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HARVARD UNIVERSITY.
LIBRARY
OF THE
MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY.
Der
Zoologische Garten.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift
für
Beobachtung’, Pflege und Zucht der Tiere.
- -
Organ der Zoologischen (»arten Deutschlands.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
unter Mitwirkung von Fachgenossen.
Redigiert von Prof. Dr. O. Boettg’er,
Mitgl. d. Leop.-Carol. Akad. Deutsch. Naturf., d. Deutsch. Zool. Gesellsch. pp., Corresp. Mitgl. d. Zool. Society
inl.ondon, der Acad. of Natural Sciences in Philadelphia pp., Ehrennaitgl. d. Natarh. Gesellsch. in Nürnberg,
d, Ver. f. Naturk. in Offenbacli, des Trinidad Field Naturalists’ Club in Port of Spain und des Vereins f. Aquarieu-
u. Terrarieukuude Isis in München.
XL VI. Jahrgang.
Mit 2 Abbildungen i m T e x t und 8 T a f e 1 n , sowie einer P 1 a n z e i c h n u n g.
Frankfurt a. M.
Verlag ~Yo n M a h 1 a u & Waldschmidt.
1905.
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—
Der Zoologische Garten. 46. Jahrgang.
Inhalt.
I. Aufsätze.
Seite
Die Erhaltung der Art. Von Prof. Dr. P. A 1 1 m a n n in Wriezen bei
Berlin . 1
Neues aus dem Leben der Hauskatze. Von Dr. P. K a m m e r e r in Wien 12
Die Frage über die Abnahme der Schwalben. Von Dir. Dr. Ad. Seitz
in Frankfurt a. M . 14
Über den Massenfraß der Kiefernblattwespe ( Lophyrus pini ) im Gonsen-
heimer Wald. Von L u d w. Schuster in Gonsenheim bei Mainz . 16
Meine Eulen. Von Erwin Detmers in Lingen (Ems) . 45
Rassen, Herden und Züchtereien von holländischen, französischen und
deutschen Schafen. Von Pfarrer Wilh. Schuster in Neckar-
Steinach (Baden) . 65
Haselmäuse. Von Elsa Soffel in Schleißheim bei München. (Mit
Taf. IV) . 79
Ephippigera vitium Fieb. Von Lud w. Schuster . 81
Geruch und Gesicht: I. Tiere, die gut riechen und zugleich scharf sehen;
II. Der Mensch als Gesichtstier. Von Pfarrer Wilh. Schuster. 85
Ab- und Zunahme, periodisch stärkeres und schwächeres Auftreten unserer
Vögel, für verschiedene Landesteile Deutschlands und der Schweiz
statistisch festgestellt. Von demselben . 97
Das Storchnest auf dem Chordache in Zofingen (Kanton Aargau) im neunten
Jahre (1903) und zehnten Jahre (1904). Von Dr. H. Fischer-Sigwart
in Zofingen . 116, 173
Was ist die Button-Mouse (Knopfmaus) der Orkaden? Von C. J. Forsyth
Major in London . 129
Zur Frage über das Vorkommen und die Verbreitung des Schakals ( Canis
aureus L.) in Dalmatien. Von Prof. A. Pichler in Mostar (Herzegowina) 134
Zur Berichtigung (betr. Mähnenschaf und Mufflon). Von T h e o d.
Knottnerus-Meyer aus Hannover . 138
Batrachier- und Reptilienleben in Japan. Von Dr. Paul Krefft in
Zehlendorf bei Berlin . 144, 161
Was frißt die Maulwurfsgrille? Von Hermann Löns in Hannover . 153
Hase und Kaninchen in ihrem gegenseitigen Verhalten. Von Ludw.
Schuster . 179
Das Vorkommen des Siebenschläfers ( Myoxus glis ) und Beobachtungen über
seine Lebensweise im Königreich Sachsen. Von R u d. Zimmer¬
mann in Rochlitz i. S. (Mit einem Verbreitungskärtchen) .... 180
IV
Seite
In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis steht unsere häufigste Rind¬
viehrasse, die Simmentaler, zu den beiden hausgezähmten Urrindern
in Deutschland, dem Bos taurus primigenius und dem Bos taurus
brachyceros ? Von Pfarrer Wilh. Schuster . 202
Das Verschwinden der Hausschwalbe ( Clielidonaria urbica L.) aus den
Städten. Von Dr. J. Gen gl er in Erlangen . 204
Die älteste Ornithologie: Die Ornithologie des orientalischen Altertums.
Von Pfarrer Wilh. Schuster . 207
Die typischen stehenden Formen von Crioceris asparagi L. (Spargel¬
hähnchen) im Mainzer Becken. Von demselben . 211
Vierzig Jahre im Dienste der Ornithologie (V. Ritter v. Tschusi zu Schmid-
hoffen). Von J. Michel in Bodenbach (Böhmen) . 225
Ornithologische Notizen aus Salzburg. Von V. Ritter v. Tschusi zu
Schmidhoffen auf Villa Tännenhof bei Hallein . 227
Beiträge zur Fauna der Marshall-Inseln VII. Von Dr. med. P. Schnee
in Groß-Lichterfelde bei Berlin . 287
Die Erdsänger in und um Frankfurt a. M. Von Pfarrer Wilh. Schuster 242
Tierbilder vom Zambeze. Von W. Tiesler in Tete (Zambezia) . . . 278
Sonderbares Benehmen einiger Tiere. Von C. Greve in Riga (Rußland) 297
Sämtliche Gründe für die Abnahme der Schwalben. Von Pfarrer Wilh.
Schuster . 300
Aus dem Leben eines Fischreihers ( Ardea cinerea L.). Von Erwin
Detmers . 307
Über die Instinkte der Haustiere. Von Prof. Dr. W. Schimkewitsch
in St. Petersburg . 321
Über Hilfsfermente im Tierkörper I. Von Karl Knauthe in Hamburg 330
Über das Vorkommen des Schakals (Cants aureus L.) auf dem Dalmatinischen
Festlande bei Slano. Von Prof. A. P i c h 1 e r . 332
Nimmt der Bestand an Pferden in Deutschland (bezw. Hessen) mit der Zu¬
nahme der Automobile (und des elektrischen Straßenbahnverkehrs)
an Zahl ab? Von Pfarrer Wilh. Schuster . 335
Einige zoologische Neuigkeiten aus Rußland. Von C. Greve . . . . 339
Der Verlauf der Lophyrus - Kalamität im Jahre 1905. Von L u d w.
Schuster . . . 343
Die Verbreitung von Turteltaube, Wiedehopf und Schwarzspecht in Hessen.
Von demselben . 353
Allerlei über den Hühnerhabicht (Astur palumbarius L.). Von Erwin
Detmers . 356
Die lateinischen Namen unserer deutschen Vögel I . 360
Einige Aberrationen und sonst seltene Arten von Schmetterlingen im
Mainzer Becken. Von Pfarrer Wilh. Schuster . 374
II. Mitteilungen aus zoologischen Gärten.
Das neue Insektenhaus im Zoologischen Garten zu Frankfurt a. M. Von
Direktor Dr. Ad. Seitz in Frankfurt a. M . 2
Weißschwanzgnus. Von F. E. Bla au w in Gooilust bei s’Graveland
(Niederland) . 6
V
Seite
Ein Elefant als Nordpolfahrer. Von Dir. Jul. Schiött in Kopenhagen.
(Mit einer Abbildung) . 10
Bericht über den Zoologischen Garten in Stockholm für 1902. Von Dir.
Alarik Behm in Stockholm (Schweden) . 20
Neues vom Zoologischen Garten zu Berlin. Von Theod. Knottnerus-
Meyer aus Hannover. (Mit Taf. 1 — III) . 33., 72 u. 109
Einige Beobachtungen an Stichlingen im Seewasseraquarium. Von Dr.
Herrn. Bol au in Helgoland . 48
Die Eisbären in Skansens Zoologischem Garten zu Stockholm. Von Dir.
Alarik Behm . 50
Zoologischer Garten in München in Sicht . 125
Die diesjährige Straußenzucbt im Tierpark des Herrn Friedr. Falz-Fein
zu Ascania-Nova im Taurischen Gouvernement, Südrußland. Von
Ernst Bussius in Cöln (Rhein) . 189
Aus dem Frankfurter Zoo (Elefantenwachstum, Schnelligkeit der Schleich¬
katzen). Von Pfarrer Willi. Schuster in Neckar-Steinach (Baden) 155
Meine Tierfreundschaften im Dresdner Zoologischen Garten. Von Hilde¬
gard von Bülow in Freienwalde (Oder) . 193
Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft zu
Frankfurt a. M. an die Generalversammlung der Aktionäre vom
11. Mai 1905. Von Dir. Vict. Goering in Frankfurt a. M. . . . 214
Ein Besuch des Zoologischen Gartens zu Mülhausen i. E. Von Heinr.
Lauer in Freiburg i. Br . 228
Nachrichten aus dem Zoologischen Garten zu Hannover. Von Dir. Dr.
Ernst Schaff in Hannover . 257
Altes und Neues aus dem Schönbrunner Zoologischen Garten in Wien.
Von Maximilian Siedler in Wien . . 260
Fortpflanzung des Kranichs ( Grus grus L.) im Zoologischen Garten zu
Stockholm. Von Dir. Alarik Behm . 280
Der städtische Zoologische Garten in Buenos Aires. Von Oswald
Straßberger in Buenos Aires (Argentina). (Mit Plan des Gartens) 289
In der Gefangenschaft geborene Luchse (Felis ly nx L.). Von Dir. Alarik
Behm in Stockholm . 345
Im zoologischen Garten erbrütete Sturmmöwen (Larus canus L.). Von
demselben . 346
III. Briefliche Mitteilungen.
Von Schwalben eingemauerter Sperling. Von Prof. Dr. Wilh. Kob eit in
Schwanheim a. M . 312
IV. Kleinere Mitteilungen.
Berichtigung (über Tipuliden und Culiciden). Von Gymn.- Oberlehrer L.
Geisenheyner in Kreuznach . 22
Nachtrag zum Zwergtrappen. Von demselben . 22
Kohlmeise und Resorcinkristalle. Von Kunstmaler K. Soffel in Schlei߬
heim bei München . 23
VI
Seite
Ein kampflustiger Kernbeißer. Von demselben . • • 23
Wer hat die Rebe im Forstbezirk Wiesbaden getötet? Von Pfarrer Wilh.
Schuster in Neckar-Steinach (Baden) . 24
Ente mit vier Beinen. Von Dr. V. Hornung in Bielefeld . 24
Schlafstätte eines Spechtes. Von demselben . 24
Spinne und Sandwespe in Ägypten. Von Ad. Andres in Alexandria . . 24
Aufruf zur Errichtung einer Gedenktafel für Heinrich Gätke. Von
Hans Freib. von Berlepsch in Cassel . 51
Die im Monat Oktober 1904 an dem Leuchtturm zu Eierland, an der
Nordspitze der niederländischen Insel Texel angeflogenen, tödlich ver¬
letzten Vögel. Von Pfarrer Wilh. Schuster . 51
Bären in Bolivien. Von Osw. Straßberger in Buenos Aires (Argentina) 51
Mißbildung der Zehen (Polydaktylie) bei einem Kammmolch ( Molge cristata
Laur.). Von Konrad Profe in Cöln (Rhein) . 52
Das Vordringen des Girlitz ( Serinus hortulanus Koch) in Deutschland. Von
Prof. Dr. C. Eckstein in Eberswalde . 52
Die Hamsterplage in Rheinhessen am Rheinknie bei Mainz. Von Pfarrer
Wilh. Schuster . 52
Kann die Zwergfledermaus (Ncmnugo pipistrellus) von ebener Erde auf¬
fliegen? Von demselben . 52
Seestern und Einsiedlerkrebs. Von Dir. Dr. Herrn. Bolau in Plelgoland. 53
Die Fesselung von Vögeln. Von demselben . 53
Vogelgesang im Herbste. Von Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M. 54
Neue Säugetiere XIV, XV u. XVI . 88, 280, 376
Über Vorkommen und Lebensweise der Violettflügeligen Holzbiene. Von
H. Freih. Geyr v. Schweppenburg in Müddersheim bei Düren . 89
Aufruf die Wirbeltierfauna der Prov. Hannover betreffend. Von Herrn.
Löns in Hannover . 124
Spechtmühlen. Von stud. ing. Ferd. W-ßgner . 124
Kleine ornithologische Notizen. Von Pfarrer Wilh. Schuster . . . . 125
Der Felsensittich ( Conurus patagonus Vieill.). Von Osw. Straßberger 125
Schwarzkopfgesang. Von Pfarrer Wilh. Schuster . 154
Je mehr Eichhörnchen, um so weniger Waldtauben. Von demselben . 154
Unzweckmäßigkeit des Winterkleides bei Putorius erminea. Von dem¬
selben . 154
Versuche zur Erforschung des Vogelzugs. Von Dr. J. Thiene mann in
Rossitten auf der Kurischen Nehrung . 155
Selbsterniedrigung von Fischreihern (Ardea cinerea L.). Von Herrn. Löns 155
Ein kletternder Grasfrosch ( Pana temporaria L.). Von Rud. Löns in
Hannover . 156
Grasfrosch und Stichling. Von Herrn. Löns . • . 156
Prof. E. Häckels Vorträge . 185
Die Nistweise des Flamingos. Von Dr. Herrn. Bolau . 185
Uhu. Von Paul Gregor Schuster in Gonsenheim bei Mainz. . . . 220
Pelzwerk aus Maulwurfsfellen. Von Prof. Dr. 0. Boettger . 220
Das Angstgeschrei von Fröschen und Kröten. Von Herrn. Löns . . . 220
Produziert die Kohlmeise zwei Eier in einem Tag? Von Pfarrer Wilh.
Schuster und H. Schacht in Beiford bei Detmold . . . 221 u. 313
YII
Seite
Schutzkleidung der Raupe von Nola togatulalis. Von Pfarrer Willi.
Schuster . 221
Das Wachstum der Suppenschildkröte ( Chelone mydas L.). Von Dr. raed.
P. Schnee in Groß-Lichterfelde bei Berlin . 221
Wanderungen der Strudelwürmer (der dendrocoelen Turbellarien) in unsern
Gebirgsbächen . 246
Rasche Abnahme des kanadischen Bisons ( Bison americanus) . 247
Über das Fischen der Reiher. Von Heinr. Lauer in Freiburg i. Br. . 248
Gezähmte Schwalben. Von Dr. Herrn. Bolau in Helgoland . 249
Frühlingsinsekten. Von Ludw. Schuster in Gonsenheim bei Mainz . . 251
Eine Trauerseeschwalbe (Hydrochelidon nigra L.) auf dem Genfer See ver¬
unglückt. Von Prof. Dr. 0. Boettger . 252
Die Nahrung der Maulwurfsgrille ( Gryllotalpa vulgaris L.). Von Dr. H.
Reeker in Münster i. W . 278
Das Vorkommen des Schakals in Dalmatien. Von Prof. A. Pichler in
Mostar (Herzegowina) . 279
Dreihorn und Kiefernblattwespe. Von Pfarrer Wilh. Schuster . . . 279
Ehrung (Komm. -Rat H. Claaß) . 279
Brutstätten der Lachmöwe. Von Pfarrer Wilh. Schuster . 279
Kleines Nachtpfauenauge ( Saturnia pavonia) und Nola togatulalis. Von
demselben . 313
Dactylomys typus Is. Geoffr. Von Dr. G. Hagmann in Ilha Mexiana
(Para) . 314
Geburtshelferkröte (Alytes) bei Mainz-Gonsenheim. Von Pfarrer Wilh.
Schuster . 314
Auffallende Färbungen, die in Wirklichkeit aber verbergend wirken. Von
Dr. med. P. Schnee in Groß-Lichterfelde bei Berlin . 314
Die Fledermäuse des mittleren Schweizer Jura. Von Gustav von Burg
in Olten (Schweiz) . 315
Über die geographische Verbreitung der Lurche und Kriechtiere
Mexikos . 346
Abnorme Eigenschaften domestizierter Tiere. Von Herrn. Grote in Ebers¬
walde (Oder) . 346
Das Doppelhörnige Nashorn ( Bhinoceros sumatrensis ) auf dem Aussterbeetat 375
Vertilgung von Eichhörnchen, Hähern und Krähen. Von Ludw. Schuster 376
Affenjunges von einem Weib in Darmstadt an Kindes Statt angenommen
und groß gesäugt. Von Pfarrer Wilh. Schuster . 376
Herings- oder Mantelmöwen in Südbayern. Von Kunstmaler Karl So f fei
in Schleißheim bei München . 378
V. Literatur.
Prof. Dr. W. Marshall, Die Tiere der Erde. Lief. 11 — 50 . . 26, 28 u. 284
Dr. med. C. Parrot, Verhandlungen der Ornitholog. Gesellsch. in Bayern
1903. Bd. 4 (1904) . . 27
K. Gräser, Der Zug der Vögel . 29
P. Dr. Fr. Lindner, Ornithologisches Vademekum . 30
Prof. Dr. A. Jacobi, Tiergeographie . 31
VIII
Seite
Reg.-Rat Dr. G. Rörig, Ergebnisse der Untersuchung über die Nahrung
von 82 heimischen Yogelarten in 1419 Exemplaren. Von Forstmeister
Dr. A. Rörig in Frankfurt a. M . 54
Dr. Th. Zell, Das rechnende Pferd . 62
C. G. Schillings, Mit Blitzlicht und Büchse . 89
Dr. E. Bade, Die mitteleuropäischen Vögel Bd. I . 91
Pokornys Naturgeschichte des Tierreiches für höhere Lehranstalten,
26. Aufl., bearb. v. Dir. M. Fischer . 92
G. und E. Peckham, Instinkt und Gewohnheiten der solitären Wespen,
übers, v. Dr. W. Schoenichen. Von Pfarrer Wilh. Schuster in
Neckar-Steinach . 93
Jahrbuch des Nassauischen Vereins für Naturkunde 1904. Von
demselben . 94
H. Otto, Im Wald und auf der Heide. Von demselben . 94
Naumanns Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas. Neue Bearbeitung. Bd. I. 126
Nerthus, Illustr. Zeitschr. f. volkstüml. Naturk. 6. Jahrg. 1904. Von
Pfarrer Wilh. Schuster . 127
Zeitschrift für Oologie. 14. Jahrg. 1904. Von demselben . . . 157
Prof. Dr. J. Kühn, Die Bewertung der Futtermittelbestandteile mit be¬
sonderer Berücksichtigung der Preiswürdigkeit von Rückständen der
Rübenzuckerfabrikation . 157
C. G. Friderichs Naturgeschichte der Deutschen Vögel. 5. Auf!., bearb.
von A. Bau. Von Pfarrer Wilh. Schuster . 158
Dr. G. Hagmann, As Aves Brasilicas mencionadas e descriptas nas obras
de Spix, Wied, Burmeister e Pelzeln na sua nomenclatura scientifica
actual . 159
Prof. Dr. C. Keller, Naturgeschichte der Haustiere . 188
Wilh. Schuster, Verstandes- und Seelenleben bei Tier und Mensch. Von
Prof. Dr. L. E ding er in Frankfurt a. M . 190
Dr. E. A. Goeldi und Dr. G. Hagmann, Prodromo de um Catalogo
critico, commentado da colecgao de Mammiferos no Museu do Para . 222
Dr. W. Wolterstor ff, Beiträge zur Fauna der Tucheier Heide . . . 222
Wilh. Schuster, Vogelhandbuch: Ornithologisches Taschen- und Ex¬
kursionsbuch . 223
K. Hopf, Der St. Bernhards-Hund (Bernhardiner) . 252
Prof. Dr. L. v. M e h e 1 y , Über das Entstehen überzähliger Gliedmaßen . 253
H. Grote, Beiträge zur heimischen Avifauna (aus der Vogelsammluug der
Kgl. Forst- Akademie Eberswalde) . 254
Prof. Dr. R. Hesse, Abstammungslehre und Darwinismus. 2. Aufl. . . 255
An t. Reicheno w, Übersicht der auf der deutschen Tiefsee-Expedition ge¬
sammelten Vögel. Von Pfarrer Wilh. Schuster . 255
Dr. Rieh. Heymons, Die Hinterleibsanhänge der Libellen und ihrer
Larven. Von demselben . 282
Prof. Dr. A. Jacobi, Die Bedeutung der Farben im Tierreiche .... 282
R. Ridgway, The Birds of North and Middle America Pt. III . . . . 283
Dr. Th. Zell, Tierfabeln und andere Irrtiimer in der Tierkunde . . . 285
Wilh. Schuster, Ornithologische Anzeichen einer wiederkehrenden
Tertiärzeit . 287
IX
Seite
B. Tümler, Schutzmasken und Schutzfarben in der Tierwelt. Protektive
Mimikry . 316
Wilh. Schuster, Die Reblaus ( Phylloxera vastatrix ) in Hessen . . . 317
Geh. Rat Prof. Dr. K. Möbius, Die Formen, Farben und Bewegungen
der Vögel und die der Insekten, ästhetisch betrachtet . 318
Dr. P. Kämmerer, Über die Abhängigkeit des Regenerationsvermögens
der Amphibienlarven von Alter, Entwicklungsstadium und spezifischer
Größe . 347
Prof. Dr. L. von Mehely, Die herpetologischen Verhältnisse des Metschek-
gebirges und der Kapella . 349
Dr. P. Kuckuck, Der Strandwanderer. Die wichtigsten Strandpflanzen,
Meeresalgen und Seetiere der Nord- und Ostsee . 349
M. Kiesling, Anleitung zum Photographieren freilebender Tiere . . . 350
Dir. Dr. C. Kerbert, Het Aquarium te Amsterdam . 351
V. Ritter v. Tschusi zu Schmidhoffen, Über den Zug des Seiden¬
schwanzes ( Ampelis garrula L.) im Winter 1903 — 04 . 379
Prof. Dr. W. Klett, Unsere Haustiere . 380
Prof. Dr. G. Tornier, Über das Auffinden von Tropidonotus tessellatus
(Laur.) in Mitteldeutschland . 381
Derselbe, Entstehen und Bedeutung der Farbkleidmuster der Eidechsen
und Schlangen und Entstehen der Farbkleidmuster und Körperform
der-«är;hildkröten . 381
Jahresbericht der Ornithologischen Gesellschaft Basel 1904 383
Kurt Gräser, Der Zug der Vögel. 2. Aufl. Von Pfarrer Wilh. Schuster 383
VI. Verschiedenes.
Bücher und Zeitschriften 32, 64, 96, 128, 160, 191, 224, 256, 287, 319, 351, 384
Druckfehler- Berichtigung . s. u.
Eingegangene Beiträge 31, 64, 96, 128, 160, 191, 224, 256, 287, 319, 351, 384
Nekrologe: Dr. Julius Hoffmannf . 25
Prof. Dr. Hermann Landois f . 95
Direktor Francis L’hoest f . 03
Freih. Paul Adolf von Molsberg f . 347
Pfarrer Karl Müller f . 379
Dr. med. Adolf Zipperlen f . 156
Druckfehlerberichtigung.
S. 6 Zeile 6 von oben lies »gleichzeitig« statt leichzeitig.
S. 227 Zeile 6 von unten lies »Zinkenbach« statt Linkenbach.
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Organ
der
Zoologischen Gärten
Deutschlands.
- -
Herausgegeben von der
Keuen Zoologischen Gesellschaft
in Frankfurt a. M.
[Redigiert von
Prof. Dr. O. Boettger.
Frankfurt a. M.
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I905.
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Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
N°‘ 1. XLVI. Jahrgang. Januar 1905.
I ii Ib a 1 l.
Die Erhaltung- der Art; von Prof. Dr. P. Altmann in Wriezen hei Berlin. — Das
neue Insektenhaus im Zoologischen Garten zu Frankfurt a. M. ; von Direktor Dr. Ad. Seitz
in Frankfurt a. M. — Weißschwanzgnus; von F. E Blaauw in Gooilust bei s'Graveland
(Niederland). — Ein Elefant als Nordpolfahrer; von Julius Schiött, Direktor des Zoo¬
logischen Gartens in Kopenhagen. (Mit einer Abbildung). - Neues aus dem Leben der
Hauskatze; von Dr. Paul Kämmerer in Wien. Zur Frage über die Abnahme der
Schwalben; von Direktor Dr. Ad. Seitz in Frankfurt a. M. — Über den Massenfraß der
Kiefex*nblattwespe (Lophyrus pini ) im Gonsenheimer Wald; von Ludwig Schuster in
Gonsenheim bei Mainz. - Bericht über den Zoologischen Garten in Stockholm fiir 1902; von
Alarik Behm. — Kleinere Mitteilungen. — Nekrolog. — Literatur. — Eingegangene Bei¬
träge. — Bücher und Zeitschriften.
Die Erhaltung der Art.
Von Prof. Dr. P. Altmann in Wriezen bei Berlin.
Eine Schreckenskunde durcheilt die Zeitungen: Immer wieder
dieselbe Unvorsichtigkeit und immer wieder schwere Buße! »Eine
Frau, im Begriff einen bereits abfahrenden Eisenbahuzug zu be-
steigeu, gleitet vom Trittbrett ab und fällt so unglücklich, daß die
Räder ihr den Kopf zermalmen. Bevor sie jedoch den Geist auf¬
gibt und ihre Seele aushaucht, schenkt sie einem Kinde das Leben1)«.
Es ist dies wiederum ein Beispiel vom Erhaltungstriebe, wie
er uns bei Tieren und Pflanzen des öfteren entgegentritt.
Ein Schmetterlingsweibchen, das mit Chloroform betupft bereits
mehrere Stunden auf dem Spannbrett gelegen batte, fand ich am
unteren Ende eines Tischbeins sitzend tot auf und hinter ihm eine
Anzahl von Eiern sorgfältig eins neben das andre gelegt. Aus der
Chloroformoarkose erwacht durchblitzte wahrscheinlich2) das kleine
*) Das Kind befindet sich wohl und munter beim Vater.
2) Wir bemerken ausdrücklich, daß wir gegen diese Erklärungsweise starke
Bedenken haben. Der Herausgeber.
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 1
2
Hirn des Weibchens der Gedanke an die Nachkommenschaft, und
die Erinnerung- aus dem Raupenzustand ließ den Schmetterling die
Eier mit letzter Kraftaufwendung in der Nähe der für die Raupe
geeigneten Nährpflanze ablegen.
Ein ähnlicher Vorgang, den mau mit dem Namen der Notreife
bezeichnet, findet sich auch im Pflanzenreich. So z. B. bei den be¬
kannten Wucherblumen, die jetzt gradezu unter polizeilicher Auf¬
sicht stehen, damit sie von den Besitzern ausgerottet werden, weil
sie Felder und Wiesen überwuchern und die angebauten oder ange¬
samten Kulturgewächse ersticken. Leider geschieht die Ausrottung
oft in recht unzureichender Weise, indem man sich nur damit be¬
gnügt, besagtes Unkraut auszujäten und zu sammeln, dann aber,
anstatt es zu verbrennen oder anderweitig zu vernichten, einfach
auf den nahen Fahrweg wirft, der Sonne, dem Verkehr und den
Unbilden der Witterung das weitere Zerstöruugswerk überlassend.
Das geschieht auch, die Pflanzen gehen dort wirklich zu Grunde;
zuvor jedoch wendet die sterbende Pflanze alle ihr zu Gebote stehende
Kraft auf, die Früchte zur Reife zu bringen, die dann mittels ihres
Fruchtkröuchens durch den Wind ganz fidel wieder auf die angren-
• •
zenden Acker und Wiesen geweht werden, wo sie sich nach wie vor an¬
siedeln und entwickeln und den gleichen Schaden verursachen wie vordem.
Noch ein anderes Beispiel für viele sei gestattet hier anzuführen.
Ein dem Herbarium bereits ein verleibter Wachholderzweig mit roten
und grünen unreifen Früchten brachte, während er immer mehr
durch Eintrocknen zum Tode erstarrte, sämtliche Beeren zur Reife.
So sorgt die Natur, mit Aufbietung aller ihr zu¬
letzt zu Gebote stehenden Kraft zur Erhaltung der
Art, noch im Sterben für die Nachkommenschaft!
Das neue Insektenhaus im Zoologischen Garten zu
Frankfurt a. M.
Von Direktor Dr. Ad. Seitz in Frankfurt a. M.
Im Aprilheft 1904 dieser Zeitschrift wurde ein kurzer Abriß
der Entstehungsgeschichte unseres Insekteuhauses gegeben. Ein
Urteil ließ sich damals noch nicht darüber abgeben, inwieweit die
Einrichtung das Interesse der Gartenbesucher finden würde, und
ebenso konnte man noch nicht voraussehen, was sieb im Hause im
Laufe der Saison entwickeln würde. Sowohl die Erweiterung der
3
Sammlung, wie auch die wohlwollende Aufnahme bei dem Publikum
übertrafen unsere Erwartungen, wogegeu die durch Nachzucht ge¬
wonnenen Resultate hinter unseren Hoffnungen weit zurückblieben.
Dies betrübende Ergebnis ist zweifellos größtenteils eiue Folge des
Umstandes, daß das gesamte, z. T. kostbare Material einem völlig
unerfahrenen, wenn auch im ganzeu willigen und anstelligen
Wärter übergeben werden mußte. Bis diesem bezüglich Behandlung,
Fütterung, Besprenguug, Einbettung u. s. w. der Raupen oder
Puppen das Nötige beigebracht war, waren Hunderte von Puppen,
Tausende von Raupen und Zehntausende der jungen Eierbrut zu
Grunde gegangen. Ein Buch würde es werden, wollte man eine
genaue Instruktion über die Behandlung, namentlich der ausländischen
Insekten zusammenstellen, und ungeachtet dessen würde jedes Jahr
Neuheiten bringen. Von diesem letzteren Punkt, der Behandlung
und Weiterzucht der Tiere, steht aber mit der wachsenden Erfah¬
rung des Wärters auch eine Zunahme der Erfolge ganz bestimmt in
Aussicht, und um so mehr dürf'eu wir uns beglückwünschen, die
schwierigste Aufgabe — die Beschaffung des Materials — in einer
Weise, die nicht uur uns, sondern auch alle die zahlreichen »Habi¬
tues« des Insektenhauses befriedigt haben dürfte, gelöst zu haben.
Nach den Vorversuchen, die bereits seit etwa sieben bis acht
Jahren von mir betrieben wurdeu, hatten wir augenommen, mit
Australien in reger Verbindung bleiben zu können, und glaubten mit
Bestimmtheit, besonders von der höchst interessanten australischen
Insektenwelt recht viel zeigen zu können. Durch einen sonderbaren
Zufall aber versagten zu gleicher Zeit sämtliche australische Quellen
auf die wir gezählt hatten, und ebenso gelang es uns nicht, mit
Brasilien in der gewünschten Weise Fühlung zu bekommen. Um
so reger war der Verkehr mit anderen Ländern bezüglich ihrer
Insekteuwelt, nämlich mit Süd-Europa, Kleinasien, dem Himalaja,
Ceylon, China, Japan, Algerien, Natal, Mexiko, den Vereinigten
Staaten und Argentinien.
Im nachfolgenden wird eine Zusammenstellung der Arten ge¬
geben, die im vergangenen Sommer lebend im Insektenhause gezeigt
worden sind,
I. Orthoptera.
1. Bacillus rossii . Dalmatien,
2. Mantis religiosa . Süd-Europa,
3. Acridium aegyptiacum . Orient,
— 4 —
4. Calopteryx italica . Italien,
5. Truxalis nasuta . Balkan.
II. Lepidoptera.
6. Papilio podalirius . Europa,
7. » cresphontes . Canada,
8. Pharmacophagus philenor . Union,
9. Parnassius apollo . Alpen,
10. Vanessa urticae . Deutschland,
1 1 . » poly chlor os . »
12. » antiopa . »
13. » io . »
14. Pyrameis atalanta . »
15. Acherontia atropos . »
16. Ilerse convolvuli . »
17. Phlegethontius carolina . . Nord-Amerika,
18. Hyloicus pinastri . Deutschland,
19. Sphinx ligustri . »
20. Ceratomia amyntor . Nord -Amerika,
21. Deilephila euphorbiae . Deutschland,
22. » vespertilio . Süd-Europa,
23. Everyx myron . Nord -Amerika,
24. Philampelus achemon . » »
25. Dilicia tiliae . Europa,
26. Smerinthus geminatus .. t ... . Nord -Amerika,
27. » ocellatus . Europa,
28. » excaecatus . Nord -Amerika,
29. » myops . » »
30. » populi . Europa,
31. » moäestus . Nord- Amerika,
32. » quercus . Siid-Europa,
33. Eacles imperialis . Nord -Amerika,
34. Citheronia regalis . » »
35. Anisota Stigma . » »
36. Adelocephala rubicunda . » »
37. Botnbyx quercus . Europa,
38. » rubi . »
39. Lasiocampa potator ia . »
40. » quercifolia . »
41. » ab. alnifolia . »
42. Lasiocampa populifolia .
43. » pruni
44. Tolype velleda ....
45. Orgyia leucostigma
46. Phalera bucephala
47. Datana ministra .
48. » perspicua .
49. Actias mimosae
50. Tropaea luna .
51. Saturnia pyri .
52. > spini . . . .
53. » pavonia .
54. Copaxa illunata
55. Attacus atlas . . . .
56. Rothsckildia orizaba . .
57. » jorulla .
58. Samia cynthia . . . .
59. » pryeri . . . .
60. Platy samia cecropia
6 1 . Calosamia prometheus
62. Antheraea perny i .
63. » yamamai
64. » wahlbergi
65. » cinghalesa
66. » mylitta .
67. Cricula trifenesirata
68. Telca polyphemus .
69. Sericaria mori .
70. Harpyia vinula
71. Arctia ca ja .
72. » domimda .
73. » hebe .
Europa,
»
Nord-Amerika,
» »
Europa,
Nord -Amerika,
» »
Süd-Afrika,
Nord -Amerika,
Europa,
»
>
Kapland,
Nord-Indien,
Mexiko,
»
Nord -Amerika,
Japan,
Nord -Amerika,
» »
China,
Japan,
Natal,
Ceylon,
Indien,
Java,
Nord -Amerika,
China,
Deutschland,
»
74. » villica
»
75. » hera .
76. Catocala fraxini
77. » electa .
»
»
Coleo
ptera
Deutschland,
»
78. Hydropjhüus pieeus
79. Acilius sulcatus
80. Dytiscus marginalis
6
Bei einer ganzen Reihe der aufgeführten Arten waren teils nach¬
einander, teils aber auch leichzeitig die verschiedenen Zustände der
Insekten zu sehen, so daß eine Art mitunter mehrere Ausstellungs¬
objekte abgab. Es waren somit im ganzen wohl hundert verschie¬
dene Formen von Lebewesen ausgestellt, und man kann rechnen,
daß etwa dreimal das Bild der Ausstellung vollständig wechselte.
Wenn dies schon im ersten Jahre gelang, so eröffnet sich für die
folgenden um so zuverlässiger die Perspektive, daß die Kollektion
sich alle sechs bis acht Wochen vollständig verändert hat, und wenn
die Entwickelung dieser kleinen Sonderausstelluug so weiter fährt,
wird bald, d. h. schon in wenigen Jahren das Ideal erreicht sein,
das jeden Tag neues bringen läßt.
Der Verkauf der zahlreich sich entwickelnden Schmetterlinge
ging so über Erwarten gut, daß der zum richtigen Betriebe eines
Handels mit Schmetterlingen notwendige Vorrat gar nicht aufkam.
Bis in den Juni, wo die ersten Massenentwickluugeu stattfanden,
wurden die Tiere vielfach lebend oder unpräpariert verlangt, und
die Nachfrage übertraf bei weitem das Angebot. Die sehr niedrig
gehaltenen Preise der oft prächtigen ausländischen Schmetterlinge,
die zuweilen nur 1/ß — A/8 des Handelswertes betrugen, veraulaßten
selbst weniger enragierte Sammler zum Ankauf ganzer Kollektionen;
und daß der Zweck, durch das in dem Insektenhause Gebotene seit¬
herige Nichtsammler zur Beschäftigung mit der Insektenkunde au-
zuregen, bereits erreicht ist, dafür liegen schon jetzt tatsächliche
Beweise vor.
Weissschwanzgnus.
Von F. E. Blaauw iu Gooilust bei s’ Graveland (Niederland).
(Aus einem Schreiben an Herrn Wilhelm Schuster)1)
Meine Zucht von Weißschwanzgnus habe ich vor bald 19 Jahren
angefangen und seitdem jedes Jahr Junge dieser schönen Antilopeu-
art gezogen. Im Februar 1886 erhielt ich das erste Paar aus dem
Jardin d’acclimatation zu Paris. Die Tiere wurdeu auf einer 2 l/<i Hektar
großen, mit Bäumen umpflanzten Wiese untergebracht, auf der auch
*) Der berühmte Züchter, Besitzer eines Tierparks, hat mir das Manuskript
zur Verfügung gestellt; ähnliche Aufzeichnungen hat er bis jetzt nur in den
Annalen der Academie fram^aise in Paris niedergelegt. Bekanntlich ist das Wei߬
schwanzgnu nunmehr in Südafrika sozusagen gänzlich ausgerottet; um so
mehr Interesse verdienen Blaauws Mitteilungen. W. Sch.
7
einige große Bäume freistandeu. Zum Unterschlupf bei Nacht uud
ungünstiger Witterung war für einen hölzernen Stall mit drei Ab¬
teilungen gesorgt, der sich auf der Nordseite dieser Wiese, also mit
der Front nach Süden, befand. In diesem Stall, der mit eiuem
kleinen Auslauf ins Freie verbunden war, verblieben die Tiere den
Rest des Winters. Als der Frühling heraurückte und mit ihm das
junge Gras sproßte, wurden die Gnus allmählich an dieses Futter
gewöhnt, und als dies ohne Schwierigkeit gelungeu war, öffnete ich
au einem schönen, sonnigen Morgen die Türen des in die Wiese
mündenden Auslaufes. Sogleich kamen die Tiere aus dem Stall.
Erst wurde dem jungen Grase tüchtig zugesprochen, dann folgte ein
Springen, Rennen und Spielen, wie es eben nur Weißschwanzguus
tun können, uud bald hatten sie sich auf ihrer Wiese vollkommen
eingewöhnt. Nach einigen Wochen wurde mir klar, daß das Weibcheu
tragend war, und im Juli setzte es ein schönes Junges weiblichen
Geschlechtes. Ich hatte den Bullen nicht abgesperrt, und dies war,
wie sich nun ergab, auch nicht nötig, da er weder Mutter noch
Kind etwas zu Leide tat. Das Kälbchen war isabellgelb oder sand¬
farbig, hatte schwarzbraunes Gesicht, dunkle Mähne und weißlichen
Schwanz und war das drolligste und spiellustigste Ding, das man
sich denken kann. Drei Monate nach der Geburt wurde das Weibchen
wieder von dem Bullen gedeckt und setzte 81/* Monat später ein
zweites Kalb, wiederum ein Weibchen. Im Herbst 1887 begattete
sich das erstgeborene Weibchen und bekam 1888 ein Junges, das
männlichen Geschlechtes war, während die Mutter wieder ein Weibchen,
also das dritte, erzielte.
Auf diese Weise vermehrte sich die Herde über alle Erwartung,
und ich war bald in der Lage, sowohl Paare als auch Einzeltiere
abzugeben.
Während der ersten Jahre genügte es, den Gnus im Laufe des
Winters im Stall Futter zu reichen, ohne sie einzusperren. Als
aber im kalten Winter von 1890 auf 91 ein soeben geborenes Kalb
der Kälte erlag und sogar ein fünf Monate altes Stück sich er¬
kältete und einging, habe ich es für zweckmäßiger gehalten, sobald
im Herbst oder Vorwiuter Schneewetter eiutritt, die ganze Herde
einzufangen. Da man nun höchstens das alte Weibchen mit seinem
letztjährigen Jungen Zusammenhalten kann, indem je zwei Alte sich
stets tödlich befehden, so wurde es bei dieser Maßregel nötig, den
Stall bedeutend zu vergrößern. Er besteht jetzt aus acht sehr ge¬
räumigen Abteilungen.
Da die im Freien geborenen Gnus- sehr scheu sind, so ist das
Einfangen der Tiere im Herbst immer eine sehr schwierige Geschichte,
die viel Geduld erfordert. Es geschieht dies mittels Falltüren und
ist nur möglich, wenn Schnee den Tieren Futternot verursacht, so
daß man sie mit dem Futter locken kann.
Die weiblichen Gnus begatten sich, wenn sie ungefähr ein Jahr
alt sind, die Männchen brauchen zur Geschlechtsreife ein bis zwei
Jahre länger. Sie begatten sich zwar bisweilen schon, wenn sie
erst zwei Jahre alt sind ; ich habe aber niemals Resultate davon
gesehen.
Im Jahre 1896 zog ich mitsamt meinen Tieren nach meinem
jetzigen Wohnort Gooilust. Die Gnus erhielten hier die gleiche Ein¬
richtung wie früher, drei Hektar von uralten Bäumen umgebene
Weide, einige davon mitten darin, und die Ställe mit der Front
nach Süden.
Infolge der zu erwartenden Schwierigkeiten des Umzugs war ich
gezwungen, einen Teil der Herde zu verkaufen. Als au dem neuen
Wohnort alles wieder in Ordnung war, kaufte ich noch ein impor¬
tiertes junges Paar von C. Reiche in Alfeld und ein gezüchtetes
Weibchen vom Rotterdamer Zoologischen Garten. Mit diesen Tieren
und den Stücken, die ich aus meiner eigneu Zucht behalten hatte,
arbeitete ich dann weiter und importierte vor drei Jahren nur noch
einmal einen schönen Bullen vom Kap, während ich noch ein paar¬
mal je ein Weibchen hinzu fügte. So besteht meine Herde augen¬
blicklich aus zehn Stück, und zwar aus vier alten Zuchtweibchen,
zwei alten Bullen und vier Kälbern.
Der Boden, worauf die Gnuherde gehalten wird, hat Sandgruud,
so daß das Wasser auch bei anhaltendem Regen immer bald ab¬
zieht. Während des Sommers erhalten die Tiere nichts weiter als
das Gras, das sie auf ihrer Wiese finden. Im Herbst fange ich an,
in den Ställen Heu zu füttern, und im Winter, wenn die Gnus
eingesperrt sind, bekommen sie außer Heu noch Hafer und Kleie.
Gegen schlechte Witterung sind diese Antilopen ganz unempfindlich,
und hat eigentlich nur der schon erwähnte außergewöhnlich strenge
Winter von 1890 auf 91 Opfer gekostet. Bei heißem Wetter liegt
die Herde gewöhnlich den ganzen Tag über, den heißesten Sonnen¬
strahlen ausgesetzt, mitten auf der Wiese und wird dann erst gegen
Abend hin munter. Niemals fällt es den Tieren ein, den Schutz
der Bäume gegen die Sonne aufzusuchen ; eher tun sie dies bisweilen
bei starkem Regen.
9
Sehr schwer ist es, ein fremdes Tier, sei es ein Weibchen oder
ein Männchen, in die Herde einzugewöhnen. Manchmal dauert es,
um dieses Ziel zu erreichen, ein volles Jahr, manchmal gelingt es
überhaupt nicht, und es bleibt nichts anderes übrig, als den Neuling
wieder zu verkaufen. Die Bullen sind sehr leidenschaftlich und ge¬
fährden mit ihren nadelscharfen Hörnern die Weibchen oft ernstlich.
Einmal hatte ich einen selbstgezlichteteu , außerordentlich starken
Bullen, der plötzlich eines der Weibchen nicht mehr leiden mochte.
Er jagte es so lange herum, bis es in der Verzweiflung ins Eiseu-
gitter rannte und sich erheblich verletzte, wobei der Bulle mit seinen
Hörnern noch nachhalf. Das Weibchen wurde dann mit unendlicher
Mühe herausgefangeu und eingesperrt. Später, als noch ein zweites
Weibchen mißhandelt worden war, wurde mir die Sache doch zu
arg, und ich sperrte nun den bösen Bullen selbst ein. Am nächsten
Morgen kam der Wärter voll Aufregung und Entrüstung mit der
Meldung zu mir, der Bulle sei in der Nacht entwichen! Er war
einfach durch die Bretterwand des Stalles ausgebrochen und, als ich
hinzukam, eben damit beschäftigt, von der Wiese her in die Ab¬
teilung des Stalles einzubrechen, worin das von ihm mißhandelte
Weibchen untergebracht war. Die starke Bretterwand flog schon
in Splitter, und nur mit der größten Mühe gelang es, das wütende
Tier zu bändigen. Dieser Herr war mir denn doch zu gefährlich
und wurde sobald als möglich ausrangiert!
Wuuderschöu sind die Gnus in ihren Bewegungen, und wenn
abends nach einem heißen Tage die Herde sich in Bewegung setzt,
die Kälber voran, und in den wunderbarsten Gangarten, bald
Schlangenlinien, bald Ellipsen, bald Kreise beschreibend sich tummelt,
daun geht alles oft so schnell, daß das Auge den Einzelbewegungen
kaum zu folgen vermag. Mau kann sich an dem wunderbaren Schau¬
spiel nicht müde sehen! Diese Übungen werden fast immer gegen
Abend vorgenommen, aber man kann sie bisweilen auch über Tag
beobachten, wenn nach einem starken Regenguß der Wind die
Wolken verjagt hat.
Der Ruf des Männchens ist weithin hörbar. Mau vernimmt ihn
besonders oft vom August ab bis zum Februar, also während der
Bruuftzeit.
Nur noch eiue Tierart kann ich dauernd in der von den Gnus
bewohnten Einfriedigung halten, nämlich australische Emus. Wenn
diese Vögel von den Gnus gejagt werden, dann scheinen sie ordent¬
lich Gefallen an diesem Spiele zu finden. Sie rennen dann bald
10
mitten unter den Gnus mit, bald fliehen sie vor ihnen her, bald
jagen sie hinter ihnen drein. Amerikanische Strauße ( JRhea ) verlieren
in solchem Falle die nötige Ruhe. Aufangs geht es gut. Wenn
das Jagen aber etwas anhält, so ängstigen sie sich, besonders wenn
es gegen Abend geht. Uud das Ende vom Liede ist daun gewöhn¬
lich Verletzung durch die Gnus oder Austürmen au das Gitter.
Andere Antilopenarten kann man bei den Gnus nicht halten ; sie
werdeu einfach zu Tode gehetzt.
Zum Schluß möchte ich die Hoffnuug aussprechen, daß den
wenigen Weißschwanzgnus, die noch in Südafrika leben sollen,
der Schutz gewährt werden möchte, den sie so dringend nötig haben,
damit die Erde nicht eines ihrer merkwürdigsten Geschöpfe ver¬
lustig geht!
Ein Elefant als Nordpolfahrer.
Von Julius Schiött, Direktor des Zoologischen Gartens in Kopenhagen.
(Mit einer Abbildung).
Es ist hinlänglich bekannt, daß Tropeutiere im allgemeinen die
niederen Temperaturen unseres Klimas besser vertragen, als Polartiere
unsere für sie höheren Wärmegrade. Die Dickhäuter machen von
dieser Grundregel keine Ausnahme. So hat der Verfasser dieses
Artikels mit großem Interesse in den ersten Tagen des Jahres 1900
bei einer Temperatur von — 1°C. einen Elefanten des Berliner Gartens
im Freien gesehen. Der Boden war mit einer dünnen Lage Schnee
bedeckt, aber der Kerl befand sich dabei ganz behaglich, trotzdem
daß er deutliche Zeichen von sinulicher Erregung zur Schau trug.
Daß Elefanten Kälte gut vertragen, wissen wir schon seitlaugem;
haben wir doch alle im Livius gelesen, wie es im Jahre 215 v. Chr.
dem Haunibal gelang, einen Teil seiner 37 Kriegselefauten über die
schneebedeckten Alpenpässe zu führen. Doch hält sicherlich in dieser
Beziehung unter den Elefanten die »Topsy« des Menageriebesitzers
Philadelphia den Weltrekord. Unsere photographische Abbildung
stellt das Tier dar, wie es, teilweise mit Rentierfellen bekleidet,
vor fünf Jahren eine Winterreise bis ganz nahe au den Polarkreis
unternahm.
Am 12. Februar 1900 befand sich der Dompteur in der Stadt
Ostersund im nördlichen Schweden. Als die Geschäfte hier ziemlich
schlecht gingen, beschloß Herr Philadelphia das noch kleinere Städt-
11
cheu Ström, wo eben ein großer Jahrmarkt abgehalten werden sollte,
zu besuchen. Ström liegt ungefähr auf dem 64.° u. Br., und seine
Fig. 1. Topsy auf der Wanderschaft durch Schnee und Eis.
Entfernung von Östersund beträgt auf ziemlich schmalem Wege über
55 km. Das Wetter war kalt, und die Temperatur schwankte in
den betreffenden Tagen von — 12 bis — 20 °C. Herr Philadelphia
verfertigte für das Tier einen Pelz aus Rentierfellen und Stiefel aus
dem gleichen Material. In dieser Ausrüstung trat es die Reise an.
Der Schnee lag sehr hoch, und jedesmal, wenn die Karawane einem
Schlitten begegnete, mußte der Elefant ausweichen und versank dann
oft bis zum Bauche in dem metertiefen Schnee. Die Stiefel wurden
durchnäßt und mußten ausgezogen werden. Am schlimmsten war es,
wenn der Weg gefrorene Gewässer passierte, weil der Elefant auf
dem Eise sehr unsicher ging und mehrfach ausglitt.
Am ersten Tage legte man über die Hälfte des Weges zurück.
Gegen Abend eilte der Menageriebesitzer im Pferdeschlitten voraus,
um der Topsy einen guten, warmen Stall für die Nacht zu bereiten.
Am zweiten Tage erst langte die seltene Karawane in dem Städtchen
an, das noch niemals vorher ein solches Rüsseltier beherbergt hatte.
Der Elefant machte natürlich ein außerordentliches Aufsehen. Die
Lappen, die zusammen mit den schwedischen Bauern den Markt be¬
suchten, konnten sich an der wunderbaren Erscheinung des fernen
Indiens nicht sattseheu, obgleich das Tier damals erst ein ganz
junges, etwa achtjähriges Exemplar war.
12
Unmittelbar nach ihrem Auftreten auf dem Markte trat die
Topsy mit ihrem Herrn die Rückreise an, sie reich an Ehren, er an
Geld. Nur eine kleine Frostwuude an den äußeren Genitalien er¬
innerte noch an die ausgestandenen Strapazen, die aber durch sorg¬
fältige Behandlung bald geheilt wurde. Das Tier ist jetzt in seiner
vollen Kraft und wirklich ein Wunder der Dressur zu nennen.
Neues aus dem Leben der Hauskatze.
Von Dr. Paul Kämmerer in Wien.
I. Während eines Aufenthaltes in Wolfsegg, Oberösterreich (im
September 1904) beobachtete ich bei einem Bauernhause eine merk¬
würdige Freundschaft zwischen einer blinden Haus¬
katze und einer weißen Henne. Beide schienen unzertrenn¬
lich zu sein ; die Katze folgte der Henne überallhin nach, wobei ihr,
die durch die Bosheit eines Nachbarn geblendet worden war, das
fast unausgesetzte Gackern der Henne als Richtschnur diente. Die
Katze war noch jung, und obwohl die wunden Augenhöhlen noch
nicht vollständig verheilt waren, ließ sie sich ihren Unfall doch nicht
weiter an fechten, sondern war sogar zum Spielen aufgelegt. Dies
betätigte sie der Henne gegenüber in übermütigen Sprüngen, durch
die sie ihre Freundin zu haschen suchte. Diese mißverstand die
scherzhaften Angriffe zwar durchaus nicht, indem sie sie etwa als
gefährlichen Ernst oder doch als Belästigung aufgefasst hätte, ging
aber ihrerseits nicht darauf ein, sondern wich bedächtig zur Seite,
so daß die Katze regelmäßig an ihr vorbeisprang. Beim Futter, unter
dem sich auch Fleisch- und Speckabfälle befanden, warf die Henne
ihrem blinden Schützling viele Brocken vor und zerkleinerte sie eifrig,
als ob sie es mit einem Küchlein zu tun hätte. Seit ihrer Freund¬
schaft mit der Katze, die übrigens, wie betont werden muß, männ¬
lichen Geschlechtes war, hat jene Henne, wie ich auf meine Er¬
kundigung erfuhr, nie wieder die Gemeinschaft anderer Hühner und
des Hahnes gesucht. Ich vermute, daß auch bei dieser Tierfreund¬
schaft, wie in den Fällen besonderer Anhänglichkeit weiblicher Haus¬
tiere an männliche Familienmitglieder und umgekehrt, das sexuelle
Moment insofern eine gewisse Rolle spielt, als wahrscheinlich die
Geschlechtszellen aller Wirbeltiere, auch der stammesgeschichtlich
sehr weit von einander entfernten, in ihrer chemischen Zusammen¬
setzung ein Gemeinsames haben, das zwischen weiblichen und männ-
13
liehen Geschlechtsprodnkten auch dann noch unter Umständen einen
Grad von Affinität bestehen läßt, wenn die betreffenden Individuen
verschiedenen Klassen des Systems angehören.
II. ßrehm zählt die Katze nicht unter den Feinden des
Maulwurfs auf (Tierleben, 3. Auflage, 2. Band, Seite 381), auch
nicht den Maulwurf unter den Tieren, die der Katze zur Nahrung
dienen (a. a. 0., 1. Band, Seite 439 und 440). Ich nehme also an,
daß es nicht die Regel bildet, wenn Katzen Jagd auf Maulwürfe
machen. Iu Wolfsegg nun beobachtete ich eine Katze, die täglich
die frisch aufgeworfenen Maulwurfshaufen der ihrem Wohnhause
benachbarten Wiese absuchte, bis sie endlich einen für geeignet be¬
fand, davor Platz zu nehmen, beziehungsweise an gewissen Merkmalen
erkannte, daß der unterirdische Wühler seine Tätigkeit bald wieder
aufnehmen werde. In der bekannten, lauernden Stellung wartete sie
nun, bis der Maulwurf die aus seinem Bau herausgeschaffte Erde
aufwarf, und in dem Augenblicke, als es im Maulwurfshügel leben¬
dig zu werden begann, fuhr sie mit ihren Pfoden und mit ihrem Kopf
heftig zwischen die lockere Erde und zog deu schwarzen Gesellen
heraus. Beim Verzehren ihrer Beute konnte ich diese Katze nicht be¬
obachten, denn sie trug sie, ohne erst vorher damit zu spielen, im
Maule davon, vielleicht um sie ihren Jungen zu bringen.
III. In der Biologischen Versuchsanstalt in Wien wird eine sehr
schöne, einfarbig blaugraue Katze gehalten, die schon mehrmals Proben
von außergewöhnlicher Klugheit gegeben hat. Vormittags,
sobald wir uns in unseren Arbeitszimmern eingefunden haben, macht
sie uns Besuch, indem sie zur Türe kommt und so lange miaut, bis
man ihr öffnet. Hauptsächlich hat sie es dabei auf den geheizten
Ofen abgesehen, in dessen Wärmestrahlungsbereich sie sich lagert.
In der warmen Jahreszeit stellt sie ihre Besuche ein. Einigemale
erschien sie am Fenstergesims und wollte von hier aus ins Zimmer
kommen; da man aber das Fenster der Kälte wegen nicht öffnen
wollte, half ihr das Miauen nichts. Als wir ihr aber mit der Hand
in der Richtung der Eingaugstür winkten, verstand sie es sofort;
denn alsbald verschwand sie vom Fenster und war im Nu vor der
Türe. Sehr possierlich ist diese Katze, wenn sie stundenlang ruhig
auf einem Käfig sitzt, in dem weiße Mäuse gezüchtet werden,
und diese Nager mit der größten Aufmerksamkeit und unter wechsel-
und ausdrucksvollem Mienenspiel beobachtet, vermutlich aber nicht
aus biologischem Interesse.
14
IV. In dem vorgenannten Institut wurden Versuche ange¬
stellt über die Vererbung der Farbe der Regenbogen¬
haut und zu diesem Zwecke Katzen und Hunde mit intra-individuell
verschiedenfarbigen Augen verwendet. Das Resultat war, daß das
blaue Irispigment in weit stärkerem Maße vererbbar ist, als das
braune und gelbe. Die Jungen, mochten nun beide Elterntiere ver¬
schiedenfarbige Augen oder ein Elterntier ein gelbes und ein blaues,
das audere Elterntier beide Augen blau oder beide Augen gelb ge¬
habt haben, waren fast durchweg beiderseits blauäugig. Eine kleinere
Anzahl hatte je ein blaues und ein gelbes Auge, während Nach¬
kommen mit zwei gelben Augen in keinem der aufgezählten Misch¬
ungsfälle erzielt wurden. Das gleiche Ergebnis lieferte die Zucht
von Hunden mit blauen und braunen Augen, nämlich stärkere
Erblichkeit des blauen Pigmentes.
Zur Frage über die Abnahme der Schwalben.
Von Direktor Dr. Ad. Seitz in Frankfurt a. M.
Die Aufgabe, den wahreu Grund der Abnahme unsrer Schwalben
herauszufinden, ist zweifellos ebenso dankenswert wie schwer zu lösen.
Es kann wohl kein Zweifel darüber sein, daß die — wie der Leit¬
aufsatz in Jahrg. 1904 des »Zoologischen Garten« No. 10 zeigt —
auch außerhalb unsres Vaterlandes wahrgenommene Tatsache vom Ver¬
schwinden unserer Lieblinge auf verschiedene, gemeinschaftlich wir¬
kende Ursachen zurückzuführen ist. Ganz unzweifelhaft sind die vom
Herausgeber der Zeitschrift aufgeführten Gründe sehr wirksam, den
Schwalben den Aufenthalt vornehmlich in Städten zu verleiden, und
gerade die Städte sind es ja, die am meisten über die Abnahme der
Schwalben klagen. Telephondrähte erschweren den Tieren überall
die Jagd; die durch die Sauberkeit der Straßen ohnehin seltner ge¬
wordenen Insekten ziehen sich vor dem unablässigen Dahiutosen vou
Trambahnen und Fuhrwerken zurück in Schlupfwinkel, wohin ihneu
der jagende Vogel nicht folgen kann. Alle Lebensbedingungen werden
den Tieren, wie in dem Artikel sehr treffend ausgeführt ist, er¬
schwert; ja bei dem stets blank geputzten Asphaltpflaster dürften
die Schwalben in großen Städten sogar genötigt werden, den zum
Nestbau nötigen Landstraßenkot von auswärts zu beziehen.
Diesen einheimischen Verhältnissen stellen sich nun noch ge-
wisse Veränderungen im Auslande zur Seite, die sie in ihrer Wirk-
15
samkeit verstärken. Die Schwalben verbringen den Winter überm
Meer, und zwar die bei uns heimischen Paare gewiß größtenteils in
Algerien. In der letzten Zeit seiner Selbständigkeit und auch noch
zur Zeit seiner Eroberung unter Louis Philipp und Napoleon III.
war Algier größtenteils Wüste; die Bevölkerung nomadisierte oder
führte gar ein unstetes Räuberleben, und feste Wohnsitze, besonders
Dörfer, in denen sich Rauch- wie Hausschwalbe besonders gerne an¬
siedeln, waren äußerst spärlich. Das schlecht bewässerte und sehr
wenig angebaute Land dorrte im Sommer so vollständig ab, daß das
Insektenleben ziemlich vollständig aufhörte und daß die Schwalben
wohl damals dort ähnlichen Mangel an jagdbarem Wild litten, wie
heute in den großen europäischen Kulturstädten. Heute ist das ganz
anders geworden. Von den südlichen Höhenzügen des Atlas bis zum
Meere breitet sich ein ausgedehntes Kulturland; Getreidefelder
wechseln ab mit Weinbergen und grünem Weideland. In den Tälern
der Aures-Berge, deren Höhen mit dichten Wäldern bestanden sind,
erblicken wir grüne Matten und blühende Hänge, die von Myriaden
von Insekten wimmeln. Mitunter scheint die ganze Flur zu flimmern
vom Umherschwirren zahlloser Zikaden, Bienchen und Motten, der
Heuschrecken und Käfer gar nicht zu gedenken. Bis zum Juli noch,
also bis gegen das Ende der Schwalbenbrutzeit, fand ich den Insek¬
tenreichtum Algeriens im Steigen begriffen, und ich kann mir nicht
denken, daß vor der rationellen Wasserversorgung und Bebauung
das Land einer solchen Insektenmeuge genügend Nahrung gegeben
habe. Die kahlen, noch heute von Nomaden bewohnten Gebirgszüge
gewisser Gegenden sind auch jetzt noch infolge der vegetationszer¬
störenden Tätigkeit der Hirtenvölker eine fast pflanzenleere Wüste
geblieben, und außer einigen riesigen Heuschrecken und schwarzen,
hartschaligen Erdkäfern ist in ihnen kaum ein Insekt wahrzunehmen.
Es müßte nun tatsächlich wuudernehmen, wenn diese Verwand-
*
lung Nordafrikas aus einer trostlosen Wüstenei fast ohne feste Wohn¬
sitze in ein mit Dörfern und Gutshöfen übersätes Kulturland ohne
Wirkung auf seine Vogelwelt geblieben sein sollte. Bekanntlich
pflegt regelmäßig ein Teil der Zugvögel in dem Winteraufenthalt
zurückzubleiben, und daß dieser Teil wächst, je günstiger die Lebeus-
verhältnisse dort und je ungenügender ihr Unterhalt hier wird, ist
leicht verständlich. Tatsächlich sah ich auch von der Eisenbahn aus
zahllose Schwalben über den endlosen Kornflächen der Provinz Con-
stantine hinstreichen. Unter den Dachrampen der Gehöfte reihte sich
Nest an Nest der Rauchschwalbe, ja in den Zimmern suchten sie zu
16
nisten und flogen ungeniert durch die Portieren, die mein Zimmer
abschlosseu, indem sie ihren Jungen den ersten Flugunterricht er¬
teilten. Unter dem Balkon, auf dem ich mein Frühstück nahm,
zählte ich über 50 Nester der Hausschwalbe, und auf der Bahnstrecke
nach Biskra, bald hinter Constantine, faud ich Hunderte von Störchen,
die dort ganze Kolonien bildeten und in Ermangelung von Schorn¬
steinen ihre Nester — oft bis zu fünf auf einem Stamme — auf
Bäume bauten.
Nicht ein Aussterben der Tiere ist es also, nicht eine Ab¬
nahme ihrer Zahl, sondern ein Wegbleiben, weshalb wir sie
hier vermissen, und es scheint mir ganz verfehlt, eine irgendwo vor
sich gehende Ausrottung anzunehmen. Unerzogene Völker haben von
jeher harmlose Tiere gemordet und verspeist, früher noch mehr, als
jetzt. Darum ist auch von einem Schutzgesetz in unserm Vaterlande
keiue Besserung zu erwarten. Die Resultate der letzten Jahre zeigen,
daß mit dem gesetzlichen Schutze nichts erreicht worden ist. Der
nicht geschützte Sperling nimmt zu, und die geschützte Schwalbe
nimmt ab; der Schwarzspecht, dem die rationelle Forstwirtschaft
überall die Brutbäume eutzieht, nimmt trotzdem zu, und der überall
fast für heilig gehaltene Storch nimmt ab. Die seit dem Würzburger
Amselprozeß vogelfreie Schwarzamsel nimmt zu, und die kleinen,
durch das Gesetz geschützten Singvögel nehmen ab.
Ich nehme mir nicht heraus, mit den vorstehenden Angaben die
schwierige Frage gelöst zu haben, aber ein Beitrag zur Erklärung
dafür dürfte damit doch gegeben sein. Ich erwähne übrigens hier
ausdrücklich, daß ich mich entsinne, auch schon von anderer Seite
in einer Tageszeitung einen Hinweis auf die Möglichkeit gelesen zu
haben, daß viele unsrer Sommergäste infolge der gebesserten Ver¬
hältnisse überm Meer auf den Zug nach Norden verzichten könnten.
Diese Notiz war mir aus dem Gedächtnis gekommen, fiel mir aber
wieder ein, als sich mir — ganz unabhängig davon — bei meinen
Reisen in Nordafrika die gleiche Beobachtung aufdrängte.
• •
I ber den Massenfrass der Kiefernblattwespe (Lophyrus pini)
im Gonsenheiiner Wald.
Von Ludwig Schuster in Gonsenheim bei Mainz.
Im Hochsommer vorigen Jahres (1904) trat in unserem Gonsen-
heitner Kiefernwald die Afterraupe der Kiefernblattwespe in massen¬
hafter, schädigender Menge auf. Offenbar hatte der heiße, regenlose
17
Sommer, im Verlaufe dessen die erste Jahresbrut, ohne unter un¬
günstiger Witterung leiden zu müssen, vollzählig zur Entwickelung
und zur Eiablage kommen konnte, dem kompakten, geschlossenen
Auftreten der zweiten Jahresbrut bedeutenden Vorschub geleistet.
Auch anderwärts, wie bei Darmstadt und Frankfurt, trat die After¬
raupe bis in den Spätherbst hin als Massenplage auf.
Eine kurze Beschreibung der Kiefernblattwespe uud ihrer Lebens¬
weise sei vorausgeschickt! Während das etwas kleinere Männchen
(Flügelspannung etwa 15 — 16 mm) am ganzen Körper schwarz ge¬
färbt ist, mit Ausnahme der rötlichen Biuterleibsspitze und einer
weißen Zeichnung auf der Unterseite des ersten Hinterleibsringes,
ist das größere Weibchen blaßgelb gefärbt; nur der Kopf, drei
Flecken auf dem Brustteile uud die Mitte des Hinterleibes sind
schwarz. Die Fühler des Männchens sind breit, buschig, doppelt
gekämmt, die des Weibchens einfach fadenförmig. Die Afterraupen
tragen, wenn ausgewachsen, ein schmutziggrünes Kleid mit braunem
Kopf uud einer schwarzen kommaähnlichen Zeichnung über den
Bauchfüßen. Die Flugzeit ist April und Mai. Die Weibchen
schneiden die Kante einer Kiefernnadel auf, legen in jeden Schnitt
ein walzenrundes Ei, etwa 10 — 20 an eine Nadel, und überkleben
dann das Ei mit schaumigem Schleim. Im ganzen legt jedes Weibchen
100 Eier. Die nach zwei bis drei Wochen erscheinenden Räupchen
sind bis Juli ausgewachsen und verpuppen sich nun in einem kleinen,
in Rindenritzen oder an Zweigen befestigten Kokon. Ende Juli, An¬
fang August schlüpfen die neuen Wespen aus, die ihrerseits den
Entwicklungsgang wiederum einleiten. Diese zweite Brut trat in
diesem Jahr in verheerender Menge auf.
Der ganze Gonsenheimer Wald war von der Plage in Mitleiden¬
schaft gezogen. Doch waren nicht sämtliche Bäume derart besetzt,
daß ein Kahlfraß des ganzen Waldkomplexes stattgefuuden hätte;
es war vielmehr der Bestand nur sprungweise, etwa jeder vierte
bis sechste Baum, stark angegangen, sodaß nur bei diesen Kiefern
ein völliger Kahlfraß, meist mit Hinterlassung weniger grüner Ast¬
spitzen, die wie eine grüne Oase in brauner Wüste aussahen, statt¬
fand. Infolgedessen hatte der Wald, wenn man ihn von erhöhten
Puukten quasi in der Vogelperspektive ansah, ein stark grünbraun
marmoriertes Aussehen. Es war sowohl Baum- wie Buschholz be¬
fallen, unter jenem speziell lückige Bestände uud Bäume mit her¬
vorragendem Gipfel; auch den Überhältern war stark mitgespielt.
Jungholz war, wenigstens primär, nicht mit Raupen besetzt. Älteres
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 2
Holz wurde ruehr in der Spitze, jüngeres mehr in der Mitte be-
fressen. Befallene Bäume durchlichteten sich zuerst und bräunten
sich dann im weiteren Verlaufe des Fraßes. Unter stark mit Raupen
besetzten Stämmen war der Boden, wenn unbenarbt, von dem Kot
wie mit grünlichem Mehl überzogen ; die Fäkalien rieselten wie ein
leichter Regen zur Erde. Rindenfraß konnte ich in sehr ausge¬
dehntem Maße konstatieren. Eine Unsumme von Raupen wurde,
jedenfalls durch Windstöße, zur Erde geschleudert ; die Larven stiegen
dann sogleich wieder in die Höhe, aber meist merkwürdiger Weise
nicht an allen Stämmen verteilt, sondern gesammelt, in wahren Pro¬
zessionen, an bestimmten Bäumen, sodaß mau, ohne dadurch aller¬
dings auf das Gesamtheer des Ungeziefers irgendwelchen dezimieren¬
den Einfluß auszuüben, mit Leimringen ihrer Hunderte und aber
Hunderte hätte vernichten können. Auch hier also verleugnete die
Raupe ihren Herdentrieb in keiner Weise. Der Aufstieg erfolgte,
trotzdem doch die Kiefernblattwespe und ihre Raupe gradezu »Sonnen¬
tiere« sein sollen, meistens auf der der Sonne abgewaudten Baum¬
seite, auf der Nord-, Nordost- und Nordwestseite. Man kommt leicht
auf die Vermutung, daß hier die Rinde etwas feuchter war als auf
der Gegenseite und dadurch den Raupen das Anheften und Klettern
besser ermöglicht wurde. Mehrere Exemplare der Österreichischen
Kiefer, die an der den Wald durchschneideuden Laudstraße stehen,
waren nicht im geringsten angegangen, während die Bäume rundum
alle stark befressen waren. x
Von Vögeln, die irgendwie der Plage Abbruch zu tun versucht
hätten, vermag ich keine zu nennen. Ich habe grade diesem Punkte
meine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, aber eine irgendwie auf
Vertilgung der Afterraupen gerichtete Tätigkeit auch nicht eines
einzigen Vogels bemerken können. Ich habe im Gegenteil wahrge-
nommeu, daß sich die Meisen, selbst die Spechte, in diesem Herbst
vorzugsweise in Laubholzpartien auf'hielten und sich hier, da es
davon auf unseren Sandfeldern nicht viele gibt, geradezu anhäuften.
An Orten, wo ich sonst im Herbst nie fehlging, Meisen zu treffen,
war diesmal keine einzige Spezies zu sehen, und statt der munteren
Locktöne dieser Vögelchen hörte man nur den Kot der Raupen von
den Bäumen herabrieseln. Es decken sich meine Beobachtungen
über die Meisen als Feinde der Blattwespenlarven ganz mit den in
Nr. 9 der »Allg. F.- u. J.-Z. 1904« niedergelegten Erfahrungen des
Forstmeisters Heid rieh über den Fraß von Nematus abietiim , wo
dieser Beobachter auch fand, daß den Larven des Nematus abietum
19
von den Meisen in keiner Weise nachgestellt wurde, nach seinem
Dafürhalten deshalb, weil die Nematus- Larven einen den Meisen un¬
angenehmen, bitteren Geschmack hätten. Der Grünspecht, dem sich
auf dem mit wandernden Raupen massenhaft besetzten Waldboden
• •
ein gutes Asungsfeld geboten hätte, zog es ganz entschieden vor,
auf den raupenreinen Hegen seine Nahrung zu suchen. Hier habe
ich, um keines der Verdienste dieses sonst überwiegend schädlichen
Spechtes unerwähnt zu lassen, ihn als Vertilger der Larven der
Feldgrille (Gryllus campestris) festgestellt; er hackt dieserhalb selbst
die Gänge der Larven auf. Es gestatten jedoch unsere Beobach¬
tungen noch nicht den apodiktischen Schluß: Die Meisen und der
Grünspecht fressen keine Blattwespenlarven. Man könnte z. B.
kalkulieren , daß im Anfang der Plage diese Vögel sich sehr
wohl als Feinde der Larven erwiesen, sich bei der Unzahl der
letzteren aber bald eineu Ekel gefressen und sie nuu gänzlich
ignoriert hätten.
Raupen, die zur Verpuppung schreiten wollen, lassen sich ein¬
fach von den Bäumen zur Erde fallen. Aber viele, man kann fast
sagen, die meisten wählen als Winterlager gar nicht, wie
es in unseren Lehrbüchern angegeben ist, ein Lager im
Boden, unter der Moosdecke, sondern sie verspinnen sich
in Baumritzen und hinter Borkenstückchen, ganz beson¬
ders aber am Fuß des Stammes, gänzlich frei auf der
Oberfläche liegend. Hier kann man dicke, lose zusammenhängende
Klumpen von Tönnchen, die den Brutzellen eines Hummelnestes
ganz merkwürdig ähneln, aufraffen. Gerne wird auch das Tönnchen
an der Blattunterseite der im Walde zerstreut stehenden Büsche au¬
gebracht. In ganz vereinzelten Fällen beobachtete ich, daß die bis¬
weilen noch an Zweigen oder in den Ritzen klebenden leeren
Tönnchen der ersten Brut von den Raupen besetzt und nur noch
verdeckelt wurden, derart, daß die Deckel nicht an der Abschnitt¬
stelle angesetzt wurden, sondern wenige Millimeter unter dem Innen¬
rand ihren Anfang nahmen.
Noch zweier Erscheinungen sei Erwähnung getan ! Ich fand
gauz außerhalb des Waldes, selbst auf größere Entfernungen von
etwa 500 m hin, vollständig ausgewachsene wie halbwüchsige After¬
raupen der Kiefernblattwespe, die sich hier von Kraut uud Gras
nährten und dabei auch freudig und gut gediehen. Offenbar hatten
hier vereinzelte Weibchen, vielleicht vom Winde verschlagen und
durch irgendwelche Umstände am Weiterfliegen verhindert, ihre Eier
20
abgelegt, und die sich daraus entwickelnden Räupchen nahmen aus
Not die Kräuter an, die ihnen gerade mundgerecht waren.
Auch audere Raupen, wie die des Kiefernspinners, -Schwärmers
und -Spanners, wurden durch die Plage in Mitleidenschaft gezogeu.
Ich sah wiederbolentlich diese Raupen, namentlich die letzteren, an
völlig kahl gefressenen Bäumen herabsteigen und an anderen Stäm¬
men wieder aufklettern, wo sie, oben aulangend, doch wieder tabula
rasa fiudeu mußten. Aber noch interessanter war das Schauspiel,
das sich an vereinzelt stehenden, stark befallenen Bäumen bot. Von
der leergefressenen Kiefer ließen sich die Afterraupen zu Boden
stürzen, krochen, nach einem neuen Baume suchend, umher, und da
sie bei der vereinzelten Lage ihres alten Fraßbaumes im nächsten
Umkreis keinen zweiten linden konnten, so kamen sie schließlich
naturgemäß wieder zu dem alten Stamme (ohne selbstredend noch
zu wissen, daß sie diese Föhre schon befresseu batten 1) zurück und
stiegen von neuem auf. So wanderte ein wahrer Knäuel von Raupen
den Stamm hinauf, während sich Dutzende und Aberdutzende, oben
angelaugt, wieder herabfallen ließen, um doch schließlich das alte
Spiel von vorne anfaugen zu müssen. Die also gemarterten Tiere
verspannen sich schließlich, soweit sie das dazu nötige Alter nur
einigermaßen erreicht hatten, während die jüngeren Exemplare eines
elendiglichen Hungertodes starben.
Gegen Ende Oktober war die Hauptmasse der Raupen abge¬
stiegen. Die nach der Mitte des September eintretende kühle, bis
zu 6° C. sinkende Temperatur hat nach meineu Beobachtungen
einen irgendwie verderblichen Einfluß auf die Raupen nicht aus¬
geübt.
Bericht über den Zoologischen Garten in Stockholm für 1902.
Von Alarik Behm.
Der Garten erfreute sich auch im Jahre 1902 des regsten Zu-
O
sprnchs und der allgemeinen Teilnahme der Bevölkerung wie in den
früheren Jahren.
Daß im folgenden keine genauen Ziffern über Einnahme aufge¬
stellt werden können, erklärt sich aus der innigen Verquickung des
Gartens mit dem Nordischen Museum auch in der Rechnungsführung.
Soviel kann aber mitgeteilt werden, daß durch die »GrilFsche
9 Über die Dauer der geistigen Eindrücke bei Raupen vergl. Zell: »Ist
das Tier unvernünftig« S. 102 — 105.
21
Donation« Kr. 2.037,36, durch Reiten im Garten auf
Pferden und durch Fahren mit Rentieren und Eskimo¬
hunden Kr. 1.332,27, durch Verkauf von Tieren und Tier¬
produkten Kr. 2.006,10 und durch verschiedene kleinere
Ein n all men Kr. 661,61, zusammen also Kr. 6.037,34 eingegaugen
sind. Von den im Garten gehaltenen Pferden wurden Tagesleist¬
ungen für Kr. 6.891,85 gemacht. Der Garten wurde von 546 175
Personen besucht, die eine Einnahme an Tagesgeldern
von Kr. 122.676,60 und an Abonnements Kr. 48.193,75, zu¬
sammen also Kr. 170.870,35 brachten.
Die Ausgaben betrugen im Jahre 1902:
Gehalte und Löhne . Kr. 15.535, —
Tierankauf . » 688,55
Unterhaltung der Gebäude und Gehege . » 3.013,33
Fütterung . » 15.401,44
Stallungen . » 2.895,06
Verschiedenes . » 135,22
In Summa Kr, 37.668,60.
Was die während des Jahres 1902 gemachten baulichen
Anlagen betrifft, so sind in erster Linie zu erwähnen die neuen
Gehege für Rehe, Damhirsche, Elche, nordschwedische Rinder,
Ziegen und Esel.
Was den Tier bestand au langt, so wareu Ende 1902 im
Garten 69 Arten und Varietäten von Säugetieren und 159
Arten von Vögeln vertreten .
Während des Jahres sind im Garten geboren: 2 Eisbären
( Ursus maritimus ), 5 Rentiere (Ran gif er tarandus ), 6 Damhirsche
(Gervus dama ), 2 Rehe (Capreolas vulgaris ), 6 Hasen ( Lepus
borealis), 1 Yak (Ros grunniens ), 1 Birkhuhn (Tetrao tetrix) und
1 Kranich (Grus grus).
Geschenkt wurden: 1 Luchs (Felis lynx), 1 Wolf (Canis lupus),
3 Eisfüchse ( Canis lagopus ), 1 Brauner Bär (Ursus arctos ), 1 Baribal
(Ursus americanus) , 1 Elch (Alces palmatus) und 2 Mittelsäger
(Mergus serrator).
Gekauft wurden: 2 Polarwölfe ( Canis albus Sabine), 1 Fisch¬
otter ( Lutra vulgaris ), 1 Hermelin ( Mustela erminea ), 1 Eichelhäher
(Garrulus glandarius ), 2 Blauraken (Coracias garndus ), 2 Ringel¬
gänse (Branta bernicla ), 2 Brandenten (Tadorna tadorna) und 1
Schnatterente (Anas strepera).
22
Kleinere Mitteilungen.
Berichtigung. Bei No. IV der Entomologischen Miszellen in Jahrg. 1904
des Zoolog. Gartens p. 347 — 348 sind dem Herrn Verfasser einige Irrtümer unter¬
laufen, die nicht un berichtigt bleiben dürfen. Zunächst ist es nicht gut möglich,
dass die »Hackerle« suchenden Mainzer Hökerweiber »Tannäpfel« sammeln können.
Wie man nicht Trauben lesen kann von den Dornen, so auch nicht Tannäpfel von
oder unter den Kiefern, da es bei Mainz nur Kiefernwälder gibt. Die Mainzer
Hackerle sind das, was man in der Mark Brandenburg »Kienäppel« nennt.
Sodann ist es wohl ausgeschlossen, daß bei Mainz zahllose Menschen unter
der Plage der Stiche eines Insektes zu leiden haben sollen, das überhaupt nicht
stechen kann! Die Gattung Tipula gehört nämlich zu einer nicht stechenden
Gruppe der Tipularien, zu den Schnauzenmücken (Rostratae), die wohl bisweilen
auch als Schnaken bezeichnet werden. Aber die Rheinschnaken, die der Verfasser
im Auge hat, sind Angehörige der Gattung Culex und vielleicht dieselben Tiere,
die in No. VI vom Verfasser bei Gießen in so gewaltigen Heereszügen beobachtet
worden sind. Daß diese Stechmücken gemeint sein müssen, geht wohl zweifellos
daraus hervor, dass das Überschütten der »Puhlgruben« — so spricht man das
Wort allgemein — mit Petroleum und das Ausbrennen der Keller als Schutzmittel
gegen die Plage angeführt wird. In der Flüssigkeit dieser Gruben leben aber die
Larven und Puppen von Culex pipiens , und in Kellern überwintern ihre Imagines
gern, um sich bis zum neuen Jahre zum Zwecke der Erhaltung ihres Geschlechtes
vor dem Untergange zu bewahren. Die Larven der Rostraten aber, speziell der
Tipuliden, leben in der Erde und nähren sich von Humus und Pflanzen, beson¬
ders faulenden. Oben angeführte Vertilgungsmittel würden also für Tipuliden
wirkungslos sein; sie werden aber auch hier in der Gegend angewendet, jedoch
gegen jene Quälgeister, die man im Hessischen »Pothämmel«, bei uns aber »Bosen-
heimer Schnoke« nennt. Sie wurden früher vielfach Moskitos genannt und auch dafür
gehalten, bis genaue Untersuchung sie als unsern europäischen Culex pipiens er¬
kannte. Auffallend übereinstimmend ist ja auch das die Herkunft dieser Plage¬
geister betreffende Märchen. Sind die Mainzer »Tipuliden« mit Floßholz aus
Amerika gekommen (wahrscheinlich in der Erde der auf ihnen angelegten Gärten !),
so sollen auch die Kreuznacher Moskitos amerikanischen Ursprungs sein. Ganz
ernsthaft wurde früher hier behauptet, sie seien mit Guano nach Bosen heim ge¬
bracht worden ! Daß der Kreuznacher das Tier Bosenheimer Schnake nennt, mag
wohl daher kommen, daß in früherer Zeit zwischen Kreuznach und dem hessischen
Dorfe Bosenheiin weit ausgedehnte Sumpfstrecken gelegen haben, die natürlich die
Vermehrung desselben ausgezeichnet begünstigten. Nachdem die Sumpfstrecken
ausgetrocknet und in Äcker umgewandelt sind, ist nach Bosenheim zu von der
Schnakenplage nicht mehr zu spüren als in Kreuznach selber und in seiner üb¬
rigen Umgebung. Und endlich, eine gewisse Immunität gegen die Schmerzhaftig¬
keit des Stiches wird durch öfteren Genuß desselben sicher erworben, so daß nur
die Störung der Nachtruhe durch den unangenehmen Flugton übrig bleibt.
L. Geis enhey ner.
Nachtrag zum Zwergtrappen (Zool. Garten Jahrg. 1904 p. 340—342).
Mit Recht macht der Herr Herausgeber zu der Aufzählung der von mir im Magen
gefundenen Käferüberreste in einer Fußnote die Bemerkung, es sei auffallend, daß
23
sich auch Carabus nitens darunter befände. Um nicht die Meinung aufkommen
zu lassen, es könne der Rest falsch bestimmt worden sein, will ich noch nachträg¬
lich bemerken, daß auch mir dieser Fund im höchsten Grade auffallend gewesen
ist. Ich habe in hiesiger Gegend seit mehr als 30 Jahren nach diesem schönen
Laufkäfer vergeblich gesucht und bin, wie auch durch Umfragen und Studium von
Käferverzeichnissen, zu der Überzeugung gekommen, daß er unserer weiteren Um¬
gegend überhaupt fehlt. Um so mehr war ich überrascht, im Magen dieses Vogels
eine wohlerhaltene Flügeldecke zu finden, die ich sofort als zu C. nitens gehörig
erkannte und natürlich auch, um jeden Irrtum auszuschließen, genau mit den
Exemplaren meiner Sammlung verglichen habe. Ich kann mir nun die Tatsache
nicht anders erklären, als daß sich der Trappe erst so kurze Zeit in hiesiger
Gegend aufgehalten hat, daß noch keine vollkommene Verdauung hatte stattfinden
können. Dafür spricht auch der Umstand, daß sich die Flügeldecke im hinteren
stark verarbeiteten« Teile des Mageninhalts befand. Es war wohl ein Fehler von
mir, daß ich diesen Sachverhalt nicht gleich erwähnt habe.
L. Geis e nheyner.
Kohlmeise und Resorcinkristalle. Am 25. November 1904 bekam ich
abends eine Sendung Chemikalien. Ich packte sie mit einem Freunde aus, um
einiger Flaschen, die ich sehr benötigte, habhaft zu werden. Schließlich standen
an die 100 große und kleine Flaschen, Kolben u. s. w. um uns, zugleich aber sollte
das Abendbrot auf den Tisch. Die Flaschen wurden deshalb ins Zimmer nebenan
— ein mäßig bevölkertes Vogelzimmer — gebracht, wo wir sie am nächsten
Morgen wieder holen wollten. Bei dem etwas hastigen Transport brach einer
Flasche mit Resorcin der Boden aus, sodaß ein Häufchen Kristalle herausfiel.
Dieses Häufchen fehlte am nächsten Morgen, und ich bemerkte während meiner
Aufräumungsarbeiten, daß eine meiner Meisen ( Parus major ) sich einen Kristall
holte, ihn zwischen die Zehen klemmte und nach Meisenart — verzehrte. Dies führte sie
mehrere Male vor meinen Augen auf, und es blieb mir nichts übrig als anzunehmen,
daß das ganze Häufchen von meiner Meise aufgezehrt worden war. Ich gebe meinen
Vögeln außer Sand auch Gartenerde und Salz. Trotzdem ist eine Verwechselung
mit Salz (Chlornatrium) seitens des Tieres ausgeschlossen, da Resorcin ausgesprochen
aromatisch brennend süß schmeckt. Meine Meise lebt noch immer (friedfertig
übrigens gegen andere Vögel), und ich kann immer beobachten, daß sie sich
leidenschaftlich auf Kristalle oben genannter Verbindung stürzt, wenn ich solche
ins Zimmer bringe. Andere Vögel reagierten bisher noch nicht darauf. Die Meise
läßt sich aber nicht täuschen, wenn ich ihr andere längliche, weiße Kristalle
vorlege. Sie kommt wohl herbei, nimmt auch einen mit dem Schnabel auf, um
aber dann bald sich eines andern zu besinnen und ihn liegen zu lassen. Ich habe
nie beobachten können, daß sie in diesen Tagen einmal unwohl gewesen wäre.
Karl Soffel.
Ein kampflustiger Kernbeißer. Von einem unlängst gekauften Kern¬
beißer ( Coccothraustes coccothraustes ) kann ich berichten, daß er sich durch sein
wütendes, leidenschaftliches Naturell hat hinreißen lassen, sich zum Herrn des
Vogelzimmers aufzuwerfen, und daß er in schmählichster Weise seine Mitgefangenen
ängstigt und quält. Sein Alleinherrschersinn geht soweit, daß er es nicht ge¬
statten will, daß ich oder meine Frau ins Vogelzimmer gehe. Er fliegt mir täg¬
lich beim Futter austeilen, überhaupt beim Betreten des Raums, sofort wütend
24
entgegen, um mich zu beißen. Sein Mut und seine Kampfeslust gehen so weit,
dass ich ihn richtig ohrfeigen kann, ohne daß er schüchtern wird und abfliegt.
Oft werfe ich ihn fast vom Aste, aber ein wütender Biß bleibt immer seine einzige
Antwort. Karl SofFel.
Wer hat die Rehe im Forstbezirk Wiesbaden getötet? Da die
Forstliche Beilage zum Amtsblatt der Landwirtschaftskammer für den Regierungs¬
bezirk Wiesbaden 1904 eine Aufklärung wünscht betreffs des mysteriösen Vorfalls
»Bussard-Reh« (»Zool. Gart.« 1904, S. 223), so möchte ich bemerken, daß auf
keinen Fall ein Bussard der Mörder der Rehe gewesen ist. Es ist selbst dem
stärksten und kräftigsten Bussard ein Ding der Unmöglichkeit, ein erwachsenes
Reh zu töten. Wohl aber geht der Bussard gern an Aas ; die betreffenden Bus¬
sarde haben sich also dann erst eingestellt, als die Rehe tot waren; dann haben
sie ja auch immer noch eventuell die zahnartigen Einkerbungen an der Halsdecke
trichterartig gegen die Wirbelsäule hin hersteilen und ihre Fänge im Rehrücken
abdrücken können. Wer nun eigentlich die Rehe getötet hat, ist auch mir ein
Rätsel. Vielleicht haust ein größerer geflügelter oder vierfüßiger Räuber im
Forstbezirk Wiesbaden. Es ist dabei nicht erforderlich, daß derselbe dauernd
seinen Stand daselbst habe. Der erste Fall datiert vom 26. April 1902, und ich
mache darauf aufmerksam, daß wir anderthalb Monate vorher, am 8. März, den
Schmutzigen Aasgeier im Mainzer Becken sahen (»Zool. Gart.« 1904, S. 116 ff.). Der
zweite Fall datiert wiederum vom 22. April 1903. Zu dieser Zeit pflegen größere
Raubvögel, wie z. B. auch mächtige Seeadler, durch unser Gebiet zu kommen,
mitunter in Gesellschaften von drei bis vier Stück. Wilhelm Schuster.
Ente mit vier Beinen. Kürzlich erhielt ich ein junges, etwa einen Tag-
altes Entchen, das vier Beine besitzt. Diese sind in Größe wie sonstiger Be¬
schaffenheit vollkommen normal ausgebildet. Die zwei Hinterbeine stehen ober¬
halb des Afters auf dem Rücken, die -beiden Vorderbeine oberhalb der Flügel,
sich an diese anschließend. Der Oberschnabel fehlt bei dem Tierchen vollkommen.
Leider ging es schon am ersten Tage ein. Dr. V. Hornung.
Schlafstätte eines Spechtes. Im vergangenen Jahre besuchte ich im
Spätherbste ein Wäldchen, in dem der vogelfreundliche Besitzer aus Brettern her¬
gerichtete Nistkästen angebracht hatte, wie man solche vielfach vorfindet und
die im Volke allgemein »Starenkästen« genannt werden. Die Dunkelheit be¬
gann schon hereinzubrechen. Um zu sehen, ob der Kasten einen Insassen berge,
klopfte ich an dem Stamm, und es entschlüpfte dem Nistkasten ein Buntspecht,
der sich auf dem benachbarten Baume niederließ, und der dieses Bretterhäuschen
offenbar als Nachtquartier benutzt hatte ; denn als ich mich ein wenig entfernte,
verschwand er wieder darin. Bemerken will ich noch, daß der Kasten sehr
defekt war. Dr. V. Hornung.
Spinne und Sandwespe in Ägypten. Vor kurzem fing ich auf einem
Wassergraben in der Umgebung von Alexandrien eine der Apulischen Tarantel
( Tarantula apuliae) sehr nahe verwandte Spinne. Das etwa 25 mm Körperlänge
messende Tier ist hübsch schwarz und weiß auf dem Hinterleib mit halbmond¬
förmigen Flecken gezeichnet. Zu Hause in einen passenden Behälter gebracht
verzehrte die Spinne sofort eine große Schmeißfliege und befindet sich seither bei
Fütterung mit Kerbtieren, hauptsächlich mit Fliegen, sehr wohl und munter.
25
Bemerkenswert ist die Art ihres Angriffes. Ein Sprung, ein plötzliches Zu-
sammenziehen ihrer Beine und, ohne daß man von einem Bisse etwas bemerkt, ist
das Opfer schon bewegungslos. Es kommt ihr dabei nicht darauf an, daß sie
eine oder mehrere bereits getötete Kerbtiere in ihren Kiefertastern trägt; sie
sammelt sich mehrere Stücke und hebt sie für die Zeit auf, wo sie sie in Buhe
verzehren kann.
Eine nette Beobachtung machte ich vor einigen Tagen an einer großen
Sandwespe, die wohl der Gattung Sphex angehört. Sie schleppte eine wenigstens
doppelt ihre Körperlänge betragende betäubte Heuschrecke mühsam über den Sand
ihrem Neste zu, als eine kleine Eidechse ( Acantliodactylus bosTiianus Daud.) ihr
die sauer erworbene Beute wegnahm, um sie im nahen Gebüsch gemächlich zu
verzehren. Die Wespe flog noch lange umher, um die verlorene Heuschrecke wiederzu¬
finden und wird sich wohl eine neue haben fangen müssen. Sie konnte jedenfalls
froh sein, nicht einem Fabri begegnet zu sein, der ihr ihre Beute 40mal abge¬
nommen hätte (Brelim Bd. JX, 2. Aufl. S. 280), sondern nur einer kleinen Eidechse.
Ad. Andres.
Nekrolog1.
Dr. Julius Hoffmann f.
Am 6. September 1904 verblich der Verlagsbuchhändler Dr. Julius
Hoffmann (geb. am 11. Juni 1883) in Stuttgart. Nach dem Universitäts¬
studium in Tübingen wandte sich Hoffmann der Ornithologie zu; an der
Versammlung der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft in Stuttgart im
Jahre 1908 nahm er noch frisch und munter teil. In einem Briefe vom
3. April 1904 faßt er selbst seine Lebensarbeit kurz so zusammen:
»Meine ornithologische Tätigkeit fällt namentlich in die 1850er und
1860er Jahre. Ich stand damals in freundschaftlichen Beziehungen zum
alten Naumann, zu Ed. Baldamus und J. H. Blasius, B. Altumu. a.
und habe die buchhändlerische Redaktion des 13ten Bandes von Naumann
(Verlag m. Vaters, Carl Hoffmann), resp. alle Korrespondenzen und die
Herstellung der zu diesen Bänden gehörenden Tafeln besorgt, zu einigen
Figuren, z. B. Larus rossi (= Rhodostethia rosea Macg.) Winterkleid,
auch die Original-Aquarelle angefertigt. Meine Publikationen beschränken
sich auf wenige Zeitschriften-Beiträge und auf meine Monographie: »Die
Waldschnepfe«. Letzterem Buche habe ich mehrere Jahrzehnte hindurch
viel Fleiß und eigne Beobachtung gewidmet und habe — allerdings mehr
in Jägerkreisen als bei Fachzoologen — erfreuliche Anerkennung gefunden.«
W. Sch.
26
Literatur.
Prof. Dr. H. Marsball, Die Tiere der Erde. Eine volkstümliche Übersicht
über die Naturgeschichte der Tiere. Mit mehr als 1000 Abbildungen, worunter
25 Farbentafeln. Yollst. in 50 Lief, ä M. —.60. Stuttgart, Deutsche Verlags-
Anstalt, 1904. Gr. 4°. Lief. 11—88.
Inzwischen *) sind weitere 28 Lieferungen des schönen und lehrreichen
Werkes erschienen, so daß nur noch etwa ein Viertel des ganzen aussteht. Die
Hefte 11 und 12 behandeln die Nagetiere und zeigen uns u. a. sehr ansprechende
Bilder des Bibers, der Springmaus, einer amerikanischen Feldmaus und die in
dem Charakter der Haare des Pelzes so charakteristischen Formen des Springhasen
und der Mara. An die Klippschliefer schließt sich dann eine sehr eingehende
Beschreibung der Rüsseltiere, wo die Diskussion über die schwankende Zehenzahl
der Elefanten p. 252 von besonderem zoologischen Interesse ist, Lief. 13 schildert
Seekühe und Unpaarhufer, bringt von letzteren namentlich instruktive Bilder von
Nashörnern und weist nach, daß die Horngebilde derselben weder den Hörnern
der Wiederkäuer homolog, noch auch eine Art verklebter und zusammengeschweißter
Haare sind. Weiter folgen in Lief. 14 schöne Tigerpferde, eine reiche Auswahl
wilder und zahmer Pferde und Esel und in Lief. 15 von Paarzehern noch das
Flußpferd. Unser Verfasser bezweifelt p. 298, daß der Schweiß dieser Tiere rot
gefärbt sei. Soweit ich weiß, läßt sich dies sogar an jedem gefangenen Nilpferd
beobachten, das man mit weißen Handschuhen anfaßt. Über diese Frage findet
sich im Zool. Garten Jahrg. 1884 p. 37 eine eingehende Erörterung und auch eine
chemische Analyse des Sekretes. Dann folgt die Schilderung der Schweine, und
in Lief. 16 schließt mit der Beschreibung der Kamele und Schafkamele der erste
Band. Ich muß mich kurz fassen und deute nur an, daß im Band 2 eine Fort¬
setzung der Paarzeher folgt mit den Hirschen, Giraffen, Antilopen — diese be¬
sonders ausführlich und reich illustriert — Schafen, Ziegen und Rindern, und daß
sich die Schilderung der Wale mit sehr interessanten Bildern anschließt. Daran
reiht sich die Ordnung der Zahnlücker und an sie die Unterklasse der Beuteltiere
und der Kloakentiere. In Lief. 27 beginnt die Beschreibung der Vögel mit dem
prachtvollen Farbenbilde eines Kronenkranichs. Auf eine kurze Einleitung folgen
die Papageien, Kuckucksvögel (zu der Figur auf p. 207 ist zu bemerken, daß das
abgebildete Nest nicht das des Feldsperlings sein kann!), Spechte, Langhänder
(über das unheimliche Bild von Macrodipteryx auf p. 233 bin ich nicht ins Klare
gekommen; es soll ein Vogel sein, sieht aber eher aus wie eine japanische Stink¬
bombe !), Sperlingsvögel (die Übersetzung von C. turdoides auf p. 254 mit »Schilf-
sänger« ist ungenau, die Bilder des Rotkehlchens und der Nachtigall sind herzlich
schlecht, dagegen ist das der Uferschwalbe sehr instruktiv), Raubvögel (mit z. T.
mäßigen, z. T. ganz vorzüglich gelungenen Abbildungen) und Tauben. Mit Lief. 33
beginnt der dritte und letzte Band, der die Hühnervögel, Geier, Strauße, Wat¬
vögel (mit dem wunderbaren Bilde einer brütenden Waldschnepfe p. 51), Störche
und Lntenvögel, Taucher und Ruderfüßer, Langschwinger und Pinguine enthält.
Lief. 38 endlich eröffnet die Klasse der Kriechtiere mit den Schildkröten.
Der Verfasser gibt uns in dem vorliegenden Werke, in Anlehnung an das
epochemachende englische Prachtwerk »The Living Animais of the World«, dem
*) Verffh unsere Besprechung von Lief. 1 — 10 im Zool. Garten Jahrg. 1904 p. 99-100.
27
auch ein großer Teil des Bilderschmuckes entlehnt ist, einen vortrefflichen Über¬
blick über die wichtigsten Vertreter des Tierreiches, aber er hat den Text des
englischen Buches nicht übernommen, sondern ganz neue Schilderungen zu den
Bildern entworfen. Namentlich bat er sich bei der Neubearbeitung von dem Ge¬
sichtspunkte leiten lassen, den Ursachen nachzuspüren, warum ein Tier so und
nicht anders gebaut ist. Daß er auf diese Weise vielfach Fragen behandelt, denen
frühere Autoren sorgsam aus dem Wege gegangen sind, und sie in geistreicher
Weise zu lösen versucht, ist ein Vorzug, den wir besonders hervorheben möchten.
Trotz der kleinen Mängel, die wir oben im Vorbeigehen gerügt haben, ist
das Buch aber als eine ganz hervorragende Leistung, als ein Musterwerk ersten
Ranges zu bezeichnen, das jeden für die Natur empfänglichen Leser fesseln und
begeistern wird. Nicht zum wenigsten liegt sein großer Wert in den zahlreichen
naturgetreuen Abbildungen, die u. a. jedem Ausstopfer als Muster für seine Tätig¬
keit dienen können, wie sie denn im Frankfurter Museum z. B. zu diesem Zwecke
bereits eingeführt sind. Bttgr.
Verhandlungen der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern 1908.
Bd. 4. Herausg. v. Dr. med. C. Par rot, München, Verlag v. E. Reinhardt, 1904.
Gr. 8°. 183 pag., 6 Fig., Taf.
Wieder liegt ein Band der früheren »Jahresberichte des Ornithologischen
Vereins München«, die inzwischen Titel und Namen etwas abgeändert haben, vor1),
der neben mannigfachen Abhandlungen und Vorträgen Referate bringt über den
Herbstzug auf Juist (A. Bach mann), Beobachtungen aus Holstein (Fr. Eppels¬
heim), die Troglodytiden- Gattung Henicorhina, Notizen über eine Ferienreise und
das Genus Dendrocolciptes (C. E. Hellmayr), über eine Sommerreise nach Skandi¬
navien (E. Oertel) und über Herbstzug 1903, die geistigen Fähigkeiten der Vögel
und neuere Erscheinungen in der Vogelliteratur (Dr. C. Par rot). Von Interesse
ist auch für weitere Kreise (p. 17) der neuerliche Nachweis von Emberiza hortu-
lana L. bei München in zwei männlichen Exemplaren und (p. 19) der von Phyl-
loscopus bonellii Vieill. am Rosenstein bei Schwäbisch-Gmünd (Rauhe Alb), am
Lichtenstein bei Reutlingen (Schwäbische Alb) und am Hasenberg bei Stuttgart.
Auf dem Stuttgarter Friedhofe fielen dem Herausgeber (Parrot) einige Vogel¬
gesänge auf, die seinem Ohre recht fremdartig klangen ; Phylloscopus rufus, Sylvia
curruca und Erithacus phoenicurus hätten entschieden besser und anders gesungen
als in München, und die Wahrnehmungen Roses, J. G. Fischers und Alt ums
seien zweifellos richtig, daß die Gesänge der gleichen Vogelart in verschiedenen
Gegenden ziemlich stark von einander abwichen, so daß man bei ihnen wohl von
»Dialektbildungen« sprechen könne. Das Studium der Variabilität des Gesanges
aber sei mehr zu vertiefen u. s. w.
Unter den Abhandlungen ist die fleißige und zeitraubende Arbeit Dr.J. Genglers
über den Weißen Storch als Brutvogel in Mittelfranken ganz besonders hervorzu¬
heben, sowie dessen mit anerkennenswerter Wärme geschriebene Skizze über das
Tun und Treiben der Haubenlerche. Dem Referenten war diese insofern besonders
sympathisch, als ja das Tierchen um Frankfurt in den fünfziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts noch fehlte und der liebenswürdige Vogel einer der letzten ist, dessen
9 Vergl. unsere Besprechungen der früheren Bände (1—3) im Zool. Garten Jahrg.
1900 p. 61—62, 1902 p. 271 -272 und 1904 p. 165-166.
28
Leben er mit Vorliebe studiert hat. Graf Fr. v. Poccis Vortrag über den Fasan
und seinen gefährlichsten Feind, den Rotwurm ( Syngamus trachealis ) ist sehr
lesenswert und namentlich für Federviehzüehter wichtig, doch ist mir einiges aus
der Lebensgeschichte des bösen Wurmes nicht ganz klar geworden. So sagt der
Verf. z. B. p. 107: »Der etwa 1 mm große (von dem Fasan verschluckte) Wurm
arbeite sich vom Magen aus, woselbst er ihn des öfteren gefunden habe, hinauf in
die Luftwege, um sein Ziel, die Bronchien und die Trachea, zu erreichen. Wäh¬
rend dieser Wanderung setze er seine Entwicklung stetig fort« u. s. w. Ich
linde kein Motiv für diese langwierige Wanderung und kann mir auch nicht vor¬
stellen, auf welche Weise, sei es bewußt oder instinktmäßig, er die weite Reise unter¬
nimmt. Weitere Arbeiten sind die Wurmparasiten der Vögel von Dr. med. A. Müller,
Drosseln um Regensburg von Prof. Dr. Killermann, die liebenswürdige Plau¬
derei über Vogelliebhaberei von Dr. med. Eisenhofer und die Mitteilungen und
Zusammenstellungen über schwierige Kapitel aus der Geschichte der Fortpflanzung
bei unserem Kuckuck vom verstorbenen Apotheker J. A. Link in Burgpreppach.
So interessant auch die in letztgenannter Arbeit gebotenen Ausführungen sind, so
scheint mir doch durch die breite Art der Darstellung und die minutiöse Wieder¬
holung zahlreicher bereits längst publizierten Beobachtungen des Guten etwas zu
viel getan zu sein. Bei der großen Verbreitung der Kuckucksliteratur und bei der
notorischen Vertrautheit weiterer Kreise mit ihr wäre eine knappere Darstellung,
eine kürzere Zusammenfassung wohl zweckmäßiger gewesen. Die hier besonders
ausgeführten Kapitel lauten: »1. Wie der Kuckuck Nester aufsucht und sein Ei
unterbringt. 2. Legezeit und Zahl der Eier. 8. Zwei Kuckuckseier und mehr in
einem Nest. Kuckucksei ohne Nesteier und neben dem vollen Gelege, in verlas¬
senen Nestern und an ungewöhnlichen Plätzen. 4. Anzahl der Nesteier neben dem
Kuckucksei. 5. Verhalten des alten und des jungen Kuckucks gegenüber den Nest¬
eiern und Nestjungen. Mutterliebe, und 6. Junger Kuckuck neben Nestjungen.
Zwei Kuckucke im Neste«. Die kaum 'glaubliche Beobachtung A. Walters, der
1893 innerhalb weniger Tage zweimal drei Kuckuckseier in Nestern des Zaunkönigs
fand, wird hier p. 151 wiederholt. Bttgr.
Prof. Dr. W. Mars ha 11, Die Tiere der Erde. Eine volkstümliche Übersicht über
die Naturgeschichte der Tiere. Mit über 1000 Abbild, u. 25 farbigen Tafeln.
Vollst. in 50 Lief, ä M. 0.60. Stuttgart u. Leipzig, Deutsche Verlags-Anstalt,
1904. Gr. 8°. Lief. 39-44.
Die vorliegenden sechs Lieferungen behandeln eines meiner Spezialgebiete, die
Naturgeschichte der Kriechtiere und der Lurche. Sehr interessant sind des Ver¬
fassers Ausführungen über das Atmen, die Lautäußerungen und die relative Größe
bei den beiden Geschlechtern der Schildkröten. Unrichtig aber ist der Ausdruck,
daß die Eischalen bei ihnen meist lederartig seien ; im Gegenteil sind alle, die ich
bis jetzt kennen gelernt habe, kalkiger Natur wie die Vogeleier. Schon 15 — 20
Tage nach der Eiablage sollen die jungen Seeschildkröten auskriechen. Leider ist
die vom Verfasser im Auszug gegebene Einteilung für die Schildkröten veraltet,
für die Krokodile, bei denen die Schilderung des Auges beachtenswert ist, dagegen
auf neuestem Standpunkt. Was er über die Stimme der Krokodile sagt, ist nach
meinen Erfahrungen durchaus richtig, prächtig auch die Ausführungen über die
»Brückenechse«. Nicht bei allen Chamaeleons aber ist die Schwanzbildung so, wie
29
sie der Verfasser p. 148 beschreibt; es gibt eine Gattung ( BrooTcesia ), bei der der
Schwanz verkürzt ist und nicht als Greiforgan benutzt werden kann. Im Anfang
des Jahres 19011) betrug die Anzahl der bekannten Chamaeleonarten schon 82,
nicht 30, wie unser Autor meint; auch die angeblich unabänderlich weiße Bauch¬
linie fehlt der größeren Anzahl der Chamaeleon - und allen Rhamphöleon- und
Brookesia -Arten. Daß (p. 154) ein »Gabelnasiges Chamaeleon« über Südindien —
das nur eine Art besitzt — und die Molukken bis nach Neuholland hin sich finde,
ist ein Irrtum. Vortrefflich ist die Schilderung der Eidechsen und der Schlangen,
doch sind mir Lacertiden aus dem kontinentalen Australien (p. 170) unbekannt
und auch die Blindschleiche immer noch als Vertreterin der Scinciden hinzustellen,
finde ich bedenklich. Der gänzlich überflüssige und so oft schon gebrandmarkte
Namen Pelias (p. 173, 174 und 187) für eine echte Vipera scheint ebenfalls un¬
ausrottbar zu sein. Die Eryciden gehören mit den Boiden in die gleiche Familie;
es sind die Boiden der alten Welt. Bei den Batrachiern ist nichts wesentliches
vergessen; nur ist zu erwähnen, daß p. 195 Nototrema marsupiatum nicht bloß
zwei, sondern eine größere Anzahl von Eiern legt und im Bückensacke trägt, und
die Kröten nicht manchmal keine, sondern überhaupt nie Zähne haben. In Lief.
42 beginnt die Naturgeschichte der Fische. Wenn ich in dieser Besprechung auf
ein paar Versehen aufmerksam machen musste, so wolle mir das Verfasser und
Verleger nicht übel deuten. Unsere Wissenschaft ist so groß und so mannigfaltig,
dass im besten Falle der einzelne überhaupt nur noch einen Überblick über das
Ganze haben kann, im besonderen aber sich vielfach auf die Beobachtungen von
Gewährsmännern verlassen muß, die manchmal nicht ganz vertrauenswürdig sind,
oder, wie in unserm Falle, als veraltet gelten dürfen. Ich verkenne in keiner
Weise den Wert und die hohe Bedeutung des vorliegenden Werkes, wie es meine
günstigen Besprechungen der früheren Lieferungen in Jahrg. 1904 p. 99 — 100 und
1905 p. 26 — 27 ja auch gezeigt haben.
Über den Bilderschmuck in den vorliegenden Heften kann ich mich sehr be¬
friedigt erklären; viele Tiere sind gradezu packend wiedergegeben und die Abbil¬
dungen fast sämtlich gut gelungen. — Die letzten sechs Lieferungen, die den
dritten Band abschließen, dürften noch im Laufe des Dezember erscheinen. Bttgr.
K. Gräser, Der Zug der Vögel. Eine entwicklungsgeschichtliche Studie. Berlin,
Verlag v. Herrn. Walther, 1904. 8°. 96 pag., 5 Taf. — Preis geh. M. 5. —
Der Verfasser stellt in diesem Buche eine neue Theorie des Vogelzuges auf.
Er behauptet »Die Vögel der Urzeit« — also doch wohl die Zahnvögel der Kreide¬
zeit und des Eocänsystems! — »seien mit einer ganz außerordentlichen Flugfähig¬
keit (!) begabt gewesen. Ihre Heimat war nicht, wie bei den heutigen Stand¬
vögeln, ein kleiner Wald oder ein eng begrenztes Feld, sondern die ganze Erde,
auf der sie rastlos hin- und herzogen (!). Denn , diese war in jener fernen Ver¬
gangenheit nicht, wie heute, ein blühender Garten, der fast überall Nahrung spen¬
det., sondern von weiten Eisfeldern (!), unermeßlichen Wasserflächen, endlosen
Steppen und undurchdringlichen Urwäldern bedeckt. Da galt es, solche weiten,
trostlos öden Gebiete in schnellstem Fluge zu überfliegen, um von einer ausreichende
*) Vergl. Fr. Werner in Zool. Jahrb. Bd. 15, Abt. für Syst. p. 295—460, 2 Fig., Taf.
15-27.
30
Nahrung spendenden Stätte zu einer anderen zu gelangen, sei es, daß die Nahrung
dort aufgezehrt war, oder daß Winterstiirrne sie hinwegfegten, Eis und Schnee sie
bedeckten. Da genügte nicht ein kurzer, gemütlicher Flug »»um einige Meilen
südlich oder westlich««, wie Weißmann (!) ihn uns so kindlich (!) schildert, sondern
der schwere Kampf ums Dasein trat mit gewaltigem Ernst an die schwachen Ge¬
schöpfe heran, nur zwischen Untergang und Flucht die Wahl lassend. Beides er¬
folgte: aber der Wegzug konnte seinen Zweck nicht in unmittelbarer Nähe, son¬
dern nur unter einem ganz anderen Himmel erfüllen, und um diesen zu erreichen,
mußten die weiten, öden Flächen, die dazwischen lagen, so schnell wie möglieh
überflogen werden« u. s. w.
Wir brauchen dem Autor nicht weiter zu folgen. Von dem Knochenbau der
zahlreichen bekannten fossilen Vögel hat er offenbar nicht die leiseste Ahnung ;
die großen Werte der Milne -Ed uards und Marsh kennt er nicht! . . . Von
diesen gänzlich willkürlichen und in keiner Weise durch die paläontologischen
oder geologischen Forschungsergebnisse gestützten Voraussetzungen ausgehend, ver¬
sucht er es, darzutun, daß nicht der Standvogel das ursprünglichere war, sondern
daß einstmals alle (!) Vögel Zugvögel waren, die erst im Laufe der Zeit sich teil¬
weise zu Strichvögeln, teilweise zu Standvögeln umgewandelt hätten.
Wenn wir somit diese Gräsersche Theorie, die sich von den bisherigen Er¬
klärungsversuchen dadurch unterscheidet, daß sie den Entwicklungsgang des Vogel¬
zugs in umgekehrter Weise vor sich gehen läßt, rundweg ablehnen, so gestehen
wir doch gerne, daß das Büchlein dadurch einen Nutzen stiften kann, daß es eine
ganze Anzahl von Schwächen der bislang geltenden Vogelzuggesetze und Erklärungen
aufdeckt und beleuchtet. Daß es ihren Wert aber von Grund aus umstößt, be¬
streiten wir ganz entschieden.
Wir können das Buch, das mit fünf von Dr. E. Bade gemalten Tafeln sehr
hübsch illustriert und auch sonst vornehm ausgestattet ist, also nur bedingt em¬
pfehlen. Schreibfehler wie p. 18 »Palenen« statt Palmen und »Weißmann« statt
Weismann und gar p. 88 »Palmin«, endlich p. 34 » anthus « statt Anthus , p. 39
»Roman’s« statt Romanes* und p. 60 »Altom« statt Altum hätten in einem wissen¬
schaftlichen Werke vermieden werden sollen. Ist es nicht störend, daß der Ver¬
fasser die Namen grade der größten Autoritäten auf dem Gebiete des Vogelzugs
nicht einmal orthographisch richtig zu schreiben weiß? Bttgr.
P. Dr. Fr. Lindner, Ornithologisches Vademekum. Taschenkalender und Notiz¬
buch für ornithologische Exkursionen. Neudamm, Verlag v. J. Neumann, 1904.
12°. 286 pag. — Preis geb. M. 2. — .
Wir würden zuviel sagen, wenn wir behaupten wollten, daß das vorliegende
Buch für jeden Ornithologen unentbehrlich sei, aber wir möchten doch sehr wün¬
schen, daß es in die Hand eines jeden gelange, der sich als Laie oder als Forscher
an der Beobachtung unserer Vogel weit beteiligt oder beteiligen will. Einem kurzen
Vorwort zur Gebrauchsanweisung folgt ein Kalender, dann ein Auszug aus dem
Reichsgesetz für Vogelschutz, ein Zug-, Brut- und Vogelschutzkalender, sowie bis
Juli 1904 reichende, sehr ausführliche und auch dem Fortgeschritteneren wichtige
Literaturnachweise. Sodann ist ein Anzeigenteil eingefügt und darauf ein 200
Seiten umfassendes Notizbuch mit quadrierter Lineatur auf gutem Schreibpapier.
Den Schluß bilden ein Verzeichnis der deutschen Vogelnamen, ein lateinischer In¬
dex in Reichenowscher Namengebung, der in seiner praktischen Einrichtung dem
Buche einen besonderen Wert verleiht, und eine Liste der Autornamen. Wir
möchten das Buch dringend zur Anschaffung empfehlen. Der Preis von M. 2. —
für das bequem in der Tasche zu tragende Werkchen ist wirklich nicht hoch und
die Ausstattung vornehm und solid. Bttgr.
Sammlung Göschen No. 218. Prof. Dr. A. Jacobi, Tiergeographie. Leipzig,
Verlag v. G. J. Göschen, 1904. 12°. 152 pag., 2 Karten. — Preis geh. M. 0.80.
Die Schwierigkeit, eine so ins einzelne gehende, aus Tausenden und Aber¬
tausenden von kleinen Bausteinen sich aufbauende und vielfach noch unfertige
Wissenschaft wie die Zoogeographie in großen Zügen leicht und verständlich vor¬
zuführen und nichts wesentliches zu vergessen, bewältigt zu haben, ist ein Verdienst
Prof. Jacobis, der auf knapp 152 Seiten nicht bloß die Bedeutung der Wissenschaft
von der Verbreitung der Tierwelt über den Erdball für Systematik, Abstammungs¬
lehre und Versteinerungskunde und für ihre Wechselbeziehungen beleuchtet, nicht
bloß den Kampf der Tiere um den Raum und ihre Verbreitungsmittel und Hemm¬
nisse schildert, sondern uns auch in gefälliger Darstellung die bei den verschiedenen
Tierklassen so auffallend verschiedene Ausdehnung der Verbreitungsgebiete, die
Verschiedenheit von Land- und Meergebieten und die Gründe für diese Abweichungen,
sowie endlich die Dispersion der wichtigeren und am meisten erforschten Tierklassen
im einzelnen vorführt. Zwei Kärtchen, von denen das eine die Verbreitungsgebiete
für Säugetiere und Vögel, das andre die Grenzen der Lebensbezirke der Meeres¬
bewohner wiedergibt, schmücken die fleißige Arbeit, deren Lektüre um so angenehmer
wirkt, als wir überall fühlen, daß der kenntnisreiche Verfasser sich Zügel anlegen
mußte, um die Einfachheit und Klarheit der knappen Darstellung zu erreichen, die
das kleine Werkchen so übersichtlich macht. Eine solche Zusammendrängung der
wichtigsten Tatsachen und Theorien der Tierverbreitung in ein kleines Buch und
der Umstand, daß das ganze nur M. 0.80 kostet, wird die interessante Wissenschaft,
die in Deutschland so viele begeisterte Vertreter zählt, noch mehr populär machen
als bisher, und wir können Verfasser und Verleger zu dem Erfolge glückwünschen,
den dieses »schwer zu schreibende, bisher fehlende« Buch sich sicher erringen wird
nicht bloß in den breiten Schichten lernbegieriger Männer und Frauen unseres
Volkes, sondern auch im Hörsaale unserer Hochschulen als empfehlenswertester, ja
einziger Leitfaden und Führer für den Unterricht in der Zoogeographie.
Bttgr.
Eingegangene Beiträge.
L. S. in G., Dir. Dr. A. S. hier und E. D. in L., je ein Aufsatz, Prof. Dr. E. in E.,
Dir. A. B. in S. (Schweden) und Dr. K. P. in C., je eine Mitteilung-, sowie L. G. in K. 1
Nachtrag- und 1 Berichtigung dankend erhalten. — W. 8. in F. Eine Arbeit des Herrn Bl.,
2 Aufsätze, 3 Mitteilungen, 4 Besprechungen und 1 Nekrolog. — Th. K.-M in B. Aufsatz
und 5 Photographien erhalten, von denen wir 3 wiedergeben wollen. — C. H. Sch. in A.
(Aegypten). Besten Dank f. d. Brief vom 15. Dez. 04. Ich erwarte Ihre Begleitworte und
hoffe den Aufsatz in No 2 bringen zu können. — K. S. in L. bei M. 2 Mitteilungen, sowie
Aufsatz und Aquarell erhalten. Wärmsten Dank. Meine Antwort werden Sie inzwischen
zugleich mit der Rücksendung des Briefes Ihres Verlegers erhalten haben. — Dir. J. 8ch.
in K. (Dänemark). Aufsatz und Galvano, sowie Neujahrskarte dankend erhalten. — Dr.
M. L. in A. (Belgien/. Herzlichen Dank f. d. Unterlagen zu dem Nekrologe. — Dr. H. B. in
H. l Aufsatz und 3 Mitteilungen. Das übrige soll genau befolgt werden.
32
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-CorYodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. 28. Jahrg., 1904. No. 43 -63 und 2».
Jahrg. 1905. No. 1.
Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Korschelt. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 28. Jahrg., 1904. No. 5 — 11.
Ornithologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. I)r. Ant. Reichenow.
12. Jahrg. 1904. No. 11-12 u. 13. Jahrg. 1905. No. 1.
Ornithologische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogel weit.
Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 29. Jahrg. 1904. No. 11—12.
Eieid, The Country, Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 104. 1904. No. 2704-2714 u. Vol. 105, 1905, No. <715.
Prof. D r. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart, W. Kohlhammer. 23. Jahrg. 1901. No. 11 12 u. 24. Jahrg. 1905. No. 1.
N erthus, Illustr. Wochenschrift f. Tier- u. Pflanzenfreunde. Herausg. v. H . Barfod.
Altona-Ottensen. Verl. v. Chr. Adolff. 6. Jahrg., 1904. No. 21 — 26.
Der Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. A. Dimbach. Braun¬
schweig. 1904. Bd. 36. No. 3—14.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Pr ös ler. Frankfurt a. M., 1904, Verlag v. Kern & Birner. 6. .Jahrg. No. 3—14.
Blätter für Aquarien- u. Ter rarien- 1\ unde. Herausg. v. Dr. K. Bade. Berlin.
Verlag d. Creutzschen Buchh. Magdeburg. 15. Jahrg., 1904. No. 20—24 u. 16. Jahrg.
1905. No. 1.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Haven, Conn.
4. Ser. Bd. 18, 1904. No. 107—108.
Anzeiger d. K. A kad. d. W i s s. Wien. Math.-naturw. Ol. Jahrg. 1904. No. 19—24. Wien,
K. K. Hof- u. Staatsdruckerei, 1904.
Der Ornithologische Beobachter. Monatsberichte f. Vogelkunde u. Vogelschutz.
Herausg. v. C. Daut u. G. v. Burg. Bern, Verlag v. C. Daut, 1904. Jahrg. 3, Heft 4—6.
Natur und Haus. Illustr. Zeitschr. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Hesdörffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1904. Jahrg. 13. Heft 2-7.
R. C. Mc Gregor, Notes on Hawaiian Reptiles from the Island of Mavi. — Sep.-Abdr.
a. Proc. U. S. Nat. Museum Vol. 28. Washington. 1901. 8° 4 pag.
F. Siebenrock. Die südafrikanischen Testudo- Arten der .^ome^-ica-Gruppe. — Sep.-Abdr.
а. Sitz. Ber. d. K. Akad. d. Wiss. Wien. Math.-naturw. CI. Bd. 1 13, Abt. I, 1904. 8°. 18 pag.
5 Tafeln.
Derselbe. Testudo loettgeri n. sp. aus Gross-Namaland. — Sep.-Abdr. a. Anzeiger d. K.
Akad. d. Wiss. Wien. Math.-naturw. CI. Jahrgang 1904. 8°. 2 pag.
Zwinger und Feld. Illustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter. 1904.
Jahrg. 13, No. 43—48 u. 50 — 52 u. Jahrg. 14, 1905. No. 1-2.
Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzseher Verlag, Jahrg. 33, 1904. No. 42—52 u. Jahrg. 34, 1905. No. l.
F. Schlag. Der Dompfaff, auf Grund 54 jähriger Erfahrung möglichst allseitig geschildert.
V. Aull. Magdeburg, Creutzseher Verlag, i»04. 8°. 55 pag. — Preis M. 1.—.
Sammlung Göschen No. 218. Prof. Dr. A. Jacobi. Tiergeographie. Leipzig,
Verlag von G. J. Göschen, 1904. 12°. 152 pag., 2 Karten. - Preis geb. M. 0.8 >.
P r o i. D r. Fr. Lindner. Ornithologisches Vademekum. Taschen« alender und Notizbuch
für ornith. Exkursionen. Neudamm, Verlag v. J. Neumann, 1904. 12°. 286 pag. — Preis
geb. M. 2.—.
Prof. D r. C. Keller, Naturgeschichte der Haustiere. Berlin, Verlag v. P. Parey, 1905. 8°.
8,30 t pag., 51 Fig. — Preis M. 9. — .
Dr. Th. W. van Lidth de Jeude, Reptiles and Batrachians from Surinam. — Sep.-
Abdr. a. Notes from the. Leyden Museum Bd. 25, 1904. 8°. 12 pag., Taf.
D r. W. Wolterstorf f. Über das Vorkommen des Triton pulmatus Schneid, bei Harburg.
Sep -Abdr. a. Zool. Anzeiger Bd. 28, 1904. No. 2. 8°. 6 pag.
Derselbe, T.iton blusti de l’lsle, ein Kreuzuugsprodukt zwischen Triton marmoratu.s und Tr.
ciistatus. — Sep.-Abdr. ebenda No. 3. 8°. 5 pag.
Prof. L. Me he ly, Együj gyikfaj magyarorszägon (Über eine , neue Eidechse, Laccrta hor-
va hi n. sp., aus Ungarn) Sep.-Abdr. a. Küiönlenyomat az Allattani Közlemönyek Bd.
3, 1904, Heft 4, 8°. 19 pag., 5 Fig., Taf.
Resultate der Wissenschaft 1. Erforschung des Plattensees. Herausg.
v. d. Plattensee-Kommission d. Ung. Geogr. Gesellschaft. L Bd., Teil 3, 4 a und b, 5 und
б, II. Bd., Teil 1 und 2a, III. Bd., Teil 4 u. Topogr. u. geolog. Atlas I Teil mit 4 Karten.
Wien 1897—1903. Verlag v. Ed. Holzel. Gr. 4°.
Zoological Society of London. Sitz.- Bericht v. 20. Okt , 15. u. 29. Nov. u. 13. Dez. 1904.
The Irish Naturalist. A Monthly Journal of General Irish Natural History. Edit. by
G. H. Carpenter, R. L. Praeger and R. Patterson. Dublin, 1904, Eason & Son,
Vol. 13, No. 11.
Proceedings of the Royal Society. London, 1904. Vol. 73. No. 494 und Vol. 74.
No. 497 u. 500, sowie Orbituary Notices of Fellows of the Society Pt. I. London 1904. 8®.
Zusendungen werden direkt an die Verlagshandluug erbeten
Nachdruck verboten.
Druck von Reiuhold Mahlau. Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M
Ausge;
Ausgezeichnet im Jahre 1897 in Leipzig, Posen und Weissenburg mit dem 1. Preise.
Das von allen Nationen als klassisch anerkannte Folio-Prachtwerk:
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Mittel-Europas.
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Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Preise wie folgt ermäßigt;
Jahrgang I (1860) (Neudruck) M. 5. — ; II— X (1861—1869) ä M. 2. —
XI-XX (1870-1879) ä M. 3. — ; XXI— XXX (1880-1889) ä M. 5. — ; XXXI—
XL (1890—1899) ä M. 6.50. — Sachregister der ersten 20 Jahrgänge II. 5. —
Bei Abnahme der Jahrgänge I— XX und Sachregister zusammen für nur M. 55. —
Bei Abnahme der Jahrgänge I— XXX und Sachregister für I— XX zusammen für
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Verlag von Mahl au & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Altmanu, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauw,
Direktor Dr. Heinrich ßolau, Dr. Hermann Bolau, Lehrer L. Lux bäum, P. Cahn, Prof. Dr. Carl
Eckstein, 0. Edm. Eiffe, Dr. H. Fischer- Sigwart, Joli. v. Fischer, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh.
Reg.-Rat E. Friedei, Amtsrichter ß. Gabler, Gymnasiallehrer L. Geisenlieyner, Carl Greve,
Dam. Gronen, Dr. W. Haacke, Direktor Hagmann, Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Paul Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. jKammerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M, Klittke, Karl Knauthe,
Th. Knottnerus- Meyer, Piof. Dr. med. W. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Baron A.
v. Krtidener, Geh.-Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Prof. Dr. H. Landois, Dr. B. Langkavel,
Prof. Dr. R. v. Lendenfeld, Dr. H. Lenz, Hofrat Dr. P. Leverkühn, Prof. Dr. F. Leydig, Prof.
Dr. W. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. v. Mehely, Josef Menges, Geh. Hofrat Dr.
A. B. Meyer, Geh. Reg.*Rat Prof. Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Müller, Pfarrer Karl Müller,
Dr. August Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Müller, Dr. J. Müller- Liebenwalde,
H. Nebrliug, A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Ernst
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Pnrpus, Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reichenow, Geh.
Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Reuvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer,
Forstmeister Ad. Rörig, H, Schacht, Direktor Dr. Ernst Schliff, Dr. P, Schiemenz, R.
Schmidtlein, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Wilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel, Prof.
Dr. A. Voeltzkow, Dr. Franz Werner, Georg Westermann, B. Wiemeyer, Direktor Dr.
L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wnrin, Dr. med. A« Zander, Dr. med. A. Zipperlen u. a.
Der Zoologische Garten tritt mit dem Jahre 1905 bereits in seinen
— K 46. Jahrgang
ein. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original- B er ich te
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren,
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen, liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben untf ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird , hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Der Zoologische Garten erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
Illustrationen, und kostet per Jahr M. 8. — Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und Post¬
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Inserate linden durch den Zoologischen Garten weiteste und wirksamste Verbreitung,
und wird die gespaltene Petitzeile mit nur 20 Pfennig berechnet.
Probe-Nnmmern sind von jeder Buchhandlung, sowie von der Verlagsbuchhandlung
gratis zu beziehen. Altere Jahrgänge werden zu ermäßigten Preisen nachgeliefert.
Die Zeitschrift „Zoologischer Garten“ ist in der Zeitungspreisliste für 1903 unter
No. 8979 eingetragen.
Der
Zoologische Garten.
Organ
der
Zoologischen Gärten
Deutschlands.
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Herausgegeben von der
Neuen Zoologischen Gesellschaft
in Frankfurt a. M.
Redigiert von
Prof. Dr. O. Boettger.
^ Frankfurt a. m.
VERLAG VON MÄHLAU & WALDSCHMIDT.
1905.
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Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
N0, 2. XLVI. Jahrgang. Februar 1905.
Inhalt.
Neues vom Zoologischen Garten zu Berlin; von Theodor Knottnerus-Meyer
aus Hannover. (Mit Tafel I — III.) — Meine Eulen; von Erwin Detmers in Lingen a. d.
Ems. — Einige Beobachtungen an Stichlingen im Seewasseraquarium; von Dr. Hermann
Bolau in Helgoland. — Kleinere Mitteilungen. — Literatur. — Nekrolog. — Eingegangene
Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
Neues vom Zoologischen Garten zu Berlin.
Von Theodor Knottnerus-Meyer aus Hannover.
(Mit Tafel I— III.)
Seit fünf Jahren, seit 1899, hatte ich den berühmten, präch¬
tigen Zoologischen Garten unserer Landes- und Reichshauptstadt
nicht mehr gesehen. Damals hatte ich auch im »Zoologischen
Garteu« ausführlich über ihn berichtet. *) Bereits zu jener Zeit be¬
fand sich der Garten in gänzlicher Umwandlung. Man hatte be¬
gonnen, schadhafte oder nicht mehr zeitgemäße Gebäude und Ge¬
hege zu erneuern und durch die Neuschöpfuugen dem Berliner Garteu
deu ersten Platz unter den Zoologischen Gärten der Welt zu er¬
ringen. Das ist schon jetzt gelungen. Nach dem Urteil aller Sach¬
verständigen, u. a. auch Karl Hagenbecks, nimmt der Berliner
Garten nicht nur unter den deutschen, sondern überhaupt unter deu
Tiergärten der Welt die erste Stelle ein. Und dabei ist man mit
der gänzlichen zeitgemäßen Erneuerung des Gartens noch durchaus
nicht fertig, wenn auch seit 1899 wieder ein gutes Stück fort¬
geschritten! Tierhäuser und Gehege sind beide ebenso wie der Tier-
9 Vergl. Zool. Garten Jakrg. 1900 p. 161 und 193.
Zoolog. Gart. Jabrg. XLVI. 1905.
3
34
bestand bedeutend anfgebessert und im Werte gestiegen. Bleiben wir
zunächst bei ersteren!
An neuen Tierhäusern erhielt der Garten das im Jahre 1900
eröffuete Straußenhaus , eine Schöpfung der Herren Kayser und
v. Großheim. Es ist ähnlich wie das Antwerpener Dickhäuterhaus
im Stile eines altägyptischen Tempels erbaut und hat seinen Platz
gegenüber dem Eingänge Stadtbahnhof-Zoologischer, Garten zwischen
Dickhäuter- und Flußpferdhaus erhalten. Das Haus ist äußerlich
mit Jagdszenen und Tierbildern, sowie Schriftzeichen in altägyp¬
tischer Bilderschrift, alles genau nach antikem Muster ausgeführt,
bemalt und bietet so schon ein ebenso anziehendes wie farben¬
prächtiges Bild. An der der Stadtbahn zugewandteu, schmalen Seite
liegt der Eingang hinter einer hohen Säulenhalle. Elegante, große
Glastüren führen ins Innere. Eine hohe, weite Halle mit Ruhe¬
bänken zeigt sich von länglich-rechteckiger Grundform. Rechts und
links an den beiden Längsseiten entlang ziehen sich die Käfige hin.
Geradeaus fällt der Blick auf ein prächtiges Diorama, ein Gemälde
aus dem sagenhaften Nillande, das die Memnonsäulen darstellt. Es
ist ein Werk des jetzt leider nach Dresden verzogenen Malers
Eugen Bracht. Das ganze Haus ist im altägyptischen Stile durch¬
geführt. Die Malereien sind von Sen ft, die plastischen Arbeiten
von Professor Ringel mann, die Inschriften von Dr. Kurth
genau nach antikem Vorbilde hergestellt. Stilvoll ist alles bis herab
zu den einladenden Ruhebänken im Innern des Hauses, in denen
zwischen den Rückenlehnen je zweier Bänke die Heizungsvorrichtung
in raffinierter Weise angebracht und verborgen ist. Die besonders
reichhaltigen Malereien des Portales stellen Jagdszenen dar, sowie
Fütterung und Verkauf gezähmter Strauße. Licht erhält das Haus
durch seitlich oben angebrachte bunte Fenster, die Käfige durch
Oberlicht. Zwischen je zwei Säulen der hohen Halle sind die festen
Drahtgitter gespannt, die die Käfige nach vorne abschließen. Es
sind deren zwölf vorhanden, je sechs rechts und links vom Eingänge
au den langen Seiten des Hauses. Doch sind die Käfige zur Linken
sämtlich nochmals durchgeteilt, so daß im ganzen 18 Käfige ver¬
fügbar sind. Untereinander sind sie durch Holzwände getrennt
und in praktischer Weise durch Rolltüren verbunden, die vom
Wärtergange aus zu handhaben sind. Die Einrichtung des Wärter¬
ganges hinter den Käfigen bat neben deu vielen bekannten An¬
nehmlichkeiten für den Wärter wie für die Besucher noch das
Gute, daß die Tiere nicht an die oft doch undichten Außentüren
35
herautreten können. Der Boden der Käfige ist aus Zement her¬
gestellt und schwach mit Sägespähnen bestreut. Selbst die empfind¬
lichen Kasuare aber scheinen sich gut auf ihm zu halten. Die nicht
durchgeteilten Käfige zur Rechten bewohnen die Afrikanischen Strauße,
die durchgeteilten zur Linken die Kasuare. Der inneren Einrichtung
entsprechend hat das Haus an der einen Seite acht, an der anderen
dreizehn Außenkäfige. Je zwei an jeder Seite, am unteren Ende
des Hauses, haben nicht von Innen sichtbare, ungeheizte Ställe. Sie
sind für die jetzt wohl überall das ganze Jahr im Freien gehaltenen
Nandus und Emus bestimmt. Im Hintergründe der Käfige, un¬
mittelbar am Hause, ist ein Teil durch Gitter abgeschlossen und mit
prächtigem Buschwerk bepflanzt. So wird den Tieren auch die
Freude des Aufenthaltes im Grünen gewährt, ohne daß man die
Pflanzen ihrer Zerstörungswut aussetzt. Es ist das ein höchst prak¬
tisches Verfahren, das auch bei anderen Berliner Tierhäusern, wie
dem Antilopen- und dem weiter unten noch zu besprechenden neuen
Großen Hirschhause, augewandt worden ist.
Bewohner des Hauses sind, sozusagen Außenbewohner, Nandu
( Rhea americana) und Emu (Dromaeus novae-hollandiae ), Einwohner
sieben Afrikanische Strauße und elf Kasuare. Bis auf ein Straußen-
paar werden die Tiere alle einzeln gehalten. Von Afrikanischen
Straußen sind mehrere geographische Arten vorhanden, so der nord¬
afrikanische Struthio camelus , unser Landsmann aus Deutsch- Ost¬
afrika, der Masai-Strauß (Str. massaicus ), sowie Strauße von Togo
und vom Senegal. Die Kasuare sind zum Teil junge, noch nicht
ausgefiederte Tiere, deren Art sich bisher nicht sicher feststellen
ließ. Die übrigen gehören folgenden Arten an: Casuarius casuarius ,
C. casuarius violicollis von den Trangau- und Aru-Inselu, G. casuarius
beccarii von den Yokan- und den Aru-Inselu, C. benetti von Neu-
Pommern und vom Bismarck-Archipel, sowie dessen Abarten G. Inecki
und G. pidicollis, C. uniappendicidatus aus Neu-Guinea und dessen
beide Abarten C. occipitalis und aurantiacus.
Die zweite große Neuschöpfung des Gartens, die ebenfalls der
Vogelwelt zugutekommt, ist die an seiner Nordgrenze mit ihrer
Front nach Süden zeigende Fasanerie. Sie ist an heller, sonniger
Stelle erbaut und läßt Licht und Luft Zutritt. Dadurch unterscheidet
sie sich vorteilhaft von der alten, von mir beschriebenen.1) Die neue
Fasanerie ist im gleichen Jahre wie das neue Straußenhaus, nämlich
1900, geschaffen worden. Allen Erwartungen, die man bei ihrer An-
1) »Zool. Garten« Jahrg. 1900 p. 196 — 97. Der Verfasser.
36
läge nur hegen konnte, entspricht sie durchaus. Ich glaube nicht,
daß eine zweite Anlage dieser Art besteht, allein was ihre Aus¬
dehnung betrifft. Weist sie doch rund sechzig Käfige auf! An dem
einen Ende wird die Fasanerie von einem massiven, im oberen Teile
in Fachwerk ausgeführten und mit Turm versehenen Häuschen, am
anderen von einem ganz in Fachwerk ausgeführten Hause flankiert.
Das erstere ist von drei Seiten, das letztere ringsum von Käfigen um¬
geben. Verbunden sind beide durch die in langer Flucht sich hiu-
ziehenden zwanzig Käfige für Fasanen. Im Rücken davon zieht sich
das lange Haus der Fasanerie hin. Unten befindet sich der Unter¬
schlupf, der durch verschiebbare Fenster nach außen geschützt ist,
darüber der nach vorne ganz offene Nistraum, der mit Laub und
Zweigen reichlich versehen ist. Der kleinere Teil des oberen Stock¬
werkes ist nach vorne geschlossen und zeigt ein kleineres Einflugs¬
loch für die hier hausenden Tauben oder Singvögel. Bedient wer¬
den die Käfige und Häuser vom Wärtergange im Innern des Hauses
aus. Die Käfige sind im übrigen mit Buschwerk aller Art, so
Tannen, Lebensbäumen, Ahorn, Buchsbäumen, Eichen, Wachholder,
Heckenrosen und besonders mit Heidelbeersträuchern und Heidekraut
reichlich bewachsen, auch mit starken Bäumen zum Aufbäumen ver¬
sehen und außen von Wildem Wein eingerahmt. Für die verschie¬
denen Taubenarten und Singvögel, die mit den Fasanen und Pfauen zu¬
sammen die Käfige bewohnen, sind noch als besondere Zufluchtsorte
mitten im Käfige unter der Drahtdecke zierliche, durchbrochene
Rindenhäuschen hergerichtet, die bei den kleinen Gefiederten scheinbar
verständnisvolle Anerkennung finden. So ist allen Bewohnern der
Fasanerie der Aufenthalt so angenehm wie möglich gemacht, den
Tieren ein Stückchen Natur geboten. Und diese zeigen sich durch
reichliche Nachzucht dankbar für alle aufgewandte Mühe. So haben
die meisten Pfauen- wie Fasanenarten genistet. Der künstlichen
Brutpflege ihrer Eier uud weiter der Aufzucht der jungen Tiere
nimmt sich Herr Dr. Heinroth, der bisherige wissenschaftliche
Assistent des Gartens, persönlich mit größter Liebe und Sorgfalt an.
Die Bewohnerschaft ist so verteilt, daß die Fasanen im wesent¬
lichen die lange Reihe der Mittelkäfige, die Hockos uud Tragopane
das Turmhäuschen und die Pfauen, Trappen, Steißhühuer uud andere
das andere Seitenhaus bewohnen. Von den Tauben sind bei den
Trappen uud Puten unsere heimischen Wildtauben, bei den wilden
Pfauarten und den Fasanen die fremdländischen Tauben, bei den
Tragopaueu die Erdtauben untergebracht. Die Singvögel sind auf
37
die Fasanen- und Tragopan- und die Spechte besonders auf die
Hockokäfige verteilt. Die kleinen Säuger, Drosseln, Bergfinken, Zeisig,
Stieglitz, Buchfink, Grünfink u. a. sind in dem dichten Pflanzen-
wuchse nur schwer zu finden, beleben aber ebenso wie die Tauben
in reizvoller Weise das Bild.
Die zahlreiche Bewohnerschaft au Scharrvögeln (Rasores), die
ich vorfand, wies u. a. auf au Baumhühuern Penelope purpurascens,
Pipile jacutinga , Ortalis garrula, an Hockos Crax sclateri, Cr.
alberti und Gr. carunculata , an Tragopanen Ceratornis temminchi ,
G. melanocephalus , G. satyrus und G. caboti, Pucrasia macrolopha und
den Argusfasan ( Argus giganteus).
Es sei mir hier gestattet, ein kleines, nettes Intermezzo aus
dem Reicheschen Tiergarten in Alfeld a. d. L. einzuflechten. Dort
waren kürzlich einige Tragopane ( G . caboti ) auf die Felder entflogen.
Nach wenigen Tagen aber schon kehrten die Ausflügler, da ihnen
jetzt, nach der Ernte, der Tisch wohl nicht zu reichlich gedeckt
war, freiwillig zu Herrn Reiches Fleischtöpfen, alias Futtertrögen
zurück.
An Steißhühnern weiter traf ich Bhynchotus rufescens , sowie
Tinamotis elegans , an Wallnistern den durch seine sonderbare Brut¬
pflege bekannten Australier, das Talegallahuhn ( Gatheturus lathami)
an. Ihnen schlossen sich an von Pfauenvögeln ( Pavoninae ) Polyplectron
chinquis, Pavo cristatus, auch in der weißen und der gescheckten
Spielart, Pavo nigripennis in zwei weiblichen Exemplaren und der
prächtige Pavo spicifer, dessen Henne zum Unterschied von der des
gemeinen Pfaues dasselbe Gefieder wie der Hahn, aber ohne Schweif,
trägt, während die Henne von P. nigripennis fast weiß gefärbt ist.
Auch der wunderbar schöne Lophophorus impeyayius war in einem
Paare würdig vertreten. An Perlhühnern und Wachteln wies die
Sammlung u. a. auf Numida vulturina , Calipepla californica und
Goturnix delegorguei aus der Masaisteppe, an Rephühnern ( Perdix )
das innerasiatische Barthulm (P. daurica). Reichhaltig war die
Sammlung au Fasanen und Fasanhühnern. Neben den in den meisten
Gärteu unzutreffenden häufigeren Arten waren von selteneren ver¬
treten der Gelbschwauzfasan ( Acomus erythrophthalmus) aus Indien und
Sumatra, der der Modetorheit schon so stark hingeopferte Sömmer-
riugs-Fasan ( Phasianus soemmerringi ), der mantschurische Ohrfasan
(Crossoptilon auritus ), der Weißhaubenfasan (Euplocomus albocri Status)
vom nordwestlichen Himalaya, der prächtige Edelfasan (E. nobilis )
von Borneo, der siamesische Prälatfasau (E. praelatus), der von
38
Karl Hagenbeck in den Tierhandel eingeführte mongolische Riug-
fasan (Ph. mongolicus) und endlich eine ganz neue Art, Hecks Fasan¬
huhn ( Lophura hecki Sokol.).
Von Kammhühnern waren Gallus gallus , G. varius und G.
sonnerati vertreten, und als eigentlicher Fremdling in dieser Gesell¬
schaft haust hier eine Arabische Trappe ( Otis arabs).
Von den Tauben wohnen allein Caloenas nicobarica , sowie
Megapelia coronata und M. albertisi. Alle anderen hausen zusammen
mit den eigentlichen Bewohnern der Fasauerie, so neben unseren
heimischen Wildtaubenarten noch ungefähr ein halbes Dutzend Arten
der Gattung Columba , u. a. C. loricata, C. maculosa und C. rufina.
Daneben sind vertreten von der Gattung Turtur neben der unver¬
meidlichen Lachtaube (T. risoria ) T. capicola , T. semitorquata , T.
tigrina , T. amabilis , T. senegalensis und T. auriculata, von der
Gattung Phaps u. a. Ph. chalcoptera , Ph. picata , die sehr seltene
Buchstabentaube (Ph. scripta) und Ph. elegans , dann Geophaps
smithi und Cetopistes humeralis. Von sonstigen Vögeln der Fasanerie
möchte ich noch den Alpeuflühvogel (Accentor collaris), sowie die
beiden wetterharteu Sänger Cardinalis cardinalis und Liothrix lutea
erwähnen. Besonders der Sonnenvogel gefällt mir in so großem Flug¬
käfig, wenn er geschickt und flink durch die Büsche dahinhuscht
und seine melodischen Locktöne hören läßt, sehr. So haben in der
neuen Fasanerie alle jene Vögel Platz gefunden, die bisher auf das
alte Vogelhaus und die beiden alten Fasanerien verteilt waren. lu
genanntem Hause lebt z. Z. noch ein Auerhahn ( Tetrao urogallus ),
der demnächst wohl in der geplanten »Vaterländischen Tiersamm¬
lung« einen geeigneten, weniger weltverlorenen Wohnsitz bekom¬
men wird.
Ein anderer Außenkäfig des alten Vogelhauses und des Hühner-
und Taubenhauses weist ein kleines Einschlupfloch für die im ganzen
Garteu frei umherschweifenden Gold- und Silberfasanen auf. Zu¬
sammen mit Zwerghühuern verschiedener Rassen beleben sie prächtig
das Landschaftsbild. Auch im benachbarten Tiergarten zeigen sich
die bunten Fremdlinge oft den erstaunten Spaziergängern. Es ist
ein gutes Zeichen für das Berliner Publikum, besonders die Besucher
des Zoologischen Gartens, daß sich derartiges durchführen läßt. Ich
kenne Gärten, wo man die Tiere hetzen, auschießen, mit Steinen
werfen oder sonst quälen würde. Aber der Berliner Garten hat es
eben verstanden, sich die Gunst der ersten Gesellschaftskreise zu er¬
halten, ebenso wie u. at der zu Köln a. Rh,
39
Die dritte, wie das neue Straußenhaus und die eben beschrie¬
bene von Schulz und Stegmüller erbaute Fasanerie, aus dem
Jahre 1900 stammende Neuanlage für die Vogelwelt sind die von
Zaar und Vahl erbauten Wasser vogelflngkäfige. Sie sind der Ostseite
des Stelzvogelhauses gegenüber an der Mauer des Wirtschaftshofes ent¬
lang erbaut. Es sind im ganzen zehn Käfige vorhanden. Die beiden
Eckkäfige und ein anderer, nicht der Mittelkäfig, sind besonders groß.
Doch siud die beiden Eckkäfige durchaus ungleich. Die alte Schablone,
vollkommen gleiche, große Eckkäfige und einen sehr großeu Mittelkäfig
anzulegen, hat man auch bei der Fasanerie erfreulicherweise ver¬
mieden. Die oft geradezu pedantische Symmetrie, wie sie ältere Tier¬
häuser zeigen, ist künstlerisch unschön. Der eine Eckkäfig ist so
eingerichtet, daß mau nach Eintritt in einen Felsen nach Aquarien-
Art dort Tauchervögel auch unter Wasser beobachten kann. Im
übrigen bieten die hohen und geräumigen Käfige ihren Insassen
weite Wasserbecken, Grotten, Bäume und lebende Sträucher und ge¬
nügend Raum, um auch einmal die Flügel versuchen zu können.
Für die Baumenten sind noch in Baumstämmen geeignete Nisthöhlen
hergestellt. Hinter den Käfigen, abgesehen von wenigen, zieht sich
das Haus mit den Ställen entlang. Es ist in weißen Glasursteinen
erbaut und mit grünen Steinen gleicher Art verziert, macht einen
freundlichen Eindruck und ist auch, weil leicht abzuwaschen, ent¬
schieden praktisch. Der hintere Teil der Käfige ist durch nach dem
Hause zu abfallende Milchglasbedachung gegen Witterungseinflüsse
geschützt. Die Eisenkonstruktion der Volieren ist in fahlem Rot,
das Gitter in dunklem Grün gestrichen, und eiu bunter, moderner
Vogelfries in Glasmalerei zieht sich oben an der vorderen Käfigwand
die ganze Front entlang.
Bewohnt wird der eine Eckkäfig von einem Säger (Mergus
serrator) und Humboldts-Pinguinen ( Spheniscus humboldti). Die Pin¬
guine sind doch zu drollige Tiere; sie haben nach meinem Gefühl
immer ein so merkwürdig bierehrliches, verständiges Wesen, geradezu
etwas Menschliches. Es ist schade, daß die netten Kerle so schwer
zu halten sind. Den anderen Eckkäfig bewohnen die Baumenten
in vielen Arten, neben Braut- und Mandarineuenten, u. a. Dendro-
cygna autumnalis , D. fulva , I). viduata, D. arcuata und T>. eytoni.
Ferner hausen hier kleinere, seltene Krickentenarten wie Anas bra-
siliensis , A. formosa, A. versicolor , A. creccoides und A. cyanoptera.
Von Gänsen bewohnen nur seltenere Arten die Flugkäfige, wie die
Mähuengans ( Anser jubatus ), die Orinokogans ( Ghenalopex jubatus ),
40
zwei Höckergausarten ( Sarcidiornis carunculata und S. melanota ),
erstere aus Süd- Amerika, letztere aus Madagaskar, und Taclorna
radjah , sowie Choristopus melanoleucus. Zahlreich ist auch unser
Straudvogelvolk vertreten, so Regenpfeifer ( Charadrius ) in mehreren
Arten und aus verschiedenen Ländern, Säbelschnäbler ( Recurvirostra
avosetta) , Kiebitze (Vanellus) , Rallen ( Rallus ), sowie Sultanshühner
(Porphyr io) und Ibisse (u. a. Ibis melanops) in mehreren Arten.
Ebenso traf ich einige Arten von Sichlern (Plegadis), Löfflern
(Platalea), Reihern (u. a. Ardea comata und Trigorius leucocephalus) .
Auch hier haben sich demnach wieder viele zusammengefunden, die
zuvor das alte Vogelhaus bewohnten und gründlich verstänkerten,
im Verein mit den jetzt noch dort untergebrachten Schleichkatzen
und dergl.
Es wären nun noch der neue Lama- und Gemsenberg, die neuen
Nagergehege und die beiden neuen Hirschhäuser, deren eines zur
Zeit noch im Bau ist, zu besprechen.
Ersterer ist von Moritz Lehmann im Jahre 1901 erbaut und
stellt eine naturgetreu nachgeahmte, hohe Felspartie dar, in der die
Ställe so verteilt sind, daß die Eingänge nicht sofort auffallen. Die
Ställe selbst sind von einem Wärtergange im Inneren des Felsens
aus zu reinigen. Die weiten Gehege, zehn an der Zahl, steigen
hoch an den Felsen hinauf, einige von ihnen haben der Natur der
Bewohner entsprechend steinigen Boden ; in anderen, den von Lamas
bewohnten, ist der Wechsel am vordereu Gitter aus Zement her¬
gestellt.
Be wohut werden die Gehege von Lamas (Auchenia huanaco ,
A. lama , A. paco und A. vicunha), der Gemse ( Bupicapra tragus),
die früher im Gehege für Wildschafe und Ziegen hauste, dem Nahoor-
schaf ( Ovis nahoor) und zwei prächtigen Thars (Hemitragus jemlaicus
und H. hylocrius). Letzteres Tier hatte ein Junges. Endlich lebt
hier noch ein ganz besonderes Schaustück des Gartens, der Moschus¬
ochse ( Ovibos moschatus). Wie der Kopenbagener »Bus« hat sich
auch der Berliner tadellos entwickelt, und wie dieser hat er sich
auch neuerdings vermählt. Zur Zeit lebt er allerdings mit seiner
ehelichen Gattin noch in getrennten Verhältnissen. Durch das Gitter
hindurch betrachtet mau sich , um dann in anmutigen Sprüngen
dem Trennungsgitter hüben und drüben entlang zu galoppieren.
Hoffentlich geht das erste Zusammensein ohne Rippenbrüche vor¬
über! Diese rötliche Fellmasse mit dem buschigen Schweif, dem
merkwürdigen Kopf uud dem sonderbaren weißen Rückenflecken
41
sich so herumtummelu zu sehen, ist doch ein merkwürdiger Anblick.
Gemütlich sind die Burschen scheinbar nicht, und es ist gut, daß
starkes Eisengitter ihrem Tatendrange ein Ziel setzt. Hoffentlich
gestaltet sich das Familienleben dermaleinst vorbildlich. Das wäre
Herrn Dr. Heck, der mit großer Mühe und vielen Kosten diese
nordischen Sonderlinge herbeigeschafft hat, zu gönnen. Außer Berlin
pflegt Herr Dir. Schiött in Kopenhagen noch ein Paar und der
Hamburger Garten eiue Kuh dieser leider schon so stark zusammen-
geknallten Tierart.
In der Nähe dieses Lamaberges und der neuen Fasanerie er¬
hebt sich auch der neue Aussichtsturm. Er stellt einen geschickten
und geschmackvollen Ausbau des 100 Kubikmeter fassenden Wasser¬
reservoirs dar mit Blick über den Zoologischen Garten und weiter¬
hin über den Tiergarten.
Die neuen Nagergehege, die ich bereits erwähnt habe, befinden
sich in der Nähe des alten Affenhauses, zwischen diesem und dem
Elefantenhause. Vollendet sind bisher die Gehege für Wassernage-
tiere und für Meerschweinchen und Verwandte. Für die übrigen
Nager wird an der gegenüberliegenden Seite eine weitere Anlage her¬
gestellt. Besonders originell hat man die zahmen Meerschweinchen
untergebracht. Es ist ihnen ein richtiges kleines Dorf errichtet.
Hoch oben auf dem Felsen steht das Schloß, das im Rokokostil ä la
Triauon, natürlich in kleinstem Maßstabe, gehalteu ist und von den
»Vornehmsten«, den weißen Angoras bewohnt wird, zu deren Schutz
auch ein Schilderhaus in unseren lieben schwarz-weißen Farben nicht
fehlt. Weiter nuten liegt das Dorf, dann ein Schweizerhäuscheu
uud noch eine Felsen wohunng, in denen die übrigen Rassen, darunter
eine ganz schwarze Spielart, hausen. Die Ansläufe mit den zier¬
lichen Häusern sind durch Glas und Eisen seitlich und oben geschützt,
sodaß man die Tierchen in ihrem Wohnort ungehindert beobachten
kann, ohne daß sie, besonders aber die Häuschen, unter Witterungs-
einflüssen oder die Tiere unter unangebrachten Leckerbissen des
Publikums zu leiden hätteu. Dieser ganze originelle Aufbau bildet
eiue Gruppe für sich und ist, zumal für Kinder, ein Hauptanziehungs¬
punkt.
Die übrigen Gehege liegen vor einem mit grünenden Pflanzen
bewachsenen Felsen, den eine wasserspendende Neptunsgruppe krönt.
Sechs von den Gehegen, die für wasserliebende Nager, haben weite
Wasserbecken. Diese sind, wie auch der Boden aller Käfige aus
Zement hergestellt. So zweckmäßig das im Interesse der Reinlich-
42
keit bei den Wasserbecken erscheint, so wenig gefällt mir der Zemeut-
boden mit allen seinen Nachteilen bei den auf dem Lande lebenden
Nagern, wie den Agutis und Maras, die nicht einmal stark wühlen.
Im übrigen sind die elf Gehege recht geräumig und nach vorne zu
abfallend. In der Felsgrotte an der Rückwand befinden sich die Lager¬
plätze. Die Sohle der Käfige liegt etwas tiefer als der Standpunkt
des Beschauers. Eine Mauer stützt an der Vorderseite den Boden
ab und trägt ein niedriges Gitter, sodafi man die Tiere frei, nicht
durch Gitterstäbe gehindert, beobachten kann. In den Bibergehegeu
sind im Wasser künstliche Biberbauten errichtet und ist für Holz
zum Zernagen und Schälen reichlich gesorgt. Wie bei anderen
Neuaulagen hat man auch hier einigen Käfigen Pflanzengrün
gegeben, das aber gegen die scharfen Zähne der kleinen Zerstörer
durch festes Gitter geschützt ist. Wie bei dem neuen Hirschhause
uud dem Antilopenhause ist das Buschwerk zumeist auf den Grenzen
zweier Nachbarkäfige augepflanzt worden, sodafi die Gehege ganz
im Grünen liegend erscheinen.
Bewohnt werden die Gehege für Wassernager vom Kapybara
( Hydrochoerus capybara), vom Sumpfbiber (Myopotamus coypu) , vor
allem aber vom Biber in beiden Arten ( Ccistor fiber und C. cana-
densis).
Den europäischen Biber verdankt der Garten dem verstorbenen
Herzoge Friedrich von Auhalt. Teile des Herzogtums Anhalt,
die Gegenden an Elbe und Mulde und von Magdeburg bis Warten¬
burg, bilden bekanntlich noch die letzten deutschen Zufluchtsstätten
dieses seinem Aussterben entgegengehenden Nagers, dessen Dasein
mit unserer modernen Wasserbau- und Forstwirtschaft ja leider
kaum zu vereinbaren sein würde. Der Berliner Garten kann auf
den Besitz dieser jetzt ira Tierhandel so seltenen Arten ganz be¬
sonders stolz sein. Stehen doch in den meisten Tiergärten die so-
geuanuten Bibergrotten leer oder werden von dem massenhaft in
den Handel gebrachten Koypu bewohnt. Auch der Kauadische Biber
ist ja bereits stark in seinem Bestände zurückgegangeu. Ihres
prachtvollen Pelzes und besonders des Geils wegen sind die armen
Kerle zu Zehntausenden in einem Jahre geopfert worden!
Unter den auderen Bewohnern sind neben Dolichotis patagonia ,
Coelogenys paca, Lagostomus trichodactylus und Cavia porcellus besonders
die afrikanische Stachelratte ( Atherura africana) uud mehrere Arten
von Agutis zu nennen, neben der häufigen Dasyprocta azarae noch
D. punctata uud D. prymnolopha.
43
Einige andere Nager, wie Stachelschweine, bewohnen noch vor¬
läufig das Elefantenhaus. Nach Fertigstellung ihrer Gehege wer¬
den dann alle Nager an einem Platze vereinigt seiu.
Den Umwandlungen zum Opfer gefallen sind auch die letzten
alten Hirschhäuser, und zwei neue sind an ihre Stelle getreten.
Beide sind Blockhäuser mit Türmen und Galerien und in duukel ge¬
beiztem Holze mit naturfarbenen Ziegeldächern erbaut. Das eine
Haus ist bereits 1901 errichtet, das andere jetzt bis auf die Außen-
parks vollendet. Die Häuser machen einen ebenso geschmackvollen
wie zweckmäßigen Eindruck. Umgeben sind sie von weiten Aus¬
läufen, das neue von etwa zehn, von denen sechs fertig gestellt
waren, das ältere von rund einem Dutzend. Wie bei den bereits
vorhandenen Hirschhäusern und allen neueren Gehegen für Huftiere
hat man auch hier massives Eisengitter mit senkrechten Stäben
gewählt, das meines Erachtens scheue Tiere am wenigsten der Ge¬
fahr von Beinbrüchen aussetzt, weit weuiger jedenfalls als horizontal
gespannte, nachgebende Drähte. Bei dem neuesten Hirschhause, das
für die Rothirsche und Wapitiartigen, also die ganz Großen bestimmt
ist, hat man auf den Grenzen der Gehege zwischen starkem Draht¬
geflecht geschützt dichtes Buschwerk angepflanzt. Durch solches
Grün verlieren einerseits die Tierkäfige immer viel von ihrer Ode,
anderseits wirkt der Anblick des Pflanzengrüns auch entschieden
seelisch erregend auf die Tiere, und endlich ist ein solcher weiterer
Zwischenraum zwischen zwei Gehegen, zumal bei streitbaren Hirschen
und den nicht immer gerade freundnachbarlichen Beziehungen, sehr
zweckmäßig. Durch das Pflanzengrün füllt man den Raum am
schönsten aus und verhindert auch, daß sich die streitbaren Recken
in der Zeit des Liebesrausches, der Brunft, immer von Angesicht zu
Angesicht sehen. Das ist immerhin von Vorteil, wenn auch bei den
Hirschen, wie bei allen Huftieren, das Auge keine so große Rolle
spielt.
So ist jetzt die überaus reiche Cerviden-Sammlung des Berliner
Gartens, die über vierzig (!) Arten und Abarten umfaßt, in nur
modernen, ebenso zweckmäßigen wie geschmackvollen Tierhäusern
auch örtlich, zwischen dem alten Vogelhause und dem Antilopen -
hause einerseits, den Büffelgehegen und den Wegen der Dreistern¬
promenade anderseits vereinigt.
Von sonstigen Veränderungen an Tierhäusern möchte ich noch
die Umwandlung der hohen, glasgedeckten Mittelhalle des Antilopeu-
hauses in ein großes Gewächshaus mit wundervollen Palmen, Gummi-
44
bäumen und anderen Blattpflanzen erwähnen. Nach dem Gange
für die Beschauer zu ist der Raum zum Schutz der Pflanzen gegen
Zugluft, Staub und dergl. durch Fenster abgeschlossen. Der Wert von
Pflanzengrün für die Tiere ist gar nicht hoch genug anzuschlagen.
Abgesehen vom Elefantenhause, wo es schon die wenig günstigen Be¬
leuchtungsverhältnisse des Zuschauerraumes unmöglich machen, trifft
man denn auch in Berlin grünende Pflauzeu in allen großen Tier¬
häusern, auch im Raubtierhause, wo die grünen Schlingpflanzen bei
der tadellosen Durchlüftung des Hauses scheinbar recht gut ge¬
deihen.
Ein originelles Gebäude aus dem Jahre 1900 möchte ich hier
noch kurz erwähnen. Es ist die Winterwaldschenke, ein Haus im
Stile eines Tiroler Dorf Wirtshauses , das den anheimelnden Namen
»Zum durstigen Flamingo« führt.
Zur Zeit ist mau mit der völligen Erneuerung der baufälligen
und wegen ihrer zu leichten, ich möchte sagen, papieruen Bauart
wenig stilgerechten Rinderhäuser beschäftigt, über die ich seiner
Zeit berichten werde. Dazu kommt der Weiterbau der Nagerkäfige.
In Aussicht genommen ist ferner eine umfassende Anlage für alle
Caniden einschließlich der Hyänen, die jetzt im Kleinen Raubtier¬
hause, im Alten Bären- und im Hundezwinger untergebracht sind.
Die geplante Anlage einer »Vaterländischen Tiersammlung«, die
unsere gauze heimische Tierwelt, einschließlich Kriechtiere, Lurche
und Süßwasserfische, umfassen soll, habe ich schon erwähnt.
Dringend erwünscht ist auch eine Erweiterung des großen
Bärenzwingers, damit der alte, der jetzt noch einige kleinere Bären
und die Wölfe beherbergt, vom Erdboden verschwinden kann. Das
hat dieser vollkommen veraltete, gräßliche Zwinger wirklich verdient.
Dazu käme noch der Bau eines Beuteltierhauses, sowohl für
Känguruhs wie für die kleinen Arten, vielleicht nach dem Vorbilde
des Frankfurter Hauses. Für beide fehlt es jetzt au geeigneten
Räumlichkeiten, ebenso wie auch für die kleinen Raubtiere, die
provisorisch in dem Alten Vogelhause untergebracht sind, dessen
Tage auch gezählt sein dürften. Anstelle des Alten Straußenhauses
soll dereinst der andere Flügel des Neuen Vogelhauses treten.
Es fehlte noch eine geeignete Unterkunft für kleinere Affen,
wie Hapale , Ameiseuigel, Zahnarme und Halbaffen, von denen schon
jetzt eine hübsche Sammlung in dem Raritätenkabinett, genannt
»Altes Vogelhaus«, lebt. Vielleicht ließe sich das mit einem Beuteltier¬
hause gut vereinigen. (Fortsetzung folgt.)
— 45
Meine Eulen.
Von Erwin Detmers in Lingen a. d. Ems.
Wohl kein Tier, vielleicht Kröten und ähnliche Ungeheuer aus¬
genommen, steht beim Volke in so schlechtem Rufe wie die Eule.
Gar mancher würde jedoch seine Meinung ändern, wenn er sich mit
diesen nur Fremden gegenüber nicht immer liebenswürdigen Tieren
abgeben wollte. Waldohreule (Asio otus L.) und Waldkauz ( Syrnium
aluco L.) können bei guter Pflege und andauernder Beschäftigung
mit ihnen Muster von Artigkeit und Zahmheit werden und ihren
Besitzer sowohl durch ihre wunderlichen und oft überaus komischen
Bewegungen, wie auch durch ihre Munterkeit erfreuen , die sich
nicht nur abends und in der Nacht, sondern auch bei hellem Sonnen¬
schein zeigt, wenn man sich nur mit ihnen abgeben will.
Im vorigen Jahre erhielt ich zwei Waldohreulen aus verschie¬
denen Nestern, die eine im Mai, die andre im Juni. Die erstge¬
nannte war noch ganz jung und von auffallend heller Farbe, die
andre schon ziemlich groß und ganz dunkel gefärbt. Die kleinere,
anfänglich ein unförmlicher Wollklumpen, entwickelte sich rasch,
und schon Mitte Juni sah man deutlich die niedlichen Federohren,
die jedoch erst gegen Ende Juli vollständig ausgewachsen waren.
Diese Eule benahm sich nicht nur mir gegenüber stets sehr zahm
und zutraulich, sondern sie ließ sich auch von Fremden ruhig an¬
fassen, was sich die größere, die sich auch gegen mich nie sehr
freundlich zeigte, nie gefallen ließ. Beide Eulen hatte ich anfangs
fast nur mit Lunge und Niere gefüttert, trotzdem daß mir meine
Freunde davon abrieten. Aber die Eulen sind dabei doch vortrefflich
hochgekommen, und ihr Gefieder entwickelte sich prachtvoll. Ab
und zu nur bekamen sie Mäuse und Spatzen, die beide Eulen nur
beim allergrößten Hunger mit Haut und Haar verschluckten. In
der Regel rissen sie immer zuvor den Kopf ab und zerkleinerten
dann den Rest. Manchmal wickelte ich auch, um ihnen die Gewöll-
bildung zu erleichtern, Stücke Fleisch in vorher ausgewaschene und
dann getrocknete Baum woll watte, oder ich gab ihnen die Watte, die
sie sehr gerne nahmen, vor oder nach dem Fressen in kleinen Ballen.
Beide Eulen tranken öfters Wasser und badeten viel, indem sie sich
in ihr Wasserbecken stellten und sich mit Kopf und Flügeln voll¬
ständig beuetzten. Sie hatten einen sehr großen Hühnerstall mit
einem sich daranschließenden Steinhause zur Verfügung, konnten
sich daher vorzüglich im Fliegen üben. Die kleinere und zahmere
46
ließ ich sehr oft draußen frei herumfliegen. Sie kam auf meinen
Ruf auf die Hand zurück und ließ sich ruhig in den Stall zurück¬
tragen. Die »Wilde« dagegen, wie ich die größere Ohreule nannte,
ließ ich nie heraus, weil ich fürchtete, sie könnte mir durch brennen.
Da vergaß ich eines Tages beim Füttern die Stalltüre zu schließen,
im Nu war die Wilde draußen und fiel auf einem der nächsten
Bäume ein. Alles Klettern und Jagen nach ihr war vergeblich und
scheuchte sie nur noch weiter, so daß ich schließlich alle Hoffnung
aufgab, sie wieder zu erlangen. Aber was geschah! Als ich am
nächsten Morgen herunterkam, saß die Eule auf dem Stall. Bei
meiner vorsichtigen Aunäherung entflog sie zwar wieder, blieb aber
den ganzen Tag über in der Nähe und ließ das jungen Eulen eigen¬
tümliche Piepen hören. Wollte ich ihren Sitzplatz ausfindig machen,
so brauchte ich nur zu der im Stall sitzenden Eule zu gehen und
sie durch Ansprechen zum Piepen anzuregen, worauf sofoit im Garten
prompte Antwort erfolgte. Am Abend steckte ich die kleinere Eule
und einen bei ihr wohnenden Waldkauz in eine mit Draht be¬
schlagene Kiste, stellte diese so in den Stall, daß sie von draußen
gesehen werden konnte, legte noch eine tote Ente dazu, ließ die
Tür auf und ging weg. Bei diesen Veranstaltungen war die ganze
Nachbarschaft anwesend, die auch noch in der Nähe blieb. Kaum
war ich im Hause verschwunden — es war zehn Uhr — , als sich
draußen ein furchtbares Geschrei erhob »Die Eule, die Eule ist im
Stall« ! Schnell lief ich wieder hinaus und fand wirklich die Eule
im Käfig mit dem Verzehren der Ente beschäftigt, trotz der ver¬
sammelten Menschenmenge, die sich lebhaft beim Fange beteiligte.
Dieses Mal war es noch gut abgegaugen, ein andermal aber, es war
gerade ein furchtbarer Sturm, hörte ich, als ich abends um neun Uhr
aus dem Garten kam, ein lautes »kuiwit« in der Luft. Ich sah
sofort nach meinen Eulen, und wieder fehlte die Wilde. Diesmal
sollte ich sie trotz aller Bemühungen nicht wieder bekommen; der
Sturm hatte sie verschlagen. Auf diese Weise war sie offenbar auf
selbständige Nahrungssuche angewiesen, und da sie Beute gefunden
hatte, ließ sie sich nicht wieder einfaugen. Vierzehn Tage nach
diesem Vorfall wurde sie in unserem Garten nochmals bemerkt, hielt
sich auch einige Zeit dort auf — man hätte meinen können »um
ihre Brüder mitzunehmen« — dann sah und hörte ich nichts mehr
von ihr, Die andre Waldohreule, die jetzt mit dem Kauz allein
war, wurde zu meinem großen Leidwesen kurz darauf gestohlen.
Denn die Tür war gewaltsam geöffnet, und die Eule wäre sicher
/
— 47 —
wiedergekommen, wenn sie auch vorher einen Fluchtversuch ge¬
macht hätte.
Der Waldkauz, der sich wohl jedenfalls kräftig gewehrt hatte
und durch die offene Tür geflohen war, kam am andern Tage von
selbst wieder. So wurde nun alle Pflege dem Kauz, den ich Anfang
Juni in Münster erstanden hatte, zuteil. Diese Eule, die sich in der
ersten Zeit sehr ruhig benahm, ist jetzt recht beweglich geworden,
kommt auf den Ruf aus dem Steinhaus, holt das Futter aus der
Hand uud greift rollende Apfel und Papierklumpen von der Erde.
Am interessantesten ist es aber, wenn der Kauz Frösche fängt. Er
stürzt dann von der Sitzstauge herab, ergreift den Frosch, legt ihn,
wenn er keinen Hunger hat, neben sich in eine Ecke und bleibt
ruhig sitzen, während er ihn im Auge behält. Da regt sich der
Frosch und springt weg und im Nu läuft die Eule hinten ihm her,
und zwar in dem allen Baumvögeln eigenen komischen Schritte, er¬
greift ihn mit beiden Fängen, legt ihn neben sich auf ihre Sitz¬
stange und bekümmert sich scheinbar wieder nicht mehr um ihre
Beute. Nach einer Weile fällt der Frosch in das unter der Stange
stehende Badegefäß. Dort taut der arme Kerl wieder auf, er be¬
wegt sich nur ein ganz klein wenig, und sofort stürzt die Eule ins
Wasser, holt ihn heraus und frißt ihn nun endlich auf. Von vielen
wird behauptet, die Eulen sähen am Tage schlecht. Das ist aber
keineswegs der Fall. Lege ich z. B. einen ganz kleiuen Regenwurm
oder eine Kohlraupe auf den Boden, so bemerkt der Kauz sofort die
kleinste Bewegung und stürzt sich im Nu auf sein winziges Opfer.
Dieser Waldkauz zeigt einen ungeahnten Mut. Neulich nähere ich
mich gegen Abend dem Eulenstalle, da bemerke ich eine Katze, die
sich durch die Tür durchzwängt. Ruhig bleibe ich stehen. Da sehe
ich meinen Waldkauz, wie er sich regt und mit einem furchtbaren,
langgezogenen »Rai, rai« auf die erschreckte Katze losstürzt, die in
ihrer Angst mit dem auf ihr reitenden Kauz gegen den Draht rennt.
Schnell laufe ich hin, da läßt mein tapferer Kauz los, und die
Katze zwängt sich mir unter der Hand vorbei durch die ein wenig
klaffende Tür und entweicht. Ich glaube, sie hat an dem einen
Mal genug gehabt und ist nicht wieder gekommen !
Die Waldohreulen griffen außer Mäusen und Ratten auch lebende
Hähnchen und Kaninchen, dagegen zeigten sie vor Hunden Furcht;
keineswegs aber der Kauz. Letzterer frißt auch Frösche und Raupen
sehr gern, die Waldohreule dagegen Frösche nur beim größten
Hunger und Raupen gar nicht. Meinem Kauze gesellte ich neuer-
48
diugs noch einen zweiten bei, den ich im Frankfurter Zoologischen
Garten kaufte. Er wurde von dem alten Kauz zuerst verdrängt und
gebissen, doch vertragen sich beide jetzt recht gut miteinander.
Die neue Eule ist noch recht still, läßt sich aber von jedem, und
auch von Fremden, ruhig anfassen. Sie unterscheidet sich von dem
alten Kauz durch ganz graues Gefieder und auch dadurch, daß sie
weder Frösche noch Raupen mag. Sie ist jedenfalls in Frankfurt
etwas besseres gewöhnt gewesen.
Zum Schlüsse möchte ich noch erwähnen, daß der Waldkauz,
im Gegensatz zu meinen Ohreulen, Frösche und Mäuse stets ganz
verschluckt, Spatzen aber, in Übereinstimmung mit ihnen, vorher
zerkleinert.
Einige Beobachtungen an Stichlingen im Seewasseraquarium.
Von Dr. Hermann Bolau in Helgoland.
Zwei von den Becken des Aquariums der Königl. Biolog. An¬
stalt auf Helgoland sind zu Aigen-Aquarien bestimmt. Das eine
größere enthält vorzugsweise größere Algen, während das zweite,
dessen Wände mit Quurzsteiuen belegt sind, wegen der schönen
Farbenkontraste zur Aufnahme besonders zierlicher und farbiger
roter und grüner Algeuarten gewählt ist. Beide Becken enthalten
dann zur Belebung eiue Reihe kleiner Fische. In den Quarzbeckeu
halten wir, besonders während der Brunstzeit, einige Callionymus
lyra , Leierfische, deren Männchen außer durch die Größe der
Rückenflosse durch die Schönheit der Farben auffallen. Ständige
Bewohner des Quarzbeckens sind eine größere Anzahl des Gemeinen
Stichlings, Gasterosteus aculeatus. Diese Art kommt bekanntlich in
der Ostsee wie in der Nordsee häufig vor. Da es uns aber bei Hel¬
goland nicht leicht ist, eine größere Schar dieser lebhaften Fischchen
zu bekommen, beziehen wir in jedem Jahre eine Sendung aus der
holsteinischeu Heide bei Hohenwestedt. Der Gemeine Stichling ist
im Seewasser scheinbar ebenso zu Hause wie im Süßwasser. Wenn
die Tiere in unsere Hände gelangt sind, schütten wir sie einfach in
das Seewasser ; die Tiere scheinen sich darin sofort ganz wohl zu
fühlen im Gegensatz zum Neunstachligen Stichling, Gasterosteus
pungitius , der eine derartige Behandlung nicht verträgt und ge¬
wöhnlich bald umkommt. Die Dreistachler halten sich im Aquarium
49
meist dicht zusammen und erfüllen ihren Zweck, das Becken zu be¬
leben, ausgezeichnet.
Im vorigen Jahre nahmen die Stichlinge au Zahl fortwährend
ab; ihre Schar wurde ständig kleiner. Größere Räuber an Fischen
waren in ihrem Aquarium nicht vorhaudeu, und abgestorbene Stich¬
linge fand man auch nur ganz vereinzelt. Endlich merkten wir,
woran das Verschwinden der Stichlinge lag. Unbeabsichtigt war eine
Anzahl halberwachsener Höckerkrebse, Hyas aranea , in das Becken
geraten. Diese an sich recht langweiligen Gesellen waren die Ver¬
tilger der Fische. Ihre Bewegungen sind so langsam, daß sie den
flinken und gewandten Stichlingen durch direkte Verfolgung nicht
gefährlich werden können. Die Höckerkrebse haben die Gewohnheit,
ihren Panzer mit allerhand Fremdkörpern zu bestecken, um sich zu
maskieren. In unserem Quarzbeckeu hatten sie sich vorzugsweise mit
abgerissenen Zweigen der Rotalgen besteckt. Wenn ein so maskierter
Krebs regungslos in einem Algenbüschel sitzt, ist es kaum möglich,
ihn herauszufinden. So saßen die Krebse denn mit hocherhobeuen,
geöffneten Scheren auf der Lauer, bis ein Stichling in erreichbare
Nähe kam. Dann faßten die kleinen, scharfen Scheren plötzlich zu,
uud, wenn sie den Fisch gepackt hatten, nützte diesem alles Zappeln
nichts mehr. Es war ganz gleichgültig, ob der Krebs seine Beute
am Kopfe oder am Schwänze ergriffen hatte, er führte ihn in aller
Ruhe zum Maule und verzehrte ihn buchstäblich bei lebendigem
Leibe.
In diesem Jahre bezogen wir wieder aus der Heide eine größere
Fischkanne mit Dreistachlern und setzten sie in das Quarzbecken,
in dem jetzt meines Wissens keine Höckerkrebse hausen. Außer den
Stichlingen halten wir einige Callionymus lyra , einige junge Witt¬
linge und Dorsche ( Gadns merlangus und morrhua), einige Seenadeln
und zwei kleine, etwa 12 cm lange Knurrhähne, Trigla hirundo, in
unserem Quarzbecken. Diese letzteren beiden haben wir erst vor
mehreren Wochen gefangen. Seit einiger Zeit nahm die Zahl der
Stichlinge wieder ab wie im vorigen Jahre, und wiederum konnten
wir die Ursache dieser Abgänge nicht sofort ausfindig machen. Da
half mir neulich der Zufall. Ich stand vor dem Becken und be¬
merkte plötzlich, daß der eine der beiden Knurrhähne nach einem
Stichling schnappte, der am Boden nach Nahrung suchte. Er packte
ihn am Schwänze, doch der Stichling riß sich wieder los. Sofort
schnappte der Knurrhahn nach einem andern Stichling, der trotz
seines Sträubens sich nicht wieder freimachen konnte. Einige
Zoologr. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 4
50
Scbluckbevvegungen brachten den Stichling etwas weiter in das Maul
seines Räubers. Ich war begierig zu sehen, wie das Trauerspiel
enden würde. Ich dachte an die Bemerkungen in der Literatur, daß
der Hecht Stichlinge nicht frißt. Die Stacheln des unglücklichen
Fisches waren natürlich weit gespreizt, und das verhältnismäßig
große Maul des Knurrhahns mußte sich über die Stacheln hiuüber-
schieben. Der Stichling lag auf der Seite, die beiden Bauchstacheln
saßen quer im rechten Mundwinkel des Kuurrhahns, die Rücken¬
stacheln saßen im linken Mundwinkel. Der Knurrhahn schluckte
heftig, ohne daß es ihm gelang, den Stichling seinem Magen näher
zu führen. Immer weiter zerrte er sein Maul auseinander, da glückte
es ihm endlich, die Rückenstacheln des Stichlings ins Maul zu be¬
kommen. Man sah deutlich, wie ein Stachel sich mit seiner Spitze
gegen die dünnen Häute des Oberkiefers legte. Noch ein paar heftige
Schluckbewegungen, und der Riickeustacbel hatte die Mundhaut
durchbohrt. Sofort änderte sich das Bild; der Knurrhahn verlor jeden
Geschmack an seiner Beute und fing an, sich heftig zu schütteln, um
sich ihrer wieder zu entledigen, was ihm auch bald gelang. Der
Stichling fuhr nach seiner Befreiung ein paar Mal heftig durch den
Behälter und beruhigte sich dann bald wieder. Äußerliche Ver¬
letzungen konnte ich nicht bemerken. Der ganze Vorgang hatte
etwa 12 Minuten gedauert.
Kleinere Mitteilungen.
Die Eisbären in Skansens Zoologischem Garten zu Stockholm.
Wir haben hier in unserem Zoologischen Garten zwei Paare von Eisbären ( Ursus
maritimus). Das ältere Paar kam als sechs Monate alte Junge am 31. August 1889
nach Stockholm. Von diesem Paare haben wir bis jetzt 13 Junge erhalten, deren
Geburtstage sich in folgender Weise verteilen:
1893 am 28. November 2 Junge
1894 > 27. * 2 *
1896 > 4. Dezember 1 Junges
1898 » 30. November 2 Junge
1900 > 15. » 2 »
1902 * 19. » 2 »
1904 >26. » 2 »
. Geschlecht unbekannt,
. je 1 Männchen und 1 Weibchen.
Geschlecht noch nicht bestimmt.
Die Paarung ist stets im April eingetreten und dauerte etwa 14 Tage.
Während dieser Zeit paarten sie sich oit mehrmals an einem Tage. Die jungen
Eisbären sind, wie bekannt, nicht größer als große Ratten (Mus decumanus ), die
letzteren ohne Schwanz gemessen. Alarik Behm.
51
Aufruf zur Errichtung einer Gedenktafel für Heinrich Gätko.
Schon seit acht Jahren deckt die Erde den Vogelwärter von Helgoland, Heinrich
Gätke. Um die Verdienste, die sich der Verstorbene um die Erforschung der
Vogelwelt der Nordseeinsel Helgoland nicht nur, sondern damit auch um die ge¬
samte europäische Ornis und die Ornithologie im allgemeinen erworben hat, zu
ehren, ist der Plan angeregt worden, eine Gedenktafel an Gätkes früherem Wohn-
hause auf Helgoland anzubringen. Die Unterzeichneten laden die zahlreichen Freunde
und Verehrer Gätkes ein, durch Einsendung von Beiträgen dieses Vorhaben zu
fördern. Die Tafel soll bereits im Juli angebracht werden, deshalb ist möglichste
Beschleunigung der Einsendung geboten. Beiträge nehmen entgegen der Kassen¬
führer der »Deutschen Ornithologischen Gesellschaft«, Herr Karl Deditius in
Schöneberg bei Berlin, Merseburgerstrasse 6, und der Geschäftsführer des »Deut¬
schen Vereins zum Schutze der Vogelwelt«, Herr Pastor Jahn in Hohenleuben.
Über die eingegangenen Beträge wird öffentlich Quittung erteilt werden.
Hans Freiherr von Berlepsch-Cassel, Professor Dr. R. Blasius- Braunschweig,
Dr. Carl R. Hen nicke -Gera, Professor Dr. Rei che now- Berlin, H. Schalow-
Berün, Regierungs- und Forstrat G. Jacobi von Wangelin-Merseburg, Victor
Ritter von Tschusi zu Sclimi dhoffen , Villa Tännenhof bei Hallein.
Die im Monat Oktober 1 904 an dem L e u c h 1 1 u r m zu Eierland,
an der Nordspitze der niederländischen Insel Texel an g e flogen en,
tödlich verletzten Vögel:
Okt.
Stare
Sing-
Lerchen
Zaun-
Rot-
Rot-
drosseln
könige
hänflinge
kehlchen
7.
16.
5
3
—
—
«
—
20.
20
2
2
—
—
—
21.
6
3
4
—
—
—
30.
2
—
—
4
2
1
(Mitgeteilt durch F. Buis, Opzichter bij’s Rijkskustverlichting te Eierland,
Texel). Wilhelm Schuster.
Bären in Bolivien. Vor kurzem wurde mir von einem Bekannten, der
sich längere Zeit in der Umgebung von Santa Cruz in Bolivia aufgehalten hatte,
die Mitteilung, daß an den Abhängen der Kordilleren echte Bären Vorkommen
sollen, die aber auch dort wenig bekannt seien. Von anderer Seite erfuhr ich, daß
es sogar zwei verschiedene Arten seien, von denen der größere hellbraunes und der
kleinere schwarzes Fell habe. Diese Differenz mag sich wohl nur auf die Geschlech¬
ter beziehen. Die Bären sollen sich am Fuße des Ilimani und in den tropischen
Yungas aufhalten und auch dem Menschen gefährlich werden können1).
Oswald Straßberger.
*) Nach gütiger Mitteilung des Hrn. Dir. Dr. Ad. Seitz dürfte es sich um den von
Caracas bis Chile stellenweise nicht seltenen Andenbär ( Ursus ornatus Cuv.) handeln. Dieser
ist nur die südamerikanische Ausgabe von Ursus atnericunus und kommt in den verschieden¬
sten Färbungen, oft mit schönen Augenrändern (= Brillenbär) vor. Die angegebene Dop¬
pelfärbung ist aber sicher kein sexueller Dimorphismus. Der Herausgeber.
52
Mißbildung1 der Zehen (Polydaktylie) bei einem Kammmolch
(. Molge cristata Laur.). Bei einem jugendlichen Exemplar der Molge cristata , die
aus einem Waldteich der Mark Brandenburg stammte, fand sich eine eigenartige
Mißbildung der rechten Hinterextremität. Die übrigen Extremitäten zeigten keiner¬
lei Abweichung von der gewöhnlichen Beschaffenheit. Das bezeichnete Bein war
in seiner ganzen Länge etwas dicker als das der anderen Seite. Die vier äußeren
Zehen entsprachen nach Sitz, Größe und Form genau den gleichen Zehen des linken
Hinterfußes. Dagegen fanden sich anstelle der ersten, inneren Zehe noch vier
Zehen, die, durch einen tieferen mittleren und zwei weniger tiefe seitliche Spalten
getrennt, gewißermaßen als zwei paar Zehen erschienen. Wie sich mit Sicherheit
feststellen ließ, erstreckte sich diese Mißbildung nicht nur auf die Weich teile. Die
Zehen enthielten auch knöcherne Phalangen und Metatarsalen, die bis an den
Unterschenkel zu verfolgen waren. Da ich bisher Nachrichten über ähnliche Mi߬
bildungen nicht gefunden habe, schien mir eine kurze Mitteilung über diesen Fall
angezeigt. Konrad Profe.
Das Vordringen des Girlitz ( Serinus hortulanus Koch) in Deutsch¬
land. Als ich am 15. Oktober 1886 von Gießen nach Eberswalde übergesiedelt
war, hörte ich gleich im kommenden Frühjahr den Girlitz. Alt um kannte den
Gesang nicht und stritt mir so lange die absolut sichere Bestimmung ab, bis ich
im Jahre 1892 in der Nähe des Schützenhauses in einem parkartigen Garten
den Girlitz zum Schuß brachte. Das erste mit der Stockflinte erlegte Männchen
konnte im dichten Krautwuchs nicht gefunden werden. Das gleich darauf ge¬
schossene zweite Exemplar steht mit dem Datum 4. V. 92 in der Sammlung der
Forstakademie. Das erste Vorkommen des Girlitz ist für Ebers walde also mindestens
auf 1886 festzusetzen. Die Angaben auf S. 65 des Jahrg. 1904 des Zool. Gartens
sind dementsprechend zu berichtigen. Prof. Dr. Eckstein.
Die Hamsterplage in Rheinhessen am Rheinknie bei Mainz.
Außer in der Gemarkung Hechtsheim herrschte die Hamsterplage 1904 auch in
den Gemarkungen Bodenheim , Laubenheim u. a. Auf der Bürgermeisterei in
Hechtsheim wurden im Laufe des Jahres im ganzen 18 408 alte und 7052 junge
Hamster ( Cricetus frumeniarius ) eingeliefert. In der ersten Zeit zahlte man für
den eingelieferten alten Hamster 15 Pf., für den jungen 10 Pf., später 10 und
5 Pf., zusammen 1800 M. Bei einem Besuche, den ich in den Weihnachtstagen 1904
in den heimgesuchten Gemeinden machte, um event. einige Exemplare (Weibchen)
lebend zu erhalten (um die mich auf Grund der früheren kurzen Notiz im »Zool.
Garten« 1904 Prof. Fleischmann in Erlangen zwecks Anstellung von embryo¬
logischen Studien gebeten hatte), überzeugte ich mich, daß wirklich vom eigentlichen
Hamster die Rede sei und daß ferner lebende Tiere kaum zu erhalten seien. Ab
und zu fängt ein Dorfbube einmal ein Tier, indem er vor dessen Höhle ein großes
irdenes Gefäß eingräbt und dieses mit Papier und einiger Erde oder Stäbchen
leicht zudeckt; plumpst der Hamster in das Gefäß, so kann er nicht mehr ent¬
weichen. Wilhelm Schuster.
Kann die Zwergfledermaus ( Nannugo pipistrellus ) von ebener Erde
auf fliegen? Ja, ebensogut wie jede gesunde Turmschwalbe. Ich ließ eine
Fledermaus am hellen Tage in meinem Zimmer fliegen. Wenn sie sich auf den
Fußboden gesetzt hatte, schnellte sie sich mit einem leichten Ruck in die Höhe
53
und flog mit gebreiteten Flügeln fort. Mit gefaltetem Flugwerk sitzt das Tierchen
vor mir, so groß nur wie eine starke Wallnuß, ein > Sammeteichen« mit
dem großen quiekenden und beißenden Hunde- oder Wolfsmaul; wenn aber dieses
Tierchen fliegt, ist es fast so groß wie eine Schwalbe. Ich habe beobachtet,
daß sich die Fledermaus oft mit den beiden V orderkrallen zuerst an den oberen
Rand einer Schrank- oder Stubentüre aufhängt (die erste Aufgabe einer in unbe¬
kanntem Raume fliegenden und ausruhen wollenden Fledermaus ist, einen Anhalts¬
punkt zum Aufhängen zu finden) und daß sie sich dann, wenn sie länger hängen
bleiben will, umschwippt (also, sich umdrehend, einen Augenblick frei in der Luft
schwebt) und an den hinteren Krallen aufhängt. Die Fledermaus fliegt verhält¬
nismäßig recht oft, wie ich sah, an dem schwarzdunklen Teil großer Ölgemälde
wider; sie hält diese koloristische Darstellung gewiß für eine in die Tiefe gehende»
also dunklere Raumanlage; demnach würde das Fledermausauge auch am Tage
sehen, wenn auch vielleicht nur so große Unterschiede wie Hell und Dunkel. Im
übrigen fühlt, glaube ich, die Fledermaus auf 2 — 3 dem Entfernung hin mit
dem Körper, ob ein Gegenstand vor ihr ist oder nicht; so dann z. B., wenn sie
oben auf dem Schrank an den Rand kriecht, mit dem Vorderkörper ausfühlende
Bewegungen macht — aber nicht mit dem Auge arbeitet, da sie wegen der grellen
Tageshelle nicht genug sieht — und sich dann, im Gefühl, daß ein hindernder
Gegenstand nicht vor oder unter ihr ist (auch nicht in etwas weiterer Entfernung)
kräftig vor- und hinunterstürzt. Eine Nacht über in sitzender — und nicht in
der gewöhnlichen hängenden — Stellung zubringen zu müssen, bringt ein Exemplar
der Microchiropteren schon in ein gewisses Unwohlsein hinein. — Gelegentlich der
jetzt wieder auf der Tagesordnung stehenden Erörterungen über die Ruhepause
des Rehembryos darf man sich daran erinnern, daß auch bei der Zwergfledermaus
die Begattung im Herbst vorgenommen wird, die Befruchtung aber erst im nächsten
Frühjahr erfolgt, da der Same während des Winterschlafs im Uterus des Weibchens
auf bewahrt wird. Wilhelm Schuster.
Seestern und Einsiedlerkrebs. In einem kleinen Seewasseraquarium
hielt ich neben anderen Tieren einige kleine Einsiedler und eine Anzahl junger
Seesterne, Asterias rubens. Wiederholt aber fand ich leere Häute der Einsiedler.
Ich nahm an, es hätte sich ein Krebs gehäutet; da wurde ich dieser Tage eines
besseren belehrt. Einer der Seesterne war auf einen Einsiedler gekrochen und
hatte ihn fest mit seinen Saugfüßchen gepackt. Ich dachte zunächst an eine zu¬
fällige Begegnung der beiden Tiere; aber allmählich wurde der Krebs immer matter
und schließlich stülpte sich der Seestern in der charakteristischen Weise über sein
Opfer. Nach einigen Stunden war die Mahlzeit beendet, vom Einsiedler war nur
die leere Haut übrig geblieben. Ich hatte etwa ein Dutzend der kleinen Krebse
besessen; sie sind bis auf einen den Seesternen zum Opfer gefallen. Ich hatte oft
beobachtet, daß die Seesterne Meermuscheln und andere Muschelarten verzehren,
auch gesehen, daß sie an abgestorbenen Fischen, an tierischem Abfall u. s. w.
fressen, daß sie sich aber auch lebende Krebse fangen, war mir neu.
Dr. Hermann Bolau (Helgoland).
Die Fesselung von Vögeln. Im Bull, de la Soc. Nat. d’Acclimatation
de France vom Juli 1904 empfiehlt Mr. C. Debreuil folgende Fesselung für
Vögel, um sie am Auffliegen zu verhindern. Er hält die gebräuchliche Methode
nicht für praktisch. Es ist ja auch klar, daß besonders Vögel mit langen Flügeln,
54
oder solche, deren Flügel besonders typische Zeichnungen an der Spitze tragen,
häufig infolge des Beschneidens oder der Amputation einen recht häßlichen
Schönheitsfehler erhalten. Ich erinnere hier z. B. an die Möwen oder die Schnee¬
gänse mit ihren schwarzen Flügelspitzen.
Mr. C. Debreuil empfiehlt nun das folgende Verfahren. Man umschnürt die
ersten zehn Schwungfedern mit einem Bindfaden und läßt die Schleife des Bind¬
fadens bis an die Federn erster Ordnung gleiten. Die Schleife zieht man so fest
an, daß die Federn nicht aus ihr wieder herausrutschen können, jedoch ohne den
Vogel zu quetschen. Dann führt man das eine Ende des Bindfadens hinten um
den Armknochen (Humerus) herum und knotet ihn mit dem anderen Ende auf der
äußeren Seite des Flügels zusammen, ohne den Vogel zu verletzen. Diesen Knoten
zieht man mehr oder weniger stark an, je nachdem man den Vogel gänzlich fesseln
oder ihm noch einen beschränkten Gebrauch der Flügel lassen will.
Der Bindfaden darf nicht so fein sein, daß er bei den Anstrengungen des
Vogels, sich zu befreien, in das Fleisch einschneiden kann. Die Stärke des Bind¬
fadens muß der Größe des Vogels entsprechend sein; für ein Rephuhn genügt ein
weniger starker Faden als für die Flügel eines Pfauen oder eines Storches.
Dr. Hermann Bo lau (Helgoland).
Vogelgesang im Herbste. In der Londoner Westminster Gazette vom
18. Oktober 1904 finden wir folgende Mitteilung: »Einige unserer Frühlingssänger
beginnen nach langem Schweigen wieder mit ihrem Gesänge. So habe ich am
5. Oktober eine Feldlerche ( Alauda arvensis L.) gehört und heute nachmittag
(17. Oktober) eine Singdrossel ( Turdus musicus L.). Ich finde in meinen Auf¬
zeichnungen, daß im Jahre 1902 die Singdrossel im Südwesten von London am
3. November wieder zu singen anfing und 1903 in der Umgebung von Leigh-on-Sea
am 26. Oktober. Die Lerche begann im vorigen Jahre ein wenig später zu singen
als in diesem, da ich sie in der gleichen Gegend, in der Nähe des Hadleigh Road,
nicht vor dem 16. und 18. Oktober gehört habe. Die Singdrossel ist eine tapfere
Sängerin, da sie sich den heutigen Nachmittag mit seinem kräftigen Südwestwind
und seinen ausgiebigen Regenschauern zum ersten Auftreten in ihrem Herbstgesangs-
Repertoire erwählt hat. Ein Vogelfänger, mit dem ich gestern abend in Laindon
ein Zwiegespräch hatte, erzählte mir, daß auch Rotdrosseln ( Turdus iliacus L.)
und Kraminetsvögel ( Turdus pilaris L.) eingetroften seien. Die Krammetsvögel
oder Wacholderdrosseln leben bei uns gern im Hochlande auf den windbewegten
Hügeln, besonders wenn dort Weißdorn mit seinen roten Beeren nicht selten ist.«
B 1 1 g r.
Literatur.
Ergebnisse der Untersuchung über die Nahrung von 82 heimischen
Vogelarten in 1419 Exemplaren.
Uber den wirtschaftlichen Wert unserer heimischen Vögel herrschen noch
recht verschiedene Ansichten und Meinungen, weil sie sich teils auf veraltete
Literatur, teils auf Beobachtungen von mehr oder weniger zweifelhaftem Werte
stützen. Der unerquickliche Streit um die Richtigkeit dieser oder jener Meinung
wird erst dann verstummen, wenn die Resultate von umfassenden Magenunter-
suchungen vorliegen. Die Ermittelung der Stoffe, womit sich die Vögel in der
Freiheit ernähren, ist aber nicht bloß praktisch wichtig, z. B. für die Art der
Ernährung in Gefangenschaft gehaltener oder für die Art der Fütterung jagdbarer
Vögel im Winter, sondern hat auch allgemein wissenschaftlichen Wert.
Es ist daher ein sehr verdienstvolles Unternehmen gewesen, das Regierungs¬
rat Dr. G. Rörig in den Jahren 1899 und 1900 zur Ausführung gebracht hat,
indem er sich aufs neue mit Untersuchungen des Mageninhaltes einer Reihe von
Vogelarten befaßt hat. Diese Untersuchungen haben sich erstreckt auf 109 ver¬
schiedene Vogelarten in 4151 Exemplaren.1) Sie bilden die Fortsetzung der schon
früher an zahlreichen Krähen vorgenommenen Untersuchungen (vergl. Zoolog.
Garten, 42. Jahrg., pag. 109).
Im folgenden beabsichtige ich eine kurze Übersicht über die Ergebnisse der
an 82 Vogelarten in 1419 Exemplaren angestellten Untersuchungen des Magen¬
inhaltes zu geben.
Die Großen Würger, Lanius excubitor, scheinen dem Befunde des Magen¬
inhaltes nach sich vorwiegend von Mäusen und Käfern zu nähren. Ob die ihnen
zur Last gelegte Plünderung von Vogelnestern begründet ist, konnte bis dahin
noch nicht festgestellt werden.
Die Schwarzstirnigen Würger, Lanius minor, zeigten als Magen¬
inhalt Mist-, Mai-, Lauf- und Schnellkäfer; nur ein Exemplar hatte Mäusereste im
Magen.
Die Rotrückigen Würger, L. collurio, geben Käfern als Nahrungs¬
mittel den Vorzug; Mücken, Fliegen und Hummeln waren anscheinend nur aus¬
nahmsweise verzehrt worden.
Dohlen, Corvus monedula, ernähren sich in ähnlicher Weise wie die
Krähen, d. h. während der Frühjahrszeit ist die Nahrung gemischt, indem neben
Körnern viele Insekten verzehrt werden, im Herbst dienen pflanzliche Stoffe fast
ausschließlich zur Nahrung, und zu dieser Zeit werden auch kleine Sternchen fast
regelmäßig aufgenommen, während diese im Frühjahr und Sommer häufig fehlen.
Weizen-, Hafer- und Gerstenkörner waren bevorzugt, Mais, Samen von Polygonum
convölvulus , Vogelbeeren, Eicheln nur gelegentlich aufgenommen worden, daneben
Pferdemist, Spelzen, Tennenabraum, gekochte Kartoffeln und grüne Pflanzenteile.
Die tierische Kost bestand in Mäusen, Schnell-, Lauf- und Rüsselkäfern, Draht¬
würmern, Fliegenlarven, Spinnen und Eulenpuppen. Die Zahl der verzehrten In¬
sekten war manchmal ziemlich bedeutend. — Dei Magen einer Dohle enthielt
z. B. 1 Carabus, 38 Schnellkäfer, 1 Eulenraupe, 1 Fliegenlarve und überdies
5 Spinnen.
Elstern, Picapica , stehen den Fleischfressern näher als den Körnerfressern,
was schon aus der relativen Seltenheit der Anwesenheit von Steinen in ihren
Mägen hervorgeht. Die Magenuntersuchungen haben diese theoretische Erwägung
bestätigt. Während bei Dohlen die pflanzliche Kost sich zur tierischen wie 50 : 18
verhält, die tierische also nur etwa ein Drittel der pflanzlichen ausmacht, ist dieses
Verhältnis bei Elstern gerade umgekehrt: die tierische Kost beträgt fast das
dreifache der pflanzlichen. Die Pflanzenstoffe bestanden in Roggen, Hafer, Weizen,
9 „Untersuchungen über die Nahrung unserer heimischen Vögel u. s. w.“ von Regie¬
rungsrat Dr. G. Rörig in ,. Arbeiten aus der Biologischen Abteilung für Land- und Forst¬
wirtschaft am Kaiserlichen Gesundheitsamte“. Berlin. Verlag von Paul Parey und Julius
Springer. 1903,
56
Gerste, in Beeren von Ebereschen, vom Faulbaum, Rhamnus frangula , vom
Holunder, Sambucus sp.?, vom Wein, in Samen vom Pfaffenhütchen (Spindel¬
baum, Evonymus europaea ) und in Eicheln; außerdem fanden sich Spelz, Rüben,
Kartoffeln, grüne Pflanzenteile und Pferdemist. Der tierische Mageninhalt bestand
2mal in Junghasen, einmal in Jungen aus dem Nest eines Singvogels, 3mal in
altem Fleisch, 3mal in Schnecken, einmal in Fröschen, 17mal in Mäusen, 26inal
in Mistkäfern, 16mal in Laufkäfern, 5mal in Rüsselkäfern, 3mal in Maikäfern,
2mal in Totengräbern, Aaskäfern, Schnellkäfern und Blattkäfern, einmal in Juni¬
käfern, 19mal in unbestimmbaren Käferarten, ferner in Eulenraupen, Schmetter¬
lingspuppen, Drahtwürmern, Grashüpfern, Heuschrecken, Libellen, Feldgrillen und
Wanzen. Daß nur einmal die Spuren von Nestplünderung gefunden worden sind,
beruht darauf, daß die untersuchten Elstern teils dem zeitigen Frühjahr, teils dem
Hochsommer, Herbst und Winter entstammten, also nicht der Zeit der Haupt¬
brutperiode.
Eichelhäher, Garrulus glandarius , tragen ihren Namen mit Recht, denn
als Waldvögel sind sie auf Baumfrüchte, in erster Linie auf Eicheln, angewiesen,
während sie das Feld nur in der Nähe des Waldes und nur für kurze Zeit be¬
suchen. Die Untersuchung von 325 Mägen hat überwiegend pflanzliche Kost er¬
wiesen, und zwar, wie schon angedeutet, hauptsächlich Eicheln, überdies Eber¬
eschen, Heidelbeeren, Brombeeren, Roggen-, Weizen- und Haferkörner, Kartoffeln,
Gerste und Mohn. Die animalische Nahrung des Eichelhähers ist sehr mannig¬
faltig. In den untersuchten Mägen fanden sich die Reste von Klein vögeln Bmal
(lmal eine Kohlmeise), Singvogeleier lmal, Mäuse 4mal, kleine unbestimmbare
Knochen 2mal, Schnecken lmal, dagegen Insekten ungemein häufig. In 72 Mägen
wurden Lauf-, Mist-, Mai-, Juni-, Rüssel-, Bock- und Schnellkäfer sehr häufig,
29mal Raupen nachgewiesen; ferner Afterraupen, Puppen von Blattwespen, Wespen,
Libellen, Fliegen, Schmetterlinge, Grillen und Ohrwürmer.
Tanne nhäher, Nucifraga caryocatactes , kommen bekanntlich erst im
Herbste zu uns und nähren sich in dieser Jahreszeit ähnlich wie Eichelhäher. Den
Hauptbestandteil der pflanzlichen Kost bilden Früchte und Beeren aller Art.
Eicheln, Hainbuchen- und Rotdornsameu fanden sich in geringerer Menge als
Vogelbeeren. Insektenreste rührten her von mehreren Käferarten (Mist- und
Laufkäfer, Staphylinen und Rüsselkäfer), Raupen, Grashüpfern, Wespen, Heu¬
schrecken, Ohrwürmern und Schmetterlingspuppen.
Der Pirol, Oriolus oriolus , ist, wie es scheint, ein Liebhaber von Kirschen;
er verzehrt aber auch Insekten aller Art. Neben Kirschen und Beeren des Faul¬
baumes hatten Käfer, Schmetterlinge, Raupen (von Spinnern) und Baumwanzen als
Nahrung gedient.
Mandelkrähen, Coracias garrulus , nähren sich ausschließlich von tierischen
Stoffen, und zwar scheint ihre Nahrung vorwiegend in Käfern zu bestehen. In
den untersuchten Mägen fanden sich Reste von Geotrupes 24mal, Melolontha vul¬
garis u. s. w. 18mal, Carabus 15mal, Rosenkäfer 4mal, Junikäfer und Rüsselkäfer
je 2mal, Schnellkäfer und Totengräber je lmal und unbestimmbare Reste von
Käfern 3mal. Außerdem waren von dieser Vogelart verzehrt worden Heuschrecken
und Grashüpfer, Schwärmerraupen, Maulwurfsgrillen, Regenwürmer, Muscheln
und Frösche.
Stare, Sturnus vulgaris, die teils im Mai und Juni, teils im September
und Oktober eingeliefert worden waren, hatten in ihren Mägen Reste von Juni-,
57
Rüssel- und Schnellkäfern, Silphen, Erdflöhen, Mist- und Weichkäfern und von
verschiedenen unbestimmbaren Käfern; ferner waren von Staren verzehrt worden
Fliegen, Mücken, Kohlschnaken, Grashüpfer, Raupen, Ohrwürmer, Schwärmer¬
puppen, Wespen und überdies je Imal Vogelbeeren, Weinbeeren und Samen vom
Rittersporn ( Delphinium consolida).
Der Kuckuck, Cuculus canorus , verzehrt vorwiegend Raupen. Unter diesen
waren vertreten solche von Spinnern, Eulen, Wicklern und Tagfaltern. In größerer
Menge fanden sich Mamestra pisi (bei 2 Vögeln), Bombyx rubi und Gastropacha
pini je lmal, Pieris brassicae 3mal (in einem Magen 25 Stück) und zweimal
Wicklerraupen, von denen in einem Magen 50 Stück gezählt wurden. Ein Kuckuck
hatte 9 Nonnenraupen, 10 Nonnenpuppen und mit ersteren zugleich 4 Tachinen-
larven verzehrt. Von 26 Mägen enthielten 13 die Reste von Mai-, Rüssel-,
Schnell- und Laufkäfern; 3 Kuckucke hatten Grashüpfer, einer eine Maulwurfs¬
grille und einer eine Libelle gefangen. Ein in Westpreußen erlegter Kuckuck
hatte im Magen einige Sternchen, die Reste eines Eies (von Anthus ? ) , mehrere
Rüsselkäfer ( Hylobius sp.) und einige Raupen. Man will beobachtet haben, daß
der Kuckuck die Fier kleinerer Vögel verschluckt und selbst junge Vögel tötet
und verschlingt. Beweise dafür fehlen vorläufig.
Eisvögel, Alcedo ispida, verzehren — ihrem Mageninhalt nach zu ur¬
teilen — hauptsächlich kleine Fische; welcher Spezies diese angehörten, war aus
den Resten nicht zu ermitteln. Einmal fand sich im Eisvogelmagen eine Anzahl
Libellen.
Die Schwarzspechte, Picus martius , deren Mägen untersucht wurden,
hatten viele Bockkäferlarven verzehrt, daneben auch andere Käfer, Ameisen und
Ameisenpuppen.
Von Grauspechten, Picus canus, hatte ein Teil Ameisen im Magen, ein
anderer Fliegen.
Grünspechte, Picus viridis , scheinen Ameisen zu bevorzugen; daneben
fanden sich im Magen Ameisenpuppen, Fliegen und Käferlarven.
Der Große Buntspecht, Picus major , ernährt sich nach Ausweis seines
Mageninhaltes von Käfern verschiedener Art (Bock-, Schnell- und Maikäfer), Käfer¬
larven, Ameisen und Raupen des Kielernspanners.
Ein Kleinspecht, Picus mirtor, hatte viele kleine Käfer und mehrere
Kleinschmetterlingsraupen verzehrt.
Ein Mittelspecht, Picus medius, hatte Fliegen und Schnaken verzehrt.
Der Wiedehopf, Upupa epops , nährt sich von Insekten. Die unter¬
suchten Mägen enthielten Käferlarven, Mist- und Laufkäfer, Feldgrillen, Maul¬
wurfsgrillen, Schnakenlarven, Schmetterlingspuppen und Eulenraupen.
Nach t sch vva Iben, Caprimulgus europaeus. Im September erlegte Exem¬
plare hatten ausschließlich Mistkäfer im Magen; die im Sommer erlegten hatten
nur Nachtfalter verzehrt. Eine Nachtschwalbe hatte Maikäfer gefressen; eine
andere, deren Magen mit Eulen angefüllt war, hatte überdies einen Bockkäfer
verzehrt.
Die Ringeltaube, Columba palumbus. Ihre Mägen enthielten Gerste,
Hafer, Weizen, Mais und Wicken, überdies Hederichpflanzen und Kartoffeln. Kleine
Steinchen waren in Menge vorhanden.
Zwei Hohltauben, Columba oenas, hatten außer Steinchen nur Gerste und
Spelzen in ihren Mägen.
Die Turteltaube, Columba turtur. Außer Sternchen wurden 2nial kleine
Schneckengehäuse, lmal grüne Pflanzenteile und je lrnal Raps, Weizen, Senf und
Rittersporn nachgewiesen.
Auerhuhn, Tetrao urogallus. 33 Exemplare hatten Kiefernnadeln (30mal),
Fichtennadeln (2mal) undj Zweigspitzen von Laubholz (lmal) als Nahrung aufge¬
nommen. Ein in Siebenbürgen erlegtes Exemplar hatte außer 45 g Steinchen 13 g
Holunderbeeren im Magen.
Birkhuhn, Tetrao tetrix. Die Nahrung dieses Vogels ist überwiegend
vegetabilisch. In den Mägen von 98 untersuchten Exemplaren fanden sich Ast¬
stückchen 42mal, Kiefernnadeln 2mal, Fichtennadeln lmal, Moos 2mal, Preißel-
beerblätter 7mal, Heidelbeerkraut 13mal, Kuhblumenblätter 3mal, Ranunkelblätter
lmal, Weißkleeköpfchen lmal, Grashalme 8mal, Saatspitzen lOmal, Wurzel¬
stückchen 2mal, Hafer 20m al, Roggen 5mal, Wacholderbeeren 3mal, Weizen,
Preiselbeeren und Eicheln je 2mal, Gerste, Buchweizen, Faulbaumbeeren und Samen
von Carex paniceus und Polygonum lapathifolium je lmal. Reste von Mai-,
Mist- und Laufkäfern je lmal.
Haselhuhn, Tetrao bonasia , ist in 2 Exemplaren untersucht worden.
Beide (Männchen) hatten Vogelbeeren, die Samen einer Ficm-Art, von Polygonum
sp., Erodium cicutarium , einige unbestimmbare Sämereien und grüne Blattspitzen
verzehrt; der eine der beiden Hähne hatte auch die Reste einer Maus im Magen.
Wachtel, Coturnix coturnix. Die Nahrung der 24 untersuchten Exemplare
bestand in Samen von Rittersporn (13mal), Ackerstiefmütterchen (5mal), Panun-
culus sp. und Centaurea cyanus (je 4mal), Weizen und Heidekorn (je 2mal), un¬
bestimmbaren Samen (5mal), Saatspitzen (2mal) und Laufkäfern und Grashüpfern
(je lmal). Unkrautsiünereien sind demnach überwiegendes Nahrungsmittel.
Trappe, Otis tarcla. Grüne Pflanzenteile bilden die Hauptnahrung: Raps¬
blätter, Hederichblüten (je 4mal), Blätter vom Schwarzen Senf (2mal), Kuhblumen
(2mal), Kleeblätter, Hederichschoten, Blätter von Polygonum convolvulus , Saat¬
spitzen und Queckenwurzeln (je lmal). In geringer Menge waren Sämereien ver¬
zehrt worden : Roggen, Gerste und Hafer. An Insekten fanden sich Maikäfer und
Laufkäfer je 2mal, Mistkäfer, Anomala ahenea, Galeruca tanaceti, Rüsselkäfer
je lmal, Heuschrecken und Wolfsmilchschwärmerraupen je lmal.
Vom Weißen Storch, Ciconia ciconia, sind 26 Exemplare untersucht
worden. Ihre Nahrung bestand vorzugsweise in Insekten; auch Mäuse waren
relativ häufig und in ziemlich bedeutender Zahl verzehrt worden, während Frösche
sich bei ihnen recht selten fanden. Die Untersuchung ergab die Anwesenheit von
Mäuseresten llmal, von Spitzmausresten lmal, vom Maulwurf lmal, von Fröschen
3mal, von Landkäfern (Laufkäfern, Silphen, Maikäfern, Mistkäfern, Schnell¬
käfern u. s. w.) 25mal, von Wasserkäfern ( Dytiscus marginalis , Hydrophilus
caraboides und H. piceus ) 17mal (von Wasserkäfern waren oft mehrere Dutzend
auf einmal verzehrt worden), Maulwurfsgrillen lmal, Grashüpfern 3mal, Fliegen
lmal, Schwimmkäferlarven 2mal, Fliegenlarven lmal, Schnakenlarven 3mal (darunter
lmal 270 Stück), Pferdeegeln 2mal, Pflanzenteilen, meist Schilfresten 15mal, Sand
9mal. — »Junghasen« und »Rephühnergelege« fehlten aber gänzlich!
Vom Schwarzen Storch, Ciconia nigra , konnten 5 Exemplare untersucht
werden. Ihre Nahrung bestand in Schilfresten (4mal), Moos (lmal), Maikäfern
(lmal), Schnellkäfern (5mal), Fischen (6 Stück) und kleinen Steinchen (lmal).
59
Kranich, Grus grus (5) ’)• Der Mageninhalt bestand in grünen Pflanzen¬
teilen und Wurzelstücken (je lmal), in Weizenähren mit Körnern (lmal), in Geiste
und Hafer (je lmal) und in Sternchen (5mal). Animalische Stoffe fehlten gänzlich.
Fischreiher, Ardea cinerea (28). In den Mägen fanden sich Schilfreste
(3mal), Entengrütze (lmal), verschiedene Land- und Wasserinsekten (15mal),
Schnecken (lmal), Spitzmäuse (2mal), Wasserratten (lmal), Mäuse (3 mal), Frösche
(2mal), Eidechsen (lmal) und Fische (20mal) , darunter Barsch, Hecht und
Schlammbeißer.
Purpurreiher, Ardea purpurea ( 1). Der Magen enthielt nichts als Fische.
Nachtreiher, Nycticorax nycticorax (1). Im Magen fanden sich Schilf¬
reste und Fische, sonst nichts.
Große Rohrdommel, Botaurus stellaris (16). Außer Schilfresten (2mal)
enthielten die Mägen Wasserkäfer (5mal), andere Wasserinsekten (4mal), Wasserratten
(lmal), Frösche (5mal) und Fische (9mal), darunter Barsch, Hecht und Schleie.
Kleine Rohrdommel, Ardetta minuta (10). Die Mägen enthielten Land-
und Wasserinsekten (7mal) und Fische (6mal).
Triel, Oedicnemus oedicnemus (5). In den Mägen fanden sich grüne
Pflanzenteile (lmal), Käfer (3mal), Kohlweißlingraupen (lmal), Grashüpfer (lmal)
und kleine Steinchen (2mal).
Gold-Regenpfeifer, Charadrius apricarius (7). Außer grünen Pflanzen¬
teilen (lmal) fanden sich in den Mägen Käfer (7mal), Eulen- und andere Raupen
(3mal), Fliegenlarven und Ohrwürmer (je lmal), Mäuse (2mal) und kleine
Steinchen (Ömal).
Halsband-Regenpfeifer, Charadrius hiaticula (1). Der Magen dieses
Exemplares enthielt außer Käferresten nur kleine Steinchen.
Kiebitz, Vanellus vanellus (34). Die Mägen enthielten grüne Pflanzen¬
teile (5mal), Kirschkerne (lmal), Käfer verschiedener Art (24mal), Käferlarven
(Ömal), Drahtwürmer (4mal), Schnakenlarven (3mal), Maulwurfsgrillen, Pferdeegel,
Schnecken (je lmal) und Sand und kleine Steinchen (3 lmal).
Austern fische r, Haematopus ostralegus (1). Im Magen dieses Exemplars
fanden sich Käfer verschiedener Art und Schnecken (je lmal).
Große Bekassine, Gallinago media (1). Der Magen dieses in Sigmaringen
erlegten Exemplars enthielt Weizenköiner (!), sowie Reste von Käfern und Käferlarven.
Mittlere Bekassine, Gallinago gallinago (3). In den Mägen fanden sich
Käfer verschiedener Art (2mal), Raupen (lmal), Regenwürmer (lmal), Muscheln
(lmal) und Sand und kleine Steinchen (2mal).
Kampfstrandläufer, Totanus pugnax (3). Die Mägen enthielten Käfer
verschiedener Art (2mal), Käferlarven (lmal) und kleine Steinchen (3mal).
Punktierter Wasser läufer, Totanus ochropus (1). Im Magen dieses
Vogels fänden sich nur Käferlarven.
Hellfarbiger Wasser läufer, Tringoides hypoleucus (1). Der Magen
dieses Vogels enthielt außer kleinen Steinchen nichts.
Brachvogel, Numenius arcuatus (4). In den Mägen fanden sich Mist¬
käfer, Eulenraupen, Schnakenlarven, Maulwurfsgrillen und Muscheln (je lmal)
und überdies kleine Steinchen (2mal).
*) Die hinter dem Namen befindliche eingeklammerte Zahl bedeutet jedesmal die An¬
zahl der untersuchten Exemplare.
— 60 —
Regenbrach vog el, Numenins pliaeopus (2). Außer kleinen Steinchen
fand sich in den Mägen dieser beiden Exemplare nichts.
Wasserralle, Pallus aquaticus (8). In den Mägen fanden sich grüne
Pflanzenteile und Samen unbestimmbarer Art (je lmal), Käferreste von unbe
stimmbaren Arten (3mal), Schnecken und Muscheln (je lmal) und kleine Steinchen
(5mal).
Wachtelkönig, Crex crex (4). Die Mägen enthielten Käfer verschiedener
Art (4mal), Raupen, Schnakenlarven, Grashüpfer, Maulwurfsgrillen (je lmal) und
kleine Steinchen (2inal).
Punktiertes Rohrhuhn, Ortygometra porzana (5). In den Mägen fanden
sich Samen vom Laichkraut und von Potarnogeton (lmal), Käfer verschiedener Art
(4mal), Eulenraupen (lmal) nnd kleine Steinchen (3mal).
Grünfüßiges Rohrhuhn, Gallinula chloropus (48). Die Mägen dieser
Exemplare enthielten grüne Pflanzenteile (6mal), Entengrütze (llmal), Sparganium
(4mal), Samen von Potarnogeton (5mal), von Polggonum liydropiper (lmal), un¬
bestimmbare Samen (4mal), Käfer (6mal), Mücken (lmal), Schnecken (4mal),
Muscheln (8mal) und kleine Steinchen (41mal).
Bläßhuhn, Fulica atra (77). Die Mägen dieser zahlreichen Exemplare
enthielten grüne Pflanzenteile (21mal), Moos (lmal), Entengrütze (30mal), Samen?
von Potarnogeton (lmal), von Polygonum (4mal), unbestimmbare Samen (4mal),
Muscheln (lOmal), Schnecken (15mal), Käfer verschiedener Art (llmal) und
Steinchen (75mal).
Höckerschwan, Cygnus olor (2). Die Mägen beider Exemplare enthielten
Sand; aber nur in dem Magen des einen fanden sich grüne Pflanzenteile.
Singschwan, Cygnus cygnus (1). Nichts als Sand enthielt der Magen
dieses Exemplars.
Graugans, Anser anser (1). Im Magen dieses Exemplares wurden grüne
Pflanzenteile, Weizenkörner und Steinchen gefunden.
Märzente, Anas boschas (29). Die Mägen enthielten Schilfreste (2mal),
grüne Pflanzenteile (4mal), Scirpus , Sparganium , Glyceria fiuitans, Ampfer (je
lmal), Entengrütze (2mal), Samen von Potarnogeton (5 mal), von Polygonum in
4 Arten (8mal), unbestimmbare Samen (6mal), Eicheln (lmal), Fische (lmal),
Käfer verschiedener Art (lmal) und Steinchen (29mal).
Spießente, Anas acuta (1). Im Magen fanden sich grüne Pflanzenteile,
unbestimmbare Samen (je lmal) und Sand.
Knäkente, Anas querquedula ( 5). Die Mägen enthielten grüne Pflanzenteile
(lmal), Scirpus (2mal), Ampfer (lmal), Samen von Polygonum hydropiper und
persicaria (je lmal), Schnecken und Käfer verschiedener Art (je lmal) und Steinchen.
Krickente, Anas crecca (6). Unbestimmbare Samen fanden sich im Magen
von 2 Individuen, aber in sämtlichen Mägen Steinchen.
Löffelente, Spatula elypeata (2). Im Magen jedes der beiden Individuen
fanden sich Samen unbestimmbarer Art, sowie Steinchen.
Eiderente, Somateria mollissima (1). Im Magen dieses Individuums fand
sich außer Muscheln nichts.
Bergente, Nyroca marila (1). Grüne Pflanzenteile und Steinchen enthielt
der Magen dieses Exemplars.
Reiherente, Nyroca fuligula (2). In den Mägen fanden sich Samen von
Potarnogeton und unbestimmbare Samen (je lmal) und überdies Steinchen.
61
Sch eil eilte, Nyrocaclangula (2). Die Mägen dieser Individuen enthielten grüne
Pflanzenteile, Käfer verschiedener Art und Käferlarven (je lmal), sowie Steinchen.
Tafelente, Nyrocci ferina (2). Nur in einem der Mägen fanden sich
Samen von Polygonum\ beide enthielten Steinchen.
Rostente, Casarca casarca (2). Die Mägen dieser Exemplare enthielten
Schilfreste, Sparganium , Ampfer, Samen von Potamogeton und von Pölygonum
hydropiper (je lmal), ferner Seesternreste und Käfer verschiedener Art (je lmal)
und Sand (lmal).
Gänsesäger, Mergus merganser (2). Beide Exemplare hatten Fische ver¬
zehrt; ihre Mägen enthielten überdies Steinchen.
Teich -Seeschwalbe, Sterna hirundo (22). Einundzwanzig dieser In¬
dividuen hatten Fische, eines Muscheln im Magen.
Zwergseeschwalbe, Sterna minuta (2). Eines dieser Exemplare hatte
Fische, das zweite nur Libellenlarven im Magen.
Schwarze See schwalbe, Hydrochelidon nigra (2). Diese Exemplare hatten
verzehrt Fische (lmal) und Libellenlarven und Phryganidenlarven (je lmal).
Silbermöwe, Larus argentatus ( 11). Es fanden sich in den Mägen dieser
Individuen ein Yogel (Pieper), Fische (8mal), Krabben (6mal), Muscheln (3mal),
Schnecken (lmal), Seesterne (lmal), Käfer verschiedener Art (2mal), Rücken¬
schwimmer (lmal) und Steinchen (2mal).
Mantelmöwe, Larus mar inus{\). Dieses Exemplar hatte nur Muscheln verzehrt.
Zwergmöwe, Larus minutus (2). In den Mägen beider fanden sich aus¬
schließlich Käfer verschiedener Art.
Lachmöwe, Larus ridibundus ( 28). Die Mägen dieser Individuen ent¬
hielten grüne Pflanzenteile (lmal), Entengrütze (2mal), einen Vogel, und zwar
einen kleinen Insektenfresser, Mäuse (2mal), Fische (14mal), Käfer verschiedener
Art (5mal), Donacien (lmal), Maulwurfsgrillen, Libellen und Libellenlarven (je
lmal) und Steinchen (3mal).
Sturmmöwe, Larus canus (5). Diese Individuen hatten verzehrt Mäuse
(lmal), Fische (3mal), Krebse (lmal, Schwimmkäfer (lmal) und Sand (lmal).
Haubentaucher, Colymbus cristatus (83). Die Mägen dieser zahlreichen
Individuen enthielten Schilfreste (5 mal), grüne Pflanzenteile (1 mal), Fische (29
mal), Federballen (78mal), Käfer verschiedener Art (22mal), Schwimmkäfer (2
mal) und Libellenlarven (lmal).
Rothalsiger Taucher, Colymbus griseigena (18). In deren Mägen
fanden sich Schilfreste (2mal), Fische (2mal), Federballen (17mal), Käfer ver¬
schiedener Art (6mal), Donacien (2mal), Schwimmkäfer (8mal), Spondylis und
Hoplia (je lmal) und Rückenschwimmer (2mal).
Sch warzhalsiger Taucher, Colymbus nigricollis (21). Ihre Mägen
enthielten Feder ballen (17 mal), Käfer verschiedener Art (12 mal), Schwimmkäfer
(2 mal), Rückenschwimmer (3mal) und Libellen- und Phryganidenlarven (je lmal).
Z werg tauch er , Colymbus nigricans (15). Schilfreste fanden sich in den
Mägen (lmal), ferner Fische (2mal), Federballen (3 mal), Käfer verschiedener
Art (lOmal), Libellen (lmal), Rückenschwimmer (3mal) und Steinchen (5mal).
Polarseetaucher, Urinator arcticus (1). Außer Steinchen hatte dieses
Exemplar nur Fische im Magen.
Eisalk, Alca torda (1). Dieses Individuum hatte nur Fische verzehrt.
Dr. Ad. Rörig.
62
Dr. Th. Zell, Das rechnende Pferd. Ein Gutachten über den »Klugen Hans« auf
Grund eigener Beobachtungen. Berlin 1904, Verlag v. Rieh. Dietze. 8°. 80
pag. — Preis M. 1. —
Mein Standpunkt in der Frage über die Intelligenz des Wunderpferdes, das
in Berlin alle Blicke auf sich gelenkt hat und für Wochen und Monate das Sen¬
sationsgespräch aller Salons geworden ist, lautet kurz: Theoretisch ist die Sache
unmöglich; praktisch haben sich viele gewissenhafte und hochachtbare Männer
davon überzeugt, daß das genannte Pferd denkt, Schlüsse zieht und rechnet, daß
es mit einem Wort die Vorstellung von abstrakten Begriffen hat, indem es den
Wert an die Tafel geschriebener Kreidezahlen kennt und mit diesen Zahlen logische
Operationen anstellt. — Ein liebenswürdiger alter Hexenmeister, der im Sommer
vorletzten Jahres in Bad Bertrich eine Abendvorstellung in höherer Zauberei gab,
hat aus meiner eigenen Nase drei Taler — einen nach dem anderen — heraus¬
gezogen. Theoretisch ist das unmöglich, praktisch habe ich die Sache an mir
selbst erlebt, ich kann sie beschwören. Aber herausbekommen habe ich es nicht,
wie die Sache gemacht wird, und kann es auch nicht nachmachen.
Das vorliegende Werkchen ist anziehend geschrieben und beleuchtet die alte
Frage des Pferdeverstandes nach allen Seiten, geht aber meiner Ansicht nach in
der Gläubigkeit viel zu weit. Es sucht nämlich die zumeist richtigen Antworten
des Hengstes auf Fragen aus dem Gebiete der Rechenkunde aus den natürlichen
Eigenschaften der Pferde zu erklären. Nur ein Sonderling wie Herr v. Osten, so
schließt der Verfasser, habe so erstaunliches leisten können. Wenn er persönlich
auch das Rechnen des Pferdes für einen Irrtum erklären müsse, so
sei man Herrn v. Osten, dem Besitzer und Lehrer desselben, zu großem Danke
verpflichtet, daß ei für die Betätigung tierischer Intelligenz neue Gebiete erobert
habe, nicht minder aber Herrn Schillings, daß er die Märtyrerrolle übernommen
habe, für Gedanken, die der herrschenden Meinung widersprechen, Propaganda zu
machen. Ich urteile anders. Ich muß dem, gestützt auf eine langjährige Erfah¬
rung namentlich in der Beobachtung der geistigen Entwickelung von Katzen und
Hunden und nach sorgfältigem und mit Vorliebe betriebenem Studium der ein¬
schlägigen Literatur, insbesondere des vortrefflichen, in Deutschland noch wenig
bekannten, epochemachenden, rein auf Versuche begründeten Werkes von Dr. J. B.
Watson »Animal Education«, Chicago 1903, The University of Chicago Press,
aufs entschiedenste entgegentreten. Und ich möchte nicht vergessen hinzuzusetzen :
Wenn, was Zell überzeugend nachgewiesen hat, das Rechnen des Pferdes auf
Schwindel beruht, wer bürgt uns dafür, daß nicht auch das übrige nichts weiter
ist wie Humbug und Hokuspokus?
Köstlich, wie bei Zell immer, ist der Humor, der das ganze Büchlein durch¬
zieht. »Je gelehrter jemand ist«, sagt er p. 72 sehr wahr, »desto schwächer kann
er gewöhnlich äußerlich unterscheiden. Wenn jemand Dinge trägt, die er gern als
Naturgaben ausgeben möchte, z. B. eine Perücke, künstliche Zähne u. dergl., so
wird ihm das am besten im Kreise von Professoren gelingen, sehr schwer aber in
einer Gesellschaft von Damen.«
Für solche, die nachdenken wollen, ist das kleine Werkchen empfehlenswert
und in hohem Grade lehrreich und für andere zum mindesten amüsant.
Bttg r.
63
Nekrolog’.
Direktor Francois L’hoest f.
Francois L’hoest wurde am 1. März 1839 zu Tongres in Belgisch-
Limburg geboren, er starb am 29. Oktober 1904 zu Antwerpen.
Im August 1865 — vor nahezu 40 Jahren — trat der junge L’hoest
in die Dienste der Societe Royale de Zoologie d’Anvers, und schon wenige
Jahre später sehen wii ihn in Vertretung des damaligen Direktors Veke-
mans in der Verwaltung des Antwerpener Gartens tätig, den er nach dessen
Tode am 24. Februar 1888 ersetzen sollte. Mit seiner Wahl zum Direktor
des Antwerpener Tiergartens hebt sich allmählich der Garten, der freilich
eine wunderbar günstige Lage hat, zu niegeahnter Blüte: die Zahl der Mit¬
glieder steigt höher und höher, die der auswärtigen Besucher nimmt fort¬
während zu, der jährliche Geldumsatz verdoppelt und verdreifacht sich,
prächtige Neubauten wachsen aus der Erde, unausgesetzt vermehren und
bereichern sich Tier- und Pflanzensammlung, und der Aufwand für den
musikalischen Teil der Aufgaben des Gartens hält gleichen Schritt mit all
diesen Fortschritten und Neuerungen. Die in den fortwährend sich mehren¬
den Beständen angehäuften Schätze bildeten den Stolz und das Glück des
Direktors, der in seiner rührenden Bescheidenheit nichts davon wissen wollte,
daß diese Blüte des »Juwels von Antwerpen« in der Hauptsache sein eignes
Verdienst war.
Aber nicht bloß der Zoologische Garten in Antwerpen verdankt dieser
seltenen Schöpfer- und Arbeitskraft sein hohes Ansehen, auch andre Vereine
und Gesellschaften, wie der »Anvers en Avant«, von dem er Vizepräsident
war, und die Kgl. Gesellschaft für Gartenbau erhielten von ihm manche
Anregung.
Weit über sein Heimatsland hinaus genoß er die Achtung und Ver¬
ehrung seiner Kollegen, die ihn alljährlich einmal zur Zeit der großen
Tierversteigerungen zu besuchen pflegten ; er war bei zahlreichen internatio¬
nalen Ausstellungen Ehrenrat und Preisrichter. Nicht wenige Ordensaus¬
zeichnungen schmückten seine Brust.
Eine unermüdliche Arbeitskraft bei reicher kaufmännischer Begabung
war der Verstorbene streng gegen sich und seine Untergebenen, aber er
war trotzdem beliebt bei allen wegen seiner Gerechtigkeit, Großherzigkeit
und humanen Gesinnung. Als Direktor eines zoologischen Gartens war er
nach dem Urteile aller seiner Kollegen unübertroffen, als Mensch nach dem
Zeugnis aller seiner Freunde von höchster Bescheidenheit, Gefälligkeit,
Liebenswürdigkeit und einem nie versagenden Humor, der ihn selbst in der
schwersten Leidenszeit nicht verließ. Bttgr.
64
Eingegangene Beiträge.
W. Sch. in F. Aufsatz und Besprechung dankend erhalten; das übrige werden Sie
richtig zurückbekommen haben. — Dr. P. K. in Z. bei B. und Dr. P. Sch. in Gr. L. bei B.
Ich darf wohl annehmen, daß jetzt alles zu Ihrer Zufriedenheit erledigt ist.
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 2—3.
Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Korschelt. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 28. Jalirg., 1905. No. 12.
Ornithologische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt.
Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 30. Jahrg. 1905. No. 1.
Eieid, The Country, Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 105, 1905, No. 2716.
Oer Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. S all e. Braunschweig.
1905. Bd. 36. No. 15—16.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Prösler. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 6. Jahrg. No. 15—16.
Blätter für Aquarien- u. Terrarien-Kunde. Herausg. v. Dr. K. Bade. Berlin.
Verlag d. Creutzsohen Buchh. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 2-3.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Haven , Conn.
4. Ser. Bd. 19, 1905. No. 109.
Anzeiger d. K. Akad. d. W i s s. Wien. Math.-naturw. CI. Jahrg. 1904. No. 25 — 27 u.
Register. Wien, K. K. Hof- u. Staatsdruckerei, 1905.
Natur und Haus. Ulustr. Zeitschr. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Hesdörffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 13, Heft 8.
Zwinger und Feld. Ulustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter. Jahrg. 14.
1905. No. 3.
D i e G e f i e d e r t e Wel t. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 2-3.
Zool. Society Bulletin. No. 15, Puhl, by the New York Zool. Society. New York,
1904. 4°. 16 pag., 14 Fig.
T. Tujita, On the Formation of the Germinal Layers in Gastropoda. - Sep.-Abdr. a.
Journ. Coli. Sei., Imp. Univ. Tokyo Bd. 20, 19>'4. Art. I. Gr. 8°. 42 pag., „3 Taf.
Prof. Dr. W. Marshall, Die Tiere der Erde. Eine volkstümliche Übersicht über die
Naturgeschichte der Tiere. Mit über 1000 Abbild, u. 25 färb. Tafeln. Vollst. in 50 Lief,
ä M. 0.60. Stuttgart u. Leipzig. Deutsche Verlags- Anstalt, 1904. Gr. 4°. Lief. 39—44.
Zeitschrift des Tierschutzvereins zu Posen. Herausg. v. E. Reißmüller.
Posen 1904. 14. Jahrg., No. 2—3.
M i 1 1 eil ungen üb e r die Vo gelwe 1 1. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. Iv. Boyer. Wien, J. Kühkopf. 4. Jahrg. 1904. No. 19—22
und 5. Jahrg. 1905. No. 1—2.
K. Gräser, Der Zug der Vögel. Eine entwicklungsgeschichtliche Studie. Berlin, Verlag v.
Herrn. Walther, 1904. ,6°. 96 pag., 5 Taf. — Preis geh. M. 5.-.
L. Geisenheyner, Über Naturdenkmäler, besonders im Nahegebiet. — Sep.-Abdr. a.
Allgem. Botan. Zeitschrift, Jahrg. 1904. No. 10—11. 8°. 10 pag.
Verhandlungen der Ornitholog. Gesellsch. in Bayern 1903. Bd. 4. Herausg
v. Dr. med. C. Pa rro t, München, Verlag von E. Reinhardt, 1904. Gr. 8°. 183 pag., 6 Fig., Taf.
Hof rat Dr. P. Leverkühn, Notice Biographique sur le Comte Amödee Allöon. — Sep.
Abdr. a. „Omis“. Bulletin duComite Ornithologique International. Paris, Masson et Cie.,
1904. Bd. 12, No 4. 8°. 9 pag ., Porträt.
Derselbe, Unsere Waldschnepfen. — Sep.-Abdr. a. „Der Jagdfreund“. Wien, K. Mitschka,
1903. Jahrg. 3, No. 40. 8°. 6 pag.
Derselbe, Über eine pseudo-ornithologische Mitteilung aus dem Jahre t 720. — Sep.- Abdr.
a. „Ornith. Monatsschr.“ 28. Jahrg. 1903, No. 7. 8°. 4 pag.
Derselbe, Campbells Australische Oologie. — Sep.-Abdr. ebenda 28. Jahrg. 1903. No. 11.
8°. 4 pag.
C. G. Schillings, Mit Blitzlicht und .Füchse Neue Beobachtungen und Erlebnisse in der
Wildnis inmitten der Tierwelt von Aquatorial-Ostafrika. Leipzig, R. Voigtländers Ver¬
lag, 1905. 8°. 16,558 pag., 302 autotyp. photogr. Aufnahmen.
Ornitholog isches Jahrbuch. Organ für das paläarktische Faunengebiet. Herausg.
v. V. Ritter v.Tschusi zu Sch midh off en-Hallein, Selbstverlag, 1904, 15. Jahrg.
Heft 5-6.
The Journal of Comparative Neurology and Psycholog y. Edited by C. L.
Herrick a. o. Denison University, Granville (Ohio), 1904. Vol. 14, No. 2.
Pokornys Naturgeschichte des Tierreiches für höhere Lehranstalten.
Bearbeitet v. Dir. M. Fischer, Leipzig. Verlag v. G. Freytag, 1905. 26. Aufi. Ausg.
A. mit zahlr. Abbild, u. 5 Taf. geb. M, 3.6o, Ausg. B. mit zahlr. Abbild, u. 29 färb. Taf.
geb. M. 4 60.
Zusendungen werden direkt an die Verlagshandluug erbetor.
Nachdruck verboten.
Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M
Don
Blätter für Aquarien- und Terrarienfreunde.
Bulletin du (Tluseum d’Bistoire naturelle.
Scfimeizerische Blätter für Ornithologie.
The Field. * Datur und Baus.
Datur und Schule, a Herthus.
Ornithologisches Dahrbuch.
Ornithologische fDonatsberichte.
Ornithologische fllonatsschrift.
Sportblatt für Züchter und Liebhaber non
Rassehunden, a Der Weidmann.
Die gefiederte Weit, a Zminger und Feld.
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Verlag von lablau & Waldscbmidt in Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegehen von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Pr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von:
Prof. Di. P. Altmann, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauw,
Direktor Dr. Heinrich Belau, Dr. Hermann ßolau, Lehrer L. Buxbanm, P. Cahn, Prof. Dr. Carl
Eckstein, 0. Edm. Eitle, Dr. H. Fischer- Sig wart, Joh. v. Fischer, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh.
Reg.-Rat E. Friedei, Amtsrichter ß. Gabler, Gymnasiallehrer L. Geisenheyner, Carl Greve,
Dam. Gronen, Dr. W. Ilaacke, Direktor Hagmanu, Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Pani Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M, Klittke, Karl Knauthe,
Th. Knottnerus- Meyer, Prof. Dr. med. YV. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner,
Baron A. v. Krudener, Geh.-Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
Prof. Dr. R. y. Lenden feld, Dr. H. Lenz, Hofrat Dr. P. Leverkiihn, Prof. Dr. F. Leydig, Prqf.
Dr. YV. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. v. Meliely, Josef Menges, Geh. Hofrat Dr.
A. B. Meyer, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Möller, Pfarrer Karl Möller,
Dr. Angust Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Müller, Dr. J. Müller- Liebenwalde,
H. Nehrliug. A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Ernst
Pinkert, Jos. v. Fleyel, C. A. Purpus, Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reichenow, Geh.
Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Renvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer,
Forstmeister Dr. Ad. Rörig, U, Schacht, Direktor Dr. Ernst Sehäff, Dr. P. Schiemenz, R.
Schmidtlein, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Wilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. YV. Spengel, Prof.
Dr. A. Voeltzkow, Dr. Franz YYerneiv Georg Westermann, B. YViemeyer, Direktor Dr.
L. YY hinderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm, Dr. med. A. Zander, Dr. med. A. Zipperlen u. a.
Der Zoologische Garten tritt mit dem Jahre 1905 bereits in seinen
K 46. Jahrgang
ein. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original* Ber ich te
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst, gehaltenen Tieren,
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen , liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird, hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Der Zoologische Garten erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
Illustrationen, und kostet per Jahr M. 8. — Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und Post¬
anstalten an.,
Inserate finden durch den Zoologischen Garten weiteste und wirksamste Verbreitung,
und wird die gespaltene Petitzeile mit nur 20 Pfennig berechnet.
Probe-Nummern sind von jeder Buchhandlung, sowie von der Verlagsbuchhandlung
gratis zu beziehen. Ältere Jahrgänge werden zu ermäßigten Preisen nachgeliefert.
Die Zeitschrift „Zoologischer Garten“ ist in der Zeitungspreisliste für 1903 unter
No. 8979 eingetragen.
Organ
üer
Zoologischen Gärten
Deutschlands.
,,
/
Herausgegeben von der
Heuen Zoologischen Gesellschaft
in Frankfurt a. M.
Redigiert von
Prof. Dr. O. Boettger.
v' Frankfurt a. M.
VERLAG VON MAHLAU & WALDSCHMIDT.
I905.
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mehrung der Bogenzahl und Beigabe von Tafeln
j erfolgt nach Bedarf. Der Preis des Jahr¬
ganges (6 Hefte) beträgt bei direktem Be¬
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Rassen, Herden und Züclitereien Ton holländischen, französischen und deutschen
Schafen; von Wilhelm Sohuster, z. Zt. in Friedberg (Hessen). — Neues vom Zoo¬
logischen Garten zu Berlin; von Theodor Knottnerus- Meyer aus Hannover. (Mit
Tafel I — ITT.) (Fortsetzung.) — Haselmäuse; von Elsa S o f fe 1 in Schleißheim bei München.
— Ephippigera vitium Fieh. ; von Ludwig Sohuster in Gonsenheim hei Mainz. — Geruch
und Gesicht: I. Tiere, die gut riechen und zugleich scharf sehen; II. Der Mensch als Ge¬
sichtstier ; von W i 1 h e 1 m S c h u s t e r , z. Zt. in Friedberg (Hessen). — Kleinere Mitteilungen.
— Literatur. — Nekrolog. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
Rassen, Herden und Züclitereien von holländischen, franzö¬
sischen und deutschen Schafen.
Von Wilhelm Schuster, z. Zt. in Friedberg (Hessen).
La brebis, dans lcs animaux, parait etre le dernier aegre de la timi-
dite ou de l’insensibilite; eile se laisse enlever son agneau sans le
defendre, sans s’irriter, sans resister, et sans marquer sa doulcur par
un cri dilferent du beleraent ordinaire. Mais cet animal si chdtif en
lui-meme, si depourvu de sentiment, si denue de qualites interieures
est pour l’homnie l’animal le plus precieux, celui dont l’utilite est la
plus immediate et la plus etendue; seul il peut suffve aux besoins
de premiere necessite.
Buff on.
(Histoire naturelle des animaux, Pariser Ausgabe S. 73).
Beobachtungsstationen waren für mich die holländische Insel
Texel, die Normandie und der Vogelsberg1).
I.
Auf Texel, der großen holländischen Insel vor dem Kriegshafeu
Helder, weiden 35 000 Schafe. Mannshohe, schmale Erdwäude be-
J) Tn unserem Frankfurter Zoo befindet sich das Hausschaf, als zu gemein
und zu bekannt, nicht. Wir haben die Heidschnucke (Ovis var. liannoverana) aus
Norddeutschland, das wild aussehende Mähnenschaf ( Ovis tragelaphus) mit der
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 5
66
grenzen und trennen die einzelnen Hürden, die die ganze etwa 35 km
lange Insel bedecken1). Die Schafe laufen zum größten Teil frei;
diejenigen, welche sich in der Nähe von belebten Fußwegen, von
Landstraßen oder auch in der Nähe des Meeres befinden oder frisch
auf die Weide gebracht wurden oder Wildfänge sind, tragen eine
Vorder- und Hinterfuß der linken oder der rechten Körperseite ver¬
bindende Koppelschnur. Diese lästige, quälende Fessel, die oft —
hei notorischen Wildfäugen — recht kurz gebunden ist und somit
die beiden Beine nahe aneinander bringt, macht die Schafe zu Paß-
gäugern; aber sowenig siegt dieses absonderliche Friedensinstrument
über die angeborene Natur der Schafe, daß die alten, schon von der
Fessel befreiten W7eidetiere oder solche, deren Fessel momentan zer¬
rissen ist, sich wohlgemut im Kreuzgang fortbewegen, wobei immer
nur dann ein Bein aufgehoben wird, wenn die drei andern fest auf
dem Boden stehen, (welche Taktik ja die meisten Vierfüßler üben).
Das Schaf ist ein im höchsten Grade salzliebeudes Tier, und
dieser besondere Zug seiner tierischen Natur ist von solcher be¬
lang herabhängenden Halsmähne — seine Heimat ist der Atlas, und es liebt
Trockenheit, wie uns die im Hannoverschen Zoo wegen des feuchten Untergrundes
erkrankten und eingegangenen Exemplare belehrt haben (Th. Knottnerus-Meyer) — ,
das aus deutschem Schutzgebiet stammende Kamerunschaf (Ovis var. congensis) ,
das starke, große Zaekelschaf ( Ovis var. strepsiceros) und das im Alten Testament
so oft erwähnte Breitschwanz- oder Kalmückenschaf (Ovis var. platyura) — wenn
man einen Gast besonders ehren wollte, legte man ihm einen gebratenen, saftigen
Schafschwanz vor, so z. B. auch den Söhnen des Königs oder dem König selbst bei
dem jährlichen Feste der Schafschur in Geschur, Jerusalem u. a. a. 0. — außer dem
stämmigen Mufflon (Ovis musimon) von Korsika, der neben anderen Schafen als
Stammform unserer zahmen Hausschafe angesehen wird. Das überaus gesunde und
prächtige Mufflonmännchen ist mein ganz besonderer Freund; es begrüßt mich
jedesmal, wenn ich komme, durch Stoßen und Schlagen wider das Gitter. Ich tue
ihm auch gern den Gefallen und spiele mit ihm, indem ich die Hand hinhalte und
den Stoß durch einen sanften Gegenstoß an die Stirn des Tieres erwidere, was
freilich nur so lange möglich war, als es sich im vorderen Gitterraum befand. Seine
Kraft und zuweilen auch seine Geilheit sucht dieser am Umherspringen verhinderte
und vom Weibchen abgesperrte Bock dadurch auszulösen, daß er mit dem Gehörn
fest am Gitter entlang streicht. Ein Stück Elchwild im Londoner Zoo habe ich
in dieser Hinsicht bei einem Besuche im Jahre 1904 wirklich bedauert; es wurde
offenbar durch den stark sich äußernden Geschlechtstrieb sehr geplagt, konnte aber
für dessen Entladung nicht sorgen.
*) Ebensolche Erdmauern stehen in der Normandie, doch sind sie dort höher,
breiter und mit stattlichen Bäumen bepflanzt, die die Heimstätte der in West¬
frankreich (wie in Schweden) so auffallend zahlreichen Elstern sind. Diese alt¬
deutsche Feldanlage haben gewiß die Normannen aus dem Norden mitgebracht.
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herrschenden Durchschlagskraft gewesen, daß dieses Tier, das ur¬
sprünglich thymianreichen Bergländern- — vom Mufflon — entstammt
und in ebenen, feuchten Gegenden weniger gut gedeiht, ganz vor¬
züglich überall da fortkommt, wo der größte Teil der
Pflanzen stark salzhaltig ist, also am Meere. Das ausgesprochene
Relativ zwischen diesem Bergtier und dem Salzmineral ist sehr merk¬
würdig. Sollte es vielleicht bedingt sein durch die starke Ausbildung der
Hauthaare, der Wolle? Die Milch der Seeschafe ist gehaltreicher und
wohlschmeckender als die anderer Schafe. Der Typus des Texeischeu
Schafes ist genau der gleiche wie der unseres deutschen Schafes:
Ganz dieselbe stämmige Gestalt, dieselbe gemäßigte Neugier ver¬
bunden mit Ängstlichkeit, derselbe unsäglich dumme Blick. Das
Auge erscheint als drei schmale Striche: Ein schwarzer in der Mitte
(Pupille), eingefaßt von zwei gelben (Iris). Nur auf entlegenen Außen¬
weiden nimmt das Texelsche Schaf die Art eines Naturwildes an:
Da wird es scheuer uud trappt schon davon, wenn es nur einen
Menschenkopf hinter der Erdmauer auftauchen sieht.
Die unzähligen Stare der Insel leben mit den Schafen in
Symbiose. Den ganzen Tag über sind beide auf den Weiden; die
Stare reiten auf Ovis aries oder sitzeu auf der Wiese. Sie lesen den
Schafen die Zecken ab; dafür leisten die Schafe den Sturni wieder
einen gewissen Gegendienst: Sie exkrementieren, und ihr Kot zieht
eine Reihe von Fliegen und Käfern an, die sowohl selbst in persona,
als auch in ihren Larven den Starvögeln als weitere Nahrung will¬
kommen sind. Außer den Stareu, holl. »Spreeuwen«, treiben sich
auf den Viehweiden, wo neben den Schafen ab und zu auch noch
Kühe und Pferde laufen, viele Wiesenpieper, holl. »Graspieper«,
sowie Steinschmätzer, holl. »Tapuit«, herum, denen die Erdmauern
der Hürden in ganz auffälliger Weise als Operationsbasis dienen.
Gegen Abend ziehen sich die Stare nach den wenigen Bäumen bei
den Dörfern hin. und singen dort (in den Dörfern »De Burg«, »De
Waal« und »Osterend«).
Eine wesentliche Hauptsache bei der Inselschafzucht ist, daß
die Tiere das feuchte Nachtklima vertragen können. Sie bleiben
über Nacht draußen. Sie legen sich zum Ruhen auf die feuchte
Erde, und ich sah — auch im holländischen Binnenland — gegen
Abend Wiesen, wo der weiße Dampf wie ein dicker Nebel aufstieg
und alles verdeckte, sodaß nur noch die Köpfe einiger stehenden
Schafe, wie aus einer Meerflut aufragend, sichtbar waren — starr
und stumm wie Ölgötzen (ils semblent meine ne pas sentir Pincom-
68
modite de leur Situation; ils restent oü ils se trouvent, a la pluie,
ä la neige; ils y demeurent opiniätrement). All dies tut ihrer
Gesundheit keinen Eintrag: Wie weit es auch hier wieder der
Mensch in der Entwöhnung eines Tieres aus einem alten Milieu,
bezw. einem früheren Empfindlichkeitsgrad, und in der Gewöhnung
au einen neuen Zustand gebracht hat !
Eine Viertelmillion Pfund Wolle kommt jährlich von
Texel aus in den Handel, und die grünen Käse der Insel haben
ebenfalls guten Ruf. Das Fleisch — ganze Schiffsladungen voll
lebender Ware — geht meist nach England; doch spielt es auch
überall in den holländischen Gasthäusern eine große Rolle, und man
bekommt z. B. in Amsterdam des Morgens zum Kaffee entweder ein
»Broodje met Kaas« oder ein »Broodje metVleesch«, worunter dann
vielfach Schaffleisch zu verstehen ist. x)
II.
In Frankreich konnte man noch zu Buffons Zeiten (1707 — 88)
nicht wageD, die Schafherden über Nacht im Freien zu lassen: »ou
avait ä craindre du loup«. Diese Zeiten der Herrschaft des Wolfes
— es waren dieselben Zeiten, wo noch zahlreiche Biber in Languedoc
auf den Inseln des Rhone hausten — sind vergangen.
Der große Korse Napoleon hat für alles Interesse gehabt. Ihm
ist es vornehmlich zu danken, wenn heute in Paris Schaffleisch am
meisten gegessen wird, vor allein in der Form von wirklich ganz
vorzüglichen Braten. Freilich hat schon vorher der tatkräftige
Minister Colbert (1619 — 83), als kleiner Jean Baptiste selbst das
Söhnchen eines Schafbesitzers in Rheims, die französische Schafzucht
9 Manche, z. B. der alte Hau mann, nennen das Holsteinische, Bremerund
Holländische Schaf Marsch- oder Niederungsschaf {Ovis aries litoralis). Sie be¬
haupten, daß es vor jetzt etwa 370 Jahren mit aus Ostindien gebracht und zuerst
auf Texel und in Flandern einheimisch gemacht worden sei. Die Wolle sei an¬
fangs sehr kraus und verfilzt gewesen, während sie jetzt ganz glatt und schlicht
ist. Interessant genug! — Hier trifft wieder das Liviussche Wort vom quantum
terrae proprietas coelique zu: »Bei Tieren ist die den Artcharakter aufrecht hal¬
tende Vererbung ohnmächtig gegen die durch Boden und Klima bewirkten Ver¬
änderungen«; immerhin ist die Wolle nach den Individuen noch von verschie¬
dener Beschaffenheit, bald feiner, bald gröber. Dieses Schaf gehöre zu den größten
der zahmen (3 Fuß hoch, 4 lang). Von einem Schaf erhält man bei der Schur
6 — 7 Pfund Wolle. Täglich gibt es 1 Quart Milch und wiegt gemästet an
300 Pfund. Gewöhnlich bringt es 2, oft auch 3 oder 4 Lämmer zur Welt. Auf
hochgelegenen Orten mit spärlichem Graswuchs gedeiht dieses Schaf nicht (mehr).
— Brehm bringt hierüber gar nichts.
69
durch Einführung des Edelschafes ans Spanien heben wollen ; er
draug jedoch nicht durch. Dann hat 1750 Herr von P e r c e im Park
zu Chambord einige, 1767 Dauben ton, Jugendfreund und Mit¬
arbeiter ßuffons, in Gemeinschaft mit dem Handelsminister Trudaine
bei Montbar in Burgund eine ganze Anzahl Merinos eingebürgert.
Im Baseler Frieden (1795) bedang sich Frankreich in einem geheimen
Artikel das Recht aus, fünf Jahre laug jährlich 1000 Mutterschafe
und 200 Widder aus Spanien beziehen zu dürfen. Napoleon I.
vermehrte dann die Anzahl der kaiserlichen Merinostammherden bis
auf acht uud erließ im Jahre 1810 ein Dekret, wonach in den Jahren
1811 und 1812 sechzig Depots von Merinowiddern, jedes aus 150 — 250
Stück bestehend, gebildet und Landeigentümern und Pächtern zur
• •
Überlassung an Besitzer inländischer Herden während der Spruugzeit
übergeben werden sollten. Die Anzahl dieser Depots sollte binnen
sieben Jahren auf 500 gebracht und in ganz Frankreich gleichmäßig
verteilt, die dazu nötigen Widder aber aus dem Überschuß der acht
kaiserlichen und anderen spanischen Herden genommen werden.
Aus diesem Grunde sollte kein Inhaber reiner Edelschafherden fortan
ein Widderlamm oder einen erwachsenen Widder von seiner Herde
kastrieren lassen dürfen. Dagegen aber sollte jeder Besitzer unver¬
edelter Schäfereien, der Merinowidder zum Belegen seiner Schafe er¬
halten könnte, gehalten sein, bei einer Strafe von 100 bis 1000 Franken
alle seine eignen Widder kastrieren zu lassen. Zur Oberaufsicht über
die Widderdepots sollten vier Generalinspektoren und ein Aufseher
für jeden Kreis angestellt werden. Die Generalinspektoren sollten
den Ankauf der Widder auf Rechnung der Regierung besorgen und
jeder jährlich 8000 Franken Gehalt und 4000 Franken Reisekosten
erhalten. Dafür wurden dem Minister des Inuern für 1811 600,000
Franken und für die Folge das nötige Geld bis zur völligen Veredelung
der Schafe in Frankreich bewilligt. — 1815 Sturz dieses Regimes.
In manchen französischen Distrikten gibt es auch heute noch
Schafe mit roter Wolle. In einigen Departements werden fast nur
schwarze Schafe geboren, jedoch — wie überall — die weißen immer
wieder zur Zucht benutzt.
Wie sehr übrigens in diesem Punkte, wie in vielen andern
Frankreich in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen ist, ergibt
sich daraus, daß, wie auch die neuesten französischen Schriftsteller
eingesteheu, die französischen Schafherden sowohl in der Masse als
in der Güte und Feinheit der gelieferten Wolle den deutschen noch
immer nachstehen.
70
III.
Die hessischen Schilfer sind natürlich uicht die idyllischen Schäfer
der herrlichen deutschen Schäferlieder (vergl. »Schäfers Sonntagslied«
von Ludwig Uhland!), sondern recht rauhe, zum Teil rohe Gesellen,
die manchmal Heil- oder vom Volksglauben als verehrungs würdig,
bezvv. nutzbringend angesehene Kräuter sammeln (wie z. B. im
Vogelsberg »Christi Blut«) oder sich mit Schaf-Zaubersprüchen be¬
fassen oder einem Hasen eine Schlinge stellen oder stundenlang auf
dem Kies an Flußufern (z. B. an der Lahn) umhertrotten, bis sie
die in einer kleinen Mulde liegenden Eier des Flußregenpfeifers
(Charadrius dabius ) gefunden haben, von dem sie behaupten, daß
er seine Eier von der Sonnenglut ausbrüten lasse (was nur in ganz
beschränktem Maße zutrifft). Auch unser Hessenland hat einmal ~
ein gewisses Fluidum mit französischen (und somit indirekt: spa¬
nischen) Schafzlichtereien unterhalten. Unter der kurzen napoleoni-
schen Regierung bildete sich im jetzigen Hessen - Nassau manche
gute Schäferei zum Teil aus französischem Vieh und legte den Grund
zur Aufnahme dieses Zweiges der Landwirtschaft. In vielen Ort¬
schaften (des Vogelsberges z. B.) ist es so, daß jeder Bauer nur eine
bestimmte Anzahl von Schafen, entsprechend der Größe seines Länder¬
besitzes, halten darf. Diese Maßregel, die in gleicher Weise nicht
direkt auch für den Umfang des Rindviehbestandes gilt (indirekt
gilt eine ähulicke auch für diesen, sofern auch dieser auf rein
natürlichem Wege normiert ist nach der Größe des die Futterstoffe
liefernden Landbesitzes eines Bauern), erklärt sich aus der Sitte, die
Schafe in einer Herde auf die Weide zu treiben ; es soll dadurch
verhindert werden, daß sich arme Leute eine übermäßig große An¬
zahl von Schafen halten, wodurch das Dorf gezwungen wäre, einen
zweiten oder dritten Schäfer auzustellen. Wenu zu einem Pfarrgut
Schafe gehören (wie in Frischborn bei Lauterbach zur Amtszeit
meines Vaters sechs Stück) und der Pfarrer keine Schafe halten will,
»treibt« sie für ihn irgend ein Bauer noch neben seinen eigenen,
auf dessen Namen sie im Beisein der hohen Ortsbehörde allfrüh-
jahrlich juristisch übertragen werden, der dann auch von jedem
Schaf x/2 Pfund Wolle der Pfarrfrau liefert. In Orten, wo die obige
Maßregel nicht besteht, hält sich z. B. der Schäfer selbst allein oft
30 und mehr Schafe (wie in Ockstadt bei Friedberg). Der Schäfer
pflegt nicht selten bei allen Dorfbauern der Reihe nach abwechselnd
zu Mittag zu essen , eine Sitte, an der teilzunehmen man verschie¬
dentlich auch den Pfarrer und den Lehrer des Ortes hat zwingen oder
bestimmen wollen (immer ohne Erfolg). Ich habe mich nun schon
71
öfters überzeugt, daß Bauern und Schäfer tatsächlich die Zahl ihrer
Schafe, nicht kennen, daß sie aber doch genau wissen, ob ein
Schaf fehlt oder nicht, da sie für jedes von ihnen ein beson¬
deres Empfiudungsmerkmal haben. Es ist dies derselbe gefühls¬
mäßige Zahlensinn, den die Tiere haben; er ist uieht fest
umrissen, er hält sich nicht an eine bestimmte Zahl, sondern ist
eine reine Gefühlsanlage: jedenfalls kein Zählen. Wenn die Stärzeit
vorüber ist, bekommt der Herdenbock ein Schurzfell aus Sacktuch
hinter die Vorderbeine gebunden, sodaß er zwar die Mutterschafe
noch bespringen, aber den Penis nicht mehr in der rechten Weise
gebrauchen kann. Es ist dies eine ebeuso einfache wie zweckmäßige
Einrichtung. Was die Hunde augeht, so halten die hessischen Schäfer
von den schottischen Schäferhunden, die neuerdings ja sehr viel in
Deutschland »Mode« geworden sind, die z. B. auch ebenso gut
sehen wie scharf riechen, nicht viel; sie »ganzen« ihnen zu
viel und treiben die Herde zu wenig. Am beliebtesten sind die
deutschen Schäferhunde, und zwar heißen die, welche eine starke,
große »Wolfsklaue« (also eine Oberklaue) am Hinterfuß haben, »alt¬
deutsche«, die, welche nur eine verkümmerte oder gar keine Klaue
haben, schlechthin »deutsche« Schäferhunde. Unsere Schäfer kneipen
und schleifen diesen in der Regel, solange sie jung sind, die »Hauer«,
die starken spitzen Eckzähne, ab, damit sie, wenn sie später die
Schafe beißen, nicht zu tief eindriugen. Solche Hunde, auf deren Biß
hin die Wunden leicht eitern, sodaß event. die gebissenen Schafe
sterben, werden von unseren hessischen Schäfern nicht zur Erzeugung
von Nachzucht verwendet: Selektion. Der Tag der Schafwäsche und
der Schafschur ist ein Dorffest. Altgermanische Bräuche sind im
Hessenland, dem alten unverfälschten Chaltenland, mit ihm verbun¬
den 1). Der Pferch wird verpachtet. 6 — 10 Tage auf einem Acker¬
stück kosten M. 36 — 60. Auf diese Weise — der Mist des Tieres
wird heutzutage überall so hoch angeschlagen — geht dem Gemeinde¬
säckel ein ordentlich Stück Geld zu. Die Gemeinde Ockstadt bei Fried¬
berg hat daraus z. B. in jedem Jahr einen Reinertrag von etwa M. 500.
0 Nicht selten werden aus Schäfern berühmte Kurpfuscher. Der in dieser
Hinsicht bekannteste in der Frankfurter Gegend war wohl der alte (sogen. Dr.)
Kretzer in Mühlheim am Main, übrigens ein bedeutender Fischkenner, aus dessen
Nachlaß ich den »Versuch einer Monographie der Cyprinoiden Livlands« geerbt habe;
seine schönen Mainfiscli-Präparate hat er seinerzeit der Offenbacher Sammlung geschenkt.
Noch lange nach dem Tode dieses Wunderdoktors kamen vornehme Chaisen vor
das Haus des jetzigen Mühlheimer Arztes (Dr. med. Wagner) gefahren, wo sie
den vermeintlichen Kretzer zu finden hofften.
72
Neues vom Zoologischen Garten zu Berlin.
Von Theodor Knottnerus-Meyer aus Hannover.
(Mit Tafel I— III.)
(Fortsetzung.)
So stehen dem Berliner Garten noch große Aufgaben bevor.
Doch kann er schon heute mit Recht stolz sein auf das, was unter
der rührigen und umsichtigen Leitung des Herrn Dr. Heck erreicht
worden ist. Stolz sein darf er aber auch auf das große wissen¬
schaftliche Verdienst, das sich der Garten durch Einführung sehr
seltener oder ganz neuer Arten erworben hat.
In Anbetracht dieser Verhältnisse wäre die Bitte au die König¬
liche Staatsregierung zu richten, den Garten, der wie alle Institute
• •
dieser Art trotz des notwendigen Übels, der Konzerte, der Wissen¬
schaft allein dient, durch einen jährlichen Zuschuß aus den reichen
Staatsmitteln zu unterstützen und in seinen Bestrebungen zu fördern.
Überhaupt gilt es, für eine staatliche Unterstützung der Zoologischen
Gärten in parlamentarischen Kreisen Stimmung zu machen. Wie
stellt sich das Ministerium für Unterricht dazu? Eine Unterstützung
von M. 20,000 jährlich, für Berlin das Doppelte, würde für die
Gärten ungemein förderlich sein, für den Millionenetat unseres
preußischen Staatshaushaltes aber eine nur unwesentliche Mehr¬
belastung bedeuten. Noblesse oblige! — Was der Berliner Garten
in seiner Tiersammlung bietet, steht einzig da.
Bei Besprechung der neuen Anlagen bin ich bereits näher auf
deren Tierwelt eingegaugen, und es bliebe nun noch zu sagen, was
au Neuerwerbungen im Tierbestande seit meiner ausführlichen Schilde¬
rung desselben in diesen Blättern besonders erwähnenswert ist.
Wie bei meinem Besuche im Jahre 1899 fand ich auch dieses
Mal einen Orang-Utan (Simia satyrus) vor, diesmal einen kleinen
Jungen, namens »Tom«, eine treue, gutartige Seele wie alle jungen
Anthropomorphen. Außer ihm ist noch eine junge Schimpansin
( Anthropopithecus troglodytes) namens »Missie« vorhanden. Beide Tiere
sind Geschenke, »Tom« von Herrn Prött e 1 - Surabaja, »Missie«, die
erste Vertreterin ihrer Art aus Kamerun, von Hauptmann Langheld.
Sie ist im ganzen lebhafter, mehr zu Spiel und Neckerei aufgelegt
als der so treu aus den Augen blickende »Tom«, eine unermüd¬
liche Spielratte und ein Abbild von Gesundheit. Hoffentlich noch
recht lange!
73
Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß man in Berlin die
kleinen -Authropomorpheu möglichst viel außerhalb ihres Käfigs
hält. Im Winter ist die Wärterstube ihr Tummelplatz. Dort balgt
sich »Missie«, die schon einen Ruf genießt, mit den Kindern herum.
Im Sommer aber läßt man die beiden, Junge und Mädchen, — für
Anthropomorpbe gebrauche ich nur menschliche Bezeichnungen —
in die hohen Bäume klettern und sich dort in frischer, freier Luft
austoben. Auf den Ruf ihres Wärters kommen sie herab. Man
hat also hier mit der alten Methode, in stickiger, überheizter Luft
diese empfindlichen Tiere verkümmern zu lassen, erfreulicherweise
gebrochen.
Aus der übrigen Affensammlung möchte ich ein prächtiges
Wanderu-Männchen ( Macacus siienus ) erwähnen, das sich mit einem
M. inornatus 9 erfolgreich gepaart hat. Ein fideler, kleiner Bastard
hüpft im Käfige herum und macht den Eltern, besonders der lieben
Mama, das Leben sauer.
Ferner sind zu nennen der abessinische Dscheladda ( Theropitheciis
gelada ), ein Geschenk des Afrikareisenden Oskar Neu mann, eine
hübsche Sammlung von Kapuzinern ( Gebus apella , G. fatuellus,
G. xantliocephcdiis u. a.), ein Wollatfe (Lagothrix lagotriclia), von
Meerkatzen u. a. Gercopithecus Vhoesti , G. Indio und die kameruner
Zwergmeerkatze (Miopithecus talapoin) und von deu Bewohnern des
Alten Affenhauses ein prächtiges Mandrillpaar (Mormon maimon) und
ein Transvaal- Pavian ( G . porcarius).
Anschließend möchte ich hier die Krallenäffchen und die Halb¬
affen besprechen, von denen alle Arten bis auf eine noch wie früher
im Alten Vogelhause leben. Es sind die Pinseläffchen (Hapale) in
vier Arten, darunter H. ursula, ferner sind Midas rosalia und
Chrysothrix sciurea vertreten.
Von Halbaffeu sind als neu, bezw. selten zu nennen der Larven-
Maki (Propithecus coronatus ), Lemur rubriventer, L. albinatus und be¬
sonders der Rote Vari ( L . varins ruber). Ihnen schließen sich u. a.
Microcebus murinus , Stenops- Arten und ein Flughund (Cynonyderis
collaris ) an.
Unter den Carnivoreu steht au erster Stelle die reiche Felideu-
Sammlung des Großen Raubtierhauses. Es ist ein Hauptbestreben
der Leitung des Berliner Gartens, Tierformen mit weiterem Ver¬
breitungsgebiete in möglichst vielen geographischen Spielarten vor¬
zuführen, und das ist bezüglich der Großkatzen, Hirsche und einiger
auderer Tiergruppen mustergültig durchgeführt. Ich glaube, kein zweiter
74
Garten besitzt auch nur annähernd eine so reichhaltige und instruktive
Raubtiersammlung! So ist der Löwe ( Felis leo) jetzt aus folgenden
Gegenden vertreten : aus der Berberei, vom Senegal und aus dem
Wahehegebiete. Neuerdings ist ein Berberlöwe mit Bauchmähne
wie der alte Kölner eingetroffen und sind zwei junge Löwen aus
Deutsch - Ostafrika von dem bekannten Afrikareisenden Schillings
geschenkt worden. Auch waren drei im Garten geborene junge
Löwen vorhanden. Vom Tiger ( F . tigris) sind außer der bengalischen
Form noch der Sun datiger, der Altaitiger ( F . tigris mongolica) cf,
der Turkestantiger (F. tigris striata) 9 und der Sibirische in dem
bekannten prächtigen, alten Zuchtpaare vertreten.
Die Leoparden (F. pardus) der Sammlung sandten Deutsch-Ost-
afrika (Küstengebiet), Uganda, Indien, Ceylon, Persien und die
Mantschurei. Der Perser ähnelt in seiner im Gegensatz zum Mant-
schuren hellen Grundfarbe dem Irbis (F. uncia ), der auch durch ein
schönes Paar vertreten ist.
Vom Jaguar (F. onca) besitzt der Garten z. Z. auch ein ganz
schwarzes Männchen und neben der Paraguayrasse ein durch je
eine Reihe voller schwarzer Flecken zu beiden Seiten des Rückgrates
ausgezeichnetes junges Weibchen aus Kolumbien.
Der Puma (F. concolor ) wird in Berlin in zwei Rassen, der
kleinen grauen chilenischen und der großen kalifornischen {F. c.
Olympus) gepflegt.
Endlich ist auch der Gepard in zwei geographischen Abarten,
aus Deutsch - Südwestafrika und aus dem Somalilande ( Cynaelurus
laneus und C. guttatus ), vertreten.
Auch ein Beuteltier bewohnt z. Z. das Raubtierhaus, nämlich
der tasmauische Beutelwolf ( Tliylacinus cynocephalas) in einem Paare.
Da er bereits seinem sicheren Aussterben entgegengeht, ist er im
Tierhandel schon eine außerordentliche Seltenheit. Absonderlich ist
solch ein Kerl, den ich hier zum ersten Male lebend sah; schön
ist er nicht.
Die nordischen Arten pflegt man das ganze Jahr über im Freien
zu halten, und auch einige prächtige Luchse bewohnen jetzt die
Außenkäfige des Hauses, so Felis canadensis and F. lynx isabellina vom
Altai und aus Turkestan.
Von Hyänen wären als neu die Hyaena schÜlingsi , eine Abart
des II* striata, aus Deutsch-Ostafrika, ein Geschenk von Schillings,
und die H. togoensis, geschenkt von Hauptmanu Thierry, zu er¬
wähnen. Von der H. crocuta weicht sie durch graue Grundfärbung ab.
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Au Caniden siud ueu Öanis vigilis , G. pallipes aus Iudieu,
G. ochropus aus Mittel-Amerika, der uordostafrikauische G. schmidti uud
der siamesische G. cruesemanni.
Unter den Mardern ist besonders eiu Wurf von 13 jungen
Henneliueu ( Mustela erminea ) zu erwähnen, die im Garten geboren
und aufgezogen sind. Bei der so selten in der Gefangenschaft statt-
fiudendeu Vermehrung gerade unserer einheimischen Tiere gewiß ein
beachtenswerter Fall.
Auch der amerikanische Pelzlieferant, der Mink ( Lutreola vison')
bewohnt jetzt den Berliner Garten und von Ottern neben Lutra
vulgaris der kleine indische Zwergotter (L. nair) und ein ganz
zahmes, prächtiges Exemplar des Riesenotters (Pteronura brasüiensis )»
das erste lebend eingeführte seiner Art.
Als Mitbewohner des Kleinen Raubtierhauses muß ich noch be¬
sonders den Beutelteufel (Dasyurus ursinus) erwähnen, jenes wie der
Beutelwolf auch schon fast ausgerottete, häßliche Raubtier mit dem
großen Kopfe, dem furchtbaren Gebisse und dem schwachen, lahmen
Hintergestell, jenes unglaublich blöde und bösartige Vieh, stumpf¬
sinnig wie fast alle Raubbeutler. Außer in Berlin sah ich ihn lebend
nur in der reichhaltigen Frankfurter Beuteltiersammlung.
Während von den Bären nichts neues zu sagen ist, ist die
Sammlung an Robben (Pinnipedia), zu der jenes nun schon dreizehn
Jahre im Garten lebende Seehundpaar, eine ebenfalls schon lange
Jahre dort lebende Kegelrobbe ( Halichoere gryphus ) und ein See¬
löwe ( Otaria californica ) gehörten, durch ein schönes Exemplar der
Riugelrobbe (Phoca hispida) bereichert worden. Es ist das erste Tier
seiner Art, das ich bisher in einem zoologischen Garten sah.
Die reichhaltige Rindersammlung ist vermehrt worden durch
einen spanischen Kampfstier, ein kleines, dunkelbraunes Tier mit
langen, geschweiften Hörnern und gerader Rückenlinie, ferner durch
ein Paar langhörniger, prächtiger, südrussischer weißer Steppenriuder,
ein Geschenk Falz-Feins, und den Rotbütfel ( Bubalus brachyceros).
Wisent ( Bison europaeus) und Bison (JB. aniericanus ) sind in alter
Stärke vertreten. Von ersterem ist 1900 eine Kuh zur Blutauf-
- kC
frischung aus Rußland bezogen und mit dem Fürsten Pleß zu
gleichem Zwecke wiederholt getauscht worden. Von letzterem ist
noch eine Herde von sechs Köpfen vorhanden. Ein wunderbar
prächtiges Tier ist der alte Wisentstier. Zu traurig, daß ein so
herrliches Geschöpf wie der Wisent unrettbar verloren ist, verloren
wie sein amerikanischer Vetter, der Bison ! Sonst ist noch zu er-
76
wähnen, daß das sehou lange in Berlin lebende Anoa-Paar ( Anoa
depressicornis) eben wieder ein Junges aufzieht.
Wenden wir uns nun der Tiersammlung zu, die im Antilopen¬
hause und dem Kamelhause uutergebracht ist!
Wie in früheren Jahren ist der Garten wieder im Besitze eines
Paares von Giraffen ( Giraffa camelopardalis). Es stammt aus dem
südlichen Sudan und ist von Meuges im Jahre 1900 eingeführt
worden. Einen größeren Transport Giraffen des genannten Tier¬
händlers traf ich in Frankfurt a. M. im Jahre 1902 gelegentlich
meines Besuches im dortigen Tiergarten. Es scheint, als ob jetzt
die Giraffen wieder häufiger zu uns kommen werden, da ja auch die
politischen Verhältnisse im Sudan wieder ruhiger geworden sind.
Das Berliuer Paar ist das erste seit langer Zeit wieder eingeführte
und kostete die Kleinigkeit von M. 30,000!
Neu ist auch das erst 1892 entdeckte Weißbartgnu ( Connochaetes
albojabatus Thos.), charakterisiert, wie der Name sagt, durch einen
weißen Kehlbart. Es stammt aus dem Norden unserer ostafrika¬
nischen Kolonie und ist von Schillings eingeführt und dem Garten
geschenkt worden. Es kommt übrigens auch in Britisch - Ost¬
afrika vor.
Ferner sind als neu zu neuuen der Springbock (Gazella cuchorc),
den ich bisher mjr in Köln a. Rh. im Jahre 1896 lebend sah, eine
sudanesische Pferdeantilope ( Hippotragus bakeri), eine Kuhantilope
(Bubaiis boselaphus), die arabische Beisa ( Oryx beatrix) und die ost¬
afrikanische O. callotis , eine von Oberleutnant Dominik geschenkte
Moorantilope ( Adenota anniilipes), ein Paar Riedböcke ( Cervicapra
wardi) aus Deutsch-Ostafrika, eiue ebenfalls unserer ostafrikanisch eil
Kolonie entstammende Schirrantilope ( Tragelaphus roualeyni ), der
süd-, bezw. südostafrikanische Wasserbock (Cobus ellipsiprymnus ) und
abgesehen von dem schon erwähnten Springbock noch eine Gazellen¬
art (G. rufifrons). Ihnen schließen sich neue Arten von Duckern
an ( Gephalophus inornatus und C. melanorhoeus ), dann die Vierhorn¬
antilope ( Tetrciceros quadricornis ), Tragulus kantschil und als Selten¬
heit der Gabelbock ( Antilocapra americand). In seiner Heimat, die
bekanntlich in der Ausrottung der Großtierwelt geradezu vorbild¬
liches geleistet hat, ist der Gabelbock mangels jeglichen vernünftigen
Jagdschutzes im »freien« Nordamerika schon dem Aussterben ver¬
fallen. Und doch, ist nicht schon allein gegen Bison und Wapiti
genügend und unverantwortlich gewütet worden?! Schön ist der
Gabelbock eigentlich nicht, auch nicht temperamentvoll, wie es z. B.
77
Gnus und die kleinen Ducker siud, die oft in eleganten Sprüngen
sich hoclischnellend ihre schönen, langgestreckten Gehege durcheilen,
ein fesselnder Anblick!
In der Wildschaf- und Ziegen Sammlung haben sich unter In¬
spektor Harme rius’ Pflege die Alpensteinböcke (Capra ibex) prächtig
entwickelt. Sie erhalten neben frischem Alpenheu sterilisierte Kiuder-
milch und haben sich bereits fortgepflauzt, auch mit der hornlosen
Toggenburger Ziege Mischlinge erzeugt, die ebenfalls immer hornlos
bleiben. Auch die Sibirier (C. sibirica ) haben zur Zeit ein Junges.
Neu sind die Arten C. ibex beden , G. lydekkeri uud C. sakeen.
Es sind also fünf Arten von Steinböcken vorhanden ! Ein prächtiges
Tier ist auch der Markliur ( C . jerdoni) aus Afghanistan; neu ebenso
wie dieser sind ein Paar Argalis ( Ovis ammon) vom Altai, der Bock,
jetzt fünfjährig, prächtig entwickelt. Er ist das erste Tier seiner Art,
das in solchem Alter (vierjährig) bisher eingeführt wurde. Ovis
nahoor und die beiden Arten des Thar habe ich bereits oben er¬
wähnt. In der Sammlung von zahmen Schaf- und Ziegenrassen
sind Neulinge einige possierliche Kameruner Zwergziegen. Die kleinen
Kerle scheinen recht munter und kampflustig.
Die reiche, einzig dastehende Hirschsammlung, die jetzt, wie
schon gesagt, über vierzig Arten uud Abarten umfaßt, zeigt an
Neulingen unter den südamerikanischen Spießhirschen den Coassus
inornatus , sowie den kleinsten aller Hirsche, den chilenischen Pudu
( Pudua humilis ), dann das von Karl H a g e u b e c k eiugeführte
Sibirische lieh (Gapreolus pygcirgus ), das vielleicht in der Blutauf¬
frischung des deutschen Rehes noch eine große Rolle spielen wird
und auch zu diesem Zwecke schon verwandt worden ist. Bekannt
ist die prächtige Entwicklung des Geweihes (nicht Gehörnes) beim
Sibirischen Rehbock. Auch vom Damhirsch ( C . dama) ist eine
abweichende asiatische Form aus Mersina in Klein-Asien vorhanden,
während von Edelhirschartigen neu sind der Maral (Gervus maral)
vom Kaukasus, der Berberhirsch ( C . barbarus ), der fortdauernd eine
gefleckte Decke trägt, und der zwerghafte, damhirschgroße Sardi-
nische Edelhirsch, ein Degenerationsprodukt insularer Abgeschlossen¬
heit, wie es auch das dortige Wildschwein ist und einstmals das
ausgestorbene Sizilianische Flußpferd war. Vom Sika ( C . sikd) ist
ein Schwärzling vorhanden. Der Milu ( Elaphurus davidianus) ist
in einem wahrhaft kapitalen Hirsche vertreten, nach dem Aussterben
der Kölner Tiere jetzt wohl der einzige seiner Art. Auch der von
H agenbeck neuerdings viel eingeführte Dybo wsky-Hirsch (G. dyhowskyi)
78
ist zum ersten Male in einer Familie von vier Köpfen mit einem
Kalbe vertreten, ein Geschenk der Jagdgesellschaft Wladiwostok.
Zu erwähnen wären noch u. a. G. schomburghi , der Barasinga ( C .
chwauceli), C. timorensis , C. Mppelaphus , llusa russa, ferner drei
geographische Formen des C. aristotelis, nämlich G. unicolor, G. equinas
und G. leschenaulti , und fünf Arten der Gattung Gariacus , nämlich
G. virginianus , G. columbianus , G. gymnotis , G. savannarum und
0. couesi, sowie zwei der Gattung Blastoceros, nämlich Bl. paludosus
und Bl. campestris, dessen Hirsch oft Nichtliebhabern von Zwiebeln,
zu denen auch ich leidenschaftlich gehöre, durch seinen Zwiebel¬
geruch sich unangeuehm bemerkbar macht.
Von neu erworbenen Suiden erwähnte ich schon das Sardinische
Wildschwein, wie der Sardinische Edelhirsch eine zwerghafte Form.
Das Berliner Paar hat sich bereits durch Erzeugung von fünf ur-
fidelen Frischlingen verdient gemacht. Käfignachbar des Sardiniers
ist unser lieber Schwarzkittel ( Sus scrofa ) mit einem auffallend
starken kaukasischen Keiler, so daß günstige Gelegenheit zu ver¬
gleichenden Beobachtungen gegeben ist.
Zwerghaft, wie schon der Name besagt, ist auch das chinesische
Zwerghausschwein, das neuerdings vom Kopenhagener Garten, wo
es wiederholt gezüchtet wurde, in den Handel gebracht worden ist.
Ebenfalls eine Hausrasse ist das Papuaschwein aus Neuguinea, wäh¬
rend neue wilde Formen der westafrikanische Potamochoerus afri-
canus und der absonderliche Babirusa aus Celebes ( Babirusa al-
furus) sind.
Vom Schwein zum Flußpferd! Das vom Senegal importierte
Weibchen ist stark herangewachsen und hat sich bereits mit dem aus
Antwerpen gebürtigen Bullen gepaart. Leider ist das Junge kurz
nach der Geburt gestorben. Hoffentlich werden die beiden der¬
einst ein ebenso ergiebiges Zuchtpaar, wie es des Ehegatten werte
Eltern in Antwerpen waren, die so manchen zoologischen Garten
mit Flußpferden versorgt haben, denn leider ist der prächtige Ant-
werpener Bulle, der brave Familienvater »Broek«, jetzt zu seinen
Vätern versammelt.
Im Elefantenhause hat sich auch manches verändert. Der alte
Inder »Omar«, ein Geschenk des Königs von England, hat erdrosselt
werden müssen, da er unheilbar krank war. An seine Stelle ist ein
neuer Bulle, zunächst auf Probe, getreten. Der kleine Kameruner
Elefant ist prächtig herangewachsen und hat der alten Sudanesin
79
»May« den Rüssel zum Bund fürs Leben gereicht. Das eheliche
Verhältnis scheint ganz leidlich zu sein, ja der kleine Kerl bisweilen
gegen die würdige, alte Dame frech zu werden, während er zuerst
bei ihrem Anblick aus Angst laut schrie. (Schluß folgt.)
Haselmäuse.
Von Elsa Soffel in Schleißheim hei München.
Auf einem herbstlichen Spaziergauge, den ich mit meinem
Mann von unserem Wohnort Schleißheim aus — auf der bayerischen
Hochebene — unternommen hatte, fand ich die ersten von mir ver¬
pflegten Haselmäuse. Ich erwähne unseren Wohnort absichtlich, da
es immerhin zu den Seltenheiten gehört, wenn die Kleine Haselmaus
(Muscardinus avellanarius ) in unserem rauhen Alpenvorlande ge¬
funden wird, da sie wie die übrigen Schläfer geschützte Gegenden
mit vorwiegendem Obstbau am meisten liebt. Wir suchten eben
eine der alten morschen Linden, die unseren Weg einsäumten, nach
Käfern und Larven ab, als uns ein feiner, piepender Laut unsere
Arbeit unterbrechen ließ. Der Ton schien aus nächster Nähe des
Erdbodens zu kommen; nach wenigen Augenblicken war auch das
Nest entdeckt. Etwa 50 cm über dem ßodeu, in dem ausgehöhlten
Stamm der Linde, uuter der wir stauden, lagen sechs Haselmäuse
im tiefsten Schlafe. Offenbar Eltern und Junge — letztere au der
etwas lichteren Färbung des Pelzes kenntlich — die sich dieses
sichere Versteck zum Winterschlaf eingerichtet hatten. Das feine
piepende Geräusch wird durch das Einziehen und Ausstößen der
Luft beim Atemholen hervorgerufen. Die Tierchen wurden samt
ihrem aus Moos und Tierwolle bestehenden Nestchen herausgehoben
und nach Hause getragen, wo sie im Atelier meines Mannes ihr
Heim fanden und viel zur Freundlichkeit und Wohnlichkeit des
Raumes beitrugen.
Ein kleiner Holzkäfig, der vorn als Verschluß eine einzuschie-
beude Glasplatte besaß und innen mit Moos belegt und mit einem
Stämmchen zum Klettern verseheu war, nahm die kleine Familie auf.
Der Winterschlaf war nun allerdings einmal unterbrochen und
wurde, da der Raum, in dem sich die Tierchen befänden, stets durch-
80
wärmt war, nicht mehr dauernd aufgenommen. Es kam selten
ein Tag, an dem die Tierchen nicht von dem, was wir in den Käfig
legten, Nüsse, Brot, Apfelschnitze, fraßen und sich nicht wenigstens
für kurze Zeit in ihrem Käfig herumtrieben. Hierin unterschieden
sie sich übrigens von zwei später gekauften Haselmäusen, die trotz
absolut gleicher Bedingungen im warmen Zimmer einen regulären
Winterschlaf hielten und schwer, immer nur für wenige Minuten,
zu wecken waren. Doch nahmen auch diese immer von Zeit zu
Zeit einige Nahrung zu sich.
Es war possierlich die kleinen Tierchen zu einem Knäuelcheu zu-
sammengerollt in ihrem Nestchen liegen zu sehen. Das lange Schwänz¬
chen ist zwischen den Hinter- und Vorderfüßchen durch über das
verkrüppelte Gfesichtchen gelegt und beide Vorderfüßcheu sind an die
Wangen gepreßt. Nachdem der Winter vorbei war, fanden sich an
dem Pelz der Tierchen verschiedentlich Stellen, die durch das lange
Aufliegen völlig kahl geworden waren.
Die Haselmaus gehört zu den kleinen Säugetieren , die am
angenehmsten in Gefangenschaft zu halten sind. In erster Linie
schon um ihres hübschen Äußeren und ihrer Appetitlichkeit willen.
Sie verbreiten durchaus keinen unangenehmen Geruch und sind
verträglich untereinander, im Gegensatz z. B. zu verschiedenen Mäuse¬
arten, wie Haus- und Feldmaus, die ich gehalten und die sichtrotz
reichlichster Nahrung stets untereinander aufgefressen haben. Die
Haselmäuse entwickeln übrigens auch einen ganz außerordentlichen
Appetit. Ein Apfel von ansehnlicher Größe wurde neben ver¬
schiedenen Nußkernen und Brotstückchen von zwei Haselmäusen an
einem Tag verzehrt. Das bedeutet ungefähr soviel, als das Körper¬
gewicht eines dieser Tierchen ausmacht. Die Haselmaus wird sehr
leicht zahm. Gerne öffnete ich den Käfig, nahm eins der Tierchen
heraus, streichelte es, was es sich gerne gefallen ließ, fütterte es
aus der Hand und setzte es dann auf einen am Fenster hiuauf-
wachseuden Efeu, an dem es in reizender Beweglichkeit und Anmut
auf- und abkletterte. Zuchterfolge hatte ich auch einmal zu ver-
zeichnen, doch kamen die Jungen, vier an der Zahl, leider nicht auf.
81
Ephippigera vitium Fieb.
Von Ludwig Schuster in Gonsenheim bei Mainz.
Zu den auf allen Hägen und Schlägen unseres Mainzer Sand¬
gebietes nicht seltenen, man kann sagen, gemeinen Gradflüglern
gehört Ephippigera vitium 1). Diese Schrecke ist bis jetzt nur aus
südlicheren Gegenden bekannt (»hauptsächlich im südlichen Teil von
Mitteleuropa mit Ausnahme des größten Teiles der Schweiz; Basel,
bei Geuf im Jura, Freiburg, Wien, Kroatien« s. Tümpel, Die Gerad¬
flügler Mitteleuropas), weswegen ihr Vorkommen auf den Sand¬
triften des Mainzer Tertiärbeckeus (50° n. Br.) mit Recht, wie auch
Herr Dr. Tümpel, der Verfasser des eben genannten prächtigen
Werkes über die Gradfliigler, in einem Briefe an mich hervorhob,
als bemerkenswert bezeichnet werden darf. Weiter nördlich, auf
dem rechtsseitigen Rheingebiet (Rheingau) habe ich die Schrecke
nicht bemerkt; es scheint, als ob der Rhein hier ihrem Vordringen
eine Grenze gesetzt habe.
Die nach Geschlechtern differenzierte Färbung der typischen
Exemplare ist etwa folgende :
Männchen.
Gesamthabitus schwarzgrün bis
gelbgrün.
W eibchen.
Gesamthabitus grasgrün (bei
ganz alten Exemplaren schwärz¬
lichgrün).
Kopf grün, oben tiefschwarz.
Fühler braun bis braunschwarz.
Pronotum grün mit gelblichem
Anflug.
Kopf graugrün oder gelbgrün
(selten grün), oben tiefschwarz.
Fühler braun bis braunschwarz,
Pronotum graugrün bis gelb-
grün, höckerig, die Seiten¬
lappen heller.
Beine stets bräunlich, die Innen¬
seite gelblich oder grünlich.
Hinterschenkel bedornt, Anzahl der Dornen wechselnd, oft bei
einem und demselben Tiere an beiden Schenkeln verschieden.
Hinterleib. Die Segmente Hinterleib. Segmente grün,
Beine grün.
schwarzgrün (auch tiefschwarz),
nach außen grün, bezw. gelb¬
grün gerändert.
Unterleib gelblich oder blaugrau.
am Grunde um einen
kleinen Ton dunkler.
Unterleib hellgrün.
ganz
*) Nach der international vereinbarten Nomenklatur heißt die Art richtiger
Ephippigera ephippigera (F.). Bttgr.
Zoolog1. Gart. Jahrg:. XLVI. 1905.
6
82
Während das Weibchen immer konstaut gefärbt ist (es sei denn,
daß bei ganz alten Exemplaren eine schwache Abfärbung einträte),
• •
ist das Männchen stark variabel, so daß sich Übergänge von der
typischen dunklen Form bis zur grünen Form des Weibchens in
allen möglichen Schattierungen finden. Ganz alte Männchen haben
ein gleichförmig schmutziggrünes Aussehen. Die dem W7eibchen
gleichende, im Gesamthabitus grüne Männchenform ist selten. Bei
all den Dutzenden von Schrecken, die ich fing oder beobachtete,
waren die Pfiihler stets braun gefärbt, so daß in die Diagnose der
E. vitium noch aufzunehmen wäre: »Fühler braun oder grün« (bisher
hieß es nur: Fühler grün). Der Hinterleib der männlichen Heu¬
schrecke hat bei flüchtigem Hinsehen einige Ähnlichkeit mit der
Raupe des Abendpfauenauges. Das Weibchen ist wegen seiner lebhaft
grünen Färbung viel schwieriger zu entdecken als das Männchen,
so daß es selbst dann, wenn man sich schon den »bösen Blick« für das
Tier erworben hat, immer erst nach längerem Suchen zu finden ist.
Hier muß ich gleich noch eines im Herbst 1903 gefangenen
Weibchens Erwähnung tun, dessen Zirporgan völlig verkümmert und
nicht von hellbrauner, sondern von tiefschwarzer Färbung war.
Unsere Ephippigera ist der Zeit ihres Auftretens nach ein aus¬
gesprochenes Herbsttier. Im August hört man den Singsang der
ersten Vorzüglef, im September tritt die Hochflut ein, Ende Oktober
verschwindet sachte und allmählich eine nach der anderen. Die
Schrecke ist jedenfalls imstande, eine ziemlich starke Kälte zu er¬
tragen. Schon morgens in aller Frühe, wenn eine kalte, starken Tau
bringende Oktobernacht alles andere Insektenleben zum Erstarren
gebracht hat, läuft sie munter zirpend über die Äste des Kiefern¬
holzes hin. Lieblingsplätze sind die warmen, trocknen Häge unseres
Kiefernwaldes; hier ist Ephippigera in jedem Jahr so gewöhnlich
und gemein, daß mau ihrer täglich einige Dutzend sammeln kann.
Im Hochwald selbst fehlt sie gänzlich, falls nicht etwa Bodenholz
ein Eindringen in das Baumrevier gestattet. Fast stets hält sich
das Insekt auf Nadelholzbüschen auf, und seine Färbung harmoniert
auch am besten mit dem Dunkelgrün der Kiefern-, bezw. Fichten-
uadelu. Auch in den direkt au den Wald anstoßenden Villengärten
von Gonsenheim kommt die Art bisweilen vereinzelt vor, leicht durch
den charakteristischen, au stillen Abenden erklingenden Ruf als an¬
wesend zu konstatieren. Die Größe der Schrecken ist ziemlich konstant.
Die Nahrung der Schrecke besteht wohl vorwiegend aus Laub
und Gras; in erster Linie wird in der Freiheit Eichenlaub gerne
83
angenommen. Unser Sattelträger benutzt die bald längeren, bald
kürzeren Pausen in seinem Gesang, um kleine Blattpartien zu ver¬
arbeiten. Die Fraßstelle siebt zerfasert und zerrupft aus. Ob Epliip-
pigera in der Freiheit auch Nadeln frißt, bezweifle ich, obgleich sie
sich ja vorzugsweise gerade auf Nadelholz aufhält. Um mir Gewi߬
heit zu verschaffen, ob sie auch Nadeln konsumiere, gab ich zwei
in Gefangenschaft gehaltenen Tieren nur Nadeln statt Laub wie
bisher. Die eine der Schrecken ging anderen Tages, jedenfalls an
Altersschwäche, ein, und nun fraß die Überlebende statt der
Nadeln — ihre tote Schwester zu einem Viertel auf.1) Und
jetzt erst wurden, nachdem die Tote entfernt worden war, nach fast
achttägiger Hungerkur einige Nadeln an der Spitze, aber nur auf
minimale Strecken hin, befresseu, zerquetscht und zerfasert. Dieser
Versuch lehrt zweierlei; einmal, daß Nadeln nur mit Widerwillen
angenommen werden, und zum anderen, daß unter Umständen aucli
animalische Kost nicht verschmäht wird (bisher bestaud die Ansicht,
daß die Ephippigeriden nur von Pflanzenkost leben). Man darf wohl
auf Grund der Tatsache, daß das tote Tier sogleich angenommen
wurde, folgern, daß auch in der Freiheit animalische Kost, wenn erhält¬
lich (was allerdings bei der schwerfälligen Fortbeweguugsweise der Eph.
vitium nur selten der Fall sein dürfte), nicht verachtet wird. Der Kot der
Heuschrecke ist dem Mäusekot in Form und Größe sehr ähnlich.
Der Gesang des Männchens ist seiner Stärke nach, in Anbe¬
tracht der Größe der Schrecke, sehr schwach. Der metallisch
klingende Ton läßt sich etwa wie »zetschipp« deuten. Meist wird
der Ruf zweimal hintereinander ausgestoßen; dann tritt eine Pause
von ein bis zwei Sekunden ein, und der alte Zweischlag repetiert sich;
seltener ist der Ruf ein- oder gar dreifach. Da die eine Ephippigera
die andere, wie wir das in der Natur ja so oft finden, zur Laut¬
äußerung reizt, so findet man in der Regel zwei, oft gar mehrere
Männchen nahe beisammen, die sich taktmäßig im Zweischlag einige
Stunden lang antworten. Das Weibchen verweilt unterdessen meistens
untätig in der Nähe. Gewöhnlich sitzen die Tiere beim Singen, bei
dem das Pronotum aufgestellt wird, still, selten sind sie dabei in
langsamer Bewegung. Die Zeit des Zirpens fällt vorzugsweise in
die Morgen- und Abendstunden, während gegen Mittag, in der
heißesten Tageszeit, der Gesang fast gänzlich verstummt.
x) Ich konnte beobachten, daß diese Heuschrecke sogar hei reichlicji vor¬
handenem Futter (Salat) ihre lebenden Mitgefangenen anzunagen versuchte.
Der Herausgeber.
84
Eine gefangene Schrecke läßt beim An fassen gewöhnlich drei-,
viermal ihren Schreckruf hören, der, vielleicht davon abgesehen, daß
er ein klein wenig schriller klingt, dem Singruf ganz gleicht; ebenso
ruft auch das Weibchen in Not, zirpt aber sonst niemals aus
freien Stücken. Olfensichtlich soll das Schrillen in der Not eiu
Schreckmittel sein. Ob dadurch ein Abschrecken des Feindes tat¬
sächlich bewirkt wird, bezweifle ich. Man kann wohl, wenn das ge¬
fangene Tier plötzlich schreit, momentau etwas zurückzucken, wie
auch der Ton des zirpenden Insektes, wenn es kräftig in seinem
Käfig singt, auf die Dauer manchem unerträglich wird. Aber im
allgemeinen ist doch wohl das Zirpen als wirklich wirksame Ab¬
schreckung kaum anzusehen, so daß man wohl sagen könnte, daß
beim Weibchen, das seinen Ruf ja nicht zum Anlockeu des anderen
Geschlechtes braucht, es ganz gut wäre, wenn das Zirporgan ver¬
schwände und der dadurch frei gemachte Kraftüberschuß anderweitig
verwendet würde, wie ich auch der festen Überzeugung bin, daß das
oben erwähnte Weibchen mit seiuem verkümmerten und zum Singen
untauglichen Zirpapparat ebensogut den Kampf ums Dasein bestand
wie seine normalen Genossen.
Die Paarung selbst habe ich nicht beobachtet. Dagegen fing
ich mehrfach Weibchen, die noch den Spermatophor anhängen hatten.
Dieser ist anfänglich milchweiß mit gelblichem Doppelkern und von
der Größe einer kleinen Haselnuß; später wird der nach etwa acht
Tagen abfallende, stark zusammenschrumpfende Spermatophor gleich¬
mäßig bernsteingelb. Als ich zu zwei längere Zeit isoliert gehaltenen
Männchen eiu Weibchen brachte, machte sogleich das eine Männchen
Annäherungsversuche. Es folgte dem Weibchen auf Schritt und
Tritt und berührte es öfters mit den Fühlern, worauf stets ein
heftiges Zittern über seinen ganzen Körper lief. Doch wies das
Weibchen alle Annäherungsversuche ab. Bei einem anderen ge¬
fangen gehaltenen Pärchen dagegen kam es zu einer Paarung, die
nur kurze Zeit in Anspruch genommen haben kann, da nach Ver¬
lauf einer halben Stunde, in der ich die Tiere nicht beobachtet
habe, das Weibchen mit dem Spermatophor behängen war.
Das Springvermögen der Ephip. vitium ist sehr gering; Sprünge
von 8 — 10 cm sind schon eine starke Leistung. Auch das Laufen
fördert nicht sehr. Der nach ihm greifenden Hand sucht sich das
auf Büschen sitzende Tier gerne durch Herabfallenlassen auf die Aste
des nächsten Quirltriebes zu entziehen. Ist es gefangen, hat auch
sein Zirpen ihm keine Befreiung verschafft, so kneift es dem Fäuger
85
gewöhnlich einige Male in die Finger; es kann mit seinen starken
Mandibelu schon ganz anständig zwicken. Das Saftausspeien, wie es
z. 13. Oedipoda caerulescens (L.) regelmäßig bei Gefangennahme zu
tun beliebt, kommt bei Ephippigera vitium nur sehr selten vor. Im
übrigen muß man die gefangenen Tiere sehr vorsichtig behandeln,
da Fühler und Beine ungemein leicht abbrechen. Die Lebensdauer
von Ephippigera ist ziemlich lang. Ich habe Tiere bis zu sechs
Wochen in Gefangenschaft gehalten. Ein großer Teil des Tages
wird darauf verwendet die Mandibelu zu putzen und die Fußklauen
zu belecken; das letztere verfolgt bekanntlich den Zweck, die Lappen
der Fußsohle zum Haften an der Unterfläche zu befähigen. Mau
darf nie zu viele Tiere zusammen in einem Käfig halten, da sie sich
gegenseitig belästigen und dann zum großen Teil eingehen. In
Sammlungen trocknen diese Schrecken leider völlig ein und verlieren
ihre Farbe.
Geruch und Gesicht; 1. Tiere, die gut riechen und zugleich
scharf sehen; II. Der Mensch als Gesichtstier.
Von Wilhelm Schuster, z. Zt. in Friedberg (Hessen).
I. Tiere mit gutem Geruch und scharfem Gesicht.
1. Die Wespen. Daß die Wespen (Vespariae) — meine Be¬
obachtungen erstrecken sich hauptsächlich auf die gemeinste unserer
Wespen (Vespa vulgaris) — ganz ausgezeichnet riechen, ist allbekannt.
Es ergibt sich z. B. aus folgendem. Wenn man in einem Zimmer
mit offenem Fenster ein Honigglas entdeckelt, kommt jede Wespe,
die an der betreffenden Hauswand auch nur vorbeifliegt, ganz sicher
ins Zimmer herein. Die Wespe sieht aber auch vorzüglich. Ich
habe folgendes hundertmal am Frühstückstisch in unserem Haus¬
gärtchen in Gonsenheim beobachtet. Sobald mau es auf eine auf
Apfel- oder Zwetschenkuchenstücken sitzende Wespe abgesehen hat,
um sie zu töten, und man nur — bei sonst ruhigem Dasitzen — die
Hand oder den auf dem Tisch liegenden Arm ein wenig aufhebt und
bewegt, schießt das Insekt, mag es am selben oder am anderen
Tischende sitzen, auf der Stelle davon.
2. Tagschmetterlinge. Viele Tagschmetterlinge sehen sehr gut.
Jeder Sammler kann dies bezeugen. Wenn man einen Blauschiller
( Apatura iris) oder Segelfalter ( Papilio podalirius ) fangen will, so
merkt das verfolgte Tier auf jede Bewegung des Verfolgers und ent-
86
flieht meist bei Zeiten. Ich weiß noch, wie ich als Kuabe meine
große Mühe hatte, den ersten Blauschiller in den Straßen eines
Walddorfes bei Fulda (Florenberg) zu fangen. Das gesagte gilt auch
von dem Admiral {Tyr ameis atalanta ), dem Distelfalter (P. carclui ),
von der im Mainzer Beckeu fast rein dimorphen Apatura ilia , dem
Schwalbenschwanz {Papilio machaon ), dem Baumweißling u. v. a.1)
Selbst manche Nachtschmetterlinge sehen recht scharf. In Fuldaer
und Mühlheimer Gärtuereien habe ich an warmen Sommerabenden
öfters auf dem Boden gelegen, um die an Tabak, Löwenmäulchen
und Petunien Nektar saugenden Windenschwärmer {Sphinx convolvuli)
gegen den Himmel sich abheben zu sehen und mit einem Handuetz
zu fangen: — aber oft nur eine schwache Bewegung mit der
Hand, und fort war der Windig! Daß die Schmetterlinge ausge¬
zeichnet riechen, brauche ich nicht weiter auszuführen. Jeder
Schmetterling findet auf weite Entfernung hin seine Nährpflanze,
jedes ins nordische Deutschland verirrte Oleanderschwärmerweibchen
am fremden Ort einen Oleanderbusch zur Eiablage2). Neuerdings
glaubt man sogar, daß sich (f und Q der Nachtschmetterlinge ver“
mittelst gewisser Duftstoffe gegenseitig anlocken (Petersen). — Das
Leuchten von Nachtblüten reflektiert auf den Gesichtssinn der In¬
sekten.
3. Die Gems£. Alle geben zu, daß die Gemse gut riecht. Aber
die Gemse sieht auch gut. Sie eräugt den Menschen bereits schon,
wenn er in weiter Ferne hinter einem Berggrat auftaucht, und bringt
sich bei Zeiten in Sicherheit. Das habe ich in den bayerischen Kalk¬
alpen, an der gemsenreichen Zugspitze u. s. w., zur Genüge erfahren.
4. Grau- und Grünspecht. Die Vögel sehen sehr gut. Das
ist allbekannt. Aber es wittern meines Erachtens zum wenigsten auch
der Grün- und der Grauspecht. Ich beobachtete, daß ein Grünspecht in
einem Hausgarten bei Lieh in Oberhessen, wo er sonst nie hinkam, ein
ihm unbekanntes Nest der Gelben Ameise, das sich nicht vor dem üb¬
rigen Erdboden auszeichnete, wohl aber mit Schnee bedeckt war,
auffand. Hier kann der Specht die Ameisen nur gerochen haben.
*) Wenn das Hornissenscliwärmerweibchen (Trochilium apiforme) seine Eier
ablegen will, fliegt es an Pappeln und Erlen entlang und späht nach kleinen Spal¬
ten aus, in die es seine Eier fallen lassen kann; es sucht nicht riechend — Hold*
räume lassen sich nicht riechen. Die Sesien legen ihre Eier in die Luft ab.
2) Betreffs Acherontia atropon bin ich überzeugt, daß sich der Bestand im
Mainzer Becken fast nur aus überwinterten Puppen rekrutiert.
Per Verfasser.
87
Ich biu auch noch sehr im Zweifel, ob nicht die Baumspechte die
Anwesenheit mancher Insektenarten im Holze vermittelst des Geruches
wahrnehmen. Das gleiche gilt, glaube ich, von den Saatkrähen
und ihrer Bohrarbeit. Denn ich habe, wenn sie auf einem Acker
nach animalischen Nahrungsstoffeu gebohrt haben, oft nicht die ge¬
ringste Spur an der Erdoberfläche gefundeu, die die Anwesenheit
von Kerfen, Larven oder Würmern auch nur leise an gedeutet
hätte. Nicht umsonst haben die Vögel drei »Nasenmuscheln« und
eine an der Oberseite des Stirnbeins liegende große Nasendrüse, deren
Ausführungsgaug in die Nasenhöhle mündet.
Vor kurzem war ich auch erstaunt, zu sehen, wie ein Hund ein
sehr gutes Gesicht entwickelte (nach einer neueren Darstellung
scheint es fast so, als ob Rehe und Hunde auf 8 — 10 Schritt Ent¬
fernung kaum noch deutlich sehen könnten). 'Ich stand im Haag,
der holländischen Hauptstadt, vor einem Hotel und fragte nach einem
Zimmer. In der Haustüre stand ein Mops. Plötzlich bellte dieser
sehr laut und erbost und stürzte im schnellsten Galopp über einen
großen, weiten Platz hinweg nach einem jenseits desselben befind¬
lichen Hund zu. Auf dem weiten Platz, zwischen Hund und Hund,
bewegte sich der lebhafteste Großstadtverkehr: Reiter, Fußgänger,
Droschken, Karren u. s. w. — Den größeren oder geringeren Grad
der Gesichtsschärfe beim Hund halte ich für ganz individuell. Auch
der Hund, als ein der Natur vollständig entfremdetes, domestiziertes
Wesen, ist genau der gleichen Variabilität hinsichtlich der Sinnes¬
schärfe unterworfen wie der Mensch selbst.
Die Behauptung »Je schärfer das Gesicht, um so schlechter der
Geruch und umgekehrt« ist meines Erachtens also die einseitige und
darum zum Teil sicher unrichtige Verallgemeinerung einer Reihe
von richtig beobachteten Tatsachen.
II. Der Mensch als lichtliebendes Gesichtstier.
Welche Wertschätzung des Lichtes von Seiten des Menschen schon
in den alten und ältesten Zeiten! Pythagoras hat bekanntlich eine
Tafel von zehn »Weltgegensätzen« aufgestellt. Auf der einen Seite
steht »Licht«, auf der anderen »Finsternis«; unter jener ersten Reihe
»Licht« steht »Rechts, Geradlinig, Ruhe, Gut«, unter der zweiten
Reihe »Finsternis« steht »Links, Krumm, Bewegung, Böse« etc.
Für unsere Leserinnen dürfte es interessant sein, daß die erste Rubrik
mit »Männlich«, die zweite mit »Weiblich« schließt. — Wieviel be-
88
deutet das Licht in den semitisch-babylonischen Kosmogouieu, wie
sie uns in der Weltentstehungssage des Alten Testaments erhalten
sind! — Der große Goethe rief im Sterben: »Licht, mehr Licht!« —
Nausen erzählt, daß ihm ein Pfarrer im hohen Norden sagte: Wir
Leute hier oben freuen uns jedesmal, wenn das frühjahrliche Sonnen¬
licht wieder erscheint, so sehr, als ob uns gerade ein Sohn geboren
wäre. — In den Domen zu Fulda und Mailand bemerkte ich, daß
gewöhnlich, wenn nur ein Licht brannte, alle in der Kirche an¬
wesenden Leute nach diesem hinsahen. — Licht ist Leben — wenig¬
stens für den Menschen.
Kleinere Mitteilungen.
Neue Säugetiere XIV. (Für I — X vergl. Zoolog. Garten Jahrg. 1903 p.
181, für XI Jahrg. 1903 p. 267 und für XII und XIII Jahrg. 1904 p. 69 und 290).
81. Über Schädel und Zeichnung (Fig. 86) des Quagga (. Equus quagga )
nach dem gestopften Stücke des Amsterdamer Museums vergl. R. Lydekker in
Proc. Zool. Soc. London 1904 I p. 426—431, Fig. 84—86.
82. Derselbe macht Mitteilungen über und gibt prachtvolle Vollbilder von
den Wildeseln Asiens Dschigetai (Kquus hemionus) Männchen von Kobdo Taf.
27 und Kiang ( E . hemionus lciang) Weibchen aus Ladak Taf. 28 ebenda p. 431 — 432.
83. Selaters Makak ( Cercopithecus sclateri n. sp. R. J. Pocock, ebenda
p. 433, Fig. 87) aus Benin, Westafrika. Die Gestalt der Nasenmakel erinnert an
die von C. cephus und C. erythrotis, welch letzterem die Form am nächsten steht.
Sie unterscheidet sich von ihm durch das Fehlen des schwarzen Augenlidbandes,
die weiße Farbe der Nasenmakel und der Ohrbüschel, das Vorhandensein einer
dunklen Binde am Hinterkopf, die graue Farbe des Vorderarms und dadurch, daß
das Rot des Schwanzes auf die proiimale Hälfte seiner Unterseite beschränkt ist. —
Kopf und Rumpf etwa 363, Schwanz 613 mm.
84. Doggetts Buntiltis (Poecilogale doggetti n. sp. Oldf. Thomas & H.
Schwann, ebenda p. 460) aus Burumba, Brit. Uganda. Verwandt der südlicheren
P. albinucha Gray, aber wesentlich größer. — Kopf und Rumpf 356, Schwanz 242,
Hinterfuß 46, Ohr 25 mm.
85. Ir rführend e Tater a (Tatera fallax n. sp. Dieselben, ebenda p. 461)
vom gleichen Fundort. Eine große Art von bemerkenswerter äußerer Ähnlichkeit
mit Gerbilliscus boehmi Noack, mit weißer Schwanzspitze und mit undeutlichen
Längsgruben auf den oberen Nagezähnen. — Kopf und Rumpf 160, Schwanz 219,
Hinterfuß 48, Ohr 24 mm.
86. Bettons Klippschliefer ( Procavia bettoni n. sp. Dieselben, eben¬
da p. 468) von Rogoro, Brit. Ostafrika. Nächstverwandt der P. stuhlmanni, aber
dunkler in der Farbe und kleiner. — Kopf und Rumpf etwa 400, Hinterfuß 80 mm.
87. Abbildungen nach dem Leben und Bemerkungen über Vorkommen und
Lebensweise der seltenen Riesenratte (Dinomys branickii Pts.) aus Brasilien
gibt Dr. E. A. Goeldi ebenda 1904 II p. 158, Taf. 10.
89
88. Interessante Mitteilungen über eine Schwarze Wildkatze ( Felis dae-
mon) aus Transkaukasien bringt C. Sa tunin ebenda p. 162.
89. Zahnhirsch von Itschang ( Elaphodus ichangensis n. sp. R. Lydek-
ker, ebenda p. 166, Fig. 32 — 33) aus der Prov. Hubei, Centralchina. Verschieden
von dem Zahnhirsch von Ningpo ( E . michianus ) durch entschieden dunklere und
mehr eintönige Färbung. Farbe schwärzlichbraun, auf den Gliedmaßen fast in
Schwarz übergehend, während am Schwänze mehr Weiß ist. Nur die basalen zwei
Drittel der Oberseite sind dunkel, so daß die ganze Spitze weiß erscheint. Noch
mehr voneinander verschieden sind die Schädel beider Arten. E. cephalophus
dagegen wird erheblich größer. Bttgr.
Über Vorkommen und Lebensweise der Violettflügeligen Holz¬
biene. Inbetreff der Notiz im Jahrg. 1904 des Zool. Gartens p. 98 interessiert
es vielleicht zu erfahren, daß ich Xylocopa violacea gewiß schon seit sechs , sieben
Jahren jeden Sommer bei Müddersheim, Kreis Düren, Reg.-Bez. Aachen beobachtet
habe. Ich weiß nicht, wie weit nach Norden Xylocopa in Deutschland nachge¬
wiesen ist, doch dürfte sie aus dieser Gegend wohl schon bekannt sein, da sie
nicht allzu selten vorkommt und mau sie verhältnismäßig oft die Blumen nach
Honig und morsches Holz nach geeigneten Nistplätzen absuchen sieht. Wenn diese
Holzbiene auch im allgemeinen recht scheu ist, so ist das doch nach Individuen
verschieden. Die einen fliehen schon, wenn der Beobachter noch ziemlich weit
entfernt ist; andre lassen sich aus nächster Nähe betrachten und fliegen selbst
dann kaum weg, wenn man sie mit dem Finger berührt. Ich habe nie gesehen,
daß Xylocopa die Blüten durchbiß, wenn ihr der natürliche Weg zum Honig nicht
paßte, sondern sie durchbohrte die Blütenhülle mit den zu einem rüsselartigen
Apparate umgestalteten Unterkiefern, so daß in der Blüte ein länglicher Riß, ent¬
stand, der sich nach dem Zurückziehen des Rüssels wieder schloß. Allerdings
waren die Blumen, an denen ich unsere Biene beobachtet habe, keine Löwenmäulchen.
Es ist sehr wohl möglich und wahrscheinlich, daß die Art des gewaltsamen Durch¬
stoßens der Blütenhülle nach einzelnen Individuen und nach der Spezies der honig¬
spendenden Blume verschieden ist. H. Frh. Geyr v. Sch weppe nburg.
Literatur.
C. G. Schillings, Mit Blitzlicht und Büchse. Neue Beobachtungen und Erleb¬
nisse in der Wildnis inmitten der Tierwelt von Äquatorial-Ostafrika. Leipzig,
R. Voigtländers Verlag, 1905. 8°. 16,558 pag., 3 Figg., 302 autotyp. photogr.
Aufnahmen.
Ohne alle Frage ist das vorliegende eines der fesselndsten und anschaulichsten
Bücher, die je über Afrika und seine Tierwelt geschrieben worden sind. Es ver¬
dankt dies vor allem der Art, wie der Verfasser es verstanden hat, dem Wilde
mit dem photographischen Apparat zu Leibe zu gehen, wie er den Tieren Fallen
stellte, die diese zwang, das Blitzlicht auszulösen und ihr Bild selbst auf die Platte
zu bannen. Wir dürfen wohl sagen, wir besitzen dank Schillings von vielen afrika¬
nischen Tieren jetzt bessere photographische Aufnahmen, aktenmäßigere Natur¬
urkunden, als von den meisten unserer einheimischen europäischen. Den ganzen
unerschöpflichen Reichtum der afrikanischen Tierwelt finden wir hier im Bilde fest-
90
gehalten, aber in einem Bilde, das ganz anders wirkt, wie die landläufigen Illu¬
strationen unserer Eeisewerke von 1880 — 1900. Und fast ebenso wie die abge¬
bildeten Tiere haben mich, den Zoologen, die Staffagen entzückt, die herrlichen
Bilder der Steppe, des Uferwaldes und die charakteristischen Gestrüpppflanzen,
Dorngewächse und Stachelbäume des von dem Verfasser durchreisten Gebietes.
Den breitesten Raum füllen in diesem Buche natürlich die Schilderungen der
Jagderlebnisse, die in der Tat hohen Mut, kaltes Blut und unsägliche Strapazen
hei dem Autor voraussetzen lassen. Aber uns Naturwissenschaftler interessiert doch
mehr der Sammler und Forschungsreisende Schillings und dessen Schilderungen der
intimsten Züge der Tierwelt, wie sie sich uns in erster Linie aus den zahlreich
gebotenen und meist recht scharf wiedergegebenen photographischen Abbildungen
aufdrängen. Nur am Schlüsse des Werkes kommen noch ein paar andere Forscher
zum Worte, Prof. P. Matschie mit Notizen über die von Schillings in Ost¬
afrika gesammelten Säugetiere und Prof. Dr. A. Reich enow mit einer Liste
der daselbst angetroffenen Vögel (mit drei Abbildungen neuer Arten).
Wohl das bedeutendste, was uns der Verfasser in diesem Buche erzählt, sind
seine Schilderungen des Seelenlebens und des Ortssinnes des Zweihörnigen Nashorns,
der Sinnesschärfe und des Tun und Treibens des heutigen Elefanten und wie sich
namentlich das letztgenannte kluge Tier unter dem Drucke der fortgesetzten Ver¬
folgung durch den Menschen geistig umgestaltet hat. Er ist in Ostafrika zum
ausschließlichen Nachttier geworden (p. 122). Vom Elefanten stellt der Verfasser
(p. 117) weiter fest, daß er sich ausschließlich von Zweigen, Rinde und Baum¬
früchten unter Ausschluß aller Gräser ernähre. Wie feinsinnig und überzeugend
sind sodann des Autors Wahrnehmungen über gezähmte Marabus! Von weiteren
Einzelheiten, die uns besonders aufgefallen sind und deren Hervorhebung manchen
von unseren Lesern interessieren dürfte, noch folgende. Mitteilungen über das für
Europäer zweifellos ungünstige ostafrikanische Klima p. 27, 69 und 119, das ge¬
legentliche Vorkommen reichlicher Wasservorräte im hohlen Innern von Affenbrot¬
bäumen p. 44, über Steppenbrände p. 48 und die geringe Furcht, namentlich der
Paviane, vor dem Feuer, sowie über Schwierigkeiten in der Baumwollkultur p. 56,
Maße der Stirnzapfen eines fünfhörnigen Giraffenbullen p. 62, schwarze Ginster¬
katzen, Leoparden und Sei vale p. 70, über das unausrottbare Märchen vom »wild¬
vernichtenden« sportlichen Jäger — in erster Reihe vom englischen Sportjäger —
als Ursache des Verschwindens der Fauna in exotischen Ländern p. 72, Tag- und
Nachttiere unter den Säugetieren p. 98, über Zahnverletzungen bei Elefanten in
Gebirgsgegenden p. 116, über das beste, von der Elefantenkuh stammende Elfen¬
bein für Billardbälle p. 121 , über Zusammenleben von Giraffe und Elefant und
über Verdauungsgeräusche beim Elefanten p. 126, über die relativ noch sehr große
Häufigkeit des Zweihörnigen Nashorns in der Masaisteppe p. 160, über die hei der
nämlichen Art bald schwertförmig abgeplatteten, bald runden Hörner in der gleichen
Gegend und die Hornlänge bei Jtihinoceros bicornis und simus p. 175 und über
das Flußpferd , das von Natur gutmütig erst dann bösartig und angriffslustig
werde, wenn es vom Menschen verfolgt und verwundet wild p. 204. Von andern
bemerkenswerten Details seien endlich noch angeführt die furchtbare Kraft und
Gefährlichkeit der Schwanzschläge des Krokodils p. 219, ebenda Steine im Magen
desselben, weiter p. 281 Giraffen fressen aus freien Stücken kein Gras, p. 282
warum das Große Kudu in Gefangenschaft nicht aushält, p. 288 ist der Ver-
91
Schwänze gegenseitig verständigen ; bei der nahezu (p. 242) absoluten Stimmlosig¬
keit dieser Tiere erscheine das sehr wahrscheinlich, p. 242 daß die Giraffe in Ost¬
afrika sich nur deshalb bis heute habe halten können, weil klimatische Gründe
(Tsetsefliege!) verbieten auf Pferden zu jagen, p. 243 macht er Mitteilungen über
das Zusammenleben von Weißbartgnu und Zebra, p. 252 über die Gründe der
Schwierigkeit der schnellen Eingewöhnung des Zebras als Haustier u. s. w.
Nur ein paar Kleinigkeiten sind mir als verbesserungsbedürftig erschienen.
Das Wort »Mimikry« da zu gebrauchen, wo sich niedertuende einfarbige Tiere
durch Schatten von Dornbuschranken überstrickt werden, ist kaum zu billigen.
Auf p. 79 wird es » Potamogeton « statt Potliomachaeton heißen müssen. Die
p. 223 erwähnte »hydraulische Wirkung auf das Gefäßsystem« dürfte doch ein¬
facher durch Zerstörung des lokomotorischen Zentrums zu erklären sein. Es hätte
auch nicht geschadet, wenn der Verfasser, sagen wir, 50 Bilder ausgeschaltet hätte,
die, in den Einzelheiten zu wenig scharf, die übrigen Bilder um so glänzender
würden hervorleuchten lassen. Oder wenigstens hätte unser Autor, wie bei dem
Bilde auf p. 38, weglassen müssen, daß »Meerkatzen und Seidenaffen in den Kronen
der Bäume ihr Wesen trieben« ; sieht man doch mit dem besten Willen kein Stück
davon! Oder, wo befinden sich auf dem Bilde auf p. 86 die beiden gewaltigen
Schlangen? Endlich hätten einige Unterschriften unter den Bildern einer flüchtigen
Durchsicht auf ihr »Deutsch« bedurft, das mitunter etwas schwerfällig herausklingt.
Alles in allem aber ist das Buch prächtig und wird gelesen werden. In
ähnlicher Weise wie Schillings die letzten Reste des Großwildes der Erde in Wort
und Bild festzuhalten , ist zweifellos dringend nötig. Allzulang ist die Spanne
Zeit nicht mehr, die für dies Werk noch gegeben ist/ Das mögen sich alle
gesagt sein lassen, denen Macht und Mittel zu Gebote stehen, arbeitsfreudige
Forscher zu fördern. Und an solchen fehlt es glücklicherweise bei uns in Deutsch¬
land noch nicht!
Bttgr.
Dr. E. Bade, Die mitteleuropäischen Vögel. Ihre Naturgeschichte, Lebensweise
und ihre Jagd. Bd. I. Berlin, Verlag v. Herrn. Walther, 1904. 8°. 4, 192 pag.,
144 Fig., 1 Farben- und 85 Schwarztafeln. — Preis M. 6. —
Schon wieder ein Vogelwerk! . . . Mit einem gewissen Mißtrauen schlagen
wir das Buch auf. . . Es verspricht in drei Bänden alle Vogelarten zu behandeln,
die in Mitteleuropa brüten oder doch wenigstens als regelmäßige Wandergäste zu
bestimmten Zeiten liier erscheinen. Neu an dem Werke sollen sein besonders die
photographischen Tafeln, die nach lebenden — nicht nach ausgestopften — Vögeln
angefertigt seien, sowie die zahlreichen photographischen Aufnahmen von Nestern,
wie sie in gleicher Reichhaltigkeit noch von keinem Werke gebracht wurden, und
solche von Eiern.
Leider ist im einzelnen sehr vieles zu rügen. Druck- oder Schreibfehler wie
»cribosum« und »tartus« auf p. 16, »jujale« auf p. 19 und »nuscorum« auf p. 183,
deren Anzahl sich beliebig vermehren ließe, mögen noch hingehen ; aber was soll
man dazu sagen, wenn der Verfasser p. 49 behauptet: »Die Chemie hat die Farbe
und Zeichnung der Eischalen als Cboleyrrhie und als Biliverdie bestimmt« oder
ebenda: »Sumpfohreule, Enten, Zwergrohrdommel und Steißfüße haben Eier mit
düster grünlich, grauen und braunen Farbtönen« und p. 54: »Das Zersprengen der
Eischale wird dem jungen Vogel durch ein nahe an der Spitze des Oberschuabels
befindliches scharfes Zähnchen erleichtert, mit dem es gegen die Eierschale häm-
92
mert« (statt »scharfes Körnchen ermöglicht, mit dem es gegen die Eischale druckt«)!
Weiter heißt es: »Hier springt dann ein Stückchen heraus« , und endlich spricht
er von »neuer Kraft zum Weiterhämmern«. Wo und bei welchem Vogel will der
Verfasser das beobachtet haben V Dies sind nur einige Ausstellungen, wie sie einem
laienhaften Kritiker wie mir auffallen, wie viel mehr wird wohl der gewiegte
Vogelkenner an dem Buche auszusetzen haben? Auffällig ist auch in vielen Fällen
die wenig scharfe Präzision, mit der die Eifarben bezeichnet werden ; so findet sich
z. B. p. 60 Z. 7 v. o. der Ausdruck »blauwciss«, der nur auf die Eier von Eritha-
cus cyaneculus , rubeculus oder phoenicurus bezogen werden kann, und Z. 8 v. o.
»weißlich« für die Eier von E. titys. Was die Vogelvollbilder anlangt, so muten
manche in ihrer Schlankheit recht fremdartig an, mögen aber richtig sein ; aber
die Abbildungen der Nachtigall, des Braunkehlchens und des Binsenrohrsängers
sind unmöglich nach dem lebenden Objekt gefertigt, da ihre Zehenstellung dies
einfach ausschließt. Unter den übrigen Bildern finden sich so ruppige Gestalten,
daß mir eine Abbildung nach einem gutgestopften, frischen Wildling lieber ist, als
diese unfrisierten Käfigvögel Bades. Über die Nester will ich keine Ausstellungen
machen; sie sind im großen ganzen nicht übel wiedergegeben, zeigen sich aber
wegen der Übereinstimmung mit ihrer Umgebung in einfachem Schwarzdruck schwer
verständlich und entbehren so grade für den Laien des Unterscheidenden und
Charakteristischen. Die photographische Wiedergabe der Eier in Schwarzdruck
endlich halte ich für einen mißlungenen Versuch, der den Anfänger, für den das
Buch ja in erster Linie bestimmt ist, eher verwirrt als belehrt. Auch bei Lupen
betrachtung erhält man keine genügende Vorstellung vom Detail, und der wech¬
selnde Maßstab beim Mangel sonstiger genauer Maßangaben, da die wiederge¬
gebenen Eier z. T. erheblich zu groß geraten sind (Feldlerche!), führt ebenfalls irre.
Wir können dem Buche mit dem besten Willen keine gute Seite abgewinnen,
und die vielen Druckfehler und irrigen Angaben erzeugen in uns auch da Arg¬
wohn, wo vielleicht der Verfasser selbst beobachtet und aus eigenem geschöpft
hat. Beachtenswert wären ja immerhin die Bilder des Binsenrohrsängers, der
Sperbergrasmücke, der Braunelle, des Gartenspötters, der Bartmeise, der Kuhstelze
und des Schneeammers — wenn sie, was uns nicht recht glaubhaft erscheinen will —
wirklich von photographierten Wildvögeln herrühren sollten. Sind es aber bloß
Bilder von Käfigvögeln — und den Eindruck machen sie zum mindesten so, wie
sie sich präsentieren — so geht auch damit ein Wert, auf den das Werkchen stolz
sein möchte, verloren. Der Verleger behält sich alle Kechte für Text und Illu¬
strationen vor; wir möchten glauben, daß er das ausdrücklich zu betonen kaum
nötig gehabt hätte. Es wird sich so leicht keiner daran vergreifen! Bttgr.
P ok or n ys Naturgeschichte des Tier reich es fürböhereLehranstalten.
26. Auf!., bearb. v. Dir. M. Fischer, Leipzig, Verlag v. G. Freytag, 1905.
8°. Ausg. A. mit zahlr., z. T. farbigen Fig. und 5 Farbentafeln. Geb. M 3.60.
Ausg. B., desgl., aber mit 29 Farbentafeln. Geb. M. 4.60.
Das allbekannte und gut eingeführte Lehrbuch hat durch den neuen Bearbeiter
eine gründliche Durchsicht und Umwandlung in dem Sinne erfahren, daß den biolo¬
gischen Gesichtspunkten erheblich mehr als bisher Rechnung getragen worden ist.
Die Forderung der Neuzeit, die Naturgeschichte der Tiere dem Schüler dadurch
anschaulicher und interessanter zu machen, daß der Lehrer mehr als bisher auf den
Zusammenhang zwischen Körperbau und Lebensweise eingeht, musste erfüllt und
einheitlich durchgeführt werden. Neu ist auch der Abschnitt über die wichtigsten
Lehren aus der Gesundheitspflege, und neu ist auch die Ausgabe in zwei dem Text
und dem Figurenschmuck nach gleichen Büchern zu zwei verschiedenen Preisen,
wobei der wohlfeileren Ausgabe übrigens nur die 24 Farbentafeln der Ausgabe
B. fehlen.
Wie jede Schulnaturgeschichte älteren Datums hat aucli das vorliegende Buch
seine Mängel. Es liegt das in der Unmöglichkeit, daß der Herausgeber das ganze
Gebiet der Zoologie gleichmäßig beherrschen kann. Um davon eine Probe zu geben,
wähle ich drei beliebige Seiten des Buches, z. B. p. 116, 146 und 168. Da finde
ich nun folgendes zu bemängeln. Auf p. 116 muss es bei den Eidechsen heißen: Sie
sind mit Schuppen oder Schildern bedeckt; sie legen pergamentschalige oder
har t schal i ge (Geckonen) Eier oder haben lebendige Junge (Chamaeleon
pumilus, Anguis etc.); sie nähren sich von anderen Tieren oder von Pflanzen¬
kost ( Uromastix hardivickei ). Statt Coronella laevis hat es zu heißen C. austriaca,
statt Coluber aesculapii aber C. longissimus. Auf p. 146 ist der Satz: »Die Wein¬
bergschnecke gehört zu den größten Landschnecken« eine ziemlich starke Über¬
treibung. Wäre »in Deutschland« hinzugefügt worden, so hätte man es gelten
lassen können. In Wahrheit gehört sie in ihrer Gruppe aber sogar zu den
kleineren Pomatia- Arten gegenüber Helix buchi Dub. Auf p. 168 ist zu bemerken,
daß das Halsschild des Schwarzen Kornwurms auch nach der beigefügten Zeichnung
nicht beinahe so lang ist wie die Flügeldecken des Käfers. Der Rebenstecher
aber legt in die von ihm gerollte Blattdüte meines Wissens nur je ein Ei u. s. w.
Wir sehen, die Ausbeute an Fehlern ist zwar nicht allzugroß, und die Fehler selbst
fallen auch nicht allzuschwer ins Gewicht; unsere kleine Ährenlese muß aber den
Verfasser anspornen, bei der nächsten 27. oder 28. Auflage kräftig nach weiteren
Böcken zu suchen.
Die Abbildungen haben mir im großen und ganzen sehr gut gefallen; die
fälschlich linksgewundene Limnaea auf p. 147 ist wohl auf das Konto des Zeichners
zu schreiben. Die Farbentafeln halte ich sogar für hervorragend schön und gestehe
gern, daß mir bis jetzt kein Schulbuch in die Hand gekommen ist, das so pracht¬
volle Abbildungen für einen so mäßigen Preis bietet. Es ist keine Frage, daß die
wunderbaren Vogel- und Schmetterlingstafeln jedes für die Natur empfängliche
Kindergemüt anziehen und begeistern müssen. Bttgr.
G. und E. Pe ckham , Instinkt und Gewohnheiten der solitären Wespen.
Für Imker und Naturfreunde. Aus dem Englischen übersetzt von Dr. Walther
Schoeniclien. Mit 42 Textabbildungen. Berlin, Verlagsbuchhandlung von
Paul Parey, 1904. Gr. 8°. 194 Seiten. — Pr. M. 5.—
Es scheint neuerdings so, als ob sich die Wespen — und zwar nach ihrer
Gliederung in soziale und solitäre — einer ganz besonderen Aufmerksamkeit seitens
der Zoologen erfreuten (Betlie, Fahre, Wasmann, Dickel, von Buttel-Reepen!). Sehr
begreiflich, wenn wir die ganz wunderbaren Instinkte dieser von je den Menschen-
geist in Erstaunen setzenden »Kleinen« richtig erkennen und einzuschätzen lernen
wollen! Diese Instinkttaten werden uns um so interessanter, wenn wir sie an Hand
der phylogenetischen Entwickelung — der Weg geht von den Grabwespen als
Stammeltern der Bienen über die solitären zu den sozialen erklären können.
94
Von sozialen Wespen sind in Wisconsin die gewöhnlichsten die Hornissen
nnd die Wespen aus der Gattung Vespa und eine Form von Polistes, die offene
Waben baut. Die Solitären unterscheiden sich von den Sozialen vor allem durch
den Besitz nur zweier Geschlechter. Jedes Weibchen legt ein besonderes Nest an
und versorgt es durch seiner eigenen Füße (Verfasser sagt »Hände«) Arbeit;
manchmal wird sogar für jedes Ei ein neues Nest gebaut. Arbeitsteilung gibt es
hier nicht, höchstens Nesterkolonien , wenn zahlreiche Individuen nahe beieinander
nisten ( Pelopaeus , Bembex). Die Nester bestehen aus Lehm und sind zum Schutze
unter Blättern, Steinen oder den Dachrinnen der Gebäude angeheftet, oder sie
werden ausgegraben im Erdboden, in Stämmen und in Pflanzenstengeln. Die Er¬
wachsenen leben von Obst und Honig, während die Larven animalischer Kost be¬
dürfen; und hier beweisen die Alten einen hartnäckigen Konservatismus, indem
jede Art die Sorte von Futter besorgt, die in ihrer Familie seit Generationen
Mode gewesen ist; Die eine erlegt Fliegen ( Oxybelus quadrinotatus ), eine andere
Wanzen ( Astata unicolor , A. bicolor und A. leuthstromi), eine dritte Spinnen
( Pompilus quinquenotatus , P. biguttaius, P. fuscipennis, P. ccilipterus , P. marginatus ,
P. interruptus , P. scelestus, Agenia bombycina und A. architecta ), eine vierte u. s. w
Käfer, Raupen, Grashüpfer, Grillen, Heuschrecken, Blattläuse u. s. av.
In der angedeuteten Richtung, weniger in tiefgehenden Schlußfolgerungen als
in genauester Festlegung der Wespeninstinkte und Gewohnheiten in ihrer ganzen
Tatsächlichkeit, scheint mir das von dem bekannten Schoenichen übersetzte Buch
von George und Elizabeth Beckham ein ganz vorzügliches zu sein. Manche Bethesclien
wie Fabreschen Ansichten werden hier als unrichtig ei wiesen, besonders solche be¬
treffs der Stechgewohnheiten der solitären Wespen. Was die Textbilder angeht,
so wird sich gewiß schon gleich über das erste jeder Naturkundige freuen , der
nur einmal eine stelze Ammopliila eine an Körpergröße sie weit übertreffende
Raupe fortschleppen und verscharren sah. Wilhelm Schuster.
Jahrbuch des Nassauischen Vereins für Naturkunde 1904.
Auch der 57. Jahrgang des nunmehr 75 Jahre alten Vereins bewährt sich
in der längst erprobten Güte. Inhalt: Jahresbericht (A. Pagenstecher); Uber eine
neue fossile Bärenart Ursus deniwgeri aus den liuviatilen Sanden von Mosbach
(W. von Reichenau); Neue Cetoniiden aus Deutsch-Ostafrika (P. Preiß); Lepidoptero-
logisches, darunter Beschreibung zweier neuen Arten und einiger abeirativen Falter
(F. Fuchs); Seltene Vögel in Hessen: Mainzer Becken und benachbartes Gebiet
(W. Schuster); die Storchnester in Oberhessen mit einer Karte im Text (W. Schuster);
Einiges über die Makrolepidopteren unseres Gebietes u. s. w. (W. von Reichenau);
Glazialgeschrammte Steine in den Mosbacher Sanden (FI. Behlen); Katalog der
Wiesbadener Vogelsammlung (E. Lampe — die Picariae und Psittaci zählen zu¬
sammen 809 Nummern und 445 Arten); Ergebnisse der meteorologischen Stations¬
beobachtungen in Wiesbaden (E. Lampe). Der reichhaltige Jahrgang hat etwa
380 Seiten Text und 2 Bunttafeln. Der Verein zählt jetzt ungefähr 250 Mitglieder.
Wilhelm Schuster.
Hugo Otto, Im Wald und auf der Heide. Moers, J. W. Sparmann 1904. Preis 1,50 M.
Recht unterhaltende Erzählungen [über das Leben und Treiben der Kleinen
O 1
und Großen im Reiche der Natur. Verfasser macht Mitteilungen über den noch
immer in großem Maßstab betriebenen, schändlichen Kramtsvogelfang an der rheinisch¬
westfälischen Grenze. Wilhelm Schuster.
95
Nekrolog1.
Prof. Dr. Hermann Landois f.
Hermann Landois starb am 29, Januar 1905 an den Folgen eines
Schlaganfalles, der ihn am 20. d. Monats betroffen hatte. Er war eine der
eigenartigsten Erscheinungen unter (den deutschen Hochschullehrern und
unter den Direktoren zoologischer Gärten. Geboren 1835 in Münster i. W.
widmete er sich ohne inneren Beruf — durch Familienverhältnisse ge¬
zwungen. — dem geistlichen Stande, studierte aber später in Greifswald
Naturwissenschaften und wurde nach Absolvierung seiner Universitätsstudien
am Gymnasium seiner Heimatstadt als Lehrer angestellt. Nebenbei war
er als Privatdozent, später als Professor an der dortigen Akademie tätig,
bis er sich im Jahre 1876 ausschließlich dieser Tätigkeit widmete. Um
diese Zeit wurde er vom Bischof suspendiert, da er sich in seinem äußeren
Lebenswandel den strengen Anforderungen, die die katholische Kirche an
ihre Geistlichen stellt, nicht fügen konnte und wollte. Das hinderte aber
nicht, daß er bald der volkstümlichste Mann in Münster, ja in der ganzen
Provinz Westfalen wurde, und daß er sich weit über die Grenzen seiner
Heimat hinaus die treuesten und aufrichtigsten Freunde erwarb. Seine be¬
deutendsten wissenschaftlichen Arbeiten sind sein dreibändiges Werk »West¬
falens Tierleben«, seine »Tierstimmen« und das erst nach seinem Tode er¬
schienene »Studium der Zoologie mit besonderer Rücksicht auf das Zeichnen
der Tierformen«. Uns war er seit langen Jahren ein lieber und gern ge¬
hörter Mitarbeiter. Landois besaß einen wunderbaren Humor; er war ein
Schalk vom Scheitel bis zur Zehe. In seinem satirisch-humoristischen platt¬
deutschen Roman »Frans Essink« schildert er z. T. eigene Jugenderlebnisse
und entwirft ein höchst anziehendes Bild der Kulturverhältnisse Münsters
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. In Münster wird Landois’ Namen
unvergänglich verknüpft bleiben mit dem Zoologischen Garten, seiner ur¬
eigensten Schöpfung. Jeder Besucher des Gartens kannte und verehrte den
»Professor«, wie er schlechtweg hieß, der in Zylinder und schwarzem Geh¬
rock, die lange Pfeife im Munde und den Knotenstock in der Hand überall
nach dem Rechten sah. Reiche Erträge für den Ausbau des Gartens und
die Anschaffung von Tieren lieferten ihm die größtenteils von ihm selbst
gedichteten und von der Zoologischen Abendgesellschaft in jedem Winter
aufgeführten Volksstücke in plattdeutscher Mundart, die in packender Weise
Vorgänge der hohen Politik und des städtischen und ländlichen Lebens
humorvoll verquickten und aus ganz Westfalen Zulauf fanden. Als echter
Humorist schonte er seine eigne Person am wenigsten, wenn es galt seinem
Zoologischen Garten Geld und neue Freunde zu erwerben. Von seiner
Wohnung, der »Tuckesburg«, die in Dornhecken und Nesseln versteckt und
von Hunden bewacht, unmittelbar an den Garten anstößt, fand man eines
Morgens sein Standbild in Überlebensgroße prachtvoll ähnlich in der oben
geschilderten Tracht mit Zylinder, Gehrock, langer Pfeife und Knotenstock
aufgestellt, und bei der Enthüllung desselben, die natürlich kolossalen Zulau
hatte, hielt er selber die Weiherede! Vor seinem Tode söhnte er sich mit der
Kirche aus, und sein ehemaliger Schulgenosse, der jetzige Bischof Hermann
Dingelstadt, besuchte ihn noch am Tage vor seinem Tode am Krankenbette.
Hermann Landois war ein Mann, der allen, die ihn gekannt haben,
unvergeßlich bleiben wird, hat er doch manchen Kummer versüßt und zahl¬
reiche Tränen getrocknet, aber auch viele Tränen veranlaßt, freilich nur solche
der Heiterkeit und der ausgelassenen Freude! Bttgr.
96
Eingegangene Beiträge.
H. Fr. G. v. S. in M. und F. W. in F., je eine Mitteilung, H. L. in H., fünf Mitteilungen
und W. S. in F. J iin f Mitteilungen und zwei Besprechungen. — Allen Einsendern verbind¬
lichen Dank!
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Oorrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 4—5.
Ornithologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Anton Reich enow.
13. Jahrg. 1905. No. 2.
Field, The Country, Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 105, 1905, No. 2717 — 2719.
Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart. W. Kohlhammer. 24. Jahrg. 1905. No. 2.
Der W eidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. Salle. Braunsohweig.
1905. Bd. 3«. No. 16—18.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Prösler. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 6. Jahrg. No. 17—18.
Blätter für Aquarien- u. Terrarien-K unde. Herausg. v. Dr. E. Bade. Berlin.
Verlag d. Creutzschen Buchli. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 4—5.
Natur und Haus. Tllustr. Zeitschr. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Ilesdörffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 13. Heft 9.
Zwinger und Feld. Illustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter. Jahrg. 14.
1905. No. 4—6.
D ie Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 4—5.
Zeitschrift des Tierschutzvereins zu Posen. Herausg. v. E. Reißmüller.
Posen 1904. 14. Jahrg., No. 4.
Mitteil ungen üb er die Vo gelwe 1 1. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. K. Boy er. Wien, J. Kühkopf. 5. Jahrg. 1905. No. 3.
Deutscher Tierfreund. Illustrierte Monatsschrift f. Tierschutz, Tierkunde, Tierzucht
u. Tierpflege. Leipzig, Verlag v. Franz Wagner. 8°. Jahrg. 9. Heft 1—2. — Preis
jährl. M. 3. —
Gemein verst. Darwin, Vorträge u. Abh., herausg. v. Dr. W. Breit enb ach. Heft 13 :
Prof. Dr. A. Uacobi, Die Bedeutung der Farben im Tierreiche. 8°. 56 pag., 2 Fig.
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Leipzig, Verl. v. B. G. Teubner, 1905. II. Aufl. 8". 4, 128 pag. — Preis M. I.—, geb.
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L. Müller- M ai nz, Ein neuer Fundort für Lacerta serpa Raf. — Sep.-Abdr. a. Zool. An¬
zeiger Bd. 28, No. 13. 1905. 8°. 3 pag.
Vereinsschrift für Forst-, Jagd- u. Naturkunde im Königr. Böhmen. Herausg.
v. Prof. Fr. Cro y u. a. Prag, Verl. d. Böhm. Forstvereins, 1904. Jahrg. 1904—05, Heft 2.
Prof. D r. J. Kühn, Die Bewertung der Futterrnittelbestandteile mit besonderer Berück¬
sichtigung der Preiswürdigkeit von Rückständen der Rübenzuckerfabrikation. Leipzig.
Verlag von Eisenschmidt & Schulze, 1904. 8°. 54 pag. — Preis M. 0.75.
VV ilh elm Schuster, Verstandes- und Seelenleben bei Tier und Mensch. Wiesbaden.
Verlag v. J. F. Bergmann, 1904. 8°. 49 pag. — Preis M. 0.80.
Derselbe. Die Eulen, eine urwüchsige Vogelgruppe. — Sep.-Abdr. a. Mitteil. Österr.
Reichsbund. f. Vogelk. u. Vogelschutz in Wien. Jahrg. 4, 1904. 8°. 6 pag., Fig.
Prof. Dr. G. Mie, Moleküle, Atome, Weltäther. („Aus Natur und Geisteswelt“. Sammlung
wissensch.-gemeinverständl. Darstellungen aus allen Gebieten des Wissens. 58. Bändchen).
Leipzig, Verlag v. B. G. Teubner, 1904. 8°. 4,138 pag., 27 Fig. — Preis geh. M. 1. — , geb.
M. 1.25.
Dr. W. Wolterstorf f, Beiträge zur Fauna der Tucheier Heide. Mit Beiträgen von A.
Dollfuß u. a. Danzig, 1901. Verlag v. W. Engelmann-Leipzig. 8°. 102 pag. 5 Fig., Taf.
D r. S. Weidman, The Baraboo iron-bearing District of Wisconsin. Madison, Wis., Puhl.
by the State, 1904. 8°. 10,190 pag., 3 Fig., 23 Taf.
Bulletin du Museum d’Histoire Naturelle. Paris, Impr. Nationale, 1904. Annee
1904. No. 1—3. 8°.
K. Hop f. Der St- Bernhards-Hund (Bernhardiner). Ein Führer für den Züchter und Lieb¬
haber der Rasse. Frankfurt a. M., Verlag d. Ver. Contin. Bernli.-Freunde, 1904 . 4o. 2,126
pag., 52 Fig. — Preis M. 2.50, geb. M. 3.50.
H. Grote, Beiträge zur heimischen Avifauna. — Sep.-Abdr. a. Reichenows Ornith. Monats-
ber. Jan. Heft 1905. 8°. 7 pag.
Dr. E..S tr o m er- München, Geograph, u. geol. Beobachtungen im Uadi Natrün u. Fahregh
in Ägypten. — Sep.-Abdr. a. Abh. Senckenberg. Naturf. Ges. Bd. 29. Heft 2. Frankfurt
a. M., Verlag v. Mor. Diesterweg, 1905. Gr. 4°. 31 pag,, Taf., Karte.
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Nachdruck verboten.
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Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Heraus gegeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Alt mann, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. ßlaauw,
Direktor Dr. Heinrich Bolau, Dr. Hermann Hol an, Lehrer L. Buxbanm, P. Cahn, Prof. Dr. Carl
Eckstein, 0. Edin. Eiffe, Dr. H. Fischer- Sigwart, Job. v. Fischer, Prof. Dr.'Paul Fraisse, Geh.
Reg.-Rat E. Friedei, Amtsrichter ß. Gabler, Gymnasiallehrer L. Geisenfaeyner, Carl Greve,
Dam. Gronen, Dr. W. Haacke. Direktor Hagmann. Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Pani Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein. M Klittke, Karl Knautlie,
Th. Knottnerus- Meyer, Prof. Dr. med. W. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner,
Baron A. v. Krtideuer, Geh. -Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
Prof. Dr. R. v. Lenden feld, Dr. H. Lenz, Hofrat Dr. P. Leverkiihn, Prof. Dr. F. Leydig, Prof.
Dr. W. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. v. Meliely, Josef Menges, Geh. Hofrat Dr.
A. B. Meyer, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Müller, Pfarrer Karl Müller,
Dr. August Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Müller, Dr. J. Müller- Liebeuwalde,
H. Nehrliug, A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Ernst
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Pnrpus, Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reichenow, Geh.
Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Beurens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer*
Forstmeister Dr. Ad. Rörig, H, Schacht, Direktor Dr. Ernst Schaff, Dr. P. Schiemenz, R.
Schmidtlein, Dr. med. Schnee* Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Wilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, Dr. A. Sokolowsky, Gell. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel, Prof.
Dr, A. Voeltzkow, Dr. Franz Werner, Georg W estermann, B. Wiemeyer, Direktor Dr.
L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm, Dr. med. A. Zander, Dr. med. A. Zipperlen u. a.
Der Zoologische Garten tritt mit dem Jahre 1905 bereits in seinen
— »( 46. Jahrgang
ein. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original- Berichte
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren,
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen , liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird , hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Der Zoologische Garten erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
Illustrationen, und kostet per Jahr M. 8. — Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und Post¬
anstalten an.,
Inserate linden durch den Zoologischen Garten weiteste und wirksamste Verbreitung,
und wird die gespaltene Petitzeile mit nur 20 Pfennig berechnet.
Probe-Nummern sind von jeder Buchhandlung, sowie von der Verlagsbuchhandlung
gratis zu beziehen. Altere Jahrgänge werden zu ermäßigten Preisen nachgeliefert.
Die Zeitschrift „Zoologischer Garten“ ist in der Zeitungspreisliste für 1903 unter
No. 8979 eingetragen.
V,«.«
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Der
Zoologische Garten.
Organ
der
Zoologischen Gärten
Deutschlands.
Herausgegeben von der
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in Frankfurt a. M.
Redigiert von
Prof. Dr. O. Boettger.
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Der Zoologische Garten.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
•N0, 4. XL VI. Jahrgang. April 1905.
Inhalt.
Ab- und Zunahme, periodisch stärkeres und schwächeres Auftreten unserer Vögel, für
verschiedene Landesteile Deutschlandsund der Schweiz statistisch festgestellt; von Wilhelm
Schuster in Friedberg (Wetterau). (Unter Mitwirkung von Berge, Hocke, Leege,
.Tunghane, Otto, 1 e R o i , Wurm, Weinland, D aut und F a t i o). — Neues vom
Zoologischen Garten zu Berlin; von Theodor Knottnerus-Meyer aus Hannover.
(Mit Tafel I — III.) (Schluß.) — Das Storchnest auf dem Chordache in Zofingen (Kanton
Aargau) im neunten Jahre (1903); von Dr. H. Fi sclier-Sigwart in Zofingen. — Kleinere
Mitteilungen. — Literatur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
Ab- und Zunahme, periodisch stärkeres und schwächeres
Auftreten unserer Vogel, für verschiedene Landesteile Deutsch¬
lands und der Schweiz statistisch festgestellt.
Von Wilhelm Schuster in Friedberg (Wetterau).
(Unter Mitwirkung von Berge, Hocke, Leege, Jung h ans, Otto, le Roi, Wurm,
Weinland, Daut und F a t i o).
Weitere wertvolle Mitteilungen zu dem im vorigen Jahrgang dieser
Zeitschrift (1904 p. 369 — 375) Niedergelegten gebe ich hier bekannt.
Beobachtungsgebiete und Beobachter:
1. Lehrer R. Berge (Zwickau): Sachsen = (B.) ;
2. Maler H. Hocke, Herausgeherder »Zeitschrift für Oologie« (Berlin):
Mark Brandenburg = (H.);
3. Lehrer 0. Leege (Juist): Friesische Inseln, Friesland — (L.);
4. Gymnasialoberlehrer Prof. Dr. Junfghans (Cassel): Fulda- Werra-
Wesergebiet — (Jghs.);
5. Lehrer H. Otto (Moers): Regierungsbez. Düsseldorf und angrenzende
Distrikte Westfalens = (0.);
6. Cand. pharm. Otto le Roi (Bonn-Aachen): Niederrhein = (R);
7. Hofrat Dr. W. Wurm (Bad Teinach): Schwarzwald = (W.);
8. Hofrat Dr. F. D. Weinland (Urach): Schwäbische Alb = (Wd.);
9 Apotheker C. Daut (Bern): Kanton Bern, Mittelschweiz = (D.);
10. Univ.-Prof. Dr. V. Fat io (Genf): Kanton Genf, Westschweiz = (F.);
11. Wilhelm Schuster: Gesamthessen.
Zoolog. Gart. Jahrg. XL Vf. 1905.
7
98
Schwauz meise ( Aegithalus caudatus L.). Wohl gleicher Be¬
stand; wo aber unsere modernen Wälder viel mit jungen Fichten
und Tannen zum Schutze eingefriedigt werden, zeigt sich Zunahme
(H.). Auf der Schwäbischen Alb eher zunehmend, wohl infolge der
zahlreichen Fichtenkulturen (Wd.). Auf dem Herbstzuge, wenige
Exemplare (L.). Sehr oft im Winter auf dem Zuge (H.). Strich¬
vogel (W.).
Bartmeise ( Panurus biarmicus L.). Auf Juist einmal (L.).
Hauben- und Taunenmeiseu, auch Schwanzmeisen zur Zeit des
großen Insektenfraßes in außerordentlich großer Anzahl hier; auch
brütend (H.). Haubenmeise ( Parus cristatus mitratus Brehm).
Auf Juist beim Herbstzug einzeln (L.). Sehr vereinzelt (W.). Tannen¬
meise ( Parus ater L.). Häufiger als die vorige (W.). Wird auf der
Schwäbischen Alb infolge vermehrter Fichtenkultur häufiger (Wd.).
Auf dem Herbstzug selten (L.).
Sumpf meise (Parus palustris L.). Häufig (W.). In nassen
Jahren große Zunahme (H.). Auf Juist beim Herbstzug einzeln (L.).
Baumläufer (Certhia familiaris L.). Abnahme (W.). Auf dem
Zuge selten (L.).
Kleiber ( Sitta caesia Wolf). Abnahme (B. und W.). Bleibt
sich an Zahl trotz meist günstig ausgebrachter Bruten auf der
Schwäbischen Alb ziemlich gleich (Wd.). Wo Schwarzspechte wohnen,
recht bekannt, weil sie deren Röhren zur Brut benutzen (H.). Noch
nicht beobachtet (L.). In Bern gemein, anderswo in Abnahme (D.).
Kleiner Buntspecht ( Dendrocopus minor L.). Wird seltener
(Wd.). Anscheinend etwas in Abnahme (Jghs.). In jedem Winter in
den Mainzer Anlagen östlich von der Straße nach Zahlbach, wo er
meist die Gebüsch-Stämmchen untersucht; beim Brutgeschäft be¬
obachteten wir ihn nahe bei Zahlbach, wo er in der Höhlung eines
Chaussee- Baumes Junge fütterte (Schuster). Fehlt (L.).
Mittelspecht (Dendrocopus medius L.). Anscheinend etwas in
Abnahme (Jghs.). Abnahme (W.). Verschwindet auf der Schwäbischen
Alb an seinen gewohnten Standorten oft jahrelang, um dann wieder
zu erscheinen (Wd.). Einigemal beobachtet (L.).
Großer Buntspecht {Dendrocopus major L.). Abnahme (W.).
Auf der Schwäbischen Alb eher zunehmend (Wd.). Zunahme iufolge
des andauernden Insektenfraßes (H.). Die einzige Spechtart, die im
Sommer, bezw. Herbst gelegentlich zahlreich auf den Ostfriesischen
Iuseln vorspricht (L.). Entschieden zunehmend in den Rhein- und
Mainwäldern, in Gesamthessen (Hessen-Nassau und Großherzogtum
Hessen), auch nach Boettgers Ansicht. Die jetzt, 1904/05 — nach
der Plage von 1904 — , zahlreichen Puppen von Lophyrus pini
rührt er nicht au (Schuster).
Weißspecht ( Dendrocopus leuconotus Bechst.) und Dreizehen¬
specht ( Picoides tridactylus alpinus Brehm). Den Weißspecht glaube
ich einmal bei Frischborn im Vogelsberg (im Pfarrgarten) beobachtet
zu haben, doch fraglich; der Dreizehenspecht ist in Deutschland
Brutvogel nur in den Bayrischen Alpen (Schuster). Fehlen (L.).
Der Dreizehenspecht scheint im Kanton Graubünden noch ziemlich
häufig zu sein; ich sah letzten Herbst im Engadin und in Davos
öfters ausgestopfte Stücke. In Chur befinden sich im Museum
mehrere (D.).
Schwarzspecht ( Dryocopus martius L.). Abnahme (W.). Früher
in der Rheinprovinz eine große Seltenheit, seit zehn Jahren be¬
kannter Brutvogel im Bröltale (Reg.-Bez. Köln). (R.). Im Mainz-
Gonsenheimer Wald haben wir ein Standpärchen (Charakter vogel
des zusammenhängenden Kiefernwaldes!), dessen Nistbaum ich aber
nicht coram publico verraten will — — denn Schutz den Denk¬
mälern der Natur! In den Dezembertagen 1904 ging der Schwarz¬
specht schou vor Uhr nachmittags in die Schlafhöhle, am hellen,
sonnenschönen 8. Januar 1905 erst nach 4 Uhr. Der Bestand in
Hessen nimmt zu. Ich konstatierte den Vogel bisher bei Mainz,
Raunheim, Offenbach, Friedberg, Gießen-Lich und auf dem Hahnen¬
kamm (Schuster). Auffallende Zunahme im Kiefernwalde, selbst in
kleinen Bauernheiden, Abnahme im Laubwalde. Seit zwei Jahren
ist eine Verminderung im Kiefern walde zu spüren (H.). Hat sich
erst seit 15 Jahren hier seßhaft gemacht (Jghs.). Fehlt (L.). Häufig
noch im Entlebuch (Kant. Luzern). (D.).
Grauspecht ( Ficus canus viridicanus Wolf). Fehlt auf den
Friesischen Inseln wie überhaupt im Nordwesten (L.).
Grünspecht (Picus viridis L.). Selten (W.). Abnahme auf der
Schwäbischen Alb (Wd.). Er hat sehr zugenommen und ist häufig
geworden, gleichviel ob im Laub- oder Nadelwalde (H.). Spricht
auf den Inseln nur sehr selten vor (L.).
Wendehals (Iynx torquilla L.). Abnahme (B.). Leider nach
meinen Beobachtungen überall Abnahme ; er ist hier eher selten zu
nennen (H.). Auf dem Zuge häufig (L.).
Garte nlaubvogel ( Hippolais hippolais L.). Hat seit einer
Reihe von Jahren zugenommen (Jghs.). Starke Zunahme (H.). Im
Vogelsberg singt öfters ein einzelnes Männchen 14 Tage lang, ohne
100
ein Weibchen anzulocken, worauf es die Gegend verläßt (Schuster).
Nistete früher öfters auf den Inseln, jetzt weniger; auf dem Zuge
ziemlich häufig (L.).
Fitislaubvogel ( Phylloscopus trochilus L.) und Weidenlaub¬
vogel ( Phylloscopus rufus Bechst.). Auf dem Zuge sehr häufig, als
Brutvögel fehlend (L.).
Waldlaubvogel ( Phylloscopus sibilator Bechst.). Scheint mir
abzunehmen (Jghs.). Abnahme (B.). Gemein in den Laubwäldern
um Gießen und in den Randwäldern der Wetterau, der häufigste
Laubvogel auf dem pfälzischen Donnersberg (Schuster). Auf dem
Zuge selten (L.).
Gartengrasmücke (Sylvia Simplex Lath.). Es ist eine, wenn
auch nicht sehr starke, Abnahme zu bemerken (Jghs.). Recht merk¬
liche Zunahme, weil hier in der Mark Laubholzanlagen mehr als
sonst entstellen (H.). Regelmäßig auf dem Zuge, aber nicht so
häufig wie Dorn- und Zauugrasmücke (L.).
Mönchgr asm ücke (Sylvia atricapilla L.). Abnahme (B.). Ist
hier durchaus nicht so häufig wie die Sperbergrasmücke (H.). Hat
auf der Schwäbischen Alb seit etwa 20 Jahren zugenommen (Wd.).
Abnahme; sehr viele gehen in den Dohnen zugrunde (0.). Auf
den Friesischen Inseln wie vorige (L.). Überwinterte in Greifswald
1900/01 (Schuster)^ vergl. »Jahrb. f. Ornith.« !
Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria Bechst.). Hier die seltenste
Art; leidet unter Entwässerungen (H.). Kommt in Niederhesseu nicht
vor (Jghs.). Fehlt (L.).
Zaungrasmücke (Sylvia curruca L.). Hat zugenommen, weil
sie kleine Fichtenanpflanzungen anderen vorzieht (H.). Auf dem Zuge
häufig (L.). Trotz des Verbotes werden in Bern alljährlich viele Gras-
mücken-Bruten ausgenommen (D.). S. curruca et cinerea ont diminue
un peu dans les environs de Geneve par suite de la destruction de
beaucoup de haies (F.).
Dor ugr asm ücke (Sylvia Sylvia L.). Hat zugenommen (H.).
In einem der 90er Jahre (1893?) trat sie im Vogelsberg sehr stark
auf (Schuster). Sehr häufiger Brutvogel, aber erst seit etwa
15 Jahren mit der Zunahme des Gestrüpps auf den Inseln ; vor
30 Jahren war sie so gut wie unbekannt (L.).
Schwarzes Wasserhuhn (Fulica atra L.). Abnahme (B.).
Hält sich in immer noch stattlicher Anzahl als recht häufig zu
nennender Brutvogel auf den großen Seen uud in einzelnen Paaren
selbst auf kleinen Tümpeln (H.). Auf den Ostfriesischen Inseln einzeln
101
iu den Zugperioden auftretend; läßt sich dann und wann auch
wohl infolge von Übermüdung auf der See nieder. Auf den »Meeren«,
den grünen Landseeu Ostfrieslands, noch immer zahlreich (L.).
Grünfüßiges Teich huhu (Gallinula cliloropus L.). Am Nieder¬
rhein gleichbleibeud, weil geschont (0.). Taucht auf den Ostfriesischen
Inseln in der Zugzeit ab und zu auf. Findet wegen seines geringen
Flugvermögeus öfters seinen Tod in den Meereswellen. Auf den
Koltern an der Küste in gleichbleibendem Bestände, ebenso auf den
Landseen (L.).
Tüpfelsumpfhu h n ( Ortygometra porzana L.), Kleines Sumpf¬
huhn (0. parva Scop.) und Zwergsumpfhuhn (0. pusilla Pall.).
Das Tüpfelsumpfhuhn tritt regelmäßig während des Zuges auf den
Inseln auf, entgeht aber häufig der Beobachtung (L.). Das Kleine
Sumpfhuhn ist wegen seiner besonderen Ansprüche an ein geeignetes
Brutgebiet weniger zahlreich als das vorige; auch das Zwergsumpf¬
huhn macht besondere Ansprüche auf ein bestimmtes Aussehen eines
Gewässers, ist daher selten. Wenn aber ein ihm passendes Sumpf¬
gebiet vorhanden ist, dann oft in Anzahl (H.).
Wiesenralle ( Grex crex L.) und Wasserralle ( Eallus aqua -
ticus L.). Wiesenralle in Abnahme (B. und Jghs.). Hat außer¬
ordentlich abgenommen (H.). Ist in manchen Teilen der Schwäbischen
Alb verschwunden; früher häufig (Wd.). Wasserrallen traten in den
heißen April- und Maimonaten zahlreich auf, doch halte ich sie für
sich vermindernde Vögel (H.). Erscheinen in manchen Sommern
iu auffallend größerer Zahl (Jghs.). Wie das Tüpfelsumpfhuhn (L.).
Strandläufer {Tringa). Haben außerordentlich abgenommen
(H.). Tringa canutus L. auf den Ostfriesischen Inseln während des
Zuges in manchen Jahren zu Millionen, dann wieder in geringer
Zahl. Tr. alpina L. wird als Brutvogel immer seltener, ist aber im
übrigen außer der Brutzeit gleichbleibend und in ungeheuren Mengen
vorhanden. Tr. ferruginea Brünn, hat gegen früher bedeutend ab¬
genommen, Tr. minuta Leisl. kommt auf dem Herbstzuge noch regel¬
mäßig vor, aber bald tausendweise, bald in geringen Mengen, und
Tr. temmincki Leisl. hat abgenommen und tritt nur noch sporadisch
auf (L.). Alle Strand- und Wasserläufer ( Totanus ) haben in der
Rhein provinz gegen früher auf dem Durchzuge erheblich nachge¬
lassen (R.).
Kampfläufer ( Totanus pugnax L.), Uferschnepfe ( Limosa
limosa L.) und Pfuhlschnepfe {L. lapponica L.). Totanus pugnax
L. hat außerordentlich abgenommen und ist fast unbekannt gewor-
102
den (H.). Wird als Brutvogel immer seltener, auch auf den Nord-
und Westfriesischen Inseln (L.). Limosa limosa L. Wird hier Piep-
schuepfe genannt und ist seit einigen Jahren eine neue Erscheinung
in der Mark; war bisher nur westlich von Berlin, wo kein Torfbau
mehr betrieben wird und wo die Wiesen wieder Zuwachsen und ver¬
sauern (H.). Tritt während des Zuges auf den Inseln immer nur
einzeln auf, nistet aber auf den großen »Meeden« (Grasflächen)
immer noch häufig (L.). Limosa lapponica L. Auf dem Zuge noch
ebenso häufig wie früher (L.).
Brachvögel ( Numenius ). Auf unseren Moor- und anderen
nassen Wiesen immer noch in genügender Anzahl ; es kommen hier
große Züge durch (H.). Numenius arcuatus L. In der Brutzeit nur
in geringer Zahl vagabundierend, außerhalb derselben — wenn kein
Frost ist — noch etwa ebenso massenhaft wie früher (L.). Numenius
phaeopus L. wie der vorige (L.).
Kiebitz ( Vanellus vanellus L.). Abnahme (B. und 0.). In vielen
Gegenden des Niederrheins als Brutvogel gänzlich verschwunden oder
selten geworden (R.). Sein in Niederhessen schon sehr geringer Be¬
stand scheint noch in Abnahme (Jghs.). In der Nähe Berlins sehr
im Verschwinden (H.). Auf den Ostfriesischen Inseln als Brutvogel
ziemlich zahlreich, aber in Zahl nicht zunehmend. Auf dem Ost¬
friesischen Festlande in den letzten Jahren in Zunahme, weil die
meisten Grundbesitzer das Eiersuchen auf ihren Weiden verbieten (L.).
Große Sumpfschnepfe ( Gallinago media Frisch). Sehr selten
geworden (H.). Selten und noch mehr in der Abnahme (L.).
Bekassine (Gallinago gallinago L.). Abnahme (B.). Über¬
wintert bei uns zahlreich (Schuster). In der Nähe Berlins sehr im
Verschwinden (H.). Auf Borkum und Juist zuweilen als Brutvogel,
auf dem Zuge aber noch immer häufig. Auf dem Festland immer
noch ziemlich zahlreich als Brutvogel (L.).
Kleine Bekassin e (Gallinago gallimda L.). In Abnahme (H.).
Auf dem Zug, besonders im Herbste, häufig; einzeln auch imWinter(L.).
W ald Schnepfe (Scolopax rusticula L.). Gleich geblieben (W.).
Abnahme (H.). Ihr Zug hat außerordentlich abgenommen (L.).
F ischreiher (Ardea cinerea L.). Außerordentlich selten gewor¬
den (W.). In stetiger Abnahme an den Bächen der Schwäbischen
Alb infolge unausgesetzter Verfolgung (Wd.). Fast verschwunden (0.).
In stetiger Abnahme für die Oberwesergegend, für das eigentliche
Niederhessen (Fulda- und Eddergebiet) als Brutvogel verschwunden
(Jghs.). Brutplätze an den Mooser Teichen im Vogelsberg, bei Raun-
103
heim a. M., auf den Rheinauen zwischen Biebrich und Bingen
(Schuster). Wohl in Abnahme, aber trotzdem noch in vielen Tausen¬
den vorhanden, weil ihnen von hoher Seite aus Schutz gewährt wird;
Ankunft in normalen Zeiten zwischen dem 11. und 15. März (H.).
Auf den Watten häufig, auf dem Ostfriesischen Festlande noch in
ziemlich zahlreichen Kolonien (L.).
Weißer Storch ( Ciconia ciconia L.). Oberhesseu hat etwa
110 Horste (bei 3300 qkm Landfläche; auf ein Storchenpaar kommen
etwa 30 qkm) und entläßt im Herbst etwa 550 Störche nach dem
Süden; das »höchste« Nest steht in Herbstem (424 m) ; Vogelsberg
und Taunus sind ohne Nester; vergl. meine Arbeit im »Nass. Jahrb.
f. Naturk. Wiesbaden 1904, mit Karte (Schuster). Seit einer Reihe
von Jahren unmittelbar bei Cassel in einem Paare angesiedelt (Jghs.).
Dank der Pietät des Reichsgesetzes in Zunahme (H.). Auf dem Zuge
häufiger als früher, auf dem Ostfriesischen Festlande noch zahlreich
brütend (L.).
Schwarzer Storch [Ciconia nigra L.). Beim hessischen Batten¬
berg 1903 erlegt (Schuster). Kommt vielleicht noch in den Wal¬
dungen an der oberen Edder als Brutvogel vor (Jghs.). Mehr und
mehr in Abnahme' trotz aller Schonung der hohen Forst Verwaltung
(H.). Auf Juist nur einmal gesehen (L.).
Kranich ( Grus grus L.). In Abnahme; dort nicht selten, wo
große Sümpfe verblieben (H.). Einigemal auf Borkum gesehen (L.).
Rohrdommel (Botaurus stellaris L.) und Zwergrohrdommel
(Ardetta minuta L.). In Abnahme; treten sporadisch in Anzahl auf,
wenn wir guten Maiwuchs haben (H.). Fehlen (L.).
Lachmöwe ( Larus ridibundas L.) und S i 1 b e r m ö w e ( L . argen -
tatus Brünn.), sowie Seeschwalben (Sterna). Bei Berlin brüten
Lachmöwen in verminderter Anzahl, ebenso Trauer- und Flußsee¬
schwalben. Lach- und Silbermöwen sind hier bekannte Wintervögel,
doch brüten die letztgenannten nicht hier (H.). Lachmöwe außer der
Brutzeit meist in großer Anzahl ; nimmt ab (L.). Silbermöwe in den
Kolonien auf Borkum und Langeoog zahlreich, neuerdings aber auf
Borkum in Abnahme; auf den übrigen Inseln etliche Paare (Eier¬
sucher!). (L.). Die Kolonie auf Borkum zählt noch etwa 5 — 6000
Paare (Schuster).
Mittlere Raubmöwe (Ster cor arius pomarinus Temm.). Die
häufigste aller Raubmöwen ; von August au nur einzeln (L.).
Schmarotzerraubmöwe (Ster cor arius parasiticus L.). Auf J uist,
weit seltener (L.).
104
Eismöwe ( Larus glaucus Brünn.). Einigemal, Jugendkleider
öfter (L.).
Polarmöwe ( Larus leucopterus Faber). Einmal hier (L.).
Mantelmöwe (Larus marinus L.). Durch Nachstellungen wegen
des Balges auch seltner geworden. Brütet bekanntlich nicht an der
Nordsee (L.).
• •
Heringsmöwe (Larus fuscus L.). Erscheint sehr selten (L.). Uber
meine Bestimmung des Inhaltes ihrer starken Gewölle (Herz-, Mies-,
Bohrmuscheln und Krabben) vergl. im »Neuen Naumann« (Schuster).
Sturmmöwe (Larus canus L.). Außer der Brutzeit meist in
großer Anzahl; nimmt aber auch ab (Schießer!). (L.).
Zwergmöwe (Larus minutus Pall.). Früher nie auf den Ost¬
friesischen Inseln angetroffen, neuerdings etlichemal im Sommer und
Herbst (L ).
Drei zehen m öwe (Bissa tridactyla L.). WenigeStücke. Merk¬
würdigerweise auf Helgolaud die häufigste Art; bei uns nur in
strengen Wintern (L.).
Lachseesch walbe (Gelochelidon nilotica Hasselq.). Früher hier
unbekannt. Habe etliche Stücke im Frühjahr erlegt (L.).
Raubseeschwalbe (Sterna caspia Pall.). Im Juni 1902 hier
erlegt, sonst nie auf deu Ostfriesischeu Inseln beobachtet (L.).
Brandseeschwalbe (Sterna cantiaca Gmel.) Früher auf Borkum,
Juist und Langeoog Brutvogel, jetzt wieder völlig verschwunden.
Einzige Kolonie noch auf Rottum (L.).
K ü s te n seesch wa 1 be (Sterna macrura Naum.). Früher au
Stelle der folgenden auf alleu Inseln, jetzt fast völlig durch diese
verdrängt. Auf den Nordfriesischen Inseln sind beide in gleicher
Anzahl vertreten (L.).
Flußseeschwalbe (Sterna hirundo L.). Hat im allgemeinen
abgenommen, besonders 1903 sehr wenige gegen früher (L.).
Zwergseeschwalbe (Sterna minuta L.). Auch früher nur
immer in kleinen Kolonien auf den Inseln (L.).
Trauerseesch wal be (Hydrochelidon nigra L.). Auf den Inseln
während des Zuges einzeln, auf dem Festlande an Landseen in kleinen
Kolonien (L.).
Kormoran (Phalacrocorax carbo L.). Läßt sich im letzten Jahr¬
zehnt auf unseren Watten öfters sehen (L.).
Baßtölpel (Sula bassana L.). Erschien früher häufiger als
jetzt (L.).
105
Wachtel ( Goturnix coturnix L.). Abnahme (B.). Wird auf der
Schwäbischen Alb immer seltener (Wd.). Bei Moers fast gauz ver¬
schwunden, z. T. wohl, weil kein Buchweizen mehr gebaut wird (0.).
Soll bei Gießen -Schotten 1904 stärker aufgetreten sein (vergl.
Nerthus« 1904!) (Schuster). Am Niederrhein in den letzten zehn
Jahren als Brutvogel und Durchzügler selten geworden (R.) In
entschiedener Abnahme für Niederhessen (Jghs.). Sehr selten ge¬
worden (H.). La caille devient de plus en plus rare (F.). Auf den
Inseln nur etlichemal im Herbst, im Ostfriesischen Binnen lande wie
überall in beständiger Abnahme (L.).
Au er hu hn ( Tetrao urogallus L.). Abnahme (B.). Bestand gleich
geblieben (W.). Selten geworden (H.). Fehlt (L.).
Birkhuhn (Tetrao tetr ix L.). Das Birkhuhn ist in den letzten
Jahren in der nördlichen Eifel in Reviere eingewandert, wo es
früher fehlte; das gleiche fand am Niederrhein auf einem schmalen
Höhenzuge zwischen Hüls und Geldern statt (R.). Anscheinend in
Abnahme (Jghs.). Zunahme in unsern devastierten Heiden (H.).
Fehlt auf den Inseln, nimmt aber auf den Mooren des ostfriesischen
Festlandes zu (L.).
Haselhuhn (Tetrao bonasia L.). Starke Abnahme (W.). In
Niederhessen überhaupt sehr selten; nur in einigen Waldungen, z. B.
bei Fritzlar (Jghs.). Ist um Berlin unbekannt (H.). Fehlt (L.).
Rephuhn (Perdix perdix L.). Selten (W.). Wird auf der
Schwäbischen Alb selten, weil die sorgfältigere Ackerkultur die vielen
Hecken, ihren Unterschlupf während des Winters, von den Feldern
weggefegt hat (Wd.). Zunahme am Niederrhein trotz jährlichen
starken Abschusses (0.). In Hessen eher Zunahme (Schuster). Eher
Zunahme (H.). Auf den Inseln »domestiziert«, auf dem Festlaude
nicht in Abnahme (L.).
Große Trappe (Otis tarda L.). Abnahme (H.). Auf den Inseln
nie vorgekommen, auf dem Festland etlichemal erlegt (L.).
Lämmergeier (Gypaetus barbatus L.). Im Jahre 1887 noch
im Kanton Graubünden vereinzelt beobachtet; die im Baseler Zoo
lebenden Exemplare dürften kaum aus der Schweiz stammen (D.).
Steinadler (Aquila chrysaetus L.). Ein Weibchen am 17.Jauuar
1901 bei Frischborn, Kreis Lauterbach, in Oberhessen erlegt (Schuster).
Leider werden alljährlich mehrere Steinadler getötet und der Jungen
beraubt, sodaß sie von Jahr zu Jahr seltner werden (D.). [Dieses
Treiben wird in Jägerzeitungen und selbst noch in manchen Vogel¬
schutz-Zeitschriften belobigt; ich warne übrigens vor dem in neuerer
106
Zeit wieder beliebten Zusammenstellen von Tageszeitungs-Notizen
über »erlegte Steinadler« u. s. w., wie es auch z. B. von Seiten
v. Tscbusis in der »Ornith. Monatsschrift« 1904 geschehen ist].
L’aigle royal diminue un peu; mais il en a eucore daus les Alpes(F.).
Seeadler ( Haliaetus albicilla L.). Vom Herbst bis Frühjahr
früher regelmäßige Erscheinung; tritt in den letzten Jahren immer
seltener auf (L.). Starker Zug an der Ostküste des Baltischen Meeres
im Herbst 1904, weshalb man im deutschen Binnenlande auf den
entsprechend starkeu Rückgang im Frühjahr achten wolle! (Schuster).
Fischadler ( Pandion haliaetus L.). Scheint auf dem Main ver¬
schwunden (Schuster). Die früher regelmäßig bemerkten Durchzügler
fehlten in den letzten Jahren (Jghs.). Brutvogel, dem in hohen
Königl. Wäldern ein Asyl gewährt wird; nunmehr recht selten (H.).
Einmal auf Borkum (L.).
Schlangenadler ( Circaetus gallicus Gmel.). Im Taunus ver¬
schwunden (Schuster). Einmal auf Borkum (L.).
Wanderfalk {Falco per egrinus Tunst.). Der seit etwa 30 Jahren
beobachtete Bestand für die Umgebung Cassels schwankt zwischen
einem und drei Brutpaaren (Jghs.). Nimmt im Kanton Bern ent¬
schieden ab. Im sogeu. Lindental bei Bern, wo er früher häufig
war, befinden sich nur noch einige Brutpaare (D.). Hat gegen früher
abgenommen; auf dem Zuge (und zuweilen auch im Winter) noch
ziemlich häufig (L.).
(Gabelweihe {Milvus milvus L.). Wurde jahrelang nicht mehr
beobachtet (W.). Im Waldgebiet Darmstadt-Frankfurt-Kastel noch
wie früher (Schuster). Hat für die Umgebung Cassels entschieden
abgenommen (Jghs.). Hat bedeutend abgenommen (H.). Fehlt (L.).
Rohr weihe ( Circus aeruginosus L.). Weihen sind für Nieder¬
hessen Seltenheiten und mehr zufällige Gäste; am häufigsten ist
noch C. cganeus L. (Jghs.). Ist hier immer noch die bekannteste
Weihe (H.). Ist hier nicht Brutvogel; ihr Zug hat abgenommen (L.).
W ie sen weihe (Circus py gar gusL.). Im hessischen Ried (Schuster).
Seltenheit (H.). Auf dem Zuge nicht selten (L.).
Kornweihe ( Circus cganeus L.). Für Cassel s. oben unter G.
aeruginosus (Jghs.). Seltenheit; brütet hier auch in versumpften
Laubholzschlägen (H.). Auf den Inseln brüten einzelne Paare (L.).
Steppen weihe ( Circus macrurus Gmel.). Habe sie im Laufe
der Jahre mehrmals auf dem Herbstzuge beobachtet (H.).
• •
Uhu ( Hubo bubo L.). Äußerst selten geworden (W.). In ganz
Niederhessen und dem angrenzenden Waldeck nur noch in ein bis
107
zwei Brutpaaren (Jghs.). Kann für hier als ausgestorben gelten (H.).
Wie alle stattlich großen Raubvögel dem Untergange geweiht (D.).
Waldohreule ( Asio otus L.). Abnahme (W.). In langsamer
Abnahme (Jghs.). In den rheiuhessischen Wäldern bleibt der Bestand
sich gleich (Schuster). In jeder Bauernheide znnehmeud, namentlich
in Mäusejahren. Macht im Winter Streifzüge in Scharen von bis
zu 30 Stück (H.). Einzeln auf dem Zuge (L.).
Sumpfohr eule (Asio accipitrinus Pall.). Kann als etwas seltenerer
Brutvogel gelten und scheint mir hier sehr sporadisch zu erscheinen.
(H.). Auf den größeren Inseln in einzelnen Brutpaaren, auf dem
Zuge oft massenhaft (L.).
Zwergohreule ( Pisorhina scops L.). Le Scops ä Geneve il
y a 50 ans (F.).
Schleiereul e (Strix flammea L.). (Abnahme (B. und W.). Hat
auch hier abgeuommen (Jghs.). Hält sich sicherlich noch im gleichen
Bestand, namentlich im Vergleich mit den beiden letzten Jahr¬
zehnten (H.). In der Gegend von Bern in steter Abnahme (D.). Zu¬
weilen fliegen einige nach den Inseln herüber (L.).
Waldkauz (Syrnium aluco L.). Abnahme (W.). Nur da, wo
dichte oder hohle Bäume, sogen. Stufen, Vorkommen (0.). Hat in
der Casseler Gegend abgenommen (Jghs.). Hat an Anzahl abge¬
nommen, wohl infolge von Mangel an Bruthöhlen (H.). Fehlt (L.).
Steinkauz ( Athene noctua Retz.). Abnahme (B.). Hat auch
hier abgenommen (Jghs.). Hat nur auf Norderney einigemal ge¬
nistet, sonst fehlend (L.).
Rauhfußkauz (Nyctala tengmalnii Gmel.). Ein deutscher Ge-
birgsvogel wie der folgende (Schuster).
Sperlingskauz ( Glaucidium passerinum L.). Bis jetzt habe
ich ihn bei uns noch nicht beobachtet (Schuster).
Elster (Pica pica L.). Fast verschwunden (W.). Hat in unserer
Gegend abgeuommen (Jghs.). Hat sehr abgenommen (H.). Streicht
seltner nach den Inseln herüber, ist aber auf dem Festlande noch
ziemlich häufig (L.).
Eichelhäher (Garrnlus ylanäarius L.). Nimmt etwas ab (W.).
Zeigt iu Hessen vielerorts Zunahme (Schuster). Bestand wechselnd,
doch im großen und ganzen eher Zunahme (Jghs.). Hat stark zu¬
genommen, weil seine Feinde, Wauderfalk und Hühnerhabicht, jetzt
vielfach fehlen; außerordentlich starke Herbstzüge (H.). Fehlt auf
den Inseln zuweilen längere Jahre, kommt dann aber plötzlich iu
108
großen Zügen. Auf dem Festlande ist er ein sehr häufiger Brut¬
vogel (L.).
T a n u en h äher (Nucifraga caryocatactes L.). Durchzügler ( W.).
Oftmals beim Durchzuge beobachtet (H.). Einigemal auf den Inseln
während der Zugjahre gesehen (L.).
Dohle (Colaeus monediüa L.). Fehlt (W.). Sonst sehr bekannt
in Berlin hat sie an Zahl verloren; starker Zug im Winter und
Frühjahr (H.). Auf den Inseln nicht brütend, aber massenhaft auf
dem Zuge; in vielen ostfriesischen Dörfern geradezu Laudplage (L.).
Saatrabe ( Corvas frugilegus L.). Bestand ziemlich gleichbleibend
(W.). Kolossale Bestände am Niederrhein (0.). Unter allen Vögeln
bei ihm die größte Zunahme zu verzeichnen; starke winterliche
Züge; Saatkrähen verbleiben hier um Berlin (H.). Auf dem Zuge
zahlreich, auf dem Festlande verschiedene Brutkolonien (L.).
Nebelrabe ( Corvus cornix L.). Auf dem Durchzuge (W.). Zu¬
nahme, umsomehr, wo ihre Feinde fehlen (H.). Im Winter 1903 — 04
bei Bern häufiger als sonst (D.). Auf dem Zuge massenhaft mit
C. cor one', auch Wiutergast (L.).
Rabenkrähe ( Corvus corone L.). Eher Zunahme (W.). Nimmt
auf der Schwäbischen Alb durch törichte Verfolgung neuerdings
ab (Wd.). Auf dem Zuge von jeher in enormer Anzahl (L.).
Kolkrabe (i Corvus corax L.). Auf der Schwäbischen Alb noch
vor 40 Jahren Brutvogel. Scheint jetzt ausgestorben (Wd.). Im
rheinischen Hessen, ja wohl in Gesamt-Hessen ausgestorbeu (Schuster).
Hat seit mehreren Jahrzehnten sehr abgenommen, sodaß jetzt in
ganz Niederhessen nur ein bis zwei Paare vorhanden sind (Jghs.).
Außerordentlich selten geworden. Etwa vor 30 Jahren war überall
in großen Waldungen noch das eine oder andere Pärchen vorhanden ;
diese sind wohl überall verschwunden (H.). Seit Jahren nicht mehr
gesehen (L.).
Großer Würger ( Lanius excubitor L.). Abnahme (W.). Auf
••
der Schwäbischen Alb dem Verschwinden nahe (Wd.). Der Östliche
Raubwürger ( L . excubitor major Pall.) ist im Winter bei uns in
Hessen (mit Übergangsformen zum Typus), im Sommer nicht
(Schuster). In der weiteren Umgebung Cassels in starker Abnahme
(Jghs.). Nimmt rapid ab, kann aber zur Winterszeit noch bei jedem
Ausfluge beobachtet werden (H.). Bei Bern selten, häufiger im Aar¬
gebiet bei Aarberg und im »Großen Moos« (D.). Einzeln auf dem
Zuge, zuweilen auch im Winter (L.).
109
Rotrückiger Würger ( Lanius collurio L.). Abnahme (B.).
Früher häufig bei Aachen, 1902 fast vollständig fehlend (R.). In
Abnahme, seitdem infolge der Verkoppelung die Feldhecken mehr
und mehr verschwinden (Jghs.). Auf dem Zuge häufig (L.).
Grau würger ( Lanius minor Gmel.). Brütete 1903 bei Frank¬
furt in wenigstens zwei Pärchen; drei Exemplare wurden im Schlag-
gärnchen erbeutet. Vergl. »Jahrb. d. Nass. Ver. f. Naturk.« 1904
(Schuster). Tritt sporadisch auf, namentlich im Mai und Juni bei
großer Hitze (H.).
Rotköpfiger Würger ( Lanius Senator L.). Seit etwa zwei
bis drei Jahrzehnten hier fast ganz verschwundeu (Jghs.). Abnahme;
tritt sporadisch auf (H ). In letzter Zeit bei Bern wieder häufiger
(D.). Einzeln auf dem Zuge (L.).
Wiedehopf ( Upupa epops L.). Am Niederrhein als Brutvogel
gegen früher selteu geworden (R.). Abnahme im Reg.-Bez. Düssel¬
dorf und den angrenzenden westfälischen Gebieten (0.). Nimmt mit
dem Verschwinden der hohlen Bäume entschieden ab (Jghs.). Sehr
große Abnahme (H.). Auf dem Zug sehr selten (L.).
Seidenschwanz ( Bombycilla garrula L.). Im Herbst 1904
starker Durchzug an vielen Orten Deutschlands bis ins südliche
Ungarn, Mittelitalien und Südfrankreich (tiefste Temperatur in Stock¬
holm am 30. November — 18° für Nov. und Dez.) (Schuster). Er¬
schien früher häufiger als jetzt (Jghs.). In sehr kalten Wintern
alljährlicher Durchzug (H.). Dann und wann im Herbst einzeln (L.)
Neues vom Zoologischen Garten zu Berlin.
Von Theodor Knottnerus-Meyer aus Hannover.
(Mit Tafel I — III.)
(Schluß.)
Nebeu dem alten, seit 1872 im Garten lebenden Rhinoceros
unicornis , nach dem Tode der Exemplare von Köln a. Rh. und
Hamburg, außer dem Frankfurter das einzige seiner Art in deutschen
Tiergärten, ist jetzt wieder ein Afrikanisches (Rh. bicornis) vor¬
handen. Es ist von Schillings aus Deutsch-Ostafrika in Ge¬
sellschaft zweier Ziegen mitgebracht und geschenkt worden und hat
sich bisher vorzüglich entwickelt. Die Ziegen aber teilen jetzt seinen
Käfig nicht mehr, sondern sind durch ein Gitter abgetrennt, sodaß
der >kleine« Dickhäuter sie wohl sehen kann und ihre Gesellschaft
110
par distance genießt, ohne daß er sie aber mißhandeln könnte. Dem
Umstande, daß Schillings als guter Kenner von Tieren und Tier¬
freund der kleinen Waise Gesellschaft auf dem Wege zur Küste
und während der langen Seereise gegeben hat, ist es im wesentlichen
zu danken, daß das kleine Vieh lebend und gesund nach Berlin ge¬
kommen ist, wo es sich bisher tadellos entwickelt hat.
Auch das Pferdehaus hat eine wertvolle Neuerwerbung be¬
kommen, nämlich ein Paar der neuerdings von Karl Hagen beck
iu den Handel gebrachten Wildpferde ( Equus przewalsJciji) aus der
Mongolei und Dsungarei, die wir als eine der Stammformen des
zahmen Pferdes anzusehen haben. Auch zwei neue geographische
Formen des Zebras sind zu nennen, nämlich E. transvaalensis und
E. crawshayi aus Deutsch-Ostafrika. Vom Bergzebra {JE. zebra) $
und Shetlandpony <5 ist e^n Zebroid gezüchtet, das bei dunklerer
Grundfarbe die mütterliche Schwarzstreifung zeigt. Erwähnenswert
ist auch noch ein Zwergmaultier, das einen weit weniger hä߬
lichen, mehr pferdeähnlichen Kopf hat als sonst Maultiere zu haben
pflegen.
Von Nagetieren (Rodentia) erwähnte ich bereits die in den
fertigen neuen Gehegen vereinigten Arten. Was sonst noch an
Nagern vorhanden ist, verteilt sich bis zur vollständigen Fertig¬
stellung der Anlage für Nager auf das Elefanten- und das Alte
Vogelhaus oder, wie es jetzt im »Führer« heißt, das »Haus für
Halbaffen, Beuteltiere u. s. w.«
In ersterem Hause leben einstweilen vier Arten des Stachel¬
schweins ( Hystrix cristata , H. africae-australis , H. grotei und H.
javanica). In letzterem Hause ist dagegen die schöne Eichhörnchen¬
sammlung untergebracht, der u. a. Sciurus vittatus , Sc. prevosti,
Sc. bicolor , Sc. capistratus und Sc. ludovicianus und ferner ein Flug¬
hörnchen ( Pteromys volucella) angehöreu. Im Neuen Affenhause endlich
lebtz.Z. die kubanische Baumratte (Capromys piloridis). Weitere im
Alten Vogelhause wohnende Nager sind der Ziesel ( Spermophilus
citellus), ein recht behäbiger und munterer taurischer Hamster (CW-
cetus rufescens ), ein Geschenk Falz-Feins, Springhasen ( Pedetes
cciffer), die sich nach Känguruhart fortzubewegen pflegen, und Wilde
Meerschweinchen ( Gavia aperea ), während in den Außenkäfigen noch
zwei Arten von Murmeltieren {Arctomys marmotta und A. sibirica )
untergebracht sind,
Hier, in diesem Hause, leben auch die Zahnarmen, abgesehen
von dem im Neuen Affenhause der Affenherde des Mittelkäfigs Ge-
111
Seilschaft leistenden JDasypus villosus , nämlich ein Ameisenbär ( Myrme -
cophaga jubata) und eiu Faultier ( Choloepus didactylus).
Beuteltiere sind nur sehr wenige vorhanden. Abgesehen von
dem schon erwähnten Beutelteufel und Beutelwolfe sind im Alten
Vogelhause einig e Phalangista- und Dasyurus- Arten und einige Kängu¬
ruhs im Alten Straußenhause, das so bis zu seinem Abbruche noch
zweckmäßig verwandt wird, uutergebracht. Es sind Macropus rufus,
M. robustus und M. giganteus. Eine reichere Sammlung anzulegeu,
wird dem Garten erst nach Schaffung eines neuen Beuteltier- oder
Känguruhhauses möglich sein. Endlich seien auch noch die beiden
Ameisenigel ( Echidna hystrix ) im Alten Vogelhause erwähnt.
Wenn ich mich nun den Vögeln zuwende, so gilt es noch die
Raubvogelsammlung, die Bewohnerschaft des Stelzvogelhauses und die
des Neuen Vogelhauses, sowie das Teichgeflügel zu erwähnen.
Fasanerie und Straußenhaus, sowie die neuen Wasserflugkäfige sind
ja mit ihren Bewohnern bereits oben besprochen worden.
Die so reichhaltige Raubvogelsammlung weist als nennenswert
u. a. auf den ostasiatischen Haliaetus pelagicus , den australischen
II. leucogaster, U. lencocephalus und H. vocifer , Aquila fasciata, A.
orientalis , A. mogilnik , Spizaetus coronatus , Sp. bellicosus und occi -
pitalis , den ostafrikanischen Gänsegeier ( Gyps africanus), Vidtur
occipitalis und den von Schillings eingeführten und geschenkten
Pseudogyps schillingsi aus der Masaisteppe. Von kleineren Arten sind zu
nennen der afrikanische Zwergadler ( Nisaetus wahlbergi), zwei Bussarde
(Buteo ferox und B. augur ), ferner Melierax mechowi , etwa ein
halbes Dutzend Arten der Gattung Falco, der Schlangenadler ( Cir -
caetus gallicus), der große Cbimmango {Ibycter me gedopter us), I. chima-
chima , die madagassische Polyboroides radiata , Micrastur melano-
leucus und M. ruficollis, sowie der Kehlstreifenhabicht (Asturinula
monogrammica). Die mit den kleineren Raubvögeln vereinigten Eulen
weisen mehrere neue Arten auf, so unter acht Arten von Uhus
Bubo magellanicus , B. einer ascens , B. Sibiriens uud B. asealaphns. Weiter
ist zu nennen die amerikanische Waldohreule ( Asio mexicana ), drei
Ulula- Arten, nämlich Ulula nebulosa, U. uralensis und U. poensis ,
sowie endlich die prächtige Schneeeule ( Nyctea nyctea).
Unter den Bewohnern des Stelzvogelhauses sind die Kraniche
wiederum um zwei Arten vermehrt worden, umfassen jetzt also
vierzehn (!) Arten. Eine ähnlich reichhaltige Sammlung traf ich
bisher nur in Köln a. Rh.
112
Ich will die Arteu hier aufzählen: Grus grus , Gr. canadensis
Gr. americana , Gr. viridirostris , Gr. lilfordi, Gr. leucauchen , Gr.
carunculata, Gr. paradisea , Gr. leucogerana , Gr. collaris, Gr.
australasiana , Gr. rir^o, JBalearica pavonina und Z?. regulorum. Der
Bestand an Marabus, Jabirus und Nimmersatten ist der gleiche ge¬
blieben, von Störchen ist neu der südamerikanische Maguari ( Ciconia
maguari). Erwähnenswert ist noch der merkwürdige Trompetervogel
(Psophia crepitans) aus Südamerika, der in seinem haarartigen Feder¬
kleid fast einem kleinen Strauße gleicht.
Auf die zahl- und artenreiche Bewohnerschaft des Neuen Vogel¬
hauses näher einzugehen, ist im Rahmen dieses Aufsatzes unmög¬
lich. Ich möchte nur erwähnen, daß die Sammlung allein an
Papageien jetzt rund 150 Arten, die ganze Vogelsammlung des
Hauses aber etwa 500 Arten umfaßt.
Den neben dem Vogelhause befindlichen herrlichen, großen Flug¬
käfig für europäische Sumpf- und Strandvögel bewohnt jetzt auch
ein Baßtölpel ( Sula bassana ), dem Anscheine nach bei bestem
Wohlsein.
Unter dem Teichgeflügel ist die Pelikansammlung in aller Voll¬
ständigkeit erhalten, ebenso der Bestand an Flamingos, während die
Schwäne noch um zwei Arten, den Cygnus buccinator und C. minor ,
vermehrt worden -sind.
Von Gänsen sind neu die Sporengans ( Plectropterus gambensis)
aus Deutsch-Ostafrika und die Chile-Gans (A. dispar). Die übrigen
selteneren Arten nannte ich schon als Bewohner der Neuen Wasser¬
flugkäfige.
Auch die Enten stellen ja hier eine Anzahl seltenerer Arten.
Von den Enten der Teiche möchte ich u. a. Auas spinicauda , die
Australische Wildente ( A . super ciliosa) und die indische Fleckschnabel¬
ente (A. poecilorhyncha ), ferner die Trauerente ( Fuligüla nigra), F.
leucophthalmica und F. marila erwähnen.
Was die Tierhaltung betrifft, so ist für die härteren Affen¬
arten, d. h. alle, die das Alte Affenhaus bewohnen, eine gleiche Ein¬
richtung getroffen, wie sie schon seit Jahren in Köln a. Rh. zum
Vorteile für die dortige Affenwelt besteht. Man hat durch von den
Tieren selbst zu öffnende Klapptüren diesen die Möglichkeit gegeben,
Sommer wie Winter, wann es den lieben Vettern paßt, ins Freie
zu gehen, eine Gelegenheit, von der eifrig Gebrauch gemacht wird.
Hoffentlich wird diese Einrichtung allmählich überall eingeführt.
Ich traf sie außer in Köln u. a. in Hamburg und auch in Kopen-
113
hagen. Sie besteht, so viel ich weiß, auch in dem neuen Garten zu
Halle a. d. Saale. Jedenfalls ist den Tieren kalte, frische Luft zu¬
träglicher als warme, schlechte, wie sie bekanntlich in den meisten
Tierhäusern herrscht. Sehr erfreulich wäre es, wenn auch das Neue
Affenhaus Außenkäfige bekommen würde.
Die Großkatzen, abgesehen von den nördlichen Arten, das ganze
Jahr über in den Außenkäfigen zu lassen, wie es in Köln a. Rh. ge¬
schieht, dazu versteht man sich in Berlin bis jetzt nicht. Doch sind
wenigstens die Türen des Großen Raubtierhauses auch jetzt noch,
im November, den ganzen Tag über für den Eintritt frischer Luft
geöffnet. Dagegen genießen noch alle Antilopen, ausgenommen an
regnerischen Tagen, täglich die frische Luft. Nur die Giraffen bleiben
von den Bewohnern des Antilopenhauses im Hause.
Selbst Elefanten, Einhörniges Nashorn (seit 1872 im Garten)
und Tapire gehen jetzt, im November, noch ohne Schaden für ihr
Wohlergehen in die Außenparks, Tiere, die man doch sonst noch
meist recht zu verwöhnen pflegt. Sehr zu gefallen scheint allerdings
den großen Rüsseltieren unser nordischer Winter nicht. Das Stim¬
mungsbarometer schien mir unter Normal zu stehen. Dagegen haben
die Flußpferde bereits ihr Winterhaus bezogen. In anderen Gärten,
so in Köln und Hannover, pflegt man sonst diese länger als die
Elefanten ins Freie zu lassen. Auch das ganze Einhufervolk be¬
zieht noch täglich die Ausläufe. Das gleiche ist mit allen Bewohnern
des Stelzvogelhauses und der Neuen Fasanerie der Fall, während die
Afrikanischen Strauße, die ich bei Hagenbeck auch im Winter im
Freien traf, im Hause waren. Was sonst noch zu sagen war, habe
ich bereits angeführt, wie z. B. bei den freifliegenden Fasanen.
So ist das Bild, das der Berliner Garten bietet, ein durchaus
erfreuliches. Und es ist ein gutes Recht der Leitung des Gartens stolz zu
sein auf das, was bisher erreicht worden ist, ohne dabei den stän¬
digen Fortschritt zu vergessen. Und das geschieht nicht, sondern
immer neue Pläne zur Erbauung weiterer Häuser und Gehege folgen
einander.
Vor rund sechzig Jahren, 1845, war es, als König Friedrich
Wilhelm IV. aus königlicher Gnade dem auf Anregung Lichtensteins
gegründeten Aktieuvereine des Zoologischen Gartens »bei« Berlin,
wie man damals noch mit Recht sagen konnte, ein Gelände von
rund 90 Morgen Flächeninhalt, das zur ehemaligen Fasanerie ge¬
hörte, überwies. So wurde durch die Gunst unseres Königshauses
die Begründung des Gartens ermöglicht, des ersten in Deutschland,
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 8
114
des dritten in Europa. Vor ihm sind die Gärten zu London und
Antwerpen in den Jahren 1829 und 1843 begründet worden, wäh¬
rend allerdings die Menagerie des Jardin des Plantes in Paris und
die zu Schönbrunn noch älteren Datums sind. König Friedrich
Wilhelm aber bezeugte sein lebhaftes Interesse auch weiterhin da¬
durch, daß er alle auf der Pfaueninsel bisher gehaltenen Tiere mit
ihren Käfigen dem Garten überwies und ihm einen Jahreszuschuß
von 15,000, von 1843 ab von 25,000 Talern bewilligte. Doch blieb
der Garten in den ersten 25 Jahren bei einem Tierbestande von
etwa 100 Arten in bescheidenen Verhältnissen. Auch Alexander
v. Humboldt gehörte in dieser Zeit dem Verwaltungsrate an. Im
Jahre 1869 wurde mit königlicher Genehmigung ein neues Statut
eingeführt, und es wurden 1000 Aktien zu M. 300 ausgegeben und
die alten Aktien — es wareu bis 1869 nur 191 Stück zu M. 300 —
umgetauscht.
Die Leituug des Gartens führte bis 1869 nach Lichtensteiu
Professor Dr. AV. Peters, der mit dem damaligen Fiuanzminister
v. d. Heydt die finanzielle Neuordnung durchführte.
In diesem Jahre trat der vom Kölner Garten berufene Dr. Bodinus
als wissenschaftlicher Direktor an die Spitze des Gartens. Durch Aus¬
gabe von Obligationen schaffte mau die nötigen Geldmittel, und
jetzt begann die Periode Ende & Böckmann für den Garten. So
entstanden im Feldzugsjahre das Große Raubtierhaus, die Adler¬
käfige und der Neue Bärenzwinger, 1872 das Antilopen-, 1873 das
Elefantenhaus, 1874/75 der große, vornehme Konzertsaal und 1883
das Neue Affenhaus, Schöpfungen, die zuerst den Weltruf des
Gartens erringen halfen.
Nach Bodinus Tode leitete von 1884 bis 1888 Dr. Max Schmidt,
der vom Frankfurter Garten berufen wurde, die Direktoratsgeschäfte,
dessen Nachfolger wiederum ein Direktor des Kölner Gartens, Dr.
Ludwig Heck, wurde, der bis heute dem Garten als wissen¬
schaftlicher Leiter vorsteht. Unter Dr. Hecks Leitung wurde der
Tierbestand auf seine heutige Höhe — rund 1300 Arten von Säuge¬
tieren und Vögeln — gebracht, eine von keinem andern Garten er¬
reichte Zahl! 1895 entstand dann der jetzt eingerichtete Flügel des
Neuen Vogelhauses, dessen zweiter Flügel noch der Erbauung harrt,
1896 neue Hirschhäuser, denen sich 1898, 1900 und bis jetzt gleiche
Neubauten anschlossen. 1897 wurde das Stelzvogelhaus und das Neue
Haus für Kamele und Antilopen eröffnet. In neuester Zeit folgten
dann alle die oben von mir eingehender besprochenen Neuschöpfungen.
115
Daneben wurden unter Herrn Dr. Hecks Leitung neue Ver-
waltungs- und Wirtschaftsgebäude, sowie der imposante Eingang
am Kurfürstendamm erbaut, ferner die elegante Dreisternpromenade
angelegt, elektrische Beleuchtung im ganzen Garten eingeführt und
allerlei Neubauten für Restaurationszwecke, so das »Wiener Cafe«
aufgeführt. Der Verkehr im Garten ist jetzt bei täglich stattfinden¬
den Doppelkonzerten (Sountags mit drei Kapellen) derart ange¬
wachsen, daß der Wirt an schönen Sommersonntagen bisweilen
50 — 60,000 Gäste bewirten muß! Seine bevorzugte Lage im feinen
Westen an der Charlottenburger Stadtgrenze hat dem Garten auch
dauernd den Besuch und die Gunst der ersten und der wohlhaben¬
dsten iBevölkerungsklassen erhalten. Er ist wie etwa der schöne
Kölner Garten ein Treffpunkt der Gesellschaft geworden.
Die große Anzahl wertvoller Geschenke aus dem Inlande wie aus
dem Auslande beweist, welcher Wertschätzung sich der Garten er¬
freut. Die immer zunehmende Ausdehnung des Betriebes machte
die Anstellung eines kaufmännischen Direktors nötig, dem die ge¬
samten Verwaltungsgeschäfte übertragen wurden. Herrn Meißner,
bisher Direktor der Berliner Panoramagesellschaft, wurde diese Stellung
übertragen. In neuester Zeit, seit dem 1. Juli 1904, steht Herrn
Dr. Heck in der wissenschaftlichen Leitung des Gartens der bisherige
wissenschaftliche Assistent, Herr Dr. Heinroth, zur Seite.
So hat sich der Berliner Garten im Laufe der Jahre zu seiner
heutigen Höhe emporgearbeitet. Einst der erste zoologische Garten
in Deutschland ist er auch heute noch als der erste zu bezeichnen,
ja noch mehr als das! Heute schon, wo noch so viele Pläne aus-
credacht werden und so manche Wünsche unerfüllt sind, ist er der
erste Garten der Welt! Es wäre dringend zu wünschen, daß auch
au Allerhöchster Stelle, von wo den angewandten Naturwissen¬
schaften, der Technik, so viel Interesse und Verständnis entgegen¬
gebracht wird, für dieses schöne Institut, dessen Bedeutung für die
Wissenschaft und besonders auch für den Unterricht gar nicht hoch
genug eingeschätzt werden kanu, Anteilnahme und Wohlwollen ge¬
weckt werde.
116
Das Storclinest auf dem Chordache in Zofingen (Kanton Aargau)
im neunten Jahre (1903). *)
Von Dr. H. Fischer-Sigwart in Zofingen.
Übungsgemäß folgen hier wieder die im letzten Jahre gesam-
• melten Notizen über unsere Störche, da die Zeit ihrer Zurückkunft
nun wieder herannaht. Es sind, da in unserm Storchfamilienlebeu
keine großen, neuen Begebenheiten mehr Vorkommen, noch die Notizen
aus den benachbarten Horsten aufgenommen und einige interessante
Episoden von andern Orten eingeflochten worden.
Schon am 9. Januar flogen fünf Störche vom Born (Borneggen)
gegen die Eggenscheide, also etwa von Westen nach Osten ziemlich
in der Richtung, in der die aus den südlichen Ländern zurück¬
kehrenden anzukommen pflegen. Man hörte aber nachher nichts
mehr von ihnen. Die ersten Nachrichten über das Aukommen von
Störchen bei den Nestern kamen aus Buchs im Kanton St. Gallen,
wo sie am 22. Febr. beim Neste einrückten. In Brittnau kamen
am 1. März beide miteinander au.
Anders in Zofingen, wo am 2. März abends der erste ermüdet
ankam und eine zeitlang im Neste ausruhte. Der zweite rückte
erst am 11. März ein, nachdem in der Bevölkerung schon wieder
einige Besorgnis Platz gegriffen hatte. Vor der Ankunft des zweiten
machte sich der erste viel mit dem Reinigen des Nestes zu schaffen, das
bei der schlechten Witterung im letzten Jahre etwas in Unordnung
gekommen war. Das Qualmen des Peches und das Geräusch der
Maschinen, die in diesen Tagen längere Zeit direkt unter dem Neste
zum Reinigen und Pichen der Bierfässer der dort befindlichen Brauerei
in Betrieb gesetzt wurden und deren Dampf das Nest oft ganz ein¬
hüllte, genierte den im Neste beschäftigten nicht im mindesten.
Am 15. März hatte sich das Paar auf dem Chordache häuslich
eingerichtet und das Familienleben schon einige Tage vorher begonnen.
Am 5. März, abends 5 Uhr, war in Kölliken das Storchpaar
angekommen und hatte klappernd vom Neste auf dem Gasthofe zum
Bären Besitz genommen. Es verschwand aber am gleichen Tage
wieder und war bis zum 24. März, an welchem Tage man beim
Storchenvater Rats erholte, nicht mehr sichtbar. Dieser empfahl,
das Nest zu untersuchen, bekam dann aber keine Nachricht mehr
l) Vergl. Zool. Garten Jahrg. 1896 p. 99—107, 1897 p. 108—118, 1898
p. 156-161, 1899 p. 297—302, 1900 p. 341—348, 1901 p. 241-247, 1902
p. 293—300 und 1903 p. 377—385.
117
vuu dort. Es wareu nämlich von verschiedenen Orten her Nach¬
richten gekommen , daß Störche bei ihren Nestern augekommen
seien und diese wieder verlassen hätten. Es stellte sich dann heraus,
daß vom vorigen Jahre her, wo wegen des schlechten Wetters viele
Bruten eingegaugen waren, noch die toten Jungen im Neste lagen.
Wo diese daun noch rechtzeitig durch Menschenhand beseitigt wurden,
bezogen die Störche auch die Nester.
ln Zofingen war im vorigen Jahre nur ein Junges ■ davonge¬
kommen. Das batte aber zur Folge, daß die Alten die anderen
Jungen, die ebenfalls eingegangen waren, beseitigt hatten, um bei
der Aufzucht des einzigen Jungen nicht behindert zu sein. Wo aber
die ganze Brut eingegaugen war, hatten die Alten das Nest samt
der toten Brut verlassen und waren erst diesen Frühling dahin zurück-
• •
gekehrt, wo sie die Überreste der toten Jungen noch vorfanden, was
sie veranlaßte, das Nest nicht zu beziehen. Man konnte vermuten,
daß in Kölliken so etwas im Spiele war.
Am 2. April wurde in Zofingen vom Wächterstübchen im Kirch¬
turm aus die erste Visitation des Nestes vorgenommen. Der Storch
brütete, und als er sich nach einiger Zeit erhob, zeigten sich drei
Eier, zwischen denen er längere Zeit mit dem Schnabel herum¬
stocherte, um die Unterlage zu lockern. Dann setzte er sich wieder
darauf, indem er noch Bewegungen machte, die bezweckten, sich in
die Unterlage einzuwühlen und fester auf den Eiern zu liegen.
Die beiden Zofinger Störche machten im Frühling und Sommer
1903 viele Exkursionen ins Zofinger Mühletal. Schon der zuerst
angekommene tat das, als er noch allein war, so daß ich, als ich
einmal das Mühletal in seinem Anfänge kreuzte, von den dortigen
Anwohnern mit etwelchem Bedauern gefragt wurde, ob nur einer
angekommen sei. Ich konnte ihnen aber beruhigende Auskunft er¬
teilen, denn gerade an dem Tage, es war der 11. März, war der
zweite zugereist.
Es ist den beiden nachgeredet worden, daß sie in den kleinen
Bächlein im hintern Mühletal Forellen gemaust hätten, ein schwerer
Vorwurf, der den ihnen feindlich Gesinnten wieder Anlaß geben
könnte, gegen sie Kapital zu schlagen. Viele Leute glauben, der
Storch, sowie überhaupt die Tiere sollten so gescheit sein, daß sie
unterscheiden könnten, was für Nahrung sie auswählen müssen, um
die Menschen nicht zu erzürnen. Leider ist dieser Vogel nur ein
Tier, das hierüber kein Urteil hat, und das wohl gelegentlich die
gute Gelegenheit ergreift. Das sind aber Ausnahmen, denn Fische
118
gehören nicht zu seiner Hauptnahrung, sondern Mäuse, Schnecken,
Frösche u. s. w., und es ist sehr zweifelhaft, ob er in den kleinen
Bächlein des Mühletals mit überhängenden Ufern die flinke Forelle
erbeuten kann. Es finden sich auch Groppen dort, sowie Schnecken
und anderes Getier, das ihn ebenso sehr anzieht und leichter zu er¬
beuten ist. Es ist übrigens sehr leicht, ihn von den Jagdgründen
im Mühletal zu vertreiben; man braucht ihn nur einige Male zu
verscheuchen, so wird er sicher nicht mehr kommen, denn er merkt
sehr leicht, wo man ihn gerne duldet und wo man ihn nicht
haben will.
Am 21. August flog noch ein Storch von Nordwesten über die
Häuser der Unterstadt und setzte sich für eine kurze Weile auf das
Chordach. Das war der letzte, der in unserer Gegend gesehen wurde.
Bei einer weitern Visite im Kirchturm am 25. April lagen vier
Eier im Horste auf dem Chordache. Das Gelege war also bei der
frühem Inspektion am 2. April noch nicht vollständig gewesen, und
da das Brüten erst beginnt, wenn das Gelege vollzählig ist, so
konnte man nun berechnen, um welche Zeit die Jungen ausschlüpfen
mußten. Bis zum 4. April wird das Gelege fertig gewesen sein,
und da die Brütezeit 28 Tage dauert, so mußten die Jungen am
2. Mai ausschlüpfen.
Im Neste waren am 25. April beide Alten zugleich, ein Beweis,
daß sie keinen Nahrungsmangel litten, sondern neben der Suche
nach Nahrung noch Zeit fanden, der Ruhe zu pflegen. Der brütende
Storch hatte den Schnabel unter die aufgeblähten Halsfedern gesteckt,
um ihn warm zu halten, denn es war kalt. Der andere stand, wie
in tiefe Gedanken versunken, auf einem Bein dabei. Nach einiger
Zeit flog dieser in nördlicher Richtung ab, und nach einer weitern
Weile erhob sich der brütende und stocherte, wie gewohnt, zwischen
den Eiern herum.
Am 2. Mai wurde der Kirchturm wieder bestiegen, um nach¬
zusehen, ob die Jungen ausgeschlüpft seien. Erst nach einer halben
Stunde Wartens geruhte der brütende Storch sich zu erheben. Es
waren drei Junge im Neste, die schon vor zwei bis drei Tagen aus¬
geschlüpft sein mochten , denn sie hatten über Amselgröße und
wackelten bedenklich mit den unverhältnismäßig großen Köpfen.
Daneben lag noch das vierte Ei.
Am 3. Mai wurde vom Turme aus wieder Nachschau gehalten,
und es zeigte sich, daß nun auch das vierte Ei ausgeschlüpft war.
Dieses junge Störchlei» war aber bedeutend kleiner als die andern.
119
Offenbar war nach dem 2. April, wo drei Eier im Neste gelegen
hatten, eine etwa zwei Tage dauernde Pause eingetreteu, bevor das
vierte Ei gelegt worden war, und deshalb dies letzte Junge auch
einige Tage später geschlüpft als die andern, daher kleiner, und es
stand ihm das Schicksal bevor, aus dem Neste geworfen zu werden.
Die Zofinger Störche sind erst im Laufe der Jahre mit der Um¬
gebung Zofingens vollständig vertraut geworden. Im Anfänge flogen
sie stets nur in westlicher Richtung ab, in die Wiesen längs der
Wigger, in die sogen. »Brüelmatten«. Nach und nach besuchten
sie dann auch die Zofinger Feuer weiher, namentlich den südöstlich
gelegenen Bärmoosweiher, wo sie im Früblinge Frösche und Kröten
fanden. Dann gelaugten sie ins nordöstlich gelegene Mühletal, und
im Mai kam einer regelmäßig ins nördlich von Zofingen gelegene
Dorf Oftringen, wo er im Felde und längs des Dorfbaches jagte und
sehr zutraulich war, denn er kam ganz nahe zu den Häusern und
• •
konnte in unmittelbarer Nähe betrachtet werden. Überall aber, wo
diese Vögel Nahrung suchen, ist es notwendig, daß sie freien Aus¬
blick haben. Wo viel Gebüsch vorhanden ist, in Baumgärten, im
Walde u. s. w. zeigen sie sich ebensowenig, als sie sich in Getreide¬
felder hinein begeben ; deshalb fliegen sie auch nie vom Chordache
aus direkt nach Osten, weil dort bald das Waldgebiet beginnt.
Am 1. Juni fand vom Kirchturm aus wieder eine Inspektion
des Storchhorstes statt. Es waren nur drei fast vollständig befie¬
derte Junge im Neste. Liegend sahen sie von oben blendend weiß
aus mit zwei großen, scharf abgegrenzten schwarzen Flecken zu
jeder Seite des Rückens. Sie waren beinahe ausgewachsen, aber die
Schwungfedern staken noch in den Spulen. Der eine Alte stand
als Aufseher würdig und unbeweglich wie eine Bildsäule auf einem
Beine daneben und betrachtete mit Stolz die Produkte seiner Er¬
ziehung. Vom vierten Jungen konnte man nicht in Erfahrung
bringen, was aus ihm geworden sei; aber der Wächter beim Neste
hätte Auskunft geben können, daß die Prophezeiung, die dem armen
Spätlinge im Frühling auf den kurzen Lebensweg mitgegeben worden
war, in Erfüllung gegangen sei. Wegen Zurückbleibens in der Ent¬
wicklung, und namentlich wohl, weil er nicht rechtzeitig mit den
andern lernte, die Nestmulde von seinen Exkrementen frei zu halten,
war er beseitigt worden. In Storchkreisen kann man eben wegen
eines Jungen mit solchen Fehlern nicht die Ausbildung der andern
erschweren und ihre Schönheit gefährden.
Am 25. Juni, abends etwa um 6 x/a Uhr, flogen die Jungen zum
ersten Male aus.
120
Um diese Zeit wurde gemeldet, daß ein Storch bei der Wirt¬
schaft Hodel eine Taube bis zum Taubenhaus verfolgt habe und dann
langsam der Mauer nach zu Boden geflattert sei. Es wäre das zum
ersten Male , daß sich in Zofingen innerhalb der Stadt ein Storch
freiwillig zu Boden gelassen hätte. Er habe dann Mühe gehabt,
wieder auf das Chordach zu gelangen. Das bedeutete uuu allerdings
keine Verfolgung einer Taube, sondern es war ein verunglückter
Flugversuch eines Jungen, das nicht die nötige Höhe gewinnen
konnte, um über die Häuser weg zu kommen, und das deshalb an
der der Kirche zugewandten Seite, an der sich zufällig ein Tauben¬
schlag befand, gegen das betreffende Haus stieß. Es geriet dann
wider seinen Willen, nur aus Unbehilflichkeit, flatternd auf den
Boden, von wo es mühsam wieder zum Neste gelangte. Es war
sicherlich froh, wieder dort zu sein, und hat keine Gelüste nach
Tauben gehabt, und vorher und seither kam dergleichen auch nicht
mehr vor.
Am 3. Juli morgens hatte sich einer der jungen Störche in
einen Garten auf der nördlichen Seite der Stadt verirrt. Auch das
war wieder ein mißlungener Flugversuch. Er machte dort den ganzen
Morgen hindurch Anstrengungen, fortzufliegen, unter großer Be¬
teiligung des Publikums, das glücklicherweise durch die Umzäunung
des Gartens in richtiger Distanz gehalten wurde. Das Auffliegen
gelang ihm erst gegen Mittag, als sich ihm eine Frau näherte, die
ihm Zucker offerieren wollte, was für ihn jedoch kein Leckerbissen
gewesen wäre. Er erschrak darüber so sehr, daß ihm die Angst
die Kraft gab, aufzufliegen. Abends waren dann wieder alle drei
Jungen im Neste.
Am 4. Juli machten um die Mittagszeit zwei um den Kirchturm
herum Flugübungen und setzten sich oft auf dessen Vorsprünge, so
auf die Fenstereinfassung des »Türmerstübchens«, von wo aus im
Sommer die Storchnestinspektionen stattfanden, und auf die Drachen¬
köpfe bei den Zeittafeln, die das Regenwasser ableiten. Nach mensch¬
lichen Begriffen, oder wenn man Menschen diese »Standpunkte« hätte
einnehmen sehen, wären das sehr gefährliche oder unmögliche
Situationen gewesen. — Der dritte junge Storch stand im Neste.
Es war jedenfalls derjenige, der sich von den oben erwähnten ver¬
fehlten Flugversuchen noch nicht ganz erholt hatte. — Im Laufe
des Juli hörte man häufig von Storchversammlungen, namentlich aus
dem »Gäu«, gewöhnlich von solchen von 20 — 30 Stück. Das waren
erst kleinere Vorversammlungen.
Am 12. August sah man auf dem Chordache noch einen Storch,
der schon seit acht Tagen allein war.
Am gleichen Tage sah man bei Mühlbach im elsässischen Münster¬
tale einen Zug von über 200 dieser Vögel , der lange kreiste und
daun südwärts abzog.
Es ist schon oft die Frage aufgeworfen worden, wohin unsere
Störche im Winter ziehen und wie lange sie zu der Reise brauchen.
Darüber kann natürlich aus eigener Anschauung keine Antwort ge¬
geben werden, sondern es kann nur mitgeteilt werden, was darüber
schon geschrieben worden ist und wie man sich diese Angelegenheit
etwa daraus zurechtlegt. Man ist in neuerer Zeit diesen Fragen
näher getreten, uud man weiß z. B. aus Beobachtungen, die zufällig
auf Sternwarten gemacht wurden, daß eine Reihe von Vogelarten,
namentlich die großem unserer Zugvögel, in sehr großen Höhen
ziehen. Die Züge von Störchen, die im Herbste beobachtet werden,
sind solche, die noch nicht endgiltig auf der Reise sind, oder erst
im Anfänge derselben. Wenn die eigentliche Abreise beginnen soll,
so kreisen die Vögel zuerst lange , wobei die Kreise in die Höhe
gehen. Sie schrauben sich höher und höher, bis sie unsern Angen
entschwinden und bis sie die Höhe erreicht haben, in der sie dann
weiterziehen. — Dieses Hinaufschrauben ist einmal an den Zofinger
Störchen beobachtet worden, als sie direkt vom Chordache aus zu
kreisen begannen und die Kreise immer höher hiuaufzogen. Gewöhn¬
lich aber sammeln sie sich in den tiefem Regionen zu mehr oder
weniger großen Flügen und ziehen, so lange sie sich noch in unsern
Gegenden befinden und das Wetter günstig ist, in diesen Regionen
dahin. Erst etwas später begeben sie sich in die Ungeheuern Höhen
hinauf, bis zu denen unser unbewaffnetes Auge nicht dringen kann;
und das Kreisen der 200 Störche bei Mühlberg am 12. August be¬
deutete wohl dieses Hinaufschrauben , also den Anfang des Zuges.
Man kann sich nun den Weitergang des Zuges so vorstellen, daß
sich in diesen Regionen dann die großen Züge bilden, die hie und
da beobachtet werden, wenn sie sich dem Ende der Reise und damit
auch wieder der Erdoberfläche nähern , und daß diese Züge dann
die gerade Richtung nach dem Endpunkte der Reise annehmen. Die
Fortbewegung ist dann nicht nur ein eigentliches Fliegen, sondern
ein Dahingleiten, ein auf das geringste Maß beschränktes Fallen auf
einer schiefen Ebene, ähnlich wie ein Floß auf einem Flusse dahin¬
gleitet. Diejenigen, die glauben, ein solches Floß treibe nur mit
dem Wasser, bewege sich also nicht schneller als das Wasser, sind
122
sehr im Irrtum. Das Gewicht des Floßes drückt auf die Wasser¬
fläche, die ja beim Flusse eine schiefe Ebene von sehr geringem
Falle bedeutet, und durch diesen Druck wird die Vorwärtsbewegung,
das Darüberhingleiten beschleunigt. Wenn man daher vom Floße
aus einen Gegenstand, etwa ein Stück Holz, ins Wasser wirtt, so
bleibt dieses sofort hinter dem Floße zurück. So reisen auch die
Züge der großen Zugvögel in jenen hohen Regionen. Die Luftschichten
bilden die schiefe Ebene, auf denen sie dahingleiten. Die Vögel
machen dabei keine oder nur geringe Flugbewegungen; sie gleiten dahin.
Über die Ankunft der Störche im Süden gibt ein anziehender
Bericht eines Passagiers eines deutschen Dampfers, der in der neuen
Zürcher Zeitung vom 24. Jan. 1904 erschien, Auskunft. Das Schiff
passierte den Suezkanal, und der Bericht datierte vom 30. Aug. 1903,
an welchem Tage das Ereignis vor sich ging und lautete:
»Wir liefen diesen Morgen in den Golf von Suez ein, der
30 Kilometer breit ist, so daß die malerischen Küsten sowohl von
Asien, als auch von Afrika zu sehen sind. Da bemerkten wir nörd¬
lich in weiter Ferne eine Schar von großen Vögeln, die von der
asiatischen Seite herübergeflogen kam und nach Südwesteu über
den Golf hinzog. Die Schar näherte sich rasch und kreuzte nur
wenige Kilometer vor dem Schiffe die Fahrricbtuug. Mit dem Fern¬
glase erkannten wir, daß es Tausende von Störchen waren. Sie
flogen rasch vorüber und erreichten bald das afrikanische Ufer, wo
die Spitze nach rechts umbog, so daß der Zug sich nun in nord¬
westlicher Richtung fortbewegte. Inzwischen hatte ein Offizier einen
zweiten weit großem Zug entdeckt, der den gleichen Weg daher¬
gezogen kam. Seine Spitze kreuzte in so geringer Entfernung vor
dem Schiffe vorüber, daß das bloße Auge die Vögel als Störche er¬
kannte, und so niedrig, daß einige davon nur zwei bis drei Meter
über dem Wasser dahinschwebten. Das Ende des Zuges aber war
noch gar nicht zu sehen und befand sich noch über dem asiatischen
Festlande. Jetzt berührte der Zug einen Frachtdampfer, der vor
uns herfuhr. Eine oder zwei Minuten lang geriet er in Verwirrung,
und es schieu, als könne er von dem Fahrzeuge nicht loskommen.
Schließlich trennten sich die Vögel aber wieder von dem Schiffe,
und der Zug bildete nun wieder eine gerade Linie. Fünf Minuten
später hatten wir ihn erreicht, und wir hatten nun das gleiche Spiel
unmittelbar über uusern Köpfen.
Die Vögel flogen dicht über das Schiff hinweg zwischen Schorn¬
stein und Masten hindurch. Obwohl sie mit ihren großen Flügeln
123
das Takelwerk berührten uud dadurch in ihrem Fluge gestört wurden,
so steuerten doch die nachfolgenden Vögel immer wieder auf das
Schilf los, weder durch den Rauch des Schornsteins, noch durch den
Anblick so vieler Menschen eingeschüchtert. Ein junger Storch schien
sehr müde zu sein; als er über das Schiff hinweg war, schwebte er
fast bis zu dem Wasserspiegel nieder, uud nur mit Mühe fand er
den Auschluß wieder. Endlich ließ der Zug von uns ab, uud die
Entfernung zwischen unserem Schiffe und den Störchen nahm nun
rasch zu. Wir sahen, wie die Spitze das afrikanische Ufer erreichte
und dort die Richtung einschlug, iu der die kleinere Vorhut ver¬
schwunden war, aber noch immer war auf der asiatischen Seite das
Ende des Zuges nicht abzuseheu, der also mindestens 50 km lang
war, und die Zahl der Störche belief sich auf Hunderttausende. Es
war ein großartiges und seltenes Schauspiel, das auch von den See¬
leuten noch keiner erlebt hatte. Da in Großbritannien keine Störche
Vorkommen , so fesselte dieses Schauspiel unter den Passagieren
namentlich die Engländer. Die Deutschen und Schweizer aber be¬
grüßten die Vögel mit jener freudigen Empfindung, die iu fernen
Gebieten der unvermutete Anblick eines Landsmannes hervorruft.«
Man kaun sich aus diesen Berichten und den vorhergehenden
Notizen nun eine Vorstellung machen von der Zeit, die es brauchte
um die Reise nach dem Süden zu vollziehen, wenn man annimmt,
daß am 12. Aug., wo man in Europa Züge beobachtete, der Wegzug
begann, und aus obigem Bericht ersieht, daß die Störche am 30. Aug.
dort aukamen. Die Reise hätte also 18 Tage gedauert. Bei der
uugeheuern Anzahl der Individuen dieser zwei Züge muß man die
Überzeugung gewinnen, daß dies das ganze Kontingent von Europa
und all den Gegenden war, deren Störche nach dem Süden ziehen.
Nicht alle unsere Zugvögel machen die Reise in den allerhöchsten
Regionen. Viele bewTegen sich in tiefem Schichten der Luft vor¬
wärts, viele vollführen die Reise sogar zum Teil laufend auf der
Erde, wobei nur kurze Strecken überflogen werden, bis sie ans Meer
gelangen , und eine Anzahl Arten benützt sogar die Wasserläufe,
um auf und zum Teil auch unter dem Wasser an ihr Ziel zu gelangen.
Um zum Schlüsse nochmals auf den Storch zu kommen, sei hier
des »Murrer Storches« Erwähnung getan, über den folgendes mit¬
geteilt wurde :
»In Murr wurde vor etwa sieben Jahren ein junger Storch aus
dem Neste geworfen, kam aber lebend unten an und wrurde in einem
Gänsestalle verwahrt und verpflegt, denn er erregte die allgemeine
124
Teilnahme. Sein Hauptprotektor war der Schullehrer, und die Schul¬
kinder versorgten ihn mit Nahrung, namentlich mit Mäusen und
Fröschen. Er lernte nur schlecht fliegeu. Als die andern Störche
fortzogen, machte er nicht die geringste Anstalt mitzugehen, und
seine Eltern hatten sich auch den ganzen Sommer über nicht mehr
um ihn gekümmert. Die Winterkälte tat ihm nichts , aber die
Nahrungssorge zwang ihn, betteln zu gehen. Zuerst machte er Ent¬
deckungsreisen auf die Düngerhaufen, bald aber ging er im Dorfe
von Haus zu Haus und wurde selten abgewiesen. Wenn ihm eine
Knackwurst gereicht wurde, so zerlegte und verspeiste er sie kunst¬
gerecht. Auch »Spätzle« (Knöpfli) liebte er sehr. Am liebsten war
er aber zugegen, wenn ein Schwein geschlachtet wurde, weil er da
stets leckere Bissen bekam, und so kam es, daß der Todesschrei eines
Schweines für ihn die schönste Musik war, und wenn er ihn hörte,
so kam er geflügelten Schrittes herbei. So lebt er nun seit Jahren
und ist mit der ganzen Einwohnerschaft bekannt und namentlich mit
der Schuljugend vertraut, währenddem er mit seinesgleichen nie Ver¬
kehr hat. Im Sommer 1903 war er noch am Leben und wird ein
Einwohner von Murr bleiben bis an sein seliges Ende.«
Kleinere Mitteilungen.
Aufruf!
Die Wirbeltierfauna der Provinz Hannover.
Da über die Wirbeltierfauna der Provinz Hannover noch keine zusammen¬
hängende Arbeit erschienen ist, vielmehr die Lokalfaunen und einzelnen Mitteilungen
in Zeitschriften und Werken zerstreut sind, so habe ich mir die Aufgabe gestellt,
eine solche Zusammenstellung auszuarbeiten. Ich bitte darum alle diejenigen, die
über die Wirbeltierfauna der Provinz geschrieben haben , ganz gleich, ob es sich
um umfangreiche oder kleinere Arbeiten, kurze Mitteilungen oder auch nur um
Benennung der Provinz in einem Werke oder in einem Aufsatz handelt, um Angabe
der einschlägigen Arbeiten unter Nennung des Werkes oder der Zeitschrift, des
Erscheinungsjahres und der Seitenzahl. Lieb wäre es mir, wenn jedesmal bemerkt
würde, ob die Arbeit faunistischen oder auch biologischen oder phänologischen
Wert hat. Allen Einsendern im voraus schönen Dank.
Hannover, am Bokemahle 10A. Hermann LÖns.
Spechtmühlen. Die (Großen Buntspechte ( Dendrocopus major ) sind
jetzt — im Februar 1905 — wieder in den hessischen Wäldern eifrig daran,
»Hackerle« — Kien- oder T annäpfel bezeichnet im hessischen Sprachempfindenganz
das gleiche1) — auszuklauben. Die Brüder Schuster, die während mehrerer
9 Die ganze Berichtigung Geisenheyners in Jahrg. 1905 p. 22 hätte kurz so zu-
sammeng efaßt werden können: In „Jahrg. 1904 Seite 348 ist statt Tipulu zu setzen Culex“
125
/
Winter der Entstehung der »Spechtmühlen« ein eingehendes Studium gewidmet
haben, teilen mit, daß der Specht, wenn er den Zapfen holt, diesen entweder ab¬
bricht oder aber abmeißelt und dann im Fallen aufgreift. Die Gewohnheit ist
nach den verschiedenen Gegenden typisch verschieden.
Ferd. Wegner, stud. ing.
Zoologischer Garten in München in Sicht. In München hat sich
am 25. Februar 1905 ein Verein »Zoologischer Garten München« gebildet mit
einem Ausschüsse von 15 Mitgliedern, die Oberstleutnant a. D. Manz und Prof.
Dr. Hertwig zu Vorsitzenden, Rentier Reichenberger und Dir. Gust, Meyer
zu Schriftführern und Dir. Frh. v. Pechmann und Dir. Rosa zu Kassierern
gewählt haben. Zu einem Gründungsfonds sind bereits erhebliche Beiträge
gesammelt worden. Die Mitgliedschaft kann erworben werden durch Zeichnung
eines einmaligen Mindestbeitrages von M. 100. — ; der höchste bisher von einem
Einzelmitgliede gezeichnete Beitrag beziffert sich auf M. 5000. — . Die wichtige
Platzfrage ist endgültig gelöst. Da das Unternehmen nur gedeihen kann, wenn
die nötigen Grundstücke kostenlos zur Verfügung stehen, konnte nur Hellabrunn
mit den Isarauen im Süden der Stadt in Frage kommen. Es handelt sich hierbei
um die im Besitze der Stadtgemeinde befindlichen ehemals Fcßlerschen Grundstücke,
um den anschließenden Harlachinger Steilhang, der im Privatbesitz des Kommerzien¬
rates Heil mann ist, und um die Südspitze der städtischen Isarauen von der
Marienklause abwärts in der Richtung der Thalkirchener Brücke. Das in der
reizvollsten Gegend des Isartals gelegene Areal umfaßt alles in allem etwa 90
Tagwerk und ist zur Anlage eines zoologischen Gartens wie geschaffen. Die
benötigten städtischen Grundstücke werden dem Unternehmen von seiten der beiden
städtischen Kollegien völlig kostenlos zur Benützung überlassen ; Kommerzienrat
Heilmann aber hat schon früher die unentgeltliche Überlassung seines Steilhanges
zugesichert. — Wir dürfen dem rührigen Ausschüsse heute schon zu seinen
bedeutenden Erfolgen gratulieren; eine gute und billige Restauration wird freilich
in München viel zum Gelingen eines solchen Unternehmens beitragen müssen.
(Nach München. Allgem. Zeitung No. 97, III. Blatt v. 28. Febr. 1905.)
B ttgr.
Kleine ornithologisc he Notizen. Der Schwarzspecht ( Dryocopus
martius ) des Gonsenheimer Waldes suchte im Dezember 1904 und Januar 1905
seine Schlafhöhle schon um l/2^ Uhr nachm, auf; im Sommer ist dies seine Brut¬
höhle; ihren Standort möchte ich im Interesse für die lebenden Denkmäler der
heimischen Natur nicht verraten. — Schellenten ( Nyroca clangula ), Mittlere
und Kleine Säger ( Mergus serrator und albellus),\ 3 Trauerenten ( Oedemia
nigra) am 28. Januar 1905 bei der Königsklinger Au im Rhein (Budenbeim-Heicles-
lieim). — Eine Kolonie nistender und brütender Wacholderdrosseln ( Turdus
pilaris) stellten wir 1897 in einem Kiefern-Feldwäldchen bei Fulda fest. Im
folgenden Jahre waren sie bei der zigeunerhaft umherstreichenden Lebensgewohn¬
heit dieser Art (worauf man früher ein angebliches »Einwandern aus dem Norden«
aufgebaut hat) verschwunden. Sie hatten sich irgendwo anders angesiedelt.
Wilhelm Schuster.
Der Felsensittich ( Conurus patagonus Viell.). Zu den nicht regelmäßigen
Erscheinungen des Vogelmarktes in Buenos Aires gehört der Felsensittich. Jahrelang
bleibt er oft dem Markte fern und kommt dann wieder zu seiner Saison, die in
126
die Monate Dezember, Januar und Februar fällt, aber nicht allzu zahlreich, vor.
Die von hier in den Handel gebrachten Tiere kommen vorzugsweise aus dem Süden
der Provinz Buenos Aires aus den Gegenden von Mar del Plata, Necocheo, Quequen
u. s. w. Dort haben sie in dem bergigen und felsigen Gelände die beste Gelegenheit
ßrutplätze anzulegen. Aber auch in mehr nördlichen Gegenden, wo die natürliche
Beschaffenheit Brutplätze zu finden nicht mehr vorhanden ist, weiß der »Loro
baranquero«, wie er hier genannt wird, Rat. Er gräbt seine Höhlen hier in die
Wände der großen Kampbrunnen, der »Jagueles«, trotzdem daraus fast täglich
Wasser gezogen wird. Bevor die Jungen ausfliegen, werden sie dem Neste
entnommen und mit einem steifen Maismehlblei aufgefüttert. So kommen sie auf
den Markt, und es erklärt sich daraus auch, daß alle Conurus patagonus , die von
englischen, französischen und z. T. auch deutschen Seeleuten aufgekauft werden,
so zahm nach Europa gelangen. Da, wo der Felsensittich häufig vorkommt, ist
er auch ein wegen seines vorzüglichen Fleisches begehrtes Wildbret und ziert
häufig den Tisch des Jägers. Oswald Straßberger.
Literatur.
Naumanns Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas. Neue Bearbei
tung. Herausg. v. Dr. C. R. He n nicke in Gera. Bd. 1 (1905). Gera-
Untermhaus, Verlag v. Fr. Eug. Köhler. Gr. Fol. 46, 258 pag., 35 Fig., 2
Schwarz- und 30 Chromotafeln. — Preis brosch. M. 12. — , geb. M. 18. — .
Dieser letzte Band1) des monumentalen Werkes, zu dessen glücklicher Vollen¬
dung wir Herausgeber und Verleger die herzlichsten Glückwünsche aussprechen,
ist dem Herzog Friedrich II. . von Anhalt gewidmet und enthält außer mehreren
Vorreden Beiträge zur Lebensgeschichte und einen Teil der Briefe der drei Ornitho¬
logen aus der Familie Naumann, weiter einen Allgemeinen Teil (von G. Berg)
und Abschnitte über den Bau des Vogelkörpers und über das Vogelei und seine
Entwicklung (von 0. Taschenberg), über das äußere Leben der Vögel (in der
Hauptsache von Willi. Blasius mit Unterstützung von Eug. Rey und Jos. v. Pleyel)
und über Vogelschutz (von C. R. Hennicke). Der spezielle Teil, der die Drosseln
( Turdidae ) behandelt, ist ganz von Rud. B las ius bearbeitet mit kleinen Beiträgen
von 0. Kleinschmidt für Buticilla titys (L.) und von C. R. Hennicke für Saxicola
isabellina Rüpp. Eingehende Berücksichtigung finden in diesem letzten Bande, der
in der angenommenen Systematik ja eigentlich der erste ist, die Gattungen Erdsänger
(Erithacus pJiilomela, luscinia, rubeculus, cyaneculas und suecicus), Rotschwänzchen
(Ruticilla titys und phoenicurus) , Braunelle (Accentor collaris, modularis und
montanellus ), Steinschmätzer ( Saxicola oenanthe, stapazina, aurita , plesclianka ,
deserti , leucura und als Anhang isabellina ), Wiesenschmätzer (Pratincola rubetra,
rubicola und moussiert), Merle (Monticola saxatilis und cyanus ), Erddrossel
(Geocichla sibirica , mollissima , varia und dauma), Walddrossel (Turdus merula ,
torquatus , rußcollis , fuscatus, obscurus, atrigularis , naumanni, migratorius,
0 Vergl. unsre Besprechungen <ler früheren Bände im Zool. Garten Jahrg. 1898 p
198—199 (Bd. II), 1901 p. 124—125 (Bd. III), 1903 p. 165-166 (Bd. IV), 1899 p. 295-296 (Bd. V)
1897 p. 351-352 (Bd. VI), 1900 p. 156-157 (Bd. VII), 1903 p. 235—236 (Bd. VIII) und p. 302—
303 (Bd. IX), 1901 p. 193-194 (Bd. X), p. 163-164 (Bd. XI) und p. 132-134 (Bd. XII).
127
mu&icus , pilaris , iliacus , viscivoru s, fuscescens, pallasi und swainsoni ), Katzen-
drossel (Mimus carolinensis ) und Spottdrossel ( Harporhynchus rufus).
Von den zwei Schwarztafeln stellt die eine den Yerdauungsapparat der Henne,
die andre Vogelfußspuren dar; die 30 Chromobilder bringen mit Ausnahme von
zweien, die wieder von A. Reichert sehr schön zur Anschauung gebrachte Eie
zeigen, Vogeltypen. 25 von ihnen stammen aus der Künstlerhand Br. Geislers, zwe
von J. G. Keulemans, eins von E. de Maes. Am besten haben uns die Tafeln
5 und 6 (Blaukehlchen) von Keulemans gefallen; aber auch die Geislerchen Tafeln,
und namentlich Tafel 9 (Braunellen) und 19 (Ringamsel) siud recht wackere Leistungen.
Die wichtigsten Verbesserungen des ganzen nun vorliegenden Werkes im
Vergleich zu dem »Alten Naumann« sind die zeitgemäße Nomenklatur, weiter die
Zerlegung der Tafeln in der Weise, daß nicht mehr die sämtlichen Formen einer
Art auf einer Tafel abgebildet wurden, sondern die Kleider nach den verschiedenen
Jahreszeiten getrennt worden sind. Sommerkleid und Winterkleid verwandter
Arten werden also je zusammen auf verschiedene Tafeln verteilt, ein Umstand, der
zur Brauchbarkeit des Werkes erheblich beiträgt. Endlich sind die zahlreichen
wundervollen Eiertafeln neu hinzugefügt worden. Die einzige Ausstellung, die
vielleicht nur persönlicher Art ist, dürfte das unhandliche Format sein, das es dem
Kurzsichtigen — und 50% aller Naturforscher sind ja leider Myopen — erschwert,
den Text bequem zu übersehen. Aber freilich hätte der Vorschlag , der ja jetzt
zu spät kommt, den Text in halber Größe der Tafeln zu drucken und neben den
Tafelbänden handlichere Textbände herzustellen, wohl auch gewisse Nachteile gehabt.
Bttgr.
Nerthus. Illustrierte Zeitschrift für volkstümliche Naturkunde, herausgeg. von
Heinrich Barfod. 6. Jahrg. 1904, Altona-Kiel. Chr. Adolffs Verlag. 26 Num¬
mern, 500 Seiten. Pr. 5. — M.
Die erste Nummer bringt eine Tafel mit elf prächtigen Buntbildern von sel¬
tenen Cordiceps- Arten oder Tierpilzen (Prof. P. Hennings). In Nr. 3 neue Mit¬
teilungen über die Ionische Eidechse (0. Tofohr). Walter Köhler berichtet von
der erstmalig gelungenen Zucht des deutschen Moderlieschens ( Leucaspius
delineatus), Prof. Dr. Brauns über die Zinnpest, die letzthin das Dach des Post¬
gebäudes in Rothenburg a. d. Tauber ergriffen hat. Zell (Pseudonym für Dr. Baucke)
behandelt das Modethema, ob das Pferd rechnen könne; Zöppritz erklärt die Leis¬
tungen des Berliner Pferdes als Gedanken-Übertragung, bezw. hypnotische Ein¬
wirkung zwischen Dresseur und Pferd (das Gutachten des Philosophieprofessors Dr.
Karl Stumpf von der Berliner Universität, woraus sich endgültig deutlich ergibt,
daß das Pferd nicht selbständig rechnet, ist noch nicht zum Abdruck gekommen).
Dr. Paul Krefft beschreibt ausführlich seinen herpetologischen Streifzug auf Ceylon.
Nr. 10 bringt die erste, ganz zufällig erhaltene Abbildung eines von einer Spitz¬
quellschnecke ( Physa acuta ) gesponnenen Fadens. Schenkling-Prevöt bietet die
Lebensgeschichte des Maiwurms, Oscar Horn hat die Aquarienpflanzen Vallisneria
und Helodea sich allmählich rot färben sehen, Gasser beschreibt ein viergabe-
liges Gemsgehörn, Rohweder das nordfriesische Vogelheim Norderoog. Die inte¬
ressanteste der Arbeiten Brünings ist die über den Zwergstichling und seinen
Schmarotzer, den Bandwurm Schistocephalus (mit Bild). Referent stellt die Symp¬
tome zusammen, die unser Zeitalter als das »Zeitalter der Naturwissenschaft« aus-
weisen, Ludwig Schuster berichtet über die etwa 10 000 Eiben Deutschlands.
Wilhelm Schuster.
128
Eingegangene Beiträge.
H. L. in H. Den Aufsatz mit bestem Dank erhalten; die 100 Abdrücke werden besorgt.
— Dr. P. K. in Z. bei B. Herzlichen Dank tur 2 Briefe und den Aufsatz; 25 Separata sind
vorgemerkt. — Dr. F.-S. in Z. (Schweiz). 2 Arbeiten und O. S. in B. A. (Argentina) eine
Mitteilung. — W. S. in F. Aufsatz u. Besprechung erhalten; die beiden Photographien
konnten keine Verwendung finden. Wegen der Zeitschr. f. Oologie habe ich Schritte getan.
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Corrodi in llirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 6—10.
Zoologischer Anzeiger. .Herausgegeben von Prof. Dr. E. Korse heit. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 28. Jahrg., 1905. No. 13 — 17.
Ornithologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Anton Reichenow.
13. Jahrg. 1905. No. 3.
Ornithologische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt.
Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 30. Jahrg. 1905. No. 2-3.
Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 105, 1905, No. 2720—2723.
Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart. W. Koblhammer. 24. Jahrg. 1905. No. 3.
Nerthus, Illustr. Zeitschrift f. volkstümliche Naturkunde u. s. w. Herausg. v. H. Barfod.
Verl. v. R. Zimmermann, Rochlitz i. Sa. 7. Jahrg., 1905. No. 2-6.
D er Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. Salle. Braunschweig.
1905. Bd. 36. No. 19—23.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Pr ös ler. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 6. Jahrg. No. 19—23.
Blätter für Aquarien- u. Terrarien- Kunde. Herausg. v. Dr. E. Bade. Berlin.
Verlag d. Creutzschen Buchli. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 6-10.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Haven, Conn.
4. Ser. Bd. 19, 1905. No. 110.
Anzeiger d. K. Akad. d. W i s s. Wien. Math.-naturw. CI. Jahrg. 1905. No. 1—5. Wien
K. K. Hof- u. Staatsdruckerei, 1905.
Der Ornithologische Beobachter. Monatsberichte f. Vogelkunde u. Vogelschutz.
Herausg. v. C. Daut u. G. v. Burg. Bern, Verlag v. C. Daut, 1905. Jahrg. 4, Heft 2.
N a tur und Haus. Illustr. Zeitschr. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. IlesdÖrffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 13, Heft 10—11.
Zwinger und Feld. Illustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter. 1904.
Jahrg. 14. 1905. ;No. 7—10.
Die G e f i e d e r t e Wel t. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 6-10.
The Irish Naturalist A Monthly Journal of General Irish Natural History. Edit. by
G. H. Carpenter, R. L. Praeger and R. Patterson. Dublin, 1904, Eason & Son,
Vol. 13, No. 12 und Vol. 14, 1905, No. 1—2.
Proceedings of the Royal Society. London, 1904. Vol. 74, No. 499 und Vol. 75.
1904—05. No. 501—503.
Zool. Society Bulletin. No. 11, 14 u. 16, Publ. by the New York Zool. Society. New
York 1903-05. 4°.
Prof. Dr. W. Marshall, Die Tiere der Erde. Eine volkstümliche Übersicht über die
Naturgeschichte der Tiere. Mit über 1000 Abbild, u. 25 färb. Tafeln. Vollst. in 50 Lief,
ä M. 0.60. Stuttgart u. Leipzig, Deutsche Verlags-Anstalt, 1905. Gr. 4°. Lief. 45—50.
M itteilungen über die Vogelwelt. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. K. Boyer. Wien, J. Kühkopf. 5. Jahrg. 1905. No. 4 — 5.
Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das paläarktische Faunengebiet. Herausg.
v. V. Ritter v. 'J’schusi zu Schmidhoffen-Hallein, Selbstverlag, 1905, 16. Jahrg.
Heft 1—2.
Deutscher Tierfreund. Illustr, Monatsschrift f. Tierschutz, Tierkunde, Tierzucht u.
Tierpflege. Leipzig, Verlag v. Franz Wagner, 1905. 4°. Jahrg. 9. Heft 2—3.
Springfield Museum of Nat. History Bull. No. l: G. Dimmock & Fr. Knab.
Early Stages of Carabidae. Springfield, Mass. Publ. by the Museum, 1904. 8°. 55 pag.,
4 Fig., 4 Taf.
Dr. F. Siebenrock, Schildkröten von Brasilien. — Sep.-Abdr. a. Denkschr. d. Math.-Nat.
Kl. K. Ak. d. Wiss. Bd. 76, Wien, 1904. K. Gerolds Sohn. Gr. 4°. 2,28 pag. 5 Fig., 3 Taf.
Tierschutz-Korrespondenz. Herausg. v. Berliner Tierschutz- Verein, Berlin 1905.
No. 11. Gr. 8U. 8 pag.
Dr. Fr. Sarasin, Bericht über das Basler Naturh. Museum f. d. Jahr 1904. — Sep.-Abdr.
a. Verh. Naturf. Ges. Basel Bd. 18, Heft 1. 8U. 19 pag.
Prof. Dr. W. Voigt, Über die Wanderungen der Strudelwürmer in unseren Gebirgsbächen.
Sep -Abdr. a. d. Verh. Ver. preuß. Rheinl. u. Westf. Jahrg. 61, 1904. 8°. 76 pag., 9 Fig.
Derselbe, Überreste der Eiszeitfauna in mittelrheinischen Gebirgsbächen. Vortrag.—
8°. Sep.-Abdr. a. Verh. d. 14. D. Geographentags [Köln. Berlin, Verl. v. D. Reimer, 1903.
10 pag.
Zusendungen weiden direkt an die Verlagshaudluug orbetoD.
Nachdruck verboten.
Druck von Reinhold Mablau, Fa. Mahlau & WaldschmidL Frankfurt a. M
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eine Reihe completter Jahrgänge
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Bulletin du fDuseum d’ßistoire naturelle.
Schmeizerische Blätter für Ornithologie.
The Field. *■ natur und Baus.
Batur und 5chu(e. * Derthus.
Ornithologisches Dahrbuch.
Ornithologische (Tlonatsberichte.
Ornithologische fDonatsschrift.
Sportblatt für Züchter und Liebhaber non
Rassehunden. * Der Weidmann.
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Verlag von Mahlau & Waldsclimidt in Frankfurt a.
Der Zoologische Garten.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausge?(‘ üen von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. F)r. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von:
Prof. Dr. P. Allmann, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauw,
Direktor Dr. Heinrich Bolau, Dr. Hermann Bolau, Lehrer L. ßuxbanni, P. Calin, Prof. Dr. Carl
jEcksteiii, 0. Edm. Eiffe, Dr. H. Fischer- Sigwart, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh. Reg.-Rat
E. Friedei, Amtsrichter B. Gabler, Gymnasiallehrer L. Geisenheyner, Carl Greve, Dam»
Gronen, Dr. W. Haacke, Direktor Hagmanu, Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Henuicke, Direktor Dr. Hermes, Paul Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M. Klittke, Karl Knauthe,
Th. Knottnerus- Meyer, Prof. Dr. med. W. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Dr. med.
Paul Krefft, Baron A. v. Ki tidener, Geh. -Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
Prof. Dr. R. v. Lendenfeld, Dr. H. Lenz, Hofrat Dr. P. Leverkühn, Prof. Dr. F. Leydig, Prof.
Dr. W. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. v. Meliely, Josef Menges, Geb. Hofrat Dr.
A. B. Meyer, Geh. Reg. -Rat Prof. Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Möller, Pfarrer Karl Möller,
Dr. August Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Möller, Dr. J. Müller ■ Liebenwalde,
H. Nehrliug, A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Ernst
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Purpus, Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reicheno w. Geh.
Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Reuvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer,
Forstmeister Dr. Ad. Rörig, H. Schacht, Direktor Dr. Ernst Schält, Dr. P. Scliiemenz, R.
Schmidtlein, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Wilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel, Prof.
Dr. A. Voeltzkow. Dr. Franz Werner, Georg Westermann, B. Wiemeyer, Direktor Dr.
L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm, Dr. med. A. Zander u. a.
Der Zoologische Garten tritt mit dem Jahre 1905 bereits in seinen
K 46. Jahrgang )»— 1
ein. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original- Berichte
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren, )
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen. ,
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen, liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet j
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in '
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten i
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird, hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Der Zoologische Garteil erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
Illustrationen, und kostet per Jahr M. 8. — Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und Post- ]
anstalten an..
Inserate finden durch den Zoologischen Garten weiteste und wirksamste Verbreitung,
und wird die gespaltene Petitzeile mit nur 20 Pfennig berechnet.
Probe-Nummern sind von jeder Buchhandlung, sowie von der Verlagsbuchhandlung
gratis zu beziehen. Altere Jahrgänge werden zu ermäßigten Preisen nachgeliefert.
Die Zeitschrift „Zoologischer Qarten“ ist in der Zeitungspreisliste für 1903 unter
No. 8979 eingetragen.
v Frankfurt a. M.
VERLAG VON MAHLAU & WALDSCHMIDT.
1905.
Organ
der
Zoologischen Gärten
Deutschlands.
Herausgegeben von der
Keuen Zoologischen Gesellschaft
in Frankfurt a. M.
Redigiert von
Prof. Dr. O. Boettger.
Zeitschrift
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Pflege und Zucht
der Tiere.
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Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
N°- 5. XLVI. Jahrgang. Mai 1905.
1 ii h a 1 t.
Was ist die „Button-Mouse“ (Knopfmaus) der Orkaden? von C. J. Forsytli Major in
London. — Zur Frage über das Vorkommen und die Verbreitung des Schakals (Canis aureus L.)
in Dalmatien; von Prof. A. Pichler in Mostar (Herzegowina). — Zur Berichtigung; von
Theodor Ivnottnerus-Meyer aus Hannover. — Die diesjährige Straufsenzucht im
Tierpark des Herrn Friedr. Falz-Fein zu Ascania-Nova im Taurischen Gouvernement, Süd¬
rußland; von Ernst Bussius in Cöln a. Rh. — Batrachier- und Reptilienleben in Japan;
von Dr. Paul Krefft in Zehlendorf bei Berlin. — Was frißt die Maulwurfsgrille? von
Hermann tön s in Hannover. — Kleinere Mitteilungen. — Todesanzeige. — Literatur
— Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
Was ist die „Button-Mouse“ (Knopfmaus) der Orkaden?
Von C. J. Forsyth Major in London.
In der 1848 erschienenen Historia Naturalis Orcadensis
lesen wir: »In verschiedenen Teilen der Orkaden findet sieh eine
kleine Maus, die den Namen »Button-Mouse« führt. Dieses Tier
wird selten über zwei Zoll lang und wird häufig schlafend, zur
Kugel zusammeugerollt, angetroffen1).
Ob die Verfasser das Tier selbst gesehen haben, geht aus dem
vorstehenden nicht hervor, und es ist auch seitdem darüber nichts
weiter an die Oeffentlichkeit gelangt; in seiner Fauna der Säuge¬
tiere Schottlands kann Aiston nur fragen: »What is the Button-
Mouse?«2). Wir stehen heute noch vor der gleichen Frage, deren
Beantwortung im nachstehenden versucht werden soll, wobei ich
gleich von vornherein bemerken will, daß es sich um Vermutungen
handelt, da das Tier selbst noch nicht vorliegt.
*) W. B. Baikie et Robert Heddle, Historia Naturalis Orcadensis.
Zoology I, S. 15. (1848).
2) Edw. R. Aiston, Tne Fauna of Scotland . — Mammalia, S. 28 (1880).
Zoolog. Gart, Jahrg. XLVI. 1905. 9
130
Obige Augaben lauten, trotz ihrer Dürftigkeit, doch recht be¬
stimmt. Das Tier ist den Einwohnern so wohlbekannt, daß es einen
besonderen Lokalnamen führt; es wird ans verschiedenen Teilen
der Inselgruppe erwähnt und soll keineswegs selten sein. Die Größeu-
augabe, sowie der Umstand, daß es häufig schlafend augetroffen wird,
bieten meiner Ansicht nach sichere Anhaltspunkte.
Man wird zunächst an die Kleine Haselmaus ( Muscar dinus avel-
lanarius) denken. Doch ist diese kein besonders nördliches Tier;
sie kommt in gauz Schottland nicht mehr vor ; außerdem ist sie
größer als das Tier der Orkaden.
Falls es sich nicht, was äußerst unwahrscheinlich ist, um einen
ganz neuen Typus handelt, kann meines Erachtens nur der Smin¬
thus subtilis (Pallas) oder allenfalls eine diesem sehr nahestehende
besondere Art in Betracht kommen.
Mit der Streifenmaus, Birkenmaus, Sminthus subtilis, hat uns zuerst
Pallas in seiner Russischen Reise bekannt gemacht. »In den Birken¬
gebüschen« (in der Gegend um den Uralfluß, Ja'ik) »fing eine Art
kleiner grauer Schlafmäuse mit einem schwarzen Rückenstreifen und
sehr langem Schwanz (Mus subtilis) an sich zu zeigen und ist auch
forthin bis an den Jenisei in dünuen Birkengehölzen und auf den
Steppen gar nicht selten. Dieses Tierchen wird bei der geringsten
Kälte schlafsüchtig und verkriecht sich in kleine Erdritzen oder
Baumhöhlen, wo es wie eine Kugel zusammengewickelt liegt, bis es
durch die Wärme wieder belebt wird x)«. Im Anhänge (S. 706)
wird weiter berichtet, das Tier nähre sich von den Samen verschiedener
Pflanzeu und klettere, um an diese zu gelangen, an den Stengeln empor.
Der Sminthus subtilis ist auch aus Buchara und Turkestau be¬
kannt. Sa tun in führt die Art neuerdings vom Aul Gunib im Kau¬
kasus an, 2200 Meter hoch2). In Kashmir wird sie von zwei andern
Arten abgelöst, Sminthus leathemi Thomas, aus dem Krishneital,
Wardwan, in einer Höhe von 10 000 Fuß8), und Sm. flavus True aus
Zentral-Kashmir in 11000 Fuß4). Eine dritte Art, die größte, Sm.
tianschianus Salensky, ist vom Thian- Schau beschrieben wor¬
den5); eine vierte, Sm. concolor Büchner, von Gansu, N. W. China6).
0 Reise durch verschiedene Provinzen des Russischen Reichs, II, S. 408 (1773).
2) Zool. Jahrbuch., Abt. f. Systematik. IX, S. 307 (1896).
3) Ann. Mag. Nat. Hist. (6), XI, SS. 184—186 (1893).
4) Proc. U. S. Nat. Mus. Washington, XVII, SS. s. 41 — 43 (1894).
5) Extrait de 1’ Annuaire Mus. Zool. Acad. Imp. Sc. St.-Petersbourg, VIII,
SS. 17-21 (1903).
6) MdI. Biol. Acad. St.-Petersb., XIII, S. 218 (1892).
131
Alle diese vier Arten haben das gemeinsame, daß ihnen der schwarze
Rückenstreifen fehlt. Wenn Satunin einen von Radde in den Swa-
netischen Alpen (Oberes Kubangebiet, 2571 Meter hoch) aufgefun¬
denen Sminthus wegen des gleichen Charakters mit Sm. concolor von
Gansu vereinigt1), so ist das von vornherein unwahrscheinlich ; diese
kaukasische Form wird zunächst mit den in Kashmir vorkommenden
Arten zu vergleichen sein.
Speziell interessiert uns hier die Verbreitung des Sminthus sub-
tilis in Europa. Er ist aus Rußland, südlich bis zur Krim, nördlich
bis Finnland (Tammerfors), aus Ungarn, Schweden und Dänemark
bekannt. In Trouessarts Katalog2) wird auch das östliche Deutsch¬
land als sein Wohnort angeführt; es ist mir aber nicht bekannt,
worauf sich diese Angabe stützt.
In Ungarn ist dieses Tier nicht ausschließlich Steppenbewohner.
Die ersten Exemplare kamen (1852 — 53) von den Pußteu im Stuhl¬
weißenburger Komitate3). Später wies A. Kocyan nach, »daß
sich diese Steppenform auch in der Nord-Tatra, beziehungsweise im
Gebiete des Ortes Oravitz vorfinde und aus Höhenlagen von 900 bis
1200 Meter im Frühjahre und gegen Ende des Sommers, Mitte Sep¬
tember, zu bekommen sei«. Auch aus andern mehr oder weniger
gebirgigen Gegenden Ungarns (Arväer und Arader Komitat) ist sie
nach Mojsisoviczs Mitteilungen bekannt. Es ist bereits erwähnt wor¬
den, daß der Sminthus subtilis auch im Kaukasus vorkommt.
Im südlichen Schweden wurde im Jahre 1835 ein Exemplar
in der Gegend von Karlskrona von M. W. von Düben auf einem
mit Birken bepflanzten Sandhügel entdeckt und von ihm beschrieben5);
seltsamer Weise ist seitdem das Tier nie wieder in Schweden auf¬
gefunden worden.
In Jütland wurde der Sminthus erst 1872 von Rostru p erkannt,
obgleich seit 1863 sich Exemplare von dorther im Kopenhagener
Museum befanden, die man für Mus agrarius gehalten hatte6).
Japetus Steenstrup teilte nachträglich H. Winge mit, er habe
als Kind mit einer Birkenmaus gespielt, die er im erstarrten Zustand,
1) Op. cit., S. 307.
2) Catal. Maram. I., S. 589 (1899), et Sappl, S. 489 (1904).
3) Aug. Mojsisovics von Mojsvar, Das Tierleben der österreichisch-
ungarischen Tiefebenen. 1897, S. 178.
4) L. cit.
5) Kon. Vetensk. Acad. Handl. för Ar 1840, SS. 175 — 180 (Stockholm 1842).
*, Vidensk. Medd. SS. 206—210 (1872).
132
zum Knäuel zusammengerollt, in Thv (Nordwest-Jütland) gefunden
batte. Zwischen den Jahren 1863 — 1896 gelangten etwa 30 Exem¬
plare aus verschiedenen Gegenden Jütlands — Kolding, Vejle, Hor-
sens, Aalborg, Vestervig — an das Museum in Kopenhagen, über
die Winge berichtet hat1). Es fehlt vielleicht nur am Suchen,
wenn das Tier bisher in Nordschleswig nicht zum Vorschein ge¬
kommen ist. Auf den Inseln Dänemarks ist es nie gefunden worden.
Die Streifenmaus ist, wie Winge überzeugend nachgewiesen hat,
der Familie der Dipodiden einzureiheu, als deren primitivstes Mit¬
glied sie jedoch zu betrachten ist; unter lebenden Formen ist sie
am nächsten verwandt mit einer nordamerikanischen Springmaus,
Zapus2). Obgleich vorzugsweise Steppentier ist der Sminthus subtilis
doch ein besserer Kletterer als Springer. Er klettert, wie Winge
mitteilt, der das Tier lebend beobachtet hat, mit Händen und Füßen
und hilft teilweise auch mit dem Schwänze nach, was schon Pallas
bemerkt hatte ; im Springen dagegen steht er selbst der Hausmaus
nach3).
• •
Uber die Streifenmaus der Tatra berichtet A. Kocyan: »Der
Aufenthalt der Streifenmaus beschränkt sich auf die Sonnenseite, die
mit Haferfrucht bebaut ist, oder mit Forstunkraut bedeckte Schläge, die
morsche, trockene Baumstöcke enthalten. Auf der Erde ist sie sehr
geschwind, sucht aber nie die Erdlöcher auf, wie andere Mäuse, son¬
dern mit großer Geschwindigkeit erklettert sie liegende Stämme, unter
deren Rinde sie sich zu verbergen trachtet. . . Den dünnen, langen
Schwanz warfen sie auf, sobald man den Finger oder einen Feder¬
stiel an ihn anlegte, sie wanden und schlängelten ihn, hatten aber
nicht die Kraft, sich mit ihm an einem Gegenstand hängend zu
erhalten«4).
Sie hält nicht nur einen Winterschlaf ab, sondern zeigt auch
in der besseren Jahreszeit eine fast unbegrenzte Schlafsucht. »Selbst
bei ganz warmer Witterung kann es ihr einfallen, sich zur Kugel
zusammenzurollen, einzuschlafen und kalt zu werden, und man muß
sie dann lange manipulieren, bis sie wieder recht erwacht«5). Das
von Rostrup Mitte Juli eingefangene Tier ballte sich, nachdem es
’) Vidensk. Medd., S. 291 (1899).
2) Gnavere fra Lagoa Santa, E Museo Lundii, I, SS. 119, 159, 166 (1887).
3) Op. cit. S. 159.
4) cf. Mojsisovicz, Op. cit. SS. 178, 179.
5) H. Winge, Danmarks Pattedyr og Fugle; aus Frem: Den Danske Stat,
I, S. 456 (Kopenhagen, 1899).
133
gefangen und zum Transport in einen Glasbehälter gebracht worden
war, zusammen und schlief ein ; au den folgenden Tagen schlief es
den größten Teil von 24 Stunden, obgleich es im wachen Zustand
recht lebhaft in seinen Bewegungen war1).
Kocyan sagt: »Der Winterschlaf der Streifenmaus dauert länger
als jener der Siebenschläfer, und sie selbst ist mehr Nacht- als
Tagtier. Im Freien nährt sie sich im Frühjahre von süßen Wurzeln
und Samen. — Die im Käfig gehaltenen Streifenmäuse schliefen
auch sehr viel im Sommer, noch mehr bei veränderlichem Wetter
bei unter + 10° C. immer«2).
Bei Betrachtung der Abbildung eines kreisrund zusammengeroll¬
ten Sminthus 3) begreift man, daß ein Tier in einer solchen Positur
mit einem Knopfe verglichen werden kann.
Seiner großen Schlafsucht und den dadurch bedingten, versteckten
Aufentshaltorten wird es wohl zuzuschreiben sein, daß das Tier ver¬
hältnismäßig selten gefunden wird4), abgesehen davon, daß es äußer¬
lich leicht mit einer jungen Brandmaus ( Mus agrarius) zu verwech¬
seln ist.
Wenig stimmt mit der geschilderten Lebensweise, wenn Pallas
nach einem Berichterstatter mitteilt5), daß das Tier in großen Zügen
wandere, worauf sich ein tatarischer Name, Dhilkis-Sitskan6), i. e.
Mus gregalis, und einer der Pallas’schen Artnamen, vagus , bezieht.
Es beruht diese Angabe ohne Zweifel auf Verwechslung mit einem
ganz anderen Tiere, vielleicht mit Mus agrarius.
Obgleich der Sminthus subtilis fossil bisher nur — und zwar
von Nehring — im Diluvium von Nußdorf bei Wien und »subfossil«
in der Dobschauer Höhle in Ungarn nachgewiesen wurde, kann doch
') Op. cit., SS. 206, 207.
2) Mojsisovicz, Op. cit., SS. 178, 179.
3) Pallas, Novae Spec. Quad. e Glirium Ordine, Tab. XXII, Fig. 2 (1779). —
Die Abbildung ist in Schiebers Säugetieren kopiert.
4) Als Beleg, wie wenig wir noch heutzutage die Verbreitung von versteckt
lebenden kleinen Säugetieien, selbst in den vermeintlich am besten erforschten
Gegenden Europas kennen, mag hier beiläufig die interessante Tatsache erwähnt
werden, daß vor etwa 18 Monaten die Herren Baron Walter v. Rothschild
und Dr. Ernst Hartert im Unter-Engadin (Schweiz) den » Myoxus dryas Inter¬
medins « Nehr. fanden, der kurz vorher von Nehring (Zool. Anz. XXVII, S. 45,
1903) aus Steiermark und Tirol beschrieben worden war.
5) Novae Spec. Quadr., SS. 327, 328 (1779).
6j Den zweiten Teil dieser Benennung zitierte J. E. Gray, infolge eines
Schreibfehlers, als Sikistan und fabrizierte daraus einen Gattungsnamen Sicista,
mit dem man uns neuerdings, anstelle von Sminthus} beglücken will.
134
kein Zweifel darüber sein, daß er in den westlichen Teilen seines gegen¬
wärtigen Verbreitungsgebietes ein Relikt der Steppenperiode ist, da
er ja im Osten vorzugsweise in den Steppen Osteuropas und Asiens
lebt; er hat sich von der Steppenperiode bis zur Jetztzeit durch¬
geschlafen. Während seines schlafbedürftigen Daseins konnte er
aber von unendlich weiter zurückliegenden Zeiten träumen, von einem
andern Sonnenlichte, einer glücklicheren Natur. Ist er doch in der
genannten palaearktischen Fauna ein Anachronismus; mehr als alle
andern Dipodiden, die höher spezialisiert sind, hat er Bezüge zu
gewissen mitteloligocänen Nagern : im Schädelbau zu der Gruppe,
die Winge zu seinen Anomaluridae gestellt hat, speziell im Gebiß
zu Omegodus {JEJomys ), den der genannte Zoologe für den primi¬
tivsten Dipodiden hält, während er mit ebensoviel Berechtigung gleich¬
falls zu den » Anomaluridae « gerechnet werden kann.
So ist denn die Birkenmaus in zoogeographischer, physiologischer
und systematischer Beziehung eines der interessantesten Probleme
der europäischen Säugetierfauna und verdient mehr Beachtung als
ihr bisher zuteil geworden ist.
Wie ein solches Tier nach den Orkaden gelangt se;n mag,
wollen wir erörtern, wenn es erst einmal von dorther vorliegen wird.
Zur Frage über das Vorkommen und die Verbreitung des
Schakals (Canis aureus L.) in Dalmatien.
Von Prof. A. Pichler in Mostar (Herzegowina).
Da die Frage über die Verbreitung des Schakals in Dalmatien
wieder aktuell geworden und sogar eine eigene Expedition in das
Verbreitungsgebiet dieses Raubtieres abgegangen ist, die an Ort und
Stelle Jagden und Studien austel]t, dürfte es vielleicht angezeigt
sein, alle diese Frage betreffenden bisherigen Resultate zusammen¬
zufassen, um ein möglichst klares Bild dessen zu erhalten, was bisher
festgestellt wurde.
Da die Anzahl von Forschern, die das interessante Raubtier in
seiner dalmatinischen Heimat im freien Zustande oder in der Gefangen-
schaft beobachtet und dort Gesammeltes besitzen oder untersucht
aben, sehr gering ist, erlaube ich mir meine über das Tier gemachten
Beobachtungen und in Dalmatien selbst gemachten Aufzeichnungen
in Kürze niederzulegeu.
*) A. Nehring, Ueber Tundren und Steppen . . ., S. 199 (1890).
135
Der Schakal kommt in ziemlicher Anzahl auf der Halbinsel
Sabbioncello (Peljesac) vor und ist alleu Hirten und Jägern daselbst
bekannt. Von ersteren wird er wegen arger Räubereien an Schafen
und besonders an Lämmern gefürchtet. Das erfuhr ich auf meinen
wiederholten Reisen auf dieser Halbinsel, die ich nach alleu Rich¬
tungen durchquert habe. Erlegte Stücke sah ich aus Kuna, Jaujina
und Trstenik. In besonders trockenen Sommern kamen die Scha¬
kale nach Angabe des Prof. Dr. M. Mi las selbst nach Stagno Grande
in die Ortschaft, natürlich nur bei Nacht.
In weit geringerer Anzahl, aber doch noch zahlreich kommt
er auf der Insel Curzola (Korcula) vor, woher ich drei Exemplare
kenne. Einer meiner Bekannten aus der Stadt Curzola versicherte
mir im Jahre 1895, daß der Schakal keine Seltenheit auf der Insel
sei. Der erwähnte Herr, ein passionierter Jäger, der wiederholt
Schakale erlegt hat, besaß eine Bracke, weiß, etwas stockhaarig,
mit gelbeu Platten, die den Schakal jagte wie einen Fuchs. Im
Westen von Curzola soll der Schakal häufiger sein als in der Nähe
der Stadt Curzola.
Auf den kleinen Inseln zwischen Sabbioncello und Curzola
kommt er zwar nicht ständig vor, doch behaupten verläßliche Leute
aus jener Gegend, daß er daselbst wiederholt gesehen und erlegt
wurde, und es herrsche allgemein die Ansicht, daß er kleine Strecken
Meeres durchschwimme, um auf jene Inseln zu gelangen und daselbst
auf Raub auszugehen. Wahrscheinlich klingt es zwar nicht, doch
kann ich es nicht unerwähnt lassen.
Daß er heute auf der Insel M el e d a (Mljet) vorkommt, scheint
mir zwar möglich, doch sah ich bisher kein dort erlegtes Stück.
Meine Kollegen aus Dalmatien behaupten es steif und fest, daß er
in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts dortselbst keine
Seltenheit gewesen sei.
Im Jahre 1894 erfuhr ich von einem Wirte in Slauo, daß unser
Raubtier früher auf der Insel Giuppana (Sipan) vorhanden war.
Er kannte den Schakal genau, doch gab er zu, daß er damals nicht
häufig war. Ob er heute dort noch vorkommt, ist mehr als
zweifelhaft.
Sein Vorkommen auf der Insel Le si na (Hvar) wurde wieder¬
holt behauptet, doch fehlen sowohl Belegstücke als auch verbürgte
Nachrichten daher. Nach einer mir unlängst zugekommenen Mit¬
teilung eines verläßlichen Jägers aus Lesina fehlt er seit Jahren
auf dieser Insel.
136
Sehr zweifelhaft erscheint die Nachricht, daß er auf dem dal¬
matinischen Festlande heute noch vorkomme, obwohl man mir im
Jahre 1894 versicherte, daß er einst bei Slano (angeblich selbst bei
Neum-Klek) vorkam. Nach meinen letzten Nachrichten wurde das
Geheul des Schakals noch im Jahre 1903 gehört.
Alle bisher aus Bosnien und der Her zego w ina verbreiteten
Behauptungen über das Vorkommen des Schakals im Okkupations¬
gebiete sind auf Schakaldecken zurückzuführen, die aus Dalmatien
auf die Märkte von Mostar und Trebinje gebracht worden sind,
uud beruhen vorläufig durchweg auf Irrtum. Selbst die wiederholt
aufgetauchte Mähr, er komme zwischen Trebinje und Fort Dri-
jeno vor, dürfte falsch sein. Meine dortselbst im Jahre 1902 und
1903 gepflogenen Nachfragen bei verläßlichen Leuten fielen durch¬
weg negativ aus.
Ganz anders verhält sich die Frage, ob er inSlavonieu vor¬
komme. Als das erste Exemplar anfangs der neunziger Jahre in
Slavonien erlegt wurde, hielt ich es für ein aus einer Menagerie
entkommenes Stück, behielt die Sache aber im Auge, fragte überall
nach und war sehr gespannt, ob noch weitere folgen würden. Die
Erlegung eines zweiten Exemplares in Slavonien im Jahre 1902 zwingt
mich zur Annahme, daß der Schakal als äußerste Seltenheit daselbst
allerdings noch vorkommt.
Einen Schluß über die Anzahl der in Dalmatien jährlich erlegten
Schakale gestattet uns die Zahl der über Metkovic und Ragusa auf
den Mostarer Markt kommenden Schakaldeckeu zwar nicht, doch
dürfte deren Anzahl nicht so gering sein, da alljährlich etwa zehn
bis zwanzig Stück aus Dalmatien den Mostarer Markt passieren.
In Dalmatien wird der Schakal entweder mit dem Gewehr erlegt
oder, wie gar viele der von mir in Mostar untersuchten Decken
zeigten, im Eisen gefangen.
Die Jagdarten auf den Schakal sind meist entweder eine Hetze
mit Brackhunden oder der Anstand in der Luderhütte. Eine Treib¬
jagd in den Macchien kann nur in durchforstetem oder kupiertem
Terrain von Erfolg begleitet sein.
Zwei von mir längere Zeit in der Gefangenschaft beobachtete,
aus Curzola stammende, junge Schakale sprachen allen in der
Literatur hervorgehobenen Behauptungen über die leichte Zähmbar¬
keit dieser Tiere Hohn. Mit gekrümmtem Rücken, zurückgezogenem
Gehör und geklemmter Lunte gäckerten sie jeden an, der sich ihnen
137
näherte, und wiesen jedem mit offenem Fange ihr Milchgebiß, zeit¬
weise rechts und links tückisch schnappend.
Ihre Laute waren anfangs kreischend- fauchend, später klangen
sie wie etwa: »käk-käk-käk-käk« oder »käk-käk-käk-käk-käk-käk«.
Nach einiger Zeit nahmen sie das ihuen auf einer Stange darge¬
reichte Futter zwar zögernd und mißtrauisch au, wurden aber nie
recht zahm.
Es ist zwar möglich, daß der Umstand, daß die beiden Tiere
in einer vergitterten Kiste verwahrt waren und sich nicht fort¬
während unter dem Einflüsse menschlicher Gesellschaft an den Umgaug
mit Menschen gewöhnten, einige Schuld au ihrem wilden Benehmen
trug, denn eigentlich ist es doch der permanente Anblick des Men¬
schen, der ein wildes Tier allmählich an diesen gewöhnt und ihm
langsam Vertrauen zu seinem Futterspender einflößt. Wölfe und
Fischottern wurden unter meinen Augen unglaublich zahm, letztere,
wie ich dies in einem Aufsatze in diesem Blatte zu Ende der acht¬
ziger Jahre beschrieb, geradezu hündisch lieb, folgsam und zutraulich.
Die beiden hier erwähnten Schakale stehen präpariert in der
Sammlung des Zoologischen Nationalmuseums in Agram.
Schließlich kann ich nicht unerwähnt lassen, daß die beiden
aus Slavonien stammenden Schakale keine merklichen Unterschiede
von den dalmatinischen aufweisen, sodaß es mir scheint, daß die von
Sp. Brusina im »Glasuik hrvatskog naravosloovog drustva« vorge¬
nommene Aufstellung einer Subspecies Canis aureus balcanicus im
Gegensätze zu C. aureus dalmaticus Fitz, nicht begründet erscheint.
Ob endlich eine Expedition in das dalmatinische Verbreitungs¬
gebiet des Schakals die Frage über die Verbreitung dieses Raub¬
tieres in Dalmatien lösen werde, erscheint mir einigermaßen zweifel¬
haft. Die Unwirtsamkeit der Gegeud, die zerklüfteteu, meist wasser¬
losen, nahezu unpassierbaren Karsthalden, bedeckt mit oft mehr als ein
Kubikmeter großen Felsblöcken, die undurchdringliche Macchie und
nicht minder die schlaue Verschlagenheit des nächtlichen Raubtieres
stellen selbst die Geduld des Karstjägers auf eine harte Probe.
Resultate wird die diesjährige Expedition nach Dalmatien zweifel¬
los aufzuweisen haben. Einzelne ganze Exemplare, Schakaldecken
und überlieferte Daten über die Verbreitung unseres Tieres von einst
und jetzt wird sie mitbringen. Mehr Licht über den jetzigen Stand
und die Verbreitung können wir wohl auch erwarten, aber eine end¬
gültige Lösung dieser Frage kann eine Expedition, die nur kurze
Zeit im Verbreitungsgebiet arbeitet, ebensowenig herbeiführen wie
138
eine solche, die etwa auf längere Zeit nach Slavonien zöge, um fest-
zustelleu, ob der Schakal daselbst heute noch vorkommt oder nicht.
Nur andauernde, an Ort und Stelle und in allen Teilen um¬
fassend gemachte Beobachtungen und Jagden können eine Lösung
der Verbreituugsfrage eines so freizügigen, schlauen Raubwildes, wie
es der Wolf und der Schakal sind, herbeifübreD.
Zur Berichtigung.
Von Theodor Knottenrus-Meyer aus Hannover.
Im Jahrg. 1905, Heft 3, beruft sich Herr Wilhelm Schuster
in einer Fußnote auf Seite 65 zu seinem Aufsatz »Rassen, Herden
und Züchtereien« auf mich, indem er anführt, das Mähneuschaf
(Ammotragus tragelaphus ) liebe die Trockenheit , wie die nach
meiner Angabe im Hannoverschen Zoologischen Garten des feuchten
Untergrundes wegen eingegangenen Exemplare es bewiesen.
Diese Bemerkung kann sich nur auf meine Ausführungen auf
S. 148 des Jahrg. 1904 dieser Zeitschrift beziehen. Dort aber habe
ich nur gesagt: »Leider haben sich die Tiere, wie es mit den
meisten Schafen im Hannoverschen Zoologischen Garten des
feuchten Untergrundes wegen der Fall ist, nicht lange gehalten.«
Es ist klar, daß sich diese Bemerkung nur auf die dort erwähnten
Mufflons von Cypern (0. opliion) bezog, nicht auf die am Anfänge
des Absatzes, weiter oben, erwähnten Mähnenschafe.
Trotz seines Namens ist das Mähnenschaf kein Schaf, sondern
nach den anatomischen Verhältnissen seines Schädels wie auch dem
ziegenähnlichen Aussehen, besonders der Weibcheu, und seinem
ziegenartigen Benehmen nach eine Ziege.
Das Mähnenschaf hat sich bei uns in Hannover stets gut ge¬
halten. Nur bei einem Exemplare der von Sr. Majestät dem Garten
geschenkten Tiere habe ich Verdickungen der Kniegelenke wahrge¬
nommen, die augenscheinlich auf ein rheumatisches Leiden zurückzu¬
führen sind. Mufflons dagegen, ebenso wie andere Schafe, Togo¬
schafe und dergl. hielten sich nie gut.
Der unglückliche französische Name »mouflon« für das Mähuen-
schaf scheint übrigens oft irrezuführen. So spricht Dr. Kobelt in
seinem Buche »Die Verbreitung der Tierwelt« von dem Mufflon als
einem Bewohner Marokkos ! Auch bringt letzteres Buch eine natur-
getreue Spechtsche Zeichnung zweier Präriehunde, wie sie in den
achtziger Jahren häufig in den Handel kamen, des Cynoniys ludovicianus
Ord., mit der Unterschrift »Murmeltier« !
139
Die diesjährige Straussenzuclit im Tierpark des Herrn Friedr.
Falz-Fein zu Aseania-Nova im Taurischen GouYernement,
Südrussland.
Yon Ernst Bussius in Cöln a. Rli.
Das Brutgeschäft unserer Strauße war iu diesem Jahre (1904)
mit lauter Pech uucl Verzwicktheiten gespickt, aber schließlich konnte
man doch sagen »Ende gut, alles gut«.
Das alte bewährte Zuchtpaar war, wie in den vorhergehenden
Jahren, in einer etwa zwei Morgen großen, mit Gras bewachsenen
Abzäunung untergebracht und schritt auch, wie früher, Ende März
ganz programmmäßig zur Brut, d. h. in Zwischenräumen von zwei
bis drei Tagen wurden auf dem etwa 30 cm hohen, geräumigen
Sandnest bis Ende April zwölf Eier gelegt. Am 1. Mai saß das
Weibchen schon. Die ersten Bruttage verliefen auch iu Ordnung;
Männchen und Weibchen lösten sich getreulich ab. Dann aber fing
»er«, trotz seiner Jahre ein Schwerenöter, an, in seiner Freizeit über
den Zaun hinweg mit den in der angrenzenden Steppen wildbahn
gehenden, jüngeren Straußen Weibchen zu liebeln, wobei diese ihm
sehr entgegenkamen, indem sie sich beständig am Zaun des Brut¬
platzes herumtrieben. Die Gemahlin war davon anscheinend oder
vielmehr begreiflicher Weise nicht besonders erbaut und traktierte
ihrerseits, wenn sie frei war, die zudringlichen Jungfrauen mit
Schnabelhieben. Am 5. Mai kam das erste Malheur, drei Eier des
Geleges wurden zertreten. Entweder hat das Männchen sich mal
ein wenig lange bedacht, ehe es sich ruhig niedersetzte, oder das
Weibchen trappelte, aus Eifersucht unruhig geworden, darauf herum.
Zehn Tage später wurden weitere drei Eier zerbrochen, und am 21.
noch zwei. Jetzt waren also nur noch vier Eier im Neste ; zu
unserem, allerdings nur sehr kleinen Trost wurde jedoch am selben
Tage noch eins hinzugelegt. Von diesen fünf Eiern wurden am
27. noch zwei zerbrochen. Man nahm nunmehr die übriggebliebenen
drei Eier weg und legte ihnen dafür von den jüugern Weibchen
herrührende, unbefruchtete hin. Am 3. Juni ließ man das Männchen
in die Wildbahn zu den jüugeren Weibchen, iu der Hoffnung, daß
das alte Weibchen alsdann ruhig allein brüten würde, in welchem
Falle mau ihm die drei befruchteten Eier wiedergeben wollte. Man
nahm au, daß das alte Männchen nun vielleicht mit dem einen oder
dem andern jüngeren Weibchen zur Brut schreiten würde. Beide
Ansichten schwanden aber; das Männchen machte den jungen Weib-
140
eben allerdings gauz unzweideutig den Hof, vergaß aber deshalb
doch »seine Alte« nicht, besuchte sie tagsüber öfters am Zaune und
bat abends sogar um Einlaß.
So kam das alte Weibchen doch nicht zur Ruhe, und man ließ
es deshalb am 5. Juni auch aus. Die ganze buckelige Freundschaft,
bestehend aus dem alten Paar, einem 3 ^jährigen Weibchen, einem
21/2jährigen Weibchen, einem 3 ^jährigen Männchen (das merk¬
würdigerweise noch nicht verfärbt war und keine Miene zur Paarung
machte) und drei Vorjährigen, spazierte nun in der etwa 400 Morgen
großen Steppenwildbahn zwischen den diversen andern Tieren, wie
Nandus, Kranichen, Zebras, Elen-Antilopen, Nilgaus, Kuh- Antilopen,
Säbel- Antilopen, Wasserböckeu, Saigas, Persischen Gazellen usw.,
und man war gespannt, was nun würde. Hierauf brauchten wir
aber nicht lange zu warten, denn nach zwei Tagen schon fand man
gauz am Ende der Bahn in einer dort befindlichen Vertiefung, auf
die flache Erde gelegt, ein Ei, bei dem das jüngere 3 */a jährige
Weibchen Wache hielt. Am 9., 11. und 14. Juni wurde je ein
weiteres Ei gelegt, am 17. waren deren schon sieben, am 19. neun
und am 25. Juni dreizehn.
Die Eier rührten meist von dem besagten jüngeren, teilweise
aber auch von dem alten Weibchen her, doch hielt sich nur ersteres
mit dem Männchen am Neste auf. Am letztgenannten Tage bezog
das Männchen abends zum ersten Male das Gelege und wurde morgens
von seiner neuen Gemahlin abgelöst. Das Paar besorgte nun regel¬
mäßig das Brutgeschäft, wobei das Männchen stets nachts brütete,
das Weibchen aber auch tagsüber gelegentlich auf kürzere Zeit ablöste.
Das alte Weibchen kümmerte sich nicht mehr um seinen treu¬
losen Gemahl und ging seine eignen Wege.
Obgleich die Zeit für die Brutperiode schon etwas vorgerückt
war, hatte man jetzt doch noch die schönste Hoffnuug. Am 10. Juli
trat aber ein Ereignis ein, das diese arg ins Wackeln brachte. Der
Tag brach sehr schön an ; morgens gegen acht Uhr zeigte das Ther¬
mometer bereits 24° R. und mittags 32° R. im Schatten. Mancher
der verehrten Leser schüttelt hier wohl den Kopf und denkt, 32 im
Schatten, »ich danke für Backobst« »Schöner Tag«! Na ja! Der
Mensch ist ein Gewohnheitstier; wenn man gewöhnt ist, bei 40 bis
45° R. auf der schattenlosen Steppe herumzuspaziereu, so sind 32°
im Schatten ganz annehmbar. Uebrigens ist die Hitze hier viel er¬
träglicher als draußen, wo ich z. B. bei 25° R. mehr gekocht war, als
hier bei 40°, weil die Luft trockener ist.
141
Doch nach dieser kleinen Abschweifung zurück zur Sache. Bis
zum Mittag genannten Tages war also nichts besonders Auffälliges.
Nach Mittag aber wurde die Luft schwül und bleiern ; mau vernahm
ein Vibrieren und ein eigentümliches zitterndes und knatterndes Ge¬
räusch in der Luft. Gegen 4 Uhr war der Himmel pechschwarz, einige
heftige Blitze mit markerschütterndem Donner eröffneteu den Tanz,
und dann brach ein derartiges Hagel- und Regenwetter los, daß
innerhalb weniger Minuten die ganze Besitzung Ascania-Nova in
einem See stand. Auf der Straße floß das Wasser zwei Hand hoch
nur so dahin.
Das Schauspiel wäre ganz nett durch die Fensterscheiben anzu¬
sehen gewesen, aber hier hieß es heraus und handeln. Mit Schau-
••
fein und Hacken bewaffnet stürmten die Leute durch die Ökonomie,
um teils in dieser selbst, teils in den Parks und im Tiergarten das
Wasser zu dirigieren. So unangenehm dieser Wolkenbruch einerseits
für den Tierpark erschien, hatte er aber anderseits vieles Gute, denn
man kann in dieser trockenen Gegend nie Wasser genug bekommen.
Auch die Steppenwildbahn war ein See. Das Wasser reichte
im Durchschnitt bis über die Knöchel. Alles patschte also im Wasser
herum, und es war sehr komisch anzusehu, wie die Hasen, deren
es dort eine Menge gibt, in wahren Katzensprüngen dieser ihnen
etwas allzugroßen Feuchtigkeit zu entgehen suchten.
Was war aus dem Nest der Strauße geworden, das noch dazu
in einer Vertiefung lag;? Man denke sich unser Erstaunen! Das
Männchen saß noch auf dem Gelege, bis über den Rücken unter
Wasser; nur der lange Hals und Kopf waren sichtbar. Man jagte
den Vogel auf und brachte die Eier in einem Korbe zur Gesinde¬
küche, wo sie auf dem Ofen in Stroh gebettet wurden.
Bis zum Abend war das Wasser schon größtenteils wieder in
die Erde gezogen, und andern Tags legte mau die Eier dann in die
Nähe des Nistplatzes, da dieser selbst noch voll Wasser stand. Das
Gelege wurde zu unserer angenehmen Ueberraschung sofort wieder
bezogen, und nun verlief die Brut ruhig. Ara 11., resp. 12. August
hatten wir nach bangem Hoffen die Freude, daß sieben Junge er¬
brütet wurden, wmvon aber später eins leider vom Weibchen nachts
erdrückt wurde.
Die Kleinen saßen die ersten Tage nach dem Ausfall nachts
einmal unter dem Männchen, das andre Mal unter dem Weibchen,
oder teilweise unter diesem, teilweise unter jenem. Sie hatten dann
aber wohl gemerkt, daß die junge Mutter ihr Geschäft noch schlecht
142
verstand, und saßen später nur bei dem Vater. Sehr niedlich war
es anzuschauen, wie sie die Köpfe zwischen den Flügeln hervorstreckten.
Ein Junges wurde etwa 14 Tage alt von den Alten genommen,
um es, damit es zahm würde, allein aufzufüttern. Bis heute ist das
Kerlchen ganz mobil und auch schon recht zutraulich. Solange es
die Witterung erlaubte, war es tagsüber draußen und wurde abends
in eine Vogelstube gebracht.
Es kannte gauz genau seinen kleinen Kistenkäfig, worin es
morgens ins Freie und abends wieder hereingebracht wurde; denn
es ließ sich ohne Zwaug hineintreiben, ja saß oft schon zum Abholen
bereit darin. Regnete es, so suchte es sogleich in dem Käfig Schutz.
Jetzt, Anfang November, wo hier schon eine ausnahmsweise, starke
Kälte herrscht, mit Nachtfrösten bis zu — 16° R., muß der kleine
Strauß natürlich in seiner geheizten Stube bleiben.
Vom 1. bis 10. Oktober war in Cherson eine Vogelausstellung,
die unser Benjamin nebst diversen andern Vögeln des Falz-Feinschen
Tierparks auch mitmachte. Zur Reise war ihm ein ausgepolsterter
Käfig angefertigt worden, worin er eine sechsstündige Nachtfahrt durch
die Steppe, wo gegen Morgen sogar ein schwacher Frost herrschte,
dann eine etwa achtstündige Dampferfahrt und den gleichen Weg
zurück, glücklich durchmachte.
Die Nanduzucht hatte ebenfalls verschiedene Hindernisse zu
überstehen, aber auch hier war der Erfolg doch immerhin befriedigend.
Die Nanduherde, 15 Stück, wurde in der allgemeinen Steppenwild¬
bahn gehalten, und mau machte sich wegen der Zucht keinerlei
Sorgen, weil 15 Köpfe schon mehr wie ausreichend waren. Ein
altes Paar, wovon das Männchen 14 Jahre im Tierpark ist und schon
einige Weibchen überlebt hat, ist nicht mehr zuchtfähig. Das Weib¬
chen legte zwar im Vorjahre noch einige Eier, aber vergebliche
Liebesmühe, denn der Alte tat nicht mehr mit, obgleich er zur
Brutzeit den ganzen lieben Tag seine Gattin in Balzstellung um¬
schritt, wobei er mich unwillkürlich an das Sprichwmrt erinnerte:
»Alter schützt vor Torheit nicht«.
Von den übrigen elf Pampasstraußen waren sechs vorjährig,
also noch nicht zuchtfähig, und ein Paar, das als Geschenk für
einen Tiergarten bestimmt war, wurde in einem kleinen Hofe ge¬
halten, um es schon an die bevorstehende engere Gefangenschaft
zu gewöhnen. So konnte also nur von fünf Stiickeu, zwei Männ¬
chen und drei Weibchen, erwartet werden, daß sie zur Brut schritten.
Anfangs April fand man denn auch ganz am Ende der Wildbahn
143
ein Nest, das wie stets aus einer in die Erde gescharrten Mulde
bestand, die mit etwas Gras ansgelegt war. Bis zum 9. April wur¬
den fünf Eier hineingelegt; dann aber trat eine Kunstpause ein,
denn weder wurden weitere Eier hiuzugelegt, noch machte das
Männchen Miene zu brüten.
Am 18. wurde deshalb das Gelege weggenommen. Aber man
entdeckte acht Tage später unweit des alten Nistplatzes ein neues
Nest mit drei Eiern, auf dem ein Männchen selbigen Tags schon
zeitweilig saß. Nach einigen Tagen waren schon zehn Eier im
Nest, die sehr wahrscheinlich vou allen drei zuchtfähigen Weibchen
herrührten. Dann kam jedoch ein verhängnisvoller Tag ; das ganze
Gelege wurde am 4. Mai von einer Pferdestute zerstört. Diese Stute
war mit einigen andern für einige Zeit in die Wildbahn gelassen
worden, damit sie, wie auch die übrigen, vom Zebrahengst gedeckt
würde. Das nichtsnutzige Viehchen hatte nun das Nest vielleicht
gerade verlassen vorgefundeu oder das Männchen aufgejagt; offenbar
hatte es sich aber ein Vergnügen daraus gemacht, solange im Nest
herumzutrampeln, bis auch nicht eiu Ei mehr heil war. Wäre es
nur über das Nest hinweggegangen, hätte es unmöglich alle zehn
Eier zertreten können. Doch nach dem Motto »Laß dich nicht
verblüffen« wurde nach abermals einer Woche ein drittes Nest an¬
gelegt, in dem am 13. Mai vier Eier waren, wozu vier Eier, die
das erwähnte eingesperrte Paar brachte, hinzugelegt werden konnten.
Iu wenigen Tagen wuchs die Zahl der Eier dann auf 19, die vom
andern Männchen bebrütet wurden. Ende Mai schritten die Weib¬
chen mit dem noch oder vielmehr wieder freien Männchen zu einer
zweiten, resp. vierten Brut, brachten es aber jetzt nur noch zu zehn Eiern.
Das frühere Gelege fiel am 21. Juni aus, zehn Junge, wovon
aber drei sofort tot waren. Zweifellos wurden sie von dem iu der
Kinderpflege unerfahrenen Papa erdrückt.
Die zweite Brut fiel am 10. Juli aus, an jenem in der Zucht¬
geschichte der Somali-Strauße angeführten Wolkenbruchtage. Auch
hier hatte das Männchen das Nest nicht verlassen. Sechs Junge
waren erbrütet worden, wovon aber vier in dem kalten Bade allmäh¬
lich umkamen. Die beiden überlebenden, aber auch halbtoten Tierchen
brachte mau auf den Ofen zu den Stranßeneiern, wo sie sich bald
erholten. Hierhin legte man auch die übriggebliebenen vier Nandu-
Eier, aus denen über Nacht wirklich noch ein Junges auskroch.
Die neun Kleinen von — so komisch es klingt, so natürlich
ist es doch — gleichen Müttern, aber verschiedenen Vätern, spazierten
144
dann unter Führung der beiden Papas im Tiergarten, weil dort
bessere Weide war, als in der um diese Jahreszeit ganz trockenen
Steppeuwildbahu, und daun auch, weil sie in letzterer zu leicht von
den andern Tieren gefährdet werden konnten. Jetzt haben auch
die Nandus ihr Winterquartier bezogen. Nachts und bei großer
Kälte hausen sie in ungeheizten Ställen, tagsüber gehn sie zwischen
Trappen und Kranichen auf einem geräumigen Hofe.
ßatrachier- und Reptilienleben in Japan.
Von Dr. Paul Krefft in Zehlendorf bei Berlin.
Au einem mildsonnigen Juninachmittage war ich von Kobe,
das im Verein mit seiner größeren Schwesterstadt Osaka das Haupt¬
handelsemporium des südlichen Nippon bildet, zu einer kleinen Ex¬
kursion in das nahe gelegene Gebirge aufgebrochen. Ich war des
japanischen Großstadtlebens mit der für den neu angekommeuen
Fremden geradezu überwältigenden Fülle von neuen, bizarren, oft
schwer analysierbaren Eindrücken nach wenigen Aufenthaltstagen
bereits richtig müde geworden und sehnte mich aus dem riesigen
Häuser-, richtiger Hüttenmeere mit seinen wunderlich geschnörkelten,
schreiend buht lackierten Tempeln, seinen verlockenden Kaufläden
und seinem uuergründbaren Straßenschmutz in die freie, idyllische
Natur dieses gesegneten Landes hinaus. Daß ich dabei vor allem
auch den Wunsch hegte, mal wieder nach Herzenslust auf den
Spuren der hüpfenden und schlüpfenden Kleintierwelt wandeln zu
können, verstand sich bei meinen herpetophilen Neigungen von selber,
uud ich begab mich daher mit allerhand Fang- und Transportgerät
wohl ausgerüstet auf die Tour. Als Reiseziel hatte ich den kleinen
Bergkurort Arima jenseits des felsigen Rokkosanpasses, den ich zuvor
zu übersteigen hatte, auf Anraten meines amerikanischen Reisehand¬
buches gewählt. Eine gute Strecke Weges legte ich von Kobe mit
der Bahn zurück; erst bei der Station Sumiyoshi trat ich den Vor¬
marsch zum Fuße des Gebirges an.
Das anfänglich kaum merklich ansteigende Gelände bot einst¬
weilen die in japanischen Ackerbaugegeuden stereotype Szenerie dar :
endlose, saftig sprießende Reisfelder, hier und dort von sich kreuzen¬
den Wassergräben und Heckenzäunen in ihrer frischgrünen Monotonie
unterbrochen. Aus den bereits nur mehr spärlich gefüllten Gräben
tönte ab und zu noch das verliebte, äußerst modulationsfähige
145
Gequarr der Bana esculenia wie ein in wehmütig-süßen Erinnerungen
schwelgender Nachklang des nun verstummten Masseumonstrekonzertes
zu Zeiten der Hochbruust. Den Teichfroschgesang akkompagnierte
stellenweise temperamentvolles Laubfroschgequak, so daß ich mich,
so fern der deutschen Heimat, hier von zweierlei heimatlichen Natur¬
lauten gleichzeitig begrüßt fand.
Während über die japanische Varietät unseres Teichfrosches,
die von der Stammform durch charakteristische morphologische und
koloristische Kennzeichen wie längsfaltige Rückenhaut, großen, schaufel¬
förmigen Fersenhöcker und oft prächtigere Färbung *) ausgezeichnet
ist, sich wenig mehr sagen läßt, als daß sie die gleiche Rolle im
Haushalte der Natur spielt — eine größere anscheinend im Haushalte
des Menschen! — wie unser deutscher grünröckiger Wassertreter
hierzulande, möchte ich bei der Besprechung des Japanischen Laub¬
frosches etwas länger verweilen, da hiermit die Sache anders liegt.
Äußerlich ist die var. japonica der so weit verbreiteten Hyla arborea
L. nicht allzusehr von der nordeuropäischen Form verschieden. Von
den Unterscheidungsmerkmalen ist noch das Fehlen der Hüftschlinge
das zuverlässigste, während die für var. japonica als charakteristisch
angesebeuen symmetrischen dunkeln Rückenflecke und Schenkelbinden
keineswegs verläßliche Merkmale abgeben, wenn der Frosch in voller
Lebenskraft und bei behäbigem Wohlsein in seinem grünen Revier
sitzt. Das ändert sich freilich, wenn man den schmucken Turner
aus dem üppigen Wohlleben seiner Freiheit in einen vegetationslosen
Käfig versetzt; ich beobachtete dann das Auftreten einer streng¬
symmetrischen moosgrünen Fleckenzeichnung auf dem graugrün ge-
marmelten Rücken, während die Oberschenkel sich mit einem eigen¬
artigen Rotbronzeglanze, der auch dem übrigen Körper nicht ganz
fehlte, zu schmücken begannen. Auch Spritstücke zeigen häufig die
symmetrische Fleckenzeichnung. Ganz anders jedoch ist die faunistische
Bedeutung einzuschätzen, die dem Japanischen Laubfrösche gegen¬
über seinem nordeuropäischen Stammesbruder zukommt. Während
dieser eigentlich nirgends massenhaft auftritt — nicht einmal zur
Laichzeit, wenn sich die Individuen um die Brutstätten versammeln
und die brünstigen Männchen in lauen April- und Mainächten Chor¬
gesänge aufführen, deren niemals besonders große Stimmeuzahl man
aus der Nähe immerhin noch mit leichter Mühe zählen kann —
will es mir scheinen, als ob der Japanische Laubfrosch einer der
*) Man findet jedoch vielfach auch unscheinbar grau und braun gefärbte
Stücke.
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905.
10
146
häufigsten, wenn nicht der allerhäufigste Froschlurch der Fauna des
Landes der aufgehenden Sonne genannt werden müsse. Jedenfalls
machte ich in mehreren, zum Teil recht entlegenen Gegenden des
luseireiches die Erfahrung, daß er am meisten von sich hören läßt,
und zwar noch lauge nach beendeter Brunstzeit, denn meine Be¬
obachtungen beziehen sich im wesentlichen auf die zweite Hälfte des
Monats Juni. Die imposanteste Chorgesangsleistung bekam ich von
ihm eines Abends in einem ausgedehnten Wiesentale in bergiger
Gegend, nahe bei dem berühmten heißen Schwefelbade Mijauoshita,
zu hören. Es war ein wahrhaft ohrenbetäubender Lärm, wie ich ihn
noch von keinem anderen Batrachier weder in den gemäßigten
Zonen, noch in den Tropen je gehört hatte. Seine Sommerresidenz
scheint der schmucke Grünrock gern auf immergrünem Buschwerk,
wie man es in südlichen Gegenden des gesegneten Landes vielfach
antrifft, aufzuschlagen. So traf ich auf einem kleinen, von Kamelien,
Rhododendron und anderen immergrünen Sträuchern malerisch über¬
wucherten Hügel in unmittelbarer Nähe der Hafenstadt Shimonoseki
in kürzester Zeit und ohne eigens danach zu suchen drei Laubfrösche
an. Nach Angabe der Japaner, die dem Laubfrosch seines angeb¬
lich sehr geflügelähnlich schmeckenden Fleisches wegen eifrig nach-
stelleu, hält er sich gern auf Tannen (?) und anderen Nadelhölzern auf.
Daß übrigens nicht jeder Frosch, der im schlich tgrüuen Ge¬
wände und mit Haftscheiben versehen auf Busch und Baum in Japan
sein Wesen treibt, notwendig Hyla arborea var. japonica zu sein
braucht, erfuhr ich inbezug auf folgenden Spezialfall erst nachträg¬
lich. Auf der Bergwanderung zum Heiligen See bei Hakone sprang
mir plötzlich von einem niedrigen Strauche zur Seite des Weges
her ein stattlich großer, aber hinsichtlich der Leibesfülle etwas ver¬
kümmerter Grünrock vor die Füße. »Schlecht genährt«, dachte ich
während ich die mir so bequem sich darbietende vermeintliche Hyla
arborea, in einer Zinkschachtel verwahrt, mitgehen hieß als erstes
und daher willkommenes Belegexemplar für die eben von mir durch¬
wanderte Gegend. Dieser Frosch blieb während meiner Rückreise
von Japan noch einige Zeit am Leben, bis ihm die tropische Glut¬
hitze in Südchina den Garaus machte. In einem Einmachglase
fristete er mit anderen japanischen Laubfröschen bis dahin ein be¬
schauliches Dasein. Er unterschied sich von ihnen äußerlich bei
oberflächlicher Betrachtung eigentlich nur wenig, fiel mir aber
immerhin durch sein unvergängliches Blattgrün und das Fehlen des
schwarzen Kopfseitenstreifens auf. In Haltung und Benehmen glich
147
er seinen kleineren griinröckigen Käfigmitbewohnern jedenfalls aufs
Haar. Ich weiß auch nicht mehr recht, wie ich dazu kam, an
meiner Diagnose solche Zweifel zu hegen, daß ich nach seinem Ab¬
leben den 5 cm langen Frosch einer osteologischen Untersuchung
unterzog ; dagegen entsinne ich mich noch deutlich meiner Ver¬
blüffung, als ich an Stelle der Hyliden-Schiebebrust einen starr ge¬
fügten Brustgürtel fand. Die vermeintliche Hyla konnte demnach
bei ihrer sonstigen Beschaffenheit nur ein Bhacophorus schlegeli Gray
sein, und richtig konstatierte ich späterhin an der Hand des
Boulenger diese eigenartige Verkennung, die insofern als klassisch
bezeichnet zu werden verdient, als auch namhafte Herpetologen wie
Schlegel, der Taufpate dieses Bhacophorus selber, und der ver¬
dienstvolle v. Sieb old darauf »hereingefallen« waren, wie die eng¬
lischen Museumsmänner Boulenger und vor ihm bereits Gray
dargetan haben. Aus ihren Berichtigungen schöpfte ich wenigstens
den erhebenden Trost, daß ich mich mit meinem Irrtum gewisser¬
maßen in der besten Gesellschaft befunden hatte. Wenn ich vorhin
erwähnt habe, daß mein Bhacophorus schlegeli sich nicht in seinem
Benehmen von den Hylen unterschied, so will ich nicht unterlassen,
einer Verallgemeinerung meiner ja sehr unzulänglichen Beobach¬
tungen vorzubeugen durch den Hinweis auf die höchst eigenartige
Fortpflanzungsweise dieses Baumfrosches, die ein besonderes Kapitel
batrachischer Brutpflege ausfüllt 1).
Nach dieser Abschweifung kehre ich wieder zu meinem Ex¬
kursionsberichte zurück. Dort, wo die Abzugsgräben so dicht an
den Weg heranreichten, daß mein Späherblick kleinere Details im
Wasser unterscheiden konnte, vermißte ich auch den »I-mori« oder
»Wi-mori«, d. i. Brunnenhüter2) ( Molge pyrrhogastra Boie), diesen
gemeinsten und populärsten Vertreter der japanischen Schwanzlurch¬
fauna, nicht. Meiner Schätzung nach übertrifft der »feuerbäuchige«
J) Aus dem interessanten Berichte des japanischen Forschers S. Ikedaj
Annot. Zool. Jap. Vol. I., Tokyo 1897 sei hierüber nur mitgeteilt, daß das kopu¬
lierte Rhacophorus-F&an' sich am Ufer eines Gewässers in die Erde eingräbt,
unterirdisch ablaicht und durch Anlage eines nach dem Wasser hinführenden Aus¬
ganges der Brutstätte dafür Sorge trägt, daß die dem Laichklumpen entschlüpften
Quappen nach Beendigung des Anfangsstadiums der Entwicklung ins Wasser ge¬
langen.
2) Der naive Volksaberglaube hat diesem wackeren Brunnenhüter auch die
rührende Legende angedichtet, daß er sich um die Heilung verwundeter —
Schlangen verdient macht, indem er heilkräftige Kräuter kaut und den Brei dann
auf deren Wunden aufträgt.
148
Molch an Häufigkeit fast noch unsere vier deutschen Tritonen zu-
sammengerechnet; ich kann mich überhaupt nicht entsinnen, jemals
einen Wassergraben in Japan, sei es im Walde oder auf dem Felde
oder in städtischen Aulagen und Tempelhainen, untersucht zu haben,
ohne auf diesen schwarzen, grobkörnigen Gesellen zu stoßen. Be¬
merkenswert erscheint mir, daß ich auf der Hauptinsel Nippon stets
nur Stücke mit starkgeflecktem Bauche fand, während ich auf der
südlicheren Insel Kiusiu, bei Moji, an einer Fundstelle nur solche
Stücke erbeutete, deren Bauch — bis auf zwei Exemplare, die dort
noch vereinzelte Fleckenspuren aufwiesen — gänzlich fleckenlos war.
Wenn ich diese — im ganzen sind es acht — Kiusiu- Exemplare
mit meinem über dreißig Stücke betragenden, aus der Umgegend
von Tokyo, Kioto und Osaka stammenden Nippon - Material, auf
dessen Bauchseite die schwarze Fleckenzeichuuug die rote Grund¬
färbung fast stets an Ausdehnung überwiegt, vergleiche, so drängt
sich mir die Annahme auf, daß erstere bei ihrem gesonderten Vor¬
kommen Anspruch darauf haben, als eine »gute« Färbungsvarietät
angesehen zu werdeu, für die ich den Namen Molge pyrrhogastra
var. immaculiventris n. vorschlagen möchte. Ob das Auftreteu dieser
Farbenform iudessen geographischen oder topographischen Verhält¬
nissen zuzuschreiben ist, läßt sich auf Grund eines so bescheidenen
Materials sicherlich nicht diskutieren. Ich möchte zu dieser Frage
nur noch erwähnen, daß meine Nippon-Exemplare alle aus stehen¬
den oder langsam fließenden Gräben mit relativ klarem Wasser, die
Kiusiu-Stücke dagegen aus milchig-getrübtem Tontümpelwasser ge¬
fischt wurden. Von meinen japanischen Feuerbäuchen brachte ich
über die Hälfte glücklich durch die Fährnisse der Seereise hindurch
lebend mit nach Hause. Unterwegs hielt ich sie in zwei zur Hälfte
mit Wasser gefüllten Einmachgläsern und fütterte sie mit Oblaten
und Schaben. Der mühelose Erwerb und der ebenso wenig heikle
Transport dieser Tiere reizten meinen geschäftsbeflisseuen Kapitän
in dem Maße zur Nachahmung meines im wesentlichen gelungenen
Unternehmens, daß er sich fest vornahm, auf jeder Rückreise von
Japan eine größere Anzahl Feuerbäuche mitzunehmen, um sie in
Hamburg zu versilbern. Ich glaube, daß er seinem Entschlüsse treu
geblieben und auch seinerseits wieder spekulative Nachahmer ge¬
funden hat, denn der Preis dieses hübschen und widerstandsfähigen
Molches sank bald nach meiner Rückkehr von M. 6 — 7 für das
Stück auf die Hälfte des Preises. Jetzt, nachdem bereits von ver¬
schiedenen Pflegern und professiousmäßigen Fischzüchtern in Deutsch-
149
laod Nachzucht vou dem Japaner erzielt wurde, wertet er nur mehr
M. 2—2V2.
Nach dreiviertelstüudiger Wanderung durch die Felder stand
ich am Fuße des Rokkosan-Berges, dessen Besteigung auf breiter
und bequemer Touristenstraße begann. Nach kurzem Anstieg be¬
fand ich mich auf einer aus dem Berge gleichsam herausgehauenen
Terrassenstufe von beträchtlicher Breite. Hier begleitete ein kleiner
Bach mit langsam fließendem, klaren Wasser den Weg. Natürlich
fehlte darin der unvermeidliche Imori nicht, aber auch mit einem
mir bereits bei Tokyo und Nikko, sowie anderen japanischen Orten
begegneten Vertreter der uugeschwäuzten Lurchfauna erneuerte ich
hier die Bekanntschaft, mit Eana rugosa Schleg. Dieser bis zu 6 cm
Länge erreichende, wie sein Name besagt, sehr rauhwarzige Frosch
zeigt auf der Oberseite ein düsteres, gewölktes Graubraun und auf
der Unterseite ein tristes Grau; nur die auf schmutzig- weißem
Grunde schwarz marmorierten Bauchseiten haben eine lebhaftere
Färbung. Ich traf diesen Frosch häufig einerseits in ummauerten
Gräben teils im Wasser selber, teils oberhalb desselben in den
feuchten Mauerlücken, anderseits aber auch in und an weitgedehnten,
flachen Gewässern, so z. B. auf einem überschwemmten Reis^elde
bei Shimonoseki und an einem Teiche daselbst in großer Zahl. Der
in der Schlegelscheu Originalbeschreibung (»Fauna Japonica«) mit¬
geteilten Auffassung, daß E. rugosa in ihren Lebeusgewohnheiten
etwa unserer Unke gleicht, vermag ich mich zunächst insofern nicht
ganz anzuschließen, als diese doch noch mehr aquatil lebt. Vollends
muß ich aber den Mitteilungen v. Siebolds, auf die sich Schlegels
Angaben gründen, bezüglich der Stimmbegabung des Runzelfrosches
widersprechen, die auch mit der unseres Bombinator eine gewisse
Ähnlichkeit habe, insofern als sie sich in melancholischen, vou Zeit
zu Zeit ausgestoßenen Rufen äußern soll. Demgegenüber kann ich
nur berichten, daß ich diesen keineswegs seltenen Frosch stets nur
halblaut knurren hörte, etwas energischer noch als unsere Eana
muta. Dies Geknurr läßt der Runzelfrosch auch bei Tage und noch
nach der Laichperiode, die zur Zeit meiner Anwesenheit in Japan
jedenfalls schon vorüber war, vernehmen. Das Springvermögen ist
hei dem im Schwimmen und Tauchen nicht ungeschickten Frosche
anscheinend etwas verkümmert; wenigstens sah ich ihn weder spontan,
noch in Bedrängnis größere Sprünge, etwa wie andere gleichgroße
Raniden, ausführen. Schlegels Meinung (1. c.), er sei seltener als
seine Vettern E. japonica Boul. und E. esculenta var. japonica, nimmt
150
mich Wuuder, da ich ihn auf geeignetem Terrain fast nie vermißte,
gleichviel ob in der Stadt, so z. B. iu der Außenstadt von Tokyo,
oder auf dem Lande. Daß die Häufigkeit des Runzligen Frosches
seit Schlegels Bericht zugenommen haben sollte, erscheint mir vor
allem deshalb wenig glaublich, weil er im Volksglauben als Präventiv¬
mittel gegen allerhand Krankheiten hochgeschätzt ist und somit
einer eifrigen Verfolgung ausgesetzt sein dürfte. Als Nahrungsmittel
dient er seltener.
Außer den Runzelfröschen überraschte ich auch eine sich sorg¬
los am Graben sonnende Rana japonica. Wäre mir dieses Exemplar
• •
in Süddeutschland oder Österreich aufgestoßen, so hätte ich es un¬
fehlbar für eine Rana agilis Thom. angesprochen ; so sehr erinnert
diese schlanke japanische Rana iu ihren Körperproportionen und in
der hellen, zarten Färbung au den Spriugfrosch, was auch Boulenger
im »Catalogue« hervorhebt. Mein Beutestück war oben auf lehm-
farbenem Grunde mit schwachen Winkelflecken auf der Rückenmitte
und einem tief dunkelbraunen Ohrflecken gezeichnet; der Bauch
war ungefleckt. Rana japonica scheint durchaus nicht zu den
häufigsten Froschlurchen in Japan zu gehören. Wenigstens erinnere
ich mich nicht, davon mehr als etwa ein halbes Dutzend Exemplare
auf meiner vierzehntägigen Japantour zu Gesicht bekommen zu haben.
Wie verschiedene andere Verwandte dient auch diese Rana zur
Bereicherung der Speisekarte ihrer menschlichen Landsleute.
Meinen nächsten Aufenthalt am Wege verursachten einige
Eumeces marginatus Hall., die auf einem Steinhaufen im Sonnen¬
scheine ihr neckisches Spiel trieben. Hier und dort züngelten die
zierlichen, braunpolierten Schnäuzchen zwischen den brombeerüber-
wucherten Steintrümmern hervor, ohne daß die Tierchen sich einst¬
weilen angesichts des menschlichen Eindringlings ihrer ganzen, gegen
15 cm betragenden Länge nach hervorgewagt hätten, was mir in¬
sofern auffiel, als ich die gleiche niedliche Echsenart zuvor, bei der
heiligen Tempelstadt Nikko, von einer Zutraulichkeit oder doch
mindestens Dreistigkeit kennen gelernt hatte, die mich damals in
Erstaunen setzte. Beharrlichkeit führte jedoch schließlich auch hier
zum Ziel meiner Wüusche. Neben dem Steinhaufen hingekauert sab
ich bald eine dieser ungemein zierlichen Wühlechsen ganz zum Vor¬
schein kommen, worauf sie dann bald als sichere und unversehrte
Beute in meiner Hand zappelte. Das Tierchen glich bei eingehen¬
der Betrachtung so sehr dem bereits öfters aus Nordamerika zu uns
gelangten Eumeces quinquelineatus Schneid., daß meine Überzeugung,
151
diesen Eumeces vor mir zu haben, nur durch das Bewußtsein, mich
im fernen Osten und nicht im fernen Westen zu befinden, erschüttert
werden konnte. Tatsächlich haben sich auch bei fachmännischer
Vergleichung des nordamerikanischen Eumeces mit dem japanischen
nur so geringfügige Unterscheidungsmerkmale zwischen den beiden
Arten feststellen lassen, daß ältere Autoren wie Gray und Peters
sie ohne weiteres identifizierten, während Boettger und Boulenger
dem Japaner Artselbständigkeit unter dem Namen Eumeces margi-
natus Hall, vindizieren, ebenfalls jedoch unter Betonung der
• •
großen Ähnlichkeit dieser paläarktischen Spezies mit dem neark-
tischen Vetter. Die Erklärung dieses interessanten tiergeographischen
Phänomens muß notwendig in dem in frühereu geologischen Perio¬
den sicher vorhanden gewesenen, gegenwärtig allerdings nur mehr
durch die Aleutenkette markierten Zusammenhänge des nordasia¬
tischen mit dem nordamerikanischen Kontinente gesucht werden.
Das in der Gesamtlänge 14 cm und von der Schnauzenspitze bis
zum After 5 1/a cm messende Tierchen wies noch die sehr an¬
sprechende Jugendfärbung auf: oben auf glänzend braunschwarzem
Grunde fünf scharfe weiße Läugslinien, deren mittlere sich vom
• •
Nacken nach der Schnauzenspitze zu in zwei Aste gabelt, unten
opalfarben und am Schwänze prächtig hellblau. Bald hatte ich noch
ein weiteres, bis auf den sich eben regenerierenden grauen Schwanz¬
stummel ebenso gefärbtes und an Rumpflänge ebenso großes Exem¬
plar aus der kleinen, ungeduldig immer wieder hervorlugenden Ge¬
sellschaft dingfest gemacht. Beim Weitergehen bemerkte ich dann
au einem Baumstrunke wieder eine Echse, deren Fang mir auch
glücklich gelang, was nicht zum wenigsten wohl ihrer ebenfalls erst
vor kurzem erlittenen Schwanzhavarie zu verdanken war. Daß es
sich um ein altes, ausgefärbtes Stück derselben Eumeces- Art handelte,
hätte ich ohne Belehrung aus dem Boulenger nie geglaubt; so ver¬
schieden war die Färbung dieses auch viel robusteren, wiewohl an
Kopfrumpflänge nur ll/a cm mehr messenden Stückes. Der Rücken
erschien hier einfarbig milchkaffeebraun ; erst später, als das Stück
sich bereits im Spritglase befand, konnte ich von der weißen, in
dem Jugendkleide so sehr charakteristischen Längsstreifenzeichnung
die drei mittleren hellen Streifen schwach angedeutet wiederfinden.
Besonders auffallend war an dieser Echse jedoch die rote Kopffärbung.
Der Schwanz zeigte keine Spur mehr von dem prächtigen Blau des
Jugendkleides; auch hatte dessen opalfarbene Bauchfärbung bei
diesem älteren Stücke einem unansehnlicheren Bleigiau Platz ge-
152
macht. Genau die gleiche Umwandlung der Färbung mit zunehmen¬
dem Alter gibt Boulenger auch von dem nordamerikanischen Konterfei
dieses japanischen Eumeces an. Eumeces marginatus habe ich auf
meinen Wanderungen in Japan als die dort häufigste Echse ange¬
roffen. In* der Wahl ihres Aufenthaltsortes zeigt sie eine gewisse
Wahlverwandtschaft zu unserer Lacerta vivipara oder auch zur
Blindschleiche, d. h. sie zieht mäßig feuchte, wiewohl der Sonne
zugängliche Orte wie Wald- und Grabenräuder in den Bergwaldungen
dürr-heißem Gelände vor x). In ihren Bewegungen, sowie in ihrem
sonstigen Gebaren ähnelt sie den Lacertiden weit mehr als andern
ähnlich gestalteten Gattungeu ihrer Familie, als deren Prototyp die
enorm artenreiche Gattung Mabuia , deren über drei Erdteile ver¬
breitete Vertreter in ihrer schlängelnden Fortbewegung weit mehr
den echten Skinken gleichen, in Erinnerung gebracht sein möge.
Bald, nachdem ich den ausgefärbten Eumeces aufgegriffen hatte,
bot sich mir Gelegenheit, auf einen andern Vertreter der japanischen
Echsenfauna Jagd zu machen. Diesmal handelte es sich um eine
unserem europäischen Algiroides in Gestalt und Beschuppung täuschend
ähnliche Lacertide mit dem die Schwierigkeiten des Fanges bereits
hinlänglich ankündigenden Namen Tachydromus tcichydromoides Schleg.
Aber auch dieser »Schnellläufer«, der sich im Vollbesitze eines
/
Schwanzes von stattlicher Länge befand und, unter den wohltuenden
Strahlen der Junisonne jedenfalls auf der Höhe seiner Leistungs¬
fähigkeit, angesichts meiner verdächtigen Annäherung pfeilschnell
unter einem hohl liegenden Felstrum verschwand, vermochte mein
Jagdglück nicht zu seinen Gunsten abzuwenden, denn nach dem
Umwälzen des Steines erfüllte sich sein Geschick, da er im ersten
Moment verdutzt sitzen blieb. Ich hatte sogar die Freude, ihn
gänzlich unversehrt zu haschen, als er sich meinem schnellen Griffe
zu entziehen bemühte. Über das Äußere dieses Tieres ist eigentlich
mit dem vorhin gemachten Vergleiche alles für den Leser Interessante
gesagt. Man denke sich einen Algiroides nigropunctatus D. B., bei
dem die schwarze Fleckenzeichnung des Rückens durch ein helles
Flankenstreifeupaar und das prächtige Farbenspiel der Bauchseite
durch ein schlichtes Gelblichweiß ersetzt ist, so bekommt man von
dem Tachydromus Japans eine naturgetreue Vorstellung. Diese rauh-
x) Um so mehr wundert mich die gegenteilige Behauptung J. Scherers in
einer Mitteilung über japanische Terrarientiere in »Natur und Haus«. (Bd. XII.
pag. 293). Auch wird von dieser Echse dort allein das Jugendkleid geschildert, was
vermuten läßt, daß Verf. einen ausgefärbten Eumeces marginatus nicht gesehen hat.
153
schuppige, unscheinbar gefärbte Echse fand ich seltener als die vor¬
hin beschriebene hübsche Scincide. In ihrer Lebensweise scheint
sie der Lacerta serpa nahezustehen, d. h. Wiesengeläude in der
Ebene oder auch an ebenen Stellen in Gebirgstälern zum Aufent¬
halte zu bevorzugen, soweit ich mich nach den wenigen Begegnungen
mit ihr zum Aussprechen einer Vermutung überhaupt für berechtigt
halten darf. Ein starkes Exemplar erbeutete ich in der Außenstadt
von Tokyo am Rande eines grasigen Exerzierplatzes. (Schluß folgt.)
Was frisst die Maulwurfsgrille?
Von Hermann Löns in Hannover.
»Die Maulwurfsgrille ( Gryllotalpa vulgaris) ist ein Pflanzen¬
fresser«. Diese Bücherweisheit ist so bekannt, daß sich niemand
mehr Mühe gibt, zu untersuchen, ob sie richtig ist. Als ich als
Junge zum ersten Male die Bekanntschaft dieses interessanten Wesens
machte, hatte ich sofort den Eindruck, daß ich es mit einem Raub¬
tiere zu tun hätte, denn sowohl seine Augen, wie sein ganzes wildes
Benehmen erinnerten mich viel mehr au einen Marder oder Laufkäfer,
als an ein Kaninchen oder einen Blattkäfer. Später, als ich durch
das fleißige Lesen volkstümlicher Naturgeschichten meine kindliche
Unbefangenheit eingebüßt hatte, fütterte ich meine Maulwurfsgrillen
mit allen möglichen frischen Pflanzen, hatte aber immer den Schmerz,
die Tiere einscbrumpfen und verenden zu sehen. Ich schrieb das
auf Rechnung der Gefangenschaft und auch darauf, daß ich ihnen
nicht die richtige Kost vorgesetzt hätte. Eines Tages entdeckte ich
in einem Kiefernwalde den Kiefernspinner zu meiner großen Freude,
ein Gefühl, das der Revierbeamte durchaus nicht teilte. Ich sammelte
soviel Stücke, wie ich fand, tötete und spannte die besten davon
und setzte die übrigen, von denen ich Eier haben wollte, in ein
Terrarium, in dem ich eine vor einigen Tagen erbeutete Maulwurfs¬
grille hielt. Sofort stürzte sich die Grille auf einen der Spinner
und faßte und zerfleischte ihn. Auch andere Iusekten und, wenn ich
nicht irre, auch Regenwürmer fraßen meine Maulwurfsgrillen und
gediehen gut dabei, eine Tatsache, die mein Knabeugemüt mit den
4
heftigsten Zweifeln an dem positiven Wert von bedrucktem Papier
erfüllte. Seit meiner Jugendzeit sind mir lebende Maulwurfsgrillen
nicht mehr in die Häude gekommen, und so war ich nicht in der
Lage, weitere Versuche damit anzustellen. Und darum sage ich auch
154
nicht: Die Maulwurfsgrille ist ein Fleischfresser, sondern frage nur:
Was frißt die Maulwurfsgrille? Vielleicht stellt ein Forscher um¬
fangreiche Fütterungsversuche an, die Klarheit in dieser Frage
schaffen. Sollten sie dazu führen, die arme Werre von einem Jahr¬
hunderte alten Verdacht zu befreien, so würde sich niemand mehr
freuen, als ich, dem dieses Tier stets die interessanteste Erscheinung
unter unseren größeren Insekten war.
Kleiner© Mitteilungen.
Schwarzkopfgesang. Heute — am 25. Januar 1905 — singen die beiden,
an verschiedenen Standorten untergebrachten Schwarzkopfmännchen ( Sylvia atri-
capilla L.) im deutschen Vogelhaus des Frankfurter Zoo schon ganz prächtig*
Dies beweist wiederum, daß sich die Mönche am ehesten von allen Grasmücken
mit den winterlichen Verhältnissen aussöhnen, wenngleich es immerhin die Dorn¬
grasmücke ( Sylvia Sylvia L.) ist, die im Frühjahr als erste bei uns auf dem Plan
erscheint. S. atricapilla habe ich bekanntlich 1900/01 in Greifswald in einem
Exemplar überwinternd gefunden. Wilhelm Schuster.
Je mehr Eichhörnchen, umso weniger Waldtauben. Überall, wo
es viele Eichhörnchen gibt — im Taunus, in den Wäldern des Mainzer Beckens —
habe ich bisher wenig Waldtauben (Hohltaube, Columba oenas , und Holztaube, Col.
palumbus ; die in Dornhecken im Felde nistende Turteltaube kommt hier nicht in
Betracht) gefunden und umgekehrt viel Tauben, wo sich verhältnismäßig wenig
Hörnchen vorfinden, stellenweise im Vogelsberg, in Wäldchen der Wetterau.
Sciurus vulgaris , ein sehr räuberischer Gesell, stiehlt sowohl aus offenen Tauben¬
nestern — und aus diesen ganz besonders — wie aus Taubenhöhlen Eier und Junge
und verhindert somit ein stärkeres Aufkommen von Nachzucht, insbesondere bei
Col. palumbus. — Eine hübsche Parallele zu dieser von mir schon früher festge¬
stellten Tatsache finde ich in folgendem: Ȇberall ist die Artenmenge der Tauben
auf Inselgebieten wie den Maskarenen, Antillen und in Polynesien weit höher als
auf den benachbarten Kontinenten; hierfür ist der Grund nicht schwer zu ermitteln.
Abgesehen von der räumlichen Sonderung, die auf Inseln sehr wirksam für die
Artenbildung ist [und m. E. ganz besonders auch für die Artenerhaltung], mag
das Fehlen von Affen in jenen Zentren günstige Bedingungen liefern, denn die
offenen, in Baumkronen angebrachten Nester der Tauben sind sehr den Angriffen
der Vierhänder und anderer Tiere ausgesetzt, die auf Eier und junge Vögel lüstern
sind. Bestätigt wird jene Annahme noch dadurch, daß die höchste Entwickelung
des Taubenlebens auf der Papua-Inselgruppe erreicht ist, wo Baumsäugetiere bis
auf wenige Beutler ganz fehlen« (»Tiergeographie« von Jacobi, Tharandt, 1904).
Wilhelm Schuster.
Unzweckmäßigkeit des Winterkleides bei Putorius erminea.
Am 11. Dezember 1905 sah ich auf einer Fahrt von Kastei nach Frankfurt im
Felde hinter Bischofsheim, dicht am Bahndamm, ein gänzlich verfärbtes Großes
Wiesel im Winterkleid, das sich überaus deutlich von dem schwarzen Acker abhob.
155
Da wir einer neuen Tertiärzeit entgegengehen und daher mit den wärmeren Wintern
immer weniger Schnee bekommen — zumal am Rhein und Main — , hat die Schutz¬
färbung hier nur fast noch negativen Wert. Wo läuft übrigens die Grenze in
Deutschland, südlich deren eine Verfärbung beim Kleinen Wiesel nicht mehr
eintritt? Wilhelm Schuster.
Versuche zur Erforschung des Vogelzugs. Der von der Vogelwarte
*n Rossitten a. d. Kurischen Nehrung (Ostpreußen) im vorigen Jahre begonnene
Vogelzugsversuch wird immer weiter fortgesetzt, und zwar sollen von jetzt ab
nicht nur Krähen mit Fußring versehen hier aufgelassen werden, sondern auch
alle möglichen andern geeignet erscheinenden Vogelarten, namentlich Drosseln
und Rotkehlchen, die ja massenhaft im Dohnenstieg gefangen werden und so
zu kontrollieren sind, ferner Strandvögel, vielleicht auch Stare und Möwen.
Es wird also hiermit die freundliche Bitte ausgesprochen, von jetzt ab jeden mit
einem Fußring versehenen erbeuteten Vogel, bezw. nur den gezeichneten Fuß an
die Vogelwarte Rossitten einzuschicken. Besonders mögen sich die Herren Forst¬
beamten der geringen Mühe unterziehen, ihre Dohnenstiegbeute genau zu prüfen*
Alle Auslagen werden gern ersetzt. Schließlich mache ich schon jetzt darauf
aufmerksam, daß ich mit Versuchen beschäftigt bin, die dahin zielen, ob es möglich
sein wird, die beringten Vögel — namentlich Krähen — für den Beobachter,
wenn auch nur für kurze Zeit, dadurch sofort kenntlich zu machen, daß ich sie
färbe. Etwas endgültiges vermag ich darüber dermalen noch nicht zu sagen.
Sollten aber etwa bei geglückten Versuchen derartige Vögel hier aufgelassen und
später erbeutet werden, so mag sich der betreffende Schütze freundlichst erinnern
wohin er Nachrichten und Ring zu senden hat.
Rossitten, Künsche Nehrung. J. Thienemann, Leiter der Vogelwarte.
Aus dem Frankfurter Zoo (Elefantenwachstum, Schnelligkeit der Schleich¬
katzen). Der junge Afrikanische Elefant ( Elephas africanus ) maß am 1. August
1901 genau 1,16 m in Schulterhöhe. Er wuchs bis zum 27. Januar 1902 um 13 cm,
bis zum 1. August 1902 um weitere 10 cm, bis zum 27. Januar 1903 um 18 cm,
bis zum 1. August 1903 um 14 cm, bis zum 27. Januar 1904 um 8 cm, bis zum
1. August 1904 um 153/4 cm, bis zum 27. Januar 1905 um 6 cm. Er
mißt jetzt 1,16 m -{- 843/4 cm = 23/* m. — Die Eyra (Felis eyra) lief in
30 Sekunden eine Strecke von 1 m Länge 35mal ab, Viverra dongolensis in einer
Minute eine Strecke von 1 m 23mal (wobei sie aber auch Unterbrechungen ein-
treten ließ, sodaß sie durchschnittlich in jeder Minute 20 -25 m abläuft), Herpestes
ividdringtoni in einer Minute eine Strecke von 1 m 38mal (mit Unterbrechungen).
Wilhelm Schuster.
Selbsterniedrigung von Fischreihern ( Ardea cinerea L.). In einer
kleinen Reiherkolonie der Provinz Hannover, die bisher noch, dank der Fürsorge
des zuständigen hohen Forstbeamten, der Vernichtung entgangen ist, wurden auf
Grund der ministeriellen Verfügung die Jungreiher Jahr für Jahr abgeschossen.
In einem Frühjahr bezogen die Reiher nun, als sie zurückkamen, die alten Horste
auf den fünfunddreißig Meter hohen alten Eichen nicht mehr, sondern bauten sich
in einem fünfzehn Fuß hohen Kiefernbestande , dessen dichte Kronen ihnen ver¬
trauenerweckender schienen als das kahle Geäst der Eichen, neue Horste. Meines
Wissens ist ein solcher Vorfall noch niemals beobachtet worden.
Hermann L ö n s.
156
Ein kletternder Grasfrosch ( Hana temporar ia L.). In unserem Garten
zu Münster i. W. beobachteten wir viele Abende hintereinander einen Grasfrosch,
der an den Stäben der Laube emporklomm und sich auf einem in Tischhöhe
befindlichen Querbalken zur Ruhe begab. Die Angst vor den in dem riesigen
Garten zahlreich vorkommenden Spitzmäusen veranlaßte ihn nach unserer Ver¬
mutung dazu. Rudolf Löns.
Grasfrosch und Stichling. In dem Vivarium eines Zoologischen Gartens
beobachtete ich einmal einen Grasfrosch {Hana temporaria L.), der als Futter für
die Nattern eingesetzt war, bei dem Versuch einen großen Stichling {Gasterosteus
aeuleatus L.) zu verspeisen. Aeußerster Hunger hatte ihn dazu veranlaßt, denn er
war spindeldürr. Als ihm trotz aller Schnappversuche die Stacheln des Fisches
das Hinunterschlingen unmöglich machten, stopfte er mit den Vorderfüßen nach,
bis er den Fisch hinunter hatte. Ich habe früher oft den Teichfrosch beim Fangen
laichender Ukleis beobachtet, aber nie gesehen, daß er dabei die Vorderfüße ge¬
braucht hätte. Hermann Löns.
Nekrolog*.
Dr. med. Adolf Zipperlen f.
Am 28. Februar 1905 verschied zn Cincinnati in Ohio unser ältester
Mitarbeiter. Adolf Zipperlen, am 1. Mai 1818 zu Heidenheim in
Württemberg geboren, absolvierte das Gymnasium seiner Vaterstadt und die
Universität zu Tübingen und ließ sich nach bestandenem Doktorexamen als
praktischer Arzt in Bietigheim, später in Heidenheim nieder, wanderte aber
1848 aus und fand in den Vereinigten Staaten eine neue Heimat. Hier
siedelte er sich anfangs in Weinsberg bei Clinton, 0., an, um Weinbau zu
treiben, vertauschte aber seinen Wohnsitz bald mit Akron, 0., wo er sich
als praktischer Arzt und Regimentsarzt etablierte. Während des Bürger¬
krieges stand er drei Jahre lang als Oberarzt beim 108. Ohioer Inf.-Regiment
im Felde und nahm als Brigadearzt mit Majorsrang seinen Abschied. Nach
dem Kriege zog er 1865 nach Cincinnati, wo er sich u. a. als Stifter des
Deutschen Literarischen Klubs aller dortigen literarischen und musikalischen
Bestrebungen annahm und sich große Verdienste um das Deutschtum erwarb.
Dem Direktorium des dortigen Zoologischen Gartens, für den er väterlich
sorgte und von dem er uns so oft und so gern Mitteilungen gemacht hat,
gehörte er eine längere Reihe von Jahren an. Außer in unserer Zeitschrift
hat er eine Reihe von kleineren Arbeiten in der „Isis“ und in der „Welt
der Vögel“ veröffentlicht. In seinem Adoptivvaterlande hat er deutsches
Wesen, deutsche Bildung und deutschen Humor zu Ehren gebracht, uns
aber über die Gründung und den Betrieb zoologischer Gärten in Amerika
manches frische und freie Wort, das auch für unsere Verhältnisse von Wert
war, gesagt. Das Andenken an diesen begeisterten Menschen- und Tierfreund
aber wird bei Deutschen wie bei Amerikanern lebendig bleiben über das
Grab hinaus! Bttgr.
157
Literatur.
Zeitschrift für Oolo gie, Organ für Wissenschaft und Liebhaberei, XIV. Jahrg.,
12 Nummern, herausgegeb. von H. Hocke, Berlin C. (Prenzlauerstr. 36), 8°. —
Pr. 3 M. —
Diese gediegene Zeitschrift behandelt im vorliegenden Jahrgang wiederum
eine Reihe strittiger Fragen und großer Probleme aus dem interessanten Bereiche
der Fortpflanzung der Vögel, im besonderen Probleme der Eikunde, dann im
weiteren auch solche der gesamten Ornithologie. Zu den in den letzten Jahrzehnten
festgestellten ornithologischen Tatsachen wird weiterhin neues Belegmaterial bei¬
gebracht. A. A. vom P eit -Le ebner stellt fest, daß die Eier des typischen
»Bastardnachtigallkuckucks«, des »Baumpieperkuckucks«, des »Zaunkönigkuckucks«
entschieden abweichen von anderen Kuckuckseiern und ihren eignen Charakter
haben. Der erste Fund von Eiern des amerikanischen Totanus solitarius (Sand¬
pfeifer) ist S. 133 ff. beschrieben worden (von Walter Raine, Kew-Beach in
Kanada). Dr. Leo von Boxberger behandelt die Ornis der Umgegend von
Marburg a. L. ( Columba turtur, Falco subbuteo , Lanius exeübitor und collurio ,
Tetrao urogallus , Columba palumbus, Hirundo riparia u. s. f.), Alexander
Bau das Brutgeschäft des Turmfalken ( Cerchneis tinnunculus ) bei Schloß Rugg-
burg (Bregenz am Bodensee). R. von Dombrowski zählt die Vogelarten auf,
die in Südeuropa schon im Februar Eier legen. In »Oologisches aus Asien« von
Otto Bamberg erfahren wir Neues über die zentralasiatischen Gebirgs- oder Felsen¬
hühner ( Tetraogallus altaicus , himalayensis, caspius, caucasicus u. a.). Cand. forest.
Hermann Grote (Eberswalde) berichtet über ein rotpunktiertes Haushuhnei
(die erst roten Blutpunkte wurden bräunlich, dann schwärzlich), über ein bim¬
förmiges Goldammerei, ein Riesenei der Hausgans, das in sich ein zweites nor¬
males Ei einschloß, und teilt die interessante Notiz Alt ums über ein Pinguinei
(. Aplenodytes , Eberswalder Samml.) mit: »Dies Pinguinei (nach seiner Größe wohl
nur A. patagonica angehörend) wurde von Ratzeburg früher mehrfach auf forst-
und landwirtschaftlichen Versammlungen als (unbestimmt) »Guanoei« vorgezeigt«. —
Ref. behandelt die typischen Vertreter der Vogel weit der normannischen Felseninsel
Guernsey. — Vom 1. April 1905 an wird die Zeitschrift gemeinsam von Kunst¬
maler H. Hocke und Pfarrer Wilhelm Schuster herausgegeben. Der Titel
wird verändert in »Zeitschrift für Oologie und Ornithologie« (Pr. 3.25 M.). Ein
Beiblatt »Ornitbologische Umschau« wird die Geschichte der Ornithologie und
neue wissenschaftliche Ergebnisse behandeln. Wilhelm Schuster.
Prof. Dr. J. Kühn, Die Bewertung der Futtermittelbestandteile mit besonderer
Berücksichtigung der Preiswürdigkeit von Rückständen der Rübenzuckerfabrika¬
tion. Leipzig, Verlag v. Eisenschmidt & Schulze, 1904. 8°. 54 pag. — Preis M. 0.75.
Die gegenwärtige schwierige Lage der Rübenzuckerfabrikation bedingt es,
daß bei Rechnungsvoranschlägen über die Einträglichkeit derselben auch den durch
Viehhaltung zu nutzenden Abfallprodukten eine größere Beachtung zuteil werden
muß, um sie in einer ihrem wirklichen wirtschaftlichen Werte entsprechenden Weise
mit in Ansatz zu bringen. Sämtliche Rübenabfälle sind nach ihrem Gehalte an
wirksamen Nährsubstanzen einzuschätzen. Zur Gewinnung einer sicheren Grund¬
lage für eine kritische Betrachtung dieser Rechnungsanhalte sucht das vorliegende
158
Werkchen zunächst über die einschlägigen allgemeinen Verhältnisse zu orientieren,
um dann eine Prüfung der mannigfach abweichenden Auffassungen über zweck¬
entsprechende Bewertung der Futtermittelbestandteile vorzunehmen. Weder über
den theoretischen Nutzwert der Rübenschnitzel, noch über ihre praktische An¬
wendung in der Viehhaltung besteht ein Zweifel, wie der Verfasser, unser ge¬
schätzter Mitarbeiter, der kompetenteste Beurteiler dieser Fragen in Deutschland,
des breiteren in dem vorliegenden Buche ausführt. Aber es ist immerhin noch er¬
forderlich, die in den Ausführungen des Verfassers ausgesprochene günstige Mei¬
nung über die Bedeutung der Zuckerschnitzel weiter zu prüfen und durch exakte
Versuche, insbesondere mit Pferden und Schweinen, zu bestätigen. Wenn sich aber
die Fütterung mit Rübenabfällen, wie zu hoffen steht, bewährt, dann dürfte es
sich auch empfehlen, möglichst für gute Qualität derselben von seiten der Rüben¬
zuckerfabrikanten Sorge zu tragen. Wenn man daher augenblicklich bestrebt ist
statt 70°/o Brühsaft 75°/o zu gewinnen und dadurch den Zuckergehalt der abge¬
kochten Rübenschnitzel tunlichst herabzudrücken, so möchte unser Verfasser doch
dringend raten davon abzusehen. Bei der Höhe des Preises, der für die Zucker¬
schnitzel mit M. 5.50 pro Ztr. sicher zu erlangen sein dürfte, sollte ein geringeres
Maß des Zuckergehaltes der Schnitzel, als bisher angegeben wurde, nicht geliefert
werden. Zucker wird ohnehin noch genug erzeugt. Es ist nach dieser Richtung
hin empfehlenswert, die in Aussicht gestellte Entlastung des Zuckermarktes mög¬
lichst aufrecht zu erhalten. Dagegen würde die Zuversicht und das Vertrauen zu
dem neuen Handelsfuttermittel sich erheblich vermindern, wenn es in gering¬
wertigerer Qualität angeboten würde, als ursprünglich in Aussicht gestellt wurde.
Die gleichmäßige Lieferung vorzüglichster Qualität der Zuckerschnitzel wird für
die Sicherung der Zukunft der deutschen Rübenzuckerfabrikation und für die Er.
haltung des Rübenbaues in seiner gegenwärtigen Ausdehnung von ausschlaggeben¬
der Bedeutung sein. Bttgr.
C. G. Friderich, Naturgeschichte der Deutschen Vögel. V. vermehrte und ver¬
besserte Auflage, bearbeitet von A. Bau.
Die acht letzten Lieferungen1) behandeln die Möwen, Seeschwalben u. s. w.
und allgemeines. In »Nutzen und Schaden der Vögel« bezeichnet Bau, worin ich
ihm vollkommen beipflichte, die Magenuntersuchungsresultate als oft überaus ein¬
seitig. Er schreibt wörtlich (S. 68): »Besonders die oft ohne genügende All¬
gemeinkenntnisse oder unglaublich oberflächlich ausgeführten Magenunter¬
suchungen sind es, die als maßgebend für Nutzen und Schaden der Vögel hinge¬
stellt werden. Nach obigem genügt es nicht, zu wissen, ob ein Vogel eine
Raupe gefressen hat, sondern man muß auch die Art derselben feststellen, ferner
muß man untersuchen, ob sie von Schmarotzerlarven besetzt ist. Es genügt
nicht, zu wissen, daß ein Vogel den Magen voll Maikäfer hat, sondern man muß
auch untersuchen, ob diese lebend oder ob sie — wie dies sehr oft vom Eichel¬
häher geschieht — als bereits tote Käfer vom Boden aufgenommen wurden; im
letzteren Falle könnte von einem Nutzen füglich nicht gesprochen werden. Es ge¬
nügt nicht, zu wissen, daß ein Vogel »Insektenreste« im Magen hat, sondern
man muß diese Reste festzustellen suchen, denn gerade »Insektenreste, kleine Käfer
u. dgl.«, die in vielen Magenuntersuchungen eine g roß e Rolle spielen und meistens
*) Vergl. auch die Besprechungen der früheren Lieferungen im Jahrg. 1904 p. 22G u. 359.
Der Herausgeber.
159
ohne weiteres (wie vorhin von den Raupen gezeigt) auf das Nützlichkeitskonto ge¬
schrieben werden, sind oft das wichtigste des ganzen Mageninhalts hei einer
versuchten Feststellung, ob ein Vogel nützlich oder schädlich wirkt. Endlich ge¬
nügt es nicht, nur den Magen zu untersuchen, auch der Dar min halt muß
bei vielen Vögeln geprüft werden, wovon weiter unten die Rede ist.
Die Art und Weise der Magenuntersuchungen, wie sie heute noch immer aus¬
geführt wird, ist durchaus ungenügend zur Erlangung eines absolut ein.
wandfreien und objektiven Resultates, doch leider können (oder wollen) manche
Leute nicht objektive Resultate erhalten, weil sie nur nach dem suchen, was
der betreifenden Vogelart den Nimbus der überwiegenden Nützlichkeit erhalten
kann. Daun verfallen, wie schon bemerkt, viele Untersucher in den unglaub¬
liche n Fehler, den Inhalt eines Magens für das ganze Jahr zu berechnen, gerade
als ob der Vogel jahraus, jahrein täglich dieselbe Menge und Art
der Nahrung zu sich nehme!
Man sollte es kaum für möglich halten, daß — wie es geschehen ist — auf¬
gefordert wurde, die Mägen von geschossenen Eichelhähern an der Luft zu trocknen
und dann an eine Zentralstelle zur Untersuchung einzusenden. Während des
Trocknens, noch mehr beim Wiederaufweichen werden aber viele Teile des Magen¬
inhalts so verändert, daß sie nicht mehr erkannt werden können. Und auf diese
ungenügende Weise glaubt man gütige Resultate erzielen zu können etc. etc.!«
Im folgenden werden Anweisungen zur richtigen Art von Magenuntersuchungen
gegeben. — Verbot des Dohnenstiegs wird dringend gefordert (S. 75). — Ich
selbst bin der Ansicht, daß die meisten unserer Vögel ganz besonders auch wegen
hres direkten, sehr beträchtlichen Nutzens — und schon allein um des öko¬
nomischen Gleichgewichts willen, das sie in der Natur erhalten — aufs nachhal¬
tigste zu schützen sind, noch weit mehr aber aus ästhetischen und ethischen
Rücksichten, was ja auch der Neuherausgeber energisch betont. Die Vögel
sind für uns die Repräsentanten des Schönen und somit Symbole für das Gute.
Wilhelm Schuster.
Dr. G. Hagmann, As Aves Brasilicas mencionadas e descriptas nas obras de
Spix, Wied, Burmeister e Pelzein na sua nomenclatura scientifica actual. in :
Boletim do Mus. Goeldi de Hist. nat. e Ethnogr. Para (Brazil), Inst. Lauro
Sodre, 1904. Vol. 4, No. 2—3 p. 198—308.
Die große Anzahl und die feine Unterscheidung der brasilianischen Vögel
hat es in hohem Grade wünschenswert erscheinen lassen, einen Leitfaden zu be¬
sitzen, der beim Studium der wichtigsten ornithologischen Literatur und bei direkten
Vergleichen uns schnell den Namen finden läßt, der dem betreffenden Vogel in
der heute maßgebenden Literatur zukommt und der es gestattet, ohne Mühe und
allzugroßen Zeitaufwand die verwickelte Synonymie der Arten zu entwirren. Wie
uns scheint, ist dem fleißigen und kenntnisreichen Verfasser diese schwierige Arbeit
in musterhafter Weise gelungen. Bttgr.
160
Eingegangene Beiträge.
E. B. in C. Mit Ihren Bedingungen bin ich einverstanden. — Prof. Dr. L. E., hier,
eine Besprechung, L. S. in G. bei M. , eine Arbeit und eine Mitteilung, H. L. in F. , eine
Mitteilung, R. Z. in R., eine Arbeit mit Verbreitungskarte, Th. K.-M. in B., eine Berichtigung,
W. S. in G. bei M., zwei Arbeiten und drei Mitteilungen und Prof. A. P. in M. (Herzegowina),
eine Arbeit mit bestem Dank erhalten. — E. A. in B. Ihre „Kritik einer Kritik1* halte ich
für unser Blatt für ungeeignet; Sie verlangen m. E. Uebermenschliches!
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 11—17.
Zoologischer A n z e i g er. „ Herausgegeben von Prof. Dr. E. Kor sch eit. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 28. Jahrg., 1905. No. 18 — 23.
Ornithologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Anton Reichenow.
13. Jahrg. 1905. No. 4—5.
Ornithologische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt.
Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 30. Jahrg. 1905. No. 4-5.
Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 105, 1905, No. 2724—2731.
Prof. D r. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart. W. Kohlhammer. 24. Jahrg. 1905. No. 4 5.
U er Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. Salle. Braunschweig.
1905. Bd. 36. No. 24—31.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Prösler. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 6. Jahrg. No. 24—31.
Blätter für Aquarien- u. Terrarien-Kunde. Herausg. v. Dr. K. Bade. Berlin.
Verlag d. Creutzschen Buchh. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 11—18.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Haven , Conn.
4. Ser. Bd. 19, 1905. No. 111—112.
Anzeiger d. K. Akad. d. Wiss. Wien. Math.-naturw. CI. Jahrg. 1905. No. 6 -10. Wien,
K. K. Hof- u. Staatsdruckerei, 1905.
Der Ornithologische Beobachter. Monatsberichte f. Vogelkunde u. Vogelschutz.
Herausg. v. C. Daut u. G. v. Burg. Bern, Verlag v. C. Daut, 1905. Jahrg. 4, Heft 3—4.
Natur und Haus. Tllustr. Zeitschr. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. H esdörffer,
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 13, Heft 12—14.
Zwinger und Feld. Illustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter.
Jahrg. 14. 1905. No. 11—18.
D i e G e f i e d e r t e Wel t. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 11 — 18.
Mitteilungen über die Vogelwelt. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. K. Boyer. Wien, J. Kühkopf. 4. Jahrg. 1904. No. 18.
und 5. Jahrg. 1905. No. 6—8.
Vereinsschrift für Forst-, Jagd- u. Naturkunde im Ivönigr. Böhmen. Herausg.
v. Prof. Fr. Cro y u. a. Prag, Verl. d. Böhm. Forstvereins, 1905. Jahrg. 1904—05, Heft 3—4.
Deutscher Tierfreund. Illustr, Monatsschrift f. Tierschutz, Tierkunde, Tierzucht u.
Tierpflege. Leipzig, Verlag v. Franz Wagner, 1905. Jahrg. 9. Heft 4—5.
T i er s c h utz -Korres p ondenz. Herausg. v. Berliner Tierschutz-Verein, Berlin 1905.
No. 12. Gr. 4°. 8 pag.
Sociedade Scientifica deS. Paulo. Relatorio da Direotoria 1903—04. S. Paulo (Brazil),
Typogr. Brazil de C. Gerke, 1904. 8°. 51 pag.
88. Jahresbericht d. Naturf. Gesellschaft in Emden 1902 — 03. Emden, Th. Hahn
Wwe., 1904. 8°, 4,56 pag., Karte.
Annalen des K. K. Natur h. Hofmuseums. Herausg. v. Dr. Fr. Steindachner.
Wien, Verl. v. A. Holder, 1904. Bd. 19, No. 1 — 3.
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Prof. Dr. G. Pfeffer, Die zoogeographischen Beziehungen Südamerikas, betrachtet an den
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G. A. Bo ulenger, An account of the Reptiles and Batrachians coli, by Mr. F. W. Riggen-
baoh in the Atlas of Morocco. — Sep.-Abdr. a. Novit. Zool. (Rothschild) Vol. 12, Jan.
1905. Gr. 8°. 5 pag., 2 Taf.
H. Löns, Ein Kranz für Hermann Landois. — Sep.-Abdr. a. Niedersachsen. Illustr. Halb¬
monatsschrift f. niederd. Kultur u. Kunst. 10. Jahrg. 1905, No. 11 p. 188.
37. A n n. Report o f the Roy. Zool. S o c. of 1 r e 1 a n d for 1904. Dublin, A. Th om & Co.
1905. 8°. 74 pag., 5 Fig., 4 Taf. — Preis 6 d.
Zusendungen weiden direkt an die Verlagshaudluug erbeten.
Nachdruck verboten.
Druck von Keinhold Mahlau, Fa. Malllau & Waldschmidt. Frankfurt a. M
öiaS
Billig abzugeben
eine Reihe complefier Jahrgänge
Don :
Blatter für Aquarien- und Terrarienfreunde.
Bulletin du (Duseuni d’Bistoire naturelle.
5chireizerische Blätter für Ornithologie.
The Field. * Hatur und Baus.
Dafür und 5chule. * Derthus.
Ornithologisches Dahrbuch.
Ornithologische fHonatsberichte,
Ornithologische (Honatsschrift.
Sportblatt für Züchter und Liebhaber uon
Rassehunden, * Der Weidmann.
Die gefiederte Welt. * Zisinger und Feld.
(Döhlau 5 Waldschmidi
= FRADKFURT Am mAin =
Grosse Gallusstrasse 3,
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgeirehen von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Altmann, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauw,
Direktor Dr. Heinrich ßolau, Dr. Hermann Bolau, Lehrer L. ßuxbaum, P. Cahn, Prof. Dr. Carl
Eckstein, 0. Edm. Eiffe, Dr. H. Fischer- Sigwart, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh. Reg.-Rat
E. Friedei, Landrichter B. Gabler, Gymnasial-Oberlehrer L. Geisenheyner, Carl Greve, Dam.
Gronen, Dr. W. Haacke, Direktor Hagmann, Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Paul Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M. Klittke, Karl Knauthe,
Th. Knottnerus-Meyer, Prof. Dr. med. W. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Dr. med.
Paul Krefft, Baron A. v. Krtidener, Geh. -Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
Prof. Dr. R. v. Lenden fei d, Prof. Dr. H. Lenz, Hofrat Dr. P. Leverkühn, Prof. Dr. F. Leydig,
Prof. Dr. W. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. v. Mehely, Josef Menges, Geh. Hofrat Dr.
A. B. Meyer, Geh. Reg.-Rat Prof.-Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Müller, Pfarrer Karl Müller,
Dr. August Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Müller, Dr. J. Müller- Liebenwalde,
H. Nehrling, A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Ernst
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Pnrpus, Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reichenow, Geh.
Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Reuvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer,
Forstmeister Dr. Ad. Rörig, H, Schacht, Direktor Dr. Ernst Schaff, Dr. P. Scliiemenz, R.
Schmidtlein, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Wilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel, Prof.
Dr. A. Voeltzkow, Dr. Franz Werner, Georg Westermann, B. Wiemeyer, Direktor Dr.
L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm, Dr. med. A. Zander u. a.
- «•<»- -
Der Zoologische Garten tritt mit dem Jahre 1905 bereits in seinen
— K 46. Jahrgang )«-—
ein. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original-Berichte
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren,
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen, liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird, hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Der Zoologische Garten erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
Illustrationen, und kostet per Jahr M. 8. — Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und Post¬
anstalten an..
Inserate finden durch den Zoologischen Garten weiteste und wirksamste Verbreitung,
und wird die gespaltene Petitzeile mit nur 20 Pfennig berechnet.
Probe-Nummern sind von jeder Buchhandlung, sowie von der Verlagsbuchhandlung
gratis zu beziehen. Altere Jahrgänge werden zu ermäßigten Preisen nachgeliefert.
Die Zeitschrift „Zoologischer Garten“ ist in der Zeitungspreisliste für 1903 unter
No. 8979 eingetragen.
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Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
N0, 6. XLVI. Jahrgang. Juni 1905.
I n li a 1 i,
Batrachier- und Reptilienleben in Japan; von Di. Paul Kr eff t in Zehlendorf bei
Berlin. (Schluß.) — Das Storchnest auf dem Chordache in Zofingen (Kanton Aargau) im zehnten
Jahre (1904); von Dr. H. Fi sch er - S ig w ar t in Zofingen. — Hase und Kaninchen in ihrem
gegenseitigen Verhalten; von Ludwig Schuster in Gonsenheim bei Mainz. — Das Vor¬
kommen des Siebenschläfers (Myoxus glis) und Beobachtungen über seine Lebensweise im
Königreich Sachsen; von Rud. Zimmermann in Rochlitz i. S. (Mit einem Verbreitungs¬
kärtchen.) — Kleinere Mitteilungen. — Literatur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und
Zeitschritten.
Batrachier- und Reptilienlehen in Japan.
Von Dr. Paul Krefft in Zehlendorf bei Berlin.
(Schluß.)
Mein Weg begaun nun bald sich schwieriger zu gestalten, in¬
dem es wieder auf schmäler werdendem Pfade ziemlich steil auf¬
wärts ging zwischen Felswand auf der einen und Abgrund auf der
anderen Seite. Immerhin blieb der Aufstieg dank der mit Reeht
gerühmten japanischen Wegebaukunst im wesentlichen unbeschwer¬
lich. An den schmälsten Stellen milderte ein Geländer die Unheim¬
lichkeit des nahen Abgrundes, und damit die Strenggläubigkeit der
einheimischen Landbevölkerung, gleichzeitig aber auch der Humor
des freier denkenden Touristen zu ihrem Rechte kommen sollten —
wenn auch die Rücksichtnahme auf den letzteren schwerlich bei der
Anlage mitgesprochen haben dürfte — waren von Zeit zu Zeit in
kleinen Nischen der Felswand sitzende Buddhastatuen aufgestellt,
die über und über mit Mörtel bespritzt erschienen. Wenn der be¬
kannte, auch bei uus zu Lande in jeder China- und Japanwaren¬
handlung zu sehende sitzende Buddha, dessen Cliche man in Japan
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 11
162
mindestens ebensooft in den verschiedensten Dimensionen und aus
dem verschiedensten Material dargestellt begegnet, wie in katho¬
lischen Ländern dem Kruzifix, an sich auch trotz seiner plump
stilisierten Formen nichts Komisches hat, sondern eher etwas
mystisch Hoheitsvolles, so wirkten diese weiß gespickten Gottes¬
bilder doch ungemein grotesk. Vollends belustigend aber war der
Anblick für mich im Hinblick auf die von einem kahlköpfigen
Priester mir zuteil gewordene Aufklärung über das Zustandekommen
dieses seltsam und unheilig anmutenden Knötchengewandes. Im
Vorbeigehen, so sagte man mir, richten die biederen Landbewohner
mancherlei Gebete an den Allgütigen, und zwecks besonders nach¬
drücklicher Unterstützung ihres Flehens befolgen sie den alten
Brauch, gegen das Buddhabild ein Stückchen gekautes Papier zu
spucken, das dann antrocknet und lange Zeit haften bleibt — jeden¬
falls eine ebenso einfache wie derbe Art von Einschärfung des Ge-
betswuusches! Daß die Japaner, wie übrigens viele Orientalen,
im Spucken den dieserhalb berüchtigten Amerikanern nichts nach¬
geben, war mir bereits bekannt geworden, daß jedoch diese für
uns Europäer recht unappetitliche Gewohnheit auch bei gottesdienst¬
lichen Handlungen eine Rolle spielen sollte, war mir unfaßbar er¬
schienen, bis ich mit eigenen Augen hier die massenhaften Spuren
des Auspuckens wahrnahm. Eine geraume Zeit lang bildete diese
eintönige, in Abständen aufgestellte Buddhabildergalerie die einzige
Sehenswürdigkeit auf dem bald völlig öde und vegetationslos ge¬
wordenen Felsenstege, und ich atmete erleichtert auf, als endlich,
nach etwa halbstündigem Marsche, der schmale Pfad auf eine zweite
Terrassenstufe führte, auf der ich zwar nichts Jagdbares, wohl aber
eine gastliche Unterkunftshütte und einen Brunnen antraf. Nach
kurzer Rast bei dem unvermeidlichen grünen Thee und anderen
konsistenteren Genüssen setzte ich den Marsch zur Passhöhe (3000
engl. Fuß ii. M.) fort, die nach etwa einstündiger Wanderung durch
recht unwirtliches, nur mit verkrüppelten Tannen bestandenes Ge¬
lände erreicht war. Etwas unerwartet und angesichts mangeln-
••
der Übung im Bergkraxeln auch unwillkommen, trat mir oben
die Notwendigkeit entgegen, einen etwa zehn Meter laugen Grat
mit nur etwa ein Fuß breiter Schneide zwischen zwei bedenklich
steilen Abhängen passieren zu müssen. Nachdem diese ungemütliche
Partie teils rittlings, teils auf allen Vieren kriechend glücklich über¬
wunden war, atmete ich erleichtert auf, und um so mehr, als in
der nächsten Minute eine dichte , von einer Regenbö eilends heran-
163
gefegte Wolke jede Umsicht auf mehr als halbe Meterdistanz un¬
möglich machte. Es blieb mir nichts übrig, als auf einem feucht¬
kalten Steine, also in den Wolken thronend, zu verharren, bis sich
diese verzogen hatten, was wohl eine halbe Stunde gedauert haben
mag. So hell wie zuvor wurde es zwar auch danach nicht wieder;
ich mußte im Gegenteil die unangenehme Wahrnehmung machen,
daß die Sonne inzwischen untergegangeu war und die Dämmerung
bereits hereiuzubrechen begann. Meine Schritte möglichst beschleu¬
nigend, um Arima noch vor Eintritt völliger Dunkelheit zu er¬
reichen, gelangte ich, zunächst wieder durch vegetationsarme Felsenöde
bergabsteigend, bald an einen alten Kryptomerienhochwald, durch
dessen bereits nahezu nächtliches Dunkel ein schmaler Zickzack weg
in schroffen Windungen zutalführte. Je mehr das Auge bei der
zunehmenden Finsternis außer Funktion gesetzt ist, desto schärfer
lauscht das Ohr, und so werde ich denn schon von weitem auf ein
sonderbares, einem vielstimmigen Nachtigallenkonzerte ähnelndes
Getön aufmerksam, das aus dem Tale, akkompagniert von dem
Rauschen eines Gießbaches, heraufdringt. Nachdem ich mich noch
ein gutes Stück Weges mühsam weitergetastet habe, ohne über
Baum wurzeln oder andere in der Dunkelheit unsichtbare Hindernisse
zu stolpern, blinkt endlich, baldiges Ende dieser ungemütlichen
Wauderung verheißend, der freundlich milde Schein einer riesigen
weiß-roten Papierlaterne durch das düstere Gewirr der knorrigen
Kryptomerienäste. Noch einige mit halsbrecherischer Hast durcheilte
Zickzackwindungen — und die Talsole ist glücklich erreicht. Zu
meiner Linken donnern, den immer noch, jetzt aus ziemlicher Nähe
vernehmbaren, vermeintlichen Nachtigallenchor fast übertönend, die
Kaskaden des Gießbaches, dessen Schaummähuen die nächtliche
Finsternis gespenstisch durchleuchten, und nur wenige Schritte vor
mir bestrahlt der schon von weitem bemerkte Lampion die Fassade .
eines gastlich winkenden Gebäudes. Das Gekläff eines wütend hinter
dem Gartenzaun herausfahrenden Köters von der Rasse der chine¬
sischen Spitze, deren Echtheit man am untrüglichsten an der blau¬
schwarzen Zunge und Mundschleimhaut erkennen soll, meldet den
späten Fremdling, und alsbald tritt mir mit würdevollen Kotau¬
bewegungen ein behäbiges Gelbgesicht im weißen Nachtkimono ent¬
gegen, das sich mir als der »Manager« des Sugimoto-Hotels vor¬
stellt, dessen treffliche Vorzüge es gleichzeitig mit flinkzüngigem
Redeschwall hervorzuheben beginnt. Es hätte dieser Empfehlungen,
von denen ich nur verschwindend kleine Bruchstücke überhaupt ver-
164
stehen konnte, nicht bedurft in anbetracht meiner hochgradigen Er¬
schöpfung und des sich daraus von selbst ergebenden Entschlusses,
mit dem ersten besten Quartier fürlieb zu nehmen; aber ehe mein
Fuß über des Hauses gastliche Schwelle schritt, wollte ich meine
Wißbegier betreffs des wieder stärker anschwellenden Nachtigallen¬
konzertes doch zuvor noch befriedigen, und so fragte ich denn, nach
gewissenhaftem Aufsagen der für den Abendempfang obligatorischen
Begrüßungsformel, ob das Vogelstimmen seien. Der Japaner ver¬
neinte mit erstauntem Lächeln — offenbar über die possierliche Neu¬
gierde des nächtlichen Ankömmlings — und fügte mit schlauem
Blinzeln hinzu: »Kairu«. Dieses Wort, das »Frosch« bedeutet, be¬
fand sich selbstverständlich in meinem sonst recht bescheidenen
japanischen Wortschätze; allen Ernstes wollte es mir jedoch so
scheinen, als ob das pfiffige Gelbgesicht sich ein Späßchen mit mir
erlauben wollte. Daß solche modulationsreicheu, bald munter zwit¬
schernden, bald in schmachtendem Flötentriller sanft klagenden
Weisen dem primitiven Stimmapparate meiner kaltblütigen Freunde
verliehen sein könnten, erschien mir noch unglaublicher als das
landesübliche Anspucken der Buddhabilder. Indessen gab ich mein
Mißtrauen diesem zweifelwürdigen Bescheide gegenüber nicht zu er¬
kennen, sondern bat vielmehr meiuen Gewährsmann, mir vor allem
andern einige Probeexemplare dieser sangeslustigen Frösche sofort
zu besorgen. Auf seine im klassischen »Pigeon-English« x) erfolgende
Ausrede: »To-night no can, to-morrow have got« war ich bereits
gefaßt. Man hat diese stereotype Redensart der Orientalen ins
Deutsche zu übersetzen entweder als: »Es geht nicht« oder aber als:
»Sage zuerst, was Du zahlen willst«. Ich hielt mich an die letztere
Lesart und bot dem Wackeren unverzüglich einen halben (mexi¬
kanischen) Dollar für das Stück. Mit elementarer Macht wurde jetzt
das Geschäftstalent der gelben Rasse in meinem Gegenüber rege.
Mit einer Hast, die übel zu seinem bisherigen würdevollen und ab¬
gemessenen Auftreten zu passen schien, rannte der Herr Manager
ins Haus hinein, um gleich in Begleitung eines untergebenen Hotel¬
bediensteten, der im Range eines Hausknechtes stehen mochte, mit
zwei Stocklaternen versehen wieder herauszukommen. Dann ging
es spornstreichs quer durchs Gebüsch dem breiten Bachbett zu, wo¬
hin ich trotz meiner Müdigkeit den beiden ungesäumt folgte.
*) Ein verderbtes, mit chinesischen Elementen durchsetztes Englisch, das an
den Küsten Süd- und Ostasiens die Haupt Verkehrssprache zwischen der weißen
Rasse und den farbigen Rassen bildet.
165
Das magische Licht der grotesk bemalten, bunten Papierlaternen
überflutete mit mattem Schein eine Szenerie von eigenartig roman¬
tischem Reiz. Inmitten eines von Laub- und Nadelholzdickicht um¬
rahmten, schluchtartig vertieften Bettes von wohl 10 Meter Breite
brauste ein Gießbach wild schäumend und Sprühregen weithin ent¬
sendend in einer tieferen, schmalen Rinne dahin zwischen gewaltigen,
rundgeschliffeneu, bis halbmannshohen Gesteinsblöcken, die vor Ur¬
zeiten dem mütterlichen Erdgerippe entrissen und auf wanderndem
Gletscher hierher verschleppt worden sein mochten. Zwischen diesen
erratischen Blöcken bildete Steingeröll und Kies den Boden des Bach¬
bettes, das bis auf die schmale Mittelrinne uud vereinzelte flache
Tümpel völlig trocken und gänzlich vegetationslos dalag. Im wasser¬
reichen Vorfrühling mag wohl dieser Bach zum reißenden Strome
anschwellen und so die Ansiedelung jeglicher Vegetation in dem dann
ganz von ihm ausgefüllten Bette unmöglich machen. Aus dieser
Steinwüste drangen die rätselhaften Nachtigallenweisen vielstimmig
au mein Ohr, ohne daß ich der offenbar fast in greifbarer Nähe
befindlichen Musikanten einstweilen ansichtig werden konnte. Wenn
auch, aus solcher Nähe vernommen, das Konzert bei weitem nicht
die Tonfülle und Mannigfaltigkeit des unvergleichlichen Philomelen-
liedes erreichte, so frappierte mich dennoch wieder die Ähnlichkeit
damit, die weit über den Auklang im gewöhnlichen Sinne hinaus¬
ging, indem manche Teile der Nachtigallenstrophe getreulich, wenn
auch mit schwachen Mitteln imitiert wurden. Nicht allzu lange bleibt
meine Sehnsucht nach der Bekanntschaft mit dem unsichtbaren
Sänger ungestillt. Den ersten glücklichen Fund macht der Manager,
der mir ein hastig von einem großen Steine abgelesenes, zappelndes
und leise wieherndes Etwas mit Triumphgeschrei, das die melodischen
Weisen ringsum übertönt, unter die Nase hält. Erstaunt nehme ich
ihm ein unscheinbares Fröschchen mit rauhwarziger Haut uud grau¬
brauner Färbung ab, das sich durch das ansaugende Gefühl, das
seine Finger und Zehen in meiner Hand verursachen, als Laubfrosch
zu dokumentieren scheint. Und nicht nur hierdurch scheint das
Tier seine Zugehörigkeit zu der biologischen Familie der Kletter¬
frösche erkennen zu geben, sondern bei genauerer Betrachtung könnte
man im ersten Momente sogar stark der Meinung sein, einen ihrer
altbekannten Vertreter, der zwar in der neuen Welt seine Heimat
hat, hier erbeutet zu haben — Hyla versicolor nämlich, der das
problematische Geschöpf nicht nur hinsichtlich der grobkörnigen
Haut, deren Grundfärbung auch hier eine graue Tönung zeigt, son-
dern sogar inbezug auf die eigenartige sanduhrähnliche Rücken¬
zeichnung gleicht. Auch die Querbänderuug der Extremitäten fehlt
nicht. Abweichend von dem Wechselfarbigen Laubfrösche Nord¬
amerikas ist jedoch die im ganzen zierlichere Gestalt dieses sanges¬
kundigen Japaners, von dem wir nun bald noch mehrere im Laternen¬
scheine auf den Steinen entdecken. Bei ihrer ansehnlichen Spring¬
fertigkeit ist die Jagd auf die kleinen Musikanten nicht mühelos,
aber die Geldgier meiner Jagdgefährten und meine Sammlerhabsucht
sind uns mächtige Bundesgenossen, und es war kaum eine halbe
Stunde vergangen, als wir, mit einer aus 14 Exemplaren bestehen¬
den Singfroschbeute, zu der sich noch einige Erdkröten und R. rugosa,
sowie eine R. japonica gesellten, den Rückzug zum Hotel autraten.
Beim Sortieren dieser reichen Beute musterte ich die sanges¬
lustigen Frösche Stück für Stück so genau als möglich. Alle hatten
eine Länge von 4 bis 41/* cm. Der schlanke Leib, sowie die
brünstig geschwollenen Grundphalangen der ersten beiden Finger
sprachen in gleicher Weise wie die hervorragende Stimmbegabung
für die ausnahmslose Zugehörigkeit meiner Beutestücke zum männ¬
lichen Geschlechte, welche Vermutung sich auch späterhin bei einigen
nach dem Ableben obduzierten Stücken durch den Sektionsbefund
bestätigte. Die holde Weiblichkeit scheint demnach, wie bei manchen
anderen Batrachiern, so auch hier in wesentlicher Minderzahl vor-
zukommeu — es müßte denn angenommen werden, daß sie ein ver¬
borgeneres Dasein führt.
Um nun auch endlich diesen hinsichtlich seiner Sangeskunst
wohl einzig dastehenden Froschlurch mit seinem richtigen Namen
vorzustellen — es handelt sich um Rana buergeri Schlegel, die
einzige bis jetzt bekannt gewordene paläarktisclie Rana mit echten
Saugscheiben, die Schlegel, der das Tier in der Sieboldschen Fauna
Japonica zuerst beschrieb, deshalb auch den Laubfröschen unter dem
Namen Hyla Buergeri angereiht hatte. D u m e r il und B i b r o n
stellten die Art später zu ihrem Genus Polypedates , das wiederum
von Boulenger eingezogen und zum größten Teil der Gattung
Rhacophorus augeschlossen wurde, während eben die hier beschriebene
Art neben einigen anderen der Gattung Rana zugewiesen ward.
Schlegel, der von diesem Frosche eine angeblich lebensgroße Ab¬
bildung von etwa 8 cm Körperlänge bringt J), sagt davon : »parait
*) Dieselbe Größe hat auch das einzige Spritstück des Berliner Museums,
das übrigens zu den Schlegelschen Typen gehört und vom Leidener Museum über¬
wiesen wurde. Da die Eingeweide fehlen, so ist auch nicht mehr festzustellen,
ob das Stück ein oder ein Q ist.
1(37
appartenir au nombre des animaux les plus rares au Japon« und
fügt hinzu, daß er, da er während seines beträchtlich langen Aufent¬
haltes in Japan davon weder jemals etwas gehört, noch gesehen
habe, die Zugehörigkeit dieses Batrachiers zur Fauna Japans über¬
haupt nicht geglaubt haben würde, wenn Bürger ihm nicht später
Belegstücke in Sprit von dort zugesandt hätte. Und auf solch eine
Rarität war es mir beschieden, bei diesem planlosen, nächtlichen
Bummel zu stoßen, mich an ihrer unerhörten Sangeskunst zu weiden
und davon auch noch eine stattliche Anzahl von Exemplaren ein-
sacken zu können! Ihre wohllautenden Stimmen ließen die Gefangenen
in ihrem nicht eben komfortabeln Behälter — einem mit etwas
Wasser gefüllten und zugedeckteu Waschbecken — noch die ganze
Nacht durch, soweit ich das kontrollieren konnte, ertönen, wenn
auch nicht mit der Freudigkeit und Stärke wie im Freien. Auch
späterhin, als ich sie an Bord unseres Schilfes in einer Kiste mit
Drahtgazegeflecht in meiner Kabine untergebracht hatte, ließen sie
noch manchmal ihre Nachtigallenweisen im nächtlichen Dunkel, aus¬
nahmsweise auch wohl untertags, hören, bis die auf unserem südlich
gerichteten Kurse bald rapid zunehmende Hitze ihnen die Lust zu
solcher Betätigung von Frühlingsgefühlen für alle Zeiten verleidete *).
Alle bis auf einen einzigen, den ich noch im Herbste nach meiner
Heimkehr lebend auf dem Naturforscher- und Ärzte-Kongreß in
Braunschweig demonstrieren konnte, erlagen der sengenden Tropen¬
glut oder aber einer eigentümlichen, durch das Auftreten von
großen, tiefen Geschwüren charakterisierten Infektionskrankheit, von
der ich übrigens später auch indische Frösche befallen werden sah.
Mit den aus mechanischer Ursache — durch Anstoßen der Schnauze
oder Abwetzen der Pfoten — entstehenden Geschwürsbildungen haben
diese, an mechanisch gar nicht geschädigten Stellen auftretenden,
meist runden uud blutig imbibierten Geschwürsstellen pathogeuetiscb
nichts gemein; auch machte ich die Erfahrung, daß diese uleeröse
Affektion noch viel rapider zu unabwendbarem Tode führte, dem
gewöhnlich eine Absonderung blutiger Flüssigkeit aus dem Maule
und Krämpfe vorausgingen. Bezüglich der äußeren Erscheinung
meiner Rana buergeri ist noch zu berichten, daß die Grundfarbe
oberseits in allen Fällen ein Grau von mittlerer Helligkeit war, das
jedoch durch mehr oder minder lebhaft braune bis rostfarbene vor¬
stehende Warzen eine bräunliche Beimischung erhielt, während die
J) Der Fundort liegt 1400 Fuß ii. M., und es ist in dem schattigen,
feuchten Tale recht kühl.
168
Bauchseite von einem eintönigen, schmutzigen Grauweiß bedeckt war,
das nur an der Kehle einige schwärzliche Sprenkel zeigte. Die Zeich¬
nung der Oberseite — bestehend vor allem in einem dreieckigen
Interokularflecken und einer großen, mehr oder minder deutlichen
und vollständigen Sanduhr- oder Zangenfigur auf dem Rücken neben
einigen unregelmäßigen Sprenkeln, sowie einem Querbindensystem
auf den Extremitäten — war überall schmutzig olivenfarbig, wäh¬
rend die hinteren Flankenpartien und die im Ruhezustände anein¬
ander liegenden und daher unsichtbaren Teile der Hinterbeine jene
dunkelgelbe Tönung zeigten, der wir so oft bei den Batrachiern
begegnen. Vou äußerlich sichtbaren Schallblasen ist bei der Be¬
tätigung des exzellenten Stimmapparates dieses Frosches nichts wahr-
zunehmeu, doch sah ich während des Gesanges, als dessen Haupt¬
bestandteile man kontinuierliche und diskontinuierliche, rollende
Flötentöne unterscheiden kann, die Kehlgegend sich etwas blähen
und — während der Tremolo-Phase — auch deutlich schwirren wie
die Kehle eines Kanarienrollers.
Über die gewöhnliche, natürliche Lebensweise dieser sonderbaren
Eanci maße ich mir, trotz meines numerisch nicht so ganz geringen
Beobachtungsmaterials, kein definitives Urteil an. Leider bin ich
dem abenteuerlichen Frosche sonst nie begegnet. Zwar glaubte ich
mich an dem Fangabende beim Hören des Massenkonzertes zu er¬
innern, diesen Gesang — allerdings nur einstimmig — aus einem
ummauerten Stadtgraben in Tokyo abendlicher Weile schon einmal
vernommen zu haben, was, falls keine Gehörillusiou meinerseits vor¬
lag, zu der Annahme, daß B. buergeri sein Quartier unter oder
zwischen Steinen in unmittelbarer Nähe des Wassers aufzuschlagen
pflegt, einen weiteren Beleg erbringen würde. Daß aber diesem
sangeskundigen Batrachier die wohlentwickelten und in gleicher
Weise wie bei Hyla und Bhacophorus wirksamen Saugscheiben an
Fingern und Zehen nur dazu dienen sollten, an Bach- und Flu߬
ufern von Stein zu Stein zu springen, erscheint mir wenig ein¬
leuchtend 1). Als wahrscheinlicher möchte ich hinstellen, daß die
Brunst die Tiere ans Wasser gelockt hatte, wenn nicht hinwiederum
die Erwägung, daß der brausende Gießbach zum Brautbett doch
wenig geeignet sei, dieser Annahme entgegenstände. Auch die sehr
flachen und spärlichen Pfützen zeigten wenig Eignung für Fort-
*) Denkbar wäre immerhin, daß B. buergeri vorwiegend an und in steilen
Felswänden und Schluchten haust, wobei ihr die Kletterfüße ja sehr zu statten
kommen müßten.
109
pflauzungszwecke, und zudem war kein Frosch darin zu sehen. Neben
den Haftscheiben spricht auch die typische Granulierung der Bauch¬
haut und die gewaltigen Spruugleistungen des Singfrosches — diesen
Namen kann er mit Fug und Recht beanspruchen — die mir noch
späterhin manche Unze Schweiß gekostet haben, wenn ein Ge¬
fangener aus dem Transportbehälter an Bord entsprungen war,
durchaus für seine Baumfroschnatur. Vielleicht war es den Fröschen,
die ich am Wasser attrappiert hatte, nur darum zu tun gewesen,
dort die Feuchtigkeit im Sprühbade und auf den benetzten Stein¬
blöcken aufzusaugen, die sie untertags auf trockenem, luftigen Sitze
entbehren. Daß dieser Sitz zwar nicht im Blattgrün, sondern eher
an rissigen, borkigen Stämmen und Ästen zu vermuten ist, darauf
weist die Färbung des Frosches unzweideutig hin. Daß Bana buergeri
ein passionierter Nachtschw ärmer ist, läßt sich auf jeden Fall be¬
haupten. Mau sieht ihm das mit Sicherheit »an den Augen« an —
an der tagsüber fast linearen, nachts dagegen das ganze, dann stark
prominierende Auge einnehmenden Pupille.
Sehr erfreulich wäre es, wenn neben den Hekatomben von
Molge pyrrhogastra und neuerdings auch von Clemmys japonica, die
jetzt aus dem Lande der aufgehenden Sonne uns Mitteleuropäern
jährlich zugeführt werden, auch diese in ihrer Erscheinung zwar
wenig bestechende, biologisch aber umso interessantere Ranide einmal
mitimportiert würde. Ehe ich das Kapitel darüber schließe, will
ich nicht unerwähnt lassen, daß ich mich einer Zeitungsnotiz in
irgend einem Familienblatte erinnere, in der erzählt wurde, daß die
naturliebenden Japaner außer monströsen Fischen und tanzenden
Mäusen als Stubentiere auch — singende Frösche halten. Nur Bana
buergeri kann hiermit gemeint gewesen sein.
Wenn ich auf der hier geschilderten Exkursion von Osaka nach
Arima auch den weitaus größten Teil aller in Japan von mir be¬
obachteten Reptilien und Batrachier autraf, so fehlen doch noch
einige nicht uninteressante herpetologische Erfahrungen in diesem
Berichte, die ich anderwärts gemacht habe, und die ich nun an¬
hangsweise noch mitteilen möchte.
Vor allem erscheint mir ein Zusammentreffen mit Bana limno-
charis Wiegm. (= Bana gracilis Wiegm.) bei Moji auf der südlich
von der Hauptinsel Nippon gelegenen Insel Kiusiu erwähnenswert.
Es war au einem sonnigen Junivormittage (am 23. d. M.), als ich
mich unweit der jetzt in Kriegszeiten viel genannten Hafenstadt
Moji durch einen Froschchorgesang, der große Ähnlichkeit mit den
170
Massenkonzerten unserer Kreuzkröte und gleichzeitig auch wieder
mit Laubfroschgequak hatte, in eine Gegend locken ließ, die sonst
nichts Reizvolles darbot, nämlich ein Stück lehmigen und von Regen¬
güssen in einen zäheu Brei verwandelten Ackerlandes, auf dem ich
einen flachen Tümpel mit milchig getrübtem Wasser antraf, in dem
sich allerhand Batrachier friedlich neben- und durcheinander tummel¬
ten. Da waren zunächst die unvermeidlichen gemeinen Wasser¬
frösche; ich möchte sie hier uicbt als die »Grünen« bezeichnen,
denn sie waren meist grau oder brauu gefärbt, ohne allerdings des¬
wegen Zweifel an ihrer Zugehörigkeit zu Bana esculenta L. auf-
kommen zu lassen. Ferner paddelte dort eine Gesellschaft der noch
unvermeidlicheren I-mori herum, und zwar handelte es sich, soviel
ich feststellen konnte, um lauter Stücke mit ungeflecktem Bauche,
was mich zu der vorhin bereits erörterten Aufstellung einer var.
immaculiventris der Molge pyrrhogastra veranlaßte. Was mir aber
zunächst am meisten auffiel, das war die Anwesenheit einer beweg¬
lichen, winzigen Froschart, die ich zum großen Teil in Kopula über¬
raschte. Kein anderes Tier als diese Zwerge konnten demnach das
bei meiner Annäherung verstummte Geschrei verursacht haben —
und richtig fing nach kurzem Ruhigverhalten meinerseits einer dieser
auf dem Rücken seines Weibchens eifrig herumstrampelnden Galane
wieder an, mit mächtig geblähtem Kehlsack sein Liebeslied aufs
neue zu intonieren, worauf allmählich der ganze Chor wieder ein¬
fiel. Ich fing eine Anzahl des lebhaften, kleinen Batrachiers mit
dem Netze. Zu meinem nicht geringen Erstaunen erwiesen sich die
winzigen, 3— 31/? cm langen Frösche als die oben genannte Bana
limnocharis Wiegm., eine weit in Süd- und Südostasien verbreitete
Art, die im südlichen Japan die Nordgrenze ihrer Verbreitung finden
dürfte. Daß sie in das mittlere und nördliche Japan, speziell auf
die Hauptinsel Nippon nicht übergreift, scheint mir vor allem daraus
hervorzugehen, daß Schlegel ihrer in seiner Fauna Japonica keinerlei
Erwähnung tut. Auch die verkümmerten Körperdimensionen und
die relativ schlichte, triste Färbung, die von den weit größeren und
lebhafter gefärbten indischen und südchinesischen Stücken so sehr
verschieden war, ließen deutlich erkennen, daß es sich hier um
eine vom Typus stark abweichende, nördliche Kümmerform haudelte.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben — diese Abweichung in Größe
und Färbung war vielmehr so groß, daß ich an die Zugehörigkeit
dieser japanischen Zwerge zu der mir bereits weiter im Süden be¬
kannt gewordenen Bana limnocharis eben nicht glauben konnte,
171
ehe ich auf die Autorität Bouleugers selber hiu, mit dem ich darüber
korrespondierte, mich wohl oder übel dazu entschließen mußte. Die
einzige völlige Übereinstimmung, die ich zwischen der südlichen und der
nördlichen R. limnocharis einstweilen herausfand, war die der Stimm¬
äußerung. Die Grundfärbung der japanischen Form — zu der Ab¬
zweigung einer Varietät hat Boulenger sich noch nicht veranlaßt
gesehen *) — ist oben ein helles grünliches oder bräunliches Grau,
von dem sich eine etwas dunklere, symmetrisch angeordnete Flecken¬
zeichnung auf dem Rücken und das Querbindenmuster auf den Ex¬
tremitäten nur wenig abhebt. Die helle Spinallinie, die ich oft
bei indischen und chinesischen Stücken fand, fehlte den Japanern
durchweg völlig. Die Unterseite der Fröschchen war grauweiß und
bis auf die duukel gewölkte Kehle fleckenlos. Auf dem Schiffe in
einem Einmachglase mit etwas Wasser untergebracht, vereinigten
sich einige der im Transportbeutel auseinander geratenen Paare wie¬
der, und eines derselben legte am nächsten Tage gegen Mittag eine
beträchtliche Anzahl von bräunlichen, hirsekorngroßen Eiern ab, die
in länglichen Klumpen zu Boden sanken. Die bereits subtropisch
zu uennende Hitze zeitigte die Eier so schnell, daß sie schon am
Morgen des nächsten Tages gestreckte Form und am Abend den
Embryo in Kopf, Rumpf und Schwanz differenziert zeigten. Am
folgenden Morgen bewegten sich viele Keimlinge schon lebhaft in
der Eihülle, und am Mittag — kaum 48 Stunden nach der Eiablage!
— schwammen einige schon munter außerhalb des Laichklumpens
im Wasser umher. Demgegenüber sei darauf hingewiesen, daß bei
unseren deutschen Froschlurchen unter gewöhnlichen Umstäuden die
Embryonalentwicklung im günstigsten Falle erst am vierten Tage
vollendet ist. Allerdings fällt bei ihnen auch das Fortpflanzungs¬
geschäft wohl nie über den Sommeranfang hinaus. Auch die späte
Laichzeit der japanischen Rana limnocharis charakterisiert sie als
einen nach Norden in die gemäßigte Zone vorgeschobenen Außeu-
posteu einer eigentlich tropischeu Art.
Von der japanischen Schlangenfauna sind mir zwei Arteu zu
Gesicht gekommen, leider aber nur so flüchtig, daß ich sie nicht
erkennen konnte, geschweige denn sie zu fangen vermochte. Doch
dürfte es sich in einem Falle um einen Tropidonotus tigrinus Boie
gehandelt haben, wie eine rote Zeichnung am Halse vermuten ließ.
Ich sah diese Schlange in eiliger Flucht zwischen Felstrümmern an
J) Vielleicht deshalb, weil das Brit. Museum japanische Stücke bei der Ab¬
fassung des letzten Kataloges noch nicht besaß.
172
dem Wege verschwinden, der von dem Gebirgssee llakone nach
Ishima hinabführt. Zwei andere, oben eintönig schwarz erscheinende
Schlangen beobachtete ich sodann bei Shimonoseki; die eine ver¬
schwand vor meinen Augen in einem Teiche, an dessen Ufer sie
sich gesonnt hatte.
Nicht mehr Glück als mit den Schlangen hatte ich mit den
japanischen Schildkröten, von denen ich nur einmal die Sumpf¬
schildkrötenart Clemmys japonica in einem Teiche des Shibaparkes
in Tokyo beobachtet habe. Ihr massenhaftes Auftreten hier und die
Abwesenheit jeglicher Scheu ließen mit ziemlicher Gewißheit darauf
schließen, daß es sich um eine gewissermaßen domestizierte Kolonie
handelte, deren Bestand an der heiligen Stätte des Shibatempels
vielleicht als verheißungsvolles Symbol — die Schildkröte gilt der
gelben Kasse als Sinnbild der Langlebigkeit — dienen soll. Es be¬
fanden sich riesige Veteranen unter der vielköpfigen Schar, die
durch matte und schmutzige Färbung des Rückenschildes nicht
gerade vorteilhaft von den äußerst schmuck gefärbten halbwüchsigen
Stücken abstachen. Daß Clemmys japonica weit mehr vegetarisch als
andere Arten ihrer Gattung zu leben scheint, sei hier nebenher er¬
wähnt. Ich sah eine Gefangene dieser Art mit dem Verzehren von
Weinbeeren beschäftigt. In andern Teichen habe ich sie nie gesehen,
wohl deshalb nicht, weil darin meistens der Goldkarpfen, der uns
ja nicht unbekannt gebliebene Hi-goi, gepflegt wird, und zwar so
gut gepflegt, daß er manchmal in wahrhaft riesigen Exemplaren bis
zu anderthalb Fuß Länge und darüber zu sehen ist.
Zum Schlüsse möchte ich noch mein Zusammentreffen mit einem
der merkwürdigsten Vertreter der japanischen Lurchfauna erwähnen,
mit Onychodactylus japonicus nämlich, einem krallenbewehrten Land¬
salamander, der in manchen Berggegenden an felsigen, feuchten
Orteu, besonders an kleinen Bächen und Rinnsalen, nächtlicher Weile
sein Wesen treibt, so z. B. an den Berghängen um den See Hakone
herum, wo ich ihn auch zu finden hoffte. Auf meine sehnsüchtige
Nachfrage nach diesem wunderlichen Amphib brachte mau mir in
einem der Gasthäuser am Seeufer gleich ein wohlgezähltes Dutzend
in gedörrtem Zustande fein säuberlich nebeneinander auf einer
Weidenrute aufgereiht, genau wie die zu kulinarischen Zwecken be¬
stimmten Froschkeulen auf dem Münchner Viktualienmarkte, wenn
auch leider mit dem Unterschiede, daß sich die Krallensalamander
in mumifiziertem Zustande befanden, in dem sie übrigens durch die
seitlich stark markierten Rumpfsegmente eine gewisse Ähnlichkeit
173
mit unserem Alpensalamander, Salamandra atra , zeigten, die sich
auch auf die Körpergröße und Färbung erstreckte. Aus Ärger über
diese Zubereitungsart des seltsamen Urodelen, die wohl für die Haus¬
apotheke der auf seine Heilkraft schwörenden Bergbewohner —
Onychodactylus gilt als souveränes Wurmmittel und nebenher als
Präventivmittel gegen allerhand Gebreste — nimmermehr dagegen
für meine Konservierungszwecke geeignet erschien, lehnte ich das
Kaufangebot ab, indem ich den fünffachen Preis für die gleiche
Anzahl lebender Exemplare zu zahlen versprach. Da es aber einer¬
seits mit Nachdruck für schlechterdings unmöglich erklärt wurde,
meinem Wunsche vor Einbruch der Nacht zu willfahren, und ich
anderseits meinen Aufenthalt unmöglich so lange ausdehnen konnte,
so schied ich mit leeren Händen und blutendem Herzen aus dem
Aufenthaltsgebiete des Krallensalamanders, von dem ich so gern
Freund Wolterstor ff für seine Molchmonographie — die nun
bald das Licht der Druckerschwärze erblicken möge! — eine Portion
mitgebracht hätte. Auffallend ist es, daß ich von Megalobatrachus
maximus Schleg., dem allbekannten, riesigen Charaktertier der japa¬
nischen Urodelenfauna auf meiner vierzehntägigen Tour gar nichts
zu sehen bekam, obwohl ich stellenweise dicht bei seinen Fund¬
plätzen, z. B. bei Kamakura, vorbeigekommen bin. Ich wurde dort,
wie überall, mit den verschiedenartigsten Handelsartikeln belästigt,
aber ein Riesensalamander, der sonst zu den gangbareren Effekten
gehören soll, befand sich nie darunter.
Das Storchnest auf dem Chordache in Zotingen (Kanton Aargau)
im zehnten Jahre (1904.) x)
Von Dr. H. Fischer - Sigwart in Zofingen.
Es sind nun zehn Jahre verflossen, seitdem das auf unserem
Chordache angebrachte Nest zum ersten Male von Störchen bezogen
wurde, nachdem es vorher einige Jahre lang von ihnen unbeachtet
geblieben, wohl aber von Krähen in Besitz genommen worden war,
und es haben sich in dieser Zeit im Leben unserer Storchfamilie so
viele Dinge begeben, daß jetzt naturgemäß die Chronik dieses Storch¬
horstes etwas spärlicher ausfallen muß als in frühem Jahren, wo
*) Vergl. Zool. Garten Jahrg. 1896 p. 99 — 107, 1897 p. 108 — 113, 1898
p. 156—161, 1899 p. 297—302, 1900 p. 341—348, 1901 p. 241—247, 1902
p. 293—300, 1903 p. 377—385 und 1905 p. 116—124.
174
alle Familien begebenheiten noch neu waren. Aber auch ein weiterer
Grund hierfür ist vorhanden. Der Aufzeichner dieser Chronik wohnt
nämlich nicht mehr so nahe bei der Kirche, daß er das Leben und
Treiben dieser interessanten Vögel täglich vor Augen hat, wie das
bisher der Fall war. Wenn sich etwas von Bedeutung begibt, so
wird er zwar stets rechtzeitig darüber verständigt , sodaß er seinen
Beobachtungsposten, das Wächterstübchen im Kirchturme, ersteigen
kann, von wo aus er das ganze Innere des Storchnestes samt seinem
Inhalte mit dem Feldstecher in allen Einzelheiten übersehen kaun.
Immerhin waren auch im Jahre 1904 wieder wichtige Ereignisse
zu verzeichnen.
Zunächst soll wieder die Ankunft der Störche in unserer Nach¬
barschaft und in Zofingen selbst Erwähnung finden. — Diese fand
im Jahr 1904 überall spät statt. Die früheste Nachricht kam von
Prattelen im Baselland, wo schon am 15. Februar der erste Storch
einrückte, dann von Lenzburg am 18. Februar. Anfangs März
waren im storchreichen Buchsgau des Kantons Solothurn noch keine
Störche augekommen, wo sonst in Kappel, Klein-Waugen, Bonigen,
Gunzgen, Haegedorf, Haegglingen u. s. w. alle Jahre Störche hausten,
und man befürchtete bereits, daß sie ausbleiben würden, als doch
noch an den meisten Orten Paare eintrafen, und zwar erst Ende
März, aber viel weniger als iu früheren Jahren. Ein Artikel, der
hierüber in den Basler Nachrichten erschien, enthielt übrigens viele
Unrichtigkeiten.
Im nahen Brittnau rückte am 7. März ein Storch ein, und
am 12. März sah man einen iu der Nähe von Zofingen. Am 13. März
morgens 9 Uhr erschienen zwei beim Neste auf dem Chordache,
inspizierten dieses genau, verschwanden dann nach ganz kurzer Zeit
wieder und ließen sich bis zum 25. März nicht mehr blicken, dann
aber rückten wieder beide im Neste ein, um bleibenden Aufenthalt
zu nehmen, nachdem am 23. März fünf Stück in der Nähe von
Zofingen gesehen worden waren. Das Familienleben begann sofort;
es fanden Begattungen statt. Der Besuch vom 13. März morgens
hatte den Zweck festzustellen, ob sich das Nest noch in guter Ord¬
nung befände oder ob ein Ausbau oder eine Erneuerung notwendig
sei, in welchem Falle sie hier geblieben wären und sich mit der
Instandsetzung des Nestes beschäftigt hätten. Da dies nicht nötig
gewesen, so waren sie wieder fortgezogen, um sich noch eines freien
Lebens zu erfreuen, bevor das Gelege produziert wurde und das
Brüten begann, was anfangs April eintrat.
175
Im Laufe des April verbreitete sieb die Kunde, es befänden
sieb öfters drei erwachsene Störche im Neste, wovon zwei Weibchen
neben einander sässen und brüteten. Dass ein Männchen zwei
Weibchen hatte, die in zwei verschiedenen Horsten brüteten, war
in unserer Gegend schon vorgekommen, z. B. vor einigen Jahren
in Guuzgen. Dass aber zwei Weibchen mit einem Männchen in
ein und demselben Neste brüteten, wäre etwas ganz neues gewesen.
Am 21. April bestieg ich den Kirchturm, und es befand sich nur
ein brütender Storch im Neste. Ein Ast, der am Rande des Horstes
hervorragte, war aus der Ferne für den Kopf eines zweiten gehalten
worden. Als sich der Vogel nach einiger Zeit erhob, konnte ich
vier Eier im Neste konstatieren.
Der Frühling des Jahres 1904 zeichnete sich, trotzdem er zu
den schönen gerechnet werden mußte, durch einige starke Gewitter
aus, denen danu eiu oder zwei Tage lang strömender Regen folgte.
In der Nacht vom 22. zum 23. Mai ging ein solches nieder, und es
regnete am 23. den ganzen Tag in mächtigen Strömen, sodaß die
Störche auf dem Chordache ganz durchnäßt wurden und die Alten
abends lauge die Flügel schwangen, um sich zu trocknen, wobei der
Beobachter noch nicht ahnte, was dort für Unglück geschehen sei.
Bald vernahm er aber von verschiedenen Personen, es sei ein totes
Junges aus dem Neste geworfen worden, und glaubte natürlich, es
gehe diese Nachricht nur eines der Jungen an. Wie sich aber heraus¬
stellte, waren an diesem Tage, dem Pfingstmontage, die sämtlichen
vier Jungen infolge des starken Regens, wie man ihn noch selten
so anhaltend den ganzen Tag ohne die geringste Unterbrechung
hatte niederströmen sehen, eingegangeu und von den Alten aus dem
Neste geworfen worden. Eines davon blieb über einen Tag laug
außen am Neste an einem Baum hängen. Die Tatsache vom Tode
aller vier Jungen kam erst nach einigen Tagen heraus, als Leute
darauf aufmerksam wurden, daß die beiden Störche oft stundenlang
miteinander fort waren und sich dann wieder beide stundenlang auf
dem Neste auf hielten, also nicht gezwungen waren, ab wechslungs weise
auf Nahrung auszugehen, und man kam nun auf die Vermutung, daß
keine Jungen mehr vorhanden seien. Am 1. Juni vormittags 11 Uhr
bestieg der »Storchen vater« daher das Wächterstübchen im Turm,
um sich vom Stand dea Dinge im Storch nest zu vergewissern. Beide
Störche waren anwesend. Einer stand auf dem Rande des Horstes
auf einem Beine und putzte das Gefieder, der andere lag in der
Mulde, wie wenn er brütete, und der Beobachter war auch fast der
176
Meinung, daß eine Ersatzbrut begonnen habe. Bald aber machte der
erstere einen kleinen Exkurs, flog im Kreise um das Chordach und
setzte sich wieder auf das Nest. Nach etwa 20 Minuten erhob sich
auch der andere, und es zeigte sich, daß das Nest leer war. Er
setzte sich nach längerer Zeit, nachdem er »sich versäubert hatte«,
wieder wie brütend hin. Es wird, wie übrigens schon in früheren
Jahren im Buchsgau oder »Gäu« des Kantons Solothurn, wo öfters
Bruten durch Naturereignisse eingehen, beobachtet worden war, von den
Störchen keine zweite Brut begounen, auch wenn die erste verunglückt.
Als das Ergebnis dieser Inspektion vom 1. Juni beim Publikum
bekannt wurde, entstand eine Bewegung, und da mau nicht allge¬
mein über die Ursache des Mißgeschickes aufgeklärt war, wurde auch
abfällig über die Alten geurteilt. Unser Polizeichef z. B., in der
Meinung, die Störche hätten die Jungen in böser Absicht lebend hinaus¬
geworfen, geriet im ersten Moment in solche Indignation, daß er
verlangte, man solle doch beide herunterschießen, bis ihm die Sache
erklärt wurde. Bisher waren sie ihm sehr ans Herz gewachsen, und
er widmete manchen freien Augenblick ihrer Beobachtung.
Am Storchnest auf dem Chordache ist seit den zehn Jahren
seines Bestehens von Menschenhand nichts geändert worden , wohl
aber haben alle Jahre die alten Störche daran gebaut, oft schon
kurz nachdem sie angekommen waren, jedenfalls aber, wenn die
Jungen geschlüpft waren, wo dann stets der Nestrand ergänzt und
erhöht wurde. An andern Niststellen, so auch im Buchsgau, wo
eine beträchtliche Anzahl von Nestern auf Bauernhäusern steht, hat
man die Gewohnheit, diese hie und da ganz oder bis auf eine Schicht
abzutragen. Das verursacht aber den Störchen nur vermehrte Arbeit
und hat auch schon öfters dazu geführt, daß dann in diesen wenig
tiefen Mulden bei längern Regenperioden, verbunden mit kühler
Witterung, die Jungen nicht geuügend geschützt waren uud ein-
gingeu, währenddem danu die Jungen auf dem Zofinger Chordache
in der tiefen Mulde namentlich vor dem Westwinde geschützt waren
und davonkamen. Diesmal hatte es fast den Anschein, als ob die
tiefe Mulde ihnen bei dem sintflutartigen Regen vom Pfingstmontag
verhängnisvoll geworden wäre, indem diese vielleicht im Laufe der
Jahre ziemlich dicht geworden war, sodaß das Wasser nicht schnell
genug hatte abfließen können und die Jungen darin ertranken. Es
stellte sich aber heraus, daß dies nicht der Fall war, sondern sie
waren wahrscheinlich unter den durchnäßten Alten, die sie beschützen
wollten, erstickt. Nach eingezogenen Erkundigungen sind am Pfingst-
177
montage auch im Buchsgau und anderwärts Bruten auf solche Weise
zugrunde gegangen.
Im Jahre 1903 brannte im unteren Wiggertale in den sogenannten
»Matten« am Wiggerkaual die große Seidenfabrik ab und blieb seit¬
her als Ruine mitten im Tale stehen. Nichts wie die halbzerstörten
Mauern waren stehen geblieben, und von diesen ragte eine bedeutend
über die andere hervor. Dahin flogen im Sommer 1904 unsere
kinderlosen Störche öfters und setzten sich namentlich gerne auf die
weit über die andern hervorragenden Mauerreste, und das gab diesem
Bild der Zerstörung mitten im kultivierten Lande ein eigentümliches
Gepräge. So klein diese Vögel im Vergleich zu den Mauerresten
waren, vervollständigten sie doch das Bild, und es hätte sich wohl
der Mühe gelohnt, daß es ein Photograph aufgenommen hätte.
Trotzdem übrigens unser Paar seine Jungen auf so traurige Weise
verloren hatte, kam es doch bis zu seiner Abreise alle Abende zum Neste
zurück, um da zu übernachten, und hielt sich oft auch tagsüber stunden¬
lang darin auf, wie es schien in tiefer Trauer oder in melancholischer
Erinnerung an die Freuden der Erziehung ihrer Jungen. Man sah die
beiden am 20. Aug. abends zum letzten Male darin, vom 22. Aug. an
waren sie auf dem Chordache verschwunden. Doch wurden am 27. Aug.
noch vier beobachtet, die sehr hoch über Zofingen dahinflogen.
Nicht nur im Kanton Solothurn, sondern überall waren dieses
Jahr weniger Störche eingetroffen als andere Jahre, ohne daß ein
Grund ausfindig gemacht werden konnte, warum dies geschah.
Am 19. September erschien im »Henzmann« bei Zofingeu noch
ein Storch mit zerzaustem Gefieder, namentlich an den Flügeln, der
nicht mehr gut fliegen konnte; doch konnte er nicht gefangen werden
und war nach einiger Zeit wieder verschwunden. Am 22. September
meldete dann ein Mann, daß dieser Storch sich in dem etwa vier
Kilometer entferntem Dorfe Vordemwald in der Nähe der Wirtschaft
zum »Tannenbaum« aufhalte. Dieser Mann bekam den Auftrag den
Storch, wenn er wirklich krank sei, zu fangen und in Pflege zu
bringen ; er konnte aber auch dort nicht gefangen werden. Es war
zu vermuten, daß dieser verspätete Reisende an eine Starkstromleitung
geraten sei, die ihn so zugerichtet hatte.
Von Wangen an der Aare kam dann Nachricht, daß sich Mitte
November noch ein Storch dort aufhalte, der nicht fliegen könne.
Er verweile meistens in Gärten und verfolge Hühner und Enten.
Dies war vielleicht der nämliche, von dem eben die Rede war. Was
aus ihm weiter geworden ist, konnte nicht ausfindig gemacht werden.
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 12
178
Ein Herr W. Schuster hat die Zofinger Storchenchronik, die
nun seit dem Bestehen dieser Niststelle alljährlich im »Zoologischen
Garten« und im Zofinger Tagblatt veröffentlicht worden ist, lächer¬
lich machen wollen, indem er sie etwas malitiös als »gut für An¬
schauungsunterricht« hinstellte. Die Art und Weise meiner Ver¬
öffentlichung geschah nun allerdings so, daß sie dem allgemeinen
Publikum, in erster Linie dem Zofiugens, verständlich sein sollte,
um bei ihm die Storchenfreundlichkeit zu erhalten, und bewegte sich
infolgedessen nicht in wissenschaftlichen Ausdrücken. Noch weniger
wurden weitschweifige, philosophische Betrachtungen damit verbunden,
wie sie dieser Ornithologe in seinen Publikationen so sehr liebt. Was
aber in dieser Chronik niedergelegt ist, beruht auf exakten, mit Daten
belegten Beobachtungen und stellt das Leben dieser Storchfamilie
seit ihrem Bestehen getreu dar. Es ist uns auch nicht bekannt, daß
ein anderer Beobachter Gelegenheit gehabt hätte, eine solche exakte
Chronik so lange Zeit führen zu können.
Die Chronik hat auch in weiteren Kreisen viel Interesse erregt,
und es kommen dem »Storchenvater« von allen Orten her Berichte
zu ; auch das Bedauern über die Auslassungen des Herrn Schuster
wurde ihm, sogar von entfernten Ländern her, ausgedrückt.
Von einer Beobachterin in Lenzburg wurden mir über die dortige
Storchfamilie noch folgende Nachträge zugestellt:
»Der im Jahr 1902 heruntergefallene junge Storch verblieb
seither in guter Pflege im hiesigen Pfarrhaus im Garten. Er ist
sehr zutraulich geworden, besucht in letzter Zeit auch verschiedene
Nachbargärten und kommt besonders gerne wieder, wenn man ihm
einige Fleischrestchen zukomraen läßt. Wenn die Störche auf dem
Kirchendache klappern, schielt er mit schief gehaltenem Kopfe hinauf
und stimmt gelegentlich in das Geklapper ein.«
»Im Jahre 1903 kam der erste Storch in Lenzburg am 28. Februar
und der zweite am 1. März an. Es wurden dann vier junge Störche
erzeugt, die aber, was bisher noch nie beobachtet worden war, sehr
unverträglich lebten, als sie flugfähig waren. Sie wollten den einen
kleinsten Storch immer vertreiben und nicht ins Nest lassen, bis die
Alten dann Ruhe schafften. Die Jungen kamen vom 2. August an
nicht mehr zum Neste, die Alten aber blieben bis zum 21. August,
wo sie wegzogen.«
»Im Jahre 1904 kam in Lenzburg der erste Storch schon am
18. Februar und blieb einsam, bis dann am 15. März der zweite an¬
langte. Diese beiden Daten sind genau wie im Jahre 1892.«
179
Hase und Kaninchen in ihrem gegenseitigen Verhalten.
Von Ludwig Schuster in Gonsenheim bei Mainz.
Nach den von einer Reihe von Autoren gemachten Angaben
schließen sich Hase und Kaninchen gegenseitig in ihrem Wohn¬
gebiet aus. So sprechen z. B. Dombrowski in seinem »Weidwerk«
und Brehm in seinem »Tierleben« ganz allgemein davon, daß das
• •
Kaninchen den Hasen an den von jenem bewohnten Örtlichkeiten
zum Weichen bringe; Heß macht in seinem »Forstschutz« einen
konkreten Fall aus dem Revier Tambusch bei Wölfis in Gotha nam¬
haft, wo Hase und Kaninchen miteinander kollidierten. Ähnlich
liegen nach Mitteilungen eines befreundeten Forstmannes die Ver¬
hältnisse in der Umgegend von Darmstadt.
Ich konnte in Rheinhessen das Gegenteil konstatieren, daß Hase
••
sowohl wie Kaninchen die gleichen Örtlichkeiten in großer Zahl be¬
wohnen und, soweit sich das eben feststellen läßt, in Eintracht und
Frieden miteinander leben. Nachdem ich in der »Deutschen Jäger¬
zeitung« auf diese Tatsache hingewiesen hatte, wurde durch mehrere
Zuschriften bestätigt, daß anderen Ortes ein gleiches Verhalten der
Tiere zueinander beobachtet wurde. Herr J. Bock er zu Lüding¬
hausen in Westfalen (Regbz. Münster) schrieb mir, »daß in der
ganzen Umgegend Hase und Kaninchen friedlich zusammenlebten.
Auch nirgends ist es zu verzeichnen, daß der Hase das Feld geräumt
hat, selbst nicht in den Revieren, wo die Karnickel zahlreich Vor¬
kommen.« — Ein Herr A. H. schreibt (leider ohne Angabe der
Gegend), daß in seinem Revier Hase und Kaninchen in gutem Ein¬
vernehmen miteinander hausen. »Ein Hauptgrund zu der irrtüm¬
lichen Annahme der Vertreibung der Hasen durch die Kaninchen
• •
scheint mir auch darin zu liegen, daß mit Änderungen im Bestände,
resp. mit dem Entstehen und Heranwachsen von Kiefern- und Fichten-
Kulturen, die Äsungsverhältnisse und Lebensbedingungen für die
Llasen sich sehr verschlechtern, während für die Kaninchen, die ge¬
rade Nadelholz besonders lieben, sich diese Bedingungen im Gegen¬
teil verbessern. Diesem Grunde muß man meiner Ansicht nach die
Schuld geben für eine verschiedene, abweichende Vermehrung der
beiden Tiergattungen, resp. für ein Verschwunden von Hasen aus
einem Revier, in dem der Bestand an Kaninchen so sehr zunimmt.« —
Schließlich meldet noch ein Herr Rke. in Ostpreußen, daß er
180
auch in den Teilen seiner Jagd , wo die Kaninchen besonders
zahlreich vertreten waren , häufig Hasen aus dem Lager ge¬
stoßen habe.
Er ergibt sich also, daß wenigstens nicht immer und in allen
Gegenden der Hase durch das Kaninchen verdrängt wird.
Das Vorkommen des Siebenschläfers ( Myoxus glis) und
Beobachtungen über seine Lebensweise im Königreich Sachsen.
Von Rud. Zimmermann in Rochlitz i. S.
(Mit einem Verbreitungskärtchen.)
Die Heimat des Siebenschläfers oder Bilches ( Myoxus glis L.) ist
Süd- und Osteuropa. Am häufigsten findet er sich in Ungarn,
Kroatien und Südrußland (nach Müller). Im Norden geht er bis
nach Böhmen und Oesterr.-Schlesien und findet sich auch an einer
Anzahl Orten des Königreichs Sachsen. Da nach Fickel (die
Literatur über die Tierwelt des Königreichs Sachsen) der Schläfer
anscheinend gleich dem Ziesel und ähnlich der Wanderratte seit
vorvorigem Jahrhundert in einer Westwärtswanderung begriffen ist,
sind Angaben über die Orte seines Vorkommens nicht nur sehr
interessant, sondern auch von großem Werte. In der nachfolgenden
Arbeit nun sei es mir gestattet, die Notizen über die Verbreitung
des Bilches im Königreich Sachsen zusammenzustellen. Ich kann
dabei den schon bekannten Orten seines Vorkommens einige in der
Literatur noch unbekannte anfügen und gleichzeitig auch, da ich
den Schläfer in vorzüglichster Weise zu beobachten Gelegenheit hatte,
noch verschiedene Mitteilungen zu seiner näheren Kenntnis liefern.
Ehe ich aber damit beginne, sei eine kurze Beschreibung des
bei uns vielfach noch wenig bekannten Nagers vorausgeschickt.
Die Körperlänge des Tieres beträgt ungefähr 16 cm, die Schwanz¬
länge 13 — 15 cm. Das weiche, oben aschgraue und bei älteren Tieren
leicht bräunlich angeflogene Fell geht an der Bauchseite in Weiß
über, und dementsprechend sind auch die Gliedmaßen an ihrer
Außenseite von grauer, an ihrer Innenseite von weißer Farbe. Die
Schnauze ist außer einem Teile der mit dunklen Schnurrhaaren ge¬
zierten, grauen Oberlippe und dem Nasenrücken gleich den Backen
und der Kehle bis zu den dünnbehaarten, ungefähr 1/s der Länge
des gestreckten Schädels erreichenden Ohren weiß. Um die Augen
181
läuft ein duukler Ring. Der oben und unten gleichfarbig graue
Schwanz ist buschig und zweizeilig behaart. Die oberen Schneide¬
zähne berühren sich dicht, die unteren divergieren.
Notizen über das Vorkommen des Siebenschläfers im Königreich
Sachsen enthält die schon zitierte Arbeit Professor Dr. Job.
Pickels: Die Literatur über die Tierwelt des Königreichs Sachsen
(1. Aufl. 1893, 2. Aufl. 1901). Unter Quellenangabe wird darin
gesagt, daß der Bilch am Valtenberge (im Grenzgebiete des Elb¬
saudsteingebirges und des Lausitzer Gebirges) vorkommt, weiter im
Buchen walde des Großen Winterberges in der Sächsischen Schweiz
beobachtet und im Restaurant zur Friedrichsburg am Königstein in
einem Exemplare, das sich in ein Brot hineingenagt hatte und iu
dessen Magen man Reste von Apfelmus und Preißelbeerkompott aus
der Restaurationsküche fand, getötet worden ist (1891), und schlie߬
lich, daß in Starkästen in Maxen 12 Stück des Schläfers erbeutet
wurden. Im Plauen’schen Grunde bei Dresden ist das Tier nach
Prof. Dr. Schul tze (»Der Plauensche Grund bei Dresden« im Jahr¬
buch des Gebirgsvereins für die Sächsisch-Böhmische Schweiz I, Dres¬
den 1882) vor etwa 30 bis 40 Jahren vorgekommen. Ob es heute
daselbst noch vorhanden ist, darüber fehlen mir die Angaben. End¬
lich hat Bürgerschullehrer E. Hem pel in Chemnitz (14. Bericht
der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Chemnitz, Chemnitz 1900)
sein Auftreten in Burgstädt, in dem mittleren Teile des Chemnitz¬
tales und in dem in der Nähe der Ausmündung des letzteren in
das Tal der Zwickauer Mulde au dieser gelegenen Flecken Wechsel¬
burg festgestellt. Tn der Literatur dagegen noch nicht erwähnt ist
m. W. das Vorkommen des Siebenschläfers auf dem nördlich von
Wechselburg gelegenen Rochlitzer Berge und in dem, dem Nordost¬
fuße des letzteren sich anschmiegenden Städtchen Rochlitz, welch
beide Orte gleich Wechselburg dem Talgebiete der Zwickauer Mulde
angehören. Nach mir gemachten Mitteilungen, an deren Zuver¬
lässigkeit ich kaum zweifeln kaun, kommt der Bilch außerdem auch
noch bei Grimma (im Talgebiet der Vereinigten Mulde) vor. Das
Verbreitungsgebiet des Schläfers würde sich hier also von Burgstädt
herab ins Chemnitztal und in diesem abwärts in das Gebiet der
Zwickauer Mulde erstrecken, um im Tale der Vereinigten Mulde auf¬
zuhören. Jch habe dies auf dem beigefügten Kärtchen dargestellt,
m
und es sind auf diesem die Orte, an denen der Nager beobachtet
worden ist, durch Unterstreichen hervorgehoben. Von Wert nun
wäre es, festzustellen, ob sich das Tier auch an Orten zwischen den
einzelnen Fundplätzen, namentlich zwischen dem mittleren Teile des
Chemnitztales und Wechselburg, sowie zwischen Rochlitz und Grimma
findet. Hinsichtlich des
ersteren Gebietes schreibt
Hempel, daß der Sieben¬
schläfer im Chemnitztale
abwärts bis Göritzhain (dem
vorletzten aber etwas ent¬
fernten Ort von Wechsel¬
burg), in welchem Teile für
den Nager sehr günstige
Terrain- und Pflanzenver¬
hältnisse obwalten , nach
Mitteilung verschiedener,
für die Natur sich zweifel¬
los interessierender und in
den Aussagen zuverlässiger
Obstbaumzüchter nicht
vorhanden sei. Ich habe
dagegen im verflossenen
o(tyj tfilcsnicA&ijcM (Si^cxj** Jahre in Göritzhainer Obst-
§ärteu vereinzelt ange-
* nagtes Obst gefunden, das
mit dem hier von dem Bilch angegangenen übereinstimmte, was
daher sicher für das Vorhandensein auch an diesem Orte spricht.
An den Orten seines Vorkommens tritt der die Geselligkeit
liebende Bilch stets in größeren Mengen und immer stark schädigend
auf. Hempel berichtet, daß im Chemnitztale aus Starkästen 24 alte
und 56 junge Tiere hervorgeholt worden seien, ich selbst habe im
verflossenen Jahre gleichfalls in Starkästen auf dem Rochlitzer Berge
gegen 25 ältere und jüngere Tiere gefangen, und in den Obst¬
anlagen des Rochlitzer Schlosses sind nahezu ebensoviele erlegt wor¬
den. Auch in früheren Jahren hat man hier und auf dem Rochlitzer
Berge ähnlich große Mengen gefangen und getötet; ein merklicher
Rückgang in dem Bestände des Tieres ist indessen nicht eingetreten ;
vielmehr will es mir scheinen, als ob es auf dem Rochlitzer Berg in
ständiger Zunahme begriffen sei. Schädlich wird der Bilch in hiesiger
Gegend durch die Plünderung der Obstbäume. Nicht nur, daß er
des Nachts alle Früchte — Kirschen, Pflaumen, Pfirsiche, Birnen,
Apfel u. s. w. — angeht und in seiner unglaublichen Gefräßigkeit
183
beträchtliche Mengen au Ort und Stelle verzehrt oder annagt und
dann zu Boden fallen läßt, verschleppt er sie auch nach seinen
Schlupfwinkeln. Ich fand einen Starkasten, in dem einige Schläfer
des Tags über Siesta hielten und dessen innere Bodenfläche etwa
20 cm im Geviert maß, nahezu 20 cm hoch mit Kirschkernen und
Stielen, untermischt nur mit einer ganz geringen Quantität Gras
und einigen Holzspäuen, angefüllt. Aber nicht allein im Freien
räubern diese Tiere, sondern sie dringen auch in die Gebäude ein
und fahnden in diesen nach allerhand Leckereien. Im Hause meiner
Eltern (auf dem Rochlitzer Berge) war im verflossenen Sommer
wiederholt das Pergamentpapier der im Keller stehenden Konserven¬
gläser durch nagt und die eingemachten Früchte angegangen. Meine
Mutter schloß anfangs auf Mäuse und bedeckte die Gläser mit
schweren Brettchen. Wer aber beschreibt ihr Erstaunen, als nach
einigen Tagen die Brettchen herabgeworfen und die Früchte aufs
neue angegangen waren. Für mich stand es nun fest, daß nur
Siebenschläfer, die durch das immer etwas offen stehende Fenster
bequem in den Keller eindringen konnten, als Räuber der Früchte
in Betracht kommen konnten. Ich begann nach ihren Spuren zu
suchen und entdeckte sie, nachdem ich noch am Boden unter dem
auf einem benachbarten Baume hängenden Starkasten einen kleinen,
offenbar in seiner Entwickelung zurückgebliebenen und wenige Tage
darauf in der Gefangenschaft gestorbenen Bilch, der höchstwahr¬
scheinlich von seinen Artgenossen aus dem Kasten geworfen worden
war, auffand, in diesem Kasten und entnahm ihm zwei alte und
fünf jüngere Tiere. Im Einklang mit diesem Fall steht auch der
eingangs erwähnte Fund eines Bilches in dem Restaurant Friedens¬
burg am Königstein, wo sich das Tier in Brot eingenagt hatte und
in seinem Magen Kompottreste barg.
Der Siebenschläfer ist ein ausgesprochenes Nachttier. Mit be¬
ginnender Dunkelheit verläßt er seine Schlupfwinkel und kehrt erst
beim Morgengrauen wieder dahin zurück. Vereinzelt nur habe ich
ihn auch tagsüber auf Obstbäumen an getroffen und — während
meiner Knabenzeit — daun sogar Jagd auf ihn gemacht, indessen
stets mit negativem Erfolge. Er klettert gut und flink; weite Sprünge
ähnlich dem Eichhörnchen macht er dagegen selten und wagt sie — -
dann aber mit großem Geschick — wohl nur, wenn er verfolgt
wird. Am Boden vermag er, wenngleich auch nicht mit der Gewandt¬
heit wie auf Bäumen, ebenfalls rasch dahinzueilen, fühlt sich aber
hier nie vollkommen sicher. An dem ersten aufwärtsstrebenden
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Gegenstand klettert er empor, um von ihm aus nötigenfalls auf einen
noch höheren zu gelangen. So kam es, als ich im verflossenen
Sommer auf dem Rochlitzer Berge die Starkästen nach dem Schläfer
durchsuchte, wiederholt vor, daß einige entwischten Tiere selbst an
mir und meinen Begleitern emporkletterten, um von hier aus —
einigemale mit gutem Erfolg — den rettenden Sprung nach einem
nahen Baume, einer Laube oder dergl. zu wagen. Trotz ihres
großen Hanges zur Geselligkeit kommen Kämpfe unter den Art¬
genossen recht häufig vor, und die Behauptung, daß die Schläfer
im Hunger sogar ihresgleichen auffräßen, wird illustriert dadurch,
daß zwei von mir eingefangene Bilche trotz der ihnen reichlich zuge¬
messenen Nahrung einen dritten bei lebendigem Leibe angefressen
hatten.
Im September, anscheinend stets schon in den ersten Tagen,
beginnt hier der Bilch seinen Winterschlaf. Er dauert bis in den
Mai hinein ; erst in den letzten Tagen dieses Monats habe ich das
Tier wieder im Freien angetroffen. Als absolut sicher mag ich aber
diese Daten nicht bezeichnen, da mir gerade hier meine Beobach¬
tungen zur Aufstellung einer festen Regel noch nicht genügen.
Beschließen will ich meine Ausführungen über die Siebenschläfer
mit den Beobachtungen, die ich an einem ungefähr ein halbes Jahr
gefangen gehaltenen und in der Gefangenschaft gestorbenen Bilch
gemacht habe.
Das Tier kam im August 1903 in meinen Besitz und fand
Aufnahme in einem aus einer Kiste hergestellten Käfig. Seine Breite
betrug 34, die Tiefe 26 und die Höhe 50 cm. Die Vorderseite war
mit einem Drahtgitter versehen und im übrigen der Kasten voll¬
ständig mit Zinkblech überzogen. Das Tier war noch jung, kehrte
aber sofort seinen bissigen Charakter heraus, den es auch bis zuletzt
beibehielt, und beantwortete jede Annäherung mit einem zornigen
Fauchen. Alle Zähmungsversuche blieben erfolglos, wenn es später
auch Fruchtgelee von dem an das Gitter gehaltenen Finger
ableckte. An Nahrung erhielt der Schläfer Eicheln und Haselnüsse,
und dazwischen hinein reichte ich ihm Fruchtgelee von Äpfeln und
Birnen und zuweilen auch ein Zuckerstückchen. Milch bot ich ihm
ebenfalls an, und für sie hatte das Tier die größte Vorliebe. Es
ließ alles andere stehen nnd liegen, und schon beim Näherbringen
des Milchnäpfchens sprang, lief und kletterte es erregt in seinem
Käfig umher. Kastanien und Nadelholzfrüchte verschmähte es
ganz, Mandeln und die sogen. »Kamerunnüsse« nahm es nur höchst
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selten an. Nicht nur des Nachts zeigte sich der Schläfer überaus
lebhaft, sondern auch tagsüber rumorte er tüchtig in seinem Käfige
umher. Während des Schlafes lag das Tier gleich anderen Schlaf¬
mäusen zu einer Kugel zusammengerollt da : der Schwanz war zwi¬
schen den Hinter- und Vorderbeinen hindurch über den Kopf gelegt
und die letzteren fest an die Backen gepreßt. Anfangs März 1904
ging in dem Wesendes Tieres eine große Veränderung vor : es schlief
länger und zeigte im wachen Zustande eine auffallende Unruhe, ver¬
schmähte die Nahrung und fiel nach kürzerer oder längerer Fasten¬
zeit um so gieriger über sie her. Dieser Zustand endete nach etwa
zehn Tagen mit dem Tode des Tieres.
So gern ich den Schläfer nun auch noch weiter beobachtet
hätte, so froh war ich schließlich doch, daß ich den Käfig aus mei¬
nem Arbeitszimmer, in dem er mangels eines geeigneten anderen
Platzes seine Aufstellung gefunden hatte, entfernen konnte. Das
Tier verbreitete nämlich trotz häufigster Reinigung des Käfigs einen
durchdringenden und überaus unangenehmen Geruch.
Kleinere Mitteilungen.
Professor Ernst Haeckel läßt die Vorträge, die er vor kurzem in
Berlin vor Tausenden von Hörern gehalten hat, nunmehr im Druck erscheinen.
Sie sind zusammengefaßt unter dem Titel »Der Kampf um den Entwickelungs-
Gedanken« und behandeln »Den Kampf um die Schöpfung« (Abstammungslehre
und Kirchenglaube), »Den Kampf um den Stammbaum« (Affenverwandtschaft und
Wirbeltierstamm) und »Den Kampf um die Seele« (Unsterblichkeit und Gottes¬
begriff). Drei Tafeln werden das Vorgetragene veranschaulichen; ein Porträt des
greisen, jugendfrischen Forschers schmückt das stattliche, fein ausgestattete Bänd¬
chen, das zu dem billigen Preise von nur M. 2. — , geb. M. 2.80 von Georg Reimer
in Berlin verlegt ist. Bttgr.
Die Nistweise der Flamingos. Im Bull, de la Soc. d’Acclimatation de
France vom Juli 1904 veröffentlicht F. de Cliapel einen längern Artikel „En
Camargue, ä la recherche de nids de Flammants“, dessen Inhalt ich im folgenden
auszugsweise wiedergeben möchte.
Der Ausflug hatte nicht das gewünschte Ergebnis, brütende Flamingos zu
beobachten und einige Nester zu sammeln, da er auf Anraten eines alten Aufsehers
um 14 Tage zu spät unternommen worden war. Es wurde aber eine Reihe interessanter
Beobachtungen über die Vögel gewonnen, und besonders dürfte die Schilderung der
»Ile de la Camargue« des Rhoneschwemmlandes, in dem die Flamingos hausen,
interessieren.
Die Camargue ist ein eigenartiges Land, dem es trotz seiner Einsamkeit nicht
an Naturreizen gebricht. Je nach der Jahreszeit ist das Land verschiedenartig ge-
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färbt, Luftspiegelungen täuschen Traumlandschaften vor, brüllende Rinder beleben
die Landschaft, und abends wiehern Stuten an den Ufern der großen Sümpfe.
Dort, an den Ufern des Teiches von Valcares, wohnen die schönen Vögel, die Fla¬
mingos, in ungezählten Scharen, bald alle rot gefärbt, bald alle weiß, je nachdem
das Licht sie trifft. „Ich habe“, sagt der Verfasser, „sie oft in ungeheuren Scharen
gesehen, wie sie zwischen dem Blau des Himmels und dem Blau der Gewässer
scheinbar schwebten“.
Es ist schwer, an die Tiere heranzukommen. Gewöhnlich muß man sich damit
begnügen, sie von weitem zu beobachten. F. de Chapel ist es indessen gelungen,
sich, ausgestreckt in einem ganz kleinen Boot, mitten unter die Vögel treiben zu
lassen. Zur Anlage der Nester wählen die Flamingos im allgemeinen einen weichen
und unwegsamen Boden. Sobald man sich ihnen auf 400 — 500 m nähert, steigen
sie in majestätischer Haltung mit langvorgestrecktem Halse auf.
Im weiteren Verlaufe seiner am 20' Juni 1904 begonnenen Reise erhielt der
Verfasser mit seinem Begleiter, Mr. Mingaud, dem Konservator des Museums in
Nimes, von einem Brigadier des douanes genauere Angaben, wo dieser wenige
Tage zuvor 500—600 Nester gesehen hatte. Aber infolge eines Mißverständnisses
fanden die Forscher diese Kolonie nicht, wohl aber alte Reste von Nestern. Dieser
Ausflug ist aber in sonstiger Beziehung interessant genug.
Von Valcares nach Norden wandernd traf man auf alte tonig-sandige Ablage¬
rungen des Flusses und des Meeres, die fast horizontal erschienen und mehr oder
weniger mit Salzpflanzen bedeckt waren. Die Forscher wandten sich später
nach Osten, um in diese unermeßlichen, nackten Flächen einzudringen, die bald
trocken und mit spiegelglatten Salzschichten bedeckt waren, bald noch einen Teil
F euchtigkeit bewahrt hatten oder selbst in geringer Höhe mit Wasser bedeckt
waren. Sie wanderten auf Saintes-Maries-de la Mer zu und erblickten das Dorf mit
seiner alten Kirche vor sich wie am Himmel aufgehängt. Um sie spiegelte die
Luft, und das Licht vibrierte am Horizont, während sie trockenen Fusses die Seen
durchschritten, die vor ihnen zu liegen schienen. Sie wanderten am Sumpfe von
Bedonieres entlang, um den Wald von Rieges zu erreichen, eine dunkle Linie mitten
in der Valcares, die mit anderen Sümpfen die Grenze des alten litoralen Gürtels
bezeichnet. Die Vegetation von Rieges ist ein fast undurchdringlicher Sumpf.
Hier trafen die Forscher auf Wachholder von 6 — 8 m Höhe und 2 dm Umfang.
Man muß sich hier auf der Spur wilder Rinder, die ehedem in Rieges gehegt
wurden, einen Pfad bahnen ; ihre Skelette und die Reste verschiedener wilder
Tiere, durch die Sonne gebleicht, erinnern an vergessene Landstriche, weit entfernt
von jeder Zivilisation.
Merkwürdiger Weise sind die Waldungen von Rieges mitten in der Valcares
entweder von Salz oder von Wasser je nach der Jahreszeit umgeben und von nackten
Sandinseln, die nur stellenweise dünngesäte Salzpflanzen aufweisen.
Im weiteren Verlaufe ihrer Wanderung trafen die Forscher die Stelle einer
alten Flamingo-Kolonie, aber die Nester sahen aus wie Maulwurfshaufen, die durch
eine Uebersehwemmung weggeschwemmt worden waren. Man fand rund um die
Nester den Kanal, der sie regelmäßig umgibt, angefüllt nit Muschelresten.
F. de Chapel versuchte nach diesen erfolglosen Unternehmungen nochmals
allein die Stelle zu finden, die ihm der Brigadier des douanes angegeben hatte,
und hatte jetzt auch Erfolg. Er sah dort eine ungeheure Schar von Flamingos
von weitem und faßte neue Hoffnung, sein Ziel zu erreichen. Bei seiner Annähe-
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rung stiegen die Vögel geräuschvoll auf und flohen. Endlich fand er auch die
Nester, aber — unter Wasser — zerstört. Der Brigadier hatte die Nester an einem
Freitag in gutem Zustande gesehen, aber zwei Tage später, an einem Sonntage,
hatte ein heftiger Sturm geherrscht, und der wiederholte Anprall der Wellen hatte
die Nester und Chapels Hoffnungen zerstört.
Es war immerhin noch nicht alles verloren, denn es konnten einige Messungen
genommen und Beobachtungen gesammelt werden. Ebenso gelangen einige photo¬
graphische Aufnahmen.
Der Flamingo ist auf der Ile de la Camargue sehr zahlreich, ebenso wie an
der Küste von Perpignan, den einzigen beiden Punkten, wo der Vogel in Frank¬
reich sich noch zeigt. Im Winter suchen die Flamingos die Buchten am Meeres¬
strande auf und vereinigen sich nach der Meinung des Verfassers mit denen von
Perpignan. Mit dem milderen Wetter kehren die zahlreichen Scharen in die
Valcares zurück und in die Lagunen, die die kleinen Inselchen des Rhonedeltas von¬
einander trennen und das Land bis an das Meer bedecken.
Mr. Richard Gobie sagt, wie der Verfasser zitiert: „Der Flamingo nistet
nur in sehr versteckten Gegenden in flachem Wasser und weiß mit sicherem In¬
stinkt die Stellen zu finden, wo der niedrige Wasserstand einem Boot die Fahrt
unmöglich macht und wo anderseits der Boden so weich ist, daß man nicht zu
Fuß hingelangen kann. Eine ständige Begleiterscheinung der Nesterkolonien ist
der Reichtum des Bodens an kleinen Mollusken. Die Nester sind regellos nach
der Tiefe des Wassers angeordnet. Es sind konische Hügel ohne vegetabile Sub¬
stanz. Oben tragen sie eine wenig tiefe Einsenkung zur Aufnahme der Eier.
Diese Einsenkung ist mit sehr kleinen Muscheln (Cardium) ausgelegt, die den
Boden ringsum dicht bewohnen. Das Nest ist umgeben von einem kleinen Ring¬
kanal, den der Vogel grub, um Erde für seinen Bau zu gewinnen. Die Höhe des
Nestes ist 20 — 25 cm über dem Wasser, das den Ringkanal anfüllt, und sein
Durchmesser ist 80—35 cm.“
Mr. Richard Gobie hat, wie F. de Chapel, von Aufsehern, Jägern und
Fischern u. s. w. gehört, daß der Flamingo rittlings brüte. Er glaubt nicht an
diese Tatsache, da der Vogel nur 8 — 10 cm Raum zwischen dem Ansatz der
Femuren hat und also kein Nest von 30 — 35 cm Durchmesser rittlings besteigen
kann. Er glaubt, daß der Flamingo wie andere Vögel mit gekrümmten Beinen brüte.
Mr. Pranishnikoff, ein russischer Maler, den der Verfasser in Saintes-Maries-
de la Mer traf und der sich auch an den ersten Unternehmungen beteiligte, und
Mr. Mingaud sind der Ansicht, daß der Flamingo mit dem Körper auf dem Neste
und mit horizontal nach hinten gestreckten Läufen brüte.
F. de Chapel hat von Kind auf die Darstellung gehört und auch von Fischern
Jägern u. s. w. immer bestätigt bekommen, daß der Vogel rittlings brüte. Er hat
zwei Schemata entworfen und kommt zu unerwarteten Resultaten, die die Meinung
des Landvolkes zu bestätigen scheinen, der Flamingo brüte nicht im eigentlichen
Sinne des Wortes rittlings, sondern sitzend.
Schema I. Man muß auf einem Neste von 40 cm Durchmesser an der
Basis, 25 — 30 cm Durchmesser am Gipfel und 26 cm Höhe einen Punkt suchen,
wo der Flamingo, der 10 cm Raum zwischen den Schenkeln hat, rittlings sitzen kann.
Vom Anus bis zu den Schenkeln sind etwa 10 cm Abstand. Wenn der
Vogel also so sitzt, daß er sein Gelege genau in der Mitte des Nestes hat, so würde
der Vorderkörper sich vorne außerhalb des Nestes befinden. Die Schenkel würden
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an der Vorderseite des Nestes lierabhängen und das Gleichgewicht halten. Die
Schenkel haben 28 cm Länge und würden also gerade den Boden berühren und
als Stützen dienen, während die Läufe von 26 cm und die Füße nach vorne auf dem
Boden liegen würden und als Strebepfeiler dienen könnten. Der Flamingo würde
also nicht mit der Brust, sondern nur mit dem Bauche brüten.
Schema II. Liegt der Anus beim Brüten innerhalb der Gipfeleinsenkung
(Nestmulde) des Nestes, so muß der Vorderkörper auf jeden Fall nach vorne außer¬
halb des Nestes liegen. Es würde dann aber das Gleichgewicht fehlen, selbst
wenn die Beine nach hinten balanzieren. Setzen wir aber den Flamingo so auf
sein Nest, daß er im natürlichen Gleichgewicht ist, so müßte der Anus außerhalb
des Nestes sein und die Eier würden zu Boden fallen.
Aus diesen Überlegungen schließt der Verfasser, daß die übereinstimmenden
Beobachtungen, die feststellen, daß der Flamingo rittlings brüte, richtig und nach
Lage der Verhältnisse möglich sind, nur reitet der Flamingo nicht mitten auf dem
Neste, sondern nimmt eine mehr sitzende Stellung ein (Schema I).
F. de Chapel hofft, in diesem Jahre seine Untersuchungen fortsetzen zu können.
In einer Nachschrift erzählt der Verfasser dann weiter, bei einem Gewitter
mit Hagelschlag seien fünf Flamingos erschlagen worden, und er habe ihr Fleisch
probiert. »Sie seien nicht schlecht gewesen, mais c’est la sauce qui fait manger le
poisson« — aber wohl nur die Sauce habe sie schmackhaft gemacht.
Dr. Hermann Bolau (Helgoland).
Literatur.
Prof. Dr. C. Keller, Naturgeschichte der Haustiere. Berlin, Verlag v. P. Parey,
1905. 8°. 8, 304 pag., 51 Fig. — Preis M. 9. — .
Der Verfasser hat sich mit Erfolg bemüht, in den schwierigen Fragen der
Rassenabstammung ein eigenes Urteil zu gewinnen, und das war um so notwendiger,
als ja noch in der Gegenwart die Gegensätze der Meinungen vielfach aufeinander-
platzen1).
Von der Ansicht ausgehend, daß ein beschränktes Landgebiet zur Lösung
dieser Fragen nicht ausreiche, hat er nicht allein unsere mitteleuropäischen Haus¬
tiere in den Bereich seiner Studien gezogen, sondern auch auf primitiveren Kul¬
turgebieten ihren Bildungsherden und Wanderstraßen nachzuspüren versucht. Wieder¬
holt prüfte er auf Reisen den Haustierbestand in den Mittelmeerländern, in Ägyp¬
ten und Arabien, in Aethiopien und im äußersten Osten Afrikas bis zur ostafri¬
kanischen Inselwelt, und er hat dabei z. T. neue Hilfsmethoden angewandt, um
den Werdegang der altweltlichen Haustiere zu ermitteln. Während der Verfasser
aber in seinem früheren Buche sich nur auf eine Diskussion der ältesten Haustiere
beschränkte, legt er uns in dem vorliegenden das Resultat seiner Untersuchungen
der gesamten Haustierwelt im Zusammenhänge vor. Da unsere Leser aber über
Kellers Ansichten bei Hund, Katze, Pferd, Esel, Schwein, Rind, Schaf, Ziege und
Kamel und auch über seinen Versuch der Schaffung einer einheitlichen Nomen¬
klatur der Haustierrassen bereits unterrichtet sind, beschränke ich mich im folgen-
*) Vcrgl. auch Dr W. Kobelts Besprechung von C. Kellers letztem Werke „Die
Abstammung der ältesten Hauttiere“ Zürich, 1902 in Zool. Garten Jahrg. 1904 p. 33—36.
Der Herausgeber.
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den auf einige Andeutungen über die noch fehlenden Säugetiere. Auf den »All¬
gemeinen Teil« des Buches (p. 6 — 70) möchte ich mich ebenfalls nicht einlassen,
obgleich er nicht wenig interessante und belehrende Kapitel — wie »Vorgang der
Haustierwerdung«, »Haustierkultus«, »Zeitliche Entstehung der Haustiere«, »Ver¬
änderungen unter dem Einfluß der Domestikation«, »Vererbungsgesetze bei der
Kreuzungszucht«, »Verwilderte Haustiere« und »Schmarotzer der Haustierarten« —
enthält, die auch dem Spezialisten genug des Neuen bieten.
Der zahme Yak ( Bos grunniens domesticus) hat nur eine beschränkte Ver¬
breitung in den Hochländern Innerasiens. Seine Stammländer sind Tibet und Tur-
kestan; an ersterem Orte ist er als Wildrind auch heute noch verbreitet.
Die Büffel (Bubalus), zoologisch am Ausgangspunkte der Binderfamilie
stehend, in der Erdgeschichte aber am frühesten, d. h. schon im Pliozän auf¬
tauchend, weisen wilde Vertreter in Afrika und Asien auf. Das von ihnen be¬
wohnte Landgebiet ist also weit ausgedehnter als bei den Wildrindern; doch
stammt der Hausbüffel (B. vulgaris domesticus) zweifellos aus Asien; die Stamm¬
art ist der Indische Büffel oder Arni. Über die Zeit, wann der Büffel Haustier
wurde, haben wir keine Andeutung. Daß er aber schon zwischen 3500 und 3750
v. Chr. in Babylonien gezüchtet wurde, ist ziemlich sicher; später gehen dann
seine Spuren verloren. Gegenwärtig ist er allgemeines Haustier in den tropischen
und subtropischen Gebieten Asiens und geht von hier einerseits über die Kaukasus -
länder und Südrußland nach den unteren Donauländern bis Ungarn und in die
Malariagebiete Italiens und anderseits bis nach Ägypten.
Ähnlich wie der Yak haben die Abkömmlinge der wilden Schafkamele
Südamerikas die Grenzen ihrer ursprünglichen Heimat, die Anden, nicht über¬
schritten. Zwei von den vier angenommenen Arten, das Guanako (Auchenia
liuanaco) mit weiterer, und die Vicunha (Au. vicugna) mit mehr lokaler Ver¬
breitung leben heute noch in der Wildheit ; das Lama (Au. lama) und die Alpaka
(Au. pacos) sind nur im gezähmten Zustande bekannt. Zähmungsversuche sind beim
Guanako stets mißglückt. Alpaka und Lama lassen sich leicht kreuzen; ob ihre Blend¬
linge aber fruchtbar sind, ist nicht bekannt. Wie lange vor Ankunft der Spanier in
Südamerika beide bereits zu Haustieren geworden sind, ist ebenfalls noch nicht fest¬
gestellt; Knochen von gezähmten Schafkamelen werden aber schon aus den altperua¬
nischen Gräbern von Ancon erwähnt. Neuere Autoren wie T ro u essart, denen sich
unser Verfasser anschließen möchte, leiten alle zahmen Auchenien vom Guanako ab.
Das Ben (Rangifer tarandus domesticus), neben dem Hunde das nördlichste
Haustier von Asien und Europa, ist augenscheinlich ein sehr junges Zähmungs¬
produkt und lebt heute noch in seiner wilden Form ziemlich in den gleichen
Gegenden und überdies in einer geographischen Varietät als Karibu im nördlichen
Nordamerika. In prähistorischer Zeit reichte es um viele Breitengrade weiter nach
Süden; es fanden sich seine Beste u. a. in der Schweiz und in Frankreich. Doch
wissen wir sicher, daß die Urbewohner Mitteleuropas damals nirgends einen Ver¬
such der Domestikation des Tieres gemacht haben. Mit dem Bückgange des Eises
und der Tundra zog es sich nach dem Norden zurück. Daß Bentiere noch zu
Caesars Zeit in Deutschland gelebt haben sollen, beruht auf Verwechselung des
Tieres mit dem Elch. Seine Eingewöhnung als Haustier vollzog sich wahrschein¬
lich erst im Laufe des letzten Jahrtausends. Unterschiede der zahmen von den
wilden Tieren sind deutlich erkennbar, haben aber bis jetzt nicht zur Bildung
scharf voneinander trennbarer Bassen geführt.
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Daß das Wildkaninchen die Stammform des Hauskaninchens (Lepus cuni-
culus domesticus ) ist, steht außer Zweifel. Die Zähmung scheint erst im Alter¬
tum, und zwar auf der Iberischen Halbinsel und auf den spanischen Mittelmeer¬
inseln erfolgt zu sein. Im späteren Mittelalter wurde es nach vielen nördlicher
und östlicher gelegenen Gegenden und in neuerer Zeit sogar absichtlich oder ver¬
sehentlich nach Australien und Neuseeland verpflanzt und ist hier vielfach verwil¬
dert und in die Stammform zurückgeschlagen. Es werden zahlreiche Rassen unter¬
schieden, von denen das Angorakaninchen, das Silberkaninchen, das Russische
Kaninchen, das englische Scheckenkaninchen und das Widderkaninchen die wichtig¬
sten sind.
Es würde zu weit führen, wollten wir hier auch auf die Geschichte der Haus¬
tiere unter den Vögeln — Haustaube, die verschiedenen Hühnervögel, die Gänse,
Enten und den Strauß — , sowie auf die Seidenschmetterlinge und die Honigbienen
näher eingehen; wer sich hierfür interessiert, wird in dem schönen Buche, das
auch ausreichend mit Bilderschmuck geziert ist, reiche Belehrung und Anregung
linden. Wie alle Bücher C. Kellers ist es aufs wärmste zu empfehlen.
_ Bttgr.
Wilhelm Schuster, Verstandes-und Seelenleben beiTierundMensch.
Wiesbaden. Bergmanns Verlag 1904.
Die vorliegende Arbeit ist offenbar die Frucht zahlreicher Beobachtungen
und Überlegungen des Verfassers. Sie hat ihren Wert in dem Originalen, das die
ersteren bringen. Da sie aber im wesentlichen benutzt wird, die theoretischen
Anschauungen, zu denen Herr Schuster gekommen ist, darzulegen, so sei dem
Referenten auch ein kritisches Wort vergönnt.
Seit Jahren bemühen sich Physiologen und Psychologen durch scharfe
Umreißung der Begriffe und durch möglichst objektive Darstellung der Beobachtung
in den Wust von Tatsachen, Wahr- und Falschdeutungen, den man optimistisch
als Vergleichende Psychologie bezeichnen will, Ordnung soweit zu bringen, daß
ein Ausgangspunkt zu neuem Voranschreiten gegeben wird. Eine neue Nomenklatur
versucht objektiv darzustellen, was beobachtet wird, man streitet darüber, wie weit
wir überhaupt berechtigt sind, aus den Äußerungen eines Tieres auf sein Innenleben
zu schließen, man sucht so präzis als irgend möglich zu trennen, was wir wissen
und was wir darüber spekulieren. Da ist es denn sehr zu bedauern, wenn offenbar
tüchtige Naturforscher wie der Verfasser ohne Rücksicht auf das Geleistete oder
mit Berücksichtigung nur sekundärer und tertiärer Quellen, ohne Kenntnis namentlich
dessen, was hier kritisch gearbeitet ist, ihre eigenen Ansichten einfach Vorbringen.
Dann kann es passieren, daß präzise Unterschiede zwischen »Verstandes- und
Seelenleben!« gesucht und gefunden werden, daß dem Tiere das letztere ab-, das
erstere bis zu gewissem Grade zugesprochen wird, daß vollständig vergessen wird,
wie dem Tiere das wichtigste, was uns über unsere Mitmenschen belehrt, die
Sprache und Schrift, fehlen, so daß wir gar nicht in der Lage sind, so genau
über sein Gefühls- und Sinnenleben zu handeln wie es der Verfasser tut. Etwas
Kenntnis von dem, was die Hirnanatomie der Tiere geschaffen, wäre auch einem
zu wünschen, der sich mit diesen Sachen beschäftigt, dann würde er nicht etwa
den Sitz des Sprachvermögens in das Kleinhirn verlegen, ein Organ, das nirgendwo
so enorm entwickelt ist wie bei — der Forelle! Auch würde jemand, der jenen
Abschnitt der Vergleichenden Anatomie etwas kennt, zu seiner Befriedigung erfahren,
191
daß wir bereits in dem Hirnmantel ein Organ kennen, an dessen allmähliche Ent¬
wicklung sich ganz deutlich die Fähigkeit zu höherer seelischer Leistung knüpft.
Wir haben in der Tierpsychologie die traurige Periode des Anthropozentrischen
und des Anthropomorphierens noch kaum überwunden, es ist wichtig, daß früh
genug gegen Übersichtsdarstellungen Front gemacht werde, die, wie die vorgenannte,
wegen mangelnder Fundierung auf Abwege führen können. Dem Referenten
scheint, daß gerade jetzt weniger denn je die Zeit ist, präzise Unterscheidungen
in tierpsychologischen Dingen zu statuieren. Was wir brauchen, sind neu angestellte
Beobachtungen, die möglichst objektiv zu sammeln sind.
Prof. Dr. L. E ding er.
Eingegangene Beiträge.
Dir. H. C. in K. Die Notiz wird dankend benutzt werden. — Dr. H. B. in H. Ein
früheres Referat über ,, Zahme Schwalben“ habe ich nicht erhalten; das eingesandte wird
gern angenommen. — H. v. B. in F. Angenommen. — Dr. med. P. S. in Gr. -L. bei B.
Eine Arbeit und drei Mitteilungen, W. S. in G. Eine Arbeit, eine Besprechung und vier
Mitteilungen, und Dr. J. G. in E. Eine Arbeit mit Dank erhalten.
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Oorrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 18—20.
Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Korschelt. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 28. Jahrg., 1905. No. 24 — 25.
Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London
Vol. 105, 1905, No. 2732—2734.
D er Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. Salle. Braunschweig.
1905. Bd. 36. No. 32—33.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Pros ler. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 6. Jahrg. No. 32—33.
Blätter für Aquarien- u. Terrarien-Kunde. Herausg. v. Dr. E. Bade. Berlin.
Verlag d. Creutzschen Buchh. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 19—20.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Haven, Conn.
4. Ser. Bd. 19, 1905. No. 113.
Der Ornithologische Beobachter. Monatsberichte f. Vogelkunde u. Vogelschutz.
Herausg. v. C. Daut u. G. v. Burg. Bern, Verlag v. C. Daut, 1905. Jahrg. 4, Heft 5.
Natur und Haus. Tllustr. Zeitsclir. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Hesdörffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 13. Heft 15—16.
Zwinger und Feld. Ulustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter.
Jahrg. 14. 1905. No. 19—21.
D i e G e f i e d e r t e Wel t. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 19—20.
The Irish Naturalist. A Monthly Journal of General Irish Natural History. Edit. by
G. H. Carpenter, R. L. Praeger and R. Patterson. Dublin, 1905, Eason & Son,
Vol. 14, No. 3.
Proceedings of the Royal Society. London, 1905. Vol. 74. No. 504—505.
Zool. Society Bulletin. No. 17, Publ. by the New York Zool. Society. New York.
1905. 4°. 16 pag. 23 Fig.
M itt eilungen üb er die Vo gel we 1 1. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. Iv. Boyer. Wien, J. Kühkopf. 5. Jahrg. 1905. No. 9—10.
Vereinsschrift für Forst-, Jagd- u. Naturkunde im KÖnigr. Böhmen. Herausg.
v. Prof. Fr. Croy u. a. Prag, Verl. d. Böhm. Forstvereins, 1905. Jahrg. 1904—05, Heft 5 — 6.
Dr. P. Kämmerer, Über die Abhängigkeit des Regenerationsvermögens der Amphibien¬
larven von Alter, Entwicklungsstadium u. spezifischer Größe. — Sep.-Abdr. a. Archiv f.
Entwicklungsmechanik der Organismen (Roux) Bd. 19, Heft 2. Leipzig 1905. 8°. 33 pag., Taf.
G eh. -Rat Prof. Dr. K. Möbius, Die Formen, Farben u. Bewegungen der Vögel, ästhetisch
betrachtet u. Die Formen u. Farben der Insekten, ästhetisch betrachtet. 2 Abh. a. Sitz.-
Ber. Akad. Wiss. Berlin 1904 No. VIII. 8°. 12 pag. und 1905 No. V. 8°. 8 pag.
H. Löns, Die Porstmoore Nordwestdeutschlands. — Sep.-Abdr. a. Hamburger Nachrichten
1905, No. 162 Abendausgabe. 1 pag.
Wilhelm Schuster, Die Reblaus (Ph/jlloxera vadatrix) in Hessen (Hessen-Nassau u.
Rheinhessen) seit Beginn ihres Auftretens (1878) bis zur Gegenwart (1902): Ihre gefahr¬
drohende Verbreitung, ihre Bekämpfung u. s. w. auf Grund amtlichen Materials darge-
gestellt. 8°. Ohne Druckort, 1905. 23 pag., 2 Kärtchen. — Preis M. 0.70.
Derselbe, Ornithologische Anzeichen einer wiederkehrenden Tertiärzeit. — Sep.-Abdr. a.
Mitteil, österr. Reichsbund. f. Vogelkunde u. Vogelschutz in Wien. Jahrg. 5, 1905. 8°. 8 pag.
Boletim do MuseuGoeldi de Hist. nat. & Ethnographia. Para (Brazil), Inst.
Lauro Sodre, 1904. 8°. Vol. 4, No. 1—3.
Archiv d. Ver. d. Freunde d. Naturgesch. in Mecklenburg. Jahrg. 58 (1904;.
II. Abt. u. Jahrgang 59 (1905) I. Abt. Herausg. v. E. Geinitz. Güstrow, Opitz & Co., 8U,
1904—05.
192
Ho fr. Dr. L. Lev er kühn, Biographisches über die drei Naumanns und Bibliographisches
über ihre Werke u. s. w. Mit 8 Extratafeln. — Sep.-Abdr. a. Naumanns Naturgesch.
der Vögel Mitteleuropas Band I. Gera-Untermhaus, Verlag v. F. E. Köhler, 1904. Querfol.,
88 pag., 8 Taf., Stammbaumtafel.
D erselbe, Zaunkönignester von Hummeln besetzt, 2 pag., Pischingers Beiträge zur anti¬
quarischen Ornithologie, 2 pag. und Ein merkwürdiger Kolkrabenhorst, 4 pag., Taf. —
3 Sep.-Abdr. a. Ornithol. Monatsschrift Jahrg. 29, 1904. No. 12 p. 501—502 u. p. 503—504,
sowie 1. c. Jahrg. 30, 1905, No. 2, p. 118—121.
D ott. M. G. Peracca, Note di Erpetologia Italiana. — Sep.-Abdr. a. Boll. Mus. Zool. ed
Anat. Comp. Univ. Torino Vol. 20, No. 485. Turin 1905. 8°. 4 pag.
Ann ual Reports ofthe Academy ofNat. Sc. o f Philadelphia 1904. 8°. 26 pag.
Aus der Natur. Zeitschrift f. alle Naturfreunde. Herausg. v. Dr. W. Schönichen.
Stuttgart, Verlag v. E. Nägele, 1905. Jahrg. 1, Heft 1. — Preis jährl. M. 6.—
Himmel und Erde. 111. Naturw. Monatsschr. Herausg. v. d.'Gesellsch. Urania durch Dr.
P. Sch wahn. Berlin, Verlag v. H. Paetel. — Preis jährl. M. 14.40.
J. Ikeda, The Gephyrea of Japan. — Sep.-Abdr. a. Journ. Coli. Sc., Imp. Univ., Tokyo
(Japan), Vol. 20, Art. 4. 1904. 4°. 87 pag., 4 Taf.
43. Bericht des Vorstandes der Zoolog. Gesellschaft in Hamburg über das
Geschäftsjahr 1904. Hamburg, Ackermann & Wulff Nacht., 1905. 8°. 32 pag.
D er Jagdfreund. 111. Fachzeitschrift f. Jagd, Fischerei, Schießwesen, Hundezucht und
Dressur. Herausg. v. K.Mitschke. Wien, Verlag^v. K. Mitschke, 1905. Jahrg. 5, No. 10.
Preis viertelj. M. 3.25.
Kosmos. Handweiser für Naturfreunde. Herausg. v. F r. Regensberg, Stuttgart
Franckh’scher Verlag, 1905. Bd. 2, No. 1. — Preis jährl. 10 Hefte M. 2.50.
Verslag van den Toestand van het Koninkl. Zool.-Botan. Genootschap te
s’Gravenhage over hetjaar 1904. 3°. 39 pg.
B. Tümler, Schutzmasken u. Schutzfarben in der Tierwelt. Protektive Mimikry. Mit
100 Vollbildern v. F. W. Specht, E. Schmidt, A. Müller u. a. Steyl, Post Kaldenkirchen
(Rheinl.), 1905, Verlag d. Missioiisdruckerei 8°. 211 pag. — Preis geb. M. 3.50.
Report of the . . Zoolog. So cietyof London for the year 1904. London, Waterlow
& Sons, 1905. 8°. 69 pag., 2 Fig.
II. Löns, Bitte die Wirbeltiere Hannovers betreffend (nebst vorläufigem Verzeichnis der
Wirbeltiere Hannovers). — Sep.-Abdr. a. 50.— 54. Jahresher. Naturh. Ges. Hannover, 1905.
8°. 18 pag.
6. Ann. Report ofthe Zool. Gardens of Giza near Cairo f. the year 1904. Cairo,
Nation. Print. Departm., 1905. 8°. 30 pag., Taf.
Jaarvergadering van het Rotterdamsche Diergaarde. — Sep.-Abdr. a.
Rotterdamsch Nieuwsblad v. 17. Apr. 1905, II. Blad. 2 pag.
Prof. Dr. Eug. Geinitz, Wesen u. Ursache der Eiszeit. — Sep.-Abdr. a. Arch. Ver. Fr.
Naturg. in Mecklenburg. 59. Jahrg. 1905. Güstrow, Opitz & Co. 8°. 46 pag., Taf.
Prof. Dr. R. Klett, Unsere Haustiere. Unter Mitwirkung hervorragender Fachmänner u.
Tierfreunde. Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt, 1905. Gr. 4°. 20 Lief, mit 13 Farben¬
tafeln u. 650 Fig. n. d. Leben h Lief. M. 0.60.
Bull. U. S. Nat. Museum No. 50. R. Ridgway, The Birds of North? a. Middle America
Pt. III. Washington, Governm. Print. Office, 1904. 8°. 20, 801 pag.. 72 Fig.. 19 Taf.
Mission Scientifique en Persepar J. de Morgan. T. III: Etudes Geologiques
Pt. IV. Paläontologie (Moll, foss.) par H. Douville. Paris, E. Leroux, 1904. Gr. 4°.
p. 185-380, Taf. 25-50.
Verh. u. Mitteil. d. Siebenbürg. Ver. f. Naturw. zu Hermannstadt. 53. Bd.,
Jahrg. 1903. Hermannstadt, Jos. Drotleff, 1905. 8°. 782 83 pag.
IV. Jahresbericht (1904) der Vogelwarte Rossitten d. D. Ornith. Gesellsch.
Herausg. v. J. Thienemann. — Sep.-Abdr. a. Journ. f. Ornith. April-Heft 1905. p. 360 418.
J. Thienemann, Vogelwarte Rossitten (Vorkommen von Turdus atrigularis Temm.; Vogel¬
zugsversuch). — Sep.-Abdr. a. Ornith. Monatsber. (Reichenow) Märzheft 1905. 8°. 2 pag.
Derselbe, kurze Antwort auf den „Offenen Brief a. d. landwirtschaftl. Zweigvereine“ etc.
— Sep.-Abdr. a. Königsberger Land- und forstw. Zeitung Jahrg. 1905, No. 12. 8°. 3 pag.
Derselbe, Krähenbastarde. — Sep.-Abdr. a.D. Jäger-Zeitung Bd. 44, No. 30. 1905. Gr. 4°. 2 pag.
Musterblätter aus der Graphischen Kunstanstalt A 1 p h.‘ Bruckmann
in München. 1905. Gr. 4°. 14 z. T. farbige Tafeln.
Mitteilungen d. D. Gesellsch. f. Natur- u. Völkerkunde Ostasiens. Bd. 10,
Teil 1. Tokyo 1905, Verl. v. A. Asher & Co., Berlin. 8°.
Zool. Garten in Basel. Jahresbericht 1904. Basel, Druck v. E. Birkhäuser, 1905.
Gr. 4°. 9 pag.
Dir. Dr. Kerbert, Over het Voorkomen van een Gewei bij de wijfjes van sommige
Cerviden. — Sep.-Abdr. Amsterdam 1905. 8°. 3 pag.
Jahresbericht der Ornitholog. Gesellsch. Basel 1904. Mit Anhang: Prof. Dr. F.
Zschokke, Der Lämmergeier in der Schweiz. Druck v. R. G. Zbinden, Basel, 1905,
8°. 42 pag.
Prof. L. v. Mehely. Die herpetologischen Verhältnisse des Mecsek-Gebirges und der
Kapela. — Sep.-Abdr. a. Ann. Mus. Nat. Hungar. Budapest Bd. 3, 1905. 8°. 61 pag., 41 Fig.
Natur und Schule. Zeitschr. f. d, ges. naturkundl. Unterricht aller Schulen. Herausg.
v. B. Landsherg, O. Schmeil u. B. Schmid. Leipzig, B. G. Teubner, 1905.
Bd. 4, Heft 5.
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Nachdruck verboten.
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The Field. * Batur und Baus.
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Ornithologisches Uahrbuch.
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Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Altmann, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauw,
Direktor Dr. Heinrich Bolau, Dr. Hermann Bolau, Lehrer L. ßuxbaum, P. Cahn, Prof. Dr. Carl
Eckstein, 0. Edm. Eiffe, Dr. H. Fischer-Sigwart, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh. Keg. -Rat
E. Friedei, Landrichter B. Gabler, Gymnasial-Oberlehrer L. G® senheyner, Carl Greve, Dam.
Gronen, Dr. W. Haacke, Direktor Hagmann, Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Paul Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M, Klittke, Karl Knauthe,
Th. Knottnerns-Meyer, Prof. Dr. med. W. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Dr. med.
Paul Krefft, Baron A. V. Krudener, Geli.-Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
Prof. Dr. R. v. Lendenfeld, Prof. Dr. H. Lenz, Hofrat Dr. P. Leyerkühn, Prof. Dr. F. Leydig,
Prof. Dr. W. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. v. Mehely, Josef Menges, Geb. Hofrat Dr.
A. B. Meyer, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Müller, Pfarrer Karl Müller,
Dr. August Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Müller, Dr. J. Müller- Liebenwalde,
H. Nehrliug, A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Ernst
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Purpus, Dri H. Reeker, Prof. Dr. A. Reicheuow, Geh.
Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Reuvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer,
Forstmeister Dr. Ad. Rörig, H. Schacht, Direktor Dr. Ernst Scliäff, Dr. P. Scliiemenz, R.
Schmidtlein, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Wilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel, Prof.
Dr. A. Voeltzkow, Dr. Franz Werner, Georg Westermann, B. Wiemeyer, Direktor Dr.
L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm, Dr. med. A. Zander u. a.
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Der Zoologische Garten tritt mit dem Jahre 1905 bereits in seinen
—• K 46. Jahrgang >*—
ein. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original- Ber ichte
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren,
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen, liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird, hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Der Zoologische Garten erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
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Die Zeitschrift „Zoologischer Garten“ ist in der Zeitungspreisliste für 1903 unter
No. 8979 eingetragen.
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Der
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Zoologische Garten.
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Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
N°* 7. XLVI. Jahrgang. Juli 1905.
Inhalt.
Meine Tierfreundschaften im Dresdner Zoologischen Garten; von Hildegard
von Bülow in Freienwalde (Oder). — In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis steht
unsere häufigste Rindviehrasse, die Simmentaler , zu den beiden hausgezähmten Urrindern
in Deutschland, dem Bos taurus primigenius und dem Bos taurus brachyceros? Von Wilhelm
Schuster in Friedberg (Hessen). — Das Verschwinden der Hausschwalbe ( Chelidonuria
urbica L.) aus den Städten; von Dr. J. Gen gl er in Erlangen. — Die älteste Ornithologie:
Die Ornithologie des orientalischen Altertums; von Wilhelm Schuster in Gonsenheim
hei Mainz. — Die typischen stehenden Formen von Crioceris asparagi L. (Spargelhähnchen) im
Mainzer Becken; von Wilhelm Schuster in Gonsenheim hei Mainz. — Bericht des Ver¬
waltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft zu Frankurt a. M. an die Generalver¬
sammlung der Aktionäre am 11. Mai 1905. — Kleinere Mitteilungen. — Literatur. — Ein¬
gegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
Meine Tierfreundschaften im Dresdner Zoologischen Garten.
Von Hildegard von Bülow in Freienwalde (Oder).
Wenn wir heute in einen Zoologischen Garten gehen, besonders
in Berlin, dann begegnen wir zu allen Tageszeiten Spaziergänger.
Nie ist der Garten leer oder wenigstens ein Tierhaus ohne Besucher.
Früher, vor zehn Jahren, war das in Dresden anders. In dem hüb¬
schen Garten, wo alles so bequem dicht beieinander liegt, ohne große
Restauration im Garten, konnte man oft an Vormittagen suchen,
bis man einen Besucher fand. Auch mit der Fütterung vonseiten
des Publikums war das nicht so erschwert. Man durfte Früchte,
altes Brot, Eicheln und Zucker einfach mitbringen, um es beliebig
zu verfüttern. An Nachmittagen saßen in kleinen Buden ein paar
Frauen, die Tüten mit dergleichen Sachen verkauften; für 10 — 20 Pf.
gabs ein ganzes Teil.
Wir hatten mehrere Jahre lang Abonnement und konnten den
ganzen Tag dort bleiben, wenn wir gewollt hätten. Damals nun
war ich 11 — 13 Jahre alt und war, weil ich wegen Kränklichkeit
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 13
194
mir wenige Privatstunden im Hause haben konnte, viele Stunden
am Tage im Zoologischen Garten. Das war eine schöne Zeit! Wenn
ich im Großen Garten spazieren ging, so sammelte ich mir eine
kleine Tasche voll Eicheln für die Bären, und außerdem nahm ich
• •
altes Brot, Zucker, Apfelschalen u. drgl. mit, um meinen Freunden
eine Freude zu bereiten.
Aber erzählen will ich mehr von den Lieblingen, die diese Lecker¬
bissen verschmähten, von den Raubtieren. Besonders im Frühjahr
und Herbst war ich sehr viel im Garten, auch gerade des Morgens,
wenn sonst selten ein Mensch sich dorthin verirrte. Für diese Be¬
suche hatte ich ein Paar Dänische Handschuhe, die ich immer wieder
anzog und die ganz prächtig rochen.
Wenn ich stolz meine Karte gezeigt hatte und oft auch ohne
diese eingelassen war, weil sämtliche Angestellte und Wärter mich
kannten, ging ich gleich zuerst ins Löwenhaus. Einmal hatte ich
einen kleinen Tiger, der bald nach seiner Geburt innige Freundschaft
mit mir schloß. Ich brauchte nur an seinen Käfig zu treten, so kam
er heran, schnüffelte an meinen erst vorsichtig hingehaltnen Händen,
ließ sich streicheln und krauen und spielte mit mir, indem ich so
tat, als wollte ich fortgehen, worauf er anfing zu miauen, sich gegen
das Gitter drückte, um mich zu sehen, und in derselben Art Ver-
steckens spielte, wobei er auch tat, als wollte er sich verstecken,
indem er auf sein Brett hüpfte, sich duckte und mich mit den hüb¬
schen Augen anblinzelte — genug, ein Gespiele wie ein junges Haus¬
kätzchen. Es war ein reizendes, bildhübsches Geschöpfchen ! Eines
Tages kam mir der nette, alte Wärter entgegen und erzählte mir
tief betrübt, uuser Tigerkind werde getötet werden müssen, weil es
unter eine herabfallende, schwere Zwischentür geraten sei und sich
offenbar innerlich beschädigt habe. Bald darauf schloß ich Freund¬
schaft mit einem ebenfalls dort geborenen Löwen kind. Mein »Löwchen«
liebte mich bald so zärtlich, wie ich ihm zugetan war. Wir spielten
ebenso, und ich brauchte nur ins Haus getreten zu sein, so erkannte
es meine Stimme und miaute, brüllte nach mir und drückte gewalt¬
sam sein Schnäuzchen ans Gitter, um mich zu sehen. Beim Spielen
tollte und sprang es in seinem Käfig umher, ließ sich streicheln,
seinen Schwanz haschen u. drgl. Das ging so das ganze Frühjahr
hindurch, bis wir zum Sommer acht Wochen verreisten. Im Herbst
galt der erste Besuch natürlich »meinem Löwchen«. Ob es noch lebt?
Richtig, da marschierte es langsam und gemessen in seinem Raum
umher — und wie groß war es geworden! Ich rief es an und sprach
195
mit ihm. Sogleich kam es, beroch meine Hände, fing an zu miauen,
besah mich prüfend und ließ sich sogleich nach gewohnter Art auf
dem Rücken und im Gesicht streicheln — die alte Freundschaft war
wieder erneuert. Wie groß war meine Freude über dieses Wieder¬
erkennen ! Gegen andere Menschen war »Löwchen« ebenso mi߬
trauisch und feindlich wie alle seine Verwandten. Schließlich fing
ich noch an mich mit einer Silberlöwin zu befreunden. Da deren
Käfig schräg gegenüber war, so konnten beide Löwen sich sehen,
also auch, wie ich bald mit dem einen, bald mit dem anderen schön¬
tat. Dies war nun ein Grund zur größten Eifersucht. War ich bei
der Silberlöwin, so brüllte mein Löwchen in traurigsten oder wildesten
Tönen und tobte in seinem Käfig und am Gitter umher — kurz es
war sehr eifersüchtig, so daß ich nun beim Streicheln vorsichtiger
sein mußte. Bald wurde aber die Löwin weiterhin direkt am Ein¬
gang in einen anderen Raum gelassen, so daß mein Löwchen sie nicht
mehr sehen konnte. Dies dämpfte leider seine Aufregung nicht ; es
preßte seine Schnauze so gegen das Gitter, daß sie schließlich anschwoll
und der Wärter mich darauf aufmerksam machte. Darauf ging ich
einige Tage gar nicht mehr hin und besuchte nur noch leise und
heimlich die schöne Silberlöwin. Später, als ich Löwchen wieder
regelmäßig besuchte, war ich vorsichtiger. Ich vermied es, seine
Eifersucht zu wecken, und tat sehr schön mit ihm. Eines Tages
stellte mir die Silberlöwiu ihre Jungen vor — das war eine Freude!
Sieben prächtige, kleine Krabbeltiere — echte kleine Katzen ! Die
Mutter war jetzt sehr, sehr mißtrauisch ; sie ließ mich nicht die
Kleinen streicheln. Unruhig lief sie am Gitter auf und ab, schob
die Jungen wieder zurück, sobald eins in meine Nähe kam, und
zischte auch manchmal ängstlich. Aber schon beim zweiten Besuche
meinerseits ließ sie sich selbst etwas streicheln und blieb bald ganz
ruhig, wenn ich kam und die Jungen an meinen Handschuhen riechen
ließ. Nach einigen Tagen durfte ich schon ein Weilchen mit ihnen
spielen und sie mit mir. So legte sich eins z. B. auf den Rücken
und haschte mit allen Vieren nach meinen Fingern. Sogar mal am
Schwänzchen oder Ohrchen durfte ich zupfen! Dies waren so meine
Freunde im Raubtierhause. Ein junger Jaguar ließ sich auch eine
Zeitlang von mir mit Vorsicht streicheln, ebenso ein ganz alter Löwe.
Von letzterem hat mir der gute, alte Wärter einige Barthaare ge¬
schenkt, nachdem das schöne Tier gestorben war. Einmal waren
zwei junge Braune Bären da, »Bobbi« und »Bibbi«. Die Mutter
hieß Nelly. Diese beiden zotteligen Tierchen waren allerliebst. Der
196
runde Zwinger war mit zwei großen Gitterfensteru versehen uud ohne
Dach. Oben befand sich eine Galerie, von der aus die Besucher
Futter warfen und die Bären auf den Kletterbaum hinauf zu locken
versuchten. In der Mitte war ein Wasserbassin angebracht, über das
ein Baumstamm gelegt war. Die Gitter waren doppelt, und zwar das
innere so weit, daß die kleinen Bären durchkriechen konnten; das äußere
bestand aus engstehenden Stangen. Fiel nun ein Leckerbissen zwischen
die Gitter, dann langten die großen Bären mit den Pfoten vorsichtig
danach, um ihn hereinzuziehen. Bobbi und Bibbi — der erstere war
etwas größer und stärker — spielten allerliebst miteinander. Wenn der
Wärter kam und ihnen den Besen hinhielt, so spielten sie auch damit.
War vormittags niemand Fremdes da, dann öffnete er wohl das äußere
Gitter, und flugs kamen die beiden braunen Brüder hindurchgekrochen
uud amüsierten sich prächtig draußen. Mit dem Besen wurde dann
mit ihnen gespielt, und nach einigen Minuten wurden eie damit wieder
in den Käfig »gekehrt«. Nelly war eine gute Mutter ; ihr war diese
kurze Trennung sehr ärgerlich. Ängstlich brummend und schnüffelnd
trottete sie auf und ab, um ihre Kinder schließlich mit den Pfoten
in Empfang zu nehmen, indem sie ihnen beim Durchkriechen unge¬
duldig zusah und mit den Krallen nach ihnen langte. Auch wenn
die Kleinen nicht herausgelassen wurden, saßen sie meist zwischen
dem Gitter und krochen an den Stäben in die Höhe, wenn ich ihnen
z. B. Zucker hochhielt. Es war zu possierlich anzusehen, wenn sie
in ihrem noch so losen Fellchen kletterten. Die Alte half ihnen oft
dabei. Besonders beim Herunterkriechen erfaßte sie eins nach dem
anderen mit den Pranken und unterstützte sie so, damit sie nicht fallen
sollten. War einer auf den Baum hinaufgestiegen, so ließ ich mir
zuerst ein Pfötchen von ihm geben, schüttelte es freundschaftlich,
und erst dann gab ich ihm den verdienten Lohn ins Mäulchen. Aller¬
liebst sah es aus, wenn ein besonders beliebtes, großes Stück Frucht
oder Zucker zwischen die beiden gefallen war. Erst kümmerte sich
Nelly gar nicht darum, sondern fraß selbst stets nur, was man ihr
direkt gegeben hatte. Oft überließ sie sogar ihr Stück einem der
Kleinen, wenn diese darum bettelten. Waren aber beide Brüder auf
ein Stück losgefahren, so wagten sie nicht zuzugreifen, sondern setzten
sich einander gegenüber mit dem Leckerbissen in der Mitte. Nun
fingen sie an aus der Entfernung daran zu schnuppern, dann sachte,
mit zitternden Pfoten danach zu greifen, ohne aber zu wagen, es
zu berühren. Dabei weinten und seufzten sie immer und sahen sich
ängstlich gegenseitig au. Auch nach der Mutter schielten sie hin,
197
immer in den kläglichsten Tönen leise weinend. Es klang wie: »Ach,
du lieber Gott; ach, du lieber Gott!« Gerade diese Seufzer und die
sehnsüchtigen oder ängstlichen Blicke waren gar zu komisch! Dauerte
der Alten das zu lange, dann ging sie meist zu Bibbi, dem stärkeren,
und schuüffelte ihm laut ins Ohr, daß es aussah, als flüstere sie ihm
zu : »Der Klügere gibt nach«. Jedenfalls ließ Bibbi dann regelmäßig
ab, nicht ohne vorher noch dem schönen Leckerbissen tiefbetrübte
Blicke zuzuwerfen. Diese Szene spielte sich sehr oft immer fast in
der gleichen Weise ab und verfehlte auch natürlich niemals seine
Wirkung bei den Zuschauern. Oft jagten sich beide, indem sie sich
dann hinter die Mutter versteckten und diese dabei oft fast um¬
rannten. Auch über die Brücke ging dann die Jagd, so daß hin
und wieder einer dabei ins Wasser fiel und schrecklich ängstlich
plätscherte. Kaum hatte Nelly das gesehen, so war sie auch schon
hinterher, kriegte den Kleinen beim Kragen, setzte ihn erst aufs
Land und kam dann selbst heraus. Eines Tages passierte es dem
einen zweimal kurz hintereinander ins Bassin zu fallen. Aber das
war der Mama zu viel — beim zweitenmal schüttelte sie ihn erst
sehr derb, ehe sie ihn freigab. Bobbi und Bibbi waren meine be¬
sonderen Lieblinge; sie waren ganz entzückend. Ich konnte mich nicht
sattsehen an dem drolligen Klettern und Spielen. Waren sie hungrig,
dann liefen sie hinter der Mutter her, auf drei Beinen mit der einen
Vorderpfote im Maul und daran saugend, unter leisem und allmählich
lauter werdendem Geweine und Gebrumm. Mutter Nelly ließ sich dann
auch meistens nicht lauge bitten, sondern setzte sich mit dem Rücken
gegen eine Wand gelehnt und — Zuschauer störten sie absolut nicht.
Später, als die beiden Brüder stärker, größer und dicker wurden,
wurde das Durchkriechen durch das Gitter immer beschwerlicher,
und es ging schließlich nur noch an einer bestimmten Stelle. Sobald
ich kam, krochen sie gewöhnlich schnell hoch und streckten ihre
Pfoten hindurch, um mich zu begrüßen und meinen »süßen« Dank
in Empfang zu nehmen. Eines Tages wurden sie an eine herumziehende
Menagerie verkauft — das war für mich ein schwerer Schmerz!
Auch ein Paar russischer Wölfe nannte ich meine Freunde. Bei
diesen konnte, wie beim Löwchen, die Liebe auch nicht durch den
Magen gehen, und doch liebten sie mich oder waren wenigstens sehr
nett zu mir. Besonders der Wolf freute sich sichtlich, wenn er mich
kommen sah. Er bellte nach mir; kam ich zu ihm, so ließ er sich
streicheln und klopfen wie ein Hund. Er fraß übrigens doch auch
manchmal etwas Zucker, den die Wölfin verschmähte. Lag er in
198
seiner Hütte und ich rief ihn »Wolf«, so kam er sogleich an, guckte
aber erst vorsichtig aus der Tür heraus. Als die Wölfin Junge
hatte — es waren neun Stück — , da war sie einige Tage böse,
sodaß ich sie nicht anfassen durfte. Als sie mich in der Folge aber
öfter sah und ich immer gleich freundlich war, duldete sie wieder
meine Liebkosungen, aber nur augenblicksweise. Husch war sie immer
wieder weg zu ihren Kindern. Als diese nun größer wurden und
auch frei herumliefen, litt sie anfangs deren Berührung nicht. Vor¬
sichtig drängte sie sich zwischen meine Hand und die Jungen. Endlich
aber wurden die Jungen zu unruhig und spielerisch, sie balgten und
jagten sich. Und so konnte sie es auch nicht mehr hindern, daß
diese anfingen mit meiner Hand zu spielen. Sechs waren normal
gefärbt, zwei waren aber ganz weiß und eins war schwarz. Es sah
sehr niedlich aus, wenn alle neun nun über- und untereinanderkugelten
und dabei mit ihren noch so kindlichen Stimmen bellten. Nachdem
ich einige Tage mit ihnen hatte spielen dürfen, erkannten sie mich
wieder, wenn ich uoch ziemlich weit ab war und nach ihnen rief.
Was aus ihnen geworden ist, weiß ich nicht, da wir bald von Dresden
fortzogen. Zu dieser selben Zeit befand sich ein Wildesel in einem
Hause. Dieses schöne sandgelbe Tier mit dem dunklen Rückenstreifen
war ziemlich zutulich geworden. Es hat aber doch lange gedauert,
bis es Interesse an der ihm von mir angebotenen Freundschaft ge¬
wann. Wenn ich kam, hielt ich ihm, meinem »Hans«, eine behand¬
schuhte Hand hin, woran er erst eifrig schnupperte, wohl um zu
studieren, wen ich schon vorher gestreichelt hatte. In der ersten
Zeit fuhr er oft ziemlich erschreckt zurück, wenn er gerochen hatte,
daß ich mein »Löwchen« oder sonst eine wilde Bestie geliebkost
hatte. Schließlich gewöhnte er sich daran, doch wurde, wie gesagt,
jedesmal erst der Handschuh einer sehr genauen Revision unterzogen.
»Hans« sollte sich durch den Handschuh erst mehr an mich ge-
wohnen, so dachte ich damals, weil das schöne Tier erst sehr wild
und gleichgültig war. Schließlich durfte ich meinen Hausi mit bloßer
Hand streichelu, auf dem Rücken klopfen, um Ohren und Maul
krauen und die Zuckerstücke zwischen seine Zähne schieben. Sonst
versuchte er jeden zu beißen, und sein scharfes Gebiß zu sehen, war
schon genügend.
Nun komme ich zu einem kleinen Ziegenbock, dem ich den
unästhetischen Namen »Stinkböckchen« gegeben hatte. Aber das
Tier war äußerlich auch wirklich unästhetisch anzusehen, vielmehr
»anzuriechen«. Es ist tatsächlich wahr, daß Stiukböckchens Existenz
199
durch den halben Garten vvahrzunehmen war. Man brauchte nur
der Nase nach zu gehen. Stinkböckchens Herz war jedoch golden —
ein guter Kern in häßlicher, übelriechender Schale ! Ich habe mich
damals noch nicht um die Familiennamen meiner Tierfreunde ge¬
kümmert, daher weiß ich heute leider nicht, wie das Tier hieß. Es
war ein gedrungen gebauter, wohlproportionierter Körper, das Fell
kurzhaarig dunkelbraun und grau, doch kann ich genauer die Zeich¬
nung nicht angeben. Der Bart war kurz und spitz, und ebenso die
Hörner, die sich mäßig nach hinten bogen. Über zwei Jahre dauerte
meine Freundschaft mit ihm, bis wir fortzogen. Wenn ich von einer
bestimmten Stelle, ehe ich ihn sehen konnte, nach ihm rief : »Stink-
böckchen«, dann fing er an ganz laut mir entgegenzumeckern und
kam in seinem Gehege möglichst weit auf mich zu. Auch studierte
er mit leidenschaftlichem Interesse meine Krau-Handschuhe, was für
ihn wohl so interessant war, wie für einen langjährigen Gefangnen
eine Zeitung. Ging ich an seinem Gitter entlang, ihm die behand¬
schuhte Hand hinhaltend, so trottete er in kurzem Trab nebenher,
mit der Nase immer an meinem Handschuh schnuppernd, oben und
unten, ganz genau, wie magnetisch angezogen von dem schönen Duft.
Ich spielte stundenlang mit ihm, sprang und lief auf und ab, wobei er
mitlaufend die possierlichsten Kapriolen und Bocksprünge vollführte.
Für Zucker und Brot war er sehr empfänglich, natürlich ! Ich höre
noch in Gedanken sein helles Stimmchen! Mein gutes, kleines Stink-
böckchen, du hast mir damals viel Spaß gemacht und die Zeit verkürzt!
Im Antilopenhaus war in einem Frühjahr eine Zwergautilope,
die ich fast täglich besuchte. Diese kleinen Tierchen sind äußerst
zierlich, haben aber unverhältnismäßig große, sanfte Augen. Die
Rückenhöhe beträgt nur etwa 25 cm. Die Schnauze ist ganz spitz
und die Zunge fadenförmig. Dieses kleine, sonst so schrecklich ängst¬
liche Geschöpfcheu schien mich zärtlich zu lieben, denn sobald ich
an sein Gitter herantrat, kam es angetrippelt und leckte mich, ja
leckte meine Hände ganz naß. Es war ein rührendes, kleines Geschöpf,
das mich so liebkoste. Mit seiner laugen, schmalen Zunge fuhr es
fast mit eidechsenartiger Geschwindigkeit über meine Hände, was mir
aber wegen der Klebrigkeit seines Speichels nicht besonders angenehm
war. Sein zierliches Köpfchen legte es oft in meine aufgehaltene
Haud und bot auch seinen Rücken mit dem seidenweichen Fellchen
zum Streicheln und zum Krauen hin.
In dem gleichen Haus hatte ich zu dieser Zeit auch ein Zebra¬
paar, die aber meist durch ein Gitter getrennt waren. Kam ich,
200
um ihnen Zucker zu bringen und sie zu streicheln, so entflammte
die Eifersucht sie zu äußerstem Zorn. Streichelte icli den »Hans«,
so kam die Stute angeranut, biß voll Wut in das Gitter und keilte
ganz wild mit den Hufen. Ebenso geschah es umgekehrt. Wenn
ich ihr etwas zu Fressen gab, so fing »Hans« an zu schreien und
mit einem Vorderfuß gegen die Latten zu klopfen. Hans war gut¬
mütiger und versuchte auch in der höchsten Eifersucht und bei Futter¬
neid nicht mich zu beißen, sondern er tat nur sehr beklagenswert,
schrie und klopfte, um mich auf sich aufmerksam zu machen. Kam
ich zu ihm, dann tat er extra schön mit mir, d. h. richtiger gesagt,
er ließ sich extra guttun, hielt mir seine Ohren und An gen zum
Krauen hin und leckte auch meine Hand, wenn ich so tat, als hätte
ich ihn vergessen, und meine Hand draußen still gegen das Gitter
hielt. Er wollte mich damit veranlassen, nicht so müßig dazustehen,
sondern ihn lieber zu krauen. Später hatten sie dann ein sehr nied¬
liches Fohlen, mit dem ich mich jedoch nicht so recht anfreunden
konnte, wie es anfangs den Anschein hatte. Das Fohlen kam mir
zuerst mit viel Vertrauen entgegen, aber die Mutter wurde immer
böser , sodaß ich nur noch mit »Hans« schöntun konnte, was ich
auch um so lieber tat, als im Sommer die Tiere ja tagsüber im Freien
waren, und ich mich dann mit ihm neckte, indem ich rasch auf und
ab lief und ihm dabei immer Zucker hinhielt. Bei diesem Getobe
machte mein Hans die wildesten Sätze, und wie oft habe ich, weil
in der Schnelligkeit überholt, die ganzen Augen voll Sand bekommen!
Wie verschieden sich doch beide Tiere benahmen, wenn sie von der¬
selben Eifersucht geplagt wurden! Das kleine Fohlen wurde einfach
gebissen, wenn sichs mit mir befaßte und streicheln ließ, die Alte
drängte sich dazwischen und biß schließlich nach uns beiden. Gegen
andere Menschen war sie dagegen gleichgültig und nahm Futter ent¬
gegen, zeigte sich aber doch stets mürrisch und zum Beißen aufge¬
legt. Wie anders war dagegen der schöne Zebrahans!
Natürlich fanden sich unter den befiederten Genossen des Gartens
auch einige, die meine Freundschaft annah men, so z. B. im Vogel¬
haus ein Orangetrupial. Dieses schöne Tier ließ sich vou mir »Häns¬
chen« rufen und kam auf meinen Ruf auch sofort auf eine bestimmte
Stange am Gitter angeflogeu. Dort gab er mir das Pfötchen, so
oft ichs verlangte, und suchte durchs Gitter zwischen meinen Fingern
nach Leckerbissen, ohne mich in der Ungeduld beißen zu wollen.
Konnte er gar nichts finden, so hämmerte er kräftig gegen die Finger¬
nägel. Leider konnte ich das Vögelchen nicht streicheln; das Gitter
201
war für unsre Zärtlichkeiten ein sehr großes Hindernis, sonst wäre
der Vogel sicher auf meine Hände gehüpft. So mußte ich mich
begnügen, sein hingehaltenes, gegen das Gitter gedrücktes Köpfchen
sachte zu streicheln, mir das Pfötchen geben zu lassen, ihm Lecker¬
bissen zu reichen oder mit ihm zu spielen, indem ich ein Stückchen
Nuß oder Frucht bald hier-, bald dorthin hielt oder es bei ausgebreiteter
Hand zwischen zwei Finger steckte, so daß er es erst suchen mußte.
Setzte ich mich auf eine Bank in der Nähe, so blieb Hänschen mir
möglichst nahe still sitzen und ließ mich nicht aus den Augen. Das
Tierchen war ganz entzückend. Leider fand ich es eines Tages mit
verstümmeltem Füßchen auf seiner Stange betrübt dasitzen. Das
arme Tier war von da an nicht nur sehr behindert, sondern auch
kränklich ; bald starb es dann, nicht ohne vorher immer wieder wie
hilfesuchend mir sein schmerzendes Pfötchen hingehalten zu haben.
Einige Papageien, besonders zwei Kakadus und ein großer Roter Ara,
wurden von mir natürlich auch gebührend bewundert, gestreichelt,
gekraut und geküßt. Schließlich durfte ich sie sogar auf meinen
Arm kriechen lassen, was sie ungeheuer gern taten. Doch erlaubte
ich dies immer sehr ungern, weil mir das doch bänglich war, denn
herunter und in ihre Schaukel wollten sie dann absolut nicht wieder,
und schließlich waren sie durch vieles Necken der Kinder und son¬
stigen Besucher doch recht falsch. Obgleich ich öfter einen Kniff
von ihnen bekam, wenn ich ihnen nicht den Willen tun wollte, so
bin ich doch nur einmal blutig gebissen worden, als ein nichtsnutziger
Knabe, den ich nicht hatte kommen hören, dem Kakadu, der auf
meiner Hand saß, Orangenschalen an den Kopf warf — und da
wäre ich wohl auch wütend geworden! Zum Schluß möchte ich noch
einen großen Hirsch erwähnen, der so böse auf die Gartenbesucher
war, daß er fortgesetzt gegen das Gitter rannte, sobald jemand den
Weg entlang ging. Es war ein sehr' großes, starkes Tier, ein Acht¬
zehnender mit prachtvollem, gleichmäßigem Geweih. Wenn ich nicht
von einer direkten Freundschaft zwischen uns reden kann, so achteten
wir uns doch schließlich gegenseitig soweit, daß wir höflich mit¬
einander verkehrten und er Eicheln und Brot aus meiner Plaud annahm.
Auch begleitete er mich regelmäßig in stolzer, nicht bösartiger Hal¬
tung durch sein ganzes Gehege. War er bei seinem Häuschen am
Futtertrog und rief ich ihn »Hirsch, Hirsch«, so lauschte er erst
nach mir und kam daun gravitätisch anspaziert.
Dies waren- meine Tierfreundschaften, an denen ich mich noch
heute in der Erinnerung herzlich freue. Es war eine schöne Zeit !
202
ln welchem verwandtschaftlichen Verhältnis steht unsere
häufigste liindviehrasse, die Simmentaler, zu den beiden
hausgezähmten Urrindern in Deutschland, dem Bos taurus
primigenius und dem Bos taurus brachyceros?
Von 'Wilhelm Schuster in Friedberg (Hessen).
Die rot- oder gelbweiße, große, starke, schnurgeraderückige
Simmental-Saanenviehrasse, von der Heck im »Tierreich« ein ge¬
fälliges Bild gibt, ist, abgesehen von Miscbzüchtuugeu, heute in der
Umgegend Frankfurts, iu Hessen-Nassau und dem Großherzogtum
Hessen, die am häufigsten gehaltene Hauskuh. Die kleine, gelbrote,
harte, genügsame, alteingeborene Vogelsbergerkuh — mehr eiu
Gebirgs- und Zug- als Milchtier — , die mit den übrigen rotbraunen
Höhenrassen Mitteldeutschlands ( Westerwälder-, Vogtländer-, Harzer-
Rasse) zu der Untergruppe der keltischen Hochlaudsrinder gerechnet
wird (Werner), hat sich bis jetzt leider nur auf einem kleinen, zen¬
tralen Höhengebiet unseres Vogelsberges erhalten, weitergezüchtet
von der Kerntruppe des alten autochthonen Chattengeschlechts.
Soweit ich die Entwickelung meines engeren Heimatländchens kenne,
wird der entzückend reine Vogelsberger-Schlag mit der Zeit der
Simmental-Berner, der Holländer Kuh und den unfehlbar — aus Nütz¬
lichkeitsrücksichten — sich einbürgernden Mischzüchtungen sicher
gänzlich weichen. Der moderne Güteraustausch bediugt das Ver¬
schwinden einer bescheideneren Viehrasse.
In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis steht nun die Simmen¬
taler Kuh zu Bos taurus primigenius und Bos taurus brachyceros , deu
beiden hausgezähmten Urrindern in Deutschland?
Schon Ni lsson und Rütimeyer haben nachgewiesen und audere
(Ilelmich u. a.) haben es in ihren Abhandlungen — mit billigender
Bestätigung — aufgenommen, daß die osteologischen Merkmale der
Simmeutal-Saanenviehrasse (und der schwarzen, bezw. schwarz-weißen
Freiburger Rasse) sich bei dem » Bos frontosus « wiederfiuden, obwohl
dieser iu der Periode der Pfahlbauten in der Schweiz fehlte. Wie
steht es nun mit diesem Bos frontosus ? Zunächst sei hier bemerkt,
daß man als Heimat des Bos frontosus Deutschland angegeben hat.
Da aber die in den Torfmooren Skandinaviens (Jaravall in Süd-
schvveden) und in England ebenfalls gefundene Ochsenart von Bos
frontosus herzuleiten ist, so soll Frontosus von Deutschland nach
Skandinavien »ausgewaudert« sein zur Zeit, als beide Gebiete noch
vereinigt waren (Wilckens). Wenn Bos frontosus nun also iu Schwe-
203
den fossil gefunden wird, in der Schweiz aber zur Zeit der Pfahl¬
bauten und selbst noch zur Römerzeit fehlte und dennoch in der heutigen
Schweiz sich findet, so geht daraus sicher hervor, daß der Fronto-
sus erst relativ spät in der Schweiz eingeführt worden ist (Keller).
Rütimeyer ist es daun selbst zuerst gewesen, der Bos frontosus
an der Hand eines großen Materials nur noch als eine besondere
Kulturform des Bos primigenius betrachtete. Duerst sah im
Frontosus ein Kreuzungsprodukt zwischen Bos taurus primi¬
genius und Bos taurus brachgceros , mit der Zwischenform des soge¬
nannten Trochoceros, der aber zu keiner großen Fruchtbarkeit ge¬
laugte, sondern rasch zum Grade des Frontosus weiterschritt, der
in der Bronze- und Eisenperiode (Concise , Chevroux , La-Tene)
häufig zu finden ist. Helm ich kommt (in »Beiträge zur Kritik
der Abstammungsfrage des Hausrinds«, 1904) schlechthin zu dein
Resultat, daß unsere Rinderrassen von zwei Urrassen, nämlich von
Bos taurus primigenius und Bos taurus brachgceros abstammen, von
denen jedoch nur der erstere wild in Europa zu suchen ist (so auch
Adametz, Keller, Kraemer und Studer).
Die Charakterisierung der beiden hausgezähmten Urrinder Deutsch¬
lands ist hier am Platze. Bos brachgceros ist, wie gesagt, noch nie
als in alter Zeit wildlebend gefunden worden, sondern immer gezähmt
und an manchen Orten noch als älteres Haustier als der Taurus
primigenius. Im Steinalter war brachgceros — als Haustier — von
der Nordsee bis nach Italien verbreitet. In Skandinavien findet er
sich in großen Mengen fossil. Sollte wirklich, wie Nilsson glaubt,
dieser Kurzhornstier im wilden Zustand ausgerottet worden sein?
Am Nordrand Afrikas lebt heute noch ein nahverwandter Braunvieh¬
schlag; ebenso findet sich dort und auch in Asien der schon im hohen
Altertum gezähmte Zebu, der unserem Braunvieh in vielen Details
der Schädelbildung sehr ähnlich ist. Er ist unbedingt nahverwandt
mit ihm (Helmich, Kraemer und Keller). Als Nachkommen des Bos
brachgceros sieht man die ungefleckten Alpenrinder an, vertreten durch
die Schläge von Schwyz, Uri, Wallis, Oberhasle, Graubünden, Algäu
(Rütimeyer und Wilckeus), sowie das kleinhörnige Vieh Finnlands
(Nilsson) und die Torfkuh, jene kleine und kleinhörnige Rasse des
schweizerischen Steinalters, die sich in den Pfahlbauten vorfiudet.
• •
Bei Biel, Uberlingen, Wismar, Penzin, Olmiitz und Marzabotto sind die
klein hornigen Tiere und die Primigeniusrasse in reinster Form zu¬
sammen vorgefunden worden. Die Primigeniusrasse ist die eigentlich
deutsch-autochthone. Zu ihr zählen die holländischen, friesischen,
204
j inländischen und podolischen Rinder — also das mitteleuropäische
Niederungsvieh — , die ungarischen und romanischen Rinder und das
englische Wildparkrind.
» Bos frontosus «, der eigentliche Vorfahr der Simmentaler Rasse,
steht also schlechthin, wie wir gesehen haben, in einem direkten
Ahhängigkeitsverhältnis zu den beiden Urrassen , entweder als
Kreuzungsprodukt oder als Varietät von Primi genius !)
(bezw. eventuell Brachyceros). Es ist eigentlich ganz klar, daß eine auf
mancherlei Weise nach ihren Zielen strebende Domestikation Hörner-,
Schädel- und Körperveränderungen zur Folge haben muß. Besonders
das jeweilen andersartige Klima und der Wechsel in der Nahrung muß
eine Variation hervorrufen2). Das wahrscheinlichste ist also: Sim¬
mentalrasse = B os frontosus = Variation von Bos taurus prirnigenius.
Das Verschwinden der Hausschwalbe ( Chelidonaria urbicaL).
aus den Städten.
Von Dr. J. Gengier in Erlangen.
Vor 25 — 30 Jahren gab es in meiner Heimat Haus- oder Mehl-
schwalbeu in Menge. Damals war die Stadt noch klein, die Straßen
waren schlecht gepflastert, es gab noch schöne, stets mit Wasser
und Schmutz (im Volksmund »Pappel« genannt) versehene Rinnsteine,
und die Häuser zeigten noch keine stilvollen Fassaden. Besonders
an den alten Steingebäuden mit vorspringenden Dächern klebten die
kleinen grauen Nester in ganzen Kolonien nebeneinander.
Schon von der Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts
au begannen die Mehlschwalben sich aus der Stadt zurückzuziehen;
sie verschwanden aus dem Zentrum vollkommen und hielten sich in
der Altstadt und an den kleinen Häusern vor dem Nürnberger Tore
auf. Bis zum Beginn der 90er Jahre war der niedliche Vogel aber
auch von diesen Plätzen fast vollkommen verschwunden. Als daun
9 Für letzteres würde man sich m. E. eher entscheiden müssen als für
ersteres, da der saubere Typus der Simmentaler im ganzen doch auf eine Abstam¬
mung in diiekter, reiner Linie von einer gutrassigen Form hinweist und kaum
als Mischprodukt erscheinen kann.
2) Besonders hinweisen möchte ich noch auf die »Naturgeschichte der Haus¬
tiere« von Prof. Dr. C. Keller (1905), wo auf S. 117 der Primigeniusschädel und
auf S. 119 der Braehycerosscliädel abgebildet sind. Keller spricht sich auch hier
für zwei verschiedene Abstammungse lern en te im allgemeinen aus, charakterisiert
aber neben den genannten Rassen auch die Brachycephalus- und Aceratusrasse.
205
die neue Ostvorstadt entstand, tauchten wieder einzelne Paare auf,
siedelten sich dort unter den Stein bafkons und Erkern der mehr im
Villenstil erbauten Häuser einzelner Straßen an und wurdeu wieder
zahlreicher, um sich aber bis 1905 wieder auf eine kleine Anzahl
von Paaren zu verringern.
Was mag nun der Grund dieses Wegbleibens sein? Die bisher
namhaft gemachten Ursachen leuchten mir alle nicht ein, wenigstens
stimmen sie nicht für die hiesige Gegend. Die Sperlinge vertreiben
wohl manches Paar aus ihrem Nest, der Mensch zerstört wegen der
argen Schmutzerei wohl ab und zu ein solches Bauwerk über seiner
Haustüre, der Sperber fängt selten einmal ein Schwälbchen, und die
bösen, leckermäuligen Italiener mögen eine ganze Auzahl verspeisen.
Aber Alles dies war ja früher auch so, und doch gab es Mehl-
schwalbeu hier in Menge.
Meine Nachforschungen ergaben nun folgendes. Das erste Zu¬
rückziehen des Vogels aus der inneren Stadt trifft genau mit der
Neupflasteruug der größeren Straßen und dem damit einhergehenden
Verschwinden der feuchten Rinnsteine zusammen. Eine verhältnis¬
mäßig große Zahl von Paaren siedelte sich in der Folge in der
Altstadt in der Nähe großer Brauereien an, wo sich solche feuchten
Plätze noch lange erhielten. Als dann die ganze Stadt mit Aus¬
nahme weniger Straßen an der Peripherie mit Granitpflaster ver¬
sehen war, verschwand der Vogel fast vollkommen. Erst nach dem
Erbauen jener schon genannten Häuser in der Ostvorstadt erschienen
wieder Paare und siedelten sich hier an. Denn diese Straßen sind
nicht gepflastert, werden aber täglich gespritzt, so daß sich nach
dem Spritzen wie nach Regen ganz nette schmutzige Stellen aus¬
bilden können. An diesen Stellen sieht man dann die ganze Beleg¬
schaft der Straße eifrig Baumaterial an die nahen Nester oder Nist¬
stellen schaffen.
Es hängt also ohne Zweifel die Ansiedelung der Mehlschwalbe
mit dem Vorhandensein guten Nestbaumaterials zusammen, und zwar
muß dieses Material in nächster Nähe der Niststellen zu finden sein.
Im andern Falle könnten sich ja die Schwalben in der Mitte der
Stadt ruhig ansiedeln und die benötigten Baustoffe aus der Ferne
herbeiholen. Dies scheint aber eben nicht möglich zu sein. Ich habe
bauende Mehlschwalben aus nächster Nähe lange und eingehend be¬
obachtet und bemerkt, daß der arbeitende Vogel nicht selten ein
Stück Bankot herabfallen läßt. Zuerst war ich der Ansicht, dies
sei Ungeschicklichkeit des Arbeiters, dann aber fiel mir auf, daß dies
206
nur an ganz trockenen Tagen öfters geschah, an denen der Baustoff
von weiter hergeholt werden mußte. An Tagen, wo Kot direkt vor
dem Nest zu finden war, wurde fast kein Bröckchen bei der Arbeit
herabgeworfen.
Ich habe nun eine ganze Anzahl solcher herabgefallener Bau¬
steine untersucht. Da hier reiner Sandboden ist, so bestanden diese
Bröckchen nur aus durch Feuchtigkeit zusammengehaltenem Sand
mit ganz wenig beigemischten Steinkohlen- und Kalkteilchen, die
wahrscheinlich auf der Straße unter den Sand gemischt sind, denn
eine Sandprobe der Straße ergab das nämliche Untersuchuugsresul-
tat. Da die Bröckchen sehr klein sind, trocknen sie ungemein
rasch aus und zerfallen. Der Vogel trägt nun diese Stückchen
im Schnabel herbei, und zwar muß er sie ganz hinten im
Rachen halten, denn ein an das Nest kommendes Schwälbchen
zwitscherte fröhlich, setzte sich auf die Nestmauer und begann zu
meinem Erstaunen ein Stück Kot auf den Nestrand festzudrücken.
Naumann sagt, daß das Nest besonders durch den beigemischteu
Speichel des Vogels Festigkeit bekomme. Ich konnte nun von einer
Speichelbeimischung an den herabgefallenen Klümpchen nichts, und
auch nichts unter dem Mikroskop bemerken. Die Schwalbe läßt den
Kot nicht aus dem Schnabel zur Erde fallen, sondern das Stückchen
fällt immer erst beim Andrücken herab. Es ist also offenbar zu
trocken. Würde Speichel zum Ankleben verwendet, so müßten auch
die trockenen Klümpchen festhalten, wenigstens einige Zeit. Es ist
also nur ganz feuchter Kot, der nicht lauge im Schnabel der Schwalbe
war, zum Festmauern am Neste geeignet. Durch weiteres Herholen
dieses Stoffes wird er unbrauchbar und fällt als nicht mehr bindungs¬
fähig herab; auch ein Einspeichelu, wenn ein solches wirklich statt¬
findet, hilft dann nichts, oder es nimmt der bereits getrocknete Kot
den Speichel nicht mehr an. Es kann also der Vogel nur da sein
Nest bauen, wo feuchter Baukot aus nächster Nähe und in kürzester
Zeit zum Nestplatz geschafft werden kann.
Nach diesen Beobachtungen bin ich der Ansicht, daß das Ver¬
schwinden der Hausschwalbe aus den Städten einzig und allein auf
den Mangel richtigen Baumaterials zurückzuführen ist. Die gepflasterte,
kanalisierte Straße der modernen Stadt bietet dem Tierchen nichts
davon, darum wandert es aus und siedelt sich in günstigeren
Lagen an.
207
Die älteste Ornithologie: Die Ornithologie des orientalischen
Altertums.
Von Wilhelm Schuster aus Gonsenheim bei Mainz.
Für eine »Geschichte der Ornithologie« wird es sehr wertvoll
sein, wenn ihr Schreiber von der ältesten Ornithologie der Welt —
der alten bekannten Welt — Kenntnis genommen hat. Eine
zusammenfassende Darstellung dieser ersten Anfänge der Ornithologie
existiert bis jetzt nicht. Als Quellen dienten mir die altassyrischen
Keiliuschrifteu , sämtliche Bücher des Alten Testaments, dessen
ältestes Stück, Kicht. 5, etwa in die Jahre 3000 — 2000 v. Chr.
fällt, die Midraschim u. s. w. und die altägyptische Literatur. Zum
Vergleich ist da und dort die heutige arabische Sprach- und Natur¬
wissenschaft herangezogen.1) — Samuelis Bocharti, Rhotomagensis
ecclesiae ladomensis olim pastoris altes Werk, das Hierozoicon (sive
de Animalibus Sanctae Scripturae), neu herausgegeben von Dr.
E. F. C. Rosenmüller in Leipzig 1794, die einzige ältere brauchbare
Zusammenstellung (drei dicke Bände), ist leider nur in Latein und
Griechisch geschrieben. — Für Vogelnamenregister werden u. a. auch
die heutigen semitischen und wissenschaftlich-arabischen Namen
wertvoll sein, die ich bis jetzt in jedem Index vermisse.
I. Raubvögel.
Adler und Geier. Aquila chrysaetus { Goldadler) und A.melanaetus
(Kaiseradler). Beide sind häufig im Orient, jener in der südöstlichen
Form, die der sogenannten zweiten großeu Steinadlergruppe angehört.
Eine altassyrische Darstellung zeigt den Adler mit den Ein-
geweiden eines gefallenen Kriegers. Der noch heute bei den Juden
gebräuchliche Name des Adlers ist "ItöO nescher; er kommt von dem
chaldäischen naschar = herabstürzen (Ralbi Bechai) oder dem
arabischen uasara = mit dem Schnabel zerreißen. Attribute des
Vogels: größter und kühnster Vogel, sehr schnell (darum einer der
vier Cherube mit Adlergesicht dargestellt), gewandt im Flug, stürzt
aus weitester Ferne herbei, aus unermeßlicher Höhe herab und wie¬
der hinauf, blitzschnell auf seine Beute; dichtes und buntfarbiges
Gefieder, lange Schwingen, große, starke Flügel- und Schwanzfedern,
gewaltige Klauen (dem langgewachsenen Haar und den Nägeln des
*) Das nach dem heutigen Stand der Wissenschaft Unzutreffende ist in eckige
Klammern gesetzt.
208
tierartig ver wilderten, wahnsinnig gewordenen Nebukadnezar ver¬
glichen). Er horstet in den höchsten Felsen, hält dort, von keinem
Feind gefährdet, seine Ruhe, zieht seine Brut auf. Er sorgt eifrig
für die Jungen, unterweist sie sorgfältig im Ausfliegen (?) [und be¬
wahrt sie dabei vor Schaden, indem er über ihnen schwebt und,
wenn nötig, mit unterbreiteten Flügeln vor dem Fallen schützt]. Die
Mauser ist soviel wie Verjüngung, ein Zeichen neuen Kraftersatzes.
Der Adler ist lebhaft, munter ; sein Auge ist scharf und erspäht die
Beute aus weiter Ferne.
[Altsemitische Fabel: Wenn der Adler 100 Jahre alt geworden
ist, steigt er zur Sonne auf, stürzt sich dann ins Meer und verjüngt
sich so.]
Neophron percnopterus (Schmutziger Aasgeier). Auf ihn nimmt
das Sprichwort: »Wo ein Aas ist, da sammeln sich die Geier« Be¬
zug. Dieser früher als Rabengeier ( Cathartes ) bezeichnete Vogel
befindet sich auf ägyptischen Denkmälern öfter abgebildet. Er ist
noch heute der häufigste Geier Palästinas. Name: Dm“ (racham oder
rachamab, von der gleichlautenden Wurzel für »lieben« gebildet,
auf die Anhänglichkeit der Eltern zu ihren Jungen anspieleud).
Racham heißt der Vogel heute noch bei den Arabern.
Gyps fulvus (Weißkopfgeier) und Vultur monachus (Mönchsgeier).
Für beide wird das Wort HN“ (daah) und das verwandte rVH (dajali,
das m. E. von dem Stamm daah = schweben, sich auf den Flügeln
wiegen, kommt) gebraucht *). Fulvus ist in Palästina nicht wie
percnopterus Zug-, sondern Standvogel. Am gemeinsten ist fulvus in
der Umgebung des Sees Genezareth und in den Klüften und Höhlen
des Wadi Chamäm [Sämtliche Geier und Adler sind in der alten
Zeit als Aasfresser kultisch unreine Tiere und durften weder gegessen
noch berührt werden].
Haliaetus albicilla (Gemeiner Seeadler). Semitisch : DHPl (peres,
vom Stamm paras = zerbrechen). Der altorientalische Name des
Vogels besagt also soviel wie das lateinische ossifraga = Knochen-
zerbrecher. Die griechischen Namen für Geier und Adler sind
yv-ty und a£T 6q.2) Der Peres »breitet seine Flügel gen Mittag«
(Hiob 39, 26), ist also Zugvogel.
D Das Wort dajali kann auch eine Weihe ( Circus ) bezeichnen, die ja auch
einen ruhigen, gleichmäßigen, schwebenden und schaukelnden Flug hat. Ihr
heutiger arabischer Name ist chida’th.
2) Die altgriechische und -römische Ornithologie ist natürlich im Verhältnis
zu dem hier Behandelten weit mehr erforscht als die altorientalische. Schon der
209
Falconinae (Falkeu). Das gemeinschaftliche Wort für sie ist
D\X (ajah, bezeichnet ein scharfsichtiges Tier). Falco tinnuncnlus
ist heute noch sehr häufig in Palästina, auch der für die Gazellen¬
jagd nicht leicht entbehrliche Falco venatorius.
II. Rabenvögel ( Corvidae ).
Die einzelnen Arten werden nicht unterschieden. Gattungsname:
3T1 (Rabengevögel), vom Stamm 3T1 = dunkel werden (bezw. sein?).
Glänzend schwarzes Gefieder (mit ihm vergleicht Sulamith im Hohen
Lied (5,11) die schwarzen Locken ihres Geliebten). An Bächen sind
die Raben häufig; Ruinen bewohnen sie (Jes. 34, 11; hier können
nur Kolkraben und Dohlen gemeint sein). Die Raben sind Aas¬
fresser [und unrein]. An Leichnamen hacken sie zuerst die Augen
aus. Futter ist immer in Menge für sie vorhanden. Nestjunge hört
mau nach Ätzung schreien. [Hungernden, wie dem Propheten Elias,
bringen Raben Speise zur Nahrung; sie sind nach dem altorien¬
talischen Volksglauben prophetische Vögel]. Raben sind Wetter¬
propheten ; aus diesem Grunde entläßt nach der chaldäischen Flut¬
sage Chashishadra, nach der biblischen Noah einen Raben aus der
Arche, um den Zustand der Erde zu erkunden; zugleich auch darum,
weil sich der Rabe durch sein Geschick zum Hin- und Herspähen
und wegen seines rastlos ausdauernden Fluges am besten zum Aus-
kuudschaften eignet. Daß er ein wilder und nicht gezähmter Vogel
ist, wird durch jenen lieblichen Zug symbolisiert, der erzählt, daß
er, freigelassen, nicht zurückkehrt (wie doch das alte Haustier Taube),
sondern frei umherschweift und, wie insbesondere die chaldäische
Sage hervorhebt, an den umherschwimmenden Leichen hinreichend
Nahrung findet. — Der Rabe ist für den alten Hebräer ein Un¬
glücksvogel, d. h. ein Unglück ansagender, verkündender oder bringen¬
der Vogel, nach anderen auch ein Seelenvogel, d. b. eine Tiergestalt,
in die sich die Seele eines Abgeschiedenen verwandelt hat, die nun auch
andere Seelen nach sich zieht. Auf den Sethianischen Verfluchungstafelu
ist als Seelenvogel ein Todesdämon mit Rabenkopf abgebildet.
Um ihn zum Unglücksvogel zu stempeln, genügte die Tatsache,
daß er sich an den Leichnamen gekreuzigter Menschen und überhaupt
an Menschenleichen zu schaffen machte, (auch ein »Rabenstein«, d. i.
alte, berühmte Lenz hat zwei dicke Bände Zoologie und Botanik der alten Griechen
und Römer geschrieben (Gotha 1856), wo fast alles Wissenswerte zusammenge¬
tragen ist (fleißiger noch als in Pisehingers Eichstätter Gymnasialprogrammen
1901 und 1904).
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905.
14
210
der von Raben umschwärmte Hinrichtungsort, wird in der Bibel
erwähnt). Zum Seelenvogel erklärte ihn die schwarze Farbe des
Todes, die er trägt1). — In dem »Handwörterbuch des Biblischen
Altertums für gebildete Bibelleser« (Leipzig 1894) wird von Dr.
Schräder erzählt, daß schon zur Zeit des zweiten Tempels in Jerusalem
besondere Vorkehrungen nötig befunden wurden, um die Beschmutzung
des Dachs zu verhüten (wie heute in Wien — Burggebiet — Schutz¬
gitter u. s. w. gegen die unzählig vielen Tauben aufgespannt sind ;
ebensolche Drahtnetze sah ich auch am Dom in Reims und in anderen
französischen Städten). — Wenigstens acht Rabenarten sind für
das heutige Palästina als Zug- und Brutvögel nachgewiesen.
III. Tauben ( Golumbidae ) .
Name (= jonah) oder auch nur jon, syrisch charmjonah.
Frühzeitig gezähmt, denn schon in der Sintflutsage als gezähmtes
Tier (Haustier) erwähnt. Flüchtig, furchtsam, sehr schnell. Das
Rucksen wird als Klagen und Seufzen aufgefaßt, daher werden die
Tauben »Töchter der Trauer« genannt. Außer den Feldtauben wurden
von den alten Juden bereits Rassetauben gehalten, so die wahrschein¬
lich aus Babylonien stammende, bei den Syrern und Phöniziern der
Astarte geweihte und heilig gehaltene schneeweiße und in hellen
Farben schillernde Taube, die nach Griechenland erst in der Zeit des
Xerxes gekommen ist und bei klassischen Dichtern im Gegensatz zu
den grauen, blauen oder schwärzlichen wildeu Tauben den ständigen
Beinamen »die weiße« führt. Von ihr heißt es in den Psalmen (68,14),
daß ihre Flügel mit Silber und ihre Schwingen mit dem glitzernden
Grüngelb des Feingolds überzogen seien. »In dem von den Syrern
belagerten Samaria wurde, als die Hungersnot aufs höchste gestiegen
war, der Tauben mist als Nahrungsmittel (nach Joseph., Altert.
9, 4, 4 als Würze an Stelle des mangelnden Salzes) gebraucht und
teuer verkauft (2. Kön. 6,25) — ein äußerster Notbehelf, wie er
ähnlich auch von den durch die Römer unter Titus in Jerusalem
belagerten Juden (Joseph., J. Kr. 5, 13, 7) und aus den schweren
Hungersnöten berichtet wird, mit denen im Jahre 1200 nach Chr.
• •
Ägypten und im Jahre 1316 unter Eduard II. England heimgesucht
wurden. Die erste ausdrückliche Erwähnung der Taubenschläge findet
sich Jes. 60, 8; das dafür gebrauchte hebräische Wort bedeutet eigent-
9 Vergleiche dazu die Notiz aus Frankfurt am Main vom Jahre 1537: »Wann
ein rabe auff einem hauß, darinne der mann oder die fraw kranck ligt, sitzet unnd
sclireyet, das ist ein zeychen, das der kranck an der kranckheit sterben soll«.
211
lieh »Gitter« und bezieht sich auf die zahlreichen, neben und über¬
einander befindlichen, das Aussehen von Gitterfenstern darbietenden
Schlupf- und Luftlöcher der turmartigen Taubenhäuser. Solche
Taubentürme standen nach Josephus (J. Kr. 5, 4, 4) zahlreich in
den Gartenanlagen des Palastes Herodes des Großen in Jerusalem.
Auch heutzutage findet man an einzelnen Orten Palästinas kleine
Taubentürme; sie sind in gleicher Art wie die in Syrien, Persien ?
Ägypten und Indien: »Auf dem runden Unterbau erhebt sich ein
kegelförmiger Aufsatz, der aus einer Menge von neben und über
einander gereihten, in Lehm eingebetteten, dickwandigen Töpfen besteht,
von denen jeder einem Taubenpaar als Niststätte dient; die enge
••
Öffnung an der Außenseite der einzelnen Töpfe dient nur als Luft-
und Lichtloch; ihren Eingang haben die Tauben vom Inneren des
Turmes aus, wohin sie durch ziemlich große Öffnungen der Turm wand
einfliegen« (Riehm-Schrader). — Der Talmud widmet den Turteltauben1)
einen ganzen Traktat, und in der Mischna wird unter den Tempel¬
beamten auch ein praefectus turturum erwähnt. Für Opferzwecke
bedurfte man viel Tauben, zumal in der Zeit des zweiten Tempels;
daher hatten im äußeren Vorhof Taubenhändler ihre Stände.
(Fortsetzung folgt im nächsten Jahrgang).
Die typischen stehenden Formen von Crioceris asparagi L.
(Spargelhähnchen) im Mainzer Becken.
Von Wilhelm Schuster in Gonsenheim bei Mainz.
Bereits in früheren Sommern habe ich viele Spargelhähnchen
eingefangen. Jetzt, in der zweiten Aprilhälfte 1905, fielen mir in
den hiesigen Aprikosen-, Kirschen- und Zwetschenanlagen weitere
Tierchen beim Abreißen von alten Borkenstücken in die Hände; dort,
hinter der Rinde, vegetieren die Zirpkäfer zusammen mit dem so
hübschen Bhynchites bacchus L., diesem reich behaarten weinpurpur¬
roten Rüßler, bis zur Spargelzeit fort. Sie haben freilich ihre
»Saison« erst, wenn das Grün der hohen Büsche über die grauen
Sandäckerchen leuchtet. — Ende Mai 1905 befanden sich alle Spargel-
Chrysomeliden in Paarung.2)
9 Verstanden ist darunter die Gemeine Turteltaube ( Turtur auritus , grieeb.
T^vyav), dann jedoch auch die Lachtaube (T. risorius ) und die in den Gärten
Jerusalems nicht seltene Palmturtel ( T . senegalensis).
2) Ihr Domizil schlagen diese Pärchen, da bekanntlich alle Spargeln bis Mitte
Juni gestochen werden, solange auf den wenigen 1 — 3 jährigen Neuanpflanzungen auf,
wo nicht gestochen wird (alsdann 15 Jahre lang Stich); dort sitzen sie »dick gedrattelt.«
212
Form a. Ais die ursprünglichste Form sehe ich die ge¬
meinste an. Dies gilt ja sonst im Tierreich freilich nicht immer;
es gilt da nicht, wo eine anders als die ursprüngliche gezeichnete
Form günstigere Lebensbedingungen fand, sodaß sie mit der Zeit zu
der häufigsten werden konnte. Da ich aber trotz langen Nachdenkens
nicht finden kann, daß meine Form a — eben die gemeinste — vor
den anderen Formen auch nur etwas hinsichtlich der Existenzbedin¬
gungen voraushaben sollte (die Farbunterschiede sind ja im Hinblick
auf die ganze Erscheinung des Tierchens innerhalb des Mikrokosmos
seiner Umgebung geringe), so sehe ich Form a als den Gruudstock
an, von dem sich die übrigen Formen abgezweigt haben. — Die
Flügeldecken des Käfers zeigen die Farben Schwarzgrün und Hell¬
gelblichweiß, während eine mattrote Linie am äußeren Flügelrand her¬
läuft. In der Verteilung des Schwarzgrün und des Hellgelb ergeben
sich die Differenzen. Alle Formen haben das gemeinsam, daß
ein dicker schwarzgrüner Strich von vorn nach hinteu mitten über
den Rücken läuft, eine schwarzgrüne Naht (der innere Rand der
Flügeldecken ist also schwarzgrün). Dazu finden sich bei jedem Tier
(einerlei, welcher Form) drei Queranordnungen vor, entweder
in Punkten oder in Strichen (!), vorn, mitten und hinten quer
über die Flügeldecken. — Bei der Form a stehen der mittlere und
der hintere Querstrich in Verbindung mit der Längs- oder Nahtlinie
und gehen also durch sie hindurch. Die vordere Queranordnung ist
nur in zwei seitlichen Punktflecken angedeutet (je einer am äußeren
Teil der Flügeldecke) und läßt freien gelblichweißen Raum zwischen
Flecken und Mittellinie. Es entsteht das Bild . Wenn ich dem
Kind einen Namen geben darf — es soll hier nur die bestimmte
Zeichnungsform durch ein Buchstabenwort zur leichteren Orientierung
festgelegt werden — , so möchte ich es, da diese Form mir als die
Norraalform vorkommt, bei trinärer Benennung mit Gr. a. normalis
bezeichnen.
Form b. Diese Form repräsentiert eine Erscheinung, die ich
mit Zeichnungsfülle oder plena pictura umschreiben möchte1).
Drei volle grünschwarze Querbändchen gehen durch
den Mittelstrich. Die beiden vorderen Seitenfieckchen haben sich
also zu einem Strich gefüllt und stehen mit der Mittellinie in Ver-
J) Die Zeichnungsfülle (Plenopiktur) gegenüber der Norrnalzeichnung
kommt so oft in der Natur vor ! Trotzdem hat sie bis jetzt noch keinen gangbaren
Namen in der Worttechnik der Naturbeschreibung erhalten. Vielleicht nimmt man
den obigen künftighin an.
213
bindung. Manchmal sind die drei Querstriche auch etwas schmal.
• •
Das Uberfließen von dem vorderen Fleckchen zu dem Nahtstrich
geschah zuerst vom hinteren Rand des Fleckchens aus, wie noch einige
Exemplare zeigen. Ich benenne sie trifasciata (dreigebänderte). Es
eutsteht das Bild .
Form c. Bei dieser Form tritt Zeichnungssparnis auf
(vacua pictura, Vakuopiktur). *) Sie zeigt ein deutliches, hübsches
Kreuz von grünschwarzer Farbe. Der hinterste Querstrich der
Normalform hat sich hier nämlich auch aufgelöst in zwei kleine
Fleckchen, sodaß also vier Fleckchen in den vier äußeren Flügel winkeln
steheu, während der mittlere Querstrich breit und voll durch die
Naht- oder Längslinie geht. Bild . Dadurch, daß das Schwarz
zurücktritt, fällt die weißgelbliche Grundfärbung mehr auf, was auch
von der nächsten Form sowie von pupillata gilt. Ich bezeichne
die Form c mit cruciata (gekreuzte), weil das Kreuz deutlich und
sehr schön hervortritt.
Form d. Der hinterste grünschwarze Querstrich geht ganz durch,
der vordere und mittlere sind in Fleckchen aufgelöst. Bild
. Bezeichnung: quadripunctata (vierpunktige).
Calwer-Jäger-Stierlin (»Käferbuch«, 5. Aufl.) bilden die
Form b oder Crioceris asparagi trifasciata ab, aber verhältnismäßig sehr
schlecht; vor allem tritt, wenn man den Käfer von oben ansieht, das
Rot des Flügelrandes gar nicht so stark hervor, und die Elytra zeigen
sich viel mehr glatt als punktiert (wie doch die Abbildung dartut),
Über die Zeichnung der Flügeldecken spricht sich Calwer (ein gutes
Buch) nur ganz allgemein aus (auch die Schienen wurzeln kann ich
nicht hell, sondern nur schwarz finden). — Während die vorgeführten
Formen stehende Formen im Mainzer Becken sind, finden sich
keine Zwischentypen vor; vielleicht, daß einmal die Fleckchen etwas
stärker oder schwächer sind, aber immer reichen sie an die Längsbinde
entweder deutlich (wenn auch manchmal recht fein) heran oder stehen
deutlich von ihr ab, und nie findet man ein Exemplar, auf dessen
einer Flügeldecke ein Fleckchen, auf der anderen die Hälfte eines
Querstrichs zu sehen wäre. Beide Elytra haben immer stricte die¬
selbe Zeichnung. Es herrscht hier strenge korrelative Symmetrie.* 2)
J) Vergl. die vorige [Fußnote! Hier hätten wir es also mit Vakuopiktur
zu tun.
2) Beim Durchsehen eines weiteren großen Materials von Spargelhähnchen habe
ich noch drei Stück einer weiteren Form gefunden; dies wäre mithin Form e, die
von Ahrens var. pupillata genannt worden ist und die auch bei Frankfurt vor-
214
Die Zahlstärke der einzelnen Formen wird interessieren. Uuter
100 Exemplaren finden sich von normalis 46, von trifasciata 45,
von cruciata 4, von quadripunctata 2, von pupillata (die ich dem
betreffenden Hundert beigegeben habe) 3 Exemplare. Es verhält sich
also normalis zu trifasciata zu cruciata zu quadripunctata zu pupillata
wie 46 °/o : 45 °/o : 4 °/o : 2°/o: 3°/o.
Einen Grund, warum eigentlich die Zeichnung der einzelnen
Formen abändert, habe ich bis jetzt trotz allen Nachdenkens und
Prüfung der lokalen und gesamten biologischen Verhältnisse vorläufig
uoch nicht finden können.
Eine andere — aber ganz unregelmäßige — Variation ist
bei den Spargelhäknchen noch hinsichtlich des Halsschildes wahrzu¬
nehmen. Auf dem schwärzlichroten Pronotum findet sich nämlich
ein schwarzer Mittelflecken oder ein Paar, also zwei kleine schwarze
Fleckchen nebeneinander, oder gar kein Fleck. Bei manchen Stücken
sieht man nur etwas Verschwommenes. Es besteht dans tous les cas
keine Regel. Hier ist jedenfalls nur soviel sicher, daß die Form
trifasciata , die hinsichtlich der Zeichnung auf den Flügeldecken recht
viel Schwarz — also einen melauotischen Typ — zeigt, auf dem
Halsschild nicht mehr und nicht weniger Schwarz aufweist als die
anderen Formen, d. h. also: Entweder keinen schwarzen Flecken
oder einen dicken oder einen Doppelflecken aus zwei kleinen
schwarzen Pünktchen.
Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft
zu Frankfurt a. M. an die Generalversammlung der Aktionäre
vom 11. Mai 1905.
Das Jahr 1904 hat die Erwartungen, die wir für seinen Ver¬
lauf hegten, nicht nur erfüllt, sondern noch übertroffen und ist da¬
durch zu einem erfolgreichen für die weitere Vervollständigung und
Verschönerung unseres Zoologischen Gartens geworden.
kommt: 1. und 3. Querstrich gehen ganz durch, der mittlere ist in zwei Flecken
aufgelöst. Der blasse Grund tritt also recht stark zu Tage. Bild . — Die drei
noch übrig bleibenden Zeichnungsmöglichkeiten, bei denen entweder nur der letzte
oder die zwei letzten Querstriche in Flecken aufgelöst wären oder wo etwa nur statt
der drei Querstriche sechs Punktflecken sich vorfänden, habe ich beim Sichten von
mehreren hundert Crioceris nicht finden können. Sie scheinen also nicht zu exi¬
stieren. — Belegmaterial über die fünf Formen habe ich Prof. Dr. Boettger über¬
sandt.
215
Der Garten war von 228,000 Personen (außer den Abonnenten)
besucht, die eine Tages-Einnahme von rund M. 142,500 brachten.
Auch die Abonnements erfuhren eine Vermehrung, und besonders
die Sonder-Einnahmen des Aquariums wuchsen beträchtlich über
alle Vorjahre hinaus. Die durch den Aufbau des Reptiliensaales
erweiterte Einrichtung des Aquariums führte diesem Teil unserer
Sehenswürdigkeiten 54,000 Besucher zu, gegen 40,350 im Jahr 1903,
und brachte einen Einnahmezuwachs von über M. 4000.
Auch die kleineren Einnahmequellen, Nutzen am Wein- und
Bier-Konsum, Miete für Räume des Gesellschaftshauses, und die
unter Verschiedenes zusammengefaßten Nebeneinnahmen brachten
mehr als veranschlagt war.
So haben wir eine Gesamteinnahme von M. 287,508.23 (gegen
rund M. 276,000 im Vorjahr) erzielt, denen Ausgaben im Betrag
von M. 286,423.58 gegenüberstehen.
Der demnach sich ergebende Betriebsüberschuß von M* 1,084.65
steht zur Verfügung der städtischen Behörden und kommt hoffent¬
lich wieder der Unter stützungskasse für die unteren Beamten des
Gartens zu gut*
Von den Ausgabe-Posten erfuhren mehrere wesentliche Er¬
höhungen; so wurden durch Aufbesserungen M. 3000 für Gehalte
und Löhne mehr aufgewendet als im Vorjahr, auch für die Kapelle
wurde eine entsprechende Summe zu Gagenerhöhungen dem Kapell¬
meister bewilligt, wovon indessen nur das letzte Viertel des Berichts¬
jahres berührt wird.
Die ungewöhnliche Hitze im Juli verursachte einen beträchtlich
vermehrten Wasserverbrauch, während der milde Winter zu Anfang
des Jahres eine erhebliche Ersparnis an Brennmaterial bewirkte.
Eine besonders rege Tätigkeit konnte im Bauwesen entwickelt
werden. Zunächst wurden am Gesellschaftshaus außen und innen
umfassende Herstellungen vorgenommen, die einschließlich der im
Vorjahr dafür zurückgestellten M. 7000 einen Aufwand von Mark
14 000 erforderten.
In dem Insekten hause, das am 1. April dem Publikum geöffnet
wurde, ist etwas für Deutschland ganz Neues geschaffen. Hier sind,
so lange die Witterung es erlaubt, die größten und die interessante¬
sten Gliedertiere in ihren verschiedenen Entwickelungsstadien lebend
ausgestellt. Schmetterlinge von */4 m Flügelweite, seltsam gestal¬
tete Gespenstschrecken, die verschiedenen Arten von Seidenwürmern,
die Wanderheuschrecke und viele andere Arten wurden in eigens
216
konstruierten gläsernen Schaukäfigen hier gezeigt. Ganz besonders
glauben wir dadurch das Belehrende des Gartens gesteigert zu
haben und holten, daß dieser Zweck durch die neue Einrichtung
von Jahr zu Jahr mehr erreicht werde. Gleich im ersten Sommer
j
ist es gelungen, über 8000 Insekten, die 80 Arten angehören, zur
Entwickelung zu bringen.
Am 15. Mai konnte der Aufbau über dem Aquarium eröffnet
werden, durch den eine bedeutende Erweiterung und Vervollständi¬
gung der Reptiliensammlung möglich wurde. Zweckmäßige Heiz¬
vorrichtungen und besonders erwärmte Wasserbehälter gestatten jetzt
die Haltung großer Krokodile; ein geräumiger Riesenschlangenkäfig
trat an die Stelle der seitherigen kleinen Glasbehälter, und die längere
Lebensdauer von Schlangen und Eidechsen liefert den Beweis, daß
durch den Neubau den Lebensbedürfnissen der Tiere besser Rech¬
nung getragen ist, als dies in dem seitherigen Provisorium im Affen¬
hause möglich war. Durchaus sonnig und hell und durch aus¬
giebige Ventilation mit reiner Luft versorgt, hat sich der mit
tropischen Pflanzen dekorierte Reptiliensaal als eines der schönsten
Tierhäuser des Gartens erwiesen und die Aufwendung seiner Her¬
stellungskosten — im ganzen M. 16.000 — reichlich gelohnt, wie
das beträchtliche Wachstum der Zahl der Aquariumbesucher beweist.
Auch die Sammlung der Säugetiere und Vögel wurde beträcht¬
lich vermehrt. Durch Beschaffung eines Wisentstieres ist eine der
letzten Lücken an erhältlichen Großtieren geschlossen worden. Das
Affenhaus konnte, nachdem durch Entfernung der Reptilienkasten
Platz gewonnen war, reicher besetzt gehalten werden, und auch die
Sammlung der Antilopen, der Hirsche, sowie besonders die Kollek¬
tion kleinerer Säugetiere erhielt wertvollen Zuwachs. Durch Aus¬
nützung direkter Beziehungen zu Australien gelangte der Garten in
den Besitz äußerst wertvoller Beuteltiere, von denen hier nur das
Nagelschwanz-Wallaby und die Woodwardschen Känguruhs genannt
seien, die vorher noch nie lebend nach Europa gelangt waren.
Sehr reich flössen die Geschenke. Ein junger Orang-Utan wurde
von einem nicht genannt sein wollenden Freunde dem Institut zum
Geschenk gemacht. Die Herren Anton Hahn, Ferdinand Hirsch,
Heinrich Königswerther, Ludw. Mayer, Ober-Regierungsrat Dr. Paul
Meyer, Wilhelm Mössinger und Jakob H. Weiller übergaben dein
Garten die Summe von M. 1450. — , um für den im Vorjahr ge¬
storbenen Eisbären einen Ersatz zu schaffen, der am 28. April in
Gestalt eines tadellosen, fast erwachsenen Exemplares in den Garten
217
gelangte. Eine Kollektion australischer Seltenheiten, wobei einen
echten Dingo, schenkte Herr Siegmund von Mumm, und Herr F. E.
Clotten sandte 2 Exemplare des Australischen Kasuars. Herr Alfred
Zuntz bereicherte verschiedentlich die Vogelsammlung durch Schen¬
kung exotischer Vögel; weiter schenkten Herr Justizrat Häberlin
2 Seidenäffchen ; Herr Stadtrat Hanau, 1 Reh; Herr Direktor Drory,
3 wilde Kaninchen und 1 Eichhörnchen; Herr Wilh. Mayer, 1 Igel.
Diverse Teichhühner, sowie Möwen oder kleine Vögel wurden ge¬
schenkt von den Herren Ludw. Schnell, Fr. Garny, A. Perron, sowie
von Frau Aug. Albus (hier), Frau W. Böcker (Wetzlar) und Herrn
0. Siebert (Geestemünde). Kleinere Reptilien von den Herren: P. Prior
(hier) uud L. Volk (Offenbach); Herr Dr. med. Ohlenschlager schenkte
eine prächtige Nashorneidechse von der Insel Haiti, Herr Georg
Hildebrandt 6 Moschusenten. — Herr Karl Fulda stellte wie
alljährlich den aus der Kohlenlieferung an den Garten erzielten
Nutzen in voller Höhe dem Tierfonds zur Verfügung. — Allen
Schenkern sei hier nochmals für ihre liebenswürdige Aufmerksam¬
keit aufrichtiger Dank gesagt.
Außer dem weiteren Ausbau der schon vorhandenen Tiersamm-
lungen war es besonders die Besetzung der neuerbauten Häuser, die
einen stärkeren Aufwand für Tierankäufe erforderte, dessen Ge¬
samthöhe sich auf M. 27,200 belief. Diese Mehrausgabe wurde er¬
möglicht durch die verhältnismäßig hohen Einnahmen für verkaufte
Tiere und sonstige Zuflüsse zum Tierfonds, die über M. 10,000 be¬
trugen. Der Verkauf von Dubletten wiederum war eine Folge
der günstigen Zuchtergebnisse und erstreckte sich auf Riesenkänguruh,
kleinere Wallabys, Wasserbock- und Hirschziegenantilopen, Hirsche,
Löwen, Silberlöwen und diverse kleinere Tiere. Auch die im In¬
sektenhaus gezüchteten Schmetterlinge bildeten für Sammler den
Gegenstand reger Nachfrage, und aus ihrem Verkauf entwickelte
sich eine neue Einnahmequelle für das Institut.
Den Vermehrungen des Tierbestandes standen sehr geringe Ver¬
luste gegenüber. Ein Riesenbüffel, eine Hyäne und ein Krokodil,
welche starben, und ein altersschwaches Gnu, das getötet wurde, bil¬
deten im Verein mit einer dem Garten leihweise überlassenen Riesen¬
schildkröte die ganze Liste größerer Verluste, denen sich eine Reihe
von Nagetieren und kleinen Raubtieren — besonders Mardern —
anschließt, die aber leicht und rasch ersetzt wurden.
So schließen wir unseren Bericht mit dem beruhigenden Bewußt¬
sein, daß das Jahr 1904 sich noch günstiger für die Prosperität
unseres Instituts erwiesen hat als fast sämtliche früheren, und daß
es unsere Bestrebungen nach jeder Richtung hin gefördert hat. Daß
dies auch weiterhin geschehe, soll keine Arbeit gespart werden, und
wir erbitten zu diesem Zwecke die weiteren Sympathien unsrer Vater¬
stadt und vor allem Ihre kräftige Unterstützung.
Gleichzeitig mit der Jahresrechnung über den Betrieb des Zoo¬
logischen Gartens und der Bilanz der Gesellschaft legen wir Ihnen
die Abrechnung der Unterstützungskasse für die unteren Beamten
des Gartens vor , die sich wieder einiger sehr dankenswerter
Zuweisungen erfreute. Der Grundstock der Kasse konnte auf
M. 10 000 vermehrt werden, während die notwendigen Unter¬
stützungen aus dem Dispositionsfonds und der Zinseneinnahme
bestritten werden konnten. Allen Freunden des Gartens sei diese
wohltätige Einrichtung für gelegentliche Zuwendungen wärmstens
empfohlen.
Gewinn- und Verlust-Konto:
Betriebs-Rechnung des Zoologischen Gartens vom Jahre 1904.
Einnahmen.
Ausgaben.
1. Abonnements:
2667 Familien-. . . .
780 Einzelne . . . .
180 Pensionär- und Mo¬
nats-Abonnements .
M. Pf.
82,594. —
2. Tageskarten:
111,321 Personen zu vollem Ein¬
trittspreis.
106,112 Personen zu ermäßigtem
Eintrittspreis.
2,805 Schüler.
220,238 Personen M. 144,780.75
ab: Kosten be¬
sonderer Veran
staltungen . . M. 2,307.11
. 142,473. 64
3. Wein- und Bier-Nutzen
. 8,590. 25
4. Pacht .
. 13,070. —
5. Vermietungen . . .
. 6,806. 75
6. Verschiedenes . . .
. 4,862. 03
7. Zinsen .
. 1,760. 05
8. Aquarium .
. 17,150. 45
9. Tiere und Geschenke .
. 10,201. 06
287,508. 23
M. Pf.
1. Gehalte . 50,774. 15
2. Fütterung . 66,749. 99
3. Musik . 54,788. 20
4. Heizung u. Beleuchtung 8,982. 89
5. Wasserversorgung . . 10,529. 38
6. Garten-Unterhaltung . 9,179. 98
7. Bau-Unterhaltung . . . 30,263. 49
8. Druckkosten .... 2,435. 80
9. Insertionen . 2,683. 81
10. Livree . 1,278. 30
11. Versicherung .... 2,925. 55
12. Allgemeine Unkosten . 9,287. 85
13. Unterstützungen . . . 576. —
14. Aquarium . 8,774. 94
15. Tiere . 27,193. 25
286,423. 58
Überschuß 1,084. 65
287,508. 23
219
Aktiva.
M. Pf.
Tiere .
70,250. —
Gebäude M. 2,165,000.—
Zuwachs » 2,585.78
M. 2,167,585.78
Abschrei-
bung.» 2,585.78 2.1 ßs.nnn. -
Park .
145,000. -
Aquarium (Tiere, See-
wasser, Scheiben) . .
2,000. —
Pflanzen .
5,000. —
Mobilien . M. 231,890.50
Zuwachs » 1,480.17
M. 233,370.67
Absclirei-
bung . » 13,893.67
219,477. —
Käfige .
1,000. —
Musikalien .
1,500. -
Bibliothek .
500. —
Vorräte (Futter, Kohlen etc.)
6,938. 34
Vor Versicherung ....
7,701. 10
Saal-Umbau-Konto . . .
6,000. —
Effekten :
a. VorrätigeWertpapiere
27,104. 86
b. Vorrätige geschenkte
3 Aktien ....
1,350. -
c. Vorrätige geschenkte
844 Prioritätsaktien
126,600. —
Frankfurter Bank . . .
30,048. 78
Kassenbestand ....
13,921. 70
1 Debitor .
150. —
Bilanz vom 31. Dezember 1904.
Passiva.
Aktien-Kapital . .
Prioritäts-Aktien
Prioritäts-Obligationen :
A. Schuldverschreibungen
in Umlauf . . .
B. Darlehen der Stadt
Aquarium-Reserve . .
Zinsen- Vortrag . . .
Abonnenten für 1905 .
Stadthauptkasse . . .
M. Pf.
. 1,260,000. —
. 231,750. —
910,500. —
350,000. —
2,000. —
16,351. 13
57,856. —
1,084. 65
2,829,541. 78
Unterstützungskasse für die unteren Beamten des Zoolog. Gartens.
Grundstock. Dispositionsfonds.
1904
1. Januar. Bestand. . .
. . . M.
8,449.50
M.
937.46
»
Zuweisungen .
1,551.31
»
434.—
>
Kursgewinne .
13 —
»
—
y>
Zinsen .
—
317.59
M.
10,013.81
M.
1,689.05
»
Unterstützungen ....
—
»
780.—
31. Dezember. Bestand .
... M.
10,013.81
M.
909.05
V. Goering.
220
Kleinere Mitteilungen.
Uhu. Am 16. April 1905 sahen wir im Oberolmerwald ganz ausnahmsweise
einen Uhu. Bubo bubo strich aus einem niedrigen Eichenbestand mit vereinzelten
hohen Kiefern direkt vor uns ah. Paul Gregor Schuster.
Pelz werk aus Maulwurfsfcllen. Wir lesen in den Tageszeitungen, daß
zwei deutsche Damen, Frau M. Cauer und Fräulein Dr. A. Augspurg, eine Eingabe
an den Reichstag gemacht hätten, in der sie bitten, das Tragen von Maulwurfs¬
pelzwerk unter Strafe zu stellen, da der Maulwurf ein der Landwirtschaft nütz¬
liches Tier sei. Der Landwirtschaft drohe durch die gedankenlose Modetorheit
deutscher Frauen ein unabsehbarer Schaden. Die Petitionskommission habe sich
aber darüber nicht einigen können, ob der Maulwurf der Landwirtschaft mehr
schade als nutze und habe die Petition verworfen. — Auch wir sind der Meinung,
daß der Maulwurf bald Nutzen, bald Schaden stiften kann. Da er beim Graben
sehr viel Wurzeln vernichtet, also den Pflanzenwuchs stört und die im großen und
ganzen nützlichen Regenwürmer vertilgt, stiftet er Schaden, da er Engerlinge und
viele schädliche Insekten und deren Larven und Puppen verzehrt, schafft er Nutzen.
Man darf also seine Tötung da, wo er schädlich auftritt, und das ist auf den
Wiesen in Südwestdeutschland zweifellos der Fall, nicht untersagen. Sollte es
aber den Anschein haben, daß durch eine törichte Mode ein doch im großen und
ganzen harmloses Tier auf den Aussterbeetat gesetzt wird, so möchten auch wir
gegen ein solches Verfahren Front machen. Die Tiere sind denn doch nicht bloß
dazu auf der Welt, um der Geldgier und der Torheit unwissender oder gedanken¬
loser Menschen zum Opfer zu fallen! Bttgr.
Das Angstgeschrei von Fröschen und Kröten. Als Junge ging
ich einmal an einem milden Sommerabend durch den Garten. Da hörte ich einen
schrillen, durchdringenden, mir unbekannten Schrei aus einem Salatbeete kommen.
Ich sprang hinzu und fand einen ziemlich großen Grasfrosch ( Rana temporaria L.),
der platt auf der Erde lag und in sonderbarer Weise die Füße nach oben hielt.
Ich achtete damals nicht weiter darauf, da ich nicht annahm, daß ein Frosch der¬
artige gellende Laute hervorbringen könne. Ich habe später noch einige Mal diesen
Schrei vernommen ; es war aber stets so dunkel, daß ich die Ursache nicht finden
konnte. Als ich Student war, fand ich eines Abends ein sehr schönes Stück der
Knoblauchskröte ( Pelobates fuscus Laur.), das ich mit in das Haus nahm und in
eine Pappschachtel setzte, um es später dem Museum zu übergeben. Aus Ver¬
sehen stieß ich den Kasten herunter, und die Kröte schrie darauf so durchdringend,
daß im Nebenzimmer schlafende Personen davon aufwachten. Mein Bruder Rudolf
teilte mir mit, daß er diesem ihm unerklärlichen Schrei zweimal nachgegangen
sei; in beiden Fällen fand er Grasfrösche als Urheber; der eine war von einer Spitz¬
maus angefallen worden, mit dem anderen spielte eine junge Katze. Jedesmal, wenn
die Katze dem Frosch einen Krallenhieb versetzte, schrie der Frosch. Der Schrei
war, wie ich mich erinnere, ein schriller, langgezogener I-laut, ungefähr i-i-i-e»
eine verkleinerte Ausgabe des Angstschreis des vom Bock getriebenen Schmalrehes.
In der Literatur ist mir eine Erwähnung des Angstschreies der Frösche und Kröten
nur einmal aufgefallen, auch erinnere ich mich nicht, daß ein Frosch, der von
Kindern gepeinigt wurde, jemals geschrieen hätte. Hermann Löns.
221
Produziert die Kohlmeise zwei Eier in einem Tag (letzteren zu
24 Stunden gerechnet)? Unter Umständen gewiß, wie der folgende Fall lehrt.
Am 29. April entdeckten wir drei Brüder ein leeres Kohlmeisennest nachmittags
zwischen 5 und 6 Uhr. und am 2. Mai um dieselbe Zeit, also nach dreimal 24
Stunden, lagen — 8 Eier im Nest. Nun haben gewiß zwei Meisen in das eine
Nest zusammengelegt, obwohl ich immer nur ein Paar beim Nistbaum sah. Aber
auch bei dieser Voraussetzung hat jede Meise einmal zwei oder eine Meise zwei¬
mal zwei Eier innerhalb 24 Stunden gelegt. Wilhelm Schuster.
Schutzkleidung derRaupe von Nola togatulalis. Die Togatulalis- Raupe
hat eine sehr gute Schutzkleidung, worauf m. W. noch niemand aufmerksam ge¬
macht hat. Sie sieht nämlich in ihrem weißgrauen Filz genau so aus wie ein
Spinngewebe. Und die Natur kommt ihr tatsächlich auch mit ihrer besten Gelegen¬
heit zu Hilfe. Die Raupe sitzt meist an den jüngsten Trieben der Eichbüschchen
(in der Nacht vom 28. auf den 24. Mai 1905 sind diese auf unseren Hägen alle
wieder einmal erfroren) ; und gerade auf denselben Trieben weben zu der gleichen
Zeit nicht allein viele kleine Spinnen ihr Gewebe, sondern auch Mikrofalter-Raupen.
Ihrer Ähnlichkeit mit diesen Geweben verdankt die Raupe sicher manchen Schutz.
— Was übrigens auch hier die Gewohnheit tut, ist erstaunlich; sobald man die
Togatulalis-'R&uye nur einmal ordentlich kennt, sieht man sie auch dann sogleich,
wenn sie auf der Unterseite eines Eichenblattes sitzt und nur zwei oder drei der
langen Haare am Rand vorstehen. — Da die Raupe in diesem Jahr so aulfallend
häufig war (der Grund dürfte in dem für Raupen überaus wohltemperierten Sommer
1904 liegen), habe ich eine Anzahl an meine Vereine (Offenb. Ver. f. Naturk.,
Nass. Ver. f. Naturk. in Wiesbaden) und an Herrn H. Gauckler in Karlsruhe
übersandt. Wilhelm Schuster.
Das Wachstum der Suppenschildkröte ( Chelone mydas L.). Es ist
mir nicht bekannt, daß genauere Beobachtungen über die Schnelligkeit, mit der
Seeschildkröten in der Gefangenschalt wachsen, existieren; über freilebende wird
es erst recht keine geben ! Auch im Brehm linde ich darüber nichts als folgende
Bemerkung in betreff der Suppenschildkröte: »Einige Naturforscher meinen, daß das
Wachstum sehr schnell vor sich gehe; diese Behauptung steht jedoch mit Beob¬
achtungen, die an Sumpfschildkröten gemacht wurden, nicht im Einklänge, und
jedenfalls dürfte die Angabe Villem o nts , daß ein Eingeborener von San Domingo
eine gefangen gehalten habe, die in Monatsfrist fast um einen Fuß gewachsen sei,
keinen Glauben verdienen.« Da man über das Wachstum der Suppenschildkröte
somit nichts genaueres weiß, so war es mir interessant während meines Südsee¬
aufenthaltes von einem Beobachter zu erfahren, daß ein bei ihm aus dem Ei ge¬
schlüpftes Reptil dieser Art in anderthalb Jahren etwa die Länge eines Fußes
erreicht habe. Das Tier war dabei sehr stark gefüttert worden. Als es größer
war, fraß es täglich etwa sechzig der häufigen, unter dem Sande lebenden Muscheln
(Asaphis deßorata L.J, die ihm zur ausschließlichen Nahrung dienten. Danach
scheint das Wachstum denn doch kein so langsames zu sein, als von anderer Seite
angenommen wird. Wahrscheinlich liegt die Sache bei der Suppenschildkröte ähnlich
wie bei anderen Reptilien, die bei reichlicher Fütterung schnell, bei knapper da¬
gegen langsam wachsen, sodaß aus der Größe des Tieres keineswegs ohne weiteres
auf das Alter geschlossen werden kann. Jedenfalls sind die jungen Suppenschild-
222
kröten im Gegensätze zu den alten durchaus keine Vegetarianer ; meine nahm z. B.
außer den erwähnten Muscheln auch rohes Fleisch vom Draht. Ja, ich möchte sogar
behaupten, daß die erwähnten Weichtiere für etwas größere Chelonen wahrscheinlich
die Normalnahrung darstellen, da sich dieTiere diese Muscheln leicht verschaffen können.
Jedenfalls gedeihen Gefangene — ganz kleinen muß man allerdings die Muscheln
geöffnet vorlegen — bei dieser Art der Fütterung ganz außerordentlich gut, wie
ich wiederholt, auch bei anderen, beobachten konnte. Dr. med. Schnee.
Literatur.
Dr. E. A. Goeldi und Dr. G. Hagmann, Prodromo de um Catalogo critico,
commentado da collec^äo de Mammiferos no Museu do Para (1894 — 1908). in :
Boletim do Mus. Goeldi de Hist. nat. e Ethnogr. Para (Brazil), Inst. Lauro
Sodre, 1904. Vol. 4, Nr. 1 p. 88—122, 6 Taf.
Wir möchten ausdrücklich auf diesen wertvollen Katalog aufmerksam machen,
der — abgesehen von den in der Hauptliste etwas stiefmütterlich behandelten
Fledermäusen — zahlreiche eigene Beobachtungen und Messungsresultate an brasi¬
lianischen Säugetieren enthält und auch die von andrer Seite aus Brasilien ange¬
gebenen Arten berücksichtigt. Besonderes Gewicht legen wir auch auf die beige¬
gebenen schönen Tafeln, die das Porträt des Mycetes beelzebul von vorn und von
der Seite, drei Totalansichten und eine Tafel mit Schädelzeichnungen des Parä-
lltis ( Putorius paraensis Goeldi), sowie den Kopf und Hals der schönen Maracajä-
Katze (Felis macrura) aus Para im Bilde bringen. Die meisten der als neu be-
zeichneten Arten sind bereits früher von Oldfield Thomas beschrieben worden.
Wichtige Nachträge zu dieser Arbeit liefern außerdem auf p. 101 — 106 noch Old¬
field Thomas mit der Aufzählung einer Sammlung von 22 Fledermäusen aus
dem Staate Para und auf p. 107—108 u. 2 Taf. Prof. Dr. Th. Studer mit einer
Abhandlung über die Wildhunde des Amazonasgebietes. Die letztgenannten Tafeln
enthalten die Abbildungen der Schädel von Canis jubatus , azarae, microtis und
brasiliensis in halber natürlicher Größe. Bttgr.
Dr. W. Wolter storff, Beiträge zur Fauna der Tucheier Heide. Mit Beiträgen
von A. Dollfuß, A. Protz, H. Simroth* A. Seligo, Verhoeff u. a. Danzig, 1904,
Verlag v. W. Engelmann in Leipzig. 8°. 102 pag., 5 Fig., Taf.
Ein mühseliges, man könnte sagen, für manche sogar langweiliges Buch,
aber überaus reich an wissenschaftlichem Detail, das seiner Zeit erhöhte Wichtig¬
keit bekommen wird, wenn die Kultur weiter so fortschreitet wie bisher und die
»Tucheier Heide«, heute noch ein botanisches und zoologisches Eldorado, aufgehört
haben wird zu existieren. — Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Schilderung
der Lokalität und in der Aufzählung des Tierbestandes, wie ihn der Verfasser bei
vielwöchentlichen Kreuz- und Querfahrten in diesem noch wenig durchforschten
Gebiete Westpreußens angetroffen hat, und vor allem in der Lebensschilderung der
dortigen Kriechtiere, Lurche und Weichtiere. Für unsere Leser wichtig dürfte
nebeu der Notiz über das häufigere Auftreten der rotrückigen Varietät von Lacerta
223
agilis L. namentlich die Charakteristik der drei Formen des dortigen Wasser¬
frosches sein, von denen der Autor Rana esculenta ridibunda Pall, als Unterart,
R. esculenta lessonae Cam. als Varietät des Typus auffaßt. R. esculenta lessonae
wird folgendermaßen charakterisiert: »Metatarsaltuberkel sehr stark zusammen¬
gedrückt, hart, halbmondförmig; seine Höhe (in der Wölbung) beträgt die Hälfte
seiner Länge. Färbung kaum verschieden vom Typus, aber meist lebhafter, inten¬
siver. Hinterseite der Oberschenkel und Weichen auf intensiv gelbem oder orange -
gelbem Grunde zierlich schwarz gefleckt«. R. esculenta ridibunda wurde mit
Sicherheit nur in der Weichselniederung nachgewiesen, nur in einem Falle, an
den Teufelsbergen, zusammen mit erwachsenen Tieren der typischen Form. Dagegen
fanden sich an mehreren Orten Stücke des Typus, die in dieser oder jener Hin¬
sicht an ridibunda erinnern. R. esculenta typica wurde öfters mit var. lessonae
zusammen gefangen, die ihrerseits Seen und Teiche zu meiden scheint. R. escu¬
lenta lessonae zeigte sich nur an wenigen kleinen Gewässern unvennischt mit
esculenta typica. Betreffs der Übergangsformen zwischen dem Typus und der
var. lessonae ist der Verfasser ebensowenig wie seine Vorgänger zu einem sicheren
Resultat über ihre Wertigkeit gekommen. Dagegen ist R. arvalis Nilss., die in
der Tucheier Heide ebenfalls auftritt, sicher nicht, wie wir früher annahmen, als
Reliktform aus der Eiszeit zu betrachten. Eine ganz neue Form ist die hier zum
erstenmal beschriebene und abgebildete R. arvalis var. nigromaculata Wolt. (p. 59,
Taf. 1, Fig. 1 — 3). Die Aufzählung der Schnecken und Muscheln zeigt einige
Mängel, die daher rühren dürften, daß von einem und dem andern der Herren
Verfasser die neuere Literatur nicht genügend gewürdigt worden ist und daß ver¬
säumt wurde, die unsicheren Formen scharf zu charakterisieren und abzubilden.
Es gilt das namentlich von den Vertretern der Gattungen Planorbis , TJnio und
Anodonta. — Immerhin ist mit diesem Beitrag zur Fauna der Tucheier Heide,
der auch die gesammelten Säugetiere, Chilopoden, Diplopoden, Hydrachniden, Iso-
poden und Nematoden und die Mikrofauna und Mikroflora der dortigen Ge¬
wässer behandelt, die Methode und ein richtiger Weg gezeigt, in welcher Weise
faunistische Detailstudien betrieben werden müssen, deren voller Nutzen freilich
vielfach erst in künftigen Zeiten ganz erkannt und gewürdigt werden dürfte.
Bttgr.
Vogelhandbuch: Ornithologisches Taschen- und Exkursionsbuch zum
Studium der Vogelarten, Vogelkleider, Vogeleier, Vogelgesänge, Vogelnahrung
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Dieses Handbuch ist ein unbedingtes Erfordernis. Es bringt in musterhafter,
lakonischer Kürze alle wichtigen Tatsachen über eine jede Vogelart Deutschlands;
und ein solches Büchlein, welches man eben einfach in die Tasche stecken und
überall auf seinen Ausflügen und Reisen mitnehmen und, wenn eben nötig, sogleich
zum Nachschlagen benutzen kann (gar vieles kann ja selbst der kenntnisreichste
Ornithologe nur schwarz auf weiß behalten), fehlte bisher tatsächlich. Schusters
Vogelhandbuch ist ein ornithologischer Mentor. Wir können es daher allen
224
Vogelkennern und -freunden nur empfehlen, zumal es für einen so billigen
Preis zu haben ist. Die 70 Vogeltypen (Köpfe, Flügel, Füße) sollen nur im allge¬
meinen und auf den ersten Blick orientieren. Eine weitere sehr erwünschte Neuerung
ist die, daß auf jeder Seite am Rand eine breite freie Rubrik gelassen worden ist
mit dem Vermerk »Eigene Beobachtungen«. Dort kann also Jedermann seine eigenen
Beobachtungen und Gedanken bei jeder Vogelart eintragen. Wer sich aber das
Büchlein noch besonders passend für die Tasche zurechtgestalten will, kann sich
in der Buchbinderei den freien Rand abschneiden lassen. Hervorgehoben soll noch
werden die Genauigkeit und Exaktheit der einzelnen Angaben. — Auch die Oologie
ist nicht zu kurz gekommen. Fast bei jeder Vogelart hat der Verfasser, unser
Mitarbeiter, außer der in aller Kürze genauen und treffenden Angabe der Eier¬
farben auch die Eimaße mitgeteilt, was man sonst immer in kürzeren Darstellungen
vermißt. — Das »Vogelhandbuch« stützt sich wissenschaftlich auf den neuesten
Stand unserer ornithologischen Forschungen. Bttgr.
Eingegangene Beiträge.
H. L. in F. und M. S. in W. Je einen Aufsatz. — Dr. H. ft. in M. und G. v. B. in O.
(Schweiz). Je eine Mitteilung dankend erhalten.
Bücher nnd Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Corrodi in Iiirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 22—24.
Zoologischer A n z e i g er. , Herausgegeben von Prof. Dr. E. Korschelt. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 29. Jahrg., 1905. No. 1—3.
Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 105, 1905, No. 2736—2737.
Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart. W. Kohlhammer. 24. Jahrg. 1905. No. 6.
L) erWeidmann. Blätter für Jäger unü Jagdfreunde. Herausg. v. L. Salle. Braunschweig.
1905. Bd. 36. No. 36—37.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Pr ös ler. Frankfurt a. M., 1905, vierlag v. Kern & Birner. 6. Jahrg. No. 37.
Blätter für Aquarien- u. T er ra(rien- Kunde. Herausg. v. Dr. E. Bade. Berlin.
Verlag d. Creutzschen Buchh. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 22—24.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Haven , Conn.
4. Ser. Bd. 19, 1905. No. 114.
Anzeiger d. K. Akad. d. Wiss. Wien. Math.-naturw. CI. Jahrg. 1905. No. 11— 14. Wien,
K. K. Hof- u. Staatsdruckerei, 1905.
Natur und Haus. Ulustr. Zeitsckr. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Hesdörffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 13, Heft 17.
Zwinger und Feld. Ulustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter.
1905. Jahrg. 14. 1905. No. 23—24.
Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 22—24.
Abstract ofthe Proc. ofthe Zoolögical Society of London. No. 17 — 20. 1905.
Mitteilungen über die Vogelwelt. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. Iv. Boyer. Wien, J. Kühkopf. 5. Jahrg. 1905. No. H.
Dr. Fr. Werner, Die Verbreitung u. Lebensweise der Riesenheuschrecken aus der Gattung
Saga , insbes. in Euiopa. — Sep.-Abdr. a. Mitt. Naturw. Ver. Univ. Wien. Jahrg. 3, 1905,
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Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boetfaer in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Altmanu, Prof. Dr. Heinridi Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauw,
Direktor Dr. Heinrich ßolan, Dr. Hermann Bolan, Lehrer L. Buxbaum, P. Calin, Prof. Dr. Carl
Eckstein, 0. Edm. Eiffe, Dr. H. Fischer- Sigwart, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh. Reg. -Rat
E. Friedei, Landrichter B. Gabler, Gyml. - Oberlehrer L. Geisenheyner, Carl Greve, Dam.
Gronen, Dr. W. Haacke, Direktor Hagmann, Dir. Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Paal Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M. Klittke, Karl Knanthe,
Th. Knottnerus-Meyer, Piof. Dr. med. W. Mobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Dr. med.
Paul Krefft, Baron A. y. Krtidener, Geh. -RH Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
Prof. Dr. R. v. Lendenfeld, Prof. Dr. H. L<nz, Hofrat Dr. P. Leverkiihn, Prof. Dr. F. Leydig,
Prof. Dr. W. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. v. Mehely, Josef Menges, Geh. Hofrat Dr.
A. B. Meyer, Gell. Reg.-Rat Prof. Dr. K. Mcbius, Oberförster Ad. Müller, Pfarrer Karl Müller,
Dr. August Müller, Dr. C. Müller, Dr. ned. Fritz Müller, Dr. J. Müller- Liebenwalde,
H. Nehrling, A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Ernst
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Purpus, Dir. Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reichenow,
Geh. Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. Lj Reuvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer,
Forstmeister Dr. Ad. Rörjg, H, Schacht, Direktor Dr. Ernst Schaff, Dr. P. Schiern enz, R.
Schmidtlein, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Wilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, M. Siedler, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel,
Prof. Dr. A. Voeltzkow, Dr. Franz Werner, Georg Westermann, B. Wiemeyer, Direktor
Dr. L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm, Dr. med. A. Zander u. a.
Der Zoologische Garten tritt mir
dem Jahre 1905 bereits in seinen
«K 46. \Jahrgang )®-
em. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original- Berichte
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren,
über deren Haltung und Vermehrung, itqe Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbess
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen,
über den Stand und die Gesamttätigkeit
erungen, die sich in den zoologischen Gärten und
liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
iieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen ujnd Länder in ihrem Lehen und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem • Menschen geschildert ; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird, hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
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2V2 bis 8 Druckbogen , Lex. 8. Eine Ver¬
mehrung der Bogenzahl und Beigabe von Tafeln
erfolgt nach Bedarf. Der Preis des Jahr¬
ganges (6 Hefte) beträgt bei direktem Be¬
züge fiir das Inland 10 Kr., für das Ausland
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handenem Raume am Umschläge Aufnahme.
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Alle Zusendungen, als Manuskripte, Druck¬
schriften, Abonnements und Annoncen bitten
wir an den Unterzeichneten Herausgeber, Villa
Tännenhof bei Hallein, zu adressieren.
Victor Ritter v. Tscnusi zu Selmiiiltiotter.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
N°* 8. XLVI. Jahrgang. August 1905.
Inhalt.
Vierzig Jahre im Dienste der Ornithologie; von J. Michel in Bodenbach (Böhmen).
— Ornithologische Notizen aus Salzburg; von V. Ritter v. Tschusi zu Schmidhoffen
auf Villa Tännenhof hei Hallein. - Ein Besuch des Zoologischen’ Gartens zu Mühlhausen
i. E.; von He in rieh Lauer in Freiburg i. Br. — Beiträge zur Fauna der Marshall-Inseln VII;
von Dr. med. Schnee in Gr.-Lichterfelde bei Berlin. — Die Erdsänger in und um Frank¬
furt a. M.; von Pfarrer Wilhelm Schuster in Gonsenheim bei Mainz. — Kleinere Mit¬
teilungen. — Literatur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
Vierzig Jahre im Dienste der Ornithologie.
Von J. Michel in Bodenbach (Böhmen).
In der Augustnummer dieser Zeitschrift vom Jahre 1865 erschien
eine kleine ornithologische Notiz »Ein Hausrotschwänzchen im Winter«,
die Viktor Ritter von Tschusi zuSchmidhoffen zum Ver¬
fasser hatte. Ihr folgten bis zum heutigen Tage über 400 größere
und kleinere ornithologische Arbeiten aus seiner Feder, und aus dem
damals 18 jährigen unbekannten Jünglinge ist ein in wissenschaftlich
ornithologischen Kreisen überall wohlbekannter und hochgeschätzter
Fachmann geworden. Die 40jährige beharrliche Arbeit im Dienste der
Ornithologie dürfte es wohl gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn hier
in kurzen Umrissen der Tätigkeit des genannten Herrn gedacht wird.
Viktor von Tschusi wurde am 28. Dezember 1847 in Slichov
bei Prag geboren. Nach Absolvierung seiner Studien widmete er
sich ausschließlich der Ornithologie und ließ sich nach seiner Ver¬
mählung endgültig in Hallein bei Salzburg nieder. Anfangs pflegte
er vorwiegend die faunistische und biologische Richtung, sowie den
Vogelschutz. Er präparierte selbst und legte sich eine Sammlung
ausgestopfter Vögel an, die bereits 554 tadellose Präparate, darunter
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 15
226
manche Seltenheit, umfaßte. Mangel au Platz bei deren fortwährendem
Anwachsen war die Ursache, daß er die schöne Sammlung dem
K. K. Hof-Museum in Wien schenkte und nun eine Balgsammlung
anlegte. Seine selbstgefertigten prachtvollen Bälge sind wohl den
meisten Sammlern gut bekannt. Der zunehmende Reichtum an Arten
und die großen Suiten einzelner Spezies forderten v. Tschusi geradezu
zum Studium der Variation heraus, und so wandte er sich allmählich
der Systematik zu, studierte, während er früher mehr die Omis
• •
Österreich-Ungarns betonte, nunmehr das gesamte Gebiet der paläark-
tischen Fauna und beschrieb gegen 40 neue Formen derselben. Durch
Tausch uud Kauf gelang es ihm in der verhältnismäßig kurzen Zeit
von 19 Jahren eine Sammlung von 5600 Stück zu erwerben, die
als Privatsammlung in ganz Österreich-Ungarn wohl einzig dastehen
dürfte. Seine reichhaltigen Suiten, die ein gutes Bild des indi¬
viduellen und lokalen Abänderns der verschiedenen, die Art bildenden
Formen geben, bilden eine Sehenswürdigkeit, und viele der bedeu¬
tendsten Ornithologen des In- und Auslandes haben sie studiert und
wissenschaftlich verwertet.
Der leider viel zu früh verschiedene Kronprinz Rudolf schätzte
die Tätigkeit Viktor von Tschusis ungemein hoch1). Daher berief er
ihn nach Wien und betraute ihn mit der Leitung der im Jahre
••
1882 ins Leben gerufenen ßeobachtungsstatiouen Österreich-Ungarns.
Als Präsident dieses Komitees für ornithologische Beobachtungs-
Stationen entwickelte v. Tschusi eine rege Tätigkeit, indem er sich
mit allen Beobachtern ins Einvernehmen setzte und überall neue
Anregungen gab. Acht umfangreiche Jahresberichte (bearbeitet von
V. v. Tschusi unter Mitwirkung des Dr. Karl von Dalla-Torre),
wovon nur sechs im Druck erschienen sind, geben Zeugnis von dieser
arbeitsreichen Epoche. Der unerwartete Tod des Kronpinzen Rudolf
brachte einen sehr bemerkbaren Rückschlag auf dem Gebiete der
••
ornithologischen Bestrebungen in Österreich mit sich. Da rief Viktor
von Tschusi das »Ornithologische Jahrbuch« ins Leben, das sich die
Pflege des paläarktischen Faunengebietes mit besonderer Berück-
• •
sichtigung Österreich-Ungarns zur Aufgabe stellt. Das genannte
Blatt erwarb sich bald allgemeine Anerkennung uud steht nun schon
im 15. Jahrgange.
Im Jahre 1895 wurde v. Tschusi als wissenschaftlicher Beirat
seitens des K. K. Ministeriums zur Internationalen Vogelschutz-Konfe-
l) Die überaus reichhaltige, wohlgeordnete Korrespondenz v. Tschusis enthält
zwölf eigenhändige Briefe des Verewigten.
227
renz nach Paris entsendet und später mit der fachmännischen Prüfung
der anläßlich der Einführung des neuen Tiroler Vogelschutzgesetzes
von den Südtiroler Gemeinden überreichten Petitionen und Pro¬
teste betraut.
Eine Haupttätigkeit Viktor von Tschusis besteht darin, immer
neue Kräfte aufzufinden, sie anzuregen und im Dienste der Ornitho¬
logie zu erhalten. Dafür hat er aber auch die Genugtuung, daß
Hallein eine Art ornithologischer Zentrale geworden ist, wo die ver¬
schiedensten Nachrichten einlau fen, die die Bearbeitung ornithologisch
interessanter Vorkommnisse ermöglichen, und daß viele seiner Schüler
in wahrer und aufrichtiger Verehrung seiner gedenken.
Mögen ihm noch viele Jahre bester Gesundheit und erfolgreichen
Wirkens vergönnt sein!
Ornithologische Notizen aus Salzburg.
Von V. Ritter v. Tschusi zu SchmidhofFen auf Villa Tännenhof bei Hallein.
I. Elster specht {Dendrocopus leuconotus Bechst.).
Dieser für das Land außerordentlich seltene Specht wurde dem
hiesigen Präparator Seyfried im Dezember 1904 vom Winterstall
bei Hallein gebracht, war aber leider schon so verdorben, daß er
nur ein schlechtes Balgpräparat abgab. Ich sah den Vogel, ein
Männchen, bei dem genannten. Die wenigen Daten, die über das
Vorkommen des Weißriickigen Spechtes bei uns vorliegen, beschrän¬
ken sich auf folgende: 1. Michahelles bekam ein Paar aus dem
Salzburgischen, wo jährlich einzelne Paare nisten sollen (Okens Isis
1833 p. 872). 2. Ein Exemplar wurde nach Hinte rberger (Vögel
••
Österreichs ob der Enns 1854 p. 50) bei Salzburg erlegt und dem
Museum des Stiftes St. Florian überlassen. 3. Sehr unbestimmt lautet
die Meldung Fritschs (Naturg. d. Vögel Europas p. 70), derzufolge
»einzelne Paare in den Alpenwäldern von Salzburg und Tirol nisten
sollen«. 4. Am 8. Mai 1882 beobachtete ich einen unzweifelhaften
Weißrückenspecht am Brand bei Hallein. 5. Ein im Juni 1885
im Forstwirtschaftsbezirk Linkenbach erlegtes Männchen erwarb
Othmar Reiser vom K. K. Forstwart Kaltenbrunner für den Ornitho-
logischen Verein in Wien (Zeitschr. f. d. ges. Ornith. 1887 p. 238).
II. Brachschwalbe ( Glareola fusca L.).
Der oben erwähnte Präparator Seyfried bekam im Mai dieses
Jahres ans Alten markt im Pinzgau eine dort erlegte Brachschwalbe.
228
Meines Wissens erhielt nur noch das Museum Carolinum Augusteum
in Salzburg 1846 ein Exemplar dieser Art. Es sind mir keine weiteren
Fälle ihres Vorkommens im Lande bekannt.
III. Neuntöter ( Lanius collurio L.) und Hausrotschwänzchen
(Erithacus titys L.).
Diese hier um Hallein sonst so häufigen Brutvögel fehlten in
diesem Jahre auf Burgfrieder Gemeindegebiet vollständig; nur ein
Männchen des Rotriickigen WTürgers erschien während weniger Augen¬
blicke am 23. Mai auf dem Durchzuge. Dieses vollständige Fehlen
kann wohl nur darauf zurückgeführt werden, daß sämtliche hier
brütenden Individuen verunglückt sind, und spricht sehr für 0. Her-
mans Annahme, daß die Vögel in »Stämmen« ziehen und die Ver¬
nichtung eines solchen eine klaffende Lücke in die Ornis einer Gegend
reissen kann. Eine Neubesiedlung vollzieht sich dann oft sehr langsam.
Ein Besuch des Zoologischen Gartens zu Mülhausen i. E.
Von Heinrich Lauer in Freiburg i. Br.
Ganz Süddeutschland von Wien bis zum Schwarzwald, Stuttgart
allein rühmlichst ausgenommen, hat es bisher noch nicht zu einem
nennenswerten zoologischen Garten gebracht; erst in neuester Zeit
beginnt es sich iu München und Mannheim zu regen. Für uns hier
in Freiburg i. Br. ist Mülhausen i. E. der nächste. Der dortige Garten
(eigentlich kein zoologischer, sondern vielmehr in glücklicher Ver¬
bindung ein botanisch-zoologischer) ist Eigentum der Stadt, falls ich
recht unterrichtet bin. Ein Teil ist mit Anlagen versehen, der andere
dagegen mit wirklichem Hochwald bestanden, wo man den Kuckuck
rufen und Spechte trommeln hört. Singvögel beleben ihn in Menge;
vor allem taten sich eine Nachtigall, mehrere Schwarzplättchen, Wende¬
hälse und Waldlaubsänger (Phylloscopus sibilator ) hervor. Er hat
eine überaus ansprechende Lage, 400 m über dem Meere, nach Osten
hin abschüssig und frei, sonst überallhin geschützt, und besitzt eine
bedeutende Größe. Mündel (Die Vogesen, Straßburg, 1903) gibt
8 ha an, doch scheint mir dies höchstens für den angelegten Teil
zutreffend zu sein; mit dem Stück Wrald, das wohl später bei Über¬
gabe des Gartens an die Stadt hinzukani, umfaßt er mindestens den
zweifachen Flächenraum.
Vor einiger Zeit wurde einmal in einer Zeitung darüber geklagt,
daß der Garten in Beschaffung seiner Existenzmittel leider allzusehr
229
auf sich selbst angewiesen sei; darum finden wir daselbst, abgesehen
von der Restauration mit ihrem prachtvollen Saale und den allerorts
üblichen Konzerten, mehrere Lawn Tennis-Plätze, schöne Spielplätze
für Kinder mit Spiel- und Turngeräten, Ponyfahrten u. s. w. Gegen¬
wärtig scheint ihm von der Bürgerschaft Mülhausens ein tätiges
Wohlwollen entgegengebracht zu werden; sind doch die Tiere größten¬
teils Geschenke von Gönnern und Freunden.
Bedauerlicherweise ist noch kein »Führer« herausgegeben, der,
zumal bei der großen Ausdehnung des Gartens, doch zu den unent¬
behrlichsten Bedürfnissen eines derartigen Institutes gehört. Um so
unangenehmer ist infolgedessen das häufige Fehlen von Namenschil¬
dern oder die mangelhafte Bezeichnung der Tiere, während bei
sämtlichen Pflanzen tadellos ausgeführte Tafeln angebracht sind. Noch
schlimmer ist der Umstand, daß zuweilen die Namen früherer Insassen
an Gehegen belassen worden sind, worin jetzt ganz andere Bewohner
leben. So trägt beispielshalber das Teichgehege mit seiner mannig¬
faltigen Besetzung bloß die Aufschrift »Mandarinenenten«, die aber
überhaupt nicht mehr vorhanden sind, und die Taubenvoliere ist mit
»Pfau« überschrieben, dessen Stelle jedoch ein junger Silberfasan
ausfüllt. Tatsächlich hat diese unentschuldbare Nachlässigkeit arge
Täuschungen zur Folge, wovon ich mich mehrfach zu überzeugen
Gelegenheit hatte. Der Eintrittspreis ist übrigens recht niedrig,
20 Pfg., und an sog. billigen Sonntagen 10 Pfg.
Unmittelbar an das Kassengebäude am Eingang ist zur Linken
das Affen- und Vogelhaus mit einer Schmalseite angebaut. Dieses
einstöckige Gebäude macht den Eindruck einer ehemaligen Wasch¬
küche. Sein Inneres ist kalt, dumpf und dunkel, da Licht und Luft
durch eineu hohen, engen Schacht von der Decke her nur ungenügend
Einlaß finden, sodaß es den Bedürfnissen seiner so verschiedenartigen
Insassen durchaus nicht entspricht; empfindlichere Tiere halten dem¬
nach anscheinend auch nicht lange aus. Im Winter kann zur Heizung
ein Ofen hineingesetzt werden. An den drei freien Wänden ent¬
hält es Käfige, die durch schmale, schießschartenähnliche Fensterchen
mit Außenkäfigen in Verbindung stehen. In der Mitte des Hauses
bleibt ein kleiner Raum frei, woselbst ein Anzahl Papageien, die auf
Bügeln gefesselt sind und bei günstiger Witterung im Freien auf¬
gehängt werden, Unterkunft finden, nämlich je ein Blauer gelbbrii-
stiger Arara ( Sittace caerulea), Hellroter Arara ( S . macao), Zwerg-
arara ( S . severa), Rosakakadu (Plissolophus roseicapillus ), Inkakakadu
(P. leadbeateri) und zwei Gelbhaubenkakadus (P. galeritus). Als Futter
230
and ich bei ihnen nur abgekochten Mais ; dazu gestattete mau den
Araras nicht einmal die Befriedigung ihres Nagetriebes, sondern hatte
ihre Sitzstangen mit Draht umwickelt.
Das Haus ist für gewöhnlich geschlossen ; wir können uus also
nur seine Bewohner in den Außenkäfigen ansehen. Letztere sind
recht geräumig, aus hübschem, festem Gitter hergestellt, teilweise
durch Blech-, Glas- oder doppelte Gitterwände getrennt und schön
sauber gehalten. An der nach Osten gelegenen Langseite befinden
sich deren zwei und an der nach Westen drei, die insgesamt von
Affen bewohnt werden, uud zwar von je einem Paare Makaken
{Macacus cynomolgus), Rhesus mit einem Jungen (M. rhesus ) und
Schweinsaffen (M. nemestrinus) , sowie einem Babuin ( Cynocephalus
babuin) uud einem Mohrenaffen ( Cercocebus fuliginosus). Die freie
Schmalseite liegt nach Süden; ihre drei Käfige sind mit Vögeln be¬
setzt. Der erste enthält Wellensittiche ( Melopsittacus undulatus ),
Nymphensittiche (Galipsittacus novae-hollandiae ), Grauköpfchen {Agap¬
ornis cana) , Strichelhäher ( Garrulus lanceolatus) , Weißkehl- und
Plaubeuhäherdrossel (G-arndax albigularis und G. leucolophus ) nebst
verschiedenen Staren und einer Cayenneralle ( Ballus cayennensis ),
wenn ich nicht irre. Im zweiten Käfig, der im vorigen Jahre mit
den häufigeren Prachtfinken, Webervögeln, exotischen Täubchen und
Kanarienvögeln bevölkert war, befindet sich jetzt bloß ein männlicher
Königsfasan ( Phasianus reevesi). Der dritte beherbergt Mönchssittiche
( Bolborhynchus monachus ), Rosakakadus und Rotbug- und Surinama-
mazouen {Androglossa aestiva und A. ochrocephala). Außerdem trug
ein Schild die eigentümliche Aufschrift »Neuholländeramazone« (Sollte
etwa der Rosakakadu damit gemeint sein?). Sämtliche Affen und
die meisten Vögel sind ohne Namenschilder.
Einige Schritte führen uns weiter zur Fasanerie. Sie ist ein
langes, niedriges Gebäude aus Backsteinen, hell gelegen, mit der Front
nach Süden und dem Ökonomiehof im Rücken. Vorgelagert sind
ihr acht verhältnismäßig kleine Freiläufe, die mehr mit Schatten
und Schlupfwinkel bietendem Buschwerk ausgestattet sein müßten*
Die beiden etwas höheren Eck- und Mittelkäfige springen ein wenig
vor und sind völlig gleich groß und gleich eingerichtet, genau wie
es die alte Schablone erforderte. Als Insassen fand ich je einen
Stamm verschiedener Rassehühuer vor (Gelbe Kotschinchinas, Gold
Sebright Bantams, Wyaudottes, Houdans, Phönix- und Japanische
Seidenhühner), ferner Silber- und Goldfasanen {Euplocomus nycthe-
merus , bzw. Phasianus pictus ), sowie einige blaue Kropftauben und
zwei mittelgroße Griechische Schildkröten {Testudo graeca).
— • 231
Dicht daneben steht ein kleiner Kistenkäfig mit einer Elster
( Pica pico). Leider ist der Vogel im Gefieder sehr defekt und Be¬
hälter und Futtergeschirre starren von Schmutz; der Boden ist wie
mit Jauche übergossen. In gleichem Zustande treffen wir ein Paar
Elstern, das sich an einer anderen Stelle in einem engen, hohen,
sechseckigen Käfig befindet. Freilich verursacht es Mühe, derartige
Vögel in kleinem Behälter reinzuhalten, aber bei dem zur Verfügung
stehenden Raume wären die Tiere ohne Schwierigkeit anderwärts
unterzubringen. Der zoologische Garten soll nicht bloß unterhalten,
sondern auch belehren; allein hier kann das Publikum schlechter¬
dings nicht lernen, wie es seine eigenen Pfleglinge behandeln muß.
Ein besseres Quartier verdiente auch der Wanderfalk ( Falco
peregrinus ), ein wahrhaft stolzer Vogel; seine Wohnung war ihrem
Aussehen nach vordem ein Kleiderschrank, dessen Türe jetzt durch
ein Gitter ersetzt ist.
Wir kommen nun zum Stalle für Wiederkäuer, einem gefälligen,
massiven Bau, dessen oberer, in Holz ausgeführter Teil als Heuboden
benützt wird ; auch haben freifliegende weiße Pfauentauben dort ihren
Schlag. Die Nordseite lehnt sich an eine steile Anhöhe an, während
die drei anderen Seiten von sechs Gehegen umgeben sind. Bewohnt
werden sie von vier bis fünf Zebus {JBos Indiens), in verschiedenen
Altersstufen, einem Kamelhengst ( Gamelus bactrianus), einigen Lamas
(Auchcnia lama) und einem lustigen, zierlichen Gazellen paar ( Gazella
dorcas ), wovon das Männchen einmal den linken Vorderlauf im Fessel¬
gelenk gebrochen hat und deshalb mit der Innenseite des Fußes auf-
tritt. Trotzdem schnellt es, wie ein Gummiball federnd, in den
drolligsten Sprüngen über den Boden hin seinem Weibchen nach.
In kurzer Entfernung gewahren wir unter alten, schattigen Bäumen
eine kleine, einstöckige Wärterwohnung. An deren Giebel sind zwei
größere, mit Holzboden und festem Dach versehene Käfige angebaut ;
jeder enthält eine aus rohen Steinen zusammengefügte Höhle. Der
eine dient einer halbwüchsigen Gestreiften Hyäne (Hyaena striata )
zur Behausung, der andere einem Paar liebenswürdiger, zahmer
Schakale ( Canis aureus), die ganz hundeartig schmeicheln und schwauz¬
wedelnd und mit seitwärts gekrümmtem Körper sich am Gitter reiben,
um dadurch den Besucher zum Streicheln eiuzuladen, und dafür dessen
dargereichte Hand dankbar belecken.
An diesem Hause steht außerdem ein Kistenkäfig mit zwei
Etagen; die obere birgt einen Baummarder {Mustela martes ), die
untere einen Hausmarder (M. foina).
232
Ganz in der Nähe befindet sieb die Raubvogelvoliere. Sie ist
recht primitiv errichtet. Einige in den Erdboden eiugerammte und
aus diesem ungefähr 1 m hoch emporragende Pfahle sind mit leichtem
Drahtgeflecht umzogen, worüber sich eine hohe, spitz zulaufende, gleich¬
falls vergitterte Pyramide erhebt; die oberen zwei Drittel der letzteren
deckt im Winter ein Segeltuch, wodurch das Ganze aus der Ferne
einem Zelte ähnelt. In einer Ecke steht ein kleines, niedriges Häus¬
chen ; Sitzstangeu nebst im Boden stehende grüne Bäume sind hin¬
reichend vorhanden, desgleichen Raum zum Fliegen. Seine Bewohner
sind drei Gänsegeier ( Gyps fulvus), ein Gaukler ( Helotarsus ecaudatus ),
ein Geierseeadler ( Gypohierax angolensis ), der zur Zeit ein weißge¬
flecktes Übergangskleid trägt, und mehrere Bussarde (Welche Art?
Namenschilder fehlen), alle in guter Verfassung.
Eine hübsche Voliere an der Rückwand des Raubvogelgeheges
beherbergt Phönixhühner.
Dieser gegenüber breitet sich ein umfangreicher, eigens umfriedeter
Gemüse- und Grasgarten aus mit einer Voliere, deren acht bis zehn
Abteilungen mit verschiedenen Rassehühnern und gelben Truthühnern
besetzt sind. Ebendort sind in einem Stalle auch einige gewöhnliche
Hausschafe und in einem andern etliche Hausziegen (mit vier, teil¬
weise ganz monströsen Hörnern) untergebracht.
Kehrt man zum eigentlichen Garten zurück, so kommt man zu
einem Hause, das im unteren Stockwerk massiv ist und im zweiten teils
massiv, teils aus Fachwerk besteht; sein Äußeres gleicht ziemlich dem
vorher beschriebenen Wiederkäuerstalle. Vier weite Gehege umgeben
es ringsum. Aus dem einen windet sich ein steiler Aufgang von
Naturholz mit einem Geländer aus dem gleichen Material zum oberen
Geschoß empor, wo in luftiger Höhe ein Paar prächtiger Mähnen¬
schafe ( Ovis tragelaphus ) mit je einem Jungen vom verflossenen und
vom laufenden Jahre hausen — wirklich ein herrlicher Anblick, diese
imposanten Gestalten auf- und niedersteigen zu sehen, wobei aller¬
dings die hölzerne Stiege etwas sonderbar wirkt; ein mit Geschick
aufgetürmter Felsen wäre gewiß zweckdienlicher. Die übrigen drei
Gehege dienen einer beinahe erwachsenen jungen Gemse (j Rupicapra
rupicapra ), einem Paare Hirschziegenantilopen ( Antilope cervicapra),
dessen Männchen gerade das Jugendkleid mit dem Alterskleid wechselt,
und drei Bergkänguruhs ( Maeropus robustus ), darunter ebenfalls ein
Junges, zum Aufenthat.
Hinter dem ebengenannten Hause beginnt der Wald. Riesige
Laub- und Nadelholzstämme überschatten zwei Blockhäuser, die
/
233
beide von sehr weiten Ausläufen aus starken Eisenstangen umgeben
sind. Eines bewohnt ein Rudel von etwa zehn Stück Edelwild
{Cervus elaplius ), darunter ein kapitaler Krouen-Zwölfender, sowie
zwei Gabler, das zweite eine ebenso stattliche Gesellschaft Wapitis
(G. canadensis). Ein förmliches Dröhnen geht durch den Wald,
wenn die riesigen Hirsche an den Gehegestangeu fegen. Daß sich
die Tiere in solcher Umgebung recht heimisch fühlen, beweist die zahl¬
reiche Nachkommenschaft. Suhlen dürften noch empfehlenswert sein.
Zwischen beiden Gehegen ist in einem Käfig mit niedlichem
Schweizerhäuschen auf einem Miniaturfelsen eine zahllose Schar der
überaus putzigen Struppmeerschweinchen, einer Kulturrasse des Ge¬
meinen Meerschweinchens ( Cavia cobaya), untergebracht, die vielleicht
eine sonnigere Stelle vorziehen würde. Die Tierchen zeigen alle
Farben. Man findet da ganz schwarze, ganz weiße, schwarz-weiße
schwarz-gelbe und schwarz-weiß-gelbe.
Noch weiter in den Wald hinein, etwa westlich vom Wapiti¬
park, liegt die Saubucht mit einem Paare starker, kräftiger Schwarz¬
kittel (Sus scrofa). Auffallend ist bei der Bache der kurze, aufwärts
gebogene Rüssel, der stark an gewisse englische Hausschweinrassen
erinnert, während der Keiler den langgezogenen, normalen Wild¬
schweinrüssel aufweist. Das Blockhaus harmoniert ebenso wie auch
die vorhin schon genannten Hirschhäuser ungemein mit der wal¬
digen Umgebung. Doch ist das Wasserbecken ziemlich klein und
unpraktisch. Einmal erhebt sich sein Rand noch über den Boden,
in den es eingemauert ist, und fürs zweite sind die inneren Wände
völlig senkrecht und zu tief, sodaß es wohl selten zum Baden auf¬
gesucht wird. Leider ist auch der Auslauf recht klein, obwohl freier
Platz übergenug zur Verfügung steht, und der ganze Boden ist zemen¬
tiert, jedes Wühlen also durchaus unmöglich. Sollte vielleicht die
eigenartige Rüsselbildung beim 9 durch eben diesen Übelstaud ver¬
ursacht worden sein, daß dem Tiere oder wohl bereits seinen Vor¬
fahren von Jugend auf die Befriedigung dieses natürlichen Bedürf¬
nisses entzogen wurde? Jedes Tier sollte, soweit als nur irgend
angängig, in seinen natürlichen Verhältnissen gehalten werden, damit
hierdurch nicht nur diesem selbst die Gefangenschaft möglichst an¬
genehm gemacht, sondern auch den Besuchern zugleich ein Stück
Biologie geboten wird.
In nächster Nähe hinter der Saubucht steht ein kleines Bretter¬
haus von etwa 1,5 m im Geviert Bodenfläche; eine Seite davon ist
vergittert. Es enthält einen Wolf oder Schakal — das Tier lag
234
zusammengekugelt in einer Hundehütte, seine Identität konnte somit
nicht genau festgestellt werden, und ein Namenschild war nicht vor¬
handen. Ein ungefähr kubikmetergroßer Drahtanbau mit Glasdach
beherbergt einen Fuchs (Canis vulpes); vielleicht ist eine Kreuzung
zwischen beiden beabsichtigt.
Vom Wapitihaus nordöstlich befindet sich ein drittes großes
Hirschgehege. Solche ausgedehnten Räume sind von unberechen¬
barem Vorteil; wie mutwillig da die Tiere in ausgelassener Freude
hintereinander hergaloppieren und dem Beschauer die stählerne Kraft
ihrer Muskeln zeigen! Auf fünf gesonderte Gehege mit Blockhäusern
und Bretterhütten sind hier verteilt zahlreiches Damwild ( Dama vul¬
garis) , und zwar außer dem gewöhnlichen gefleckten solches von
schwarzer und von weißer Farbe, sowie je ein Paar Schweinshirsche
(. Hyelaphus porcinus) und Axishirsche {Axis maculata).
Ein sechseckiger Käfig mit drei Wänden aus Drahtgeflecht
und ebensovielen aus Brettern, zwischen dem letztgenannten Gehege
und dem für Edelhirsche gelegen, ist für eine Schleiereule ( Strix
flammea), einen Waldkauz {Syrnium aluco) und zwei Steinkäuze
{Athene noctua) bestimmt, denen ein weiblicher Turmfalk (?) {Falco
tinnunculus) beigegeben ist. Hier ist zwar die landläufige Eulenburg
vermieden, aber dennoch ist der Raum den Lebensbedingungen seiner
Bewohner nicht angepaßt. Eine geringe Unaufmerksamkeit in der
Fütterung fiel etwas übel auf. Das Fleisch wurde nämlich schon am
Vormittag gereicht, diente tagsüber ungezählten Wespen zum Fraß
und war bei der heißen Witterung am Abend bereits in Fäulnis
übergegangeu.
Ganz abseits im Walde versteckt liegt der Bärenzwinger, recht
malerisch am Ende einer ziemlich langen, tiefen Schlucht, die wohl
unter erheblichen Kosten ausgegraben worden ist. Auch von einer
schlanken Brücke, die sich in schwungvollem Bogen über den Hohl¬
weg spannt, gewährt er einen hübschen Anblick. Die Tiere sind
von vorne und von oben zu besehen, weil die ganz in die Erde ein¬
gebauten Ställe als Plattform eingerichtet sind. Der Außenkäfig zer¬
fällt in eine große rechteckige und eine kleine runde Abteilung; jede
besitzt ein (für einen ausgewachsenen Bären indes viel zu kleines)
Wasserbecken, in das eiuige Stufen hinunterführen. Der ehemalige
Kletterbaum inmitten der großen Abteilung, die von einem Paare
mächtiger Braunbären {Ursus arctos) bewohnt wird, ist verschwunden.
In dem kleineren Teile trabt ein Wolf {Canis lupus) der Wand
seines Gefängnisses entlang ohne Rast und Ruhe im Kreise herum.
235
Das Tier sah wie räudig aus, seine Rute war fast kahl; die feuchte,
stets sonnenlose Grube ist ihm offenbar schädlich.
Jetzt verlassen wir wieder den Wald und kommen nach längerer
Wanderung an eine hübsche, große Voliere auf einem Sockel aus
Steinen. Einem hohen, hölzernen und mit Ziegeln gedeckten Bau,
dessen Seitenwände aus Drahtgewebe und dessen Rückwand aus
Brettern bestehen, ist ein etwas niedrigerer, aber längerer, achteckiger,
ganz aus Metall gearbeiteter Käfig, der mit Segeltuchstoff überwölbt
ist, vorgesetzt. An der Rückwand ist überdies noch ein niedriger,
langer, rechteckiger Kasten angebracht, der erkerartig nach außen
vorspringt. Das Ganze bewohnen nur zwei Königsfasanhennen.
Drei weitere Tierwohnungen liegen verzettelt zwischen den Garten¬
anlagen. Zunächst finden wir eine kleine, zweiteilige Voliere. Sie
birgt Schopfwachteln ( Callipepla californica) in einem Paare, Eichel¬
häher ( Garrulus glandarius), worunter einer durch sein mit heller
Kinderstimme unablässig gerufenes »Mama« und dgl. die kleiueu
Besucher überaus amüsierte, Gimpel, Buchfink, Goldammer, verschiedene
Meisen, Amsel und Singdrossel nebst einem schmucken weißen Pfau,
während der Gemeine Pfau (Pavo cristatus) in zahlreichen Exem¬
plaren und mehrere Störche (Ciconia ciconia) frei den Garten beleben.
Die zweite ist der bekanntermaßen leider nur zu häufig unprak¬
tisch angelegte Dachsbau, eine unten zementierte Grottenhöhle in
kleinem Käfig, in der Meister Grimbart ( Meies taxus ) unsichtbar den
ganzen Tag verschläft; nur der unappetitlich herausfließende Uriu
verrät, daß der Herr zu Hause ist.
Endlich drittens ist noch eine Voliere zu nennen, die der oben
geschilderten Raubvogel voliere sehr ähnlich, jedoch in bedeutend
kleinerem Maßstabe gehalten ist. Einen achteckigen Unterbau aus
Gitterwerk krönt eine aus dem gleichen Stoff bestehende Pyramide,
deren Spitze mit Dachpappe belegt ist. In der Mitte steht auf hohem
Pfosten ein Taubenhäuschen in herkömmlicher Form, auf dem Boden
ein niedriges Häuschen aus Ziegelsteinen mit Schieferdach, und an der
Wand hängt ein etwa meterlanger, schmaler Kasten mit zahlreichen
Öffnungen, in der Art, wie sie mitunter auf Bauernhöfen als Lege¬
nester für Hühner angebracht werden. Der Raum ist übervölkert ,
um Sitz- und Nistplätze herrscht daher ewiger Zank. Er enthält
• •
einen männlichen Silberfasau (im Ubergangskleid), eine Haustauben¬
rasse (Gimpeltauben), über ein Dutzend Lachtauben ( Columba risoria ),
Turteltauben ( Turtur auritas) und Ringeltauben ( Columba paüimbus).
Ein sehr brütelustiges Paar der letzteren bemühte sich vergeblich,
236
auf dem Dache des Taubeuhäuschens ein Nest anzulegen, wobei der
Tauber oft seinen wohlklingenden Ruf, ein fünfmaliges »Turn«,
vernehmen ließ. Die Tonhöhe des ersten, vierten und fünften Turrr
ist die gleiche, die des zweiten am höchsten und die des dritten fast
die Hälfte vom ersten und zweiten. Das dritte hat den Akzent, die
anderen sind gleich stark betont. Das vierte Turrr folgt nach einer
gewissen Pause auf das dritte, während zwischen den übrigen Silben
kaum ein Intervall wahrzunehmen ist.1)
Wendet man sich von hier aus dem Walde zu, so hat mau
den Teich des Gartens vor sich. Leider ist er viel zu klein, könnte
aber ohne Schwierigkeit vergrößert werden, denn gerade das Wasser¬
geflügel vermag einen Garten ungemein zu beleben, da es sich frei
bewegt und dadurch der Landschaft den Charakter freien Natur¬
lebens aufprägt. Es bevölkern ihn ein Pelikan ( Pelecanus onocro-
talus ), je ein Paar Höcker- und Schwarzer Schwäne ( Cygnus olor
und G. atratus), drei graue Höckergänse und einige wenige der ge¬
wöhnlicheren Enten. In einem kleinen, vom Teiche ganz abgesperrten
Raume fristet ein Paar Nilgänse ( Ghenalopex aegyptiacus ) sein Dasein,
weil sie wahrscheinlich als berüchtigte Raufbolde die übrige Gesell¬
schaft allzusehr tyrannisiert hatten.
Ein kleines Springbrunnenbassin innerhalb des den Teich um¬
gebenden Geheges ist mit Fischen besetzt und, um diese vor den
Schwimmvögeln zu schützen, ein enges Gitter dicht über seinem
Wasserspiegel gezogen. Eine Besichtigung desselben ist nicht möglich-
Zum Schluß bleibt uns noch die Perle des Gartens übrig, ein
Paar prächtiger Seelöwen ( Otaria gillespi). Ihr Gehege, der Raub¬
vogelvoliere gegenüber, ist ein weites, tiefes, zementiertes Becken
mit klarem Wasser und einem inselartigen Felsblock darinnen. Am
hinteren Rande des Beckens ragt ein steiler, oben flacher Felsen, in
dem ein grottenförmiger Stall den Tieren Nachtruhe gewährt, hoch aus
dem Wasser heraus. Die linke Seite des Felsens steigt treppenähn¬
lich in niedrigen Stufen mit abgerundeten Kanten ganz allmählich
empor. Robben sind für uns Bewoliuer des Binnenlandes eine so
fremde und in ihrem gesamten Tun und Treiben so interessante Er¬
scheinung! Sieht man sie auf dem Lande mühsam forthumpelu, so
könnte man sie für im höcksteu Grade hilflos und unbeholfen halten.
Mau ist darum auch förmlich verblüfft, wenn die Seelöwen auf der
oberen Fläche ihres Felsens in der Sonne Toilette machen und sich
dabei mit der Hinterflosse gemütlich hinter dem Ohr kratzen. Und
b Schematisch notierte ich mir das Klangbild so : turrr turrr turrr, turrr turrr.
237
erst gar, wenn sie sich aus der Höhe kopfüber in die Fluten stürzen!
Immer lebhaft und munter, kennt ihre Beweglichkeit zur Zeit der
Fütterung keine Grenzen. Es ist eine wahre Augenweide, diese
wunderbaren Tauchkünste, diese eleganten, kraftvollen Schwimm¬
übungen, diese übermütigen Spiele in den Wassern zu sehen. So
sind sie denn ein erstklassiges Zugstück für den Garten, und ihr
Gehege ist stets von neugierigen Beschauern umstellt, hauptsächlich
sobald die Fütterungszeit heranrückt. Nur eines muß man mit in
den Kauf nehmen. Während nämlich der Bulle beinahe niemals
seiue Stimme hören läßt, blökt das Weibchen unablässig, ähnlich
wie ein Schaf, aber mit ohrzerreißender Stärke.
Werfen wir nun noch einmal einen kurzen Rückblick. Außer
den beiden Häusern für Wiederkäuer und den geschmackvollen und
zweckmäßigen Blockhäusern für Hirsche besitzt der Garten kein
Tierhaus, das den modernen Anforderungen ganz entspricht. Trotz¬
dem ist der Gesamteindruck des Gartens ein recht günstiger. Zwar
ist der Tierbestand nicht groß, ebenso hat die Tiersammlung nicht
besonders viele Glanzstücke anfzuweisen, aber der Zustand der Tiere
ist im allgemeinen vorzüglich; wiederholte Fälle von Fortpflanzung
geben bestes Zeugnis davon. Zwecks Ankauf eines Elefanten sind
Sammelbüchsen aufgestellt. Was Großartigkeit der Gartenanlagen,
sorgfältige Pflege und Instandhaltung der Plätze und Wege, Anpflan¬
zung und wirkungsvolle Gruppierung der zahlreichen einheimischen
wie ausländischen Gewächse u. s. w. betrifft, so kann der Garten
mit jedem anderen ruhig in die Schranken treten ; nur der vor der
Terrasse der Restauration angelegte künstliche Felsen mit seinen
Grotten, Wasserfällen, Fontänen und dgl. scheint uns nicht sonder¬
lich gelungen. Die nächste Aufgabe des Gartens wäre die Abstellung
der wenigen, oben ausgesprochenen Beanstandungen. Erfreulicher¬
weise macht sich eine frische Entwicklung zum Besseren überall
vorteilhaft bemerkbar, und in diesem Sinne wünschen wir dem Unter¬
nehmen fernerhin Wachsen, Blühen und Gedeihen.
Beiträge zur Fauna der Marshall-Inseln VII.1)
Von Dr. med. Schnee in Gr.-Lichterfelde bei Berlin.
I. Die Fruchttaube der Inseln (Carpophaga rubicera Bp.).
Die einzige Tauben art der Gruppe lebt auf Brotfruchtbäumen,
deren kopfgroße Früchte ihre Hauptnahrung darstellen ; wenigstens
l) Vergl. den Beitrag VI im Zool. Garten 1904 p 111—116.
238
fehlt sie auf Iuselu, wo es solche uicht gibt. Von Imodj, sowie den
ihr benachbarten, meist unbewohnten Taubeninselu wurden nicht
ganz selten junge Tauben, gelegentlich auch einzelne der rein weißen
Eier angeboten. Ich habe daher mehrfach Tauben einige Zeit lebend
gehalten, bis sie schließlich doch dem Kochtopfe verfielen oder
irgendwie umkameu. So erhielt ich auch im Januar 19.02 ein halb¬
erwachsenes Exemplar, das noch nicht allein fraß, indessen gelegent¬
liche Versuche dazu machte, wobei das Ergriffene allerdings schlie߬
lich wieder seinem Schnabel entfiel. Da ich das Tier mit nach
Europa zu nehmen gedachte, so stopfte ich es mit großer Sorgfalt
und notierte die Farben sehr genau, um im Laufe der Zeit auf¬
tretende Veränderungen konstatieren zu können : Oberseite schwärz¬
lich violett, Rückenmitte mit grün metallischem Schimmer. Flügel
und Schwingen ebenso, die Spitzen der zweiten Reihe rotbraun.
Kopf mattschwarz. Iris dunkelbraun. Unter dem Auge und Kinne
lehmfarbig. Schnabel schwarz mit kleinem, zweiteiligem Höcker.
Bauch bräunlich. Fuß stumpf dunkelrot.
Vorläufig schien das Tier sich mit mir noch nicht befreunden
zu wollen ; bei jeder Annäherung sträubte es, dabei den Hals ein¬
ziehend, Nacken- und Halsfedern. Allmählich gewöhnte es sich ein.
Nach etwa einer Woche fing die Taube an gelegentlich gegen Abend
zu rucksen. Ihr vorher struppiges Gefieder war jetzt glatt und
glänzend. Sie fraß immer noch nicht allein, trauk aber bereits.
Semmel ohne Rinde und Brot, das ihr in den Schnabel gebracht
wurde, schluckte sie meist freiwillig. Bald sagte ihr indessen
ersteres nicht mehr zu, Papajafrucht, die ich ihr brachte, ver¬
schmähte sie gleichfalls , Schwarzbrot wurde aber andauernd gern
geschluckt.
Ich hielt den Vogel wegen der Katzen und gelegentlicher
Rattenbesuche, auf der Veranda auf einer freischwebenden Stange in
hinreichender Entfernung von Boden und Decke und trug ihn gegen
Abend, da er mit Dunkelwerden eiuschlief, in mein Schlafzimmer,
wo er auf einer an der Wand befestigten Stange dicht am Bette
nächtigte. Leider erwiesen sich alle diese Vorkehrungen als unnütz.
Als ich eines Tages meinen Abendspaziergang bis nach Eintritt der
Dunkelheit ausgedehnt hatte, fand ich zurückkehrend nur noch ein
Bein der Taube vor. Ob sie von ihrem Sitze heruntergefallen und
somit ein Opfer der Katzen geworden war, oder ob diese es doch
fertig gebracht hatten, die Schlafende zu überfallen, bleibe dahin¬
gestellt.
239
II. Krebse, die kleine Sandhügel errichten.
Auf Renadjan, einer der Taubeninseln, bemerkte ich auf der
spitz auslaufenden Sandbank nahe dem Innenstraude eine Anzahl
kleiner Sandhaufen und dicht daneben Löcher, die offenbar von
Krabben herrührten. Einige dieser Miniaturhügel stiegen von jenen
••
Öffnungen aus langsam an und endeten dann ziemlich plötzlich mit
einem steilen Abfall, andere waren dagegen vollkommen rund und
mit tief eingedrückten Löchern, die von einem Stäbchen herzurühreu
schienen, versehen, sodaß ich im ersten Augenblicke an die Werke
spielender Kinder dachte. Indessen war die Insel menschenleer. Erst
allmählich erkannte ich, daß die erwähnten Vertiefungen nach unten
spitz zuliefen und die Abdrücke der Fußenden von Krabben seien,
die den aus ihren Löchern herausgeschafften Sand in so kunstvoller
WTeise aufgestapelt hatten. Ich bewunderte die Geschicklichkeit der
zehnbeinigen Baumeister nicht wenig; leider aber gelang es mir an
jenem Tage nicht, auch nur einen bei seiner Tätigkeit zu belauschen.
Von Möbius ist bei Gelegenheit seiner Forschungen über das Riff von
Mauritius sehr hübsch beschrieben worden, wie die Krabben auf ihren
Scheeren den Sand aus der Tiefe herausbringen, wenn sie ihre
Löcher graben, und dann von sich werfen, weshalb ich Interessenten
auf jenes Buch verweisen darf.
III. Ein beliebtes Nahrungsmittel ( Asaphis deflorata L.).
Ich hatte bereits erfahren, daß es auf Jaluit eine im Saude
lebende Muschel, die später als Asaphis deflorata L. bestimmt wurde,
gäbe, die von den Eingeborenen gern gegessen würde. Später habe
ich dann Gelegenheit gehabt, sie kennen zu lernen und kosten zu
dürfen. Die Muschel hat, je jünger sie ist, eine desto mehr weiß-
oder rötlich-gelbe Farbe und scheint mit zunehmendem Alter dunkler
und mehr violett zu werden. Das Tier selbst schmeckt, wie ich mich
überzeugt habe, leidlich ; hinterher macht sich indessen ein fataler,
lederartiger Geschmack bemerklich.
Die Eingeborenen haben eine originelle Methode, die Muschel
zu öffnen ; da die Schale vorn und hinten nicht hermetisch schließt,
so ziehen sie durch den sehr schmalen übrig bleibenden Spalt ein
glattrandiges Grasblatt und durch schneiden, indem sie nach oben
ziehen, wobei das Blatt immer tiefer zwischen die beiden Schalen¬
hälften eindringt, die Schließmuskeln des Konchyls, dessen feste Burg
nun leicht völlig auseinander gebrochen werden kann. Im Inneren
des Tieres liegt ein schwarzer hervortretender Keil, der Fuß. Wäh¬
rend ich die anderen Teile ohne große Beschwerde zu essen ver-
240
mochte, hatte dieser einen so durchdringenden Geschmack, daß ich
zum Gaudium der umstehenden Eingeborenen mich genötigt sah,
ihn schleunigst auszuspeien. Letztere scheinen nicht so empfindlich;
obwohl viele diesen Teil gleichfalls entfernten, aßen ihn manche doch
mit, wie ich beobachtet habe. Ich vermochte mich indessen, trotz
mehrfacher Versuche und des von allen Seiten ertönenden »ein an da«
(es ist sehr gut), an die Muschel und ihren Geschmack nicht ganz
zu gewöhnen und überließ dieses, wie es schien, geschätzte Nah¬
rungsmittel später ohne jegliche Regung des Neides meinen braunen
Freunden.
IV. Zecken]) läge und Texasfieber.
Eine aus den Mittel meerländern stammende Zecken art, Rhipice-
phalus sanguineus (Latreille), die nach der gütigen Mitteilung von
Prof. Neumann (Toulouse) ursprünglich an Schweinen schmarotzt,
ist in fast alle warmen Länder verschleppt worden und leider auch
nach Jaluit gelangt, wo sie sich ungemein vermehrt hat. Man
braucht bloß einmal durch das Gras zu gehen, um dann von den
weißen Hosenbeinen die jungen, stecknadelkopfgroßen Tiere, oft in
Menge, ablesen zu können. In Australien, von wo die Zecken
offenbar eingeschleppt worden sind, haben sie in einzelnen Land¬
strichen sehr böse gehaust. So sind in Nord- und Zentral-Queensland
nach amtlichen Angaben in einzelnen Distrikten bis zu 60°/o des
Viehstandes vernichtet. Da nach meinen Beobachtungen Schweine
nicht erkennbar von ihnen leiden, bezieht sich diese Angabe wahr¬
scheinlich nur auf das übrige Vieh. Die zu Schlachtzwecken aus
Sydney eingeführten Rinder wurden von ihnen aber in solcher Masse
befallen, daß trotz täglicher Abwaschungen mit Lysol, das besser als
andere ähnliche Lösungen zu wirken schien, nicht wenige von ihnen
eingingen. Ein Terrier, den ich besaß, wurde von den Zecken
gleichfalls getötet, da es trotz größter Sorgfalt, auch durch Ab¬
suchen der Parasiten mit Hülfe einer Pinzette, nicht gelang, die
Blutsauger, die namentlich in den Ohren des Hundes klumpenweise
festsaßen, vollständig zu entfernen. Ich glaube, daß er nur infolge
des Blutverlustes zu Grunde ging. Bei den Rindern halte ich es aber
für wahrscheinlicher, daß bei ihnen das sog. Texasfieber vorlag, eine
für diese Tiere sehr gefährliche Krankheit, von deren Vorkommen
bei Hunden mir allerdings nichts bekannt ist. Der Krankheits¬
erreger Ryrosoma bigeminmn ist ein bimförmiger, meist zu zweien
dicht au einander gelagerter Mikroparasit, der durch die Zecken
241
übertragen wird, indessen nicht vom kranken direkt auf das gesunde
Tier, sondern wie von Koch experimentell festgestellt wurde, durch
die aus den Eiern ausgeschlüpften Larven. — Auf welche Weise
die Parasiten von den trächtigen Weibchen auf die Keime über¬
gehen, oder ob die Übertragung vielleicht erst später stattfindet, ist
übrigens noch nicht festgestellt. Was mich bestimmt, bei den Rin¬
dern Texasfieber anzunehmen, ist folgendes. Ein einmaliges Über¬
stehen dieser Krankheit verleiht Immunität; die Rinder in solchen
Gegenden, wo die Seuche herrscht, pflegen deshalb mehr oder weniger
immun zu sein. Nun war eine schon seit mehreren Jahren auf der
Insel lebende Kuh andauernd bei guter Gesundheit, ebenso ein von
ihr geborenes, damals bereits erwachsenes Kalb. Von den aus Sydney
frisch importierten Rindern erkrankten aber bei jeder Sendung nach
einigen Wochen verschiedene Exemplare und starben. Auch ein
kräftiger Bulle, der Vater eines zweiten Kalbes der erwähnten
Kuh, erlag dieser Krankheit.
V. Eine im Innern der Korallenblöcke lebende Schnecke.
Als ich eines Tages am Außenstände des Atolls entlang ging,
griff ich ein frisch augespültes Stück einer Sternkoralle auf, in dem
sich ein verrundet viereckiges Loch zeigte, das sich nach innen er¬
weiterte und offenbar in einen Hohlraum führte. Ich schlug das
Stück an Ort und Stelle mit Hülfe eines zweiten auseinander und
faud in seinem Inneren ein zartes, milchweißes, fast kugeliges
Schneckengehäuse ; von dem Tier selber war nichts mehr zu be¬
merken, die Leibesmasse hatte sich wohl gänzlich aufgelöst und war
somit entfernt worden. Zu Hause angelangt, orientierte ich mich
aus den wenigen Büchern, die ich besaß, und fand im Leunis, daß
Magilus zwischen schnell wachsenden Korallen lebe, weshalb das
Tier, »um nicht überwuchert zu werden, seinen letzten Umgang in
Form einer Röhre in gerader Richtung bis drei Fuß lang fortbaue
und die verlassene Wohnung mit Kalk ausfülle«. Ein derartiges
Exemplar hatte ich bereits im Berliner Museum gesehen, und so
versuchte ich dann durch eifriges Zerklopfen weiterer am Strande
liegender Korallen einmal ein solches, wie ich damals glaubte, aus¬
gewachsenes Exemplar aufzufinden. Indessen vergeblich. Wohl fand
ich noch verschiedene Stücke wie das erste, aber keinen Magilus ,
dessen Heimat sich, wie ich später las, übrigens auf das Rote Meer
beschränkt. Bisweilen habe ich auch vollkommen von Korallen um¬
wachsene Schnecken gefunden, indessen waren die Gehäuse stets leer,
Zoolog. Gart. Jahrg. XL VI. 1905. 16
242
sodaß mir keine Andeutung darüber ward, ob die Koralle unter
gewissen Umständen etwa die lebende Schnecke einzukerkern ver-
mag, oder ob dieses Loos erst die tote erreiche. Auffällig war mir,
daß der bisweilen 1 bis 1 x/ 2 cm lange Gang, der die Kommunikation
der Schnecke mit der Außenwelt darstellt, doch wohl länger sein
dürfte als das Tier sich ausstrecken kann. Bei einem balbtrockenen
Stücke, das ich eines Tages fand, waren seine Wände grünlich in¬
krustiert. Vielleicht, so dachte ich mir, sind das Residua von
Auswurfstoffen, die das Zuwachsen des Kanals verhindern. Genau
ebenso wie dem See wasser beigemengte Schrautzteilchen das Wachs¬
tum der Blumentiere hemmen, so dürfte auch in diesem Falle der¬
artiger Fremdstoff genügen, die erwähnte Röhre offenzuhalten. Die
Höhlung, in der sich das Schneckenhaus befindet, ist übrigens genau
seiner Form angepaßt, sodaß es nur in jener Lage, in der es gerade
gewachsen ist, wieder iu sie hineinpaßt. Die Höhlung ist nicht etwa
mit irgend einer Masse ausgekleidet, sondern erscheint in die Korallen¬
substanz, die an dieser Stelle einen leichten Perlmutterglauz besitzt,
gewissermaßen hiueingeschliffen zu sein. Zum Schlüsse bemerke ich
noch, daß die von mir beobachteten Schnecken offenbar Lepto-
conchus- Arten sind, die, wie es im Brebm heißt, gewissermaßen den
Jugendzustand von Magilus darstellen und somit noch nicht die
bewuuderungswerte Anpassungsfähigkeit der letzteren besitzen.
Die Erdsänger in und um Frankfurt a. M..
Von Pfarrer Wilhelm Schuster in Gonsenheim bei Mainz.
1. Nachtigall, Philomele ( Lusciola luscinia). 2. Schwung¬
feder kürzer als die 4.; Oberseite graubraun, Unterseite hellgrau
(cf = 9)* E. 16 cm, Fl. 25 cm. Verbr.: Mittel- und Nordasien,
Nordafrika, Europa bis Mittelschweden1). Zugv.: 10. bis 30. Apr. —
Mitte Aug. bis Sept. Nest auf oder dicht über dem Boden. 4 — 6 Eier,
braun-olivengrün, glänzend, 21X15 rum. Brutz.: Mai, Anfang Juni,
14 Tage. Lockr. »fit-krrr« und »tak, tak«, Angstr. »errr«. Gesang
vorzüglich; singt auch des Nachts. Nähr.: Kerbtiere (Eier, Larven,
Puppen), Würmchen, Johannis-, Holunder- und Faulbaumbeeren.
0 In Deutschland ist sie besonders am Rhein zu Hause, während sich der
Sprosser im deutschen Osten findet. — Vergl. meinen Beitrag über den autoch-
thonen Eigensinn der Nachtigall hinsichtlich Aufgabe alter Brutörter im »Neuen
Naumann« Bd. I.
243
Kehrt immer an den Ort, wo sie groß wurde, zurück. Wenig scheu.
Geht in ihrem Bestände dauernd zurück und ist schon aus größeren
Landstrichen Deutschlands verschwunden (Wetterau, Lahntal,
Maintal, Norddeutschland). Sehr nützlich. — Die großen Dichter
aller Zeiten haben sie besungen , besonders antike (von deutschen
z. B. der Frankfurter Hölty). Schnabel aller Sänger schwach, zu¬
sammengedrückt, mit seichtem Einschnitt.
In und direkt um Frankfurt kommt die Nachtigall jetzt nicht
mehr vor. In Offenbach ist sie 1893 ausgesetzt worden (in 24 Paaren)
und seitdem daselbst wieder Brutvogel. Im Sommer 1904 fanden sich
im Friedberger Schloßgarten 1 cf (unbeweibt), im Ossenheimer Wäld¬
chen 1 cf, im Assenheimer Park 1 Pärchen, am Selzer Brunnen
1 Pärchen, im Rodheimer Wäldchen 2 Pärchen.
[2. S p r o s s e r , Polnische Nachtigall (L. philomela). 2. Schwung¬
feder länger als die 4.; im Gegensatz zur Nachtigall ist die Farbe
dunkler, die Brust gefleckt, die Figur größer und gedrungener
••
(cf = $). L. 19 cm, FL 26 cm. Verbr. : Ungarn, Österreich, Polen,
Böhmen, Pommern, Schlesien, Skandinavien bis zum 50° n. Br.,
Kaukasus, Persien, Ägypten. Zugv.: Ende April und Anfang Mai — ■
Mitte August. Nest auf oder dicht über dem Boden. 5 Eier, matt
braungrün, dunkel gewölkt, 22 X 15 mm. Brutz. : Mai, 14 Tage.
Lockr. »fit-arrr«. Gesang kürzer, feierlicher, flötender als der
Nachtigallgesang, aber auch weniger reichhaltig. Singt gleichfalls
des Nachts. Nähr, wie bei No. 1. Teilt mit der Nachtigall die Eigen¬
heit, Gegenden zu verlassen, wo das buschige Unterholz entfernt
wird, Verkehrsstörungen eintreten u. s. w. Geht in ihrem Bestand
zurück. Sehr nützlich. — Nachtigall und Sprosser wohnen selten
beisammen; sie sind die zwei klimatischen Variationen
(»L o k a 1 r a s s e n «) derselben Form für Westen (N.) undOsten
(Spr.), keine besonderen Arten. — Für Frankfurt und seine Um¬
gebung ist der Sprosser nur Durchzugsvogel. Da er mit großer
Hartnäckigkeit eine direkt nordsüdliche Zugrichtung einhält, so
kommen also bei uns die pommerischen, jütischen, dänischen und
südschwedischen Vögel, insbesondere die vom 8 — 10° östl. Länge,
durch. Als vorübergehende Aufenthaltsorte, die sie im allgemeinen
nur bei Störungen ihres Zuges durch meteorologische Einflüsse auf¬
suchen, bevorzugen sie dieselben Strauch- und Gebüschgruppen wie
die Nachtigall.]
3. Rotkehlchen, Rotbrüstchen (Erithacns nibcciäiis). Oben
olivenbraun, Stirn, Augenkreis, Vorderbrust gelbrot, Bauch weiß
244
(9 bat auf den großen Deckfedern der Flügel keine rostgelben
Fleckchen). Läufe gestiefelt, beim 5 schwärzlich, beim 9 braun¬
rötlich. L. 14 cm, Fl. 22 cm. Verbr. : Europa bis zum 67° n. Br.
Stand-, Strich-, Zugvogel: Sept. bis März; von Jahr zu Jahr über¬
wintern immer mehr R. in Deutschland. Bewohnt am liebsten
jungen Fichtenwald. Nest auf oder in dem Bodeu. 4 — 7 Eier, gelb¬
lichweiß, rötlich gefleckt, 19 X 15 mm. Brutz. : Ende April, An¬
fang Mai (1. Gel.) — Ende Juni (2. Gel.), 14 Tage. Das Nest muß
immer eine Decke haben. Lockr. »schnickerickicki«, Angstruf »tziii«.
Ges. klingelnd, oft feierlich, melancholisch; an Wert bei den ein¬
zelnen Vögeln sehr verschieden. Nähr.: Insekten, Räupcheu, Larven,
Würmer, Schneckchen. Immer munter und unruhig, macht oft Ver¬
beugungen, betrachtet mit seinen großen Augen aufmerksam alles,
was in seine Nähe kommt, hüpft schnell, fliegt nahe der Erde hin.
Sehr nützlich. — Der Kuckuck legt oft sein Ei in Rotkehlcheunester.1)
— Um Frankfurt, in der ganzen Wetterau, am Main und Rhein ist
das Rotbriistchen überall häufig und bei Jung und Alt beliebt. An
den trüben und etwas kalten Tagen vom 10. bis 20. Sept. 1904
kamen viele E. langsam an uns vorbei; die Zugbreite (von Zugfront
bis zur Arriere-Garde der ziehenden .E.-Masse) muß recht beträcht¬
lich gewesen sein, da Bau vom 21. Sept. in der »Ornithologischen
Rundschau« S.7 meldet: »Sehr viele E.r. am Laiblachufer (Bodeusee)«.
4. Blaukehlchen (E. cyaneculus). Oben graubraun, Bauch
weißlich, Kehle und Vorderbrust himmelblau, von einer weißen Linie
und rostroten Binde begrenzt, mitten im Blau ein weißer Fleck
(» Weißsterniges Blauk.c), der sehr alten Exemplaren fehlt; die
schwedische Form hat statt des weißen einen roten Kernfleck (»Rot-
sterniges Blank.«). Schwanz rostrot (2 mittelste Fed. braun) mit
schwarzem Ende. 9 mit schwärzlich-blauem Kropf. L. 14,5 cm,
Fl. 23,5 cm. Verbr.: Europa bis Lappland (die weißsternige Form
ist im westlichen, die rotsternige im nördlichen und östlichen Ver¬
breitungsgebiete zu Hause); in Deutschi, überall meist spärlich
(Ober-, Mittel-, Niederrhein, Holland, Oldenburg, Hannover, Bremer
und Hamburger Gebiet, Mecklenburg, Alt- und Neumark, Nieder¬
lausitz, Nordschlesien, Pommern, West- und Ostpreußen u. s. w.).
Zugv. : März-Sept. Bewohut vorzugsweise Flußniederungen. Nest
im dichten Uutergebüsch (Weidengeb.), zwischen alten Wurzeln, in
Erdhöhlen. 5 Eier, blaßgrünlich, 19 X 14 mm. Brutz.: Ende April,
9 Das beste Vogelfutter für Erdsänger ist Lucullus von Fr. Fries in Bad
Homburg (Große Vogelfutter-Fabrik).
245
14 Tage. Lockr. »tak, tak« — >fied, fied«. Ges. angenehm sanft,
hell; singt auch des Nachts. Nähr.: Wasserinsekten, Würmchen,
Holunder- und Faulbaumbeeren. Verdient ausgiebigsten Schutz.
— Das Blaukehlchen braucht zu seiner Heimreise aus Afrika wie
alle Singvögel 2 — 3 Wochen. — Brütet am Main sehr spärlich.
[Schwedisches Blaukehlchen ( E . suecicus). Kehle blau,
statt weißem Stern ein rotbrauner. Es kommt auch diese Form
auf dem Frühjahrszug bei uns durch (konstatiert von Ochs und Kull-
mann), und es wird damit die Annahme, daß es in einer Nacht
seine ganze Frühjahrsreise abmache, völlig hinfällig, wie ich bereits
im »Zool. Gart.« XLV (1904), S. 102 gezeigt habe.]
5. Gartenrotschwanz, Gartenrötel, Waldr., Saulocker,
Wistling, Stirnplättchen ( E . phoenicurus) . $ oben bläulich aschgrau,
Stirn, Kopfseiten, Kehle, Gurgel schwarz, Vorderkopf weiß, Brust
rostrot; 9 oben graubraun, unten hell gelblich braun. Schwanz
rostrot mit zwei braunen Mittelfedern. L. 14 cm, Fl. 22 cm. Verbr.:
• •
Europa, fast ganz Asien, Ägypten ; in Deutschland nicht so häufig
wie der Hausrotschwanz. Zugv.: März- August. Bewohnt Gärten und
Waldränder. Nest in Baumhöhlen oder Felsenritzen. 5 — 7 Eier, blau¬
grün, 18 X 13 mm. Brutz. : April, Mai — Ende Juni, 14 Tage.
Lockr. »füid, füid, füid«, Angstr. »huid, huid, dä, dä, dä«. Ges.
ziemlich kurz, flötend, zuweilen melancholisch; das § singt den
ganzen Tag über. Nähr. : Käfer, Fliegen, Räupchen, Puppen,
Johannis-, Holunder- und Faulbaumbeeren. Der G. ist wegen seiner
pracbtvolleu Färbung und hübschen Stimme beim Volke sehr be¬
liebt. — Bei dieser Vogelart trifft man ziemlich oft alte Weibchen
au, die annähernd die bunte Färbung des Männchens tragen (»Hahnen¬
fedrigkeit«) ; Verfasser sah solche in der Straßburger Orangerie. —
Überall bei Frankfurt häufig, auch mitten in Frankfurt in Gärten
und Anlagen. »Stirnplättche« ist ein speziell hessischer Name für
unser schönes Vögelchen. Leider werden seine Eier, die hierzulande
nur ganz selten einmal schwach rötlich bespritzt sind (im Norden
öfter), noch immer oft weggenommen, da sie doch lange nicht so
geschützt liegen, wie die der eigentlichen Höhlenbrüter. Auch die
Gonsenheimer Dorfjugend z. B. ist ganz rabiat auf Vogeleier aus;
im April 1905 fanden wir fast ein Dutzend ausgehobener Buch¬
finkennester in den Kirschen- und Pfirsichbeständen beim Dorfe.
6. Hausrotschwanz, Schwarzwadei (JE. tithys). $ oben
aschgrau, Kopf schwarz, unten bis zu den Beinen schwarz, 9 grau
(nicht ganz so hell und gar nicht rötlich angeflogen wie d. G. r. 9)i
246
Schwingen 2. Reihe weißgeranclet; Schwanz rot, 2 mittelste Fecl. braun.
Junge mit schwärzlichen Wellenlinien. L. 15 cm, Fl. 25 cm. Verbr.:
Europa bis Südschweden. Wohnt an Felsenhängen, in Dörfern und
Städten, auf alten Burgen, überall ziemlich häufig. Zugv. : Anfang
März — Sept., Okt. ; zuweilen überwintert ein Exemplar. Nest in
Löchern an Gebäuden, in Mauerritzen, auf Balkenköpfen, in Nist¬
kästen u. s. w. 5 Eier, weiß, 19 X 14 mm. Brutz. : April (1. Gel.)
— Juni (2. Gel.), 18 Tage. Lockr. »fid fid, dä dä«. Ges. rauh und
kurz, krächzend, doch in seiner charakteristischen Eigenart auch
schön. Nähr.: Fliegende Insekten (Schmetterlinge, Fliegen, Käfer),
Räupchen, Spinnen u. s. w. Sehr nützlich.. — Die jüngeren singen¬
den, geschlechtsreifen Männchen (im 2., 3. Lebensjahr) tragen noch
das einfarbig graue Kleid des Weibchens (der angebliche »Gebirgs-
rotschwanz«). Einige 56 haben einen längeren Gesang, unter dem
sich Töne befinden, die anderen Vogelgesängen sehr ähneln (nur
zum Teil »Nachahmung«).1) Der Hausr. rückt schon seit mehr denn
100 Jahren beständig in Schweden und Rußland nach Norden vor
(E. phoenic. ist weiter nach Norden zu verbreitet als E. tithys).
Früher nur Gebirgsvogel. — Wenn man im Frühling und Sommer
ganz früh des Morgens, sobald es eben zu dämmern beginnt, durch
die Straßen Frankfurts geht, kichern die Männchen von allen
Dächern herab.
Kleinere Mitteilungen.
Wanderungen der Strudelwürmer (der dendrocoelen Turbellarien) in
unser n Gebirgsbächen. Sehr interessante Beobachtungen und Versuche hat
Prof. Dr. Walter Voigt an unsern Planarici' und Polycelis- Arten angestellt.
Um kurz zusammenzufassen, was wir bis jetzt über die gelegentlichen, nicht durch
einen angeborenen, periodisch ausgelösten Wandertrieb verursachten Wanderungen
dieser Tiere wissen, so ist in erster Linie hervorzuheben, daß die in unseren Ge¬
birgsbächen wohnenden Strudelwürmer träge und lichtscheue Tiere sind, die ohne
besondere Veranlassung ihre dunkeln Schlupfwinkel nicht zu verlassen pflegen.
Die Haupttriebfeder, die sie zum Wandern veranlaßt, ist der Hunger, und nach
Beobachtungen im Aquarium wie im Freien haben wir Grund zu der Annahme,
daß die Tiere, auch wenn sie keine Beute wittern, sobald sie der Hunger quält,
anfangen Streifzüge zu unternehmen. Hierbei kriechen sie einzeln, nicht in ge¬
schlossenen Trupps, und ohne bestimmtes Ziel in verschiedenen Richtungen herum.
In etwas größerer Anzahl, mit unbestimmter Richtung, herumzukriechen werden
l) Ich kann es gar nicht billigen, wenn jedermann gleich von »Nachahmung«
redet, sobald er nur einige Rotschwanz-Töne an andere Gesänge anklingen hört.
247
die Tiere veranlaßt, wenn Regengüsse Erde in die Bäche führen und Sand und
Schlamm auf dem Boden aufwirbeln, wodurch die Würmer in ihren Verstecken
belästigt werden, ferner wenn Pflanzenteile, unter denen die Strudelwürmer sich
festgesetzt hatten, vom angeschwollenen Wasser fortgespült werden; bei Gewitter¬
regen kann unter Umständen eine durch diese hervorgerufene schnelle Temperatur¬
änderung des Bachwassers auch noch mit dazu beitragen, die Strudelwürmer aus
ihrer Ruhe aufzustören. Durchschreiten größere Tiere oder der Mensch Bäche mit
steinigem Boden, so werden dabei die Planariiden nicht nur aufgestört, sondern
eine Anzahl Avird zerquetscht, und die dabei austretenden Körpersäfte wirken als
Köder für weiter abwärts sitzende Strudelwürmer. Infolgedessen tritt in diesem
Falle bei den aufgescheuchten Tieren eine ausgesprochene Neigung zum Aufwärts¬
wandern hervor. Die gleiche Wirkung wie die das Bachbett durchschreitenden
Tiere, aber auf eine viel längere Strecke, werden Gewitter- und Landregen her¬
vorbringen, wenn sie die Bäche so stark anschwellen machen, daß Steine fort¬
gewälzt und aneinander gerieben werden. Zugleich führen sie dem Bach ertrinkende
Landschnecken, Insekten u. dergl. zu, die als willkommene Beute die Strudel¬
würmer ebenfalls veranlassen, ihre Schlupfwinkel zu verlassen. Am auffälligsten
wird die Erscheinung des AufwärtsAvanderns, wenn ein etwas größeres Beutestück
in das Wasser geraten ist; dann werden unter Umständen viele Schritt lange,
aus Hunderten, selbst Tausenden von Individuen gebildete, bachaufwärts gerichtete
Züge hervorgerufen, die naturgemäß ihr Ende an der Nahrungsquelle finden. Nach
eingenommener Nahrung zerstreuen sich die Strudelwürmer allmählich, um sich
einen geeigneten Unterschlupf zur gemächlichen Verdauung zu suchen. Weil den
Würmern die Witterung der Nahrung stets von oben herab zugeführt wird, ist
die Tendenz zur Verschiebung des Verbreitungsgebietes jeder der drei hauptsäch¬
lich in Betracht kommenden Arten ( Planaria alpina und gonocephala und Poly-
celis cornuta ) nach oben hin stärker als nach unten. In größere Ferne gerichtete,
kilometerweite Wanderungen kommen nicht vor, ebensowenig sind, selbst auf ganz
kurze Strecken, geschlossene Wanderzüge bach- oder flußabwärts zu beobachten.
Bei Hochwasser kann es öfters geschehen, daß einzelne aus ihren Verstecken auf¬
gescheuchte Strudelwürmer von der Strömung des Wassers eine lange Strecke
fortgeschwemmt Averden, oder daß Würmer, die an den im Bachbett liegenden
Pflanzenteilen sitzen, mit diesen weit abwärts treiben. Auch mag gelegentlich ein
Eikokon vom Wasser abwärts transportiert werden. So erklärt es sich, daß man
mitunter Exemplare von PI. alpina oder Pol. cornuta eine größere Strecke unter¬
halb ihres eigentlichen Verbreitungsgebiets ganz isoliert zwischen PI. gonocephala
antrifft. Aber sie können sich dort nicht auf die Dauer halten und gehen früher
oder später zugrunde. Wenn Abwässer einem bis dahin nicht verunreinigten Bache
zugeführt werden, kann dies leicht die Veranlassung sein, daß in der ersten Zeit
größere Mengen der aus ihren Verstecken flüchtenden PI. alpina oder Pol. cornuta in
das Gebiet der weiter abwärts hausenden PI. gonocephala hinuntergeschwemmt werden*
(Nach Verh. Naturh. Ver. preuß. Rheinl. u. Westf. 61. Jahrg. 1904 p. 150 — 158).
Bttgr.
Rasche Abnahme des kanadischen Bisons (Bison americanus ).
Direktor Bell von der Geologischen Aufnahme in Canada berichtet, daß die vor
wenigen Jahren noch 4—500 Köpfe zählende große Büffelherde im Hinterlande
des Salzflusses, der vier oder fünf engl. Meilen unterhalb Fort Smith in beiläufig
248
60° N. Br. in den Großen Sklavenfluß eimnündet, im Jahre 1903 auf etwa 60 Stück
zusammengeschmolzen sei. Die Indianer hätten zwar im allgemeinen das Schutz¬
gesetz streng befolgt, aber einer habe nachweislich doch zwei kräftige Bullen der
Herde getötet. Trotzdem dieser nachweisen konnte, daß ihn nur der äußerste
Hunger zum Übertreten des Gesetzes veranlaßt habe, sei er doch bestraft und
eingesperrt worden. Bell glaubt, daß die Herde sich ohne Frage noch weiter
vermindern werde, da die Büffelstiere nicht zahlreich und nicht stark genug seien,
ihre Kälber vor den Angriffen der zahlreichen Wölfe zu schützen, die im Frühjahr
die Herde zu attakieren pflegten.
(Nach Zool. Soc. Bulletin No. 16, publ. by the New York Zool. Soc. 1905 p. 197.)
Bttgr.
Über das Fischen der Reiher. Unter dieser Überschrift veröffentlichte
Herr L. Schuster S. 336 ff. des vorigen Jahrgangs dieser Zeitschrift eine Ab¬
handlung, zu der ich mir einige Bemerkungen gestatte. Meine väterliche Wohnung,
in der ich meine erste Jugendzeit und während meiner Studienjahre die Ferien
verbrachte, lag auf dem Lande, einsam und unmittelbar am Wasser (im Kreise
Kirchhain in Hessen-Nassau), und im nahen Walde befand sich ein ziemlich großer
Reiherstand, sodaß sich mir oft Gelegenheit bot, Reiher bei ihrem Handwerk zu
beobachten.
Zunächst ist es keine so ganz seltene Ausnahme, daß Reiher — diese Be¬
hauptung beruht nicht auf ungenauer Beobachtung — stehend fischen, und
zwar nicht allein in tieferem, somdern auch in ganz seichtem Wasser. Zum letzten¬
mal habe ich dies am 19. August 1904 in der Donau bei Beuron gesehen. Ich
saß gut gedeckt an einem Felsen und beobachtete mit dem Feldstecher das zahl¬
reiche Wassergeflügel, als sich drei Reiher auf einer Sandbank niederließen, ruhig
stehen blieben und zeitweilig blitzschnell ins Wasser stießen, worauf die Bewegung
des Fressens folgte. Das Stillstehen war also nicht eine Folge meiner Anwesen¬
heit, denn die Tiere hatten mich nicht bemerkt, sonst wären sie wohl kaum ein¬
gefallen. Der Wasserstand war in dem heißen Sommer kaum 15 cm, wie ich
nachher ausgemessen habe. Da es Nachmittag war, so waren die Vögel vielleicht
schon satt, als sie kamen, und fingen deshalb bloß die Beutetiere, die sie stehend
erhaschen konnten. Allein ich habe auch früh morgens unmittelbar vom Neste
kommende, somit wohl hungrige Reiher stillstehend fischen sehen.
Ob der Reiher einen Köder zum Anlocken der Fische besitzt? Am Reiher¬
stand ganz unter dem Horste stehend habe ich ein Leuchten niemals bemerkt;
es müßte denn sein, daß das Leuchtvermögen willkürlich betätigt werden kann
und der Reiher bloß beim Fischen sein Licht leuchten läßt. Ein Stück, das ich
längere Zeit in einer großen Voliere mit einem durchfließenden Bache gefangen
hielt, ließ gleichfalls nichts davon sehen; bereits mit anbrechender Dunkelheit bäumte
es zur Nachtruhe auf. Ebenso konnte ich an Tieren verschiedener zoologischer
Gärten, die ich daraufhin ansah, nichts wahrnehmen. In der Freiheit sah ich die
Tiere in der Dämmerung, also zu der Zeit, wo sie ihre Laterne hätten anzünden
sollen, fast stets dem Stande zustreben.
Locken die Exkremente des Reihers Fische an? Prof. G. Jäger sagt, daß
»Fische nach dem Kote der fischfressenden Vögel, z. B. des Fischreihers, auch
nach dem Kote fischessender Menschen sehr lecker sind« (vgl. »Kreislauf des
Stoffes« im Handwörterbuch der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie. 4. Bd.
249
Breslau, E. Trewendt. 1886). Daß der Reiher recht häufig sich entleert, habe
ich an meinem Gefangenen und auch in der Reiherkolonie zum Schaden meines
Anzugs gesehen; und daß Fische sich sehr leicht durch ins Wasser geschüttete
Stoffe herbeilocken lassen und sehr gern auch nach ziemlich flüssigen schnappen,
davon kann man sich leicht überzeugen. Dieses Lockmittel wäre demnach wohl
denkbar.
Aber meiner Ansicht nach braucht er überhaupt keinen Köder. Viele Tiere
verschaffen sich doch lebende Nahrung, ohne ein Lockmittel zu besitzen. Wenn
schon die Ente manchen Fisch nicht etwa nur aus Uferlöchern, sondern auch aus
freiem Wasser erhascht, wie ich es mehrmals beobachtet habe, warum soll dies
nicht auch dem weit flinkeren Reiher möglich sein? Er ist eben unglaublich ge¬
wandt. Das Tier, das ich gefangen hielt, sah ich in ein Haferfeld fliegen, sodaß
ich auf dem Boden unbemerkt heran kriechen und es durch rasches Zuspringen am
Aufliegen verhindern konnte. Doch schnellte es seinen spitzen Schnabel wieder¬
holt so urplötzlich vor, daß ich vor Schrecken zurückprallte und es erst nach
langem, mühevollen Ringen mit Hilfe eines aufgespannten Regenschirmes zu be¬
wältigen vermochte. Und noch kürzlich zeigte mir ein Herr die Narbe dicht neben
dem Auge, die ihm ein von ihm geflügelter Reiher verursacht hatte. Mir ist es
danach leicht begreiflich, daß der Reiher auch ohne Lockmittel bei solcher Treff¬
sicherheit hinreichend Nahrung findet. Kannte ich doch einen Mitschüler, der mit
erstaunlicher Fertigkeit Fische durch Steinwürfe erlegte.
Freiburg (Breisgau). . H. Lauer.
Gezähmte Schwalben. Über Zahme Schwalben finden wir in dem
Bull, de la Soc. Nat. d’Acclimatation de France in den Heften vom
August 1904 und März und April 1905 drei kleine Mitteilungen.
Im August- und im April- Heft teilt Mr. G. Pays -Mellier , Chateau de la
Palandiere, seine mehrjährigen Erfahrungen mit. Er sagt, die Schwalbe (Hirundo
rustica L.) ist unter allen insektenfressenden Vögeln der intelligenteste, der unter¬
haltendste und der interessanteste. Pays-Mellier hat seit langer Zeit jedes Jahr
einige Nestjunge aufgezogen. Es ist sehr hübsch, wenn diese Tiere vom Mai ab in
voller Freiheit sich draußen hoch in der Luft tummeln und von dort beim Ruf
sofort herbeikommen. Es ist für seine Besucher eine Freude zu sehen, wie die
zierlichen Schwalben, die soeben noch kaum sichtbar dem Auge hoch in der Luft
schwebten, auf Anruf sich sofort auf seine ausgestreckte Hand setzten. Dabei zeigten
die Tierchen durchaus keine Furcht vor den Fremden und ließen sich von ihnen
immer leicht fangen.
Pays-Mellier hält seine zahmen Schwalben vollkommen frei, und man kann
sie fortwährend mit ihren ungezähmten Genossen in großen Höhen oder dicht über
dem Erdboden dahinstreichend kleine Insekten, Fliegen, Neuropteren, Schmetter¬
linge und Käfer fangen sehen, die ihre gewöhnliche Nahrung bilden. Zur Ruhe
setzen sich die Schwalben oft auf das hohe Dach des Schlosses von Palandiere und
lassen ihr liebliches Gezwitscher hören, das sie bis in den Herbst, bis zu ihrem
Fortzuge in weit entfernte Länder, beibehalten. Wenn sich ihr Pfleger im Garten
sehen läßt, kommen sie schnell heran, um eiligst den Mehlwurm oder den Käfer,
den er ihnen bringt, zu ergreifen.
Gewöhnlich sperrt Pays-Mellier am Abend seine gezähmten Schwalben in
einen großen Käfig und gibt ihnen bei Tagesanbruch die Freiheit wieder. Früher
250
behielt er sie das ganze Jahr, also auch während der schlechten Jahreszeit, in
einer gut geheizten Voliere mit andern frostempfindlichen insektenfressenden
Vögeln zusammen. Die Schwalbe hält sich in der Gefangenschaft meistens gut,
aber eine Schwalbe im Käfig ist langweilig ; sie ist traurig und wenig interessant.
Seit einigen Jahren beschränkt er sich deshalb darauf, Schwalben der ersten
Bruten im Frühjahr aufzuziehen; er hält sie immer frei, aber gezähmt, bis zum
Oktober. Dann läßt er sie, wenn die Zeit ihrer Abreise gekommen ist, sich mit
den großen Scharen ihrer wilden Genossen vereinigen, und eines Tages ver¬
schwinden sie alle zusammen, um nicht mehr zurückzukommen.
Auch im letzten Sommer hat Pays-Mellier wieder einige Schwalben aufge¬
zogen. Auch diese kamen stets auf seinen Anruf hoch aus den Lüften sofort
herunter, um sich auf seine Schulter oder auf seine Hand zu setzen. Wenn er
sie fortschickte, schwangen sie sich in die Höhe, kehrten aber fortwährend zurück
und wirbelten um ihn und seine verwunderten Begleiter herum.
In der Umgegend spricht man vielfach von seinen Vögeln, und jeden Tag
kommen Leute, die sich diese kleinen, lieblichen Tierchen ansehen wollen. Wie
alle Jahre kam gegen den Anbruch des Winters die Abschiedsstunde, wo Pays-
Mellier sich von seinen Vögeln trennen und sie in wärmere Gegenden ziehen
lassen mußte.
Eine dieser Schwalben blieb aber zurück, suchte ihren Freund fortwährend,
kam durch ein offenes Fenster in sein Arbeitszimmer nnd setzte sich auf die
Lehne seines Stuhles oder selbst auf seinen Arbeitstisch. Auch im Garten begleitete
das Tierchen ihn fortwährend, sodaß Pays-Mellier mit Unruhe die kalte
Jahreszeit immer näher rücken sah. Er mußte endlich mehrere Tage unsichtbar
bleiben, um seine kleine Freundin zu bewegen, die Reise anzutreten. Das geschah
dann auch endlich an einem sehr kalten und trüben Nebeltage.
Mlle. L. Reyen hat, nach ihren Mitteilungen im Märzheft, seit zehn Jahren
mit ihrem Vater zusammen Schwalben im Käfige in einem bescheidenen Zimmer
mitten in Paris gehalten. Sie zieht jedes Jahr ein oder mehrere Nestjunge mit
einem Futter auf, das sie aus Fleisch, Biskuit, Sämereien u. s. w. herrichtet;
alles wird innig gemischt und vollkommen trocken gegeben. Als notwendige Zu¬
gabe werden lebende Insekten, wie sie zu haben sind, hinzugefügt, Mücken,
Fliegen, Schmetterlinge, kleine Käfer, Mehlwürmer und vor allem Spinnen. Nach
der Meinung von Mlle. Reyen sind Spinnen für alle insektenfressenden Vögel un¬
entbehrlich, indem sie ihnen nicht nur als Nahrung, sondern auch als Heilmittel
dienen. Ein Vogel, dem man, besonders im Frühling, zeitweise zwei oder drei
Spinnen täglich reichen kann, hält sich bei guter Gesundheit. Neben dem Futter
muß man den Insektenfressern auch Getränk reichen, und zwar mischt sie unter das
Futter frisch geriebenen Mohn, und alle vierzehn Tage gibt sie ihnen Wasser zu
trinken, in dem Leinsamen eingeweicht worden ist. Dies Getränk bekommt auch
Nachtigallen, Bachstelzen u. a. m. am besten, während Grasmücken mit Honig ge¬
süßtes Wasser vorziehen.
Sobald die jungen Schwalben das Nest zu verlassen beginnen, setzt sie sie
zur Fütterung dicht an den Futternapf, und sie gewöhnen sich auf diese Weise
bald daran, ihre Nahrung selber zu nehmen. Sind die Tiere erwachsen, so wer¬
den sie in Freiheit gesetzt oder weiter im Käfig gehalten. Für zahme Schwalben
hat Mlle. Reyen in Paris unter ihren Freunden stets willige Abnehmer. Sie
selber hat seit langen Jahren oft Schwalben gepflegt, und seit sieben Jahren
hält sie eine Rauchschwalbe im Käfig. Sie fand das arme Tier im Mai 1897 im
Luxemburg in den Händen eines Kutschers, der es mit der Peitsche aus der Luft
heruntergeschlagen hatte. Während einiger Tage, solange der durch den Schlag
verletzte Flügel verbunden war, wurde das Tierchen gestopft; später nahm es sein
Futter selbständig aus einem Napfe. Seitdem kann die Schwalbe nicht mehr
fliegen, aber sie scheint sich doch mit ihrer veränderten Lebensweise glücklich ab¬
gefunden zu haben, da sie das ganze Jahr hindurch, außer der Mauser, ihr lieb¬
liches Gezwitscher hören läßt. Schwalben mausern im Winter. Mlle. Reyen hilft
ihrem Pfleglinge über diese kritische Zeit durch reichlichere Nahrung und einige
Tropfen einer »stärkenden Flüssigkeit« hinweg.
Zur Fortpflanzung in der Gefangenschaft hat die Dame noch keine Schwalbe
gebracht, weil sie während der Brutzeit nie beide Geschlechter gleichzeitig be¬
sessen hat. Sie ist überzeugt, daß ihr die Brut gelingen wird, da Schwalben sich
leicht zähmen lassen und unter sich nur dann unverträglich sind, wenn sie nicht
paarweise gehalten werden. Eine große Anzahl der Schwalben, die Mlle. Reyen
aufzog, ist wiedergekommen, und drei Jahre lang hat sie die gezeichneten Vögel
in demselben Nest wieder brüten sehen.
Mlle. Reyen hält noch eine ganze Anzahl von andern Insektenfressern und
meint zum Schluß, daß mit einem geeigneten Futter alle insektenfressenden Vögel
aufgezogen und gehalten werden können. Sie glaubt, daß es nicht der Mangel
an Nahrung ist, sondern einfach die Kälte, die die Schwalben zur Fortwanderung
treibt. Denn wenn sie wirklich nicht unter der Kälte litten, würden sie auch im
Winter leicht Futter finden können. Da sie im Bauer verstehen, ihr Futter aus
einem Napfe zu nehmen, warum sollten sie nicht auch, wie die Zaunkönige, In¬
sekten im Winter suchen können? Übrigens haben Experimente gezeigt, daß die
Blutwärme der Schwalben um einige Grade geringer ist als die der Zaunkönige.
(Letztere Untersuchungen kenne ich nicht, bezweifle auch, daß es sich mit der
Blutwärme so verhält. Wie Schwalben, die gewohnt sind, im Fluge ihre Beute
zu erhaschen, im Winter Nahrung finden sollten, ist mir ebenfalls unklar; ihrem
ganzen Bau nach wäre ihnen ein Futtersuchen, wie es die Zaunkönige tun, wohl
kaum möglich. Der Ref.)
Dr. Hermann Bolan (Helgoland).
Frühlingsinsekten. Osmia bicornis , die Rote oder Gehörnte Mauer¬
biene, flog in diesem Jahr zum ersten Male am 17. März. Im Vorjahr fiel, da
die Witterung wärmer war, das Auftreten um einige Tage früher. Anfänglich
zeigen sich nur Männchen; die Weibchen fangen 8 — 14 Tage später an zu fliegen
(Heuer wurden die ersten am 23. März beobachtet). Osmia bicornis gehört unstreitig zu
den schönsten unserer Hymenopteren; gar nett steht dem Männchen zu seinem
dunkelfuchsroten Hinterleib und dem schwarzen, stahlblau glänzenden Thorax die
atlas weiße, silberglänzende Behaarung des Vorderkopfes; dem etwas größeren
Weibchen fehlt dieser letztere Schmuck. Nach wenig Tagen schon sehen die In¬
sekten abgeflogen und abgeschabt aus, und im Sommer ist oft von der roten und
weißen Behaarung keine Spur mehr übrig. Die Männchen sind sehr paarungslustig
und überfallen sofort jedes Weibchen, das sich den von den Männchen umflogenen
Blüten nähert; es entsteht dann jedesmal eine lustige Rauferei. — Anthophora
pilipes (die Abgestutzte Pelzbiene) flog zum ersten Male am 29. März. Das
Weibchen umfliegt mit kräftigem Summen die Blüten, fast stets begleitet von
einem Männchen, das mehrere Centirneter getreulich hinter jenem herfliegt und,
wenn das Weibchen saugt, in gemessener Entfernung hinter ihm in der Luft
schwirrend an einem Fleck steht; das Gebaren des Männchens sieht oft recht
spaßhaft aus. — Die Stachelbeerblattwespe ( Nematus ventricosus ) flog am 1. April,
Syrphus seneliticus (die Mondfleckige Schwirrfliege) am 4. April. Die ersten
Schwebfliegen (Bombylius major) sah ich am 10. April; die Große Schwebfliege
saugt an aufgeric hteten Blüten, indem sie sich darauf niederläßt; an hängen¬
den Blüten hingegen schwebt sie beim Saugen frei in der Luft. Meine Notiz in
No. 7, 1904 des »Zool. Gart.« über das Saugen der Großen Schwebfliege ist da¬
hin zu berichtigen. Ludwig Schuster.
Eine Trauerseeschwalbe ( Hydrochelidon nigra L.) auf dem Genfer
See verunglückt. Herr Ernst Buchka fand am 3. Mai 1905 während einer
Ruderfahrt auf dem See bei Lausanne einen ihm unbekannten Vogel, der etwa
fünf Minuten vom Ufer entfernt mit dem Rücken nach unten leblos auf der Ober¬
fläche des Wassers trieb. Beim Herausfischen aus dem Wasser ließ sich keine
Verletzung an ihm wahrnehmen. Nach dem Trocknen fiel beim Aufnehmen des
Vogels ein gleichfalls toter, aber noch frischer Käfer aus dem Gefieder. Beide
Tiere wurden mir zugesandt. Ich bestimmte den Käfer als den gemeinen Attagenus
pellio (L.); der Vogel wurde von Präparator* A ug. Koch mit den Stücken der
Frankfurter Sammlung verglichen und als Hydrochelidon nigra (L.) erkannt. Der
lange, spitze Schnabel und die weit heraustretenden mittleren Schwanzfedern lassen
den Vogel leicht als Seeschwalbe erkennen; die halben Schwimmhäute, der kurze
Lauf, die braune Farbe der Füße und die Schwärze des Schnabels und die ver¬
hältnismäßig geringe Größe sind die spezifischen Kennzeichen der Trauersee¬
schwalbe. Mir ist auch der lebende Vogel vertraut; erst vor drei Jahren habe
ich zur Herbstzeit einige über dem Kochelsee in Oberbayern fliegen sehen. Daß
ähnliches Mißgeschick, wie es den Lausanner Vogel getroffen hat, grade dieser
Art häufiger zustößt, bemerkt schon Dr. C. Floericke in seiner Naturgeschichte
der deutschen Schwimm- und Wasservögel, Magdeburg, Creutzscher Verlag, 1898
p. 209, wo er sagt: »Sie ist in erster Linie Fliegerin und tummelt sich den
ganzen Tag fast unablässig in den Lüften, vermag auch sehr artige Schwenkungen
und Flugspiele auszuführen, aber nicht gegen heftige Winde und Stürme anzu-
kämpfen, sondern verunglückt dann leicht, weil sie in den zu schwach
entwickelten Brustmuskeln nicht die nötige Kraft besitzt, um die im Verhältnis
zu dem kleinen Körper geradezu riesenhaften Schwingen ordentlich zu beherrschen«.
Bttg r.
Literatur.
K. Hopf, Der St. Bernhards-Hund (Bernhardiner). Ein Führer für den Züchter
und Liebhaber der Rasse. Frankfurt a. M., Verein Kontinentaler Bernhardiner-
Freunde, 1904. 4°. 129 pag., Fig. — Preis M. 2.50, geh. M. 3.50.
Das sehr schön ausgestattete Buch will dem Freunde des Bernhardiner-Hundes
eine allseitige Schilderung dieser prächtigen Rasse geben und behandelt zu diesem
Zwecke in zehn Abschnitten mehr oder weniger ausführlich die Geschichte der
Rasse, ihre Kennzeichen, die Zucht und Pflege der jungen und der erwachsenen
253
Hunde, die kynologischen Ausdrücke und Bezeichnungen, die Hauptfeinde der Hunde¬
zucht und die Statuten des im Titel des Buches genannten Vereines. Uns interes¬
sieren vor allem das Temperament und die Rasseneigentümlichkeiten. Nicht nur
wegen seiner Größe ist er nämlich der Liebling so vieler geworden, sondern in
erster Linie, weil er sich mehr als andre Hunde in alle Verhältnisse schickt.
Einerlei ob Land oder Stadt, ob im Freien oder im Zimmer, es ist ihm jeder
Aufenthaltsort recht. Er ist ruhig und braucht nicht so viel Bewegung wie die
Dogge oder der Barsoi und besitzt vor allem auch nicht deren Lebhaftigkeit. Tücke
und Falschheit gegen seinen Herrn sind ihm fremd. Die jetzigen Hunde auf dem
Kloster des Großen St. Bernhard schildert der Verfasser als »schöne, stattliche
Tiere mit prächtigem Typus, leider aber durchgängig schlecht im Gebäude (?Bau. —
Der Herausg.), was wohl zum größten Teil an dem unfreundlichen Klima und der
starken Inzucht liege. Schöne, edle Köpfe mit mangelhafter Hinterhand (? schwacher
Muskulatur des Oberschenkels. — Der Herausg.)«. Verfasser unterscheidet zwei
gleichwertige Unterrassen, den Kurzhaarigen und den Langhaarigen St. Bernhards-
Hund. Es sind kräftige, hohe, in allen Teilen stramme, muskulöse Tiere mit mäch¬
tigem Kopfe und intelligentem Gesichtsausdruck. Rote oder grau- und braungelbe
Farben sind völlig gleichwertig. Unbedingt nötige Abzeichen aber sind weiße
Brust, Pfoten, Rutenspitze, Nasenband und Halsband; Genickflecken und Blässe
sind sehr erwünscht. Fehlerhaft sind alle andern Farben außer der beliebten
dunklen Verbrämung am Kopfe (Maske) und an den Behängen (Ohren). Bei der
kurzhaarigen Unterrasse soll die Behaarung sehr dicht, stockhaarig, glatt anliegend
und derb, aber nicht rauh sein; bei der sonst vollkommen gleichartigen langhaarigen
Unterrasse muß das Haar mittellang, schlicht bis leicht gewellt, nie gerollt oder
gekräuselt und ebensowenig langzottig sein. Gerolltes oder gelocktes Haar ist
an der Rute nicht erwünscht, gescheitelte oder Fahnenrute geradezu fehlerhaft.
Mängel sind endlich bei den langhaarigen Bernhardinern vor allem Bildungen, die
an Neufundländer-Kreuzung erinnern, wie z. B. Senkrücken und unverhältnismäßig
verlängerter Rumpf, zu stark durchgebogene Sprunggelenke oder mit aufrecht
stehenden Haaren besetzte Zehenzwischenräume. Von dem mit großer Liebe und
Sachkenntnis verfaßten Buche dürften das Kapital »Es schickt sich nicht!«, das
in bündiger Form die Regeln über Aufzucht, Pflege, An- und Verkauf und Aus¬
stellungen behandelt, und der ausführliche Abschnitt (p. 75 — 118!) über die Haupt¬
feinde der Hundezucht (Anzeichen und Behandlung der Staupe, Räude, des Ekzems,
Blasenausschlags, Haarschwundes, der Eiterentzündung der Haarbälge und der
Furunkulose, Glatzflechte, des Favus, der Rhachitis und der Würmer) und die Vor¬
kehrungen zum Schutze gegen Seuchen und ansteckende Krankheiten für alle
Besitzer von Hunden von Wert sein und zu dem besten gehören, was darüber bis
jetzt überhaupt veröffentlicht worden ist. Bttgr.
Prof. L. v. Mehely, Über das Entstehen überzähliger Gliedmaßen. — Sep.-Abdr.
a. Math, und Naturw. Ber. aus Ungarn Bd. 20. Leipzig, 1904, B. G. Teubner. 8°.
21 pag., 9 Fig.
In dieser höchst anziehenden Studie beschreibt der Verfasser und bildet ab
eine sechsfüßige Knoblauchskröte (Pelobates fuscus Laur.), die auf der linken Brust¬
seite drei anscheinend normale Arme trägt. Ihnen entspricht anatomisch links¬
seitig nicht ein Schultergelenk, sondern deren drei, die jedes für sich alle drei
254
Elemente mit den dazu gehörigen vollkommenen Extremitäten aufweisen. Mit Jäckel
sucht er diesen Befund durch die Annahme zu erklären, »daß sich kein Teil, kein
Organ des Körpers nach zufälligen, von seinem inneren Wesen und Wirken unab¬
hängigen Momenten entwickele, sondern in der von ihm selbst aktiv ausgeprägten
Methode und Richtung seiner Funktion«. Die Regeneration fehlender Teile und
die Vernarbung von Verletzungen gelinge nicht so vollkommen, daß die ursprüng¬
liche Extremität und der Schultergürtel zuletzt wieder ganz ungestört ihre Arbeit
weiter verrichten könnten, weshalb ein überzähliger Gürtel samt seinen Extremi¬
täten vollends überflüssig erscheine. Dies sei jedoch nur scheinbar so, denn die
ursprüngliche Vorderextremität könne im vorliegenden Falle z. B. trotz ihrer
wiedererlangten Beweglichkeit den ursprünglichen Beruf nicht mehr erfüllen, da sie so
hoch hinaufgerückt sei, daß sie den Boden nicht mehr erreicht und weder als Stütze
des Rumpfes, noch als Schreitorgan benutzt werden kann. Hingegen trete die
neu entstandene Vorderextremität an die Stelle der ursprünglichen und übernehme
ganz und gar deren Rolle, — dies eben war aber der Zweck der Superregeneration,
der damit auch vollkommen erreicht wurde. Daß sich nun neben dieser normal
funktionierenden Ersatzextremität noch eine überzählige rechtsseitige, vollkommen
unbrauchbare, ja sogar hinderliche Gliedmaße entwickelt habe, sei eine Konse¬
quenz der physiologischen Einheit der paarigen Gliedmaßen, von der sich der
Organismus — einer im Laufe langer Zeiträume erhärteten Richtung folgend —
nicht mehr losmachen könne. Die sogenannte »Lebenskraft« hierbei zur Erklärung
heranziehen zu wollen, geht aus dem Grunde nicht, weil man in diesen Reproduktions¬
erscheinungen in keiner Weise das zielbewußte Werk einer etwa über dem Sub¬
stanzgesetz stehenden Kraft erkennen könne. Wir gewahren nur, daß diese voll¬
kommen überflüssige Extremität zufolge einer durch den Organismus erkämpften
Entwicklungsrichtung aus mechanischen Ursachen unbedingt zustande kommen
mußte, da sich ohne dieselbe selbst die Ersatzextremität nicht hätte entwickeln
können. Das Zweckmäßigkeitsprinzip der Neo-Vitalisten läßt uns somit auch in
diesem Falle im Stich; es würde nur dann glaubwürdig und annehmbar erscheinen,
wenn die Erfahrung bestätigen würde, daß das zweckmäßige Verhalten eine kon¬
stante Reaktion des Organismus wäre, was, wie wir wissen, nicht der Fall ist.
Bttgr.
H. Grote, Beiträge zur heimischen Avifauna (aus der Vogelsammlung der Kgl.
Forst-Akademie Eberswalde). — Sep.-Abdr. aus Reichenows Ornith. Monatsber.
Jan. -Heft 1905. 8°. 7 pag.
Der Verfasser gibt uns in dieser Mitteilung Nachricht über einige Fälle des
Vorkommens seltner Vögel in Deutschland, sowie über bemerkenswerte Aberrationen
verschiedener in der genannten Vogelsammlung aufgestellten Vogelarten. — Von
ganz oder teilweise albinen Vögeln werden namhaft gemacht Turdus musicus ,
viscivorus , iliacus und pilaris, Saxicola oenanthe , Parus ater, Budytes flavus,
Motacilla alba, Emberiza citrinella und calandra, Lanius collurio, Dendrocopus
majnr, Buteo buteo, Falco peregrinus, Fulica atra und Anas boschas, von ery-
thrinen Fringilla caelebs und von melanotischen Passer domesticus. — Weiter sind
Turdus naumanni Temm. aus Schlesien und atrigularis Temm. von Münster und
Eberswalde, Geocichla varia (Pall.) von Hardtburg (Reg. Bez. Cöln) und sibinca
(Pall.) von Dombrowka, Treptow a. R., Eberswalde und Tangermünde, Lanius
excubitor major Pall, von Eberswalde und aus Pommern, Dendrocopus leuconotus
255
(Bechst.) als Brutvogel aus Eberswalde, Bubo bubo (L.), Nyctala tengmalmi (Gmel.)
Buteo dersertorum (Daud.) und Stercorarius pomarinus (Temm.) aus Eberswalde,
Circus macrurus (Gmel.) aus Wolgast, Aquila clanga Pall, aus Wiesky (0. L.) und
Ibenhorst (Ostpreußen), Eianus caeruleus (Desf.) aus Darmstadt, Plegadis autum-
nalis (Hasselqu.) aus Niederfinow (Mark), Chenalopex aegyptiacus (L.) aus Rogel-
witz (Reg. Bez. Breslau), Tadorna tadorna (L.) von Oderberg (Mark), Branta ber-
nicla (L.) von Ohlau (Schlesien) und Mönchsee - Wiedenhagen (Mecklenburg-
Schwerin), Cosmonetta stellen (Pall.) von Danzig, Oedemia nigra (L.) von
Friedrichsruh, Sula bassana (L.) von Heia, Stercorarius par asiticus { L.) von Ebers¬
walde und Elsterwerda (Sachsen) und cepphus (Brünn.) von Golzow bei Eberswalde,
sowie Thalassidroma pelagica (L.) von Oderberg (Mark) und Eberswalde verzeichnet.
Bttgr.
Aus Natur und Geistes weit. Sammlung wissensch.-gemeinverständl. Dar¬
stellungen Bd. 89: Prof. Dr. R. Hesse, Abstammungslehre und Darwinismus
II. Aufl. Leipzig, Verlag v. B. G. Teubner, 1905. 8°. 4, 128 pag., 37 Fig. —
Preis M. 1. — , geh. M. 1.25.
Wir haben im Jahrg. 1903 p. 135 die erste Auflage dieser gedankenreichen
und auf jeder Seite interessanten, dabei aber sehr preiswerten Schrift unsern Lesern
bereits warm empfohlen und können dies Urteil für die vorliegende zweite Auflage,
die um 5 Textseiten und 6 Abbildungen vermehrt wurde, nur wiederholen. Mancherlei
ist in dem Buche verbessert worden, einzelne Versehen sind getilgt, Unklarheiten
beseitigt und der Text an mehreren Stellen erweitert worden. Darwins Lehre von
der Entstehung der Arten ist besonders deshalb angegriffen worden, weil sie An¬
spruch darauf erhebt, auch für den Menschen gültig zu sein. Trotz aller Anfein¬
dungen ist die Hypothese bisher nicht widerlegt, im Gegenteil hat sie in jüngster
Zeit sehr wertvolle Bestätigungen erhalten, insbesondere durch die überraschenden
Ergebnisse der modernen Blutuntersuchungsmethoden. Dazu kommt, daß man grade
den Zwischengliedern zwischen Mensch und Affe, dem Pithecanthropus und dem
Neandertalmenschen, gegenwärtig erhöhte Bedeutung beimißt und sie z. T. anders
zu deuten versucht wie früher. Die Ergebnisse dieser neuen Forschungen faßt die
vorliegende Auflage in geschicktester Weise zusammen. Bttgr.
Ant. Reichenow, Übersicht der auf der deutschen Tiefsee-Expedition
gesammelten Vögel (Abdruck aus »Wissenschaftliche Ergebnisse der deutschen
Tiefsee-Expedition auf dem Dampfer »Valdivia« 1898 — 1899« von Carl Chun).
14 S., 2 bunte Tafeln.
Fünf Formen wurden von der Expedition neu entdeckt: Charadrius rufo-
cinctus, Butorides javanicus albolimbatus . Homopelia picturata chuni, Corvus
splendens maledivicus und Buchanga stigmatops phaedra. Char. und Homop.
sind abgebildet. Gleichzeitig werden einige Tagebuchnotizen Prof. Dr. Vanhöffens
mitgeteilt. Die übrigen 66 gesammelten Vogelarten sind in zoogeographischer
Hinsicht wichtig, da durch sie die bisher bekannten Fundorte erweitert werden.
Wilhelm Schuster.
256
Eingegangene Beiträge.
G. v. B. in O. (Schweiz), A. B. in 8. (Schweden), Prof. Dr. W. K. in 8., H. S. in D. und
F. S. in D. je eine Mitteilung, J. M. in B. (Böhmen), Dir. Dr. E. S. in H. und v. T. in H.
(Salzkammergut) je eine Arbeit mit bestem Dank erhalten.
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Oorrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 21 u. 25—29.
Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Kor sch eit. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 29. Jahrg., 1905. No. 26 u. 29. Jahrg. 1905. No. 5 — 6.
Ornitliologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Anton Reichenow.
13. Jahrg. 1905. No. 6—7.
Ornithologi sehe Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt.
Redigiert von Dr. Carl R. He n nicke in Gera. 30. Jahrg. 1905. No. 6 — 7.
Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 105, 1905, No. 2735 u. 2738—2739 u. Vol. 106, 1905, No. 2740—2742.
Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart. W. Koblhammer. 24. Jahrg. 1905. No. 7.
I) er W eidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. Salle. Braunschweig.
1905. Bd. 36. No. 34—35 u. 38—42.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. K.
Prösler. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 6. Jahrg. No. 34—36 u. 38—42.
Blätter für Aquarien- u. Terrarien-Kunde. Herausg. v. Dr. K. Bade. Berlin.
Verlag d. Creutzschen Buchh. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 21 u. 25—29.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Haven , Conn.
4. Ser. Bd. 20, 1905. No. 115.
Der Ornithologische Beobachter. Monatsberichte f. Vogelkunde u. Vogelschu tz.
Herausg. v. C. Daut u. G. v. Burg. Bern, Verlag v. C. Daut, 1905. Jahrg. 4, Heft 6.
Natur und Haus. Tllustr. Zeitschr. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Hesdörffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 13. Heft 18—19.
Zwinger und Feld. Illustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter.
Jahrg. 14. 1905. No. 22 und 25—29.
D i e G e f i e d e r t e Wel t. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. Iv. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 21 u. 25 — 29.
The Irish Naturalist. A. Monthly Journal of General Irish Natural History. Edit. by
G. H. Carpenter, R. L. Praeger and R. Patterson. Dublin, 1905, Eason & Son.
Vol. 14, No. 6.
Proceedings of the Royal Society. London, 1905. Ser. A. Vol. 76 No. 509 u. Ser. B.
Vol. 76. No. 509. 4°.
Zeitschrift des Tierschutzvereins zu Posen. Herausg. v. E. Reißmüller.
Posen 1905. 15. Jahrg., No. 1.
Mitteilungen über die Vogelwelt. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. K. Boy er. Wien, J. Kühkopf. 5. Jahrg. 1905. No. 12 — 13.
Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das paläarktische Faunengebiet. Herausg.
v. V. Ritter v. Tschusi zu Schmidhoffen. Hallein, Selbstverlag, 1905. 16. Jahrg.
Heft 3—4.
Vereinsschrift für Forst-, Jagd- u. NaturkundeimKönigr. Böhmen. Herausg.
v. Prof. Fr. Croy u. a. Prag, Verl. d. Böhm. Forstvereins, 1905. Jahrg. 1905— 06, Heft 1.
Deutscher Tierfreund. Illustr, Monatsschrift f. Tierschutz, Tierkunde, Tierzucht u.
Tierpflege. Leipzig, Verlag v. Franz Wagner, 4°. Jahrg. 9, 1905. Heft 6—7.
Tierschutz-Korrespondenz. Herausg. v. Berliner Tierschutz-Verein, Berlin 1905.
No. 13. Gr. 4°. 8 pag.
Prof. A. Giard, La Poecilogonie. — Sep.-Abdr. a. Bull. Scientif. France et Belg. Bd. 39,
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Deutsche Fischerei-Correspondenz. Organ f. d. ges. Binnenfischerei. Herausg. v.
E. Leonhardt. Dresden 1905, Verlag v. E. Clausen. Gr. 4°. Jahrg. 9, Juni— Juli. —
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Dr. Th. Zell, Tierfabeln und andere Irrtümer in der Tierkunde. Stuttgart, Verlag v.
Franckh, 1905. 8°. 84 pag., Taf. - Preis brosch. M. 1.—
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(Brazil) Typogr. do Diario official, 1904. 8°. 4, 679 pag., 23 Fig., 24 Taf.
F. Jaen nicke, Der Park in historischer u. wissenschattl. Hinsicht, mit besouderer Be¬
rücksichtigung der nordamer. u. japan. Waldbestände. — Sep.-Abdr. a. Mitt. d. Deutsch.
Dendrolog. Gesellsch., Langensalza, 1904. No. 13. 8°. 9 pag.
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Nachdruck verboten.
Druck von Reinhold Mablau. Fa. Mahiau & Waldschmidt. Frankfurt a. M.
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Verlag von Mahl au & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere,
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Alt mann, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauw,
Direktor Dr. Heinrich Bolau, Dr. Hermann Bolau, Lehrer L. ßuxbaum, P. Cahn, Prof. Dr. Carl
Eckstein, 0. Edm. Eiffe, Dr. H. Fischer-Sigwart, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh. Reg.-Rat
E. Friedei, Landrichter B. Gäbler, Gymn. - Oberlehrer L. Geisenheyner, Carl Greve, Dam.
Gronen, Dr. W. Haacke, Direktor Hagmaiin, Dir. Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Paul Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornuug, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M. Klittke, Karl Knauthe,
Th. Knottnerus-Meyer, Piof. Dr. med. W. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Dr. med.
Paul Krefft, Baron A. v. Krtidener, Geh. -Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
Prof. Dr. R. v. Lendenfeld, Prof. Dr. H. Lenz, Hofrat Dr. P. Leverkühn, Prof. Dr. F. Leydig,
Prof. Dr. W. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. v. Meliely, Josef Menges, Geh. Hofrat Dr.
A. B. Meyer, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Müller, Pfarrer Karl Müller,
Dr. August Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Müller, Dr. J. Müller- Liebeuwalde,
H. Nehrling, A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perziua, Ernst
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Purpus, Dir. Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reicheuow,
Geh. Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Reuvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer,
Forstmeister Dr. Ad. Rörig, H. Schacht, Direktor Dr. Ernst Schälf, Dr. P. Schiemenz, R.
Schinidtlein, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Wilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, M. Siedler, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel,
Prof. Dr. A. Voeltzkow, Dr. Franz Werner, Georg Westermann, B. Wiemeyer, Direktor
Dr. L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm, Dr. med. A. Zander u. a,
Der Zoologische Garten tritt mit dem Jahre 1905 bereits in seinen
— 46. Jahrgang )«-*-
ein. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original- Berichte
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren,
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen, liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird, hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Her Zoologische Garten erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
Illustrationen, und kostet per Jahr M. 8. — Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und Post¬
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Inserate finden durch den Zoologischen Garten weiteste und wirksamste Verbreitung,
und wird die gespaltene Petitzeile mit nur 20 Pfennig berechnet.
Probe-Nummern sind von jeder Buchhandlung, sowie von der Verlagsbuchhandlung
gratis zu beziehen. Altere Jahrgänge werden zu ermäßigten Preisen nachgeliefert.
Die Zeitschrift „Zoologischer üarten“ ist in der Zeitungspreisliste für 1908 unter
No. 8979 eingetragen.
Organ
der
Zoologischen Gärten
Deutschlands.
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Herausgegeben von der
Xeuen Zoologischen Gesellschaft
in Frankfurt a. M.
Redigiert von
Prof. Dr. O. Boettger.
Frankfurt a. M.
VERLAG VON MAHLAU it WALDSCHMIDT.
1905.
XL VI.
Jahrgang.
No. 9.
Zeitschrift
Beobachtung,
Pflege und Zucht
der Tiere.
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schriften, Abonnements und Annoncen bitten
wir an den Unterzeichneten Herausgeber, Villa
Tännenhof bei Hallein, zu adressieren.
Victor Ritter v. TscMisi zu ScMMeii.
OCT 4 1905
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
N°- 9. XLVI. Jahrgang, September 1905.
I ii li a 1 t.
Nachrichten aus dem Zoologischen Garten zu Hannover; von dem Direktor Dr. Ernst
Schätf. Altes und Neues aus dem Schönbrunner Zoologischen Garten in Wien; von
Maximilian Siedler in Wien. — Tierbilder vom Zambeze; von W. Tiesler in Tete
(Zambezia). — Kleinere Mitteilungen. — Literatur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher
und Zeitschriften.
Nachrichten aus dem Zoologischen Garten zu Hannover.
Von dem Direktor Dr. Ernst Schaff.
In nachstehendem bringe ich einige kürzere Mitteilungen über
unsern Tierbestand, da ich annehmen zu dürfen glaube, daß sie
wenigstens für einen Teil der Leser des »Zoologischen Gartens« In¬
teresse bieten.
Im allgemeinen bemerke ich, daß sich Zahl und Zusammen¬
setzung unseres Tierbestandes in der letzten Zeit nicht unwesentlich
gehoben haben, was besonders auf Rechnung der Freigebigkeit unsrer
Städtischen Kollegieu kommt, da diese unserm bisher freilich recht
stiefmütterlich behandelten Garten M. 10 000. — für Tierankäufe
bewilligt haben. Diese Zuwendung ist zwar vorläufig nur auf ein
Jahr erfolgt ; es ist aber mit erfreulicher Deutlichkeit von maßgeben¬
der Seite zu erkennen gegeben worden, daß diese einmalige Be¬
willigung wohl zu einer alljährlich wiederkehrenden werden würde.
Die Haupterrungenschaft, die wir dem Wohlwollen unsrer Stadt¬
väter verdanken, ist eine Giraffe, ein Ereignis für Hannover, in
dessen Mauern außer zwei vor längeren Jahren anläßlich des Be¬
suches Kaiser Wilhelms I. von C. Reiche in Alfeld geliehenen
Exemplaren nie ein Vertreter diese? Tierart weilte. Unsere neue
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 17
258
Giraffe ist ein Männchen von 11 Fuß Höhe, bezogen von Carl
Hagenbeck. Vielleicht interessiert es, daß das Tier als Getränk
täglich vier Liter Milch mit etwa der gleichen Menge Wasser ver¬
setzt bekommt und mit großem Behagen zu sich nimmt. Außer der
Giraffe beherbergt unser »Antilopen- und Kamelhaus« zur Zeit neben
den üblichen Schwielensohlern neuu Antilopenarten, zu denen
als zehnte noch eine für sich untergebrachte Gemse kommt — eine
für unsere bescheidenen Verhältnisse gewiß ganz ansehnliche Zahl.
Es sind außer der genannten folgende Arten vertreten : Weißschwanz¬
gnu, Nylgau , Sumpfautilope ( Tragelaphus gratus) , Hirscliziegen-
Antilope, Säbelantilope, Spriugbock, Persische Gazelle {Gazella sab-
gutturosa), Rote Schopfantilope ( Cephalophus harveyi ) und Riedbock
( Cervicapra bohor).
Auch vier Arten von Ichneumons bilden eine interessante
Gruppe, bestehend aus Vertretern folgender Spezies : Gemeiner Mungo
( Ilerpestes griseus), Goldstaub-Manguste ( H . auropunctatus ), Schlank¬
ichneumon ( H , gracilis) in einem aus Marokko stammenden Exemplar,
das ich anfangs für einen jungen eigentlichen Ichneumon hielt, und
endlich Kurzschwanz-Ichneumon ( H . galera). Alle sind Geschenke
von Gönnern, die eiuzufaugen ich mir besonders und auch nicht
ohne Erfolg angelegen sein lasse.
Unsere Raubvogelsammlung ziert seit vorigem Sommer als
seltenste und meines Wissens auch in größeren Gärten selten vor¬
handene Art ein Spilornis chulah aus Java. Die perlhuhnartige
Zeichnung des Unterkörpers fällt, weil für einen Raubvogel merk¬
würdig und exzeptionell, vielen, selbst flüchtigeren Beschauern auf.
Im allgemeinen ist der Vogel sehr ruhig und sitzt oft lange Zeit
anscheinend teilnahmlos auf seinem Aste. Sowie aber der Wärter
mit dem Futter naht, kommt Leben und Bewegung in den vorher
so trägen Vogel, das blaßgelbe Auge verrät die innere Erregung, die
ganze Gestalt reckt sich und wird schlanker, so daß das ganze An¬
sehen des »Schlangenhabichts« ein anderes wird. Außer Fleisch,
Ratten, Spatzen und andern Warmblütern nimmt er auch Fische.
Ein Paar unserer Jungfernkraniche, das schon ein Mal
mit Erfolg gebrütet hat, führt auch jetzt (Ende Juni) wieder ein
Junges von etwa 14 Tagen, aus dem dritten diesjährigen Gelege
stammend. Das erste, aus zwei Eiern bestehend, wurde au einen
so offenen und leicht zugänglichen Platz gelegt, daß es schon nach
wenigen Tagen einem unbefugten Eiersammler zur Beute wurde.
Nach kurzer Zeit legte das Weibchen abermals, aber nur ein Ei,
259
und dies leider au einer etwas abschüssigen Stelle des Teichufers,
so daß es bald, vielleicht bei einer etwas unvorsichtigen Beweguug
des Vogels, ins Wasser rollte und außerdem uoch barst. Nun suchte
sich das pflichteifrige Tier ein sichreres Plätzchen , das durch in¬
zwischen emporgeschossene Stauden gut gedeckt war, und hier
brachte es denn glücklich das Junge des einzigen Eies aus. Wie
bei der ersten Brut wurde auch dies Jahr das Junge vou den beiden
es sorgsam führenden Alten in den ersten Tagen fast ausschließlich
mit den ziemlich reichlich vorhandenen Faltern von Tortrix viridana
gefüttert. Jetzt nimmt das Weibchen gelegentlich einem Wärter
kleiue, rohe Fleischstückchen aus der Hand, um sie dem Jungen zu
reichen, das sie mit großem Behagen zu sich nimmt, im übrigen
aber mit Kerbtieren, Würmern u. s. w. geatzt wird. Die Jungfern¬
kraniche gehen bei uns an dem teils mit Rasen bedeckten und stellen¬
weise mit Gesträuchgruppen versehenen, mehrere Meter breiten Ufer
eines Teiches das ganze Jahr frei umher, worauf wohl der Zucht¬
erfolg größtenteils zurückzuführen ist.
Eier erzielten wir auch von einem durch einen Freund unseres
Gartens aus Java als Geschenk erhaltenen Paar Gallus varius. Leider
war nichts daraus zu erzielen. Zwei Eier eines Paares von Crax
sclateri , dem Gelbschnabelhocko, sind einer Truthenne untergelegt
worden, doch weiß ich nicht, ob sie überhaupt befruchtet sind, da
ein Treten vonseiten des Hahnes nie bemerkt worden ist.
Ein gewöhnlicher Seehund ( Phoca vitulina ), der konsequent
das Futter verschmähte, lebte trotzdem acht Wochen. Erst kurz
vor seinem Tode magerte er sichtlich ab, wogegen er in seinem
Umfange und seinem Zustande wochenlang keine Veränderung er¬
kennen ließ.
Läuger hielt ein mittelgroßer Python reticulatus das Fasten aus.
Wenn es auch bekannt ist, daß große Schlangen lange Zeit ohne
Nahrung ausdauern, so ist doch vielleicht die Dauer des Fastens
bei unserem Python bemerkenswert ; es erstreckte sich auf deu Zeit¬
raum von Mitte Oktober v. J. bis Ende Juni d. J. Dann fraß
plötzlich das Tier eine für einen größeren Genossen bestimmte, aus¬
gewachsene Pekiugente, deren Durchmesser den von Kopf und Hals
der Schlange schätzungsweise um das Vierfache übertraf.
Altes und Neues aus dem Schönbrunner Zoologischen Garten
in Wien.
Von Maximilian Siedler in Wien.
• •
Wie uns Österreichern unser Nachbarstaat Deutschland in jeder
Beziehung weit voraus ist, ist er dies auch in Bezug auf die Er¬
richtung zoologischer Gärten. Während man in Deutschland in den
meisten größeren Städten derartige Institute findet, besitzen wir in
unserem großen Österreich nur einen einzigen, und zwar den Schön¬
brunner Zoologischen Garten in Wien, oder wenn wir ihn mit seinem
offiziellen Titel bezeichnen wollen »Die kaiserliche Menagerie zu
Schönbrunn«. Es ist dies eine traurige, für uns tief beschämende
Tatsache. Freilich sind aber auch die Verhältnisse in Deutschland
ganz andere als bei uns. Man hat dort viel mehr Interesse für die
Tierwelt als bei uns, es besteht daher ein besserer Boden für die
Errichtung zoologischer Gärten, und infolgedessen können solche
entstehen, blühen und bestehen. Ich will hier nur die Wiener Ver¬
hältnisse ins Auge fassen. Der Wiener ist wohl Naturfreund, nicht
aber im gleichen Maße auch Tierfreund. Auch in Wien finden wir
ja eine große Anzahl Liebhaber von Stubenvögeln; ein tieferes In¬
teresse für die übrige Tierwelt aber wird man bei den Wienern sehr
selten antreffen, und die Mehrzahl derselben interessiert sich über¬
haupt nur für das Tier in Gestalt eines »Backhändels« oder eines
schmackhaften Donaukarpfens.
Wie in Wien liegen die gleichen Verhältnisse wohl auch in
anderen österreichischen Städten, und es findet sich auch deshalb
niemand, der den Mut besäße, einen zoologischen Garten zu errichten.
Der seiner Zeit in Wien bestandene »Wiener Tiergarten«, der für
ein geringes Eintrittsgeld eine ganz ansehnliche Tierausstellung, sowie
noch ethnographische Schaustellungen bot, und in welchem auch, den
Eigenheiten der Wiener Rechnung tragend, eine Restauration errichtet
war, konnte sich nicht halten und ging ein. Der Schönbrunner
Zoologische Garten bleibt nur deshalb besteheu, weil er ein kaiser¬
liches Institut ist. Würde der Garten einem Privatmann gehören,
so wäre das Unternehmen längst zusammengebrocheu. Die Schön¬
brunner Anlage bildet wohl ein beliebtes Ausflugsziel der Wiener
aller Stände, und au schönen Sommersonntagen ist der Besuch ein
massenhafter; die Parkanlagen sind ja prächtig, und daun kostet
der Eintritt in dieselben uud damit auch in die Menagerie keinen
261
Heller. Die ausgestellten Tiere besichtigt man, weil sie eben »auch
zum Anschauen da sind«, ein wirkliches Interesse dafür ist aber bei
den wenigsten Besuchern vorhanden.
Wenn sich auch unser Schönbrunner Zoologischer Garten mit
den deutschen Gärten, und besonders mit dem der deutschen Reichs¬
hauptstadt, dem Berliner Zoologischen Garten, was die Anzahl der
Tiere anbelaugt, wohl nicht messen kann, so dürfte er doch bezüg¬
lich seiner Einrichtung nicht hinter diesen zurückstehen. Der Teil der
Parkanlage, der zum zoologischen Garten eingerichtet wurde, ist
durch Gittertore von der umgebenden Anlage abgeschlossen und be¬
sitzt so mehrere Eingänge. In der Mitte erhebt sich ein aus Stein
gebauter Pavillon mit vier großeu Türen, eine Art Gartenhaus, das
gegenwärtig Papageien beherbergt, die hier in Käfigen untergebracht
sind. Im Kreise um den Pavillon sind die Käfige und Gehege ange¬
legt. Sämtliche Tiere sind gut untergebracht, die Käfige und Gehege
geräumig und die den Tieren zur Nachtzeit oder im Winter zum
Aufenthalt dienenden Gebäude schön und solid gebaut und mit Ober-
uud Seitenlicht versehen. Wenn es auch doch manchmal etwas zu
tadeln gibt, so tut dies dem Ganzen keinen Abbruch. Zu bedauern
ist nur, daß wegen Mangels an geeigneten Käfigen mehrere interes¬
sante Tierarten nicht im Freien gehalten werden, sondern da und
dort in den Winterquartieren verstreut untergebracht sind.
Wir betreten den Garten durch das am meisten begangene Tor,
zu dem mau nach Passieruug des Schönbrunner Schlosses gelangt.
Den Anfang ftiacheu auf der rechten Seite unseres Weges Schafe
und Ziegen. Wir sehen die Bezoarziege (Capra aegagrus), den Muff¬
lon ( Ovis musimon) und das Mähnenschaf ( Ovis tragelaphus ), alle in
Familien. Links bemerken wir einige neu gebaute Käfige für Bären,
woran eben die letzte Hand gelegt wird. Gebaut wird im Schön¬
brunner Zoologischen Garten fast immer. Hier wird ein neuer Käfig
errichtet, dort ein älterer Bau abgebrochen, um neu und zweck¬
mäßiger zu erstehen. An diese neuen Käfige anschließend erblicken
wir den Kragenbären (Ursus torquatus), den Lippenbaren (U. labiatus)
und in einem Eckkäfig zwei Malayische Bären ( U . malayaniis), ein
altes Weibchen und ein junges Tier. Im gegenüberliegenden Käfige
neben den Mähnenschafen, finden wir drei noch junge Braune Bären
( U . arctos). Rechts biegend kommen wir an dem im Bau befind¬
lichen Zwinger des Eisbären vorüber zum ersten Raubtierhaus. Der
den alten Käfig bewohnende Eisbär wurde im Jahre 1874 von der
österreichischen Nordpolexpedition unter Julius Payer nach Schön-
262
brurm gebracht und ist zu Anfang dieses Jahres eingegangen, hat
also eiue ganz ansehnliche Spanne Zeit, volle 30 Jahre, in der Ge¬
fangenschaft gelebt. Vor dem Raubtierhause nach rechts einrnündend
zieht sich ein Weg zu einer Reihe von Gehegen hin, in denen ver¬
schiedene Arten des Hausschafes und der Hausziege gehalten wurden.
Dieser ganze Teil ist jetzt in Renovierung begriffen; wir bemerken
in einem der vorderen Gehege einige deutsche Heideschafe.
Der Garten besitzt drei Raubtierhäuser zur Unterbringung der
Großkatzen und der Hyänen — von welch letzteren augenblicklich
nur die gestreifte Art ( Hyaena striata) vorhaudeu ist — ; doch sind
sie bereits zu klein geworden, da zu wenig Außeukäfige vorhanden
sind uud die Tiere deshalb die letzteren nur wechselweise betreten
können. Eine Vergrößerung oder noch besser der Bau eines vierten
Hauses wäre also sehr zu wünschen. In dem vor uns liegenden
Hause sehen wir drei prächtige Königstiger ( Felis tigris), zwei Panther
(Leopardus panthera) uud eine Gestreifte Hyäne. Weiterschreitend
gelangen wir zu einem neu an Stelle eines früheren alten erbauten
Zwinger, in dem drei erwachsene Braune Bären gehalten werden,
und rechts zum Käfig des Japanischen Bären (U. japonicus). Hinter
dessen Käfig zieht sich das Tapirhaus, eine Schöpfung neuerer Zeit,
hin, das drei Amerikanische Tapire ( Tapirus americanus) beherbergt.
Wenige Schritte weiter stehen wir nun vor dem riesigen, von
sehr starken Eiseustangen eingefriedeten Gehege der Elefanten. Gegen¬
wärtig sind drei erwachsene Indische Elefanten ( Elephas indicus ),
zwei Weibchen und ein Männchen mit ganz respektablen Stoßzähnen
und ein halberwachsener, mänulicher Afrikanischer Elefant ( Elephas
africanus), namens »Peter« vorhanden. Im hinteren, dem Publikum
nicht zugänglichen Teile des Elefantenhauses, einem großen, lang¬
gestreckten Bau, finden wir in einem dunklen Stalle iu leider sehr
engen Käfigen ein ganzes Rudel Pekaris (Sus torquatus)y ein Wei߬
bartschwein ( S . leucomystax) und einen starken Eber unseres Wild¬
schweines ( S . scrofa). Außer diesen Tieren beherbergt das Elefanten¬
haus auch noch zwei jüngere Doppelhörnige Nashörner ( Rhinoceros
bicornis ), »Jenny« und »Mary«, zwei Weibchen, dereu kleinere Gehege
sich an der Seite des Hauses befinden.
Unweit des Elefantenhauses erblicken wir ein langgestrecktes
Gebäude, das Winterhaus der Schwimm- und Stelzvögel, und vor
ihm einen Teil des Geheges der Flamingos. Rechts an das Winter¬
haus anschließend stehen iu einem mit Steinen und einem Wasser¬
becken ausgestatteten Käfig einige Wasserschweine (Hydrochoerus
263
capybara). Da wir za den Stelzvögeln später von einer anderen
Seite wiederkommen, lassen wir sie einstweilen unbeachtet und weuden
uns den einige Schritte weiter befindlichen Giraffen zu. Seit langen
Jahren hat man im Schönbrunner Zoologischen Garten keiue Giraffen
mehr gesehen, bis er vor ungefähr drei Jahren wieder drei Stück
erhalten hat. Die schönen Tiere, zwei Weibchen und ein Männchen,
werden sorgfältig gepflegt — sie dürfen nur au sehr schönen Tagen
ihren geräumigen Auslauf betreten — , befinden sich recht wohl,
und es ist zu hoffen , daß sie sich vielleicht fortpflanzen. Im
Giraffeuhause sehen wir in einer separaten Abteilung eine Zwerg¬
antilope {Neotragus) und in einem Käfig einige siamesische Haus¬
katzen.
Wir verlassen die Giraffen und gelangen nun auf einen freien,
hübsch bepflanzten Platz, auf dem sich rechts das Gebäude der
Menagerie-Inspektion erhebt und in der Mitte ein Wasserbassin be¬
findet, das zwei Seehunden {Phoca canina ) zum Aufenthalt dient.
Den Platz überschreitend kommen wir zu einer langen Reihe von
geräumigen Gehegen, die sich zur linken Seite unseres Weges hin¬
ziehen, während rechts die Winterhäuser stehen, in denen die Tiere
auch bei Nacht ihren Aufenthalt nehmen. Durch Gittertüren, die,
wenn geschlossen, den Weg absperren, wird zwischen Gebäude und
Auslauf eine Verbindung hergestellt und die Tiere täglich aus- und
eingetriebeu. Den Anfang in dieser Reihe macht das Lama ( Auchenia
lama ), das mit seinen drei Verwandten: Huanaco (A. Jmanaco ), Pako
(A. paco ) und der Vicufia (A. vicunna) in zahlreichen Exemplaren
vorhanden ist. Dann folgen die Mendesantilope ( Antilope addax ),
die zierliche Gemeine Gazelle (A. dorcas ), ein schottisches Zwergpferd
(. Equus caballus scoticas), ein Paar Steppeuesel (Asinus africanus ),
weiter Zwergziegen {Capra hircus reversa ), Ägyptische Ziegen (C. Jiircus
aegyptiaca) und Mamberziegen ( C . hircus mambrica ), unter welch
letzteren wir einige durch Kreuzung mit Schwarzkopfschafen (Ovis
aries steatopyga persica) entstandene Bastarde bemerken. Anschließend
an die Ziegen finden wir das Gnu (Gonnochaetes gnu ), zwei Säbel-
antilopeu (Oryx leucoryx) und endlich in den letzten Gehegen mehrere
Sömmerrings-Autilopen (Antilope soemmerringi). Auf der rechteu
Seite des Weges, zwischen den in Abständen stehenden Winterhäusern,
befindet sich ein Käfig mit Agutis (Dasyprocta aguti) , in zwei
Käfigen ist ein Paar unseres Gemeinen Luchses {Lynx vulgaris ), und
in einem weiteren Käfig sind Stachelschweine ( Hystrix cristata) unter¬
gebracht. Wenn wir in das letzte Winterhaus eintreten, erblicken
264
wir außer einigen jüngeren und älteren Sömmerrings- Antilopen
einen Klippspringer ( Antilope saltratrix).
Wenn wir die Gebege der Antilopen passiert haben, fällt uns
nun der Hauptanziehungspunkt im ganzen zoologischen Garten für
die Wiener, das Affenhaus, ins Auge. Das Winterhaus besitzt einige
Außenkätige, die über dem Dachgitter noch mit einem abnehmbaren,
mit Glasscheiben versehenen Holzrahmen gedeckt sind, und in dem
sich die Tiere an schönen Wintertagen ergehen dürfen. Ein schmaler,
ebenfalls mit Glas gedeckter Verbinduugsgang führt von hier aus in
den eigentlichen Tummelplatz oder den Sommerkäfig, einen runden
, ’ r
und hohen Bau. Daß dieser Käfig den ganzen Tag über von einer Menge
von Zuschauern umgeben ist, die sich an den Sprüngen und dem
Gebaren der Vettern bestens ergötzen, brauche ich wohl nicht erst
zu erwähnen, hat mir doch die öfter an mich gerichtete Frage: »Bitte,
wo sind denn die Alfen?« gezeigt, daß ein großer Teil der Wiener
überhaupt nur ihretwegen, ohne die anderen Tiere zu beachten, die
Menagerie besucht. Von Affen treffen wir nur die am häufigsten
in den Tiergärten zu sehenden Arten von Pavianen und besonders
zahlreich von Makaken an. Menschenaffen besitzt der Schönbrunner
Zoologische Garten gegenwärtig leider nicht. Der letzte, ein Orang-
Utan ( Simia satyrus ), ein jüngeres Tier, ging im Jahre 1899 nach
kurzer Gefangenschaft eiu. Ich habe die Umstände, unter denen sein
Ende erfolgte, in der »Nerthus« (Jahrgang 1903 S. 416) geschildert.
Hinter dem Affenhause zieht sich eine hübsche, ungepflegte
Parkanlage hin, die in den zoologischen Garten eiubezogen werden
soll. Gegenwärtig werden hier in nur provisorisch errichteten Gehegen
und Blockhütten eine Familie Edelhirsche (Cervus elaphns ), einige
Rentiere ( Cervas tarandus), ein Paar Roßhirsche ( Hussa hippelaphus),
einige Mufflons und sieben Gemsen ( Gapelia rupicapra ) gehalten.
Die Anlage ist für das große Publikum noch verschlossen, und es
dürfte mit deren Ausgestaltung wohl noch gute Weile haben.
Vom Affenhause gelaugeu wir zu den zwei anderen Raubtier¬
häusern, die der Garten außer den schon früher erwähnten besitzt.
In dem einen sehen wir einen Tiger, ein Paar jüugere Senegallöwen
{Felis leo senegalensis) und ein Paar Panther ( Leopardus panthera).
Die schwarze Abart des letzteren, der Sundapanther ( Leopardus
variegatas), ist ebenfalls vorhanden, befindet sich aber heute in dem
inneren Käfig. Das zweite Haus beherbergt eiue Gestreifte Hyäne, fünf
jüngere Senegallöwen, darunter zwei Männchen, und ein Paar Ge¬
parden ( Cynaelnrns guttatus). Im Innern des Hauses finden wir das
265
Prachtexemplar eines Jaguars ( Felis onza). In der Mitte des hier
sehr breiten Weges steht ein niedriger, runder, mit einem Wasser¬
bassin verbundener Käfig, der zwei junge Fischottern ( Lutra vulgaris )
und in getrennter Abteilung einige Sch weif biber (. Myopotamus coypu)
beherbergt. Einige Schritte weiter befindet sich unser Wolf ( Canis
lupus ), und rechts sehen wir wieder den Käfig mit dem Malayischen
Bären ; wir sind im Umkreis zuiu Eingang zurückgelangt.
Nunmehr wenden wir uns nach links an dem Pavillon vorbei
und gelangen an die andere Seite der Antilopengehege. Hier sehen
wir wieder Sömmerrings-, Mendes- und Säbelantilopen, die Beisa-
Antilope (Oryx heisa), Schwarzkopfschafe, das Tigerpferd ( Equus
burchelli ), hier mit dem Namen Burchells Zebra bezeichnet, und das
Bergzebra (E. zebra) unter der Bezeichnung Chapmans Zebra, ferner
eine Arabische Gazelle ( Gazella arabica), die wohl nur eine Abart
von Antilope dorcas vorstellt, und einige Nylgau-Antilopen {Antilope
picta ), jüngere, erst kürzlich eiugetroffene Tiere. Gehen wir nun an
die Besichtigung der vor dem Pavillon ausgestellten Papageien, voraus¬
gesetzt daß schönes Wetter ist und wir die Vögel daher draußen
treffen können. Sie sind in der Mehrzahl in den bekannten, glocken¬
förmigen Messiugkäfigen untergebracht, einzelne auch auf Ständern
angekettet, und ich bedauere lebhaft, daß mau von diesen den Vögeln
die denkbar geringste Bewegungsfreiheit gestattenden Käfigen nicht
Abstand genommen hat. Für einen Salon kann man einen solchen
Käfig noch als passend erklären, obwohl er auch da durch eine
praktischere Form ersetzt werden könnte, aber in einem zoologischen
Garten sollte mau wohl für eine zweckmäßigere Behausung der Vögel
Sorge tragen. Die Papageien sind gut vertreten, ich kann hier aber
nur wenige erwähnen. Wir sehen einige Arten von Amazonenpapa¬
geien, einige Araras, den schönen Gelbhaubenkakudu (Plissolophus
galeritus ) und seinen Vetter, den Kleinen Gelbhaubenkakadu (P. sul-
plmreus), den Molukken- und Inkakakadu (P. moluccensis und P.
leadbeateri), die prachtvoll grün und rot gefärbten Edelpapageien
(Eclectus polychlorus und E. grandis ), den bunten Gebirgslori ( Tricho -
glossus novae-hollandiae ), Mitchells Keilschwanzlori (Psittacus mitchelli )
und von Sittichen Bernards Sittich ( Platycercus bernardi), Nandy-
Sittich ( Conurus armillaris), Alexander-Sittich ( Palaeornis eupatris),
Peru-Sittich ( Conurus frontatus) und einige andere bekanntere Arten.
Wir haben nun die im engeren Kreise um den Pavillon befind¬
lichen Tiere besichtigt und müssen, um auch den anderen Teil sehen
zu können, unsern Weg wieder zurück zum Affenhause nehmen. Hier
266
biegen wir in einen rechts von diesem mündenden Weg ein. Zn
unserer Linken sehen wir die zwei Arten des Kamels, weiter Hirsch¬
ziegenantilopen {Antilope cervicapra ), Axis- und Sikahirsche ( Cervus
axis und G. sika) und anschließend an diese die Rinderarten. Von
Rindern sind vorhanden die Anoa (Anoa depressicomis ), das Brah-
manen-Zebu oder Sanga (Bos africanus), der schöne Banteng {Bos
hauteng)^ der Rostbüffel oder Yak (Bos grunnicns), der Indische
Büffel (Buhalus arm), der Karbau ( Bubalus kerabau ), ein Paar Bisons
( Bos americanus ), die durch Tausch vom Zoologischen Garten in Dresden
erworben worden sind, und ein Paar Wisente ( Bos bison), ein Gegen¬
geschenk des russischen Kaisers au Kaiser Franz Josef für einige
ungarische Hirsche. Das Gehege der Wisente ist mit riesigen, tief im
Boden steckenden Eiseustaugen umfriedet, und man hat später diese Art
der Einfriedung, in allzu großer Vorsicht, auch bei den übrigen, kräf¬
tigeren Rinderarten eingeführt. Für die Kamele besteht ein aus Stein
gebautes Winterhaus, während die Rinder, wie auch die hier befind¬
lichen Hirsche und die Hirschziegeuantilopen, die alle den Winter über
im Freien bleiben, als Zufluchtsort fest gebaute Blockhütten beziehen.
Die rechte Seite des Weges wird von eiuer Reihe von Käfigen
eingenommen, die eineu Fuchskusu ( Phalangista vulpina ) und kleinere
Raubtiere beherbergen. Wir sehen da den Waschbären ( Procyon
lotor ) und seinen noch mehr waschlustigen Bruder, den Krabbeu Wasch¬
bären (P. crancrivorus ), den Wickelbären (Cercoleptes caudivolvulus),
den Koati ( Nasua rufa ), sowie seinen Vetter, den Weißrüsselbären
(Nasua narica), die prächtige Eyra ( Felis eyra ), einige Wildkatzen
(Felis catus), die Taraikatze (Felis viverrina ), die Tigerkatze (Felis
tigrina), den Serval (Felis serval) und endlich Edel- und Steinmarder
(Martes abietum und M. foina). Von unserm Weg führt ein schmaler
Verbindungsweg zu den Winterhäusern der Antilopen, an denen wir
bereits früher vorübergekommen sind. An diesem Wege finden wir
wieder einige Raubtiere und einige Nager. Erstere sind der Ozelot
(Felis pardalis), unser Iltis (Foetorius putorius ), der Palmenroller
(Paradoxurus hermaphroditus ), die Javanische Manguste (Herpestes
javanicus ), die Zibete (Viverra zibeta), unser Fuchs ( Canis vidpes)
und Dachs (Meies taxus), sowie der Schakal ( Canis aureus). Von
Nagetieren sehen wir drei Arten, und zwar den Ziesel (Spermophilus
citellus), das Alpenmurmeltier (Arctomys marmotta) und den Prairie-
hund (A. ludovicianus).
Gegenüber dem Gehege der Wisente erblicken wir noch ein
Paar Muntjak-Hirsche ( Cervulus muntjac) und eine Familie Schweins-
2K7
hirsche (Cervus porcinus ), und damit haben wir sämtliche Säugetiere
gesehen und kommen nun zu den Vögeln.
Der Weg, deu wir jetzt einsch lagen, führt uns au den Gehegen
der Kraniche und den Eulenkäfigeu vorüber und endet am Ententeich.
Die Kraniche sind in sechs Arten vertreten, und zwar Pfauenkranich
{Grus pavonina ), Antigonekranich (G. antigone), Mönchskrauich (G.
leucogerana), Grauer Kranich (G. gms ), Australischer Kranich (G.
australasiana ) und Jungfernkrauich (G. virgo). Von Eulen sehen
wir Wald- und Steinkauz {Syrnium aluco und Athene noctua ), die
Waldohreule (Asio otus), die Schleiereule ( Strix flammea ), den Uhu
{Bubo bubo) und die Habichtseule {Syrnium uralense).
Um den Teich herum sind die Käfige der übrigen Raubvögel
gruppiert, und hier steht auch das Große Vogelhaus. Wir gelangen
zuerst zu den Adlern, von denen leider nur die bekanntesten Arten,
wie See-, Kaiser-, Gold- und Schreiadler, vorhanden sind, und zwar
jede Art in zwei oder mehr Exemplaren. Bei deu Adlern befindet
sich als ganz neuer Ankömmling eiu Gaukler {Helotarsus ecaudatus)-
Deu Adlern gegenüber stehen die Geier, zwei Weißkopfgeier {Vultur
fulvus ), drei Möucbsgeier {Vultur monachus), zwei Bartgeier {Gypaetus
barbatus), zwei Kondore {Sarcorhamphus gryphus) und ein Königs¬
geier {Vultur papa).
Anschließend au die Geier steht das im Jahre 1900 fertiggestellte,
modernst ausgestattete Vogelhaus, das die Sperlingsvögel, sowie einige
Taubenarten beherbergt. Das Gebäude ist mit Ober- und Seiten¬
licht versehen uud besteht aus fünf Abteilungen, die durch Glastüren
verbunden sind. In der ersten uud fünften Abteilung wird die hintere
Wand von großen Volieren eingenommen, während an den andern
Wäuden größere Käfige aufgestellt sind. In den drei mittleren Ab¬
teilungen befinden sich au der hinteren Waud größere oder kleinere
Käfige, und an der Eeusterwaud sind große Gitterräume errichtet, aus
deneu die Vögel durch Fenster in drei außen angebaute Volieren
gelangen können. Ich kann bei der Reichhaltigkeit der vorhandenen
Vogelarten hier keine genaue Aufzählung geben, sondern muß mich
mehr an allgemeine Angaben halten. Vorher möchte ich aber eine
irrtümliche Angabe Kroufelds richtigstellen, die in dessen Schrift¬
ehen »Hundertfünfzig Jahre Schönbrunner Tiergarten« enthalten ist.
Kronfeld spricht von über 1000 Vogelarten, die in dem Gebäude
untergebracht sein sollen. Eine so große Artenzahl ist nicht uud
war auch noch niemals vorhanden. Kronfeld hat irrtümlich die
Stückzahl der Vögel als Zahl der Arten angeführt. Gegenwärtig
268
ist die Anzahl nicht so groß, sondern beläuft sich nach meiner ober¬
flächlichen Schätzung auf höchstens 800 Stück.
Betreten wir nun die erste Abteilung des Hauses. In der rechten
Voliere, die sehr hübsch ausgestattet ist, finden wir eine Menge
Specht- und Kohlmeisen ; die andern hier befindlichen Käfige sind
leider noch leer. In der zweiten Abteilung ist schon eine größere
Gesellschaft versammelt. In den au der rechten Wand befindlichen
Käfigen sehen wir eine sehr hübsche Sammlung von Grasmücken,
einige Stelzenarten, Rot- und Blaukehlchen, und auch die beiden Zwerge
iu unserer Vogelwelt, Goldhähnchen und Zaunkönig, fehlen nicht.
Links in der Voliere tummelt sich eine bunte Gesellschaft von ein¬
heimischen Finkenarten, denen Stare, Rosenstare, Singdrosseln und
eine Wachtel zugesellt sind. Die Käfige der dritten Abteilung ent¬
halten verschiedene Drosselarten, darunter auch die beliebte Schama-
drossel (Kittacincla macrura) und die Spottdrossel (Mimus polyglottus ),
prächtige Glauzstare, unter denen besonders der Erzglanzstar ( Sturnus
aheneus) durch seine laugen Schwanzfedern auffällt, und einige
Häherdrosselu. Die Voliere beleben verschiedene Taubenarten, so
die schön gefärbte Nikobarentaube ( Columba nicobctrica), die Schopf¬
taube ( Turtur lophotes), Felsen-, Turtel- und Lachtauben, vereint mit
Nymphensittichen ( Nympliicus novae-liöllandiae) und einer Starart
( Temenuches malabaricus). Eine farbenprächtige Gesellschaft treffen
wir in der vierten Abteilung. Die Käfige beherbergen eine große
Anzahl verschiedenartiger Prachtfinken, worauf näher einzugeheu
der Raum mangelt, den schönen Goldstirnplattvogel (Phyllornis
aurifrons) , drei prachtvolle Honigsauger ( Coereba caerulea ) und eine
Singatzel ( Gracula tnusica). In der Voliere bemerken wir Wellen¬
sittiche und Grauköpfchen, Kardinäle, Reis- und Sounenvögel und ver¬
schiedene Webervögel, von denen einer, der Goldwebervogel ( Ploceus
galbula ) mit dem Bau seines hübschen Nestes beschäftigt ist, während
wir einige schon fertige Nester im Gezweig erblicken. In der letzten
Abteilung, in der sich wie in der ersten die Voliere an der hinteren
Wand befindet, sehen wir vorwiegend Rabenvögel. Die Voliere ist
geteilt und enthält den schönen Strichelhäher ( Garralus lanceolatus ),
eine Häherdrossel ( Garridax leucolophus) und einen Ilornvogel (Buceros
pica). In den hier noch befindlichen Käfigen finden wir den Grau-
liug ( Brachyprorus einer eus)) einige Braunelsteru, wie die Wauder-
elster ( Denclrocitta rnfa), und Kappenblauraben (Cyanocorax pileatus).
Iu diesem Vogelhause wurde auch der Paradiesvogel gehalten, den
Kronfeld erwähnt. Er lebt heute leider nicht mehr; er ging, wenn
269
ich nicht irre, im Jahre 1903 ein. Nur ungern verlassen wir das
Haus, das so viel Sehenswertes beherbergt, durch eine zweite Tür
und stehen nuu wieder am Teiche. Hier bemerken wir zunächst
Käfige mit unserem Eichelhäher und der Dohle und Elster; weiter
sehen wir Flötenvögel ( Coracias tibicen ), Jägerlieste ( Alcedo gigas ),
unsere schöne Blaurake (Coracias garrula ), die Alpendohle ( Pyrrho -
corax pyrrhocorax ), mehrere Steinkrähen ( Pyrrhocorax graculus) und
endlich einen prächtigen Schlangenbussard ( Circaetus gallicus ), der
hier ganz isoliert von den übrigen Mitgliedern seiner Ordnung
untergebracht ist.
Einige Schritte weiter stehen wir vor einer mit Felsen und
Nadelbäumen ausgestatteten Voliere, die einem Auerhahn ( Tetrao
urogallus) zum Aufenthalt dient, dem zur Gesellschaft Amseln, Sing¬
drosseln und Felsen- und Schopftauben zugesellt sind. Sodann er¬
blicken wir Turm- und Rötelfalken, den Carancho ( Caracara vulgaris ),
den Chimango (Milvago chimachima) und an einem von hier zu den
Rindern führenden Weg einige Gemeine Bussarde ( Buteo buteo ), einige
Königsweihen (Milvus milvus ) und zwei Rabeugeier (Cathartes atratus).
Den Teich selbst beleben Wild- und Hausgänse, Stockenten,
Trauer- und Höckerschwäne (Cygnus atratus und C. olor). Ein
kleiner Teil des Teiches ist gegen das übrige Geflügel abgegrenzt,
und in diesem Teile werden Pelikane (Pelecanus onocrotalus) gehalten.
Bei den Pelikanen sehen wir auch das brütende Weibchen eines
Höckerschwanes.
Wir nehmen nunmehr unseren Weg wieder zu den Adlern,
gehen zwischen den Käfigen der letzteren und denen der Geier
hindurch und sehen uns wieder auf dem schon einmal betretenen
Platz vor dem Inspektionsgebäude. An diesem vorüber gelangen wir
zum letzten Teile des Schönbrunner Zoologischen Gartens. Das erste,
was wir erblicken, sind die zwei Hühnerhäuser, von denen das eine
gegenwärtig leer ist, da an ihm die alten, schadhaften Holzteile, die
das Drahtgitter tragen, durch neue ersetzt werden. Im zweiten
Hause finden wir einige Hokkoarten, so den Tuberkelhokko (Crax
globicera ), den Mitu (Urax tuberosa ) und Daubentons Hokko (C.
daubentoni), einige Krontauben (Gura coronata ) und drei Weibchen
des Argusfasans (Argus giganteus). Schade, daß von letzterer Vogel-
art nicht auch das prächtige Männchen vorhanden ist. Von den
Hühnern wenden wir uns zu dem geräumigen Gehege der zahlreich
vorhandenen Flamingos (Phoenicopterus roseus), das durch seine reiche
Bepflanzung, die vier oder fünf kleinen, mit Schilf besetzten Wasser-
«
270
bassins und den mit Kies bestreuten Weg einen sehr schönen Anblick
bietet. In diesem Gehege finden sich auch einige Schildkröten, deren
Art ich, da sich die Tiere meist verborgen halten, nicht bestimmen
konnte. An die Flamingos schließt sich die langgestreckte Voliere
der Stelzvögel. Ursprünglich war sie nur ein einfaches, niedriges
Haus; in neuerer Zeit hat man aber den mittleren Teil der aus drei
Abteilungen bestehenden Voliere umgebaut und einen hohen Bau
geschaffen, während die anderen Teile in ihrer früheren Gestalt
belassen worden sind. Die ganze Voliere ist mit Sträuchern, der
mittlere Teil mit Bäumen bepflanzt und wird von einem schmalen
Bächlein durchflossen. Im rechten Teil ist es etwas einsam, denn
hier findet sich nur ein Pärchen Austernfischer ( Haematopus ostra-
legus ), unser Kiebitz ( Vanellus vanellus ) und ein Brachvogel ( Numenius
arcuatus). Auch hier sehen wir einige Schildkröten. Ein fesselndes
Bild gibt uns der mittlere Teil. Auf den hier aufgestellten, als Ruhe¬
punkt dienenden, dürren Baumästen stehen in träger Ruhe ein
Marabustorch ( Giconia crumenifera ), Graue Reiher ( Ardea cinerea),
Edelreiher ( Herodias alba ), Schopf- und Purpurreiher ( Ardeöla ralloides
und Ardea purpurea). Auf höheren Bäumen und hoch oben auf
den unter dem Dache der Voliere sich hiuziehenden eisernen Quer-
uud Verbindungsstangen bemerken wir noch Kuh- und Nachtreiher
(A. bubulcus und Nycticorax nycticorax). Auf der Erde schreiten
Seideureiher {Herodias garzetta), ein Maguaristorch {Giconia maguari)
und Weiße Störche, von denen ein Pärchen am Boden ein Nest er¬
richtet hat, in dem sich, soviel ich sehen konnte, zwei Junge befinden;
Löffelreiher {Platalea leucorodia) durchwaten das Bächlein, unablässig
nach Futter suchend, und zwischen all diesen Großen tummeln sich
Silbermöweu {Larus argentatus), Lach- und Mantelmöwen {L. ridi-
bundus und L. marinus), und im Sande oder auf Steinen liegen
Kormoraue {Phalacrocorax carbo). Ganz an der vorderen Wand der
Voliere, durch ein vorgeschobenes Brett gegeu Störungen von Seiten
der Besucher geschützt, steht ein Nest der Silbermöwe, und das
Männchen hält bei seinem brütenden Weibchen getreulich Wache
und stellt sich mutig jedem Ankömmling, besonders dem alles besich¬
tigenden Storch entgegen. Im dritten Teil der Voliere sehen wir
vorwiegend Schwimmvögel, so die Brautente (Aix sponsa ), die
Mandarineneute {A. galericidata), die Baumente {Dendrocygna arborea)
und die Nonnenente (D. viduata ), ferner drei Arten des Sultanshuhns,
das Afrikanische {Porphyrio smaragdonotus), das Indische (P. indicus )
und das Amerikanische (P. martinicus ), das Bläßhuhn {Fulica atra),
einige Sichelreiher ( Falcinellus rufus) und einige Rephühner. Hier,
wie auch im ersten Teil, dienen hübsche Holzhäuschen den Vögeln
als Zufluchtsort. In eiuem größeren Raume hinter der Voliere werden
eine Menge Haushühuer, Pfauen und Truthühner gehalteu.
Gegenüber den Stelzvögeln sehen wir die Strauße, und zwar
drei Exemplare des Afrikanischen ( Struthio camelus ) und ein Pärchen
des Amerikanischen Straußes oder Nandu (Rliea amerieana ), zwei Emus
{Dromaeus novae-hollandiae) und zwei Helmkasuare (Casuarms galeatus).
Im Straußenliause, das wir jetzt betreten, finden wir die kleine Samm¬
lung von Kriechtieren und Lurchen — mit Ausnahme der Schild¬
kröten, die wir bereits bei den Stelzvögeln gesehen haben — , die
der Schönbruuuer Zoologische Garten besitzt. Die Tiere sind in sehr
hübsch ausgestatteten Terrarien untergebracht. Unter den Schlangen
fallen uns das Prachtexemplar einer Ahgottschlange ( Boa constrictor )
und die ebenso schöne, noch größere Gitterschlange (Python reti-
culatus ) am meisten auf. Von Schlangen bemerken wir noch unsere
• •
Ringelnatter, die Österreichische oder Schlingnatter (Coronella austriaca),
junge Tigerschlangen ( Python molurus ), die Zorunatter ( Zamenis
y emonensis ), die Würfelnatter ( Tropidonotus tessellatus), die Katzen¬
natter (Tarbophis fallax ), die Streifennatter ( Coluber quaterradiatus ),
••
die Äskulapnatter ( Coluber longissimus) und die Rattenschlange (Zamenis
mucosus). Von Echsen sind vorhanden ein ganz junges Krokodil
(Crocodilus vidgaris ), der Nil waran (Varanus niloticus ), der Binden¬
waran (Varanus bengalensis ), die schöne Smaragdeidechse (Lacerta
viridis ), die Doruschwanzechse (Uromastix spinipes), die Teju-Eidechse
(Tupinambis teguixiri), der Scheltopusik (Ophisaurus apus ) und unsere
Blindschleiche. Die Lurche, und zwar Froschlurche, sind nur in vier
Arten vertreten, nämlich durch den Mexikanischen Rieseufrosch
(Rana montezumae ), den Hornfrosch (Ceratophrys cornuta), die Aga
(Bufo marinus ) und den Pfeiffrosch (Leptodactylus ocellatus) aus der
Sippe der Schmuckfrösche, alle in zwei oder mehr Exemplaren. Im
Straußenhause treffen wir auch noch ein Zweizehiges Faultier oder
Unau (Choloepus didactylus) an, das, so oft ich es besuchte, auch
am Tage recht munter war, und zwei Baumstachler (Cercolabes
novae-hispaniae). An das Straußeubaus schließt sich das Wiuterhaus
für die kleineren Katzenarten, Marder und Schleichkatzen, das jetzt,
außer einigen in kleineren Käfigen befindlichen Wüsteuspriugmänsen
(Dipus aegyptius) und Sieben- und Gartenschläfern, nichts enthält,
und an dieses reiht sich das Hans für Fasanen au, dem gegenüber
sich ein zweites befindet. Von Fasanen sehen wir den Ohrfasan
272
( Crossoptilon auritus ), den Gold- und den Silberfasan (Chrysolophns pictus
und Euplocomus nycthemerus ), Amhersts Fasan ( Phasianus amherstiae)
und den Ring- und Königsfasan {Pli. torquatus und Pli. reevesi).
Wir haben nunmehr das Ende der Menagerie erreicht und können
durch einen hier befindlichen Ausgang in die -äußere Parkanlage
gelangen.
Der Tierbestand des Schönbrunner Zoologischen Gartens setzt
sich, nach dem Stande vom 31. März 1905 (T. Quartal), wie folgt
zusammen :
Säugetiere.
31 Affen in 8 Arten, 82 Raubtiere in 42 Arten, 94 Nagetiere
in 19 Arten, 4 Zahnarme in 2 Arten, 4 Beuteltiere in 2 Arten,
10 Einhufer in 6 Arten, 241 Wiederkäuer in 54 Arten, 18 Viel-
hufer in 8 Arten und 2 Flossenfüßer in einer Art. Im ganzen 486
Säugetiere in 142 Arten.
Vögel.
142 Papageien in 37 Arten, 13 Leichtschnäbler in 4 Arten,
65 Raubvögel in 23 Arten, 43 Girrvögel in 7 Arten, 665 Sperlings¬
vögel in 146 Arten, 90 Scharrvögel in 25 Arten, 9 Kurzflügler in
5 Arten, 103 Stelz vögel in 21 Arten, 124 Schwimmvögel in 27
Arten, 12 Seeflieger in 3 Arten und 8 Ruderfüßer in 2 Arten. Im
ganzen 1274 Yögel in 300 Arten.
Kriechtiere und Lurche.
21 Schildkröten in 8 Arten, 10 Echsen in 6 Arten, 20 Schlangen
in 7 Arten und 22 Froschlurche in 7 Arten. Im ganzen 73 Kriech¬
tiere und Lurche in 28 Arten.
Die Gesamtsumme aller Tiere beläuft sich somit auf 1833 Stück
in 470 Arten. Verglichen mit der Aufstellung Ivronfelds vom Sep¬
tember 1902, 1842 Tiere in 496 Arten, ist bedauerlicher Weise ein
ziemlich starker Rückgang zu verzeichnen.
Hoffentlich wird sich diese traurige Tatsache nicht mehr wieder¬
holen. Möge sich der Schönbrunner Zoologische Garten, der wohl
noch lange Zeit der einzige in Österreich bleiben wird, immer mehr
entwickeln, zur Freude der wenigen Wiener, die sich mit Begeisterung
dem Studium der schönen Wissenschaft »Zoologie« hingebeu.
273 —
Tierbilder tom Zambeze.
Von W. Tiesler in Tete (Zainbezia).
Am vierte 11 Oktober 1904 etwa um 1 1 Uhr vormittags
setzte sich der Zambezedampfer , der uns von Chinde den Strom
hinauf nach Mutarara bringen soll, langsam in Beweguug. Wir be¬
finden uns jetzt in der trockenen Jahreszeit, dem tropischen Winter.
Die Sonne brennt sengend hernieder, und träge wälzt der Zambeze
seine trüben Fluten dem nahen Meere zu. Einige Möwen tummeln
sich über und auf den Wellen, und ein Milan späht aus luftiger
Höhe nach leicht erreichbarer Beute. Die übrige Tierwelt scheint
sich vor den sengenden Sonnenstrahlen ins schützende Mangrowe-
dickicht des Ufers zurückgezogen zu haben. Kaum haben wir jedoch
die erste Biegung des Flußarmes passiert, als sich die Landschaft zu
beleben beginnt. Auf große Entfernung hin sichtbar zeigt sich zu¬
nächst ein Silberreiher, dessen schneeweißes Gefieder grell vom Grün
der Uferbüsche absticht. Vorsichtig streicht er beim Herraunahen
des Schiffes ab und strebt dem jenseitigen Ufer zu. Am weißen
Hals und Brustgefieder kenntlich kommt bald darauf ein Schreisee¬
adler ( Haliaetus vocifer) in Sicht. Auf einem hohen, abgestorbenen
Baume sitzeud überschaut er sein Gebiet, und ängstlich scheint das
gesamte Wassergeflügel die Nähe dieses schönen und lebhaften Räubers
zu meiden. Während ich eine Anzahl kleiner Wasservögel beobachte
und ihre »Nam’ und Art« festzustellen suche, taucht plötzlich der
dicke Kopf eiues Flußpferdes dicht vor dem Schiffe aus den Fluten
empor. Wenige Sekunden glotzt es erstaunt auf das Fahrzeug, um
daun schnell wieder, gleich einem seltsamen Kobold aus der Unter¬
welt, zu verschwinden. Die Silberreiher werden häufiger, und auch
der Schreiseeadler zeigt sich in weiteren Exemplaren. Über den
Negerdörfern, die ab und zu am Ufer sichtbar werden, ist regelmäßig
der Schmarotzermilan (Milvus aegyptius ) zu bemerken. Dieser an
der ganzen Ostküste Afrikas außerordentlich häufige Raubvogel fehlt
wohl keinem Negerdorfe und entfaltet, wenn es sich um eine leckere
Beute handelt, eine außerordentliche Frechheit. So sah ich ihn bei
Chinde zwischen zwei Mais stampfenden Negerinnen hindurch nach
einem Küchlein stoßen, wobei er eine der Frauen mit seinem Flügel
ziemlich uusanft berührte. Da es ihm jedoch bei der Wachsamkeit
der Alten nur selten gelingt ein junges Hühnchen zu erhaschen und
er sich sonst fast ausschließlich von Abfällen und Aas nährt, so ver-
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905- 18
274
dient dieser Raubvogel immerhin geschont zu werden. Während ich
das Ufer beobachte, entdecke ich das erste Krokodil, ein noch junges
Tier von ungefähr ein Meter Länge, das ich bei seiner grüngelben
Färbung, die sich nur wenig von dem Untergründe abhob, beinahe
übersehen hätte. Das Wasser beginnt nun an vielen Stellen äußerst
flach zu werden, zahlreiche Sandbänke erheben sich über das Flu߬
niveau und bilden willkommene Ruhe- und Tummelplätze für allerlei
Getier. Fast jede dieser Sandbänke beherbergt ein oder mehrere
Krokodile, darunter oft Exemplare von recht stattlicher Länge. Es
ist ein ganz eigenartiger Anblick, wenn sich solch ein Riese beim
Herannahen des Dampfers aufrichtet und eilends dem schützenden
Wasser zuwatschelt. Die meisteu von ihnen haben wohl schon die
Bekanntschaft mit den Flinten der Reisenden gemacht und bringen
sich daher rechtzeitig in Sicherheit. Auch Kopf und Rücken eines
starken Flußpferdes werden bald darauf sichtbar, aber der Koloß
zieht es gleichfalls vor, schleunigst wieder zu verschwinden. Die
schönen Tage der Sorglosigkeit sind auch für diese Riesentiere längst
vorüber, wenn es auch mit ihrer vollständigen Ausrottung noch gute
Weile haben wird. Kurz vor Sonnenuntergang sollte uns noch ein
seltsamer und unvergleichlich schöner Anblick zuteil werden. Auf
einer lauggestreckten Insel hatte sich eine Herde von mehr als zwei¬
hundert Flamingos niedergelassen. Ein Schuß brachte diese herrlich
gefärbten Vögel zum Auffliegen, und nun zeigte sich von der Abend¬
sonne beleuchtet ein Flugbild von unbeschreiblicher Farbenpracht.
Auch einige Pelikane haben sich, durch den Schuß erschreckt, er¬
hoben und ziehen mit mächtigen Flügelschlägen über das Wasser.
Da die unzuverlässige Fahrstraße des Zambeze Nachtfahrten nicht
gestattet, so nähern wir uns jetzt langsam dem Ufer, um bis zum
nächsten Morgen vor Anker zu gehen. Hunderte von Glühwürmchen
erscheinen am Ufer, und in der Ferne plätschern und schnaufen die
Flußpferde.
5. Oktober. Schon beim ersten Morgengrauen setzt sich unser
Schiff wieder in Bewegung, aber auch auf den Sandbänken ist es
schon lebendig. Reiher lauern auf vorüberschwimmende Beute, Geier
kröpfen auf einem angeschwemmten Kadaver, Störche, Enten, Gänse
und anderes Wassergeflügel befinden sich auf der Nahrungssuche.
Die Krokodile haben ihre Ruheplätze noch nicht bezogen, aber eine
»Schule« von Flußpferden tummelt sich bereits wieder in ihrem
Element. Der Schreiseeadler stellt eifrig seiner Lieblingsbeute, den
Fischen, nach, und weithin hörbar erschallt seine Stimme über dem
275
Wasser. Dieser Vogel hat die merkwürdige Gewohnheit, beim
Schreien heftig mit den Flügeln zu schlagen und zu gleicher Zeit
den Kopf in den Nacken zu werfen. An einer seichten Stelle ragt
altes Wurzel werk aus dem Wasser und bietet einer Zwergscharbe
( Phalacrocorax africanus) willkommene Gelegenheit, hier auf kleinere
Fische zu lauern. Als wir bei der Station Marromeo für kurze Zeit
an Land gehen, fallen mir zunächst die zahlreichen Termitenhügel
auf. In den Bäumen treiben Scharen von Turteltauben ihr Wesen,
und auch eine der wundervoll gefärbten Papageitauben bekomme
ich zu Gesicht. Außerordentlich zahlreich treten kleinere Arten aus
der Familie der Webervögel auf, und besonders macht sich Estrilda
bengala bemerkbar. Auch der Bülbül bevölkert in ganzen Scharen
die höheren Bäume. Ein großer Raubvogel schwebt über der Land¬
schaft, den ich nach dem eigenartigen Flugbilde für einen Gaukler
( Helotarsus ecaudatus ) halten möchte. Gegen Abend bietet eine An¬
zahl kreisender Geier, die anscheinend in ihrer Mahlzeit gestört
worden waren, ein fesselndes Bild. Wie ich nachträglich feststellen
konnte, waren es Kappengeier (NeopJiron pileatus ), die hier ziemlich
häufig auftreten. Bis spät in die Nacht hinein vollführten die
Frösche im Zambeze ein zwar lautes und abwechslungsreiches, aber
wenig melodisches Konzert.
6. Oktober. Als ich kurz nach Tagesanbruch meinen Be-
obachtungsposteu einnehme, fallen mir zunächst große Scharen von
Sporengänsen (Plectropterus gambensis ) auf, die sich auf den Sand¬
bänken eingefunden haben. Diese stattlichen Gänse kommen am
Zambeze außerordentlich zahlreich vor und sollen auch vielfach ge¬
zähmt gehalten werden. Die regelmäßigen Erscheinungen, Silber¬
reiher, Schreiseeadler und Flußpferde, sind bereits wieder am Platze,
und gegen Mittag erscheinen auch wieder die Krokodile auf den
Bänken. Diese Hydrosaurier sind weitaus die gefährlichsten Be¬
wohner des Stromes, und die durch sie alljährlich hervorgerufenen
Unglücksfälle sind außerordentlich zahlreich. Es wäre äußerst
wünschenswert, daß recht bald unter diesen heimtückischen Bestien
aufgeräumt würde. Heute machen sich besonders Pelikan und Ibis
(Ibis aethiopica) bemerkbar und verleihen den Sandbänken ein
charakteristisches Gepräge. In der Nähe eines Negerdorfes fällt mir
eine schwarz und weiß gezeichnete Bachstelze durch ihre außer¬
ordentliche Beweglichkeit auf. Noch bin ich nicht sicher, welche
Art ich vor mir habe, als eines der Vögelchen plötzlich im hurtigen
Laufe inne hält und ein lustiges Lied, das ungemein an den Schlag
276
eines gewöhnlichen Ivanarienhahues erinnert, ertönen läßt. Jetzt
weiß ich, daß wir Motacilla vidua, die Witwenbachstelze, vor uns
haben, und ergötze mich au den feurigen Strophen und den an¬
mutigen Bewegungen des Vogels. In einiger Entfernung vom Ufer
werden einige Antilopen sichtbar, die vorsichtig und neugierig zu¬
gleich den Bewegungen des Schiffes folgen. Mit Hülfe des Fern¬
glases können sie als Wasserböcke bestimmt werden. Recht uuan-
geuehm macht sich jeden Abend, durch den Lichtschein augelockt,
die Insektenwelt bemerkbar. Da krabbelt, fliegt und flattert es auf
der Abendtafel umher, daß dem größten Tierfreunde die Geduld ver¬
gehen kann.
7. Oktober. Heute in der Frühe entdecke ich endlich einen
Vogel, nach dem ich die Tage vorher vergeblich ausgespäht hatte,
den Riesenreiher ( Megarodius goliath). Langsam und bedächtig
schreitet der mächtige Vogel durch das seichte Ufer wasser und ent-
schließt sich erst kurz vor uns, mit gewaltigen Flügelschlägen auf¬
zugehen. Ein stattlicher Vogel fürwahr! Kaum eine Viertelstunde
später wird ein zweites Exemplar auf einer Sandbank sichtbar, und
— ein charakteristisches Bild aus dem hiesigen Vogelleben — ein
großer Schreiseeadler stürzt sich in sausendem Fluge auf den über¬
raschten Goliath. Ein kurzer Kampf, oder besser ein Geplänkel er¬
folgte. Ob der Adler mit seinen Fängen den Reiher berührte, ob
dieser von seinem gefährlichen Schnabel ernsten Gebrauch machte,
ich vermag es nicht zu sagen. Der ganze Angriff dauerte nur
wenige Sekunden, dann war der Adler weit aus dem Felde, während
der verblüffte Reiher ihm einige blinde Schnabelstöße nachsandte.
Ein paar Federn flogen in der Luft umher, doch war es natürlich
unmöglich festzustellen, von wem sie herrührten. Ich habe noch
eiuige Male Gelegenheit gehabt, diese Balgereien zwischen Schrei¬
seeadler und Riesenreiher zu beobachten , aber nie bemerken
können, daß es zu einem wirklich ernsten Kampfe gekommen wäre.
• •
Reiner Übermut scheint den Adler zu verleiten, auf den Reiher
zu stoßen.
Auch heute sind Pelikane vielfach zu beobachten, und ein Paar
Sattelstörche ( Mycteria senegalensis) geht dicht vor uns auf. In
Chupanga gehen wir an Land und finden die schwarze Bevölkerung
beim fröhlichen Flußpferdschmause. Man hatte gestern einen solchen
Dickhäuter von recht stattlichen Dimensionen erlegt und war heute
damit beschäftigt, sich an diesem Leckerbissen toll und voll zu essen
und den Rest des Fleisches an der Sonne zu dörren. Die Haxen,
277
die neben einander an einem Feuer lagen, machten einen geradezu
verlockenden Eindruck.
*
8. Oktober. Die erste neue Bekanntschaft, die ich heute
machte, war die des Graufischers ( Ceryle mdis), eines Vogels, der
unmöglich zu übersehen ist. Außerordentlich beweglich trägt er
viel zur Belebung des Strombildes bei, und seine helle Stimme kann
man fast den ganzen Tag hören. Oft sieht man ihn mitten im
Fluge plötzlich innehalten und eine zeitlang rüttelnd über dem Wasser
stehen, um dann blitzschnell in die Flut hinabzuschießen. Schon
seit einigen Tagen waren mir an steil abfallenden Uferrändern kolo¬
nienweise vorkommende Löcher aufgefallen, die an die Nester der
Erd- oder Uferschwalben erinnerten. Da sie aber unbewohnt waren,
so blieben mir ihre Erbauer unbekannt, bis der heutige Tag mir
hierüber Aufschluß brachte. An einem solchen Uferabhange herum¬
flatternd oder an den Rändern der Erdnester hängend, erblickte ich
eine große Anzahl prächtig gefärbter Vögel, die sich bei näherer
Beobachtung als Bienenfresser erwiesen. Gleich großen, farben¬
prächtigen Schmetterlingen flatterten sie den steilen Uferabhaug auf
und nieder und boten in der hellen Tropeusonne ein prächtiges
Farbenspiel. Wenn sie sich entfernten, so geschah dies in außer¬
ordentlich schnellem und gewandtem Fluge. Gegen Abend sah ich
noch auf einem hohen Baume ein Paar Nashornvögel sitzen, die ich
als Leistentokos ( LopJiocerus epirhinus) ansprechen möchte.
9. Oktober. Unser Schiff fährt heute einige Meilen den Shire
aufwärts, um nachmittags wieder seine Zambezefahrt fortzusetzeu.
Gleich hinter der Mündung dieses Nebenflusses fesseln ungefähr
3<i Marabus (Leptoptilus argala) , die hoch in der Luft über uns
kreisen, unsere Aufmerksamkeit. Der verhältnismäßig schmale Fluß
bietet Gelegenheit, auch das Tierleben an den Ufern besser beobachten
zu können. Da zeigt sich unter anderem Oriolus notatus , ein hier
häufiger Pirol, mit prächtig goldgelbem Gefieder, das am Kopf,
Flügel und Schwanz charakteristische Zeichnungen trägt. Ein Schatten¬
vogel ( Scopus umbrella ) ist auf der Fischjagd begriffen. Der Feder¬
schopf dieses seltsamen Vogels ist in lebhafter Bewegung; er scheint
ärgerlich zu sein, durch uns in seiner Beschäftigung gestört zu
werden. Dem eigenartigen Geschrei nach, das allenthalben vernommen
wird, müssen die Büsche reiche Völker von Perlhühnern aufweisen.
Ein kleiner Trupp Papageien fliegt mit flatternden Flügelschlägen
und unter gellendem Geschrei über den Fluß. Aus sicherer Höhe
beobachtet uns ein Wiedehopf, anscheinend Upupa africana , und zeigt
seine radförmige Haube. Würger, Drongos und Webervögel beleben
das Gebüsch, während flinke Skinke ( Mobilia ) und Agamen über
die Felsen und Steine huschen.
Als wir wieder im Flußbette des Zambeze schwimmen, bemerke
ich am Ufer einige Blumensauger, die Kolibris Afrikas, die sich auf
den Schilfstengeln schaukeln. Der schwarzen Oberseite und leuchtend
roten Brust nach dürften es Ginnyris gutturalis sein. Als uner¬
wünschte Nachtgäste stellen sich heute besonders zahlreich die
Mosquitos ein. Glücklicherweise erhebt sich bald eine frische Brise
und fegt die ganze lästige Gesellschaft über Bord.
10. Oktober. Heute am letzten Tage unserer Dampferfahrt
treflen wir zunächst auf eine Herde von ungefähr 12 Flußpferden.
Auf dem Rücken zweier ausgewachsener Exemplare reitend können
wir je ein Junges bemerken , und da in diesen Tagen ferner ein
Weibchen erlegt wurde, das einen reifen Embryo im Leibe trug, so
dürfen wir um diese Zeit die Wurfperiode des Zambeze-Flußpferdes
annehmen. Der Nestor dieser Herde, ein alter Bulle, machte einen
höchst achtunggebietenden Eindruck, und in der Tat werden diese
alten Männchen, besonders zur Brunstzeit, manchmal recht gefährlich.
Am Vormittage fingen unsere Neger einige Fische, die ich als
Synodontis zambezensis bestimmen konnte und deren Fleisch sich als
recht wohlschmeckend erwies. Ein riesiges Krokodil, dessen Länge ich
auf ungefähr sechs Meter schätzte, tauchte im Laufe des Tages auf,
und all die bekannten und charakteristischen Formen der Zambeze-
tierwelt, Silberreiher, Sporengänse, Graufischer, Schreiseeadler, Riesen¬
reiher, Pelikane, Ibisse und Bienenfresser stellten sich wieder zahl¬
reich ein und belebten in bunten Bildern den Strom. Spät abenfls
umkreist ein Ziegenmelker, dessen Flügel scheinbar mit langen
Bändern geziert sind und der sich hierdurch als ein Ruderflügel
( Cos metornis) zu erkennen gibt, einige Male das Schiff, und vom
Ufer her zeigt ein lautes uhü-hu, daß eine der großen afrikanischen
Ohreulen auf der Jagd ist.
Kleinere Mitteilungen.
Zur Nahrung der Maulwurfsgrille (Gryllotalpa vulgaris L.J. ln No. 5
p. 153 dieser Zeitschrift schneidet mein Freund Hermann Löns die Frage an:
»Was frißt die Maulwurfsgrille?« Ich weise auf die Arbeit A. Forels im »Bulletin
de la Societe Yaudoise des Sciences Naturelles 1893« hin. Leider liegt mir augen¬
blicklich nur meine kurze Notiz darüber vor. Forel fand den Magen der Maul-
279
wurfsgrille mit einem Brei gefüllt, der, wie das Mikroskop lehrte, zum großem
Teile aus tierischen Kesten — Fett und Muskelzellen — bestand. Nur einige
Bissen pflanzlicher Natur fanden sich mit den Substanzen tierischen Ursprungs
gemischt. Nach Forels Ansicht nährt sich die Maulwurfsgrille hauptsächlich
von Gewürm (vers) und andern kleinen unterirdischen Tieren. Freilich gibt auch
er zu, daß sie der Abwechselung halber einige zarte Pflanzenwurzeln genießt, ferner,
daß sie die Wurzeln, die ihr im Jagdgebiete hinderlich sind, abbeißt. — Die von
Forel vertretene Ansicht dürfte heutzutage wohl die meiste Anerkennung und Be¬
stätigung gefunden haben. So sagt auch Prof. Dr. A. B. Frank in seinem Buche
»Die tierparasitären Krankheiten der Pflanzen« (Breslau, Eduard Trewendt) folgendes:
Die Maulwurfsgrille »wird in Gärten und in Saatbeeten der Gehölze, aber bisweilen
auch auf Ackern an Getreide und Rüben dadurch sehr schädlich, daß sie, obgleich
sie vorwiegend tierischer Nahrung nachgeht, doch den Boden stark durchwühlt
und auflockert, indem sie Gänge in der Nähe der Bodenoberfläche gräbt, wöbe*
sie junge Pflänzchen aushebt und die Wurzeln, selbst diejenigen kräftiger Gemüse¬
pflanzen, durchbeißt«. — Schließlich erinnere ich an die Beobachtung des alten
Nördlinger, der bei einer mit dem Spaten halbierten Maulwurfsgrille sah, wie das
Vorderende das abgetrennte Hinterstück aufzufressen begann.
Dr. H. Reeker.
Das Vorkommen des Schakals ( Canis aureus L.) in Dalmatien.
(Vorläufige Mitteilung). Auf der Rückreise aus Montenegro besuchte ich die für
das Auftreten des Schakals fraglichen Gegenden der Ostküste der Adria, um seine
heutige Verbreitung noch näher festzustellen. Nachfragen und selbstgemachte
Jagden bei Slano im Bezirk Ragusa auf dem Festlande ergaben, daß der Schakal
noch jetzt in der Umgebung dieses Städtchens, wenn auch nicht in großer Anzahl,
so doch allgemein vorhanden ist.
Slano, 24. Juli 1905. Prof. A. Pichler.
Das Dreihorn ( Geotrupes typhoeus), der hübsche Roßkäfer mit den drei
nach vorn gerichteten Hörnern auf dem Halsschild (im männlichen Geschlecht),
wurde von uns vor dem Oberolmer Wald gefangen.1) — Von 29 im März und
April 1905 ausgeschlüpften Exemplaren der Kiefer n-Ivam mhorn wes p e(Lophyrus
pini ) waren 27 Weibchen und nur 2 Männchen. Starke Überzahl der Weibchen !
Wilhelm Schuster.
Ehrung. Dem Direktor des Königsberger Tiergartens, Herrn Kgl. Kom¬
missionsrat H. Cl.aaß, ist der Rote Adler-Orden IV. Klasse verliehen worden.
Die Auszeichnung wurde ihm am 14. Mai durch den Herrn Oberpräsidenten
v. Moltke überreicht. Bttgr.
Brutstätten der Lachmöwe. Auf der Westfälischen Au im Rheinbett
bei Niederingelheim brüten alljährlich ein oder zwei Paare von Xema ridibundum.
Dasselbe gilt von den großen Mooser Teichen im Vogels berg. Am Rhein von
Mainz stromaufwärts dürften überall auf Einzelstationen in Zwischenräumen von
15-20 km einige Lachmöwen nisten (ich kenne diesen Teil des Rheinlaufs noch
zu wenig, um sichere Auskunft geben zu können). Auf dem Rheinsand bei
Straßburg konstatierte ich im Sommer 1904 wenigstens ein Dutzend Lachmöwen
i ) Ich kenne ihn auch aus Nieder ingelhehner Gemarkung-.
Bttgr.
280
als Brutpaare. — Ein Kaufmann K roh n (Hamburg) verzeichnet auf einer Lach-
möwen-Skizze in der »0. M.« keine der genannten Brutstätten (für den Rhein
überhaupt keine!). Als Schuld für die erschreckliche Verminderung der Möwen
und Seeschwalben in Deutschland wird »lediglich die Kultur« angegeben. Hin¬
gegen heißt es betreffs des Eierraubs an den Siedelungen der Lachmöwen, daß
»solches erfahrungsmäßig keine Schädigung« sei (S. 214). So kann doch wohl
nur der ungenaue (um nicht zu sagen: oberflächliche) Beobachter urteilen - ,
bezw. der Eiersammler selbst! Alle sachverständigen Beobachter (u. a. Clodius,
Christoleit, Henrici, Rohweder, Leege) stimmen darin überein, daß gerade der un¬
eingeschränkte schändliche Eierraub an den deutschen Küsten, der auch
nicht einmal ein einziges Nachgelege aufkommen läßt, die Hauptursache des
Rückgangs des deutschen Möwenbestandes ist, wie ich das in No. 1 des Jahrg. 29
der »0. M.« 1904 ausgeführt habe (in »Mehr Schutz den Seevögeln!«) und in
der »Zeitschrift für Oologie und Ornithologie«, bezw. der »Ornithologischen Rund¬
schau« weiterhin ausführen werde.
Wilhelm Schuster, Pfarrer.
Fortpflanzung des Kranichs ( Grus grus L.) in der Gefangenschaft.
Ein Paar Kraniche hat in Skansens Zoologischem Garten zu Stockholm seit 1896
siebzehn Junge ausgebracht.
Folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Bruten.
Eiablage Brütezeit Junge
1896
10/5 und 13/5
8/6 und
9/6
2
1897
6/5
7/5
8/6
2
1898
5/5
7/5
13/6
15/6
2
1899
30/4
2/5
31/5
1/6
2
1900
5/5
3»
9/5
5/6
1
1901
7/5
»
9/5
4/6
»
/6
2
1902
9/5
6/6
1
1903
25/4
27/4
30/5
1/6
2
1904
5/5
7/5
3/6
4/6
2
1905
8/5
10/5
5/6
1
Alarik Behm.
Neue Säugetiere XV. (Für I — X vergl. Zool. Garten Jahrg. 1903 p. 131,
für XI Jahrg. 1903 p. 267, für XII und XIII Jahrg. 1904 p. 69 und 290 und für
XIV Jahrg. 1905 p. 88.)
90. Schöne Abbildungen von Wards Zebra (Equus ivardi n. spO, vermut¬
lich aus dem Gebiete zwischen den Quellflüssen des Tana und dem Rudolfsee in
Ostafrika, bringt J. C. Ewart in Proc. Zool. Soc. London 1904 II p. 181 — 183,
Fig. 35—36.
91. Eine farbige Abbildung von Bedfords Flatterhund ( Scotonycteris
bedfordi Oldf. Thos.) aus Fernando Po hat Oldfield Thomas, ebenda p. 187 — 188,
Taf. 13. Die Art besitzt wesentlich kleinere Ohren wie die Festlandsform S. zenkeri
Matsch, aus Kamerun.
92. Wald sch wein (Hylochoerus meinertzliageni n. gen. et sp. Oldf. Tho¬
mas, ebenda p. 193, Taf. 14 — 15) aus dem Waldgebiete zwischen dem Berg Kenia
und dem Viktoria Nyanza in Englisch-Ostafrika. Zähne und Schädel werden be-
281
schrieben und abgebildet. Die höchst auffallende Novität stellt zwischen Potamo-
clioerus und Phacoclioerus in der Mitte.
93. Eine für die Unterscheidung der 16 bis jetzt bekannten Pfeifhasen
( Ochotona , früher Lagomys) wichtige Übersicht bringt J. Lewis Bonhote, ebenda
p. 205 — 220. Neu Wards Pfeifhase ( Ochotona wardi n. sp.) aus Kaschmir,
verwandt 0. koslowi (Büchn.), pusilla (Pall.) und rufescens (Gray), aber Oberseite
nicht gleichfarbig, Sommerkleid graulich mit rotem Kopf und Schultern und ohne
das weiße Halsband der 0. rufescens. — Kopf und Rumpf 187, Hinterfuß 25,
Ohr 22^2 mm.
94. R. Lydekker reproduziert alte Gemälde von Giraffen- und Zebra-Formen
ebenda p. 339 — 345. Fig. 85 — 86 stellen augenscheinlich Nubische Giraffen (Giraffa
camelopardalis typ.), Fig. 87 Kap-Giraffen (G. camelopardalis capensis ), Fig.
88 — 89 Bergzebras (Equus zebra) dar.
95. Derselbe bringt ebenda p. 345 — 346, Taf. 23 in prächtigem Farben¬
druck Köpfe von zwei Lorisformen, nämlich von Nycticebus tardigradus malaya-
nus und subsp. hilleri und von Loris gracilis typ. und subsp. ceylanica.
96. Marrills Gazelle (Gazella marrilli n. sp. Oldf. Thomas, ebenda
p. 347, Fig. 90) aus Palästina. Habitus und Färbung wie bei G. cuvieri, aber in
Schädelgröße und Form und Entwicklung der Hörner merklich zurückstehend hinter
dieser Art des Atlasgebirges. Die Hörner sind S-förmig gebogen und haben nur
10 — 12 Ringfalten. Von G. arabica trennt sie sich durch die bedeutendere Größe.
97. Baron W. Rothschild hat neue Mitteilungen über die anthropoiden
Affen, ebenda p. 413 — 440. Er unterscheidet in der Gattung Gorilla Matsch. 1.
G. gorilla (Js. Geoffr.) (Schädel Fig. 99 — 100) mit subsp. castaneiceps Slack vom
Gabun und Ogowe, G. gorilla matschiei n. subsp. p. 415 (Schädel Fig. 101 — 102)
aus Süd-Kamerun und G. gorilla diehli Matsch. (Schädel Fig. 103) und 2. G.
beringen Matsch. (Schädel Fig. 104) aus Deutsch-Ostafrika, in der Gattung Simia
L. 1. S. satyrus L. (Kopf und Schädel Fig. 105 — 107 und Eckzahn 109,1) von
Kamerun bis Ogowe, 2. S. calva (Du Ch.) aus Süd-Kamerun uud Gabun, 3. S.
vellerosa (Gray) (Vollbild Taf. 24, Schädel Fig. 108 und Eckzahn 109,2) aus Nord-
Kamerun, 4. S. schweinfurthi Gigl. (Photographie Fig. 110) aus dem Sudan und
Uganda, 5. S. fusca (A. B. Mey.) von der Goldküste, 6. S. leucoprymna Less.
von Sierra Leone und West-Liberia, 7. S. chimpanse (Matsch.) aus Senegambien
und 8. S. pygmaea raripilosa n. subsp. (p. 422 und 428, Kopf Fig. 111) aus
Französisch-Kongo. — Nach weiteren Bemerkungen p. 429 — 430 erkennt Verf. von
Simia 5 Arten mit folgenden Namen an 1. S. vellerosa (Gray) typ. und subsp.
fidiginosa (Schauf.) vom Kongo, 2. S. satyrus L. typ. und subsp. marungensis
Noack (Kopf Fig. 112) vom mittleren Kongo und subsp. schweinfurthi Gigl., 3.
S. koolookamba (Du Ch.) (Kopf Fig. 115) und 4. S. aubryi (Grat. Al.), beide von
Kamerun bis Gabun, sowie 5. S. pygmaea Schreb. (Kopf Fig. 113) vom Kongo
mit den 4 Subspecies fusca A. B. Mey., leucoprymna Less., chimpanse Matsch.
(Kopf Fig. 114) und raripilosa Rothscli. Was die O rangformen anlangt, so unter¬
scheidet Bar on Rothschild nur eine Art mit 8 Unterarten. Abgebildet werden
Pongo pygmaeus f. agrias Schreb. (Schädel Fig. 116) und f. pygmaea L. (Schädel
Fig. 117), beide aus Borneo. Bttgr.
282
Literatur.
Die Hinterleibsanhänge der Libellen und ihrer Larven von Dr.
Richard Heymons. Sep.-Abdr. aus dem XIX. Band der Annalen des
k. k. Naturhistorischen Hofmuseums. Wien, 1904.
Wer nicht speziell in das hier behandelte sehr schwierige Thema eingeweiht
ist, dem wird vor allem Abschnitt IV »Zusammenfassung« ff. lesenswert sein. Bei
den Odonaten unterscheidet man zwei Hauptgruppen, die Zygoptera uud die Ani-
soptera. Bei jenen sind die Organisationsverhältnisse als einfachere und ursprüng¬
lichere anzusehen. Die Zygopterenlarven schlüpfen in einem (Stadium aus dem Ei,
in dem ihr Körper wegen des Vorhandenseins dreier langer Schwanzborsten
(Appendices) — Anhangsgebilde des 2. Abdominalsegments — etwas Thysanuren-
ähnliches hat. Bei den landbewohnenden Thysanuren bleibt dieser Zustand zeit¬
lebens erhalten, bei den Zygopterenlarven führt aber die Anpassung an den Aufent¬
halt im Wasser dahin, daß die erwähnte Thysanurenähnlichkeit im weiteren Ver¬
laufe des Larvenlebens stark beeinträchtigt wird. Die drei Schwanzfäden werden
zu Respirationsorganen. Über die weitere Entwickelung s. S. 48 ff. ! — Gegen
diese Arbeit hat Handlirsch, dessen Anschauungen hier teilweise korrigiert werden
sollen, bereits eine neue Abhandlung geschrieben ; wer von beiden recht behält,
muß die weitere Forschung entscheiden. Wilhelm Schuster.
Gemeinverständliche Dar wini stisclie Vorträge und Abhandlungen,
herausgeg. v. Dr. W. Breitenbach in Brackwede. Heft 13: Prof. Dr. A. Jacob i,
Die Bedeutung der Farben im Tierreiche. Brackwede, Verlag von Dr. Breiten¬
bach & Hörster, 1904. 8°. 56 pag., 2 Fig. — Preis M. 1. — .
Seit Jahrtausenden haben die Menschen die wunderbare Farbenpracht der
Tiere angestaunt, ohne dafür eine ausreichende Erklärung zu finden. Man glaubte
und beruhigte sich dabei, der Schöpfer habe die Tierwelt so schön geschmückt,
damit sie das Auge der Menschen erfreuen möchten. Erst der Darwinschen Theorie
war es Vorbehalten, eine befriedigende Erklärung für die Mannigfaltigkeit der
Färbungen und Zeichnungen der. Tiere zu geben, und auf keinem andern Gebiete
der biologischen Forschung hat sich die erklärende Kraft der Zuchtwahllehre
glänzender bewährt wie grade auf diesem. Der Verfasser behandelt in der vor¬
liegenden Schrift die ganze Frage in mustergültiger Weise und zeigt an gut ge¬
wählten Beispielen, daß die Färbung der Tiere im allgemeinen so gut wie die
kleinsten Einzelheiten der oft so verwickelten Zeichnung immer von Bedeutung für
den Träger selbst sind, und daß sie nur verstanden werden können auf Grund der
Darwinschen Lehre, sodaß sie ihrerseits zu einer der festesten Stützen dieser Lehre
geworden sind. Er weist vor allem zuerst nach, daß die Färbung für die Tiere
zweckdienlich sein müsse, weil sie beständig zu sein pflegt, und bespricht sodann
die Frage, wie sich die Tierfarben — Pigmente und Strukturfarben — darstellen
und in welcher Weise sie von den Lebensbedingungen — Licht und Wärme, Feuchtig¬
keit und Nahrung — • abhängen. In dem Kapitel »Die verschiedenen Arten der
Tierfärbung« beleuchtet der Verfasser zuerst die gleichmäßige Verbreitung der
Färbungen von Tieren der Wüste, der Polargegenden und der Hochsee, dann die
schwieriger zu erklärende Wiederkehr gewisser Farben und Färbungen über große
283
Strecken der Erde hin und wendet sich endlich zu den so interessanten Abschnitten
über Erkennungs- und Schutzfarben, über Somatolyse oder Körperauflösung (bei
Buntspecht, Zebra, Tiger und Schwärmerraupen) und über Trutz-, Warn-, Ekel-
und Schreckfarben und über Geschlechtsfarben. Besonders beachtenswert und lehr¬
reich ist das Schlußkapitel von der Entstehung dieser im vorhergehenden geschil¬
derten Färbungen und Zeichnungen. Es wäre dabei vielleicht stärker zu betonen
gewesen, daß gewisse Pigmente als Residua und Relikte von Nahrungsmitteln im
Körper verbleiben, irgendwo ausgeschieden werden müssen und da zur Ablagerung
gelangen, wo sie dem Leben des Trägers nicht schaden, ja ihm nützen können
(Dunkle Farben auf der Schale der Landschnecken in temperierten Klimaten, Ab¬
lagerung brauner oder schwarzen Überzüge im Innern der Schale bei den weißen
Wüstenschnecken u. s. w.). — Von ein paar kleinen Irrtümern bitten wir Notiz
zu nehmen. Auf p. 13 muß es statt Kleiner Brennnesselfalter besser »Landkärtchen«,
auf p. 19 unter Fig. 2 »6r. soemmerringi «, nicht soemmeringi heißen; p. 37 wird
die Unke nicht giftig genannt, was für ihr Hautsekret nicht zutriftt. Ebenda
wäre wohl besser »Blut« statt Gelenköl zu sagen. Auch der »Saft« und die
»Flüssigkeit« der Heliconier auf p. 38 ist nichts anderes wie Blut. Bei dem Flug¬
drachen auf p. 45 besitzt auch das Weibchen den bunten Fallschirm, nicht aber
den grell gefärbten und oft sehr langen Ke hl sack, der das Männchen auszeichnet. —
Wir können die lehrreiche und zum Nachdenken anregende Schrift allen denen
empfehlen, die einen Einblick gewinnen wollen in den ursächlichen Zusammenhang
der Erscheinungen in der organischen Natur. Bttgr.
Smith sonian Institution (U. S. Nat. Museum). Bull. U. S. Nat. Museum
No. 50: R. Ridgway, The Birds of North and Middle America Part III.
Washington, Governm. Print. Office, 1904 (1905). 8°. 20, 801 pag., 72 Fig.
auf 19 Taf.
Es ist dies der dritte Band der großartig angelegten und musterhaft durch¬
geführten Monographie der Vögel von Nord- und Mittelamerika, deren erster 1901
und deren zweiter 19031) erschienen ist. Er enthält die Bachstelzen ( Motacillidae ),
Schwalben ( Hirundinidae ), Seidenschwänze ( Ampelidae ), die spezifisch amerikanischen
Familien der Ptilogonatidae , Dulidae und Vireonidae, die Würger ( Laniidae ), Raben
( Corvidae ), Meisen ( Paridae ), Kleiber ( Sittidae ), Baumläufer (Certhiidae), Zaun-
scblüpfer (Troglodytidae), Wasseramseln ( Cinclidae ), Chamaeidae und Grasmücken
( Sylviidae) , sodaß in den drei jetzt fertigen Bänden an die 1250 Arten und Unter¬
arten oder etwa 2/5 der Gesamtsumme der in Nord- und Mittelamerika wohnenden
Vögel abgehandelt sind. Wie groß das Einzelmaterial ist, auf das sich der Ver¬
fasser bei seinen Untersuchungen stützt, läßt sich z. B. aus der Zahl der Zaun¬
könig-Bälge erkennen, die er durchgesehen und gemessen hat; es sind nicht weniger
als 3818 Stück. Anerkannt werden in dem vorliegenden Bande 70 Gattungen mit
429 Arten und Unterarten, von denen viele von dem Autor selbst aufgestellt, zu¬
meist aber bereits früher von ihm anderweit beschrieben worden sind. Neu zu
sein scheinen mir nur Budytes flavus alascensis n. subsp. p. 8 u. 737 von Alaska,
Steig idopteryx salvini n. sp. p. 62 von Mexico bis Chiriqui, die neue Schwalben¬
gattung Lamprochelidon n. gen. für Hirundo euchrysea Goße und H. sclateri
Cory p. 100 u. 740, Vireosylva gilva brewsteri n. subsp. p. 158 u. 741 aus West-
9 Vergl. unsere Besprechungen im Zool. Garten 1902 p. 238—239 und 1904 p. 134—135
284
mexico und V. josephae costaricensis n. subsp. p. 159 u. 741 aus Costa Rica, Vireo
huttoni mexicanus n. subsp. p. 196 u. 742 aus Mexico und Guatemala, V. huttoni
cognatus n. subsp. p. 199 u. 748 aus Niederkalifornien und V. belli arizonae n.
subsp. p. 207 u. 743 aus Arizona, Texas und Mexico, Vireolanius pulchellus
viridiceps n. subsp. p. 244 u. 744 von Yeragua bis Panama, Lanius ludovicianus
mearnsi n. subsp. p. 252 u. 745 von Inseln an Kalifornien, Aphelocoma unicolor
caelestis n. subsp. p. 345 aus Guatemala und Chiapas, Baeolophus atricristatus
sennetti n. subsp. p. 386 aus Centraltexas und B. inornatus restrictus und B. inor-
natus murinus n. subsp. p. 389 u. 751, beide aus Kalifornien, Psaltriparus minimus
saturatus n. subsp. p. 434 u. 752 vom Puget-Sund und die neue Zaunschlüpfer¬
gattung Nannorchilus n. gen. für Troglodytes leucogaster Gould p. 617. Von
p. 737 ab folgen Nachträge, Berichtigungen und ein bis ins kleinste genau aus¬
gearbeitetes Register. Auf 19 Tafeln sind wie in den früheren Bänden die Merkmale
der sämtlichen angenommenen Gattungen sehr übersichtlich und sauber abgebildet.
— Die ganze Arbeit ist eine Meister- und Musterleistung. Bttgr.
Prof. Dr. W. Marshall, Die Tiere der Erde. Eine volkstümliche Übersicht über
die Naturgeschichte der Tiere. Mit über 1000 Abbildungen und 25 farbigen
Tafeln. Jetzt vollst. in 50 Lief, ä M. 0.60. Stuttgart u. Leipzig, Deutsche
Verlags- Anstalt, 1905. Gr. 4°. Lief. 45 — 50.
Mit der soeben erfolgten Ausgabe der Lieferungen 45— 501) sind Marshalls
»Tiere der Erde« komplett geworden, und das Prachtwerk wird mit den drei
stattlichen Bänden, in die es zerfällt, ohne Zweifel jeder deutschen Hausbibliothek
zur Zierde gereichen. In Lief. 45 beendet der Verfasser die Schilderung der Fische
mit der bildlichen Darstellung einiger sehr seltenen, in deutschen zoologischen
Werken noch nicht abgebildeten Arten von Rochen und behandelt dann kurz die
Naturgeschichte der Manteltiere und Weichtiere. Es sind wieder ein paar kleine
Bemängelungen, die wir zu machen haben, die aber dem großartig angelegten und
durchgeführten Werke in keiner Weise Abbruch tun sollen. Die Zahl der Heliciden
schlägt unser Autor p. 259 mit 4000 Arten wohl zu gering an. L. Pfeiffer
kannte im Jahre 1877 bereits 30 000 Heliceen; wir sagen nicht zuviel, wenn wir
die Anzahl der bis heute beschriebenen Landschnecken auf 50 000 schätzen. Aller¬
dings hat der Umfang der Familie »Helicidae« vielfache Wandlungen erfahren,
da einige Forscher neuerdings u. a. die Bulirainiden, Pupiden, Clausiliiden (allein
über 1000 Arten) und Stenogyriden von den Heliciden abzutrennen versucht haben.
Die als Geldmünze dienende Kaurischnecke (p. 261) ist übrigens Cypraea moneta L.,
nicht caurica. Lief. 46 — 48 und ein Teil der Lief. 49 beschäftigen sich mit den
Gliederfüßern und bringen auch dem Berufszoologen eine Fülle neuer Bilder und
ihm unbekannter Lebensgewohnheiten. Blatta germanica (p. 269) dürfte wie ihre
ganze Sippschaft Europa ursprünglich fremd gewesen, aber schon früh eingeschleppt
worden sein; wir halten ihr gelegentliches Auftreten im Freien für eine neuere
Anpassung an unser kälteres Klima. Bei der Abbildung des Ameisenlöwen auf
p. 272 hätte bemerkt werden müssen »vierfache Vergrößerung«. (Der Ausdruck
auf p. 273 »die etwa 130 Arten (?mm) klafternde« Art bezieht sich wahrscheinlich
*) Vergl. die Besprechungen der früheren Lieferungen im Zool. Garten Jahrg. 1904
p. 99-100 und 1905 p. 26—27 und 28—29.
285
auf dies Versehen !). Bei uns heißt im Volksmunde Rkizotrogus (p. 280) »der
Junikäfer«, Phyllopertha aber hat keinen eigentlichen Volksnamen. Auf p. 284
muß es heißen » Entimus « statt Eutimus. Daß (p. 288) die Chrysididen stechen
können, ist mir nicht hekannt; ich habe Dutzende dieser schönen Wespen gefangen,
ohne daß ich je gestochen worden wäre. Die pag. 307 erwähnte Erscheinung bei
den Rohreulen — »das Öligwerden« — hätte als solches angedeutet werden müssen.
Unter den Abbildungen auf p. 311 und 312 wird es statt Cypressenschwärmer
»Cypressenspinner« heißen müssen. Die Spinnen haben nicht 6 oder 8 »Paar«
(p. 327) Augen , sondern 6 oder 8 einfache Augen. Interessant für viele Leser
dürfte die Notiz über Ethusa granulata (p. 332) sein, eine Krabbe, die bis zu
2000 m Meerestiefe vorkommt. »Während die Art im flachen Wasser gut ent¬
wickelte Augen hat, besitzen Exemplare aus 180 — 700 m Tiefe nur noch die Augen¬
stiele, haben aber ihre Augen und ihre Sehkraft eingebüßt. In noch größeren
Tiefen, bis zu 2000 m, gehen auch die Augenstiele verloren.« Bei den Limuliden
p. 337 hätte auf den Grund ihrer jetzigen eigentümlichen Verbreitung — sie waren
schon im Jura in typischer Form vertreten — hingewiesen werden dürfen. Der
Rest von Lief. 49 beschäftigt sich mit den Würmern, Stachelhäutern und Hohl¬
tieren. Hier (p. 342) würde ich bitten die angeblich deutschen Namen »Binnen-
und Außenäftler« zu vermeiden. Lief. 50 endlich bringt den Schluß der Hohl¬
tiere, die Urtiere und das ausführliche Register.
Wir wiederholen, was wir schon bei Besprechung der früheren Lieferungen
gesagt haben. Der Verfasser hat in diesem schönen Werke mit seltenem Feinge¬
fühl die Forderungen der Wissenschaft und des Belehrung suchenden Laien zu¬
gleich zu befriedigen verstanden; die Darstellung ist ebenso exakt und gediegen
wie lebendig und anregend, sodaß man »Die Tiere der Erde« als das Muster eines
modernen populärwissenschaftlichen Werkes bezeichnen darf. Was dieser Tierkunde
aber noch einen weiteren, besonderen Wert verleiht, ist das reiche, über 1200 Ab¬
bildungen und 25 farbige Tafeln umfassende Illustrationsmaterial, das ausschlie߬
lich auf Naturaufnahmen beruht und die ganze Fauna der Erde in denkbar
größter Anschaulichkeit und Lebenswahrheit vorführt. Bttgr.
Dr. Th. Zell, Tierfabeln und andere Irrtümer in der Tierkunde. Stuttgart,
Franckh’scher Verlag, 1905. 8°. 8, 84 pag., 1 Taf. — Preis M. 1. — .
Das zeitgemäße und anregende Werkchen geht von der Tatsache aus, daß
eine große Anzahl von naturgeschichtlichen Ansichten allgemein als ausgemachte
Wahrheiten angesehen werden, während sie es in keiner Weise sind. Bei vielen
ist es zum mindesten sehr zweifelhaft, ob sie wahr sind. Wie notwendig die Be¬
kämpfung solcher Irrtümer ist, liegt klar auf der Hand. Nicht nur in unsern
Schulbüchern wimmelt es davon, sondern selbst in wissenschaftlichen Werken machen
sie sich breit. Um Mißverständnisse zu vermeiden, betont der Verfasser übrigens,
daß in dem vorliegenden Buche auch Fälle behandelt worden sind, bei denen die
Unwahrheit noch nicht völlig ausgemacht ist. Er hält es für verdienstlich, auch
auf solche Fälle einzugehen und auf die Wahrscheinlichkeit ihrer Unrichtigkeit
hinzuweisen, um zur Klärung der Sachlage beizutragen. — In einem Allgemeinen
Teil behandelt er nun in acht Kapiteln ausführlicher die Fragen: 1. Können alle
Tiere schwimmen? 2. Kommt Selbstmord bei Tieren vor? 3. Die Überschätzung
der Schutz- und Trutzfarben. 4. Tapfere und feige Tiere. 5. Die Notwendigkeit
286
der Existenz von Raubtieren. 6. Kommt Inzucht bei freilebenden Tieren vor? 7.
Das Musikverständnis der Tiere, und 8. Die Rundäugigkeit der Tiere, namentlich
der Alfen. In einem Besonderen Teil erörtert er sodann fünf weitere recht inter¬
essante Fragen, nämlich: 1. Weshalb verschlingen manche Wassertiere große
Steine? 2. Die Fabel von Affenbrücken und dem Kreisbilden der Pferde. 3. Die
Freundschaft zwischen Wolf und Fuchs und die angebliche Dummheit des Wolfes.
4. Schläft der Hase mit offenen Augen? und 5. Wie orientieren sich die Brieftauben?
und bringt in einem Anhänge schließlich noch neun kürzere Mitteilungen über
Fabelhaftes aus dem Leben verschiedener Tiere. Der Verfasser arbeitet in erster
Linie mit der ihm geläufigen älteren und neueren naturwissenschaftlichen Literatur ;
Experimente, die so dringend notwendig wären, hat er offenbar nur in sehr wenigen
Fällen angestellt. Mit beinahe allem, was er vorbringt, können wir uns trotzdem
einverstanden erklären, aber einiges fordert doch unseren Widerspruch heraus.
Es sei mir gestattet, auf ein paar derartige Fälle hinzuweisen. So gefallen mir
p. 4 die Ausdrücke nicht, daß das Känguruh »ein ziemlich dummes Geschöpf« sei
und p. 23, daß »satte Raubtiere erbärmlich feige zu sein pflegen«, ebensowenig
die Stelle p. 12, daß »der Gedankengang« von Pferden und Schafen, die wie
unsinnig in den brennenden Stall flüchten, sei: »Im Stall ist es am sichersten!«
Wir rügen diese Entgleisungen namentlich aus dem Grunde, weil der Autor p. 12
selbst Anstoß an Ausdrücken wie »das verständige Benehmen des Maikäfers« und
»das blödsinnige Verbrennen des Skorpions« nimmt und die ganze Sache p. 20
in völlig korrekter Weise bespricht. Den Eber p. 21 einen wehrhaften »Pflanzen¬
fresser« zu nennen, ist zum mindesten ungenau. Auch der Passus p. 24 »Je
fruchtbarer ein Tier ist, desto eher trotzt es dem Tode« könnte irrig verstanden
werden, obgleich sich aus dem Zusammenhang ergibt, daß der Verfasser dem Tiere
dabei keine aktive Rolle zuschreibt. Was Zell p. 24 und 25 über den Mangel
mütterlicher Liebe und Sorge bei Wildkatze, Bärin und Reiher erzählt, scheint
uns selbst in das Reich der Fabeln, die er doch mit dem vorliegenden Buche be¬
kämpfen will, zu gehören. Am ärgsten aber verhaut er sich, wenn er daselbst
behauptet: »So ist es durchaus nicht unmöglich, daß ein Naturforscher im
Rechte ist, der folgende Erklärung gibt: Der Reiher läßt sich nur in den Jahren,
wo er viele Junge hat, einige rauben, weil er sie insgesamt doch nicht
großziehen könnte!« Beim Kapital vom Verschlucken von Steinen durch
Robben und Krokodile p. 52 ff. müssen wir uns doch zu allererst fragen: Sind
die beobachteten Tatsachen richtig? Und dann: Sind die Steine, die sich in den
Mägen der betreffenden Säugetiere gefunden haben, nicht vielleicht identisch mit
den so häufigen kugeligen Magensteinen der Kühe und Pferde, die in vielen Fällen
ja im Innern aus verfilzten Haaren und außen aus einer harten, glänzenden Kruste
bestehen? Daß nach Zell das Verschlingen von Steinen den Zweck haben solle,
die Tiere zu befähigen besser zu tauchen, ist mir ganz unwahrscheinlich, und noch
befremdender erscheint die Hypothese p. 56, daß solche Wassertiere die Steine
am Lande wieder von sich geben könnten, »wann es ihnen paßt«. An die
p. 63 ff. erzählten Geschichten vom indischen und vom amerikanischen Wolfe glaube
ich auch nicht: unser europäischer Wolf ist, soweit ich ihn in der Freiheit kennen
gelernt habe — in der Rheinpfalz, in Siebenbürgen und in Rumänien — ein
scheues Tier mit den geistigen Fähigkeiten etwa eines osteuropäischen Dorfhundes.
Daß Hasen, die sich gedrückt haben, auf ihre Farbe vertrauend den Wanderer,
der nicht gerade mit einer Flinte bewaffnet ist, herankommen lassen — daß sie,
287
wie man häufig hört, geschlafen haben — beruht auf der gleichen Ursache, warum
Laubfrösche erst in dem Augenblick in riesigem Satze wegspringen, wenn man sie
greifen will. Zum Schluß sei noch erwähnt, daß der Verfasser die von ihm wohl
zuerst hervorgehobene Rundäugigkeit der Säugetiere, namentlich der menschen¬
ähnlichen Affen, wiederum vorbringt, und daß es sich wohl der Mühe verlohnte,
der Sache einmal von wissenschaftlicher Seite nachzugehen. Die von ihm gebrachte
Tafel zeigt in der Tat beim Vergleiche des Auges von Orang und Mensch eine
recht bemerkenswerte Verschiedenheit. Nach meiner Meinung ist die ganze Geschichte
aber nichts weiter wie eine optische Täuschung, hervorgerufen durch eine bei dem
Orang z. B. recht auffallende Braunfärbung der Skierotika. Bttgr.
W i 1 h. Schuster, Ornithologische Anzeichen einer wiederkehrenden Tertiär¬
zeit. — Sep.-Abdr. a. Mitteil. d. österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u. Vogel¬
schutz in Wien. Jahrg. 5, 1905. 8°. 8 pag.
In dieser Schrift hat der Verfasser die Gedanken, über die wir schon im
Jahrgang 1903 p. 60 — 61 Mitteilung machen konnten, weiter ausgeführt. Zu den
Vögeln , die in neuerer Zeit in Mitteldeutschland und speziell in Hessen über»
wintern, fügt er noch Star, Bergstelze, Braunelle, Bekassine und Turmfalk. Weitere
Notizen beziehen sich auf zur Winterzeit erstarrt gefundene Schwalben, die offen¬
bar den verunglückten Versuch gemacht haben zu überwintern. Nordische Vögel,
wie Seidenschwänze und Flachsfinken, kommen im Winter lange nicht mehr so
häufig zu uns wie in früheren Jahren. Dagegen treffen mehr und mehr Südländer
im Sommer bei uns ein und suchen sich das deutsche Bürgerrecht zu erwerben,
so neben den bekannteren Arten Girlitz, Hausrotschwänzchen und Haubenlerche auch
noch Blau- und Steindrossel, Schwarzkehlchen, Fett-, Zaun-, Zipp- und Grauammer,
Alpensegler, Trauer- und Zwergfliegenfänger, Zwergtrappe, Steppenhuhn, Kormoran,
Rohrdommel, Knäkente, Pirol, Berglaubvogel und Karmingimpel. Bttgr.
Eingegangene Beiträge.
Prof. A. P. in S. bei A. (Kroatien), Cand. rer. nat. H. G. in E., Dir. A. B. in S. (Schweden)
und L. Sch. in D. je eine Mitteilung, O. S. in B. A. (Argentina), eine Arbeit und eine Mit¬
teilung und Pfr. W. Sch. in N., 2 Arbeiten, 2 Mitteilungen und eine Besprechung dankend
erhalten. — W. T. in T. (Zambezia). Arbeit erhalten; weitere Mitteilungen sehr erwünscht.
— C. G. in R. (Rußland). Karte mit Ihrer neuen Adresse dankend erhalten,
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. Ko. 30 — 34.
Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Korschelt. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 29. Jahrg., 1905. No. 8—9.
Ornithologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Anton Reichenow.
13. Jahrg. 1905. No. 8.
Ornithologische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt.
Redigiert von Df. Carl R. Hennicke in Gera. 30. Jahrg. 1905. No. 8.
Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 106, 1905, No. 2743—2748.
Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart. W. Koblhammer. 24. Jahrg. 1905. No. 8.
ü er Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. S all e. Braunschweig.
1905. Bd. 36. No. 43—47.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Prösler. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 6. Jahrg. No. 43— 47.
Blätter für Aquarien- u. T err arien -K und e. Herausg. v. W. Köhler. Verlag
d. Creutzschen Buchh. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 30-34.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Ilaven, Conn.
4. Ser. Bd. 20, 1905. No. 116.
Anzeigerd. K. Akad. d.Wiss. Wien. Math.-naturw. Gl. Jahrg. 1905. No. 15— 17. Wien.
K. K. Hof- u. Staatsdruckerei, 1905.
Der Ornithologische Beobachter. Monatsberichte f. Vogelkunde u. Vogelschutz,
Herausg. v. C. Daut u. G. v. Burg. Bern, Verlag v. C. Daut, 1905. Jahr. 4, Heft 7.
288
Natur und Haus. Tllustr. Zeitschr. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Hesdörffer.
Verlag v. H. 8chultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 13. Heft 20—22.
Zwinger und Feld. Illustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Be r gm i Iler. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter.
Jahrg. 14. 1905. No. 30—35.
Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 30—34.
M itteilungen über die Vogelwelt. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. Iv. Boy er. Wien, J. Külikopf. 5. Jahrg. 1905. No. 14 — 16.
Vereinsschrift für Forst-, Jagd- u. Naturkunde im Königr. Böhmen. Herausg.
v. Prof. Fr. Croy u. a. Prag, Verl. d. Böhm. Forstvereins, 1905. Jahrg. 1905 — 06, Heft 2.
Deutscher Tierfreund. Illustr, Monatsschrift f. Tierschutz, Tierkunde, Tierzucht u.
Tierpflege. Leipzig, Verlag v. Franz Wagner, Jahrg. 9, 1905. Heft 8.
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Amphipod Orchestia palustris. Brooklyn, N.Y., Brookl. Inst. Arts & Sciences, 1905. Gr. 8°.
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Allen, Lane & Scott, 1905. 8°. 34 pag.
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Derselbe, Entstehen und Bedeutung der Farbkleidmuster der Eidechsen und Schlangen. —
Sep.-Abdr. a. Sitz.-Ber. Akad. Wiss. Berlin. Jahrg. 1904, No. 40. 12 pag.. 6 Fig.
Derselbe, Bau und Betätigung der Kopflappen und Halsluftsäcke bei Chamäleonen. —
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Prof. Dr. C. B. Klunzinger, Zum Andenken an E. v. Martens. — Sep.-Abdr. a. Jahresh.
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Blaufelchen-Frage betreffend. — Sep.-Abdr. ebenda p. 307—309.
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Nat. Museum. Washington Governm. Print. Office, 1905. 8°. 16, 646 pag., 120 Fig., 69 Taf.
Dr. C. Apstein, Tierleben der Hochsee. Reisebegleiter für Seefahrer. Kiel, Verlag v.
Lipsius & Tischer, 1905. 8°. 8, 115 pag., 174 Fig. - Preis geh. M. 1.80.
Dir. Hagmann, Zool. Garten Basel. Verzeichnis der Tiere u. Plan des Gartens. 7. Aufi.
1905, Basel, Verl. v. G. Böhm. 8°. 63 pag., 14 Taf., Plan. — Preis 50 cts.
Bericht über den Zoolog. Garten zu Dresden für 1903—04. 44. Hauptversammlung.
Dresden, Verlag v. Liepsch & Reichardt, L905. 8°. 18 pag.
Dr. Aug. Thienemann, Biologie der Trichopteren-Puppe. Jena, Verlag v. Gust. Fischer,
1905. Inaug.-Diss. Greifswald. 8°. 8, 86 pag, 5 Taf.
Dr. W. Wolterstorf f, Triton blasii und die Mendel’schen Regeln. — Sep.-Abdr. a. Compt.
Rend. 6. Congres Intern, de Zool. Berne 1904. 8°. 4 pag.
Derselbe, Zwergformen der paläarktischen Urodelen. - Sep.-Abdr. ebenda. 6 pag.
Derselbe, Über Triton vulgaris L. subsp. graeca Wolt. n. — Sep.-Abdr. a. Zool. Anzeiger
Bd. 29, 1905. 8°. 3 pag.
C. Claus’ Lehrbuch derZoologie. II. Hälfte. 7. Aufl., bearb. v. Prof. Dr. K.Grobben.
Marburg (Hessen), Verl. v. N. G. Eiwert, 1905. 8°. p. 481—955, 459 Fig. — Preis brosch.
M. 7.50.
Zusendungen werden direkt an die Verlagshandluug erbeton.
Nachdruck verboten.
Druck von Reiubold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M.
©
Blätter für Aquarien- und Terrarienfreunde.
Bulletin du Dluseum d’ßistoire naturelle.
Schireizerische Blätter für Ornithologie,
The Field. * Dafür und Baus.
Dafür und Schule, a Derthus,
Ornithologisches Jahrbuch.
Ornithologische Dlonatsberichte.
Ornithologische (Tlonatsschrift.
Sportblatt für Züchter und Liebhaber uon
Rassehunden, a Der Weidmann.
Die gefiederte Welt, a Zininger und Feld.
QlaWau 5 Waldscfmiidt
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Grosse Gallusstrasse 3,
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Altmauu, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauiv,
Direktor Dr. Heinrich Bolau, Dr. Hermann Bolan, Lehrer L. Buxbaum, P. Cahu, Prof. Dr. Carl
Eckstein, 0. Edm. Eiffe, Dr. H. Fischer- Sigwart, Prof. Dr. Pani Fraisse, Geh. Reg.-Rat
E. Friedei, Landrichter ß. Gabler, Gymn. - Oberlehrer L. Geisenheyner, Carl Greve, Dam.
Gronen, Dr. W. Haacke, Direktor Hagmann, Dir. Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Paul Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M. Klittke, Karl Knauthe,
Th. Knofctnerns-Meyer, Prof. Dr. med. W. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Dr. med*
Paul Krefft, Baron A. v. Krüdener, Geh. -Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
Prof. Dr. R. v. Lendenfeld, Prof. Dr. H. Lenz, Hofrat Dr. P. Leverkühn, Prof. Dr. F. Leydig,
Prof. Dr. W. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. y. Meliely, Josef Menges, Geh. Hofrat Dr.
A. B. Meyer, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Müller, Pfarrer Karl Müller,
Dr. August Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Müller, Dr. J. Müller- Liebenwalde,
H. Nehrliug, A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Erust
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Purpus, Dir. Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reichenow,
Geh. Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Reuvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer,
Forstmeister Dr. Ad. Rörig, H, Schacht, Direktor Dr. Ernst Schaff, Dr. P. Scliiemenz, R.
Schmidtlein, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Willi. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, M. Siedler, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel,
Prof. Dr. A. Voeltzkow, Dr. Franz Werner, Georg Westermann, B. Wiemeyer, Direktor
Dr. L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm, Dr. med. A. Zander u. a.
Der Zoologische Garten tritt mit dem Jahre 1905 bereits in seinen
-—»{ 46. Jahrgang )*—
ein. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original-Berichte
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren,
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen, liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird, hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Der Zoologische Garten erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
Illustrationen, und kostet per Jahr M. 8. — Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und Post¬
anstalten an..
Inserate finden durch den Zoologischen Garten weiteste und wirksamste Verbreitung,
und wird die gespaltene Petitzeile mit nur 20 Pfennig berechnet.
Probe-Nummern sind von jeder Buchhandlung, sowie von der Verlagsbuchhandlung
gratis zu beziehen. Altere Jahrgänge werden zu ermäßigten Preisen nachgeliefert.
Die Zeitschrift „Zoologischer Garten“ ist in der Zcitungspreisliste für 1903 unter
No. 8979 eingetragen.
Der
Zoologische Garten.
Zeitschrift
Beobachtung,
Pflege und Zucht
der Tiere.
Organ
o e r
Zoologischen Gärten
Deutschlands.
Herausgegeben von der
Keuen Zoologischen Gesellschaft
in Frankfurt a. M.
Redigiert von
Prof. Dr. O. Boettger.
XL VI.
•Jahrgang.
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Der Zoologische Garten
(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
N0, 10. * XLYI. Jahrgang. Oktober 1905.
Inhalt.
Der städtische Zoologische Garten in Buenos Aires; von Oswald Straßberger in
Bnenos Aires. (Mit einem Plan des Gartens.) — Sonderbares Benehmen einiger Tiere; von
O. Greve in Riga (Rußland). — Sämtliche Gründe für die Abnahme der Schwalben; von
Wilhelm Schuster in Neckar-Steinach bei Heidelberg. — Aus dem Leben eines Fisch¬
reihers ( Ardea cinerea L.); von Erwin Detmers aus Lingen a. d. Ems. — Briefliche Mit¬
teilung. — Kleinere Mitteilungen. — Literatur. — Eiugegangene Beiträge. — Bücher und
Zeitschriften.
Der städtische Zoologische Garten in Buenos Aires.
Von Oswald Strassberger in Buenos Aires.
(Mit einem Plan des Gartens.)
Noch vor wenigen Jahren war der hiesige Zoologische Garten
nur dem Namen nach bekannt, an dessen Vorhandensein das große
Publikum höchstens einmal monatlich durch die Zeitung erinnert
wurde, wenn unter den städtischen Ausgaben auch die des Zoologischen
Gartens figurierten. Damals machte der Garten einen sehr primitiven
Eindruck. Die Stallungen und Käfige waren in einem wenig Ver¬
trauen erweckenden Zustande, und die wenigen Tiere, die im Garten
untergebracht waren, ermangelten jeder Pflege. Infolgedessen war
auch das Interesse des Publikums ein sehr geringes.
Wie ganz anders ist es in den letzten Jahren geworden ! Die
jetzige städtische Behörde scheut keine Kosten, um den Garten in
einen der südamerikanischen Hauptstadt würdigen Zustand zu bringen.
Nichts erinnert mehr an seine Vergangenheit; alle Käfige, Ställe
und Anlagen sind neu, wenn auch verschiedene nicht ganz ihrem
Zweck entsprechen. Jetzt sieht auch die Verwaltung ihre Bemühungen
mit gutem Erfolg gekrönt, denn die Zahl der Besucher, begünstigt
durch den billigen Eintrittspreis von 10 Centavos und eiuen Frei-
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905- 19
290
Sonntag in jedem Monat, ist im vergangenen Betriebsjahr 1904 auf
über 500,000 gestiegen.
Tm Vorort Palermo im Parque 3. de Febrero liegt der Zoologische
Garten, der einen Flächenraum von 18 Hektar bedeckt. Mehrere
Kilometer Wege durchkreuzen die zum großen Teil noch neuen An-
lagen. Uber 200 Bänke, die zum Teil mit Baldachinen überdacht
sind, stehen den Besuchern zur Verfügung. Ein modernes Restaurant
(46) sorgt für leibliche Erquickung, und eine Stadt- oder Militärkapelle
musiziert an verschiedenen Tagen der Woche im neuen Musikpavillon
(48). Für Unterhaltung der Kinder ist von der Direktion durch Fahr-
und Reitgelegenheit weitgehend gesorgt. So durchkreuzen mehrere
Liliputtramways, die von Ponies gezogen werden, die Anlagen
in ihrer ganzen Ausdehnung. Im vorderen, alten Teif des Gartens
sind Kutschen und andere Wagen, von Ponies oder Zebus gezogen,
zum Fahren eingestellt. Für Reitgelegenheit ist nicht minder abwechs¬
lungsreich gesorgt, sodaß außer auf Ponies und Eseln auch auf
Kamelen und Lamas geritten wird. Namentlich ist letzteres neu und
verdient entschieden Nachahmung, denn für ein ausgewachsenes Lama
ist ein Kind keine allzugroße Last.
Bei starkem Besuch kann aber das Fahren und Reiten lästig
ja gefährlich für die Besucher werden, da es nicht auf einem abge¬
grenzten Platz stattfiudet, sondern auf allen Wegen gestattet ist.
Für die Verwaltung ist es aber eine nicht zu unterschätzende Ein¬
nahmequelle.
Besuchen wir den Garten vom alteu Haupteiugang aus, so führt
uns der WTeg zuerst rechts an Gehegen (1) vorbei, die früher von
Straußen, jetzt nur von ein paar Emus bewohnt werden. Links
davon ist der Sattelplatz und die Haltestelle der Wagen und Tram¬
ways (2). Ein kleines Raubtierhaus (3) beherbergt einige Felis mitis ,
Lntra platensis , Mephitis patagonica , Diclelphis azarae und Galictis
barbara. Von hier aus kommt man an das große Raubtierhaus (4),
eine der schönsten und praktischsten Neubauten des Gartens. In
Renaissancestil erbaut bedeckt es einen Flächenraum von 788 qm.
Jede Abteilung ist dreiteilig und bildet einen Außen-, einen Inuen-
und einen sog. Kellerkäfig. Letzterer ist vom Innenkäfig aus zu-
gängig und durch eiue eiserne Falltüre geschlossen. Er dient den
Tieren zum Aufenthalt, wenn die oberen Käfige gereinigt werden,
und ermöglichtes der Witterung entsprechend die Tiere unterzubringen.
Auch hat dieses Haus eine große Halle für das die Innenkäfige
besichtigende Publikum. Diese Halle ist leider bei keinem anderen
291
Gebäude wiederzufindeu. Bewohnt sind die Käfige von zahlreichen
afrikanischen Löwen, die im Garten geboren siud und von einem
Paar abstammen. Ein Paar Jaguare, von denen das Männchen an Größe
dem Königstiger nicht nachsteht, ein schwarzer Panther und ein
Königstiger teilen sich in die vorhandenen Käfige.
Dem großen Raubtierhaus gegenüber ist in einem provisorischen
Behälter (5) ein Mähneuwolf [Canis jubatus) untergebracht. Er ist
ein Geschenk und gehört mit zu den neueren, interessanten Seltenheiten
des Gartens. Das Tier ist unter dem Guarani-Namen »aguarä-gu azü«
in seiner Heimat bekannt. Von hier erreichen wir die Volieren
für Rassehühner (8), die aber, wie verschiedene andere Gelasse, viel
zu kleinen Auslauf haben. Auch die neueste Rassehühnervoliere (9)
in unmittelbarer Nähe der anderen leidet stark an dem gleichen
IJbelstande. Bei ihrem Bau ist man entschieden zu sparsam mit dem
Platz umgegangen, der doch so reichlich vorhanden ist, ein Mangel,
dem wir leider noch oft begegnen. Nach links sich wendend kommt
man an das große Elefantenhaus (10), eine Kopie des Tempels der
indischen Göttin Mimaschi. Trotzdem es einen Flächenraum von
700 qm bedeckt, ist im Innern des Hauses kein Raum für die Be¬
sucher vorhanden ; sondern durch die einzige Tür, die mit einer Bar¬
riere verschlossen ist, muß sich das Publikum von außen die zwei
Elefanten ausehen, was natürlich bei stark besuchten Tagen nicht
gut möglich ist. Nur wenn die Elefanten in dem sich anschließenden
Tummelplatz, der eine Fläche von weiteren 1200 qm bedeckt, frei¬
gelassen sind, was leider selten der Fall ist, wird es einem großen
Publikum möglich, sich die Dickhäuter ordentlich anzusehen.
In der Nähe, wenn wir uns nach rechts wenden, liegt ein ziemlich
großes Bassin (11) mit Grotte, das augenblicklich ein paar Tapire
beherbergt, früher aber von Karpinchos bewohnt wurde. Ein langes,
schmales, in mehrere Abteilungen geteiltes Gebäude (12) dient ver¬
schiedenen Tieren zur Unterkunft. Man findet hier vorwiegend Hühner,
Raubvögel und Affen untergebracht. Daneben befinden sich die
Affenhäuser, drei verschiedene Gebäude, von denen eins in ägyptischem
Stil gebaut (13) für große Affen bestimmt ist und zur Zeit von ein
paar Cynocephalus babuin bewohnt wird. Der Pavillon (14), ein runder
Bau mit Außen volieren, beherbergt verschiedene Paviane und Hapale-
Arten ; besonders erwähnenswert dürften hier ein paar Semnopithecus
entellus sein. In einem kleinen Kistenkäfig ist ein Schnabeligel
(Echidna hystrix ) ausgestellt, der mit zu den seltensten Tieren des
Gartens gehört. Bei ungünstigem Wetter, und namentlich in der
292
kälteren Jahreszeit, befinden sich viele Affen nicht in den Außenkäfigen,
und auch die Kiste mit dem Schnabeligel ist nicht im Freien auf¬
gestellt, somit ihr Anblick den Besuchern entzogen, da der Innenraum
für das Publikum nicht geöffnet ist. Der dritte Bau (15), einer
Konzertmuschel ähnlich, diente früher den Lemuren als Heim ; jetzt
wird er von einer großen Kapuzineraffenfamilie, die dem Garten zu¬
meist geschenkt wurden, bewohnt.
Von hier aus kommt man zu der Fasanen voliere (16), die leider
mit zu den unpraktischsten Gebäuden des Gartens gehört, auch einem
Rundbau, der aber trotz der Platzfülle des Gartens viel zu klein ist.
Die Fasanen können sich fast nicht bewegen, und es wäre sehr zu
wünschen, wenn die Direktion den Tieren baldigst einen anderen Platz
einräumte, wo die farbenprächtigen Vögel mehr zur Geltung kämen.
In einigen Abteilungen dieser runden Voliere sind auch verschiedene
Penelopen untergebracht. Die Schweiueställe (17) sind mit starkem
Eisengitter umgeben und werden von Sus scrofa und zwei Dicotyles-
Arten bewohnt. Ein Teil dient einer zahlreichen Mähnenschaffamilie
zur Unterkunft. Gegenüber befindet sich wieder ein Rundbau (18),
der vorwiegend von Geiern bewohnt wird. Hervorzuheben sind sechs
Königsgeier in verschiedenen Altersstufen und neben der gemeinen
Oenops aurea eine Spezies vom Feuerlande. Auch ein starker Thras-
aetus harpyia aus Bolivien ist hier mit untergebracht. Die erst
neuerdings angebrachten Sitzstangen lassen in den meisten Abteilungen
viel zu wünschen übrig. Von hier kommen wir an die Gehege der
Wapitis (19). Ein in dänischem Stil erbautes Haus, das von einem
teilweise gepflasterten Hof umgeben ist, bewohnt ein kapitaler Hirsch
mit zwei Kühen, die schon verschiedene Jahre mit zu den Zierden des
Gartens gehören. In der Nähe befinden sich die Hundeställe (20),
die nichts wesentliches bieten und meist von Tieren, die für den
Verkauf bestimmt sind, bewohnt werden.
Auch sind dort mehrere Rüsselbären einquartiert. Weitergehend
kommt man zu einer dem Wapitigehege ähnlichen Anlage (23), in
der Dam-, Axis- uud Moluckenhirsche und auch eine Säbelantilope
untergebracht sind. Hieran schließt sich nach Norden das Zebuhaus
(24), das ebenfalls in Form eines indischen Tempels gebaut ist. Mit
seinem Vorplatz ist es in mehrere Abteilungen geteilt, die vor allem
von einer großen Zebufamilie bevölkert werden. Außer Zwerg¬
zebus, Lamas und Alpakas wird eine Abteilung von einem Gnu
bewohnt, das seit vorigem Jahre hier zum erstenmal im Garten
zu sehen ist. Das Kamelhaus (25) ist im orientalischen Stil ge-
293
baut und ist drei Dromedaren und einem Trampeltier als Wohnung
augewiesen.
Gegenüber den Zebus liegt eine Wiese (26), auf der sich mehrere
Guauakos und eine zahlreiche Herde von Angoraziegen tummeln.
Von da aus gelangt man zu der großen, neuen Kondorvoliere (27),
die ihr Dasein dem Argentinisch-chilenischen Verbrüderungsfeste ver¬
dankt. Zu Ehren der im Jahre 1903 in Buenos Aires weilenden
chilenischen Friedensdeputation wurde] eine sog. Glorinete für effektvolle
Illuminationszwecke auf der Plaza de Mayo erbaut. Dieses kolossale
Eisengestell wurde nach den Festtagen abgebrochen und im Zoolo¬
gischen Garten wieder aufgestellt. Nachdem man es mit Drahtgitter
überzogen und inneu eine künstliche Felsengruppe errichtet hatte,
dient es jetzt den zwölf Kondoren als Heim. In diesen großen Raum
teilen sich noch verschiedene Dutzende von Karanchos,' die scheinbar
gut mit ihren großen Verwandten auskommen. Man hat hier den
seltenen Genuß, Kondore in geschlossenem Raum fliegend beobachten
zu können. Es war Schreiber dieses bis jetzt nicht möglich, den
kubischen Inhalt dieser außergewöhnlich großen Voliere zu erfahren.
Nicht unpraktisch wäre es, wenn die Direktion noch für andere
Sitzgelegenheit, speziell für die vielen Karanchos sorgen würde. Das
nördlichste Gebäude des Gartens ist der Bärenzwinger (30), ein in
seiner Art eigenes Gebäude. Im Viereck gebaut besteht es auch aus
übereinanderliegenden Käfigreihen, die ähnlich denen im großen Raub¬
tierhaus aus Ober- und Kellerkäfigen bestehen. Der innere große
Hof ist dem Publikum nicht zugängig. Bewohnt werden die Käfige
von Eis-, Grisly-, Braun- und Schwarzbären und einem kleinen Malayen-
bären. Die großen, luftigen Käfige, die meist asphaltiert sind, haben
jeder ein Wasserbassin. Man hat jedoch den sehr teuren Bau nicht
den Bewohnern entsprechend auszubauen verstanden. Was hätte mit
den enormen Mitteln, die dieses Haus verschlungen hat, schönes ge¬
schaffen werden könuen! Statt dieser gleichförmigen, kahlen Ab¬
teilunareu hätten Bärenzwinger, wie sie in verschiedenen anderen Tier,
gärten eingerichtet sind, gebaut werden sollen, die einzig dastehen
würden, aber leider begnügt man sich hier mit dem Palacio de los
osos in seiner jetzigen Form. In keinem der Käfige ist eine Felsen¬
gruppe, sind Bäume oder ähnliches.
Wendet man sich nun wieder südwärts, so kommt man an den
Kral der Afrikanischen Strauße (31), für die eine große Lehmhütte
zum Schutz gegen Witterungsunbill gebaut ist. Die zwei großen
Männchen stammen aus einer uruguayischen Straußen farm und sind
294
erst seit einem Jahr im Garten. Einige ffliea americana bewohnen
als Nachbarn ein anderes Gehege (32), in dem jährlich mehrere
Junge erbrütet werden. Auch ist eine B. americana var. albina
im selben Gehege mituntergebracht, die als Spezialität von einem
Estanciero im Süden der Provinz Buenos Aires gezüchtet werden.
Früher wurden verschiedene dieser Albinos in Europa verkauft, aber
wegen zu hohem Preis, den sie schon hier haben, scheint die Nach¬
frage nicht groß zu sein. Zu Hhea darwini hat es der Garten bis
jetzt noch nicht gebracht. Daran schließt sich das Lamagehege (33).
Das in arabischem Stil gebaute Zebrahaus (34) wird neuerdings wieder
von einem Equus burchelli bewohnt, und es ist ihm zur Unterhaltung
eine große Eselstute beigegeben. Seit einiger Zeit besitzt der Garten auch
einen kleinen Bison, der als erster seiner Art für hier neu ist. Gegen¬
über befindet sich ein Hirschgehege (35), in dem Subulo rufus und
nemorivagus und Cervus campestris und peroni untergebracht sind.
In einem anderen in der Nähe befindlichen Gehege (36) findet
man einen Japanischen Hirsch, Vicunhas und Zwergziegen. Anschließend
an das Zebrahaus kommt man an ein großes Bassin mit Wiese und
Steinhaus (37), in dem sich ein sehr zahmer Anta tummelt. Weiter-
gehend erblickt der Besucher einen eigenartigen Bau, der aber in
keinem Verhältnis zu seinen Bewohnern steht (39). In einer der
drei Abteilungen, die besagtes Gebäude umgeben, ist ein kapitaler
Cervus paludosus mit abnormem Geweih zu sehen, der sich schon
verschiedene Jahre im Garten befindet. Die anderen Abteilungen
werdeu von Känguruhs bewohnt. Hier sind in Einzel käfigen ein
Ganis aureus und ein C. cancrivorus einquartiert.
In einem Palmenhaus ähnlichen Glasbau (40), der früher auch
für Reptilien bestimmt war, ist jetzt ein Kahnschnabel ( Nycticorax
cancriphagus ) untergebracht, der zu den wertvollsten Vögeln des
Gartens gehört. Ein Schild an seinem Gelasse verrät dem Besucher,
daß dieser in allen zoologischen Gärten sehr gesuchte Vogel einen
Wert von 500 Dollar Gold gleich 2500 Franken hat. Sichtlich ist
die Direktion bemüht, diesen Sonderling, der erst einige Monate
im Garten ist, zu erhalten. Ob man aber den Sabacü noch lauge
Zeit sehen kann, wird die Zukunft lehren.
Gegenüber dieser Rarität ist ein weiteres Raubtierhaus, das
namentlich Pumas, die dem Garten geschenkt wurden, zur Wohnung
dient. Außer ihnen sind Wölfe, Dingos, Hyänen und ein Eskimo¬
hund vorhanden. Letzterer wurde auf Snow Hill geboren, als das
schwedische Südpolarschilf »Antarctic« dort vor Anker lag. Weil
dies argentinischer Boden ist, wurde er dem Zoologischen Garten ge¬
schenkt. In einigen Abteilungen, die dem Haupt weg zugekehrt sind,
finden sich Schildkröten, Schlangen, Eidechsen und Kaimans unter¬
gebracht. Durch die außergewöhnlich große Überschwemmung, die
Ende Mai und im Juni dieses Jahres durch den Parana und seine
Nebenflüsse verursacht wurde, kam auf den schwimmenden Inseln
allerhand Getier bis nach Buenos Aires und erhielt der Zoologische
Garten dadurch einen großen Zuwachs an Schlangen, indem ihm
gegen vierzig Arten, die im Hafengebiet gefangen wurden, iibergebeu
werden konnten. Auch kamen bei dieser Gelegenheit einige Kaimans
mit in den Garten. Die Direktion beabsichtigt, die Schlangen dem
Publikum in einer Sonderausstellung zu zeigen.
Von hier über die große Brücke gehend kommt man direkt
zu dem Nagergelaß. In einem Bundbau (42) von geringem Umfang,
dessen Mitte aus mehreren Grotten besteht, sind die Hauptvertreter
der hiesigen Nager untergebracht. Mau findet dort Viskachas, Maras,
Agutis, Nutrias, Cavias, Kaninchen und einige Exemplare des stellen¬
weise zur Landplage gewordenen Hasen, der erst vor einigen Jahren
hier eingeführt wurde.
Das Papageienhaus (43), das hauptsächlich anderen Vögeln zur
Unterkunft dient, ist mit eines der unpraktischsten Gebäude des Gar¬
tens. Abgesehen davon, daß die Vögel, die dort untergebracht sind,
in den kalten Monaten dem Publikum nicht zu Gesicht kommen,
was aber entschieden in einem Vogelhaus nicht sein sollte, so sind auch
die Volieren ganz ungenügend, in denen die Vögel weder sitzen noch
fliegen können. Der Bestand an Papageien bietet nichts bemerkens¬
wertes. Verschiedene Abteilungen werden von Stärlingen, Staren,
Drosseln, Webern, Pfefferfressern, Elstern und Ziertauben bewohut.
Auch sind dort ein paar Cabureys ( Glaucidium ferox ), kleine, seltene
Zwergeulen, zu sehen.
Es ist von der Direktion geplant, ein neues, großes Vogelhaus
zu bauen, und es ist sehr zu wünschen, daß es nicht nur äußerlich
schön wird, sondern vor allen Dingen praktisch für seine zukünftigen
Bewohner und für die Besucher sein soll. Gegenüber in einem ähnlich
unpassenden Raum (44) sind Schlangenstörche und Eulen untergebracht.
In der Nähe ist der Stall für Stachelschweine (45).
Es sind nun noch die Bewohner der großen Teiche, mit denen der
Garten reichlich versehen ist, zu erwähnen, und da sind besonders
einheimische Tiere vertreten. Alle erfreuen sich der größten Freiheit,
soweit es ihnen ihre beschnittenen oder coupierten Flügel gestatten,
296
So bevölkert eine große Schar Roter Löffler in Gemeinschaft mit
europäischen Gänsen und Schwarzen, Weißen, Koskoroba- und Schwarz-
hals-Schwäuen die offenen Teichpartien. Auch einige Paare von
Bernicla antarctica und dispar und verschiedene hiesige Wildenten¬
arten vervollständigen den Bestand des Wassergeflügels. An den
schilfreichen Ufern findet man den großen Weißen und den Schmuck¬
reiher, Störche, Flamingos, Ibisse und andere mehr.
Ganz frei ist ferner eine große Familie von Chauna chavaria,
die sich oft in die Lüfte erheben und den Garten mit ihrem weit
hörbaren Rufe durchfliegen. Regelmäßig erbrüten sie jährlich mehrere
Junge, und vor einiger Zeit befand sich ein interessanter Albino
unter ihnen.
Leider fehlen unter den Sehenswürdigkeiten noch sehr viel Vertreter
der Landesfauna, deren Pflege etwas komplizierter ist, doch werden
vielleicht auch seltenere Tiere später im Garten erhalten werden können.
Fast an allen Käfigen, Gehegen und Volieren sind neuerdings
Schilder angebracht, auf denen wie üblich der Vulgär- und der latei¬
nische Namen, sowie die Heimat des betreffenden Tieres angegeben
ist. Auch sind auf Blech gemalte Karten, die den Verbreitungskreis
der Tiere dem Besucher deutlich vor Augen führen sollen, angehängt.
Außerdem ist seit Jahresfrist ein illustrierter Führer herausgegeben
worden, der unter anderm die Entwicklungsgeschichte des Unterneh¬
mens bringt.
Bis jetzt fehlt es dem Garten noch an einem Schaustellungs¬
platz, an einer sogenannten Völkerwiese, und bezeichnend ist es, daß
die Indianertruppe aus Patagonien, die sich während der Weltaus¬
stellung in St. Louis mit großem Erfolg dort präsentierte, bei ihrer
Durchreise durch Buenos Aires nach ihrer Heimat nicht zu einer
Gastrolle gewonnen werden konnte.
Wie schon oben erwähnt, ist in den letzten Jahren von der
städtischen Behörde viel zur Verbesserung des Gartens getan worden,
und es ist nicht zu verkennen, daß Südamerikas größter zoologischer
Garten auf dem betretenen Wege vorwärtsschreitet. Jedoch müssen
leider oft wissenschaftliche und praktische Interessen gegenüber der
bei dem hiesigen Volk herrschenden Vorliebe für alles Äußerliche
zurückstehen, und das wird wohl immer das Haupthindernis eines
höheren Aufschwunges des Zoologischen Gartens in Buenos Aii*es bleiben.
297
Sonderbares Benehmen einiger Tiere.
Von C. Greve in Riga (Rußland).
Es sind schon öfters Mitteilungen über sonderbares, ungewöhn¬
liches Benehmen von wildlebenden Tieren veröffentlicht worden, in
denen auch Vermutungen über dessen Ursachen ausgesprochen wurden,
wie z. B. das unbegreiflich feste Schlafen von Füchsen, so daß der
Jäger auf dem Birschgang beinahe auf den Schläfer getreten wäre ;
das Verharren von Rehen am Platze ohne zu fliehen, obwohl der
Schuß gefallen war, ja in manchen Fällen sie gestreift hatte u. s. w.
Es wurden darüber verschiedene Ansichten ausgesprochen ; so sollte
Taubheit, lähmender Schreck, bei schlafenden Füchsen ein Sich-
totstellen vorliegen. Mir scheint, daß die Frage eine so interessante
ist, daß sie wohl verdient, erörtert zu werden, wozu aber jedenfalls
reicheres Material an gut beobachteten Fällen erforderlich ist, ehe
man zu den Schlüssen schreitet, die ohne Zweifel manches interessante
Streiflicht auf das Seelenleben der Tiere werfen könnten. Daher
will ich denn hier einige von mir beobachtete Fälle von solch eigen¬
tümlichem, zuweilen fast unbegreiflichem Benehmen sonst als intelligent
angesehener Tiere mitteilen, um dadurch auch andere Beobachter zu
veranlassen, ihre Erfahrungen in den Spalten dieser Zeitschrift zu
veröffentlichen und so die Sache zu fördern.
Bekanntlich gehört der Eichelhäher oder Mark wart ( Garrulus
glandarius) zu den äußerst vorsichtigen und; scheuen Waldbewohnern,
ja er ist geradezu der Warner der übrigen höheren Tierwelt unserer Forsten
und läßt sofort sein allarmierendes ,, rätsch, rätschu erschallen, wenn
sich nur etwas Ungewöhnliches, besonders aber ein Hund oder Mensch,
blicken läßt. Es ist ja auch männiglich bekanut, wie schwer ihm
beizukoramen ist, und wie gewandt er sich in dem dichten Zweig¬
gewirr von Gipfel zu Gipfel flatternd fortzubewegen versteht, ohne
sich bloßzustellen.
Vor etwa zehn Jahren hatte ich nun Gelegenheit einen ganzen
Flug Eichelhäher, zwei alte und sieben junge, zu beobachten, deren
Benehmen geradezu als abnorm, ja blödsinnig bezeichnet werden muß,
zumal die erfahrenen Eltern mit dabei waren und man von eiuer
mangelnden Vorsicht und Lebensweisheit bei den Jungen hier also
nicht sprechen kann, die jedenfalls bei warnenden Rufen ihrer Er¬
zeuger entsprechend zu bandeln gewußt hätten. Ich stieß auf die Gesell¬
schaft gelegentlich einer Suche auf Haselhühner in einem an Unterholz
ziemlich armen, gemischten Walde etwa 25 km nördlich von Moskau.
298
Es ließen sieb allerlei merkwürdige Töne, eine Art Schwatzen, ja
wenn mau will, Gesang hören. Ich befahl meinen Hund an den Fuß
und suchte den Urheber dieser Laute zu erspähen. Etwa 15
Schritte vor mir bemerkte ich einige Markwarte, die bald von den
unteren Zweigen der Kiefern auf den Boden flatterten, um hier nach
Futter, offenbar allerlei Kleingetier und Sämereien, zu suchen, bald
wieder aufbaumten, um ihre schwatzende Unterhaltung fortzusetzen.
Die jungen Vögel hüpften auf der Erde zuweilen den Alten nach,
bettelten sie au und wurden gefüttert. Jedenfalls aber waren sie
vollkommen flügge. Ich war durch nichts gedeckt, ebensowenig mein
Hund; die Vögel äugten uns au, zeigten aber weder Erstaunen, noch
Furcht, und den beiden Alten fiel es absolut nicht ein ihren War¬
nungsruf auszustoßen. So zog die Gesellschaft langsam weiter die
Lichtung entlang und beschleunigte ihr Fortbewegungstempo und
das Auf- und Abbaumen auch nicht, als ich ihr ganz offen folgte.
Ich hustete absichtlich — der Erfolg war nur der, daß sie auf den
Ästen etwas länger sitzen blieben und mich mit einem neugierigen
Hin- und Herwenden des Kopfes ausahen. Ich ließ die Tiere auf
etwa 40 Schritte weiterzieheu und schoß den einen jungen Mark wart
herab — die andern blieben für einen Moment wie erstaunt sitzen
und schwiegen, dann aber setzten sie ihre Beschäftigung fort, ohne
mich weiter zu beachten, auch die Alten. Ein zweiter Schuß holte
ein zweites Junges herab — aber die Bande schien die Sache ganz
gleichgültig hinzunehmen — und so ging es fort, bis ich alle Jungen
und das eine alte Exemplar erlegt hatte — da erst entschloß sich das
überlebende mit lautem ,, rätsch“ und öfterem Sträuben der Holle in
den dichten Gipfeln zu verschwindeu. Besondere Gewissensbisse über
meinen wohlfeilen Massenmord machteich mir nicht, da dieser Vogel hier
sehr häufig ist und ich oft genug Gelegenheit gehabt habe, ihn im
Frühjahr bei der Revision von Vogelnestern zu ertappen. Bei dieser
Gelegenheit sei auch darauf hiugewiesen, daß ich die Beute als Braten
versuchte und zugeben muß, daß Brehm recht hat, wenu er junge
Markwarte als wohlschmeckend bezeichnet.
Einen andern Fall von blödsinniger Handlungsweise eines
hochintelligeuten Tieres, eines Fuchses, will ich hier folgen lassen.
An einem ziemlich schwülen Sommertage ging ich einem kleinen Wald¬
komplex, der an ausgedehnte Brachfelder grenzte, entlang, und zwar
läugs eines Grabens, der so tief ausgehoben war, daß die auf die
Feldseite ausgeworfene Erde einen fast mannshohen Wall bildete.
Meiue Teckel, die mich begleiteten, gaben plötzlich nicht weit von
299
mir im Walde Standlaut, und als ich hineilte, sah ich sie wütend
einen noch nicht ganz erwachsenen Dachs angreifen, der offenbar aus
mir unbekaunteu Gründen einen Mittagsbummel unternommen hatte.
Der nächste Bau lag etwa ein halbes Kilometer entfernt. In der
Überraschung war ich so hitzig, Grimbart schleunigst einen Schuß
zukommen zu lassen, der ihn für immer aller Lebenssorgen enthob.
Hiernach begab ich mich wieder an den Graben, um meinen Weg
fortzusetzen. Die Hunde waren in den Graben gesprungen und
pantschten im seichten Wasser herum. In der Absicht quer über das
Brachfeld zu gehen, warf ich den toten Dachs über den Wall und
erkletterte diesen. Als ich oben anlangte, war ich fast starr vor
Erstaunen: Vor kaum zehn Minuten war der Schuß gefallen und
hatten die Hunde einen Höllenspektakel vollführt, und — etwa 50
Schritte vor mir auf dem Felde stand ein Fuchs, äugte mich an?
wippte mit der Lunte und dachte nicht daran, sich zu salvieren. Ich
war so konsterniert, daß ich ganz vergaß, daß ich das Schießholz
in der Hand hielt — da fuhren aber auch schon die Teckel mit einem
wahren Indianergeheul wie der Blitz den Wall hinab auf Reineke
los. Der Fuchs drehte um, sauste ventre ä terre nach einem Gebüsch
auf dem Felde und — blieb darin ! Als die Hunde herangekommen
waren, fuhr er plötzlich heraus, machte einen großen Bogen zum
Walde hin, so daß ich nicht schießen konnte, da die Entfernung zu
groß war und verschwand im Graben. Die Hunde konnten ihm
natürlich nicht so rasch folgen — aber während ich so auf
dem Walle stand und mir einen Vers aus dem ganzen Vorgauge zu
machen suchte, sah ich den Fuchs im Graben direkt auf mich los¬
steuern, wobei er mich sehen mußte, da keinerlei Deckung vorhanden
war. Ich ließ die Räuberseeie auf etwa dreißig Schritte herankommen
und beförderte sie dann in die besseren Jagdgründe.
Beladen mit den beiden schweren Beutestücken begab ich mich
auf den Heimweg und zerbrach mir den Kopf über das Benehmen
dieses so vorsichtigen Tieres. Blind war der noch ziemlich junge
Rüde nicht, und der Wind stand von mir zu ihm hin — also bleibt es
absolut unbegreiflich, was ihn veranlaßte, direkt ins Verderben
zu reu neu.
300
Sämtliche Gründe für die Abnahme der Schwalben.
Von Wilhelm Schuster in Neckar-Steinach bei Heidelberg.
I. Vorbemerkung. In meiner Tabelle über Ab- und Zunahme
der Vögel finden sich folgende handschriftliche Aufzeichnungen:
Hausschwalbe. Abnahme in Württemberg (Wurm), in Sachsen
(Berge), in Ostpreußen (Christoleit), in Schlesien (Woite). In Cassel
selbst in ziemlicher Abnahme, doch scheinen sie sich jetzt mit den
modernen Backsteinbauten befreunden zu wollen (Junghans). In
großer Abnahme in Berlin und weit darüber hinaus (Hocke); Ab¬
nahme im Umkreise Berlins wahrhaft schreckenerregend (Bolle). In
Mecklenburg in starker Abnahme ohne jeden ersichtlichen Grund
(Clodius). Auf den größeren friesischen Inseln in beschränkter Zahl
nistend, Zug gegen früher geringer (Leege). Sehr starke Abnahme
in Rheinland- Westfalen (Otto). Beaucoup diminue ä Geneve (Fatio).
Wird immer mehr aus den Schweizer Städten verdrängt, da ihre
Nester nicht mehr geduldet werden (Daut). Abnahme im allgemeinen
auch im Vogelsberg (W. Schuster), [ln Ruppertenrod bemerkte L.
Schuster 1905 keine Abnahme, vergl. »Zeitschrift für Ornithologie
etc.« Stettin 1905, S. 110].
Rauchschwalbe. Abnahme in Württemberg (Wurm), in
Sachsen (Berge), in Schlesien (Woite), in Rheinland - Westfalen
(Otto), in Hessen (W. Schuster). Schwache Zunahme 1903 da
und dort in Ostpreußen (vielleicht auf Kosten der Hausschwalbe?)
(Christoleit). Brutbestäude in Friesland sich gleich bleibend , Zug
scheiut abgenommen zu haben (Leege). Wohl in Abnahme,
namentlich für Cassel selbst (Junghans). In Mecklenburg (Camin
bei Wittenburg) habe ich schon zweimal starke Abnahme und
einmal wesentliche Zunahme in 25 Jahren erlebt, augenblicklich
leider Abnahme, Grund unbekannt (Clodius). Beaucoup diminue ä
Geneve (Fatio). In den letzten Jahren merkbare Abnahme in den
Schweizer Städten, was zum großen Teil auf die abnormen Kälte¬
rückschläge im April uud Mai zurückzuführen sein dürfte (Daut).
II. Tatbestand: In allen deutschen und außerdeutschen Gauen
nehmen in erster Linie die Hausschwalben ( Delichon urbica), in
zweiter die Rauchschwalben ( Hirundo rustica) seit einigen Dezennien
mehr oder minder stark ab.1)
9 Von wenigen Ausnahraefällen abgesehen: J. Luginbühl berichtet für
1903 Hebung des Schwalbenbestandes auf das Doppelte des vorjährigen für Sin-
301
HL Gründe. Eine Reihe von Umständen wirkt im Verein zu¬
sammen. Die Gründe sind dreierlei Art: Genereller, kultureller und
meteorologischer Art. Die ersten, die die Abnahme der Schwalben
auf besondere Eigenheiten des Genus zurückführen, kommen kaum
in Betracht — wenn es nicht überhaupt falsche oder Scheingründe
sind — , die zweiten sind bedeutsamer, die dritten fallen gleich sehr —
vielleicht am meisten — ins Gewicht.
IV. Einzelnntersuchung. A. Gründe, die sich auf bio¬
logische Eigenheiten der Art stützen:
1. Die Schwalben bleiben in Nordafrika (Marokko u. s. w.)
über Sommer, kehren also nicht wieder heim nach Europa,
sondern brüten an der Stätte, wo sie der nordische Winter hintrieb.
Ich lehne diese These ganz und gar ab (ohne meine größte Hoch¬
achtung vor ihren Verfechtern zu verlieren); sie widerstreitet ganz
entschieden allem und jedem, was wir von den Vögeln wissen. Ein
jeder Vogel kehrt mit eiserner Notwendigkeit so ungefähr an das¬
selbe Plätzchen zurück, wo er »geboren« wurde; jeder in Mainz
oder Frankfurt ausgebrütete Vogel erscheint mit der Sicherheit, wie
sie einem ewigen, alten Naturgesetz eigen ist, alljährlich wieder zur
selben Zeit in seinem Mainz oder Frankfurt; es zieht ihn wie mit
tausend Riesenarmen, unwiderstehlich, er kommt, wenn seine Zeit
da ist, mag auch noch Schnee und Eis die Felder bedecken und er
eventuell seinen Tod finden. Sicher nicht ein europäischer Vogel
bleibt als freiwilliger Brutvogel in Nordafrika und vergißt seine
Heimat. Das große, eherne Naturgesetz widerspricht der obigen
These total.1)
neringen (Schweiz) (vorher 6 Jahre lang Abnahme, Häuser mit früher 15 Nestern
wiesen nur noch 4 — 5 auf. »0. Beob.« 1903, S. 307). — RudolfKorb bestreitet
für Prag und Umgebung die Abnahme der Schwalben 1904 (»0. Mon.« 1904,
S. 512); Pastor C. Lindner berichtet für Wetteburg bei Naumburg: Rückgang
der Schwalben bis 1901, 1901 — 1904 ein anfangs allerdings erst leise einsetzender
Aufschwung (»O. Mon.« 1905, S. 107). Das sind und bleiben Ausnahmen.
*) Yergl. Bericht über die Februarsitzung 1905 der Deutschen Ornitli. Ge¬
sellschaft in Berlin (»Journ. f. O.« 1905, S. 425): »Herr Heck lenkte die Auf¬
merksamkeit auf einen kleinen Aufsatz über die Abnahme der Zahl unserer Schwalben,
der in der Zeitschrift »Der Zoologische Garten« erschienen ist. Der Verfasser, Herr
Dr. Adalb. Seitz, Direktor des Frankfurter Zoologischen Gartens, spricht darin
die Vermutung aus, daß durch die Besiedelung weiter Strecken in Algier viele
Schwalben dort günstige Lebensbedingungen finden und deshalb ihren Zug nicht
weiter nach Norden fortsetzen. — Herr Reich enow äußerte hierzu, daß erstens
eine wesentliche Abnahme der Schwalben in Deutschland nicht nachgewiesen sei
[doch durchaus, wie die vorangestellten Auszüge aus meiner Tabelle und die
302
2. Die Schwalben fallen auf ihrem Zuge in großer Masse ins
Meer, sie ertrinken. Auf dem Mittelmeer beobachtete Schwalben
erschienen aufs höchste ermattet auf dem Schiff, todesmatte und ein¬
gegangene Exemplare wurden aufgefunden (»J. f. 0.« 1905, S. 537).
Es sei auffallend, wie viele Schwalben im Atlantischen Ozean zu
Grunde gingen (»Neuer Naumann«). Diagnose: Recht unwahr¬
scheinlich.
3. Ein reiner Scheingrund. Vielfach werden die alten Nester
von den Hausschwalben nicht mehr benutzt (sobald sie brüchig, nicht
mehr recht haltbar, von Spatzen, Fledermäusen, Zaunkönigen — im
Frühling — u. s. w. bewohnt, am Eingang mit einer Spiunwebe
überzogen sind u. s. f.). Die Schwalben bauen dann neben die vor-
vielen (nach hunderten zählenden) in der ornithologischen Literatur veröffentlichten
Berichte über die Abnahme der Schwalben beweisen! Schust.j und zweitens die
Vermehrung der in Algier nistenden Vögel keineswegs durch das Zurückbleiben
deutscher Brutvögel erfolge. Einzelne mögen dort bleiben und ihr Nest bauen
[nein, auch nicht einzelne, der bedeutende Ornithologe beachtet hier nicht das oben
geltend gemachte unumstößliche Naturgesetz, von dem man freilich voraussetzen
kann, daß es einem Biologen und Feldbeobachter geläufiger sei als einem Syste¬
matiker! Schust.], die große Masse ziehe sicherlich nach Norden. — Herr Ehmcke
erwähnte, die jetzt durch Herrn Dr. Seitz gemachten Mitteilungen seien schon vor
einigen Jahren in ähnlicherWeise besprochen worden. — Herr Matsch ie stellte
fest, daß über die große Zahl der Schwalbennester in Algier schon früher mehr¬
fach berichtet worden sei. — Herr S c h a 1 o w erinnerte an die bekannte Tatsache,
daß die Zahl der Schwalben in derselben Gegend in verschiedenen Jahren sehr
wechsele. — Herr Ne u m an n hielt es nicht für ausgeschlossen, daß die algerischen
Schwalben einer anderen Art als die deutschen angehören [es ist m. E. sicher eine
besondere Lokalrasse! Schust.]. — Herr Matschie fragte, ob man denn mit
Sicherheit jemals nachgewiesen habe, daß Zugvögel in ihrem Brutgebiet während
des Winters zurückgeblieben seien; die beobachteten Vögel könnten sich sehr
wohl aus nördlicheren Gegenden eingefunden haben. [Diese Frage gehört nicht mehr
unmittelbar zum Thema, sie behandelt eine andere Erscheinung. Tatsächlich bleiben
neuerdings Zugvögel über Winter in ihrem Brutgebiet zurück, d. h. sind Stand¬
vögel geworden, wie es mit Sicherheit z. B. von den Staren und anderen bewiesen
ist; vgl. m. Arb. »Ornithologische Anzeigen einer wiederkehrenden Tertiärzeit«
(in »Mitteil, über die Vogelwelt«, Wien 1905). Bei vielen anderen Vogelarten
(z. B. der Graugelben Bachstelze, Motadlla sulphurea , und dem Taubenfalken), die
in mehr oder minder reduzierter Anzahl über Winter auch bei uns »bleiben«, d h.
gesehen und von dem flüchtigen Beobachter für rein endemische (echt einheimische)
Vögel angesehen werden , sind sie aus dem Norden zugezogen (also Zugvögel ge¬
blieben) und nur nordischer Ersatz für die unseren, die ungefähr ebenso weit nach
Süden gezogen sind, wie jene aus dem Norden kommen. Schust.]. — Herr Schalow
hob hervor, daß in Marokko während des Sommers [muß heißen: Frühlings] infolge
außergewöhnlicher Witterungs Verhältnisse zahlreiche nordische Wanderer ihren Zug
unterbrechen [dann später natürlich aber weiterziehen. Schust.].«
303
jährigen Nester neue. So geschieht es auch im dritteu und vierten
Jahr u. s. f. Schließlich steht eine Reihe von Nestern unter
den Dachpfannen leer, und nur der kleinere Teil ist bewohnt.
Die Leute meinen dann — daß die Besitzer der übrigen Nester aus¬
geblieben seien, die Schwalbenkolonie an Zahl abgenommen habe.
Daß die in Eigenheiten [des Genus liegenden Ursachen (Gründe
genereller Art), selbst wenn sie wirklich zutreffen (was ich ent¬
weder für ausgeschlossen oder unwahrscheinlich halte), gar keine
Beweiskraft haben, ergibt sich aus folgender Erwägung sofort:
Sie existierten vou jeher, sie erklären in keiner Weise die heurige
rapide Abnahme der Schwalben in den letzten Jahrzehnten.
Solauge nämlich, als der Vogelzug besteht, ertranken schon Schwalben
im Meer und bot Marokko bequemere Brutgelegenheit: — ohne Be¬
einflussung des Schwalbenbestandes in Deutschland oder England.1)
B. Gründe kultureller Art.
1. [6.J Unsere Häuser werden im modernen Stil gebaut. Die
Sch walben können an den glatten Backsteinwänden,
beim Wegfallen der Dachvorsprünge, in dem Zwickelsystem und an
••
den mit Ölfarbe glatt angestrichenen Balken der modernen Land¬
villen im Darmstädter Ausstellungsstil nicht mehr ihre Nester an-
bringen. Sehr richtiger Grund! Wo ein Fabrikbau aus glatten,
hohen Ziegelsteiuwänden in einem schwalbeureichen Dorf empor¬
wächst (wie z. B. in Blitzenrod bei Lauterbach, Vogelsberg), baut
keine Schwalbe an diesem Neubau. Eben darum steht die lange
Flucht der Großstadtbauten schwalbenleer (Neustadt von Mainz),
darum zeigt sich keine Hausschwalbe in Fabrik- und Kasernenvierteln
der Städte (Amöneburg bei Mainz). Die Schwalbe kann eben
schlechterdings das Nest nicht anbringen. Aber die Zukunft, die
kommende Zeit, winkt schon mit Abhülfe. Denn die Natur ist ent-
‘j Ich finde nachträglich beiPouchet (Paris) noch einen 4. aus den Eigen¬
tümlichkeiten der Art abgeleiteten Grund: Das Hausschwalbennest ist zu eng
(rund -kugelförmig) und zu sehr von der Luft abgeschlossen, sodaß die Jungen
Übereinanderliegen und vielfach ersticken. Es sterben ungewöhnlich viele junge
Hausschwalben, Abhülfe kann hier nur eine andere Bauweise schaffen, die die
Schwalben annehmen müßten (vergl. dann später über die wirklich angenommene
andere Bauweise! »La Nature«) und beiChristoleit (»0. Mon.« 1903, S. 142)
noch einen weiteren Grund genereller Art: 5. Die Hausschwalben vermindern sich
(in Ostpreußen) zu Gunsten der Rauchschwalben, und diese vermehren sich eventuell
auf Kosten jener. Zurückzuführen wäre m. E. aber diese Konkurrenz letztlich aul
den Nahrungsmangel und ist also von nur sekundärer Bedeutung. — Auch Milben
werden oft fälschlich als Verminderungsursache ins Gefecht geführt.
304
wickelungsfähig und anpassungsfähig. Yergl. Jungbans (Cassel):
»Scheint sich jetzt mit den modernen Backsteinbauten befreunden
zu wollen«; vgl. »Kulturfortschritt bei den Schwalben« von dem
französischen Forseher Pouchet (Paris): »Der Nestbau der Schwalbe
ist in neuerer Zeit in Frankreich anders als früher. Die neueren
Nester sind oval gebaut, nicht in Kugelform (also angepaßt der
neuen Bauart der Häuser), auch der Eingang ist nicht oval gebaut,
sondern eine 9 — 10 cm lange Querspalte, durch die alle Jungen die
Köpfe strecken können und genug Luft haben u. s. w.« (wiederge-
gebeu in »Allgem. Tierschutzz.« 1902, S. 43). Pouchet betont, daß
ein viel größerer Schritt sei die ehemalige Verlegung des Nistplatzes
des einsamen Felsen vogels in belebte Dörfer und Städte als die An¬
passung in der Bauart des Nestes an neue Formen der Unterlage;
vergl. schließlich »Abweichende Niststätten und Nistweisen der
Schwalben, worüber aus den verschiedenen Gegenden unseres Vater¬
landes immer wieder neues zu berichten ist« von Pastor E. Christoleit
(Ostpreußen) : Originellste und exakteste Anpassung der Nester (frei¬
seitige Stütznester !) an die nach dem großen Brand aufgebauten
modernen »Lauben« in Marienburg (»0. Mon.« 1903, S. 142). Staats
von Wacquan t-Geozelles berichtet ebenso über abweichende Bau¬
art von D. urbica in Tostedt und an der Brücke in Hameln. Die
Veränderung kommt — nur braucht sie Zeit!
2. [7.] Der moderne Mensch putzt die Häuser schöner aus und
duldet keinen Unrat mehr an ihnen. Infolgedessen stoßen viele
Leute, so z. B. auch manche Herren Lehrer und selbst Dorfbauern,
die Schwalbennester von den von ihnen bewohnten Baulichkeiten.
So geschehen an dem vollbehaugenen neuen Schulhaus in Frischborn
(Vogelsberg) in den 90er Jahren, so au einem übervoll behangenen
kleinen, einstöckigen, steinernen Wirtshaus in Blitzenrod (bei Lauter¬
bach), als ein neuer Besitzer einzog. Vielfach machen sich auch
die Bauern (wie früher z. B. im Vogelsberg) nicht mehr die Mühe,
Brettchen unter die Schwalbennester zu nageln (gegen den Schmutz
und als Neststütze). [Wie schön ist es doch dagegen, daß man au
dem herrlichen Schloß in Versailles zwischen den Rosetten des Dach¬
gebälks, wie ich 1900 sah, sowie iu den Eingaugsgewölben der
gotischen Kirchen in Ostfrankreich hunderte von Schwalbennestern
belassen hat!]. Dieser 2. Grund kultureller Art will freilich nicht
viel besagen gegen den vorausgehenden und den folgenden.
3. [8 1. Die Tierchen finden keine Nahrung mehr. Sehr
triftiger Grund! Die Kanäle und Kanälchen iu den gepflasterten
305
Städten, die Pfützen und Wasserlachen in den besseren Dörfern, die
Gräben und Sümpfe in den trocken gelegten Wiesen verschwinden;
damit auch Mücken und Fliegen, die Nahrung der Schwalben. Schon
im »Zool. Gart.« 1904, S. 298 betont dies Boettger sehr richtig
(und stellt es ebenso richtig in Analogie zu dem Verschwinden des
Storches — Abnahme des Storch bestands infolge Nahrungsmangel,
d. h. Verschwinden der Frösche wegen Drainierung der Sümpfe und
Wiesen). Es ist nicht ein einzelner Fall, sondern ein sehr typischer,
wenu z. B. ein Herr A. Toepel für »Belgershain und Umgegend«
(Thüringen) »Sterben junger Schwalben aus Nahrungsmangel« an¬
meldet (»0. Mon.« 1895, S. 81). Gegen diese 3. Verminderungs¬
ursache infolge Kulturverbreitung, die sich im Laufe der Zeit noch
immer stärker geltend machen, bei der intensiven Hochkultur der
letzten und folgenden Jahre immer rapider um sich greifen wird,
läßt sich schlechterdings nichts tun.
4. [9.] Die Schwalben finden inmitten der modernen Stadt nicht
mehr den richtigen Baustoff, jenen Erdkitt, der von gediegen
feuchter Qualität sein muß, wenn er halten soll (im »Zool. Gart.«
1904, S. 298 von Boettger bereits geltend gemacht und darnach
im »Zool. Garten« 1905, S. 205 von Gen gier für Erlangen etc.1).
Wiederum recht triftiger Grund (wenn auch lange nicht so bedeu¬
tend wie der 1. und 3.). Er trifft vor allem für große Städte zu,
wo die Schwalben das Baumaterial von weither herbeischleppen
müssen.
5. [10.] Sehr ins Gewicht fällt der Vogelfang, weniger der zu
kulinarischen als der zu Mod e z wecken. Es ist unglaublich, wie¬
viele Tausende von Schwalben zu diesem Zweck getötet werden.
Wenn man freilich auch schou vor 100 und 200 Jahren gelegent¬
lich über Abnahme der Schwalben geklagt hat (vergl. »Aus alten
Chroniken« von L. Schuster, »Zool. Garten« 1903), so fällt doch
zeitlich die typische Massenverminderung der Neuzeit geradezu auf¬
fallend mit der Periode zusammen, in der — seit zwei bis drei
Jahrzehnten — die Schwalben als Modeartikel für Damenhüte in
Europa und Amerika aufkamen.
Diese fünf Gründe, die auf der hoheu Entwickelung der Kultur
beruhen, haben auch nur immerhin wieder mehr oder minder lokale
Geltung. Am kräftigsten und am allgemeinsten wirken der dritte
und fünfte (Mangel an Nahrung, Vogelfang), darnach der 1., alsdann *
9 Eine Nürnberger Tageszeitung macht in einer mir zugeschickten Juli-
Nummer noch Pösneck in Thüringen namhaft.
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905.
20
306
der 2. und 4. Grund. Wie steht es aber nun in weiten Landstrichen
— in vielen deutschen uud englischen Dörfern z. B. — , wo alle
fünf Gründe der Rubrik B ebensowenig zutreffen wie die unter A.
Was ist da schuld an dem Rückgang der Schwalben, der auch dort
bemerkt wird (denn er wird allgemein in Europa bemerkt)? Es
bleibt nur eine »allgemeine« Erscheinung als Ursache für diese
Fälle übrig, eine ebenso wichtige wie interessante und universelle,
nämlich ein
C. Grund meteorologischer Art. Die nördliche Erdhälfte
hat eine Klimaverschiebung erlebt. Nicht allein, daß die nördliche
Hemisphäre iu der Gegenwart sechs Tage länger die Sonne über sich
hat als die südliche, sondern auch — wie ich schon in meiner Arbeit:
»Ornithologische Anzeichen einer wiederkehrenden Tertiärzeit« »J. f. 0.«
1902 und »Mitt. des Österr. Reichsb. für Vogelk. in Wien« 1905
ausgeführt habe, ganz in Übereinstimmung, mit der Reibisch-Simroth-
schen These von der Erdpendulation, »Jahrb. f. Naturk.« — folgende
beiden Erscheinungsmomente machen sich seit etwa zwei Dezennien
geltend, die jedem Kind bekannt sind: Erstens haben wir keine rechten
Winter mehr, und zweitens verschiebt sich die »kalte« Jahreszeit in
jedem Jahr immer weit in die Frühlings- und Sommermonate hinein.
Das heißt mit anderen Worten: Unser Mai ist, wie allbekannt,
nicht mehr der Wonnemond der älteren Dichter, sondern recht rauh,
feucht, kalt geworden und mit zahlreichen Frosttagen ausge¬
stattet. Infolgedessen — erfrieren und verhungern sehr viele jungen
Vögel, so z. B. Buchfinken, Lerchen, Nachtigallen1) und vor allem
eben auch Schwalben.2) Denn sobald es nur etwas kalt ist, bleibt
eins der Alten auf den Jungen sitzen, und es füttert nur noch das
andere; nun besteht an sich schon Futtermangel, und durch Tempe¬
raturrückschläge (Kälte, Feuchtigkeit) noch viel mehr; so bekommen
denn die Jungen kaum etwas zu fressen und sterben schließlich
Hungers.
— — »
Dies scheint mir der tiefste, allgemeinste, grausamste und un¬
erbittlichste von allen Gründen zu sein, die eine Abnahme der Schwalben
bedingen, auch von allen der langwierigste, da sich nach der Be¬
rechnung Neumayrs — in »Erde im Weltraum« — erst iu
10 500 Jahren das jetzige Temperaturverhältnis ändern wird, nach-
9 Ich habe schon früher die Abnahme und das Verschwinden der Nachti¬
gallen aus manchen nordischen Landstrichen auf die enorm häufigen Maifröste zu¬
rückgeführt.
2) Vergl. die sehr richtige Bemerkung D a u t s in meiner Vorbemerkung oben.
307
dem es auf dem jetzt eingeschlagenen Weg noch beträchtlich weiter¬
gegangen ist. Diesem Übelstand kann nur entgegengewirkt werden
durch eine bestimmte Disposition, d. h. Veräuderungs- (Anpassungs-)
fähigkeit, die im Schwalbenreich vorhanden sein müßte (und wohl
auch sicher vorhanden ist), den Anfang der Brut beträchtlich später
zu legen als es zur Zeit geschieht.
Aus dem Leben eines Fischreihers ( Ardea cinerea L.).
Von Erwin Detmers aus Lingen a. d. Ems.
Noch vor wenigen Jahren kamen die Fischreiher in sehr großen
und zahlreichen Kolonien in der Umgegend von Lingen vor. Aber
gerade in der letzten Zeit haben die Reiheransiedlungen hier sehr ab-
genommeu uud sind an einigen Stellen ganz von den Vögeln ver¬
lassen worden. Diese Verminderung der Reiher ist nur durch das
Abschießen der Jungen und nicht etwa durch Nahrungsmangel her¬
beigeführt worden. Denn die Ems bietet den Reihern, besonders au
den Stellen, an denen sie nicht schiffbar und von großen Wäldern
und ziemlich steilen Ufern eingeschlossen wird, eine reiche Nahrungs¬
quelle, an der sie auch ganz ungestört fischen können.
Am 4. Juni dieses Jahres fand ich in einem großen, der Ems
benachbarten Walde eine kleiue Kolonie von nur zwei bewohnten
Nestern. Das eine war in dem Wipfel einer gewaltigen Buche, das
andere saß kaum sichtbar in der Spitze einer dichten Tanne. Mit
Mühe wurde die sehr glatte Buche von einem meiner Freunde erklommen.
Während dessen kreisten die Alten beständig über den bedrohten
Jungen uud wagten es sogar in den allernächsten Bäumen einzufallen.
Der Horst enthielt vier kaum acht Tage alte Junge, die, als sie im
Rucksack unten ankamen, nichts Eiligeres zu tun hatten, als ihre ganze,
schon ziemlich weit verdaute Nahrung wieder auszuspeien. Dabei
wurden Fische ans Tageslicht befördert, die fast so groß wie die
jungen Reiher selbst waren, und es schien fast unmöglich, daß diese
kleinen, noch fast nackten Tiere solche Bissen hatten hinunterschlingen
können. Als die jungen Reiher sich eine kurze Zeit erholt hatten,
versuchten wir ihnen, da wir im Augenblick kein anderes Futter
hatten, zerstückelte Elstern einzupfropfen. Kurz zuvor hatten wir
diese nämlich bei einem Bauernhöfe ausgehoben und sie beim Aus¬
nehmen des Reiherhorstes auf die Erde gesetzt. Dabei trat ich im
Eifer des Gefechtes einige von ihnen tot. Die jungen Reiher nahmen
308
dieses gewiß ungewöhnliche Futter nach und nach an und behielten
es auf dem weiten Heimwege auch teilweise wenigstens bei sich.
Zu Hause augekommen setzte ich meinen Reiher zu einem gleichalterigen
Hühnerhabichte. Nach kurzer Zeit schon kraute der Habicht dem
neuen Ankömmling in dem Federbüschel auf dem Kopfe, worauf der
Reiher den Kopf des Habichts in seinen großen Schnabel nahm. So
wurde Freundschaft zwischen diesen beiden Tieren geschlossen, die
in der Natur doch die größten Feinde sind.
Sehr bald hatte sich der Reiher an seine neue Umgebung ge¬
wöhnt. In der ersteu Zeit freilich richtete er sich auf, sobald man
seinem Stalle näher kam, und schnappte mit ausgestrecktem Halse nach
dem Besucher. In kurzer Zeit aber war er soweit gezähmt, daß er
mich kannte und mir das Futter aus der Hand nahm. Gewöhnlich
reichte ich ihm Frösche, Fische aller Art, Schweinenieren und über¬
haupt rohes Fleisch. Er verschlang aber auch verhältnismäßig große
Markknochen sehr gerne. Ferner fraß er Ratten, Mäuse und allerlei
Vögel. Diese Tiere kröpfte er in der ersten Zeit stets mit Federn
oder Haaren ; später jedoch hatte er es lieber, wenn man sie ihm
vorher rupfte. Wie die Raubvögel spie auch er Federn oder Felj
in großen, eiförmigen Gewöllen aus; dagegen verdaute er Knochen
stets vollständig. Bald begrüßte mich „Heron“ — so hatte ich den
Reiher getauft — wenn er nur meinen Schritt hörte, mit lautem
Gekrächze. In den ersten acht Tagen hockte er gewöhnlich mit
eingeknickten Beinen am Boden. Als aber er und sein Gefährte, der
Habicht, erst so weit waren, daß sie ihre ersten Laufversuche
machten, da kamen sie mir immer, sobald sie mich hörten, entgegen.
Der Reiher machte dann gewöhnlich zu große Schritte, stolperte und
fiel, wenn er sich nicht mit dem Schnabel im Gleichgewichte halten
konute. Setzte ich mich nun hin, so kroch „Heron“ ganz an mich
heran, schmiegte sich fest an mich und kuabberte mit seinem Schnabel an
meinen Schuhen. Am 20. Juni war er so weit, daß er gut auf einer
Stange stehen konnte, und nun brachte ich ihn und seinen Gefähr¬
ten, der jetzt sogar schon Flugübungen machte, in einen großen,
mit Pfählen und Sitzplätzen wohlversehenen Stall. Gewöhnlich stand
er hier auf seinem Lieblingsaste, den er aber bald aufgab, indem er an
seiner Stelle einen hohen Stein als Sitzplatz vorzog. Schien die Sonne,
so legte er sich gewöhnlich platt auf den Sand und ließ sich gründ¬
lich durchwärmen. Auch stand er wohl öfters hochaufgerichtet, die
Flügel herabhängend, blickte in die Sonne und ließ seinen Leib von
den warmen Strahlen bescheinen. Seinen Stall liebte er bald so
300
sehr, daß er immer, wenn ich ihn herausbrachte, die größten An¬
strengungen machte, wieder hineinzukommen. Als er größer war,
durfte außer dem Habicht kein Tier den Stall betreten. Besonders
mit Hunden lag er stets im Kriege. Diese griff er mit solchem Mute
an, daß sie jedesmal, trotz der Bemühung ihrer Herreu, den Rückzug
antreten mußten. Nicht nur Terrier, sondern sogar Jagdhunde und
eine große deutsche Dogge unseres Nachbarn, die oft auf unsern Hof
kam, vertrieb er regelmäßig. Als seine Beine noch schwach waren?
verteidigte er sich gegen Hunde im Sitzen und rutschte immer weiter
gegen sie vor. Dazu breitete er die Flügel aus, blähte die Federn
auf und richtete seineu Federbusch auf dem Kopfe hoch, wodurch er
doppelt so groß erschien, als er in Wirklichkeit war. Ganz genau
unterschied der Reiher Menschen und Tiere. Einst brachte man den
Bruder meines Habichts zu meinen Vögeln, aber er mußte sofort
entfernt werden, denn der Reiher stieß wild nach ihm, und auch
mein Habicht wollte sich sofort auf seinen Blutsverwandten stürzen.
Ebenso wütend stieß er auf Kaninchen, junge Hähnchen usw., die
zum Fräße für den Habicht bestimmt waren, und jedesmal mußte
ich den Reiher aus dem Stalle tun, bevor ich die Tiere hineinsetzen
konnte. Am 9. Juni nahm ich, als ich nach Aurich reiste, den
Reiher mit nach dort. In Aurich hatte er sehr viel Platz und, was
besonders angenehm war, auch sehr viel Wasser. Am Tage seiner
Ankunft zeigte er zum ersten Male, daß er schon etwas fliegen konnte.
Für die Nacht hatte ich ihn in eine große Scheune gesetzt, und als
ich am Abend nochmals nach ihm sah, war er hoch oben auf einen
Balken geflogen. Am andern Morgen setzte ich ihn, als er herunter¬
geflogen kam, auf einen Baum, den er auch später, neben dem Dache,
als Lieblingsplatz beibehielt. Als Futternapf bekam er eine weiße
Schüssel, die er bald sehr gut kannte, und wenn „Heron“ nicht so¬
fort auf seinen Namen hören wollte, so kam er doch sogleich herbei,
wenn ich ihm nur den Futternapf zeigte. Am 13. Juli machte er
zum ersten Male weiteren Gebrauch von seinen Schwingen. Morgens
um 6 Uhr flog er ab, und zwar machte er einen weiten Bogen über
sehr hohe Bäume hin, wie man mir erzählte, und traf dann, weil
er so schnell nicht ausbiegen konnte, in vollem Fluge gegen ein
Haus, stürzte zu Boden und wurde von Maurern ergriffen. Als ich
ihn später abholte, fand ich ihn glücklicherweise unverletzt ; denn
als ich -von seiner eigenartigen Gefangennahme hörte, fürchtete
ich, daß er sich etwa ein Bein oder einen Flügel gebrochen habe.
Dies muß man nämlich bei jungen Reihern stets fürchten. Auch die
310
Brüder meines Reihers mußten alle wegen verrenkter Beine und ge¬
brochener Flügel getötet werden. Obgleich ich befürchtete, Heron
würde mir nun entweichen, blieb er doch in den folgenden Tagen
im Garten, sicherlich weil er schlechte Erfahrungen bei seinem ersten
Ausfluge gemacht hatte, denn die Maurer werden ihu wohl nicht
allzu zart angefaßt haben. Bald wählte Heron sich den First des
Hauses zu seinem Lieblingsplatze. Yon hier konnte er weit schauen
und seine nächste Umgebung kennen lerneu. Dann wagte er sich
nach einiger Zeit weiter, flog in die benachbarten Gärten und auf den
Übungsplatz der Soldaten, so daß er bald überall bekannt war und
keiner ihm etwas zu Leide tat. Sehr oft stolzierte er auch an den
Kanal, stellte sich auf ein Floß und stand hier oft stundenlang, den
Kopf etwas nach vorn gestreckt, immer ins Wasser schauend. Rief
ich dann seinen Namen, so tat er furchtbar eifrig, krächzte ein
wenig, öffnete die Flügel, sah aber stets dabei starr aufs Wasser.
Nur wenn ein Käfer oder sonst ein Insekt in seiner Nähe vorbeiflog,
ließ er sich stören, schnappte schnell danach uud erhaschte es fast
regelmäßig. Beim Fischen stand Heron selten im Wasser, gewöhn¬
lich tischte er von einem Floß oder Pfahl aus. Das gleiche beobachtete
ich wiederholt an anderen Fischreihern in der Nähe von Lingen.
War die Ems sehr reißend oder sehr tief, so benutzten sie in der
Ems liegende Baumstämme oder Felsstücke, um von hier aus zu
fischen. Dabei hatten sie genau die nämliche Haltung, die ich bei
meinem Heron beobachtete. Erstaunlich war die Gewandtheit, mit
der er den großen Schnabel zu benutzen wußte. Das kleinste Insekt
nahm er vom Boden auf, jede Froschlarve erhaschte er im Wasser.
Rollte ich kleine Äpfel au ihm vorüber, so traf er sie jedesmal mit
unfehlbarer Sicherheit mit dem Schnabel und spießte sie so fest auf,
daß er sie nur mit Mühe wieder entfernen konnte. Hierbei machte
er die wunderlichsten Bewegungen, schüttelte den Kopf und streifte
endlich mit Hülfe eines Beines den festsitzenden Apfel vom Schuabel.
Hatte Heron gefressen, so schritt er gewöhnlich in die Spargelbeete,
reckte sich so lang er konnte uud machte nun Jagd auf Käfer,
Mücken und Fliegen. Erstaunlich war es, welch ungeheure Bissen
der Vogel hinuuterschlingen konnte. Einen Hecht vou 291/a cm Länge
ließ er ohne große Mühe in seinen gewaltigen Schlund hinabgleiten,
ebenso verschluckte er große Ratten, ganze Schweinenieren und sogar
20 cm lauge Barsche mit den Stacheln. Sein Hunger war sehr
unregelmäßig ; bald verschlang er viel, bald weniger. Als ich ihn
acht Tage hatte, fraß er am meisten, nach drei Wochen etwas we-
311
niger, und in dev letzten Zeit zeigte er wieder größeren Appetit.
Als Heron größer wurde, war er gegen Fremde nicht immer freundlich,
und selten ließ er es sich gefallen, daß ihn ein anderer als ich an-
faßte. Dagegen wurde mit seinem Wachstum seine Liebe zu mir
von Tag zu Tag größer. Sah er mich von weitem, so krächzte er
gewöhnlich und kam mir, wenn er nicht satt und faul war, stets
eutgegengeflogen. Als ich einmal im Juli einige Tage von Aurich
weg war, trauerte er die ganze Zeit, flog aber trotz meiner Abwesen¬
heit nicht fort. Ganz außer sich war er vor Freude, als er mich
wiedersah. Er krächzte, verdrehte Hals und Beine, schlug mit den
Flügeln und sprang regelrecht an mir in die Höhe, um mit dem
Schnabel meine hochgehaltene Hand zu fassen. Bevor ich nach
Lingen zurückkehrte, wollte ich noch acht Tage verreisen. Deshalb
konnte ich den Vogel nicht mehr gut in Aurich lassen, und so schickte
ich ihn vorher mit der Post nach Hause. Dort wurde er wieder in
seinen alten Stall zu dem Habicht getan, und die beiden Freunde
kannten sich, wie man mir später erzählte, trotz der langen Trennung
sehr gut wieder. Ab und zu machte das jetzt sehr starke und große
Habichtsweibchen wohl einen kleinen Scheinangriff auf den Reiher
und dieser verteidigte sich wieder, indem er krächzend nach dem
Habicht stieß, sonst aber wurde das gute Einvernehmen zwischen
beiden in keiner Weise gestört. Als ich acht Tage später nach Hause
zurückkehrte, wurde ich von Heron sofort wieder erkannt und stür¬
misch begrüßt. Er hatte sich in den acht Tagen schon wieder so
an seinen Stall gewöhnt, daß er gar nicht draußen sein mochte.
Aber bald hatte ich ihn soweit gebracht, daß er sich den Tag über
wenigstens von seinem geliebten Stalle trennte. Als er erst die Ge¬
gend kennen gelernt hatte, machte er größere Ausflüge, kehrte aber
am Abend und zu den Futterstunden regelmäßig nach Hause zurück.
Sehr interessant war, wie genau er Personen wiedererkannte. So
hatte er es auf einige Jungen abgesehen, die ihn während meiner
Abwesenheit wiederholt geneckt und geärgert hatten. Jedesmal, wenn
diese über unsern Hof gingen, wurde er erregt, blähte sich auf,
lief, wenn sie in seine Nähe kamen, hinter ihnen her und stieß
nach ihnen.
Eines Tages kam Heron nicht wieder. Er war in die Stadt
geflogen, hatte sich auf ein kleines Waschhaus gesetzt uud wurde
hier von einem Gärtner auf eiue ganz kleine Entfernung hin herab-
geschosseu. Sein Gefieder war vorzüglich, und er hatte schon 1,49 m
Flügelspannung.
312
Jeder, der das Tier kannte, gewann es lieb, denn der schöne
Vogel zeigte sich niemals heimtückisch und war gegen jeden, der ihn
nicht ärgerte, bis zu einem gewissen Grade freundlich und liebens¬
würdig. Mir selbst tat sein Tod natürlich am meisten leid, denn
unter den vielen Tieren, die ich besessen habe, ist selten eines so
intelligent und anhänglich gewesen wie dieser Fischreiher.
Briefliche Mitteilung.
Schwan heim (Main), 7. September 1905.
Auf die Gefahr hin, daß man mir wieder vorwirft, alte Ammenmärchen
aufzuwärmen, möchte ich folgende Mitteilung machen:
Gestern Mittag kam mein Gärtner Philipp K. und teilte mir mit, daß an
einem Nachbarhause Schwalben einen Spatz in ihrem Neste eingemauert hätten.
Er sei durch das klägliche Schreien des Vogels aufmerksam geworden, der nur noch
den Kopf habe herausstrecken können, und habe die fortwährend attackierenden
beiden Schwalben verjagt, sonst aber das Nest unberührt gelassen, um es mir zu
zeigen. Ich ging gleich mit ihm hin und sah in einem Neste von Delichon urbica ,
das sich in 3 m Höhe unter dem Dach des Hauses der benachbarten Wirtschaft
»Zur Mainlust« befand, einen jungen Sperling in einem Schwalbennest sitzen und
kläglich schreien. Ich ließ eine Leiter herbeiholen, und mein Gärtner stieg hinauf,
ohne daß der Vogel einen Fluchtversuch gemacht hätte. Aus guten Gründen, denn
das Flugloch war tatsächlich durch eine noch feuchte, offenbar frisch aufgetragene
Schicht so verengt, daß er es nicht mehr passieren konnte. Die frische Schicht
ließ sich leicht ablösen, der Vogel war aber schon so matt, daß er beim Versuche,
von meiner Hand abzufliegen, sofort zur Erde fiel und sich wieder fangen ließ ; er
war völlig flügge, aber jedenfalls erst vor wenigen Tagen aus dem Neste geschlüpft.
Daß ihn die Schwalben absichtlich eingemauert haben, kann keinem Zweifel
unterliegen, denn eben baut doch keine Schwalbe mehr! Daß sie es aus Bosheit
taten, um einen unverschämten Eindringling für den Hausfriedensbruch zu strafen,
kann auch kaum bezweifelt werden, denn unmittelbar neben dem Neste war ein
zweites leeres, in dem sie Nachtquartier hätten nehmen können, und unter dem¬
selben Dach noch drei bis vier andere. Wohnungsmangel hatten sie also nicht.
W. A. Lindholm aus Wiesbaden, der kurz nachher kam, hat das Nest
gesehen und meinen Philipp selbst ausfragen können.1) Dr. W. Kob eit.
J) Dazu als Seitenstück: „Ein Spatz hatte am Hause des Hrn. A. Schaltenbrand in
Laufen, Kt. Bern, die Wohnung eines Schwalbenpaars expropriiert. Darob große Aufregung
in der ganzen Schwalbenkolonie. Es gab eine kurze Beratung (? Der Herausg.), dann gir gs
an die Arbeit, und in kurzem war der Eindringling lebendig eingemauert.“
(Nach „Luzerner Tageblatt“ im Ornitholog. Beobachter (Bern) Jahrg. 4, 1903 p. 139).
Der Herausgeber.
313
Kleinere Mitteilungen.
Produziert die Kohlmeise zwei Eier in einem Tag? fragt Herr
Wilhelm Schuster in No. 7 d. Z. G. und glaubt diese Frage bejahen zu
müssen. Ich setze in diese Behauptung einen gelinden Zweifel und erkläre mir
die Sache einfach in folgender Weise : Als die drei Herren Gebrüder am 29. April
das anscheinend leere Nest entdeckten, war es schon mit 5 Eiern belegt, doch waren
die Eier, unter Tierhaaren und Wolle versteckt, ihren Blicken nicht zugänglich, da
die Kohlmeise immer die ersten Eier mit einer 3 — 5 cm dicken Schicht des feinen
Auspolsterungs-Materials verdeckt. Nun legte der Vogel am 30. April das 6.,
am 1. Mai das 7. und am 2. Mai das 8. Ei. Diese Rechnung stimmt auffallend.
Daß übrigens ein kleiner Vogel wie die Kohlmeise an einem Tage zwei hartschalige
Eier produzieren sollte, ist meines Erachtens ein Ding der Unmöglichkeit. Ein gut
gehegtes und gepflegtes Haushuhn legt wohl mal an einem Tage zwei Eier, doch
ist das zweite Ei immer ein — Windei. So nennt man hier ein Ei ohne Kalk¬
schale. H. Schacht.
Kleines Nachtpfauenauge und Nola togatulalis. Am 2. Mai setzte
Herr Postdirektor a. D. W i 1 1 i c h (Gonsenheim) ein verkrüppeltes Saturnia pavonia-
Weibchen um die Mittagszeit (11 Uhr) in seinem Garten aus; nicht eine Stunde
dauerte es, so schwärmten, richtig gezählt, zehn Männchen im Garten umher. Sie
hatten das Q gerochen — und dabei bei ziemlich starkem, ungünstigen Wind
(wenigstens liegen die Fundplätze von S. pavonia , die uns hier in der Gegend be¬
kannt sind, sämtlich in der Richtung, aus welcher der Wind kam). — Heuer sind
die Räupchen der seltenen Nola togatulalis, die sich nur hier und auf ostdeutschen
Sandfeldern findet, in geradezu ungezählter Menge — relativ gesprochen — vor¬
handen. Dreihundert Schritte von unserem Hause liegt die Waldhege, wo die
kleinen, langbehaarten weißlichen Räupchen wie Spinngewebe an den kleinsten, meist
noch gar nicht aufgebrochenen Knöspchen der niedrigen Eichenbüsche sitzen. Am 12.
Mai fand ich mit Wittich an einem ganz winzigen Eiclienstöcklein nicht weniger
als elf Stück. Nachdem nun doch also diese Räupchen jahrelang »abgeerntet« worden
sind (das Dutzend wird mit 1 — 1,50 M. verkauft, die Puppe kostet 1 M.), treten
sie dieses Jahr tiotzdem wieder so auffallend zahlreich auf, und selbst die Frankfurter
Entomologen werden, wenn sie jetzt bald wieder an Sonntagen — leider ! — in
Scharen auf unsere Hegen kommen, mit reicher Beute abziehen. Wir Gonsenheimer
Entomologen (Wittich, Andreas, W., L., D. und P. Schuster) setzen freilich, wenn
wir überflüssige Puppen haben, diese zur rechten Zeit wieder aus; die von Wittich
an einem nunmehr neuen Fundort ausgesetzten sind als Schmetterlinge daselbst
geblieben. Ich werde den Schmetterling nach anderen hessischen Orten zu ver.
pflanzen suchen, was auszuführen möglich ist, wenn nicht die Raupe, abgesehen
von der Wärme, an ein nur auf Sandboden gewachsenes Eichenlaubfutter gebunden
ist (an der Bergstraße soll sie vorhanden (?) und erst 1886 auf unserem Sand
erschienen sein). Bisher haben der Raupe oft Maifröste geschadet (die ja in unserem
Zeitalter immer an der Tagesordnung sind und bekanntlich den Bestand der Nach¬
tigallen — vielleicht auch der Schwalben? — durch Vernichtung der ersten Brut
verringert haben). Auch Arctia caja- und 1 Ihyparia purpurata-Raupen sind heuer
in Masse vertreten, um von den immer zahlreichen Schwan-, Schwammspinner- und
Goldafter-Raupen nicht zu reden. Wilhelm Schuster.
314
Dactylomys typus Js. Geoffr. In den ausgedehnten Wäldern des untern
Arnazonenstromes wohnt eine Ratte, die dem Volke unter dem Namen Torö-toro
oder kurzweg Törra allgemein bekannt ist. Sie ist ein ausschließliches Nachttier
und hält sich tagsüber auf hohen Baumriesen des Urwaldes auf. Alle Einheimischen
kennen sie wohl nach ihrem eigentümlichen, weithörbaren Ruf »toro-toro«, der in
der Nähe von ausgedehnten Urwäldern allnächtlich zu vernehmen ist, aber nur
wenige von den Einheimischen können sich rühmen, das Tier je gesehen oder gar
erlegt zu haben. Umsoweniger war es Naturforschern möglich, trotz verschiedener
Bemühungen, über das eigentümliche Tier richtigen Aufschluss zu erhalten. Erst
vor wenigen Tagen erhielt ich nun endlich ein Exemplar, und zwar lebend, durch
Waldarbeiter, die beim Fällen von Bäumen das Tier in dem Astloch eines mächtigen
Baumes entdeckten. Es war Dactylomys typus Js. Geoffr. und stimmte genau mit
der Beschreibung von W a g n e r in »Beiträge zur Kenntnis der Säugetiere Amerikas«,
in Abh. d. II. Kl. d. k. Ak. d. Wiss. V. Bd. II. Abteilg. pag. 302 seq. überein. Mein
Exemplar ist ein Weibchen und war trächtig, aber infolge des Einfangens verwarf
das Tier, und am andern Morgen fand ich im Käfig zwei noch unvollkommen
entwickelte Junge, die ich in Formol konserviert habe. Das Tier hat sich nun
beruhigt, sitzt tagsüber in der Ecke seines Käfigs, und nur des Nachts wird es
lebhaft. Ich hoffe, daß es mir gelingt, das interessante Tier einige Zeit lebend
erhalten zu können, um später über sein Verhalten in Gefangenschaft an gleicher
Stelle weiteren Bericht zu erstatten. Das erste Exemplar von Dactylomys typus,
das Geoffroy 1840 beschrieb, befindet sich im Museum in Paris, von welchem
Stück jedoch die Heimat zweifelhaft war. Erst durch Natterer, der ein
zweites Exemplar am Rio Negro erlegte, wurde die Heimat dieses Nagers bekannt.
Ob weitere Exemplare später nach Europa gekommen sind, darüber gibt mir die
mir zu Gebote stehende Literatur keinen Aufschluß.
Ilha Mexiana (Para), 8. Sept. 1905. D r. G. Hagmann.
Geburtshelferkröte bei M ainz- Gonsenheim. Unser Aquarien- und
Terrarien-Verein »Zyperns« (Mainz) machte einen Aufenthaltsort von Alytes ob -
stetricans ausfindig. Herr Göbel entdeckte die Fundstelle (bei Gonsenheim) und
brachte vier Tiere mit nach Hause. Darnach fanden Herr von Kittlitz und
Herr Kelch weitere 30 Exemplare (darunter mehrere eiertragende Männchen), von
denen jedoch der größere Teil wieder freigelassen wurde. Wir schätzen den Be¬
stand der »Kolonie« auf etwa 200 Tiere. Der Fundort wird natürlich geheim ge¬
halten — zur Wahrung der »Denkmäler der Natur«. — Wie bereits früher mit¬
geteilt (»Nerthus« 1904) befinden sich die nächsten Fundorte des Tieres bei
Wiesbaden und bei Soden im Taunus.
Wilhelm Schuster (»Zyperns« Mainz).
Auffallende Färbungen, die in Wirklichkeit aber verbergend
wirken. Es ist mir aufgefallen, daß in den Tropen, insbesondere aber in Neu¬
guinea viele der großen Tagschmetterlinge auch auf der Unterseite die leuchtendsten
Farben besitzen, wie z. B. Feuerrot und Schwarz, sowie ähnliche sofort ins Auge
fallende Zusammenstellungen, bei deren Anblick man unwillkürlich an Warnfärbungen
denkt, um so mehr, da sie an Stellen angebracht sind, die in ruhender Lage der Tiere
vollkommen sichtbar bleiben. Indessen verschwanden selbst diese lebhaften Kontraste,
Avenn die Tiere sich niedersetzten, sodaß ich selbst im wohl zu übersehenden Grase
den sitzenden Sclimetterliug nur aus allernächster Nähe zu entdecken vermochte.
315
Überhaupt waren in Neuguinea alle Insekten auffallend bunt. Selbst Zikaden, Wespen,
Fliegen und Käfer trugen wahre Prachtkleider, und sogar die bei uns völlig un¬
scheinbar gefärbten oder doch fast einfarbigen Grashüpfer waren mit ihrer grünen
Livree nicht zufrieden, sondern zeigten auf derselben eine blaue und rote Ringelung.
Diese rauschende Farbensymphonie fügt sich aber dem Ganzen harmonisch ein*
Das sonderbare Kolorit der Heuschrecken wäre mir wahrscheinlich gar nicht auf¬
gefallen, wenn ich solche Tiere nicht in die Hand genommen hätte. In einiger
Entfernung sehen sie bereits einfarbig düster aus. Diesen einem größeren Feinde
gegenüber völlig wehrlosen Insekten wird nicht nur von den Vögeln, sondern auch von
Reptilien und Lurchen eifrig nachgestellt. Die im Grase lebenden Arten können sich
auch nicht gut verkriechen, somit besteht denn die einzige Möglichkeit, nicht ver¬
schlungen zu werden, darin, sich nicht bemerken zu lassen. Vorsorglicher Weise
hat ihnen die Natur ein Kleid verliehen, das genau mit dem Kolorit ihres Aufent¬
haltsortes übereinstimmt, sodaß ihnen solches nicht allzuschwer fällt. Unsere auf
Wiesen lebenden Arten sind bekanntlich grün, die Feldheuschrecken erdartig düster,
die Heidebewohner dagegen bräunlich, trockenen Pflanzenstengeln ähnlich gefärbt.
Solch’ schützender Anpassung scheinen die Neuguinea-Schrecken ganz zu entbehren.
Ihr buntes Kleid muß sie, wie man fast glauben sollte, sogar direkt auffällig machen.
Das würde in unserem Klima, bei unserer matten Sonnenbestrahlung allerdings der
Fall sein ! Anders liegt aber die Sache in den Tropen. Es ist eine bekannte
Tatsache, die dem großen Publikum allerdings erst durch die neuere Richtung der
Malerei zum Bewußtsein gekommen ist, daß es in der Natur keine schwarzen
Schatten wie im Atelier gibt. Auf einem frühlingsgrünen Rasen haben sie bekannt¬
lich einen bläulichen, auf einem herbstlicbgelben dagegen einen deutlich rötlichen
Schein. Das dürfte einem oder dem anderen der jugendlichen Leser bereits auf¬
gefallen sein ! In noch viel ausgeprägterem Grade findet sich diese Erscheinung
zwischen den Wendekreisen. Die auf den Boden fallenden Schlagschatten der
Gräser geben, da bei ihnen auch noch Eigenfärbung und stellenweise Transparenz
hinzukommt, ein buntfarbiges, von einander abweichendes Bild, in dem aber gerade
die bei den Heuschrecken zu beobachtenden Nüancen häufig Vorkommen.
Dr. med. Schnee.
Die Fledermäuse des mittleren Sch weizer Jura. Meine Forschungen
bezüglich der in unserm Jura heimischen Fledermäuse haben bis jetzt folgende
Arten ergeben :
1. Rhinolophus ferrum-equinum, Große Hufeisennase. Nicht häufig, etwa
bis 1000 m ü. M.
2. R. hipposiderusBechst., Kleine Hufeisennase. Häufig bis 1000 in, weniger
häufig bis 1450 m.
3. Plecotus auritus, Ohrenfledermaus. Nicht selten bis 1000 m.
4. Synotus barbastellus , Mopsfledermaus. Recht häufig bis 1000 m, selten
bis 1400 m.
5. Miniopterus schreibersi Natt., Langflüglige Fledermaus. Selten bis
1200 m.
6. Vesperugo noctula, Große Speckfledermaus. Häufig bis 1000 m.
7. Vesperugo pipistrellus, Zwergfledermaus. Sehr häufig bis 1000 m, nicht
selten bis 1450 m.
8. Vesperugo nathusii, Rauh häutige Fledermaus. Selten bis 1000 m.
316
9. Vesperugo maurus Bl., Alpenfledermaus. Nicht selten in 1200 — 1450 m
Höhe; diese von mir 1903 erlegte und oft beobachtete Fledermaus war bisher
nur für das Alpengebiet bekannt.
10. Vesperugo discolor, Zweifarbige Fledermaus. Selten bis 900 m.
11. Vesperugo serotinus, Spätfliegende Fledermaus. Selten bis 600 m.
12. Vespertilio murinus , Gemeine Fledermaus. Nicht selten bis 1200 m,
vereinzelt bis 1400 m.
13. Vespertilio mystacinus, Bar t fiedermaus. Nicht selten bis 1200, einzeln
bis 1400 m.
14. Vespertilio lugubris Fatio, Trauer fiedermaus. Selten; von 1200 bis
1450 m.
15. Vespertilio bechsteini, Großohrige Fledermaus. Nur im Basler und
angrenzenden Solothurner Jura, bis 400 m, selten.
16. Dysopes cestoni Sav., Grämler. Vereinzelt im Jura bei Basel.
Olten (Schweiz). Gustav von Burg.
Literatur.
B. T ü m 1 e r , Schutzmasken und Schutzfarben in der Tierwelt. Protektive Mimikry.
Mit 100 Vollbildern von F. W. Specht, E. Schmidt, A. Müller u. a. Steyl,
Post Kaldenkirchen (Rheinland), 1905. Verlag d. Missionsdruckerei. 8°. 211 pag.
— Preis geb. M. 3.50.
Ein prächtiger Einband, noble Ausstattung, eine Fülle guter Illustrationen.
Und das alles für nur M. 8.50! Der sehr belesene Verfasser hat aus dem großen
Gebiete der Mimikry in guter Verteilung des Stoffes die auffallendsten Beispiele
herausgegriffen, anschauliche Abbildungen in reichlicher Menge hinzugefügt und
eine recht lesbare Schilderung der Tatsachen bei den einzelnen angezogenen Tier¬
arten gegeben. Daß er sich, abgesehen von den einheimischen Formen, in erster
Linie auf Arten beschränkt, die schon vor ihm in dieser Hinsicht besprochen und
abgebildet worden sind, zieht den Wert unseres Buches in keiner Weise herab, im
Gegenteil, wir dürfen behaupten, daß die vorliegende Zusammenstellung eine Masse
von teueren Originalwerken, die nicht jedem geläufig und erreichbar sind, ersetzt
und gerade dadurch, daß sie in gewissenhafter Weise Auszüge aus den Original¬
arbeiten gibt, diese entbehrlich macht. Einige persönliche Beobachtungen des Ver¬
fassers sind recht interessant. So die Bemerkung p. 37 , daß er ausgekrochene
Weidenbohrer häufiger auf der Rinde von ein paar Eschenstämmen, die einer
Pappelreihe eingestreut waren, als auf den zahlreichen von ihrer Raupe bewohnten
Pappeln sitzend angetroffen habe. Hieraus wäre wohl der Schluß zu ziehen, daß
diese Schmetterlinge mit Absicht die ihrer Färbung ähnlicheren Stämme der
Eschen aufzusuchen imstande waren. Daß der Verfasser ein frommgläubiger Mann
ist, der nahezu auf jeder Seite die Macht und die Weisheit des Schöpfers in den
von ihm geschilderten wunderbaren Zweckmäßigkeiten preist, tut dem Buche
übrigens ebenfalls keinen Eintrag, wenn es ihn auch hindert, die vielen Schatten¬
seiten und Fährlichkeiten zu erkennen und zu schildern, denen die durch Masken
und Farben anscheinend so ausgezeichnet geschützten Tiere dennoch ausgesetzt
817
sind. Daß bei aufmerksamer Beobachtung in Wald und Feld und beim Experiment
doch nicht alles so gut und zweckmäßig in der Natur eingerichtet ist, kommt
unserem Autor gar nicht zum Bewußtsein, und daß trotz des ausgezeichneten
Schutzes Millionen und Milliarden von Tieren ihren Feinden zum Opfer fallen, ja
zum Opfer fallen müssen, berührt er in dem ganzen Werke mit keinem Worte.
Und ebensowenig wird man von den Begriffen »Auslese« und »Vererbung« eine
Andeutung finden.
Von kleinen Ungenauigkeiten sind uns aufgefallen p. 11 die Übersetzung
von Insektenleib mit »Thorax«, die Ausdrücke p. 17 » prassinana « statt prasinana,
p. 32 * Pagonocherus « statt Pogonochaerus und » cucurlioides « statt curculionoides.
Auf p. 46 Z. 4 v. u. muß es statt »roten« schwarzen Bändern heißen, ebenda
Z. 2 v. u. statt » Pliocerus « Pliocercus und noch richtiger Urotheca und auf p. 47
hemprichi statt »hemiprichiU . Auch kann p. 48 Callophis , gracilis — wenn und
weil es eine Callophis ist — niemals harmlos, resp. ungiftig genannt werden.
Ebenso ist der Name » Bacophorus rheinhardtii « auf p. 48 falsch; es muß Rhaco-
phorus reinwardti heißen. Druckfehler ist auch p. 78 » Origavum « für Origanum
und »Pheguus « für Phengus , p. 141 » Perron Wallia « für Treron wallisi, p. 151
» Calamcherpe « für Calamoherpe , p. 156 » Psamaphidae « für Psammophidae und
p. 157 der fette Bock »Nachtschnecken« statt Nacktschnecken. Einen »Grünen«
Landfrosch p. 159 gibt es nicht. Auf p. 166 muß es heißen apivorus. Ungenau
ist endlich der Ausdruck p. 167 »Grauer« Sandläufer; Cicindela sylvatica ist be¬
kanntlich samtschwarz. Daß dieser Käfer sich nicht auf sonnbeschienenen weißen
oder weißgelben Sandwegen tummele und Beute mache, ist ein Irrtum. Wir
fangen ihn hier nie anders.
Wir können das Buch im übrigen jedem empfehlen, der das Gesamtgebiet
der Mimikry übersehen möchte; eine Erklärung für die im allgemeinen recht vor¬
urteilsfrei und unparteiisch geschilderten Vorgänge aber wird man in ihm ver¬
geblich suchen. Warum schildert er die so oft zu beobachtende Ähnlichkeit der
Kuckuckseier in Form und Farbe mit den Nesteiern der Pflegeeltern ganz richtig
und vergißt dafür die bekannte Erklärung zu geben? Warum scheut er sich vor
jedem tieferen Eingehen in die experimentale Forschung und in den Gedankengang
unserer modernen Biologie? Glaubt er im Ernste gescheiter zu sein wie die Bates,
Wallace, Darwin, Weismann und die andern? Es ist freilich bequemer, im Vertrauen
auf die unendliche Weisheit und Güte des Schöpfers diesem alles Schöne, Gute und
Zweckmäßige in der Natur zuzuschreiben, und auch weniger anstrengend, nicht
selber nachzudenken über Probleme, bei deren Lösung man mit seinen religiösen
Axiomen vielleicht sogar in Konflikt geraten könnte ! B 1 1 g r.
Wilhelm Schuster, Die Reblaus (Phylloxera vastatrix) in Hessen (Hessen-Nassau
und Rheinhessen) seit Beginn ihres Auftretens (1878) bis zur Gegenwart (1902) :
Ihre gefahrdrohende Verbreitung, ihre Bekämpfung u. s. w. auf Grund amt¬
lichen Materiales dargestellt. 8°. Ohne Druckort, 1905. 23 pag., 2 Verbreitungs¬
kärtchen. — Preis M. 0.70.
Aus diesem inhaltsreichen Schriftchen, das der Verfasser dem Vorsitzenden
des Offenbacher Vereins für Naturkunde, Prof. Dr. B. Metz, und dem Referenten
gewidmet hat, haben wir bereits im Jahrgang 1904 p. 184—186 einen Auszug ge¬
bracht. Wie wichtig es ist, gegen diesen Schädling mit aller Energie vorzugehen,
318
ersehen wir aus der unaufhaltsam fortschreitenden Verseuchung der Weinberge auch
in Deutschland. Seit ihrem ersten Erscheinen 1863 bis zum 1. Oktober 1882 hat
die Reblaus in Frankreich einen Schaden von mehr als fünf Milliarden Franken
angerichtet; über zehn Millionen Mark hat das Deutsche Reich bis jetzt allein zu
ihrer Bekämpfung ausgegeben; 300 000 Franken sind noch immer von der Fran¬
zösischen Akademie der Wissenschaften an den zu vergeben, der ein sicheres und
nachhaltig wirkendes Mittel gegen die Reblaus ausfindig macht — alles sozusagen
umsonst! Die Reblausherde erweitern sich, mehren sich. Das letzte Jahr hat uns
zu den vielen alten Herden eine ganze Reihe von neuen gebracht. Es wird sich
tatsächlich bald um Sein oder Nichtsein der Weinkultur in Deutschland handeln. —
Über das Tatsächliche gibt das vorliegende Werkchen gute Auskunft und ebenso
über die besten bis jetzt eingeschlagenen Methoden der Bekämpfung dieser Land¬
plage. Wir können das nach amtlichen Quellen verfaßte Schriftchen ebensowohl
praktischen Landwirten, wie Nationalökonomen und Zoologen aufs beste empfehlen.
Bttgr.
Geh. Rat Prof. Dr. K. Möbius, Die Formen, Farben und Bewegungen der
Vögel, ästhetisch betrachtet. — Sep.-Abdr. a. Sitz.-Ber. Akad. Wiss. Berlin 1904,
No. VIII. 8°. 12 pag.
Derselbe, Die Formen und Farben der Insekten, ästhetisch betrachtet. —
Sep.-Abdr. ebenda 1905, No. V. 8°. 8 pag.
Diese beiden gedankenreichen Arbeiten stellen sich die Aufgabe, zu unter¬
suchen, warum uns gewisse Tiere in Bewegung, Gestalt und Farbe besser gefallen
als andre. Zwar haben schon viele Forscher ihre Freude über die Schönheit
mancher Vögel geäußert, aber ; psychologische Erklärungen ihrer ästhetischen Ge¬
fühle vermissen wir durchweg bei ihnen. Der Verfasser sucht dies Urteil in der
Weise zu begründen, daß er annimmt, daß wir unbewußt uns ein Vogelideal kon¬
struieren, mit dem wir messen, und daß wir alles, was auffallend von diesem Ideal
abweicht, wie z. B. die Form des Pelikans, für unschön oder häßlich halten. Der
für seine Lebensbetätigung gewiß zweckmäßige Bau des Pelikans ist also kein
hinreichender Grund, um ihn schön zu finden, trotzdem daß manche Ästhetiker
die Behauptung aufgestellt haben, daß alles Zweckmäßige zugleich auch schön sein
müsse. Wer sich die Zweckmäßigkeit der Organisation der Tier- und Pflanzenwelt
durch die Annahme begreiflich machen will, daß sie nach einem vorgedachten
Plane verwirklicht worden sei, der tritt aus dem Bereich der Naturwissenschaft
über in das Gebiet der Metaphysik und des religiösen Glaubens. Unzweckmäßiges,
ja (für den Menschen) Unnützes findet, wie Verfasser nach weist, gar nicht selten
unsere volle Bewunderung und kann recht wohl unserm Schönheitsideal entsprechen.
Um uns über die wahre Schönheit im Tierreiche aufzuklären, zeigt er an dem
balzenden Pfauhahn, daß das Tier nicht an und für sich schön zu sein braucht,
sondern daß der Genuß, den wir an seinem Anblick haben, nicht allein aus den
sinnlichen Empfindungen entspringt, die uns Farbe, Form und Bewegung des Tieres
erregen, sondern auch noch aus Erinnerungen, die sein Anblick in uns wachruft.
Übrigens wirken Tiere in ästhetischer Beziehung nur dann angenehm, wenn sie
als eine aus Teilen zusammengesetzte Einheit sinnlich wahrgenommen werden.
Ästhetisch betrachtet kann man die 15 000 bekannten Vögel in Luft-, Wasser- und
Erdvögel einteilen. Unschön nennen wir bei ihnen z. B. kahle Köpfe und Hälse,
Formen ohne Schwanz, lange Hälse, Schnäbel, Beine oder Schwänze, schön dagegen
319
Federkronen und Hauben, lebhaft gefärbte Augen, Gabel-, und Stufenschwänze.
Was Farbe und Glanz anlangt, so sind ineinander übergehende Farben schöner
als scharf abgesetzte, wenige komplementäre Farben schöner als eine Buntheit
vieler lebhafter Farben. Schöner als der Lauf ist die Schwimmbewegung und
namentlich der Flug. Die formschönsten Vögel sind und bleiben die großen Tag-
raubvögel.
In der zweiten Arbeit untersucht der Verfasser die gleichen Erscheinungen
in der Welt der Insekten. Der ästhetische Eindruck, den diese Tiere auf un3
machen, hängt u. a. auch von ihrer geringeren Größe ab , sodaß sie z. T. nur,
wenn sie in großen Scharen auftreten, ästhetisch auf uns einwirken. Der ästhe¬
tische Eindruck, den ein ruhendes Tier auf uns macht, entspringt aus seiner Form
und Farbe. Wirken die einzelnen Körperteile in Gestalt und Färbung so zusammen,
daß wir in dem angeschauten Individuum ein harmonisches Ganze erkennen , so
sind wir ästhetisch befriedigt, so finden wir das Tier schön. Der Verfasser prüft
nun eine Reihe von Arten der verschiedensten Insektenordnungen, um an Beispielen
zu zeigen, was wir am Insektenleib schön, was häßlich finden, doch würde es zu
weit führen, wollten wir uns in das Detail der so unendlich mannigfaltigen har¬
monischen und disharmonischen Färbungen und in das der so wechselnden Zeich¬
nungen des Kerbtierleibes und Insektenflügels verlieren. Aber, schließt unser Ver¬
fasser, ohne Ruhe im Anschauen, gefesselt von einem Hauptteil des betrachteten
Gegenstandes, kommt niemand zu vollem Genuß des Schönen in der Natur!
Btt gr.
Eingegangene Beiträge.
Prof. Dr. W. K. in Scli. Besten Dank f. briefl. Mitteilung. — E. D. in L. für 2 Arbeiten,
Pf. W. Sch. in N. für 2 Arbeiten, 1 Mitteilung u. 3 Besprechungen, K. G. in R. (Rußland),
Prof. A. P. in M. (Bosnien), Prof. Dr. W. Sch. in St. P. (Rußland) und K. K. in H. für je
eine Arbeit, L. Sch. in G. bei M. für 2 Arbeiten und Dr. G. H. in P. (Brasilien) für eine
Mitteilung. — V. v. T. in H. Die Separata werden Sie erhalten haben; das andre habe
ich ad notam genommen. — K. in S. ihre Beobachtung eines an der Erde auf zwei Eiern
brütenden Kuckucks muß ich ablehnen, da Sie das Opfer einer Täuschung geworden sind.
Der Vogel war Caprimulgus europaevs L., der ja mitunter noch im Juli brüten soll.
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Corrodi in Iiirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 35 — 39.
Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Korse heit. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 29. Jalirg., 1905. No. 4 und 10—13.
Ornithologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Anton Reicheno w.
13. Jahrg. 1905. No. 9-10.
Ornithologische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt.
Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 30. Jahrg. 1905. No. 9—10.
Eieid, 'lhe Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 106, 1905, No. 2749—2754.
Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart. W. Kohlhammer. 24. Jahrg. 1905. No. 9 — 10.
Uer Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. Salle. Braunschweig.
1905. Bd. 3(5. No. 47-52.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Pr os lei*. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 6. Jahrg. No. 48—52 u. 7. Jahrg.
No. 1.
Blätter für Aquarien- u. Terra rien-Kunde. Herausg. v. W. Köhler. Verlag
d. Creutzschen Buchh. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 35-40.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Haven , Conn.
4. Ser. Bd. 20, 1905. No. 117.
Der Ornithologische Beobachter. Monatsberichte f. Vogelkunde u. Vogelschutz.
Herausg. v. C. Daut. Bern, Verlag v. C. Daut, 1905. Jahrg. 4, Heft 8—9.
Natur und Haus, lllustr. Zeitsclir. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Hesdörffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 13. Heft 24.
Zwinger und Feld, lllustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter.
Jahrg. 14. 1905. No. 36—41.
320
Die Ge f ie d er te Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v."K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 35—40.
Zoological Society of London. Sitz -Bericht v. 6. Juni 1905.
The Irish Naturalist. A Monthly Journal of General Irish Natural History. Edit. by
G. H. Carpenter, R. L. Praeger and R. Patterson. Dublin, 1905, Eason & Son.
Vol. 14, No. 8—10.
Proceedings of the Royal Society. London, 1905. Ser. B. Vol. 76. No. B. 511 u. Ser.
A. Vol. 76. No. A. 512.
Zool. Society Bulletin. No. 12. Publ. by the New York Zool. Society. New York,
1904. 4°. 16 pag., 16 Fig.
Zeitschrift des Tierschutzvereins zu Posen. Herausg. v. E. Reiß müller.
Posen 1905. 15. Jahrg., No. 2.
Mitteilungen über die Vogelwelt. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. Iv. Boy er. Wien, J. Kühkopf. 5. Jahrg. 1905. No. 17 — 19.
Deutscher Tierfreund. Illustr, Monatsschrift f. Tierschutz, Tierkunde Tierzucht u.
Tierpflege. Leipzig, Verlag v. Franz Wagner. Jahrg. 9, 1905. Heft 9.
Dr. med. Aug. Knoblauch, Der kaukasische Feuersalamander (Salamandra cauosia Waga).
— Sep.-Abdr. a. Ber. Senckenb. Nat. Ges. Frankft. a. M. 1905. 8°. 22 pag., 4 Fig., Tat.
Bull, de la Soc. des Sciences de Bucarest (Roumanie). Bukarest, 1905, Impr. Statului.
Jahrg. 14, Heft 3—4.
D. F. Heynemann, Die geograph. Verbreitung der Nacktschnecken. — Sep.-Abdr. a. Abh.
Senckenb. Naturf. Ges. Bd. 30, Heft l. Frankfurt a. M., 1905. 4°. 92 pag. 9 Kärtchen,
2 Taf.
Prof. Dr. W. Oels, Lehrbuch der Naturgeschichte. I. Teil: Der Mensch und das Tierreioh.
Braunschweig, Verlag v. Fr. Vieweg & Sohn. 1903. 8°. 20,470 pag.. 523 Fig., 36 Taf.
Dir. Dr. E. Schaff, Ornithologisches Taschenbuoh für Jäger und Jagdfreunde. 2. verm.
u. verb. Aufl. Neudamm, Verlag v. J. Neumann, 1905. 8°. 12,210 pag., 67 Fig.
Zool. Gardens Giza near Cairo, Egypt. Important additions to the Menagerie. — Sep.-
Abdr. Fol. 2 pag. Public Works Department, Cairo, 1905.
Hillgers illustr. Volksbücher, Bd. 35: O. Metze, Bienenleben und Bienenzucht. 12°.
104 pag., 35 Fig. Berlin, Leipzig, Verlag v. Herrn. Hillger, 1905. Preis M. 0.30.
Nordiska Museet (Skansens Zoologiska Afdelning): Alarik Behm, Kort Vägledning
för Besökande. Stockholm, Nord. Mus. Förlag 1905, 8°. 86 pag., 31 Fig., Taf. u. Plan des
Gartens. — Preis 50 Oere.
Dir. Dr. G. Brandes, Mitteilungen aus dem Zool. Garten zu Halle a. S. Verlag v. Paalzow
& Co., 1905. Jahrg. 1. Heft 1—5; Mit 5 färb. Illustr. u. 48 Fig. — Preis ä Heft M. 0.10.
Arbeiten d. Deuts ch. wiss. Kommission f. d. internat. Meeresforschung (Aus
der Biolog, Anstalt zu Helgoland). No. 2. Fr. Heincke u. H. Bolau, Die in Deutsch¬
land gebräuchlichen Marken zum Zeichnen von Schollen. Oldenburg i. Gr., Ad. Littmann,
1905. Gr. 4°. 8 pag., 5 Fig. und No. 3. H. Bolau, Die deutschen Versuche mit gezeich¬
neten Schollen. Ebenda, 1905. Gr. 4°. 53 pag., 5 Fig., 3 Karten.
C. L. W. Noorduijn-Groningen, Die Farben- und Gestaltskanarien. Magdeburg, Creutz¬
scher Verlag, 1905. 8°. 10, 152 pag., 22 Fig. — Preis M. 2. — , geb. M. 2.60.
Dr. C. Ruß, Der Wellensittich. Seine Naturgeschichte, Pflege u. Zucht. 5. von K. Neunzig
besorgte Aufl. Ebenda 1905. 8°. 6, 91 pag., 31 Fig., Taf. — Preis M. 1.50, geb. M. 2.40.
W. Ridgeway, The origin and inriuence of the Thoroughbred Horse. Cambridge, Uni-
versity Preß, 1905. 8°. 16, 538 pag., 143 Fig. — Preis 12 sh. 6d.
Dr. Fr. Siebenrock, Die Brillenkaimane von Brasilien. — Sep.-Abdr. a. Denkschr. mat.-
naf. Kl. Akad. Wien. Bd. 76, 1905. Gr. 4°. li pag., 9 Fig.
Dr. E. Br eßlau, Studien über den Geschlechtsapparat u. die Fortpflanzung der Bienen.
I.: Der Samenblasengang der Bienenkönigin. — Sep.-Abdr. a. Zool. Anzeiger Bd. 39, 1905,
p. 299—323, 7 Fig.
Prof. Dr. R. Hertwig, Zur Frage der Organisation des zoologischen Unterrichts an den
höheren Schulen. — Sep.-Abdr. a. „Natur und Schule“, herausg. v. Landsberg, Schineil
und Schmid. G. B. Teubner, Leipzig-Berlin, 1904. Bd. 3, p. 481—492. 8°.
Derselbe, Erfordernisse der Vorbildung der Mittelschulen für das Studium der Zoologie
— Sep.-Abdr. a. „Beiträge zur Frage des naturw. Unterrichts an den höheren Schulen“ ,
herausg. v. M. Verworn. Gust. Fischer, Jena, 1904, p. 16—30. 8°.
Prof. Dr. F. Leydig, Kas. Chr. Schmidel, Naturforscher und Arzt 1716—1792. Nebst Bei¬
lage zur heimischen Naturkunde. — Sep.-Abdr. a. Abh. Naturh. Ges. Nürnberg, Bd. 15,
1905, Heft 3. 8°. 31 pag.
Scient. Proc. of the R. Dublin Society. N. S. Vol. 10, Pt. 3 und Vol. 11, No. 1—5.
Dublin, Williams & Norgate, 1905 und Economic Proc. of the R. Dublin Society.
Vol. 1, Pt. 6. Dublin. Williams & Norgate, 1905. 8°.
Boletin de laAcad. Nac. d. Cienc. en Cordoba. Bd. 17, Heft 4a. Buenos Aires,
Coni Hermanos, 1904. 8°.
Natur und Schule. Zeitschr. f. d. ges. Naturk. Unterricht aller Schulen. Herausg. v.
B. Landsberg, O. Sc hm eil u. B. Schmid. Berlin-Leipzig, B. G. Teubner, 1905.
Bd. 4, Heft 10.
Dr. F. Siebenrock, Uber die Berechtigung der Selbständigkeit von Eydraspis hilairei D.
B. — Sep.-Abdr. a. Zool. Anzeiger (Korschelt) Bd. 29, 1905, No. 13.
K. Gräser, Der Zug der Vögel. Eine entwicklungsgeschichtliche Studie. II. verm. Aufl.
Berlin, Verlag v. Herrn. Walther, 1905. 8°. 167 pag., 10 Fig. — Preis geh. M. 2.50, geb.
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Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Altmanu, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauw,
Direktor Dr. Heinrich Bolau, Dr. Hermann Bolau, Lehrer L. Buxbanm, P. Cahn, Prof. Dr. Carl
Eckstein, 0. Edm. Eiffe, Dr. H. Fischer- Sigwart, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh. Reg.*Rat
E. Friedei, Landrichter ß. Gabler, Gymn. - Oberlehrer L. Geisenheyner, Carl Greve, Dam.
Gronen, Dr. W. Haacke, Direktor Hagmanu, Dir. Dr. E. flartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Paul Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M, Klittke, Karl Knauthe,
Th. Knottnerus-Meyer, Piof. Dr. med. YV. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Dr. med.
Paul Kreflt, Baron A. v. Krüdener, Geh. -Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
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Prof. Dr. W. Marshall, Prof. P. Matschie, Prof. L. v. Meliely, Josef Menges, Geh. Hofrat
Dr. A. B. Meyer, Geh. Reg. -Rat Prof. Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Müller, Dr. August
Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Müller, Dr. J. Müller- Liebenwalde, H. Nehr-
ling, A. Nill, Prof. Dr. TU. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Ernst
Pinkert, Jos. y. Pleyel, C. A. Purpus, Dir. Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reiclieuow,
Geh. Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Reuvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer,
Forstmeister Dr. Ad. Rörig, B. Schacht, Direktor Dr. Ernst Schaff, Dr. P. Schiemenz, R.
Schmidtleiu, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, YVilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, M. Siedler, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. YV. Speugel,
Viktor Ritter v. Tscliusi zu Schmidhoffen, Prof. Dr. A. Voeltzkow, Dr. Franz YYrerner,
Georg Westermann, B. Wiemeyer, Direktor Dr. L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm,
Dr. med. A. Zander u. a.
Der Zoologische Garten tritt- mit dem Jahre 1905 bereits in seinen
— K 46. Jahrgang
ein. Als einziges Organ der zoologischen Gärten bringt derselbe Original- Berichte
aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren,
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen , liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnisseil dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
iufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird , hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Der Zoologische Garten erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
Illustrationen, und kostet per Jahr M. 8. — Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und Post¬
anstalten an.
Inserate finden durch den Zoologischen Garten weiteste und wirksamste Verbreitung,
und wird die gespaltene Petitzeile mit nur 20 Pfennig berechnet.
Probe-Nummern sind von jeder Buchhandlung, sowie von der Verlagsbuchhandlung
gratis zu beziehen. Altere Jahrgänge werden zu ermäßigten Preisen nachgeliefert.
Die Zeitschrift „Zoologischer Garten“ ist in der Zeitungspreisliste für 1903 unter
No. 8979 eingetragen.
Der
Zoologische Garten.
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Deutschlands.
Herausgegeben von der
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Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
Np* 11. XLYI, Jahrgang. November 1905.
I n Ii a 1 I.
Über die Instinkte der Haustiere; von W. Sch imke witsch in St. Petersburg. —
Über Hilfsfermente im Tierkörper. I.; von Karl Knauthe in Hamburg. — Über das
Vorkommen des Schakals ( Canis aureus L.) auf dem Dalmatinischen .Festlande hei Slano;
von Prof. A. Pichler in Mostar (Herzegowina). — Nimmt der Bestand an Pferden in
Deutschland (bezw. Hessen) mit der Zunahme der Automobile (und des elektrischen Straßen¬
hahnverkehrs) an Zahl ab? Auf Grund der Großh. hessischen Landesstatistik beantwortet
von Wilhelm Schuster in Neckar-Steinach bei Heidelberg. — Einige zoologische Neuig¬
keiten aus Rußland; von C. Greve in Riga. — Der Verlauf der Lop%nts-Kalamität im
Jahre 1905; von Ludwig Schuster in Gonsenheim bei Mainz. — Kleinere Mitteilungen.
— Nekrolog. — Literatur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
Ueber die Instinkte der Haustiere.
Von W. Schimkewitsch in St. Petersburg.
Die Erhaltung von Instinkten, die jegliche Bedeutung uud jeg¬
lichen Sinn bei den gegenwärtigen Lebensbedingungen der Haustiere
eingebüßt haben, kann mit der Erhaltung rudimentärer Organe auf
eine Stufe gestellt werden, ans welchem Grunde solche Instinkte als
rudimentäre bezeichnet werden können. Derartige Instinkte finden
sich natürlich auch bei anderen Tieren, allein bei den Haustieren, und
ganz speziell z. B. bei dem Hunde, sind sie viel bequemer zu be¬
obachten. Der Hund ist dank seiner Auffassungsfäbigkeit und Ver¬
ständigkeit unzählige Male der Gegenstand wunderbarer und häufig
völlig unwahrscheinlich klingender Erzählungen gewesen, und trotz¬
dem hat er bis jetzt nur wenig die Beachtung der Beobachter auf
sich gelenkt, die sich mit den Erscheinungen instinktiver Akte be¬
schäftigen. Die Nähe des Menschen und die enge Gemeinschaft mit
ihm seit den ältesten Zeiten mußten unausbleiblich die Unterdrückung
des instinktiven und das Vorwiegen des bewußten Teils in dem
psychischen Leben des Tieres zur Folge haben. Dieser Prozeß er¬
folgte einerseits, inbezug auf die Species, durch die Auslese der am
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 21
322
meisten aufgeweckten Individuen und geht anderseits, in bezug auf
eine jede Generation, durch die Erziehung vor sich. Das Material
für die vorliegende Mitteilung lieferte ein Aufsatz meiner Frau, der
in einer halbpopulären Zeitschrift1) zum Abdruck gelangte, sowie
einige eigene Beobachtungen.
Zwei rudimentäre instinktive Handlungen sind es, die schon vor
langer Zeit verzeichnet uud seinerzeit auch von Darwin besprochen
wurden: erstens das Verscharren der eigenen Exkremente,
das im wilden Zustande Sinn und Bedeutung hatte, jetzt aber
jede Begründung verloren hat und bisweilen sogar auf dem
Pflaster oder Trottoir vorgenommen wird, wo ein Vergraben unmöglich
stattfinden kann, und zweitens das Vorstehen der Hühnerhunde als
ein Ueberbleibsel des Sichheranschleichens an die Beute und des
Sichnäherns durch Sprünge. Außer diesen Instinkten findet man bei
dem Hunde auch noch eiue Reihe anderer.
Sehr häufig tritt bei vielen Hunden der Instinkt des Verscharrens
von Nahrungsvorräten zu tage. Am häufigsten unterliegen diesem
Verscharren abgenagte Knochen, die einerseits das unmittelbare Interesse
inbezug auf die Nahrhaftigkeit verloren haben, anderseits jedoch,
indem sie durch ihren Geruch und durch ihren Anblick reizen, dem
Hunde immer noch wertvoll erscheinen. Verscharrt werden auch noch
andere, nicht besonders wohlschmeckende Gegenstände, wie z. B.
trockene Brodrinden, wenn der Hund gesättigt ist. Zum Einscharren
wählt der Hund lockere Erde, z. B. ein Beet, gräbt mit den Vorder¬
füßen eine Grube, verscharrt darauf den Gegenstand zuerst mit den
Füßen und drückt darauf die Erde nach Art der Schweine mit der
Schnauze fest, was bisweilen mit großer Sorgfalt ausgeführt wird.
Weitaus in den meisten Fällen vergißt der Hund das Vorhandensein
solcher Vorräte. Dieser instinktive Prozeß ist nur zum Teil erhalten
geblieben ; es hat sich der Akt des Einscharrens erhalten, während
die Befähigung, den Ort, wo dieses Einscharren vor sich gegangen
ist, in der Erinnerung zu behalten, fast völlig verloren ging, sodaß
der ganze Vorgang jeglichen Sinn eingebüßt und einen rudimentären
Charakter angenommen hat. Vielleicht wird diese Fähigkeit von
Jugend auf durch Uebung unterhalten und erhält sich bei Individuen,
die oftmals hungern. Sodann hat sich der erste Akt, d. h. der Akt
des Verscharrens, bei dem Hunde mit einigen Einzelheiten erhalten,
die unter deu gegenwärtigen Existenzbedingungen bisweilen ebenfalls
*) Ludmilla S cliimke wit sch, Die instinktiven Handlungen der Hunde
in »Naturkunde und Geographie« (russ.), Jahrg. VII. 1902.
323
völlig sinnlos erscheinen. Bemerkt der Hund, dass ein anderer Huud
seiner Arbeit zugesehen hat, so trägt er den einzuscharrenden Vor¬
rat auf eine andere Stelle. Dies ist natürlich völlig verständlich.
Allein der Hund handelt genau ebenso, wenn er bemerkt, daß ihm
ein Mensch zuschaut, und wäre es selbst sein Herr, der ihm soeben
den einzuscharrenden Knochen gereicht hat.
Eiu Hund, der bei dem Eiuscharren überrascht wird, zeigt ein
außerordentlich verlegenes Aussehen und überführt den Vorrat ent¬
weder an eine andere Stelle oder gibt ihn gauz auf. Der Instinkt
sagt dem Hunde, daß der Vorgang des Einscharrens geheim gehalten
werden muß, und der Hund bewahrt das geheimnisvolle Wesen auch
dem Menschen gegenüber, d. h. da, wo es nicht die geringste Be¬
deutung mehr besitzt.
Zu der Zahl der rudimentären Akte gehört auch jene Vorliebe,
die selbst völlig gesättigte Hunde für Aas, sowie für die Exkre¬
mente von Pferden und Menschen an den Tag legen. Wir haben
es hier offenbar mit einer unbewußten Erinnerung an jene Zeiten
zu tun, wo Aas und Exkremente wichtige Speisen auf der Tafel des
Hundes ausmachten. Hieraus geht auch die Gewohnheit der Hunde
hervor, sich auf Aas, Mist und anderen nach menschlichen Begriffen
übelriechenden Dingen herumzuwälzen. Es liegt auf der Hand, daß
diese Gerüche eben aus dem Grunde einen angenehmen Kitzel auf
den Geruchsinn des Hundes ausüben, weil sie bereits eingeschlafene
Instinkte aus längst vergangner Zeit von neuem erwecken. Mit ganz
besonderer Intensität treten alte Instinkte offenbar während der Mutter¬
schaft auf. Eine unserer Hündinnen (ein Gordon-Setter), die einen
äußerst friedfertigen Charakter hatte und sich niemals an dem Feder¬
vieh vergriff, erwürgte nicht nur ein Huhn, als dieses die Räumlich¬
keit, wo sich die Jungen der Hündin aufhielten, betreten hatte, sondern
fraß es auch samt den Federn auf.
Noch ein anderer instinktiver Akt hat sich bei dem Hunde er¬
halten, der zwar auch bei den gegenwärtigen Lebensbedingungen
seine Bedeutung nicht eingebüßt hat, aber bisweilen bis zur Sinn¬
losigkeit und dem Verluste jeder Bedeutung entstellt wird; es ist
dies das sogenannte Suchen nach Flöhen und deren Zerbeißen
mit den Zähnen. Häufig stellen die Hunde derartige Nachsuchungen
auf dem Kopf und in den Kleidern ihres Herrn an, wodurch sie ihm
den höchsten Grad von Verehrung erweisen, ferner an getötetem Wild,
wobei sie inbezug auf letzteres ein eigentümliches, fast wollüstig
zu nennendes Gefühl au den Tag legen ; endlich suchen sie nach
324
Flöhen in den Möbeln, Teppichen u. s. w. Bisweilen tritt das Ver¬
langen nach dem Suchen von Flöhen in den Kleidern des Herrn daun
auf, wenn der Hund durch irgend eine Handlung dieses letzteren in
Aufregung versetzt wurde, wenn der Herr z. B. den Hund anschreit
oder ihn schlägt, oder wenn der Hund sich nach längerer Trennung
über die Wiederkehr seines Herrn freut.
Nicht alle Hunde besitzen diese Gewohnheit, überall nach Flöhen
zu suchen, allein eine von unseren Hündinnen, der diese Fähigkeit
in höchstem Maße eigentümlich war, vererbte sie fast in dem gleichen
Maße ihrem Jungen. Bei letzterem begann sich diese Eigentümlichkeit
zwar schon im frühen Alter, allein erst dann zu zeigen, als es von
der Mutter getrennt worden war, und sie war demnach nicht auf
Nachahmung begründet. Die Eigentümlichkeit verschwand übrigens
mit zunehmendem Alter.
Bekommt der Hund während dieses Suchens nach Flöhen ein
Staubkörnchen oder irgend ein anderes Fremdkörperchen zwischen
die Zähne, so zerbeißt er diese Beute mit genau den gleichen Grimassen,
als wäre es ein Floh.
Aus diesen Tatsachen kann man den Schluß ziehen, daß der
Akt des Suchens nach Flöhen ein durchaus instinktiver und ver¬
erbter ist.
Als derartige instinktive Akte müssen ferner angesehen werden
das Auffressen der Keimhüllen und der Nabelschnur bei der Geburt,
das Verzehren der Exkremente der Jungen, wodurch die nötige Rein¬
lichkeit des Lagers bewirkt wird, endlich das Belecken der Wunden,
das eine Spezialisierung der allgemeinen, ebenfalls instinktiven Neigung
zum Belecken des eigenen Körpers, sowie der Jungen darstellt.
Einen ganz besonderen Reiz besitzt für die Hunde der Geruch
und der Geschmack von Blut, Exsudaten und Eiter. Gierig belecken
sie Lappen, die mit ihrem Blute, Exsudaten oder Eiter angefeuchtet
sind. Der Hund leckt eine Wunde zum Teil wohl aus dem Grunde,
weil sie schmerzt und weil ihre Ränder jucken, aber auch deshalb,
weil der Akt des Leckens an und für sich einen besonderen Reiz
für ihn besitzt. Dieser Akt hat seine Bedeutung als desinfizierendes
Mittel natürlich in keiner Weise eingebüßt, allein der Hund hat
wahrscheinlich jetzt weniger Gelegenheit, ihn anzuwenden, als im
wilden Zustande.
Endlich wird bei dem Hunde ein instinktiver Akt beobachtet,
der unter den gegenwärtigen Bedingungen seines Lebens eine viel¬
leicht noch größere Bedeutung gewonnen hat, als dies im primitiven
325
Zustande der Fall war — das Fressen von Gras. Alle Hunde fressen
Gras, und in Mittelrußland nehmen sie gewöhnlich Quecken ( Triticmn
repens) und andere wildwachsende Gräser; doch ist es nicht ausge¬
schlossen, daß unter anderen Breitegraden auch andere Grasarten
gefressen werden. Bisweilen werden derartige Mengen von Gras ge¬
fressen , daß die Exkremente die Gestalt einer langen Schnur
annehmen , die aus unverdauten Blättern und Stielen gebildet
wird. Wahrscheinlich wirkt das Gras rein mechanisch auf die
Darmwand, indem es durch deren Reizung die peristaltischen Be¬
wegungen des Darmes befördert und dadurch den Verstopfungen
entgegen wirkt, an denen viele Hunde, wohl infolge der durch
die Domestizierung herbeigeführten sitzenden und trägen Lebens¬
weise, leiden.
Am deutlichsten tritt das Instinktive bei der Sorge für die
Nachkommenschaft zu tage, denn daß diese Sorge instinktiv ist,
geht schon daraus hervor, daß die Hündin sie bisweilen auch dann
an den Tag legt, wenn gar keine Nachkommenschaft zu erwarten
ist. Ich habe dabei die Fälle im Auge, wo die Hündin sich eiubildet,
trächtig zu sein; die Ursache dieser Erscheinung werden wir gleich
kennen lernen. Gewisse Hündinnen beginnen, ohne trächtig zu sein,
sich so zu benehmen, als wären sie es; sie bereiten ein Lager vor,
indem sie ein solches in der Erde ausgraben, oder, wenn sie dazu
keine Gelegenheit finden, indem sie Möbel, Matratzen u. dergl. m.
zerfetzen, wobei sie niemanden an das zubereitete Lager heranlassen
und es sorgsam bewachen ; dabei werden selbst sonst völlig friedfertige
Tiere häufig äußerst zanksüchtig. Es muß hierbei hervorgehoben
werden, daß die Hündin, sobald sie bemerkt, daß irgend jemand die
Zubereitung des Lagers beobachtet, es häufig im Stiche läßt, um
ein neues Lager anzulegen.' Es ist dies eine Offenbarung der gleichen
Geheimtuerei, wie wir sie -bei dem Verscharren von Vorräten kennen
gelernt haben, uud dabei ist diese Geheimtuerei durchaus zwecklos,
da die Hündin ja nicht darauf hoffen kann, daß ihr Lager unbemerkt
bleibt, wenn sie Junge geworfen haben wird.
Die Erscheinung einer derartigen eingebildeten Trächtigkeit tritt
gewöhnlich periodisch auf und findet bei Hündinnen statt, die zur
geeigneten Zeit nicht belegt worden waren.
Das Auftreten einer derartigen Erscheinung erfolgt meistens
etwa zwei Monate nach der Laufzeit, d. h. genau zu der Zeit, wo
die Sorge um die Nachkommenschaft beginnen müßte, wenn die
Hündin wirklich trächtig wäre.
326
Die eigentliche Anregung zu der Offenbarung einer solchen
Fürsorge erschien uns völlig rätselhaft, bis wir bemerkten, daß diese
Offenbarung gewöhnlich von einem Anschwellen der Milchdrüsen
begleitet wurde. Das gleiche Ausch wellen der Milchdrüsen wurde
auch bei einem Pferde beobachtet, und zwar elf Monate nachdem
es gedeckt worden war, obgleich keine Trächtigkeit eiutrat. Endlich
wurde kürzlich bei einer Hündin, die sich durch besondere Begierde
auszeichnete, unter analogen Bedingungen die Ausscheidung von
Milch beobachtet.
Die Milchdrüsen können demnach auch bei nicht
trächtigen Individuen anschwellen und zu funktionieren
beginnen, und dies findet für gewöhnlich ungefähr zu
der gleichen Zeit statt, wo die Geburt bevor stehen
müßte, falls das Individuum trächtig geworden wäre.
Diese Tatsache wird uns an und für sich nicht so wunderbar erscheinen,
wenn wir uns in Erinnerung rufen, daß die Milchdrüsen der Echidna
bei beiden Geschlechtern wohlentwickelt sind und die Milch möglicher¬
weise nicht allein von dem Weibchen, sondern auch von dem Männchen
geliefert wird, daß die Fälle, wo Männchen Milch abscheideu, bei
den Haustieren gar nicht so selten sind und auch inbezug auf den
Menschen festgestellt wurden *), endlich daß eine schwache Milch¬
absonderung mit Eintritt der Geschlechtsreife bei beiden Geschlechtern
stattfindet (Gustav Meyer, 1901).
In der Tat hängt die Tätigkeit der Milchdrüsen augenscheinlich
nur zum Teil von der Nervenerregung ab, indem Fälle bekannt siud,
wo die Funktion der Milchdrüsen auch dann noch andauerte, nach¬
dem der thorakale und der sakrale Abschuitt des Rückenmarks auf
operativem Wege entfernt worden war (Goltz und Ewald, 1896)
oder nach Durchschneidung der zu den Drüsen herantretenden Nerven
(Mironow, 1895), wenngleich in letzterem Falle die Tätigkeit der
Milchdrüsen herabgesetzt war. Transplantiert man die Milchdrüse
eines jungen Meerschweinchens unter die Haut des Ohres, so beginnt
sie mit Eintritt der Trächtigkeit zu funktionieren (Ribber, 1898).
Es unterliegt demnach keinem Zweifel, daß die Tätigkeit der
Milchdrüsen nicht durch eine Nervenerregung bedingt wird, sondern
J) Kalugin (Die hauptsächlichsten Methoden im Bereich der Theorie bei der
Zucht des Rindviehs, russ., 1904) teilt mit, daß das Landwirtschaftliche Institut
in Halle im Jahre 1898 einen völlig normalen Zuchtbock besaß, der Milch gab.
Durchaus sichere Fälle von Milchabsonderung durch Männer bei Gynäkomastie sind
von Schmetzer (1837) und Schmitt (1892) beschrieben worden.
327
durch die Ansammlung gewisser stimulierender Substanzen im Blute,
allein es ist ebenso zweifellos, daß das erste Auftreten dieser Sub¬
stanzen im Organismus nicht während der Schwangerschaft, und so¬
gar unabhängig davon erfolgt. Am meisten Wahrscheinlichkeit hat
die Annahme für sich, daß diese Substauzen bei den Weibchen
während der Menstruation, bei den Männchen dagegen bei dem Ein¬
tritt der Geschlechtsreife zu entstehen beginnen.
Darauf vermehrt sich das Quantum der sich ansammelnden
stimulierenden Substanzen im Blute und erreicht beim Eintritt der
Geburt eiue solche Höhe, wie sie erforderlich ist, um eine volle
Funktion der Milchdrüsen hervorzurufen. Auch die Ansammlung
einer milchähnlichen Substanz (colostrum) in den Milchdrüsen der
Neugeborenen wird von einigen Forschern mit den in den Geschlechts¬
drüsen vor sich gehenden Prozessen in Verbindung gebracht.
Die Schwangerschaft kann natürlich ein weiterer, die Ansamm¬
lung dieser Substanz befördernder Faktor sein; allein wir haben
gesehen, daß dieser Faktor durchaus keine unbedingte Notwendigkeit
darstellt. Es sind Fälle bekannt, wo junge Kühe, die nicht gedeckt
worden waren, gemolken wurden. Kalugin beobachtete (1904)
einen derartigen Fall im Gouvernement Witebsk und erklärt ihn durch
eine „Uebung der Drüse.“ Ohne die Bedeutung der Uebung oder,
genauer gesagt, des verstärkten Blutzudrauges zu der Drüse infolge
von deren Erregung zu leugnen, wird man dennoch annehmen müssen,
daß der Milchabscheiduug auch in diesem Falle der Eintritt der
Geschlechtsreife voraugegaugen ist.
Die Offenbarung des Mutterinstinktes wird, wie mau wohl voraus¬
setzen darf, durch die Einwirkung des gleichen Stimulus aut das
Nervensystem bedingt. Mau wird natürlich zugeben können, daß
diese Einwirkung keine direkte, sondern eine indirekte ist, und daß
der nächstliegende Stimulus zur Offenbarung des mütterlichen In¬
stinktes in dem Beginn der Tätigkeit der Milchdrüsen zu suchen ist.
Eine Beantwortung dieser Frage wäre durch Beobachtungen au Tieren
mit ausgeschnittenen Milchdrüsen zu erzielen. Allein auch schon auf
Grund einfacher Analogie mit anderen, d. h. mit nicht säugenden
Tieren kann man annehmen, daß die Offenbarung des Iustinkts durch
direkte Erregung des Nervensystems infolge der im Blut sich an¬
sammelnden Substanzen hervorgerufen wird. Besonders deutlich ist
dies an solchen Tieren zu sehen, bei denen W eibchen und Männchen
oder das Männchen allein an der Fürsorge um die Nachkommensehalt
Anteil nehmen. Augenscheinlich erscheint bei ihneu die geschlecht-
328
liehe Erregung während der Paarung als der Beginn einer Ansamm¬
lung der stimulierenden Substanzen im Blute, während bei den
Formen, wo die Sorge um die Nachkommenschaft unmittelbar nach
der Paarung zum Vorschein kommt, diese Substanz während der
Paarung in solcher Menge entsteht, daß sie sich sofort für die Er¬
regung als genügend und wirksam erweist. Ueberhaupt glaube ich,
daß die Offenbarung der Instinkte — - wenn sie periodisch
und in Abhängigkeit von physiologischen Funktionen
auftreten, sowie wenn sie von der Altersstufe und einem
bestimmten Moment des Lebenszyklus abhängig sind —
wahrscheinlich durch Substanzen stimuliert werden, die
sich im Blute ansammeln und auf das Nervensystem eiu-
wirken.
Ich habe noch einige Worte über eine Entstellung des mütter¬
lichen Instinktes .hinzuzufügen. Wird die Pflege der Nachkommen
an fremden Jungen oder an solchen einer anderen Art ausgeübt, so
hält Groß (1896) dies für die Offenbarung einer Art von Spiel,
und zwar des Pflegespiels nach seiner Klassifikation. Es sind Fälle
bekannt, wo Katzen junge Hasen oder Kaninchen an Kindesstatt
angenommen haben. Wir selbst haben einen Fall beobachtet, wo
eine Hündin fürsorgliches Verhalten einem jungen Hasen gegenüber
an den Tag legte. Diese Hündin hatte eine eigene Welpe, die ihr
von dem ganzen Wurf gelassen wurde, allein sie schenkte dem
Häschen viel mehr Aufmerksamkeit, bis es vor Hunger umkam (es
konnte nicht bei der Hündin saugen). Sie beleckte es, erfaßte es
beim Kragen, wenn es sich vom Lager entfernte, und trug es vor¬
sichtig wieder dahin zurück. Es erscheint dies um so wunderbarer,
als die betreffende Hündin, obgleich sie der Rasse nach kein Jagd¬
hund war, dennoch den Hasengeruch vortrefflich kannte und mehr¬
fach versucht hatte, Hasen im Walde lautjagend zu verfolgen.
Walker (1889) erzählt, daß eine Katze, nachdem sie eines ihrer
vier Jungen verloren hatte, ihre Familie durch ein junges Häschen
vervollständigte. Allein ich kaun mich nicht damit einverstanden
erklären, daß dieser Fall als ein Beweis für die Befähigung der
Katze, bis vier zu zählen, anzusehen sei, wie Walker dies annimmt.
Eine solche Befähigung mag ja vorhanden sein, aber durch den er¬
wähnten Fall wird sie nicht nachgewiesen. Derartige Fälle sprechen
nur dafür, daß der mütterliche Instinkt bei dem Hund, der Katze
und einigen anderen Tieren durchaus nicht mit der individuellen
oder spezifischen Vorstellung von der Nachkommenschaft im Zu-
329
sammeuhang steht. Der Stimulus und das Verlangen nach der Offen¬
barung der Fürsorge um die Nachkommen sind so stark, daß sie
das Gefühl des Fremden und sogar der Feindschaft besiegen, die
nicht selten eine Art von der anderen trennt»
Das oben dargelegte führt uns zu folgenden Schlußfolgerungen :
1) Bei den Haustieren, und speziell bei dem Hunde, treten neben
Instinkten, die ihren Sinn und ihre Bedeutung behalten haben,
auch solche Instinkte zu tage, die unter den gegenwärtigen
Existenzbedingungen völlig nutzlos sind oder nur noch eine
relative Bedeutung besitzen. Solche Instinkte kann man als
rudimentäre bezeichnen.
2) Hündinnen, die während der Laufzeit nicht zugelagsen worden
waren und daher nicht trächtig wurden, legen trotzdem nicht
selten nach etwa zwei Monaten, d. h. zu der Zeit, wo sie die
Jungen hätten zur Welt bringen müssen, wenn sie zugelassen
worden und .trächtig geworden wären, mütterliche Instinkte
au den Tag. So z. B. bereiten sie das Lager für die zu er¬
wartenden Jungen vor, wobei zugleich ihre Milchdrüsen an¬
schwellen und sogar Ausscheidung von Milch erfolgt.
3) Wenn die Tätigkeit der Milchdrüsen nur zum Teil von dem
Nervensystem abhängig ist, so muß man annehmen, daß sie
durch die Ansammlung stimulierender Substanzen im Blute
hervorgerufen wird.
4) Die Bildung solcher stimulierender Substanzen steht wahr¬
scheinlich nicht mit der Trächtigkeit, sondern mit der sexuellen
Erregung im Zusammenhänge, denn es sind Fälle bekannt, wo
die Milchdrüsen auch bei dem Männchen funktionsfähig waren,
ferner solche Fälle, wo bei beiden Geschlechtern ein gewisses
Quantum von Milch beim Eintritt der Geschlechtsreife aus¬
geschieden wurde, endlich Fälle, wo nicht zugelassene junge
Kühe gemolken werden konnten. Die Trächtigkeit steigert nur
die Ansammlung stimulierender Substanzen im Blute.
5) Das Auftreten der mütterlichen Instinkte wird wahrscheinlich
durch den Einfluß der gleichen Substanzen auf das Nervensystem
der Mutter hervorgerufen.
330
Über Hilfsfermente im Tierkörper. I.
Von Karl Knauthe in Hamburg.
Zweifelsohne — sei es auch bloß aus den Schilderungen im
ßrehm oder in gewissen »Seeromanen« — kennt der Leser die
Raubmöwen, jene dunkel gefärbten Flibustier, die so lange sich »dezent«
zu drücken pflegen, bis die gewöhnlichen Möwen — die Pastoren,
Küster und Bettelleute der Matrosen — sich ordentlich vollgefressen
haben, daun aber wie der Sperber unter die Spatzenbande auf jene
losfahren und sie so lange durch wuchtige Stöße in die Magengegeud
quälen, bis der Fraß erbrochen wird. Diesen fangen sie blitzschnell
mit bewunderungswürdiger Gewandtheit auf und verleiben ihn dem
eignen Leichnam ein.
Daß Tiere nicht ohne zwingende Gründe zu ausgesprochenen
Aasfressern oder Parasiten werden, liegt auf der Hand. In beiden
Fällen bilden gewisse Fermente die Ursache. Speziell bei der
Raubmöwe müßte man auf eine bereits zur Rasseneigentümlichkeit
gewordene Indisposition des Magens und infolge davon auf
ein verringertes Verdauungsvermögen als Grund für die
»Schütjagerei« denken. Um diese Frage sicherzustellen, habe ich
wiederholt draußen auf See vom Logger eines mir befreundeten Glück¬
städter Fischers aus neben vielen gewöhnlichen auch diverse Raub¬
möwen erlegt, deren Mägen genau untersucht und später hier auf
ihre Verdauungsfähigkeit nach dem Stutzerschen Verfahren geprüft.
Die nachstehenden Daten dürften sicher weitere Kreise interessieren :
Temperatur 36 — 38° C.
(bei allen Objekten)
Die Magen¬
schleimhaut
reagierte ?
Vom Eiweiß wurden verdaut bei
frischem
Fisch-
frischem
Krabben-
frischem
Rindfleisch
Prozente :
Pepsinuin puriss. (Merck)
94
94
91.5
durch Möwenmagenextrakt
s. stark sauer
96
97.4
92.5
„ Raubmöwenmagenext. I
schwach sauer
64
69
58
» » »H
dto.
48
49
43
» . „ III
dto.
40
43
36
„ Hechtmagenextrakt
kräft. sauer
92.4
95.3
88.6
Bei den Aasfressern ist es vielmehr wieder die pankreatische
Verdauung (ich gebrauche den Ausdruck »tryptisch« absichtlich nicht),
die mehr oder minder stark gelitten hat.
Iu letzter Zeit erfreut sich bekanntlich der Lebertran eben¬
sowohl in der Kinderstube wie bei der Aufzucht junger Tiere der
331
allergrößten Beliebtheit. Wie schon der Name besagt, stammt das
Produkt — ob freilich immer ist sehr die Frage — aus den Lebern
vom Dorsch, Kabeljau usw., und es gelten, wie ich teils an den
Fangplätzen, teils hier erfuhr, die aus dem frischen Material auf
kaltem Wege, d. h. ohne Anwendung von Hitze, Gärung, Benzin
usw. gewonnenen Sorten als die wirksamsten. Die Fischer selbst
brauchen dagegen gleich ihren »Herren« Hunden, Schweinen und
Hühnern ausschließlich lebendfrische Droschlebern als Universalheil¬
mittel und nehmen alljährlich unmittelbar nach der Laichzeit der
Fische eine förmliche Reinigungskur mit solchen frischen Lebern vor,
wie das die schlesischen Bauern mit frischer Bierhefe oder die über¬
fütterten Großstädter durch Trauben besorgen. Die Folge davon ist
das vollständige Fehlen der Diabetes und von gallen- und nierenkranken
Individuen und eine kraftstrotzende Gesundheit, um die wir Kultur-
und Genußmenschen die einfachen Leute da oben wirklich beneiden
können. — Natura non facit saltum! Merkwürdig, als ich auf den
Lofoten alles so vergnügt die frischen Fischlebern essen sah und genau
das gleiche späterhin in the fair East bei den Giljaken, Kamtschadalen
usw. beobachtete, mußte ich unwillkürlich daran denken, daß sich
ja auch bei uns zu Lande die frische Leber des einzigen Süßwasser¬
schellfisches Lola vulgaris und, wo dieser fehlte oder rar war, die
des Hechtes, Karpfens usw. eines hohen Ausehens als Heilmittel das
ganze Mittelalter hindurch erfreut hatte. »Die Leber der Trütz-
schen iszest am besten, wann die Appel blühn« lese ich in einem
alten »Kräuterbüchlein«. Kein Wunder, wissen wir doch durch L eg o uis
u. a., daß die Leber der Fische mit der Bauchspeicheldrüse innig
verwachsen ist, und habe ich doch früher durch zahlreiche Versuche
nacbgewieseu, daß die Sekretion aller Verdauuugssäfte bei unseren
Fischen im Frühlinge und nach der Laichzeit am reichlichsten fließt !
Nachdem ich nun weiterhin gefunden habe, daß die Fermente
der Fische auch im Warmblüter kör per kräftig wirk¬
sam sind, ja, daß sie dem letzteren ihm anscheinend fehlende
Hilfsfermente zuführen, gewinnt die Lebertrankur mit einem Male
ein anderes Aussehen, besonders wenn wir obendrein noch4berücksichtigeu,
daß die Lebern zur Zeit der Äpfelblüte infolge des Winter Verbrauches
• •
usw. nur mehr Spuren von Ol enthalten.
Und warum stürzen sich — frage ich die Herren Gelehrten — —
die Geier und andere Aasfresser grade, wenn sie sich zum Platzen
vollgefressen haben , mit wahrer Gier auf die Eingeweide frisch
gefallener Stücke?
332
Uber das Vorkommen des Schakals ( Canis aureus L.) auf
dem Dalmatinischen Festlande bei Slano.
Von Prof. A. Pichler in Mostar (Herzegowina).
Die Nachricht, daß das Geheul des Schakals noch im Jahre
1903 bei Slano gehört wurde, wie ich dies in einer Mitteilung dieses
Blattes1) veröffentlichte, ließ mich nicht ruhen. Ich nahm mir vor,
die Sache auf ihre Richtigkeit zu prüfen.
Schon von Mostar aus sammelte ich weitere Nachrichten und
zog Erkundigungen ein, die z. T. positiv lauteten. Dienstlich ver¬
hindert, der Sache sofort nachzugehen, verschob ich die Suche nach
dem Schakal auf die Ferien und begab mich nach einer Studienreise
durch Montenegro nach Ragusa, um weitere Erkundigungen einzuzieheu.
Dortselbst erfuhr ich bei der Familie des Arztes Dr. J. Pug¬
liesi, die in Slano Besitzungen hat, daß die mir von verschiedenen
Seiten zugegangenen Nachrichten richtig seien, und Frau v. Pugliesi
beschrieb mir zwei vor einigen Jahren bei Slano erlegte Schakale
so gut, daß jede Verwechslung unbedingt ausgeschlossen erschien und
mir nur noch die Feststellung durch Autopsie, der Nachweis der
Verbreitung und das Zustandebriugen eines Belegstückes übrig blieb.
Der liebenswürdigen Einladung der Familie Pugliesi folgend
schlug ich mein Hauptquartier in der der Familie gehörigen Villa
auf, wo wir bis zur vorläufigen Beendigung meiner Aufgabe die
aufmerksamste gastliche Aufnahme fanden.
Schon am Abend unserer Ankunft wurde ein Jäger aus der
Nachbarschaft geholt, der auf mein Befragen klipp und klar erklärte,
sein Hund habe in der Nähe von Ban ja vor geraumer Zeit am
Südrande des Hafens von Slano einen starken Schakal gehetzt, und
daß man das Geheul der Tiere gar oft höre, besonders nach dem
Schalle der Abendglocke im Dorfe Grgurici.
Sofort wurde beschlossen, am folgenden Tage um 3 Uhr früh
aufzubrechen und auf den dort wiederholt beobachteten Kerl Jagd
zu machen.
Pünktlich wie ein Marinesoldat war der Dalmatiner am anderen
Morgen zur Stelle, brachte eine einem Vorstehhunde ähnliche Bracke
mit, und wir zogen am Strande entlang bis zum Dorfe Ban ja, wo
wir noch einen Jäger mit einem Hunde vom Lager hervorheulten.
') Zur Frage über das Vorkommen und die Verbreitung des Schakals in Dal¬
matien. Zool. Garten, Jahrg. XL VI, 1905, p. 134 ff.
333
Möglichst geräuschlos zogeu wir durch die lichten Macchien
und blühenden Oleanderbüsche hinan, eine dicht bewachsene Wasser¬
rinne umgehend, aus der der Schakal damals vom Hunde aufgeschreckt
worden war. Wir hatten eben eine Brandfläche erklommen, als der
Hund des zweiten Jägers den Schakal aus dem Dickicht hob und
ihn laut halsgebend die Lehne hinanhetzte. Es war eiu starkes, lichtes
Stück, das ich leider nur mit meinem Trieder und nicht mit dem
Gewehre behandeln konnte. Der Hund hetzte den Schakal nur kurze
Zeit und. kehrte daun zu uns zurück. Alles Nachsuchen und Aneifern
der Hunde blieb vergeblich, und als die Sonne über Majkovi ihre
glühenden Strahlen auf uns herabsandte, war es mit der Jagd für
diesen Tag vorüber.
Als ich vormittags dem Bürgermeister Herrn A. Milic einen
Besuch machte, um weitere Nachrichten zu erhalten, bot mir dieser
in zuvorkommendster Weise für den nächsten Jagdtag noch einige
Jäger auf Gemeindekosten an, um mir zu beweisen, daß die Angaben
über den Schakal in Slano auf Wahrheit beruhen, was ich selbstver¬
ständlich mit Dank annahm.
Abends fuhr ich auf einem Kahne zum Hafeneingang, um, wie
dies sehr oft der Fall ist, dort das Heulen der Schakale beim Erschallen
der Abendglocke von Grgurici zu hören. Aber an jenem Abend
wollten sie wie zum Trotze nicht heulen.
Am anderen Morgen schlich ich schon um zwei Uhr nach
Mitternacht mit fünf Jägern und mehreren Hunden in die Lehne
zwischen Brnjakovo i Spilica, wo vor einigen Tagen eiu Schakal
gesehen worden war. Auch diesmal sah ich den Schakal, der, leider
noch in der Lehne von den Hunden gehoben, das Weite suchte. Auch
diesen Schakal sah ich ganz genau, aber die Hunde verließen auch
diesmal sehr bald die Spur.
Abends fuhr ich wieder, um sie heulen zu hören, zum Hafen¬
eingang von Slano, und als die Abendglocke in Grgurici erklang,
heulte einer in der Lehne von Sladjenovici wiederholt auf; da
er aber in der ganzen übrigen Lehne kein Echo fand, verstummte
er bald. Vom Leuchtturmwächter erfuhr ich allerlei Nachrichten
über unser Raubtier und die für mich wichtige Angabe, daß der
Pfarrer von Klissevo bei Canosa eine Decke von einem dort
erlegten Schakal besitze.
Als auch die Treibjagd erfolglos blieb, verschob ich die Fort¬
setzung der Jagd auf den nächsten Winter und sammelte bei Bürgern,
Jägern und Hirten Nachrichten über unser Tier. Diese Nachfragen
— 334
ergaben, daß der Schakal allen Leuten dort vertrant und eine wenn
nicht häufige, so doch bekannte Erscheinung ist.
Hier folgt eine Reihe sicherer Daten aus deu letzten Jahren :
1. Am Nordufer der Einfahrt in deu Hafen von Slano be¬
merkte am 22. Mai 1901 eine Hirtin sechs Tiere, von denen sie
dachte, es seien junge Wölfe. Die rasch abgehaltene Jagd ergab
eine Strecke von drei Schakalen.
2. In Osmiue am Hafen von Slano töteten die Bauern im
Jahre 1901 vier junge Schakale.
3. Im Jahre 1903 wurden in Grgurici zwei junge Schakale
gefangen, von denen der Pfarrer von Majkovi Don Joro Bo-
glic einen längere Zeit bei sich auf dem Hofe hielt.
4. Am Berge »M a j k o v s k i R a t a c« wurden im Jahre
1903 zwei junge Schakale gefangen, die die Bauern längere Zeit im
Hofe wie Hunde hielten. Als sie aber bissig wurden und nach
Kindern, Hühnern und Hunden schnappten, wurden sie getötet.
5. Im März 1904 töteten die Bauern in Grbljava sechs
junge Schakale.
6. In B a n i c i ober J a n j s k o fandeu Kinder im Januar
1905 einen im Granatgebüsche schlafenden Schakal und erschlugen ihn.
7. lu B a n j a griff im März 1905 ein Schakal ein im Freien
übernachtendes Schwein an und verwundete es. Das Schwein wies
aber den Angreifer so energisch ab, daß man ihn am anderen Morgen
tot vorfand.
Das einzige greifbare Belegstück für das Vorkommen des Schakals
in jener Gegend ist die Schakaldecke beim Pfarrer in Klissevo, die
aus der Gegend zwischen Rigjica und Mravinjac stammt, deren
Träger vor Weihnachten im Jahre 1904 erlegt wurde. Der genannte
Pfarrer Don Jvo Matic zeigte mir die schöne Winterdecke,
als ich bei ihm behufs Feststellung der Tatsache vorsprach.
Auf Grund all dieser verlässlichen Angaben glaube ich unum¬
stößlich festgestellt zu haben, daß der Schakal außer an den
schon bisher bekannten Örtlichkeiten auf dem Dalmatinischen Fest-
lande auch in der Umgebung von Slano, und zwar in einem Umkreise
von etwa fünf Kilometer, mit dem Mittelpunkte am Eingänge des
Hafeus von Slano, vorkommt.
335
Nimmt der Bestand an Pferden in Deutschland (beztv. Hessen)
mit der Zunahme der Automobile (und des elektrischen Strassen-
bahnverkehrs) an Zahl ab?
Auf Grund der Grofili. hessischen Landesstatistik beantwortet von Wilhelm Schuster
in Neckar-Steinach bei Heidelberg.
Kontrast-Motto : „Ihr lebt noch
in schmutzigen Hütten und
esset Eicheln und rohes
Pferdefleisch . .
Bonifacius an die Chatten 722.
Oft hört man es sagen : Das Automobil wird den treuen Ge¬
fährten und Begleiter des Menschen, das Roß, ganz verdräugen !
Gerade in Hessen haben wir in den letzten Jahren eine starke Zu¬
nahme des Automobils, dieses rollenden Vierfüßers, als Verkehrsmittel
wahrnehmen können (besonders auch in den Städten Wiesbaden, Frank¬
furt a. M., Mainz und Darmstadt). Der Grund für diese auffällig
starke — tierähnliche (theromorphe) — Vermehrung liegt einer¬
seits darin, daß wir die Weltfirma Opel (Rüsselsheim) im Hessenland
haben, anderseits in dem großen Interesse, das unser Deutscher (öfters
in unserem Land weilender) Kaiser, Prinz Heinrich und der Gro߬
herzog von Hessen für das Auto habeu (und was die allerhöchsten
Herrschaften tun, ist für viele deutsche Bürger vorbildlich), anderseits
wieder in dem besonders geeigneten, ebenen Rhein-Main-Gelände, in
der großen Kauffähigkeit seiner Einwohner (Frankfurt a. M. ist be¬
kanntlich der größte Geldmarkt der Welt — jucundnm auditu!), nicht
zum wenigsten auch in der Reklame, die für das Auto gemacht
worden ist mit und seit dem imposanten internationalen Automobil¬
rennen an der Saalburg 1904, dessen wahrhaft erschütternde Gro߬
artigkeit (ich sah bei Wehrheim ein mit größter Raserei von der
Saalburg herabkommendes Automobil einen über die Straße fliegenden
Sperling durch die vordere platte Waud aufgefangen werden, an der
er gleichsam festgedrückt hängen blieb) jedem Freund der Technik,
dieses zielbewußtesten Kindes unserer glorreichen Zeit, das Herz warm
machen mußte trotz Staub und Auto- Gestank (den auch manchmal
Gelehrte an sich tragen sollen). Andrerseits ist z. B. in Mainz in
jüngster Zeit der Pferdebahnverkehr durch den elektrischen abgelöst
worden. Auch die neu erbaute Bahn über den Vogelsberg macht z.
B. die Pferdefuhren für Holz und Stein daselbst überflüssig. Hessen
ist also ein passendes Schlachtfeld, auf dem sich der Konkurrenzkampf
zwischen Pferd und Dampf oder Elektrizität zum Austrag bringen
kann — — die hier gemachten Erfahrungen sind mithin zuständig
zur Beantwortung der obigen Frage.
336
Diese obige Frage »Nimmt der Pferdebestand ab u. s. w.?«
wird durch die Großh. hessischen und badischen Laudesstatistiken
mit einem kategorischen Nein! beantwortet.
Von allen Zuchttieren der Landwirtschaft nimmt
in Hessen — mit Ausnahme des Schweines — allein das Pferd
zu ; alle anderen Haustiere nehmen ab.
Im Großherzogtum Hessen wurden gezählt :
1904
1900
1897
an Rindvieh
319 912
330 666
an Schafen
58 158(!)
81 596(!)
86 731
au Schweinen
338 839
313 382
271 595
an Ziegen
126 488
126 958
an Pferden
61787
59 342
56 002
im ganzen Reich
Zunahme !
in Baden 76 486 (1903:
75 209)
Ferner: Die Pferde nehmen nicht allein zu, sie nehmen
auch verhältnismäßig stark zu. In den letzten vier Jahren
siud in dem doch immerhin kleinen hessischen Landterrain 2445, in
den letzten sieben Jahren 5785 Pferde hinzugekommen (im Werte
von etwa 2 Millionen Mark).
Interessant ist auch, in welchem Maße das Pferd in den ein¬
zelnen Provinzen zunimmt (ich bitte, nicht über die statistischen
Angaben hinwegzusehen) :
1904
1900
1897
Starken bürg .
24 583
23 706
22 426
Oberhessen .
19 961
18557
17 256
Rheinhessen .
17 243
17 079
16 320
Der größte Zuwachs — faktisch und auch relativ — ist also
in Oberhessen (dem Land der »rückständigen Kultur«?) erfolgt,
nämlich mit 1404 Stück. Der Unpaarzeher, der Begleiter des Ger¬
manen von den Tagen seiner Einwanderung ins Waldland Europa
an, stirbt also sobald noch nicht aus. Im Verhältnis kommen immerhin
ju Oberhessen (3300 qkm) auf das Quadratkilometer nur 6, in Star¬
kenburg (3000 qkm) auf das Quadratkilometer 8, im kleinen Rhein¬
hessen (1375 qkm) auf das Quadratkilometer 13 Pferde. Vom Storch
— auch einem hausgezähmten Tier, wenngleich erst halbem Haustier — ,
für den ich früher das gleiche Verhältnis ausgerechnet habe (»Jahr¬
bücher des Nassauischen Vereins f. Naturk. in Wiesbaden« 1904 und
1905), kommen alljährlich im Herbst auf das Quadratkilometer in
Oberhessen etwa 0,2 Exemplare (d. h. auf etwa 6 qkm 1 Storch),
337
in Starkenburg etwa 0,1 Ex. (d. k. auf etwa 4,4 qkm 1 Storch),
in Rheinhessen etwa 0,3 Ex. (d. k. auf etwa 7,8 qkm 1 Storch).
Und ebenso verteilen sich nach meinen Berechnungen auch Pferde
und Störche, die Lastträger und die Kinderbringer des Märchens, auf
die Menschen. In Oberhessen kommen auf 1 Pferd 14 Menschen
(auf 1 Storch 513 M.), in Starkenburg auf 1 Pferd 19 Menschen (auf 1
Storch 726 M.) und im sehr reich bevölkerten Rheinhessen auf 1 Pferd
20 Menschen (auf 1 Storch 1994 M. !).
Woher die Zunahme der Pferde, da doch die Landwirtschaft
im allgemeinen zurückgeht? Es hat m. E. vor allem zwei Gründe,
Erstens: In unser großes, reiches, schönes Deutschland, um das uns
so viele Ausländer beneiden, kommt mit jedem Jahr mehr Geld, damit
auch mehr Herrschaftskutschen, mehr feine, zierliche Rosse ; mit dem
Wohlstand wächst der Pferdebestaud, auch bei dem kleineren Mann.1)
Sodann wird zur Zeit in Deutschland außerordentlich viel gebaut,
und sowohl im Baugewerbe wie überhaupt auch in anderen Zweigen
unserer flott gehenden Industrie braucht man viel Pferde, zur Be¬
schaffung von Materialien, zu Kraftleistungen u. s. w.
Interessant ist auch die Pferdezähluug in den einzelnen Kreisen
der Provinz Starkenburg : _
1904
1900
1897
Darmstadt .
6087
6035
5723
Bensheim .
3180
3044
2807
Dieburg .........
3929
3563
3491
Erbach .
2294
2122
1978
Groß-Gerau .
3973
3912
3746
Heppenheim .
2224
2279
2153
Offen bach .
2896
2751
2528
9 Auch heute noch gilt ein vornehmes Roßgespann durchaus für feiner als ein
Kraftwagen. — [Im Konkurrenzkampf mit diesem wird übrigens das Roß siegen
müssen, da im Leben doch immer die feine Intelligenz gegen die rohe Kraft siegen
soll (wie jetzt die Japaner gegen die Russen), zumal wir neuerdings mit so intel¬
ligenten Pferden beglückt worden sind (man denke an Hans, aber vor seiner Be¬
gutachtung durch Professor Stumpf, und an die kluge Rosa in Frankfurt); hat sich
doch neulich eine solche Roßseele zu folgenden Aphorismen, Paraphrasen und
Syllogismen aufgeschwungen (denen sie durch Scharren mit dem Fuß Ausdruck gab) :
»Wir sind doch aristokratischer als das Automobil: Wir kriegen Sekt zu trinken,
wenn wir rennen sollen, das Automobil nur Benzin.« — »Der Mensch lenkt, aber
das Pferd denkt«. — »Wenn ich ein Automobil an mir vorbeisausen sehe, denke
ich immer: Nur nicht so hochmütig; wer weiß, ob ich dich nicht heute abend
heimziehe!« — Der geneigte Leser wolle diese Humoristika gütigst entschuldigen als
angenehme Abwechselung in einer statistisch-wissenschaftlichen Zahlenuntersuchung!]
Zool. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 22
338
Ganz auffallend ist der Rückgang der Schafe, von 82 00 0 auf
58000 in 4 Jahren, also um 22 000. Er geschieht zu Gunsten
der Schweine, denn diese haben in dem gleichen Zeitraum um 26 000
zugenommen. Wo sich also früher ein hessisches Bäuerlein ein Schaf
hielt, da hält es sich jetzt ein Schwein. Das hat verschiedene Gründe :
Einmal werden wir mit Wolle aus Australien usw. überschwemmt,
dann gilt das Schaffleisch, wenigstens in Deutschland, nicht so viel wie
das Schweinefleisch (vergl. über die Wertschätzung des Hammelfleisches
in Frankreich meine Arbeit im »Zool. Garten« 1905, Nr. 3), und
vor allem setzt das Schaf nicht so viel Masseufleisch an wie das
Schwein, es ist kein »Fleisch-Zuchttier« und erzielt deshalb auch lauge
keinen so großen Geldwert. Für den täglich wachsenden Massen¬
verbrauch von Fleisch in Deutschland ist nur das Schwein das richtige
Zuchttier. Wenngleich eiue Schafherde eine Gegend unstreitig viel
• •
schöner belebt als eiue Schweineherde — und fürs Ästhetische hat
mau ja jetzt selbst in der Forst- und Landwirtschaft Sinn (vergl. die
Verhandlungen des Deutschen Forstvereins in Darmstadt Sept. 1095)
— , so diirfeu wir doch nicht die Abnahme und eventuell das Ver¬
schwinden der Schafe beklagen, sondern müsseu dem Bauer recht
geben, wenn er (bei der Weltkonkurrenz Deutschlands mit anderen
Völkern der Erde, vor allem mit England) möglichst viel Gewinn aus
dem Boden und Bodenertrag zu schlagen sucht. (Anders liegt die
Sache für reiche Großgrundbesitzer, die ja erfreulicherweise auch,
wie zum großen Teil der deutsche Adel auf seinen Gütern, schädliche
wilde Tiere schonen und desgleichen nebenbei auch weniger rentable
Haustiere halten können). Die Tierzucht und das Tier selbst mög-
liehst nutzbringend zu gestalten, ist von Urzeiten her das Bestreben
des Menschen gewesen. Nur daraus erklären sich die protzigen, kugel¬
runden, glatten »Geldformen« gewisser englischen Schweinesorten,
die uns bekanntlich die »Rasse verdorben« haben, um mit Bismarck
zu reden. Im Kreis Gießen wurden 1904 noch die meisten Schafe
gehalten, nämlich 9987 Stück, im Kreis Mainz nur 26, im Kieis Bingen
30, im Kreis Alzey 37 ; infolgedessen kostete das Pfund Hammelfleisch
1904 in Gießen im Jahresdurchschnitt 50 Pf., in Worms und Alzey
80 Pfg. (ein erheblicher Unterschied !). Die Schafweiden werden vielfach
jetzt aufgeforstet.
Auch das Rindvieh und die Ziegen gehen zurück, obwohl von
Regieruug und Vereinen sehr viel für die Einführung der Saauenrasse
getan wird ; hornlose Saaneuziegen sieht man beispielsweise hier am
Neckar schon überall.
339
Die Pferdezucht braucht vorläufig also bei uns noch keineswegs
Gegenstand besonderer staatlicher Fürsorge zu sein wie im pferdearmen
Frankreich, wo auch in Friedenszeiten beständig der Kriegsbedarf an
Pferden bereit gehalten und gefüttert werden muß, was ja bekanntlich
dem Lande große Ausgabeu verursacht.1) Was das »Stänkerl«, wie
man das Auto im Schwabenland mit schwäbischem Humor nennt,
angeht, so dient es also nicht zur Verminderung des Pferdebestandes
in Deutschland, sondern vorerst nur zu der — des Menschenbestandes
der »Vielen, Allzuvielen,« wie Schopenhauer, der große Pessimist, sagt.
Und vorläufig behält das philosophische Pferd recht : »Im Wettkampf
zwischen uns und dem Auto müssen wir siegen, denn das Auto
kriegt ja keiue — lebendigen Jungen!«
Einige zoologische Neuigkeiten aus Russland.
Von C. Greve in Riga.
Die folgenden Zeilen haben den Zweck, die Leser des »Zoolo¬
gischen Gartens« mit einigen Neuigkeiten und Ergänzungen bekannt
zu machen, die die Wissenschaft durch neuere Arbeiten russischer
Zoologen erfahren hat und die dem deutschen Publikum nicht zu¬
gänglich waren, weil sie in russischer Sprache erschienen sind, und
dazu in einer Zeitschrift, die kaum in die Hände von Fachzoologen
gelangen dürfte, da sie hauptsächlich dem Jagdsport gewidmet ist
(»Priroda i Ochota« — Natur und Jagd).
Au neuen Tierarten und Varietäten werden beschrieben (von K.
Satunin, dem bekannten fleißigen Erforscher des kaukasischen
9 Die staatliche Unterstützung der Rindvieh-, Schaf-, Schweine- und Ziegen¬
zucht in Deutschland geschieht nach den Prinzipien der Selektionstheorie vielfach in
der Form der Prämiierung. — In Baden haben die Ziegen von 1903 bis 1904 um
2100 Stück zugenommen. — Wenn jetzt (Herbst 1905) unerhörte »Fleischteuerung«
vorliegt, so beruht sie nicht auf einer »Fleischnot« (sondern auf Geschäftsmache
und Handelsfinessen), denn heute kommen auf den Kopf der Bevölkerung doppelt
so viel Schweine wie 1880 und noch immer weit mehr als im Jahr 1890. Nach
der amtlichen Reichsstatistik ergab die Zählung vom 10. Januar 1873 auf 41,5
Millionen Bevölkerung einen Zuchtschweinebestand von 7,1 Millionen gleich 170
Stück auf 1000 Köpfe der Bevölkerung. Dagegen zeigt die Zählung vom 1. Dezember
1904 bei 59,3 Millionen Bevölkerung einen Zuchtschweinebestand von 18,9 Millionen
gleich 320 Stück auf je 1000 Einwohner ! Dazu tritt: Die heutigen Zuchtbestände
bestehen aus frühreifen, schnellwüchsigen Rassen, die aus gleichgroßen Beständen
in derselben Zeit die doppelte Menge an Fleisch liefern. Die Schweinefleischproduktion
ist also vierfach stärker gestiegen als die Bevölkerung.
— 340
Vertebratenfauua) : erstens, eine neue Art der Gestreiften Hyäne für
das Transkaspi-Gebiet, Hyaena bühieiviczi Sat. Dieses Tier wurde von
dem Verwalter des transkaspischen Museums in Ascbabad, S. Bilk-
jewicz, in zwei Exemplaren in der Gindowarschlucht, 24 Werst
von Ascbabad entfernt, erbeutet und unterscheidet sich durch Schädelbau,
besonders aber durch seine schöne, höchst lebhafte Färbung von der
typischen Hyaena striata L. Bisher konnte festgestellt werden, daß
es die Kreise Ascbabad und Schederen bewohut und über den Großen
und Kleinen Balchan-Rücken, den Kopet-dagh von Krasnowodsk bis
Merw einschließlich und in den Tamariskendickichten am Tedshen
verbreitet ist. Die Oasen Talatan und Pondiu scheinen die Ostgrenze
dieser Hyäne zu bilden. Die dann weiter folgende wüste, wasserlose
Strecke trennt sie von einer anderen, ebenfalls von Satunin beschrie¬
benen Art, Hyaena bucharensis Sat., die ebenfalls genügend charakter¬
istische Merkmale aufweist, um sie als selbständige Art anzuerkenneu.
Satunin spricht auch die Vermutuug aus, daß bei reicherem Material
auch die transkaukasische Hyäne sich als abweichende Form ausweisen
dürfte, jedenfalls mit nicht geringerem Recht, als die von P. Matschie
für Afrika geschaffenen neuen Formen.
Ferner beschreibt K. Satunin den kaukasischen Wildkater
• •
genauer und kommt zu der Überzeugung, daß er von dem typischen
europäischen als Subspezies Felis catus caucasius abzutrennen ist, da
bei ihm sowohl krauiologische Merkmale als auch Zeichnungsunter¬
schiede dazu Veranlassung geben. Der kaukasische Kuder besitzt
nur höchst schwach angedeutete oder gar keine Seiteuquerstreifen. Er
bewohnt die Waldregion des Nord- wie des Südabhanges im Haupt¬
kamme und ist besonders zahlreich um Borshom vorhanden, hier
aber, wie es scheint, stark mit der Hauskatze gekreuzt. R a d d e
führte ihn irrtümlich für die Wälder des Talyscher Berglandes auf.
Eine neue Form des Sibirischen Steinbockes brachte Professor
Golowin mit, die Satunin Gapra sibirica lorentzi subsp. nov.
benannte, und von der Präparator Lorentz in Moskau schon früher
ein Exemplar im Winterkleide in Händen gehabt hatte. Das Tier
zeichnet sich durch eine sehr helle Färbung aus, die im Winter fast
weiß wird. Das Golowiusche Exemplar stammt aus dem Sajan-Gebirge,
etwa 300 Werst südlich von der Station Nishue-Udinsk.
In den »Zool. Jahrbüchern« 1905 beschrieb B. Shitkow einen
Hirsch aus Turkestan, den er zu Ehren Hagenbecks, der das Tier
im Moskauer Zoologischen Garten gesehen und zuerst auf seine
Sondermerkmale aufmerksam gemacht hatte, Cervas hagenbeclci nannte.
— 341 —
Satunin weist darauf bin, daß dieser Hirsch, und zwar das gleiche
Exemplar, von Lydekker schon früher in »Ann. Mag. Nat. History
(7) V, 1900, p. 195« mit dem Nameu C. bactrianus belegt worden sei.
Jedenfalls lieferte eine eingehende Beschreibung des Tieres, dessen
Verbreitungsgebiet noch nicht festgelegt ist, erst Shitkow, dem ein
cf und ein 9 im Zoologischen Garten zu Moskau (später dem Museum
einverleibt, mit eiuer ganzen mehrjährigen Reihe von Abwurfstangen)
zur Verfügung standen. Beiläufig sei hier bemerkt, daß man mit
der Bezeichnung »Maral« einigermaßen vorsichtig umgehen muß.
Das Wort »Maral« bedeutet in den mongolisch-türkischen Sprachen
überhaupt nur so viel wie »Hirsch« und wird von den Russen für
den krymschen, kaukasischen und fast alle nord- und inuerasiatischen
Hirsche, die nördlich von dem Gobiplateau, von Persien bis nach
der Mandschurei hinein, den Erdteil bewohnen, gebraucht, sobald es
ungefleckte Edelhirsche sind, also für C. canadensis asiaticus Sewerzow,
C. xanthopygus A. M. Edw., C. eustephanus Blanf., G. albirostris
Przewalskij, C. wachei Noack, C. bactrianus Lydekker, und auch für
C. luehdorfi Bolau, obwohl für letzteren der Name »Isubr« üblicher ist?
ferner für C. elaphus maral Ogilby. Zoologisch berechtigt den Namen
»Maral« zu führen ist nur der letztgenannte, den Kaukasus und die
Krym bewohnende Hirsch.
L. Berg, der Fischereiinspektor am Aralsee, berichtet, daß
die Saiga-Antilope ( Saiga tatarica) auf der Insel »Nikolai I.« im
Aralsee nunmehr ausgerottet sein dürfte. Die Insel wurde 1848 vom
Leutnant B u n a k o w entdeckt, der auf ihr eine grosse Menge Saigas
autraf, die sehr vertraulich waren. 1874 wurden Kosaken vom Ural¬
gebirge an den See übergesiedelt, denen es nach manchem vergeblichen
Versuche gelang, die Insel zu erreichen, die etwa 20 Werst lang und
15 Werst breit ist, wonach sie die Jagd auf die wehrlosen Tiere
begannen. 1900 — 1902 gab es noch eine ziemliche Anzahl der Tiere
auf »Nikolai I.«, jetzt (1905) sind keine mehr vorhanden! Außerdem
leben sie auf der Insel »Barsakelmes« (kirgisisch bedeutet der Name :
»Fahr nur hin — du kehrst nicht wieder«). Hierher können sie im
Winter übers Eis von der Halbinsel Kulandy aus gelangeu. »Nikolai T.«
ist aber 60 Werst1) vom nächsten Ufer entfernt; Berg vermutet,
daß sie mit Treibeis hingekommen seien, da er auf einer solchen
Scholle ein Saigaskelett am Ufer der Insel antreiben sah. Die Saiga
bewohnt auch die Ufer des Aral, mit Ausnahme der Strecke zwischen
Syr- und Amu-Darja, wo sie von Antilope subgutturosa vertreten wird.
J) Eine Werst ist etwas länger als ein Kilometer, etwa = 1,06 Km.
342
(j. Romano w s k- i j berichtet über das Vorkommen und den
Fang von Myogale moschata L., des »Desman«, im Serdobschen Kreise
des Gouvernements Saratow. Das Tier lebt hier an den zahlreichen,
längs dem Ufer des Choper gelegenen, von Ellernhorsten umgebenen
und dicht verwachsenen Seen, in großer Menge. Der Eingang zum
Bau befindet sich immer unter Wasser. Letzterer ist gewöhnlich
unter den Wurzeln einer größeren Erle unmittelbar am Ufer angelegt.
Da ihm im Sommer schwer beizukommen ist, findet der Fang im
Anfänge des Frühjahrs oder im Spätherbst statt. Die Felle werden
für 80 Kopeken bis 2 Rubel (1,73 — 4,32 Mark) an die Ankäufer
verkauft. Oft trocknen diese Seen aus, dann ist der Fang in Eisen,
die auf den Wegen der Tiere zu benachbarten Gewässern gestellt
werden, möglich, aber wenig lohnend.
S. Alferaki behandelt Abnormitäten der Doppelschnepfe, die
ihm aus dem Gebiete des russischen Reiches zu Gesichte gekommen
o
sind, und zwar zählt er zehn solcher Formen auf, die von der nor-
's,,,. _ t v~\ -T- . _ ^ ' .
malen mit 16 Steuerfedern abweichen. Es sind:
1. normalgefärbte Exemplare mit 14 Steuerfedern (2 Exempl.
*
von Sarudnyi gesammelt) ;
_
2. Exemplare mit weißem Bauch und normaler Steuerfederzahl
r •; • * - 1 c . •• t-r r / ‘ r • /' r rt - - .
(Eversmanu, Sarudnyi) ;
3. ebensolche mit 18 Steuerfedern (4 Exempl. von Sarudnyi);
_
4« normalfarbige mit 18 Steuerfedern (Eversmann, Giglioli,
Sarudnyi) ;
5. hellfarbige, ohne fuchsrote Töne (Alferakis Sammlung) ;
6. scheckige Exemplare ;
*■> -
7. Exemplare, die wie Schnarrwachtelu ( Crex pratensis) gefärbt
sind (Michailow) ;
. r> | Qr' f‘ *“\ t Q f t /
8. schwarze Exemplare (Gouvernement Kasan, Mündung des
Don, Griechische Inseln) ;
9. sandgelbe Exemplare mit hellgelben Beinen, Augen und
Schnäbeln (Gouvernement Wladimir), und
10. weiße Exemplare mit normalen Augen (keine Albinos).
Der Autor vermutet, daß bei einigem guten Willen die russischen
Jäger noch mehr Abnormitäten, auch Albinos, den zoologischen
Instituten und Sammlungen liefern könnten — aber das Interesse für die
wissenschaftliche Seite der Sache sei so gering, daR solche interessanten
Exemplare unbeachtet gelassen und höchst selten, bekannt würden.
Der Yerlauf der Lophyrus - Kalamität im Jahre 1905.
Von Ludwig Schuster in Gonsenheim bei Mainz.
Den Winter 1904/05 über wurden viele der auf dem Boden
liegenden Kokons durch Vögel aufgepickt und ihres Inhaltes beraubt.
Während den Raupen gegenüber nach Beobachtungen in mehreren
Revieren eine Vertilgungstätigkeit von seiten der Vögel nicht ent¬
wickelt wurde, wurden im Laufe des Winters unzählige Tönnchen,
ohne allerdings auch hier wieder irgendwelchen Einfluß auf die Ge¬
samtzahl auszuüben, von Meisen vertilgt. Nach Mitteilungen des
Forstmeisters Neuschäfer und des Oberförsters Hämmerle be¬
teiligten sich auch Raben am Vernichtungswerke; sogar der Eichel¬
häher hat nach Mitteilung des Forstmeisters Kulimann eifrige Hilfe
geleistet. In der Oberförsterei Darmstadt wurden im verflossenen
Winter einige Vögel auf ihren Mageninhalt untersucht mit folgendem
Resultat:
nur Sämereien,
desgl.
morgens geschossen,
desgl.
desgl.
1. Specht:
2. Zaunkönig:
3. Kohlmeise,
4. Kohlmeise,
5. Kohlmeise,
6. Kohlmeise,
7. Kohlmeise,
desgl.
O.
4 Puppen.
5 Puppen.
5, Puppen.
6 Puppen.
7J?uppen.
rtf\
i
-v desgl.
8. Kohlmeise, nachmittags geschossen, 22 Puppen.
Im Mai und Anfang Juni 1905 setzte der Fraß wieder sehr
kräftig ein, und es schien, als sollte die Kalamität in ebenso starkem
Maße wie im Vorjahre hereinbrechen. Aber urplötzlich erlosch die
Plage. Eine zweite Brut wurde fast nirgends beobachtet; vereinzelte
Ansätze sah ich im südlichen Starkeuburg nahe der badischen Grenze
in der Oberförsterei Lorsch. Im Gonsenheimer Wald war die Plage
total verschwunden. Die befresseneu Bäume haben sich fast alle
wieder erholt.
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Kleinere Mitteilungen.
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In der Gefangenschaft geborene Luchse (Felis lynx L.j. Wie ich
früher (Zool. Garten Jalirg. 1904* p. 198) mitgeteilt habe, paarten sich zwei Luchse
im Frühjahr 1904 in Skansens Zoologischem Garten zu Stockholm. Die Folge
war, dafä das Weibchen am 11. Mai vor. Jahres ein Junges warf, das leider nicht
voll entwickelt war. In diesem Jahre (1905) ist es besser gegangen. Die gleichen
344
Tiere paarten sich im März, und am 22. Mai wurden zwei Junge gehören. Diese
kleinen, hübschen Geschöpfe haben sich heute (am 26. Juni) zum erstenmal vor der
Höhle des Käfigs gezeigt. Der Luchsvater hat oft das Nachtlager mit der
Familie geteilt.
Stockholm (Schweden). Alarik Behm.
Folgen des heißen Sommers 1904. Als Nachwehen des vorjährigen
heißen Sommers ist das starke Auftreten zweier Schmetterlinge, der an Kiefern
die sog. Posthörner verursachenden Tortrix buoliana und der an Eichen auf¬
tretenden Tortrix viridana , anzusehen. Die Generation dieser beiden Klein¬
schmetterlinge fällt in zwei Kalenderjahre. Der zweite der beiden Forstschädlinge
schwärmte Mitte Juni in Wolken um die Gipfel der Eichen. Die erste Generation
von Lophyrus pini frißt eben in starkem Maße im Gonsenheimer Wald wie in
den Kiefernwaldungen der Starkenburgischen Rheinebene.
Ludwig Schuster.
Das Kleine Wiesel ( Mustela vulgaris Briss.) verfärbt sich in der Schweiz
nicht überall. Die Exemplare aus dem Jura, wo es bis zur Höhe von 1700 m
vorkommt, sowie die aus dem Mittellande bleiben Sommer und Winter braun. Die
Stücke aus den Alpentälern etwa bis 2000 m nehmen im Winter oft, aber nicht
regelmäßig, eine graue, dunkelgraue oder graubraune Färbung an. Die in Höhen
von über 2000 m bis 2800 m lebenden Kleinen Wiesel verfärben sich im Winter
reinweiß.
Das Große Wiesel ( Mustela erminea L.) nimmt in der Regel die weiße
Winterfärbung an, doch sind seit etwa 1894 jeden Winter Exemplare beobachtet
worden, die sich nicht verfärbten.
Olten (Schweiz). G. von Burg.
Fledermäuse vom Blitz erschlagen. Am 16. Juni d. J. zog ein kleines,
aber heftiges Gewitter, das sich über dem Maintal bei Schwanheim gebildet hatte,
quer über das Tal. Innerhalb zehn Minuten erfolgten eine ganze Reihe von Ein¬
schlägen, zwei ins Dorf, die anderen in unsere »Alten Eichen«. Ein Blitzstrahl
zerschmetterte zwei starke Eichen und tötete etwa 20 — 25 Fledermäuse, die einen
hohlen Ast bewohnten. Eine der wenigen letzten Fledermauskolonien unseres Waldes
ist damit vernichtet. K o b e 1 1.
Der sogen. »Temporäre Parasitismus« bei Ameisen. W. M. Wheeler
hat bei den Weibchen einer nordamerikanischen Ameise, der Formica difficilis
Em. var. consocians Wheel., beobachtet, daß sie, während die Art in der ersten
Hälfte des Sommers in unvermischten Kolonien lebt, im Herbste weisellose Kolonien
der F. incerta Em. aufsuchen, um hier ihre Eier abzulegen und sich von deren
Arbeitern ihre erste Brut aufziehen zu lassen. Diese Verbrüderung zweier Arten
geschieht also nur zu dem Zwecke der Koloniegründung; sobald die ersten Arbeiter
der F. difficilis ausgeschlüpft sind, trennen sich die beiden Arten wieder und gehen
ihre eignen Wege. Diese neue Art von Symbiose hat Wheeler mit dem Namen
des temporären Parasitismus bezeichnet. K. Escherich glaubt, daß durch diese
Entdeckung vielleicht auch das Rätsel gelöst ist, wie unsre deutsche F. rufa ihre
Kolonien gründet. Obgleich zu den häufigsten unserer Ameisen gehörig, sei doch
noch niemals eine vereinzelte Königin von F. rufa bei der Aufzucht ihrer ersten
Brut angetroffen worden. Da sei doch die Annahme nicht von der Hand zu weisen,
345
daß auch unsere F. ruja gleichwie ihre amerikanischen Verwandten andere Ameisen
— vielleicht unsre F. fusca — aufsuchten, um sich von ihnen ihre ersten Jungen
aulziehen zu lassen. Jedenfalls sei bei den ferneren Beobachtungen die Möglich¬
keit, daß auch F. rufa zu den »Kuckucksameisen« gehöre, im Auge zu behalten.
(Nach K. Escherich in Schubergs Zool. Zentralblatt Bd. 12, 1905 p. 47—48).
Bttgr.
Der Nashornvogel ( Buceros plicatus). Eine der auffallendsten Erschei¬
nungen des Urwaldes von Neuguinea ist der Nashornvogel, ein Tier von ziemlich
Meterlänge. Hals und Kopf sind rostbraun, die nackte Kehle, sowie die Augen¬
gegend erscheinen hellblau gefärbt. Den Leib und die Flügel bedecken schwarze Federn,
der Schwanz ist dagegen weiß. Das auffallendste an dem Vogel ist sein kolossaler
Schnabel, der dieser Gattung zu ihrem Namen verholten hat. Er ist sehr groß
und dabei seitlich stark zusammengedrückt. Die Neuguinea-Art besitzt nicht eigent¬
lich ein Horn auf dem Oberschnabel wie ihre Verwandten, sondern vielmehr einen
erhabenen Wulst, eine Art Schild, das durch Querfurchen in mehrere Streifen zer¬
legt wird. Man nahm früher an, in jedem Jahre käme ein neuer Streifen hinzu,
und glaubte deshalb aus ihrer Anzahl das Alter des Vogels bestimmen zu können.
Daher stammt sein Name »Jahresvogel«. Indessen scheint diese Bezeichnung auf
Neuguinea nicht bekannt oder doch wenigstens nicht gebräuchlich zu sein. Trotz
seiner Größe ist dieses Monstrum von Schnabel sehr leicht, da er nicht aus massivem
Knochen besteht. Mit Ausnahme der festeren Randpartien der Kiefer wird er
nur aus einer lockeren, schwammigen Masse gebildet, die außen eine sehr dünne,
feine Knochenplatte bedeckt. Man kann somit das ungemein kräftig aussehende
Gebilde mit der Hand zerdrücken.
Der Jahresvogel (Buceros plicatus) ist in Neuguinea nicht selten. Man
bemerkt ihn nicht selten auf hohen Bäumen, wo manchmal mehrere zusammensitzen,
noch öfter vernimmt man aber seinen mißtönenden Schrei oder sieht oder hört
ihn durch die Luft dahinstürmen. Das laute, sausende Geräusch, das er beim
Fliegen hervorbringt, ist weithin vernehmbar und sehr auffallend.
Eigentümlich ist das Brutgeschäft dieser Tiere. Die Eier werden in einer
eventuell mit Hülfe des Schnabels etwas erweiterten Baumhöhle abgelegt. Das
brütende Weibchen wird von dem Männchen alsdann regelrecht eingemauert, indem
letzteres die Zugangsöffnung der Nisthöhle mit einer Masse verschließt, die aus
faulendem Holze und Erde besteht, und die Avahrscheinlich mit Speichel angefeuchtet
wird. Eine kleine Öffnung bleibt indessen frei, aus der das Weibchen den Schnabel
herausstreckt, um von dem unermüdlich Früchte herbeischleppenden Gatten ge¬
füttert zu werden. Während der Zeit des Brütens scheint das Weibchen zu mausern
und erhält erst daun die Flugfähigkeit wieder, wenn die erbrüteten Jungen
anfangen flügge zu werden.
Wahrscheinlich hat das Einmauern den Zweck, nicht nur die Eier, sondern
auch das Avährend der Brutperiode flugunfähige Weibchen zu schützen und beide
dem Blicke etAvaiger Feinde zu entziehen. Trotzdem entdeckt, Avird die eingemauerte
in ganz anderer Weise imstande sein mit Hülfe ihres riesigen Schnabels, der
empfindlich zwicken kann, jene kleine Öffnung zu ATerteidigen als den ursprüng¬
lichen weiten Eingang.
Nashornvögel Averden öfters geschossen und gegessen, haben aber ein etAvas
zähes Fleisch, das einen eigentümlichen Beigeschmack zeigt und somit nicht jedem
346
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zusagt. Uber den Geschmack ist bekanntlicli nicht zu streiten, indessen ziehen die
meisten Europäer ihm das auch meiner Meinung nach sehr wohlschmeckende Fleisch
der Kakadus mit vollem Rechte vor. Dr. med. Schnee.
Über die geographische Verbreitung der Lurche und
Kriechtiere Mexikos. Dr. Hans Gadow, der neuerdings die - Reptilfauna
Mexikos im Lande selbst studierte, hat festgestellt, daß Mexiko seine jetzige Tier¬
welt sowohl aus Nordamerika wie aus Südamerika erhalten hat. Die iflnwanderer
aus dem Norden haben sich über die hohen Tafelländer und Gebirge verbreitet,
aber ein nicht geringer Teil ist auch in das heiße Tiefland hinabgestiegen, ja bis
Mittelamerika und noch weiter südwärts vorgedrungen. Die Einwanderer aus dem
Süden aber wurden durch die hohen Plateauländer in zwei Bahnen gelenkt; sie
bildeten gleichsam einen atlantischen und einen pazifischen Strom und hatten beide
Zeit genug, sich schon in einem Teil ihrer Vertreter, entsprechend den sehr ver¬
schiedenen physikalischen Bedingungen ihres Wohnortes, wesentlich zu differenzieren.
Kaum einer von diesen Einwanderern aus dem Süden freilich hat das Tafelland
selbst erreicht, aber nicht wenige haben die hohen Berge außerhalb des Plateaus
erstiegen. Mit Hülfe geologischer Daten und durch Vergleiche mit der Tierwelt
der Antillen kommt der Verfasser zu dem Schlüsse, daß der Austausch der Fauna
von Norden wie von Süden im Laufe der Tertiärzeit — speziell der Miocänzeit — -
erfolgt sein muß, zu der gleichen Zeit also, als die Westindischen Inseln mit Mittel¬
amerika eine Landverbindung hatten.
(Nach Abstr. Proc. Zool. Soc. London 1905, No. 21, p. 11.) Bttgr.
r ~>rror 7 v.", i • 'rr‘ .* *• '- . ■ '.»'vc- '• n /'".o- oo"A C"- 0 ;
Abnorme Eigenschaften domestizierter Tiere. Daß sowohl
Haustiere, als auch gefangen gehaltene, ursprünglich wild lebende Tiere Eigenschaften
annehmen, die oft im Gegensatz stehen zu den Lebensgewohnheiten ihrer freilebenden
Artgenossen, bezw. Verwandten, ist bekannt. Dies läßt manchen Tierpfleger falsche
Schlüsse ziehen auf das Freileben der betr. Tierspezies. Daher sind Beobachtungen
an gefangenen Tieren nicht denen an wildlebenden gleichzustellen. Ich besaß z.
B. einst eine Haubenmeise ( Parus cristatus ), die hin und wieder (aus Mutwillen?)
junge Pflänzchen des Rübsen fraß, indem sie sie zwischen die Füße nahm und
die Kotyledonen abpflückte. Das war entschieden eine abnorme Eigenschaft dieses
Meisenindividuums, die es im Laufe des Gefangenlebens angenommen hatte. Einen
merkwürdigen Fall erfuhr ich neulich : Eine mir bekannte Familie besaß vor Jahren
einen Hauskater, der mit Vorliebe rohe Kartoffelschalen verzehrte. Derselbe Kater
zeigte auch großes Interesse für glänzende Gegenstände; so trug er oft silberne
Löffel u. a. fort. Eine wildlebende Katzenart dürfte wohl kaum auf derartiges
verfallen ! . . Hermann Grote.,
Sturmmöwen, im Zoologischen Garten erbrütet. Ein Paar
Sturmmöwen ( Larus canus L.) hat in diesem Sommer in Skansens Zoologischem
Garten Junge erbrütet. Die Eltern waren mit wohl fünfzig anderen Vögeln, wie
Schwänen, Gänsen, Enten und Bläßhühnern, auf einem Teiche zusammen und ver¬
teidigten das Nest nachdrücklich gegen alle Naseweisen und Störenfriede.
A 1 a r i k B e h in.
347
Nekrolog.
Am 27. Juli d. J. verstarb lioclibetagt auf seinem Herrengute, der
Rheininsel Langenau bei Mainz, der
Freiherr Paul Adolf von Molsberg.
Molsberg war einer der bedeutendsten und nebst dem im Vorjahre ver¬
storbenen Freiherrn von Lade einer der bekanntesten Obstzüchter Deutschlands.
Die auf seinem Gute stehenden Tausende von Obstbäumen, die unzähligen,
aus aller Herren Länder stammenden Obstsorten angehören, Hat der Freiherr,
der nebst seinem Bruder der letzte direkte Nachkomme Gutenbergs und
letzter Mainzer Patrizier war, alle mit eigner pflegender Hand gepflanzt
und erzogen. Bekannt in naturwissenschaftlichen Kreisen ist Molsberg
geworden durch sein dreibändiges Werk »Streifzüge ins Gebiet der Philosophie
und Naturwissenschaft.« Hier hat der arbeitsstarke, weitgereiste und viel-
erfahrene Greis »in bunter, ungezwungener Folge und populärer' Form«
seine Ansichten niedergelegt, die sich in einem langen Leben durch Selbst¬
beobachtung und durch Studium und Eindringen in alle Werke natur¬
wissenschaftlicher und philosophischer Richtung gebildet haben. — Im
persönlichen Verkehr mit Freiherrn von Molsberg haben wir die große
Liebenswürdigkeit, durch die er auch in Mainzer Kreisen bekannt und
verehrt war, schätzen gelernt.
Friede seiner Asche! Ludwig Schuster.
r'Nr\vv N
Literatur.
Dr. P. Kämmerer, Über die Abhängigkeit des Regenerationsvermögens der
Amphibienlarven von Alter, Entwicklungsstadium und spezifischer Größe. Ex¬
perimentelle Studie. — Sep.-Abdr. a. Arch. f. Entw.-Mechanik (Roux). Bd. 19,
Heft 2. Leipzig, W. Engelmann, 1905. 8°. 84 pag., Taf.
Im Gegensätze zur Anschauung A. Weismanns und E. Bordages, daß
die Regenerationsfähigkeit eines Organs abhängig sei von seiner Wichtigkeit für
das betreffende Tier und von der Gefahr des Verlustes, haben die Versuche des
Verfassers dargetan, daß dieseu beiden Momenten keine Rolle in Bezug auf das
Erneuerungsvermögen zukommt. Auch ist jene Tätigkeit bei den Larven aller
Batrachier unabhängig von der Größe einer Species. Dagegen ist sie nach den
Versuchen des Verfassers sowohl abhängig vom Entwicklungsstadium wie auch vom
Alter. Was das Entwicklungsstadium anlangt, so regenerieren die Hinterextremi-
täten der Larven der Froschlurche solange, als Ober- und Unterschenkel noch
einen stumpfen Winkel einschließen. Nur für die Discoglossiden und Pelobatiden
besteht diese Grenze nicht; sie erneuern die Hinterextremitäten auch dann noch,
wenn die Schenkel bereits einen rechten oder einen spitzen Winkel einscbließen,
348
und ihre Regenerationsfälligkeit erlischt erst mit Eintritt der Metamorphose. Die
Schvvanzspitze wird hei den Anurenlarven in der Regel nur so lange regeneriert,
als die Vorderextremitäten noch nicht erschienen sind. Die Abhängigkeit der
Regenerationsfähigkeit vom Alter beweist der Verfasser schließlich dadurch, daß
neotenische, d. h. zwei oder mehr Jahre alte Anurenlarven die Hinterextremitäten
nicht mehr zu erneuern vermögen, wenn sie sich noch in dem Stadium befinden,
in dem normale, einsömmerige Larven diese vollständig regenerieren. Doch können
neotenische Anurenlarven den Ruderschwanz stets ebenso gut neubilden wie normale
Larven. Was endlich die neotenischen Larven der Schwanzlurche anlangt, so
zeigen sie, wenn sie sich noch in dem gleichen Stadium befinden, in dem normale
Larven sehr rasch regenerieren, eine ebenso geringe Regenerationsgeschwindigkeit
wie gleichalterige metamorphosierte Stücke. Über eine ganze Reihe von interes¬
santen Ergebnissen, die zum Thema nicht in unmittelbarer Beziehung stehen, deren
Aufzählung uns aber zu weit führen würde, bitte ich die gehaltvolle Arbeit selbst
einzusehen. Bttgr.
Prof. L. v. M ehe ly, Die herpetologischen Verhältnisse des Metschekgebirges und
der Kapella. — Sep.-Abdr. a. Annal. Mus. Nation. Hungar. 3. Jahrg. 1905.
Gr. 8°. 61 pag., 41 Fig.
Die wichtige Arbeit zerfällt in eine Einleitung, einen Rückblick und in 9
Kapitel, deren Mannigfaltigkeit und Vielseitigkeit ich im folgenden der Kürze halber
nur durch deren Überschriften wiedergeben möchte: 1. Unsre Unken ( Bombinator -
Arten) und ihre Bastarde. 2. Die Braunen Frösche. 8. Laub- und Wasserfrösche
und Kröten. 4. Ein neuer Salamander der ungarischen Fauna ( Salamandra atra
Laur. im Sattel der zu Vrelo im Komitat Modrus-Fiume gehörigen Bergrücken
Zdravazka kosa und Mirko vica). 5. Neue Molche der ungarischen Fauna ( Molge
vulgaris L. subsp. 1 capelana n. und M. cristata Laur. subsp. harelini Strch.)-
6. Einfluß der Umgebung auf das Leben und den Organismus der Molche. 7. Neue
und alte Eidechsenarten (Lacerta horvathi Meh., L. sardoa Per. = bedriagae Cam.,
L. viridis Laur. typ. und var. intermedia n. und subsp. major Blgr.). 8. Alte und
neue Schlangen der ungarischen Fauna ( Vipera berus L. var. bosniensis Bttgr.).
9. Über die sympathische Färbung der Schlangen und Eidechsen. — Auf Grund
der in der vorliegenden Skizze aufgezählten Kriechtiere und Lurche entrollen sich
unserrn Auge zwei wesentlich verschiedene Faunenbilder. Das Metschekgebirge im Ko¬
mitat Baränya (Fünfkirchen) schließt sich mit seiner gesamten Fauna noch den
mitteleuropäischen Verhältnissen an, während sich die im Komitat Modrus-Fiume
in Südkroatien zwischen Ogulin und Mkropalj liegende, den nördlichen Ausläufern
der großen Kapella anzugliedernde, karstartige Gegend als Grenzstation des medi¬
terranen Faunengebietes erweist. Die letztgenannte Örtlichkeit steht zwar der
Mehrzahl ihrer Arten nach noch in enger Beziehung zu dem mitteleuropäischen
Faunengebiete, eine beträchtliche Anzahl ihrer Species hat sie aber von den Mittel¬
meerländern erhalten. Diese Arten sind schon bedeutend umgestaltet hierher
gelangt oder haben sich vielmehr hier in einer solchen Weise umgebildet, daß sie
nur die Anzeichen des südlichen Ursprungs bewahrt haben, in Wahrheit
aber schon vollkommen selbständige Formen darstellen. So ist Lacerta horvathi
nachweisbar der Abkömmling der dalmatinisch-herzegowinischen L. mosoriensis ;
- L. viridis var. intermedia ist aus der dalmatinischen subsp. major hervorgegangen.
349
Molge vulgaris subsp. kapelana hat sich aus der griechischen und dalmatinischen
subsp. meridionalis entwickelt; M. cristata subsp. karelini und Vipera berus var.
bosniensis sind anscheinend ohne bedeutendere Änderung von Süden eingedrungen,
während Salamandra atra von den Alpen hierher gelangt ist. Alles in allem weist das
Faunengebiet von Ogulin-Mkropalj ganz eigene Charaktertiere auf, die ihm ein
von der dalmatinischen Fauna abweichendes, selbständiges Gepräge aufdrücken. Ein
Teil der hier einheimischen Arten hat sich dann gegen Nordwesten nach Illyrien,
Istrien und Norditalien verbreitet und hierdurch einen viel innigeren Zusammenhang
mit der Fauna dieser Länder hergestellt, als es mit der Dalmatiens der Fall ist.
Ein ganz besonderes Interesse aber beansprucht dieses Faunengebiet aus dem Grunde
weil es viele vom Gesichtspunkte der Descendenzlehre unschätzbare Übergangsformen
aufweist, somit einen wahren Entstehungsherd neuer Arten darstellt, in dem die
Kontinuität der phyletischen Verkettungen auch heute noch klar zu tage liegt.
Die in dem inhaltreichen Werkchen niedergelegten Beobachtungen und Schlu߬
folgerungen sind zugleich ein deutlicher Beweis dafür, wie unbedingt notwendig
phylogenetische Forschungen auf das Studium auch entlegener Faunen angewiesen
sind. Die Erkenntnis der heimatlichen Formen bleibt zwar stets eine Aufgabe
ersten Rangs, ihr richtiges Erfassen ist jedoch nur auf Grund des für gewöhnlich
jn weiterer Entfernung zu suchenden Anschlusses an verwandte Formen möglich.
Wie eingehend wir auch die Formen eines engeren Faunengebietes zu kennen ver¬
meinen, so sind diese für sich betrachtet in ihrer mosaikartigen Isoliertheit doch
nur tote Buchstaben der großen Gesetze des Weltalls, und nur durch die Erforschung
der Linien des verwandtschaftlichen Verbandes und durch das Erschließen des
Zusammenhangs der einzelnen Umbildungsetappen wird der Geist des alles um¬
fassenden Entwicklungsgesetzes vor dem Auge des Forschers lebendig. Bttgr.
Dr. P. Kuckuck, Der Strand Wanderer. Die wichtigsten Strandpflanzen, Meeresr
algen und Seetiere der Nord- und Ostsee. Mit 24 Tafeln nach Aquarellen
von J. Braune. München, Verlag v. J. F. Lehmann, 1905. 8°. 76 pag.,
24 Taf. — Preis geh. M. 6. — .
Es gibt Bücher, die einschlagen müssen, bei denen man sich wundert, daß
sie noch nicht geschrieben worden sind. Ein solches liegt hier vor in prächtigef
Ausstattung und von einem kenntnisreichen und erfahrenen Manne geschrieben.
Forscher, die, wie der Verfasser als Kustos an der Kgl. Biologischen Anstalt auf
Helgoland, schon durch ihr Amt, ihre Liebhaberei und ihr Studium gleichmäßig
der Erforschung der Lebensbedingungen der Pflanzen- und Tierwelt widmen, sind
heutzutage überhaupt sehr dünn gesäet. Das Werkchen soll allen denen, die in
der Sommerfrische in deutschen Seebädern Erholung suchen, ein steter Begleiter
und treuer Ratgeber sein bei ihren Spaziergängen an der Wasserkante. Es wird
sich aber ebensogut auch an den Gestaden von Niederland und Belgien, von Nord¬
frankreich und Südengland bewähren. Was der Strandwanderer bei seinen Exkur¬
sionen als Auswürflinge des Meeres findet, sind meist nur tote Zeugen des reichen
Pflanzen- und Tierlebens, das sich im Meere entfaltet. Um ihn zu Ausflügen aufs
Wasser anzuregen, die ihm besonders in Helgoland zur Zeit der Ebbe auf dem
klippenreichen Gelände, aber auch auf den weiten Watten der Küste des Deutschen
Meeres und den Seegrasgründen der Ostsee reiche Ausbeute gewähren, sind alle
auf den 24 sauber gemalten Tafeln dargestellten Pflanzen- und Tierarten bis auf
350
wenige nach dem Leben wiedergegeben worden. Den Strandpflanzen sind die Tafeln
1 — den Meeresalgen die Tafeln 5—10, den Tieren die Tafeln 11 — 24 gewidmet.
Gute Einleitungen, warum z. B. den Strandpflanzen alle jene Anpassungen, die
den Bewohnern trockner Standorte eigen sind, zukommen, welche wichtige Bolle
die Farbe bei den Meeresalgen, die freilich meist erst im Winter am üppigsten
vegetieren, spielt, unterstützen das Verständnis der Tafeln. Das Büchlein ist auch
dem wissenschaftlichen Zoologen, der seine botanischen Funde, und dem wissen¬
schaftlichen Botaniker, der seine zoologische Ausbeute bestimmen will, als Leit¬
faden warm zu empfehlen. Irgend welche Mängel habe ich nicht gefunden ; die
Benennung der Arten ist streng wissenschaftlich, deutsch und lateinisch, nach dem
neuesten Stande der Systematik; ein gutes Register erleichtert die Übersicht. Daß
das kleine Werkchen nicht alles enthält, was ein kenntnisreicher Sammler finden
kann — unter den Schnecken z. B. nicht Hydröbia und Assiminea — ist selbstver¬
ständlich, da bei absoluter Vollständigkeit der Preis des Buches, der für das Ge¬
botene ein sehr mäßiger genannt werden darf, sich unverhältnismäßig erhöht
haben würde. Bttgr.
M. Kiesling, Anleitung zum Photographieren freilebender Tiere. R. Voigtländers
Verlag, Leipzig, 1905. 8°. 86 pag., 8 Fig., 10 Taf. — Preis geb. M. 2.50.
Erst mit der Erfindung der Trockenplatte um das Jahr 1880 gewann die
Tierphotographie mehr und mehr an Boden. Das Verdienst, zum ersten Male mit
der ausgesprochenen Absicht die Tierwelt zu photographieren, eine große Expedition
ausgerüstet zu haben, gebührt unstreitig C. G. Schillings1)- Das berechtigte
Aufsehen, das dessen Bilder erregt haben, ließ den Wunsch entstehen, nunmehr
auch von unserer heimischen Fauna photographische Abbildungen zu besitzen.
R. Voigtländers Verlag, in dem das Schilling’sche Buch erschienen ist, erließ in
dieser Richtung ein Preisausschreiben. Dieser Aufruf an alle europäischen Berufs¬
und Liebhaberphotographen, sich an der Einsendung von Momentbildern unsrer
heimischen Tierwelt zu beteiligen, wird in dem vorliegenden Werkchen wiederholt,
das zwar in erster Linie dazu dienen soll, den Teilnehmern an dieser Konkurrenz
die Arbeit zu erleichtern, das aber auch außerhalb Europas allen Forschungsreisenden
ein nützlicher Ratgeber werden dürfte. In sachlicher Weise behandelt darin ein
in der Photographie anscheinend sehr erfahrener Dilettant das gesamte Arbeits¬
gebiet für die Aufnahme freilebender Tiere, indem er Methode und die dazu erforder¬
lichen Apparate Revue passieren läßt. Er bespricht die verschiedenen Arten der
Exposition für Tieraufnahmen und die Vorrichtungen zur Selbstphotographie und
wendet sich dann zu den verschiedenen Lichtmethoden. Eingehend wird endlich
die Aufnahme selbst und die Entwicklung der Bilder besprochen. Immerhin sind
die Schwierigkeiten, die sich dem Photographen bei der fast durchweg nächtlichen
Lebensweise unsrer deutschen Tierwelt entgegenstellen — abgesehen von der heiligen
Hermandad — noch außerordentlich groß, aber eiserner Wille, Ausdauer, gute
Gesundheit und künstlerisches Geschick wird wohl auf dem hier vorgezeichneten
Wege zum Ziele führen können. Für einen einzelnen freilich dürfte die gestellte
Aufgabe zu groß erscheinen! Bttgr.
9 Vergl. die Besprechung von dessen Buch „Mit Blitzlicht und Büchse“ im Zool. Garten
1905 p. 89-91.
Maatschappij tot nut van’t algemeen No. 68: Pr. C. Kerbert, Het
Aquarium te Amsterdam. Amsterdam, S. L. van Looy, 1905. 12°. 44 pag., 7
Fig. — Preis fl. 010.
Der rührige Direktor des Amsterdamer Tiergartens gibt hier einen sehr
ansprechenden, billigen Führer durch das dortige Aquarium. Neu war uns, daß das
Wort „Aquarium“ so jungen Datums ist; es stammt aus dem Jahre 1858, wo es
von Ph. H. Gosse zuerst in seinem Werkclien „A Naturalist’s Rambles on the
Devonshire Coast“ (London bei John van Voorst) angewandt wird. Auch sonst ist
die historische Einleitung des Büchleins auf p. 1 — 18, die namentlich den in Deutsch¬
land weniger bekannten hohen Verdiensten der Holländer Leeuwenhoek, Swam-
m erd am und Jngenliousz um die Lebensgemeinschaft der Wasserpflanzen und
-Tiere gerecht wird, wertvoll und interessant. Auf p. 19 — 80 werden die Vorrichtungen
zur Durchlüftung und zur Bewegung des Wassers im Aquarium und alle die zahl¬
reichen übrigen Vorkehrungen historisch verfolgt und zum Schlüße eine Auswahl
der häufigeren Tiere des Süß- und Seewassers in ihren Lebensverrichtungen besprochen.
Daß der Verfasser über den japanischen Riesenmolch sehr Interessantes zu berichten
weiß, ist sehr natürlich; war er doch der erste, der diesen auffallenden Lurch in
Europa aus den Eiern gezüchtet hat. Das Werkclien ist durchaus original, sehr
unterhaltend zu lesen und bietet auch dem ernsten Forscher eine vortreffliche Ein¬
leitung in die Aquarienkunde. Es wäre wirklich sehr zu wünschen, daß einer
unserer Aquarienvereine sich der Mühe unterzöge, es aus dem Holländischen ins
Deutsche zu übersetzen, und dem Texte noch einige gute Abbildungen in etwas
größerem Maßstabe beifügte. Auch jedes deutsche Aquarium dürfte auf einen
solchen Wegweiser stolz sein ! B 1 1 g r.
Eingegangene Beiträge.
K. 8. in L. bei M., 5 Mitteilungen, L. 8. in G. bei M., 1 Aufsatz u. 1 Mitteilung, H. S.
in F. bei D., 1 Mitteilung, E. D. in L., 1 Mitteilung, P. C. in F., 2 Besprechungen dankend
erhalten. — Dir. Dr. H. B. in D. Text, Abbildungen u. Pläne erhalten; ich werde Sorge
tragen, alles genau nach Wunsch zu erledigen. — Dir. Dr. H. B. in H. BestenDank f. Brief
u. die 3 Klisches. — K. in O.-S. Ihr Brief ist an seine richtige Adresse befördert worden.
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 40—47.
Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Korschelt. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 29. Jahrg., 1905. No. 14—16.
Or nithologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Anton Reichenow.
13. Jahrg. 1905. No. 11.
Ornithologi sehe Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt.
Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 30. Jahrg. 1905. No. 11.
Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 106, 1905, No. 2755—2761.
Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart. W. Kohlhammer. 24. Jahrg. 1905. No. 11.
Der Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. Salle. Braunschweig.
1905. Bd. 37. No. 1-9.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
P rösler. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 7. Jahrg. No. 2—8.
Blätter für Aquarien- u. Terrarien-Kunde. Herausg. v. W. Köhler. Verlag
d. Creutzschen Buchh. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 41—48.
The American Journal of Science. Herausg. v. E. S. Dana. New Haven, Conn.
4. Ser. Bd. 20, 1905. No. 118—119.
Anzeiger d. Akad. d. Wiss. Wien. Math.-naturw. CI. Jahrg. 1905. No. 18—21. Wien,
K. K. Hof- und Staatsdruckerei, 1905.
Der Ornitliologische Beobachter. Monatsberichte f. Vogelkunde u. Vogelschutz.
Herausg. v. C. Daut. Bern, Verlag v. C. Daut, 1905. Jahrg. 4, Heft 10 -11.
Natur und Haus, lllustr. Zeitsclir. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Hesdörffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 14, Heft 1-4.
Meddelanden fran Nordiska Museet 1903. Stockholm, P. A. Norstedt & Söner,
1905. 8°. 4,280 pag., 91 Fig.
352
Zwinger und Feld. Illustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Stuttgart, Verlag v. O. Sautter. Jahrg. 14. 1905. No. 42—48.
Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliehhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 41 — 47.
Mitteilungen über die Vogelwelt. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. K. Boy er. Wien, J. Kühkopf. 5. Jahrg. 1905. No. 20 — 22.
O rni thologisches Jahrbuch. Organ für das paläarktische Faunengebiet. Herausg.
v. V. Ritter v. Tschusi z.u Schmidhoffen. Hallein, Selbstverlag, 1905. 16. Jahrg.
Heft 5-6.
Vereinsschrift für Forst-, Jagd- u. Naturkunde im Königr. Böhmen. Herausg.
v. Prof. Fr. Cr oy u. a. Prag, Verl. d. Böhm. Forstvereins, 1905. Jahrg. 1905— 06, Heft 3— 4.
Deutscher Tierfreund. Illustr, Monatsschrift f. Tierschutz, Tierkunde, Tierzucht u.
Tierpflege. Leipzig, Verlag v. Franz Wagner. 1905. Jahrg. 9, Heft 10—11.
Tier schutz-Korrespondenz. Herausg. v. Berliner Tierschutz-Verein, Berlin 1905.
No. 14. Gr. 8°. 8 pag.
Dr. Fr. Werner, Die Orthopterenfauna Ägyptens mit besonderer Berücksichtigung der
Eremiaphilen. — Sep.-Abdr. a. Sitz. Ber. K. Akad. Wiss. Wien. Math.-nat. Kl. Bd. 114,
Abt. 1, 1905. 8°. 80 pag., Taf.
G. A. Boulenger, A contribution to our knowledge of the varieties of the Wall-Lizard
(Lacerta muralis Laur.l in Western Europe and North Africa. — Sep.-Abdr. a. Trans. Zool.
Soc. London Bd. 17, Pt. 4, 1905. 4o. 70 pag., 6 Fig., 8 Taf.
The same, The distribution of ^African Fresh-water Fishes. — Sep.-Abdr. a. Brit. Assoc.
Adv. Sc., S. Africa 1905, Adress to the Zool. Section, Index No. 7. 8°. 21 pag.
The same, Fishes from Lake Chad and the Shari River. — Sep.-Abdr. a. Proc. Zool. Soc.
London 1905, Bd. 1 p. 151. 8°. 1 pag.
The same, Description of a new newt from Yunnan ( Molge wolterstorffi). — Ebenda p. 277.
8°. 2 pag., Taf.
Tierschutz-Kalender 1906. Herausg. v. Berliner Tierschutz- Verein, Berlin, 8. W. 1905.
12°. 48 pag., 19 Fig. — Preis M. 0.10, bei 100 St. M. 5.—
Natur und Schule. Zeitschr. f. d. ges. naturk. Unterricht aller Schulen. Herausg. v.
B. Landsberg, O. Schmeilu. B. Schmid. Leipzig, B. G. Teubner, 1905. Bd. 4.,
Heft 2 u. 12.
Jahrbuch d. Pro v. -Museums zu Hannover 1904—05. Hannover, Wilh. Riemschneider,
1905. Gr. 4°. 37 pag., 8 Taf.
Adolph Zipper len, Deutsch-amerik. Arzt, Zoologe, Humorist und Reiseschriftsteller.
Denkrede geh. i. Deutsch. Literar. Klub von Cincinnati v. H. A. Rätter mann. Cincinnati,
O., Selbstverlag, 1905. 8°. 109 pag , Porträt.
Dr. Dahins, Aus dem Leben der Meisen, Zoologische Mitteilungen und Die Jagd mit Beiz¬
vögeln in Altpreußen. — 3 Sep.-Abdr. a. Ber. Westpreuß. Bot.-Zool. Ver. Danzig, N. F.
Bd. 11, 1903-04 u. 26. Ber. 1905. 8°. 5 pag , 4 pag. u. 2 Fig. u. 5 pag.
R. Thomas, Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren. Lebenserinnerungen. Herausg.
v. J. R. Haarhaus. Leipzig, Fr. W. Grunow, 1905. 8°. 8,478 pag. — Preis brosch. M. 4.50,
geh. M. 5.—
Dr. Erwin Schulze, Fauna Hercynica. Batrachia. — Sep.-Abdr. a. Zeitschr. f. Naturw.
(Halle) Bd. 77, 1905. 8°. 32 pag.
R. Kearton, Tierleben in freier Natur. 200 photogr. Aufnahmen frei lebender Tiere von
Ch. und R. Kearton, Text von R. Kearton, übersetzt v. H. Müller. Halle (Saale), Wilh.
Knapp, 1905. 8°. 16,318 pag., 200 Fig. — Preis M. 10.—, geb. 11.50.
Herrn. Lohns, Die Gefährdung unserer Tierwelt. — Sep.-Abdr. a. d. Hannoverschen Tag¬
blatt 1905. 8°. 12 _ pag.
H. Honig mann, Über Salamandra atra Laur. in Ungarn. — Sep.-Abdr. a. Zool. Anzeiger
Bd. 29, 1905 No. 15. 8U, 2 pag.
Revista da Sociedade Scientifica de S. Paulo. No. 2, Sett. 1903. S. Paulo, Typ.
Falcone, 1905. 8°. 62 pag., 2 Taf.
Aus Natur und Geisterwelt, Sammlung, wiss.-gemeinverständl. Darstellungen. Bd. 79:
Prof. Dr. K. Kräpelin, Die Beziehungen der Tiere zueinander und zur Pflanzenwelt.
Leipzig, Verlag v. B. G. Teubner, 1905. 8° 6,175 pag. — Preis M. 1. -, geb. M. 1.25.
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und Psittaci 1904. Teil II. Columbae und Pterocletes, 1905. — Sep.-Abdr. a. Jahrb. d.
Nassau. Ver. f. Naturk. Jahrg. 57 u. 58. 8°. 83 und 23 pag.
W. Schuster, Ornithologische Tagebuehnotizen aus dem Rhein- und Maintal. Mit einem
Anhang: Geschichte der hessischen Ornithologie. — Sep.-Abdr. ebenda Jahrg. 58, 1905.
8°. 48 pag.
W. Köhler, Über Laichgeschäft u. Geschlechtsunterschiede bei Ampullaria gigas Spix. —
Sep.-Abdr. a. Blätter f. Aquar.- u. Terr. -Kunde 1905, No. 44—45. Fol. 3 pag., Taf.
Smithsonian Institution (U. S. Nat. Mus.). Bulletin of the U. S. Nation. Museum No. 53.
Part I: Catalogue of the Type and Figured Specimens of Fossils etc. by
G. P. Merrill. Pt. I. Fossil Invertebrates. Washington, Goverum. Print. Office, 1905.
8°. 6,704 pag.
Bulletin de la Socißte des Sciences de Bucarest (Roumanie). Bukarest, 1905, Impr.
Statului. Jahrg. 14, Heft 5.
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(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Altmann, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Johannes Berg, F. E. Blaauw,
Direktor Dr. Heinrich ßolau, Direktor Dr. Hermann Bolan, Lehrer X. Buxbaum, P. Cahn, Prof.
Dr. Carl Eckstein, 0. Edm. Eifife, Dr. H. Fischer- Sigwart, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh.Reg.~Rat
E. Friedei, Landrichter B. Gabler, Gymn. - Oberlehrer L. Geiseuheyner, Carl Greve, Dam.
Gronen, Dr. W. Haacke, Direktor Hagmann, Dir. Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
C. R. Hennicke, Direktor Dr. Hermes, Pani Hesse, Major Prof. Dr. L. v. Heyden, Dr. Victor
Hornung, Dr. P. Kämmerer, J. Keller-Zschokke, A. v. Klein, M. Klittke, Karl Knauthe,
Th. Knottnerns-Meyer, Piof. Dr. med. W. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Dr. med.
Paul Krefft, Baron A. v. Krüdener, Geh.-Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B. Langkavel,
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Dr. A. B. Meyer, Geh. Reg. -Rat Prof. Dr. K. Möbins, Oberförster Ad. Möller, Dr. Angnst
Müller, Dr. C. Müller, Dr. med. Fritz Müller, Dr. J. Müller ■ Liebenwalde, H. Nehr-
ling, A. Nill, Prof. Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Ernst
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Pnrpus, Dir. Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reichenow,
Geh. Reg.-Rat Prof. J. J. Rein, Dr. C. L. Reuvens, Prof. Dr. F. Richters, Dr. F. Römer*
Forstmeister Dr. Ad. Rörig, H, Schacht, Direktor Dr. Ernst Schaff, Dr. P. Schiemenz, R.
Schmidtlein, Dr. med. Schnee, Direktor Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Wilh. Schuster,
Direktor Dr. Adalb. Seitz, M. Siedler, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel,
Viktor Ritter v. Tscliusi zu Schmidhoffen, Prof. Dr. A. Voeltzkow, Dr. Franz Werner,
Georg Westermann, B. Wiemeyer, Direktor Dr. L. Wunderlich, Hofrat Dr. med. W. Wurm,
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aus letzteren über die Beobachtungen und Erfahrungen an den daselbst gehaltenen Tieren,,
über deren Haltung und Vermehrung, ihre Gewohnheiten, Fähigkeiten und Erkrankungen.
Er beschreibt die Einrichtungen und Verbesserungen, die sich in den zoologischen Gärten und
auch in den Aquarien als bewährt erwiesen, liefert Zeichnungen und Pläne dazu und berichtet
über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Lehen und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
ihre gemeinverständliche Darstellung, durch welche gleichwohl der wissenschaftliche Wert der
Aufsätze in keiner Weise beeinträchtigt wird, hat die Zeitschrift sich bereits einen großen
Leserkreis erschlossen und gewinnt immer mehr Freunde.
Der Zoologische Garten erscheint in monatlichen Nummern von mindestens 2 Bogen, mit
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Die Zeitschrift „Zoologischer GarteijV ist in der Zcitungspreisliste für 1903 unter
No. 8979 eingetragen. _ < _ _
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Der
Zoologische Garten
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Zoologischen Gärten
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(Zoologischer Beobachter.)
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redaktion: Prof. Dr. O. Boettger. — Verlag: Mahlau & Waldschmidt.
N0, 12. XLVI. Jahrgang. Dezember 1905.
Inhalt.
Die Verbreitung von Turteltaube, Wiedehopf und Schwarzspecht in Hessen; von
Ludwig Schuster in Gonsenheim bei Mainz. — Allerlei über den Hühnerhabicht (Astur
palumbarius L.); von Erwin Detmers in Lingen a. d. Ems. — Die lateinischen Namen
unserer deutschen Vögel I. — Einige Aberrationen und sonst seltene Arten von Schmetter¬
lingen im Mainzer Becken ; von Pfarrer Wilhelm Schuster. — Kleinere Mitteilungen. —
Literatur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
Die Verbreitung von Turteltaube, Wiedehopf und Schwarzspecht
in Hessen.
Von Ludwig Schuster in Gonsenheim bei Mainz.
In den nachfolgenden Zeilen wird, gestützt auf eigene Be¬
obachtungen und eine Anzahl von freundlichst mir zur Verfügung ge¬
stellten Notizen hessischer Forstbeamten, eine genauere Ermittlung
über die Verbreitung und das Lokalvorkommen von Turteltaube,
Wiedehopf und Schwarzspecht im Großherzogtum Hessen gegeben.
Das Vorkommen der einzelnen Arten schwankt natürlich, je nachdem
es sich um die verschiedenen Gebiete Hessens, um die warmen und
fruchtbaren Striche der Wetterau, der rheinischen Tiefebene, des
hügeligen Rheinhessens oder die gebirgigen und zum Teil recht rauhen
Höhenzüge des Vogelsbergs und des Odenwaldes handelt.
Die Turteltaube ( Turtur turtur L.), die nach Adalbert
Preuschens »Avifauua des Großherzogtums Hessen« als »gemein«
bezeichnet wird, ist in ihrer Bestandsziffer nach Örtlichkeiten durch¬
aus ungleich verteilt und korrespondiert in der Stärke des Auftretens
ganz mit den jeweiligen klimatischen Verhältnissen. Dieser Vogel
liebt, wie wir das übereinstimmend mit A 1 1 u m s Angaben in seiner
Forstzoologie gefunden haben, »dichte Schonungen, Stangenorte, in
Laubhölzern eingesprengte Fichten- und Tannenhorste und Wald-
Zoolog. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 23
354
ränder mit dichtem Unterholz«; aber seihst im reinen, geschlossenen,
hochstämmigen Kiefern- und Fichtenwald habe ich, wiewohl selten,
zur Brutzeit Paare, augenscheinlich seßhaft, angetroffen. Hinwiederum
haben wir in Rheinhessen diese Taube — jedoch nur in unter¬
geordnetem Maße — als Feldbrüter kennen gelernt, der in hohen,
au Feldrainen wuchernden Dornhecken sein Nest anlegt. Als gemein
verdient unser Vogel in Hessen für die rheinische Ebene, die Wetterau
und Rheinhessen bezeichnet zu werden. Die Oberförstereien Eberstadt,
Lorsch, Darmstadt, Groß-Gerau, Dörnberg, Gernsheim, Alzey u. s. w.
bezeichnen Turtur turtur als sehr häufig, häufig oder ziemlich zahl¬
reich; Alzey schätzt den Bestand auf etwa 250, Lampertheim auf 80,
Gernsheim auf 75 Paare.1) Insbesondere soll in Zapfen jahren das
Vorkommen der Turteltaube ein entschieden häufigeres sein als in
Fehljahren. Im Odenwald scheint der Vogel nur in den an die
Ebene angrenzenden Gebietsteilen stärker aufzutreten; so bezeichnet
Dieburg T. turtur als häufig vorkommend. Im eigentlichen Odenwald
ist der Vogel nach übereinstimmenden Berichten ziemlich sclmach
vertreten, obgleich die Gegend nach meinem Dafürhalten oft ganz
wie geschaffen für Turteltauben ist; Hirschhorn hat etwa 5, Beer¬
felden etwa 12 — 15 Paare. Im Vogelsberg fehlt die Rheintaube
nirgends, voraussichtlich selbst nicht in den höchsten Lagen; Greben¬
hain und Eichelsdorf bezeichnen den Vogel als mäßig häufig. In
den Riedeselscheu Waldungen, die den Nordosthang des Vogelsbergs
einnehmen, sind nach Mitteilungen des Forstmeisters Eulefeld
»Turteltauben grade im letzten Sommer sehr zahlreich gewesen. Sonst
traf ich solche mehr in den tieferen Lagen an, namentlich bei
Ruppertenrod und bei Wernges. Aber auch im Breiteborn zwischen
Engelrod und Dirlammen sind sie dieses Jahr häufig gewesen.«
Entsprechend dem Auftreten der Turteltaube ist das des Wiede¬
hopfes ( TJpupa epops L.). In den warmen Rheinstrichen, in Rhein¬
hessen und der Wetterau nicht selten, ist er in den höher gelegenen
hessischen Gebietsteilen nur vereinzelt zu beobachten. Häufig ist
der Wiedehopf von uns in den sandigen Obstfeldern bei Gonsenheim,
Mombach u. s. w. bemerkt worden. Verschiedentlich sah ich den
farbenprächtigen Vogel paarweise dicht über die Häuser des Dorfes,
einmal sogar in kaum Haushöhe über einen mit Menschen überfüllten
Festplatz hinstreichen, sodaß es mir fast scheinen möchte, als ob der
b Eine hessische Oberförsterei umfaßt etwa 2000 ha Wald; außerdem noch
eine größere Anzahl von Gemeinden, deren Jagd- und Fischereirechte, fiskalisches
Gelände u. s. w. der Kontrolle der Oberförsterei unterstehen.
355
Vogel gar nicht so scheu und ängstlich sei, als man in der Regel
anzugeben pflegt. Im Vogelhaus des Frankfurter Zoologischen Gartens
ist kein Vogel, der so heftig mit dem Schnabel nach der sich dem
Käfig nähernden Hand stößt wie der Wiedehopf. Auch im Freien
läßt er sich unschwer anpirschen, wie ich es wiederholt auf dem
Mainzer Sand und auch auf dem Griesheimer Artillerieschießplatz
getan habe. Nach den Berichten der Oberförstereien wird der
Wiedehopf für die Rheinebene und Rheinhessen als häufig vor¬
kommend bezeichnet; Oberförsterei Lampertheim etwa 25 Paare und
Gernsheim etwa 30 Paare. In den Oden wälder und Vogelsberger
Oberförstereien ist nach den Berichten sein Auftreten ein nur ver¬
einzeltes, auch iu den höheren Lagen des Vogelsberges, wo man
eigentlich zufolge des starken Hutweidebetriebs und der dadurch
geschaffenen güustigen Existenzbedingungen einen stärkeren Bestand
voraussetzeu möchte. In der Oberförsterei Eichelsdorf hat der Vogel
iu den letzten zwanzig Jahren erheblich abgenommen. Bekanntlich
ist das Nest des Wiedehopfes nebst seiner Besatzung mit einem üblen
Geruch behaftet, der nach allgemeiner Anschauung von den Ex¬
krementen des Vogels herrühren soll, nach Nitzschs Untersuchungen
aber einer Bürzeldrüseusekretion entstammt. Schulz schreibt in seinen
»Wirbeltieren der Mark Brandenburg«, 1845: »In der Regel trägt er
seinen Jungen einen sehr reichlichen Vorrat von Insekten zu, sodaß jene
sie nicht alle verzehren können; es gehen daher diese Tiere bald in Fäul¬
nis über, und ihr widerlicher Geruch durchdriugt das ganze Gefieder.«
Der Schwarz specht {JDryocopus martius L.) ist heutzutage
fast in allen hessischen Waldungen vertreten und in vielen Oberförster-
eieu, so z. B. iu Dieburg, Lorsch, Eichelsdorf und Groß-Gerau nach über¬
einstimmenden Berichten erst seit den letzten 10 oder 15 Jahren
eingewandert. Es hat sich hier die gleiche Erscheinung gezeigt, wie
sie vielfach in anderen Teilen Deutschlands, so z. B. vou Hocke iu
Brandenburg, bemerkt wurde, daß nämlich der ursprünglich als höchst
scheu und wild zu bezeichnende Vogel sich ganz plötzlich an den
Verkehr mit Menschen gewöhnte. Im allgemeinen ist sein Vor¬
kommen, der Natur des Vogels entsprechend, ein vereinzeltes; nur
in einigen Oberförstereien kommt er häufiger vor, so in der Ober¬
försterei Hirschhorn in 2, in Beerfelden in etwa 10 — 12 Paaren.
In der Oberförsterei Darmstadt haben die von Forstmeister K.ull-
m a n n in den trockenen Kiefernwalduugen angelegten Tränken die
Zunahme einer Reihe von Vögeln, darunter auch eine solche des
Scbwarzspechtes, bewirkt.
356
Allerlei über den Hühnerhabicht ( Astur palumbarius L.).
Von Erwin Detmers in Lingen a. d. Ems.
Unter onsern befiederten Räubern ist dem Geflügelzüchter und
Förster der Hühnerhabicht wegen seiner Kraft, List und Gewandt¬
heit wohl am verhaßtesten. Von Sonnenaufgang bis ungefähr fünf
Uhr nachmittags ist er unermüdlich tätig sein Jagdrevier zu durch¬
streifen. Vom Rehkalb bis zur Maus, von der Trappe, vom Puter
und Reiher bis zum Sperling ist nichts vor ihm sicher. Bald be¬
obachtet man ihn hoch in den Lüften, weite Kreise ziehend, bald
sieht man ihn in der Nähe der Erde in hastigem Fluge dahinstreifen ;
oder er sitzt am Waldesrande und übersieht von hier aus sein Jagd¬
gebiet. Nicht Hunde, nicht Menschen scheuend stürzt der verwegene
Vogel auf seine Beute. Ein mir bekannter Förster erzählte mir einige
Stücklein, die so recht von der Frechheit des Räubers zeugen. Er
sah, wie ein Habicht einen sehr großen Hasen schlug und ihn, trotzdem
der Förster pfiff uud schrie, nicht losließ, sondern ihn mit dem einen
Ständer im Nacken faßte, mit dem andern auf der Erde weitergriff
und so sein Opfer mit sich fortzog. Der Förster schoß und erlegte
beide mit einem Schuß. Auffällig gefärbte Tiere nimmt der Habicht
besonders gern an. Oben erwähnter Förster, der mitten im Walde
wohnt, erzählte mir, daß der Habicht besonders weiße Hühner und
gewöhnlich die mittelgroßen Hähne wegnehme; er schleppe seine
Beute nur bis zum Waldesrande und beginne schon dort mit dem
Mahle. Einst sei er, durch das Bellen seiner Teckel angelockt, zum
Walde geeilt, und dort habe er ein starkes Habichtsweibchen gesehen,
das seinen besten Wyandottehahn rupfte. Seine beiden Teckel
standen in einiger Entfernung und heulten den unverschämten Räuber
an, der sich kaum um die Hunde kümmerte. Ja, er war so mit
seiner Mahlzeit beschäftigt, daß er den Förster gar nicht bemerkte
und dieser nach Hause eilen konnte, um sein Gewehr zu holen,
worauf er auch glücklich den Habicht erlegte. In der Umgegend von
Lingen kommen die Habichte in noch ziemlich großer Zahl vor,
aber alle horsteten in diesem Jahre, so weit ich es erfahren konnte,
in dem Revier des erwähnten Försters, der schon 12 Paar Ständer
von juugen und alten Vögeln in diesem Jahre erobert hat. Sehr
gewundert hat es mich, dass die Größe der Füße, selbst bei er¬
wachsenen Vögeln, so verschieden ist; so sah ich ein Weibchen,
dessen Ständer kaum größer als die des Mäusebussards waren, während
357
die Hinterkralle eines andern Weibchens die stattliche Länge von
etwas über 3,9 cm hatte.
Obenerwähnter Förster schenkte einem meiner Freunde uud auch
mir einen jungen Habicht. Die Tierchen waren etwa 8 oder 9 Tage
alt, eigentlich noch zu jung, um sie von den Alten zu trennen.
Mein Habicht erhielt zu Hause eine kleine Kiste, die ich dreiviertel
mit Sand angefüllt und oben mit einer Schicht von kurzem Moos
bedeckt hatte. Die Tierchen sahen allerliebst aus und zeigten sich sehr
ruhig und zahm; sie waren ganz das Gegenteil von jungen Sperbern,
die schon im gleichen Alter wütend fauchten und mit den Krallen
nach der Hand griffen. Um meinem Vogel die Knochen recht stark
zu machen, bestreute ich sein Futter gewöhnlich mit Knochenmehl
und ließ ihn das dargebotene Fleisch oft selbst zerreißen, was ihm
auch sehr gut tat, denn er lernte verhältnismäßig schnell auf
seinen anfangs recht schwachen Beinen stehen und übte sich auch
schon etliche Tage früher als der Habicht meines Freundes im Laufen.
Seine Kiste verunreinigte er nie, desto mehr aber hatte seine Um¬
gebung zu leiden, die er bald ganz weiß angestrichen hatte. Als ich
ihn einige Tage besaß, gesellte ich ihm einen jungen Fischreiher
zu, dessen Lebensgeschichte ich schon früher erzählt habe; beide
vertrugen sich immer sehr gut miteinander. Als er vierzehn Tage
alt war, machte er seine ersten Laufübungen, kletterte häufig aus
seiner Kiste und untersuchte den ganzen Hof. Kam ich aus der
Schule, so lief er mir schnell entgegen und liess schon jetzt seine
eigentliche Stimme, ein rasch hintereinander ausgestoßenes »kiack,
kiack, kiack« oder »gi, gi, gi« hören. Seine Federn bracheu nun
schnell aus den Spulen hervor, und er lernte jetzt auch auf der
Stange stehen. Als er drei Wochen alt war, konnte er sehr rasch
laufen und versuchte sich jetzt auch im Fliegen. Am Abend ging
er aber noch recht gern in seine Kiste ; auch tagsüber legte er sich
oft hinein, weil ihn das lange Stehen zu sehr ermüden mochte. Als
er vier Wochen alt war, setzte ich ihm das erste lebende Opfer vor,
ein wildes, zwei Monate altes Kaninchen. Doch hatte er sich an
diesem Tage schon satt gefressen, und es war auch schon zu dunkel,
denn er öffnete wohl die Flügel, sträubte die Nackeufedern, griff
aber das Tier nicht an. Am andern Tage, um 12 Uhr mittags,
nahm ich den Habicht auf die Faust und ließ das Kaninchen laufen.
Wie der Blitz, ohne sich zu besinnen, stürzte er sich auf sein Opfer,
griff es erst mit dem einen Ständer in das Hinterteil, mit dem andern
faßte er den Kopf, darauf ließ er das Hinterteil los und faßte mit
358
den Krallen das Kaninchen im Nacken, worauf es fast augenblicklich
tot war. Dann breitete er seine Flügel über sein Opfer, blickte
kampfeslustig die Zuschauer an, ließ sich von keinem seine Beute
entreißen und begann schließlich das Tier, beim Kopfe anfangend, zu
verzehren. Alle Tiere schlug er von nun an ohne Verzug; nur wenn
man sie ihm nach sechs Uhr abends gab, zeigte er sich nicht so
kampfeslustig. Einst wollte ich ihm ein halbjähriges Kaninchen
geben. Ich weckte ihn auf, denn er schlief schon. Zuerst zeigte er
wenig Lust, sträubte nur die Federn und öffnete die Flügel, dann schoß
er plötzlich herunter, verfehlte aber das Tier. Kaum sah der
Kaninchenbock den Habicht auf der Erde, als er wie toll auf ihn
zurannte, mit den Hinterpfoten aufschlug und wütend quiekte. Der
Habicht sprang ganz verdutzt in die Höhe, dann aber kam der
Teufel über ihn ; wie der Blitz schoß er auf das Kaninchen zu,
rannte durch den ganzen Stall um Pfähle und Baumstämme herum
hinter ihm her, lief sehr gewandt mit den Flügeln nachhelfend, griff
es dann glücklich und tötete es auf die oben angegebene Weise.
»Falk«, so hatte ich den Habicht getauft, war sehr zahm und an¬
ständig gegen mich. Nie hat er mich gebissen oder mit den Krallen
nach mir geschlagen; ich konnte mit dem Kopf ganz au ihn heran¬
kommen, ihn kraulen und mit ihm spielen, ohne je von ihm verletzt
worden zu sein. Hinterlistig war er nie, auch nicht gegen Fremde.
Wenn sie ihm unangenehm wurden, so zeigte er dies in seiner
Haltung an ; nur beim Fressen ließ er sich nicht gerne stören.
Furcht und Scheu vor Menschen kannte er nicht. Um große und
mittelgroße Hunde kümmerte er sich kaum ; liefen kleinere an
seinem Käfig vorbei, so sah er ihnen wohl mit erhobenen Flügeln
und gesträubten Federn nach, und ich glaube sicher, daß er sie,
wenn er Hunger hatte, angegriffen haben würde. Auch in der Freiheit
lebende Habichte zeigen, wenn sie angeschossen sind, gar keine
Scheu vor Hunden. Ein mir befreundeter Weidmann erzählte mir,
daß alle Habichte, die er flügellahm geschossen hatte, den Jagdhund
regelmäßig angriffen und in die Flucht schlugen. Erst neulich zeigte
er mir einen Habicht, der sich so fest auf dem Jagdhunde einge¬
krallt hatte, daß er ihn auf dem vor Angst und Schmerz heulenden
Hunde totschlagen mußte. Oft kam es vor, daß des Nachbarn
Hühner an dem Stalle meines Habichts vorüberliefen. Sofort raste
er gegen den Draht, und in solchen Augenblicken kam der Freiheits¬
teufel über ihn, dann wallte sein Habichtsblut auf, und er wollte
durchaus aus dem Stalle. Ließ ich ein Hähnchen vor seinem Stalle
359
laufen uud öffnete die Tür, so versuchte er nie zu entkommen,
sondern fing sein Opfer und zog es in den Stall hinein. Sehr an¬
ständig betrug er sich gegen seinen Freund, den Fischreiher; selten
stritten sie sich, und gewöhnlich spielten sie miteinander. Oft lief er
seinem schlafenden Freunde durch die langen Stelzbeine, sodaß dieser
entsetzt emporfuhr, oder er kraulte ihn, wenn beide zusammen im
Sande lagen, vertraulich in dem Federbusch auf dem Kopfe. Der
Fischreiher war auch der einzige, der ihn beim Fressen stören durfte.
Saß der Habicht mit ausgebreiteteu Flügeln über seinem Futter, so
kam der Reiher und stocherte ihm mit seinem langen Schnabel auf
dem Rücken herum, was den Habicht so kitzelte, daß er gewöhnlich
sein Futter verließ. Einmal sah ich — es klingt unglaublich — ,
wie der Habicht, der sich satt gefressen hatte, sein Fleisch nahm,
zu dem Reiher flog und es ihm auf die Füße legte, was dieser sehr
dankbar annahm. Ich finde es überhaupt ungerecht, wenn manche
Jäger den Habicht so heruntermachen uud ihn das gemeinste
Geschöpf der Welt nennen. Hätten sich diese Herren mehr mit dem
Vogel beschäftigt, so würden sie sicher eingesehen haben, daß er
auch gute Eigenschaften besitzt. Freilich duldet er keinen fremden
Vogel in seinem Käfig, er übt sein Herrenrecht und verschont auch
nicht seinesgleichen. Aber es gibt auch Habichte, die ganz zahm
werden uud gar nicht mordgierig sind. Der Habicht meines Freundes
wurde noch mit Hühnern und Enten zusammengesperrt, als meiner
schon längst lebende Tiere schlug. Nur eine Schandtat hat dieser
Habicht vollbracht; er riß einer jungen Elster, mit der er zusammen¬
gesperrt war, als diese den Schnabel vor ihm aufmachte, die rote
Zunge heraus. Der Habicht war damals noch ganz jung und hat
die rote Zun<ie sicherlich mit seinem Futter verwechselt. Er war
selten im Käfig, gewöhnlich fesselte ihn eine Leine, und dennoch
versuchte er nie zu entfliehen. Auch ich konnte meinen »Falk« auf
der Faust ins Freie tragen. Flog er dann von der Hand, so ließ er
sich von mir doch immer wieder einfangen. Hätte ich mehr Zeit gehabt,
so würde ich versucht haben, ihn zur Jagd abzurichteD, und ich
glaube sicher, daß es geglückt sein würde, denn er ließ sich gern
auf der Faust tragen und war gewohnt von der Hand aus lebende
Tiere zu schlagen. Als ich im Juli drei Wochen abwesend war, ver¬
wilderte er leider sehr, doch kannte er seinen Freund, den Reiher,
der auch mit verreist war, sofort wieder. Als ich nach Hause zurück¬
kehrte, erkannte er mich im ersten Augenblick nicht; aber nachdem
ich eine Weile mit ihm gesprochen hatte, wußte er wieder, wen er
360
vor sich hatte, uiid war nach kurzer Zeit so zahm wie früher, ließ
sich herumtragen, am Kropfe kraulen und spielte mit meinen Fingern.
Leider öffnete ein neugieriger Besucher die Stalltüre und vergaß
••
sie zu schließen, sodaß der Habicht zu meinem größten Arger entkam.
Einige Zeit trieb er sich noch in der Gegend herum und schwelgte
in Tauben- und Hühnerbraten, daun verschwand er, um im Wald
und Feld nach Art der Väter sein Raubritterhandwerk zu treiben.
Die lateinischen Namen unserer deutschen Vögel I.
Ich glaube, ich entspreche einem Wunsche meiner Leser, wenn
ich ihnen die neueste, von Dir. Dr. Ernst Hartert angenommene
Form des wissenschaftlichen Namens unserer deutschen Vögel angebe,
wie sie dieser hervorragende und unparteiische Systematiker in seinem
monumentalen Werke »Die Vögel der paläar ktis chen Fauna«,
Berlin, Verlag v. R. Friedländer & Sohn, 1903 — 1905, von dem bis
heute drei Hefte erschienen sind, anwendet. Es dürfte eine solche
Zusammenstellung um so zeitgemäßer sein, als eine vollständige Auf¬
zählung aller in Mitteleuropa vorkommenden Subspecies oder geo¬
graphischen Rassen überhaupt in diesem Werke zum ersten Mal
versucht und die Annahme dieser Unterarten wissenschaftlich be¬
gründet wird. Ich weiche in der Namengebung von Hartert nur in
dem Falle ab, wo ich notorisch fehlerhafte Wortbildungen, falsche
Endungen und dergl. verbessere, da Wort- und Sprachfehlern nicht
das Recht zugesprochen werden darf, das Latein der Naturforscher
in den Augen der Gebildeten Welt auf ewige Zeiten hin lächerlich
zu machen. Daß ich die Jahreszahl der Veröffentlichung der Species
oder Subspecies beifüge, wird man ebenfalls dankbar begrüßen dürfen ;
man wird sich bei etwaigen Zweifeln leichter das beanstandete Zitat
verschaffen können. Daß ich endlich bei seltenen Vögeln die Ver¬
breitung innerhalb der Grenzen Deutschlands und bei Irrgästen den
speziellen Fundort anführe, wird ebenfalls dankbar hingenommen
werden dürfen. Wer noch mehr wissen will, der kaufe sich das
wichtige Buch, das bis jetzt M. 12. — kostet; er wird es nicht
bereuen und mehr darin finden, als er sich erwartet. Namentlich
die überaus interessante Einleitung p. III — XI empfehle ich allseitiger
Beachtung.
361
Passeres.
Fam. Corvidae.
1. Corvus corax corax L. 1758. Europäischer Kolkrabe.
Stand- und Strichvogel in Nord- und Mitteleuropa.
2. Corvus cornix cornix L. 1758. Nebelkrähe.
Im östlichen Deutschland etwa bis zur Elbe — von Schlesien
bis zur Ostsee, durch Preußen, Pommern, Mecklenburg bis zur West¬
küste Jütlands, in Schleswig-Holstein etwa bis zu einer in süd¬
östlicher Richtung bis zur Neustädter Bucht verlaufenden Linie, bis
Lüneburg, südlicher am 29. Läugengrad entlang bis zur Unstrut,
die Elster entlang und von Greiz aus östlich bis zum Erzgebirge,
noch südlicher etwa bis zum Egertal und zum Böhmerwald und der
bayrischen Grenze an der Donau. Zugvogel. In Westdeutschland
nur im Winter.
3. Corvus corone corone L. 1758. Rabenkrähe.
Westdeutschland bis dahin, wo die vorige Art sie vertritt, die
auch in einzelnen Stationen in das Gebiet der Rabenkrähe übergreift.
Stand- und Strichvogel.
4. Corvus frugilegus frugilegus L. 1758. Saatkrähe.
Ganz Europa; als Brutvogel am häufigsten in Mitteleuropa. In
Nordostdeutschland Zugvogel, in Westdeutschland (am Niederrhein)
und Süddeutschland überwintert sie schon regelmäßig, in Mecklenburg
vereinzelt.
5. Colaeus monedula spermologus (Vieill.) 1817. Westeuropäische Dohle.
»Einzige brütende Dohlenform in Deutschland.« Standvogel.
6. Colaeus monedula collaris (Drumm.) 1846. Osteuropäische Dohle.
»Unterscheidet sich von der vorigen durch hellere Unterseite,
worin sie der Schwedischen Dohle etwa gleichkommt, von der
Schwedischen durch einen mehr oder minder ausgedehnten, oft halb
halsbandförmigen rahmweißen Flecken an den Halsseiten, nach dem
Flügelbug zu.« — Erscheint in Ostpreußen als Zugvogel vom Spät¬
herbst an in Massen.
7. Pica pica pica L. 1758. Europäische Elster.
Bei uns Standvogel.
8. Pica pica melanonotus Brehm 1858. Schwarzrückenelster.
»Ganz wie die vorige, aber der ganze Rücken und Bürzel rein
schwarz oder nur mit Andeutungen eines hellen Bürzelbandes.« Spanien
362
und Portugal; aber auch kaum unterscheidbare Stücke hei Renthen¬
dorf im Voigtlaude.
9. Nucifraga caryocatactes caryocatactes L. 1758. Dickschnäbliger
Tannenhäher.
Brütet in Ostpreußen, dem Harz und Böhmerwald, vermutlich
auch im Thüringerwalde und sicher im ganzen Alpengebiete. In
Ostpreußen Standvogel, in den Alpen mehr Strichvogel, der in der
kalten Jahreszeit in die Vorberge und Ebenen Stiddeutschlauds
hinabgeht.
10. Nucifraga caryocatactes mcicrorhynchus Brehm 1823. Schlank-
schuäbliger Tannenhäher.
»Vom vorigen durch den viel schlankeren, dünneren, spitzigeren
und meist den Kopf an Länge übertreffenden Schnabel, sowie aus¬
gedehntere weiße Schwanzspitzen verschieden, die au den seitlichen
Steuerfedern etwa 2 1[2 — 31/* cm lang sind.« Sibirien bis Korea.
Wandert im Herbst und Winter westwärts bis Deutschland.
11. Garrulus glandarius glandarius L. 1758. Eichelhäher.
Einzige deutsche Form. Standvogel.
12. Perisoreus infcmstus infaustus (L.) 1758. Unglückshäher.
Nordeuropa. — Angeblich einmal auf Helgoland und in Schlesien
vorgekommen.
13. Pyrrhocorax pyrrhocorax (L.) 1758. Steinkrähe.
Seltner Gast in den bayrischen Alpen, augenscheinlich jetzt
seltner als früher.
14. Pyrrhocorax graculus (L.) 1766. Alpendohle.
Viel häufiger in den Alpen als die vorige. Standvogel.
Farn. S t u r n i d a e.
15. Sturnus vulgaris vulgaris L. 1758. Star.
ln den milderen westlichen Teilen Deutschlands häufig über¬
winternd und Stand- oder Strichvogel, sonst Zugvogel.
16. Pastor roseus (L.) 1758. Rosenstar.
Auf dem Zuge ausnahmsweise nordwärts bis Ostpreußen, öfters
im übrigen Deutschland, immer in Flügen.
Farn. 0 ri o lid ae.
17. Oriolus oriolus oriolus (L.) 1758. Pirol.
Zugvogel.
363
Fam. Fringillidae.
18. Coccothr anstes coccothraustcs coccothr austes (L.) 1758. Kernbeißer.
Bekannter Strich- und Zugvogel.
19. Chloris chloris chloris (L.) 1758. Grünfink.
Standvogel; nur in Norddeutschland halber Zugvogel.
20. Acanthis carduelis carduelis (L.) 1758. Distelfink.
Im allgemeinen Stand- und Strichvogel.
21. Acanthis carduelis major (Tacz.) 1879.
»Vom vorigen durch bedeutendere Größe, namentlich giößeren
Schnabel und das ausgedehntere und reinere Weiß des Bürzels unter¬
schieden, das bis auf den Unterrücken reicht, der noch weiß mit
großen grauen Flecken ist, hellere Weichen, sowie die längeren
rein weißen Oberschwauzdecken. Flügel 83 — 89 mm.« Westsibirien;
auf dem Herbstzuge und im Winter vereinzelt in Preußen.
22. Acanthis spinus (L.) 1758. Zeisig.
Bewohnt Europa vom hohen Norden, soweit die Nadelholzwälder
reichen, als Brutvogel südwärts bis über die Fichtenwälder von
Deutschland.
23. Acanthis cannabina cannabina (L.) 1758. Häufliug.
Im allgemeinen nur Strichvogel, aber in kalten Gegenden, wie
Ostpreußen, Zugvogel.
24. Acanthis flavirostris flavirostris (L.) 1758. Berghänfling.
ln Deutschland nur auf der Wanderung, manchmal in Menge
über Helgoland nach Nord- und Mitteldeutschland ziehend.
25. Acanthis flammea flammea (L.) 1758. Großer Birkenzeisig.
Südwärts bis in das nördliche Ostpreußen, hier in der Nähe der
Ostsee brütend. Besucht im übrigen auf der Wanderung fast
ganz Europa.
26. Acanthis flammea holboelli (Brehm) 1831.
»Wie voriger, aber größer, der Flügel länger, der Schnabel
stärker und meist merklich länger. Flügel 75 — 81.5, Schnabel 9 — 11
mm.« Auf der Wanderung teils in getrennten Flügen, teils mit
fl. flammea gemischt in Deutschland.
27. Acanthis flammea cabaret (S. Müll.) 1776. Kleiner Birkenzeisig.
»Auf den ersten Blick durch geringe Größe, rotbraune Feder¬
ränder der Oberseite, die überhaupt sehr dunkel ist, sowie sehr
braune Kehle, Hals und Brustseiten der 9 und Jungen gekennzeichnet.
Flügel cf 69 — 73, 9 66 — 70 mm.« Bewohnt als Brutvogel die
364
Alpen; im Herbst und Winter Strichvogel. Gätke erwähnt das
Brüten eines Paares von Leinzeisigen auf Helgoland, doch konnte
die Form nicht sicher festgestellt werden.
28. Acanthis hornemanni exilipes (Coues) 1861.
» Kleiner als A. h. hornemanni (Uolb.), auch im ganzen dunkler,
der Bürzel ungestreift, aber nicht so ausgedehnt weiß. Körperseiten
und Unterschwanzdecken mehr gestreift, das Rot der Unterseite in
der Regel mehr entwickelt. Flügel (f 74 — 77, 2 69.6 — 74.6 mm.«
Circumpolar; auf der Wanderung ausnahmsweise bis Ostpreußen.
29. Acanthis citrinella citrinella (L.) 1766. Zitrouenzeisig.
Central- und Südeuropa im Gebirge; Schwarzwald, aber wahr¬
scheinlich nicht im Harze, außer gelegentlich auf dem Strich. Im
Herbst und Winter Strichvogel und gelegentlich auch in der Ebene.
30. Serinus canarius serinus (L.) 1766. Girlitz.
Nach Norden mindestens bis Köln Brutvogel, in der Mark
häufig, in Pommern nicht selten, in den Niederungen West¬
preußens geradezu Charaktervogel. In Schlesien seit 1860. — Bei
uns Zugvogel.
31. Serinus pusillus (Pall.) 1811.
••
Östliches Mittelmeergebiet von Kleinasien, Persien und Turkestan
ab nach Osten. Nach Angabe eines Vogelfängers, dem es aber entkam,
soll ein Stück auf Helgoland vorgekommen sein.
o o
32. Pyrrhula pyrrhula pyrrhula (L.) 1758. Nordischer Gimpel.
Brutvogel südwärts bis Ostpreußen. Im Winter wandert er weit
nach Süden und Westen über ganz Deutschland.
33. Pyrrhula pyrrhula europaea Vieill. 1816. Gemeiner Gimpel.
»Verschieden vom vorigen durch geringere Größe. Außerdem ist
das Grau der Oberseite etwas dunkler, das Rot der Unterseite in
der Regel trüber und weniger lebhaft. Der Rücken ist häufiger et¬
was mit Rot überlaufen. 2 ebenfalls merklich düsterer, bräunlicher.
Flügel cT 81 — 88.5 mm.« In den Vogesen kommen auffallend große
Stücke vor, die vermutlich dort brüten. Brutvogel vorzugsweise im
Hügelland und in den Gebirgen.
34. Carpodacus erythrinus erythrinus (Pall.) 1770. Karmingimpel.
Nordosteuropa. — Hat früher einigemal in der Lausitz gebrütet
und wurde^des öfteren in andern Teilen Deutschlands erbeutet. In
neuerer Zeit mit Sicherheit nur aus dem nordöstlichen Ostpreußen
bekannt.
365
35. Pinicola enucleator enucleator (L.) 1758. Hakengimpel.
Bewohner des hohen Nordens, zieht aber im Winter in den
meisten Jahren noch bis Nordostdeutschlaud ; seltner in andern Gegenden
Deutschlands.
36. Loxia curvirostra curvirostra L. 1758. Fichtenkreuzschnabel.
Hie und da bei uns brütend. Strichvogel.
37. Loxia pityopsittacus Borkb. 1793. Kiefern kreuzschnabel.
Nordeuropa. Kommt als Herbst- und Wintervogel in Flügen
über Deutschland und das Alpengebiet. Nistet auch mehr oder
minder unregelmäßig in Deutschland, namentlich dem Nordosten,
auch in Schlesien und vor Zeiten im Roda- uud Orlatal. Iu West¬
deutschland im allgemeinen unbekannt. Mitte der sechziger Jahre
einmal sehr zahlreich bei Darmstadt, wo ein Paar auch gebrütet
hat. Soll auch in Oberbayern ausnahmsweise genistet haben.
38. Loxia leucoptera bifasciata (Brehm) 1827. Biudenkreuzschnabel.
Von Nordeuropa unregelmäßig scharenweise — uud zwar nicht
bloß im Winter — nach Süden streifend, selten bis Helgoland und
Deutschland kommend. Soll früher auch bei uns gebrütet haben.
39. Fringilla caelebs caelebs L. 1758. Buchfink.
Zug-, Strich- und Standvogel; in Norddeutschland überwintern
fast nur cf-
40. Fringilla monti fringilla L. 1758. Bergfink.
Brutvogel im Norden der Alten Welt; zieht im Winter in
Menge nach Deutschland.
41. Montifringilla nivalis nivalis (L.) 1766. Schneefink.
Kommt aus dem Gebiet der Hochalpen, wo er nistet, iu kalteu
Wintern als sehr seltener Gast in die niedrigeren Berge und
Täler herab.
42. Petronia petronia petronia (L.) 1766. Steinsperliug.
Südeuropa. In Deutschland nur iu dem Thüringer Muschelkalk¬
gebiet, an der Saale und ihren Zuflüssen, der Unstrut, Ilm und Gera.
Nach alten Angabeu auch in der Wetterau und im Rheintal (?),
dort aber neuerdings nicht mehr beobachtet. Bei uns Stand- uud
Strichvogel.
43. Passer domesticus domesticus (L.) 1758. Hausspatz.
44. Passer montanus montanus (L.) 1758. Feldsperling.
45. Fmberiza calandra calandra L. 1758. Grauammer.
Bei uns Zug- und Strichvogel.
366
46. Emberiza citrinella citrinella L. 1758. Goldammer.
Strich- und Standvogel.
47. Emberiza citrinella erythrogenys Brehm 1855.
»Schon in Ostpreußen finden wir die Federränder der Oberseite
hell graubräunlich gesäumt und die Säume der Steuerfedern heller,
sodaß der Vogel ein lichteres Aussehen erhält.« Von Rußland und
Westsibirien westlich bis Ostpreußen.
48. Emberiza leucocephala Gmel. 1771. Fichtenammer.
Brutvogel in Sibirien; zieht im Winter vereinzelt bis Helgo¬
land und ins Isergebirge.
49. Emberiza melanocephala Scop. 1769. Kappenaramer.
Südosteuropa und Westasien; seltner Gast in Süddeutschland.
50. Emberiza luteola Sparrm. 1789.
Trauskaspien, Turkestan u.s. w. Zweimal auf Helgoland erbeutet.
51. Emberiza aureola Pall. 1773. Weidenammer.
Nordrußland. Zwei- oder dreimal auf Helgoland erbeutet.
52. Emberiza cirlus L. 1766. Zaunammer.
Bewohner der Mittelmeerländer. In Deutschland nur vereinzelt
nach Bechst ein in den mittleren Rheiugegenden, in Hessen und
Thüringen, nach Hartert im Rhein-, Mosel- und Saartale.
53. Emberiza hortulana L. 1758. Gartenammer.
Bei uns Zugvogel; nur eine Brut.
54. Emberiza caesia Cretzschm. 1826.
Südosteuropa. In Helgoland nur ausnahmsweise auf dem Zug
erbeutet.
55. Emberiza eia cia L. 1766. Zippammer.
Brutvogel in Südeuropa nordwärts bis Deutschland ; im Neckar-
und Rheintal bis in die Gegend von Bingen. Bei uns Zugvogel.
56. Emberiza rustica Pall. 1776. Waldammer.
Rußland. Erscheint auf der Wanderung vereinzelt in Deutschland,
O 7
auf Helgoland (mehr als ein Dutzend Male).
57. Emberiza pusilla Pall. 1776. Zwergammer.
Nordrußland; im Winter vereinzelt in Ostpreußen und auf
Helgoland.
58. Emberiza schoeniclus schoeniclus (L.) 1758. Rohrammer.
Bei uns Brut- und Zugvogel.
o n
59. Emberiza pyrrliuloides pyrrhuloides Pall. 1831.
Ivaspigebiet. Einmal auf Helgoland erbeutet.
367
60. Calcarius lapponicus lapponicus (L.) 1758. Spornammer.
Arktisch und subarktisch; südlich in Europa nur ganz vereinzelt
auf dem Zuge bis Norditalien.
61. Pcisserina nivalis nivalis (L.) 1758. Schneeammer.
Nordischer Brutvogel; erscheint im Winter in oft großer Anzahl
in Mitteleuropa.
Farn. Alaudidae.
62. Melanocorypha calandra calandra (L.) 1766. Kalanderlerche.
Mittelmeergebiet. Je einmal als Irrgast bei Frankfurt a. M., in
Schlesien und auf Helgoland.
63. Melanocorypha sibirica (Gmel.) 1788.
Kaspigebiet. Im Herbst und Winter vereinzelt in Westeuropa,
auch zweimal auf Helgoland.
64. Melanocorypha yeltoniensis (Forst.) 1767. Mohrenlerche.
Kaspigebiet. Streicht im Winter vereinzelt bis Helgoland.
65. Calandrella brachydactyla brachydactyla (Leisl.) 1788. Kurz¬
zehenlerche.
Südeuropa. Mehrfach auf Helgoland, einmal bei Metz erlegt.
66. Calandrella minor heinei (Hom.) 1873.
Siidrußlaud und Transkaspien. Einmal verirrt auf Helgoland.
67. Galerida cristata cristata (L.) 1758. Haubenlerche.
Standvogel.
68. Lullula arborea (L.) 1758. Heidelerche.
Überwintert teilweise in den milderen Gegenden Deutschlands.
Typische Stücke in Norddeutscbland. Die Berechtigung, gewisse
Frühlingsvögel von Renthendorf (Voigtland) zu L. arborea flavescens
Ehmcke (»Federränder der Oberseite auffallend licht und gelblich,
daher in scharfem Gegensätze zu deu fast schwarzen Federmitten«)
zu ziehen, ist noch fraglich.
69. Älauda arvensis arvensis L. 1758. Feldlerche.
Brutvogel auch auf Helgoland. Zugvogel; nur in den mildesten
Teilen Deutschlands in geringer Anzahl überwinternd.
70. Eremophila alpestris flava (Gmel.) 1788. Nordische Alpenlerche.
Nördlichstes Nordeuropa und Nordasien. Auf dem Zuge in Mittel¬
europa, überwintert aber schon an den Küsten Norddeutschlands.
Wird schon 1736, 1747 und 1767 aus Deutschland erwähnt.
Fam. Motacillidae.
71. Anthus richardi richardi Vieill. 1818. Spornpieper.
Brutvogel in Zentralasien. Wandert; wurde sehr häufig auf
Helgoland und Borkum, selten in Deutschland erlegt.
368
72. Anthus campestris campestris (L.) 1758. Brachpieper.
Iu Deutschland Brut- und Zugvogel.
73. Anthus trivialis trivialis (L.) 1758. Baumpieper.
Brut- und Zugvogel in Deutschland.
74. Anthus pratensis (L.) 1758. Wiesenpieper.
Brut- und Zugvogel bei uns.
75. Anthus cervinus Pall. 1827. Rotkehlpieper.
Im hohen Norden von Europa und Asien; als Irrgast in West¬
europa uud auch in Deutschland nicht häufig.
76. Anthus spinoletta spinoletta (L.) 1758. Wasserpieper.
Wohnt in Deutschland auf den Vogesen, im Schwarzwald, im
Alpengebiet bis 2500 m, in den Sudeten, dem Thüringerwald und
Harz. Zieht im Winter in die Ebenen hinab, und man findet ihn
dann in den süddeutschen Ebenen, seltner am Rhein und vereinzelt
bis Norddeutschland.
77. Anthus spinoletta pennsylvanicus (Lath.) 1787.
»Dem A. spinoletta japonicus Temm. Sclileg. sehr ähnlich,
aber kleiner, Flügel 81 — 89 mm, Unterseite im Winterkleid noch
mehr hellrostfarben, fast hellbräunlich, die Fleckung kleiner und mehr
auf die Kropfgegend beschränkt. Oberseite kaum von der von
japonicus verschieden. Unterseite hell zimtfarbeu, Kehle etwas blasser,
Kropfgegend mit dunkelbraunen Längsflecken. Beine und Füße
dunkelbraun, fast schwarz. Zweites Steuerfederpaar meist mit aus¬
gedehnterem Weiß als bei den übrigen Formen und bei der Mehr¬
zahl von japonicus .« Nördliches Nordamerika. Zweimal auf Helgo¬
land erlegt.
78. Anthus spinoletta litoralis Brehm 1831. Felsenpieper.
»Von den übrigen Wasserpiepern verschieden durch die sehr
beschränkte, fast verschwundene weiße Farbe der äußeren Steuer¬
federn. Herbstkleid dem des A. spinoletta obscurus (Lath.) ähnlich ;
im Frühlingskleide hat die Kropfgegend einen rötlichen Anflug und
ist weniger, ja oft nur ganz schwach gefleckt.« Küsten Skandinaviens;
im Winter häufig auf Helgoland uud an den Küsten Deutschlands.
79. Motacilla flava flava L. 1758. Gelbe Bachstelze.
In Deutschland Brut- und Zugvogel.
ö o
80. Motacilla flava borealis Sund. 1842. Nordische Schafstelze.
»Beim alten cf sind die Ohrdecken dunkler als bei der vorigen,
schieferfarben bis schwarz, der Oberkopf etwas dunkler grau, der
Supraciliarstreifen fehlt; auf dem Kropfe dunkle Schatten oder Flecke.«
369
Brütet von Skandinavien bis Sibirien; kommt auf dem Zuge selten
nach Deutschland (Renthendorf im Voigtland).
81. Motacilla flava rayi (Bonap.) 1838.
»Beim erwachsenen cf ist die Oberseite hell olivengrün, viel
heller und gelblicher als bei taivana (Swinh.), Stirn und Bürzel
sind lichter und etwas gelblicher, die Ohrdecken wenig oder gar nicht
dunkler, an ihrem untern Teile mit Gelb gemischt und gestreift.
Ganze Unterseite und Supraciliarstreif hochgelb, Kropfgegend oft mit
einigen oliveufarbenen Schatten und Flecken. Flügel etwa 80 — 84
mm. 9 etwas kleiner (Flügel etwa 3 mm kürzer), Oberseite bräun¬
licher, Unterseite, besonders Kehle und Brust, viel blasser gelb. Kropf¬
gegend meist mit größeren olivenbräunlichen Flecken. Herbstkleid
etwas blasser als Frühlingskleid.« Großbritannien und Westfrankreich.
Auf dem Zuge gar nicht selten auf Helgoland (und mag auch in
Westdeutschland auzutreffeu sein).
82. Motacilla flava melanocephala Licht. 1823.
»Von allen Formen von flava auf den ersten Blick durch den
rein kohlschwarzen Oberkopf unterschieden. Unterseite einschließlich
des Kinnes prächtig hochgelb. Das Schwarz der Kopfplatte schließt
die Zügel und Ohrgegend ein; es reicht meist bis auf den Hinter¬
hals, bisweilen nur bis ins Genick, manchmal bis auf den Oberrücken.
Von einem Supraciliarstreifen findet sich meist keine Spur, bisweilen
ist er angedeutet oder deutlich ausgebildet und dann von weißer oder
hochgelber Farbe (seltner noch von solcher Strichelung auf den Ohr-
deckeu begleitet). Die Säume der Flügeldecken sind schön gelb.
Flügel 84 — 90 mm.« Brutvogel der Balkanhalbinsel und Kleinasiens.
Verfliegt sich zuweilen nordwärts bis Helgoland (unsicher, ob nicht
zu M. flava melanogrisea Hom. zu rechnen!).
83. Motacilla citreola citreola Pall. 1776.
Rußland. Auf dem Zug mehrfach nach Helgoland verschlagen.
Wohl irrtümlich auch 1885 zur Brutzeit aus Ostpreußen erwähnt.
84. Motacilla boarula boarula L. 1771. Gebirgsbachstelze.
Brutvogel im Gebirge; im Flachland nur auf dem Zuge.
Zugvogel.
85. Motacilla alba lugubris Temm. 1820.
»Unterscheidet sich von der folgenden im Sommer durch die
ganz' schwarze^Oberseite, dunklere, schieferfarbene Körperseiten und
schwarze Flecken an den Seiten der Vorderbrust. Flügel meist 2 — 3 mm
länger.« Großbritannien u. s. w. Auf dem Zuge häufig in Helgoland.
Zool. Gart. Jahrg. XLVI. 1905. 24
370
86. Motacilla alba alba L. 1758. Weiße Bachstelze.
Brut- und Zugvogel, aber vereinzelt in Westdeutschland über¬
winternd.
Fam. Mniotiltidae.
87. Dendroeca virens (Gmel.) 1788.
Östliches Nordamerika. Wurde am 19. Nov. 1858 auf Helgoland
von einem Knaben geschossen.
Fam. Certhiidae.
88. Certhia familiaris familiaris L. 1758. Nordischer Baumläufer.
Skandinavien und Nordrußland bis Nordostdeutschland, aber nur
östlich von der Oder, also nur in Ost- und Westpreußen.
89. Certhia familiaris macrodactyla Brehm 1831. Langkralliger
Baumläufer.
»Unterscheidet sich vom vorigen durch die dunklere Färbung
der Oberseite, die sowohl durch die dunklere Farbe der Wurzelteile
der Federn, als auch durch die geringere Ausdehnung und die
schmutzigeren, bräunlich angehauchten Mittelflecke der Federn
(besonders in der Rückenmitte) entsteht.« Brütet im übrigen Deutsch¬
land und geht bis Südosteuropa. »Alle Baumläufer von Wesel am
Niederrhein gehören zu dieser Rasse« (Hartert).
90. Certhia brachydactyla brachydactyla Brehm 1820. Kurzkralliger
Baumläufer.
»Schnabel viel länger, Kralle der Hiuterzehe kürzer und
stärker gekrümmt als bei dem vorigen. Die Oberseite ist dunkler,
mehr graubraun, da die hellen Streifen in der Mitte der Federn
weißlicher, die Federränder dunkler, weniger rostfarben sind, die
rostgelbe (tabaksgelbe, lohfarbige) Färbung des Bürzels erscheint
weniger ausgedehnt und ist nicht ganz so lebhaft. Der Schwanz ist
etwas graulicher. Die hellen Schaftstreifen an den Spitzen der Federn
sind an der Stirn nur undeutlich oder gar nicht ausgebildet. Die
Außenfahne der vierten Schwinge mit deutlichem, selten undeutlichem,
licht rostgelben Fleck. Am Unterflügel steht vor der ersten Schwinge
ein deutlicher dunkelbrauner Fleck. Die Körperseiten sind viel
stärker bräunlich rahmfarben bis gelbbräunlich verwaschen; diese
Färbung erstreckt sich auch über Bauch und Unterschwanzdecken, welch
letztere aber weiße Spitzen haben, und ein sehr schwacher Hauch
davon überzieht auch meist einen Teil des Unterkörpers. Schnabel
des (J etwa 15.5 — 19.5, des 9 etwa 13.5 — 16.5 mm. Oberschnabel
im Leben fast schwarz, dunkler als bei C. f. familiaris und macro-
371
dactyla.« Äußerst selten in Ost- und Westpreußen, sowie in Hinter¬
pom mein, häufig in Mittel- und Süddeutschland, der häufigste Baum¬
läufer in Westdeutschland. »Es scheint, als ob Stücke aus Nordost¬
deutschland oben heller mit weißlicheren und breiteren Flecken seien.
Ich kounte aber nur wenige Stücke untersuchen, dagegen auch ein¬
zelne ebenso helle aus Westdeutschland.« (Hartert).
91. Tichodroma muraria (L.) 1766. Mauerläufer.
Hochgebirge Mittel- und Südeuropas. Verfliegt sich bisweilen
bis Süd- und Mitteldeutschland.
Fam. Sittidae.
92. Sitta europaea homeyeri Hart. 1890. Norddeutscher Kleiber.
»Steht der S. eu. europaea L. sehr nahe, aber der Unterkörper
nicht weiß, sondern rahmfarbig bis ockergelblich.« Russische Ostsee-
provinzeu, Ostpreußen und Polen.
93. Sitta europaea caesia Wolf. 1810. Süddeutscher Kleiber.
In Mittel- und Süddeutschland gemeiner Stand- und Strichvogel
Fam. Paridae.
94. Parus major major L. 1758. Kohlmeise.
Bekannter Stand- und Strichvogel.
95. Parus caeruleus caeruleus L. 1758. Blaumeise.
Ostpreußische Stücke sind nach Hartert heller, rheinische
dagegen etwas düsterer.
96. Parus cyanus cyanus Pall. 1770. Lasurmeise.
Ostrußland und Westsibirien. Im Winter nicht selten bis
Schlesien und Preußen und ausnahmsweise noch weiter nach Westen
streichend.
97. Parus cyanus tianschanicus (Menzb.) 1884.
»Kleiner als P. cy. cyanus Pall., Kopfplatte und Nackenfleck
bläulichgrau verwaschen, Rücken trüber, mehr schiefergrau, äußere
Steuerfedern mit ausgedehnterer grauer und beschränkterer weißer
Färbung, auch die inneren Armschwingen meist mit etwas beschränk¬
terem Weiß.« Sibirien. Am 12. Okt. 1821 bei Ohrdruf nächst
Gotha erlegt.
98. Parus ater ater L. 1758. Tannenmeise.
Europa und Nordasien; bei uns Stand-, höchstens Strichvogel.
99. Parus cristatus cristatus L. 1758. Nordische Haubenmeise.
Brutvogel in Skandinavien, Rußland und Ostpreußen.
372
100. Parus cristatus mitratus Brehm 1831. Mitteleuropäische Hauben¬
meise.
»Von der vorigen verschieden durch weniger ins Grauliche
ziehende, bräunlichere, mehr mit Rostbraun gemischte Oberseite.
Der Bürzel und die Oberschwanzdecken sind mehr rostbräunlich. Die
weißen Kopfseiten haben gewöhnlich einen merklichen rahmfarbenen
Schimmer, die Körperseiten sind lebhafter und stärker rostgelblich
überzogen; oft neigt der Schnabel zu größerer Länge.« Deutschland,
wahrscheinlich bis zur Weichsel, Jütland u. s. w.
101. Parus palustris palustris L. 1758. Nordische glanzköpfige
Sumpfmeise.
»Beim erwachsenen cf ist der ganze Oberkopf bis auf den
Nacken fortgesetzt glänzend schwarz mit mehr oder minder deut¬
lichem blauen Schimmer, die einzelnen tiefschwarzen Federn mit
scharf sich abhebenden hellen Lichtreflexen an den Spitzen kürzer,
gerundeter, kompakter als bei den Formen von atricapillus. Unterer
Teil des Zügels, Ohrgegend und Halsseiten weiß, letztere schwach
rostfahl übervvaschen. Rücken, Oberflügel und Oberschwanzdecken
graubraun, gegenüber den andern europäischen Formen von palustris
lichter und mehr grau, aber einigermaßen variabel und im abge¬
tragenen Brutgefieder viel fahler, graulicher. Schwingen graubraun,
Handschwingen mit weißlichgrauen, Armschwiugen mit breiteren
mehr bräunlichgrauen Außensäumen, die innersten ganz fahl grau¬
bräunlich verwaschen, Innensäume schmutzigweiß. Steuerfedern bräun¬
lich dunkelgrau mit bräunlichgrauen, ins Olivenfarbene ziehenden
Säumen. Großer schwarzer Kinnfleck, etwa bis in die Mitte der Kehle
reichend; im Frühjahr verschwinden die weißlichen Spitzen der
unteren Kehlfedern mehr, wodurch der schwarze Fleck an Aus-
• •
dehnung gewinnt. Übrige Unterseite fast weiß, nur die Seiten,
Steiß und Unterschwanzdecken trüb rahmfarben. Unterfliigeldeckeu
weiß mit rahmfarbenem Schimmer. Schnabel schwarz, Iris dunkel¬
braun, Füsse aschbläulich. Flügel etwa 65 — 67, selten 69, Schwanz
56 — 60, Lauf 15 — 16.5, Schnabel etwa 7.5, Culmen etwa 9.6 — 10.6 mm.
9 wie cf» nur meist etwas kleiner: Flügel etwa 62 — 64 mm.« Brut¬
vogel im südlichen und mittleren Skandinavien, den russischen Ost¬
seeprovinzen und in Ostpreußen.
102. Parus palustris communis Bald. 1827. Mitteleuropäische glanz¬
köpfige Sumpfmeise.
»Oberkopf ebenfalls glänzend schwarz. Von der vorigen durch
dunklere, bräunlichere Oberseite zu unterscheiden. Kopfseiten meist
373
deutlicher rahm- oder lichtrostfarben getrübt, die Armschwitigensäume
etwas mehr olivenbräunlich. Flügel lang, cf meist etwa G5 — 67.5,
selten bis 69 mm.« »Von der folgenden Form durch etwas helleren
Rücken unterschieden.« Deutschland (mit Ausnahme der Rheingegen¬
den und Ostpreußens) und Alpen bis etwa 1000 — 1200 m.
103. Panis palustris longirostris Kleiuschm. 1897.
»Wie vorige, aber Rücken, besonders Iuterskapularraum und
Bürzel, dunkler, mehr ins Olivenfarbene ziehend. Schnabel veränder¬
lich, aber zu größerer Länge und Dicke neigend.« Rheingegenden
und Frankreich, Belgien und Holland.
104. Parus atricapillus salicarius Brehm 1831. Mitteldeutsche
Weideumeise.
»Unterscheidet sich wie alle andern »mattköpfigen Sumpfmeisen«
vou den dem Unkundigen sehr ähnlich erscheinenden Formen von
palustris vorzugsweise durch folgende Merkmale: Der Oberkopf ist
fast glanzlos, braunschwarz, die einzelnen Federn schwächer pig¬
mentiert, länglicher, weniger kompakt, etwas mehr zerschlissen, ohne
scharf sich abhebende Lichtreflexe. Der schwarze Kehlfleck ist etwas
ausgedehnter. Schnabel länger, gestreckter. Schwanz mehr gestuft, die
zwei äußersten Steuerfederpaare merklich verkürzt. Kleiner als assi-
milis und mit dunklerem Rücken. Rücken braungrau mit rostfarbener
Beimischung. Halsseiten bis an die Ohrdecken schmutzig rahmfarben
übertüncht. Körperseiten rostfarben verwaschen, lebhafter als bei
dem im gleichen Gebiete wohnenden P. palustris communis. Flügel
cf etwa 59.5 — 65.5, 9 57 — 60, Schwanz cf 57 — 60, 9 etwa
50 — 56, Culmen 9 — 10.2 mm. Manchmal sind die cf so klein wie
die grösseren 9> m der Regel aber merklich größer.« Bewohnt Mittel¬
deutschland und Österreich.
105. Parus atricapillus rhenanus Kleinschm. 1900.
»Sehr ähnlich dem vorigen, aber die Oberseite etwas düsterer
und der Flügel durchschnittlich länger: etwa 58 — 63 mm«. Am
Rhein von Worms und Mainz bis Wesel und Holland.
106. Parus atricapillus borealis Selys. 1843. Nordische mattköpfige
Sumpfmeise.
»Beim erwachsenen cf ist die Kopfplatte tiefschwarz, dunkler
als bei montanus und assimilis, ohne oder mit sehr schwachem
braunen Anfluge, mit etwas seidenartigem Schimmer. Wangen, Ohr¬
gegend und Halsseiten fast ganz reinweiß, diese Färbung bis auf die
Nackenseiten ausgedehnt. Rücken, Schulterfedern und Oberschwanz-
o •
374
decken bräunlichgrau, etwas variabel, meist fast grau, manchmal
aber bräunlicher als in der Regel. Äußere Handschwingensäume
graulichweiß, die Säume der Armschwingen viel breiter. Unterseite
trübweiß, die Seiten mit schwachem bräunlich rahmfarbenen Anflug.
Flügel cf etwa 63 — 67, selten bis 68, Schwanz etwa 59 — 64, Culmen
10 — 11, Lauf 15 — 16 mm. Q wie cf, nur etwas kleiner; Flügel
ungefähr 60 — 63 mm. — Der Schnabel ist verhältnismäßig klein.
Färbung viel lichter, graulicher, Größe bedeutender als bei salicarius,
geringer als bei montanus. Schnabel dicker und kürzer, Färbung
weniger rostgelblich als bei assimilis.« Skandinavien, Europäisches
Rußland und Ostpreußen, wo sie (mindestens bisweilen an den Ufern
masurischer Seen) noch brütet.
107. Aegithalus caudatus caudatus (L.) 1758. Nordische Schwanzmeise.
Nord- und Osteuropa und Sibirien. In Deutschland von Osten
her ungefähr bis in die Mitte, genaue Grenze nicht bekannt. Im
Winter mehr umherstreifend und dann auch bis Hessen und an den
Rhein gelangend, meist aber nur in geringerer Anzahl.
108. Aegithalus caudatus europaeus (Herrn.) 1804. Mitteleuropäische
Schwanzmeise.
»Wie die vorige, aber das Gefieder nicht ganz so lang und reich,
die Kopfseiten vom Vorderrand des Auges an oder erst hiuter dem
Auge mit mehr oder minder breiten schwarzen oder braunen Streifen.
Ohrdecken getrübt, au der Vorderbrust eine mehr oder weniger
deutliche braune Fleckenreihe, Handschwingen höchstens mit an¬
gedeuteten schmalen weißen Außensäumen, meist aber ganz ohne
solche, Schwanz meist etwa um 5 mm oder noch kürzer. Flügel
etwa 62 — 67 mm.« Südliches Mitteleuropa; in Deutschland im
Westen ostwärts bis Hessen und Thüringen. Am Rhein kommt als
Brutvogel ausschließlich diese Form vor. Bttgr.
Einige Aberrationen und sonst seltene Arten von Schmetterlingen
im Mainzer Becken.
Von Wilhelm Schuster, Pfarrer.
Der W olfsmilchsch wärmer ( Deilephila euphorhiae ) ent¬
wickelt bei uns oft fast rosenrote Vorderflügel, während sie sonst in
der Regel blaßfarbig mit ganz schwachem rosigem- Schimmer sind ;
einige sehr hübsche rosenrote Falter dieser aberratio par alias besaß
375
bis vor kurzem Herr Eiseubahnsekretär Karl Andreas in Gonsen¬
heim. — Von Melitaea didyma fing Frhr. von Kittlitz (Mainz)
auf unserem Saude ein völlig schwarzes Stück, dessen Fühlerkeulen
allein noch ein rotes Ende hatten. — Lycaena corydon , der Silber¬
graue Bläuling, ist auf dem Mainzer Sande geradezu gemein.
Er fängt sich, besonders von August an, recht häufig in den Netzen
der Kreuzspinne zusammen mit den Kleinen und Großen Heu¬
faltern (Coenonympha pamphilus und typhon) und ungemein vielen, sehr
verschiedenartigen Marienkäferchen ( Coccinella ). Herr Postdirektor a. D.
Wittich (Gonsenheim-Mainz) hat ein total manufarbiges Weibchen
erbeutet. Auch die ab. syngrapha und cinnus finden sich vor, letztere
selten (W. von Reichenau, Mainz). — Die seltene Nola togatulalis
hat sich seit 1886 auf dem Mainzer Sande an Eichenbüschen einge-
fünden; die Raupen sind in ziemlich großer Anzahl erhältlich in
dem Gebüsch bei der evang. Kirche vor Gonsenheim. Wenn Frost
die Eichenblätter schwarz hat werden lassen, findet man die Raupen
am leichtesten, wie Andreas ausfindig gemacht hat. — Typisch sind
ferner für gewisse Stellen des Mainzer Beckens Philalaptrix aquata ,
so typisch, daß eigentlich der Fundort »Mogunt.« (= Mainz) in Stau-
diugers Katalog stehen müßte, und die ebenfalls recht unscheinbare,
kleine und schwer aufspauubare Tlialpochares paula. — Das Tau
(Aglia tau) ist nach meinen Beobachtungen im Buchenwald bei
Wiesbaden fast in jedem Jahre gemein. Daselbst, in der Nähe der
Platte, fiug Oberpostsekretär W. Maus (Wiesbaden) Argynnis ino ,
während der jüngst verstorbene, weitberühmte Lepidopterologe Pfarrer
A. F u ch s in Bornich am Rhein Argynnis adippe mehr im Gebirge, im
oberen Wispertal, erbeutete. — Betreffs des Totenkopfs ( Acherontia
atropos) lebe ich der Überzeugung, daß sich sein Bestand hier im
warmen Mainzer Becken fast nur aus überwinterten Puppen rekrutiert-
Kleinere Mitteilungen.
Das Doppel körnige Nashorn (lihinoceros sumatrensis) auf dem Aus¬
sterbeetat. Nach L. Wray, der darüber im Journal of the Federated Malay
States Museum No. 2, 1905 berichtet, ist das Su m atra -Nashorn infolge unab¬
lässiger Nachstellungen von seiten der Eingeborenen in dem Dindings-Gebiete der
Malayischen Halbinsel überaus selten geworden. Die Tiere werden in verdeckten,
tiefen Grubenfallen, die auf ihren Wechseln angebracht werden, gefangen, und die
Malayen rühmen sich auf diese Weise an 50 Stück allein in und um den Dindings-
Distrikt erbeutet zu haben. Vor einigen Jahren hatte sich der Fang und die Aus-
376
fuhr dieser begehrten Tiere aus jener Gegend zu einem einträglichen Geschäfte
entwickelt, aber mit dem Resultate, daß, wo die Rhinocerosse früher ganz häufig
waren, sie jetzt nur noch sehr spärlich auftreten und schwer zu fangen sind. Die
beiden noch im Schönbrunner Tiergarten bei Wien verpflegten Stücke dieser seltnen
Art mögen wohl auch jener Quelle entstammen. Der Verfasser bemerkt zum
Schlüsse, daß das Java-Nashorn (Rh. sondaicus), das nur ein Horn trägt, und
von dem beiläufig sich weder ein gestopftes, ausgewachsenes Stück, noch selbst ein
Kopf im British Museum befänden, in diesem Teile Hinterindiens unbekannt sei.
(Nach H. Cox’ »Field«, The Country Gentlemans Newspaper. London. Vol.
105, No. 2789 p. 1096). Bttgr.
Vertilgung von Eichhörnchen, Hähern und Krähen. In den
Domanialwaldungen der Großherzogi. Oberförsterei Nieder-Ohmen (Vogelsberg)
wurden vom 1. Juli 1904 bis 80. Juni 1905 erlegt:
Krähen
Häher
Eich¬
hörnchen
Summe
Schu߬
prämien
ä 20 Pf.
Forstwartei Obergrubenbach
2
37
3
42
8,40 M.
Forstwartei Mücke ....
4
64
32
100
20,00 M.
Forstwartei Stangenrod . .
—
13
15
28
5,60 M.
Summa
6
114
50
170
34,00 M.
Die Vertilgung der Eichelhäher läßt also nichts zu wünschen übrig.
Ludwig Schuster.
Neue Säugetiere XVI. (Für I — X vergl. Zool. Garten Jahrg. 1903 p. 131,
für XI Jahrg. 1903 p. 267, für XII und XIII Jahrg. 1904 p. 69 und 290 und für
XIV und XV Jahrg. 1905 p. 88 und 280).
98. In einer Arbeit über die Giraffen vom Kilimandscharo und vom Niger
bringt R. Lydekker schöne farbige Abbildungen Taf. 11 von Giraffa camelo-
pardalis tippelslcirchi (Vollbild: Junges £>) und Taf. 12 von Köpfen der G. cam.
peralta (Fig. 1 — 2) und G. cam. cottoni (Fig. 3). Proc. Zool. Soc. London 1905 I,
p. 119-121.
99 — 100. Myosorex sclateri n. sp. von Zululand p. 131 und M. tenuis n. sp.
aus dem Wakkerstroom-Distrikt, Südost- Transvaal, p. 132, kleine Insektenfresser.
O. Thomas & H. Schwann, ebenda.
101. Dieselben bringen einen Schlüssel für die Unterscheidung der vier
von ihnen unterschiedenen Subspecies von Scharrtieren (Suricata suricata Ham.)
aus Südafrika, ebenda p. 134.
102. R. J. Pocock hat eine wichtige Arbeit über den Großen Kudu, den
er in eine südliche Rasse (Strepsiceros strepsiceros typ.) und in eine nördliche
(Str. str. chora Cretzschm.) einteilt, die nur vier weiße Streifen statt der 9—10
auf den Rumpfseiten und Hinterbacken zeige. Ebenda p. 139 — 142. Bttgr.
Affenjunges von einem Weib in Darmstadt an Kindes Statt
angenommen und groß gesäugt. Am Hof in Darmstadt wurde eine Affin
gehalten; am 29. Mai bekam sie ein Junges. Der Hofmeister der jungen Prinzen,
Joachim von Walsburg, wurde auch »Rechtsbeistand« des kleinen Affentierchens.
Der Bericht, den dieser an den zum Gebrauche der Brunnenkur in Schwalbach
377
weilenden Landesherrn als Postscriptum unterm 29. Mai abgehen ließ, lautete:
»Ich soll E. F. Gn. unterthänig melden, daß gleich jetzt um 7 Uhr zu Abend die
Affin Mutter wurde und ein junges Äff'lein N. B. generis masculini geworfen hat,
welches sie sobald in die Arme genommen und so hart an sich gehalten hat, daß
man es mit Fug nicht wohl von ihr zu bringen wußte; endlich habe ich es ihr
doch mit Vortheil abgenommen und Hans Kelners Hausfrau zugestellt, die es ihrer
Tochter — Eueres Kochs Hausfrau — anhängen und fleißig darauf sehen will, ob
sich’s von ihr ernähren will. Sonst kann man nicht bemerken, daß die Äffin dies¬
mal mehr Jungen bei sich trägt«. — Der geneigte Leser denkt wohl: Ei der
tausend, am Hof in Darmstadt muß ja ein ganz wissenschaftlicher und freiheitlicher
Geist herrschen! Sic et non. Die Geschichte datiert nämlich aus dem Jahre — 1595,
lange ehe man etwas von Darwin wußte. Am 31. Mai setzt der adelige Pflege¬
vater seinen Bericht an den Landgrafen Georg I. also fort: »Den jungen Affen
hat Hanß Kellers Tochter noch bey sich und seuget denselben, welcher die Brüste
gestern angenommen, und nehret sich nun zimblich und ist sonsten noch gar
wacker«. Der Bericht vom 1. Juni lautet: »Soviel den jungen Affen betrifft, hab
ich denselben nochmals Georgen des Kochs Weib mit Vleiß befohlen, daß sie den¬
selben vor den Kindern und sonsten wohl verwahren soll ; gleichermaßen habe ich
auch befohlen, daß ihr Mehl zu dem Brei gegeben werden soll und täglich während
des Seugens ein Trunk Bier von Hof, und kann nicht anders vermerken, denn daß
sie ihme bisher fleißig gewartet hat, wie sie denn auch dasselbe fürder zu tun
zugesagt. Sonsten ist berührtes Äfflein gar wacker, denn es, sobald es Hans Kellers
Frau gebadt, frisch umb sich gesehen, auch gleich die Brüste angenommen und
gesogen. Ist über den Kopf und leib haricht, und seind die haar oben an den
Spitzen fast schwarz und an der Haut, der Affenfarb nach, grüngelbicht ; im gesicht
ist’s gar kahl, so stehen ihm die haar unten am Bauch auch gar dünne, regt sich
sonsten und greift umb sich; so schreiet es auch seiner Art nach, kan aber noch
zur Zeit nicht sitzen oder stehen, denn es ist noch zu weich auf den Beinen, und
vermerkt man im wenigsten nicht, daß es die Äffin zu halt getruckt. So ist es
auch zimblich groß, inmassen Euer Fürstliche Gnaden abbeigefügtem Conterfait,
welches Peter der Mahler gemacht, ungeuerlich gesehen können ; und bericht des
Kochs Weib, wan sie es geseuget, daß sie es dann in ein Leintuch und Pelzplacken
lege, darin es dann sonderlich des Nachts gar still liege, und versehe mich, es soll
wohl aufzubringen sein. — Der Äffin hab ich nachmals bestellt, daß ihr mit Vleiß
gewartet werden soll, und ist dieselbige itzo lustiger als sie gestern und vorgestern
gewesen, denn sie zimblich wiederum ißet und trinket«. Dergleichen Berichte
gingen von da an täglich an den Landgrafen, und zwar werden in ihnen mit dem
Befinden des erwähnten Kostgängers zugleich das der fürstlichen Kinder und der
jungen Fasanen, die alle als frisch und gesund, wacker und lustig geschildert
werden, abgehandelt. Das Affenkind gedieh bei seiner Kost ganz vortrefflich, wurde
groß und stark, erhielt den Namen »Meister Martin« und verschwindet Ende Juni
in den Akten, weil sein körperlicher Zustand nichts mehr zu wünschen übrig ließ. —
Die Frau Georgs des Kochs, geb. Kellner, aber erhielt ihrer Muttermilch Verdienste
wegen ein »grau wullen mutzen und Rock, sowie 15 albus an gelt«. — Schon im
»Jahrbuch des Nassauischen Vereins für Naturkunde« in Wiesbaden 1904 (Jahrg. 57),
S. 64 [Sonderabdruck S. 19J habe ich einen gewissen Versuch vorgeschlagen. »In
Afrika rauben öfters Menschenaffen schwarze Frauen. Es wäre von dem aller¬
größten wissenschaftlichen Interesse, den Vollzug eines Begattungsaktes zwischen
378
Menscli und Affe herbeizuführen. Unzweifelhaft würde es zur Bildung eines Bastards
kommen, da der Affenorganismus ja gerade (allein von allen anderen tierischen)
die gleichen Blutkörperchen besitzt wie der menschliche«. — Inzwischen ist einige
Zeit vergangen, in der man ganz neuerdings erfahren hat, daß zur richtigen Be¬
fruchtung von animalibus gar nicht einmal ein inniger leiblicher Konnex zwischen
Mann und Weib nötig ist, sondern nur das Sperma auf rein technischem oder
mechanischem Wege übertragen werden muß, indem man es wie etwa in Süd¬
deutschland den »Wein über die Straße« holt. Wenn sich nur erst die Objekte
zur Anstellung des Versuchs fänden I1)
An jenem Hof in Darmstadt wurden auch »verhaltene«, nämlich in Gefangen¬
schaft gehaltene, gelernte Finken, ein gezähmter Fuchs und ein ungezähmter Bär
gehalten; der Bär machte sich einmal in einem lichten Augenblicke von seiner
Kette los und begann zum Entsetzen des Hofgesindes die Schloßtreppe zu ersteigen
(vergl. »Archiv für hessische Geschichte etc.« 1872).
Wilhelm Schuster, Pfr.
Herings- oder Mantelmöwen in Südbayern. Gelegentlich eines
photographisch-zoologischen Ausflugs am 12. Oktober 1905 ins Schleißheimer Moos
(etwa 18 km nördlich von München) traf ich dort einen großen Schwarm von
vielleicht 800 mir sehr auffallenden Vögeln von etwa Krähengröße. Ich erkannte
sie bald an der Stimme als Möwen — näher kommend auch absolut als Herings-
(Larus fuscusj oder Mantelmöwen ( Larus marinus). Mit Bestimmtheit die Art
anzugeben war mir aber nicht möglich, da sie mich, trotzdem sie nicht scheu schienen»
nicht nahe genug heranließen. Soviel ich erkennen konnte, trugen die meisten
Individuen noch das Sommerkleid. Ein mäßig breiter Bach, der aber an vielen
Stellen ziemlich tief ist und eine Menge Fische beherbergt, war der Anziehungs¬
punkt für die fremde Gesellschaft. Teils in wundervollem, leichten Flug über dem
Wasser schwebend oder seinem Lauf entlang fliegend oder auf dem Wasser
schwimmend (ruhend), teils das Ufer belebend, boten die schönen Vögel ein
anziehendes Bild. An die ein und eine halbe Stunde konnte ich mich in ihren
Anblick vertiefen, ohne daß sie sich gestört fühlten. Dann stellte ich meine 13 X 18
Kamera auf und wollte mit Hilfe des Teleobjektivs eine Aufnahme dieser nie
ruhigen Gesellschaft versuchen. Das Einstellen mit dem Teleobjektiv ist lang¬
wierig und schwer. Als ich — immer unter dem Dunkeltuch arbeitend — endlich
ein leidlich[scharfes Bild auf der Mattscheibe hatte und nun die Kassette einschieben
wollte, mußte ich zu meinem Arger und meiner Verwunderung sehen, daß kein
einziger Vogel mehr vorhanden war, den ich hätte aufnehmen können. Obwohl
das Moos einen großen Horizont besitzt, konnte ich doch weit und breit von den
Vögeln nichts mehr gewahr werden. Ich zog also betrübt und beschämt ab. Auch
als ich am nächsten Tag die Stelle wieder aufsuchte, waren keine Möwen mehr
vorhanden. Es würde mich interessieren zu erfahren, ob nicht der eine oder andere
der Herren Mitarbeiter auch Möwen um diese Zeit so weit im Binnenlande beob¬
achtet hat. Ich wäre für eventuelle Mitteilung in dieser Zeitschrift sehr dankbar.
Karl Soffel.
i) Menschliche Muttermilch scheint, überhaupt Tieren gut zu bekommen und von
diesen gern angenommen zu weiden. So nähren z. B., wie ich aus ganz zuverlässigen
Missionsberichten (1905) ersehe, die samoanischen Frauen an ihrer Brust zugleich mit
ihrem Säugling ihr Lieblingsferkel oder ihr Sehoßhündchen — eine Sitte,
die die Mission bis jetzt nicht hat abschaffen können (während sie doch z. B. die Ehe¬
schließung durch öffentliche Defloration und anderes ganz hat verschwinden lassen).
379
Karl Müller f. Unserem hessischen Landsmann, meinem Amtskollegen,
Pfarrer und Dekan i. P. Karl Müller müssen wir das letzte »Yale et salve!« nach-
rufen. Wir lesen in einer Tageszeitung : »Zum Gedächtnis eines Vergessenen.
Zu Alsfeld in Oberhessen wurde am 26. September d. J. ein Mann zu Grabo
getragen, der, wie auch die Presse sein Ableben nicht berichtete, in seinen letzten
Lebensjahren von der Welt völlig vergessen worden zu sein scheint, obwohl seine
Arbeiten naturwissenschaftlicher Art einst von Hunderttausenden gelesen worden
sind. Es ist dies der frühere Pfarrer und Dekan Karl Müller. Dio Brüder
Müller waren lange eifrige Mitarbeiter der »Gartenlaube« und wurden durch die
Mitarbeit an diesem Blatte, das in den 60er und 70er Jahren auf seinem Höhe¬
punkt stand und mehr als 200 000 Abonnenten hatte, in weiten Kreisen bekannt.
Beide Brüder schrieben »Wohnungen, Leben und Eigentümlichkeit in der höheren
Tierwelt«, »Tiere der Heimat«, »Unsere nützlichsten Säugetiere und Vögel«, »Dnsere
besten deutschen Singvögel«, »Der Hund und seine Jagd«. — Karl Müller war am
16. Juli 1825 zu Fried b erg in der Wetterau geboren als Sohn des verdienten
Schulmannes Peter Müller, dem man an der Stätte seiner Wirksamkeit, auf dem
Platze vor dem Lehrerseminar zu Friedberg, ein Denkmal errichtet hat. Er
studierte Theologie und war Pfarrer, dann Dekan in Alsfeld, bis er im Jahre 1896
in den Ruhestand trat. K. Müller hat sich auch als feinsinniger, gemütvoller
Lyriker hervorgetan«. — Karl Müller ist in der Blütezeit seines Schaffens (in den
60er und 70er Jahren) ein sehr eifriger und unermüdlicher Mitarbeiter unserer
Zeitschrift gewesen. In den letzten Jahren war er geistesumnachtet, wohl infolge
der mannigfachen Bitternisse seines Lebens. Wilhelm Schuster, Pfr.
Literatu r.
V. Ritter v. Tschusi zu S chmidhoffen, Über den Zug des Seidenschwanzes
(Ampelis garrula L.) im Winter 1903 — 04. — Sep.-Abdr. a. Ornis Vol. 13,
Juni-No. 1905. 8°. 56 pag.
Diese wuchtige Arbeit gibt nicht nur Aufklärung über den ungewöhnlich
starken Zug, d. h. über die Masse der aufgetretenen Vögel, und seine räumliche
Ausdehnung und Dauer, sondern sie bietet auch ein erschöpfendes Bild des Vogels
selbst und seiner Lebensgewohnheiten. Der Verfasser hat das gesamte ihm zu¬
gängliche Material geographisch nach den einzelnen Staaten und innerhalb
dieser nach Ländern und Provinzen alphabetisch, und um den zeitlichen Verlauf
des Zuges besser verfolgen zu können, separat auch chronologisch geordnet,
woran sich Schlußbemerkungen über räumliche und zeitliche Ausdehnung des Zuges,
über die Ursachen desselben und über die Nahrung des Vogels anreihen. Während
schon in den nordöstlichen Provinzen Deutschlands der Seidenschwanz eine] jähr¬
liche, wenn auch in geringer Zahl auftretende Wintererscheinung bildet, ist sein
Auftreten in den südlicheren Teilen, in Mittel- und besonders Süd -Deutschland,
schon ein weit seltneres, wogegen nach Osten zu sich die Häufigkeit seines winter¬
lichen Auftretens nicht nur mehrt, sondern auch die Grenze seines Vordringens
weiter nach Süden reicht. Beiläufig sei übrigens bemerkt, daß in Hessen nach
W. und L. Schuster und nach v. Tschusi im Winter 1903 — 04 kein Stück
380
des Vogels beobachtet worden zu sein scheint. Schon Anfang Oktober 1903 zeigten
sich Schwärme des Vogels von 30 — 40 Stück auf Helgoland und solche von
300 — 400 Stück zu Rytro in Galizien. Die letzten treffen ein am 11. Mai 1904
zu Tavarna in Ungarn, und der allerletzte im Juni 1904 wieder auf Helgoland.
Der Wanderzug des Seidenschwanzes im Herbst und Winter 1903 — 04 gehörte,
wenn auch nicht überall örtlich, so doch im allgemeinen zu den bedeutendsten,
die wir kennen. Ebenso galt das Auftreten dieses nordischen Vogels in unsern
Breiten früher als Seltenheit, aber wir wissen jetzt, daß er gar kein so seltener Winter¬
gast bei uns ist, sondern in kleinen oder größeren Flügen bald da, bald dort er¬
scheint. Der große Südzug, von dem in der vorliegenden Abhandlung die Rede
ist, hatte eine ganz außerordentliche Ausdehnung, die in ihrer äußeren Umgrenzung
westwärts bis Großbritannien und Irland und bis Südost-Frankreich reichte, nach
Süden sich in Italien bis über die Apenninen erstreckte und ostwärts Rumänien
und Südrußland umfaßte. Die größten Ansammlungen finden wir im nördlichen,
mittleren und östlichen Teile Mitteleuropas ; von hier entsandten sie ihre Ausläufer
nach Westen, als deren äußerste die auf den Britischen Inseln erschienenen anzu¬
sehen sind. Wie wohl bei allen Zügen gingen dem Gros Vorläufer voraus, einzelne
Individuen, kleinere Gesellschaften, aber auch große Trupps, die, gleichsam dem
Zuge vorauseilend, in von der Hauptmasse erst weit später berührten Gegenden
erscheinen. Von einem Zuge im Sinne unserer Zugvögel, die einem bestimmten
Ziele als Winteraufenthalt zustreben, kann beim Seidenschwanz in unsern Breiten
keine Rede sein, da die Ausdehnung seiner Wanderungen zumeist nur durch das
Vorhandensein oder Fehlen der Beerennahrung bedingt ist. Bemerkt sei noch, daß
der Osten Deutschlands und Österreich-Ungarns die Seidenschwänze, wenn auch
nicht in großen Massen, so doch fast in jedem Winter sieht, während die mittleren
und westlichen Teile Mitteleuropas gewöhnlich nur in den »Wanderjahren« von
ihnen besucht werden. Was die Ursache des Südzuges anlangt, so stellt der Ver¬
fasser fest, daß 1903 Sorbus aucuparia in Skandinavien reichlich Beeren trug,
Nahrungsmangel als Beweggrund des Zuges also nicht gelten kann. Anders lagen
die Verhältnisse in Finland, wo es im Herbst des Zugsjahres nach V. Pousar
äußerst wenig Beeren gab. Große Schneemassen und Kälte kommen nicht in Be¬
tracht. Ob an Auswanderung infolge von »Übervölkerung« zu denken sei, läßt
Verfasser unentschieden, wie denn die zwingende Ursache der Überschreitung
der gewöhnlichen Zuggrenzen noch immer nicht erkannt worden zu sein scheint.
Bttgr.
Prof. Dr. W. Klett, Unsere Haustiere. Herausg. unter Mitwirkung hervor¬
ragender Fachmänner und Tierfreunde. Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt,
1905. Gr. 4°. 20 Lief, mit 13 Farbentafeln und 650 Fig. n. d. Leben ä Lief.
M. 0.60. — Lief. 1.
Der Erfolg von Marshalls »Tieren der Erde«, die in dem gleichen Verlage
erschienen sind, hat Verleger und Herausgeber ermutigt in ähnlicher Weise auch
unsere Haustiere in ihrer Eigenart zu schildern und abzubilden. Wie gut es dem
Verfasser gelungen ist, uns über Herkunft, Rasse], Aufzucht, Pflege und Dressur
zu unterhalten und zu belehren, können wir schon aus dieser ersten Lieferung er¬
sehen, die sich mit dem Hunde und dem Freundschaftsverhältnis zwischen Mensch
zu Hund, seiner Weitschätzung im Laufe der Geschichte, seinem äußern und inneren
Bau, seinen Eigenschaften und Besonderheiten, mit Aufzucht, Hundestall und
381
seinen Geräten, der Hundegarderobe, sowie mit den Fragen der Pflege und Nahrung
des Hundes beschäftigt. Die Abbildungen sind durchweg nach dem Leben sehr
hübsch gewählt, z. T. feine Rassebilder, z. T. humoristische Aufnahmen und in
hohem Grade instruktiv und amüsant. Die beigegebene Farbentafel stellt eine
Deutsche Dogge neben einem Kätzchen in vorzüglichstem Buntdruck dar.
Bttgr.
Prof. D r. G. Tornier, Über das Auffinden von Tropidonotus tessellatus (Laur.)
in Mitteldeutschland. — Sep.-Abdr. a. Sitz.-Ber. Naturf. Fr. Berlin. Jahrg.
1904, No. 9. 8°. 1 pag.
Meldet den Fund der Würfelnatter in einem Walde nächst Gera (Reuß),
der vielleicht nicht auf Verschleppung zurückzuführen sei. Der nächstgelegene,
1898 zuerst durch L. Geisenheyner in Kreuznach sicher beglaubigte Fundort
(vergl. Zool. Garten Jahrg. 1898 p. 4) ist Cölln bei Meißen (Kgr. Sachsen), das
genau 100 Kilometer in Luftlinie entfernt ist. Bttgr.
Prof. D r. G. Tornier, Entstehen und Bedeutung der Farbkleidmuster der Eidechsen
und Schlangen. — Sep.-Abdr. a. Sitz.-Ber. Akad. Wiss. Berlin. Jahrg. 1904, No.
40. 8°. 12 pag., 6 Fig.
Derselbe, Entstehen der Farbkleidmuster und Körperform der Schildkröten. —
Sep.-Abdr. a. Sitz.-Ber. Naturf. Fr. Berlin. Jahrg. 1904, No. 10 p. 297—307,
3 Taf.
In diesen beiden Arbeiten verfolgt der Verfasser die Entstehung und die
Bedeutung der Farbkleidmuster bei den drei wichtigsten Ordnungen der Kriech¬
tiere. Bei Eidechsen und Schlangen unterscheidet er ein Furchenmuster und im
Gegensatz dazu ein Faltenmuster, das er noch weiter einteilt und wofür er zahl¬
reiche Beispiele gibt. Er erörtert sodann die Beziehungen, die zwischen Körper¬
form und Farbkleidmuster bestehen, und zeigt die Abhängigkeit des einen von
dem andern, namentlich auch an pathologischen Verbildungen der Farbkleider.
Diese abnormen Veränderungen in Körperform und Farbmuster werden hervorgerufen
durch eine auf Körper und Haut gleichmäßig einwirkende äußere Ursache, die fixierte
Verbiegung; beide sind also in letzter Instanz Folgen einer abnormen Bewegung
des Körpers, die fixiert wurde. So kommt der Verfasser zu dem Schlüsse, daß
reine Furchenmuster der Haut nur bei solchen Tieren Vorkommen, die geringere
Körperbewegungen ausführen, während reine Hautfaltenmuster bei Tieren angetroffen
werden, die zu umfangreichen Körperbewegungen befähigt sind. Die Bedeutung
der einzelnen Faltenmusterformen ist nun folgende: Faltenlängsmuster weisen darauf
hin, daß seine Träger imstande sind, die Lichtung ihrer Leibeshöhle stark zu ver¬
engern. Ein an Eidechsen- oder Schlangenkörpern vorhandenes Querfaltenmuster
aber beweist, daß das Tier seinen Körper nach der Seite, wo das Querfaltenmuster
liegt, konkav einkrümmen kann, und zwar so lange, bis alle hellen Querlinien des
Tieres zu Querfalten zusammengeschoben sind, und die Ergiebigkeit der Bewegung
hängt dann von der Breite der Querfalten ab. Helle Schräglinien deuten an, daß
am Körper des betreffenden Tieres Drehbewegungen möglich sind. Ein Blick auf
die Furchenmuster ergibt endlich, daß bei diesen aus dem Charakter der Furchen
auf die Art der zugehörigen Körperbewegungen geschlossen werden kann. So weisen
Längsfurchen auf die Fähigkeit des Tieres hin, die Lichtung seiner Leibeshöhle zu
382
verengern, Querfurchen auf Konkavkrümmung des Körpers nach der betreffenden
Seite, Schrägfurchen auf Körperdrehungen usw. Auch gibt es in diesen Mustern
Teile, die bei den zugehörigen Körperbewegungen in Ruhe bleiben und daher dunkel
gefärbt sind, während andre zur Faltenbildung schreiten und daher hell gefärbt
erscheinen. Nach alledem dürfte es nicht schwer sein herauszuiinden, wann eine
Eidechse oder eine Schlange hell, halbdunkel oder dunkel gefärbt sein wird. Es
ist schließlich noch zu bemerken, daß bei solchen Eidechsen und Schlangen, die
mit ihrem Bauche normalerweise hartem Boden aufliegen, die Bauchhaut schwach
oder gar nicht gefärbt ist. Hier verhindert der Bodendruck nahezu ganz oder
vollständig das Erscheinen des Pigmentes auch in jenen Bauchhautbezirken, die
nach Anlage des zugehörigen Farbkleidmusters noch stärker oder schwächer gefärbt
sein könnten. Reiner Druck wirkt ja bekanntlich auf jedes Gewebe bis zur Ver¬
nichtung bildungshemmend ein. Jedem Farbkleidmuster einer Eidechse oder Schlange
kommt überhaupt eine bestimmte biologische Bedeutung zu. Daraus folgt, daß,
wenn erst alle Farbkleidmuster gedeutet sind, man jedem Individuum einen Teil
seiner Lebensweise direkt vom Körper wird ablesen können. Da aber die Ergebnisse
dieser Untersuchungen, z. T. allerdings mit einigen Abänderungen, auch für andre
Tierordnungen Geltung haben, so dürfte hiermit auch für deren Farbkleiderdeutung
schon manches gewonnen seih. Außerdem ist der Weg für experimentelle Behand¬
lung dieser Sache nunmehr frei, wie Vorversuche sicher ergeben haben.
Für die Farbkleidmuster der Schildkrötenschalen und speziell der Rücken¬
schale — die hier allein in Betracht kommt — gibt es nun derartige Körperbewegungen
als Entstehungsursache nicht; es müssen hier also andre Entstehungsursachen ma߬
gebend sein. Verfasser untersucht zu diesem Zwecke den Bau der Hornschilder
und ihrer Furchensysteme. Es läßt sich nachweisen, daß die Farbkleidmuster der
Schildkrötenschilder und damit der ganzen Schalen genau nach den konzentrischen
und radialen Furchensystemen angelegt sind, die der Verfasser noch weiter in die
beiden Untergruppen der Grob- und Feinmuster einteilt. Genaue Untersuchungen
haben ergeben, daß beim Uberwiegen der konzentrischen Furchen ein Schild mit
vorwiegender Energie in der Radialrichtung wuchs ; Radialfurchen bewiesen, daß
es sehr energisch im Umfange zunahm, und beide Furchensysteme vereinigt ergaben,
daß das Schild mit gleicher Energie in radialer und konzentrischer Richtung ge¬
wachsen ist. Die Entstehung des Farbkleidmusters dieser Schilder hängt nun im
wesentlichen ab von dem Kampfe, den während der Ontogenese die wachsenden
Schilderabschnitte mit den unter ihnen wachsenden Körperteilen anzufechten haben,
und zwar ist entweder das Wachstum des betreffenden Körperteils stärker als das
des zugehörigen Schilderabschnitts, alsdann kann dieser nicht nur ungestört seine
Form und Chromatophoren ausbilden, sondern seine einzelnen Wulstelemente werden
dabei unter Furchenverbreiterung weit auseinander gezerrt; oder das Wachsen des
betreffenden Körperteils erfolgt parallel dem Wachsen des aufliegenden Schilder¬
bezirks, dann bilden sich bei letzterem Skulptur und Chromatophoren in normaler
Weise aus; oder aber das Wachstum des betreffenden Körperteils erfolgt langsamer
als das des zugehörigen Schildbezirks, alsdann wulstet sich der Bezirk mehr oder
weniger stark nach außen empor, und die in ihm liegenden Chromatophoren werden
dadurch im Wachstum gehemmt und verlieren entsprechend der Hemmung an
Farbe. — Was die Phylogenie der Körperform der Schildkröten anlangt, so stellt
Tornier die Hypothese auf, daß die Annahme einer Schreckstellung — das höchst"
mögliche Aufblasen des Körpers zur Kugelgestalt — bei den eidechsenartigen Vor-
383
fahren dieser Tiere und die weitere Ausbildung1 dieser Schreckstellungscharaktere
zum Maximum und zur Dauerform hei den Nachkommen (begleitet von starker
Verhornung der Epidermis durch Reibung an Wasser und Boden) in ihren Nach¬
kommen die jetzige Schildkrötengestalt erzeugt habe. Also nicht der »Nutzen« ist nach
dem Verfasser die Entstehungsursache für die Form der Schildkrötenschale gewesen,
denn die Annahme einer Streckstellung war zweifellos für die Vorfahren der Schild¬
kröten ohne Nutzen. Entstehungsursache sei in diesem Falle die »Funktion«, d.
h. die Annahme der Schreckstellung. Für die Entstehung des Farbkleidmusters
seien aber weder der Nutzen, noch eine Funktion die Entstehungsursache, sondern
»ontogenetische Entwicklungsprozesse«. Ob diesen aber eine phylogenetische Be¬
deutung zukomme, was wahrscheinlich sei, und unter welchen Einflüssen sich diese
phylogenetischen Vorgänge dann abspielen, hat Verfasser bisher nicht untersucht.
_ B 1 1 g r.
Jahresbericht der Ornitholog. Gesellschaft Basel 190 4. Mit
Anhang : Prof. Dr. F. Zschokke, Der Lämmergeier in der Schweiz.
Basel, R. G. Zbinden, 1905. 8°. 42 pag.
Interessant wegen der Zschokke sehen Skizze, die uns — wesentlich auf
Girtanners Arbeiten gestützt — ein gutes Bild von der früheren Verbreitung
und dem allmählichen Aussterben des majestätischen Vogels bietet. Die älteste
Abbildung eines Schweizer Exemplars von Gypaetas barbatus (L.) stammt aus dem
Jahre 1551. Im Kanton Glarus fällt der letzte 1830, im Kanton Appenzell der letzte
in den dreißiger Jahren, am Hausstock gegen Glaubünden wird der letzte 1856 auf dem
Horst erlegt. 1868 wird noch einer in Unterwalden gesehen, 1880 auf dem Grand
Muveran im Wallis, 1886 der allerletzte bei Rosenlaui. Heute hat er sein Heimats¬
recht in der Schweiz endgültig verloren ; er ist nicht mehr Nist- öder Standvogel,
höchstens dürfte er, von der Ferne zugereist, als seltner, unsteter Gast etwa, noch
einmal gewaltigen Flügelschlags über sein früheres Reich dahinrauschen. B 1 1 g r.
KurtGraeser, Der Zug derVögel. Eine entwicklungsgeschichtliche Studie.
Zweite vermehrte Auflage mit Bildern. Verlag von Herrn. Walther, Berlin
1905 (S. W. 19). 167 Seiten, 8°, Preis 2 M., geb. 3 M. —
Mein Freund, Rittmeister a. D. und Landesrat G r a e s e r , Verfasser der
hübschen, vielgelesenen »Freude am Weidwerk«, hat eine neue Auflage des früher
schon im »Zool. Gart.« besprochenen obigen Werkes1) besorgt, da die erste unnötig
verteuert war und einige Irrtümer enthielt (Verf. mußte beim Lesen der Korrektur
eine Mission im Ausland erledigen). Die neue ist ganz erheblich vermehrt.
Mag man sich nun zu dem Haupt- und Grundgedanken der Studie: »Alle Vögel
ursprünglich Zugvögel, dann z. T. erst Standvögel« stellen, wie man
will, soviel ist sicher: Es ist ein ganz neuer Gedanke, dem man bisher nicht
in der Literatur begegnet ist (ich kenne die deutsche ornithologische Literatur sehr
genau, auch so ziemlich die des Auslandes, sowie die der älteren und ältesten Zeiten),
und als solcher, als gänzlich neuer Gedanke, wird die aufgestelite These immer
hei dem Kapitel »Vogelzug« genannt, bezw. beachtet werden müssen, sobald nur
eine ausgiebige, ausführliche, allseitig gerechte Behandlung dieses Kapitels von einem
neu Suchenden und Forschenden vorgenommen wird. Der »Zool. Gart.« ist S. 159,
9 Vergl. Jahrg. 190:') p. 29—30.
Der Herausgeber.
384
das »Vogelhandbuch« S. 112 zu Rate gezogen. — Der eigenartigste Teil ist der
letzte Abschnitt: »Die Zukunft.« Graeser ist zu der wissenschaftlichen Überzeugung
gekommen, daß sich mit der Zeit immer mehr Vögel seßhaft machen, also aus
Zugvögeln Standvögel werden : eine Erscheinung, ein Tatsachenmoment, das parallel
geht mit dem, was ich 1903 und 1905 in »Ornithologische Anzeichen einer wieder¬
kehrenden Tertiärzeit« systematisch ausgeführt habe. Gleichfalls ein neuer Gedanke,
soviel ich sehen kann, damals und noch heute , basierend auf dem prius des großen
Gedankengeschenkes, das uns der begnadete Darwin gab. Wir glauben eben an
die Entwicklung. Wilhelm Schuster.
Eingegangene Beiträge.
I)r. W. K. in F. ein Aufsatz, L. Sch. in G. hei M. eine Besprechung und G. C., hier,
eine Entgegnung mit bestem Dank erhalten. — L. D. in K. Ist besorgt worden.
Bücher und Zeitschriften.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie und Kaninchenzucht. Redaktion E.
Beck-Corrodi in Hirzel. Zürich. Ulrich & Co. 29. Jahrg. 1905. No. 48—49.
Zoologischer Anzeiger. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Korschelt. Marburg.
Wilhelm Engelmann. 29. Jahrg., 1905. No. 17—18.
Ornithologische Monatsberichte. Herausg. v. Prof. Dr. Anton Reich enow.
13. Jahrg. 1905. No. 12.
Ornithologische Monatsschrift d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt.
Redigiert von Dr. Carl R. Hennicke in Gera. 30. Jahrg. 1905. No. 12.
Field, The Country Gentlemans Newspaper. Herausgeg. v. Horace Cox in London.
Vol. 106, 1905, No. 2762—2763.
Prof. Dr. G. Jägers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege u. Lebenslehre.
Stuttgart. W. Kohlhammer. 24. Jahrg. 1905. N o. 12.
Der Weidmann. Blätter für Jäger und Jagdfreunde. Herausg. v. L. Salle. Braunschweig.
1905. Bd. 37. No. 10-11.
Sportblatt f. Züchter u. Liebhaber von Rassehunden. Herausg. v. E.
Prösler. Frankfurt a. M., 1905, Verlag v. Kern & Birner. 7. Jahrg. No. 9— 11.
Blätter für Aquarien- u. Terrarien -Kunde. Herausg. v. W. Köhler. Verlag
d. Creutzschen Buchli. Magdeburg. 16. Jahrg. 1905. No. 49—50.
Natur und Haus, lllustr. Zeitschr. f. alle Naturfreunde. Herausg. v. M. Hesdörffer.
Verlag v. H. Schultze, Dresden-Strehlen, 1905. Jahrg. 14, Heft 5-6.
Zwinger und Feld. lllustr. Wochenschrift f. Jägerei, Fischerei u. Züchtung von Jagd-
u. Luxushunden. Herausg. v. Fr. Bergmiller. Stuttgart , Verlag v. O. Sautter.
Jahrg. 14. 1905. No. 49—50.
Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. v. K. Neunzig.
Magdeburg, Creutzscher Verlag. Jahrg. 34, 1905. No. 48—50.
The Irish Naturalist. A Monthly Journal of General Irish Natural History. Edit. by
G. H. Carpenter, R. L. Praeger and R. Patterson. Dublin, 1905, Eason & Son.
Vol. 14, No. 11—12.
M itteilungen über die Vogelwelt. Organ des österr. Reichsbundes f. Vogelkunde u.
Vogelschutz in Wien. Herausg. v. K. Boy er. Wien, J. Kühkopf. 5. Jahrg. 1905. No. 23.
Deutscher Tierfreund. lllustr, Monatsschrift f. Tierschutz, Tierkunde, Tierzucht u.
Tierpflege. Leipzig, Verlag v. Franz Wagner. Jahrg. 9, 1905. Heft 12.
Dr. Fr. Knauer, Das heimische Tier- u. Pflanzenleben im Kreisläufe des Jahres. Teil II:
Das Leben unserer heimischen Lurche u. Kriechtiere. Verlag v. H.
Schultze, Dresden, 1905. 8°. 208 pag., 51 Fig., 10 Taf.
Prof. Dr: A. Pauly, Darwinismus und Lamarckismus. Entwurf einer psychophysischen
Teleologie. München, 1905, Verlng v. E Reinhardt. 8°. 8, 335 pag., 13 Fig.
P. K. Hager, Die Kiefermuskeln der Schlangen u. ihre Beziehungen zu den Speicheldrüsen.
— Inaug.-Dissert. Freiburg (Schweiz). Jena, Verlag v. Gust. Fischer, 1905. 8°. 4,54 pag.,
5 Taf.
Dr. Fr. Knauer, Der Vogeizug und seine Rätsel. Berlin-Leipzig, Herrn. Hillgers Verlag,
1905. 107 pag., 14 Fig. — Preis M. 0.30.
Proceedings of the Royal Society. London, 1905. Vol. 74. No. 506, Reports of the
Sleeping Sickness Commission No. V, Reports to the Evolution Committee Rep. II und
Proc. Roy. Soc. Series B. Vol. 76. No. B. 512—513 und Vol. 77, No. B. 514. London,
Harrison & Sons. 1905 (6 Hefte).
Verh'andL d. K. K. Zool.-Botan. Gesellsch. in Wien. Jahrg. 1905. ßd. 55, Heft 5— 6.
Annals of the South African Museum. Vol. 3, Pt. 7—9. London, West, Newman & Co.,
1905.
Boletin dela Academia Nacional de Ciencias en Cordoba (Argentina).
Bd. 18, Heft l. Buenos Aires, 1905, Coni Hermanos.
Zusendungen werden direkt an die Verlagshaudluug erbeten.
Nachdruck verboten.
Druck von Reinhold Mahlau, Fa. Mahlau & Waldschmidt, Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten. 46. Jahrgang.
Register.
Aberrationen von Schmetterlingen 374.
Abhängigkeit des Regenerationsver¬
mögens 847.
Abnahme des Kanadischen Bisons 247,
der Möwen 280, des Sumatra-Nas¬
horns 375, der Schwalben 14, 204,
304, der Vögel in Deutschland und
der Schweiz 97.
Abnorme Eigenschaften von Haustieren
346.
Abnormitäten der Doppelschnepfe 342.
Abstammung der Rinderrassen 202.
Abstammungslehre (Ref.) 255.
Acanthis cannabina , carduelis carduelis
u. viajor 363, citrinella 364, flammea
flammea , holboelli u. cabaret, flaviros-
tris 363, hornemanni exilipes 364,
spinus 363.
Acherontia atropos (Fortpflanzung) 86,
375.
Admiral (Seh- u. Riechvermögen) 86.
Aegithalus caudatus 98, caudatus u.
europaeus 374.
Affen, anthropoide 281, Aufzucht mit
Muttermilch 376, im Berliner Gar¬
ten 72.
Aglia tau 375.
Alauda arvensis 367, (Herbstgesang) 54.
Alca torda (Nahrung) 61.
Alcedo ispida (Nahrung) 57.
Alpaka 189.
Alpendohle 362.
Alpenlerche, Nordische 367.
Altertum, orientalisches (Ornithologie)
207.
Alytes obstetricans 314.
Ameisen (TemporärerParasitismus) 344.
Ammotragus tragelaphus 138.
Ampelis garrula 109, (Zug) 379.
Amsterdam: Aquarium 351.
Anas (Nahrung) 60.
Andenbär 51.
Angstgeschrei von Fröschen und Kröten
220.
Anleitung zum Photographieren von
Tieren 350.
Anser ansei' (Nahrung) 60.
Anthophora pilipes 251.
Anthropoide Affen (Ref.) 281.
Anthus campestris, cervinus, pratensis
368, richardi 367, spinoletta spino-
letta u. pennsylvanicus u. litoralis,
trivialis 368.
Antilope subgutturosa 341.
Antilopen des Gartens in Berlin 76,
in Hannover 258.
Anzeichen, ornithologische, einer wieder¬
kehrenden Tertiärzeit (Ref.) 287.
Apatura ilia (Seh- und Riechvermögen)
86, iris (desgl.) 85.
Aquarium zu Amsterdam (Ref.) 351.
Aquila chrysaetus 105.
Ardea cinerea 102, 307, (Art des Kischens)
248, (Nahrung) 59, (Nesthöhe) 155.
Ardetta 103, (Nahrung) 59.
Argynnis adippe u. ino 375.
Art, Erhaltung der, 1.
Asaphis deflorata 239.
Ascania-Nova : Straußenzucht 139.
Asio accipitrinus 107, otus 45, 107.
Asterias rubens 54.
Astur palumbarius 356.
Athene noctua 107.
Attagenus pellio 252.
Auchenia huanaco , lama, pacos u.
vicugna 189.
Auerhuhn 105, (Nahrung) 58.
Auffallende Färbungen 314.
Aufruf (betr. Wirbeltiere der Prov.
Hannover) 124.
Aufzucht einesAffenmitMuttermilch 376.
Augenpigment, dessen Erblichkeit bei
Katze und Hund 14.
Austernfischer (Nahrung) 59.
Avifauna, Beitrag zur deutschen 254.
Bachstelze, Gelbe, 368, Weiße 370.
Bär in Bolivia 51.
Bartmeise 98.
Baßtölpel 104.
Batrachier in Japan 144, 161, in Me¬
xiko 346.
386
Batrachierlarven (Abhängigkeit des
Regenerationsvermögens) 347.
Baumläufer 98, Kurzkralliger, Lang¬
kralliger u. Nordischer 370.
Baumpieper 368.
Baumspechte (Riechvermögen) 87.
Baumweißling(Seh-u.Riechvermögen)86.
Bedeutung der Farben im Tierreiche 282.
Bedfords Flatterhund 280.
Beiträge, eingegangene 31, 64, 96, 128,
160, 191, 224, 256, 287, 319, 351,
384, zur deutschen Avifauna 254.
Bekassine (Nahrung) 59, Große u.
Kleine 102.
Benehmen, sonderbares, von Tieren 297.
Bergfink 365.
Berghänfling 363.
Bergzebra 281.
Berichtigung (von Druckfehlern) VIII,
(betr. Mähnenschaf u. Mufflon) 138.
Berlin, Neues aus dem Zool. Garten
33 72 109
Bernhardinerhund (Ref.) 252.
Bettons Klippschliefer 88.
Beuteltiere im Berliner Garten 111.
Bewegungen der Vögel (ästhetisch be¬
trachtet) 318.
Bewertung von Rübenrückständen (Ref.)
157.
Bindenkreuzschnabel 365.
Birkenmaus 130.
Birkenzeisig, Großer u. Kleiner 363.
Birkhuhn 105, (Nahrung) 60.
Bison (rasche Abnahme) 247.
Bison americanus 247.
Bläßhuhn (Nahrung) 60.
Blaukehlchen 244, Schwedisches 245.
Bläuling, Silbergrauer 375.
Blaumeise 377.
Blitzlicht u. Büchse (Ref.) 89.
Bolivianischer Bär 51.
Bombycilla garrula 109.
Bombylius major 252.
Bos frontosus 202, gr unniens domesticus
189, taurus brachyceros u. taurns pri-
migenius 202, vulgaris domesticus 189.
Bosnien (Canis aureus) 136.
Botaurus 103, (Nahrung) 59.
Brachpieper 368.
Brachschwalbe 227.
Brachvögef 102, (Nahrung) 59.
Brandseeschwalbe 104.
Brasilien: Dactylomys 314, Säugetier¬
katalog (Ref.) 222, Vogelkatalog
(Ref.) 159.
Brillenbär 51.
Brütende Flamingos 185, Lachmöwen
279, Reiher 155, Sturmmöwen 346.
Brutort der Lachmöwe 279, des Reihers
155.
Bubalus 169.
Bubo bubo 106, 220.
Buceros plicatus 345.
Bücher u. Zeitschriften 32, 64, 96, 128,
160, 191, 224, 256, 287, 319, 351, 384.
Buchfink 365.
Buenos Aires: Zool. Garten 289.
Büffel 189.
Buntiltis, Doggetts 88.
Buntspecht, Großer 98, 124, Kleiner u.
Mittlerer 98, (Schlafstätte) 24.
Bussard u. Reh 24.
Button-Mouse 129.
Calandrella brachydactyla u. minor
kein ei 367.
Calcarius lapponicus 367.
Canada: Abnahme des Bisons 247.
Canis aureus in Bosnien, Herzegowina
u. Slavonien 136, Dalmatien 134,
279, 332, vulpes 298.
Capra sibirica lorentzi 340.
Caprimulgus europaeus (Nahrung) 57.
Carabus nitens 23.
Carnivoren im Berliner Garten 73.
Carpodacus erythrinus 364.
Carpophaga rubicera 237.
Casar ca (Nahrung) 61.
Cercopithecus sclateri 88.
Certhia familiaris 98, fam. familiaris
u. macrodactyla, brachydactyla 370.
Cerviden des Berliner Gartens 43, 77.
Cervus bactrianus 341, hagenbecki 340.
Ceryle rudis 277.
Charadrius (Nahrung) 59.
Chelidonaria urbica 14, 204, 300, 312.
Chelone mydas (Wachstum) 221.
Chiropteren des Schweizer Jura 315.
Chloris chloris 363.
Ciconia alba 103, (Nahrung) 58, (Nest)
116, 173, nigra 103.
Cinnyris gutturalis 278.
Circaetus gallicus 106.
Circus aeruginosus. cyaneus , macrurus
u. pygargus 106.
Claaß, Komm.- Rat H. (Ehrung) 279.
Clemmys japonica 169, 172.
Coccothraustes coccothraustes 23, 363.
Coenonympha pamphilus und typhon
375.
Colaeus monedula 108, monedula collaris
u. spermologus 361.
Coleopteren im Frankfurter Insekten¬
haus 5.
Columba oenas u.palumbusl 54, (Nahrung)
57.
Colymbus (Nahrung) 61.
Connochaetes 6.
Conurus patagonus 125.
Coracias garrula (Nahrung) 56.
Corvus corax , cor nix, corone , frugilegus
u. moncdula 108, 861, monedula
(Nahrung) 56.
Cosmetornis 278.
Coturnix coturnix 105, (Nahrung) 58.
Crex crex 101, (Nahrung) 60.
Cricetus frumentarius 52.
Crioceris asparagi (Varietäten) 211.
Crocoailus niloticus 274.
Cuculus canorus (Nahrung) 57.
Culex 22.
Cygnus (Nahrung) 60.
Dachs 299.
Dactylomys typus 814.
Dalmatien: Canis aureus 134, 279, 832.
Darwinismus (Ref.) 255.
Deilephila euphorbiae 374.
Delichon urbica 14, 204, 300, 312.
Dendrocopus leuconotus 99, 227, major
98, 124, medius u. minor 98.
Dendroeca virens 370.
Desman 342.
Deutsche Vögel, deren lateinische Namen
360, Beitrag zur Verbreitung 254,
Ab- u. Zunahme 97, Naturgeschichte
158.
Dienst, 40 Jahre im ... der Orni¬
thologie (v. Tschusi) 225.
Dinomys branickii 88.
Distellalter (Seh- u. Riechvermögen) 86.
Distelfink 363.
Doggetts Buntiltis 88.
Dohle 108, Ost- u. Westeuropäische
360, (Nahrung) 55.
Doppelschnepfe (Abnormitäten) 342.
Dorngrasmücke 100.
Dreihorn 279.
Dreizehenmöwe 104.
Dreizehenspecht 99.
Dresden : Tierfreundschaften im Zool.
Garten 193.
Drosseln mit Fufiring 155.
Druckfehlerberichtigung VIII.
Dryocopus martius 99, 125, 355.
Dschigetai 88.
Ehrung (Komm. -Rat H. Claaß) 279.
Eichelhäher 107, 297, 862, (Nahrung)
56, (Vertilgung) 376.
Eichhorn (Vertilgung) 376, E. u. Wald¬
taube 154.
Eidechsen, Entstehung der Farbkleid-
muster (Ref.) 381.
Eigenschaften, abnorme, von Haustieren
346.
Einsiedlerkrebs u. Seestern 53.
Eiproduktion der Kohlmeise 221, 313.
Eisalk (Nahrung) 61.
Eisbär (Fortpflanzung) 50.
Eismöwe 104.
Eisvogel (Nahrung) 57.
Elaphodus ichangensis 89.
Elefaut als Nordpolfahrer 10, Wachs¬
tum 155.
Elephas africanus (Wachstum) 155.
Elster 107, Europäische u. Schwarz¬
rückenelster 361, (Nahrung) 55.
Elsterspecht 99, 227.
Embenza aureola, caesia 366, calandra
365, eia , cirlus , citrinella citrinella u.
erythrogenys , liortulana, leucocephala ,
luteola , melanocephala , pusilla , pyr-
rhuloides, rustica, schoeniclus 366.
Emu 9.
Ente (Nahrung) 60, mit vier Beinen 24.
Entenvögel des Berliner Gartens 39.
Entstehung überzähliger Gliedmaßen
(Ref.) 253.
Ephippigera vitium ( ephippigera ) 81.
Equiden im Berliner Garten 110.
Equus caballus 335, hemionus, Mang ,
quagga 88, war di 280, zebra 281.
Erblichkeit des Augenpigments 14.
Erdkröte, japanische 166.
Erdsänger um Frankfurt a. M. 242.
Eremophila alpeslris flava 367.
Erhaltung der Art 1.
Erithacus cyaneculus 244, phoenicurus
245, rubeculus 155, 243, suecicus 245,
titys 228, 245.
Estrilda bengala 275.
Eulen 45.
Eumeces marginatus 150.
Exkursionsbuch, ornithologisckes (Ref.)
30, 223.
Eyra 155.
Falco peregrinus 106.
Farben, auffallende, aber verbergend
wirkende 314, deren Bedeutung im
Tierreich 282, der Insekten u. Vögel
318.
Farbkleidmuster 106, Entstehung und
Bedeutung derselben bei Eidechsen,
Schlangen u. Schildkröten 381.
Fasanen des Berliner Gartens 37.
Fauna der Marshall -Inseln 237, der
Tucheier Heide 222.
Feldlerche 367, (Herbstgesang) 54.
Feldsperling 365.
Felis catus domesticus 12, caucasius
340, daemon 89, eyra 155, lynx 343.
Felsenpieper 368.
Felsensittich 125.
Fermente im Tierkörper 330.
Fesselung von Vögeln 53.
Fichtenammer 366.
Fichtenkreuzschnabel 365.
Fischadler 106.
388
Fischen der Reiher 248.
Fischreiher 59, 102, 155, 248, 307, 359.
Fitislaubvogel 100.
Flamingo 274, (Nistweise) 185.
Flatterhund, Bedfords 280.
Fledermäuse, vom Blitz erschlagen 344,
des Schweizer Jura 315.
Fleischteuerung 1905: 339.
Flug der Zwergfledermaus 52.
Flußpferd 272.
Flußseeschwalbe 104.
Folgen der Sommerhitze 1904: 344.
Formen der Insekten und Vögel 318.
Formica consocians , difficilis 344, fusca
345, incerta, rufa 344.
Fortpflanzung des Flamingos 185, des
Kranichs 280.
Frankfurt a. M. : Erdsänger 242, Zool.
Garten (Bericht) 214, (Neues In¬
sektenhaus) 2.
Fringilla caelebs, montifringilla 365.
Fruchttaube der Marshall-Inseln 237.
Frühlingsinsekten 251.
Fuchs 298.
Fulica atra 100, (Nahrung) 60.
Gabelweihe 106.
Gdlerida cristata 367.
Gallinago (Nahrung) 59, gallinago,
gallinula u. media 102.
Gallinula chloropus 101, (Nahrung) 60.
Garrulus glandarius 107, 297, 362,
(Nahrung) 56.
Gartenammer 366.
Gartengrasmücke 100.
Gartenlaubvogel 99.
Gartenrotschwanz 245.
Gasterosteus aculeatus 48, 156, pun-
gitius 48.
Gätke, H. (Gedenktafel) 51.
Gaukler 275.
Gazella merrilli 281.
Gebirgsbachstelze 369.
Geburtshelferkröte 314.
Gedenktafel für H. Gätke 51.
Gelochelidon nilotica 104.
Gemse (Seh- u. Riechvermögen) 86.
Geographische Verbreitung der Tiere
(Ref.) 31.
Geotrupes typhoeus 279.
Geruchstiere 85.
Gesang von Sylvia atricapilla 154.
Gesichtstiere 85.
Gewohnheiten der solitären Wespen
(Ref.) 93.
Gimpel, Gemeiner und Nordischer 364.
Giraffa 257, 376, camelopardalis typ.
u. cam. capensis 281, cam. cottoni,
peralta u. tippelskirchi 376.
Giraffe in Hannover 257.
Girlitz 364, (Einwanderung) 52.
Glareola fusca , pratincola 227.
Glaucidium passerinum 107.
Gliedmaßen, überzählige 24, 52, (Ent¬
stehung von solchen) 253.
Gnu, Weißschwänziges 6.
Goldammer 366.
Gorilla-Arten 281.
Grasfrosch, Angstgeschrei 220, Kletter¬
fähigkeit 156, Gr. u. Stichling 156.
Grauammer 365.
Graufischer 277.
Graugans (Nahrung) 60.
Grauspecht 99, (Seh- u. Riechvermögen)
86.
Grauwürger 109.
Großtrappe 105.
Gründe für die Abnahme der Schwalben
14, 204, 300.
Grünfink 363.
Grünspecht 19, 99, (Seh- u. Riechver¬
mögen) 86.
Grus grus 103, (Fortpflanzung) 280,
(Nahrung) 59.
Gryllotalpa vulgaris (Nahrung) 153, 278.
Guanako 189.
Gypaetus barbatus 105, 383.
Habicht 356.
Häckels Vorträge 185.
Hakengimpel 365.
Halbaffen im Berliner Garten 73.
Haliaetus albicilla 106, vocifer 273.
Haematopus ostralegus (Nahrung) 59.
Hamster in Rheinhessen 52.
Hänfling 363.
Hannover: Zool. Garten (Nachrichten)
257.
Hase und Kaninchen 179.
Haselhuhn 105, (Nahrung) 58.
Haselmaus 79.
Haubenlerche 367.
Haubenmeise, Mitteleuropäische 98, 346,
372.
Hausbüffel 169.
Hauskaninchen 190.
Hauskatze, abnorme Eigenschaften 346,
Klugheit 13, H. u. Henne 12, H. u.
Maulwurf 13, H. u. Maus 13.
Hausrotschwanz 228, 245.
Hausschwalbe (Abnahme) 14, 204, 300,
(Einmauern eines Sperlings) 312.
Hausspatz 365.
Haustiere, abnorme Eigenschaften 346,
Instinkte 321, Naturgeschichte (Ref.)
188, (Schilderungen) 380.
Heidelerche 367.
Helotarsus ecaudatus 275.
Henne und Hauskatze 12.
Heringsmöwe 104, 378.
389
Herpestes widdringtoni 155.
Herpetologische Verhältnisse des Met-
schekgebirges u. der Kapella (Ungarn)
348.
Herzegowina: Canis aureus 136.
Hessen: Lophyrus 16, 279, 343, 344,
Phylloxera ( Ref.) 317, Schwarzspecht,
Turteltaube u. Wiedehopf 353.
Heufalter, Großer u. Kleiner 375.
Heuschrecken im Frankfurter Insekten¬
haus 3.
Hilfsfermente im Tierkörper 330.
Hinterleibsanhänge der Libellen 282.
Hippolais hippolais 99.
Hippopotamus amphibius 273.
Hirsche im Berliner Garten 43, 77.
Hirundo rustica 300, (gezähmt) 249.
Höckerkrebs 49.
Hoff mann, Dr. Jul. f 25.
Hohltaube 154.
Holzbiene, Violettflüglige 89.
Holztaube 154.
Hornissenschwärmer (Sehvermögen) 86.
Hühnerhabicht 356.
Hühnervögel des Berliner Gartens 37.
Hund (Instinkte) 321, (Sehvermögen) 87.
Hyaena bilkiewiczi, bucharensis 340.
Hyas aranea 49.
Hydrochelidon nigra 104, 252, (Nah¬
rung) 61.
Hyla arborea japonica 145, buergeri 166.
Hylochoerus meinertzhageni 280.
Ibis aethiopica 275.
Ichneumons im Garten zu Hannover 258.
Insekten, Formen u. Farben (Ref.) 318.
Insektenhaus, neues, im Frankfurter
Garten 2.
Instinkte, der Haustiere 321, der soli¬
tären Wespen (Ref.) 93.
Irrführende Tatera 88.
Irrtümer, zoologische (Ref.) 285.
Isubr 341.
ltschangscher Zahnhirsch 89.
Iynx torquilla 99.
Jahrbuch d. Nassau. Ver. f. Natur¬
kunde 1904 (Ref.) 94.
Japan, Reptilien u. Batrachier 144, 161.
Jungfernkranich (Brut) 258.
Jura, Schweizer (Fledermäuse) 315.
Käfer im Frankfurter Insektenhaus 5.
Kalanderlerche 367.
Kammmolch (Polydaktylie) 52.
Kampfläufer 101, (Nahrung) 59.
Kaninchen 190, K. u. Hase 179.
Kapellagebirge (Ungarn) : Herpetolo-
gisches 348.
Kapgiraffe 281.
Kappen ammer 366.
Kappengeier 275.
Karmingimpel 364.
Katalog der Säugetiere 222 u. Vögel
Brasiliens 159.
Kernbeißer 363, kampflustiger 23.
Kiang 88.
Kiebitz 1 01 , (Nahrung) 59.
Kiefernblattwespe 16, 279, 343, 344.
Kiefernkreuzschnabel 365.
Kleiber 98, Nord- u. Süddeutscher 371.
Klettern des Grasfrosches 156.
Klippschliefer, Bettons 88.
Knoblauchskröte, Angstgesclirei 220,
Polymelie 253.
Knurrhahn 49.
Kohlmeise 371, Eiproduktion 221, 313,
K. u. Resorcinkristalle 23.
Kolkrabe 108, 361.
Kormoran 104.
Kornweihe 106.
Körperform der Schildkröten (Entste¬
hung) 381.
Krähen (mit Fußring) 155, (Vertil¬
gung) 376.
Kranich 103, Fortpflanzung 280, Nah¬
rung 59.
Kraniche des Berliner Gartens 112.
Krebse der Marshall-Inselu 239.
Kriechtiere in Japan 144, 161, in
Mexiko (Ref.) 346.
Krokodil 274.
Kuckuck (Nahrung) 57.
Kuckucksameisen 345.
Kurzzehenlerche 367.
Küstenseeschwalbe 104.
Jjachmöwe 103, (Brutstätte) 279.
Lachseeschwalbe 104.
Lagomys 281.
Lama 189.
Lämmergeier 105, 383.
Landois, Prof. Dr. Herrn, f 95.
Lanius { Nahrung) 55, collurio 109, 228,
excubitor 108, minor u. Senator 109.
Larus (Nahrung) 61, argentatus 103,
canus 104, 346, fuscus , glaucus , leu-
copterus , marinus 104, 378, minutus
104, ridibundus 103, 279.
Lasurmeise 371.
Lateinische Namen der deutschen Vö¬
gel 360.
Laubfrosch, japanischer 145.
Lebertran 330.
Leistentoko 277.
Lepidopteren im Frankfurter Insekten¬
haus 4.
Leptoconchus 242.
Leptoptilus argala 277.
390
Lepus cuniculus domesticus 190, cunicu lus
u. timidus 179.
L’hoest, Dir. Francois f 63.
Libellen (Hinterleibsanhänge) 282.
Limosa lapponica , limosa 101.
Lophocercus epirhinus 277.
Lophyrus pini 16, 279, 343, 344.
Lophyrus-Kalamität in Hessen 16, 343.
Loris ceylanica, gracilis 281.
Loxia curvirostra , leucoptera bijasciata
u. pityopsittacus 365.
Luchszucht 343.
Lullula arborea 367.
Lurche, Verbreitung in Mexiko 346.
Lusciola luscinia 242, philomela 243.
Lycaena corydon u. Var. 375.
Magilus 241.
Mähnenschaf 138.
Mainzer Becken: Alytes 314, Crioceris
asparagi 211, Geotrupes typhoeus 279,
Nola togatulalis 221, 313, Saturnia
pavonia 313, seltne oder aberrante
Schmetterlinge 374.
Makak, Sclaters 88.
Mandelkrähe (Nahrung) 56.
Mantelmöwe 104, 378.
Marabu 279.
Maral 341.
Marrills Gazelle 281.
Marshall-lnseln: Fauna 237.
Massenfraß d. Kiefernblattwespe 16, 343.
Mauerbiene, Gehörnte, Rote 251.
Mauerläufer 371.
Maulwurf, Pelzwerk 220, M. u. Katze 13.
Maulwurfsgrille (Nahrung) 153, 278.
Maus u. Katze 13.
Megalob atrachus maximus 173.
Megarhodius goliath 276.
Melanocorypha calandra , sibirica, yelto-
niensis 367.
Meies taxus 299.
Melitaea didyma 375.
Mensch als Gesichtstier 85, 87, Seelen-
u. Verstandesleben 190.
Mergus merganser (Nahrung) 61, albellus,
serrator 125.
Metschekgebirge (Ungarn): Herpeto-
logisches 348.
Mexiko: Verbreitung der Lurche u.
Kriechtiere (Ref.) 346.
Milvus aegyptius 273, milvus 106.
Mißbildung der Füße 24, der Zehen 52.
Mittelamerikanische Vögel (Ref.) 283.
Mitteleuropäische Vögel 91, 126.
Mittelspecht 98.
Mohrenlerche 367.
Molge cristata (Polydaktylie) 52, pyr-
rhogastra 147 u. var. immaculiventris
n. 148, 170.
v. Molsberg, Freih. P. A. f 347.
Mönchgrasmücke 100.
Montifringilla nivalis 365
Moschusochse im Berliner Garten 40.
Motacilla alba alba 370 u alba lugubris
369, boarula 368, 369, citreola 369,
flava flava 368, flava rayi u. melano-
cephala 369, vidua 276.
Möwen (Nahrui g) 61, (im Binnenland)
378, (mit Fußring) 155.
Mufflon 138.
Mülhausen i E.: Zool. Garten 228.
Müller, Pfarrer Karl f 379.
München: Zool. Garten in Sicht 125.
Mus agrarius 131, 133, gregalis 133,
subtilis 130, vagus 133.
Muscardinus avellanarius 79, 130.
Mustela erminea 154, 344. vulgaris 344.
Mycteria senegalensis 276.
Myogale moschata 342.
Myosorex sclateri , tenuis 376.
Myoxus glis 180.
Nachtigall 242.
Nachtpfauenauge, Kleines 313.
Nachtschwalbe (Nahrung) 57.
Nagetiere im Berliner Garten 41, 111.
Nahrung, der Maulwurfsgrille 153, 278,
deutscher Vögel (Ref.) 54.
Nahrungsmittel auf den Marshall-lnseln
( Asaphis ) 239.
Namen, lateinische, der deutschen Vögel
360.
Nandu 10, 142.
Nannugo pipistrellus 52.
Nashorn, Doppelhörniges 375.
Nashornvogel 345.
Naturgeschichte der Haustiere (Ref.)
188, des Tierreichs (Pokorny) 92,
der deutschen Vögel 158.
Nebelkrähe 108, 361.
Nekrologe: Dr. Jul. Hoffmann 25, Prof.
Dr. Herrn. Landois 95, Dir. Fr. L’hoest
63, Freih. P. A. v. Molsberg 347,
Pfarrer Karl Müller 379, Dr. med.
Ad. Zipperl en 156.
Nematus ventricosus 252.
Neophron pileatus 275.
Nerthus, Zeitschr. f. Naturk. (Ref.) 127.
Neue Säugetiere 88, 280, 376.
Neuigkeiten, zoologische, aus Rußland
339.
Neuntöter 109, 228.
Nistweise des Flamingos 185.
Nola togatulalis 221, 313, 375.
Nordamerikanische Vögel (Ref.) 283.
Nordsee: Tiere u. Pflanzen (Ref.) 349.
Notizen, ornithologische aus Hessen 125,
aus Salzburg 227.
Notreife 2.
391
Nubische Giraffe 281.
Nucifraga caryocatactes 108, caryoca-
tactes u.macrorhynchus 362, (Nahrung)
56.
Numenius arcuatus , phaeopus 102,
(Nahrung) 59.
Nyctala tengmalmi 107.
Nycticebus tardigradus hilleri u. malay-
anus 281.
Nyroca (Nahrung) 60, clangula 125.
Ochotona war di 281.
Oedemia nigra 125.
Oedicnemus oedicnemus (Nahrung) 59.
Oedipoda caerulescens 85.
Oleanderschwärmer (Seh- u. Riechver-
mögen) 86.
Onychodactylus japonicus 172.
Orang-Arten (Ref.) 281.
Orientalisches Altertum (Ornithologie)
207.
Oriolus galbula (Nahrung) 56, notatus
277, oriolus 362.
Orkaden : Button-mouse 129.
Ornithologie des orientalischen Alter¬
tums 207.
Ornitholog. Gesellsch. in Basel (Jahres¬
bericht) 383, in Bayern (Verhand¬
lungen) 27, Anzeichen einer wieder¬
kehrenden Tertiärzeit (Ref.) 287,
Notizen 125.
Ornithologisches Exkursions- u. Taschen¬
buch (Ref ) 30, 223.
Orthopteren im Frankfurter Insekten-
hans 3.
Ortygometra parva, porzana, pusilla\0\ ,
porzana (Nahrung) 60.
Osmia bicornis 251.
Ostafrikanische Tierwelt (Ref.) 89.
Ostsee: Tiere und Pflanzen 349.
Otis tarda 105, (Nahrung) 58, tetrax 22.
Ovis (Rassen) 65, ophion 138.
Pampasstrauß 10, 142.
Pandion Tialiaetus 106.
Panurus biarmicus 98.
Papilio machaon u. podalirius (Seh- u.
Riechvermögen) 85, 86.
Parasitismus, temporärer, bei Ameisen
344.
Parus ater 98, 371, atricapülus borealis ,
rlienanus u. salicarius 373, caeruleus
371, cristatus mitratus 98, 346, 372,
cyanus cyanus u. tianschanicus 371,
major 23, 221, 313, 371, palustris
98 und p. palustris, p. communis 372,
p. longirostris 373.
Passer dornest icus , montanus 365.
Passerina nivalis 367.
Pastor roseus 362.
Pelobates fuscus , Angstgeschrei 220,
Polymelie 253.
Pelzbiene, Abgestutzte 251.
Pelzwerk aus Maulwurfsfellen 220.
Perdix perdix 105.
Perisoreus infaustus 362.
Petronia petronia 365.
Pfeifhase, Wards 281.
Pfeifhasen 281.
Pferd, das rechnende (Ref.) 62.
Pferdebestand (Zu- oder Abnahme) 335.
Pfuhlschnepfe 101.
Phalacrocorax africanus 275, carbo 104.
Philalaptrix aquata 375.
Phoca vitulina 259.
Photographieren von Tieren 89, An¬
leitung 350.
Phylloscopus sibilator, trochilus 100.
Phylloxera vastatrix (lief.) 317.
Pica pica 107, 361, p. pica u. melano-
notus 361, (Nahrung) 55.
Picoides tridactylus alpinus 99.
Picus canus viridicanus u. viridis 99,
(Nahrung) 57.
Pinicola enucleator 365.
Pirol 362, (Nahrung) 56.
Pisorhina scops 107.
Planaria alpma , gonocephala 246.
Plectr oplerus gambensis 275.
Plenopiktur 212.
Poecilogale doggetti 88.
Polarmöwe 104.
Polycelis cornuta 246.
Polydaktylie 52.
Polymelie 24, (Entstehung) 253.
Pongo -Arten 281.
Procavia bettoni 88.
Putorius erminea 154, 344, vulgaris 344.
Pyrameis atalanta , cardui (Seh- u. Riech¬
vermögen) 86.
Pyrosoma bigeminum 240.
Pyrrhocorax graculus, pyrrhocorax 362.
Pyrrhula pyrrhula u. europaea 364.
Python reticulatus (Dauer einer Fasten¬
periode) 259.
Quagga 88.
Pabenkrähe 108, 311.
Raöenvögel (in der altorientalischen
Literatur) 209.
Ballus aquaticus (Nahrung) 60.
Mana buergeri 165, esculenta 145, gra-
cilis 169, japonica 150, 166, lim-
nocharis 169, rugosa 149, 166, tem-
poraria 156, (Angstgeschrei) 220.
Rangifer tarandus domesticus 189.
Rassen des Rindviehs 202, des Schafes 65.
Raubmöwe 330, Mittlere 103.
Raubseeschwalbe 104.
392
Raubtiere im Berliner Garten 73.
Raubvögel im Berliner Garten 111, in
der altorientalischen Literatur 207.
Rauchschwalbe (Zu- u. Abnahme) 300.
Rauhfußkauz 107.
Raupen (Schutzkleidung) 221.
Reblaus 317.
Rechnendes Pferd (Ref.) 62.
Regenerationsvermögen der Kaulquap¬
pen (Abhängigkeit) 347.
Regenpfeifer (Nahrung) 59.
Reh u. Bussard 24.
Reiher 102, 359, Fischen 248, Nah¬
rung 59, Nesthöhe 155.
Ren 189.
Rephuhn 105.
Reptilien in Japan 144, 161, in Me¬
xiko 346.
Resorcinkristalle u. Kohlmeise 23.
Bhacophorus schlegeli 147.
Bhea 10, 142.
Rheinhessen: Hamster 52, Kiefern¬
blattwespe 16, Nola togatulalis 221,
313, 375, Uhu 220.
Bhinoceros , im Berliner 109, im Wiener
Garten 262, sumatrensis 375.
Bhipicephalus sanguineas 240.
Riesenratte 88.
Riesenreiher 276.
Rinder des Berliner Gartens 75.
Rinderrassen u. ihre Abstammung 202.
Bissa tridactyla 104.
Robben des Berliner Gartens 75.
Rohrammer 366.
Rohrdommel 103, (Nahrung) 59.
Rohrhuhn (Nahrung) 60.
Rohrweihe 106.
Rosenstar 362.
Rotkehlchen 243, (mit Fußring) 155.
Rotkehlpieper 368.
Rübenzuckergewinnung (Bewertung der
Rückstände) 157.
Rückstände bei der Zuckerfabrikation
(Bewertung) 157.
Ruderfiügel 278.
Rudimentäre Instinkte 321.
Runzelfrosch 149.
Rußland: Zoolog. Neuigkeiten 339.
Saatkrähe 108, 361, (Riech vermögen)
87.
Sachsen: Myoxus glis 180.
Säger (Nahrung) 61, Kleiner u. Mitt¬
lerer 125.
Saiga tatarica 341.
Sandwespe in Ägypten 24.
Sandhügel, von Krebsen errichtet 239.
Sankt-Bernliardshund 252.
Sattelstorch 276.
Saturnia pavonia 313.
Säugetiere, neue 88, 280, 376, Bra¬
siliens (Ref.) 222.
Schaf u. Star 67.
Schafkamele 189.
Schafrassen, im Frankfurter Garten
65, Sch. u. Züchtereien 65.
Schafstelze, Nordische 368.
Schakal, in Dalmatien 134, 279, 332,
in Bosnien, Herzegowina u. Sla-
vonien 136.
Scharrtiere 376.
Schattenvogel 277.
Schellente 125.
Schildkröte, Eutstehung der Körper¬
form u. Farbkleidmuster 381.
Schlafstätte eines Buntspechts 24.
Schlangen, Entstehung des Farbkleid-
musters 381.
Schlangenadler 106.
Schlangenhabicht 258.
Schleichkatzen (Schnelligkeit) 155.
Schleiereule 107.
Schmarotzermilan 273.
Schmarotzerraubmöwe 103.
Schmetterlinge, seltene oder aberrante
374, im Frankfurter Insektenhaus 4.
Schnecke in Korallenblöcken 241.
Schneeammer 367.
Schneefink 365.
Schnelligkeit der Schleichkatzen 155.
Schönbrunn : Zoolog. Garten 260.
Schreiseeadler 273.
Schutzkleidung von Raupen 221.
Schutzmasken u. Schutzfarben im Tier¬
reich 316.
Schwalbe u. Sperling 312.
Schwalben (Abnahme) 14, 204, 300,
Zunahme in Nordafrika 15, gezähmte
249.
Schwalbenschwanz (Seh- u. Riechver¬
mögen) 86.
Schwäne (Nahrung) 60.
Schwanzmeisen 98, Mitteleuropäische u.
Nordische 374.
Schwarze Wildkatze 89.
Schwarzköpfchen 100, (Gesang) 154.
Schwarzrückenelster 361.
Schwarzspecht 99, 125, (Verbreitung
in Hessen) 355.
Schwebfliege, Große, 252.
Schweine des Berliner Gartens 78.
Schweiz, Ab- u. Zunahme der Vögel 97.
Schweizer Jura (Fledermäuse) 315.
Schwimmvögel des Berliner Gartens 112.
Schwirrfiiege, Mondfieckige 252.
Sciurus vulgaris 154.
Sclaters Makak 88.
Scolopax rusticula 102.
Scopus umbrella 277.
Scototiycteris bedfordi 280.
393
Seeadler 106.
Seehund (freiwillig verhungert) 259.
Seelenleben bei Mensch und Tier (Ref.)
190.
Seeschwalben 103, (Nahrung) 61.
Seestern u. Einsiedlerkrebs 58.
Seetaucher (Nahrung) 61.
Seidenschwanz 109, 379.
Serinus canarius serinus, 364, hortulanus
(Einwanderung) 52, pusilliis 364.
Siebenschläfer 180.
Silbermöwe 103.
Silberreiher 273.
Simici- Arten 281.
Simmentaler Rindvieh 202.
Singdrossel (Herbstgesang) 54.
Sitta caesia 98, europaea caesia u. ho-
meyeri 371.
Slavonien: Canis aureus 136.
Sminthus concolor, flavus, leathemi , sub-
„ tilis, tianschanicus 180.
Solitäre Wespen (Gewohnheiten u. In¬
stinkt) 93.
Somali-Strauß 143.
Somateria (Nahrung) 60.
Sommerhitze 1904 (Folgen) 344.
Sonderbares Benehmen von Tieren 297.
Spargelhähnchen (Varietäten) 211.
Spatula (Nahrung) 60.
Specht (Nahrung) 57, (Schlafstätte) 24.
Spechtmühlen 124.
Sperbergrasmücke 100.
Sperlingskauz 107.
Sphex 25.
Sphinx convolvuli (Sek- u. Riechver¬
mögen) 86.
Spilornis chulah 258.
Spinne (in Ägypten) 24.
Sporengans 275.
Spornammer 367.
Spornpieper 367.
Sprosser 243.
Stacheibeerblattwespe 252.
Star 362, mit Fußring 155, Nahrung
56, St. u. Schaf 67.
Steinadler 105.
Steinbock, Sibirischer 840.
Steinkauz 107.
Steinkrähe 362.
Steinsperling 365.
Steppenweihe 106.
Stercorarius parasiticus , pomarinus 103.
Sterna 103, (Nahrung) 61, cantiana ,
caspia, hirundo , macrura , minuta 104.
Stichling im Seeaquarium 48.
Stockholmer Garten : Bericht 20, Eis¬
bären 50, Luchse 343, Sturmmöwen 346.
Storch, Schwarzer 103, Weißer 103,
Häufigkeit in Nordafrika 16, Nahrung
58.
Storchnest in Zolingen 116, 173.
Strandläufer 101, (Nahrung) 59.
Strandvögel mit Fußring 155.
Strandwanderer, Der (Ref.) 349.
Strauß, Amerikanischer 10.
Straußenzucht in Ascania-Nova 139.
Straußvögel des Berliner Gartens 35.
Streifenmaus 130.
Strepticeros strepticeros u. cliora 376.
Strix flammea 107.
Strudelwürmer (Wanderungen) 246.
Struthio 139.
Sturmmöwe 104, 346.
Sturnus vulgaris 362, (Nahrung) 56.
Südbayern: Möwen 378.
Sula bassana 104.
Sumatra-Nashorn 375.
Sumpfhuhn, Kleines 101.
Sumpfmeise 98, Glanzköpfige, nordische
u. mitteleuropäische 372, Mattköpfige,
nordische 373.
Sumpfohreule 107.
Sumpfschnepfe, Große 102.
Suppenschildkröte (Wachstum) 221.
Suricata suricata 376.
Sylvia atricapilla, cinerea , curruca ,
nisoria , simplex , sylvia 100, atrica¬
pilla (Gesang) 154.
Symbiose von Star u. Schaf 67.
Synodontis zambezensis 278.
Syrnium aluco 45, 107.
Syrphus seleniticus 252.
Tachydromus tacliydromoides 152.
Tagschmetterlinge (Sehvermögen) 85.
Talpa europaea (Pelzwerk) 220.
Tannenhäher 108, Nahrung 56, Dick-
u. Schlankschnäbliger 362.
Tannenmeise 98, 371.
Tarantula 24.
Taschenkaleuder, ornithologischer (Ref.)
Tater a fallax 88.
Tatera, Irrt uhrende 88.
Tau 375.
Tauben des Berliner Gartens 38, der
altorientalischen Literatur 210.
Taucher (Nahrung) 61.
Teichfrosch, japanischer 145.
Teichhuhn, Grünfiißiges 101.
Temporärer Parasitismus bei Ameisen
344.
Tetrao bonasia, tetrix, urogallus 105,
(Nahrung) 58.
Texasfieber auf den Marshall-Inseln 240.
Thalpocliares paula 375.
Tichodroma muraria 371.
Tiefsee- Expedition, Deutsche (Vögel)
(Ref.) 255.
Tier, Seele und Verstand (Ref.) 190.
394
Tierbestanl des Gartens in Stockholm
21, Wien 272.
Tierbilder vom Zambeze 273.
Tiere, der Erde (Ref.) 26, 28, 284, der
Marshall-Inseln 237, von Ostafrika
(Ref.) 89, der Tucheier HeidefRef.) 222.
Tierfabeln (Ref.) 285.
Tiergeographie (Ref.) 81.
Tierhaltung im Berliner Garten 112.
Tierreich, Bedeutung der Farben 282,
316, Naturgeschichte (Pokorny) 92.
Tipula 22.
Tortrix buoliana , viridcina 344.
Totanus pugnax 101, (Nahrung) 59.
Totenkopf 86, 375.
Trappe 105, (Nahrung) 22, 58.
Trauerente 125.
Trauerseeschwalbe 104, 252, (Nahrung)
61.
Triel (Nahrung) 59.
Triglci hirundo 49.
Tringa alpina , canutus , ferruginea,
minuta , ternmincki 101.
Tringoides (Nahrung) 59.
Trochilium apiforme (Sehvermögen) 86.
Tropidonotus tessellatus bei Gera 381,
tigrinus 171.
v.Tschusis Verdienste um die Ornitho¬
logie 225.
Tucheier Heide: Tierwelt 222.
Tüpfelsumpfhuhn 101.
Turbellarien,dendrocöle (Wanderungen)
246.
Turdus pilaris 125, musicus (Herbstge¬
sang) 54.
Turteltaube in Hessen 353.
Turtitr turtur 353.
Vfersclinepfe 101.
Uhu 106, 220
Unglückshäher 362.
Unzweckmäßigkeit des Winterkleides bei
Putorius erminea 154.
Upupa epops 109, Nahrung 57, Ver¬
breitung in Hessen 354, africana 277.
Urinator (Nahrung) 61.
Urrinder 202.
Ursiis maritimus (Fortpflanzung) 51,
ornatus (in Bolivia) 51.
Vademekum, ornithologisches (Ref.) 30.
Vakuopiktur 213.
Vanellus vanellus 102, (Nahrung) 59.
Verbergend wirkende Färbungen 314.
Verbreitung der Kriechtiere u. Lurche
Mexikos 346, frühere, des Lämmer¬
geiers 383, des Schakals 134, 279,
332, von Schwarzspecht, Turteltaube
und Wiedehopf in Hessen 353, des
Siebenschläfers in Sachsen 180, der
Tiere (Ref.) 31.
Verfärbung des Wiesels 154, 344.
Verhältnisse, herpetologische, des Met-
schekgebirges u. der Kapella 348.
Verstandesleben bei Tier u. Mensch
(Ref.) 190.
Vertilgung von Eichhorn, Häher u.
Krähe 376.
Verunglückte Vögel (an Leuchttürmen)
51, (auf dem Genfer See) 252.
Vespa vulgaris (Seh- u. Riechvermögen)
85.
Vicunha 189.
Violettflüglige Holzbiene 89.
Viverra dongolensis 155.
Vögel, Formen, Farben u. Bewegungen
318, Fesselung 53, Nahrung (Ref.) 54,
verunglückte 51, 252, Deutschlands
158, 254, Ab- u. Zunahme 97, deren
lateinische Namen 360, Mitteleuropas
91, 126, der Deutschen Tiefsee-Expe¬
dition (Ref.) 255, von Nord- u. Mittel¬
amerika (Ref.) 283, von Brasilien
(Ref.) 159.
Vogelgesang im Herbste 54.
Vogelhandbuch 223.
Vogelzug (Ref.) 29,383, Versuche 155.
Vordringen des Girlitz in Deutschland
52
Vorträge Häckels 185.
Wacholderdrossel 125.
Wachstum des Afr. Elefanten 155, der
Suppenschildkröte 221.
Wachtel 105, (Nahrung) 58.
Wachtelkönig (Nahrung) 60.
Wald u. Heide (Ref.) 94.
Waldammer 366.
Waldkauz 45, 107.
Waldlaubvogel 100.
Waldohreule 45, 107.
Waldschnepfe 102.
Waldschwein 280.
Waldtaube u. Eichhorn 154.
Wanderfalk 106.
Wanderungen der Strudelwürmer (Ref.)
246.
Wards Pfeifhase 281, Zebra 280.
Wasserhuhn, Schwarzes 100, (Nahrung
60.
Wasserläufer (Nahrung) 59.
Wasserpieper 368.
Wasserralle (Nahrung) 60.
"Wasservögel des Berliner Gartens 39.
Weidenammer 366.
Weidenmeise, Mitteldeutsche 373.
Weißschwanzgnu 6.
Weißspecht 99, 227.
Wendehals 99.
Wespen (Seh- u. Riech vermögen) 85,
solitäre (Instinkt u. Gewohnheiten) 93.
Wiedehopf 109, Nahrung 57, Verbrei¬
tung in Hessen 354.
Wien (Nachrichten aus dem Schön¬
brunner Garten) 260.
Wiesel (Winterfärbung) Großes 154,
344, Kleines 344.
Wiesenpieper 368.
Wiesenralle 101.
Wiesenweihe 106.
Wildkaninchen 190.
W ildkatze, Kaukasische 340,Schwarze89.
Wildschafe des Berliner Gartens 40, 77.
Wildtauben (Nahrung) 57.
Windenschwärmer (Seh- u. Riechver-
mögen) 86.
Winterkleid ( Putorius erminea u. vul¬
garis) 154, 344.
Witwenbachstelze 276.
Wolf u. Bison 248.
W}lfsmilchschwärmer 374.
Würfelnatter bei Gera 381.
Würger (Nahrung) 55, Großer 108,
Rotköpfiger u. Rotrückiger 109.
Xema ndibundum 279.
Xylocopa violacea 89.
Yak (Verbreitung) 189.
Zahme Schwalben 249.
Zahnhirsch von Itschang 89.
Zambeze: Tierbilder 273.
Zaunammer 366.
Zaungrasmücke 100.
Zebra, Wards 280.
Zeckenplage auf den Marshall-Inseln 240.
Zehenmißbildung (beim Kammmolch) 52.
Zeichnungsfülle 212.
Zeichnungssparnis 213.
Zeisig 363.
Zeitschrift für Oologie (Ref.) 157.
Zeitschriften u. Bücher: 32, 64, 96,
128, 160, 191, 224, 256, 287, 319,
351, 384.
Zippammer 366.
Zipperlen, Dr. med. Ad. f 156.
Zitronenzeisig 364.
Zofingen, Storchnest 116, 173.
Zoologische Gärten : Amsterdam
(Aquarium) 351, Berlin (Neues aus
dem Garten) 33, 72, 109, Buenos
Aires (Schilderung) 289, Dresden
(Tierfreundschaften) 193, Frank¬
furt a. M. (Bericht) 214, (Elefanten¬
wachstum) 155, (Neues Insektenhaus)
2, (Schafe) 65, (Schnelligkeit der
Schleichkatzen) 155, Hannover
(Nachrichten) 257, Mülhausen i. E.
(Schilderung) 228, München (Pro¬
jekt) 125, Stockholm (Bericht
1902) 20, (Eisbären) 50, (Luchse) 343,
(Sturmmöwen) 346, Wien (Nachrich¬
ten aus Schönbrunn) 260.
Zoologische Neuigkeiten aus Rußland
339.
Züchtereien von Schafen 65.
Zug der Vögel (Ref.) 29, 383, des
Seidenschwanzes (Ref.) 379.
Zunahme der Vögel in Deutschland u.
der Schweiz 97, der Pferde in Hessen
u. Deutschland 335.
Zwergammer 366.
Zwergfledermaus 52.
Zwergmöwe 104.
Zwergohreule 107.
Zwergrohrdommel 103.
Zwergscharbe 275.
Zwergseeschwalbe 104.
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Herausgegeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft und redigiert von
Prof. Dr. 0. Boettger in Frankfurt a. M.
Unter Mitwirkung von :
Prof. Dr. P. Altmann, Prof. Dr. Heinrich Baumgartner, Dir. Alarik Behrn, Johannes
Berg, F. E. Blaauw, Prof. Direktor Dr. Heinrich Bolau, Direktor Dr. Hermann Bolan,
P. Calm, Dr. Carl Eckstein, Prof. Dr. L. Edinger, 0. Edm. Eiffe, Dr. H. Fischer-Sigwart,
C. F, Forsytli, Major, Prof. Dr. Paul Fraisse, Geh. Reg.-Rat E. Friedei, Landgerichtsrat
Br. Gabler, Gymn.- Oberlehrer L. Geiseuheyner, Dr. J. Gengier, Carl Greve, Dam. Gronen,
Dr. W. Haacke, Direktor Hagmann, Dir. Dr. E. Hartert, Direktor Dr. L. Heck, Dr. med.
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Th. Knottnerns-Meyer, Prof. Dr. med. W. Kobelt, E. M. Köhler, Prof. Dr. 0. Körner, Dr. med.
Paul Krefft, Baron A. y. Krtidener, Geh.-Rat Prof. Dr. J. Kühn, Albert Kuli, Dr. B.
Langkayel, Prof. Dr. R. v. Lendenfeld, Prof. Dr. H. Lenz, Prof. Dr. F. Leydig, Hermann
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Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. K. Möbius, Oberförster Ad. Müller, Dr. August Müller, Dr. C.
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Dr. Th. Noack, Direktor Dr. A. C. Oudemans, E. Perzina, Prof. A. Pichler, Ernst
Pinkert, Jos. v. Pleyel, C. A. Purpus, Dir. Dr. H. Reeker, Prof. Dr. A. Reichenow,
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Forstmeister Dr. Ad. Rörig, H, Schacht, Direktor Dr. Ernst Schaff, Dr. P. Sfcliiemenz,
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Adolf Schöpf, Ludwig Schuster, Willi. Schuster, Direktor Dr. Adalb. Seitz, M. Siedler,
Kunstmaler Karl Soffel, Dr. A. Sokolowsky, Geh. Rat Prof. Dr. J. W. Spengel, Osw.
Strassberger , W. Tiesler, Viktor Ritter y. Tscliusi zu Schmidkoffen, Prof. Dr. A.
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über den Stand und die Gesamttätigkeit dieser Institute. Ebenso werden aber auch die
freilebenden Tiere der verschiedenen Zonen und Länder in ihrem Leben und ihren Beziehungen
zur übrigen Tierwelt und zu dem Menschen geschildert; die Zeitschrift stellt also das Tier in
allen seinen Lebensverhältnissen dar und ergänzt so die der Anatomie und Histologie gewidmeten
Blätter. Von besonderem Interesse sind die Korrespondenzen und kleineren Mitteilungen. Durch
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Zool. Garten XLVI. Jalirg. 1905. Tafel I.
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Zool. Garten XLVI. Jahrg. 1905. Tafel II
Wasservogel -Flugkäfige im Berliner Zoologischen Garten
2ool. Garten XLVI. Jahrg. 1905. Tafel III
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Neues Hirsehhaus im Berliner Zoologischen Garten
Zool. Garten XLVI. Jahrg. 1905. Tafel IV.