck  hauptsächlich  E.  chapmani  in  den  Handel. 
Herr  Reiche  erhielt  im  Frühjahr  1893  nicht  weniger  als  35 
E.  chapmani  aus  Transvaal  und  seine  Leute  haben  gegen  80 
Exemplare  gefangen  bei  den  Buren  gefunden.  Die  Tiere  werden 
jetzt  in  ganzen  Herden  mit  dem  Lasso  gefangen  und  kommen  ver¬ 
hältnismäßig  zahm  und  in  gutem  Zustande  in  Europa  an.  In  Eng¬ 
land  hat  früher  Parkius  den  erfolgreichen  Versuch  gemacht,  das 
Quagga  zum  Ziehen  zu  gewöhnen ;  in  diesem  Sommer  ging  die 
Nachricht  durch  die  Zeitungen,  daß  ein  Farmer  in  Transvaal,  heute 
die  wichtigste  Bezugsquelle  für  Zebras,  mit  8  E.  chapmani  den 
Versuch  gemacht  habe,  welcher  bei  4  Tieren  vollständig  geglückt  sei. 
Auch  H< .  rr  Reiche  hat  erfolgreiche  Versuche  angestellt. 

Über  die  Verbreitung  der  Zebras  hat  jüugst  (S.  B.  Ges.  uaturf. 
Freunde,  1892,  p.  131)  Herr  P.  Mats  c  hie  mit  mehr  Sicherheit, 
als  die  heutige  Kenntnis  zuläßt,  Notizen  veröffentlicht,  die  teilweise 
unrichtig  sind.  E.  zebra  ist  mit  Wahrscheinlichkeit  auch  in  Nord¬ 
ost-Afrika  durch  v.  Höhuel  und  Teleki  gefunden.  Vergl. 
v.  Höhnel:  zum  Rudolf-  und  Stephanie-See.  E.  burchelli  und 
chapmani ,  welches  Matschie  für  einen  Bastard  hält,  obwohl  Herr 
Reiche  es  dutzendweise  einführt,  erstreckt  sich,  wie  v.  Höhneis 
Angaben  beweisen,  im  Osten  Afrikas  weit  nach  Norden  und  tief 
nach  dem  Innern ;  E.  grevyi  ist,  wie  das  Quagga  auf  Südafrika,  so 


295 


auf  deu  Nordosten,  die  Gegend  südlich  und  südwestlich  von  Abes- 
synieu  beschränkt.  Equus  africanus  gehört  dem  äußersten  Nord¬ 
osten  au,  südlich  davon  lebt  E.  tacniopus,  im  Somalilande  die  meist 
des  Schulter-  und  Rückenstreifens  entbehrende  Varietät  desselben. 

Die  Anatomie  der  Zebraarten,  besonders  des  Quagga,  ebenso 
der  Wildesel  ist  von  hohem  Interesse,  weil  diese  Wildpferde  die 
Brücke  bilden  zu  den  ausgestorbenen  Equiden  und  den  Ahnen  der 
Pferdereihen.  Vor  Jahrzehnten  haben  Gray  und  Brandt  Unter¬ 
suchungen  über  den  Schädelbau  der  Zebraarten  veröffentlicht.  Ich 
will  kurz  einige  eigene  Bemerkungen  geben. 

Nach  Gau  dry  (Les  Ancetre.s  de  nos  Animeaux)  steht  das 
Quagga  von  allen  Zebraarten  dem  von  ihm  bei  Pikermi  in  Afrika 
gefundenen  Hipparion  gracile  am  nächsten,  von  welchem  es  zwei 
Rassen,  eine  leichtere  und  eine  schwerere  gab,  und  von  welchem  nahe 
verwandte  Formen  auch  sonst  vielfach  in  Europa,  in  Maragha  (Per¬ 
sien)  in  den  Sivalikhügelu  am  Himalaya  entdeckt  worden  sind.  Mit 
Begeisterung  schildert  Gau  dry  das  Leben  und  Treiben  der  Quagga- 
uud  Antilopenherden  in  den  Steppen  von  Attika. 

Der  Schädel  des  Hipparion  zeigt  ein  gewölbtes  und  nach  hinten 
zurücktretendes  Hinterhaupt,  welches  unser  zahmes  Pferd  und  unser 
Hausesel  so  nicht  besitzen.  Diese  Form  des  Schädels  findet  sich  aber 
beim  Quagga,  bei  E.  burchelli  und  besonders  beim  Somali-Esel.  Der 
Schädel  eines  jungen  Somali-Wildesels,  welchen  ich  neben  mehreren 
erwachsenen  Exemplaren  durch  die  Güte  des  Herrn  J.  Meng  es 
erhalten  habe,  sieht  demjenigen  des  Hipparion  gracile  verblüffend 
ähnlich.  Der  ostafrikauische  Hausesel  hat  ein  etwas  gewölbtes 
Hinterhaupt  und  steht  etwa  in  der  Mitte  zwischen  dem  europäischen 
Hausesel  und  dem  Somali-Wildesel.  Equus  zebra  und  chapmani 
dagegen  haben  eine  gerade  Profillinie  des  Schädels.  Von  E.  grevyi 
besitze  ich  zwar  eine  sehr  gute  Photographie,  aber  kein  Spezimen 
des  Schädels.  Charakteristisch  für  den  Schädel  der  Wildpferde  und 
Wildesel  ist  ferner  eine  eigentümliche  Wucheruug  unten  am  Supraorbital¬ 
bogen,  der  z.  B.  dem  Auge  unseres  Esels  den  melancholischen  Aus¬ 
druck  verleiht  und  hier  am  stärksten  ausgebildet  ist.  Beim  Hipparion 
findet  sich  diese  Wucherung  nicht,  ebensowenig  beim  Somali-Esel. 
Auch  bei  E.  quagga  und  burchelli  ist  sie  ganz  .unbedeutend  uud 
schmal,  stärker  bei  E.  chapmani  und  zebra,  noch  stärker  beim  ost¬ 
afrikanischen  Hausesel.  Beim  Quagga  und  E.  burchelli  ist  die  Stirn 
relativ  breiter,  als  bei  E.  chapmani  und  zebra. 


296 


Die  Griffelbeine  sind  beim  Wildesel  des  Somali-Laudes  sowohl 
am  Metacarpus,  wie  besonders  am  Metatarsus  auffallend  lang,  bei 
E.  burchelli  findet  sich  zuweilen  eine  einzelne  Afterklaue  am  Fessel¬ 
gelenk  des  Hinterfußes,  lauter  primitive  Merkmale  und  Reste  einer 
älteren  Organisation. 

Im  Gebiß  zeigen  die  Zebras  und  Wildesel  entgegen  dem 
Schädelbau  einen  erheblichen  Fortschritt  gegenüber  dem  Hipparion. 
Dort  ist  die  Zeichnung  der  Schmelzinselu  und  Schmelzfalten  erheb¬ 
lich  komplizierter  als  bei  dem  fossilen  Wildpferde  Europas,  den  heute 
lebenden  Zebras  und  Wildeseln,  ja,  die  Differenzen  iu  der  Zeichnung 
der  Molaren  bei  Zebras  und  Wildeseln  sind  geringer,  als  zwischen 
Hauspferden  des  schweren  europäischen  und  des  leichten  asiatischen 
Typus.  Es  würde  mich  zu  weit  führeu  und  nur  wenige  Leser 
interessieren,  wenn  ich  die  Differenzen  in  der  Zeichnung  der  Molaren 
hier  ausführlich  entwickeln  wollte.  Ich  bemerke  nur,  daß  man  sie 
sehr  wohl  wahrnimmt,  wenn  man  die  Schädel  neben  einander  hat, 
daß  es  aber  sehr  schwierig  seiu  dürfte,  eine  Zebraart  nach  einem 
einzelnen  Zahn  richtig  zu  bestimmen.  Auch  beim  afrikanischen 
Wildesel  und  Hausesel  sind  die  Abweichungen  vom  Gebiß  unseres 
Hausesels  sehr  geringfügig. 

Kaum  bei  einer  Gruppe  der  Säugetiere  läßt  sich  die  Entwick¬ 
lung  aus  älteren  Ahnen  so  deutlich  Dachweisen,  wie  bei  den  Equiden, 
und  noch  in  der  jüngsten  Zeit  hat  unsere  Erkenntnis  erhebliche 
Fortschritte  gemacht. 

Gau  dry  betrachtet  als  älteste  Ahnen  der  Equiden  die  Pachyno- 
lophus-  und  Paloplotlierium-Arten  des  Eocäu  und  Miocän,  aus  denen 
sich  wieder  die  Hipparionen  des  oberen  Miocän  und  Pliocän  ent¬ 
wickelten.  Die  schweren  Pferderassen  waren  nach  ihm  die  Nach¬ 
kommen  der  race  lourde  des  Hipparion,  die  leichten  Pferderassen, 
die  Zebras  und  Wildesel  entstanden  durch  die  Reihe  Equus  stenmis , 
sivalensis  und  Hipparion  antilopinum  aus  der  race  grele  von  Pikermi. 

In  viele  Bücher  ist  die  bekannte  von  Prof.  Marsh  aufgestellte 
Ahnenreihe  der  Equiden  aufgeuommen  worden,  doch  ist  dieselbe 
nicht  über  allen  Zweifel  erhaben,  weil  der  ältere  Mesohippus  eine 
einfachere  Zeichnung  der  Molaren  zeigt,  als  die  jüngeren  Anchi- 
therium  und  Hippotherium.  Sie  wird  deshalb  auch  mit  Recht  von 
Prof.  Cope,  dem  größten  der  lebenden  Palaeontologen,  augezvveifelt. 
Dieser  sieht  im  Hyracotherium  den  Ursprung  der  Pferde. 

In  jüngster  Zeit  haben  die  Entdeckungen  von  F.  Ameghino  iu 
den  Pampas  (vergl.  Actes  de  la  Academia  nacional  de  Ciencias  de 


297 


la  republica  Argentina  en  Cordoba  mit  Bilderatlas  und  Amer. 
Naturalist  1893,  p.  439  fl.)  die  Aknenreihe  der  Equiden  noch  weiter 
aufgebellt.  Amegkino  leitet  die  Hyracotheria  und  Palaeotkeria  von 
der  alt-eocäuen  Gruppe  der  Litopterna  mit  vollständigem  Gebiß  ab. 
Kürzlick  hat  er  in  der  Eocän-Fauna  von  Santa-Cruz  eiu  uraltes 
Proterotherium,  Thoatherium  minusculum  gefunden,  dessen  Gebiß 
lückenlos  ist  und  noch  den  Höckertypus  zeigt,  dessen  Fuß  aber 
schon  die  Reduktion  auf  eine  Zehe  wie  beim  Pferde  besitzt,  sogar 
in  noch  höherem  Grade,  indem  jede  Spur  der  Griffelbeine  fehlt. 


Die  Scheidenschnäbel  im  Hamburger  zoologischen  Garten. 

Vom  Direktor  Dr.  Heinr.  Bolau. 


Scheidenschnäbel  sind  in  den  zoologischen  Gärten  sehr  seltene 
Gäste.  Der  Hamburger  Garten  besitzt  deren  augenblicklich  zwei. 
Einer  derselben  stammt  vom  Kap  Horn  her  und- kam  am  12.  März  1891 
in  unsern  Garten,  der  andere  wurde  zwischen  Kap  Horn  und  der 
Insel  Diego  Ramirez  unter  ungefähr  56°  S.  B.  und  68°  W.  L. 
gefangen  und  uns  am  10.  Februar  v.  J.  übergeben.  Der  Kapitän,  der 
uns  diesen  Vogel  mitbrachte,  hielt  ihn  für  »eine  Art  weißen 
Raben«.  Wir  möchten  das  Aussehen  der  seltenen  Tiere,  Haltung 
und  Benehmen  nach,  als  eiu  Gemisch  von  Möwe,  Taube  und  Huhn 
bezeichnen;  den  Ornithologen  machte  und  macht  die  Unterbringung 
der  eigentümlichen  Vögel  nicht  geringe  Schwierigkeiten.  Neuerdings 
scheint  es,  daß  sie  in  der  besonderen  Familie  Scheidenschnäbel, 
Chionididae  Gr.,  die  nur  die  eine  Gattung  Chionis  mit  zwei  Arten 
enthält,  vorläufig  zur  Ruhe  gekommen  sind.  Mit  den  Wachtel¬ 
schnepfen,  Thiuocoridae  Bp.,  und  den  Sporuflüglern,  Parridae  Gr., 
schließen  sie  sich  zunächst  den  Regenpfeifern,  Charadriidae  Lch.,  an. 

Die  in  unserm  Garten  vertretene  Art  Scheidenschnabel,  Chionis 
alba  Forst.,  ist  im  Gefieder  völlig  weiß.  Den  Schnabelgrund  und 
die  Augen  umgibt  eine  nackte  starkwarzige  Haut,  ähnlich  wie  sie 
bei  manchen  Haustaubenrassen,  z.  B.  den  Bagadetten,  vorkommt. 
Sie  ist  sehr  blaß  rosa  gefärbt  und  sticht  gegen  das  weiße  Gefieder 
des  Vogels  daher  nur  wenig  ab.  Es  scheint,  daß  diese  Warzen 
jetzt  im  Beginn  unsers  Herbstes,  in  den  für  die  Vögel  der  südlichen 
Erdhälfte  die  Brutzeit  fällt,  besonders  angeschwollen  sind.  Eine 
vergleichende  Beobachtung  aus  unserm  Frühling  —  Herbst  im 
Süden  —  fehlt  mir  leider. 


298 


Der  Grund  des  Oberschnabels  und  besonders  die  Nasenlöcher 
sind  von  der  eigentümlichen  hornig-knöchernen  Scheide  bedeckt, 
nach  der  der  Vogel  benannt  ist.  Der  Oberschnabel  und  die  Scheide 
sind  hornwachsgelb,  die  Firste  bis  zur  Spitze  und  diese  selbst 
hornschwarz;  der  Unterkiefer  ist  wieder  wachsgelb.  Die  Füße  sind 
bleigrau-fleischfarben,  die  Nägel  schwarz.  Die  Vorderzehen  haben 
eine  kleine  Bindehaut,  die  Hinterzehe  ist  klein.  Die  ziemlich  spitzen 
Flügel  reichen  bis  auf  einen  Abstand  von  etwa  2  cm  bis  an  das 
Ende  des  Schwanzes. 

Unsere  Vögel  halten  sich  gewöhnlich  auf  dem  Boden  auf;  sie 

•• 

sollen  sich  hin  und  wieder,  aber  selten,  auch  auf  die  unteren  Aste 
der  Bäume  in  ihrem  Käfig  setzen;  ich  selber  habe  das  nie  gesehen. 
Da  sie  in  einer  völlig  baumlosen  Gegend  leben  und  überdies  sehr 
viel  auf  das  Meer  hinausfliegeu,  so  ist  das  Verhalten  der  Tiere  bei 
uns  leicht  erklärlich.  Die  Scheidenschuäbel  baden  gern  und  lauge, 
namentlich  morgens;  viel  Zeit  verwenden  sie  dann  auf  das  Ordnen 
und  Putzen  des  Gefieders;  dabei  steheu  sie  sehr  häufig  uach  Art 
anderer  Stelz vögel  auf  einem  Bein. 

Gegen  einander  sind  sie  friedfertig;  sie  halten  sich  fast  immer 
zusammen  und  kraulen  und  putzen  sich  sehr  oft  zärtlich  gegen¬ 
seitig  den  Kopf.  Ich  schließe  daraus,  daß  sie  verschiedenen  Geschlechts 
sind;  äußere  Geschlechtsunterschiede  bemerkt  man  im  übrigen  an 
ihnen  nicht. 

Die  Scheidenschnäbel  bewohnen  bei  uns  mit  Austernfischern, 
Kampfhähnen,  Brachvögeln,  roten  Ibissen,  Sichlern,  Silber-  und 
Seidenreiher,  Blaurabeu  und  anderen  Vögeln  den  größten  Außen¬ 
käfig  unseres  Vogelhauses.  Sie  bleiben  Sommer  und  Winter  im 
Freien.  Gegen  ihre  Genossen  sind  sie,  wenn  sie  sich  erst  an  sie 
gewöhnt  haben,  friedfertig;  neuangekommene  Vögel  sind  der  Gegen¬ 
stand  ihres  Interesses,  werden  aber  nicht  selten  von  ihnen  ange¬ 
griffen,  so  daß  wir  z.  B.  genötigt  waren,  einen  Flötenvogel  zu 
entfernen,  den  sie  als  Mitbewohner  nicht  anerkennen  wollten. 

•  i  *  • 

Wenn  sie  sich  einmal  vom  Boden  erheben,  sehen  wir,  daß  sie 
gut  und  leicht  fliegen ;  leider  kommt  aber  ihr  Flug  bei  uns  nicht 
recht  zur  Entwicklung,  weil  der  Käfig  dazu  nicht  groß  genug  ist. 

In  der  Freiheit  bilden  nach  Kapit.  C.  C.  Abbott  Weichtiere 
verschiedener  Art  die  Hauptnahrung  der  Scheidenschuäbel;  außerdem 
sollen  sie  sich  von  Pinguineiern,  jungen  Pinguinen  und  selbst 
von  Aas  nähren. 


299 


Bei  uns  fresseu  sie  das  als  Iusektenfutter  bekannte  Gemisch, 
nehmen  auch  Fleisch,  wenig  Fisch  und  etwas  Brot,  dagegen  keine 
Körner.  Als  ich  ein  Hühnerei  in  den  Käfig  legeu  ließ,  waren  sie 
die  ersten,  die  heraukamen  und  es  neugierig  ansahen  und  hin  und 
her  drehten;  bald  aber  entfernten  sie  sich  und  kümmerten  sich 
dann  um  das  Ei  nicht  mehr. 

Unser  weißer  Sch eidensch nabe],  Chionis  albci  Forst.,  lebt  nur 
im  äußersten  Süden  von  Amerika,  südwärts  von  der  Magellanstraße, 
und  auf  den  Falklandsinseln;  der  kleinere  schwarzschnäblige  Scheiden- 
schuabel,  Ch.  minor  Hartl.,  kommt  auf  dem  einsam  im  südlichen 
Indischen  Ocean  unter  49°  S.  B.  und  70°  0.  L.  liegenden  Kerguelen¬ 
land,  auf  den  Grozetiuseln,  46°  S.  B.,  51°  0.  L.  und  auf  den  Prinz 
Eduards-Inseln,  47°  S.  B.,  38°  0.  L.,  vor. 

Beobachtungen  über  das  Leben  des  Dachses. 

Von  C.  Greve  in  Moskau. 

•  • 

Überall,  soweit  es  sich  um  den  Dachs  handelt,  in  der 
zoologischen  wie  in  der  Jagdlitteratur,  wird  Grimbart  als  ein  scheuer, 
vorsichtiger  Einsiedler  geschildert,  der  seinen  Wohnsitz  fern  vom 
Menschen  aufschlägt  und  bei  der  geringsten  Störung  sich  nach 
einem  neuen,  sichreren  Schlupfwinkel  umschaut.  Gewiß  ist  das  auch 
die  Regel,  doch  giebt  es  Ausnahmen,  welche  beweisen,  daß  der 
Dachs  mit  den  Verhältnissen  zu  rechnen  weiß,  daß  er  dort,  wo 
man  ihn  unbehelligt  läßt,  wie  fast  allenthalben  in  Rußland,  wo  ihm 
kein  scharfer  Teckel  zusetzt,  kein  Mensch  in  den  mondhellen 
Oktobernächten  auflauert,  wo  ihn  selbst  der  nicht  weidmännisch  er¬ 
fahrene  und  herangebildete  Forstwart,  vulgo-  » Busch  Wächter«, 
fürchtet,  weil  er  bei  zufälligen  Begegnungen  »schnauft«  und  sich 
»auf  den  Menschen  stürzt«  —  selbst  ohne  Scheu  in  nächster  Nähe 
des  Herrn  der  Schöpfung  seinen  Bau  gräbt.  Durch  meine  in  den 
letzten  drei  Jahren  an  zehn  Bauen  gemachten  Beobachtungen  bin 
ich  dahin  gekommen  zu  glauben,  daß  nur  schlimme,  seit  Gene¬ 
rationen  gemachte  Erfahrungen  diesen  Phlegmatiker  zur  Entwick¬ 
lung  des  Grades  von  Scheuheit  und  Vorsicht  brachten,  der  für  ihn 
geradezu  sprichwörtlich  geworden  ist.  In  den  folgenden  Zeilen  sollen 
meine  Beobachtungen  den  Beleg  für  diese  Behauptuug  liefern. 

Bau  1.  Derselbe  befindet  sich  etwa  20  Kilometer  südlich  von 
Moskau,  2a/2  Kilometer  östlich  von  der  Moskau- Rjasauer  Eisenbahn, 


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nahe  beim  Privatgut  Bedrino.  Er  liegt  in  einem  Lindendickicht 
auf  einem  Hügel,  umschlossen  von  einem  jungen,  ziemlich  lichten 
Birkenbestande.  An  ihm  führen  zwei  lebhafte  Straßen  vorüber  (die 
eine  in  der  Entfernung  von  60,  die  andere  von  120  Schritt),  auf 
denen  beständig  Lastfuhreu  zur  Eisenbahn  und  zu  einer  Fabrik 
verkehren  und  allabendlich  die  Fabrikarbeiter  mit  Gesang  und 
Geschrei  vorüberzieheu.  Die  große  Menge  der  Röhren  beweisen  sein 
großes  Alter,  ebenso  wie  die  Masse  ausgeworfener  Erde,  welche  den 
kleinen  Hügel  um  ein  Beträchtliches  vergrößert  hat.  Man  konnte 
hier  jeden  Morgen  eine  Alte  mit  zwei  Juugen  beim  Frühspazier¬ 
gang  treffen,  ohne  daß  sie  sich  sonderlich  beeilt  hätten,  zu  ver¬ 
schwinden. 

Bau  2  liegt  östlich  von  der  Moskau-Jaroslawer  Bahn  etwa 
2  Kilometer,  von  der  Stadt  26  Kilometer  entfernt  (nach  Norden), 
in  einem  Kieferuwäldchen,  30  Schritt  von  der  großen  Landstraße, 
welche  von  Moskau  nach  dem  berühmten  Troizo-Sergiewo-Kloster 
führt.  Abgesehen  vom  lebhaften  Verkehr  auf  der  Chaussee,  wird 
der  Wald  im  Sommer  beständig  von  Beeren-  und  Pilzesuchern  be¬ 
gangen,  wobei  es  nicht  ohne  gegenseitiges  Zurufen  und  Siugen  ab¬ 
geht,  und  trotzdem  lebt  hier  eine  Familie  schon  recht  lange  Jahre 
und  hat  den  Boden  reichlich  mit  halbfertigeu,  blinden  Röhren  um 
den  Hauptbau  herum  versehen. 

Bau  3,  4  und  5  liegen  alle  zusammen  3  Kilom.  westlich  von 
der  Moskau-Jaroslawer  Bahn,  22  Kilom.  nördlich  von  der  Stadt, 
auf  einem  Hügel,  am  Rande  einer  Schlucht.  Als  ich  diese  drei  Baue 
im  Jahre  1891  fand,  war  der  Hügel  noch  mit  ziemlich  dichtem 
Tannenwald  bestanden  und  die  gegenüberliegende  Seite  der  Schlucht, 
welche  von  Rand  zu  Rand  etwa  25  Meter  breit  ist,  bedeckte 
dichtes  Gestrüpp  und  Espenstrauchwerk.  Zur  Schlucht  hinunter  und 
dieselbe  entlang  führte  ein  von  den  Dachsen  eingetretener  Weg 
zum  Flusse  Kljasma,  welcher  in  einer  Entfernung  von  etwa 
250  Schritten  vorüberfließt.  Im  vergangenen  Jahre  ward  der  Tanueu- 
wald  bis  auf  wenige  Horste  etwa  fünfjähriger  Bäumchen  abgeholzt, 
und  auf  der  anderen  Seite  der  Schlucht,  genau  den  Bauen  gegen¬ 
über,  hatte  sich  ein  reicher  Moskauer  Theehändler  eine  große  Villa 
aufgebaut.  Der  beim  Fällen  unvermeidliche  Lärm,  das  Geschrei 
und  Gepolter  beim  Bau,  das  laute  darauf  folgende  Getreibe  der 
zahlreichen  Bewohnerschaft  der  Villa,  machten  unsere  Dachse  nicht 
irre,  nur  gingen  sie  nicht  mehr  zum  Flusse  zur  Tränke,  sondern 
zogen  es  vor,  den  auf  dem  Grunde  der  Schlucht,  dicht  unterhalb 


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der  Baue  gegrabenen  Brunnen  mit  abfließendem  Wasser  zu  be¬ 
nutzen.  In  diesem  Jahre  (1893)  wunderte  ich  mich  nach  alledem 
nicht  mehr,  als  auch  täglich  um  die  Baue  herum  weidendes  Vieh 
einer  großen  Dorfherde  die  angeblich  so  scheuen  Tiere  nicht  zum 
Abzüge  veraulaßte.  Doch  es  sollte  noch  besser  kommen !  Im  Juni 
dieses  Sommers  (1893)  fiel  es  dem  Villenbesitzer  ein,  meine  ehrsamen 
Grimbärte  zu  überfallen.  Er  hatte  Arbeiter  genommen  und  zwei 
Baue  vollständig  umgraben  lassen,  wobei  seine  Hunde,  ein  Paar 
riesige  Ulmer  Doggen,  zwei  junge  Dachse  erwürgten,  während 
einige  Alte  —  wieviele  konnte  ich  nicht  erfahren  —  entkamen  und 
verschwauden.  Als  mir  dieser  Einbruch  des  Theebarons  in  meine 
Jagdgefilde  gemeldet  werden,  eilte  ich  sofort  auf  den  Platz  der 

That  und  sah  die  gräuliche  Verwüstung.  Nach  einigen  Tagen  be- 

•• 

suchte  ich  den  Ort  wieder,  in  der  Überzeugung,  daß  die  Dachs- 
ausiedelung  nun  gewiß  verlassen  sei,  doch  wer  beschreibt  mein 
Staunen,  als  ich  neben  dem  heilgebliebenen  Bau  noch  einen  neu¬ 
begonnenen  vorfand.  Jetzt,  im  August,  sind  beide  Baue,  wie  ich 
mich  überzeugte,  besetzt,  also  wird  nicht  an  Abzug  gedacht,  und 
für  Ruhe  ist  energisch  gesorgt,  indem  der  Herr  Nachbar  nunmehr 
in  praxi  es  hat  erfahren  müssen,  daß  auch  »solch’  ein  Vieh,  so  ein 
Dachs«  von  Rechts  wegen  das  Eigentum  eines  bestimmten  Jagd¬ 
pächters  sein  kann. 

Bau  6  befindet  sich  in  derselben  Gegend,  noch  zwei  Kilometer 
weiter  westlich  von  der  Bahn,  in  einem  ziemlich  kleinen  Birken¬ 
walde,  dicht  an  einem  Graben,  15  Schritt  von  einer  Brücke  ent¬ 
fernt,  welche  zwei  Fabriken  mit  einander  verbindet.  Da  der  Grund 
und  Boden  den  Bauern  gehört,  so  lassen  sie  ihr  Vieh  in  dem 
Walde  weiden  und  der  Hirte  erzählte  mir  zuerst  von  einem  Dachse, 
der  täglich  am  Morgen  in  der  Sonne  sitze  und  nur  in  sein  »Loch« 
steige,  wenn  die  Hirtenhunde  ihn  zu  langweilen  anfangen.  Ich 
machte  mich  eines  Tages  denn  auch  auf  und  sah  in  der  That,  wie 
ein  ausgewachsener,  feister  Grimbart  gemächlich,  zwischen  den  Kühen 
durch,  zu  Baue  trollte,  und  als  wir  ihm  auf  etwa  5  Schritt  nahe 
kamen,  fauchend  auf  uns  loshopste,  aber  dann  in  lächerlicher  Eile 
davon  ging  und  ins  Rohr  fuhr.  Die  nächste  menschliche  Ansiede¬ 
lung  von  diesem  Bau  aus  ist  das  einen  halben  Kilometer  entfernte 
Dorf  Pirogowo.  Im  Park  der  Fabrik  eines  Tuchgroßhändlers, 
welche  neben  dem  Dorfe  liegt,  befindet  sich 

Bau  7,  den  ich  seit  zwei  Jahren  kenne.  Dieses  Frühjahr  wurde 
der  junge  Taunenbestand,  in  dem  er  lag,  abgeholzt  und  umzäunt, 


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um  den  Platz  zu  einem  Teil  des  Parkes  zu  schlagen.  Trotzdem  soll 
der  Bau  noch  immer  bewohnt  sein.  Selbst  konnte  ich  mich  nicht 
davon  überzeugen,  da  mir  der  Zutritt  mit  meinen  Teckeln  verwehrt 
wurde,  weil  die  Frau  des  Besitzers  überall  »tolle  Elunde«  wittert. 

Bau  8  gehört  dem  Domänenforst  von  Ismailowo,  4  Kilometer 
westlich  von  Moskau,  an.  Die  kaiserliche  Domäne  Ismailowo  ist 
für  die  persönliche  Jagd  seiner  Majestät  reserviert  und  es  darf  daher 
daselbst  niemand  jagen,  woher  eine  Beunruhigung  irgend  welcher 
Art  für  die  Tierwelt  vollkommen  ausgeschlossen  ist.  Mitten  in 
dem  herrlichen  Kiefernforste,  unter  uralten  Baumriesen,  befindet 
sich  die  Anstalt  für  Bienenzucht  und  Bienenwirtschaft  der  russischen 
Acclimatisationsgesellschaft.  Hinter  dem  Wohnhanse  lag  früher  ein 
Teich,  der  aber  fast  vollständig  ausgetrocknet  ist  und  im  Damme 
dieses  Teiches  sieht  man  die  Röhren  eines  großen  Dachsbaues,  der 
bis  vor  kurzem  bewohnt  war.  Einer  der  jetzigen  Professoren  der 
Zoologie  an  der  Moskauer  Universität,  erinnert  sich  aus  der  Zeit, 
da  er  in  dieser  Anstalt  als  Student  die  Bienen  studierte,  daß  all¬ 
abendlich  die  Hunde  auf  dem  Hofe  ein  Geheul  erhoben,  weil  — 
Nachbar  Grimbart  seinen  regelmäßigen  Umgang  hielt.  So  war  es 
auch  noch  vor  4  Jahren  —  jetzt  ist  der  Bau  leer. 

Bau  9  befindet  sich  ebenfalls  in  diesem  Forste,  etwa  2  Kilo¬ 
meter  von  der  Bienenzüchterei  entfernt  und  ist  ein  Unikum  an 

Größe.  Der  Forst  Wächter,  welcher  mich  zu  ihm  hinführte,  erzählte 

» 

mir,  daß  er  fast  jeden  Tag  der  alten  Dächsin  mit  sieben  Jungen 
begegne,  wenn  sie  von  der  Tränke  kommen,  doch  sei  er  jedesmal 
davon  gelaufen,  da  sie  schnaufend  auf  ihn  losgefahren  sei  und  er 
nicht  gewußt  habe,  daß  der  Dachs  den  Menschen  nicht  anfalle. 
An  diesem  Baue  führt  ein  Fahrweg  für  Holzführer  unmittelbar 
vorüber  uud  wird  seit  Jahren  zur  Abfuhr  benutzt. 

Bau  10  befindet  sich  im  Gouvernement  Wladimir,  nahe  der 
Grenze  des  Moskauer  Gouvernements,  18  Kilometer  östlich  von  der 
Eisenbahn  Jaroslaw-Moskau.  In  diesem  Gouvernement  werden  von 
den  Bauern  die  Dachse  von  jeher  gejagt,  weil  ihre  Haare  zur 
Pinselfabrikation  verwandt  werden  uud  der  iudustriöse  Wladimirer 
jede  Gelegenheit,  auch  zu  kleinem  Verdienste  wahrnimmt.  So  war 
es  denn  auch  hier  etwas  ganz  anderes  mit  dem  Charakter  der 
Dachse.  Höchst  selten  ließ  sich  ein  Bewohner  dieses  Baues  vom 
Menschen  im  Freien  überraschen.  Nur  früh  am  Morgen  konnte  man 
ihn  am  Torfmoor  zum  Saufen  erscheinen  sehen,  aber  bei  der 
geringsten  Spur  einer  Bewegung,  selbst  auf  200  und  mehr  Schritte, 


303 


*s ' 

versch  wandt  er  schleunigst  im  Waldesdickicht  und  der  Bau  lag  in 
einem  undurchdringlichen  Gewirr  von  allerlei  Gestrüpp  und  Fall¬ 
holz,  wie  es  nur  in  alten,  von  Menschen  fast  nie  betretenen  Forsten 
vorkommt. 

Da  ich  mich  nun  mit  »einem  Vorrat«  von  Dachsbauen  ver¬ 
sehen  habe,  will  ich  mit  der  Zeit  meine  Beobachtungen  in  Bezug 
auf  Paarung,  Ernährungsweise,  Familienleben  der  Dachse  vervoll¬ 
ständigen  und  dann  deu  Lesern  die  gewonnenen  Resultate  initteilen. 
Für  heute  mögen  die  gebotenen  Notizen  genügen. 

Ein  Besuch  des  zoologischen  Gartens  zu  Köln. 

Von  C.  Paul. 

Tempora  mutautur,  nos  et  mutamur  in  illis.  Die  Wahrheit 
dieser  alten  Sentenz  wird  wohl  niemand  anzweifeln ;  ebensowenig 
wird  mir  widersprochen  werden,  wenn  ich  den  ebengenannten  Satz 
dahin  erweitere,  daß  nicht  nur  wir  Menschen  uns  mit  der  Zeit 
ändern,  sondern  auch  noch  viele  andere  Dinge  auf  Erden  im  Laufe 
der  Zeit  großen  Veränderungen  unterworfen  sind.  Zu  diesen  vielen 
Dingen  gehören  auch  —  die  zoologischen  Gärten. 

Die  gegenwärtige  Zeitschrift  hat  in  den  Jahrgängeu  1874, 
1884  und  1888  eingehende  Schilderungen  des  zoologischen  Gartens 
zu  Köln  gebracht.  Namentlich  die  1884  von  dem  jetzigen  ver¬ 
dienten  Direktor  der  Anstalt,  Herrn  Dr.  L.  Wunderlich  gegebene 
Beschreibung  des  Gartens  macht  uns  mit  dem  damaligen  Stand  des 
Instituts  sehr  eingehend  bekaunt ;  aber  seitdem  sind  neun  Jahre 
verflossen,  und  auch  der  1888  von  Friedei  geschriebene  kürzere 
Bericht  ist  jetzt  fünf  Jahre  alt.  In  dieser  Zeit  hat  sich  der  Garten 
vielfach  verändert  und  zwar,  wie  ich  aus  mir  vorliegenden  Berichten 
und  Führern  ersehe,  nur  zu  seinem  und  seiuer  Besucher  Vorteil. 
Es  möge  mir  daher  erlaubt  sein,  zu  berichten,  was  ich  bei  einem 
kiirzlicheu  mehrtägigen  Besuche  dieses  Gartens  dort  gesehen  habe. 
Die  Geschichte  des  Gartens  wurde  in  allen  drei  oben  genannten 
Berichten  mitgeteilt;  ich  kann  darüber  nichts  Neues  angeben  und 
beginne  deshalb  gleich  mit  der  Wanderung  durch  den  Garten. 
Hierbei  halten  wir  uns  am  besten  an  den  erst  ganz  kürzlich  wieder 
in  neuer  Auflage  erschienenen  Führer;  derselbe  ist  mit  einem 
genauen  Plane  ausgestattet,  der  Text  ist  sehr  gut,  Druck  und  Papier 
sind  ebenfalls  lobenswert,  dabei  wird  das  über  hundert  Seiten 


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starke  Büchelclien  zu  dem  außerordentlich  billigen  Preise  von  20  Pf. 
verkauft  und  findet  deswegen  auch  zahlreiche  Abnehmer.  Noch  sei 
bemerkt,  daß  die  Anlagen  und  Tierbehausungen  des  Gartens  von 
Dir.  Dr.  Wunderlich  in  dem  oben  genannten  Aufsatze  genauer 
besprochen  worden  sind ;  im  folgenden  wird  es  daher  nur  nötig 
sein,  die  neuen  Einrichtungen  näher  zu  schildern,  sonst  aber  in 
dieser  Hinsicht  nur  kurze  Bemerkungen  zur  Orientierung  zu  machen. 

Gleich  am  Eingänge  treffen  wir  rechts  auf  eine  Reihe  von 
Flugkäfigen.  Einer  derselben  wird  von  einer  großen  Schar  Wellen¬ 
sittiche  ( Melopsittacus  undulatus)  bewohnt;  in  zwei  anderen  fand  ich 
folgende  Papageien :  Androglossa  aestiva  und  A.  amazonica,  Bol- 
borhynchus  monachus,  Commis  nandcty,  C.  jendaya ,  C.  patagonus 
(2  Stück,  seltene  Vögel,  noch  nicht  im  Führer  vermerkt),  Ara 
maracana ,  Palaeornis  torquatus ,  Platycercus  eximius,  Gallipsittacus 
novae-hollandiae ,  Cacatua  roseicapilla.  In  einer  weiteren  Voliere 
hausen  zwei  Bunttukane  ( Phamphastus  discolor).  Sodann  findet  sich 
hier  eine  prachtvolle  Samrnluug  von  kleineren  Tauben;  unter  diesen 
ist  zunächst  ein  Pärchen  der  Schopfwachteltaube,  Phaps  ( Geophaps , 
Lophophaps ,  Columba )  plumifera  Gould  als  ganz  besondere  Selten¬ 
heit  zu  nennen.  Früher  war  die  schöne,  an  ihrem  sehr  langen 
Schopf  und  dem  wachtelartigen  Aussehen  und  Wesen  leicht  kennt¬ 
liche  australische  Taube  wohl  erst  einmal  lebend  in  Europa  vor¬ 
handen  ;  in  der  Liste  des  Amsterdamer  zoologischen  Gartens  ist  sie 
nämlich  mit  der  Jahreszahl  1865  aufgeführt.  Erst  vor  kurzem  im¬ 
portierte  die  große,  um  die  Einführung  seltener  Vögel  so  sehr  verdiente 
Vogelhandlung  von  Gustav  Voß  in  Köln  zwei  lebende  Pärchen, 
von  denen  das  eine,  wie  eben  mitgeteilt,  sich  jetzt  im  Kölner 
Garten  befindet,  während  das  andere  in  den  Berliner  zoologischen 
Garten  kam.  Maler  Bungartz  bat  ein  prachtvolles,  diese 
seltenen  Tauben  darstellendes  Bild  gemalt,  von  dem  Direktor 
Wunderlich  und  Vogelhändler  Voß  je  ein  Fxemplar  besitzen. 
Die  anderen  hier  untergebrachten  Tauben  gehören  etwa  folgenden 
Arten  au:  Geotrygon  cruentata ,  Phaps  dndica,  Turtur  senegalensis, 
T.  semitor  quatus,  T.  bitorquatus ,  Peristera  afra ,  Chamaepelia  talpacoti 
(—  cinnamomina ),  Ch.  passerina,  Ch.squamosa,  Ectopistes  humeralis , 
E.  cuneata ,  E.  striata ,  E.  tranquilla ,  E.  capensis.  Schließlich  ent¬ 
hält  eine  sehr  geräumige  letzte  Voliere  deutsche  Singvögel,  sowohl 
Insekten-  als  Körnerfresser  ;  es  fielen  mir  darunter  namentlich  zwei 
Schneeammern  ( Calcarius  nivalis)  und  ein  in  einem  besonderen 
Käfig  befindlicher  Kukuk  ( Cuculus  canorus)  auf. 


305  — 


In  der  gegenüberliegenden  sog.  runden  Voliere,  die  aus  mehreren 
großen  Abteilungen  besteht,  finden  sich  Raben,  größere  Tauben  und 
Hühner.  Von  den  ersteren  sind  sämtliche  deutschen  Arten,  ferner 
Corvus  australis  (die  australische  Unterart  von  (7.  corone ,  mit  weißen 
Augen),  C.  splendens)  C.  scapulatusyFregilus  pyrrhocorax  und  Strepera 
leuconota  vertreten;  den  Käfig  teilen  mit  ihnen  die  Jägerlieste  ( Hol - 
cyon  giganteus).  Von  Tauben  sind  hier  noch  vorhanden:  Goura 
coronata ,  Caloenas  nicobarica,  Phaps  picata,  Ph .  chalcoptera ,  Ph. 
lophotes ,  Turtur  risorius,  T.  turtur ,  Columba  oenas ,  C.  livia , 
C.  palumbus,  C.  leuconota ,  C.  leucocephala ,  (7.  guinea ,  0.  maculosa , 
(7.  corensis.  Die  Taubensammlung  ist  also  jedenfalls  eine  der 
größteu,  die  existieren.  Ebenso  groß  ist  die  Sammlung  von  Hokko- 
hühnern,  die  in  folgenden  Arten  ausgestellt  sind:  Penelope  vetula, 
P.  purpurascens ,  P.  marail ,  P.  greeyi ,  Oa#  globicera,  C.  dauben- 
toni ,  (7.  aledor ,  C.  sclateri ,  (7.  carunculata ,  Ourax  tuberosa ,  Ourax 
tomentosa  und  Ourax  salvini.  Die  letztgenannte,  noch  wenig  be¬ 
kannte,  aus  Brasilien  stammende  Art  hat  wie  Ourax  tomentosa 
einen  roten  Schnabel  ohne  Höcker,  aber  lange,  aufrichtbare  Kopf¬ 
federn  und  blauschwarzes  Gefieder  mit  weißem  Bauch,  Steiß  und 
Schwanzspitze.  Wir  finden  ferner  hier  das  merkwürdige  Sonuerats- 
huhn  ( Gallus  sonnerati ),  das  Bankivahuhn  ( Gallus  ferrugineus),  das 
prächtige  Geierperlhuhn  (Numida  vulturma),  das  Hornperlhuhu 
(W.  cornuta)  und  das  höchst  seltene  Perlsteißhuhn  ( Tinamotis 
elegans ),  endlich  noch  das  Klippenhuhn  (Perdix  petrosa),  die  Wachtel 
( Coturnix  coturnix ),  die  Schopfwachtel  (Callipepla  californica )  und 
eine  Anzahl  junger  Amherstfasanen  (Phasianus  amherstiae). 

Geradeaus  weitergehend,  kommen  wir  links  zu  einem  alten 
Gebäude,  das  früher  nacheinander  als  Restauration,  als  Direktor¬ 
wohnung  und  als  Vogelgallerie  gedient  hat,  gegenwärtig  aber  als 
Winterhaus  und  als  Nachtherberge  für  die  auf  den  Bügeln  sitzenden 
großen  Papageien  Dienste  leistet;  bei  meiner  Anwesenheit  enthielt 
es  nur  einen  Palaeornis  eupatrius  und  eine  Cacatua  roseicapilla ,  für 
die  man  ihrer  Unverträglichkeit  wegen  gerade  kein  anderes  Unter¬ 
kommen  hatte. 

Vor  dem  ebengenannten  Gebäude  steht  eine  Reihe  von  Ständern 
mit  Papageien.  Unter  ihnen  verdienen  der  riesige  Hyazinthara 
{Ara  hyacinthina ),  der  prachtvolle  Soldatenara  (Ara  militaris)  mit 
lebhaft  rosenroten  Wangen,  der  Bartkakadu  (CalyptorJiynchus  banlcsi) 
und  Goffins  Kakadu  ( Cacatua  goffini)  besonders  hervorgehoben  zu 
werden ;  außerdem  sind  noch  vorhanden :  zwei  Ara  ararauna  und  je 

Zoolog.  Gart.,  Jalirg.  XXXIV.  1893.  20 


306 


eiu  Exemplar  von  Ara  chloroptera  und  A.  macao ,  Androglossa 
farinosa ,  Licmetis  nasicus,  Cacataa  moluccensis,  leadbateri  und 
galerita.  Einige  von  diesen  Papageien,  z.  B.  der  Hyazinthara  und 
der  Bartkakadu,  die  sich  jedenfalls  schon  lange  in  Gefangenschaft 
befinden,  sitzen  unangekettet  auf  ihren  Bügeln. 

Auf  der  rechten  Seite  unseres  Weges  dehnen  sich  die  Kamel¬ 
parks  aus.  Es  finden  sich  hier  alle  sechs  Kamel-  und  Lamaformen 
vertreten. 

Indem  wir  fliese  Parks  rings  herum  umgehen  kommen  wir 
an  mehrere  weitere  Parksysteme,  die  von  den  Hirschen  und  einem 
Teile  der  Antilopen  des  Gartens  bewohnt  werden.  Von  Hirschen 
sind  folgende  Arten  [vorhanden:  Rangifer  tarandus ,  Dama  dama, 
Cariacus  mexicanus ,  Germs  axis ,  G.  moluccensis ,  C.  aristotelis ,  G. 
porcinus,  C.  silca ,  C.  elaphus ,  G.  canadensis,  sowie  ganz  besonders 
bemerkenswert,  der  merkwürdige  Miln,  C.  ( Elaphurus )  davidiänus , 
von  dem  der  Garten  ein  Paar  und  eiu  junges  selbstgezogenes 
Weibchen  besitzt.  Unter  denselben  Verhältnissen  wie  die  Hirsche, 
d.  h.  Sommer  wie  Winter  im  Freien,  mit  einer  einfachen  Hütte  als 
Obdach  leben  die  Antilopenarten  Connochaetes  gnu  (1  Exemplar), 
Cobus  unctuosus  (1  Mäuuehen,  2  alte  und  1  junges  Weibchen), 
Hippotragus  equinus  (1  Exemplar),  Boselaphus  tragocamelus  (ein 
Paar),  Oreas  canna  (ein  Paar),  Antilope  cervicapra  (eine  kleine 
Herde).  Diese  Tiere  gedeihen  bei  der  geschilderten  Haltungsweise 
ausgezeichnet  und  pflanzen  sich  größtenteils  regelmäßig  fort. 

Am  Ende  des  Weges  stoßen  wir  auf  den  großen  Bärenzwinger, 
der  gegenwärtig  einen  Ursus  maritimus  und  je  eiu  Paar  TJrsus 
arctos  und  U.  horribilis  als  Insassen  aufweist. 

Einige  Schritte  davon  entfernt  steht  eine  Anzahl  geräumiger 
Käfige,  in  denen  demnächst  alle  im  Garten  vorhandenen  Wildhunde 
zusammengestellt  werden  sollen;  gegenwärtig  ist  nur  ein  Teil  der¬ 
selben  hier  untergebracht,  dafür  sind  aber  noch  einige  andere 
kleinere  Raubtiere  hier  eingestellt.  Unter  diesen  verdienen  zwei 
Katzenfrette  (Bassaris  astuta )  ganz  besondere  Aufmerksamkeit. 
Diese  Tierart  wird  wohl  in  nur  sehr  wenigen  zoologischen  Gärten 
vorhanden  sein  oder  gewesen  sein ;  sie  ist  bekanntlich  ein  eigen¬ 
tümliches  Mittelglied  zwischen  Schleichkatzen  und  Waschbär;  ich  selbst 
konnte  die  interessanten  Tiere  wegen  ihrer  nächtlichen  Lebensweise 
bei  meinem  kurzen  Aufenthalt  in  Köln  leider  nicht  eingehend  be¬ 
obachten  ;  Herr  Dir.  Dr.  Wunderlich  hält  sie  für  näher  mit  den 
Schleichkatzen  als  mit  den  Waschbären  verwandt.  Die  letzteren 


307 


sind  übrigens  ebenso  wie  die  Rüsselbären  (. Nasua  rufa)  dicht  da¬ 
neben  untergebracht.  Ferner  lebt  hier  eine  Wildkatze  ( Felis  catus ), 
sowie  nachstehende  Wildhunde  :  Canis  anthus ,  C.  vulp.es ,  C.  lagopus, 
C.  azarae  und  C.  chama.  Gegenüber  erblicken  wir  die  originelle, 
aus  Lavabruchsteinen  ausgeführte  »große  Felspartie«,  auf  welcher 
Muflous  (Ovis  musimori),  Mähneuschafe  {Ovis  tragelapkus ),  die  gerade 
eben  ein  Junges  haben,  Heidschnucken,  Kamerun-  und  Kalmücken¬ 
schafe  hausen.  (Schluß  folgt.) 

Kosmopolitische  Tiere. 

Von  Di*.  C.  Müller. 

(Fortsetzung-.) 

Aus  der  Gattung  Lithodes  ist  L.  agassizii  in  Tiefen  von  450 
bis  800  Faden  gefunden,  ein  Geschöpf  von  gigantischen  Verhältnissen, 
aus  ca.  500  Faden  Tiefe  auf  der  Talisman-Reise  L.  ferox. 

Unter  den  langschwänzigen  Krebsen  tritt  uns  zunächst  die 
Familie  der  echten  Krebse  (Astacidae)  entgegen,  eine  Familie,  die 
marine  Formen  wie  Homarus,  Nephrops  und  solche  des  süßen 
Wassers,  Astacus,  umfaßt. 

Flußkrebse  finden  sich  nach  Trouessart  nur  in  den  gemäßigten 
Gegenden  unserer  Erde  und  können  in  zwei  Unterfamilien  gebracht 
werden  :  die  Astacinae,  welche  die  nördlichen,  und  die  Parastacinae, 
die  der  südlichen  Erdhälfte  angehören.  Die  Gattung  Astacus,  zu 
der  unsere  gewöhnlichen  Krebse  gehören,  verbreitet  sich  über  einen 
großen  Teil  der  paläarktischen  Region,  tritt  auch  im  Flußgebiet  des 
Amur  und  in  Japan  auf.  Weder  in  der  afrikanischen  noch  in  der 
indischen  Region  giebt  es  echte  Flußkrebse,  aber  das  Genus  Astacus 
tritt  wieder  im  Gebiet  der  Westküste  des  stillen  Oceans,  im  Felsen¬ 
gebirge,  in  Oregon  und  Kalifornien  auf.  Die  übrige  neoarktische 
Region  wird  hingegen  von  der  Gattung  Crambus  bewohnt,  welche 
sich  bis  in  die  großen  Seen  von  Guatemala  und  damit  bis  in  die 
tropische  Region  verbreitet..  Die  Parastacinae  sind  besonders  in 
Australien  gut  vertreten ,  wo  Individuen  der  Gattung  Parastacus, 
ohne  jemals  das  süße  Wasser  zu  verlassen,  so  groß  wie  unsere 
Hummer  werden.  Engaeus  bewohnt  Tasmanien  und  Paranaephrops 
Neu-Seeland  und  die  Fidschi-Inseln.  Die  Gattung  Parastacus  tritt 
aber  auch  wieder  in  Chile  und  Südbrasilien  auf  und  wird  im  Süden 
von  Madagaskar  durch  das  Genus  Astacoides  vertreten.  Die  seit- 


308 


same,  gewissermaßen  versprengte  Verbreitung  dieser  Krustaceen- 
gruppen  erklärt  sieb  aus  ihrem  hohen  Alter,  welches  sich  aus  den 
fossilen  Gattungen  Pseudastacus  und  Eryma  aus  dem  europäischen 
Jura  nachweisen  läßt,  Formen,  welche  wahrscheinlicherweise  schon 
in  den  Meeren  der  damaligen  Epoche  eine  sehr  weite  Verbreitung 
gehabt  haben  mögen. 

Aus  der  Familie  der  Garneelen,  Carididae,  finden  sich  in  allen 
Meeren  die  Gattungen  Alpheus,  Hippolyte,  Palaemon,  desgleichen 
die  Gattung  Lucifer,  der  die  Fähigkeit  des  Leuchtens  innewohnt. 

Die  Zahl  der  Tiefseeformen  unter  den  langschwänzigen  Krebsen 
ist  überaus  groß ;  es  sollen  hier  nur  die  wichtigeren  Arten  aufgeführt 
werden,  im  übrigen  wird  auf  Marshall,  Tierleben  der  Tiefsee  S.  266  etc. 
und  Breh m,  Bd.  X  verwiesen.  Solche  Arten  sind:  Wülemoesia 
leptodactyla,  Polycheles  crucifer ,  Thaumastocheles  s.  Astacus  zaleuca, 
Nematocarcinus  gracilipes,  Hapalopoda  investigator  und  Sergestes 
magnificus. 

Die  Spaltfiißer,  Schizopoda,  leben  als  echte  Schwimmer  zwar  haupt¬ 
sächlich  pelagisch,  jedoch  wurden  auf  der  Challengerreise  von  300  bis 
1000  Faden  Tiefe  4,  von  1000  bis  2000  Faden  11  und  unter  2000  Faden 
4  Arten  gefangen.  Eine  Art  hatte  ein  Vorkommen  von  345  bis  2740 
Faden  Tiefe,  Boreomysis  öbtusa.  Näheres  über  die  einzelnen  Arten 
siehe  Marshall,  Tierleben  der  Tiefsee,  S.  264. 

Die  Cumaceen,  die  letzte  Ordnung  der  höheren  Krebse,  sind, 
nach  Claus,  mehr  bodenliebende  Formen  und  finden  sich  vom  Strande 
bis  über  3700  m  Tiefe  hinaus.  Die  arteuarme  Ordnung  scheint  in 
allen  Meeren  verbreitet  zu  sein,  ja  es  finden  sich  in  den  arktischen 
und  anarktischen  Gewässern  vielleicht  gleiche  Arten. 

Unter  den  Asseln,  Isopoda ,  sind  die  landbewohnenden  den 
Tausendfüßern  (Glomeridae)  sehr  ähnlich  und  dürften  nach  Trouessart 
eine  auch  diesen  sehr  ähnliche  geographische  Verbreitung  haben. 
Es  sind  Tiere,  welche  sich  mit  Leichtigkeit  an  alle  klimatischeu 
Verhältnisse  anpassen,  wenn  sie  nur  eiuen  gewissen  Grad  von  Feuch¬ 
tigkeit  vorfinden.  Eine  nicht  unbeträchtliche  Anzahl  von  Arteu  ist 
durch  die  Schifffahrt  verschleppt  und  kosmopolitisch  geworden. 
Folgende  Gattungen  der  Oniscidae  'sind  über  die  ganze  Erde  ver¬ 
breitet:  Ligia,  Porcellio  mit  der  kosmopolitischen  Art  P.  laevis, 
und  Armadillidium  mit  der  universell  verbreiteten  Art  A.  vulgare. 
Oniscus  murarius  und  Porcellio  scaber  sind  in  Europa  und  Amerika 
gemein,  Armadillo  offtcinalis  in  Südeuropa,  Nordafrika  und  Klein¬ 


asien. 


309 


Von  den  800  Arten  der  Asseln  bewohnen  ungefähr  ein  Drittel 
das  Land,  zwei  Drittel  finden  sich  im  süßen  Wasser  oder  im  Meere, 
die  meisten  in  den  kälteren  Regionen.  Im  süßen  Wasser  aller  Erd¬ 
teile  findet  sich  die  Gattung  Asellus,  in  allen  Meeren  die  Gattungen 
Idothea,  Sphaeroma,  Cymodocea,  Cirolana,  Aega,  Neorcila,  Anilocra, 
Cymothoa,  Gyge  u.  A. 

Der  Vorliebe  für  die  kälteren  Regionen  entspricht  es,  wenn  die 
Isopoden  im  tiefen,  also  kalten  Wasser,  einmal  was  ihre  Artenzahl, 
dann  aber  was  ihre  körperliche  Entwicklung,  ihre  Größe  und  ihre 
Panzerbildung  betrifft,  besonders  gut  vertreten  sind.  So  siud  auf 
der  Challenger-Expedition  zwischen  500  bis  1000  Faden  17,  zwischen 
1000  bis  2000  Faden  29  und  zwischen  2000  bis  2400  Faden  Tiefe 
noch  7  Arten  gefunden  worden.  Bemerkenswert  ist  weiter  die 
Thatsache  (s.  Marshall) ,  daß  von  Serolis  bromleyana  manche  Exem¬ 
plare  aus  einer  Tiefe  von  1100  Faden  bei  40°  s.  Br.  noch  einmal 
so  groß  als  die  größten  aus  einer  Tiefe  von  4Ö0 — 700  Faden  unter 
33 — 37°  s.  Br.  sind  und  daß  sich  diese  Erscheinung  nach  dem  Süd¬ 
pol  hin  noch  steigert,  so  daß  ein  unter  62°  s.  Br.  und  bei  1975 
Faden  Tiefe  gefangenes  Individuum  wieder  um  die  Hälfte  größer 
war  als  die  größten  unter  40°  und  bei  1100  Faden  erbeuteten. 

Die  Flohkrebse,  Amphipoda,  sind  wie  die  Asseln  panthalattisch 
und  wie  diese  in  gemäßigten  und  kalten  Gegenden  weit  reicher  als 
in  warmen  entwickelt,  sie  leben  aber  im  allgemeinen  an  der  Küste 
und  pelagisch,  obwohl  einzelne  Arten  auch  in  beträchtlicher  Tiefe 
Vorkommen,  andere  süßes  Wasser  zu  ihrem  Aufenthalte  wählen. 
Kosmopolitisch  ist  die  Familie  der  Gammaridae,  die  in  60  Gattungen 
und  fast  300  Arten  teils  im  Meere,  teils  im  süßen  Wasser  zu  finden 
ist.  Bezüglich  der  abyssischen  Formen  der  Flohkrebse  sei  hier  wieder 
auf  Marshall  verwiesen. 

Die  Rankenfüßer,  Cirripedia,  sind  über  alle  Meere  verteilt.  Ihre 
weite  Verbreitung  ist  einmal  durch  die  Gewohnheit  zu  erklären, 
sich  au  flottierende  und  schwimmende  leblose  und  lebende  Körper 
anzusetzen,  dann  durch  die  Kleinheit  ihrer  Larven,  welche  von  den 
Strömungen  mit  Leichtigkeit  hin-  und  hergetriebeu  werden.  So 
ist  z.  B.  Lepas  anserifera  mit  noch  einigen  Arten  ein  gewöhnliches 
Anhängsel  der  Schiffe  bei  ihrer  Heimkehr  aus  fast  allen  südliches 
und  tropischen  Meeren.  Lepas pectinata  findet  sich  an  schwimmenden 
Gegenständen  im  ganzen  Gebiete  des  Atlantischen  Oceans  vom 
Norden  vod  Irland  an  bis  zum  Kap  Horn  und  Lepas  anatifera 
macht,  an  Baumstämmen,  Tang,  Bimssteinstücken  u.  a,  angeheftet 


310 


Reisen  in  alle  Meere,  ebenso  Conchoderma  virgata.  Aus  der  Familie 
der  Seepocken,  Balanidae,  ist  Baianus  tintinnabulum  durch  weite 
Verbreitung  ausgezeichnet.  Ihre  eigentliche  Heimat  geht  (s.  Brehm) 
von  Madeira  bis  zum  Kap,  von  Kalifornien  bis  Peru.  Sie  kommt 
oft  in  wunderbaren  Mengen  an  Schiffen  vor,  welche  von  Westafrika, 
West-  und  Ostindien  und  China  in  die  europäischen  Häfen  zurück¬ 
kehren.  An  einem  Schiffe,  welches  zuerst  Westafrika  und  daun 
Patagonien  besucht  hatte,  fand  sich  die  patagonische  Species,  Baia¬ 
nus  psittacus ,  auf  B.  tintinnabulum  augesiedelt. 

Für  die  Fauna  der  Tiefsee  kommen  nach  Marshall  nur  die 
beiden  erwähnten  Familien,  die  Entenmuscheln,  Lepadidae  und  die 
Seepocken,  Balanidae,  in  Betracht.  Die  Arten  beider  Familien,  die 
doch  im  süßen  Wasser  einen  so  großen  Hang  zur  Geselligkeit  zeigen, 
führen  in  der  Tiefe  ein  einsiedlerisches  Leben. 

Auch  die  Copepoden  haben  eine  universelle  Verbreitung,  ebenso 
die  Muschelkrebse.  Ostracoda,  und  die  Kiemenfüßer,  Phyllopoda,  so¬ 
wohl  im  Meere  als  in  süßen  Gewässern.  Jedenfalls  finden  sie  sich, 

soweit  sie  in  letzterem  leben,  in  allen  süßen  Gewässern  der  Erde, 

’  ’  • 

wo  sie  nur  immer  zu  existieren  vermögen  und  die  vom  tropischen 
Australien  unterscheiden  sich  nur  wenig  von  denen  Schwedens.  Die 
Eier  dieser  Tiere  sind  naturgemäß  kleiu,  sie  können  lange  Zeit 
ruhen  und  doch  entwicklungsfähig  bleiben,  und  da  läßt  es  sich 
denken,  daß  sie  im  Laufe  der  Jahrtausende  durch  Wasservögel  von 
Sumpf  zu  Sumpf  und  von  Laud  zu  Land  verschleppt  worden  sind. 
Wahrscheinlich  enthalten  alle  drei  Ordnungen  auch  kosmopolitische 
Arten.  Keine  Tiefseeformen  enthalten  anscheinend  die  Kiemen¬ 
füßer,  dagegen  die  Muschelkrebse  und  die  Copepoden. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Zoologischer  Garten  in  Basel.  Zwanzigster  Geschäftsbericht 

1892. 


Personelles.  Zu  Anfang  des  Jahres  war  der  Verwaltungsrat  zusammen¬ 
gesetzt  wie  folgt:  Fr.  Müller,  Präsident,  Rud.  Merian,  Vicepräsident,  Hans 
Linder,  Kassier,  Aug.  Stälielin,  Aug.  Kaufmann,  Alb.  Ryhiner 
Leonh.  Haag,  Karl  Lüscher,  Gust.  Stehelin.  Eine  Veränderung  hat 
seither  nicht  stattgefunden,  ebenso  auch  nicht  im  Personal  des  Gartens.  Das 
letztere  bestand  außer  dem  Direktor  aus  6  Wärtern,  1  Schreiner,  1  Gärtner 


311 


und  1  Hiilfsgärtner ;  in  Ergänzung  zu  diesem  stehenden  Personal  wurde  es  oft 
nötig,  auch  Taglöhner  zur  Aushülfe  anzustellen. 

Tier  best  and.  Dem  ausführlichen  Jahresbericht  des  Herrn  Direktors 
entnehmen  wir  folgendes: 


Das  am  31.  Dezember 

1892  aufgenommene  Inventar  der  Tiere 

wies  auf: 

Säugetiere. 

V  ö  g  e  1. 

6  Affen . 

in 

4 

Arten 

29 

Papageien  ...  in 

13 

Arten. 

1  Handflügler  ... 

» 

1 

» 

28 

Tagraubvögel  .  » 

13 

» 

24  Raubtiere  .... 

y> 

11 

» 

12 

Nachtraubvögel  .  » 

4 

» 

7  Nager . 

» 

2 

4 

Rabenvögel  .  .  » 

4 

» 

1  Zahnarmer  .... 

x> 

1 

» 

50 

Sperlingsvögel  .  » 

11 

»  . 

5  Einhufer . 

» 

2 

90 

Schwimmvögel  .  » 

29 

» 

34  Zweihufer  .... 

13 

» 

24 

Stelzvögel  ...» 

9 

» 

4  Vielhufer  .... 

» 

2 

» 

26 

Wildtauben  .  .  »  ' 

6 

» 

82  Säugetiere  .... 

in 

36 

Arten 

27 

Haustauben  .  .  » 

2 

» 

32 

Haushühner  .  .  » 

11 

» 

Reptilien. 

17 

Fasanen  .  .  .  .  » 

7 

» 

1  Pauzerechse  .... 

in  1 

Art. 

1 

Feldhuhn  ...» 

1 

» 

2 

Hokkos  .  .  .  .  » 

2 

4 

Straußvögel  .  .  » 

2 

346 

Vögel . in 

114  Arten. 

^  ^  ^  . . uvu' 

Total:  429  Tiere  in  151  Arten. 

Der  Verkaufswert  des  Tierbestandes  wurde  am  31.  Dezember  1892  ge- 
schätzt  auf  Fr.  14,710. 

Angekauft  wurden  8  Säugetiere,  75  Vögel  und  20  Reptilien. 

Geschenkt  wurden  25  Säugetiere  und  82  Vögel. 

Geboren  im  Garten  wurden  23  Säugetiere  und  30  Vögel. 

Mit  Tod  (inklusive  Verfütterung)  gingen  ab  28  Säugetiere  und  122  Vögel. 

Verkauft  wurden  21  Säugetiere  und  84  Vögel.  Inbegriffen  sind  die¬ 
jenigen  Tiere,  die  in  Verlosungen  abgesetzt  und  die,  welche  zum  Schlachten 
verkauft  wurden. 

Die  Reptilien,  20  Stück,  wurden  übungsgemäß  im  Herbst  bei  Räumung 
des  Terrariums  gratis  abgegeben  oder  in  Freiheit  gesetzt. 

Unter  den  Verlusten  durch  Tod  erwähnen  wir  besonders  die  Bisonkuh, 
welche  über  18  Jahre  im  Garten  gelebt  hatte.  Es  ist  dies  das  letzte  Stück 
unserer  kleinen  Kolonie  von  Bisonten,  die  nach  allgemeinem  Zeugnis  von 
Fachleuten  wohl  die  schönsten  Repräsentanten  dieser  Rinderart  in  ganz  Europa 
gewesen  sind.  Eine  Wiederersetzung  ist  für  immer  ausgeschlossen,  da  diese 
Tiere  in  ihrer  Heimat  in  erstaunlich  raschem  Aussterben  begriffen  sind. 


Die  folgende  Tabelle  giebt  eine  Übersicht  der  Veränderungen  im  Tier¬ 
bestand: 

Bestand  Zuwachs  Abgang  Bestand 

31.  Dez.  1891.  durch  Kauf,  Geschenke  u.  Geburten,  durch  Tod  u.  Verkauf.  31.  Dez.  1892. 


Säugetiere 

75 

56 

49 

Vögel 

415 

137 

206 

Reptilien 

1 

20 

20 

491 

213 

275 

429 


312 


Tierwohnungen.  Im  Berichtsjahr  ist  das  Raubtierhaus  ausgebaut 
worden,  indem  der  westliche  Flügel  in  gleicher  Weise  wie  vor  einigen  Jahren 
der  östliche  mit  einem  heizbaren  größeren  Nachtstall  versehen  wurde  und 
zugleich  auch  der  Laufraum  zu  allfallsiger  Aufnahme  größerer  Raubtiere  die¬ 
selbe  Verstärkung  erhielt.  Weitere  bauliche  Arbeiten  an  den  Tierwohnungen 
betreffen  eine  Reihe  von  Ausbesserungen  und  Ergänzungen  mehr  untergeord¬ 
neter  Art. 

Direktorwohnung,  Restauration  u.  a.  Weder  die  Direktorwohnung 
noch  die  Restauration  erforderten  im  Berichtsjahr  nennenswerte  Änderungen; 
dagegen  sahen  wir  uns  veranlaßt,  an  Stelle  des  alten  sehr  baufälligen  und 
unbequem  gelegenen  Schuppens  im  Hofe  hinter  Elefanten-  und  Raubvogelhaus 
einen  Neubau  zur  Unterbringung  der  Fuhrwerke  zu  erstellen.' 

Gartenanlagen.  Mancherlei  Arbeiten  betreffend  Planierung,  Be¬ 
kiesung,  Wegverlegung  und  Einzäunung  wurden  besonders  in  der  Nähe  des 
Raubtier-  und  Elefantenhauses  sowie  am  untern  Teil  der  Festmatte  ausgeführt. 
Die  definitive  Gestaltung  dieser  letzteren  wird  aber  wegen  der  noch  schweben¬ 
den  Eisenbahnprojekte  verschoben  werden  müssen.  —  Dem  Garteneingang 
gegenüber  haben  wir  endlich  die  schon  seit  Jahren  in  Aussicht  genommene 
Blumengruppe  zur  Ausführung  gebracht  und  auch  noch  an  einigen  anderen 
Stellen  des  Gartens  für  Ausschmückung  ähnlicher  Art  gesorgt.  Die  frühere  Ein¬ 
fassung  und  Abgrenzung  der  Wege  vermittelst  Holzpflöcken  und  Draht  haben 
wir  angefangen  durch  kleinere  Felssteine  zu  ersetzen  und  gedenken  nach  und 
nach  diese  bessere  und  auch  hübschere  Einfriedung  durch  den  ganzen  Garten 
fortzuführen. 

Mattland.  Mit  dem  Spital  hatten  wir  noch  in  den  letzten  Wochen 
des  Vorjahres  1891  einen  Pachtvertrag  betreffend  das  vor  dem  Garten  liegende 
Areal,  sowie  betreffend  die  große,  von  der  Festmatte  bis  zum  Dorrenbach  sich 
erstreckende  Parzelle  eingegangen.  Diese  letztere  wurde  gleich  nach  Antritt 
der  Pacht  reichlich  gedüngt  und  ergab  uns  circa  275  Centner  Heu  und  Emd. 

Betrieb  und  Finanzielles.  Es  wurden  ausgegeben 


Billete  zu  1  Fr. 

»  »  50  Cts. 

»  »  25  » 

»  »  20  » 


1892. 

4,888 

46,610 

51,082*) 

1,662 


1891. 
4,509 
45,745 
52,493  **) 
1,749 


*)  worunter  4,951  Ver- 
losungsbillete. 
**)worunter  6,703  Ver- 
losungsbilleto. 


104,187 

Gesamtertrag  der  Eintrittsbillete  .  . 

ab:  Anteil  der  Schuli- Truppe  . 


104,496 
Fr.  41,240.  90 
»  6,069.  — 

Fr.  35,171.  90 

Abonnements  wurden  gelöst: 

Für  Familien  ohne  Aktien,  zu  Fr.  20 

»  einzelne  Personen  »  »  »  »  10 

»  Familien  mit  1  Aktie  »  j>  10 


(1891:  32,704.  05). 
1892.  1891. 

428  408 
50  45 

74  70 

552  523 


20  Aktien  wurden  auf  andere  Namen  Überträgen. 

Chronik.  An  49  Sonn-  und  Feiertagen  war  der  Eintrittspreis  auf 
25  Cts.  ermäßigt,  an  17  Sonn-  und  Feiertagen  fanden  Nachmittags- Konzerte 
statt.  Am  5.  August  wurde  ein  Abend -Konzert  bei  festlicher  Beleuchtung 


313 


veranstaltet.  Der  stärkste  Besuchertrag  war  dfer  11.  September  anläßlich  der 
Schuli- Ausstellung  mit  6789  Personen.  Ende  Mai  stellte  Herr  J.  Menges  seinen 
direkt  aus  dem  Somalilande  gebrachten  großen  Tiertransport  für  einige  Zeit 
im  Garten  ein,  was  demselben  viele  Besucher  zuzog.  Vom  30.  August  bis 
18.  September  weilte  Herrn  Willy  Möllers  Truppe  der  Schuli  im  Garten.  Auch 
die  Tierverlosung  vom  25.  September  ergab  ein  ziemlich  günstiges  Resultat, 
wogegen  andere  Versuche,  wie  ein  Wettphotographieren  und  die  Herausgabe 
eines  Albums  nicht  den  gehofften  Erfolg  hatten. 

Zu  besonderem  Dank  sind  wir  Herrn  Tierarzt  Kunz  und  Herrn  Apotheker 
Bühler  für  uneigennützige  Hülfe  in  Krankheitsfällen  verpflichtet. 

Zu  Anfang  des  Berichtsjahres  erhielten  wir  von  Seite  der  Civilgerichts- 
schreiberei  die  Anzeige,  daß  der  verstorbene  Zahnarzt  Herr  Gott  fr.  Hey  er 
den  zoologischen  Garten  zum  Haupterben  eingesetzt  habe.  Die  Erbschaft  bestand 
im  wesentlichen  aus  dem  Wohnhaus  des  Erblassers.  Es  gelang  uns  bald,  dieses 
zu  annehmbarem  Preise  zu  verkaufen.  Nach  Abtragung  der  auf  der  Liegen¬ 
schaft  lastenden  Hypotheken,  Auszahlung  der  Legate  und  Entrichtung  der 
Kosten,  inklusive  eines  Grabdenkmales  für  unseren  verstorbenen  Gönner,  ver¬ 
blieb  dem  Garten  ein  Nettoertrag  von  circa  Fr.  41,000.  — .  Wir  beschlossen 
zunächst  Fr.  5500.  —  für  Ankauf  eines  Helbliugs,  Fr.  10,000.  —  zur  Tilgung 
der  noch  bleibenden  Obligationenschuld  und  Fr.  5399.  47  zur  Vollendung  des 
Elefantenhauses  zu  verwenden  und  den  Rest  mit  Fr.  20,206.  53  zu  späterer 
Verwendung  auf  neue  Rechnung  vorzutragen. 

Wie  aus  nachfolgender  Jahresrechnung  ersichtlich,  erweist  die  Betriebs¬ 
rechnung  einen  Ausfall  von  Fr.  4246.  91  (im  Vorjahr  Fr.  2180.  69),  mit 
welchem  wir  den  Gewinn-  und  Verlust -Konto  belastet  haben. 

Die  Einnahmen  an  Geschenken  und  Legaten  sind  dem  Gewinn-  und  Ver¬ 
lust-Konto  gutgeschrieben  worden  und  haben  zur  Deckung  des  erwähnten  Be¬ 
triebsausfalles  Verwendung  gefunden.  Infolge  der  Rückzahlung  des  Restes 
unserer  im  Jahre  1874  kontrahierten  Obligationsschuld  und  der  dadurch  ver¬ 
minderten  Passiven  waren  wir  in  der  Lage  Abschreibungen  an  denjenigen 
Aktiven  vorzunehmen,  welche  für  uns  nur  im  Falle  einer  Liquidation  des 
Gartens  realisierbaren  Wert  haben. 

Rechnungsabschluss  pro  31.  Dezember  1892. 


Betriebs-Rechnung. 

Einnahmen.  jrr  qj  pr  (j^ 

Eintrittsgelder . 41,240.  90 

ab:  Anteil  der  Unternehmer  von  Schaustellungen  6,069.  —  35,171.90 

Abonnements .  9,800. — 

Verkauf  von  Tieren . 3,961.85 

Verpachtung  der  Restauration .  1,500. — 

Kapitalzinsen .  530.15 

Diverse  Einnahmen: 

Verkauf  von  Eiern . 149.  20 

Diverses .  259.  65  408.85 

51,372.75 

Betriebs-Defizit  pro  1892  .  4,246.91 

55,619.66 


314 


Ausgaben. 

Fr.  Ct.  Fr.  Ct. 

Gehalte  und  Löhne . 15,802.70 

Bureauspesen .  374.29 

Inserate  und  Druckkosten: .  1,909.62 

Allgemeine  Spesen  und  Unterhalt: 

Assekuranz,  Pachtzins,  Telephon,  Gas,  Wasser 

und  Steinkohlen .  2,617.  23 

Gartenaulagen:  Unterhalt .  1,037.  15 

Geräte  u.  Mobilien:  Unterhalt  u  Neuanschaffungen  .  829.  72 

Hochbauten  und  Einfriedigungen: 

Unterhalt  etc . Fr.  4,607.  87 

Erweiterung  des  Raubtierhauses  .  »  2,294.  10  6,901.  97 

Unkosten  bei  Schaustellungen,  Festen  und  Verloosungen  563.  50 

Dienstkleider,  Frachten,  Fuhrlöhue,  Material  und 

Diverses . 1,207.  90  13.157.47 


Futter: 

Heu . .  .  1,870.  40 

Stroh .  987.  93 

Fleisch . 4,228.  86 

Brot  und  Krüsch .  2,156.  40 

Milch .  712.  40 

Fische .  308.  52 

Körnerfutter .  2,948.  50  . 

Sämereien,  Früchte,  Rüben  und  Diverses  ....  611.  08  13,824.09 

Musik .  1,310.- — 

Ankauf  von  Tieren . 9,241.49 

Fr.  55,619.66 


Gewinn-  und  Verlust-Rechnung  pro  1892. 

Einnahmen. 

Geschenke  und  Legate . . Fr.  4,583.75 

Nachlaß  des  Herrn  Zahnarzt  Heyer  sei .  »  41,106. — 

Fr.  45,689.75 


Ausgaben. 

Betriebsdefizit  pro  1892,  Deckung  desselben . Fr.  4,246.91 

Tierkonto,  Abschreibung  .  »  10,110. — 

Geräte-  und  Mobiliarkonto,  Abschreibung .  *  1,840.17 

Brunnbriefkonto,  Abschreibung .  »  500. — 

Elefantenliaus-Baukonto,  Rest  der  Baukosten .  »  5,399.47 

Conto  Legat  Heyer,  Vortrag  auf  1893  .  »  20,206.53 

Saldo,  Vortrag  auf  1893  .  »  3,386.67 


Fr.  45,689.75 


315 


Vermögens-Status  pro  31.  Dezember  1892. 

Aktiva. 


Immobilien-Konto . Fr.  256,000.— 

Tier-Konto .  »  2,000. — 

Geräte-  und  Mobiliar- Konto  pro  mein .  »  5. — 

Brunnbrief- Konto .  »  5,000. — 

Effekten-Konto .  »  24,700. — 

Kassa-Ivonto .  »  3,888.20 

Fr.  291,543  20 


Passiva. 

Aktien-Konto : 

1042  Aktien  a  Fr.  250.— . Fr.  260,500.— 

Obligationen-Konto : 

11  Obligationen  ä  Fr.  1,000.— .  Fr.  11,000. — 

ab:  Rückzahlung .  »  11,000.—  »  — . — 

Darlehen-Konto: 

Nachzahlungen  auf  Aktien . »  7,450. — 

Konto  Legat  Heyer: 

Vortrag . »  20,206.53 

Gewinn-  und  Verlust-Konto: 

Vortrag . »  3,386.67 

Fr.  291,543.20 

Elefantenhaus-Fonds. 

Kosten  der  Vollendung  des  Baues . Fr.  6,957.10 

ab:  Restbetrag  der  Fonds . .  .  Fr.  1,557.63 

Deckung  des  Mehrbetrags  aus  dem  Legat 

Heyer .  »  5,399.47  »  6,957.10 

Fr.  —  .— 


Korrespondenze  n. 


Schlaupitz,  28.  August  1893. 

Bekanntlich  hat  vor  mehreren  Jahren  der  Fischzüchter  Susta  in 
seinem  anerkannt  vorzüglichen  Werke  »Die  Ernährung  des  Karpfen  und  seiner 
Teichgenossen«  darauf  hingewiesen,  daß  man  seither  in  der  Zoologie  den 
Döbel  ( Leuciscus  cephalus  Kr.)  zu  Unrecht  als  argen  Fischräuber  verschrieen, 
ein  Passus,  der  anfänglich  heftig  angegriffen,  ganz  neuerdings  jedoch  durch 
anderweitige,  sehr  hübsche  Versuche  und  Untersuchungen  vollauf  Bestätigung 
fand  (»Westfalens  Tierleben«,  Fische),  und  hinwiederum  Prof.  Sie  gl  in  zu 
Hohenheim,  daß  sogar  der  harmlose  Karpfen  unter  Umständen  zum  Ichthyo¬ 
phagen  wird,  ein  arger  Kannibale  sein  kann  (»Allgemeine  Fischerei-Zeitung« 
München). 

Seitdem  ich  am  Leucaspius  delineatus  v.  Sieb.  Ähnliches  wahrgenommen 
(»Mitteilungen  westpreuß.  Fischerei-Vereins«,  Danzig),  habe  ich  genau  aut 


31(5 


diesen  Punkt  geachtet  nud  gefunden,  daß  unsere  Cyprinidae  ohne  Ans. 
nähme,  also  auch:  Abramis  brama  Ag.,  A.  vimba  V.,  Rhodens  amarus  BL, 
Leuciscus,  Cyprinus  carassius  L.,  Tinea  vulgaris  C.,  unter  Umständen  Brut  der 
eignen  Art  fressen.  Merkwürdig  ist  es  mir  dabei  bloß,  daß  sie  dies  in 
dem  einen  Tümpel  thun,  daß  sie  im  anderen  nur  wenige  Schritte  ent¬ 
fernten,  welchen  dasselbe  Wasser  durchrieselt  und  bei  dem  alle  Existenz. 
Bedingungen  scheinbar  genau  dieselben  sind  wie  im  ersten, 
dagegen  absolut  harmlos  sind,  keine  Brut  annehmen  mögen 
(s.  meine  einschlägig.  Notizen  in  der  »Allgem.  Fischerei-Zeitung«).  So  er¬ 
beutete  ich  heuer  im  Oberlaufe  des  Lauterb  ach  er  Grabens 
zwischen  dem  großen  Rohrmühlteiche  und  Stoschendorf  ausschließlich 
Leuciscus  rutilus  Ag.  und  L.  erythroplithalmus  V.,  deren  Magen  von 
Fischbrut  strotzte,  im  Unterlaufe,  zwischen  Lauterbach  und 
Heidersdorf  dagegen  einzig  Stücke  mit  Insekten-,  Würmer-  und 
Pflanzenresten.  Die  dort  sich  findenden  Döbel*)  sind  ohne  Ausnahme 
Kannibalen,  die  in  den  Schlaupitzer  Bächen  vorkommenden  dagegen  friedliche 
Gesellen,  und  doch  vereinigen  sich  alle  die  Rinnsale  wenige  Kilometer  weiter 
unten  !  Nach  Experimenten  von  mir  scheint  sich  nun  die  übele  Gepflogenheit 
des  Kannibalismus  gern  zu  vererben  und  es  scheinen  sich  auch  im 
Laufe  der  Zeit  gewisse  Unterschiede  in  der  Mundstellung, 
der  Länge  der  Barteln,  hauptsächlich  aber  in  der  Bezahnung 
herauszubilden.  Natürlich  liegt  mir  zum  Beweise  für  die  letztere,  doch 
wohl  naheliegende  Behauptung  noch  viel  zu  wenig  positives  Material  vor,  sie 
muß  vorläufig  als  Hypothese  angesehen  werden,  aber  ich  halte  es  für  meine 
Pflicht,  die  Fachgelehrten  darauf  aufmerksam  zu  machen.  Jahrelang  systema¬ 
tisch  in  dieser  Richtung  durchgeführte  Versuche  dürften  doch  wohl  noch 
manchen  hübschen  Beitrag  zur  Entstehung  der  Arten  liefern. 

Sodann  möchte  ich  folgende  andere  Wahrnehmung  mit  eiuigen  wenigen 
Worten  streifen,  die  mir  heuer  bei  Hungerkuren  mit  Jungbrut  diverser  Cypriniden 
in  solchen  Bassins  auffiel,  deren  Boden  eine  Sand-  oder  Kiesschicht  bedeckte.  Es 
scheinen  sich  nämlich  unter  solchen  Umständen  die  P.  an.  undcaud.  resp.  deren 
Rad.  beträchtlich  zu  verlängern.  Beide  Flossen  werden  nun  aber  neben 
dem  Munde,  hauptsächlich  zum  Graben  im  Schlamme  verwendet,  ihre  Ver¬ 
längerung  dürfte  also  auf  denselben  Ursachen  basieren  wie  diejenige  der 
Schnauze.  Hoffentlich  gelingt  mir’s,  späterhin  hierfür  Beweise  vorzubringen, 
dann  könnte  ich  wenigstens  die  mir  schon  längst  zweifelhafte  Species  Barbus 
petenyi  H. ,  die  sich  ja  in  der  Lohe  findet  (»Zoologischer  Anzeiger«),  von  der 
ich  jedoch  bereits  2  Übergangsformen  zu  fluviatilis  neulich  fing,  eruieren. 

Schließlich  dürften  folgende  Notizen  nicht  gerade  überflüssig  sein : 

1  einsommriger  Leuciscus  phoxinus  Ag.  lebte  in  einem  kleinen  Bierglase 
3/ 4  voll  Teich wasser  vom  9.  Mai  bis  19.  Juni,  er  erhielt  nie  Nahrung, 
auch  wurde  das  Wasser  nicht  erneut. 

*)  Der  früher  im  Oberlaufe  unserer  Gebirgsbäche  fast  fehlende  „Diebel“  ( L .  ce- 
pkalus )  kam  heuer  im  Juli  nach  einem  mächtigen  GeAvittergusse  schockweise 
stromaufwärts  gewandert,  übersprang  dabei  relativ  hohe  Wehre.  Die  Gräben  waren 
weiter  unten,  in  der  Ebene,  während  der  Trockenperiode  fast  versiegt,  und  die  Tiere,  da¬ 
durch  gewitzigt,  mögen  die  erste  Gelegenheit  zur  Gebirgswanderung  ins  Quellgebiet  benützt 
haben.  D.  V. 


317 


1  einsommriger  Nemachilus  barbatulus  v.  Günth.,  sowie  4  kleine  Elritzen 
lebten  in  einer  englialsigen  Flasche  mit  Vji  Ltr.  Wasser,  welches  am  17.  und 
24.  Mai  erneut  wurde,  vom  9.  Mai  bis  29.  Juli  (Schmerle),  30.  Juli 
+  1  Elritze),  3.  Aug.  (-f  liest),  sie  hatten  die  ganze  Zeit  über  zweimal 
Nahrung  erhalten!  Karl  Kn  aut  he. 


Frankfurt  (Main)  30.  August  1893. 

Nahrung  der  Korallenschlangen.  Bis  jetzt  glaubte  man,  daß 
sich  die  Giftnattern  der  Gattung  Elaps  im  wesentlichen  von  Schlangen  der 
giftlosen  Calamariengruppe  nähren,  und  speciell  war  von  den  Korallenschlangen 
der  Insel  Trinidad  zu  vermuten,  daß  ihre  Hauptnahrung  in  dem  dort  häufigen 
Geophis  lineatus  D.  B.  bestehen  möge.  Daß  ihr  Mittagstisch  doch  reicher  be¬ 
setzt  ist,  ersehen  wir  aus  folgenden  brieflichen  Mitteilungen. 

Die  Herren  F.  W.  Urich  und  R.  R.  Mole  in  Port  of  Spain  haben 
in  dieser  Richtung  einige  Versuche  angestellt.  Im  Mai  des  Jahres  erhielten 
sie  einen  sehr  schönen  Elaps  riisei  Jan  von  32  engl.  Zoll  Länge,  den  sie  in 
einem  ihrer  Beobachtungskäfige  unterbrachten.  Die  Art  lebt  auf  den  »Inseln 
über  dem  Winde«,  soweit  wir  wissen  von  St.  Thomas  bis  Trinidad.  Schon 
am  Abend  des  15.  Mai  fraß  die  Schlange  einen  Liophis  melanotus  Wagl.,  also 
eine  Coronelline,  und  am  23.  Mai  einen  jungen  Coluber  boddaerti  Seetz.,  der 
zu  den  Colubrinen  gehört.  Am  26.  Mai  verspeiste  sie  einen  weiteren  Liophis 
melanotus.  Am  11.  Juni  wurde  ein  dritter  Liophis  melanotus  von  17!/4  Zoll 
Länge  in  den  Käfig  gelassen.  Die  Koralle  erhob  ihren  Kopf  und  biß  den 
Störenfried  in  die  Schwanzgegend.  Melanotus  hält  den  Schwanz  hoch,  so  daß 
dieser  den  Boden  nicht  berührt,  ist  aber  noch  munter  und  lebhaft.  5  Minuten 
später  läßt  Melanotus  den  Kopf  sinken,  und  sein  Körper  zuckt  wie  im  Schmerze. 
Die  Koralle  wird  lebhafter,  züngelt  und  berührt  mit  der  Schnauze  ihr  Opfer 
3  Minuten  danach  ist  Melanotus  tot.  Die  Koralle  packt  die  regungslos  da¬ 
liegende  Schlange  etwa  4  Zoll  hinter  dem  Kopfe,  arbeitet  sich,  die  Kiefer  ab¬ 
wechselnd  einsetzend,  nach  vorne  bis  zum  Kopfe  vor  und  beginnt  nun,  sie  zu 
verschlingen.  Die  Schlingbewegungen  sind  nach  dem  Erteile  des  Herrn  Urich 
lebhafter,  der  dadurch  erzielte  Effekt  aber  kleiner  als  bei  allen  von  ihm  bis 
dahin  beobachteten  Schlangen.  Die  Dauer  der  ganzen  Freßthätigkeit  vom 
ersten  Bisse  an  bis  zum  Verschwinden  der  Schwanzspitze  der  Schlange  im 
Rachen  betrug  nämlich  l1/ 2  Stunde.  Am  17.  Juni  gab  übrigens  die  Koralle 
dieses  Opfer  wieder  von  sich.  Am  3.  Juli  häutete  sich  die  Giftschlange. 

Hieraus  geht  erstens  klar  hervor,  daß  das  Opfer  stirbt,  ehe  es  ver¬ 
schlungen  wird  und  daß  der  Räuber  anscheinend  auf  den  Tod  des  Melanotus 
gewartet  hat;  ferner,  daß  die  Korallenschlangen  sich  nicht  bloß  von  Calarna- 
rinen,  sondern  auch  von  Coronellinen  und  von  Colubrinen  ernähren.  Die 
nämliche  Beobachtung  haben  die  genannten  Herren  dreimal  mit  demselben 
Resultate  wiederholt,  nur  mit  dem  Unterschiede,  daß  in  zwei  Fällen  die 
Koralle  ihr  Opfer  biß  und  zugleich  festhiclt,  bis  der  Tod  eingetreten  war. 

Prof.  Dr.  0.  Boottger. 


318 


Kleinere  Mitteilungen. 


Forschungsreise  nach  den  Molukken.  Das  von  der  Senckenbergischen 
Naturforschenden  Gesellschaft  in  Frankfurt  a.  M.  ausgeschriebene  Stipendium 
der  Rüppellstiftung  zu  einer  Forschungs-  und  Sammelreise  nach  den  Molukken 
wurde  Herrn  Professor  Dr.  W.  Küken  thal  in  Jena  zuerteilt.  Das  Stipen¬ 
dium  beträgt  M.  12,000.  Herr  Professor  Kükenthal  wird  seine  Reise,  für 
welche  die  Dauer  eines  Jahres  in  Aussicht  genommen  ist,  schon  am  23.  Oktober 
dieses  Jahres  antreten. 

Professor  Strauch  f.  In  Wiesbaden  starb  am  26.  Aug.  d.  J.  der 
Zoologe  Dr.  med.  Alexander  Strauch,  geboren  am  1.  März  1832  zu  St.  Petersburg. 
Strauch  war  Direktor  des  zoologischen  Museums  zu  Petersburg  und  ein  sehr 
angesehener  Herpetologe.  Unter  seinen  Schriften  seien  als  die  wichtigsten  erwähnt : 
»Die  Verteilung  der  Schildkröten  über  den  Erdball.«  »Synopsis  der  gegenwärtig 
lebenden  Krokodiliden.«  »Die  Schlangen  des  russischen  Reiches  in  zoologischer 
und  zoogeographischer  Beziehung.«  »Das  zoologische  Museum  zu  Petersburg.« 

Die  Einführung  undAcclimatisation  von  Schottischen  Moor¬ 
hühnern  soll  in  Dänemark,  speziell  in  Jütland,  in  der  Weise  stattfinden,  daß 
im  Verlaufe  von  8  aufeinander  folgenden  Jahren  je  eine  Anzahl  im  ersten 
Frühjahr  importierter  Stücke  ausgesetzt  wird.  Hierzu  sind  drei  Moore  von  je 
7000  acr.  Flächeninhalt  bestimmt.  In  Schweden  haben  sich  ähnliche  Versuche 
als  fruchtlos  erwiesen.  »Der  Weidmann.« 

Aus  dem  zoologischen  Garten  in  Frankfurt  a.  M.  Unter  den 
Tieren,  die  der  Garten  im  Monat  September  erhielt,  verdient  ein  Orang-Utan 
( Simia  satyrus)  an  erster  Stelle  Erwähnung.  Das  hochinteressante  Tier,  ein 
Geschenk  des  unermüdlichen  Gönners  des  Gartens,  Herrn  Conrad  Binding, 
war  jedoch  leider  schon  bei  seiner  Ankunft  sichtlich  leidend  und  starb  nach  einem 
Hiersein  von  neunzehn  Tagen.  —  Die  während  des  vergangenen  Monats  an¬ 
gekauften,  meistens  auf  der  Versteigerung  im  Antwerpener  Tiergarten  erworbenen 
Tiere  sind  folgende:  zwei  Grünaffen  ( Cercopithecus  callitrichus ),  zwei  Seidenäffchen 
(Hapale  penicillata) ,  ein  Gepard  ( Cynaelurus  jubatus),  eine  Goldstaubmanguste 
(Herpestes  javanicus),  zwei  Fischottern  ( Lutra  lutra ),  zwei  Kragenbären  ( Ursus 
tibetanus ),  zwei  Weißnasen-Riisselbären  ( Nasua  narica ),  zwei  Karolinaeichhörnchen 
( Sciurus  carolinensis ),  zwei  schwarze  Eichhörnchen  ( Sciurus  vulgaris  var.),  zwei 
Azaras  Agutis  (Dasyprocta  azarae ),  ein  Borstengürteltier  ( Dasypus  villosus),  zwei 
Erzglanzstare  (Lamprotornis  caudatus  [—  aeneus ]) ,  zwei  Kappenblauraben 
( Cyanocorax  chrysops ),  zwei  Flötenvögel  ( Strepera  tibicen),  ein  Grünflügelara  (Ara 
chloroptera),  ein  Ararauna  (Ara  ararauna ),  ein  Paar  Pflaumenkopfsittiche 
( Palaeornis  cyanocephalus),  ein  Paar  Jagdfasanen  (Phasianus  colchicus ),  zwei 
Mitu  (Ourax  mitu),  zwei  Ypecaha-Rallen  ( Ballus  ypecaha),  vier  Säbelschnäbler 
(Becurvirosta  avocetta ),  ein  Schopfwehrvogel  (Chauna  chavaria),  zwei  Brandenten 
(Tadorna  tadorna),  zwei  Zwergscharben  (Phalacrocorax  pygmaeus) ,  drei  See¬ 
schwalben  (Sterna  hirundo ),  mehrere  Möven  (Larus  argentatus ,  L.  canus ),  einige 
deutsche  Singvögel,  fünf  Tigerschlangen  (Python  molurus )  und  zwei  Waldschild¬ 
kröten  (Testudo  tabulata).  Freiherr  C.  von  Erlanger  schenkte  zwei  stattliche 
Wüstenwarane  (Varanus  griseus).  —  Geboren  wurden  ein  Tiger  (Felis  tigris ) 


310 


und  ein  Fettsteißschaf.  —  Außer  dem  Orang  starben  noch  der  Dromedarhenerst 
und  ein  Katzenmaki  ( Chirogaleus  coquereli).  P. 

Der  Ziesel  (Spermophilus  citillus ),  welcher  erst  seit  etwa  50  Jahren 
im  Regierungsbezirke  Liegnitz  ansässig  ist  und  immer  weiter  westwärts  Terrain 
occupiert,  findet  sich  momentan  nach  einer  Meldung  des  »Liegnitzer  Tage¬ 
blattes«,  Liegnitz,  13.  Juli  1893,  auch  bei  Grünberg  relativ  häufig  vor. 

K.  Knauthe. 

Ein  Rebhuhn  mit  höchst  anormaler  Schnabelbildung  wurde 
vom  Gutsbesitzer  Herrn  Biel  am  18.  August  im  Libnitzer  Reviere,  Insel  Rügen, 
geschossen.  Die  obere  Mandibel  wölbt  sich  in  beinahe  doppelter  natürlicher 
Länge  über  die  untere,  so  daß  das  Huhn  nur  seitlich,  und  zwar  von  rechts,  Aßung 
aufnehmen  konnte.  Dasselbe  war  jedoch  durchaus  nicht  als  kümmernd  anzu¬ 
sprechen,  hätte  sich  aber  bei  einer  so  schwer  zu  bewerkstelligenden  Ernährungs¬ 
weise  im  Winter  kaum  erhalten  können.  »Der  Weidmann.« 

BrütendeRiesenschlange.  Vereinigen  Tagen  empfing  Herr  Pinckert,' 
der  Inhaber  des  Leipziger  zoologischen  Gartens  von  Port-Said  die  Nachricht, 
daß  mit  einer  für  ihn  bestimmten  größeren  Tiersendung  auch  eine  Anzahl 
des  indischen  Pytlion  molurus  L.  wovon  einige  auf  Eiern  brütend  lägen, 
eintreflfen  werde.  Zur  gegebenen  Zeit  nahm  der  Genannte  in  Hamburg  einige 
dreißig  Exemplare  von  Pythons  in  Empfang,  darunter  zwei  Riesen  von  mehr 
als  20  Fuß  Länge,  welche,  auf  eiuem  hohen  Eierhaufen  liegend,  bereits  ira 
Brutgeschäfte  begriffen  waren.  Behutsam  und  sorgfältig  verpackt,  wurden 
nun  mit  den  anderen  Riesenschlangen  auch  die  beiden  Pythons  mit  ihren 
»Nestern«  nach  Leipzig  gesondert  verladen.  Leider  ist  dabei  die  eine,  ver¬ 
mutlich  durch  Schütteln  und  Stürzen  beim  Eisenbahntransport,  bei  ihrem 
Brutgeschäft  gestört  worden.  Wohl  wurde  es  versucht,  ihr  die  Eier  aufs  neue 
unterzulegen,  allein  sie  verharrte  nicht  in  der  ursprünglichen,  zum  Ausbrüten 
der  Eier  erforderlichen  Lage.  Die  andere  der  gigantischen  Schlangen  aber, 
welche  ebenfalls  Dutzende  von  Eiern  gelegt,  Eier  so  groß  wie  Gänse-Eier, 
überzogen  mit  einer  dicken,  lederartigen  Haut,  blieb  über  den  Haufen  derselben 
derartig  zusammengerollt  liegen,  daß  die  einzelnen  Ringe  ihres  mächtigen 
Leibes  ein  flaches  Gewölbe  bildeten,  dessen  höchste  Stelle  der  Kopf  einnahm. 
In  dieser  Stellung,  den  kegelförmig  aufgebauten  Eierhaufen  vollständig  be¬ 
deckend,  verharrte  sie  bis  zum  10.  Juli,  an  welchem  Tage  sämtliche  junge 
Pythons  ausgeschlüpft  waren.  Seit  dem  Eintreffen  der  brütenden  Riesenschlangen, 
das  am  8.  Juli  erfolgte,  nahm  Herr  Pinckert  unausgesetzt  eingehende  Beobach¬ 
tungen  derselben  vor.  Er  fand  zunächst,  daß  die  Pythons  ungemein  reizbar 
und  bissig  waren  und  bei  jedem  Öffnen  der  Kiste  sofort  der  eindringenden 
Hand  entgegenschossen;  vielfach  ließen  die  Alten  merkwürdig  dumpf  zischende 
Laute  vernehmen.  Behufs  Herausnahme  der  von  der  zweiten  Riesenschlange 
gelegten,  in  der  Kiste  verstreuten  Eier  mußten  den  Schlangen  große  wollene 
Decken  umgeworfen  werden,  damit  ihnen  ihre  Umgebung  unsichtbar  blieb.  Eine 
sonderbare  Erscheinung  war  ein  in  kurzen  Intervallen  durch  den  Körper  der 
Mutter  gehendes  Zucken.  Professor  William  Mar  sh  all  fand,  daß  die  Temperatur 
zwischen  den  spiralig  liegenden  Körperringeln  diejenige  des  Kastens  um  8*25 
Grad  Celsius  übersteige.  Schon  am  4.  Juli  zeigten  sich  die  ersten  ausgeschlüpf¬ 
ten  jungen  Schlangen,  die  durch  die  kranzartig  um  den  Eierhaufen  gelegten' 


320 


Ringel  der  alten  Python-Mutter  krochen,  die  niedlichen  Köpfchen  emporgehoben 
und  züngelnd  sich  vorwärts  schoben.  Mit  jedem  Tage  wurden  es  mehr,  und 
als  die  alte  Riesenschlange  ihren  Platz  verließ,  mochten  wohl  mehr  als  30 
Stück  Junge  ausgeschlüpft  sein.  Sie  hatten  ungefähr  Daumesdicke  und 
60  bis  70  Centimeter  Länge,  waren  prachtvoll  in  der  Zeichnung,  die  merk¬ 
würdig  hell  von  dem  tiefdunklen,  braunen,  leicht  blau  überflogenen  Kolorit 
der  Riesin  im  Kasten  abstach.  Daneben  lag  ein  Berg  zusammengedrückter, 
merkwürdig  aufgeschlitzter  Eier,  die  hellen  flachen  Ledertäschchen  glichen. 
Die  jungen  Pythons,  welche  anfänglich  ein  förmliches  Medusenhaupt  zu  bilden 
schienen,  entfernten  sich  nach  und  nach  immer  mehr  von  der  großen  Riesen¬ 
schlange;  teils  rollten  sie  sich  zu  verschlungenem  Gewirr  unter  einer  dick- 
wollenen  Decke  zusammen,  teils  lagerten  sie  zu  Knäueln  zusammengeballt  in  den 
Winkeln  der  Kiste.  Die  Riesenschlangenmutter  hat  bis  jetzt  keine  Nahrung 
zu  sich  genommen  und  ist  auf  das  ihr  von  den  Wärtern  gemachte  verlockende 
Angebot  fetter  Kaninchen  nicht  eingegangen.  Dagegen  hat  sie  gierig  eine 
große  Schüssel  Wasser  getrunken.  Die  andere  Pythonschlange,  deren  Eier 
zu  Grunde  gingen,  ist  merkwürdigerweise  erblindet.  (Leipziger  Zeitung). 


Eingegangene  Beiträge. 

M.  K.  in  Fr.  a.  O.  Dankend  empfangen.  —  K.  Kn.  in  Schl.  Wir  hoffen  Sie  wieder 
hergestellt  und  im  Besitze  des  Gewünschten.  —  Fr.  F.-F.  in  Asc.  Wir  bestätigen  hiermit 
unsere  direkte  Zuschrift.  —  Prof.  Dr.  B.  hier.  Dankend  verwendet.  —  v.  Kl.  in  K.  Besten 
Dank  für  die  Notiz.  —  C.  Gr.  in  M.  Wird  verwendet.  —  Prof.  Dr.  N.  in  Br.  Sie  finden 
die  Abhandlung  bereits  in  dieser  Nummer.  —  Jos.  A.  H.  in  W.  Manuskript  werden  Sie 
zurück  erhalten  haben,  wir  bedauern  sehr,  solches  als  nicht  geeignet  zurückgeben  zu  müssen. 
—  Dr.  R.  A.  Pli.  in  S.  Bestätigen  dankend  Empfang  Ihrer  Zuschrift.  —  Dr.  C.  M.  in  P. 
Schluß  und  Neues  erhalten.  —  C.  G.  Sch.  in  Gürzenich.  Angenommen. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Zeitschrift  für  Naturwissenschaften.  Herausgegeben  von  Dr.  G.  Brandes,  Priv.-Docent 
a.  d.  Univ.  Halle.  Leipzig  C.  E.  M.  Pfeffer  1893.  66.  Band.  1.  u.  2.  Heft. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornitliologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 

Pallisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVII.  Jahrg.  9. 
Zoologischer  A n z e i ger  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Carus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann.  XVI.  Jahrg.  No.  427 — 429. 

Deutsche  Forst-  und  Jagdzeitung.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier.  Fr.  Lintzsche  Buchh.  IX.  Jahrg.  No.  5.  6. 
Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  Ferd. 

Wirth  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg.  No.  35  —  39. 
Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz- Dresden.  Paul  Wolff. 
XXIV.  Band  No.  49  52.  XXV.  Bd.  No.  1. 

Die  gefiederte  Welt.  Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Ruß.  Magdeburg.  Creutzsche 
Verlagsbuchh.  XXII.  Jahrg.  No.  35—38. 

Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science.  London.  Macmillan  &  Co.  Vol.  48. 
No.  1244-1248. 

Field.  London.  Horace  Cox.  LXXII.  No.  2123. 

Prof.  Dr.  G.  Jaegers  Monatsblatt.  Zeitschrift  f.  Gesundheitspflege  und  Lebenslehre. 

Stuttgart.  W.  Kohlhammer.  XII.  Jahrg.  No.  9  u.  10. 

Aus  der  Heimat.  Eine  naturvvissenschaftl.  Zeitschrift.  Herausgegeb.  von  K.  G.  Lutz. 

Stuttgart.  Verlag  von  K.  G.  Lutz  1893.  6.  Jahrg.  No.  4. 

Im  Reiche  des  Geistes.  Illustr.  Geschichte  d.  Wissenschaften.  Von;  Professor  Karl 
Faulmann.  Wien»  A.  Hartlebens  Verlag.  Lieferung  n—15. 

„Fauna.“  Mitteilungen  des  Vereins  Luxemburger  Naturfreunde.  1893.  Heft  4. 

Bericht  des  zoolog.  Gartens  zu  Dresden. 

Landwirtschaf tl.  V'erkehrsanzeiger.  Wien  u.  Berlin.  Emil  Dörz.  1893.  No.  8. 
Vorstehende  Bücher  und  Zeitschriften  können  durch  Mahlau  &  Waldschm  idts  Sort.  bozogon  worden. 


Nachdruck  verboten. 

% 


Druck  von  Mahlau  &  Waldschmidt.  Frankfurt  a.  M. 


(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  (1er  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  lind  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  11.  XXXIV.  Jahrgang.  November  1893. 

Inhalt. 

Gustav  Mützel.  Eine  biographische  Skizze  von  Dr.  J.  Müller-Lieben wal de,  Berlin. 
—  Ein  Besuch  des  zoologischen  Gartens  zu  Köln;  von  C.  Paul.  (Schluß.)  —  Beobachtungen 
an  Sphenodon  (Hatterin)  punctatus ;  von  Dr.  Franz  Werner,  Wien.  —  Kosmopolitische 
Tiere;  von  Dr.  O.  Müller.  (Fortsetzung).  —  Der  Tannenhäher  (Nucifraga  caryocatactes) ;  von 
L.  Buxbaum,  Kaunlieim  a.  Main.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litte- 
ratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften. 


Gustav  Mützel. 

Eine  biographische  Skizze  von  Dr.  J.  Müller-Liebenwalde,  Berlin. 

Unter  den  verschiedenen  Zweigen  der  Naturkunde  erfreut  sich 
kaum  ein  anderer  so  allgemeiner  Beliebtheit  und  Verbreitung  wie 
die  Zoologie.  Das  ist  auch  durchaus  erklärlich,  denn  ihr  Gegenstand, 
in  erster  Linie  das  lebende  Tier,  steht  den  meisten  Menschen  viel 
näher  und  ist  ihnen  zugänglicher  als  die  Objekte  der  Schwesterdis¬ 
ziplinen.  Seihst  die  Botanik  ist  in  dieser  Beziehung  nicht  ausge¬ 
nommen,  weil  eine  Beschäftigung  mit  derselben,  wenn  sie  fesseln 
und  Resultate  liefern  soll,  meist  vorbereitende  Studien,  komplizierte 
und  kostbare  Instrumente,  kurzum  einen  umständlicheren  Apparat  er¬ 
fordert.  Dahingegen  sind  ein  paar  Vögel  oder  Rassemäuse,  Eich¬ 
hörnchen,  Amphibien,  Fische  oder  dergl.  verhältnismäßig  leicht  zu 
halten,  wenn  wir  mit  ganz  bescheidenem  Besitz  anfangen  wollen. 

Das  Treibeu,  Spielen  und  Streiten  der  Tiere,  das  Nisten  und 
Ziehen,  Locken  und  Singen  der  gefiederten  Welt,  die  Spinne  vor 
dem  Fenster,  die  schwirrende  Wasserjungfer,  der  Hase  im  Walde, 
Kaninchen  und  Meerschweinchen  im  Stalle  —  —  alles,  alles  dies 
macht  schon  einen  Teil  der  Hauptfreuden  des  Kindes  aus  ;  den  Jüng¬ 
ling,  den  Manu  reizt  das  Waidwerk,  und  durch  die  Jagd  wird  oft 
Zoolog.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  21 


322 


tieferes  Interesse,  die  Lust  zum  Beobachteu  geweckt,  der  Forschungs¬ 
trieb  genährt.  Neben  den  Jägern  dürfen  die  Fischer,  Land-  und 
Forstwirte,  Geflügelzüchter  und  -Liebhaber  nicht  vergessen  werden. 

Wenn  nun  —  wie  nicht  zu  leugnen  —  diese  Teilnahme  für  die 
Zoologie  in  den  letzten  Jahrzehnten  um  so  viel  reger  geworden  ist 
und  tieferes  Verständnis  sich  erfreulich  gemehrt  hat,  dann  gebührt 
dafür  einer  der  ersten  Preise  Alfred  Brehm,  dessen  klassisches  »Tier¬ 
leben«  beinahe  als  bahnbrechend  auzusehen  ist  und  heutzutage  in 
wenigen  Hausbibliotheken  fehlen  dürfte.  Und  Brehm  wiederum  ver¬ 
dankt  diesen  Erfolg  nicht  zuletzt  den  vorzüglichen  Abbildungen,  welche 
seine  Texte  erläutern.  Jene  fallen  naturgemäß  zunächst  in  die  Augen, 
rufen  die  Aufmerksamkeit  dessen  wach,  welcher  das  Buch  in  die 
Hand  nimmt.  So  ist  der  Wert  der  Illustrationen  hier  ein  zwiefacher: 
einmal  führen  sie  der  Wissenschaft  neue  Anhänger  und  Jünger  zu 
und  zweitens  dienen  sie  dem  schon  Vorgeschritteneren  als  hochwill¬ 
kommener  Wegweiser  auf  den  labyiinthischen  Pfaden  durch  die 
Systeme.  Ich  denke  hier  vornehmlich  au  die  Darstellungen  voll¬ 
ständiger  Körper,  speciell  .an  die  Tierzeichnungen  nach  der  Natur 
oder  dem  Leben. 

Brehm  und  seine  Verleger  hatten  das  große  Glück,  eine  Reihe  von 
Künstlern  zur  Mitarbeit  heranzuziehen,  welche  den  ihnen  gestellten 
nicht  selten  äußerst  schwierigen  Aufgaben,  jeder  in  seiner  Eigenart, 
vollauf  gerecht  zu  werden  vermochten;  und  zwischen  diesen  Meistern 
nimmt  Gustav  Mützel  unstreitig  eine  ganz  hervorragende  Stelle 
ein.  Er  hat  durch  seine  zahllosen,  naturwahreu  Bilder  aufs  beste 
—  direkt  und  indirekt  —  geholfen,  die  Zoologie  zu  fördern,  und 
schwer  mögen  darum  alle  Freunde  derselben  den  Verlust  beklagen, 
welcher  sie  kürzlich  betroffen  hat :  Gustav  Mützel  ist  am  29.  Oktober 
dieses  Jahres  einem  Herz-  und  Nierenleiden  erlegen. 

Nur  53  Jahre  ist  er  alt  geworden,  und  mitten  aus  dem  eifrigsten 
Schaffen  heraus  rief  ein  plötzlicher  Tod  ihn  hinweg.  —  Seiner  an 
dieser  Stelle  zu  gedenkeu,  halte  ich  für  eine  Ehrenpflicht,  und  ich  setze 
auch  voraus,  daß  es  vielen  Lesern  des  »Zoologischen  Gartens«  angenehm 
und  lieb  sein  wird,  einige  Nachrichten  über  das  Leben,  Werden  und 
Schaffen  des  ausgezeichneten  Kenners  und  Künstlers  zu  erhalten. 

Ludwig  Heinrich  Gustav  Mützel  war  ein  Berliner  Kind.  Ge¬ 
boren  ist  er  am  7.  Dezember  1839  als  der  Sohn  des  Lithographen 
Heinrich  Mützel,  dessen  fleißige  und  zierliche  Arbeiten  Tausenden 
bekannt  wurden,  ohne  daß  deshalb  des  Schöpfers  Name  gelesen  oder 
sonderlich  beachtet  worden  wäre;  —  eine  landläufige  Erscheinung! 


323 


—  Heinrich  Mützel  lieferte  nämlich  die  Originale  zu  einer  langen 
Reihe  hübscher  Zeichenvorlagen,  nach  welchen  noch  viele  von  uns  Auge 
und  Hand  zu  üben  gelernt  haben.  Alle  diese  Blätter  waren  treue 
Schilderungen  der  Natur,  zum  großen  Teile  auf  Reisen  entstanden, 
also  wirkliche  kleine  Landschaften.  Aber  als  besonders  interessantes 
Stück  unter  den  von  Heinrich  Mützel  hinterlassenen  Lithographien 
ist  ein  mir  vorliegendes  Kollektivtableau  anzusehen:  Der  zoolo¬ 
gische  Garten  bei  Berlin.  Es  stammt  aus  dem  Jahre  1840. 

—  Ja?*  damals  lag  unser  zoologischer  Garten  allerdings  noch 
»bei«,  nicht  in  Berlin!  —  Es  mutet  gar  seltsam  an,  heute  diese 
Unterschrift  und  die  primitiven ,  dennoch  aber  gefälligen  Anlagen 
zu  betrachten. 

Gustav  Miitzels  Vater  zeichnet  den  zoologischen  Garten;  der  Sohu 
erhält,  etwa  16  Jahre  alt,  von  Lichtenstein,  dem  damaligen  Direktor 
desselben  Instituts  den  Auftrag,  Abbildungen  von  Rassehiihneru 
anzufertigen.  Da  haben  wir  also  den  geborenen  Tiermaler!  —  So 
ist  wahrscheinlich  jeder  auzunehmen  geneigt,  der  diese  Thatsache 
erfährt;  um  so  lebhafter  wird  sein  Erstaunen  sein,  zu  hören,  daß 
Gustav  Mützel  fast  zwei  Decennien  lang  sich  mit  ganz  anderen 
Dingen  befaßt  hat  als  mit  der  berufsmäßigen  Wiedergabe  von  Gegen¬ 
ständen  der  beschreibenden  Naturwissenschaft. 

Ich  will  indessen  chronologisch  verfahren  und  wende  mich  zu 
dem  Knaben,  welcher  das  französische  Gymnasium  in  Berlin  besuchte. 
Nach  dem  Wunsche  seines  Vaters  sollte  er  Naturwissenschaft  studieren. 
Glücklich  und  heiter  war  seine  Schulzeit  nicht,  denn  das  im  ganzen 
schwächliche  Kind  mußte  häufig  dem  Unterricht  fern  bleiben,  um 
daheim,  ruhig  und  still  liegend,  dem  hinfälligen  Körper  die  geringen 
Kräfte  zu  bewahren.  Der  Arme  wurde  von  einem  Herzleiden  ge¬ 
plagt,  einem  Übel,  welches  ihm  später  zwar  nicht  mehr  gefährlich 
zu  werden  drohte,  schließlich  aber  doch  den  Tod  des  Mannes  her¬ 
beiführte,  der  noch  so  viel  Eisen  im  Feuer  hatte  und  gar  nicht  an’s 
Sterben  dachte.  Sein  Zustand  besserte  sich  damals  nicht  wesentlich,  und 
Gustav,  dem  niemand  in  jenen  Jahren  »ein  langes  Leben  prophezeite« 
war  1853  genötigt,  das  Gymnasium  zu  verlassen.  In  ländlicher 
Umgebung  und  frischer  Luft  sollte  er  sich  gründlich  erholen:  man 
brachte  ihn  zu  Verwandten  nach  Mecklenburg  und  Pommern,  wo 
er  längere  Zeit  blieb.  Dieser  Aufenthalt  ist  vielleicht  für  die  einstige 
Bedeutung  des  Mannes  grundlegend  geworden.  Dort  blickte  er  der 
freien,  un verschleierten  Natur  gerade  ins  Antlitz;  sie  zu  beobachten, 
das  war  die  einzige  ihm  erlaubte  Thätigkeit;  dort  lernte  er  sie  ver- 


324 


stehen,  richtig  erfassen,  lernte  sie  lieben.  Dieser  Neigung  ist  er 
treu  geblieben,  trotzdem  ihm  die  Verhältnisse  erst  in  einer  späteren 
Epoche  seines  Lebens  gestatteten,  ihr  mit  ganzer  Eingabe  zu  folgen. 
Vom  Vater,  der  bei  seiner  mehr  reproduktiven  Arbeit  ungemein 
korrekt,  ja  bisweilen  pedantisch  zu  Werke  ging,  ist  auf  Gustav  Mützel 
diejenige  Eigenschaft  übergegangen,  welche  ihn  als  Tiermaler  vor  allen 
auszeichnet,  es  ist  die  Fähigkeit,  seinen  Gegenstand  so  aufzufassen,  daß 
die  wesentlichsten,  unterscheidenden  Merkmale  so  günstig  wie  möglich 
zum  Ausdruck  gelangen.  Dagegen  tritt  gewöhnlich  das  sogen.  Malerische 
(es  bedeutet,  nüchtern  gesprochen,  bisweilen  nicht  viel  anderes  als:  das 
Unklare,  Verschwommene,  oder  überflüssige  Zuthaten)  in  seinen  Illustra¬ 
tionen  zurück,  das  Tier  ist  ihm  die  Hauptsache,  und  nur  insofern  die 
landschaftliche  Umgebung  desselben  zur  biologischen  Charakteristik 
Berücksichtigung  verdient,  zieht  er  auch  sie  in  den  Bereich  seiner 
Darstellung.  Daß  hierbei  der  Zoologe  am  besten  fährt,  bedarf  keiner 
weiteren  Betonung.  So  sind  Miitzels  Zeichnungen  beinahe  ausnahms¬ 
los  Meisterwerke  von  bleibendem  Werte. 

Gustav  Mützel  wurde  1855  konfirmiert,  und  in  demselben  Jahre  kam 
er  zum  ersteumale  mit  dem  zoologischen  Garten  in  nähere  Berührung. 
Er  hatte  einen  jungen  Raubvogel  gefangen,  bot  ihn  Lichtenstein  zum 
Geschenk  an  und  »erbat  als  Gegenleistung  eine  permanente  Eintritts¬ 
karte.«  Die  Bilder  der  damals  —  wie  bereits  oben  erwähnt  —  von 
ihm  in  Wasserfarben  gemalten  Hühner  befinden  sich  noch  heute 
im  Direktionszimmer  des  zoologischen  Gartens.  Sie  verdienen  des¬ 
halb  Beachtung,  weil  —  so  wurde  mir  gesagt  —  die  betreffenden 
Rassen  inzwischen  auffallende  Veränderungen  erlitten  haben  resp. 
gar  nicht  mehr  vorhanden  sind.  1857  bezog  Mützel  die  Kunstakademie, 
obwohl  es  nicht  nach  dem  Herzen  seines  Vaters  ging,  daß  er  diese 
Berufswahl  traf.  Er  wurde  Schüler  Daeges.  Während  dieser  Zeit 
setzte  er  zwar  gelegentlich  seine  Natur-,  richtiger  Tierstudien  im 
zoologischen  Garten  fort,  arbeitete  auch  vorübergehend  bei  dem 
rühmlichst  bekannten  Pferdemaler  und  späteren  Akademiedirektor 
Steffeck,  wandte  sich  im  übrigen  jedoch,  unter  Leitung  des  genannten 
Professors,  begeistert  der  Komposition  von  Figurenbildern  nach  bib¬ 
lischen  und  mythologischen  Stoffen  zu.  Mehrmals  hat  er  Auszeich¬ 
nungen  und  Preise  errungen.  Es  ist  keineswegs  ausgeschlossen,  daß 
er  sich  mit  dem  Plaue  trug,  die  heilige  Schrift  zu  illustrieren ;  eine 
große  Anzahl  von  Skizzen  aus  jener  Periode  bestätigt  diese  Ver¬ 
mutung.  Im  Ti  er  fach  ist  Mützel  nie  einem  speciellen  Lehrer  gefolgt: 
er  ist  ein  »self-made  man«  gewesen. 


Im  Jahre  1859  begegnen  wir  Mützel  in  Gleiwitz.  »Er  hatte  die 
Bekanntschaft  eines  Herrn  von  Blandowsky  gemacht,  welcher  Kon¬ 
servator  am  naturhistoriseben  Museum  in  Melbourne  gewesen  war 
und  jetzt  au  der  Veröffentlichung  eines  umfangreichen  Reisewerkes 
arbeitete,  zu  welchem  Mützel  die  Abbildungen  zeichnen  sollte.  Leider 
scheiterte  das  Unternehmen  an  der  Ungunst  äußerer  Verhältnisse, 
und  Mützel  sah  sich  gezwungen,  ein  photographisches  Atelier  zu  er¬ 
öffnen.  Die  dazu  erforderlichen  technischen  Fertigkeiten  hatte  er 

t 

bei  Blandowsky  erlernt  und  geübt.  Photographie  und  Porträt¬ 
malerei  betrieb  er  nun  in  Berlin  (1861)  und  Königsberg  i.  d.  Neu¬ 
mark  (1865 — 71).  Sonnige  Jahre  begannen  für  ihn  mit  seiner  Ver¬ 
heiratung,  welche  am  1.  November  1865  stattfand.  Seine  Frau, 
Anna,  ebenfalls  in  Berlin  geboren,  blieb  seine  treueste  Gefährtin  in 
allen  Wechselfällen  des  ferneren  Lebens;  ihre  Ehe  war  eine  durch¬ 
aus  harmonische,  glückliche. 

Nach  dem  großen  Kriege,  dessen  Helden  Wilhelm  I.  Mützel 
übrigens  in  verschiedenen  Bildern  verherrlicht  hat  (unter  anderen: 
der  Kaiser  trennt,  auf  einer  riesigen  Landkarte,  mit  dem  Schwerte 
Elsaß  und  Lothringen  von  Frankreich  ab),  zog  es  ihn  zurück  in  die 
Heimatstadt,  welche  nunmehr  dauernd  sein  Domizil  blieb.  Bald 
darauf  trat  ein  Wendepunkt  in  seinem  Wirken  und  Schaffen  ein;  er 
lernte  Alfred  Brehm  kennen,  der  mit  der  Herausgabe  der  II.  Auf¬ 
lage  seines  »Tierlebens«  beschäftigt  war  und,  die  hervorragenden 
Fähigkeiten  unseres  Künstlers  richtig  würdigend,  letzteren  als  Zeichner, 
man  darf  wohl  sagen:  als  Tierporträteur  gewann.  Was  Mützel 
gerade  für  diese  zweite  Auflage  des  »Brehm«  geleistet  hat,  davon 
überzeugt  sich  sofort  jeder,  der  die  fraglichen  Bände  kritisch  durch¬ 
blättert.  Es  ist  bezeichnend,  daß  mancher  Kenner  diese  Ausgabe, 
in  Bezug  auf  Illustrationen,  gerade  wegen  der  Mützelscheu  Bilder 
den  anderen  vorzieht.  Die  Arbeit  für  Brehm  begann  im  Jahre  1872, 
und  damit  war  Mützel  erst  in  sein  rechtes  Fahrwasser  gelaugt.  Es 
ist  erstaunlich,  welche  Fülle  von  Zeichnungen  seitdem  aus  Gustav 
Mützels  Werkstatt  hervorgegangen  ist;  und  zwar  geben  dieselben 
nicht  bloß  Gegenstände  aus  dem  Tierreiche  wieder,  sondern  sie  be¬ 
handeln  auch  ethnologisches  Material.  Er  war  nicht  imstaude,  alle 
Aufträge  zu  erledigen,  mit  welchen  das  Inland  und,  nicht  minder 
reichlich,  Gelehrte  fremder  Nationalität  ihn  bedachten:  wir  lesen 
seinen  Namen  auf  den  lithographierten  Tafeln  in  Th.  Pleske’s 
»Ornithologia  Rossica«,  in  H.  Nehrlings  »Nordamerikan.  Vogel  weit« 
und  in  dem  I.  Bande  (Säugetiere)  des  Werkes  »Wissenschaftliche 


326 


Resultate  der  von  Przewalski  nach  Central- Asien  unternommenen 
Reisen«.  Er  selbst  ist  zum  Zwecke  ernster  Studien  oft  unterwegs 
gewesen.  So  fuhr  er  1873  mit  Brehm  nach  Wien  und  besuchte 
in  der  Folge  die  zoologischen  Gärten  von  Breslau,  Hamburg,  Leipzig, 
Köln,  Frankfurt,  Amsterdam  und  Rotterdam,  stets  mit  Enthusias¬ 
mus  lernend  und  verwertend.  Die  Besitzer  der  großen  Menagerien, 
wie  Kreuzberg  u.  a. ,  sowie  den  Begründer  des  leider  nicht  mehr 
existierenden  Brökmann’schen  Affentheaters  zählte  er  zu  seinen  Be¬ 
kannten  und  stand  natürlich  in  regem  Verkehr  mit  den  Direktoren 
der  zoologischen  Gärten  und  Sammlungen,  sowie  mit  einer  stattlichen 
Reihe  von  Forschungsreisenden.  Aus  diesem  Kreise  seien  hier  nur 
genannt:  Lichtenstein,  Peters  (der  frühere  Vorsteher  des  Berl.  zool. 
Mus.),  Bodinus,  Nachtigall,  Schweinfurth,  Finsch,  Hermes,  Heck  .  .  . 
kurz,  fast  alle  namhaften  Gelehrten  des  ihm  vertrauten  Gebietes 
waren  seine  Freunde,  an  deren  Publikationen  er,  als  würdiger  Partner, 
ofttliätigen  Anteil  hatte.  Er  war  Mitglied  der  ornithologischen  Gesell¬ 
schaft  und  der  deutschen  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie 
und  Urgeschichte,  ferner  gehörte  er  dem  »Verein  Berliner  Künstler«  an, 

und  der  Nießen’sche  Gesangverein  ernannte  ihn  zum  Ehrenmitgliede. 

•• 

Indessen  liebte  er  es  nicht,  mit  seiner  Person  an  die  Öffentlichkeit 
zu  treten,  außer  wo  er  es  schicklich  nicht  umgehen  konnte. 

Wenn  ich  anschließend  hier  eine  Liste  von  Werken  gebe,  in 
denen  sich  Illustrationen  von  Mützels  Hand  befinden,  so  geschieht 
dies  aus  zwei  Gründen.  Erstens  möchte  ich  ein  möglichst  vollständiges 
Bild  von  des  Meisters  Produktivität  entwerfen  und  zweitens  den¬ 
jenigen ,  welche  sich  mit  Zoologie  befassen,  den  Wegweiser  zu 
einigen  Stätten  bieten,  wo  sie  gute,  zuverlässige  Abbildungen  finden 
können.  —  Fortlaufend  arbeitete  G.  Mützel  für  Meyers  und  Brock- 
haus’  Kouversations  -  Lexikon,  die  Leipziger  lllustr.  Zeitung,  *)  die 
Gartenlaube,  das  Daheim,  Westermanns  Monatshefte,  Cabanis’  Journal 
für  Ornithologie,  IV.  Folge.  —  Abgeschlossene  Werke:  Unser  Auer-, 
Rackel-  und  Birkwild  und  seine  Abarten  von  A.  B.  Meyer.  17  Tafeln 
(Lebensgröße,  ein  Prachtwerk,  das  jeden  Tier-  und  Jagdfreund  entzücken 
muß);  Vogelbilder  aus  fernen  Zonen«  von  A.  Reicheno w;  Martins  »lllustr. 

Naturgeschichte  der  Tiere«;  »Völkerkunde«  von  Fr.  Ratzel;  »Tier- 

•  • 

leben«  und  »Vom  Nordpol  zum  Äquator«  von  A.  E.  Brehm;  »Illustrierte 


*)  Die  prachtvollen  in  dieser  Zeitschrift  veröffentlichten  Tierbilder  sind 
in  einer  besonderen  Sammlung,  betitelt:  »Zoologischer  Garten«  zusammen¬ 
gestellt. 


327 


Tierbilder«  vou  Fr.  Lichterfeld ;  »Im  Herzen  von  Afrika«  von 
Schweinfurth ;  »Das  Süßwasseraquarium«  von  Roßmäßler.  —  — 
Außerdem  lieferte  Mützel  für  England  und  Ungarn  Zeichnungen 
mannigfaltiger  Art.  Rastlos  war  er  bemüht,  sich  zu  vervollkommnen, 
immer  vorwärts  strebend,  er,  dem  doch  alles  »Strebertum«  so  in  der 
Seele  verhaßt,  der  allem  äußeren  Schein,  Glanz  und  Prunk  so  abhold 
war:  ein  nachahmenswertes  Beispiel  für  viele,  die  nicht  unter  gleicher 
Flagge  einhersegeln.  Gustav  Mützel  war  eine  echte,  edle  Künstlernatur, 
ein  genial  angelegter  Mensch,  ein  Feind  alles  Halben  und  der  Ver¬ 
logenheit,  begeistert  für  die  Natur,  darum  auch  für  Einfachheit  und 
Natürlichkeit.  Und  weil  er  diese  vieler  Orten  nicht  antraf,  so  pflegte 
er  keine  Geselligkeit  im  modernen,  großen  Stil,  sondern  gab  der 
wohlthuenden  Wärme  eines  kleinen,  intimen  Kreises  mit  ihm  sym¬ 
pathisierender  Genossen  den  Vorzug. 

Gleich  seinem  Vater  war  er  geneigt,  lehrhaft  aufzutreten,  an¬ 
deren  aus  dem  wohlgeordneten  Schatze  seines  Könnens  und  Kennens 
mitzuteilen.  Diesem  Zuge  seines  Geistes  ist  sicherlich  auch  jener 
hochbedeutsame  Plan  entsprungen,  welchen  er  unablässig  hegte  und 
überlegte,  den  zu  realisieren  ihm  aber  —  leider!  —  nicht  vergönnt 
gewesen  ist :  er  wünschte  einen  Atlas  (wenn  ich  so  sagen  darf)  aller 
bisher  bekannt  gewordenen  Tiere  (oder  etwa  nur  der  höheren?)  in 
Angriff  zu  nehmen,  ein  Bestimmungs-  und  Nachschlagewerk  auf  brei¬ 
tester  Basis,  das  dem  suchenden,  forschenden  Zoologen  in  allen 
zweifelhaften  Fällen  zuverlässig  Auskunft  geben  sollte.  Das  wäre 
allerdings  ein  längst  ersehnter  Beitrag  zu  unserer  Fachlitteratur  ge¬ 
worden,  ein  Hülfsmittel,  dessen  Erscheinen  die  heimlichen  und  offen¬ 
kundigen  Wünsche  vieler  hätte  zum  Schweigen  bringen  können. 
Mochte  Dr.  H.  Lichtenstein  eine  ähnliche  Idee  vorschweben,  als  er 
seine  »Darstellung  neuer  oder  wenig  bekannter  Säugetiere  in  Abbil¬ 
dungen  und  Beschreibungen  —  — «  zu  publizieren  begann  ?  — 
Welch  ein  Verlust  für  uns,  daß  G.  Mützel  nicht  mehr  die  Hand  an 
die  Verwirklichung  dieses  Projektes  legen  oder  doch  wenigstens  ein 
tüchtiges  Stück  des  Werkes  seinen  Nachfolgern  als  Muster  hinterlassen 
konnte.  Ob  sein  Sohn  Hans,  dessen  Freundlichkeit  ich  übrigens  die 
meisten  Daten  zu  dieser  biographischen  Skizze  verdanke,  in  des  Vaters 
Spuren  fortschreiteu  wird?  Er  ist  ebenfalls  Tiermaler;  er  hatte 
Gelegenheit,  des  Meisters  schlichte  und  doch  so  wirkungsvolle  Technik 
»an  der  Quelle«  zu  studieren  —  —  — .  So  dürfen  wir  hoffen,  daß 
Gustav  Mützels  Lieblingsidee  mit  seiner  irdischen  Hülle  nicht  zu 
Grabe  getragen  ist,  sondern  dereinst  Gestalt  gewinnt.  Die  Unter- 


323 


Stützung  hervorragender  Kräfte  würde  dem  Künstler  in  ergiebigster 
Weise  sicher  zu  teil  werden.  —  Am  1.  November,  seinem  Hochzeits¬ 
tage,  wurde  Gustav  Miitzel  in  Mariendorf  bei  Berlin  zur  letzten  Ruhe 
gebettet.  Der  gute  Klang  seines  Namens  wird  nimmer  verhallen  und 
seine  Werke  sichern  ihm  ein  ehrenvolles  Andenken  in  den  Kreisen 
aller  Zoologen  und  Freunde  des  Tierlebens. 


Ein  Besuch  des  zoologischen  Gartens  zu  Köln. 

Von  C.  Paul. 

(Schluß.) 

Links  an  der  Felspartie  vorübergehend,  gelangen  wir  zum 
kleinen  Bärenzwinger.  Derselbe  besteht  aus  sehr  verschieden  großen 
Käfigen;  der  größte  wird  von  einem  Paar  Baribals  ( Ursus  ameri- 
canus)  bewohnt.  Uuter  diesem  Käfig  liegen  einige  kleine  Gewölbe, 
in  denen  Steinmarder,  Dachs  uud  Beutelteufel  ( Dasyurus  ursinus ) 
hausen.  In  den  rechts  hinter  dem  Baribalzwinger  liegenden,  sowie 
in  den  ihm  gegenüber,  am  anderen  Ende  des  Baues  befindlichen 
Käfigen  sind  andere  Bären,  nämlich  ein  Ursus  syriacus  uud  je  ein 
Paar  Ursus  ornatus,  U.  tibetanus,  U.  malayanus  und  Melursus 
ursinus,  ferner  eine  Hyaena  crocuta  und  eine  H.  striata  unterge¬ 
bracht.  Den  beiden  Exemplaren  von  Ursus  ornatus,  die  jetzt  6  Jahre 
im  .  Garten  leben,  fehlt  die  gelblichweiße  Kopfzeichnung  vollständig. 
Nur  das  Weibchen  hat  einen  kleinen  weißen  Stirnfleck,  und  beide 
haben  eine  weiße  Kehle.  Der  Typus  des  Brillenbären  ist  jedoch  un¬ 
verkennbar,  und  es  wäre  wohl  nicht  richtig,  auf  das  Fehlen  der  Ge¬ 
sichtszeichnung  eine  neue  Art  zn  begründen.  Jene  Zeichnung  scheint 
überhaupt  stark  zu  variieren.  Die  beiden  Andenbären,  die  im 
Frankfurter  zoologischen  Garten  gelebt  haben,  besaßen  eine  stark 
ausgeprägte  Zeichnuug,  jedoch  war  dieselbe  beim  Mänucben  ganz 
anders  wie  beim  Weibchen,  und  Herr  Direktor  Wunderlich  hat, 
wrie  er  mir  mitteilt,  in  einem  Museum  einen  Bären  dieser  Art  mit  fast 
ganz  weißem  Gesicht  gesehen.  Links  hinter  dem  Baribalkäfig  be¬ 
finden  sich  niedrige,  aus  Eisen  hergestellte  Käfige,  in  denen  noch 
eine  Anzahl  Wildhunde  untergebracht  sind,  und  zwar  die  Arten  Ganis 
lupus,  C.  aureus,  G.  lateralis,  G.  latrans  und  G .  cancrivorus. 

Wenige  Schritte  rechts  au  der  Felspartie  vorbei  führen  uns  zu 
dem  Straußenhaus,  einem  kleinen,  einfachen,  mit  Ausläufen  um¬ 
gebenen  Gebäude.  Der  Garten  besitzt  von  straußartigen  Vögeln 
gegenwärtig  einen  männlichen  Struthio  camelus,  einen  weiblichen 


329 


Str.  mölybdophanes ,  eine  Pliea  rhea,  ein  Paar  Bromaeus  novae- 
hollandiae  und  einen  Casuarius  casuarius. 

Diesem  Hause  gegenüber  liegt  der  »mittlere  Teich«,  der  vor¬ 
zugsweise  von  australischen  Enteuvögeln  belebt  wird,  daran  schließt 
sich  der  »Insel weiher«,  auf  dem  sich  asiatische,  afrikanische  und 
domestizierte  Schwimmvögel  herumtummeln,  während  der  vor  der 
Direktorwohnung  sich  ausdehnende  »Verbindungsteich«  vorzugsweise 
südamerikanischen  Arten  zum  Aufenthalt  angewiesen  ist.  Links  von 
unserem  Wege  erblicken  wir  noch  den  »großen  Weiher«.  Die  sehr 
zahlreichen  Teiche  des  Gartens,  die  jedoch  in  der  eben  mitgeteilten 
Aufzählung  noch  nicht  alle  genannt  sind,  sind  mit  einer  großartigen 
Sammlung  von  Schwimmvögeln  bevölkert,  die  sowohl  an  Qualität 
wie  an  Quantität  kaum  irgendwo  übertroffen  wird.  Hier  seien  nur 
die  selteneren  Arten  genannt,  die  teilweise  durch  eine  große  Zahl 
von  Exemplaren  vertreten  sind:  Fuligula  mfina,  Anas  super  ciliosa, 
A.  xanthorhyncha ,  A.  poecilorhyncha,  A.  peposaca  (vier  Paare),  A. 
strepera ,  A.  andamanensis  (sehr  selten),  A.  chiloensis,  A.  spinicauda , 
A.  bahamensis ,  A.  formosa ,  Dendrocygna  viduata ,  D.  auiumnalis,  D. 
fidva,  B.  major,  B.  arcuata,  Sarcidiornis  melanonota,  Tadorna  tadorna, 
T.  casar ca,  T.  variegata,  Chenalopex  aegyptiacus ,  Anser  rubidiceps, 
A.  magelhanicus,  A.  dispar,  A.  jubatus,  A.  indicus,  A.  hyperboreus, 
Plectropterus  gambensis ,  P.  niger,  Choristopus  melanoleucüs,  Cereopsis 
novae-hollandiae.  Vou  Schwänen  besitzt  der  Garten  außer  Cygnus 
olor ,  C.  cygnus  und  C.  atratus  auch  die  viel  selteneren  Arten 
C.  beivicki ,  C.  nigricollis  und  Pseudolor  coscoroba,  von  Pelikanen 
Pelecanus  onocrotalus,  P.  rufescens,  P.  fuscus  und  P.  crispus.  Auf 
dem  großen  Teich  haben  sich  Teichhühnchen  ( Gcdlinula  chloropus ) 
freiwillig  angesiedelt  und  brüten  in  dem  dichten  Schilf  am  Ufer. 

Wir  gelangen  jetzt  zu  der  in  der  östlichen  Ecke  des  Gartens 
gelegenen  Schweiuebucht,  die  augenblicklich  nur  von  einem  Wild¬ 
schwein-Paar  bewohnt  wird.  Dicht  daneben  liegt  die  Raubvogel¬ 
voliere.  Dieselbe  enthält  in  fünfzehn  großen,  teilweise  sehr  großen 
und  zwanzig  kleinen,  an  den  beiden  Enden  liegenden  Käfigen  eine 
prachtvolle  Kollektion  von  Raubvögeln  und  zwar  die  nachstehenden 
Arten  :  Catharista  atrata,  Sarcorhamphus  papa  (im  braunen  Jugend¬ 
kleid),  S.  gryphus  (ein  schönes  Pärchen),  Ncophron  percnopterus, 
Gyps  fulvus,  Vultur  monachus,  V.  occipitalis,  V.  calvus ,  Gypaetus 
barbcttus,  Polyborus  brasüiensis ,  Ibyder  chimango,  I.  megalopterus,  I. 
australis,  Asturina  polyzona  (ein  seltener,  sehr  zierlicher  Vogel  mit 
lebhaft  korallroter  Wachshaut  und  ebenso  gefärbten  Füßen),  Spiiornis 


330 


bacha,  Milvus  milvus ,  M.  migrans,  M.  aegyptius,  Gypoliierax  ango- 
lensis,  Haliaetus  albicilla,  11.  vocifer,  H.  branicki  (diesen  äußerst 
stattlichen,  sehr  seltenen  Seeadler  erhielt  der  Garten  erst  ganz  kürz¬ 
lich;  über  das  in  Hamburg  lebende  Exemplar  vergl.  Jahrg.  1891, 
Seite  269),  Helotarsus  ecaudatus  (ausgefärbtes,  merkwürdig  schlankes 
Exemplar),  Circaetus  gallicus,  Buteo  buteo,  B.  melanoleucus,  Aquila 
chrysaetus,  A.  melanaetus,  A.  fasciata,  A.  pomarina,  A.  audax,  A- 
verreauxi,  Falco  subbuteo,  F.  tinnunculus,  F.  feldeggi ;  von  Eulen : 
Bubo  bubo,  B.  virginianus,  Strix  flammea,  Glaucidium  noctua,  Syr- 
nium  aluco  und  die  selteue  Maskeneule,  Syrnium  ( Bulsatrix )  tor- 
quatum. 

Wir  gehen  eine  kleine  Strecke  geradeaus  weiter  und  passieren 
dann  die  Brücke,  welche  über  eine  öffentliche  Straße  hinüber  zum 
neuen  Teile  des  Gartens  führt.  Hier  finden  wir  zunächst  wieder 
einen  schönen  großen,  von  europäischen  Anatiden  belebten  Weiher, 
*  an  dem  wir  linker  Hand  entlang  gehen,  um  bald  zu  dem  Seelöwen¬ 
bassin  zu  gelangen.  Dieses  steht  in  seiner  malerischen  Schönheit 
und  Großartigkeit  wohl  einzig  da.  Direktor  Dr.  Wunderlich  hat 
die  Anlage  des  Bassins  im  »Zoologischen  Garten«,  Jahrg.  1890  be¬ 
schrieben  und  über  seine  Bewohner  ( Otaria  gillespi)  höcht  inter¬ 
essante  und  wichtige  Mitteilungen,  besonders  bezüglich  ihrer  regel¬ 
mäßig  stattfindenden  Fortpflanzung  gemacht.  Ich  kann  mich  daher 
darauf  beschränken,  zu  berichten,  daß  gegenwärtig  fünf  Seelöwen 
vorhanden  sind,  nämlich  ein  riesiges,  2,2  5  m  langes  altes  Männchen, 
zwei  alte  Weibchen  und  ein  im  vorigen  Jahre  geborenes  Pärchen.  Mit 
ihnen  teilt  das  Bassin  eiu  Seehund  ( Phoca  vitulina ),  sowie  vier  Kor- 
moraue  ( Phalacrocorax  carbo );  früher  lebten  hier  auch  Brillenpiuguiue. 

Am  entgegengesetzten  Ende  des  Neugartens  stehen  drei  origiuelle 
Blockhäuser  mit  Ausläufen,  die  eine  vorzügliche  Besetzung  mit  Wild¬ 
rindern  aufweisen.  Vor  allem  ist  eine  Herde  von  fünf  amerikanischen 
Bisons  ( Bison  americanus)  bemerkenswert;  noch  lebende  Exemplare 
dieser  Tierart  soll  es  bekanntlich  nur  noch  wenig  mehr  als  tausend 
geben,  wildlebende  und  gefangen  gehaltene  zusammengerechnet.  Be¬ 
sondere  Beachtung  verdient  auch  ein  stattlicher  Kafferbiiffel  {Bu- 
balus  caffer ) ;  ferner  sind  vorhanden  ein  Paar  Indische  Büffel  ( Bu - 
balus  buff  eins),  eine  Herde  von  Jaks  ( Poephagus  grunniens)  und 
mehrere  Brahmiuenzebus  ( Bos  indicus). 

Wir  gehen  nun  über  die  Brücke  zum  alten  Garten  zurück, 
wenden  uns  gleich  nach  rechts  und  schlagen  dann  den  nächsten  links 
liegenden  Weg  ein,  bei  dessen  Verfolgung  wir  bald  auf  das  Biber- 


331 


bassin  treffen,  das  mit  einem  Kanadabiber  ( Gastor  canadensis)  und 
Schweifbibern  ( Myopotamus  coypus)  besetzt  ist. 

Gegenüber  erblicken  wir  einen  stattlichen  maurischen  Bau,  das 
Dickhäuterhaus.  Der  Begriff  »Dickhäuter«,  der  sich  bekanntlich 
systematisch  nicht  mehr  aufrecht  erhalten  läßt,  hat  nämlich  seine 
praktische  Bedeutung  insofern  beibehalten,  als  für  diese  »plumpen 
Tiere  mit  nackter,  pauzerartiger  Haut«  in  den  meisten  zoologischen 
Gärten  ein  gemeinsames  Haus,  das  sich  durch  ganz  besondere  Soli¬ 
dität  auszeichuet,  gebaut  ist.  Von  hierher  gehörigen  Tieren  besitzt 
der  Kölner  Garten  eiuen  Indischen  Elefauten  (Elcphas  indicus ),  ein 
Flußpferd  ( Hippopotamus  amphibius )  und  ein  Indisches  Nashorn 
( Bhinoceros  unicornis),  über  dessen  alle  zehn  Jahre  stattfindendeu 
Wechsel  des  Hornes  Direktor  Wunderlich  im  vorigen  Jahrgange 
des  »Zoologischen  Gartens«,  Seite  373  berichtet  hat.  Tapire  fehlen 
augenblicklich;  die  beiden  vorhanden  geweseneu  Exemplare  mußten 
voriges  Jahr  getötet  werden,  da  der  eine  an  einer  häßlichen  Haut¬ 
krankheit,  der  andere  au  Schwindsucht  unheilbar  litt.  Ferner  sind 
im  Dickhäuterhause  drei  Fquus  burchelli  untergebracht,  sowie  eben¬ 
falls  je  drei  Exemplare  der  Autilopenarten  Alcelaphus  bubalis,  Oryx 
beisa  und  0.  leucoryx,  weiter  ein  Paar  Zwergzebus  ( Bos  indicus)  und 
in  einem  in  der  Mitte  des  Besucherraums  aufgestellten  geräumigen 
Glaskasten  zwei  Zwergmoschustiere  ( Tragulus  javanicus). 

Seitwärts  vom  Dickhäuterhause  liegt  das  Haus  für  kleine  Raub¬ 
tiere.  Es  ist  besetzt  mit  2  Felis  bengalensis ,  1  F.  serval,  1  F.  cara- 
calj  1  F.  pardalis ,  1  Paradoxurus  philipp ensis ,  1  P.  leucomystax, 
1  Herpestes  ichneumon  und  2  Suricata  tetradactyla. 

Dicht  am  kleiueu  steht  das  große  Raubtierhaus.  Hier  fand  ich 
folgenden  Bestand  an  großen  Katzen  vor:  ein  altes  Paar  und  zwei 
junge  männliche  Löwen  ( Felis  leo),  eine  weitere  Löwin  mit  Jungen, 
drei  Tiger  ( F .  tigris),  drei  Pumas  ( F .  concolor ),  ein  Paar  Jaguare 
(F.  onca ),  fünf  Leoparden  (F.  pardus)  und  ein  Paar  schwarze  Panter 
( F .  pardus  var.)  mit  Jungen. 

Indem  wir  den  dem  Raubtierhause  gegenüberliegenden  Weg 
einschlagen,  kommen  wir  an  dem  mit  europäischen  Schwimmvögeln 
bevölkerten  Bergweiher  vorbei  zu  einem  Bassin  mit  Fischottern 
(Lutra  lutra) ,  weiter  zu  einer  Reihe  von  mit  Wasserbecken  aus¬ 
gestatteten  Gehegen,  in  denen  Repräsentanten  der  sämtlichen  zahl¬ 
reichen  Gänsearten  des  Gartens  zusammengestellt  sind,  und  endlich 
zum  Affenhaus. 


332 


Die  an  der  Südseite  dieses  Gebäudes  befindlichen  Außeukäfige, 
welche  mit  entsprechenden  Käfigen  im  Innern  in  Verbindung  stehen, 
enthalten  die  eigentlichen  Affen  und  zwar  die  Arten  :  Cercocebus 
collaris,  G.  fuliginosus,  Macacus  cynomolgus ,  M.  sinicus,  M.  rhesus, 
M.  inuus,  M.  maurus,  Gynocephalus  babouin,  C.  sphinx,  G.  porcarius , 
G.  hamadryas  (darunter  mehrere  erwachsene  Mäunchen),  G.  leuco- 
phaeus,  C.  mormon,  Ateles  geoffroyi  (der  schon  länger  als  zwei  Jahre 
im  Garten  lebt)  und  Gebus  capucinus.  Die  erstgenannte  Meerkatze, 
ein  sehr  starkes  Männchen,  lebt,  wie  mir  mitgeteilt  wurde,  schon 
seit  einer  Reihe  von  Jahren  mit  einem  weiblichen  Mandrill  zusammen, 
und  es  wurden  schon  mehrere  Male  Bastarde  geboren,  die  immer 
langschwänzig  waren,  jedoch  von  der  Mutter  getötet.  —  In  einem 
großen  Vogelbauer  im  Innern  des  Hauses  befinden  sich  zwei  präch¬ 
tige  Löwenäffchen  ( Midas  rosalia).  Einen  ebensolchen  Käfig  bewohnt 
auch  der  äußerst  selteue  Zwergmaki  ( Microcebus  myoxinus ),  während 
die  übrigen  Halbaffen:  Galago  crassicaudata,  Lemur  varius ,  L.  macaco 
(ein  Paar,  das  Weibchen  auffallend  hell  gefärbt),  L.  brunneus,  L.  rufus 
und  L.  coronatus,  sowie  zwei  Halsbandflughuude  ( Gynonycteris  collaris ), 
die  den  Innenkäfigen  der  Affen  gegenüberliegenden  Käfige  ein- 
nehmeu.  So  leicht  sich  die  drei  Lemur-Arten:  L.  catta,  macaco  und 
varius  erkennen  lassen,  so  schwierig  ist  oft  die  Bestimmung  der 
andern  Lemur-Formen.  So  waren  hier  einige  Makis  mit  den  Namen 
L.  brunneus  und  L.  coronatus  bezeichnet,  die  recht  verschieden  von 
den  Exemplaren  waren,  die  ich  sonst  unter  diesen  Bezeichnungen 
kennen  gelernt  habe.  —  In  einer  Ecke  des  Hauses,  in  einem  mit 
Sand  gefüllten  Becken  hat  ein  Borstengürteltier  ( Dasypus  villosus ) 
passende  Unterkunft  gefunden.  Ferner  sind  in  dem  Hause  noch 
einige  Glaskasten  mit  Siebenschläfern  ( Myoxus  glis)  und  weißen 
Ratten  (Mus  decumanus  var .)  ausgestellt;  unter  den  letzteren  hält 
sich  auch  eine  Griechische  Schildkröte  ( Testudo  graeca)  auf.  Diese 
ist  das  einzige  Reptil,  welches  ich  im  Kölner  Garten  bemerkte; 
Amphibien  fand  ich  keine  vor. 

Nach  dem  Austritt  aus  dem  Affenhause  finden  wir  rechts  mehrere 
kleine  Gehege  mit  nachstehenden  Nagetieren :  Arctomys  marmottci , 
Gynomys  ludovicianus,  Lagostomus  irichodactylus,  Hydrochoerus  capy- 
bara ,  Dolichotis  patachonica.  Es  folgt  nun  ein  Häuschen  mit  den 
Eichhörnchen  Sciurus  vulgaris,  Sc.  cinereus,  Sc.  niger  und  Sc.  auro- 
gaster,  sodann  einige  Grotten  mit  Hystrix  cristata,  Dasyprocta  aguti, 
Gavia  aperea  (brasilianisches  wildes  Meerschweinchen,  in  zoologischen 
Gärten  sehr  selten),  gewöhnlichen  zahmen  und  Struppmeerschweinchen. 


333 


Weiter  unserm  Führer  folgend,  kommen  wir  an  der  Rückseite 
der  Fasanen  voliere  vorbei  zu  der  Sch  muck  vogel  votiere,  die  anmutig 
hinter  einem  Blumenparterre  gelegen  ist.  Von  größeren  Vögeln  sind 
hier  untergebracht:  Toccus  erythrorhynchus ,  T.  melanoleucus,  Rham- 
phastus  ariel  und  Corythaix  schaetti,  dessen  grüne  Haube  rot  ge- 
randet  ist.  Vou  den  übrigen  zahl-  und  artenreichen  kleineren  Be¬ 
wohnern  dieser  Voliere  seien  nur  einige  der  seltensten  genannt,  wie 
Sturnus  melanopterus ,  CJialcophanes  quiscalus,  Garrulax  picticollis, 
Fringilla  gayi,  Zonotrichia  pileata. 

In  der  wenige  Schritte  entfernten  Fasanenvoliere  fand  ich  Phasia- 
nus  reevesi,  Pli.  wallichi,  Pli.  versicolor,  Pli.  colchicus,  Ph.  pictus,  Ph. 
amherstiae,  Euplocomus  nydhemerus  und  E.  swinhoei,  in  der  später  zu 
erwähnenden  »großen  Voliere«  auch  noch  Phasianus  torquatus  vor. 

Der  Fasaueuvoliere  schief  gegenüber,  dicht  vor  der  Restauration 
liegt  der  Flamingoteich.  Derselbe  führt  seinen  Namen  mit  vollem  Recht 
nach  der  stattlichen  Schar  von  Flamingos,  die  ihm  einen  ganz  be¬ 
sonderen  Schmuck  verleihen.  Es  sind  deren  zwanzig  Stück,  die  alle 
bis  auf  drei  Amerikaner  ( Phoenicopterus  ruber )  der  Art  Ph.  roseus 
angehören.  Auch  Maguaristörche  ( Ciconia  maguari),  gewöhnliche 
Störche  ( C .  ciconia),  Königskraniche  ( Grus  chrysopelargus),  zierliche 
Paradieskraniche  (Grus  paradisea),  Jungfernkraniche  ( Grus  virgo)  und 
ein  Mantsch urenkranich  (G.  viridirostris )  tragen  zur  Belebung  dieses 
auch  gärtnerisch  vorzüglich  ausgestatteten  Teiches  bei. 

Wir  setzen  unsern  Weg  geradeaus  nach  dem  Eingänge  zu  fort 
und  kommen  an  dem  Denkmal  des  um  die  Gründung  des  Gartens 
hochverdienten  Dr.  Garthe,  sowie  an  den  schon  besprochenen  Hirsch- 
und  Kamelparks  vorbei  zu  einer  langen  Reihe  von  Häuschen  mit 
Hühner-  und  Taubenrassen  und  wenige  Schritte  weiter  zum  Kranich- 
haus,  einem  langgestreckten,  mit  Ausläufen  versehenen  Gebäude.  Am 
Flamingoteich  hatte  ich  schon  die  Kranicharten  Grus  chrysopelargus, 
G.  paradisea,  G.  virgo  und  G.  viridirostris  vorgefunden,  hier  sah 
ich  die  beiden  erstgenannten  Arten  nochmals  vertreten  und  ferner 
Grus  grus ,  G.  canadensis,  G.  antigone,  G.  collaris,  G.  australasiana, 
G.  leucogeranus  und  G.  pavonina.  Die  an  der  Rückwand  des  eben 
genannten  Hauses  befindliche  sehr  große  Voliere  enthält  augenblicklich 
Pfauen  ( Pavo  cristatus)  und  Silberfasanen  (Euplocomus  nydhemerus ); 
sie  soll  jedoch  zur  Besetzung  mit  Waldhühnern  eingerichtet  werden. 

Unser  Weg  führt  uns  jetzt  zu  dem  Känguruhpark.  Derselbe  ist 
sehr  gut  besetzt  mit  Macropus  giganteus,  M.  rufus  und  M.  robustus, 
Halmaturus  bennetti  und  II.  brachyurus,  Petrogale  penicillata. 


334 


Es  folgt  nun  ein  langes,  dem  Kranichhaus  ähnliches  Gebäude, 
das  Stelzvogelhaus,  welches  viele  Seltenheiten  in  sich  birgt,  so  eineu 
Sattelstorch  ( Mycteria  senegalensis),  einen  javanischen  Marabu 
(j Leptoptilus  javanicus ),  einen  afrikanischen  Marabu  (L.  cramenifer )? 
einen  Riesenreiher  ( Ardea  goliath ),  den  afrikanischen  und  den  indischen 
Nimmersatt  ( Tantalus  ibis  und  leucocephalus )  und  eine  Tschunja 
( Dicholophiis  burmeisteri).  Auch  die  nächste  Verwandte  der  letzteren, 
die  Seriema  (D.  cristatus )  ist  durch  ein  schönes  Pärchen  vertreten, 
ebenso  der  sonderbare  Schopfwehrvogel  ( Chauna  chavaria).  Ferner 
sah  ich  hier  einen  weiteren,  sehr  schönen  Maguaristorch  ( Ciconia 
maguari ),  Schwarzstörche  ( C .  nigra)  und  verschiedene  Möwen  (Laras 
marinas,  L.  argentatus,  L.  canus ,  L.  ridibundus). 

Dicht  an  das  Stelzvogelhaus  schliefst  sich  die  mit  vollem  Recht 
so  genannte  »große  Voliere«.  Ihre  sehr  bedeutende  Ausdehnung  ge¬ 
währt  den  Bewohnern  eine  umfassende  freie  Bewegung,  so  daß  viele 
von  ihnen  zur  Fortpflanzung  schreiten;  sie  bietet  daher  auch  dem  B  - 
schauer  ein  Bild  voller  Leben  und  Abwechslung.  Die,  Besetzung 
ist  äußerst  mannichfaltig  und  etwa  aus  nachstehenden  Arten  zu¬ 
sammengesetzt:  Ardea  cinerea,  A.  purpurea ,  A.  alba,  A.  galatea,  A. 
garzetta ,  Nycticorax  nycticorax ,  N.  caledonicus ,  Platalea  leucerodia , 
Ibis  strictipennis ,  I.  spinicollis,  Plegadis  falcinellus ,  Fulica  atra ,  F. 
armillata ,  Porphyr  io  veterum ,  Fulabaeornis  pectoralis ,  Pallas  cayen- 
nensis ,  Ocydromus  australis,  0.  fuscus ,  Namenias  arcaatas ,  Limosa 
melanura ,  Vanellus  vanellus,  V.  cayennensis ,  Philomachus  pugnax , 
Haematopus  ostrilegus ,  Phasianus  torquatus  etc. 

Wir  sind  nun  am  Ende  unserer  Wanderung  und  gleichzeitig 
selbstverständlich  an  der  Restauration  angelaugt.  Hier  konzertiert 
eine  gute  Militärkapelle  im  Sommer  täglich,  abwechselnd  nachmittags 
oder  abends,  im  Winter  dreimal  wöchentlich.  Von  der  Terrasse  aus 
genießt  man  eiue  herrliche  Aussicht  auf  einen  großen  Teil  des  Gartens. 

Wie  sich  aus  der  gegebenen  Schilderung  des  Gartens  ersehen 
läßt,  ist  derselbe  sicherlich  einer  der  reichhaltigsten  und  schönsten 
Deutschlands.  Aber  nicht  nur  sein  Tierbestand,  der  sich  allerdings 
nur  auf  Säugetiere  und  Vögel  ausdehnt,  ist  ein  vortrefflicher,  sondern 
auch  die  finanzielle  Lage  ist  eine  derart  gute,  wie  sie  nur  wenige 
Tiergärten  aufzuweisen  haben.  So  können  wir  sicher  hoffen,  daß  das 
schöne  Institut  noch  lange  unter  der  umsichtigen  Leituug  seines 
thatkräftigen  Direktors  weiterblühen  wird. 

Zum  Schluß  seien  noch  einige  Worte  über  die  Voßsche  Vogel¬ 
großhandlung  in  Köln  beigefügt,  der  ich  ebenfalls  einen  Besuch  ab- 


335 


stattete.  In  den  überaus  praktisch  eingerichteten,  ausgedehnten  und 
sehr  reinlichen  Räumen  fand  ich  u.  a.  folgende  Seltenheiten:  Conu- 
rus  patagonus ,  Coryllis  galgulus ,  Chrysomitris  tristis ,  Coccoborus 
cyaneus,  Estreläa  formosa ,  Pipilo  eryihrop hth almus ,  Galeoscoptes  caro- 
linensis ,  JBombycüla  cedrormn.  Häufig  führt  Vo  ß  Vogelarten  ein,  die 
vorher  überhaupt  noch  nicht  lebend  in  Europa  waren,  wie  z.  B.  erst 
kürzlich  die  Schopfwachteltauben,  deren  schon  am  Aufange  dieser 
Arbeit  Erwähuung  getliau  worden  ist. 

Beobachtungen  an  Sphenodon  ( Hatteria )  punctatus. 

Von  Dr.  Franz  Werner,  Wien. 

Eines  der  merkwürdigsten  aller  jetzt  lebenden  Reptilien  ist  der 

Sphenodon  punctatus ,  welcher  den  etwas  wunderlichen,  wenn  auch  auf 

•  • 

eine  anatomische  Eigentümlichkeit  (die  Uberbrückung  der  Schläfe 
durch  zwei  Knochenspangen)  gegründeten  deutschen  Namen  »Brücken¬ 
echse«  trägt.  Dieses  sonderbare  Tier,  welches  in  der  Zoologie  sich 
einer  fast  ebenso  großen  Berühmtheit  erfreut,  wie  der  Amphioxus 
und  andere  ehrwürdige  Reliquien  aus  der  Urzeit  und  das  wie  in 
»Brehms  Tierleben«  mit  Recht  bemerkt  wird  »eine  Ahnenreihe  auf- 
zuweiseu  hat,  wie  kein  zweites  Wirbeltier  der  Erde«  bietet  in  seinem 
inneren  Bau  eine  Reihe  von  Besonderheiten  dar,  eine  Mischung 
der  verschiedensten  Reptil-  und  Amphibiencharaktere,*)  die  im  Zu¬ 
sammenhänge  mit  der  sehr  nahen  Verwandtschaft  mit  der  Palaeohatteria 
des  sächsischen  Rotliegenden,  dem  frühesten  bekannten  Reptil  (nur 
diese  beiden  Gattungen  mit  je  einer  Art  bilden  die  Ordnung 
Rhynchocephalia)  seit  langer  Zeit  schon  die  gerechtfertigte  Aufmerk¬ 
samkeit  der  Zoologen  und  vergleichenden  Anatomen  gefesselt  hat. 

Schon  beim  flüchtigsten  Anblick  fällt  dem  Beschauer  auch  äus- 
serlich  auf,  daß  er  es  mit  einem  höchst  eigentümlichen  Wesen,  einem 
»Rest  einer  längst  entschwundenen  Welt«  zu  thun  hat  und  namentlich 
der  grosse  eckige  Kopf  mit  den  auffallend  großen  Augen,  der  dem  eines 
Leguans  gleichende  Nacken-  und  Rückenkamm  und  der  dem  eines 
Krokodils  einigermaßen  ähnelnde  Schwanz  läßt  fast  auf  die  inneren 
Merkwürdigkeiten  schließen. 

*)  Genaueres  über  Aussehen  und  inneren  Bau  des  Sphenodon  nebst  einer 
guten  Abbildung  des  Tieres  findet  sich  in  Brehms  Tierleben,  VIT.  Band  (3.  Auf¬ 
lage  1892,  Seite  623),  worauf  hiermit  verwiesen  wird.  Es  ist  unmöglich,  alle 
die  anatomischen  Eigentümlichkeiten  des  Tieres  hier  anzuführen. 


336 


Mein  Exemplar,  welches  ich  vom  Tierhändler  A.  E.  Jamrach 
in  London  erhielt,  ist  vollkommen  erwachsen  und  ein  kräftiges,  ge¬ 
sundes  Tier  von  olivengrüner  Färbung.  Nur  einen  kleinen  Defekt 
hat  es  aufzuweisen,  da  es  nämlich  eine  enorme  Geschwulst  au  der 
längsten  rechten  Zehe  bekam,  bei  deren  operativer  Behandlung  die 
beiden  Endglieder  zum  Opfer  fielen.  Der  Stummel  ist  nun  völlig 
verheilt  und  das  Tier,  das  sowohl  während  der  Krankheit  als  während 
der  Operation  eine  merkwürdige  Gefühllosigkeit  verriet  und  stets 
bei  bestem  Appetit  war,  befindet  sich  wieder  ganz  wohl. 

Die  verschiedenen  Angaben,  die  ich  über  die  Trägheit  und 
Schwerfälligkeit  des  Sphenodon  gelesen  habe,  kann  ich  durchaus 
nicht  bestätigen.  Anfangs  zeigte  das  Tier  freilich  nur  sehr  geringe 
Neigung  zur  Ortsveräuderung  und  blieb  oft  tagelang  auf  einem  Fleck 
liegen,  ohne  sich  durch  etwas  anderes  als  vorgehaltenes  Futter  in 
seiner  Ruhe  stören  zu  lassen  ;  seit  es  aber  eingewöhnt  ist,  entwickelt 
es  eine  ebenso  große  Lebhaftigkeit,  wie  viele  plump  gebaute  Ei¬ 
dechsen,  z.  B.  U romastix.  Namentlich  in  den  Abendstunden,  sowie 
bei  Sonnenschein  auch  am  Morgen  ist  mein  Exemplar  beständig  in 
Bewegung  und  durcheilt  etwas  schlängelnden  Laufes  und  mit  hoch 
erhobenem  Kopfe,  mit  dem  Bauch  nicht  den  Boden  berührend  (also 
wie  ein  Krokodil !)  seinen  großen  Käfig.  Sehr  auffallend  ist  der 
Umstand,  daß  dieses  Tier  niemals  züngelt,  was  einen  nicht  unwich¬ 
tigen  biologischen  Unterschied  auch  von  den  sonst  ähnlichsten  Ei¬ 
dechsen  abgibt  und  ebenfalls  mehr  an  ein  Krokodil  erinnert;  denn 
auch  Eidechsen  mit  ähnlich  dicker,  fleischiger  Zunge  (Geckoniden 
und  Agameu)  strecken  diese  mehr  oder  weniger  häufig  vor. 

Gefangen,  verteidigt  sich  unser  Tier  durch  heftiges  Kratzen, 
Herumschhigen  und  sehr  selten  auch  durch  ungeschickte  Beißversuche. 

Der  Schlaf  ist  für  ein  Reptil  ungewöhnlich  fest,  und  das  Tier  ist 
mitunter  nur  durch  einige  sanfte  Püffe  zu  erwecken. 

Meine  Hatteria  trinkt  nicht  oft,  daun  aber  sehr  viel  und  lang ; 

•• 

das  erstemal  brauchte  sie  lange  Zeit  um  die  Öffnung  des  Wasser¬ 
gefäßes  zu  finden,  dann  aber  fand  sie  dieselbe  ohne  Schwierigkeit. 
Sie  trinkt  nicht  leckend  wie  eine  Eidechse  sondern  mit  kauenden, 
schöpfenden  Unterkieferbeweguugen.  Nach  dem  Trinken  richtet  sie 
sich  hoch  auf,  wie  dies  auch  die  Eidechsen  zu  thun  pflegen. 

Was  die  Nahrung  anbelangt,  so  besteht  sie  vorwiegend  aus 
Rindfleisch  und  Rindsleber,  wovon  mein  Tier  ganz  gewaltige  Stücke*) 

*)  Was  dadurch  ermöglicht  ist,  daß  die  beiden  Unterkieferäste  wie  bei 
den  Schlangen  nur  durch  ein  Band  verbunden  sind. 


337 


verschlingt ;  durchschnittlich  2 — 3  Stücke  von  mehr  als  Daumendicke 
und  Daumenlange  wöchentlich  ;  dieselben  werden  sehr  kräftig  und  oft 
durchgekaut,  aber  nuzerbissen  verschlungen.  Außerdem  hat  das  Tier 
Mehlwürmer,  große  Nachtfalter  ( Saturnia  pyri),  Wassermolche  ( Molge 
vulgaris ),  Springfrösche  (JRana  agilis)  und  Zauneidechsen  mit  Appetit 
verzehrt;  doch  bekommt  es  weder  Frösche  noch  Eidechsen  mehr  zu 
fressen,  da  die  Gewohnheit,  die  Tiere  im  lebenden  Zustande  mürbe 
zu  kauen,  besonders  wenn  dabei  noch  von  hinten  angefangen  wird, 
eine  entsetzliche  Quälerei  derselben  ist. 

Komme  ich  mit  dem  an  eine  Stricknadel  angespießten  Fleisch¬ 
stück,  so  merkt  die  Hatteria  in  der  Regel  erst  dann  etwas  davon, 
wenn  sich  der  Bissen  über  ihrem  Kopfe  befindet,  wenn  auch  in  der 
Entfernung  von  etwa  20 — 30  cm;  auf  dem  Boden  liegendes  Fleisch 
wird  nicht  beachtet,  wohl  aber  dann  häufig  aufgelesen,  wenn  es  ihr 
selbst  entfallen  ist.  Hält  man  ihr  das  Fleisch  an  die  Schnauze, 
so  nimmt  sie  es  nur  bei  großem  Hunger  an.  In  der  Regel  gestaltet 
sich  die  Fütterung  in  folgender  Weise: 

Wenn  der  Bissen  in  die  angegebene  Entfernung  gelangt  ist, 

jetzt  sogar  schon,  wenn  sie  den  Deckel  des  Käfigs  klappern  hört, 

richtet  sie  sich  hoch  auf  und  wartet,  bis  das  Fleisch  in  erreichbare 

Nähe  gekommen  ist,  dann  aber  schnappt  sie  mit  eiuer  wahren  Wut, 

aber  geringer  Zielsicherheit  danach,  bringt  ihn  in  geeignete  Lage 

und  verzehrt  ihn  nach  der  nötigen  Bearbeitung  durch  das  kräftige, 

aber  stumpfe  Gebiß.  Erst  wenn  der  Bissen  vollständig  verschlungen 

ist,  richtet  sie  sich  wieder  in  die  Höhe  und  erklärt  sich  dadurch 

wieder  freßlustig.  Ist  sie  aber  noch  nicht  fertig  oder  überhaupt 

gerade  au  dem  Tage  uicht  hungrig,  so  fährt  sie  abwechselnd  mit 

der  linken  und  rechten  Pfote  über  die  Schnauze  und  verdreht  dabei 

jämmerlich  die  Augen.  Dieses  Zeichen  entschiedener  Ablehnung  ist 

so  untrüglich ,  daß  ich  jetzt,  wenn  sie  es  schon  am  Anfang  der 

Fütterung  macht,  gar  nicht  mehr  zu  versuchen  brauche,  sie  zur 

Nahrungsannahme  zu  bewegen ,  da  ich  dann  sicher  weiß,  daß  es 

umsonst  ist.  Der  Umstand  übrigens,  daß  sie  den  vorgehaltenen 

Bissen  auch  dann  schon  mit  den  Vorderpfoten  ab  wehrt,  wenn  er 

noch  ein  gutes  Stück  von  ihrer  Schnauze  entfernt  ist,  spricht  für 

ein  schlecht  ausgebildetes  Unterscheidungsvermögen  für  Entfernungen. 

Während  es  bei  Eidechsen  ein  schlechtes  Zeichen  ist,  wenn  sie  ohne 

sichtbaren  Grund  (Nähe  eines  Feindes  oder  dergl.)  längere  Zeit  den 

Rachen  halb  geöffnet  haben,  ist  diese  bei  Hatteria  nicht  ungewöhn- 

•• 

liehe  Stellung  durchaus  kein  Zeichen  von  Ubelbefinden.  Gegen  Kälte 

Zoolog.  Gart.,  Jalirg.  XXXIV.  1893.  22 


338 


ist  das  Tier  durchaus  nicht  empfindlich,  es  nimmt  noch  bei  einer 
Temperatur  Nahrung  an,  bei  der  sogar  unsere  einheimischen  Eidechsen 
gar  nicht  oder  nur  mit  Unlust  fressen.  Obwohl  es,  wie  schon  er¬ 
wähnt,  zur  Abendzeit  bei  weitem  am  lebhaftesten  ist,  und  nicht  nur 
recht  behend  läuft,  sondern  sogar  gelegentlich,  allerdings  höchst  un¬ 
geschickt,  (höchstens  1/3  Meter  weit  niemals  aufwärts,  und  stets 
mit  Unterstützung  des  kräftigen  Schwanzes)  zu  springen  versucht, 
so  ist  doch  die  Nahrungsannahme  an  keine  bestimmte  Zeit  gebunden, 
und  das  Tier  ist  zu  jeder  Tagesstunde  dazu  bereit.  Nur  lebende 
Tiere  fängt  es  selbst  ab  und  sogar  nicht  ohne  Geschick,  wenn  auch 
mit  demselben  Ungestüm,  der  überhaupt  das  Wesen  des  Sphenodou 
kennzeichnet,  denn  alle  Bewegungen  geschehe1,  hastig,  ruckweise. 
Nur  während  des  Fressens  schläft  es  mitunter  etwas  ein,  um  aber 
daun  beim  Erwachen  mit  erneuter  Kraft  sein  Stück  Fleisch  zu  zer¬ 
quetschen.  Vegetabilische  Nahrung  verschmähte  er  vollständig, 
Kirschen,  die  ich  ihm  in  gewohnter  Weise  über  der  Schnauze  baumeln 
ließ,  packte  er  zwar,  lhß  sie  aber  sofort  mit  dem  Zeichen  des  Un¬ 
behagens  wieder  fallen.  Mehlwürmer  frißt  er  wie  eine  Kröte  schnap¬ 
pend  aus  einem  Schüsselchen. 

Mit  seinen  bisherigen  gelegentlichen  Käfiggenossen,  einem  sehr 
großen  und  einem  mittelgroßen  Varanus  griseus ,  mit  Uromastix, 
großen  Lacerten  ( L .  ocellata,  pater  und  viridis ),  mit  großen  und 
kleinen  Schlangen  verträgt  sich  mein  Sphenodon  sehr  gut. 

Mein  Varanus  und  Uromastix,  deren  Lebensweise  ich  und  meine 
Schwester  im  zoologischen  Garten  (1892,  No.  9,  10,  12)  beschrieben 
haben,  haben  nun  bereits  17  Monate  ihres  Gefangenlebens  hinter 
sich;  ersterer  nimmt  jetzt  seit  einigen  Monaten  wie  die  Hatteria 
Rindfleisch  und  Leber  an,  verzehrt  aber  dabei  noch  immer  Mäuse 
(bis  jetzt  120  Stück),  Schlangen  und  Eidechsen  mit  großem  Appetit.  — 
Seine  Bösartigkeit  hat  bisher  eher  zu-  als  abgenommen,  und  ich 
muß  jetzt  den  Uromastix  immer  zur  Fütterung  herausnehmen,  um 
nicht  dabei  fortwährend  meine  Hand  den  Schwanzschlägen  des 
wütenden  Tieres  auszusetzen.  —  Der  Uromastix  bekommt  jetzt,  außer 
den  täglichen  Küchenabfällen  von  Kraut,  Kohl,  Kohlrüben,  Salat 
(diesen  sehr  ungern)  auch  grüne  Erbsenschoten  und  Spargelbohnen, 
sowie  Kirschen  und  Birnen,  häutete  sich  bisher  einmal  vollständig 
und  beginnt  jetzt  mit  der  zweiten  Häutung;  der  Waran  hingegen 
kommt  von  einer  Häutung  in  die  andere,  so  daß  es  fast  unmöglich 
ist,  zu  entscheiden,  wie  viele  er  schon  seit  seiner  Ankunft  in  Wien 
hinter  sich  hat.  Mit  einem  großen,  in  diesem  Jahre  mitgebrachten 


Weibchen  versuchte  er  sich  im  Juli  zu  paareu,  wobei  er  genau  so 
wie  die  anderen  Eidechsen  das  Weibchen  mit  dem  Rachen  festhielt,  und 
zwar  am  Genick  doch  wurde  er  von  dem  gewaltigen  (etwa  1  m  laugen) 
Weibchen  abgeschüttelt.  Dieses  ist  ebenso  bösartig  als  das  Männchen 
und  ergreift  sogar  sofort  die  Offensive,  wenn  es  gestört  wird.*) 


Kosmopolitische  Tiere, 

Von  Dr.  C.  Müller. 

(Fortsetzung.) 

Cephalapoden  leben  in  der  Jetztwelt  etwa  140  Arten,  von  denen 
nur  vier  (aus  der  Gattung  Nautilus)  zu  den  Tetrabranchiateu,  alle 
übrigen  zu  den  Dibranchiaten  gehören.  Diese  vier  Arten  sind  in 
ihrer  Verbreitung  auf  den  Indischen  und  Stillen  Ocean  beschränkt. 
Von  deu  Dibranchiaten  finden  sich  die  Octopididae  von  Norwegen 
bis  Neu-Seeland  in  allen  tropischen  und  gemäßigten  Meeren  und 
au  deren  Küsten.  Die  verbreiteste  Art  dieser  Familie  ist  Octopus 
vulgaris,  der  sich  nicht  nur  im  ganzen  Mittelmeer,  sondern  auch 
an  den  Küsten  des  Atlantischen  Oceaus,  an  den  west-  und  ostiu- 
discheu  Inseln  und  bei  Ile  de  France  findet.  Universell  verbreitet 
sind  weiter  nach  Wallace  die  Tenthidae,  bis  Grönland  vorkommend, 
und  die  Sepiadae.  Bezüglich  der  in  der  Tiefsee  vorkommenden 
Arten  sei  hier  wieder  auf  Marshall,  Tierleben  der  Tiefsee  verwiesen. 

Die  Pteropoda,  Flossenfüßer,  werden  in  allen  Oceanen  gefunden  ; 
dasselbe  gilt  von  den  hierher  gehörigen  Familien  der  Cliidae  mit 
den  universell  verbreiteten  Gattungen  Pneumodermon  und  Clio,  der 
Limacinidae  und  der  Hyaleidae  mit  den  universellen  Gattungen 
Creseis,  Cleodora  und  Hyalea. 

Aus  der  Klasse  der  Schnecken,  Gastropoda,  soll  zunächst  die 
Ordnung  der  Lungenschnecken,  Pulmonata  betrachtet  werden.  Als 
erste  Familie  dieser  Ordnung  treten  uns  die  Helicidae  entgegen,  eine 
Gruppe  von  ungeheurer  Ausdehnung  und  absolut  kosmopolitisch. 
Sie  werden,  wie  Wallace  sagt,  in  den  meisten  dürren  Wüsten  und 
auf  den  kleinsten  Inseln  der  ganzen  Erde  gefunden.  Sie  erreichen 
nahezu  die  Linie  des  ewigen  Schnees  auf  Bergen  und  die  Grenze 
der  Bäume  oder  gehen  selbst  beträchtlich  jenseits  derselben  in  den 
arktischen  Regionen,  aber  sind  relativ  sehr  selten  in  allen  kalten 
Ländern.  Die  Antillen,  die  Philippinen,  das  äquatoriale  Amerika 


*)  Siehe  auch  unter  Korrespondenzen. 


340 


und  die  mittelländische  Subregion  sind  speciell  reich  an  Arten  dieser 
Familie.  Relativ  wenige  der  Gattungen  und  die  im  allgemeinen 
kleinen  sind  auf  einzelne  Regionen  beschränkt,  aber  auf  der  andern 
Seite  sind  sehr  wenige  allgemein  verbreitet,  nur  zwei,  Helix  und 
Pupa,  kommen  in  allen  sechs  Regionen  vor,  während  Helix  allein  echt 
kosmopolitisch  ist  und  in  jeder  Subregion,  in  jedem  Lande  und 
vielleicht  auf  jeder  Insel  der  Erde  gefunden  wird. 

Es  sollen  etwa  4600  lebende  Heliciden  beschrieben  sein,  von 
denen  über  1600  auf  die  jetzt  in  zahlreiche  Untergattungen  auf¬ 
gelöste  Gattung  Helix  kommen.  Trouessart  sagt  bezüglich  dieser 
Familie:  »Der  Laudmollusken-Typus  schlechtweg  ist,  hei  uns  zu 
Laude  wenigstens,  auf  die  Schnirkelschnecken  begründet,  die  in  der 
Gegenwart  eine  enorm  große  Familie  bilden,  welche  auch  fast  kos¬ 
mopolitisch  verbreitet  ist,  bis  auf  die  Sandwich-Inseln.« 

Nach  Leunis  ist  auch  die  Gattung  Bulimus  über  die  ganze  Erde 
verbreitet,  findet  sich  aber  besonders  artenreich  in  Südamerika, 
während  die  Gattung  Achatina  in  Europa,  Afrika,  Asien  und  dem 
tropischen  Amerika  vertreten,  also  annähernd  kosmopolitisch  ist. 
Die  hierher  gehörige  Achatina  lubrica  findet  sich  in  Europa,  Nord¬ 
afrika,  Sibirien  und  Nordamerika.  Die  Gattung  Clausilia  ist  in 
Europa,  Asien,  Afrika  und  Südamerika,  Pupa,  wie  schon  erwähnt,  in 
allen  Wallaceschen  Regionen  vorhanden.  Sie  ist  am  zahlreichsten 
in  Europa  und  in  den  arktischen  Regionen  vorhanden,  zerstreut  durch 
ganz  Afrika,  das  kontinentale  Indien,  Australien,  die  Pacific-Inseln, 
Nordamerika  bis  Grönland  und  die  Antillen,  fehlt  aber  in  Südamerika, 
in  der  Himalaja  und  Malayschen  Subregion,  Chiua  und  Japan.  Auch 
die  Gattung  Succinea  ist  nach  Lennis  über  die  ganze  Erde  verbreitet. 

Die  Limnaeidae  bewohnen  Teiche  und  Flüsse  in  den  meisten 
Teilen  der  Erde,  scheinen  aber  nach  Wallace  in  der  australischen 
Region  zu  fehlen. 

Nimmt  man  die  ganze  Erde,  so  scheint  es,  sagt  der  vorher  er¬ 
wähnte  Forscher,  daß  viel  mehr  Arten  von  Laudsch necken  auf  den 
Inseln  gefunden  werden  als  auf  den  Kontinenten,  eine  Eigentümlich¬ 
keit,  welche  bei  keiner  andern  ausgedehnten  Tiergruppe  vorkommt. 
Im  Hinblick  auf  diese  Thatsachen  ist  es  wahrscheinlich,  daß  die 
luftatmenden  Mollusken  hauptsächlich  durch  Luft-  oder  Wasser¬ 
transport  verbreitet  worden  sind,  eher  als  durch  willkürliche  Wan¬ 
derung  auf  dem  Lande.  Selbst  Meere  und  Oceane  haben  nicht  un- 
überschreitbare  Barrieren  für  ihre  Vermischung  gebildet,  während 
sie  sich  auf  dem  trockenen  Lande  nur  mit  äußerster  Langsamkeit 


und  Schwierigkeit  verbreiten.  Die  genaue  Art  and  Weise,  in  welcher 

diese  Vermischung  bewirkt  wird,  ist  nicht  bekannt  und  sie  mag  von 

seltenen  und  ausiiahmsweisen  Umständen  abhängig  sein,  aber  sie 

scheint  auf  zweierlei  Weise  vor  sich  zu  gehen.  Schnecken  verbergen 

sich  häufig  in  Ritzen  von  Bäumen  oder  unter  der  Rinde  oder  heften 
•  • 

sich  an  Aste  oder  Blattwerk  und  sind  entweder  durch  ihr  Opercu- 
lum  oder  durch  ihr  mucöses  Diaphragma  im  stände,  sich  vor  den 
schädlichen  Einflüssen  des  Salzwassers  eine  lange  Zeit  hindurch  zu 
schützen.  Sie  können  daher  unter  günstigen  Umständen  über 
Meeresarme  oder  von  Insel  zu  Insel  getrieben  werden ;  und  wo 
große  Flüsse  sind  und  gelegentliche  Überflutungen  statt  haben, 
können  sie  durch  ähnliche  Mittel  weit  über  Ländereien  zerstreut 
werden.  Eine  andere  mögliche  Weise  der  Verbreitung  ist  durch 
Stürme  und  Orkane,  welche  die  kleineren  Arten  lange  Strecken 
weit  tragen  und  gelegentlich  die  Eier  der  größeren  Formen  trans¬ 
portieren  können.  Aquatische  Vögel  mögen  gelegentlich  Schnecken 
und  Eier  an  ihren  Füßen  oder  ihrem  Gefieder  über  eine  große  Strecke 
des  Meeres  tragen.  Aber  ob  diese  oder  irgend  welche  andere  unbe¬ 
kannte  Mittel  gewirkt  haben,  die  Thatsachen  der  Verbreitung  invol¬ 
vieren  in  klarer  Weise,  daß  irgend  ein  Transportmittel  überWasser 
das  Hauptagens  bei  der  Verbreitung  dieser  Tiere  ist  oder  gewesen 
ist,  aber  daß  seine  Thätigkeit  sehr  selten  oder  intermittierend  statt 
hat,  so  daß  seine  Wirkungen  in  der  Verbreitung  einzelner  Arten 
kaum  bemerkbar  sind. 

Ein  anderer  wichtiger  Faktor,  der  uns  in  den  Stand  setzt,  die 
Verbreitung  dieser  Tiere  zu  erklären,  ist  das  zoologische  Alter  der 
Gruppe  und  der  Betrag  an  Veränderung,  welcher  sich  der  Zeit  nach 
durch  Arten  und  Gattungen  kund  giebt.  Wir  finden  nun,  daß  die 
meisten  der  Gattungen  der  Landschnecken  bis  in  die  Eocänperiode 
zurückreichen,  während  die,  welche  Süßwasser  bewohnen,  fast  un¬ 
verändert  in  der  Wealdeuformation  gefunden  werden.  In  Nord¬ 
amerika  ist  eine  Art  von  Pupa  und  eine  Art  von  Zonites  in  den 
Kohlenlagern  entdeckt  worden,  neben  Labyrinthodonten  ;  und  diese 
Thatsache  scheint  zu  involvieren,  daß  viel  mehr  terrestrische  Mollus¬ 
ken  entdeckt  werden  würden,  wenn  Süßwasserablagerungen,  die  unter 
günstigen  Verhältnissen  entstanden,  häufiger  in  den  älteren  Ge¬ 
steinen  anzutreffen  wären.  Wenn  daher  die  lebenden  Gruppen  von 
Landmollusken  von  so  ungeheurem  Alter  sind,  und  Mittel,  wenn 
auch  noch  so  selten  wirkende,  besitzen,  um  Meere  und  Oceane  zu 
überschreiten,  so  können  wir  uns  über  die  weite  und  erratische  Ver- 


342 


breituug, .  welche  jetzt  so  viele  der  Gruppen  darbieten,  nicht  wundern, 
und  wir  müssen  nicht  erwarten,  daß  sie  sich  sehr  geuau  mit  jenen 
Regionen  decken,  welche  den  Verbreitungsbezirk  der  Tiere  höherer 
Organisation  und  geringereu  Alters  begrenzen.« 

Unter  den  Vorderkiemern,  Prosobranchiata,  sind  zunächst  die 
Pahulinidae,  alle  im  süßen  Wasser  lebend,  über  die  ganze  Erde 
verbreitet.  In  allen  Meeren  finden  sich  die  Litorinidae,  mit  den 
kosmopolitischen  Gattungen  Litorina  und  Rissoa.  Aus  der  ersteren 
Gattung  sind  über  100  Arten  aus  allen  Meeren  bekannt,  welche  die 
meiste  Zeit  oberhalb  des  Wasserspiegels  in  jener  Uferzone  zu 
bringen,  welche  nur  von  der  Flut  oder  gar  nur  von  den  springenden 
Wellen  beim  Hochwasser  erreicht  wird.  Bei  längerem  Ausbleiben 
des  Wassers  verfallen  die  Litorinen  in  mehr  oder  minder  große 
Unthätigkeit  und  Schlafsucht,  ja  es  scheint  sogar,  als  ob  einzelne 
Arten  sich  oberhalb  der  Wasserhöhe  in  einen  Winterschlaf  begeben 
könnten.  Die  Ceritkiadae  sind  Marine-  oder  Süßwasserschuecken 
von  länglicher  Spiralform;  sie  haben  eine  weltweite  Verbreitung, 
sind  aber  am  zahlreichsten  in  den  Tropen.  Sehr  weit  verbreitet  in 
gemäßigten  und  tropischen  Meeren  sind  die  Pyramidellidae,  deren 
Gattungen  zum  Teil  eine  ebenfalls  weite  Verbreitung  haben.  So 
finden  sich  die  Gattung  Pyramidella  bei  Westindien,  Mauritius  und 
Australien  und  die  Gattung  Odostoma  in  den  europäischen  Meeren, 
dem  roten  Meere  und  bei  Australien.  Aus  der  Familie  der  Calyp- 
traeidae  oder  Capulidae,  deren  Angehörige  an  den  Küsten  aller  Meere 
von  Norwegen  bis  Chile  und  Australien,  am  zahlreichsten  innerhalb 
der  Tropen  gefunden  werden,  ist  die  Gattung  Capulus  über  fast 
alle  Meere  zerstreut.  Die  Naticidae  werden,  wenn  auch  am  zahl¬ 
reichsten  in  den  Tropen,  doch  auch  in  gemäßigten  Meeren  uud 
weit  in  die  arktischen  Regionen  hinein  gefunden.  Neben  den  see¬ 
bewohnenden  Arten  dieser  Familie  ist  eine  Natica  lielicoides ,  zugleich 
als  See-  uud  Süßwasserbewohner  bekannt  geworden.  Zuerst  im 
Innern  von  Neuspanien  entdeckt,  ist  sie  daun  an  der  peruanischen 
Küste  in  einer  Tiefe  von  30  Faden  gefunden.  Zahlreich  in  warmen 
Regionen,  sonst  aber  über  die  ganze  Erde  werden  die  Cypraeidae 
gefunden.  Eine  kleine  Art  geht  nach  Wallace  bis  Grönland.  Leunis 
führt  als  in  allen  Meeren,  auch  in  den  kälteren  nördlichen  vor¬ 
kommend,  die  Gattung  Trivia  an.  Weitere  kosmopolitische  Familien 
sind  die  Conidae  mit  der  universell  verbreiteten  Gattung  Pleurotoma, 
die  Buccinidae  und  die  Muricidae  mit  den  ebenso  verbreiteten 
Gattungen  Murex  und  Fusus.  Auch  die  Gattung  Nassa  ist  mit  200 


343 


lebenden  Arten  über  alle  Meere  verbreitet.  Dasselbe  gilt  von  der 
Gattung  Trochus  aus  der  Familie  der  Turbinidae,  von  der  Familie 
der  Fissurellidae,  der  Patellidae,  die  ebenso  zahlreich  in  den  ge¬ 
mäßigten,  als  in  tropischen  Meeren  gefunden  werden,  und  von  den 
Chitonidae,  die  auf  felsigen  Ufern  aller  Meere  leben. 

Die  Ordnung  der  Opisthobrauchiata  enthält  nach  Wallace 
10  Familien,  welche  alle,  soweit  wir  wissen,  weit  oder  universell 
verbreitet  sind.  Es  siud  dies:  die  Tornatellidae,  Bullidae,  Aplysiadae, 
Pleurobranchidae,  Phyllidiadae,  Doridae,  Tritoniadae,  Aeolidae,  Phyl- 
lirrhoidae,  Elysiadae. 

Bezüglich  der  Tiefseeschnecken  sei  erwähnt,  daß  sie  an  Arten- 
uud  Individuenreichtum,  an  Größe  und  Buntheit  mit  der  Tiefe 
abnehmeu.  Der  Challenger  brachte  circa  1300  wohl  unterscheidbare 
Arten  von  Gastropoden  und  400  zweifelhafte  mit,  unter  denen  aber, 
soweit  sie  aus  der  Tiefsee  unterhalb  500  Faden  stammen,  so  arten¬ 
reiche  Familien  wie  die  Rissoiden,  so  große  und  schöne  Formen 
wie  Cassiden,  Tritoniden,  Coniden,  Olividen,  Harpiden  u.  s.  w.  fehleu. 

Die  Schalen  der  abyssischen  Gastropoden  sind  fast  farblos,  oft 
außerordentlich  zart  und  ohne  jene  Dornen  und  starken  Zacken,  die 
für  viele  Formen  des  flachen  Wassers  so  charakteristisch  sind,  häufig 
aber  erscheinen  sie  sehr  fein  granuliert  und  wie  mit  einer  Art  oft 
mikroskopisch  zarten  Chagrins  überzogen.  Nicht  selten  wird,  wie 
unter  den  Trochiden  die  verlorene  Farbe  durch  einen  wundervollen 
Perlmutterglanz  ersetzt.  Meistens  sind  die  Tiefseeformen  auch  kleine 
bisweilen  zwerghafte  Genera,  welche  in  seichterem  Wasser  eine  au- 
sehnliche  Größe  erreichen  können,  jedoch  giebt  es  Ausnahmen,  wie 
z.  B.  eine  Voluta  ( Guivillea  alabastrina) ,  daun  Triforis  longissimus 
und  Siliquaria  modesta  (s.  Marshall,  Tierleben  der  Tiefsee  S.  290). 
Die  Mehrzahl  der  Tiefseeschnecken  ist  blind,  auch  Arten  solcher 
Gattungen,  welche  in  seichtem  Wasser  wohlentwickelte  Augen  haben. 
Agassiz  meint,  die  Bewegungen  dieser  Tiere  müßten  bei  ihren 
dünnen  Schalen  sehr  langsam  und  gemessen  sein,  zumal  sie  ja  noch 
auf  dem  feinen  und  jedenfalls  sehr  dünnflüssigen  Schlamm  vor  sich 
gehen.  Viele  der  Gastropoden  drunten  auf  dem  Meeresgründe 
mögen  von  animalischer  Kost  lebende  Räuber  sein.  Aber  auch 
solche  Familien,  die  innerhalb  der  Algenzonen  des  Meeres  von 
Vegetabilien  sich  ernähren,  haben  abyssische  Vertreter,  und 
Dr.  Fischer,  der  als  Conchyliologe  die  Expedition  des  Talisman  mit¬ 
machte,  fand,  daß  der  Darm  derselben  mit  Schlamm,  der  von 
Coccolithen  strotzte,  gefüllt  war. 


344  — 


Ausführliches  über  die  abyssiscbeu  Gastropoden  gibt  uus 
Marshall  in  seinem  schon  mehrfach  erwähnten  Tierleben  der  Tiefsee 
S.  291  u.  s.  w.,  worauf  hier  verwiesen  sein  möge.  Als  Beispiel  für 
die  horizontale,  sowie  vertikale  Verbreitung  abyssischer  Gastropoden 
sei  hier  nur  noch  erwähnt  Natica  affinis  von  2  bis  1255  Faden 
und  von  Grönland  bis  Kerguelen  und  Clichna  alba  von  12  bis 
1400  Faden,  beobachtet  bei  Spitzbergen,  den  Azoren,  Pernambuco 
und  Japan. 

Aus  der  kleinen  Klasse  der  Scaphopoda  ist  die  Gattung  Den- 
talium,  Zahnschnecke,  als  in  allen  Meeren  lebend,  anzuführen. 

Die  Muscheltiere,  Lamellibrancliiata,  sind  ausschließliche  Be¬ 
wohner  des  Wassers,  des  salzigen  sowohl  als  des  süßen.  Die  See¬ 
muscheln  finden  sich  in  allen  Meeren  und  in  allen  Tiefen,  sie  sind 
aber  zwischen  den  Tropen  und  oberhalb  500  Faden  viel  häufiger 
als  iu  kälteren  Gegenden  und  in  größeren  Tiefen. 

Universell  verbreitet  ist  zuuächst  die  Familie  der  Bohrmuscheln, 
Pholadidae.  Die  Gattung  Pholas  enthält  32  Arten  in  fast  allen 
Meeren,  die  Gattung  Teredo  bis  jetzt  wenigstens  8 — 10  Arten? 
welche  Linne  alle,  soweit  sie  ihm  bekannt  waren,  als  Teredo  navalis 
zusammenfaßte.  Von  der  irrigen  Meinung,  daß  es  bloß  eine  all¬ 
mählich  über  die  ganze  Welt  verschleppte  Art  Schiffswurm  gebe, 

ist  man  längst  zurückgekommen  ;  selbstverständlich  ist  es  aber,  daß 
eine  Verschleppung  der  einzelnen  Arten  durch  den  Schiffverkehr 
recht  häufig  vorkoinmt.  Kosmopolitische  Verbreitung  haben  ferner 
die  Auatinidae  mit  der  fast  in  allen  Meeren  Vorgefundenen  Gattung 
Lyonsia  und  die  Myidae,  Klaffmuscheln.  Die  zu  dieser  letzteren 
Familie  gehörige  Gattung  Corbula  findet  sich  in  allen  Meeren,  teil¬ 
weise  im  Brackwasser  der  Flüsse,  während  die  Gattung  Saxicavia  in 
S.  rugosa  eiue  über  alle  Meere  verbreitete  Art  enthält.  Aus  der 

Familie  Solenidae  ist  die  Gattung  Solen  in  allen  Meeren  mit  Aus¬ 

nahme  der  hochnordischen  vertreten,  aus  der  Familie  der  Tellinidae 
überall  die  Gattungen  Psammobia  aus  Tellina.  Die  Mactridae  ent¬ 
halten  die  kosmopolitischen  Gattungen  Mactra  und  Lutraria,  die 
Veneridae  die  Gattungen  Venus,  Cytherea,  und  Artemis.  Weiter  sind 
universell  verbreitet  die  Cyprinidae  und  die  Cycladidae,  letztere  Sü߬ 
oder  Brackwassermuscheln,  die  Cardiadae  und  die  Unionidae.  Die 
Gattung  Unio  findet  sich  in  allen  süßen  Gewässern  der  Erde,  ist 
aber  speciell  zahlreich  in  Nordamerika.  Besonders  in  warmen  Meeren, 
aber  doch  universell  verbreitet,  sind  die  Arcidae,  ebenso  die  Mytilidae 
mit  den  Gattungen  Mytilus  und  Dreyssena,  letztere  allerdings  nur  im 


345 


süßen  und  brackigen  Wasser  Europas,  Asiens,  Afrikas  und  Amerikas. 
Die  hierher  gehörige  Dreyssena  polymorpha  ist  durch  ihre  Wande¬ 
rungen  bekannt.  Ihre  Heimat  ist  das  Kaspische  und  Schwarze 
Meer;  von  hier  aus  ist  sie  durch  Schiffe  und  Holzflöße,  au  welche 
sie  sich  angesetzt  hatte,  fast  in  alle  größeren  Flüsse  Europas  einge¬ 
schleppt  worden.  Schließlich  seien  noch  als  Familien  von  univer¬ 
seller  Verbreitung  die  Pectinidae,  Gattung  Pecten  und  die  Ostreidae 
mit  der  Gattung  Ostrea  angeführt. 

Umgekehrt  wie  die  Asseln  werden  die  zu  den  Muscheln  gehörenden 
Tiefseebewohner  mit  zunehmender  Tiefe  immer  kleiner,  eine  Erschei¬ 
nung,  die  wahrscheinlich  auf  ungenügende  Nahrungsverhältnisse  zu¬ 
rückzuführen  ist.  Nach  Marshall  sind  auf  der  Challenger  Expedition 
zwischen  der  Gezeitenlinie  und  500  Faden  Tiefe  Vertreter  von  28  Familien 
gefunden  worden.  Zwischen  500  und  1000  Faden  treten  nur  noch  12, 
zwischen  1001  und  1500  sowie  zwischen  1501  und  2000  je  8,  und 
zwischen  2000  und  3000  Faden  nur  noch  5  Familien  auf.  '  Beispiele 
horizontaler  Verbreitung  der  Tiefseemuschelu  sind  folgende :  Limopsis 
pelagica ,  in  der  Mitte  des  atlantischen  Oceans  bei  1850  und  an  der 
japanischen  Küste  bei  345  Faden  gefunden,  Semele  profundorum  ist 
bei  den  Kanaren  in  einer  Tiefe  von  1125  und  im  mittleren  nördlichen 
Stillen  Ocean  von  2900  Faden  vertreten.  Kellia  suborbicularis  wird 
an  der  englischen  Küste  und  in  der  Nähe  von  Kerguelenland  beob¬ 
achtet,  Area  pteroessa  bei  den  Azoren,  in  Westindien  und  in  der 
Mitte  des  nördlichen  Stillen  Oceans.  (Marshall,  Tierleben  der  Tiefsee 
S.  284—288.) 

Im  Anschluß  an  die  Mollusken  soll  noch  kurz  der  Molluscoidea 
Erwähnung  gethan  werden. 

Bryozoen  finden  sich  in  allen  Meeren  und  ihre  Arten  haben 
zum  Teil  eine  sehr  weite  Verbreitung,  manche  bewohnen  den  Atlan¬ 
tischen,  Indischen  und  Stillen  Ocean  zugleich,  so  ist  z.  B.  Cribrella 
monoceras  eine  nahezu  panthallische  Art,  ebenso  nach  Leuuis  JBugula 
neritina  und  Aetea  anguina.  Dem  Raume  und  der  Zeit  nach  sind 
die  Brachiopoden,  wie  Wallace  sagt,  die  weitest  verbreiteten  Mollus¬ 
ken.  Sie  werden  in  allen  Meeren  und  in  allen  Tiefen  gefunden, 
und  wenn  irgend  welche  von  den  Familien  oder  Gattungen  einen 
beschränkten  Verbreitungsbezirk  haben,  so  scheint  es  nur  eine  Folge 
unserer  unvollkommenen  Kenntnis  zu  sein,  eher  als  eine  thatsäch- 
liche  geographische  Begrenzung.  (Schluß  folgt.) 


346 


Der  Taiinenhäher  ( Nucifraga  caryocatactes ). 

Von  L.  Buxbaum,  Raunheim  a.  Main. 


Dieser  seltene  Gast  der  Ebene  hat  jetzt  auch  der  Gegend  von  Frank¬ 
furt  a.  M.  einen  Besuch  abgestattet  und  ist  bei  Offenbach  mehrfach  gesehen 
und  geschossen  und  hier  von  mir  beobachtet  worden.  War  der  Zug  dieses 
Gebirgsbewohners  in  den  Jahren  1885  und  1887  auch  ein  sehr  starker,  so  ist 
er  doch  meines  Wissens  damals  in  der  unteren  Mainebene  nicht  gesehen 
worden.  Am  11.  Oktober  habe  ich  den  ersten  im  Walde  gehört  und  war  mir 
der  Ton  gleich  aufgefallen.  Als  ich  nachging,  bekam  ich  den  Vogel  auch  zu 
Gesicht,  allein  er  war  mir  fremd.  Zu  Hanse  angekommen,  suchte  ich  nach 
und  fand,  daß  ich  es  mit  dem  Tannenhäher  zu  thun  hatte.  Am  21.  Oktober 
sah  ich  den  zweiten,  den  ich  in  der  Entfernung  zuerst  für  einen  Schwarzspecht 
hielt,  weil  er  sich  an  einen  Kiefernstamm  angeklammert  hatte,  am  Fluge 
erkannte  ich  ihn  aber  und  als  ich  näher  kam,  überzeugte  ich  mich,  daß  es 
der  Nuß-  oder  Tannenhäher  war.  Am  27.  Oktober  sah  ich  bei  meinem 
Schwiegersöhne  in  Königstädten  ein  Exemplar,  das  auf  irgend  eine  Art 
verunglückt  war  und  im  Walde  gefunden  wurde.  Die  an  ihm  vorgenommenen 


Messungen  ergaben  folgendes  Resultat: 

Länge  des  ganzen  Körpers .  335  mm 

Länge  des  Schnabels  an  der  Firste . 42  » 

Vom  Mundwinkel  bis  zur  Spitze . 46  » 

Vom  Nasenloch  bis  zur  Spitze . 38  » 

Höhe  des  Schnabels  in  der  Mitte . 11  » 

Breite  des  Schnabels  in  der  Mitte .  8  » 

Breite  an  den  Mundwinkeln . 18  » 

Der  Oberkiefer  überragt  den  Unterkiefer  um  ....  3  » 

Breite  des  Kopfes . 35  » 

Länge  des  Schwanzes . 128  » 

Länge  der  weißen  Querbinde  am  Ende  des  Schwanzes, 

äußerste  Schwanzfeder  am  Schaft . 25  » 

Vom  Flügelbug  bis  zur  Spitze  des  Flügels  ....  180  » 

Länge  des  Laufes . 46  » 

Länge  der  Mittelzehe . 32  » 


Am  1.  November  sah  ich  wieder  zwei  Stück  im  Walde,  die  an  den 
Nadeln  der  Kiefern  herum  pickten,  auch  an  den  Stämmen  derselben  manches 
abzulesen  schienen  und  auch  auf  dem  Boden  herum  suchten. 

Die  Farbe  ist  bei  allen  gleich,  Kopf  braun,  Flügel  und  Schwanz  schwarz, 
etwas  schillernd,  letzterer  mit  weißer  Querbinde  am  Ende,  Kehle,  Brust  und 
Rücken  braun  mit  kleineren  und  größeren  weißen  Tupfen,  Unterdecken  des 
Schwanzes  weiß,  Schnabel  und  Füße  schwarz.  Die  Bewegungen  sind  denen 
des  Eichelhähers  ähnlich.  Das  Exemplar,  das  mir  zur  Hand  war,  gehörte  der 
dickschnäbeligen  Art  an,  Nucifraga  caryocatactes.  Ob  auch  Dünnschnäbler 
dabei  sind,  konnte  ich  bis  jetzt  noch  nicht  feststellen. 

Seine  Stimme  ist  nicht  gerade  unangenehm  und  weit  vernehmbar.  Die 
von  ihm  hervorgebrachten  Laute  könnte  ich  ungefähr  durch  tu— it,  tu — it; 
rätsch,  rätsch;  lütt,  rütt,  rütt,  ausdrücken. 


347 


Im  Frankfurter  und  Schwanheimer  Wald,  wo  es  viele  Haselnüsse  giebt, 
müssen  sie  jetzt  wohl  sicher  anzutreffen  sein. 

Ob  es  dem  Wanderer  in  unseren  Wäldern  so  gut  gefällt,  daß  er  länger 
hierbleibt,  wird  die  Zukunft  lehren.  Gewöhnlich  geht  er  im  Februar  wieder 
zurück  in  seine  Heimat.  Wegen  seiner  Seltenheit  in  unserer  Gegend  wird 
ihm  wohl  etwas  zu  viel  nachgestellt  und  es  wäre  etwas  mehr  Schonung 
gewiß  am  Platze. 

Im  Anschluß  an  diese  Mitteilungen  stellen  wir  einige  andere  Angaben 
über  das  diesjährige  Erscheinen  des  Tannenhähers  in  Deutschland  zusammen. 
Professor  Dr.  Nehring  erhielt,  wie  er  in  der  »Deutschen  Jägerzeitung« 
mitteilt,  Kunde  von  der  Erbeutung ,  resp.  der  Beobachtung  von  Tannen- 
hähern  in  West-  und  Ostpreußen,  Pommern,  Brandenburg,  Thüringen  und 
Offenbach  a.  M.  Die  meisten  Stücke  scheinen  zu  der  dünnschnäbeligen 
Unterart  (N.  c.  macrorhyncha )  zu  gehören.  Im  »Verein  für  Naturwissenschaft« 
in  Braunschweig  berichtete  Professor  Dr.  B.  Blasius  von  der  Erlegung  je 
eines  dünnschnäbeligen  Tannenhähers  in  Riga  und  in  Groß  -  Dahlum  bei 
Braunschweig.  In  der  »Gefiederten  Welt«  teilt  Oberförster  Fröhlich  mit,  daß 
auch  im  Kreise  Siegen  ein  Tannenliäher  erlegt  und  einer  gefangen  wurde. 


Korrespondenzen. 


Gürzenich  b.  Düren,  Rheinland,  1.  Oktober  1893. 

Ein  altes  Exemplar  von  Chema  sabini  (Schwalbenmöve),  also  eine  der  größten 
Seltenheiten  und  hochpolare  Erscheinung,  wurde  vor  kurzem  hier  von  meinem 
Bruder  geschossen.  In  Deutschland  dürfte  diese  Möve  kaum  je  erlegt  worden  sein. 

_  C.  H.  Schilling. 

Von  Herrn  Dr.  Franz  Werner  in  Wien  ist  zu  seinem  Aufsatze  »Be¬ 
obachtungen  am  Sphenodon  (Hatteria)  punctatus «  (s.  p.  835  dieser  Nummer) 
folgende  Nachschrift  eingegangen: 

Mein  Sphenodon  hat  seither  eine  bösartige  Krankheit  zu  überstehen  gehabt; 
er  wurde  nämlich  von  der  Mundfäule  befallen,  welche  ähnlich  auftrat  wie  bei 
Schlangen  und  welche  sonst  nur  bei  der  Eidechsengruppe  der  Varaniden  be¬ 
obachtet  wurde,  obwohl  mir  selbst  kein  derartiger  Fall  bekannt  ist.  Da  man 
nun  mit  dem  außerordentlich  kräftigen  Sphenodon  punctatus  ganz  anders  um¬ 
gehen  kann,  als  mit  einer  Schlange,  so  versuchte  ich  —  ein  so  wertvolles  Tier 
läßt  man  nicht  so  ohne  Kampf  zu  Grunde  gehen  —  eine  Heilung  und  hantierte 
nun  mehrere  Male  mit  Messer  und  Höllenstein  so  energisch,  daß  das  sonst  so 
unempfindliche  Tier  quackende  Schmerzenslaute  ausstieß  und  sich  heftig  wehrte. 

Da  ich  nach  zweimaligem  Eingreifen  gar  keine  Besserung  bemerkte,  so 
gab  ich  nach  der  dritten  Operation  fast  die  Hoffnung  auf  die  Rettung  des 
Tieres  auf.  Wie  erstaunt  war  ich  aber  und  erfreut  dazu,  als  vorige  Woche, 
da  ich  den  schüchternen  Versuch  machte,  dem  Sphenodon  wieder  ein  Stück 
Fleisch  vorzuhalten,  derselbe  mit  dem  gewohnten  Ungestüm  darnach  schnappte. 
Nun  frißt  er  wieder,  Gott  sei  Dank,  wie’s  vom  Laubfrosch  in  den  Münchner 
Bilderbogen  ähnlich  heißt,  seine  großen  Fleischrationen  und  ist  kreuzfidel  wie 


348 


immer;  trotz  längeren  Fastens  ist  er  gar  nicht  abgemagert  und  hat  nur  durch 
die  Höllensteinanwendung  ein  schwarzes  Maul  bekommen,  doch  beginnt  die 
Kruste  schon  abzufallen. 

Ferner  berichtet  Herr  Dr.  Franz  Werner: 

Eine  merkwürdige  Geschmacksrichtung  habe  ich  in  diesem  Sommer  bei 
meinen  zwei  alten  Yipernnatteru  entdeckt;  dieselben  fraßen  nämlich  die  für 
die  Eidechsen  bestimmten  Regenwürmer  mit  großem  Appetit  und  stopften 
sich  förmlich  voll  damit.  Meine  zwei  Sahara-Vipernnattern  aus  Tuggurt, 
sowie  Würfel-  und  Ringelnattern  verschmähten  diese  Nahrung  durchaus. 

Ein  prachtvolles  großes  Exemplar  des  Riesenskinks  ( Cyclodus  [ Tiliqua ] 
cjigas ),  welches  ich  seit  einiger  Zeit  besitze,  ist  ein  gutmüthiges,  sanftes,  etwas 
langweiliges  Tier,  welches  heftig  faucht,  wenn  man  es  berührt,  und  mit  Appetit 
große  Mengen  von  Rindfleisch  in  gewaltigen  Stücken  verzehrt.  Gegen  Kälte 
ist  es  nicht  sehr  empfindlich. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Dr.  G.  Ben  net  f.  Der  ausgezeichnete  Naturforscher  uud  Zoologe  Dr. 
George  Ben  net  ist  am  29.  September  in  Sydney  gestorben.  Er  war  1804 
in  Plymouth  geboren,  hat  also  ein  Alter  von  89  Jahren  erreicht.  In  Austra¬ 
lien,  wohin  er  schon  in  jungen  Jahren  eine  Reise  unternahm,  hatte  er  sich  seit 
dem  Jahre  1836  dauernd  niedergelassen.  Dr.  Bennet,  der  ursprünglich  die 
ärztliche  Laufbahn  gewählt,  sich  in  der  Folge  aber  fast  ausschliesslich  wissen¬ 
schaftlichen  Forschungen  gewidmet  hatte,  ist  als  Schriftsteller  auf  diesem  Ge¬ 
biet  vielfach  hervorgetreten.  Die  überaus  reichhaltige  Bibliothek  des  Ge¬ 
lehrten  soll  der  Universität  in  Sydney  vermacht  sein. 

Bald  am  us  f.  Am  31.  Oktober  starb  zu  Wolfenbüttel  der  bekannte 
Ornithologe  August  Karl  Eduard  Baldamus.  Er  wurde  am  18.  April  1812  zu 
Giersieben  bei  Aschersleben  geboren.  Von  Beruf  Theologe,  widmete  er  sich 
durch  Naumanns  Einfluß  der  Vogelkunde.  Im  Jahre  1845  rief  er  die  erste 
deutsche  Ornithologen-Versammlung  in  Köthen  zusammen,  1850  bewirkte  er 
die  Gründung  der  Gesellschaft  deutscher  Ornithologen.  Er  bearbeitete  gemeinsam 
mit  Blasius  den  Schluß  von  Naumanns  »Vögeln  Deutschlands«  und  gab 
1849 — 58  die  »Naumannia«  heraus.  Ferner  schrieb  er  die  Werke :  »Illustriertes 
Handbuch  der  Federviehzucht«  (2.  Aufl.  1881),  »Vogelmärchen«  (1876),  »Das 
Hausgeflügel«  (1882).  Noch  Anfang  vorigen  Jahres  erschien  Baldamus’ epoche¬ 
machende  Schrift:  »Das  Leben  der  europäischen  Kuckucke«,  die  über  unseren 
Gauch,  besonders  über  dessen  Fortpflanzung  manche  neue  Aufschlüsse  giebt. 
Die  Fortpflanzung  der  Vögel  nahm  überhaupt  sein  besonderes  Interesse  in 
Anspruch,  und  seine  Nester-  und  Eiersammlung  ist  berühmt. 

Zahme  Renntiere  gab  es  in  Nordamerika  bis  vor  kurzem  nicht. 
Die  Bewohner  des  höchsten  Nordens,  die  Eskimo,  begnügten  sich  nur  mit  dem 
Hund  als  Zugtier,  während  die  Bewohner  des  nördlichen  Europas  und  Asiens 
seit  langer  Zeit  das  Renntier  gezähmt  und  sich  nutzbar  gemacht  haben.  Und 
doch  wäre  es  für  das  arktische  Amerika  von  großer  Bedeutung.  Daher  wurden 


349 


schon  im  Jahre  1891  nach  Unalaschka,  einer  zur  Gruppe  cler  Aleuten  gehörigen 
Insel,  sechzehn  sibirische  Remitiere  gebracht,  die  da  vortrefflich  gediehen 
und  sich  vermehrten.  Nachdem  dieser  Versuch  so  günstig  ausgefallen  war, 
brachte  im  Jahre  1892  Dr.  Sheldon  Jackson,  dem  die  Vereinigten  Staaten 
den  Dampfer  »Rush«  zur  Verfügung  stellten,  175  gezähmte  Remitiere  von 
Sibirien  nach  Port  Clarence  an  der  Beringstraße  und  überließ  sie  dort  den 
Eingeborenen.  Wenn  dieser  zweite  Versuch  der  Angewöhnung  ebenso  gelingt, 
vfre  der  erste,  so  dürfte  damit  das  zahme  Renntier  für  immer  in  Alaska 
heimisch  bleiben.  B.  T.-Bl.  16.  8.  1893. 

Im  zoologischen  Garten  bei  Kopenhagen  haben  nachgenannte 
Vögel  in  diesem  Jahre  gebrütet  und  Junge  hervorgebracht:  Phaps  indica, 
Fctopistes  striata ,  Turtur  amabilis ,  Caloenas  nicobarica ,  Columba  livia,  Columba 
oenas ,  Sturnus  tristis ,  Cardinalis  cardinalis ,  Spermestes  oryzivora  und  Sp.  oryz. 
var .  alba ,  Melopsittacus  undulatus,  Callipsittacus  novae  -  hollandiae ,  Cygnus 
atratus ,  Ansex  albifrons,  Chenalopex  aegyptiacus ,  Aix  sponsa ,  Aix  galericulata, 
Larus  glaucus,  Larus  argentatus,  Larus  fuscus,  Ciconia  ciconia  und  Euplocomus 
Uneatus. 

Ebenfalls  hat  der  Garten  in  diesem  Jahre  Junge  von  nachgenannten 
Tieren  erhalten:  Bos  Indiens ,  Cervus  porcinus ,  Cervus  sika ,  Cervus  elaplms , 
Ursus  tibetanus ,  Myopotamus  coypus,  Cynomys  ludovicianus,  Arctomys  marmota 
und  Canis  lupus. 

Als  Neuheiten  im  Garten  sind  in  diesem  Jahre  unter  dem  gegen  1400  Stück 
zählenden  Tierbestand  zu  erwähnen:  1  Ateles  arachnoides ,  1  Pithecia  satanas , 
1  Tolypeutes  tricinctus,  1  Dasypus  villosus ,  2  Sciurus  palmarum ,  1  Sciurus  (?) 
aus  Südamerika,  1  Felis  canadensis ,  2  Capra  caucasica,  2  Macropus  rufus 
und  1  Zonurus  giganteus ,  nebst  2  Lama  pacos. 

An  Tieren  aus  nördlichen  Gegenden  hat  der  Garten  augenblicklich  ein 
schönes  Paar  Alces  machlis ,  einen  prächtigen  Gulo  luscus,  mehrere  Falco 
gyrfalco  ( islandicus  und  groenlandicus  nebst  candicans),  wie  auch  Stercorarius 
catarrhactes.  A.  v.  K. 

Über  einen  seltenen  Fang  wird  aus  Dahlhausen  dem  »Westf. 
Merkur«  folgendes  berichtet:  Gestern  Morgen  hatte  der  Gastwirt  J.  v.  T. 
das  Glück,  in  seiner  gepachteten  Fischerei  in  der  Ruhr  einen  Hecht  zu  fangen, 
der  in  Bezug  auf  Größe  und  Schwere  als  eine  Seltenheit  gelten  kann.  Der 
Fisch  hatte  eine  Länge  von  155  Centimeter  und  ein  Gewicht  von  39  Pfund. 
Am  Schwanz  befand  sich  ein  an  einem  kupfernen  Draht  befestigtes  Messing¬ 
schildchen,  auf  welchem  folgendes  zu  lesen  war: 

»0  Fischlein,  o  Fischlein, 

Wo  magst  du  im  nächsten  Jahre  sein? 

Wer  ihn  thuet  fangen  ein, 

Berichte  mir  das  baldigst  fein. 

Wohne  in  Wetter  au  der  Ruhr, 

Heiße:  »Peter  Wilhelm  Gustav  Schuhr«. 

Wetter  an  der  Ruhr,  1859«.  B.  T.-Bl.  31.  8.  1893. 

Fasanenzucht  in  Kalifornien.  Auf  dem  San  Pablo  Ranch  eines 
hervorragenden  Jagdfreundes,  Mr.  H.  F.  Emeric,  werden  verschiedene  Arten 
von  Fasanen  gezüchtet,  die  sich  nicht  nur  ungemein  gut  vermehren,  sondern 


350 


auch  Veranlassung  zu  einigen  hochinteressanten  Kreuzungen  gaben.  Der  Ge¬ 
nannte  hat  sich  die  Aufgabe  gestellt,  so  viel  Land  als  möglich  mit  Fasanen 
zu  bevölkern,  und  beabsichtigt,  die  Regierung  zu  bestimmen,  für  eine  gewisse 
Zeitperiode  eine  absolute  Schonung  einzuführen.  Neben  vielen  unscheinbaren 
Arten  sind  es  die  Königsfasanen,  Phasianus  reevesi,  die  Lady  Amherst-Fasanen, 
Ph.  amherstiae ,  Buntfasanen,  Pli  versicolor,  Gold-,  Pli.  pictus,  und  Silberfasanen, 
JEuplocomus  nycthemerus,  Mantschurische  Ohrfasanen,  Crossoptilon  mantchuricum , 
u.  a  in.,  welche,  abgesehen  von  ihrer  Bedeutung  für  die  Jagd,  einer  Landschaft 
ein  ganz  eigenartiges,  herrliches  Gepräge  verleihen.  Bei  dem  Umstande,  daß 
Federwild  in  Kalifornien  von  Jahr  zu  Jahr  abnimmt,  eine  That3ache,  die  nicht 
minder  vom  Wasserwild  gilt,  ist  es  gewiß  mit  Freuden  zu  begrüßen,  wenn  der 
Acclimatisation  fremden  Wildes  Aufmerksamkeit  zugewendet  wird. 

Speziell  der  Zucht  von  Fasanen  aller  Arten  haben  sich  namentlich  außer 
Mr.  Emeric  auch  J.  C.  Seigfried  und  G.  T.  Marsh  in  San  Francisco  in  großem 
Maßstabe  gewidmet.  Kalifornien  ist  aber  auch  hierfür  eines  der  in  jeder 
Beziehung  geeignetsten  Länder.  Der  erstgenannte  erwartet  demnächst  eine 
volle  Schiffsladung  verschiedener  exotischer  Fasanen,  mit  denen  er  auf  Grund 
einer  Regierungserlaubnis  das  gesamte  Alameda-Gebiet  besetzen  will. 

»Der  Weidmann.« 

Eine  große  Aquarien-  und  Terrarien-Ausstellung  des  Vereins 
»Triton«  ist  vor  einiger  Zeit  in  Dräsels  Festsälen  in  Berlin  abgehalten  worden. 
Mitten  im  Saale  erhebt  sich  in  einem  Blumenhaine  eine  von  der  Firma  Castner 
Nachfolger  ausgestellte  plastische  Figur,  eine  dem  Meere  entsteigende  Aphrodite, 
die  große  Nische  im  Hintergründe  ist  gleichfalls  mit  Blumen  aus  der  Graefschen 
Gärtnerei  in  Steglitz  geschmückt  und  enthält  eine  Anzahl  von  Süß-  und  See¬ 
wasser-Aquarien  mit  erlesenen  Zuchtprodukten  Graefs.  Vom  wissenschaftlichen 
Standpunkte  aus  interessieren  vor  ^allein  einige  wertvolle  Neuigkeiten.  Unter 
den  Makropoden  findet  sich  eine  neue  Art,  der  »schöne  Paradiesfisch«,  der  sich 
durch  prächtig  gefärbtes,  reiches  Flossenwerk  auszeichnet;  ganz  neu  für  Berlin 
sind  die  aus  Indien  eingeführten  äußerst  lebhaften  Schlangenkopffische. 
Amerika  hat  u.  a.  den  seltenen  Killifisch,  eine  Fundulus-Art,  verschiedene  neue 
Barscharten  und  Panzerwelse  gebracht.  Die  Tierwelt  Asiens  lieferte  an  Selten¬ 
heiten  u.  a.  auch  Kletterfische  und  mehrere  indische  Welsarten.  Teleskopfische 
und  Schleierschwänze  sind  in  Stücken  bis  500  Mark  Wert  ausgestellt.  Der 
Verein  selbst  hat  sich  in  hervorragender  Weise  an  der  Ausstellung  beteiligt 
Er  führt  vor  allem  seine  große  Sammlung  von  Spiritusapparaten  und  sein 
mustergültig  gehaltenes  Herbarium  mit  sämtlichen  hier  bekannten  Sumpf- 
und  Wasserpflanzen  vor.  Außerdem  hat  er  eine  nach  Angaben  des  Vorstands¬ 
mitgliedes  Nitsche  von  Wurmstich  gebaute  große  Fisch-Versendungskanne 
ausgestellt.  Mit  ihr  wird  sich  am  2.  Oktober  ein  Abgesandter  des  Vereins 
nach  Süd-Amerika  begeben,  um  aus  der  dortigen  reichen  Fischwelt  Nutz-  und 
Zierfische  auszuwTählen.  Der  Verein  hofft  so  mit  dazu  beitragen  zu  können, 
daß  der  Fischbestand  der  deutschen  Gewässer  wieder  erhöht  werde.  Auch  der 
Vorsitzende  des  Vereins,  Kaufmann  Gothorn,  der  bei  Kuxhafen  große  Fisch- 
züchtereien  besitzt,  hat  die  Ausstellung  reich  beschickt.  Er  bringt  u.  a.  eine 
Sammlung  aus  China  eingeführter  Teleskop-Schleierschwanz-Goldfische,  einen 
sehr  seltenen  blauen  Teleskopfisch,  selbstgezüchtete  Kaliko-Barscbbrut,  den 
Gourami  aus  Mauritius  in  Spiritus  und  die  Zwiebel  einer  seltenen  Wasserpflanze, 


351 


pie  dem  Gourami  in  seiner  Heimat  zur  Nahrung  dient.  Rechts  am  Eingänge 
hat  Paul  Matte  aus  Lankwitz  eine  Fülle  der  seltensten  Sachen  ausgestellt, 
darunter  amerikanische  Hundsfische,  Zwergwelse  und  eine  neue  Tritonart,  die 
wissenschaftlich  noch  nicht  festgestellt  ist.  Zu  seiner  Sammlung  gehören  auch 
die  Killifische  und  die  indischen  Kletterfische.  Links  vom  Eingänge  hat 
Wurmstich  unter  anderen  Neuheiten  ein  Aquarium  mit  Heizvorrichtung  und  einen 
neuen  Durchlüftungsapparat  mit  Strahlgebläse  ausgestellt,  er  führt  außerdem 
ein  sehr  hübsches  Aqua*Terrarium  vor.  Direktor  Veit  hat  schwarze,  wie  weiße 
und  gescheckte  Axolotls  gezogen.  Mit  einer  reichen  Auswahl  von  Erzeugnissen 
der  Glasindustrie  ist  die  Firma  Warmbrunn,  Quilitz  &  Co.  erschienen;  man 
sieht  hier  u.  a.  Durchlüftungs-  und  Springbrunnen- Apparate.  Mundt  aus 
Pankow  hat  die  Ausstellung  mit  400  Kakteen  beschickt.  Julius  Reichelt  führt 
sämtliche  europäische  Echsen  und  Schlangen  vor  und  hat  die  Schau  ferner 
durch  afrikanische  Wüsten walzenechsen,  durch  mexikanische  Krötenechsen  und 
durch  sardinische  Hechtkopftritonen  bereichert,  die  bisher  in  Berlin  noch  nie 
gezeigt  worden  sind.  Buchheißer  ist  eiuer  der  Hauptaussteller  auf  dem  Gebiete 
der  Wasserpflanzen,  Kuckenberg  bringt  eine  Sammlung  deutscher  Kriechtiere 
und  Lurche,  Kabermann  zeigte  in  gewöhnlichen  Einmachegläsern  Macropoden- 
brut  von  einem  Pärchen,  das  in  solchen  Gläsern  in  kurzer  Zeit  viermal  ge¬ 
laicht  hat;  die  Bruten  von  3,  7  und  9  Wochen  waren  schon  recht  schön 
herangewachsen.  Wilhelm  aus  Berlin  hatte  ein  mit  einheimischen  Reptilien 
bevölkertes  Landschaftsterrarium  und  Zuchtaquarien  ausgestellt,  auch  das  von 
Preuße  nach  den  Angaben  des  Vereins  geschaffene  Institut  für  naturgemäße 
Einrichtung  von  Aquarien  und  Terrarien  war  gut  vertreten.  Dr.  El  kan  stellte 
Säulen  mit  verdichtetem  reinen  Sauerstoff  zur  Speisung  von  Aquarien  aus, 
Gazzolo  Muscheln,  Grotten  und  Aquarien.  Die  fachwissenschaftliche  Litteratur 
ist  durch  die  Buchhandlung  von  Nitzsche  und  Lochner  vertreten. 


Litteratur. 


Im  Reiche  des  Geistes.  Illustrirte  Geschichte  der  Wissenschaf¬ 
ten,  anschaulich  dargestellt  von  K.  Faul  mann,  k.  k.  Professor.  Mit  13 
Tafeln,  30  Beilagen  und  200  Textabbildungen.  (Wien,  A.  Hartleben’s 
Verlag.)  In  30  Lieferungen  ä  50  Pf. 

Die  uns  heute  vorliegenden  Hefte  16 — 20  enthalten  die  Sprachwissenschaft, 
die  Naturwissenschaften,  die  Geographie,  Astronomie,  Geschichte,  Kriegswissen¬ 
schaft,  Theologie  und  die  philosophischen  Systeme  des  achtzehnten  Jahr¬ 
hunderts.  Der  Zoologie  ist  ein  größeres  Kapitel  gewidmet,  welches  durch 
interessante  Abbildungen  besonders  erläutert  wird.  Der  Verfasser  versteht  es, 
durch  kurze  übersichtliche  Darstellung  alle  wissenschaftlichen  Fragen  klar  und 
verständlich  darzulegen.  Das  Werk  ist  durchweht  von  dem  Geiste  der  mo¬ 
dernen  Entwicklungslehre  und  schildert  in  objektiver  Weise  den  Kampf  der 
Meinungen.  In  dieser  Weise  ziehen  die  Jahrhunderte  an  dem  Leser  vorüber, 
durch  naturgetreue  Abbildungen  aus  den  besten  Werken  illustrirt.  Wer  eine 
belehrende  Unterhaltung  sucht,  wird  dieses  Buch  mit  größtem  Vergnügen  lesen. 


352 


Eingegangene  Beiträge. 

Dr.  Fr.  W.  in  W.  Sie  sehen,  daß  sie  jetzt  da  ist  u.  werden  hoffentlich  zufrieden 
sein.  —  Dir.  Dr.  H.  in  B.  Wir  danken  für  freundliche  Erlaubnis.  —  St.  v.  W.-G.  Gesandtes 
kommt  im  nächsten  lieft.  Wir  haben  von  Ihrer  neuen  Adresse  Kenntniss  genommen  und  er¬ 
warten  gern  Berichte  von  H.  —  Dr.  L.  in  H.  Vielen  Dank  für  die  beiden  Artikel,  die  demnächst 
folgen.  —  E.  Fr.  in  B.  Aufsatz  erhalten,  auch  die  Mitt.  größtenteils  verwendet.  —  Joh.  B. 
in  L.  Sie  werden  die  Korrektur  erhalten  haben.  Die  Sep. -Abz.  werden  baldmöglichst  an 
den  Verein  abgehen.  —  Dr.  J.  M.-L.  in  B.  Wir  danken  für  prompte  Zusendung.  —  Dr.  N. 
in  Br.  Wir  bestätigen  den  Empfang  Ihrer  Zuschrift  und  erwarten  gern  Ihre  Arbeiten.  — 
Prof.  Dr.  N.  in  B.  Ihre  wertvolle  Arbeit  erscheint  im  Januarheft.  —  Dr.  P.  M.  in  B.  Wir 
erwarten  noch  weiteres  von  Ihnen.  —  L.  B.  in  R.  Mit  Dank  erhalten.  —  H.  Sch.  in  B.  Wir 
schätzen  Sie  im  Besitz  der  gesandten  Hefte  und  hoffen  Sie  zufriedengestellt.  —  O.  St.  in  M. 
Ihre  Arbeit  dankend  angenommen.  —  Dr.  med.  H.  in  J.  Besten  Dank.  —  Dir.  Dr.  B.  in  H. 
Das  wirklich  vortreffliche  Bild  befindet  sich  in  Arbeit.  Vielen  Dank.  —  Dr.  B.  in  B.  Wir 
sehen  der  Zusendung  des  Mscpts.  entgegen.  —  J.  N.  in  St.  Erwarten  gern  die  freundlich 
angehotene  Arbeit.  —  Dr.  A.  G.  in  St.  Aufnahme  noch  unentschieden.  Die  betr.  Herren 
wünschen  ihre  Namen  nicht  genannt  zu  haben. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Das  Weid  werk.  Zeitschrift  f.  d.  Jagd- u.  Naturfreund.  Verlag  J.  Dolezal,  Prag.  II.  Jahrg. 
No.  7  u.  8. 

Gestaltung  und  Vererbung.  Eine  Entwicklungsgeschichte  der  Organismen.  Von  Dr. 

Wilh.  Haacke.  Leipzig.  T.  O.  Weigel  Nachf.  1893. 

Fauna.  Mitteilungen  d.  Vereins  Luxemburger  Naturfreunde.  1893.  No.  5. 

Ornitholo  gisches  Jahrbuch.  Organ  f.  d.  palaearktische  Faunengebiet.  Herausg.  v. 

Victor  Ritter  von  Tschusi  zu  Schmidhoffen  Hallein  1893.  IV.  Jahrg.  Heft  5. 

Im  Reiche  des  Geistes.  Illustr.  Geschichte  d.  Wissenschaften.  Lief.  16  20.  Wien.  A. 
Hartlebens  Verlag. 

Zeitschrift  für  Naturwissenschaften.  Herausgegeben  von  Dr.  G.  Brandes,  Priv.-Docent 
d.  Zoologie  a.  d.  Univ.  Halle.  Leipzig.  C.  E.  M.  Pfeffer.  1893.  66.  Band.  3.  u.  4.  Heft. 
Die  Schwalbe.  Mitteilungendes  ornithologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 

Pallisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVII.  Jahrg.  No.  10.  11. 
Zoologischer  Anzeiger  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Carus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann  XVI.  Jahrg.  No.  430—433. 

Deutsche  Forst-  und  Jagdzeitung.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier.  Fr.  Lintzsche  Buchh.  IX.  Jahrg.  No.  7-lu. 
Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  Ferd. 
Wirth  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg. 
No.  40—47. 

Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz-Dresden.  Paul  Wolff. 
XXV.  Band  No.  2—9. 

Die  gefiederte  Welt.  Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Russ.  Magdeburg.  Creutzsclie 
Verlagsbuchh.  XXIT.  Jahrg.  No.  41-47. 

Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science.  London.  Macmillan  &  Co.  Vol.  48 

No.  1249—1256. 

Field.  London.  Horace  Cox.  LXXXII.  No.  2128—2135. 

Prof.  Dr.  G.  Jägers  Monatsblatt.  Zeitschrift  f.  Gesundheitspflege  und  Lebenslehre. 

Stuttgart.  W.  Kohlhammer.  XII.  Jahrg.  No.  10.  11. 

Sitzungsberichte  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien.  Jahrgang  1893. 
No.  XX,  XXI. 

Verhandlungen  der  Kais.  Kgl.  Zool.-botan.  Gesellschaft  in  Wien.  Redigiert  von  Dr.  Carl 
Fritsch.  XLIH.  Band.  III.  Quartal.  Wien  1893. 

Bechholds  Handlexikon  der  Naturwissenschaften  und  Medizin.  Frankfurt  a.  M. 
Verlag  von  H.  Bechhold.  Lieferung  16—18. 

Vereinsschrift  für  Forst-,  Jagd-  und  Naturkunde.  Organ  der  forstl.  Landesver¬ 
suchsstelle  f.  d.  Königr.  Böhmen.  Redig.  von  Josef  Zenker,  K.  K.  Forstrat  u.  Forstmstr. 
2.  Heft.  1893/94.  Prag,  ln  Komm,  bei  Max  Berwald. 

Storchnester  in  Frankfurt  a.  M.  und  dessen  Umgebung.  Von  Dr.  Julius  Ziegler.  Mit 
einer  Karte.  1893. 

The  Prairie  ground  squirrels  or  spermophiles  of  the  Mississippi  Valley.  U.  S.  Depart¬ 
ment  of  Agriculture.  Bulletin.  No.  4.  Prepared  unter  the  direction  of  Dr.  C.  Hart.  Merriam 
by  Vernon  Bailey.  Washington.  1893. 

Helios.  Herausg.  v.  Prof.  Dr.  Ernst  Huth.  11.  Jahrg.  No.  2—5.  Frankfurt  a.  O. 
Societatum  Litterae.  Herausg.  v.  Prof.  Dr.  Ernst  Huth  u.  Mittelschullehrer  Dr.  M. 

Klittke.  Frankfurt  a.  O.  7.  Jahrgang  No.  4  t- 7. 

Die  fremdländ.  Stubenvögel  von  Dr.  Karl  Russ.  [Magdeburg.  Creutzsche  Verlagsbuchh 
Band  II.  Lief.  1.  2. 

Abhandlungen  der  Naturhist.  Gesellschaft  zu  Nürnberg.  Verlag  von  U.  E.  Sebald  1893. 
X.  Band.  I.  Heft. 

Bericht  über  die  Leistungen  auf  dem  Gebiete  der  Forst-  und  Jagdzoologie  von  Dr.  Karl 
Eckstein.  Berlin.  Peter  Weber,  Verlagshdlg.  1893.  2.  u.  3.  Jahrgang  1891  u.  1892. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  Mahlau  &  Waldschmidt.  Frankfurt  a.  M. 


(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redaktion  und  Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  12.  XXXIV.  Jahrgang.  Dezember  1893. 


I  n  li  a  1  I. 

Bison  americanut.  Verbreitung  und  Ausrottung;  von  Bernli.  Langkavel  in  Hamburg. 
—  Aus  dem  Berliner  zoologischen  Garten;  von  Dr.  J.  Miiller-Lieb  enwalde.  —  Der 
Erdtriton  im  Terrarium.  Vortrag  gehalten  im  „Triton,  Verein  für  Aquarien-  und  Terrarien- 
Kunde“  in  Berlin;  von  Johannes  Berg.  Mit  vier  Abbildungen.  —  Kosmopolitische  Tiere; 
von  Dr.  C.  Müller.  (Schluß.)  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene 
Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften. 


Bison  americanus.  Verbreitung  und  Ausrottung. 

Von  Bernh.  Langkavel  in  Hamburg. 


In  vorgeschichtlichen  Zeiten  und  in  jenen  vor  der  Ankunft  der 
Europäer  war  der  amerikanische  Bison  wohl  über  den  größten 
Teil  Nordamerikas  verbreitet,  wie  aus  der  unten  steheudeu  Litteratur 
ersichtlich  ist.*) 

Während  des  zweiten  Jahrzehntes  unseres  Jahrhunderts  befauden 
sich  die  Bisonteu  auf  einem  Landkomplexe,  der  ungefähr  500  Meilen 
breit  und  3000  Meilen  lang  war;  aber  schon  vom  dritten  au  wurden 

*)  Catlin,  Letters  and  Notes  .  .  .  of  the  North  American  Indians,  1844, 1,  24; 
Th.  Olshausen  in  der  deutschen  Auswanderungs-Zeitung,  Bremen,  1853,  No.  38 
und  darnach  in  Zeitschr.  f.  allg.  Erdk.  Berlin,  I,  154;  Hind,  Canadian  Red 
River  Expedition  II,  104;  Reports  of  Explorations  and  Surveys  .  .  .  for  a 
railroäd  from  the  Mississippi  to  the  Pacific  XII,  II,  138;  Butler,  The  Great 
Lone  Land,  1872,  315;  Joel  Asaph  Allen,  Hist,  of  the  American  Bison  1877 
und  darnach  Zoolog.  Garten  XVIII,  363;  Long,  Exped.  to  the  source  of  the 
St.  Peters  River;  Foster,  Prehistoric  Races  of  the  U.  St.  1873,  89;  Troschels 
Archiv  1874,  119;  Zool.  Garten  XXVII,  353;  Neue  Deutsch.  Jagd-Z.  IX,  1889, 
251 ;  Der  Deutsche  Jäger  XXI,  1893,  65  ;  Proc.  Geogr.  Soc.  London  1892,  88 
Horuaday,  The  Extermination  of  the  Amer.  Bison  1887  und  Auszug  davon  in 
Petermanns  Geogr.  Mitt.  1891,  Litterat.  Seite  102. 

Zoolog.  Gart.,  Jahrg.  XXXIV.  1893. 


23 


354 


sie  aus  dem  Osten  langsam  nach  Westen  gedrängt  und  das  Ab- 
scblachten  begann.  Wie  sehr  sowohl  hüben  wie  drüben  unsere  viel¬ 
gepriesene  Civilisation  bei  vielen  nur  am  Äußern  wie  dünner  Lack 
hattet,  wie  schnell  moderne  Menschen  in  den  frühem  »wilden«  Zustand 
zurückfallen,  erkennen  wir  recht  deutlich  in  ihrem  Thun  und  Treiben, 
wenn  sie  mit  dem  »Wilde«  allein  sind  und  es,  natürlich  ohne  eigene 
Gefahr,  töten.  Keine  Nachstellung  ist  dann  zu  unehrenhaft,  die 
Begier  zum  Morden  und  zur  Bereicherung  der  Schußlisten  bleibt 
Hauptsache.  Die  verruchte  Ausrottung  des  amerikanischen  Bison 
nennt  ein  Amerikaner,  General  Bush  C.  Hawkins,  »one  of  the  most 
discouraging  chapters  in  the  history  of  our  cruelties«.  Jetzt  liegt 
auch  die  der  Truthühner  nicht  mehr  fern,  und  jene  die  Sonne  ver¬ 
dunkelnden  Züge  der  Wandertaube  sind  durch  massenhafte  Schläch¬ 
tereien  und  noch  mehr  durch  frevelhafte  Rodung  der  Wälder  fast 
vertilgt. 

Früher  verbrauchten  die  Indianer  nur  so  viele  Tiere,  als  zur 
Nahrung,  verschiedenen  Gerätschaften  u.  s.  w.  nötig  waren.  Die 
rohen  Nieren  und  der  grüne  Magenbrei  waren  so  große  Delikatessen, 
daß  man  letzteren  sogar  Säuglingen  in  den  Mund  schmierte.  (Vergl. 
v.  Thielmann,  Vier  Wege  durch  Amerika,  1879,  57.  Eben  so  hoch 
schätzen  die  Eskimo  auf  Grönland  den  Mageninhalt  des  Ren  und 
die  Bewohner  in  der  Nähe  des  Kap  Schelagskoi  stopfen  solchen 
spinatartigen  Brei  in  einen  Sack  aus  Seehundsfell ,  um  ihn  als  Ge¬ 
müsevorrat  für  den  Winter  zu  bewahren,  wie  Nordenskiöld,  Wiss. 
Ergehn .  der  Vega-Exped.  S.  630  berichtet.)  Das  Haar  des  Toten 
wird  sorgfältig  gekämmt,  gescheitelt  und  in  zwei  Zöpfe  geflochten, 
vermischt  mit  »Büffelhaar«,  damit  sie  länger  werden,  denn  Täuschung 
ist  beim  Putz  ja  überall  erlaubt.  Die  Mädchen  Mallorkas  flechten 
zum  Sonntagsputz  einen  Kuhschwauz  ins  Haar  (Pagenstecher,  Die 
Insel  Mallorca,  S.  57),  die  in  Wada'i  tragen  zwei  starke  Schafhaar¬ 
flechten  (Nachtigal,  Sahara  und  Sudan  III,  80),  Kuhschwänze  ver¬ 
längern  die  Bärte  in  M’ruli  (Zeitschr.  Ges.  f.  Erdk.  Berlin  I,  203), 
und  schon  die  alten  Indieriuuen  vermischten  mit  ihrem  Haar  das  des 
Yak,  wie  Aelian  sagt  xoctviovvtou  \xä\a  copa/co^.  In  der  »guten,  alten 
Zeit«  Amerikas  erhielt  ein  Europäer  eine  schöne  BiifFeldecke  für 
zwei  Pfund  Würfelzucker  (Dodge,  Die  heutig.  Indianer  des  fern. 
West.  1884,  S.  114,  188,  221),  aus  den  Rippen  schuf  mau  sich 
Messer  (Zeitschr.  f.  allg.  Erdk.  N.  F.  IV,  424),  statt  des  Holzes  nahm 
man  eventuell  trocknen  Büffelmist,  bois  de  vache  (Fremont,  Explor. 
Exped.  S.  20)  u.  s.  w.  Anders  wurde  es,  als  die  Europäer  au  Zahl 


355 


erheblich  wuchsen  Sie  erlegten  Tausende  nur  der  Haut  halber  oder 
um  die  Zunge  zu  verspeisen.  Die  grausame  Verfolgung  von  seiten 
der  Weißen,  die  nach  einem  Bericht  in  der  Deutsch.  Rundschau  f. 
Geogr.  u.  Stat.  (1888,  34)  seit  1860  gegen  15  Millionen  Stück  mor¬ 
deten,  nahmen  sich  daun  die  » Wilden«  zum  Muster  und  was  nicht 
sofort  im  Feuer  zusammenbrach,  wurde  Beute  der  lauernden  Wölfe. 
Als  die  »größte  Vertilgerin  der  Büffel«  nennt  die  Neue  Deutsche 
Jagd-Z.  (V,  242)  die  Hudson- Bay-Compagnie,  deren  Jäger  an  einem 
Tage  manchmal  bis  1800  Stück  erlegten,  im  Jahre  1881  allein 
220,000.  Sogar  bei  sehr  tiefem  Schnee  brachte  einer  an  einem 
Tage  80  zur  Strecke  (Butler  a.  a.  O.  210).  Im  letzten  Jahr  des 
vorigen  Jahrhunderts  kamen  aber  aus  Kanada  nach  England  nur 
500  Häute,  wie  Mackenzie  berichtet  (Reise  nach  dem  nördl.  Eismeer, 
S.  19).  Uber  das  schuelle  Verschwinden  des  Bison  vgl.  man  außer 
dem  betreffenden  Abschnitte  bei  Allen  noch  Gregg,  Commerce  of 
the  Prairies  I,  101  ;  Scottish  Geogr.  Magaz.  V,  314 ;  Bull.  Amer. 
Geogr.  Soc.  I,  22,  Landwirt.  Zeit,  des  Hamb.  Correspondenten  1889, 
130;  Der  Deutsche  Jäger  XII,  132;  Ausland  1884,  988  und  Natur 
1891,  85  fg.  Um  noch  zu  guterletzt  ein  möglichst  vollständiges 
Material  für  das  Museum  in  Washington  zu  erlangen,  wurde  der 
oben  erwähnte  Hornaday  ausgesandt  zum  Sammeln  von  Schädeln, 
Skeletten  und  Häuten.  Ausstopfer  in  Dakota  und  Montana  zahlten 
vor  acht  Jahren  für  eine  geeignete  Haut  mit  Schädel  M.  200  (Aus¬ 
land  1886,  819),  jetzt  schon  gegen  M.  1000  (Neue  Deut.  Jagd-Z. 
XII,  267).  Wie  die  Pelzhändler  der  Hudson-Gesellschaft  einen  per¬ 
manenten  Markt  für  Häute  schufeu,  so  führte  zu  eben  solchem  die 
Entdeckung  des  kalifornischen  Goldes,  doch  Metzelei  und  Massen¬ 
mord  erreichten  ihre  Höhe,  als  die  großen  Eiseubahngesellschaften 
aus  schnöder  Gewinnsucht  kein  Mittel  unversucht  ließen,  um  recht 
viele  Kolonisten  in  jene  Bisondistrikte  zu  locken,  die  ihre  Schienen¬ 
wege  durchkreuzten.  Man  unterschied  schon  seit  längerer  Zeit  zwei 
große  Herden,  die  südliche  und  die  nördliche ;  die  erste,  geschätzt 
auf  drei  Millionen,  wurde  in  zwei  Jahren,  von  1871 — 73  vernichtet, 
meist  durch  die  sogenannte  »still  huut«,  die  stille  Jagd,  indem  der 
einzelne  Jäger  sich  mit  vielen  Patronen  an  eine  Herde  heranschlich 
und  von  einer  Stelle  aus  viele  niederschoß,  weil  die  Tiere  nach 
dem  Knall  nicht  entliefen,  sondern  die  gefallenen  lange  beschnup¬ 
perten.  So  schoß  z.  B.  ein  Jäger  von  einer  Stelle  aus  112,  ein 
anderer  in  1 1/2  Monaten  1200,  16  Jäger  in  6  Monaten  28,000. 
Auch  auf  der  Jagd  zu  Pferde  und  mit  dem  Schießprügel  in  der 


356 


Hand  wurden  viele  vernichtet;  ich  erinnere  nur  an  den  bekannten 
Oberst  Cody,  genannt  Buffalo  Bill,  der  auf  diese  Art  in  P/a  Jahren 
4500  erlegte.  Viele  Tiere,  deren  Häute  man  nicht  auf  den  Eisen¬ 
bahnwagen  wegschaffen  konnte,  ließ  man  liegen,  das  ganze  Land 
glich  einem  riesigen  Leichenfelde,  dessen  Luft  von  den  Kadavern 
verpestet  wurde.  Als  1881  die  Nord-Pacific-Bahn  durch  Dakota 
und  Montana  gebaut  wurde,  kam  die  1 V 2  Millionen  starke  nördliche 
Herde  an  die  Reihe,  und  sie  war  vernichtet  1883.  Coopers  Leder¬ 
strumpf  und  ähnliche  Erzählungen  erregten  einst  in  vielen  Knaben 
den  Wunsch,  au  solchen  Jagdzügen  teilzunehmen,  und  einigen  ging 
der  Wunsch  in  Erfüllung.  Gegenwärtig  gehören  solche  Jagden  zu 
den  Unmöglichkeiten. 

Als  nach  einigen  Jahren  die  Kadaver  verfault  waren,  bildeten 
sich  Gesellschaften,  welche  überall  die  Knochen  und  Hörner  sammeln 
und  auf  den  Eisenbahnen  nach  dem  Osten  als  Düngungsmittel 
schaffen  ließeu,  denn  dort  zahlte  man  für  1000  kg  Knochen  M.  100, 
für  das  gleiche  Gewicht  Hörner  M.  160.  Was  waren  nun  für  das 
Gemeinwohl  die  Folgen  dieser  sinnlosen  Ausrottung?  Die  Indianer, 
für  welche  die  Bisonten  ungefähr  x/s  ihrer  Nahrungsmittel  bildeten, 
fingen  an  zu  darben  und  zu  hungern;  es  entstanden  Unruhen, 
Kriege,  und  jetzt  fallen  sie  in  den  sogenannten  Reservationen  den 
Weißen  zur  Last,  die  immer  unerträglicher  wird. 

Früher,  vor  den  unausgesetzten  Verfolgungen  durch  die  Weißen 
waren  die  Bisonten  ruhige,  friedliche,  fast  indolente  Tiere;  sie 
folgten  ohne  eigenes  Nachdenken  dem  Leittiere  der  Herde,  und  so 
kamen  z.  B.  in  dem  Triebsande  des  ungefähr  1  Meter  tiefen  aber 
1100  m  breiten  Plattestromes  gegen  4000  elend  um  (Ausland  1884, 
987).  Die  Ansiedler  mußten  achtgeben,  daß  ihre  Rinder  und 
Pferde  nicht  in  die  Nähe  der  Büffelherden  kamen  ;  von  Freiheits¬ 
drang  plötzlich  erfaßt,  blieben  sie  bei  jenen  und  waren  meist  auf 
Nimmerwiedersehen  verschwunden  (Fremont  a.  a.  O.  17).  Unser 
Jahrhundert  hat  schließlich  auch  dem  Bison  einige  Aufklärung  ge- 
bracht,  sie  wurden  gewitzigt,  schlau  und  flüchtig  wie  die  ameri¬ 
kanischen  Antilopen  beim  ersten  Schuß  ;  sonderbarerweise  aber  soll 
eine  rege  gemachte  Herde,  wie  Mackey,  der  im  Dienst  der  Hudson- 
Bay  Compagnie  stand,  es  oft  beobachtete,  stets  nach  Süden  flüchten 
(Neue  Deutsche  Jagd-Z.  X, 77).  ln  der  Herde  fristeten  sogar  öfter  blinde, 
solche,  die  durch  Prairiefeuer  das  Augenlicht  eingebüßt  hatten, 
längere  Zeit  ihr  Leben  (Bind.  a.  a.  O.  II,  104).  Ihre  hauptsäch¬ 
lichste  Nahrung  bestand  in  dem  Büffelgrase,  unter  welchem  Namen 


357 


folgende  Pflanzen  verstanden  werden:  1.  Boutelonci  oligostachya  von 
Texas  bis  British  Amerika,  2.  Buchloe  dactyloides  von  Texas  bis 
Nebraska  und  Wyoming,  3.  Spiha  spartea  von  Montana  bis  Manitoba 
(Natur  1891,  86).  Daß  diese  Gräser  gegen  Westen  und  Norden 
mit  der  Verdrängung  der  Tiere  immer  mehr  abnehmen  sollen,  be¬ 
richtet  nach  seinen  Quellen  Ratzel  (Die  Vereinigt.  Staat.  I,  380). 
Über  die  von  den  Büffeln  fest  ausgetretenen  Pfade,  die  in  der 
Wildnis  noch  jetzt  öfter  von  Menschen  benutzt  werden,  vgl.  Peter- 
niaun’s  Geogr.  Mitt.  1873,  461  und  Horetzki  (Canada  on  the 
Pacific,  1874,  54).  Solche  Tiere,  die  bisweilen  von  Wölfen  kastriert 
werden,  sollen  sich  nach  v.  Middendorff  (Reise  IV,  II,  809)  durch 
besondere  Größe  auszeichnen.  Vor  vier  Jahren  berichtete  Mr.  Hendry 
an  die  Forest  and  Stream-Zeitung,  daß  es  auch  braungelbe  Exem¬ 
plare  gäbe  ;  ein  solches  wurde  am  Yellowstone  erlegt.  Recht  helle 
wurden  auch  an  andern  Orten  erlegt;  sie  hatten  stets  seidenweiches 
Haar.  Weiße,  und  zwar  Kühe,  wurden  nur  zweimal  gesehen,  eine 
am  obern  Missouri  anfangs  der  siebziger  Jahre,  welche  die  Sioux 
für  einen  bösen  Geist  hielten  ;  erlegt  kam  sie  in  das  Museum  von 
Philadelphia,  eine  andere  später  in  das  von  New-Orleaus. 

Ratzel  schreibt  in  der  neuen  Auflage  seines  Werkes  (Die  Ver. 
Staat,  v.  Amer.  II,  161):  »Die  Zähmung  des  amerikanischen  Büffels, 
die  erfahrungsmäßig  möglich  ist,  scheint  in  neuerer  Zeit  nicht  mehr 
mit  derselben  Aufmerksamkeit  betrachtet  worden  zu  sein,  wie  in 
früheren  Jahren,  wo  bei  schwächerem  Verkehr  der  Sinn  mehr  auf 
die  Ausbeutung  der  dem  Lande  ursprünglich  eigenen  Schätze  ge¬ 
richtet  war  als  heute«,  und  daraus  möchte  ich  schließen,  daß  ihm 
nur  Zähmungsversuche  bekannt  wurden,  welche  in  Aliens  Buch  er¬ 
wähnt  sind.  Die  alten  zweifelhaften  Angaben  über  solche  Versuche 
der  Indianer  (Humboldt,  Reise  IV,  236  vgl.  553;  Essai  polit.  sur 
le  R.  Nouvelle  Espagne  III,  56;  Aussichten  d.  Natur  I,  72; 
Kosmos  II,  488;  Finsch  in  Westermanns  Illustr.  Monatsheften  1871, 
50  u.  a.)  übergehe  ich,  doch  ist  zweifellos,  daß  hugenottische  An¬ 
siedler  am  James  River  in  der  Nähe  des  heutigen  Richmond  im 
Jahre  1701  Büffel  in  Gefangenschaft  hielten  (Natur  1891,  87),  und 
daß  Wickleff  nach  Andubons  Bericht  sich  30  Jahre  mit  ihrer  Zucht 
beschäftigte.  Jung  eingefangen  werden  sie  wohl  öfter  gezähmt 
worden  sein,  denn  jener  Trapper  in  Little  Missouri,  von  welchem 
Arthur  Krause  in  den  Deutsch.  Geogr.  Blättern  (1883,  18)  berichtet, 
daß  ihm  zwei  junge  Büffel  wie  Hunde  folgten,  wird  wohl  nicht  ver¬ 
einzelt  dastehen;  man  zähmte  etwaige  junge,  legte  sich  aber  nicht 


358 


auf  deren  Zucht  (Waitz,  Anthrop.  III,  79,  87,  88,  93,  94,  98; 
Zool.  Gart.  VIII,  92;  XIII,  126).  Züchtungsversuche  in  größerem 
Masstabe  kennen  erst  die  letzten  Jahre.  Mr.  Bedson  in  Manitoba 
besaß  1886  von  einem  jungen  Stier  und  vier  Färsen  im  Ganzen 
18  Stiere,  25  Kühe  und  18  Kälber,  und  zwar  lauter  Vollblut  (Aus¬ 
land  1886,  819).  In  Garden  City,  Kausas,  befindet  sich  eine  Büffel¬ 
farm,  für  welche  aus  Manitoba  24  Tiere,  jedes  zu  500  Dollars,  ge¬ 
kauft  wurden;  auch  dort  züchtete  man  Vollblut  und  hofft  gute 
Geschäfte  zu  machen,  weil  Käufer  hohe  Preise  zahlen  müssen 

(Deutsche  Rundschau  f.  Geogr.  u.  Stat.  1890,  281).  Jene  Angaben 

•  • 

im  Ausland  (1886,  322)  sind  wohl  amerikanische  Übertreibungen, 
und  wenn  altweltliche  Jagdtouristen  irgendwo  noch  Büffel  antreffen 
und  erlegen,  so  möchte  es  ihnen  wie  jenen  Engländern  ergehen,  die 
auf  einer  Prairie  des  Westens  16  Stück  erlegten,  für  welche  sie, 
weil  es  domesticierte  waren,  hohen  Schadenersatz  zu  zahlen  hatten 
(Zeitschr.  f.  Jagd-  u.  Hundeliebhaber,  St.  Gallen  1891,  163). 

Versuche  haben  ergeben,  daß  Bisonstiere  sich  mit  Hauskühen 
paaren,  bislang  aber  nie  Bisonkühe  mit  Hausstieren.  Amerikanische 
Viehzüchter  begannen  Kreuzungsprodukte  zu  züchten.  Man  fand  für 
Texas  am  geeignetsten  1/r  Vollblut,  für  Kolorado  und  Kansas  li 2, 
für  den  Norden  3/4  Vollblut  (Natur  1891,  87;  Ausland  1882,  639; 
1886,  819;  Deutsche  Rundschau  f.  G.  u.  Stat.  1887,  91;  vgl. 
Peschei,  Völkerkunde,  S.  453).  Auf  der  Weidefarm  in  Garden  City 
für  Galloway  Rinder  waren  die  Ergebnisse  überraschend  gut  und 
interessant  auch  deshalb,  weil  die  Kälber  den  Höcker  nicht  mit  zur 
Welt  bringen,  sondern  erst  im  vierten  Monat  ansetzen.  Mr.  Jones 
besaß  1889  52  Halbblutbüffel.  Die  Kreuzungsversuche  des  Geh. 
Rat  Kühn  (Das  Studium  der  Landw.  au  d.  Univ.  Halle,  1888, 
S.  130)  mißlangen  leider.  Es  wurden  vom  Bisonstier  drei  Hauskühe 
zwar  befruchtet,  doch  gingen  die  Kälber  bei  der  Geburt  ein.  In 
einem  dieser  Fälle  wurden  weibliche  Zwillinge  geboren,  in  den  beiden 
andern  ein  Kuhkalb  und  ein  Bullenkalb  ebenfalls  tot  geboren;  die 
Tragezeit  währte  266 1/3  Tage. 

Im  ersten  Abschnitte  dieses  Aufsatzes  erwähnte  ich  nur  in  Kürze 
der  schnellen  Ausrottung  des  Bison;  in  dem  nun  folgenden  will  ich  an 
der  Hand  meiner  Quellen  darzuthun  versuchen,  wie  in  den  einzelnen 
Staaten,  von  Süden  beginnend,  mit  diesem  Tiere  aufgeräumt  wurde. 

Die  weiten  Ebenen  des  westlichen  Texas  waren  zu  Anfang 
der  vierziger  Jahre  noch  reich  mit  dem  Bison  besetzt  (Journ.  Geogr. 
Society.  London  1843,  234).  Als  dann  Burleson,  der  Befehls- 


359 


haber  der  texanischeu  Truppen,  gegen  die  Comanches  glücklich 
operiert  hatte,  trieb  er  bei  seiner  Rückkehr  alle  großen  Büffelherden, 
ungefähr  25,000,  innerhalb  der  Grenzen  von  Texas.  Nach  dem  Ende 
der  vierziger  begannen  die  großen  Jagden  auf  sie,  die  nun  nach 
Norden  flüchteten  (Ausland  1887,  79).  1853  gab  es  nur  noch  ein¬ 

zelne  südlich  vom  Red  River,  und  auch  nördlich  von  ihm  hatten 
sie  derartig  abgenommen,  daß  nur  noch  ein  nicht  breiter  Streifen 
zwischen  den  äußersten  Ansiedelungen  und  dem  Fuß  des  Felsenge¬ 
birges  ihr  Revier  blieb  (Zeitschr.  f.  allg.  Erdk.  Berlin  I,  154;  Peterm. 
Mitt.  1859,  40;  Ausland  1887,  210).  Die  zu  Anfang  der  siebziger 
ausgesandte  Expedition  zur  Erforschung  des  nordwestlichen  Teiles 
fand  erst  beim  Kioway  Peak  einige  (Peterm.  Mittl.  1873,  460.  463  ; 
VerhandJ.  Ges.  f.  Erdk.  Berlin,  1877,  34.  35).  Im  Frühjahr  1874 
war  nach  einem  Bericht  Wilh.  Mitters  die  Südherde  noch  nicht  ganz 
aus  dem  die  Prairie  durchziehenden  Eisenbahngürtel  verdrängt,  denn 
man  schoß  von  dem  über  Emporia  nach  Topeka  am  Kansas  führen¬ 
den  Schienenwege  auf  Büffel  und  Antilopen  (Mitt.  Geogr.  Ges.  Halle, 
1882,  147).  Von  1876  an  wurde  innerhalb  von  3  x/2  Jahren  mit 
fast  allen  aufgeräumt,  nur  Haut  und  Zunge  nahm  man  (Ausland 
1886,  322),  und  7  Jahre  später  war  ihre  Zahl  herabgesuuken  auf 
80  oder  100  (daselbst  1887,  440.  719  ;  vgl.  Verband!.  Ges.  f.  Erdk. 
Berlin  XII,  268).  Wenn  wir  dem  in  Takosa  erscheinenden  »Pioneer« 
Glauben  schenken  dürfen,  kam  Ende  1887  ein  Trapper  mit  30  am  Biber- 
ffuß  erlegten  Büffeln  auf  Wagen  nach  der  Stadt,  verkaufte  das 
Wildpret  gut  und  jede  Haut  zu  40  Mark.  Das  Blatt  erwähnt  auch 
noch  kleiner  Herden  nördlich  am  Panbandle  Fluß  (Neu  Deut.  Jagd- 
Z.  VIII,  143),  wo  auch  Hornaday  am  1.  Jauuar  1889  noch  25  sah 
(New  York  Army  and  Navy  Journal  vom  11.  5.  1889). 

Uber  das  einstige  Vorkommen  der  Bisonten  iu  Louisiana  ver¬ 
weise  ich  auf  Ulloa,  phys -hist.  Nachrichten  von  Süd-  und  Nord-Amer. 
1781,  I,  128  und  auf  das  Hamburger  Magazin  XIV,  610. 

Aus  derselben  Stelle  des  Journals  entnehmen  wir  auch,  daß  zu 
jenem  Zeitpunkte  im  ganzen  Indian  Territory  und  Kansas 
zerstreut  nur  etwa  50  noch  lebten. 

In  Neu-Mexiko  waren  sie  früher  bis  hart  an  den  Fuß 

•  • 

der  Kordillere  verbreitet,  von  ihnen  führt  noch  eine  Örtlichkeit 
den  Namen  Ojo  del  Cibolo  (Büffelquelle);  aus  der  nordwest¬ 
lichen  Ecke  verschwanden  sie  schon  vor  1882  (Mühlenpfordt, 
Versuch  Schilderung  v.  Mexiko  I,  159.  175 — 6;  Ausland  1882, 
791;  1886,  557). 


360 


Nach  einer  Bemerkung  Oswalds  (Streifzüge  in  den  Urwäldern 
von  Mexiko,  1881,  S.  14)  erlegten  in  1880  Jäger  6  Büffel  und  4 
Kälber  mit  Hilfe  aragonischer  Wolfshunde  in  Sonora. 

In  den  Bergen  K olor ad os  weideten  in  1888  noch  zweiHerden, 
die  eine  von  25,  die  andere  von  11  Häuptern,  aber  schon  im  fol¬ 
genden  Jahre  scheinen  sie  getötet  zu  sein  (New  York  Army  and 
Navy  Journal  a.  a,  0.). 

Zu  Anfang  der  sechziger  Jahre  gab  es  noch  viele  in  Jdaho, 
sie  verschwanden  zehn  Jahre  später  (Zeitsch.  f.  allg.  Erdk.  Berlin, 
XVII,  196). 

Aus  Oregon  berichtet  über  sie  nach  seinen  Quellen  Waitz 
(Anthrop.  III,  340). 

In  Kansas  waren  früher  die  Prairien  mit  Büffeln  bedeckt, 
aber  schon  Ende  der  fünfziger  Jahre  bedurfte  es  nur  weniger  Tage, 
um  die  »Büffelregion«  in  nordwestlicher  Richtung  zu  durchqueren. 
Den  Oberst  Cody  (vgl.  oben)  nahmen  leider  sich  viele  zum  Vor¬ 
bilde,  und  vor  1886  waren  hier  die  Tiere  ausgerottet  (Peterm.  Mitt. 
1855,  261;  Bell,  New  Tracks  in  North-Amer.  II,  233;  Schiel,  Reise 
durch  das  Felsengebirge,  S.  13;  Ausland  1887,  933;  1886,  322). 

Am  N  e  b  r  a  ska- Flusse,  den  Washington  Irwing  einst  den 
schönsten  aber  unnützesten  Fluß  der  Welt  nannte,  weilten  in  der 
Prairie  früher  sehr  viele,  aber  im  Jahre  1887  gab  es  dort  nur  noch 
27  Stück,  die  zwei  Jahre  später  von  den  Sioux  getötet  waren  (Ols- 
hausen,  Die  Ver.  Staaten  I;  Zeitschr.  f.  allg.  Erdk.  N.  F.  Berlin 
II,  49;  New  York  Army  and  Navy  Journal  a.  a.  0.). 

In  Wy  om  i  ng  gab  es  nach  Hornaday  1889  nur  noch  20  Stück; 
sie  wurden  frühzeitig  ausgerottet,  denn  schon  1853  sah  mau  keine 
mehr  um  die  Black  Hills  westlich  von  Fort  Laramie  (Zeitschr.  f. 
allg.  Erdk.  a.  a.  0.). 

In  D  ac  ot  a  wurden  zu  Anfang  der  Sechziger  die  Dampfer  auf  dem 

obern  Missouri  öfter  durch  schwimmende  Büffelherden  in  ihrer  Fahrt 

behindert,  bald  darauf  ging  das  Morden  los,  noch  1880  wurden  100,000 

und  im  folgenden  Jahre  die  gleiche  Zahl  vertilgt,  1887  schätzte 

Hornaday  ihre  Zahl  auf  30,  18  Monate  später  auf  4  Stück  (Ausland 

1886,  622;  Neue  Deutsch.  Jagd-Z.  IX,  251). 

°  * 

Montana  zeichnete  früher  sich  durch  übergroße  Mengen  von 

Büffeln  aus.  Noch  im  Jahre  1880  wurden  am  Yellowstone  Fluß 
allein  gegen  100,000  erlegt  und  60,000  Antilopen,  zwei  Jahre  später 
im  östlichen  Teile  von  5000  Jägern  185,000,  in  1883  noch  100,000, 
im  folgenden  schon  viel  weniger  (Neue  Deutsche  Jagd-Z.  a.  a.  O ; 


361 


Mohr.  Ein  Streifzug  durch  den  Nordwesten  Amerikas,  S.  136).  1886 
schätzte  man  die  Zahl  auf  250 — 300  (Auslaud  1886,  819  vgl.  322), 
im  folgenden  in  ganz  Montana  auf  150,  im  rauhen  Lande  auf  der 
Wasserscheide  zwischen  Yellowstone  und  Missouri,  westlich  von  Miles 
City,  auf  vielleicht  60  (Deutsche  Rundschau  f.  Geogr.  u.  Stat.  IX,  91 ; 
Ausland  1887,  440);  nach  Horuaday  sollten  zu  Anfang  1889  am 
Dry  Creek  und  an  der  Quelle  des  Porcupine  Creek  vielleicht  noch 
100  leben,  in  Musseishell  County  gegen  10,  wo  1869  sehr  ergiebige 
Jagden  stattfanden  (Peterm.  Mitt.  1870,  331).  Das  Yellowstone 
Thal,  das  jetzt  im  gleichnamigen  Nationalparke  liegt,  der 
ungefähr  die  Größe  von  Schleswig- Holstein  besitzt,  zeichnete  sich 
stets  durch  großen  Reichtum  an  diesen  Tieren  aus  (Peterm.  Mitt- 
1858,  278  ;  Mitt.  Geogr.  Ges.  Wien  II,  106.  110).  Um  die  Mitte 
der  achtziger  Jahre  wurden  nach  diesem  Parke  Tiere  versetzt,  und 
4  Jahre  später  schätzte  Horuaday  die  Zahl  der  gepflegten  auf  200 — 260. 

Wenden  wir  uns  jetzt  nach  Kanada.  Vor  ungezählten  Jahr¬ 
tausenden  lebten  im  hohen  Nord  westen  dieses  Erdteiles,  auf  der 
Chamisso-Iusel  (Beringstraße)  die  jetzt  ganz  aus  Eis  besteht,  Wildpferd 
Bison  und  Mammuth  nach  den  zahlreich  aufgefundenen  Knochen 
(Proc.  Geogr.  Soc.  London  1881,  49).  Klimatische  Veränderungen 
zwangen  die  Büffel  südlichere  Distrikte  aufzusuchen  oder  wie  die 
andern  unterzugeheu.  Ihre  Nordgrenze  verlegte  Richardson  an  Horn 
Mountain  (Arctic  Exped.  I,  178),  Brandt  an  den  64°  n.  Br.  (Peterm. 
Mitt.  1867,  206),  Hind  (a.  a.  O.  II,  104)  an  den  großen  Sklaveu- 
see.  Am  Mackenzie  sollen  die  sogenannten  Waldbüffel  noch  in 
einzelnen  kleinen  Herden  Vorkommen  (Deutsche  Geogr.  Blätter,  1891, 
135.  Früher  kreuzten  sie  noch  das  Felsengebirge,  wo  sie  nur  der 
Felle  wegen  erlegt  wurden  (Zeitschr.  d.  Ges.  f.  Erdk.  1877,  91  > 
Hitteil,  Commerce  and  Industries  of'  the  Pacific  Coast  of  N.  Ainer. 
1882,  340).  Die  kanadische  Expedition  von  1857/58  fand,  daß  der 
Büffel  im  obern  Athabasca  eben  so  sicher  überwintert  wie  in  der 
Breite  von  St.  Pauls  in  Minnesota.  Der  Frühling  tritt  hier  an  allen 
Punkten  der  ungeheuren  Ebene  zwischen  St.  Pauls  und  dem  Ma¬ 
ckenzie  River  fast  zur  gleichen  Zeit  ein  (Peterm.  Mitt.  1860,  33  ; 
Proc.  Geogr.  Soc.  London,  1883,  635).  In  den  fünfziger  Jahren 
gab  es  vom  Dried  Meat  Camp  (südl.  von  Fort  Edmonton,  beim 
Buffalo  Lake)  viele  (Zeitschr.  f.  allg.  Erdk.  N.  F.  VII,  325) ;  dort 
traf  auch  Pallisers  Expedition  im  Lande  der  Blackfeet  Indianer  eine 
Herde  (daselbst  IX,  311).  Außer  dem  inhaltreichen  Werke  des 
Earl  of  Southeck  (Saskatchewan,  1874)  ist  die  Litteratur  über  diesen 


362 


großen  Bezirk  eine  reichhaltige.  P.  Kaue  (Wanderings  of  an  Artist 
among  the  Indians,  S.  396)  traf  an  dem  gleichnamigen  Flusse  sehr 
viele  Herden,  die  seiner  Ansicht  nach  von  hier  auch  noch  nach 
Norden  wandern.  Am  »Ellbogen«  dieses  Flusses  befand  man  sich 
im  »Herzen  des  Büffellaudes«  (Zeitschr.  f.  allg.  Erdk.  N.  F.  VII, 
322.  327;  S.  323  über  die  Mengen  bei  Fort  Pitt;  VIII,  324  über 
die  bei  Fort  Carlton).  Da  im  Westen  der  Eagle  Hills  alles  Holz 
fehlte,  sah  Palliser  sich  genötigt,  Bütfeldiinger  zur  Feuerung  zu  ver¬ 
wenden  (Peterm.  Mitt.  1860,  16),  einige  Jahre  später  hatten  die 
Indianer  aber  derartig  mit  den  Tieren  aufgeräumt,  daß  man  keine 
mehr  fand  (daselbst  5.  29) ;  auch  an  den  Qui-appelle  Seen  herrschte 
schon  BiifFelmangel,  doch  nicht  nördlich  von  Fort  Ellice  '(obige 
Zeitschr.  VII,  322;  VIII,  235).  Miltou  und  Cheadle  (The  North¬ 
west  Passage  by  Land,  5.  44.  86)  fanden  am  Red  River  die  Haupt¬ 
quelle  für  ihren  Proviant  und  die  Büffel  noch  häufig  im  Hudson 
Bay  Territory.  Am  Assiniboine  River  finden  sich  jetzt  nur  noch 
Skelette  dieser  Tiere  und  die  zwei  Fuß  breiten  Pfade  durch  die 
Prairie  nach  den  Tränkplätzen  (Ausland  1891,  289).  Im  Jahre  1885 
wurden  in  den  drei  nordwestlichen  Territorien  Kanadas  36  Exemplare 
erlegt  (Peterm.  Ergänzungsheft  No.  84,  S.  41),  und  zu  Anfang  des 
Jahres  1889  schätzte  Hornaday  alle  dortigen  auf  550  (vgl.  Canada, 
its  history  etc.  S.  152  ;  Neue  Deutsche  Jagd-Z.  IX,  251). 

Je  nach  den  Örtlichkeiten,  in  welchen  der  Bison  lebte,  hatten  schon 

früher  die  Indianer  zwei  Arten  unterschieden,  welche  Hiud  (a.  a.  0. 

II,  104)  acceptierte  und  den  prairie  buffalo  von  dem  buffalo  of  the 

woods  unterschied.  Der  zweite  gehe,  meint  Butler  (The  Wild  North 

Land,  S.  210),  viel  weiter  nördlich  als  man  gewöhnlich  glaube,  denu 

er  hätte  ihn  noch  am  Liard  River  augetroffen.  Aliens  Urteil  über 

die  Unterschiede  beider  finden  sich  auch  im  Archiv  f.  Anthrop.  1879, 

119.  In  Band  VIII  der  oben  angegebenen  Reports  of  Explorations 

finden  sich  auf  den  Seiten  682  fg.  ausführliche  Beschreibungen  und 

•  • 

in  der  Natur  (1893,  159)  über  die  verschiedenen  Spielarten.  Uber 
einen  aus  Kolorado  erhaltenen  Schädel  vgl.  Proc.  Zool.  Soc.  Lon¬ 
don,  1878,  392. 

In  den  mir  zu  Gebot  stehenden  »Führern«  durch  die  zoolo¬ 
gischen  Gärten  Deutschlands  wird  gewöhnlich  nicht  erwähnt,  wie 
selten  jetzt  der  amerikanische  Bison  geworden,  wie  wenige  verhält¬ 
nismäßig  in  Europa  Vorkommen.  In  unseren  Gärten  halten  sie 
sich  gut.  Ich  erinnere  nur  an  den  zu  Kopenhagen,  der  dort 
schon  20  Jahre  verlebte  (Zool.  Garten  1891,  254;  vgl.  VIII,  28; 


363 


XIX,  299).  In  die  großen  englischen  Parke  kamen  diese  Tiere,  so 
viel  ich  weiß,  schon  in  den  vierziger  Jahren,  z.  B.  in  den  Ken- 
moreschen  (Kohl,  Reisen  in  Schottland  II,  26),  und  Carus  (England 
und  Schottland  II,  268),  berichtet,  nachdem  er  kurz  jener  Exemplare 
im  Pariser  Pflanzengarten  erwähnt,  über  die  schönen  Tiere  im 
Park  des  Marquis  von  Breadalbane.  Gegen  Ende  1891  kaufte 
der  bekannte  Millionär  und  Bankier  Leland  in  Liverpool  für  den 
seinigeu  10  herrliche  Tiere  vom  alten  »Buffalo  Jones«,  der  durchaus 
keine  Lust  zum  Verkauf  verspürte  und  deshalb  eine  enorm  hohe  Summe 
forderte.  Natürlich  wurde  sie  ihm  bewilligt  (Hamburger  Correspon- 
dent  vom  11.  11.  1891).  Die  Zeitung  für  Jagd-  und  Hunde-Lieb- 
haber,  (St.  Gallen  1892,  175)  erwähnt,  daß  in  dem  10,000  ha  großen 
Park  von  New  Hampshire  von  22  ausgesetzten  Tieren  schon  8  Kühe 
gekalbt  haben,  und  die  Neue  Deutsche  Jagd-Z.  (XII,  267),  daß  vor 
2  Jahren  am  Salzsee  in  Utah  ein  neues  Gehege  für  sie  errichtet  ist. 


Aus  dem  Berliner  zoologischen  Garten. 

Von  Dr.  J.  Müller -Lieben walde. 

Soweit  es  »nach  den  Regeln  der  Kunst«  und  mit  den  disponiblen 
Fonds  möglich  ist,  geschieht  auch  im  Berliner  Garten  gewiss  alles, 
was  dazu  angetbau  erscheint,  seinen  Gehege-  und  Käfigbewohuern 
das  Dasein  angenehm  zu  machen  und  ihr  Leben  thunlichst  zu  ver¬ 
längern.  Dennoch  sind,  aller  sorgfältigen  Wartung  und  Pflege  unge¬ 
achtet,  seit  dieses  Jahres  Beginn  einige  recht  schwere  Verluste  zu 
beklagen;  es  starbeu  u.  a.:  1  Schimpanse,  1  Orang-Utan,  1  Panther¬ 
weibchen,  1  Giraffe,  1  Nilpferd.  —  Von  den  geringeren  Stücken  sei  hier 
ganz  abgesehen;  über  Krankheit,  Behandlung,  Tod  und  ev.  Sektion  der 
größeren  und  kostbareren  Tiere  jedoch  möchte  ich  kurz  berichten, 
denn  ich  gehe  von  der  Ansicht  aus,  daß  durch  solche  Mitteilungen 
allen  denen,  welche  mit  der  Pflege  wilder  Tiere  zu  thun  haben  oder 
sich  dafür  interessieren,  vorkommenden  Falles  ein  Dienst  erwiesen 
ist.  Ich  selbst  wenigstens  lese  und  verfolge  derlei  Nachrichten  mit 
aller  Aufmerksamkeit  und  bin  den  Schreibern  derselben  sehr  dauk- 
bar,  weil  gerade  auf  diesem  Gebiete  der  Pathologie  und  Therapie 
noch  so  mancher  Schleier  zu  lüften  ist. 

Schimpanse  und  Orang,  um  damit  anzufängen,  gingen  ein  infolge 

•  • 

von  Darmaffektionen,  Katarrhen  oder  ähnlichen  Übeln,  nachdem 


364 


beide  längere  Zeit  gekränkelt  hatten.  —  Die  Giraffe,  welche  sonst 
durchaus  gesund  und  munter  war,  konnte  sich  —  wie  der  Hausarzt  des 
Gartens  die  Güte  hatte,  mir  anzugeben,  —  eines  Tages  nicht  vom 
Boden  erheben,  und  da  eins  der  Hinterbeine  in  ganz  abnormer 
Wiukelstellung  vom  Körper  ablag,  so  durfte  man  auf  einen  Bruch 
im  Becken  schließen.  Wie  sich  das  prachtvolle  Tier  denselben  zuge¬ 
zogen  haben  mochte,  das  ließ  sich  nicht  einmal  vermuten.  Folgenden 
Tages  war  die  Giraffe  tot.  Eine  Sektion  ist  nicht  vorgenommen 
worden. 

Der  nächste  Fall  betrifft  ein  Pantherweibchen,  ein  hervorragend 
lebhaftes  und  liebenswürdiges  Geschöpf.  Es  ging  zu  Grunde  während 
des  Geburtsaktes  (der  sich  außergewöhnlich  in  die  Länge  zog),  wahr¬ 
scheinlich  an  Metritis.  Auch  müssen  wohl  Harnröhrenquetschuugen 
stattgefunden  habeu,  denn  die  Blase  war,  wie  bei  der  Sektion  sich 
herausstellte,  zum  Bersten  mit  blutigem  Urin  erfüllt.  Die  ganze 
Ventralpartie  zeigte  sich  schließlich  in  hohem  Giade  aufgetrieben. 
Der  Wurf  hatte  in  drei  Jungen  bestanden,  welche  tot  und  zum  Teil 
bereits  in  Verwesung  übergegaugen  waren.  Ungünstige  Lage  des  einen 
Fötus  (mit  sehr  stark  entwickeltem  Kopfe),  welcher  durch  operativen 
Eingriff  (Schlinge)  extrahiert  werdeu  mußte,  bedingte  aller  Wahr¬ 
scheinlichkeit  nach  den  schlimmen  Ausgang  dieses  Ereignisses,  dessen 
Dauer  insgesamt  drei  Tage  betrug.  Die  Pantherin,  welche  bald 
sehr  schwach  und,  entgegen  ihrer  Natur,  unthätig  und  teilnahmlos 
geworden  war,  hatte  den  Manipulationen  des  Arztes  und  seiner  Ge¬ 
ll  iilfen  kaum  passiven  Widerstand  entgegengesetzt.  Das  Tier  starb 
in  der  dritten  Nacht. 

Der  letzte  Patient  dieser  Reihe,  von  dessen  Tod  ja  die  Tages¬ 
presse  ganz  Deutschlands  bereits  Notiz  genommen  zu  haben  scheint, 
war  »Nina«,  das  »separierte«  Flußpferdweibchen.  Die  causa  morbi 
ist  so  eigenartig  in  diesem  Falle,  daß  es  wohl  der  Mühe  lohnt,  den¬ 
selben  etwas  näher  zu  betrachten.  —  Am  8.  Oktober,  einem  sogenannten 
25  Pfennig-Sonntage,  hat  das  Tier  seine  letzte  Mahlzeit  eingenommen 
und  von  Stund  an  jegliches  Futter  verschmäht.  Anfangs  glaubte 
man,  es  handle  sich  um  eine  gewöhnliche  Verdauungsstörung,  die  etwa 
durch  allzu  reichlichen  Genuß  der  vom  Publikum  gespendeten  Eicheln 
verursacht  sein  könnte  und  wie  sie  der  Hippopotamus  ehedem  schon 
einmal  nach  längerem  Fasten  glücklich  überstanden  hatte.  Als  diese 
tluugerperiode  jetzt  aber  gar  kein  Ende  nehmen  wollte,  da  appli¬ 
zierte  man  der  Nina,  welche  durch  vorgeschobene  Planken  in  einem 
gauz  engen  Pferch  festgehalten  wurde,  mit  Aufwand  cyklopischer 


365 


Mühe,  wiederholt  Massenklystiere  vermittelst  eines  an  die  Wasser¬ 
leitung  geschraubten  Schlauches.  Diese  wirkten  zwar  an  sich  un- 
gemein  drastisch,  indessen  eine  Änderung  des  Gesamtbefindens  der 
Kranken  trat  nicht  ein. 

Allerlei  Leckerbissen  hatte  man  ihr  überall  »maulgerecht«  hin¬ 
gelegt;  aber  alle  Versuche  waren  vergebens,  alles  Zureden  blieb  un¬ 
beachtet.  Nunmehr  verordnete  der  Arzt  Gaben  von  Natron  bicarbon. 
in  Lösung,  um  die  Freßlust  anzuregen.  Das  Verfahren  war  nicht 
so  einfach,  denn  die  leidende  Afrikaneriu  konnte  nur  durch  eindring¬ 
liches  »Bitten  mit  dem  Peitschenstiel«  zum  Öffnen  des  Rachens  be¬ 
wogen  werden  ;  und  vvenu  dann  glücklich  ein  Strahl  des  Medikaments 
in  denselben  hineingespritzt  war,  so  lief  die  ganze  Portion  fast 
augenblicklich  über  den  Lippeurand  wieder  heraus.  —  Endlich  stellte 
man  das  Mediziuieren  ein  und  legte  sich  aufs  Abwarten.  Der  erhoffte 
Umschwung  zur  Genesung  blieb  aber  aus,  und  Sonntag,  den  5.  November, 
also  vier  Wochen  nach  Eintritt  der  ersten  Krankheitssymptome,  ist 
Nina  ohne  irgend  welche  Spuren  eines  heftigen  Todeskampfes  im  Wasser 
verendet.  Sie  hat  ein  Alter  von  ca.  19  Jahren  erreicht  und  befand 
sich  im  hiesigen  Garten  seit  1875  (cf.  Jahrg.  16,  pag.  274  dieser 
Ztschr.)  Der  Wärter  war  zugegen,  als  die  Katastrophe  eintrat;  er 
rapportierte,  daß  die  Kranke  sich  plötzlich  an  der  Mauer  in  die 
Höhe  gerichtet  und  dabei  einen  dumpfen,  klagenden  Laut  ausge¬ 
stoßen  habe.  Letzterer  wurde  noch  einmal  vernommen,  nachdem 
sie  ein  wenig  umhergeschwommen  war.  Dann  sank  sie  unter  und 
regte  sich  nicht  mehr.  Luftblasen  wirbelten  zur  Oberfläche  empor. 

Am  Tage  darauf  fand  die  von  Herrn  Direktor  Dr.  Heck  auge¬ 
ordnete  Sektion  statt.  Es  war  ziemlich  schwierig,  nach  Öffnung 
der  Leibeshöhle  sofort  eine  klare  Vorstellung  von  der  Situation  zu 
gewinnen:  die  hervorquellenden  enormen  Massen  von  Darm,  Fett- 
und  Mesenteriallappen  schienen  unentwirrbar  zu  sein.  Der  ganze 
Traktes  jenseits  des  Magens  sah  in  der  Hauptsache  rötlichgrüngrau 
aus,  war  jetzt  schon  durch  Fäulnisgase  aufgetriebeu  und  im  übrigen 
ohne  Iuhalt.  Dagegen  stellte  der  ungefähr  IA/2  Meter  lange  Magen 
einen  mächtigen  walzenartigen  Schlauch  dar,  in  welchem  sich  die 
Reste  der  letzten  Putterration  des  Tieres,  fest  zusammengepreßt,  be¬ 
fanden.  Warum  nun  hatte  keine  Weiterbeförderung  von  dieser  Stelle 
aus  stattgefunden  V  —  Bald  genug  sollte  das*  Rätsel  gelöst,  die 
Todesursache  konstatiert  werden  :  Herr  Dr.  Heck  entdeckte  im  Magen, 
bereits  von  außen  fühlbar,  einen  Gummmiball  von  der  Größe 
einer  schwachen  Mannesfaust.  Das  also  war  die  materia  peccans, 


366 


welche  der  armen  Nina  indirekt  ein  so  jammervolles  Ende  bereitet 
hatte !  —  Der  von  der  Magensäure  braun  geätzte  Ball  mußte  wie 
ein  Kugelventil  oder  eine  Faltenklappe  (eine  künstliche  Überbildung 
der  valvnla  pylori)  gewirkt  und  so  das  Austreten  fester  Stoffe  aus 
dem  Magen  verhindert  haben.  Der  vorderste  Teil  des  Dünndarms 
gewährte  auf  eine  ziemlich  weite  Strecke  das  typische  Bild  schwerer 
Entzündung;  an  einigen  Stellen  bemerkte  man  dunkelbraune  und 
blutrote  Färbung  der  Darmwand.  Die  übrigen  Organe  des  gewal¬ 
tigen  Tieres  machten  durchweg  den  Eiudruck  völliger  Gesundheit. 

Wie  jener  Ball  in  den  Rachen  des  Nilpferdes  gelangt  ist,  ob 
er  von  leichtfertiger  Hand  hineingeschleudert  oder,  auf  dem  Wasser 
treibend,  mit  irgend  einem  andern  Bissen  von  dem  Tiere  verschluckt 
worden  ist  —  darüber  wird  wohl  niemals  Licht  verbreitet  werden. 
Damit  würde  ja  auch  au  der  Thatsache  selbst  nichts  mehr  geändert; 
vielleicht  aber  giebt  dieser  Vorgang  Veranlassung,  daß  in  den  zoolo¬ 
gischen  Gärten  dem  Publikum  das  »Füttern«  gewisser  (besonders  so 
wertvoller)  Tiere  entweder  gänzlich  verboten  oder  doch  nur  in 
Gegen\vart  des  Personals  gestattet  wird.  Zum  Schluß  noch 
ein  Wort  in  Bezug  auf  ein  anderes  Mittel,  welches  in  dem  vor¬ 
liegenden  Falle  eventuell  hätte  zur  Anwendung  kommen  mögen. 
Tch  hörte  nämlich  die  Frage  aufwerfeu,  ob  mau  nicht  durch  kräftige 
Vomitive  den  ganzeu  Mageninhalt  hätte  herausschaffen  können.  Auch 
die  Ausführbarkeit  der  Absicht,  ein  solches  Remedium  dem  wider¬ 
willigen  Tiere  beizubringen,  wurde  diskutiert:  in  Pillenform,  mittels 
einer  geschickt  geführten  Gerte  (wie  ich  mich  entsinne,  es  bei 
Pferden  gesehen  zu  haben).  Ich  weiß  nicht,  ob  dieser  Gedanke 
kurzer  Hand  zu  verwerfen  ist.  Mir  scheint  die  Möglichkeit,  auf 
diese  Weise  einmal  in  verzweifelter  Lage  Hülfe  zu  bringen,  nicht 
absolut  ausgeschlossen.  Indessen  die  Gelegenheit  zu  einem  derartigen 

Parforce-Experiment  bietet  sich  ja  außerordentlich  selten - und 

das  ist  ein  wahres  Glück ! 

Von  freudigen  Ereignissen,  wichtigen  Neuerwerbungen,  günstigen 
Zuchtresultaten  im  Berliner  zoolog.  Garten  wird  ein  späterer  Be¬ 
richt  zu  handeln  haben.  Das  Totalbild  des  Instituts  hat  sich  in  den 
bisher  verflossenen  Monaten  dieses  Jahres  gegen  früher  kaum  sicht¬ 
bar  verändert.  Es  war  im  allgemeinen  eine  baustille  Periode,  we¬ 
nigstens  im  Hinblick  auf  oberirdische  Konstruktionen  ;  neu  erstanden 
einige  Treibhäuser,  Schlosserwerkstatt  nebst  Dienstwohnung  des 
Maschinenmeisters  und  kleinere  Anhangsgebäude.  Das  Einhuferhaus 
wurde  au  eine  günstigere  Stelle  versetzt.  —  Von  weitgehender  Be- 


367 


deutung  für  den  Garten  aber  ist  die  Kanalisation,  deren  Ausführung 
sich  gegenwärtig  der  Vollendung  nähert.  Das  Röhrensystem  wird  an 
die  grossen  städtischen  Abwasser -Anlagen  angeschlossen  und  trägt 
gewiß  dazu  hei,  daß  sich  die  sanitären  Verhältnisse  des  Gartens  noch 
günstiger  gestalten  als  bisher.  Auch  das  Wasser  in  den  Teichen  und 
Gräben  wird  in  Zukunft  reiner  sein,  da  eine  recht  praktische  kleine 
Baggermaschine  in  diesem  Herbste  ihre  Thätigkeit  begounen  und 
schon  ganz  respektable  Mengen  Schlammes  vom  schwarzen  Grunde 
herauf  geholt  hat. 

Aus  den  Ruinen  der  alten  großen  Voliere,  welche  in  keiner 
Weise  modernen  Anforderungen  entsprach,  wird  im  nächsten  Jahre 
»neues  Leben  blühen«.  Der  eine  Flügel  ist  bereits  abgerissen,  und 
die  gefiederte  Gesellschaft,  welche  unter  seinem  Dache  gehaust  und 
konzertiert  hat,  mußte  in  der  Halle  des  noch  stehenden,  westlichen 
Teiles  »zusammen  rücken«.  Mau  hat  sie  in  wirklich  virtuoserWeise 
—  gleich  den  alten  Meistern  —  »in  den  Raum  komponiert«,  und 

sie  scheinen  sich  dort  ganz  behaglich  zu  fühlen. 

••  •• 

Uber  den  Neubau  des  Vogelhauses,  sein  Außeres  und  seine  in¬ 
nere  Einrichtung  wird  ein  andermal  ausführlich  Mitteilung  gemacht 
werden.  Ausgangs  November  1893. 


Der  Erdtriton  im  Terrarium.  *) 

Vortrag,  gehalten  im  »Triton,  Verein  für  Aquarien-  und  Terrarien-Ivunde« 

in  Berlin.  Von  Johannes  Berg. 

Mit  vier  Abbildungen. 


•  • 

Uber  einen  der  interessantesten  europäischen  Schwanzlurche,  den 
Erdtriton  ( Spelerpes  oder  Geotriton  fuscus ),  ist  erst  in  neuester  Zeit 
näheres  bekannt  geworden.  Dumeril  und  Bibron  kannten  ihn  nur 
durch  3  junge  vollständig  verschrumpfte  Spiritusexemplare  des  pa¬ 
riser  Museums  und  sahen  sich  gezwungen,  das  wenige,  was  sie  in 
ihrem  klassischen  Reptilienwerke,  der  Erpetologie  generale,  über  ihn 
sagen,  von  anderen  Autoren  zu  entlehnen.  Diese  Lücke  in  der 
Naturgeschichte  kann  nur  teilweise  durch  die  verborgene  Lebensweise 
unseres  Molches  erklärt  werden,  denn  derselbe  ist  in  der  unmittel¬ 
baren  Umgebung  zweier  italienischen  Universitätsstädte,  Genua  und 

*)  Die  Vorträge  des  »Triton,  Verein  für  Aquarien-  und  Terrarien-Kunde« 
in  Berlin  erscheinen  abwechselnd  in  verschiedenen  Zeitschriften,  werden  aber 
dessen  auswärtigen  Mitgliedern  stets  kostenlos  zugesandt. 


368 


Florenz,  ungemein  häufig,  so  häufig,  daß  mein  in  letzterer  Stadt 
wohnender  Fänger  im  Frühjahr  und  Herbste  imstande  ist,  jedes 
Quantum  »umgebend«  zu  liefern.  Auch  der  Erdtriton  teilt  das 
Schicksal  aller  seiner  Klasseugenossen  :  man  hat  es  früher  nicht  der 
Mühe  wert  gehalten,  sich  eingehend  mit  ihm  zu  beschäftigen.  In 
neuerer  Zeit  hat  u.  a.  Wiedersheim  *)  eine  erschöpfende  Arbeit  über 
die  Anatomie  des  Spelerpes  veröffentlicht  und  Job.  v.  Fischer  hat 
im  »Zool.  Garten«,  Bd.  XXV] II,  Seite  33  das  Gefangenleben  des¬ 
selben  in  der  ihm  eigenen,  fesselnden  Weise  geschildert.  Wenn  ich 
jetzt  an  derselben  Stelle  über  meine  Beobachtungen,  die  in  einigen 
Punkten  von  den  v.  Fischerschen  abweichen,  berichte,  so  geschieht 
dies  in  der  Absicht,  die  Aufmerksamkeit  der  Leser  auf  einen  Sonder¬ 
ling  unter  den  europäischen  Urodelen  zu  lenken,  in  der  Hoffnung, 
daß  es  endlich  gelingen  möge,  den  noch  über  der  Fortpflanzung 
dieses  merkwürdigen  Tieres  ruhenden  Schleier  zu  lüften. 

Der  Erdtriton  oder  Höhleumolch  ist  ein  unscheinbares,  ja  hä߬ 
liches  Tier  von  der  Größe  unseres  Teichmolches.  Er  soll  bis  13  cm 
laug  werden,  jedoch  wird  eine  Länge  von  10  cm  selten  überschritten. 
Nur  wenige  der  123  Exemplare  die  ich  im  ganzen  gehalten  habe, 
erreichten  dieses  Maß  und  knapp  11  cm  ist  das  höchste,  was  ich  bis 
jetzt  beobachten  konnte.  Auf  den  Schwanz  kommen  ca.  4/io  der 
Gesamtlänge.  Derselbe  ist  drehruud  und  bildet  im  Verein  mit  dem 
dicken  kurz  abgestutzten  und  mit  großen  Augen  versehenen  Kopfe 
ein  gutes  Merkmal  für  die  Art.  Beachtet  mau  noch  die  vorn  vier- 
und  hinten  fünfzehigen,  mit  halben  Schwimmhäuten  ausgestatteten 
Füße,  so  wird  man  den  Spelerpes  mit  keinem  seiner  europäischen 
Verwandten  verwechseln  können.  Die  Färbung  der  Oberseite  ist 
kaffeebraun  mit  großen  gelblichen  Flecken,  die  auf  dem  Schwänze 
so  dicht  stehen,  daß  dieser  meist  ganz  gelb  aussieht.  Im  Weingeist 
nehmen  die  Flecke  eine  rötliche  Färbung  an.  Die  ganze  Unterseite 
ist  auf  graubraunem  Grunde  grau  gesprenkelt  oder  umgekehrt,  je 
nachdem  die  eine  oder  die  andere  Nuance  zur  vorherrschenden  w7ird. 
Junge  Höhlenmolche  —  ich  besitze  2  Exemplare  von  37  bezw.  39  nun 
Länge  —  sind  verkleinerte  Ebenbilder  der  erwachsenen  ;  sow’ohl  in 
der  Färbung,  als  auch  in  der  Gesamterscheinung  stimmen  sie  voll¬ 
ständig  mit  diesen  überein.  Die  Weibchen  scheinen  sich  durch  be¬ 
deutende  Größe  auszuzeichneu. 


*)  R.  Wiedersheim,  Salamandrina  persp icillata  und  Geotriton  fuscus.  Ver¬ 
such  einer  vergl.  Anatomie  der  Salamandriuen  etc.  Genua  1875. 


369 


Die  Verbreitung  des  Erdtriton  beschränkt  sich  meines  Wissens 
auf  die  apenninische  Halbinsel  und  Sardinien.  Er  kommt  ausschlie߬ 


lich  im  Gebirge  vor,  wo  er  sich  nach  Art  unseres  Feuersalamanders 
in  dunklen,  feuchten  Verstecken,  unter  Baumstümpfen  etc.  aufhält. 
Im  Hochsommer  zieht  er  sich  tief  in  seine  Schlupfwinkel  zurück 
und  ist  dann,  ebenso  wie  bei  strenger  Kälte  nicht  zu  erlangen. 
Dagegen  kommt  er  im  Frühjahre,  Herbste,  besonders  bei  regnerischem 
Wetter,  iu  großer  Menge  zum  Vorschein  und  kann  dann,  sowie  an 
milden,  trüben  Wintertagen  erbeutet  werden.  Man  findet  ihn  an 
feuchten,  steinigen,  mit  Moos  bewachsenen  Orten.  —  In  der  Um¬ 
gebung  von  Genua,  wo  unser  Molch  äußerst  gemein  seiu  soll,  habe 
ich  ihn  häufig  gesucht,  ohue  jemals  auch  nur  ein  Stück  zu  finden, 
während  ich  auf  diesen  Exkursionen  den  hübschen  Brillensalamander 
öfter  augetroffen  habe.  Der  Grund,  den  ich  damals  nicht  wußte, 
war,  daß  ich  wohl  bei  trübem,  nicht  aber  bei  geradezu  nassem  und 
regnerischem  Wetter  meine  Nachforschungen  anstellte,  und  der  Spe- 
lerpes  nur  bei  letzteren  seine  Schlupfwinkel  verläßt.  —  Mit  einer  so 
versteckten  Lebensweise  vereint  der  Molch  eine  dem  Erdboden  fast 
gleiche  Färbung,  welche  neben  einem  sehr  ätzenden  Hautsekret  das 
Zoolog.  Garl.,  Jahrg.  XXXIV.  1893.  24 


370 


einzige  ist,  was  ihn  gegen  seine  Feinde  schützt.  Bei  seiner  Unbe- 
holfenheit  kann  er  sich  seinen  Verfolgern  nicht  durch  die  Flucht 
entziehen  und  fällt,  einmal  entdeckt,  diesen  rettungslos  zur  Beute. 
Von  den  drei  in  Italien  lebenden  Tropidonotus- Arten  wird  er  mit 
Vorliebe  gefressen. 

Der  Transport  der  gefangenen  Höhlenmolche  ist  ein  ungemein 
leichter,  da  dieselben  gegen  äußere  Einflüsse  fast  unempfindlich  sind, 
vorausgesetzt,  daß  man  ihnen  die  nötige  Feuchtigkeit  giebt  und  daß 
sie  vor  Frost  und  zu  hoher  Temperatur  geschützt  werden.  Ende 
Februar  dieses  Jahres  erhielt  ich  —  um  eiu  Beispiel  anzuführen  — 
von  Florenz  eine  weitmündige  verkorkte  Flasche  voll  Spelerpes  fuscus, 
welche  einfach  in  dieselbe  hineingeworfen  waren,  und  die  bei  der 
Ankunft  einen  großen  Klumpen  bildeten.  Alle  36  Stück  kamen 
nach  viertägiger  Reise  lebend  an  und  blieben  mit  Ausnahme  von  5, 
die  durch  Zufall  verunglückten,  am  Leben.  Von  58  einige  Tage 
später  bezogenen  Molchen  kam  nur  einer  tot  an.  Es  läßt  dies  gute 
Resultat  bei  primitivster  Verpackung  auf  eine  selbst  für  Amphibien 
selten  große  Lebenszähigkeit  schließen. 

Man  hält  den  Erdtriton  in  kalten,  feuchten  Terrarien,  deren 
Bodenfüllung  aus  sandfreier  Gartenerde  besteht.  Zur  Bepflanzung 
derselben  nimmt  man  Moose,  Farne  und  solche  Pflanzen,  die  viel 
Feuchtigkeit  vertragen  können.  Dieselben  werden  direkt  in  die  Boden¬ 
füllung  eingepflanzt.  In  einer  Ecke  des  Behälters  bringt  man  ein 
Wasserbecken  an,  das  ziemlich  geräumig  sein  darf,  aber  so  einge¬ 
richtet  sein  muß,  daß  die  Molche  vom  Boden  aus  leicht  herauskriechen 
können.  Am  besten  ist  es,  wenn  sich  auch  einige  Steine  und  Pflanzen 
in  demselben  befinden,  da  erstere  den  Tieren  das  Verlassen  des  Was¬ 
sers  erleichtern,  und  letztere  vielleicht  (!)  bei  der  Fortpflanzung  von 
Nutzen  sind.  In  einem  steil wan digen  Wasserbecken  ertrinken  die 
Erdtritonen  rettungslos,,  und  auch  die  vorhin  erwähnten  5  Exemplare 
kamen  auf  diese  Weise  ums  Leben.  —  Auf  den  Boden  des  Terrariums 
bezw.  auf  das  denselben  bedeckende  Moos  legt  man  einige  gebogene 
Rindenstücke,  welche  den  Spelerpes  als  Unterschlupf  dienen.  Der 
Behälter  muß  hermetisch  verschlossen  werden  können,  damit  die  Luft 
in  demselben  mit  Feuchtigkeit  geschwängert  bleibt.  Die  dem  Fenster 
zugekehrten  Scheiben  werden  am  besten  mit  grüner  Ölfarbe  undurch¬ 
sichtig  gemacht,  um  die  direkten  Sonnenstrahlen  abzuhalten.  Im  Sommer 
muß  das  Terrarium  viel  gelüftet,  und  eine  kühle  und  feuchte  Tempe¬ 
ratur  durch  häufige  Benutzung  des  Zerstäubers  (an  besonders  heißen 
Tagen  durch  Umhängen  von  nassen  Tüchern)  erhalteu  werden.  Im 


371 


Winter  braucht  wenig  oder  gar  nicht  gelüftet  zu  werden  und  es 
genügt,  wenn  der  Zerstäuber  2 — 3  mal  wöchentlich  in  Anwendung 
gebracht  wird.  Höher  wie  20°  C  sollte  die  Temperatur  im  Spe- 
lerpes-Käfige  nicht  steigen ;  es  schadet  dagegen  durchaus  nicht,  wenn 
sie  im  Winter  auf  -f-  6°  C  fällt.  —  Wie  Joh.  v.  Fischer,  verlor 
auch  ich  früher  viele  meiner  Gefangenen  durch  Geschwüre,  während 
ich  jetzt  fast  nie  eiuen  Todesfall  zu  verzeichnen  habe.  Ich  schreibe 
diesen  anfänglichen  Mißerfolg  der  nicht  genügenden  Beachtung  des 
Feuchtigkeitsgrades  und  der  Temperatur  des  Terrariums  zu.  —  Di¬ 
rektes  Sonnenlicht  liebt  ein  Dämmerungstier,  wie  der  Höhlenmolch 
selbstverständlich  nicht,  obgleich  ihm  dasselbe  wenig  oder  gar  nicht 
schadet.  Der  oben  genannte  Autor  erzählt  zwar,  daß  er  eine  große 
Anzahl  Spelerpes,  die  nur  kurze  Zeit  den  indirekten  (!)  Strahlen  der 
Sonne  ausgesetzt  gewesen  waren  »tot  auf  dem  noch  kühlen  Moose« 
gefunden  habe.  Ich  kann  dies  absolut  nicht  begreifen  und  glaube, 
daß  eine  andere  Todesursache  vorlag.  Mein  die  Erdtritonen  beher¬ 
bergendes  Terrarium  wird  täglich  gegen  Abend  2  Stunden  lang  von 
der  Sonne  beschienen  und  die  oben  an  den  Scheiben  sitzenden  Tiere 
werden  von  den  durch  das  Dach  fallenden  Strahlen  getroffen,  ohne 
dieserhalb  irgend  welches  Unbehagen  zu  zeigen.  Sie  bleiben  ruhig 
sitzen,  obgleich  es  ihnen  leicht  wäre,  sich  in  den  Schatten  zurückzu¬ 
ziehen.  —  Natürlicherweise  geht  ein  der  steilen  Mittagssonne  aus¬ 
gesetzter  Erdmolch  in  kurzer  Zeit  durch  Vertrocknen  zu  Grunde. 
Er  verhält  sich  ganz  genau  wie  unsere  Tritonarten  es  in  gleicher 
Lage  thun  würden.  —  Bei  dieser  Gelegenheit  sei  bemerkt,  daß  ich  die 
zur  Haltung  kleiner  Reptilien  und  Amphibien  oft  benutzten  Ein¬ 
machegläser  und  dergl.  für  ebenso  verwerflich  halte  wie  die  Gold¬ 
fischgläser  für  Fische.  Gerade  für  Höhlenmolche  sind  diese  kleinen 
Behälter  aber  besonders  unzweckmäßig,  weil  es  fast  unmöglich  ist, 
in  denselben  eine  gleichmäßige  Temperatur  zu  erhalten. 

Im  Terrarium  führen  die  Erdtritonen  ein  ungemein  beschauliches 
Dasein.  Stundenlang  liegen  sie  auf  einer  Stelle  oder  kleben  be¬ 
wegungslos  an  den  Scheiben  des  Behälters.  Es  scheint,  als  wenn 
sie  vollständig  gleichgültig  gegen  ihre  Umgebung  wären,  —  aber  es 
scheint  nur  so.  —  Läßt  man  einen  Schwarm  Fliegen  in  das  Ter¬ 
rarium  herein,  so  kommt  wie  durch  Zauberei  Leben  in  die  so  apathische 
Gesellschaft.  Es  sieht  fast  aus,  als  wenn  die  Tiere  einen  elektrischen 
Schlag  erhielten.  Die  vorher  gespreizten  Beine  werden  angezogen, 
der  Körper  richtet  sich  etwas  auf,  der  Kopf  hebt  sich  und  die  Augen 
treteu  weit  aus  den  Höhlen.  Der  Gesichtsausdruck  des  Höhlen- 


372 


molches  ist  dann  dem  eines  feisten  Rassemopses  nicht  unähnlich. 
—  Froh,  der  dunklen  Schachtel  entronnen  zu  sein,  summt  ein  junger 
»Brummer«  im  Terrarium  umher,  um  sich,  ungefähr  5  cm  von  einem 
kräftigen  Höhlen molche  entfernt,  niederzulassen  und  seine  Flügel  zu 
ordnen.  Leider  ist  es  ihm  nicht  vergönnt,  die  mit  stutzerhafter 
Sorgfalt  begonnene  Toilette  zu  Ende  zu  führen.  —  Langsam  dreht 
sich  der  Kopf  des  Molches  der  eitlen  Fliege  zu ;  sekundenlang  sind 
die  schwarzen  Glasperlen  gleich  aus  den  Höhlen  tretenden  Augen 
fest  auf  diese  geheftet.  Da  !  ein  leises,  nur  bei  großer  Aufmerksam¬ 
keit  hörbares  Klatschen  und  —  sie  ist  verschwunden.  Nur  das  von 
heftig  nickenden  Schluckbewegungen  begleitete  Kauen  des  Spelerpes 
zeigt  au,  wo  sie  geblieben  ist.  —  Inzwischen  sind  auch  die  übrigen 
Fliegen  durch  das  im  Deckel  der  Schachtel  befindliche  Loch  ins  Freie 
gelangt,  und  wir  haben  Gelegenheit,  die  vorhin  gemachte  Beobachtung 
zu  wiederholen.  Ununterbrochen  ertönt  jenes  für  die  Zweiflügler  so 
unheilvolle  Klatschen,  und  bei  günstiger  Beleuchtung  sieht  man  auch, 
wie  ein  gewisses,  nur  wie  ein  weißlicher  Schein  wahrnehmbares 
Etwas  mit  unfehlbarer  Sicherheit  nach  dem  ahnungslosen  Opfer  ge¬ 
schleudert  wird  und  sich  ebenso  schnell,  dieses  mit  sich  reißend, 
wieder  zurückzieht. —  Dieser  »helle  Schein  «  ist  die  Zunge  des  Erd¬ 
triton,  die  nach  Chamäleonart  nach  dem  Beutetier  geschnellt  wird. 
Dieselbe  besteht  aus  einem  bei  großen  Individuen  wohl  5  cm  langen, 
dünnen  Schafte,  auf  welchem  sich  oben  ein  pilzförmiger  Kopf  be¬ 
findet,  der  mit  kleberigem  Speichel  bedeckt  ist.  Das  Herausschleudern 
und  Zurückziehen  der  Zunge  geschieht  indessen  ungleich  schneller, 

wie  beim  Chamäleon.  Während  näm¬ 
lich  dieses  seine  angeborene  Trägheit 
auch  bei  dieser  wichtigen  Lebensäuße¬ 
rung  nicht  ganz  verleugnet  (bekannt¬ 
lich  sieht  man  deutlich,  wie  sich  das 
Maul  ötfnet  und  der  Zuugenkolben 
langsam  erscheint,  um  dann  allerdings  mit  großer  Vehemenz  vor¬ 
geschleudert  zu  werden),  bemerkt  man  beim  Spelerpes  nur  bei  ganz 

genauem  Zusehen,  in  welcher  Weise  das  Beutetier  ergriffen  wird. 
•  • 

Das  Offnen  des  Maules,  das  Abschießen  und  Zurückziehen  der  Zunge, 
alles  zusammen  nimmt  nur  den  Bruchteil  einer  Sekunde  in  Anspruch. 
Kleinere  Fliegen  verschwinden  meist  wie  durch  Zauberei,  und  nur  bei 
größeren  —  der  Höhlenmolch  ist  imstande  eine  Schmeißfliege  von 
der  Größe  seines  Kopfes  zu  verschlingen  —  macht  es  ihm  etwas 
Mühe,  sie  im  Maule  unterzubringen.  Ich  habe  nie  gesehen,  daß  es 


373 


einer  Fliege,  wenn  sie  auch  nur  an  einem  Flügel  gefaßt  war,  gelungen 
wäre,  sich  zu  befreien.  Fehlschüsse  gehören  zu  den  größten  Seltenheiten. 

Der  Höhlenmolch  ist,  wie  alle  Amphibien,  sehr  gefräßig.  Mau 

kann  das  leicht  beobachten,  wenn  man  die  Fliegen  in  einer  Schachtel 

reicht,  in  deren  Deckel  sich  ein  Loch  befindet.  Einige  Molche  stellen 

•  • 

sich  stets  vor  dieser  kleinen  Öffnung  auf  den  Anstand,  und  es  ist 
gar  nicht  selten,  daß  ein  so  gut  placierter  Jäger  8 — 12  Fliegen  hinter¬ 
einander  erbeutet.  Da  diese,  so  bald  sie  die  Schachtel  verlassen 
haben,  sofern  sie  den  in  unmittelbarer  Nähe  derselben  lauernden 
Molchen  entronnen  sind,  meistens  den  Terrariendeckel  aufsuchen,  so 
haben  auch  die  oben  au  den  Wänden  klebenden  Erdtritonen  leichtes 
Spiel.  Anders  dagegen  ist  es  mit  denen,  die  auf  dem  Boden  und 
auf  den  Pflanzen  sitzen.  Diese  müssen,  wenn  sie  nicht  fast  ganz  das 
Nachsehen  haben  wollen,  auf  die  Pürsch  gehen,  und  das  sieht  bei 
der  Gier  der  Tiere  ungemein  komisch  aus :  Ohne  eine  vielleicht 
20  cm  entfernte,  auf  einem  Moosfarn  sitzende  Fliege  aus  dem  Auge 
zu  lassen,  marschiert  unser  Höhlenmolch  außerordentlich  eilfertig, 
ohne  aber  seine  Unbeholfenheit  zu  verleugnen,  mit  weit  vorgestrecktem 
Kopfe  auf  dieselbe  los.  Leider  sitzt  die  so  erwünschte  Beute  etwas 
zu  hoch  und,  nachdem  erst  der  Versuch  gemacht  worden  ist,  durch 
Indiehöherecken  des  Kopfes  auf  Schußweite  heranzukommen,  ent¬ 
schließt  sich  der  Lurch  endlich  dazu,  an  der  Pflanze  in  die  Höhe  zu 
klettern.  Bei  dieser  Gelegenheit  beobachtet  man,  daß  ihn  der 
Schwanz  dabei  nicht  unwesentlich  unterstützt.  Derselbe  ist  sehr 
beweglich  und  gewährt,  ohne  indessen  ein  Wickelschwanz  zu  sein, 
durch  wurmartiges  Umschlingen  der  Zweige  und  Blätter  dem  klet¬ 
ternden  Molche  einigen  Halt.  Man  kann  diesen  sogar  zuweilen  an 
dem  gekrümmten  Anhängsel,  wie  an  einem  Haken  hängen  sehen. 

Charakteristisch  für  gefangene  Spelerpes  ist  die  Vorliebe,  mit 
der  sie  an  den  Scheiben  des  Terrariums  in  die  Höhe  klettern  und  in 
allen  »möglichen  und  unmöglichen«  Stellungen  an  denselben  kleben. 
Diese  Kletterübungen  sind  indessen  im  Grunde  nichts  anderes,  als 
ein  Kriechen  in  senkrechter  Richtung.  Der  Molch  adhäriert  dank 
seiner  stets  kleberigen  Haut  mit  der  ganzen  Unterseite  des  Rumpfes 
und  den  Fußflächen  und  wird  dadurch  in  den  Stand  gesetzt,  sich 
langsam  an  glatten,  senkrechten  Flächen  in  die  Höhe  zu  arbeiten. 
Die  Unterseite  des  Kopfes  ist  stets,  die  des  Schwanzes  zuweilen  frei. 
—  Mit  der  Kletterfähigkeit  der  Gekonen  darf  die  des  Höhlenmolches 
nicht  verglichen  werden,  wenn  nicht  eine  falsche  Vorstellung  erweckt 
werden  soll. 


374 


Außer  Fliegen,  die  am  liebsten  angenommen  werden,  frißt  der 
Erdtriton  alle  möglichen  kleinen  Insekten,  Asseln,  Tausendfüßer  und 
Spinnen.*)  Kleine  Regen-  und  Mehlwürmer  werden  ebenfalls  hier 
und  da,  jedoch  weniger  gern,  gefressen.  Hartschalige  Käfer  werden 
oft  wieder  ausgespieen.  In  der  Freiheit  wird  sich  der  Erdmolch 
höchstwahrscheinlich  in  ähnlicher  Weise  ernähren,  wie  in  der  Ge¬ 
fangenschaft.  Mein  florentiner  Lieferant  schreibt  mir  zwar,  daß  er 
in  den  Eingeweiden  frisch  gefangener  Individuen  stets  nur  Reste 
von  Regenwürmern  gefunden  habe.  Da  gerade  diese  aber  von 
gefangenen  Höhlenmolchen  am  allerseltensten  genommen  werden,  so 
glaube  ich  gut  zu  thun,  wenn  ich  hinter  die  Aussage  des  Fängers 

ein  großes  Fragezeichen  setze. 

•  • 

Uber  den  Verlauf  der  Häutung  des  Spelerpes  habe  ich  exakte 
Beobachtungen  bis  jetzt  nicht  machen  könuen,  weil  der  Prozess  sich 
sehr  rasch  ab  wickelt.  Dieselbe  scheint  mehrere  Male  im  Jahre  zu 
erfolgen.  Sie  beginnt  am  Kopfe;  die  alte  Haut  wird  nach  rück¬ 
wärts  »abgewickelt«  und  hängt  zuletzt  als  mehrere  Millimeter  dicker 
Ring  an  der  Schwauzspitze,  um  endlich  definitiv  abgestreift  zu  werden. 
Vor  der  Häutung  bekommt  die  gelbe  Fleckenzeichnung  einen  Stich 
ins  Rötliche. 

Verletzungen  heilen  beim  Höhlenmolche  recht  gut,  wenn  er  in 
kühler  Temperatur  gehalten  wird.  Herrscht  aber  im  Terrarium  eine 
zu  große  Wärme,  so  nehmen  die  Wunden  einen  bösartigen  Charakter 
au,  und  der  Patient  geht  in  kurzer  Zeit  ein.  —  Da  die  Molche,  wie 
bereits  erwähnt,  gern  an  den  Glasscheiben  ihres  Käfigs  kleben,  so 
passiert  es  in  stark  besetzten  Behältern  leicht,  daß  man  ihnen  beim 
Zumachen  der  Thür  des  Terrariums  einen  Fuß  oder  den  Schwanz 
abklemmt.  Derartige  Verletzungen  wurden  öfter  von  mir  beobachtet. 
Dieselben  pflegten  immer  den  Tod  nach  sich  zu  ziehen,  wenn  ich  es 
unterließ  das  gequetschte  Glied  zu  amputieren.  Geschah  letzteres  aber, 
so  heilte  die  Wunde  ziemlich  rasch  und  nach  einigen  Wochen  wuchs 
auch  der  verstümmelte  Schwanz  wieder.  Das  neuentstandene  Stück 
sieht  anfangs  ganz  hell  aus,  ist  gallertartig  durchsichtig  und  bleibt 
noch  längere  Zeit  weiß.  Eine  Reproduktion  des  Fußes  findet,  soviel 
ich  beobachten  konnte,  nicht  statt.  Hochinteressant  aber  ist  das 
Verhalten  des  verstümmelten  Beines.  Dasselbe  wird  nämlich  so  ge¬ 
dreht,  daß  die  Wundfläche  nach  oben  steht  und  vor  der  Berührung 
mit  der  Erde  geschützt  ist.  Würde  der  Stumpf  seine  natürliche 

*)  Wiedersheim  fand  in  den  von  ihm  secierten  Exemplaren  öfter  Reste  des 
an  der  Riviera  häufigen  Skorpions,  sowie  solche  von  Käfern. 


375 


Lage  beibehalten,  so  wäre  die  Wunde  einer  permanenten  Reibung 
ausgesetzt,  welche  die  Heilung  sehr  erschweren  würde.  Ist  diese 
endgültig  erfolgt,  so  nimmt  das  Bein  seine  natürliche  Lage  wieder 
an.  Ich  habe  die  Erscheinung  in  zwei  Fällen  beobachtet  und  halte 
dieselbe  für  sehr  bemerkenswert. 

Wie  ich  schon  in  der  Einleitung  zu  dieser  Arbeit  sagte,  weiß 
man  über  die  Fortpflanzung  des  Höhlenmolches  so  gut  wie  gar 
nichts.*)  Ich  habe  es,  trotzdem  ich  mir  die  größte  Mühe  gegeben 
habe,  nicht  fertig  bringen  können,  denselben  zu  züchten.  Aber  was 
mir  nicht  gelang,  gelingt  vielleicht  in  nächster  Zeit  einem  anderen. 
—  Der  Spelerpes  ist  fast  ebenso  leicht  zu  erhalten,  wie  irgend  ein 
deutscher  Molch.  Es  ist  deshalb  mit  Sicherheit  zu  erwarten,  daß 
wir  ihn  bald  ebenso  gut  kennen  werden,  wie  seinen  gescheckten  Ver¬ 
wandten,  den  Feuersalamander. 

Schön  ist  er  nicht,  aber  Eigenart  ersetzt  Schönheit  oft  reichlich, 
und  eigenartig  im  höchsten  Grade  ist  der  Erdtriton. 

Kosmopolitische  Tiere. 

Von  Dr.  C.  Müller. 

(Schluß.) 

Bei  der  Besprechung  der  Würmer  wollen  wir  nach  dem  Vor¬ 
gang  von  Claus  mit  den  Rädertieren  beginnen,  ohne  aber  auf  diese 
näher  einzugehen.  Die  geographische  Verbreitung  der  hierher  ge¬ 
hörigen  Tiere  ist  eine  enorm  weite,  was  früher  auf  die  Fähigkeit 
dieser  zurückgeführt  wurde,  daß  sie  auf  ein  Minimum  zurückgezogen 
eintrockneu  und  dann  vom  Winde  überall  hin  verschlagen  werden 
könnten.  Es  scheint  aber,  wie  Marshall  sagt,  daß  diese  Erscheinung 
mehr  auf  ihren  Wintereiern  beruht.  Allerdings  ist  es  richtig,  zwischen 
den  Flechten  und  dem  Moose  auf  Dächern  und  im  Sande  der  Dach¬ 
rinnen  sind  sie  zu  finden,  und  sie  scheinen  fast  überall  vorzukommen. 
Ehrenberg  traf  dieselben  Arten  in  Moos  von  Potsdam  und  Berlin 
wie  in  solchem  von  den  Cedern  des  Libanon  und  dieselben  Callidiuen- 
arten  scheinen  ganz  Europa,  Nordamerika  und  Neuseeland  zu  be¬ 
wohnen.  Schmarda  fand  Rädertiere  in  dem  konzentrierten  Salzwasser 
des  Teiches  el  Kab  in  Oberägypten  und  in  den  Höhen  der  Kordil- 

*)  Vielleicht  pflanzt  sich  diese  Art,  wie  dies  häufig  bei  Salamandra  macu¬ 
losa  vorkommt,  im  Herbste  fort,  d.  h.  es  findet  dann  und  nicht  im  Frühjahre 
die  Vereinigung  der  Geschlechter  statt. 


376 


leren,  Ehrenberg  wies  sie  nach  ( Philodina  roseola)  im  Schnee  der 
Alpenspitzen,  wo  sie  von  besonderen  Algen  leben,  und  in  Erdproben, 
welche  die  Gebrüder  Schlagintweit  im  Himalaya  in  einer  Höhe  von 
18000  Fuß  gesammelt  hatten  und  Dr.  Joseph  entdeckte  neun  Arteu 
in  den  Höhlen  Krains. 

Aus  der  Klasse  der  Sternwürmer  (Gephyrei)  ist  die  Familie  der 
Sipunculidae  mit  den  Gattungen  Phascolosoma,  Phascolion  und  Sipun- 
culus  über  alle  Meere  verbreitet. 

Die  zu  der  Klasse  der  Ringelwürmer  (Annelides)  gehörigen 
Regenwürmer  (Lumbricidae)  sind  kosmopolitisch  verbreitet.  Man 
findet  sie  merkwürdiger  Weise  auf  den  einsamsten  Inseln,  wenn  nur 
sonst  die  Existenzbedingungen  für  sie  dort  günstig  sind.  Noch  an 
der  Mündung  der  Lena  hat  man  nach  Marshall  Arten  gefunden, 
und  manche  sind  cirkumpolar  verbreitet  und  in  Nordamerika  ebenso 
häufig  wie  in  Sibirien  oder  Europa.  Nach  E.  Perrier  überwiegt  die 
Gattung  Lumbricus  in  der  paläarktischen  und  neoarktischen  Region, 
ist  auch  in  Afrika,  auf  den  Inseln  des  atlantischen  Oceans,  in  Aus¬ 
tralien,  Chile  und  Patagonien  vertreten.  Die  Gattung  Megaloscolex 
(Perichaeta)  ist  der  orientalischen  Region  eigen  und  verbreitet  sich 
bis  zu  den  Maskarenen,  Neu -Guinea,  über  Polynesien  bis  zu  den 
Sandwicks-Inseln  und  bis  zum  südlichen  Australien.  Außerdem  be¬ 
wohnt  sie  mit  anderen  Gattungen  die  neotropische  Region  nebst 
Mexiko  und  Chile.  Wie  Megaloscolex,  so  gehört  auch  Acanthodrilus 
der  Alten  und  Neuen  Welt  an  (Madagaskar,  Neu-Kaledonien,  Neu¬ 
seeland,  Südamerika),  aber  vermutlich  wird  in  beiden  Fällen,  wie 
auch  bei  der  Verbreitung  der  Gattung  Lumbricus,  durch  Vermittlung 
des  Menschen  das  ursprüngliche  Gebiet  des  Vorkommens  beeinflußt 
worden  seiu,  indem  er  diese  in  der  Erde  zwischen  dem  Wurzel  werk 
verschiffter  Sträuclier  sitzenden  Tiere  von  Land  zu  Land  verschleppte. 

Auch  die  Unterordnung  der  Polychaeten  hat  kosmopolitische 
Familien  und  Gattungen  aufzuweisen,  so  z.  B.  Eunicidae,  Nereidae, 
Syllidae  und  Glyceridae.  Die  hierher  gehörige  Gattung  Glycera  hat 
eine  sehr  große  Verbreitung;  man  kennt  sie  von  Neu-Seelaud, 
Valparaiso,  Peru,  von  Grönland  und  vom  Nordkap,  wie  denn  auch 
eine  Reihe  von  Arten  in  den  mittel-  und  südeuropäischen  Meeren 
nicht  fehlen.  Über  alle  Meere  zerstreut  sind  auch  die  überaus 
zahlreichen  Arten  der  Serpuleu. 

Aus  der  Unterklasse  der  Hirudinea  sei  die  Gattung  Hirudo 
erwähnt,  deren  Arten  über  die  heißen  und  gemäßigten  Länder  beider 
Erdhälften  verteilt  sind. 


377 


Der  Klasse  der  Rundwürmer  (Nemathelmintbes)  gehören  min¬ 
destens  1100 — 1200  Arten  an,  von  denen  die  meisten  als  En- 
tozoen  im  Innern  anderer  Tiere  schmarotzen.  Mit  diesen  ist  somit 
eine  nicht  unbedeutende  Anzahl  kosmopolitisch  geworden,  z.  B.  aus 
der  Ordnung  der  Kratzer  Echinorhynchus  gigas  im  Dünndarm  der 
Schweine,  E. polymorphus  in  dem  der  Enten,  ferner  von  Fulica  atra 
und  Gallinula  chlor  opus. 

Von  besonderem  Interesse  für  den  Menschen  sind  die  Faden¬ 
würmer  (Nematodes),  denn  zu  ihnen  gehören  gerade  seine  meisten 
und  gefährlichsten  Binnenschmarotzer,  von  denen  hier  zunächst  der 
Spulwurm,  Ascaris  lumbricoides,  erwähnt  sein  möge.  Er  begleitet 
wenigstens  die  kaukasischen  und  die  Negerrassen  über  die  ganze 
Erde,  ebenso  der  Pfriemenschwanz,  Oxyuris  vermicularis.  Einer  der 
gefährlichsten  Binnenschmarotzer  des  Menschen  ist  der  Dünndarm-- 
Palissadenwurm  ( Dochmius  duodenalis ),  denn  er  erzeugt  durch  seinen 
Parasitismus  die  Symptome  einer  hochgradigen  Blutarmut,  die  man, 
da  sie  zuerst  hauptsächlich  in  den  Nilländern  beobachtet  wurde, 
mit  dem  Namen  der  ägyptischen  Chlorose  (Bleichsucht)  bezeichnete. 
Sein  Verbreitungsbezirk  umfaßt  zwar,  wenigstens  wie  bis  jetzt  bekannt, 
noch  nicht  die  ganze  Erde,  erstreckt  sich  aber  über  die  tropischen 
und  subtropischen  Gegenden  der  alten  und  neuen  Welt.  Außerdem 
ist  er  in  Italien,  Ungarn,  Sachsen,  am  Rhein  und  in  Belgien  beob¬ 
achtet  worden,  in  letzteren  Ländern  und  Landstrichen,  besonders  in 
Bergwerken,  bei  Tunnelbauten  und  in  Ziegelbreunereien,  ja  es  hat 
neuerdings  sogar  den  Anschein  gewonnen,  daß  die  Mehrzahl  der 
Bergwerke  Mitteleuropas  mit  dem  Wurm  infiziert  und  »die  Bleich¬ 
sucht«  und  ähnliche  Krankheiten  der  Arbeiter,  wenigstens  zum  Teil, 
auf  den  Parasiten  zurückzuführen  sein  dürften. 

Andere  weit  verbreitete  Nematoden  sind  der  Peitschenwurm, 
Trichocephalus  dispar ,  mit  Ausnahme  des  hohen  Nordens  über  die 
ganze  Erde  verbreitet,  im  Blinddarm  der  Menschen  lebend  und  die 
allbekannte  Trichine,  Trichina  spiralis.  Zahllos  ist  noch  die  Menge 
der  Nematoden,  die  in  den  verschiedensten  Wirbeltieren,  vornehmlich 
in  uusern  Haustieren,  schmarotzen  und  die  somit  wenigstens  zum 
Teil  eine  weltweite  Verbreitung  erlangt  haben. 

Unter  den  Plattwürmern  (Plathelminthes)  sind  es  in  erster 
Linie  die  Cestodes,  die  infolge  ihrer  schmarotzenden  Lebensweise 
eine  größere  Anzahl  von  Kosmopolitikern  enthalten.  So  ist  z.  B. 
Taenia  saginata  über  die  ganze  Erde  verbreitet,  so  weit  das  Rind, 
und  Taenia  solium ,  soweit  das  Schwein  als  Haustier  gehalten 


378 


wird,  während  Taenia  echinococcus  durch  den  Hund  seine  weltweite 
Verbreitung  erlangt  hat.  Aus  der  Ordnung  der  Saugwürmer  ( Tre¬ 
matodes )  ist  Distomum.  hepaticum  und  lanceolatum  zu  erwähnen, 
vielleicht  dürfte  auch  Monostomum  mutdbile  als  Schmarotzer  zahl¬ 
reicher  Sumpfvögel,  namentlich  Rallideu  und  Scolopaciden,  kosmo¬ 
politisch  geworden  sein. 

Erwähnt  sei  noch  eine  den  Ringelwürmern  angehörige  Tiefsee- 
forin  von  kosmopolitischer  Verbreitung  Hyalinoecia  tubicola  aus  der 
Familie  der  Euniciden.  Die  Gattung  Hyalinoecia,  auf  deutsch 
»Glashäuschen«,  ist  dadurch  besonders  interessant,  daß  die  Arten 
dieser  in  Gehäusen  leben,  die  eine  bedeutende  Größe  erreichen.  Agassiz 
erwähnt  Exemplare  von  15  Zoll  Länge.  Sie  bestehen  aus  einer 
durchscheinenden  chitinösen  Masse,  welche  bei  Hyalin,  mahieuxii 
von  der  marokkanischen  Küste  aus  einer  Tiefe  von  380  bis  1200  Meter 
nach  dem  Berichte  von  Filhol  dem  abgeschnittenen  Kiele  einer  Gänse¬ 
feder  so  sehr  gleicht,  daß  zoologisch  unerfahrene  Begleiter  der 
Talisman-Expedition  wirklich  glaubten,  es  wären  Federkiele,  welche 
zufällig  einmal  auf  den  Boden  des  Meeres  geraten  und  nun  von  der 
Dredsche  mit  heraufbefördert  worden  wären. 

Unter  den  Stachelhäutern  (Echinodermata)  enthalten  die  Holo- 
thurien  in  der  neuesten,  erst  1875  entdeckten  Ordnung  der  Elasipoden 
Arten  von  überaus  weiter  horizontaler  Verbreitung,  so  z.  B.  Elpidia 
glacialis ,  Laetmogene  violacea ,  aus  der  Nachbarschaft  der  Färöer  und 
von  Sidney  bekannt  und  Oncirophantes  mutabilis,  kosmopolitisch. 
Letzteres  ist  nach  Marshall  ein  glasig  weißgraues  bis  hellviolettes 
Tier  von  bedeutender  Variabilität:  von  32  untersuchten  Exemplaren 
war  ein  jedes  anders. 

Bezüglich  der  Verbreitung  der  Seeigel  (Echinoidea)  gilt  nach 
Marshall  (Tierleben  der  Tiefsee)  Folgendes  :  »Eine  Art,  welche  eine 
bedeutende  vertikale  Verbreitung  hat,  wird  auch  in  horizontaler 
Richtung  auf  einem  ausgedehnten  Gebiete  Vorkommen  :  je  polytroper 
ein  Geschöpf  ist,  d.  h.  je  leichter  es  sich  verschiedenartigen  Ver¬ 
hältnissen  anzuschmiegen  versteht,  um  so  weiter  kann  es  sich  in 
jeder  Richtung  verbreiten.  So  sind  Schmetterlinge,  welche  in  der 
Schweiz  sowohl  in  den  tiefen  Thälern,  wie  an  den  Grenzen  des 
ewigen  Schnees  fliegen,  meist  in  ganz  Europa  gemeine  Arten.  Es 
findet  sich  Goniocidaris  canaliculata  vertikal  von  der  litoralen 
Zone  bis  zu  1975  Faden  und  in  horizontaler  Richtung  bei  den 
Falklandsinselu?  Natal,  Zanzibar  und  Australien,  Echinus  acutus 
bis  1350  Faden  und  von  Norwegen  bis  Ascension  und  vom  Mittel- 


379 


meer  bis  zu  Nordamerikas  Ostküste,  Echinus  elegans  wurde  in  ver¬ 
tikaler  Richtung  bis  zu  1000  Faden  uud  in  horizontaler  von  Nor¬ 
wegen  bis  Tristan  d’Acunha  und  Neuguinea  und  vom  europäischen 
bis  zum  amerikanischen  Gestade  des  Atlantischen  Oceans  aufgefunden. 
Zugleich  beweisen  auch  Gattungen,  welche  in  beiden  Richtungen 
weit  verbreitet  sind,  ihr  bedeutendes  Anpassungsvermögen  noch 
dadurch,  daß  sie  in  geologischem  Sinne  sehr  alt  sind  und  viele 
einstige  Zeitgenossen  überlebt  haben.  Das  Geschlecht  Salenia,  fast 
pautobathisch  und  kosmopolitisch  verbreitet,  erscheint  schon  im 
oberen  Jura,  Echinus  in  der  Kreide.« 

Schmarda  (Verbreitung  der  Tiere)  führt  vier  Seesterne  auf,  die 
in  allen  Meeren  Vorkommen:  Aster acanthion  rubens ,  A.  tennispinus, 
Echinaster  oculatus,  Aster iscus  verruculatus,  Marshall  das  der  Tiefsee 
angehörige  Geschlecht  Hymenaster.  Aus  der  Klasse  der  Schlangen¬ 
sterne  findet  sich  Ophio  musium  im  nördlichen  und  südlichen  Atlan¬ 
tischen  Ocean,  bei  Neuseeland,  Japan  uud  an  der  südwestlichen 
Küste  Südamerikas,  in  fast  allen  Meeren  nach  Leunis  Amphiura 
squamata. 

Schließlich  seien  auch  noch  einige  weit  verbreitete  Coelen- 
teraten  erwähnt.  So  ist  Cladocarpus  formosus,  zu  den  Hydroid- 
polypen  gehörig,  bei  Nordschottland  (167 — 632  Faden)  und  bei 
Japan  (420 — 772  Faden)  beobachtet  und  Bathyactis  symmetrica , 
eine  echte  Tiefseekoralle,  ist  nahezu  kosmopolitisch.  Seeauemonen 
sind  in  allen  Meeren,  an  den  Küsten,  besonders  wenn  diese  felsig 
sind,  bis  zum  Strande  der  niedrigsten  Ebbe  gemein  und  die  Hexakti- 
nelliden  reichen  von  den  Schottland  -  Inseln  im  Norden  bis  zum 
74°  s.  Br. 

Wie  schon  zu  Anfang  gesagt,  gehören  die  kosmopolitischen 

Arten  in  erster  Linie  Vögeln,  Fledermäusen  und  Insekten,  also 

•  • 

solchen  Tiergruppen  an,  denen  vermittelst  ihrer  Flügel  das  Uber¬ 
fliegen  von  Meeren  ermöglicht  ist,  ebenso  den  Meeres-Tieren,  besonders 
denen,  die  in  großen  Tiefen  leben.  Wenn  unter  diesen  selbst  solche 
Arten  kosmopolitisch  verbreitet  sind,  die  im  ausgebildeten  Zustande 
festgewachsen  und  somit  ohne  freie  Bewegung  sind,  so  ist  dies 
dadurch  zu  erklären,  daß  ihnen  allen  eine  solche  ja  während  des 
Larvenstadiums  zukommt,  daß  sie  in  diesem  Stadium  dem  Einflüsse 
der  Meeresströmungen  gewiß  am  meisten  ausgesetzt  sind.  Mit 
treibenden  Baumstämmen  und  großen  Früchten  ebensolcher  Bäume 
(z.  B.  die  Kokosnüsse)  werden  aber  auch  Insekten  und  andere  auf 
solchen  Gegenständen  befindliche  Tiere  transportiert,  und  die  Skinke 


380 


sind  es,  die,  wie  wir  gesehen  haben,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
auf  diese  Weise  ihren  großen  Verbreitungsbezirk  erlangt  haben. 

Eines  der  mächtigsten  Mittel  zur  Verbreitung  der  Organismen 
und  zwar  umso  mehr,  je  kleiner  dieselben  sind,  ist  die  bewegte  Luft. 
Durch  den  Wind  werden  nicht  nur  die  Keime  von  Infusorien  und 
anderen  mikroskopischen  Tieren  fortgeführt,  die  dann,  an  passenden 
Plätzen  angelangt,  sich  oft  in  überraschenden  Massen  entwickeln; 
auch  Insekten  und  Spinnen  werden  von  der  bewegten  Luft  und  von 
heftigen  Strömungen  sogar  Wirbeltiere  ergriffen  und  sodann  fort¬ 
geführt.  So  beobachtete  Darwin  während  seiner  Reise  an  Bord  des 
Beagle  einen  zur  Gattung  Colymbetes  gehörigen  Schwimmkäfer,  der 
sich  auf  das  Schiff  in  einer  Entfernung  von  85  km  von  jedem 
Land  niederließ,  ebenso  wurden  ein  kleiner  Borkkäfer  920  km, 
Schmetterlinge  und  Heuschrecken  371  km  von  der  Küste  West¬ 
afrikas  entfernt  gefangen. 

Auch  durch  wandernde  Vögel  ist  der  Transport  niederer  Wesen 
auf  große  Entfernungen  ermöglicht.  J.  de  Guerne,  einer  der 
Zoologen,  welche  an  der  Expedition  der  Hirondella  auf  dem  Atlan¬ 
tischen  Ocean  teilnahmen,  hat  genaue  Untersuchungen  angestellt, 
welche  ihm  darzuthun  erlaubten,  daß  dieses  Verbreitungsmittel  den 
Beteiligten  unbewußt  und  gegen  ihren  Willen  thatsächlich  existiere. 
An  den  Füßen  und  Schnäbeln  von  wandernden  Vögeln  (s.  Trou- 
eßart) ,  besonders  von  Enten  {Anas  boscas ,  A.  crecca)  fand  er 
im  anhängenden  Schlamm  Süßwasserkrebschen  resp.  ihre  Eier 
uud  Statoblasten  (Keim  -  Körper)  von  Bryozoen  u.  s.  w.,  aber 
namentlich  sind  es  die  Flügelfedern,  wr eiche  die  kleinen,  auf  der 
Oberfläche  der  Seen  und  Flüsse  treibenden  Organismen  aufifangen 
und  mit  sich  in  die  Ferne  nehmen.  Diese  jetzt  ganz  feststehenden 
Thatsachen  erklären  die  Einförmigkeit  der  niederen  Tierwelt  des 
süßen  Wassers,  wenn  nicht  etwa  in  dem  hohen  Alter,  geologisch 
gesprochen,  der  sie  zusammensetzenden  Formen  die  wahre  Ursache 
zu  suchen  und  zu  finden  sein  dürfte. 

Viele  Tiere  sind  endlich,  wie  schon  erwähnt,  durch  den  Menschen 
absichtlich  wegen  ihres  Nutzens  oder  unabsichtlich  durch  Schiffe, 
Nutzholz,  Zierpflanzen,  Getreide,  Hausgeräte  u.  dergl.  oder  um  eines 
wissenschaftlichen  Versuches  willen  verpflanzt  worden.  Die  Parasiten 
gelangen  durch  Menschen  und  Tiere,  auf  denen  sie  schmarotzen,  in 
die  verschiedensten  Gegenden,  während  andere  Tiere  dem  Menschen 
folgen,  herbeigelockt  durch  die  fortschreitende  Bodenkultur,  so  der 
Sperling,  Mäuse  und  Ratten.  Alle  diese  Vorgänge  mögen  sich  schon 


—  381  — 

/ 

Q 

seit  den  ersten  Wanderungen  des  Menschengeschlechts  abgespielt  haben; 
sie  konnten  den  Charakter  der  Faunen  gewisser  Länder  erheblich 
ändern  und  thun  es  noch  heut,  und  sicher  haben  sie  dazu  beige¬ 
tragen,  die  Lehre  von  der  Tierverbreitung  so  überaus  verwickelt 
zu  machen. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Zwischen  Hunden  und  in  derGefangenschaft  aufgezogenen 
Füchsen  schwinden  häufig  die  den  zwei  so  verschiedenen  Artrepräsentanten 
der  Gattung  Canis  eigenen  Antipathien;  sie  befreunden  sich.  Nachstehende 
Mitteilung  ist  von  um  so  größerem  Interesse,  als  sie  darthut,  daß  die  Hasse  des 
Hundes  auf  den  minderen  oder  höheren  Grad  einer  solchen  Freundschaft  von 
großem  Einflüsse  ist.  ln  einem  Revier  der  Umgebung  von  Oedenburg  grub 
der  betreffende  Waldhüter  11  junge  Füchse  aus  einem  Bau,  von  denen  der 
Förster  sich  2  ausgewählt,  um  sie  aufzuziehen.  Um  ihnen  die  Gefangenschaft 
möglichst  zu  erleichtern  bezw.  ihre  Entwicklung  zu  fördern,  ließ  er  sie  öfters 
aus  dem  etwas  engen  Zwinger  herausholen  und  in  ein  Zimmer  setzen,  in  dem 
gewöhnlich  auch  die  3  Hunde  des  Försters,  ein  Teckel,  ein  Pointer  und  ein 
riesiger  Neufundländer  zu  liegen  pflegen.  Die  jungen  Füchse  begannen  nach 
einer  kurz  dauernden  Beobachtung  der  3  Insassen  sich  einem  und  dem  anderen 
zu  nähern,  fanden  aber  eine  höchst  ungleiche  Aufnahme.  Der  Teckel  murrte 
und  fletschte  sie  an,  der  Pointer  nahm  mit  eingezogener  Rute  Reißaus, 
während  der  Neufundländer  sich  nicht  abgeneigt  zeigte,  auf  ihre  »Spielereien« 
einzugehen.  Nach  und  nach  wurden  die  Füchschen,  nachdem  man  sie  mehrere 
Tage  hindurch  auf  einige  Stunden  zu  den  Hunden  gebracht  hatte,  immer  kühner, 
und  schließlich  trieben  sie  es  mit  dem  Neufundländer  so  toll,  wie  es  junge  Füchse 
nur  eben  mit  der  geduldigen  Fähe  zu  treiben  pflegen.  Sie  kriechen  auf  ihm 
herum,  zerren  ihn  an  seiner  buschigen  Rute,  und  wenn  er  aufsteht,  so  eilen 
sie  ihm  winselnd  nach,  als  fürchteten  sie,  den  Gesellschafter  zu  verlieren. 
Auch  der  Pointer  hat  sich  daran  gewöhnt,  diesen  oder  jenen  der  2  Füchse  in 
seiner  unmittelbaren  Nähe  zu  sehen,  er  weudet  jedoch  von  keiner  ihrer  Be¬ 
wegungen  das  Auge  ab.  Nur  der  Teckel  läßt  sich  absolut  auf  keine  Spiele 
ein,  ja  er  wehrt  die  Füchse  knurrend  von  sich  ab  und  drückt  sich  »grollend«, 
aber  beobachtend,  in  eine  Ecke.  Die  letzteren  liiugegen  haben  es  gerade  darauf 
abgesehen,  ihren  Hauptfeind  zu  umschmeicheln,  der  indes  in  eine  zweite  Ecke 
flüchtet.  So  bietet  sich  oft  genug  das  Schauspiel,  daß  die  Füchse  den  Teckel 
umhertreiben,  bis  dieser  mit  einem  ernsterentKläffen  die  zudringlichen  Freund¬ 
schaftswerber  gänzlich  abweist.  »Der  Weidmann.« 

Eine  Katze  als  Vegetarianerin  und  Mäuse  als  Wespenfresser. 
In  The  Field,  2.  Sept.  1893,  berichtet  ein  gelegentlicher  Mitarbeiter  über  eine 
in  seinem  Besitze  befindliche  zwei  Jahre  alte  Hauskatze,  die  sich  in  der 
Auswahl  ihrer  Nahrung  als  echte  Vegetarianerin  erweist.  Sie  trinkt  Wasser 
lieber  als  Milch,  verschmäht  Fleisch  und  Käse,  frißt  Fische  nur  bei  großem 


382  — 


Hunger  und  ist  dagegen  sehr  erpicht  auf  Pilze,  Spargeln,  Melonen,  Gurken, 
rohe  Kartoffeln,  trockenes  Brot  und  Biskuit.  — 

Ein  anderer  Mitarbeiter  berichtet  in  derselben  Nummer  der  genannten 
Zeitschrift,  daß  er  Hausmäuse  dabei  beobachtete,  wie  sie  zahlreiche,  auf  einer 
Fensterbank  liegende  getötete  Wespen  und  zwar  besonders  deren  Kopfteile 
auffraßen.  _ 

Litteratur. 


Die  Schöpfung  der  Tierwelt.  Von  Dr.  Willi e  1  m  Haacke.  Leipzig  1898. 

Bibliographisches  Institut. 

Wem  der  Autor  des  vorliegenden  Werkes  nicht  schon  als  einer  jener 
zoologischen  Gärtner  bekannt  war,  die  ihre  Aufgabe  als  eine  in  erster  Linie 
wissenschaftliche  auffassen,  und  an  dieser  Auffassung  unentwegt  festhalten, 
dem  ist  er  vielleicht  aus  seinen  erfolgreichen  Forschungsreisen  im  Dienste 
der  Wissenschaft  oder  aus  seinen  Jagdzügen  durch  mehrere  Weltteile  bekannt 
geworden.  Sicher  aber  kennt  er  ihn,  mit  der  ganzen  gebildeten  Welt,  durch 
dessen  Mitbearbeitung  der  dritten  Auflage  von  »Brehms  illustriertem  Tierleben« 
in  vorteilhaftester  Weise. 

Bei  allen  diesen  Thätigkeiten  Haackes  tritt  stets  in  markanten  Zügen 
das  Einstehen  für  die  Abstammungstheorie  hervor,  und  auf  dieser  Grundlage 
ist  denn  auch  dessen  neuestes  litterarisches  Werk  aufgebaut.  Bei  seinem  vorur¬ 
teilslosen,  selbständigen  Forschen,  bei  dem  oft  ausgesprochenen  Bewußtsein  der 
Begrenztheit  des  sichern  menschlichen  Wissens  und  bei  der  billigen  Berück¬ 
sichtigung  der  Anschauungsweise  anderer  war  von  vornherein  nicht  zu  befürch¬ 
ten,  daß  Haacke  in  seiner  »Schöpfung  der  Tierwelt«  eine  Mauer  gegen  andere 
Ansichten  hinsichtlich  der  »Mittel  und  Formen  der  Tierschöpfung«  und  der 
»Geschichte  der  Tierstämme«,  in  welche  zwei  Hauptteile  der  Autor  den  reichen 
Stoff  scheidet,  werde  aufrichten  wollen.  Wir  sind  deshalb  auch  weder  er¬ 
staunt  noch  »angenehm  überrascht«  gewesen,  gleich  anfangs,  bei  der  Behand¬ 
lung  der  Menschen  —  oder  Großaffen  —  zu  lesen:  »Wir  dürfen  bei  aller  Ent¬ 
schlossenheit  im  Festhalten  an  der  Abstammungslehre  nie  und  nirgends  die 
Erwägung  außer  acht  lassen,  daß  Formenähnlichkeit  keine  Blutsverwandtschaft 
zu  sein  braucht,  und  daß  gesonderte  Abstammungsreihen  zu  ähnlicher  End¬ 
gliederung  geführt  haben  können;  daß  nahezu  übereiustiinmende  Entwicklungs¬ 
linien  seit  der  Zeit  ihres  Beginnes  ohne  jeden  Zusammenhang  nebeneinander 
hergelaufen  sein  können«,  womit  wohl  hinsichtlich  der  loyalen  Behandlung  der 
ganzen  Frage  sehr  viel  gesagt  ist.  Und  im  Verlaufe  des  gleichen  Abschnittes 
sagt  Haacke  zum  weiteren  Tröste  vieler:  »Man  hat  viel  über  Affenhand  und 
Menschenhand  gestritten,  und  die  Hand  des  Gorilla  und  Schimpansen  darauf¬ 
hin  angesehen,  ob  sich  wohl  aus  ihr  eine  Menschenhand  entwickelt  haben 
könnte.  Wir  können  diese  Möglichkeit  mit  Bestimmtheit  verneinen;  denn 
auch  die  Hand  des  Großaffen  zeigt  uns  schon  den  Anfang  vom  Ende  eines 
Entwicklungsganges,  der  mit  fünf  unter  sich  ziemlich  gleich  entwickelten  Fingern 
begann  und  schon  bei  manchen  Affen  mit  dem  völligen  Verschwinden  des 
Daumens  beendigt  ist«  u.  s.  w.- —  Der  Anhänger  der  Abstammungslehre  wird 
das  Werk  mit  großem  Interesse  durchstudieren;  denn  zu  bloßem  unterhalten- 
.dem  Durchblättern  oder  Lesen  eignet  es  sich  allerdings  nicht,  und  dem  Feind 


383 


der  Deszendenztheorie  empfehlen  wir  das  Werk  nicht  weniger  warm,  weil  er 
nicht  leicht  einen  bessern  Prüfstein  als  den  ihm  hier  gebotenen  für  die  Halt¬ 
barkeit  seiner  eigenen,  von  ihm  bisher  für  einzig  richtig  gehaltenen  Ansichten 
über  die  Entstehungs-  und  Entwicklungswege  der  Tierwelt  und  die  Geschichte 
der  Tierstämme  wird  finden  können.  Freund  und  Feind  der  Deszendenzlehre, 
beide  werden  ein  Werk  nicht  ohne  großen  Gewinn  für  ihr  Wissen  studieren, 
in  welchem  von  Anfang  bis  zum  Ende  Theorie  und  Thatsache  miteinander 
in  Einklang  zu  bringen  gesucht  werden,  wenn  dies  ohne  Zwang  geschehen 
kann.  Ohne  auf  die  einzelnen  Abteilungen  einzutreten,  darf  mit  Überzeugung 
gesagt  werden,  daß  Haacke  seinen  Hauptzweck:  ein  Buch  geschrieben  zu  haben, 
»das  auch  der  Forscher  mit  Nutzen  zur  Hand  nimmt,  das  vor  allem  aber  einen 
Beitrag  leisten  soll  zur  Wiederbelebung  und  Stärkung  der  Freude  am  durch¬ 
geistigten  Naturgeuuß«  voll  und  ganz  erreicht  hat.  Wir  erwähnen  nur  noch 
des  24.  und  letzten  Abschnittes  über  »die  Gebiete  und  Grenzen  der  Tiererfor¬ 
schung«,  der,  nach  sehr  anregender  Behandlung  dieses  interessanten  Themas, 
trotzdem  er  das  Ende  der  Darlegung  so  reichen  Wissens  bildet,  dennoch  mit 
den  Worten  das  ganze  Werk  abschließt:  »Über  die  Grenzen  der  vorstellbaren 
Naturvorgänge  hinauszugehen  wird  uns  für  immer  verschlossen  bleiben.  Jen¬ 
seits  dieser  Grenzen  hat  die  Herrschaft  der  Wissenschaft  aufgehört;  dort  tritt 
in  seine  unveräußerlichen  Rechte  der  Glaube«,  unter  welchem  indessen 
Haacke  unmöglicherweise  den  sogenannten  Köhlerglauben  verstehen  kann ; 
denn  dieser  besitzt  keine  unveräußerlichen  Rechte.  Unwillkürlich  erinnert  uns 
vielmehr  dieses  Schlußwort  an  jenes,  mit  dem  Friedrich  von  Tschudi  sein 
»Tierleben  der  Alpenwelt«  in  so  vollen  und  reinen  Tönen  ausklingen  läßt. 

Haackes  »Schöpfung  der  Tierwelt«  stellt  einen  starken  Band  dar,  mit 
einer  Karte,  469  Abbildungen  im  Text  und  20  Tafeln  in  Farbendruck  und 
Holzschnitt  sehr  reich  illustriert,  und  in  jeder  Hinsicht  so  schön  ausgestattet, 
wie  wir  dies  bei  allen  derartigen  Erscheinungen  aus  Meyers  bibliographischem 
Institut  so  zu  finden  gewohnt  sind.  In  seiner  äußern  Erscheinung  und  Gestalt 
einem  Bande  des  »Illustrierten  Tierlebens«  zum  Verwechseln  gleich,  würde  er 
sich  gerne  bescheiden  jenen  zehn  Bänden  als  deren  jüngster  Bruder  anschließen. 
Da  er  jedoch  seinem  Inhalte  nach  die  Vorgeschichte  zu  diesem  Werke  bildet, 
so  findet  er  seinen  richtigen  Platz  als  vorderster  in  jener  stattlichen  Zeugen¬ 
reihe  menschlicher  Geistesarbeit.  Dr.  A.  Girtanner. 

Gestaltung  und  Vererbung.  Eine  Entwicklungsmechanik  der  Organismen. 

Von  Dr.  Wilhelm  Haacke.  Mit  26  Abbildungen  im  Text.  Leipzig,  T.  0. 

Weigel  Nachfolger.  1898. 

Eine  Ergänzung  zur  »Schöpfung  der  Tierwelt«  bildet  das  vorliegende  Werk 
desselben  Autors.  Es  enthält  die  ausführliche  wissenschaftliche  Begründung  der 
in  dem  besprochenen  Werke  angewandten  Lehren  Haackes.  Im  Gegensatz  zu 
August  Weismann  führt  Haacke  den  Beweis,  daß  die  Vererbung  erworbener 
Eigenschaften  nicht  unmöglich,  sondern  sogar  eine  mechanische  Notwendigkeit 
ist.  Umfassende  Züchtungsversuche  mit  höheren  Tieren,  allein  mit  über  3000 
Mäusen  vieler  erblichen  Rassen,  dienten  ihm  zur  Begründung  und  zum  Beweise 
der  aufgestellten  Theorien.  Das  ganze  Werk  stellt  eine  durch  vieljähriges 
eingehendes  Studium  entstandene  Gestaltungs-  und  Vererbungslehre  dar,  die 
für  die  streugwissenschaftlichen  Forscher  von  ebenso  großem  Interesse  ist,  wie 
für  Naturfreunde,  Ärzte,  Philosophen  und  überhaupt  alle  Gebildeten. 


384 


Storch  ne  st  er  in  Frankfurt  am  Main  und  dessen  Umgebung.  Von 
Dr.  Julius  Ziegler,  Mit  einer  Karte.  Sonderabdruck  aus  dem  Bericht 
der  Senckenberg.  naturf.  Ges.  1893.  55  S. 

Der  Verfasser  bietet  in  vorliegendem  Werkchen  die  Resultate  einer  mit 
vielem  Fleif3  zusammengetragenen  Forschung,  die  uns  über  das  Vorkommen 
des  Storches  in  Frankfurt  und  weiteren  Umgebung  Aufschluß  giebt.  Nach 
der  Aussage  des  Verfassers  lag  es  in  der  Absicht  unseres  leider  so  früh 
verstorbenen  Redakteurs,  Herrn  Prof.  Dr.  Noll,  eine  allgemeinere  Erörterung 
des  Gegenstandes  in  unserer  Zeitschrift  zu  veröffentlichen  und  müssen  wir  es 
daher  dankbar  anerkennen,  daß  Herr  Dr.  Ziegler  sich  der  Mühe  unterzogen 
hat,  die  nach  früheren  Mitteilungen  aus  unserer  Zeitschrift  wie  nach  anderen 
Quellen  ihm  gegebenen  Aufschlüsse  zu  verwerten  und  in  ein  einheitliches 
Ganzes  zu  bringen. 


Eingegangene  Beiträge. 

Dr.  G.  Pf.,  H.  Bosten  Dank  für  Übersendung  Ihrer  Notiz.  —  Dr.  F.  W.  in  W.,  Dr.  J. 
M.-L.  in  B.,  J.  N.  in  St.,  J.  B.  in  L.  Manuskripte  dankend  erhalten.  —  P.  M.  in  B.  Wir 
haben  Ihre  Manuskripte  mit  Dank  erhalten  und  die  Ausführung  der  Zeichnung  sofort  in 
Angriff  genommen. 


Bücher  nnd  Zeitschriften. 

Zusendungen  werden  direkt  an  die  Verlagshandlung  erbeten. 

Das  Weidwerk.  Zeitschrift  f.  d.  Jagd- u.  Naturfreund.  Verlag  J.  Dolezal,  Prag  II.  Jahrg. 
No.  9  u.  10. 

Die  Schwalbe.  Mitteilungen  des  ornithologischen  Vereins  in  Wien.  Redigiert  von  C. 

Pallisch  unter  Mitwirkung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  C.  Claus.  XVII.  Jahrg.  No.  12. 
Zoologischer  Anzeiger  herausgegeben  von  Prof.  J.  Victor  Carus.  Leipzig.  Wilhelm 
Engelmann.  XVI.  Jahrg.  No.  434.  436. 

Deutsche  Forst-  und  Jagdzeitung.  Herausgegeben  unter  Mitwirkung  bewährter 
Forst-  und  Jagdfreunde.  Trier.  Fr.  Lintzsche  Buchh.  IX.  Jahrg.  No.  11.  12. 
Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie  und  Kaninchenzucht.  Redaktion  Ferd. 
Wirth  in  Zug  und  E.  Beck-Corrodi  in  Hirzel.  Zürich.  Ulrich  &  Co.  XVII.  Jahrg. 
No.  48—52. 

Der  Weidmann.  Blätter  f.  Jäger  und  Jagdfreunde.  Blasewitz-Dresden.  Paul  Wolff. 
XXV.  Band  No.  10—13. 

Die  gefiederte  Welt.  Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Ruß.  Magdeburg.  Creutzsche 
Verlagsbuchh.  XXII.  Jahrg.  No.  48-52. 

Nature.  A  weekly  illustrated  journal  of  Science.  London.  Macmillan  &  Co.  Vol.  49 
No.  1257— 1261. 

Field.  London.  Horace  Cox.  LXXXII.  No.  2136—2140. 

Prof.  Dr.  G.  Jägers  Monatsblatt.  Zeitschrift  f.  Gesundheitspflege  und  Lebenslehre. 

Stuttgart.  W.  Kohlhammer.  XII.  Jahrg.  No.  12. 

Der  Vermehrungsprozeß  im  Tierreiche,  Gemeinfaßlich  dargestellt  von  Gg.  Cle¬ 
mens  Vogel.  Dresden.  Verlag  von  Wilhelm  Reuter.  1893. 

Bulletin  de  la  societe  imp.  des  naturalistes  de  Moscou.  Redaktion  v.  Prof.  Dr. 
M.  Menzlin.  1893.  No.  2  u.  3. 

Neueröffnetes,  wundersames  Arzenei-Kästlein,  darin  allerlei  gründliche  Nachrichten 
wie  es  unsere  Voreltern  mit  den  Heilkräften  der  Tiere  gehalten  haben,  zufinden 
sind.  Durch  William  Marshall.  Leipzig.  A.  Twietmeyer.  1894. 

Ornithologie.  Katalog  von  ca.  600  Werken  über  Vögel.  Paris.  Dezember  1893.  J.  B. 
Bailliöre  &  Als. 

Bemerkungen  zur  Süßwasserfauna  Württembergs.  Von  Prof.  Dr.  Lampert.  Sep. 

Abdr.  a.  d.  Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württemberg.  1893. 

Natur  und  Haus,  lllustr.  Zeitschrift  f.  alle  Liebhabereien  im  Reiche  der  Natur.  Herausg. 
v.  Dr.  L.  Staby  u.  Max  Hesdörffer.  Verlag  vonRob.  Oppenheim  in  Berlin  1894.  2.  Jahrg. 
Heft  7. 

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Druck  von  Mahlau  &  Waldschinidt.  Frankfurt  a.  M. 


Register 


Aal,  Zählebigkeit  92. 

Abbildungen:  Äskulapnatter 
42,  Bärenfalle  116,  Eid¬ 
echsennatter  44,  Erdtriton 
369,  372,  Gehörknöchelchen 
verschiedener  Säugetiere 
100,  Goral  73,  Quagga  293, 
Schlingnatter  42,  Sprossen¬ 
natter  46,  Vierstreifennatter 
36,  Zornnatter  39. 

Abramis  brama  12,  234,  316, 
vimba  316. 

Acanthia  lectularia  231. 

Acerina  cerenua  234. 

Achatina  lubrica  340. 

Acherontia  atropos  211. 

Acipenser  sturio  13. 

Acridium  aegytiacum  123. 

Aditis  bartrami  29. 

Adler,  Fisch-  121. 

Admiral  210. 

Aetea  anguina  345. 

Affen  auf  Gibraltar  126,  188. 

Affensprache  61. 

Albinimus  chilenischer  Vögel 
83. 

Albino,  Kragenbär  285. 

Alburnus  lucidus  154,  234. 

Alcelaphus  s.  Bubalis. 

Alytes  obstetricans  27. 

Amaurobius  ferox  278. 

Ameise,  rote  208. 

Ameisenregen  253. 

Amphibien-Krankheiten  65. 

Anas  acuta  157,  boscas  157,  380 
clypeata  144,  crecca  157,  380. 

Anpassungstheorie  97. 

Anser  unser  157. 

Antilope  cervicapra  72. 

Antilopen,  asiatische  71. 

Apis  fasciata  207,  ligustica  206, 
mellißca  206,  unicolor  207. 

Aplccerus  montanus  79. 

Apteryx  bulleri  94. 

Aquarien-  und  Terrarien- 
Ausstellung  350. 

Aquarium  des  Frankfurter 
zoolog.  Gartens  216,  des 
Hamburger  zoolog.  Gartens 
89. 

Ara  ararauna  250,  maracana  250. 

Ara,  Rotrücken  250. 

Ararauna  250. 

Aras,  Fortpflanzung  250. 

Area  pteroessa  345. 

Ardomys  marmota  2. 

Ardea  cinerea  122. 

Argonauta  argo  284. 

Agrotis  segetum  212. 

Armadillidium  vulgare  808. 

Armadillo  officinalis  308. 

Armathia  carpenteri  280. 

Ascaris  lumbricoides  377. 

Asinus  somalicus  289. 

Aspius  rapax  12,  233. 

Astacus  zaleuca  308. 

Atax  ypsilophorus  278. 

Aufruf  an  alle  Vogelkenner 
Deutschlands  174. 

Ausstellung ,  Aquarien  und 
Terrarien  350. 


Balaenoptera  rostrata ,  Gehör¬ 
knöchelchen  99. 

Baianus  psittacus  310,  t-ntin- 
nabulum  310. 

Baldamus  f  348. 

Bär,  Anden-  (Brillen-)  328,  Cin- 
namon- 113, Grauer  (Grizzly-) 
113,  Kragen-  Albino  285, 
Silvertip-  113. 

Barbe  11,  234. 

Barbus  petenyi  316,  vulgaris 
(fluviatilis)  11,  234,  316. 

Bärenfalle  116. 

Barsch,  Fluß-  234,  Ivaul-  234, 
Rotz-  233. 

Bassaris  astuta  306. 

Bastarde:  Gold-  und  Amherst- 
fasan  222,  Rotauge  und 
Bresem  234,  Stieglitz  und 
Grünling  94,  Wolf  u.  Hund 
189,  222. 

Bathyadis  symmetrica  379. 

Batrachier ,  spanische ,  im 
Herbst  26. 

Baumstachler  285. 

Bechholds  Handlexikon  der 
Naturwissenschaften  224. 

Beiträge,  eingegangene,  32, 
64,  96,  128,  16C,  192,  224,  256, 
288,  320,  352. 

Bekassine,  große  157. 

Bennett,  George  f  348. 

Beobachtungen,  ornitho- 
logische,  aus  Livland  156. 

Berg,  Joh.  Der  Erdtriton 
im  Terrarium  367. 

Berichtigung  192. 

Bericht  über  den  zoolog. 
Garten,  Dresden  21. 

Beutelfrosch,  neuer  129. 

Beuteltier,  neues,  aus  Chile  29. 

Beutelwolf  292. 

Bienen-Arten  206. 

Bilder  aus  dem  Tier-  und 
Pflanzenreiche  von  Breslich 
und  Koepert  94. 

Bison  286,  353. 

Bison  americanus  353. 

Blasius,  R.  Ornithol.  Be¬ 
obachtungen  in  Livland  156. 

Bläßhuhn  121. 

Boettger,  O.  Ein  neuer 
Beutelfrosch  129.  —  Nahrung 
der  Korallenschlangen  317. 

B  o  1  a  u ,  H.  Die  ältesten  Tiere 
des  zoolog.  Gartens  in  Ham¬ 
burg  281,  —  Die  Scheiden¬ 
schnäbel  im  Hamburger 
zoolog.  Garten  297. 

Bolborhynchus  monachus  63. 

Bombyx  mori  212. 

Boreomysis  obtusa  308. 

Boselaphus  tragocamelus  72. 

Brachinus  crepitans  232. 

Branta  bernicla  284. 

BrehmsTierleben  190. — V  olks- 
ausgabe  223. 

Bresem  12,  234. 

Breslich  &  Koepert ,  Bilder 
aus  dem  Tier-  und  Pflanzen¬ 
reiche  94. 


Bubalis  albifrons  205,  bubalis  200, 
caama  202,  cokei  206,  lichten- 
sleinii  203,  lunata  204,  maure- 
tanica  202,  pygarga  205,  senega- 
lensis  204,  twaynii  206. 

Bücher  und  Zeitschriften  32, 
64,  96,  128,  160,  192,  224,  256, 
288,  320,  352,  384. 

Buchfinkeneier  219. 

Budorcas  taxicolor  72. 

Bufo  calamita  27,  palmar  um  27, 
variabilis  27,  vulgaris  (cinereus) 
27,  58. 

Bugula  neritina  345. 

Bussard,  Wespen-  74. 

Buxbaum,L.  Die  Mainfische 
und  ihre  Namen  233.  —  Der 
Tannenhäher  346.  -  Der 

Wanderzug  der  Mainfische 
im  8ommer  1892  11. 

Calandra  granaria  184  ,oryzae  184. 

Calliphora  vomitoria  18. 

Callopeltis  aesculapii  41. 

Camponotus  ligniperdus  208. 

Carassius  carassius  (vulgaris) 
155,  234,  316. 

Cemas  caudata  74,  cinerea  74, 
goral  73,  grisea  74. 

Ceratopsyllus  canis  213,  gallinae 
213. 

Cervus  thoroldi  252. 

Charadrius  hiaticula  157 ,pluviulis 

157. 

Chema  sabini  347. 

Chionis  alba  297,  minor  299. 

Chondrostroma  nasus  233. 

Clichna  alba  344. 

Chrysomela  decemlineata  185. 

Chrysotis  ochroptera  125,  roth- 
schildi  125. 

Cladocarpus  formosus  379. 

Cobitis  fossilis  233. 

Coccus  cadi  230. 

Coelopeltis  lacertina  43,  neumayeri 
34. 

Coluber  aesculapii  41, 67,  boddaerti 
317,  caspius  39,  quadrilineatus 
66,  quaterradiahis  34,  66. 

Conchoderma  virgata  310. 

Conurus  aeruginosus  125. 

Conurus  arubensis  125. 

Coronella  laevis  (austriaca)  42,  67, 
sayi  36. 

Cottus  gobio  233. 

Cribrella  monoceros  345. 

Crossoptilon  mantchuricum  350. 

Cyanorhamphus  unicolor  221. 

Cyclodus  gigas  348. 

Cygnus  bewicki  284,  cygnus  284. 

Cynocephalus  porcarius  252. 

Cyprinus  carassius  s.  Carassius 
carassius,  Cyprinus  carpio  29, 
234. 

Dachs  107,  299. 

Banais  chrysippus  211. 

Delphin  155. 

Belphinus  delphis  155. 

Dermanyssus  hirundinis  278. 


386 


Dermestes  murtnus  232. 

Demodex  folliculorum  canis  279, 
hominis  279. 

Didolphys  elegans  29,  taldmana  29. 

Didosaurus  maurit.  59. 

Diebel  316. 

Dimorphus  fuscus  278. 

Discoglos sus  pictus  26. 

Distomum  hepaticum  378,  lanceo- 
latum  378. 

Döbel  234,  316. 

Doclimius  duodenalis  377. 

Dorynchus  thomsoni  280. 

Dreyssena  polymorpha  345. 

Feh inorhynchus  gigas  377,  poly- 
morplius  377. 

Echinus  acutus  378,  elegans  379. 

Echse,  Brücken-  335. 

Edelhirsche,  Aveiße  und  halb¬ 
weiße  286. 

Ei  im  Ei  57. 

Eichhorn,  Pferdeschweif-  286. 

Eidechsenkrankheiten  69. 

Eier  vom  Buchfink  219,  vom 
Kuckuck  219. 

Elaphis  quadrilineatus  (cervone) 

34,  68. 

Elaps  riisei  317. 

Elays  extendens  278. 

Elpidia  glacialis  378. 

Elefant  252. 

Emys  europaea  110,  162,  193,  221, 
235,  257. 

Ente,  Löffel-  144. 

Enten -Arten  157,  hochnor¬ 
dische  285. 

Equus  africanus  292,  boehmi  289, 
burchelli  290,  chapmuni  290, 
caballus,  Gehörknöchelchen 
100,  grevyi  290,  onager  286, 
przivalskii  127,  292,  quugga  290, 
sivalensis  296,  somaliensis  292, 
stenonis  296,  taeniopus  292,  zebra 
290. 

Erdtriton  367. 

Ergaslicus  clouei  280. 

Eristalis  tenax  212. 

Esel,  Wild-  289. 

Esox  lucius  155. 

Ethusa  granulata  280. 

Euplocomus  nycthemerus  350. 

Falco  candicans  48. 

Falle  für  Bären  116. 

Falter,  Distel-  210. 

Fang-,  seltener  349. 

Fasanenzucht  in  Kalifornien 
349. 

Faulmann,  K.  Im  Reiche  des 
Geistes  256,  351. 

Fauna  Saxonica,  Amphibia  et 
Reptilia.  Von  Schulze  und 
Borcherding  159. 

Felis  lynx  285,  mitis  285. 

Feuer  im  Raubtierhause  190. 

Fink,  Berg-  178,  Buch-  178, 
219,  Edel-  178. 

Fisch,  Bemerkungen  über 
einen  chilenischen  91. 

Fische  im  Eise  eingefroren  124. 

Fischer-Sigwart,  H.  Die 

Europäische  Sumpfschildkröte 
162,  193,  235,  257. 

Fisher,  A.  Iv.,  The  Hawks 
and  Owls  of  the  United 
States  255. 

Fliege,  Bies-  213,  Gold-  18, 
Schlamm-  212,  Schmeiß-  18, 
Stuben-  213. 


Flußpferd  364. 

Forficula  auricularia  229. 

Formica  rufa  208. 

Forschungsgänge  durch  Feld 
und  Wald  74,  110,  137. 

Forschungsreise  nach  den 
Molukken  318. 

Fortpflanzung  der  Aras  250. 

Fregatte,  spanische  284. 

F  r  i  e  d  e  1 ,  E.  Wolf  und  Wolfs¬ 
jagd  i.Deutsch-Lothringenö. 

Fringilla  coelebs  178,  219,  mon - 
tifringilla  178. 

Frosch,  Beutel-  129. 

Frösche,  Arten  26,  27. 

Fuchs  122,  381. 

Fulica  atra  121,  377. 


Galathodes  antonii  280. 

Gallinago  major  157. 

Gallinula  Chloropus  92,  121,  377. 

Gallus  domesticus  146. 

Gans,  graue  157. 

Gastrophilus  equi  213. 

Gazella  arabica  71,  bennetti  71, 
dorcas  71,  gutturosa  72,  mus- 
catensis  71,  picticauda  72,  sub- 
gutturosa  71. 

Gazellen-Arten  71. 

Geburten  in  zoolog-  Gärten 
30,  89,  94,  107,  189,  216,  221, 
222,  247,  318,  349. 

Gefiederte  Welt  von  Ruß, 
32,  159,  255. 

Geflügelzucht  in  Ungarn  31. 

Gehörknöchelchen  von  Säuge¬ 
tieren  98. 

Gemse  267. 

Geophis  lineatus  317. 

Geotriton  fuscus  667. 

Gestaltung  u.  Vererbung  von 
Haacke  383. 

Giraffe  286,  364. 

Glutt  121. 

Gobio  ßuviatilis  29,  155. 

Goniocidaris  caniculata  378. 

Goral  73. 

Grasmücke,  wälsche  179. 

Grasmücken, Volksnamen  der¬ 
selben  179. 

Greiner  233. 

Greve,  C.  Ein  Beispiel  von 
Vererbung  mechanischer 
Verletzungen  132.  Beobach¬ 
tungen  über  das  Leben  des 
Dachses  299.*—  Ein  Lehr¬ 
buch  der  Zoologie  aus  dem 
XVIL  Jahrhundert  50. 

Guivillea  alabastrina  343. 


Haacke,  Gestaltung  und  Ver¬ 
erbung  383.  —  Schöpfung 
der  Tierwelt  382. 

Häher,  Tannen-  346. 

Halicore  australis,  Gehör¬ 
knöchelchen  99. 

Handlexikon  der  Naturwissen¬ 
schaften  von  Bechhold  224. 

Eapalopoda  investigator  308. 

Hasel  233. 

Hatteria  punctata  335,  347. 

Hautkrankheiten  bei  Rep¬ 
tilien  68. 

Hawks  and  Owls  of  the  Uni¬ 
ted  States  by  A.  K.  Fisher 
255.  - 

Hecht  12,  349. 

Eemigalea  hardwicki  292. 


Hen nicke,  C.  R.  Über  Ar - 
gonauta  argo  284.  —  Ein  Bei¬ 
trag  z.  Anpassungstheorie97. 

Eesperia  comma  232. 

Heuschrecke,  Wander- 123, 229 

Eipparion  antilopinum  296,  gra- 
cile  295. 

Hirsch,  Edel-,  weiß  und  halb¬ 
weiß  286,  Wapiti-  286. 

Hirschart,  neue  252. 

Hirundo  albiventer  83,  cyanoleuca 
82,  leucoptera  83,  leucopyga  82, 
leucopygia  83,  leucorrhoa  83, 
melampuga  82,  rustica  117, 
250,  286. 

Hoffmann,  B.  Liebe  zur  Tier¬ 
welt  127. 

Eomo  sapiens, Gehörknöchelchen 
100. 

Huhn,  Auer-  158,  Birk-  158, 
Hasel-  158,  Haus-  146,  Moor¬ 
schnee-  157,  Reb-  319, 
Schottisches  Moor-  318. 

Hühnchen  durch  eine  Eule 
ausgebrütet  156. 

Hund,  Ausdauer  59,  undJFuchs 
381,  —  und  Katze  59. 

Hyalinoecia  rnahieuxii  378,  tubi- 
cola  378. 

Eyaena  crocuta  200. 

Hylopagurus  rectus  281. 

Eypodcrma  bovis  213. 

Jagdbeuten  seltene  284. 

Jagdskizzen  aus  Livland  156. 

Jahrbuch,  ornitholog.  von 
Tschusi-Schmidhoffen  63. 

Jahresbericht  d.  zoologischen 
Gartens  zu  Basel  310,  Breslau 
244,  Dresden  21,  Frankfurt 
213,  Hamburg  88,  Hannover 
150. 

Jardin  des  Plantes  161. 

Im  Reiche  des  Geistes  von 
Faulmann  256,  351. 

Jubiläum  des  Jardin  des 
Plantes  161. 


Käfer,  Kartoffel- 185,  Reis- 184. 

Kakadu,  Rosa-  13. 

Kambing-Utan  74. 

Kampf  hahn  157. 

Kaninchenplage  93. 

Karausche  234. 

Karpfen  234. 

Karsch,  F.  Berliner  Ento- 
mologische  Zeitschrift  287. 

Kathariner,  Zählebigkeit 
der  Aale  92. 

Katze  86,  als  Vegetarianerin 
381,  siamesische  Haus-  285, 
sibirische  Haus-  285,  Mbara- 
kaya-  285. 

Katzenfrett  306. 

Kauz,  Wald-  156. 

Iveller-Zschokke,  J.  Zum 
Kapitel  „Hausratte“  30. 

Kellia  suborbicularis  345. 

Kilbs  234. 

Klein,  A.  v.  Zoolog.  Garten 
bei  Kopenhagen  252. 

Knauthe,K.  Über  d.  Delphin. 
155.  —  Über  Fische  124, 154, 
155,  315.  —  Zur  Frage  d. 
VeerbungerworbenerEigen- 
schaften  29.  —  Hausratte 
123.  —  Kröten  durch  Flie¬ 
genmaden  getötet  58. 

Königstiger,  sibirischer  285 


387 


Korallenschlangen  317. 

Krabbe,  Riesen-  280. 

Krämpfe  bei  Schlangen  68. 

Krankheiten  d.  Reptilien  und 
Amphibien  65. 

Krebsversand  189. 

Kröten  durch  Fliegenmaden 
getötet  58,  Arten  27. 

Kuckuck,  Eier  219,  Ruf  219,  286. 

Kulan  286. 

Racerta  ocellata  69,  viridis  69, 
vivipara  147. 

Lach  mann,  Herrn.  Em¬ 
pfehlenswerte  Schlangen  für 
zoolog.  Gärten  33. 

Lachs  12. 

Laetmogene  violacea  378. 

Lagopus  lagopu s  157. 

Lama  zum  Reiten  und  Fahren 
benutzt  286. 

Langkavel.  Das  Alpen¬ 
murmeltier  1.  —  Bison  ameri- 
cnnus  353.  —  Bubalis  200.  — 
Die  Gemse  267. 

Lasius  niger  254. 

Laus,Reb-  230, echte  Sehild-230. 

Lehrbuch  der  Zoologie  a.  d. 
XVII.  Jahrhundert  50. 

Lepas-Arten  309. 

Leucaspius  delineatus  29,  154, 
155,  -315. 

Leuciscus  cephalus  315,  erythroph- 
thalmns  316,  phoxinus  154,  316, 
rutilus  234,  316. 

Liebes  Ornithol.  Schriften, 
herausgegeb.  v.  Hennicke  95. 

Liebe  zur  Tierwelt  von  B. 
Hoffmann  127. 

Limnochures  holosericea  278. 

Limopsis  pelagica  345. 

Liolaemus  magellanicus  147. 

Liophis  m elanotus  317. 

Lithodes  agassizii  307,  ferox  307. 

Litteratur  32,  63,  94,  127,  159, 
190,  223,  255,  287,  351,  382. 

Luchs,  europäischer  285. 

Lycaena  argiolus  232. 

Macacus  inuus  126,  188. 

Macrocheira  kaempferi  280. 

Magot  126,  188. 

Maintische,  Namen  233,  Wan¬ 
derzug  11. 

Marakana  250. 

Mäuse  als  Wespenfreßer  381. 

Mepliitis  bicolor  137,  occidentalis 
134. 

Monostomum  mutabile  378 

Möwe,  Schwalben-  347. 

Moschusochse  126. 

Mountain  Goat  79. 

Mulbe  12,  233. 

Müller,  C.  Kosmopolitische 
Tiere  83,  117,  144,  179,  206, 
227,  279,  307,  339,  375. 

Müller  -  Liebenwalde, 
Gustav  Mützel  321.  —  Aus 
dem  Berliner  zoolog.  Garten 
363. 

Mundfäule  der  Schlangen  65. 

Murmeltier,  Alpen-  1. 

Musca  caesarea  18,  domestica  213. 

Muscicapa  grisola  179. 

Mützel,  Gustav.  Eine  biogra¬ 
phische  Skizze  von  Dr.  J. 
Müller-Liebenwalde  321. 

Mygale  henzii  60. 

Myocoptes  musculinus  278. 

Mytis  oculta  279. 


Nahrung  d.Korallenschlangen 
317. 

Namen  der  Wanderfische  233. 

Natica  affinis  344,  helicoides  342. 

Natter,  Äskulap-  41,  Eid¬ 
echsen-  43,  Schling-  42, 
Sprossen-  (Treppen-)  46, 
Streifen-  (Vierstreifen-)  35, 
66,  Vipern-  348,  Zorn-  39. 

N  eh  ring,  A.  Trächtigkeits¬ 
dauer  des  Dachses  107. 

Nemachilus  barbatulatus  317. 

Nematocarcinus  gracilipes  308. 

Nemorhoedus  bubalinus  72, 
crispus  74,  sumatrensis  74, 
stvinhoei  74  (S.  auch  Cemäs). 

Neotoma  cinerea  225. 

Neunauge  13. 

Nilgau  72. 

N  o  a  c  k ,  Th.  Das  Quagga  289. 

Nototrema- Arten  130. 

Nucifraga  caryocatacles  346,  car. 
macrorhncha  347. 

Oxyuris  vermicularis  377. 

Oedemia  fusca  157,  nigra  157. 

Oestrus  ovis  213. 

Olm  138. 

Oncirophantes  mutabüis  378. 

Oniscus  murarius  308. 

Ophion  luteum  232. 

Orang  363. 

Otostigma  calcitrans  232. 

Ourax  salvini  305. 

Ovibos  moschatus  126. 

Ovis  montana  79. 

Pathygaster  forniosus  280. 

Pachytylus  migratorius  123,  229. 

Pagurus  abyssorum  280. 

Pandion  haliaetus  121,  278. 

Panther  364. 

Pantholops  hodgsoni  72. 

Papagei,  kluger  30,  Grau- 
254. 

Papageien,  seltene  220,  wilde 
bei  Berlin  63,  neue  Arten 
124. 

Paul,  C.  Ein  Besuch  des 
zoolog.  Gartens  zu  Köln 
303,  328. 

Paviane,  Bären-,  als  Raub¬ 
tiere  252. 

Pelobates  cultripes  27. 

Pelodytes  punctatus  27. 

Pentastomum  denticulatum  279, 
taeniodes  279. 

Perca  fluviatilis  154,  155,  234, 
pocha  91. 

Percichtys  pocha  91. 

Periplaneta  orientalis  228. 

Pernis  apivorus  74. 

Persönliches  286. 

Petromyzon  marinus  13. 

Pierde,  verwilderte  86,  Wild- 
289. 

Phalaropus  antarcticus  28,  fuli- 
carius  28,  hyperboreus  28,  lo- 
batus  28,  wilsoni  28. 

Phaps  plumifera  304. 

Phasianus ,  Arten  350. 

Philip pi,  R.  A.  Albinismus 
unter  den  Vögeln  Chiles  82. 

—  Bemerkungen  über  einen 
Fisch  in  Chile  91. 

—  Ein  neues  Beuteltier  aus 
Chile  29. 

—  Ei  im  Ei  57. 

—  Über  das  Vorkommen  der 
Wassertreter  28. 


Philomachus  pugnax  157. 

Phloeomys  cumingi  286. 

Phoca  vitulina,  Gehörknöchel¬ 
chen  98. 

Phocaena  communis,  Gehör¬ 
knöchelchen  98. 

Phylloxera  vastatrix  230. 

Pieris  rapae  210. 

Pogonornis  cincta  94. 

Polecat  134. 

Polychelles  crucifer  308. 

Porcellio  laevis  308,  scaber  308. 

Proteus  anguinus  138. 

Psittacus  erithacus  254. 

Pulex  irritans  213. 

Purp us,  C.  A.  Die  Berg¬ 
ziege  79. 

—  Beiträge  z.Naturgeschichte 
von  Mepliitis  occidentalis  134. 

—  Neotoma  cinerea  225. 

—  Silvertip  und  Cinnamon- 
Bär  113. 

Pylocheles  agassizii  281. 

Pyrrhura  smaragdina  83. 

Python  mol  ums  319. 

Quagga  289. 

Rana  agilis  70,  esculenta  27,  his- 
paniolensis  26,  temporaria  27. 

Ratte,  Borken-  286,  Haus-  30, 
123,  Wander-  87. 

Rauben  die  Raubvögel,  wenn 
sie  eine  Oceanreise  unter¬ 
nehmen?  48. 

Rebhuhn  mit  anormaler 
Schnabelbildung  319. 

Ree k er,  H.  Schwalben  auf 
einem  Uhubalge  250. 

Regenpfeifer,  Gold-  157,  Hals¬ 
band-  157. 

Regen  würmer,  leuchtende  125 

Reiher,  Fisch-  122. 

Renntiere,  zahme  in  Nord¬ 
amerika  348. 

Reptilien-Krankheiten  65. 

Respirationsorgane ,  Krank¬ 
heiten  derselben  bei  Rep¬ 
tilien  67. 

Rhinechis  scalaris  34. 

Rhodeus  amarus  316. 

Riesenschlange,  brütende  319. 

Rinder,  verwilderte  86. 

Robbenfang  bei  Neufundland 
190. 

Rotauge  234. 

Rotschenkel  157. 

Rüdiger,  E.  Buchfinken¬ 
eier  219. 

—  Mein  Rosakakadu  13. 

—  AußergewöhnlicheTauben- 
eier  126. 

Ruß,  K.  Die  Gefiederte  Welt. 
32,  159,  255.  —  Der  Wellen¬ 
sittich  223. 

Saateule,  Winter-  212. 

Saiga  72. 

Saiga  tartarica  72. 

Salamander,  Feuer-  137. 

Salamandra  maculosa  137. 

Sander  12. 

Sarao  72. 

Sarcopsylla  penetrans  213. 

Sarcoptes  scabiei  278,  squami- 
ferus  278. 

Saturnia  cynthia  212,  pernyi  212, 
yama-mayu  212. 

Saxicavia  rugosa  344. 


388 


Schabe,  Küchen-  228, 

Schaf,  Berg-  79. 

Scheibenzüngler  26. 

Scheidenschnabel  297. 

Schildkröte  ,  Europ.  Sumpf- 
110,  162,  193,  221,  235,  257. 

Schildkröten  in  den  mär¬ 
kischen  Seen  221. 

Schildkrötenkrankheiten  70. 

Schimpanse  251,  363. 

Schiöttz,  A.  Die  Affen  auf 
Gibraltar  188.  —  Aus  dem 
Leben  der  spanischen  Ba- 
trachier  i.  Herbst  26.  —  Zur 
V erbreitung  d.  Triton  alpestris 
218. 

Schlammtaucher  27. 

8chlange,  Korallen-  317, 
Riesen-  319. 

Schlangen ,  empfehlenswerte 
für  zoolog.  Gärten  33,  Mund¬ 
fäule  65. 

Schneider  234. 

Schnepfe,  Wald-  158. 

Schöpfung  der  Tierwelt  von 
Haacke  382. 

Schulze  und  Borcherding, 
Fauna  Saxoniea,  Amphibia 
et  Reptilia. 

Schwalbe,  Rauch-  117,250,  286. 

Schwalbennest  auf  einem  Uhu¬ 
balg  250. 

Schwein,  Weißbart-  286. 

Sciurus  hippurus  286. 

Scolopax  rusticula  158. 

Scolopendra  morsitans  232,  sub- 
spinipes  232. 

Semele  profundorum  345. 

Semper,  Professor  +  122. 

Sergestes  magnißcus  308. 

Serolis  bromleyana  309. 

Siliquaria  modesta  343. 

Sitophilus  granarius  184. 

Sittace  8.  Ara. 

Sittich,  Einfarb-  221,  Mönchs- 
63,  Smaragd-  83. 

Skink,  Riesen-  348. 

Skunk  134. 

Spatzenleben,  aus  dem  286. 

Spelerpes  fuscus  367. 

Sperling,  Haus-  145, 286,  italie¬ 
nischer  145,  spanischer  145. 

Spermophilus  citillus  319. 

Sphenodon  punctatus  335,  347. 

Sphingurus  vülosus  285. 

Spinnen  als  Baukünstler  60. 

Sport-  u.  Schlachtkanninchen- 
zucht  von  P.  Waser.  127. 

Squalius  cephalus  233,  leuciscus 
233. 

Staudenhitscher  179. 

Steinbock,  Halbblut  286. 

Stinktier  134. 

Stipendium  30,  318. 

Stör  13. 

Storchnester  in  Frankfurt  a.  M. 
von  Ziegler  384. 

Strandläufer-  Arten  122,  157. 

Strauch,  Professor  f  318. 

Strix  flammea  121. 

Sus  leucomystax  286. 


Sylvia-Arten, Volksnamen  der¬ 
selben  179. 

Taenia  echinococcus  378,  saginata 
377,  solium  377. 

Takin  72. 

Tarbophis  vivax  66. 

Taube,  Schopfwachtel-  304. 

Taubeneier ,  außergewöhn¬ 
liche  126. 

Taucher,  Eis-  284,  Polar-  284. 

Tegenaria  vulgaris  278. 

Teredo  navalis  344. 

Testudo-Arten  59. 

Tetracer os  quadricornis  72. 

Tetrao  bonasia  158,  tetrix  1.58, 
urogallus  158. 

Thanatus  oblongus  278. 

Thaumastocheles  zaleuca  308, 

Thoatherium  minus culum  297. 

Tierarten,  die  1892  in  Hamburg 
zum  ersten  Male  ausgestellt 
wurden  123. 

Tierbestand  des  zoologischen 
Gartens  in  Basel  311,  Breslau 
247,  Dresden  24,  Frankfurt 
216,Hamburg88,  Köln303,328. 

Tiere,  älteste  des  Hamburger 
zoolog.  Gartens  281,  kosmo¬ 
politische  83,  117,  144,  179, 
206,  227,  279,  307,  339,  375, 
seltene  im  Hamburger  Gar¬ 
ten  186. 

Tierleben,  Brehms  190.— Volks- 
Ausgabe  223. 

Tiliqua  gigas  348. 

Tinea  vulgaris  155,  316. 

Totanus  glareola  157,  hypoleucus 
157,  littoreus  121,  totanus  157. 

Trächtigkeitsdauer  des  ♦ 
Dachses  107. 

Trichina  spiralis  377. 

Trichiocephalus  dispar.  377. 

Triforis  longissimus  343. 

Tringa  alpina  157,  canutui  121, 
maritima  121,  minuta  121,  157, 
temmincki  157. 

Triton,  Erd-  367. 

Triton  alpestris  218,  cristatus  219, 
punctatus  219. 

Trivialnamen  der  deutschen 
Vögel  21,  174. 

Tropidonotus  sparsus  45,  viperi- 
nus  67. 

Tschiru  72. 

Tschusi  -  Schmidhoffen, 
Ornithol.  Jahrbuch  63. 

Tylaspis  anomala  281. 

Uferläufer  157. 

Uromastix  338. 

Ursus  americanus  117,  horribilis 
113  ,  maritirnus ,  Gehör¬ 
knöchelchen  100,  ornatus  328 
tibetanus  285. 

Vanessa  atalanta  210,  antiopa 
232,  cardui  210. 

Varanus  griseus  338. 

Vererbung  mechanischer  Ver¬ 
letzungen  132. 


Verhandlungen  der  K.  K. 
Zoolog.-botan.  Gesellschaft 
in  Wien  64. 

Versammlung  des  Vereins  z. 
Schutze  d.Vogelwelt,  Gera  19. 

Vespa  vulgaris  232. 

Vipeia  berus  147. 

Vogelschutz-Insel  94. 

v.  Wacquant-Geozelles. 
Forschungsgänge  durchFeld 
und  Wald  74,  110,  137.  — 
Rauben  die  Raubvögel, 
wenn  sie  eine  Oceanreise 
unternehmen?  48.  —  Le¬ 
bendes  Winterfutter  für  in¬ 
sektenfressende  Stuben¬ 
vögel  18. 

Wanderzug  der  Mainfische  11. 

Wanze,  Bett-  231. 

Waser,  P.  Sport-  und  Schlacht¬ 
kaninchenzucht.  127. 

Wasserläufer,  Bruch-  157. 

Weißfisch  233. 

Weißkätel,  großes  179,  kleines 
179. 

Wellensittich  von  Ruß  223. 

Werner,  Franz.  Beob¬ 
achtungen  an  Sphenodon 
(Hatteria)  punctatus  335  347. 
—  Die  Krankheiten  d.  Rep¬ 
tilien  und  Amphibien  65.  — 
Wanderheuschrecke  in  Wien 
123.  —  Winter  in  Wien  58. 

Wespenbussard  im  Kreise 
Hameln  74. 

Wetterfisch  233. 

Willemoesia  leptodactyla  308. 

Winter  in  Wien  58. 

Wisent  286. 

Wolf  u.  Wolfsjagd  in  Deutsch- 
Lothringen  5. 

Wolfsbastarde  189,  222. 

Zählebigkeit  der  Aale  92. 

Zamenis  carbonarius  39,  67,  dia-  • 
dema  ( parallelus )  66,  gemonensis 
39,  sardus  39,  trabalis  39,  viri- 
diflavus  39. 

Zebras  289. 

Zeitschrift,  Berliner  Entomo- 
logische  287. 

Ziege,  Berg-  79. 

Ziegler  J.  Storchnester  in 
Frankfurt  a.  M.  384. 

Ziesel  319. 

Zippe rlen,  A.  Die  Schim¬ 
pansen  im  zoolog.  Garten 
in  Cincinnati  251. 

Zoologische  Gärten:  Basel 
310,  Berlin  363,  Breslau  244, 
Cincinnati  251,  Dresden  21, 
222,  285,  Frankfurt  a.  M.  61, 
93,  155,  189,  213,  221,  286,  318, 
Hamburg  88,  123,  186,  281, 
297,  Hannover  150,  Köln  303, 
328,  Kopenhagen  252,  349, 
Leipzig  30,  319,  London  74, 
126,  Magdeburg  190,  Paris, 
Jardin  des  Plantes  161, 
Wien  62. 


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(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 

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Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


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Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

unter  Mitwirkung  von  Fachgenossen. 


XXXIY.  Jahrgang.  —  No.  1. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1893. 


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MAT  15  1893 

Zoologische  Garten. 

(Zoologischer  Beobachter.) 

Zeitschrift 

für 

Beobachtung.  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

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Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

*  ...  ,  ,  •  - 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 
unter  Mitwirkung  von  Fachgenossen. 


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XXXIY.  Jahrgang.  —  No.  2. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1803. 


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Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt, 
Frankfurt  a.  M. 


Prof.  Dr.  G.  Jägers  Monatsblatt  (Verlag  von  W.  Kohlhammer,  Stuttgart.) 
1898.  '  Nr.  4  bespricht  zuerst  die  Petitiou  gegen  das  Reiches eu che ngesetz,  für  die 
in  weiteren  Kreisen  Unterschriften  geworben  werden  sollen.  Die  Petition  macht  gegen  den 
fraglichen  Gesetzesentwurf  in  ruhiger  und  streng  sachlicher  aber  entschiedener  Weise  eine 
Reihe  der  schwersten  Bedenken  geltend.  Ein  Artikel :  Die  Klei  düng  des  Wanderers  und 
Bergsteigers  zeigt,  wie  unter  den  Alpenreisenden  und  Gebirgsfreunden  auf  Grund 
ihrer  Erfahrung  die  überwiegende  Mehrzahl  sich  für  die  Wollkleidung  entschieden  hat. 
V er ti Egling  des  Spargel  käfers  betitelt  sich  ein  kurzer  Aufsatz,  der  rät,  die  genannten 
kleinen  Käfer  nicht  durch  Fangen  oder  Vergiften,  sondern  auf  dem  der  Natur  ent¬ 
sprechenden  Wege,  mit  Hülfe  von  Rauhkäfern  zu  bekämpfen,  ohne  plumpen  Eingriff 
in  das  Naturgetriebe.  In  einem  Artikel  Scholastisches  wird  die  in  den  Kreisen  der 
Schulwissenschaft  herrschende  grobchemische  Anschauungsweise  gegeißelt.  Es  folgt: 
Der  deutsche  Entdecker,  ein  im  Jägerschen  Monatsblatt  manchmal  wiederkehrendes, 
immer  aber  wehmütiges  und  beschämendes  Thema.  Hierauf  folgen  Mitteilungen:  Ein 
berühmter  Wollener  —  Nansen,  der  sich  gegenwärtig  zu  seiner  Reise  im  Eis  am 
Nordpol  vorbei  rüstet  —  Unsere  Mitarbeiter  —  interessanter  Brief  eines  jungen 
Gelehrten,  der  sagt,  er  sei  namentlich  durch  Jäger  vom  Materialismus  weg  für  eine 
höhere  Weltanschauung  gewonnen  worden  —  Gegen  den  Bacill  en  kultus  —  Bemer¬ 
kungen  von  Prof.  Leyden  über  die  Thorheiten  und  Verkehrtheiten,  ja  Unmenschlichkeiten, 
die  die  bakteriologische  Richtung  mit  sich  gebracht  hat  —  Denaturierter  Spiritus  — 
einfaches  Mittel  gegen  den  üblen  Geruch  desselben.  —  Zum  Schluß  Eiugelaufene 
Schriften. 


Bedeutende  Preisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  —5  II— X  (1861-1869)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I — XXV  und  Sach¬ 
register  für  I— XX  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M, 


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Zoologische  Garten. 

(Zoologischer  Beobachter.) 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

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Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 
unter  Mitwirkung  von  Fachgenossen. 


XXXIY.  Jahrgang.  —  No.  3. 


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Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1893. 


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seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung. 

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Herstellung,  Einrichtung,  Bepflanzung  und  Bevölkerung  der  Terrarien  enthaltend 
nebst  einer  scharfen  Diagnose  sämtlicher  in  denselben  zu  haltenden,  bisher  im  Handel 

angetroffenen  Reptilien-  und  Amphibienarten 

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Verlag  des  Bibliographischen  Instituts  m  Leipzig  u.  Wien,  j 


Bedeutende  Preisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  —5  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870—1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  (ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  nnd  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XXV  und  Sach¬ 
register  für  I— XX  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


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Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


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Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

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Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 
unter  Mitwirkung  von  Fachgenossen. 


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XXXIV.  Jahrgang.  —  No.  5. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1893. 


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3  Halbfranzbände  zu  je  8  Mark  =  4  Fl.  80  Kr. 

Die  ersten  Lieferungen  zur  Ansicht.  —  Prospekte  gratis. 

Verlag  des  Bibliograph.  Instituts  in  Leipzig  n.  Wien. 


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Der 


Zoologische  Garten. 

(Zoologischer  Beobachter.) 


Zeitschrift 


für 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


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Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 
unter  Mitwirkung  von  Fachgenossen. 


XXXIV.  Jahrgang.  —  No.  7. 


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Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1893. 


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Zoologische  Garten. 


(Zoologischer  Beobachter.) 


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für 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 
unter  Mitwirkung  von  Fach  genossen. 


XXXIY.  Jahrgang.  —  No.  8. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1893. 


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von  Joh.  v.  Fischer. 

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Broschiert  in  Umschlag  M.  10. — 


Elegant  gebunden  M.  12. 


Je  einige  überzählige 

Alpenmauerläufer  (Tkhodr.  mur.J 
Tannenhäher  (_ Nucifr .  caryoc.), 

und 

Zwergeulen  fStrix  pygmaeaj, 

alles  jung  aufgezogene,  in  jeder  Beziehung 
untadelhafte  Vögel,  hat  lebend  abzugeben 

Präparator  Zollikofer, 

St.  Gallen  (Schweiz). 

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Jean  Bungartz,  Tiermaler. 

Inhaber  des  Königl.  Preuß.  Kronenordens  IV.  Kl.,  der  Sachs.-Coburg-Goth.  Verdienstmedaille  für  Kunst 
und  Wissenschaft,  der  Königl.  Human.  Verdienstmedaille  „Bene  merente“  Ha  Klasse  etc.  etc. 

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Drei  Bände,  jeder  reich  illusirirt  und  apart  zu  haben: 

I.  II.  III. 

Hühnerrassen.  Taubenrassen.  Wasser- 

-  -  und  Ziergeflügel. 

34  Tafeln  mit  über  90  j  34  Tafeln  mit  über  130  \  (Enten,  Gänse,  Schwäne,  Fasanen 

und  Pfauen). 

Abbildungen.  <  Abbildungen.  J  20  Tafeln  mit  über  05 

i  Abbildungen. 

Kä-  Zweite  vermehrte  und  bl»  1  Ity  Zweite  vermehrte  und  bis  ,  ^  Zwe,te  „rMehrt,  Ms 

auf  die  neuesten  Rassen  ergänzte  (  aut  die  neuesten  Rassen  ergänzte  |  (jje  neuesten  Rassen  ergänzte 
Auflage.  ^8  \  Auflage.  ^3  ;  Auflage.  ^8 

Die  drei  Bände  von  „Unser  Hausgeflügel“  stehen  auf  der  Höhe  der  gegenwärtigen 
Zucht;  alle  bis  heute  bekannten  Rassen  von  nur  irgend  welcher  Bedeutung  sind  da¬ 
rinnen  geschildert  und  in  vortrefflichen,  nach  der  Natur  gezeichneten  Illustrationen 

abgebildet.  In  Bezug  auf  Naturtreue  der  Abbildungen  stehen  die  Bungartz’schen  Bücher 
unerreicht  da;  die  meisten  ähnlichen  Bücher  geben  nur  englische  Cliches  wieder, 
deren  Zeichnung  vielfach  eine  recht  mangelhafte  und  wenig  naturgetreue  ist.  Die 

Bungartz’schen  Abbildungen  dagegen  sind  so  sorgfältig  und  korrekt  ausgeführt, 
dass  sich  aus  ihnen  die  Rassen  leicht  erkennen  und  bestimmen  lassen. 


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Der 


Zoologische  Garten 


(Zoologischer  Beobachter.) 


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Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  (1er  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 
•  •  unter  Mitwirkung  von  Fachgenossen. 


XXXIY.  Jahrgang.  —  No.  9. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  M  a  h  1  a  u  &  Waldsclimidt. 

1893. 


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auf  den  Ausstellungen  in  Braunscliweig,  Hannover  und  München 
1803  ist  uns  übertragen  worden. 


Herr  Palm,  Ober-Pikeur  Sr.  Majestät  des  Kaisers  Wilhelm  II.,  schreibt 

wie  folgt: 

Nachdem  ich  seit  mehreren  Jahren  die  „Spratt’schen“  Fleischfaser-Hunde* 
kuchen,  sowie  auch  die  übrigen  Fabrikate  der  Firma  „Spratt’s  Patent^  zur  Fütte¬ 
rung  für  die  Meute  Sr.  Majestät  des  Kaisers  Wilhelm  II.  verwende,  macht  es 
mir  ein  Vergnügen,  Ihnen  mitteileu  zu  können,  daß  ich  die  günstigsten  Resultate, 
und  zwar  weit  Über  meine  Erwartungen?  mit  denselben  erzielt  habe. 


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Kaiserslautern. 


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54  Seiten  8"  broch.  M.  1.75, 
in  eleg.  Ctanzleinenbd.  mit  Goldschn.  M.  2.50. 

Gegen  vorherige  Einsendung  des  Betrages  iranco 
Zusendung. 

Verlag  von  Malilau  &  Waldschmidt, 
Frankfurt  a.  M. 


Verlag  von  E.  Twietmeyer,  Leipzig. 

lllustrirtes  Jahrbuch 

für 

Kleintierzüchter 

für  1894. 

(Haus-  und  Wassergeflügel,  Stubenvögel,  Hunde, 
Kaninchen,  Aquarien-  und  Terrarienbewohner  etc.) 

Herausgegeben  von  Jeatl  Bungartz. 

(Verfasser  von  „Hühnerrassen“,  „Taubenrassen“, 
„Wasser-  u.  Ziergeflügel“,  „Der  Kriegshund“,  Der 
Hund  im  Dienste  des  roten  Kreuzes“  etc.) 

Inhaber  des  P  r  e  u  s  s.  Kr  onenordens. 

Preis  M.  1.20  orcl. 

Jean  Bungartz  ist  auf  dem  Gebiete  der 
Kleintierzucht  ein  erfahrener  Kenner;  wenn 
er  es  daher  unternommen  hat,  einen  neuen 
Gedanken  zu  verwirklichen  und  das  aus¬ 
gedehnte  Feld  der  Kleintierzucht  in  einem 
Jahrbuche  zu  vereinigen,  so  darf  jeder  In¬ 
teressent  gewiß  sein,  in  dem  Buche  einen 
praktischen  und  auf  Erfahrung  beruhenden 
Ratgeber  zur  Förderung  seiner  Liebhaberei 
zu  finden.  Das  Jahrbuch  wendet  sich 
an  die  ungezählten  Liebhaber  von 
Haus-  und  Wassergeflügel,  Stubenvögeln, 
Kaninchen,  Hunden,  an  die  Besitzer  von 
von  Aquarien,  Terrarien  etc.;  ein  Jeder 
wird  darinnen  Belehrendes  und  In¬ 
teressantes  finden. 


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Der 


Zoologische  Garten. 


(Zoologischer  Beobachter.) 


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Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 
unter  Mitwirkung  von  Fachgenossen. 


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XXXIY.  Jahrgang.  —  No.  10. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mah  lau  &  Waldschmidt. 

1893. 


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Soeben  erscheint  im  Anschluß  an  das  beriihmteWerk: 


Die  Schöpfung  der  Tierwelt. 

Von  Dp.  Wilh.  Haacke. 


Tit  250  Abbildungen  im  Text  und  auf  19  Tafeln  in  Farbendruck  und 
Holzschnitt  nebst  1  Karte  von  R.  Koch,  W.  Kuhnert,  G.  Mützel  u.  a. 


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Im  Reiche  des  Geistes.  Illustrierte  Geschichte'der  Wissenschaften,  anschau¬ 
lich  dargestellt  von  K.  Faulmann,  k.k.  Professor.  Mit  18  Tafeln,  30  Beilagen  und 
200  Textabbildungen.  (Wien.  A.  Hart  lebe  ns  Verlag.)  In  30  Lieferungen  ä  50  Pf, 
Die  vorliegenden  Lieferungen  11 — 15  behandeln  Geographie,  Astronomie,  Geschichte 
Kriegswissenschaft,  Theologie  und  Philosophie,  Staats-  und  Rechtswissenschaft  und  Medicin 
im  XVII.  Jahrhundert,  sowie  die  Volks-,  Latein-  und  Realschule  ini  XVIII.  Jahrhundert 
Den  Umfang  der  Erdkenntnis  zeigen  Mercartors  Weltkarte  von  1632  und  Kirchers  See- 

aber  die  Holländer  ihr  Nachbarland  kannten,  lehrt  Mercators  Karte 
auf  welcher  sich  die  Elbe  in  die  Weser  ergießt  und  der  Main  in  die 
Die  Astronomie  bietet  schöne  Mond-  und  Himmelsbilder,  die  Kriegs 
durch  Merians  Kupferstich  »Die  Schlacht  bei  Höchst«  und  Vaubans 
Befestigungen  illustriert.  Von  hohem  Interesse  ist  die  eingehende  Darstellung  der 
theologischen  Verhandlungen,  der  philosophischen  Systeme  und  der  Socialpolitik  dieses 
Jahrhunderts.  Den  medicinischen  Streitigkeiten  ist  ein  schönes  Doppelbild  der  Eingeweide 
des  männlichen  und  weiblichen  Körpers  nach  Spigel  beigegeben.  Im  XVIII.  Jahrhundert 
tritt  uns  der  Beginn  des  modernen  Schulwesens  entgegen.  Trotz  aller  Kürze  und 
Gründlichkeit  weiß  der  Verfasser  bei  jedem  Gegenstände  der  Wissenschaft  eine  anziehende 
Seite  abzugewinnen  und  Belehrung  mit  Unterhaltung  zu  verbinden,  < 


karte;  wie  wenig 
von  Deutschland, 
Donau  übergeht. 
Wissenschaft  wird 


Verlag  von  E.  Twietmeyer,  Leipzig. 


Unser  Hausgeflügel 

von  Jean  Bungartz,  Tiermaler. 

Inhaber  des  Königl.  Preuß.  Kronenordens  IV.  Kl.,  der  Sachs.-Coburg-Goth.  Verdienstmedaille  für  Kunst 
und  Wissenschaft,  der  Königl.  Rumän.  Verdienstmedaille  „Bene  merente“  Ila  Klasse  etc.  etc. 

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Drei  Bände,  jeder  reich  illustrirt  und  apart  zu  haben: 

11.  Taubenrassen,  j  III.  Wasser- 

i  lind  Ziergeflügel. 

34  Tafeln  mit  über  130  j  (Enten,  Gänse,  Schwäne,  Fasanen 

Abbildungen.  un<l  Pfauen). 

20  Tafeln  mit  über  65 
(  Abbildungen. 

PiwäT  Zweite  vermehrte  und  bis  auf  die  neuesten  Rassen  ergänzte  Auflage.  'ätSl 

Die  drei  Bände  von  „Unser  Hausgeflügel“  stehen  auf  der  Höhe  der  gegenwärtigen 
Zucht;  alle  bis  heute  bekannten  Rassen  von  nur  irgend  welcher  Bedeutung  sind  da¬ 
rinnen  geschildert  und  in  vortrefflichen,  nach  der  Natur  gezeichneten  Illustrationen 

abgebildet.  In  Bezug  auf  Naturtreue  der  Abbildungen  stehen  die  Bungartz’schen  Bücher- 
unerreicht  da;  die  meisten  ähnlichen  Bücher  geben  nur  englische  Cliches  wieder, 
deren  Zeichmmg  vielfach  eine  recht  mangelhafte  und  wenig  naturgetreue  ist.  Die 

Rnngartz’scheu  Abbildungen  dagegen  sind  so  sorgfältig  und  korrekt  ansgefnhrt, 
dass  sich  aus  ihnen  die  Rassen  leicht  erkennen  und  bestimmen  lassen. 


I.  Hühnerrassen. 


34  Tafeln  mit  über  90 
Abbildungen. 


Zoologische  Garten. 

(Zoologischer  Beobachter.) 


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Zeitschrift 

.  «  .  .  '  5,  . 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


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Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 
unter  Mitwirkung  von  Fach  genossen. 


XXXIY.  Jahrgang.  —  No.  11, 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1893. 


Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt 

in  Frankfurt  a.  M.: 

Das  Terrarium, 

seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung, 
von  Joh.  v.  Fischer. 

Mit  40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8°. 
Broschiert  in  Umschlag  M.  10. — 
Elegant  gebunden  M.  12. — 

Aquarium  Frankfurt  a.  Oder 

verk.  leb.  Sterlet  45  cm  lang,  ä  15  M., 
Kletterfische,  Anabas  sc.  12  cm  lang,  a 
30  M.,  sowie  exot.  Zierfische:  Makropoden, 
Teleskopen, Schleierschwanz-Goldfische  nach 

Preisliste. 

In  dem  Unterzeichneten  Verlage  erschien: 

Hobrecht,  Luther  auf  der  Koburg. 

54  Seiten  8°  broch.  M.  1.75, 
in  eleg.  Ganzleinenbd.  mit  Goldschn.  M.  2.50. 

Gegen  vorherige  Einsendung  des  Betrages  franco 

Zusendung. 

Verlag  von  Mahlau  &  WaldschinitU, 

Frankfurt  a.  M. 


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Energischer  Mann,  verh.,  welcher  in  der  [ 
Tier-  u.  Vogelwelt  praktische  Erfahrungen  ! 
u.  Kenntnisse  besitzt,  auch  An-  u.  Verkauf  ver¬ 
steht,  sucht  eine  derartige  Stellung.  Näheres 
unter  N.  1000  Expedition  d.  Blattes. 


Ausführlicher  Katalog 

über  IVatnralien 

(Schmetterlinge, Käfer, Pflanzen, 
Steine  etc.) 

sowie  über 

Sammelmaterial 

mit  vielen  Illustrationen  gegen 
50  Pf.  frco. 

Aug.  Gotthold’s  Verlag, 

Kaiserslautern. 


z:  Ergänzungsband  zu  „Brehms  Tierleben“.  = 

Soeben  erscheint  im  Anschluß  an  das  berühmte  Werk: 


Die  Schöpfung  der  Tierwelt. 

Von  Dr.  Wilh.  Haacke. 


Mit  250  Abbildungen  im  Text  und  auf  19  Tafeln  in  Farbendruck  und 
Holzschnitt  nebst  1  Karte  von  R.  Koch,  W.  Kuhnert,  G.  Miitzel  u.  a. 


13  Lieferungen  zu  je  1  Mk.  (60  Kr.)  oder  in  Halbfranz  gebunden  zu  15  Mk.  (9  FL). 

Prospekte  kostenfrei. 

Verlag  des  Bibliographischen  Instituts  in  Leipzig  und  Wien. 


Die  Nr.  41 — 47  der  »G  efiedert  e  n  Welt«,  Zeitschrift  für  Vogel  1  iebh  aber, 
-Züchter  und  -Händler,  herausgegeben  von  Dr.  Karl  Kuß  (Magdeburg,  Creutzsche 
Verlagsbuchhandlung,  R.  &  M.  Kretschmann),  enthält:  Vom  großen  Nasenkakadu.  — 
Gelehrigkeit  eines  Sperlings.  —  Schilderung  aus  dem  Park  und  den  Vogelstuben  des 
Herrn  Falz-Fein.  —  Von  den  Havelschwänen.  —  Eine  Vogelschau  in  Weißensee  bei 
Berlin.  —  Neue  und  seltene  Erscheinungen  des  Vogelmarkts.  —  Vogelliebhaberei  in 
Kalifornien.  —  Nochmals  die  Frage:  »Warum  singt  der  Vogel?«  —  Zur  Verpflegung 
des  rotrückigen  Würgers.  —  Die  Verwendung  des  Torfmull  in  Vogelstube  und  Käfig.  — 
Aus  dem  Zoologischen  Garten  von  Berlin.  —  Die  Schamadrossel.  —  Zürn  diesjährigen 
Zuge  des  Tannenhehers.  —  Vogelschutz  in  Japan  und  Rußland.  — •  Über  die  Zähmung 
des  kleinen  gelbgehäubten  Kakadu.  —  Zur  Kenntnis  fremdländischer  Täubchen. 


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(Zoologischer  Beobachter.) 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M 
unter  Mitwirkung  von  Fachgenossen. 


XXXI Y.  Jahrgang.  —  No.  12 


Frankfurt  a.  M. 

Mahlau  &  Waldschmidt 


Ornithologisches  Jahrbuch. 

Organ  für  das  paläarkt.  Faunen  gebiet. 

j)f,f  0rniD''v,Offr'>l!o  Jahrbuch“,  welches  sich  ausschliefslich  die  Pflege  d 
n  v>näi ■«  hen  — - der  oijis  des  paiäarktischen  Faunengebietes  zur  Aufgabe  gemacht  — 
\v.*- .  *»?  94  seinen  fünften  Jahrgang.  Es  erscheint  jährlich  in  6  Heften  in 

8  Druckbogen,  Lex.  8.  Eine  Verm<-  .rung  der  Bogenzahl  und 
ri  Mgi  nach  .Bedarf.  Der  Preis  des  Jahrganges  beträgt  bei  direk- 
v  Inland  10  Kronen,  für  das  Ausland  10  Mk.  pränumerando  im 
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Lehranstalten  erhalten  den  Jahrgang  zu  dem  ermäßigten  Preise  von  6  Kr.  =  6  Mk. 
(mir  direkt).  FrobeViummern  gratis  und  franco. 

Kauf-,  Verkauf-  und  Tauschanzeigen  finden  nach  vorhandenem  Raume  auf  'em 
Umschläge  Aufnahme.  Inseraten-  und  Beilagen-Berechnung  nach  Vereinbarung. 

Alle  Zusendungen,  als  Manuskripte,  Druckschriften  Abonnements,  Beilagen  und 
Annoncen,  bitten  wir  an  den  Unterzeichneten  Herausgeber,  Villa  Tännenhof  b. /Hallein 
(Salzh.)  zu  adressieren. 

v.  Tschusi  zu  Schmidhoffen. 


E. 


Vierlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt 

S  ii i  Frankfurt  a.  M.: 

Das  Terrarium, 

seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung. 

von  Joh.  v.  Fischer. 

40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8°. 
Broschiert  in  Umschlag  M.  10. — 
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Kletterfische,  Anabas  sc.  12  cm  lang,  a 
80  M.,  cowie  exot.  Zierfische:  Makropoden, 
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(Schmetterlinge, Käfer, Pflanzen, 
Steine  etc.) 

sowie  über 

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50  Pf.  frco. 

Aug.  Gottliold’s  Verlag, 

Kaiserslautern. 


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Soeben  erscheint  im  Anschluß  an  das  berüh mte  Werk: 


Mit  250  Abbildungen  im  1  jxfc  und  auf  19  Tafeln  in  Farbendruck  und 


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Verlag  des  Bibliographischen  Instituts  in  Leipzig  und  Wien. 


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