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Full text of "Zoologische Jahrbücher"

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ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER. 


ABTHEILUNG 
FUR 
ANATOMIE UND ONTOGENIE 
DER THIERE. 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


PROF. DR. J. W. SPENGEL 


IN GIESSEN. 


SIEBZEHNTER BAND. 
MIT 36 TAFELN UND 92 ABBILDUNGEN IM TEXT. 


JENA, 
VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 
1903. 


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Uebersetzungsrecht vorb ehalten. ne 


archrarht. 


Heft I und II 


(ausgegeben am 10. November 1902). Seite 


BoENNINGHAUS, GEDRG, Der Rachen von Phocaena communis Less. 
Eine biologische Studie. Hierzu Tafel 1 und 20 Abbildungen 


ImHlexti. er u, RR Te il 
Putrer, AUGUST, Die Ada der che Hierzu Tafel 
2—4 und 41 Abbildungen im Text. . . . . 99 
BEARD, Jonx, The Origin and Histogenesis of the Pins in Bas 
batis. With plates 5—10 and 8 figures in text . . . . 403 
Heft III 


(ausgegeben am 2. März 1903). 


PETRUNKEWITSCH, ALEXANDER, Das Schicksal der Richtungskörper 
im Drohnenei. Ein Beitrag zur Kenntniss der natürlichen 


Parthenogenese. Hierzu Tafel 11—13 . . . . 481 
Tower, W. L., The Origin and Development of the Wings of | 
Eulsonters. With plates 14—20 and 8 figures in text . . 517 


SCHENK, Orro, Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren 
und Hymenopteren mit besonderer Berücksichtigung der 
sexuellen Unterschiede Hierzu Tafel 21—22 und 4 Ab- 
Bilden IEEE UE. NET ee. 573 


IV Inhalt. 


Heft IV 
(ausgegeben am 12. März 1903). 


Korte, Eric, Beiträge zur Kenntniss der Hautsinnesorgane und 
des peripheren He on. der Tiefsee-Decapoden. Hierzu 
Tafel 23—27 . 

Auuis, Epwarps PHeLps, On certain Fodtures of the Taler Casals 
and Cranial Bones of Polyodon folium. With plate 28 and 
2 figures in text. 

GLAMANN, G., Anatomisch- TE huge z zur RAR da 
Tache one Hierzu Tafel 29—34 und 9 Abbildungen 
im Text . , 

Gross, J., Ueber die Schnee De des Roches Hi 
Tafel 35 und 36. 


Seite 


619 


659 


679 


763 


Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 
Eine biologische Studie 


von 


Dr. med. Georg Boenninghaus, 
Arzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke in Breslau. 


(Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau.) 


Hierzu Tafel 1 und 20 Abbildungen im Text. 


Uebersicht. 


Einleitung: Allgemeines. Anatomische Uebersicht des Rachenge- 
bietes bei den Zahnwalen. 
I. Die basicranio-vertebrale Axe und ihre Beziehung zur Mund- Nasen- 
und Rachenaxe bei den Säugethieren. 
II. Der Umbau der Nase bei den Zahnwalen. 
III. Grundbegriffe der vergleichenden Anatomie des Rachens. 
IV. Der Rachen von Phocaena communis. 
A. Die Pars superior pharyngis. 
1. Die Knochen der Pars superior. 
a) Die knöcherne Rachenrinne. 
b) Das Präsphenoid. 
2. Die Muskeln der Pars superior. 
a) M. pterygo-pharyngeus seu M. constrictor pharyngis superior, 
M. palato-pharyngeus und M. thyreo-palatinus. 
b) M. salpingo-pharyngeus. 
c) M. levator veli (pars pharyngea). 
d) M. tensor veli seu dilatator tubae (pars pharyngea). 
e) M. stylo-pharyngeus. 
3. Die Schleimhaut der Pars superior. 
B. Die Pars inferior pharyngis. 
1. Der Schildknorpel und der M. crico-thyreoideus. 
2. Die Muskeln der Pars inferior. 
a) M. longitudinalis oesophagi. 
b) Die Musculatur des Bodens des Sinus pyriformis. 
c) M. laryngo-pharyngeus seu M. constrictor pharyngis in- 
ferior. 
d) M. hyo-pharyngeus seu M. constrictor pharyngis medius. 
Zool. Jahrb, XVII, Abth. f. Morph. 1 


bo 


G. BOENNINGHAUS, 


C. Das Vestibulum pharyngis. 
1, Zunge und Mundhöhle. 
2. Die Muskeln des Vestibulums. 
a) M. genio-epiglotticus und M. glosso-epiglotticus. 
b) M. palato-glossus. 
c) M. hyo-glossus (pars posterior). 
D. Der Schlingact. 
Die Vorbereitung zum Schlingact. 
Die Erweiterung des Schlundes. 
Die Verengerung des Schlundes. 
Der Verschluss des Isthmus naso-pharyngeus. 
Der Verschluss des Aditus ad laryngem und der Glottis. 
Anhang: Physiologische Schlussbetrachtungen. 
. Kehldeckel und Gaumensegel. 
: Schlingen und Athmen. 
3. Die Function der Nasensäcke oder Nasennebenhöhlen der 
Zahnwale. 
4. Die respiratorische Erweiterung der obern Luftwege bei den 
Zahnwalen. 
Schluss: Convergenzerscheinungen am Schädel anderer Säugethiere. 
Literaturverzeichniss. 
Erklärung der Figuren auf der Tafel. 


SUSE 


Einleitung. 


Als Herr Prof. KÜKENTHAL mich vor geraumer Zeit mit der 
Aufgabe betraute, das Ohr der Wale als Forsetzung seiner und 
seiner Schüler Arbeiten auf dem Gebiete der Walforschung zu 
untersuchen, begann ich mit dem Mittelohr der Zahnwale. Die 
merkwürdigen Veränderungen indess, welche die Ohrtrompete dieser 
Thiere erlitten, zeigten sich von ähnlichen Veränderungen des Rachens 
abhängig. So schloss sich der Durchforschung des Mittelohrs die- 
jenige des Rachens an. Aus Gründen der Zweckmässigkeit soll 
jedoch die Veröffentlichung der Ergebnisse dieser Untersuchungen 
in umgekehrter Reihenfolge, wie sie selbst geschehen, erfolgen. 

Die Arbeit soll eine biologische im weitesten Sinne 
sein, sie soll also feststellen, welche Veränderungen der Rachen 
der Zahnwale gegenüber den Durchschnittsverhältnissen bei den 
Landsäugethieren als den Vorfahren der Wale erlitten, durch welche 
entwicklungsgeschichtlichen Vorgänge diese Veränderungen zu Stande 
gekommen, welche functionelle Veränderungen sich aus den ana- 
tomischen ergeben, welche Vortheile sie für das Lehen im Wasser 
bieten, und endlich, welchem Landsäugethier der Zahnwal im Bau 
seines Rachens am nächsten stehe. Der letzte Punkt soll hier 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 3 
gleich erledigt werden: sowohl in der Vielgliedrigkeit seiner Rachen- 
musculatur als in der Beziehung seines Rachens zum Kehlkopf 
steht der Zahnwal dem Pferde nahe, womit natürlich über verwandt- 
schaftliche Beziehungen nichts ausgesagt werden soll. 

Der Rachen der Zahnwale hat von jeher eine grosse Anziehungs- 
kraft auf die Zootomen, besonders der ältern Zeit, ausgeübt, und 
nicht die Namen der unbekanntesten unter ihnen sind es, die mit 
seiner Erforschung verknüpft sind. Wenn wir aber trotzdem bis 
heute noch sehr weit nicht nur von dem biologischen, 
sondern auch von dem rein anatomischen Verständ- 
niss dieser Gegend entfernt sind, so liegt das nicht zum 
wenigsten daran, dass bis in die letzten Decennien hinein die noth- 
wendige Voraussetzung für das Verständniss der Umwälzung, welche 
diese Gegend bei den Zahnwalen erlitten, die vergleichende Ana- 
tomie des Rachens der Landsäugethiere, fehlte. Trotzdem wir sie nun 
durch die Arbeiten RÜCKERT’s, v. KOSTANECKTS u. A. heute be- 
sitzen, haben selbst die neuesten Lehr- und Handbücher der ver- 
gleichenden Anatomie nur wenig oder gar nicht Notiz von ihr ge- 
nommen. Es mussten daher diese allerorts zerstreuten Forschungs- 
ergebnisse als weniger bekannt vorausgesetzt und eingehender 
berücksichtigt werden, als es sonst nöthig gewesen wäre. Trotz 
dieser Arbeiten blieben aber noch manche Punkte mehr allgemeiner 
Art übrig, die aufzuklären waren. 

Die centrale Lage des Rachens bedingt mannigfache Be- 
ziehungen desselben zu den anliegenden Organen, 
namentlich zur Nase, zum Kehlkopf, zum Mund und zur Ohr- 
trompete. Die Verschiebung, welche im Rachen der Zahnwale ein- 
getreten, geht daher nicht spurlos an seinen Nachbarn vorüber, und 
es war daher auch nicht möglich, auf diese Veränderungen keine Rück- 
sicht zu nehmen. Doch ist es nur in so weit geschehen, als sie in 
directer Beziehung zu jenen des Rachens stehen. Diese ist aller- 
dings bei der Nase recht innig und zeitigte ein abgeschlossenes 
Capitel über den Umbau der Nase. 

Die Methode, welche in Anwendung kam, war die anatomisch- 
präparatorische, bei schwierigen Muskelpartien mit Benutzung der 
Lupe. Als Hülfsmethode wurde die Mikroskopie herangezogen, 
theils um histologische, theils um entwicklungsgeschichtliche Ver- 
hältnisse an den in Serienschnitten zerlegten kleinern Embryonen 
festzustellen. Die Zeichnungen, welche besonders beim Mittelohr 
äusserst complieirt sind, wurden zum bei weitem grössten Theil 

1* 


4 G. BOENNINGHAUS, 


von unserm akademischen Zeichner Herrn Dr. LOSCHMANN ver- 
ständnissvoll und künstlerisch ausgeführt. 
Das Material war folgendes: 


1 Embryo eines Delphins (Beluga leucas?), directe Länge 3,7 cm 
1 „ von Phocaena communis, directe Länge CA 
1 i A a 5 À : 12,00 
1 Bi Z A . 3 . 68,0 ,. 
1 Spirituskopf einer sehr jungen Phocaena communis, 

directe Länge ca. "90007 
5 grössere frische Exemplare von Phocaena communis, 

directe Linge 105,114, 112 76 m 72H 2% 


Verschiedene skeletirte Schädel von Phocaena communis, besonders 
eines sehr jungen Exemplars. 

Zum Vergleiche dienten: 

Embryonen von verschiedenen Landsäugern, in Serienschnitte zer- 
legt, 3 Köpfe vom Pferd, 1 Kopf vom Kalb, 1 Kopf vom Schwein, end- 
lich die Schädelsammlung des Zoologischen Instituts. Die Phocaena- 
Embryonen stammten aus dem Privatbesitz des Herrn Professor 
KÜKENTHAL. 

Herrn Prof. KÜKENTHAL spreche ich für die Zuweisung der 
interessanten Aufgabe und für das nie ermüdende Interesse, welches 
er deren Lösung in allen Phasen entgegenbrachte, meinen herz- 
lichsten Dank aus. 

Es dürfte zweckmässig sein, unsern speciellern Betrachtungen 
eine anatomische Uebersicht des Rachengebiets bei 
den Zahnwalen vorangehen zu lassen: 

Betrachten wir die anatomischen Verhältnisse des Rachens und 
seiner Nachbartheile bei den Zahnwalen im Allgemeinen und bei 
Phocaena im Besondern, so bemerken wir eine Fülle von Unter- 
schieden gegenüber den gewohnten Verhältnissen bei den Land- 
säugethieren. Stellen wir nun einmal diejenigen Unterschiede, 
welche ohne weiteres in die Augen springen, sowohl am 
macerirten Schädel, als am Sagittalschnitt des ganzen Kopfes 
eines Zahnwals fest. 

Am Schädel der Zahnwale (Fig. A) fällt zunächst auf, dass 
die äussern Nasenlöcher nicht an dem gewöhnlichen Ort an der 
Spitze der Oberkiefer sich befinden und dass Oberkiefer (3) und 
Zwischenkiefer (7), sowie Gaumenbeine (4) eine compacte, undurch- 
bohrte Knochenmasse, den sog. Schnabel, bilden. Die äussern 
Nasenlöcher befinden sich vielmehr auf der Stirn (Taf. 1, Fig. 1) 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 5 


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g. Ventrale Ansicht eines um 
45° um die Längsaxe gedrehten Schi- 
dels einer Phocaena von mittlerer Grösse. 
3:4. 1 Intermaxillare, 2 Vomer, verticale Platte, 
3 Maxillare, 4 Palatinum, # Ala palatina, 9 Ptery- 
goid, 6 Vomer, horizontale Platte, 7 Vomer, verti- 
cale Platte, S Basioceipitale, 4 Condylus oceipitalis, 
10 Processus ventralis ossis basioceipitalis, ZZ Pro- 
cessus paraoceipitalis ossis exoceipitalis, /2 Pro- 
cessus zygomaticus ossis squamosi, /2° Processus 
faleiformis ossis squamosi, 23 Zygomatieum, /4 Pro- 


cessus postorbitalis ossis frontalis. 


6 G. BOENNINGHAUS, 


und stellen zwei rundliche, durch ein knéchernes Septum von einander 
getrennte Oeffnungen, die Aperturae pyriformes, dar. Sie bilden den 
Eingang zu zwei knöchernen Rohren, welche ebenfalls durch ein 
Septum von einander getrennt sind und etwa senkrecht zur Schädel- 
basis hinabführen, wo sie mit zwei ähnlichen Oeffnungen, den 
Choanen (Fig. A unterhalb 6) enden. Die äussern Nasenlöcher 
sehen direct nach oben, die Choanen mehr nach hinten (Fig. T). 
Die Rohre selbst sind leicht convex nach vorn gekrümmt, ent- 
sprechend der Krümmung der vordern Schädelwand, deren Aussen- 
fläche sie in ihrem ganzen Verlauf eng anliegen. Diese „Nasen- 
rohre“ sind absolut glattwandig. — Die Schädelbasis ist an ihrer 
untern Fläche ebenfalls sehr abweichend gestaltet. Man kann sie 
in drei Drittel eintheilen, in zwei seitliche und ein mittleres. Auf 
der Grenze zwischen dem mittlern und den seitlichen Dritteln 
erhebt sich jederseits ein sagittal verlaufender, einige Centimeter 
hoher, scharfer Knochenkamm. Er wird gebildet in seiner hintern 
Hälfte von einem Processus (Fig. A 10) der Unterfläche des 
Basioceipitale (8), der bei Landsäugethieren unbekannt ist, in seiner 
vordern Hälfte von dem mächtig entwickelten Pterygoid (5), in 
welchem sich eine tiefe Ineisur (Fig. K e) befindet. Durch die 
Knochenkämme wird das mittlere Drittel zu einer mächtigen, glatt- - 
wandigen Halbrinne umgestaltet, welche die directe Fortsetzung der 
beiden Nasenrohre nach hinten zu bildet. Die seitlichen Drittel 
erscheinen im Gegensatz zum mittlern ausserordentlich zerrissen. 
Nichts von den gewohnten, rundlichen Löchern, welche für den 
Durchtritt der Nerven und Gefässe bestimmt sind, ist hier zu finden, 
nur unregelmässige Oeffnungen mit zerfetzten Rändern, in deren 
hinterster und grösster das Os petrosum vereinigt mit dem Os 
tympanicum (in Fig. A fehlend) liegt, die vollständig aus dem 
knöchernen Zusammenhang mit dem Schädel losgelöst sind. 

Am Sagittalschnitt eines Kopfes von Phocaena (Taf. 1, 
Fig. 1) bemerken wir nach der Wegnahme der knöchernen „Nasen- 
scheidewand“ (in der Figur nicht weggenommen) zunächst das be- 
treffende Nasenrohr in seinem oben geschilderten Verlauf (punktirt 
in der Figur, u). Es führt nach oben zu dem äussern in der Haut 
gelegenen nur in der Einzahl vorhandenen Nasenloch, dem sog. 
Spritzloch (a). Zwischen den äussern, knöchernen Nasenlöchern 
und diesem Spritzloch befindet sich ein System von membranösen 
Hohlräumen mit sehr derber Wand (c). Das Nasenrohr setzt sich 
unterhalb der Choanen in den Nasenrachenraum fort. Die Wand des- 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 7 


selben ist bis unten hin vollkommen schlauchförmig. Die Schlauch- 
bildung kommt dadurch zu Stande, dass der weiche Gaumen sich 
gegen die seitliche Rachenwand nicht, wie bei den Landsäugethieren, 
in einem Winkel absetzt, sondern dass er unter Abrundung des 
Winkels in dieselbe tibergeht. — Die Schleimhaut des Nasenrachen- 
raums und des Nasenrohrs in seinen untern zwei Dritteln hat ein 
merkwiirdiges Aussehen, denn in ihr befinden sich viele tiefe Griib- 
chen, die den Eindruck machen, als seien sie die Oeffnungen von 
Schleimhautdriisen (Taf. 1, Fig. 4). In der Mitte des Nasenrohrs 
an seiner Aussenwand befindet sich eine kleine, spaltförmige Oeffnung, 
sie ist die Oeffnung der Ohrtrompete (Fig. T 2), denn eine in sie 
eingeführte Sonde schlägt die Richtung gegen das Os tympanicum 
ein. Sie passirt dabei die Incisur im Pterygoid (Fig. K e), welche 
offenbar für den Durchtritt der Ohrtrompete bestimmt ist. — Der 
Nasenrachenraum endigt unten mit einem ringförmigen Schleim- 
hautwulst (Taf. 1, Fig. 1 bei 74), den man seiner Lage nach für 
die sehr stark entwickelten Arcus palato-pharyngei halten muss. 

Der unterhalb des Ringwulstes gelegene Theil des Rachens 
verläuft horizontal und ist die geradlinige Verbindung zwischen 
Mund und Speiseröhre. In ihn ıst der Kehlkopf eingebaut, er liegt 
fast gänzlich unter der Schädelbasis. Epiglottis (Taf. 1, Fig. 1 a!) 
und Aryknorpel (b!) sind fast rechtwinklig nach oben abgebogen 
und stark verlängert. Ihre Spitzen werden von jenem Ringwulst 
eng umschlossen. Durch den Einbau von Epiglottis und Aryknorpel 
wird der Speiseweg in 2 Seitenwege getheilt, welche um die ge- 
nannten Theile des Kehlkopfs herum führen und hinter ihnen sich 
wieder zu einem ungetheilten Speiseweg vereinigen. 


I. Die basicranio-vertebrale Axe und ihre Beziehung zur Mund- 
Nasen- und Rachenaxe bei den Säugethieren. 


In der Anatomie des Rachens und seines Nachbargebiets 
treten bei den Zahnwalen eine ganze Reihe von Momenten all- 
gemeiner Art auf, die, so überraschend sie auch auf den ersten Blick 
erscheinen, doch nichts anderes vorstellen als den weitern Ausbau 
von Verhältnissen, die bei den Landsäugethieren schon vorgebildet 
sind. Dies zu zeigen, ist die Aufgabe des vorliegenden Capitels. 

Die vier Knochen, welche die basicraniale Axe zusammen- 
setzen, das Mesethmoid (7 Fig. B—-E), das Präsphenoid (2), das 
Basisphenoid (3) und das Basioccipitale (4) treffen in der Land- 
säugethierreihe unter sehr verschiedenen Winkeln (LUCAE) zusammen. 


8 G. BOENNINGHAUS, 


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Fig. B—E. Schema der basieranio-vertebralen Axe und der Mund- Nasen-Rachen- 
axe, Fig. B bei den Primaten, Fig. C bei den Hufthieren, Fig. D bei den Raub- 
thieren, Fig. E bei den Zahnwalen. / Mesethmoid, 2 Präsphenoid, 3 Basisphenoid, 
4 Basioccipitale, 9 Wirbelsäule, «bed Mund- Nasen-Rachenaxe, e Kehlkopf, f Lamina 
cribrosa resp. Crista galli, g Atlanto-oceipital-Gelenk. 

(Bei den Zahnwalen bedeutet «bc nur die Mund-Rachenaxe, denn die Nasenaxe 
verläuft getrennt von der Mundaxe zur Stirn, was in Fig. E nicht eingezeichnet ist.) 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 9 


Auch der Winkel zwischen Basisphenoid und Wirbelsäule (5) ist ein 
sehr verschiedener. — Die Winkel zwischen den beiden Keilbeinen 
und dem Hinterhauptsbein sind fiir die Gestaltung der Mund- 
Nasen-Rachenaxe (abcd) ohne Belang und können daher ver- 
nachlässigt werden. Belangreicher aber ist der Winkel zwischen 
Mesethmoid und Präsphenoid und am belangreichsten derjenige 
zwischen Basioccipitale und Wirbelsäule. — Die craniale Kante des 
Mesethmoids (f), dieCrista galli, steht bei Säugethierembryonen in 
früher Zeit, solange die Kopfbeuge noch nicht ausgeglichen ist, 
weit unterhalb (Dursy) der horizontalen Linie, welche man sich als 
sagittale Axe durch die Keilbeine und das Hinterhauptsbein gelegt 
denkt, und sieht nach vorn. Erst allmählich richtet sie sich auf. 
Sie erreicht bei den Primaten, Fig. B, die Horizontale, 
steht bei den Ungulaten (Lucas), Fig. C, etwa in der 
Mitte zwischen der Horizontalen und Verticalen und 
erhebt sich bei den Raubthieren (Lucas), Fig. D, und 
den Zahnwalen, Fig. E, bis zur Verticalen. 

Ueber die Zeit der Vollendung dieser Aufrichtung 
der Crista galli, ist nichts Näheres bekannt, doch scheint sie erst 
nach der Geburt ihre höchste Erhebung zu erreichen. Wenigstens 
fand ich beim neugebornen Pferd, Rind und Schwein die Crista 
galli noch in oder unter der Horizontalen. Das letztere Verhältniss 
besteht auch beim neugebornen Menschen (Abbildung bei KOLLMANN 
fig. 147). Hierauf beruht es auch, dass das Gesicht der neu- 
gebornen Säugethiere und des Menschen die Richtung nach unten 
hat. Bei Phocaena vollzieht sich die Aufrichtung früher als bei den 
Landsäugethieren. Denn beim Embryo von 7,1 cm Länge (Fig. J) 
beginnt die Crista galli oder in dieser Figur die Lamina cribrosa, 
was ja dasselbe sagen will, sich schon über die Horizontale zu er- 
heben, während sie beim Schafsembryo von 6,4 cm (Fig. G) noch in 
der Horizontalen liegt, doch ist diese Aufrichtung beim Phocaena- 
Embryo anders zu beurtheilen (s. Cap. II) als bei den Landsäuge- 
thieren. Beim fast ausgetragnen Phocaena -Embryo von 68 cm 
(Abbildung bei KÜKENTHAL tab. 21) aber steht die Crista galli 
bereits in der Verticalen. Das entspricht der Thatsache, dass die 
Wale in jeder Beziehung weiter entwickelte Junge zur Welt bringen 
als die Landsäugethiere. — Zur Aufrichtung der Crista galli gesellt 
sich bei den Zahnwalen und einigen andern Wassersäugethieren 
eine Drehung im Präsphenoid um die frontale Axe um ca. 90°. 


10 G. BOENNINGHAUS, 


Mit der Aufrichtung der Crista galli ist natiirlich eine Auf- 
richtung des ganzen Mesethmoids verbunden und, da das Mesethmoid 
zusammen mit den Exethmoiden die primordiale Grundlage bildet, 
auch eine Aufrichtung der Nase in dem Sinne, dass die Nasenlöcher 
gehoben werden. Dadurch wird aber auch zugleich die Mundöffnung 
gehoben, und so kommt es zu einer Streckung des vordersten 
Theiles (ab) der Mund-Nasen-Rachenaxe abcd, oder, 
was dasselbe sagt, zur Aufhebung des Winkels abe, 
zwischen Mund-Nase einerseits und Rachen andrer- 
seits. (Unter Mund-Nasen-Rachenaxe möchte ich vergleichend- 
anatomisch die ideale Axe verstehen, welche man vorn durch die 
zu einer Höhle vereinigt gedachte Mund- und Nasenhöhle a b und, 
nach hinten sich fortsetzend, durch die Rachenhöhle bed sich 
gelegt denken kann. Der Punkt b würde an dem hintern Ende 
des harten Gaumens liegen, etwa dort, wo die Spina nasalis posterior 
sich befindet.) 

Hand in Hand mit der Aufrichtung der Crista galli geht nun 
eine Streckung der Wirbelsäule (RÜCKERT) in der Säuge- 
thierreihe vor sich. Sie kommt dadurch zu Stande, dass das 
hinterste Ende des Hinterhauptbeins mit den Condylen (g Fig. B—E) 
sich um die frontale Axe nach oben dreht (DAUBENTON), so dass bei 
den Walthieren schliesslich das Hinterhauptsloch direct nach hinten 
sieht. 

Mit dieser Streckung der Wirbelsäule ist natürlich eine 
Streckung des derselben anliegenden Theils des Rachens (c d) verbun- 
den. Sie führt zur Aufhebung des unter dem Atlanto-oc- 
cipital-Gelenk gelegenen eigentlichen Rachenwinkels 
hed, so dass in der Reihe der Säugethiere sich allmählich das 
Stück ab und cd zur Höhe des Stückes bc, dem Fornix des 
Rachens, erhebt, welche in seiner ursprünglichen Lage liegen bleibt. 

Auf diese Weise würde die Mund-Nasen-Rachenaxe beim 
Wal eine vollkommen gerade Linie bilden, wenn nicht bei diesem 
Thier die Nasenhöhle von ihrem ursprünglichen Verlauf über der 
Mundhöhle und parallel mit der Mundhöhle sich getrennt hätte und 
vom Rachen aus zur Stirn emporstiege. Daher kann man beim 
Wal nicht von einer Streckung der Mund-Nasen - Rachenaxe 
sprechen, sondern nur von einer Streckung der Mund- 
Rachenaxe. 

Durch die Streckung der .Mund- Nasen-Rachenaxe gelangt 
der mit dem Rachen fest verbundene Kehlkopf (e) allmählich in 


Der Rachen von Phocaena communis Less. il 


eine vollkommen horizontale Lage. Mit der Streckung des 
Rachens geht aber auch eine Verkürzung des letzteren einher (RUCKERT). 
So kommt der horizontal gelagerte Kehlkopf schliesslich (Fig. E) 
direct unter die Schädelbasis zu liegen. Er wird zugleich 
dem weichen Gaumen genähert und gelangt mit der 
Epiglottis hinter denselben (RÜCKERT). Die Epiglottis 
schiebt sich dabei wie ein Pfeiler in den Speiseweg, d.h. in 
den Theil des Rachens hinein, welcher Mund und Speiseröhre ver- 
bindet, und führt zu einer Zweitheilung dieses Weges, 
sowohl anatomisch, wie auch physiologisch (beim Schlingact, WAL- 
DEYER). 


II. Der Umbau der Nase bei den Zahnwalen. 


Beim Zahnwal spielen sich im obern Theil des Rachens und 
in der Nase Veränderungen ab, die zu einer totalen Umgestaltung 
des Gesichtsschädels führen. Sie stehen vielfach in so grosser 
gegenseitiger Abhängigkeit, dass eine Untersuchung des Rachens 
ohne Berücksichtigung der Nase nicht zu einem Verständniss der Ver- 
hältnisse führen würde. Die Untersuchung der knöchernen Nase 
muss daher einen integrirenden Bestandtheil dieser Arbeit bilden 
und soll aus praktischen Gründen der Besprechung des Rachens 
vorangehen. 

Wie kommen die knöchernen Nasenlöcher bei den 
Zahn walen auf die Stirn? Diese Frage ist es, welche jeder 
Untersucher dieser Gegend sich zunächst auferlegen wird, und von 
ihr soll auch unsere Untersuchung ausgehen. 

KUKENTHAL, der einzige Cetologe, welcher dieser Frage sach- 
gemäss nahe trat, wies nach, dass der Oberkiefer von Phocaena- 
Embryonen fast doppelt so schnell wachse wie der übrige Körper, 
ein Nachweis, der später bei der Besprechung der Zunge und ihres 
Verhältnisses zur Mundhöhle noch gewürdigt werden wird. Die 
äussern Nasenöffnungen aber konnten nach KUKENTHAL’s Ansicht 
diesem schnellen Wachsthum der Kiefer nicht folgen, blieben an 
der Stirn zurück und wurden durch gleichzeitig vermehrtes Dicken- 
wachsthum der Oberkiefer auf die Höhe der Stirn gehoben. 
KÜKENTHAL sah also den Grund für die Lageveränderung der 
äussern Nasenlöcher in einem vermehrten Wachsthum der Ober- 
kiefer. 

Im Atlas von VAN BENEDEN und GERVAIS nun finden sich die 
Abbildungen zweier seltener Zahnwale, der Orcella und Kogia 


22 G. BOENNINGHAUS, 


breviceps, welche trotz auffallend kurzem Oberkiefer die Nasen- 
löcher, wie die langschnabligen Zahnwale, auf der Stirn tragen. 
Dieser theilweise Widerspruch schien mir die Möglichkeit einer 
andern Auffassung zuzulassen. Sie sieht die bewegende Ursache 
für die veränderte Lage der Nasenlöcherin der Nase 
selbst und geht vom Knorpel als dem formbestimmen- 
den Bestandtheil der Nase aus. 


Betrachten wir zunächst, was entwicklungsgeschichtlich und ver- 
gleichend - anatomiscb über das knorplige Nasengerüst der 
Landsäugethiere bekannt ist: Im Mesenchym des verdickten 
Frontpols des häutigen Primordialcraniums, des Stirnfortsatzes der Ent- 
wicklungsgeschichte, kommt es schon in sehr früher embryonaler Zeit 
zur Differenzirung von Knorpel, welcher die erste Anlage des knorpligen 
Nasengerüstes darstellt. Etwas später zeigt der Knorpel im Frontal- 
schnitt die Figur eines T, doch mit nach unten heruntergeschlagenem 
und an den Enden rinnenförmig umgebognem Querbalken. Der Längs- 
balken (Fig. F1) gehört der knorpligen Nasenscheidewand, der obere 
Theil des Querbalkens (2) dem knorpligen Nasen- 
dach, der seitliche Theil (3) der knorpligen Nasen- 
scheidewand an. Der untere, eingerollte Teil der 
Seitenwand (4) aber soll rinnenförmiger Knorpel ge- 


Fig. F. Frontalschnitt durch die Nase eines Landsäuger- 
embryos. Schema. 7 knorplige Nasenscheidewand, 2 knorp- 
liges Nasendach, 9 knorplige Nasenseitenwand, # „rinnen- 
förmiger‘‘ Knorpel, 9 knorpliger Nasenboden, 6 knorplige Sieb- 
ee À beinmuscheln. 


nannt werden (4). Etwas später bilden sich auf der Innenfläche des Daches 
und der Seitenwände knorplige Leisten (6), die entsprechenden Schleimhaut- 
falten als Einlage dienen und die Anlage der Siebbeinmuscheln darstellen 
(6). Erst nachdem sich der primitive Gaumen geschlossen hat, bildet sich 
auch zwischen unterer Fläche des rinnenférmigen Knor- 
pels und unterer Kante des Septums Knorpel aus, der 
knorplige Nasenboden (5). Jetzt erst bildet dieses Knorpel- 
gerüst ein geschlossnes, zweigetheiltes Rohr, die primordiale, knor- 
plige Nasenkapsel, mit den vordern Nasenlöchern oder 
den Nares, den hintern Nasenlöchern oder den primitiven 
Choanen und dem zwischen ihnen gelegenen primären 
Cavum nasi. Der Querschnitt dieses Cavum nasi gleicht also jetzt 
dem Querschnitt eines sagittal septirten Tunnels, in welchen leisten- 
artige Vorsprünge, die rinnenförmigen Knorpel und die Siebbeinmuscheln, 
hineinragen. — Im lateralen Sagittalschnitt eines Landsäugerembryos 
Fig. G), dessen wir zum spätern Vergleich mit dem Zahnwalembryo 
benöthigen, sehen wir das Dach in einen hintern Theil (7), die Lamina 
cribrosa, und in einen vordern Theil (2), den später vom Nasenbein be- 


> 


deckten vordern Theil des Nasendachs geschieden. 3 ist die knorplige 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 13 


Nasenseitenwand, 4 der rinnenférmige Knorpel, 5 die Siebbeinmuscheln, 
6 der Nasenbodenknorpel. Durch die allmählich sich vollziehende 
Drehung der Ethmoide (cf. Cap. I) rückt die Nasenspitze nach vorn, 


Fig. G. Lateraler Sagittalschnitt durch den Kopf eines Schafembryos von 6,4 8.8. 
4:1. Z2 Lamina cribrosa (knorpl. Nasendach, hinterer Theil), 2 knorpliges Nasendach, 
vorderer Theil, > knorplige Nasenseitenwand, # „rinnenförmiger Knorpel“, 5 knorplige 
Siebbeinmuscheln, 6 knorpliger Nasenboden, 7 knorpliges Präsphenoid, a Lage des 
äussern Nasenlochs. 


und die primären Choanen stellen sich schräg von vorn unten nach 
hinten oben. Unter ihnen bildet sich nun das secundäre 
Cavum nasi oder der Nasenrachengang der Entwicklungsgeschichte 
aus. Es hat von Anfang an knöcherne Wandungen und 
wird seitlich vorn von den aufsteigenden Aesten der Oberkiefer 
(ef. Fig. L) begrenzt, seitlich hinten von den aufsteigenden Fortsätzen 
der Gaumenbeine und unten von den horizontalen Fortsätzen der 
Oberkiefer und der Gaumenbeine (secundärer Gaumen); septirt wird es 
durch den Vomer. Die vorderen Oeffnungen sind identisch mit den 
primitiven Choanen, die hintern Oeffnungen bilden die secundären 
Choanen oder kurzweg die Choanen der Anatomie. — Die 
knorplige Nasenkapsel erfährt nun mancherlei Verände- 
rungen. Ihr hinterer Theil verknöchert, und es wird der hintere Theil 
des knorpligen Septums zur Lamina perpendicularis, der hintere Theil 
des Daches zur Lamina cribrosa, der hintere Theil der Seitenwand zur 
Lamina papyracea des Siebbeins und der hintere Theil des 
rinnenförmigen Knorpels zum Maxilloturbinale. — Der 
mittlere Theil der knorpligen Nasenkapsel aber erhält eine knöcherne 
Bedeckung, am Dach durch die Nasenbeine, an den Seiten durch 


14 G. BOENNINGHAUS, 


die Thränenbeine, den vordern Theil der aufsteigenden Aeste der Ober- 
kiefer und die aufsteigenden Aeste der Zwischenkiefer, am Boden durch 
die Gaumenfortsätze der Zwischenkiefer (primärer Gaumen). Der 
Knorpel unter diesen Knochen kann im spätern Leben bleiben, aber 
auch schwinden (Spurear). — Der vorderste Theil der Nasen- 
kapsel bleibt Zeit Lebens knorplig, macht aber in der Säuge- 
thierreihe eine grosse Menge verschiedner Reductionen durch 
(SpurGar). Es ist nicht ein Theil an ihm, der nicht gelegentlich binde- 
gewebig ersetzt werden könnte, mit Ausnahme dor knorpligen 
Umsäumung der Nasenlöcher, welche Spurecar den Annulus 
cartilagineus nennt. Er wird innen vom Septum gebildet, oben 
von den Cartilagines alares (constante Abspaltung aus dem Nasendach) 
und aussen, sowie seitlich unten von dem vorderen nicht zur untern 
Muschel gewordenen Theil des rinnenförmigen Knorpels, der Cartilago 
navicularis, Unten schliesst der vorderste Theil des Bodenknorpels 
den Ring, doch kann dieser Theil des Annulus fehlen, und 
der Annulus ist jetzt unten geöffnet, z. B. bei den Primaten. 


Nach dieser Uebersicht über die Verhältnisse bei den Land- 
säugethieren wird es uns nicht schwer fallen, die Verhältnisse bei 
den Zahnwalen zu verstehen. Drei Factoren sind es, 
welche die knöchernen Nasenlöcher bei den Zahn- 
walen auf die Stirn bringen: 


1) Die Reduction der Exethmoide. 

Wir gehen von einer grob mechanischen Vorstellung allgemeiner : 
Natur aus: Man stelle sich die Aufgabe, an einem kurzen, septirten 
Tunnel, der an der Stirn liegenden ersten Anlage der Nasenkapsel, 
die vordern Oeffnungen, die Nares, weiter nach vorn zu verlegen, 
wo sie im spätern Leben liegen. Man wird das machen durch 
gleichmässige Verlängerung der Scheidewand, des Daches, 
der Seitenwände und des Bodens des Tunnels nach vorn. Das ist 
der Plan, nach welchem der Ausbau der Landsäugernase 
erfolgt. Verlängert man nun ganz allein die Scheidewand, lässt 
aber die übrigen Bestandtheile des Tunnels an der Stirn in ihrer 
ursprünglichen Kürze liegen, so erhalten wir den Plan, nach welchem 
die Zahnwalnase gebaut ist. Oder mit andern Worten: Von 
den knorpligen Bestandtheilen der Zahnwalnase 
wächst allein in normaler (oder, genauer gesagt, in über- 
mässiger) Weise das Septum, das Mesethmoid. Die 
eigentliche Nasenkapsel aber, dieExethmoide, werden 
zwar angelegt, bleiben aber rudimentär. — Den Beweis 
hierfür liefern uns unsere Präparate. Die Durchsicht der Frontal- 
schnitte der Nase des 3,7 cm langen Delphinembryos, von denen 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 15 


man die charakteristischsten in KÜKENTHAL's Werk abgebildet 
findet, zeigt schon, wie im spätern Leben der Zahnwale, ein langes 
wohl ausgebildetes, bis in die Nasenspitze reichendes knorpliges 
Septum (Fig. H 7). Die eigentliche Nasenkapsel dagegen ist, ent- 
sprechend den bereits weit zurückliegenden 
Nasenlöchern, stark verkürzt und in ihren 
Componenten erheblich reducirt. Vorhanden 
ist zwischen Nasenloch und Präsphenoid 
jederseits ein sehr kurzes Nasendach (2) 
und eine sehr kurze Nasenseitenwand (3). 
Von ihr geht eine schmale Knorpelspange 
aus, welche das häutige Nasenloch von 


Fig. H. Horizontalschnitt durch die Nase eines 
Zahnwahlembryos. Schema. / knorplige Nasenscheide- 
wand, 2 knorpliges Nasendach, © knorplige Nasenseiten- 
wand, # „rinnenförmiger Knorpel“. 


aussen her umgreift. Sie geht in eine dicke und sehr breite 
Knorpelplatte (4) über, welche dem Septum mit ibrer Breitseite 
dicht anliegt. Sie ist das verbreiterte Endstück der Knorpelspange, 
entspricht also der Cartilago navicularis der Landsäuge- 
thiere und bildet in Ermanglung des Bodenknorpels 
nicht nur die untere Umsäumung des Nasenlochs, 
sondern auch den ganzen Boden derkurzenknorpligen 
Nasenkapsel. Dies sowie der Umstand, dass diese 
Platte nicht mit dem Septum verwachsen ist, ist für 
unsere spätere Betrachtung von grosser Wichtigkeit. 
Ausser dem Bodenknorpel kommen nicht zur Anlage die knorpligen 
Siebbeinmuscheln. — Beim 7,1 und noch mehr beim 12,7 cm langen 
Phocaena-Embryo ist das Nasendach mit Ausnahme der Lamina 
cribrosa und die Nasenseitenwand bereits so erheblich reducirt, dass 
das kurze primäre Cavum nasi so gut wie geschwunden ist. Der 
Rest von Dach und Seitenwand sowie die Spange mit Endplatte 
stellt somit eigentlich nur noch einen Annulus cartilagineus dar, 
welcher das häutige Nasenloch umgiebt. Dieser Annulus mit 
sammt der Lamina cribrosa bilden also in diesem 
Stadium bereits dasRudiment der ganzen Exethmoide 
(KUKENTHAL). Im lateralen Sagittalschnitt der Fig. J sieht 
man die Lamina cribrosa (7), durch welche beim 3,7 cm langen 
Embryo Olfactoriusfasern treten (KÜKENTHAL), die aber später ver- 
schwinden. Darüber bemerkt man den obern Theil der Spange (2), 


16 G. BOENNINGHAUS, 


darunter den untern Theil derselben (3), hierunter die lateralste 
Spitze der Seitenplatte, welche sehr dick ist (4). — Doch die 
Reduction der knorpligen Nasenkapsel geht weiter: 


Fig. J. Lateraler Sagittalschnitt durch den Kopf eines Phocoena-Embryos yon 7,1 
direeter Länge. Es ist der Schnitt gewählt, der die knorplige Nase in stärkster Ent- 
wicklung zeigte. 4:1. 12 Lamina cribrosa, 2 oberer Theil der Knorpelspange, 3 unterer 
Theil der Knorpelspange, 4 knorplige Seitenplatte (lateralster Theil), à knorpliges Prä- 
sphenoid, 6 knorpliges Nasenseptum, a äusseres Nasenloch. 


Beim 68 cm langen Phocaena-Embryo sind von den ganzen Exethmo- 
iden nur noch die Lamina cribrosa und die Seitenplatten übrig, 
die, gut präparirbar, als linsengrosse, nach hinten aussen concave 
Gebilde der vordern, vom Zwischenkiefer gebildeten Umsäumung 
der Apertura pyriformis lose aufliegen. — Beim erwachsenen Thier 
ist die Lamina cribrosa natürlich verknéchert. Die knorpligen 
Seitenplatten aber sind zu Bohnengrösse heran- 
gewachsen und finden sich fest eingekeilt zwischen 
Zwischenkiefer und Nasenseptum am vordern Rande der 
Apertura pyriformis vor. Diese merkwiirdigen Knorpel sind viel- 
fach beschrieben worden, KÜKENTHAL erkannte in ihnen zuerst 
den Rest der knorpligen Nasenseitenwand, und nach dem jetzigen 
Standpunkt unseres Wissens müssen wir sie als denjenigen Theil 
der Nasenseitenwand betrachten, welchen man die Cartilago 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 14 


navicularis nennt. Er verknöchert bei ältern Thieren in geringer 
Ausdehnung an seiner Spitze. K. E. v. BAER fasste diese Ver- 
knöcherung als vorderste Spitze des rudimentären 
Maxilloturbinale auf, und in der That hat diese Auffassung 
die grösste Wahrscheinlichkeit für sich. Denn Cartilago navicularis 
und Maxilloturbinale bilden ja ursprünglich ein Continuum, die 
rinnenförmige Umbiegung der Seitenwand der knorpligen Nasen- 
kapsel. 

2) Die Drehung der Exethmoide. Die geschilderte Re- 
duction der Exethmoide bewirkt lediglich ein Liegenbleiben der 
knöchernen Nasenlöcher an der Basis der Stirn unter Beibehaltung 
ihrer alten Richtung nach vorn. Die Richtung nach oben 
erhalten sie aber erst durch eine entsprechende 
Drehung der reducirten Exethmoide, welche also nicht 
minder wichtig ist als die Reduction selbst und deshalb ebenfalls 
genauer untersucht werden muss. 

Die in Cap. I geschilderte Erhebung der Crista galli bei den 
Raubthieren und bei den Walen in die Verticale wird durch zwei ent- 
wicklungsgeschichtliche Processe vollbracht. Erstens dreht sich, wie 
auch bei den übrigen Säugethieren, das ganze Ethmoid in seiner 
Verbindungslinie mit dem Präsphenoid nach oben; dadurch wird die 
Crista galli der Verticalen genähert, doch nicht in die Verticale 
gebracht, wie eine einfache geometrische Construction das lehrt. 
Zweitens wächst der vordere obere Theil des sich 
drehenden Mesethmoids erheblicher als das übrige 
Mesethmoid; hierdurch aber wird die Drehung der Crista galli 
in die Verticale erst vollendet. — Die Exethmoide nun, mit dem 
Mesethmoid eng verbunden, folgen bei den Raubthieren dieser Ver- 
breiterung des Mesethmoids durch vermehrtes Wachsthum in die 
Höhe. Bei den Zahnwalen aber ist die Sache anders. Da bei 
ihnen Mangels der Bodenknorpel der untere Rand der 
Exethmoide nicht mit dem untern Rande des Meseth- 
moids verbundenist, folgen die Exethmoide in toto 
der sich drehenden Crista unter Beibehaltung ihres kreis- 
ähnlichen Querschnitts nach oben. Der Annulus wird also unter 
Entfernung vom untern Rande des Mesethmoids nach oben gedreht, 
folglich auch das vom Annulus eingeschlossne Nasenloch und das 
primäre Cavum nasi. So verläuft das kurze röhrenförmige 
primäre Cavum nasi zur Stirn unter Divergenz von 


Nasenboden und Munddach, welche bei allen übrigen 
Zool, Jahrb, XVII, Abth, f. Morph, 9 


- 


18 G. BOENNINGHAUS, 


Säugethieren einander parallel verlaufen. — Fig. J 
zeigt uns nun folgendes Stadium dieses Processes: Das Mesethmoid 
(6) hat sich noch nicht sehr gedreht, denn seine orale Spitze sieht 
noch, wie auch bei dem 6,4 cm langen Schafembryo, nach unten; 
dagegen ist es abweichend vom Schaf in seinem vordern, obern 
Theil schon beträchtlich gewachsen, so dass die Crista galli die 
Horizontale bereits erheblich überschritten hat. Der Annulus 
cartilagineus (2, 5, 4) hat sich von der Spitze bereits erheblich ent- 
fernt und sich nach oben gedreht, so dass das Nasenloch (a) nicht 
mehr wie beim Schaf nach vorn unten, sondern nach vorn oben 
sieht. 

3) Die Drehung des Präsphenoids. Zu dieser Drehung 
der Exethmoide gesellt sich nun eine Drehung des Präsphenoids. Da- 
durch erst werden die nach oben gedrehten Nasenlöcher auf die 
Höhe der Stirn erhoben und in ihre definitive Lage gebracht. Doch 
das Präsphenoid ist ein Knochen, welcher bereits der Region des 
Rachens angehört, deshalb soll dieser dritte Punkt bei unserm eigent- 
lichen Thema, dem Rachen, abgehandelt werden. 

Nach diesen mannigfachen Betrachtungen, zu welchen uns die 
Frage, wie die Nasenlöcher der Zahnwale auf die Stirn gelangten, 
Veranlassung gab, unterliegt nun das Verständniss der knöchernen 
Nase, deren Kenntniss die Voraussetzung für die folgende Be- 
trachtung des Rachens bildet, gar keinen Schwierigkeiten mehr, be- 
sonders wenn wir den lateralen Sagittalschnitt durch die Nase einer 
erwachsenen Phocaena (Fig. K) von derselben Stellung aus be- 
trachten, von welcher aus wir die Nase der Landsäugethiere zu 
betrachten pflegen, d. h. von vorn her, also mit nach unten ge- 
wandtem Nasenboden a b. Wir finden nun im Grossen und Ganzen 
die Verhältnisse der Landsäugethiere wieder, doch fehlen manche 
Primordial- wie Deckknochen, und die restirenden Knochen nahmen 
zum Theil eine erhebliche Lage- und Formveränderung vor: Die 
Apertura pyriformis wird wie bei den Landsäugethieren unten 
von dem horizontalen Ast (7), daran anstossend seitlich vom auf- 
steigenden Ast des Zwischenkiefers (7), darüber vom aufsteigenden 
Ast des Oberkiefers (2°) und oben von der ventralen Kante des 
rudimentären Nasenbeins (4) gebildet. Das letztere stösst nicht 
nur mit seinem frontalen (dorsalen) Ende, wie bei den Landsäuge- 
thieren, an das Stirnbein an, sondern es liegt in ganzer Ausdehnung 
dem Stirnbein auf, weil es der stützenden Nasenscheidewand ent- 
behrt, welche es bei den Landsäugethieren vom Stirnbein entfernt 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 19 


halt. Doch ist hiermit natürlich nicht gesagt, dass die Nasen- 
scheidewand fehlt. Sie ist vielmehr dem Nasenbein nur als Stiitze 
entzogen, und zwar dadurch, dass die Nase eine Ortsveränderung 


sait BEA Pa hae 
Teed WOME IE 
DANS fe GIRS A 
ese UC 5 See = 
Sinise Ree te 


à 


Fig. K. Lateraler Sagittalschnitt durch das Nasen- und Rachenrohr einer sehr 
grossen Phocaena. 1:1. Z Intermaxillare, horizontaler Ast, /‘ Intermaxillare, verti- 
caler Ast, 2 Maxillare, horizontaler Ast, 2‘ Maxillare, verticaler Ast, 5 Palatinum, hori- 
zontaler Ast, 9° Palatinum, verticaler Ast incl. Processus sphenoidalis, 4 Nasale, 5 Fron- 
tale, 6 Lamina cribrosa, 7 Priisphenoid, $ Pterygoid, 9 Basisphenoid, 10 Processus 
pterygoideus ossis alisphenoidei, @ Spina nasalis anterior, b Spina nasalis posterior, 
ce Knochenlücke für eine Vene, d Orificium pharyngeum tubae Eustachii, e Incisura 
pterygoidea (pro tuba Eustachii), bf Choanalfläche. 


durch die Drehung der Exethmoide erfahren hat, welche indess die 
Nasenscheidewand nicht mitmachte. — Das Dach der knöchernen 
Nase wird allein von der Lamina cribrosa (6) gebildet, denn die 
innere Fläche des Nasenbeins, welche bei den Säugern sonst den 
vordern Theil des knöchernen Nasendachs bildet, liegt aus dem 
oben angegebenen Grunde dem Frontale auf. — Die Seitenwand 
der knöchernen Nase wird allein von den aufsteigenden Aesten des 
Zwischenkiefers (7), des Oberkiefers (2°) und des Gaumenbeins (3°) 
gebildet. Es fehlt also die Lamina papyracea des Siebbeins, und 
deshalb stösst der aufsteigende Ast des Oberkiefers direct und in 
ganzer Ausdehnung an die Lamina cribrosa an. Es fehlt ferner das 
Thränenbein, wie allgemein angenommen wird. Man hätte es zu 
suchen etwa vor der Knochenlücke ec. Diese Gegend ist sehr dünn 
und vielfach dehiscent, möglich also, dass eines dieser hier liegenden 
2% 


20 G. BOENNINGHAUS, 


Knochenplättchen als Thränenbein aufzufassen ist. — Der Boden 
der knöchernen Nase wird, wie bei den Landsäugethieren, von dem 
horizontalen Ast des Zwischenkiefers (7), des Oberkiefers (2) und 
des Gaumenbeins (3) gebildet. Diese Aeste sind zuDeckknochen 
des sonst hier nicht vorhandenen Mesethmoids ge- 
worden. Sie decken dasselbe in seiner ganzen Länge 
bis zur oralen Spitze und füllen so den ganzen drei- 
eckigen Raum zwischen Nasenboden und Munddach 
aus, an deren beider Bildung sie indess, wie bei den 
Landsäugern, betheiligt sind. Hierbei haben diese 3 sonst 
plattenförmigen Fortsätze eine erhebliche Umgestaltung erfahren. 
Der Gaumenbeinast ist zu einem dicken, pyramidenartigen Knochen 
seworden, der Oberkieferast ist erheblich verdickt und verlängert, 
der Zwischenkieferast ist zu einem langen, spangenförmigen Knochen 
ausgezogen, welcher den Oberkieferast dorsal deckt. — Siebbein- 
muscheln fehlen der knöchernen Nasenhöhle vollständig. Von 
der knöchernen, untern Muschel ist nach K. EK. v. BAER’S Auf- 
fassung nur das vorderste Ende vorhanden, welches der Apertura 
pyriformis aufliegt. So bildet die knöcherne Nasenhöhle ein kurzes, 
vollkommen glattes Knochenrohr, welches nach hinten zu durch das 
knöcherne Halbrohr des Rachens (siehe später) weiter fortgesetzt 
wird. — Die knöcherne Nasenscheidewand (Taf. 1, Fig. 1) 
besteht oben aus der Lamina perpendicularis (A), in dem grössern 
untern Theil aber aus der stark vergrösserten Crista praesphenoi- 
dalis (+), welche bei den Landsäugethieren nur die bescheidene 
hintere Fortsetzung der Nasenscheidewand unter das Präsphenoid 
vorstellt. Doch hiervon, sowie vom Vomer, im Capitel über das 
Präsphenoid mehr. Die knorplige Nasenscheidewand (d) ist ent- 
sprechend der knöchernen Nasenscheidewand sehr hoch und schickt, 
wie bei vielen Säugern, über die Lamina perpendicularis hinweg einen 
schmalen Fortsatz (Processus frontalis septi carti- 
laginei) zum Frontale, welcher durch die Drehung der 
Nasenrohre zum dorsalen Theil des Septums der 
letztern geworden ist. 

Das unseptirte äussere Nasenloch der Zahnwale, 
dieses Unicum, verdankt nach Kükenrtuar’s Ansicht einer Reduction 
der dorsalen Kante des knorpligen Septums seinen Ursprung, die schon 
in sehr früher Zeit einsetzt. Denn schon bei dem 3,7 cm langen 
Embryo liegt die dorsale Kante eine Spur unterhalb des Niveaus der 


häutigen Umsäumung der Nares, und an der Kante des Knorpels sieht 
man auch eine Verdichtung des Mesenchymgewebes, welche den Ein- 


Der Rachen von Phocaena communis Less. ol 


druck macht, als sei hier etwas reducirt. Nach meiner Ansicht ist der 
Grund fiir das Zuriickweichen des Septums weniger in der Reduction 
des Knorpels zu suchen, die, nach der geraden, dorsalen Kante des 
ganzen Septums beim erwachsnen Thier (Taf. 1, Fig. 1 d) zu urtheilen, 
keine erhebliche sein kann, als in folgenden 2 Momenten, die sich 
vielleicht zur Reduction addiren: 1) Die Nasenhöhle dreht sich, 
das Septum dreht sich nicht mit, es bleibt zuriick, wo- 
durch ja auch dem Nasenbein, wie erwähnt, die Stütze entzogen wird. 
Diese Drehung tritt erst in späterer embryonaler Zelt ein, im Gegensatz 
zu dem folgenden Moment, welches bereits sehr früh sich geltend 
macht. 2) Die primäre knorplige Nasenkapsel bleibt zwar 
rudimentär, nicht aber die Schleimhaut, welche dieselbe 
auskleidet. Sie wächst in der normalen Weise, drängt sich 
aus der rudimentären Nasenkapsel heraus, gelangt über das Niveau des 
rudimentären Annulus cartilagineus und macht ihre bekannten Faltungen, 
die Muscheln, welche aber bei dem rudimentären Zustand der Exethmo- 
ide ohne knorplige resp. knöcherne Einlage bleiben, mit alleiniger 
Ausnahme der untern Muschel, die eine sehr kleine, knorplige Einlage 
(KÜkENTHAL) in frühester embryonaler Zeit besitzt. Es wächst aber 
nicht mit die Schleimhaut, welche die Septumkante be- 
kleidet. So kommt es zu jenem merkwürdigen Aufbau von Weich- 
theilen auf der Apertura pyriformis, der unseptirt bleibt. Daher 
kommt nach meiner Ansicht das einheitliche Nasenloch. 

Weiter aber auf diesen Bau einzugehen, erübrigt sich durch die 
Untersuchung KükeNTHAL’s. — KÜkEnNTHAL homologisirte auch 
die drei Muscheln in einwandfreier Weise. Als untere Muschel 
ist nach ihm jenes System von Faltungen im eigentlichen Spritzsack 
(Taf. 1, Fig. 1b) anzusehen, was schon deshalb äusserst wahrscheinlich 
ist, weil diese Faltungen sich an die Knöchelchen der Cart. navicularis 
ansetzen, die K. E. v. Baer mit Recht als vorderstes, allein ver- 
knöchertes Ende der untern Muscheln ansieht. KürextHAL beschreibt 
auch 2 glattwandige Blindsäcke in der obern Nebenhöhle 
des Aufbaues, welche vielleicht mit echten Nasenneben- 
höhlen (Keilbein- und Stirnbeinhöhle) zu homologisiren 
sind, da diese ja entwicklungsgeschichtlich nichts weiter darstellen als 
sackartige Ausstülpungen der Nasenschleimhaut in die Knorpelkapsel, 
die später eine knöcherne Umhüllung erhalten, welche beim Zahnwal 
natürlich fortfillt Als Kieferhöhle (+ mittlerer Nasengang) 
wäre der Spritzsack zu betrachten. 


III. Grundbegriffe der vergleichenden Anatomie des Rachens. 


Für eine Arbeit, welche den Versuch macht, so enorm ver- 
schobene Verhältnisse, wie sie der Rachen von Phocaenu zum grossen 
Theil bietet, durch Entstehung aus den anatomischen Durchschnitts- 
verhältnissen der Landsäugethiere zu erklären, bildet es die noth- 
wendige Voraussetzung, dass die Grundbegriffe der vergleichenden 


22 G. BOENNINGHAUS, 


Anatomie des Rachens feststehen. Leider aber ist in dieser Be- 
ziehung noch das Meiste unklar, und diese Lücke muss daher zunächst 
ausgefüllt werden. 

Am Rachen, Schlundkopf oder Pharynx unterscheiden wir die 
Rachenwand vom Rachenraum. Der Rachen beginnt nach 
allgemeiner Auffassung an den Choanen und endist 
am unteren Rande des Ringknorpels. Während also die 
untere Grenze genau bestimmt ist, ist es die obere nicht. Denn 
was versteht man unter Choanen? Eine Frage, welche für die vor- 
liegende Arbeit von ganz besonderer Bedeutung ist. 

Die Lehrbücher der menschlichen und vergleichenden Anatomie 
nennen Choanen die hintern oder innern Löcher oder Oeffnungen 
der Nase, welche von ihr in den Rachen führen. Fine präcisere 
Definition des Begriffes Choanen aber konnte ich in keinem der in 
grösserer Anzahl durchgesehenen Lehrbücher finden. Entwicklungs- 
geschichtlich jedoch nennt v. MIHALKOVIcSs Choanen das, was „zwischen 
hinterm Rande der Gaumenplatte des Oberkiefers und zwischen 
Promontorium des Präsphenoid“ liest. Ob aber diese Choanen 
etwas Räumliches oder etwas Flächenhaftes seien, sagt auch v. MIHAL- 
KOVICS nicht. Choane kommt von yetodar, sich ergiessen, und ydavog 
heisst Blasrohr. Etymologisch wäre Choane also räumlich zu fassen - 
und hiesse etwa so viel wie der Thorweg, welcher von der Nase in 
den Rachen führt. Allein der Sprachgebrauch hat nach meinem Ge- 
fühl den ursprünglichen Begriff verlassen und betrachtet die Choane 
als Fläche. Als Choanalebene soll nun diejenige trans- 
versale Ebene (Fig. La) betrachtet werden, welche man sich 
einerseits durch den hintersten Punkt der sagittalen Mittellinie des 
harten Gaumens (7, 2) gelegt denkt, also durch die Spinanasalis 
posterior, wo eine solche vorhanden ist, andrerseits durch 
die untere Grenze zwischen Siebbein (8) und Prä- 
sphenoid (9). Diese Ebene ist bei allen Landsäugethieren am 
sagittal durchsägten Schädel leidlich genau zu ziehen und liegt bald 
direct frontal, bald mit ihrem obern Ende mehr nach vorn, bald 
mehr nach hinten geneigt. Sie scheidet die geschlossenen 
Knochenrohre der Nase (vor a) von dem je nach der Länge 
des Schädels sehr verschieden langen, ventral offenen knöchernen 
Halbcanal des Rachens (hinter a), dessen Seitenwände bei 
allen Säugethieren von (0) den Processus pyramidales 
(sphenoidales) des aufsteigenden Astes der Gaumen- 
beine (3), von den Pterygoiden (4) und von den Proc. 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 23 


pterygoidei (5) der Alisphenoide, dessen Basis von 
dem Präsphenoid (7) und vom vordersten Theil des 
Basisphenoids (6) gebildet wird. Sie deckt sich auch offenbar 
mit dem, was v. MıHALkoviıcs entwicklungsgeschichtlich unter 
Chaone verstanden wissen will, und erweist sich als werthvoller 
Führer selbst durch das Wirrsal von Knochenverschiebungen bei den 
Zahnwalen. 


ALL 


LA 


Fig. L. Lateraler Sagittalschnitt durch die hintere Nasengegend eines jungen 
Ochsen. 1:1. Z Maxillare, horizontaler Ast, /' Maxillare, verticaler Ast, 2 Palatinum, 
horizontaler Ast, 2° Palatinum, verticaler Ast, Processus sphenoidalis ossis palatini, 
4 Pterygoid, 9 Processus pterygoideus ossis alisphenoidei, 6 Basisphenoid, 7 Prä- 
sphenoid, $ Lamina eribrosa, 9 Ethmoturbinalia, 9 Nasoturbinale, a Choanalebene, 
b Ostium pharyngeum tubae Eustachii. 


Man theilt nun den also umgrenzten Rachenraum seit der grund- 
legenden Arbeit LuscHkA’s „über den Schlundkopf des Menschen“ 
in drei über einander gelegene Abtheilungen ein, in 
welche man sich den Raum beim Schluckact getheilt 
denken kann. Der oberste Raum, welcher hinter der Nasenhöhle 
liegt, ist das Carvum pharyngo-nasale, der Nasenrachenraum. Er 
wird vom mittlern Theil durch das beim Schlingen bis zur Horizon- 
talen erhobene Gaumensegel geschieden. Der mittlere Raum, 


24 G. BOENNINGHAUS, 


welcher hinter der Mundhöhle liegt, ist das Cavum pharyngo-orale, 
der Mundrachenraum. Er wird vom untern Theil durch eine 
Horizontalebene geschieden, welche man sich durch den Körper und 
die grossen (hintern) Zungenbeinhörner gelegt denkt und zwar bei 
auf den Kehlkopfeingang hinab gesenktem Kehldeckel, einer Stellung, 
wie sie beim Schluckact besteht. Der untere Raum, welcher 
hinter dem Kehlkopf liegt, ist das Cavum pharyngo-laryngeum, der 
Kehlkopfrachenraum. Diese Fintheilung ist in der menschlichen 
Physiologie und in der klinischen Mediein eine absolut zweck- 
entsprechende. Wenn nun aber die menschliche Anatomie sich 
dieser Theilung angeschlossen hat und ihr entsprechend die Rachen- 
wand in eine Pars nasalis, eine Pars oralis und eine Pars laryngea 
pharyngis eintheilt, so hat das nicht dieselbe Berechtigung, denn 
diese Eintheilung entspricht keiner natürlichen Gliederung, wie sie 
durch anatomische Verhältnisse der Rachenwand selbst, vor allen 
Dingen durch die Anordnung von Muskeln oder Schleimhautfalten 
gegeben ist. Vergleichend-anatomisch aber lässt sich mit 
der beim Menschen üblichen Eintheilung überhaupt nichts anfangen, 
denn eine Pars oralis hat immer zur Voraussetzung, dass die Mund- 
axe in einem Winkel zur Rachenaxe steht. Wenn dieser aber immer 
stumpfer wird und schliesslich ganz verschwindet, wenn mit andern 
Worten Mund- und Rachenaxe in einer geraden Linie liegen, wie 
bei vielen Säugethieren, wenn ferner hierbei die Rachenaxe schliess- 
lich parallel mit der Horizontalen verläuft, welche man sich durch 
Zungenbeinkörper und hintere Zungenbeinhörner gelegt denkt, so 
kann von einer Pars oralis überhaupt nicht mehr die Rede sein. 
Von ähnlichen Erwägungen geleitet, hat RÜCKERT nach einer 
vergleichend-anatomisch brauchbareren Eintheilung 
des Rachens gesucht. Sie geht von dem in Ruhe befindlichen 
Rachen aus, wie er sich uns an der Leiche präsentirt, und theilt 
diesen Rachen in zwei über einander gelegene Theile ein. 
Die Grenze zwischen beiden wird durch die hintern 
Gaumenbogen, durch die Arcus palato-pharyngei, gebildet, welche 
die Verlängerung des weichen Gaumens nach hinten vorstellen. 
Diese Grenze ist glücklich gewählt, denn sie hat sowohl 
anatomische wie entwicklungsgeschichtliche Berechtigung, weil die 
Arcus palato-pharyngei in der ganzen Säugethierreihe gut ausge- 
bildet sind, im Allgemeinen dem untern Rande des M. palato-pharyn- 
geus entsprechen und die Fortsetzung der Scheidewand bilden, welche 
in Form des harten und weichen Gaumens den gemeinsamen Mund- 


Der Rachen von Phocaena conimunis Less. 35 


a 


rachenraum in einen Mundrachen- und einen -Nasenrachenraum ab- 
theilt. Dieser guten morphologischen Abgrenzung gab RÜCKERT 
nun eine physiologische Bezeichnung und nannte den über 
dem Gaumensegel und den hintern Gaumenbogen gelegenen Theil 
den Luftweg, den untern Theil aber den Speiseweg. Ganz abge- 
sehen von andern Erwägungen, ist diese Benennung für die wenigsten 
Fälle zutreffend und stimmt vielleicht nur beim Wal, wovon später 
mehr (cf. Capitel „Kehldeckel und Gaumensegel“). Ich möchte 
daher die Benennung der von RÜCKERT abgegrenzten Theile des 
Rachens ändern und ohne Berücksichtigung der Physiologie den 
obern Theil der Rachenwand einfach die Pars superior, 
den untern Theil die Pars inferior, den obern Rachen- 
raum das Cavum superius, den untern das Cavum in- 
ferius pharyngis nennen. Ich möchte hinzufügen, dass diese 
Benennung der thatsächlichen Lage der beiden Theile zu einander 
bei allen Säugethieren entspricht, denn selbst bei vollkommen ge- 
strecktem Mundrachenwinkel liegt die in die Nase mündende Pars 
superior höher als die in den Mund mündende Pars inferior, weil 
die Nasenhöhle stets höher liegt als die Mundhöhle. — Die Ebene, 
welche durch die hintern Gaumenbogen gelegt wird und welche das 
Cavum pharyngis superius vom Cavum pharyngis inferius trennt, ist 
der Isthmus naso-pharyngeus. 

Zwischen Mund und Rachen liegt nun ein Raum, welchen man 
anatomisch mit demselben Recht dem Mund wie dem Rachen zu- 
theilen kann. Im erstern Fall könnte man ihn hintern Mundraum 
nennen, im letztern nennt man ihn das Vestibulum pharyngis. 
Diese Bezeichnung ist die bessere, denn der Raum theilt als reiner 
Speiseweg die physiologische Bestimmung des Rachens. Die Grenzen, 
am Menschen bestimmt, lassen sich vergleichend-anatomisch nicht 
vollkommen beibehalten: Die vordere Grenze ist der Isthmus 
faucium oder besser Isthmus oro-pharyngeus, d. d. die 
Ebene, welche man sich beim Menschen durch die vordern Gaumen- 
bogen, die Arcus glosso-pharyngei, gelegt denkt. Wenn aber die Arcus, 
wie bei vielen Säugerthieren, fehlen, kann man sie sich durch eine 
Linie ersetzt denken, welche von dem Gewölbe des weichen Gaumens 
vor der Vereinigung der hintern Gaumenbogen zu den hintern 
Seitenrändern der Zunge hinab verläuft. Die hintere Grenze wird 
beim Menschen vom Isthmus naso-pharyngeus gebildet. Das hat 
bei ihm und den Primaten einen Sinn, denn bei ihnen erreichen die 
hintern Gaumenbogen nicht die hintere Rachenwand, und die Con- 


26 G. BOENNINGHAUS, 


tinuität des Cavum pharyngis superius und inferius wird durch dieses 
so umgrenzte Vestibulum nicht unterbrochen. Wenn aber, wie bei 
den meisten Säugethieren, die hintern Gaumenbogen die hintere 
Rachenwand nicht nur erreichen, sondern sie sogar circulär um- 
geben, so schiebt sich der zwischen vordern und hintern Gaumen- 
bogen gedachte Raum wie ein Keil zwischen Cavum pharyn- 
gis superius und inferius ein, wodurch eine vollkommene 
Trennung dieser Räume entstände, was doch nicht beabsichtigt ist. 
Man muss also die hintere Grenze vergleichend-anatomisch weiter 
nach vorn legen, und man würde sie zweckmässig durch die Lig. 
pharyngo-epiglottica (TouRTUAL) legen können, wenn diese nicht zu 
vielen Säugethieren fehlten. Am geeignetsten will es mir nun er- 
scheinen, wenn man die Grenzebene durch die Epiglottis selbst be- 
stimmt und sie transversal durch die sagittale Medianlinie 
der Vorderfläche der Epiglottis legt. So soll es auch bei 
der spätern Betrachtung des Vestibulums von Phocaena geschehen. — 
Der Boden dieses so zwischen Isthmus oro-pharyngeus und vorderer 
Epiglottisebene liegenden Vestibulum pharyngis wird nun vom 
Zungengrund und dem zwischen diesem und der Epiglottis ge- 
legenen Sinus glosso-epiglotticus gebildet. Die Seitenwände des 
Vestibulums werden von den Seiten des weichen Gaumens und von. 
den in denselben liegenden Gaumenmandeln gebildet. 


Was ist weicher Gaumen? Dass der weiche Gaumen, das 
Gaumensegel, Velum palatinum, die fibro-musculöse, mit Schleimhaut 
überzogene Platte sei, welche die segelartige Verlängerung des harten 
Gaumens nach hinten bildet und mit einem freien Saum endigt, darüber 
ist noch niemand anderer Ansicht gewesen als Rawırz. Dieser neueste 
Arbeiter auf dem Gebiete des Phocaena-Rachens nennt nicht nur den- 
jenigen Theil der Rachenwandung den weichen Gaumen, welcher diesen 
Namen wirklich verdient, sondern zieht auch die Seitenwände und die 
Rückwand des Rachenschlauchs, soweit sie sich dem weichen Gaumen 
anschliessen, mit in den Begriff des weichen Gaumens hinein und kommt 
so zu der Behauptung, dass der weiche Gaumen bei Phocuena einen 
— Schlauch bilde! Zwar hatte Cuvırr dieselbe Anschauung, doch das 
war 100 Jahre früher. 


IV. Der Rachen von Phocaena communis. 


A. Die Pars superior pharyngis. 


Die untere Grenze der Pars superior des Rachens wird nach 
vorstehender Erörterung von den hintern Gaumenbogen gebildet, 


i 4 fe ? 
Der Rachen von Phoëaena communis Less. 97 


welche bei Phocaena sowohl vorn wie binten in einander übergehen 
und so einen geschlossenen Ring darstellen. Diese Ringbildung 
findet sich nur bei einigen Landsäugethieren vor, nach RÜCKERT 
beim Pferd, beim Hasen und beim Fischotter, nach GEGENBAUR und 
Howes auch bei einer Anzahl von Aplacentaliern. Bei allen übrigen 
bisher untersuchten Landsäugethieren sind die hintern Gaumenbogen, 
wie beim Menschen, hinten nicht geschlossen. — Die hintern Gaumen- 
bogen erreichen nun bei Phocaena eine Mächtigkeit, wie sie auch 
nur annähernd von keinem Landsäugethiere erreicht wird, und Ra- 
wITz nennt diese Bildung daher mit Recht den Ringwulst. Während 
der Wulst hinten und vorn unmittelbar in die hintere Rachenwand 
resp. den weichen Gaumen übergeht, ist er von den Seitenwänden 
des Rachens durch je eine dorsal geöffnete, tiefe Bucht abgesetzt. 
Diese seitlichen Nasopharyngealtaschen sind weiter nichts als die 
extreme Weiterbildung der schon bei den Säugethieren mit ring- 
förmigen Gaumenbogen vorhandenen seichtern Gebilde und haben 
nichts mit jener unpaaren, blindsackartigen, gleichnamigen Bildung 
der hintern Rachenwand des Schweins (LOTHES) gemeinsam, welche 
in derselben bis zum Anfang des Oesophagus verläuft. 

Die obere Grenze der Pars superior des Rachens wird von 
den Choanen gebildet. Die Choanalebene ist bei Phocaena nach 
demselben Princip wie bei den Landsäugethieren (Cap. III) zu con- 
struiren, jedoch mit einiger durch die Verschiebung der Knochen 
nothwendig gemachten Modification, wovon sogleich die Rede sein 
wird. 


1. Die Knochen der Pars superior. 


a) Die knécherne Rachenrinne. 


Vergleichen wir die vordere Hälfte (s. Einleitung) der 
knöchernen Rachenrinne von Phocaena (Fig. K) mit der 
Rachenrinne des Kalbes (Fig. L), so finden wir dieselben 
Knochen wieder, jedoch in gänzlich verschiedener Anordnung. 


An den Knochen der Schädelbasis von Phocaena fällt uns zu- 
nächst an diesem, seitlich von der Mittellinie geführten Schnitt die 
plattenartige Dünnheit auf. Sie ist eine Theilerscheinung der hoch- 
gradigen Reduction, welche den ganzen Hirnschädel der Wale, mit 
Ausnahme der in der sagittalen Mittellinie gelegenen Partie (Taf. 1, 
Fig. 1), befallen hat. Das Basisphenoid (Fig. K 9) ist, abgesehen von 
der Reduction, der einzige unveränderte Knochen dieser Gegend. 


98 G. BOENNINGHAUS, 


An seiner ventralen Fläche bemerkt man den niedrigen Proc. ptery- 
goideus (10) des lateral vom Basisphenoid gelegenen Alisphenoids 
zum Vorschein kommen. Das Präsphenoid (7) ist stark gekrümmt 
und sieht mit seiner concaven Fläche nach hinten oben. Das Ptery- 
goid (8) ist plattenförmig verbreitert und verlängert. Es trägt die 
schon erwähnte, den Zahnwalen eigene tiefe Incisur (e) für den 
Durchtritt der Tube, welche vom Os tympanicum durch diese In- 
cisur zum Ostium pharyngeum tubae (d) emporsteigt. Der auf- 
steigende Ast des Palatinums und der Proc. sphenoidalis des erstern, 
welche beim Kalb eine breite Knochenplatte darstellen (Fig. L 2 
u. 3), sind zu einem sehr schmalen Processus reducirt (Fig. K 3‘), 
an dessen aboralem Ende eine individuell verschieden grosse Knochen- 
lücke (c) sich befindet, durch welche eine grosse Vene in die Knochen- 
rinne des Rachens eintritt. 

Wo sind nun bei Phocaena die Choanen zusuchen? Die Spina 
nasalis posterior wird bei Phocaena vom Vomer gebildet, welcher, 
abweichend von den Landsäugethieren, den hintern Rand der Pala- 
tina überragt (Taf. 1, Fig. 1 f). Das geschieht bald nur äusserst 
wenig, bald aber mehr, wie in der genannten Figur. Der obere 
Richtpunkt aber, der Treffpunkt der hintern untern Kante des Sieb- 
beins und vordern untern Kante des Präsphenoids (s. Fig. L), ist da- — 
durch etwas verschoben, dass das Präsphenoid redueirt ist und die 
Siebbeinmuscheln fehlen. Er wird daher ohne wesentliche Fehler- 
quelle dorthin verlegt werden können, wo (Fig. K f) Präsphenoid 
und Lamina cribrosa zusammenstossen. Die transversale Ebene nun, 
welche man durch diesen Punkt und die Spina nasalis posterior 
legen würde, würde nicht ganz den Anforderungen einer Choanal- 
ebene entsprechen, denn sie würde den vordersten obersten Theil 
der Pterygoide zur Nasenhöhle schlagen. Die Pterygoide aber ge- 
hören stets zum Rachen. Wir müssen daher annehmen, die Cho- 
analebene sei unter Beibehaltung ihrer Richtpunkte 
durch die Drehung des Präsphenoids und der con- 
secutiven Drehung der Pterygoide nach oben ausge- 
baucht, und müssen in Folge dessen diejenige Fläche 
als Choanalfläche betrachten, welche von der Spina 
nasalis posterior aus, parallel mit der Naht zwischen 
Palatinum und Pterygoid, derart zum Treffpunkt von 
Präsphenoid und Lamina cribrosa gelegt ist, dass 
durch diese Fläche der aufsteigende Theil des Pala- 
tinums wie beim Kalb in zwei Theile zerlegt wird, von 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 99 


denen der eine als Nasentheil des aufsteigenden Astes 
zur Nase, der'andere aber als eigentlicher Proc: sphe- 
noidalis zum Rachen gehört (Fig. K, Linie df). 

Was man bisher bei den Walen als Choanen betrachtete, ent- 
spricht etwa derjenigen transversalen Fläche, welche man sich durch 
die untere Kante des Vomers (Taf. 1, Fig. 1) gelegt denkt. Gegen 
diese Choanalfläche besteht ein gewichtiges Bedenken, welches schon 
K. E. v. BAER hatte: Die pharyngeale Mündung der Ohrtrompete 
liegt oberhalb derselben, in der Nase. Es spricht aber ganz gegen 
unsere anatomische Anschauung, dass diese Oeffnung in der Nase 
liegen könne. v. KOSTANECKI andrerseits verlegte die Choanalebene 
zu weit nach oben, etwa durch die Naht zwischen aufsteigendem Ober- 
kiefer- und Gaumenbeinast. Er wählte diese Linie, weil bis hierhin die 
Rachenmusculatur hinaufreicht. Ich betrachte aber die Muskelbündel, 
welche jenseits unserer Choanen vom Nasenboden entspringen, als 
solche, welche von der Rachenfläche des Gaumenbeins auf seine 
Nasenfläche übergegriffen haben. Dieses Uebergreifen ist ja bei den 
Säugethieren an andern Orten ein sehr häufiges. Bei Fhocaena be- 
kommt dadurch die Rachenmusculatur in ihrem schräg von oben 
vorn nach hinten unten gerichteten Verlauf eine günstigere Zug- 
richtung. Die Choanalebene aber, nach v. KOSTANECKI’s Princip 
angelegt, würde den grössten Theil des secundären Cavum nasi zum 
Rachen schlagen. Das aber geht nicht an. 

Die knöcherne Rachenrinne ergänzt bei Phocaena 
erst das hinten oben schräg abgestutzte und daher 
sehr kurzeCavumnasi zueinem längern geschlossenen 
Knochenrohr. Wurde also dieses ganze Rohr vor Beginn un- 
serer speciellen Untersuchungen, dem allgemeinen Gebrauch folgend, 
kurz als Nasenrohr bezeichnet, so solles im weitern Verlauf 
derselben mit seinem wahren Namen, dem knöchernen 
Nasen- und Rachenrohr, belegt werden. 


b) Das Präsphenoid. 


Das Präsphenoid, bei den Landsäugethieren mehr oder minder 
gerade, hat bei den Walen eine Krümmung um die frontale 
Axe von etwa 90° erlitten. Diese Veränderung ist so augen- 
fällig, dass man sich wundern muss, wenn sie in kurzen, klaren 
Worten bisher nicht ausgesprochen worden ist, denn was hier und 
dort (K. E. v. BAER, FLOWER) darüber gesagt ist, geht über den 
Werth einer Andeutung nicht hinaus, 


30 G. BOENNINGHAUS, 


Diese Kriimmung erfolgt schon im Mutterleibe, aber nicht sehr 
früh, denn beim 7,1 em langen Phocaena-Embryo ist das Prä- 
sphenoid noch gerade (Fig. J 5), beim 68 cm langen Embryo aber 
ist seine Krümmung bereits vollendet. Den Process der Krümmung 
aber können wir, als nach dem Princip des ungleichmässigen Wachs- 
thums erfolgend, correct als Drehung bezeichnen. Das Präsphenoid 
hat sich also gedreht, und zwar derart, dass sein vorderes, an das 
Ethmoid stossendes Ende sich nach oben gewandt hat, dass sein 
hinteres, an das Basisphenoid stossendes Ende stehen geblieben ist. 

Bei der centralen Lage des Präsphenoids ruft diese Drehung 
nun mannigfache Verschiebungen am Schädel hervor, und 
zwar sowohl am Primordialknorpel als an den Deck- 
knochen: Die Lamina perpendicularis und durch dieselbe die schon 
vorher gedrehten Exethmoide (cf. Umbau der Nase) werden auf 
die Höhe der Stirn gehoben. Hierbei wird der Winkel, welcher 
sich durch die Drehung der Exethmoide zwischen diesen und dem 
Präsphenoid in früher embryonaler Zeit bereits gebildet hatte (Fig. J), 
wieder aufgehoben. Die Hebung der Exethmoide aber ist um so 
grösser, als mit der Drehung des Präsphenoids zugleich eine Ver- 
längerung desselben stattfindet, wie aus dem Vergleich des Prä- 
spenoids von Phocaena mit demjenigen etwa gleich grosser Land- 
säugethiere hervorgeht. Mit den Exethmoiden kommt auch das 
Nasenloch auf die Höhe der Stirn, ein Vorgang, dessen ja bereits 
beim Umbau der Nase Erwähnung geschah. So wird aus der ge- 
raden Linie, in welcher noch bei dem kleinen Embryo (Fig. M) Ohr- 
öffnung, Augenspalte und Nasenloch, wie bei den Landsäugethieren 
das ganze Leben hindurch, liegen, beim grossen Embryo (Fig. N) 


Fig. M. Eis N. 
3 


NS . 
2 4 
Fig. M. Phocuena-Embryo von 7,1 cm directer Länge 1:1. Z äussere Ohr- 
öffnung, 2 Lidspalte, 3 äussere Nasenöffnung. 
Fig. N. Phocaena-Embryo von 68 cm directer Länge. Stark verkleinert. Be- 


zeichnungen wie in Fig. M, 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 31 
ein rechter Winkel. — Die Orbitosphenoide machen, da sie 
eigentlich nur die seitliche Verlängerung des Präsphenoids sind, die 
Drehung des Präsphenoids mit, und so wird die ganze vordere 
Schädelpartie nach hinten gedreht. Die gleichzeitig erfolgende 
Drehung des hintersten Theils des Basioccipitale aber bringt die 
hinterste Partie des Schädeldachs nach vorn. So kommt es zu der 
Annäherung der Frontalia an die Supraoceipitalia (Taf. 1, Fig. 1 /.0), 
zur streifenartigen Verschmälerung der Parietalia und zu ihrer gänz- 
lichen Verdrängung aus der sagittalen Mittellinie des Schädels. Die 
Drehung der Orbitosphenoide ist nun nichts Neues, denn sie erfolgt 
schon bei den Landsäugethieren, aber nicht um die frontale, sondern 
um die sagittale Axe. Hieraus resultirt eine Verschmälerung 
des Vorderkopfs bei den Landsäugethieren, und die Verbreiterung 
des Vorderkopfs bei den Walen ist die Folge von der Unterlassung 
der Drehung um diese Axe. Doch weiter auf diese interessanten 
Verhältnisse einzugehen, würde hier zu weit führen, im Ganzen ge- 
nommen aber muss man sagen, dass die Verkürzung, Verbreiterung 
und Erhöhung des Walschädels die Folge der Drehung jener Knochen 
der Schädelbasis um die frontale Axe ist. — Auch die Deckknochen, 
welche direct mit dem Präsphenoid in Verbindung stehen, werden 
entsprechend verändert: die horizontalen Vomerplatten und 
ebenso die Pterygoide (Fig. K 5) werden gedreht und stark ver- 
längert. 

Schon K. E. v. BAER machte die Bemerkung, dass bei der 
Drehung des Vorderkopfs der Vomer sich nicht mit gedreht habe. 
Das ist zweifellos richtig, nur liegt die Ursache für die Nichtdrehung 
des Vomers nicht in diesem Deckknochen, sondern in der Crista des 
primordialen Präsphenoids. Doch was ist bei Phocaena Crista 
praesphenoidalis? Bricht man bei einem jugendlichen /’%ho- 
caena-Schädel den das Nasen- und Rachenrohr in seinen untern 
zwei Dritteln septirenden papierdünnen Vomer weg, so kommt unter 
demselben ein Knochen zum Vorschein, der ungleich dicker und 
und fester ist als der Vomer und den eigentlichen Kern des Septums 
bildet. Am Sagittalschnitt sieht man diesen dicken Knochen ohne 
Grenze (Taf. 1, Fig. 1:!) in das Präsphenoid übergehen und muss 
ihn deshalb für einen Theil des letztern halten. Nach oben zu geht 
er in die Lamina perpendicularis (4') des Mesethmoids über, nach 
vorn grenzt er an das knorplige Nasenseptum (d). Dieser merk- 
würdige, spornartige Auswuchs des Präsphenoids ist, obwohl er sich 
bei Landsäugethieren in dieser oder auch nur ähnlicher Anordnung 


32 G. BOENNINGHAUS, 


nicht vorfindet, bisher fast ganz übersehen worden. Nur im Atlas 
von VAN BENEDEN U. GERVAIS ist er in einer besondern Figur ab- 
gebildet, doch fehlt die Benennung, weil die Autoren offenbar nicht 
wussten, was sie aus ihm machen sollten. Die Erklärung aber für 
diesen Auswuchs giebt uns die Entwicklungsgeschichte: Am knorpligen 
Primordialeranium der Säugethiere besteht das vordere Keilbein aus 
zwei Platten, einer horizontalen und einer verticalen, die der erstern 
an ihrer Unterfläche sagittal aufsitzt und deshalb gleichsam die Ver- 
längerung des Mesethmoids unter das Präsphenoid darstellt. Im 
Frontalschnitt erscheint also das primordiale Präsphenoid als ein T. 
Unter die Winkel des T schiebt sich nun von vorn her die Knorpel- 
kapsel der Exethmoide mit ihren beiden hintern, zu soliden Zipfeln 
ausgezogenen Enden, die später durch die von der Nase hinein 
wachsende Schleimhaut ausgehöhlt werden, verknöchern, mit dem 
Präsphenoid verwachsen und die Keilbeinhöhlen umschliessen. Die 
obere Wand und das Septum der Keilbeinhöhlen gehören also ent- 
wicklungsgeschichtlich sowohl dem Präsphenoid als den Exethmoiden 
an, die untere und äussere Wand dagegen verdanken ihren Ursprung 
ausschliesslich den Exethmoiden. Diese Darstellung entspricht im 
Wesentlichen der Auffassung Dursy’s (siehe seinen Atlas, tab. 7, 
fig. 14 u. 15, und tab. 8, fig. 8—10, nebst entsprechendem Text), jenes 
wenig gewiirdigten Forschers, dessen staunenswerth correcte, mit 
den primitivsten Mitteln ausgeführte Untersuchungen noch heute als 
maassgebend für unsere Grundanschauungen von der Entwicklung 
der Säugethiernase gelten müssen. Bei Phocaena legen nun die 
Exethmoide nur eine höchst rudimentäre Knorpelkapsel an (s. Cap. II), 
die dazu schon bald wieder verschwindet; die wuchernde Schleim- 
haut der Nase dringt auch gar nicht in diese Kapsel ein, weil sie 
in den Zustand des Vordringens und Sichfaltens erst zu einer Zeit 
geräth, in welcher die Exethmoide längst redueirt sind. Daher kann 
es bei Phocaena auch gar nicht zu einer knöchern umgrenzten Keilbein- 
höhle kommen, das Präsphenoid aber kann keine Apposition durch 
die Exethmoide erhalten und besteht das ganze Leben hin- 
durch in seiner primären Tförmigen Gestalt fort. Der 
sagittale Sporn des Präsphenoids aber ist die ur- 
sprüngliche Scheidewand der Keilbeinhöhlen, das 
Septum praesphenoidale oder die Crista praesphenoi- 
dalis. 

Die Crista praesphenoidalis der Zahnwale zeichnet sich durch 
ihre Härte und Dicke vor derjenigen der Landsäugethiere aus 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 33 


Beides ist gerade hier auffallend, die Härte deshalb, weil die übrigen 
Schädelknochen der Zahnwale ein sehr lockeres Gefüge haben, die 
Dicke deshalb, weil ein dünnes Septum bei der ohnedies schon sehr 
grossen Enge der Athemrohre vortheilhafter für die Respiration ge- 
wesen wäre. Beides muss daher wohl einem wichtigen Zweck dienen, 
und dieser ist in der Architectur des Schädels der Zahnwale ge- 
geben. Denn durch die enorme Reducirung des Jochbogens (Fig. A 
13) und die Durchbrechung der Stirngegend seitens der Nasenlöcher 
ist die Verbindung zwischen Hirnschädel und Gesichtsschädel der- 
artig geschwächt, dass eine anderweitige feste Verbindung beider 
zur Nothwendigkeit wurde. Sie wird zum Theil erreicht durch die 
plattenartige Uebereinanderschiebung der Proc. frontales der Maxillen 
über das Stirnbein, zum Theil aber durch die Kräftigung der Crista. 
Wesen ihrer Kürze aber könnte auch die verstärkte Crista keine 
wirksame Befestigung des Gesichtsschädels an den Hirnschädel ab- 
geben, würde sie sich nach vorn nicht mit der ebenfalls sehr ver- 
stärkten Vomerschiene verbinden. Auch diese Verstärkung des 
Vomers erfüllt erst dadurch vollkommen ihren Zweck, dass er durch 
sein stellenweises Hinunterreichen bis zur Mundfläche des harten 
Gaumens, an der Crista nasalis posterior und eine Strecke weiter 
nach vorn (siehe Taf. 1, Fig. 1 f, auf welcher indess die Vomer- 
schiene wegen der medianen Führung des Schnitts nicht sichtbar 
ist) fest mit den übrigen Knochen des Schnabels verankert ist. So 
bildet Crista sphenoidalis und Vomer eine kräftige 
Schiene, welche die Festigkeit der Verbindung von 
Gesichtsschädel und Hirnschädel wesentlich erhöht. 

Die Crista praesphenoidalis zeichnet sich ferner durch ihre 
Höhe aus, die so gross ist, dass sie ganz im Gegensatz zu den 
sonst gewohnten Verhältnissen die Höhe der Lamina perpendicularis 
bei weitem übertrifft. Dieses vermehrte Wachsthum in die Höhe 
ist von demselben Gesichtspunkt aus zu beurtheilen wie das ver- 
mehrte Wachsthum des Mesethmoids in seinem vordern obern Theil 
(cf. Cap. Umbau der Nase), d. h. so wie das vermehrte Wachsthum 
des Mesethmoids zur Drehung der Exethmoide führte, so führte 
das vermehrte Wachsthum der Crista praesphenoi- 
dalis zur Drehung der horizontalen Platte des Prä- 
sphenoids. Die gleichzeitige Krümmung dieser Platte 
aber unterstützte nur deren Drehung. Wir sehen also, 
welch wichtige Rolle beim Zahnwal die sonst so unbe- 


deutende Crista praesphenoidalis spielt. 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 3 


34 G. BOENNINGHAUS, 


Betrachten wir nun die sog. Crista praesphenoidalis, die hintere 
Verlängerung des Mesethmoids unter das Präsphenoid, als zum Mes- 
ethmoid gehörig, was ja den natürlichen Verhältnissen mehr ent- 
spricht, als wenn wir sie, wie üblich, zum Präsphenoid rechnen, so 
leuchtet es ohne weiteres ein, dass die Crista praesphenoidalis 
sich als Bestandtheil des Mesethmoids der Drehung 
des eigentlichen Präsphenoids gar nicht anschliessen 
kann. Denn das Mesethmoid bleibt ja umgedreht und muss es 
bleiben, weil sonst das Munddach ebenfalls nach oben gedreht und 
die Mundöffnung, wie die Nasenöffnung, an der Stirn liegen würde, 
was ja ein Unding wäre. 

Recapitulation: Fassen wir nun die in diesem Capitel und 
im Capitel über den Umbau der Nase beschriebenen Vorgänge in 
grossen Zügen zusammen, so ergiebt sich, dass der ganze Umbau 
der vordern Hälfte des Kopfs bei den Zahnwalen im Wesentlichen 
durch Veränderungen des Ethmoids erfolgt, welche entgegengesetzter 
Natur sind: Das Mesethmoid zeigt vermehrtes, die Exethmoide da- 
gegen vermindertes Wachsthum. Ersteres führt zur Erhöhung und 
Verkürzung der vordern Hälfte des Hirnschädels und zur Bildung 
des Schnabels, letzteres führt zur aboralen Verlegung der Apertura 
pyriformis und ihrer Drehung nach oben, zum Aufbau jenes merk- 
würdigen, buchtenartigen Apparats auf der Apertura pyriformis und - 
zur Bildung des einheitlichen Nasenlochs. 


2. Die Muskeln der Pars superior. 


Die Musculatur der Pars superior des Rachens ist bisher von 
allen Autoren als ein einheitliches Ganzes betrachtet und M. palato- 
pharyngeus, von RAWITZ, gemäss seiner Anschauung vom weichen 
Gaumen, M. palatinus genannt worden. Und doch, vergleicht man 
die Innenfläche des Muskelschlauchs (Taf. 1, Fig. 2) mit seiner Aussen- 
fläche (Taf. 1, Fig. 3), so bemerkt man sofort, was auch schon 
K. E. v. BAER und Rapp auffiel, dass der Verlauf der Muskelfasern 
auf beiden Flächen ein verschiedener ist. Das legt doch die Wahr- 
scheinlichkeit nahe, dass der Schlauch auch aus verschiedenen 
Muskeln bestehe, allein keiner der Untersucher machte sich an seine 
Zergliederung heran, obwohl mancher von ihnen, z. B. K. E. v. BAER, 
STANNIUS und RAWITZ über ein genügend reichliches Material, 
speciell an Phocänen, verfügten, um die Zergliederung mit Erfolg 
durchsetzen zu können. Diese Unterlassung liegt nicht weniger an 
der schwierigen Zugänglichkeit der Rachengegend als an der 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 35 


schwierigen Auffassung der total verschobenen Verhältnisse, be- 
sonders in der Pars superior. Bedürfte es noch eines Beweises für 
diese Schwierigkeiten, so ist es die Thatsache, dass STANNIUS, einer 
der classischen ältern Zergliederer, in seiner Abhandlung über die 
Musculatur des Braunfisches alle Muskeln der Phocaena beschrieb, 
mit Ausnahme derjenigen der Pars superior (und einiger Becken- 
muskeln), und dass RÜCKERT, der Begründer der vergleichenden 
Myologie des Rachens, den Rachen durch die ganze Reihe der Säuge- 
thiere hindurch untersuchte, mit Ausnahme des Wals, ohne dass 
es auch ihm an Walmaterial gefehlt hätte. 


Nicht die gleiche Schwierigkeit fanden Macarisrer und später 
Morte bei Globiocephalus melas, denn nach ihrer Beschreibung besitzt 
dieser Zahnwal die Muskeln des Rachens in ungefähr derselben An- 
ordnung wie die Landsäugethiere. Das ist um so auffallender, als der 
Schädel von Globiocephalus dieselben Differenzen gegenüber dem Land- 
säugethierschädel aufweist wie die Schädel der übrigen Zahnwale. Die 
Art und Weise der Homologisirung der Muskeln aber fordert geradezu 
zum Widerspruch heraus. Ich habe deshalb die Resultate der beiden 
Forscher in Folgendem nur wenig berücksichtigen können. 

Die erste Schwierigkeit liegt, wie gesagt, in der mangel- 
haften Zugänglichkeit des Rachens, der theils im knöchernen 
Nasen- und Rachenrohr, theils in der hintern knöchernen Halbrinne der 
Schädelbasis (cf. Einleitung) versteckt liest. Um ihn zugänglich zu 
machen, erschien es mir am zweckmässigsten, am abgeschnittenen 
Kopf von Phocaena zunächst den ganzen Zungenbeinapparat auf einer 
Seite vom Unterkiefer und der Schädelbasis zu lösen, dann die Rachen- 
hälfte dieser Seite sowohl aus dem knöchernen Nasen- und Rachenrohr 
als aus der hintern knöchernen Halbrinne der Schädelbasis heraus zu 
präpariren, weiter den Schädel sagittal zu durchsägen und dann noch 
das knöcherne Nasenrachenseptum der bisher intacten Rachenseite mit 
Einschluss eines Theils der angrenzenden Knochen zu entfernen. Spaltet 
man endlich noch den Rachenschlauch dorsal in der Mittellinie und 
präparirt die Schleimhaut der Pars superior vom Muskelschlauch 
ab, was wegen der festen Verbindung von Schleimhaut und Muskel- 
schlauch nicht leicht ist, so hat man jetzt einen freien Einblick in den 
Rachenschlauch gewonnen, wie er in Taf. 1, Fig. 2 dargestellt ist, und 
dabei den Vortheil, dass der Schlauch wenigstens auf einer Seite noch 
in Verbindung mit dem Knochen, also in seiner natürlichen Lage ist. 
Jugendliches Material verdient wegen seiner leichtern Präparirbarkeit 
und bessern Abgrenzung der Muskeln von einander den Vorzug. Die 
Lupe ist besonders an der Mündung der Ohrtrompete nicht zu ent- 
behren. 


Die zweite Schwierigkeit liegt in der nicht leichten 
Homologisirbarkeit der Rachenmuskeln. Sie muss von den 
Verhältnissen bei den Landsäugethieren ausgehen, wie sie durch die 

3 


36 G. BOENNINGHAUS, 


Untersuchungen RUCKERT’s für die Rachenmusculatur und v. Kosta- 
NECKIS für die Tubengaumenmusculatur festgelegt sind. Diese 
zeigen, dass in der ganzen Reihe der Landsäugethiere, 
mit Ausnahme einiger Aplacentalier, die den Rachen con- 
stituirenden Muskeln dieselben sind und dass sich 
Differenzen nur auf das Hinzukommen neuer Muskelzüge zu den 
alten beschränken. Bei dieser conservativen Neigung der Rachen- 
musculatur war es nun von vorn herein wahrscheinlich, dass man bei 
Phocaena die typischen Landsäugethiermuskeln wiederfinden würde, 
allerdings in gänzlich verschiedener Anordnung, hervorgerufen durch 
die Drehung des knöchernen Nasen- und Rachenrohrs nach oben. 
Denn soweit hierdurch Ansatzpunkte von Rachenmuskeln verschoben 
werden, müssen letztere natürlich mit verschoben werden und eine 
ganz andere Richtung bekommen. Betroffen wird hiervon in erster 
Linie der M. constrictor superior seu M. pterygo-pharyngeus, welcher 
sich bei Phocaena, wie überall, am Pterygoid befestigt, und zwar am 
oralen Ende desselben, welches ja mit dem Präsphenoid nach oben 
gedreht und verlängert wird. Der Constrictor superior aber, 
innig mitdem ganzen Rachenschlauch verbunden, muss 
den letztern so weit in die Höhe ziehen, bis er mit 
seinem obern Ende an das Septum osseum der Rachen- 
rohre anstösst, wodurch die Bewegung des Rachenschlauchs 
zum Stehen kommen muss. Nicht zum Stehen aber kommt die 
Drehung des Pterygoids, und jetzt muss das obere Ende des Rachen- 
schlauchs in seinen seitlichen, sich an das Pterygoid ansetzenden 
Theilen in die Länge gezogen werden. So kommt es zur Bil- 
dung langer Seitenzipfel am obern Umfang des muscu- 
lösen Rachenschlauchs, welche sich hoch in die knöchernen 
Nasen- und Rachenrohre hinein erstrecken. — Ursprünglich war ich 
der Ansicht, dass die Bildung der Seitenzipfel als Hemmungsbildung 
aufzufassen sei, indem das Septum osseum die Vereinigung des 
obern Theils des Muskelschlauchs in frühester embryonaler Zeit ver- 
hindert habe, indess ist der Rachenschlauch schon vollkommen ge- 
bildet, ehe noch die Drehung des Präsphenoids erfolgt, wie das der 
7,1 em lange Embryo zeigt. Auch die Thatsache, dass die Anlage 
der Musculatur ganz allgemein derjenigen des Knorpels und Knochens 
vorausgeht, würde dieser Annahme entgegenstehen. Es muss daher 
bei der Entstehung der Zipfel durch Zug bleiben. 


Vor Eintritt in das eigentliche Thema möchte ich noch einige 
Worte über die verschiedene Möglichkeit, Muskeln zu 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 37 


homologisiren, vorausschicken, weil darüber die Ansichten zur Zeit 
noch sehr aus einander gehen. 

1) Wir wissen, dass die Anlage der Musculatur metamer erfolgt 
und dass mit jedem Myotom ein motorischer Nerv in Beziehung tritt. 
Wollen wir also einen Muskel bestimmen, so können wir das thun 
durch die Bestimmung des zugehörigen Nerven nach seiner 
Austrittsstelle an der Schädelbasis oder an der Wirbelsäule Wenn 
nun aber aus dem Myotom, wie in der Regel, mehrere Muskeln sich 
bilden, so versorgt auch der eine Nerv mehrere Muskeln. Man kann 
dann vom Nerven aus nicht mehr einen bestimmten Muskel homologi- 
siren, sondern nur eine bestimmte Muskelgruppe. Wenn nun aber die 
Innervation der Muskelgruppe gar nicht von einem isolirten Nerven, 
sondern von einem Nervenplexus aus geschieht, an dessen Bildung 
mehrere Nerven sich betheiligen, so ist die Homologisirung eines be- 
stimmten Muskels durch seinen motorischen Nerv vollends unmöglich. 
So ist es nun beim Rachen: Die gesammte Rachenmusculatur, ein- 
schliesslich des Levator veli, wird, beim Menschen wenigstens, bei 
welchem diese Verhältnisse bisher allein genügend durchforscht sind, 
vom Plexus pharyngeus innervirt, welcher vom Vagus und Accessorius 
gebildet wird. Nur der Tensor veli wird als Abkömmling der Kiefer- 
musculatur vom Nerven des Mandibularbogens, dem 3. Ast des Trige- 
minus, innervirt. Zweifelhaft ist es nur noch, ob die Gaumenmusculatur 
nicht auch noch Zweige vom Facialis erhält. Wenn nun bei den 
Säugethieren die Innervation des Rachens dieselbe ist wie beim Menschen, 
was ja wahrscheinlich ist, so lässt sich kein einziger Rachen- 
muskel, mit Ausnahme des Tensor veli, vom Nerven aus homo- 
logisiren. Diese Möglichkeit der Homologisirung des Tensor veli 
und noch mehr die Entscheidung, ob der Muskel, welchen ich als Con- 
strictor medius pharyngis betrachte (cf. später), auch wirklich vom 
Plexus pharyngeus innervirt wird, hätten allein schon die Präparation 
der Rachennerven bei Phocaena wünschenswerth gemacht, jedoch miss- 
lang der erste Versuch, und ein zweiter musste wegen Mangels an 
weiterm Material unterbleiben. Das Eine aber lehrte mich der erste 
Versuch, dass diese Präparation beim Zahnwal sehr schwierig ist, weil 
bei der gänzlich subcranialen Lage des Rachens die Schädelbasis in 
ganzer Ausdehnung Stück für Stück abgetragen werden muss. 

2) Die zweite Möglichkeit der Homologisirung eines Muskels bieten 
uns seine Ansatzpunkte. Diese sind, wie tausendfältige Erfahrung 
(cf. Bronn) gelehrt hat, in der ganzen Säugethierreihe äusserst con- 
stant, und Abweichungen beziehen sich im Allgemeinen 
nur auf Gewinnung neuer Ansatzpunkte unter Beibe- 
haltung der alten. Diese Art der Homologisirung einzelner Muskeln 
versagt nur unter ganz besondern Umständen und hat sich daher das 
allgemeine Bürgerrecht erworben. Auch beim Rachen können wir einen 
ausgedehnten Gebrauch von ihr machen, denn die Ansatzpunkte der 
Rachenmuskeln sind vergleichend-anatomisch ebenfalls sehr constant, wie 
Rückerr nachwies. Auf diese Weise konnte daher die Homologisirung 
der meisten Rachenmuskeln von Phocaena erfolgen. 


38 G. BOENNINGHAUS, 


3) Die dritte Möglichkeit der Homologisirung von Muskeln liegt 
inimmer wiederkehrenden Beziehungen zu andern schon 
bekannten Muskeln, sei es durch die Lage, seies durch 
Faseraustausch. Diese Homologisirung ist besonders wichtig für 
solche Muskeln, welche, wie die Pharynxmuskeln, nur einen fixen An- 
satzpunkt haben. Von ihr wurde Gebrauch gemacht bei der Abgren- 
zung des M. constrictor superior durch seine Lage zum M. stylo- 
pharyngeus, bei der Homologisirung des M. levator veli durch seinen 
Faseraustausch mit dem M. palato-pharyngeus und des M. thyreo- 
pharyngeus mit dem M. crico-thyreoideus. 


a) M. pterygo-pharyngeus seu constrictor pharyngis 
superior, M. palato-pharyngeus und M.thyreo-palatinus. 


Die Innenfläche des musculösen Rachenschlauchs von Phocaena 
wird mit Ausnahme der schmalen Randbezirke von einem einzigen 
ausgedehnten, dicken Muskel (Taf. 1, Fig. 2 7) gebildet, dessen Fasern, 
so lange sie in den engen, knöchernen Nasen- und Rachenrohren 
liegen, parallel von oben nach unten verlaufen, dann aber, an ihrer 
Entfaltung nicht mehr gehindert, fächerartig in schön geschwungenen 
Zügen derart gegen die hintere Rachenwand ausstrahlen, dass die 
untersten Faserzüge schliesslich eirculär verlaufen. An der Hinter- 
wand gehen die Fasern beiderseits in einander über, bilden also | 
keine Raphe im Gegensatz zu den Landsäugethieren, was schon 
RÜCKERT beschrieb. Dieser Muskel ist nun weiter dadurch ausge- 
zeichnet, dass sich nahe seinem untern Ende von seiner Innenfläche 
ein kräftiger, ca. 1 cm breiter, wieder vollkommen ringförmig ge- 
schlossener Muskel (Taf. 1, Fig. 2 6) erhebt, und zwar dergestalt, 
dass sein unterer Rand ohne Abgrenzung in den grossen Rachen- 
muskel übergeht, sein oberer scharfer Rand aber seitlich weit von 
ihm absteht und seitliche, nach oben geöffnete tiefe Taschen bildet. 
Dieser Ringmuskel bildet die Einlage jenes früher beschriebenen 
Schleimhautwulstes, des Arcus palato-pharyngeus, welcher den obern 
Theil der Epiglottis und der Aryknorpel (Taf. 1, Fig. 2 b) eng um- 
schliesst. 


In dieser Anordnung wurde der ganze Muskelschlauch mehrfach, 
zuletzt von Rawitz, übereinstimmend beschrieben und M. palato- 
pharyngeus, von Rawitz aber fälschlich M. palatinus genannt. Diese 
Homologisirung allein mit dem M. palato-pharyngeus ist nun keine 
berechtigte. Wir lassen die Ansatzpunkte entscheiden: Der Muskel 
entspringt in den knöchernen Nasen- und Rachenrohren, und zwar 
lateral vom obersten Theil des Pterygoids, oral aber von der ganzen, 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 39 
die vordere Wand des knöchernen Nasen- und Rachenrohrs bildenden 
hintern Fläche der Gaumenbeine bis hinunter zur Spina nasalis 
posterior. Frei von Musculatur und nur von Periost bekleidet ist 
die aborale, von den horizontalen Platten des Vomers (Fig. 16) und 
die mediane von seiner verticalen Platte (Fig. 1 7) gebildete Wand 
der Rachenrohre, im theilweisen Gegensatz zu v. KOSTANECKI, 
welcher den Muskel auch von der verticalen Platte des Vomer ent- 
springen lässt. — Das untere Ende des Schlauchs setzt sich an den 
Seitenspangen des Schildknorpels an, und zwar an ihrer Innen- 
fläche, abweichend von Dusoıs, welcher sie an der Aussenfläche 
inseriren lässt. 

Was kann das nun für ein Rachenmuskel sein, 
welcher vom Pterygoid, vom Palatinum und vom Thyre- 
oid entspringt? Vom Pterygoid kommt der M. pterygo-pharyn- 
geus, vom Palatinum der M. palato-pharyngeus, vom Thyreoid der 
M. thyreo-pharyngeus. Wir haben es also nach der Homologisirung 
vermittels der Ansatzpunkte mit einem, ursprünglich aus 
diesen drei Muskeln entstandenen Muskel zu thun. 

Lässt aber die ganze Configuration dieser drei Muskeln bei den 
Landsäugethieren unsere Homologisirung wahrscheinlich erscheinen ? 
Ganz gewiss, denn diese drei Muskeln bilden auch bei den 
Landsäugethieren im Grunde genommen nur einen 
Muskel, dessen Theile nur schärfer von einander getrennt sind. 
Im Einzelnen aber verhält sich die Sache bei den Landsäugethieren 
nach RÜCKERT und v. KOSTANECKI folgendermaassen: Der untere 
Rand des M. pterygo-pharyngeus geht vollkommen coutinuirlich in 
den obern Rand des M. palato-pharyngeus über, und zwar in die 
Pars externa desselben, welche von der fibrösen Gaumenplatte, der 
Verlängerung des horizontalen Palatinumasts nach hinten entspringt, 
d. h. also von einer frontalen Ursprungslinie. Diese Pars ex- 
terna wird nach innen zu bedeckt von der Pars interna des M. pa- 
lato-pharyngeus, welche von der ganzen Raphe des weichen Gaumens, 
also in einer sagittalen Linie entspringt, nach unten aber den 
freien Rand der Pars externa continuirlich fortsetzt. Der untere 
Rand der Pars interna endet frei in der Ansatzlinie des Arcus 
palato-pharyngeus. Er ist nach unten gerichtet und dringt nur selten, 
z. B. bei den Primaten, ein Stück weit in die Schleimhautduplicatur 
des Arcus vor. — So bilden der M. pterygo-pharyngeus und der 
M. palato-pharyngeus mit seiner Pars externa und interna eigentlich 
einen einzigen Constrictor, welchen man füglich den Constrictor 


40 G. BOENNINGHAUS, 


der Pars superior pharyngis nennen könnte. Vom untern Rande 
dieses Constrictors lösen sich nun bisweilen einige Bündel ab, 
welche nicht zur Hinterwand verlaufen, sondern seitlich zum 
Schildknorpel herab ziehen. Diese Verlängerung der Pars in- 
terna M. palato-pharyngei nach unten, welche bisher nur beim 
Menschen und beim Pferde bekannt ist, hat man mit 
dem Namen des M. thyreo-palatinus belegt. Es bildet somit der 
Thyreo-palatinus zusammen mit dem Pterygo-pharyn- 
seus und Palato-pharyngeus auch bei den Landsäuge- 
thieren einen einzigen zusammenhängenden Muskel. 

Bemerkenswerthe, aber nicht principielle Abweichungen 
zwischen diesem Muskel der Landsäugethiere und Phocaena sind nun 
folgende: 1) Der M. pterygo-pharyngeus verläuft bei Phocaena nicht mehr 
transversal, sondern sehr schrig um das Rachenrohr herum, in Folge 
der zipfelartigen Ausziehung des obern Endes des Rachenschlauchs. 
Auch ist er sehr schmal, denn nur ein kleiner Theil des gesammten 
Rachenmuskels entspringt vom Pterygoid, und auch die Einsenkung 
des M. stylo-pharyngeus in den Rachenschlauch, welche bei den 
Landsäugethieren schon im Palato-pharyngeus erfolgt, geschieht sehr 
weit oben. Alles in allem kann man daher nur die hintersten, 
obersten Züge des grossen Rachenmuskels als den M. pterygo- - 
pharyngeus ansehen. 2) Die Pars externa m. palato-pharyngei ent- 
springt bei Phocaena direct von der hintern Kante des harten 
Gaumens, weil diesem Thier eine fibröse Gaumenplatte fehlt. Sie 
hat aber ihren Ursprung auf die Nasenbodenfläche des Palatinums 
ausgedehnt, denn sie ist durch den Zug des sich drehenden Ptery- 
goids mitsammt dem Pterygo-pharyngeus in das Rachenrohr hinauf- 
gezogen. Der Muskel hat auf diese Weise — Beibehaltung des 
alten und Erwerbung neuer Ansatzpunkte — eine grosse Aus- 
dehnung erlangt und bildet den grössten Theil des 
Constrietors der Pars superior. 3) Als Pars interna m. pa- 
lato-pharyngei ist der längliche, mediale Muskel an der Rückfläche 
des weichen Gaumens (Taf. 1, Fig. 2 5) mit Einschluss des Ring- 
muskels zu betrachten. Wie bei den Landsäugethieren entspringt 
er, bei Phocaena nur auffallend schmal, durch eine sagittale Linie 
in eine rechte und eine linke Hälfte geschieden, von der ganzen 
Raphe des weichen Gaumens, setzt sich nach oben in den Levator 
veli (siehe später) fort und wird nach unten zum mächtigen Ring- 
muskel des Arcus palato-pharyngeus. Dieser Ringmuskel zeichnet 
sich dadurch aus, dass er bis in den freien Saum der Schleimhaut- 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 41 


duplicatur des Arcus vordringt. Da dieser Saum aber überall dort, 
wo der Arcus gut entwickelt ist, z. B. beim Pferd, nach oben sieht, 
sieht auch der untere Rand des Palato-pharyngeus, ab- 
weichend von den Landsäugethieren, nach oben. 4) Der 
M. thyreo-palatinus (in keiner Figur eingezeichnet) ist bei dem Hoch- 
stand des Schildknorpels bei Phocaena sehr kurz, denn es stösst der 
Arcus palato-pharyngeus mit seinem untern Rand beinahe an den 
Schildknorpel. Der Muskel setzt sich bei Phocaena auf der Innen- 
fläche des Schildknorpels an, weil er offenbar bei der ausserordent- 
lichen Reduction der Schildknorpelplatten (s. später) auf der Aussen- 
fläche keinen Platz fand. 5) Die ganze Pars superior pharyngis ist 
durch die Drehung und Verlängerung des Präsphenoids stark in die 
Länge gezogen. Hierdurch ist die Bildung der Rückwand der 
Pars superior eine andere geworden. Bei den Landsäuge- 
thieren nämlich deckt, von hinten her gesehen, der Constrictor in- 
ferior zum Theil den Constrictor medius, der Constrictor medius 
aber zum Theil den Constrietor superior. Die Constrictoren liegen 
also, um das bekannte Bild zu gebrauchen, wie die Züge eines halb 
ausgezogenen Fernrohrs über einander. Bei Phocaena ist aber der 
Constrietor superior durch die Verlängerung der Pars superior 
pharyngis vollständig aus dem medius resp. inferior herausgezogen. 
In diese so entstehende Lücke tritt nun der Palato-pharyngeus ein, 
welcher ja die directe Fortsetzung des Constrictor superior nach 
unten bildet. So sehen wir denn auf der Aussenfläche der Pars 
superior (Taf. 1, Fig. 3 3) den Palato-pharyngeus im mittlern Längs- 
drittel frei zu Tage liegen, im vordern und hintern Drittel aber von 
andern, später zu besprechenden Muskeln bedeckt. 

Die Function dieser Muskeln der Pars superior besteht in der 
Compression der Sinus pyriformes beim Schlingact, wovon bei diesem 
mehr. — Die Function des Ringmuskels des Arcus palato-pharyngeus 
besteht ganz allein in der Compression des Kehlkopfeingangs beim 
Schlingact. 


b) M. salpingo-pharyngeus. 

Von der untern Umrandung der pharyngealen Tubenmündung 
nimmt ein Muskel seinen Ursprung (Taf. 1, Fig. 2 2), welcher, wie 
der Constrictor superior, schräg von oben und lateral nach unten 
und medial zieht. Aus dem knöchernen Rohr des Rachens heraus- 
getreten, legt er sich zunächst eine Strecke lang nur an seinen 
Partner an (cf. Fig.), verschmilzt aber schliesslich mit ihm (ef. Fig.). 


42 G. BOENNINGHAUS, 


An der Bildung der Innenfläche des Rachenschlauchs ist nur ein 
schmaler Streif von ihm betheiligt (ef. Fig... Auf der Aussenfläche 
(Taf. 1, Fig. 3 2) aber wird der Muskel breiter und liegt dem ver- 
einigten Constrietor superior und Palato-pharyngeus nach aussen zu 
breit auf. Er ist in Wirklichkeit nicht so scharf gegen diesen Muskel 
abgesetzt, wie es in der Figur gezeichnet ist, vielmehr gehen Bündel 
von einem zum andern Muskel über. Die Absetzung ist aber, be- 
sonders auf dem Durchschnitt des Schlauchs (Taf. 1, Fig. 4 7) und 
auf seiner Aussenfläche, eine so scharfe, dass über die Selbständig- 
keit dieses Muskels gar kein Zweifel bestehen kann. Trotzdem ist 
er bisher nieht beschrieben. Nach unten zu stösst er mittels einer 
leichten Inscriptio tendinea (Taf. 1, Fig. 3 à) und unter starker Ver- 
dünnung an den obern Theil eines Muskels, welcher seine Ver- 
längerung nach unten bildet und als M. longitudinalis oesophagi 
(ef. später) aufzufassen ist. 

Die Beziehung des Muskels zur Tubenmündung, sein Verlauf 
im hintersten, obersten Theil des Rachenschlauchs berechtigen uns 
dazu, ihn als M. salpingo-pharyngeus anzusehen. Ein Sal- 
pingo-pharyngeus ist bisher nur beim Menschen, beim 
Hirsch und beim Pferd bekannt. Er stellt im Grunde ge- 
nommen nur einen Faserzug dar, welchen die Pars externa des _ 
Palato-pharyngeus vom Tubenostium her erhält. Auch bei Phocaena 
ist er, wie gesagt, vielfach mit des Pars externa des Palato-pharyn- 
geus verbunden, doch erreicht er bei diesem Thier eine besondere 
Grösse und Selbständigkeit. 

Der Muskel hat hier wie überall die Function, bei der Er- 
öffnung des Tubenostiums mitzuwirken. 


c) M. levator veli (Pars pharyngea). 


Aus dem obern Winkel der pharyngealen Tubenöffnung kommt 
ein Muskel (Taf. 1, Fig. 2 5), welcher den obern Ansatz des Rachen- 
schlauchs am Pterygoid und am Palatinum von hinten nach vorn in 
einem spitzen Bogen umkreist, dann an der vordern Nasenwand 
(Nasenboden), dicht am Septum liegend, hinuntersteigt und schliess- 
lich nach dem Austritt aus dem Nasen- und Rachenrohr in die ent- 
sprechende Hälfte der Pars interna des M. palato-pharyn- 
geus (Taf. 1, Fig. 2 5) ohne sichtbare Grenze übergeht. Der 
Muskel ist am Tubenwinkel schmal, wird sehr bald breiter und er- 
reicht schon bei seinem Uebergang in die longitudinale Richtung 
seine definitive Breite, welche er im weitern Verlauf beibehält. In 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 43 


seinem strangförmigen Aeussern, wie in der Zartheit 
und hellern Färbung seiner Fasern stimmt er so voll- 
ständig mit der Pars interna des M. palato-pharyn- 
geus und dessen Fortsetzung, dem musculösen Ring- 
wulst, überein, dass die Gesammtheit dieser Muskeln 
den Eindruck eines zusammengehörigen Muskel- 
systems macht. 

Zur Homologisirung des Muskels ist es zunächst zu be- 
tonen nothwendig, dass er nicht am obern Tubenwinkel beginnt, 
sondern die Fortsetzung eines die ganze Tube durch- 
laufenden äusserst dünnen Muskels ist, wie ich das später 
gelegentlich der Abhandlung über das Mittelohr von Phocaena noch 
zu zeigen habe. Nicht minder wichtig ist die Thatsache, dass am 
untern Ende des Muskels nur die oberflächlichen Fasern in die 
Fasern derselben Seite der Pars interna des M. palato-pharyngeus 
übergehen, dass aber die ganze Masse der tiefern Fasern 
die Mittellinie kreuzt (cf. Fig... Ein grosser Theil der ge- 
kreuzten Fasern geht in den contralateralen Muskelwulst 
des Arcus palato-pharyngeus über. — Diese Momente ge- 
nügen aber zur Homologisirung des Muskels. Denn bei allen Land- 
säugethieren, wie auch bei Phocaena, kommen aus der Tube 2 Muskeln, 
der M. tensor veli und levator veli. Der Levator veli aber 
ist derjenige Muskel, welcher mit seinen hintern 
Fasern stetsin die contralaterale Hälfte der Parsin- 
terna des M. palato-pharyngeus übergeht (v. Kosra- 
NECKI), und desshalb kann unser Muskel nur der Le- 
vator veli sein. Ob aber die Fasern auch, wie bei den Land- 
säugern, zum Theil schlingenförmig in die Fasern des Levator der 
andern Seite übergehen, liess sich bei ihrer starken Verflechtung 
nicht constatiren. 

Dieser so als Levator veli homologisirte Muskel ist schon von 
ALBERS als besonderer Muskel erkannt worden, denn auf einem 
Querschnitt des Rachenschlauchs ist der Muskel in seiner charakte- 
ristischen Querschnittsfigur (Taf. 1, Fig. 4 5) eingezeichnet. Benannt 
oder beschrieben aber ist er von ALBERS noch nicht. Erst v. Kosta- 
NECKI untersuchte ihn genauer und hielt ihn für den M. medialis 
veli, d. h. den mittlern, bei vielen Thieren wulstförmig verdickten 
Rand der Pars interna des M. palato-pharyngeus, welcher in der 
menschlichen Anatomie den Namen des M. azygos führt. Charakte- 
ristisch für diesen, M. medialis ist nach v. KOSTAnECcKI der Um- 


44 G. BOENNINGHAUS, 


stand, dass seine Fasern nicht die Mittellinie tiberschreiten. Da 
sie das aber bei Phocaena zum grossen Theil thun, kann es sich 
hier nicht um den M. medialis veli handeln, ganz abgesehen davon, 
dass der M. medialis doch nicht an die Tube herantreten wiirde. 
Der Unterschied zwischen der Auffassung von v. KOSTANECKI und 
der meinigen ist, genauer präcisirt, folgender: v. KOSTANECcKI hält 
meinen Levator veli und meine Pars interna des M. palato-pharyn- 
geus, soweit sie dem weichen Gaumen anliegt, für den M. medialis 
veli, d. h. den verdickten medialen Rand der Pars interna des 
M. palato-pharyngeus. Consequenter Weise müsste dann die seitlich 
von diesem M. medialis gelegene, von mir als Pars externa be- 
trachtete Muskelpartie des Rachenschlauchs die Pars interna sein, 
welche keinem Landsäuger fehlt. Die Pars externa aber müsste 
dann bei Phocaena vollkommen fehlen, wie das nach v. KOSTANECKI 
bei den Landsäugethieren nicht selten ist. Hiermit aber würde die 
sicher nachgewiesene Existenz des M. salpingo-pharyngeus im Wider- 
spruch stehen, denn der Salpingo-pharyngeus ist im Grunde ge- 
nommen nur ein abgesprengter Faserzug der Pars externa. Den 
Levator veli aber lässt v. KoSTANECKI bei den Zahnwalen voll- 
ständig fehlen, ein Schluss, der durch das Vorkommen des Levator 
bei allen Landsäugethieren der Wahrscheinlichkeit entbehrt. — . 
Auch RawiTz beschäftigte sich mit dem in Betracht kommenden 
Muskel und scheint ihn auch für den Medialis veli zu halten, denn 
er sagt, dass die „Wülste die Verwachsungsstellen der ventralen 
Gaumenfläche anzeigen“. 

Die Pars pharyngea des M. levator veli hat also seine Haupt- 
characteristica, d. h. sein Kommen aus der Tubenöffnung und seine 
Kreuzung mit der Pars interna des M. palato-pharyngeus, beibe- 
halten. Im Uebrigen aber unterscheidet er sich von der Pars pharyn- 
gea des gleichen Muskels der Landsäugethiere in folgenden Punkten: 
1) Der Verlauf der Pars pharyngea von der Tubenöffnung bis zum 
weichen Gaumen ist bei den Landsäugethieren ein gestreckter, bei 
Phocaena aber ein bogenförmiger. Dieser Verlauf ist ihm gegeben 
durch die Drehung des Nasen- und Rachenrohrs und die daraus 
resultirende Lageveränderung der Tube. Würde aber bei Phocaena 
der Verlauf des Muskels ebenfalls ein gestreckter sein, so würde er 
in höchst unzweckmässiger Weise (cf. Figur) das Rachenrohr kreuzen. 
2) Bei den Landsäugethieren hat die Pars pharyngea des Levator 
keinerlei Verbindung mit dem Knochen. Bei Phocaena aber setzt 
sie sich an den aufsteigenden Ast des Palatinums, also noch oberhalb 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 45 


des obern Ansatzes des Rachenschlauchs (cf. Taf. 1, Fig. 3 8) an. 

Dieser neu erworbene Ansatz ist aber zur Beibehaltung der bogen- 

förmigen Verlaufsrichtung des Muskels absolut nothwendig. 
Function: Wie immer Heber des Gaumensegels. 


d) M. tensor veli seu dilatator tubae (Pars pharyngea). 


Am untern Rande der vordern Tubenlippe, sich an- 
schliessend an den Ursprung des Salpingo-pharyngeus, verlassen 
einige zarte Muskelzüge das Tubenostium (Taf. 1, 
Fig. 2 4) und strahlen zwischen die Fasern des Constrictor superior 
schrig aus, ohne dass es geliinge, sie zwischen diesen Fasern eine 
grössere Strecke weit zu verfolgen. — Schon v. KOSTANECKI hat 
sie gefunden und als Tubenursprung des Palato-pharyngeus gedeutet, 
d. h. wohl als Salpingo-pharyngeus. 

Die Fasern gehen aber in den zweiten, bisher un- 
bekannten sehr dünnen Muskel der Ohrtrompete über, 
welcher im Verein mit dem Levator die ganze Ohr- 
trompete durchzieht, worüber ebenfalls beim Mittelohr Ge- 
naueres berichtet werden soll. Dieser zweite Muskel der Ohrtrompete 
muss aber als Dilatator tubae oder Tensor veli betrachtet werden, 
ein Muskel, welcher zusammen mit dem Levator veli die Musculatur 
der Ohrtrompete bei den Landsäugethieren bildet und nur bei einigen 
niedern Landsäugethieren fehlt. Aus diesem Grunde betrachte ich 
die vom Tubenostium schräg in den Rachen ausstrahlenden Muskel- 
fasern als die Pars pharyngea des Dilatator tubae oder Tensor veli. 
Sie strahlen auch in der Richtung gegen den weichen Gaumen aus, 
wo sich der Tensor bei allen Landsäugethieren befestigt. Ob aber 
die Tensorfasern den weichen Gaumen auch erreichen, lässt sich, wie 
gesagt, nicht constatiren. 

Function: Wie überall Dilatator tubae, doch bei Phocaena 
nicht der ganzen Tube, sondern nur ihres Ostium pharyngeum, 
worüber Näheres später in der Abhandlung über das Mittelohr be- 
richtet werden soll. 


e) M. stylo-pharyngeus. 

Die Aussenfläche des vom M. palato-pharyngeus gebildeten 
Gaumensegels wird bei Phocaena noch von einem unpaaren, sehr 
kräftigen Muskel bedeckt (Taf. 1, Fig. 3 7), welcher mit je einem 
Zipfel von der untern Hälfte des Nasenbodens entspringt und sich 
mit je einem Schenkel an den hintern Theil der Styloide (d) ansetzt. 


46 G. BOENNINGHAUS, 


Die freie Aussenfliche des Muskels ist lings gestreift und ohne 
Raphe, die Innenfläche aber entbehrt einer bestimmt ausgesprochenen 
Faserrichtung, da sie mit der Aussenfläche des Palato-pharyngeus 
in ganzer Ausdehnung fest verwachsen ist. »Der Seitenrand des 
Muskels hebt sich überall scharf gegen den Palato-pharyngeus ab. 
Sein Ansatz an den Styloiden befindet sich an ihrer innern Fläche, 
etwa gegenüber dem Tuberculum styloideum (Fig. Q g), von welchem 
der M. stylo-glossus bei Phocaena, wie bei allen Säugethieren, ent- 
springt. Seine scharf gespannten untern Schenkel begrenzen mit 
ihrer medianen Kante den tunnelartigen, vordern Eingang in die 
Pars inferior pharyngis (Taf. 1, Fig. 3 e). 

Dieser seltsame Muskel ist schon von CUVIER und ALBERS ge- 
sehen worden. ÜCuVIEr theilt ihn nach einer kleinen, skizzenhaften 
Zeichnung in einen längern obern und in einen kurzen untern Theil. 
Den letztern nennt er gelegentlich M. stylo-thyreoideus, während 
der Muskel auf der Zeichnung selbst ohne Benennung ist. ALBERS 
aber bildet in einem prächtigen Kupferstich den styloidalen Theil 
des Muskels ab, lässt ihn aber ebenfalls ohne Benennung. Offenbar 
sahen beide Autoren den Muskel nicht vollständig, weil er bei den 
verschiedenen Manipulationen, welche man mit dem Rachen vor- 
nehmen muss, ehe man den Muskel sieht, leicht nahe seinem stylo- 
idalen Ende abreisst. Um so rühmender muss es hervorgehoben ' 
werden, dass MuRIE den Muskel bei Globiocephalus melas richtig 
beschreibt, benennt und abbildet. 

Der Muskel, welcher vom Styloid entspringt und 
sich in den Rachenschlauch einsenkt, kann nur der 
beiallen Landsäugethieren vorhandene Stylo-pharyn- 
geus sein. 

Dieser M. stylo-pharyngeus unterscheidet sich bei Phocaena in 
mancher Hinsicht von demjenigen der Landsäugethiere: 1) Bei den 
Landsäugethieren ist er stets paarig und dringt an der Seitenfläche 
des Pharynx, zum Theil auch an seiner Hinterfläche durch den Spalt 
zwischen Constrictor superior und medius in die Rachenmusculatur 
ein, um theils im Palato-pharyngeus aufzugehen, theils an den Schild- 
knorpeln und der Seite der Epiglottisbasis sich zu befestigen 
(RÜCKERT). Bei Phocaena aber liegt er zu einem Muskel ver- 
einigt an der Vorderfläche des Rachenschlauchs, eine 
Thatsache, für die sich ein Grund schwer denken lässt. Auch ist, 
wegen seiner festen Verwachsung mit der Vorderwand des Rachen- 
schlauchs eine Pars pharyngea und laryngea nicht unterscheidhar. 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 47 


2) Sein Verlauf ist bei den Landsäugethieren mit gestreckter Mund- 
rachenaxe ein horizontaler, vom hinten liegenden Styloid zum vorn 
liegenden Rachen gerichteter, bei den Landsäugethieren mit winkliger 
Mundrachenaxe, vor allen Dingen also bei den Primaten, ein von 
hinten oben aussen, nach vorn unten innen gerichteter. Bei Pho- 
caena aber verläuft er gerade umgekehrt von hinten 
unten nach vorn oben, eine Verlaufsänderung, die natürlich 
dadurch herbeigeführt wurde, dass die Einsenkungsstelle in den 
Rachenschlauch durch die Drehung und Verlängerung des Prä- 
sphenoids emporgehoben wurde. 

Function: Bei den Landsäugethieren besteht sie in der Er- 
weiterung des Isthmus naso-pharyngeus beim Schlingact unter gleich- 
zeitiger Hebung des Kehlkopfs (cf. Capitel Erweiterung des Schlundes). 
Der Muskel ist also (RÜCKERT) der Antagonist des Palato-pharyn- 
geus und auch des Glossopharyngeus. Von dieser Function kann 
bei Phocaena nicht mehr die Rede sein. Zwar spannt er durch die 
Anordnung seiner Schenkel den Eingang in die Pars inferior des 
Rachens, aber nach Art eines Ligaments, also unabhängig von seinem 
Contractionszustand. In der Hauptsache aber ist er Heber des 
Styloids und hiermit indirect Heber des Hyoids und 
unterstützt so den M.mylohyoideus (cf. Capitel Vorbereitung 
zum Schlingact). 


3. Die Schleimhaut der Pars superior. 


Wie in der Einleitung kurz erwähnt, befinden sich in der Schleim- 
haut der Pars superior pharyngis bei Phocaena viele Griibchen. 
„Die grössern dieser Schleimgruben zeigen“, um mich der Schilde- 
rung von K. E. v. BAER anzuschliessen, ,auf ihrem Boden wieder 
kleine Oeffnungen, welche Miindungen kurzer und weiter Canale 
sind. Nach dem Ringmuskel hin liegen die Oeffnungen reihenweise 
in länglichen Hauptgruben, eine Sonde lässt sich 2—5 Linien tief 
einführen.“ Auch Hunter beschreibt schon die Verzweigung dieser 
Griibchen. Die Grübchen sind meist oval, im Allgemeinen von 
dorsal nach ventral, im obern Theil aber gegen die Tubenôfinung 
hin gerichtet (Taf. 1, Fig. 4), bis stecknadelkopfgross und verleihen 
der Schleimhautoberfläche ein ebenso zierliches wie überraschendes 
Aussehen, das sich nirgends im Thierreich wiederfindet. Glatt, oder 
genauer nur mit leichten Längsfalten versehen, ist allein die Schleim- 
haut auf dem mächtig hervorspringenden Levatorwulst, auf dem 
Ringwulst und auf dem M. salpingo-pharyngeus. 


48 G. BOENNINGHAUS, 


Der bisher unbekannte feinere Bau der Schleimhaut (Fig. O) 
ist folgender: 


Fig. O. Querschnitt durch die Wand der Pars superior pharyngis eines 68 cm 
langen Phocaena-Embryos. 7 Schleimhautgrube bei 7‘ bis auf die Musculatur vor- 
dringend, 2 Rachenmusculatur durch Spirituswirkung geschrumpft, + Levatorwulst, 
4 Schleimdrüsen, 9 Mucosa von fibröser Struetur, ohne Vermittlung einer Submucosa 
direct in das intermusculiire Bindegewebe übergehend, 6 intermusculires Bindegewebe, 
durch den Zug der geschrumpften Muskelbiindel aus einander gezerrt, 7 in die Mucosa 
abirrende Muskelfibrillen. 


Die Schleimhaut ist sehr fest mit der Musculatur 
verbunden. Der Grund hierfür ist ein zweifacher. Einmal strahlen 
oberflächliche Muskelbündel in die Schleimhaut aus (7), und zweitens 
senkt sich das sehr fibrillenreiche Bindegewebe (5) der Schleimhaut 
breit in die intermusculären Septa (6) hinein, so dass eine Sub- 
mucosa sich nicht abgrenzen lässt. Das ist nun nichts Besonderes, 
denn auch das Pferd und das Kalb, welche von mir untersucht 
wurden, zeigen dasselbe Verhalten. In der Literatur findet sich 
nicht einmal bei OPPEL etwas über diesen Punkt, und nur RÜCKERT 
hat ihm die gebührende Aufmerksamkeit (Pferd, Mensch) geschenkt. 

Eine zweite Eigenthümlichkeit dieser Schleimhaut bei Phocaena 
besteht in Folgendem: Die Grübchen (Fig. O 7), welche von den 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 49 


Hauptgruben nach der makroskopischen Beobachtung v. BAER’s sich 
abzweigen, dringen so weit gegen die Musculatur vor 
und selbst in sie hinein, dass zwischen dem Fundus 
der Einsenkungen und der Musculatur sich nur eine 
ganz dünne, aus einigen Fibrillen bestehende Binde- 
gewebsschicht befindet. Beim Pferd und Kalb ist die Sache 
anders. Beim Pferd ist die Schleimhaut des Nasenrachens in eine 
grosse Anzahl tiefer Längsfalten gelegt. Jede dieser Falte besteht 
wieder aus einer Anzahl seichter, ebenfalls längs gerichteter Fältchen. 
Die tiefen Längsfalten aber dringen auch unverhältnissmässig weit 
gegen die Musculatur vor, doch ist der Raum zwischen letzterer und 
dem Fundus der Falten noch 5—10mal so gross wie bei Phocaena 
und gewährt noch Platz für die Einlagerung einer Schleimdrüse. — 
Das Kalb hat nur sehr flache, kleine, mit blossem Auge noch gerade 
sichtbare, weit von einander stehende Grübchen, ohne bestimmte 
Reihenanordnung. Diese Grübchen kannte schon v. BAER und brachte 
sie in Wort und Bild in Parallele mit den Gruben bei Phocaena. 
Doch führte ihn der Wunsch, die Aehnlichkeit zu zeigen, zu einer 
starken Uebertreibung der Zahl und Deutlichkeit der Grübchen. — 
Immerhin aber lassen sich die Bildungen von Kalb, Pferd und 
Phocaena als stufenweise Verstärkung desselben Processes in Parallele 
stellen. 

Ein dritter Punkt, welcher der Besprechung bedarf, sind 
die Drüsen (4. Besonders die ältern Cetologen vermutheten 
nämlich, dass die Grübchen Drüsenausführungsgänge seien. Zu 
so weiten Ausgängen hätten aber riesige Drüsen gehören müssen. 
Rawitz aber konnte sich an seinem Material nicht einmal von 
ihrer Existenz überhaupt „mit Sicherheit überzeugen“, und es 
wäre ja auch nicht beispiellos, dass, so absurd es auch klingt, eine 
Schleimhaut keine Schleimdriisen besiisse. So z. B. ist im Mittel- 
ohr ihre Anzahl so gering, dass die Drüsen hier lange Zeit über- 
haupt geleugnet wurden, und im Oesophagus besitzen nach OPPEL 
Katze, Kaninchen, Meerschweinchen und andere Säuger überhaupt 
keine Drüsen. Phocaena hat aber im Nasenrachen Schleimdrüsen, 
jeder Schnitt weist ihrer eine ganze Anzahl auf, nur sind sie er- 
heblich reducirt im Verhältniss zu den Drüsen bei Pferd und Kalb. 
Sie münden theils auf die Oberfläche der Schleimhaut aus, theils in 
die, wie die Oberfläche, mit geschichtetem Flimmerepithel ausge- 
kleideten, grubenartigen Einsenkungen, nie aber in den Fundus der 


Grube, da dieser direct an die Musculatur stösst. Unter diesen 
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f, Morph. 4 


50 G. BOENNINGHAUS, 


Umständen kann wohl nicht die Rede davon sein, dass die Gruben 
lediglich oder in der Hauptsache als Drüsenausführungsgänge an- 
zusehen sind. 

Fragen wir uns nach der bisher unbekannten Be- 
deutung dieser abweichenden Beschaffenheit der 
Nasenrachenschleimhaut: Die feste Verwachsung mit 
der Musculatur, wie sie bei den Säugethieren allgemeiner verbreitet 
zu sein scheint, hat zur Folge, dass die Schleimhaut sich dem 
Contractionszustand der Musculatur sofort und ohne 
Faltenbildung anpasst. Nach vollendetem Schlingact also 
(siehe diesen) ist die Schleimhaut sofort wieder in ihrem alten Zu- 
stand, und die Respiration kann sofort wieder von Statten gehen. 
Hätte die Schleimhaut aber an dieser Stelle eine Submucosa, so 
würde sie sich bei der Contraction der Pars superior in Falten 
legen, deren Ausgleich nicht so schnell erfolgt, wie es für eine 
sofortige, ungestörte Respiration nothwendig ist. — Einer weitern 
Erklärung bedarf die Grubenbildung in der Rachenschleimhaut 
von Phocaena. Die Gruben zeichnen sich zunächst durch ihre Tiefe 
aus. Sie haben hierin ein Seitenstück in dem Vordringen des Epi- 
thels im Magen und Darm vieler Thiere wenigstens bis zur Muscu- 
laris mucosae, bei der japanischen Tanzmaus aber bis zur Ring- 
musculatur (cf. Zeichnungen bei OrpeL). In der Breite aber 
stehen sie beispiellos da. Man muss diese Gruben daher 
nicht als gewöhnliche Epitheleinsenkungen betrachten, sondern als 
etwas Aussergewöhnliches, etwa als Aussparungen der Schleim- 
haut. Ihr Vorkommen in dem ebenso aussergewöhnlichen, mit 
Musculatur ausgestatteten Knochenrohr der Nase und des Rachens 
muss mit dieser Oertlichkeit in Beziehung stehen. Wenn nämlich 
die Musculatur in einem so engen Rohr sich contrahirt, müsste 
die Schleimhaut, die sich wegen ihrer festen Verwachsung mit ihrer 
Unterlage nicht in Falten legen kann und es auch nicht soll, stark 
zusammengepresst werden, um sich dem verkleinerten Durchmesser 
des Muskelrohrs anzupassen. Eine Zusammenpressung aber gerade 
dieser Schleimhaut ist nicht leicht möglich, weil sie eine auffallend 
feste, fibröse Grundsubstanz besitzt. Die grubenartige Aus- 
sparung der Schleimhaut aber umgeht die Pressung, 
denn sie lässt eine Verkleinerung der Oberfläche 
durch einfaches Aneinanderschieben der Grubenwände 
ohne Pressung zu. — Es ist aber möglich, dass die Falten beim 
Pferd und die Grübchen beim Kalb ebenfalls als Aussparung der 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 51 


Schleimhaut aufzufassen sind, die hier nur nicht in dem Grade wie 
bei Phocaena nöthig ist, weil der Krümmungsradius des Rachen- 
schlauchs bei diesen Thieren ein viel grösserer ist. 


B. Die Pars inferior pharyngis. 


Bereits in der Einleitung wurde die allgemeine anatomische Ueber- 
sicht der Pars inferior pharyngis gegeben. Auch ihrer Abgrenzung 
von der Pars superior, vom Vestibulum pharyngis und vom Oeso- 
phagus wurde bereits im Capitel III gedacht. Hiernach ist als obere 
Grenze der Isthmus naso-pharyngeus zu betrachten, als vordere Grenze 
die Frontalebene, welche durch die vordere verticale Medianlinie 
der Epiglottis gelegt wird, als hintere Grenze aber die Frontalebene, 
welche auf der hintern Kante des Cricoids senkrecht zu seiner dor- 
salen Fläche errichtet wird. Dieses so abgegrenzte Cavum pharyn- 
gis inferius stellt nun bei Phocaena ein kurzes, horizontales Rohr 
dar. Man kann sich dasselbe durch zwei sagittale Ebenen in ein 
mittleres und zwei seitliche Drittel getheilt denken. In der vordern 
Hälfte des mittlern Drittels sind pfeilerartig die Epiglottis und die 
Aryknorpel aufgerichtet. Die hintere Hälfte des mittlern Drittels 
liegt über der dorsalen Platte des Cricoids (Taf. 1, Fig. 1 d‘). Die 
seitlichen Rohrdrittel aber sind die Sinus pyriformes, auch Sinus 
“ pharyngo-laryngei oder Schlundfurchen genannt. 


Der Sinus pyriformis ist der längliche Raum, der bei allen 
Säugethieren jederseits zwischen Aussenwand des obern Kehlkopfraums 
und der seitlichen Rachenwand liegt. Die Aussenwand des obern Kehl- 
kopfraums wird von der äussern Seitenfläche der Epiglottis gebildet, 
ferner von der Aussenfläche der Plica ary-epiglottica und des Aryknorpels 
und von der dorsalen Seitenfläche der Cricoidplatte. Der Boden des 
Sinus dringt spaltförmig zwischen Aussenwand des obern Kehlkopfraums 
und Innenwand der Thyreoidseitenplatte ein, welche ja die Aussenwand des 
obern Kehlkopfraums umfasst und mehr oder minder weit seitlich überragt. 


Die Thyreoidplatte aber hat bei Phocaena eine sehr merk- 
würdige Veränderung erlitten, die in ihrem biologischen Werth bisher 
unbeachtet geblieben ist. 


1. Der Schildknorpal und der M. crico-thyreoideus. 


Bringt man den Schildknorpel des Kalbes (Fig. P) mit dem- 
jenigen der Phocaena (Fig. Q) in eine identische Lage, so bildet er 
zwar hier wie dort eine ventral geschlossene, dorsal geöffnete, tiefe 
Rinne mit oralem Eingang und aboralem Ausgang, im Einzelnen 

4* 


52 G. BOENNINGHAUS, 


aber unterscheiden sich beide Schildknorpel sehr erheblich von ein- 
ander: 

Beim Kalb bilden beide Platten (b), aus denen man sich den 
Schildknorpel zusammengesetzt denken kann, ausgedehnte, flächen- 


Fig. P. 


Fig. P. Linke Seitenansicht des Cricoids und Thyreoids eines Kalbes. 1:1. 
a Cricoid, b Thyreoid, c hinteres Horn des Thyreoids, d Crico-thyreoidverbindung, 
e—f Boden des Sinus pyriformis, 7 M. crico-thyreoideus, 2 M. constrictor pharyngis in- 
ferior (der Pfeil giebt die Richtung des Muskels an), © M. thyreo-hyoideus, #4 M. sterno- 
thyreoideus. 

Fig. Q. Linke Seitenansicht des Cricoids und Thyreoids einer Phocaena nach 
Drehung um 45° um die sagittale Axe derart, dass die ventrale Partie hervorkommt, 
die dorsale aber zurückweicht. 1:1. Dieselbe Benennnng wie in Fig. P. 


formige Gebilde. Bei Phocaena aber ist an den Platten ein erheb- 
liches Stück ausgespart, so dass sie Spangen gleichen, an 
denen man je einen horizontalen Schenkel, je einen verticalen Schenkel 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 53 


und je ein Mittelstiick unterscheiden kann, welches mit dem Mittel- 
stiick der andern Spange in Verbindung tritt. 

Der Knorpel selbst ist beim Kalb dick und deshalb wenig 
elastisch. Bei Phocaena aber ist er am Mittelstiick und an 
der an das Mittelstück anstossenden Partie des verti- 
calen Spangenschenkels selbst bei alten Thieren bis 
zum Durchscheinen diinn und deshalb in diesen Thei- 
len federnd. 

Beim Kalb ist der Schildknorpel ohne 
Naht, bei Phocaena aber hat er Nihte, 
welche individuell sehr variiren. Fig. R 

Fig. R. Compositionsbild des Thyreoids, aus 4 Pho- 
caena-Thyreoiden zusammengestellt. Ventrale Fläche, 


die obere Kante ist die orale. JZ Mittelstück des Thyre- 
oids, 2 Seitenstücke des Thyreoids. 


stellt die ventrale Fläche eines Compositionsbildes von 4 Schild- 
knorpelmittelstücken dar. Zunächst kann in der Mittellinie in ihrem 
oralen Theil eine kurze Naht vorhanden sein. Eine solche Naht 
kommt bei keinem andern Säugethier vor und spricht gegen die 
Auffassung des Mittelstücks als Copula des 4. und 5. Visceralbogens 
(DuBois). Ferner kann sich das Mittelstück durch eine orale Naht 
mit dem Seitenstück verbinden, die kurz oder lang, gerade oder 
gezackt sein kann. Diese Naht entspricht wohl der bisher nur beim 
Schnabelthier (Dupoıs) gefundenen Seitennaht. Das Gewebe der 
Naht besteht aus kernarmem, straffem Bindegewebe, das ohne scharfe 
Grenze in den Knorpel ausstrahlt. Durch die Persistenz dieser 
Nähte im Verein mit der Verdünnung des Mittelstücks und der 
verticalen Spangenschenkel aber ist eine Elasticität des hya- 
linen Knorpels erreicht, wie sie sonst nur durch Einwebung 
von elastischen Fasern (Epiglottis) in die Grundsubstanz des Knorpels 
erreicht wird. 


Beim Kalb ist, wie überall, ein vorderes und ein hinteres (ec) 
Schildknorpelhorn vorhanden. Bei Phocaena fehlt das vordere 
Horn, das hintere (c) dagegen ist stark ventralwärts ver- 
längert. Durch diese Verlängerung erfuhr seine Verbindung (d) 
mit dem Cricoid eine starke ventrale Verschiebung. Das Cricoid 
aber, da es, fest mit der Trachea verbunden, in seiner ursprünglichen 
Lage mit nach vorn und hinten sehender Ringöffnung liegen blieb, 
passte sich der Verschiebung seiner Verbindung mit dem Thyreoid 


54 G. BOENNINGHAUS, 


dadurch an, dass es einen besondern, ventralwärts gerichteten Pro- 
cessus articularis (s. Figur) an seinem hintern Umfang bildete. 

Das Kalb hat ein rundliches Crico-thyreoidgelenk (d) 
mit frontaler Axe. Phocaena aber hat, wie die Monotremen (DuBots), 
eine Syndesmosis crico-thyreoidea (d) und zwar mit sagittaler 
Axe und walzenförmig umgebildetem Endstück des hintern Schild- 
knorpelhorns. 

Beim Kalb verläuft der Boden (ef) des Sinus pyriformis 
von vorn unten unter allmählicher Abflachung nach hinten oben. 
Bei Phocaena aber fällt die Abflachung wegen der Senkung der 
Crico-thyreoidverbindung fast fort, und der Boden (ef) des Sinus 
pyriformis läuft von vorn nach hinten. Beim Kalb ist der 
Boden des Sinus pyriformis schmal, spaltförmig, bei Phocaena aber 
ist er breit, rinnenförmig. Diese Verbreiterung des Sinus ist 
erzielt theils durch horizontalere Lage der Seitenplatten, theils durch 
Verschmälerung der Epiglottis und der Aryknorpel in frontaler 
Richtung. — Beim Kalb ist der Bodenraum wegen der ge- 
ringen Elasticität des Schildknorpels unveränderlich. Bei 
Phocaena aber kann er schon durch leichten Fingerdruck auf die 
Schildknorpelplatten verengert und erweitert werden. Das 
ist ermöglicht durch die federnde Beschaffenheit des verticalen- 
Spangenschenkels und des Mittelstücks sowie durch die Beweglich- 
keit des hintern Horns gegen das Cricoid um die sagittale Axe. 

Diesen vergleichend-anatomischen Daten über den Schildnorpel von 
Phocaena noch anatomische Einzelheiten hinzuzufügen, hat wenig Zweck 
und ist auch unmöglich, denn im Einzelnen ist der Schildknorpel durch 
seine verschieden starke Reduction so viel Variationen unterworfen, dass 
von einer Einheitlichkeit des Details, wie beim menschlichen Schild- 
knorpel, gar nicht die Rede sein kann. Um nur ein Beispiel anzu- 
führen, so kann der aborale Rand des Mittelstücks (Fig. R 7) bald zu 
einer langen Spitze ausgezogen, bald aber abgerundet sein. Das aber 
und Anderes iibersah Rawırz vollkommen, als er eine rein anatomische 


Schilderung des Schildknorpels, „so wie es in der Menschenanatomie 
gebräuchlich ist“, entwarf. 


Die Veränderung nun, welche der Boden des Sinus 
pyriformis bei Phocaena erlitt, ist eine nothwendige 
Folge der hohen Lage des Kehlkopfs bei diesem Thier. 
Denn je höher in der Säugethierreihe der Kehlkopf gehoben wird, 
um so näher rückt der Schildknorpel an die obere Grenze der Pars 
inferior pharyngis, die Arcus palato-pharyngei, heran, und um so 
niedriger wird die Pars inferior pharyngis. Compensirt wird 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 55 


nun die daraus resultirende hochgradige Verengerung 
des Speiseweges durch die oben geschilderte Ver- 
breiterung des Bodens des Sinus pyriformis, durch 
die Erweiterungsfähigkeit des Bodens und durch die 
Tieferlegung seines hintern Theils, welche durch 
Tieferlegung des Crico-thyreoidgelenks erzielt ist. 


Zwischen dieser extremen ventralen Lage des Gelenks bei Pho- 
caena und der extremen dorsalen Lage beim Kalb und auch beim 
Menschen sowie beim Schwein steht das Pferd in der Mitte mit seiner 
Lage der Crico-thyreoidverbindung an der Seite der Cricoidspange unter 
gleichzeitiger Verlängerung des hintern Horns des Thyreoids, entsprechend 
dem stärkern Hochstand seines Kehlkopfs. Weiteres Material zur Ver- 
folgung dieser interessanten Frage aber fehlte mir. Jedoch geben die 
zahlreichen Abbildungen von Mayer eine Fülle von verwendbaren Ver- 
gleichspunkten. So z. B. scheint ein ähnliches, spangenförmig reducirtes 
Thyreoid der Seehund zu haben; das vordere Schildknorpelhorn fehlt 
auch dem Schwein; das Crico-thyreoidgelenk steht bei vielen Thieren 
noch tiefer als beim Pferd, so tief wie bei Phocaena steht die Crico- 
thyreoidverbindung beim Riesenkänguruh. 


Von grosser Wichtigkeit ist auch die vergleichende Be- 
trachtung des M. crico-thyreoideus (Fig. P u. R 7). Beim 
Kalb verbindet dieser Muskel, wie bei allen Placentaliern — er fehlt, 
nach Dusoıs, den Aplacentaliern — die einander zugekehrten 
äussern Flächen des Cricoids und Thyreoids mit einander in der in 
Fig. P angedeuteten Weise. Durch seine Contraction wird die 
aborale Kante des Thyreoids über die orale des Cricoids gezogen, 
und strittig ist nur, ob einer der Knorpel und welcher von ihnen 
hierbei an seinem Platze bleibt. Durch diese Verschiebung der 
beiden Knorpel gegen einander wird, wie bekannt, das Stimm- 
band gespannt. — Bei Phocaena nun ist der Ansatz des Muskels 
an der dem Cricoid zugewandten Kante des Thyreoids derselbe ge- 
blieben, nur hat sich die Kante in ihrem vordern obern Theil sagittal 
gespalten („Muskeleindruck“ ! von Rawirz), weil sie ungespalten 
bei ihrer Schmalheit dem sehr kräftigen Muskel offenbar nicht ge- 
nügend grosse Ansatzfläche geboten hatte. Dadurch aber, dass die 
Kante dieses Knorpels durch den Process der Reduction der Schild- 
knorpelplatte und der ventralen Verlängerung ihres hintern Horns 
ihre Sförmige Krümmung verloren und eine halbkreisförmige ange- 
nommen hat, hat sich auch die Ansatzlinie des Muskels zu 
einem Halbkreis umgeformt. Dem entsprechend sehen wir 
den Muskel von der ventralen Aussenfläche der Cricoidspange aus 


56 G. BOENNINGHAUS, 


fächerförmig nach oben gegen die Kante des Thyreoids ausstrahlen. 
So lautet auch die Beschreibung von Stannius und DUBoIs, und 
Rawitz ist wohl derselben Ansicht, drückt sich aber unverständlich 
aus. — Die Function des Muskels besteht nicht mehr in einer 
Näherung des Thyreoids und Cricoids, oder, wie RAWITZ meint, in 
einer Hebung der Spange des Cricoids; das letztere ist schon des- 
halb unmöglich, weil bei Phocaena das Cricoid im Gegensatz 
zu den Landsäugern feststeht (cf. Capitel „Erweiterung des 
Schlundes“). Sie besteht vielmehr in einer Abduction der 
seitlichen Schildknorpelspangen in der Weise, wie es 
beschrieben wurde. Dadurch erfolgt eine active Er- 
weiterung des bei Phocaena zum ausschliesslichen Speise- 
weg gewordenen Sinus pyriformis, jedenfalls ein sehr zweck- 
dienlicher Vorgang gerade in dieser durch den Einbau der Epiglottis 
und der Aryknorpel so engen Passage. 

So hat denn der M. crico-thyreoideus einen exqui- 
siten Functionswechsel erfahren. Er ist aus dem 
Dienst der Phonation in denjenigen der Deglutition 
getreten (cf. Capitel „Erweiterung des Schlundes“). Die dadurch 
verwaiste Stelle des Spanners der Stimmbänder aber bleibt unbe- 
setzt, denn die Wale entbehren der Stimmbänder (CUVIER). 

KÖRNER fand beim Riesenkänguruh sowohl das Stimmband als 
auch den M. crico-thyreoideus fehlend. Bei Phocaena fanden wir 
den Mangel des Stimmbandes mit einem Functionswechsel dieses 
Muskels verbunden. Das ist ein fernerer Beweis für dieinnigen 
biologischen Wechselbeziehungen zwischen Stimm- 
band und M. crico-thyreoideus. 


2. Die Muskeln der Pars inferior. 


Die einzige Wand der Pars inferior, welche bei Phocaena nicht von 
dem Knorpelgerüst des Kehlkopfs gebildet wird, ist nach der soeben 
gegebenen Beschreibung die dorsale. Ihre vordere Hälfte wird von 
der ventralen Fläche des Ringwulstes (Taf. 1, Fig. 1) mit dem von 
ihm umschlossenen Isthmus naso-pharyngeus gebildet. Ihre hintere 
Hälfte wird auf ihrer Innenfläche von einem bisher gänzlich ver- 
kannten Muskel gebildet, dem: 


a) M. longitudinalis oesophagi. 
Entfernt man die Schleimhaut der dorsalen Wand der hintern 
Hälfte der Pars inferior, so tritt ein Muskel zu Tage, welcher bei 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 57 


den Landsäugethieren hier nicht zu finden ist. Denn hier liegt bei 
den letztern der circulär gefaserte M. constrictor pharyngis medius 
und inferior. Unser Muskel bei Phocaena aber ist lings gefasert, 
er kommt auch aus dem Oesophagus und ist also der M. longi- 
tudinalis oesophagi (Taf. 1, Fig. 1 18; Fig. 2 7; Fig. 3 4). Er setzt 
sich mit seinem obern dorsalen Ende an die schon beschriebene 
Inscriptio tendinea (Taf. 1, Fig. 3 à) fest, an welche sich der M. sal- 
pingo-pharyngeus mit seinem untern Ende ansetzt. Seitlich ent- 
sendet er auch einige Züge zur Kante des hintern Horns des Schild- 
knorpels. Ventral setzt er sich mit seinen mittlern Biindeln breit 
an die dorsale Fläche des Cricoids (Taf. 1, Fig. 2 a) und der Ary- 
tänoide (b) fest, mit seinen seitlichen Zügen geht er in die Muscu- 
latur des Bodens des Sinus pyriformis (cf. nächsten Abschnitt) über 
(Taf. 1, Fig. 29). Er bildet somit wie immer einen schlauchförmigen 
Muskel. 

Es fragt sich nun, wie dieser Muskel, welcher sonst 
in der Höhe des Cricoids beginnt, mit seinem obern dorsalen 
Ende in diese so weit gegen die Pars superior vorge- 
schobene Position gekommen ist. Zur Beantwortung dieser 
Frage recurriren wir am besten auf den Menschen, der in dieser 
Beziehung von LUSCHKA genau untersucht ist. Aus der Schilderung 
Luscuka’s und aus seinen tabb. 7, 8, 10—12 geht Folgendes her- 
vor: Vom Palato-pharyngeus, sowohl seiner Pars externa wie in- 
terna, kommen Muskelbündel, welche sich nicht mit denen der andern 
Seite constrietorartig vereinigen, sondern sehr schräg, fast longi- 
tudinal an der hintern Rachenwand weit abwärts ziehen, um sich 
in der Höhe der Cricoidplatte an eine breite, aber kurze Aponeurose 
anzusetzen, welche, wie der Palato-pharyngeus, den Constrietoren 
von innen her aufliegt. Nach RÜCKERT ist die Sache bei den Land- 
säugethieren ebenso. In diese schrägen Züge des M. palato-pharyn- 
geus geht auch, seiner Richtung nach zu urtheilen, schliesslich der 
Salpingo-pharyngeus über, welcher ja nichts weiter ist als der Ur- 
sprung der Pars externa m. palato-pharyngei von der Tube. Man 
kann also auch sagen, der M. salpingo-pharyngeus setze sich an die 
Aponeurose des M. palato-pharyngeus an. Aus dem untern Ende 
der Aponeurose aber nimmt ein Theil des M. longitudinalis oeso- 
phagi seinen Ursprung. Wie beim Menschen die Aponeurose, so 
liegt nun bei Phocaena die Inscriptio tendinea zwischen M. salpingo- 
pharyngeus und M. long. oesophagi. Aus diesem Grunde muss man 
die Inscriptio als die verkürzte Aponeurose des Pa- 


58 G. BOENNINGHAUS, 


lato-pharyngeus aufzufassen, was um so wahrscheinlicher 
ist, als am Rachen eine Inscriptio tendinea, wie an den Bauch- 
muskeln als Zeichen der Entstehung aus mehreren Myomeren, nicht 
vorkommt. Bei der Drehung und Verlängerung des Präsphenoids 
zog nun, wie man annehmen muss, der M. salpingo- 
pharyngeus vermittels der Inscriptio den M. long. 
oesophagi weit in die Höhe. Dieser Bewegung des Oeso- 
phagus nach oben wurde aber schliesslich ein Ende dadurch gesetzt, 
dass das dorsale Ende des M. long. oesophagi an der Schädelbasis 
einen fixen Ansatzpunkt (s. Fig. S 4) gewann. 

Das weite Hinaufreichen der Speiseröhrenmusculatur war schon 
Cuvier bekannt. Wenigstens kann man das aus seiner flüchtigen, 
aber treffenden Skizze schliessen. Im Uebrigen aber ist unsere 
Kenntniss über diesen Muskel bisher sehr mangelhaft 
und erstreckt sich nur auf die seitlichen Züge, welche vom hintern 
Horn des Thyreoids kommen. STAnNIUs entdeckte sie und sagt 
von ihnen kurz und treffend: „Vom absteigenden Horn des Schild- 
knorpels erstrecken sich abwärts steigende Muskelbündel zum Schlund- 
kopf.“ Rawırz fand diese Bündel wieder und theilte sie in drei 
Abtheilungen ein, von denen aber zwei nach seiner Schilderung sich 
unserm Constrictor inferior (s. später) zugesellen und als Theile - 
dieses Muskels aufzufassen sind. 

Die Function des M. long. oesophagi besteht in einer Ver- 
kürzung der hintern Pharynxwand und des Oesophagus. Näheres 
siehe unter „Erweiterung des Schlundes“. 


b) Die Musculatur des Bodens des Sinus pyriformis. 


Die Beschreibung dieser Musculatur reiht sich am besten an die- 
jenige des M. oesophagi an: Der Boden des Sinus pyriformis von Pho- 
caena hat eine nicht unbedeutende Muskelschicht. Sie ist ausschliess- 
lich longitudinal gefasert, bildet vorn die hintere Fortsetzung des dem 
Vestibulum angehörenden M. genio-epiglotticus und M. glosso-epiglot- 
ticus, geht hinten in die ventrale Hälfte des M. long. oesophagi über, 
schliesst sich seitlich an den untern Rand des M. thyreo-palatinus an und 
bedeckt median die Basis der Epiglottis und der Aryknorpel bis zu 
ziemlicher Höhe. Der Muskel ist nicht selbständig, son- 
dern bildet lediglich die Fortsetzung des M. genio-epi- 
glotticus, glosso-epiglotticus und longit. oesophagi 
(partis ventralis) über ihren gewöhnlichen Ansatz 
hinaus. In diesem Sinne ist auch die Ansicht Dusoıs’ richtig zu 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 59 


stellen, welcher einem Muskel, der scheinbar unserm Thyreo-pala- 
tinus entspricht, auch an der Epiglottis entspringen lässt. 

Function: Herunterdrücker des Bodens des Sinus pyriformis 
beim Schlingact (cf. Abschnitt „Erweiterung des Schlundes“). 


ec) M. laryngo-pharyngeus seu M.constrictor pharyngis 
inferior. 


Nach aussen von der Pars dorsalis m. longit. oesophagi liegt 
ein kräftiger Muskel mit ausgesprochen circulärer Faserung. Er 
entspringt von der hintern Hälfte der horizontalen Thyreoidspange 
und von dem hintern Horn des Thyreoids, und zwar von ihrer 
äussern Fläche (Fig. Q 2). Sein Faserverlauf geht nach oben gegen 
das Oceiput. Während 
die innern, dem M. 
oesophagi anliegenden 
Fasern die Pars in- 
ferior in ihrem hin- 
tern obern Theil circu- 
lär umgreifen, setzen 
sich die äussern Fasern 
an die hintere Hälfte 
der knöchernen Halb- 


Fig. S.  Schädelbasis 
und Zungenbeinapparat einer 
sehr grossen Phocaena. 3:4. 
a Palatinum, 5b Pterygoid, 
ce Basihyoid, d Thyreoid, e 
Epihyoid, f Stylohyoid, g 
Tubereulum stylohyoideum, 
h Basioceipitale, 7 Cerato- 
hyoid, & Condylus oceipitalis, 
1 Mandibula, m Processus 
zygomat. ossis squamosi, 7 
Processus paraoccipitalis, 7 
M. mylo-hyoideus, 2 M. 
sterno-hyoideus, 3 M. thyreo- 
hyoideus, # M. longitudinalis 
oesophagi, 9 M. constrictor 
pharyngis inferior, 6 M. con- 
strictor pharyngis medius (?), 
7 Mm. recti capitis et sealeni. 


rinne der Schadelbasis§(Fig. S 5) zwischen M. oesophagi (4) und den 
Mm. recti capitis (7) fest. Der Muskel nimmt die knöcherne Halb- 
rinne mit Ausnahme eines medialen schmalen Streifens in ihrer 
ganzen Breite bis hinunter zum Kamm des Processus der Unter- 


60 G. BOENNINGHAUS, 


fläche des Basioccipitale (cf. Einleitung) ein und hinterlässt an seiner 
Ansatzfläche einen bei erwachsenen Individuen deutlichen Muskel- 
eindruck. 

Der Muskel, welcher vom Thyreoid entspringt und 
den Pharynx constrictorartig umgiebt, kann nur die 
Pars thyreoidea des M. laryngo-pharyngeus sein. Zur 
Homologisirung dieses Muskels aber giebt es noch ein gutes Mittel, 
das ist der Uebergang von Fasern aus dem Crico-thyreo- 
ideus in den Thyreo-pharyngeus, welcher bei allen 
Placentaliern (DuBois) vorhanden ist und auch bei 
Phocaena nicht fehlt, wie ebenfalls DuBois bereits nachwies. 

Bei den Landsäugethieren erhält der M. laryngo-pharyngeus auch 
von der Cricoidspange Zuzug. Diese Pars cricoidea aber fehlt bei 
Phocaena vollkommen, was bisher nur noch vom Meerschweinchen 
(FÜRBRINGER) bekannt ist. 

Die Insertion des Constrictor inferior an der Schädel- 
basis kommt bei Landsäugethieren nicht vor, ebenso 
wenig wie die bereits beschriebene des M. oesophagi 
daselbst. Den Grund fiir die Insertion miissen wir im Zug der 
Muskeln der Pars superior nach oben erblicken, wie er aus der 
Drehung des Präsphenoids sich ergiebt. Er macht einen Gegenzug . 
erforderlich, welcher durch jene Insertion ausgeübt wird (cf. Cap. 
„Verengerung des Schlundes“). 

Abgebildet ist der Muskel, aber ohne Commentar und ohne 
seine Insertion am Occiput, schon von CUVIER. Beschrieben ist er 
erst von STANNIUS und zwar nach seinem Ansatz als M. occipito- 
thyreoideus. Ursprung: Lings der scharfen Kante des Hinterhaupt- 
beins. Ansatz: Theils am Seitenrand des Schildknorpels, theils im 
„Winkel, der von der Cart. thyreoidea und der Epiglottis gebildet 
wird“. Letzterer ist aber ausgefüllt von der Musculatur des Sinus 
pyriformis, welche keine Beziehung zu diesem Muskel hat. RAwITZz 
fand ebenfalls diese Beziehungen des Muskels zur Epiglottis nicht, 
seinen Ansatz am Occiput aber fand er so, wie ich ihn beschrieb. 
Seine innern, in einander übergehenden Fasern rechnet RAWITZ, 
wie es den Anschein hat und bereits erwähnt wurde, zum M. oeso- 
phagi. Dusors nennt den Muskel nach seinem Ansatz Thyreo- 
epiglottico-pharyngeus und rechnet hierzu nicht nur den Thyreo- 
pharyngeus, sondern, wie es scheint, auch den Thyreo-palatinus mit 
Einschluss der Musculatur des Sinus pyriformis. Er kennt nicht 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 61 


seinen Ansatz am Occiput, wahrscheinlich weil er nicht in situ 
untersuchte. 

Die Function des M. constrictor inferior besteht bei Phocaena, 
wie überall, in einer Verengerung der Pars inferior. Durch seine 
Befestigung am Occiput aber zieht er dabei den ganzen Kehlkopf 
nach oben gegen das Occiput. RawıTz ist auch dieser Ansicht, nur 
glaubt er, dass bei dieser Bewegung Epiglottis und Aryknorpel in 
Folge ihrer Abknickung gegen die horizontale Partie des Kehlkopfs 
„nach vorwärts und etwas nach unten gedrückt werden müssen“. 
Das vermag ich nicht einzusehen, denn dazu müsste mit der Hebung 
des Kehlkopfs zugleich eine Drehung um seine transversale Axe 
verbunden sein, was ich nicht finde. Die von RAwITz angenommene 
Bewegung würde auch direct dem Mechanismus des Schluckacts 
(siehe Verengerung des Schlundes und Fig. T) widerstreben. 


d) M.hyo-pharyngeus seu M. constrictor pharyngis 
medius. 


Vergeblich sucht man bei Phocaena nach einem Muskel, welcher 
sich vom Hyoid zum Pharynx begiebt. Das ist sehr auffallend, 
denn einerseits findet sich der M. hyo-pharyngeus nach RUCKERT 
bei allen Landsäugethieren, und andrerseits fanden wir alle übrigen 
Rachenmuskeln der Landsäugethiere bei Phocaena wieder. 

STANNIUS beschreibt nun einen Muskel, der schon von Rapp 
gefunden wurde, als M. occipito-hyoideus, welcher die Homologisirung 
mit dem Constrictor medius zulässt. STANNIUS sagt über diesen 
Muskel: „Der M. oceipito-hyoideus ist ein ziemlich schwacher, kurzer, 
rundlicher Muskel, der von der Grenze des Hinterhauptbeins und 
Felsenbeins seinen Ursprung nimmt. Er verläuft schräg nach innen 
und hinten und befestigt sich an die Spitze des hintern oder untern 
Zungenbeinhorns, entsprechend dem hintern Bauche des M. digastri- 
cus.“ Rawıtz hält den Muskel nicht für einen besondern Muskel, 
sondern für aberrante und inconstante Fasern des M. occipito- 
thyreoideus. Das glaube ich nicht, denn der Occipito-thyreoideus 
schlägt, von der Kante des basioceipitalen Knochenfortsatzes aus 
gerechnet, die Richtung nach der Mittellinie, dieser Muskel aber 
diejenige nach vorn und aussen ein. ‚Jeden Falls aber stimmt die Be- 
schreibung von STANNIUS, nur ist dieselbe dahin zu präcisiren, dass 
der Muskel nicht von der Grenze des Hinterhaupt- und Felsenbeins 
entspringt, sondern vom hintersten Theil des basooccipi- 


62 G. BOENNINGHAUS, 


talen Knochenfortsatzes hinter dem lateralen Ansatz des 
Constrictor inferior (Fig. S 6). 

STANNIUS hält ihn offenbar für den hintern Bauch des Di- 
gastricus und lässt den vordern Bauch dieses Muskels bei Phocaena 
fehlen, was nach Bronn’s Zusammenstellung bei keinem sonstigen 
Säugethier vorkommt. Nach BRONN entspringt nun der M. depressor 
maxillae inferioris nie vom Occiput, sondern vom Proc. 
paramastoideus (Fig. S n) resp. mastoideus und setzt sich an 
den Unterkiefer fest. Er kann durch eine Zwischensehne in einen 
vordern und hintern Bauch getrennt werden, in welchem Falle man 
ihn M. digastricus nennen kann. Die Zwischensehne verbindet sich 
nun öfter, wie beim Menschen, mit dem Hyoid, doch, glaube ich, 
wohl nie mit dem hintersten Punkt des Hyoids, wie bei Phocaena, 
sondern mit einem weiter nach vorn gelegenen. Das und der An- 
satzpunkt am Oceiput spricht gegen STANNIUS. 

Dagegen scheinen mir folgende Momente für die Auf- 
fassung des M. oceipito-hyoideus als M. hyo-pharyn- 
geus zu sprechen: Der M. hyo-pharyngeus kann vom vordern 
Zungenbeinhorn, vom Zungenbeinkörper und vom hintern Zungen- 
beinhorn entspringen (RUCKERT). Die beiden ersten Ursprungs- 
stellen sind inconstant, die letztere aber so constant, dass sie nur 
dem Hirsch fehlt (RÜCKERT). Phocaena nun kann bei seinem flächen- 
förmig gebauten Zungenbein (Fig. S) kaum einen andern M. hyo- 
pharyngeus gebrauchen als einen solchen, welcher vom hintern 
Zungenbeinhorn entspringt. Ich nehme nun an, dass schon bei den 
Landvorfahren der Phocaena der M. hyo-pharyngeus, wie der STAN- 
nıus’sche Muskel, nur von der Spitze des hintern Horns entsprang. 
Diese Spitze lag bei ihnen nicht dort, wo sie jetzt bei 
Phocaena liegt, denn die Landsäugethiere haben ein viel schmaleres 
Zungenbein als die Zahnwale, es ist etwa nur so breit wie der 
Kehlkopf (ef. Figuren bei MAYER). Durch Verbreiterung des Zungen- 
beins aber kam es bei Phocaena zur Lösung der fast stets vor- 
handenen Verbindungzwischen vorderm Schildknorpelhorn und hinterm 
Zungenbeinhorn und zum Schwund des erstern, da es überflüssig 
wurde. Das kommt nur noch beim Schwein vor (nach MAYER), nur 
ist der Abstand zwischen hinterm Zungenbeinhorn und Kehlkopf 
beim Schwein nicht halb so gross wie bei Phocaena. — Im Laufe 
der phylogenetischen Entwicklung rückte nun bei Phocaena die 
Zungenbeinspitze nach aussen weit über die laterale Kante des 
Pharynxschlauchs hinaus. Wäre nun der M. constrietor medius in 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 63 


Verbindung geblieben mit dem Pharynxschlauch, so wiirde durch 
das Auseinanderriicken seiner Ansatzpunkte am Hyoid der Pharynx 
an dieser Stelle eine entsprechende, höchst störende Erweiterung 
erfahren haben, wie sie unter pathologischen Verhältnissen als 
Divertikelbildung bekannt ist. Er verlor deshalb seine Beziehung 
zum Rachenschlauch, blieb lateral von ihm liegen und wurde rudi- 
mentär. Bevor aber seine Lösung aus dem Connex mit dem Rachen- 
schlauch erfolgte, hatte der Muskel bereits einen festen Ansatzpunkt 
am Occiput erhalten, in Analogie mit dem M. constrictor pharyngis 
inferior und M. longit. oesophagi, also als Gegengewicht gegen die 
bereits eingeleitete Drehung des Präsphenoids. Durch die weitere 
Drehung des Präsphenoids aber wurde der M. constrietor inferior 
in die Lücke gezogen, welche im Rachenschlauch durch das Aus- 
scheiden des M. constrictor medius entstanden war. Er gelangte 
vor das Rudiment des Constrictor medius, wie ja auch der M. longit. 
oesophagi vor den Constrictor inferior gelangte, und übernahm 
seinerseits den Gegenzug gegen den Zug des Präsphenoids nach 
oben durch Insertion am Occiput. Jetzt also sehen wir das Rudi- 
ment des M. constrictor medius hinter dem M. constrictor inferior 
liegen und vom Occiput entspringen, gänzlich losgelöst aus seiner 
Beziehung zum Pharynx. 

Diese Auffassung des M. occipito-hyoideus als M. constrictor 
pharyngis medius mag gewagt erscheinen, besonders wegen des com- 
plieirten Mechanismus seiner phylogenetischen Veränderung, indess 
sind die Verschiedenheiten bei Phocaena im Gebiet des Rachens und 
der Nase vielfach nicht minder complicirte, wie dargethan wurde. 
Die einzige Möglichkeit, die Richtigkeit der Auffassung zu prüfen, 
liegt, wie Eingangs erwähnt, in der Untersuchung der Innervation 
des Muskels. Wird er vom Vagus-Accessorius innervirt, so ist er 
der an seiner normalen Stelle fehlende Constrictor medius. Wird 
er vom Facialis innervirt, so ist er wahrscheinlich ein Rudiment des 
Digastricus. : 

Function: Der Muskel muss das Zungenbein nach hinten 
ziehen als schwacher Unterstützer des M. sterno-hyoideus. 


C. Das Vestibulum pharyngis. 

Das Vestibulum ist nach Capitel III der hinterste Theil der 
Mundhöhle, welcher zwischen der vordern Arcusebene oder dem 
Isthmus faucium und zwischen der Epiglottisebene gelegen ist. Auch 
dieser Raum hat eine erhebliche Veränderung bei Phocaena erlitten, 


64 G. BOENNINGHAUS, 


welche schon Rapp sah, ohne ihren Grund zu erkennen. Dieser 
liegt in einer Störung des Verhältnisses zwischen 
Zunge und Mundhöhle, und diese soll zuerst besprochen werden. 


1. Zunge und Mundhöhle. 


Die Zunge der Landsäugethiere füllt im Ruhezustand die ganze 
Mundhöhle aus mit Ausnahme des Sinus glosso-epiglotticus, jener 
kurzen Bucht zwischen Zungengrund und Epiglottis (Capitel III). 
Bei Phocaena aber (Taf. 1, Fig. 1) liegt sowohl zwischen der Spitze 
der Zunge und der vordern Zahnreihe als auch zwischen dem Zungen- 
grund und der Epiglottis ein weiter Abstand. Dieses Missver- 
hältniss zwischen Mundhöhle und Zunge tritt schon in 
früher embryonaler Zeit ein. Wie KÜKENTHAL nachwies, wächst 
schon bei ganz jungen Phocaena-Embryonen der Oberkiefer etwa 
doppelt so schnell wie der übrige Körper. Unterkiefer und Mund- 
höhle halten natürlich gleichen Schritt mit dem Oberkiefer, nicht 
aber die Zunge. Sie wächst nicht entsprechend schnell mit, und so 
sehen wir schon bei dem 7,1 cm langen Embryo dasselbe Missver- 
hältniss zwischen Grösse der Zunge und Grösse der Mundhöhle 
wie beim erwachsenen Thier. 

Ausserdem erfolgt aber noch eine Ortsveränderung der 
Zunge in der Mundhöhle auf folgende Weise: Der wachsende Unter- 
kiefer zieht vermittels des M. genio-glossus (7) die Zunge nach 
vorn. Einen Gegenzug übt die hintere Zungenmusculatur, bestehend 
aus dem M. genio-epiglotticus (4), dem M. glosso-epiglotticus (4), 
dem M. palato-glossus (11) und dem M. hyo-glossus (6), aus. Die 
Zunge aber wird durch den stärkern M. genio-glossus vom Zungen- 
bein herunter nach vorn gezogen. So liegt sie denn nicht mehr, 
wie bei den Landsäugethieren (cf. Fig. U), mit ihrem 
hintern Theil über dem Zungenbein, sondern vor dem- 
selben, die Muskeln der Zunge aber werden vorn und 
hinten stark ausgezogen. Das alles sind Verhältnisse, die 
am Sagittalschnitt (Taf. 1, Fig. 1) ohne weiteres zu sehen sind, 
trotzdem aber bisher unbeachtet blieben. 

Vor und hinter der Zunge entsteht durch den geschilderten 
Process ein todter Raum. Vorn wird er ausgefüllt durch sehr 
starkes Wachsthum des Zungenbändchens (x) und der Schleimhaut 
des hintern Alveolarrandes, hinten aber durch Bildung von caver- 
nösem Gewebe (y), bei jungen Thieren in dünnerer, bei ältern 
aber in ziemlich dieker Schicht. Zunächst sind wir frappirt, an 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 65 


dieser Stelle cavernéses Gewebe vorzufinden, allein eine eingehendere 
Beschäftigung mit der Zahnwalanatomie lehrt uns, dass dieses Ge- 
webe auch an andern Stellen auftritt, wo es sonst nicht zu finden 
ist, z. B. füllt es den Raum aus zwischen Tube und M. pterygoideus 
internus, in welchem früher die Tubenmuskeln lagen, oder es be- 
deckt die Schädelbasis dort, wo ihre Knochen stark reducirt sind. 
Bei Phocaena dient also mit einem Worte das cavernöse Ge- 
webe als Lückenbüsser, wie bei den Landsäugethieren 
das Fettgewebe. Es ist ja auch schon längst (HUNTER) bekannt, 
dass die Zahnwale im Innern ihres Körpers, mit Ausnahme weniger 
Stellen, so gut wie kein Fett ansetzen, sondern nur unter der Haut. 
Das cavernöse Gewebe aber ist als weiterer Ausbau des 
Venensystems zu betrachten, dazu bestimmt, die 
grossen Mengen des Blutes zu fassen, über welche die 
Wale (nach BERT bei Phocaena doppelt so gross wie beim Hund, 
auf das Kilogramm Körpergewicht berechnet) und auch die Pinni- 
pedier verfügen, wodurch es ihnen ermöglicht ist, wie man an- 
nimmt, eine grosse Menge Sauerstoffs mit wenigen Athemzügen ver- 
mittels ihrer grossen Lungen in das Blut aufzunehmen. Diese An- 
nahme wenigstens giebt uns eine plausible Erklärung für die 
Fähigkeit der Wale, so erstaunlich lange Zeit, nach KUKENTHAL’s 
Beobachtung bis °/, Stunde, unter Wasser zu bleiben. — An der 
Stelle, wo sich bei Phocaena der venöse Körper befindet, d. h. 
zwischen Epiglottis und Hyoid, findet sich bei den Landsäugethieren 
ein Fettkörper vor, welcher von PASSAVANT beim Menschen entdeckt 
und genau beschrieben wurde. Wahrscheinlich ist also das be- 
treffende cavernöse Gewebe diesem Fettkörper der Landsäugethiere 
homolog. 

Das grosse Vestibulum pharyngis ist nun bei Phocaena mit 
einer sehr derben, dicken, in tiefe Längsfalten, wie die Pars inferior, 
gelegten Schleimhaut ausgekleidet (Taf. 1, Fig. 1). Unter ihr liegt 
in der Seitenwand des Vestibulums das Rudiment der Gaumenmandel 
(w). Ich fand es in einem genauer untersuchten Falle spindelartig 
geformt, 4 cm lang, 1 cm breit, mit der Längsaxe von vorn nach 
hinten gerichtet, von typischem adenoiden Bau mit sehr starken 
bindegewebigen Septen. Nur ein kleiner Theil der Mandeloberfläche 
tritt durch eine oder mehrere Lücken mit dem Cavum vestibuli in 
Verbindung und macht den Eindruck einer kleinen Warze, auf deren 
Spitze meist eine Crypte sich öffnet. Die Mandeln sind meist nach- 


weisbar, besonders leicht bei jungen Individuen, bei einem ältern 
Zoo). Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 5 


66 G. BOENNINGHAUS, 


konnte ich sie indess nicht auffinden. Rawırtz aber vermisste sie 
vollkommen, doch waren sie schon den ältern Anatomen bei Pho- 
caena bekannt. 


2. Die Muskeln des Vestibulums. 


Die Muskeln des Vestibulums bilden, wie die Muskeln des 
Rachens, einen vollkommnen Schlauch. Sie finden sich, wie die 
Rachenmuskeln, sämmtlich schon bei den Landsäuge- 
thieren vor, theils constant, theilsinconstant, und 
unterscheiden sich von den betreffenden Muskeln der 
Landsäugethiere durch ihre grössere Ausdehnung, 
welche auf die Wanderung der Zunge nach vorn zu- 
rückzuführen ist. 


a) M. genio-epiglotticus und M. glosso-epiglotticus. 

Nicht alle Fasern des M. genio-glossus (Taf. 1, Fig. 1 7) strahlen 
in die Zunge aus, die ventralen verlaufen vielmehr nach hinten (4) 
zum Boden des Vestibulums und weiter zur Epiglottis. Diese Aus- 
strahlung des M. genio-glossus zur Epiglottis wurde bereits von 
Rapp und STANNIUS beschrieben und findet sich nach FÜRBRINGER 
weit verbreitet in den meisten Ordnungen der Landsäugethiere vor. 

Von der dorsalen Fläche der Zungenbasis entspringen Fasern 
(5), welche nach hinten verlaufen und sich mit denen des vorigen 
Muskels vereinigen. Sie sind bei Phocaena noch nicht beschrieben 
und finden sich unter dem Namen des M. glosso-epiglotticus nur 
selten bei Landsäugethieren vor, nach FÜRBRINGER nur bei Stenops, 
Lemur, Meles, Ursus, Procyon, Vwerra, Bradypus. 

Die Fasern dieser vereinigten Muskeln gehen, wie bereits er- 
wähnt, direct in die Muskelfasern des Bodens des Sinus 
pyriformis über. 

Function: Mit letztern.und dem M. longit. oesophagi (Pars 
ventralis) zusammen Depressor des Bodens des Sinus pyriformis 
(cf. Cap. „Erweiterung des Schlundes“). 


b) M. palato-glossus. 


Aus der hintern Hälfte der Zunge kommen seitlich flächen- 
förmige Muskelzüge heraus, deren vordere das ganze Vestibulum 
transversal (77) umgeben, deren hintere aber allmählich in die 
Längsrichtung übergehen, sich ohne Trennungslinie an die äussere 
Seite der vereinigten M. genio-epiglotticus und M. glosso-epiglotticus. 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 67 


anlegen und schliesslich median von den Schenkeln des M. stylo- 
pharyngeus in die seitliche und die kurze obere Wand der Sinus 
pyriformes (Taf. 1, Fig. 3 6) eindringen, wo sie sich mit den Fasern 
des M. palato-pharyngeus verflechten. Der vordere Rand des Muskels 
liegt im Arcus palato-glossus (v). Der Muskel ist schon von Rapp 
erkannt und richtig beschrieben, von RUCKERT wiedergefunden, von 
MuRrIE bei Globiocephalus melas schön gezeichnet. Er kommt nach 
RÜCKERT ausser beim Menschen nur noch beim Affen vor. Er con- 
stringirt das Vestibulum. 


c) M. hyo-glossus (Pars posterior). 


Vom dorsalen Seitenrand des Zungenbeinkörpers und der hintern 
Zungenbeinhörner bis zum Ursprung des M. stylo-pharyngeus am 
Tuberculums hyoideum (Fig. 18 g) entspringt der M. hyo-glossus. 
Nur seine vordere mächtige Partie (Taf. 1, Fig. 1 6) geht bei Pho- 
caena in die Zunge über. Seine hintere, dünne, flächenartige Partie 
aber strahlt, mit der vordern Kante des M. stylo-pharyngeus eine 
Strecke weit fest verbunden, in schrägen, von hinten unten nach 
vorn oben gerichteten Zügen gegen die Seitenwand und das Dach 
des Vestibulums aus. Der Muskel legt sich also der Aussen- 
fläche des M. palato-glossus auf und unterstützt ihn bei der 
Constrietion des Vestibulums. Er ist bereits von STANNIUS in der- 
selben Weise beschrieben und von ihm mit dem unpassenden Namen 
des M. hyo-pharyngeus belegt worden. Er ist nichts weiter als die 
hintere, durch das Vorrücken der Zunge lang ausge- 
zogene Partie des M. hyo-glossus und kommt in dieser An- 
ordnung bei Landsäugethieren nicht vor. 


D. Der Schlingact. 


Das Problem, in Körperhöhlen Ingesta in stets gleich bleibender 
Richtung fortzubewegen, löst die Natur durch an einem Punkt be- 
ginnende und in der Richtung der beabsichtigten Bewegung fort- 
schreitende Contraction der Höhlenwände. Besteht die Möglichkeit 
der Rückbewegung der Ingesta oder ihrer Ableitung in unbeabsich- 
tigte Nebenwege, so sind klappenartige Vorrichtungen angebracht, 
um diese Möglichkeit zu beseitigen. 

Zwei Hohlmuskelsysteme von äusserst complicirtem Bau sind 
es, welche nach diesem Princip mit grosser Schnelligkeit und grosser 
Pricision arbeiten, das Herzmuskelsystem und das Schlundmuskel- 
system. Aus mehrfachen Gründen hat die Physiologie der Erforschung 


5* 


68 G. BOENNINGHAUS, 


des Schlingacts auch nicht im entferntesten das Interesse entgegen- 
gebracht wie derjenigen der Herzthätigkeit. Nicht der letzte Grund 
ist jeden Falls die schwere Zugänglichkeit des Schlundgebiets im 
Leben. Doch die letzten Decennien haben auch diese Schwierig- 
keiten zu überwinden gewusst, so dass die Physiologie des Schling- 
acts heute nicht mehr ein lediglich angewandtes Capitel der descrip- 
tiven Anatomie ist, Dank der Untersuchungen von CoLLIN, Passa- 
VANT, KRONECKER, MELTZER u. A. Das gilt natürlich hauptsächlich 
vom Schlingact des Menschen, denn, wenn irgendwo, so ist hier der 
Untersucher von dem Entgegenkommen und der Intelligenz des 
Untersuchungsobjects abhängig. Das Thierexperiment aber ist be- 
sonders durch die controllirende Prüfung der Ausfallserscheinungen 
werthvoll geworden. Diese Experimente, ergänzt durch Erfahrungen 
aus der menschlichen Pathologie, lehrten ausnahmslos, dass der Ver- 
lust keines der beim Schlingact in Betracht kommenden Theile des 
Mundes und des Rachens das Schlingen unmöglich mache, sondern 
es höchstens erschwere. (Beim Menschen: Lähmung und Defect des 
weichen Gaumens, Verlust des Kehldeckels, Lähmung der Stimm- 
bänder, Exstirpation des Kehlkopfs und der Zunge. Beim Hund: 
Abtragung des Kehldeckels durch LONGET u. A., Durchschneidung 
der N. vagi durch CoLLın, Durchschneidung der N. mylo-hyoidei, der 
N. hypoglossi, der M. stylo-hyoidei, der M. constrictores pharyngis 
medii et inferiores durch KRONECKER, MELTZER und FALK.) 

Wenn nun auch der Schlingaet des Thiers weniger exact er- 
forscht ist als derjenige des Menschen, so lässt sich doch wegen 
der im Princip gleichen Einrichtung der anatomischen Bestandtheile 
des Rachens bei Menschen und Thier schliessen, dass er bei beiden 
denselben Gesetzen folge. Immerhin aber giebt es noch eine 
sanze Reihe von Punkten, besonders die physiologische Lage der 
Epiglottis zum Velum, welche bei Thieren anders sind als beim 
Menschen und der Aufklärung dringend bedürfen (s. Capitel „Kehl- 
deckel und Gaumensegel“). 

Beim Wal muss nun wegen der gänzlich verschie- 
denen Anordnung des Rachens und seines Nachbar- 
sebiets eine nicht unbedeutende Abänderung des 
Schlingacts in allen seinen Phasen erfolgen, und diese 
an der Hand der Anatomie von Phocaena zu besprechen, ist der 
Zweck der nachfolgenden Betrachtungen. Dabei soll die Physiologie 
des Schlingacts beim Menschen und den Landsäugethieren, soweit sie 
zum Verständniss der Physiologie des Schlingacts bei Phocaena 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 69 


nothwendig ist, mitberücksichtigt werden, denn was von der verglei- 
chenden Anatomie des Rachens gilt, gilt in erhöhtem Maasse von 
der Physiologie des Rachens nicht nur der Thiere, sondern auch des 
Menschen: sie ist das Stiefkind unserer Lehrbücher (cf. S. MAYER, 
LANDOIS, EINTHOVEN, v. BuNGE, Munk). 


1. Die Vorbereitung zum Schlingact. 


Dem eigentlichen Schlingact geht eine vorbereitende Thätigkeit 
der Organe des Mundes voraus: 

Das Oeffnen des Mundes zum Ergreifen der Beute erfolgt 
bei den Landsäugethieren bei in seiner Ruhelage fixirtem Zungen- 
bein durch den M. mylo-hyoideus, M. genio-hyoideus und M. depressor 
mandibulae (M. biventer genannt beim Vorhandensein einer Zwei- 
theilung des Muskels mit oder ohne Befestigung der Zwischensehne 
am Zungenbein, cf. BRONN). — Bei Phocaena fällt der M. depressor 
weg, auch wenn man den von mir als M. constrictor pharyngis 
medius (cf. das betr. Capitel) betrachteten Muskel als hintern Bauch 
eines Biventer (STANNIUS) auffassen würde. — Beim Oeffnen des 
Mundes würde nun dem Wal das Wasser in den Rachen laufen, 
wenn nicht die geöffnete Mundhöhle gegen die Rachenhöhle abge- 
schlossen wäre. Dieser Abschluss besteht beim Menschen rein 
passiv schon dadurch, dass bei in ungezwungener Weise geöffnetem 
Munde der Zungenrücken gegen den Gaumen anstösst. Verstärkt 
werden kann dieser Abschluss durch Anpressen des Zungenrückens 
an den Gaumen. Dem Zahnwal aber muss beim Abschluss des 
Rachens die ganz besonders starke Entwicklung der 
Arcus palato-glossi zu Statten kommen. Hiervon über- 
zeugt man sich am Cadaver bei aufgesperrtem Munde mit Leichtig- 
keit, und hierin ist auch der Zweck der starken Entwicklung dieser 
Falten beim Zahnwal zu erblicken. 

Das Schliessen des Mundes erfolgt bei Phocaena wie bei 
den Landsäugethieren durch den M. masseter und M. temporalis. 
Als dritter Muskel wirkt bei den Landsäugethieren der M. pterygo- 
ideus internus mit, welcher bei diesen dieselbe Richtung von dorsal 
nach ventral einschligt wie der Masseter und Temporalis. Bei 
Phocaena aber hilft der M. pterygoideus internus beim 
Schliessen des Mundes nicht mit, denn hier hat er 
eine horizontale Richtung dadurch erhalten, dass der Unter- 
kiefer durch Verlust seines aufsteigenden Astes sehr niedrig, spangen- 
förmig geworden ist. 


70 G. BOENNINGHAUS, 


Das Kauen besteht bei den Landsäugethieren, wie bei Pho- 
caena, zunächst aus einem abwechselnden Senken und Heben des 
Unterkiefers bei geschlossenem Munde, welches durch dieselben 
Muskeln wie das Oeffnen und Schliessen des Mundes bewirkt wird. 
Gleichzeitig erfolgt auch eine rotirende Bewegung des Unterkiefers 
durch Contraction der M. pterygoidei externi bei den Landsäuge- 
thieren, beider Pterygoidei aber bei Phocaena, die auf der einen 
Seite beginnt und auf der andern endigt. Eine eben solche Con- 
traction der M. genio-glossi und M. stylo-glossi bewirkt eine analoge 
Bewegung der Zunge. So wird bei den Landsäugethieren die 
Nahrung immer wieder zwischen die Zähne geschoben, zermalmt, mit 
Speichel gemischt und zum Bissen geformt. Anders aber bei Pho- 
caena: das homodonte, aus meisselförmigen Zähnen 
bestehende Gebiss gestattet gar keine Zermalmung, 
sondern nur eine Zerbeissung der Nahrung, welche ge- 
wöhnlich aus kleinern Fischen, meist Heringen, besteht. Auch diese 
geschieht nur höchst mangelhaft, das beweist der Mageninhalt. Es 
kommt auch durch die rotirende Bewegung des Unterkiefers und 
der Zunge nicht zur Formung eines Bissens, sondern höchstens zur 
Drehung des gefangenen Fisches in die Längsaxe des Mundes, um 
die spätere Passage durch den Rachen in dieser Stellung zu er- 
möglichen. Schliesslich ist von einer Einspeichelung der Nahrung 
nicht die Rede, denn die Wale entbehren der Speicheldrüsen (CUVIER). 
Sie bedürfen derselben als Wasserthiere ebenso wenig wie die 
Fische, denn die Bedeutung des Speichels liegt hauptsächlich im 
Schlüpfrigmachen des Bissens (v. BuNGE), ist also mehr eine 
mechanische als chemische. (Beweis: Exstirpation aller Speichel- 
drüsen bei Pferd und Hund ohne Beeinträchtigung der Verdauung.) 

Das Saugen erfolgt dadurch (DONDERS), dass vom Jungen 
die Milch aus der Brust der Mutter vermittels eines luftleeren Saug- 
raums aspirirt wird, welcher durch Herabdrücken des vordern und 
mittlern Drittels der Zunge, unter Abschluss gegen den Rachen 
durch Erheben des Zungengrundes, hergestellt wird. Gleichzeitige 
Abduction des Unterkiefers unter Beibehaltung des Lippenver- 
schlusses vergrössert den Saugraum. Es ist kein Grund zur An- 
nahme vorhanden, dass bei den Walen das Sauggeschäft nicht ebenso 
von Statten gehen könnte, nur muss die Saugwirkung wegen der Kürze 
der Zungenspitze geringer sein. Das wird nach KÜKENTHAL dadurch 
compensirt, dass die stillende Walmutter durch Contraction ihres 


Der Rachen von Phocaena communis Less. zul 


sehr starken M. compressor mammae ihrem Jungen die Milch in 
den Mund zu spritzen vermag. 

Die Beförderung des Bissens vom Mund in den 
Rachen geschieht bei den Landsäugethieren wie beim Zahnwal 
zunächst dadurch, dass unter Erhebung der Zungenspitze und Ab- 
flachung des Zungenrückens der Bissen auf denselben geschafft wird. 
Dann wird bei fixirtem Unterkiefer der Zungenrücken durch Con- 
traction des M. mylo-hyoideus (KRONECKER, Abbindung des N. mylo- 
hyoideus beim Hund), des M. hyo-glossus (fühlbar beim Menschen) 
und wohl auch des schwächern M. stylo-glossus gegen den Gaumen 
gehoben und dadurch der Bissen mit Gewalt in den Rachen getrieben. 
— Bei denjenigen Säugethieren, welche, wie Phocaena, das Zungen- 
bein vermittels des Stylohyoids in fester Verbindung mit der Schädel- 
basis haben, kommt nach meiner Ansicht als Unterstützer dieser 
drei Muskeln der M. genio-hyoideus hinzu, denn er kann bei diesen 
Thieren, wie der Mylo-hyoideus, das Hyoid nur heben, nicht aber, 
wie bei den Thieren mit losem Zungenbein, dasselbe auch nach 
vorn unter die Zunge ziehen und dadurch zum Kehlkopfverschluss 
beitragen (cf. das betr. Capitel. — Bei Phocaena kommt nun 
noch als fünfter Heber des Hyoids der M. stylo-pharyn- 
geus hinzu, denn bei der umgekehrten Richtung, welche er (cf. das 
betr. Capitel) durch die Drehung des Präsphenoids bekommen hat, 
zieht er nicht mehr, wie bei den Landsäugethieren, den Pharynx 
gegen das Styloid, sondern das Styloid gegen seinen Ansatzpunkt, 
das knöcherne Nasen- und Rachenrohr. Diese Hebung des Styloids 
wird auf zweifache Weise auf das Hyoid iibertragen, durch das 
Epihyale (Fig. Se) und durch den M. stylo-hyoideus, der als schmaler, 
langer, aber kräftiger Muskel die einander zugekehrten Ränder des 
Styloids und Hyoids verbindet. — Die Beförderung des Bissens vom 
Mund in den Schlund muss nun bei Phocaena mit grosser Kraft 
erfolgen, denn es ist nicht nur die Anzahl der das Zungenbein und 
die Zunge hebenden Muskeln, sondern auch die Kraft jedes einzelnen 
dieser Muskeln eine relativ bedeutende, besonders aber diejenige des 
M. mylo-hyoideus, welcher einen geradezu gewaltigen Dickendurch- 
messer hat (Taf. 1, Fig. 1 3, und Textfigur S 1). 


2. Die Erweiterung des Schlundes. 
Sobald nun die Speise aus dem Mund in den Schlund gelangt, 
beginnt, durch Reizung der sensiblen Nerven des Zungengrundes, 
des Gaumensegels und der Rachenwand reflectorisch ausgelöst, der 


12 G. BOENNINGHAUS, 


Schluckact. Er wird vollführt durch äusserst fein associirte 
Contractionen des ganzen musculösen Schlundapparats, und zwar in 
der Weise, dass der Verengerung des Schlundrohrs eine 
Erweiterung vorausgeht. Das hat man, der ganzen Sachlage 
gemäss, schon immer als sicher angenommen, bewiesen aber ist es 
erst durch MELTZER u. KRONECKER, wenigstens für die „Gegend 
des Eingangs des Oesophagus“, durch Druckmessung vermittels eines 
hierhin eingeführten Gummiballons. 

Die Erweiterung der uns hier interessirenden Pars inferior 
pharyngis kommt nun bei den Landsäugethieren wie beim 
Menschen durch folgende Momente zu Stande: 

1) Der Kehlkopf wird durch Contraction des M. thyreo-hyoideus 
an das Zungenbein herangezogen (fühl- und sichtbar). Dadurch ent- 
fernt sich der Kehlkopf von der hintern Rachenwand. 

2) Die hintere und seitliche Rachenwand wird 
gleichzeitig durch Contraction des M. stylo-pharyn- 
geus nach aussen und hinten oben gezogen. Das schliesst 
man aus dem Verlauf und der sonstigen anatomischen Anordnung 
dieses Muskels, der sich zu den Constrietoren des Rachens, speciell 
zum M. palato-pharyngeus (RÜCKERT), wie der Längsmuskel eines 
Sphincters zu seinem Ringmuskel verhält. 

3) Das Gaumensegel wird durch den M. levator veli ge- 
hoben (direct zu beobachten von der Nase aus). 

4) Die Aryknorpel werden wie beim Phoniren nach 
einwärts bewegt (Beobachtung von CoLLın am Pferd und Rind 
bei gespaltenem untern Kehlkopf). Dadurch wird das Lumen 
der Sinus pyriformes in der Breite nach innen zu ver- 
srössert. Denn es ist abhängig vom jeweiligen Stande der Ary- 
knorpel, und man kann sich vermittels des Kehlkopfspiegels beim 
Menschen leicht davon überzeugen, dass bei tiefer Inspiration das 
Lumen der Sinus pyriformes verschwindet, dass es bei der Phonation 
am weitesten ist und dass es beim ruhigen Athmen in einem Zu- 
stand mittlerer Weite sich befindet. Auch an der Leiche haben 
die Aryknorpel diese mittlere Lage inne („Cadaverstellung“), und 
deshalb findet sich auch an der Leiche ein mässig klaffender Sinus 
pyriformis, und zwar nicht nur beim Menschen, sondern auch bei 
den Landsäugethieren (WALDEYER). 

Dieses seitliche Klaffen des Speiseweges in der Ruhe erklärt uns 
nun die Möglichkeit einiger physiologischen Vorgänge 
(WALDEYER): flüssige sowie breiige Speisen befinden sich bereits 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 13 


im Magen, ehe der Schluckact auch nur beginnt (MELTZER u. 
KRONECKER, s. folgendes Capitel). Ferner: manche Leute besitzen 
die Fähigkeit, Flüssigkeit in den Magen hinunter zu giessen unter 
Unterdrückung des Schluckreflexes. 

Nur beim Schlucken grösserer Bissen und beim hastigen Trinken 
(CoLLın) wird auch der mittlere Theil des Speiseweges 
der Pars inferior pharyngis nach seiner Erweiterung nothwendiger 
Weise benutzt, d. h. der Bissen geht auch über den auf den 
Aditus ad laryngem niedergedrückten Kehldeckel (cf. später) hinweg, 
vorausgesetzt natürlich, dass nicht eine absolute Zweitheilung der 
Pars inferior durch unveränderliche Lage der Epiglottis im Isthmus 
naso-pharyngeus, wie bei den Walen, besteht. 

Diese ganze Betrachtung ist in so fern für uns interessant, als 
sie die absolute, d. h. bei jeder Grösse des Bissens vorhandene 
physiologische Zweitheilung der Schluckbahn bei den Zahn- 
walen nur als die Weiterbildung einer bei den Land- 
säugethieren bereits gegebenen relativen, d. h. nur 
beim Schlucken kleinerer Bissen bestehenden Zweitheilung derselben 
ansieht und daher nicht mehr als etwas so Unbegreifliches (RÜCKERT) 
erscheinen lässt (WALDEYER). 

Auch der Oesophagus scheint der Erweiterung nicht zu ent- 
behren, doch fehlt bisher der Beweis. Als Erweiterer könnte allein 
der M. oesophagi longit. (FALK und KRONECKER) in Betracht kommen. 

Bei Phocaena erleidet die Eröffnung der Pars inferior pharyngis 
durch die Veränderungen der anatomischen Verhältnisse mancherlei 
Abweichungen: 

1) Die Annäherung des Thyreoids an dasHyoidkann 
nicht in derselben Weise als einfaches Heranziehen 
des Thyreoids erfolgen wie bei den Landsäugethieren, 
denn dies setzt voraus, dass dem Zug am Thyreoid 
das Cricoid folgt und dass die Trachea sich kraft 
ihrer Elasticität entsprechend verlängert. Bei Phocaen« 
aber fehlt der Trachea die Eigenschaft, durch Zug 
sich zu verlängern, so gut wie vollständig, weil sie sehr kurz 
— nur 2—3 cm lang bis zum Abgang des obersten Bronchus — 
ist und weil ihre Ringe nicht nur äusserst dicht und fest an ein- 
ander liegen, sondern zum grossen Theil (MECKEL) sogar mit ein- 
ander verwachsen sind. Auch ist das Cricoid eng und fest 
mit der Trachea verbunden. Soistalso das Thyreoid 
zwischen zwei fixen Punkten, dem Hyoid und dem 


74 G. BOENNINGHAUS, 


Cricoid, eingeschaltet, mit ersterm verbunden durch den 
M. thyreo-hyoideus, mit letzterm durch die Syndesmosis crico- 
thyreoidea. Da nun das Thyreoid (Taf. 1, Fig. 3 b) mit seiner ven- 
tralen Fliche erheblich tiefer liegt als das Hyoid (e), so muss durch 
Contraction des M. thyreo-hyoideus eine Drehung des Thyreoids 
um seine transversale Axe erfolgen, verbunden mit ent- 
sprechender Hebung und Annäherung desselben an das Hyoid. Diese 
Bewegung ist zwar in der Syndesmosis crico-thyreoidea nicht vor- 
gesehen (vgl. Cap. „Schildknorpel und M. erico-thyreoideus“), sie kann 
aber wegen der federnden Beschaffenheit des Thyreoids unter ent- 
sprechender Formveränderung desselben leicht von Statten gehen. 
Da nun die Epiglottis bei Phocaena stark und unelastisch und 


SS 


al 


Fig. T. Pharynx von Phocaena im Schlingact. Constructionsbild, 1:2. 2 Areus 
palato-glossus, 2 Orificium tubae Eustachii pharyngeum, 3 Basihyoid, # Schleimhaut- 
gruben des Pharynx, 3 Epiglottis, 6 Arytänoid, 7 M. arcus palato-pharyngei (,,Ring- 
wulst“), 5 M. thyreo-hyoideus. 
mit dem Thyreoid fest verwachsen ist, so muss sie die Bewegung 
des Thyreoids mitmachen und sich mit ihrer Spitze 
nach hinten oben drehen. Sie stösst schliesslich an die hintere 
Wand der Pars superior pharyngis an und kommt dabei in eine 
wohl ausgebildete Delle der Pars superior zu liegen (Fig. T). Dieses 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 75 


Hineinpassen der Epiglottisspitze in die Delle am Cadaver bei ent- 
sprechender Drehung des Thyreoids scheint mir ein Beweis für die 
Richtigkeit der aus den anatomischen Verhältnissen heraus con- 
struirten Drehung des Thyreoids beim Schluckact zu sein. — Der 
Effect aber der Contraction des M. thyreo-hyoideus ist bei Phocaena 
trotz der abgeänderten Bewegung des Thyreoids für den Schluck- 
act derselbe wie bei den Landsäugethieren: Entfernung des Thyreoids 
von der hintern Rachenwand unter Erweiterung der Pars inferior 
pharyngis in sagittaler Richtung. Von allen diesen abgeänderten 
physiologischen Verhältnissen ist uns bisher nichts bekannt. 

2) Der M. stylo-pharyngeus kann wegen seiner veränderten 
Lage an der Vorderwand des Pharynxschlauchs keine Erweite- 
rung der hintern und seitlichen Wand wie bei den Land- 
säugethieren bewirken. Der Zug nach hinten, als Gegenzug gegen 
den Zug des M. thyreo-hyoideus nach vorn, kann den Verhältnissen 
entsprechend nur durch die Contraction der nach oben vorgeschobenen 
Portion des M. longitudinalis oesophagi erfolgen, der Zug nach 
aussen aber durch den M. crico-thyreoideus, den Abductor der Seiten- 
theile des Thyreoids. 

3) Das Velum wird auf dieselbe Weise wie bei den Land- 
säugethieren (M. levator veli) gehoben. 

4) Die Erweiterung der Sinus pyriformes nach innen 
geschieht ebenso wie bei den Landsäugethieren durch Adduction 
der Aryknorpel. Ausserdem findet eine Erweiterung der 
Sinus nach aussen durch die M. crico-thyreoidei statt, 
wie das ja ausführlich beschrieben wurde. Endlich wird der Boden 
der Sinus pyriformes durch seine besondere Muscu- 
latur (vergl. das Cap. „Die Musculatur des Sinus pyriformis“) 
herabgedrückt. Denn da er höher liegt als der Boden des 
Vestibulums und die ventrale Fläche des Oesophagus, so muss, 
wenn sich die Bodenmusculatur des Vestibulums und der Sinus 
pyriformes im Verein mit dem M. longit. oesophagi, die alle zusammen 
ja einen einzigen Muskel bilden, contrahirt, der Boden der Sinus 
pyriformes entsprechend herabgedrückt und die erstrebte gerade 
Linie, welche der Fortbewegung der Speisen den geringsten Wider- 
stand entgegensetzt, erreicht werden. — Aus alledem geht hervor, 
dass die Natur auf die active Erweiterungsfähigkeit der 
Parsinferior pharyngis, der engsten Stelle des Schlun- 
des, beiden Zahnwalen, eine ganz besondere Sorgfalt 
gelegt hat. 


| 
© 


G. BOENNINGHAUS, 


Die passive Erweiterungsfihigkeit entspricht der 
activen: WALDEYER bemerkt ausdrücklich, dass er sowohl bei 
einer alten wie bei einer jungen Phocaena, obwohl sie beide ge- 
schrumpfte Spiritusexemplare waren, bequem 3—4 Finger in die 
Sinus pyriformes einführen konnte, und JuNGKLAUS erwähnt, dass 
er bei einer erwachsenen Phocaena die ganze Hand durch den Oeso- 
phagus in den Magen führen konnte. In diesem fand er je 10 cm 
lange Fischskelete. Sonst finde ich in der Literatur keine Angabe 
über die Grösse der Fische, welche im Magen der Phocaena ge- 
funden wurden. Doch dürften Heringe, die Lieblingsspeise des 
Thiers, unzerkleinert seinen Schlund passiren kénnen. Gehen wir 
zu den grössern Zahnwalen über, so fand SCORESBY im Magen eines 
Narwals (Linge des ausgewachsenen Thiers 5—6 m) einen Rochen, 
welcher fast 5mal so breit war wie das Maul des Thiers, und EscH- 
RICHT fand in dem Magen eines 5 m langen Schwertwals, des blut- 
dürstigsten aller Meeresbewohner, 13 Phocänen und 14 Seehunde, 
wihrend der 15. sich im Rachen festgekeilt befand und den Tod des 
Thiers durch Ersticken herbeigeführt hatte. Wäre es nicht EscH- 
RICHT, der das schrieb, so würde man es nicht für möglich halten, 
so aber kann man gar nicht daran zweifeln. 

Jedenfalls besitzen also die Zahnwale den weiten 
Schlund der Raubthiere in vergrössertem Maasstab, 
im Gegensatz zu den Bartenwalen mit ihrem engen Schlund. Das 
ist ja auch allbekannt. Rawirz aber, welcher zu Cetaceenstudien 
von der Kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Jahre 1899 
nach Norwegen gesandt wurde, kam zu einer andern Ueber- 
zeugung, denn er sagt: „Die eingeführte Nahrung muss sich 
(bei Phocaena) um den Larynx herum winden, und dies erklärt 
die Thatsache, dass selbst die grössten Odontoceten 
und auch die Mystacoceten von stets sehr kleinen Thieren 
(nur kleinste Fische, kleine Krebse oder Mollusken) 
leben“ (!). 


3. Die Verengerung des Schlundes. 


Der Erweiterung des Schlundes folgt nun in sehr kurzer Zeit, 
beim Menschen in weniger als 0,3 Secunden nach erfolgter Con- 
traction des Mylo-hyoideus und Hyo-glossus (KRONECKER und 
MELTZER), die Verengerung. 

Wo ein besonderer M. palato-glossus vorhanden ist (Primaten), 
bewirkt er eine Verengerung des kurzen Vestibulum pharyngis. Die 


Der Rachen von Phoeaena communis Less. 41 


Pars inferior pharyngis aber wird verengert in ihrem oralen Theil 
durch den M. constrictor pharyngis medius, im aboralen Theil durch den 
vom M. constrictor pharyngis inferior. Der M. palato-pharyngeus 
hilft nicht mit bei der Verengerung der Pars inferior, sondern beim 
Verschluss des Isthmus naso-pharyngeus (cf. dieses Capitel). 

Bei Phocaena wird das lange Vestibulum pharyngis ebenfalls 
durch den hier entsprechend langen und kräftigen M. palato-glossus 
zusammengepresst, wesentlich unterstützt wird die Pres- 
sung dieses sehr weiten Raumes durch das gehobene 
Hyoid, welches unter dem Boden desselben liegt. — Die Pars 
pharyngis inferior wird im oralen Theil nicht vom 
M. constrictor pharyngis medius comprimirt, der, wie 
erwähnt, an dieser Stelle fehlt. Seine Function hat 
nun der Muskelschlauch der Pars pharyngis superior, 
d. h. der combinirte M. constrictor pharyngis superior, M. palato- 
pharyngeus (Pars externa) und M. thyreo-palatinus, übernommen, 
und zwar in der Weise, dass bei dem constrictorartig 
angeordneten Verlauf des ventralen Theils dieses 
Muskels eine Verengerung dieser Schlauchhilfte erfol- 
gen muss. Da die letztere aber durch den M. thyreo- 
palatinus ander beweglichen Seitenspange des Thyreo- 
ids inserirt, muss dadurch ein Zusammenriicken der 
Seitenspangen und eine Compression der Sinus pyri- 
formes, d. h. des oralen Theils der Pars inferior, erfolgen. Die 
Abhebung des Muskelschlauchs vom knöchernen Nasen- und Rachen- 
rohr wird dadurch erleichtert, dass die zwischen Schlauch und 
Knochen liegenden zahlreichen grossen Venen sich bei der Con- 
traction des Schlauchs mit Blut füllen. 

Weil nun durch die Drehung des Präsphenoids die obere 
Hälfte des Muskelschlauchs so weit in die Höhe gezogen wurde, dass 
seine Fasern nicht mehr circulir, sondern längs zum Schlauch ver- 
laufen, müsste durch die Contraction desselben zugleich eine bei 
der Länge des Muskels nicht unbedeutende Hebung des Kehl- 
kopfs erfolgen. Dadurch aber würde der Boden der 
Sinus pyriformes ebenfalls gehoben werden, wodurch 
die geradlinige Richtung des Weges vom Mund zur Speiseröhre un- 
vortheilhaft gestört würde. Antagonist aber dieser Bewe- 
gung ist die Bodenmusculatur der Sinus pyriformes 
(vgl. voriges Capitel), doch ist sie allein viel zu schwach, um die 
Hebung der Sinus pyriformes durch den kräftigen Muskelschlauch 


78 G. BOENNINGHAUS, 


der Pars superior paralysiren zu können. Ein wirksameres 
Gegengewicht gegen den Zug nach oben wird durch 
den M. constrictorinferior ausgeübt, und zwar dadurch, 
dass er am Occiput einen Ansatz genommen hat, und 
das scheint mir, physiologisch betrachtet, der Zweck der merkwiirdigen 
Insertion dieses Muskels am Occiput bei den Zahnwalen zu sein. 

Der aborale Theil der Pars inferior pharyngis wird, wie stets, 
vom M. constrictor pharyngis inferior constringirt, und 
zwar in der Weise, dass das Thyreoid gegen das Occiput, und zwar 
im Gegensatz zu RawitTz ohne Drehung, soweit dieser Muskel allein 
in Betracht kommt, gezogen wird (Fig. O 2). 

Der Oesophagus hat zur Verengerung, wie bei den Land- 
säugethieren, eine sehr kräftige Ringmusculatur, welche bei Del- 
phinus delphis (CATTANEO, cf. BRONN), ebenso wie die Längsmuscu- 
latur im obern Theil quer gestreift, im untern glatt ist. Der Ansatz 
des obern Endes des M. longit. oesophagi am Occiput unterstützt 
den Gegenzug des M. constrietor pharyngis inferior gegen den Zug 
der Pars superior nach oben. — Im Uebrigen ist die ganze, den 
Schlund verengernde Musculatur von ausserordent- 
licher Stärke. 

Ueber den zeitlichen Ablauf der Vorgänge beim Schling- 
act sind wir durch die sehr exacten Versuche Merrzer’s und Krox- 
ecker’s (Einführung eines Gummiballons in den Schlund und Regi- 
strirung mit Marey’schem Tambour) ziemlich genau orientirt. Hiernach 
beträgt der Zeitraum zwischen Contraction des Mylo-hyoideus und der 
Pars inferior pharyngis 0,3 Secunden, zwischen Contraction des Mylo- 
hyoideus und des obersten Drittels des Oesophagus 1,2 Sec., des mittlern 
Drittels 3,0 Sec. des untersten Drittels 6,0 Sec. Die Contraction er- 
folgt nach diesen Autoren nicht, wie man sonst allgemein annimmt, 
nach dem Modus der reinen Peristaltik, sondern absatzweise, im obersten 
dieser vier Abschnitte beginnend, im untersten endigend. Die lang- 
samere Contraction des Oesophagus nach unten ist abhängig von der 
nach unten zu die quergestreifte Musculatur allmählich ablösenden 
glatten Musculatur. Bei Delphinus delphis (cf. CATTanEo) ist die An- 
ordnung der Musculatur eine ähnliche, während sie bei vielen Land- 
säugethieren bis an die Cardia quer gestreift ist. — Als echter Re- 
flex verläuft die Contraction des Schlundes immer in 
derselben Weise und in demselben Tempo, ganz unabhängig 
von der verschluckten Speise, und lässt sich, einmal ausgelöst, nicht 
mehr aufhalten. 

Sehr merkwürdig ist es, dass geschluckte Flüssigkeit oder 
halb breiige Massen schon nach 0,1 Secunden, von der Contraction des 
Mylo-hyoideus an gerechnet, in dem Magen ankommen, also früher, als 
die Contraction des Rachens überhaupt beginnt. Das ist darauf zurück- 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 79 


zuführen, dass solche leicht verschiebliche Massen durch die in Ruhe 
leicht klaffenden Sinus pyriformes (WALDEYER) und den in der Ruhe 
wahrscheinlich in einem mittlern Zustand der Eröffnung sich be- 
findenden Oesophagus einfach hindurch gespritzt werden, denn bei Kopf- 
stand erfolgt die Fortbewegung der verschluckten Flüssigkeit mit der- 
selben Schnelligkeit. Ganz anders bei festen Bissen. Am 
Menschen ist uns zwar hierüber nichts bekannt, denn die Methode 
Metrzer’s und Kronecker’s ist für feste Bissen nicht anwendbar. Da- 
gegen sieht und fühlt man beim Pferd und Rind bei der ober- 
flächlichen Lage ihres Oesophagus ohne weiteres, dass 
feste Bissen den Pharynx ebenfalls sehr schnell, den 
Oesophagus dagegen sehr langsam, sehr grosse und sehr trockne Bissen 
erst nach 15—30 Secunden passiren (Coruın). — Im Ganzen dürfte sich 
die Sache so verhalten, dass Flüssigkeit allein durch die Spritzwir- 
kung des Mylo-hyoideus und seiner Genossen, der Peristaltik des Schlundes 
weit vorauseilend, in den Magen gelangt, dass feste Bissen von 
gewöhnlicher, dem Schlund eines jeden Thiers angepasster Grösse 
weniger durch die Thätigkeit des Mylo-hyoideus etc., dessen Kraft durch 
den Reibungswiderstand festerer Bissen bald absorbirt wird, als durch 
die Thätigkeit des Schlundes selbst in den Magen getrieben wird und 
mit der peristaltischen Welle des Schlundes zugleich hier ankommt, 
dass feste Bissen von ungewöhnlicher Grösse aber erst 
durch eine zweite peristaltische Welle (Nachschlucken, eventuell ver- 
bunden mit Druck seitens des gebeugten Halses und verengertem 
Thorax, Würgbewegung) den Oesophagus passiren. — Dieses nähere 
Eingehen auf den zeitlichen Ablauf der Vorgänge beim Schlingact er- 
schien mir nothwendig zur spätern Bekämpfung einer von 
einigen Anatomen und Physiologen aufgestellten Hypo- 
these (vgl. Cap. „Respiration und Schlingact“). 


4. Der Verschluss des Isthmus naso-pharyngeus. 


Beim Schlingact wird der Isthmus naso-pharyngeus geschlossen, 
denn ist er offen (Gaumenlähmung oder Defect des Gaumensegels 
beim Menschen), dringt Nahrung beim Schlingen in die Nase ein. 
Der Verschluss erfolgt auf folgende Weise: Das Gaumensegel wird 
gehoben (M. levator veli), dem gehobenen Gaumensegel 
wird die hintere Rachenwand in ihrem obern Theil in 
Form eines Wulstes, des PassavantT’schen Wulstes, ent- 
gegen gezogen (M. constrietor pharyngis superior), und der jetzt 
nur noch spaltförmige Isthmus naso-pharyngeus wird zusammenge- 
schnürt durch den M. palato-pharyngeus. Bewiesen ist die Con- 
traction des Levator und des Constrictor superior bei Individuen, 
Mensch und Hund, bei denen nach Zerstörung der Nase der Blick 
in den Nasenrachenraum von oben her frei war. Unbewiesen, aber 
sehr wahrscheinlich ist die Mitwirkung des Palato-pharyngeus, denn 


80 G. BOENNINGHAUS, 


beim Sprechact — beim normalen Schluckact ist der Mund ja ge- 
schlossen — erfolgt ebenfalls ein Abschluss des Isthmus naso- 
pharyngeus und zwar in leicht sichtbarer Weise unter Abflachung 
und Zusammenrücken der Arcus palato-pharyngei; beides aber ist 
Wirkung des M. palato-pharyngeus. Den Hauptantheil aber 
am Verschluss hat der Levator veli. 

Bei Phocaena erfolgt der Verschluss des Isthmus 
naso-pharyngeus ganz anders. Hier besorgt die Haupt- 
arbeit der M. palato-pharyngeus und zwar seine Pars 
interna, indem sich ihr kräftiger Ringmuskel um die Spitze der 
Epiglottis und der Aryknorpel fest contrahirt, welche ihrerseits 
durch ihre Lage im Ringwulst den Verschluss passiv vollenden. 
Dagegen unterstützen der M. constrietor superior, der natürlich bei 
seinem senkrechten Verlauf zum Rachenschlauch keinen PASSAVANT- 
schen Wulst bilden kann, und der M. palato-pharyngeus mit seiner 
Pars externa nur in so fern die Arbeit der Pars interna, als 
sie bei ihrer Action einen concentrischen Druck auf die Pars in- 
terna ausüben. Doch ist ihre Hauptaufgabe, wie gesagt, die Com- 
pression der Sinus pyriformes. Der M. levator veli endlich betheiligt 
sich gar nicht am Verschluss des Isthmus, er hebt zwar mit den 
vorigen Muskeln den Ringwulst, doch unterstützt das kaum den Ab- 
schluss des Isthmus, sondern führt mehr zur Erweiterung der Sinus 
pyriformes nach oben, wie ebenfalls bereits erwähnt ist. 


5. Der Verschluss des Aditus ad laryngeum und der Glottis. 


Beim Schlingact wird ferner, um das Eindringen von Speisen 
in den Kehlkopf zu verhüten, der Aditus ad laryngem geschlossen, 
und zwar dadurch, dass sich der Kehldeckel auf ihn herabsenkt 
(Passavant, Antuschung des Kehldeckels, Abdruck auf den Ary- 
knorpeln beim Menschen; CorLın, Betastung des Kehldeckels durch 
den eröffneten Oesophagus beim Rind). Diese Bewegung der Epi- 
elottis ist eine passive, dadurch herbeigeführt, dass die Zungen- 
wurzel durch den M. hyo-glossus und stylo-glossus nach hinten gegen 
den Kehldeckel gezogen wird (vgl. „Vorbereitung zum Schlingact*), 
während der M. genio-hyoideus (einen Moment später fühlbar, KRON- 
ECKER) und der M. thyreo-hyoideus vereint den Kehlkopf nach 
vorn ziehen. Wo das Zungenbein am Cranium fixirt ist, kann 
nach meiner Ansicht, wie erwähnt, der M. genio-hyoideus nicht den 
M. thyreo-hyoideus unterstützen (vgl. „Vorbereitung zum Schling- 
act“). Dass der schwache M. ary-epiglotticus, wo er vorhanden ist, 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. S1 


das Niederdrücken der Epiglottis activ unterstützt, wird angenommen 
(CZERMAK). — Gleichzeitig mit der Herabbeugung der Epiglottis 
erfolgt Glottisschluss (M. crico-arytaenoideus lateralis, M. thyreo- 
arytaenoideus, M. interarytaenoideus). ÜZERMAK und PASSAVANT 
glaubten, den Glottisschluss beim Menschen mittels des Kehlkopf- 
spiegels beobachtet zu haben, doch ist er einwandsfreier schon vorher 
von COLIN beim Pferd und Rind nach Eröffnung der untern Hälfte, 
des Kehlkopfs nachgewiesen worden. 

Bei Phocaena erfolgt der Verschluss des Aditus ad laryngem 
nicht durch den Druck der Zunge, denn der starre Kehl- 
deckel ist kaum niederdrückbar, und wenn er es leichter wäre, könnte 
die Zunge wegen ihrer Kürze, selbst ad maximum zurückgezogen, 
den Kehldeckel nicht erreichen. Der Verschluss erfolgt vielmehr 
zugleich mit dem Verschluss des Isthmus naso-pharyngeus durch 
Contraction des Ringwulstes. Der Glottisschluss wird hier- 
durch, da Epiglottis und Aryknorpel starr sind, unterstützt, vollendet 
wird er durch den M. thyreo-arytaenoideus und den M. inter- 
arytaenoideus; der M. crico-arytaenoideus lateralis aber fehlt bei 
Phocaena. 


Anhang: Physiologische Schlussbetrachtungen. 


1. Kehldeckel und Gaumensegel. 


Nur bei den Primaten (Ausnahme Orang, WALDEYER) steht der 
Kehlkopf so tief und ist das Gaumensegel so kurz, dass Kehldeckel 
und Gaumensegel nicht in Berührung treten. Bei den übrigen 
Säugethieren findet dies jedoch mehr oder minder statt. Die Epi- 
glottis findet man dabei meist an der Hinterfliche des Gaumen- 
. segels, seltner an seiner Vorderfläche. Das nennen die Engländer 
intranarial und extranarial epiglottis. Die Bezeichnung ist kurz 
und ohne weiteres verständlich, man könnte sie aus diesem Grunde 
beibehalten, doch ist sie eine von den Bezeichnungen, welche dazu 
beitragen, die Grundbegriffe der vergleichenden Anatomie des 
Rachens (vgl. Capitel III) zu verwirren, denn die Epiglottis hat 
niemals direct mit den hintern Nares, den Choanen, etwas zu schaffen. 
Ich glaube daher, dass retrovelare und prävelare Anord- 
nung der Epiglottis, Epiglottis retrovelaris und prae- 
velaris, eine exactere Bezeichnung ist. 

Am Cadaver der Säugethiere findet man, abgesehen von den 


Primaten, das Velum verschieden zur Epiglottis gelagert. Hiernach 
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 6 


82 G. BOENNINGHAUS, 


kann man die erstern eintheilen in solche, bei denen die Epiglottis 
stets retrovelar, und in solche, bei welchen sie bald retro- 
velar, bald prävelar gefunden wird. Die erste Classe ist die 
grössere (HowEs), die letzte die kleinere. Sehen wir nun die retro- 
velare Lagejals die Lage der Ruhe an (vgl. nächsten Abschnitt), so 
fragt es sich: wie kommt am Cadaver mancher Säuge- 
thiere dennoch die prävelare Epiglottis zu Stande? 
“Man könnte zunächst annehmen, dass sie durch die verschiedenen 
Manipulationen bei der Section des Rachens hervorgerufen wurde. 
Aber selbst bei vorher gefrorenen oder sonst gehärteten Thieren 
findet man die prävelare Epiglottis, und zwar auch dann, wenn vor 
der Härtung der Mund nicht geöffnet wurde. So fand ich sie bei 
einem neugeborenen, in toto in Spiritus gehärteten Schwein. Meine 
Ansicht nun von diesem abnormen Verhalten des Velums 
zur Epiglottis ist die, dass esin der Todtenstarre zu 
Stande kommt, und zwar durch Zug des kräftigsten Muskels des 
Gaumensegels, des Levator veli, und dass das Velum in dieser Lage 
bleibt, wenn man das Thier während der Todtenstarre -härtet oder 
gefrieren lässt. 

Diese gelegentlich unter den genannten Voraussetzungen con- 
statirte prävelare Anordnung der Epiglottis hat den Werth einer. 
physiologischen Beobachtung, denn sie zeigt uns ganz im 
Allgemeinen, wie die Lage der Epiglottis zum Velum sich bei der 
Contraction des letztern gestalten muss, gleichgültig, ob die Con- 
traction durch die Todtenstarre oder als physiologischer Act zu 
Stande kommt. Sie kann uns daher als ein werthvoller Nothbehelf 
gelten, so lange Beobachtungen am lebenden Thier uns hierüber 
nicht eines Andern belehren. Demnach haben wir auch physio- 
logisch zwei Typen des gegenseitigen Verhältnisses 
von Epiglottis und Velum zu unterscheiden: 

1) Prävelare Anordnung der Epiglottis bei ge- 
hobenem Gaumensegel. Hierhin gehören alle diejenigen Thiere, 
welche Kürze des Gaumensegels mit Kürze oder niedrigem Stand 
der Epiglottis verbinden. Sicherer Vertreter dieses Typus ist (ab- 
sesehen von den Primaten) nach meiner Beobachtung das Schwein, 
wahrscheinlicher Vertreter das Rind. 

2) Retrovelare Anordnung der Epiglottis bei ge- 
hobenem Gaumensegel. Vertreter ist nach meiner Beobach- 
tung der Zahnwal und das Pferd. Beim Zahnwal liegt die Sache 
einfach so, dass die Epiglottis nur mit so grosser Mühe aus dem 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 83 


Ringwulst zu entfernen ist, dass physiologisch eine andere Anord- 
nung als die retrovelare gar nicht in Betracht kommt. Beim Biber 
(WALDEYER), beim Elephant und Kameel (s. MILNE-EDwarps) liegt 
die Sache ebenso. Beim Pferd ist es leichter, die Epiglottis vor das 
Velum zu bringen, doch bedarf es immerhin noch einiger Anstrengung. 
Als unterstiitzendes Moment nun fiir die Beurtheilung der Lage der 
Epiglottis zum gehobenen Velum im Leben kommt die Grenze 
des Cylinderepithels und Plattenepithels im Isthmus 
naso-pharyngeus in Betracht, denn soweit das Plattenepithel 
reicht, hat auch im Leben ein Druck auf das Epithel stattgefunden, 
sei es durch die verschluckte Nahrung, sei es durch die gegenseitige 
Berührung der Wände des Isthmus bei seinem Verschluss. Hebt 
man nun beim Pferd das Velum bis an die obere Grenze 
des Plattenepithels, welche gerade bei diesem Thier sehr 
gut sichtbar und fühlbar ist, und hebt dabei den Kehlkopf 
mit, und zwar so hoch, wie er im Leben wahrscheinlich 
gehoben wird, so erhält man etwa das Bild, wie es in 
Fig. U gezeichnet ist, d. h. retrovelare Anordnung der Epiglottis. 


nn 
Cady de Wy, 7 


Fig. U. Pharynx vom Pferd im Schlingaet. Constructionsbild, 1:5. Z Arcus 
palato-pharyngeus, 2 Tubensack, 3 PAssAVANT’scher Wulst, # Orificium tubae Eustachii 
pharyngeum, 5 Velum palatinum, 6 Basihyoid, 7 Epiglottis, 5 Arytänoid, 4 M. thyreo- 
hyoideus. 


[Zu bemerken ist zu diesem Bilde, dass der PAssavant’sche Wulst 
(3), obwohl er am Cadaver des Pferdes sehr stark ist, in der Zeich- 
nung etwas zu gross ausfiel und dass das Zungenbein (6) etwas 
weiter nach hinten stehen muss.| — Die Arcus palato-pharyngei 


84 G. BOENNINGHAUS, 


liegen dabei unterhalb des gehobenen Isthmus naso-pharyngeus, d. h., 
da die anatomischel Grenze zwischen Pars superior und inferior pha- 
ryngis durch den Arcus palato-pharyngeus gebildet wird (vgl. Cap .III), 
liegt bei gehobenem Gaumensegel der untere Theil der 
Pars superior auch unterhalb des gehobenen Gaumen- 
segels. Ein Theil der Pars superior wird hier also 
mit als Speiseweg benutzt; es fallt also hier die ana- 
tomische Grenze zwischen Pars superior und inferior 
nieht mit der physiologischen Grenze zwischen Luft- 
und Speiseweg zusammen, wie RÜCKERT es annahm (vgl. 
Cap. III), weshalb auch seine physiologische Eintheilung des Rachens 
auf anatomischer Basis unbrauchbar ist. Vielleicht nur beim Wal, 
bei welchem Kraft der eigenartigen anatomischen Anordnung des 
Arcus palato-pharyngeus der Ringwulst stets in derselben unab- 
änderlichen Beziehung zur Wand des Rachens steht und stets den 
Sinus pyriformis nach oben abschliesst, dürfte der Arcus palato- 
pharyngeus sowohl bei gesenktem wie gehobenem Gaumensegel, also 
sowohl anatomisch wie physiologisch, die Grenze der beiden Rachen- 
abtheilungen bilden. 

Betrachten wir nun die verschiedenen physiologischen 
Acte, in welchen das Verhältniss der Epiglottis zum Velum eine 
Rolle spielt, so kommen wir zu folgendem Resultat: 

Bei der Respiration besteht bei allen Thieren, aus- 
genommen den Primaten, retrovelare Anordnung der 
Epiglottis. Das ist die Ansicht aller Autoren von HUNTER bis 
auf unsere Zeit. Denn diese Lage entspricht dem gewöhnlichen 
Cadaverbefunde und schafft auch in jedem Falle die directeste und 
daher zur Respiration beste Verbindung zwischen Glottis und Nase. 
Die Frage ist daher nur die, ob nicht auch gelegentlich prä- 
velare Anordnung der Epiglottis bei der Respiration 
bestehen kann. Bei ihr muss naturgemäss die Ath- 
mung durch den geöffneten Mund stattfinden. Der 
Mensch benutzt nun bekanntlich bei verstopfter Nase die Mund- 
athmung. Seit HuNTER aber besteht die Ansicht, dass die Thiere 
nicht durch den Mund athmen können. Das ist ein Irrthum. Denn 
zunächst hachelt der Hund durch den Mund, nachweisbar durch eine 
vorgehaltene Flaumfeder, die sich in- und exspiratorisch bewegt. 
Ferner phoniren manche Thiere durch den Mund (siehe nächsten 
Abschnitt), was wenigstens die Möglichkeit der Exspiration durch 
den Mund beweist. Es liegt nun nahe, diese ganze Frage experi- 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 89 


mentell durch Verstopfung der Nasenlécher zu lésen; in wie 
weit dies geschehen, konnte ich nicht ermitteln. — Nach LANDT 
(vgl. ESCHRICHT) stopften früher die Bewohner der Färöer den 
Döglingen, wenn sie dieselben an die Seite ihres Bootes gezogen 
hatten, ihre „wollnen Handschuhe in das Blasloch, um sie am Unter- 
tauchen zu verhindern“. Wahrscheinlich vermochten die Thiere in 
diesem Zustand nicht zu tauchen, weil ihr Blasloch so nicht wasser- 
dicht schloss. Ob sie aber dadurch Athemnoth bekamen und wenig- 
stens den Versuch machten, den Mund zur Athmung zu Hülfe zu 
nehmen, ist leider nicht gesagt. 

Bei der Phonation bemerken wir, dassmanche Thiere 
bald den Mund, bald die Nase als Stimmweg benutzen, 
genau wie der Mensch es thut. So grunzt das Schwein durch die 
Nase, es schreit aber durch den Mund. So winselt der Hund durch 
die Nase, er bellt aber durch den Mund. Das ist leicht verständlich, 
denn beide Thiere können prävelare Anordnung der Epiglottis 
haben. Das Pferd aber hat Epiglottis retrovelaris, und doch wiehert 
es durch den Mund und, wie es scheint, zugleich durch die Nase. 
Es muss also der Luftstrom, wenigstens der Exspirationsstrom, seinen 
Weg seitlich der Epiglottis in den Mund finden können. Das geht 
beim Pferd, weil bei ihm die Aryknorpel nicht mit im Isthmus 
stecken, doch ist es auch so nur möglich bei einer gewissen Hebung 
des sehr langen Velums. Wenn aber, wie bei den Walen, sowohl 
Aryknorpel wie Epiglottis in den Isthmus hineinragen und der obere 
Kehlkopfraum ein bis oben hin geschlossenes Rohr bildet, dann 
muss es unmöglich sein, durch den Mund zu respiriren und zu 
phoniren. Ob die Wale nun auch wirklich durch die Nase pho- 
niren, fand ich nirgends angegeben. Bemerkt sei hierzu, dass 
einige Wale ganz sicher schreien, denn das ist von einer zu grossen 
Zahl von zuverlässigen Berichterstattern beobachtet worden, als dass 
man daran zweifeln könnte. Die Stimme soll hierbei in Ermange- 
lung von Stimmbändern durch Schwingungen der Aryknorpel zu 
Stande kommen. Andere Wale schreien indess nicht, denn KÜKEN- 
THAL (mündliche Mittheilung) wohnte dem Fang von 15 Döglingen 
und etwa 50 Weisswalen bei, ohne dass dabei eines der Thiere auch 
nur einen Laut von sich gegeben hätte. 

Bei der Deglutition wird durch Epiglottis praevelaris der 
Speiseweg nicht vollkommen getheilt, es besteht nur eine relative 
Zweitheilung in so fern, als Flüssigkeiten und kleinere Bissen 
durch die Sinus pyriformes, grössere Bissen aber auch über die 


86 G. BOENNINGHAUS, 


Epiglottis hinweggehen. Eine absolute Zweitheilung des 
Speisewegs aber muss, ob der Bissen gross oder klein ist, ob 
Festes oder Flüssiges geschluckt wird, bei Epiglottis retro- 
velaris bestehen. Welchen Weg aber, den linken oder den 
rechten, der Bissen nimmt, ist wohl vom Zufall abhängig. Im Uebrigen 
ist dieser Gegenstand bereits genügend erörtert. Nur eines soll noch 
betont werden: beim Schlingact findet wahrscheinlich häufiger die 
prävelare Anordnung der Epiglottis statt, als wir es gelegentlich 
an den Cadavern finden. Denn bei diesem Act wird die Epiglottis 
zugleich hinuntergedrückt, und das Velum kann sich so leichter über 
die Epiglottis hinwegheben als am Cadaver durch die Todtenstarre, 
welche zwar das Velum hebt, nicht aber die Epiglottis senkt. 


2. Schlingen und Athmen. 


Schon Camper (1820) ist der Ansicht, dass das Hineinragen der 
obern Larynxapertur in den obern Pharynxraum den Cetaceen die 
Möglichkeit gleichzeitigen Athmens und Schlingens 
gebe. Mitne-Epwarps (1860, V. 6) scheint dasselbe für alle diejenigen 
Säugethiere anzunehmen, bei welchen ein ähnliches Verhältniss obwaltet. 
GEGENBAUR (1891) kommt zu derselben Ueberzeugung bei den Mono- 
tremen. ZUCKERKANDL (1898) schliesst sich GEGENBAUR an und dehnt 
die Möglichkeit gleichzeitigen Athmens und Schlingens auf alle Säuge- 
thiere, mit Ausnahme der Primaten, aus. WIEDERSHEIM endlich (1898) 
spricht sich in ähnlichem Sinne aus. 

Kleidet man die Ansicht dieser Autoren in eine präcisere Form, 
so schliesst sie die Annahme in sich, dass bei einem mehr oder 
minder grossen Theil der Säugethiere in dem Moment, 
in welchem der Bissen den Pharynx passirt, der Kehl- 
kopfeingang geöffnet und dadurch gleichzeitiges Athmen möglich sei. 

Folgende Gründe nun sprechen gegen diese Annahme: 

Das Bedürfniss zur Athmung beim Schlingact wäh- 
rend des genannten Moments liegt nur vor, wenn die Fortbe- 
wegung des Bissens durch die Pars inferior eine sehr langsame wäre. 
Beim Pferd und Rind wissen wir durch Corn, dass die Bewegung eine 
sehr schnelle ist. Beim Menschen aber ist festgestellt (vgl. Cap. „Ver- 
engerung des Schlundes“), dass bereits 1,2 Secunden, nachdem der 
Bissen durch den Mylohyoideus und seine Genossen in den Schlund ge- 
schleudert ist, die Contraction des Oesophagus beginnt. Selbst für den 
Fall also, dass der Bissen gross und hart ist, müssen wir annehmen, 
dass der letztere ebenfalls bereits in kurzer Zeit den Pharynx passirt 
hat. Die Unterbrechung der Athmung kann also nur sehr kurz sein, 
beim Menschen höchstens 1,2 Secunden, d. h. nur so kurze Zeit be- 
tragen, dass sie, wie die Erfahrung lehrt, uns gar nicht zum Bewusst- 
sein kommt, geschweige denn zu Athemnoth führt. Die letztere kann 
nur eintreten, wenn anormal grosse Bissen verschluckt werden. Es ist 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. ; 


[0 ©) 


7 


uns aber bekannt, dass die Säugethiere die Grösse des zu verschluckenden 
Bissens der Grösse ihres Schlundes im Allgemeinen sorgfältig anpassen, 
und dass höchstens die Raubthiere das natürliche Verhältniss zwischen 
Bissen und Schlund nicht inne halten, dann aber auch in eine höchst 
ungemüthliche Situation gerathen und durch Wiirgen oder Brechen ihre 
Respiration wieder frei zu machen suchen. 

Es liegt aber auch nicht die anatomische Möglichkeit vor, 
dass der Luftweg und der Speiseweg gleichzeitig geöffnet seien, wie es 
doch nothwendig wäre für die Möglichkeit gleichzeitigen Athmens und 
Schlingens, denn der Raum für den Durchgang wenigstens 
nicht zu kleiner Bissen, worauf es ja hier ankommt, wird erst durch 
den Abschluss des Kehlkopfs geschaffen, und zwar bei ab- 
soluter Zweitheilung des Speisewegs durch die Adduction der Ary- 
knorpel, wodurch die seitlichen Speisewege (Sinus pyriformes) erweitert 
werden, bei relativer Zweitheilung ausserdem durch das Niedersinken 
der Epiglottis, wodurch der mittlere Speiseweg über die Epiglottis hin- 
weg eigentlich erst zu Stande kommt. Dafür aber, dass die Platzfrage 
das Athmen und das Schlingen selbst nicht einmal bei den Zahnwalen, 
bei denen ja die räumlichen Verhältnisse äusserst günstig liegen, gleich- 
zeitig gestattet, ist jener von Escuricur aufgefundene Schwertwal ein 
beredtes Zeugniss, welcher an einem Seehund, der ihm im Rachen 
stecken blieb, erstickt war. 

Es liegt aber auch endlich der directe physiclogische Gegen- 
beweis gegen die Annahme gleichzeitigen Athmens und Schlingens 
vor, denn nicht nur beim Menschen (Passavanr), sondern auch beim 
Pferd und Rind (Coury) ist mit Sicherheit nachgewiesen, dass die 
Passage durch den Kehlkopf im Anfang des Schlingacts aufgehoben ist. 
Das kann aber auch bei den andern Säugethieren nicht anders sein, 
denn der Kehlkopfschluss ist ein integrirender Bestand- 
theil des reflectorisch ausgelösten und daher stets auf 
dieselbe Weise sich vollziehenden Schlingacts, er lässt 
sich daher nicht aus der Gemeinschaft der sich am Pharynx beim 
Schlingen vollziehenden Bewegungen lösen. Also aut Athmen, aut 
Schlingen, soweit wenigstens der Pharynx beim Schlingen in Be- 
tracht kommt, ein Drittes giebt es nicht, und die gegentheilige 
Ansicht muss wieder aus unserer Wissenschaft ver- 
schwinden. 


3. Die Function der Nasensäcke oder Nasennebenhöhlen der 
Zahnwale. 


So lange man glaubte, dass die Wale das bei der Aufnahme der 
Nahrung im Ueberschuss in den Mund gerathene Wasser durch die 
Nase wieder ausbliesen, brachte man die „Spritzsäcke“ mit dieser 
Function in Verbindung. Die Spritzsäcke, jene bei weitem grössten und 
am meisten nach vorn gelegenen, membranösen, spaltartigen „Nasen- 
säcke“ oder „Nasennebenhöhlen“, deren Boden durch die Faltungen der 
untern Muschel eingenommen wird (Taf. 1, Fig. 1 b), sollten dabei 


88 G. BOENNINGHAUS, 


das zu viel verschluckte Wasser, nachdem es durch eine Art Schluckact 
oder durch Erbrechen in die Nase befördert war, einstweilen ansammeln 
und von Zeit zu Zeit ausstossen. Noch Cuvier und ALBERS gaben sich 
die grösste Mühe, die Möglichkeit des Eindringens von Wasser aus 
dem Mund oder der Speiseröhre in die Nase zu zeigen, doch schon 
K. E. v. Baer wies überzeugend nach, dass dies anatomisch unmöglich 
sei, und Scoruspy u. A. machten die sichere Beobachtung, dass das, 
was die Wale aus ihrer Nasenöffnung hervorstossen, nicht Wasser, 
sondern die Ausathmungsluft sei, deren Wassergehalt zu Wasserdampf 
condensirt sei. 

Rawırz hat nun den Spritzsäcken sowie den übrigen kleinern 
Säcken der Nase in neuester Zeit eine andere Function zugewiesen. 
Er glaubt, dass während der Inspiration sich auch die Nasensäcke 
mit Luft füllen und dass diese in ihnen bleibe, wenn das Thier 
tauche. Nun stehe diese Luft mit der Lungenluft durch Pharynx, 
Larynx und Trachea hindurch in offner Communication, und der Druck, 
welchen das Wasser von aussen durch den Thorax auf die Lungen aus- 
übe, pflanze sich deshalb bis in die Nasensäcke fort, welche dadurch 
polsterartig aufgebläht würden. So komme ein Gegendruck gegen die 
von oben her auf die Nase drückende Wassersäule zu Stande, welcher 
verhüte, dass das Wasser den Verschluss der Nase sprenge und in die 
Luftwege eindringe. 

Das ist ja sehr schön gedacht, aber doch sehr unwahrscheinlich. 
Denn die Klappen und Lippen passen so genau auf einander, dass es 
sehr wahrscheinlich ist, dass sie auch beim Tauchen auf einander liegen 
bleiben und dadurch allein schon einen wasserdichten Verschlussapparat 
bilden. Die Klappen und Lippen sind ferner von so fester binde- 
gewebiger Structur (Taf. 1, Fig. 1 c), dass es unmöglich ist, dass ein 
Wasserdruck, mag er auch gross sein, die Klappen und Lippen in die 
bei den Zahnwalen nur relativ kleine Apertura pyriformis hineintreibe, 
wodurch es ja allein möglich wäre, den Verschluss zu sprengen. In 
solchen nicht zu beweisenden Fragen ist es schon das Sicherste, das 
den Umständen nach Einfachste und daher Wahrscheinlichste anzu- 
nehmen. Und daher muss es denn bei der plausiblen und 
von KÜkENTHAL zuerst mit Schärfe hervorgehobenen An- 
sicht bleiben, dass die Nase der Zahnwale in Ermange- 
lung einer Ringmusculatur beim Tauchen allein dadurch 
geschlossen werde, dass der Wasserdruck die Klappen 
und Lippen fest auf einander presst. 


Den Nasensäcken oder Nasennebenhöhlen aber ist keine besondere 
Function zuzuschreiben, sie sind weiter nichts als die Reste eines 
sehr ausgedehnt angelegten Cavum nasi, welches zusammenfiel, weil es 
die zu seiner Entfaltung nothwendige knorplige und knöcherne Stütze 
nicht erhielt (vgl. Cap. „Umbau der Nase“). 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 89 


4, Die respiratorische Erweiterung der obern Luftwege bei den 
Zahnwalen. 


Zur respiratorischen Erweiterung der obern Luftwege besitzt der 
Zahnwal denselben Muskelapparat wie das Landsäugethier, nur ist er 
bei ersterm kräftiger entwickelt, weil ihm Aufgaben gestellt sind, 
welche ihn stärker in Anspruch nehmen. Dies soll in Folgendem 
untersucht werden: 

Bei Phocaena sehen wir von der dorsalen Fläche des Gesichts- 
schädels eine ganze Reihe von Muskeln radiär zum äussern Nasen- 
loch emporziehen, von denen derjenige besonders stark ist, welcher 
in die vordere Klappe (Taf. 1, Fig. 1 unterhalb b) der Nase von der 
Seite her ausstrahlt. Diese Muskeln können nur die Aufgabe haben, 
die Nase zur Respiration zu öffnen und während derselben offen zu 
halten. Sie sind nach der Ansicht vieler Forscher den Nasenmuskeln 
der andern Säuger homolog. Ihre Function aber ist eine in jeder Be- 
ziehung erweiterte, denn sie werden von den Landsäugethieren nur ge- 
legentlich benutzt, z. B. beim Wittern, bei Dyspnoë. 

Die Glottis wird bei den Walen, wie bei allen Säugern, durch 
den M. crico-arytaenoideus posticus eröffnet und offen erhalten. Jedoch 
ist dieser Muskel bei Phocaena von ganz besonderer Stärke, denn er 
hat hier nicht nur die Glottis, sondern auch den Isthmus 
naso-pharyngeus zu öffnen und offen zu erhalten. Denn dieser 
ist durch den selbst in der Ruhe mächtig vorspringenden und die obere 
Kehlkopfapertur eng umschliessenden Ringwulst derartig verengert, dass 
er für die Respiration einer Erweiterung bedarf. Diese aber kommt 
durch die Abduction der Aryknorpel vermittels des genannten Muskels 
zu Stande, denn die Arytänoide liegen ja mit ihrer Spitze im Ringwulst. 

Die Epiglottis aber, welche ja ebenfalls mit ihrer Spitze im 
Ringwulst steckt, muss bei der Erweiterung des Isthmus helfen, denn 
würden nur die Aryknorpel den Isthmus erweitern wollen, so würde er 
nicht genug erweitert werden, vielmehr nur einen Querspalt in der 
Breite der Aryknorpel vorstellen. Die Aryknorpel können aber allein 
durch die Epiglottis unterstützt werden, und zwar dadurch, dass die- 
selbe mit ihrer Spitze nach vorn resp. nach vorn und unten gezogen 
wird. Das geschieht durch den M. hyo-epiglotticus, der ebenfalls 
aussergewöhnlich stark entwickelt ist. Dabei macht die Epiglottis eine 
Drehung um die transversale Axe, genau so, wie sie beim Schling- 
act beschrieben wurde, nur nicht mit der Spitze nach hinten, 
sondern nach vorn, wodurch der Isthmus naso-pharyngeus dieselbe 
dreieckige Gestalt erhält wie die Glottis. Der mächtige Bundes- 
genosse dieses Muskels ist der M. sterno-hyoideus, der 
das Hyoid niederzieht und dadurch indirect dem M. hyo-epiglotticus die 
Epiglottis niederziehen hilft. Dieser Muskel ist bei Phocaena äusserst 
kräftig, so breit und so dick wie der M. mylo-hyoideus (cf. Taf. 1, 
Fig. 1 9; Textfigur S 2), mit welchem zusammen er die ganze ventrale 
Hälfte des Halses zwischen Unterkiefer und Sternum bedeckt. — Bei 


90 G. BOENNINGHAUS, 


den andern Säugethieren besteht dieselbe Einrichtung zum Niederziehen 
der Epiglottis, nur mit der Modification, dass der M. hyo-epiglotticus 
oft durch ein Lig. hyo-epiglotticum ersetzt wird. Die betreffenden 
Muskeln sind aber bei den andern Säugethieren sehr dünn, denn sie 
treten nur gelegentlich in Function, z. B. bei Dyspnoé. 


Sehluss: Convergenzerscheinungen am Schädel anderer 
Säugethiere. 

Bei der Durchsicht der Schädelsammlung des Breslauer zoo- 
logisches Instituts fiel es mir auf, dass auch eine Anzahl anderer 
Säugethiere reducirte Exethmoide theils mit, theils ohne gleichzeitig 
sedrehtes Präsphenoid besitzt, also beide oder eines der beiden 
Momente aufzuweisen hat, welchen die vordere Hälfte des Zahnwal- 
schädels ihre starke Umgestaltung verdankt (vgl. Cap. „Umbau der 
Nase“ und „Das Prisphenoid“). 

Die Reduction der Exethmoide ist an der geringern 
Ausbildung der Siebbeinmuscheln zu erkennen, die kürzer, schmaler 
und weniger gewölbt sind. Sie lässt sich leicht durch einen Blick in 
die Apertura pyriformis oder in die Choanen auch ohne Zersägung 
des Schädels constatiren. — Mehr in die Augen fallend aber ist die 
Reduction, welche die Knochen der äussern Nase als Deckknochen 
der reducirten Exethmoide gleichzeitig erfahren haben. Diese Re- 
duction tritt in zweierlei Weise in die Erscheinung, als Verschmä- 
lerung der hintern Hälfte des Nasenrückens und als Verkürzung 
der Nasenbeine: 

1) Eine Verschmälerung der hintern Hälfte des 
Nasenrückens kann man annehmen, wenn diese Hälfte erheblich 
schmaler ist als die vordere, denn bei den übrigen Säugethieren — 
abgesehen von den Primaten, welche ich von dieser Erörterung aus- 
schliesse — ist die hintere Hälfte etwa gerade so breit oder selbst 
breiter als die vordere Hälfte. Der Querdurchmesser der hintern 
Hälfte des Nasenrückens verhält sich nun zum Querdurchmesser der 
vordern Hälfte bei: 


Lutra ua 02 0 CM — phe glee 
Trichechus, 92.112 „ — 1:39 
Manatus = 4,5 KO EURE 
Phoca la oc, "==: Em: 


2) Verkürzung der Nasenbeine kann man annehmen, 
wenn die Apertura pyriformis, deren obern Rand ja die Nasenbeine 
bilden, stirnwärts gerückt ist und mehr nach aufwärts sieht. Hier- 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 91 


mit ist gleichzeitig ein entsprechend weites Zusammentreten der auf- 
steigenden Aeste der Zwischenkiefer verbunden, so dass die Ent- 
fernung vom Alveolarrand zum untern Umfang der Apertura ver- 
längert wird. Bei Balaena und Halicore ist diese Verlagerung 
der Apertura pyriformis in sehr starker Weise einge- 
treten, so dass die Apertur die hintere Hälfte des Nasenriickens 
einnimmt, welcher durch das Dazwischentreten der erstern jetzt nicht 
mehr verschmälert, sondern verbreitert erscheint. Bei Halicore sind 
dabei die Nasenbeine so stark verkürzt, dass sie nur noch in 
schwacher Andeutung vorhanden fand. An den übrigen Säugethier- 
schädeln fehlte eine nachweisbare Reduction der Exethmoide. 

Gleichzeitige Drehung im Präsphenoid fand ich bei 
Trichechus angedeutet, bei Phoca und Halicore in derselben Weise 
ausgebildet wie bei den Zahnwalen. Bei den übrigen Säugethieren 
fehlte diese Drehung. 

Ueber die Ursache, welche zur Reduction der Exethmoide 
führt, können wir Folgendes annehmen: Mit der Verkleinerung der 
Labyrinthoberfläche ist bei den genannten Thieren wahrscheinlich 
auch eine Verkleinerung der Endausbreitung des Ol- 
factorius und daher des ganzen Riechapparats verbunden, doch 
fand ich hierüber keine Angaben. Indess ist uns ja bekannt, dass 
beim Zahnwal, abgesehen von ganz jungen Embryonen (KUKENTHAL), 
der Olfactorius fehlt. Die Reduction des Olfactorius scheint 
mir aber das primäre Moment für die ganze Reduction 
der Exethmoide zu sein. Denn Säuger, welche im Wasser ihre 
Nahrung suchen, können in diesem Medium keinen Gebrauch von 
ihrem Geruchssinn beim Aufsuchen der Beute machen. Das ist 
ganz klar, weil die Nase dieser Thiere beim Tauchen geschlossen 
ist, bei den Walen durch den Druck des Wassers allein, bei den 
andern Wassersäugethieren theils hierdurch, theils aber wohl durch 
Muskelwirkung; beim Seehund wenigstens beobachtete ich, dass er 
seine Nase schliesst, bevor er taucht. Aber selbst wenn die Nasen- 
löcher nicht geschlossen wären, würden die Säugethiere im Wasser 
doch nicht riechen können, denn der adäquate Reiz für ihren Ol- 
factorius sind Riechstoffe, die in der Luft, nicht aber, wie für den 
Olfactorius der Fische, Riechstoffe, welche im Wasser suspendirt sind. 
Mangelhafter Gebrauch oder Nichtgebrauch eines Sinnesorgans aber 
führt zu seiner Verkümmerung oder zu seinem Untergang. — Die 
Ursache für die Drehung im Präsphenoid kennen wir nicht, doch 
gelangt jeden Falls, wie früher erörtert wurde, bei den Zahnwalen 


92 G. BOENNINGHAUS, 


durch dieselbe und durch die Reduction der Exethmoide die Aper- 
tura pyriformis auf die Höhe der Stirn, d.h. in diejenige Lage, 
welche für den Aufenthalt der Säugethiere im Wasser 
die bequemste ist, denn sie macht eine active Hebung der 
Schnauze zum Zweck der Respiration überflüssig, Da nun die 
Säugethiere, bei welchen die genannten beiden Veränderungen des 
Schädels in ausgesprochener Weise vorhanden sind, sämmtlich 
Wassersäugethiere, seiestemporäre, sei es stationäre, 
sind, sind wir berechtigt, diese Veränderungen des 
Schädels als Convergenzerscheinungen zu betrachten. 

Gruppiren wir nun die untersuchten Wassersäugethiere nach 
dem Grade der Ausbildung dieser Convergenzerscheinungen, so er- 
halten wir etwa die aufsteigende Reihe: Lutra, Manatus, Trichechus, 
Balaena, Phoca, Halicore. Halicore steht also dem Zahnwal 
am nächsten, sowohl was die Verlagerung der Apertura pyri- 
formis nach hinten, als auch was die Hebung derselben in ihrem 
hintern Theil anbelangt, trotzdem aber besteht noch ein 
gewaltiger Unterschied principieller Natur zwischen 
beiden: bei Halicore verläuft der Nasenboden wie bei 
allen andern Säugethieren noch parallel der Mund- 
höhle, beim Zahnwal aber hater diesen Verlauf auf- 
gegeben und steigt zur Stirn empor. Oder, entwicklungs- 
geschichtlich ausgedrückt: beim Zahnwal haben sich die 
reducirten Exethmoide auch gedreht — doch ist das ge- 
legentlich des „Umbaues der Nase“ ja genügend erörtert worden. 


ar Sn 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 93 


Literaturverzeichniss. 


1) AzBErs, Icones ad illustrandam anatomen comparatam, Leipzig 1818. 

2) v. Barr, Die Nase der Cetaceen, erläutert durch Untersuchung der 
Nase des Braunfisches (Delphinus phocaena), in: Isis Oken, 
Jg. 1826, V. 2, Heft 8. 

3) Bert, Sur la quantité de sang et d’oxygene contenue dans le corps 
d’un marsouin: comparaison avec le chien, in: CR. Mém. Soc. 
Biol. Paris, (6) V. 5, 1878. 

4) Bronn, Classen und Ordnungen des Thierreichs, V. 6, Abth. 5, 
V. 1, Leipzig 1874—1900. 

5) Bungee, Lehrbuch der Physiologie des Menschen, Leipzig 1901. 

6) CAMPER, PIERRE, Observations anatomiques sur la structure intérieure 
et le squelette de plusieurs especes de Cétacés, Paris 1820. 

7) Corın, Traité de physiologie comparée des animaux, 2. Aufl, V. 1, 
Paris 1871. 

8) Cuvier, G., Vorlesungen über vergleichende Anatomie, deutsch von 
Mecket, Leipzig 1809. 

9) Donpers, Ueber den Mechanismus des Saugens, in: Arch. ges. 
Physiol., V. 10, 1875. 

10) Dugors, Zur Morphologie des Larynx, in: Anat. Anz., Jg. 1886. 

11) —, Capitel „Larynx“, in: WEBER, Studien über Säugethiere. Ein 
Beitrag zur Frage nach dem Ursprung der Cetaceen, Jena 1886. 

12) Dursy, Die Entwicklungsgeschichte des Kopfes des Menschen und 
der höhern Wirbelthiere, mit Atlas, Tübingen 1869. 

13) EryrHoven, Physiologie des Rachens, in: Hrymann, Handbuch der 
Laryngologie und Rhinologie, V. 2, Wien 1899. (Gute Literatur- 
zusammenstellung. ) 

14) ELLENBERGER u. Baum, Handbuch der vergl. Anatomie der Haus- 
thiere, 9. Aufl, Berlin 1900. 

15) Escuricur, Untersuchungen über die nordischen Wallthiere, Leipzig 
1849. 

16) Faux, Ueber den Mechanismus der Schluckbewegung, in: Arch. 
Anat. Physiol., Jg. 1880. 

17) Frower, Einleitung in die Osteologie der Säugethiere, Leipzig 1888. 

18) FÜRBRINGER, Beitrag zur Kenntniss der Kehlkopfmusculatur, Inaug.- 
Diss., Jena 1875. 


94 G. BOENNINGHAUS, 


19) GEGENBAUR, Die Epiglottis, vergl.-anatomische Studie, Leipzig 1872. 

20) Howes, Additional observations upon the intra-narial epiglottis, in: 
J. Anat. Physiol. V. 23, 1889. 

21) Hunter, Observations on the structure and oeconomy of Whales, 
in: Phil. Trans. Roy. Soc. London, V. 77, 1787. Deutsch von 
Jou. GOTTL. SCHNEIDER, Leipzig 1797. 


22) Jacosy, Ein Beitrag zur Kenntniss des menschlichen Primordial- 
craniums, in: Arch. mikr. Anat., V. 44, 1895, daselbst Literatur. 

23) JungkLaus, Der Magen der Cetaceen, Inaug.-Diss., Jena 1897. 

24) KÖRNER, Orro, Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Physio- 
logie des Kehlkopfs der Säugethiere und des Menschen, in: Abh. 
Senckenb. naturf. Ges. Frankfurt Main, V. 13, 1884. 

25) KorıLmann, Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen, 
Jena 1898. 

26) v. Kosraxeckr, Zur Morphologie der Tubengaumenmusculatur, in: 
Arch. Anat. Entw., Jg. 1891. 

27) Krosscker, Die Schluckbewegung (Zusammenfassung seiner und 
Mrrrzer’s Untersuchungen), in: Deutsch. med. Wochenschr, be- 
sondere Beilage zu No. 16—21 u. 24. 

28) KürentuAar, Vergleichend-anatomische und entwicklungsgeschicht- 
liche Untersuchungen an Walthieren, in: Jena. Denkschr., V. 3, 
1893. 


29) Lanpots, Lehrbuch der Physiologie des Menschen, Wien 1889, 
6. Aufl. 

30) Lores, Beiträge zur Anatomie und Physiologie des Schlundkopfs 
vom Schwein, Inaug.-Diss., Erlangen 1890/91. 

31) Lucan, Die Robbe und die Otter in ihrem Knochen- und Muskel- 
skelet, in: Abh. Senckenb. naturf. Ges. Frankfurt Main, V. 8, 
1872; V. 9, 1873—75. 

32) v. Luscuxa, Der Schlundkopf des Menschen, Tübingen 1868. 

33) Macarisrer, On some points in the anatomy of Globiocephalus 
svineval, in: Proc. zool. Soc. London, 1867. 

34) Mayer, C., Ueber den Bau des Organs der Stimme bei dem Menschen, 
den Säugethieren und einigen grössern Vögeln (ausführlich bes. 
das Knorpelgerüst), in: Verh. Leop.-Carol. Akad. Naturf., V. 15, 
Abth. 2, 1852. 

35) Mayer, S., Die Bewegungen der Verdauungs-, Absonderungs- und 
Fortpflanzungsapparate, in: Hermann, Handbuch Physiol, V. 5, 
Theil 2, Leipzig 1881. 

36) Mecker, System der vergleichenden Anatomie, V. 6, Halle 1821. 

37) v. Minarkovics, Bau und Entwicklung der pneumatischen Gesichts- 
höhlen, in: Verh. anat. Ges. 10. Vers., 1896. 

38) —, Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Nase und ihrer Neben- 
höhlen, in: Heymann, Handbuch der Laryngologie und Rhinologie, 
V. 3, Wien 1900. 

39) Mrrxe-Epwarps, Leçons sur la physiologie et l’anatomie comparée 
de l’homme et des animaux, Paris, V. 6, 1860; V. 12, 1876—77. 


third. 


Der Rachen yon Phocaena communis Less. 95 


40) Munx, Physiologie des Menschen und der Säugethiere, 6. Auil, 
Berlin 1902. | 

41) Muri, On the organization of the Caaing Whale, Globiocephalus 
melas, in: Trans. zool. Soc. London, V. 8, 1874. 

42) Orrer, Lehrbuch der vergl. mikroskopischen Anatomie der Wirbel- 

thiere, V. 2, Jena 1897. 

43) Passavant, Ueber die Verschliessung des Schlundes beim Sprechen, 
in: Arch. pathol. Anat., V. 46, 1869. 

44) —, Wie kommt der Verschluss des Kehlkopfs des Menschen beim 
Schlucken zu Stande? Ibid. V. 104, 1886. 

45) Rapp, Die Cetaceen zoologisch-anatomisch dargestellt, Stuttgart u. 
Tübingen 1837. 

46) Rawırz, Die Anatomie des Kehlkopfs und der Nase von Phocaena 
communis Cuv., in: Internat. Monatsschr. Anat. Physiol., V. 17, 
1900. 

47) Rückerr, Der Pharynx als Sprach- und Schluckapparat eine vergl.- 
anatom. Studie, München 1882. 

48) Spurcat, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Nasen- und 
Schnauzenknorpel des Menschen und der Thiere, in: SCHWALEE, 
Morphol. Arb., V. 5, 1896. 

49) Srannius, Beschreibung der Muskeln des Tümmlers (Delphinus 
phocaena), in: Arch. Anat. Physiol., Jg. 1849. 

50) Tourruarz, Neue Untersuchungen über den Bau des menschlichen 
Schlund- und Kehlkopfs mit vergl.-anat. Bemerkungen, Leipzig 
1846. 

51) Van Bunepen et Gervais, Ostéographie des Cétacés vivants et 
fossiles, mit Atlas, Paris 1880. 

52) Wazpever, Beiträge zur normalen und vergleichenden Anatomie des 
Pharynx mit besonderer Beziehung auf den Schlingweg, in: SB. 
Akad. Wiss. Berlin, 1886. 

53) Wiepersuem, Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbel- 
thiere, 4. Aufl., Jena 1898. 

54) Zuckerkannt, Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Kehlkopfs 
und der Luftréhre, in: Heymann, Handbuch der Laryngologie 
und Rhinologie, V. la u. 3a, Wien 1898. 


96 G. BOENNINGHAUS, 


Erklirung der Abbildungen. 
Tafel 1. 


Fig. 1. Medianer Sagittalschnitt durch den Kopf einer 125 cm langen 


Phocaena. 


Durch extreme Abduction des Zungenbeins (f) ist Mund 


und Rachen gleichzeitig ad maximum geöffnet, eine Stellung, wie sie 


beim Gähnen der Landsäuger besteht. 
jugendlichen Schädel eingezeichnet. 


a Aeussere Nasenöffnung („Spritz- 
loch“) 

b vordere untere Nasennebenhöhle 
der rechten Seite, durch Ab- 
weichen des Schnitts nach rechts 
mit geöffnet („Spritzsack“) 

c festes Bindegewebe, die Weich- 
theile der Nase umhüllend 

d Septum nasi cartilagineum 

e Intermaxillare 

f Vomer 

g Maxillare 

h Palatinum 

i Präsphenoid mit 
sphenoidalis (21) 

k Mesethmoid mit Lamina perpen- 
dicularis (41) 

1 Frontale 

m Nasale 

n Interparietale 

o Supraoceipitale 

p Basioccipitale, an der Spitze ein 
Stückehen des Exoceipitale 

q Atlas 

r Basisphenoid 

s Mandibulare 


Crista prae- 


Die Nähte sind nach einem 
DED: 


t Hyoid 
u (die punktirte Strecke:) knöcher- 
nes Nasen- und Rachenrohr 
v Arcus palato-glossus 
w Tonsilla palatina 
æ Frenulum linguae 
y cavernöses Gewebe 
z Choana (spuria) 
a! Epiglottis 
b' Arytänoid 
c' Thyreoid 
d' Cricoid 
e' Glandula (lymphatica) laryngis 
f' Plexus venosus laryngis 
1 M. genio-glossus 
2 M. genio-hyoideus 
3 M. mylo-hyoideus 
M. genio-epiglotticus 
M. glosso-epiglotticus 
M. hyo-glossus (Pars anterior) 
. hyo-epiglotticus 
M. thyreo-hyoideus 
M. sterno-hyoideus 
M. sterno-thyreoideus 
M. palato-glossus und M. hyo- 
glossus (Pars posterior) 


Q) 
= 


ni 
NSon 1 © Gr à LY 
= 
— 


m 


Pr 1 


Der Rachen von Phocaena communis Less. 97 


12 M. stylo-pharyngeus 17 M. constrictor pharyngis inferior 

13 M. palato-pharyngeus (Pars ex- 18 M. longitudinalis oesophagi 
terna und interna) 19 M. recti capitis 

14 M. arcus palato-pharyngei 20 M. interarytaenoideus 

15 M. palato-pharyngeus (Pars ex- 21 M. crico-arytaenoideus posticus 
terna) 22 Hautmuskel. 


16 M. salpingo-pharyngeus 


Fig. 2. Der musculüse Rachenschlauch einer 116 cm langen Pho- 
caena, dorsal aufgeschnitten und aus einander geklappt. 3 : 5. 


a Dorsale Fläche des Cricoids 

b Arytänoide 

c hinteres Horn des Thyreoids 

d Cricoid 

e Mündung der Ohrtrompete 

f Periost des knöchernen Nasen- und Rachenrohrs 
g Spalt für das Septum obigen Rohrs 


1 M. pterygo-pharyngeus seu constrictor pharyngis superior, M. palato- 
pharyngeus (Pars externa) und M. thyreo-palatinus zu einem ge- 
meinsamen Muskel vereinigt 

. salpingo-pharyngeus - 

. levator veli (Pars pharyngea) 

. tensor veli seu dilatator tubae (Pars pharyngea) 

. palato-pharyngeus (Pars interna) 

. arcus palato-glossi 
. laryngo-pharyngeus seu constrictor pharyngis inferior 

8 M. longitudinalis oesopbagi 
9 Die Musculatur des Bodens des Sinus pyriformis 
10 oberste Züge des Levator veli. 


NITES Gr HW Yo Do 
SS EEEE 


Fig. 3. Ansicht des vorigen Präparats von vorn. 


a Epiglottis 

b gebogene Vorderfläche des Thyreoids. 

c Sinus pyriformis 

d Styloid, durchsägt 

e Hyoid, durchsägt 

f Mündung der Ohrtrompete (sie selbst ist abgeschnitten) 

g Periost des knöchernen Nasen- und Rachenrohrs 

h Spalt für das Septum obigen Rohrs 

i Inscriptio tendinea 

1 M. stylo-pharyngeus 

2 M. salpingo-pharyngeus 

3 M. pterygo-pharyngeus seu constrictor pharyngis superior, M. palato- 
pharyngeus (Pars externa) und M. thyreo-palatinus zu einem gemein- 
samen Muskel vereinigt. 

4 M. longitudinalis oesophagi 

5 M. hyo-epiglotticus 


Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 7 


98 G. BOENNINGHAUS, Der Rachen yon Phocaena communis Less. 


6 durchschnittene Musculatur des Vestibularschlauchs (M. genio-epi- 
glotticus, M. glosso-epiglotticus, M. palato-glossus, M. hyo-glossus 
{Pars posterior)). 


Fig. 4 Oberer Theil des musculösen Pharynxschlauchs, rechte 
Seite von innen gesehen, von demselben Thier. 3 : 5, 


1 Orificium tubae pharyngeum 

2 glatter, hoher Levatorwulst 

3 Schleimhaut mit Gruben 

4 Glatter, niedriger Salpingo-pharyngeus- Wulst 

5 M. levator veli (Querschnitt) 

6 M. pterygo-pharyngeus seu constrictor pharyngis superior, M. palato- 
pharyngeus (Pars externa) und M. thyreo-palatinus zu einem gemein- 
samen Muskel vereinigt (Querschnitt) 

7 M. salpingo-pharyngeus (Querschnitt). 


Nachtragliche Bemerkung zu Seite 63. 


Als am Schlusse meiner Untersuchung der Pharynxmuskeln die 
Nothwendigkeit sich ergab, auch den weit vom Pharynx abliegenden © 
Sranntus’schen M. occipito-hyoideus mit in den Bereich der Unter- 
suchung zu ziehen, war derselbe an sämmtlichen Präparaten bereits 
durchschnitten und verstümmelt. Als nun nach Fertigstellung dieser 
Arbeit mir noch ein weiteres Exemplar von Phocaena zugänglich wurde, 
nahm ich die Gelegenheit wahr, den Muskel genauer zu untersuchen, 
als es mir vorher möglich war: Der Muskel ist gut abgegrenzt und 
vollkommen selbständig. Er ist an dem 131 cm langen Thier bei ab- 
gezogenem Zungenbein 2,5—3,0 cm lang, 0,6—0,7 cm breit und 03 
bis 0,4 cm dick, also gar nicht so unbedeutend in seiner Grösse. Er 
setzt sich nicht mehr, wie angegeben, am Basioccipitale an, sondern 
bereits am Proc. paramastoideus des Exoccipitale. Innervirt wird 
er vomN. facialis auf folgende Weise: Unmittelbar nachdem der 
Facialis durch die fibröse Kapsel der Bulla an der ventralen Ober- 
fläche der Schädelbasis zu Tage getreten ist, giebt er an seiner Aussen- 
fläche einen kleinen Ast ab, welcher sich sofort in mehrere Zweige pinsel- 
förmig auflöst. Einer von ihnen kreuzt den Facialis an seiner ven- 
tralen Fläche von aussen nach innen und senkt sich in den M. oceipito- 
hyoideus an seiner hintern Kante nahe seiner Insertion am Proc. 
paramastoideus ein. Der Muskel ist also nicht der M. constrietor medius 
pharyngis, sondern wahrscheinlich, mit Srannius, der hintere Bauch des 
Biventer. Der M. constrietor medius aber fehlt demnach bei Phocaena. 


Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 


Von 
August Pütter. 
(Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau.) 


Hierzu Tafel 2—4 und 41 Abbildungen im Text. 


Inhaltsübersicht. 
Einleitung, Material, Methode. 


Specieller Theil: 
I. Das Pinnipedierauge. 
Macrorhinus leoninus. 
Phoca barbata. 
Phoca groenlandica. 
Phoca vitulina. 
Halichoerus gryphus. 
6. Odobaenus rosmarus. 
7. Otaria jubata. 
8. Vergleichung der Pinnipedieraugen. 


DOU Oe 


II. Das Sirenenauge. 

1. Manatus latirostris. 

2. Manatus köllikeri. 

3. Halicore dugong. 

4. Vergleichung der Sirenenaugen. 
III. Das Mysticetenauge. 

1. Balaenoptera rostrata. 

2. Balaenoptera physalus. 

3. Balaenoptera musculus. 

4, Megaptera boops. 

5. Balaena mysticetus. 

6. Vergleichung der Bartenwalaugen. 
IV. Das Denticetenauge. 

1. Delphinus sp. 

2. Phocaena communis. 


=] 


100 AUGUST PUTTER, 


3. Delphinapterus leucas. 
4. Hyperoodon rostratus. 
5. Vergleichung der Zahnwahlaugen. 


Anhang. 
Ein neues Sinnesorgan im Auge der Denticeten. 


Allgemeiner Theil. 


A. Die biologischen Bedingungen des Wasserlebens in Bezug auf 
das Auge. 


B. Der Bulbus oculi und Nervus opticus der Wasser- 
säugethiere. 


C. Die Schutz- und Hülfsapparate des Auges der Wasser- 
säugethiere. 


D. Zur Phylogenie der Wassersäugethiere. 
E. Zusammenfassung. 


Vergleichende Zusammenstellung der Hauptmerkmale der Augen 
der Pinnipedier, Mysticeten und Denticeten. 

Tabellen der hauptsächlichsten Maasse und Verhältnisse der Augen 
der Wassersäugethiere. 

Verzeichniss der Literatur. 

Erklärung der Abbildungen. 


Einleitung. 

Der Uebergang vom Leben auf dem Lande, in der Luft, zum 
Leben im Wasser hat bei den 4 Ordnungen der Säugethiere, bei 
denen er in mehr oder weniger vollständigem Maasse erfolgt ist, bei 
den Pinnipediern, Sirenen, Mysticeten und Denticeten 
eine Menge tief greifender baulicher Veränderungen zur Folge gehabt, die 
wir zum grossen Theil unter dem Gesichtspunkt der Anpassungandie 
veränderten äussern Lebensbedingungen betrachten können. 
Durch die allgemeinen Arbeiten von WEBER, GULDBERG und KUKEN- 
THAL sowie durch eine Reihe neuerer Specialarbeiten sind eine Fülle 
solcher Veränderungen in den verschiedensten Organsystemen con- 
statirt und ist auf ihre specielle Bedeutung für das Leben im Wasser 
hingewiesen worden. 

Im Folgenden soll der Versuch gemacht werden, aufzudecken, in 
welcher Weise das Auge, dieses fein empfindliche, hoch entwickelte 
Sinnesorgan sich an die für seine Function zum Theil recht ungünstigen 
Bedingungen des Wasserlebens angepasst hat. 

Phylogenetisch betrachtet stellen die 4 Ordnungen der Wasser- 
säugethiere vier Reihen dar, die von verschiedenen Stammformen 


Die Augen der Wassersiugethiere. 101 


ausgehen und verschieden grosse Abänderungen beim mehr oder minder 
vollständigen Uebergang zum Wasserleben erfahren haben. 

Am wenigsten sind die Pinnipedier abgeändert, deren ganze 
Organisation noch nahe Verwandtschaft mit den Carnivoren ver- 
rath. Die Sirenen sind schon stärker verändert, doch lässt sich 
ihre Verwandtschaft mit den Ungulaten noch nachweisen. Die 
beiden Ordnungen der Cetaceen stellen die am stärksten veränderten 
Wassersäugethiere dar, die sich am frühesten an das Wasser- 
leben gewöhnten und keine nähern Verwandten unter den landlebenden 
Säugethieren mehr haben. Nur so viel kann man sagen, dass die 
Gruppe der Denticeten die bei Weitem ältere von den beiden ist 
und von einer viel primitivern Ordnung von Landsäugethieren ihren 
Ursprung genommen hat als die der Mysticeten, deren Vorfahren 
unter höhern Säugethierformen zu suchen wären. 

Vom biologischen Standpunkt aus lassen sich dagegen die vier 
Ordnungen als eine einzige biologische Reihe betrachten, in der 
die einzelnen Thiere nach dem Grade ihrer Anpassung an das Wasser- 
leben auf einander folgen. 

Am Anfang der Reihe stehen die Formen der Pinnipedier, die 
noch einen grossen Theil ihres Lebens auf dem Lande zubringen, wie 
Otaria oder Macrorhinus. Als das Ende der Reihe kann man den 
Hyperoodon, den Dögling, bezeichnen, der in dämmrigen Meeres- 
tiefen, mehrere Hundert, ja sogar 1000 m tief unter der Oberfläche 
seiner aus Cephalopoden bestehenden Nahrung nachgeht. 

Zwischen diese Extreme reihen sich die meisten Angehörigen der 
4 Ordnungen zwanglos ein. Als eine seitliche Abzweigung der Reihe 
erscheint, dem Bau seines Auges nach, das Walross, das in An- 
passung an seine Lebensweise — es geht vorwiegend auf dem Meeres- 
grunde des Littorals seiner Nahrung nach — ein dem Walauge 
viel näher stehendes Auge erworben hat als irgend ein anderer 
Pinnipedier. 


Material. 


Zur Untersuchung gelangte ein umfangreiches, überaus werthvolles 
Material, das mir grössten Theils von Herrn Prof. KÜKENTHAL zur 
Bearbeitung überlassen wurde. Weiteres seltenes Material verdanke 
ich den Herren Dr. F. Römer und Dr. F. SCHAUDINN, die mir die von 
ihnen auf der „Helgoland“-Expedition 1898 erbeuteten Säugethieraugen 
gütigst überliessen, und Herrn Prof. C. Cuun, der mir Augen von 
Macrorhinus leoninus, die ersten dieser Art, die zur Untersuchung 


102 AUGUST PUTTER, 


gelangten, mit grosser Liebenswiirdigkeit zur Verfügung stellte. Die 
Augen waren von der Deutschen Tiefsee-Expedition auf den Ker- 
guelen erbeutet. 


Methode. 


Ueber die angewandten Untersuchungsmethoden kann ich, so weit 
sie Präparation und mikroskopische Untersuchung betreffen, hinweg- 
gehen; es wurden nur die gebräuchlichen Methoden angewandt. Da- 
gegen scheinen mir einige Worte der Rechtfertigung am Platz über 
den ausgedehnten Gebrauch, den ich von zahlenmässigen Angaben 
gemacht habe. 

Der Grund für die ausgedehnte Anwendung der Zahlen war zu- 
nächst der, leichter und sicherer vergleichbare Werte zu gewinnen als 
dies bei blosser verbaler Beschreibung möglich ist. Das Bedürfniss 
nach so genauer, zahlenmässiger Vergleichung war bei dieser Arbeit 
besonders deshalb dringend, weil einander nahe stehende:Formen unter- 
sucht wurden, bei denen es galt, die specifischen Unterschiede scharf 
zum Ausdruck zu bringen. Ausserdem aber ist gerade das Auge für 
die Anwendung zahlenmässiger Betrachtung besonders geeignet. 

Die Retinaflächen wurden nach der bekannten Formel für die 
Kugelcalotte — 2 r x h berechnet, so weit es sich um annähernd 
kuglige Augen handelte. Die unregelmässige Gestalt der Walaugen 
liess aber eine solche Schematisirung als zu wenig genau erscheinen, 
und auf meine Bitte hatte mein Freund cand. phil. August LERCH 
die Güte, mir die betreffenden Werthe genauer, mit Hülfe höherer 
Analysis, zu berechnen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen 
besten Dank ausspreche. 

Besondere Erörterung verdient die Berechnung der Zahl der 
Opticusfasern. Es wurde hier einfach die Fläche des einzelnen 
Faserquerschnitts zur Fläche des Opticusquerschnitts in Proportion 
gesetzt. Hier kommt sogleich ein Fehler in die Rechnung: die runden 
Nervenfasern können den cylindrischen Raum des Opticus nicht 
vollständig ausfüllen, es müssen zwischen ihnen Zwischenräume bleiben. 
Dieser Fehler ist aber für die Verhältnisse der Resultate ohne 
Belang, da er in allen Berechnungen gleichmässig steckt, auch wird 
seine absolute Grösse dadurch verringert, dass die Fasern nicht genau 
rund, sondern vielmehr oft polygonal sind und so doch den ganzen 
oder fast den ganzen Raum ausnutzen. 

Gefährlicher erscheint ein Fehler, der nicht gleichmässig in alle 
Rechnungen eingeht. Bei der Berechnung der Zahl der Opticusfasern 


Die Augen der Wassersäugethiere. 103 


ist nämlich davon abgesehen, dass die bindegewebigen Septa den In- 
halt des Opticus, der mit Nervenfasern ausgefiillt werden kann, 
verkleinern. Wären die Septa überall gleich stark, so würde bei der 
Vergleichung der Resultate der Fehler ebenso wenig in Betracht 
kommen wie der erste. Die Septa sind aber bei den Walen und dem 
Walross viel stärker als bei den Pinnipediern. Die Folge ist, 
dass für die Wale stets eine zu grosse Anzahl Nervenfasern be- 
rechnet werden wird. Wenn wir nun trotzdem auf so geringe Zahlen 
für die Opticusfasern der Wale kommen, wie dies unten gezeigt 
werden soll, so können unsere darauf gegründeten Schlüsse durch den 
Fehler der Rechnung nicht umgestossen werden. Im Gegentheil, 
könnten wir den Fehler eliminiren, so würden wir noch geringere 
Werthe erhalten, die für unsere Schlüsse noch erheblich günstiger 
wären. Die absoluten Zahlen sind also sehr ungenau, die Verhält- 
nisse aber, auf die es hier allein ankommt, werden durch die Fehler 
nicht oder sogar in einer für die Schlüsse ungünstigen Weise ver- 
ändert; wenn diese dann doch noch mit aller wünschenswerthen 
Schärfe ableitbar sind, so müssen sie für richtigere Berechnungen erst 
recht gelten. 


Specieller Theil. 


I. Das Pinnipedierauge. 


Die bisher bekannten Thatsachen aus der Anatomie des Pinni- 
pedierauges sind vorwiegend am Auge von Phoca vitulina L. 
studirt. Meist fehlen nähere Speciesangaben, doch handelt es sich 
wohl stets um diese häufigste Species. 

1825 giebt F. ROSENTHAL (3) eine Beschreibung der makro- 
skopischen Verhältnisse des Seehundsauges. Genauer ist die Schilde- 
rung, welche 1838 Escuricur (7) entwirft und in der besonders das 
Corpus ciliare eine gute Darstellung findet. LEUCKART (31) fügt 
in seiner „Organologie“ keine neuen Thatsachen zu den bekannten 
hinzu, er benutzt wesentlich ESCHRICHT. In neuerer Zeit sind in ver- 
gleichend-anatomischen Arbeiten hie und da einzelne Theile des See- 
hundsauges Gegenstand der Darstellung geworden. So beschreibt 
DENNISSENKO (39, p. 414) die äussere Körnerschicht, DOsSTOIEWSKY 
(51) das Corpus ciliare und die Iris, Hans VircHow (50, p. 448) die 
Form der Ciliarfortsätze und CHrevirz (65, p. 171; 72, p. 326) die 
Area centralis retinae. So weit die Angaben dieser Arbeiten meine 


104 AUGUST PUTTER, 


Untersuchungen ergänzen, werden sie im Folgenden mitgetheilt werden, 
ich glaubte aber nicht auf eine ausführliche Beschreibung des See- 
hundsauges verzichten zu sollen, da die Punkte, auf welche bei Unter- 
suchung der übrigen Pinnipedieraugen besonderer Werth gelegt wurde, 
in der Literatur nicht die Berücksichtigung gefunden haben, welche 
für eine Vergleichung erwünscht erschien. 

Von weitern Arbeiten über Pinnipedieraugen ist noch JAMES 
Murie’s (25) Beschreibung des Auges von Otaria jubata zu erwähnen, 
die aber sehr lückenhaft ist, und einige Bemerkungen von Rapp (6) 
über das Auge von Cystophora borealis. 

An physiologischer Literatur ist eigentlich nur Jounsson’s (83) Arbeit 
über die Refractionsverhältnisse und das Sehen der Seehunde zu nennen, 
der neuerdings (120) auch Angaben über den Augengrund, die Retina- 
gefässe u. s. w. gemacht hat. 


1. Macrorhinus leoninus [Gray]. 


Weibchen von 3—3,25 m Länge. In Formol conservirt von der 
Deutschen Tiefsee-Expedition, am 28./12. 1898 auf Kerguelen. (Fig. A 
Ue dete 221529) 


Der Bulbus hat etwa die Form eines Rotationsellipsoids, die 
Länge seiner Axe beträgt 55,7 mm, die des Verticaldurchmessers über- 
trifft mit 65,5 mm Länge den Horizontaldurchmesser, der nur 63,3 mm 
misst, ein wenig. Die Aequatorialebene des Bulbus liegt 23 mm hinter 
der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae ist nicht 
vorhanden. Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus 
nimmt, ist ziemlich: bedeutend, der Cornealdurchmesser verhält sich 
zum Scleraldurchmesser wie 1:1,48. Das Volumen des Bulbus be- 
trägt nach Abzug des Volumens des Opticusstumpfs und kleiner Ge- 
websreste 110 ccm. 


Die Cornea ist umgeben von einem 0,8 mm breiten schwarzen 
Pigmentring, an den sich eine 3—4 mm breite Zone anschliesst, die 
gleichfalls schwarzlich pigmentirt ist, doch nicht so stark wie der er- 
wähnte Ring. Der Cornealbogen misst 90°, der Kriimmungsradius 
beträgt 30,77 mm. Der Verticaldurchmesser ist etwas länger als der 
Horizontaldurchmesser, ersterer beträgt 44 mm, letzterer nur 43 mm. 
Der Scheitel der Hornhaut liegt 9 mm über der Fläche des Corneal- 
randes. Die Dicke ist durchweg gering, sie schwankt zwischen 0,255 
und 0,425 mm, wovon nur 36 « auf das Hornhautepithel entfallen. 
Die tiefen Schichten dieses Epithels bestehen aus polygonalen Zellen, 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 105 


es sind ihrer 2—3; eine eigentliche Cylinderzellenschicht in der 
Tiefe fehlt. Auf diese Zellenschicht folgt unmittelbar die stark ,,ver- 
hornte“ oberflächliche Hornhautschicht. Die lebenden Zellen bilden 


Fig. A. Macrorhinus leoninus, Verticalschnitt, natürliche Grösse.  Buchstaben- 
erklärung s. am Schluss. 


eine 20 « dicke Schicht, denen die verhornte Schicht in 16 w Dicke 
aufliegt. Elastica anterior und posterior fehlen, die Cornea 
propria besteht aus feinen, dicht gelagerten Lamellen, die sich viel- 
fach unter spitzem Winkel verflechten. Die Anzahl der über einander 
liegenden Lamellen ist etwa 30. Die Lymphspalten sind zahlreich 
und sehr eng. Am Limbus corneae gehen die Corneallamellen 
ohne wahrnehmbare morphologische Veränderung in die Sclerallamellen 
über. Die Grenze von Cornea und Sclera wird da angenommen, 
wo das Epithel anfängt Pigment zu führen. Dieses tritt zuerst in der 
„verhornten“ Schicht auf, dann auch in den tiefern und erfüllt endlich 
die tiefste, hier in der Conjunctiva deutlich als solche hervortretende 
Schicht vollständig. Die Conjunctiva sclerae greift mit einer 
Anzahl unregelmässiger Zacken in das subconjunctivale Bindegewebe 
ein. In der Sclera findet sich am Limbus corneae Pigment in ge- 
ringen Mengen. 

Der Hauptunterschied des Scleralgewebes gegenüber der Cornea 
besteht aber in dem Auftreten circulär verlaufender Faserbündel, die 
unmittelbar hinter dem Limbus corneae in grosser Anzahl und Stärke 
auftreten. Die meridionalen Lamellen verlaufen zum grossen Theil 
an der Aussenfläche der Sclera, ein kleinerer Theil fasert sich auf und 


106 AUGUST PUTTER, 


zieht zwischen den circulären Biindeln weiter, so dass eine Verflech- 
tung beider entsteht. Dicht hinter dem Limbus corneae liegen in der 
Sclera eine Anzahl von Gefässen; das grösste von ihnen ist eine cir- 
culär verlaufende Vene, die nahe der Innenfläche der Sclera in den 
circulären Scleralbündeln verläuft. Ihr Lumen misst in meridionaler 
Richtung 100 «, in radialer 50 «. Ihrer Lage, dicht hinter dem Limbus 
corneae, nach zu urtheilen, entspricht sie dem Sinus venosus 
Schlemmi. 

Die Sclera ist im Aequator am dünnsten, nur 0,4 mm dick, und 
besteht hier nur aus meridional verlaufenden Faserzügen. Von hier 
aus verdickt sie sich am stärksten nach vorn, wo sie in einer Ent- 
fernung von 6 mm vom Cornealrand ihre grösste Dicke, 4,5 mm, er- 
reicht. Die Verdickung kommt dadurch zu Stande, dass sich den 
meridionalen Bündeln auf der Innenseite starke circuläre Bündel 
anlagern, zwischen denen nur wenige meridionale Fasern verlaufen. 
Zum Cornealrand hin verdünnt sich die Sclera rasch. Nach hinten 
ist die Dickenzunahme nicht so bedeutend wie nach vorn, auch geht 
sie langsamer vor sich. Die dickste Stelle des Augengrundes liegt 
17 mm vom Opticuseintritt entfernt und ist 3,4 mm dick; von hier 
aus nimmt zum Opticuseintritt die Dicke wieder bis auf 1,6 mm ab. 

Das Tapetum lucidum erfüllt den ganzen Augengrund, seine 
Farbe ist ein stumpfes, glanzloses Graublau. Nasal, temporal und 
oben reicht es bis unmittelbar an die Ciliarfortsätze heran, unten aber 
bleibt es 7,3 mm von denselben entfernt. 

Die Gesammtdicke der Chorioidea beträgt im Augengrund 
140 u, ausschliesslich der Lamina suprachorioidea. Auf diese 
folgt nach innen die Lamina vasculosa mit 90 « Dicke. Sie be- 
steht aus grossen, meridional verlaufenden Gefässen, die in einer ein- 
fachen Schicht angeordnet sind, aber nicht sehr dicht liegen, sondern 
häufig durch erhebliche Zwischenräume, es wurden solche von 0,66 mm 
gemessen, von einander getrennt sind. Zwischen den grossen Gefässen 
und nach innen von ihnen liegen kleinere Gefässe. Das Bindegewebe 
ist in der Gefässchicht reichlich entwickelt und enthält zahlreiche 
Pigmentzellen. Die Gefässe werden, wie man auf meridionalen Schnitten 
besonders deutlich sieht, von meridional verlaufenden Bündeln glatter 
Muskelfasern begleitet, die alle zum System des Tensor chorio- 
ideae gehören. Nach innen von der Lamina vasculosa liegt eine Schicht 
pigmentirtes Bindegewebe von 20 u Dicke. Die Bindegewebszellen 
liegen dicht an einander, zu Schichten geordnet. Die Form der Zellen, 
die da, wo sie zerstreut liegen, spindelförmig ist, wird in diesen 


Die Augen der Wassersäugethiere. 107 


Schichten rechteckig. Es liegen etwa 3 Zellenschichten dieser Art über 
einander. Mit dieser Lamina pigmenti chorioidea hat grosse 
Aehnlichkeit im Bau das nach innen direct an sie grenzende Tape- 
tum lucidum. Das Tapetum ist 30 « dick und besteht aus etwa 
5 Zellschichten. Die Zellen liegen dichter als in der Lamina pigmenti 
und sind frei von Pigment. Ihre Form ist rechteckig. Die Länge 
beträgt etwa 40 u, die Dicke 4 u. Die Kerne sind längs oval und 
etwa 8 u lang. Das Tapetum wird nur von Capillaren, von 4 u Dicke, 
mit zarten, aus einer einfachen Endothellage bestehenden Wandungen, 
durchbohrt. Diese Capillaren, die in grosser Anzahl senkrecht durch 
das Tapetum hindurchtreten, breiten sich an seiner Innenfläche zu der 
Choriocapillaris aus. 

In den peripheren Theilen der Chorioidea, in denen das Tapetum 
fehl“, beträgt ihre Dicke 110 u, sie ist also nur um die Dicke des 
Tapetum (30 «) verdünnt, im Uebrigen zeigt sie den gleichen Bau. 

Den Gefässen der Chorioidea dienen als Abflusswege 6 Venae 
vorticosae, die in der äquatorialen Verdünnung der Sclera durch 
diese hindurchtreten und, oberflächlich in sie eingebettet, meridional 
nach hinten verlaufen bis zu einer Entfernung von 18 mm vom hintern 
Augenpol, wo sie die Sclera gänzlich verlassen. Ihre Vertheilung ist 
aus Textfig. B zu ersehen. Die beiden Venae vorticosae ex- 
ternae entstehen erst 12 mm hinter dem Aequator durch Vereinigung 
je zweier kleinerer Venen. Am stärksten sind die Venae internae 
(superior und inferior), die 1,9 mm breit sind, am schwächsten 
die Vena superior und inferior, die nur 0,9 mm dick sind. Die 
Venae externae stehen mit 1,2 mm Dicke zwischen diesen beiden. 

Entfernt man an dem Auge von Macrorhinus die Cornea, so erblickt 
man etwa in der Mitte des Kreises von 43—44 mm Durchmesser die 
kleine ovale Pupille, die 10,2 mm lang und nur 2,3 mm breit ist, 
die Iris scheint oben eine Breite von 19,3 mm, unten 17,5 mm, nasal 
17,9 mm und temporal 14,9 mm zu haben, ihre Farbe ist dunkel- 
braun. Diese enorme Breite der Iris wird aber nur vorgetäuscht 
durch die ganz ungewöhnliche Entwicklung des vordern Uvealtractus, 
von dem der schematische Verticalschnitt des Bulbus Fig. A eine Vor- 
stellung giebt. 

Das Ligamentum pectinatum (Fig. A /.p) hat eine ganz 
enorme Ausdehnung. Es beginnt am Cornealrand und reicht von hier 
10,2 mm weit nach hinten; erst hier tritt das Corpus ciliare, das 
nicht viel weiter nach hinten seine Grenze gegen die Chorioidea findet, 
dicht an die Sclera heran, von ihr nur noch getrennt durch die 


108 AUGUST PUTTER, 


Lamina suprachorioidea. Vom Cornealrand aus zieht eine 
Schicht radiärer Fasern zur Iris, an der sie sich, nur 2,8 mm vom 
Pupillarrand entfernt, mit einer kleinen Verdickung ansetzt. Die ein- 
zelnen Fasern stehen besonders in den peripheren Theilen durch 
schräge Verbindungsfäden in Zusammenhang, so dass hier ein feines 
Netz solcher Fäden entsteht. Ein zweites System von Faserzügen 
setzt 8 mm vom Pupillarrand der Iris an. Endlich beginnt, 15 mm 
vom Pupillarrand entfernt, ein dichtes Maschenwerk von Bindegewebs- 
zügen, das eigentliche Ligamentum pectinatum. Am Cornealrand ist 
das Ligament 4 mm breit, von da an verdünnt es sich nach hinten. 
Sein Querschnitt ist dreieckig. Die zahlreichen Bindegewebszüge, die 
das Geflecht des Ligamentum pectinatum bilden, enthalten Blutgefässe, 
die dieselben der Länge nach durchziehen. In einer Faser von 58 u 
Dicke lag ein Gefäss von 30 u Dicke. Auf Querschnitten konnten 
ovale Gefässe von 30 u Dicke und 70 «u Breite sowie andere kleinere 
runde von 20 u Durchmesser nachgewiesen werden. Durch diese be- 
sondere Entwicklung des Ligamentum pectinatum erhalten das Corpus 
ciliare und die Iris eine sehr eigenthümliche Stellung, sie bilden keinen 
Winkel mit ‚einander, sondern liegen beide in der Fläche eines Kegel- 
mantels, dessen Axe mit der Augenaxe zusammenfällt und mit der 
Seite, welche durch die Richtung von Iris und Ciliarkörper bestimmt 
ist, einen Winkel von 70° bildet. Bei den meisten Thieren steht die 
Fläche der Iris annähernd senkrecht auf der Augenaxe, die des Cilien- 
körpers dagegen bildet einen sehr spitzen Winkel mit ihr. Das Corpus 
ciliare erhält eine bedeutende Festigkeit durch eine Grundplatte aus 
straffem, fast sehnig erscheinendem Bindegewebe (Fig. A g.p). Die 
Grundplatte beginnt da, wo das Corpus ciliare sich von dem Contact 
mit der Sclera löst, und verdickt sich von hier an bis zu einer Ent- 
fernung von 5 mm vom vordern Ende der Platte. Hier erreicht sie 
ihre grösste Dicke mit 2,2 mm, dann aber verdünnt sie sich rasch 
und endet spitz auslaufend. Ihre Gesammtbreite beträgt 16—17 mm. 
Ihr vorderes Ende kann man, in Ermangelung einer scharfen Begren- 
zung, als die Grenze der Iris ansehen, die von hier bis zum Pupillar- 
rand noch etwa 9 mm breit ist. 

In der Iris ist die Musculatur sehr stark entwickelt. Der Sphincter 
iridis hat seine dickste Stelle am peripheren Irisrand, in directem 
Anschluss an die Grundplatte des Ciliarkörpers, er ist hier 300 w dick. 
Dann nimmt er sehr rasch an Stärke ab; 1,45 mm vom Rand entfernt, hört 
er auf eine Strecke weit überhaupt als zusammenhängender Muskel auf, 
dann aber ist er fast im ganzen Verlauf der Iris zu verfolgen, aller- 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 109 


dings selten als zusammenhängender Muskel von 40—80 u Dicke, meist 
völlig verflochten mit den Bündeln des Dilatator iridis, der hier im 
pupillaren Theil der Iris viel stärker entwickelt ist als der Sphincter. 
Am peripheren Irisrande beginnt er als eine 50 « dicke Muskellage. 
Dilatator wie Sphincter greifen über das als Grenze der Iris ange- 
nommene Ende der Grundplatte des Corpus ciliare peripher hinaus, 
am wenigsten der Sphincter; er reicht mit einigen Bündeln bis 0,85 mm 
weit in den Bereich der Grundplatte hinein und liegt ihrer vitrealen 
Fläche an. Erheblich weiter aber erstreckt sich der Dilatator in das 
Corpus ciliare hinein, er endet erst 5 mm hinter dem Ende (des 
Sphincter, also 5,85 mm von der angenommenen Irisgrenze entfernt. 
Seine Dicke beträgt zuerst 40 «, dann wird er, an der Rückseite der 
Grundplatte nach hinten verlaufend, dicker und erreicht nahe an seinem 
peripheren Ende das Maximum seiner Dicke mit 140 uw. Wollte man 
die Irisgrenze erst hier, wo die Irismusculatur aufhört, ziehen, so 
würde ein beträchtliches Stück des Ciliarkörpers zur Iris gerechnet 
werden. Es ist eben bei Macrorhinus keine scharfe Grenze zwischen 
Iris und Ciliarkörper zu ziehen, die oben angenommene ist auch will- 
kürlich, hat aber den Vortheil, dass sie leicht festzustellen ist. — 
Wegen der vollständigen Verflechtung mit dem Sphincter ist die Dicke 
des Dilatators, die gegen den Pupillarrand der Iris erheblich zunimmt, 
nicht immer feststellbar. An Stellen, an denen eine Trennung der 
beiden Muskeln möglich ist, misst er 100—120 u. Diese Dicke weist 
er auch am Pupillarrand auf, in dessen Nähe er fast die ganze Dicke 
der Iris einnimmt, nur von wenigen Sphincterbündeln durchflochten. 
Gegenüber der mächtigen Entwicklung der Irismusculatur tritt die der 
Gefässe sehr zurück. Im ganzen pupillaren Theil der Iris bis zu einer 
Entfernung von 2,55 mm vom Pupillarrand fehlen Gefässe ganz, von 
da bis zum ciliaren Rande liegen sie als einfache Schicht von etwa 
140 u Dicke der cameralen Fläche der Muskeln auf. Das Endothel, 
das die Vorderfläche der Iris bedeckt, ist völlig pigmentirt; ebenso 
die Pars iridica retinae, in der keinerlei Zellgrenzen, also auch 
nicht die Theilung in die beiden Blätter zu erkennen ist. Das Binde- 
gewebe der Iris, das eigentliche Stroma, ist nur schwach entwickelt, 
es wird durch die Musculatur gänzlich zurückgedrängt. Es besteht 
vorwiegend aus Zellen mit nur wenig Zwischensubstanz, die Zellen, die 
spindel- oder sternförmig gestaltet sind, sind völlig schwarz pigmentirt. 

Die Grundplatte des Corpus ciliare hat an der Iris- 
wurzel eine der Sclera nicht unähnliche Structur, ihre dicken, 
festen Faserbündel sind circulär angeordnet, zwischen ihnen liegen 


110 AUGUST PUTTER, 


reichlich pigmentirte Bindegewebszellen. Im Bereich der Ciliarfort- 
sätze wird das Gewebe lockerer, Gefässe und Muskeln treten zwischen 
den Bindegewebsbündeln auf. 

Von der Grundplatte erheben sich als dünne Blätter die Ciliar- 
fortsätze. Es sind ihrer 100. Sie haben die Form von recht- 
winkligen Dreiecken, mit einer Kathete entspringen sie am Ciliar- 
körper in einer durchschnittlichen Länge von 16,4 mm, die andere 
Kathete bildet den freien Rand, der sich senkrecht erhebt, so dass 
seine Länge, 4,2 mm, zugleich die Höhe des Fortsatzes ist. Die Kante 
der Processus ciliares, die Hypotenuse des Dreiecks, ist im Mittel 
17 mm lang. 

Die Dicke der Fortsätze beträgt nur 85 u (Taf. 4, Fig. 15). An 
ihrem Ursprung am Corpus ciliare verbreitern sie sich, so dass ihre 
Basis 510 u breit ist. Die First ist, was schon makroskopisch zu er- 
kennen ist, wulstförmig verdickt. Sie ist etwa 380 u dick und mit 
einer Anzahl kleiner Falten besetzt. Der gegenseitige Abstand der 
-Ciliarfortsätze beträgt vorn, am Irisrand, 0,6 mm, hinten wächst er 
auf 1,4mm an. Das Stroma der Processus enthält reichlich Gefässe. 
Das grösste füllt den Randwulst zum grossen Theil aus und misst im 
Lumen bei 220 u Breite 140 « in der Dicke. Auch die Fältchen am 
Rande enthalten feine Gefässe, doch überwiegen im Ganzen die Ge- 
fässe das Bindegewebe nicht sehr bedeutend. Im Bindegewebe liegen 
zerstreut pigmentirte Zellen. Das Pigmentepithel der Ciliarfort- 
sätze lässt keine Details erkennen, es enthält dunkelbraunes Pigment 
und ist 16 « dick. Das Epithel der Ciliarfortsätze ist am Rande am 
höchsten, 20 « hoch. Die Zellen sind 10 w breit, haben also Cylinder- 
form und enthalten grosse ovale Kerne von 6 w Breite bei 10 u 
Länge. Auf der Fläche der Fortsätze ist das Epithel annähernd ein 
Würfelepitbel, es ist 14 u hoch, die Zellen sind 12 « breit und ent- 
halten an ihrem Grunde kuglige Kerne. 

Auffallend ist der Unterschied in dem Verhältniss der Grösse des 
Kerns zu der der Zelle. Die Cylinderzellen am Rande der Ciliarfort- 
sätze haben etwa dasselbe Volumen wie die fast cubischen Zellen auf 
der Fläche, beide etwa gleich 2000 u*. Die Kerne dagegen sind sehr 
verschieden gross. Das Volumen der ovalen Kerne der Cylinderzellen, 
die übrigens wegen ihrer ellipsoidischen Gestalt auch eine relativ 
grössere Oberfläche haben als die kugligen Kerne der Würfelzellen, 
verhält sich zum Volumen der Cylinderzellen wie 1 : 7,4, dagegen ver- 
halten sich die Kerne der Würfelzellen zu dem Volumen derselben 
wie 1: 17,4. 


Die Augen der Wassersäugethiere. hl 


Die Musculatur des Corpus ciliare besteht aus circular und meri- 
dional verlaufenden Fasern. Es erscheint zweckmässig, für diese beiden 
Systeme von Muskelfasern zwei verschiedene Namen einzuführen, und 
es sollen deshalb in allen folgenden Einzelbeschreibungen die circu- 
lären Bündel als Musculus ciliaris, die meridionalen dagegen als Mus- 
culus tensor chorioideae bezeichnet werden. 

Der Musculus ciliaris ist ziemlich schwach ausgebildet, er 
besteht aus getrennt verlaufenden Bündeln, deren grösstes, bei einer 
Breite von 255 uw in meridionaler Richtung, 85 uw dick ist. Die übrigen 
Bündel, deren eine ganze Anzahl vorhanden ist, sind viel kleiner. 

Der Musculus tensor chorioideae ist stärker als der Ciliar- 
muskel entwickelt, er besteht aus einigen starken Muskelbündeln von 
130—170 u Dicke bei rundem Querschnitt und kleinern Bündeln von 
etwa 30 u Dicke, die zwischen ihnen liegen. Die Entfernung der 
starken Bündel ist ziemlich bedeutend, 3—4 mm, was für den ganzen 
Umfang des Corpus ciliare etwa 30 Bündel ergeben würde Der 
Tensor liegt an der äussern (scleralen) Fläche des Corpus ciliare, der 
Musculus ciliaris dagegen stets nach innen von ihm. Dass der Tensor 
seine Fortsetzung in meridionalen Faserbündeln findet, die die Chori- 
oidealgefässe begleiten, wurde schon oben erwähnt. Es ist also auch 
hier das F. E. Schurze’sche Netz vorhanden. In den Thälern 
zwischen den Ciliarfortsätzen und an diesen selbst in ihren untern 
Theilen sieht man sehr deutlich aus dem Epithel, als Ausläufer der 
Zellen, die Fasern der Zonula ciliaris entstehen. Sie entspringen 
als ungemein feine Fäserchen, die ein Maschenwerk bilden und, indem 
sie sich zu stärkern Fasern vereinigen, die Zonulafasern bilden. 

Das Aussenblatt der Retina erscheint als eine Lage ganz 
flacher Zellen, ihre Höhe beträgt 4—6 u, die Länge 30 u. Sie ent- 
halten kleine, runde Kerne, die in der Mitte der Zellen liegen und 
etwa 4 u Durchmesser haber. Die Zellen sind im Querschnitt spindel- 
formig, nach beiden Seiten spitz zulaufend. In den Theilen der 
Chorioidea, denen das Tapetum fehlt, ist das Aussenblatt stärker ent- 
wickelt. Die Zellen sind fast cubisch, die Höhe beträgt 14 u, die 
runden Kerne, die in der Mitte der Zellen liegen, haben 6 u« Durch- 
messer, die Länge der Zellen beträgt 20 u. 

Auch hier ist ein auffallender Unterschied des Kernvolumens zum 
Zellvolumen in den beiden Regionen vorhanden. Während im Bereich des 
Tapetums das Verhältniss des Kerns zur Zelle 1:66 beträgt, der Kern 
also nur einen sehr geringen Theil des Zellvolumens bildet, beträgt das 
Verhältniss in den peripheren Theilen, wo das Tapetum fehlt, 1:19. Das 


112 AUGUST PUTTER, 


Volumen der einzelnen Zellen ist in beiden Regionen ungefähr das 
gleiche, 2100—2250 u3; die Raumausnutzung ist also in den peripheren 
Theilen erheblich besser, es könnten von den hier vorkommenden 
Zellen 2500 auf 1 qmm Platz finden, von den Plattenzellen dagegen 
nur 1100, diese bedecken also mit geringer Masse lebendiger Sub- 
stanz eine grosse Fläche. 

Eine Ora serrata ist nicht vorhanden, sondern die Retina geht 
unmittelbar am hintern Rande der Processus ciliares in einer glatten 
Linie in das Epithel derselben über. In allen folgenden Beschrei- 
bungen wird diese Grenzlinie als Linea terminalis retinae be- 
zeichnet werden. 

In der Pars optica retinae (Taf. 4, Fig. 19) ist die Netz- 
haut 280 u dick. Die Stabchenschicht ist 70 « dick, ihr Zustand 
gestattet nicht mehr, sicher festzustellen, ob Zapfen vorhanden sind 
oder nicht, es wurde jeden Falls nichts bemerkt, was auf ihr Vor- 
handensen hätte schliessen lassen. Die Dicke der Stäbchen ist mit 
3—4 u wohl eher zu hoch als zu gering angegeben. In der Abbil- 
dung, Taf. 4, Fig. 19, ist der schlechte Zustand der Stäbchen durch 
Reihen von Körnchen angedeutet. Ihre Anzahl in der ganzen Retina 
ergiebt sich dann zu 600--800 Millionen. Die äussere Körnerschicht 
ist 100 w dick, sie besteht aus etwa 25 über einander liegenden 
Schichten von Zellen. Die Kerne sind kugelrund und haben 4 u 
Durchmesser. Die äussere reticuläre Schicht ist 20 « dick. Die innere 
Körnerschicht besteht aus 3—4 Zellenschichten und ist 30 w dick. Die 
Kerne sind kugelrund und grösser als die der äussern Körnerschicht, 
sie messen 6—8 u im Durchmesser. Die innere reticuläre Schicht ist 
30 u dick, auf sie folgt das Ganglion nervi optici mit gleich- 
falls 30 u Dicke, einschliesslich der Nervenfaserschicht. Die Ganglien- 
zellen des Ganglion liegen ziemlich weit von einander entfernt, etwa 
130 w, d. h. um das 5fache ihres Durchmessers. Als Mittelmaasse 
einer Ganglienzelle können folgende gelten: Durchmesser senkrecht 
zur Fläche der Retina 30 «, Durchmesser in der Retinafläche 24 u, 
der Kern ist rund, der Durchmesser beträgt 10 « und enthält ein 
grosses Kernkörperchen von 2 « Durchmesser. Stark entwickelt sind 
die MÜLrer’schen Stützfasern, sie sind etwa 2 « dick, und die kegel- 
förmige Verbreiterung, mit der sie nach innen enden, hat einen Durch- 
messer von 10 u. 

Auffallend ist der Unterschied der Zahl der Stäbchen auf 1 qmm 
und der äussern Körner auf die gleiche Fläche. Die Zahl der Stäbchen 
beträgt 80—90000, die der äussern Körner dagegen 1250000. Dieser 


Die Augen der Wassersäugethiere. 113 


Werth wurde in der Weise gewonnen, dass auf eine Strecke von 
200 u die äussern Körner gezählt und der so gefundene Werth auf 
eine Fläche von 1 qmm und 25 über einander liegende Schichten um- 
gerechnet wurde. 

In derselben Weise wurde die Anzahl der innern Körnerzellen 
auf 1 qmm Retina zu etwa 110000 gefunden, also, wenn man die 
wahrscheinlichen Ungenauigkeiten in Betracht zieht, etwa ebenso viel 
wie die Anzahl der Stäbchen. Ganz ungemein gering erscheint im 
Vergleich zu diesen Zahlen die Anzahl der Zellen des Ganglion optici 
auf 1 qmm. Legt man die oben angegebene Entfernung von 130 u 
zwischen den einzelnen Zellen der Rechnung zu Grunde, so würden 
auf 1 qmm nur etwa 65 Ganglienzellen entfallen, ein Werth, der wohl 
nicht weiter von der Wahrheit entfernt ist als die unten angegebene, 
wesentlich grössere Zahl der Opticusfasern. 

Der Nervus opticus tritt etwas temporal und ein wenig nach 
unten vom hintern Augenpol an den Bulbus (Fig. B N.o). Seine 
Dicke beträgt, horizontal gemessen, 3,5 mm, vertical 3,0 mm. Durch 
zarte Bindegewebssepta ist er in eine grosse Anzahl einzelner Stränge 
getheilt. Die Dicke der Nervenfasern schwankt zwischen 4 und 6 u, 
die Fasern liegen sehr dicht. Als Mittelwerth für die Anzahl der 
Nervenfasern des Opticus ergiebt sich 767 000. 

Die Fläche der Retina, auf welche sich diese Fasern verteilen, 
also bis zur Linea terminalis gemessen, beträgt 7400 qmm, so dass 
auf jeden Quadratmillimeter 103 Fasern entfallen. Die Zahl der 
Nervenfasern bleibt weit hinter der Zahl der Stäbchen zurück, es 
kommen auf je 1 Nervenfaser immer 790—1050 Stäbchen. 

Der Aequatorialdurchmesser der Linse beträgt 22,5 mm, die Axe 
misst 20,0 mm. Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt, 
der Krümmungsradius beider beträgt 11,33 mm, so dass also die Linse 
fast eine Kugel darstellt. In Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt misst 
die Länge der Linsenaxe 1:2,785. Der Linsendurchmesser beträgt in 
Theilen des Bulbusdurchmessers in horizontaler Richtung 1:2,911, in 
verticaler 1:2,813. 

Die Processus ciliares setzen sich mit saugscheibenförmigen Ver- 
dickungen von 0,6 mm Breite an die Linse an. Es reiht sich fast 
genau Ansatz an Ansatz, der gegenseitige Abstand beträgt nur etwa 
0,02 mm. Diese Ansatzlinie der Ciliarfortsätze, die zugleich den An- 
satz der Zonula ciliaris bezeichnet, liegt auffallender Weise nicht 
im Aequator, sondern 2,8 mm hinter ihm. Die Capsula lentis 


ist eine 10 « dicke Membran. Das vordere Linsenepithel besteht 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 8 


114 AUGUST PUTTER, 


nahe der Epithelgrenze aus einer einfachen Schicht von Cylinderzellen. 
Die Höhe dieser Zellen beträgt 12 u, die Breite 6—7 u. Die grossen, 
ovalen Kerne liegen an der Basis der Zellen, ihre Länge beträgt 8 u, 
ihre Breite 4 uw. Die Epithelgrenze liegt noch 0,85 mm hinter den 
Ansätzen der Processus ciliares, also 3,65 mm hinter dem Linsen- 
äquator. Das vordere Linsenepithel nimmt von der Epithelgrenze 
an nach vorn ungemein an Höhe ab. Schon im Bereich der Ansätze 
der Ciliarfortsätze, also 2,8 mm hinter dem Aequator, erscheint es nur 
noch als ein etwa cu- 
bisches Epithel von 10 u 
Höhe, die runden Kerne 
haben 6 « Durchmesser 
und liegen im Centrum 
der Zellen. Weiter nach 
vorn wird es zu einem 
ungemein dünnen 

Plattenepithel. Die Kerne 
sind lang gestreckt, 
fadenförmig dünn, die 
sde oA ee aan ea vr Zellen etre GENE 

hintern Augenpol aus gesehen. P hinterer Augenpol. und nur 2—3 a hoch. 

Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss d. Arbeit. Die Linsenfasern sind 

4—5 u breit. 

Was die Musculatur des Auges anlangt, so können nur einige 
Angaben über die Ansätze am Bulbus gemacht werden, da nur zwei 
enucleirte Bulbi zur Verfügung standen (s. Fig. B). 

Der Rectus superior (Fig. B R.s) setzt 16 mm vom Cor- 
nealrande entfernt in 28 mm Länge an den Bulbus, der Rectus 
inferior (R.:) mit 28 mm Länge 10 mm hinter dem Cornealrande. 
Der innere Rand des Rectus-Ansatzes liegt gerade vor dem Ende des 
Ansatzes des Obliquus inferior. Rectus internus (R.int) inserirt 
16 mm hinter dem Cornealrande in 23 mm Länge, der Rectus ex- 
ternus (f.e) 12 mm hinter dem Cornealrande in 28 mm Länge. Die 
Ansätze des Rectus inferior und externus sind nur 13 mm mit ihren 
Rändern von einander entfernt. 

Der Ansatz des Obliquus superior (O.s) reicht von der 
Vena vorticosa superior (V.v.s), 34 mm vom Augenpol entfernt, 
bis zur Vena vorticosa externa superior (V.v.e.s), 31 mm vom 
Augenpol entfernt. Die Länge des Ansatzes beträgt 23 mm. Der An- 
satz des Obliquus inferior (0.7) beginnt an der Vena vorti- 


We 


Die Augen der Wassersäugethiere. 115 


cosa inferior (V.v.2), 27 mm vom Augenpol entfernt und zieht 
sehr schräg nach vorn, wo sein Ansatz 42 mm vom Augenpol ent- 
fernt ist. Länge des Ansatzes 27 mm. Der Retractor ist in seinem 
Ansatz scharf getrennt in Retractor superior (Rir.s.) und in- 
ferior (Rér.2). Der Rtr. superior zieht in gleich bleibender Ent- 
fernung vom Augenpol, 21 mm von ihm entfernt, sein Ansatz ist 
39 mm lang. Die Ansatzlänge des Rtr. inferior beträgt 46 mm; er 
zieht, von der Vena vorticosa externa inferior beginnend, zur Vena 
inferior in gleich bleibender Entfernung vom Augenpol, von da ent- 
fernt er sich von diesem und reicht noch bis zur Vena interna in- 
ferior. In der Horizontalen beträgt die Entfernung des Ansatzes vom 
Augenpol 29 mm, unten innen 36 mm. Die dickste Stelle des Ansatzes 
liegt da, wo er die Vena inferior kreuzt und mit dem Ansatz des 
Obliquus inferior zusammentrifft (s. Fig. B). 


2. Phoca barbata Far. 

Augen erwachsener Thiere, in Solutio Mülleri conservirt, von 
RÖMER und SCHAUDINN, 1898 [,,Helgoland“-Expedition] (s. Fig. C und 
Taf. 3, Fig. 10). 

Der Bulbus weicht nur wenig von der Kugelform ab, seine Axe 
ist 34,5 mm lang, der Verticaldurchmesser ist gleich dem Horizontal- 
durchmesser 39,0 mm lang. Das vordere, von der Cornea gebildete 
Segment des Bulbus ist flacher als das hintere sclerale Segment. Das 
erstere hat einen Krümmungsradius von 23,5, das letztere einen solchen 
von 17,9 mm. Die Grösse des Cornealbogens beträgt 59°, die der 
Sclera 280° Der Durchmesser der Cornea verhält sich zum Durch- 
messer des Bulbus wie 1:1,695. Ein Sulcus corneae ist nicht 
vorhanden. 

Die Cornea ist 3,0 mm hoch, ihr Durchmesser beträgt 23 mm, 
sie ist im Scheitel etwas dicker als am Rande. Im Scheitel ist sie 
0,64 mm dick, am Rande nur 0,51 mm. Dieser Dickenunterschied ist 
auch am Cornealepithel vorhanden, welches am Rande 60 u, im 
Scheitel dagegen 114 « dick ist. Es besteht in seinen tiefen Schichten 
aus polygonalen Zellen, eine tiefe Cylinderzellenschicht fehlt. Die ober- 
flächlichern Lagen sind stark abgeplattet und von einem dicken Mantel 
verhornter Substanz umgeben. Endlich ganz zu oberst überwiegt die 
verhornte Masse derart, dass nur dünne Spalten die Orte andeuten, 
wo Zellen lagen. Die „verhornte“ Substanz setzt sich in Form 
feiner Lamellen auch zwischen die tiefen Schichten der polygonalen 
Zellen fort. 

8* 


116 AUGUST PUTTER, 


Kine Elastica anterior fehlt. Die Elastica posterior 
erscheint als 3 «u dicke Membran. 

Die Cornea propria zeigt in ihrem Bau am Rande und im 
Scheitel nicht unbedeutende Unterschiede. Am Rande sind die zahl- 
reichen, glattrandigen Lamellen ungemein fest und dicht gefügt, sie 
fassen nur ganz enge, spaltenförmige Lymphwege zwischen sich. An 
der Vorderfläche, unterhalb des Cornealepithels, wird die lamelläre 
Anordnung undeutlich, es treten eine grosse Menge sehr stark ge- 
wellter Fasern (elastische Fasern?) auf, die einen festen Filz bilden. 
Im Hornhautscheitel 
sind die Lamellen nicht 
U 2 so dicht gefügt, sie 

NS lassen Raum für 

\ grössere Lymphwege 
von linsenförmigem 
Querschnitt. Ihr mitt- 
lerer Durchmesser be- 
trägt etwa 25 u, die 
Dicke 8—10 u. 

Die stark geschlän- 
gelten Fasern finden 
sich hier im Scheitel 
nicht so stark an der 

Vorderfläche ange- 


Fig. ©. Phoca barbata. Verticalschnitt, 3 : 2. à.ch £ à 
äquatoriale Verdickung der Chorioidea. Weitere Buch- hauft, sondern mehr dif- 
stabenerklirung s. am Schluss der Arbeit. fus durch die ganze Cor- 


nea propria vertheilt. 

Das Endothel der vordern Kammer ist als diinne Zellenlage vor- 
handen. 

Im Umkreis der Cornea ist die Conjunctiva in einem 4 mm 
breiten Ring braun pigmentirt. Die Dicke des Conjunctivalepithels 
beträgt 40 u. Es liegen 4 oder 5 Zellenschichten über ‚einander, in den 
Partien der Conjunctiva, die überhaupt Pigment enthalten, ist dieses 
in den tiefsten Schichten angehäuft, die oberflächlichen Schichten 
bleiben davon frei. Das subconjunctivale Bindegewebe ist sehr reich 
an Blutgefässen. 

Die Sclera ist im Aequator am dünnsten, nur 0,8 mm dick, 
nach vorn wie nach hinten verdickt sie sich und ist sowohl am 
Cornealrande wie im Augengrunde 2,0 mm dick. Sie besteht aus 
meridionalen und circulären Bündeln, die meridionalen bilden stets 


Die Augen der Wassersäugethiere. EG 


die oberflächlichste Lage, ausserdem aber verflechten sie sich in den 
tiefern Lagen mit den circulären Bündeln. Besonders stark ausge- 
bildet sind die circulären Bündel am Cornealrande; hier ist die Tren- 
nung von meridionalen und circulären Bündeln sehr scharf, die letztern 
liegen aussen und setzen sich in die Corneallamellen fort, die circu- 
lären liegen als starker Ring der Innenseite der meridionalen Lamellen 
an, sie übertreffen diese an Dicke, denn ihre Schicht misst 1,3 mm, 
während die meridionalen Lamellen zusammen nur 0,7 mm dick sind. 
Nahe dem Cornealrande liegen in den circulären Scleralbündeln einige 
Blutgefässe, drei Venen und eine Arterie, die dem Sinus venosus 
Schlemmi entsprechen. Die Venen sind erheblich grösser als die 
Arterie, ihre Durchmesser betragen 60:40 u, 60:30 u und 40:20 u, 
die Arterie dagegen hat nur 36:20 « im Durchmesser. Im Aequator 
hat die Sclera eine flache, rinnenförmige Einsenkung von 7 mm Breite, 
in der die dünnste Stelle der Sclera liegt. 

Die Dicke der Chorioidea ist an den verschiedenen Stellen des 
Bulbus sehr verschieden. Man kann 3 baulich von einander stark 
abweichende Bezirke unterscheiden: 1) die peripheren Theile der 
Chorioidea, denen das Tapetum fehlt; 2) den Sinus circularis 
chorioideae, wie EscHrickt ihn benennt, d. h. die äquatoriale 
Verdickung der Aderhaut, die der äquatorialen Verdünnung der Sclera 
entspricht, und 3) den Bereich des Tapetums. 

Im peripheren Abschnitt der Chorioidea ist sie 153 w dick, 
die Gefässe sind nicht zahlreich, sie sind umgeben von sehr reich- 
lichem Bindegewebe, das in meridionalen Strängen angeordnet ist, und 
in seinen zahlreichen, lang gestreckten Zellen braunes Pigment in 
Menge enthält. Im Sinus circularis chorioideae verdickt sich 
die Chorioidea sehr bedeutend, sie ist hier 1,02 mm dick, also 
6,67mal so stark wie im peripheren Theil. Der Hauptantheil an dieser 
Verdickung entfällt aber nicht auf die Gefässchicht, die trotz stärkerer 
Entwicklung des Bindegewebes nur 340—400 x misst, also nur 2 bis 
3mal so dick ist wie die periphere Chorioidea. Den Hauptantheil an 
der Verdickung nimmt vielmehr eine Lage glatter Muskeln, die 
hier im Sinus circularis die erhebliche Dicke von etwa 680 u erreicht. 
Sie besteht aus mehreren Schichten glatter Muskelbündel, die durch 
pigmentirtes Bindegewebe von einander getrennt sind und verschiedene 
Stärke, 20—40 u, haben. Die Fasern verlaufen nicht alle meridional, 
sondern zum Theil schräg, so dass sie ein Netzwerk bilden. Diese 
Muskelfasern verlaufen nach vorn in den Ciliarkérpern und gehören 
alle zum System des Tensor chorioideae, der also den ganzen 


118 AUGUST PUTTER, 


vordern Abschnitt der Chorioidea vom Aequator an wie ein Netz um- 
spannt. Im Aequator hat er seine stärkste Ausbildung, während 
bier die Sclera am dünnsten ist. Auch im hintern Bulbusabschnitt 
sind an einigen Stellen anscheinend glatte Muskelfasern aus dem System 
des Tensor vorhanden, doch ist wegen der mächtigen Pigmententwick- 
lung ihre Existenz nicht mit Sicherheit nachzuweisen, und jeden Falls 
sind sie viel weniger zahlreich als vor dem Aequator. 

Den Abfluss der Aderhautgefässe bilden 5 Venae vorticosae. 
Sie entspringen im Sinus circularis chorioideae an der dünnsten Stelle 
der Sclera, treten durch diese hindurch und verlaufen meridional an 
deren Aussenseite bis zu einer Entfernung von 7,6 mm vom Rande 
des Opticuseintritts, hier trennen sie sich völlig von der Sclera. Wir 
unterscheiden eine Vena vorticosa superior und inferior, die 
etwas schwächer sind als die externa, und die interna superior 
und interna inferior. 

Das Tapetum lucidum nimmt den ganzen Augengrund ein und 
erstreckt sich innen, oben und unten bis auf 6 mm an das Corpus 
ciliare heran, aussen bleibt seine Grenze 7,5 mm davon entfernt. Die 
Farbe des Tapetums ist ein metallisch glänzendes Gelb, das durch 
einen bläulichen Ton am Rande in das dunkle Braun der Chorioidea 
übergeht. Im Bereich des Tapetums ist die Chorioidea stärker als in 
den peripheren Partien. Sie ist 800 « dick. Hiervon entfallen auf 
das Tapetum 340 u, auf das Stratum vasculosum 460 u. Das 
Stratum vasculosum besteht aus den grossen meridionalen Ge- 
fässen, die zu äusserst liegen, und nach innen von dieser Schicht aus 
einer oder zwei Lagen kleinerer Gefässe, die zahlreiche Aeste senk- 
recht oder schräg durch das Tapetum hindurch senden, an dessen 
Innenfläche sie sich zur Choriocapillaris ausbreiten. Die Ge- 
fässe, welche das Tapetum durchbohren, sind bis 30 wu dick, aber ihrem 
Bau nach stets Capillaren, ihre Wände bestehen nur aus dem Endothel. 

Das perivasculäre Bindegewebe ist in meridionalen Zügen geordnet 
und enthält meist spindelförmige, braun pigmentirte Bindegewebszellen, 
die aber bei Weitem nicht so zahlreich sind wie in den vom Tapetum 
freien Theilen der Chorioidea. Das Tapetum besteht aus rechteckigen 
Zellen. Ihre Länge beträgt 64 «, die Höhe 5 w. Die ovalen Kerne 
messen bei 4 « Dicke 8 « in der Länge. Von solchen Zellen liegen 
etwa 30—35 Schichten über einander, doch berühren sich die Lagen 
nicht in ihrer ganzen Ausdehnung, sondern lassen Spalträume zwischen 
sich, so dass der Aufbau des Tapetums locker, fast schwammig er- 
scheint. (Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass hieran zum Theil die 


Die Augen der Wassersäugethiere. 119 


Conservirung Schuld ist!). Gegen den Rand hin nimmt das Tapetum 
allmählich an Dicke ab und verstreicht in einer Entfernung von 
4—4,2 mm vom Aequator. 

Die Lamina suprachorioidea ist ein lockeres, weitmaschiges 
Gewebe. Das Ligamentum pectinatum ist sehr stark entwickelt. 
Es schiebt sich als eine im Querschnitt dreieckige Gewebsmasse 
zwischen die Sclera und die Grundplatte des Corpus ciliare ein. Seine 
grösste Dicke hat das Ligament am Cornealrande, hier ist es 2,5 mm 
dick. Vom Cornealrande reicht es nach hinten 5,5 mm weit zwischen 
Sclera und Corpus ciliare. An der Vorderfläche der Iris heften sich 
die Stränge des Ligamentums bis zu 3,2 mm Entfernung vom pupil- 
laren Rande an (s. Fig. C !.p). Die Stränge des Ligamentum 
pectinatum enthalten Blutgefässe. 

Die Iris bildet eine halbkuglige Kuppel, die der Vorderfläche 
der Linse aufliegt. 

Die Pupille ist ein horizontaler Schlitz, der an seinem nasalen 
Ende sich verbreitert, so dass seine Gestalt wohl am besten als birn- 
förmig bezeichnet werden kann. Die Breite der Iris beträgt oben 
7, unten 9, nasal 7 und temporal 5 mm. Die Breite der Pupille 
beträgt am nasalen Ende 1,5 mm, temporal 1 mm; sie ist 4 mm lang. 
Die Iris hat an ihrer Basis eine Dicke von 1,11 mm, in ihrem pupil- 
laren Theil misst sie nur 0,23 mm. Der ganze pupillare Theil der 
Iris ist in einer Breite von 2,21 mm frei von Gefässen, er besteht 
hier nur aus Muskeln und pigmentirtem Bindegewebe (s. Taf. 3, 
Fig. 10). Im peripheren Iristheil liegen die Gefässe in meist ein- 
facher Schicht an der vordern Fläche der Iris. Der Musculus 
sphincter iridis bildet die Hauptmasse des erwähnten pupillaren, 
gefässfreien Iristheils. Die Zellen des Bindegewebes, das seine Bündel 
umgiebt und ihn in einer schwächern Schicht an der Vorderseite, in 
einer stärkern an der Hinterseite bedeckt, sind ganz erfüllt von braunem 
Pigment. Auch in dem peripheren, Gefässe führenden Abschnitt der 
Iris behält der Sphincter seine Dicke von etwa 170 u bei, bis 2,55 mm 
vom ciliaren Irisrande entfernt. Hier verdickt er sich auf eine Strecke 
von 850 u, erreicht die Dicke von 510 mw und endet dann mit 
dieser Verdickung. Der Musculus dilatator iridis ist im pupil- 
laren Iristheil nur als dünne, 10 « starke Muskellage an der Hinter- 
fläche der Iris vorhanden, gegen die Peripherie hin verdickt er sich 
auf 20 uw, dann auf 30 « und erreicht endlich seine grösste Dicke, 
80 u, und zugleich sein Ende am Ursprung der Ciliarfortsätze. Er 
erstreckt sich also durch die ganze Iris, während der Sphincter fast 
2 mm vom ciliaren Rande entfernt endet. Dilatator und Sphincter 


120 AUGUST PUTTER, 


enthalten in ihren Muskelzellen kein Pigment. Die Gefässchicht ent- 
hält nur am Iriswinkel mehrere Lagen von Gefässen über einander, 
im Uebrigen ist sie einschichtig und hat eine durchschnittliche Dicke 
von 260—340 u. Das perivasculäre Bindegewebe ist ebenso wie das 
interstitielle der Irismuskeln ungemein reich an stark pigmentirten 
Bindegewebszellen. 

Von der Grundplatte des Corpus ciliare erheben sich 120 Pro- 
cessus ciliares. Sie haben die Form dreieckiger Blätter, deren 
freier, dem Glaskörper zugekehrter Rand etwas verdickt ist, mit ihren 
vordern Ecken setzen sie sich am Linsenäquator fest. Die Fortsätze 
sind 13 mm lang und 2 mm hoch, ihre Dicke beträgt auf der Fläche 
120 u. Die Flächen sind mit schwachen Falten besetzt. Der gegen- 
seitige Abstand der Fortsätze beträgt 0,4—0,5 mm. Im Innern der 
Fortsätze verlaufen radial, von der Grundplatte des Ciliarkörpers aus- 
gehend, zahlreiche Capillaren, ausserdem grössere meridionale Gefässe. 
Von letztern enthält jeder Fortsatz meist nur eins im vordern, etwas 
verdickten Rande und einige im Stroma zerstreut. Die Pars cili- 
aris retinae ist 32—34 u dick, wovon auf das Stratum pig- 
menti 20 w, auf das Epithel der Ciliarfortsätze 12—14 w entfallen. 
Im Stroma liegen, gegen das Corpus ciliare reichlicher werdend, grosse 
braun pigmentirte Bindegewebszellen. In der Grundplatte nimmt ihre 
Zahl bedeutend zu. Die Grundplatte besteht aus Gefässen, die durch 
straffes, fasriges Bindegewebe verbunden sind und aus glatten Muskeln. 
Die grossen meridionalen Gefässe liegen in einer Schicht und auch in 
dieser nicht sehr dicht, in Abständen von 0,6—0,7 mm. Die Durch- 
messer variiren ziemlich stark. Ein grösserer Typus misst 180 « in 
der Breite bei 140 u Dicke, ein kleinerer 120 « in der Breite bei 
100 u Dicke. 

Die Musculatur besteht aus einem sehr schwach entwickelten 
Musculus ciliaris, der nur aus wenigen schwachen, circulär ver- 
laufenden Bündeln besteht, und einem stärkern Musculus tensor 
chorioideae. Dieser besteht aus einer grossen Anzahl meridional 
verlaufender Muskelbündel. Sie sind im ganzen Umfang des Corpus 
ciliare ziemlich gleichmässig vertheilt und nicht wie bei andern 
Pinnipediern in einzelne stärkere Bündel vereinigt. Die Dicke der 
Bündel ist recht verschieden, etwa 40 « im Mittel, bei 80 « Breite. 

Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 434 u dick. 
Hiervon kommen auf die Schicht der Sehstäbchen 64 «u, die Stäbchen 
sind 3 « dick, was bei einer Retinafläche von 2543 qmm einer Ge- 
sammtzahl von 363 Millionen Stäbchen entspricht. Die äussere Körner- 


Die Augen der Wassersäugethiere. 112A 


schicht ist 160 « dick und besteht aus 26—28 über einander liegender 
Reihen von Körnern. Die Durchmesser der Körner betragen 5 u. 
Die äussere reticuläre Schicht, die Zwischenkörnerschicht, ist 20 u 
dick, auf sie folgt nach innen die innere Körnerschicht mit 80 u 
Dicke; sie besteht aus etwa 8—10 Schichten von Kernen, die etwas 
grösser als die der äussern Körnerschicht sind, ihr Durchmesser be- 
trägt 6 uw. Die innere reticuläre Schicht ist 50 w dick; auf sie folgt 
das Ganglion optici, das einschliesslich der Nervenfaserschicht 
60 u dick ist. 

In derselben Weise wie bei Macrorhinus wurde die Anzahl der 
äussern und innern Körner berechnet, die in 1 qmm Retina enthalten 
sind. Es ergab sich, dass, während die Zahl der Stäbchen höchstens 
120000 auf 1 qmm beträgt, die Zahl der äussern Körner sich auf 
1367000 berechnet, also auf mehr als 11mal so viel, die Zahl der 
innern Körner dagegen ist mit 119000 Zellen auf 1 qmm etwa gleich 
jener der Stäbchen. 

Der Nervus opticus ist in horizontaler Richtung 3 mm, in 
verticaler 2 mm dick. Auf dem Querschnitt sieht man ein Maschen- 
werk bindegewebiger Septen, die ihn in eine grosse Anzahl einzelner 
Stränge theilen. Die Opticusfasern liegen sehr dicht gedrängt, ihre 
Durchmesser variiren zwischen 6, 8 und 10 «. Als Mittelwerth er- 
giebt sich daraus für die Zahl der Nervenfasern des Opticus 174000, 
d. h. auf 1 qmm der Retinafläche entfallen im Durchschnitt 68 Nerven- 
fasern. Vergleicht man die Zahl der Opticusfasern mit der Zahl der 
Stäbchen der Retina, so ergiebt sich, dass auf eine Opticusfaser 
2086 Stäbchenzellen kommen. 

Die Linse ist fast kuglig, ihre Axe misst 14 mm, ihr Durch- 
messer 14,4 mm. Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt, 
ihr Krümmungsradius beträgt 7 mm. In Theilen der Bulbusaxe aus- 
gedrückt beträgt die Länge der Linsenaxe 1:2,464. Der Linsendurch- 
messer beträgt, in Theilen des Bulbusdurchmessers ausgedrückt, 
1 : 2,708. 


3. Phoca groenlandica Niuss. 


Embryo von etwa 10 cm Länge. Der Kopf ist in eine Serie von 
Frontalschnitten zerlegt. Da die Axe der Orbita nicht ganz senk- 
recht zur Körperaxe steht, so entsprechen die Frontalschnitte nicht 
genau Medianschnitten des Auges. Hierauf muss bei Messungen 
und Lagebestimmungen Rücksicht genommen werden. Die Form des 
Bulbus erscheint etwas stärker sphäroidisch, als sie sich auf genau 


122 AUGUST PUTTER, 


medianen Schnitten des Auges darstellen wiirde, doch ist der Fehler 
nicht erheblich. Die vorliegende Serie umfasst die temporalen Theile 
des Auges nicht mehr, weshalb keine Angaben über die Thränendrüse 
gemacht werden können. Auch der Opticuseintritt ist in den unter- 
suchten Schnitten nicht zu finden, es liegt offenbar noch weiter 
temporal. (Hierzu Fig. D.) 

Der Bulbus ist in der Richtung der Axe stark verkürzt. Während 
der verticale Aequatorialdurchmesser 4,675 mm misst, ist die Axe 
nur 3,745 mm lang. Die Aequatorialebene liegt 1,275 mm hinter der 
Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae fehlt. Die Cornea 
nimmt einen sehr bedeutenden Antheil am Aufbau des Bulbus, ihr 
Krümmungsradius beträgt 2,3 mm und ihr Bogen misst 112°, Das 
Verhältniss des verticalen Cornealdurchmessers zum verticalen Bulbus- 
durchmesser wird ausgedrückt 
durch das Verhältniss 1 : 1,22. 

Die Cornea ist 1,02 mm 
hoch, ihr Verticaldurchmesser be- 
trägt 3,825 mm. Dickenunter- 
schiede zwischen Rand und Schei- 
tel sind nicht vorhanden, die 
Dicke beträgt überall 85—100 u. 
>, Das Cornealepithel besteht aus 

einer einfachen Schicht Cylinder- 
| : zellen mit grossen ovalen Kernen. 
eee” Sd Die Höhe der Zellen beträgt 25 u. 
N mn”, Ge Ge Die Sclera hat ihre diinnste 
<4 Stelle, an der sie nur 85 w dick 
ist, im Aequator. Im Augen- 
grunde verdickt sie sich auf 128 u. 
Ihre dickste Stelle aber liegt im 
papas Q ww, vordern Theil des Bulbus, etwa 
= 340 u vom Cornealrand entfernt, 
| Fig. D. Phoca EERIE ECD Embryo hier ist sie 170 x dick. 
von 10 em Länge. Frontalschnitt durch E 
den Kopf. Schema, 6 : 1. C.o Mundhöhle, Die Chorioidea ist noch 
C.M MECKEL’scher Knorpel, H.G harter ° : 
Gaumen, M Muskeln, M. M Mandibula, O. Z nicht als eigene, von der Sclera 
Oberlid, O.N oberer Nasenraum, P. A Nick- getrennte Anlage vorhanden. 
Hans 125 abehrali BEDE aA Zygo- Didier Corpus 
maticum. Weitere Buchstabenerklärung s. 
am Schluss. ciliare in seinem vordern Theil 
sind von der Sclera durch die Maschen des stark entwickelten Liga- 
mentum pectinatum getrennt, das am Iriswinkel mit 85 w seine 


Die Augen der Wassersäugethiere. 123 


grösste Dicke erreicht. Nach hinten schiebt es sich vom Cornealrand 
aus 340 w weit zwischen Sclera und Corpus ciliare ein. Auf der 
Vorderfläche der Iris reichen die Ansätze der Stränge des Liga- 
mentums bis zu einer Entfernung von 255 u vom ciliaren Irisrand. 

Die Iris ist 380—390 w breit, an der Wurzel beträgt ihre Dicke 
128 u, am pupillaren Rande 43 u. Von der Pars iridica retinae 
enthält nur das Aussenblatt Pigment in Menge, das Innenblatt ist da- 
gegen pigmentfrei. Die Membrana pupillaris ist als ganz feines 
Häutchen, bestehend aus einer einfachen Schicht von Plattenzellen, 
vorhanden. 

Das Corpus ciliare stellt einen 470 w breiten Ring dar, auf 
dem sich die einfach gestalteten Ciliarfortsätze zu 170 uw Höhe er- 
heben. 

In der Sclera findet man die Querschnitte der starken Venae 
vorticosae, ihr Lumen misst in radialer Richtung 136, in äqua- 
torialer 170 u. 

Das Aussenblatt der Retina ist im vordern Theil des Bulbus, 
bis zum Aegator hin, völlig schwarz pigmentirt, im Augengrund ist 
zwar auch überall Pigment vorhanden, aber nur in Form einzelner 
Pigmentkrümel, die nicht die ganzen Zellen erfüllen. 

Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 170 u dick, es 
verdünnt sich gegen die Linea terminalis retinae hin allmählich 
und misst hier nur noch 68 w. Die Stäbchenschicht fehlt noch. In 
der ganzen Retina kann man nur 2 Schichten unterscheiden, eine äussere 
Körnerschicht, die zugleich der äussern reticulären Schicht entspricht, 
und eine innere Körnerschicht, die allen übrigen nach innen von der 
Zwischenkôrnerschicht gelegenen Schichten entspricht. Die äussere 
Schicht besteht aus etwa 18—20 Zellenreihen, in denen die Zellen dicht 
liegen, die innere Schicht enthält 8—10 Reihen von Kernen, die weniger 
dicht liegen als die der äussern Schicht. 

Die Axe der Linse ist 2,423 mm lang, ihr äquatorialer Durch- 
messer ist etwas länger, 2,763 mm lang. In Theilen der Bulbusaxe 
ausgedrückt, beträgt die Länge der Linsenaxe 1: 1,545, ihr Durch- 
messer in Theilen des Bulbusdurchmessers 1:1,692. Vorder- und 
Hinterfläche sind sehr verschieden stark gewölbt, die Vorderfläche ist 
1,02 mm hoch und hat einen Kriimmungsradius von 1,441 mm Länge; 
der Bogen der Vorderfläche beträgt 141°. Die Hinterfläche ist fast 
genau halbkuglig, ihre Höhe beträgt 1,403, ihr Krümmungsradius 
1,382 mm und ihr Bogen 180°. Das vordere Linsenepithel ist 26 u 
hoch und reicht weit über den Aequator hinaus auf die Hinterfläche 


124 AUGUST PUTTER, 


der Linse, erst 0,85 mm hinter dem Aequator geht es in der 
bekannten Weise in die Linsenfasern über, wobei die grossen ovalen 
Kerne der Zellen und Randfasern allmählich in die kleinen runden 
Kerne der Centralfasern übergehen. 

Das Oberlid ist an der Basis 680 «u dick, am ciliaren Rande 
nur 255 u; seine Breite beträgt 2,635 mm und übertrifft damit die 
Breite des Unterlides, die nur 2,083 mm beträgt, erheblich. Das 
Unterlid ist an der Basis und am ciliaren Rande gleich dick, 255 u. 
Die Nickhaut ist stark entwickelt. Die Lidränder sind mit einander ver- 
wachsen. In der Umgebung dieser Verwachsungsstelle, an der das 
Epithel 90 « dick ist, sind seine tiefen Schichten pigmentirt, ebenso 
auch die Conjunctiva nahe am Lidrand. Im Uebrigen ist die Epi- 
dermis pigmentfrei, sie ist 35—45 u dick. Haaranlagen, die in der 
Körperhaut schon zahlreich sind, fehlen im Oberlid noch völlig, im 
Unterlid sind einige vorhanden. Im Innern der Lider sind keine 
Details zu erkennen. 

Eine Harper’sche Drüse ist vorhanden, sie besteht aus 
Schläuchen von zweischichtigem Epithel und mündet an der Basis der 
Nickhaut am nasalen Augenwinkel. Die Nickhaut enthält einen 
Knorpel, der sich über ihre Basis hinaus, den Bulbus eine Strecke 
weit umgreifend, fortsetzt. 3 

Nach allen Seiten, besonders aber nach hinten und unten hin, ist 
der Bulbus von starken Venengeflechten umgeben (s. Fig. D P.v). 
Die Orbita ist sehr geräumig, der Bulbus liegt nicht vollständig in 
ihr, sondern ragt mit seinem vordern Theil aus ihr heraus und ragt 
buckelförmig über die Körperoberfläche hervor. 


4. Phoca vitulina L. 


I. Junges Thier, 4 Tage alt. 


In Alkohol conservirt. Geboren im Zoologischen Garten zu Breslau 
(s. Fig. E und Taf. 4, Fig. 16). 

Der Bulbus weicht nicht beträchtlich von der Kugelform ab. 
Am längsten ist sein Horizontaldurchmesser, der 30 mm misst. Der 
Verticaldurchmesser ist ebenso lang wie die Axe, 28,5 mm. Die 
Aequatorialebene liegt 10,5 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. 
Ein Sulcus corneae fehlt. Das vordere, von der Cornea gebildete 
Segment des Bulbus ist flacher als das hintere sclerale. Der Krüm- 
mungsradius der erstern beträgt 17,15 mm, der des letztern 14,64 mm. 
Die Sclera umfasst einen Bogen von 272°, der Cornealbogen misst 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 125 


72°. Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt, 
wird ausgedrückt durch das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum 
Bulbusdurchmesser 1 : 1,427. 

Der Durchmesser der Cor - 
nea beträgt in horizontaler wie 
in verticaler Richtung 20,5 mm, 
die Höhe der Cornea 3,4 mm. Am 
Rande ist sie doppelt so dick wie 
im Scheitel, hier 0,3 mm, dort 
0,6 mm. Das Hornhautepithel ist 
am Rande wie im Scheitel 32 u 
dick, die Dicke der verhornten 
Schicht beträgt 10—12 u, die unter 
ihr gelegenen Zellen sind meist in 
nur einer einzigen, 20 lu hohen Fig. E. Phoca vitulina L. Junges Thier 
Lage von Cylinderzellen geord- savenerklärung s am Schluss. 
net, stellenweise kommen auch 2 
Schichten cubischer oder polygonaler Zellen vor. Eine Elastica an- 
terior fehlt. Die Elastica posterior is als ganz dünne, nur 6 «u 
dicke, structurlose Membran vorhanden. Die Lamellen der Cornea 
propria haben eine durchschnittliche Dicke von 5 w. Sie liegen 
sehr dicht und lassen nur ganz schmale Lymphspalten zwischen 
sich frei, 

Die Sclera ist im Aequator am diinnsten, nur 0,3 mm dick, 
von. hier verdickt sie sich nach vorn rasch und erreicht eine maximale 
Dicke von 1,8 mm. Nach hinten nimmt ihre Dicke gleichfalls rasch 
zu, und im Augengrunde hat die Sclera mit 2 mm ihre grösste Dicke. 

Die Lamina suprachorioidea ist stark entwickelt, sie be- 
steht aus einem weiten Geflecht welliger, anscheinend elastischer 
Fasern. 

Das Ligamentum pectinatum ist sehr stark entwickelt, es 
gehen vom Cornealrand feine Faserzüge zur Iris. Sie lassen sich 
frei von ihr abheben, und die längsten setzen sich nur 1,5 mm vom 
Pupillarrand entfernt an die Iris (s. Fig. El.p). Nach hinten schiebt 
sich das Ligamentum 4 mm weit vom Cornealrand aus zwischen Sclera 
und Grundplatte des Ciliarkörpers ein, seine grösste Dicke liegt mit 
1,1 mm am Cornealrande. Im Querschnitt erscheint es dreieckig. Das 
Maschenwerk ist am Cornealrande am weitesten, nach hinten wird es 
dichter und dichter. Die Stränge, aus denen das Ligamentum be- 
steht, enthalten feine Blutgefässe von etwa 20 « Dicke im Maximum. 


126 AUGUST PUTTER, 


Die Chorioidea ist 536 « dick, einschliesslich des Tapetum 
lucidum. Dieses erfüllt den ganzen Augengrund und reicht bis an die 
Grenze des Corpus ciliare heran, nur unten nicht, wo es schon eine 
Strecke weit hinter dem Aequator endet. Seine Farbe ist ein mattes 
Blaugrau ohne metallischen Glanz. 

Die Lamina vasculosa der Chorioidea ist 350 u dick, sie be- 
steht aus einer äussern Lage grosser Gefässe von 80 « Dicke und 
360 u Breite und einer nach innen davon gelegenen Schicht kleinerer 
Gefässe von etwa 60 « Dicke und 120 « Breite. Das Bindegewebe, 
das diese Gefässe der beiden Schichten verbindet, enthält sehr viele, 
in Schichten und Reihen geordnete Zellen, die ganz mit schwarzem 
Pigment erfüllt sind. Der Lamina vasculosa liegt nach innen direct 
das Tapetum lucidum auf, das 185 u dick ist. Es besteht aus 
etwa 24 über einander liegenden Zellenschichten. Die einzelnen Zellen 
sind rechteckig. Die Länge der Zellen schwankt etwas, sie beträgt 
im Mittel etwa 60 «, die Höhe nur 4 «. Die Kerne sind oval, etwa 
10 w lang und 3 w dick. Durchsetzt wird das Tapetum von zahl- 
reichen Capillaren, die etwa 10 « dick sind und sich an seiner Innen- 
fläche zur Choriocapillaris ausbreiten, die 4 « dick ist. Das 
Aussenblatt der Retina besteht aus einer 16 « hohen Lage von 
Cylinderzellen, ihre Breite beträgt 10 «. Die Kerne sind rund und 
liegen an der der Choriocapillaris zugekehrten Seite der Zellen, sie 
messen im Durchmesser 4 u. Streckenweise sind die Zellen ganz frei von 
Pigment, streckenweise enthalten sie aber solches in beträchtlicher Menge. 

Den Abfluss der Aderhautgefässe bilden 5 Venae vorti- 
cosae. Sie treten in der äquatorialen Verdünnung durch die Sclera 
hindurch und ziehen meridional nach hinten. Man kann eine Vena 
externa, eneinterna und eine inferior sowie zwei superivres, 
Superior externa und superior interna unterscheiden. Die 
Pupille ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 5,0 mm. Die Iris 
ist überall gleich breit, 6,5 mm; an der Wurzel ist sie 0,68 mm dick, 
am pupillaren Rande 0,085 mm. Die Hinterfläche der Iris bildet die 
Pars iridica retinae als 20 u dicke, schwarz pigmentirte Schicht. 

Nach vorn folgt auf sie der Dilatator iridis; in guter Aus- 
bildung lässt er sich bis 0,55 mm vom Pupillarrand entfernt verfolgen 
und endet peripher nicht an der Iriswurzel, sondern greift über sie 
hinaus in das Gebiet des Corpus ciliare über. An der Iriswurzel ist 
er 80 « dick und nimmt von da an auf 30 w Dicke, nahe seinem 
pupillaren Ende, ab. In seinen Muskelzellen liegt, besonders an der 
Iriswurzel, massenhaft dunkelbraunes Pigment. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 
5 > 


Der Sphincter iridis reicht nicht bis zur Iriswurzel, sondern 
endet schon 1,2 mm von ihr entfernt. Nahe dem ciliaren Ende er- 
reicht er seine grösste Dicke mit 250 « und nimmt von da pupillar- 
warts an Dicke ab. Seine Durchschnittsdicke im centralen Iristheil 
beträgt 50 u. In einer Breite von 0,85 mm besteht der Pupillarrand 
der Iris nur aus dem Sphincter, der nach vorn von einer dünnen 
pigmentirten Bindegewebslage nach hinten von den Retinablättern be- 
deckt ist. Zwischen den Bündeln des Sphincter liegen sternförmige, 
stark pigmentirte Bindegewebszellen, doch kommen auch in den Bündeln 
selbst Pigmentkörner vor, allerdings bei weitem nicht in der Menge, wie 
im Dilatator. Das Stroma iridis hat seine stärkste Entwicklung 
an der Wurzel, die es, wenn man von dem Dilatator absieht, auf eine 
Strecke von 1,2 mm ganz allein bildet. Es besteht aus stark pig- 
mentirtem Bindegewebe. Im weitern Verlauf der Iris tritt gegenüber 
der starken Musculatur das Stroma völlig zurück. Die Irisgefässe 
liegen alle unmittelbar unter der dünnen, nur etwa 10 w dicken, 
vordern Grenzschicht der Iris. Sie sind nicht sehr zahlreich, dabei 
klein und liegen in einfacher Schicht. Ausgezeichnet ist ein Gefäss, 
das grösste von allen, das sich in das Lumen der vordern Kammer 
vorwölbt, es liegt 1,1 mm vom Pupillarrand entfernt und ist 320 uw 
breit und 120 « dick. Die Dicke der Wandung beträgt 10 uw. Die 
Dimensionen der andern Gefässe betragen beispielsweise in der Breite 
40, in der Dicke 24 u. 

Das Corpus ciliare (s. Taf. 4, Fig. 16) ist 9 mm breit und 
reicht bis zur äquatorialen Verdünnung der Sclera. Die 91—95 Ciliar- 
fortsätze erheben sich am Iriswinkel senkrecht zu ihrer vollen Höhe 
von 1,5 mm. Der gegenseitige Abstand der Ciliarfortsätze schwankt 
in derselben Entfernung vom Iriswinkel erheblich, es wurden neben 
Abständen von 255 u solche von 850 gemessen. Die Ciliarfortsätze 
stellen dünne Blätter dar, mit einer geringen Verdickung am Vorder- 
rand und einer schwachen Verbreiterung an der Basis. Die Dicke der 
Blätter beträgt 40—60, die Randdicke 120 und die Basisbreite 160 u. 
An den vordern Kanten sind eine Reihe kurzer Fältchen vorhanden, 
die eine kleine Strecke weit meridional verlaufen. Ihre Höhe be- 
trägt nur 40 u bei 30 u Breite. Das Stratum pigmenti hat in 
den ganzen Ciliarfortsätzen die gleich bleibende Dicke von 20 u. Die 
Pars ciliaris retinae stellt ein einschichtiges Epithel dar, das 
an den Vorderrändern höher ist als auf der Fläche der Ciliarfort- 
sätze und in den Thälern zwischen denselben. Am Vorderrand be- 
trägt die Höhe der Zellen 24, die Breite 16 «. Die Kerne sind rund 


128 AUGUST PUTTER, 


und haben etwa 8 w Durchmesser. Auf der Fläche sind die Zellen 
nur 10 x hoch, die runden Kerne haben 6 uw Durchmesser. In 
den Thälern zwischen den Ciliarfortsätzen wuchert das Pigmentblatt 
in regelmässigen Falten in das Stroma des Ciliarkörpers hinein, das 
Innenblatt der Retina zieht über diese Falten, die meridional ver- 
laufen, glatt hinweg. Die Höhe der Falten beträgt 60, die Breite 30 u. 
Das Stroma der Ciliarfortsätze ist ungemein dünn und enthält in 
seinen proximalen Theilen nur sehr wenige meridional verlaufende 
Gefässe, erst nahe der Randverdickung treten zwei oder drei grössere 
Gefässe in jedem Fortsatze auf, die meridional verlaufen. Dagegen 
durchziehen von der Grundplatte des Ciliarkörpers ausgehend eine 
grosse Anzahl radiär verlaufender Capillaren von etwa 20 u Dicke 
das Stroma der Ciliarfortsätze. Die Grundplatte des Ciliarkörpers ist 
470 u dick und enthält in einfacher oder doppelter Schicht zahlreiche 
grosse, meridional verlaufende Gefässe. Das Bindegewebe, das sie 
verbindet, ist ungemein zellenreich, und alle Zellen sind völlig mit 
schwarzem Pigment erfüllt. Ein circulirer Musculus ciliaris war 
nicht nachweisbar. Der Musculus tensor chorioideae besteht 
aus einer Anzahl meridional verlaufender Bündel, die bei 200 « durch- 
schnittlicher Breite etwa 100 w dick sind, der gegenseitige Abstand 
dieser Bündel beträgt etwa 1,27 mm, woraus sich als Gesammtzahl 
für die Bündel im ganzen Umkreis des Ciliarkörpers die Zahl 50 er- 
giebt (s. Taf. 4, Fig. 16). 

Das Aussenblatt der Retina wurde schon oben bei der Chorioidea 
beschrieben. Das Innenblatt ist im Augengrund 310 « dick. Die 
Stäbchenschicht ist 50 « hoch, die Stäbchen stehen sehr dicht und 
messen im Durchmesser etwa 3,33 u, es ergiebt sich daraus, bei einem 
Flächeninhalt der Retina von 1594 qmm, die Gesammtzahl der Stäbchen 
zu 183 Millionen. Die äussere Körnerschicht ist 90 « dick und be- 
steht aus etwa 15 Zellenschichten. Die Durchmesser der Kerne in ihr 
betragen 3 u. Die äussere reticuläre Schicht ist 40 « dick. Die 
innere Körnerschicht ist 40 « dick und besteht aus etwa 5 Zell- 
schichten, die Kerne messen 4 « im Durchmesser. Die innere reti- 
culäre Schicht ist 40 und das Ganglion optici 50 « dick. Schon 
bei diesem jungen Thier zeigt sich das Ueberwiegen der Zahl der 
der Stäbchen. 

Auf 1 qmm Retina kommen etwa 110000 Stäbchen, dagegen 
900400 äussere Körnerzellen, also mehr als 8mal so viel. Die An- 
zahl der innern Körnerzellen wurde zu 144500 berechnet, ist also an- 
nähernd gleich der der Stäbchen. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 129 


Der Nervus opticus ist in horizontaler Richtung 2,55 mm 
dick, in verticaler 1,7 mm. Die Fasern sind etwa 4 u dick. Daraus 
ergiebt sich die Gesammtzahl der Nervenfasern zu 282000, d. h. auf 
je 1 qmm der Retinafläche entfallen im Durchschnitt 177 Nervenfasern 
und auf jede Nervenfaser 648 Stäbchenzellen. 

Die Linse weicht nur wenig von der Kugelgestalt ab, ihre Axe 
ist 10,5 mm lang, ihr Durchmesser beträgt 11,4 mm. Vorder- und 
Hinterfläche sind gleich hoch, ihre Krümmungsradien betragen 5,74 mm. 
In Theilen der Bulbusaxe beträgt die Linsenaxe 1: 2,714, der Linsen- 
durchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers 1: 2,570. 

Die Lidspalte ist jederseits 20,7 mm lang. Der Saccus con- 
junctivalis ist oben 15,4 mm tief, unten 11, aussen 9 und innen 
nur 45 mm tief. Die sehr stark ausgebildete Nickhaut spannt sich 
als halbmondförmige Falte vom nasalen zum temporalen Augenwinkel 
aus. Ihre grösste Höhe liegt im Mittelmeridian und beträgt 15,5 mm; 
ihr Rand ist dunkel pigmentirt. 

Die Lider sind dick und messen noch nahe dem Margo cili- 
aris 1,36 mm. Die oberflächlichste Schicht, die auf der Fläche der 
Lider 1,0 mm, am Rande noch 0,68 mm dick ist, besteht aus den 
Bälgen der Haare, die ungeheuer dicht liegen. Unter ihr liegt der 
Orbicularis oculi, von den Haarbälgen durch eine am Rande 
dünne, gegen die Lidwurzel rasch dicker werdende Fettschicht ge- 
trennt. Am Lidrande ist der Orbicularis 0,425 mm dick, in 5 mm 
Entfernung vom Rande misst er schon 1 mm in der Dicke. Nach 
innen folgt auf den Muskel eine 80—100 u dicke Schicht straffes 
Bindegewebe und dann lockeres, subconjunctivales Bindegewebe, das 
an der Lidwurzel nur wenige, gegen den Lidrand hin dagegen unge- 
mein viele Blutgefässe enthält. Das Pigment, welches in der Epi- 
dermis reichlich, sowohl im Rete Malpighi wie im Stratum corneum 
vorhanden ist, greift noch eine Strecke weit auf die Conjunctiva über, 
erst 2 mm vom Lidrande entfernt verschwinden die letzten Spuren. 
Die Conjunctiva ist 30 w dick und besteht nahe dem Lidrande aus 1 oder 
2 tiefen Schichten cubischer und einigen oberflächlichen Lagen platter 
Zellen. Gegen den Fornix conjunctivae nimmt dieser Unterschied 
im Bau der Schichten ab, die Conjunctiva besteht dann aus 2 oder 
3 Schichten polygonaler oder cylindrischer Zellen mit grossen Kernen. 

Die Nickhaut ist an der Basis 1,445 mm dick, am Rande ist 
sie sehr dünn, nur 85 w dick. Ihre Grundlage bildet straffes Binde- 
gewebe, das eine Knorpelspange enthält. Die Spange ist 2,5 mm vom 


Nickhautrand entfernt, ihr Querschnitt ist elliptisch, 1,53 mm breit 
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f. Morph. 9 


130 AUGUST PUTTER, 


und 300 « dick. Nach hinten entsendet der Knorpel eine lange 
Spange, die im Mittelmeridian verläuft und 14 mm weit nach hinten 
vordringt, sie ist 1,5 mm breit und 0,75 mm dick. Das subconjuncti- 
vale Bindegewebe der Nickhaut enthält eine grosse Anzahl Gefässe. 
Drüsen sind nicht vorhanden; an der Basis liegen Fettpolster. 

Die Glandula lacrimalis liegt am lateralen Augenwinkel, 
von oben her dem Kegel des Palpebralis auf. Sie stellt ein drei- 
eckiges Organ dar, dessen dickste Ecke die untere äussere ist, von 
wo aus sie nach oben innen und hinten dünner wird. Die vordere 
Seite verläuft annähernd in äquatorialer Richtung und ist 13 mm lang. 
Die nach hinten gerichtete Ecke liegt 10 mm hinter der Vorderseite. 
Die grösste Dicke beträgt 2,5 mm. Die Drüse besteht auszahlreichen Läpp- 
chen, die in Fettgewebe eingebettet sind und sehr reichlich von Blutgefässen 
versorgt werden. Die einzelnen Driisenacini, die in den Läppchen sehr 
dicht gedrängt liegen, sind polygonal und haben etwa 30 u Durchmesser. 

Die Länge der Orbita, vom Foramen opticum bis zur Fläche des 
knöchernen Orbitalringes gemessen, beträgt 32 mm. Der Abstand der 
Lider vom Foramen opticum misst 47 mm. Der Bulbus liegt nur 
mit seinem hinter dem Aequator gelegenen Theil innerhalb der Or- 
bita, die äquatoriale Verdünnung der Sclera liegt in der Fläche des 
knöchernen Orbitalringes, der ganze vordere Theil des Bulbus ragt 
aus der Orbita heraus und ist in Muskel- und Fettgewebe eingebettet. 
Die Axe der Orbita ist schräg nach oben gerichtet, der Winkel, den 
sie mit der Horizontalen bildet, beträgt 50—60° Der gegenseitige 
Abstand der nasalen Lidwinkel beträgt 36 mm, der der temporalen Lid- 
winkel 70 mm. Von der hintern Ecke der Nasenöffnung ist der nasale 
Lidwinkel 41,5 mm weit entfernt; er liegt fast senkrecht, 36 mm hoch 
über dem Mundwinkel. 


II. Erwachsenes Thier. 


In Alkohol conservirt. Es ist der Vater des eben beschriebenen 
jungen Thiers, aus dem Zoologischen Garten zu Breslau. Weiter ge- 
langte ein in Mürrer’scher Flüssigkeit conservirtes Auge einer Phoca 
vitulina zur Untersuchung, das aber vielfach bei der makroskopischen 
Untersuchung etwas abweichende Verhältnisse zeigte und daher nur 
bei der Beschreibung des mikroskopischen Baues mit verwandt wurde, 
so weit der Erhaltungszustand des in Alkohol conservirten Thiers ge- 
nauere Angaben nicht ermöglichte. Das Thier war frisch aus der 
Nordsee importirt. Ich habe nur die Augen erhalten und kann also 
nicht dafür bürgen, ob das Thier nicht einer andern Species ange- 
hört hat (s. Fig. F und Taf. 2, Fig. 1 u. 6). 


Die Augen der Wassersäugethiere. 131 


Die Durchmesser des Bulbus in horizontaler und verticaler 
Richtung sind einander gleich, sie messen 35 mm. Die äussere Augen- 
axe ist 34 mm lang. Die Aequatorialebene des Bulbus liegt 13,6 mm 
hinter der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae fehlt. 
Das vordere, von der Cornea gebildete Segment des Bulbus ist ganz 
erheblich flacher als das hintere sclerale, der Krümmungsradius des 
erstern beträgt 26,5 mm, der des letztern nur 18 mm. Die Sclera 
umfasst einen Bogen von 274°, die Cornea nur einen solchen von 
55° Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Scleraldurch- 
messer stellt sich auf 1 : 1,429. 

Die Cornea ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 24,5 mm, 
die Höhe misst 3 mm. Am Rande ist sie mehr als dreimal so dick 
wie in der Mitte, die Randdicke beträgt 2, die Dicke im Scheitel nur 
0,6 mm. Das Cornealepithel ist 50—60 u dick, wovon 20 u auf die 
verhornte Schicht entfallen. Die Elasticaanterior fehlt, die Ela- 
stica posterior ist als 4 « dicke, structurlose Membran vorhanden. 


Die Cornea pro- go mm 
pria (s. Taf. 2, Fig. 1) 
besteht aus zahlreichen 
Schichten von Lamel- 
len, die in héchst eigen- 
artiger Weise mit ein- 
ander verbunden sind. 
Sie liegen einander 
nicht dicht an, sondern 
lassen weite Lymph- 
räume zwischen sich 
- frei. Die Lymphräume 


werden getheilt durch aps À ‘ 
- he or Fig. F. Phoca vitulina L. Erwachsenes Thier. Verti- 
eine sehr grosse An- calschnitt. 3:2. Buchstabenerklärung s. am Schluss. 


zahl von „Stützfasern“ 

oder Bälkchen, die mehr oder weniger senkrecht auf den Lamellen 
und damit auf der Fläche der Cornea stehen. Die Lamellen der 
Cornea verflechten sich unter spitzen Winkeln mit einander !). 


1) Die Cornea von Phoca vitulina wird sicher bei genauerer histo- 
logischer Untersuchung noch viele interessante Einzelheiten zeigen, und 
die obige Beschreibung des Baues giebt nur die groben Verhältnisse, ebenso 
Fig. 1, Taf. 2, entsprechend der schwachen Vergrösserung. Eine genauere 
Untersuchung wäre über den Rahmen dieser Arbeit hinausgegangen, 
auch machte das Material eine Beschränkung nothwendig. 

on 


132 AUGUST PUTTER, 


Die Sclera ist im Aequator, wo sie am dünnsten ist, 0,50 mm 
dick. Nach dem Cornealrand zu verdickt sie sich und erreicht etwa 
in der Mitte zwischen diesem und dem Aequator 2,5 mm Dicke. Im 
Augengrund ist sie noch etwas dicker, 3 mm dick. 

Das Ligamentum pectinatum schiebt sich, als ein im Quer- 
schnitt dreieckiges Gewebe, zwischen die Sclera und die Grundplatte 
des Corpus ciliare ein. Am Cornealrande ist es 2,6 mm dick und 
reicht von hier 6 mm weit nach hinten. An die Vorderfläche der 
Iris setzen sich die Stränge bis zu einer Entfernung von 3,6 mm vom 
Pupillarrande an, sie entbalten feine Blutgefässe (s. Fig. F I.p). 

Die Lamina suprachorioidea ist sehr stark entwickelt, sie 
ist 1 mm dick und besteht aus etwa 12 dünnen Lamellen, die Lymph- 
räume zwischen sich fassen. Die Lamellen sind kaum 2 « dick, nur 
die Zellen, die in ihnen liegen, sind erheblich dicker; sie messen bei 
30 u Länge etwa 8 « Dicke und sind völlig mit Pigment erfüllt, in 
einigen sind die Kerne als runde, hellere Flecken erkennbar. Die 
Lymphräume enthalten Lymphgerinnsel, ihre Weite beträgt 50—60 u. 

Die Chorioidea ist 0,9 mm dick. Hiervon kommen auf die 
äusserste Schicht, die der grossen Chorioidealgefässe, 470 u. Die 
Breite der grossen Gefässe ist nicht überall ganz gleich, doch sind 
sie im Durchschnitt 1 mm breit. Nach innen folgt auf sie eine Schicht 
kleinerer Gefässe, die 260 « dick ist. Die Gefässe liegen bei weitem 
nicht so dicht wie in der äussern Schicht. Die geringen Zwischen- 
räume der grossen Gefässe werden durch Bindegewebe ausgefüllt, das 
unregelmässig zerstreute, stark pigmentirte Zellen enthält. In der 
Schicht . der kleinen Gefässe ist das Bindegewebe viel stärker ent- 
wickelt, und die Zellen, die viel reichlicher vorhanden sind, sind in 
regelmässigen, der Fläche der Chorioidea parallelen Reihen angeordnet. 
Die Form der Zellen ist spindelförmig oder rechteckig, Kerne sind 
wegen der starken Pigmentirung nicht zu sehen. 

Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 5 Venae vorticosae. 
Sie entspringen in der äquatorialen Verdünnung der Sclera und ziehen 
meridional nach hinten mit Ausnahme der V. inferior externa, 
die stark geschlängelt nach innen verläuft und sich mit der im verti- 
calen Meridian verlaufenden V.inferior vereinigt. Die beiden untern 
Venen sind die stärksten, stark ist auch die V. vorticosa interna, 
dagegen sind V. externa und V. superior nur schwache Gefässe. 

Das Tapetum ist 160 « dick und besteht aus 16—18 Schichten 
von Zellen (s. Taf. 2, Fig. 6). Die Zellen sind rechteckig gestaltet, 
oder sie sind auf der einen Seite rechtwinklig abgeschnitten und laufen 
auf der andern Seite spitz zu. Die durchschnittliche Länge beträgt 


Die Augen der Wassersäugethiere. 133 


35 u bei 10 u Dicke. Die Kerne sind rund und liegen in der Zellmitte, 
ihr Durchmesser beträgt 6 w. Durchbohrt wird das Tapetum von 
zahlreichen Capillaren von etwa 10 « Dicke, die häufig mit trichter- 
formigen Erweiterungen von 20 w Breite aus den kleinen Chorioideal- 
gefässen entspringen. 

Die Choriocapillaris stellt eine Schicht von 6 uw Dicke dar. 
Das Tapetum erfüllt den Augengrund und reicht im Allgemeinen bis 
zum Aequator, nur aussen oben reicht es auf eine Strecke von 14 mm 
über den Aequator hinaus bis unmittelbar an die Grenze der Ciliar- 
fortsätze heran. Die Farbe ist ein metallisch glänzendes Hellgelb. 

Die Pupille ist oval, ihre Länge beträgt 5 mm, ihre Breite 
2,5 mm. 

Die Iris stellt einen Ring von 9—10 mm Breite dar, an der 
Wurzel ist sie 1 mm dick, am Pupillarrande nur 0,25 mm. Ihre Muscu- 
latur ist ungemein stark entwickelt. und überwiegt bei weitem das 
Stroma. Der Sphincter iridis ist am Pupillarrande etwa 200 u 
dick, nimmt also hier fast die ganze Dicke der Iris ein. Nach dem 
ciliaren Rande hin verdickt er sich und erreicht seine grösste Dicke 
mit 600 w in einer Entfernung von etwa 2,3 mm von der Iriswurzel. 
Sein Ende findet er in 1,5 mm Entfernung vom ciliaren Rande. Der 
Dilatator iridis beginnt am Pupillarrande als ca. 20 u dicke 
Muskelschicht, er liegt in seinem ganzen Verlauf der Rückseite des 
Sphincter an und verdickt sich gegen die Iriswurzel hin, die er 
erreicht und hier seine grösste Dicke von 120 u hat. Das interstitielle 
Bindegewebe ist beim Sphincter nur schwach entwickelt und enthält 
schwach pigmentirte Zellen. Zwischen den Fasern des Dilatators findet 
sich überhaupt kein Bindegewebe, er stellt nur ein einziges Bündel 
dar. In seinem ganzen Verlauf finden sich in den Fasern selbst zahl- 
reiche feine Pigmentkörnchen. 

Die Pars iridica retinae stellt eine 20 u dicke, völlig 
schwarze Schicht dar, an der keinerlei Einzelheiten zu erkennen sind. 
Die Gefässe der Iris sind ungemein spärlich, von der Wurzel her 
dringen einige radiäre Gefässe an der Vorderfläche in die Iris ein. 
Vor der Muskelschicht, in das Lumen der Vorderkammer vorspringend, 
liegt, 6,8 mm vom ciliaren Irisrande entfernt, ein grosses, dickwandiges 
Gefäss, von einer Anzahl kleinerer, gleichfalls circulärer Gefässe be- 
gleitet. Das grosse Gefäss, nach Dosrorewsky (51, p. 118) die Ar- 
terie des Circulus iridis major, hat elliptischen Querschnitt, das 
Lumen ist 180 u breit und 80 jw hoch, die Wandung 40 u dick. 
Ueber die Gefässvertheilung in der Iris entnehme ich ROSENTHAL’S 
Arbeit (3, p. 686 f.) Folgendes: „In dem Netz von zahllosen Gefässen 


154 AUGUST PÜTTER, 


unterscheidet man die längern und kürzern Ciliarpulsadern sehr deut- 
lich. Diese laufen etwas geschlängelt vom hintern Rande gegen die 
Axe; jene theilen sich auf jeder Seite in zwei Aeste, die divergirend 
um den Pupillarrand sich ausbreiten und sich dann mit einander so 
verbinden, dass sie einen rautenförmigen Kreis bilden. Vor dieser 
bogenförmigen Gefässausbreitung sind die Gefässzweige weniger zahl- 
reich, auch dünner und daher erscheint auch hier die Haut selbst 
dünner als im hintern Theil.“ 

Von der Grundplatte des Corpus ciliare erheben sich 100 Ciliar- 
fortsätze. Es sind sehr dünne, dreieckige Blätter, die am Rande ver- 
dickt erscheinen. Die Blätter sind nur 30 uw dick, an den Stellen, 
wo grössere, meridionale Gefässe verlaufen, sind sie auf etwa 130 u 
verdickt. Die Ränder sind in einer Breite von 1,5—1,7 mm verdickt 
auf 180—200 u. Falten fehlen auf der Fläche der Fortsätze ganz, 
Der gegenseitige Abstand der Giliarfortsätze beträgt vorn, nahe dem 
Iriswinkel, 0,6—0,8 mm, nach hinten nimmt er auf 0,9—1 mm zu. 
Die Höhe der Ciliarfortsätze beträgt 3 mm, ihre Länge 11 mm. Die 
Pars eiliaris retinae ist 20 « dick, wovon auf das Pigmentblatt 
14 u, auf das Epithel nur 6 « kommen. Das Stroma der Fortsätze 
enthält sehr viele, dicht neben einander gelegene, meridional ver- 
laufende Gefässe, von denen die grössern, wie oben erwähnt, eine 
Verdickung der Blätter bewirken. Zwischen den Gefässen liegen wenige 
grosse, dunkel pigmentirte Bindegewebszellen. Ueber die Gefässe der 
Processus ciliares macht ESCHRICHT genauere Angaben (7, p. 594). 
Er sagt: „Arterien und Venen bilden eine flache und (mit Ausnahme 
da, wo Arterien und Venen sich kreuzen) einfache Ausbreitung 
zwischen den zwei Platten der Fortsätze. Alle Gefässe haben aber 
ihre Stämme dem festsitzenden Rande zunächst, die kleinsten Zweige 
oder die Uebergänge von Arterien in Venen vorzüglich dem Rücken 
zunächst, doch auch sonst überall im Innern der Falten. Die Ar- 
terien kommen fast alle von einem verhältnissmässig starken Stamme, 
der vorn, unweit des vordern Randes hineinsteigt, sich dem Rücken 
nähernd stark rückwärts beugt und sich endlich in der ganzen Strecke 
des Fortsatzes in Haargefässe auflöst. Von diesen sammeln sich die 
Venen in mehrere Stämme, die alle dadurch von den Arterien gleich 
zu unterscheiden sind, dass sie nach hinten herabsteigen, während die 
Arterien alle von vorn emporsteigen.‘“ Die Grundplatte des Corpus ciliare 
enthält eine einfache Schicht ziemlich dicht liegender, grosser, meri- 
dionaler Gefässe. Ihre Durchmesser schwanken erheblich, von 80 bis 
260 u. Straffes Bindegewebe verbindet die Gefässe und enthält in 


Die Augen der Wassersäugethiere. 135 


grosser Zahl Pigmentzellen. Der Musculus ciliaris besteht aus 
einigen wenigen, ganz schwachen, circulären Biindelchen, Starker ist 
der Musculus tensor chorioideae ausgebildet. Es besteht aus 
isolirten Bündeln oder Gruppen von Bündeln von recht verschiedner 
Stärke, 80, 100, 180 « dick. Ihre gegenseitige Entfernung beträgt 
1,2 mm, was für den ganzen Umfang 77 Bündel oder Bündelgruppen 
ergeben würde. 

Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 340 u dick. Die 
Dicke der Stäbchenschicht beträgt 80 «u, die Dicke der einzelnen 
Stäbchen 3,33 u. Da die Retinafläche 1980 qmm beträgt, ergiebt sich 
die Gesammtzahl der Stäbchenzellen der Retina zu 227 Millionen. 
Zapfen konnten bei Phoca vitulina ebenso wenig wie bei irgend einem 
andern Pinnipedier nachgewiesen werden, so dass ihr Vorkommen 
höchst unwahrscheinlich erscheint, wenn auch ihre Abwesenheit nicht 
mit vollster Sicherheit behauptet werden kann, da die Netzhäute nicht 
ganz frisch waren und vielfach sehr erhebliche Zerfallserscheinungen 
zeigten. Die äussere Körnerschicht ist 70 « dick und besteht aus 
etwa 20 Schichten von Kernen. Die Durchmesser der Kerne betragen 
3,9 u. Die äussere reticuläre Schicht ist 30 « dick, die innere 
Körnerschicht misst 60 « und besteht aus 7 Schichten von Kernen, 
die 4 « Durchmesser haben. Die innere reticuläre Schicht ist 50 u 
dick und zu innerst das Ganglion optici und die Nervenfaserschicht 
sind zusammen auch 50 u dick. 

Nach den Untersuchungen von J. H. Cutevirz (65 u. 72) hat 
Phoca vitulina auch eine Area centralis; sie hat einen ähnlichen 
Bau wie bei der Katze und bei Mustela erminea (65, p. 171). Mit 
blossem Auge ist sie nicht sichtbar, sie ist rund und liegt ein wenig 
nach hinten vom Opticuseintritt (s. auch 72, p. 326). 

Die Anzahl der Sehstäbchen auf 1 qmm Retina beträgt etwa 
110000, die der äussern Körnerzellen dagegen etwa 1512500, also 
mehr als 13mal so viel. Die Zahl der innern Körnerzellen wurde auf 
78100 berechnet, der Werth ist wohl ziemlich fehlerhaft, da wegen 
der eigenthümlichen Anordnung der Zellen in der innern Körner- 
schicht es schwer ist, brauchbare Mittelwerthe zu bekommen, jeden 
Falls aber ist die Zahl der innern Körnerzellen nicht grösser als die 
der Stäbchen. 

Der Nervus opticus, durch dünne Septen in zahlreiche Stränge 
getheilt, ist rund und hat 2,3 mm Durchmesser. Die Dicke der Fasern 
ist sehr verschieden, neben 8 w dicken Fasern finden sich solche von 
nur 4 u Dicke in grosser Zahl. Die Gesammtzahl der Fasern beträgt 


136 AUGUST PUTTER, 


etwa 147000. Es kommen danach im Durchschnitt auf 1 qmm Retina- 
fläche 74 Nervenfasern. Vergleicht man die Zahl der Opticusfasern 
mit der der Stäbchen, so kommen auf jede Faser 1544 Stäbchen. 


Der Opticus ist bei seinem Eintritt in die Sclera umgeben von 
einem dichten Geflecht grosser Ciliargefässe, die durch wenig, aber 
festes Bindegewebe verbunden sind. Die Dicke der Scheide beträgt 
in horizontaler Richtung 8, in verticaler 5 mm. 


An der Linse sind Abweichungen von der Kugelform nicht fest- 
zustellen, Axe wie Durchmesser messen 14 mm. Drückt man die 
Axe in Theilen der Bulbusaxe aus, so beträgt sie 1:2,429, der Durch- 
messer in Theilen des Bulbusdurchmessers 1:2,5. Die Geckigen Linsen- 
fasern sind 8 « breit und 2 w dick. 

Die Länge der Lidspalte beträgt 21 mm .bei 0,5 mm Breite. 
Das Oberlid ist breiter als das Unterlid, ersteres 16,5 mm breit, 
letzteres 15,5. Temporal ist der Saccus conjunctivalis 12 mm 
tief, nasal nur 6 mm. Die Nickhaut spannt sich vom temporalen 
Augenwinkel zum nasalen und reicht von hier aus noch 11 mm weit 
am Fornix conjunctivae superior entlang. Ihre grösste Höhe 
erreicht sie im verticalen Meridian mit 13 mm. Den Nickhaut- 
knorpel beschreibt Escuricnt (7, p. 576) genau: „Er ist über 
1 Zoll lang, seine 2 Zweige trennen sich an dem freien Rande der 
Nickhaut in einen stumpfen, aber ausgeschweiften Winkel. Der Schaft 
biegt sich um den Augapfel herum und hat demgemäss eine concave 
und eine convexe Fläche mit zwei fast parallelen Seitenwänden. Das 
freie Ende des Schaftes ist convex abgeschnitten. Der ganze hintere 
Theil (?/,) des Schaftes steckt in der HArper’schen Drüse, die sehr 
länglich ist und wie eine weiche Scheide dieses Knorpels erscheint. 
Die Thränendrüse ist klein aber sehr deutlich.‘ 


Entwicklung des Auges von Phoca vitulina. 


Zu dieser Darstellung soll ausser der jungen Phoca vitulina auch 
der Embryo von Phoca groenlandica herangezogen werden, da bei so 
jungen Embryonen die Speciesunterschiede sicher nicht so gross sind, 
dass nicht der hierdurch in der Darstellung entstehende Fehler ver- 
nachlässigt werden könnte. 

Eine allgemeine Uebersicht über die Wachsthumsverhältnisse des 
Phoca-Auges mögen folgende Zahlen geben. Setzt man die Länge des 
Bulbusdurchmessers des Embryos von Phoca groenlandica, der als 
Stadium I bezeichnet werden soll, gleich 1, so ist der Bulbusdurch- 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 137 


messer des neugeborenen Thieres, Stadium II, gleich 6,352 und der 
des erwachsenen Thieres, Stadium III, gleich 7,486. Fiir die Bulbusaxe 
stellen sich die Verhältnisse folgendermaassen : 

Stadium I 1,0 

Stadium II 7,611 

Stadium III 9,08 

Man ersieht hieraus, dass die Axe stärker wächst als der Durch- 
messer, wodurch das bei Stadium I stark elliptische Auge sich mehr 
der Kugelform nähert. 

Einen noch genauern Einblick in die Wachsthumsverhältnisse der 
Axe erhält man, wenn man folgende 3 Abschnitte gesondert betrachtet: 
1) den Augengrund, nach vorn vom Aequator begrenzt; 2) den vordern 
Abschnitt der Sclera zwischen dem Aequator und der Ebene des 
Cornealrandes und 3) die Höhe der Cornea. 


Von diesen 3 Abschnitten zeigt der Augengrund das stärkste 
Wachsthum. Die Grössenverhältnisse sind: 
Stadium I 1,00 für die Tiefe des Augengrundes 
Stadium II 10,07 
Stadium III 12,00 


Etwas schwächer betheiligt sich der vordere Abschnitt der Sclera 

an der Vergrösserung. Die entsprechenden Zahlen sind: 
Stadium I 1,00 
Stadium II 8,235 
Stadium III 10,745 

Während aber auch das Wachsthum dieses Abschnitts noch recht 
bedeutend ist, bleibt die Cornea im Wachsthum zurück. Setzt man 
ihre Höhe für Stadium I = 1,00, so beträgt sie für Stadium II 3,33 
und für Stadium III 2,941. 

Es hat hier also ein Wachsthum nur bis zur Geburt statt- 
gefunden, und auch dieses ist im Vergleich zu dem Gesammtwachs- 
thum des Bulbus sehr gering, kaum halb so stark wie dieses. Von 
der Geburt an findet aber eine absolute Reduction der Höhe 
der Cornea statt, die beim Neonaten noch 3,4 mm hoch, beim Er- 
wachsenen nur 3 mm in der Höhe misst. Doch nicht nur in der 
Höhe findet eine Reduction der Cornea statt, auch der Antheil, den 
sie am Aufbau des Bulbus nimmt, wird geringer, die Cornea wird 
flacher und ihr Bogen immer kleiner. Der Antheil, den die Cornea 
am Aufbau des Bulbus nimmt, wird ausgedrückt durch das Verhältniss 
ihres Durchmessers zu dem des Bulbus. Dieses Verhältniss beträgt bei: 


138 AUGUST PUTTER, 


Stadium I 1: 1,22 

Stadium II 1: 1,427 

Stadium III 1: 1,429 
Das Flacherwerden der Cornea ersieht man aus dem ständigen Grösser- 
werden des Kriimmungsradius, der bei 

Stadium I 23 mm 

Stadium IT 17,19, 

Stadium II 265 „, 


beträgt. Endlich zeigt sich auch die Verkleinerung des Cornealbogens 
in auffallender Weise. Dieser misst bei 

Stadium I 112° 

Stadium II 72° 

Stadium III. 55° 

Wie die Formverhältnisse der Sclera, so ändern sich auch 
ihre Dicken verhältnisse nicht unerheblich. Die dünnste Stelle liegt 
stets im Aequator, aber das Verhältniss ihrer Dicke zu der des Augen- 
grundes und des vordern Sclerasegments ändert sich wesentlich. Um 
diese Verhältnisse deutlich zu zeigen, giebt die folgende Tabelle: 

die Dicke der Sclera im vordern Bulbusabschnitt (1), 

die im Aequator (2) 

und im Augengrunde (3), 
alle ausgedrückt in Theilen der Bulbusaxe des betreffenden Thieres: 

1 2 3 
Stadium 1€51.:22.03 27174206 212926 
Stadium IE 1:15,83 195:004°2727425 
Stadium II 1:13,6 1:68,00 othe =o 

Man ersieht hieraus, dass bei I die grösste Dicke im vordern 
Bulbusabschnitt liegt und auch im Aequator die Sclera noch ziemlich 
dick ist. Bei II ist die Sclera im Aequator am dünnsten, relativ noch 
nicht einmal halb so dick wie bei I. Die Dicke des Augengrundes 
übertrifft hier die des vordern Theils der Sclera, und so bleibt es auch 
bei III, wo bemerkenswerter Weise die Aequatorialdicke wieder zu- 
genommen hat. 

Es bleiben noch die Dickenverhältnisse der Cornea zu be- 
trachten, die nicht ohne Interesse sind. Die Zusammenstellung giebt 
unter 

1 die Randdicke, 

2 die Scheiteldicke in Theilen der Bulbusaxe: 


ana, cate i. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 139 


1 2 
Stadium) 217 12797,45°° 1: 37,45 
Stadıum I 1:47.5 1:9 
Stadium III 1:17 AT 


Wir sehen von I auf II eine bedeutende Verdünnung der 
Cornea eintreten, eine Verdünnung, die in der Mitte ganz erheblich 
stärker ist als am Rande. Dann verdickt sich bis zum erwachsenen 
Thier hin der Cornealrand derart, dass er nicht nur dicker als beim 
Neugeborenen, sondern auch dicker als bei I wird. 


Der Hornhautscheitel erfährt zwar auch gegenüber dem Neonaten 
eine Verdickung, doch eine weit geringere als der Cornealrand, und 
jeden Falls bleibt er wesentlich dünner (relativ) als beim Embryo I. 


Zwischen die Sclera und die Grundplatte des Corpus ciliare 
schiebt sich am Cornealrande das Ligamentum pectinatum ein. 
Sein bedeutendes relatives Wachsthum erkennt man aus folgenden 
Angaben: Die grösste Dicke am Cornealrande ist bei II 15mal so gross 
wie bei I und bei III sogar 30,5 mal so gross, was bei einem linearen 
Gesammtwachsthum von 1: 6,919 im Durchschnitt für den Bulbus als 
sehr bedeutend erscheint. Auch seine Ausdehnung vom Cornealrande 
nach hinten wächst stark; sie ist bei II 11,76mal so gross wie bei I 
und bei II 17,64mal so gross. Das Ligamentum pectinatum hat, 
da seine Stränge Blutgefässe enthalten, die Bedeutung eines Ge- 
fässplexus. 

Die Chorioidea ist bei I noch nicht als gesonderte Anlage 
vorhanden. 

Die Pupille verkleinert sich im Laufe der Entwicklung; bei I 
hat sie etwa den Durchmesser der Linse, 2,7 mm, d. h. in Theilen 
des Cornealdurchmessers 1:1,41. Bei II ist sie kreisrund, mit 5 mm 
Durchmesser, d.h. 1:4,1 des Cornealdurchmessers, und bei III ist sie 
längs oval, 5 mm lang und nur 2,5 mm breit, also absolut nur halb 
so breit wie.bei II. In Theilen des Cornealdurchmessers misst sie 
horizontal 1:4,9, vertical 1: 9,8. 


In demselben Maasse, wie sich die Pupille verkleinert, vergrössert 
sich natürlich die Iris. 

Eine sehr bedeutende Entwicklung gewinnt das Corpus ciliare, 
sowohl an Höhe, wie an Länge wachsen die Ciliarfortsätze beträchtlich. 
Setzt man wieder die Dimensionen der Ciliarfortsätze von Stadium I 
gleich 1, so beträgt bei Stadium II die Höhe 10,6, die Länge 19,15 
und bei Stadium III die Höhe 23,53, die Länge 23,4. 


140 AUGUST PUTTER, 


Aufmerksamkeit verdient noch die Gefässvertheilung im Stroma 
der Ciliarfortsätze. Bei II finden sich im proximalen Theil der Fort- 
sätze nur sehr wenige meridional verlaufende Gefässe, und nur am 
distalen Rande ziehen 2 oder 3 grössere dieser Art. Bei III dagegen 
enthält das Stroma sehr viele, dicht neben einander liegende meridio- 
nale Gefässe, von der Grundplatte des Ciliarkörpers an bis zum distalen 
Rande hin. 

Ein Musculus eiliaris konnte bei II nicht aufgefunden werden, 
auch bei III ist er ja ungemein schwach entwickelt, dagegen besteht 
der Tensor chorioideae bei Il aus etwa 50 meridionalen Bündeln, 
die ebenso stark sind wie die etwa 77 Bündel beim erwachsenen Thier. 

Die Retina verdoppelt im Lauf der Entwicklung ihre Dicke, bei 
I ist sie 170 w dick, bei III 340 u. Bei II ist sie nur 30 « dünner 
als bei III. 

Von besonderm Interesse ist das Verhältniss der äussern und 
innern Körner. Bei I kommen auf 18—20 Schichten äusserer Körner 
8—10 Schichten innerer, das Verhältniss ist also wie 1:2,25 oder 
1:2. Beim Stadium II enthält die äussere Körnerschicht 18—20 
Schichten, wie bei I, die innere 10—12, also etwas mehr, so dass sich 
das Verhältniss stellt wie 1:1,8 oder 1:1,66. Ganz anders stellen 
sich dann wieder bei III die Verhältnisse, wo auf 20—22 Schichten 
äusserer Körner nur 7 Schichten innere kommen, das Verhältniss beider 
sich also wie 1 : 2,86 oder sogar 1:3,14 stellt. 

Die Retina verfolgt also in der embryonalen Entwicklung einen 
andern Weg als in der postembryonalen, in ersterer ändert sich das 
Verhältniss der Körnerschichten in dem Sinne, dass die Anzahl 
äusserer Körner, die auf ein inneres kommen, abnimmt, in der post- 
embryonalen Entwicklung dagegen, wo die functionellen Reize 
einwirken, vermindert sich die Zahl der innern Körner relativ, es 
kommen auf ein inneres mehr äussere als ursprünglich. Die Stäbchen- 
zellen fehlen bei I noch, bei II sind sie 50 « lang, bei III 80 «; ihre 
Dicke hat dabei keine Aenderung erfahren. 

Der Opticus weist von Stadium II zu III nur ein ganz geringes 
Dickenwachsthum auf, ein stärkeres zeigen viele Nervenfasern, sie 
haben bei II alle durchschnittlich 4 « Durchmesser, bei III dagegen 
finden sich neben einer grossen Anzahl Fasern, die diese Dicke bei- 
behalten haben, auch in sehr grosser Zahl solche, die 8 « im Durch- 
messer haben. Die Rechnung ergiebt, dass die absolute Anzahl der 
Opticusfasern beim Erwachsenen kleiner ist als beim Neugeborenen, 
bei ersterm beträgt sie 147000, bei letzterm 282000. Noch grösser 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 141 


sind die Unterschiede, wenn man die Zahl der Fasern auf 1 qmm 
Retina berechnet. Während II 177 Fasern auf diesem Raum hat, 
muss sich das erwachsene Thier mit 74 auf dem gleichen Raum 
begnügen. Da die Stäbchen sich entsprechend dem Flächenwachsthum 
der Retina vermehrt haben, so kommt, während bei II auf 648 
Stäbchen eine Opticusfaser entfiel, dei III erst auf 1544 Stäbchen eine 
Faser. 

Den eigenthümlichen Unterschied in der embryonalen und post- 
embryonalen Entwicklung erkennt man wie bei Retina und Cornea auch 
bei der Linse. Die folgende Tabelle giebt unter 

1 die Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe, und 

2 den Linsendurchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers für 

die drei Stadien: 
1 2 
Stadium 171 21,545, 692 
x Dr 2740201 
R I °17272,42951.225 

Man ersieht hieraus, dass in der embryonalen Entwicklung eine 
relative Verkleinerung der Linse erfolgt, so dass das neuge- 
borene Thier die relativ kleinste Linse hat; von da an nimmt ihre 
Grösse wieder zu. Die vollständige Kugelform, welche die erwachsene 
Linse auszeichnet, wird erst allmählich erreicht. Bei II sind auch 
beide Flächen der Linse gleich hoch, aber es fehlt jeder noch eine 
Kleinigkeit zur genauen Halbkugel. Ganz anders bei I, hier ist die 
Vorderfläche ziemlich flach, ihre Höhe verhält sich zu der der Hinter- 
fläche wie 1: 1,375, und während letztere fast eine genaue Halbkugel 
bildet, beträgt der Bogen der Vorderfläche nur 141°. Der Krümmungs- 
radius der Vorderfläche beträgt 1,441 mm, der der Hinterfläche 
1,382 mm. 


5. Halichoerus gryphus NiLss. 


I. Neugeborenes Thier. 


12 Stunden alt, in Solutio Perenyi conservirt. Länge des Thiers 
betrug 56 cm (s. Fig. G). 

Die Gestalt des Bulbus weicht nur wenig von der Kugelform ab, 
Horizontal- und Verticaldurchmesser sind einander gleich, 26,5 mm 
lang, die äussere Augenaxe misst 26 mm. Die Aequatorialebene 
liegt 11 mm hinter dem Cornealrande Ein Sulcus corneae ist 
nicht zu unterscheiden. Die Cornea ist etwas stärker gewölbt als 


142 AUGUST PUTTER, 


die Sclera, ihr Kriimmungsradius betragt 12 mm, der der Sclera 
13,13 mm. Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Scleral- 
durchmesser ist 1: 1,559. Der Bogen der Cornea beträgt 95°, der 
der Sclera 279°. 

Die Cornea ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 17 mm, ihre 
Höhe 3,5 mm. Im Scheitel ist sie nur wenig dünner als am Rande, 
hier 1 mm dick, dort 0,7 mm. 

Die Cornea propria be- 
steht nur in ihrem cameralen Theil 
aus deutlich gesonderten, glatten 
Lamellen. Die Lamellen liegen ein- 
ander sehr fest an, von Zeit zu 
Zeit aber weichen sie bogenförmig 
aus einander und bilden so Lymph- 
röhren, die ein weiteres Lumen 
haben als die gewöhnlichen Lymph- 
spalten, die sich auch in der Cor- 
nea neben den erweiterten Lymph- 

Fig. G. Halichoerus gryphus NıLss. räumen finden. Die Querschnitte 
Neonatus,  Vertiealschnitt. 3/2. Buch- ger Lymphröhren sind linsenförmig 
stabenerklärung s. am Schluss. D 

ihre Dimensionen sind verschieden, 
die Breite beträgt etwa 20 u, die Dicke 8—10 u. Der unter dem Cor- 
nealepithel gelegene Theil der Cornea propria zeigt ein sehr unregel- 
mässiges Bild, hier fehlen gesetzmässig angeordnete Lamellen ebenso 
wie Lymphröhren, die Propria besteht aus stark gewellten einzelnen 
Fasern, die ein dichtes Geflecht bilden. Die Dicke dieses Faser- 
geflechts beträgt etwa 60 « im Scheitel, am Rande verschwindet es. 
Eine Elastica anterior fehlt, ebenso eine Elastica posterior. 

Das Cornealepithel ist sowohl am Rande wie im Scheitel etwa 
30—40 u dick. Sehr eigenartig ist seine Verhornung. Die sämmt- 
lichen Epithelzellen sind von einem Maschenwerk von verhornter Sub- 
stanz umsponnen. Zwischen den tiefen Cylinderzellen, die etwa 20 u 
hoch und 8—10 u breit sind und grosse ovale Kerne haben, erscheinen 
die Wände des Maschenwerks als dünne Streifen von kaum mehr als 
1 « Dicke. Um die oberflächlichern polyedrischen und platten Zellen 
nimmt die Dicke der verhornten Substanz immer mehr zu, den Zell- 
inhalt endlich fast völlig verdrängend. 

Beachtenswerth ist, dass auch an der Basalseite der tiefen Cylinder- 
zellen eine Schicht verhornter Substanz ausgeschieden ist, die also die 
Epithelzellen von der Cornea propria trennt. 


” 
er 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 143 


Die Sclera ist dicht hinter dem Cornealrande 1,25 mm dick, in 
der Mitte des prääquatorialen Segments sogar 1,5 mm. Dann ver- 
dünnt sie sich rasch und misst im Aequator nur 0,25 mm. Gegen den 
Augengrund wird sie wieder dicker und erreicht hier ihre grösste 
Stärke mit 1,6 mm. 


Die Chorioidea ist 120 « dick und in grosser Ausdehnung 
dunkel braunschwarz pigmentirt, das Tapetum lucidum ist nur 
schwach zu erkennen als blaugrauer Schimmer im Augengrunde; es 
erreicht den Aequator nicht, doch sind seine Grenzen nicht scharf zu 
bestimmen. 


Die Chorioidea ist sehr einfach gebaut, man kann an ihr nur das 
Stratum vasculosum unterscheiden, das 70 u dick ist. Das 
Tapetum ist 50 « dick und besteht aus etwa 12 Schichten rechteckiger 
Zellen, die bei 4—5 u Dicke etwa 24 u lang sind. Auffallend ist, 
dass nirgends Gefässe aufgefunden werden konnten, die das Tape- 
tum durchsetzen und sich zu einer Choriocapillaris vereinigen. 
Die Choriocapillaris fehlt auf diesem Stadium noch vollständig. 


Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 6 Venae vorticosae, 
2 stärkere obere, 2 schwächere untere, je 1 nasal und temporal. 


Die Grundplatte des Corpus ciliare stellt einen Ring von 
6 mm Breite dar, auf dem sich etwa 85 Ciliarfortsätze erheben. Die 
Form der Fortsätze ist die dreieckiger, sehr dünner Platten; ihre Höhe 
beträgt 1,5, die Kantenlänge 6,5 mm. Ausser den Hauptfalten, auf 
welche sich die angegebenen Zahlen beziehen, trägt das Corpus ciliare 
noch eine Menge Nebenfalten, es steht fast regelmässig eine solche 
zwischen je 2 Hauptfalten. Die Höhe dieser Falten beträgt etwa 1 mm. 
Die Dicke der Falten beträgt nur etwa 60 « an der Wurzel, 80 u 
am freien Rande. Das Stroma besteht vorwiegend aus Bindegewebe, 
es enthält nur wenige Blutgefässe. Das Pigmentblatt ist etwa 16 « 
hoch, das Epithel der Ciliarfortsätze sogar nur 8 u. Die Grundplatte 
des Ciliarkörpers enthält nur wenige und schwache Gefässe, in dem 
reich entwickelten, aus festem Bindegewebe bestehenden Stroma ist 
eine enorme Menge schwarzen Pigments angehäuft. Die Musculatur ist 
schwach und besteht aus wenigen circulären und etwas zahlreichern 
meridionalen Fasern. 


Die Iris stellt einen Ring von 3,7 mm Breite dar, ihre Dicke 
beträgt an der Wurzel 255 u, am Rande 85 u. 

Die Pupille ist ein senkrecht gestelltes Oval von 6,5 mm Höhe 
und 5,5 mm Breite. 


144 AUGUST PUTTER, 


Den Hauptantheil am Aufbau der Iris nimmt die starke Muscu- 
latur. Gefässe liegen nur einige wenige an der cameralen Fläche der 
Iris, frei in die Vorderkammer hineinragend. Von der Iriswurzel aus 
erstreckt sich eine Platte straffen Bindegewebes, das ungeheuer viel 
tiefschwarzes Pigment enthält, in die Iris hinein. Etwa 0,3—0,9 mm 
vom Ciliarrande entfernt, keilt diese Platte zungenförmig aus. Hier 
beginnt der Sphincter iridis, der von da bis zum Pupillarrande 
bei weitem den grössten Theil des Irisquerschnitts einnimmt. Zwischen 
seinen Bündeln liegen zahlreiche schwarz pigmentirte Bindegewebs- 
zellen. 

Der Dilatator iridis hat seine grösste Dicke am Ciliarrande 
der Iris, wo er reichlich 40 « dick ist, er wird im weitern Verlauf 
der Iris dünner, misst im grössten Theil derselben nur etwa 20 u und 
verschwindet gegen den Pupillarrand hin, den er nicht ganz erreicht. 
Er ist dadurch ausgezeichnet und von andern Gebilden musculöser 
oder bindegewebiger Natur leicht zu unterscheiden, dass seine lang 
gestreckten Muskelzellen braunschwarzes Pigment in kleinen Tröpfchen 
enthalten, wie es auch in der Pars iridica retinae vorkommt, 
während der Sphincter iridis in seinen Muskelzellen kein Pigment 
führt und die Bindegewebszellen des Stroma ganz gleichmässig schwarz 
erscheinen und keine Sonderung des Pigments in Tröpfchen erkennen 
lassen. Das Pigmentblatt und das Innenblatt der Pars ciliaris retinae 
sind je 10 « dick, das Innenblatt enthält weniger Pigment als das 
Aussenblatt. 

Das Aussenblatt der Retina ist im Bezirk des Tapetum lucidum 
zu einer endothelartigen Schicht von nur etwa 4 « Dicke mit winzigen 
Kernen reducirt. 

Das Innenblatt hat im Augengrunde eine Dicke von 205 u. Hiervon 
entfallen auf die Schicht der Stäbchen nur 10 «, sie sind sehr wenig ent- 
wickelt, es stehen auf einer Strecke von 10 « etwa 4 Stäbchen, die Dicke 
der einzelnen Stäbchen beträgt etwa 2 u. Die äussere Körnerschicht ist 
60 u dick und besteht aus etwa 20 Schichten von Kernen, die im 
Durchschnitt 3 w Durchmesser haben. Die äussere reticuläre Schicht 
ist 14 u dick. Die innere Körnerschicht besteht aus etwa 6 Schichten 
von Kernen, sie ist 36 « dick, und die Durchmesser der ovalen Kerne, 
die bei weitem nicht so dicht liegen wie in der äussern Körnerschicht, 
betragen in der Längsrichtung etwa 8, in der Querrichtung 5 u, sind 
also sehr erheblich grösser als die Kerne der äussern Körnerschicht, 
dem Volumen nach mehr als 8mal so gross. 

Die innere reticuläre Schicht ist 40 « dick, und das Ganglion 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 145 


nervi optici mit der Nervenfaserschicht zusammen misst 45 u. Die 
Ganglienzellen sind gering an Zahl, ihre Grösse ist ziemlich beträcht- 
lich, bei ihrer unregelmässigen Gestalt sind Zahlenangaben schwer zu 
machen, doch scheint der mittlere Durchmesser 25—30 u zu betragen. 
Sehr gross ist der Kern, der etwa 12 u im Durchmesser hat und einen 
grossen Nucleolus von etwa 4 u Durchmesser enthält. Dieses Kern- 
körperchen ist also noch grösser als die ganzen Kerne der äussern 
Körnerzellen. 

Vergleicht man die Zahl der Stäbchen und die der Körnerzellen, 
so ergiebt sich, dass die äussern Körner die Zahl der Stäbchen enorm 
übertreffen. Auf 1 qmm Retina stehen keines Falls mehr als 150 000 
Stäbchen, dagegen enthält die äussere Körnerschicht auf die gleiche 
Fläche 1000000 Zellen. Die innere Körnerschicht dagegen enthält 
nur 154000 Zellen, also etwa soviel, wie wir im Maximum für die 
Stäbchen annehmen können. 

Ganz ungemein zahlreich und stark sind in der Retina die MÜLLER- 
schen Stützfasern. Ihre kegelförmigen Endstücke, die die Limitans 
interna bilden, sind 6 « breit, die Fasern selbst haben eine Breite 
von etwa 2 u. 

Der Nervus opticus tritt am hintern Augenpol in den Bulbus 
ein, er ist rund und 1,465 mm dick. Die Fasern liegen sehr dicht 
und sind von verschiedener Dicke, neben solchen von 2—3 u Durch- 
messer finden sich zahlreiche von 4 « und wenige, die sogar 8 u 
messen. Nimmt man als Durchschnitt den Durchmesser von 4 u, so 
erhält man als Maximalzahl der Fasern 134000. Da die Fläche der 
Retina etwa 1332 qmm beträgt, so entfallen auf je 1 qmm etwa 100 
Opticusfasern, während, wie wir sahen, auf die gleiche Fläche 1000 000 
äussere Körnerzellen entfielen. 

Die Linse ist nicht ganz kuglig, doch weicht sie nicht sehr von 
dieser Form ab, die Axe ist 10,5 mm lang, der Durchmesser beträgt 
12 mm. Der Durchmesser der Linse verhält sich zum Bulbusdurch- 
messer wie 1:2,208, zum Cornealdurchmesser wie 1:1,416. Die 
Linsenaxe verhält sich zur Bulbusaxe wie 1 : 2,476. 


II. Erwachsenes Thier. 


12 Stunden post mortem in Solutio Perenyi conservirt. Es ist 
der Vater des oben beschriebenen neugeborenen Halichoerus aus dem 
Zoologischen Garten zu Breslau (s. Fig. H). 

Der Bulbus ist in der Richtung der Axe etwas verkürzt, diese 


misst nur 33 mm, während der äquatoriale Durchmesser, der in hori- 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 10 


146 AUGUST PUTTER, 


zontaler und verticaler Richtung gleich ist, 39 mm lang ist. Die 
Aequatorialebene liegt 13 mm hinter der Fläche des Cornealrandes, 
ein Sulcus corneae fehlt. Das Verhältniss des Cornealdurchmessers 
zum Scleraldurchmesser beträgt 1 : 1,44 Das vordere corneale Bulbus- 
segment ist flacher als das hintere sclerale. 

Die Cornea ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 27, ihre 
Höhe 3,5 mm, sie ist am Rande viel stärker gewölbt als in der Mitte, 
schon in einer Entfernung von 2 mm vom Rande ist sie 2 mm hoch; 
dadurch kommt die eigenartige Gestalt des Cornealgewölbes zu Stande, 
wie sie auf Fig. H zu ersehen ist. Umgeben ist die Hornhaut von 
einem Pigmentring von 0,5 Breite. y 

Am Rande ist die 
Cornea 2 mm dick, d.h. 
doppelt so dick wie im 
Scheitel, der nur 1 mm 
misst. Das Cornealepithel 
ist 40—45 u dick, am Ran- 
de wieim Scheitel. Sämmt- 
liche Zellen des Epithels 
sind von verhornter Sub- 
stanz umgeben. Die tiefe 
Zellenschicht, welche der 
Cornea propria angrenzt, 
hat auch gegen diese, also 


an der Basalseite der 

Fig. H. Halichoerus gryphus NILSS. Erwach- 5 - ss - 
senes Thier. Verticalschnitt. 3:2. Buchstabenerklärung Zellen eine dünne Schicht 
s. am Schluss. (etwa 2 u dick) ausge- 


schieden. 

Die oberflächliche Hornschicht, in der keine Zellen mehr zu er- 
kennen sind, ist hier nur 8 « dick. Eine Elastica anterior und 
posterior fehlen. Die Cornea propria besteht aus glatten, sehr dicht 
gefügten Lamellen. Es finden sich drei Sorten von Lymphwegen. Das 
erste sind die engen, spaltförmigen Lymphwege, wie sie allgemein in 
der Cornea gefunden werden. Der zweite Typus, der nur in geringer 
Häufigkeit vorkommt, besteht einfach in einer Erweiterung der Spalten 
des ersten Typus zu Röhren, indem die Lamellen bogenförmig aus 
einander weichen. Die linsenförmigen Querschnitte dieser Lympb- 
röhren haben im Mittel eine Breite von 20—30 u bei etwa 10 « Höhe. 
Der dritte Typus der Lymphwege kommt dadurch zu Stande, dass 
Cornealamellen auf grössere Strecken bogenförmig aus einander weichen 


Die Augen der Wassersäugethiere. 147 


und dass sich zwischen ihnen eine grosse Menge mehr oder weniger 
senkrechter feiner „Stützfasern“ ausspannen. Es ist dieselbe Bildung, 
die bei Phoca vitulina so stark entwickelt ist, wie Fig. 1, Taf. 2 zeigt. 
Hier, bei Halichoerus, ist die Anzahl wie die Grösse dieser Lymph- 
wege viel geringer als dort. 

Die Sclera ist in der Nähe des Cornealrandes 3 mm dick und 
verdickt sich noch bis gegen die Mitte des prääquatorialen Segments, 
wo sie 4,6 mm misst; es ist dies die dickste Stelle der Sclera über- 
haupt. Im Aequator ist sie 1,5 mm dick und im Augengrunde 4 mm. 

Die Chorioidea enthält ein Tapetum lucidum von stumpfer, 
graublauer Farbe, das den ganzen Augengrund bis zur Grenze des 
Corpus ciliare ausfillt. Den Abfluss der Aderhautgefässe bilden 6 
Venae vorticosae, 2 stärkere obere, 2 schwächere untere, je eine 
innere und äussere. 

Die Dicke der Chorioidea schwankt zwischen 380 und 600 u. Das 
Stratum vasculosum besteht aus zahlreichen grossen Gefässen, 
das Bindegewebe ist nur schwach entwickelt, es enthält zahlreiche 
längliche Zellen, die ganz mit dunklem Pigment erfüllt sind. Das 
Tapetum lucidum ist 50—60 u dick und besteht aus 12—14 Zell- 
lagen von je 4 « Dicke. Die Zellen sind sehr lang gestreckt, fast 
faserförmig und enthalten kleine runde Kerne. Zahlreiche feine 
Capillaren durchbrechen das Tapetum und bilden an seiner Innenfläche 
die Choriocapillaris. 

Es sind 85 Processus ciliares vorhanden, die bei einer 
Lange von 9 eine Höhe von 3 mm besitzen. Sie sind ungemein dünne, 
dreieckige Blättchen, ihre freien Winkel sind am Linsenäquator be- 
festigt und dienen so der Linse als Aufhängeapparat. 

Das Stroma der Ciliarfortsätze enthält nur wenig Bindegewebe, 
zum überwiegend grössten Theil besteht es aus Gefässen, von denen 
einige grössere und eine ganze Anzahl kleinere, meridional verlaufende 
in jedem Fortsatz vorhanden sind. Die Grundplatte des Ciliarkörpers 
besteht fast ausschliesslich aus festem, straffem Bindegewebe, das eine 
Menge schwarz pigmentirter Bindegewebszellen und ungemein wenig 
Gefässe enthält. Ob ein Ciliarmuskel vorhanden ist, konnte bei dem 
schlechten Erhaltungszustande nicht festgestellt werden. 

Die Pupille ist rund, ihr Durchmesser beträgt 9 mm. Die 
Iris stellt einen Ring von 7 mm Breite dar. Das stark entwickelte 
Ligamentum pectinatum setzt mit seinen äussersten Strängen 
nur 2 mm vom pupillaren Irisrande entfernt an die Vorderfläche der 
Tris an (s. Fig. H Z.p). Vom Ciliarrand aus dringt eine starke binde- 

Gis 


148 AUGUST PUTTER, 


gewebige Grundplatte in die Iris ein, die dadurch in diesem Bezirk 
eine Dicke von 0,85 mm erhält. 

Diese Randpartie ist ziemlich scharf abgesetzt gegen den übrigen 
Theil der Iris, der nur 0,26 mm dick ist. Während im ciliaren 
Randtheil die Bindegewebsplatte und einige Gefässe die Hauptmasse 
der Iris bilden, besteht der pupillare Theil grössten Theils aus Mus- 
culatur. Der Sphincter iridis ist etwa 100 w.dick und reicht 
vom Pupillarrande bis zum Rande der ciliaren Verdickung. Der 
Dilatator ist dagegen in den ciliaren Randpartien der Iris stärker 
entwickelt als in den pupillaren. 

Die Retina ist sehr zerrissen und gestattet die Feststellung nur 
weniger Details. Die Breite der Stäbchenschicht beträgt 50 uw. Die 
äussern Körner, die in sehr vielen Schichten über einander liegen, 
haben einen Durchmesser von 2—3 u, die innern Körner, viel geringer 
an Zahl, haben 4—6 u Durchmesser. 

Der Opticus tritt am hintern Augenpol an den Bulbus; er 
ist rund, misst 1,87 mm im Durchmesser. Leider lässt sich über die 
Dicke der Nervenfasern nichts mehr feststellen. 

Die Linse hat einen Durchmesser von 16,3 mm, eine Axe von 
16 mm, Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt, die Ab- 
weichung von der Kugelgestalt ist gering. Zum Scleraldurchmesser 
verhält sich der Linsendurchmesser wie 1 : 2,32, zum Cornealdurch- 
messer wie 1:1,607. Die Linsenaxe verhält sich zur Bulbusaxe wie 
1: 2,06. 


Die postembryonale Entwicklung des Auges von 
Halichoerus gryphus NiLss. 


Was das Verhaltniss der einzelnen Segmente des Bulbus zu ein- 
ander anlangt, so vergrössert sich der Augengrund in der postembryo- 
nalen Entwicklung, seine Höhe verhält sich zur ganzen Axe beim er- | 
wachsenen Thier wie 1:2, beim Neonaten wie 1:2,26. Umgekehrt 
verkleinert sich das prääquatoriale Segment, dessen Höhe beim Neo- 
naten 1:2,36 der ganzen Axe beträgt, beim Erwachsenen nur 1 : 2,54 

Die Cornea wird gleichfalls flacher, wie man schon aus dem 
Vergleich der Fig. G und H ohne weiteres ersieht, dagegen nimmt 
der Anteil, den sie am Aufbau des Bulbus nimmt, nicht nur nicht ab, 
sondern sogar ein wenig zu, denn das Verhältniss ihres Durchmessers 
zu dem des Bulbus beträgt beim Neonaten 1:1,56, beim Erwachsenen 
1:1,44. An relativer Dicke nimmt die Cornea im Scheitel nur wenig 
zu, beträchtlich dagegen am Rande. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 149 


Erheblicher sind die Diekenveränderungen der Sclera, über die 
die folgende Tabelle orientirt. Es findet sich in ihr unter 

1 die Dicke der Sclera im Augengrunde, unter 

2 im Aequator, unter 

3 an der dicksten Stelle des prääquatorialen Segments, 
alles in Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt. 

1 2 3 
Neonatus 1:16.25 .1:1040 1:20,8 
Adultus 138,25 12220 SAT 

Am stärksten nimmt danach also die Dicke im Aequator zu, fast 
um das Fünffache, am wenigsten im prääquatorialen Segment, nicht 
ganz um das Doppelte. Und im Augengrund ist die Sclera beim Er- 
wachsenen relativ 2,76 mal so dick wie beim Neugeborenen. Aber 
auch die geringste Dickenzunahme der Sclera (im prääquatorialen 
Segment) ist immer noch bedeutender, als dem Gesammtwachsthum 
des Bulbus entspricht, denn dieser wächst in der Richtung der Axe 
nur um das 1,27fache, in äquatorialer Richtung um das 1,47fache. 

Gegenüber diesen Zahlen erscheint auch die Dickenzunahme der 
Chorioidea im postembryonalen Leben sehr bedeutend, sie ist 
nämlich beim Erwachsenen absolut 4mal so dick wie beim Neugeborenen, 
und diese beträchtliche Verdickung kommt nur durch Zunahme des 
gefässhaltigen Antheils zu Stande, denn das Tapetum lucidum 
erfährt überhaupt so gut wie keine Veränderung post partum, es ist 
beim Neonaten schon fast genau so dick und besteht aus-fast genau 
so vielen Zellenlagen wie beim erwachsenen Thier. 

In gleichem Sinne: Vermehrung der Gefässe, entwickeln sich auch 
die Ciliarfortsätze, sie sind beim Erwachsenen wesentlich stärker vas- 
eularisirt als beim Neugeborenen. 

Weiter ist von Veränderungen im extrauterinen Leben noch die 
‘der Linse zu erwähnen. Sie wird nämlich im äquatorialen Durch- 
messer, sowohl im Verhältniss zum Bulbusdurchmesser wie zum Corneal- 
durchmesser, kleiner, die Axe dagegen nimmt im Verhältniss zur 
Bulbusaxe an Länge zu. Durch diese beiden Veränderungen wird 
eine starke Annäherung an die Kugelform erreicht. 


6. Odobaenus rosmarus |L.]. 


I. Embryo von 12 cm Länge. 


Der Kopf ist in eine Serie von Frontalschnitten zerlegt. Da die 
Orbita nicht genau transversal, sondern etwas schräg zur Längsaxe 


150 AUGUST PUTTER, 


des Körpers gestellt ist, erhält man keine reinen Medianschnitte durch 
das Auge, ein Fehler, der bei den Messungen in Betracht gezogen 
werden musste (s. Fig. J). 

Der Bulbus ist in der Richtung der Axe etwas verkürzt, sie ist 
nur 4,55 mm lang, während der Aequatorialdurchmesser 5,6 mm (in 
verticaler Richtung) misst. Die Cornea nimmt sehr bedeutenden An- 
theil am Aufbau des Bulbus, ihr Durchmesser verhält sich zum Bulbus- 
durchmesser wie 1:1,373. Ein Sulcus corneae ist nicht vor- 
handen. 

Die Cornea ist 0,85 mm hoch, ihr verticaler Durchmesser be- 
tragt 4,08 mm, was einem Kriimmungsradius von 2,87 mm und einem 
Cornealbogen von 91° entspricht. Das Hornhautepithel besteht aus 
einer einfachen Schicht Cylinderzellen von etwa 12-15 «u Höhe mit 
grossen Kernen. Die 
Lamellen der Cornea 
propria liegen gegen 
die innere, camerale 
Corneafläche hin dichter 
als in den äussern 
Schichten. Die Dicke 
der Cornea beträgt im 
Scheitel 160 u, am 
Rande nur 140 u. 

Die Sclera ist im 
Aequator am dünnsten, 

Fig. J. Odobaenus rosmarus |L... Embryo von zur 43 12 dick , PU 
12 em Länge. Verticalschnitt. 10:1. Buchstabener- hier aus verdickt sie sich 
klärung siehe am Schluss. sehr stark nach vorn 

und erreicht etwa in 
der Mitte zwischen Aequator und Cornealrand ihre grösste Dicke mit : 
213 u. Auch nach dem Augengrunde hin verdickt sie sich vom 
Aequator aus, doch nicht so bedeutend wie nach vorn. Im Augen- 
grunde beträgt die durchschnittliche Dicke 128 u. In den verschie- 
denen Theilen des Bulbus ist die Sclera verschieden weit entwickelt; 
im Augengrunde sind die Sclerallamellen viel lockerer gefügt als im 
Aequator und in der Verdickung des vordern Bulbustheils. Eine von 
der Sclera getrennte Anlage der Chorioidea fehlt noch. 

Die Iris ist als 0,6 mm breiter Ring ausgebildet. Sie ist an der 
Wurzel 220 «, am Rande 85 « dick. An der hintern Fläche ihres 
Stromas beginnt die Pigmentirung. Von der Pars iridica 


Die Augen der Wassersäugethiere. 151 


retinae ist das Aussenblatt völlig pigmentirt, das Innenblatt ganz 
frei von Pigment. Die Pupille ist durch eine zarte, etwa 20 u 
dicke Membrana pupillaris geschlossen, die sich zwischen den 
Irisrändern ausspannt. 

Die Processus ciliares sind etwa 150 w hoch, sie stellen 
plumpe Falten dar, die in einer Länge von 600 « am Corpus 
ciliare entspringen. So weit es nach den Frontalschnitten, besonders 
nach denen, die den Bulbus fast tangential treffen, sich feststellen 
lässt, sind die Processus nicht alle gleich hoch, es schieben sich viel- 
mehr ziemlich regelmässig zwischen zwei hohe Falten von 150 u 
Höhe niedrige von nur 85 u Höhe ein. 

Stark entwickelt ist das Ligamentum pectinatum, es er- 
streckt sich vom Cornealrande aus 425 u. weit nach hinten, zwischen 
Sclera und Corpus ciliare. Im Querschnitt erscheint es dreieckig. 
Seine grösste Dicke liegt am Cornealrande, wo es 210 u dick sich 
zwischen Iris und Cornealrand einschiebt. 

Das Aussenblatt der Retina stellt eine 10—12 u dicke Zellenschicht 
dar, in der Pars ciliaris enthält sie Pigment in grossen Mengen, 
so dass keine Zellgrenzen zu erkennen sind. 

Nach dem Augengrunde zu nimmt die Pigmentirung ab. Im 
nasalen Theil des Bulbus enthält das Aussenblatt auch im ganzen 
Augengrunde Pigment, das aber hier die Zellen nicht vollständig er- 
füllt, sondern in Form einzelner Körnchen in den Zellen liegt. Im 
temporalen Theil des Bulbus fehlt das Pigment in der obern Hälfte 
vollständig, diese pigmentlose Region reicht sogar nach unten etwas 
über den Augenpol heraus. Im untern Theil enthält das Aussenblatt 
wieder Pigment, das aber nur spärlich ist und auf kleinere Strecken 
wieder ganz fehlt. 

Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 220 u dick, an 
der Uebergangsstelle in das Epithel der Ciliarfortsätze misst es 
noch 85 uw. Die Stäbchenschicht ist noch nicht angelegt. Die äussern 
Körner nehmen die Hälfte der ganzen Retinadicke in Anspruch, 110 w, 
es liegen 13—15 Reihen von Kernen in ihnen über einander. Die 
äussere reticuläre Schicht ist 34 « dick. Die innere Körnerschicht 
besteht aus etwa 6 Reihen von Kernen, die nicht so dicht liegen wie 
die Kerne der äussern Körnerschicht. Die Dicke der Schicht beträgt 
43 u. Auf die innere Körnerschicht folgt vitrealwärts eine Schicht 
von 34 w Dicke, die der innern reticulären Schicht, dem Ganglion 
nervi optici und der Nervenfaserschicht entspricht. Ihre einzelnen 
Bestandtheile sind noch nicht zu unterscheiden. 


152 AUGUST PUTTER, 


In der Pars ciliaris retinae stellt das Innenblatt eine 
Cylinderzellenschicht von 26 « Höhe dar, mit grossen ovalen Kernen. 
Die Pars iridica retinae bildet ein Würfelepithel von etwa 15 u 
Höhe mit runden Kernen. 

Der Nervus opticus ist im Querschnitt oval, die Durchmesser 
betragen 680 und 380 u. Die Stelle, an der er in den Bulbus ein- 
tritt, liegt temporal vom hintern Augenpol. Er tritt unter sehr 
spitzem Winkel an den Bulbus, fast als Tangente. Die Opticusscheide 
ist etwa 85 w dick und durchsetzt von einem Netz zahlreicher, 
relativ grosser Blutgefiisse. Gegen die Sclera hin verdickt sich die 
Scheide kegel- oder trichterförmig. 

Die Linse ist völlig kugelrund, ihr Durchmesser beträgt 3,145 mm, 
der Krümmungsradius ist gleich dem Radius, 1,573 mm. Der Abstand 
des hintern Linsenpols von der Innenfläche der Retina beträgt 
0,55 mm. Das Epithel der Linse besteht aus einer Schicht Cylinder- 
zellen von etwa 24 « Höhe auf der Vorderfläche, 54 u im Aequator. 
Die Epithelgrenze liegt beträchtlich hinter dem Aequator, etwa 
600 u. Eine Tunica vasculosa umspinnt die Linse. 

Die Lider sind mit ihren Rändern verwachsen, ihre Breite be- 
trägt 2,89 mm. An der Basis sind die Lider 1,45 mm dick, am 
Rande 0,238 mm. Beide Lider sind sehr übereinstimmend gebaut. 
Das Epithel, das in der übrigen Kopfhaut 43 u dick ist, verdickt sich — 
gegen den Margo ciliaris hin und ist hier 85 w stark. Vom Stratum 
germinativum aus, das als Schicht cylindrischer Zellen deutlich her- 
vortritt, gehen deutliche Epithelsprosse, die Haaranlagen, aus. Die 
Anlagen sind bis 130 « lang. In der Umgebung des Lidrandes, etwa 
bis zu einer Entfernung von 0,425 mm vom Rande, fehlen die Haar- 
anlagen völlig. In dem bindegewebigen Stroma des Lids liegt der 
Orbicularis oculi, der im Unterlid etwas stärker entwickelt ist 
als im Oberlid. Zwischen den Orbicularis und die Conjunc- 
tiva strahlen die Bündel des Palpebralis ein. Drüsenanlagen 
fehlen im Lid ganz. 

Die Nickhaut erhebt sich als starke Falte am nasalen Augen- 
winkel, sie reicht eine Strecke weit am obern, erheblich weiter aber 
am untern Fornix conjunctivae entlang. In ihrem nasalen Theil 
enthält sie einen ganz kleinen Knorpel von fast rundem Querschnitt 
mit 213 « Durchmesser. Nur 5 hinter einander folgende Schnitte 
zeigen den Knorpel. Die Höhe der Nickhaut beträgt auf Schnitten, 
die etwa median verlaufen, oben 0,935, unten 1,573 mm. An der 
Basis ist die obere Falte 120 « dick, die untere 155 u. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 155 


Der Drüsenapparat besteht aus einer Harper’schen Drüse 
und einer Thränendrüse, ein conjunctivales Drüsenstratum 
ist nicht vorhanden. 

Die Harper’sche Drüse liegt nasal dem Bulbus an und um- 
greift ihn nach hinten, wo ein Lappen der Drüse hinter dem Bulbus 
im Kegel der Augenmuskeln liegt. Auf den reich verzweigten Aus- 
führgängen sitzen die secernirenden Theile als kuglige Acini auf. Die 
Ausführgänge bestehen aus einem zweischichtigen Würfelepithel. Die 
Kerne der innern Zellenlage sind mehr dem Lumen der Gänge, die der 
äussern mehr der Basalseite der Zellen genähert. Die Ausmündungen 
der Drüsen liegen zum Theil unter der Nickhaut, zum Theil auf deren 
freier Fläche. 

Die Thränendrüse mündet am lateralen Augenwinkel mit 4 
oder 5 Oeffnungen in den Saccus conjunctivalis. Vom Augen- 
winkel aus erstreckt sich die Drüse genau nach hinten, ihr Querschnitt 
ist oval, 385 u dick, 1,11 m breit. 

Die Musculatur ist stark entwickelt. Das Foramen opticum 
liegt 4 mm hinter dem hintern Augenpol. Die Orbita ist unvoll- 
ständig, ihr Boden besteht nur nach aussen aus Knochen, dem Pro- 
cessus zygomaticus. Zwischen diesem und dem Grunde der 
Orbita bildet der Musculus orbitalis die Begrenzung der Augen- 
höhle. Die Orbita umschliesst den Bulbus nur in seinem hintern Theil, 
bei weitem der grösste Theil desselben liegt vor der Orbita in 
Muskeln und Bindegewebe eingebettet. Der Bulbus wölbt auf diese 
Weise die Haut buckelförmig in die Höhe. Die Höhe des Buckels 
beträgt etwa 0,85 mm. 

Der Musculus orbitalis ist da, wo er den Boden der Orbita 
zu bilden hat, sehr stark, 510 « dick; am Dach der Orbita liegt er 
dem Knochen als nur etwa 100 « dicke Muskelschicht an. 

Die Axe der Orbita sowie die optische Axe des Auges sind etwas 
nach oben gerichtet, doch nur sehr wenig. Der Winkel, den die 
optische Axe mit der Horizontalen bildet, beträgt 15°. 


II. Erwachsenes Thier. 


Die Augen sind von RÖMER und SCHAUDINN 1898 in MÜLLER- 
scher Flüssigkeit conservirt (s. Fig. K u. L und Taf. 2, Fig. 7, Taf. 4, 
Fig. 17). 

Die Axe des Bulbus ist etwas kürzer als die Aequatorialdurch- 
messer, sie ist 24,5 mm lang, während diese, die in verticaler und 
horizontaler Richtung einander gleich sind, 29,5 mm betragen. Die 


154 AUGUST PUTTER, 


Aequatorialebene liegt 8 mm hinter der Ebene des Cornealrandes. 
Der Durchmesser der Cornea verhalt sich zum Bulbusdurchmesser wie 
1:1,586. Das Volumen des Bulbus beträgt nach Entfernung der 
Muskeln und des Opticus nur 12 ccm. 

Die Cornea ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 18,6 mm. 
Ihr Rand ist umgeben von einem 1 mm breiten, braunschwarz pig- 
mentirten Ring der Conjunctiva, deren Pigmentgehalt dann rasch 
abnimmt. Die Höhe der Hornhaut beträgt 2,5 mm, woraus sich die 
Länge des Krümmungsradius zu 18,55 mm und die Grösse des Corneal- 
bogens zu 60° ergiebt. Am Rande ist die Cornea ganz bedeutend 
verdickt. Ihre Dicke beträgt hier 3 mm, während sie im Scheitel nur 
0,85 mm misst. Das Cornealepithel ist gleichfalls am Rande, wo es 
120 u misst, dicker als im Scheitel, wo seine Stärke nur 90 « beträgt. 
Die tiefste Schicht be- 
steht aus Cylinderzellen, 
die etwa 25 u hoch und 
10 w breit sind. Ihre 


N s grossen, ovalen Kerne 
Ni 7 messen 16 « in der 


))) cy Länge und 8 « in der 


7j Breite. Das entspricht 

HF #. etwa einem Verhält- 

FI niss vom Kernvolumen 

4 zum Zellvolumen wie 
> en 


; Auf die Cylinder- 
Fig. K. Odobaenus rosmarus [L.]. Verticalschnitt. 2 
2 : 1. Buchstabenerklärung am Schluss. zellenschicht folgen 


polygonale Zellen mit 
runden Kernen, ihre Durchmesser betragen etwa 18 u, die Durch- 
messer der Kerne 8 «. Hiernach stellt sich das Verhältniss der 
Grösse des Kerns zu der der Zelle wie 1:10. Die oberflächlichern 
Zellenschichten platten sich mehr und mehr ab. Eine Elastica an- 
terior fehlt, das Epithel grenzt direct an die Cornea propria. 
Der lamellöse Bau der Cornea ist nur in den tiefern, cameralen 
Theilen deutlich, hier kann man 8—14 u dicke, glattrandige Lamellen 
unterscheiden. Der äussere Theil zeigt dagegen in einer durchschnitt- 
lichen Dicke von 200 u keine deutliche Trennung in Lamellen, er be- 
steht vielmehr aus einem dichten Filz stark gewellter [elastischer ?] 
Fibrillen. Das Endothel der vordern Kammer ist als 2 « dicke Zell- 
lage erkennbar. à 
Die Sclera ist in der Nähe des Cornealrandes 2 mm dick, also 


Die Augen der Wassersäugethiere. 155 


erheblich dünner als die Cornea an ihrem Rande; gegen den Aequator 
verdünnt sie sich noch mehr, auf 1 mm. 

Am Aequator zeigt die Sclera auf der Innenseite einen etwa 
6 mm breiten, flachen, muldenförmigen Sulcus, in dessen Bereich 
die dünnste Stelle der Sclera liegt. Der Sulcus ist nicht in seiner 
ganzen Breite gleichmässig verdünnt, er zeigt vielmehr ein Arcaden- 
werk von starken Sclerafasern, zwischen denen grosse Chorioidealgefässe 
verlaufen. Nach dem Augengrund hin verdickt sich die Sclera wieder 
und erreicht mit 2,5 mm ihre grösste Dicke. 

Die Chorioidea (s. Taf. 2, Fig. 7) ist im Augengrunde 0,8 mm 
dick. Sie enthält ein Tapetum lucidum von graublauer Farbe mit 
schwachem, metallischem Glanz. Das Tapetum erfüllt den Augengrund 
und reicht nach vorn bis auf 5,51 mm an das Corpus ciliare heran, 
im obern äussern Theil des Bulbus sogar auf 3 mm. Mit der Sclera 
ist die Chorioidea nur locker durch das weitmaschige Bindegewebe 
der Lamina suprachorioidea verbunden, nur am Cornealrand 
ist die Verbindung fester durch das Ligamentum pectinatum, 
das aus sehr starken, bindegewebigen Ziigen besteht, die nur wenige 
ganz kleine Gefässe enthalten. Im Querschnitt stellt das Ligament 
ungefähr ein gleichschenkliges Dreieck dar, es schiebt sich in 1,7 mm 
Breite zwischen Cornealrand und Iris ein und reicht ebenso weit 
vom Cornealrande aus an der Sclera nach hinten (s. Fig. K 1. p). 

Die äusserste Schicht der Chorioidea ist die der grossen meri- 
dionalen Gefässe. Die Durchmesser schwanken in äquatorialer Rich- 
tung zwischen 510 und 680 u, die Dicke der Gefässe in radialer 
Richtung beträgt etwa 340 u (s. Taf. 2, Fig. 7). Auf diese Schicht 
folgt nach innen eine Lage kleinerer Gefässe, die fast rund oder oval 
sind und 128—170 u lichte Weite haben. In diesen beiden Schichten 
liegen die Gefässe so dicht, dass nur wenig Raum für pigmentirtes 
Bindegewebe bleibt. Nach innen folgt dann eine Schicht von Binde- 
gewebe, die 80—120 u dick ist. Sie besteht aus parallel verlaufenden 
Zügen von Bindegewebszellen, die lang gestreckt spindelförmig sind 
und braunes Pigment in Menge enthalten. Die Zellen lassen nur 
wenig Raum zwischen sich und bilden fast geschlossene Reihen. 

Das nach innen auf diese Schicht folgende Tapetum lucidum 
hat in seinem Aufbau grosse Aehnlichkeit mit ihr. Die Zellen haben 
zum Theil ihre spindelförmige Gestalt dadurch verloren, dass sie näher 
an einander gerückt sind und so rechteckige Gestalt gewonnen haben. 
Es kommen aber auch noch Zellen vor, die völlig spindelförmig sind, 
sowie solche, die auf einer Seite rechtwinklig abschneiden, auf der 
andern aber spitz auslaufen. Pigment fehlt natürlich in den Zellen 


156 AUGUST PUTTER, 


des Tapetums gänzlich. Die Dicke des Tapetums beträgt 60 u, es 
besteht aus etwa 10 Zellenlagen. Die einzelnen Zellen messen in der 
Länge etwa 46 u, in der Breite 6 «. Die Kerne sind oval und bei 
10 w Länge etwa 5 w breit. Zahlreiche Capillaren von 4 u Dicke 
durchbohren das Tapetum und verbreiten sich an seiner Innenfläche 
als Choriocapillaris von etwa 7 u Dicke. 

Die Iris ist hellbraun gefärbt, ihre Breite beträgt oben 8 mm, 
unten 8,7 mm, nasal und temporal je 7 mm. Die Pupille ist nasal 
breiter als temporal, nasal 2,2 mm breit, temporal nur 1,3 mm, ihre 
Läuge beträgt 3,5 mm, ihre Form ist fast birnförmig zu nennen. 

Die Dicke der Iris beträgt am Pupillarrande 0,6, an der Wurzel 
0,85 mm. Die dickste Stelle liegt etwa 1,7 mm von der Iriswurzel 
entfernt, hier ist sie 1,56 mm dick. In ihrer ganzen Breite kann man 
deutlich eine Gefässchicht von einer Muskelschicht unterscheiden. Die 
Gefässchicht liegt an der Vorderfläche, sie ist am Pupillarrande 
0,54 mm dick, an der dicksten Stelle der Iris misst sie 0,535 mm. Die 
Gefässe sind in ihr relativ spärlich, sie bilden eine einzige Schicht 
und stehen weit von einander ab. Die Zwischenräume sind von zellen- 
reichem Bindegewebe erfüllt, alle Zellen, die meist spindel- oder stern- 
förmig gestaltet sind, enthalten reichlich braunes Pigment. 

Die Muskelschicht erreicht ihre grösste Stärke an der dicksten 
Stelle der Iris, sie ist hier 0,825 mm dick. An der Iriswurzel be- 
trägt ihre Dicke 0,595 mm, am Pupillarrand 0,255 mm. Der 
Sphincter iridis ist an der dicksten Irisstelle, also 1,7 mm von 
der Wurzel entfernt, am dicksten, er misst hier 0,535 mm, und an dieser 
Stelle hört er dann auch ciliarwärts unmittelbar auf. Von da an nimmt 
er zum Pupillarrand hin an Dicke ab und ist am Rande selbst nur 
noch 0,255 mm dick. Seine Bündel sind nur von wenig Bindegewebe 
mit pigmentirten Zellen umgeben. Der Dilatator iridis ist sehr 
stark ausgebildet. Er reicht, im Gegensatz zum Sphincter, der, wie 
erwähnt, schon 1,7 mm von der Iriswurzel entfernt endet, bis zur 
Iriswurzel und erreicht hier, unmittelbar vor seinem Ende, seine 
grösste Dicke mit 0,595 mm. Pupillarwärts nimmt er rasch an Stärke 
ab, schon an der dicksten Stelle der Iris ist er nur noch 213 w dick, 
und weiterhin gegen den Pupillarrand liegt er als 68 « dicke Schicht 
der Rückseite des Sphincters an, nach hinten bedeckt von der Pars 
iridica retinae, an der wegen der ungemein starken schwarzen 
Pigmentirung die beiden Blätter der Retina nicht zu unterscheiden 
sind. Die Bündel des Dilatators sind von starkem Bindegewebe 
mit viel Pigment umgeben, besonders an der Iriswurzel, wo die Ent- 


Die Augen der Wassersäugethiere. 157 


wicklung des Bindegewebes so stark ist, dass der Dilatator durch das- 
selbe in drei Biindel getrennt erscheint. 

Das Corpus ciliare (s. Taf. 4, Fig. 17) ist 5 mm breit, von 
der Grundplatte erheben sich 60 Ciliarfortsätze von hellbrauner Farbe. 
Ihre Höhe beträgt 2 mm. Makroskopisch erscheinen sie als dünne, 
dreieckige Blätter, die mit der Spitze am Linsenäquator ansetzen. Der 
gegenseitige Abstand der Fortsätze beträgt 0,8 mm. Die Blätter sind 
in ihrem proximalen Theil etwa 170 « dick, in dem distalen, dem 
Linsenäquator nahen Theil sogar nur 90 uw. An die Grundplatte 
setzen sich die Fortsätze mit einer Basis von etwa 500 u Breite an. 
Zwischen den grossen, bis zur Linse reichenden Ciliarfortsätzen finden 
sich kleine, die kaum halb so hoch sind. In den proximalen Theilen 
tragen die Ciliarfortsätze eine grosse Menge kleiner Falten von etwa 
90 u Höhe bei 50 w Breite, die in die Gefässe eindringen. Die dünnen 
distalen Theile dagegen sind völlig glatt, ohne Falten. Die kleinen, 
secundären Ciliarfortsätze sind in ihrer ganzen Ausdehnung dicht mit 
Fältchen besetzt. Das Epithel der Ciliarfortsätze, die Pars ciliaris 
retinae, besteht aus 10 uw hohen Würfelzellen, deren runde Kerne in 
der Zellmitte liegen und etwa 5 uw Durchmesser haben. Das Stratum 
pigmenti ist gleichfalls 10 « dick und mit dunkelbraunem Pigment 
erfüllt. Das Innere der Ciliarfortsätze enthält viele Gefässe, kleinere, 
die von der Grundplatte des Ciliarkörpers aus in die Fortsätze ein- 
dringen und sich auch in den secundären Fältchen verzweigen, und 
grössere, von denen in jedem Fortsatz meist nur eins vorhanden ist, 
das im Durchschnitt 100 « breit und 60 w dick ist und etwa an der 
Grenze des faltenreichen und faltenfreien Theils in meridionaler Rich- 
tung verläuft. Von den Muskeln des Ciliarkörpers ist der circuläre 
Musculus ciliaris ungemein schwach entwickelt, er besteht nur 
aus wenigen zerstreuten Bündelchen von 100—200 u Dicke. Stärker 
entwickelt ist der Musculus tensor chorioideae, er besteht 
aus meridional verlaufenden Bündeln von 120 u Breite in äquatorialer 
Richtung und 80 w Dicke in radialer Richtung. Der gegenseitige Ab- 
stand der Bündel beträgt 1,35 mm im Durchschnitt, was für den 
ganzen Umfang etwa die Zahl von 43—45 Muskelbündel ergiebt. 

Das Aussenblatt der Retina besteht aus einer 10 « dicken 
Schicht von cubischen Zellen mit kugelrunden Kernen, die in der 
Mitte der Zellen liegen und 6 w Durchmesser haben. Pigment ist in 
ihnen nicht enthalten. 

Das Innenblatt ist im Augengrund 434 w dick. Die Stäbchen 
sind 90 « lang, ihre Dicke ist gering, sie beträgt höchstens 3 «, doch 


158 AUGUST PUTTER, 


ist dieser Werth unsicher, da die Stäbchen meist in Tröpfchenreihen zer- 
fallen sind, wahrscheinlich ist er noch zu hoch. Die Fläche der Retina 
beträgt etwa 1790 qmm, so dass sich daraus die Gesammtzahl der 
Stäbchenzellen zu etwa 256 Millionen ergeben würde. Die äussere 
Körnerschicht ist 110 « dick und besteht aus etwa 20 Schichten 
runder Kerne, deren Durchmesser etwa 4 u betragen. Die äussere 
reticuläre Schicht ist 30 « dick, die innere Körnerschicht ist 44 u 
dick und besteht aus 4—5 Schichten von Kernen, die eine eigenthüm- 
liche Anordnung zeigen. Die Durchmesser der Kerne betragen 6 u. 
Die ganzen 7 Reihen sind nur wie Pfeiler von 30—40 u Breite vor- 
handen, deren gegenseitiger Abstand etwa 40 u beträgt. Verbunden 
sind diese Pfeiler durch Zellenreihen, meist nur je eine, die an der 
äussern und innern Begrenzung der Körnerschicht hinziehen. Die Dicke 
der innern reticulären Schicht und den Ganglion optici beträgt 160 u. 
Die Ganglienzellen sind nur gering an Zahl, sie bilden keine zu- 
sammenhängende Schicht, sondern sind durch grosse Zwischenräume 
getrennt. Ihre Gestalt ist unregelmässig, der Durchmesser beträgt 
etwa 20-40 u. Die Kerne sind rund und messen 10 w im Durch- 
messer. Die MüÜrter’schen Stützfasern sind zahlreich und stark, die 
Breite ihrer basalen kegelförmigen Verbreiterungen beträgt 10 u. In 
der innern reticulären Schicht finden sich Gefässe von 30—50 u 
Durchmesser, die Blutkörperchen enthalten. Die Blutkörperchen sind ~ 
rund und haben 8 w Durchmesser. Die Anzahl der Stäbchen auf 
1 qmm Retina beträgt etwa 110000, die Zahl der äussern Körner auf 
dieselbe Fläche 722000 und die der innern Körner 82000. 

Der Nervus opticus wird durch eine grosse Anzahl starker, 
bindegewebiger Septen in eine Menge einzelner Stränge getheilt. Die 
Fasern sind sehr verschieden dick, ihre Durchmesser schwanken 
zwischen 4 und 16 uw. Als Mittelwerth aus einer Anzahl von Messungen 
ergiebt sich 9,6 u. An einzelnen Stellen überwiegen die dünnen Fasern, 
an andern die dicken, meist aber sind sie ziemlich gleichmässig ver- 
theilt. Die Durchmesser des Opticus betragen in horizontaler Rich- 
tung 2,89 mm, in verticaler 2,4 mm. Als Zahl der Opticusfasern findet 
man aus diesen Werthen etwa 111000, eine Zahl, die eher zu hoch 
als zu niedrig sein dürfte, da ein nicht unerheblicher Theil des Opticus- 
querschnitts von Bindegewebe eingenommen wird. Danach entfallen 
auf 1 qmm der Retina 62 Opticusfasern und auf jede Faser des Opticus 
kommen 2300 Stäbchenzellen. Der Opticus tritt etwa 3 mm nach 
aussen vom hintern Augenpol in der Horizontalen an den Bulbus 
heran. Er wird umgeben von einer dicken bindegewebigen Hülle, in 


Die Augen der Wassersäugethiere. 159 


der ein Geflecht von Ciliargefässen enthalten ist. Innerhalb der Or- 
bita macht der Opticus starke Kriimmungen, was schon deutlich im 
Bereich der Muskeln, die dem enucleirten Bulbus anhängen, hervortritt. 


Die Linse weicht 
nur wenig von der Kugel- 
form ab, ihre Axe ist 9 mm 
lang, in Theilen der Bul- 
busaxe 1:2,722, der Durch- _ nasal 
messer beträgt 9,52 mm, 
in Theilen des Bulbus- 
durchmessers 1 : 3,09. Vor- 


der- und Hiuterfläche sind Fig. L. Odobaenus rosmarus [L.] Schema des 
gleich stark gewölbt, ihre Ansatzes der Augenmuskeln. Bulbus yon ‚hinten ge- 
sehen. Buchstabenerklärung s. am Schluss. 


Höhe beträgt je 4,5 mm. 


Von den Augenmuskeln konnten die nz festgestellt 
werden; sie sind schematisch in Fig. L dargestellt. 


Die Ansätze der Recti liegen weit nach vorn, nur 3,8 mm hinter 
dem Cornealrand. Am stärksten sind R. superior und inferior 
entwickelt, ihre Ansatzlinien sind 10 mm lang, die Ansatzlinie des 
R. externus beträgt 9 mm, die des R. internus nur 7 mm. 


Die Ansatzlinie des Obliquus superior ist halbkreisförmig, 
sie liegt nicht genau hinter dem Rectus superior (s. Fig. L O.s), 
sondern beginnt etwa. 10,5 mm hinter dessen Mitte und zieht von da 
in einem nach vorn convexen Bogen bis 14,5 mm hinter den obern 
Rand des R. internus. Die höchste Stelle des Bogens liegt am 
nasalen Rande des Rectus superior, nur 2 mm hinter ihm. 


Der Obliquus inferior setzt in zwei getrennten Portionen an 
den Bulbus, die Länge des ersten Ansatzes beträgt 9 mm, das 
Vorderende der schrägen Ansatzlinie liegt 7,4 mm hinter dem Ansatz 
des Rectus inferior, das Hinterende 13 mm. 


Die zweite Ansatzlinie liegt mitten zwischen den Ansätzen der 
Recti inferior und externus, 7 mm hinter deren Ansatzlinie, 
sie ist 5 mm lang. Es sind 2 Musculi retractores zu unter- 
scheiden. Der Retractor internus liegt 12 mm hinter dem 
Rectus internus, die Länge seines Ansatzes beträgt 17 mm. Der 
Retractor externus hat eine Ansatzlinie von 20 mm Länge, sie 
erstreckt sich von 9 mm hinter dem temporalen Rande des Rectus 
superior bis 11 mm hinter den untern Rand des Rectus ex- 
ternus. 


160 AUGUST PUTTER, 


Entwicklung des Walrossauges. 


Um das Wachsthum des Auges vom Embryo von 12 cm bis zum 
Erwachsenen darzustellen, mögen zunächst die Verhältnisse der Haupt- 
dimensionen dieser beiden Stadien gegeben werden. 


Die Axe beträgt beim Erwachsenen das 5,385fache wie beim Em- 
bryo, der Bulbusdurchmesser das 5,268fache. Das Volumen des 
Bulbus nimmt etwa um das 150fache zu, was einem linearen Wachs- 
thum von 1 : 5,313 entspricht. 


Der Antheil, den die Cornea an der Zusammensetzung des Bulbus 
nimmt, verkleinert sich im Laufe der Entwicklung relativ etwas. Beim 
Embryo (Länge 12 cm) beträgt das Verhältniss des verticalen Corneal- 
durchmessers zum verticalen Aequatorialdurchmesser des Bulbus 1: 1,372, 
beim erwachsenen Thier 1:1,586. Viel erheblicher ist die relative 
Abnahme der Höhe der Cornea; in Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt, 
beträgt sie beim Embryo 1 : 5,353, beim erwachsenen Thier 1: 9,5. 


Sehr beträchtlich sind die Veränderungen, welche die Dicke der 
Cornea im Laufe der Entwicklung erfährt. Beim Embryo ist sie im 
Scheitel dicker als am Rande, dort 160 « dick, hier nur 140 «. Beim 
erwachsenen Thier ist das Verhältniss umgekehrt, hier überwiegt die 
Randdicke, und zwar sehr erheblich, gegenüber der Scheiteldicke. Letz- 
tere beträgt nur 0,85 mm, erstere 3 mm. Dies hat zur Folge, dass beim 
erwachsenen Thier die Innenfläche der Cornea viel stärker gewölbt ist 
als die Aussenfläche. Beim Embryo beträgt der Krümmungsradius 
der Cornea 2,87 mm und ihr Bogen misst 91°. Dieser Werth gilt 
für die Aussenfläche, die Innenfläche ist um ein ganz geringes 
schwächer gewölbt. Beim erwachsenen Thier sind die Unterschiede 
der Krümmung beider Flächen erheblich, der Krümmungsradius der 
Aussenfläche beträgt 18,55 mm, der der Innenfläche nur 10 mm und 
der Cornealbogen beträgt aussen 60°, innen aber 67°. 


Allen Pinnipediern ist eine Verdünnung der Sclera im Aequator 
gemeinsam, beim Walross tritt sie am schwächsten, wenn auch immer 
noch sehr deutlich hervor. Die Dicke der Sclera beträgt im Aequator 
1/, der Dicke am Cornealrand und ?/, der Dicke im Augengrund. 
Diese Dickenunterschiede treten beim Embryo ungleich stärker hervor, 
hier beträgt die Aequatorialdicke nur !/, der Dicke am Cornealrand 
und ‘|, jener im Augengrund, so dass das Auge in dieser Hinsicht 
den ausgebildeten Augen anderer Pinnipedier stärker ähnelt als dem 
ausgebildeten Walrossauge. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 161 


Die relative Dickenzunahme der Sclera erkennt man am besten, 
wenn man die Dicke in Theilen der Bulbusaxe ausdrückt. Die fol- 
gende Tabelle giebt die in dieser Weise berechneten Werthe. I be- 
deutet den Embryo von 12 cm Lange, II das erwachsene Thier. Unter 
1 findet sich die Dicke am Cornealrand, unter 2 die Dicke im Aequator 
und unter 3 die Dicke im Augengrund in Theilen der Bulbusaxe: 

1 2 3 
Poh 221 BIOS 
HR 712239107225 10208 

Diese Werthe lassen erkennen, dass überall in der Sclera ein nicht 
nur absolutes, sondern auch relatives Dickenwachsthum im Laufe der 
Entwicklung stattfindet. Am geringsten ist dasselbe am Cornealrand, 
der schon beim Embryo von 12 cm eine relativ erhebliche Dicke auf- 
weist, beim erwachsenen Thier ist er relativ nur 1,714mal so dick wie 
bei diesem. Am stärksten verdickt sich die Sclera im Aequator, sie 
ist hier beim erwachsenen Thier relativ 4,204mal so dick wie beim 
Embryo. Auch der Augengrund wächst beträchtlich in der Dicke, 
nämlich um das 3,574fache. 

Die Pupille ist beim Embryo sehr erheblich viel grösser als beim 
erwachsenen Thier, die Verkleinerung ist eine Folge des sehr bedeutenden 
Breitenwachsthums der Iris. Drückt man die Breite der Iris in Theilen 
des Cornealdurchmessers aus, so beträgt sie beim Embryo nur 1: 6,8 
dieses Maasstabes, beim Erwachsenen. dagegen in verticaler Richtung 
1: 2,23 und in horizontaler Richtung, in der die Iris schwächer ent- 
wickelt ist, 1: 2,66. Das heisst mit andern Worten, die relative Breite 
der Iris hat um das Dreifache im Laufe der Entwicklung zugenommen. 

Das Corpus ciliare hält in seiner Vergrösserung nicht gieichen 
Schritt mit der Iris. Beim Embryo ist die Höhe der Ciliarfortsätze 
1:2,4 der Irisbreite, beim erwachsenen Thier nur 1:4,15 dieses 
Werthes. Dass trotzdem eine relative Vergrösserung der Ciliarfort- 
sätze eintritt, ersieht man, wenn man ihre Höhe in Proportion zum 
Cornealdurchmesser setzt, dieselbe beträgt dann beim Embryo 1:19,15, 
beim Erwachsenen aber 1:9,3, also mehr als das Doppelte. Auch 
die Breite des Corpus ciliare ist beim erwachsenen Thier relativ er- 
heblicher als beim Embryo, bei diesem beträgt sie 625 mw, bei jenem 
4,5 mm, was einem Wachsthum um das 7,2fache entspricht, also einem 
stärkern, als es die Durchmesser des Bulbus zeigen (1 : 5,313). 

Das Stratum pigmenti rechtfertigt beim Embryo diesen 


Namen noch einigermaassen, es enthält im vordern Bulbusabschnitt, 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. al 


162 AUGUST PUTTER, 


bis etwas über den Aequator hinaus, reichliches Pigment, im Augen- 
grund aber nur noch wenig und im äussern obern Theil des Bulbus 
gar keins mehr. Beim erwachsenen Thier fehlt das Pigment dem 
Aussenblatt im ganzen Bereich des Tapetum lucidum. Interessant 
ist, dass das Schwinden der Pigmentirung nicht gleichmässig erfolgt, 
sondern von einem bestimmten Bezirk (oben aussen) aus beginnt und 
von da fortschreitet. 

Das Innenblatt der Retina ist beim erwachsenen Thier nur 
doppelt so dick wie beim Embryo, relativ ist sie also erheblich dünner. 
In Theilen der Bulbusaxe beträgt ihre Dicke beim Embryo 1: 21, beim Er- 
wachsenen nur 1:57, sie hat sich also relativ um das 2,7fache verdünnt. 

Sehr interessant ist das Verhalten der einzelnen Schichten der 
Retina. Die äussere Körnerschicht ist beim Embryo 110 w dick 
und besteht aus etwa 14 Schichten von Kernen; beim erwachsenen 
Thier ist die Dicke der Schicht genau dieselbe wie beim Embryo, 
110 «, die Anzahl der Schichten der Kerne ist etwas grösser, sie be- 
trägt etwa 18. Die äussere reticuläre Schicht ist beim Embryo eben- 
so dick wie beim Erwachsenen, etwa 30 u. Die innere Körnerschicht 
ändert ihre Dicke gleichfalls im Lauf der Entwicklung nicht, sie ist 
43 u dick, wohl aber erleidet die Anordnung ihrer Kerne eine Ver- 
änderung. Beim Embryo besteht sie aus 6 Schichten von Kernen, 
die durch die ganze Schicht gleichmässig vertheilt sind. Beim Er- 
wachsenen haben die Kerne die oben beschriebene eigenthümliche An- 
ordnung in Pfeilern mit dünnen Verbindungsreihen. In den Pfeilern 
liegen 7 Reihen Kerne über einander, in den Verbindungsstücken nur 
2 Reihen. Da der Flächenausdehnung nach die Pfeiler hinter den 
Zwischenraumen zurückbleiben, kann als Mittelwerth für die Anzahl 
der Kernreihen höchstens 4 angenommen werden, also weniger, als der 
Embryo hat. Es kommen also beim Erwachsenen auf eine innere 
Körnerzelle mehr äussere Körnerzellen als beim Embryo. 

Die Linse ist beim Embryo völlig kuglig, und beim Erwachsenen 
weicht sie nur sehr wenig von dieser Gestalt ab. Im Lauf der Ent- 
wicklung wird sie relativ kleiner. 

Während sich beim Embryo die Linsenaxe zur Bulbusaxe verhält 
wie 1: 1,45, ist dieses Verhältniss beim Erwachsenen 1 : 2,72, und in 
ähnlicher Weise nimmt die relative Grösse des äquatorialen Durch- 
messers ab, dieselbe verhält sich beim Embryo zum Bulbusdurchmesser 
wie 1:1,78, beim Erwachsenen wie 1: 3,1. 

Die absolute Grössenzunahme vom Embryo zum erwachsenen Thier 
beträgt das 3fache (linear). 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 163 


i. Otaria jubata Des. 


Junges Thier, 1!/, Jahre alt, 2. Länge 130 cm. 21/, Tage 
post mortem in Solutio Perenyi conservirt (s. Fig. M). 

Der Bulbus ist in der Richtung der Axe etwas verkürzt, sie ist 
nur 30 mm lang, während der horizontale und verticale Durchmesser, 
die gleich lang sind, 33,5 mm messen. Die Aequatorialebene liegt 
13 mm hinter dem Cornealrand. Ein Sulcus corneae ist nicht 
vorhanden. Der corneale und sclerale Antheil des Bulbus sind fast 
gleich stark gewölbt. Das Verhältniss der Durchmesser von Cornea 
und Sclera beträgt 1 : 1,36. 

Die Cornea hat einen Horizontaldurchmesser von 25 mm, einen 
Verticaldurchmesser von 24,4 mm, die Höhe beträgt 5,5 mm. Ein 
Pigmentring von fast 1 mm Breite umgiebt den Cornealrand. Am 
Rande ist die Hornhaut 
2,4 mm dick, im Scheitel nur 
1,4 mm. Das Cornealepithel 
ist etwa 70 u dick und zeigt 
in ausgedehntem Maasse Ver- 
hornungen. Eine tiefe Cylin- 
derzellenschicht fehlt, schon 
in der tiefsten Schicht sind 
die Zellen durch beträcht- 
liche Mengen verhornter Sub- 
stanz, die sie von allen 
Seiten umgiebt, auch an 
der Basalseite, in ihrer Ge- 
stalt beeinflusst und erschei- 
nen etwa polygonal. 2—3 yes 

: Fig. M. Otaria jubata. Verticalschnitt. 3/2. 
Zellenschichten haben noch Buchstabenerklärung s. am Schluss. 
ziemlich grosse Kerne, dann 
aber nimmt die Verhornung derart überhand, dass von Zellen fast 
nichts mehr zu sehen ist; diese zellenlose Schicht ist etwa 40 w dick. 

Die Cornea propria besteht ganz aus glatten Lamellen, die 
theils spaltenförmige Lymphwege zwischen sich fassen, theils auch 
etwas grössere Lymphröhren, die aber nicht sehr zahlreich sind und 
keine bedeutenden Dimensionen erreichen. Sie entstehen einfach durch 
bogenförmiges Auseinanderweichen der Lamellen, ohne dass senkrechte 
oder schräge Stützlamellen eingeschoben wären (wie bei Phoca). 
Elastica anterior und posterior fehlen vollständig. 

: iF 


164 AUGUST PUTTER, 


Die Sclera ist in der Nahe des Cornealrandes 2 mm dick, in 
der Mitte des prääquatorialen Segments 3,3 mm. Im Aequator be- 
trigt die Dicke nur 0,6 mm, nimmt aber rasch zu und erreicht bald 
4 mm, gegen den Opticuseintritt sinkt der Werth wieder bis auf 2 mm. 
In der Umgebung des Opticus ist die Sclera ganz flach, eine Ebene 
darstellend, die einem starken Fettpolster zum Ansatz dient, das den 
Opticus umhüllt. 

Die Chorioidea enthält ein ausgedehntes Tapetum lucidum, 
das aber nur ein stumpfes Blaugrau als Farbe zeigt, es erfüllt fast 
den ganzen Augengrund bis zum Aequator. Die Dicke der ganzen 
Chorioidea beträgt 150 uw, hiervon kommen nur etwa 20 u auf das 
Tapetum lucidum. 

Das Stratum vasculosum ist arm an Gefässen. Sie sind 
nur etwa 60 « breit bei 30 « Dicke und liegen ziemlich weit von 
einander entfernt. Die Hauptmasse des Stratums bilden spindelförmige, 
lang gestreckte Bindegewebszellen, die dicht mit dunklem Pigment er- 
füllt sind. Zwischen den grossen Chorioidealgefässen, die nur in ein- 
facher Schicht liegen, und dem Tapetum lucidum ordnen sich diese 
Bindegewebszellen zu regelmässigen Schichten, deren man etwa 6 oder 
7 zählt, sie bilden also ene Lamina pigmenti chorioideae 
Das Tapetum lucidum besteht aus etwa 5 Schichten pigmentloser 
Zellen von etwa 4 u Dicke mit runden Kernen von fast 4 « Durch- 
messer. Die Zellgrenzen sind schwer erkennbar, doch sind die Zellen, 
nach den Abständen der Kerne zu urtheilen, sehr lang, fast faser- 
förmig zu nennen. Sie enden theils mit geraden Zellwänden, theils 
ziehen sie sich in lange Spitzen aus, wodurch der Eindruck des Faser- 
förmigen noch verstärkt wird. 

Feine, 4 « dicke Capillaren durchsetzen das Tapetum und ver- 
einigen sich auf seiner Innenfläche zur Choriocapillaris. Das 
Aussenblatt der Retina besteht im Bereich des Tapetums aus einer 
endothelartig dünnen Schicht pigmentloser Zellen. 

Die Pupille ist kreisrund und hat einen Durchmesser von 7,3 mm 4). 

Die Iris erscheint makroskopisch an der Wurzel 23 mm dick 
und verdünnt sich rasch gegen den Pupillarrand hin, wo sie nur 80 u 
dick ist. Die sehr beträchtliche Dicke am Ciliarrand kommt auf eine 
höchst eigenartige Weise zu Stande, wie die mikroskopische Unter- 
suchung zeigt. Etwa 1,5 mm vom Ciliarrand entfernt spaltet sich 
nämlich das Stroma der Iris, die hier etwa 1,2—1,3 mm dick ist, 


1) Diese Angabe gilt für das todte Auge. Am lebenden Thier ist 
die Pupille ein senkrecht stehendes Oval, wovon ich mich im Zoologischen 
Garten zu Köln überzeugen konnte. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 165 


in zwei Blätter (s. Fig. M). Das dünnere derselben zieht zum Corneal- 
rand, wo es sich an die Sclera ansetzt, es ist etwa 290 u dick und 
besteht aus Bindegewebe mit einer enormen Menge Pigmentzellen, die 
sich besonders an der cameralen Irisfläche zu einer völlig schwarzen 
Schicht zusammendrängen, welche keinerlei Details erkennen lässt, sie ist 
etwa 30 u dick. Das dickere Blatt der Iris zieht schräg nach hinten 
und geht in die Grundplatte des Corpus ciliare ohne eine Grenze 
über, als Begrenzung der Iris wurde der Anfang der Processus ciliares 
gewählt. Es ist etwa 630 « dick. Zwischen diesen Blättern, und 
eine Strecke weit noch in den Bereich des Corpus ciliare übergreifend, 
befindet sich ein Maschenwerk starker, pigmentirter Bindegewebs- 
stränge, die keine Gefässe enthalten (s. Fig. M). Die Stränge setzen 
sich an die Sclera an und enthalten zwischen sich einen ausgedehnten 
Lymphraum, der am Cornealrand eine Menge offene Verbindungen mit 
der vordern Kammer hat, indem nämlich das vordere Blatt der Iris 
ringsum von zahlreichen Lücken durchsetzt ist. 

Die Grundplatte des Corpus ciliare ist nur etwa 340 w dick. 
Sie besteht zum grössten Theil aus festem Bindegewebe, das sehr 
viele dunkelbraun pigmentirte Zellen von unregelmässiger Gestalt ent- 
hält. Die Blutgefässe sind spärlich. Von den beiden ciliaren Muskeln 
konnte nur der Tensor chorioideae nachgewiesen werden, der 
M. ciliaris s. str. scheint zu fehlen, doch ist er möglicher Weise 
durch schwache Bündel vertreten, die nur wegen des wenig guten 
Erhaltungszustandes nicht mehr festzustellen waren. Der Tensor 
chorioideae besteht aus meridionalen Bündeln von 100—130 u Breite 
bei 80—100 « Dicke. Der Abstand der einzelnen Bündel von ein- 
ander ist ziemlich gering, es mögen 90—100 Bündel im ganzen Um- 
fang des Bulbus vorhanden sein. Jeden Falls ist der Muskel nicht 
auffallend stärker entwickelt als bei andern Pinnipediern, besonders 
als bei Phoca. 

Die Zahl der Ciliarfortsätze beträgt 70—75, ihre Höhe etwa 
2 mm, die Länge 9 mm. Sie haben die Gestalt rechtwinkliger Drei- 
ecke (s. Fig. M p.c) und stellen ungemein dünne Blättchen dar. Von 
der Grundplatte des Corpus ciliare entspringen sie mit leistenförmigen 
Verdickungen, die im äquatorialen Schnitt dreieckig erscheinen. Die 
Basis des (gleichschenkligen) Dreiecks ist 510 w lang, seine Höhe 
beträgt 220 u, von der Spitze (Vorderkante) dieser Verdickung an 
sind die Ciliarfortsitze nur 40—60 « dick, die Flächen sind glatt 
ohne secundäre Fältchen. 

Ein Stroma ist fast gar nicht vorhanden, der schmale Raum, 
der zwischen den Blättchen der Pars ciliaris retinae liegt, ist 


166 AUGUST PUTTER, 


ganz von Gefässen erfüllt, neben der grössern Anzahl ganz winziger 
Gefässe erscheinen einige zerstreute grössere, von etwa 15 uw Durch- 
messer. Die Dicke des Pigmentepithels beträgt etwa 10 u, die des 
Innenblatts der Pars ciliaris retinae etwa 8 «, Details sind nicht mehr 
zu erkennen. 

Die Retina ist im Augengrunde 280 « dick. Hiervon kommen 
auf die Stäbchenschicht 60 «, auf die äussere Körnerschicht 70 u. 
Diese Schicht besteht aus 22—24 Lagen sehr dicht gedrängter, kleiner 
Kerne von 3 u Durchmesser. Die äussere reticuläre Schicht ist 30 u 
dick, die innere Körnerschicht besteht aus 3—7 Lagen von Zellen, 
die viel weniger dicht liegen wie die der äussern Körnerschicht. Sie 
sind auch grösser als jene, ihr Durchmesser beträgt 4—5 u, die Dicke 
der ganzen Schicht beträgt 50 u. Die innere reticuläre Schicht ist 
30 u dick, das Ganglion nervi optici mit der Nervenfaserschicht 
zusammen 40 u. 

Die Ganglienzellen des Ganglion nervi optici bilden keine zu- 
sammenhängende Schicht, sondern sind durch ziemlich erhebliche 
Zwischenraume von einander getrennt. Ihre Durchmesser betragen 
20—26 u,. die der runden Kerne 8 «, und das Kernkörperchen hat 
2—3 u Durchmesser. Die MüÜruer’schen Stützfasern sind stark 
entwickelt. 

Die Zahl der äussern Körnerzellen übertrifft die der Stäbchenzellen 
ganz bedeutend. Zwar ist die Dicke der Stäbchen nicht mehr fest- 
stellbar, aber selbst wenn sie nur 2 uw dick wären und ganz ohne 
Zwischenräume ständen, hätten auf 1 qmm nur 250000 Platz, die 
Zahl der äussern Körnerzellen, die auf diesem Raum liegen, beträgt 
aber 2 000 000. Die innern Körnerzellen sind viel weniger zahlreich, 
es liegen in 1 qmm Retina nur 181 000, also nur !/,, der Zahl der 
äussern Körner. 

Der Nervus opticus tritt am hintern Augenpol in den Bulbus, 
er ist rund und hat einen Durchmesser von 2,98 mm. Die Dicke der 
Nervenfasern ist sehr verschieden, es wurden solche von 4, 6, 8, 12 
und 20 u gemessen, als Mittelwerth ergab sich ein Durchmesser von 
S u. Da die Fläche der Retina etwa 1900 qmm beträgt und die 
Zahl der Opticusfasern sich auf 140 000 berechnet, so kommen auf 
1 qmm Retina etwa 74 Nervenfasern, auf 1 Opticusfaser kommen 
wohl etwa 2000 Stäbchenzellen. 

Schon das am Bulbus erhaltene Stück des N. opticus zeigt er- 
hebliche Sförmige Kriimmungen. Am hintern Augenpol ist er um- 
geben von einem starken Fettpolster (s. Fig. M F), dasselbe setzt in 


Die Augen der Wassersäugethiere. 167 


einem Kreise von mehr als 20 mm Durchmesser an die Sclera an und 
ist am Opticus 6,5 mm dick. 


Die Linse hat einen Durchmesser von 14,5 mm; die Axe misst 
nur 13,2 mm, die Abweichung von der Kugelform ist also immerhin 
bemerkbar. Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt. Der 
Linsendurchmesser verhält sich zum Bulbusdurchmesser wie 1 : 2,31, 
zum Cornealdurchmesser wie 1 : 1,703. 


8. Vergleichung der Pinnipedieraugen. 


1. Erwachsene Thiere. 


Unter den Pinnipediern hat der Seelöwe das relativ grösste 
Auge, das Walross dagegen das kleinste. Die Grössenverhältnisse 
ersieht man am besten aus einer Zusammenstellung, die die Länge des 
Bulbusdurchmessers (2 der Tabelle) und der Bulbusaxe (3 der Tabelle) 
zur directen Körperlänge des Thieres in Proportion setzt. Unter 1 
ist die Länge der Thiere angebeben. 


1 2 3 
Macrorhinus SrA LAG sohbet 
Phoca vitulina Pomel oS shot 
Phoca barbata 3.00 mara Cink ENT 
Odobaenus 5:0 me 712110712204 
Otaria L3 m... 1539 ..,.6:343 


Ungemein viel grösser sind die Augen im Verhältniss zur Körper- 
länge bei den Embryonen, bei dem von Phoca groenlandica etwa wie 
1:20 und beim Walrossembryo wie 1:24, doch ist hierbei in Betracht 
zu ziehen, dass der Kopf bei placentalen Säugethierembryonen stets 
stärker als der Rumpf entwickelt ist. 


Der Bulbus des Pinnipedierauges weicht im Allgemeinen nur 
wenig von der Kugelform ab. Am grössten sind noch die Abweichungen 
bei Macrorhinus und Odobaenus. Dem Verhältniss der Bulbusaxe zum 
Durchmesser nach wäre das Walrossauge am meisten elliptisch, was 
aber nicht ganz zutrifft wegen der so sehr verschiedenen Höhe der 
Hornhäute beider Thiere, und es ist daher besser, das sclerale 
Segment allein zu betrachten. Die Höhe dieses Segments verhält sich 
dann zum Scleraldurchmesser bei 


Macrorhinus 1: 1,402 Phoca vitulina 1:1,129 
Odobaenus 1:1,341 Halichoerus 1: 1,322 


Phoca barbata 1:1,238 Otaria 1: 1,34 


168 AUGUST PUTTER, 


Um zu erkennen, welche Formveränderungen das sclerale Seg- 
ment innerhalb der Pinnipedier-Ordnung erleidet, ist es nöthig, die 
beiden Abschnitte, in welche es durch den Aequator zerlegt wird, 
gesondert zu betrachten. Es ergiebt sich dann, dass der Augengrund 
im Verhältniss zum prääquatorialen Segment bei Ofaria und Macro- 
rhinus am kleinsten, bei Odobaenus am grössten ist. Der Verbindungs- 
theil zwischen Cornea und Augengrund verkleinert sich also. In welchem 
Maasse dies geschieht, ersieht man aus folgender Zusammenstellung. 
Das Verhältniss der Höhe des prääquatorialen Segments zu der des 
Augengrundes beträgt bei 


Otaria 1: 0,923 Halichoerus 1: 1,270 
Macrorhinus 1:1,03 Phoca vitulina 1:12% 
Phoca barbata 1:1,172 Odobaenus rosmarus 1: 1,45 


Für alle Pinnipedier ist eine Verdünnung der Sclera im Aequator 
charakteristisch, der Grad der Verdünnung aber ist sehr verschieden. 
Nach vorn wie nach hinten verdickt sich die Sclera vom Aequator 
aus, die Stelle aber, wo ihre grösste Dicke liegt, wechselt sehr stark. 

Ueber alle diese Verhältnisse mag zunächst die folgende Tabelle 
zahlenmässig orientiren: Unter 1 ist die grösste Dicke des prääqua- 
torialen Scleralsegments, unter 2 die des Aequators und unter 3 die 
des Augengrundes in Theilen der Bulbusaxe aufgeführt: 

1 2 3 
Macrorhinus leoninus 1:12,38 1:139,25 1:16,38 
Phoca vitulina LES Bits 174680 1: 11,33 
Phoca barbata 1:17,25 1:43,13 1:17,25 
Odobaenus rosmarus 1:12,25: 1:245 Los 
Halichoerus gryphus 1: 2141145220 1:825 
Otaria jubata 19095. 12500 1:58 


Man sieht, dass die äquatoriale Verdünnung bei Macrorhinus am 
bedeutendsten, bei Halichoerus und Odobaenus am geringsten ist, die 
beiden Species von Phoca stehen zwischen diesen Extremen. Bei 
Macrorhinus ist das prääquatoriale Segment der Sclera dicker als der 
Augengrund, bei Phoca barbata sind beide gleich dick, bei Ph. vitu- 
lina übertrifft die Dicke des Augengrundes, die hier schon recht er- 
heblich ist, die des vordern Segments. Die grösste allgemeine Ver- 
dickung der Sclera zeigen aber Odobaenus, Halichoerus und Otaria, 
besonders im Augengrund, der z. B. beim Walross 1,7mal so dick 
wie bei Macrorhinus ist, während das vordere Segment nur wenig 
dicker ist. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 169 


Veränderlicher noch als die Sclera erscheint bei den Pinnipediern 
die Cornea. Der Antheil, den sie am Aufbau des Bulbus nimmt, 
schwankt nur wenig, als Mittelwerth können wir für das Verhältniss 
des Corneal- zum Bulbusdurchmesser 1:1,54 angeben. Die grössten 
Abweichungen von diesem Werth zeigen Otaria und Phoca barbata. 
Bei ersterer beträgt das Verhältniss 1:1,36, bei letzterer 1: 1,695. 
Auffallend ist der grosse Unterschied der beiden Species von Phoca. 
Während Ph. barbata die relativ kleinste Hornhaut hat, treffen wir 
bei Ph. vitulina die zweitgrösste (Verhältniss 1:1,429). Der Corneal- 
bogen schwankt von 90° bei Macrorhinus zu 55° bei Phoca vitulina, 
Ph. barbata hat 59° und Odobaenus 60° Die Abnahme der Höhe 
der Cornea zeigt einen regelmässigern Gang; in Theilen der Bulbus- 
axe ausgedrückt ist sie bei 


Otaria 1:6 Odobaenus 1: 9,8 
Macrorhinus 1:6,19  Phoca vitulina 1 : 11,53 
Halichoerus 1:9,43  Phoca barbata 1 : 11,5 


Am flachsten ist sie also beim Genus Phoca. Auch ihre Dicken- 
verhältnisse ändern sich innerhalb der Ordnung beträchtlich. 

Bei Macrorhinus ist sie im Scheitel ebenso dick wie am Rande, 
bei Phoca barbata ist der Hornhautscheitel sogar ein wenig dicker als 
der Rand (Verhältniss 1:0,8), bei Ph. vitulina beträgt das Verhältniss 
1:3,33, bei Odobaenus 1: 3,53, bei Otaria 1:1,71 und bei Halichoerus 
sogar 1:2. 

Zieht man weiter in Betracht, dass auch die relative Dicke der 
Cornea ganz bedeutend zunimmt, so dass sie, besonders bei Odobaenus, 
ganz erstaunliche Dimensionen erreicht, so erhält man ein Bild von 
der Grösse der Umbildungen, deren dieses Organ innerhalb einer 
einzigen Ordnung fähig ist. 

Die Chorioidea ist an Dicke und Gefässreichtum bei den ver- 
schiedenen Thieren sehr verschieden. Sieht man zunächst vom 
Tapetum lucidum ab, so findet man, dass der übrige die grossen Ge- 
fässe enthaltende Abschnitt bei Macrorhinus bei weitem am dünnsten ist, 
er ist nur 90 u dick. Bei Phoca barbata beträgt die Dicke 460 u, 
bei Odobaenus 510 u und bei Ph. vitulina sogar 740 u. Noch auf- 
fallender erscheinen die Unterschiede, wenn man die relativen Dicken, 
ausgedrückt in Theilen der Bulbusaxen, vergleicht, sie betragen bei 

Macrorhinus 1: 619 Halichoerus 1361 
Otaria 1:231 Odobaenus rosmarus 1:48 
Phoca barbata 1:75 Phoca vitulina 1:46 


170 AUGUST PUTTER, 


Es ist also der gefässhaltige Theil der Chorioidea im Auge von 
Ph. vitulina relativ mehr als 13mal so dick wie bei Macrorhinus. 
Ausserdem ist in Betracht zu ziehen, dass bei Macrorhinus die Ge- 
fässe viel weniger dicht liegen als in den Aderhäuten der übrigen 
Thiere. 

Bei der Vergleichung der Tapeta lucida der Pinnipedier muss 
man ein Gebilde berücksichtigen, das oben als Lamina pigmenti 
chorioideae beschrieben wurde und bei Macrorhinus, Otaria und 
Odobaenus zu finden ist. Es gleicht dem Tapetum im Bau so sehr, 
dass man es als einen Theil desselben auffassen könnte, der eine 
niedrigere Entwicklungsstufe repräsentirt, indem er das Pigment nicht 
wie das eigentliche Tapetum lucidum verloren hat. 

Auch das Tapetum ist, ebenso wie die Gefässchicht der Chorioidea, 
bei Ofaria und Macrorhinus am schwächsten entwickelt, selbst unter 
Hinzurechnung der Lamina pigmenti ist es bei letzterm nur 50 u 
dick, 20 « davon kommen auf die Pigmentschicht und bei Otaria 
ist das eigentliche Tapetum gar nur 20 u dick. Etwas stärker ist 
das Tapetum bei Odobaenus, doch kommen von den 180 w Dicke nur 
60 u auf das eigentliche Tapetum, 120 « auf die Pigmentschicht. 
Beim Genus Phoca fehlt die Pigmentschicht, als ihre Reste kann man 
wohl die zu parallelen Reihen geordneten Bindegewebszellen ansehen, 
die zwischen den innern Gefässen der Lamina vasculosa liegen. 
Das Tapetum ist bei Ph. vitulina 160 u dick, bei Ph. barbata er- 
reicht es mit 340 u Dicke seine grösste Ausbildung. Drückt man die 
Dicke des Tapetum lucidum, ausschliesslich der Lamina pig- 
menti, in Theilen der Bulbusaxe aus, so beträgt dieselbe bei 


Macrorhinus 1:1856 Odobaenus rosmarus 1:408 
Otaria 1: 1500 Phoca vitulina LAS 
Halichoerus 1 : 600 Phoca barbata 1:101 


Das Tapetum von Ph. barbata ist also mehr als 18mal so dick 
wie jenes von Macrorhinus. Die Gefässe, welche das Tapetum durch- 
bohren um sich an seiner Innenfliche als Choriocapillaris aus- 
zubreiten, sind stets Capillaren; um so auffallender sind die grossen 
Verschiedenheiten ihrer Durchmesser, bei Macrorhinus sind sie nur 
4 u dick, bei Phoca barbata dagegen 30 u, bei Ph. vitulina 10 u. 

Eine ganz ungewöhnliche Entwicklung erreicht im Pinnipedier- 
auge das Ligamentum pectinatum. Ks schiebt sich als starke, 
im Querschnitt dreieckige Gewebsmasse vom Cornealrande aus zwischen 
Sclera und Chorioidea ein und bildet, da seine Stränge bei den meisten 
Species Blutcapillaren enthalten, hier einen Gefässplexus. Bei 


Die Augen der Wassersäugethiere. 171 


weitem die stärkste Ausbildung hat es bei Macrorhinus, wo es nach 
hinten 10,2 mm weit reicht und am Cornealrande 4 mm dick ist. Bei 
Phoca barbata ist es 2,5 mm dick und reicht 5,6 mm nach hinten, 
fast ebenso sind die Dimensionen bei Ph. vitulina. Am schwächsten 
ist es bei Odobaenus ausgebildet, wo es bei 1,7 mm Dicke auch nur 
1,7 mm weit nach hinten reicht. 


Besondere Erwähnung verdient das entsprechende Gebilde bei 
Otaria. Wie oben beschrieben (S. 164 und Fig. M !.p), spaltet sich 
hier die Iris in zwei Blätter. Das vordere Blatt ist am ciliaren 
Rande vielfach durchbrochen. Es stellt diese Bildung einen Ueber- 
gang zwischen dem normalen Verhalten der Iris bei Landsäugethieren 
und dem der übrigen Pinnipedier dar, in so fern die Auflockerung des 
Irisstromas in ein weites Maschenwerk von Bindegewebsbalken 
(die später auch Gefässe führen), die zur Bildung weiter Lymph- 
räume am Cornealrande führt, hier erst die tiefern Schichten er- 
griffen hat, während an der cameralen Irisfläche noch eine ziemlich 
dicke Platte festen Stromas liegt. Denkt man sich dieselbe ver- 
dünnf und in einzelne Bindegewebszüge aufgelöst, so erhält man genau 
das Bild wie bei den übrigen Pinnipediern. 

Die Pupille zeigt an den conservirten Augen drei Typen. Bei 
Otaria und Halichoerus ist sie kreisrund (bei Ofaria im Leben ein 
senkrechtes Oval), bei Macrorhinus und Phoca vitulina ein liegendes 
Oval, und bei Ph. barbata und Odobaenus „birnförmig“ (s. 0.), wobei 
die grösste Breite am nasalen Ende liegt. 


Entsprechend der geringen Grösse der Pupille ist die Iris überall 
sehr breit, sie liegt kuppenförmig erhoben der vordern Linsenfläche 
auf. Ganz ausserordentlich stark ist die Irismusculatur, die den 
Hauptantheil am Aufbau der Iris nimmt, so dass das Stroma 
iridis gänzlich gegen sie zurücktritt. 

Der Dilatator iridis ist überall stark entwickelt, bleibt aber 
hinter dem Sphincter zurück, der den pupillaren Rand fast ganz 
allein bildet. 

Der Sphincter erreicht den Rand der Iris nicht, nur bei 
Macrorhinus scheint er ihn zu erreichen oder sogar über ihn hinaus- 
zugreifen, doch ist hier, wie oben erwähnt, keine scharfe Irisgrenze 
zu ziehen, jedenfalls reicht auch hier, wie bei allen Pinnipediern, der 
Dilatator iridis weiter peripher als der Sphincter. Beide haben ihre 
dickste Stelle stets nahe an ihrem peripheren Ende, also der Dila- 
tator meist an der Iriswurzel, der Sphincter eine Strecke weit pupillar- 


172 AUGUST PUTTER, 


warts davon. Die Gefässchicht der Iris ist bei weitem am stärksten bei 
Odobaenus entwickelt, wo sie im ganzen Verlauf der Iris der Vorder- 
fläche der Musculatur aufliegt, sie ist am pupillaren Rande 0,34 mm 
dick, an der dicksten Stelle der Iris 0,535 mm. Schon schwächer 
zeigt sie sich bei Macrorhinus ausgebildet, dem pupillaren Rande fehlt 
die Gefässchicht in einer Breite von 2,55 mm völlig, und auch im 
weitern Verlauf der Iris ist sie nur 0,14 mm dick. Auch bei Phoca 
barbata bleibt ein 2,21 mm breiter pupillarer Rand der Iris frei von 
Gefässen, und in den peripheren Iristheilen liegen die Gefässe meist 
in einfacher Schicht der Vorderfläche der Musculatur auf. Am 
schwächsten zeigen sich die Gefässe bei Ph. vitulina entwickelt, hier 
ist überhaupt keine zusammenhängende Gefässchicht mehr vorhanden, 
und nur einzelne Gefässe erscheinen auf Radialschnitten an der Vorder- 
fläche der Iris, zum Theil weit in das Innere der Vorderkammer 
hineinragend. 

Das Corpus ciliare ist im Pinnipedierauge ausgezeichnet durch 
eine aus straffem, fasrigem Bindegewebe bestehende Grundplatte. Bei 
weitem am stärksten ist diese Grundplatte bei Macrorhinus entwickelt, 
wo sie bis in den Bereich der Irismusculatur vordringt und eine er- 
hebliche Dicke aufweist. Bei den übrigen Pinnipediern tritt sie mehr 
gegen die stärker entwickelten Blutgefässe zurück. Von den Muskeln 
des Ciliarkérpers ist der eigentliche, circulir verlaufende Musculus 
ciliaris überall sehr schwach entwickelt, am besten noch bei Macro- 
rhinus, doch besteht er auch hier nur aus wenigen Bündeln. Der 
meridional verlaufende Tensor chorioideae ist dagegen ziemlich 
stark entwickelt; bei Macrorhinus besteht er aus etwa 30 Bündeln 
von 130—170 u Dicke, bei Ph. barbata ist er nicht in einzelne 
Bündel getheilt, sondern umgiebt im ganzen Umkreis den Ciliarkörper, 
ausserdem zeigt er im Aequator des Bulbus eine sehr bedeutende 
Verdickung, so dass er hier, an der dünnsten Stelle der Sclera, seine 
grösste Dicke mit 680 u hat. Weniger stark ist der Muskel bei Ph. 
vitulina, wo er aus etwa 77 Bündeln oder Gruppen von Bündeln be- 
steht, deren Dicke von 80—180 u schwankt. Nicht unerheblich im 
Verhältniss zur Kleinheit des Auges ist die Entwicklung des Muskels 
bei Odobaenus, wo er aus etwa 47 Bündeln von 100 u Dicke besteht. 
Jeden Falls ist er bei Macrorhinus am schwächsten entwickelt, wo die 
Abstände seiner Bündel 3—4 mm betragen, stärker bei Odobaenus, 
wo die Bündel 1,53 mm von einander abstehen und am stärksten bei 
Phoca, von denen Ph. vitulina die grösste Anzahl isolirter Bündel mit 
nur 1,2 mm Abstand hat, während bei Ph. barbata überhaupt keine 


tof. o>, ad ae bh 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 173 


einzelnen Biindel mehr auftreten, sondern der Muskel im ganzen Um- 
fang vorhanden ist. Die Zahl der Ciliarfortsätze schwankt um das 
Doppelte innerhalb der Ordnung, Odobaenus hat nur 60 Ciliarfortsätze, 
Ph. barbata 120, Halichoerus hat 70—75, Otaria 80, während Macro- 
rhinus und Ph. vitulina 100 besitzen. Ueber die Grössenverhältnisse 
der Ciliarfortsätze, die stets die Form dreieckiger Platten haben, 
orientirt folgende Tabelle, in der unter 1 die Länge der Ciliarfort- 
sätze in Theilen der Bulbusaxe, unter 2 die Höhen in Theilen des 
Bulbusdurchmessers angegeben sind: 
1 2 ji 2 

Macrorhinus 1:328 1:15,33 Phoca vitulina 1:3,09 1:11,66 
Odobaenus 1:3,0 1:14,75 Halichoerus RS OM: "15.0 
Phoca barbata 1 : 2,65 1 : 19,5 Otaria Merle l Gs 

Man ersieht hieraus die Grössenzunahme des Ciliarkôrpers. Der 
Höhe nach steht Ph. vitulina obenan, während Ph. barbata die längsten 
Ciliarfortsätze hat. Bei Macrorhinus und Ph. vitulina sind die Flächen 
der Ciliarfortsätze völlig glatt ohne secundäre Fältchen; H. Vircaow 
sagt (50, p. 448): „beim Seehund erreichen die mechanischen Charaktere 
im Bau der Falten die höchste Stufe.“ 

Bei Phoca barbata ist die ganze Fläche der Fortsätze mit kleinen, 
niedern Fältchen besetzt. Einen eigenartigen Bau zeigen die Fort- 
sätze bei Odobaenus, hier ist der distale Theil der Fortsätze, der bei 
allen übrigen Pinnipediern verdickt und etwas gefältelt erscheint, un- 
verdickt und vollkommen glatt, dagegen erheben sich proximal von 
der Fläche der Ciliarfortsätze in grosser Anzahl Fältchen von 90 u 
Höhe und 50 w Breite, die meridional verlaufen. 

In allen Pinnipedieraugen fehlt die Ora serrata, die Retina 
geht an der Grenze des Corpus ciliare in einer glatten, als Linea 
terminalis retinae bezeichneten Linie in das Epithel der Ciliar- 
fortsätze über. 

Die Retina selbst ist bei Macrorhinus und Otaria am dünnsten, 
280 w dick, bei Phoca vitulina 340 u und bei Ph. barbata und Odo- 
baenus sogar 434 u dick. 

Die reticulären Schichten bieten kein besonderes Interesse, die 
äussere ist 20—30 u dick, die innere 30—50 u. Die Stäbchen sind 
durchweg etwa 3 « dick, bei Macrorhinus und Phoca vitulina vielleicht 
eine Kleinigkeit dicker. Ihre Länge beträgt bei Ph. barbata 64 u, 
bei Macrorhinus 70 u, bei Ph. vitulina 80 u und bei Odobaenus ist 
sie mit 90 « am grössten. Entsprechend der relativ etwas grössern 
Anzahl der Stäbchen bei Ph. barbata und Odobaenus sind bei diesen 


174 AUGUST PUTTER, 


Thieren die äussern Körnerschichten am dicksten, bei ersterm 160, 
bei letzterm 110 « dick, während sie bei Ph. vitulina nur 70 
und bei Macrorhinus 100 u messen. Zur weitern Orientirung diene 
die folgende Tabelle. Unter 1 sind die Zahlen der Schichten von 
Kernen verzeichnet, die in der äussern Körnerschicht über einander 
liegen, unter 2 dieselbe Zahl für die innere Körnerschicht: 
1 2 3 AO 

Macrorhinus 2, A Odobaenus 18 4 

Phoca barbata 27 10 Otaria 23.4 5 

Phoca vitulina 21 7 

Auch hier sieht man erhebliche Schwankungen in allen Werthen. 
Die Zahl der innern Körner ist stets geringer als die der äussern, 
das Verhältniss schwankt sehr, doch sind zahlenmässige Angaben hier 
nicht am Platz, da die Kerne sehr verschieden dicht in den Schichten 
liegen, was nicht genügend in der Rechnung berücksichtigt werden 
kann. Die Kerne der innern Körnerschicht sind stets etwas grösser 
als die der äussern, die erstern haben im Durchschnitt einen Durch- 
messer von 6 u, die äussern einen solchen von 4 u. 

Die Opticusfasern sind bei den einzelnen Thieren sehr verschieden 
dick, bei Odobaenus schwanken sie zwischen 4 und 16 u, bei Ofaria 
gar zwischen 4 und 20 u, bei Phoca barbata zwischen 6 und 10 u, 
bei Ph. vitulina zwischen 4 und 8 u und bei Macrorhinus sind die 
Grenzen am engsten, 4—6 u. 

In wie verschiedener Weise die Netzhäute mit Nervenfasern ver- 
sorgt werden, zeigt folgende Tabelle: 

1 giebt die Fläche der Retina, 

2 die Zahl der Opticusfasern, 

3 die Zahl der Stäbchenzellen in Millionen, 

4 die Zahl der Opticusfasern, die auf 1 qmm Retina entfallen, 

5 die Zahl der Stäbchenzellen, die auf eine Opticusfaser kommen. 

1 2 3 4 D 
Macrorhinus 7400 qmm 767000 700 103 920 
Phoca barbata 2543 ,, 174000. 363 68 2086 


Phoca vitulina 1980 , 147000 227 74 1544 
Odobaenus TODE} 111000 256 | .62.2300 
Otaria 1900 28% 140000 ? 74 ? 


Am besten ist das Auge von Macrorhinus mit Nervenfasern ver- 
sorgt, und die Anzahl der Stäbchen, welche auf eine Nervenfaser kommen, 
ist bei ihm die kleinste unter den erwachsenen Pinnipediern. Die 
wenigsten Nervenfasern auf 1 qmm der Retina erhält Odobaenus, bei dem 


Die Augen der Wassersäugethiere. 175 


zugleich die Zahl der Stäbchen, die auf eine Faser entfallen, ihr Maxi- 
mum erreicht. Das Genus Phoca steht zwischen beiden Extremen, 
wobei Ph. barbata in seinem Verhalten eine Annäherung an Odo- 
baenus, Ph. vitulina eine solche an Macrorhinus erkennen lässt; 
Otaria verhält sich wie Ph. vitulina. 

Der Opticus tritt meist etwas nach unten vom hintern Augen- 
pol und etwas temporal an den Bulbus heran, meist umgeben von 
einem dicken Geflecht von Ciliargefässen, das bei Ofaria fehlt (s. 0.). 
Bei Otaria und Halichoerus liegt die Eintrittsstelle am hintern 
Augenpol. 

Die Linse weicht in allen Pinnipedieraugen sehr wenig, zuweilen 
überhaupt nicht von der Kugelform ab. Sie ist stets relativ gross, 
doch verschieden stark bei den verschiedenen Species entwickelt, wie 
die folgende Zusammenstellung zeigt, bei der unter 1 die Länge der 
Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe aufgeführt ist, unter 2 der Linsen- 
durchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers. 


1 2 1 2 
Otaria 1 :2,27.:1,:2,30 ,, Phoca barbatar 1: 2,464 ,.1 2,7 
Odobaenus 12245. 173105 ,,Phoca, vitulina, : 1: 2,429), 113.255 
Macrorhinus 1: 2,785 1: 2,862. Halichoerus 132,065, 02,38 


Die Vergleichung der untersuchten Pinnipedieraugen ergiebt, das 
ein Durchschnitts-Pinnipedierauge nicht existirt; die Unterschiede sind 
sehr gross, und jedes Auge tritt uns als eine ganz eigenartige Indi- 
vidualität entgegen. Dieselben, wenigstens zum Theil, als Anpassungs- 
erscheinungen an verschiedene Lebensbedingungen zu verstehen, soll 
weiter unten versucht werden. 


2. Entwicklungsstadien. 


Als Ergänzung der vergleichend-anatomischen Betrachtung des 
Pinnipedierauges kann noch ein Blick auf die beiden untersuchten 
Embryonen von Phoca groenlandica (etwa 10 cm lang) und Odobaenus, 
12 cm lang, dienen, sowie eine Betrachtung der neugeborenen Phoca 
vitulina und Halichoerus gryphus. Diese neugeborene Phoca steht, 
was manche Eigenschaften ihres Auges anlangt, zwischen den beiden 
ausgebildeten Species Ph. barbata und Ph. vitulina. Die Dickenver- 
hältnisse der Sclera zeigen diese Thatsache sehr gut. In der fol- 
genden Uebersicht findet sich unter 1 die maximale Dicke des prä- 
äquatorialen Segments, unter 2 die Aequatorialdicke und unter 3 die 
grösste Dicke des Augengrundes, alle in Theilen der Bulbusaxen: 


176 AUGUST PUTTER, 


1 2 3 
Phoca barbata 1: 17,25 ASSIS cole 
Phoca vitulina juv. 116 19295 1 : 14,25 


Phoca vitulina adult. 1:13,6 1:68 1 :,11,33 


Es erhellt aus diesen Zahlen, dass die Dicke des vordern Augen- 
segments wie des Augengrundes beim Neonaten gerade in der Mitte 
zwischen den Werthen steht, die Ph. barbata und Ph. vitulina 
zeigen. Im Aequator dagegen ist die Sclera beim Neugeborenen viel 
dünner als bei den erwachsenen Thieren beider Species. 

In der Mitte zwischen den beiden Species liegen auch die Zahlen 
für das Verhältniss der Randdicke der Cornea zur Scheiteldicke. 
Bei Ph. barbata betrug das Verhältniss 1:1,255, beim Neonaten 
stellt es sich auf 1:2 und beträgt bei der erwachsenen Phoca vitulina 
1: 3,00. 

Diese Mittelstellung tritt auch in der Dicke der Chorioidea 
und des Tapetums hervor, wenn man sie in Theilen der Bulbusaxe 
ausdrückt. Die Dicke der erstern, 1 : 53,3, steht in der Mitte zwischen 
dem Werth bei Ph. barbata, 1:75, und dem bei Ph. vitulina, 1 : 46. 
Und für das Tapetum stehen dem Werth 1:154 des Neonaten bei 
Ph. barbata 1: 101, bei Ph. vitulina 1 : 212 gegenüber. 

Für die Höhe der Ciliarfortsätze und die Linsenaxe gilt dasselbe, 
die Höhe in Theilen des Bulbusdurchmessers beträgt bei Ph. vitulina 
1:11,66, beim Neugeborenen 1: 16,6 und bei Ph. barbata 1 : 19,5. 
Und für die Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe beträgt der Werth 
bei Ph. vitulina 1 : 2,5, beim Neugeborenen 1: 2,57 und bei Ph. bar- 
bata 1 : 2,708. 

Zum Schluss sei noch die Retina erwähnt, die bei Ph. barbata 
sich zur Bulbusaxe verhält wie 1: 79, beim Neugeborenen wie 1: 92 
und bei Ph. vitulina wie 1 : 100. 

Die übrigen Charaktere stellen nicht Differenzirungen der beiden 
Species von einander dar; um ihre Bedeutung zu verstehen, muss man 
weiter in der phylogenetischen Reihe zurückgehen, und hier geben die 
beiden oben erwähnten Embryonen Material zur Verfolgung des Stamm- 
baums des Pinnipedierauges. 

Die Embryonen zeigen in den äussern Formen ihrer Bulbi, und 
auf diese soll hier nur eingegangen werden, bemerkenswerthe Aehn- 
lichkeiten unter einander und Abweichungen von den Formen aller 
andern Pinnipedieraugen. Es wurde oben (s. S. 167) angegeben, in 
welchem Maasse die Augen der einzelnen Pinnipedier von der Kugel- 


Die Augen der Wassersäugethiere. 177 


form abweichen. Am meisten war dies bei Macrorhinus der Fall, bei 
dem die Höhe des scleralen Bulbussegments sich zu dessen Aequatorial- 
durchmesser verhielt wie 1: 1,402. Die beiden Embryonen haben nun 
noch weit elliptischere Bulbi, die entsprechenden Verhältnisszahlen sind 
für den Walrossembryo 1:1,51, für den von Phoca groenlandica 
21,71. 

Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt, ist 
fast derselbe bei den Embryonen wie bei den erwachsenen Thieren ; 
zwar findet man ihn etwas grösser, doch sind die Schwankungen zu 
gering, als dass man darauf irgend welche phylogenetischen Er- 
‘ örterungen stützen Könnte. 

Die grösste Cornea unter jenen hat, wie oben gezeigt wurde 
(S. 131), Phoca vitulina, ihr Durchmesser verhält sich zu dem des 
Bulbus wie 1: 1,429. Beim Walrossembryo beträgt dieses Verhältniss 
1:1,373 und beim Embryo von Ph. groenlandica 1:1,22. Den 
grössten Cornealbogen hat unter den Pinnipediern Macrorhinus mit 
90°, der Walrossembryo kommt ihm mit 91° Cornealbogen etwa 
gleich, dagegen übertrifft ihn der Embryo von Ph. groenlandica mit 
112° nicht unwesentlich. Auch die grösste Höhe der Cornea zeigt 
Macrorhinus, sie beträgt 1:6,19 der Bulbusaxe. Beim Odobaenus- 
Embryo beträgt ihre Höhe 1:5,35 und bei Ph. groenlandica gar 
1: 3,67, also fast das Doppelte. 

Wenn wir die so gewonnenen Resultate phylogenetisch verwerthen, 
so kommen wir zu dem Resultat, dass bei den Pinnipediern der 
Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt, beim Ueber- 
gang zum Wasserleben keine Veränderungen erlitten hat, wohl aber 
die Grösse ihres Bogens und ihre Höhe, und ebenso auch die Form 
des Bulbus. 


II. Das Sirenenauge. 


An Literatur über das Sirenenauge habe ich nur eine sehr lücken- 
hafte Beschreibung des Auges von Manatus americanus bei MURIE (26) 
gefunden und eine kurze Notiz H. Vircaow’s (50), die die Form der 
Ciliarfortsätze eines jungen Manati betrifft (gleichfalls M. americanus). 


1. Manatus latirostris HARLAN. 


Embryo von 6,85 cm Länge. In Frontalschnitte zerlegt. 
Der Bulbus (s. Fig. N) ist in der Richtung der Axe verkürzt, diese 


beträgt nur 3,29 mm, der verticale Bulbusdurchmesser dagegen 4,25 mm. 
Zool, Jahrb, XVII, Abth, f. Morph. 12 


178 AUGUST PUTTER, 


Die Aequatorialebene liegt 1,25 mm hinter der Flache des Corneal- 
randes, ein Sulcus corneae ist nicht vorhanden. Das vordere, 
corneale Segment des Bulbus ist stärker gewölbt als der Augengrund; 
sein Kriimmungsradius beträgt 1,44 mm, der Cornealbogen 120°. Der 
verticale Cornealdurchmesser verhält sich zum Bulbusdurchmesser wie 
12219: 

Die Cornea hat einen verticalen Durchmesser von 2,5 mm, 
ihre Höhe beträgt 0,72 mm. Im Scheitel ist sie fast doppelt so 
dick wie am Rande, hier misst sie 140 u, dort 260 u. Das Corneal- 
epithel ist am Rande mit 30 « nur wenig dicker als im Scheitel, wo 
es 24 u dick ist, es lässt 3 Schichten erkennen, die tiefste ist etwa 
10 uw dick und besteht aus annähernd cubischen Zellen, deren sehr 
grosse, runde oder ovale Kerne 8 u im Durchmesser haben. Es folgt 
eine Schicht polygonaler Zellen von 8 « Dicke, die runden Kerne sind 
etwa 6 « dick. Die oberflächlichste Schicht bildet eine Lage Platten- 
zellen von 6 u Dicke, ihre Kerne sind längs oval und bei 4 « Dicke 
bis 10 u lang. 

Die Cornea pro- 
pria zeigt im Scheitel 
; sehr lockern Bau, die 
SOQ,--p.¢. Lamellen fassen viele 

N weite Lymphräume zwi- 
À 7" schen sich. Gegen den 
oy Rand hin wird das Ge- 

fiige fester, die Lymph- 
räume kleiner. Die Kerne 
der Cornealfasern liegen 
im Scheitel ziemlich weit 

Fig. N. Manatus latirostris, Verticalschnitt. 13:1. von einander entfernt, sie 

Buchstabenerklärung s. am Schluss. sind meist lang und 

schmal, am Rande aber 
liegen sie sehr dicht, ihre Form ist rund oder oval, auch sind sie 
grösser als die im Cornealscheitel. 

Die Sclera ist nahe dem Cornealrand 70 wu dick, dann verdünnt 
sie sich bald auf 40 «u, eine Dicke, die sie auch im Aequator bei- 
behält. Gegen den Augengrund nimmt sie nur'unbedeutend an Dicke 
zu, sie misst hier etwa 50 w. Sie besteht aus starken, nur meridional 
verlaufenden Fasern mit langen, flachen Kernen; die Fasern liegen 
fest an einander. 

Eine Anlage der Chorioidea ist noch nicht vorhanden. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 179 


Die Iris stellt einen Ring von etwa 590 « Breite dar. Am 
Pupillarrand ist sie 60 « dick, an der Wurzel 120 u. Das Stroma 
enthalt Pigment in grosser Menge. Das Aussenblatt der Pars iridica 
retinae ist 14—20 u dick und ganz mit schwarzem Pigment erfüllt. 
Das Innenblatt ist bis an den Pupillarrand hin völlig pigmentfrei. Am 
pupillaren Rand ist es 10 w dick, an der Wurzel 20 uw dick und hier 
schon mehrschichtig. 

Das Corpus ciliare schliesst sich als 425 u breiter Ring an 
die Iris an. Die Ciliarfortsätze haben eine sehr einfache Gestalt, sie 
stellen dreieckige Platten ohne secundäre Fältchen dar. Ihre Höhe 
beträgt 170—200 u, die Dicke an der Basis etwa 100. Die Fortsätze 
stehen sehr eng, so dass ihre Gesammtzahl sicher 90—100 beträgt. 
Das Pigmentblatt zieht als 40 « dicke, tief schwarze Schicht über die 
Fortsätze hin. Das Innenblatt der Retina ist auf der Höhe der Fort- 
sätze nur 10 « dick, nimmt dann aber rasch bis auf 50 u am hintern 
Ende der Falten zu. 

Das Aussenblatt der Retina ist im Ganzen stark pigmentirt, es 
ist im Augengrund 17 u dick, gegen das Corpus ciliare nimmt es bis 
auf 40 u zu. 

Das Innenblatt der Retina ist im Augengrund 180 « dick, an der 
Linea terminalis retinae 90 « dick, die Grenzlinie ist nicht 
scharf markirt, sondern der Uebergang des Pars optica in die 
Pars ciliaris retinae erfolgt allmählich. Die äussere Körner- 
schicht ist 130 « dick und besteht aus etwa 26 Lagen von Kernen. 
Sie liegen ungeheuer dicht gedrängt, nur gegen die innere Grenze hin 
ist die Anordnung eine lockere. Die äussere reticuläre Schicht ist 10 u 
dick. Die innere Körnerschicht besteht aus 1—3, im Durchschnitt 
2 Lagen von Kernen, die viel weniger dicht liegen als die äussern 
Körner, die Dicke der Schicht beträgt 20 u. Die Durchmesser der 
Kerne betragen in beiden Körnerschichten etwa 4 «u. Vitreal von der 
innern Körnerschicht liegt eine Zone von 20 u Breite, in der weitere 
Unterscheidungen in innere reticuläre Schicht und Ganglion optici 
nicht zu erkennen sind. 

Der Nervus opticus hat elliptischen Querschnitt; in der Hori- 
zontalen beträgt sein Durchmesser 760 uw, in der Verticalen 380 w. 
Er tritt im horizontalen Meridian des Auges erheblich temporal vom 
hintern Augenpol an den Bulbus, den er unter sehr spitzem Winkel 
trifft. Sein Verlauf zeigt eine höchst auffallende Abweichung von dem 
Verhalten bei allen übrigen Säugethieren, er tritt nämlich aus dem 


Kegel der Musculi recti heraus und dann durch das Foramen 
12* 


180 AUGUST PUTTER, 


opticum, das hier also nicht innerhalb der Ansätze der Recti ge- 
legen ist, sondern nasal von denselben. 

Die Linse hat einen Durchmesser von 1,53 mm, die Axe ist 
123 mm lang. Die Vorderfläche ist viel flacher als die Hinterfläche, 
ihre Höhe beträgt nur 380 «, ihr Krümmungsradius 0,96 mm und ihr 
Bogen 105°. Die Hinterfläche ist 850 « hoch, ihr Krümmungsradius 
ist 0,77 mm lang, und ihr Bogen beträgt 168°. Das vordere Linsen- 
epithel ist mehrschichtig, seine Dicke beträgt etwa 30 u. Die grossen, 
runden Kerne haben etwa 6 « Durchmesser. Die Epithelgrenze liegt 
nicht im Aequator, sondern 340 u hinter demselben ganz auf der Hinter- 
fläche der Linse. Die Kerne der peripheren Linsenfasern sind sehr 
gross, sie haben etwa 10 w Durchmesser und lassen deutlich in heller 
sefärbtem Plasma dunkle Kernkörperchen erkennen. Die Kerne der 
Centralfasern sind dagegen viel kleiner, der Durchmesser beträgt 
4—5 u, und sie sind ganz dunkel gefärbt. 

Das Corpus vitreum erscheint als ein Netz von stärkern und 
schwächern Fibrillen, welche sich gegen die Retina als Membrana 
limitans, gegen die Fossa lentis als Membrana hyaloidea 
verdichten. An der Papilla nervi optici treten 2 feine Vasa 
hyaloidea in den Glaskörper ein. Die Capsula vasculosa 
lentis besteht aus feinen, meridional um die Linse verlaufenden Ge- 
fässen, die zahlreiche Anastomosen unter einander bilden. Ihre Dicke ~ 
beträgt etwa 17 u, ihr gegenseitiger Abstand 26 u. 

Von den Lidern ist das Oberlid schwächer entwickelt, es ist 
1,87 mm breit und an der Basis 0,85 mm dick, das Unterlid ist 
2,04 mm breit und an der Basis 1,06 mm dick. Die Epidermis, die 
am übrigen Kopf etwa 34 u dick ist, verdickt sich gegen den Margo 
ciliaris bis auf 85 u. Auf die Epidermis folgt die Speckschicht. Diese 
hat auf dem Kopf die erhebliche Dicke von 1,27 mm, nimmt dann gegen 
die Lider rasch an Dicke ab und misst an der Lidwurzel 255 uw, am Lid- 
rand nur noch 128 u. Der Orbicularis oculi ist im Unterlid stärker 
entwickelt als im Oberlid, er reicht einerseits bis gegen den freien 
Lidrand, andrerseits bis über die Basis des Lides heraus. Das Con- 
junctivalepithel zeigt mehrere Schichten von Zellen. Die Mem- 
brana nicticans ist stark entwickelt und enthält einen winklig ge- 
bogenen Nickhautknorpel. 

Auffallend ist das völlige Fehlen von Augendrüsen ; weder die ge- 
ringste Anlage einer HARDER’schen noch einer Thränendrüse ist 
vorhanden, auch ein subconjunctivales Drüsenstratum fehlt gänzlich. 

Bemerkenswerth ist der Reichthum an Gefässen: unter dem Kegel 
der Musculi recti zieht ein starkes arterielles Rete mirabile 


Die Augen der Wassersäugethiere. 181 


durch die Orbita. Ausserdem liegt am obern äussern Rande derselben 
ein aus mehreren grossen Venen bestehender Plexus venosus. 


Anhang. 

Hier muss eine Beobachtung Platz finden, die ich nicht zu 
deuten wage: 

Im obern Abschnitt des Bulbus, etwa im Aequator und in der 
Nähe der Medianebene des Auges, schnürt sich von der Retina ein 
bläschenförmiger Körper ab. Er liegt an der vitrealen Seite der Retina 
und ragt in den Glaskörperraum hinein. Seine Länge beträgt etwa 
400 u, die Breite 260 w. Die der „äussern“ Körnerschicht ent- 
sprechende Zellenschicht des Bläschens ist von der äussern Körner- 
schicht der Retina getrennt, eine Schicht vom Aussehen der innern 
Körnerschicht der Retina schiebt sich zwischen beide. Das Bläschen 
ist völlig geschlossen. 

Diese Bildung findet sich an der gleichen Stelle des Bulbus 
an den beiden Augen der Embryos. Schon hierdurch wird die nächst- 
liegende „Erklärung“, dass es sich um eine „Schrumpfung‘ handeln 
könnte, unwahrscheinlich, um so mehr als der eine Bulbus gut erhalten 
ist, während der andere starke Deformationen im Ganzen und be- 
sonders Faltungen der Retina zeigt. Trotz dieses schlechten Zustands 
ist das fragliche Gebilde durchaus sicher festzustellen. 

Wenn aber nach sorgfältiger Erwägung der Umstände ein Kunst- 
product hier nicht vorliegt, so bleibt es doch vorläufig unmöglich, 
diesem sonderbaren Gebilde, das meines Wissens kaum irgendwo eine 
Analogie findet, irgend eine Deutung zu geben. 


2. Manatus köllikeri KÜKENTHAL. 


Embryo von 51 cm Länge (s. KÜKENTHAL, 96). 

Der Bulbus (s. Fig. O) ist elliptisch, in der Richtung der Axe 
verkürzt. Die Axe ist 8,5 mm lang, der Verticaldurchmesser 10,3 mm, und 
der Horizontaldurchmesser, der am längsten ist, misst 11,4 mm. Ein 
Sulcus corneae ist nicht vorhanden. Die Aequatorialebene liegt 
3 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Die Cornea ist recht 
klein, das Verhältniss ihres Durchmessers zum Bulbusdurchmesser be- 
trägt in horizontaler Richtung 1: 2,714, in verticaler ist die Hornhaut 
noch kleiner, das Verhältniss beträgt 1:3,273. Der Krümmungsradius 
beträgt 2,7 mm, der Bogen 102°. 

Die Cornea hat einen verticalen Durchmesser von 3,3 mm, einen 
horizontalen von 4,2 mm, die Höhe beträgt 1,0 mm. 


182 AUGUST PUTTER, 


Die Cornea ist im Scheitel 0,76 mm dick, d. h. mehr als doppelt 
so dick wie am Rande, wo sie nur 0,34 mm misst. Das Epithel ist 
am Rande wie im Scheitel 30 « dick, es besteht aus einer tiefen 
Schicht von Cylinderzellen, die 16 « hoch sind und sehr grosse Kerne 
zeigen, und einer oder zwei oberflächlichen Lagen flacher, in der Ver- 
hornung begriffener Zellen. 

Die Sclera ist im Aequator nur 85 x dick, im Augengrunde 
verdickt sie sich auf 170 «, am Cornealrande beträgt die Dicke 210 u. 

Die Chorioidea ist nur als 40 u dicke Schicht lang gestreckter, 
pigmentirter Bindegewebszellen an der Innenfläche der Sclera er- 
kennbar. 

Die Iris bildet einen 
1,445 mm breiten Ring, 
ihre Dicke beträgt 85 u. 

Die Zahl der Pro- 
cessus ciliares beträgt 
45—50, ihre Höhe 468 u 

bei einer Länge von 
1,56 mm. Sie haben die 
Form dreieckiger Platten, 
in ihren untern (hintern) 
Theilen sind sie glatt, in 
den vordern reich mit Fält- 
À chen besetzt. Der freie 

Fig. 0. Manatus köllikeri, Verticalschnitt, and ist verdickt, = — 

5:1. Buchstabenerklirung s. am Schluss. Die Retina ist im 

Augengrunde 180 w dick, 
die äussere Körnerschicht besteht aus etwa 7 Schichten von Zellen, 
ihre Gesammtdicke beträgt 40 u. Die äussere reticuläre Schicht ist 
10 u dick, die innere Körnerschicht, aus etwa 5 Zellenschichten be- 
stehend, 30 u. Auf das Ganglion optici entfallen 70 u. 

Der Nervus opticus tritt am hintern Augenpol an den Bulbus 
heran. Der Durchmesser der Linse beträgt 2,3 mm, ihre Axe 2 mm, 
Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt, je 1 mm hoch. 


3. Halicore dugong Q. et G. 
Embryo von 46 cm directer Körperlänge, Länge über den Rücken 
52 cm. In Alkohol (s. Fig. P). 
Der Bulbus ist in der Richtung der Axe verlängert, diese über- 
trifft mit 15,5 mm Länge den Horizontal- und Verticaldurchmesser, 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 183 


die einander gleich, beide 14,5 mm lang sind. Die Aequatorialebene 
liegt 6 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus cor- 
neae ist nicht vorhanden. Die Cornea ist recht klein, ihr verticaler 
Durchmesser verhalt sich zum verticalen Bulbusdurchmesser wie 1 : 2,64, 
die horizontalen Durchmesser verhalten sich wie 1: 2,25. Das corneale 
Segment des Bulbus ist viel stärker gewölbt als das sclerale, sein 
Krümmungsradius beträgt 3,25 mm, der Bogen der Cornea 134°. 
Der Krümmungsradius der Sclera beträgt 6,34 mm, der Bogen 303°. 
Die Cornea hat einen Horizontaldurchmesser von 6,5 mm, der 
Verticaldurchmesser beträgt 5,5 mm, die Höhe 2 mm. Im Scheitel 
ist die Cornea fast doppelt so dick wie am Rande, dort 1,1 mm dick, 
am Rande nur 0,595 mm. 
Die Sclera ist 
im Aequator am dünn- 
sten, hier misst sie 
0,4 mm, am Corneal- 
rande beträgt die Dicke 


FR 


s 
0,6mm und im Augen- | temporal 
grunde 0,7 mm. nasal 
Am Cornealrande ch 
7 


liegt, nahe der Innen- 
fläche der Sclera der 
Sinus venosus 

Schlemmi, ein Ge- 
fäss von 60 u Breite 
und 30 u Dicke. N 

DieChorioidea Fig. P. Halicore dugong Q. et G. Horizontalschnitt. 
erscheint in einem 3:1. Buchstabenerklärung s. am Schluss. 
Ringe von etwa 4 mm 
Breite, der sich an das Corpus ciliare anschliesst und nach hinten 
etwa bis zum Aequator reicht, völlig schwarz. Der Augengrund er- 
scheint dunkelgrau. Man muss diesen ganzen Bezirk als die Anlage 
eines Tapetum lucidum betrachten. Nasal reicht das Tapetum auf 
eine Strecke von 7—8 mm bis an das Corpus ciliare heran. Der Bau 
der Chorioidea ist etwas verschieden, je nachdem man den peripheren, 
äquatorialen Theil oder den Augengrund untersucht. In den peri- 
pheren Theilen folgt auf eine 50 w dicke Lamina suprachorioidea, 
die aus dünnen Bindegewebszügen besteht, die weite Maschenräume 
zwischen sich fassen und Pigmentzellen enthalten, die Gefässchicht 
der Chorioidea. Sie ist 90 « dick und besteht aus einer einfachen 


184 AUGUST PUTTER, 


Lage grosser, dünnwandiger Gefässe Nach innen folgt dann eine 
40 u dicke Schicht, die aus mehreren Lagen lang gestreckter, pigmen- 
tirter Bindegewebszellen besteht und der sich nach innen die Chorio- 
capillaris mit 10 « Dicke anschliesst. Das 10 « dicke Aussenblatt 
der Retina ist ganz mit schwarzem Pigment erfüllt. Die Gesammt- 
dicke der Chorioidea beträgt hier 140 u. 

Im Bereich der Anlage des Tapetums besteht der Unterschied 
im Bau wesentlich darin, dass die Bindegewebsschicht, die zwischen 
Lamina vasculosa und Choriocapillaris liegt, hier 110 w 
dick ist und die Zahl der Pigmentzellen in ihr abnimmt. Doch ent- 
hält sie noch eine Anzahl solcher Zellen, die ihr das dunkelgraue 
Aussehen geben, in Verbindung mit dem Stratum pigmenti re- 
tinae, das auch hier pigmentirt ist. 

Die Iris ist oben am breitesten, 1,5 mm breit, etwa ebenso breit 
nasal und temporal, unten dagegen nur 1,4 mm breit. Die Pupille 
ist rund und hat einen Durchmesser von 2,2 mm. An der Wurzel 
beträgt die Dicke der Iris 128 uw und ebenso viel am Pupillarrande, 
in der Mitte ist sie 255 w dick. 

Das stark entwickelte Stroma enthält zahlreiche, unregelmässig 
gestaltete Pigmentzellen und nur wenige grössere Gefässe. Vom 
Pupillarrande aus erstreckt sich 0,6 mm weit der stark entwickelte 
Sphincter iridis in einer Dicke von 50 u, an der Rückseite der 
Iris überlagert von den beiden Blättern der Pars iridica retinae, 
die gleich stark pigmentirt und zusammen 30—40 u dick sind. 

An der Umschlagsstelle des Aussenblatts in das Innenblatt, am 
Pupillarrande, bilden beide Blätter einen 50 « dicken Wulst. 

Das Corpus ciliare ist 2 mm breit, es erheben sich auf ihm 
etwa 50 Ciliarfortsätze zu einer Höhe von 0,84 mm. Die Form der 
Ciliarfortsätze ist einfach, ohne secundäre Fältchen, sie sind nach dem 
„mechanischen Typus“ gebaut. Von der Pars ciliaris retinae ist 
das Aussenblatt stark pigmentirt und 20 « dick, an der dem Linsen- 
äquator zugewandten Spitze noch erheblich dicker, das unpigmentirte 
Innenblatt ist 12 « dick. 

Die Retina ist im Augengrunde etwa 160 u dick. Die äussere 
Körnerschicht besteht aus 10 Lagen von Kernen, sie ist etwa 50 u dick. 
Die innere Körnerschicht besteht bei 20 « Dicke aus etwa 3 Lagen 
von Kernen, die etwas grösser sind als die der äussern Körnerschicht. 
Weitere Angaben zu machen, verbietet der Zustand der Retina. 

Der Nervus opticus tritt an der nasalen Seite unter sehr 
spitzem Winkel an den Bulbus. Seine Eintrittsstelle liegt im horizon- 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 185 


talen Meridian, auf der nasalen Seite 11,6 mm hinter dem Corneal- 
rande (s. Fig. P). Die Dicke des Nerven beträgt 1 mm, seine Länge bis 
zur Spitze der Orbita 20 mm. Nahe der Spitze der Orbita tritt 
der Opticus aus dem Kegel der Musculi recti heraus und vor 
denselben, nasal also, durch das Foramen opticum. Die Musculi 
recti entspringen also nicht um das Foramen opticum, sondern hinter 
ihm, temporal von ihm. 


Die Linse hat einen Durchmesser von 3 mm, die Axe ist 2,4 mm 
lang. Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt, der Krüm- 
mungsradius beträgt bei beiden 1,54 mm, ihr Bogen 155°. Die Dicke 
der Linsenkapsel beträgt 30 u, das Epithel ist in der Nähe des 
Aequators als ein 16 « hohes Cylinderepithel zu erkennen; wo die 
Epithelgrenze liegt, ist nicht mehr feststellbar. 


Die Lidöffnung ist oval, 5 mm lang, 3 mm breit. Die Tiefe des 
Conjunctivalsackes beträgt oben 6,4, unten 6,3 mm, innen und aussen 
7,8 mm. Die Dicke der Lidwurzel misst oben 2 mm, unten 2,5 mm, 
und ebenso viel innen, aussen 3 mm. 


Den nasalen Theil des Conjunctivalsacks durchzieht die Palpebra 
tertia. Sie erreicht ihre grösste Dicke unten im Mittelmeridian des 
Auges, hier erhebt sie sich als 3 mm hohe Falte vom Fornix con- 
junctivae, ihre Dicke beträgt 0,5 mm. Am nasalen Augenwinkel 
ist die Nickhaut mit 3,5 mm am höchsten, aber viel dünner als unten. 
Dann nimmt die Höhe rasch ab, und die Falte verstreicht, ohne im 
Oberlid den Mittelmeridian des Auges erreicht zu haben. 


Das Epithel des Lides ist 170 x dick und im Stratum germina- 
tivum dunkelbraun, in den obern Zellenschichten hellbraun pigmentirt. 
Nahe der Lidwurzel in der Stirnhaut greifen noch sehr regelmässige 
Epithelzapfen in die Cutis ein, auf der Fläche des Lides selbst werden 
zuerst die Abstände dieser Zapfen grösser, dann unregelmässig und 
die Zapfen flacher. Am Margo ciliaris sind die Zapfen auf eine kurze 
Strecke wieder besser ausgebildet. 


Unmittelbar unter dem Epithel liegen im Lid eine Anzahl Ge- 
fässe, am dichtesten am Lidrand. In dem Bindegewebe, das die Haupt- 
masse des Lides bildet, liegt der starke Orbicularis oculi, er 
reicht bis zum Lidrande, Seine Dicke ist nicht gut anzugeben, da die 
Bündel durch starke Bindegewebszüge von einander getrennt sind. In 
1,87 mm Entfernung vom Lidrande beginnt nach innen vom Orbi- 
cularis ein starkes subconjunctivales Drüsenstratum von 0,765 mm 
Dicke, das bis zum Fornix conjunctivae reicht. 


186 AUGUST PUTTER, 


Nur eine etwa 0,2 mm dicke Schicht direct unter der Conjunctiva, 
die aus kleinen Einzeldrüsen besteht, mündet auf der Innenfläche des 
Lides, gegen die Hauptmasse ist sie durch eine Bindegewebsschicht ab- 
geschlossen. An der Lidwurzel tritt noch eine weitere Drüsenmasse 
auf, die noch tiefer unter der Conjunctiva liegt und von den übrigen 
Drüsen wieder durch Bindegewebe getrennt ist. 

Die Nickhaut ist an ihrem Rande nur 0,255 mm dick; dieser 
Rand wird durch eine Spange von hyalinem Knorpel gestützt, die bei 
850 u Breite 128 uw dick ist. Das ganze Innere der Nickhaut be- 
steht aus Drüsen, die auch über ihre Basis hinaus sich fortsetzen. 

Der knöcherne Orbitalring, der im temporalen obern Quadranten 
unvollständig ist, liegt tief unter der Körperoberfläche. Die Dicke 
der ihn überlagernden Schicht von Muskeln und Bindegewebe ist oben 
6,75 mm dick, unten 5,5 mm, innen 5,4 und aussen 6,5 mm. In Folge 
dessen liegt der Bulbus grössten Theils ausserhalb der Orbita, vor 
ihr, der Orbitalring umfasst ihn erst hinter dem Aequator. 


4. Vergleichung der untersuchten Sirenenaugen. 


Die Form des Bulbus ist bei dem Embryo von Manatus lati- 
rostris (Länge 6,85 cm) stark elliptisch, das Verhältniss der Höhe des 
scleralen Bulbussegments zum Bulbusdurchmesser beträgt 1 : 1,654. 
Bei M. köllikeri beträgt es nur 1 : 1,44 und an dem Bulbus von Hali- 
core (Länge 46 cm) sind die Unterschiede beider Werte äusserst ge- 
ring, das Verhältniss beträgt nur 1:1,074. Aus diesen Zahlen geht 
hervor, dass der Bulbus in der Richtung der Axe stärker wächst als 
in der des Durchmessers. Dieses relative Wachsthum der Axe ver- 
theilt sich auf die drei Abschnitte derselben, auf die Höhe der Cor- 
nea, die des prääquatorialen Segments und des Augengrundes, in sehr 
verschiedner Weise. Die relative Höhe der Cornea nimmt ab, sie be- 
trägt bei Manatus latirostris in Theilen der ganzen Axe 1:4,569, bei 
M. köllikeri nur 1:85. 

Die Höhe des prääquatorialen Segments zeigt keine bedeutenden 
Veränderungen, die des Augengrundes dagegen nimmt relativ zu, sein 
Wachsthum ist es, das die relative Verlängerung der Axe bewirkt. 

Die Cornea erfährt schon in dem kleinen Entwicklungsabschnitt, 
der zwischen den beiden Manati-Embryonen liegt, eine erhebliche Ver- 
kleinerung. Das Verhältniss ihres Durchmessers zu dem des Bulbus 
beträgt bei M. latirostris 1:1,7, bei M. köllikeri dagegen in horizon- 
taler Richtung 1:2,71, in verticaler 1:3,27. Auch der Embryo von 
Halicore hat eine sehr kleine Cornea. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 187 


Bei dem geringen Umfang des untersuchten Materials hat es 
keinen Werth eine vollständige Vergleichung der untersuchten Augen 
durchzufiihren, es sei nur noch mit einigen Worten das Verhalten der 
Linse erwähnt, das einiges Interesse bietet. 

Die folgende Tabelle giebt unter: 

1 das Verhältniss des Linsen- zum Bulbusdurchmesser ; 

2 Verhältniss der Linsen- zur Bulbusaxe; 

3 Verhältniss des Linsen- zum Cornealdurchmesser. 


1 2 3 
Manatus latirostris 6,8 cm 1:2,78 1:2,67 1:1,63 
Pe kolvkers “blem 1:40 124,25 1:1,34 
Halicore dugong 52 cm 1:483 1:6,45 1:2,0 


Man ersieht hieraus, dass die relative Grésse der Linse ganz be- 
trächtlich abnimmt, besonders die Grösse der Axe. Wichtiger aber ist 
das unter 3 angegebene Verhältniss des Linsendurchmessers zum 
Cornealdurchmesser. Der Werth für den jüngsten Embryo steht hier 
in der Mitte zwischen den Werthen für die grössern Embryonen von 
Manatus und Halicore. Während bei Halicore eine beträchtliche 
relative Verkleinerung stattfindet, vergrössert sich die Linse bei 
Manatus. Der Werth, den das Verhältniss bei MW. köllikeri erreicht, 
weicht bedeutend von dem Mittelwerth ab, den man für die übrigen 
Wassersäugethiere findet. Von den untersuchten Thieren ist der 
Manati das einzige, das im Süsswasser lebt; vielleicht liegt hierin die 
Ursache des abweichenden Verhaltens ? 


III. Das Mysticetenauge. 


Die Reihe der Autoren, die sich mehr oder weniger eingehend mit 
dem Walauge beschäftigt haben, ist nicht gering, um so verwunder- 
licher aber unser geringes thatsächliches Wissen über dieses Capitel. 
Die alten Autoren, die umfassende anatomische Darstellungen der 
gröbern Anatomie, meist ganzer Thiere, unternahmen oder wenigstens 
das Auge als Ganzes bearbeiteten, wie ALBERS (1810), ALDERSON 
(1827), Rapp (1837), Escuricat (1838 und 1849), Mayer (1852), 
berühren theils nur sehr im Vorübergehen das Auge, oder wenn sie 
ihm grössere Aufmerksamkeit zuwenden, so arbeiten sie mit zu groben 
Mitteln und, vor allem, meist an zu schlechtem Material, um erheb- 
liche Resultate zu erzielen. 

Auch die Autoren, die nur einzelne Theile, besonders die Retina 


188 AUGUST PUTTER, 


des Walauges zum Gegenstand von Studien gemacht haben, wie RITTER 
(1864), SANTI SIRENA (1872), oder die Chorioidea (SATTLER, 1876), 
die Plexus in der Opticusscheide (BEAUREGARD u. BOULART, 
1894), haben bei aller Vermehrung der Kenntnisse dieser einzelnen 
Theile für die vergleichende Anatomie des Walauges damit nur wenig 
gethan. 

Zahn- und Bartenwale sind in den Arbeiten nicht getrennt, man 
erfährt höchstens, dass ihre Augen einander ungeheuer ähnlich sein 
sollen. Stets sind es nur einzelne Daten, die man von dem Auge einer 
bestimmten Species erfährt, vergleichbare Werthe von mehreren 
Species fehlen. 

Von Bartenwalen finden sich Angaben über Dalaena mysticetus, 
Balaenoptera rostrata und musculus, Megaptera boops. Von Zahn- 
walen finden Erwähnung: Delphinus, Phocaena, Grampus griseus, 
Monodon, Physeter, Globiocephalus melas. 

Aber selten ist eine Angabe genau genug, um sich vergleichend- 
anatomisch verwerthen zu lassen. 

Eine grosse Förderung hat das Verständniss des optischen Baues 
der Walaugen durch die vorzüglichen Untersuchungen von MATTHIESSEN 
erfahren, der seit 1836 eine ganze Reihe Arbeiten über den „physi- 
kalisch-optischen Bau“ der Zahn- und besonders der Bartenwalaugen 
veröffentlicht hat. 

Die Entwicklungsgeschichte des Walauges ist vollends ein unbe- 
bautes Feld, die einzige Notiz über Augen von Wal-Embryonen finde 
ich bei ESCHRICHT (10). Sie bezieht sich auf 2 Embryonen von 
Dalaenoptera rostrata und Megaptera boops. Wie geringe Aufmerk- 
samkeit der Altmeister der Cetologie diesem Punkt geschenkt hat, 
geht aus der Bemerkung hervor (l. c. p. 85): „Die Altersverschieden- 
heiten an den äussern Theilen des Auges beschränkten sich nach 
meinen Beobachtungen auf die verhältnissmässig bedeutendere Grösse 
derselben in den frühern Perioden.“ 


1. Balaenoptera rostrata (F apr.) '). 


Embryo von 20,1 cm Länge. Genaue Maasse finden sich bei 
KÜKENTHAL (87), „Walthiere“, p. 239, No. 1 der Tabelle. Der Kopf 
ist in Frontalschnitte zerlegt (s. Fig. Q). 


Der Bulbus hat die Form eines Rotationsellipsoids, sein Vertical- 


1) Die Namen der arktischen Barten- und Zahnwale sind nach der 
Nomenclatur angegeben, die KükentTHaAL (110) aufgestellt hat. 


Eh FT OH 


Die Augen der Wassersäugethiere. 189 


durchmesser misst 6,4 mm, die Axe 4,75 mm. Die Aequatorialebene 
liegt 1,6 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Der Sulcus 
corneae ist 2 mm breit. Das vordere, von der Cornea gebildete 
Segment des Bulbus ist viel stärker gewölbt als das hintere sclerale. 
Der Krümmungsradius des erstern beträgt 2,83 mm, der des letztern 
11,24 mm, zwischen beide schiebt sich der Sulcus corneae ein. Das 
Verhältniss des Verticaldurchmessers des Bulbus zu dem der Cornea, 


Wediand 


SSM 


P 

RES > à 
os Sf, en Ss 
Rin / fy I II > 


Horizontnle 


Fig. Q. Balaenoptera rostrata (FABR.). Frontalschnitt durch den Kopf. 6:1. 
Chm Cerebrum, D Drüse, K Knorpel, Nir Nervus trigeminus, O.f Os frontale, O.L 
Oberlid, P.s Palpebralis superior, U.Z Unterlid, Z Zygomaticum. Weitere Buchstaben- 
erklärung s. am Schluss. 


welches ausdrückt, einen wie grossen Antheil am Aufbau des Bulbus 
die Cornea nimmt, beträgt 1:1,455. Der Bogen der Cornea hat 
die beträchtliche Grösse von 102°. Der Durchmesser der Cornea be- 
trägt etwa 4,4 mm. Die Höhe des Cornealscheitels lässt sich nicht 
aus directen Messungen angeben, da sie völlig eingedrückt ist und 
zahlreiche Falten zeigt. Um einen mit den Maassen der übrigen Em- 
bryonen vergleichbaren Werth für die Höhe des Cornealscheitels zu 


190 AUGUST PUTTER, 


erhalten, wurde die Linge der Cornea direct, allen Faiten folgend, mit 
dem Ocularmikrometer gemessen. Die Lange ergab 5,1 mm. Unter 
der Voraussetzung, dass der meridionale Schnitt der Cornea ein Kreis- 
segment darstellt, wurde nun die Höhe berechnet und construirt und 
ergab sich zu 1,05 mm. Die Dicke der Cornea beträgt im Scheitel 
130 u, wovon 26 u auf das Epithel, 104 u auf die Cornea pro- 
pria kommen. 

Am Rande ist die Hornhaut 128—153 u dick, sie enthält hier 
Pigment, das hauptsächlich als Brocken in den Zellen des Epithels, 
vereinzelt aber auch in denen der Cornea propria auftritt. Das Horn- 
hautepithel besteht aus einer tiefen Lage cubischer Zellen, mit runden 
Kernen und einer oberflächlichen Schicht von Plattenzellen mit 
schmalen, ovalen, der Oberfläche parallelen Kernen. Die Cornea 
propria ist in ihren vordern Lagen viel schwächer gefärbt als in den 
hintern. In den vordern Schichten sind wellig verlaufende Fibrillen 
zu erkennen, hinten dagegen nicht mehr, vielmehr hat hier die Cornea 
viel dichteres Gefüge und zeigt die Anordnung in Lamellen, ist also 
schon weiter entwickelt als vorn. Die zahlreichen ovalen Kerne der 
Grundsubstanz liegen vorn noch ziemlich unregelmässig, häufig im 
Winkel gegen die Oberfläche, im hintern Theil dagegen liegen sie alle 
parallel der Oberfläche. 

Die Sclera ist im Aequator ungemein dünn, nur 50 —60 u dick, 
gegen den Augengrund hin nimmt sie an Dicke zu, und diese beträgt 
hier 170 u. Die Sclera zeigt fast denselben Bau wie die Cornea, die 
innerste Schicht besteht aus sehr dichten Faserbündeln, deren band- 
förmige, lange, dünne Kerne parallel der Oberfläche verlaufen. Die 
äussere Schicht zeigt lockern Bau, wellig verlaufende Fibrillen, ovale 
oder sogar runde Kerne, die nicht mehr so streng orientirt sind. 

Eine gesonderte Anlage der Chorioidea fehlt noch. Die Breite 
der Iris beträgt etwa 1,1—1,27 mm, ihre mittlere Dicke 127 u. Das 
Irisstroma enthält zahlreiche zerstreute Pigmentbrocken. Die 
Pars iridica retinae besteht aus dem völlig schwarz pigmen- 
tirten Aussenblatt, das 25 « dick ist und diese Dicke auch in der 
Pars ciliaris behält, und dem etwa ebenso starken Innenblatt, das 
nur am Pupillarrande etwas Pigment enthält, sonst aber gänzlich frei 
von ihm ist. Es besteht aus Cylinderzellen, deren Kerne nahe dem 
Grunde der Zellen, gegen das Stratum pigmenti hin liegen. 

Das Corpus ciliare bildet einen 1 mm breiten Ring, dessen 
hintere Begrenzung 0,6 mm hinter der Iriswurzel liegt, der vordere 
Theil der Processus ciliares erhebt sich auf der Rückseite der 


Die Augen der Wassersäugethiere. 191 


Iris. Die Falten sind ziemlich hoch und von einfacher Form, ihr 
Stroma enthält reichlich Gefässe. 

Das Aussenblatt der Retina ist als tief schwarz pigmentirte 
Schicht im Bereich des Corpus ciliare und in der ganzen untern 
Hälfte des Bulbus gut ausgebildet, dagegen fehlt die Pigmentirung in 
der obern Bulbushälfte völlig, auch der Augengrund ist frei von Pig- 
ment. Die Dicke des Aussenblatts beträgt 17 u. 

Das Innenblatt der Retina isi im Augengrunde 170 u dick. Diese 
Dicke erhält sich fast unverändert bis zu den Wurzeln der Processus 
ciliares hin, wo sehr rasch eine Verdünnung erfolgt, so dass auf den 
Ciliarfortsätzen das Innenblatt nur als einschichtiges Epithel erscheint. 

Die äussere Körnerschicht nimmt im Augengrunde mit 85 u Dicke 
die Hälfte der Retinadicke ein. Innerhalb der äussern Körnerschicht 
ist besonders im Augengrund ein heller, schmaler Streifen von etwa 
‘12 u Breite bemerkbar, der die Körner in eine etwas schmälere 
äussere und eine breitere innere Zone theilt. Ausserhalb der Tren- 
nungslinie liegen 4, innerhalb etwa 10 Schichten von Kernen. Die 
Trennungslinie selbst enthält eine Kernschicht, so dass im Ganzen 
etwa 15 Schichten über einander liegen. Im Augengrund ist diese 
Trennung der äussern Körnerschicht am deutlichsten, im Aequator ist 
sie überhaupt nicht vorhanden. Die innere Körnerschicht ist 60 u 
dick und besteht aus etwa 6 Zellenschichten, die aber nicht scharf in 
Reihen geordnet sind wie die äussern Körner, sondern unregelmässig 
und auch weniger dicht als die äussern Körner liegen. Die Opticus- 
fasern liegen als eine etwa 25 w dicke Schicht den innern Körnern auf. 

Der Opticus ist 0,51 mm dick und zeigt eine Anzahl längs 
verlaufender Reihen von Bindegewebszellen, die Anlagen der Septen, 
durch die der Nerv in einzelne Stränge getheilt wird. Der Eintritt 
erfolgt nach aussen und oben vom hintern Augenpol. Die Scheide 
des Opticus beginnt dünn am Foramen opticum und verdickt sich 
von da an gegen den Bulbus derart, dass sie einen starken Kegel 
bildet, dessen Spitze nur wenig dicker als der Opticus ist, nur 0,68 mm 
dick, dessen Basis dagegen 3,4 mm breit ist, und zwar unten dicker 
als oben, unten 2,04 mm, oben 0,35 mm dick, vom Rande des Opticus 
gemessen. Die ganze mächtige Scheide ist erfüllt von einem dichten 
Netz kleiner Ciliararterien. 

Der Durchmesser der Linse beträgt 3 mm, in Theilen des Bulbus- 
durchmessers 1:2,13, die Axe 2,8 mm, in Theilen der Bulbusaxe 
1:1,7. Die Vorderfläche der Linse ist viel flacher als die Hinter- 
fläche, sie ist nur 0,8 mm hoch, hat einen Krümmungsradius von 


192 AUGUST PUTTER, 


1,8 mm und einen Bogen von 115°, während die Hinterflache 2 mm 
hoch ist, einen Kriimmungsradius von 1,56 mm und einen Bogen von 
208° hat. Der hintere Linsenpol ist von der Innenfläche der Retina 
2,678 mm entfernt. Das vordere Linsenepithel ist einschichtig, es hat 
sich in mehreren Falten von den Fasern abgehoben. Der Grund hier- 
für liegt wohl in einer stärkern Schrumpfung der Linsenfasern, wo- 
durch eine gréssere Abflachung der Vorderflache zu Stande kommt. 
Der Werth fiir den Kriimmungsradius der Vorderfliche muss daher 
als recht unsicher angesehen werden. Die Epithelgrenze der Linse 
liegt etwas hinter dem grössten Kreise. Die Kerne der Randfasern 
sind längs oval, die der Centralfasern rund und kleiner als die Rand- 
faserkerne. Eine feine Tunica vasculosa lentis umhüllt die 
Linse. 

Das Corpus vitreum stellt sich als ein Netz von Fibrillen dar, 
gegen die Retina ist es von einer dünnen Lage sehr platter Zellen 
begrenzt, die Abgrenzung in der Fossa lentis bewirkt eine einfache 
Verdichtung des Fibrillennetzes. 

Die beiden Lider (s. Fig. Q Ol und Ul) sind auffallend von ein- 
ander verschieden. Das Unterlid ist eine starke, im Querschnitt etwa 
dreieckige Falte. Sie ist 1,87 mm hoch und an der Basis 0,893 mm 
dick. Das Oberlid stellt einen breiten, sehr diinnen Vorhang vor dem 
Auge dar. Seine Breite beträgt 6,8 mm, dabei ist es an der Basis 
nur 0,128 mm dick und behält diese bis nahe zum Lidrard bei, dann 
verdickt es sich bis zum Rande wulstförmig auf 0,34 mm. Der Rand 
des Oberlides greift etwas über das Unterlid über. Die Epidermis ist 
an der Lidwurzel 34 uw dick, gegen die Lidränder verdickt sie sich 
bedeutend. Am Unterlid ist sie am äussersten Lidrand, wo das 
Maximum ihrer Dicke liegt, 85 « dick, gegen den innern Lidrand 
verdünnt sie sich wieder auf 13 « und geht hier in die Conjunctiva 
über. Am Oberlid macht sich eine Verdickung des Epithels erst etwa 
0,9 mm vom Lidrand entfernt geltend. Die grösste Dicke beträgt auch 
hier am äussern Lidrand 85 uw, doch greift das Epithel noch eine 
Strecke weit auf die Innenseite des Lides über, etwa 0,34 mm weit, 
um erst hier, mit 43 « Dicke, in die Conjunctiva tiberzugehen. Die 
Conjunctiva besteht aus einer tiefen Schicht annähernd cylindriger 
Zellen und 1 oder 2 oberflächlichen Schichten von Pflasterzellen, ihre 
Gesammtdicke beträgt im Durchschnitt 34 uw. Auf der Innenfläche 
der Lider finden sich kleine, gruben- oder schlauchförmige Einsenkungen 
drüsiger Natur. Im Unterlid liegt unter der Epidermis zunächst die 
Speckschicht, ihre Textur nimmt gegen den Lidrand an Festigkeit zu. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 193 


Die Mittellage des Lides bildet lockeres Bindegewebe. Hierauf folgt 
nach innen die Schicht des Musculus palpebralis, dessen Fasern 
um den Fornix herum in die Basis des Lides eindringen und etwa 
0,9 mm weit darin zu verfolgen sind. Im Randtheil des Lides fehlt 
der Muskel, auch ein Orbicularis fehlt vollständig. Auf den 
Palpebralis folgt nach innen eine dünne Schicht sehr straffen, dichten 
Bindegewebes. 

Unter der Conjunctiva liegen zahlreiche Blutgefässe. Im Oberlid 
liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Die Speckschicht liegt als dünne 
Lage unter der Epidermis, das lockere Bindegewebe, das beim Unter- 
lid die Mitte bildete, fehlt hier, auf die Speckschicht folgt unmittelbar 
die Schicht des Palpebralis, dessen Fasern 0,595 mm vom Lidrand 
entfernt enden, da, wo die wulstförmige Verdickung des Lidrandes be- 
ginnt. Auch hier fehlt die Anlage eines Orbicularis. 

Auf Schnitten, nahe dem nasalen Augenwinkel, findet sich am 
Fornix inferior eine breite Falte, die Nickhaut. Die Höhe beträgt 
etwa 340 u, die Dicke an der Basis 425 w und nich viel weniger die 
Dicke auf der Höhe der Falte, die oben abgeplattet erscheint. Auf 
ihrer Höhe münden einige kurze Drüsenschläuche. Diese Form der 
Nickhautanlage ist möglicher Weise künstlich entstellt, da auf einer 
Anzahl von Schnitten, die etwas mehr lateral liegen, die Falte im 
Querschnitt dreieckig erscheint und bei 255 « Höhe an der Basis 
510 u breit ist. Kurze Drüsenschläuche münden auch hier auf ihrer 
Oberfläche. 

Sehr gering ist die Ausbildung des Drüsenapparats. 

Die Harper’sche Drüse ist vorhanden, sie umfasst in bedeu- 
tender Ausdehnung den Bulbus von innen und unten, auf die obere 
Hälfte greift sie nicht über, sondern bleibt durchweg unter der Hori- 
zontalen. Ihre Masse ist aber trotz der erheblichen Flächenausdehnung 
sehr gering, sie ist nirgends dicker als 170 uw, und gegen die Ränder 
hin verdünnt sie sich auf nur 85 u. Sie besteht aus einzelnen langen, 
unverzweigten Schläuchen, an denen die Acini unmittelbar aufsitzen. 
Schläuche wie Acini bestehen aus 2 Schichten cubischer Zellen, mit 
runden Kernen und deutlichen Kernkörperchen, eins in jedem Kern. 
Aus nur einer solchen Schicht Schläuche und Acini besteht die Dicke 
der Drüse. 

Temporal auf den Bezirk, in welchem unten am Bulbus die Glan- 
dula Harderi erscheint, in den obern Conjunctivalsack aber keine 
Drüsen münden, folgt eine Zone, in der zusammenhängende Drüsen- 


anlagen überhaupt fehlen, nur ganz vereinzelt sind einige kleine 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 13 


194 AUGUST PUTTER, 


Drüsenschläuche an der Basis der Nickhautanlage vorhanden, sowie 
die oben erwähnten kleinen Drüsen auf der Innenfläche der Lider. 

Gegen den temporalen Augenwinkel hin zeigen sich am Fornix 
inferior wieder Drüsen, die am temporalen Augenwinkel eine rich- 
tige Glandula lacrimalis bilden. Dass es sich wirklich um eine 
solche handelt, ersieht man auf Schnitten, die temporal vom Con- 
junctivalsack geführt sind und diesen nicht treffen; hier können mit 
Sicherheit die Schläuche der Thränendrüse nachgewiesen werden. 

Ein eigenthümliches Gebilde von anscheinend drüsigem Charakter 
liegt im obern hintern Theil der Orbita, bedeckt vom Palpebralis 
superior, dem Retractor superior auf. Mit seinen flachen Rändern 
reicht es hinten bis gegen die Spitze der Orbita, vorn nicht 
weiter als bis zur Höhe des hintern Augenpols. In der Mitte ist es 
am dicksten, etwa 0,5 mm dick. In dem Bindegewebe, das seine 
Stützsubstanz bildet, liegen nur relativ wenige, ziemlich weit von ein- 
ander entfernte Schläuche. Ein Ausführgang war nicht zu finden. 
Die Wandung der Schläuche besteht aus zweischichtigem, cubischem 
Epithel. Ueber die Natur dieses Gebildes ins Klare zu kommen ist 
mir nicht gelungen. 

Das Dach der Orbita ist vollständig, der Boden dagegen sehr unvoll- 
ständig, nur unmittelbar unter dem Fornix inferior zieht der Pro- 
cessus zygomaticus von vorn nach hinten (s. Fig. Q Z). Ihm liegt, 
nur durch den Palpebralis getrennt, der Bulbus etwa mit seinem Aequator 
auf. Der ganze prääquatoriale Abschnitt des Bulbus liegt ausserhalb 
der Orbita vor ihr, in Muskel und Speckgewebe eingelassen. 

Zwischen den Wänden der Orbita und dem Kegel der Musculi 
palpebrales liegt lockeres Bindegewebe. Am ganzen Dach der Orbita 
und besonders auch in ihrem Grunde ist dies erfüllt von einem mäch- 
tigen Plexus venosus (s. Fig. Q P.V). Die grossen Querschnitte 
der Venen machen den grössten Theil der Fläche aus. Das lockere 
Gewebe, welches die untere Begrenzung der Orbita bildet, geht in das 
Gewebe der Wandung der Mundhöhle über, das besonders am Gaumen 
und in der äussern Bekleidung des Unterkiefers gleichfalls mit venösen 
Plexus erfüllt ist, doch sind diese Geflechte nicht so bedeutend wie 
jenes, das das Dach der Orbita einnimmt. 


2. Balaenoptera physalus [L.]. 
1. Embryo von 76 cm Länge. 


Genaue Maasse finden sich bei KÜkENTHAL (87) „Walthiere*, 
p. 240, No. 7 der Tabelle. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 195 


Der Bulbus ist in der Richtung der Axe abgeflacht, sie beträgt 
nur 21 mm, während der Verticaldurchmesser 25 mm und der Hori- 
zontaldurchmesser 27 mm misst. Er weicht stark vom symmetrischen 
Bau ab, die obere Hälfte des Verticaldurchmessers beträgt 14,5 mm, 
die untere 10,5 mm, und wie die obere Hälfte die untere, so übertrifft 
die temporale die nasale. Die temporale Hälfte des Horizontaldurch- 
messers misst 15 mm, die nasale nur 12 mm. Zwischen Cornea und 
Sclera schiebt sich der Sulcus corneae ein, er ist im Mittel 8,1 mm 
breit und 7 mm hoch, ist also noch nicht viel flacher als die Sclera. 

Die Cornea ist ziemlich stark gewölbt, im verticalen Meridian 
viel stärker als im horizontalen, in ersterm beträgt der Krümmungs- 
radius 9,28, im horizontalen dagegen 13,4 mm. Der Bogen misst in 
verticaler Richtung 81°, in horizontaler nur 66°. 

Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt, 
lässt sich ausdrücken durch das Verhältniss des Cornealdurchmessers 
zum Scleraldurchmesser. In der Verticalen beträgt dies Verhältniss 
1: 2,08, in der Horizontalen 1 : 1,86. Die Höhe der Cornea beträgt 
2,2 mm, ihr Horizontaldurchmesser 14,5 mm, der Verticaldurchmesser 
12 mm. 

Im Umkreis der Cornea ist die Conjunctiva sclerae dunkel 
pigmentirt. Bei der Conservirung haben die Ränder der Lider auf 
die quellende Cornea gedrückt und dadurch die Stelle der Cornea 
kenntlich gemacht, die der Lidspalte entspricht. Diese Stelle liegt im 
untern äussern Theil der Cornea. Die Randdicke der Cornea beträgt 
1,148 mm und übertrifft damit die Scheiteldicke, 1,02 mm, nur unbe- 
deutend. Das Hornhautepithel fehlt. Die Elastica anterior ist : 
als Membran von 18 w Dicke vorhanden. Theilung in Lamellen ist 
an der Cornea nicht wahrzunehmen, wahrend sie an der Sclera sehr 
deutlich ist. Die Cornea propria besteht aus diinnen, welligen 
Fibrillen, die einen förmlichen Filz bilden und zwischen denen zahl- 
reiche Kerne liegen. Im äussern Theil der Cornea sind die Kerne 
längs gestreckt und geringer an Zahl als im innern, cameralen Ab- 
schnitt. 

Die Sclera verdünnt sich vom Cornealrand aus und misst schon 
2,5 mm von ihm entfernt nur noch 0,595 mm. Sie lässt eine Anzahl 
Lamellen erkennen, die aus starken Faserzügen bestehen. 

Die Chorioidea ist 30 « dick und besteht aus etwa 6 Schichten 
Bindegewebszellen. Auch die Lamina suprachorioidea ist als 
weitmaschiges Geflecht zarter Fasern zwischen Sclera und Chorioidea 
angelegt. 

13° 


196 AUGUST PUTTER, 


Die Iris ist oben am breitesten, 5,3 mm breit, unten nur 5,0 mm, 
und ebenso breit temporal, nasal dagegen nur 4 mm. Die Pupille 
ist schwach längs oval, 7 mm lang, 6 mm hoch. Die Iris lässt in 
ihren hintern, vitrealen Theilen die Anlage der Musculatur erkennen, 
doch sind genaue Details nicht mehr feststellbar. Zahlreiche Binde- 
gewebszellen des Irisstromas sind völlig mit Pigment erfüllt. Die 
Pars iridica retinae ist ebenfalls völlig pigmentirt, wie auch die 
Pars ciliaris, dagegen fehlt dem Aussenblatt der Retina im Augen- 
grund das Pigment gänzlich. Die pigmentfreie Zone reicht oben bis 
auf eine schmale Zone an das Corpus ciliare heran, im untern 
Bulbusabschnitt dagegen kommen grössere, dunkel pigmentirte Flecken 
nach hinten bis über den Aequator hinaus vor. 


Die Retina ist 300 w dick, hiervon entfallen 200 « auf die 
äussern Körner, deren etwa 40 Schichten über einander liegen. Diese 
Schicht entspricht den beiden Körnerschichten des erwachsenen Thiers. 


Der Opticus tritt etwa am hintern Augenpol, etwas nach oben, 
in die Retina ein. Die Opticusscheide verdickt sich trichter- 
formig gegen den Bulbus und setzt an ihn in einer ovalen Fläche an, 
deren horizontaler Durchmesser 10,7 mm, deren verticaler 8 mm misst. 


Die Ciliarfortsätze sind 2 mm hoch und sehr zahlreich. 


Der Aequatorialdurchmesser der Linse beträgt 8,1 mm, die Höhe 
der Hinterflache 4 mm, die der Vorderfläche scheint etwas geringer 
zu sein, doch gestattet die schlechte Erhaltung keine weitern Angaben. 
Zum Bulbusdurchmesser verhält sich der Aequatorialdurchmesser der 
~ inset wie | : 3.21... 

Die Länge der Lidspalte beträgt links 8 mm, rechts 9 mm 
der Abstand der Lidränder ist links 3 mm, rechts 2,5 mm. Die Tiefe 
des Saccus conjunctivalis ist oben am beträchtlichsten, 17,5 mm, 
unten am geringsten, nur 8 mm, nasal ist er 10, temporal 9,5 mm 
tief. Das Oberlid ist sehr dünn, an der Basis misst es nur 1 mm, 
verdünnt sich auf der Fläche bis auf 0,5 mm und zeigt am Lidrand 
eine kleine Verdickung auf 0,8 mm. Anders das Unterlid, das an der 
Basis 3 mm dick ist und sich gegen den Lidrand gleichmässig ver- 
dünnt. 


Ausser einigen unregelmässigen Hautfalten auf dem Ober- und 
Unterlid sind 2 charakteristische Falten zu erwähnen, die von der 
nasalen Commissura palpebrarum fast horizontal, etwas diver- 
girend nach vorn ziehen. Auf eine Strecke von 7 mm sind sie deut- 
lich zu verfolgen. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 197 


Das Auge liegt tiber dem hintern Theil der Mundspalte, in die 
sich die Orbita vorwölbt. Eine Senkrechte, die man am Mundwinkel 
auf dem Unterkieferrande errichtet, trifft gerade noch den temporalen 
knöchernen Rand der Orbita. 


2. Embryo von 103 cm Länge. 


Genaue Maasse finden sich bei KÜkENTHAL (87) „Walthiere“ 
(s. Fig. R). 

Der Bulbus ist elliptisch, seine Axe ist 25 mm lang, sein Hori- 
zontaldurchmesser 32 mm und der Verticaldurchmesser 29 mm. Die 
Aequatorialebene liegt 5 mm hinter dem Cornealrand. Der Sulcus 
corneae ist etwa’ 10 mm breit. Der obere äussere Theil des Bulbus 
zeigt eine erhebliche Ausweitung. 


Die Cornea ist elliptisch, der Horizontaldurchmesser ist 19 mm, 
der Verticaldurchmesser 13 mm lang, die Höhe beträgt 2,5—3 mm; 
sie ist also in verticaler Richtung stärker gewölbt, hier misst ihr 
Krümmungsradius 9,7 mm, ihr Bogen 84°, während in der Horizon- 
talen der Krümmungsradius 19,3 mm beträgt und der Bogen nur 59°. 
Das Verhältniss der 
Cornea zum Scleral- PN 
durchmesser beträgt in 2 
horizontaler Richtung 
1: 1,68, in verticaler 
1:2,23. Die Dicke der 
Cornea beträgt etwa 
1 mm, Rand und Schei- 
tel sind etwa gleich 
dick. 

Die Sclera ist 
im Suleus corneae etwa 
1 mm dick, im Aequa- 
tor beträgt die Dicke 
15 mm und nimmt 
gegen den Augengrund i 
immer mehr Zu, WO sie Fig. R. Balaenoptera physalus [L.]. Embryo von 


am Rande der Opti- 103 em Länge. 2:1. Verticalschnitt. Buchstabener- 
klärung s. am Schluss. 


un 
Y 


e 


cusscheide mit 3 mm 
Dicke ihre grösste Stärke erreicht. In dem Bezirk, in dem die 
Opticusscheide an den Bulbus herantritt, ist die Sclera verdünnt. 


198 AUGUST PUTTER, 


Das Innere des Bulbus befand sich in sehr schlechtem Erhaltungs- 
zustand, die Retina war völlig zerfallen, das Corpus ciliare abge- 
löst, so dass nur wenige Angaben gemacht werden können. 


Das Tapetum erscheint blaugrau und erfüllt den ganzen Augen- 
grund; wie weit es an den einzelnen Stellen sich nach vorn erstreckt, 
lässt sich nicht mehr feststellen. 


Die Iris bildet einen 4 mm breiten, schwarz pigmentirten Ring, 
die Pupille ist oval, 9 mm lang, 7,5 mm breit. Die Processus 
ciliares sind zahlreich, dicht gestellt, 2,8 mm hoch und zeigen 
schon die überwiegende Ausbildung des vordern Theils (s. u.). 


Der Opticus ist bei 3 mm Breite 1,5 mm dick, seine Länge 
innerhalb der Orbita beträgt 37 mm. Die Opticusscheide ist im 
Grunde der Orbita dünn, verdickt sich aber gegen den Augengrund 
hin, an dem sie in verticaler Richtung in 15 mm Breite ansetzt. Der 
Opticus tritt etwas oberhalb des hintern Augenpols im Mittelmeridian 
des Auges an den Bulbus. 

Die Linse misst 10 mm im Durchmesser, die Axe ist 8 mm 
lang, in Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt 1: 3,125, während der 
Durchmesser sich zum Bulbusdurchmesser verhält wie 1:3,05. Vorder- 
und Hinterfläche sind gleich hoch, ihre Krümmungsradien betragen 
5,125 mm, ihre Bogen je 154°. 

Die Länge der Lidspalte beträgt 10,3 mm, die Breite 1,5—2 mm. 
Der Fornix conjunctivae bildet fast genau einen Kreis von 
29 mm Durchmesser. Vom innern Winkel der Lidspalte ist der Fornix 
10,5 mm entfernt, vom äussern 7,5 mm. Die Breite des Oberlids 
beträgt 14 mm, die des Unterlids 13 mm. Vom vordern Winkel der 
Lidspalte aus ziehen 2 Furchen horizontal nach vorn. Sie diver- 
giren etwas und verstreichen in 8—9 mm Entfernung vom Lidwinkel. 
Die Dicke des Oberlids beträgt 1,5 mm, die des Unterlids 2,5 mm. 
Die Conjunctiva ist in der Umgebung der Cornea in einem schmalen 
Ringe stark pigmentirt. Die Oeffnung der Lidspalte liegt vor der 
Mitte der Cornea. 


3. Erwachsenes Thier, 22 m lang. 


Von RÖMER und SCHAUDINN conservirt (s. Fig. S—U sowie 
Taf.-2, Big. 2, 8;-Taf. 3, Fig 113 Taf. 4, Fig. 20; 22). 

Die Form des Bulbus ist fast halbkuglig zu nennen, der ganze 
vordere Theil, Cornea und Sulcus corneae, ist ungemein flach, fast 
eben. Er ist etwas elliptisch, der Horizontaldurchmesser beträgt 


Die Augen der Wassersäugethiere. 199 


120 mm, der Verticaldurchmesser nur 110 mm, hinter diesen Werthen 
bleibt der fiir die Axe, 80 mm, weit zuriick. 

Die Aequatorialebene liegt, wenn man die äussere Form des 
Bulbus betrachtet, 36 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Im 
Innern sind die Verhältnisse allerdings ganz andere, hier liegt der 
grösste Durchmesser des Bulbus nur 8 mm hinter dem Cornealrand. 
Dieser Werth entspricht der Höhe des Sulcus corneae, der sehr 
verschieden breit ist, oben 27 mm breit, misst er unten nur 23 mm 
und nasal wie temporal nur 20 mm. Aeusserlich ist eine Abgrenzung 
des Sulcus nicht gegeben, vom Cornealrande an geht die Sclera in 
continuirlicher Wélbung weiter. Innen dagegen ist er deutlich gegen 
den Augengrund abgesetzt, seine Flache bildet fast einen rechten 
Winkel mit der Tangentialebene des Augengrundes in seinem grössten 
Umfange. 


\ wie 
I \\ ch. 


N; 5 
AN 2 


2 
| -Vy 
\ IN Lemporal 
NA ke. 
VAS 


nasal 


Vo. 


Fig. S. Balaenoptera physalus [L.]. Erwachsenes Thier von 22 m Länge. t/,. 
Horizontalschnitt. V.c Vasa ciliaria. Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss. 


Schon äusserlich erkennt man die Asymmetrie des Bulbus, seine 
äussere Hälfte ist grösser als die innere, und die obere ist grösser als 
die untere, so dass seine grösste Ausdehnung oben und aussen liegt. 

Wegen der ungeheuren Dicke der Sclera sind die Dimensionen des 
Innenraums ganz andere als die äusserlich messbaren. Der innere 
grösste Horizontaldurchmesser, der, wie erwähnt, viel weiter vorn liegt 
als der äussere, beträgt 76 mm, und hiervon kommen auf die nasale 
Hälfte des Bulbus nur 36 mm, auf die temporale dagegen 40 mm. Der 
innere Verticaldurchmesser lässt gleichfalls die Asymmetrie erkennen, 


200 AUGUST PUTTER, 


von seiner Gesammtlinge von 74,5 mm entfallen auf die untere Hälfte 
36 mm, auf die obere 38,5 mm, es liegt also auch im Innern die 
grösste Ausdehnung des Bulbus nach oben und aussen. Der Abstand 
des Augengrundes vom Cornealrande beträgt 47 mm, die innere Augen- 
axe 49,5 mm, diese ist also 30,5 mm kürzer als die äussere. 

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Fig. T. Balaenoptera physalus [L.]. Thier von 22 m Länge. Verticalschnitt. 
1/,. V.c Vasa ciliaria. Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss. 


Das vordere corneale Segment des Bulbus ist viel flacher als das 
hintere sclerale. Der Kriimmungsradius der Cornea beträgt in verti- 
caler Richtung 33,89 mm, ihr Bogen 53°, in horizontaler Richtung ist 
sie noch erheblich flacher, der Kriimmungsradius beträgt hier sogar 
56,07 mm, und der Bogen misst nur 41°. Das Verhältniss des Cor- 
nealdurchmessers zum äussern Bulbusdurchmesser beträgt in verticaler 
Richtung 1: 3,667, in horizontaler 1: 3,076. Etwas anders stellen 
sich die Verhältnisse, wenn man die innern Maasse von Cornea und 
Sclera nimmt, es verhält sich dann der innere Cornealdurchmesser 
zum innern horizontalen Bulbusdurchmesser wie 1: 2,235 und zum 
innern verticalen wie 1 : 2,865. 

Das Volumen des Bulbus beträgt mit einem daran hängenden 
Stück des Opticus 722 cem; bringt man für dieses 4 ccm in Abzug, 
so bleibt als Werth für das Volumen 718 ccm. 

Die Cornea ist elliptisch, ihr horizontaler Durchmesser beträgt 
39 mm, der verticale nur 30 mm. Sie ist dellenförmig eingesunken 
und zwar in sehr regelmässiger Weise. Die Tiefe der Delle beträgt 
3,D mm. Es ist anzunehmen, dass sie intra vitam sich ebenso hoch 
über den Cornealrand vorwélbt. Am Rande ist sie 2,5 mm dick, in 


Die Augen der Wassersäugethiere. 201 


der Mitte nur 1 mm. Das Cornealepithel ist 100 « dick und sitzt 
einer 16 « dicken Elastica anterior auf. Im Hornhautepithel 
lassen sich 9 oder 10 Zellenschichten unterscheiden. Die tiefsten 
Schichten bestehen aus annähernd cylindrischen Zellen mit grossen 
ovalen Kernen, die zur Oberfläche senkrecht stehen. Ihre Dimensionen 
betragen beispielsweise: Länge der Zelle 20 u, Breite 10 u, Länge 
des Kerns 14 u, Breite 6 uw. Die Schichtung ist nicht streng durch- 
geführt, die Zellen liegen ziemlich unregelmässig. In den oberfläch- 
lichen Schichten werden sie kleiner, polyedrisch, die Kerne werden 
rund, die Zellgrenzen undeutlich, bis sie endlich ganz verschwinden 
und in die oberflächliche verhornte Schicht übergehen, die 14 u dick 
ist. Von dieser verhornten Schicht aus senken sich in ziemlich ge- 
ringen Abständen, durchschnittlich 100—120 u von einander entfernt, 
verhornte Partien in das lebende Cornealepithel ein. Im Längsschnitt 
erscheint ein solcher Zapfen etwa doppelkegelförmig (s. Taf.2, Fig.2). Die 
geringste Breite, 20 u, liegt etwa in der Mitte des Cornealepithels, von 
hier aus verbreitern sich die Zapfen nach aussen wie nach innen kegel- 
förmig und gehen einerseits in die oberflächliche verhornte Schicht 
über, andrerseits setzen sie sich mit ihren innern Verbreiterungen an 
die Elastica anterior ant). Dieser Ansatz ist 40 u breit. Auf Schnitten, 
die mit Pikrokarmin gefärbt sind, erscheinen die Kegel wie die ver- 
hornte Oberflächenschicht gelb, die lebenden Zellen dagegen roth. In 
diesen Hornzapfen sind Zellen nur in der Schicht wahrnehmbar, die 
direct unter der völlig verhornten Oberfläche liegt, also in der Schicht 
der halb verhornten Zellen; der ganze tiefere Theil des Zapfens, der 
die Schichten der wohl ausgebildeten lebenden Cylinderzellen durch- 
setzt, lässt keinerlei Zellen oder auch nur Grenzen verhornter Zellen 
erkennen. Aus wie vielen Lamellen die Cornea propria besteht, 
lässt sich kaum sagen, man kann etwa 40—45 zählen, doch ist diese 
Zahl willkürlich, da die Lamellen oft schräg zur Oberfläche ver- 
laufen und sich vielfach unter einander verflechten. Die innere Be- 
grenzung der Cornea bildet das Endothel der vordern Kammer, das 
4 u dick ist. Eine Elastica posterior fehlt anscheinend. 


Der Uebergang der Cornea in die Sclera ist nicht scharf be- 
grenzt. Die Corneallamellen nehmen einfach an Stärke zu und wandeln 
sich dadurch in Sclerallamellen um. Die einzige Möglichkeit einer 
Begrenzung giebt die Ablagerung des Pigments in der Sclera, das in 
der Cornea natürlich fehlt. 


1) Durch ein Versehen ist auf Taf. 2, Fig. 2 die Hlastica anterior 
nicht so deutlich dargestellt, wie sie thatsächlich ist. 


202 AUGUST PUTTER, 


Das Pigment liegt in streifenförmigen Anhäufungen den Scleral- 
fasern an. An der Innenseite der Sclera hért die Pigmentirung schon 
erheblich, 0,85 mm, eher auf als in der Mitte und an der Aussenfläche. 

Die Sclera enthält eine Anzahl von Blutgefässen, die theils 
meridional, theils circular verlaufen. Besonders constant erscheinen 
nahe der Aussenfläche, 1,7 mm vom Corneairande entfernt, die Quer- 
und Längsschnitte einiger Gefässe. Die Durchmesser der elliptischen 
Querschnitte betragen 90 und 30 u, die Dicke der Wandung 10 u. 
Auch tiefer im Gewebe der Sclera finden sich Gefässquerschnitte, die 
etwa dieselben Dimensionen haben wie die oberflächlichen. In der 
Umgebung der Gefässe ist das Pigment besonders stark angehäuft. 

Vom Cornealrande an, wo sie etwa 2,5 mm dick ist, verdickt sich 
die Sclera ständig, schon an der Grenze des Sulcus corneae ist sie 
6 mm dick. Ihre grösste Dicke in radialer Richtung beträgt 46 mm. 
Diese dickste Stelle liegt jederseits etwa 20 mm vom hintern Augen- 
pol entfernt. Im Augengrunde selbst verdünnt sich die Sclera dadurch, 
dass das mächtige Geflecht der Ciliargefässe, das den Opticus einhüllt, 
in sie eindringt. Es entsteht dadurch eine trichterförmige Einsenkung, 
deren Grundkreis 71 mm Durchmesser hat. 

An der Oberfläche der Sclera verlaufen die starken Scleralfasern 
ziemlich meridional, diese Schicht ist an verschiednen Stellen ver- 
schieden dick, im Durchschnitt 5 mm. Auch gegen die Innenfläche 
ordnen sich die Fasern in dieser Weise. Der Raum zwischen 
beiden Systemen meridionaler Bündel wird ausgefüllt durch ein Flecht- 
werk von Fasern, von denen eine geringe Anzahl circular verlaufen, 
die überwiegende Menge aber ist radiär gestellt, also senkrecht zwischen 
den Systemen der meridionalen Fasern ausgespannt. 

Die Chorioidea hängt ungemein locker mit der Sclera zu- 
sammen, die Lamina suprachorioidea besteht nur aus wenigen 
spärlichen Bindegewebsstrangen. Nur an der Iriswurzel besteht eine 
feste Verbindung von Sclera und Chorioidea. 

Im Bau der Chorioidea kann man zwei verschiedenartige Be- 
zirke unterscheiden: 1) den peripheren, kein Tapetum enthaltenden 
Theil und 2) den Bereich des Tapetum lucidum. In dem peripheren 
Theil ist die Aderhaut sehr einfach gebaut. Das Stratum vascu- 
losum besteht aus den grossen, ungemein regelmässig neben einander 
liegenden Chorioidealgefässen, die so dicht liegen, dass sie sich mit 
ihren Wandungen fast berühren. Ihr elliptischer Querschnitt ist 380 u 
breit und in radialer Richtung 212 u dick. Die Dicke der Wandung 
beträgt 42 u. Zwischen diesen grossen Gefässen liegen hin und wieder 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 203 


kleinere von etwa 50 « Durchmesser. Der zwischen den Gefässen 
übrig bleibende Raum ist von Bindegewebe erfüllt, dessen unregel- 
mässig stern- oder spindelförmige Zellen stark pigmentirt sind. Der 
runde Kern ist häufig als heller Kreis von 8 u Durchmesser kennt- 
lich. Nach innen liegt dem Stratum vasculosum die Choriocapil- 
laris auf, die in den peripheren Theilen nur schwach entwickelt ist. 
Nach innen folgt dann das Aussenblatt der Retina, das hier aus einem 
cubischen Epithel von 24 u Höhe besteht. Die stark pigmentirten 
Zellen lassen in ihrer Mitte den runden Kern von 6 u Durchmesser 
als hellen Fleck erkennen. 

Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 4 Blutleiter, die un- 
gefähr in den 4 Hauptmeridianen verlaufen. Die beiden horizontalen 
sind die stärksten, sie bilden Fortsätze des grossen Gefässplexus, der 
den Opticus umgiebt. Als Röhren von 3—4 mm Durchmesser durch- 
ziehen sie, 10—12 mm unter der Oberfläche der Sclera, diese in 
meridionaler Richtung (s. Fig. S). Dann verjüngen sie sich rasch und 
treten im Aequator (innerer Aequator) mit den Gefässen der Chorio- 
idea in Beziehung. Oben und unten verläuft auch je ein Blutleiter, 
die sich aber ganz anders verhalten. Sie haben keine Beziehungen 
zum Plexus der Ciliargefässe, sondern treten in einiger Entfernung 
vom Rande derselben, der obere 16 mm, der untere 25 mm von ihm 
entfernt, aus der Sclera aus, von wo an dann am enucleirten Bulbus 
ihr weiterer Verlauf nicht mehr zu verfolgen ist. Die Dicke dieser 
Blutleiter beträgt 2—3 mm, doch enthalten sie nicht, wie die hori- 
zontalen, ein Geflecht einzelner Gefässe, sondern stellen je eine grosse 
Vene dar. In einiger Entfernung vom innern Aequator theilen sich 
beide Gefässe dichotomisch, so dass die Einmündung in die Chorio- 
idealgefässe oben und unten durch zwei kleinere Gefässe erfolgt (s. 
Big... 1); 

Das Tapetum erfüllt den grössten Theil des Augengrundes, an 
den verschiedenen Stellen reicht es verschieden weit gegen das Corpus 
ciliare heran. Unten bleibt es 30 mm von ihm entfernt, oben, nasal 
und temporal dagegen reicht es auf 9 mm an den Ciliarkörper heran. 
Seine Farbe ist ein metallisch glänzendes Spangrün. Unzählige kleine, 
punktförmige Oetinungen sind schon mit blossem Auge auf dem Tapetum 
sichtbar, es sind die Durchtrittsstellen der Gefässe. Beim Uebergang 
in den pigmentirten Theil der Chorioidea geht die grüne Farbe zu- 
nächst in Blau über, dann in Hellbraun und endlich in Dunkelbraun. 
Gegen das Licht gehalten erscheint das Tapetum durchscheinend, in 
leicht gelblichbraunem Ton. Die Chorioidea ist recht schwach pigmen- 


204 AUGUST PUTTER, 


tirt, nicht nur im Bereich des Tapetums, wo nur zerstreut und ganz 
unregelmässig hie und da die grossen Chorioidealgefässe eine Strecke 
weit pigmentirt sind, sondern auch in den peripheren Theilen, in denen 
das Tapetum fehlt. Erst im Bereich der Iris und des Corpus ciliare 
ist die Pigmentirung so stark, dass diese Partien schwarz oder 
schwarzbraun erscheinen. Während peripher die Chorioidea nur 
0,255 mm dick war, misst sie im Augengrunde 1,02 mm in der Dicke. 

Die Lamina vasculosa enthält aussen zunächst die Schicht 
der grössten Chorioidealgefässe (s. Taf. 2, Fig. 8). Hierauf folgen nach 
innen zwei nicht immer deutlich ausgebildete Schichten kleinerer Gefässe 
und endlich direct unter dem Tapetum wieder eine Schicht grösserer Ge- 
fässe. Die äusserste und innerste von diesen Schichten, die der grössten 
Gefässe, enthalten die eigentlichen Chorioidealgefässe. In der äussern 
Schicht beträgt ihr Durchmesser 300—425 u, in der innern sind sie 
170—250 u breit und 144 w dick, ihre Wandungen sind 10 « dick 
und enthalten elastische Fasern. Die zwischen diesen beiden Schichten 
gelegenen Gefässe sind durch ihre starken, musculösen Wandungen, 
die keine elastischen Fasern enthalten, als Arterien gekennzeichnet. 
Sie entspringen aus etwa 14 Gefässen, die in der Umgebung des 
Opticus sich aus dem mächtigen Geflecht der Ciliargefässe trennen, 
die Sclera durchsetzen und sich in der Chorioidea verteilen. Während 
die grossen Chorioidealgefässe dicht an einander grenzen, sind die 
Arterien von reichlichem Bindegewebe umgeben, das nur wenige Pig- 
mentzellen enthält. Die Arterien haben einen durchschnittlichen 
Durchmesser von 85 u, ihre Wandungen sind etwa 16 « dick. 

Das Tapetum besteht aus einer Anzahl Schichten gerade ver- 
laufender, glattrandiger Zellen, die faserförmig lang gestreckt sind. 
Es konnte in jeder ein lang gestreckter, spindelförmiger Kern nach- 
gewiesen werden. Die Fasern verlaufen circulär, d. h. sie überkreuzen 
die Chorioidealgefässe senkrecht. Die Anzahl der über einander 
liegenden Schichten beträgt 10 oder 12, was bei einer Dicke des 
Tapetums von 60 u für die einzelne Faserzelle 5—6 u Dicke ergiebt. 
Durchbohrt wird das Tapetum, das selbst gefässlos ist, von einer An- 
zahl ziemlich dicker Gefässe, ihr Durchmesser beträgt im Mittel etwa 
24 u. Diese Gefässe sind aber alle echte Capillaren, ihre Wandungen 
bestehen nur aus einer feinen Schicht von Enthothelzellen. 

Nach innen vom Tapetum breitet sich die Choriocapillaris aus. 
Die Dicke der Gefässe beträgt 10 u, sie enthalten Blutkörperchen, 
wie auch die sämmtlichen Gefässe der Chorioidea in grösserer oder 
geringerer Zahl, und sind dicht gelagert. Sie werden bedeckt vom 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 205 


Aussenblatt der Retina, das hier, im Bereich des Tapetums, kein Pig- 
ment enthält. Es besteht aus einem 24 « hohen Würfelepithel. Die 
runden Kerne liegen in der Mitte der Zellen und haben 6 w Durch- 
messer. 

Die Pupille ist längs oval, sie ist 15 mm lang und 12 mm breit, 
ihre Ränder sind glatt. 

Die Breite der Iris ist in den verschiedenen Richtungen nicht 
sehr verschieden ; oben ist sie 13 mm breit, aussen und unten 14 mm 
und innen 15 mm. Auf ihrer Vorderfläche zeigt die Iris eine grosse 
Menge kleiner, zottenförmiger Unebenheiten, die ziemlich regelmässig, 
annähernd in concentrischen Kreisen angeordnet sind. Wie die mikro- 
skopische Untersuchung zeigt, dringt in jede derselben ein Blutgefäss 
ein, das die Zotte ganz erfüllt. Die Hinterfläche ist in ihrem pupil- 
laren Theil ganz glatt, in dem ciliaren weist sie niedrige, schwache 
Radialfalten auf. An der Iris lassen sich nach ihrer Dicke zwei Ab- 
schnitte unterscheiden, die der glatten und der mit Radialfältchen 
versehenen Partie entsprechen. Am pupillaren Rande hat sie in einer 
Breite von etwa 3,4 mm eine durchschnittliche Dicke von 383 u, im 
ciliaren Theil wächst dieselbe auf 1,1 mm. Dieser Verschiedenheit in 
der Dicke entsprechen bedeutende bauliche Unterschiede. Der dünne 
pupillare Theil besteht fast ausschliesslich aus Muskeln, erst gegen 
den Uebergang in den ciliaren, dickern Abschnitt hin treten einige 
kleine, zerstreute Gefässe auf, diese liegen alle vor den Muskeln, an 
der Vorderfläche der Iris (s. Taf. 3, Fig. 11). 

Den Pupillarrand der Iris bildet in einer Breite von 255 w der 
Sphincter iridis allein, er ist hier über 350 « dick. Von da an 
peripher liegt er der Hinterfläche der Iris in einer Dicke von 130 
bis 170 w an. Er endet, schwächer werdend, in einer Entfernung von 
etwa 2 mm vom Pupillarrande. Peripher von seinem Aussenrande, 
etwa 770 u von ihm entfernt, liegt, durch eine Verdickung des Dila- 
tators von der pupillaren Portion getrennt, noch ein Bündel des 
Sphincters. Es ist 160 w breit und 100 uw dick. Eine zweite isolirte 
Portion findet sich noch erheblich weiter ciliarwärts, ihre Entfernung 
vom peripheren Rande des Sphincters beträgt 2,9 mm, das Bündel ist 
385 u breit und 255 w dick. 

Der Dilatator iridis beginnt 255 « vom Pupillarrande ent- 
fernt an der Hinterfläche der Iris, in einer Dicke von 85 u. Diese 
Dicke behält er bei seinem radialen Verlauf bis zum äussern Rand 
des Sphincters, also bis 2,21 mm vom Puppillarrand entfernt, bei. 
Hier verdickt er sich auf eine Strecke von 340 w erheblich, er weist 


206 AUGUST PUTTER, 


hier eine Dicke von 255 u auf und zieht dann, schwächer werdend, 
an der Hinterfläche der Iris weiter. Sein peripheres Ende erreicht er 
4,93 mm vom Pupillarrande entfernt. 

Der ciliare Theil der Iris zeigt den für das Irisstroma typischen 
Bau, grosse Gefässe füllen einen bedeutenden Theil des Stromas 
aus. Die Zellen des Bindegewebes, das die Gefässe verbindet, ent- 
halten reichlich braunes Pigment, das in kleinen, runden Tröpfchen die 
Zellen ganz erfüllt. Das grösste Gefäss der ganzen Iris liegt nur 
wenig peripher vom äussern Rande des Sphincters. Es hat elliptischen 
Querschnitt und ist bei 765 « Breite 600 u dick. Die vordere Be- 
grenzung der Iris bildet das Endothel der Vorderkammer, das als stark 
pigmentirte Schicht erscheint. Die Pigmentanhäufung im Stroma ist in 
der Umgebung der Gefässe am stärksten. Die hintere Begrenzung 
bildet das der Retina angehörige Pigmentepithel, dessen Zweischichtig- 
keit aber in Folge der starken Pigmentirung nicht zu erkennen ist. 

Die Ciliarfortsätze reichen eine Strecke weit auf die Rückseite 
der Iris hinauf. 

Die Breite des Corpus ciliare beträgt 12 mm. In diesem 
sanzen Gürtel, bis zur Iriswurzel hin, sind die Processus ciliares 
ungemein schwach entwickelt, sie erscheinen als ganz flache, schmale, 
meridionale Fältchen. Am Iriswinkel, zum Theil sogar, wie erwähnt, 
etwas auf der Hinterfläche der Iris, erheben sie sich dann mit einem 
Male zu einer freien Höhe von 5 mm. Sie sind 1,3 mm dick und 
1 mm breit. Dieser freie Theil ist sehr stark ausgebildet, indem die 
etwa cylinderförmigen, freien Fortsätze der Hauptfalten mit zahlreichen 
kleinen Fältchen und Erhebungen völlig bedeckt sind. Die Anzahl der 
Processus ciliares beträgt 125—130. Die Fortsätze werden vollständig 
ausgefüllt von einer Gefässchlinge, die für Bindegewebe gar keinen 
Raum lässt. 

Der Epithelüberzug besteht aus dem Pigmentblatt der Retina und 
der Pars ciliaris des Innenblatts, das die Form eines cubischen 
Epithels hat. Die runden Kerne der Zellen liegen in deren Mitte. 

Interessant ist der Befund, dass im ganzen Bereich des Corpus 
ciliare keinerlei Muskeln zu finden sind, der Musculus ciliaris 
fehlt also, ebenso der Tensor chorioideae. 

Die Retina wird gegen den Ciliarkörper nicht durch eine Ora 
serrata, sondern durch eine glatte Linea terminalis retinae 
begrenzt. Die Papilla nervi optici liegt fast genau am hintern 
Augenpol, sie stellt eine trichterförmige Einsenkung dar, in deren Tiefe 
die Arteria Centralis retinae in die Netzhaut eintritt. Von der 


Die Augen der Wassersäugethiere. 207 


Papille aus ziehen je nach aussen und innen eine stärkere Arterie, 
nach allen andern Richtungen schwächere Aeste. Diese sowohl wie 
die stärkern, die sich sehr rasch theilen, gehen bald in fast genau 
meridional verlaufende Gefässe über, die erst gegen den Netzhautrand 
hin dem blossen Auge sichtbar werden. Ihre gegenseitige Entfernung 
beträgt im Durchschnitt 2,5 mm. 

Die Retinagefässe scheinen ganz den Charakter von Endarterien 
zu haben, denn sie bilden keinerlei Anastomosen. Zuweilen sieht man, 
dass ein Gefäss sich theilt und dass die in veränderter Richtung 
weiter ziehenden Aeste andere Arterien überkreuzen, ohne mit ihnen 
Verbindungen einzugehen. 

Die Dicke der Retina beträgt im Augengrunde 340 u. Die Stäb- 
chen sind 60 « lang; die Stäbchenschicht ist schon ziemlich zerfallen, 
so dass die einzelnen Elemente nicht mehr scharf hervortreten, doch 
sieht man an Stelle der Stäbchen häufig sehr deutlich Reihen von 
Tröpfchen, in die die Stäbchen zerfallen sind. Ihre Breite beträgt 
etwa 4—5 u, ein Werth, der für die Dicke der Stäbchen sicher zu 
hoch ist. Sie stehen ungemein dicht. Zapfen waren nicht nachweis- 
bar, doch ist bei dem Erhaltungszustand der Retina ihr Vorhandensein 
nicht auszuschliessen. Die äussere Körnerschicht ist 77 u dick und 
besteht aus 12 Schichten von Kernen. Die Kerne sind rund und 
haben 4 « Durchmesser. In der äussern reticulären Schicht, die 42 u 
dick ist, liegen nur einige wenige zerstreute Zellen. Die innere 
Körnerschicht ist 43 w dick und besteht aus 4—5 Schichten von Kernen, 
die aber weniger regelmässig geordnet sind als die der äussern 
Körner und auch weniger dicht liegen. In der innern reticulären 
Schicht, die wie die äussere 42 u dick ist, liegt nur hier und da ganz 
zerstreut eine Zelle. Das Ganglion nervi optici besteht aus 
sehr wenigen, weit von einander entfernt liegenden, aber ungewöhnlich 
grossen Ganglienzellen von unregelmässiger Gestalt. Es wurden 
Dimensionen von 50 und 60 u in zwei auf einander senkrechten Dimen- 
sionen an einer Zelle gemessen. Die Kerne sind ziemlich rund, ihr 
Durchmesser beträgt 16 «, sie enthalten ein sehr deutliches Kern- 
körperchen von 4 « Durchmesser. Einige weitere Angaben entnehme 
ich SANTI SIRENA (24, p. 37—41), der die Zellen bei „Balaena 
australis“ untersuchte; er fand ihre Farbe meist gelb, „an einigen 
Stellen durchscheinend, an andern ganz und gar dunkel, als ob hier 
eine grössere Anzahl gelblicher oder schwarzer Pigmentkörnchen vor- 
handen wäre, welches letztere in der That der Fall zu sein scheint“ 
(24, p. 39). „Die Nervenzellen sind multipolar und haben 4—5, 


208 AUGUST PUTTER, 


manchmal bis 7 Hauptfortsätze. An ihrem Ursprung bieten die Fort- 
sätze einen Durchmesser von 6—10 u dar, welcher allmählich im 
weitern Verlauf und je nach der Zahl der abgegebenen Seitenzweige 
abnimmt, so dass derselbe in den feinern Verästelungen nur noch 3 u 
beträgt‘ (24, p. 40). 

Sehr stark ausgebildet sind die MÜLLEr’schen Stützfasern, deren 
kegelförmig verbreiterte Endstücken einander berühren und so nach 
innen den Abschluss der Retina, die Begrenzungsschicht bilden. Sie 
füllen einen sehr bedeutenden Theil der Schicht des Ganglion nervi 
optici aus. 

In der innersten Schicht der Retina liegen auch die schon makro- 
skopisch sichtbaren, oben beschriebenen Gefässe. Ihr Durchmesser be- 
trägt im peripheren Theil der Retina noch 70 w. Sie sind ganz mit 
Blut erfüllt. Die Blutkörperchen sind rund und sehr klein, sie haben 
nur 4 « im Durchmesser. Blutgefässe finden sich auch noch in der 
innern Körnerschicht, weiter nach aussen aber fehlen sie. 

In der Nähe der Retinagrenze verschwinden zuerst die innern 
Körner und die Ganglienzellen des Ganglion optici; 1,7 mm von 
der Linea terminalis retinae entfernt beträgt die ganze Dicke der 
Retina nur noch 100 u. Hiervon kommen 24 u auf die Stäbchen- 
schicht, 30 uw auf die äussern Körner, die aus 6 Schichten von Kernen 
bestehen. Die innerste, etwa 50 u dicke Schicht der Retina besteht 
nur noch aus einem weiten Maschenwerk von Stützfasern. 

An der Grenzlinie nimmt die Dicke ziemlich rasch ab und die 
Retina geht in ein einschichtiges cubisches Epithel über. Die Höhe 
der Zellen beträgt etwa 20 u, die runden, in der Zellmitte gelegenen 
Kerne haben 8 uw Durchmesser. Diesen Charakter behält das Innen- 
blatt auf 1,1 mm hin bei, dann werden die Zellen cylindrisch, die 
Kerne oval, und es erfolgt derart der Uebergang in das Epithel der 
Ciliarfortsätze. 

Der Opticus wird durch eine grosse Anzahl, etwa 24, starke, 
radiäre, bindegewebige Septen in annähernd keilförmige Segmente ge- 
theilt, die aber dadurch unregelmässig werden, dass sich die Septen 
gegen die Mitte hin vielfach verflechten, so dass sie hier ganz un- 
regelmässige Maschenräume bilden. In den Septen verlaufen einige 
grössere und eine ganze Anzahl kleinerer Gefässe. 

Zur Bestimmung der Dicke und der Zahl der Opticusfasern wurden 
Schnitte verwandt, die in 44 mm Entfernung von der Pupille geführt 
waren. Die Durchmesser des Opticus betrugen hier 5,8 mm und 
45 mm. Die Dicke der Nervenfasern mit ihrem Neurilemma ist sehr 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 209 


verschieden, neben dünnen Fasern, deren Durchmesser 4—6 u be- 
trägt, finden sich dicke Fasern von 16—26 # Durchmesser. Hieraus 
ergiebt sich die grösste mögliche Zahl der Opticusfasern zu 157 000. 

Die dicken und dünnen Fasern sind nicht gleichmässig vertheilt, 
die dünnen liegen in Bündeln zusammen, die in manchen Bezirken 
ganz fehlen. Die Fläche der Retina beträgt 11500 qmm, so dass also 
auf jeden Quadratmillimeter derselben nur etwa 13 Opticusfasern ent- 
fallen. Die Anzahl der Stäbchenzellen der Retina berechnet sich bei 
der oben angegebenen Dicke der Stäbchen auf etwa 800 Millionen, so 
dass auf jede Faser des Opticus nicht weniger als 5095 Stäbchen 
entfallen. 


Auch der Finwal zeigt das mehrfach erwähnte eigenthümliche 
Ueberwiegen der Anzahl der äussern Körnerzellen über die Anzahl der 
Stäbchen. Letztere beträgt auf 1 qmm höchstens 62000, die Zahl 
der innern Körnerzellen stellt sich ebenso hoch, 62—63 000, dagegen 
findet man für die äussern Körnerzellen mindestens einen Werth 
von 550000 auf 1 qmm, also fast 9mal so viel wie Stäbchenzellen. 

Der Durchmesser der Linse beträgt 20,5 mm, d. h. in Theilen 
des Bulbusdurchmessers 1:5,122, die Axe ist 14 mm lang, beträgt 
also 1:5,714 der Bulbusaxe. Nach diesen Werthen erscheint die Linse 
ungemein klein, doch muss man zum Vergleich mit andern Thieren 
ihre Grösse in Proportion zum Innenraum des Bulbus setzen. Dann 
verhält sich ihr Durchmesser zum Innendurchmesser wie 1 : 3,683 und 
die Axe zur innern Axe wie 1:3,535. Vorder- und Hinterfläche sind 
gleich stark gewölbt, ihr Krümmungsradius beträgt 10,95 mm und ihr 
Bogen 139°, es fehlt also ein nicht unerhebliches Stück zur vollstän- 
digen Kugel. 

Der hintere Linsenstern hat eine sehr complicirte 
Gestalt, wie Fig. U zeigt. wy 72 
ER a“ 
Fig. U. | Balaenoptera physalus |L.|.  Hinterer Linsenstern. AN 
Natürliche Grösse. 

Die Linsenkapsel ist eine starke, homogene Membran von 60 u 
Dicke. Das Linsenepithel geht, so viel festgestellt werden konnte, im 
Aequator in die Fasern über. In der Nähe der Epithelgrenze ist es 
doppelschichtig und 16 « dick, es folgt dann nach vorn eine Strecke, 
wo es ein einschichtiges Würfelepithel darstellt und nur 12 « dick ist; 
2,8 mm vor der Epithelgrenze aber wird es wieder 2- oder sogar 
öschichtig und 20 « dick. Von da an nimmt es nach vorn rasch an 


Dicke ab und bildet ein 10 « dickes Pflasterepithel. Die Kerne der 
Zool. Jahrb. XVII, Abth, f. Morph. 14 


210 AUGUST PUTTER, 


Epithelzellen sind rund und haben etwa 4 « Durchmesser. An der 
Epithelgrenze werden sie unter erheblicher Grössenzunahme oval, sie 
sind dann 10 « lang und 4 u breit. Die Linsenfasern (zur Unter- 
suchung gelangten nur Randfasern) sind sehr regelmässig 6eckig, 10 u 
breit und 2,5 « dick. 

Unmittelbar vor und ein kleines Stückchen hinter dem Linsen- 
äquator finden sich zwei Kränze kleiner, meridional gerichteter Ein- 
drücke, es sind die Ansatzstellen für die Zonula ciliaris. Die 
Zonula entspringt im Basalgebiet der Processus ciliares, in ihrem Ver- 
lauf liegen die Zonulafasern den Ciliarfortsätzen an, doch so locker, 
dass sie sich leicht von ihnen als zusammenhängendes Häutchen ab- 
heben lassen. Die Processus ciliares bleiben vom Linsenäquator 4,5 mm 
entfernt. Ein zweites Blatt der Zonula scheint nahe dem Iriswinkel 
zu entspringen, an der Stelle, wo sich die freien Fortsätze der Pro- 
cessus ciliares erbeben, doch reicht das zur Verfügung stehende Material 
nicht aus, alle diese anscheinend noch verwickeltern Verhältnisse klar 
zu legen. 

Die Präparation der Muskelansätze am Bulbus zeigt die un- 
verhältnissmässig geringe Ausbildung der Musculi recti und 
obliqui. Sie setzen sehnig an den Bulbus an. Der Obliquus 
inferior setzt sich in zwei Portionen an den Bulbus an, die eine 
liegt etwas nach innen und vorn vom Ansatz des Rectus inferior 
und verläuft in einer Länge von 22 mm schräg zur Bulbusaxe. Die 
zweite Portion setzt sich in einer Breite von 16 mm nach aussen 
und hinten vom Rectus inferior an den Bulbus, etwa in der Mitte 
zwischen R. inferior und externus. Dicht neben dem Rectus 
superior setzt sich nach unten und aussen der Obliquus supe- 
rior in 14 mm Breite an den Bulbus, er verläuft eine Strecke weit 
in einer flachen, schräg nach innen und hinten ziehenden Furche 
der Sclera. 

Die Retractoren setzen sich als Retractor superior und 
inferior, die durch die Opticusscheide getrennt sind, an den Bulbus. 
Sie sind im Vergleich zu den Rectis und Obliquis enorm stark ent- 
wickelt. Der Ansatz des Retractor superior bildet ein grosses, ovales 
Feld, dessen vordere Begrenzung etwas hinter dem Aequator liegt, 
während die hintere nahe dem Ansatz der Opticusscheide verläuft. 
Die Innengrenze überschreitet die Medianebene nur wenig, dagegen 
reicht die Aussengrenze bis fast zum Rande des Rectus externus. 
Die Ausdehnung der Ansatzfläche beträgt in horizontaler Richtung 
86 mm, in verticaler 33 mm. Die Retractoren setzen fleischig an den 


Die Augen der Wassersäugethiere. Ait 


Bulbus an. Der Retractor inferior ist symmetrisch zu dem 
Rtr. superior gelegen, seine Ansatzfläche reicht weit nach innen, 
bis nahe an den Rectus internus, andrerseits nach aussen nur 
wenig über die Medianebene heraus. Die Länge der Ansatzfläche 
beträgt in der Horizontalen 86 mm, in der Verticalen 34 mm. 

Die Länge der Lidspalte beträgt 62 mm, ihre grösste Breite 
30 mm. Der nasale Winkel der Lidspalte ist kenntlich durch die von 
ihm ausgehenden beiden Furchen, die schon beim Embryo von 103 cm 
Länge vorhanden sind und oben beschrieben wurden. Der nasale 
Winkel ist spitz, der temporale hingegen gerundet und breit. Am 
Unterlid erhebt sich am temporalen Winkel ein kleiner, halbkreis- 
förmiger Lappen von 9 mm Basislänge und 3 mm Höhe. 

Der Lidrand ist in einer Breite von 30 mm blauschwarz gefärbt, 
weiterhin geht diese Farbe in einen graubräunlichen Ton über. 

Die Farbe der Conjunctiva sclerae ist blauschwarz, die 
Cornea ist umgeben von einem 5 mm breiten Ring, in dem die blau- 
schwarze Farbe in ein helleres Blaugrau übergeht. 

Die langen Epithelzapfen, die sich überall in die Haut des Wales 
einsenken, sind auch im Lid stark entwickelt. Ihre Höhe nimmt gegen 
den Lidrand allmählich ab, beträgt aber hier doch noch, von der Ober- 
fläche an gemessen, 560 w. Das Stratum corneum hebt sich deutlich 
vom Rete Malpighii ab, das reichlich schwarze Pigmentkörner enthält, 
es ist 43 « dick und reicht über den freien Lidrand ein Stückchen 
weit auf die Innenseite der Conjunctiva herüber. Unter der Epidermis 
liegt die Speckschicht, die im Lidrande fast das ganze Innere ausfüllt. 
Starke Bindegewebszüge theilen ihr Gewebe in einzelne Räume und 
dringen zwischen die Epithelzapfen der Epidermis ein. An der Aussen- 
fläche ist das Lid fast frei von Gefässen. Die Arterien verlaufen in 
der Speckschicht. Die Venen liegen am Lidrande unmittelbar unter 
dem Epithel, an der Innenfläche des Lides nehmen sie rasch an Zahl 
und Grösse zu, so dass die Conjunctiva palpebrarum überaus 
reich mit Blut versorgt ist. 

Der Musculus orbicularis beginnt 3,66 mm vom Lidrande 
entfernt (s. Taf. 4, Fig. 22). 

Die Epithelzapfen der Epidermis erstrecken sich auch auf die 
Conjunctiva, nur sind sie hier nicht so regelmässig gestaltet wie dort 
und von sehr verschiedner Länge, sie senken sich bis 255 w tief ein. 
Die Oberfläche der Conjunctiva ist durch zahlreiche Fältchen erheb- 
lich vergrössert, die Fältchen enthalten unter ihrem Epithel und 
zwischen den Epithelzapfen ein dichtes Netz von Venen. 

14* 


212 AUGUST PUTTER, 


Die Entwicklung des Auges von Balaenoptera. 


In der folgenden Darstellung soll der Embryo von Balaenoptera 
rostrata von 20,1 cm Länge als I, die Embryonen von B. physalus 
von 76 und 103 em Länge als II und III und das erwachsene, 22 m 
lange Thier als IV bezeichnet werden. 

Im Laufe der Entwicklung ändert sich die relative Grösse des 
Bulbus im Verhältniss zur Körperlänge sehr bedeutend. Beim 
Embryo I beträgt die Axe 1:42, der Bulbusdurchmesser 1:31 der 
Körperlänge, bei II sind sie sogar noch etwas grösser, die Axe 1:36, 
der Durchmesser 1:29 der Körperlänge. Auch bei III ist der Werth 
noch nicht sehr gesunken, er beträgt für die Axe 1:41 für den 
Durchmesser, 1:34 der Körperlänge. Dem gegenüber erscheint das 
erwachsene Auge ungemein klein; legt man der Rechnung die äussern 
Maasse des Bulbus zu Grunde, so ist die Axe 1:275 der Durch- 
messer 1: 191 der Körperlänge. Für den optischen Werth des Auges 
kommen aber nur die innern Dimensionen in Betracht, und für diese 
ist das Verhältniss bei der Axe 1:440, beim Durchmesser 1: 293 
der Körperlänge. 

Ueber das absolute lineare Wachsthum orientirt die folgende Ueber- 
sicht. 1 giebt das Wachstum der Axen, 2 das der Durchmesser an, 
die Maasse von I als Einheit genommen. 


Tia) TE SET O0 Val IMD 
1 1 442 526 16,84 142 
2 1 406 4,76 170 11,8 


Unter IVa sind die äussern Maasse des erwachsenen Auges aufgeführt, 
unter IVb die innern. 

Die Veränderungen, welche die äussere Form des Bulbus erfährt, 
sind sehr erheblich, trotzdem spiegelt sich dies zunächst nicht in dem 
Verhältniss der Axe zum Durchmesser, das nur recht geringe Schwan- 
kungen erleidet, es ist bei I, wo es 1:1,397 beträgt, fast ebenso 
gross wie bei IV, wo es 1: 1,438 beträgt. Die Bulbi der Stadien II 
und III nähern sich mehr der Kugelform, für II beträgt das Ver- 
hältniss 1:1,19, für HI 1:1,22. Fasst man übrigens für das er- 
wachsene Thier die innern Dimensionen ins Auge, so ergiebt sich, 
dass hier die Axe relativ erheblich kleiner ist, sie verhält sich zum 
Durchmesser wie 1: 1,924. Viel besser als bei Vergleichung der 
ganzen Axen treten die Formveränderungen hervor, wenn man die drei 
Theilstücke, aus denen sie sich zusammensetzt, gesondert betrachtet: 
1) die Höhe der Cornea, 2) die Höhe des Verbindungstheils oder 


+ Zu 


Die Augen der Wassersäugethiere. 213 


Sulcus corneae und 3) die Höhe des Augengrundes, des postäquatorialen 
Segments. 

Die Höhe der Cornea nimmt ganz wesentlich ab, bei I beträgt 
sie in Theilen der Axe 1:4,523, bei II 1: 9,545, bei III 1 : 9,091 
und bei IV 1 : 22,857, wenn man die äussern, 1: 19,8, wenn man die 
innern Maasse nimmt. Sie hat also beim erwachsenen Thier noch 
nicht einmal !/, der Höhe wie beim Embryo von 20,1 cm Länge. 

Auch der Sulcus corneae wird im Lauf der Entwicklung 
immer flacher, doch ist die Abflachung nicht so erheblich wie bei der 
Cornea. Bei I verhält sich seine Höhe zur Axe wie 1: 2,97, bei II ist 
das Verhältniss fast dasselbe, 1 : 3,00, und das Breitenwachsthum, das 
1:4,05 betragt, ist so stark, wie das Durchschnittswachsthum in 
äquatorialer Richtung. Bei III hat die Höhe schon erheblich abge- 
nommen, sie beträgt nur !/, der Axenlänge, das Breitenwachsthum 
aber zeigt die normale Grösse 5 : 1 in Bezug auf den Embryo I. Beim 
erwachsenen Thier ist der Sulcus corneae in den verschiedenen Meri- 
dianen sehr verschieden breit, oben am breitesten, 27 mm breit, was 
einem Wachsthum von 13,5:1 entspricht, innen und aussen am 
schmalsten, 20 mm breit, Wachsthum 10:1, und unten 23 mm 
breit, Wachsthum 11,5:1. Dieses Breitenwachsthum bleibt innen 
und aussen ein wenig hinter dem durchschnittlichen des Durch- 
messers, 11,5:1, zurück, dagegen ist es oben nicht unerheblich 
grösser. Sehr stark hat die Höhe abgenommen, die nur 1:10 der 
Bulbusaxe oder, wenn man die innern Werthe wählt, 1:6,188 der- 
selben beträgt. Seine Höhe hat also im Verhältniss von 1: 3,37 in 
Hinsicht auf Stadium I abgenommen. 

Den entgegengesetzten Gang der Entwicklung schlägt der Augen- 
grund ein, er erfährt eine bedeutende relative Vergrösserung im Lauf 
der Entwicklung, wie aus folgenden Proportionen hervorgeht. Seine . 
Höhe verhält sich zu der Länge der Bulbusaxe bei I wie 1 : 2,262, 
bei II wie 1 : 1,78, bei IIL wie 1:1,449 und bei IV wie 1:1,168, 
wenn man die äussern, wie 1:1,253, wenn man die innern Werthe 
in Ansatz bringt. 

Ausser dieser Tiefenzunahme geht aber noch eine andere Ver- 
änderung mit dem Bulbus vor, er wird stark asymmetrisch, indem sich 
seine obere und äussere Hälfte stark ausbaucht. 

Eine gute Uebersicht über diesen Vorgang giebt die folgende 
Tabelle. Die Zahlen geben das relative Wachsthum in Beziehung auf 
I an, und zwar in 1 für den temporalen, in 2 für den nasalen Ab- 
schnitt des Horizontaldurchmessers, in 3 für den obern, in 4 für den 


214 AUGUST PUTTER, 


untern Abschnitt des Verticaldurchmessers. Unter 5 findet man die 
Zahlen für das durchschnittliche Wachsthum in äquatorialer Richtung. 
Die Werthe für IV beziehen sich auf innere Maasse. 
1 2 3 4 5 

II 4,69 3,75 4,53 3,28 4,06 

IV 12,5 11,3 12,0 11,3 11,8 
Man ersieht deutlich das überwiegende Wachsthum des obern (3) und 
äussern (1) Theils, während der innere und untere hinter dem Durch- 
schnittswachsthum zurückbleiben. 

Nicht weniger bemerkenswerth als die Formveränderungen ist 
die Dickenzunahme der Sclera. Die folgende Uebersicht giebt unter 
1 die Dicke im Sulcus corneae, unter 2 die im Aequator und unter 
3 die grösste Dicke des Augengrundes in Theilen der Bulbusaxe. 


| 2 3 

1441232. 51228647, 122988 

TIL 2297 216 RS 
IV 122021413 #217 


Die Dickenzunahme des Sulcus corneae ist nicht sehr bedeutend, 
besonders wenn man in Betracht zieht, dass der Werth bei II 1:20 
einen Mittelwerth darstellt und dass die Dicke des Sulcus an der 
Grenze der Cornea nur 1:32 beträgt, also ebenso viel wie beim 
Embryo I. Die Aequatorialdicke nimmt von I zu III bedeutend zu. 
Beim Embryo I ist der Aequator die dünnste Stelle des ganzen Bulbus, 
das corneale Segment nicht ausgenommen, er ist nur !/, so dick wie 
der Augengrund, bei III dagegen ist er halb so dick, obgleich die 
Maximaldicke der Sclera sehr bedeutend zugenommen hat. Das ab- 
solute Wachsthum der Sclera im Aequator übertrifft mit 29:1 das 
Durchschnittswachsthum 5,26 : 1 sehr wesentlich. Nunmehr liegt die 
dünnste Stelle des Bulbus im Sulcus corneae, und so bleibt es auch 
beim erwachsenen Thier, bei dem die Aequatorialdicke im Verhältniss 
zu Embryo III noch etwas, aber nicht sehr beträchtlich zugenommen 
hat. Viel stärkeres Dickenwachsthum aber zeigt der Augengrund, er 
ist bei IV relativ mehr als 16mal so dick wie bei I, bei III schon 
3,5mal so dick wie bei I. Schon bei II zeigt sich in der Umgebung ~ 
des hintern Augenpols die Verdünnung der Sclera, die beim erwach- 
senen Thier sich als trichterförmige Einsenkung darstellt, in deren 
Axe der Opticus verläuft. 

In der Entwicklung der Cornea haben wir gleichfalls Form- 
und Dickenverhältnisse zu berücksichtigen. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 215 


Was zunächst die Formverhältnisse anlangt, so fällt sehr die 
relative Verkleinerung des Antheils ins Auge, den die Cornea am Auf- 
bau des Bulbus nimmt. Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum 
Bulbusdurchmesser durch das dieser Antheil ausgedrückt wird, ist für 
die 4 Stadien im Folgenden zusammengestellt, zugleich mit der jedes- 
maligen Grösse des Cornealbogens. Unter 1 findet sich das Verhält- 
niss der horizontalen Durchmesser, unter 2 die zugehörigen Bogen, 3 
giebt das Verhältniss der verticalen Durchmesser, 4 die zugehörigen 
Bogen. 

1! 2 3 - 1 2 3 4 
I = — 28 38.455 2102 SEE 1531.68 59 hs 223" "840 
HE 1.86 66" 22.08 DOMINER SOG 4L oO 3.667 53% 

In verticaler Richtung verkleinert sich die Cornea am stärksten, 
sie ist hier beim Erwachsenen 2,52mal kleiner als bei I, etwas weniger 
verkleinert sich der Horizontaldurchmesser. Es ist vielleicht richtiger, 
die innern Dimensionen des erwachsenen Auges zum Vergleich heran- 
zuziehen, aber auch dann ist die Verkleinerung sehr deutlich, die Pro- 
portionen betragen in horizontaler Richtung 1 : 2,235, in verticaler 
172,869: 

Wie die Höhe der Cornea abnimmt, sieht man an der Verklei- 
nerung des Horuhautbogens, noch deutlicher aber an dem Verhältniss 
der Corneahöhe zur Bulbusaxe. Dieses Verhältniss ist bei I wie 
1:4,52, bei II wie 1:9,54, bei III wie 1:10, bei IV wie 1:23, 
wenn man die äussern, wie 1: 19,8, wenn man die innern Werthe be- 
nutzt. Die Höhe hat also um das 4—5fache abgenommen. 

Der grosse Unterschied der Randdicke und Scheiteldicke der 
Cornea tritt erst sehr spät in der Entwicklung auf. Ueber den sehr 
bemerkenswerthen Verlauf der Dickenveränderungen der Cornea orien- 
tirt die folgende Zusammenstellung. Unter 1 ist die Randdicke, unter 
2 die Scheiteldicke in Theilen der Bulbusaxe aufgeführt. IVa giebt 
die äussern, IVb die innern Werthe für das erwachsene Auge. 

I I III IVa IVb 
CS OMIS MER DE Ber En NS 
2 15430:9821163 20:6. 1.725. Is 802. 173435 

Beim Embryo I haben wir also eine gleichmässig dünne Cornea. 
Diese verdickt sich, wie die Stadien II und III zeigen, relativ etwas, 
ohne dass aber der bei I ganz schwach angedeutete Unterschied der 
Randdicke und Scheiteldicke schärfer hervortrete. Dann findet beim 
Erwachsenen eine nicht unerheblich relative Verdünnung der 
Cornea statt, diese aber betrifft wesentlich die Mitte, also den optisch 
wichtigsten Bezirk der Hornhaut, der beim Erwachsenen relativ fast 


216 AUGUST PUTTER, 


4mal diinner ist als bei Embryo II. Der Cornearand hat etwa die- 
selbe relative Dicke wie bei Embryo I, aber eine geringere als bei 
I und II. 

Es scheint also, dass hier die relative Verdickung der Cornea 
eine Richtung einschlägt, die, um die Verhältnisse des erwachsenen 
Thiers zu erreichen, verlassen werden muss. Da es sich hier gerade 
um Verhältnisse handelt, die für die Dioptrik des Auges von Be- 
deutung sind und der functionelle Reiz des Lichts im intrauterinen 
Leben noch nicht zur Wirkung kommt, so liegt vielleicht der Gedanke 
nahe, dass die secundäre Verdünnung des Corneascheitels eine functio- 
nelle Anpassung an den Durchgang des Lichts sei, die als solche 
natürlich erst post partum auftreten kann. 

Bei dem jüngsten Embryo fehlt die Anlage der Chorioidea 
noch ganz. Bei II dagegen ist sie vorhanden und 30 w dick, d. h. 
1: 700 der Bulbusaxe. Vergleicht man damit die Dicke beim aus- 
gewachsenen Thier, die 1,02 mm beträgt, oder 1:78 der Bulbusaxe, 
so ergiebt sich, dass sie relativ 9mal dicker ist als bei II, eine Dicken- 
zunahme, die kaum geringer ist als die der Sclera. 

Wenn man die Entwicklung der Iris betrachtet, so muss man 
zwei Erscheinungen aus einander halten: das Wachsthum im Verhältniss 
zu dem des Bulbus in äquatorialer Richtung und das Verhältniss zu 
dem Cornealdurchmesser. Entwicklungsgeschichtlich ist ersteres das 
interessantere, biologisch das letztere Verhältniss, durch das ja die 
relative Grösse der Pupille ausgedrückt wird. In Bezug auf den 
Bulbusdurchmesser verkleinert sich die Iris in der Entwicklung, wie 
die folgenden Verhältnisszahlen zeigen: bei I verhält sich die Irisbreite 
zum Bulbusdurchmesser wie 1:5,32, bei II wie 1:5,2, bei III wie 
1:7,6 und bei IV wie 1:8,2. Also nach einer geringen Breiten- 
zunahme in den ersten Stadien der Entwicklung eine beständige Ab- 
nahme. 

Umgekehrt nimmt im Verhältniss zum Cornealdurchmesser die 
Iris an Breite zu, was natürlich durch die sehr erhebliche relative 
Verkleinerung des Cornealdurchmessers bewirkt wird. Bei I verhält 
sich die Irisbreite zum Cornealdurchmesser wie 1:4,0, bei II wie 
1: 2,7, bei III wie 1:4,0 und bei IV wie 1: 2,47. Die Vergrösserung 
seht, wie man hieraus ersieht, nicht gleichmässig vor sich, sondern ist 
unterbrochen durch eine zeitweilige relative Verkleinerung, die bei III 
deutlich hervortritt. 

Bei Betrachtung des Corpus ciliare ergiebt sich eine eigen- 
artige Thatsache: der Embryo von Balaenoptera rostrata zeigt nicht, 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 217 


wie es sonst bei allen Säugethieren der Fall ist, einen Kranz von 
Ciliarfortsätzen, sondern er zeigt deren zwei, die hinter einander 
liegen und jeder als aus einfachen Falten bestehend deutlich zu er- 
kennen ist. Wir würden dieser embryologischen Thatsache ziemlich 
rathlos gegenüber stehen, wenn nicht eine Beobachtung von ESCHRICHT 
vorläge (7, p. 596), welcher für Balaena boops = Megaptera boops 
am erwachsenen Thier dasselbe feststellte. Abgesehen von dieser 
Formveränderung nehmen auch die relativen Dimensionen der Ciliar- 
fortsätze beträchtlich in der Entwicklung ab. 

Die folgende Zusammenstellung giebt unter 1 die Länge der 
Ciliarfortsätze in Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt für die Embryonen 
I und III und das erwachsene Thier (IV). 

I III IV 
BE O50) les Vie RL 0 
Man sieht daraus, dass die relative Länge vom Embryo I bis zum 
erwachsenen Thier um mehr als das 4fache abnimmt. 

Die Breite des Orbiculus eiliaris wird von dieser Verkleine- 
rung nicht betroffen, bei I ist sie etwa gleich 1:8 der Axe, beim er- 
wachsenen Thier 1 : 6,67 der Axe, also sogar breiter als beim Embryo. 

Dass die Höhe der Ciliarfortsätze verringert wird, geht aus der 
folgenden Tabelle hervor, die unter 1 das Verhältniss der Höhe des 
Ciliarfortsatzes zum Bulbusdurchmesser, unter 2 das zum Corneal- 
durchmesser angiebt. 

1 2 
HE: A8 1 |: 6,63 
II 1:10.88 1:5,71 
TVW fh 2123.0) «12 69 

Ueber die Entwicklung der Retina können nur wenige Daten 
gegeben werden. Die absolute Dicke derselben ist bei IV nur doppelt 
so gross wie bei I. Die äussere Körnerschicht, bei I 85 u dick und 
aus 15 Schichten bestehend, ist bei IV nur 77 u dick und besteht aus 
18 Schichten, sie hat also absolut an Dicke abgenommen, an Zahl der 
Zellen aber zugenommen, die einzelnen erwachsenen Zellen sind hier 
also kleiner als die embryonalen. Noch mehr tritt dieser Gang der 
Entwicklung bei den innern Körnern hervor, die bei I 60 « dick sind 
und aus 6 Schichten bestehen, bei IV nur 43 u dick und aus 9 
Schichten bestehen; die Kerne liegen übrigens in dieser Schicht bei 
weitem nicht so dicht wie in der äussern Körnerschicht. 

Die Linse des Embryo I weicht dadurch stark von der Form 
der erwachsenen Linse ab, dass ihre Vorderfläche sehr flach ist, die 


218 AUGUST PUTTER, 


Höhe beträgt nur 0,8 mm, während die stark gewölbte Hinterfläche 
2 mm hoch ist. Schon bei III sind die beiden Linsenflächen gleich 
hoch, gleich stark gewölbt. 

Die Grösse der ausgewachsenen Linse ist sehr gering, in der 
Axe relativ fast 5mal kleiner als bei I, im Durchmesser mehr als 2mal 
kleiner. Die Reduction der Linse ist wieder durch eine Phase der 
Linsenvergrösserung unterbrochen, wie die Werthe von II und III 
deutlich zeigen. Die Tabelle giebt unter 1 das Verhältniss des Linsen- 
durchmessers zum Bulbusdurchmesser, unter 2 das der Axe zur 
Bulbusaxe. 


I II III IV 
1° 15243 1 SAL he SO EB 
DA AIT RE 1:3125 1:5,714 


3. Balaenoptera musculus L.)). 


Die Angaben über das Auge des Blauwals sind einerseits den aus- 
gezeichneten Arbeiten von MATTHIESSEN (76 u. 86) entnommen, andrer- 
seits habe ich auch die Angaben berücksichtigt, die SATTLER (29) 
über das Blauwalauge macht. Bei den Maassen, die er für den 
Bulbus angiebt, ist es allerdings zweifelhaft, ob er wirklich einen 
Blauwal vor sich hatte, wie er angiebt, es müsste denn sein, dass 
seine Maasse ‚innere‘ Maasse des Bulbus wären, für welchen Fall sie 
gut mit MATTHIESSEN’S Angaben übereinstimmen würden. Ich glaubte 
mich nicht mit einem blossen Hinweis auf diese Arbeiten begnügen zu 
sollen, besonders da ich die Verhältnisszahlen, die in den vorliegenden 
Beschreibungen zum Zweck der Vergleichung bestimmt wurden, auch 
für die von MATTHIESSEN beschriebenen Augen berechnen und sie so 
für die vorliegende Arbeit verwendbar machen konnte (85, p. 89): 
„Der Bulbus des Blauwals hat die Gestalt eines dreiaxigen Ellipsoides ; 
sein horizontaler Durchmesser beträgt 145 mm, der verticale 129 mm 
und der sagittale [die äussere Augenaxe P.] 107 mm. An der Linse 
war jedoch eine Verschiedenheit ihres Höhen- und Querdurchmessers 
nicht bemerkbar.“ Der Innenraum ist sehr erheblich kleiner, sein 
Horizontaldurchmesser beträgt nur 78 mm, der verticale 73 mm. Von 
den drei Theilen des Bulbus, der Cornea, dem Sulcus corneae und 
dem Augengrunde, ist der letztere bei weitem am stärksten gewölbt. 
Sein innerer Krümmungsradius, der der Retina, beträgt 41,25 mm. 


1) B. sibbaldii auctorum. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 219 


Dagegen ist der Sulcus corneae die flachste Partie des Bulbus, sein 
Krümmungshalbmesser beträgt in horizontaler Richtung 80, in verti- 
caler 70 mm. Die Cornea ist horizontal schwächer als der Augen- 
gerund gewölbt, ihr horizontaler Krümmungsradius beträgt 62 mm, der 
verticale dagegen übertrifft mit 37 mm die Krümmung der Retina 
etwas. 

Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zu dem der Sclera be- 
trägt in der Horizontalen 1:3,45, in der Verticalen 1:43. Nimmt 
man die Dimensionen ‚des Innenraums, so beträgt das Verhältniss in 
horizontaler Richtung 1:3,12, in verticaler 1: 3,65. 

Der Bogen der Hornhaut misst in horizontaler Richtung 40°, in 
verticaler 48°. 

Der Horizontaldurchmesser der Cornea beträgt 42 mm, der 
verticale 30 mm, die Höhe 4 mm. Aus den Maassen des Innen- und 
Aussenraums ergiebt sich, dass die Sclera im Aequator etwa 30 mm 
dick ist, im Augengrunde etwa 50 mm. 

Die Pupille ist oval, ihre Länge beträgt 17 mm, ihre Breite 
12 mm. 

Die Linse hat einen Durchmesser von 22,5 mm, eine Axe von 
17 mm. Die Vorderfläche ist flacher als die Hinterfläche, sie ist 7 mm 
hoch und hat einen Krümmungsradius von 14 mm, die Hinterfläche 
ist 10 mm hoch, ihr Krümmungsradius beträgt 11,5 mm. 

Der vordere Linsenscheitel liegt 4 mm hinter dem Scheitel der Cornea. 

Der Cubikinhalt des Innenraumes des Bulbus beträgt 123 ccm, 
das Volumen der Linse 5 ccm. 

Der Opticus tritt 3 mm medialwärts vom hintern Augenpol an 
den Bulbus. 

Die Dicke der Opticusscheide beträgt an der medialen Seite 
20,5 mm, an der lateralen 29 mm. Sie ist umgeben von einer 2 mm 
dicken Faserschicht, die direct in die Sclera übergeht. 

Den Inhalt des Hohlraums der Opticusscheide bilden Gefässe und 
Fettgewebe. 

„Die hintern Ciliararterien lösen sich beim Eintritt in den Scheiden- 
raum in eine Anzahl von Gefässen auf, welche immer weiter uid weiter 
sich theilend und unter einander anastomosirend einen Plexus bilden“ 
(Ss. SATTLER, 29, p. 74). „Die Zweige dieses arteriellen Wunder- 
netzes, denn mit einem solchen haben wir es hier zu thun, stellen 
verhältnissmässig weite Röhren dar, welche durch eine starke, elastische 
Intima ausgezeichnet sind, aber keine Muscularis besitzen“ 
(seen. 75). 


220 AUGUST JPUTTER, 


Die Dicke des Tapetums beträgt nach SATTLER 0,3—0,35 mm, 
die Dicke der Chorioidea im Augengrunde 1,5 mm. 


4. Megaptera boops (FABr.) nach MATTHIESSEN (85). 


Der Bulbus hat ellipsoidische Gestalt, sein Horizontaldurch- 
messer beträgt 92 mm, der Verticaldurchmesser 88 mm und die 
äussere Axe 68 mm. Der Horizontaldurchmesser des Innenraums be- 
trigt 62 mm, der Verticaldurchmesser 60 mm. 


Von den Theilen des Bulbus ist der Sulcus corneae am 
schwächsten gewölbt, sein horizontaler Krümmungshalbmesser ist 62 mm, 
der verticale 54 mm. Der Augengrund ist viel stärker gewölbt, im 
Innern beträgt der Krümmungsradius 315 mm. Die Cornea ist 
horizontal flacher, der Krümmungsradius beträgt 47 mm, der Bogen 
46°, vertical dagegen stärker gewölbt, hier ist der Krümmungsradius 
29 mm lang, der Bogen beträgt 55°. Das Verhältniss des Corneal- 
zum Scleraldurchmesser beträgt horizontal 1: 2,48, vertical 1: 3,26. 
Wenn man die innern Maasse der Rechnung zu Grunde legt, beträgt 
das Verhältniss horizontal 1:2,95, vertical 1: 3,16. 


Die Hornhaut hat einen verticalen Durchmesser von 27 mm, 
einen horizontalen von 37 mm, ihre Höhe beträgt 3,5 mm. Am Rande 
ist sie erheblich verdickt, sie misst hier 3,5 mm, während die Scheitel- 
dicke nur 1,5 mm beträgt. 

Die Pupille ist längs-oval, ihre Länge beträgt 15 mm, ihre 
Breite 8 mm. 

Die Linse hat eine Axe von 13 mm Länge, der Durchmesser 
beträgt 17,5 mm. Die Vorderfläche ist nur 5,5 mm hoch und hat 
einen Krümmungsradius von 10 mm, die Hinterfläche dagegen einen 
solchen von 9,5 mm, diese ist also stärker gewölbt. Der Scheitel der 
Linse liegt 3 mm hinter dem vordern Corneascheitel. 

Der Cubikinhalt des Innenraums des Bulbus beträgt 54 ccm, das 
Volumen der Linse 2,2 ccm. 

Aus den angegebenen Dimensionen des Innen- und Aussenraums 
des Bulbus ergiebt sich, dass die Sclera im Aequator etwa 15 mm 
dick ist, im Augengrunde etwa 34 mm. 


Eine interessante Beobachtung über die Processus ciliares 
von Megaptera verdanken wir ESCHRICHT (7, p. 596); er sagt: „Der 
Kranz der Fortsätze scheint doppelt zu sein, indem vor jedem Fort- 
satz noch ein zweiter langer und sehr schmaler emporsteigt.“ 


Die Augen der Wassersäugethiere. 291 


5. Balaena mysticetus L. 


Das Auge, in Alkohol conservirt, stammt aus den Beständen der 
alten Anatomie zu Breslau und war als Balaena mysticetus bezeichnet. 
Einige höchst auffällige Befunde liessen Zweifel entstehen, ob es sich 
nicht vielleicht um ein Zahnwalauge handelte, doch ist diese Ver- 
muthung zurückzuweisen, da zu charakteristische Merkmale vorhanden 
sind, die es als Bartenwalauge kennzeichnen. Die bedeutenden Unter- 
schiede gegenüber dem Auge von Balaenoptera machen es weiter 
sehr wahrscheinlich, dass es sich um kein Furchenwalauge handelt, 
sondern um das eines Glattwales. Es kämen also nur Balaena und 


> 
Fig. V. Balaena mysticetus. Horizontalschnitt. 1/1. P.v.c Ausläufer des Plexus 
der Ciliargefiisse. Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss. 


Eubalaena in Frage. Unter diesen Umständen nehme ich keinen An- 
stand, die alte Bestimmung als richtig anzusehen, zumal einige Ab- 
bildungen, die Mayer (11) giebt und die sich gleichfalls auf Balaena 
beziehen, gut mit den Befunden an meinem Exemplar übereinstimmen 
(s. Fig. V und W). 

Die Gestalt des Bulbus ist etwas asymmetrisch, im Grossen und 
Ganzen kann sie als elliptisch bezeichnet werden. Die Länge der 
äussern Axe beträgt 48,5 mm, die der innern 27,1. Der äussere 
Horizontaldurchmesser ist 70,5 mm lang, der innere 53 mm, der äussere 
Verticaldurchmesser beträgt 66,5 mm, der innere 47 mm. Die Fläche 
des Aequators liegt, wenn man den Bulbus äusserlich betrachtet, 


222 AUGUST PUTTER, 
23 mm hinter der Fläche des Cornealrandes, innen nur 6,5 mm 


dahinter. 

Der Sulcus corneae ist sehr flach und umgiebt den Limbus 
corneae als 10 mm breiter Ring. Das corneale Segment des Bulbus 
ist schwächer gewölbt als das hintere sclerale. Das Verhältniss des 
verticalen Corneal- zum verticalen Scleraldurchmesser beträgt, wenn 


man die äussern Maasse des Bulbus nimmt, 1: 2,37, wenn man die 
innern wählt, 1:1,68. In horizontaler Richtung beträgt das Verhält- 


niss für äussere Werthe 1:2,51, für innere 1: 1,89. 
Die Cornea ist oval, ihr Horizontaldurchmesser beträgt 28 mm, 


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y 


777 D 


Fig. W. Balaena mysticetus. Verticalschnitt. 1/1. Buchstabenerklärung s. am 


Schluss. 
Am Rande ist sie oben 2,5, 


der verticale 23 mm, die Höhe 3 mm. 
unten 2 mm dick, im Scheitel 1 mm. 
Scheitel die Dicke von 80 u, am Rande ist es sogar 180 u dick. 


Bemerkenswerth ist die Art der Epithelverhornung. 


Das Cornealepithel hat im 


Eine tiefe Schicht 


von Cylinderzellen fehlt, schon die tiefste, der Cornea propria an- 
liegende Zellenschicht besteht aus polygonalen Zellen, und diese Form 
behalten die Zellen fast in der ganzen Dicke des Epithels, nur in 


einer oberflächlichen Schicht von etwa 20 u Dicke sind sie ganz 


verhornt. 
Vielleicht ist diese verhornte Schicht bei gut conservirten Exem- 
plaren dicker und ist bei dem vorliegenden zum Theil abgerissen, 


Die Augen der Wassersäugethiere. 293 


Jeden Falls aber werden die sämmtlichen Zellen des Hornhaut- 
epithels, bis herunter zur tiefsten Schicht, umsponnen von einem dichten 
Maschenwerk (so erscheint es auf Schnitten, natiirlich ist es in Wirk- 
lichkeit ein Wabenwerk) von verhornter Substanz. Die Dicke der 
Schichten, die zwischen den Zellen liegen, beträgt etwa 2 u. 

Die Cornea propria besteht aus glattrandigen Lamellen, die sehr 
dicht an einander liegen. Die ganze Cornea propria ist durchzogen 
von einer grossen Anzahl von Lymphröhren, die nicht durch bogen- 
förmiges Auseinanderweichen der Lamellen entstehen, sondern mit be- 
sonderer Wandung versehen sind, so dass die Corneallamellen an ihnen 
endigen. Ihre Grösse ist sehr verschieden, was wohl grossen Theils da- 
mit zusammenhängt, dass sie in den verschiedensten Richtungen getroffen 
sind, bald quer, bald mehr oder weniger schräg. Diejenigen, welche 
quer getroffen sind, erscheinen fast rund, mit 55—40 w Durchmesser. 

Elastica anterior und posterior sind nicht vorhanden. 

Die Sclera ist am Cornealrande oben 3 mm dick, unten 2,5 mm, 
im Aequator (wie er von aussen gesehen erscheint) beträgt die Dicke 
oben 5,5 mm, unten 15 mm, und im Augengrunde ist die Sclera oben 
21 mm, unten 17,7 mm dick. 

Die starke Umhüllung des O pticus, die durch den Plexus der 
Ciliargefässe, durch Fett und straffes Bindegewebe gebildet ist, wird 
von der Sclera mit einem kegelmantelartigen Fortsatz umfasst, der 2mm 
dick und sehr fest gewebt ist, wie die Sclera selbst (s. Fig. V u. W.). 

Der ganze Stumpf der Opticusscheide, der dem Auge anhängt, 
war von dieser Fortsetzung der Sclera lückenlos umhüllt, so dass es 
wahrscheinlich ist, dass er bis zum Foramen opticum reicht (s. auch 
die Angabe für Balaenopterus musculus, S. 219). 

Die Chorioidea enthält ein Tapetum lucidum von gelber 
Farbe. Dasselbe erfüllt den obern Theil des Augengrundes, reicht 
aber kaum über die Horizontalebene nach unten beraus. Im ganzen 
untern Bulbustheil ist die Chorioidea dunkelbraun. Ihre Dicke beträgt 
im obern Bulbustheil 1 mm, im untern dagegen nur 0,5 mm. 

Im untern Bulbustheil besteht die Aderhaut aus einer äussern 
Schicht grosser und einer innern Schicht kleinerer Gefässe, zwischen 
denen wenig sehr lockeres Bindegewebe liegt. DieChoriocapillaris 
ist 10 « dick und ebenso dick das Aussenblatt der Retina, dessen 
Zellen etwa 30 w lang und ganz mit braunem, sehr feinkörnigem Pig- 
ment erfüllt sind. 

Im obern Bulbustheil ist die Chorioidea viel reicher an Gefässen, 
diese liegen in 3—4facher Schicht über einander. Nach innen von 


224 AUGUST PUTTER, 


diesen Schichten liegt das Tapetum lucidum, das etwa 200 w dick ist. 
Die Capillaren, die dasselbe durchbohren, sind 10—20 u dick, und 
ebenso dick (10—20 u) ist auch die Choriocapillaris. 

Das Aussenblatt der Retina ist 6—8 u dick und völlig frei von 
Pigment. Nicht nur hier im obern Bulbustheil, sondern auch im 
untern ist das Bindegewebe der Chorioidea sehr arm an Pigmentzellen. 

Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 4 Venae vorticosae, 
die im innern Aequator entspringen. Oben und unten ziehen sie in 
engen Röhren durch die Sclera, die sie etwa am Rande der Opticus- 
scheide verlassen (s. Fig. W), ohne also mit dem Plexus der Ciliar- 
gefässe, der den Opticus umgiebt, in Beziehung zu treten. Horizontal 
gehen von diesem Plexus Ausläufer aus, die durch die Sclera ziehen 
(s. Fig. V); ihre Breite beträgt stellenweise mehr als 3 mm. Gegen 
den innern Aequator hin gehen sie in einfache Röhren über, durch 
welche die Venen aus dem Innenraum des Bulbus austreten. 

Die Iris ist oben 13 mm breit, in allen andern Richtungen 
10,5 mm. Die Pupille ist 11,5 mm lang und 3,4 mm breit, sie 
sieht fast wie ein horizontal gestelltes Rechteck mit abgerundeten 
Seiten aus. Der obere Rand ist convex, doch nicht annähernd in dem 
Maasse, wie es weiter unten für die Zahnwale beschrieben werden soll. 
Die Farbe der Iris ist hellbraun. Die Iris wird fast ausschliesslich 
durch Muskeln und die Pars iridica retinae gebildet, das Stroma 
iridis ist fast vollständig reducirt, und die Gefässe, die in beträcht- 
licher Menge die Iris bedecken, liegen fast vollständig frei der Vorder- 
fläche auf und ragen so in das Lumen der Vorderkammer hinein. 

Der Sphincter iridis bildet einen fast 5 mm breiten Ring 
am pupillaren Irisrande, er ist ‘an seiner dicksten Stelle etwa 420 u 
dick. Seiner Vorderfläche liegen Gefässe in einfacher Schicht auf, so 
dass hier, nahe dem Pupillarrand, die Iris 850 « dick ist. Nach dem 
Ciliarrande hin verdünnt sie sich dann aber sehr stark und misst hier 
nur etwa 140 u, und ebenso dick sind auch ungefähr die Gefässe, die 
der Iris vorgelagert sind. 

Der Dilatator iridis ist vom Ciliarrande bis zur äussern 
Grenze des Sphincters hin durch die ganze Iris leicht zu verfolgen, 
seine mittlere Dicke beträgt 20 u, in seinen Muskelzellen enthält er 
feinkörniges Pigment. 

Die Zahl der Processus ciliares beträgt 83—86, sie sind 
5,5 mm lang und erheben sich am Iriswinkel je zu einem 2,5 mm hohen, 
freien, dünnen Fortsatz. Ihre ganze Oberfläche ist dicht mit zahl- 
reichen Fältchen besetzt. Sie bestehen aus der etwa 40 u dicken 


Die Augen der Wassersäugethiere. 225 


Pars ciliaris retinae und aus Blutgefässen, die das ganze Innere aus- 
füllen und keinerlei Raum für die Entwicklung eines bindegewebigen 
Stromas lassen. 

Auch die Grundplatie des Corpus ciliare enthält fast gar kein 
Bindegewebe, sondern vorwiegend grosse Blutgefässe. 

Es fehlt jede Spur eines Ciliarmuskels, sowohl eines 
Tensor chorioideae als eines Musculus ciliaris s. str. 

Die Retina ist in einem Zustand, der keine Untersuchung mehr 
gestattet, ebenso der Opticus, der etwas oberhalb des hintern 
Augenpols in den Bulbus eintritt. In einer Entfernung von 36 mm 
vom hintern Augenpol misst er in horizontaler Richtung 12 mm, in 
verticaler nur 4 mm, er hat ovalen Querschnitt. 

Die starke Scheide von Fett, Bindegewebe und Ciliargefässen, die 
ihn umgiebt, ist an dieser Stelle in horizontaler Richtung 30 mm 
dick, in verticaler 20 mm. Am hintern Augenpol beträgt ihre Dicke 
horizontal 54,5 mm, vertical 43 mm. 

Die Linse hat einen Durchmesser von 15,25 mm, die Axe misst 
13 mm, Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt. Der 
Linsendurchmesser verhält sich zum äussern Bulbusdurchmesser wie 
1 : 4,492, zum innern wie 1:3,28, zum Cornealdurchmesser wie 
1.1.67, 


6. Vergleichung der Bartenwalaugen. 


Die Vergleichung der Augen erwachsener Bartenwale soll sich 
zunächst auf einige Formverhältnisse des Bulbus erstrecken. Schon 
die Grösse der Augen in Beziehung zur Körperlänge, eine sehr 
rohe Proportion, zeigt, dass der Grönlandswal erheblich von den Fin- 
walen abweicht. 1 der Tabelle giebt die mittlere Länge der Thiere, 
2 das Verhältniss des horizontalen Bulbusdurchmessers zur Körper- 
länge: 


1 2 
Balaena mysticetus 20 m : 303 


1 

Balaenoptera physalus 22 mi 51227183 
Balaenoptera musculus 30, Mi u u100207 
Megaptera boops Sms 


Das Auge der Glattwale, als deren Vertreter Balaena untersucht 
wurde, ist also relativ erheblich kleiner als das der Furchenwale, die 
unter einander gut übereinstimmen. 


Zunächst wollen wir nur die Finwale ins Auge fassen. 
Zool. Jahrb, XVII. Abth. f. Morph. 15 


226 AUGUST PUTTER, 


Den am stärksten abgeplatteten Bulbus finden wir bei Balaeno- 
ptera physalus, wo das Verhältniss der Axe zum Durchmesser 1:1,5 
beträgt, während es sich bei B. musculus auf 1: 1,36 und bei Mega- 
ptera boops auf 1:1,35 stellt. Ueber die Hauptdimensionen der 
Cornea orientirt die folgende Tabelle. Unter 1 ist das Verhältniss 
des horizontalen Corneal- zum Scleraldurchmesser angegeben, unter 2 
das der verticalen und unter 3 die Höhe der Cornea in Theilen der 
Bulbusaxe. 


1 2 3 
B. physalus 1:3,076 1:3,667 1 : 22,86 
B. musculus 1:3,45 1:43 112027 
M. boops 248 eels 3:26 27.1: ao 


Man sieht, dass danach Megaptera eine relativ grosse und hohe 
Cornea hat, während die beiden Species von Balaenoptera keine grossen 
Unterschiede aufweisen. 

Die Dicke der Sclera ist relativ am bedeutendsten bei B. phy- 
salus, hier verhält sie sich zur Bulbusaxe wie 1:1,74, bei B. musculus 
beträgt das Verhältniss 1 : 2,14, und Megaptera steht mit 1:2 zwischen 
diesen beiden. 

Es bleibt noch übrig, eine Zusammenstellung der Linsengrössen 
zu geben. Unter 1 der Tabelle ist das Verhältniss der Linsenaxe zur 
innern Bulbusaxe, unter 2 das des Linsendurchmessers zum innern 
Bulbusdurchmesser angegeben. 


1 2 
B. physalus 1:3,54 1: 3,68 
B. musculus 1:3,06 1 : 3,47 
M. boops 1::2,31.,.15 354 


Danach ist die Linse von Megaptera etwas grösser als die der 
Species von Balaenoptera, die unter einander nicht wesentlich ver- 
schieden sind. 

Ungleich grösser als die Unterschiede der Furchenwalaugen unter 
einander sind die der Furchenwale einer-, der Glattwale andrerseits. 
Zur Vergleichung sollen nur die Augen von Balaenoptera physalus 
und Balaena mysticetus einander gegenüber gestellt werden. 

Der Bulbus von Balaena ist doppelt so stark abgeplattet wie der 
von Balaenoptera. Bei letzterm beträgt das Verhältniss der Axe zum 
mittlern Aequatorialdurchmesser 1: 1,44, bei Balaena aber 1: 2,83. 

Die Cornea ist bei Balaena relativ grösser und höher 
als bei den Finwalen, wie folgende Zusammenstellung zeigt. Unter 


Die Augen der Wassersäugethiere. 997 


od 


1 Verticaldurchmesser der Cornea, unter 2 Horizontaldurchmesser der 
Cornea, beide in Theilen der entsprechenden Bulbusdurchmesser ; 
3 Höhe der Cornea in Theilen der Bulbusaxe. 


1 2 3 
Balaenoptera physalus 1:3,08 1:53,67 1:22,86 
Balaena mysticetus 132 ele) 2.89) 1: 16.17 


Der Innenraum des Bulbus ist bei Balaena viel stärker elliptisch 
als bei Balaenoptera, bei dem er sich fast einer halbkugligen Form 
nähert, indem der Sulcus corneae ganz ausserordentlich flach wird, 
während die Tiefe des Augengrundes dem entsprechend zunimmt. 

In Theilen der innern Augenaxe beträgt die Höhe des Sulcus 
corneae bei 

Balaenoptera 1: 6,19, 
bei Balaena 1: 4,17 


und die Tiefe des Augengrundes beträgt in demselben Maasse bei 


Balaenoptera 1: 1,27, 
bei Balaena 161545; 


An der Cornea fällt als ganz auffallender Unterschied zwischen 
Balaena und Balaenoptera die Art der Verhornung des Hornhaut- 
epithels auf. Die oben beschriebenen säulenartigen Verhornungen bei 
Balaenoptera sind fundamental verschieden von dem Modus, der bei 
Balaena durchgefiihrt ist (s. S. 223) und der sich, wie wir oben 
sahen, auch noch bei Pinnipediern (Halichoerus, Otaria) sowie bei 
Denticeten findet (s. u.). 

Die Sclera ist bei Balaenoptera relativ viel dicker als bei 
Balaena, bei der sich ihre grösste Dicke zu der Bulbusaxe verhält 
wie 1: 3,36, während beim Finwal der entsprechende Werth 1 : 1,74 ist. 

In der Chorioidea ist die Ausbildung des Gefässtheils bei 
beiden Familien dieselbe, das Tapetum lucidum aber ist bei 
Balaena relativ fast viermal so dick wie bei Balaenoptera. 

Die Iris ist bei Balaena oben verbreitert, so dass der Ober- 
rand der Pupille convex ist, eine Eigenthümlichkeit, die bei Balaeno- 
ptera fehlt, bei den Zahnwalen aber in noch viel stärkerm Maasse 
ausgebildet ist (s. u. Operculum pupillare). Auch im übrigen 
Bau, in der starken Reduction des Stromas und der dadurch be- 
wirkten ausserordentlichen Verdünnung erinnert die Iris von Balaena 
viel mehr an eine Denticeten-Iris, als an die der viel näher verwandten 
Balaenoptera. 
15* 


228 AUGUST PUTTER, 


Endlich ist auch die Linse bei beiden Thieren ungemein ver- 
schieden gross, und zwar bei Dalaena relativ viel grösser als bei 
Balaenoptera, wenn man die Dimensionen des ganzen Bulbus zu denen 
der Linse in Proportion setzt. Man ersieht dies schon ohne weiteres 
aus der Vergleichung der Textfiguren S und V. Setzt man aber den 
Linsendurchmesser in Proportion zum Corneadurchmesser, so erhält 
man für beide Thiere fast genau das gleiche Verhältniss, für Balaeno- 
ptera 1 : 1,68, für Balaena 1 : 1,67. 


IV. Das Denticetenauge. 


Die Literatur über das Auge der Zahnwale hat schon oben 
(S. 187) mit dem Bartenwalauge zusammen Erwahnung gefunden. 


1. Delphinus sp. 


Wahrscheinlich Delphinus delphis aus dem Indischen Ocean. Lange 
8,9 cm. Genaue Maasse s. bei KUKENTHAL (87, p. 225), „Walthiere“, 
No. 10 der Tabelle (s. Fig. X). 

Der Bulbus weicht etwas von der Kugelform ab, die Lange 
seiner äussern Axe beträgt 4,6 mm, die Länge des verticalen Aequa- 
torialdurchmessers 4 mm. Die Aequatorialebene liegt 1,5 mm hinter 
der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae ist nicht vor- 
handen. Das vordere corneale Segment des Bulbus ist etwas stärker 
gewolbt als das hintere sclerale, sein Krümmungsradius beträgt 
1,95 mm, der der Sclera 2,3 mm. Die Cornea nimmt einen sehr be- 
deutenden Antheil am Aufbau des Bulbus, ihr Durchmesser verhält 
sich zu dem des Bulbus wie 1: 1,11; die Grösse des Cornealbogens 
ist 135°, die des Bogens der Sclera 239°. 

Der Verticaldurchmesser der Cornea beträgt 3,6 mm, ihre Höhe 
1,2 mm. In der Mitte ist die Cornea dicker als am Rande, wo sie 
nur 128 u misst, während sie in der Mitte 255 w dick ist. Das 
Hornhautepithel ist im Scheitel 13 « dick, am Rande 21 u, es besteht 
aus einer tiefen Lage Cylinderzellen mit ovalen, zur Oberfläche senk- 
rechten Kernen und zwei darüber liegenden oberflächlichen Lagen 
Plattenzellen mit ovalen Kernen, die parallel der Oberfläche liegen. 
Die Cornea propria besteht aus 2 Schichten, die sich deutlich 
gegen einander abgrenzen, einer hintern, cameralen, die schon erheblich 
weiter entwickelt ist als die vordere. Die camerale Schicht ist am 
Rande 64 u, im Scheitel 128 w dick und besteht aus dicht gelagerten, 


Die Augen der Wassersäugethiere. 299 


der Corneafläche parallelen Fasern, die nur wenige schmale Lücken 
zwischen sich lassen und lang gestreckte, bandförmige Kerne haben. 
Die vordere Schicht der Cornea propria ist viel weniger dicht gebaut, 
die lang gestreckten Zellen bilden 
ein grossmaschiges Netzwerk, die 
Kerne sind noch mehr rund oder 
oval, nicht so bandförmig wie in 
der hintern Lage. Elastica 
anterior und posterior fehlen, 
das Endothel der Vorderkammer 
ist als einfache, sehr dünne Lage 
von platten Zellen vorhanden. 

Die Sclera verdünnt sich vom 
Cornealrande, wo sie 128 u dick 
ist, rasch, so dass sie in der Mitte Fig. X. Delphinus sp. Embryo von 
des prääquatorialen Segments nur 8,9 em Länge. Verticalschnitt. TOME 
diet Im’ Nequator hetrast co rire Were ner 

2 g s. am Schluss. 
die Dicke 85 u, und diese Stärke 
behält die Sclera auch im Augengrunde bei. Die Anlage der Sclera, 
die zugleich auch die der Chorioidea darstellt, besteht aus mehreren 
Zellenlagen, die zerstreut eine ganze Anzahl von Pigmentzellen ent- 
halten. 

Die Iris springt als 770 u breiter Ring in den Innenraum des 
Bulbus vor, sie ist 42 u dick. Der Rückseite des Stromas liegt das 
völlig schwarz pigmentirte Aussenblatt der Retina an. 

Die Anlage eines Corpus ciliare fehlt noch vollständg. 

Das Aussenblatt der Retina ist nur in seinen vordern Partien 
stark pigmentirt, im ganzen Augengrunde, bis gegen den Aequator 
hin, enthält es wohl einzelne zerstreute Pigmentkörnchen, wie auch die 
nach aussen davon gelegene Anlage der Chorioidea plus Sclera, stellt 
aber keine continuirliche Pigmentlage dar. Erst von dem Aequator 
an nach vorn ist es dicht mit schwarzem Pigment erfüllt, das gegen 
die Iris hin dicker wird; es ist wegen der Menge des Pigments aber 
nicht zu erkennen, ob diese Verdickung durch Vermehrung der Zellen- 
lagen oder durch Vergrösserung der Zellen vor sich geht. 

Das Innenblatt der Retina ist ım Augengrunde 255 u dick- 
Die äussere Körnerschicht ist 111 « dick, die innere 68 u, beide 
Schichten schliessen sich direct, ohne dass eine reticulirte Schicht sich 
dazwischen schöbe, an einander. Die übrigen, nach innen von der 
innern Körnerschicht gelegenen Schichten der Retina werden durch 


230 AUGUST PUTTER, 


eine 77 « dicke Lage repräsentirt. Gegen die Peripherie nimmt diese 
innerste Schicht gleichmässig an Dicke ab, während die Körnerschichten 
noch ganz in der Nähe der Linea terminalis retinae die gleiche 
Dicke haben wie im Augengrunde. Die äussere Körnerschicht besteht 
aus etwa 14 Schichten dicht gedrängter Zellen, deren ovale Kerne 
senkrecht zur Oberfläche der Retina stehen und in dieser Richtung 
deutliche Reihen bilden. Die innern Körner bestehen aus 4—6 Schichten 
von Zellen, die weit weniger dicht liegen als die Zellen der äussern 
Körnerschicht und auch nicht regelmässig angeordnet sind. Die 
grössten Verschiedenheiten in ihrer Dicke zeigt die innerste Retina- 
schicht, die der innern reticulirten Schicht, dem Ganglion optici 
und der Nervenfaserschicht entspricht. Abgesehen von der erwähnten 
regelmässigen Verdünnung gegen die Linea terminalis retinae hin, 
fehlt sie in einem ganzen Bezirk des obern Bulbustheils völlig. 
Dieser Bezirk ist auch durch das Verhalten der übrigen Retinaschichten 
ausgezeichnet, aus dem deutlich hervorgeht, dass es sich hier um die 
Anlage einer Area centralis retinae handelt (s. Fig. X a.r). In 
ihrem Bereich beträgt die Dicke der Retina 340 «, also 85 uw mehr 
als die Dicke im Augengrunde. 

Wie erwähnt, nehmen die innersten Schichten der Retina keinen 
Antheil am Aufbau der Area, doch auch die übrigen Schichten er- 
leiden Veränderungen. Die Grenze zwischen äusserer und innerer 
Körnerschicht verwischt sich vollständig. Von ihrer innern Grenze an 
nimmt die Dichtigkeit der vereinigten Körnerschichten mehr und mehr 
nach aussen hin zu, bis zu einer Tiefe von 210 «. Hier liegen die 
Zellen am dichtesten. Von da nach aussen, auf einer Strecke von 
128 u, liegen sie wieder weniger dicht. Die Breite der Area ist 
schlecht bestimmbar, da ihre Eigenthümlichkeiten in Bezug auf Dicke 
und Anordnung der Schichten sich sehr allmählich ausgleichen. Die 
dickste Stelle der Area liegt im Aequator des obern Bulbusabschnitts. 
Von hier aus kann man jederseits einen Streifen von etwa 600 u 
Breite als zur Area centralis gehörig betrachten. Die Area erscheint 
erst auf Schnitten, die temporal von den Medianschnitten liegen; wie 
weit sie sich temporal erstreckt, ist nicht genau anzugeben, jeden 
Falls ist sie auf den Schnitten, die den tangentialen Schnitten der 
Retina voraufgehen, in guter Ausbildung vorhanden, auf den tangentialen 
Schnitten selbst kann ihre Existenz nicht festgestellt werden, so dass 
es unentschieden bleibt, wie weit sie sich ausdehnt. So viel kann aber 
mit Sicherheit festgestellt werden, dass es sich hier um eine strich- 
formige oder besser bandförmige Area centralis handelt, die in einer 


Die Augen der Wassersäugethiere. 231 


Breite von etwa 1,2 mm im Aequator der obern äussern Bulbushälfte 
verläuft und sich ziemlich weit nach aussen, temporal, erstreckt. 

Der Nervus opticus tritt im horizontalen Meridian, ziemlich 
weit von aussen her, an den Bulbus heran. An seiner Eintrittsstelle 
ist er 340 w dick. Die Orbita durchzieht er in gerader Richtung, 
die Entfernung von der Papilla nervi optici bis zum Foramen opticum 
beträgt 2,2 mm. 

Die Axe der Linse misst 2,3 mm, der äquatoriale Durchmesser 
2,7 mm. Die Hinterfläche bildet eine fast vollständig genaue Halb- 
kugel, deren Krümmungsradius 1,55 mm beträgt. Die Vorderfläche 
ist viel flacher, sie ist 0,85 mm hoch, ihr Kriimmungsradius ist 1,5 mm 
lang, und ihr Bogen beträgt 121°, es fehlt ihr also ein sehr erheb- 
liches Stück zur Halbkugel. Das vordere Linsenepithel stellt eine 
einfache Zellenlage dar, die Zellen werden gegen den Aequator hin 
höher und gehen im Aequator in die Linsenfasern über. Die Kerne 
der äquatorialen Randfasern sind lang und oval, die der tiefer liegenden 
Uebergangs- und Centralfasern dagegen sehr klein und kugelrund. 
Eine Tunica vasculosa hüllt die Linse ein, Vasa hyaloidea sind 
nicht zu erkennen. 

Die Lider sind geschlossen, das Epithel ihrer ciliaren Ränder ist 
verwachsen. Die Dicke der Ränder beträgt 0,21 mm, die der Lid- 
wurzel beim Oberlid 1,56 mm, beim Unterlid 1,57 mm. Das obere 
Lid ist 2,21 mm breit, das untere 1,97 mm. Ob einige flache Falten 
am Fornix conjunctivae als Anlage einer Nickhaut zu betrachten 
sind, mag dahingestellt bleiben, vielleicht handelt es sich nur um 
Schrumpfungserscheinungen, was allerdings nicht ganz wahrscheinlich 
ist, da die Drüsenausführgänge zu den Falten in Beziehung stehen, 
wie bei einer Nickhaut. Die Epidermis hat auf der Fläche des Lides 
eine Dicke von 43 u, gegen den Margo ciliaris verdickt sie sich und 
ist hier 85 u dick. Das Stratum germinativum, das aus hohen Cylinder- 
zellen besteht, nimmt an der Verdickung keinen Antheil, diese wird 
nur durch die Vermehrung der Lagen abgeplatteter Zellen bewirkt. 
Die Anlage der Speckschicht verdünnt sich gegen die Lider hin, 
während gleichzeitig die Dichtigkeit ihrer Textur zunimmt. Den über- 
wiegenden Antheil am Aufbau der Lider nehmen die Muskeln. Der 
Orbicularis oculi ist besonders im Unterlid mächtig ausgebildet, 
doch auch im Oberlid vorhanden. Zwischen seine Bündel strahlen die 
des Musculus palpebralis ein. Zwischen der Muskelschicht und 
der Conjunctiva palpebrarum liegt eine Schicht von dichtem 
Bindegewebe. Gegen die Lidwurzel hin, wo diese bindegewebige Lage 


232 AUGUST PUTTER, 


schwächer wird, finden sich zahlreiche Drüsen. ihr Bau ist der 
gleiche wie der der grossen Augendrüsen (s. u.). Die Conjunctiva ist 
34 w dick und besteht aus einer tiefen Schicht von Cylinderzellen 
und einer oberflächlichen von Plattenzellen. 

Nasal lagert dem Bulbus die grosse, wohl entwickelte HARDER- 
sche Drüse auf. An sie schliessen sich, bald dichter, bald weniger 
dicht, theils in den Lidern, besonders den Lidwurzeln, aber auch am 
obern und untern Fornix conjunctivae eine grosse Anzahl kleinerer 
Einzeldrüsen an. Auch am lateralen Augenwinkel liegt eine Drüse 
dem Bulbus auf, der Thränendrüse entsprechend, gerade so wie 
die nasale Harper’sche Drüse, innerhalb des Kegels der Musculi pal- 
pebrales. Sie ist bei weitem kleiner als die nasale Drüse. Alle diese 
Drüsen zeigen den gleichen Bau, sie bestehen aus vielfach verzweigten 
Schläuchen, die noch keinerlei Formunterschiede oder Unterschiede 
im Bau zeigen, durch die secernirende und ausführende Theile von 
einander unterscheidbar wären. Sie bestehen durchweg aus einem 
zweischichtigen Epithel würfelförmiger Zellen, von 26 w Dicke. Die 
runden Kerne der innern Zellenschicht liegen dem Lumen der Schläuche 
zugewandt, die der äussern aber der äussern Zellgrenze nahe. Beim 
Uebergang des Epithels der Schläuche in das der Conjunctiva flacht 
sich das innere cubische Epithel zu einem Pflasterepithel ab, die äussere 
Zellenschicht geht in die tiefe Cylinderzellenschicht der Conjunctiva 
über. Thränencanälchen und Thränennasengang fehlen völlig. 


2. Phocaena communis Less. 


1. Embryo von 12 Tscm/bange. 


Kopf in Frontalschnitte zerlegt (s. Fig. Y). 

Der Bulbus ist in der Richtung der Axe stark verkürzt, seine 
Axe ist 3,4 mm lang, während der verticale Aequatorialdurchmesser 
4 mm beträgt. Die Aequatorialebene liegt etwa 1,1 mm hinter der 
Fläche des Cornealrandes. Das vor dem Aequator gelegene Stück der 
Sclera ist weniger stark gewölbt als der Augengrund, doch ist ein 
eigentlicher Sulcus corneae nicht vorhanden. Das vordere, cor- 
neale Segment des Bulbus ist stärker gewölbt als das hintere, sclerale, 
sein Krümmungsradius beträgt 1,625 mm, der des Augengrundes da- 
gegen 2,09 mm. Der Cornealdurchmesser verhält sich zum Scleral- 
durchmesser wie 1:1,333. Die Grösse des Cornealbogens beträgt 135°. 

Die Cornea ist 1 mm hoch, ihr Verticaldurchmesser beträgt 
3 mm. Im Scheitel ist sie etwas dicker als am Rande, dort 200 u 


Die Augen der Wassersäugethiere. 233 


dick, hier nur 128 uw. Das Epithel ist in der Mitte der Cornea etwa 
25 u dick, am Rande nur 17 u. 

Die Sclera ist im Aequator am dünnsten, nur 34 u dick, gegen 
den Cornealrand wie gegen den Augengrund nimmt die Dicke zu und 
beträgt im prääquatorialen Segment 90 w, im Augengrunde 128 u. 

Die Chorioidea ist nur im obern Theil des Bulbus als dünne, 
etwa 15 u dicke Lamelle zwischen Sclera und Stratum pigmenti 
retinae zu erkennen, im Augengrunde wie im ganzen obern Bulbus- 
theil ist von ihr nichts zu erkennen. 

Die Iris bildet einen Ring von 
etwa 0,6 mm Breite, die Pupille 
hat einen Durchmesser von 2,55 mm. 
Die Dicke der Iris beträgt etwa 
85, u... Die Pars iridiea reti- 
nae ist etwa 43 « dick. Das Innen- 
blatt der Retina enthält auf eine 
Strecke von 340 u Breite vom Pu- 
pillarrand aus reichlich Pigment. = 
Dann hört, also etwa auf der Mitte Fig. Y. Phocaena communis. Em- 
der Hinterfläche der Iris, die Pig- schenorklärung siche de Schluss | 
mentirung plötzlich auf, denn hier 
beginnen bereits die Ciliarfortsätze, deren Epithel pigmentfrei ist, 
allmählich mehrschichtig wird und in die Pars optica retinae übergeht. 

Die Processus ciliares bedecken, wie erwähnt, die äussere 
Hälfte der Irishinterfläche und greifen eine Strecke weit über die Iris- 
wurzel hinaus, so dass die ganze Breite des Rings der Ciliarfortsätze 
0,5 mm beträgt. Ihre Gestalt ist, wie man auf meridionalen und 
tangentialen Schnitten feststellen kann, sehr einfach. Es sind glatte, 
ziemlich regelmässige Falten, von etwa 250 u Höhe bei 100 w Dicke 
an der Basis, deren Stroma von der Chorioidea gebildet wird, über 
das die Pars ciliaris retinae in grosser Regelmässigkeit hin- 
zieht. 

Das Stratum pigmenti retinae ist am stärksten im Bereich 
der Iris und des Corpus ciliare ausgebildet, wie oben beschrieben 
wurde. Auch im ganzen untern Theil des Bulbus sowie im Augen- 
grunde ist es gut entwickelt, die unregelmässig polygonalen Zellen 
sind ganz mit Pigmentkörnchen erfüllt. Vom Augengrunde an nimmt 
aber nach oben die Pigmentirung mehr und mehr ab, und die obere 
Hälfte des Bulbus ist bis gegen das Corpus ciliare hin völlig frei von 
Pigment oder es zeigen sich doch nur ganz vereinzelte Körnchen. 


234 AUGUST PUTTER, 


Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 153 u dick, 
gegen die Peripherie hin nimmt sie nicht an Dicke ab, sondern geht 
erst an der Grenze des Corpus ciliare ganz plötzlich mit einer Ver- 
dünnung auf 45 «u in das Epithel der Ciliarfortsätze über. Die Schicht 
der äussern Körner ist 85 u dick, sie besteht aus 15—18 Schichten 
dicht liegender Kerne. Sie grenzt direct an die innere Körnerschicht, 
die bei 42 uw Dicke aus 6—8 Zellenschichten besteht, in denen die 
Kerne weniger regelmässig und weniger dicht liegen als in der äussern 
Körnerschicht. 

Nach innen folgt auf die innere Körnerschicht eine Schicht von 
26 u Dicke, die dem Ganglion optici und der Nervenfaserschicht 
entspricht, in der aber keinerlei Einzelheiten zu erkennen sind. 

Der Nervus opticus tritt im Augengrunde etwas nach aussen 
von der Augenaxe an den Bulbus heran. Es ist 340 « dick und ver- 
läuft in gerader Linie zur Spitze der Orbita. 

Die Linse weicht erheblich von der Kugelform ab, ihre Vorder- 
fläche ist viel flacher als die Hinterfläche. Der Durchmesser beträgt 
2,72 mm, in Theilen des Bulbusdurchmessers 1:1,47, die Axe ist 
2 mm lang, in Theilen der Bulbusaxe 1 : 1,7. Die Höhe der Vorder- 
fläche beträgt 0,85 mm, ihr Bogen 130°, der Krümmungsradius ist 
1,513 mm lang. Die Hinterfläche ist 1,15 mm hoch, ihr Krümmungs- 
radius beträgt 1,38 mm, ihr Bogen 160°. Das vordere Linsenepithel 
ist 26 u dick und besteht aus einer einzigen Schicht Cylinderzellen. 
Die Epithelgrenze liegt weit hinter dem Aequator, erst 0,6 mm hinter 
demselben erfolgt in der typischen Weise der Uebergang der Zellen 
in die Linsenfasern. 

Die wohl entwickelten Lider sind geöffnet. Die Breite des 
Unterlides ist etwa ebenso gross wie die des Oberlides, 2,168 mm. 
Das Oberlid ist an der Basis 0,8 mm dick, am Rande 0,17, das 
Unterlid ist dicker, es ist an der Basis 1,1 mm dick, am Rande 0,26 mm. 
Das Epithel der Lider verdickt sich gegen den freien Lidrand zu einem 
85 w dicken Wulst, während es im übrigen Lide nur 34 u dick ist. 
Die Speckschicht ist an der Basis der Lider 255 w dick, nimmt aber 
gegen den Lidrand rasch an Dicke ab. Unter der Speckschicht liegt 
der Musculus orbicularis oculi, der besonders im Unterlid 
eine sehr bedeutende Entwicklung hat und auch über die Wurzel des 
Lides mit kräftigen Bündeln hinaus reicht. Seine grösste Breite be- 
trägt 170 u nahe der Lidwurzel, von da aus wird sie nach dem Lidrande 
wie auch nach der Basis hin dünner. Im Oberlid ist der Orbi- 
cularis viel dünner, die grösste Dicke, etwa in der Mitte der Lid- 


Die Augen der Wassersäugethiere. 235 


breite, beträgt nur 85 «u, nur mit ganz schwachen Bündeln reicht er 
über die Lidwurzel hinaus. 

Zwischen die Bündel des Orbicularis strahlen die des Palpe- 
bralis ein und bilden die nach innen von ihm gelegene Schicht. Auf 
sie folgt eine Schicht Bindegewebe von etwa 80 «uw Dicke, die im 
Unterlid eine viel dichtere Structur zeigt als im Oberlid. Die Con- 
junctiva ist 43 « dick und zeigt im Lidtheil denselben Bau wie 
im Fornix. An der Lidwurzel liegen spärliche kleine Drüsenläppchen, 
zwischen dem Palpebralis und der Conjunctiva in Bindegewebe ein- 
geschlossen. 

Die HArDER’sche Drüse ist sehr bedeutend entwickelt. Sie 
liegt innen dem Bulbus auf, greift auf seine Ober- und Unterseite über 
und erstreckt sich in die Tiefe der Orbita bis über den Augengrund 
heraus zwischen die Muskeln. Sie besteht aus vielfach verzweigten 
Schläuchen, die sich öfters lacunenartig erweitern. Die Schläuche be- 
stehen aus einem zweischichtigen, annähernd cubischen Epithel mit 
runden Kernen. Die Kerne der innern Zellenschicht liegen dem Lumen 
des Schlauches nahe, die der äussern den äussern Zellengrenzen. 
Neue Schläuche legen sich als solide Epithelsprossen an, die zahlreich 
auf den Schnitten enthalten sind. Fasriges Bindegewebe umhüllt die 
Schläuche und umfasst die ganze Drüse, die dadurch als selbständig 
scharf abgegrenztes Organ auftritt. Die Ausmündung der Drüse er- 
folgt durch mehrere Ausführgänge. Ein wohl ausgebildeter Schlauch 
misst im Querschnitt 85 u, das Lumen ist 34 u weit, die Wanddicke 
beträgt 26 u. Die Harper’sche Drüse erstreckt sich mit einzelnen 
Läppchen über den grössten Theil des Bulbus, doch ist die Ausbildung 
dieses Drüsenstratums, das sein Secret durch eine Anzahl am Fornix 
superior und inferior vertheilter Ausführgänge entleert, relativ gering. 
Besonders in der Lidwurzel befinden sich, wie erwähnt, nur ganz ge- 
ringe Drüsentheilchen. 

Der laterale Augenwinkel ist völlig frei von Drüsen, eine Glan- 
dula lacrimalis fehlt gänzlich und das der Harper’schen Drüse 
angehörende Drüsenstratum erreicht naturgemäss nicht den lateralen 
Augenwinkel. 

Die Orbita ist sehr unvollständig, der Bulbus liegt fast ganz 
vor ihr, im Muskelgewebe und der Speckschicht eingebettet. Die 
Augenaxe ist in einem Winkel von etwa 10° nach abwärts geneigt. 

Der Grund der Orbita ist von einem lockern Gewebe erfüllt, das 
eine grosse Anzahl Querschnitte von Venen, einen Plexus venosus 
zeigt. Auch die Gewebsschichten, in die der Bulbus eingehüllt ist, 


236 AUGUST PUTTER, 


sind sehr blutreich, sie zeigen besonders unter der Speckschicht in der 
Muskellage zahlreiche Gefässquerschnitte. 


2. Embryo von 53 cm Länge. 

Genaue Maasse siehe bei KÜKENTHAL (87, p. 224), „Walthiere“, 
No. 5 der Tabelle (s. Fig. 2). 

Der Bulbus weicht in seiner Gestalt nur ungemein wenig von der 
Kugelform ab. Am längsten ist der Horizontaldurchmesser, der 
18,5 mm misst, während der Verticaldurchmesser ebenso lang ist wie 
die Axe, 17 mm. Die Aequatorialebene liest 7,2 mm hinter der Fläche 
des Cornealrandes, ein Sulcus corneae ist nicht zu erkennen. 
Der horizontale Cornealdurchmesser verhält sich zum horizontalen 
Scleraldurchmesser wie 1:1,504, in verticaler Richtung ist der Antheil, 


den die Cornea am Autbau des 
m 
en N 
IN 2 


Bulbus nimmt, noch etwas geringer, 


i das Verhältniss beträgt 1 : 1,545. 
Das corneale Bulbussegment ist 
etwäs stärker gewölbt als das 
sclerale, der Krümmungsradius 
s des erstern beträgt 6,4 mm, der 
ch des letztern 7,914 mm. Der 
Bogen der Cornea beträgt 130°, 
der der Sclera 281°. 

Die Cornea ist etwas el- 
liptisch gestaltet, ihr Horizontal- 
durchmesser übertrifft mit 12,3 

mm Länge den Verticaldurch- 
con a an da, MBS Messer, der nur 11 mm lang ist 
Buchstabenerklärung s. am Schluss. Die Höhe des Cornealscheitels be- 

trägt 3,7 mm, d. bh. in Theilen 
der Bulbusaxe 1:46. Am Rande ist die Cornea doppelt so dick 
wie in der Mitte, dort 2 mm, hier nur 1 mm. Die Dicke des Horn- 
hautepithels beträgt 34 u. 

Die Sclera hat ihre dünnste Stelle vor dem Aequator, hier ist 
sie nur 0,2 mm dick, während sie am Cornealrande 0,9 mm dick ist. 
Die Dicke im Aequator beträgt 0,4 mm und gegen den Augengrund 
verdickt sie sich erheblich, ihre grösste Dicke beträgt hier 1,2 mm. 
Im Bereich der Opticusscheide verdünnt sie sich wieder etwas. 

Die Chorioidea ist 425 u dick. Auf die äusserste Schicht, die 
der grossen Gefässe, entfallen hiervon 170 u. Die Gefässe liegen nicht 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 237 


sehr dicht, ihr gegenseitiger Abstand beträgt im Durchschnitt 100 w, 
ihre Durchmesser schwanken in ziemlich weiten Grenzen, von 60 bis 
100 uw. Nach innen folgen kleinere Gefässe, doch ist wegen der un- 
genügenden Erhaltung ein genaues Studium dieser Theile nicht mög- 
lich. Das Bindegewebe überwiegt gegenüber den Gefässen noch beträcht- 
lich, pigmentirte Zellen enthält es nur in den äussern Partien, eine 80 bis 
100 « dicke Schicht an der Innenfläche ist ganz pigmentfrei und darf 
wohl als der Bezirk des Tapetums angesehen werden. Auch in den 
äussern Theilen der Chorioidea sind die Pigmentzellen nur in geringer 
Anzahl, weit verstreut, vorhanden. Das Aussenblatt der Retina ent- 
hält kein Pigment im Bereich des Tapetums, es ist 10 « dick und 
die einzelnen Zellen sind 16 « lang. Die kleinen, runden Kerne, die 
4 u Durchmesser haben, liegen in der Zellmitte. In den peripheren 
Theilen der Chorioidea sind die Zellen des Aussenblatts pigmentirt. 
Von der Fläche erscheinen sie polygonal, fünf- oder sechseckig, und 
der Kern ist als heller Fleck von 4 « Durchmesser kenntlich. Ihr 
körperlicher Inhalt beträgt 1670 u°, der ihres Kernes 34 u°, so dass 
das Verhältniss derselben wie 1 : 49 ist. 

Die Farbe des Tapetums ist silbergrau, es erfüllt den Augen- 
grund und reicht bis auf 2 mm an das Corpus ciliare heran. Im 
untern Bulbustheil wird es stellenweise durch völlig schwarz pigmen- 
tirte Bezirke des Stratum pigmenti retinae verdeckt, doch ist 
die Ausdehnung dieser Pigmentirung nicht mehr genau festzustellen. 

Der Gürtel des Corpus ciliare ist 0,9 mm breit, die Pro- 
cessus ciliares erheben sich unmittelbar am Iriswinkel zu 1 mm 
Höhe, sie sind dicht mit Fältchen besetzt und sehr zahlreich, etwa 
110—120 an der Zahl. à 

Die Pupille ist bohnenförmig, ihre Lange beträgt 3 mm, die 
Breite 1,5 mm. Die bohnenförmige Gestalt kommt dadurch zu Stande, 
dass von oben her ein Operculum pupillare in die Pupille 
vorspringt. 

Die Iris ist oben am breitesten, 4 mm breit, und ebenso breit 
in temporaler Richtung. Unten ist sie am schmalsten, nur 3 mm 
breit und nasal beträgt die Breite 3,5 mm. 

Die Pars ciliaris retinae bedeckt die Rückseite in einer 
Dicke von 30 u, das Pigment lässt keine Einzelheiten erkennen. Nach 
vorn liegt ihr der Dilatator iridis als etwa 30 u dicke Schicht 
auf, er enthält auf seinem ganzen Verlauf vom Pupillarrand bis zur 
Iriswurzel sehr reichlich Pigment. Der Sphincter iridis ist er- 
heblich dicker, im Mittel etwa 70 u dick, er erstreckt sich vom 


238 AUGUST PUTTER, 


Pupillarrande aus, wo er am dicksten ist, 2mm weit gegen die Peri- 
pherie, endet also 1,5—2 mm früher als der Dilatator. Das Stroma 
iridis ist etwa 80 u dick, es enthält wenige, plump spindelförmige 
Pigmentzellen, bei denen meist der Kern noch als heller Fleck sicht- 
bar ist. Die Gefässe liegen in einfacher Schicht, das grösste von 
allen, das circulär verläuft, liegt 450 « vom Pupillarrande entfernt, 
es zeigt einen ovalen Querschnitt von 120 u Breite bei 50 « Dicke, 
die Wandung ist etwa 16 u dick. Die Gesammtdicke der Iris beträgt 
an der Wurzel 120 «, nahe dem Pupillarrande 230 u. 

Die Retina grenzt mit einer glatten Linea terminalis retinae an 
das Corpus ciliare. Das Innenblatt ist im Augengrunde 346 w dick. 
Die Schicht der Stäbchen ist 30 u breit, die Dicke des einzelnen 
Stäbchens beträgt 2—3 u. Da die Fläche der Retina 558 qmm be- 
trägt, so ergiebt die Rechnung eine Gesammtzahl der Stäbchen von 
130 Millionen. Die äussere Körnerschicht ist 96 « dick und besteht 
aus 22—26 Schichten von Zellen. Die Durchmesser der kugelrunden 
Kerne betragen 3 «. Die äussere reticuläre Schicht ist 30 w dick. 
Die innere Körnerschicht besteht bei 40 w Dicke aus 7—8 Schichten 
von Zellen, deren Kerne etwas grösser sind als die der äussern Körner- 
schicht, sie messen etwa 4—6 u, auch liegen sie weit weniger dicht 
als in der äussern Körnerschicht. Die innere reticuläre Schicht ist 
50 u dick und auf sie folgt nach innen das Ganglion optici von 
100 u Dicke. Die Ganglienzellen bilden keine zusammenhängende 
Schicht, sondern sind durch Zwischenräume getrennt, die aber in ihrer 
Grösse sehr variiren. Die Zellen sind gross, als Beispiel mögen fol- 
gende Maasse dienen: Durchmesser der Zelle 30 «, Länge des ovalen 
Kerns 12 u, Breite 10 u. 

Die Mürrter’schen Stützfasern sind stark entwickelt. 

Die Anzahl der Stäbchen auf 1 qmm Retina beträgt 200 000, die 
der äussern Körnerzellen auf derselben Fläche 1 009000 und die der 
innern Körnerzellen 137 000. 

Der Opticus tritt am hintern Augenpol an den Bulbus heran. 
Er ist in horizontaler Richtung 1,615 mm dick, in verticaler 1,36 mm. 
Die Dicke der Opticusfasern schwankt zwischen 4, 8 und 10 w. Die 
Zahl der Opticusfasern beträgt etwa 42000, d. h. es kommen auf 
jeden Quadratmillimeter der Retina 71 Nervenfasern. Nimmt man 
diese Zahlen mit der vorhin angegebenen Zahl der Stäbchen zusammen, 
so ergiebt sich, dass auf eine Faser des Opticus etwa 3095 Stäbchen 
entfallen. Die Scheide des Opticus verdickt sich vom Foramen opticum 
aus kegelförmig gegen den hintern Augenpol, an dem sie, in horizon- 


ee EDEN EEE. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 939 


taler Richtung gemessen, 5 mm dick ist, in verticaler Richtung 
2,7 mm. | 

Die Länge der Linsenaxe beträgt 6,5 mm, ihr Durchmesser 
7 mm. Die Vorderfläche ist flacher als die Hinterfläche, sie ist 3 mm 
hoch, was einem Kriimmungsradius von 3,54 mm entspricht. Ihr 
Bogen beträgt 163°, es fehlt also eine Kleinigkeit zur Halbkugel. Die 
Hinterfläche dagegen stellt eine genaue Halbkugel von 3,5 mm Radius 
dar. Eine Totalfärbung der Linse in Boraxkarmin (nach Rast) lässt 
erkennen, dass die Epithelgrenze nicht im Aequator, sondern 1,5 mm 
hinter ihm gelegen ist. 

Der Bulbus liegt nur mit seinem hintern Theil in der unvoll- 
ständigen Orbita, sein ganzer vorderer Abschnitt liegt in Speck- 
und Muskelgewebe eingehüllt, das hier in einer Dicke von 8—11 mm 
dem Knochen aufliegt. 

Die Länge der Lidspalte beträgt 8 mm. Der Saccus con- 
junctivalis ist, vom Lidrande bis zum Fornix gemessen, 8 mm 
tief, an der temporalen Seite nur 5,5 mm. Das Unterlid ist viel dicker 
als das Oberlid, es ist an der Basis 7,5 mm dick, am Lidrande 0,6 mm, 
das Oberlid dagegen an der Basis nur 3,5 mm dick, am Lidrande 
0,4 mm. 

Um den ganzen Fornix conjunctivae zieht sich ein Kranz von 
Drüsenmündungen, nasal wie auch temporal, doch nasal ist die Zahl der 
Mündungen etwas grösser, hier liegt die stark entwickelte Glandula 
Harderi, deren grösste Dicke 3,3 mm beträgt. 


3. Erwachsenes Thier. 


Länge 126 cm. Thiere aus der Ost- und Nordsee. Conservirung 
in Formol, 10proc. Salpetersäure und Solutio Perenyi (s. Fig. AA 
und BB). 

Der Bulbus hat einen Horizontaldurchmesser von 27 mm, der 
Verticaldurchmesser beträgt nur 25 mm und die äussere Augenaxe ist 
22 mm lang. Die Aequatorialebene liegt 7 mm hinter der Fläche 
des Corneo-Scleralrandes. Der Sulcus corneae ist oben erheblich 
breiter als unten, oben etwa 5,7 mm breit, unten nur etwa 4 mm. 
Die Asymmetrie des Bulbus lässt sich am Verticaldurchmesser gut 
feststellen, der obere Theil desselben ist 13,5 mm lang, der untere 
nur 11,5 mm. Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Scleral- 
durchmesser ist 1:1,667 in horizontaler Richtung, in verticaler 
1:2,593. Die Cornea ist in verticaler Richtung stärker gewölbt als 
der Augengrund, ihr Krümmungsradius beträgt dort 8,03 mm, der des 


240 AUGUST PUTTER, 


Augengrundes 13,5 mm, und mit diesem Werth steht der Augengrund 
in der Mitte zwischen horizontaler und verticaler Krümmung der 
Cornea, denn erstere ist erheblich geringer, der horizontale Krüm- 
mungsradius der Hornhaut misst 17,1 mm. Der horizontale Corneal- 
bogen misst 57°, der verticale 115°. 

Die Cornea hat einen Horizontaldurchmesser von 16,2 mm, 
einen Verticaldurchmesser von 13,5 mm und eine Höhe von 3,7 mm. 
Die Dicke der Cornea zeigt die grössten Verschiedenheiten. Im 


Fig. AA. Phocaena communis. Horizontalschnitt. 2,5 : 1. Buchstabenerklärung 
s. am Schluss. 


Scheitel ist sie nur 0,6 mm dick, am Rande dagegen um das Mehr- 
fache dicker. Am dicksten ist sie in der Horizontalen, hier beträgt 
die Dicke am nasalen wie temporalen Rande 2,4 mm, oben und unten 
sind die Werthe auch einander gleich und geringer als nasal und 
temporal, sie betragen 1,3 mm. 

Ueber Einzelheiten des Hornhautepithels können leider keine An- 
gaben gemacht werden, da es nicht gelang, brauchbare Präparate zu 
erhalten, doch scheint es nach einigen Bildern, dass die Art der Ver” 
hornung wesentlich verschieden von jener ist, wie sie bei Delphin- 


Die Augen der Wassersiugethiere. 941 


apterus und Hwyperoodon beschrieben werden wird. Die Lamellen 
der Cornea propria sind ungemein fest und dicht an einander 
gefiigt, die kleinen, massenhaften Lymphspalten fehlen und werden 
ersetzt durch eine ziemlich grosse Anzahl grösserer Lymphräume. 
Neben kleinern Stämmen finden sich solche, deren ovaler Quer- 
schnitt in der Längsrichtung 60—100 « misst. Die Lamellenbiindel 
weichen zur Umgrenzung der Lymphräume aus einander. 

Die Sclera ist am Cornealrande 1 mm dick, verdünnt sich aber 
schnell und misst im Sulcus corneae nur 0,4 mm. Gegen den 
Aequator steigt die 
Dicke auf 2 mm und 
nimmt von da gegen 
den Augengrund bis 
auf 2,3 mm zu. Gegen 
den Opticuseintritt ver- 
dünnt sich die Sclera 
auf 1,5 mm. 

Die Chorioidea 
ist 320 u dick, wovon 
auf das Tapetum etwa 
140 u entfallen. Zu 

äusserst liegt die 
Schicht der grossen Ge- 
fässe, die etwa 180 u 
dick ist. Die Gefässe 
liegen in einfacher 
Schicht, sind im Quer- 
schnitt etwas oval, der Fig. BB. Phocaena communis. Verticalschnitt. 
Langsdurchmesser be- 2,5:1. Buchstabenerklärung s. am Schluss. 

trägt ca. 200 u. Die 

Gefässe liegen sehr dicht, nur durch wenig Bindegewebe getrennt, das 
schwarz pigmentirte Zellen enthält. Nach innen schliesst sich an die 
grossen Gefässe direct das Tapetum an. 

Das Tapetum hat sehr glänzende Farben, im äussern Theil des 
Bulbus ist ein Bezirk lebhaft blau gefärbt, das übrige Tapetum ist 
gelbgrün, es hat einen starken metallischen Glanz. 

Temporal bleibt die Grenze des Tapetums 2,7 mm von der Grenze 
des Corpus ciliare entfernt, oben und innen beträgt die Entfernung 
4 mm, und unten erstreckt es sich noch nicht einmal bis zum 


Aequator, es reicht hier im verticalen Meridian nur bis zu einer Ent- 
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f. Morph, 16 


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242 AUGUST PUTTER, 


fernung von 5 mm vom hintern Augenpol. Im untern Bulbustheil ist 
unter dem vom Tapetum freien Theil der Chorioidea der peri- 
chorioide Lymphraum sehr stark entwickelt und enthält Lymph- 
gerinnsel. 

Feinere Einzelheiten über den Bau des Tapetums waren nicht 
feststellbar, die durchtretenden Gefässe sind Capillaren von 20—25 u 
Dicke, die Choriocapillaris erscheint 10 « dick. 

Die Pupille ist bohnenförmig, ihr oberer Rand springt als con- 
vexes Operculum pupillare in das Sehloch vor, sie ist 4,7 mm 
lang und 2 mm breit. 

Die Iris ist, entsprechend der Form der Pupille, oben erheblich 
breiter als unten. Oben misst sie 5,5 mm, unten nur 4 mm und ebenso 
viel auch nasal und temporal. Die Dicke der Iris beträgt an der 
Wurzel etwa 200 «, am Pupillarrand 120 «, und auf der Fläche ist 
das Stroma nur 60 w dick. An manchen Stellen erscheint allerdings 
der Radialschnitt viel breiter, das sind jene Stellen, wo die grossen 
Irisgefässe, die weit in das Lumen der Vorderkammer hineinragen, der 
vordern Fläche des Stromas aufliegen. Die grossen Gefässe, deren 
Querschnitte Durchmesser von 150—250 u haben, lassen keine Regel- 
mässigkeit in ihrer Anordnung erkennen. Sieht man von diesen ge- 
wissermaassen in die vordere Kammer hinein verlagerten Gefässen ab, 
so besteht im Uebrigen die Iris fast ganz aus Muskeln und der Pars 
iridica retinae, die, völlig schwarz pigmentirt, keinerlei Details 
erkennen lässt. 

Der Sphincter iridis bildet im pupillaren Theil der Iris einen 
Ring von etwa 2,72 mm Breite. Am Pupillarrande ist er 50—60 u 
dick, weiter peripher etwa 80 u. 

Der Dilatator iridis ist ungemein stark pigmentirt und daher 
nicht überall mit der wünschenswerthen Schärfe zu erkennen. Im 
pupillaren Theil der Iris ist er 25—30 mw dick, im peripheren nur 
etwa 12—14 u. 

Das Corpus ciliare trägt 100—105 Ciliarfortsätze; sie sind 
ungemein faltenreich, etwa 2 mm lang bei einer grössten Höhe von 
1,5 mm, ihre Breite beträgt 0,25 mm, der gegenseitige Abstand 0,15 mm. 

Die mikroskopische Untersuchung ergab bei dem wenig guten 
Erhaltungszustande nicht viel Resultate. An Muskeln konnte das Vor- 
handensein ziemlich zahlreicher meridionaler Bündel, also eines Ten- 
sor chorioideae, festgestellt werden. Auch einige circuläre 
Bündelchen eines schwachen Musculus ciliaris sind erkennbar. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 243 


Die Dicke der Retina beträgt im Augengrunde 200 u, an der 
Linea terminalis retinae 90 u. Die Stäbchenschicht ist nur 
20 u breit, die Dicke der einzelnen Elemente beträgt 2—3 u, was 
bei einer Gesammtfläche der Retina von 1225 qmm einer Zahl von 
175 Millionen entspricht. Die äussere Körnerschicht ist 66 jw dick 
und besteht aus etwa 20 Schichten von Kernen, deren Durchmesser 
2—3 u beträgt. Die äussere reticuläre Schicht ist 20 « dick, die 
innere Körnerschicht 34 « und besteht aus etwa 6 Zellenschichten, 
deren Kerne 4—5 u im Durchmesser haben. Die innere reticuläre 
Schicht, das Ganglion optici und die Nervenfaserschicht sind zu- 
sammen 60 u dick. 

Während die Zahl der Stäbchenzellen auf 1 qmm Retina höchstens 
200 000 beträgt, findet man als Werth für die äussern Körnerzellen 
auf denselben Raum 1350000. Die Zahl der innern Körnerzellen 
dagegen beträgt wiederum nur etwa 184000. Die Zahl der äussern 
Körner übertrifft also die der Stäbchen um das 6—7fache. 

Der Nervus opticus ist in senkrechter Richtung 1,5 mm dick, 
in horizontaler 2,3 mm. Die Dicke der Opticusfasern schwankt un- 
gemein, neben Fasern von 6 u Dicke findet man solche von 8 « und 
auch von 16 u, als durchschnittliche Dicke kann man für die Rech- 
nung 10 w annehmen. Dann ergiebt sich die höchste mögliche Anzahl 
der Nervenfasern zu 36100, d. h. es entfallen auf je 1 qmm Retina 
nur 29 Nervenfasern, und auf jede Nervenfaser kommen 4850 Stäbchen. 

Die Axe der Linse ist 8 mm lang, d. h. in Theilen der Bulbus- 
axe 1:2,75, der Durchmesser 8,4 mm lang, in Theilen des Bulbus- 
durchmessers 1 : 3,09. Vorder- und Hinterfläche der Linse sind gleich 
stark gewölbt, und die Abweichung der ganzen Linse von der Kugel- 
form ist sehr gering. 

Bei einem jungen Thier von 105 cm directer Körperlänge betrug 
der gegenseitige Abstand der Augen von einander 21,5 cm, die Ent- 
fernung des nasalen Lidspaltenwinkels vom Mundwinkel 4,5 cm. Die 
Lidspalte war 14 mm lang (auf der linken Seite, auf der rechten 
nur 12,8 mm) und 7,7 mm breit (rechts nur 7 mm). 


Die Entwicklung des Auges von Phocaena communis Less. 
Der Bulbus des Embryo I (Länge 12,7 cm) weicht erheblich 
mehr von der Kugelform ab als der des Embryo II (Länge 53 cm). 
Das Verhältniss der Axe zum Verticaldurchmesser beträgt bei Embryo I 


1:1,179, d. h. fast ebenso viel wie beim erwachsenen Thier (III), bei 
16* 


244 AUGUST PUTTER, 


dem die Verhältnisszahl 1,182 ist, bei Embryo II dagegen nähert sich 
die Gestalt stark der Kugel, die Verhältnisszahl ist 1,044. 

Die Axe wächst in der Entwicklung fast ebenso stark wie der 
verticale Durchmesser; setzt man die Dimensionen des Embryo I gleich 
1, so erhält man folgende Werthe: 


Axe Durchmesser 
Embryo II 5,0 4,25 
Erwachsenes Thier 6,47 6,25 


Die drei Theile der Axe: die Höhe der Cornea (1 der folgenden 
Tabelle), die Höhe des prääquatorialen Segments (2 der Tabelle) und 
die Tiefe des Augengrundes (3 der Tabelle) wachsen in sehr ver- 
schiedenem Maasse: 

il 2 3 

I 1 1 1 
II ou 6,545 4,69 
III | 6,363 8,69 

Die Cornea hat ihre volle Höhe schon bei Embryo I erreicht, 
der Sulcus corneae ist beim erwachsenen Thier sogar absolut 
flacher als bei Embryo II. Dagegen hat die Tiefe des Augengrundes 
in sehr erheblicher Weise zugenommen. 


Um den relativen Antheil der drei genannten Theile an der Zu- 
sammensetzung der Axe zu zeigen, dient die folgende Tabelle: 
1 bezeichnet die Höhe der Cornea, 
2 die Höhe des prääquatorialen Segments, 
3 die Tiefe des Augengrundes, alles ausgedrückt in Theilen der 
entsprechenden Bulbusaxe. 
1 2 3 
le 123.09 120619 
I 1:46 1772561 NETT 
EIR G1 2'6,0 1:>3,143)7.12 1,987 
Man sieht aus diesen Zahlen deutlich das relative Flacherwerden 
der Cornea, die Vertiefung des Augengrundes und die Aenderung der 
Ausdehnung des Sulcus corneae, der bei Embryo II bei weitem am 
grössten, bei I und III etwa gleich gross ist. 


Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt sowie 
die Grösse ihres Bogens nehmen im Laufe der Entwicklung beträcht- 
lich ab. Dabei wird die Hornhaut in verticaler Richtung etwas stärker 
verkleinert als in horizontaler. Die folgenden Werthe sind Mittelwerthe. 

Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Scleraldurchmesser 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 945 


beträgt bei Embryo I (Länge 12,7 cm) 1:1,53, bei Embryo II (Länge 
53 cm) 1:1,524 und beim erwachsenen Thier 1:2,13. Die Bogen- 
grösse ist bei I 135°, bei II 130° und beim erwachsenen Thier nur 
noch 86°. 

Die relative Dicke der verschiedenen Bezirke der Sclera er- 
leidet grosse Veränderungen, über die die folgende Tabelle orien- 
tirt; unter 1 ist die Dicke des prääquatorialen Segments, unter 2 die 
des Aequators und unter 5 die des Augengrundes angegeben. Alle 
Werthe sind in Theilen der entsprechenden Bulbusaxen ausgedrückt 


1 2 3 
Embryo I TOT 00 ls 26.56 
Embryo Il 172785 IPD) ETAT 
Erwachsenes Thier 1: 55 1,9 127.85 


Man ersieht aus diesen Werthen zunächst, dass die Sclera eine 
durchgängige relative Verdickung erfährt, einzig das prääquatoriale 
Segment verdünnt sich. Der Grad der Dickenzunahme ist aber in 
den verschiedenen Bezirken verschieden. 


Bei Embryo I ist der Aequator die dünnste Stelle der Sclera, 
wie das bei den Pinnipediern dauernd der Fall ist. Hier aber stellt 
dieser Zustand nur ein vorübergehendes Stadium dar, schon bei Em- 
bryo II ist das prääquatoriale Segment die dünnste Stelle des Bulbus, 
nur halb so dick wie der Aequator. Beim erwachsenen Thier beträgt 
seine Dicke gar nur !/, von der des Aequators. Die relative Dicken- 
zunahme der Sclera ist im Aequator am bedeutendsten, sie beträgt 
rund das 9fache, im Augengrunde nur etwas mehr als das 3fache und 
im prääquatorialen Segment findet, wie schon erwähnt, sogar eine 
relative Verdünnung statt. 

Wie die Dicke der Sclera, so unterliegt auch die der Cornea in 
der Entwicklung erheblichen Veränderungen. 


Die folgende Tabelle giebt unter 1 die Dicke der Cornea am 
Rande, unter 2 die im Scheitel, ausgedrückt in Theilen der ent- 
sprechenden Bulbusaxen. 

il 2 
Fabio em 126,5 “1X 
in DE SERRE 13T 
Ill 126 Sols TOI leo. 
Beim jüngsten Embryo ist also der Scheitel noch dicker als 


der Rand. Beim Embryo II hat die relative Scheiteldicke sich nicht 
verändert, enorm hat dagegen die relative Randdicke zugenommen. 


246 AUGUST PUTTER, 


Die Veränderung von Embryo II zum Erwachsenen geht wieder in 
umgekehrtem Sinne, die Randdicke nimmt wieder relativ etwas ab, 
ganz beträchtlich geringer wird aber die relative Scheiteldicke. 

Die Chorioidea ist beim Embryo von 53 cm Länge relativ viel 
dicker als beim Erwachsenen. Die Dicke des Gefässtheils verhält sich 
bei Embryo II zu der Bulbusaxe wie 1:49, beim Erwachsenen da- 
gegen wie 1:122, ist also hier relativ nicht halb so dick wie beim 
Embryo. Umgekehrt nimmt das Tapetum relativ wie absolut wesent- 
lich an Dicke zu. In Theilen der Axe beträgt seine Dicke beim Em- 
bryo II 1:213, beim Erwachsenen aber 1 : 157. 

Die Iris ist beim erwachsenen Thier relativ wesentlich breiter 
als beim Embryo, besonders tritt dieses Verhältniss im verticalen 
Meridian hervor; hier ist im Vergleich zur Grösse des Cornealdurch- 
messers die Iris relativ mehr als doppelt so breit wie beim Embryo I 
und auch etwas breiter als bei Embryo II. Im horizontalen Meridian 
ist die Iris gleichfalls bei Embryo I am schmalsten, dann aber nicht 
beim erwachsenen Thier, sondern beim Embryo II am relativ breitesten. 

Die charakteristische bohnenförmige Gestalt der Pupille ist bei 
Embryo II schon sehr deutlich, bei Embryo I dagegen ist die Pupille 
rund; es ist noch kein Operculum pupillare angelegt. 

Vergleicht man die relative Länge und Höhe der Ciliarfortsätze 
bei Embryo I und beim Erwachsenen, so sieht man, dass die relative 
Länge (ausgedrückt in Theilen der Bulbusaxe) beim erwachsenen Thier 
nur etwas mehr als halb so gross ist wie bei Embryo I. Die Höhe 
zeigt dagegen keine nennenswerthe Reduction. Auffallend ist, dass 
bei Embryo II die Länge noch geringer ist als beim Erwachsenen, 
auch die Höhe ist etwas, wenn auch unbedeutend, geringer. 

Die relative Dicke der Retina wird in der Entwicklung des 
Auges immer geringer, bei Embryo I beträgt sie, in Theilen der Bulbus- 
axe ausgedrückt, 1:22, bei Embryo II 1:49 und beim Erwachsenen 
nur 1:110. Noch auffallender erscheinen die Veränderungen der ab- 
soluten Dicke, die zwischen dem Embryo II und dem Erwachsenen 
stattfinden. 

Bei Embryo II ist die Retina 346 w dick, bei der erwachsenen 
Phocaena nur 200 u! 

Alle einzelnen Werthe für die Dicken der verschiedenen. Schichten 
nehmen ab, trotzdem wird die Anzahl der äussern Körnerzellen eher 
noch etwas grösser, was dadurch erreicht wird, dass sie enger ge- 
drängt liegen und ihre Kerne kleiner werden; dasselbe ist auch bei 
den innern Kernen zu beobachten. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 247 


Die Linse erfährt in allen ihren Dimensionen eine relative Ver- 
kleinerung. Die folgende Tabelle giebt unter: 
1 die Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe, 
2 den Linsendurchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers, 
3 den Linsendurchmesser in Theilen des Hornhautdurchmessers. 
1 2 3 
Embryo hielo sibs LD, 1: 1,10 
Lt HR 2 0002257 1501,66 
III Ae oes le ROOMS IST" 76 
Besonders wichtig ist, dass die Linse auch in Bezug auf die 
Hornhautgrösse eine Verkleinerung erfährt. Gleichzeitig nähert sie 
sich mehr und mehr der Kugelgestalt, von der sie beim Embryo I 
noch weit entfernt ist, indem besonders die Vorderfläche noch relativ 
schwach gewölbt ist. 


3. Delphinapterus leucas (PALLAS). 


1. Embryo von 3,75 cm Länge. 

Grönland 1865. Aus dem Museum zu Kopenhagen. In Alkohol 
conservirt. Der Embryo ist in Frontalschnitte zerlegt. Sein Erhaltungs- 
zustand gestattet nicht mehr das Studium feinerer Einzelheiten, doch 
sind die gröbern anatomischen Verhältnisse sehr gut feststellbar, auch 
sind die Formen der einzelnen Theile des Auges nicht wesentlich 
durch Schrumpfung verunstaltet. 

Genaue Maasse s. bei KÜKENTHAL (87), „Walthiere“, p. 225, No 8 
der Tabelle (s. Fig. CC). 

Die grösste Dimension des Bulbus liegt in der Axe, die 1,573 mm 
lang ist, während der verticale Bulbusdurchmesser nur 1,445 mm 
misst. Ein Sulcus corneae ist nicht zu erkennen, die Sclera ist 
gleichmässig gewölbt. Das vordere, corneale Segment des Bulbus ist 
viel stärker gewölbt als das hintere, sclerale. Der Krümmungsradius 
des erstern beträgt 0,586 mm, der des letztern 0,7 mm. Das Ver- 
hältniss des Cornealdurchmessers zum Bulbusdurchmesser beträgt 
1:1,0844, die Cornea nimmt also einen sehr bedeutenden Antheil am 
Aufbau des Bulbus, was auch aus der Grösse des Corneabogens zu 
ersehen ist, der 156° beträgt; der Bogen der Sclera misst 250°. 

Die Cornea hat einen verticalen Durchmesser von 1,148 mm 
Länge, der innere Durchmesser ist nur 0,978 mm lang. Die Höhe des 
äussern Cornealscheitels beträgt 0,468 mm, d, h. 1: 3,361 der Bulbus- 
axe, der innere Cornealscheitel ist nur 0,255 mm hoch. Die Scheitel- 


248 AUGUST PUTTER, 


dicke der Cornea übertrifft die Randdicke um das 2,5fache, sie beträgt 
213 u, während der Rand nur 85 « dick ist. Diese Maasse sind 
etwas ungenau, da das Epithel völlig fehlt. Einzelne Fetzen, die im 
Conjunctivalsack erhalten waren, zeigten eine Dicke von etwa 17 u, 
dieser Werth müsste also den Dickenmaassen hinzugefügt werden. 

Die Sclera ist nur in den 
vordern, der Cornea angrenzenden 
Bezirken als gesonderte Anlage zu 
erkennen, die sich durch dichtere 
Structur von dem umgebenden lockern 
Gewebe unterscheidet. Im Aequator 
ist sie 64 w dick, im Augengrund 
fehlt sie noch völlig. Die Dicke der 
Sclera im Aequator verhält sich zur 
Bulbusaxe wie 1:24,6. Die Chori- 

Fig. CC Delphinapterus leucas oidea fehlt als gesonderte Anlage. 
(PALLAS). Embryo von 3,75 em Länge. Die Iris springt als 315 ue 
Verticalschnitt. 25 : 1. Buchstabener- ; 5 = 
Klone am ohne breites Diaphragma in den Bulbus- 

raum vor. Die Dicke ihres Stro- 
mas beträgt 42 u. An ihrer Wurzel ist die Pars iridica retinae 43 u 
dick, sie verdünnt sich gegen den Pupillarrand und enthält kein Pigment. 

Das Corpus ciliare ist noch nicht vorhanden, nur ist das 
Pigmentblatt der Retina in den Bezirken, die später in den Bereich 
des Ciliarkörpers einbezogen werden, stärker entwickelt als in den 
übrigen Theilen der Retina. 

Das Pigmentblatt der Retina ist in seiner ganzen Aus- 
dehnung mit Pigment erfüllt. Im Augengrund stellt es eine einfache 
Zellenlage dar, im Bereich der Anlage des Corpus ciliare aber 
wird es mehrschichtig, doch erfüllt das Pigment vollständig nur die 
innerste Schicht, die äussere oder die äussern, denn es ist nicht mehr 
genau zu entscheiden, wie viel Schichten es sind, enthalten nur ver- 
einzelte Pigmentbrocken. 

Das Innenblatt der Retina zeigt noch keine gesonderten Schichten, 
im Augengrund hat es die enorme Dicke von 340 uw, nach vorn nimmt 
es an Dicke ab, an der Iriswurzel misst es noch 43 u. 

Die Eintrittsstelle des Nervus opticus in das Auge liegt weit 
nach aussen vom hintern Augenpol. Die Schnitte, walche den Opticus- 
eintritt zeigen, geben schon Flächenschnitte der Retina. Bei der 
Dicke der Retina und ihrer Ablösung von der Sclera lässt dies auf 
einen senkrechten Abstand von weniger als 250 «u von der Tangential- 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 249 


ebene des Bulbus schliessen. Auch erfolgt der Eintritt nicht in der 
Horizontalen, sondern etwas darüber. An seiner Eintrittsstelle ist der 
Opticus 210 u dick. Von der Papille aus verläuft er in gerader 
Richtung durch den Kegel der Augenmuskeln bis zur Spitze der Or- 
bita, eine Strecke von 1,36 mm Länge. 


Die Linse ist fast genau kugelförmig, ihr Durchmesser beträgt 
0,697 mm, 1 : 2,07 des Bulbusdurchmessers, die Axe ist 0,68 mm lang, 
1:2,31 der Bulbusaxe. Der Durchmesser der Pupille beträgt 
0,680 mm, nur ein ganz flaches Segment der Linse ragt durch sie in 
die vordere Kammer herein. Der Abstand der Linse von der Innen- 
fläche der Retina beträgt 130 «, zieht man aber in Betracht, dass die 
Retina im Augengrunde etwa 80 w von der Sclera abgehoben ist, so 
beträgt der Abstand 210 w. Der vordere Linsenpol ist 170 u vom 
innern Cornealscheitel entfernt. Der Krümmungsradius der Linse be- 
trägt 0,349 mm. 

Die Linse wird von einer Tunica vasculosa lentis umhüllt, 
deren zuführendes Gefäss von der Papilla nervi optici ausgeht. Eine 
Glaskörpergallerte ist nicht vorhanden. 


Die Augenlider erheben sich als Wülste über das Niveau der 
übrigen Haut, denkt man sich die Ebene der umgebenden Haut durch 
den Bereich des Auges hindurchgelegt, so würde sie den Linsenäquator 
treffen. Alles, was vor dieser Ebene liegt, springt als Vorwölbung über 
die Oberfläche vor. 

Die Lider stehen mit ihren Rändern weit von einander ab, das 
obere ist viel länger und dünner als das untere. Im Unterlid erkennt 
man den Orbicularis oculi, im Oberlid fehlt er noch vollständig. Die 
Breite des Oberlides beträgt 0,9 mm, seine Dicke an der Wurzel 
468 u, am freien Rande 60 u. Das Unterlid ist 0,85 mm breit, an 
der Wurzel 0,68 mm und am Rande noch 0,213 mm dick. 

Anlagen von Drüsen konnten ebenso wenig gefunden werden 
wie ein Ductus nasolacrimalis. 

Das Auge liegt, von lockerm Gewebe umgeben, fast ganz vor der 
nur schwach angedeuteten Orbita. Die Augenaxe ist etwas nach 
vorn und ziemlich stark, in einem Winkel von etwa 20°, nach unten 
geneigt. 


2. Embryo von ca. 25 cm Länge. 


Maasse s. bei KÜKENTHAL (87), „Walthiere“, p. 228, No. 21 u. 22 
der Tabelle. 


250 AUGUST PUTTER, 


Es wurden 3 Embryonen untersucht, die etwa gleich lang waren. 
2 waren in Frontalschnitte zerlegt, von dem 3. wurden äquatoriale 
Schnitte durch das Auge hergestellt. Die Befunde waren überall im 
Wesentlichen dieselben, so dass sie in einer Beschreibung verarbeitet 
werden konnten (s. Fig. DD). 


Fig. DD. Delphinapterus leucas (PALLAS). Embryo von ca. 20 em Länge. Verti- 
calschnitt der Orbitaa 6:1. A Augenaxe, C.c Schädelhöhle, C.o Mundhöhle, EZ Epi- 
dermis, G.c Glandulae conjunctivales, N.ir Nervus trigeminus, O.f Orbitalfortsatz des 
Stirnbeins, O.m Unterkiefer, O.o Musculus orbicularis oculi, P.s M. palpebralis superior, 
P.z Processus zygomatieus, S.c Saccus conjunctivalis. Weitere Buchstabenerklärung s. 
am Schluss. 


Der Bulbus ist kugelförmig, seine Axe ist 5 mm lang und ge- 
nau ebenso lang auch sein verticaler Durchmesser. Die Aequatorial- 
ebene liegt 1,5 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus 
corneae fehlt, das prääquatoriale Segment des Bulbus ist ebenso 
stark gewölbt wie das postäquatoriale. Die Cornea nimmt einen recht 
erheblichen Antheil am Aufbau des Bulbus, ihr Verticaldurchmesser 
verhält sich zu dem des Bulbus wie 1: 1,3157, sie ist stärker gewölbt 


Die Augen der Wassersäugethiere. 951 


als die Sclera, die einen Kriimmungsradius von 2,4 mm hat, wahrend 
der der Cornea nur 2,3 mm misst. Der Bogen der Cornea beträgt 
110°, der der Sclera 268 °. 

Die Cornea hat einen Verticaldurchmesser von 3,8 mm Lange, 
ihre Höhe beträgt 1 mm. Sie ist im Scheitel dicker als am Rande, 
dort 255 uw dick, hier nur 170. Das Hornhautepithel ist 25 w dick, 
es besteht aus einer tiefen Schicht Cylinderzellen von etwa 20 « Höhe, 
deren runde oder etwas ovale Kerne im untern Theil der Zellen liegen, 
und einer etwa 5 «u dicken Lage von Plattenzellen. Elastica anterior 
und posterior sind noch nicht vorhanden. Die Cornea propria 
enthält sehr zahlreiche Zellen, die besonders gegen die Hinterfläche 
der Cornea dicht gedrängt sind. Alle Kerne sind oval und parallel 
der Corneaoberfläche in ziemlich markanten Längsreihen geordnet. Es 
liegen etwa 14 solche Längsreihen über einander. Das Endothel der 
Vorderkammer erscheint als dünne einfache Schicht von Plattenzellen. 

Die Sclera ist im vordern Theil des Bulbus und im Aequator 
etwa 85 « dick, gegen den Augengrund verdickt sie sich auf 153 u. 
Sie besteht aus vorwiegend meridional verlaufenden, etwas welligen 
Fasern, die im vordern, der Cornea angrenzenden Theil dicht ge- 
drängt liegen und so der Sclera hier ein viel -festeres Gefüge geben 
als in dem dickern, aber lockerer gebauten Theil, der den Augen- 
grund begrenzt. 

Die Chorioidea ist noch nicht als gesonderte Anlage zu er- 
kennen. 

Die Iris ist ein Ring von 0,8 mm Breite, sie ist 128 u dick, 
davon entfallen 85 « auf das Stroma und 43 « auf die Pars iridica 
retinae. Die Pupille ist durch eine feine zellige Membrana 
pupillaris geschlossen. 

Das Stratum pigmenti ist ganz mit schwarzem Pigment er- 
füllt, so dass keine Kerne und Zellgrenzen zu erkennen sind. Das 
Innenblatt ist am Pupillarrande gleichfalls stark pigmentirt, bald aber 
werden die Zellkerne und weiter peripher auch die Zellgrenzen sicht- 
bar. Das Ligamentum pectinatum besteht aus zahlreichen 
weiten Zellnetzen, die einen weiten Fonrana’schen Raum zwischen 
sich fassen. 

Das Corpus ciliare ist noch nicht von der Iris getrennt; etwa 
0,43 mm vom Pupillarrande entfernt erheben sich auf der Rückseite 
der Iris die Ciliarfortsätze als Falten von etwa 170 « Höhe, es liegen 
auf meridionalen Schnitten mehrere solche Fortsätze in demselben 
Meridian hinter einander. Die Form der Falten ist sehr einfach, sie 


252 AUGUST PUTTER, 


zeigen noch keine secundären Fältchen, sondern sind ganz glatt. Ihr 
Stroma wird von dem hier sehr starken (vielleicht mehrschichtigen) 
Stratum pigmenti bedeckt, über welches das Innenblatt der 
Retina als einfaches Cylinderepithel hinwegzieht. Die Breite des 
ganzen Corpus ciliare beträgt etwa 0,7 mm. 


Das Aussenblatt der Retina besteht im untern Theil des 
Bulbus aus einer einfachen Zellenlage, die völlig von tiefschwarzem 
Pigment erfüllt ist. Schon gegen den Augengrund hin wird das Pigment 
spärlicher, und im ganzen obern Theil des Bulbus fehlt es fast völlig, oder 
es sind doch nur ganz schwache Andeutungen vorhanden; erst gegen 
das Corpus ciliare hin tritt es wieder in Menge auf. In demselben 
Maasse wie die Pigmentirung nimmt auch die Höhe der Zellen des 
Aussenblatts ab, im untern pigmentirten Theil sind die Zellen etwa 
17 u hoch, im obern pigmentfreien dagegen nur etwa 5 u. 


Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde etwa 170 u 
dick, gegen die Peripherie nimmt es nur wenig an Höhe ab und ist 
in unmittelbarer Nähe der Linea terminalis retinae noch 85 u 
dick. Den Hauptbestandtheil bildet die Schicht der äussern Körner, 
die 127 u dick ist und aus etwa 18 Zellenlagen besteht, die sehr dicht 
gedrängt und in radialen Reihen angeordnet liegen. Die innere Körner- 
schicht schliesst sich direct an die äussere an, sie ist etwa 43 w dick 
und besteht aus 4—6 Zellenschichten. Alles, was nach innen von ihr 
liegt, stellt sich als Schicht von 17 w Dicke dar, in der keine Einzel- 
heiten zu erkennen sind. 


Der Nervus opticus ist 0,6 mm dick und tritt oberhalb und 
temporal vom hintern Augenpol an den Bulbus heran. Seine Scheide 
verdickt sich kegelförmig gegen den Bulbus hin und enthält ein dichtes 
Geflecht von Ciliararterien. 


Die Länge der Linsenaxe beträgt 2,55 mm, ihr äquatorialer 
Durchmesser 3,06 mm. Die Vorderfläche ist viel flacher als die Hinter- 
fläche, ihre Höhe beträgt nur 0,85 mm, ihr Kriimmungsradius 1,8 mm, 
während die Hinterfläche 1,7 mm hoch ist und einen Kriimmungs- 
radius von 1,567 mm besitzt. Das vordere Linsenepithel geht 0,51 mm 
hinter dem Linsenäquator auf der Rückseite der Linse in die Linsen- 
fasern über. Das Linsenepithel ist ein etwa 34 u hohes einfaches 
Cylinderepithel. Die ganze Linse ist von einer dichtmaschigen Tunica 
vasculosa lentis umsponnen. 


Die Lidspalte stellt einen feinen, 2,6 mm langen Spalt dar. 
Die Breite des Oberlids beträgt 4,165 mm, die des Unterlids 3,145 mm. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 953 


Das Unterlid ist dicker als das obere, es ist an der Basis 2,38, am 
Rande 0,72 mm dick, während die Dicke der Basis beim Oberlid 1,19, 
die des Randes 0,68 mm beträgt. Die Epidermis ist an der Lidwurzel 
34 « dick, von da an nimmt sie gegen den Lidrand gleichmässig an 
Dicke zu und geht dann, nachdem sie nahe dem vordern Lidrande das 
Maximum ihrer Dicke mit 170 w erreicht hat, mit einem gewölbten 
Abfall auf der Mitte des Lidrandes in die Conjunctiva über. Das 
Stratum germinativum betheiligt sich an dieser Verdickung der Epi- 
dermis nicht, es besteht überall gleichmässig aus einer einfachen Schicht 
von Cylinderzellen, die sich durch ihre stärkere Färbbarkeit von den 
darüber liegenden Schichten deutlich unterscheiden. Die Speckschicht, 
die am übrigen Kopf die sehr bedeutende Dicke von etwa 1 mm hat, 
misst an der Basis des Lids noch 930 «, nimmt aber rasch an Stärke 
ab und hört im Unterlid etwa 1,3 mm vom Lidrande entfernt über- 
haupt ganz auf, im Oberlid sogar etwa 2,55 mm vom Lidrande. Die 
Drüsen der Lider gehören ihrer Hauptmasse nach zu den grossen 
Augenhöhlendrüsen, besonders in den nasalen und temporalen Theilen 
der Lider entieeren sie ihr Secret durch deren Ausführgänge. Ausser- 
dem aber münden auf der Conjunctiva eine Reihe von Einzeldrüsen, 
die in keiner Verbindung mit den grossen Augendrüsen stehen, sondern 
ein selbständiges subconjunctivales Drüsenstratum bilden. Die Drüsen 
füllen den grössten Theil der innern Hälfte des Lides aus, die ein- 
zelnen Läppchen sind von Bindegewebsbündeln umgeben, und lockeres 
Bindegewebe füllt den übrigen Raum des Lids aus, bis auf eine Schicht 
von etwa 80 « Dicke, die sich unmittelbar der Conjunctiva anlegt und 
dichte Zellenlagen sowie Fibrillen enthält. Das Lid ist sehr stark mit 
Gefässen versehen, man findet eine ganze Anzahl Querschnitte von 
grossen Venen. Die Conjunctiva hat eine ziemlich gleichmässige Dicke 
von etwa 34 « und lässt deutlich eine tiefe Schicht Cylinderzellen er- 
kennen, der flachere Zellenlagen aufliegen. 

Die HArpER’sche Drüse ist ungemein stark ausgebildet, sie 
umgreift als mehrfach gelapptes Organ den ganzen nasalen Theil des 
Bulbus. Sie wird vom Musculus palpebralis bedeckt. Oben 
und unten liegt sie dem Bulbus an und erstreckt sich, wie erwähnt, 
in die peripheren Theile der Lider hinein. Durch eine Anzahl von 
Ausführgängen mündet sie in den Saccus conjunctivalis. Der grösste 
derselben mündet in den Fornix conjunctivae inferior, aber auch in 
den Fornix superior öffnen sich kleinere Ausführgänge. 

Die Thränendrüse liegt stark ausgebildet am temporalen 
Augenwinkel innerhalb des Kegels der Musculi palpebrales. 


254 AUGUST PUTTER, 


Von ihren Ausführgängen ist besonders ein grösserer im Fornix 
conjunctivae inferior bemerkenswerth. Zwischen die beiden grossen 
Augendrüsen schiebt sich, wie schon erwähnt, ein subconjunctivales 
Drüsenstratum. 

Der Musculus orbicularis oculi ist im Unterlid stärker als 
im Oberlid. Im Unterlid vertheilen sich die Bündel auf eine Strecke 
von 3 mm, d. h. sie reichen nicht nur durch das ganze Lid, in dem 
sie direct unter der Speckschicht liegen, sondern reichen noch über 
die Lidwurzel hinaus, und gerade da liegen die stärksten Muskel- 
biindel. Im Oberlid reicht der Muskel nicht über die Lidwurzel 
hinaus. Zwischen die Bündel des Orbicularis strahlen die des Palpe- 
bralis ein. 

Das ganze Auge und die Augenmuskeln sind von starken venösen 
Plexus umgeben. Das Dach der Mundhöhle zeigt eine grosse An- 
zahl von Venen, und dieses Gebiet grossen Blutreichthums geht ohne 
Grenze direct in den grossen Plexus venosus über, der lateral vom 
Ober- und Unterkiefer liegt, den Processus zygomaticus umgiebt, den 
Nervus trigeminus zwischen seine, hier ganz besonders grossen und 
reichlichen Gefässe aufnimmt und sich bis an den Kegel der Musculi 
palpebrales heran erstreckt. Nach der Oberfläche zu dringt er bis in 
die subcutane Musculatur ein. Etwas geringer ausgebildet ist der 
Plexus, der oberhalb des Muskelkegels, zwischen diesem und dem Dach 
der Orbita liegt (s. Fig. DD). 


3. Embryo III. 


Von diesem Embryo waren die Augen conservirt, seine Länge war 
unbekannt. Die Beschreibung ist lückenhaft, da die Erhaltung des 
Innern eine recht unvollständige war. 

Nach der Grösse der Augen zu schliessen, ist er grösser als 
Embryo I, also etwa 30 cm lang. 

Der Bulbus hat die Form eines Ellipsoids. Die Axe ist 7 mm 
lang, der Verticaldurchmesser 8 mm, der horizontale ist mit 9 mm 
am längsten. Die Aequatorialebene liegt 2,5 mm hinter der Fläche 
des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae ist nicht von der übrigen 
Sclera abgrenzbar. Das vordere, corneale Bulbussegment ist in verti- 
caler Richtung etwas stärker gewölbt als der Augengrund, der Krüm- 
mungsradius beträgt 2,08 mm, in horizontaler beträgt der Krümmungs- 
radius 3,27 mm, in dieser Richtung ist also die Krümmung geringer 
als die des Augengrundes, dessen Krümmungshalbmesser 3,11 mm be- 
trägt. Das Verhältniss des verticalen Cornealdurchmessers zum verti- 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 255 


calen Bulbusdurchmesser beträgt 1:2, in horizontaler Richtung beträgt 
dieses Verhältniss 1 :1,636. Der Cornealbogen beträgt vertical 148°, 
horizontal 115°. 

Der horizontale Durchmesser der Cornea beträgt 5,5 mm, der 
verticale 4 mm, die Höhe 1,5 mm. Die Cornea ist in der Mitte mehr 
als doppelt so dick wie am Rande, hier 100 u, dort 255 u. 

Die Sclera ist am Cornealrande etwa 100 w dick, im Augen- 
grunde 200 u. 

Die Iris ist 0,85 mm breit, am Rande wie an der Wurzel 128 « 
dick, in der Mitte ist sie 170 «dick. Das Stroma enthält nur sehr 
wenige zerstreute Pigmentzellen. Reichlicher ist solches in der Pars 
iridica retinae vorhanden. 

Die Ciliarfortsätze sind ungemein faltenreich, ihre Höhe be- 
trägt etwa 420 u, die Breite des Corpus ciliare 680 u. 

Die Retina ist im Augengrunde 310 « dick. Es entfallen hier- 
von auf die äussere Körnerschicht 170 u, auf die äussere reticuläre 
20 u, auf die innere Körnerschicht 30 « und auf die Schichten, welche 
nach innen von dieser liegen, 90 u. Die äussere Körnerschicht be- 
steht aus etwa 37 Zellenschichten, in denen die Zellen ziemlich dicht 
liegen. Dem gegenüber erscheint die innere Körnerschicht ungemein 
schwach entwickelt, sie besteht aus nur einer bis höchstens 4 Schichten 
von Zellen, und die einzelnen Schichten liegen erheblich weiter von 
einander entfernt als in der äussern Körnerschicht. 

Der Opticus tritt etwa am hintern Augenpol an den Bulbus 
heran, seine Dicke beträgt in horizontaler Richtung 680 u, in verti- 
caler 510 w. Er ist von einer starken Scheide umgeben, die sich 
gegen den Bulbus kegelförmig verdickt. 

Die Linse weicht sehr stark von der Kugelform ab, ihre Axe 
misst 3,5 mm, ihr Duchmesser 4 mm. Die Vorderfläche ist sehr flach, 
ihre Höhe beträgt nur 1,2 mm, die der Hinterfläche dagegen 2,3 mm. 
Die Epithelgrenze ist auf der in toto gefärbten Linse weit hinter dem 
Aequator, 1,5 mm hinter ihm, auf der Rückseite der Linse zu erkennen. 


4. Erwachsenes Thier, 4—6 m lang. 

Auge in Alkohol conservirt (s. Fig. EE u. FF sowie Taf. 2, Fig. 3, 
4; Taf. 3, Fig. 12; Taf. 4, Fig. 18). 

Der Bulbus zeigt eine stark abgeplattete Form, sein Horizontal- 
durchmesser beträgt 71 mm, sein Verticaldurchmesser 66 mm, die 
Axe ist 46 mm lang. Der Innenraum zeigt erheblich geringere Dimen- 
sionen, der horizontale Durchmesser beträgt 50 mm, der verticale 


256 AUGUST PUTTER, 


44 mm, die innere Augenaxe ist 29 mm lang. Aussen liegt die 
Aequatorialebene 13 mm hinter dem Cornealrande, innen beträgt der 
Abstand dieser beiden Ebenen nur 6,5 mm. 

Der Sulcus corneae schiebt sich als ganz flacher Ring von 
12—13 mm Breite zwischen Cornea und Sclera ein. Das vordere, 
corneale Segment des Bulbus ist stärker gewölbt als der Augengrund, 
sein Krümmungsradius beträgt 19,4 mm, der des Augengrundes in 
verticaler Richtung, wo die Krümmung am bedeutendsten ist, 21,1 mm. 
Der Bogen der Hornhaut beträgt 84°. Das Verhältniss des verticalen 


= 


Fig. EE. Delphinapterus leucas (PALLAS). Horizontalschnitt. 1/1. Buchstaben- 

erklärung s. am Schluss. 
Cornealdurchmessers zum verticalen Bulbusdurchmesser ist 1:3,14, 
in horizontaler Richtung ist das Verhältniss 1:2,73. Wenn man die 
Maasse des Innenraums der Berechnung zu Grunde legt, erhält man 
fast genau dieselben Werthe. 

Die Cornea hat einen horizontalen Durchmesser von 26 mm, 
einen verticalen von 21 mm, ihre Höhe beträgt 5 mm. Der Rand ist 
7mal so dick wie der Scheitel, er misst 3,5 mm, der Scheitel 0,5 mm. 
Auch das Hornhautepithel ist am Rande mit 60 u etwas dicker als 
in der Mitte, wo es 50 « dick ist. 

Das Hornhautepithel zeigt einen eigenartigen Aufbau, eine be- 
sonders kenntliche Schicht von Cylinderepithelzellen fehlt, die Zellen 


Die Augen der Wassersäugethiere. 257 


sind schon in der tiefsten Schicht mehr als polygonal zu bezeichnen. 
Das kommt dadurch zu Stande, dass die sämmtlichen Zellen um- 
sponnen sind von einer: Stiitzsubstanz, die wahrscheinlich aus dem- 
selben Stoff besteht wie die oberflachliche verhornte Schicht der Cornea. 
Die Stiitzsubstanz dringt zwischen den tiefen Zellen bis zur Elastica 
anterior vor und verbindet sich mit ihr in der Weise, dass ihre 
Elemente, die auf dem Querschnitt als Fasern erscheinen, in der That 
also wohl Lamellen 
darstellen, sich platten- 
förmig verbreitern. Die 
Richtung der tiefen 
Zellenlagen ist senk- 
recht zur Fläche der 
Cornea, die der ober- 
flächlichern dagegen 
dieser parallel, und dem 
entsprechend sind auch 
die Maschenräume der 
Stützsubstanz gestal- 
tet, die gegen die Ober- 
fläche hin immer mäch- 
tiger wird. Dadurch 
wird der für die Zellen 
übrig bleibende Raum | 

Fig. FF. Delphinapterus leucas (PALLAS). Verti- 


immer enger und calschnitt. 1/1. Buchstabenerklärung s. am Schluss. 
schwindet endlich ganz, 


so dass die oberste, 10 « dicke Schicht als völlig verhornte Schicht er- 
scheint. Gegen den Cornealrand hin hört diese verhornte Schicht auf, 
doch kann nicht mit Sicherheit behauptet werden, dass sie nicht viel- 
leicht nur abgerissen war. Die Elastica anterior bildet eine 
20 u dicke Membran. Die Lamellen der Cornea propria sind 
10 « dick und liegen ungemein fest an einander, so dass zwischen 
den einzelnen Lamellen kein Raum, keine Lymphspalten bleiben. Da- 
gegen erscheint auf dem Querschnitt die ganze Cornea von einer 
Unmenge von Oeffnungen durchsetzt. Diese Oefinungen, die also die 
Querschnitte röhrenförmiger Lymphwege darstellen, sind in der Rand- 
verdickung der Cornea rund, mit Ausnahme der Räume, die der 
cameralen Fläche der Cornea nahe liegen. Die runden Lymphröhren 
sind verschieden dick, die Durchmesser schwanken zwischen 30 und 


60 u. Für die gegenseitigen Abstände lässt sich kein Mittelwerth 
Zool, Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 162 


258 AUGUST PUTTER, 


angeben, doch liegen sie meist recht dicht. Nahe der cameralen 
Cornealfläche nehmen die Räume längliche Form an, ihre Längsrich- 
tung liegt der Fläche der Cornea parallel, je näher der Innenfläche, 
desto mehr nähert sich die Gestalt des Querschnitts der Spaltform. 
Gegen den Scheitel der Cornea hin wird die Zone der lang gestreckten 
Lymphröhren immer breiter, bis endlich in den centralen Partien der 
Hornhaut alle Räume die Spaltform zeigen. Die Dimensionen der 
Spalträume, die noch ziemlich nahe dem Scheitel in grosser Zahl vor- 
hande sind, im Scheitel selbst dagegen fast fehlen, sind sehr ver- 
schieden, so dass sich Mittelwerthe nicht angeben lassen (s. Taf. 2, 
Fig. 5 u. 4). 

Die Sclera ist am Cornealrande dünner als die Cornea, nur 
1,5 mm dick und im Sulcus corneae sogar nur 1,5 mm. Dann 
verdickt sie sich rasch und misst im Aequator 11,4 mm, im Augen- 
grund sogar 15 mm. 

Die Chorioidea enthält ein sehr ausgedehntes Tapetum lucidum. 
Seine Farbe ist ein helles, metallisch glänzendes, weissliches Gelb. 
Oben ist die Chorioidea bis an die Grenze des Ciliarkörpers hin fast 
völlig frei von Pigment, unten dagegen reicht das Tapetum nicht so 
weit, es dringt nur etwa bis in den Bereich des Sulcus corneae vor 
und bleibt von der Linea terminalis retinae um 6 mm entfernt. 
Functionell kommt es aber in diesen ganz peripheren Partien nicht 
mehr in Betracht, denn das Aussenblatt der Retina ist im untern 
Bulbustheil nicht nur im Sulcus corneae, sondern auch etwa 8 mm 
über den Aequator nach hinten heraus, völlig braun pigmentirt, und 
verdeckt dergestalt das Tapetum. 

Den Abfluss der Chorioidealgefässe bewirken 5 Venae vorti- 
cosae. Sie verlaufen ganz oberflächlich in der Sclera und münden 
im Bereich des Corpus ciliare in den’ Bulbusraum. Hier sind sie 
durch eine starke, äquatorial verlaufende Vene von elliptischem Quer- 
schnitt mit einander verbunden. Die Breite der Vene in meridionaler 
Richtung beträgt etwa 1,5 mm. Von den Venae vorticosae verlaufen 
je eine unten, nasal und temporal, oben dagegen zwei, V. superior 
interna und externa. 

Das Stratum vasculosum der Chorioidea ist 1,7—1,8 mm 
dick und ist meist in zwei mehr oder weniger deutlichen Schichten 
angeordnet. Zu äusserst liegt eine Schicht lockeres Bindegewebe, dann 
folgt eine Lage kleinerer Gefässe von rundem oder ovalem Querschnitt 
mit 210—420 u Durchmesser. Zu innerst liegt die Schicht der grossen 
Chorioidealgefässe von etwa 600 « Durchmesser. An der Linea ter- 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 259 


minalis retinae ist die Chorioidea nur noch 300 « dick und besteht 
aus einer einzigen Schicht von Gefässen. 

Das Tapetum ist 0,6—0,8 mm dick und besteht aus Fasern von 
4—6 u Dicke. Die Fasern liegen nicht fest an einander gefügt, 
sondern sind durch Räume getrennt, die keinen Inhalt erkennen lassen 
und wahrscheinlich intra vitam mit Lymphe gefüllt sind. Die Kerne 
der Faserzellen sind klein und unbedeutend. Die Fasern überkreuzen 
sich in ihrem Verlauf, man sieht auf demselben Schnitt Längs- und 
. Querschnitte der Fasern. Die Gefässe, welche durch das Tapetum 
hindurchtreten, sind Capillaren von 20—30 u Dicke, an der Innen- 
fläche des Tapetums breiten sie sich zur Choriocapillaris aus, 
die 10 w dick ist. 

Die Iris ist oben 11,6 mm breit, unten nur 5,4 mm, nasal 8,6 mm 
und temporal 8,3 mm. Die Länge der Pupille beträgt 11 mm, die 
Breite 5,6 mm. Die Gestalt der Pupille ist halbmondförmig, der 
obere Rand springt als Operculum pupillare mit starker Con- 
vexität vor. Die Farbe der Iris ist dunkelbraun, an der Wurzel be- 
trägt ihre Dicke 380 «, am pupillaren Rande 170 u. 

Der Musculus sphincter iridis nimmt im pupillaren Rande 
fast die ganze Dicke der Iris ein. Er ist hier 170 « dick und endet 
im Operculum pupillare peripher, etwa 4,15 mm vom Pupillar- 
rande entfernt. Zwischen seinen Bündeln findet sich fast gar kein 
Pigment. Der Musculus dilatator iridis erstreckt sich durch 
die ganze Iris. An der Iriswurzel ist er 30 « dick, im Verlauf der 
Iris steigt die Dicke manchmal auf 40 « und sinkt manchmal auf 
20 w; diese Dicke hat er noch nahe seinem pupillaren Ende, das etwa 
1 mm vom Pupillarrand entfernt liegt. Die Muskelzellen des Dila- 
tators enthalten feinkörniges Pigment in grosser Menge, das Pigment 
liegt in den Zellen selbst, nicht zwischen ihnen. 

Für die Dicke des Stratum vasculosum lässt sich kein Mittel- 
werth angeben, stellenweise fehlt es gänzlich, so dass hier die Muskeln 
nur durch eine dünne, pigmentirte Bindegewebslage von der vordern 
Augenkammer getrennt sind, an andern Stellen liegen starke Gefässe, 
in das Lumen der Vorderkammer vorspringend, an der Vorderfläche 
der Iris. Die Gefässchicht reicht fast ganz bis zum Pupillarrande, 
erst 0,5 mm von ihm entfernt endet sie (s. Taf. 3, Fig. 12). 

Das Stroma iridis tritt in seiner Entwicklung ganz gegen die 
Musculatur und die Gefässe zurück. Die Pars iridica retinae 
ist 20 w dick und stark pigmentirt, eine Abgrenzung der beiden 
Blätter von einander gelang nicht. Erwähnenswerth ist noch, dass die 

17” 


260 AUGUST PUTTER, 


Iris sich nicht direct am Cornealrande an die Sclera anheftet, sondern 
erst 1,5 mm hinter demselben. 

Das Corpus ciliare ist 4 mm breit, in einer Breite von 3 mm 
von der Linea terminalis retinae an nach vorn fehlen Ciliarfortsätze, 
man sieht hier nur flache, meridionale Fältchen als schwache An- 
deutungen derselben, dann beginnen sie 1 mm von der Iriswurzel ent- 
fernt. Sie sind ungeheuer dicht mit Fältchen besetzt und 2,5 mm lang. 
Vom Iriswinkel aus springt ein Fortsatz von 1,5 mm Höhe in die 
Hinterkammer vor. Ihr gegenseitiger Abstand beträgt 0,5 mm, ihre 
Zahl 80. 

Die Grundplatte des Corpus ciliare besteht aus grossen, dünn- 
wandigen, meridional verlaufenden Gefässen. Stellenweise lassen diese 
nur für ganz wenig Bindegewebe zwischen einander Raum, an andern 
Stellen ist das Bindegewebe reichlicher entwickelt. Die Bindegewebs- 
zellen sind oval oder spindelförmig und enthalten reichlich feinkörniges 
braunes Pigment, die Kerne sind als helle Flecken zu erkennen. 

Der Musculus ciliaris bildet nur einen sehr geringen Theil 
der Musculatur des Ciliarkörpers, er besteht nur aus ganz wenigen 
äquatorial verlaufenden Fasern. Ganz erheblich stärker ist der Mus- 
culus tensor chorioidea ausgebildet, seine zahlreichen meri- 
dional verlaufenden Bündel sind von sehr verschiedner Dicke, bis zu 
100 «, und liegen im ganzen Umkreise des Ciliarkörpers, zuweilen etwas 
dicker, zu Gruppen vereinigt, dann wieder weniger dicht. 

Ausser diesen beiden Muskeln finden sich noch zwei Gruppen von 
Muskelelementen. Das eine ist ein Muskelbiinde] von etwa 200 u 
Länge in meridionaler Richtung und 100 « Dicke, das an der Aussen- 
fläche des Corpus ciliare, der Innenfläche der Sclera nahe, in äqua- 
torialer Richtung verläuft. Es liegt, in der Richtung der Bulbusaxe 
geinessen, etwa 1,7 mm hinter dem Winkel, den Iris und Ciliarfort- 
sätze bilden. Endlich sind noch Muskelzüge zu erwähnen, die in 
radialer Richtung verlaufen; sie ziehen von der Innenfläche der Chori- 
oidea zu deren Aussenseite. 

Der Inhalt der ungeheuer faltenreichen Ciliarfortsätze besteht 
fast ausschliesslich aus Gefässen; Bindegewebszellen sieht man fast 
gar nicht, ganz zerstreut liegt hier und da eine, die dann mit braunem, 
feinkörnigem Pigment erfüllt ist. Das Pigmentepithel der Ciliarfort- 
sätze ist etwa 14 u dick und besteht aus annähernd würfelförmigen 
Zellen. Das Epithel, dem Innenblatt der Retina entsprechend, ist ein 
einschichtiges Wiirfelepithel von 10—12 u Höhe, die grossen runden 
Kerne haben einen Durchmesser von 6—8 u. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 261 


Die Retina ist im Augengrunde 410 « dick. Hiervon kommen 
40 u auf die Stäbchen, die 2—3 u dick sind. Die äussere Körner- 
schicht ist 90 « dick und besteht aus etwa 22 Schichten dicht liegender 
Kerne. Die Durchmesser der Kerne betragen etwa 4 u. Die äussere 
reticuläre Schicht ist 30 w dick. Die innere Körnerschicht ist 50 w 
dick und besteht aus etwa 5 Schichten von Kernen, die sehr wenig 
dicht liegen, ihre Durchmesser betragen etwa 6 u, sie sind also er- 
heblich grösser als die äussern Körner. Die innere reticuläre Schicht 
ist 60 « dick, auf sie folgt das Ganglion optici mit 70 « und 
die Nervenfaserschicht mit gleichfalls 70 u Dicke. 

Eine Vorstellung von dem Verhältniss der Zahl der äussern und 
innern Körner kann man dadurch erhalten, dass man zählt, wie viele 
Körner auf eine Strecke von 200 u neben einander liegen, dieser 
Werth zusammen mit der bekannten Anzahl der Schichten der Kerne, 
ermöglicht die Berechnung der Anzahl der Kerne auf 1 qmm Retina. 
Es ergiebt sich, dass auf 1 qmm Retina 794000 äussere Körnerzellen 
entfallen und 98000 innere Körnerzellen, so dass auf eine innere 
Körnerzelle 8,1 äussere kommen. Die in dieser Weise berechnete 
Zahl der äussern Körner übertrifft die Anzahl der Stäbchen, die auf 
1 qmm stehen, sehr bedeutend. Bei einer Dicke der Stäbchen von 
nicht ganz 3 u beträgt ihre Zahl auf 1 qmm etwa 150 000, also noch 
nicht einmal !/, der Zahl der äussern Körner. Mögen auch die 
Fehlergrenzen dieser Zahlen sehr erheblich sein, die Thatsache kann 
wohl mit Sicherheit festgestellt werden, dass die Zahl der äussern 
Körnerzellen die Zahl der Stäbchenzellen sehr erheblich übertrifft. 

Der Nervus opticus hat 15 mm hinter der äussern Scleral- 
fläche einen horizontalen Durchmesser von 4,8 mm, einen verticalen 
von 4,1 mm. Die Eintrittsstelle liegt am hintern Augenpol. Die 
Dicke der Opticusfasern ist sehr verschieden, man findet solche von 
8 u und 20 w Durchmesser, ausserdem die verschiedensten Zwischen- 
stufen zwischen beiden Werthen. Die grösste mögliche Zahl der 
Opticusfasern ergiebt sich aus der Rechnung zu 137 600, d. h. bei 
einer Retinafläche von 4900 qmm entfallen auf 1 qmm etwa 28 Nerven- 
fasern. Die Gesammtzahl der Sehstäbchen in der Retina berechnet 
sich auf 785 Millionen, so dass auf jede Nervenfaser 5560 Stäbchen 
entfallen. 

Die Linse hat einen Durchmesser von 16 mm, ihre Axe ist 
13 mm lang. In Theilen des innern Bulbusdurchmessers beträgt der 
Linsendurchmesser 3,125, die Axe in Theilen der innern Bulbusaxe 
2,23. Die Vorderfläche ist flacher als die Hinterfläche, ihre Höhe be- 


262 AUGUST PUTTER, 


trigt 5 mm, ihr Kriimmungsradius 8,9 mm, was einem Bogen von 
128° entspricht. Die Hinterfläche ist 8 mm hoch, sie bildet also 
genau eine Halbkugel. 


Entwicklung des Auges von Delphinapterus 
leucas (PALLAS). 


Die Form des Bulbus erleidet in der Entwicklung eine durch- 
greifende Umgestaltung. Beim jüngsten Embryo I (Länge 3,75 cm) 
ist die Axe noch länger als der Verticaldurchmesser, ihr Verhältniss 
beträgt 1: 1,088; beim Embryo II (Länge ca. 25 cm) sind Axe und 
Verticaldurchmesser einander gleich, bei Embryo III ist schon eine 
Abplattung in der Richtung der Axe bemerkbar, das Verhältniss von 
Axe und Verticaldurchmesser beträgt 1 : 0,875, und beim erwachsenen 
Thier (IV) hat die Abplattung noch wesentlich zugenommen, das Ver- 
hältniss beträgt 1:0,697, wenn man die äussern Dimensionen nimmt, 
1 : 0,659 bei den innern. In horizontaler Richtung ist die Abplattung 
noch etwas beträchtlicher, das Verhältniss von Axe und Horizontal- 
durchmesser stellt sich bei Embryo III auf 1 : 0,778, beim erwachsenen 
Thier auf 1: 0,648 (äussere Dimensionen), resp. 1 : 0,58 (innere 
Maasse). 


Zur allgemeinen Orientirung tiber das Wachsthum des Bulbus 
diene die folgende Tabelle. 


Unter 1 ist das Wachsthum der Axe angegeben, als Einheit dient 
die Axe des Embryo I; unter 2 finden sich die Werthe fir das 
Wachsthum des Verticaldurchmessers, gleichfalls auf den Embryo I als 
Einheit bezogen. 


I II III LY. 


he. 3,1786... A441. 20945 
2 1 34602 5,6056 41,523 


Die Axe zeigt, wie aus den Zahlen ersichtlich, ein weit geringeres 
Wachsthum als der Verticaldurchmesser. An diesem Wachsthum der 
Axe haben die 3 Abschnitte, aus denen sie besteht, einen äusserst 
ungleichen Antheil, wie die folgende Tabelle zeigt, die unter 1 die 
Werthe für die Höhe der Cornea, unter 2 die Höhe des prääquatori- 
alen Segments (Sulcus corneae des erwachsenen Thieres) und unter 3 
die Tiefe des Augengrundes angiebt, alle Werthe berechnet in Theilen 
der betreffenden Augenaxe. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 963 


I IT Ill IV 
eto 1:5,00 1: 4,667 1:::9,20 
27 01: 35382 155% 1 : 2,80 123 508 
3 1:2,458 1 : 2,00 233 1:1,643 

Die Cornea ist beim erwachsenen Thier relativ 2,73mal niedriger 
als beim Embryo I. Der Sulcus corneae zeigt keine so auffal- 
lende Grössenabnahme, wenn man die Embryonen I und II mit dem 
erwachsenen Thier vergleicht. Auffallend erscheint die bedeutende 
Höhe des prääquatorialen Segments bei Embryo III, die sowohl die 
jüngern wie das ältere Stadium erheblich übertrifft. Eine bedeutende 
relative Vergrösserung erfährt der Augengrund, der Antheil, den er 
am Aufbau des Bulbus nimmt, wächst beständig, nur unterbrochen 
durch eine zeitweilige Verkleinerung, die der Embryo III erkennen 
lässt. 

Zugleich mit der Abnahme der Höhe der Cornea findet auch eine 
solche des Cornealbogens statt. Bei Embryo I misst der Bogen 156 °, 
bei II 111°, bei III im Mittel 131° und beim erwachsenen Thier nur 
noch 84°. 

Auch der Antheil, den die Hornhaut am Aufbau des Bulbus 
nimmt, wird im Lauf der Entwicklung kleiner. Das Verhältniss des 
Corneadurchmessers zum Bulbusdurchmesser beträgt bei Embryo I 
1:1,258, bei II 1:1,316, bei III beträgt es in verticaler Richtung 
1:2, in horizontaler 1:1,636 und beim erwachsenen Thier in verti- 
caler Richtung 1 : 3,14, in horizontaler 1: 2,73. 

Beim Embryo I übertrifft die Dicke des Cornealscheitels jene des 
Cornealrandes ganz beträchtlich, etwa um das 21/,fache, bei Embryo III 
findet sich das gleiche Verhältniss. Auffallender Weise sind bei Em- 
bryo II die beiden Dimensionen bei weitem nicht so viel von ein- 
ander verschieden, doch auch hier ist der Scheitel dicker als der Rand. 
Ganz anders beim erwachsenen Thier, bei dem der Rand nicht weniger 
als 7mal so dick ist wie der Scheitel. Sehr interessant ist der Ver- 
lauf der relativen Dickenänderung der Hornhaut. Die folgende Tabelle 
giebt unter 1 die Dicke des Cornearandes, unter 2 die des Cornea- 
scheitels in Theilen der Bulbusaxe. 

I II Ill IV 
1 17185 1:29,4 1.470 1:15,1 
2 1:7,4 1 : 19,6 1: 27,4 1: 92,0 

Der Cornearand verdünnt sich danach während der ganzen em- 
bryonalen Entwicklung, bei dem grössten untersuchten Embryo ist er 
relativ am dünnsten. Dann aber findet eine Verdickung statt, die den 


264 AUGUST PUTTER, 


Hornhautrand eine noch grössere Dicke erreichen lässt, als sie der 
Embryo I zeigte. Der Hornhautscheitel zeigt dagegen eine beständige, 
durch keine Umkehr unterbrochene Verdünnung, er ist beim er- 
wachsenen Thier relativ mehr als 12mal so dünn wie beim Embryo I. 

Um die Dickenverhältnisse der Sclera darzustellen, betrachten 
wir 3 Bezirke getrennt. Die folgende Tabelle giebt unter 1 die Werthe 
für die Dicke des Sulcus corneae in Theilen der Bulbusaxe, unter 2 
die des Aequators in Theilen des mittlern Bulbusdurchmessers und 
unter 3 die des Augengrundes in Theilen der Axe. Beim Embryo I 
ist die Sclera noch nicht vollständig angelegt, die Dicke der Anlage 
im Aequator beträgt 1:22,5 des Bulbusdurchmessers. 


II III IV 
1 1: 58,8 1:70 1: 35,4 
2 1:58,8 1:6,0 


3 12,32:67 11 30585 17:93 

Unter den 3 Embryonen hat also der jüngste die relativ dickste 
Sclera, der älteste dagegen die dünnste. Dann erfolgt bis zum er- 
wachsenen Thier eine ungeheuere Dickenzunahme, so dass der Augen- 
grund relativ fast 17mal so dick ist wie bei Embryo II, der Aequator 
9,8 mal so dick. Der Sulcus corneae zeigt dagegen nur eine geringe 
relative Dickenzunahme. 

Die Breite der Iris kann betrachtet werden im Verhältniss zur 
Grösse des Bulbusdurchmessers und zum Cornealdurchmesser. Die 
folgende Tabelle giebt unter 1 die Irisbreite in Theilen des Corneal- 
durchmessers und unter 2 in Theilen des Bulbusdurchmessers. IVa 
giebt die Werthe für den obern, IVb für den untern Theil der Iris 
des erwachsenen Thieres. 

I II III IVa IVb 
UPS GAME: 475: BEIN EDIT 
ar RABEN 23. LE 10 13:5,86 11:46 

Man sieht auch hier wieder einen Unterschied zwischen der Ent- 
wicklung von Embryo I zu Embryo III einerseits, von diesem zum 
erwachsenen Thier andrerseits. In der ersten Phase der Entwicklung 
nimmt die Breite der Iris relativ ab, mag man sie zum Corneal- oder 
Bulbusdurchmesser in Proportion setzen, in der zweiten dagegen nimmt 
sie wieder zu, mit Ausnahme des untern Theils der Iris im Verhält- 
niss zum Bulbusdurchmesser, der auch in dieser Phase noch eine ge- 
ringe relative Verkleinerung erfährt. 

Das Corpus ciliare ist bei dem jüngsten Embryo überhaupt 
noch nicht als gesonderte Anlage vorhanden, bei den übrigen nimmt 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 265 


seine Formentwicklung wieder den schon mehrfach erwähnten eigen- 
artigen Verlauf, dass auf eine relative Vergrösserung iu der frühen 
embryonalen Entwicklung eine Reduction in der weitern Entwicklung 
stattfindet. Jeden Falls lässt sich in Bezug auf die Höhe der Ciliar- 
fortsätze der Nachweis dieser Entwicklung bringen. Im Verhältniss 
zum Bulbusdurchmesser beträgt die Höhe der Falten bei Embryo II 
1:29,4, bei Embryo III 1:20,24, also erheblich mehr und nimmt dann 
beim erwachsenen Thier bis auf 1:45,66 ab. Die Länge der Ciliar- 
fortsätze erfährt eine während der ganzen Entwicklung andauernde 
Verkleinerung, bei Embryo II beträgt sie 1: 7,14 der Bulbusaxe, beim 
erwachsenen Thier 1: 18,4. 


4. Hyperoodon rostratus (PONTOPPIDAN). 


Embryo I. 


Directe Körperlänge 15,8 cm. Genaue Maasse s. bei KUKENTHAL: 
„Walthiere‘‘ (87), p. 228, No. 26 der Tabelle. In Alkohol conservirt. 
Untersucht an Meridionalschnitten von 20 und 25 u Dicke, gefärbt 
theils mit Pikrokarmin, theils mit ke ran nach DELA- 
FIELD (s. Fig. GG). 

Der Verticaldurchmesser des Bulbus beträgt 5,015 mm und über- 
trifft damit beträchtlich die äussere Augenaxe, die 4,165 mm misst. 
Die Krümmung der Cornea ist stärker als die der Sclera, ihr Krüm- 
mungsradius beträgt 1,727 mm, was einer Oeffnung von 119° ent- 
spricht, während der Krümmungsradius der Sclera 1,991 mm, ihre 
Oefinung 263° beträgt. Als Sulcus corneae kann man den vor 
dem Aequator gelegenen Theil der Sclera bezeichnen, dessen Krüm- 
mung geringer ist als die der Sclera s. str., er ist 1,36 mm breit 
und 0,935 mm hoch. 

Die Cornea ist nicht scharf gegen die Sclera abzugrenzen, doch 
kann man die Wurzel der Iris als Grenze annehmen, da hier auch ge- 
ringe Unterschiede in der Färbung vorhanden sind. Es beträgt dann 
der verticale Durchmesser der Hornhaut 2,975 mm, bei einer Höhe 
von 0,85 mm. Ihre dickste Stelle liegt im Scheitel, wo sie mit 340 u 
Dicke doppelt so stark ist wie am Rande, der nur 170 « misst. Um- 
gekehrt verhält sich das Epithel der Cornea, das mit 16 « Dicke am 
Rande die Mitte erheblich übertrifft, die nur 10 « starkes Epithel 
trägt. Es ist durchweg einschichtig und enthält in den peripheren 
Theilen bis zu einer Entfernung von 300—400 u vom Limbus cor- 
neae verstreute grössere Brocken von dunklem Pigment. Die lamel- 


266 AUGUST PUTTER, 


löse Structur der Cornea ist in den oberflächlichen Schichten nicht 
gut zu erkennen, in den tiefern dagegen weichen die Lamellen stärker 
aus einander. Ihre Dicke beträgt im Scheitel 10 u, gegen den Rand 
hin werden sie dünner, auch ihre Zahl geringer, und sie gehen all- 
mählich in die Faserzüge der Sclera über. 
Die Sclera ist durch- 
bu, gängig dünner als die 
Ke ; Cornea, selbst im Augen- 
N pe grunde, wo sie mit 128 u 
\ Z das Maximum ihrer Dicke 
s erreicht, bleibt sie noch 
hinter der Randdicke der 
Cornea zurück. Nahe dem 
Limbus corneae und von 
da bis über den Aequator 
Die hinaus ist sie nur 85 u 
dick. Sie besteht aus 
einem Gewebe gewellter 
Fibrillen, die nicht deut- 
= lich in Lamellen ange- 
Fig. GG. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN. ordnet sind, nur stellen- 
Embryo von 15,8 em Länge. Verticalschnitt. 10:1. . 
Buchstabenerklärung s. am Schluss. weise, und besonders 
gegen den Cornealrand 
hin, tritt allmählich diese Anordnung auf. Pigment fehlt in der Sclera 
ganz, auch am Limbus corneae. 


Im € 


Die Chorioidea ist noch nicht als besondere Anlage von der 
Sclera getrennt. 


Die Iris setzt mit einem lockern, weitmaschigen Gewebe, das 
dem Ligamentum pectinatum entspricht, am Cornealrande an. 
Ihre Dicke beträgt an der Wurzel 170 u, nahe dem pupillaren Rande 
85 u. Oben ist sie etwas breiter als unten, hier 255 u, dort 340 u. 


Die Processus ciliares erheben sich am Iriswinkel fast senk- 
recht zu 213 « Höhe, ihre Länge beträgt 638 «. Im Querschnitt er- 
scheinen sie etwa als rechtwinklige Dreiecke, deren vordere, der Linse 
zugewandte Winkel abgerundet sind. Mit diesen vordern Winkeln er- 
reichen die Ciliarfortsätze den Linsenäquator. Die Form der Fort- 
sätze ist plump, secundäre Falten und Fältchen fehlen völlig, sie tragen 
in ihrem Bau den ‚mechanischen Charakter“ in typischer Ausbildung 
zur Schau. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 267 


Das Aussenblatt der Pars caeca retinae ist ganz mit 
schwarzem Pigment erfüllt, dem Innenblatt dagegen fehlt dasselbe 
völlig nicht nur in der Pars ciliaris, sondern auch in der Pars 
iridica. Am Pupillarrande sind beide Blätter scharf gegen einander 
abgegrenzt. Die Dicke des Pigmentblatts beträgt auf der Rückseite 
der Iris 20—30 u, in der Pars ciliaris 40 w, das Innenblatt ist nahe 
dem Pupillarrande nur 10 u, in der Pars ciliaris dagegen 40 u dick. 

Das Stratum pigmenti ist eine nur 4 w dicke Zellenschicht. 
Die starke Pigmentirung, durch die es in der Pars caeca ausgezeichnet 
ist, behält es im ganzen untern Bulbusabschnitt bei. Gegen den 
Augengrund wird das Pigment spärlicher und fehlt dann endlich im 
obern äussern Bulbustheil völlig auf eine Strecke, deren meridionale 
Ausdehnung 1,7 mm beträgt. Auch in dem noch übrig bleibenden 
obern Theil des Bulbus, 2,55 mm vom Corpus ciliare entfernt bis zu 
diesem hin ist das Pigment zunächst sehr spärlich, und erst 430 « 
vom Corpus ciliare entfernt ist das Stratum pigmenti ebenso stark 
pigmentirt wie in den entsprechenden Stellen des untern Bulbustheils 

Die Dicke der Retina beträgt im Augengrunde 150 u, an der 
vordern Grenze der Pars optica 60 «. Im untern Bulbusabschnitt 
übersteigt die Dicke nicht 150 u, dagegen wächst sie im obern Bulbus- 
abschnitt auf 213 « an und behält diese Dicke auf eine bedeutende 
Strecke bei, in dem Bezirk der künftigen Tapetumanlage, die sich 
durch die geringe oder ganz fehlende Pigmentirung des Aussenblatts 
der Retina bemerkbar macht. In der Retina sind nur 2 Schichten zu 
unterscheiden, die wohl den beiden Körnerschichten entsprechen. Die 
äussere Schicht misst im Augengrunde wie im untern Bulbustheil 
110 «, die innere 40 u. Im obern Bulbustheil ist die äussere Schicht 
160 « dick, die innere 50 u. Die Zellen der äussern Schicht liegen 
so dicht, dass die einzelnen Kerne nicht von einander unterschieden 
werden können. Die innere Schicht enthält dagegen relativ viel weniger 
Zellen, zwischen denen stark entwickeltes Stützgewebe liegt. Im obern 
Bulbustheil nehmen aber die Zellen erheblich an Zahl zu und drängen 
das Stützgewebe in den Hintergrund. In dieser Beziehung ist be- 
sonders eine Strecke von 0,85 mm meridionaler Ausdehnung ausge- 
zeichnet, die im obern Bulbustheil liegt, ihre vordere Grenze ist 
1,44 mm vom Corpus ciliare entfernt. 

Der Nervus opticus tritt etwas oberhalb des hintern Augen- 
pols und nach innen vom Mittelmeridian des Auges an den Bulbus 
heran. Seine Dicke beträgt an der Eintrittsstelle 425 «. Die Opticus- 
scheide besteht aus dem Geflecht der Ciliargefässe, die durch Binde- 


268 AUGUST PUTTER, 


gewebe verbunden sind: ihre Dicke beträgt im verticalen Meridian 
2,13 mm, d. h. sie umgiebt nach oben und unten den Opticus je in 
einer Dicke von 0,85 mm. Nach der Spitze der Orbita zu verjüngt 
sie sich kegelförmig. Die Sclera ist im Bereich des Ansatzes der 
Opticusscheide verdünnt, sie misst hier nur 43 u. 


Die Linse ist auf den Schnitten grössten Theils ausgesprungen, 
doch giebt die Linsenkapsel und der Glaskörper noch die Form und 
Grösse in ziemlich gut bestimmbaren Umrissen. Die Axe misst 
221 mm, der Aequatorialdurchmesser 2,635 mm. In Theilen der 
Bulbusaxe beträgt die Linsenaxe 1: 1,88, der Durchmesser in 
Theilen des Bulbusdurchmessers 1:1,9. Die Vorderfläche ist er- 
heblich flacher als die Hinterfläche, ihre Höhe beträgt nur 0,765 mm, 
während die Hinterfläche 1,445 mm hoch ist. Der Krümmungs- 
radius der Vorderfläche ist 1,519 mm, sie nimmt auf dem Krüm- 
mungskreis einen Bogen von 87° ein, bei der Hinterfläche be- 
tragen die entsprechenden Werthe 1,323 mm, also eine stärkere 
Krümmung, und 170° Bogenmaass. Der Abstand des vordern Linsen- 
pols von der Innenfläche der Cornea beträgt 43 u. Der Uebergang 
des Epithels in die Fasern scheint, soweit es auf einigen Schnitten 
festgestellt werden konnte, auf denen die Linse leidlich erhalten war, 
etwas hinter dem Linsenäquator, etwa 260 w dahinter, zu erfolgen. 
Doch ist der Befund nicht vollständig sicher. 


Das Corpus vitreum erfüllt in gutem Erhaltungszustand den 
ganzen Raum zwischen Linse und Retina. Seine grösste Dicke, vom 
hintern Linsenpol zur Innenfläche der Retina, beträgt 770 u. An der 
Vordergrenze desselben sind Fasern erkennbar, die von den dem 
Corpus ciliare benachbarten Theilen der Retina ausgehen und zur 
Linsenkapsel ziehen, sie dürfen als Zonulafasern angesehen werden. 


Schutz- und Hülfsapparate. 


Die Augenregion erhebt sich als Buckel 2 mm hoch über das 
übrige Körperniveau, der Buckel ist 10 mm lang und misst in senk- 
rechter Richtung 7 mm. Auf der linken Seite ist er flacher, nur 
1,7 mm hoch. Die Länge der rechten Lidspalte beträgt 5,4 mm, die der 
linken nur 3 mm. Der vordere Augenwinkel ist 12,5 mm vom Mund- 
winkel entfernt, die Verbindungslinie von Mundwinkel und Augenwinkel 
bildet mit dem horizontalen Unterrand des Kiefers einen Winkel von 25°. 

Das Oberlid ist so breit, aber an der Basis erheblich dünner 
als das Unterlid. Die Breite, gemessen vom Fornix conjunctivae 
zum Lidrand, beträgt für beide 2,3 mm, die Dicke des Oberlids be- 


Die Augen der Wassersäugethiere. 269 


trägt an der Basis 340 «, am Rande 383 u, die des Unterlids an der 
Basis 935 u, am Rande 300 u. Das Epithel ist zerstört. Im Stroma 
der Lider sind deutlich ausgebildet: der Musculus orbicularis und der 
Palpebralis, der zwischen die Bündel des Orbicularis ausstrahlt. 
Nach innen von dieser Muskelschicht enthält das Stroma einige 
schlauchförmige Einzeldrüsen der Conjunctiva. Sie sind auf der 
Fläche des Oberlids seltner, auf der des Unterlids reichlicher, be- 
sonders stark aber an den beiden Fornices conjunctivae entwickelt. 
Die Conjunctiva sclerae enthält Pigment. Die Entfernung des 
Fornix conjunctivae vom Cornealrande beträgt 770 u. 

Temporal liegt, vom Musculus palpebralis bedeckt, ein 
Complex wohl entwickelter tubulöser Drüsen, die in zahlreichen Aus- 
führgängen in die Conjunctiva münden, sie entsprechen einer Glan- 
dula lacrimalis und finden ihre unmittelbare Fortsetzung in den 
erwähnten tubulösen Einzeldrüsen der Conjunctiva. 

Etwas stärker als am temporalen Augenwinkel sind die Drüsen 
am nasalen entwickelt, wo ein grösserer Complex dem Bulbus aufliegt 
und mit zahlreichen Oeffnungen in die Conjunctiva mündet (HARDER- 
sche Drüse). Auch dieser Complex ist nicht von den Conjunctival- 
drüsen getrennt. 


Embryo IL. 


Directe Körperlänge 55 cm. Genaue Maasse s. bei KÜKENTHAL, 
„Walthiere“ (87), p. 228, No. 27 der Tabelle. In Alkohol conservirt. 
Einzelne Theile geschnitten und mit Hämatoxylin oder Pikrokarmin 
gefärbt (s. Fig. HH). 

Der Horizontaldurchmesser des Bulbus beträgt 21 mm, der 
Verticaldurchmesser 18 mm, beide übertreffen die äussere Augenaxe, 
die nur 15 mm misst, erheblich. Die Krümmung der Cornea ist im 
horizontalen und verticalen Meridian sehr verschieden. Im horizon- 
talen beträgt der Krümmungsradius 11,51 mm, was einer Oeffnung 
von 85° entspricht; erheblich stärker ist die Krümmung im verticalen 
Meridian, wo der Radius 5,921 mm, also nur wenig mehr als die 
Hälfte des horizontalen Radius beträgt. Die Oeffnung der Cornea in 
verticaler Richtung beträgt 121° des Krümmungskreises. Als Sclera 
s. str. kann man nur den hinter dem Aequator gelegenen Theil der 
Tunica fibrosa bezeichnen, die dergestalt eine Oeffnung von 180° 
und einen Krümmungsradius von 11 mm besitzt. Zwischen Cornea 
und Sclera schiebt sich der Sulcus corneae ein, der sehr stark 
entwickelt ist, er ist im Mittel 3,1 mm breit, oben breiter als unten 
und 1,14 mm hoch. Gegen die Sclera setzt er sich in scharfem Knick, 


270 AUGUST PUTTER, 


fast im rechten Winkel ab. Entsprechend der stärkern Entwicklung 
des Sulcus corneae ist der Bulbus in seinem obern Theil geräumiger 
als in dem untern. 

Die Cornea ist ziemlich 
stark gewölbt, ihre Höhe betrug 
am Bulbus, der durch Alkohol- 
- injection gespannt war, etwa 
2,75 mm. Ein pigmentirter Streifen 
von 1 mm breite umgiebt den 
Rand der Cornea, das Pigment ge- 
hört der Conjunctivasclerae 
an. Der Horizontaldurchmesser 
der Cornea beträgt 15,5 mm, der 
Verticaldurchmesser nur 10,3 mm, 
die Cornea ist also sehr elliptisch. 
Die Randdicke beträgt 1,19 mm, 
die Scheiteldicke nur 0,383 mm. 

Fig. HH. Hyperoodon rostratus Pontor- Der Cornealrand stellt nicht nur 
PIDAN. Embryo von 55 em Länge. Vertical- : x 
schnitt. 2,5:1. Buchstaben erklärung s. am der Mitte der Cornea, sondern 
Schluss. auch der Sclera gegenüber eine 
bedeutende Verdickung dar. 

Die Sclera übertrifft die Randdicke der Cornea nur im Augen- 
grund, wo sie 1,2 mm dick ist, im Sulcus corneae beträgt ihre Stärke 
nur 0,5 mm. 

Die Iris ist unten 2,6, oben 3,6 mm breit und dunkel pigmentirt. 
Die Pupille ist nicht oval, sondern es springt, in Folge der grössern 
Breite der Iris oben im Mittelmeridian, der obere Rand als flache 
Convexität in die Pupille vor. Die mittlere Dicke der Iris beträgt 
190 u, hiervon kommen 30 « auf die Pars iridica retinae, die 
so stark pigmentirt ist, dass man nicht entscheiden kann, ob beide 
Retinablätter erhalten sind. Dem Epithel liegt nach vorn direct der 
Sphincter iridis in einer Dicke von 40 « auf, und auf diesen folgt 
cameralwärts die Schicht der grossen Gefässe mit 120 « Dicke. Der 
Dilatator iridis ist auf diesem Stadium noch nicht erkennbar. 
Die meist spindelförmigen Zellen des Irisstromas sind pigmentirt, doch 
ist an allen der Kern als deutlicher, runder, heller Fleck zu sehen. 
Unter den Gefässen ist eins besonders ausgezeichnet, es ist das grösste 
und wölbt sich in das Lumen der vordern Kammer vor. Es liegt 
oben 2,7 mm vom Iriswinkel entfernt und hat bei elliptischem Quer- 
schnitt 180 w grössten und 120 « kleinsten Durchmesser. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. Chi 


Die Processus ciliares sind zahlreich, wohl ebenso zahlreich 
wie beim erwachsenen Thier, ihre grösste Höhe ist etwa 1 mm, ihre 
Länge 1,2 mm. 

Die Anlage des Tapetums ist am Aussenblatt der Retina zu 
erkennen, das in seinem Bereich kein Pigment führt. Der Augen- 
grund ist frei von diesem Pigment bis auf seinen untern Abschnitt, 
der dunkelbraun pigmentirt ist. Die Begrenzung dieses Abschnitts ist 
ein Dreieck, dessen Spitze im Mittelmeridian des Auges liegt und fast 
den hintern Augenpol erreicht. Die Basis des (sphärischen) Dreiecks 
bildet etwa die Grenze des Sulcus corneae, sie reicht nasal und tem- 
poral fast bis zur Horizontalen. Die Retina war nicht erhalten. 

Der Opticus tritt im Mittelmeridian, 4 mm oberhalb des hintern 
Augenpols an den Bulbus heran. 

Die Orbita durchzieht er in gerader Richtung und erreicht das 
Foramen opticum in 13 mm Entfernung vom hintern Augenpol. Er 
ist von einer starken Hülle umgeben, die aus dem Geflecht der Ciliar- 
gefässe und straffem Bindegewebe besteht. Sie verdickt sich vom 
Foramen opticum an zum Bulbus hin kegelförmig und ist beim Ansatz 
an diesen in der Horizontalen 9 mm, in der Verticalen 4,5 mm dick. 

Die Linse nähert sich der Kugelform, ihr Durchmesser beträgt 
8 mm, ihre Axe 6,5 mm, und die Höhen der beiden Flächen 
sind nicht mehr stark von einander unterschieden, die der Vorder- 
fläche beträgt 3 mm, die der Hinterfläche 3,5 mm. Die Vorder- 
fläche ist also noch etwas flacher als die Hinterfläche, ihr Krüm- 
mungsradius beträgt 4,167 mm, ihre Peripherie misst 147°, der 
Krümmungsradius der Hinterfläche ist 4,036 mm, ihre Peripherie 164° 
des Krümmungskreises. In Theilen der Bulbusaxe beträgt die Linsen- 
axe 1: 2,51, der Durchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers 1 : 2,5. 
Auf der Vorderfläche der Linse ist die Figur sichtbar, die auch die 
erwachsene Linse zeigt (s. Fig. LL). Vor und hinter dem Aequator 
treten die Anheftungsstellen der Zonulafasern sehr deutlich als meri- 
dional verlaufende strichförmige Eindrücke von 0,7 mm Länge hervor. 
Der Abstand beider Reihen von Eindrücken beträgt 0,5 mm, so dass die 
vordere 0,25 mm vor, die hintere ebenso viel hinter dem Aequator liegt. 

Die Lidspalte ist rechts 7 mm lang, links nur 6 mm, rechts 
stehen die freien Lidränder 1,4 mm von einander ab, links zeigen sie 
keinen messbaren Abstand Die Breite des Oberlids beträgt 10 mm, 
die des Unterlids 7 mm. Nasal und temporal liegt die Commissura 
palpebrarum 6 mm vom Fornix conjunctivae entfernt. Das 
Epithel ist auf der Vorderfläche des Lids 85 « dick, am freien Lid- 


272 AUGUST PUTTER, 


rande nur 43 u. Die Speckschicht verdünnt sich gegen den Lidrand, 
misst aber an ihm noch 170 u. Auf die Speckschicht, die auch Blut- 
sefässe enthält, folgt nach innen die Muskelschicht. Der Orbicu- 
laris hat nahe am Lidrand eine Dicke von 128 u, er verdickt sich 
gegen die Basis hin, wo zwischen seine Bündel die des Palpebralis 
ausstrahlen. Der Raum nach innen von der Muskelschicht des Lids 
enthält ungemein viele und grosse Blutgefässe und gegen die Lid- 
wurzel hin grosse Drüsen. Die weiten und zahlreichen Gefässe des 
Lids sind Venen, die Arterien verlaufen im Bereich der Drüsen, also 
nahe der Lidwurzel und sind erheblich kleiner als die Venen. Während 
das Lumen der grössten Vene 425 « Durchmesser hat, misst das 
der grössten Arterie nur 127 u. 

Drüsen sind nicht nur im Ober- und Unterlid sowie am Fornix 
verbreitet, sondern finden sich auch am temporalen Augenwinkel, also an 
der Stelle, die der Lage der Thränendrüse entspricht. Am Fornix 
conjunctivae liegen zahlreiche Ausmündungen von Drüsen. Eine Zählung 
ergab im temporalen obern Quadranten 14 Oeffnungen, die besonders 
gegen den temporalen Augenwinkel hin dicht lagen. In den nasalen 
Quadranten war die Anzahl geringer; es liegen also jeden Falls temporal 
nicht weniger Drüsen als nasal. 

Die Ausführgänge der Drüsen, die alle gleichartig gebaut sind, 
bestehen aus zweischichtigem Plattenepithel von 50 u Dicke, beide 
Schichten sind gleich dick, 25 u. Die tubulösen secernirenden Theile 
haben höheres Epithel. Die dem Lumen der Schläuche zugewandte 
Zellenschicht besteht aus Cylinderzellen von etwa 60 « Höhe und 26 u 
Breite. Die äussere Zellenschicht ist nicht mehr so vollständig und 
regelmässig ausgebildet, ihre Zellen haben den Charakter von Platten- 
zellen, die Länge beträgt 43 u, die Höhe 34 u. 


3. Erwachsenes Thier, 7—8 m lang. 


In Alkohol conservirt (s. Figg. JJ, KK, LL u. MM sowie Taf. 2, 
Fig. 5; Taf. 3, Fig. 9, 13, 14, und Taf. 4, Fig. 21, 23, 24). 

Der Bulbus hat eine sehr unregelmässige Gestalt, seine Axe ist 
44 mm lang, sein Horizontaldurchmesser 74 mm und sein Vertical- 
durchmesser 66 mm. 

Der Suleus corneae ist oben am breitesten, 12 mm breit, 
unten nur 9 mm. In den untersuchten Augen ist er eingesunken und 
setzt sich daher sehr scharf, fast unter rechtem Winkel, gegen die 
übrige Sclera ab, doch bleibt die Begrenzung auch dann noch deutlich, 
wenn man den Sulcus in die als natürlich erscheinende Lage bringt. 


: Vence ee o 
Die Augen der Wassersäugethiere. 273 


Die Aequatorialebene liegt 5 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. 
Viel stärker als die äussern Formen lässt die Gestalt des Innenraums 
die bedeutende Asymmetrie des Bulbus hervortreten. Der obere Theil 
des Verticaldurchmessers beträgt 24 mm, der untere nur 21 mm. Der 
innere horizontale Durchmesser ist 48 mm lang. Die Tiefe der Sclera 
beträgt 26 mm, die Länge der innern Augenaxe 29 mm. 

Das Volumen des von Muskel- und Drüsenanhängen gereinigten 
Bulbus beträgt 115 ccm, für den anhängenden Stumpf des Opticus 
sind etwa 5 ccm in Abzug zu bringen, so dass das Volumen 110 ccm 
beträgt. Das vordere corneale Bulbussegment ist flacher als das 
hintere sclerale, der Krümmungsradius des erstern beträgt im Mittel 
26,37 mm, der des letztern 23,09 mm. Uebrigens sind die Krüm- 


Fig. JJ. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN. Horizontalschnitt. 1/1. Buchstaben- 
erklärung s. am Schluss. 


mungsradien der Cornea in horizontaler und verticaler Richtung sehr 
von einander verschieden, in dieser beträgt er 20,75, ist also etwas 
stärker gewölbt als der Augengrund, in jener dagegen 52 mm. Das 
Verhaltniss des Cornealdurchmessers zum Scleraldurchmesser beträgt 
1:2,357 in horizontaler Richtung, in verticaler 1:2,694. Der Cornea- 
bogen misst vertical 73°, horizontal 59°. 

Die Cornea zeigt sehr eigenartige Dickenverhältnisse, ihr Rand 


ist mächtig verdickt gegenüber dem Scheitel, der nur 1 mm dick ist, 
Zool. Jahrb. XVII, Abth, f. Morph, 18 


274 AUGUST PUTTER, 


er ist am dicksten nasal im horizontalen Meridian, nämlich 5 mm dick. 
Oben betrigt die Dicke 4 mm, unten und aussen 3 mm. Die Hohe 
der Cornea beträgt etwa 4 mm. Der Horizontaldurchmesser der ovalen 


Fig. KK. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN. Verticalschnitt. 1/1. 2.2 peri- 
chorioider Lymphraum. Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss. 


Cornea beträgt 31 mm, der Verticaldurchmesser 24,5 mm. Das Horn- 
hautepithel ist im Scheitel 80 « dick, am Rande 200 u. Es ist mög- 
lich, dass die oberflächlichste Lage des Stratum corneum sich abgelöst 
hat, wenigstens besteht die jetzt oberflächlichste Schicht schon aus 
unverhornten Zellen. Die tiefste Schicht besteht aus Cylinderzellen 
von etwa 30 u. Höhe bei 10 « Breite, sie enthalten sehr grosse, ovale 
Kerne von 16 w Länge und 8 « Breite. Auf sie folgen nach aussen 
1 oder 2 Schichten polygonaler Zellen; die Breite dieser Zone beträgt 
20 u. Die weiter nach aussen liegenden etwa 3 Zellenschichten, die 
zusammen 30 w dick sind, bestehen aus spindelförmigen Zellen, deren 
Längsaxe der Fläche der Cornea parallel steht. Wie man sieht, fehlt 
nicht nur eine eigentlich verhornte Schicht, sondern auch die Zone der 
halb verhornten Zeilen. Statt dessen aber werden die ganzen Zellen, 
sowohl die tiefen Cylinderzellen wie die oberflächlichen Spindelzellen, 
umgeben von einem vollkommenen Maschenwerk von Stützsubstanz. 
Dieselbe färbt sich mit Pikrokarmin gelb, scheint also der Hornsub- 
stanz der Cornea ähnlich zu sein. Von der Elastica anterior, 
die als 16 « dicke homogene Schicht die Grundlage für das Epithel 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 975 


abgiebt, beginnen die einzelnen Strange des Hornnetzes mit kegel- 
formigen Verbreiterungen von etwa 4 « Breite, die Dicke der Stränge, 
die nun zwischen den Cylinderzellen emporsteigen, beträgt 2 
Je weiter nach aussen, desto dicker wird die Hülle der Stützsubstanz, 
die jede einzelne Zelle umgiebt, die Dicke beträgt 4—5 u, und da die 
Grösse der Zellen immer mehr abnimmt, überwiegt die Masse der 
Stützsubstanz in den äussern Schichten erheblich. 

Von Interesse ist der Uebergang des Cornealepithels in die Con- 
junctiva sclerae. Die Verdickung des Hornhautepithels nach dem 
Rande zu beruht zum geringen Theil darauf, dass die tiefe Schicht 
der Cylinderzellen höher wird, sie ist am Rande 40 w hoch, die Breite 
der Zellen beträgt 9 «, die langen ovalen Kerne sind 20 « lang und 
6 w breit. Eine kleine Gestaltveränderung und Verkleinerung erfahren 
die Zellen dadurch, dass die kegelförmigen Basaltheile der Stützsub- 
stanz sehr bedeutend an Breite und Höhe zunehmen, sie sind 8 « 
breit und 10 « hoch. Den grössten Antheil an der Verdickung des 
Epithels nehmen aber die polygonalen Zellen, die in 10—11 Schichten 
über einander liegen. Beim Uebergang in die Conjunctiva ändert sich 
das Bild, das 200 « dicke Hornhautepithel geht rasch in die nur 70 u 
dicke Conjunctiva über, die Schicht der tiefen Cylinderzellen nimmt 
auf 20 « Dicke ab und enthält reichlich schwarzes Pigment, die ver- 
hornte Stützsubstanz zwischen den Zellen verliert sich, und dafür tritt 
ein 34 « dickes Stratum corneum auf, in dem die Stellen, an denen 
Zellen gelegen haben, noch durch kleine Anhäufungen von Pigment 
erkennbar sind. 

Die Cornea propria besteht aus 4—6, zum Theil 10 « dicken 
Lamellen, die mit ihren wellenförmigen Oberflächen fest an einander 
liegen. Der Querschnitt bietet ein sehr eigenartiges Bild; in ihrer 
ganzen Breite, besonders aber gegen die vordere Kammer hin, zeigt 
die Cornea eine Fülle ovaler Querschnitte grosser Lymphräume, zum 
Theil auch, besonders zahlreich nahe der Hinterfläche, Längsschnitte 
solcher Räume, die als Lymphräume noch kenntlich sind durch Lymph- 
gerinnsel, die sich in ihnen finden. Die Querschnitte sind sehr ver- 
schieden gross, neben einer grossen Anzahl solcher von 30—40 u 
Breite und 20—26 u Dicke finden sich in etwas geringerer Anzahl 
Räume von 130 u Breite bei 80 u Dicke. Die Cornealamellen weichen 
zum Theil bei der Bildung der Lymphräume aus einander, zum Theil 
enden sie an ihnen. In den Lymphräumen erkennt man häufig sehr 
deutlich die fixen Hornhautzellen, flache, im Querschnitt spindelförmige 

18* 


2 
Oo u. 


276 AUGUST PUTTER, 


Zellen. Die Elastica posterior ist als feine, 4 «u dicke Membran 
vorhanden. Das Endothel der vordern Kammer ist nicht erhalten. 

Die Sclera ist im Sulcus corneae bei weitem am dünnsten, oben 
und unten ist sie 1,5 mm dick, innen und aussen sogar nur 1 mm. 
Ungeheuer verschieden ist die Dicke der Sclera im Aequator, oben 
ist sie bei weiten am bedeutendsten, 12,1 mm, dagegen unten nur 
44 mm. Nasal beträgt sie 9 mm und temporal 11,4 mm. Die grösste 
Dicke aber erreicht die Sclera an der Grenze des Ansatzes der Opticus- 
scheide, wo sie 14,4 mm dick ist; gegen den hintern Augenpol hin, 
an dem der Opticus eintritt, verdünnt sie sich wieder und ist hier 
nur 11,6 mm dick. 

Die Chorioidea lässt sich leicht von der Sclera abheben, nur 
an der Iriswurzel hängt sie fest mit ihr zusammen. Eine ganz un- 
gewöhnliche Ausbildung zeigt der perichorioide Lymphraum, unmittel- 
bar hinter der Iriswurzel beträgt seine Dicke 2 mm, er ist ganz mit 
Lymphgerinnseln ausgefüllt, die die grossen, einzelnen, anscheinend 
durch elastische Lamellen getrennten Lymphräume völlig erfüllen, 
Die Dicke von 2 mm hat er oben, nasal und temporal, unten dagegen 
ist er sogar 3,2 mm dick (s. Fig. KK p.l). Diese Anschwellung reicht 
von dem Mittelmeridian des Auges aus je 13 mm weit nach der tempo- 
ralen und nasalen Seite. Nach hinten erstreckt sich der stark er- 
weiterte Raum oben, nasal und temporal bis 7 mm hinter die Grenze 
des Sulcus corneae, d.h. 12 mm hinter die Iriswurzel. Unten dagegen 
reicht er noch erheblich weiter nach hinten, bis 14 mm über die 
Grenze des Sulcus corneae hinaus, d. h. 20 mm hinter die Iriswurzel 
(an der Innenseite der Sclera gemessen). 

Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 4 Venae vorti- 
cosae. Diese Gefässe entspringen am Iriswinkel und ziehen von da 
aus durch die Sclera unmittelbar unter der Oberfläche in meridionaler 
Richtung nach hinten. In der Horizontalen haben die Räume der 
Sclera, in denen sie verlaufen, dreieckigen Querschnitt. Die Basis des 
gleichschenkligen Dreiecks liegt nach aussen, die Spitze nach innen. 
Oben und unten dagegen nehmen sehr flach elliptische Räume, deren 
grösste Breite parallel der Oberfläche der Sclera liegt, die ableitenden 
Gefässe auf. 

Das Tapetum lucidum erfüllt den ganzen Augengrund, fast 
überall bis zum Sulcus corneae, stellenweise auch auf diesen über- 
greifend. Die Farbe ist ein helles metallisch glänzendes Gelb. Auf 
der Innenfläche ist es von einem zarten, pigmentirten Häutchen über- 
zogen, dem Stratum pigmenti retinae. Die Pigmentirung ist 


Die Augen der Wassersäugethiere. IT 


verschieden stark. An den meisten Stellen nimmt man sie als einen 
leichten, gelbbräunlichen Ton wahr. Dagegen finden sich auch Flecken, 
die intensiv braun pigmentirt sind und so das darunter liegende 
Tapetum völlig verdecken. Solche Flecken finden sich zerstreut, be- 
sonders im untern Theil des Bulbus. Hier ist eine ziemlich grosse 
Fläche ganz braun pigmentirt. Ihre Grenze liest 30 mm von der 
Linea terminalis retinae entfernt, sie erstreckt sich nasal und 
temporal etwa gleich weit von der Mittellinie aus. Die Gesammt- 
ausdehnung in äquatorialer Richtung beträgt 33 mm. An den Stellen, 
an denen das Pigmentblatt abgerissen ist, sieht man das Tapetum 
ganz mit kleinen, nadelstichartigen Einsenkungen bedeckt, den Durch- 
trittsstellen der Gefässe. 

Nach unten reicht das Tapetum in dem pigmentirten Bezirk nicht 
einmal ganz bis zum Sulcus corneae, in dessen ganzem Bereich ein- 
fache Chorioidea liegt. 

Im obern Bulbustheil reicht es bis zum Sulcus corneae und ist 
fast völlig frei von pigmentirten Flecken. 

Chorioidea ohne Tapetum findet sich nur in den ganz peri- 
pheren Theilen des Bulbus. Sie besteht im Wesentlichen aus einer 
einzigen Schicht grosser Gefässe, die von Bindegewebe umgeben sind, 
dessen meist spindelförmige Zellen reichlich dunkles Pigment führen, 
die Kerne sind als helle Flecken sichtbar. Die Gesammtdicke der 
Chorioidea beträgt hier 320 «, davon entfallen 300 « auf die Lamina 
vasculosa. Nach innen folgt auf die Lamina vasculosa die 
Choriocapillaris, die 10 « dick ist, sie ist bedeckt von dem 
ebenfalls 10 « dicken Stratum pigmenti retinae, das hier 
körniges, braunes Pigment führt, doch sind die Zellen nicht völlig 
damit erfüllt, nur der innerste Theil führt das Pigment, der äussere, 
der Choriocapillaris zugewandte ist frei davon und in ihm liegt auch 
der runde Kern. 

Schon in den ganz peripheren Theilen schiebt sich zwischen die 
Lamina vasculosa und die Choriocapillaris eine dünne Lage welliger 
Fasern ein. In der Peripherie ist sie nur 50 « dick, nimmt aber 
rasch an Dicke zu und bildet das Tapetum lucidum. Im Bereich des 
Tapetums zeigt der Bau der Chorioidea einige Abweichungen von dem 
der peripheren Partien, die zunächst in der Dicke bestehen. Während 
im Aequator unten die einfache dünne Chorioidea liegt, ist die Tapetum 
enthaltende Aderhaut im Aequator nasal 1,4 mm dick, temporal 2 mm, 
am dicksten aber oben, wo sie auf 3,1 mm anwächst. Im untern 
Bulbustheil kommt die Verdickung wesentlich durch die Einschiebung 


278 AUGUST PUTTER, 


des Tapetums zwischen Lamina vasculosa und Choriocapillaris zu Stande, 
die Gefässchicht selbst verdickt sich kaum. Das Tapetum (s. Taf. 3, 
Fig. 9) ist eine 510 w dicke Schicht und besteht aus stark gewellten 
Fasern. In jeder Faser ist bei Hämatoxylinfärbung deutlich der Kern zu 
erkennen, der bei Pikrokarminfärbung nicht hervortritt. Man findet auf 
demselben Schnitt sowohl Längs- wie Querschnitte der Fasern, so dass 
diese also ein Netz bilden müssen. Eine Anordnung in Schichten ist 
nicht vorhanden, die Fasern kreuzen sich auch in radialer Richtung 
vielfach. Das Tapetum wird durchbohrt von Gefässen, die theils senk- 
recht, theils schräg von der Lamina vasculosa ausgehen und sich an 
der Innenseite des Tapetums als Choriocapillaris ausbreiten. Diese 
Gefässe sind durchweg Capillaren, sie sind 30 « dick. Auf ihrem 
Verlauf innerhalb des Tapetums geben sie keinerlei Seitenäste ab. Das 
Aussenblatt der Retina besteht aus niedrigen, plattenförmigen Zellen, 
die kein Pigment führen. Ihre kleinen, runden Kerne liegen im 
Centrum der Zellen. 

Von der bedeutenden Verdickung, die die Chorioidea im obern 
Bulbustheil erfährt, entfällt nur ein kleiner Theil auf das Tapetum, 
das hier 850 « dick ist. Der hauptsächlichste Antheil dagegen kommt 
auf die Lamina vasculosa, die aus 2—3 Schichten grosser Gefässe be- 
steht. Auch die Anzahl der Gefässe, die das Tapetum durchbohren, 
ist hier im obern Theil des Bulbus viel grösser als im untern. Das 
Bindegewebe, in das die Gefässe eingebettet sind, hat in den innern, 
dem Tapetum zugewandten Theilen der Chorioidea fibrillären Bau, die 
Fasern sind aber viel weniger zahlreich und bilden ein viel weit- 
maschigeres Netz als im Tapetum, so dass sie sehr gut von ihm ab- 
gegrenzt werden können, wenn auch ein qualitativer Unterschied 
nicht besteht (s. Taf. 3, Fig. 9). 

Die Choriocapillaris und das Aussenblatt der Retina sind wie im 
obern Bulbustheil gebaut. 

Die Iris ist oben 11 mm breit, unten nur 9,6 mm und ebenso 
breit nasal; temporal beträgt die Breite 10,6 mm. 

Die Gestalt der Pupille ist bohnenförmig, ihr horizontaler Durch- 
messer ist 11 mm lang, der verticale 6,2 mm. Die bohnenförmige 
Figur kommt dadurch zu Stande, dass der Oberrand der Pupille con- 
vex in sie vorspringt und so ein Operculum pupillare bildet. 
Die Basis dieses Operculums, das die Form eines Kreissegments hat, 
ist 9 mm lang, die Breite beträgt 1 mm. 

Die Iris ist dunkelbraun und zeigt auf ihrer Vorderfläche un- 
regelmässige, geschlängelte Erhabenheiten, die nahe dem pupillaren 


Die Augen der Wassersäugethiere. 279 


Rande fehlen; hier ist die Vorderfläche der Iris, wie die ganze Hinter- 
fliche glatt. Der Pupillarrand ist gegen die iibrige Iris abgebogen. 
Die Breite dieser Partie beträgt oben, wo das ganze Operculum pupil- 
lare zu ihr gehört, 6 mm, “unten 3 mm, nasal 2 mm, temporal nur 
1 mm. Der so begrenzte Irisrand besteht, wie die mikroskopische 
Untersuchung ergiebt, fast ausschliesslich aus Musculatur, die also 
oben und unten viel stärker entwickelt ist als nasal und temporal. 
Die Dicke der Iris beträgt an der Wurzel 300 «, am Pupillar- 
rande 110 u. 

Die sämmtlichen Gefässe der Iris sind vor die Vorderfläche, in 
die vordere Kammer hinein verlegt, sie ziehen, stellenweise gar nicht 
einmal mit dem Irisstroma verwachsen, in geschlängeltem Lauf dahin. 
Ihr Querschnitt ist meist oval und misst bei 170 u Breite etwa 85 w 
in der Dicke, sie sind von mehreren Lagen stark pigmentirter Binde- 
gewebszellen umgeben. Das Stroma, vor dessen Vorderfläche sie 
liegen, ist im Verlauf der Iris nur 80 w dick. 

Der Sphincter iridis ist nahe dem Pupillarrande 106 u dick, 
an der Vorder- und Hinterfläche je von einer dünnen Schicht pigmen- 
tirter Zellen bedeckt, bildet er hier ganz allein die Iris, Gefässe fehlen. 
Etwas dicker ist die Musculatur im Opereulum pupillare; hier ist der 
Sphincter nahe dem Rande etwa 240 u dick. 

Die periphere Grenze des Sphincters wurde bereits oben ange- 
geben, sie fällt zusammen mit der Grenzlinie, welche den glatten 
pupillaren vom peripheren Theil der Iris trennt. 

Der Dilatator iridis liegt als Schicht von durchschnittlich 
20 u Dicke der Hinterfläche der Iris an. Seine Fasern enthalten 
braunes Pigment in feinen Körnchen. Im Operculum pupillare ist er 
etwa 26 « dick und nimmt gegen die Peripherie auf 40 w zu. Sein 
peripheres Ende findet der Dilatator erst an der Iriswurzel. 

Trotz der grossen Unterschiede in der Dicke, die den Sphincter 
so sehr viel voluminöser erscheinen lassen als den Dilatator, ergiebt 
eine einfache Rechnung, dass das Volumen beider fast ganz gleich ist, 
wenn man die Mittelwerthe für die ganze Iris nimmt. Anders aller- 
dings stellt sich das Verhältniss, wenn man für die obere und untere 
Irishälfte die Rechnung getrennt ausführt, die Dimensionen beider Ab- 
schnitte sind zu ungleich als dass ein Mittelwerth aus beiden etwas 
anderes als eine abstracte rechnerische Grösse darstellen könnte. Für 
die obere Hälfte, also für das Operculum pupillare, ergiebt nun die 
Rechnung, dass der Dilatator hier ein bei weitem geringeres Volumen 
hat als der Sphincter, es verhält sich zu dem Volumen des Sphincters 


280 AUGUST PUTTER, 


wie 1:2,3. Unten dagegen ist umgekehrt der Dilatator stärker als 
der Sphincter, das Verhältniss beträgt hier 1:0,723, das Volumen 
des Sphincters beträgt also noch nicht */, von dem des Dilatators. 
Eine Erklärung dieses auffallenden Unterschiedes wird weiter unten 
versucht werden. 

Die Breite des Corpus ciliare von der Iriswurzel bis zur 
Linea terminalis retinae beträgt 3,5 mm. Die Ciliarfortsätze beginnen 
etwa 1 mm vor der Linea terminalis entfernt als ganz flache, glatte 
meridionale Fältchen und behalten diesen Habitus bis nahe an die 
Iriswurzel hin bei. Hier tritt plötzlich eine durchgreifende Aenderung 
im Bau der Fortsätze auf, es erheben sich, der Hinterfläche der Iris 
auf etwa 1 mm angewachsen, die Fortsätze zu einer Höhe von 3 mm, 
wovon 2 mm frei in das Lumen der hintern Augenkammer hinein- 
ragen. Die Breite des einzelnen Ciliarfortsatzes beträgt 0,7 mm, sie 
sind mit ungeheuer zahlreichen, stark gewundenen Fältchen besetzt. 
Die Anzahl der flachen, glatten meridionalen Fältchen im Ciliargürtel 
entspricht nicht der Anzahl der freien Ciliarfortsätze. Von diesen 
zählt man etwa 100, während die Zahl der kleinen Fältchen etwa 
260 beträgt; die Zählung ist nicht genau, sie wird häufig erschwert 
durch kleine secundäre Fältchen, die sich zwischen die grössern ein- 
schieben, und von denen man oft nicht weiss, ob man sie mitzählen 
soll oder nicht. 

Eine Ora serrata ist nicht vorhanden, die Retina wird durch 
eine glatte Linea terminalis gegen das Corpus ciliare begrenzt. 

Im Augengrunde ist die Retina 340 « dick. Es wurden Stücke 
aus dem obern und untern Bulbusabschnitt untersucht, die keine 
feststellbaren Abweichungen von einander zeigten. Die Schicht der 
Sehstäbchen ist nur 24 w dick, die einzelnen Stäbchen sind noch recht 
gut zu erkennen, wenn sie auch schon Zerfall in Reihen von Trôpt- 
chen zeigen. Zapfen wurden nicht gefunden. Die Dicke der Stäbchen 
beträgt etwa 3 u. Die Stäbchen stehen sehr dicht. Berechnet man 
ihre Gesammtzahl auf die Fläche der Retina, die 5000 qmm beträgt, 
so erhält man 557 Millionen. Die äussere Körnerschicht ist 160 w 
dick und besteht aus 31—32 Schichten von Kernen. Die Kerne sind 
rund und zeigen deutliche Kernkörperchen, ihr Durchmesser beträgt 
5 u. Die äussere reticuläre Schicht ist 30 « dick. Die innere Körner- 
schicht ist 30 w dick und besteht aus 4—5 Schichten von runden 
Kernen, die etwas grösser sind als die Kerne der äussern Körner- 
schicht, ihr Durchmesser beträgt etwa 6 «, sie enthalten deutliche 
Kernkörperchen. Die innere reticuläre Schicht ist 60 « dick, es liegen 


Die Augen der Wassersäugethiere. 281] 


in ihr einige wenige zerstreute Kerne, die den Mürter’schen Stütz- 
fasern angehören. Das Ganglion nervi optici ist 50 « dick, es 
besteht nur aus wenigen, weit von einander entfernt liegenden grossen 
Ganglienzellen. Zwischen diesen liegen die Kerne der Stützfasern in 
grösserer Anzahl, die Radialfasern selbst bilden ein weites Gitterwerk, 
die innere Begrenzung der Retina bildet eine feine Membrana limitans 
interna. Die Höhe der Ganglienzellen beträgt 30—40 u, ihre Breite 
(in der Fläche der Retina gemessen) 20—30 u. Die ovalen Kerne 
sind bei 10 w Länge 8 « breit und enthalten mehrere, bis zu 6 
Nucleolen. 


Die Retina zeigt feine, von der Papilla oder hier besser Ex - 
cavatio nervi optici ausgehende radiäre Gefässe, die noch in 
der Nähe des Aequators deutlich zu erkennen sind und deren gegen- 
seitiger Abstand etwa 1,3 mm beträgt, sie liegen in den äussern 
Partien des Ganglion optici und an der innern Grenze der innern reti- 
culären Schicht. 


Gegen die Linea terminalis retinae hin verschwinden zunächst die 
Ganglienzellen des Ganglion optici. Ihre Schicht wird dann nur noch 
von einem Gitterwerk der MüÜrrer’schen Stützfasern gebildet. Dann 
verwischt sich auch die Grenze zwischen innern und äussern Körnern 
und die Stäbchenschicht nimmt an Höhe ab. Der Abfall der Dicke 
der Retina an der Linea terminalis ist ein sehr plötzlicher, noch un- 
mittelbar hinter ihr ist die Retina 100 « dick, dann geht sie in das 
nur 40 u hohe Epithel der Pars ciliaris retinae über. 


Der Opticus tritt nicht im Augengrunde, sondern 6 mm über 
der Horizontalen im Mittelmeridian des Auges an den Bulbus. 


Der Durchmesser beträgt in der Horizontalen 6 mm, in der Verti- 
calen 4,8 mm. Der Querschnitt, welcher zur Untersuchung gelangte, 
lag 29 mm von der Papilla optiei entfernt. Der Opticus wird durch 
starke bindegewebige Septa in mehr oder weniger grosse Abschnitte 
getheilt, die meist annähernd keilförmig und mit ihren Spitzen gegen 
die Mitte des Opticus gerichtet sind. Innerhalb dieser grössern Ab- 
schnitte, deren man 7—12 zählen kann, sind die Opticusfasern von 
dünnen, bindegewebigen Scheiden umgeben, die ein Maschenwerk von 
fast runden oder polygonalen Maschen bilden. In jeder Masche liegt 
eine von ihrem Neurilemma umgebene Opticusfaser, deren Dicke 4 
bis 6 « beträgt. Die Rechnung ergiebt als Zahl für die Opticusfasern 
77000. Die Fläche der Retina beträgt 5000 qmm, so dass auf 1 qmm 
15,4 Opticusfasern im Durchschnitt entfallen. Auf jede Opticusfaser 


282 AUGUST PUTTER, 


kommen also, wenn man die oben angegebene Zahl fiir die Stabchen 
annimmt, nicht weniger als 7200 Stäbchen. 

Es wurde ein Versuch gemacht, zahlenmissig festzustellen, wie 
viel der verschiedenen Netzhautelemente auf 1 qmm Retina liegen. 

Für die Stäbchen ergiebt die Rechnung 143000. Die äussern 
Körner wurden nur mit 30 Schichten Zellen in Anschlag gebracht, 
in jeder derselben liegen, wie gezählt wurde, auf 200 mw immer 
35 Zellen, das ergiebt auf 1 qmm Retina 918700 äussere Körner. 
Die innern Körner bilden 4 Schichten und auf je 200 « kommen in 
jeder Schicht 30 Zellen, das ergiebt auf 1 qmm 90 000 innere Körner. 

Die Zahl der äussern Körnerzellen übertrifft also die der Stäbchen 
um mehr als das 6fache, eine Differenz, die weit ausserhalb der mög- 
lichen Fehler liegt. 

Die Opticussscheide hat 35 mm vom hintern Augenpol entfernt, 
wo sie abgeschnitten ist, schon eine erhebliche Stärke, sie misst hier 
in horizontaler Richtung 26,5, in verticaler 12,3 mm. Der Opticus 
liegt nicht in der Mitte der Scheide, sondern viel mehr temporal. Seine 
Ränder sind 14 bezw. 6 mm vom nasalen bezw. temporalen Rande 
der Scheide entfernt. Der Querschnitt zeigt, dass die Scheide aussen 
aus einer starken bindegewebigen Hülle besteht, innen aus einer 
grossen Menge von Gefässen, dem Geflecht der Ciliargefässe, die durch 
Bindegewebe von einander getrennt sind. Nach innen folgt wieder 
eine Bindegewebsmembran, die dann erst den Opticus mit seiner Dura- 
scheide umschliesst. Gegen den Bulbus nimmt die Scheide beträcht- 
lich an Umfang zu. Die eben beschriebenen Dimensionen behält sie 
bis zu einer Entfernung von 25 mm vom hintern Augenpol bei, von 
da an verbreitert sie sich kegelförmig, und die elliptische Fläche, mit 
der sie dem Bulbus aufsitzt, hat einen horizontalen Durchmesser von 
54 mm, einen verticalen von 35 mm. Der Plexus der Ciliargefässe 
dringt aber nicht auf dieser ganzen Fläche ein, sondern nur auf einem 
kleinen Theil. Zunächst in einem kreisförmigen Bezirk, in dem der 
Opticus liegt, dieser Bezirk hat 20 mm Durchmesser. Ferner liegen 
genau nasal und temporal vom Opticus, nasal 12, temporal 8 mm von 
ihm entfernt, zwei ovale Stellen, an denen der Plexus in die Sclera 
eindringt, allerdings nur sehr wenig tief, es ist nur jederseits eine 
napfförmige Vertiefung, die die Gefässe ausfüllen. 

Die Axe der Linse beträgt 13,5 mm, ihr Aequatorialdurchmesser 
16 mm. Vorder- und Hinterfläche sind sehr verschieden gestaltet. 
Die Höhe der Vorderfläche beträgt 5 mm, ihr Krümmungsradius 
8,9 mm, ihr Bogen 128°, sie ist also ziemlich flach und jeden Falls 


Die Augen der Wassersäugethiere. 283 


viel flacher als die Hinterfläche, die eine Halbkugel vom Radius 
8,5 mm darstellt. Die Linsensterne treten sehr deutlich hervor, sie 
sind sehr verschieden gestaltet, wie Fig. LL u. MM zeigen. 


oben Die Linsenkapsel ist eine 24 uw dicke 
homogene Membran. Auf Totalfärbungen 
mit Boraxkarmin (nach RaAgr) sieht man 
deutlich die Epithelgrenze. Sie liegt sehr 
erheblich hinter dem Aequator, doch 


nicht überall gleich weit, 2,5—3 mm 
hinter demselben. 


oben 


unfen 
Fig. LL. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN 
. 2/7 > YP à 
unte Vorderer Linsenstern. 2/1. 
Fig. LL. Fig. MM. Fig. MM. Hinterer Linsenstern. 2/1. 


Entwicklung des Auges von Hyperoodon 
rostratus (PONTOPPIDAN). 


Der Bulbus ist bei Embryo I und II viel kugliger als beim er- 
wachsenen Thier (III), bei dem er in der Richtung der Axe abgeplattet 
erscheint. Bei Embryo I beträgt des Verhältniss des Verticaldurch- 
messers zur Axe 1:1,2 und ebenso viel bei Embryo II, beim ausge- 
wachsenen Thier dagegen steigt es auf 1:1,5. 

Zur allgemeinen Orientirung über die Grössenzunahme des Bulbus 
mögen folgende Zahlen dienen: Setzt man die Bulbusaxe des Embryo I 
gleich 1, so beträgt die des Embryo II 3,6 und die von III 10,56. 
Der Verticaldurchmesser ist etwas stärker gewachsen, bei Embryo I 
zu 1 angenommen beträgt er bei II 3,589, also fast ebenso viel wie 
die Axe, bei III aber 13,16, also hier nicht unerheblich mehr als 
die Axe. 

Die Bulbusaxe setzt sich aus drei Abschnitten zusanımen, die in 
_ sehr verschiedner Weise an der Vergrösserung des Bulbus Theil nehmen. 
Die folgende Tabelle giebt unter 1 die Veränderungen, welche die 
Höhe der Cornea erleidet; 2 enthält die Werthe für die Höhe des 
Sulcus corneae und 3 jene für den Augengrund. Alle Werthe sind 
in Theilen der ganzen Bulbusaxe ausgedrückt. 


i 2 3 
Embryo I 1:4,9 1:4,45% „275 
Embryo-11771:545, ; 1:50 1214062 
IM EO} 0178.8 11216257 


284 AUGUST PUTTER, 


Es ist hieraus ersichtlich, dass die Héhe der Cornea ganz wesent- 
lich abnimmt, beim erwachsenen Thier beträgt ihre relative Höhe 
nicht mehr die Hälfte von der Höhe beim Embryo I. Auch der Sul- 
cus corneae wird im Lauf der Entwicklung flacher, auch er ist 
beim erwachsenen Thier nur etwa halb so hoch wie bei Embryo I. 
Embryo II stellt sowohl was die Höhe der Cornea als die des Sulcus 
corneae anlangt, ein Zwischenstadium vor. Ganz anders verhält sich 
der Augengrund, seine Tiefe nimmt mehr und mehr zu, bei III beträgt 
sie das 1,39fache dessen bei Embryo I. 


Der Abnahme der Höhe der Cornea geht eine Verkleinerung ihres 
Bogens parallel. Während er bei den Embryonen in verticaler Rich- 
tung etwa 120° beträgt, misst er beim erwachsenen Thier nur 73°. 
In horizontaler Richtung ist er noch geringer, beim Embryo II 85°, 
bei III nur 59°. 

Auch der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt, 
wird im Laufe der Entwicklung kleiner. Das Verhältniss des Corneal- 
durchmessers zum Scleraldurchmesser beträgt bei Embryo I in verti- 
caler Richtung 1 : 1,685, bei Embryo II 1: 1,747 und bei II 1: 2,694; 
in horizontaler Richtung ist die Reduction nicht so erheblich, bei 
Embryo II beträgt das Verhältniss 1:1,355, bei III 1 : 2,387. 


Beim jüngsten Embryo ist der Krümmungsradius der Cornea 
kürzer als der der Sclera, die Cornea ist stärker gewölbt, bei Em- 
bryo II ist der horizontale Kriimmungshalbmesser der Hornhaut gleich 
dem der Sclera, in verticaler Richtung ist die Cornea noch etwas 
stärker gewölbt als die Sclera, und dieses Verhältniss bleibt (im verti- 
calen Meridian) auch beim erwachsenen Thier bestehen, dagegen ist 
im horizontalen bei III die Cornea viel flacher als die Sclera. 


Die Dickenverhältnisse der Cornea erleiden im Lauf der Ent- 
wicklung bedeutende Veränderungen. Beim Embryo I ist der Scheitel 
die dickste Stelle der Cornea, er ist doppelt so dick wie der Rand. | 
Dieses Verhältniss ändert sich schon bei Embryo II. Hier übertrifft 
die Randdicke die Dicke des Scheitels um das 3,1fache, und noch er- 
heblicher ist das Verhältniss bei III, wo die Randdicke das 3—5fache, 
im Mittel etwa das 3,8fache der Scheiteldicke beträgt. Durch diese 
Zahlen erhalten wir aber noch kein Bild von dem Dickenwachsthum 
der Cornea im Verhältniss zum ganzen Auge. Um dieses darzustellen, 
drücken wir alle Dickenmaasse in Theilen der entsprechenden Bulbus- 
axen aus. Die folgende Tabelle enthält unter 1 die Randdicke der 
Cornea, unter 2 ihre Scheiteldicke. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 


bo 
we 
Or 


Stadium 1 9 
I £2245 be 12.25 
HA 1.5126 1:39.16 
III 1:116 1:440 


Es ist hieraus ersichtlich, dass der Scheitel bei Embryo I am 
relativ dicksten ist und bei IlI nicht einmal mehr ein Drittel der ur- 
sprünglichen relativen Dicke aufweist. Die Dicke des Randes nimmt 
von Embryo I auf Embryo II fast um das Doppelte zu, dann steigt 
sie nicht mehr erheblich. Der grosse Unterschied zwischen Rand- und 
Scheiteldicke beim erwachsenen Thier kommt viel mehr durch eine 
Verdünnung des Corneascheitels als durch eine Verdickung des Randes 
zu Stande. Der Rand wird etwa halb so dünn angelegt, wie er beim 
erwachsenen Thier ist, der Scheitel dagegen 3mal so dick wie beim 
Erwachsenen. 


Um die Dickenverhältnisse der Sclera übersichtlich darzustellen, 
drücken wir ihre Dicke in Theilen der entsprechenden Bulbusaxen aus 
und betrachten drei Bezirke getrennt: den Sulcus corneae (1 der 
Tabelle), den Aequator (2 der Tabelle) und den Augengrund (3 der 


Tabelle). 
Stadium 1 2 


[9] 
I 1:49,0 1: 49,0 1:3 
rT 1:30.0 120.0 al 

III 12292 1:4,781) 1:3,05 

Betrachtet man gleichzeitig noch die vorige Tabelle, so ergiebt 
sich, dass beim Embryo I die Sclera durchgängig dünner ist als die 
Cornea. Bei Embryo II sind die Randdicke der Cornea und die 
grösste Dicke der Sclera einander etwa gleich. Beim erwachsenen 
Thier ist von der Sclera nur noch der Suleus corneae dünner als die 
Randpartie der Cornea. 

Mächtig wächst die Sclera im Augengrunde, hier ist sie bei III 
nicht weniger als 10,6mal so dick wie bei I. Im Aequator ist das 
Dickenwachsthum sehr ungleichmässig nach den verschiedenen Rich- 
tungen hin, am stärksten nach oben, hier ist die Sclera beim Er- 
wachsenen 1:3,64 der Augenaxe, was einem Dickenwachthum von 
13,5 entspricht, also noch beträchtlich mehr als der Augengrund. Die 
dünnste Stelle des Aequators liegt nach unten (und innen), wo die 
Dicke nur 1: 10 der Bulbusaxe beträgt, das Wachsthum also nur 4,9. 


1) Diese Zahl giebt nur einen Mittelwerth (s. u.). 


286 AUGUST PUTTER, 


Wahrend Aequator und Augengrund in der ganzen Entwicklung 
eine fortdauernde Verdickung erfahren, zeigt der Sulcus corneae ein 
anderes Verhalten, er erreicht seine grösste relative Dicke bei Em- 
bryo II, von da an verdünnt er sich wieder. 

Die Iris ist auf allen Entwicklungsstadien oben viel breiter als 
unten, bei II sieht man die bohnenförmige Gestalt der Pupille, die: 
durch die Ausbildung des Operculum pupillare hervorgerufen 
wird, schon sehr deutlich. Die relative Breite der Iris nimmt sehr 
bedeutend zu, sie ist beim erwachsenen Thier etwa 4mal so bedeutend 
als bei Embryo I. Dagegen nimmt die Dicke relativ sehr erheblich 
ab, sie beträgt beim erwachsenen Thier an der Wurzel nur !/, der 
relativen Dicke bei Embryo I. Ueber diese Verhältnisse unterrichtet 
die folgende Tabelle, in der unter 1 die Breite der Iris oben, unter 2 
die Breite unten gegeben sind, beide ausgedrückt in Theilen des verti- 
calen Cornealdurchmessers; 3 giebt die Dicke der Iriswurzel, 4 die 
des Pupillarrandes in Theilen der entsprechenden Bulbusaxen. 


Stadium ] 2 3 4 
I SAS 0 Mis dG 41.045 1:49 
Il 12.869 12:40 12:778:943 


III 14:2.23° 172,597 71214667900 
Wir sahen vorher, dass die Cornea eine relative Verkleinerung 
im Lauf der Entwicklung erleidet, es liegt also die Annahme nahe, 
dass es nicht so sehr ein stärkeres Wachsthum der Iris als vielmehr 
die Verkleinerung der Cornea sei, durch die nur ein starkes Breiten- 
wachsthum der Iris vorgetäuscht würde. Das ist aber nicht der Fall. 
Die folgende Tabelle giebt unter 1 das Wachsthum des verticalen 
Bulbusdurchmessers, unter 2 das des verticalen Cornealdurchmessers, 
unter 3 das Wachsthum der Iris oben und unter 4 dasselbe unten, 
alle bezogen auf Embryo I als Einheit. 
Stadium 1 2 3 4 

I 1,0 1,0 1,0 1.0 

II 2.589 . 9462, 106.6109 

IIT 23.16 8.235. ,1,824824,596.64 


Man ersieht hieraus ohne weiteres, dass die Cornea hinter dem 
Wachsthum des verticalen Bulbusdurchmessers zurückbleibt, die Iris 
aber dasselbe ganz bedeutend übertrifft. 


Der Sphincter iridis ist bei Embryo II schon in einer Dicke 


1) Mittlere Dicke der Iris. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 287 


von 40 u angelegt, ein Dilatator dagegen noch nicht zu erkennen. 
Beim erwachsenen Thier ist der Sphincter 2,55mal so dick wie bei II. 
Diese Dickenzunahme entspricht ungefähr dem Wachsthum der Bulbus- 
axe, das von II auf III 2,93 beträgt. Dagegen geht, wie auf der vorigen 
Tabelle ersichtlich (3 und 4), die Dicke der Iris ungemein zurück. Wir 
sehen also, dass es wesentlich das Stroma iridis ist, das im Lauf der 
Entwicklung reducirt wird, die Gefässe sind auch beim Erwachsenen 
gut ausgebildet, und die Muskeln erfahren keine Reduction, sie bilden 
ja beim erwachsenen Thier einen breiten Ring um die Pupille fast 
ganz allein. 
Sehr interessant ist der Verlauf der Entwicklung beim Corpus 
ciliare. Die folgende Tabelle giebt unter 
1 das Verhältniss der Breite des Corpus ciliare zur Axe des 
Bulbus, unter 
2 das Verhältniss der Höhe der Ciliarfortsätze zum Vertical- 
durchmesser des Bulbus. 


Stadium 1 2 
I i = 56,53 1229.94 
Il 12125 12.19 
LEE 1126 1522 


Man ersieht hieraus, dass die Breite des Ciliarkérpers andauernd 
abnimmt, sie beträgt beim Erwachsenen nur etwa die Hälfte der 
Breite beim Embryo I. Anders die Höhe der Ciliarfortsätze. Sie 
nimmt von Embryo I zu II relativ nicht unbeträchtlich zu. Trotzdem 
wird das Verhältniss zur Linse schon bei II ein anderes. Bei I er- 
reichten die vordern Ecken der Ciliarfortsätze den Linsenäquator, bei 
II könnte höchstens noch in der Verticalen eine Berührung stattfinden 
(was nicht sicher zu beobachten war), in der Horizontalen aber er- 
reichen sie die Linse nicht mehr, trotz ihrer Vergrösserung. Von nun 
an findet wieder eine Reduction der Processus statt, so dass ihre re- 
lative Höhe beim erwachsenen Thier etwa ebenso viel beträgt wie beim 
Embryo I (etwas mehr). 

Am Stratum pigmenti retinae ist die Erscheinung zu con- 
statiren, dass die Reduction des Pigments, das bei I noch in reich- 
licher Menge vorhanden ist, von einem bestimmten Bezirk beginnt, der 
oben und aussen im Bulbus liegt. Bei II ist nur noch im untern 
Bulbustheil ein grösserer Bezirk pigmenthaltig, der in geringerer Aus- 
dehnung auch beim erwachsenen Thier bestehen bleibt. 


288 AUGUST PUTTER, 


Die relative Dicke des Innenblatts der Retina nimmt sehr 
beträchtlich ab, bei I beträgt sie 1:23,8 der Bulbusaxe, bei III 1:129. 
Der auffallende Unterschied in der Entwicklung des obern und untern 
Theils der Retina, den man bei Embryo I findet, verschwindet beim 
erwachsenen Thier. 

Die Stelle an der der Nervus opticus an den Bulbus heran- 
tritt, wandert in der Entwicklung. Bei I tritt er nasal von der Median- 
ebene des Auges und yon oben an den Bulbus. Bei II ist er in die 
Medianebene gerückt, seine Eintrittsstelle liegt aber noch erheblich 
über dem hintern Augenpol, 1:4,5 des Bulbusdurchmessers. Beim 
erwachsenen Thier ist er zwar auch noch etwas über der Horizontalen, 
doch beträgt der Abstand nur 1:11 des verticalen Bulbusdurchmessers. 
Die mächtige Opticusscheide, die das Geflecht der Ciliargefässe ent- 
hält, ist schon bei I sehr stark entwickelt, ihre grösste Dicke verhält 
sich zum Bulbusdurchmesser wie 1:2,35, bei II wie 1:2 und bei III 
hat sie so an Dicke zugenommen, dass das Verhältniss 1: 1,22 beträgt. 

Die Linse verkleinert sich relativ im Lauf der Entwicklung, 
doch ist die Grössenabnahme nicht erheblich. Die Zahlen wurden für 
die Dimensionen des Bulbusinnenraums berechnet. Unter 

1 der Tabelle ist die Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe, unter 

2 der Durchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers angegeben. 


Stadium 1 2 
I 1721588 17219 
II 1 : 2,08 1 : 2,44 
III 194148005310 


Die Epithelgrenze der Linse liegt schon bei Embryo I auf der 
Hinterfläche der Linse wie auch beim erwachsenen Thier. 


5. Vergleichung der Dendicetenaugen. 

Die relative Grösse der Augen ist unter den Zahnwalen recht 
verschieden. Nimmt man als Maass für dieselbe das Verhältniss des 
mittlern Bulbusdurchmessers zur directen Körperlänge des Thieres, so 
beträgt dieses für 

Phocaena communis 1.48 
Delphinapterus leucas 1: 87 
Hyperoodon rostratus 1: 101 

Sehr viel grösser sind relativ die Augen der Embryonen, wie die 

folgende Zusammenstellung zeigt: 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 289 


Delphinus sp. 8,9 cm 
Phocaena communis 


i 

1 
| 53,0 „ 1:42 
Delphinapterus leucas 25,0 ,, 1 
Maar 1 
155,0 „ 1:28 

In der Gestalt des Bulbus zeigt Phocaena keine starke Ab- 
weichung von der Kugelform, recht erheblich ist dieselbe aber bei den 
andern Formen, wie die folgenden Proportionen lehren, die das Ver- 
hältniss der Axe zum mittlern Durchmesser geben. Dasselbe be- 
trägt für 


Hyperoodon rostratus 


Phocaena 11,182 
Delphinapterus 1: 1,489 
Hyperoodon 171991 
Sehr charakteristisch sind die Unterschiede, die die einzelnen 
Theile der Bulbusaxe zeigen. Die Höhe der Cornea wird bei den 
grossen Formen im Vergleich zu Phocaena verringert, und ebenso, ja 
sogar noch erheblich stärker, die des Sulcus corneae. Dagegen 
wächst der Antheil, den der Augengrund am Aufbau des Bulbus nimmt. 
Die folgende Tabelle giebt unter 
1 die Höhe der Cornea, unter 
2 die des Sulcus corneae und unter 
3 die des Augengrundes, alle ausgedrückt in Theilen der innern 
Axe. 


1 2 3 
Phocaena 1260 718266 71:219 
Delphinapterus 1:6,44 1:4,46 1:1,61 
Hyperoodon 1:90, 1:52, 121,88 
Die Sclera ist bei den Zahnwalen im Bereich des Sulcus corneae 
bei weitem am dünnsten, im Aequator ist ihre Dicke schon sehr er- 
heblich und nimmt dann gegen die Opticusscheide hin noch mehr zu. 
Auffallend ist bei Hyperoodon der grosse Unterschied der Dicke der 
Sclera im obern und untern Bulbustheil, oben ist sie beinahe dreimal 
so dick wie unten. Die folgende Tabelle giebt unter 
1 die Dicke im Sulcus corneae, unter 
2 die im Aequator und unter 
5 die im Augengrunde. 


Alle Werthe sind in Theilen der äussern Augenaxe ausgedrückt. 
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 19 


290 AUGUST PUTTER, 


Bei Hyperoodon ist unter 2 mit o die Dicke im obern, mit u die 
im untern Bulbusabschnitt bezeichnet. 


1 2 3 
Phocaena 14993 1241 17,83 
Delphinapterus 1:354 1:4 1:3 
Hyperoodon 1:352 ° ae 13 
el) 


Wie man sieht, ist die Sclera bei Phocaena relativ am dünnsten, 
bei den beiden andern (grossen) Formen fast gleich dick. 

Dass die Höhe der Cornea nur gering ist, wurde schon erwähnt, 
auch der Antheil, den sie am Aufbau des Bulbus nimmt, ist bei den 
grossen Formen ziemlich gering, am grössten noch bei Phocaena. Sehr 
bedeutend ist durchgängig die Dicke der Hornhaut, und typisch tritt 
eine erhebliche Verdickung des Randes gegenüber dem Corneascheitel 
zu Tage. Diese Randverdickung ist relativ am bedeutendsten bei 
Delphinapterus, sie beträgt hier etwa das Siebenfache der Scheiteldicke. 

Ueber die Grössenverhältnisse der Cornea mag die folgende 
Tabelle die nötigen Daten geben. Unter 

1 ist das Verhältniss des Corneal- zum Scleraldurchmesser in 

verticaler Richtung gegeben, unter 

2 derselbe Werth für den horizontalen Meridian, 

3 enthält den Werth für die Dicke des Cornearandes und 

4 für den Corneascheitel, beide ausgedrückt in Theilen der Bulbus- 

axe. 
1 2 3 4 
Phocaena LE 1.85) 12 1:67. 72.294097 son 
Delphinapterus 1:3,14 1:2,73 1:92 1:13,1 
Hyperoodon 132,69 Sal 2.39" 712447779210 

Die Chorioidea ist ungemein stark entwickelt, am wenigsten 
noch bei Phocaena, bei der sie relativ nur !/, der Dicke hat, die 
Hyperoodon aufweist. Die Tabelle giebt unter 

1 die Dicke der ganzen Chorioidea, unter 

2 die Dicke des Tapetum lucidum, beide ausgedriickt in Theilen 

der ganzen Bulbusaxe. 
1 2 
Phocaena 1:69 13157 
Delphinapterus 14:19 476 
Hyperoodon 1:14 his 786 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 2 


bo 


JL 


Auch das Tapetum zeigt grosse Schwankungen in seiner rela- 
tiven Dicke, es ist bei Delphinapterus mehr als doppelt so dick wie 
bei Phocaena. Die Gefässe, welche das Tapetum durchbohren, sind 
durchweg Capillaren von sehr beträchtlicher Dicke, bei Phocaena 
20—25 u dick, bei den grossen Formen etwa 30 u. 

Als äusserst charakteristisch für die Ordnung kann die Form der 
Pupille bezeichnet werden, die stets bohnenförmig ist, indem der 
obere Rand der Iris mit starker Convexität in sie hineinragt. Diesen 
Theil der Iris kann man als Operculum pupillare bezeichnen, er 
besteht fast ausschliesslich aus Muskeln. 


Am Aufbau der Iris nimmt die Musculatur einen sehr bedeutenden 
Antheil, der Sphincter pupillae ist wesentlich auf einen ziemlich 
breiten, die Pupille umgebenden Ring beschränkt, während der Dila- 
tator die ganze Iris bis zum ciliaren Rande durchzieht. Die Gefässe 
sind dem sehr dünnen Stroma iridis vorgelagert und ragen oft 
mit freien Schlingen in die vordere Kammer hinein. 

Die Ciliarfortsätze sind in allen Zahnwalaugen schwach ent- 
wickelt, am stärksten bei Phocaena, am schwächsten bei Hyperoodon, 
was man aus der folgenden Zusammenstellung ersieht, in der unter 1 
die Länge der Ciliarfortsätze in Theilen der innern Augenaxe, unter 
2 ihre Höhe in Theilen des innern Bulbusdurchmessers angegeben ist. 

1 2 
Phocaena Tao 1213 
Hyperoodon codes 1:23 
Delphinapterus 1,12 tool 

Die Retina bietet recht erhebliche Verschiedenheiten bei den 
Zahnwalen, schon was einfach die relative Dicke anlangt. In Theilen 
der innern Augenaxe beträgt diese bei Phocaena 1:96, bei Hypero- 
odon 1:85, bei Delphinapterus ist sie am bedeutendsten und beträgt 
1:70. Auch die Länge der Stäbchen ist grossen Schwankungen unter- 
worfen: während sie bei Phocaena 20 u, bei Hyperoodon 24 u beträgt, 
hat Delphinapterus Sehstäbchen von 40 u Länge. 

Alle Zahnwale zeigen in scharf ausgeprägter Weise das Ueber- 
wiegen der Anzahl der äussern Körnerzellen über die Anzahl der 
Stäbchen auf die gleiche Fläche der Retina. Bei Phocaena liegen auf 
1 qmm etwa Tmal soviel äussere Körnerzellen wie Sehstäbchen, bei 
Delphinapterus etwa Smal soviel und bei Hyperoodon 6mal so viel. 

Die Anzahl der Fasern des Nervus opticus, die auf 1 qmm 
Retina entfallen, ist bei Phocaen« und Delphinapterus mit 29 bezw. 

Lor 


292 AUGUST PUTTER, 


28 fast doppelt so gross wie bei Hyperoodon, bei dem nur 15 Fasern 
auf 1 qmm entfallen. 

Die Linse ist im Verhältniss zur Grösse des ganzen Bulbus 
ziemlich gleich gross in allen Zahnwalaugen. Das Verhältniss der 
Axe zur innern Augenaxe schwankt zwischen 1:2,15 (Hyperoodon) 
und 1:2,53 (Phocaena), das des Durchmessers zum innern Bulbus- 
durchmesser zwischen 1:2,62 (Phocaena) und 1:3,125 (Delphinapterus). 

Im Verhältniss zur Grösse der Cornea sind die Linsen von 
Phocaena und Hyperoodon fast gleich gross, Delphinapterus dagegen 
hat bei dieser Art der Berechnung eine nicht unbeträchtliche grössere 
Linse. 


Anhang. 


Ein neues Sinnesorgan im Auge der Denticeten. 


Es muss hier die Beschreibung eines höchst eigenthümlichen 
Sinnesorgans folgen, das sich bei Denticeten innerhalb des Auges 
findet. Die Beschreibung bezieht sich auf Hyperoodon rostratus. 

Etwa 1,7 mm hinter dem Iriswinkel findet es sich im untern 
Theil des Bulbus. Es liegt nicht genau im verticalen Meridian, aber 
doch in unmittelbarer Nähe desselben. Leider kann ich nicht sicher 
angeben, ob es nasal oder temporal von der Mittelebene liegt, da das 
Präparat, in welchem es enthalten war, nur zum Zweck der Unter- 
suchung des Corpus ciliare dem Bulbus entnommen war und deshalb 
nicht genau die Stelle notirt wurde, von der es herstammte. 

Der perichorioide Lymphraum ist im untern Theil des Bulbus, 
wie schon oben beschrieben wurde, mächtig erweitert. Das Sinnes- 
organ liegt nun nicht in dem geräumigsten Abschnitt des Lymph- 
raums, sondern an seiner vordern Grenze. Die Iriswurzel setzt in 
einer Breite von 1,7 mm an die Sclera an, und direct hinter diesem 
Ansatz liegt das Organ. Es liegt zwischen der Lamina vasculosa 
chorioideae, der bindegewebigen Iriswurzel und den Lamellen des peri- 
chorioiden Lymphraums, die viele Lymphgerinnsel zwischen sich ent- 
halten (s. Taf. 4, Fig. 23). Ueber die Form des ganzen Organs lässt 
sich schwer etwas aussagen. Auf Querschnitten (meridionalen Schnitten) 
erscheint es wie ein zusammengefaltetes Blatt (s. Taf. 4, Fig. 23). 

Eine nähere Untersuchung lehrt, dass dieses Blatt doppelt ist, 
ganz wie die Retina, und dass die äussere Schicht aus nur einer ein- 
zigen Lage sehr dünner, platter Zellen besteht, ähnlich wie das Aussen- 


Die Augen der Wassersäugethiere. 993 


di 


blatt der Retina, während die innere Schicht eine starke Ausbildung 
erfahren hat, ganz wie die Pars optica retinae. 

Es scheint, dass sich die Gestalt des Organs noch am besten mit 
einer lang gestreckten Gastrula vergleichen lässt, die Bezeichnung 
„becherförmig“, wie man sie für die secundäre Augenblase braucht, 
ist nicht angängig wegen der flachen und lang gestreckten Form des 
Organs. Den Vergleich mit der Gastrula rechtfertigt, wie unten ge- 
zeigt werden wird, auch die Entwicklungsgeschichte. 

Was nun den Bau des nervösen Theils betrifft, so lassen sich die 
einzelnen Schichten desselben mit den Schichten der Retina homo- 
logisiren. Man muss hierbei von den nervösen Endapparaten, dem 
Sinnesepithel, ausgehen. 

Die Richtung aller Elemente in dem neuen Organ ist umge- 
kehrt wie die im Auge, das Sinnesepithel ist in ihm nach innen 
gerichtet, bei der Retina nach aussen. Die Ganglienzellenschicht, 
welche den Stäbchen zunächst liegt, entspricht der äussern Körner- 
schicht, die weiter nach aussen gelegene Ganglienschicht dagegen 
der innern Körnerschicht der Retina. 

Die Bezeichnungen „äussere“ und „innere“ Körnerschicht ent- 
sprechen also im neuen Sinnesorgan nicht den topographischen Ver- 
hältnissen, trotzdem glaube ich, sie wegen der offenbaren Homologie 
mit der Retina beibehalten zu sollen. 

Die Gesammtdicke der nervösen Schicht des „Innenblatts“, be- 
trägt 110—120 u. Hiervon entfallen auf die Schicht des Sinnes- 
epithels etwa 40 u. Die einzelnen Elemente sind sehr gut erhalten, 
während, wie oben beschrieben, die Stäbchen der Retina aus dem- 
selben Auge in Tröpfchen zerfallen waren. Man muss hieraus wohl 
den Schluss ziehen, dass die Stäbchen des neuen Sinnesorgans aus 
weniger labilen chemischen Stoffen bestehen als die der Retina, was 
für die Beurtheilung ihrer Function von Bedeutung ist. Auf das 
Sinnesepithel folgt die Schicht der „äussern“ Kürnerzellen. Sie be- 
steht aus 4—5 über einander liegenden Reihen von Kernen und hat 
eine Dicke von etwa 25 u. Die Kerne sind rund und haben einen 
Durchmesser von 5--6 u, sie liegen sehr dicht, und sowohl die Schichten 
über einander wie auch die Zeilen senkrecht zur Flächenausdehnung 
treten sehr deutlich hervor (s. Taf. 4, Fig. 24). 

Eine dünne „äussere“ reticuläre Schicht trennt die „äussere“ von 
der „innern“ Körnerschicht. Diese letztere stellt keine fortlaufende 
Zellenschicht dar, sie besteht nur aus einer Lage Zellen, die oft durch 
grössere Zwischenräume unterbrochen ist. 


294 AUGUST PUTTER, 


Die Dicke der äussern reticulären Schicht beträgt etwa 10 u, der 
Durchmesser der runden Kerne der innern Körnerschicht 6—8 u. 

Auf die innere Körnerschicht folgt die innere granulirte Schicht 
von 20—30 u Dicke. 

Weitere Schichten sind nicht vorhanden, ein Homologon des 
Ganglion nervi optici fehlt vollständig. 

Das „Aussenblatt“ des Sinnesorgans ist stellenweise als eine Schicht 
platter Zellen zu erkennen. Die eine Umschlagsstelle des Innenblatts 
in das Aussenblatt ist als solche zu erkennen, nicht aber die andere, 
die etwas zerrissen ist. 

Besondere Erwähnung verdient noch das Sinnesepithel, da seine 
Elemente eine Form zeigen, die durchaus von der der Netzhautstäbchen 
abweicht. Leider waren die Schnitte viel zu dick, um erschöpfende 
Untersuchungen dieser feinen Elemente zu gestatten, so dass die Be- 
obachtungen sehr lückenhaft sind. Es lässt sich nicht einmal mit 
Sicherheit entscheiden, ob alle Elemente gleichmässig gebaut sind oder 
ob zwei verschiedene Typen vorkommen. 

Sicher ist Folgendes: Von der Grenzschicht des Sinnesepithels 
gegen die äussere Körnerschicht (ob eine Membrana limitans vor- 
handen ist, bleibt ungewiss) erheben sich stäbchenförmige Gebilde von 
3,33 u Breite sehr dicht gedrängt zu 10—12 u Höhe. Am entgegen- 
gesetzten Rande des Sinnesepithels, also nach dem Innenraum des 
Organs zu, sieht man in verschiedener Höhe eine grosse Anzahl ,,End- 

knöpfchen“. Ihr Durchmesser beträgt 6 u, 
gegen den proximalen Theil des Sinnesepi- 
thels sind sie tropfenförmig ausgezogen, und 
diese Ausläufer gehen in je einen dünnen 
| | Faden über. 
Fig. NN. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN. 
re Elemente der Sinnesschicht des neuen Sinnesorgans der 


Denticeten. Schema. 500 : 1. Buchstabenerklärung im 
Text. 


a base 


Zwischen den stäbchenförmigen Basalstiicken und den tropfen- 
förmigen Endknöpfchen sieht man spindelförmige Gebilde von 16 u 
Länge und etwa 2 w Breite, die proximal wie distal in dünne Fäden 
auslaufen. Nur in distaler Richtung zeigen diese Fäden öfters eine 
Länge von einigen wu, in proximaler dagegen erscheinen sie nur als 
kurze Spitzen. 

In welcher Weise diese drei Theile: stäbchenförmige Basalstücke, 
spindelförmige Mittelstücke und tropfen- oder birnförmige Endstücke 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 295 


sich verbinden, war nirgends mit voller Sicherheit zu sehen. Enthält 
das Sinnesepithel nur eine Sorte von Endelementen, so kann ihre 
Form wohl nur die sein, wie sie Fig. NN in a zeigt; sind dagegen zwei 
verschiedene Elemente vorhanden, so sind Formen wie sie b und ¢ 
zeigen, möglich. Nach den Umschlagsstellen hin nimmt die Sinnes- 
schicht an Höhe ab, sie ist dort nur 28—30 « hoch. Die spindel- 
förmigen Mittelstücke -sind hier nicht zu erkennen, auch sind die End- 
knöpfchen nicht in so dünne Fäden ausgezogen wie im Fundus des 
Organs. Handelt es sich hier nur um einen Typus von Endorganen, 
muss er die Form d (Fig. NN) haben, sind dagegen zwei Typen vor- 
handen, so würde noch die Form e (Fig. NN) hinzukommen. 

Berechnet man die Zahl der Ganglienzellen, welche in der „äussern“ 
Körnerschicht auf 1 qmm Fläche liegen würden, so ergiebt sich ihre 
Zahl zu etwas über 100000, während sich die Zahl der Endelemente 
auf dieselbe Fläche zu 91000 berechnet, also fast dieselbe Zahl, die 
Differenz liegt innerhalb der Fehlergrenzen der Rechnung. Während 
also in der Retina von Hyperoodon die Zahl ‘der äussern Körnerzellen 
jene der Stäbchen um das Mehrfache übertrifft, sind die beiden 
Werthe in dem neuen Organ einander annähernd gleich. 

Auf den untersuchten Schnitten war das Organ nicht vollständig 
vorhanden, und es gelang auch nicht, den fehlenden Theil aufzufinden. 
Dieser Theil aber hätte Aufschluss über die Art der Innervation 
gegeben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese nicht vom Opticus 
aus erfolgt, es spricht hierfür schon das Fehlen des Ganglion 
nervi optici in dem neuen Organ. Vielleicht erfolgt die Inner- 
vation durch Ciliarnerven. 

Es mag dahingestellt bleiben, ob dieser eine Befund hinreicht, um 
den Nachweis zu erbringen, dass thatsächlich ein neues Sinnes- 
organ bei den Denticeten vorhanden ist, bei Phocaena und Delphin- 
apterus habe ich dasselbe bei erwachsenen Thieren bis jetzt noch nicht 
gefunden, was aber bei der Kleinheit des Objects kein Wunder ist, 
zumal da ich keine Zeit fand, die ganzen, ziemlich bedeutenden Strecken 
der Bulbi, in denen das Organ gesucht werden kann, in Serien zu 
zerlegen, auf denen es dann sicher gefunden werden müsste, 

Zum Glück kann ein anderer Beweis dafür erbracht werden, dass 
es sich hier nicht um eine „zufällige“ oder pathologische Bildung 
handelt, sondern dass ein bisher unbekanntes normales Gebilde 
vorliegt: der Nachweis durch die Entwicklungsgeschichte. 

Bei allen 4 Weisswal-Embryonen, von 20—30 cm Länge, die 
ich untersuchte, konnte mehr oder weniger vollständig die Anlage 


296 AUGUST PUTTER, 


des neuen Organs nachgewiesen werden. Das Bild, welches am klarsten 
die Verhältnisse zeigt, ist etwas schematisirt in der Fig. OO wieder- 
gegeben. 

Die Sclera zeigt im untern nasalen Theil des Bulbus eine Vor- 
wölbung, von innen betrachtet einen „Recessus sclerae“, der 
dicht hinter dem Cornealrande beginnt und in meridionaler Richtung 
etwas über 1,1 mm nach hinten reicht. Im Bereich dieser Ausbuchtung 
ist die Sclera dünner als in der Umgebung. Sie misst nur 68 u, 
während sie im Uebrigen im prääquatorialen Segment des Bulbus 85 u, 
im Augengrund sogar 153 u dick ist. 


unten 


LAR. 
GM. 
2. 


Fig. OO. Delphinapterus leucas (PALLAS). Embryo von ca. 25 em Länge. 25:1. 
Meridionaler Schnitt durch den nasalen untern Bulbustheil, die Ausstülpung der 
Retina zeigend. 


In den Recessus sclerae ragt eine Ausstülpung der Retina 
hinein. Es betheiligen sich an ihr beide Blätter der Netzhaut. Das 
Pigmentblatt liegt der Sclera direct an, das Innenblatt ist wohl nur 


Die Augen der Wassersäugethiere. 297 


durch Schrumpfung vom Aussenblatt getrennt; wie man aus Fig. OO 
ersieht, würde es sich seiner Form nach gleichfalls der Wölbung des 
Recessus sclerae anschmiegen können. 

Hinter der Grenze der Ciliarfortsätze reicht das Innenblatt noch 
eine Strecke weit als einfache Zellenschicht nach hinten. An der 
Stelle, an der die Pars optica retinae beginnt, an der Linea terminalis 
retinae also, liegt nun die erwähnte Ausstülpung der Netzhaut. 

Sie hat die Form eines Ovals, dessen grosse Axe der Bulbusaxe 
parallel steht. Die Länge dieser grossen Axe beträgt etwa 900 u. 

Die Wand dieser ausgestülpten Blase ist 170 « dick, d. h. etwas 
dünner als die Retina, die im Augengrund 215 w dick ist. Sie lässt, 
wie die Retina, eine äussere, stärker gefärbte „äussere Körnerschicht“ 
erkennen, in der die Kerne dichter liegen als in der weniger intensiv 
gefärbten „innern Körnerschicht‘“. 

Bei einem andern Embryo konnte an beiden Augen der Reces- 
sus sclerae nachgewiesen werden und ebenso die Ausstülpung der 
Retina. Der Recessus ist hier viel vollständiger von dem übrigen 
Bulbusraum getrennt als bei dem zuerst beschriebenen Embryo. 

Er liegt auch hier im untern nasalen Theil des Bulbus und be- 
ginnt als flache Einsenkung, wird dann tiefer und findet schliesslich 
seinen Abschluss in einem sackförmigen Endstück, dessen Axe gegen 
die Sclera einen sehr spitzen Winkel bildet. 

Der Recessus fand sich auch bei dem grössern Embryo (III, im 
speciellen Theil S. 254), bei dem die Retina ganz zerfallen war. 

Er liegt unten nasal, sein vorderer Rand ist 0,6 mm vom Corneal- 
rande entfernt, seine Ausdehnung beträgt in meridionaler Richtung 
2,5 mm, in äquatorialer 4 mm. Auch hier ist er gegenüber der 
übrigen Sclera verdünnt. 

Endlich bleibt noch ein Embryo zu erwähnen, dessen Bulbus in 
Aequatorialschnitte zerlegt war. Auch dieser zeigte die Ausbuchtung 
der Sclera und die Ausstülpung der Retina. Schnitte, welche die 
Processus ciliares trafen, zeigten ausserhalb derselben, im Recessus 
sclerae den ausgestülpten Theil der Retina, Innenblatt sowohl wie 
Stratum pigmenti. 

Das sind wohl Thatsachen genug, um zu beweisen, dass es sich 
hier um ein normales Gebilde handelt. 

Die erste Frage ist nun die: wie kommt es, dass beim erwachsenen 
Thier die Schicht der nervösen Endapparate nach innen liegt, während 
die Retinaausstülpung der Embryonen die Endapparate auf ihrer 
Aussenfläche tragen müsste ? 


298 AUGUST PUTTER, 


Die Antwort ist nicht schwer, nachdem wir die Zweiblattrigkeit 
des fertigen Organs erkannt haben. Es findet eben eine Wiederholung 
der Vorgänge statt, die zur Bildung der secundären Augenblase führen. 

Die von der Retina abgeschnürte „primäre“ Bildungsblase des 
neuen Sinnesorgans stülpt sich ein und wird so zur „secundären“ 
zweiblattrigen. Das Aussenblatt der Blase wird zu einer einfachen 
Zellenschicht, das Innenblatt entwickelt sich zum nervésen Apparat. 

So wire die Entstehungsgeschichte des neuen Organs im Wesent- 
lichen klar, viel schwieriger zu beantworten ist die Frage nach seiner 
Function. 

Mehrere Gedankenreihen miissen sich hier vereinigen, um uns 
zu einer Vorstellung über die mögliche Bedeutung des Organs zu 
verhelfen. 

1) Man zweifelt kaum daran, dass für die Fische ein Organ von 
grösstem Werth, ja vielleicht unentbehrlich ist, das ihnen Verände- 
rungen des Wasserdrucks in Nervenerregung umzusetzen im Stande 
ist, und nach Entdeckung der „Seitenorgane“ nimmt man gern 
an, in diesen die gesuchten Organe gefunden zu haben, ob mit Recht 
oder Unrecht, mag dahingestellt bleiben. 

Für Wassersäugethiere, die in einigermaassen erhebliche 
Tiefen tauchen, muss aber ein solcher Druck-Receptionsapparat von 
ungleich höherer Bedeutung sein als für einen Fisch, muss doch 
das Säugethier stets nach relativ kurzer Zeit die Oberfläche wieder 
aufsuchen, um zu athmen, was der Fisch im Wasser selber ausführt. 
Ob ein Hyperoodon, wenn er Hunderte von Metern unter der Meeres- 
oberfläche auf Beute geht, so lange mit dem Aufsteigen warten kann, 
bis dyspnoische Reizung des Gehirns ihn veranlasst, zur Oberfläche 
wieder aufzusteigen, ist eine Frage, die man wohl aufwerfen, leider 
aber nicht entscheiden kann. Dass aber ein Sinnesorgan, das ihm 
etwa eine reflectorische Schätzung der Tiefe ermöglicht, für ihn von 
grossem Nutzen sein würde, wird man wohl kaum bestreiten können. 
Die dyspnoische Reizung giebt ihm ja nur das Signal, dass wieder ein 
Athemzug nöthig ist, aber keinerlei Anhalt dafür, wie weit noch 
der Weg zur Oberfläche ist, die Dyspnoé tritt ebenso gut 
ein, wenn er direct unter der Oberfläche schwimmt, wie wenn 
er sich in der mehr erwähnten grossen Meerestiefe aufhält. 

2) Wenn wir voraussetzten, die Wale hätten ein Sinnesorgan, 
das im Stande wäre, Schwankungen des hydrostatischen Drucks zur 
Perception zu bringen, so würden wir ein solches Organ an einer 
ganz bestimmten Stelle suchen. 


Die Augen der Wassersiugethiere. 999 


Man kann sich wohl kaum ein Gewebe denken, das so ungiinstige 
Verhältnisse für die Reception von Sinneseindrücken bietet, wie die 
Haut des Wales. Die mächtige, verhornte Epidermis, das unge- 
heuer entwickelte Speckgewebe scheinen viel eher geeignet, als treff- 
liche Panzer gegen Druck von aussen zu dienen, als eine Empfindlich- 
keit gegen Schwankungen des hydrostatischen Drucks zu ermöglichen. 

Eine Stelle des Körpers nur ist es, an der dieser Panzer durch- 
brochen werden muss, an der ein Organ direct den Einflüssen der 
Aussenwelt zu trotzen hat: das Auge. 

Wie es demselben ermöglicht wird, hier Stand zu halten, ist das 
Thema dieser ganzen Arbeit. Ein Resultat der folgenden allgemeinen 
Erörterungen müssen wir hier vorausnehmen: Das Walauge verträgt 
ohne Schädigung eine mächtige Steigerung des intraocularen 
Drucks, im Gegensatz zu den Augen der Landsäugethiere, des 
Menschen, bei denen solche Drucksteigerungen zu den schwersten 
pathologischen Erscheinungen gehören. Die Möglichkeit, dass nicht 
nur im Bulbus des Auges, sondern auch in der übrigen Orbita mög- 
licher Weise günstige Bedingungen für die Anbringung eines „Druck- 
Sinnesorgans“ vorhanden sind, muss zugegeben werden. Setzen 
wir aber voraus, das fragliche Organ sollte innerhalb des Bulbus 
liegen, so würde uns bei Hyperoodon wieder eine ganz bestimmte 
Stelle als die bei weitem günstigste erscheinen: die dünnste 
Stelle der Sclera, die im untern Theil des Bulbus in der Um- 
gebung der Medianebene liegt. Und gerade an dieser 
Stelle fanden wir das neue Sinnesorgan. 

3) Dass es sich bei dem neuen Organ um ein Sinnesorgan 
handelt, kann nach seinem Bau und seiner Genese keinem Zweifel 
unterliegen. Es fragt sich nun, welcher Reiz wohl als der dem 
Sinnesorgan adäquate angesehen werden darf. 

Wenn wir die Gruppen der chemischen, thermischen, photischen 
und mechanischen Reize durchgehen, so müssen wir die beiden ersten 
wohl ohne weiteres ausschliessen. Chemische Reize der Aussen- 
welt gelangen wohl schwerlich unter normalen Verhältnissen jemals zu 
dem Sinnesorgan. Dass das Auge gegen Temperaturschwan- 
kungen ausserordentlich gut geschützt ist, wird im folgenden all- 
gemeinen Theil bewiesen werden. Es bleiben also noch die photi- 
schen und mechanischen Reize zur Auswahl. Von diesen 
müssen wir aber die erstern auch vollständig fallen lassen, denn weder 
durch die Sclera noch von innen durch das stark pigmentirte Corpus 
ciliare, in dessen Bereich ja das Organ liegt, kann Licht zu ihm ge- 


300 AUGUST PUTTER, 


langen. Wir müssen in dem neuen Sinnesorgan ein „topo-electives“ 
erkennen, das vermége seiner Lage nur durch mechanische Reize er- 
regt werden kann. Mechanische, speciell hydrostatische Reize 
wirken nun auch sicher beim Tauchen auf das Organ ein, wir sahen 
ja schon in der vorigen Betrachtung, dass die Stelle, an der es liegt, 
die günstigste im ganzen Körper ist, um Schwankungen des 
hydrostatischen Drucks mitzumachen. 

4) Kann man sich vorstellen, dass von einem so hoch speciali- 
sirten Sinnesorgan, wie die Retina es ist, sich ein neues Organ ab- 
gliedert, das ganz andere Eigenschaften hat als der Mutterboden, 
dem es entsprossen ist? 


Lage der eben charakterisirte Fall hier wirklich vor, handelte es : 


sich um die Erwerbung einer ganz neuen Eigenschaft, so würden 
wir darin allerdings einen Einwand gegen den Deutungsversuch 
erblicken. Hier aber liegen die Dinge wesentlich anders. 

Unter normalen Bedingungen spricht allerdings die Retina nur 
auf Lichtreize an, aus dem einfachen Grunde, weil keine andern Reize 
sie treffen. Die Lichtreize sind aber nicht die einzigen, die Erregung 
der Netzhaut veranlassen. Von den elektrischen Reizen wollen wir 
absehen, da sie biologisch nur geringe Bedeutung haben dürften, der 
einfache Versuch lehrt uns aber, dass auch mechanische Reizung 
im Stande ist, die Retina zu erregen. Das ist ja eine allgemein be- 
kannte Thatsache: Der einfache Druck des Fingers gegen den Bulbus 
wird an der entsprechenden Stelle des Gesichtsfeldes als farbiger Kreis 
empfunden. Eine Drucksteigerung im Innern des Bulbus scheint nach 
den Erfahrungen beim Glaucom, allerdings beim Menschen, keine Licht- 
empfindung auszulösen, aber die Thatsache der Erregbarkeit der Retina 
durch mechanische Reize genügt, um uns die Entwicklung eines Sinnes- 
organs, wie das vorliegende ist, als möglich erscheinen zu lassen. 

Wenn wir uns den phylogenetischen Vorgang vergegenwärtigen, 
so stellt sich die Sache folgendermaassen: Ein Landsäugethier, 
dessen Auge gegen Drucksteigerung empfindlich war, begann wasser- 
lebend zu werden. Beim Tauchen hatte es einerseits Vortheil davon, 
dass seine Retina in Folge ihrer Druckempfindlichkeit es davor be- 
wahrte, zu tief zu tauchen, andrerseits lag auch ein grosser Nach- 
theil darin, denn das farbige Aufleuchten des Gesichtsfeldes, wie wir 
es etwa bei Druck auf den Bulbus empfinden, war sehr störend für das 
Sehen. Eine Vereinigung des Vortheils, den die Empfindlichkeit gegen 
den hydrostatischen Druck bot, bei gleichzeitiger Vermeidung des 
störenden Farbensehens, war zu erreichen, wenn die Fähigkeit der 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 301 


Druckempfindlichkeit auf einen bestimmten Bezirk localisirt 
und dieser Bezirk, um das Sehen gar nicht mehr zu beeinträchtigen, 
unter die Retinafläche versenkt, abgeschnürt wurde. So 
wäre ein Drucksinnesorgan entstanden. Eine Localisation dieser 
Function ist vielleicht nicht schwer zu erreichen gewesen, denn es 
liegt nahe, anzunehmen, dass bestimmte Endorgane von vorn herein 
sie nur besessen haben. Diese brauchten also nur zusammenzurücken 
und gemeinsam abgeschnürt zu werden. 

Die Skizze der möglichen Art der Entstehung des Drucksinnes- 
organs ist zwar roh, doch dürfte der Vorgang dadurch verständlicher 
geworden sein. 

Recapituliren wir kurz die vorstehenden vier Gedankenreihen: 

1) Die Existenz eines Drucksinnesorgans bei Walen hat fast die 
Wahrscheinlichkeit eines wissenschaftlichen Postulats. 

2) Die Lage des gefundenen Sinnesorgans ist die günstigste im 
ganzen Körper des Wals, um Schwankungen des hydrostatischen 
Drucks zu recipiren. 

3) Als adäquate Reize können aus topographischen 
Gründen nur die Schwankungen des intraocularen Drucks an- 
gesehen werden, die von den Schwankungen des hydrostatischen 
Drucks abhängen. 

4) Die Fähigkeit, auf mechanische Reize zu reagiren, ist 
keine Neuerwerbung des Auges der Wassersäugethiere, sie 
kommt vielmehr in hohem Maasse auch bei Landsäugethieren, 
auch beim Menschen vor. 

Nach diesen Ausführungen kann es wohl nicht mehr als sehr ge- 
wagt angesehen werden, wenn wir die Ansicht vertreten, dass das bis- 
her unbekannte Sinnesorgan, das im Auge der Denticeten liegt, die 
Function hat, die Schwankungen des hydrostatischen 
Drucks beim Tauchen in die Tiefe, in Nervenerregung 
umzusetzen. 

Stehen die Wale ganz isolirt mit dieser Bildung, die von der 
Retina ausgeht? 

Im Sommer 1901 hat A. Braver (115) eine Mittheilung über die 
Augen einiger Tiefseefische der Valdivia-Expedition veröffentlicht, ‘in 
der er auch die Abbildung eines Auges von Gigantura chuni (I. c. 
p. 121) giebt, die eine ganz frappante Aehnlichkeit mit dem Ent- 
wicklungsstadium hat, das in Fig. OO abgebildet ist, der Anlage des 
neuen Sinnesorgans bei einem Embryo von Delphinapterus leucas. 
Gigantura chuni hat ein Teleskopauge und zeigt „in der Mitte der 


302 AUGUST PUTTER, 


untern Wand, mehr medialwärts ein grösseres Stück Neben- 
retina, welches aus mehreren Schichten besteht und dessen Stäbchen 
eng gelagert sind, und zwar liegt dasselbe in einer kleinen 
Aussackung der Wand“ (l. c. p. 122). 

Das ist die einzige Beobachtung über solche Retinabildungen, die 
ich in der Literatur gefunden habe. 

Brieflich theilte mir Herr Prof. Braver noch eine höchst inte- 
ressante Beobachtung mit: er fand bei einem andern Tiefseefisch, bei 
Dissoma anale BRAUER, ein vollständig abgesprengtes Stück der 
Retina. Die Stäbchen dieses Stücks stehen nach aussen, es stellt 
also ein Zwischenstadium dar zwischen der Ausstülpung der Retina, 
wie sie Gigantura und der Embryo von Delphinapterus zeigen, und 
dem abgeschnürten und secundär eingestülpten Retinastück, das das 
neue Sinnesorgan bei Hyperoodon bildet. Ein solcher Zustand, wie 
BRAUER ihn bei Dissoma fand, muss als entwicklungsgeschichtliches 
Durchgangsstadium auch bei den Walen vorkommen t). 

Es ist gewiss ein interessanter Fall von Convergenz, dass wir 
bei Tiefseefischen und bei Wassersäugethieren diese eigen- 
artige Fähigkeit der Retina finden, ein neues normales Organ 
aus sich hervor gehen zu lassen. Interessant ist auch die ungeheure 
Aéhnlichkeit der Entwicklungsstadien, der keine verwandtschaft- 
liche Beziehung zu Grunde liegt, und die wieder zu grosser 
Vorsicht in der Verwerthung des Gedankens mahnt, den HAECKEL 
als biogenetisches Grundgesetz bezeichnete. 

Es liegt nahe, für die erwähnten Bildungen im Fischauge eine 
ähnliche Function zu vermuthen, wie wir sie für das neue Organ der 
Wassersäugethiere als so überaus wahrscheinlich hinstellen 
konnten. Dem scheint nun die verbreitete Annahme im Wege zu 
stehen, dass wir die Drucksinnesorgane der Fische bereits in den 
Seitenorganen kennen. Für eine Verdoppelung der Organe ist kein 
rechter Grund einzusehen. 

Es kann an dieser Stelle nicht meine Aufgabe sein, die Lösung 
dieses Widerspruchs zu versuchen, doch möchte ich auf den Gedanken 
hinweisen, dass es wohl möglich ist, sich doch für beide Organe 


1) Auf dem Zoologentage in Giessen 1902 sprach Herr Prof. 
Braver mir gegenüber die Ansicht aus, dass die Bildung bei Dissoma 
vielleicht doch eine andere Bedeutung habe und nicht als Zwischen- 
stadium anzusehen sei, eine Ansicht, die mir auf Grund der Präparate, 
die ich zu sehen Gelegenheit hatte, recht wahrscheinlich erscheint. Die 
obigen Betrachtungen werden dadurch nicht berührt. 


ENGEN 


ate “ex 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 303 


Functionen zu denken, und dass die Seitenorgane mit ihren in das 
Medium hineinragenden Sinneshaaren wohl ungleich besser 
dazu geeignet sind, nach Art von Tastorganen, die Bewegungen 
des Wassers gegen den Fischkörper, z. B. in Folge der Bewegung 
anderer Thiere im Wasser, zu recipiren, also Kleine Schwankungen, 
die noch zu keiner Aenderung desintraocularen Drucks 
führen können, als bedeutende Unterschiede des hydrostatischen Drucks, 
dass dagegen, wie schon oben betont, gerade im Auge die Be- 
dingungen zur Reception grösserer Druckschwankungen ungemein 
günstig liegen. Jeden Falls sind unsere Kenntnisse von der wirklichen : 
Verbreitung der fraglichen Organe bei Fischen und andern Wirbel- 
thieren zur Zeit noch viel zu gering, als dass man entscheiden könnte, 
ob man ihre Bedeutung von Fall zu Fall als seltne Ausnahme- 
erscheinung beurtheilen muss, oder ob ihnen eine allgemeinere 
Bedeutung für das Leben im Wasser, vor allem das Leben in 
verschieden tiefen Wasserschichten zukommt. 


Allgemeiner Theil. 


A. Die biologischen Bedingungen des Wasserlebens 
in Bezug auf das Auge. 


Die vorausgeschickten Specialuntersuchungen sind mit grosser 
Ausführlichkeit gegeben worden, um so eine breite empirische Grund- 
lage zu gewinnen, die es ermöglicht, allgemeinere Gesichtspunkte aus- 
findig zu machen, die das Verständnss des Baues der Augen der 
Wassersäugethiere fördern können. 

Es hat sich dabei ergeben, dass in der Ausbildung der Augen 
eine ganz auffallende Mannigfaltigkeit herrscht. Es ist nicht möglich, 
einen Idealtypus für ein an das Wasserleben angepasstes Säugethier- 
auge aufzustellen, viel weniger natürlich für ein Wasserwirbelthier- 
auge überhaupt. 

Das kann auch nicht im geringsten Wunder nehmen. So gross 
auch in mancher Hinsicht die Aehnlichkeiten der äussern Bedingungen 
sind, denen das Fisch- und Wassersäugethier-Auge ausgesetzt sind, 
so gross sind die Verschiedenheiten der specifischen Lebenser- 
scheinungen, der Reizbeantwortungen bei pöcilothermen Fischen und 
homöothermen Wassersiiugethieren. Es ist von vorn herein unwahr- 
scheinlich, dass sich bei Thieren, die stets im Wasser gelebt haben, 
und bei solchen, die erst secundär, nachdem sie in weitestem Maasse 
an das Landleben angepasst waren, wieder in das Wasser zurückge- 


304 AUGUST PUTTER, 


kehrt sind, lauter gleiche Einrichtungen finden sollten. Am ersten 
kann man solche Angleichungen noch in der Ausbildung des optischen 
Apparats erwarten, da die optischen Bedingungen im Wasser ja relativ 
einförmig sind. Durchgreifende Unterschiede werden, wie schon an- 
gedeutet, dadurch bedingt, dass die Wassersäugethiere gezwungen 
sind, ihren Körper stets auf der gleichen hohen Temperatur zu er- 
halten, was natürlich eine Menge specieller Anpassungen bedingt, die 
die Fische nicht nöthig haben. Eine einfache Vergleichung des Fisch- 
und Wassersäugethier-Auges ist daher kaum angängig, vor allem ist 
auch nicht das Postulat berechtigt, es müssten Einrichtungen, die wir 
am Säugethierauge für Anpassungen an das Wasserleben halten, sich 
auch bei Fischen unter ähnlichen Lebensbedingungen durchgängig 
finden. Finden wir trotzdem solche Gleichheiten oder Aehnlichkeiten, 
so sind diese theoretisch höchst interessant als Beispiele für Con- 
vergenzerscheinungen, aber postuliren können wir ihr Vor- 
handensein nicht. 

Was nun ferner die Ungleichheit der Wassersäugethieraugen unter 
einander betrifft, so ist zunächst daran zu erinnern, dass der Aus- 
druck „Anpassung an das Wasserleben‘ keinen einfachen, sondern im 
Gegentheil einen sehr complexen biologischen Vorgang bezeichnet. 
Es kann sich um Anpassung an Süsswasser (Manatus) oder Salzwasser 
(Halicore) handeln, es kann eine Anpassung an das Schwimmen in 
oberflächlichsten Meeresschichten, abwechselnd mit längerm Aufenthalt 
auf dem Lande, gefordert sein (Otaria, Macrorhinus), es kann sich 
die Anpassung darauf beziehen, einen längern Aufenthalt auf dem 
Grunde des Litorals zu ermöglichen (Odobaenus), es kann endlich, 
um die Aufzählung damit abzubrechen, die Fähigkeit, in grosse Tiefen 
zu tauchen (Hyperoodon), erworben worden sein. 

Denken wir uns, dass eine einzige Ordnung von Säugethieren 
zum Wasserleben übergegangen sei und dass Glieder dieser Ordnung 
sich an alle die aufgezählten biologischen Bedingungen angepasst 
hätten, so müssten wir doch schon eine beträchtliche Mannigfaltigkeit 
erwarten. Nun wissen wir aber, dass es 4 Ordnungen waren, die 
keine nähere Verwandtschaft mit einander hatten, welche den Ueber- 
gang vom Land- zum Wasserleben vollzogen. Sicher waren die Augen 
dieser Thiere schon verschieden, als sie zum Wasserleben übergingen, 
ebenso sicher waren auch ihre physiologischen Eigenschaften, die Art 
auf Reize zu reagiren, ihre ganze Anpassungsfähigkeit, ver- 
schieden, und so schlugen sie denn sehr verschiedene Wege ein, um 
sich an diese oder jene Lebensweise anzupassen. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 305 


Einige Hauptmomente dieser phylogenetischen Vorgänge haben 
ihre Spuren in dem ‘Entwicklungsgange der Wassersäugethieraugen 
noch deutlich erkennbar hinterlassen ; sie aufzufinden war eine Auf- 
gabe der vorliegenden Arbeit, aber durchaus nicht die Hauptaufgabe. 
Die wissenschaftliche Hauptaufgabe der ganzen Arbeit ist vielmehr 
die: für alle die verschiedenen Typen der Wassersäugethieraugen eine 
Analyse ihrer Eigenthümlichkeiten zu geben, aus der her- 
vorgeht, in wie weit bei aller Verschiedenheit doch stets die 
gleichen Factoren, nur inder verschiedenartigsten Com- 
bination, formbestimmend thätig gewesen sind. 


Um eine solche Analyse zu ermöglichen, ist es zunächst nöthig, 
sich darüber klar zu werden, welche Gruppen von Reizen im Wasser 
in anderer Weise als in der Luft auf das Auge einwirken. 


Der functionelle Reiz für den dioptrischen und reci- 
pirenden Apparat des Auges ist das Licht, seine Wirkung muss 
zunächst darauf gerichtet sein, die dioptrischen Verhältnisse so 
zu gestalten, dass überhaupt scharfe Bilder an irgend einer Stelle im 
Auge entstehen können, weiter aber muss der recipirende Apparat, 
also die Netzhaut, gerade an diese Stelle der scharfen Bilder, d. h. 
in die Brennfläche der optisch wirksamen Medien des 
Auges gelegt werden, da die Bilder nur unter dieser Bedingung auch 
scharf aufgefasst werden können. 


Im Wasser gestalten sich nun die dioptrischen Verhältnisse 
wesentlich anders als in der Luft; ein für diese eingestelltes Auge 
könnte, wenn man es in Wasser bringt, nicht mehr seiner Function 
gerecht werden, denn die Brennweite des Systems der brechenden 
Medien hat sich verändert, sie ist grösser geworden, und wenn vor- 
her scharfe Bilder auf der Netzhaut entstanden, so müsste sie jetzt 
an einer andern Stelle, nämlich hinter der Netzhaut entstehen, d. h. 
sie könnten nicht mehr scharf aufgefasst werden, das Auge würde 
hypermetropisch werden. 


Ist dies bei den Wassersäugethieren thatsächlich der Fall, oder 
hat hier eine Anpassung an die optischen Verhältnisse stattgefunden ? 
Das ist die erste Frage, die sich uns aufdrängt. 

Von viel allgemeinerer Bedeutung sind aber zwei andere Gruppen 
von Reizen, die beim Wasserleben nicht nur auf das Auge, sondern 
auf den ganzen Organismus einwirken, es sind die thermischen 
und hydrostatischen Verhältnisse, welche sich im Wasser ganz 


anders als in der Luft geltend machen. 
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 20 


306 AUGUST PUTTER, 


Das Wärmeleitungsvermögen des Wassers ist viel höher als das 
der Luft. Der innere Leitungscoöfficient ist für Wasser gleich 0,0924 
(WINKELMANN, 1874, 85, p. 599), für Luft 0,003348 (STEFAN, 1872, 
85, p. 600), also mehr als 27mal so gross. Gegen den gewaltigen 
Wärmeverlust, den die Thiere hierdurch erleiden würden, schützen sie 
sich durch eine mächtige Speckschicht am ganzen Körper. Das Auge 
aber muss in directer Berührung mit dem äussern Medium stehen, 
und wir müssen uns daher die Frage vorlegen, wie es dieses empfind- 
liche Organ zu Stande bringt, sich gegen eine dauernde Abkühlung 
unter die Grenzen der normalen Körpertemperatur zu schützen. 

Max WEBER erhebt mit Unrecht Zweifel dagegen, dass die Speck- 
schicht als ein Wärmeschutz anzusehen sei, da ja auch die Wale der 
tropischen Meere und Flüsse sie besitzen. Aber auch diese Thiere 
der warmen Meere bedürfen bei dauerndem Leben im Wasser des 
Wärmeschutzes nöthig, denn es kommt nicht so sehr auf die absolute 
Höhe oder Tiefe der Temperatur des Meeres an, als vielmehr darauf, 
dass die Wale eine Eigentemperatur haben, die höher ist, als 
die des Wassers. 

Das Auge der Landsäugethiere hat an Druck- und Zug- 
kräften nur den Augenmuskeln Stand zu halten, und bei der leichten 
Beweglichkeit des Bulbus und der geringen Stärke der Muskeln sind 
diese Zugkräfte nur unbedeutend. Anders bei den Wassersäuge- 
thieren. Der hydrostatische Druck auf die Vorderfläche des Bulbus 
erreicht bei den Thieren, die in erheblichere Tiefe tauchen können, 
eine sehr bedeutende Grösse; aber auch das Auge jener, die sich an 
der Oberfläche aufhalten, wird mitunter in ganz enormer Weise auf 
Druckfestigkeit in Anspruch genommen. Wenn ein Wal mit der 
Geschwindigkeit eines Torpedoboots die Fluth durchschneidet, so be- 
darf seine ganze Körperoberfläche, zu der ja auch die Vorderfläche 
des Auges gehört, einer grossen Festigkeit, um den Anprall des 
Wassers aushalten zu können. 

In weit geringerm Umfang als die thermischen und hydro- 
statischen Reize wirkt noch eine Gruppe von Reizen auf das 
Säugethierauge beim Uebergang zum Wasserleben ein: die hydro- 
dynamischen und chemischen Reize des Seewassers. 

Bei den Landsäugethieren ist das Auge in steter Berührung mit 
der Luft, die, abgesehen von den zahlreichen Schädlingen für das 
Auge, die sie in Form von Staub und Mikroorganismen beständig auf 
Cornea und Conjunctiva trägt, auch stets die Gefahr des Austrock- 
nens für das Auge mit sich bringt. Diese letztere Gefahr fällt im 


Die Augen der Wassersiingethiere. 307 


Wasser fort, dagegen bleibt die Frage offen, ob eine directe Ein- 
wirkung des Seewassers mit seinen mancherlei chemischen Stoffen 
nicht für die Cornea und Conjunctiva höchst nachtheilig sein könnte 
und besondere Schutzvorrichtungen gegen eine solche chemische 
oder osmotische Wirkung nöthig machen sollte. Dass bei einer 
directen Berührung der Cornea und Conjunctiva eine osmotische 
Wirkung auf dieselben ausgeübt werden müsste, wird sehr wahrschein- 
lich, wenn man erwägt, dass das Meerwasser eine Salzlösung von 
3—4 Proc. darstellt, während eine physiologische Kochsalzlösung, die 
den Geweben isotonisch ist und also keine osmotische Wirkung aus- 
übt, 0,6—0,9 Proc. stark ist. 

Fassen wir das eben Gesagte zusammen, so wird es danach 
unsere Aufgabe sein, die Besonderheiten, die das Auge der Wasser- 
säugethiere von dem der Landsäugethiere unterscheiden, unserm Ver- 
ständniss dadurch näher zu bringen, dass wir sie darstellen als Product: 

1) optischer Anpassung, 

2) thermischer Anpassung, 

8) hydrostatischer Anpassung, 

4) hydrodynamischer und chemischer Anpassung. 


Auf jeden Theil des Auges wirken diese Factoren in bestimmter 
Weise ein, theils in demselben, theils in entgegengesetztem 
Sinne. 

Es ist schon a priori wahrscheinlich, dass eine solche Analyse 
des Baues des Auges als Erfolg der Wirkung äusserer Bedingungen 
nicht ohne Rest aufgehen wird. Wir werden in die Lage kommen, 
für Eigenthümlichkeiten des Auges zwar ihren principiellen Nutzen 
auffinden zu können, während wir keinen hinreichenden Grund 
dafür angeben können, warum die Durchführung des Princips das eine 
Mal in dieser, das andere Mal in einer andern Weise variirt ist. Diese 
Fälle weisen uns dann häufig auf den phylogenetischen Ursprung der 
Wassersäugethiere hin. Aus dem ganz verschiedenartigen 
Material, das bei dem Uebergang zum Wasserleben in den vier Ord- 
nungen vorhanden war, mussten unter der Wirkung der veränderten 
functionellen Reize, vermöge der verschiedenen specifischen 
Energien der verschiedenen Thiergruppen auch verschiedene 
Producte hervorgehen. 

Endlich bleibt uns als letzte „Erklärung“ noch übrig, auf 
innere Bedingungen zu recurriren, auf die Correlation der Theile 


des Körpers, den Einfluss, den das Ganze auf seine Theile ausübt. 
20* 


308 AUGUST PUTTER, 


Auf ein näheres Verständniss dieser Erscheinungen müssen wir vor- 
laufig verzichten. 

Wir werden aber bei der Analyse auch in die Lage kommen, dass 
wir uns aus den anatomischen Befunden überhaupt keine Vor- 
stellung machen können, welche Bedeutung diese oder jene Eigen- 
thümlichkeit für das lebende Auge hat. Das wird z. B. besonders bei 
den Theilen des dioptrischen Apparats der Fall sein, wo nur die 
Kenntniss der physikalisch-optischen Constanten des Auges uns Klar- 
heit verschaffen kann. Auch über manche physiologische Eigenthüm- 
lichkeiten der lebendigen Substanz des Auges, z. B. in Bezug auf 
Reizschwelle u. s. w., können wir nur Vermuthungen auf Grund von Ana- 
logien aufstellen; gerade die specifischen Eigenschaften der untersuchten 
Augen, die natürlich von sehr hoher Bedeutung für das Sehen der 
Thiere sind, kennen wir nicht und sind daher leicht Fehlschlüssen 
ausgesetzt. 


B. Der Bulbus oculi und Nervus opticus der 
Wassersaugethiere. 


1. Die Cornea. 


Die Hornhaut hat als erstes lichtbrechendes Medium, das die 
Lichtstrahlen auf ihrem Wege durchs Auge zu passiren haben, bei 
den verschiedenen Säugethieren eine sehr verschiedene Bedeutung. 
Beim Menschen und den Affen übertrifft ihre brechende Kraft die der 
Linse, beim Menschen z. B. verhält sich ihre Brennweite (31,2 mm) 
zu der der Linse (49,2 mm) wie 1:1,6 (nach MATTHIESSEN, 76, p. 53). 
Bei den übrigen Landsäugethieren hat die Linse den Hauptantheil an 
der Erzeugung des Netzhautbildes, bei der Katze verhalten sich z. B. 
die Brennweiten von Cornea und Linse wie 1:0,79 (MATTHIESSEN, 76, 
p. 53), aber die Hornhaut dient doch als wesentliche Unterstützung 
der Linse. Anders bei den Wassersäugethieren. Der Brechungsindex 
der Hornhaut ist bei allen darauf hin untersuchten Thieren fast der 
gleiche und etwa gleich dem des Kammerwassers. Beim Menschen 
beträgt er 1,3771, beim Seiwal (Balaenoptera borealis) nach MAT- 
THIESSEN (76, p. 71) 1,3762. Da nun der Brechungsindex des See- 
wassers fast ebenso gross ist, so fällt im Wasser die Hornhaut voll- 
kommen als brechendes Medium fort. MATTHIESSEN macht hierüber 
folgende Angaben: 

„Es ist für Süsswasser n==1,3335, für Seewasser von etwa 2 Proc. 
Salzgehalt 1,3393 und für das Kammerwasser gleich 1,3360. Demnach 


Die Augen der Wassersäugethiere. 309 


wirkt das Hornhautsystem der Süsswasserfische wie eine sehr schwache 
Collectivlinse und das der Seefische wie eine sehr schwache Dispersiv- 
linse. So ist z. B. beim gemeinen Delphin (Phocaena) der Kriimmungs- 
radius der Hornhaut gleich 17 mm, mithin die hintere Brennweite 
6800 mm; es kann also der Brechwerth 1/p vollständig vernachlässigt 
werden“ (48, p. 521). 

Die Wölbung der Cornea ist also für Wasserthiere optisch 
von keiner Bedeutung, auch für die thermischen Verhältnisse dürfte 
keine bestimmte Form der Hornhaut besondere Vortheile bieten. Wohl 
aber wirken die mechanischen Reize in einer ganz bestimmten 
Richtung. 

Ein Gewölbe, das bestimmt ist, starken Druck auszuhalten, muss 
stets so construirt sein, dass die Richtungen der Druckkräfte in das 
Widerlager hineinfallen, das ist ein allgemeiner bautechnischer 
Grundsatz). Das Widerlager für das Gewölbe der Cornea wird ge- 
bildet durch die Sclera (man muss sogar wohl schon die Randver- 
dickung der Cornea als zum Widerlager gehörig betrachten). Würde 
über diesem Widerlager eine stark gewölbte Hornhaut construirt, so 
müssten die Druckkräfte in das Innere des Bulbusraums 
hineinfallen, sie wären also schlecht fundirt. Die Forderung, dass die 
Druckkräfte in das Widerlager hineinfallen, kann unter den gegebenen 
Verhältnissen (Richtung des Sulcus corneae) nur erfüllt werden, wenn 
die Cornea ganz flach gewölbt ist. 

Die Abhängigkeit der Gestalt der Cornea von der Richtung, in der 
die Sclera an sie herantritt, erkennt man sehr gut an dem Längs- 
schnitt durch das Auge von Gigantura chuni, den BRAUER (115, fig. 2, 
p. 121) veröffentlicht hat. Die Sclera des Teleskopauges tritt 
nicht seitlich wie bei den Wassersäugethieren, sondern fast genau 
von unten an die Cornea heran. In Folge dessen muss diese, damit 
die Druckkräfte in das Widerlager hineinfallen, hier sehr 
stark gewölbt sein, wie auch die Abbildung deutlich zeigt. 

Dasselbe Princip erklärt also das Auftreten sehr stark gewölbter 
Gigantura und sehr flacher (Wassersäugethiere) Hornhäute. 

Die Grösse der Cornea im Verhältniss zu der des Bulbus ist, 
wie GROSSMANN U. MAYERHAUSEN angeben (30, p. 234), in so fern 
optisch von Bedeutung, als unter sonst gleichen Verhältnissen bei 


1) Für den Hinweis auf diesen Grundsatz sowie mehrere andere 
Winke bautechnischer Natur bin ich Herrn Eisenbahndirector WAGNER 
in Breslau zu aufrichtigem Dank verpflichtet, den ich ihm an dieser 
Stelle aussprechen möchte, 


310 AUGUST PUTTER, 


grésserm Cornealbogen die peripheren Netzhautpartien mehr Licht 
durch die Pupille empfangen. Für Wasserthiere, die bei schwächerm 
Licht sehen müssen, ähnlich wie die Nacht- oder Dämmerungsthiere, 
ist daher eine grosse Cornea sicher von Nutzen. So finden wir 
denn auch die relativ grössten Hornhäute unter den Wirbelthieren bei 
den typischen Wasserwirbelthieren, den Fischen, bei ihnen beträgt das 
Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Bulbusdurchmesser 1,3—1,5 
(LEUCKART, 31, p. 208). 

Während aus optischen Gründen eine möglichst grosse Cornea 
für die Wasserthiere wünschenswerth erscheint, wirken die ther- 
mischen und mechanischen Reize zusammen in entgegengesetzter 
Richtung auf die Hornhaut ein. 

Ein Gewölbe, und ein solches stellt die Hornhaut doch dar, ist 
um so tragfähiger, je geringer seine Spannweite ist, hier wird also 
eine Verkleinerung von Nutzen sein, und ebenso ist es für ein 
homöothermes Thier viel leichter, eine relativ kleine Cornea auf 
Körpertemperatur zu erhalten, als eine grosse, wenn nicht besondere 
Einrichtungen getroffen sind, die auch auf grössere Entfernung vom 
Cornealrande hin eine lebhafte Wärmezufuhr ermöglichen. Ein Sinken 
der Temperatur der Cornea ist sicher von Nachtheil. Schon 1857 
zeigte Kunpe (12), dass sich beim Frosch Cornea und Linse in der 
Kälte trüben, 1899 untersuchte von MıcHEL (108) diese Erscheinung 
von Neuem und fand, dass die Trübung durch Wasseraustritt aus den 
eiweissreichen Geweben des Auges entsteht. Mit einer Trübung der 
Cornea ist aber das ganze Auge werthlos. 

Die Dicke der Cornea scheint optisch von keiner Bedeutung 
zu sein, da ja der Brechungsindex der Hornhaut fast gleich dem des 
Kammerwassers ist. Desto mächtiger wirken die mechanischen 
Reize bestimmend auf die Dickenausbildung ein. Wir sahen vorher, 
wie das Corneagewölbe dadurch tragfähiger gemacht wurde, dass es 
flach construirt und möglichst klein gemacht wurde. Nun tritt 
noch ein wichtiger Factor hinzu, die Verdickung der Cornea. Um 
ein Gewölbe zu verstärken, braucht man nur an den Widerlagern 
Verstärkungen anzubringen, lehrt die Bautechnik, der Scheitel des 
Gewölbes wird nicht verstärkt und so mit möglichst geringem 
Materialaufwand möglichst viel erreicht. 

Das ist ja auch das Ziel, das in der Natur so häufig angestrebt 
erscheint, und so wird es verständlich, warum die Hornhäute der Wasser- 
thiere am Rande mächtig verdickt sind, während die Hornhaut- 
scheitel dünn bleiben. Wir haben hierin eine Anpassung an die 
Druckverhältnisse des Wassers zu sehen. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 311 


Für Fische stellte 1883 BERGER das Vorhandensein der Rand- 
verdickung fest, er sagt (42, p. 102): „bei den Selachiern und den 
Teleostiern erscheint die Hornhaut in der Mitte auf '/,—!/, verdünnt!“ 

Man kann die Wirkungen der verschiedenen Reizgruppen auf die 
verschiedenen Eigenschaften der Cornea übersichtlich in einer Tabelle 
zusammenfassen, aus der dann sogleich zu ersehen ist, ob eine und 
dieselbe Eigenschaft der Hornhaut durch mehrere Reizgruppen beein- 
flusst wird, und wenn dies der Fall ist, ob in gleichem oder entgegen- 
gesetztem Sinne. 

Die einzelnen Wirkungen stellen die Componenten dar, aus deren 
verschiedener Zusammensetzung als Resultirende die thatsächliche Aus- 
bildung der einzelnen Cornea hervorgeht. 


Die Wirkung der verschiedenen Reizgruppen auf die einzelnen 
Eigenschaften der Cornea der Wassersäugethiere. 


: Reize 
Wirkung auf : : : 
optische thermische hydrostatische 
1) die relative Grösse Vergrösse-' Verkleine-| Verkleinerung 
rung rung 
2) die Wölbung 0? 0 Abflachung entspre- 
chend dem Sulcus corneae 
3) die Dicke 0? 0 Randverdickung, 
Scheitelverdünnung 
4) das Verhalten der 0? Erweite- Form der Lymphräume im 
Lymphräume der rung bei Scheitel lang gestreckt. 
Cornea propria V erringe- Am Rande beliebig (?) 
rung der 
Zahl | 


Diese Tabelle gilt natürlich nur für Wassersäugethiere, für Fische 
würde sie sich wesentlich anders stellen, und zwar aus dem Grunde, 
weil die thermischen Reize bei wechselwarmen Thieren nicht ent- 
fernt die Bedeutung haben wie bei gleichwarmen, ja innerhalb weiter 
Grenzen wohl überhaupt wirkungslos sind. 

Wir können nunmehr zur Analyse der Eigenschaften der einzelnen 
Hornhäute übergehen. 


Die Hornhäute der Pinnipedier. 


Die Hornhäute der Pinnipedier sind alle relativ gross und voll- 
kommen kreisrund. Das Verhältniss des Corneal- zum Scleral- 
durchmesser beträgt im Durchschnitt 1:1,548, die grösste Abweichung 
von diesem Mittelwert ist nur etwa 10 Proc. des ganzen Werthes. Es 
hat also keine Verkleinerung, als Anpassung an die thermischen 
und hydrostatischen Verhältnisse des Wassers, stattgefunden. 


312 AUGUST PUTTER, 


Die Wölbung der Hornhaut von Macrorhinus ist sehr beträcht- 
lich, in ihrer ganzen Ausbildung zeigt sie keinerlei Anpassungen an 
das Wasserleben, keine Verdickung hat stattgefunden und vielleicht 
im Zusammenhang damit auch nicht die Ausbildung weiter, röhren- 
artiger Lymphräume. 

Phoca barbata hat, in Anpassung an die hydrostatischen Verhält- 
nisse des Wassers, eine flache Cornea. Weitere „mechanische“ 
Charaktere zeigt dieselbe aber nicht. Sie ist sogar im Scheitel etwas 
dicker als am Rande, was ja sonst nirgends bei erwachsenen Wasser- 
säugethieren vorkommt. Dafür ist sie aber im Scheitel viel lockerer 
gebaut als am Rande, der fest gefügt ist, während die centralen 
Partien schon erweiterte Lymphspalten aufweisen (thermische An- 
passung). 

Viel weiter geht die Anpassung bei Phoca vitulina. Die flache 
Cornea ist am Rande beträchtlich verdickt, sie ist hier etwa 
3mal so dick wie im Scheitel. Im Vergleich zu Ph. barbata ist sie 
am Rande relativ 4mal so dick, im Scheitel dagegen eher eine Kleinig- 
keit dünner. Die mächtige Verdickung des Hornhautrandes macht 
eine Erwärmung von der vordern Kammer her schwierig, es treten 
daher hier in ausgedehntestem Maasse die schon erwähnten erweiterten 
röhrenartigen Lymphräume auf. Sie entstehen dadurch, dass 
die Lamellen der Cornea propria bogenförmig aus einander treten und 
so grosse Räume bilden. Um diese Räume davor zu schützen, dass 
sie zusammengedrückt werden, sind zwischen den Lamellen Stütz- 
fasern angebracht, die senkrecht oder etwas schräg auf ihnen stehen. 
Das ergiebt ein sehr eigenartiges Bild, wie Fig. 1 auf Taf. 2 zeigt. 

Das Vorhandensein stark erweiterter Lymphräume ist eine Eigen- 
thümlichkeit, die bei keinem Landsäugethier vorkommt, diese haben 
ja bekanntlich zwischen den Cornealamellen feine Lymphspalten, durch 
welche ein ungemein langsamer Lymphstrom circulirt, hat er doch 
nur die Aufgabe, die Durchsichtigkeit, die Krümmung und das Volumen 
der Hornhaut aufrecht zu erhalten. LEBER sagt (89, p. 151): „Es 
muss an dem optischen Apparat des Auges viel mehr nach Ein- 
richtungen gesucht werden, welche den unveränderten Bestand erhalten, 
als nach lebhaften Ernährungszuflüssen, für welche hier kein Be- 
dürfniss ist.“ 

Bei den Wassersäugethieren liegt aber das Bedürfniss nach reich- 
licher Versorgung mit körperwarmer Lymphe vor, zwar nicht der 
stärkern Ernährung wegen, wohl aber zur Aufrechterhaltung der 
Körpertemperatur. Die kleinen, spaltenförmigen Lymphräume der 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 313 


Landsäugethiere setzen in Folge der sehr bedeutenden Reibung an 
der relativ sehr grossen Wandfläche dem Lymphstrom einen mäch- 
tigen Widerstand entgegen. Soll nun eine lebhafte Circulation 
der Lymphe in der Cornea stattfinden, so wären zwei Möglichkeiten 
vorhanden. Es müssten entweder die Druckkräfte, welche die Lymph- 
circulation bewirken, gesteigert, oder die Widerstände der Lymph- 
spalten herabgesetzt werden. Die erste denkbare Lösung des Problems 
wäre für eine so rein locale Beschleunigung der Lymphströmung, wie 
sie hier erforderlich ist, wohl wenig rationell. Praktischer erscheint 
die zweite Lösung, die einfach durch Vergrösserung der Lymph- 
spalten, deren Zahl relativ vermindert wird, den Widerstand 
herabsetzt und so bei gleichem Druck im Lymphsystem local eine ge- 
steigerte Circulation zur Folge hat. 

Es handelt sich also bei dieser Erwerbung der erweiterten Lymph- 
räume um eine Anpassung an die thermischen Verhältnisse des 
Wassers. 

Sehr lehrreich sind die Verhältnisse der Cornea von Odobaenus 
rosmarus (L.). Das Walross taucht auf den Grund und hält sich 
dort, um Nahrung zu suchen, längere Zeit, einen bedeutenden Theil 
seines Lebens, auf. Wir müssen also schon aus diesem Grunde be- 
sonders gute Anpassungen gegen Druck bei seinem Auge erwarten. 
Was nun speciell die Cornea anlangt, so ist sie im Verhältniss zum 
Bulbus viel grösser als bei irgend einem andern tief tauchenden 
Wassersäugethier. In diesem Punkt hat hier die Wirkung der 
optischen Reize, die auf Vergrösserung der Cornea gerichtet 
ist, die Oberhand behalten. Soll nun trotzdem eine beträchtliche 
Festigkeit gegen Druck erreicht werden, so kann dies nur durch Ver- 
dickung der Hornhaut geschehen. Wir können also erwarten, beim 
Walross die relativ dickste Cornea vorzufinden. Das ist auch 
wirklich der Fall. Schon im Scheitel ist dieselbe fast doppelt so 
dick (relativ) wie bei Ph. vitulina, 6mal so dick wie bei Macro- 
rhinus, und der Rand übertrifft die Scheiteldicke um das 3,5fache, so 
dass er etwa 20mal so dick ist wie bei Macrorhinus. Deutlicher, als 
sie aus diesen Zahlen hervorgeht, lässt sich die mechanische Anpassung 
an das Tauchen in die Tiefe wohl schwerlich zeigen. 

Die Cornea des Walrosses wird so stark auf Druckfestigkeit in 
Anspruch genommen, dass im Scheitel, trotz dessen bedeutender Dicke, 
keine erweiterten Lymphspalten angebracht werden können. Wohl 
aber finden sie sich in der enormen Randverdickung. Sie haben etwa 
dieselbe Ausbildung wie bei Ph. vitulina, nur dass die Stützfasern 


514 AUGUST PÜTTER, 


ganz ungemein schräg gegen die Lamellen gestellt sind, was wahr- 
scheinlich mit der Richtung der Druck- und Zugkräfte in diesen Rand- 
partien zusammenhängt. Bei Ofaria ist die Randverdickung der 
Cornea nicht erheblich, auch die thermischen Anpassungen treten nicht 
sehr stark hervor, die Erweiterung der Lymphspalten zu Lymphröhren 
erfolgt durch Auseinanderweichen der Lamellen der Cornea propria, 
ohne dass Stützfasern zwischen sie eingeschaltet wären. 

Sehr reichhaltig an thermischen Anpassungen ist die Hornhaut 
von Halichoerus, die auch eine beträchtliche Randverdickung aufzu- 
weisen hat. Es finden sich hier neben den engen Lymphspalten 
grössere Lymphröhren, die theils nach dem Typus wie bei Phoca 
vitulina gebaut (Stiitzfasern!), theils wie bei Otaria ohne solche aus- 
gebildet sind. 


Die Hornhäute der Sirenen. 


Da keine erwachsenen Thiere dieser Ordnung untersucht werden 
konnten, kann nur wenig über die Sirenen gesagt werden. 

Das Hauptcharacteristicum der Hornhäute scheint in ihrer unge- 
mein geringen Grösse zu liegen. Schon bei den beiden grössern Em- 
bryonen ist die Hornhaut so klein wie etwa beim erwachsenen Dögling 
oder Weisswal. Da nach Analogie mit den übrigen Wassersäugethieren 
sicher keine Vergrösserung, wohl aber noch eine weitere Verkleinerung 
in der Entwicklung wahrscheinlich ist, so dürften die Sirenen unter 
allen Säugethieren wohl die Kleinsten Hornhäute haben. Ob weitere 
„mechanische Charaktere“ vorhanden sind, lässt sich bei den Embryonen 
noch nicht feststellen, doch ist es unwahrscheinlich, dass sie stark aus- 
gebildet sein sollten, da ja die Verkleinerung der Hornhaut schon 
einem erheblichen Theil der mechanischen Anforderungen Genüge 
leisten dürfte. 


Die Hornhäute der Bartenwale. 


Die Hornhäute der Bartenwale sind sehr klein, am grössten noch 
bei Balaena mysticetus und Megaptera boops, am kleinsten bei 
Balaenoptera musculus), als Mittelwerth des Verhältnisses von Cor- 
neal- und Scleraldurchmesser kann in horizontaler Richtung 1: 3,23, 
in verticaler 1:3,74 gelten. Die Hornhäute sind stark elliptisch, der 
horizontale Durchmesser ist stets der grösste. Die geringe Grösse, 
die als mechanische und thermische Anpassung aufzufassen ist, 


1) B. sibbaldii auctorum. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 315 


macht eine besondere Ausbildung des Lymphsystems iiberfliissig, die 
Erwärmung vom Rande und der Vorderkammer aus genügt, und wir 
finden dem entsprechend nur enge Spalträume zwischen den Lamellen 
der Cornea. Ungemein flach sind die Hornhäute der Bartenwale, die 
flachsten von allen Wassersäugethieren. Die grösste Gewölbehöhe hat 
noch der Grönlandwal (Balaena mysticetus), sie beträgt 1:16,2 der 
Bulbusaxe, und der Buckelwal (Megaptera boops), mit 1:19,4 der 
Bulbusaxe, die geringste der Blauwal (Dalaenoptera musculus), bei dem 
sie nur 1:27 der Bulbusaxe misst. Es tritt hier die Bedeutung der 
absoluten Grösse eines Thieres deutlich hervor. Der Buckelwal ist 
der kleinste der untersuchten Furchenwale, der Blauwal der grösste. 
Dem entsprechend ist der Sulcus corneae beim Blauwal flacher als 
beim Buckelwal, und um der oben gestellten Bedingung in Bezug auf 
ihn zu genügen, muss seine Cornea stärker gewölbt sein als beim 
Blauwal. Der Finwal, der in der Grösse zwischen den beiden andern 
steht, zeigt auch in Bezug auf die Corneahöhe mit 1:23 einen Mittel- 
werth. 

Die Construction der Bartenwalcornea zeigt das Gegenstück zu 
der des Walrosses. Bei der erheblichen Grösse der Walrosscornea 
musste ihre Festigkeit durch mächtige Verdic kung erreicht werden, 
bei den Bartenwalen macht die relative Kleinheit des Corneage- 
wölbes eine so excessive Verdickung unnöthig. Die Randdicke beträgt 
relativ nur etwa !/, von der des Walrosses, die Scheiteldicke etwa 
1/,. Auch die Verdickung des Randes gegenüber dem Scheitel ist 
geringer, sie beträgt nur etwa das 2,5fache, beim Walross das 
3,ofache. 


Noch eine Eigenthümlichkeit weist die Hornhaut der Bartenwale 
auf, die sonst bisher noch nirgends gefunden worden ist, ich meine 
die oben genauer beschriebene Ausbildung des Hornhautepithels. Es 
ist hier nicht, wie bei andern Säugethieren, eine oberflächliche Schicht 
verhornt, die mit ziemlich glatter Contour gegen das tiefere lebende 
Gewebe abgesetzt ware, sondern von der verhornten Schicht aus gehen 
verhornte Zapfen zwischen den lebenden, tiefen Epithelzellen hin- 
durch und verbinden sich, an der Basis kegelförmig verbreitert, mit der 
Elastica anterior. 


Die Bedeutung dieser Ausdehnung der Verhornung kann kaum 
zweifelhaft sein. KÜKENTHAL hat gezeigt, dass die Epidermis durch 
Ausbildung mächtiger Epithelzapfen sich gewissermaassen im Unter- 
hautgewebe verankert, um nicht bei der mächtigen Reibung, die sie 


316 AUGUST PUTTER, 


auszuhalten hat, wenn das Thier schwimmt, abgerissen zu werden. 
Dasselbe Princip kommt hier zur Anwendung. Die verhornte Schicht, 
die bei Landthieren glatt auf den tiefern lebenden Zellenschichten 
aufliegt, wiirde bei rascher Bewegung abgerissen werden, die Horn- 
hautzapfen aber verankern die Hornschicht an der Elastica an- 
terior und halten sie so fest. 


Dieselbe Wirkung hat aber auch die Form der Verhornung, die 
Balaena aufweist, hier sind alle Zellen des Hornhautepithels bis zu 
den tiefsten Schichten herab von einem gegen die Oberfläche dichter 
werdenden Maschenwerk von verhornter Substanz umgeben, wie es 
sich auch bei den Denticeten (s. u.) findet. 


Die Hornhäute der Zahnwale. 


Wiederum anders als bei den übrigen Ordnungen gestaltet sich 
die Ausbildung der Cornea bei den Denticeten. Bei der grossen Ge- 
schwindigkeit, mit der sie schwimmen, bei der Fähigkeit mancher, in 
enorme Tiefen zu tauchen (taucht doch der Hyperoodon nachweislich 
Hunderte von Metern tief), muss ihre Cornea ganz vorzüglich auf 
Druckfestigkeit construirt sein. Da überrascht es zunächst, wenn 
man Hornhäute findet, die erheblich grösser sind als jene der 
Bartenwale. Auch sie haben elliptische Gestalt, und das Verhältniss 
ihrer Durchmesser zu den Bulbusdurchmessern schwankt in horizon- 
taler Richtung zwischen 1,67 und 2,7, in verticaler zwischen 2,6 und 
3,1. Der Grund, weshalb bei so mächtiger Beanspruchung auf Druck- 


festigkeit doch eine ziemlich bedeutende Hornhautgrösse gewahrt wird, 


dürfte ein optischer sein. Je tiefer ein Thier taucht, um so schwächer 
wird die Beleuchtung, bei der es sehen muss, gerade in diesen dämm- 
rigen Tiefen aber sucht z. B. der Hyperoodon seine aus Tintenfischen 
bestehende Nahrung, gerade hier ist also das Sehen für ihn von 
grösstem Werth, und da, wie wir oben hörten, die Grösse der Cornea 
in so fern für die optischen Verhältnisse von Wichtigkeit ist, als die 
peripheren Netzhauttheile bei grösserm Cornealbogen mehr Licht 
erhalten, müssen wir darin, dass die Cornea nicht stärker verkleinert 
ist, eine Anpassung an das Sehen bei sehr schwacher Beleuchtung in 
grossen Tiefen erblicken. 


Auch die absolute Grösse der Thiere muss berücksichtigt werden. 
Phocuena, die kleinste Form hat die relativ grösste Cornea. Von den 
beiden grossen Formen Hyperoodon und Delphinapterus aber hat 
der zwar grössere, aber auch in bedeutendere Tiefen tauchende 


REAL Re We, 


Die Augen der Wassersäugethiere. 317 


Hyperoodon die grössere Cornea, wie gesagt, ein Erfolg op- 
tischer Anpassung. 

Die Cornea von Phocaena communis zeigt wieder, wie die Schwächung, 
welche das Corneagewölbe durch Vergrösserung der Spannweite er- 
fährt, durch Verdickung ausgeglichen wird. Phocaena hat die relativ 
dickste Hornhaut unter den Zahnwalen. Unter allen Wassersäuge- 
thieren hat nur Odobaenus eine stärkere, im Zusammenhang mit der 
noch grössern Cornea. 

Als Wirkung thermischer Reize erscheint wieder das Auftreten 
der grossen, röhrenartigen Lymphräume, die etwas anders ausgebildet 
sind als bei den Pinnipediern (s. speciellen Theil). 

Wie aus den Textfiguren AA und BB ersichtlich, ist die Cornea 
von Phocaena ziemlich stark gewölbt. Diese Erscheinung hängt offen- 
bar damit zusammen, dass das prääquatoriale Segment bei Phocaena 
viel höher ist als bei Delphinapterus und Hyperoodon, so dass die 
Sclera nicht so sehr seitlich, sondern mehr von unten an die 
Cornea herantritt und diese daher stärker gewölbt sein muss, wenn 
die Richtung des Druckes, den sie auf die Sclera ausübt, in das 
Widerlager (die Sclera) hineinfallen soll. 

Hyperoodon hat, wie wir sahen, aus optischen Gründen eine 
grössere Cornea als Delphinapterus; soll sie trotzdem ebenso fest sein, 
so muss dies durch grössere Verdickung erreicht werden. Dieser 
theoretischen Forderung entsprechen die Thatsachen; die Cornea von 
Hyperoodon ist im Scheitel mehr als doppelt so dick wie die des 
Weisswals und auch am Rande erheblich stärker. Die thermischen 
Anpassungen in Bezug auf die Ausbildung der Lymphräume gestalten 
sich bei beiden ziemlich gleich. In der Randverdickung ist die Form 
der Lymphröhren rund oder oval, gegen die camerale Fläche hin wird 
sie lang gestreckt, und diese Gestalt haben die Lymphräume auch im 
Hornhautscheitel. Es scheint hierin eine Anpassung an die Richtung 
der Linien grösster Spannung innerhalb der Hornhäute zu liegen. 
Bei Delphinapterus sieht man z. B. im Scheitel, wie die erweiterten 
Lymphräume sich auf die Mitte der Cornea propria beschränken. 
Nach der Vorder- und Hinterfläche zu verschwinden die Röhren und 
machen ‚den engen Lymphspalten Platz (s. Taf. 2, Fig. 4). Dieses 
Bild erinnert unwillkürlich an die Vertheilung der Knochensubstanz 
im Röhrenknochen: die Markhöhle, in der sich die abscheerenden 
Kräfte gegenseitig aufheben, wird ausgespart. Ebenso werden hier die 
unterzubringenden Lymphröhren in die Mitte der Cornea gelegt, die 
Aussen- und Innenfläche dagegen werden aus eng gefügten Lamellen 


318 AUGUST PUTTER, 


aufgebaut, entsprechend der Compacta des Knochens. Noch eine An- 
passung zeigt die Hornhaut in dem Verhalten des Hornhautepithels, eine 
Anpassung, die eine vollständige Analogie zu der bei Bartenwalen be- 
schriebenen Verankerung des Epithels bildet und sicher denselben Zweck 
hat. Es sind bei den Zahnwalen (bei Phocaena konnte dies nicht fest- 
gestellt werden) die simmtlichen Zellen des Epithels von verhornter Sub- 
stanz umsponnen; die einzelnen Lamellen dieses Maschenwerks verbin- 
den sich unter kegelförmiger Verbreiterung mit der starken Elastica 
anterior (s. Taf. 2, Fig. 5). Wir sahen schon, dass auch Balaena 
mysticetus diese Art der Verhornung zeigt, und auch bei den Pinnipediern, 
bei denen ja meist die Verhornung keine Besonderheiten aufweist, finden 
sich Formen (Otaria, Halichoerus), bei denen die Existenz eines solchen 
verhornten Maschenwerks unzweifelhaft nachgewiesen werden Konnte. 

Für die Pinnipedier ist die Erklärung der Verhornung als 
mechanische Anpassung nicht sehr wahrscheinlich, und diese Be- 
funde legen vielleicht den Gedanken nahe, dass es die directe Ein- 
wirkung des Seewassers sein könnte, die die Zellen des Hornhaut- 
epithels veranlasst, eine solche Hülle auszuscheiden. Dass trotzdem 
bei den Walen der Epithelverhornung die Bedeutung einer mechanischen 
Befestigung des Hornhautepithels zugesprochen werden muss, scheint 
mir sehr wahrscheinlich und auch nicht im Widerspruch mit dem 
Vorkommen derselben Einrichtung bei Pinnipediern. Mag die Ursache 
der Verhornung bei diesen direct in der Einwirkung der 3—4proc. 
Salzlösung des Seewassers zu suchen sein, mag es sich um einen 
complicirtern Vorgang chemischer Anpassung handeln, entstanden 
scheint die Verhornung nicht unter der Wirkung mechanischer Reize. 
Es ist aber aus dieser Entstehungsgeschichte doch keineswegs 
zu deduciren, dass dieses Gebilde, wenn es einmal da ist, nicht auch 
noch mechanische Verwerthung finden könnte. Wir würden dann 
voraussetzen, die Verhornung, die primär eine chemische An- 
passung darstellte, hätte secundär die Bedeutung einer mecha- 
nischen Anpassung erhalten, die möglicher Weise für das Auge als 
Ganzes wichtiger ist als die primäre Anpassung. Dafür, dass that- 
sächlich das mechanische Moment eine Rolle bei der Form der Aus- 
bildung dieser Verhornungen zu spielen im Stande ist, scheint mir die 
Art derselben bei Balaenoptera zu sprechen, bei der nur bestimmte Be- 
zirke verhornt sind, diese aber ganz, bis zur Elastica anterior herunter, 
während die übrig bleibenden Zellen keine Verhornung erkennen lassen. 
Die chemischen Einwirkungen würden doch wohl auf gleich tiefe Zellen- 
schichten des Hornhautepithels als wesentlich gleich zu denken sein. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 31 


2. Die Selera. 

Die Function der Sclera ist erheblich einfacher als die der Cornea; 
sie ist zunächst eine mechanische und besteht darin, dem Bulbus eine 
feste Form zu verleihen. Die Dicke der Sclera ist dem entsprechend 
bis zu einem gewissen Grad von der absoluten Grösse eines 
Thiers, jeden Falls von der seiner Orbita abhängig, denn ein grösseres 
Thier hat im Allgemeinen grössere, stärkere Augenmuskeln, deren Zug 
gegenüber die Sclera in erster Linie formbeständig bleiben muss. So 
finden wir unter den Landsäugethieren die dicksten Sclerae beim 
Elephanten und Pferd und den übrigen Arten mit grossen Augen 
(LEUCKART, 31, p. 196). 

Für die Form des scleralen Antheils des Bulbus sind aber noch 
andere als rein mechanische Gesichtspunkte maassgebend, es sind 
optische Verhältnisse für sie mit bestimmend. 


Die Brennweite eines für Luft eingestellten Auges wird grösser, 
sobald das Auge in Wasser kommt, die entworfenen Bilder würden 
hinter der Retina entstehen. Um sie wieder in die Fläche der Retina 
zu bringen, muss entweder die brechkraft der Linse gesteigert oder 
die Axe des Auges verlängert werden. In so weit der letztere Weg 
eingeschlagen ist, kommen optische Anpassungserscheinungen in der 
Form der Sclera zum Ausdruck. Bei den Pinnipediern macht es 
keinen wesentlichen Unterschied, ob man bei dieser Betrachtung die 
äussern oder innern Maasse der Sclera anwendet, bei den Walen aber 
können für die Frage, ob optische Anpassung stattgefunden hat, nur 
die innern Dimensionen verwerthet werden. 

Bei den Pinnipediern ist dieser Weg wirklich eingeschlagen. Die 
relativ kürzeste Augenaxe, d. h. den am meisten elliptischen Bulbus 
hat Macrorhinus (s. speciellen Theil S. 104). Der von Phoca barbata 
ist schon viel weniger elliptisch, und der von Ph. vitulina weicht nur 
wenig von der Kugelform ab, ebenso wie der von Otaria und Hali- 
choerus. Bei Odobaenus ist die Anpassung in dieser Richtung nicht 
weit gegangen, der Bulbus ist fast so elliptisch wie bei Macrorhinus, 
es scheint also hier durch die Linse allein der Ausgleich erreicht zu 
sein. Dasselbe ist auch bei sämmtlichen Walen der Fall, Zahn- wie 
Bartenwale zeigen einen in der Richtung der Axe stark verkürzten 
Innenraum, und hier wissen wir auch durch MATTHIESSEN, dass that- 
sächlich durch ‘die erhöhte Brechkraft der Linse es ermöglicht ist, 
dass die Bilder in der Retina entstehen. 


320 AUGUST PUTTER, 


Die Sirenen wiederum haben denselben Weg eingeschlagen wie 
die Pinnipedier. Allerdings stützt sich diese Auffassung nur auf das 
Verhalten älterer Embryonen, aber es tritt zu stark hervor, als dass 
es unerwähnt bleiben dürfte. Es ist hierbei interessant, dass die Ver- 
längerung der Axe bei Halicore viel bedeutender ist als bei Manatus. 
Zum Verständniss dieser Erscheinung gelangen wir wohl, wenn wir 
daran denken, dass Manatus im Süsswasser lebt, wo, wie MAT- 
THIESSEN sagt, die Cornea „wie eine sehr schwache Collectivlinse“ 
wirkt, also immerhin noch eine geringe Unterstützung der Linse bildet, 
während sie im Seewasser „wie eine sehr schwache Dispersiv- 
linse“ wirkt, d. h. der Werth ihrer Brechkraft von dem der Linse 
subtrahirt wird. 


Natürlich ist dies nur einer der beiden möglichen Deutungsver- 
suche, es könnte ja auch die Brechkraft der Linse bei diesen beiden 
Formen so verschieden sein, dass sich daraus die verschiedenen Axen- 
längen erklärten. 


Mit dieser Erscheinung der Verlängerung der Bulbusaxe darf 
eine andere nicht verwechselt werden, die viel weiter verbreitet als 
jene bei den Wassersäugethieren vorkommt. Es ist die Erscheinung, 
dass sich das Verhältniss des prääquatorialen Segments des Bulbus 
zum Augengrund, ausdrückt in den Verhältnissen ihrer Höhen, in der 
Weise verändert, dass das prääquatoriale Segment kleiner, 
der Augengrund aber grösser wird. Beim Walross ist diese 
Vergrösserung schon deutlich erkennbar, viel stärker aber tritt sie bei 
den Zahnwalen und am stärksten beim Finwal hervor, bei dem die 
Höhe des prääquatorialen Segments nur 1:4,87 der Höhe des Augen- 
grundes beträgt. 


Die biologische Bedeutung dieser Vergrösserung liegt wohl darin, 
dass das Gesichtsfeld des einzelnen Auges hierdurch wesent- 
lich vergrössert wird. Beim Menschen und überhaupt bei den 
Formen mit flachen Linsen, kann in den peripheren Theilen der 
Netzhaut kein auch nur einigermaassen verwerthbares Bild von Gegen- 
ständen der Aussenwelt entstehen, die Brechungsverhältnisse einer 
flachen Linse sind derart, dass nur nahezu centrale Strahlen zu einem 
Bild vereinigt werden. Bei einer kugligen oder doch nahezu kugligen 
Linse ist aber auch für Strahlen, die einen bedeutenden Winkel mit 
der Axe bilden noch die Vereinigung zu Bildern möglich, und diese 
können dann, vorausgesetzt, dass die Retina in der nöthigen Ent- 
fernung von der Linse liegt, verwerthet werden. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 321 


Es handelt sich also darum, den Augengrund in der Fläche einer 
mit der Linse concentrischen Kugelschale möglichst weit auf 
Kosten des prääquatorialen Segments zu vergrössern. 


Eine solche beträchtliche Vergrösserung des Sehfeldes des ein- 
zelnen Auges ist gerade für Wale, bei denen sie ja bei weitem am 
stärksten ausgebildet ist, deshalb von grösster Bedeutung, weil sie, wie 
unten gezeigt werden soll, nicht im Stande sind, ihre Augen zu 
bewegen. Gerade durch die fortwährende Bewegung der Augen 
aber gleichen wir ja bekanntlich den Nachtheil aus, dass nur ein ge- 
ringer Theil unserer Retina scharfe Bilder erhält und dement- 
sprechend auch nur dieser Theil die Einrichtungen zu ihrer Reception hat. 


Die Dickenverhältnisse der Sclera sind wesentlich von mecha- 
nischen Momenten abhängig. 

Die Sclera der Pinnipedier bereitet dem Verständniss weit 
mehr Schwierigkeiten als die der Wale. Sie scheint durchaus unge- 
eignet, einen auch nur einigermaassen erheblichen Druck ohne Defor- 
mation auszuhalten: denn gerade im Aequator, wo der vordere Bulbus- 
theil wie ein Gewölbe auf den Augengrund sich aufsetzt, wo man also 
verstärkte Widerlager für diese Gewölbe erwarten müsste, gerade hier 
ist die Sclera derart verdünnt, dass sie am conservirten Auge Falten 
zeigt und zusammenfällt, mit Ausnahme des Walrossauges, das, ent- 
sprechend der Lebensweise des Thieres, gegen höheren: Wasserdruck 
resistent erscheint und bei dem die äquatoriale Verdünnung nur 
schwach hervortritt. 


Welchen Zweck mag die äquatoriale Verdünnung haben ? 


Für die Beantwortung dieser Frage ist vielleicht die Beobachtung 
von Werth, dass die verdünnte äquatoriale Zone gerade in der Fläche 
des knöchernen Orbitalrings liegt; der ganze vordere Bulbustheil ist 
in Fett- und namentlich auch in Muskelpolster eingebettet. Sicher ist 
er in dieser Lage häufig Zerrungen ausgesetzt. Wäre er fest mit dem 
Augengrund verbunden, so würden sich diese Zerrungen leicht im Ge- 
biet der Retina bemerkbar machen, was höchst nachtheilig für das 
Sehen wäre Die Pars optica retinae reicht aber nur bis zum 
Aequator, hier geht sie in das Epithel der Ciliarfortsätze über. 
Wenn nun der vordere Bulbusabschnitt, der keine recipirenden 
Elemente enthält, in Folge der äquatorialen Verdünnung gelenkartig 
gegen den Augengrund verschiebbar ist, so hat eine Zerrung dieses 
Theils für das Sehen nichts zu bedeuten. 

Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 91 


322 AUGUST PÜTTER, 


Dieser Erklärungsversuch soll übrigens nur mit grösster Reserve 
gewagt werden ob er das Richtige trifft, lässt sich zur Zeit nicht 
entscheiden. 

Die Verdickung der Sclera im Augengrund dürfte wesentlich unter 
dem Gesichtspunkt der Formbeständigkeit des Bulbus gegenüber dem Zuge 
der starken Augenmuskeln, besonders der Retractoren, zu beurtheilen sein. 

Wesentlich klarer liegen die Verhältnisse bei den Walen. Auch 
ihre Sclera hat einen Bezirk, in dem sie erheblich verdünnt ist. Es 
ist hier aber nicht die äquatoriale Zone, sondern vielmehr der vor 
dem Aequator gelegene Sulcus corneae, den die Verdünnung trifft. 

Das mechanische Princip, das dieser Einrichtung zu Grunde liegt, 
die bei den beiden Ordnungen der Wale getroffen ist, ist nicht schwer 
einzusehen. Wir sahen vorher bei Betrachtung der Cornea, dass unter 
den hier gegebenen Verhältnissen eine flache Cornea dem Druck gegen- 
über viel widerstandsfähiger ist als eine stark gewölbte. Dasselbe 
Princip kommt hier zur Anwendung: Das vor dem Aequator gelegene 
Segment des Bulbus ist bei den meisten Thieren nicht viel schwächer 
gewölbt als der Augengrund, bei den Walen aber ist die Wölbung 
dieses Theils, der hier in seiner ganzen Ausdehnung dem Sulcus 
corneae entspricht, ungemein flach. 

Betrachten wir die schon im Aequator mächtig dicke Sclera als 
das Widerlager, über das der Suleus corneae gewölbt ist, so haben wir 
wieder ein flaches Gewölbe mit starken Widerlagern und dünnem Ge- 
wölbescheitel, dessen Druckrichtung in das Widerlager hineinfällt, also 
gut fundirt ist. 

Ob übrigens nicht auch bei Walen das Moment der Formbestän- 
digkeit des Bulbus gegenüber dem Zuge der mächtigen Augenmuskeln 
eine grössere Bewerthung verlangt, als in der obigen Darstellung ge- 
schehen, das ist eine Frage, über die ich nicht zu voller Klarheit ge- 
langt bin. 

Sehr wahrscheinlich ist der Mechanismus der Formbildung der 
Sclera überhaupt viel complicirter, als es nach der gegebenen Dar- 
stellung scheint, doch wären zu seiner Aufklärung Kenntnisse in der 
höhern Mathematik erforderlich, wie ich sie nicht besitze. 


Bulbusgrösse. 


Es mögen hier einige Bemerkungen über die Grösse der Bulbi 
im Vergleich zur Grösse der ganzen Thiere Platz finden. 

Aus optischen Gründen ist für ein Wasserthier, das bei schwacher 
Beleuchtung zu sehen hat, ein grosser Bulbus wünschenswerth, aus 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 323 


mechanischen dagegen ein kleiner, der leichter widerstandsfähig gegen 
Druck construirt werden kann. 

Unter den Pinnipediern haben Ofaria und Macrorhinus die relativ 
grössten Bulbi, sie sind im Vergleich zur Länge der Thiere etwa 
ebenso gross wie das menschliche Auge. 

Kleiner sind die Bulbi des Genus Phoca, aber auch sie sind noch 
recht gross. Den bei weitem kleinsten Bulbus, der nicht ganz !/, der 
relativen Grösse erreicht, die Macrorhinus aufweist, hat Odobaenus, 
in Anpassung an seine Lebensweise. Walross und Elefantenrobbe 
können in dieser Hinsicht verglichen werden, da sie in ihrer absoluten 
Körperlänge einander ziemlich nahe stehen. Für Thiere, die sehr 
verschieden gross sind, lässt sich die Vergleichung nicht durchführen, 
da das Wachsthum des Auges mit dem des übrigen Körpers erfahrungs- 
gemäss nicht gleichen Schritt hält, so dass kleine Thiere ceteris 
paribus relativ grössere Augen haben als grosse. 

Dieses Moment müssen wir bei Betrachtung der Walaugen be- 
rücksichtigen. Die Bartenwale lassen sich wegen ihrer enormen Grösse 
mit keiner der andern Gruppen vergleichen, sondern nur unter einander. 
Es wurde schon im speciellen Theil hervorgehoben (s. S. 225), dass 
das Auge der Glattwale sehr erheblich viel kleiner ist als das der 
Furchenwale, während diese unter einander gut übereinstimmen. 

Unter den Denticeten hat wieder die kleinste Form Phocaena 
das relativ grösste Auge, sie kann kaum mit den um das Mehrfache 
grössern Formen Delphinapterus und Hyperoodon verglichen werden. 
Diese aber sind in ihrer Länge nicht so sehr verschieden, so dass 
wir, wenn sie unter gleichen Lebensbedingungen lebten, etwa gleich 
grosse Bulbi bei ihnen erwarten könnten. Wenn nun Hyperoodon 
einen relativ so wesentlich kleinern Bulbus hat als der Weisswal, so 
muss man dies wohl auf Rechnung mechanischer Anpassung setzen. 


Asymmetrie des Bulbus. 


Bei den Pinnipediern sind die Bulbi durchaus symmetrisch 
gebaut, bei den Walen dagegen findet man durchgängig eine sehr 
deutlich erkennbare Asymmetrie. 

Beim Finwal ist der obere und temporale Abschnitt des Bulbus 
beträchtlich grösser als der untere nasale. 

Bei den Zahnwalen tritt die Asymmetrie in der horizontalen Axe 
nicht hervor, sehr deutlich aber macht sie sich in verticaler Richtung 
bemerklich, und es ist stets der obere Theil des Bulbus der grössere. 
Nur beim Weisswal tritt die Asymmetrie kaum hervor. 

91* 


a 


324 AUGUST PUTTER, 


Diese Vergrösserung des obern Bulbusabschnitts weist darauf 
hin, dass er besonders functionell beansprucht wird, hier haben wir, 
wie unten noch aus andern Gründen gezeigt werden wird, den Bezirk 
des deutlichsten Sehens zu suchen, womit schon gesagt ist, dass die 
wichtigste Gegend des Gesichtsfeldes für den Wal nach unten liegt, 
eine Anschauung, die noch mehrfach begründet werden wird. 

Die Asymmetrie des Bulbus weist auch auf geringe oder gänzlich 
mangelnde Beweglichkeit hin. Wir dürfen zwar nicht die Kugelform 
als Bedingung starker Beweglichkeit postuliren, immerhin aber doch 
eine symmetrische Gestalt, die Gestalt eines „Rotationskörpers“. 


3. Chorioidea und Tapetum lucidum. 


Die eigentliche Aderhaut hat die Function, das Auge zu er- 
nähren, speciell dem Sinnesepithel der Retina reichlich Blut und mit 
ihm Nahrungsstoffe zu- und Zerfallsproducte wegzuführen. Bei den 
Augen der Wassersäugethiere käme vielleicht noch die durch starke 
Ausbildung der Chorioidea bewirkte Erwärmung in Betracht. Nun 
aber gewinnt bei den Wassersäugern ein Theil der Chorioidea eine 
ganz besondere eigenthümliche Ausbildung und übernimmt eine der 
Chorioidea im übrigen fremde optische Function. Es ist die auch 
bei andern Thieren weit verbreitete Schicht der Chorioidea, die man 
allgemein als Tapetum lucidum bezeichnet. Seine Wirkungsweise 
ist durchaus nicht klar, vielleicht ist der im Folgenden geäusserte 
Gedanke geeignet, ein Verständniss derselben zu eröffnen. 

Alte wie neue Forscher sind darüber im Wesentlichen einig, dass 
das Tapetum lucidum dazu dient, das Sehen bei schwacher Beleuchtung 
zu ermöglichen. Schon Bricke sprach dies 1845 aus, und seine An- 
schauung ist bis heute durch keine neue ersetzt. Er sagt (9, p. 388): 
„Ich habe gezeigt, wie in der That ein Thier, welches ein Tapetum 
besitzt, da noch deutlich sehen kann, wo ein anderes Thier mit 
gleicher Reizbarkeit der Nervenhaut, aber ohne Tapetum, sich schon 
im Dunkeln befindet.“ Auch BERLIN äussert sich in diesem Sinne. 

Es entsteht nun aber die Frage, in welcher Weise das Tapetum 
diese Wirkung zu Stande bringt. BRÜCKE giebt folgende Erklärung: 
Das Licht geht durch die Netzhaut und reizt dieselbe; dann wird es 
am Tapetum reflectirt, geht abermals durch die Netzhaut und reizt 
dieselbe Stelle auf ihr noch einmal. Durch diese Summation, 
durch die doppelte Einwirkung desselben Bildes auf die gleiche 
Netzhautstelle wird der Schwellenwerth für die Netzhaut überschritten, 


Die Augen der Wassersäugethiere. 325 


und das Bild kann nun wahrgenommen werden. Es entsteht also 
nach dieser Anschauung das Bild doppelt, jeder Lichtpunkt wird 
zweimal an derselben Netzhautstelle abgebildet. 

Die für diese Theorie günstigste Voraussetzung ist offenbar die, 
dass das Tapetum wie ein optisch fehlerfreier Spiegel wirkt. Aber 
selbst unter dieser Annahme kann das Bild eines Punktes nicht doppelt 
entstehen. Das Tapetum würde nämlich einen Hohlspiegel dar- 
stellen, ein solcher aber entwirft von Lichtpunkten, die innerhalb seiner 
Brennweite liegen, überhaupt keine reellen Bilder, sondern nur 
virtuelle hinter dem Spiegel. Vor demselben entstehen nur Zer- 
streuungskreise. 

Es wäre nun ja leicht möglich, dass diese angenommenen Zer- 
streuungskreise sehr klein wären und so das Sehen noch beförderten, 
aber wir haben ja die falsche Voraussetzung gewählt, dass das 
Tapetum ein Spiegel sei, das ist es in der That nicht. Es stellt 
vielmehr eine rauhe Fläche dar, was, abgesehen von allem andern, 
schon durch den Durchtritt der Gefässe der Chorioidea bewirkt wird. 
Makroskopisch erscheint das Tapetum wie von lauter Nadelstichen 
dicht durchbohrt. Das Licht dringt nun in das Tapetum ein und 
wird in den verschiedenstenRichtungen ganz unregelmässig 
reflectirt. Von der Entstehung eines secundären Bildes 
kann nicht im entferntesten die Rede sein, die Netz- 
haut wird ganz diffus gereizt. 

BrÜCKE gelangt zu seiner Anschauung durch folgende Alternative: 
entweder muss das Licht nach seinem Durchgange durch die Retina 
absorbirt werden (wie beim Menschen), oder wenn es reflectirt wird 
wie bei den Tieren mit Tapetum, muss das reflectirte Licht die- 
selbe Netzhautstelle reizen, die es vorher gereizt hat, denn eine 
diffuse Beleuchtung der Netzhaut müsste das Sehen beträchtlich 
stören. 

Diese Problemstellung ist falsch, Es hat sich vielmehr die 
Theorie der Wirkung des Tapetums mit den folgenden beiden 
Thatsachen abzufinden. 

1) Thiere mit Tapetum sehen ceteris’ paribus bei schwacher 
Beleuchtung besser als solche ohne Tapetum. 

2) Bei Thieren mit Tapetum ist in dem Bezirk desselben die Netz- 
haut vollständig diffus (schwach) beleuchtet. 

Die Frage ist nun die: Können wir uns ein Bild davon machen, 
wie eine solche diffuse „Nebenbelichtung“ der Retina förderlich 
für das Sehen im Dämmerlicht ist? 


326 AUGUST PUTTER, 


Ich glaube, diese Thatsache widerspricht unsern allgemeinen 
physiologischen Anschauungen in keiner Weise, wir kennen vielmehr 
Erscheinungen, die nach meiner Ansicht vollständige Analogien zu 
derselben bilden. 

Es sind alle die Fälle, in denen durch schwache oder sogar sub- 
minimale Reize (letzteres trifft hier vielleicht noch besser zu) die 
Erregbarkeit der lebendigen Substanz erhöht wird. Ge- 
rade im Nervensystem spielen diese Erscheinungen eine grosse Rolle. 


Exner!) hat sie unter der Bezeichnung der „Bahnung“ beschrieben. 
Das Experiment, welches das Vorhandensein einer solchen Bahnung 
beweist, ist folgendes: Eine Kaninchenpfote wird durch den elek- 
trischen Strom subminimal gereizt, sie bleibt also in Ruhe. Lässt man 
nun vom Gehirn aus einen gleichfalls subminimalen elektrischen Reiz 
auf die Pfote einwirken, so summiren sich diese Reize, und es kommt 
zu einer Zuckung. War schon bei peripherer Reizung eine Zuckung 
vorhanden, so wird sie verstärkt. 

In vollständiger Analogie hiermit kann man sich den Vorgang im 
Auge in folgender Weise denken: Wenn im schwachen Dämmerlicht 
auf der Netzhaut eines Thieres, das kein Tapetum hat, ein Bild 
entworfen wird, so kann dies nicht mehr wahrgenommen werden. Wird 
dagegen die Netzhaut ausser durch das Licht des Bildes noch durch 
die an sich subminimalen Lichtreize erregt, die das Tapetum 
ganz diffus aussendet, so wird durch diese Unterschwellenreize die 
Erregbarkeit der Retina so weit gesteigert, dass das Bild, 
welches ohne Tapetum nicht gesehen werden könnte, jetzt zur Re- 
ception gelangt. 

Diese Auffassung der Wirkung des Tapetums, nach der sein Werth 
darin liegt, dass es die Erregbarkeit der Retina durch Zu- 
sendung subminimaler Reize steigert, hat den Vortheil, dass 
sie sich auch auf andere Erscheinungen anwenden lässt, die meines 
Wissens zur Zeit noch nicht dem physiologischen Verständniss näher 
gebracht sind. Ich meine das Auftreten des sog. aphakischen 
Raumes bei Tiefseefischen, wie es besonders TH. BEER beschreibt 
und abbildet. 

Es giebt Tiefseefische, bei denen die Iris so schmal ist, dass sie 
nasal und temporal nicht den Linsenrand bedeckt, es entsteht dadurch 


1) Entwurf einer physiologischen Erklärung der psychologischen 
Erscheinungen, 1894; citirt nach ApamKinwicz: Ueber die sogenannte 
„Bahnung“, in: Z. klin. Medic., 1898. 


1 


Die Augen der Wassersäugethiere. 327 


zwischen diesem und dem Pupillarrand der Iris jederseits eine Oeffnung, 
durch die Lichtstrahlen in das Auge dringen können, ohne die Linse 
passirt zu haben. Dies ist also fraglos eine Nebenbelichtung, 
durch die das Innere des Bulbus diffus erleuchtet wird. Bei 
heller Beleuchtung würde eine solche allerdings sehr störend sein, bei 
den geringen Lichtstärken aber, um die es sich bei Tiefseefischen 
handelt, ist sie offenbar von Nutzen, und dieser Nutzen kann wohl 
nur darin bestehen, dass die Erregbarkeit der Retina durch die diffuse 
Nebenbelichtung gesteigert und diese so fähiger gemacht wird, die 
auf ihr entworfenen lichtschwachen Bilder zu recipiren. Wie wir durch 
Braver’s (115) neue Publication wissen, fehlt bei manchen Tiefsee- 
fischen die Iris überhaupt völlig, diese stellen also eine Weiterbildung 
der von BEER beschriebenen Verhältnisse dar. 

Die Erwähnung des aphakischen Raumes bei Tiefseefischen 
ist übrigens keine Abschweifung vom Thema, denn wie unten bei Be- 
sprechung der Iris gezeigt werden soll, ist es als sicher anzusehen, 
dass auch bei Walen sich diese Einrichtung findet. 

Endlich bin ich in der Lage, noch eine Erscheinung mittheilen 
zu können, die unter dem gleichen Gesichtspunkt wie das Tapetum 
lucidum und der aphakische Raum zu betrachten sein dürfte. 


Braver (115) hat eine neue Gruppe von Leuchtorganen bei 
Tiefseefischen beschrieben, die am Rande des Auges sitzen und 
nach aussen durch Pigment abgeblendet sind, so dass sie ihr 
Licht nur in das Auge selbst hineinwerfen können!). 


Ueber die Bedeutung dieser Organe war BRAUER noch zu keiner 
endgültigen Ansicht gekommen, Der Thatbestand ist hier ganz ähn- 
lich wie beim aphakischen Raum: es gelangt Licht, in diesem 
Falle von einem Theile des Thieres selbst ausgehend, in das Auge 
und bewirkt offenbar eine diffuse Erleuchtung des Augen- 
hintergrundes. Die Bedeutung dieser Einrichtung glaube ich nur 
darin sehen zu können, dass auch hier wieder durch schwache 
Nebenbelichtung die Erregbarkeit der Retinaelemente 
derart gesteigert wird, dass sie nunmehr im Stande sind, auf die 
schwachen Reize des lichtschwachen Retinabildes hin anzusprechen. 

Noch eine Frage ist hier zu erörtern, die Frage nach der Ent- 
stehung der Farben des Tapetums. Die einfachste Möglichkeit 


1) Wie ich aus einer mündlichen Mittheilung weiss, hat Herr Prof. 
Brauer diese Leuchtorgane viel weiter verbreitet gefunden, als aus 
seiner ersten vorläufigen Publication ersichtlich ist. 


328 AUGUST PUTTER, 


hat BrÜCKE ausgesprochen. Er sagt: Das Tapetum fibrosum besteht 
aus Fasern, die wellenförmig gekrümmt, glatt und durchsichtig sind 
und (9, p. 396) „durch Lichtinterferenz die Farben des Tapetums“ 
veranlassen. Das Tapetum cellulosum „besteht nur aus Zellen, die als 
dünne Plättchen Lichtinterferenz und dadurch die Farben des Tapetums 
erzeugen“. 

Wären es die Fasern oder Zellblättchen, die als Ganzes das 
Licht reflectiren oder beugen, so müsste eine Aenderung dieser Ele- 
mente in Bezug auf ihre Dicke eine Veränderung der Farbe zur Folge 
haben, wie man an jeder Seifenblase sehen kann. Das ist aber nicht 
der Fall. Unter meinem Material befanden sich einige recht schlecht 
conservirte Stiicke, an denen die Zellen des Tapetums deutlich ge- 
quollen oder in anderer Weise deformirt waren, trotzdem aber sah 
man an ihnen noch vollständig die charakteristischen Farben des 
Tapetums, wie sie an frischem oder gut conservirtem Material fest- 
gestellt werden konnten. 

Die Farben müssen von bestimmten in den Zellen enthaltenen 
Körpern herrühren, das lehrten folgende Versuche. Alle Augen, die 
in 10-proc. Salpetersäure conservirt wurden, verloren binnen weniger 
Stunden die Farben des Tapetums vollständig; ich versuchte dies an 
Phocaena wie auch am Rind und Pferd. Bei einem Stück Tapetum 
vom Rind, das ich mit Salzsäure übergoss, verschwand die Farbe so- 
fort unter Gasentwicklung (CO, ?). 

Es war anzunehmen, dass die fraglichen Körper in Form von 
Mikrokrystallen in den Zellen des Tapetums abgelagert seien und 
diese Vermuthung wurde bestätigt durch Untersuchung im polari- 
sirten Licht. Zwischen den gekreuzten Nicols erscheint das Tapetum 
hell auf schwarzem Grunde. 


Es ist also für das sogenannte Tapetum fibrosum der Nachweis ge- 
liefert, dass Mikrokrystalle die Farben verursachen. Für das Raub- 
tiertapetum, ein sogenanntes Tapetum cellulosum, ist schon vor 30 Jahren 
der Nachweis von Mikrokrystallen erbracht worden !). 


Ob aber diese Mikrokrystalle beim Tapetum cellulosum für die 
Erzeugung der Farben die Rolle spielen wie im Tapetum fibrosum, 
scheint nach einer Beobachtung von JOHNSON (120) zweifelhaft, welcher 
fand, dass bei Carnivoren der Fundus die glänzenden Farben, die das 


1) Die Originalarbeit von M. Schutze war mir nicht zugänglich: 
Sitzung der medic. Section d. Niederrhein. Ges. f. Natur- und Heil- 
kunde in Bonn, 27. November 1871. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 329 


Augenspiegelbild bietet, nur dann zeigt, wenn der Chorioidea noch das 
„retinal pigment“ anhaftet, das unter dem Einfluß des Lichtes bald 
verblasst. Pinselt man dasselbe ab, bevor es noch verblasst ist, so 
findet man darunter die Chorioidea von schmutzig weisser verwaschener 
Farbe wie ungegerbtes Leder. Beim Tapetum fibrosum der Ungulaten 
dagegen bleibt die Farbe nach völliger Entfernung der Retina glänzend 
lebhaft. Das ,,retinal pigment“ hat dieselbe Farbe wie bei den Carni- 
voren, die sich mit der Eigenfarbe des Tapetum fibrosum combinirt. 


Die Chorioidea. 

Für die Entwicklung der Chorioidea der Wassersäuge- 
thiere ist ihr enormer Blutreichthum charakteristisch, eine Eigenthüm- 
lichkeit, die ja bei ihnen überhaupt sehr weit verbreitet ist, so dass man 
vielleicht annehmen muss, dass, abgesehen von der speciellen Function 
der Aderhaut für das Auge, dieselbe hier auch noch als Blutreservoir 
dient, eine Function, die in weitem Umfange von den venösen Ge- 
flechten übernommen wird, die ja bei Wassersäugern so weit im ganzen 
Körper verbreitet sind. 

Bei weitem die dünnste Chorioidea hat unter den Wassersäugern 
Macrorhinus, sie ist relativ sogar etwas dünner als die menschliche. 
Mit der zunehmenden Anpassung an das Wasserleben steigert sich die 
Dicke fortwährend, sie ist beim Genus Phoca relativ fast 10mal so 
bedeutend und bei Odobaenus sogar mehr als 12mal. 

Der Finwal hat eine Chorioidea, die relativ fast ebenso dick ist 
wie die bei Phoca. Unter den Zahnwalen hat Phocaena die relativ 
dünnste, doch ist auch sie fast 7mal so dick wie bei Macrorhinus. 
Bei weitem am stärksten aber ist die Entwicklung bei Delphinapterus 
und Hyperoodon, bei letzterm ist sie fast 40mal so dick wie bei 
Macrorhinus, d. h. etwa 30mal so dick (relativ!) wie beim Menschen. 
Ausserdem tritt besonders bei Hyperoodon eine erhebliche Verschieden- 
heit der Entwicklung in den einzelnen Theilen des Bulbus zu Tage, 
die Dicke schwankt um mehr als das Doppelte. Am stärksten ist sie 
im obern Theil des Bulbus ausgebildet. Verschiedene Anzeichen 
sprechen dafür, dass hier im obern Bulbusabschnitt der Bezirk des 
besten Sehens liegt, der dem entsprechend auch die stärkste Nahrungs- 
zufuhr erhält. 

Den Abfluss der Aderhautgefässe bilden die Venae vorticosae. 
In ihrer Zahl und Anordnung zeigen sie manche Verschiedenheiten, 
Es ist wohl nicht viel Werth auf die Zahl der Venen als unterschei- 
dendes Merkmal zu legen, da sie anscheinend sogar grossen indivi 


330 AUGUST PUTTER, 


duellen Verschiedenheiten unterliegen. Bei Phoca vitulina fand ich 
beim Neugeborenen und einem Erwachsenen 5 Venen, und sie waren 
verschieden vertheilt, beim Neonaten lagen 2 oben, je eine in den 
andern Meridianen, beim Erwachsenen dagegen lagen 2 unten, oben 
dagegen nur eine. Ein zweites erwachsenes Exemplar aus der Ostsee 
zeigte 6 Venen, oben und unten je zwei. Die Venen sind ausserdem 
verschieden dick, so sind z. B. bei Macrorhinus und Ph. barbata die 
beiden nasalen Venen stärker als alle übrigen. Die auffallendste 
Vertheilung der Venen unter den Pinnipediern zeigt aber Odobaenus: 
unten verläuft eine schwache Vene, oben zwei, gleichfalls nur kleine, 
temporal sieht man zwei Venen wie die obern dicht neben einander 
verlaufend. Nasal findet sich zunächst eine grosse Vene, deren Breite 
1 mm beträgt, ausserdem aber noch mehrere geschlängelt in der 
Sclera verlaufende Gefässe, deren Ursprung und Ende nicht genau 
festzustellen war. 

Die Vortexvenen entspringen bei den Pinnipediern stets im Aequator 
des Bulbus und durchbrechen hier sogleich die Sclera an ihrer dünn- 
sten Stelle. 

Unter den Denticeten haben Phocaena und Hyperoodon 4 Venae 
vorticosae, die in den Hauptmeridianen des Bulbus verlaufen, Delphin- 
apterus dagegen hat 5, 2 davon gehören dem obern Bulbusab- 
schnitt an. 

Am interessantesten ist das Verhalten der Venae vorticosae aber 
bei Balaenoptera physalus. Es ist bei ihm die Aufgabe zu lösen, 
durch die mächtig verdickte Sclera des stark elliptischen 
Bulbus die Venen hindurchzuführen. Dies ist in folgender Weise 
gelöst. Von dem mächtigen Geflecht der Ciliargefässe, das bekannt- 
lich den Opticus der Wale umhüllt, dringen in horizontaler 
Richtung nasal und temporal je ein Ausläufer in die Sclera ein bis 
weit nach vorn in die Nähe der Grenze des Augengrundes gegen 
den Suleus corneae. Die Verbindung zwischen diesem Raum und den 
Gefässen der Chorioidea bildet eine einfache Röhre, die für die Vortex- 
vene Platz bietet. Oben und unten fehlen diese Ausläufer völlig, 
trotzdem müssen hier aber Röhren in der Sclera ausgespart bleiben, 
die es der obern und untern Vena vorticosa möglich machen, den 
Bulbusraum zu verlassen. Diese Röhren sind nur dünn und treten, 
ohne den grossen Plexus der Ciliargefässe zu erreichen, bald aus der 
Sclera aus. Die horizontalen Vortexvenen verlaufen in den Ausläufern 
des Plexus. 

Der Grund für den grossen Unterschied im Verlauf der Venen 


Die Augen der Wassersäugethiere. 331 


ist ein rein mechanischer. Der Bulbus hat die Form eines Ellip- 
soids, ein solcher Körper aber hat zwei Indifferenzzonen, in 
denen sich alle Kräfte gegenseitig aufheben, ganz wie die abschee- 
renden Kräfte im Innern der Röhrenknochen. So wie bei diesen 
die Markhöhle, werden auch hier diese Räume ausge- 
spart. Die Indifferenzzonen liegen aber in der Richtung der grossen 
Axe, also horizontal, und zwar in der Brennlinie des Ellip- 
soids. Da die Sclera durch zwei Ellipsoide begrenzt ist, deren 
Axen gegen einander verschoben sind, würde eine genaue Berechnung 
der Indifferenzzone wohl schwierig sein; sie ist aber auch für unsern 
Zweck überflüssig, da schon ohne zahlenmässige Berechnung angegeben 
werden kann, dass die Gegend der Ausläufer desPlexus eben 
die der Indifferenzzonen sein muss. In der Richtung der 
Kleinaxe giebt es Keine solche Zone, und so ist hier nur der für die 
Vortexvenen absolut notwendige Raum aufgespart. Auch Balaena 
mysticetus zeigt dieselbe Anordnung. 

Bei den Zahnwalen finden wir keine solchen Plexusausläufer. 
Der Grund, weshalb hier die Ausläufer, auch die horizontalen, fehlen, 
liegt wohl darin, dass die Bulbi der Zahnwale nicht so stark elliptisch 
sind wie die der Bartenwale. Es verlaufen hier alle 4 oder 5 Vortex- 
venen als feine Röhren unmittelbar unter der Oberfläche der Sclera 
und verlassen sie bald. Eine Andeutung der horizontalen Ausläufer 
ist übrigens doch vorhanden. Nahe dem hintern Augenpol ist die 
Sclera ziemlich stark elliptisch, und hier dringt nasal und temporal 
vom Opticus der Plexus der Ciliargefässe allerdings nur wenige mm 
tief in die Sclera ein. 

Escuricut hat ein Gebilde beschrieben, das er Sinus circu- 
laris chorioideae nennt. Er glaubt, es läge im Aequator des 
Bulbus ein „kreisförmiger Blutbehälter“, aus dem die Vortexvenen 
(deren er für Phoca vitulina 5 angiebt) entspringen. Von aussen, wo 
im dünnen Aequator die dunkle Chorioidea durch die Sclera durch- 
schimmert, macht es allerdings den Eindruck, als läge hier ein breiter 
Blutraum. Das ist aber nicht der Fall, der Bau der Chorioidea ist 
hier ganz derselbe wie an andern Stellen, höchstens ist das Stratum 
vasculosum stärker entwickelt. Bei Phoca barbata ist die Chorioidea 
im Aequator sehr erheblich verdickt (s. Fig. C [S. 116] ä.ch), doch 
kommt diese Verdickung nur in geringem Maasse durch Vermehrung 
oder Vergrösserung der Blutgefiisse zu Stande, sondern durch die 
starke Entwicklung der glatten Musculatur, die im Zusammenhang mit 
dem Musculus ciliaris behandelt werden wird. 


332 AUGUST PUTTER, 


Der ungemein reichen Versorgung mit Blut, die das Auge der 
Wassersäugethiere erfährt, entspricht auch eine stärkere Entwicklung 
der Lymphräume. Sie bezieht sich besonders auf den perichorioiden 
Lymphraum. 

Bei allen Wassersäugethieren stellt die Lamina suprachori- 
oidea ein weitmaschiges Gewebe zarter Fasern dar und enthält viel 
Lymphgerinnsel. Besonders auffallend zeigt unter den Pinnipediern 
Phoca vitulina diese Eigenschaft. Hier wird der perichorioide Lymph- 
raum bis 1 mm dick und besteht aus etwa 12 über einander liegenden 
Lamellensystemen, die die einzelnen Abtheilungen des Raumes be- 
grenzen. 

Viel weiter noch gehen in der Ausbildung dieses Raums die Zahn- 
wale. Bei Hypervodon hat er eine maximale Dicke von 3,2 mm, seine 
sehr ungleichmässige Ausbildung ist im speciellen Theil (s. S. 276) be- 
schrieben. 

Für die Pinnipedier allein ist noch charakteristisch die Ge- 
staltung des Ligamentum pectinatum, das bei der Besprechung 
der Iris seine Darstellung finden wird. 


Das Tapetum lucidum. 


Wir kommen nun zur Betrachtung des interessantesten Theils der 
Chorioidea, zum Tapetum lucidum. Es ist bei den Wassersäuge- 
thieren viel ausgedehnter als bei irgend einer andern Säugethiergruppe 
und erfüllt hier überall fast den ganzen Augengrund. 

Dabei kann als durchgängig geltende Regel aufgestellt werden, 
dass es oben und aussen stärker entwickelt ist als unten (und 
zuweilen innen). Die stärkere Entwicklung spricht sich meist darin 
aus, dass es weiter gegen die Linea terminalis retinae heranreicht, 
zuweilen aber auch in der Farbe. Die Farbe ist bei den Pinnipediern 
meist ein stumpfes Graublau, bei Odobaenus zeigt es etwas metallischen 
Glanz. Das Genus Phoca ist ausgezeichnet durch ein stark metallisch 
glänzendes gelbes Tapetum. 

Beim Finwal ist der Unterschied in der Aa des Tapetums 
im obern und untern Bulbusabschnitt sehr erheblich. Die Farbe ist 
ein metallisch glänzendes Spangrün, das am Rande durch Blau in das 
Braun der Chorioidea übergeht. 

Die 3 untersuchten Zahnwale haben alle verschieden gefärbte 
Tapeta. Phocaena gelbgrün, Hyperoodon hellgelb und Delphinapterus 
ein sehr helles weissliches Gelb. Die schwächere Ausbildung im 
untern Bulbustheil tritt deutlich hervor. Ausserdem ist bei Phocaena 


u 


Die Augen der Wassersäugethiere. 333 


noch ein Bezirk im äussern Bulbustheil zu erwähnen, der lebhaft blau 
gefärbt ist. 

Das Tapetum bezeichnet nach der gewöhnlichen Anschauung den 
Bezirk des deutlichsten Sehens; wenn es so allgemein verbreitet ist 
wie bei den Wassersäugethieren, so könnte man daraus schliessen, 
dass hier kein Bezirk der Retina besonders bevorzugt wäre. Das ist 
aber doch nicht richtig; wie bei Besprechung der Retina gezeigt 
werden wird, ist wenigstens für Phoca vitulina eine Area centralis 
nachgewiesen. 

Wenn wir uns zunächst nur an die Verhältnisse des Tapetums 
halten, so würden wir annehmen, dass Phocaena einen besonders aus- 
gezeichneten Bezirk schärfsten Sehens hätte, der durch den blau ge- 
färbten Bezirk im äussern Bulbustheil bezeichnet würde, und diese 
Annahme scheint auch berechtigt. 

Ein Tapetum scheint überhaupt für die Wassersäugethiere um so 
werthvoller zu sein, je mehr sich seine Farbe dem kurzwelligen Theil 
des Spectrums nähert. Schon in geringer Tiefe giebt es im Meere ja 
fast nur blaugrüne Strahlen, ein gelbes Tapetum kann diese natürlich 
nicht entfernt in dem Maasse reflectiren wie ein grünes oder blaues, 
durch letztere Farben wird das Licht der Tiefe am besten ausgenutzt. 
Dass gerade diese Farben sonst sehr selten bei Säugethieren vor- 
kommen (JOHNSON, 120), spricht wohl auch für eine besondere An- 
passung. 

Dem Bau nach unterscheidet man seit langem Tapeta cellulosa 
und Tapeta fibrosa. Durchgreifend ist diese Unterscheidung keines- 
wegs, denn auch die Tapeta der letztern Art sind aus richtigen Zellen 
aufgebaut, in deren Mitte man den Kern deutlich erkennt. Die Be- 
zeichnung dieser lang gestreckten, an den Enden zugespitzten Zellen 
als Fasern scheint mir nach der Lage des Kerns unzulässig. Handelte 
es sich wirklich um Fasern, die von Zellen ausgeschieden wurden, so 
würde der Kern nicht mitten im Verlauf dieser Faser zu finden sein, 
sondern er würde ihr seitlich anliegen. 

Das Tapetum der meisten Pinnipedier ist ein typisches Tapetum 
cellulosum und scheint mit reinen, im Querschnitt rechteckig er- 
scheinenden Zellen durchaus und wesentlich verschieden von dem 
Tapetum fibrosum der Wale. Wenn man aber das Tapetum von 
Halichoerus betrachtet, so findet man so lang gestreckte faserförmige 
Zellen, dass man fast versucht ist, hierin eine der beliebten „Ueber- 
gangsformen“ zu sehen, durch die die anscheinende Kluft zwischen 
Tapetum cellulosum und fibrosum zwangslos überbrückt wird. 


334 AUGUST PÜTTER, 


Ich glaube also, dass es nicht berechtigt ist, mit dem Namen 
Tapetum cellulosum und fibrosum die Vorstellung zweier wesentlich 
verschiedener Gebilde zu verbinden. 


4. Corpus ciliare. 

Bei der biologischen Betrachtung des Corpus ciliare müssen wir 
die Grundplatte von den Ciliarfortsätzen trennen. Die Grundplatte 
hat im Wesentlichen den Bau der Chorioidea, nur fehlt die Chorio- 
capillaris. Als neues Element tritt dagegen die ciliare Musculatur 
hinzu. 

Wir müssen 2 Ciliarmuskeln unterscheiden: den eigentlichen 
Accommodationsmuskel der Säugethiere, den circulär verlaufenden 
Musculus ciliaris s. str. und den meridional verlaufenden, den 
wir nach BRÜCKE Musculus tensor chorioideae nennen wollen. 
Die Wirkung des circulären Muskels, die Entspannung der Zonula 
ciliaris ist allgemein anerkannt. 

Nicht so klar dagegen ist die Function des Tensor chorioideae. 
Er reicht ja weit über die Grenzen des Corpus ciliare hinaus, beim 
Menschen wissen wir (F. E. SCHULZE), dass die ganze Chorioidea von 
einem Netz von Muskelfasern umzogen wird. FUKALA (107) vertritt 
die Ansicht, dass dieses Muskelnetz, das die ganze Chorioidea und 
damit den Glaskörper umfasst, die Aufgabe habe, als Antagonist 
der Augenmuskelpresse (4 Recti, 2 Obliqui, bei vielen Thieren 
ausserdem die Retractores bulbi) zu wirken, die beständig geringe 
Deformationen, Zerrungen der Augenhäute bewirke. 

Eine solche Function wäre sehr wohl denkbar, vielleicht aber 
stellen sich bei den Wassersäugethieren die Sachen doch wesentlich 
anders. Die einzelnen Ordnungen unterscheiden sich aber so sehr 
von einander, dass sie einzeln betrachtet werden müssen. 

Der Musculus ciliaris s. str. ist fast nur noch bei den Pinni- 
pediern vorhanden, und auch hier ist er sehr schwach entwickelt, 
am besten noch bei Macrorhinus, doch besteht er selbst bei diesem 
Thier nur aus wenigen Bündeln. 

Der Tensor chorioideae ist dagegen ziemlich stark entwickelt. 
Bei Macrorhinus, wo der M. ciliaris am stärksten war, ist der Tensor 
chorioideae am schwächsten, in dem grossen Auge sind nur 30 Bündel 
von 130—170 u Dicke vorhanden. Stärker schon ist er bei Odobae- 
nus, das in seinem sehr kleinen Bulbus 44 Bündel von 100 u Dicke hat. 

Am stärksten aber ist er beim Genus Phoca, bei dem Ph. vitulina, 
die grösste Anzahl isolirter Bündel, 77 Bündel von 80—180 u Dicke, 


—————— 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 339 


Ph. barbata aber den stärksten Muskel hat, der nicht mehr in einzelne 
Bündel vertheilt ist, sondern den ganzen Umfang des Ciliarkörpers 
erfüllt. Seine grösste Dicke erreicht der Tensor chorioideae übrigens 
nicht im Bereich des Ciliarkérpers, sondern hinter demselben im 
Aequator des Bulbus; hier, wo die Sclera am dünnsten ist, steigt seine 
Dicke auf 600 u. 

Versuchen wir uns aus diesen vergleichend anatomischen That- 
sachen ein Bild von der Wirkungsweise der ciliaren Musculatur zu 
entwerfen, so können wir zunächst mit Sicherheit behaupten, dass eine 
Accommodation, wie sie beim Menschen durch die Entspannung der 
Zonula ciliaris zu Stande kommt, hier nicht eintreten kann. Wo über- 
haupt circulare Muskelbündel bei den Pinnipediern vorhanden sind, 
sind sie so schwach und gering an Zahl, dass eine accommodative 
Wirkung, besonders bei der bedeutenden Grösse und Starrheit der 
Linse, gar nicht denkbar ist. Auch die Kugelgestalt der Linse, 
welche eine Krümmungszunahme unmöglich macht, spricht ja a priori 
gegen diesen Modus der Accommodation. Andrerseits muss man 
sich fragen, ob das Vorhandensein eines relativ so starken Muskels 
wie des Tensor chorioideae im vordern Bulbusabschnitt nicht doch auf 
eine Accommodation, gleich viel nach welchem Modus, schliessen lasse. 

Wäre FuKAra’s Ansicht richtig, dass der Tensor chorioideae die 
Aufgabe hätte, als Antagonist der äussern Augenmuskeln einer De- 
formation der Augenhäute entgegenzuwirken, so wäre damit doch noch 
keineswegs ausgeschlossen, dass er auch noch als Accommodations- 
muskel wirken könnte. Für FuKALA’s Anschauung spricht der Um- 
stand, dass an der dünnsten Stelle der Sclera, wo diese am ersten 
Deformationen ausgesetzt ist, der Muskel am stärksten entwickelt ist. 

Es sprechen aber auch gewichtige Momente gegen seine Auffassung. 

Die Gefährlichkeit einer Zerrung für die Augenhäute wird durch- 
aus nicht nur durch ihre Grösse, sondern vielmehr durch ihre Lage 
bestimmt. Im ganzen vordern Bulbusabschnitt liegen keine recipirenden 
Elemente, die durch eine Zerrung geschädigt werden könnten, diese 
beginnen erst im Aequator. Der Muskel aber ist vor dem Aequator 
viel stärker als im Augengrunde, wo er doch gerade nöthig wäre, zu- 
mal bei den Pinnipediern diese Partie noch den beträchtlichen Zug des 
Musculus retractor bulbi auszuhalten hat. 

Ohne also die Richtigkeit der Fuxara’schen Erklärung für das 
menschliche Auge, wo die Verhältnisse jaganz anders liegen, 
in Zweifel ziehen zu wollen, glaube ich, dass sie für das Pinnipedier- 
Auge nicht anwendbar ist. 


336 AUGUST PUTTER, 


Dem Zug der Augenmuskel halt hier wohl kein innerer Augen- 
muskel das Gleichgewicht, sondern die Dicke der Sclera verhindert 
Deformationen. 

Welche Wirkung könnte aber ein Muskel haben, der in meridi- 
onaler Richtung über eine körperliche Kugelzone ausgespannt ist? 

Das Punctum fixum des Muskels liegt vorn am Iriswinkel, con- 
trahirt er sich, so kann man sich sehr wohl denken, dass er einen 
Druck auf den Glaskörperraum ausübte, dass er als ,,Tensor chorioideae‘ 
wirkt. Wäre dies der Fall, so würde die Folge sein, dass die Linse 
nach vorn gegen die Vorderkammer vorgedrängt würde. 

TH. BEER (100) hat eine Reihe verschiedener Modi der Accommo- 
dation unter den Wirbelthieren nachgewiesen, unter andern auch den, 
dass durch Steigerung des Drucks in der hintern Kammer die Linse 
gegen die vordere Kammer vortritt und so ihren Abstand von der 
Retina vergrössert, d. h. das Auge für die Nähe accommodirt (wei 
Schlangen und Amphibien). 

Wenn wir also auf Grund der anatomischen Befunde bei den 
Pinnipediern zu der Ansicht gelangen, dass bei ihnen eine Accommo- 
dation durch Steigerung des Drucks der hintern Augen- 
kammer zu Stande kommt und dass das Auge für die Nähe 
accommodirt, so sind das Resultate, die mit experimentell festgestellten 
Thatsachen in gutem Einklang stehen. 


Ob sie den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen, kann freilich 
nur die Beobachtung lebenden Materials entscheiden. Solche Beobach- 
tungen liegen erst wenige vor. 

JOHNSON (83 u. 120) giebt an, dass der Seehund in der Luft 
stark myop und astigmatisch ist. Ueber den Refractionszustand im 
Wasser finden sich in der Literatur keine Angaben. 


Ich bin daher Herrn Dr. Tu. BEER zu bestem Dank verpflichtet, 
dass er mir brieflich einige noch nicht publieirte Beobachtungen hier- 
über mittheilte; die betreffende Stelle des Briefes lautet: „Einen 
Seehund fand ich in der Luft, atropinisirt hochgradig astigmatisch- 
myopisch (bis ca. 10 D.); normaler Weise hat er aber in Luft die 
Pupille sehr eng, so dass er wie mit einer stenopäischen Brille, 
zumal auf geringe Distanzen, doch ausreichend fern sehen könnte. 
Im Wasser — es scheint hier interessanter Weise Benetzung der 
Cornea Pupillenerweiterung auszulösen? — fand ich ihn hyper- 
metropisch, und ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass er für 
die Nähe accommodirt.“ 


PR Eu 


Die Augen der Wassersäugethiere. 337 


Den Bartenwalen fehlt jede ciliare Musculatur, und wir sehen 
uns daher zu der Annahme gezwungen, dass sie nicht accommodiren 
können. Es ist durch TH. BEER’S ausgezeichnete Arbeiten über die 
vergleichende Physiologie der Accommodation wahrscheinlich geworden, 
dass vielen Thieren, die bei schwacher Beleuchtung sehen, die Accommo- 
dation fehlt. Können wir dieses Moment hier zur Erklärung heran- 
ziehen ? 

Ich glaube, nicht ohne Weiteres, denn gerade die Bartenwale leben 
wohl meist in ziemlich oberflächlichen Meeresschichten, in denen noch 
leidlich gute Beleuchtung herrscht. Doch möchte ich die Wirksamkeit 
dieses Factors nicht gänzlich und vor Allem nicht principiell in Ab- 
rede stellen, doch scheint für diesen speciellen Fall schon ein anderer 
Grund ausreichend. 

Betrachtet man die Lage des Auges bei den Bartenwalen, so 
findet man, dass die Entfernung desselben von der Schnauzenspitze 
bei diesen Riesen des Meeres schon einige Meter beträgt. Für das 
Auge aber sind Strahlen, die von 5 m Entfernungen kommen, schon 
als parallel anzusehen . Der Wal muss also, um auch nur bis dicht 
vor seine Schnauzenspitze sehen zu können, emmetrop sein. Für 
eine Accommodation, die ihn in den Stand setzte, auf geringere Ent- 
fernung, also Theile seines eigenen Körpers genau zu sehen, lässt sich 
eine biologische Bedeutung nicht denken. Dass die Wale thatsächlich 
annähernd emmetrop sind, geht wohl aus MATTHIESSEN’s Unter- 
suchungen hervor, der am frischen enucleirten Bulbus durchschnittlich 
eine Hypermetropie von + 0,63 D. fand (86, p. 95). 

Ueber die Wirkungsweise der ciliaren Musculatur der Denticeten 
lässt sich nichts Sicheres sagen, sie ist so schwach, dass man sich 
kaum eine nennenswerthe Wirkung von ihr versprechen kann, eine 
Accommodation durch Entspannung der Zonula ciliaris fehlt zweifellos. 
Am wahrscheinlichsten ist es mir, dass sie überhaupt nicht 
accommodiren. 

In auffälligem Gegensatz zu diesen auf mikroskopische 
Untersuchungen basirten Anschauungen steht eine Bemerkung von 
JOHNSON (120, p. 27), welcher angiebt, die Wale (er hat Phocaena 
communis untersucht) könnten in Luft wie in Wasser sehen, vermöge . 
der bedeutenden Accommodation, die ein „very highly developed ciliary 


1) Auf die Bedeutung der absoluten Grösse für die Accommodation 
hat auch schon Tu. Brrr andeutungsweise hingewiesen (100) und früher 
schon Leucxarr (31). 

Zool. Jahrb, XVII, Abth. f. Morph. 22 


a 


338 AUGUST PUTTER, 


muscle“ ihnen ermöglichte. Es scheint aus der Stelle und der ganzen 
Arbeit hervorzugehen, dass Jomnson den Ciliarkörper der Wale nicht 
mikroskopisch untersucht hat, so dass seine Ansicht nur den 
Werth einer Vermuthung hat, die durch die Beobachtung widerlegt ist. 

Ueber den Zusammenhang zwischen Form und Function der Pro- 
cessus ciliares verdanken wir H. Vırcmow (50) eine schöne Unter- 
suchung. Er unterscheidet einen „glatten“ und einen „wulstigen“ 
Habitus und meint, man müsse den glatten mit der mechanischen 
Function der Ciliarfortsätze in Verbindung bringen, die darin besteht, 
die Befestigungsfasern der Linse und damit die Linse selbst zu tragen. 
Der wulstige Habitus dagegen trägt der Aufgabe Rechnung, einer 
Gefässausbreitung Raum zu bieten. Eine Frage, die VIRCHOW 
in diesem Fall nicht eingehend zu erörtern brauchte, ist die nach der 
physiologischen Bedeutung der starken Gefässausbreitung, für uns aber 
ist diese Frage von grossem Interesse. Anschauungen über diesen 
Punkt hat in neuerer Zeit besonders Rapti (109) entwickelt. Er 
meint, dass eine Function der Ciliarfortsätze in der Transsudation 
des Kammerwassers bestehe, für die die anatomischen Verhältnisse un- 
gemein günstig liegen (l. c. p. 111), dass aber in erster Linie die 
Ciliarfortsätze als Regulatoren des intraocularen Drucks 
anzusehen wären. 

Auch dem Pecten der Vögel, der ja einen sehr ähnlichen Aufbau 
wie die Processus ciliares hat, spricht RaBz als Regulator des intra- 
ocularen Drucks an und meint, hier wäre die Frage leicht durch 
Beobachtung am lebenden Thier zu entscheiden. Es ist dies, was 
RABL anscheinend entgangen, thatsächlich durch Zrem (71) schon 1891 
geschehen, und die Resultate sprechen durchaus für RABL’s Aufassung. 

Wir nehmen daher diese Anschauungen als die bei weitem wahr- 
scheinlichsten an und versuchen, ob sie uns das Verhalten der Ciliar- 
fortsätze der Wassersäugethiere verständlich machen. 

Bei den Pinnipediern ist wenig Neues zu sagen. Das, was 
H. Vırcnow 1886 für Phoca vitulina aussprach, gilt für alle unter- 
suchten Formen, die dreieckigen Platten der Ciliarfortsätze dienen als 
Aufhängebänder der Linse. Wie aus den schematischen Querschnitten 
der Pinnipedieraugen ersichtlich ist, liegt die Spitze des Ciliarfort- 
satzes, die am Linsenäquator oder dahinter ansetzt, stets tiefer als 
das obere Ende des Ansatzes an der Grundplatte, so dass die Linse 
wirklich an den Fortsätzen aufgehängt erscheint. Die Gefässent- 
wicklung ist gering, zu gering jedenfalls, als dass man sich vorstellen 
könnte, dass sie irgend welchen Einfluss auf die Regulation des intra- 


Eitan pat 


Die Augen der Wassersäugethiere. 339 


ocularen Druckes haben sollte. Dem entsprechend scheinen auch die 
Verhältnisse für eine starke Transsudation ungünstig zu sein, was nun 
allerdings sehr befremden muss, da, wie wir schon bei der Be- 
sprechung der Cornea und ihrer Eigenthümlichkeiten sahen, ein leb- 
hafter Flüssigkeitswechsel im vordern Theil des Bulbus angenommen 
werden muss. Diese Schwierigkeit löst sich aber, wie unten gezeigt 
werden soll, in der Weise, dass bei den Pinnipediern ein anderer 
Theil des vordern Uvealtractus, das ganz eigenthümlich ausgebildete 
Ligamentum pectinatum, höchst wahrscheinlich diese Function über- 
nommen hat. 

Bei den beiden Ordnungen der Wale sind die Ciliarfortsätze 
einander so ähnlich, dass man hier thatsächlich keinen wesentlichen 
Unterschied zwischen Zahn- und Bartenwalen findet. In beiden Ord- 
nungen zeigen sie die deutlichsten Zeichen weit gehender Reduction. 
Die Reduction hat in erster Linie das Bindegewebe des Stromas 
betroffen, die Quer- und Längsschnitte durch die Fortsätze zeigen das von 
der Pars ciliaris retinae umschlossene Innere fast ausschliesslich 
von Gefässen ausgefüllt. Der Theil des Organs also, den wir als den 
Träger der mechanischen Function ansehen müssen, ist ge- 
schwunden, und wir schliessen sicher richtig, wenn wir behaupten, dass 
den Ciliarfortsätzen der Wale keine mechanische Function mehr zu- 
kommt. 

Die Linse steht nur durch die Faserzüge der Zonula ciliaris mit 
der Retina und Chorioidea in Verbindung, diese Faserzüge aber sind 
dafür, besonders bei Balaenoptera, bei dem die kleine Linse weit 
von der Retina entfernt liegt, sehr stark ausgebildet. 

Die Reduction der Ciliarfortsätze hat sich aber nicht auf diese 
eine Componente beschränkt, ihre Masse ist in toto einer relativen 
Verminderung anheim gefallen. Während bei den Pinnipediern die 
Grenze des Orbiculus ciliaris und die der Ausläufer der Ciliarfortsätze 
ungefähr zusammenfiel, beginnen bei den Walen die Fortsätze erst 
_ weit nach vorn von der Linea terminalis retinae, die etwa die Grenze 
der Orbiculus markirt. 

In dem Grade, in dem die Masse der Ciliarfortsätze sich ver- 
mindert, wird auch ihre Bedeutung als Regulatoren des intraocularen 
Druckes geringer. Von den winzigen Gebilden, die das Walauge ent- 
hält, kann man sich nicht viel regulatorische Thätigkeit für den grossen 
Innenraum des Bulbus versprechen. Die Function, die als erhaltender 


Reiz für den Rest der Ciliarfortsätze gewirkt hat, ist sicherlich die 
90% 


340 AUGUST PUTTER, 


der Transsudation von Kammerwasser. In der That kann man sich 
kaum günstigere Verhältnisse denken, als wie sie sich hier finden. 
Ein Convolut von Gefässen, fast ohne jedes bindegewebige Zwischen- 
gewebe, umgeben von einem Epithel und die Oberfläche durch zahl- 
lose Fältchen mächtig vergrössert; selbst die Glomeruli der Niere 
dürften kaum günstigere Bedingungen zur Transsudation bieten. 

Die Ciliarfortsätze der Pinnipedier und Wale haben bei aller Ver- 
schiedenheit das eine gemeinsam, dass sie als Regulatoren des intra- 
ocularen Druckes unwirksam sind. Bei den bedeutenden Drucksteige 
rungen, denen das Walauge ausgesetzt ist, würde ja auch gut entwickelten 
Ciliarfortsätzen eine Regulation nicht möglich sein, es hat hier eben 
eine Anpassung an die Steigerung des intraocularen Druckes statt- 
gefunden, der beim Menschen die schweren Erscheinungen des Glau- 
koms bewirkt. Bei den Pinnipediern könnten wir vielleicht einen 
andern Grund dafür annehmen, dass keine Regulation des Druckes 
im Glaskörperraum vorgesehen ist. Sind die Anschauungen richtig, 
die wir über das Wesen der Accommodation bei ihnen gewannen, so 
würde daraus folgen, dass sogar gar nicht accommodirt werden könnte, 
wenn eine Steigerung des Druckes im Glaskörperraum sofort aus- 
geglichen würde. Die Steigerung des Druckes ist vielmehr nöthig, 
um ein Vorrücken der Linse zu bewirken, erst dieses Vorrücken stellt 
dann das Gleichgewicht wieder her. 

Unter diesem Gesichtspunkt wird uns auch verständlich, warum 
der Apparat zur Transsudation von Flüssigkeit für die vordere Kammer 
an den Iriswinkel verlegt ist (Ligamentum pectinatum) aus der hin- 
tern Kammer heraus. Eine reichliche Gefässentwicklung der 
Ciliarfortsätze hätte ja ausser der Begünstigung der Transsudation noch 
den ungewünschten, ja schädlichen Nebeneffect gehabt, dieselben zu Regu- 
latoren des Druckes zu machen, was ja gerade verhindert werden sollte. 

Bei den Walen, bei denen diese Ansprüche der Accommodation 
an die Ausbildung der Ciliarfortsätze fortfallen, haben sie dagegen 
ihre Transsudationsfunction beibehalten, ja in erhöhtem Maasse aus- © 
gebildet. Auch dass bei den Walen die mechanische Function der 
Ciliarfortsätze zurückgeht, während sie bei den Pinnipediern als ein- 
zige erhalten bleibt, ist verständlich, wenn man erwägt, dass die im 
Verhältniss zum Bulbus relativ so sehr viel grössere Linse der Pinni- 
pedier noch accommodative Verschiebungen ausführen soll, während die 
relativ viel kleinere Wallinse solche wahrscheinlich nicht zu machen 
hat, sicher nicht bei den Bartenwalen. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 341 


5. Iris. 


Die Iris dient dem optischen Apparat des Auges als Blende 
von wechselnder Weite, eine weitere Function von Bedeutung kann 
man ihr kaum zuschreiben, héchstens noch eine thermische, indem 
ihre Blutgefässe ja auch zur Erwärmung des Kammerwassers dienen 
können. 

Die drei Hauptcomponenten, aus denen sich ihr Gewebe zusammen- 
setzt, haben für diese Function sehr verschiedene Bedeutung. 

Das bindegewebige Stroma verleiht, je stärker es ausgebildet 
ist, der Iris eine um so grössere Festigkeit, Steifigkeit. Eine starke 
Entwicklung des Stromas würde also einer sehr bedeutenden Amplitude 
der Irisbewegung hindernd im Wege stehn. 

Die Ausbildung der Gefässe ist für die Beweglichkeit der 
Iris von viel geringerer Bedeutung, viel weniger hinderlich als die 
des Stromas. Eine starke Gefässentwicklung lässt wohl darauf 
schliessen, dass für das betreffende Auge die thermische Function der 
Iris von grösserer Bedeutung ist. 

Am wichtigsten für das Spiel der Iris ist natürlich die Ausbildung 
der Musculatur. Besonders die Entwicklung eines starken Dila- 
tator iridis dürfen wir wohl stets als das Zeichen einer starken 
Erweiterungsfähigkeit der Pupille ansehen. 

Betrachten wir die Regenbogenhäute der Wassersäugetiere unter 
diesen Gesichtspunkten, so ergiebt sich zunächst in Bezug auf das 
Stroma eine gleichsinnige Entwicklung innerhalb aller untersuchten 
Ordnungen. Ueberall erfährt dasselbe eine mehr und mehr zunehmende 
Reduction. Gleichzeitig erfolgt ‘eine starke Entwicklung der Iris- 
gefässe, doch in etwas verschiedener Weise innerhalb der einzelnen 
Ordnungen. 

Bei den Pinnipediern kann man beide Processe vergleichend 
anatomisch verfolgen. Den Ausgangspunkt bildet Otaria jubata. Hier 
ist das Stroma stark entwickelt, zeigt aber gegen den Ciliarrand eine 
eigenartige Spaltung (s. speciellen Theil S. 164) und Auflockerung in 
einzelne Balken, die einen weiten Lymphraum zwischen sich fassen 
Einen Schritt weiter ist die Entwicklung bei Halichoerus gegangen. 
Hier spaltet sich die Iris nicht mehr in zwei Blätter, sondern die 
ganze ciliare Partie der Irisvorderfläche ist in ein System einzelner 
Bindegewebsbalken aufgelöst, die als ein mächtig entwickeltes Liga- 
mentum pectinatum imponiren, das vom Iriswinkel aus noch ein ganzes 
Stück weit nach hinten zwischen Selera und Chorioidea hinein reicht 


342 AUGUST PUTTER, 


(s. Fig. H, S. 146 1. p.). Das Stroma ist hier auch noch stark und enthält 
eine von der Grundplatte des Corpus ciliare ausgehende feste Stiitz- 
platte. 

Die Weiterentwicklung dieser Verhältnisse bei den übrigen Pinni- 
pediern besteht nun darin, dass das Stroma (z. B. bei Phoca barbata, 
s. Taf. 3, Fig. 10) einen fast vollständigen Schwund erleidet und 
dass das z. B. bei Macrorhinus (s. Fig. A, S. 105) ganz enorm ent- 
wickelte Ligamentum pectinatum durch Aufnahme von Gefässen in 
die einzelnen Bindegewebszüge sich zu einem Gefässplexus umwandelt. 
Die straffe bindegewebige Stützplatte der Iris ist bei Macrorhinus in 
ausgezeichneter Weise vorhanden, bei Phoca fehlt sie. 

Das enorm ausgebildete Ligamentum pectinatum hat eine Function, 
die mit den sonstigen Leistungen der Iris nichts zu thun hat. Durch 
partiellen Schwund des Irisstromas und Einwachsen reich- 
licher Blutgefässe ist ein Gebilde entstanden, dass als Gefässplexus 
eine gewisse Bedeutung für die Erwärmung des Kammerwassers hat, 
in dem aber vor allem die Verhältnisse günstig liegen, um die Trans- 
sudation von reichlichen Mengen Kammerwasser zu ermöglichen, eine 
Function, der die Ciliarfortsätze aus den oben entwickelten Gründen 
nicht mehr dienen konnten, die aber bei Wassersäugethieren sicherlich 
in ihrer Bedeutung höher zu veranschlagen ist als bei Landsäugethieren. 

Auch im Pupillartheil der Iris findet eine Reduction des Stromas, 
d. h. eine Verdünnung der Iris statt. 

Eine solche Verdünnung ist für die Hauptfunction der Iris, als 
Blende zu wirken, belanglos, da das stark pigmentirte dünne Stroma 
sowohl wie der Ciliartheil der Retina das Licht nicht durchdringen 
lässt, ebenso wenig wie ein dickeres Stroma, dagegen ist sie nützlich 
in so fern, als sie eine leichtere Beweglichkeit der Iris gestattet. Inter- 
essant ist sie endlich in so fern, als sie wieder zeigt, wie die einzelnen 
geweblichen Componenten eines Organs relativ unabhängig von ein- 
ander sein können, denn während das Stroma schwindet, bleiben die Ge- 
fässe erhalten, und hieraus erklärt sich dann das sonderbare Bild, dass 
die Irisgefässe dem Stroma völlig vorgelagert erscheinen und strecken- 
weise direct mit freien Schlingen in die Vorderkammer hineinragen. 

Die Auffassung, die wir hierdurch von der Pinnipedier-Iris be- 
kommen haben, nämlich die, dass sie recht leicht beweglich sein müsse, 
wird durch das Verhalten der Musculatur vollkommen bestätigt. Durch- 
gängig findet man, wie aus den betreffenden Specialbeschreibungen er- 
sichtlich, eine äusserst starke Musculatur, Sphincter sowohl als Dila- 
tator. In Bezug auf letztern bemerkt H. VırcHmow mit Recht, dass, 


Die Augen der Wassersäugethiere. 343 


wenn Bilder, wie sie z. B. die Iris von Phoca zeigt, allgemein bekannt 
wären, ein Streit über die Existenz eines Dilatators überhaupt nicht 
hätte entstehen können. 

Bemerkenswerth ist ein Unterschied der Musculatur des Dilatators 
und Sphincters, ersterer hat nämlich in seinen Muskelbündeln ungemein 
feine zahlreiche Pigmentkörnchen, ganz von der Farbe und dem 
Aussehen, wie sie die Zellen der Pars ciliaris retinae 
zeigen, der Sphincter enthält in den Muskelzellen kein Pigment. 

Zur Thatsache erhoben werden die Vermuthungen über die 
grosse Beweglichkeit der Pinnipedier-Iris durch directe Beobach- 
tungen. JOHNSON (83) fand, dass die Pupille von Phoca vitulina 
in Luft ungemein verengt, direct spaltförmig ist, im Wasser sich 
dagegen mächtig erweitert. Aus seinen Zahlen und Abbildungen geht 
hervor, dass die Breite der völlig dilatirten Iris nur etwa !/, der 
ad Maximum contrahirten beträgt. Die Pupille stellt im verengten 
Zustande einen senkrechten Spalt dar, sie wirkt dann nach 
Art eines stenopäischen Spaltes und ist geeignet, so den starken 
Astigmatismus auszugleichen, den das Thier in Luft hat (s. auch die 
Bemerkung von Tu. BEER S. 336). Im erweiterten Zustand ist sie 
rund und in horizontaler Richtung 19mal so breit wie im verengten 
Zustande. 

Die Iris der Zahnwale zeigt nicht so verwickelte Verhältnisse, 
wie sie bei den Pinnipediern durch die Ausbildung des Ligamentum 
pectinatum zu Stande kommen. Eine ungemein dünne Iris, die so gut 
wie gar kein Stroma mehr enthält, sondern fast nur aus der Pars 
iridica retinae, der starken Musculatur und den ziemlich zahl- 
reichen, in die Vorderkammer hineinragenden Gefässen besteht, zeigt 
uns, dass wir auch hier sehr grosse Beweglichkeit zu erwarten haben. 
Der ziemlich bedeutende Gefässreichthum ist als thermische An- 
passung, als Mittel zur Erwärmung des Kammerwassers anzusehen. 

Dagegen ist hier von besonderem Interesse der obere Theil der 
Iris, der als Operculum pupillare in die Pupille von oben her 
hineinragt und ihr dadurch eine bohnenförmige Gestalt giebt. 

Es besteht fast nur aus Musculatur (s. Taf. 3 Fig. 14), was für 
ausserordentliche Beweglichkeit spricht. Die biologische Bedeutung dieses 
Operculums ist leicht zu verstehen. Die Hauptausdehnung des Gesichts- 
feldes der Wale liegt, wenn sie der Oberfläche nahe schwim- 
men, nach unten. Nach oben zu sehen, wo die Meeresoberfläche 
ihnen die Grenze für ihre Bewegungen in dieser Richtung steckt, hat 
für sie erstens keine biologische Bedeutung, zweitens aber kommen 


344 AUGUST PUTTER, 


ja von oben, von der Meeresfläche, eine Menge diffuser Lichtstrahlen 
in Folge der totalen Reflexion an der Oberfläche, die bei der relativ 
bedeutenden Lichtintensität in den oberflächlichen Meeresschichten 
eine störende Blendung verursachen würden, wenn sie nicht in ge- 
eigneter Weise unschädlich gemacht, abgeblendet würden. Zu einer 
solchen Abblendung erscheint nun das Operculum pupillare in hervor- 
ragender Weise geeignet. 

In tiefern Meeresschichten mit geringer Lichtintensität können 
wir uns für das Operculum keine Function denken. Es liegen aber 
auch Gründe vor, anzunehmen, dass es bei geringer Beleuchtung über- 
haupt nicht existirt. Schwache Beleuchtung wirkt ja stets als expan- 
sorischer Reiz auf den Sphincter iridis (bezw. contractorischer auf den 
Dilatator), und bei der viel stärkern Ausbildung der Musculatur des 
Operculums liegt es nahe, anzunehmen, dass in seinem Bereich am 
ersten und ausgiebigsten eine Contraction der Iris eintritt, deren Er- 
folg eine Ausgleichung des Operculums ist. Wir können also an- 
nehmen, dass die Beschränkung des Gesichtsfeldes nach oben, die in 
den stärker erleuchteten Oberflächenschichten durch das Operculum 
bewirkt wird, in einer gewissen Tiefe aufhört und die Zahnwale dann 
auch eine mehr oder weniger runde Pupille, ein nach allen Seiten 
gleichmässig ausgedehntes Gesichtsfeld haben. 

Directe Beobachtungen über die Erweiterungsfähigkeit der Pupille 
lassen sich aus leicht begreiflichen Gründen an Walen nicht anstellen, 
wir werden aber kaum fehl gehen, wenn wir ihre Erweiterungsfähigkeit 
mindestens für ebenso gross halten wie die der Pinnipedier. Von 
diesen wissen wir, dass vom Stadium grösster Pupillenverengerung bis 
zu dem stärkster Erweiterung die Breite der Iris auf !/, abnimmt. 
Auf diese Weise können wir aber nicht angeben, wie gross im Maximum 
die Pupille der Zahnwale werden kann, denn die untersuchten Augen 
zeigen die Pupille nicht in maximaler Verengerung. Wir wissen viel- 
mehr, dass im Tode ein Gleichgewichtszustand zwischen dem Sphincter 
und Dilatator eintritt, so dass die Pupille mittelweit ist. Ziehen wir 
dies in Betracht, so können wir annehmen, dass sich die Iris von dem bei 
der Leiche gefundenen Zustand aus noch um ihre Hälfte verschmälern 
könnte, d. h. dass der Durchmesser der Pupille noch um den Werth 
der ganzen Irisbreite zunehmen könnte. Berechnet man nun diesen 
wahrscheinlichen Maximalwerth der Pupillenweite, so kommt man zu 
einem interessanten Resultat, wie die folgende Zusammenstellung lehrt. 
Unter 1 ist der Durchmesser der Linse, unter 2 der maximale Pupillar- 
durchmesser in horizontaler Richtung angegeben. 


nr een 


Die Augen der Wassersäugethiere. 345 


1 2 
Phocaena communis 84mm 87 mm 
Delphinapterus leucas 16,0 „ 19,45 ,, 
Hyperoodon rostratus 16,0 „ 216 ,, 


Bei Phocaena schon ist die grösste Pupillarweite etwas grösser 
als der grösste Linsendurchmesser, aber nur sehr unbedeutend. Bei 
Delphinapterus ist der Unterschied beider Werthe schon recht be- 
trächtlich, am bedeutendsten aber ist er bei Hyperoodon, bei dem in 
horizontaler Richtung der grösste Pupillendurchmesser 5,6 mm grösser 
ist als der Linsendurchmesser, wir müssen also feststellen, dass bei 
den Zahnwalen (für Phocaena unsicher) bei maximal erweiterter Pupille 
ein aphakischer Raum physiologisch vorkommt, wie er sonst fast 
nur bei Tiefseefischen gefunden wird. Gerade bei dem Hyperoodon, 
den wir schon öfters als Beispiel eines „Tiefseesäugethieres“ anführen 
konnten, ist diese Eigenthümlichkeit am besten ausgebildet. Während 
sie bei den Tiefseefischen dauernd besteht, tritt sie bei den Walen 
nur periodisch auf, in dem Maasse, wie mit abnehmender Lichtstärke 
in grössern Tiefen die Pupille sich erweitert. | 

Die Iris der Glattwale, als deren Vertreter Balaena mysticetus 
untersucht wurde, ist ganz nach dem Typus der Zahnwahl-Iris gebaut, 
nur das Operculum pupillare ist nicht so stark entwickelt, sondern 
nur in Andeutungen vorhanden. Die der Furchenwale (Beispiel 
Balaenoptera physalus) zeigt etwas andere Verhältnisse, vor allem ist 
die Reduction der Stromas nicht so weit vorgeschritten wie bei den 
übrigen Walen. Reichliche Gefässe und starke Musculatur zeichnet 
auch diese Iris aus, ein Operculum pupillare fehlt, dafür hat aber die 
Pupille die Form eines horizontal stehenden Ovals, so dass das Ge- 
sichtsfeld wesentlich in horizontaler Richtung ausgedehnt, nach oben 
und unten aber beschränkt ist. 

Der aphakische Raum, dessen Vorhandensein wir bei den 
Zahnwalen constatiren konnten, ist bei den Bartenwalen vielleicht in 
noch höherm Maasse vorhanden. Es ist wieder unter 1 der Linsen- 
durchmesser, unter 2 der maximale, horizontale Pupillendurchmesser 
angegeben. 


1 2 
Balaena mysticetus 1529 22 
Balaenoptera physalus 20,5 32,5 


Die Existenz dieses Raumes wird jedem sicher erscheinen, der 
die Textfiguren S, V und JJ betrachtet und sich die Iris ein wenig ver- 
schmälert denkt. Auch hier würde es sich aber wieder um einen 


346 AUGUST PUTTER, 


„facultativen“ aphakischen Raum handeln, der erst auftritt, wenn die 
Beleuchtung schwach und die Pupille dem entsprechend weit wird. 


6. Linse. 


Die Eigenschaften, welche der Linse ihre Bedeutung fir das 
Auge geben, sind grossen Theils derartig, dass sie durch anatomische 
Untersuchung nicht feststellbar sind. Es ist zunächst der Brechungs- 
index, der von grosser biologischer Bedeutung ist, denn von seiner 
Grösse hängt es ab, in welcher Entfernung hinter der Linse das Bild 
entworfen wird. In dieser Brennebene muss aber die Retina liegen. 

Wir sahen schon vorher, dass beim Fortfall der Hornhautbrechung 
entweder die Axe des Bulbus verlängert oder die Brechkraft der Linse 
vergrössert werden muss, wir sahen ferner, dass der Ausweg, die Axe 
zu verlängern, nur in sehr beschränktem Maasse gewählt worden ist, , 
dass vielmehr bei den meisten Wassersäugethieren die Axe relativ 
kurz ist. Das lässt darauf schliessen, dass der Brechungsindex der 
Linse bei ihnen grösser ist als bei den Landsäugethieren. Diese An- 
nahme ist bestätigt durch die Untersuchungen von MATTHIESSEN (76 
u. 86). Er fand sowohl bei Zahnwalen (Phocaena) wie auch bei 
Bartenwalen, dass der Brechungsindex (Totalindex) der Linse höher 
ist als bei irgend einem Landsäugethier. Die Bartenwale 
haben einen Totalindex von etwa 1,57, der Mensch hat nur 1,4367. 
Noch grösser ist der Totalindex bei Phocaena, wo er 1,6323 beträgt. 
Hiermit ist fast die Höhe erreicht, die der Brechungsindex bei Fischen 
zeigt, wo MATTHIESSEN für den Hecht 1,64 und den Barsch 1,6515 fand. 

Die Anpassung an das Wasserleben, die wir in dieser Zunahme 
des Brechungsindex sehen müssen, ist bei den Bartenwalen nicht so 
weit vorgeschritten wie bei den Zahnwalen, es muss also bei den 
Bartenwalen der Abstand der Retina von der Linse relativ grösser 
sein als bei den Zahnwalen, was entweder dadurch zu Stande kommen 
könnte, dass der Bulbus länger wäre oder die Linse kleiner. Das 
letztere ‘ist der Fall. In Theilen der innern Augenaxe ausgedrückt, 
beträgt die Linsenaxe beim Finwal 1:3,536, bei den Zahnwalen da- 
gegen ist sie wesentlich grösser und schwankt zwischen 1:2,75 (Pho- 
caena) und 1:2,15 (Hyperoodon). 

Aehnliche Werthe wie bei den Denticeten findet man auch bei 
den Pinnipediern für das Verhältniss von Linsenaxe und Bulbus- 
axe, so dass der Schluss vielleicht nicht zu gewagt ist, dass sich auch 
bei ihnen höhere Brechungsindices finden werden als bei den Bartenwalen. 

Da die Linse der Wassersäugethiere durch die Höhe ihres 


Die Augen der Wassersäugethiere. 347 


Brechungsindex der Fischlinse so ähnlich ist,{ liegt es nahe, nach- 
zuforschen, ob sich noch weitere derartige Uebereinstimmungen zeigen. 

Die Fischlinse ist im Allgemeinen kuglig, während die typische 
Säugethierlinse flach ist. Es ist nun eine altbekannte Thatsache, dass 
auch die Linsen der Wassersäugethiere nur wenig von der Kugelform 
abweichen. Die Fischlinse hat, im Zusammenhang mit ihrer Kugel- 
gestalt, die Eigenschaft, dass sie auch Strahlen, welche unter einem 
ziemlich bedeutenden Winkel zur Augenaxe einfallen, noch zu Bildern 
vereinigen kann. Ob die Wassersäugethierlinse gleichfalls diese Fähig- 
keit hat, das lässt sich nur vermuthen. Wir können den Besitz dieser 
Eigenthümlichkeit vielleicht nicht einmal als nothwendiges Postulat 
aufstellen, wenn wir an die Untersuchungen von BERLIN (61) denken, 
nach denen es wahrscheinlich ist, dass für die Reception von Be- 
wegungen ein gewisser Grad von Curvatur-Astigmatismus der 
Linse nützlich sein kann. 

Eine Uebereinstimmung zwischen der Fischlinse einerseits und der 
der Pinnipedier und Denticeten (auch wohl der Sirenen) andrerseits 
findet sich aber noch, deren biologische Bedeutung wir zwar nicht 
kennen, die uns aber gleichwohl erstens als eine interessante Con- 
vergenz erscheint und zweitens einen wichtigen Unterschied der 
Zahn- und Bartenwale wie auch der Pinnipedier und Bartenwale be- 
deutet. 

Rast (109, p. 99—100) unterscheidet dem Bau der Linse nach 
4 Typen bei den Wirbelthieren ; über die beiden, welche uns interessiren, 
sagt er Folgendes: 

„Die erste Form findet sich bei den Fischen und bei den 
Amphibien, solange diese im Wasser leben; sie ist dadurch 
charakterisirt, dass die beiden Flächen der Linse gleich stark 
gewölbt sind und dass die Epithelgrenze mehr oder weniger 
weit jenseits des Aequators an der hinteren Fläche liegt.“ 

„Die zweite Form findet sich bei den Amphibien, wenigstens 
nach ihrer Verwandlung, und bei den Säugethieren, ausserdem 
kommt sie bei einigen Schlangen vor (Eryx). Sie ist dadurch 
charakterisirt, dass die beiden Flächen gewöhnlich eine verschieden 
starke Krümmung besitzen und dass die Epithelgrenze mehr oder 
weniger genau am Aequator liegt.“ 

Dass die Linsen der Wassersäugethiere in so fern nicht dem 
„Säugethiertypus“ entsprechen, sondern zum „Fischtypus“ zu zählen 
sind, als bei ihnen beide Flächen gleich stark gewölbt sind, sich der 
Kugelform nähern, wurde schon erwähnt. 


348 AUGUST PUTTER, 


Aber auch was die Lage der Epithelgrenze anlangt, kann 
man nur die Bartenwale mit Sicherheit zum Säugethiertypus zählen. 
Bei ihnen liegt die Epithelgrenze im Aequator. Bei den Sirenen ist 
die Lage zweifelhaft, bei einem jungen Embryo von Manatus latirostris 
lag sie deutlich auf der hintern Fläche. 

Für die Pinnipedier und Denticeten aber kann mit Sicherheit an- 
gegeben werden, dass bei ihnen die Epithelgrenze weit hinter 
dem Aequator, mehrere Millimeter weit von ihm ent- 
fernt, auf der Hinterfläche der Linse liegt. 

Der Durchmesser der Linse ist im Verhältniss zum Bulbusdurch- 
messer bei den Wassersäugethieren sehr verschieden lang, ebenso wie 
es schon für die Linsenaxe hervorgehoben wurde. Dagegen findet 
sich eine interessante Beziehung zwischen seiner Grösse und der des 
Corneadurchmessers. Diese Proportion ist von biologischer Bedeutung: 
Durch die Cornea erhält ja die Linse ihr Licht, und es liegt daher 
nahe, an eine Beziehung zwischen Cornea- und Linsengrösse zu denken. 

Beim Menschen beträgt das Verhältniss des Linsendurchmessers 
zum Corneadurchmesser 1 : 1,205, auch bei den andern Formen mit 
flachen Linsen scheint das Verhältniss annähernd diesen Werth zu 
haben, z. B. beim Pferd 1:1,2. Alle diese Thiere haben also im 
Verhältniss zur Grösse ihrer Cornea grosse Linsen. 

Von diesen grossen Linsen ist aber nur ein kleiner Theil im 
Stande, gute Bilder auf der Netzhaut zu entwerfen, nämlich nur die 
centralen Partien. 

Bei den Wassersäugethieren ist nun durchgängig die Linse im 
Verhältniss zur Cornea viel kleiner als bei den Landsäugethieren. 
Das Verhältniss ihres Durchmessers zu dem der Cornea ist bei Pinni- 
pediern, Mysticeten und Denticeten fast ganz dasselbe und sehr nahe 
constant, es beträgt im Mittel 1: 1,738. Die Abweichungen von diesem 
Mittelwerth sind nur gering. Die grössten Abweichungen zeigen einer- 
seits Delphinapterus, bei dem sie relativ grösser ist (1: 1,468), und 
andrerseits Odobaenus, bei dem sie noch kleiner ist (1: 2,01) als bei 
den übrigen Wassersäugethieren. Diese Abweichungen wären sicher 
noch viel geringer, wenn die Lage der Linse, der Ort des vordern 
Linsenscheitels überall derselbe wäre. Das ist aber nicht der Fall, 
und, wie es scheint, ist der Abstand des vordern Linsenscheitels vom 
Cornealscheitel bei den Pinnipediern grösser als bei den Walen. 
Letztere könnten also bei gleich grosser Cornea mehr Randstrahlen 
erhalten als die Pinnipedier, wodurch sich eine etwas bedeutendere 
Grösse der Linse erklären würde. 


0. ee. «+t 


Die Augen der Wassersäugethiere. 349 


Wir können dieses constante Verhiltniss des Linsendurch- 
messers zum Corneadurchmesser, das in 3 Ordnungen der Wasser- 
säugethiere beobachtet werden konnte und bei den Sirenen anscheinend 
auch vorhanden ist, als eine Anpassung an das Sehen im Wasser be- 
trachten. Es handelt sich für die Wasserthiere darum, das gegebene 
Quantum Licht, das schwächer ist als jenes, das den Landthieren zu 
Gebote steht, möglichst vollständig auszunutzen. Wie wir sahen, 
nutzen die Landthiere mit ihren flachen Linsen, die nur die centralen 
Strahlen verwerthen können, das Licht sehr ungenügend aus. Die 
Wassersäugethiere gehen ökonomischer mit dem Licht um, sie 
blenden möglichst wenig ab (s. oben Iris), sobald sie bei schwacher 
Beleuchtung sehen müssen, und um auch die Randstrahlen ausnutzen 
zu können, gestaltet sich ihre Linse kugelförmig. 

Wenn wir die Linse in fester biologischer Beziehung, in fester 
Correlation, zur Hornhautgrösse sehen und wenn wir für die Aus- 
bildung der Cornea im einzelnen Falle die biologische Analyse 
geliefert haben, so ist damit auch die Aufgabe gelöst, die Linsen- 
grésse als Function der äussern Lebensbedingungen 
darzustellen. 


7. Retina. 
1. Das Aussenblatt der Retina... 


Bei allen Säugethieren, welche kein Tapetum lucidum besitzen, 
ist das Aussenblatt der Retina als sog. Pigmentblatt entwickelt. 
Die polygonalen, meist regelmässig sechseckigen Zellen, die es zu- 
sammensetzen, sind höher als breit. Das reichliche Pigment, das sie 
in Form von Körnern enthalten, die z. B. beim Menschen 1—5 u lang 
sind, führt unter dem Einfluss der wechselnd starken Belichtung Be- 
wegungen aus, die den Zweck haben, die Stäbchen der Retina so mit 
Pigment zu umgeben, dass eine vollständige Abblendung alles Lichts 
erreicht wird, welches das Stäbchen einmal durchsetzt hat (in der 
Richtung der Längsaxe desselben). Wie wir schon oben bei Be- 
sprechung der Wirkungsweise des Tapetums sahen, liegt für die Thiere 
mit Tapetum lucidum ihre Ueberlegenheit qua „Sehen bei 
schwacher Beleuchtung“ darin begründet, dass auch jenes Licht, 
das die Retina bereits durchsetzt hat, nochmals zur Erregung der 
Netzhautelemente verwandt und nicht absorbirt wird. Dies ist natür- 
lich in vollständiger Weise nur dann möglich, wenn auch das Aussen- 
blatt der Retina sein Pigment verliert, und so finden wir denn überall 


350 AUGUST PÜTTER, 


bei den Wassersäugethieren eine mehr oder minder vollständige Re- 
duction desselben. Diese Reduction hat für die Zellen des Aussen- 
blattes die Bedeutung, dass sie ausser Function gesetzt werden, denn 
gerade in der Bewegung und zweckmässigen Lagerung desselben be- 
stand ja die Leistung, die sie beim Sehact zu vollbringen hatten. 
Man muss also einen vollständigen Schwund oder doch eine starke 
Reduction der Zellen erwarten. 

Dass es thatsächlich bis zum vollständigen Schwund kommen 
kann, dafür scheinen mir Bilder zu sprechen, die ich bei Schnitten 
durch das Tapetum lucidum des Tigers erhielt, es war hier bei recht 
guter Erhaltung der übrigen Elemente keine Spur von einem 
Aussenblatt der Retina zu sehen. So weit geht die Reduction 
bei den Wassersäugethieren nirgends, stets ist das Aussenblatt da, 
stets erscheint es aber auch als eine Zellenschicht, die aus endothel- 
artig flachen Zellen besteht. 

Die Reduction des Pigments im Aussenblatt ist nicht in der 
ganzen Pars optica retinae gleich stark. 

Gut entwickelt ist das Aussenblatt zunächst in allen den Bezirken, 
in denen das Tapetum lucidum fehlt, hier sind die Zellen etwa cubisch, 
Pigment ist reichlich vorhanden. Aber auch im Bereich des Tapetums 
kommen Stellen vor, in denen das Pigment erhalten ist, diese Flecken 
liegen dann stets im untern Theil des Bulbus. 

An der Reduction des Aussenblattes nehmen die Pars ciliaris 
und iridica keinen Antheil. Die Function dieser Abschnitte der 
Retina ist ja eine andere als die der Pars optica, eine Function, 
von der wir jedenfalls negativ behaupten können, dass sie nicht mit 
dem Sehen in directer Verbindung steht. In diesen Partien hat 
das Aussenblatt die gleiche Ausbildung wie bei andern Säugethieren, 
es stellt ein stark pigmentirtes Epithel dar, dessen Zellen etwa würfel- 
förmig zu nennen sind. 

Nicht ohne Interesse ist vielleicht die Angabe des Verhältnisses 
von Zellgrösse und Kerngrösse in den beiden functionell so verschie- 
denen Theilen des Aussenblattes. Trotz der Verschiedenheit in der 
Form ergab die Rechnung, dass das Volumen der ganzen Zellen in 
der Pars ciliaris und optica einander gleich sei (ausgeführt für 
Macrorhinus, Volumen etwa 2200 u?). Es ist in der Pars optica bei 
der flachen Form der Zellen nur eine viel grössere Grundfläche mit 
der gleichen Menge Plasma bedeckt wie im Ciliartheil. Aeusserst ver- 
schieden aber ist das Verhältniss der Kernvolumina zum Zellvolumen. 
In der Pars ciliaris, wo anscheinend kein Verlust der Function einge- 


EEE 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 351 


treten ist, verhält sich der Inhalt des Kerns zu dem der Zelle wie 
1:19, in der Pars optica dagegen beträgt das Verhältniss 1 : 66. 

Da wir besonders durch die neuen Untersuchungen von GERASSI- 
Mow (118) wissen, in wie enger Beziehung die relative Kerngrösse zur 
Intensität der Lebensvorgänge steht, so können wir aus diesen Zahlen 
entnehmen, wie viel weniger intensiv die Lebensvorgänge, d. h. wie 
viel geringer die Functionen bei den Zellen der Pars optica sind im 
Vergleich zu denen der Pars ciliaris, denen wir ohnehin aus allgemeinen 
Erwägungen wohl auch selbst schon keinen sehr lebhaften Stoffwechsel 
zuzuschreiben geneigt sind. 


2. Das Innenblatt der Retina. 


Durch MATTHIESSEN’S Untersuchungen wissen wir, dass der diop- 
trische Apparat des Walauges (bei Zahn- und Bartenwalen) geeignet 
ist, Bilder auf der Retina zu entwerfen. Es tritt jetzt die Frage an 
uns heran, in wie weit die Retina im Stande ist, diese Bilder zu reci- 
piren und der Centralstelle im Gehirn zuzuleiten. Physiologische 
Untersuchungen über die Sehschärfe der Netzhaut lassen sich ja bei 
Thieren nicht anstellen, wenn wir also nicht ganz darauf Verzicht 
leisten wollen, uns eine Vorstellung über diesen Punkt zu machen, so 
sind wir auf Analogieschlüsse angewiesen. Gerade aber für diese 
Frage ist das Material, das wir zu solchen Schlüssen verwenden können, 
ungemein reich und gestattet, einen ziemlichen Grad von Sicherheit 
in den Folgerungen zu erreichen. 

Wir gehen hierbei in der Weise vor, dass wir zunächst die in 
Betracht kommenden Leitungsverhältnisse der menschlichen Retina, in 
der Area centralis wie in der Peripherie, erörtern und mit 
diesen Befunden die experimentellen Ergebnisse der Untersuchungen 
über die Sehschärfe in den betreffenden Netzhautgebieten vergleichen. 

Dann muss der Nachweis erbracht werden, dass principiell ähn- 
liche Verhältnisse auch bei den übrigen Säugethieren, ja den Wirbel- 
thieren überhaupt, obwalten, so dass man berechtigt ist, die für den 
Menschen gewonnenen Resultate mutatis mutandis auch auf die Thiere 
zu übertragen. 

Endlich sind die speciellen Eigenthümlichkeiten der Wassersäuge- 
thiere zu erörtern und aus diesen die Schlussfolgerungen über die Art 
ihres Sehens zu ziehen. Für die Darstellung der Leitungsverhältnisse 
in der Retina beim Menschen benutze ich die Bearbeitung dieses 
Themas von GREEFF (112). Er sagt (l. c. S. 197): „Eine mehr 
oder weniger grosse Gruppe von Sehzellen treten mit ihren 


352 AUGUST PUTTER, 


Endkiigelchen in Contact mit dem obern Biischel nur einer Bipo- 
lare und wiederum mehrere Bipolire treten in Contact mit nur 
einer Ganglienzelle, die also schon ein zusammengesetztes Bild 
durch eine Nervenfaser isolirt dem Gehirn übermittelt. Dieses Gesetz 
hört auf in der Fovea centralis. Hier gehört zu jeder Seh- 
zelle je eine Bipolare und je eine Ganglienzelle. Die feinen Wahr- 
nehmungen bleiben also punktförmig und isolirt bis zum Gehirn.“ 
Diese Resultate sind durch feinste Untersuchungen von RAMÖN y CAJAL 
und DOGIEL gewonnen. Nachdem sie einmal festgestellt sind, kann 
man auch nach einer gröbern Methode sich diese Verhältnisse ver- 
anschaulichen. Man berechnet, wie gross die Zahl der äussern Körner- 
zellen, der innern Körnerzellen und der Ganglienzellen auf einem be- 
stimmten Flächenraum, etwa 1 qmm, ist. 

In welcher Weise diese Rechnung für die äussern und innern 
Körner auszuführen ist, wurde im speciellen Theil (S. 113) angegeben. 
Statt die Zahl der Ganglienzellen zu berechnen, wählt man besser die 
der Opticusfasern (Art der Berechnung s. 8. 102), die ja der Zahl 
der Ganglienzellen gleich ist, wenn man von den centrifugalen Fasern 
absieht. Eine Controlle für den Werth, den man für die Zahl der äussern 
Körnerzellen erhält, kann man erhalten, wenn man ihn mit dem der 
Stäbchen- und Zapfensehzellen vergleicht, beide müssten ja gleich sein, 
wenn, wie wir dies vom Menschen wissen, in der äussern Körnerschicht 
keine andern gangliösen Elemente liegen als die Stäbchen- und Zapfen- 
körner. Die Uebereinstimmung dieser beiden Werthe ist nun in der That 
beim Menschen eine befriedigende. Die Zahl der Stäbchen und Zapfen 
zusammen nimmt man auf 137 Millionen an (s. GREEFF, 8. 122). 

Die Zahl der Opticusfasern (die wir der Zahl der Ganglienzellen 
substituiren) bestimmt ,,KuHNT (34) wohl zu niedrig etwa 40000, 
SULZER 500000, Krauss, der früher die Zahl auf mindestens 
1 Million geschätzt hatte, findet neuerdings wenigstens 400000 stärkere 
und feinere neben einer vielleicht nicht geringern Anzahl allerfeinster 
Fasern“ (nach SCHWALBE, „Sinnesorgane“ p. 86 citirt). 

Diese Bestimmungen sind wohl sicher genauer als die Werthe, 
die im speciellen Theil dieser Arbeit für die Wassersäugethiere ge- 
funden wurden, um aber Werthe zu erhalten, die mit jenen vergleich- 
bar sind, wende ich dieselbe oben (s. S. 102) angegebene Methode 
an, um die Maximalzahl der Opticusfasern zu finden. Diese ergiebt 
sich auf 1 Million. Da die Fläche der Retina, auf welche sich diese 
Fasern vertheilen, 1300 qmm beträgt, so entfallen im Durchschnitt auf 
1 qmm Retina 769 Opticusfasern. Etwas kleiner wird der Werth, 


ne 


A > 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 353 


wenn man in Anschlag bringt, dass auf dem gefässfreien Abschnitt 
der Macula lutea, dessen Fläche etwa 1,3 qmm beträgt, allein 
9000—13000 Zapfen stehen «(s. GREEFF 112, p. 122), die je mit einer 
Ganglienzelle verbunden sind, es beträgt dann die Durchschnittszahl 
für die übrige Retina 759. Die Zahl der Stäbchen und Zapfenzellen 
(die gleich der der äussern Körner ist) beträgt aber auf 1 qmm 
Retina im Durchschnitt 105380, so dass also auf je eine Ganglien- 
zelle (bezw. Opticusfaser) 130—140 äussere Körnerzellen (bezw. Stäb- 
chen- und Zapfenzellen) entfallen }). 

Die Zahl der innern Körnerzellen zu berechnen hat verhältniss- 
mässig viel weniger Werth, da ja ausser den Bipolaren noch andere 
Ganglienzellen in erheblicher Zahl in ihr liegen, die für die queren 
Leitungen keine Bedeutung haben dürften. 

Mit diesen anatomischen Befunden stimmen nun aufs beste die 
Resultate der experimentell physiologischen Forschung überein. Wir 
müssen zwischen zwei verschiedenen Fähigkeiten der Netzhaut unter- 
scheiden, zwischen dem „Formensinn“ und dem „Bewegungs- 
sinn“, die in den verschiedenen Bezirken der Retina in ganz ver- 
schiedener Weise ausgebildet sind. Der feine Formensinn ist wesent- 
lich in der Area centralis (Macula lutea) ausgebildet, der Be- 
wegungssinn besonders in der Netzhautperipherie. Schon AUBERT (57) 
unl Exner (58) haben darauf hingewiesen, ausführlich hat GROENOUW 
(77) diese Frage behandelt, und seiner Arbeit entnehme ich die fol- 
genden Resultate. 

(77, p. 5.) „Wir halten die Ausdehnung einer Bewegung beim 
indirecten Sehen stets für grösser, als bei directer Betrachtung. Bildet 
sich eine Gruppe Punkte auf einem so weit seitlich gelegenen Netz- 
hauttheile ab, dass man ihre Zahl nicht mehr angeben kann, so macht 
es doch noch einen sehr lebhaften Eindruck, wenn man durch eine 
geeignete Vorrichtung plötzlich einen Punkt zu der Gruppe hinzufügt 
oder hinwegnimmt.“ 

Die Netzhautperipherie ist also ein Sinnesorgan, das der Moto- 
reception (nach BEER, Berne und UEXKULL) dient. Das Netzhaut- 
centrum dagegen dient dem Formensehen, GROENOUW sagt (77, p. 9): 
„Unser Netzhautcentrum würde sich... den günstigsten Verhältnissen, 
welche überhaupt für die Unterscheidung von Punkten denkbar sind, 
sehr nahe befinden.“ Und weiter kommt er zu dem Resultat (77, p. 18): 


1) Nimmt man die Zahl der Opticusfasern nur zu 500000 an, so 
würden auf 260—280 Stäbchenzellen erst eine Ganglienzelle entfallen. 
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f, Morph. 23 


304 AUGUST PUTTER, 


„Die empfindlichen Elemente der Fovea centralis können... nach 
den bisherigen Beobachtungen nicht grösser sein als ein einzelner 
Zapfen.“ | 


Wir sehen also einerseits von der Netzhautperipherie zur Fovea 
centralis hin einen allmählichen Uebergang des „Bewegungs- 
sinnesorgans“ in das „Formensinnesorgan“, und andrer- 
seits, anatomisch betrachtet, dieser physiologischen Veränderung 
parallel gehend, eine ständige Vermehrung der queren Lei- 
tungsbahnen der Retina. Und wie physiologisch festgestellt werden 
konnte, dass in der Fovea centralis jeder einzelne Zapfen im Stande 
sei, centrale Erregung auszulösen, so konnte morphologisch nach- 
gewiesen werden, dass hier das Ideal einer isolirten Querleitung in 
der Retina erreicht sei, so dass auf eine Zapfenzelle immer eine 
Bipolare und eine Ganglienzelle kommt. 


Gehen wir Schritt für Schritt weiter fort, so wäre nun zu beweisen, 
dass auch die Area centralis der Wirbelthiere in der Weise vom Bau 
der übrigen Netzhaut abweicht, dass in ihr mehr isolirte Querleitungen 
entwickelt sind. Die vortrefflichen Arbeiten von CHIEVITZ geben uns 
hier die gewünschte Auskunft. CHIEVITZ sagt (65, p. 184): „Im fei- 
neren Bau (der Area centralis) kommen mehrfache Variationen vor; 
dabei giebt es aber gleichzeitig gewisse Bauverhältnisse, welche bei 
allen untersuchten Formen wieder gefunden werden, und denen sowohl 
aus diesem Grunde wie auch wegen ihres eignen Wesens eine all- 
gemeine Bedeutung beizulegen ist. Es sind namentlich zwei Haupt- 
eigenthümlichkeiten, welche für alle untersuchten Areae gemeinsam 
sind: Erstens, dass (alle oder nur gewisse) Elemente der Zapfenschicht 
in einer relativ zur Flächeneinheit der Limitans externa grösseren 
Anzahl und damit gleichzeitig verschmälert auftreten, und zweitens, 
dass auf jede Sehzelle ein grösserer Antheil der inneren Körner und 
ebenfalls ein grösserer Theil des Ganglion optici kommt. Was den 
ersten Punkt anbelangt, wird wohl dadurch eine grössere Sehschärfe 
bewirkt. Den zweiten Punkt betreffend, liesse sich vielleicht aus der 
gesteigerten Grösse des Quotienten Ganglion optici: äussere Körner 
auf die Möglichkeit von einer mehr separaten Leitung von den 
Sehzellen aus schliessen.“ 


Mit der Verminderung der Anzahl der innern Körner weiss CHIE- 
viTz noch nicht recht etwas anzufangen, wahrscheinlich ist sie auf 
den Wegfall der Zellen zu beziehen, die in andern Netzhautgebieten 
der horizontalen Leitung dienen (sog. Associationszellen der 


Die Augen der Wassersäugethiere. 355 


Retina). Wir müssen also auch bei den übrigen Wirbelthieren die 
Area centralis fiir ein Sinnesorgan der Formenreception ansehen. 

Diese Thatsachen lehren, dass wir die relative „Vollkommenheit“ 
eines Auges nach zwei verschiedenen Gesichtspunkten beurtheilen 
müssen. 

Wenn wir die „Formensinnesorgane“, die Areae centrales, ver- 
gleichen, wird selbstverständlich das als das „vollkommenere“ anzu- 
sehen sein, das die am besten isolirten Querleitungen auf- 
weist (also die menschliche Area mit ihrer ideal vollkommenen Quer- 
leitung). 

Vergleichen wir dagegen die „Bewegungssinnesorgane“, d. h. also 
die Netzhautperipherien, so muss der Maasstab für die „Vollkommen- 
heit“ ein wesentlich anderer sein, dann erscheint uns z. B. die Netz- 
haut eines Wales vollkommener gebaut als die Netzhautperipherie 
des Menschen, in der etwa 130—140 Stäbchenzellen an einer Ganglien- 
zelle (und Nervenfaser) abgeleitet werden, während, wie wir sehen 
werden, die Zahl beim Wal bedeutend grösser ist. 

Nach diesen allgemeinen Erörterungen können wir zur Betrach- 
tung der speciellen Verhältnisse der Wassersäugethiere über- 
gehen. 

Bei allen übrigen Theilen des Auges konnten wir mehr oder 
weniger grosse, häufig recht charakteristische Unterschiede der ein- 
zelnen Ordnungen der Wassersäugethiere feststellen, bei der Retina 
ist dies nicht möglich, hier ordnen sich die Species aller Ordnungen 
zu einer einzigen Reihe, in der überall die gleichen Eigenthümlich- 
keiten, nur hier mehr, dort weniger ausgeprägt, zu Tage treten. 

Die „functionelle Einstellung‘ auf die optischen Be- 
dingungen des Wasserlebens ist für das Auge so zu sagen die primäre 
Anpassung, neben der alle andern, mögen sie noch so wichtig im Ein- 
zelnen sein, als secundär erscheinen. Das lässt es plausibel er- 
scheinen, warum hier die Convergenzerscheinungen am stärksten 
hervortreten. Eine weitere Erklärung liegt aber auch wohl in der 
grossen Gleichartigkeit des Baues der Netzhaut bei den Säugethieren 
überhaupt, die uns zu der Annahme berechtigt, dass beim Uebergang 
zum Wasserleben die Retinae in den vier Ordnungen nicht gar sehr 
verschieden von einander gewesen sein mögen, jeden Falls wohl weniger 
verschieden von einander als die übrigen Theile des Auges. 

Am grössten sind die Unterschiede der Netzhäute noch in Bezug 
auf die Ausbildung einer Area centralis, eines ,,Formensinnesorgans". 
Die Area centralis ist überhaupt ein Organ, das in seinem Auftreten 

Be 


356 AUGUST PUTTER, 


in keiner engen Beziehung zur Verwandtschaft steht; oft haben, wie 
CHIEVITZ bemerkt, von relativ nahe stehenden Formen die einen eine 
Area centralis, die andern nicht. 

Unter den Pinnipediern wies CHIEVITZ für Phoca vitulina ein 
Area centralis nach, sie hat Aehnlichkeit mit der der Katze, ist rund 
und liegt ‚ein wenig nach hinten (oder unten?) vom Opticuseintritt“ 
(69; p. 171). « 

Bei Walen ist bisher nichts über eine Area bekannt geworden. 

Bei erwachsenen Thieren danach zu suchen, war bei meinem 
Material aussichtslos, dagegen konnte ich bei einem Embryo von 
Delphinus sp. (s. speciellen Theil S. 229) das Vorhandensein einer 
„streifenförmigen‘ Area feststellen. Interessant war der Verlauf dieses 
Areastreifens: Die bisher bekannten streifenförmigen Areae verlaufen 
horizontal (z. B. beim Pferd), entsprechend der Ebene, in der das Ge- 
sichtsfeld seine grösste Ausdehnung hat. Die Area vom Delphinus 
aber verläuft vertical und zwar im obern Theil des Bulbus aussen, 
so dass der Bezirk des schärfsten Formensehens nach unten (und 
innen) zu liegen kommt, entsprechend der Ausdehnung des Gesichts- 
feldes in verticaler Richtung. Ob diese Areae übrigens sehr vollkommen 
ausgebildet sind, also dem Typus der menschlichen Area nahe kommen, 
scheint mir zweifelhaft. 

Viel grössere biologische Bedeutung für das Auge hat die Aus- 
bildung der übrigen Netzhaut. Wir waren zu der Anschauung gelangt, 
dass das Verhältniss der Anzahl der Nervenfasern (oder Ganglienzellen) 
zu der der Stäbchen ein Maass dafür abgeben könnte, in wie weit ein 
Sehorgan als „Bewegungssinnesorgan“ ausgebildet ist. 

Dieses Verhältniss ist im speciellen Theil für alle die einzelnen 
Thiere ausgerechnet und ergiebt ein interessantes Resultat. Es war, 
wie erwähnt, die Anzahl der Endelemente (hier Zapfen), die auf eine 
Nervenfaser kam, 


in der Area centralis Odobaenus ca. 1500 
beim Menschen ca. 1 Ph. vitulina adult. » 2900 
in der Netzhautperi- Otaria jubata » 2000 
pherie des Menschen ,, 130 Phocaena communis » 4900 
bei Macrorhinus » L000  Delphinapterus leucas „ 9600 
„ Phoca barbata » 2000 Hyperoodon rostratus „ 7200 
„ Ph. vitulina juv. » 650 Lalaenoptera physalus ,„ 5100 


Diese Zahlenreihe zeigt besser, als Worte es thun könnten, dass 
die sämmtlichen Wassersäugethiere Netzhäute besitzen, die wir als 


Die Augen der Wassersäugethiere. 357 


exquisite „Bewegungssinnesorgane“ |Motoreceptoren] an- 
sehen miissen. Die Anordnung, die wir in der Netzhautperipherie 
des Menschen angebahnt sehen, dass eine Ganglienzelle mit mehreren 
Bipolaren, jede Bipolare mit mehreren Stäbchenzellen in Verbindung 
steht, diese Anordnung zeigen die Wassersäugethiere in der ausge- 
prägtesten Form. 

Es ist dies übrigens eine Eigenthümlichkeit, die ihnen keineswegs 
ganz allein zukommt, für den Tiger ergab mir die Rechnung etwa 
2700 Stäbchenzellen auf eine Nervenfaser. Das Gemeinsame, das 
Walauge und Tigerauge haben, liegt ja darin, dass sie beide bei 
schwacher Beleuchtung zu sehen haben, bei der ja wahrschein- 
lich das Sehen von Bewegungen eine ungleich grössere Bedeutung ge- 
winnt als das Sehen feiner Formen. 

In der eben entwickelten Form ist aber das Bild von der Aus- 
bildung der queren Leitungen der Retina noch unbefriedigend, es be- 
darf noch einer Ergänzung. 

Die angegebenen hohen Zahlen von Stäbchen nehmen einen be- 
stimmten Flächenraum auf der Retina ein; alle Sinneseindrücke, die 
in einem solchen Bezirk die Retina treffen, werden, gleichviel wie 
gross oder klein ihre Zahl ist, stets nur einheitlich als Erregung 
einer einzigen Ganglienzelle des Ganglion optici dem Gehirn zu- 
geleitet. Es ist also von Interesse zu erfahren, wie gross ein 
solcher Bezirk ist. Es leuchtet ja ohne Weiteres ein, dass bei 
gleicher Anzahl der Stäbchen die Bezirke sehr verschieden 
gross sein können, je nachdem wie dünn das einzelne Stäbchen ist 
und wie dicht die Stäbchen stehen. 

Die Frage nach der Grösse der betreffenden Bezirke lässt sich 
beantworten, indem man die Anzahl der Opticusfasern berechnet, die 
auf 1 qmm Retina entfallen. Die Grösse der Bezirke erhält man, 
wenn man einen qm durch die Anzahl der Nervenfasern dividirt. 

Beim Menschen beträgt die Anzahl der Nervenfasern auf 1 qmm 
in der Area centralis ca. 11000, dadurch wäre der Innervationsbezirk 
einer Nervenfaser etwa 90 u? gross. Diese Zahlen wurden schon 
vorher angeführt, obgleich sie nicht vollständig vergleichbar mit den 
übrigen Werthen sind. Die Genauigkeit, die sie erreichen, wird wahr- 
scheinlich eine erheblich grössere sein, als ich sie bei meinen Zahlen- 
angaben erreichen konnte, ich rechnete ja stets mit Maximal- oder 
Minimalwerthen. Zum Vergleich aber scheint es doch besser, 
Zahlen zu verwenden, die nach dem gleichen Princip wie die übrigen 
berechnet sind, und ich nehme daher als Zahl der Zapfen auf 1 qmm 


358 AUGUST PUTTER, 


der Area 50000 an. Das ist die Maximalzahl bei einem Durchmesser 
des Innengliedes = 5 u. 

In der folgenden Zusammenstellung giebt die erste Colonne die 
Anzahl der Nervenfasern auf 1 qmm, die zweite die Grösse des 
Innervationsbezirks einer Nervenfaser, ausgedrückt in u?®. 


Mensen} Area centralis 50 000 20 u? 
|Netzhautperipherie 759 132052 
Macrorhinus 103 9710 u? 
Phoca barbata 68 14710 u? 
Ph. vitulina neonat. Lt 5650 u? 
Ph. vitulina adult. 14 15H10 
Odobaenus 62 16130 u? 
Otaria jubata 14 . 1531000 
Phocaena communis 29 34480 u? 
Delphinapterus leucas 28 ab 10 
Hyperoodon rostratus 15 66.670 Hee 
Balaenoptera physalus 13 76920 u?. 


Man sieht ohne Weiteres, dass diese Reihe von Werthen sich nicht 
durchgängig mit der vorigen Reihe, der Anzahl der Stäbchen auf eine 
Nervenfaser deckt. Den Unterschied möchte ich an dem auffallendsten 
Beispiel erörtern. Hyperoodon hat die grösste Anzahl von Stäbchen 
auf eine Nervenfaser, er hat aber durchaus nicht den grössten Inner- 
vationsbezirk für eine Nervenfaser, diesen hat vielmehr Balaenoptera, 
bei der die Anzahl der Stäbchen auf eine Nervenfaser erheblich kleiner 
ist, dort 7200, hier nur 5100. 


Können wir diese Unterschiede, die sich auch beim Vergleich der 
übrigen Zahnwale mit Dalaenoptera zeigen, auch auf eine mehr oder 
weniger vollkommene Ausbildung des Bewegungssinnes zurückführen ? 
Eine solche Auffassung scheint mir nicht gerechtfertigt. Für ein Be- 
wegungen recipirendes Sinnesorgan kann die Feinheit der einzelnen 
Sehstäbchen von keiner gar so hohen Bedeutung sein; das Fischauge, 
von dem wir wohl mit gutem Grund annehmen können, dass es in 
seinen optischen Fähigkeiten mindestens ebenso gut an das Bewegungs- 
sehen im Wasser angepasst ist wie das Auge der Wassersäugethiere, 
zeigt häufig dicke Sehstäbchen, und jeden Falls stehen sie nie so 
dicht wie im Säugethierauge, es würde also bei gleich grossen Inner- 
vationsbezirken, wie sie irgend ein Wal aufweist, eine viel geringere 
Anzahl von Stäbchen auf eine Nervenfaser kommen. Für das Sehen 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 359 


von Bewegungen kommt aber vielmehr die Grösse des Innervations- 
bezirks in Betracht als die Feinheit der Sehstäbchen. 

Auf diese Betrachtung lenkte uns auch schon die Erwähnung des 
Tigerauges. Der Tiger hat eine sehr grosse Anzahl von Stäbchen 
auf eine Nervenfaser, die Zahl ist grösser als bei irgend einem 
Pinnipedier, dagegen ist der Innervationsbezirk einer Nervenfaser mit 
9100 u? kleiner als bei irgend einem erwachsenen Pinnipedier. 
Seine Sehstäbchen sind ebenso ungemein fein und stehen so dicht, 
dass auf dem gleichen Flächenraum, ungleich mehr einzelne Elemente 
Platz finden als bei den Pinnipediern. 

Für diese Eigenthümlichkeit muss also eine Erklärung gesucht 
werden, sie ergiebt sich vielleicht, wenn wir die Lichtintensitäten in 
Betracht ziehen, bei denen die fraglichen Thiere zu sehen haben. 

Die Bartenwale sind viel mehr Bewohner der oberflächlichen Meeres- 
schichten als die Zahnwale, vor Allem -Hyperoodon, bei dem uns ja 
der Unterschied am auffallendsten war und der, wie wir wissen, oft 
in dunkle Tiefen hinabsteigt, in Tiefen, bis zu denen das Tageslicht 
überhaupt nicht zu dringen vermag, wenn wir seine untere Grenze 
bei 400 m Tiefe annehmen. 

Auch den Unterschied im Sehen des Tigers und der Pinnipedier 
könnten wir wohl darin sehen, dass diese, die nie erheblich tief tauchen 
(das Walross etwa ausgenommen), relativ gutes Licht zum Sehen 
haben, Licht, von dem wir wohl annehmen können, dass es stärker 
ist als die Beleuchtung, bei der ein Dämmerungs- oder Nachtthier wie 
der Tiger seiner Beute nachgeht. 

Es liegt also nahe, die grössere Anzahl von Stäbchen auf dem 
gleichen Flächenraum in Beziehung zu bringen zu dem Sehen bei 
schwacher Beleuchtung. Und diese Beziehung scheint mir 
sogar recht verständlich. Die Menge Lichtenergie, die der Flächen- 
einheit der Retina zugeführt wird, wird ja nicht einfach physi- 
kalisch durch die Stäbchenzellen den Bipolaren in unveränderter 
Qualität und Intensität zugeführt, es geht doch vielmehr in den Zellen 
ein physiologischer Vorgang von Statten, eine assimilatorische 
oder dissimilatorische Erregung des Lebensvorgangs, und die Energie- 
mengen, mit denen die Bipolaren der innern Körnerschicht gereizt 
werden, sind daher nicht unmittelbar abhängig von der als Reiz zu- 
geführten Energiemenge. 

Wenn auch die Auffassung nicht mehr zeitgemäss ist, dass das 
Wesen des Reizes darin bestünde, dass der Erfolg ungleich 
grösser ist, als der Energiemenge entspricht, die als Reiz wirkte, 


360 AUGUST PUTTER, 


so drückt dieses Verhältniss doch einen sehr häufigen Specialfall aus, 
einen Fall, den wir auch hier bei der Umsetzung des Lichtreizes in 
Nervenerregung annehmen dürfen. 


Es wirkt dann jede Stäbchenzelle gewissermaassen als Multipli- 
cator, und nun ist es klar, dass eine grössere Anzahl von Stäbchen- 
zellen auf dem gleichen Flächenraum eine bedeutendere „Multipli- 
cation“ des Reizes bewirken können als eine geringere Anzahl, wenn 
man für beide gleiche Erregbarkeit voraussetzt. 


Der schwache Reiz, der bei geringer Lichtintensität ein Seh- 
stäbchen trifft, wäre vielleicht überhaupt nicht im Stande, eine Er- 
regung der Bipolaren und der weitern Leitungselemente zu bewirken, 
tritt nun aber eine ungemein grosse Zahl Stäbchenzellen an 
eine Bipolare, eine sehr grosse Zahl Bipolaren an eine Ganglien- 
zelle des Ganglion nervi optici heran, so ist es möglich, dass durch 
Summation der an sich subminimalen Reize doch der 
Schwellenwert überschritten wird und so das Sehen bei 
einer Lichtintensität möglich wird, bei welcher für ein Thier, dem 
diese Einrichtung fehlt, bei gleicher Erregbarkeit der Retinaelemente 
schon völlige Dunkelheit herrschen würde. 


Wir können natürlich nicht postuliren, dass jedes Thier, gleich- 
viel welcher Classe der Wirbelthiere es angehörte, diese Anpassung 
an das Sehen bei schwacher Beleuchtung zeigen müsste, es kann selbst- 
verständlich auch ohne einen solchen ,Summationsapparat* das- 
selbe erreicht werden, wenn nämlich die Erregbarkeit der Retina- 
elemente steigt. 


Bei Fischen z. B. scheint die fragliche Einrichtung zu fehlen, 
trotzdem finden wir sehende Tiefseefische, bei ihnen wird also wohl 
die Erregbarkeit der Retina eine viel höhere sein als bei den Wasser- 
säugethieren. Das würde ja auch verständlich erscheinen, wenn man 
die Stammesgeschichte in Betracht zieht: Die Fische, die nie das 
Wasser verlassen, stets bei den dort herrschenden relativ geringen 
Lichtintensitäten zu sehen genöthigt waren, haben wahrscheinlich eine 
grössere Erregbarkeit der Retina besessen, zu der Zeit, da gewisse 
Formen begannen in die dunklern Tiefen zu steigen, als die Formen 
der Säugethiere, die aus der Tageshelle, an welche ihr Auge gewöhnt 
war und in der sie mit einer geringern Erregbarkeit der 
Retina auskamen, dem Wasserleben sich anzupassen begannen. 
Bei den Fischen war also nur eine Erhöhung der schon sehr be- 
deutenden Erregbarkeit nöthig, bei den Säugethieren musste 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 361 


durch besondere, anatomisch nachweisbare Einrichtungen Rath ge- 
schafft werden. 

Noch eine Eigenthümlichkeit der Retina tritt bei den Wasser- 
säugethieren in auffallendster Weise hervor: 

Beim Menschen liegen bekanntlich in der äussern Körnerschicht 
an gangliösen Elementen nur die Körper der Stäbchen- und Zapfen- 
zellen. Dem entsprechend muss die Anzahl der äussern Körner der 
Anzahl der Stäbchen- und Zapfenzellen gleich sein. 

Eine hierüber ausgeführte Rechnung bestätigte diese Voraussetzung, 
die Abweichung der gefundenen Werthe lag durchaus innerhalb der 
Fehlergrenzen der Rechnung. 

Ganz anders stellt sich die Sache bei den Wassersäugethieren. 
Die folgende Zusammenstellung giebt das Verhältniss der Anzahl der 
äussern Körnerzellen auf den gleichen Flächenraum. 


Macrorhinus 1:15 Otaria jubata 110 
Phoca barbata Fall Phocaena communis | 
Ph. vitulina juv. 1e Delphinapterus leucas 1: 5 
Ph, vitulina adult. 1:13 Hyperoodon rostratus 1: 6 
Odobaenus TENTE Balaenoptera physalus 1: 9 


Das sind Verschiedenheiten, die weit ausserhalb der môglichen 
Fehlergrenzen liegen. Es ist schwer, sich eine Vorstellung über die 
Bedeutung dieser enormen Mengen von Ganglienzellen zu machen, da 
man nicht sagen kann, ob es sich um Eiemente handelt, die zu den 
queren Leitungsbahnen gehören, ob es horizontale Leitungsele- 
mente, „Associationszellen“ sind. 

Hervorzuheben ist aber, dass wir es hier mit einer Eigenschaft 
zu thun haben, deren Verbreitung weit über die Grenzen der vier Ord- 
nungen der Wassersäugethiere hinausgeht. 

Beim Rind fand sich ein allerdings nicht sehr bedeutendes, aber 
sicheres Ueberwiegen der äussern Körnerzellen, ihre Zahl war 1,8mal 
so gross wie die der Stäbchen- und Zapfenzellen. Beim Tiger war das 
Verhältniss schon etwa 1 : 3,5. 

Es lässt sich hier, glaube ich, eine Beobachtung von CHIEvITZz 
verwerthen, für die er selber keine rechte Erklärung gefunden hat. 
Er sagt (p. 184): 

„Es ist nicht ohne Interesse, zu beobachten, wie die Netzhäute 
sich in der Area [centralis] verhalten, je nachdem sie zu der mit 
relativ dünner oder relativ dicker äussern Körnerschicht ausgestatteten 
Gruppe gehören. Während nämlich immer sowohl Ganglion optici wie 


362 AUGUST PUTTER, 


innere Körnerschicht im Bereich der Area an Mächtigkeit zunehmen, 
wird bei der erstgenannten Gruppe die dünne äussere Körnerschicht 
verdickt, während dieselbe Schicht bei der zweiten Gruppe eine Ver- 
dünnung erleidet.“ 

Die Verdickung der äussern Körnerschicht ist wohl auf eine Ver- 
mehrung der Stäbchen und Zapfen zurückzuführen. Die Gruppe der 
Retinae mit dicker äusserer Körnerschicht scheint aber solche zu ent- 
halten, in denen die Zahl der äussern Körner die der Stäbchen 
und Zapfen übertrifft. Die Veränderung im Gebiet der Area 
würde sich dann so erklären, dass die „überzähligen“ Ganglien- 
zellen, wie wir sie ganz indifferent nennen können, hier fortfallen. 

Wir könnten dann unsere Erfahrungen betreffend die überzähligen 
Ganglienzellen allgemein so formuliren: 

In dem für Formensehen am besten eingerichteten Auge, im 
menschlichen Auge, sowie in den für Formensehen besonders be- 
giinstigten Netzhautbezirken der Wirbelthiere, in den Areae centrales, 
sind die Zahlen der äussern Körnerzellen und der Stäbchen plus 
Zapfenzellen einander gleich, dagegen giebt es unter den Bewegungs- 
sinnesorganen der Wirbelthiere (ob in der Netzhautperipherie des 
Menschen, habe ich nicht festgestellt) zahlreiche, bei denen in der 
äussern Körnerschicht in grosser Anzahl Ganglienzellen vorkommen, 
die nicht zu den Stäbchen und Zapfen gehören. 

An die Möglichkeit, dass es sich hier, besonders bei den Wasser- 
säugethieren, um Gebilde handeln könnte, wie wir sie z. B. aus der 
Selachier-Retina als LANDOLTr’sche Kolben kennen, möchte ich 
nur erinnern, ein Beweis für oder gegen diese Annahme lässt sich 
zur Zeit eben so wenig erbringen wie eine einigermaassen durch That- 
sachen gestützte Anschauung über die Function sowohl der LANDOLT- 
schen Kolben wie der „überzähligen‘‘ Ganglienzellen. 

Von weitern Besonderheiten der Netzhaut bei den Wassersäuge- 
thieren mag noch hervorgehoben werden, dass die Beobachtung, dass 
ihr die Zapfen fehlen, durchgängig bestätigt werden konnte. Ob man 
aber diese Thatsache für die Anschauung verwerthen kann, dass die 
Zapfen das Farbensehen vermitteln, die Stäbchen aber als Hell- 
dunkelapparat aufzufassen sind, will mir sehr zweifelhaft er- 
scheinen, doch will ich zur Zeit nicht näher auf die Frage eingehen. 
Eine Ora serrata findet man im Wassersäugethierauge nirgends, die 
Pars optica retinae ist gegen die Pars ciliaris durch eine glatte Linie, 
die ich als Linea terminalis retinae bezeichne, abgesetzt. 
Irgend welche Schlüsse auf die Accommodation kann man hieraus 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 363 


nicht ziehen, nachdem sich die Anschauung von SCHÖN (91) in neuster 
Zeit als irrig erwiesen hat. 


8. Nervus opticus. 


Die Stellen, an denen der Opticus an die Bulbi herantritt, sind 
in den vier Ordnungen der Wassersäugethiere sehr verschiedene. 

In allen Ordnungen kommen Thiere vor, bei denen er am hintern 
Augenpol an den Bulbus tritt, bei den Pinnipediern: Ofaria und Hali- 
choerus, bei den Sirenen: Manatus köllikeri, bei den Mysticeten: 
Balaenoptera physalus und bei den Denticeten endlich Delphin- 
apterus und Monodon (nach Literaturangaben). 

Ausser diesem centralen Eintritt kommen eine Reihe anderer 
Modi vor. 

Bei den meisten Pinnipediern tritt er nach unten und temporal 
vom hintern Augenpol in die Sclera ein. 

Bei allen Walen, Zahn- und Bartenwalen, die keinen centralen 
Eintritt zeigen, erfolgt er nach oben vom Augenpol. 

Die auffallendste Anomalie zeigt Halicore dugong, eine Eintritts- 
stelle, wie sie meines Wissens bei Säugethieren noch nirgends be- 
obachtet ist, nämlich in der Horizontalebene ganz nasal, der Nerv 
durchsetzt die Sclera in schräger Richtung. 

In wie fern biologische Bedingungen maassgebend für die Unter- 
schiede sind, ist nicht zu ermitteln. 

Bei den meisten Wassersäugethieren verläuft der Nerv in ganz 
gerader Richtung von der Sclera zum Foramen opticum, ohne irgend 
welche Krümmungen zu machen, wie wir sie beim Menschen kennen, 
eine Ausnahme hiervon macht z. B. Obobaenus, bei dem starke Krüm- 
mungen feststellbar sind. Die Wale dagegen zeigen ausnahmslos den 
geraden Verlauf. 


Die biologische Bedeutung der Krümmungen des Opticus liegt 
wohl darin, dass sie Bewegungen des Bulbus gestatten, während der 
gerade gestreckte Verlauf ein Zeichen dafür ist, dass der Bulbus nicht 
bewegt wird. 

Das Innere des Opticus ist bekanntlich durch bindegewebige 
Septen in einzelne Stränge getheilt. Bei den Pinnipediern zeigen 
sie noch denselben allgemeinen Typus wie beim Menschen, beim 
Walross werden sie schon erheblich verdickt, und bei den Walen ist 
der Nerv durch eine kleinere Anzahl starker radiärer Septen, in denen 
Blutgefässe verlaufen, in einzelne keilförmige Abschnitte getheilt. 


364 AUGUST PUTTER, 


Die Nervenfasern sind sehr verschieden dick, neben Durchmessern, 
die mit 4 « viele Nervenfasern im menschlichen Sehnerven nicht an 
Dicke übertreffen, giebt es solche von 16 u, 20 u, ja von 26 u Dicke 
(Balaenoptera). Die mächtige Verdickung kommt durch eine überaus 
reichliche Entwicklung des Nervenmarks zu Stande. 

Ausser von den Gehirnhäuten wird der Opticus bei den Walen 
noch umgeben von einer mächtigen Scheide, die sich aus ungeheuer 
straffem Bindegewebe, aus Fett und Geflechten von Ciliargefässen zu- 
sammensetzt. 

Bei den Bartenwalen ist diese Scheide noch umgeben von einem 
Fortsatz der Sclera, der wie ein Kegelmantel die Gefässgeflechte fest 
umhüllt und, wahrscheinlich bis zum Foramen opticum reichend, sich 
dort wohl mit dem Knochen verbindet. 

Wie auf einer Säule ruht der Bulbus auf der Opticusscheide, mit 
der er unbeweglich verbunden ist, ein gewaltiger Unterschied 
gegenüber dem Augapfel der Landthiere, der, von einem wie eine 
Gelenkpfanne wirkenden Lymphraum umgeben, sich leicht, fast ohne 
Reibung bewegen kann. 

Dass der Bulbus der Wale irgend welcher Bewegung fähig wäre, 
scheint mir gänzlich ausgeschlossen. 

Die Bedeutung der festen Stütze des Augapfels ist leicht ein- 
zusehen; wäre sie nicht vorhanden, so würde der in weiches, blut- 
reiches Gewebe eingesenkte Bulbus bei rascher Bewegung oder tiefem 
Tauchen unbedingt in die Tiefe der Orbita hineingedrückt werden. 
Abgesehen von allem andern würde dann das Auge durch die Zer- 
rung, die der Sehnerv dabei erleiden müsste, functionsunfähig werden. 

Neben der Frage nach der Bedeutung der Opticusscheide als Ganzes 
interessirt noch die weitere Frage nach der Bedeutung des Gefäss- 
plexus. 

Die Opticusscheide enthält, wie wir durch BAUREGARD u. Bou- 
LARD (90) wissen sowohl venöse wie arterielle Gefässplexus. Die 
Venengeflechte sind Gebilde, die im Körper der Wassersäugethiere an 
den verschiedensten Stellen und in grösster Verbreitung angetroffen 
werden; ob ihnen an dieser Stelle noch eine specifische Bedeutung ausser 
der allgemeinen zukommt, ist zunächst schwer zu sagen. Auf die Frage 
der allgemeinen Bedeutung einzugehen, ist hier nicht der Platz, sie 
ist schon öfters Gegenstand des Nachdenkens der Cetologen gewesen. 
Dagegen kommen arterielle Plexus, Wundernetze, nicht so häufig vor. 
Ueber die Bedeutung des Wundernetzes der Ciliararterien hat SATTLER 
eine Anschauung entwickelt, die ich zunächst wiedergeben möchte. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 365 


Er sagt (29, p. 75): ,,Die Zweige dieses arteriellen Wundernetzes — 
denn mit einem solchen haben wir es hier zu thun — stellen ver- 
hältnissmässig weite Röhren dar, welche durch eine starke elastische 
Intima ausgezeichnet sind, aber keine Muscularis besitzen (p. 76). 
Wenn wir uns nun eine Vorstellung über den Zweck dieser eigen- 
thümlichen anatomischen Einrichtung zu bilden trachten, so haben wir 
denselben wohl wesentlich darin zu suchen, dass die Blutbewegung in 
den arteriellen Bahnen verlangsamt, der Blutdruck, welcher 
bei der Kürze des Halses dieser Thiere in der Arteria ophthalmica 
noch eine sehr bedeutende Höhe haben muss, fürs Auge abge- 
schwächt werde und Druckschwankungen leichter ausgeglichen 
werden können. Und in der That könnte dieser Zweck in keiner Weise 
besser erreicht werden als durch die Zertheilung der für das Innere 
des Auges bestimmten Blutmasse über eine grosse Oberfläche in zahl- 
reichen weiten elastischen Röhren, welche in ein ausgezeichnet 
elastisches Polster eingebettet sind.“ 

Dass durch die Auflösung in ein Rete mirabile der Blutdruck 
herabgesetzt wird, wie SATTLER es angiebt, ist nach den Lehren der 
Hämodynamik als gesichert anzusehen, es fragt sich nur, ob die 
Herabsetzung des in der Arteria ophthalmica herrschenden relativ 
hohen Druckes der Zweck ist oder ob ein anderer Druck herab- 
gesetzt werden soll. 

Wir hatten schon mehrfach Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass 
im Walauge eine Drucksteigerung innerhalb weiter Grenzen 
sicher ohne irgend welche Schädigung ertragen wird, so dass 
es uns nicht wahrscheinlich werden will, dass der doch höchstens nach 
Bruchtheilen einer Atmosphäre rechnende Blutdruck nachtheilig wirken 
könnte. 

Wenn aber der intraoculare Druck in Folge äusserer Einflüsse 
steigt, so liegt die Gefahr nahe, dass alles Blut aus dem Bulbus her- 
ausgedrückt, sowohl in Venen wie Arterien zurückgestaut werden 
könnte, und eine solche Ischämie kann das Auge, das wissen wir 
aus der Pathologie, nicht lange ertragen, sie würde jedenfalls schädlicher 
sein als eine geringe Blutdruckssteigerung von der Ophthalmica aus. 

Gelangt nun aber das Blut nicht direct in die Ophthalmica (Ar- 
teria und Vena), sondern erst einerseits in das arterielle, andrerseits 
in das venöse Wundernetz, in denen der Blutdruck stark herab- 
gesetzt wird, so können wir uns wohl vorstellen, dass die 
äussere Drucksteigerung, mag sie auch eine ganz gewaltige sein, 
nicht im Stande sein wird, alles Blut aus dem Bulbus heraus 


366 AUGUST PUTTER, 


zu pressen. Die Linge des Plexus, die die Opticusscheide ausfiillen, 
berechnet sich bei den grossen Walen doch immer auf mehrere 
Decimeter, eine Strecke, die auch ein enorm hoher äusserer Druck 
kaum zu überwinden im Stande sein dürfte. Die Plexus werden es 
also dahin bringen, dass ein Gleichgewichtszustand zwischen dem Blut- 
druck einerseits und dem ungeheuer viel grössern, aber durch die 
Plexus sehr stark verminderten intraocularen Druck andrerseits ein- 
tritt, der das Auge vor Ischämie und damit vor Vernichtung 
schützt. Die starken elastischen Wandungen machen die Gefässe 
des Plexus wahrscheinlich äusserst haltbar, auch hohem Druck gegenüber. 

Mit vollem Recht weist SATTLER (29) ferner darauf hin, dass 
eine gewisse Analogie zwischen diesen Einrichtungen der Wale einer- 
seits und der sogen. Chorioidealdrüse der Knochenfische andrer- 
seits besteht. Auch hier kann man sich vielleicht die Art der Function 
so vorstellen, wie es eben für die Wale ausführlich dargestellt wurde. 
Das wäre dann wieder ein Fall von Convergenz. Dass bei Fischen der 
Blutdruck so hoch sein sollte, dass besondere Vorrichtungen zu seiner 
Herabsetzung nöthig wären, ist doch wohl recht unwahrscheinlich. 

Ueber die Opticusscheide der Pinnipedier ist nicht viel zu sagen, 
die meisten zeigen Scheiden, die nach demselben Princip gebaut sind 
wie die der Wale, sie bestehen aus festem Bindegewebe, das Ciliar- 
gefässe enthält, doch ist der Zerfall im Plexus hier weit weniger aus- 
gesprochen als bei den Walen. Das Walross, von dessen Sehnerv 
wir schon hervorhoben, dass er starke Krümmungen aufwiese, hat 
keine feste Opticusscheide. 

Bei Otaria liegt ein starkes halbkugelförmiges Fettpolster der 
Sclera an und umgiebt den Anfangstheil des Opticus. 


C. Hülfs- und Schutzapparate des Auges. 


I. Palpebrae und Conjunetiva. 


Der Lidapparat ist bei den Walen in sehr charakteristischer Weise 
entwickelt. Bei den Landthieren ist die Lidspalte, die in ihrer Form 
höchst veränderlich ist, länger als der Durchmesser der Cornea. Vom 
Auge erscheint nicht nur die Hornhaut, sondern auch ein Theil der 
Sclera. Bei den Walen aber kann man eigentlich gar nicht von einer 
Lidspalte sprechen, es ist eine Lidôffnung von ganz bestimmter, 
unveränderlicher Gestalt vorhanden, annähernd elliptisch und 
nur wenig grösser, als dass gerade die Hornhaut sichtbar werden könnte. 
Betrachtet man das Lid eines Finwales, bei dem man selbst durch 
gewaltsamstes Zerren kaum eine geringe Veränderung in der Form der 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 367 


Lidétthung zu Wege bringen kann, so kann man keinen Augenblick 
dariiber im Zweifel sein, dass selbst ein starker Orbicularis oculi nicht 
im Stande ist, diese Lidôffnung nennenswerth zu verkleinern, ebenso 
wenig wie starke Palpebralmuskeln sie erheblich erweitern können. 


Auch beim Braunfisch liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Die 
Lidöffnung ist relativ noch kleiner als beim Finwal, und wenn auch 
hier dem ganzen Lidapparat die gigantischen Dimensionen fehlen, die 
der Finwal aufweist, so erscheinen doch auch bei ihm die Lider so 
stark, dass an eine Bewegung durch die zur Verfügung stehenden 
Muskelkräfte nicht gedacht werden kann. 


Es wird wieder unsere Aufgabe sein, in den biologischen Be- 
dingungen, unter denen die Wale leben, den Schlüssel für das Ver- 
ständniss dieser seltsamen Verhältnisse zu finden. 


Die Function der Lider ist bei den Landsäugethieren eine recht 
mannigfaltige. Durch ihren reflectorischen Schluss halten sie Schäd- 
linge vom Auge ab. Vor blendendem Licht können sie das Auge 
schützen, indem der Lidspalt verengt wird, und ihr länger dauernder 
Schluss gewährt durch Fernhaltung des Lichts der Netzhaut die Mög- 
lichkeit, sich zu erholen. Gerade in der Beweglichkeit liegt bei 
den Landsäugethieren die Hauptbedeutung der Lider. Und auch die 
Grösse der Lidspalte, die mehr als nur das durchsichtige corneale 
Segment des Bulbus unbedeckt lässt, ist von grosser Bedeutung, da 
bei der Beweglichkeit des Augapfels die Hornhaut bald an dieser, bald 
an jener Stelle der Lidspalte steht, wodurch das Blickfeld des 
einzelnen Auges ganz bedeutend vergrössert wird. 


Nun sahen wir aber vorher, dass der Augapfel des Wals unbe- 
weglich in seiner Lage fixirt ist, für ihn ist also eine grosse Lidspalte 
von keinem Werth für die Vergrösserung des Gesichtsfeldes; dagegen 
brächte sie im Wasser den Nachtheil, dass ein unnöthig grosser 
Theil des Bulbus in directer Berührung mit dem äussern Medium 
stünde und so erheblichen Wärmeverlust erleiden müsste. Die 
geringe Grösse der Lidöffnung der Wale und ihre Form, die der 
Cornea entspricht, stellen also Anpassungen an die thermischen 
Verhältnisse des Wasserlebens dar, vielleicht auch an die hydro- 
dynamischen und chemischen Verhältnisse, indem durch die 
kleine Lidöffnung nur wenig Wasser mit dem reichlichen Secret der 
Augendrüsen in Verbindung tritt und so nicht die Gefahr vorliegt, 
dass einmal die ganze Menge des Secrets vom Wasser fortgespült 
und dadurch die Cornea und Conjunctiva schutzlos der Wirkung des 
Seewassers ausgesetzt werden. 


368 AUGUST PUTTER, 


Hiermit ist aber noch nicht die Unbeweglichkeit der Lider ver- 
ständlich geworden. 

Wenn man auch annehmen will, dass die reichliche Secretabson- 
derung (s. u.) dem Auge genügenden Schutz gegen flottirende Schäd- 
linge gewährt, so bliebe doch noch die Function der Lider übrig, als 
Blende bei wechselnder Beleuchtung zu dienen. Diese Function hat 
aber beim Wal ein anderer Theil des Auges, die Iris, in viel ausge- 
dehnterem Maasse übernommen, als es bei den Landsäugethieren der 
Fall ist, wie oben (s. S. 341 ff.) bereits dargestellt wurde. 

Anatomisch zeigt der Lidapparat der Wale einen sehr einfachen 
Bau. Der Tarsus, die Mrrpom’schen Drüsen u. s. w., alles 
dies fehlt bei den Walen, auch eine Nickhaut ist nicht oder höchstens 
in rudimentären Andeutungen vorhanden. Tief in das subepidermoidale 
Gewebe eingreifende Epithelsprosse, wie wir durch KÜKENTHAL wissen, 
Umwandlungsproducte von Haaranlagen, sorgen für die mechanische 
Befestigung der Epidermis. Auch in der Conjunctiva palpe- 
brarum sind nahe dem Lidrande solche Epithelzapfen ausgebildet, 
die aber äusserst unregelmässige Formen zeigen. 

Das Innere der Lider wird von der stark entwickelten Speck- 
schicht und dem ebenfalls recht starken Orbicularis oculi ausge- 
füllt. An der Conjunctiva der Lider ist eine Oberflächenver- 
grösserung durch zahlreiche Fältchen bewirkt, die in ihrem Innern 
Venen enthalten, die überhaupt unmittelbar unter der Conjunctiva 
in grossen Mengen liegen, ein guter Wärmeschutz an dieser der 
Abkühlung so stark ausgesetzten Schleimhaut. Die Conjunctiva 
bulbi ist häufig durch starke Pigmentirung ausgezeichnet. Die zahl- 
reichen subconjunctivalen Drüsen der Augen sollen erst bei Besprechung 
des Drüsenapparats Erwähnung finden. 

Viel weniger weit ist die Reduction der einzelnen Theile des Lid- 
apparats bei den Pinnipediern gegangen. Die ungeheuer dichte 
Behaarung reicht bis zum Lidrand, und in Folge dessen besteht die 
oberflächlichste Schicht des Lides fast ausschliesslich aus Haarbälgen, 
unter ihr liegt eine gegen den Lidrand dünner werdende Fettschicht, 
dann folgt der starke Orbicularis oculi. 

Unter dem Orbicularis liegt eine Platte aus straffem Bindegewebe, 
die wohl als der Rest des Tarsus angesehen werden darf; aber die 
Glandulae tarsales sind geschwunden, ihre Function bestand ja 
darin, den Lidrand fettig zu erhalten und so das Ueberfliessen der 
Thränenflüssigkeit zu verhindern. Warum diese Function im Wasser 
fortfällt, wird unten bei Darstellung des Drüsenapparats gezeigt werden. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 369 


Die Conjunctiva palbebrarum besteht aus geschichtetem 
Pflasterepithel, das gegen den Fornix conjunctivae in geschichtetes 
Cylinderepithel tibergeht. 

Die Conjunctiva bulbi ist im Umkreis der Cornea mehr oder 
weniger stark pigmentirt. 

Ungemein klein ist auch bei den Pinnipediern die Lidspalte. Beim 
Menschen ist sie mehr als 2,5mal so lang wie der Durchmesser der 
Cornea, beim jungen, 4 Tage alten Seehund ist sie nur gerade noch 
so lang wie der Corneadurchmesser (Lidspalte 20,7 mm, Cornea 
20,5) und beim erwachsenen Seehund ist sie sogar kiirzer, sie misst 
nur 21 mm, der Hornhautdurchmesser aber 24,5 mm. 

Im Vortheil sind die Seehunde den Walen gegenüber mit ihrem 
Lidapparat in so fern, als sie im Stande sind die Lider zu öffnen und 
zu schliessen. Ob bei so enger Lidöffnung eine Bewegung des Bulbus 
zum Zweck der Vergrösserung des Blickfeldes möglich ist, diese Frage 
mussten wir oben schon verneinen. Auch die Verhältnisse des Opticus 
und seiner Scheide führten uns zu der Anschauung, dass auch das 
Pinnipedierauge als ziemlich bewegungslos angesehen werden muss, 
ausgenommen etwa das des Walrosses. Wie es bei diesem mit der 
Grösse der Lidspalte steht, ist mir unbekannt. 

Die Nickhaut ist bekanntlich bei den Pinnipediern stark entwickelt 
und enthält eine gebogene Knorpelspange als Stütze. 

Ueber die Anatomie des Lides der Sirenen kann nach den Be- 
funden an den Embryonen wenig gesagt werden, doch ist die bio- 
logisch wichtige Thatsache, dass auch bei ihnen die Lidöffnung sehr 
klein ist, schon an dem untersuchten Material festzustellen. Der 
Embryo von Halicore hat einen Corneadurchmesser von 6,5 (hori- 
zontal) bezw. 5,5 (vertical), die Lidôffnung dagegen ist nur 5 mm 
lang und 3 mm breit. Sie macht ganz den Eindruck, als ob sie, wie 
bei den Walen, einer Erweiterung oder Verengerung nicht fähig sei. 


II. Apparatus glandularis. 


Dass der Drüsenapparat des Walauges ungemein stark entwickelt 
ist, ist eine lange bekannte Thatsache. An die vergleichend anatomische 
Deutung der einzelnen Theile desselben aber knüpft sich eine Contro- 
verse. Rapp (6) behauptete, die Wale hätten eine Thränendrüse, 
WEBER (49) dagegen stellte dies auf Grund seiner Untersuchungen 
ganz entschieden in Abrede, er giebt nur die Existenz einer HARDER- 
schen Drüse zu. Der Streit löst sich wohl in der Weise, dass phy- 


siologisch betrachtet allerdings keine von den Drüsen, die ihr 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 24 


370 AUGUST PUTTER, 


Secret in den Conjunctivalsack ergiessen, den geringsten Anspruch 
darauf hat, als „Thränendrüse“ bezeichnet zu werden, dass aber 
an der Stelle, an der bei andern Thieren die Thränendrüse liegt, 
am temporalen Augenwinkel, auch bei den Walen eine Drüse 
vorhanden ist. 

Wie im speciellen Theil genauer beschrieben, findet sich die un- 
zweifelhafte Anlage einer Thränendrüse und einer HARDER’schen 
Drüse bei den untersuchten Embryonen der Zahn- und Bartenwale 
(bei dem jüngsten Delphinapterus-Embryo waren überhaupt noch keine 
Drüsenanlagen vorhanden). Verbunden sind beide Drüsen durch ein 
subconjunctivales Drüsenstratum, das schon WEBER beschreibt. Es 
ist bei den Embryonen erst schwach entwickelt und verwischt daher 
noch nicht die Grenzen der nasalen und temporalen grossen Augen- 
drüsen. 

Wenn wir also beim erwachsenen Thier keine „Thränendrüse“ 
mehr finden, so muss sie entweder atrophirt sein oder sie muss eine 
andere Function übernommen haben. Letzteres ist nun thatsäch- 
lich der Fall. ; 

Soweit ich mich an dem herausgeschnittenen Bulbus eines er- 
wachsenen Hyperoodon davon überzeugen Konnte, nimmt die An- 
zahl der Ausführgänge gegen den temporalen Augenwinkel durchaus 
nicht ab, es liegen dort ebenso gut Driisen wie im ganzen Bereich 
des Fornix conjunctivae, aber diese Driisen liefern, wie WEBER 
angiebt, ganz dasselbe fettige Secret wie die HArper’sche Drüse. 
Es hat also ein Functionswechsel stattgefunden und zwar in der 
Weise, dass die Drüse, welche topographisch der Thränen- 
drüse entspricht, nicht mehr das wässrige Secret dieser Drüse, 
sondern das fettige der HArnper’schen Drüse liefert. 

Wir müssen hierin entschieden eine Anpassung an das Wasser- 
leben sehen. Das wässrige Secret der Thränendrüsen mischt sich 
ohne weiteres mit dem Seewasser, würde diesem also gestatten, bis 
an die Cornea und Conjunctiva vorzudringen und so, wie wir oben 
sahen, chemisch oder osmotisch auf dieselbe zu wirken. Ein fettiges 
Secret mischt sich nicht mit dem Wasser, es füllt den Conjunc- 
tivalsack und schützt Cornea und Conjunctiva wirksam vor 
dem Seewasser. Der Functionswechsel der Thränendrüse ist also 
eine Anpassung an die hydrodynamischen undchemischen 
Verhältnisse des Wassers. 

Die mächtige Entwicklung der Drüsen an den Augen der Wale 
lässt auf eine reichliche Production von Secret schliessen, das 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 371 


überflüssige wird einfach durch das Seewasser entfernt, besondere 
Thränenableitungswege sind bekanntlich nicht vorhanden, 
ebenso wenig wie bei den Pinnipediern. Dieser veränderte Modus 
der Entfernung des Secrets der Augendrüsen macht auch die Glan- 
dulae tarsales Meibomi überflüssig, deren Function oben (8. 
S. 368) erwähnt wurde. 

Die Pinnipedier haben ausser der stark entwickelten HARDER- 
schen Drüse auch eine kleine Thränendrüse. 

Auch das Sirenenauge ist ungemein reich an Drüsen, vor 
allem ist auch das subconjunctivale Drüsenstratum sehr stark aus- 
gebildet. 


III. Apparatus museularis. 


Der Muskelapparat ist an den Augen der Wassersäugethiere überall 
sehr stark entwickelt. Ausser den 4 M. recti und den 2 M. ob- 
liqui findet man bekanntlich stets einen kräftig ausgebildeten M. pal- 
pebralis und Musculi retractores. Im Einzelnen zeigen sich 
manche Merkwürdigkeiten, z. B. setzt der Obliquus inferior ge- 
legentlich in zwei getrennten Portionen an die Sclera, die 4 Retractoren 
sind oft sehr verschieden stark entwickelt, der obere und untere 
stellen mächtige Muskelmassen dar, äusserer und innerer dagegen sind 
zu dünnen Muskelbändern reducirt. 

Diese Verhältnisse, denen ich eine biologische Bedeutung beizu- 
legen ausser Stande bin, sind im speciellen Theil näher beschrieben. 
Aufmerksam machen möchte ich nur noch auf das Verhältniss der 
Recti zum Nervus opticus bei den Sirenen. Während sonst bei 
allen Säugethieren die Recti in der Umgebung des Foramen opticus 
entspringen, so dass der Opticus in seinem ganzen Verlauf in der 
Orbita von ihrem Kegel umhüllt ist, entspringen sie bei Manatus 
wie bei Halicore temporal vom Foramen opticum, der Opticus tritt 
erst ein Stück von diesem entfernt zwischen die Muskeln. 

Viel allgemeiner interessant als diese anatomischen Einzelheiten 
der Augenmuskeln ist eine Frage physiologischer Natur, die sich uns 
bei Betrachtung der Augenmusculatur aufdrängt. 

Wir waren zu der Erkenntniss gekommen, dass das Walauge 
nicht mehr bewegt werden kann, dass auch die Lider un- 
beweglich wären, und trotzdem finden wir einen ungeheuer 
ausgebildeten Muskelapparat am Walauge. Bei den Pinni- 
pediern sind die Lider gut beweglich, der Bulbus aber in den 
meisten Fällen wohl nicht, trotzdem ist auch hier die Musculatur stark 

24* 


372 AUGUST PUTTER, 


entwickelt. Das Auge, dem wir noch einige Beweglichkeit zutrauten, 
das Walrossauge, ist das kleinste von allen untersuchten Wassersäuge- 
thieraugen. Die Muskelmasse aber, die es umgiebt, ist so ungeheuer 
im Vergleich zu dem kleinen Bulbus, dass die geringe Beweglichkeit, 
die wir vermuthen, ja selbst eine sehr beträchtliche, welche uns als 
unwahrscheinlich erscheint, doch nicht als hinreichender Grund für 
eine solche Muskelentwicklung erscheinen will, zumal wenn wir an die 
quantitativ viel geringere Entwicklung der Augenmuskeln des Menschen 
denken, dessen Bulbus den des Walrosses doch sicher an Beweglich- 
keit weit übertrifft. 

So verdächtig uns aber auch das Walrossauge erscheint, wollen 
wir es doch für die folgenden Ausführungen aus dem Spiele lassen 
und nur die Verhältnisse des Walauges näher betrachten. 


Die Muskeln, welche am ersten noch im Stande wären, eine Be- 
wegung des Bulbus zu bewirken, die Recti, sind äusserst schwach, sie 
verlaufen mit den Palpebrales zusammen und senden zum Bulbus nur 
dünne, sehnige Theile, von ihnen kann man sich keine bedeutende 
Wirkung versprechen. Mächtige Muskelmassen sind die Retractores, 
die fleischig in grosser Ausdehnung der Hinterfläche des Bulbus sich 
ansetzen, ihrer Masse nach könnte man grosse Wirkung von ihnen 
erwarten, aber die Richtung ihres Zuges fällt mit der der Opticus- 
scheide zusammen, und dass diese den Bulbus tragende Säule einer 
Verkürzung fähig wäre, scheint gänzlich ausgeschlossen. Aehnlich stellen 
sich die Verhältnisse für die Palpebrales. WEBER giebt an, dass sie 
bei den grossen Bartenwalen die Masse eines Glutaeus maximus des 
Menschen erreichen, dass sie aber eine grössere Kraft entwickeln 
könnten wie ein Mensch mit beiden Armen, ist kaum anzunehmen, und 
mir gelang es nicht, bei aller Anstrengung die Lidöffnung des Fin- 
wals zu erweitern. Wir haben also die Thatsache zu constatiren, 
dass hier starke Muskeln vorhanden sind, denen es nicht möglich 
ist, sich zu contrahiren, zu verkürzen. 


Das scheint unsern Anschauungen von der Wirkung der functio- 
nellen Reize durchaus zu widersprechen; ein functionsloser Muskel 
muss nach unsern Vorstellungen atrophiren. Es bleiben uns also nur 
zwei Möglichkeiten der Auffassung dieser Thatsache gegenüber: © 
entweder ist unsere Vorstellung von der Wirkung functioneller Reize, 
die das Ergebniss einer Unmenge von Beobachtungen ist, falsch, oder 
die Muskeln haben hier eine andere Hauptfunction übernommen, 
als ihnen sonst gemeiniglich zukommt. Zu dem ersten Schluss wird 


Die Augen der Wassersäugethiere, 373 


sich wohl Niemand leicht verstehen wollen, es bliebe also die zweite 
Möglichkeit zu erörtern. 


Welches kann der functionelle Reiz sein, der die Augenmuskeln 
der Wale daran verhindert, in der Weise zu atrophiren, wie wir es 
von den Muskeln bei ankylotisch gewordenen Gelenken kennen ? 


Wir sind gewohnt, die Function des Muskels wesentlich von der 
Seite der mechanischen Leistung zu betrachten, für unsern Fall aber 
werden wir gut thun, uns daran zu erinnern, dass nicht die ganze 
Energie des Muskels in mechanische Arbeit umgesetzt wird, dass viel- 
mehr ein erheblicher Theil schon unter gewöhnlichen Bedingungen zur 
Production von Wärme verwandt wird. TIGERSTEDT nennt die Muskeln 
(99, V. 1, p. 398) „die wichtigsten wärmebildenden Organe“ des 
Körpers. Und weiter ist zu berücksichtigen, dass im Tetanus die 
Wärmebildung bis zu einer gewissen Grenze um so grösser wird, je 
grösser die Spannung ist (s. 94, V. 2, p. 34). Bei verhinderter Con- 
traction, wie am Walauge, ist diese Bedingung erfüllt. Bei der grossen 
Bedeutung, die die Wärmeproduction des Körpers für den Wal im All- 
gemeinen, in ganz besonderer Weise aber für das Auge hat, hat man 
wohl eine gewisse Berechtigung, anzunehmen, dass die Fähigkeit der 
Wärmeproduction im Muskel bei ihm höher ist als bei andern Thieren, 
und wenn wir uns zu dieser Voraussetzung entschliessen, hat die 
Existenz der mächtigen Augenmuskeln, die keine mechanische 
Leistung mehr haben, nichts Wunderbares für uns, die Production 
von Wärme ist ihre nunmehr alleinige Function, die auch vollständig 
ausreicht, um ihre Existenz verständlich zu machen. Wenn man ver- 
gleichend physiologisch überschaut, wie die verschiedenen Seiten des 
Stoffwechsels des Muskels in den Vordergrund treten können, wie z. B. 
in den elektrischen Organen der „elektrischen Fische“ die Production 
von Elektricität, die bei uns keine biologische Bedeutung hat, zur 
alleinigen Function des auch baulich umgeänderten Muskels werden 
kann, so erscheint uns das starke Hervortreten der Production ther- 
mischer Energie in den Augenmuskeln der Wale als ein gar nicht so 
isolirt dastehendes Phänomen. 


IV. Orbita. 


Die Augenhöhle ist bei den Walen sehr unvollständig ausge- 
bildet, am unvollständigsten bei den Denticeten, bei denen eigent- 
lich nur das Dach knöchern ist. Am Boden der Orbita ist der Pro- 
cessus zygomaticus das einzige Knochengebilde, allerdings reicht auch 


374 AUGUST PUTTER; 


der obere Rand der Mandibula bis unmittelbar unter den Kegel der 
Augenmuskeln. 

Die Orbita der Bartenwale ist weit vollständiger, der Orbital- 
ring ist vollständig, ausser dem Dach sind auch der grösste Theil der 
Vorderwand, der nasale Theil des Bodens und der obere Theil der 
Hinterwand knöchern. Ein starker Musculus orbitalis und straffe 
Bänder schliessen die Lücken der knöchernen Wandung. 

Die Pinnipedier haben eine bis auf die bekannten Orbital- 
fissuren geschlossene Augenhöhle. 

Bei den Pinnipediern füllt der Bulbus den Kreis des Orbitalringes 
fast vollständig aus, er liegt nur mit dem Theil, der hinter dem 
Aequator liegt, innerhalb der Orbita. 

Bei den Sirenen ist der Bulbus im Vergleich zum Durchmesser 
der Orbita sehr klein, auch hier liegt er zum grossen Theil vor der 
Orbita, in Muskel- und Fettgewebe eingesenkt. 

Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei den Walen, stets fasst 
die Augenhöhle nur den hintersten Theil des Bulbus in sich. 

Wir können in dieser Verlagerung des Bulbus aus der knöchernen 
Umgebung heraus in das weiche Muskel-, Fett- und Drüsen- 
gewebe hinein eine Einrichtung erblicken, die ihn davor bewahrt, 
bei Steigerung des Wasserdrucks gegen die Knochen gepresst zu 
werden. 

Ausser dem Opticus mit seiner Scheide und den Augenmuskeln 
bildet den wichtigsten Inhalt der Orbita der mächtig entwickelte Ge- 
fassplexus. Bei Pinnipediern, Denticeten und Mysticeten sind es 
Venengeflechte, die in grosser Ausdehnung in der. ganzen Umgebung 
des Augenmuskelkegels sowie subcutan im Bereich der Lider liegen, 
sie haben wohl nicht nur die Aufgabe den Inhalt der Orbita zu er- 
wärmen, sondern dienen auch wohl als weiches Polster, das bei ge- 
steigertem Aussendruck den Bulbus und den Opticus vor Traumen 
irgend welcher Art schützt. Bei den Sirenen liegt am Boden der 
Orbita ein starkes arterielles Rete mirabile, über dessen 
specielle Bedeutung ich nichts angeben kann. 

Die Augen der Wale liegen an der Seite des Kopfes in einer 
Stellung, wie sie bei andern Säugethieren kaum vorkommt. 

Bei den Bartenwalen ragt die Orbita als Erhebung des Daches 
der Mundhöhle in diese hinein; wie aus den Abbildungen zu ersehen 
(s. KUKENTHAL, 110, fig. 2), ist diese Eigenthümlichkeit am stärksten 
entwickelt bei Eubalaena, dem Nordkaper. 

Bei den Zahnwalen liegt das Auge hinter dem Mundwinkel. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 375 


In der Seitenlage aber stimmen beide Ordnungen iiberein und 
ferner in der ungemein tiefen Lage der Augen am Kopf. Die Be- 
deutung dieser Lage ist wohl zunächst darin zu suchen, dass durch 
sie das Auge dem Anprall des Wassers nicht derartig ausgesetzt ist, 
wie es der Fall sein würde, wenn sie vorn am Kopf lägen. Aber 
auch für das Gesichtsfeld ist diese Lage von Bedeutung. Da die un- 
beweglichen Bulbi nicht durch Drehung ihr Sehfeld vergrössern 
können, muss ihre Stellung so gewählt werden, dass sie beständig 
ein möglichst grosses Gesichisfeld bestreichen. Das wird da- 
durch erreicht, dass der Bogen des binocularen Sehens ungemein ver- 
kleinert wird, vielleicht hört das binoculare Sehen überhaupt völlig 
auf, worüber wohl am besten eine Untersuchung der Decussatio ner- 
vorum opticorum Aufschluss geben könnte. Der Verkleinerung des 
Sehfelds der Augen nach vorn geht eine Erweiterung nach hinten 
parallel, so dass das gesammte Gesichtsfeld beider Augen doch sicher 
eine beträchtliche Grösse hat. 

Die tiefe Lage der Augen am Kopf bewirkt ausserdem eine Ver- 
kleinerung des Gesichtsfeldes nach oben bei gleichzeitiger Vergrösserung 
nach unten. 

Bei den Pinnipediern liegen die Augen nahe bei einander, 
vorn am Kopf, in der für die Säugethiere gewöhnlichen Lage. 

Die Augenaxe ist bei den meisten Pinnipediern schräg nach 
oben gerichtet, beim Walross ist sie horizontal. Nach oben gerichtet 
ist sie auch bei den Sirenen. 

Anders dagegen bei den Walen. Beim Braunfisch liegt sie fast 
horizontal, hat aber auch schon eine geringe Neigung nach unten und 
noch mehr beim Weisswal und Dögling, bei letzterm beträgt schon 
beim Embryo von 15,8 cm Länge die Neigung nach unten etwa 40°. 

Der Embryo von Balaenoptera (Länge 20 cm) zeigt gleichfalls die 
starke Neigung der Augenaxe nach unten. 

Es liegt nahe, diese Richtung der Augenaxe für eine Anpassung 
an das Wasserleben zu halten, und diese Anschauung gewinnt noch 
mehr an Wahrscheinlichkeit, wenn wir von JOHANNES MÜLLER (4) er- 
fahren, dass ausser den Walen nur noch die Seeschildkröte eine 
nach unten geneigte Orbitalaxe hat (sie kommt auch wohl noch bei 
Fischen vor). | 

Die Neigung der Augenaxe nach unten hat natürlich eine Ver- 
grösserung des Gesichtsfeldes nach unten zur Folge, aber in demselben 
Maasse wird es nach oben verkleinert, jeden Falls das theoretisch 
construirbare Gesichtsfeld; praktisch hat diese Verkleinerung wohl 


376 AUGUST PUTTER, 


gar keine Bedeutung. Es kann von keiner biologischen Bedeutung für 
den Wal sein, zu sehen, was ausserhalb des Wassers vor sich geht, 
denn dahin kann er doch nie kommen. Die Hauptausdehnung seines 
Gesichtsfeldes liegt eben nach unten, und von hier drohen ihm, z. B. 
in den Angriffen der Haie, auch wirklich Gefahren. Wenn es aber 
auch für ihn von Werth sein sollte, aus dem Wasser heraus zu sehen, 
er könnte es nur schwer, denn zahlreiche störende Lichteindrücke 
müssten in sein Auge gelangen, da ja die Oberfläche des Wassers als 
reflectirende Fläche wirkt. Da sie in steter Bewegung ist, stellt sie 
zwar keine spiegelnde Fläche dar, die Bilder erzeugen könnte, wohl 
aber wirft sie doch Strahlen ins Wasser zurück, die in den oberfläch- 
lichen Schichten sicher störend für ein Sehen in dieser Richtung sind. 
Dass ausser der Abwendung des Auges von diesen störenden Licht- 
eindrücken, ausser der Neigung der Orbitalaxe nach unten auch das 
Operculum pupillare der Iris zur Abblendung derselben dient, wurde 
oben schon erwähnt. 


D. Zur Phylogenie der Wassersäugethiere. 


Die theoretisch fast mit Nothwendigkeit zu postulirende Annahme, 
dass die Wassersäugethiere von Landsäugethieren abstammen, ist durch 
eine Fülle von Thatsachen der vergleichenden Anatomie und Ontogenie 
gestützt, trotzdem scheint es nicht überflüssig, die Ergebnisse, die die 
Untersuchung der Augen geliefert hat, in Hinsicht auf diese Frage zu 
discutiren. 


Und noch eine zweite phylogenetische Frage ist zu erörtern: die 
Frage nach dem polyphyletischen Ursprung der Wassersäugethiere. 
Auch diese ist wohl als gelöst anzusehen und zwar in dem Sinne, dass 
alle vier Ordnungen der Wassersäugethiere unabhängig von ein- 
ander den Uebergang zum Wasserleben vollzogen haben und einander 
durch convergente Anpassung an die gleichen Lebens- 
bedingungen in vielen Punkten so ähnlich geworden sind. 


Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich das Material für die 
Erörterung dieser beiden Fragen so ordnen, dass ich nur die besten 
Beispiele bei jeder Frage vorbringe, doch ist natürlich das Material 
für die zweite Frage nach dem phylogenetischen Ursprung der Wasser- 
säugethiere meist ohne weiteres auch für die erste, nach der ihrer 
Abstammung von Landsäugethieren überhaupt, zu verwerthen. 


. em re ‘ar 
Die Augen der Wassersäugethiere. 377 


Die Cornea. 


Das Verhältniss der Grösse der Cornea zu der des Bulbus ist ein 
Werth, der in der Entwicklung des menschlichen Auges und damit 
also wahrscheinlich auch bei den übrigen Landsäugethieren ungemein 
constant, fast völlig gleich für alle Stadien ist, wie 1884 L. K6nic- 
STEIN fand. Bei den Walen aber sind in der Entwicklung durchweg 
die Hornhäute grösser als beim erwachsenen Thier. Beim Finwal 
beträgt das Verhältniss des verticalen Corneadurchmessers zum 
verticalen Bulbusdurchmesser 3,667, beim Embryo von 20 cm 
Länge 1,455. Und um nur ein Beispiel für die Zahnwale zu nennen, 
das Verhältniss beim erwachsenen Weisswal ist 3,14, beim jüngsten 
Embryo von 3,75 cm Länge dagegen 1,084, die Cornea also relativ 
fast dreimal so gross wie beim Erwachsenen. Die Verkleinerung 
der Cornea im Lauf der Entwicklung ist eine Erscheinung, die wir 
bei den Landsäugethieren nicht finden, ihr conconstantes Auftreten 
bei den Walen berechtigt uns, diese Eigenthümlichkeit als eine An- 
passung an das Wasserleben, wie wir oben sahen, an die ther- 
mischen und hydrostatischen Verhältnisse desselben aufzufassen. 

Was die Dicke der Cornea anlangt, so hat bekanntlich der 
Mensch eine geringe Randverdickung, bei allen andern daraufhin 
untersuchten Landthieren dagegen ist der Scheitel die dickste 
Stelle, der Rand ist verdünnt (KoscHEL). Es ist eine gewiss 
interessante Thatsache, dass die enorme Randverdickung, die fast 
allen Wassersäugethieren eigen ist, erst im Lauf der Entwicklung 
ein Stadium ersetzt, das in seinem Verhalten ganz dem der Land- 
säugethiere entspricht. Bei allen jungen Embryonen findet 
man den Hornhautscheitel viel dicker als den Rand. Als auf- 
fallendstes Beispiel erwähne ich nur den Weisswal. Beim Erwachsenen 
ist der Rand siebenmal so dick wie der Scheitel, beim 
Jüngsten Embryo (Länge 3,75 cm), dagegen der Scheitel mehr als 
doppelt so dick wie der Rand. 

Die Auffassung, dass die Randverdickung der Cornea eine An- 
passung an das Wasserleben und zwar an die hydrostatischen Ver- 
hältnisse desselben sei, wie wir oben annahmen, wird also durch die 
entwicklungsgeschichtlichen Befunde nachdrücklich bestätigt. 

Die Ausführungen über die Bedeutung der Randdicke gelten auch 
für die Pinnipedier. Bei Phoca ist beim Embryo von 10 cm 
Länge der Hornhautscheitel ebenso dick wie der Rand, beim Er- 
wachsenen dagegen der Rand mehr als 3mal so dick wie der Scheitel, 


378 AUGUST PUTTER, 


Und noch auffallender ist der Unterschied beim Walross, bei dem 
beim Embryo der Scheitel dicker ist als der Rand, beim erwachsenen 
Thier aber der Rand 3,5malso dick wie der Scheitel. Die rela- 
tive Verkleinerung aber, welche die Cornea bei den Pinnipediern in 
der Entwicklung erfährt, ist zu unbedeutend, als dass man sie zu 
phylogenetischen Schlüssen verwenden könnte. 

Die relative Abnahme der Höhe der Cornea, d. h. also die Ab- 
flachung, ist eine bei allen untersuchten Wassersäugethieren in der 
Entwicklung sehr deutlich hervortretende Eigenthümlichkeit; die Em 
bryonen haben noch sehr gut gewölbte Hornhäute. Die Deutung dieser 
Erscheinung als mechanische Anpassung wurde oben gegeben. 


Die Selera. 


Es sollen hier nur die Form verhältnisse Erwähnung finden. 

Die Bedeutung, welche das überaus flache prääquatoriale Segment 
für die Wale hat, wurde oben auseinandergesetzt; auch diese An- 
passung tritt erst im Lauf der Entwicklung auf. Beim jüngsten Embryo 
von Balaenoptera ist das prääquatoriale Segment noch erheblich höher 
als beim erwachsenen Thier. Noch auffälliger ist dies bei den Zahn- 
walen, das Auge der 20—30 cm langen Delphinapterus-Embryonen ist 
fast kuglig. 

Bei den Pinnipediern ist der Gang der Entwicklung umge- 
kehrt, hier wird die Axe länger. Auch diese Thatsache konnten wir 
zu den biologischen Einrichtungen des erwachsenen Pinnipedierauges 
in Beziehung setzen. 


Das Corpus eiliare. 


Da bei den Walen die Ciliarfortsätze das Bild der Reduction 
gaben: so war anzunehmen, dass im Lauf der Entwicklung eine Ver- 
kleinerung derselben eintreten würde, indem bei den Embryonen als 
Hinweis auf früheres Leben am Lande die Fortsätze stärker ent- 
wickelt sein müssten. Diese Annahme wird durch die Thatsachen be- 
stätigt: bei allen Walembryonen sind die Ciliarfortsätze länger als beim 
erwachsenen Thier, beim Finwal mehr als 4mal so lang (beim Embryo 
von 20 cm), bei den Zahnwalen etwa doppelt so lang. 

Bei den Pinnipediern findet keine Reduction der Ciliarfort- 
sätze in der Entwicklung statt, die mechanische Function, die sie in 
so bedeutendem Maasse zu leisten haben, bewahrt sie vor der Rück- 
bildung. Sie zeigen sogar ein sehr beträchtliches Wachsthum. 


EE Eel 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 379 


Die Linse. 

Bei der Linse konnten wir als gemeinsame Charaktere der Wasser- 
säugethiere die starke Wölbung und die relativ geringe Grösse im 
Verhältniss zum Corneadurchmesser feststellen. Beide Eigenschaften 
fehlen noch bei jüngern Embryonen. Diese zeigen viel flachere Linsen, 
besonders die Vorderfläche weist meist eine sehr geringe Wölbung auf, 
Vorder- und Hinterfläche sind noch verschieden stark gewölbt. 

Als Mittelwerth des Verhältnisses Linsendurchmesser : Cornea- 
durchmesser hatten wir für die erwachsenen Wassersäugethiere 1 : 1,738 
gefunden, während die Landsäugethiere meist viel geringere Werthe 
aufweisen. Solche niedrigern Werthe, d. h. relativ grössere Linsen, 
finden -wir nun auch bei den Embryonen der Wassersäugethiere. 

Die folgende Zusammenstellung giebt das Verhältniss Linsen- 
durchmesser : Corneadurchmesser. 


Phoca groenlandica (OPrem Tang) 1: 1438 
Odobaenus rosmarus (a ra iS) 
Balaenoptera rostrata (20 „ ,, ) 1:1,47 
Delphinus sp. ASC de 0 dés let 
Phocaena communis ee pe CONS res LE Es 
Delphinapterus leucas (25 1,1. ). 1: 1,24 
Hyperoodon rostratus (15,8 „ ,, ) 1:1,13 


Man sieht, dass sich diese Verhältnisse weit von denen der Wasser- 
säugethiere entfernen und durchaus denen gleichen, die wir für Land- 
säugethiere kennen. 


Die Retina. 

Die Armuth der Netzhaut an Opticusfasern ist eine Eigenschaft, 
die gleichfalls im Lauf der Entwicklung stärker wird. Es nimmt zu- 
nächst die relative Zahl der Opticusfasern auf 1 qmm ab, beim er- 
wachsenen Seehund fanden wir 74, beim jungen Thier (4 Tage alt) 
noch 177, bei Phocaena 29, beim grossen Embryo 71. Beim Seehund 
nimmt nicht nur die relative Zahl der Opticusfasern ab, sondern, wie 
die Rechnung ergiebt, hat das junge Thier absolut nicht unbeträcht- 
lich mehr Opticusfasern als das erwachsene, diese gehen also in der 
Entwicklung zu Grunde. Diese Reduction der Nervenfasern ist ein 
Ausdruck der fortschreitenden Annäherung an die Anpassungen, die 
die erwachsenen Thiere zeigen. 


Auch für die Frage nach dem polyphyletischen Ursprung der 
Wassersäugethiere will ich nur wenige Beweispunkte heranziehen; wer 


380 AUGUST PUTTER, 


den speciellen Theil in dieser Hinsicht durchsucht, wird leicht noch 
weitere Punkte finden. 

Dass die Pinnipedier im ganzen Verlauf ihrer Entwicklung scharf 
von den Walen unterschieden sind, so dass gar keine Ursache vor- 
liegt, sie in nähere verwandtschaftliche Beziehungen zu denselben zu 
setzen, geht aus den Einzelbeschreibungen zur Genüge hervor und be- 
darf keiner eingehendern Besprechung mehr. 

Discutirbar erschiene vielleicht eher noch 

die Frage des diphyletischen Ursprungs der Wale. 


1. Die Linse. 


Die eigenartige Lage des Linsenepithels auf der Hinterfläche, die 
sonst nie bei Säugethieren vorkommt, findet sich nur bei der einen 
Gruppe der Wale, den Zahnwalen, die Bartenwale haben sie 
an der für Säugethiere normalen Stelle, im Linsenäquator. Dieser 
Unterschied ist um so auffallender, als die sicher nicht mit den Denti- 
ceten verwandten Pinnipedier dieselbe Lage der Epithelgrenze zeigen 
(wahrscheinlich auch die Sirenen). Wenn wir die Eigenthümlichkeit 
also in verschiedenen Gruppen unabhängig entstanden sehen, 
so müssten wir, wenn die Wale monophyletischen Ursprungs wären, 
um so mehr bei beiden Ordnungen sie zu finden erwarten, und da wir 
sie nicht finden, so schliessen wir wohl sicher richtig, wenn wir für 
die Wale einen doppelten Ursprung annehmen. 


2, Die Retina. 


Vielleicht können wir auch die Fähigkeit der Retina, ein neues 
Sinnesorgan aus sich hervorgehen zu lassen, eine Fähigkeit, die die 
Zahnwale besitzen, die den Bartenwalen aber fehlt, als eine gute Stütze 
der Annahme des doppelten Ursprungs ansehen. 


3. Die Lider. 

Die Form der Lider weist bei Zahn- und Bartenwalen entwicklungs- 
geschichtlich einen durchgreifenden Unterschied auf, der fiir phylo- 
genetische Betrachtungen nicht unwichtig ist. 

Bei Zahnwalen bestehen zwischen der Anlage des Ober- und 
Unterlids keine bedeutenden Unterschiede, das Oberlid ist etwas diinner 
als das untere, aber sonst ihm durchaus ähnlich. | 

Anders bei den Bartenwalen. Beim Embryo von Balaenoptera 
rostrata stellt das Unterlid eine starke, plumpe, im Querschnitt drei- 
eckige Falte dar, das Oberlid dagegen hängt wie ein breiter dünner 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 381 


Vorhang vor dem Auge herunter, es ist 5,6mal so breit wie das 
Unterlid. 

Wie erklärt sich eine so mächtige Verbreiterung des obern Lids? 

Wir sahen oben, dass die Augenaxe der Wale in Anpassung an 
die veränderte Lage der Hauptausdehnung des Gesichtsfelds schräg 
nach unten gerichtet ist. 

An dieser Drehung nach abwärts hat nun offenbar bei den Barten- 
walen der Fornix conjunctivae nicht oder doch nicht vollständig 
Theil genommen. Die Verlegung der Lidspalte ist vielmehr in der 
Weise vor sich gegangen, dass das Unterlid schmäler, das Oberlid da- 
gegen breiter und breiter wurde. 

Der Fornix conjunctivae hebt sich bei grössern Embryonen schon 
äusserlich deutlich als fast genau kreisförmige Linie ab, die Lidöffnung 
liegt nun nicht etwa in der Mitte dieses Kreises, sondern ganz im 
untern Theil desselben. 

Bei den Zahwalen tritt das eigenartige Verrutschen der Lid- 
öffnung nicht ein, vielleicht lagen ihre Augen schon sehr tief am Kopf, 
als sie zum Wasserleben übergingen, oder, was wahrscheinlicher ist, 
der Fornix conjunctivae hat bei ihnen die Verschiebung mitgemacht. 
Einen Grund dafür, warum bei den Bartenwalen der Fornix sich nicht 
mit nach abwärts bewegt haben sollte, während er es bei den Zahn- 
walen gethan hätte, kann man in der Lage des knöchernen Daches 
der Orbita sehen. Bei den Bartenwalen reicht dasselbe bis dicht 
unter die Haut, und an ihr ist der Fornix superior fixirt. Bei den 
Zahnwalen aber ist der knöcherne Rand der Orbita tief unter die 
Oberfläche versenkt, der Fornix liegt in weichem Gewebe, und es liegt 
kein Grund vor, warum er sich nicht nach abwärts bewegen könnte. 
Jeden Falls haben wir hier einen sehr bedeutenden Unterschied 
zwischen Barten- und Zahnwalen, der uns wieder deutlich die diphy- 
letische Abstammung der Wale zeigt. 


E. Zusammenfassung. 


Die soeben gegebene Analyse der Eigenschaften der Augen, welche 
wir bei Pinnipediern, Mysticeten und Denticeten sowie Sirenen fanden, 
kann nicht den Anspruch erheben, als durchgängig richtig und unanfecht- 
bar zu gelten. Eine tiefere Erkenntniss der Verhältnisse wird wahrschein- 
lich manchen der gegebenen Erklärungsversuche als völlig verfehlt 
erkennen lassen. Nur das glaube ich behaupten zu können, dass sie 
im Grossen und Ganzen ein dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse 


382 AUGUST PUTTER, 


vom Wassersäugethierauge entsprechendes Bild liefert, und mehr zu 
erreichen lag ebenso sehr ausserhalb meiner Kräfte wie meiner Ab- 
sicht. 

Es sei noch eine kurze Zusammenfassung der Hauptresultate ge- 
stattet. 


1) Was die Herkunft der Wassersäugethiere anlangt, so 
führten die Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte des 
Auges wieder zu einer der vielen Bestätigungen, die KÜKEN- 
THAL’s Anschauungen über diesen Punkt schon erhalten haben, 
so dass wir mit grösster Sicherheit, die überhaupt in phylo- 
genetischen Fragen zu erreichen sein dürfte, die beiden Sätze 
vertreten können: 


a) Die Wassersäugethiere stammen von Landsäuge- 
thieren ab. 

b) Die vier Ordnungen der Wassersängethiere 
stehen in keinen nähern verwandtschaftlichen 
Beziehungen zu einander. 


2) Die Ausbildung der Augen der erwachsenen 
Wassersäugethiere zeigt in ausgedehntem Maasse An- 
passungen an die Lebensbedingungen seines neuen Mediums. 


Die Anpassungen sind: 


a) Optische Anpassungen. 

Als solche haben wir erkannt: 

1) Die Form der Linse: fast kuglig, beide Flächen gleich stark 
gewölbt. 

2) Den Brechungsexponenten der Linse: höher als bei 
irgend einem Landsäugethier, fast so hoch wie bei Fischen. 

3) Die Querleitungsverhältnisse der Retina: viele Stäb- 
chenzellen auf eine Ganglienzelle zusammengeleitet. 

4) Die ,überzähligen“ Ganglienzellen der äussern Körner- 
schicht (s. S. 361). 

5) Das ausgedehnte Tapetum lucidum. 

6) Die Vergrösserung des Augengrundes auf Kosten des 
prääquatorialen Segments. Die Peripherie des Augengrundes 
liegt auch noch in der Brennebene der Linse. 

b) Thermische Anpassungen. 

1) Verkleinerung der Cornea im Verhältniss zum Bulbus. 

2) Form und Zahl der Lymphwege der Cornea propria: 
grosse Röhren in verhältnissmässig geringerer Zahl. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 383 


3) Ausbildung der Chorioidea und des perichorioiden 
Lymphraums. 

4) Form, der Lidspalte: so weit verkleinert, dass nur noch die 
Cornea hervorsieht. 

5) Machtige Entwicklung der Musculatur bei unbeweg- 
lichem Bulbus. 


c) Hydrostatische Anpassungen. 

1) Wölbung der Cornea: flach auf den von der Seite heran- 
tretenden Widerlagern. 

2) Randverdickung der Cornea. 

3) Epithelverhornung der Cornea: Hornsubstanz ver- 
bindet sich direct mit der Elastica anterior. 

4) Verdickung der Sclera: mächtig im Aequator und 
Augengrund, gering im Sulcus corneae. 

5) Starke Opticusscheide: trägt den Bulbus wie eine Säule. 

6) Arterielles und venöses Wundernetz der Ciliar- 
gefässe. 

7) Lage des Bulbus: aus der Nähe der knöchernen Theile 
entfernt, in. Muskeln, Fett- und Drüsengewebe. 

8) Erwerbung eines hydrostatischen Sinnesorgans bei 
Denticeten. 


d) Chemische Anpassungen. 

1) Ausbildung der Drüsen: sie geben alle fettiges, dliges 
Secret. 

2) Vermehrung der Drüsen: Vergrösserung der HARDER’schen 
und Thränendrüse und Ausbildung eines subconjuncti- 
valen Drüsenstratums. 


Ausser diesen Anpassungen findet man noch eine Reihe von Eigen- 
schaften, die eine indirecte Folge des Uebergangs zum Wasserleben 
Sind. eZ... 

1) In Folge des veränderten Accommodationsmodus der Pinni- 
pedier muss die Transsudation des Kammerwassers, die reichliche 
Gefässentwicklung verlangt, aus der hintern Kammer in die vordere 
verlegt werden: Wir erhalten das mächtig entwickelte und vasculari- 
sirte Ligamentum pectinatum. 

2) Mit dem Verlust der Accommodation, die beim völligen Ueber- 
gang zum Wasserleben, besonders bei zunehmender Grösse der Thiere 


384 AUGUST PUTTER, 


erfolgt, verlieren bei den Walen die Ciliarfortsätze ihre mechanische 
Function als Träger der Linse und werden daher rudimentär. 

Wir könnten diese Eigenschaften als indirecte Anpassungen 
bezeichnen. Noch andere Erscheinungen aber lassen sich über- 
haupt nicht als Anpassungserscheinungen auffassen, bei ihnen ver- 
sagt die Anwendung des Zweckmässigkeitsprincips als 
„Erklärung“. 

Es ist z. B. vom teleologischen Standpunkt aus nicht einzusehen, 
warum das Tapetum lucidum sich noch in Regionen findet, in 
denen das Aussenblatt der Retina schon tief dunkei pigmentirt ist. 

Es ist auch keine Anpassung darin zu sehen, dass beim Weisswal 
auch das Tapetum lucidum fast ganz weiss, mit leicht gelblichem 
Ton gefärbt ist, es ist das vielmehr eine der Correlationen zwischen 
der Pigmentirung der Haut und der Aderhaut, die wir ja auch vom 
Menschen her kennen. 

Es ist endlich zur Zeit keine Zweckmässigkeit darin zu erkennen, 
dass die Epithelgrenze der Linse bei Pinnipediern, Denti- 
ceten und wahrscheinlich auch bei Sirenen plötzlich wieder auf 
die Hinterfläche der Linse rückt, wo sie sich sonst nur bei den wasser- 
lebenden Amphibien und den Fischen findet. Dass es auch ohne diese 
Einrichtung geht, zeigen die Bartenwale mit ihrer für Säugethiere 
typischen Lage der Epithelgrenze im Linsenäquator. 

Auf Convergenzerscheinungen des Wassersäugethier- 
auges und des Fischauges konnte mehrfach hingewiesen werden. 

Die Randverdickung der Cornea, die oben beschrieben wurde, 
hat BERGER schon 1883 bei Selachiern und Teleosteern gefunden. 

Das Tapetum lucidum, das wir bei Wassersäugethieren stets 
im obern Theil des Bulbus besser entwickelt fanden als im untern, 
zeigt sich auch, wie aus gelegentlichen Notizen in der Literatur her- 
vorgeht, bei einzelnen Selachiern und Teleosteern; diese Art der Aus- 
dehnung ist sogar gelegentlich ganz auf den obern Bulbustheil be- 
schränkt. In dieser „bessern“ Ausbildung des obern Bulbustheils 
gehen sogar die Fische noch einen Schritt weiter als die Wasser- 
säugethiere, wie aus einer Notiz von SCHIEFFERDECKER (60) hervor- 
seht, der angiebt, dass bei Fischen die Retina im obern Bulbustheil 
„besser“ gebaut sei als im untern; leider giebt er nicht an, worin 
dieser bessere Bau besteht; jeden Falls konnten wir einen solchen 
Unterschied bei den Wassersäugethieren noch nicht finden. 

Das Operculum pupillare ist zuerst bei Selachiern festge- 
stellt worden, bei Walen fanden wir es weit verbreitet. Auch andere 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 385 


Arten der Abblendung der störenden Lichtstrahlen von oben, pigmen- 
tirte Hautgebilde, finden sich bei Fischen häufig. Die eigenthümliche 
bohnenförmige Gestalt der Pupille, wie die Zahnwale sie zeigen, sieht 
man auch bei Cephalopoden. 

Endlich wurde auch schon auf die Analogie der „Chorioideal- 
drüse“ der Knochenfische und der Ciliargefässgeflechte im Opticus 
der Wale hingewiesen. 

Die Form der Linse und die Lage ihrer Epithelgrenze ist gleich- 
falls schon erwähnt. 


Fig. PP. Umrisszeichnung des mensch- 
lichen Auges und des Bartenwalauges bei 
gleicher Axenlänge. 

——— Balaenoptera physalus L. Die 
Dimensionen entsprechen einer Verkleinerung 
von 1 : 0,406. 

cree Homo sapiens L. 1/1. 


Fig. QQ. Umrisszeichnung des mensch- 
lichen Auges und der Augen von Phoca vitu- 
lina und Hyperoodon rostratus, alle bei 
gleicher Axenlänge. 

—— Homo sapiens L. 1,35: 1. 

cote es Phoca vitulina L. 1/1. 

— Hyperoodon rostratus |PONTOP- 
PIDAN]. 1/1. 


Fig. QQ. 


Wie ungeheuer die Unterschiede der Walaugen von denen der Land- 
säugethiere, z. B. vom menschlichen Auge, sind, das zeigen besser 
als Zahlen und Beschreibungen die beiden Figg. PP und QQ, in denen 
die zu vergleichenden Augen bei gleicher Länge der innern Augenaxe 
dargestellt sind. 

Und mit diesem Hinweis auf das menschliche Auge möchte ich 


diese Untersuchungen beschliessen: so hoch unser Auge mit seinem 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 25 


386 AUGUST PUTTER, 


feinen Accommodationsapparat, mit seinen in der Macula lutea bis zu 
idealer Vollkommenheit ausgebildeten Querleitungen der Retina, über 
dem accommodationslosen Walauge, das so unvollkommene Quer- 
leitungen besitzt, zu stehen scheint: in Beziehung zur Lebensweise des 
Organismus müssen wir das Walauge für gerade so vollkommen halten 
wie das Menschenauge, da es, wie wir sahen, in vollendeter Weise 
an die specifischen Leistungen angepasst ist, die es dem Thier zu 
leisten hat, und der Grad der Anpassung an die geforderte Function 
ist doch für uns Naturforscher, die wir nicht nach absoluter Voll- 
kommenheit suchen, das Maass der relativen Vollkommenheit. 


Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, allen den Herren 
zu danken, die mich in liebenswürdiger Weise bei meiner Arbeit unter- 
stützt haben; es sind ihrer zu viele, als dass ich sie einzeln aufzählen 
möchte. 

Ganz besonders zu Dank verpflichtet bin ich aber meinem hoch- 
verehrten Lehrer Herrn Prof. KÜKENTHAL, dem ich die Anregung zu 
dieser Arbeit verdanke und der mich während ihrer ganzen Dauer 
vielfach unterstützt hat. Der beständige Gedankenaustausch mit ihm 
hat sehr viel zur Förderung der Arbeit beigetragen. 


Vergleichende Zusammenstellung der Hauptmerkmale der Augen 
der Pinnipedier, Mysticeten und Denticeten. 


Pinnipedia Mysticeta | Denticeta 
Cornea STOSS ‚klein mittelgross 
flach sehr flach flach 
Rand nicht oder nur Rand deutlich verdickt sehr starke Randver- 
mässig verdickt, nur) diekung 


beim Walross bedeu-' 
tende Verdickung 
| 


ausser den engen nur enge Lymphspaltenenge Lymphspalten in 


Lymphspalten zwei, vorhanden geringer Zahl, haupt- 
Typen von Lymph- sächlich Lymphröh- 
röhren vorhanden. ren des Typus I; 
Typus 1: Lamellen) schwache Andeutun- 
enden an den Röhren, gen von solchen des 
nur die tangentialen| Typus II 


weichen aus 

Typus Il: Lamellen 
weichen bogenförmig;) 
aus einander und 
werden durch Stütz- 
oder Sperrfasern in 
dieser Stellung er- 
halten. | 


Die Augen der Wassersäugethiere. 
g 


387 


Pinnipedia 


Mysticeta 


Denticeta 


Cornea 


Sclera 


Chorioidea 


Tapetum 
lucidum 


Corpus ci- 
liare 


Elastica anterior 
fehlt 


Epithelverhornung 
theils auf die ober- 
flächlichen Schichten 
beschränkt,  theils 
maschenförmig alle 
Schichten des Horn- 
hautepithels umfas- 
send (Otaria, Hali- 
choerus) 


prääquatoriales Seg- 
ment verdickt 

Aequator dünn, Augen- 
grund verdickt 


Venae vorticosae, 
4—6 an der Zahl, 
laufen dicht unter 
der Seleraoberfläche 


dünn 

meist schwach ent- 
wickelt, von matter 
Farbe; stark bei 


Phoca, glänzend gelb 


Form der Zellen recht- 
eckig (Phoca u. 8. w.) 
bis lang spindel-, fast 
faserförmig  (Hali- 
choerus) 


Musculus eiliaris 
s.str.schwach, besser 
entwickelt derM.ten- 


sor chorioideae 


Ciliarfortsätze fast so 
lang wie der Orbi- 
culus ciliaris, breit. 
Form: dreieckige 
Blätter, ohne oder 
mit wenigen secun- 
dären Fältchen 


Elastica anterior 
schwach entwickelt 


Epithelverhornung 
greift in Form breiter 
Doppelkegel durch 


das ganze Epithel bis! 


zur Elastica anterior 
durch 


prääquatoriales Seg- 
ment diinn 

Aequator und Augen- 
gerund mächtig ver- 


dickt 


Venae vorticosae, 
stets 4, laufen in aus- 


gesparten Röhren | 


in der Sclera, die 
obere und untere in 
engen Röhren, die 
bald die Sclera ver- 
lassen, die horizon- 
talen in den weiten 
Ausläufern derPlexus 
der Ciliargefässe. 


dünn 


gut entwickelt, doch 
ziemlich dünn, leb- 
hafte Farben 


Gestalt der Zellen faser- 
formig 


ciliare Musculatur 
fehlt vollstän- 
dig 


Ciliarfortsätze sehr 
kurz, nur ein Bruch- 
theil der Breite des 
Orbiculus ciliaris. 
Form: cylindrisch, 
mit ungeheuer vielen 
secundären Fältchen 


Elastica anterior 
stark entwickelt 


Epithelverhornung an 
allen Schichten des 
Epithels, die Zellen 
maschenförmig um- 
spinnend 


prääquatoriales 
ment dünn 

Aequator und Augen- 
grund mächtig ver- 
dickt 


Seg- 


Venae vorticosae, 
4 oder 5, laufen dicht 
unter der Oberfliche 
der Sclera 


ganz ausserordentlich 


dick 


sehr stark entwickelt, 
dick, helle, leuchtende 
Farben 


Zellen faserförmig 


der Ciliarkörper enthält 


schwache Muskel- 
bündel in geringer 
Zahl 


Ciliarfortsätze sehr 
kurz, nur ein Bruch- 
theil der Breite des 
Orbiculus ciliaris. 
Form: cylindrisch, 
mit ungeheuer vielen 
secundären Fältchen 


95% 


AUGUST PUTTER, 


Pinnipedia 


Mysticeta 


Denticeta 


Pupille 


Linse 


Retina 


Nervus op- 
ticus 


sehr beweglich, Muscu- 
Sphincter wie Di- 
latator 


Stroma bei manchen 


Formen noch sehr 
stark, bei manchen 
redueirt 


'Gefässeragen zum Theil 


frei in die vordere 
Kammer hinein 


| 
rund, längs oval, quer 


oval oder „birntör- 


mig“ 


kugelrund oder doch 
nur wenig von dieser 
Form abweichend 


gross 
Epithelgrenze auf der 
Hinterfläche 


Sehstäbchen sehr lang 


Zahl der äussern Kör- 


auf 1 qmm Retina 


1000—2300  Stäbchen- 
zellen auf eine Opti- 
cusfaser 


starke MÜLLER’sche 
Stützfasern 
Eintritt am  hintern 


Augenpol oder un- 
ten, aussen von dem- 
selben 


Opticusscheide mässig 
stark entwickelt, mit 
Anfängen eines Ple- 
xus der Ciliargefässe 


latur stark entwickelt, 


wickelt, Sphincter 
wie Dilatator 


Stroma mehr oder weni- 
ger stark (Balaeno- 
ptera) reducirt 


Gefässe sehr reichlich, 
ragen vielfach frei in 
die vordere Kammer 
hinein 

quer oval, bei Balaena 
Andeutung eines 
Operculum pu- 
pillare 


ellipsoidisch oder der 
Kugelform nahe, 
Vorder- und Hinter- 
fläche gleich stark 


gewölbt | 


sehr klein 


Epithelgrenze im Ae- 
quator 


Sehstäbchen von mitt- 
lerer Länge 


Zahl der äussern Kör- 


nerzellen sehr viel] nerzellen sehr viel 
rösser als die der} grösser als die der 
sehstäbchen Sehstäbchen 

103—62 Nervenfasern 13 Opticusfasern auf 


1 qmm Retina 


5100 Stäbchenzellen auf 
eine Opticusfaser 


starke MÜLLER’sche 
Stützfasern 


Eintritt am  hintern 


oben von demselben 


Opticusscheide mächtig 
entwickelt, von einem 
mantelförmigen Fort- 
satz der Sclera um- 
geben und arterielle 
und venöse Plexus 
der Ciliargefiisse in 
starker Ausbildung 


enthaltend 


Musculatur stark ent- 


Augenpol oder nach! 


Musculatur stark ent- 
wickelt, Sphincter 
wie Dilatator 


‚Stroma fast vollständig 
| geschwunden 


Gefässe ragen zum Theil 
| frei in die vordere 
Kammer hinein 


bohnenförmig, in Folge 
des stark musculösen 
Operculum pu- 
pillare 


der Kugelform nahe, 

Vorder- und Hinter- 
fläche gleich stark 
gewölbt 


mittelgross 


Epithelgrenze auf der 
Hinterfläche 


Sehstäbchen sehr kurz 


Zahl der äussern Kör- 


nerzellen sehr viel 
grösser als die der 
Sehstäbchen 


29—15 Nervenfasern 
auf 1 qmm Retina 


4900-7200 Stäbchen- 
zellen auf eine Opti- 
cusfaser 

starke MÜLLER’sche 
Stützfasern 


Eintritt am hintern 
Augenpol oder nach 
| oben von demselben 


Opticusscheide mächtig 
entwickelt, erhält ihre 
Festigkeit nur durch 
straffes Bindegewebe, 
nicht durch umge- 
bendes Scleralgewebe. 
Plexus der Ciliarge- 
fässe mächtig ent- 
wickelt 


Die Augen 


der Wassersäugethiere. 


389 


Lider 


Orbita 


Pinnipedia 


Lidspalte kürzer als der 
Corneadurchmesser, 
Lider beweglich 


Lider stark behaart 


Tarsus in schwacher 
Andeutung vorhan- 
den 


MEIBOM’sche Drüsen 


fehlen 


Palpebra tertia gut 
entwickelt, durch eine 
gebogene Knorpel- 
spange gestützt 

Bulbus etwas beweg- 
lich, doch bei den 
meisten ziemlich fest 
fixirt 

Richtung der Augenaxe 
schräg nach oben 
oder horizontal 


Divergenz der Augen- 
axen gering 


Orbita enthält starke 
Venengeflechte 


Mysticeta 


Lidspalte etwas länger 
als der Corneadurch- 
messer, Lider unbe- 
weglich 


Lider unbehaart 
Tarsus fehlt 


MEIBOM’sche Drüsen 
fehlen 
Palpebra tertia 


fehlt (oder als Rudi- 
ment vorhanden ?) 


Bulbus unbeweglich, 
durch die Opticus- 
scheide am Schädel| 
fixirt 

‚Richtung der Augenaxe 

schräg nach unten 


Divergenz der Augen- 
| axen sehr gross, 
Augen ganz an der 
Seite des Kopfes 


Orbita enthält starke 


Denticeta 


Länge der Lidspalte ge- 
ringer als die des 
Corneadurchmessers, 
Lider unbeweglich 


Lider unbehaart 
Tarsus fehlt 


MEIBoM’sche Drüsen 


fehlen 


Palpebra 
fehlt 


tertia 


Bulbus ruht unbe- 
weglich auf der Op- 
ticusscheide 


Richtung der Augenaxe 
horizontal oder 
(meist) nach unten 


Divergenz der Augen- 
axen sehr gross, 
Augen an der Seite 
des Kopfes 


Orbita enthält starke 


Venengeflechte 


Venengeflechte 


Tabellen der hauptsächlichsten Maasse und Verhältnisse 
der Augen der Wassersäugethiere. 


In den Tabellen der Hauptdimensionen der Augen der 
Wassersäugethiere sind folgende Werthe aufgeführt: 


I. Cornea: unter der Colonne 


1) Horizontaldurchmesser | 
2) Verticaldurchmesser 

3) Höhe in Theilen der Bulbusaxe ; 
4) Randdicke 
D) Scheiteldicke 
6) Verhältniss der Scheiteldicke zur Randdicke ; 


in Theilen der entsprechenden Bul- 
busdurchmesser ausgedrückt; 


in Theilen der Bulbusaxe ; 


390 


AUGUST PUTTER, 
II. Sclera: 
7) Grösste Dicke im prääquatorialen 
Bulbussegment ausgedrückt in Theilen 
8) Aequatordicke der Bulbusaxe ; 
9) Grösste Dicke im Augengrund 
10) Verhältniss der Tiefe der Sclera zu ihrem Aequatorial- 
durchmesser. 
III. Chorioidea: 
11) Dicke der Chorioidea (Gefässtheil!) | in Theilen der Bul- 
12) Dicke des Tapetum lucidum |  busaxe. 
IV. Corpus tiliare: 
13) Breite des Orbiculus ciliaris in Theilen der Bulbusaxe; 
14) Höhe der Ciliarfortsätze in Theilen des Bulbusdurch- 
messers. 
NATETS: 
15) Grösste Irisbreite in Theilen des Corneadurchmessers. 
VI Retina. 
16) Anzahl der äussern Körnerzellen 
17) Anzahl der innern Körnerzellen } auf 1 qmm Retina; 
18) Anzahl der Opticusfasern 
19) Verhältniss der Anzahl der äussern und innern Körner; 
20) Verhältniss der Anzahl der Stäbchenzellen (Maximalzahl) 
auf 1 qmm Retina zu der der äussern Körnerzellen 
auf die gleiche Fläche. 
VII Linse: 


21) Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe; 
22) Linsendurchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers ; 
23) Linsendurchmesser in Theilen des Corneadurchmessers. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 


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AUGUST PUTTER, 


392 


1:2,86 
1/2371 
112507 
1005) 

1: 2,208 | 


23 


1:31.93 
1.2156 
11579 
2170 
1: 1,416 


1:1,61 


120,95 
ITS 


1 : 1,68 
11:67 


Corpus ciliare| Iris Retina 
Name EI aioe ae se 
Cee 15 16 TER engel 21 
Pinnipedia 
Maerorhinus leoninus 1: 34 |1:153 | 1:22 |1250000) 110000 | 103 | 1:11,36] 1:14,7 | 1:2,79 
Phoca barbata 1: 2,6511:195 | 1:2,55 |1367000| 119000 | 68 | 1:11,55 | 1:11,4 | 1:2,46 
Phoca vitulina neonatus | 1: 3,17 1:16,3 | 1:3,15 | 900400! 144500 | 177 | 1: 6,23) 1: 82 | 1:2,71 
Phoca vitulina adultus 1:31 1211,72) 1:2,45 115121500) 78100: 749) 7219,37 11358) 122,45 
Halichoerus gryphus 1: 433|1:17,6 | 1:4,6 |1000000| 154000 | 100 | 1: 6,49| 1: 6,67) 1:2,476 
neonatus 
Halichoerus gryphus 1:23,07 213,0 71:29)86 — == — — — 162; 
adultus 
Odobaenus rosmarus 1: 49 |1:148 | 1:2,15 | 722000) 82000 | 62 | 1: 88 | 1: 6,56) 1:25 
Otaria jubata 1s 3,33|1:168 | 1:3,3 | 21000000) 181 000°). 74) 1:11 ak) 123 
Mysticeta 
Balaenoptera physalus PS 6,67.1223. 0212.25 550000} 62000 | 13 | 1: 8,87| 1: 9 al 
Balaena mysticetus 112 Bar Ay 112120196 -= — — — — 125500 
Denticeta 
Phocaena communis #5 18,89 | 1: 17,75.| 122591 |1:009 0007" 137000 |: 71 11: 7,3611. 5 182,61 
grosser Embryo 
Phocaena communis ea! 123 152,7 2|:1.350:000.| 184 000!) 72971217: aes 2226,75] 2132,75 
adultus 
Delphinapterus leucas 1:11,5 |1:45,7 | 1:2,02 | 794000! 98000 | 28 | 1: 81 |1: 5,29) 1:2,23 
Hyperoodon rostratus 112,6 Wale 2330 7 dis2,00 | 2918 700 | 90 OOO! |: 15-1712 102213 642" 172,15 


bo 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 393 


Literaturverzeiehniss. 


1810 OLsers, Bemerkungen über den Bau des Auges zweier Thiere 
aus dem Geschlecht der Wallfische, in: Abh. physic.-med. Soc. 
Erlangen, V. 1, p. 457. 

1822 Manor, De observationibus in itinere Groenlandica factis, 
Diss. Berolini. 


3. 1825 RosentHarL, F., Ueber die Sinnesorgane der Seehunde, in: 
Nova Acta Acad. Leop., V. 4. 

4. 1826 Mürrer, Jouannes, Zur vergleichenden Physiologie des Ge- 
sichtssinnes des Menschen und der Thiere, Leipzig. 

5. 1827 ALDERSON, JAMES, An account of a whale of the spermaceti 
tribe cast on shore on the Yorkshire Coast, on the 28th of 
April 1825, in: Trans. Cambridge phil. Soc. V. 2, 1827, p. 253 
— 266. 

6. 1837 Rapp, Wicuezm, Die Cetaceen zoologisch-anatomisch darge- 
gestellt, Stuttgart u. Tübingen. 

7. 1838 Escnricat, Beobachtungen an dem Seehundsauge, in: Arch. 
Anat. Physiol., p. 575—599. 

8. 1844 Brücke, Ernst, Ueber die physiologische Bedeutung der 
stabförmigen Körper und der Zwillingszapfen in den Augen der 
Wirbelthiere, ibid. p. 444—451. 

9. 1845 —, Anatomische Untersuchungen über die sog. leuchtenden 
Augen bei den Wirbelthieren, ibid. p. 387— 406. 

10. 1849 Escuricut, Zoolog.-anatomisch-physiologische Untersuchungen 
über die nordischen Wallthiere, Leipzig. 

11. 1852 Mayer, Ueber das Auge der Cetaceen, Bonn. 

12. 1857 Kuxpe, Notiz über den Einfluss der Kälte auf die Linse, in: 
Arch. Ophthalmol., V. 3, Abth. 2, p. 275—277. 

13. 1857 Mürrer, Heinrich, Anatomisch-physiologische Untersuchungen 
über die Retina beim Menschen und Wirbelthieren, in: Z. wiss. 
Zool., V. 8, p. 7—27. 

14. 1858 —, Ueber einen glatten Muskel in der Augenhöhle des 
Menschen und der Säugethiere, ibid. V. 9, p. 541. 

15. 1858 v. Ammon, Die Entwicklungsgeschichte des menschlichen Auges, 


in: Arch. Ophthalmol., V. 4, Abth. 1, p. 1—226, tab. 1—12. 


394 


AUGUST PUTTER, 


. 1863 Kuernscumipt, A. Ueber die Drüsen der Conjunctiva, ibid. 


V. 9, Abth. 3, p. 145—170, tab. 1 u. 2. 


. 1864 Rırrer, Die Structur der Retina nach Untersuchungen über 


das Wallfischauge, Leipzig. 


. 1865 Meyer, G., Ueber die Structurverhältnisse des Annulus ciliaris 


bei Menschen und Säugethieren, in: Arch. pathol. Anat., V. 34, 
p. 380—400, 2 Taff. 


9. 1866 GRUENHAGEN, A., Ueber das Vorkommen eines Dilatator pupillae 


in der Iris des Menschen und der Säugethiere, in: Z. ration. 
Med., V. 28, p. 176. 


20. 1867 Huzxe, Notes on the anatomy of the common porpoise (Pho- 
caena communis), in: J. Anat. Physiol. p. 19. 

21. 1868 MERKEL, Fr., Zur Anatomie der Iris, in: Z. ration. Med., V. 31, 
p- 136. 

22. 1869. Iwanorr, A. u. RoLLETT, A., Bemerkungen zur Anatomie der 
Irisanheftung und des Annulus ciliaris, in: Arch. Ophthalmol., 
V. 15, Abth. 1, p. 17—74, 5 Taff. 

23. 1869 —, Beiträge zur Anatomie des Ciliarmuskels, ibid. V. 15, 
Abth. 3, ,p. 284—298, 2 Figg., 2 Taff. 

24. 1872 Santi SIRENA, Untersuchungen über den feinern Bau der 
Ganglienzellen und der Radialfasern an der Retina des Pferdes 
und des australischen Wallfisches, in: Verh. phys.-med. Ges. Würz- 
burg, (N. F.) V. 2, p. 31—48. 

25. 1874 Muri, James, Researches upon the anatomy of the Pinnipedia 
(part III). Descriptive anatomy of the Sealion (Otaria jubata), 
in: Trans. zool. Soc. London, V. 8, p. 501—582. 

26. 1874 —, On the form and structure of the Manatee (Manatus ameri- 
canus), ibid. V. 8, p. 127—202. 

27. 1874 —, On the organisation of the Caaing Whale, Globiocephalus 
melas, ibid. V. 8, p. 235—301, tab. 30—38. 

28. 1874 FLower, W. H., On Risso’s Dolphin, Grampus griseus (Cuv.), 
in: Trans. zool. Soc. London, V. 8, p. 1—21. 

29. 1876 SATTLER, HUBERT, Ueber den feinern Bau der Chorioidea des 
Menschen nebst Beiträgen zur pathologischen und vergleichenden 
Anatomie der Aderhaut, in: Arch. Ophthalmol., V. 22, Abth. 2, 
p. 1—100, 1 Taf. 

30. 1877 GrossMANN und MAYERHAUSEn, Beitrag zur Lehre vom Ge- 
sichtsfeld bei Säugethieren. 

31. 1878 LeucrarT, R., Organologie des Auges, in: GRAEFE-SÄMISCH, 
Handbuch der gesammten Augenheilkunde, V. 2. 

32. 1879 Fıck, A., Zur Periskopie des Auges, in: Arch. ges. Physiol., 
V. 19) p. 145. 

33. 1879 Rasmus, W., u. WAUER, A., Mathematische Theorie der Peri- 
skopie des menschlichen Auges, ibid. V. 20, p. 264. 

34. 1879 Kuunt, Zur Kenntniss des Sehnerven und der Netzhaut, in: 
Arch. Ophthalmol., V. 25, Abth. 3, p. 179. 

35. 1879 Ayres, W. B., Beiträge zur Entwicklung der Hornhaut und 


der vordern Kammer, in: Arch. Augenheilkde., V. 8. 


36. 


39. 


40. 


41. 


42. 


43. 


44. 


45. 


46. 


47. 
48. 
49. 
50. 


51. 


52. 


53. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 395 


1880 AxGEeLucor und AUBERT, Beobachtungen über die Accom- 
modation des Auges und die zur accommodativen Krümmungs- 


veränderung der vordern Linsenfläche erforderlichen Zeiten, in: 
Arch. ges. Physiol, V. 22, p. 69—86. 


. 1880 Marruiussen, L., Untersuchungen über den Aplanatismus und 


die Periskopie der Krystallinse in den Augen der Fische, ibid. 
V. 21, p. 287. 


. 1881 v. Reuss, A, Untersuchungen über den Einfluss des Lebens- 


alters auf die Krümmung der Hornhaut nebst einigen Bemer- 
kungen über die Dimensionen der Lidspalte, in: Arch. Ophthal- 
mol. V. 27, Abth. 1, p. 27—53. 

1881 DEnnIssenko, G., Ueber den Bau der äussern Körnerschicht 
der Netzhaut bei den Wirbelthieren, in: Arch. mikrosk. Anat., 
V. 19, p. 395—441, tab. 21. 

1881 Könısstein, L., Histiologische Notizen. II. Ueber die Pupillar- 
membran, in: Arch. Ophthalmol., V. 27, Abth. 3, p. 60—65. 
1882 WoLrskEHL, Ueber Astigmatismus in Thieraugen und die Be- 
deutung der spaltförmigen Pupille, in: Z. vergl. Augenheilk., 

V. 1, p. 7—16. 

1883 BERGER, E., Beiträge zur Anatomie des Sehorgans der Fische, 
in: Morph. Jahrb., V. 8, p. 97—168. 

1883 KoscHEL, Ueber Form, Lage und Grössenverhältnisse der Or- 
bita, des Bulbus und der Krystallinse unserer Hausthiere, in: 
Z. vergl. Augenheilk., V. 2, p. 53—79. 

1883 Horrmann, F. W., Zur vergleichenden Anatomie der Lamina 
cribrosa nervi optici und einiger angrenzenden Verhältnisse, in: 
Arch. Ophthalmol. V. 29, Abth. 2, p. 45—72, tab. 1—2. 

1884 KôniGsreix, L., Histologische Notizen. IV. Das Wachsthum 
des embryonalen Auges, in: Arch. Ophthalmol., V. 30, Abth. 1, 
p. 141—144. 

1885 Koeanri, J., Untersuchungen über den Bau der Iris des 
Menschen und der Wirbelthiere, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 25, 

~ p. 1—48, tab. 1. 

1885 CzprmMax, WILHELM, Zur Zonulafrage, in: Arch. Ophthalmol, 
V. 31, Abth. 1, p. 79—138, tab. 6 —11. 

1886 MaArrHıEssen, L., Ueber den physikalisch-optischen Bau des Auges 
der Cetaceen und Fische, in: Arch. ges. Physiol., V. 38, p. 521. 

1886 WEBER, Max, Studien über Säugethiere. Ein Beitrag zur 
Frage nach dem Ursprung der Cetaceen, Jena. 

1886 VırcHow, H., Ueber die Form der Falten des Corpus ciliare 
bei Säugethieren, in: Morphol. Jahrb., V. 11, p. 451. 

1886 Dosrorzwsky, Ueber den Bau des Corpus ciliare und der Iris 
von Säugethieren, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 28, p. 91—-121, 
tab. 10—11. 

1886 GorrscHan, M., Zur Entwicklung der Säugethierlinse in: Anat. 
Anz., Jg. 1, p. 381—382. 

1886 Keiser, Franz, Zur Entwicklung des Glaskörpers, in: Arch. 
Anat. Physiol., Anat. Abth., p. 358—368, tab. 17. 


AUGUST PUTTER, 


. 1886 WÜrDInGER, Luitporp, Ueber die vergleichende Anatomie des 


Ciliarmuskels, in: Z. vergl. Augenheilkde., V. 4, p. 121—138. 


. 1886 Docıer, Jo, Neue Untersuchungen über die pupillenerwei- 


ternden Muskeln der Säugethiere und Vögel, in: Arch. mikrosk. 
Anat., V. 27, p. 403—410, tab. 18. 


. 1886 Prögsting, A., Ein Beitrag zur feinern Anatomie des Lides 


und der Conjunctiva des Menschen und Affen, Inaug.-Diss., 
München-Erlangen, 32 pp. 


. 1886 AuBerT, Hermann, Die Bewegungsempfindung, in: Arch. ges. 


Physiol., V. 39, p. 347—370. 


. 1886 Exner, Sıcm., Ein Versuch über die Netzhautperipherie als 


Organ zur Wahrnehmung von Bewegungen, ibid., V. 38, p. 217 
— 218. 


. 1886 Emmert, Vergleichend-anatom. Untersuchungen über Grössen- 


und Gewichtsverhältnisse des Augapfels unserer Hausthiere und 
seine Bestandtheile, in: Z. vergl. Augenheilkde., V. 4, p. 40—71. 


. 1887 SCHIEFFERDECKER, P., Ueber das Fischauge, in: Anat. Anz., 


V. 2, p. 381—382. 


. 1887 Bertin, R., Ueber ablenkenden Linsenastigmatismus und seinen 


Einfluss auf das Empfinden von Bewegung, in: Z. vergl. Augen- 
heilkde., V. 5, p. 1—20, 1 Textfigur. 


. 1888 Eıssen, W., Hornhautkrümmung bei erhöhtem intraoculären 


Druck, in: Arch. Ophthalmol., V. 34, Abth. 2, p. 1—66. 


. 1888 Faccxr, Francesco, Ueber die Histogenese der Retina und 


des Nervus opticus, ibid. V. 34, Abth. 2, p. 67—108, tab. 1—3. 


. 1889 SCHNELLER, Ueber Formveränderungen des Auges durch Muskel- 


druck, ibid. V. 35, p. 76—112, tab. 3, fig. 1—6. 


. 1889 Curevirz, J. H., Untersuchungen über die Area centralis retinae, 


in: Arch. Anat. Physiol., Anat. Abth., p. 139—196. 


. 1890 —, Ueber die Entwicklung der Area und Fovea centralis 
retinae, ibid. p. 332—366, tab. 18—20. 
. 1890 STEINACH, EuGex, Untersuchungen zur vergleichenden Physio- 


logie der Iris, in: Arch. ges. Physiol., V. 47, p. 289--340. 


. 1890 Docrez, A. S., Die Nerven der Cornea des Menschen, in: Auat. 


Anz. V. 5, p. 483—494, 8 Figg. 


. 1890 Martin, P., Zur Entwicklung der Retina bei der Katze, ibid. 


V. 5, p. 551—556. 


. 1890 PETERS, ALBERT, Beitrag zur Kenntniss der Harper’schen 


Drüse, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 36, p. 192—200, tab. 9. 


. 1891 Zrem, Ueber das Schwellgewebe des Auges, in: Arch. pathol. 


Anat., V. 126, p. 467—484. 


. 1891 Curevirz, J. H., Ueber das Vorkommen der Area centralis 


retinae in den vier höhern Wirbelthierclassen, in: Arch. Anat. 
Physiol., Anat. Abth., p. 311—334, tab. 18. 


. 1891 Beruin, R., Ueber die Schätzung der Entfernung bei Thieren, 


in: Z. vergl. Augenheilkde., V. 7, Heft 1, p. 1—25. 


90. 


91. 


Die Augen der Wassersäugethiere. 397 


1891 Toporanskı, À. Ueber den Bau der Zonula und Umgebung 
nebst Bemerkungen über das albinotische Auge, in: Arch. Oph- 
thalmol., V. 37, Abth. 1, p. 28—61, 8 Figg. 


. 1891 Frorigr, A., Ueber die Entwicklung des Sehnerven, in: Anat. 


Anz., V. 6, p. 155—161, 12 Figg. 

1891 Marrutessen, L., Die neuern Fortschritte in unserer Kennt- 
niss von dem optischen Bau des Auges der Wirbelthiere, in: 
Festschr. Hermaortz, Hamburg u. Leipzig, p. 51—111. 


. 1892 GROENOUW, ARTHUR, Ueber die Sehschärfe der Netzhautperi- 


pherie, Habilationsschr. Breslau. 

1892 Sremacu, Eugen, Untersuchungen zur vergleichenden Physio- 
logie der Iris, 2. Mitth., in: Arch. ges. Physiol., V. 52, p. 495 
—525, tab. 2. 

1892 Kruse, ALFRED, Ueber Entwicklung, Bau und pathologische 
Veränderung des Hornhautgewebes, in: Arch. pathol. Anat., 
V. 128, p. 251—289, tab. 8. 

1892 LoEWENTHAL, N., Beitrag zur Kenntniss der Harper’schen 
Drüse bei den Säugethieren, in: Anat. Anz. V. 7, p. 546—556, 
2 Figg. 


. 1892 —, Notiz über die Harper’sche Drüse des Igels, ibid. V. 7, 


p. 48-54, 2 Figg. 


. 1893 Brer, THropor, Studien über die Accommodation des Vogel- 


auges, in: Arch. ges. Physiol., V. 53, p. 175— 237. 


. 1893 Jounson, G. L. Observations on the refraction and vision of 


the Seals eye, in: Proc. zool. Soc. London, p. 719— 723, 5 Figg. 


. 1893 Nusspaum, M., Vergleichend-anatomische Beiträge zur Kennt- 


niss der Augenmuskeln, in: Anat. Anz., V. 8, p. 208—210. 


. 1893 Reis, P., Lehrbuch der Physik. 
. 1893 Marrutessen, L., Ueber den physikalisch-optischen Bau der 


Augen vom Knölwal (Megaptera boops Fager) und Finwal 
(Balaenoptera musculus), in: Z. vergl. Augenheilkde., V. 7, p. 77 
— 103. 


. 1893 Kürentuan, W., Vergleichend-anatomische und entwicklungs- 


geschichtliche Untersuchungen an Walthieren, in: Denkschr. med.- 
naturw. Ges. Jena, V. 3. 


. 1894 Beer, Tunopor, Die Accommodation des Fischauges, in: Arch. 


ges. Physiol., V. 58, p. 523— 650. 


. 1894 Leger, TH, Der gegenwärtige Stand unserer Kenntniss vom 


Flüssigkeitswechsel des Auges, in: MERKEL u. Bonnet, Ergebn. 
Anat. Entw., V. 4, p. 144—197. 

1894 BEAUREGARD et BouLArT, Note sur un plexus veineux de l’œil 
de Balaenoptera musculus, in: CR. Soc. Biol. Paris, (10) V. 1, 
p. 775— 776. 

1895 SCHoEn, WırH., Zonula und Ora serrata, in: Anat. Anz., V. 10, 
p. 360—364, 5 Figg. 


. 1897 Berr, Tu., Die Accommodation des Kephalopodenauges, in: 


Arch. ges. Physiol., V. 67, p. 541—586. 


398 


93. 


AUGUST PUTTER, 


1897 Weiss, L., Ueber das Wachsthum des menschlichen Auges 
und über die Veränderung der Muskelinsertionen am wachsenden 
Auge, Wiesbaden 1897, auch in: Anat. Hefte. 


. 1897 Ticersrent, Lehrbuch der Physiologie des Menschen, Leipzig. 
95. 


1897 SLONAKER, J. R., Comp. study of the area of acute vision in 
Vertebrates, in: J. Morphol., 1897. 


. 1897 KüxexrHaz, W., Vergleichend-anatomische und entwicklungs- 


geschichtliche Untersuchungen an Sirenen, in: Semon, Zool. 
Forschungsreisen. 

1898 Fıck, A. Even, Ueber Stäbchensehschärfe und Zapfenseh- 
schärfe, in: Arch. Ophthalmol., V. 45, p. 336—356, 4 Textfigg. 


. 1898 HummersneiN, Ep. Ueber den Einfluss der Pupillenweite auf 


die Sehschärfe bei verschiedener Intensität der Beleuchtung, 
ibid; V. 45, p. 357-373, 4 Textfigg. 


9. 1898 Ragz, Cart, Ueber den Bau und die Entwicklung der Linse, I, 


in: Z. wiss. Zool., V. 69, p. 496—572 


. 1898 Beer, Tu, Die Accommodation des Auges in der Thierreihe, 


in: Wien. klin. Wochenschr., p. 942 —953. 


. 1898 Hess, C., u. Herne, L., "Arbeiten aus dem Gebiete der Ac- 


commodationslehre, IV, in: Arch. Opthalmol., V. 46, p. 243— 276. 


. 1898 Brrr, Tu., Die Accommodation des Auges bei den Reptilien, 


in: Arch. ges. Physiol., V. 69, p. 507 —568. 


. 1898 —, Die Accommodation des Auges bei den Amphibien, ibid. 


V. 73, p. 501—534. 


. 1898 ABELSDORFF, G., Physiologische Beobachtungen am Auge der 


Krokodile, in: Arch. Anat. Physiol., Physiol. Abth., p. 155 —167. 


. 1898 Ra, Carr, Ueber den Bau und die Entwicklung der Linse, II, 


in: Z. wiss. Zool., V. 65, p. 257—367. 


. 1898 Rotter et JACQUEAU, Anatomie topographique de la macula, 


in: Ann. Oculistique, V. 119, p. 431—438. 


. 1898 Vincenz Fuxata, Was ist die Aufgabe des Brücke’schen 


Muskels ?, in: Arch. Augenheilkde. (Knapp u. SCHWEIGGER), V. 36, 
p- 65—69. 


. 1899 v. Mrcuez, Ueber den Einfluss der Kälte auf die brechenden 


Medien des Auges, in: Beiträge zur Physiologie, Festschr. Fick. 
(Ref., in: Arch. Augenheilkde., V. 40.) 


. 1900 Ras, Carr, Ueber den Bau und die Entwicklung der Linse 


III, in: Z. wiss. Zool., V. 67, p. 1—138. 


). 1900 Küxexrxaz, W., Die Wale der Arctis, in: Fauna arct., Lief. 2, 


Jena. 


. 1900 Heıne, L., Die Anatomie des accommodirten Auges, in: Arch. 


Ophthalmol., V. 49, p. 1—7, tab. 1. 


2. 1900 Grerrr, V., Mikroskopische Anatomie des Sehnerven und 


der Netzhaut, in: Graure-Sdimiscu, Handb. ges. Augenheilkde., 
Lief. 20— 22. 

1900 Nusspaum, M., Entwicklungsgeschichte des menschlichen 
Auges, ibid. Lief. 14 u. 15. 


——— 


114. 


115. 


120. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 399 


1900 Scuurrtze, O., Mikroskopische Anatomie der Linse und des 
Strahlenbandchens, ibid. Lief. 17. 

1901 Braver, A., Ueber einige von der Valdivia-Expedition ge- 
sammelte Tiefseefische und ihre Augen, in: SB. Ges. Beförd. ges. 
Naturw. Marburg, No. 8, Juli 1901, p. 115—130, 3 Figg. 


. 1901 Scnutrze, O., Ueber die Entwicklung und Bedeutung der Ora 


serrata des menschlichen Auges, in: Verh. phys.-med. Ges. Wiirz- 
burg, p. 131—143, 1 Taf. 


. 1901 Merken und Karuıus, Makroskopische Anatomie des Auges, 


in: GrAEFE-SÄmisch Handb. ges. Augenheilkde., Lief. 29— 31. 


. 1901 Gærassimow, J. J., Ueber den Einfluss des Kerns auf das 


Wachsthum der Zelle, Moskau, 35 pp., 47 Tabellen, 2 Taff. 


. 1901 Szıuı, A., Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der hintern 


Irisschichten mit besonderer Berücksichtigung des Musculus 
sphincter iridis des Menschen, in: Anat. Anz. V. 20, p. 161 
— 175, 6 Figg. 

1901 Jounson, GEoRGE Linpsay, Contributions to the comparative 
anatomy of the mammalian eye, chiefly based on ophthalmoscopic 
examination, in: Phil. Trans. Roy. Soc. London. 


400 


AUGUST PUTTER, 


Erklärung der in den Textfiguren durchgängig angewandten 
Buehstabenbezeichnungen. 


c Cornea 
ch Chorioidea 
c.v Corpus vitreum 


g.p Grundplatte des Corpus ciliare 


à Iris 

1 Linse 

l.p Ligamentum pectinatum 
n.o Nervus opticus 

0.5 Obliquus superior 

0.t Obliquus inferior 


Rtr.i Retractor inferior 


Rtr.e As externus 
Rir.int „ internus 
s Sclera 


s. cr Sulcus corneae 

s.c Sinus circularis chorioideae 
t Tapetum lucidum 

V.o Opticusscheide 

V.v.s Vena vorticosa superior 
Kann & inferior 


p.c Processus ciliares V.v.e.s Vena vorticosa externa 


P.v Plexus venosus superior 
r Retina V.v.e.i Vena vorticosa externa 
R.s Rectus superior inferior 
Mar. inferior V.v.i.int Vena vorticosa inferior 
en externus interna 
R.int Rectus internus V.v.s.int Vena vorticosae superior 


Rtr.s Retractor superior interna. 


Erklirung der Abbildungen. 


Harte lie 


Fig. 1. Phoca vitulina L. Ein Stück der Cornea propria. 38:1. 
Man sieht die bogenförmig verlaufenden starken Lamellen der Cornea 
propria und die mehr oder weniger senkrecht auf ihnen stehenden 
dünnern Stütz- oder Sperrfasern. 

Fig. 2. Balaenoptera physalus L. Hornhautepithel. 150:1. Die 
Figur zeigt die in die Tiefe greifende Epithelverhornung. Die ver- 
hornten Kegel setzen an die schwache Elastica anterior, die durch ein 
Versehen nicht so deutlich gerichtet ist, wie sie thatsächlich hervortritt, 
an. In der Cornea propria feine, enge Lymphspalten. 


Die Augen der Wassersiiugethiere. 401 


Fig. 3. Delphinapterus leucas (Parras) Ein Stück der Cornea 
propria aus der Randverdickung der Hornhaut. 38:1. Man sieht die 
Querschnitte der grossen, unregelmässig gestalteten und vertheilten 
Lymphröhren. 

Fig. 4 Delphinapterus leucas (Patuas). Ein Stück der Hornhaut 
aus dem Scheitel. 38:1. Die Querschnitte der Lymphröhren sind 
lang gestreckt und hauptsächlich auf die mittlern Schichten der Cornea 
propria beschränkt. 

Fig. 5. Hyperoodon rostratus (Pontorripan). Hornhautepithel. 
150:1. Die verhornte Substanz umgiebt alle Zellen und verbindet sich 
mit der starken Elastica anterior. Die Cornea propria zeigt die weiten 
Lymphröhren und Andeutungen von Lymphröhren mit Stützfasern. 

Fig. 6. Phoca vitulina L. Chorioidea mit Tapetum lucidum. 30:1. 
Zu unterst im Bilde sieht man die Lamellen der Lamina suprachorioidea, 
dann folgt die Lamina vasculosa und zu oberst (roth) das Tapetum 
lucidum. 

Fig. 7. Odobaenus rosmarus L. Chorioidea und Tapetum luci- 
dum. 30:1. Lage der Schichten wie in Fig. 6. 

Fig. 8. Balaenoptera physalus L. Chorioidea und Tapetum luci- 
dum. 30:1. 


Ma tells. 


Fig. 9. Hyperoodon rostratus (Ponrorripan). Chorioidea und 
Tapetum lucidum. 30:1. 

Fig. 10. Phoca barbata. Iris. Radialschnitt. 12:1. Links oben im 
Bilde liegt das Ligamentum pectinatum, dessen Stränge Gefässquer- 
schnitte zeigen. Links unten ist der Anfang der Erhebung eines 
Ciliarfortsatzes zu sehen. 

Fig. 11. Balaenoptera physalus L. Iris. Radialschnitt. 12:1. 
Links im Bilde ist der Anfangstheil eines Ciliarfortsatzes getroffen. 

Fig. 12. Delphinapterus leucas (Pattas). Iris und Processus 
ciliares. Radialschnitt. 12:1. 

Fig. 13. Hyperoodon rostratus (Ponrorrman). Iris und Processus 
ciliares aus dem untern Theil des Bulbus. Radialschnitt. 12:1. 

Fig. 14. Hyperoodon rostratus (Pontorpman). Operculum pupil- 
lare. Radialschnitt. 12:1. 


Tafel 4 


Fig. 15. Macrorhinus leoninus (Gray). Corpus ciliare. Aequa- 
torialschnitt. 12:1. 

Fig. 16. Phoca vitulina L. 4 Tage altes Thier. Corpus ciliare. 
Aequatorialschnitt. 12:1. 

Fig. 17. Odobaenus rosmarus (L.). Corpus ciliare. Aequatorial- 
schnitt. 12:1. 

Fig. 18. Delphinapterus leucas (Pazzas). Corpus ciliare. Aequa- 
torialschnitt. 12:1. 

Zool. Jahrb. XVII, Abth. f, Morph. 26 


402 AUGUST PUTTER, Die Augen der Wassersäugethiere. 


Fig. 19. Macrorhinus leoninus (Gray). Retina. 38:1. Die Stab- 
chen waren in Reihen von Tröpfchen zerfallen und sind daher auch in 
diesem Zustande der Destruction dargestellt. 

Fig. 20 Balaenoptera physalus L. Retina. 38:1. Stäbchen wie 
in Fig. 19. 

Fig. 21. Hyperoodon rostratus (Ponropripan). Retina. 38: 1. 
Stäbchen wie in Fig. 19. 

Fig. 22. Balaenoptera physalus L. Lidrand. 6:1. 

Fig. 23. Hyperoodon rostratus (Ponrorrinan). Lage des neuen 
Sinnesorgans (blau). Die Sclera ist grau, Iriswurzel und Corpus ciliare 
roth gehalten. 

Fig. 24. Hyperoodon rostratus (Ponropripan). Ein Stück der 
Sinnesschicht des neuen Sinnesorgans. 281:1. 


Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


The Origin and Histogenesis of the Thymus 
in Raja batis. 
By 
John Beard, D. Sc., 


University Lecturer in Comparative Embryology, Edinburgh. 


With plates 5—10 and 8 text-figures. 


Table of Contents. 


Introduction. 
Table of Embryos, their Sizes preserved, and the Figures from them. 
I. The early History of the Thymus-Placodes. 
II. The Morphological Nature of Leucocytes. 
III. The Origin of the first Leucocytes. 
IV. The Thymus-Placodes in Embryos of 19—23 mm. 
V. The Mode of Formation of Leucocytes from epithelial Cells of 
the Placodes. 
VI. The Thymus-Placodes in Embryos of 24—27 mm. 
VII. The Thymus-Placodes in Embryos of 28—36 mm. 
VIII. The later History of the Thymus-Placodes (Embryos of 37—70 mm). 
IX. The History of the spiracular Thymus-Placode. 
X. Thymus-Placodes and sensory Placodes. 
XI. HassazL’s concentric Corpuscles of the Thymus of the Cavy. 
XI. Historical. 
XIII. The Thymus as the Source of Leucocytes. 
Literature cited. 
Description of Plates. 


Introduction. 

The researches, detailed in the following pages, were begun in 
the spring of 1898, and brought to a preliminary close before the 
end of the same year. They were continued, at first upon the old 
material and afterwards upon a new set of specimens of Raja batis, 
during 1899, and, with the brief study of HassaLu’s concentric cor- 
puscles in a series of cavies, they were finished, as here published, 
early in 1900. 


26* 


404 JOHN BEARD, 


Originally, it had been intended to have written an account of 
the work in greater detail. Thus, it was hoped, that time might 
have been found for the completion of a set of observations upon the 
degrees of development of skate-embryos at various periods. The 
pressure of other research, more especially upon the germ-cells, has 
indefinitely postponed the carrying-out of this. So that the division 
of the chapters, finally adopted, has to some extent been based upon 
the external features of embryos, and not in all cases has it been 
found possible to control this by the record of all their internal 
characters. 

Although little or nothing has been added to the notes and 
drawings of the present work during the last two years, the writer 
would still have kept back its final publication, had it appeared at 
all likely, that the thread of research into the thymus would ever 
again be taken up by himself. So far as the writer is concerned, 
however, the work is complete, and there is now no point in the 
history of the thymus of the skate, concerning which he would desire 
further information from new research. At one time, some two years 
ago, it did appear, that a much more thorough investigation of 
HASSALL’s concentric corpuscles in the cavy would require to be made. 
But a recent study of the preparations and facts, revealed during the 
past two years’ work upon the germ-cells, have rendered this, to my 
mind, a task of supererogation. Possibly from the examination of 
cavies rather younger than 31 days a little more information might 
be obtained, but would it be such as to repay the labour? 

On the other hand, the facts, concerning the degeneration of 
certain germ-cells with the formation of concentric capsules, and the 
remarkable concentric corpuscles of the cavy itself — hitherto, so far 
as I am aware, not described in the literature — demonstrate as 
clearly as possible, that HassaLL’s corpuscles are only degenerative 
products. Whether of leucocytes or of epithelial cells may be dis- 
cussed upon another page. 

A few statistics concerning the embryos used for the following 
description of observations may be of interest. The results are based 
upon the study of upwards of 125 embryos, ranging from 6—70 mm, 
This is, of course, only a portion of the writer’s sectioned material of 
Raja batis. The figures of the thymus-elements and placodes are 
from only 28 specimens, and those of the spiracular thymus from 
but 5. Even with the restrictions of 28 embryos the number of figures 
is rather large, and many of them may be described as duplicates. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 405 


Had it been attempted to avoid any and every duplication, and 
thus to reduce the total number of figures, it is possible, that the 
results might have obtained a doubtful reception. And, indeed, has 
it yet fallen to the lot of any writer upon the thymus, to write the 
truth and to be believed?!! From the actual embryos, represented 
by one or more figures in the plates, ten times as many drawings 
could easily have been brought together. Leaving out of account the 
spiracular thymus-elements, owing to the existence of five pairs of 
placodes in every embryo, the drawing of but a single section through 
each from every one of the 28 embryos would alone have yielded 
280 figures. Considering, therefore, the extensive series of embryos 
employed, and the number of the thymus-elements or placodes, the 
figures given may, perhaps, not appear to be unduly numerous. And, 
I hope, each and every figure — for all are accurate representations 
of the actual sections — may not be without value. 

The views, hitherto held as to the morphological nature of the 
thymus, have rested upon speculation, rather than upon actual re- 
search. The facts, established by investigation, such as those due to 
KÖLLIKER, PRENANT, OSCAR SCHULTZE, and the writer, have been 
systematically rejected in favour of the baseless conjectures of STIEDA, 
with the result, that the very opposites of real facts have been, and 
unfortunately still are, believed. But now, with the possible exception 
of STIEDA himself, there is probably no-one, who has studied the 
embryonic history of the thymus, and who is prepared to maintain 
StIEDA’s hypotheses concerning it. 

The thymus was apparently discovered, and certainly so named, 
by Garen. Notwithstanding the fact, that after then and down to 
our own days it formed an object of research for many investigators, 
including Hewson, HUNTER, VALENTIN, J. F. MECKEL, TIEDEMANN, 
GOODSIR, ARNOLD, BISCHOFF, SIMON, REMAK, and others, nothing of 
real value, concerning its functions and developmental history, was 
established. But in 1879 KÖLLIKER announced its mode of origin in 
mammals from the epithelium of a gill-pouch, and the conversion of 
its original epithelial cells into lymph-cells or leucocytes. This dis- 
covery was not, however, destined to be accepted without cavil. 
Against it were set the suppositions, unsupported by proof, of STIEDA . 
and Hıs, that the leucocytes, undoubtedly present in the thymus of 
any late embryo or foetus, as well as in that of older animals, had 
migrated thither from the exterior, possibly from the mesoblast. In 
this conclusion they have been supported by the researches of DOHRN, 


406 JOHN BEARD, 


GULLAND, and, until quite recently, of MAURER, as well as by the writers 
of almost every text-book of Embryology and Comparative Anatomy, 
published since 1879. 

On the other hand, KÖLLIkeEr has stoutly maintained his original 
position, and in recent years his conclusions have been emphatically 
confirmed by every new investigator of the development of the thymus; 
thus, by PRENANT, Oscar SCHULTZE, the writer, MAURER (finally), and 
JOSEF Nuspaum and T. PRYMAK. 

According to the views of STIEDA and Hıs, the function of the 
thymus is still absolutely unknown, and HASSALL’s concentric corpuscles 
are supposed to arise from the original epithelial cells. No serious 
attempt has ever yet been made to convert this latter supposition 
into fact by systematic investigation. It assumes these degenerative 
structures to be essential and integral parts of the thymus, and this 
is not the case. It ignores the fact, that even in mammals, 
such as the common rabbit, the epithelial cells of the 
thymus become converted into leucocytes, thus trans- 
forming the original epithelial organ into a lymphoid 
structure, long before HAssaLL’s corpuscles appear upon 
the scene! 

Under this view by hypothesis the original epithelial cells, or their 
remains, become transformed into concentric corpuscles, by hypothesis 
again leucocytes wander in from the surrounding mesoblast, where in 
some not yet understood way they have arisen from mesoblastic cells. 
Therefore, of the leucocytes themselves of the thymus nothing of the 
history is known. 

From first to last, from beginning to end, in this 
series of supposed events nothing is certain, all rests 
upon — hypothesis! 

On this view nothing of the least practical use and value is at 
present known regarding the nature of the thymus. According to 
KÖLLIKER, the original epithelial cells give rise to lymph-cells or 
leucocytes. And, although he made no attempt to explain HAssALL’s 
corpuscles, it must be evident, that, if his conclusion be correct, 
something of positive value is thereby established. As already stated, 
the most recent students of the thymus have with one accord accepted 
KÖLLIKER’S result. 

None the less, in the latest edition of WIEDERSHEIM’s “Ver- 
gleichende Anatomie” (1898) the author felt obliged to write: “über 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 407 


die Bedeutung des Organs ist nichts Sicheres bekannt” 1). And in 
the new edition of GEGENBAURS work?) the destruction of the 
epithelial foundation by invading leucocytes is stated as a signi- 
ficant fact. 

The writer has long suspected the function of the organ to be a 
very important one, but, in spite of repeated attacks upon the problem, 
investigation of the development furnished nothing beyond a con- 
firmation of KOLLIKER’s discovery, until the summer of 1898. Even 
now, when success has completely crowned the failures of past years, 
at a time when the developmental history and function of the thymus 
in Raja batis can be demonstrated on numerous preparations with 
the utmost certainty and ease, the problem owes its solution in the 
first instance, not to direct attack upon the organ itself, but to a 
flank movement. In the course of a systematic investigation of the 
development of Scyllium canicula, in aid of which the authorities of 
the University of Edinburgh had made a grant from the Earl of 
Moray Research Fund, and, more particularly, whilst noting for sub- 
sequent publication the periods of origin and degrees of development 
of all the systems of organs in an extensive series of embryos, a little 
but significant fact forced itself into notice. 

It was, that for a relatively long period of the development the 
blood contained only nucleated coloured corpuscles, xanthocytes, as 
they have recently aptly been named. The circumstance was recalled, 
that this had originally been noted by KOLLIKER *) some years ago, 
and that it had been commented upon by H. ERNST ZIEGLER *), who, 
moreover, had conjectured, that the condition persisted, until some 
lymphoid organ or other arose. The like fact has also been observed 
by GULLAND (1891, p. 161). 

The question was asked: “at what period of the development and 
from what source or sources do the white corpuscles of the blood or 


1) WIEDERSHEIM, R., Grundriss der vergleichenden Anatomie der 
Wirbelthiere, 4. Aufl., 1898, p. 291. 

2) GEGENBAUR, C., Vergleichende Anatomie der Wirbelthiere, V. 2, 
1301, p. 249. 

3) KÖLLIKER, A., Embryonen von Säugethieren und Vögeln, die 
zu einer gewissen Zeit nur rothe Blutkörperchen enthalten, in: Z. wiss. 
Zool., V. 40, p. 191. 

4) ZIEGLER, H. Ernst, Ueber die embryonale Anlage des Blutes 
bei den Wirbelthieren, in: Verh. Deutsch. zool. Ges., 1892, p. 20. 


408 JOHN BEARD, 


leucocytes arise?” It was obvious, that, if the existence of a critical 
period in the development [in the sense applied to this conception by 
the writer !)] had a groundwork of fact, the leucocytes?) of the blood, 
as forming integral parts of a vertebrate animal, ought then to be 
present; or, if not themselves evident as such, the foundation or 
foundations, from which they arose, ought to be in existence. 


In my fishes, in both Scyllium and Raja, it was easily made out, 
that abundant leucocytes were present in the blood at, and even long 
before, the critical period, when the embryo first asserts its individuality. 
Working to earlier phases from this point, and also from such early 
stages, where no leucocytes existed anywhere in the embryo, the 
period was at length reached, when leucocytes first entered the 
scene. 


For both Seyllium and Raja many notes had previously been 
made as to the degree of development of the thymus at various 
periods; with the intention of their being used one day in a new 
attempt to find the solution of the thymus-problem. When the point, 
at which leucocytes appeared, had approximately been fixed, a dilemma 
was the first result. For the moment the observer had not the 
slightest idea whence they came. The writer could accept neither 
GULLAND’s condensation-theory of the origin of leucocytes from con- 
nective tissue cells, nor ZIEGLER’s suggestion of their genetic con- 
nection with the remains of the ‘‘mesenchyme”. KOLLIKER’s results 
on the thymus, proving that it produced leucocytes, were remembered, 
as was also my own confirmation of them. The comparatively early 
phase ©), at which leucocytes appeared, did not lend colour to the idea, 
that in the skate and dog-fish the thymus could have much to do 
with the matter. For it was recalled, that in such embryos the 
thymus-elements were then nothing more than small pieces of modified 
epithelium. Although the thymus was not a priori a very promising 


1) Bear», J., Certain problems of Vertebrate embryology, Jena, 
Gustav Fischer, 1896, p. 60. Vide also: Buarp, J., The birth-period 
of Trichosurus vulpecula, in: Zool. Jahrb., V. 11, Anat., 1897, p. 87. 

2) With others and for reasons to be given at a later stage I 
adopt the view, that leucocytes, phagocytes, white blood-cells, and 
lymph-cells are identical structures, and I cannot admit the morpho- 
logical existence of more than one kind of leucocyte. 

3) Early only as regarded from the point of view of my own 
work, for this often extends to periods, not usually dealt with in 
embryological investigation. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 409 


subject for new research, there seemed to be none more likely. At 
such phases the spleen had no existence, there was no rectal gland 
or coecum, and, in fact, lymphoid structures of any and every sort 
were entirely wanting. 

For reasons connected with the illustration by a skilled artist of 
the projected memoir upon Scylliwm this form was then laid aside, 
although later on its embryos were more than once studied. The 
present writing will deal almost exclusively with Raja batis, not 
because the facts made out in Scyllium are at all opposed to those 
to be detailed concerning Raja, but for the reason, that the embryos 
of the latter furnish pictures of a more beautiful description, easier 
to understand, and much better suited for demonstration, than such 
of the former. In Raja, and, so far as I have studied the matter, 
this holds for the species R. radiata and R. clavata equally with 
R. batis, the preparations are so clear as to carry conviction. 


Table of Embryos, their Sizes preserved, and the 
Figures from them. 


mm Embryo No. Figures Text-figure 
6 135 1 A 
8 143 2 : B 
13 198 20 C 
14 7 (R. clavata) 3 (D from No. 164 
not figured) 
—17 343 6 
18 345 4 
90-21. 189 5, 19 E 
21 617 : 26 
—22 192 8 
20 190 9, 10 
23 619 43 
24.5 633 49 
25 201 7, 47 F 
25 201a 15, 22, 23, 24 
95 202 11, 12, 14, 37, 38 
25 203 : : 16, 39, 42 
25—27 443 31—36, 35a, b 
26.5 616 45, 46 
27 629 44 
28 206 18, 25, 27—30 
29 210 54 
+30 208 40, 41 
33 214 52, 53, 56 


410 JOHN BEARD, 


mm Embryo No. Figures Text-figure 
34 209 13, 17, 67, 48, 51 G 
36 541 69 
36 542 68 
54 245 55 
Also 27 242 (R. radiata) 50 
2 195, 4 21 
Spiracular thymus: 
25—27 443 61 
27 629 62 
28.25 627 63 
54 245 65 
56 239 66 
71 255 64 


I. The early History of the Thymus-Placodes. 


As will be evident from the following account of the early devel- 
pment, each thymus-element is at first represented by a small well- 
defined flattened plate, restricted in area, and made up of one layer 
of epithelial (hypoblastic) cells. For the description of such a plate 
of cells, destined to give rise to a specific tissue or organ, a term 
has long been needed: by the introduction of the word “placode” this 
want has been supplied by v. Kuprrer!). Although he used this 
name to describe the sensory epithelium, forming the basis of a 
portion of a cranial ganglion and also of the connected sense organs, 
it does not appear from his account, that the Munich Professor desired 
to confine the use of the term to a plate of neuro-epithelium. The 
term is too convenient for any such restricted application. 

It should be stated, that the details concerning the origin of the 
thymus-placodes in Raja have only been worked out in full for one 
cleft, the first branchial. This was chosen owing to its proximity to 
the auditory organ, a circumstance which enables one to find it in 
any series with speed and accuracy. But, it may be added, for the 
remaining four clefts, and also for the spiracle, the development of 
the placode in each case is the same; sufficient attention was paid 
to all of them to render this certain. Indeed, it was the circumstance, 
that the early history of the spiracular thymus-placode so closely 
resembled that of a true thymus-placode, which finally brought to 
light the facts concerning the spiracular thymus. 


1) v. Kuprrer, C., Studien zur Entwicklungsgeschichte des Kopfes 
der Kranioten, 1894, Heft 2, p. 64—65. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 411 


The earliest embryo, to which the thymus-placode has yet been 
traced, is one of about 6 mm. It is possible, that in some one or 
more of the early embryos recently sectioned, i. e., within the last 
two years, it might be traced to still earlier phases. These newer 
embryos, of which a large number has been prepared for other pur- 
poses, have not been examined as to the thymus-placodes, and, like 
most of the results of the present writing, the description of the early 
history of the placodes is given as made out in embryos of older date 
than 1899 onwards. 

In Raja batis No. 135 (6 mm) of the six gill-pouches four are 
formed, but not a single one of them has yet an opening to the ex- 
terior. 60 mesoblastic somites were counted posterior to the last 
formed gill-pouch }). 

The figures from this embryo are text-figure A and Fig. 1, Pl. 5. 


Looking at a transverse section (text-figure A), passing through 
the gill-pouch of the first branchial region, it is seen, that the dorsal 
wall of the pouch is mainly made up of a well-defined piece of high 
columnar epithelium or placode, tp. The placode and adjacent 
structures of the left side of text-figure A are accurately represented 


1) In all my embryos, where the approximate number of somites 
is given, this is usually based upon the results of several counts, and 
it is always the total posterior to the last well-defined gill-pouch or 
cleft. The final number of somites is very large in R. badis, as many 
as 140—150. 


412 JOHN BEARD, 


in Fig. 1, Pl. 5, under high magnification. At the outer side of the 
pouch the epithelium of the placode is sharply marked off from a 
number of cells of the pouch and of epiblast, c.m, destined to be 
sacrificed, when an actual cleft is formed by rupture. On the inner 
side the placode of the dorsal wall is as well marked off from the 
much flatter epithelium of the pharyngeal hypoblast. 

The size of the next embryo to be noted, R. batis No. 143, is 
given in my list as 10 mm, but with 86 somites and 5 gill-pouches 
it is classified among the embryos ranging from 8—10 mm. Text- 
figure B and Fig. 2 relate to this embryo. On the right side of text- 
figure B a quadrilateral has been inscribed around certain structures, 
and these are depicted under higher magnification in Fig. 2. On both 
sides of the body rupture of the pouch has now been effected, and in 
Fig. 2 the closing membrane, c.m, is shown still attached to the outer 
end of the thymus-placode. By rupture of the former the placode 
has become turned slightly upwards and outwards. Its epithelium is 
as sharply marked off from neighbouring structures as before. 

Raja batis Nos. 163 and 164 are 
similar in size and other characters. Of 
No. 163 certain characters will be given, 
and from No. 164 text-figure C is taken. 
There are in the plates no figures from 
either embryo, but the placode under 
consideration in each embryo is practically 
identical in minute structure with the one 
of Fig. 2. 

R. batis No. 163 is about 10 mm in 
length and 101 somites were counted. The 
spiracle and the first two branchial clefts 
are open, the remaining three being re- 
presented by pouches. 

As shown in text-figure B, the same 
piece of modified epithelium or placode, 
t.p, is still obvious, just above the opening of the first branchial cleft. 
It is now turned upwards and outwards, in such a way, that, as 
compared with its former position before the opening of the cleft, its 
upper and dorsal end has been raised through an angle of about 45°. 
It has thus acquired a position, which makes it appear to be a 
portion of the epiblast. And, be it added, disregarding its earlier and 
later histories, from now until the embryo is 13—20 mm in length it 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 413 


might easily be mistaken for the sensory placode of a gill-arch. Its 
inner end is again sharply defined from the pharyngeal epithelium 2), 
and its outer end abuts against the remains of the membrane of 
epiblast and hypoblast, ¢.m, which formerly made up the outer boundary 
of the pouch. 

A quite similar condition of affairs is met with in an embryo of 
13 mm (No. 198). This is shown in text-figure D and in Fig. 20, 
Pl. 6. This phase only differs from the preceding one, in that the 
placode has become turned somewhat more upwards and outwards. 
The remains of the closing membrane are still in existence, and the 
placode itself has undergone no apparent change. 

From this period onwards no remains of. the closing membrane 
have been seen. The absence of this and the completion of the 
rotation of the placode through 90° lend it a different appearance 
than it possessed in earlier phases. In embryos of 17—22 mm or 
thereabouts there is little change in the shape or size of the placode, 
and the conditions are generally represented for this period in text- 
figure E and Figs. 5 and 19. 


These are from embryo No. 189. This probably measured in 
alcohol about 21 mm, in the embedded condition its size was 20 mm. 
It resembles two other embryos, Nos. 190 and 191. From No. 190, 


1) On p. 558 of the resumé of this work (Brarp, 1901, 2) in de- 
scribing this the word “epiblast” has somehow slipped into the text 
instead of “epithelium”. 


414 JOHN BEARD, 


Figs. 9 and 10 are taken. In all three embryos there are small ex- 
ternal gills upon all the five branchial arches, the neurenteric canal 
is persistent, 45—46 muscle-buds are passing into the foundations of 
the paired fins, and no traces of unpaired fins are yet present. 

As seen in text-figure E, the whole placode is as well-defined as 
ever, but it has wandered, or been pushed, upwards and outwards by 
growth of the hypoblast. It now lies on the level of the notochord, 
and the plane of its surface is almost at right angles to what was 
this plane during the gill-pouch-period. Any idea, that this placode 
is, or has any connection with, the sensory placode of a branchial or 
lateral sense organ, must be distinctly repudiated. As revealed in the 
figures above referred to, leucocytes have now begun to form within 
the placode, but, as will later on appear, their number is not great 
during this period. 

In text-figure F the state 
of affairs in embryos of the 
important period of 25 mm is 
given. At this time the neur- 
enteric canal has closed, forked 
muscle buds from some 46 
somites for the paired fins can 
be counted, the first traces of 
unpaired fins are present, but 


NE, they contain no mesoderm, and, 
finally, there are external gills 


on all the branchial arches, 
but those on the last two are 
a ee very short. 

From text-figure F it will 

be evident, that the placodes 

F are now almost on the level of 

the notochord. They have in- 

creased somewhat in thickness, but not much if at all in length. In 

the plates there are several figures from this period of development 

of the placodes; at this stage only Fig. 7 need be referred to in 

illustration. Leucocytes are now fairly abundant in the placode, and, 

indeed, their wanderings out from it, to be described at a later stage, 
are now very obvious. 

It would have been an easy matter to have much increased the 

number of text-figures of various periods, even to have carried them 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 415 


up to young skate of 7 cm or more; but, as along with corresponding 
figures of the plates they are only intended to prove ad oculos the 
origin of the thymus-placodes, one more may suffice. This is text- 
figure G from an embryo of 
R. batis, No. 209, (84 mm), 
and the section employed 
is also shown, so far as the 
placode of the apparent left 
side is concerned, in Fig. 17 
Pl. 5. The placode is now 
much thicker and it has 
begun to bulge inwards. Its © 
actual extension along the 
lateral surface of the body 
is, perhaps, not greater than 
in embryos of 25 mm. As 
will appear in the later ac- 
count, most of its constituent 
cells have now become con- 
verted into leucocytes. At 
a period like this it would 
be impossible for the merest 
tyro in embryology to mis- 
take the thymus-placode G 

for anything else. 

In the skate, therefore, the thymus-elements, apart from the 
rudimentary spiracular thymus, arise as specialised portions of the 
dorsal epithelium of each and every true gill-pouch at a very early 
period, before the pouch is open to the exterior. As will appear later, 
the spiracular thymus has a quite similar origin, and, therefore, in 
the skate in connection with the six pairs of gill-pouches there are as 
many pairs of placodes of hypoblast of the dorsal walls of the pouches. 
Without any doubt the thymus of Raja is a product of the hypoblast. 

As is well known, KOLLIKER (1879) was the first to maintain, that 
in the rabbit the thymus arose from (the wall of) a modified gill-cleft, 
but its hypoblastic nature and its origin as a modified portion of the 
hypoblastic lining of a gill-pouch were not clearly determined. Hıs 
held, that in mammals the thymus was of epiblastic origin — a view 
not supported by the researches of KÖLLIKER, Gustav Born, and 
SCHULTZE, and since rejected by His himself. Donrn’s (1884) and 


416 JOHN BEARD, 


DE Meuron’s (1886) researches upon Elasmobranch fishes do not go 
back to a sufficiently early period of the development to afford any 
information of the first origin of the thymus here. 


II. The Morphological Nature of Leucocytes. 


The object of the following description is to prove, not merely 
that the thymus produces leucocytes — that point was established 
long ago by KÖLLIKER (1879) — but that it must be regarded as the 
source of the first leucocytes, and, therefore, as the ultimate 
birthplace of all the leucocytes. It need hardly be stated, that these 
conclusions are directly contradictory to the teachings of pathologists, 
and even of histologists. The discussion as to the existence of several 
categories of leucocytes, at any rate in the higher animals, has been 
a great one, especially among pathologists. It cannot fall within the 
scope of the present writing to review the literature, or even the 
arguments, on which various kinds of leucocytes have been re- 
cognised. 

Undoubtedly, much of the supposed evidence has been furnished by 
the reactions of leucocytes under various conditions (disease) towards 
diverse stains, and morphologically distinct sorts of leucocytes have 
been distinguished from phenomena noticed in disease. But there 
have not been wanting among histologists and pathologists some, who 
have rejected the idea of the necessary existence of more than one 
kind of leucocyte. This was done by GuLLAnD (1891, 1) in a very 
fine piece of research, and the like standpoint has quite recently been 
taken up by FRIEDRICH Hesse (1902). GULLAND’s memoir contains a 
long list of literature, and to this and the memoir itself the reader 
may be referred for fuller information. The object of his work is to 
prove, that the various forms of leucocytes, recognised by pathologists, 
and to some extent by histologists, are phases of a definite life-cycle 
of an organism, comparable to a Protozoon. He writes: “A leucocyte 
is a unicellular organism, which, in the midst of the vertebrate tis- 
sues, retains the character and habits of a Protozoon” (1. c. p. 113), 
and further on: “the different kinds of leucocytes are all, in reality, 
mere varieties of one ground form, or, to speak more exactly, are 
stages in the life-history of a unicellular organism.” 


Naturally, this conclusion cannot find acceptance on the part of 
a pathologist, who believes he has witnessed the actual birth of one 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 417 


or more leucocytes from peritoneal cells of a mammal‘). But it is 
not for a moment open to doubt, which of these two statements is 
the more improbable. 

The main argument for the existence of more than one category 
of leucocytes is the supposed specific nature of the “granula” in the 
cytoplasm with various stains, the “granula” of different leucocytes 
staining differently and specifically with certain mixed stains. Hesse’s 
inquiries into this question will be found in a recent number of the 
Anat. Anz., and further reference may be made to this. The results 
of his investigation go to disprove the existence of this supposed 
specific character, and, thus, as it would seem, they tend to support 
the views of GULLAND. 

From the embryological standpoint little time need be wasted in 
a useless discussion of the matter. In embryo-skate, even in such 
late phases that one can properly no longer speak of embryos, there 
is only one form of leucocyte. Moreover, the right must be denied 
to pathologists and histologists to set up what are morphological kinds 
of cells, whose history is not based upon the results of embryological 
investigation. To recognise in morphology and embryology various 
forms of leucocytes as distinct entities, like ganglion-cells and muscle- 
cells, from the results of the study of diseased animals would be to 
go back to the standpoint of more than a hundred years ago, when 
among other things Cyclopean monsters were supposed to represent 
former stages in the (ancestral) history of man. Even the histological 
recognition is not sufficient to establish the specific character of a 
certain kind of cell with certainty: this can only be done by develop- 
mental research, by a study of histogenesis. And, be it added, the 
vertebrate body is not big enough, and not sufficiently complicated in 
structure, to admit of the existence of a number of different organs, 
each of which should have as its function the formation of a different 
sort of leucocyte. The conversion of the tissue-cells of other organs, 
such as those of the peritoneum, into leucocytes is to the embryologist 
not worthy of serious consideration. 

Following M. HEIDENHAIN, GULLAND, and others, therefore, in 
the following lines it will be taken as certain, that in a vertebrate 


1) One or more observations of this kind were, I am told, stated 
in refutation of the writer’s conclusion, that the thymus was the parent- 
source of all the leucocytes of the body, by a pathologist of high 
standing. I have not been able to find any published observations of 
this kind. 

Zool. Jahrb, XVII. Abth. f, Morph. 27 


418 JOHN BEARD, 


animal there is only one form of leucocyte, whether be called by 
this name, or be known as phagocyte, white blood-cell, lymph- 
cell, etc. 


III. The Origin of the first Leucocytes. 


From the later portion of the text and from the figures of the 
present memoir it might be concluded, that it was a superfluous task 
to demonstrate in detail the formation of leucocytes by the thymus. 
From the figures alone it is clear, that the thymus is an organ, whose 
sole function in Raja is the production of leucocytes. And since in 
the embryology of the skate no other organ can be found possessing 
the like function, it might logically be concluded, that the thymus was 
the one and only source of the leucocytes of the body. And, indeed, 
even a second organ of this kind, beyond the six pairs following the 
branchiomery, would be a redundancy. No other source of their 
formation is known, for an origin from ‘mesenchyme’, or from meso- 
derm cells of unknown parentage, or from structures other than the 
thymus-epithelium, has never been made out to be in the least degree 
probable. 

Although the task of proving the thymus to be the source of 
the first leucocytes of the body is in this way one of supererogation, 
and albeit a most difficult one, the writer has rightly or wrongly not 
spared time or pains in testing the correctness of the conclusion. 
Numerous preparations from embryos of 12—18 mm have been 
worked over not fewer than seven times, and on each occasion with 
the like result. 

To probe the matter to the bottom is not so easy as might ap- 
pear. Difficulties arise from two circumstances. These are, that at 
first the embryo contains at the best very little blood at all, and it 
is difficult to retain even this within the vessels. Further, the first 
formed blood-corpuscles are very like leucocytes, being rounded (Minor), 
and staining in much the same way as the latter. Soon after the 
first leucocytes appear, this possible source of error vanishes, in that 
the red corpuscles become bigger, but for a long time they are more 
rounded than oval. There is, however, one point, by which it is al- 
ways fairly easy to distinguish the two sorts of cells. In the red 
corpuscles the nucleus is central, in leucocytes, as so well shown by 
M. HEIDENHAIN, it is excentric. 

Parenthetically, it may be added with reference to the latter 
point, that the figures show no centrosomes for the simple reason, 


N 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 419 


that the stain employed — usually picrocarmine — does not bring 
these out. There are also in my possession many other preparations 
of early thymus-placodes, stained with iron-alum-haematoxylin, in which 
the centrosomes are quite prominent features. 

In my former publication (00, p. 559) it was written, that the 
first formation of leucocytes “begins as a rule in embryos of about 
17 mm”. That statement was made on the result of three separate 
inquiries. Since then the preparations have been worked over other 
four times, and there is no reason for altering the previous conclusion. 
In one point only may a correction be made. It was added, that in 
one embryo (No. 164) of 10 mm what appeared to be an undoubted 
leucocyte was detected in a section of a thymus-placode. This ap- 
peared to be so under the !/,,th oil-immersion, but when the fine 
2 mm apochromatic lens of Zeiss was afterwards obtained, examina- 
tion under it did not confirm the previous diagnosis, my note of this 
reading “more than doubtful”. 

In general terms it may be stated, that the two anterior placodes 
of each side remain entirely epithelial, until the embryo is about 
17 mm in length. Regarding the other three placodes nothing need 
be added, for, on the one hand, but little attention has been paid to 
them in the early periods, and, on the other, they undoubtedly, as 
is natural, lag behind those of the first two clefts, and are still quite 
simple epithelial plates in embryos of more than 20 mm in length. 

In embryos below 17 mm there is as a rule an entire absence 
of leucocytes anywhere else in the body, and other than the thymus 
no lymphoid structures whatsoever are present. In the course of the 
investigation as first carried out “the examination of about 20 em- 
bryos of 10—16 mm failed to reveal any leucocytes whatsoever 
in the heart, or blood-vessels, or mesoblast, or in the thymus-pla- 
codes’. 

In one embryo of about 20 mm repeated examination of the thymus- 
placode with the +/,,th inch oil-immersion failed to reveal any fully 
formed leucocytes within it, although some of the epithelial cells of 
the structure were taking on what may be termed leucocytic charac- 
ters. In this embryo there were few leucocytes in the blood and 
heart. The explanation of the absence of fully formed leucocytes in 
the thymus-placode here is, that the few leucocytes formed had already 
wandered out. In another embryo of about the same size there appear 
to be one or two leucocytes within the thymus-placode, and there are 
also one or two outside of it in the mesoderm, as well as a few in 

27* 


420 JOHN BEARD, 


the heart. In an embryo of 17 mm a single leucocyte was detected 
in the thymus-placode of the first branchial cleft. Nowhere else in 
this embryo were any other leucocytes encountered, and there were 
none outside the placode within the mesoderm, as is invariably the 
case in slightly older embryos. The remaining cells of the placode 
were columnar. In another embryo of 18 mm three well-marked 
leucocytes were detected within a single transverse section of the 
thymus-placode, and there were also two cells in the act of taking on 
leucocytic characters. Near this was a single leucocyte in the mesoderm. 

Since the end of 1899 other embryos have been studied, and 
from these it may be gathered, that the youngest embryos, in which 
leucocytes may be present, are some of about 14 mm. In R. batis 
No. 193, which is rather small (15 mm) for its characters, 130 so- 
mites were counted, and all the gill-clefts were open. Here there 
were a few leucocytes in the blood, but also some leucocytes and cells 
becoming such in the anterior thymus-placodes. In another embryo, 
No. 638, of the like period, but rather larger (16 mm) no leucocytes 
were detected in either placodes or blood. In still another of the 
same size and characters as the last, there were a few leucocytes in 
the placodes and also in the blood. R. batis No. 632 was about 16 mm 
in length, in it there were no leucocytes in the blood, but some in 
formation within the placodes. Two embryos of about 14 mm and of 
like characters — among other things each possessing 104 somites 
— are of interest. They are numbered Nos. 158 and 159. While 
No. 159 had no fully formed leucocytes in the placodes or blood, in 
No. 158 there were leucocytes in the placodes, one or two in the 
mesoderm, and one was also noted in the blood near the placode. 
In embryo No. 198 there were a few almost fully developed leuco- 
cytes within the placode, but none were made out in the mesoderm 
or blood. 

Summing up, wherever in the embryo leucocytes were absent in 
the mesoderm and blood, there also none were in the placodes or they 
were only in formation, and, conversely, in all the cases where leucocytes 
were encountered in the former, there also without exception they 
were met with in the latter. In some few instances the formation of 
leucocytes could be made out in the placodes, before there were any 
outside of these. 

As elsewhere already indicated (00, p. 559—562), the period of 
commencing histogenesis of the thymus-placodes and of the formation 
of the first leucocytes in Raja batis must be referred to embryos of 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 491 


14—17 mm. The general impression of the whole course of the de- 
velopment, gathered by the writer, is, that of an orderly well-regu- 
lated series of events, as in similar words E. B. Wırson has already 
remarked. Nothing happens by chance: all is a pre-established or pre- 
determined harmony. 

In nearly everyone of my publications issued since 1894 I believe 
this to have been recognised in some form or other. The whole 
history of the transient nervous system bears this character, and it 
is again presented in the descriptions of the critical period, of the span 
of gestation, the formation of the primary germ-cells, the determin- 
ation of sex, and the numerical law of the germ-cells. 

The sizes of embryos are misleading, quite apart from the pos- 
sible existence in the skate of differently sized embryos corresponding 
to the future males and females. 

The correlation of phenomena in the development is really 
remarkable. Did the present state of other problems, occupying all 
the writer’s spare time and attention, admit of it, the demonstration 
of this for Raja and Scyllium would be interesting and instructive. 
My experiences of Elasmobranch development — and they are now 
neither new nor narrow — go emphatically to support KEIBEL’S atti- 
tude in this matter, as against the assertions of MEHNERT. If the 
variations described by the latter obtain, then he is dealing with ab- 
normalities, induced by the mode of cultivation employed. Under 
normal circumstances the individual variation is, to my mind, an in- 
significant factor. 

When in the embryos of Raja batis the connection of commencing 
histogenesis in the thymus-placodes is sought for, it may perhaps be 
found in the formation of the last gill-cleft, and with this the practical 
completion of the laying-down of mesoblastic somites. Some of these 
latter may not as yet be segmented off, but practically the proliferation 
_ of “mesoderm” to form them is about finished. With embryos, there- 
fore, of 125—140 somites and six gill-clefts the histogenesis of the 
thymus-placodes may be said to be initiated. 

From embryos of 6 mm up to such of this period there are in 
the plates figures from six, these being Figs. 1, 2, 20, 3, 4, and 6. 
The first four of these relate to the formation and characters of the 
placodes in early embryos. In them the epithelium is simple and 
contains no leucocytes. In Figs. 4 and 6 the histogenesis of the 
thymus-placode has already started, in the latter there is one 
leucocyte, while in the former three fully formed leucocytes and two 


422 JOHN BEARD, 


other cells becoming such are seen. With reference to Fig. 6 it may 
be here noted, that the formation of leucocytes is at first more 
prominent in the dorsal than in the ventral portion of the placode. 
In this period the formation of leucocytes is scanty, and but few fully 
formed ones are ever seen in the placodes. In the mesoderm and 
blood-vessels the number of such cells is at the close of this period 
not a large one. Sometimes, and this is not shown in the figures, 
sections of the placode, containing more cells taking on the characters 
of leucocytes, may be met with. 


IV. The Thymus-Placodes in Embryos of 19—23 mm. 


Of the characters of embryos of this epoch the following may 
be mentioned. The muscle-buds for the paired fins are in course of 
differentiation. There are as yet no traces of unpaired fins. Until 
the embryo is about 21 mm in length the neurenteric canal is some- 
times open, afterwards it is closed. Externally, the pectoral fins are 
slight, the pelvics very slight. The lateral line does not extend beyond 
the gill-region. The external gills are but small. 

The condition of an anterior placode during this period is as 
shown in text-figure E. It increases somewhat in thickness, but not 
in length during this interval. Of embryos lying between 19 and 
23 mm figures from five, Nos. 189, 190, 617, 192, and 619, will be 
found in the plates. The figures are: Figs. 5, 19, 9, 10, 26, 8, 
and 43. 

The figures from R. batis No. 189 are Figs. 5 and 19. Fig, 5 
represents a section through about the centre of the second right 
placode. In it there are some cells becoming leucocytes, as well as 
fully formed ones. Of the latter one has been caught in the act of 
emigration. There are a few leucocytes in the mesoderm of the 
neighbourhood of the placode, and one in the section of the blood- 
vessel to the inner side of the thymus. In this figure and in Fig. 19 
the epithelium of the placode is still comparatively simple, consisting 
of not more than two layers of epithelial cells. Fig. 19 depicts the 
median section through the first left placode of the same embryo, 
drawn under the 2 mm apochromatic, and the same section is outlined 
in text-figure E. In the placode there are one or two leucocytes and 
many cells taking on the characters of such. Of about this period is 
Fig. 21, taken from a R. radiata embryo. It shows very clearly the 
limits of the placode, within which to its dorsal side there are two 
or three leucocytes and several cells taking on such characters. The 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 423 


entire ventral portion of the placode consists of a simple epithelium 
of one layer of high columnar cells. 

From R. batis No. 190 the figures are Figs. 9 and 10, representing 
respectively median sections through the first right and left placodes. 
The things revealed by them are very like those seen in Fig. 5. Under 
higher power a section through the first right placode of an embryo 
of 21 mm (No. 617) is given in Fig. 26. The greater portion of the 
placode is made up of about two layers of high columnar epithelial 
cells, among these being some taking on the characters of leucocytes, 
and one or two fully formed leucocytes. Of the latter one has been 
caught in the act of emigration. Quite similar conditions are seen in 
Fig. 8 from an embryo of barely 22 mm (No. 192). The final figure 
from embryos of this epoch is Fig. 43. This is from R. batis No. 619, 
whose size was noted as 23 mm. The figure represents the fourth 
section of eight through the second right placode. From the two 
mitoses the cells of the placode are evidently in activity. For its 
greater portion it cannot be said to consist of more than one layer 
of epithelial cells, and this is especially true of the ventral part. 
Leucocytes and cells becoming such are confined to the dorsal half. 
At one point there is a leucocyte in the act of emigration, and at 
another a space in the placode, out of which a leucocyte has evidently 
recently wandered. 

Summing up, in embryos of 19—23 mm while the production of 
leucocytes in the placodes is not very great, it is evidently rapidly 
increasing. The epithelium is still comparatively simple, especially at 
the ventral end, where it hardly consists of more than two layers. 
Leucocytes, when fully formed, wander out singly, and many times a 
single one has been caught in the act of emigration. 


V. The Mode of Formation of Leucocytes from epithelial Cells 
of the Placodes. 


The mode, in which the epithelial cells of the placodes become 
converted into the first leucocytes, can be best observed — under 
high magnifications — in the thymus-placodes of Raja batis embryos 
of 17—23 mm, as well as in somewhat older ones. As elsewhere 
already recorded, the process is exactly comparable to that, by which 
the original epithelial cells of the brain or spinal cord become changed 
into ganglion-cells. Or again, it resembles the origin of ganglionic 
elements of cranial ganglia from the sensory placodes of the head- 
region. 


424 JOHN BEARD, 


As in these instances, the original or parent-cells of leucocytes 
are epithelial cells. To study the conversion of these into leucocytes 
the parent-epithelium of the placode must be examined under such a 
lens as a 2 mm apochromatic. The changes may be followed more 
or less clearly in Figs. 22, 26, 27, and 34, etc. It had been intended, 
to have drawn a set of figures under 1500 diameters or more to 
illustrate this question, but the pressure of research in other directions 
has hitherto prevented the carrying-out of this. The first change in 
such a cell appears to be one in the cytoplasm. This becomes some- 
what more refractive, and in favourable sections takes on a brownish 
tinge. At first no alteration is noticeable in the nucleus, which is 
oval, as in the other epithelial cells of the placode. Then the nucleus 
becomes rounded, and, gradually, the whole cell acquires this shape. 
With this and the more refractile nature of the cytoplasm the cell 
has taken on the characters of a leucocyte. Another peculiarity, 
already recorded by M. HEIDENHAIN regarding leucocytes, is that the 
nucleus comes to occupy an excentric position. 

Many of the earliest formed leucocytes apparently remain — at 
any rate for a time — within the placode, whilst others of them 
proceed to wander out into the mesoderm and elsewhere. Those, 
which remain, would seem to divide often, for only in this way can 
the numerous cell-nests of them, to be described at a later stage, 
and the little groups of twos and fours be explained. These are 
to be interpreted as the original ‘“‘germ-centres” under the views 
of FLEMMING and his pupils. 

The emigrants are such, and not really immigrants. The figures 
ought to carry conviction of the truth of this. Until some of 
them are formed within the placode, there is no source in the body, 
whence they could be derived. Neither do they enter it as epithelial 
cells, nor as connective tissue-cells, nor as “mesenchyme”, for there 
are no evidences whatever of this. In fine, in early stages all the 
evidences go to prove the gradual conversion of the epithelial cells 
of the thymus-placode into leucocytes. 

In his work on the thymus (’81, p. 24) STIEDA asks “how can 
adenoid tissue arise from an epithelium?” This is a matter for ob- 
servation, and it may not simply be denied out of existence by a 
mark of interrogation! The difficulty may have been a real one in 
1881, when there were no observations whatever — even after the 
publication of STIEDA’s own researches — beyond KÖLLIKER’s discredited 
but correct ones, concerning the origin of lymphoid cells. As will 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 495 


appear later on, STIEDA’s memoir contains no contribution at all 
towards the solution of the problem. And now there is no longer 
any difficulty about the matter, when dozens of drawings and thou- 
sands of preparations can be produced to show it. 

Where Nature places no obstacle in the way of carrying-out a 
process, it is not for Man to invent one! The fact is, that in nature 
as KÖLLIKER first stated in 1879, adenoid tissue does arise from 
epithelial cells. 


VI. The Thymus-Placodes in Embryos of 24—27 mm. 

In embryos of 23 mm and smaller the production of leucocytes 
is not great, and their emigration from the placode can rarely be 
observed. And, as we have seen, there are comparatively few 
leucocytes within the latter. Immediately after this period, in embryos 
of 24 mm or more, progress is being made. Leucocytes are far more 
numerous within the epithelium, from 20 to 30 being met with in a 
single transverse section (Figs. 7 and 15). Their emigration is now 
a more conspicuous phenomenon. One may still meet with single 
leucocytes, caught in the act of emigration; but this has begun to 
give place to a slightly different process. 

For Raja batis the period of 24—27 mm is an important one, 
not only as relates to the thymus-placodes, but also with regard to 
other structures. In series of sections it is represented in the col- 
lection by more than a dozen embryos. Of these eight have been 
drawn upon for one or more figures. The embryos and figures are: 
No. 633 (Fig. 49), No. 201a (Figs. 15, 22, 23, and 24), No. 201 
(Figs. 7 and 47), No. 202 (Figs. 11, 12, 14, 37, and 38), No. 202a 
(Figs. 11 and 12), No. 203 (Figs. 16, 39, and 42), No. 443 (Figs. 31 
to 34, 35a and b, 36), No. 616 (Figs. 45 and 46), No. 629 (Fig. 44). 

The topographical relationships of the placodes during this period 
may be gathered from text-figure F. 

Skate-embryos of circa 25 mm exhibit the following among other 
characters. External gills are present on all five branchial arches, on 
the last two they are but short. Forked muscle-buds from about 46 so- 
mites are passing into the paired fins. Unpaired fins are evident, 
first appearing in embryos of about 24 mm (preserved), but they con- 
tain no mesoblast. The neurenteric canal is closed. The lateral line 
extends some little distance beyond the last gill-cleft, but only a short 
way along the pectoral fin. The spiracle is elongated. There is no 
upper jaw. The olfactory organ is a simple pit. 


426 JOHN BEARD, 


As Raja batis No. 201a is perhaps slightly the youngest of the 
series, the conditions here may be described first of all. In the 
plates are four figures, one through each of the four anterior pla- 
codes of the right side, the fifth placode is still entirely epithelial. 

The order of these is as follows: Fig. 23, placode 1; Fig. 15 2; 
Fig. 22 3; Fig. 24 4 The comparison of the four figures is interest- 
ing; for, while in those of placodes 1 and 2 the original single epi- 
thelium has become much thicker, and many of its cells are now 
leucocytes, in placodes 3 and 4 there are few leucocytes, more especi- 
ally in the latter, and the epithelium of the placode has departed 
little from its original simple form. In placodes 1 and 2 cells in the 
act of becoming leucocytes are outnumbered by fully formed leucocytes: 
in 3 and 4, on the other hand, there are many epithelial cells, 
engaged in conversion into leucocytes. And, whereas in the latter two 
placodes leucocytes, if in emigration, are met with only singly, as in 
Fig. 24, in the two former, while one may still meet with single leuco- 
cytes caught in the act of emigration, the more usual process is the 
passage of leucocytes en masse from the placode, thus causing “breaks” 
of greater or less extent in its contour. 

As shown in the figures under discussion, and in those of other 
embryos to be afterwards referred to, the placodes are still largely 
epithelial, more especially in their ventral portions. 

Conditions similar to those described in the foregoing embryo are 
seen in R. batis No. 633 (24.5 mm). Fig. 49 represents a section 
through the first right placode of this embryo. At one point in the 
placode there is a nest of leucocytes, in other portions of the struc- 
ture there are single leucocytes, and also cells becoming such, and one 
has been caught in the act of emigration. 

The figures from another embryo of 25 mm (No. 202a) are Figs. 11 
and 12. These respectively depict the median section through the 
first left and the first right placode. The degree of development 
here is about that already seen in embryo No. 20la. The placodes 
are still largely epithelial, fully formed leucocytes are not numerous, 
and there are many epithelial cells taking on the characters of 
leucocytes. 

A contrast to the figures from the preceding embryos is afforded 
by several through the placodes of two similar embryos, cut in 
frontal (horizontal) sections. These are Nos. 202 and 203. The figures 
from the former are Figs. 14, 37, and 38, and from the latter Figs. 16, 
39, and 42. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 427 


Figs. 14, 37, and 38 pass through the first, second, and fourth 
placodes respectively. The sections figured lie near the dorsal ends 
of the placodes, and, whilst in the two former leucocytes are fairly 
abundant, and in addition there are cells taking on leucocytic char- 
acters, in the figure through the fourth placode the latter is seen to 
be merely epithelial and to contain as yet very few leucocytes. 


Of the figures from embryo No. 203 Fig. 16 is from the first 
placode, Figs. 39 and 42 from the third. The first two figures, Figs. 16 
and 39, closely resemble figures from the previous embryo, and, there- 
fore, they call for no detailed consideration. Fig. 42 shows other 
things besides the thymus-placode, and these must now be described. 
The limits of the thymus-placode are fairly easily determined, and at 
one point it is seen to be sharply marked off from a similar piece of 
modified epithelium, abutting on it. This is a portion of a sensory 
placode in connection with the vagus, and the figure serves to illus- 
trate how, as elsewhere already stated (Bearp, ’00, II, p. 558), at 
certain periods the sensory placodes come into rather close relation- 
ships with the thymus ones. As this figure demonstrates, and as 
appears in the actual preparations, the resemblances between the two 
pieces of epithelium are very striking. Their epithelial cells are very 
like and similarly arranged, and in both instances the conversion of 
epithelial cells into other elements can be witnessed: in the one case 
into leucocytes, in the other into nerve-cells or ganglion-cells, to use 
ApATHy’s terms. 


Before leaving this set of embryos it may be pointed out, that 
from the comparison of the figures of transverse and frontal sections 
it is clear, that at this period a thymus-placode is a somewhat oval 
plate of cells, depressed towards the centre, and with its longitudinal 
axis about at right angles to that of the body. 


The next embryo to be considered is a very remarkable one in 
the pictures it yields of the placodes. It is R. batis No. 443. Un- 
fortunately the embryo was not measured, or at any rate I can find 
no record of its dimensions in any of my note-books or catalogues. 
It is estimated to be about 25—27 mm. Sometimes I have been in- 
clined to believe this to be an embryo of Raja radiata from the con- 
ditions revealed in its thymus-placodes, but this idea has not found 
confirmation in other points in its anatomy, and I hold it to be im- 
possible, that in some way or other under this number a R. radiata 
embryo can have been sectioned instead of a R. batis one. 


428 JOHN BEARD, 


Were there a loophole for doubt as to the conversion of the epi- 
thelium of the placodes into leucocytes, this embryo alone would suf- 
fice to close such completely. The sections of its placodes are of 
such a convincing character, that no apology need be offered for the 
inclusion of figures of several of these in the plates. Had the number 
of these figures been smaller, it might have been deemed advisable to 
reinforce the story they tell by the inclusion of drawings through the 
placodes of several R. radiata embryos. However, it has been thought 
better to give several views from this one embryo, rather than many 
single drawings from several embryos. 

The conditions seen in embryo No. 443 are not so characteristic 
of R. batis as of R. radiata. I have several embryos of the latter — 
and of these with the exception of Fig. 50 there are no fignres in 
the plates — which reveal in their thymus-placodes conditions exactly 
comparable to those about to be described in embryo No. 443. 

The figures from R. batis No. 443 are Figs. 31—34, 35a and b, 
and 36. The positions of the various sections figured will be found 
in the description of plates. Here it may suffice to say, that Figs. 31 
and 32 are from the first, Figs. 33 and 36 from the second, Fig. 34 
from the fourth, and Figs. 35a and b from the fifth placode. Of 
course, Figs. 31, 32, and 33 are drawn under somewhat lower magni- 
fication than the other four. All the undrawn sections of the various 
placodes of this embryo exhibit conditions comparable to those seen 
in the sections illustrated. The chief feature of these figures, and it 
is one which especially appeals to the histologist, is the sudden con- 
version of masses of the epithelial cells en bloc into leucocytes, in 
such a way as to mark them off sharply from the remains of the 
original epithelium. The result has been, on the one hand, to restrict 
the epithelium to the dorsal and ventral portions of the placode, and 
on the other, it is in evidence in the form of small cell-bridges (Fig. 34), 
cutting up the nests of leucocytes. These things, and the nests of 
leucocytes themselves, are especially well seen in Figs, 33, 34, and 
36. Fig. 33 also reveals a break in the placode, out of which leuco- 
cytes are emigrating. The figures through the fifth placode (Figs. 35a 
and b) show this to be still in the form of a simple high columnar 
epithelium. The number of contained leucocytes is here not large, but 
there are a few epithelial cells taking on the characters of such. In 
the like degree the conversion of epithelial cells into leucocytes has 
been seen in no other embryo of R. batis of this epoch, but, as al- 
ready stated, this mode would appear to be very characteristic of the 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 499 


placodes of certain periods in R. radiata. Thus, in R. radiata No. 230 
(25 mm) the leucocytes in any one of the anterior placodes form a 
big nest near its centre, and epithelial cells are restricted to the ends. 
R. radiata No. 212 (26.75 mm) is quite similar, and very much the 
same conditions obtain in R. radiata No. 204 (22 mm). Finally, a 
section through a placode of a R. radiata embryo (No. 242) of 27 mm 
is shown in Fig. 50. Here the entire interior of the placode — if 
one may still speak of it as such — has been converted into leuco- 
cytes, and of the original epithelial cells there is left merely a sur- 
face-layer, forming a sort of shell around the whole. 

The final embryos of this epoch to be described are two of the 
newer series of 1899. R. batis No. 616 (26.5 mm) and No. 629 (27 mm): 
from the former the figures are Figs. 45 and 46, from the latter 
Fig. 44. The comparison of these figures with those from embryo 
No. 443 may be of interest to the reader. Figs. 45 and 46 represent 
under different magnifications a section through the second left pla- 
code, and Fig. 45 also shows adjacent structures. In this in addition 
to the thymus-placode a piece of a sensory placode of the vagus, with 
the connected nerve-twig, is seen in close connection with the thymus- 
placode. This figure will be referred to again in another section, and 
it may be compared with Fig. 42 already mentioned. It is intended 
to illustrate how at a certain period of the development the sensory 
placode becomes topographically closely associated with the thymus 
one, and how the former in its growth pushes its way along the 
latter. Fig. 46 reveals things similar to those already described in 
previous embryos, and, therefore, its detailed description may not be 
called for. 

Summing up the characteristics of the anterior thymus-placodes 
during this period, they are: epithelial cells are still largely re- 
presented, especially at the two ends of the placode, but also else- 
where; many of the epithelial cells are taking on the characters of 
leucocytes; many others have already done this; leucocytes are more 
numerous in the placodes than in earlier embryos; their emigration 
singly may still be readily observed, but there is an undeniable ten- 
dency exhibited for the single passage to give place to a migration 
from the placodes in numbers. As will be seen, the process here in 
initiation is especially typical of the following epoch in the history of 
the anterior placodes. 


430 JOHN BEARD, 


VII. The Thymus-Placodes in Embryos of 28—36 mm. 


In the description of this epoch of the development eight embryos 
will be made use of. This number, once more, is but a selection out 
of those between 28 and 36 mm in the collection. The topographical 
conditions are as shown in text-figure G. In the plates there are 
figures from all eight embryos, but in certain cases only of one or 
two sections from a particular embryo. Owing to the now much 
larger sizes of the placodes the number of sections through each one 
is pretty numerous, indeed, on the average this will not be less than 
ten through each of the anterior placodes. 

Twenty of the figures belong to this period; and, as they are 
really only samples of about 800 similar sections, their number may 
not appear too great. But in order to restrict somewhat the total of 
the figures, one plate of drawings, chiefly of consecutive sections, has 
been rejected. Only of two of the eight embryos, Nos. 206 (28 mm) 
and 209 (34 mm) will the appearances seen be described at all in 
detailed fashion. 

An embryo of 28 mm does not present much advance on one of 
25 mm in the sum-total of its characters. The external gills are still 
very short, the lateral line reaches perhaps half way along the pectoral 
fin, and the unpaired fins contain mesoderm. 

The figures from R. batis No. 206 are Figs. 18, 25, 27, 28, 29, 
and 30. Except Fig. 25 all are from the left side of the body. To 
the various thymus-placodes belong: to 1 Fig. 28, to 2 Fig. 29, to 3 
Figs. 18 and 30, to 4 (right) Fig. 25, and to placode 5 Fig. 27. The 
positions of the sections figured may be gathered from the description 
of plates. Some at any rate of these figures will recall to the reader 
things already witnessed in embryo No. 443. Of these may be 
specially named Figs. 28 and 30. These two figures, of sections of 
the first and third placodes respectively, both show nests of leuco- 
cytes. The nests lie well towards the central portions of the placodes, 
and their dorsal and ventral ends, if not free from leucocytes or cells 
becoming such, are still largely made up of epithelium. Single leuco- 
cytes in emigration are still seen, thus in Fig. 28, but now this 
process is rapidly making place for the emergence of leucocytes in 
crowds. This is well seen in Fig. 30, where there are two such breaks 
in the inner contour of the placode, and by these the leucocytes of 
two or more nests are being passed out into the surrounding mesoderm. 
Here and there, as in Fig. 30, cells taking on leucocytic characters 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 431 


are seen, and quite apart from other facts and factors, the existence 
of these is sufficient to negative any suggestion, that the leucocytes 
are immigrants, and not emigrants. 

Figs. 18 and 29 reveal very similar conditions. The remaining 
two figures, Figs. 25 and 27, passing through the fourth and fifth 
placodes respectively, are of interest as demonstrating the lesser degree 
of development of these. The latter are still almost entirely epithelial, 
and, indeed, their degree of development is not greater than it is in 
the first and second placodes of an embryo of 18—20 mm. Both 
placodes contain leucocytes and cells becoming such, especially in the 
dorsal portion of the placode, and in both single leucocytes in the act 
of emigration are to be found. As will appear, this period marks a 
turning-point in the history of the placode. 

Raja batis No. 209 measured 34 mm. The olfactory pit is still 
widely open. In the eye there are no signs of eye-muscles, no pigment- 
formation, no optic nerve. The auditory organ is still a simple sac. 
Procartilage is forming on each side of the notochord in the head- 
region. The lateral line reaches some little distance into the genital 
region. The spiral valve is small, and there is a much-budded rectal 
gland. | 

The figures from this embryo are: from placode 1 Fig. 17, from 
2 Fig. 51, from 3 Fig. 67, from 4 Fig. 48, while in Fig. 13 a small 
portion of the 2. right placode is given under high magnification. As 
revealed by the figures of the three anterior placodes, most of their 
component cells are now leucocytes, and epithelial cells are largely 
restricted to the basal portion of the knob-like structure. In the 4. 
(Fig. 48) and 5. placodes epithelial cells are more in evidence. In 
all large nests of leucocytes are the predominant feature of the placode, 
and leucocytes are now seen, in practically every section through these 
structures, emigrating in numbers by breaks upon the contour of the 
placode. One such break has been depicted under high magnification 
in Fig. 13. To this period belongs also Fig. 56 from embryo No. 214. 
This reveals under very high magnification (2/3 of 2500) the emigration 
of one leucocyte from the placode. 

The other figures from embryos of this epoch are Figs. 52, 53, 
57, 68 and 69, and these again show phenomena in other embryos 
like those already described. Figs. 68 and 69 are from haematoxylin 
preparations, and interesting though they be, the reader may also 
gather from them, that for the study of leucocytes this reagent is not 
a particularly good one. 


432 JOHN BEARD, 


The process above described, of the emigration of leucocytes by 
breaks in the placode, goes on for a long time without abatement. 
Further details of it may be given in two further embryos, but it 
may be added, that it is seen in all embryos of 29 to 42 mm. In 
the following only those sections, which lie well within the placode, 
and near its central portions, will be noticed. Tangential sections 
near its anterior and posterior ends also exhibit the same phenomena, 
but for obvious reasons it is better not to rely upon such. The first 
section to be noted is the fifth out of ten (transverse to the long axis 
of the embryo), passing through the first placode of the left side. 
The inner boundary of the placode, destitute as yet of any enclosing 
membrane, is intact and even except at two points. At one of these 
to the dorsal side there is a small break, and one or two leucocytes 
are wandering out. At the other, which occupies a good portion of 
the lower inner surface, there is an extensive break, and leucocytes 
are wandering out en masse. In the mesoblastic region just beyond 
the placode there are comparatively few mesoblastic cells, but this 
space is occupied by great numbers of leucocytes, as in Figs. 40 
and 41. . 

In a single section upwards of a hundred of them can be counted. 
Numbers of them lie closely along the wall of the anterior cardinal 
vein, which runs a little internal to the placode. This tendency on 
the part of leucocytes to attach themselves to the walls of vessels 
and capillaries is as characteristic of them in embryonic life as later 
on. Many of them are already in the blood itself, not only here in 
the section, but in other parts of the body also. A rapid infiltration 
of the blood and of the mesoblast of all parts of the body is taking 
place. This process, of course, began much earlier. A section, the 
fifth of eleven, through the 2. placode of the same side shows practically 
the same things, but in the portion of the blood-vessel sectioned the 
leucocytes are rather more numerous. 

These breaks for the emigration of leucocytes are very chracteristic 
of all the ten placodes of all Raja-embryos of 23—42 mm in length. 
As an instance, the evidence afforded by the drawings of seven con- 
secutive sections through the 2. right placode of an embryo of 33 mm 
(R. batis No. 214), may be cited. In the first section there is one 
break, in the second there are two, in the third, fourth, fifth, sixth, 
and seventh there is one large break in each section, and in some of 
them single leucocytes are emigrating here and there. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 433 


It would unduly increase the size of this memoir to give an ac- 
count of the emigration of leucocytes from the placodes of all the 
specimens, for the results are based upon the study of more than 
twenty embryos of sizes from 28 to 42 mm. In almost every section 
through every placode of all the embryos there are breaks, and it is 
quite out of question to suppose for a moment, that they are artefacts. 
All the breaks were in existence before the sections of any given 
embryo were made, for all the leucocytes, like other structures in the 
embryo, are firmly fixed to the glass by the albumen employed. And, 
indeed, I have yet to see a skate-embryo of 28—41 mm, in which 
such breaks in the anterior placodes are wanting. Considering the 
number of sections passing through each of the placodes, the mere 
recital of all the breaks of, say, but a dozen embryos would itself 
occupy much space. 

But the evidences of the emigration of leucocytes from the thymus- 
placodes of Raja, as afforded by my sections, are quite overwhelming. 
And, since opposed to the facts here recorded there are but the hypo- 
theses of more than twenty years ago, which, moreover, have never 
obtained any basis of fact in their support in the interval, for these 
reasons the facts and figures here given may suffice. 


VIII. The later History of the Thymus-Placodes. 
Embryos of 37—70 mm. 


Of this period of the development, culminating in young skate of 
7 cm, with one exception (Fig. 55) there are no figures in the plates. 
The placodes of earlier embryos no longer deserve to retain this name, 
for they gradually become thicker and thicker, and, finally, in embryos 
of 42 mm onwards they project inwards as long pear-shaped struc- 
tures. As DoHrn (1884) has already noted, of the 5 thymus-elements 
of each side in Raja the 4 anterior ones attain respectable dimen- 
sions, the 5. remains small. This is best observed in longitudinal 
vertical sections, thus, in R. batis No. 252 (58 mm) of the 5 elements 
the 1. and 2. are large, the 3. and 4. smaller, while the 5. is very 
small. Although this is the case with the last element, it is also in 
fact a miniature edition of any of the other 4, and one can follow in 
it all the changes, through which the others pass. 

For this reason, and because of its minuteness, it had been in- 


tended to have illustrated the later history of the thymus-elements 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f, Morph. 98 


434 JOHN BEARD, 


by figures from the fifth, but the pressure of other, and to me now 
far more interesting, work has prevented the carrying-out of this plan. 

Since in the earlier embryos, last described, considerable progress 
has been made in the histogenesis of the thymus-elements, their later 
history calls only for brief description. 

The general characters of a Raja batis embryo of 34 mm have 
already been given, and the following account may be prefaced by a 
few words as to the characters of embryos of 45 and 54 mm, and of 
a young skate of 70 mm. 

Raja batis No. 237 measured 45 mm in the preserved condition 
in 90 °/, alcohol. The dermal sense organs of the head-region are 
deploying from the neuro-epithelium, but they do not yet reach the 
snout. Fibres of the eye-muscles are in formation, lens-fibres almost 
fill the cavity of the lens, the retina is in part slightly pigmented, 
the fibres of the optic nerve reach the brain, and there is a slight 
chiasma. In the olfactory organ there is a double row of olfactory 
folds, about 12 in each row. The naso-buccal groove is partly formed. 
The semicircular canals are arising. There is a slight deposit of 
cartilage on each side of the notochord in the head-region. Cartilage 
is also in formation in the trunk around the notochord. There is a 
distinct well-developed cartilaginous shoulder-girdle, and cartilaginous 
basalia enter the fin. The stomach is formed. The spleen is indicated 
as a slight projection of the mesentery. The pancreas is formed. The 
germinal nidus projects inwards on each side. The Müllerian ducts 
are partly formed. The cloaca is closed. 

Raja batis No. 245 measured 54 mm. The sense organs do not 
yet reach the snout. Ampullary tubes are beginning to arise. The 
retina is rather more pigmented, perhaps for a fifth of its extent. 
The naso-buccal fold is established. The semicircular canals are al- 
most complete. The upper and lower jaws are beginning to be carti- 
laginous. In the trunk there are slight deposits of cartilage ou each 
side of the notochord, but these are not at four points as in Scyllium. 
There are slight procartilaginous neural arches. In this, a potential 
female, the Miillerian ducts reach far back. The spleen is still a mere 
fold of the mesentery. The Wolffian ducts do not open into the cloacal 
chamber, and the cloaca is closed. 

Raja batis No. 255 measured 70 mm. Ampullae are developing. 
The eye-muscles are formed. The lens-cavity is almost obliterated, 
there is an optic chiasma, and the optic stalk is almost solid. A 
cartilaginous olfactory capsule is in course of origin. There are many 


<x E25 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 435 


olfactory folds. In the hypophysis there is obvious budding. The 
semicircular canals are complete, and a cartilaginous auditory capsule 
is arising. Cartilaginous centra and cartilaginous neural arches are 
in formation. The upper and lower jaws and the branchial arches 
and their rays are cartilaginous. The degeneration of the transient 
nervous apparatus is commencing. Trabeculae are forming in the 
spleen. The first scales are in course of origin, and in the jaw there 
is a dental ridge. The sex is announced by differentiation of the 
testis. The cloaca is open for a few sections. 

In the cases last described it has been seen, that in embryos of 
33—36 mm epithelial cells are restricted to the bases of the “placodes” 
next to the gill-clefts. In an embryo of 37.5 mm (No. 219) still fewer 
epithelial cells are present. The migration of leucocytes is not very 
actively going on. There is as yet no capsule for each element and 
no vessels enter it. 

In an embryo of 42 mm (No. 227) very much the like conditions 
prevail, and in this instance the leucocytes in the thymus-elements 
are evidently in active division. 

In Raja batis No. 229 (43 mm) the epithelium at the outer side 
of each placode, i. e., that of the gill-cavity, is growing over the 
point of attachment of the element as over a wound. No blood- 
vessels yet penetrate the structure, but a connective tissue-capsule is 
beginning to form. 

In Raja batis No. 237 (45 mm) the growth of the epithelial 
membrane, above referred to, is complete, and, thus, for the first time 
each element is shut off from the gill-cleft, but it is still attached. 
There are practically no epithelial cells left at the base of each ele- 
ment, which now presents marked indications of lobulation. Connective 
tissue is commencing to penetrate it; and, while it as yet contains no 
blood, one or two capillaries have formed around it. 

In Raja batis No. 245 (54 mm) each element is still attached by 
a narrow stalk (Fig. 55). As shown in this figure, here and there in 
the pharyngeal epithelium there are scattered leucocytes some little 
distance from the thymus-element, but there is no evidence of their 
origin here. Each element is washed by a network of blood-capillaries. 
There is a well marked capsule, which here and there sends in a 
septum. There are still no capillaries within the thymus. Emigration 
has become more difficult, but there are plenty of leucocytes in the 
meshwork of the capsule, and these wandering cells now seem to 
make their way through this to reach the blood-capillaries. The septa 

28* 


436 JOHN BEARD, 


within the thymus are not very numerous, but they penetrate it com- 
pletely, cutting it up into little blocks. The external lobulation is 
not so pronounced as in the next case, where it is very marked. An 
embryo of 60 mm (No. 100) is in all respects like that of 54 mm. 

Raja batis No. 255 measured 71 mm. The elements are now 
freed from the epithelium of each cleft. The capsule is better de- 
veloped than in the younger specimens, but it would still seem to 
permit leucocytes to wander out singly. Indeed, it may be suspected, 
that this emigration of leucocytes is never entirely prevented by the 
capsule, even in adult specimens. The lobulation is marked, and the 
connective tissue septa are well developed. Here and there obvious 
blood-capillaries pass along the septa into the thymus. These, of course, 
afford much more efficient opportunities for the transport of leucocytes 
to all parts of the body. 

Beyond this point it is not proposed to carry the account of ob- 
servations, although in the collection there are young fish up to those 
of 19 cm, which have only quite recently left the egg-capsule. A 
selection of these has been studied, but the thymus of No. 255 is 
quite like that of a newly hatched skate. 

In these older specimens and in adult skate I have never come 
across epithelial elements in the form of HassALL’s concentric cor- 
puscles. As elsewhere (1900, II, p. 570) already stated, it is neither 
affirmed nor denied, that such bodies may obtain in old skate; but in 
default of any means of identifying such an animal and determining 
its age, the quest would be a hopeless one, and it may fitly be left 
to those, who believe the degenerate structures known as HASSALL’s 
concentric corpuscles to be of morphological, if not of physiological, 
importance. 

In the foregoing account of observations the writer has, to the 
best of his ability, endeavoured to confine himself to statements cap- 
able of proof, and he believes, that none have been made without 
at the same time the production of the evidences. This has been the 
attitude towards the thymus and its problems uniformly adopted by 
those, who with the writer maintain, that it produces leucocytes from 
its original epithelial cells. The other view, to wit, that the leuco- 
cytes of the thymus have wandered in from the exterior, and that 
its original epithelial cells give rise to concentric corpuscles, has 
from start to finish, as will be shown in another chapter, been 
based solely on reiterated assertion without any real attempt at 
proof. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 437 


Since Maurer (1899, 1, p. 156) deserted the standpoint maintained 
by him for so many years, and adopted that originally due to KöL- 
LIKER, one must go back nearly 11 years in the history of research 
upon the thymus to find an investigation, in which the ideas of STIEDA 
(1881) and Hrs (1885) are advocated. All recent observers agree in em- 
phasizing the correctness of KÖLLIKER’s original conclusion, and, as 
ScHULTZE (1897, p. 381) earnestly urges: “Es ist, nachdem KÖLLIKER 
schon vor langer Zeit die Art der Umwandlung des epithelialen Or- 
gans in ein bindegewebiges so zu sagen klar ausgesprochen hat, nun- 
mehr Zeit, dass man sich, frei von Vorurtheilen und Schematismus 
bezüglich der Leistungsfähigkeit und Bedeutung der Keimblätter, nicht 
verhehlt, dass hier epitheliale Zellen von noch hochgradiger Differen- 
zirungsfähigkeit die von uns als Bindegewebszellen betrachteten Ele- 
mente bilden, und dass epitheliale Drüsenschläuche direct zu ‘Lymph- 
follikeln’ werden.” 

The writer, indeed, goes further than SCHULTZE and any other 
observer in stating, not only that the production of leucocytes is a 
function of the thymus, but also that it must be regarded as the sole 
original source of all the leucocytes of the body. This latter con- 
clusion he believes to be a legitimate inference from observations upon 
a peculiarly favourable material and from certain other considerations, 
already advanced elsewhere, and to be once more mentioned in the 
following pages. 

Undoubtedly, the thymus of Raja is the first source of its leuco- 
cytes, and from the nature of the case a proof of the existence of one 
or more others is impossible. 


IX. The History of the spiracular Thymus-Placode. 


A new feature of interest to the embryologist, revealed by the 
present research, is the existence in Raja of a spiracular thymus. 
Such a structure has been searched for before, not only by the writer, 
but also by others. One observer, VAN BEMMELEN, has actually 
described it, but its rudimentary and somewhat variable characters 
were probably the things, which led him to reject its thymus-nature. 
This will not appear at all astonishing; for, as the following description 
of its history will reveal, it is only by a complete knowledge of its 
development that its true nature can be elucidated. 

To the structure, identified by me as the spiracular thymus, VAN 
BEMMELEN (1885, p. 174 etc.) gave the name of “the ventral follicle of 
the spiracle”. It will be so described here, although it does not lie 


438 JOHN BEARD, 


at the ventral side of the spiracular pouch, but, on the contrary, at 
its dorsal anterior portion. The reason it was termed ventral by VAN 
BEMMELEN was to distinguish it from a more dorsally-lying body in 
certain Elasmobranchs. On p. 174 he gives an account of its structure 
and position. It has, according to him, the form of an oval vesicle, 
made up of high columnar cells, and which is connected with the wall 
of the spiracle by a narrow stalk, either solid or with a narrow lumen. 
Its position in several Elasmobranchs is recorded. The period of its 
appearance is stated to be that, at which cartilage first begins to be 
formed in the embryo. Its development as an outgrowth of the dorsal 
wall of the spiracular cleft is described. As will be seen, I have 
nothing to add to this portion of VAN BEMMELEN’s account, which so 
far as it goes is quite correct. He noted, that it appeared to undergo 
little change at later periods, and that in some forms it probably 
disappeared, certainly this was so in Acanthias. 

As to its nature, on p. 177 he writes: “Dass das Bläschen ein 
rudimentäres Organ ist, scheint mir unzweifelhaft. ..... Seine Ent- 
stehungsweise hat erstens gewiss einige Aehnlichkeit mit den ersten 
Entwicklungsstadien der Thymuswucherungen an den übrigen Kiemen- 
spalten.” This comparison he then proceeds to justify by pointing 
out resemblances in mode of development between the structures in 
question. But, finding important differences, he finally decides, that 
the thymus-nature of the spiracular follicle is improbable, and further 
on he inclines to regard it as a rudimentary gill-cleft. 

Although in my first paper upon the thymus the actual existence 
of a spiracular thymus could not be established, it was recognised, 
that probably VAN BEMMELEN’S follicle represented such a body. It 
was written there: “I incline, certainly, to the view, which would 
consider both the vesicular follicle of the spiracle and that of the 
angle of the mouth as possibly the rudimentary equivalents of thymus- 
elements of these parts. At any rate, the whole history of these 
structures harmonises with this supposition” (1894, p. 478). 

With the writer the quest after the spiracular thymus in the 
course of the present research lasted long before resulting in any- 
thing very definite. While investigating the early development of the 
gill-clefts and associated structures, the spiracle itself often came under 
review. And it appeared remarkable, that, while its origin and much 
of its later history were those of a typical gill-cleft and arch, while 
what appeared to be the equivalent of a thymus-placode was easily 
defined in embryos of 6 mm and upwards, in later periods no evidences 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 439 


of a real thymus-element could be encountered. And this remained 
the position of affairs, until some time after all the chief points of 
the present work had been established. Thus it came about, that 
only by the aid of the facts of the development of an ordinary thymus- 
placode into a thymus-element was the true history of the spiracular 
thymus to be cleared up. 

In the last of the plates there are six figures (Figs. 61—66) of 
the spiracular thymus from as many different embryos of various 
periods. It would have been easy to have greatly increased this 
number, or to have worked out a monograph upon the spiracular 
thymus alone. The six figures are typical of the chief points en- 
countered in its history, and they may be said to establish beyond 
doubt the morphological nature of the structure in question. 

In the original note (1900, I) upon the spiracular thymus it was 
stated, that the earliest embryo, in which in the placode of the hyoid 
cleft leucocytes had been seen, was 28 mm in length. Since then 
they have been found in others of similar dimensions. The early 
history of the spiracular placode is exactly like that of any other of 
the placodes. The differences between it and them being that it for 
a long period only increases in extent or area, and that leucocytes 
are formed within it only at a late period, or, if they arise earlier, 
their number is so small as to enable them to elude observation. In 
the latter respect there is some resemblance between this placode and 
that of the last cleft. 

As to the precise epoch, at which leucocytes appear in the spiracular 
placode, no definite statement can be made. All that can be said is, 
that to all appearance no leucocytes are formed within its epithelium 
in embryos earlier than those of 25 mm. Owing to its rudimentary 
character it is, perhaps, not unlikely that sometimes they may only 
appear much later. 

As is well known, the spiracular cleft attains much larger 
dimensions than the true branchial clefts during a period of the 
early development. And later on it undergoes a considerable reduction. 
Whatever else be concerned in this increase in size, the placode cer- 
tainly shares in it. It attains a very considerable area, even in 
embryos of 25 mm. For this reason in Fig. 61 from embryo No. 443 
only a portion of it has been drawn. As this figure shows, it is made 
up of one layer of columnar epithelial cells, and among these one or 
two leucocytes are seen. Abutting upon the dorsal edge of the placode 
is the sensory placode of the hyomandibular nerve. This latter is 


440 JOHN BEARD, 


even more prominent in the next figure, Fig. 62. This is from an 
embryo of 27 mm. The simple epithelium of Fig. 61 is now becoming 
more complex, in that increase in thickness is taking place, and greater 
numbers of leucocytes are in formation. There are more leucocytes 
within the epithelium, and in each section of the placode there are 
from four to six in the mesoderm to its inner side. Very similar 
conditions are met with in Fig. 63 from an embryo of 28.25 mm. 
From this epoch up to embryos of 54 mm there are no figures in 
the plates, because the placode for another prolonged period under- 
goes little change, beyond increase in area. 

In embryos of 42 to 45 mm the leucocytes within the epithelium 
are more numerous than in embryos of 27 to 28 mm, but they are 
still not abundant. The epithelium itself is hardly more complex, but 
its area is greater, a change furnishing a key-note to a point in its 
later history. In an embryo of 54 mm (No. 245), as depicted in 
Fig. 65, the spiracular thymus is not more complex as a whole than 
the thymus-placode of the first branchial cleft of an embryo of half 
the size. As the figure reveals, it has fourfold the thickness of the 
simple epithelial spiracular thymus of a 27 mm embryo, but there 
are not four definite layers of epithelial cells. Its inner and outer 
sides are bounded by well-marked epithelial layers, while its interior 
is filled by epithelial cells, lying in all sorts of directions, and here 
and there a single leucocyte, or a small group of such, is seen: In 
addition, as in the other thymus-elements of this period and size, 
there are blood-capillaries (Fig. 65 v). 

To this period, and from another embryo only 2 mm larger, 
belongs Fig. 66. Whereas the former figure was from a series of 
transverse sections, the present drawing is taken from a series of 
frontal (horizontal) sections. The placode is thicker — nearly as 
thick again — but at the same time more circumscribed. Here the 
increase in area was evidently lacking. It is bounded everywhere by 
epithelial cells, but in its interior such epithelial elements are entirely 
wanting. This is made up of leucocytes, and here and there con- 
nective tissue trabeculae and blood-capillaries are met with, as in the 
other thymus-elements of this period. 

A complete contrast is afforded by the conditions in a young 
skate of 7 cm (No. 255), and this vividly recalls VAN BEMMELEN’S 
description!) of the spiracular follicle. In this case on both sides of 


1) In several Scyllium canicula of 33—39 mm I have found a 
spiracular follicle, exactly like that described by Van Bremmeten. It 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 441 


the body the spiracular thymus is represented by a conical structure, 
possessing a central lumen, as stated by VAN BEMMELEN, and pro- 
jecting into the mesoderm. As in the follicles examined by this author, 
the structure is largely epithelial. No trabeculae are developed within 
it — in marked contrast to the follicle in embryo No. 239 — but it 
contains one or two blood-capillaries, and here and there a few leuco- 
cytes. The abrupt apex of the cone is made up of a single layer of 
much elongated epithelial cells, among which leucocytes are found; 
the broader base exhibits two and then several layers of such epi- 
thelial cells. The lumen has become broken up into two portions by 
the proliferation of epithelial cells into the cavity. Ordinary covering 
epithelium has grown over the base of the structure, as in_the cases 
of the other thymus-elements; indeed, it was noted that the process 
began at the like period — a phase younger than this — in the 
thymus-elements of all the clefts and also in that of the spiracle. 


If the nature of the spiracular follicle fell to be determined by 
the study of but such cases as the present one, its thymus-character 
might well be open to grave doubt. The pictures before VAN BEm- 
MELEN probably resembled that given in Fig. 64, and he was not so 
fortunate as to obtain one like Fig. 66. The latter, along with a 
number of others not drawn, is, however, decisive. 


From the comparison of several embryos, including those figured, 
the conclusion is warranted, that in the later stages of its history the 
spiracular thymus may develop after one or other of two modes. In 
some embryos it forms a compact mass, comparable to any of the 
other thymus-elements of Raja. In others the original placode grows 
and spreads out as a rather large flattened plate of a single layer of 
cells. Later on in the latter this plate becomes invaginated, forming 
a conical structure with a central lumen, as in embryo No. 255. In 
the former cases in the later period of the development there is no 
cone, because the invagination is lacking, but instead thereof there 
arises a thick knob-like structure, resembling an ordinary thymus- 
element of Raja. As elsewhere pointed out at length (Brarp, 1900, I, 
p. 362), this difference is of interest, because it corresponds to a like 
divergence, witnessed in the development of the ordinary thymus- 
elements of Raja and of Scyllium. The details of the comparison will 


had the form of an oval elongated vesicle, attached by a delicate stalk, 
and composed of a single layer of epithelial cells. In one or two cases 
there were a few leucocytes in the epithelium. 


442 JOHN BEARD, 


not be repeated here, and the reader may be referred for them to 
my original communication upon the spiracular thymus of Raja, cited 
above. 

From the observations here recorded upon the structure, identified 
as the thymus-element of the spiracle in Raja, it is seen to agree in 
its history with an ordinary thymus-element in the following points: 

1) It arises as a placode of the gill-pouch, and with the rupture 
of this latter it comes to be “epiblastic” in position. 

2) In later phases, corresponding to those in which the like hap- 
pens to an ordinary thymus-element, its base acquires a covering 
of ordinary epiblast. 

3) In some cases, if not in all, connective tissue septa grow 
into it. 

4) Blood-capillaries penetrate it. 

5) Its epithelial cells give origin to leucocytes. 

6) At a later period it becomes more or less constricted off from 
the branchial epithelium, but, apparently, unlike an ordinary 
thymus- element, not completely. In this latter respect it 
resembles the thymus-elements of Gasterosteus (MAURER), and 
of Petromyzon, which, according to the researches of SCHAFFER 
(1894) never become separated from the branchial epithelium. 

That is to say, except in the trifling final point, it passes through 
all the evolutions of a true thymus-element. 

In the final phases of the body here dealt with, it corresponds 
in structure and position with VAN BEMMELEN’s ventral follicle of the 
spiracle. From his account already cited it appears clear, that Van 
BEMMELEN’s researches upon it begin at about the period where mine 
cease, or that the latter reach to the point of its highest degree of 
development. It is strange, though not inexplicable, that he found no 
leucocytes within it. This failure may be due to their possible ab- 
sence in it in later phases, or it may have arisen from the poverty 
of the material of Raja at his disposal. And, as already stated, though 
he does consider in detail the evidences pointing to its thymus-nature, 
he finally rejects these in favour of the supposition, that it may re- 
present the rudiment of a gill-cleft. 

Undoubtedly, the spiracular thymus of Raja is a rudimentary 
structure, of more morphological than physiological import. 

It is of interest in many ways. Its presence realises the theoretical 
number of thymus-elements in the existing gill-region of Raja. And 
at present it places Raja in the position of being the vertebrate 


— 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 443 


animal, in which the greatest number of thymus-elements has been 
recorded !). Moreover, it throws, I think, new light upon various 
researches as to the number of thymus-elements in certain animals, 
beginning with those of DE Meuron (1886) and ending with the recent 
ones of F. Lıvını (1902). There is no wish on my part to depreciate 
these investigations in the least, but in one important point they lack 
completeness. In none of them is it proved, that in connection with 
the remaining gill-clefts or pouches at some period or other of the 
early development rudimentary thymus-elements do not exist. There- 
fore, these researches afford no information as to the maximum number 
of thymus-elements, laid down in the particular forms, of which they 
treat. What they reveal is in connection with which cleft or clefts 
persisting well-developed thymus-elements are found. Apart from 
these there may be thymus-placodes, which either never become 
anything more than mere epithelial plates, or from which a few leuco- 
cytes may be formed at some early period of the development, and 
then the structure may disappear. It is quite conceivable, that, for 
example, the spiracular placode might never get beyond the condition, 
shown in embryos of 28 mm of Raja, in some other fish. 

In this way, and thus only, the sudden appearance of an acces- 
sory thymus-element in some individual of one of the higher animals 
becomes explicable. 


X. Thymus-Placodes and sensory Placodes. 


As pointed out in preceding pages, ‘and as shown in several of 
the figures, thus, in Figs. 42, 45, 61 and 62, the sensory placode in 
its growth ventralwards enters at certain periods into close topo- 
graphical relationships with the thymus-placode of the same arch. As 
will presently appear, this fact was first noted, but wrongly inter- 
preted, by FRORIEP (1891). His mistake has reflected rather seriously 
upon previous correct results of mine, and for this and certain other 
reasons, to be subsequently developed, the present opportunity of dis- 
cussing matters concerning the branchial or lateral sense organs is 
welcome. 

Many years ago (1885) from its typical position, on the level of 
the notochord and immediately above the branchial cleft, the original 
foundation of a portion of the system of lateral sense organs, what 


1) With the exception of the lamprey, where according to Scuarrmr’s 
researches there would be seven pairs of thymus-elements. 


444 JOHN BEARD, 


von KUPFFER has happily termed the sensory placode, was by me named 
the “branchial sense organ”. Looking now at text-figure H (page 447), 
I must still hold, that just as the thymus-placode is one component 
of the complex termed a gill-arch and cleft, so the sensory placode 
is another. And, exactly as the thymus-placode was perhaps originally 
a structure, whose primary function was the production of leucocytes 
for the protection of the two half-gills from bacteria etc., so the 
sensory placode had originally some function of a sensory kind in 
connection with the said gill-arch and gills. 

For a time after 1885 the system of the branchial sense organs 
encountered little opposition. But in 1891 FrorIEP (1891, p. 60—65) 
from investigations upon Zorpedo-embryos came to different and 
erroneous conclusions. His embryos, at least those treated of in the 
paper, were mainly of late periods, and possibly they did not form a 
continuous series. As a preliminary to the description of his own 
observations, he writes: “BEARD, welcher nach ihm [i. e. VAN W1sHE| 
die Selachier wieder untersuchte, hat die Kiemenspaltenorgane nicht 
bestimmt von den Seitenorganen unterschieden, sondern beide zu- 
sammengeworfen.” 

He then proceeds to furnish proof of this by the account of his 
finds in Torpedo, beginning with an embryo of —12 mm! In his text- 
figure 5 it is shown for one of the branchial nerves, that it is con- 
nected with epidermal thickenings at two points, one above the level of 
the notochord and labelled by Frortep “Seitenorgan” (lateral sense 
organ), the other immediately dorsad of the cleft and termed by him 
“Kiemenspaltenorgan” (gill-cleft organ). 

In Frorızp’s sense the observation is incorrect, as ANTIPA after- 
wards pointed out, but there is a fusion of nerve and epithelium in 
this region, as ANTIPA also recognised. At certain periods the 
branchial ganglion or nerve — speaking in a wide sense — is united 
to the epiblast, i. e., to placodes within this, at two points. This 
holds for certain of the arches at least, thus, in particular for the 
hyoid and first branchial. In passing, it may be noted, and detailed 
reference thereto reserved for a later page, that the same “Ver- 
handlungen” contains observations of von Kuprrer’s of twofold con- 
nections of cranial nerve or ganglion with the skin in Ammocoetes. 

Froriep’s dorsal “contact” is in fact concerned in the formation of 
lateral sense organs, as was recognised by him. The ventral one he 
brings into connection with the thymus, and writes: “der Umstand, 
dass bei Selachierembryonen die Thymusbildung von dem Kiemen- 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 445 


spaltenorgan ihren Anfang nimmt, ist für die Beurtheilung des letztern 
immerhin von Wichtigkeit” (! ?). 

The immediate effect of Froriep’s observations and conclusions 
was to banish the branchial sense organs to the limbo of things non- 
existent. Soon after then AYERS (1892), although he had accepted my 
work as correct in the earlier part of his memoir, in the latter 
portion on p. 314 wrote as follows: “As FRORIEP has shown the ecto- 
dermal thickenings which Brarp described as giving rise to the lateral 
line organs have in fact another fate. The genuine lateral line or- 
gans escaped Brarp’s observation!) (!), and in consequence BEARD’S 
conclusions as to the homology of the vertebrate auditory organ are 
incorrect” ?). 


Other writers, for so far as I am aware beyond Antipa, and, of 
course, DOHRN, no-one else has troubled to look into the actual facts 
for himself, have simply taken Frortep’s errors as established facts, 
and have used them to good purpose! Thus GoroNowiTscH. This 
writer in an attack upon Miss Prarr’s ectodermal origin of cranial 
cartilages, when referring to the ectodermal thickening behind the eye, 
and identifying it as one of the “Frorıep’schen Anlagen” (cui bono ?), 
dogmatically writes: “Die Frortep’schen Anlagen, welche wir von den 
nicht existirenden ‘branchial sense organs’ von BEARD scharf unter- 
scheiden müssen, sind räthselhafte Gebilde, welche aber, wie es scheint, 
eine grosse Rolle bei der Entwicklung wahrer Ganglien spielen müssen“ 
(1893, p. 255). The logic and the earnestness of this passage are quite 
instructive. It contains the following statements of supposed fact: 
Bearp’s branchial sense organs are non-existent, the FRORIEP’schen 
Anlagen are problematical structures, and they must play an important 
part in the development of true ganglia. 


It would be interesting to learn whence GORONOWITSCH got his 
exact knowledge as to the non-existence of the branchial sense organs. 


1) This is, perhaps, intended by Ayers to be an English version 
of what he supposes Frorigr to have said. It is anything but a fact. 
The structures, dealt with in my work of 1885 upon the sense organs, 
do become the lateral sense organs of the adult, and no-one with any 
practical knowledge of Elasmobranch development can doubt it. 

2) A remarkably illogical statement for one to make, who had ac- 
cepted my account in the earlier pages of his work, and who had 
actually confirmed and extended the conclusion. If my conclusions as 
to the homologies of auditory organ and lateral sense organs were in- 
correct, the error would be fully shared in by the like ones of Aves. 


446 JOHN BEARD, 


Certainly, he himself has even now published no observations esta- 
blishing this impossible proof. On the 5. page of my paper on the 
branchial sense organs (1885) he will find these words, which would appear 
to have escaped his notice: “The branchial sense organs, are those sense 
organs, which have usually been called organs of the lateral line, and 
were formerly called ‘segmental sense organs’ by me.” And so on, the 
rest of the passage is concerned with the reasons why the old termi- 
nology was given up, and a new one suggested. 

As the above passage shows the term “branchial sense organs” 
to be merely another name for “lateral sense organs”, GORONOWITSCH’S 
statement is absurd, unless I had mistaken some other organs for 
lateral sense organs, which neither FRORIEP nor any other observer 
has yet attempted to prove. GoRONOWITSCH’s second and third 
statements are difficult to reconcile: if the “FrorIEP’sche Anlagen” 
are problematical, it is difficult to see how it should be known, that 
they play so important a part in the development of what GORONOWITSCH 
terms true ganglia. Objectively regarded, it is patent, that Goro- 
NOWITSCH’s prolonged and minute investigations into Teleostean de- 
velopment have failed to furnish him with that elementary insight 
into the morphological problems of the cranial ganglia and sense or- 
gans, which the careful examination of even a bare half dozen Elasmo- 
branch embryos of the right ages would have yielded. 

So far as AyErs and GORONOWITSCH are concerned, my obser- 
vations stand just as they did, when first published, quite apart from 
the repeated confirmation and extension they have undergone at the 
hands of Prof. Domrn. Against their accuracy these zoologists and 
others have merely reiterated assertions to offer without the vestige 
of an attempt at proof. 

FRORIEP’s apparently contradictory results did not wait long for 
refutation. ANTIPA (1892, p. 690—692) showed, that in fact the con- 
nection of the cranial nerve or ganglion with the thymus-thickening, 
identified wrongly by FRORIEP as equivalent to his “Kiemenspalten- 
organ” of mammals, had no existence. Anrıpa’s observation, which 
if need be can be confirmed by the writer on numerous preparations 
of Raja and Scyllium, disposed of the supposed connection between 
cranial ganglion or nerve and thymus, but it did not in reality attempt 
to deal with the true ventral connection of sensory placode and 
cranial nerve. 

What led Frortep astray was failure to note, that connection of nerve 
and sensory placode was a different thing from union of nerve and 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 447 


thymus-placode. He blamed the writer for confusing together branchial 
and lateral sense organs, but he himself failed to distinguish between 
sensory placode and thymus-placode. | 

Why Frorter should have commenced his description with an 
embryo of 12 mm, for Torpedo an advanced period, is not easy to 
understand. Had he from this point traced the developmental history 
backwards to earlier phases, his conclusions would have been different. 
In text-figures A—F of the present writing the sensory placode is 
not shown, either because in the particular section outlined it is not 
a prominent structure, or because the section contains little or nothing 
of it. When the text-figures were originally drawn, the sole object 
in view was the thymus-placode, and there existed no intention of writing 
anything about the sensory ones. 

In text-figure H a schematic 
section through a gill-pouch is 
given. The hypoblast of the gut, 
that of the thymus-placode of 
each side, and that of the closing 
membrane will be clearly made 
out. Below the latter is another 
modified hypoblastic placode, not 
hitherto referred to anywhere in 
the text. Some time back the 
history of this placode was partly 
followed, and only the cropping- 
up of new problems in other 
directions prevented the com- 
pletion of this quest. It may be 
termed the gill-placode (g.p). For 
whether it be also concerned in 
the formation of the internal gills — a point not yet determined, as 
these develop very late — it is certainly the structure, from which 
the external gills are derived. In the other text-figures its limits are 
not shown; but, like the thymus-placode, the gill-placode on rupture 
of the pouch in part wanders outwards and downwards (by extension), 
and thus comes to take up somewhat of an “epiblastic” position on the 
gill-arch. At a later period the long external gills of Raja are pro- 
cesses of it. As already remarked its full history has not been traced. 

In the text-figure H another placode is shown above the pouch: 
this is the sensory placode s. p, or original branchial sense organ. It is 


sata 
conte 
4 ARTE CE 


~ 


448 JOHN BEARD, 


from the growth and extension of this, as described by DoHrN and 
myself, that a portion of the system of branchial or lateral sense 
organs is derived. As the researches of the last seventeen years have 
shown, this placode, which is at first quite small, grows and increases 
in one or more directions, and the neuro-epithelium of the placode 
gives rise to nerve-fibres, ganglion-cells, and sense organs. 

For many years — 15 at least — the writer has felt convinced, 
that, in addition to growth to form the ordinary sense organs of the 
so-called suprabranchial series with their associated sensory nerves, 
the placode also grows downwards along the gill-arch, to which it be- 
longs, and, therefore, posterior to its cleft. 

It is this downward growth and extension, which cause it to abut 
upon the thymus-placode, as shown in Figs. 42, 45, 61, and 62. No 
evidences have been found, that it ever pushes its way through the 
latter; rather they tend to demonstrate, that the sensory placode 
works past the thymus one along its posterior margin, in order to get 
on to the arch. 

In Raja these facts are most easily made out in connection with 
the placodes of the hyoid and glossopharyngeal arches. Except in 
the case of the former arch, this downward extension is in ordinary 
fishes not concerned in the formation of a series of sense organs, 
but with the production of a sensory portion of the postbranchial 
nerve. 

At some early period or other — when has not been determined, 
but its establishment would be a matter of ease — the elongated 
placode breaks up into two portions, in FRORIEP’s terminology a 
dorsal and a ventral one, in von Kuprrer’s a lateral and a epi- 
branchial. Each of these, of course, retains its original connection with 
the ganglion, and each may proliferate cells into this ganglion. The 
result is to furnish pictures like Frortep’s text-figure 5, or like some 
of von Kuprrer’s figures in the same “Verhandlungen”, or in his 
later work (1895). | 

To sum up briefly, after the original union of the neural or chief 
portions of certain of the cranial ganglia of Elasmobranchs with the 
sensory placode on the level of the notochord‘), by extension of the 


1) Somewhere von Kurrrer disputes this as happening at this 
level; but probably the reason he failed to find it in the lamprey was, 
that his researches did not go back to an early enough period of the 
development. In Elasmobranchs the sensory placode is at first strietly 
on the level of the notochord. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 449 


placode and its rupture into two portions, instead of the original 
“contact” there are two in connection with certain cranial ganglia, 
one above the cleft and more or less on the level of the notochord, 
the other at the posterior margin of the cleft, and later more ven- 
trally still. For a time from both ganglionic elements may be pro- 
liferated. 

While, therefore, as ANTIPA showed, FRORIEP’s ventral “contact” 
with the thymus-placode is merely a topographical relationship during 
a portion of the development, and never a union of the two, there 
are two unions with the sensory epithelium. Further consequences 
may be drawn. FRORIEP, probably rightly, identifies the ventral union 
— and the real ventral union he failed to see — with that originally 
described by him in mammalian embryos, and (p. 63) he states the 
dorsal one to be absent in mammals. 

This absence in mammals is explained by the history of the dorsal 
“contact” or placode in fishes. As is now well known, it furnishes a 
portion of the lateral sense organs and one or more dorsal or supra- 
branchial nerves. These sense organs and their nerves are not re- 
presented in mammals (Ewart), and thus, apparently, not laid down in the 
embryo. The ventral contact or placode must be present in mammals, 
because of the persistence of that sensory portion of the postbranchial 
nerve derived from it. Even in Torpedo or Raja, except in one arch, 
the hyoid, this sensory part of the postbranchial nerve does not now 
innervate sense organs. Perhaps originally it did, hence the mode of 
development. In one arch it still does so, in the hyoid arch, and in 
the skate there arises in this way the thickest of all its nerves, the 
hyomandibular, which innervates what is really a ventral series of 
sense organs, the hyoid group of ampullae!). 

From the existence of this double fusion with sensory placodes 
and from that of a ventral series of sense organs on one arch a 
further conclusion may be drawn. In a valuable piece of research 
Miss R. Arcock (1898) has furnished details as to the arrangement and 
innervation of the sense organs of the head of Ammocoetes. In this 
she has shown, that here they are very simply arranged in a dorsal 
and ventral series, innervated by dorsal (suprabranchial) and ventral 
branches of the cranial nerves, VII, IX, X1—X°®. From the standpoint 
of the comparative anatomist her conclusions have been criticised by 


1) For purposes of argument the mandibular offshoot of this may 
be ignored. 
Zool. Jahrb, XVII. Abth. f. Morph. 29 


_ 


450 JOHN BEARD, 


my friend, F. J. Cote (1898). While in some and very minor points 
agreeing with CoLe, I believe him in the main ones to be simply 
begging the question!). The dorsal series of sense organs in the 
ammocoete broadly corresponds — and CoLE does not appear willing 
to admit this, to do so would destroy his whole case — to the “lateral” 
sense organs of the head of ordinary fishes, minus the hyoid group. 
To them and to the ventral sense organs COLE would deny the right 
to classification as lateral sense organs, holding, that possibly they 
correspond to the terminal buds of other fishes. 


So far as I am aware, there is no cogent reason why the lamprey, 
a very aberrant and low vertebrate, should be compelled to conform 
to the conditions seen in other fishes, such as skate and cod. In 
other respects in its organisation it egregiously fails to do this. But 
the crux of the matter is doubtless contained in the answers to the 
following questions, which may now be put. 


1) If some of the dorsal series be lateral sense organs, in what 
points of minute anatomy do the ventral sense organs differ from them? 

2) If the ventral series be not true lateral sense organs, where in 
the lamprey do the hyomandibular nerve and its sense organs, as they 
exist in other fishes, come in? 

3) In what way are the facts of the development, described by 
VON KUPFFER, to be explained ? 

In minute structure dorsal and ventral series apparently agree, and 
the mode of development in the hyoid segment of both series is the same 
in the lamprey as it is in the skate”). It follows, I think, with a 
fair degree of certainty, that the system of the lateral sense organs in 


1) E. P. Aruıs, an observer with a very extensive and minute 
practical acquaintance with the lateral sense organs and cranial nerves 
of fishes, describes Miss Arcock’s work as “a valuable contribution to 
our knowledge of the lateral sensory system, differing radically in this 
with Core” (in: Anat. Anz, V. 15, 1898—99, p. 376). 

2) In his “Reflections on the cranial nerves and sense organs of 
fishes” (in: Trans. Liverpool biol. Soc., V. 12, 1898) Cone writes: 
“Further, there is more than a suspicion that embryologists have hitherto 
been following a Will-’o-the Wisp, and that the sense organs they 
have been tracing do not become the lateral sense organs of the adult” 
(p. 239—240). Is this another variety of the Aykrs-GoRONOWITSCH 
myth? From an embryological acquaintance with these structures and 
with Elasmobranch embryos of all periods of development extending 
over nearly 20 years, I can assure Conn, that there is not a particle 
of fact in his suggestion. I quote his words here, because they clearly 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 451 


the lamprey is in a far lower degree of development, and, possibly, in 
a more primitive condition, than in any of the other fishes. 

Moreover, from the facts laid down above new light is thrown 
upon VON KuPFFER’S masterly researches (1891 and 1895) into the de- 
velopment of the cranial nerves etc. of the lamprey. Hitherto it has 
not been possible to bring these into agreement with the known facts 
of other cases. What has for years kept the writer back from a com- 
parative investigation of these matters in the lamprey and skate, (for 
of the former his collected material goes up to young ammocoetes of 
14 mm), has been the difficulty of understanding von Kuprrer’s spinal 
nerves of the head and his mesoblastic somites. No light would come, 
and not until the recent great set of Dourn’s “Studien” (1901) ap- 
peared, was it clear, that in this respect also the lamprey represented 
a more primitive condition than some Elasmobranchs !). 


The lamprey is a difficult material, and it is perhaps too much 
to expect the learned Munich anatomist to furnish a clear account of 
all that happens in embryos earlier than those of 4 mm. Had he 
been able to elucidate the facts here, I believe it would have been 
seen, that the later double fusion of the chief portion of a cranial 
ganglion with two placodes of epiblast, epibranchial and lateral respec- 
tively, was preceded by a single one on the level of the notochord. 
For, in fact, from von Kuprrer’s and Miss ALcock’s researches, the 
lamprey would appear to have retained, not only the set of sense 
organs, derived from the dorsal portion of the placode, but also for 
all the arches the series, formed from the ventral part of the placode. 
In the skate and some other Elasmobranchs this ventral series is only 
represented in the development by a ventral neuro-epithelial placode, 
except in one arch, the hyoid, where the ventral series is retained as 
the hyoid complex of sense organs. 


show, that in his view the Elasmobranch sense organs are no better 
off than those of the lamprey, and that both are embryologically — 
unknown! Comment is quite superfluous. 


1) Without wishing to anticipate the ending of the forthcoming 
controversy between Dourn and Frorter, it may be permitted me to 
express the view, that the results and conclusions of the former re- 
present an immense advance over those, enunciated by the latter in 
three recent publications (1901 and 1902). The works of von Kuprrer 
and Dourn bid fair to revolutionize our conceptions of the nature of 
the vertebrate head. 


297 


452 JOHN BEARD, 


XI. HASSALL’s Coneentrie Corpuseles of the Thymus 
of the Cavy. 

The concentric corpuscles, so characteristic of the mammalian 
thymus of certain periods, do not occur — apparently at any time — 
in the skate. Or, to put the same thing in another way, neither in 
embryos, nor in young, nor in adult skate has a single concentric cor- 
puscle ever been seen by me in the thymus. MAURER (1885, p. 170) is 
the only author +), who has recorded them as existing in fishes (Teleosts). 


As already elsewhere stated, the single figure given — of three con- 
centrically arranged cells, which may be leucocytes — does not con- 


vince one, that the author really had a concentric corpuscle before 
him. Certainly, if the structure were actually such a corpuscle, in this 
instance they bear little resemblance to the bodies so-called in the 
mammalian thymus. 

For the sake of completeness, and not because they are essential 
constituents of the thymus, their absence in the skate, indeed, negativ- 
ing this, it was resolved to work out their origin somewhere or other 
in the mammals. Several forms were tried. Of these in the rabbit 
there are no traces of concentric corpuscles as late as the birth-period, 
when apparently the whole thymus is made up of leucocytes! They 
are also absent in pig-embryos later than the oldest figured by KEIBEL. 
Kittens and well-preserved human embryos were not at my disposal. 
But an excellent object was found in the cavy. 

In new-born cavies, and even, as will be seen, at earlier periods, 
the concentric corpuscles are so large, that in sections stained with 
eosin they can be seen with the unaided eye. Not only are they here 
very large, far larger than in any mammal, in which they have yet 
been described, but in appearance they are very remarkable, and quite 
unlike any of those things, to which the term concentric corpuscle has 
yet been applied. If they recall anything, it is the cell-nests of epi- 
thelioma. In most courses of histology it is, I believe, the custom to 
demonstrate the concentric corpuscles on preparations from young 
children or kittens. As a remarkable contrast to such preparations, 
sections of the thymus of a young cavy, say of a week or ten days 
previous to the birth-period, or failing such of new born cavies them- 
selves, may be recommended as worthy of attention. 

On finding such an excellent object in the cavy for the study of 
the development of the concentric corpuscles, it was for the writer a 


1) Compare note page 457. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 453 


fortunate circumstance, that he was able to investigate them at once 
in a series of foetuses in the possession of his friend and former 
pupil, Dr. J. A. Murray. These extend from about 22 days to the 
end of the gestation, 66 days, and they had been obtained by Murray 
for other purposes. For his kindness in placing them at my service 
my best thanks are due, and may be here expressed. 

In late foetuses and new-born cavies the thymus does not occupy 
the position taken up by it in front of the pericardium in man and 
rabbit, etc. Neither are the portions of the two sides fused together, 
as described, for instance, by KEIBEL in the pig. In certain marsupials 
SYMINGTON (1898) has recorded the fact, that there the thymus lies 
partly in the neck and partly in the thorax. 

On dissecting new-born cavies for the thymus Dr. Murray and 
the writer were at first at a loss as to its whereabouts. We saw 
what for a moment we took to be salivary glands of large size on 
each side of the neck!). On examining these it was found, that in 
spite of their large size and unusual position, on each side of the 
neck some distanee behind the angle of the jaw, we had in them the 
two “thymus-glands” of the cavy. 

The forms studied have been specimens of 22, 31, 42, 55, and 
66 (new-born) days cavies. In the 22 days embryo of the critical 
period there were no traces of concentric corpuscles. In the 31 days 
foetus, and, of course, in all the later ones, concentric corpuscles 
were well represented. The period of their first appearance in the 
cavy, therefore, is somewhere between the 22. and 31. days. It had 
been intended to have obtained foetuses of this period, in order to 
establish the exact epoch, but two considerations put an end to this 
idea. As the cavy-preparations studied amply proved, the concentric 
corpuscles are degenerate structures, of no morphological importance, 
and they only appear in the cavy long after most of the original 
epithelial cells have been converted into leucocytes. Soon after this 
had been established, the facts, concerning the degeneration of certain 
germ-cells, as elsewhere recorded, were made out, and in the light of 
these there seemed no great unlikelihood of the degeneration of leuco- 
cytes, owing to pluripolar mitoses, by the formation of cell-nests or 
concentric corpuscles. 


1) It was only afterwards noted, that Warney in his memoir, 
cited on a later page, had recorded this position of the thymus in the 
cavy. He neither figured nor described the concentric corpuscles in 
this animal. 


454 JOHN BEARD, 


And, finally in the 31 days foetus, while it showed concentric 
corpuscles in one lobe of the thymus (Figs. 58 and 59), the rest of 
the organ contained none. 

It was, therefore, resolved to carry no further a useless quest, 
which, notwithstanding the assertions of StIEpA (81) as to the con- 
centric corpuscles, could lead to no useful results, and would be but 
waste of time. After all the labour on the thymus of the skate, on 
the concentric corpuscles of the cavy, after all the results of the re- 
searches of KÖLLIKER, PRENANT, SCHULTZE, MAURER, the writer, and 
others, further attempts to refute a statement, which, as will be shown 
anon, never had a better basis than an hypothetical one, seem uncalled 
for. What may be demanded, however, is the production by STIEDA 
of some evidence beyond mere assertion of the accuracy of his con- 
clusion of 1881. If there be anything in his hypotheses — and no- 
thing is more certain than their baseless character — with the in- 
formation as to the cavy contained in the present writing, it ought 
not to be difficult for STIEDA, or for one who maintains his thesis, to 
produce a tardy, but necessary, proof of the same. 

As the 22 days embryo throws no light whatever upon the con- 
centric corpuscles, it need no further concern us. Sections of the thymus 
of each of the remaining foetuses were stained in two ways, with 
picrocarmine, and with haematoxylin and eosin. The latter was the 
more useful, for eosin stains the concentric corpuscles of either a 
brilliant red, or partly red, partly purple. In the 31 days foetus, as 
already stated, there were not concentric corpuscles in all the lobes. 
In some of them no traces whatever of epithelial cells could be 
made out. In others there are epithelial cells near the centre of the 
lobe, forming a branching network. In what appears to be the main 
lobe there are concentric corpuscles of small diameter, i. e., one only 
in section, and of about 0.06 mm. Here, and in later cases also, though 
it may become branched, and thus lose its primitive simplicity, the 
concentric corpuscle has the form of a column of cells, arranged in 
concentric fashion. In certain of them there is an obvious concentric 
arrangement of epithelial cells, many or all of which are in degener- 
ation, and exhibit chromatolysis. This latter is very clear in the picro- 
carmine preparations. In this foetus of 31 days they do not stain of 
so deep a red as in the later ones, and there is no marked epithelial 
branching from the corpuscles. As to the rest of the thymus, it is 
made up of leucocytes, and blood-vessels penetrate it everywhere. Here 
and there, as in Fig. 58, there is a leucocyte in the concentric corpuscle. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 455 


Cavy No. 1 (42 days). The picrocarmine preparations are only 
of interest as throwing more light upon the chromatolytic phenomena. 
In the haematoxylin-preparations in section the concentric corpuscles 
are seen to measure 0.04—0.06 in diameter. There is no great change 
from the conditions witnessed in the preceding specimen, but the 
cells of the concentric corpuscles are more chromatolytic. The epi- 
thelial strands are not obvious in all the lobes, but they appear to 
be extending. 

Cavy No. 3 (55 days). Again, the picrocarmine preparations only 
bring into prominence the chromatolytic phenomena. The concentric 
corpuscles now stain a bright red with eosin, and they are quite 
visible to the naked eye. Their distribution is more extensive, and 
they are met with, apparently, in every lobe. Attached to them in 
network-fashion are long epithelial branches. The columns of con- 
centric corpuscles are no longer simple, but multiple, three or four of 
the branches being often together in one section. They now present 
a very obvious concentric arrangement of cornified and degenerate 
epithelial cells. Often there are heaps of leucocytes in degeneration 
included in the concentric capsule. In other sections there are none 
of these. The component cells of the corpuscle are absolutely degener- 
ated, and exhibit very marked chromatolysis. In many sections the 
interior of the corpuscle is stained a bright red, the rest is purple, 
and the cortical portion especially shows a laminated arrangement of 
the remains of epithelial cells. Often there is vacuolation present. 
In these also degenerated leucocytes and debris of such are in evi- 
dence. Chromatolysis is now seen in the epithelial strands above 
referred to. In section the corpuscles measure 0.12—0.14 mm. 

New-born cavy. There is no great increase in size in the earlier 
formed corpuscles, but numerous smaller ones are noted. The corni- 
fication and vacuolation are marked. The large ones contain degenerate 
leucocytes and the debris of such. Chromatolysis is less marked, be- 
cause this is practically over. Epithelial strands are still present in 
various places. 

Examination of the concentric corpuscles of cavies of similar ages 
to the last two dealt with will reveal the great differences between 
these bodies here and in such an animal as the cat, for instance. Of 
them, as seen in the older specimens, I have given no figures, for 
they are so complex and so brilliantly coloured, that only an artist 
could do justice to them. 

The foregoing observations upon the concentric corpuscles of the 


456 JOHN BEARD, 


cavy do not, unfortunately, clear up the mode of origin of these 
structures. They fulfil the following purposes, to wit, they establish 
for the cavy a period of the development, during which such con- 
centric corpuscles are in formation; and, if such a demonstration 
were needed, they prove these corpuscles to be products of de- 
generation. 

The question, whether they arise from remains of the original 
epithelium, or from leucocytes, or from epithelial cells in process of 
conversion into leucocytes, cannot be finally solved without new re- 
search. At the moment the writer has neither the desire, nor the 
time, to undertake this. The long columnar form of the concentric 
corpuscles in the cavy is suggestive of their origin from the remains 
of the original epithelial tube. On the other hand, the difficulty of 
establishing the existence of remains of this tube in late periods, prior 
to the appearance of concentric corpuscles, does not point in this 
direction. In the rabbit near birth, and in the sheep of 35 mm, 
according to STiepA’s observations subsequently cited, and in some 
of the lobes of the 31 days cavy, the whole thymus is lymphoid, and 
little or no remains of epithelial cells can be made out. 

Two important features of the concentric corpuscles should be 
especially noted: they are degenerative structures without doubt — 
the chromatolysis in many of the component cells sufficiently evidenc- 
ing this — and from their structure they are obviously products of 
pluripolar mitosis. 

In the first part of my work on the “Germ-Cells”, now in the 
press!), it has been shown, that germ-cells often degenerate with 
pluripolar mitosis and the formation of cell-nests, comparable to con- 
centric capsules. If degeneration of germ-cells be accompanied by 
phenomena of this kind, there would, apparently, be no reason why 
such should not possibly hold for leucocytes also. As in the germ- 
cells, it is probable, that with the start of the formation of a con- 
centric corpuscle pluripolar mitosis is connected. Whether the happen- 
ing of this in an epithelial cell, or in one in process of conversion 
into a leucocyte, or in a leucocyte itself, be the beginning of the pro- 
cess seems to me immaterial. So much is now certain: from the 
majority or all of the original epithelial cells leucocytes arise, and 
the concentric corpuscles of HASSALL, where found, are mere products 
of degeneration. They can have no morphological import, and it is 
open to grave doubt whether they even possess any physiological value. 


1) in: Zool. Jahrb. V. 16, Anat., p. 615—702, 1902. 


ae, 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 457 


In his extensive researches upon the thymus, which unfortunately 
are far more concerned with its minute structure than with its devel- 
opment, WATNEY!) writes: “In considering the function of the con- 
centric corpuscles and their behaviour during involution, one point 
must be apparent to all, i. e., that many of them disappear”. He adds, 
that there are few of them in the thymus of old animals, and that as 
a rule these are small. 

Their disappearance is not nal when their extreme de- 
generation in even a new-born cavy is considered. 

As from the start they exhibit degenerative phenomena, and as 
in such animals as the skate the thymus manages to get along and | 
function without them, their embryological importance is not, or at 
any rate ought not to be, great. In the past too much value has 
been attached to the existence of HassaLL's corpuscles, with the 
result that far weightier things have been neglected or misunderstood. 

Indeed, it may be doubted whether mankind would be much the 
wiser, were a full and true history of the developmental origin of 
HASSALL’s corpuscles extant. 

From the apparent absence of concentric corpuscles in fishes, 
and from the description and figures of the epithelial bodies (Epithel- 
körperchen of MAURER and KOHN) of Lacerta, as given by MAURER, 
the origin of the concentric corpuscles from these as products of de- 
generation does not appear unlikely. It had been hoped, that the 
observations upon the cavy would have either confirmed or disproved 
this. As the research into the cavy has not been completed, the 
suggestion may be commended to the attention of future observers”). 


XII. Historical. 
For a general survey of the results recorded in preceding pages 
the reader may be referred to two recent publications?). To sum- 


1) Hersert Watney, The minute anatomy of the Thymus, in: 
Phil. Trans. Roy. Soc. London, V. 173, p. 1063—1123, tab. 83-95, 
1882; I. c. p. 1090. 

2) While the present writing was passing through the press, Nus- 
BAUM & Macnowskr and Prymax published further researches upon 
the thymus and concentric corpuscles of Teleostei and Amphibians (vide 
list of literature). I regret to have no space for an account of their 
observations. Nor would it be desirable to consider their statements 
as to the concentric corpuscles of Salamandra until the appearance of 
the complete work. Prymak confirms Maurers finds of concentric 
corpuscles in Teleostei. 

3) BEARD, J., A thymus-element of the spiracle in Raja, in: Anat. 


458 JOHN BEARD, 


marise the observations here would merely be to repeat once more 
the substance of these two papers. 

In a certain sense there is little previous history to be dealt with 
here. For the present writing is more an embryological account of 
the first leucocytes of the vertebrate body than a memoir upon the 
development of the thymus. That it has also turned out to be the 
latter is due to the circumstance, that the thymus happens to be that 
source. In this way it has come about, that by a flank attack the 
solution of the problem of the function of the thymus was also found. 
Previous attempts at this obtained at the best only partial success, 
because of their frontal nature‘). The mistake hitherto, made by embryo- 
logical observers with reference to the thymus, has been, that the 
organ and its origin have been exclusively studied, instead of the 
history of its products, the leucocytes. 

In the literature of embryology there is nothing concerning the 
origin of the first leucocytes of the body. On the other hand, there 
exists a not inconsiderable amount of literature treating of the de- 
velopment and histogenesis of the thymus. The true history of the 
histogenesis of the thymus — and there is no sadder one in the 
archives of modern embryology — goes back to KOLLIKER’s obser- 
vations, published in 1879. The history of research into the thymus, 
or rather speculation as to its nature, does not then commence, for 
long ago Hewson thought it to be a source of red blood-corpuscles, 
and GOODSIR suggested, that with certain other organs it formed the 
remains of the “blastema”, from which the embryo arose. And so on. 
There would be no profit in reciting these ideas and speculations. 
KÖLLIKER (1879) stated, that the thymus of the rabbit arose from (the 
wall of) a gill-cleft, and that its original epithelial cells became con- 
verted into leucocytes. 

While confirming the origin, ascribed to it by KÖLLIKER, and 
this was soon afterwards still more firmly established by Gustav 
Born (1883), StrepA (1881) in other points made statements directly 
contradictory to the latter of KOLLIKER’s finds. With the long inter- 
val between 1881 and 1902 it might not have been necessary to have 
regarded STIEDA’S work as other than a chapter of the ancient history 
of the thymus, had Sriepa not quite recently used what he now 


Anz., V. 18, p. 359—363, 1900, and The source of leucocytes and the 
true function of the Thymus, ibid. V. 18, p. 550—573, 1900. 

1) This comparison of frontal and flank attacks in research, with 
their consequences, is originally due to Ranvinr. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 459 


would appear to believe he established in fact in 1881 against the 
divergent views of another writer. 

In this latter writing Sriepa (1898) makes such remarkable 
statements as to the actual results established in his former memoir, 
that it may be of advantage to inquire as to what he wrote in 1881. 

Like some of the classic memoirs of embryology Sriepa’s work of 
1881 is often cited, but, apparently, seldom read. The writers of text- 
books, who quote his “results”, can never have read them, for had 
they done so, it would have been seen, that the text-book accounts 
were not in agreement with the original one. 

On the first page of the work the chief results are given in four 
paragraphs, numbered 1— 4. 

“1) Die Gl. thymus entwickelt sich, wie KÖLLIKER richtig ver- 
muthet hat!), aus dem Epithel einer Kiemen- oder Schlund- 
spalte; sie ist demnach ein paarig angelegtes epitheli- 
ales Organ.” 

2) Relates to the thyroid. 

3) Relates to the Gl. carotica. 

“4) Weiter behaupte ich dann, dass die Reste der ursprünglichen 
epithelialen Anlage der Gl. thymus in jenen bekannten ge- 
schichteten HassAaur’schen Körperchen der Thymus zu suchen 
sind; ich bestreite somit die Angabe AFANASJEW’s, wonach die 
HassaLL’schen Körperchen nichts als obliterirte Blutgefässe sind.” 

These are all the results as given by STIEDA, and while it is 
asserted (behauptet), that the concentric corpuscles are products of 
the remains of the original epithelial cells, nothing is stated as to 
the fate of those epithelial cells, which do not go to form concentric 
corpuscles. Moreover, in these results there is nothing as to the 
origin of the lymphoid elements of the thymus. 

Following an account of the literature, his observations are given, 
beginning with those on pig-embryos. The smallest such embryo dealt 
with was 8 mm, the next 18 mm, and from this point the observations 
are carried in the pig up to young pigs of 36 mm. What is esta- 
blished in the pig is, that at first there is an epithelial thymus con- 
nected with a gill-cleft. In the more abundant material of the sheep 


1) In Köruıker’s original account the only “Vermuthung” mentioned 
is, that prior to commencing his observations certain considerations led 
him to suspect the thymus to be an epithelial organ. As the result 
of his investigations the origin from an “umgewandelte Kiemenspalte” 
is given as a proved fact. 


460 JOHN BEARD, 


the like fact is also noted. In an embryo of 22 mm the canal of 
the tube is hardly any longer to be seen, and the whole organ is 
surrounded by a connective tissue capsule. In older embryos of 35 mm 
there is a considerable development of connective tissue around the 
thymus, and blood-vessels appear. On p. 24 he describes between the 
sheath [Hülle] and the epithelial thymus aggregations of adenoid cells. 
“Aber ein anderes Element ist hinzugekommen um die Thymus weiter 
zu bilden, adenoides Gewebe [? whence] mit Blutgefässen.” “Ueber 
dieses Stadium hinaus”, he goes on to say, “habe ich — auffallender 
Weise — die epithelialen Elemente der embryonalen Thymus mit 
Sicherheit nicht verfolgen können” [!!!]. Finally, it is added, that in 
embryos of 50—60 mm the section of the thymus presents a structure 
similar to that in new-born sheep. 

On p. 24 two questions are asked: “Wo sind die Epithelzellen 
hingekommen ? Woher stammen die kleinzelligen Massen im Innern 
der Thymus”? To the second question, after rejecting the origin of 
the small-celled masses from the epithelium, StIepA replies with 
another query “wie soll das adenoide Gewebe aus der epithelialen An- 
lage hervorgehen ? Wenn die Zellenmassen der Thymus eines Embryos 
von 50 mm nicht epithelialen Ursprungs sind, [and the proof of this?] 
warum sieht man nichts mehr von den früher so überaus scharf und 
distinct hervorgetretenen Epithelzellen”? Why, indeed! The second 
question — and it is to be hoped to the satisfaction of the reader 
— is answered by putting two additional queries. After this the 
second question is deserted in favour of the consideration of the first. 

In explanation of the disappearance of the epithelial cells the 
observation, that in embryos of 100 mm “grosse, rundliche, kernhaltige 
Zellen” are found, is cited, and these are figured in tab. 1, fig. 17. 
Probably, large cells, markedly different from the ordinary leucocytes 
of the thymus, have been seen by every investigator of the thymus 
since 1881, but nobody has as yet observed the transformation of 
such into concentric corpuscles. The fact, recorded by STIEDA, is 
the occurrence of large cells, described as above, in the thymus of a 
foetus of 10 cm. Regarding this observation, he writes (p. 25): “Meine 
sich auf die hier an Schafembryonen mitgetheilten speciellen Unter- 
suchungen griindende Vermuthung (!) ist nun die, dass jene Zellen 
modificirte Abkömmlinge der epithelialen Embryonalanlage der Thymus 
sind. Der Beweis des genetischen Zusammenhangs zwischen den Epithe- 
lialzellen der embryonalen Thymus (Embryo von 35 mm) und den grossen 
vereinzelten Zellen eines Embryos von 50—60 mm fehlt mir noch.” 


En VORN N 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 461 


On p. 30 in discussing KÖLLIKER’S finds and conclusions, STIEDA 
writes: “Doch will ich desshalb noch nicht auf eine directe Abstammung 
der kleinen Zellen der ausgebildeten Thymus von den Epithelzellen 
der embryonalen Anlage schliessen, sondern spreche hier eine 
Vermuthung aus, deren Priifung ich andern Forschern 
anempfehlet). Ich behaupte nämlich: Die sogenannten HAs- 
SALL’schen oder die concentrischen Körperchen der 
Thymus sind die letzten Reste der ursprünglichen Epi- 
thelanlage der embryonalen Thymus.” This, then, is all the 
evidence — save the mark! — upon which the view, held for the last 
20 years as to the developmental origin of the concentric corpuscles, 
was based. From this hypothesis another conclusion is then drawn. 
“Demnach würden dann die lymphoiden Zellen der Thymus, wie andere 
lymphoide Zellen in andern Organen, der umgebenden Bindesubstanz 
entstammen. — Beweisen kann ich diese Behauptung nicht, sie bleibt 
daher vorläufig noch eine Hypothese, zu deren Unterstützung ich noch 
einige Worte hinzufügen will.” 

And neither hypothesis has altered its character in the least in 
the intervening 20 years! STIEDA would seem to have imagined, that, 
because by hypothesis he was enabled to bring HAssaLzL’s bodies 
into connection with the “Epithelanlage”, this had been disposed of 
as a source of lymphoid cells, and that he was justified in deriving 
— by hypothesis — these latter from the cells of the surrounding 
mesoderm. Even though the origin of HASSALL’S corpuscles from the 
remainder of the epithelial foundation had been established by ob- 
servation, and this was not the case, it would not follow, that the 
leucocytes had come in from the mesoderm, or that the epithelial 
foundation had no share in their formation. 

In a postscript on p. 35 His’ “confirmation” of Srrmpa’s hypo- 
thesis is referred to, and for this reason the actual passages must 
be cited. 

In 1885 in the “Anatomie menschlicher Embryonen” (p. 103) His 
writes: “Die Thymusdrüse enthält nun aber, neben dem adenoiden 
Gewebe, in den concentrischen Körpern Bestandtheile von entschiedenem 
epithelialen Charakter. Dieser Umstand, in Verbindung mit dem aci- 
nösen Aufbau der Thymusdrüse, hatte mich schon seit längerer Zeit 
zur Vermuthung gebracht, dass wohl die Thymus als epitheliales Organ 
sich anlegen möge, und dass späterhin die Anlage von adenoidem Ge- 


1) The spacing is mine. 


462 JOHN BEARD, 


webe umwachsen und verdrängt werde, wobei ihre Reste als con- 
centrische Körper persistiren. Seitdem KÖLLIKER bei 2wôchentlichen 
Kaninchenembryonen die Thymusanlage als ein in der That epitheliales 
Hohlgebilde nachgewiesen hat, hat meine Annahme von der Bedeutung 
der concentrischen Körper, wie mir scheint, sehr an Gewicht gewonnen, 
auch hat sich, seitdem ich dieselbe im ersten Heft ausgesprochen habe, 
STIEDA dafür erklärt.” 

He then compares the later thymus to what the mineralogists 
term a pseudomorph, that is, that it is a substitution-product of the 
one first laid down. It is suggested, that the thymus must be, like 
the epidermis, a product of the epiblast — a view since rejected by 
Hıs himself. The rest of the description relates to the question as 
to which gill-pouches in man give rise to thymus-elements, viz., the 
fourth, third, and, partly, the second. 

The reference to a previous portion of his work is to Heft 1, 
p. 56, 1880, where in a foot-note we read: “KÖLLIker’s Angaben 
über eine epitheliale Anlage der Thymus stimmen überein mit einer 
Vermuthung, die ich seit längerer Zeit gehegt habe. . . .. Ich halte 
für selbstverständlich, dass das adenoide Gewebe nicht aus der Epithel- 
anlage, sondern aus deren Umgebung entsteht; als Reste von jener 
sind die concentrischen Körper anzusehen.” 

In neither of the forgoing works is the origin of the lymphoid 
elements, or of the concentric corpuscles, established by observation. 
Neither SriepA nor His attempts to prove, that the former have arisen 
from the mesoderm, the latter from the original epithelial cells, which 
according to STIEDA’s own account have disappeared 
long before any HAssALL’s corpuscles appear on the 
scene. This observation of Srrepa’s is, indeed, absolutely correct. 
In other mammals besides the sheep, thus in the rabbit, the entire 
thymus is apparently lymphoid, long before any HassaLL’s bodies are 
seen in it. In a new-born rabbit, for instance, the thymus is in 
section very like that of a skate of 7 cm. It is filled with leucocytes, 
epithelial cells seem to be absent, and there are no concentric cor- 
puscles. 

Srrepa’s hypothetical views as to the history of the histogenesis 
of the thymus have been received by the majority of embryologists 
as though a basis of fact underlay them. Even to-day in most of 
the leading text-books these views will be found gravely stated as the 
results of exact research, and in the latest edition of GEGENBAUR’S 
“Vergleichende Anatomie” the “fact”, that the original epithelial cells 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 463 


are destroyed by an invasion of leucocytes is emphasized'). Even 
MaAurer’s desertion of his former standpoint, and his adhesion to 
KOLLIKER’s views in 1899, did not suffice to convince GEGENBAUR of 
the correctness of the latter. 

Before leaving StrepA’s work, a reference must be made to his 
review?) of a lecture of KASCHTSCHENKO’S. His criticism is as follows: 
“Was die Umwandlung des Epithelgewebes der Thymus in das reti- 
culäre Gerüst des eigentlichen Thymusgewebes betrifft, die von vielen 
Autoren — auch vom Referenten — mit aller Bestimmtheit geleugnet 
wird, so ist das keineswegs auf Grund von theoretischen Erwägungen 
geschehen, wie Herr KASCHTSCHENKO meint, sondern eben auf Grund 
eingehender Beobachtungen und Untersuchungen.” 

In how far this description of his own earlier work and results 
tallies with the account of them given above may be left to the 
reader’s decision. 

Born’s work (1883) hardly interests us here, for it is concerned 
mainly with the question as to which pouch or pouches in mammals 
are the seat of formation of thymus-elements. Dourn (1884) was the 
first to show, that the thymus of fishes arose from the epithelium of 
several pouches, and in Raja from all five branchial pouches. He 
accepted STIEDA’S views of the mesoblastic origin of leucocytes without, 
so far as can be gathered from his description, which is more morpho- 
logical than histogenetic, contributing any facts on this point. Donrn’s 
observations, as elsewhere already insisted, reveal nothing concerning 
the histogenesis of the thymus, for they begin at too late a period, 
in embryos corresponding to those of R. batis of about 28 mm. 
Moreover, as the writer is aware from observations upon those animals, 
Seyllium and Pristiurus form nothing like so favourable a material 
as Raja. 

To the years 1885 to 1888 belong MAURER’S earlier works upon 
the development and histogenesis of the thymus of fishes and am- 
phibians. These appeared to him to confirm Srrepa’s views. It is 
not proposed to cite them here, for the author has seen fit to relinquish 
his earlier standpoint in favour of that adopted by KÖLLIKER. In 
fact, MAURER’S more recent researches upon the thymus of Lacerta 
and Echidna lead him to conclusions identical with those of the latter. 


1) GEGENBAUR, C., Vergleichende Anatomie, V. 2, p. 249. 

2) SriepA, L., Bericht über die anatomische, histologische und 
embryologische Literatur Russlands (1896— 97), in: Ergebn. Anat. Entw., 
V. 6, p. 530—693, 1898, 1. c. p. 659. 


464 JOHN BEARD, 


In 1891 appeared two publications by GULLAND. In some respects 
his work marks a considerable advance, and in two directions. As 
previously indicated, GuLLAND advanced and defended the thesis of 
the unity of the leucocytes, and in so doing he raised them to the 
rank of a distinct morphological category of cells. In this way he 
paved the way for the recognition and later discovery, that there is 
one organ, and one only, whose function is the production of leuco- 
cytes. In his researches upon the development of the thymus, chiefly 
of the rabbit, he, like KÖLLIKER, found, that there is a period of the 
development, during which the blood contained only coloured corpuscles, 
and he stated, that the first leucocytes appeared in the connective 
tissue around the thymus (p. 173). From this point his researches 
must be described as erroneous, for like certain earlier observers he 
believed, that these first leucocytes, derived by what GULLAND terms 
a condensation of connective tissue, then invaded the thymus. His 
fig. 10, showing what he holds to be this invasion, resembles some- 
what certain of the figures of the present work, where nests of leuco- 
cytes are depicted within the epithelium. He derives the concentric 
corpuscles from the original epithelial cells, but no attempt is made 
{o prove this. Nor would GULLAND appear to have noted, that in 
the latest periods of uterine gestation the thymus of the rabbit is to 
all appearance made up almost entirely of leucocytes, and that even 
then no concentric corpuscles are present. 

From the point of view of the present writing the great fact due 
to GULLAND’s work is the recognition, that the first leucocytes appear 
in the immediate neighbourhood of the thymus. 

GULLAND’s researches form the termination of the series, in which 
the conversion of the thymus into a lymphoid organ was believed to 
be brought to pass by an invasion of leucocytes into it. Without a 
single exception the investigations since 1892 have led to the result, 
that the original epithelial cells become converted into leucocytes. 

PRENANT’S memoir, which appeared in 1894, is a very important 
one in this respect, and it is the first of a series, in which the stages 
of the histogenesis are followed out. His work treats of the develop- 
ment and histogenesis of the thymus of the sheep. Its origin as an 
epithelial tube is described, and this condition is found to persist, 
until the foetus is 28 mm in length. PRENANT assigns the trans- 
formation of the epithelial thymus into the lymphoid one to the 
period of 25 to 85 mm “embryos”. As the embryonic development 
is finished prior to attainment of the size of 25 mm in the sheep, 


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The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 465 


one ought to speak of the young forms as foetuses. The conversion 
of the epithelial cells into leucocytes is described and figured exactly 
in KÔLLIKER’S sense. The origin of the concentric corpuscles 
did not fall within the scope of PRENANT’s researches, but he is in- 
clined to regard them as derived from the remains of the original 
epithelium. 

To the same year belongs my own first paper!) upon the thymus, 
in which for the skate the development and histogenesis are stated 
to confirm KÖLLIKER’S conclusions. 

In my communication among other things the apparent absence 
of a thymus in the lamprey was commented upon as an inexplicable 
circumstance. In 1894 SCHAFFER was able to fill in this gap in our 
knowledge by the description of an extensive thymus in Ammocoetes. 
According to his account, which from subsequent observation I can 
confirm, there are seven thymus-elements on each side in this animal, 
and in two respects these differ from those of other vertebrates yet 
described. As in Gasterosteus, according to MAURER, the thymus- 
elements of the lamprey do not become disconnected from their places 
of origin, and as in no other known vertebrate they are represented, 
not at the dorsal aspects of the gill-pouches only, but also at the 
ventral ones. 

Recently an attempt has been made by MAURER (1899, p. 167) to 
place a different interpretation upon SCHAFFER’S finds, in that he 
would homologise the ventral portions of the thymus-elements of the 
lamprey with the so-called ‘epithelial bodies”, which are found in 
connection with the thymus from the Anura to the mammalia ?), while 
the dorsal elements of the lamprey would be the complete homologues 
of those of higher vertebrates. Regarding the latter point there is 
no doubt at all, but the former conclusion may be challenged upon 
the following grounds. MAURER has failed to study these structures 
in the lamprey for himself, and, therefore, his opinion is a mere hypo- 
thesis, the ventral thymus-elements of the lamprey are in struc- 

1) In that paper, of which I never saw a proof, on p. 486 the 
last part of the first paragraph should read: “As the guardian of the 
respiratory organs the thymus is functionally relieved by the tonsils 
(palatine, etc.) in the Sauropsida and Mammalia, the change in the 
protecting organ following that in the organs of respi- 
ration.” 

2) For an excellent account of our knowledge of these structures 
see: ALFRED Korn, Die Epithelkörperchen, in: MerkeL u. Bonnet, Er- 


gebn. Anat. Entw., V. 9, 1900, p. 194—252. 
Zoo]. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 30 


466 JOHN BEARD, 


ture as much true thymus as the dorsal ones, and they have nothing 
in common with epithelial bodies. If they represent such, where are 
the epithelial bodies in other fishes? Finally, it may be remarked, 
that unsupported by investigation no value can be attached to MAURER’S 
opinion as against that, based upon actual research, of a histologist 
like SCHAFFER. 

In his book on embryology Oscar SCHULTZE (1897, p. 378—381), 
from independent researches upon the development and histogenesis 
of the thymus in Vespertilio murinus, has also adopted KÖLLIKER’S 
conclusions, and, again, the history of the concentric corpuscles was 
not traced. Regarding the thymus, in brief words SCHULTZE’S con- 
clusion is, that “das epitheliale Organ wandelt sich direct in ein so- 
genanntes lymphoides Organ um”. 

MAURER is of all observers the one, who has devoted longest time 
to the study of the thymus, as well as to other organs in its neigh- 
bourhood. His researches extend over many years, and include Tele- 
ostei, Amphibia, Lacerta and Echidna. I have refrained from citation 
of his earlier work upon the histogenesis of the Teleostean and 
Amphibian thymus, for, while he in these gave correct accounts of its 
origin, his statements as to its histogenesis, as he himself now re- 
cognises, have not found confirmation in his later researches in Lacerta 
and Echidna. In these researches, which date from 1899, MAURER’S 
conclusions as to the histogenesis of the thymus may be gathered 
from the following: “Die epithelogenen Elemente der Thymusanlage 
bilden das adenoide Gewebe der Thymus”. In this way, and 20 years 
later, KOLLIKER’s statements receive a new confirmation from MAURER’S 
researches in Lacerta and Echidna. 

On this follows my work of 1900, in which a further step is taken. 
This, which is also the main theme of the present writing, is to the 
effect, that the thymus is not only a source of leucocytes, but, more- 
over, that it is the first place of their origin in the development, and 
as such probably the only original source. 

Immediately after the publication of this there appeared the latest 
paper upon the histogenesis of the thymus. This is by Joser Nus- 
BAUM & THEODOR PRYMAK (1901). The material used was Teleostei, 
chiefly trout. The results of this research also go to prove the con- 
version of the original epithelial cells into leucocytes. 

And now, to sum up the results of researches into the histogenesis 
of the thymus. As we have seen, in 1880 His suggested, that the 
leucocytes of the thymus had wandered into this organ, in this way 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 467 


replacing the original epithelial cells, some of which he supposed 
furnished the concentric corpuscles. From 1880 to 1891 these views 
influenced all research upon the thymus. In this sense the researches 
of STIEDA, DOHRN, MAURER, and GULLAND, and to some extent those 
of TOURNEUX and HERMANN, were written. But by no single one of 
these investigators was the immigration of leucocytes into the thymus 
established. All the researches, written since 1891, have gone to con- 
firm and extend KÖLLIKER’S conclusions of 1879. According to these 
the original epithelial cells of the thymus became converted into 
leucocytes. This was independently confirmed by Prenanr in the 
sheep and by the writer in the skate in 1894. The confirmation was 
extended to include the bat by Oscar SCHULTZE in 1897, Echidna 
and the lizard by MAURER in 1899, and the trout by NusBauM & 
Prymak in 1901. 

The idea, that the leucocytes were immigrants, never had any real 
basis of observed fact in its favour: KÖLLIKER’S view, on the other 
hand, has been confirmed again and again, up to the hilt, in diverse 
vertebrate animals. 


In the foregoing account of research into the thymus the reader 
may have noticed the absence of reference to those researches, which 
treat of its developmental origin from gill-pouches and from which of 
these, without entering into the question of its histogenesis. In this 
way the list of the thymus-literature has been considerably reduced. 
For this course the following reasons may be given. The comparative 
embryology of the thymus, that is to say, from which of the pouches 
it takes its origin in this, that, or the other animal, may be found in 
certain of the text-books of embryology. And, since in 1886 DE MEURON 
initiated this procedure by his researches, comparative tables after 
his system have been given by several authors. Thus, recently 
Maurer (1899, 2, p. 98) has given tables of the conditions in certain 
of the lower vertebrates and in Echidna, and in the latest memoir 
upon the thymus, that of Livını!), the author devotes 2 plates to 
this matter. 


But there is another consideration, which has led me to refrain 
from the setting-up of such additional tables. In none of the exist- 
ing ones is a thymus-element shown in connection with the spiracle. 


1) Ferpranp Lrvint, Organi dei sistema timo-tiroideo nella Sala- 
mandrina perspicillata, in: Arch. Ital. Anat. Embriol., V. 1, p. 3—96, 
7 tabb., 1902. Compare tab. 6 and 7. 

30* 


468 JOHN BEARD, 


Its absence in the earlier ones is, of course, explicable, for not until 
1900 was the existence of such a structure certain. From the facts 
recorded here concerning the spiracular thymus it appears clear, that, 
unless the whole history of the dorsal epithelium of any particular 
pouch have been followed, the possible presence of a thymus-placode 
in connection with it at some period of the early development cannot 
be excluded. Where such a placode exists, even for a time, it may 
give rise to more or fewer leucocytes, and then disappear. 

The facts, then, that the thymus-placodes must originally have 
existed in connection with all the pouches, including the spiracle, this 
condition still persisting in the skate, and that in some cases an ac- 
cessory thymus-element has been described, place these comparative 
tables in a different light. 

For, if the existence of a thymus-placode obtain in connection 
with the dorsal wall of every gill-pouch, even though as a rule cer- 
tain of these placodes disappear, they may function in a feeble 
fashion before doing so, and occasionally one such may possibly persist- 

The foregoing account, therefore, has been limited to those re- 
searches, which treat of the histogenesis of the thymus. The like 
procedure has been adopted in the appended list of literature, although 
from the lists given by STIEDA, WATNEY, PRENANT, KOHN, LIVINI, 
GULLAND, MAURER, and by WIEDERSHEIM in his “Vergleichende Ana- 
tomie” it would be an easy matter to bring together a very complete 
account of the literature of the embryology of the thymus. 

No reference is made to the literature of the epithelial bodies 
of Maurer and Konn, for these do not exist in the skate, indeed, 
they are probably absent in all fishes. MaAurer’s suggestion, that 
FrorıEP’s “Kiemenspaltenorgane” of Selachians may be the represent- 
atives of such epithelial bodies, is not worthy of serious consider- 
ation, and is but another example of the disastrous effects of FRORIEP’S 
erroneous conclusions, which have been fully dealt with in a preced- 
ing section. 

Lastly, it has not been thought necessary to enter into any ac- 
count of the controversy between RETTERER and STOEHR as to the 
supposed various sources of leucocytes, advanced by the former. A 
review of these questions from J. Disse’s pen will be found in the 
“Ergebnisse der Anatomie, etc.”, V. 7. 


XIII. The Thymus as the Source of Leucocytes. 


The circumstance, that our supposed knowledge of the function 
and histogenesis of the thymus has largely been based in error, 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 469 


notwithstanding the correct researches of KÖLLIKER, PRENANT, 
SCHULTZE, and others, is possibly due to the fact, that most of the 
work done upon it has been carried out in the highest class of animals, 
the Mammalia. Here at certain, but not early, periods HASSALL’S con- 
centric corpuscles are prominent features, and their presence led ob- 
servers astray. Had the early researches dealt with fishes, such as 
the skate, in which concentric corpuscles are conspicuous by absence, 
the history of our knowledge of the thymus would have been a 
different story. 

Here it is as clear as the light of day, that the original epithelial 
cells become converted into leucocytes. From the researches of KÖL- 
LIKER, PRENANT, O. SCHULTZE, and MAURER the like would appear to 
hold good for mammals also; and, therefore, no valid excuse can be 
offered for the neglect to recognise the plain and palpable facts. The 
supposed fact of the immigration of leucocytes from outside does not 
help the cause of those, who assumed its existence, for nobody has 
yet observed this process. 

Moreover, how can leucocytes wander into the thymus from the 
mesoblast, or for any other part of the embryonic body, at a period, 
when there are none in existence elsewhere? How can this happen, 
when the very first source of leucocytes in the body is the epithelium 
of the thymus itself? 

The formation of leucocytes is, therefore, as KÖLLIKER first showed, 
and as since confirmed by PRENANT, OSCAR ScHULTZE, MAURER, the 
writer, and others, a function of the thymus. But, as my researches 
now prove, one may go further, and state with confidence, that it is 
the function of the thymus, not merely to form leucocytes, but to be 
the parent-source of all the leucocytes of the body. 

It is KOLLIKER’s great service to have shown, that leucocytes 
arise in the thymus from its original epithelial cells; to GuLLAND’s 
researches we owe the result, that the first leucocytes are found in 
the mesoblast in the immediate neighbourhood of the thymus; and, 
finally, it has fallen to the writer to demonstrate, that the first leuco- 
cytes form in the thymus from its epithelial cells; and that thus, as 
may presently be made evident, it must be regarded as the parent- 
source of all the leucocytes of the body. 

The last link of the chain, binding the whole together, has at 
length been forged, and that this is so may be proved in another way. 

Is there any other probable source of leucocytes in the vertebrate 
body? The answer to this query must now be a decided negative, 
and for the following reasons. 


470 JOHN BEARD, 


1) When, as shown in preceding pages, the first leucocytes arise 
in the thymus-epithelium or placode, there are no leucocytes and no 
lymphoid structures of any sort in any other part of the body. The 
first or parent-leucocytes by their wanderings quickly infiltrate the 
blood and most other parts of the body. From this it would follow, 
that, if a lymphoid organ arise later elsewhere, it will always be 
impossible to prove, that it did not take its origin from some of the 
leucocytes, or their progeny, which originally came from the thymus. 
If a new outbreak of an infectious disease occur in a street at a 
time, when in another part of the same thoroughfare the like illness 
has already manifested itself, the latter, or its original source, is 
considered sufficient to account for the fresh cases. The white races 
of America are descended from ancestors, who emigrated from 
Europe, and no-one would dream of enunciating the idea, that the 
white inhabitants of, say, a western prairie village had arisen de novo 
in loco. 


2) No other lymphoid organ is known, which in its developmental 
history resembles the thymus. From my own researches extending over 
the period of the unfolding of the parts of the embryo, in Scyllium cani- 
cula up to embryos of 33 mm, in Raja batis up to young skate of 
7 cm, there is no other organ laid down, which can possibly be re- 
garded as a source of leucocytes. Attempts have been made by 
RETTERER and others to prove such a mode of origin of lymphoid 
structures in the cases of the tonsils, parts of the alimentary canal, 
and the Bursa Fabricii of birds, but these have all one after the other 
been disproved by an able embryologist and histologist, PHILIPP STOERR 4). 
All other supposed modes of development of leucocytes, except as emi- 
grants from the thymus, or the direct descendents of such, have, 
therefore, no basis of fact in their favour. 


3) The thymus alone is sufficient to account for all the leuco- 
cytes of the body: and, since ScHAFFER (1894) demonstrated its exist- 
ence in the lamprey, we know it to be an organ characteristic of all 
true vertebrate animals. Any other source of leucocytes is 
superfluous. 


4) Except in the cases of organs, which are paired, or form 
parts of a metameric segmentation, we do not seek for two organs 


1) For an account of this controversy see: J. Drsse, Das reti- 
culäre Bindegewebe, in: Ergebn. Anat. Ent., V. 7, p. 7—28, 1897. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 471 


with the same function in any vertebrate animal!). The thymus is 
a paired metamerically repeated organ, if the gill-region be meta- 
meric; but its development is confined to this region in all known 
cases. 

It must, therefore, be held — and the contrary is impossible of 
proof — that the thymusis the parent-source ofallthe 
lymphoid structures of the body. This conclusion throws 
light upon one of the teachings of embryologists, histologists, and 
pathologists, that the thymus is an example of an organ, which, after 
assuming function in early life, atrophies at a later period. This is 
only certainly known to happen in mammals, and from it the inference 
is drawn, that in later life the organ ceases to exist. 

It no more ceases to exist than would the Anglo-Saxon race dis- 
appear, were the British Isles to sink beneath the waves. 

The simile is a real one, for just as the Anglo-Saxon stock has 
made its way from its original home into all parts of the world, and 
has there set up colonies for itself and for its increase, so the original 
leucocytes, starting from their birthplace and home in the thymus, 
have penetrated into almost every part of the body, and have there 
created new centres for growth, for increase, and for useful work for 
themselves and for the body. 


Literature eited. 


The following list of literature only contains that relating to the 
Histogenesis of the Thymus. For the literature of its development 
in various vertebrates, apart from its histogenesis, the reader may be 
referred to the works of Prenant, GULLAND, DE Meuron, Koun, MAURER, 
Livinz, and to Wirprersuuim’s “Vergleichende Anatomie”. 


a) Works upon the Histogenesis of the Thymus. 


1894. Brarp, J., The development and probable function of the Thymus, 
in: Anat. Anz, V. 9, 1894, p. 476—486. 

1900, 1. —, A Thymus- element of the spiracle in Raja, ibid. V. 18, 
D: 359 —363. 


1) Apart from the hopeless quest, previously referred to, the only 
other “organ” of this kind searched for has been the “mesoderm”. In 
embryology the mesoderm has only too frequently given rise, or ap- 
peared to do so, to illegitimate progeny. 


472 JOHN BEARD, 


1900, 2. BEARD, J., The source of leucocytes and the true function of 
the Thymus, ibid., V. 18, p. 550—573. 

1884. Donrx, A. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers, 
IV, 5, Bedeutung der Thymus der Selachier, in: Mitth. zool. 
Stat. Neapel, V. 5, p. 41—51, tabb. 7 u. 8. 

1891. Guzzaxp, G. Lover, The development of adenoid tissue, with 
special reference to the tonsil and Thymus, in: Rep. Lab. 
Roy. Coll. Phys. Edinburgh, V. 3, p. 157—176, 1 tab. 

1880—85. Hıs, W., Anatomie menschlicher Embryonen. 

1879. KÖLLIKER, A., Entwicklungsgeschichte des Menchen ete. 

1886. MAURER, F., Schilddrüse und Thymus der Teleostier, in: Morph. 
Jahrb., V. 11, p. 129—175. 


1888. —, Schilddrüse, Thymus und Kiemenreste der Amphibien, ibid. 
V. 13, p. 296—382. 
1899,1. —, Die Schilddrüse, Thymus und andere Schlundspaltenderi- 


vate bei der Hidechse, ibid., V. 27, p. 119—172, 3 tabb. 

1899,2. —, Die Schlundspaltenderivate von Echidna, in: Verh. anat. 
Ges., Tiibingen, p. 88—101, 10 Textfiguren. 

1899, 3. —, Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei 
Echidna etc., in: Semon, Zool. Forschungsreisen in Australien 
etc., V. 2, Lief. 3, Jena, p. 405—444, 3 tabb. 

1901. NusBAUMm, Joser, u. THEODOR Prymax, Zur Entwicklungsgeschichte 
der lymphoiden Elemente bei den Knochenfischen, in: Anat. 
Anz., V. 19, p. 6—19, 4 Abbild. 

1894. Prenant, À. Contribution à l’étude du développement organique 
et histologique du thymus etc., in: La Cellule, V. 10, p. 87 
—184, 4 tabb. 

1897. ScHULTzE, O., Grundriss der Entwicklungsgeschichte des Menschen 
und der Säugethiere. 

1881. SriepA, L., Untersuchungen über die Entwicklung der Gl. Thymus, 
etc., 2 tabb. 

1887. Tourneux et Hermann, Sur l’évolution histologique du thymus 
chez l’embryon humain et chez les mammiferes, in: CR. Soe. 
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Trans. Roy. Soc. London, V. 173, p. 1063—1123, 13 tabb. 


b) Other memoirs cited. 


1898. Aucock, Rur#, The peripheral distribution of the cranial nerves 
of Ammocoetes, in: Journ. Anat. Physiol., V. 33, p. 131—152, 
1 tab. (The volume is dated 1899.) 

1892. Antipa, Gr., Ueber die Beziehungen der Thymus zu den sog. 
Kiemenspaltenorganen bei Selachiern, in: Anat. Anz., V. 7, 
p. 690—692. 

1892. Avers, Howarp, Vertebrate Cephalogenesis. II. A contribution 


to the morphology of the Vertebrate ear, in: Journ. Morph., 
V. 6, p. 1—360, 13 tabb. 


1885. 


1898. 
1897. 
Leo. 


1893. 


1891: 


1902. 


1891. 


1895. 


1886. 


1902. 


1902. 


1893. 


1894. 


1895. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 473 


Brarp, J., The system of branchial sense organs and their as- 
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V. 26, p. 95—156, 3 tabb. 

Coxe, F. J., The peripheral distribution of the cranial nerves of 
Ammocoetes, in: Anat. Anz., V. 15, p. 195—200. 

Disse, J., Das reticuläre Bindegewebe, in: Ergebn. Anat. Entw., 
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Frorıer, Ausust, Ueber die Kiemenspaltenorgane der Selachier- 
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von Skeletanlagen im Kopf der Wirbelthiere, in: Morph. Jahrb., 
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GuzzaxD, G. Lovert, The nature and varieties of leucocytes, in: 
Rep. Roy. Coll. Phys. Edinburgh, V. 3, p. 106-—156, 1 tab. 
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Knochenmarkes, bezw. der Leukocyten, in: Anat. Anz., V. 20, 

p. 452—461. 

von Kurrrer, C., Die Entwicklung der Kopfnerven der Verte- 
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— , Die Entwicklung der Kopfnerven von Ammocoetes Planeri, 
in: Studien zur vergl. Entwicklungsgesch. des Kopfes der 
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der Involution der Amphibien-Thymus, in: Anat. Anz., V. 21, 
p. 110—127, 5 text figures. 

Prymax, Tueopor, Beiträge zur Kenntniss des feinern Baues und 
der Involution der Thymusdriise bei den Teleostiern, in: ibid. 
V. 21, p. 164—177, 2 text-figures. 

Scuarrer, Joser, Ueber den feineren Bau der Thymus und deren 
Beziehungen zur Blutbildung, in: SB. Acad. Wiss. Wien, 
V. 102, 6 pages. 

—, Ueber die Thymusanlage bei Petromyzon Planeri, in: ibid. 
V. 103, 8 pages, 1 tab. 

Van Bemmeten, J. F., Ueber vermuthliche rudimentäre Kiemen- 
spalten bei Elasmobranchiern, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, 
V. 6, p. 165—184, 2 tabb. 


474 JOHN BEARD, 


Description of Plates. 


The figures are orientated in the following manner. The transverse 
sections are arranged with their dorsal aspects nearest the top of the 
plate, the frontal ones with the anterior portion in this position. The 
asterisk, attached to each figure, denotes its outer side. 

All the figures have been reduced by the lithographer to two- 
thirds of the following dimensions, which are those of the original 
drawings. 

The original magnifications are: 

240 diameters Fig. 57. 


390 3 Figs. 40, 41, 54, and 67. 

500 N Fig. 45. 

750 » Figs. 22, 25—27, 30, 34— 39, 42—44, 46—49, 50—53, 
58—66, 69. 

2250 u Fig. 56. 

530 if the remaining figures. 


All the figures were drawn under the Zeiss-ABBE camera No. 44a. 
Unless otherwise stated, they are of transverse sections. 

The numbers refer to series, row of sections, and number of 
section in row. 

Descriptive letters. 

c.m closing membrane of pouch s.e sensory epithelium 

I leucocyte s.p spiracular thymus-placode 

t.p thymus-placode v blood-capillary 

t trabeculae 

Plate 5. 

Fig. 1. The epithelium of the left branchial pouch of text-figure A. 
To show the thymus-placode ¢.p prior to the rupture of the pouch. 
No. 135 (6 mm), I, 4, 17. 

Fig. 2. The structures enclosed within the quadrilateral to the 
right of text-figure B. To show the thymus-placode ¢.p etc. just after 
rupture of the pouch. No. 143 (8 mm), II, 1, 3rd section from the 
bottom. 

Fig. 3. The thymus-placode of one gill-pouch of a Raja clavata 
embryo of 14 mm. It consists of a layer of epithelial cells and as yet 
there are no leucocytes within it. From the second placode of the 
right side. No. 7, II, 3,710. 

Fig. 4. A section of the 1. left thymus-placode of an embryo of 
about 18 mm (No. 345, 130 somites), showing leucocytes and cells in 
the act of becoming such. No. 345, II, 1, 5th section from the bottom. 

Fig. 5. A section from about the centre of the 2. right placode, 
showing numerous leucocytes within and to the inner side of the 
placode, one also in the blood, and epithelial cells of the placode tak- 
ing on leucocytic characters. No. 189 (circa 20—21 mm), II, 6, 1. 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 475 


Fig. 6. A section through the 1. right placode of an embryo of 
circa 17 mm, 133 somites, showing one leucocyte in the epithelium. 
No. 343, IL 1, 2. 

Fig 7. A section through the centre of the 1. left placode, show- 
ing numerous leucocytes in the latter and cells becoming such, also the 
emigration of leucocytes into the mesoderm. The topographical rela- 
tionships of the placode of this figure are given in text-figure F. 
No. 202, III, 2, 4th bottom. 

Fig. 8. A section through the 1. right placode of an embryo of 
more than 22 mm, showing leucocytes within and to the inner side of 
the placode. No. 192, III, 4, 11. 

Figs. 9 and 10. Two sections from an embryo of rather more 
than 20 mm. Fig. 9 depiets the median section through the 1. placode 
of the right side, Fig. 10 through the corresponding left one. In both 
there are leucocytes and cells becoming such. Fig. 9, No. 190, III, 1 
3 bottom, Pig; 10, No. 190, IT, 1,74, 

Fig. !1. The median section of the 1. left placode from an embryo 
of 25 mm. Within the placode there are cells becoming leucocytes, 
leucocytes themselves, and in addition there are a few leucocytes in the 
mesoderm. No. 202, IV, 2, 12. 

Fig. 12. From the same embryo, but the median section of the 
1. right placode. The details are as in Fig. 11. No. 202. IV, 2, 6. 

Fig. 13. A small portion of the inner border of a section through 
the 2. right placode of an embryo of 34 mm. Compare with Figs. 17 
and 67 from the same embryo. The figure shows under high magni- 
fication the nature of a “break” close to the blood-vessel, and leuco- 
cytes emerging in crowds. No. 209, LI, 6, 9. 

Fig. 14. A frontal (horizontal) section through the 1. right placode 
of an embryo of 25 mm, showing some leucocytes within the placode 
and others emerging therefrom. No. 202a, V, 10th section. 

Fig. 15. The median section of the 2. right placode of an embryo 
of 25 mm, showing the formation of leucocytes within the placode, 
and a crowd of such emerging from the latter. No. 201a, III, 4, 12. 

Fig. 16. A portion of a horizontal section passing through the 
1. left placode of an embryo of 25 mm. Leucocytes and cells becom- 
ing such within the placode, and a few of the former outside it. No. 203, 
VIII, 5th section. 

Fig. 17. From the same embryo as Fig. 13. The median section 
of the 1. right placode. Within the latter epithelial cells, leucocytes, 
and cells becoming such. At various points leucocytes are emigrating 
from the placode. The topographical relationships of this section are 
shown in text-figure F. No. 209, III, 4, 9. 

Fig. 18. A section, the fourth of eight, through the 3. left 
placode of an embryo of 28 mm. No. 206, III, last row but two, 14. 


1 


Plate 6. 


Fig 19. The median section of the 1. left placode, shown in text- 
figure E, from an embryo of circa 20—21 mm. ‘There are one or two 


476 JOHN BEARD, 


leucocytes and many epithelial cells taking on the characters of such. 
No. 189, II, 5, 10. 

Fig. 20. The first left placode shown in text-figure C, from an 
embryo of 13 mm. The placode is made up of a single layer of high 
columnar epithelial cells, and there are no leucocytes. The boundaries 
of the placode are well-defined, and the remains ¢.m of the closing 
membrane of the pouch are evident. No. 198, I, 6, 7. 

Fig. 21. A section through the 1. right placode of a Raja radiata 
embryo with 123—124 somites and six gill-pouches. The limits of the 
placode are well marked, and in it are leucocytes and cells becoming 
such. Close by are two leucocytes in the mesoderm. No, 195, I, 6, 2. 

Fig. 22. A section through the 3. right placode of an embryo of 
25 mm. To the inner side are two leucocytes in the mesoderm while 
others fully formed and forming lie within the placode. No. 201a, 
IIT 1G, D. 

Fig. 23. A section through the 1. right placode of the same 
embryo. Here in correspondence with the more anterior situation there 
are more leucocytes without the placode, and more such and of leuco- 
cytic cells within it. (N.B. This preparation no longer exists, as owing 
to the thickness of the cover-glass it was afterwards crushed.) No. 201a, 
III, 2, last section. 

Fig. 24. The median section of the 4. right placode of the same 
embryo. The placode here still retains its original composition of one 
layer of high columnar cells, but among them there are leucocytes and 
epithelial cells in process of conversion into leucocytes, as well as such 
in the act of emigration inwards and others in the mesoderm. No. 201a, 
Vin le ale 

Fig. 25. From the same embryo as Fig. 18. The fifth section of 
eleven through the 4. right placode. There are leucocytes in the meso- 
derm and a few within the placode. No. 206, III, last row but one, 18. 

Fig. 26. From one of the newer series (1899) of embryos, No. 617. 
The sixth section of ten through the 1. right placode. There are leuco- 
cytes and leucocytic cells within the placode, and some of the former 
in the act of emigrating. No. 617, I, last row but one, 16. 

Fig. 27. From the same embryo as Figs. 18 and 25. A section 
through the 5. left placode. The latter is still merely composed of a 
single columnar epithelium: within it there are leucocytes and the fore- 
runners of such, one leucocyte is emerging, and many others lie in the 
mesoderm to its inner side. No. 206, IV, 1, 16. 

Fig. 28. From the same embryo. The seventh section of twelve 
through the 1. left placode. It is specially intended to show a large 
nest of leucocytes, and single ones emerging from the placode. No. 206, 
LEG & 11; 

Fig. 29. From the same embryo. The seventh section of eleven 
through the 2. left placode. Leucocytic cells and leucocytes are abundant 
within the placode, and the latter are emerging in crowds from it, many 
of them attaching themselves to the blood-vessel to its inner side. 
No. 206, III, last row but four, 7. 


e 
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 477 


Fig. 30. From the same embryo. The median section through the 
3. left placode. There are nests of leucocytes within the epithelium, 
two of which are breaking into the mesoderm with emigration of their 
leucocytes. No. 206, III, last row but two, 14. 


Pilaiwey (C 


Figs. 31—36 are all from various placodes of the like embryo, 
No. 443. It was not measured, but its size was probably 25—27 mm. 

Fig. 31. The fifth section of twelve through the 1. right placode. 
The chief peculiarity of this (and of the others up to and including 
Fig. 36) is the sudden conversion of whole masses of the original epi- 
thelial cells into leucocytes, thus forming more or less well-marked 
nests, usually sharply defined from the rest cf the original epithelium. 
No. 443, I, 9, 11. 

Fig. 32. The eighth section through the 1. right placode. Here 
the original epithelium is almost entirely contined to the dorsal and 
ventral ends of the placode. The rest is almost all made up of leuco- 
cytes. No. 443, I, 9, 14. 

Fig. 33. The eighth section of fourteen through the 2. right 
placode. As in the preceding the epithelium is mainly confined to the 
ends. Numerous leucocytes are in emigration from the placode. No. 443, 
110,17. 

Fig. 34. A section through the 4. right placode under higher 
magnification showing nests of leucocytes, single leucocytes, and cells 
becoming such within the placode. The original epithelium is best 
marked at the two ends. No. 443, II, 1, 18. 

Figs. 35a and b. Neighbouring sections through the last (5.) right 
placode. As usually the case, in this placode the epithelial character 
has been longer retained, but apart from cells becoming leucocytes, and 
in addition to single ones, there is in Fig. 35b a nest of such with 
a break into the mesoderm. No. 443. II, 2, 6 and 8. 

Fig. 36. The seventh section through the 2. right placode. As in 
Fig. 34, there is here a large nest of leucocytes within the placode, 
and this has used up in its formation practically all the epithelial cells 
of this region, thus limiting the original epithelial cells to the two 
ends. No. 443, I, 10, 15. 

Figs. 37—39 are from frontal (horizontal) sections of two embryos 

of about 25 mm. 
Fig. 37. A section through the 2. right placode, showing epithelial 
cells, such in process of conversion into leucocytes, and fully formed 
leucocytes. Of the latter many are in emigration. No. 202a, VI, third 
section. 

Fig. 38. Through the 4. left placode of the same section. Here 
the leucocytes are fewer, but many epithelial cells are being converted 
into such, and a few leucocytes are in emigration. No. 202a, VI, 
third section. 

Fig. 39. A section through the 3. right placode. This is very like 
the preceding. In addition it shows the boundaries of the placode and : 


478 ; JOHN BEARD, 
at the upper end the sensory epithelium s. e. of a portion of the vagus. 
No. 203, VII, tenth section. 

Figs. 40 and 41. Represent respectively the fifth of ten sections 
through the 1. left placode and the eighth of eleven through the 2. left 
placode of an embryo of over 30 mm. They are drawn under lower 
power to demonstrate the emigration of leucocytes en masse from the 
placode and their passage into the blood. In both epithelial cells are 
almost entirely restricted to the base of the thickened placode. The 
conditions here resemble those in text-figure G. No. 208, V, rows 2 
and 5, sections 7 and 5. 


Plate 8. 


Fig. 42. From a frontal (horizontal) series of a 25 mm embryo. 
The section passes through the 3. right placode £.p, and adjoining its 
upper portion and abutting upon this is the extension of the sensory 
epithelium s.e of part of the vagus. In the placode ¢.p there are not 
many fully formed leucocytes, but as forerunners of such epithelial 
cells taking on leucocytic characters. In the sensory “placode” s.e 
there are very similar cells, which, however, are becoming nerve- or 
ganglion-cells. No, 203, VIII, third section. 

Fig. 43. The fourth section of eight through the 2. right placode 
of an embryo of 23 mm. The placode is still little more than a single 
layer of epithelial cells, but there are some leucocytes within it, one of 
which is in emigration. Especially in its upper portion there are many 
cells taking on leucocytes characters. No. 619, II, 1, fifth section from 
the bottom. 

Fig. 44. The seventh section of thirteen through the 1. left placode 
of an embryo of 27 mm. The epithelial cells of the placode now form 
more than one layer, the placode contains leucocytes and cells becoming 
such, and at one point there is a break, at which leucocytes are 
wandering out. No. 629, II, 5, 7. 

Figs. 45—46. Represent under different magnifications a section 
through the 2. left placode of an embryo of 26.5 mm. While in Fig. 46 
the thymus placode is depicted, in Fig. 45 the topographical relation- 
ships of the thymus-placode and sensory epithelium of a branch of the 
vagus are shown. The ending of the cellular nerve in the sensory 
epithelium s.e is seen, and also the course of the latter, until its some- 
what pointed end abuts upon the thymus-placode, can be followed. In 
both figures in the thymus-placode there are numerous leucocytes, some 
of which are in emigration. Compare also text-figure F. No. 616, II, 
last row, 11. 

Fig. 47. From the 2. left placode of an embryo of 25 mm. To 
show a nest of leucocytes, and the aperture of emigration of these. 
No! 201/MILT 4,79; 

Fig. 48. The median section of the 4. right placode of an embryo 
of 34 mm. Epithelial cells are still largely represented, but there are 
many leucocytes and cells becoming such, and in one part of the 


The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 479 


section a nest of leucocytes with a large break, out of which many 
are emigrating into the mesoderm. No. 209, IV, 2, 2. 

Fig. 49. The fifth section of ten through the 1. right placode of 
an embryo of 245 mm. Some of the leucocytes of the placode are 
forming nests, others are in emigration, and at one point there is a 
small cavity, out of which perhaps two leucocytes have passed. No. 633, 
II, 4, 22. 


Plate 9! 


Fig. 50. The seventh section of thirteen through the 1. right 
placode of a Raja radiata embryo of circa 27 mm. Original epithelial 
cells here are very restricted in number, and, what is very character- 
istic of this species, the whole interior of the placode has been con- 
verted into leucocytes. No. 242, II, 2, 25. 

Fig. 51. A contrast to the preceding is afforded by this figure 
through the 2. right placode of a R. batis embryo of 34 mm. Here 
the original epithelial cells are more numerous, and the leucocytes of 
the placode, instead of forming one large mass, are broken up by 
epithelial bridges into small groups or nests. No. 209, III, 6, 9. 

Figs. 52 and 53. Two consecutive frontal (horizontal) sections 
through the 3. right placode of an embryo of 33 mm. In Fig. 52 
especially there are nests of leucocytes, and others are engaged in 
emigration. No. 214, last section of fifth slide and first section of sixth. 

Fig. 54. A section through the 1, left placode of an embryo of 
29 mm. To show the restriction of epithelial cells to the base of the 
placode, the conversion of the rest into leucocytes, and the emigration 
of the latter en masse. N.B. A whole plate of similar figures was made 
from a series of consecutive sections, but by the writer rejected for 
publication as unnecessary. No. 210, V, 1, 9. 

Fig. 55. From a thymus-element of the left side of an embryo of 
54 mm. The basal part of the structure is alone depicted. The element 
projects as a pear-shaped or baloon-like mass from the branchial epi- 
thelium. Over its base epithelium has now grown. In the element 
itself all the cells are now leucocytes, and epithelial cells are entirely 
absent. Connective tissue trabeculae penetrate it everywhere. No. 245, 
Be 1,22. 

Fig. 56. A small portion of the 3. right placode of an embryo of 
33 mm under high magnification (as lithographed 2/3 of 2250 diameters). 
To show a leucocyte in the act of emigration from the placode. No. 214, 
VI, 4th section. 

Fig. 57. A section through the 1. left placode of an embryo of 
33 mm. Almost all the epithelial cells with the exception of those at 
the base of the placode have been converted into leucocytes. The 
figure exhibits emigration of leucocytes in crowds. No. 215, III, last 
row, 12. 

Figs. 58 and 59. Show sections through Hassatu’s concentric cor- 
puscles (concentric capsules) of a cavy-foetus of 31 days, and Fig. 60 
of a similar body from one of 42 days. In all three concentrically 


480 JOHN BEARD, The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 


arranged epithelial cells, many in degeneration with chromatolysis. In 
the centre of each a bright eosin-stained mass of highly degenerate 
cells. In Figs. 58 and 59 entangled leucocytes, some in degeneration. 


Plate 10. 


Fig. 61. A portion only of the spiracular placode of a Raja batis 
embryo of about 25 mm. Like the ordinary thymus-placodes of embryos 
of 18—20 mm it is still made up of one layer of epithelial cells, 
among which a couple of leucocytes is seen. No. 443, I, 7, 20. 

Fig. 62. The right spiracular placode s.p of an embryo of 27 mm. 
Abutting on it the sensory epithelium s.e of the hyomandibular branch 
of the VIIth nerve. Gl.hm marks the position of the hyomandibular 
ganglion. The spiracular thymus placode is now composed of more 
than one layer of epithelial cells, and among them leucocytes are more 
numerous. No. 629, II, 1, 14. 

Fig. 63. A portion only of the left spiracular thymus-placode of 
an embryo of 28.25 mm. The stain here was iron-alum-haematoxylin. 
The epithelium is comparatively simple and here and there are leuco- 
cytes among its cells. No. 627, II, 3, 16. 

Fig. 64. The left spiracular thymus-element of a young skate of 
7 cm. Unlike the other thymus-elements of this period it is still 
attached to the branchial epithelium. In this instance it is a conical 
structure of epithelium containing here and there leucocytes. Here there 
are no trabeculae and no blood-capillaries. No. 255, VIII 4, last 
section. 

Fig. 65. The left spiracular thymus-element of an embryo of 
54 mm. Here the whole element is a flattened plate bounded by two 
layers of epithelial cells, between which are leucocytes and numerous 
irregularly arranged epithelial cells. At v blood-capillaries. No. 245, 
XS Os 6: 

Fig. 66. A contrast to Fig. 64 is afforded by this figure of the 
left spiracular thymus-element of an embryo of circa 56 mm. The 
whole structure here has a boundary of columnar epithelium to its 
outer side and one of flattened epithelial cells to its inner. The interior 
is occupied by leucocytes with trabeculae and blood-capillaries. No. 239, 
IX, 4th section, (frontal series). 

Fig. 67. A section through the third right placode of an embryo 
of 34 mm. From the same embryo as Figs. 13, 17, 48 and 51. To 
show the emigration of leucocytes. 

Fig. 68. The ninth section of eighteen through the 1. right placode 
of an embryo of 36 mm. Haematoxylin stain. No. 542, III. 3, 7. 

Fig. 69. The sixth section of eleven through the 1. right placode 
of another embryo of 36 mm. No. 541, III, 4, last section but one. 


Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2361 


Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


Das Schicksal der Richtungskorper im Drohnenei. 
Ein Beitrag zur Kenntniss der natürlichen Parthenogenese, 
Von 


Dr. Alexander Petrunkewitsch. 


Hierzu Tafel 11—13. 


Einleitung. 


Die vorliegende Arbeit bildet die Fortsetzung meiner Abhandlung: 
„Die Richtungskörper und ihr Schicksal im befruchteten und unbe- 
fruchteten Bienenei“!). Nachdem ich dort die sichern Beweise der 
parthenogenetischen Entstehung der Drohnen gegeben habe, setze ich 
dieselbe als festgestellte Thatsache voraus. DicKEL hat zwar seitdem 
mehrere Erwiderungen veröffentlicht, dieselben können aber in keinerlei 
Weise die Richtigkeit meiner Befunde zweifelhaft machen. Noch vor 
Kurzem hat er wieder zwei Aufsätze im Zoologischen Anzeiger ?) ver- 
öffentlicht, auf die ich am liebsten gar nicht antworten würde, wenn 
sie nicht gerade in der eben genannten Zeitschrift gedruckt wären. 
Ich will nicht im Einzelnen auf seine Angriffe eingehen. Jeder Fach- 
genosse, der die erwähnten Aufsätze gelesen hat, wird sofort bemerkt 
haben, dass die meisten Einwände, die DICKEL erhebt, an Unkenntniss 
der Zellenlehre und der mikroskopischen Technik leiden. 

Aber auch ein logischer Fehler ist in den Dickkn’schen Beweisen 
enthalten. Er sucht nämlich durch ,,Uebertragungsexperimente‘ das 
Befruchtetsein der Drohneneier zu beweisen. Kann man aus Drohnen- 
eiern nachträglich Arbeiterinnen und aus Arbeiterinneneiern Drohnen 
erziehen, so ist es klar — so meint DICKEL — dass auch die Drohnen- 


1) in: Zool. Jahrb., V. 14, Anat., 1901. 

2) Dicker, Frerp., a) Ueber Perrunxewitscn’s Untersuchungsergeb- 
nisse von Bieneneiern; b) Ueber die Entwicklungsweise der Honigbiene. 
Beide Abhandlungen in: Zool. Anz., V. 25, 1901. 

Zool. Jahrb. X VII, Abth, f, Morph. 31 


482 A. PETRUNKEWITSCH, 


eier befruchtet sind. Aber selbst wenn die beiden Prämissen als 
richtig erwiesen wären, worauf DickeL’s Experimente gar keinen An- 
spruch machen können, da sie viele Fehlerquellen in sich bergen und 
nichts mehr als kühne und den Thatsachen nicht entsprechende Be- 
hauptungen darstellen, selbst dann wäre seine Schlussfolgerung logisch 
falsch. Es könnte auf Grund solcher Experimente nur das Eine be- 
hauptet werden, nämlich dass bei den Bienen die normaler Weise sich 
zu Männchen entwickelnden Eier auch zu Weibchen (und vice versa) 
erzogen werden können. Das wäre eine logisch richtige Schluss- 
folgerung. Das Befruchtetsein der Drohneneier kann aber auf keinen 
Fall aus den „Uebertragungsexperimenten“ geschlossen, geschweige 
denn bewiesen werden! Auf diesen logischen Fehler in der DICKEL- 
schen Construction habe ich schon in meiner ersten Arbeit hingewiesen. 
Nur die mikroskopische Untersuchung kann hier das entscheidende 
Urtheil fällen, und das hat sie besonders in der Geschichte mit den 
gefälschten Etiquetten sicherlich auch gethan. Deshalb stehen meine 
Beweise und mit ihnen die Thatsache der parthenogenetischen Ent- 
stehung der Drohnen trotz der wiederholten Angriffe DICKEL’s uner- 
schüttert da, wie zuvor. 

Ich habe aber auch viele Gründe, den Experimenten DIcKEL’s 
wenig Glauben zu schenken. Dicker’s Zeitangaben sind häufig ganz 
falsch, wie ich mich leider nachher überzeugen musste. Die Eier- 
proben, die ich von DIckEL früher bezog und die z. B. als „nicht 
über 5 Stunden alt“ bezeichnet waren, zeigten oft weit entwickelte 
Stadien des Keimstreifens. Als ich nachher mir selbst das Material 
zu den weitern Untersuchungen aus den Bienenstöcken des Zoo- 
logischen Instituts zu verschaffen suchte und dabei von Herrn Dr. 
v. BUTTEL-REEPEN in der liebenswürdigsten Weise unterstützt wurde, 
musste ich bald zu unserer grössten Ueberraschung bemerken, dass 
das Blastoderm erst viel später gebildet wird. Unser Verfahren, das 
ich auf das wärmste empfehlen kann, war, wie folgt: Bei klarem, 
warmem Wetter wurde um 9 Uhr Morgens eine von Eiern ganz freie 
Drohnenwabe in die Mitte des Bienenstocks eingehängt. Nach 1 Stunde 
wurde die Wabe herausgenommen und die meistens noch in geringer 
Zahl vorhandenen, eben abgesetzten Eier durch Zeichen an der Waben- 
wand notirt. Die Wabe wurde dann wieder in den Stock eingehängt, 
und nach beliebiger Zeit konnte dann das Material fixirt werden. Die 
in solcher Weise von mir gewonnenen, ziemlich genauen Zeitangaben 
werden auf die verschiedenen Entwicklungsstadien folgender Maassen 
vertheilt: 


Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 483 


Alter in Stunden Entwicklungsstadium 
3— 4 erste Furchungsspindel 
4 7 Furchung 
1— 9 Heraustreten der Furchungskerne 
an die Peripherie 
9—20 Ausbildung des Blastoderms 
20—25 Blastoderm 
25—36 Gastrulation 
36—48 Ende der Gastrulation; Anlage der 
Mesodermröhren. 


Diese meine Zeitangaben fallen mit denjenigen von Dicken nicht 
im entferntesten zusammen. So beruht denn auch meine frühere Hin- 
weisung auf einen Unterschied in der Schnelligkeit des Reifungs- 
processes bei den Königindrohneneiern und den Arbeitsdrohneneiern 
höchst wahrscheinlich auf einer Täuschung, da mir zu der Zeit noch 
nur die Dıcker’schen Angaben vorlagen. Jeden Falls wäre eine Nach- 
prüfung nöthig, zu der ich aber jetzt keine Zeit hatte, da ich meine 
ganze Aufmerksamkeit dem weitern Schicksal der Richtungskörper 
und somit viel ältern Stadien zugewandt habe. 

Bei der Beurtheilung der weiter zu erörternden Bilder bediente 
ich mich immer der vergleichenden Methode, indem ich stets neben 
Schnitten durch Drohneneier auch solche durch befruchtete Eier, die 
sich im entsprechenden Stadium befanden, untersuchte. So konnte ich 
den etwa vorhandenen Unterschied in der Entwicklung der beiden 
leichter feststellen und sicherer verfolgen. 

Es sei mir gestattet, auch an dieser Stelle meinen herzlichsten 
Dank Herrn Geheimrath August WEISMANN auszudrücken für das 
lebhafte Interesse, welches er jedem kleinsten Fortschritt dieser oft 
mühseligen Arbeit schenkte. 


Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 


Im befruchteten Bienenei gehen die Richtungskörper zu Grunde. 
Das war schon früher bekannt und ist auch von mir bestätigt worden. 

Ganz anders ist das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 
Wir haben schon gesehen, dass hier der zweite Richtungskörper mit 
der innern Hälfte des ersten zusammenfliesst und den sog. Richtungs- 
copulationskern mit der normalen Zahl (16) von Chromosomen bildet. 
Dieser Kern gestaltet sich bald zur Richtungscopulationsspindel um 
und zerfällt in 2, dann 4 und endlich 8 doppelkernige Zellen. Diese 
Abkömmlinge der Richtungskörper, die ursprünglich an der Stelle des 
frühern „Richtungsplasmas“ im Blastoderm auf der Bauchseite des 

31* 


484 A. PETRUNKEWITSCH, 


zukünftigen Embryos liegen, wandern dann ins Innere des Eies 
hinein). Ich habe dann weiter die Vermuthung ausgesprochen, dass 
aus diesen doppelkernigen Zellen die Urgenitalzellen entstehen, konnte 
aber die Sache wegen der eingetretenen Herbstzeit nicht weiter ver- 
folgen. 

Im Frühjahr 1901 machte ich mich desshalb sofort wieder an die 
Arbeit. Die fehlenden Stadien wurden sehr bald beschafft, und die 
srosse Zahl der entsprechenden Bilder (ich habe im Ganzen 1800 Eier 
geschnitten) spricht für ihre Richtigkeit und ihr normales Vorkommen. 

Wir sehen diese Abkömmlinge der Richtungskörper (Rz) auf 
der Fig. 1. Die Abbildung stellt einen Querschnitt durch ein Drohnenei 
in der Höhe des frühern Richtungsplasmas dar. Die Doppelkerne sind 
noch gut zu sehen, wenn auch nicht mehr so charakteristisch wie in 
den frühern Stadien. Denn jede Hälfte ist jetzt etwas gekrümmt und 
sucht mit der andern ein Bläschen zu bilden. Auch das Plasma, 
welches früher ziemlich geradlinig begrenzt war, bildet jetzt lange und 
feine Fortsätze, die vielleicht auf eine amöbenartige Bewegung hin- 
deuten. Die 8 Zellen, von denen nur 6 abgebildet werden konnten, 
weil die 2 andern nicht in derselben Ebene liegen, sind eben im Be- 
eriff, sich in zwei Gruppen von je 4 Zellen zu trennen. Diese Vorbe- 
reitung zur Trennung ist deutlich durch die starke Plasmaeinschnürung 
gekennzeichnet. 

Im nächsten Stadium, Fig. 2, finden wir dieselben Zellen (Rz) 
schon in zwei Gruppen getrennt. Diese Abbildung stellt einen frontalen 
Längsschnitt dar; nur so kann man mit Sicherheit die beiden Gruppen 
auf einem Schnitt sehen, da sie von der Bauchseite auf den Rücken 
am Blastoderm rechts und links zu gleicher Zeit zu wandern scheinen. 

Die äussere Form des Plasmas dieser Zellen zeigt im eben be- 
sprochenen Stadium sehr grosse Aehnlichkeit mit der Form der Fur- 
chungskerne. Lange und dünne Fortsätze strecken sich nach allen 
Seiten hin aus. Die ursprüngliche Form der Kerne ist noch mehr ver- 
wischt, aber immer noch zu erkennen. Es wäre interessant, festzu- 
stellen, ob hier die Centrosomen auch gegen die Peripherie gerichtet 
sind, so wie es Noack?) für die Furchungskerne der Musciden be- 
schrieben hat. | 


1) Der ganze Vorgang ist in meiner schon citirten Arbeit abge- 
bildet. Hierher gehéren die Abbildungen in ihrer Folge: 9, 10, 11, 14, 
12, 19, 21, 23, 24 und 25. 

2) Noack, W., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Musciden, 
in: Z. wiss. Zool., V. 70, 1901. 


Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 485 


Wahrend in den vorhergehenden Stadien das Blastoderm aus einer 
Reihe von Zellen bestand, ist es hier deutlich doppelschichtig. Das 
kann gar nicht angezweifelt werden, da sowohl sagittale Längsschnitte 
wie auch Querschnitte dasselbe Bild geben. Diese Anordnung der 
Blastodermzellen in zwei Reihen kann als Vorbereitungsstadium zur 
Gastrulation betrachtet werden. Bald nehmen aber alle Zellen Cylinder- 
form an, und dann befinden sie sich wieder nur in einer Reihe, wie 
es aus Fig. 3 zu ersehen ist. Ihr Plasma ist gleichmässig feinkörnig, 
nur auf der Riickenseite bemerken wir etwas abweichend gestaltete 
Zellen. Ihre innere, dem Dotter zugewandte Hälfte ist hell und ganz 
körnchenfrei, während die äussere Hälfte den übrigen Blastodermzellen 
ähnlich feinkörnig erscheint. Diese Zellen (Am) stellen die erste 
Anlage des Amnions dar. 

In der Mittellinie des Rückens, dort wo die amnionbildenden 
Zellen bereits zu einer dünnen Hülle umgestaltet sind, finden wir eine 
Anhäufung von besonders gebauten Zellen, deren kleine Kerne im 
dunkel gefärbten Plasma liegen. Das sind die hierher gewanderten, 
aus dem Richtungscopulationskern entstandenen Zellen. Noch ist 
ihre Doppelkernigkeit theilweise zu beobachten, aber die meisten 
besitzen schon richtige runde Kerne, die von den Kernen des Blasto- 
derms und von den stellenweise im Dotter bei der Blastodermbildung 
zurückgebliebenen Furchungskernen durch ihre geringere Grösse und 
dunklere Färbung abweichen. Die Abbildung zeigt ausserdem einen 
kleinen Haufen von „verirrten‘‘ doppelkernigen Zellen, die auch von 
den Dotterkernen (F') durch das dunkle Plasma leicht unterschieden 
werden können. 

Was giebt uns die Ueberzeugung, dass diese Zellen, die jetzt in 
ziemlich grosser Menge am Rücken angehäuft sind, von denjenigen, 
die wir auf der Bauchseite an der Stelle des Richtungsplasmas ge- 
sehen haben, abzuleiten sind? Ist es bloss eine Vermuthung, oder kann 
es als sichere Thatsache betrachtet werden? Und können nicht auch 
andere Zellen diesen auf ihrem Wanderungsweg von der Bauch- auf 
die Rückenseite beigemengt sein? Wo finden wir einen Schlüssel zur 
Beantwortung dieser Fragen ? 

Dass es nicht die zurückgebliebenen Furchungskerne, die sich 
jetzt in die Dotterkerne umgewandelt haben, sein können, geht schon 
aus ihrer Gestalt hervor. Im Stadium, von dem die Rede ist, sind 
von den vereinzelten Dotterzellen noch nur Kerne übrig geblieben ; 
das Plasma um sie herum ist vollständig geschwunden. Die Kerne 
selbst sind gross und blass, mit sehr wenig Chromatin. Aber den 


486 A. PETRUNKEWITSCH, 


schlagendsten Beweis liefert der Vergleich mit dem entsprechenden 
Stadium der befruchteten Eier. Aehnlich vereinzelte, grosse, stark 
abgeblasste Dotterkerne kommen auch hier zu Gesicht (Fig. 4 F). 
Dagegen wiirden wir umsonst im befruchteten Ei nach den Zellen, die 
in Fig. 3 durch Rz bezeichnet sind, suchen. Wie unsere Fig. 4 
zeigt, fehlen sie hier vollstindig. Dicht unter dem Amnion an der 
entsprechenden Stelle liegt der Dotter, der immer ganz frei von 
Zellen ist. 

Es sind also thatsächlich Abkémmlinge der Richtungskörper. Sie 
haben sich unterwegs vermuthlich durch Karyokinese vermehrt, ob- 
gleich ich in diesem Stadium keine Mitosen gesehen habe. Die Stelle 
am Rücken, wo sie sich angesammelt haben, liegt ungefähr in der 
gleichen Höhe mit dem Richtungsplasma, d. h. dort, wo die Kopffalte 
auf der Bauchseite beginnt, wie wir es bereits früher gesehen haben. 
Diese Lage ist am besten auf sagittalen Längsschnitten zu ermitteln. 
Einen solchen stellt Fig. 7 dar. Wir sehen hier, dass die erwähnten 
Zellen an der Stelle liegen, wo am Rücken das Amnion sich zu bilden 
beginnt und die Kopffalte endet. Das Amnion hat noch nicht die 
später für dasselbe charakteristische Umgestaltung der Zellen erfahren. 
Dagegen beginnt die Bauchseite des Blastoderms den Keimstreifen zu 
bilden und sich zur Gastrulation vorzubereiten. Auch hier finden wir 
noch im Dotter zerstreute Kerne, deren Aussehen aber von den Rz- 
Zellen sehr abweicht. 

Der Process der Gastrulation ist schon von Grassi genau be- 
schrieben und abgebildet. Ich könnte deshalb nichts Neues zu seinen 
Beobachtungen hinzufügen. Da er aber an befruchteten Eiern arbeitete, 
so schien es mir von Interesse, Bilder von den entsprechenden Stadien 
der Drohneneier zu geben (Fig. 5 u. 6). Wir finden in beiden Stadien 
die Rz-Zellen wieder, scheinbar an derselben Stelle wie im vorher- 
gehenden Stadium; in Wirklichkeit aber befinden sie sich jetzt dem 
hintern Eipol viel näher. Sie sind eben der Mittellinie entlang am 
Rücken hinunter geglitten, was ihnen gerade dadurch erleichtert wird, 
dass das Amnion hier schon zu einer dünnen Membran umgestaltet 
ist, während es links und rechts von der Mittellinie noch aus ge- 
wöhnlichen Blastodermzellen gebildet ist. Die Fig. 6 zeigt ausserdem 
die jetzt schon eingetretene scharfe Sonderung zwischen dem Keim- 
streifen und dem jungen Amnion. Die Gastrulation ist hier beendet, 
das Ektoderm wieder vollständig geschlossen und das Mesoderm von 
ihm deutlich abgegrenzt. Selbstverständlich fehlen bei den befruchteten 
Eiern die Rz-Zellen auch in diesen und in allen nächsten Stadien. 


Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 487 


Das weitere Hinuntergleiten der Rz-Zellen wird besonders auch 
dadurch erleichtert, dass der Keimstreifen immer mehr den Dotter 
umwächst. Die Fig. 8 stellt uns ein solches Stadium dar. Das Am- 
nion ist hier schon vollständig ausgebildet und geschlossen. Seine 
Zellen sind lang und spindelförmig ausgezogen. Ueber ihm ist auch 
die Dotterhaut noch deutlich zu sehen. Der Keimstreifen beginnt sich 
zu segmentiren, was durch die wellenartigen Eindrücke gekennzeichnet 
wird. Die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen des Keimstreifens 
sind nicht mehr zu beobachten. Diese liegen jetzt im Ektoderm 
meistens in 2 oder 3 Schichten über einander. Auf der Rückenseite 
gehen sie allmäblich in eine Schicht über; auf diese Weise umwächst 
das Ektoderm allmählich den Dotter, und dort, wo sein Ende noch 
frei auf dem Dotter aufliegt, bemerken wir die Rz-Zellen, die hier in 
grosser Menge angesammelt sind. Dicht über ihnen sehen wir auch 
die Anlage des Mitteldarmepithels (Mad). Obgleich Grassı dasselbe 
aus dem Entoderm entstehen lässt, so glaube ich, dass es viel ein- 
facher ist, anzunehmen, dass das Mitteldarmepithel bei der Biene aus 
dem Mesoderm entsteht. Es ist ja dieselbe mesodermale Schicht, die 
auf der Bauchseite unter dem Ektoderm liegt und den Dotter vom 
vordern und hintern Eipol umwächst. Erst später trennt sie sich 
vom übrigen Mesoderm los und wird zum Aufbau des Mitteldarm- 
epithels verbraucht. Diese Anschauung würde sich allerdings mit der 
Keimblättertheorie in Widerspruch setzen, wir kennen aber schon ein 
Beispiel, wo sie durch directe Beobachtung stark erschüttert wird. So 
hat vor Kurzem .DEEGENER !) gezeigt, dass das Mitteldarmepithel bei 
Hydrophilus aus dem Ektoderm entsteht. 


Auf solche Weise dem Rücken entlang gleitend, gelangen die Rz- 
Zellen in den Bereich der mittlern Bauchsegmente. Auch hier noch 
vermehren sie sich rege durch Theilung. Solche Theilungen habe ich 
in Fig. 9 abgebildet. Man sieht, wie die Kerne immer ähnlicher den- 
jenigen werden, die im Dotter noch hier und da zu finden sind. Sie 
sind grösser geworden und blassen stark ab. Aber um sie herum ist 
immer noch Plasma angehäuft, und manche der Zellen scheinen jetzt 
auch eine dünne Membran zu besitzen. 

Bis jetzt war es ziemlich leicht, diese Zellen zu verfolgen; von 
nun an wird aber die Sache immer schwieriger. Von dem Ektoderm 
und dem Mitteldarmepithel überholt, gelangen sie zwischen diese beiden 


1) DEEGENER, Entwicklung der Mundwerkzeuge und des Darms von 
Hydrophilus piceus, in: Z. wiss. Zool., V. 68. 


488 A. PETRUNKEWITSCH, 


(Fig. 10 Rz). Nur das sorgfältigste Studium aller Uebergangsstadien 
erlaubt uns, mit Sicherheit zu behaupten, dass die Zellen, die hier mit 
Rz bezeichnet sind, wirklich dieselben Abkömmlinge der Richtungs- 
körper sind, die wir bis dahin kennen gelernt und in ihrer so com- 
plicirten Wanderung verfolgt haben. Ihr Aussehen erinnert gar nicht 
mehr an die doppelkernigen Zellen. Die Kerne und das Zellplasma 
sind jetzt ganz blass, ja oft sogar blasser als die übrigen Zellen des 
Embryos. Das darf aber uns nicht wundern, da wir diese Umgestaltung 
von Beginn an Schritt für Schritt beobachten konnten. Leider ist es 
unmöglich, entsprechende Abbildungen zu geben, da bei starker Ver- 
grösserung das Sehfeld sehr klein ist und der ganze Embryo nicht 
aufgezeichnet werden kann; bei schwacher Vergrösserung aber werden 
diese Zellen überhaupt kaum sichtbar, und man könnte ihre charakte- 
ristischen Eigenschaften nicht genügend hervorheben. 

Gerade aber ihre Lage zwischen dem Ektoderm, das jetzt ganz 
geschlossen ist, und dem Mitteldarmepithel erleichtert unsern Zellen 
ihre weitere Wanderung. Die grosse Spannung, die im Ei herrscht, 
erlaubt ihnen nicht, in der Mittellinie der Rückenseite längere Zeit zu 
verweilen. Das Mitteldarmepithel legt sich ganz fest an das Ekto- 
derm, und die Zellen werden in zwei Gruppen vertheilt, von denen 
jede in den kleinen Raum zwischen dem Ektoderm, dem Mitteldarm- 
epithel und dem Mesoderm gelangt. Fast möchte man glauben, dass 
die Zellen durch diesen Druck einfach an die Seiten gepresst werden, 
wenn nicht eine so grob mechanische Erklärung mit der Prädestination 
dieser Zellen in Widerspruch stehen würde. Denn wenn auch compli- 
cirte chemische und physikalische Kräfte daran betheiligt sind, so 
wäre es doch kaum möglich, in so einfacher Weise die strenge Bahn, 
der die Zellen bis hierher folgten, zu erklären. 

In Fig. 11 ist im Querschnitt ein Theil eines Drohnenembryos 
abgebildet. Wir sehen das Cölom (Coe) oder die Mesodermröhre, wie 
sie vielleicht richtiger von Carribre für die Mauerbiene benannt 
wurde. Das splanchnische Blatt des Mesoderms ist schon angelegt. 
Wir finden diese Anlage in dem Wulst (sp), der von dem Vorderende 
der innern Wand der Mesodermröhre zu wachsen beginnt. Noch hat 
ihn das Mitteldarmepithel nicht berührt. Dieses (Md) umwächst all- 
mählich den Dotter, indem seine freien Enden gegen die Mittellinie der 
Bauchseite verschoben werden. In derselben Richtung wachsen auch 
die beiden Hälften des splanchnischen Blattes, die sich dann auf dem - 
Bauche treffen und hier verschmelzen. Gegen den Rücken dagegen 
wächst es nicht frei, sondern wird so zu sagen von dem Mesoderm 


Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 489 


mitgeschleppt und schliesst hier den Darm erst in dem Augenblick 
ein, wenn auch die Cardioblasten das Herz gebildet haben. 

An den Mesodermröhren angelangt, beginnen nun unsere Zellen 
in dieselben einzudringen. Sie quetschen sich zwischen den Zellen der 
Cölomwand durch, wie es Fig. 12 darstellt. Etwas blasser als die 
Mesodermzellen gefärbt, sind sie deutlich von den letztern zu unter- 
scheiden. Selbstverständlich kommen in einen Schnitt nur wenige, 
hier gerade 3 Zellen zu liegen, in Wirklichkeit aber findet dieser Pro- 
cess in 4 Bauchsegmenten statt. 

Noch einen Schritt weiter, und die Zellen, die ich von nun an 
mit Ug bezeichne, dringen in die beiden Mesodermröhren, rechts und 
links ein, legen sich fest an einander und bilden so die Anlage der 
Geschlechtsdrüsen (Fig. 13 Ug). In meiner frühern Arbeit habe ich 
auf Grund der Arbeiten von CARRIÈRE und Grassi, in Analogie mit 
den Befunden von HEYMONS an Phyllodromia germanica angenommen, 
dass die Urgenitalzellen in der Wand der Cölomsäckchen (Mesoderm- 
röhre) liegen, und habe eine Abbildung gegeben, in der ich eine solche 
vermuthliche Urgenitalzelle darstellte. In sehr vorsichtigen Ausdrücken 
habe ich schon damals darauf hingedeutet, dass diejenigen Zellen, die 
ich als Urgenitalzellen betrachtete, von den Richtungskörpern ab- 
stammen und in die Wand der Mesodermröhren einwandern. Damals 
fehlte es mir aber an entsprechenden Stadien, um es mit Sicherheit 
zu behaupten. Lange suchte ich deshalb nach diesen Stadien, bis ich 
schliesslich einsehen musste, dass die in fig. 27 von mir abgebildete 
Zelle keine Urgenitalzelle ist. Es ist vielmehr einfach eine sich zur 
Theilung vorbereitende Mesodermzelle. Deshalb besitzt sie einen so 
grossen Kern und ist fast doppelt so gross wie die andern. Solche 
Bilder finden wir häufig an den verschiedensten Stellen des Embryos 
und in den verschiedensten Gewebeanlagen. Manchmal findet eine 
solche Zelle keinen Platz mehr in der Reihe der andern Zellen, und 
dann sieht man sie aus diesen hervortreten, wie z. B. die im Aster- 
stadium sich befindende Ektodermzelle in Fig. 17 oder auch die zum 
splanchnischen Blatt gehörende, deren äusserer Rand in die Meso- 
dermröhrenwand wie eingedrückt erscheint. 

Hatte ich mich aber früher in der Beurtheilung des erwähnten 
Bildes geirrt, so war doch die Vermuthung richtig, dass die Zellen, 
deren Ursprung aus dem Richtungscopulationskern ich nachgewiesen 
habe, complicirte Wanderungen im Ei durchmachen. Nur gelangen 
sie schliesslich nicht in die Wand der Mesodermröhren, sondern in 
das Lumen derselben und bilden hier die Anlage der Genitaldriisen’ 


490 A. PETRUNKEWITSCH, 


Sie nehmen bald an Umfang zu. In Fig. 14 Gz finden wir sie schon 
vollständig ausgebildet, wenn auch noch nicht an ihrer definitiven 
Stelle an der Rückenseite des Embryos. Links von den Genitalzellen 
sehen wir die Anlage für das Pericardialseptum, das aus der äussern 
Wand der Mesodermröhre entstanden ist (Ps). Die innere Wand ist 
auch viel dünner geworden und wird zur epithelialen Hülle (k) der 
Drüse umgebildet. Die vordere Wand giebt die sog. Cardioblasten, 
die hier in grosser Zahl vorhanden sind und, wie auch bei andern 
Insecten, das Herz bilden). Ein noch vorgerückteres Stadium zeigt 
uns Fig. 15. Die Cardioblasten haben sich von den übrigen meso- 
dermalen Bildungen abgetrennt und sind schon ganz nahe an einander 


1) In einer frühern Arbeit habe ich die Entstehung des Herzens 
bei Agelastica alni beschrieben (in: Zool. Anz., V. 21, 1898). Das Herz 
entsteht bei diesem Käfer auch aus Cardioblasten. Ein wesentlicher 
Unterschied besteht aber darin, dass bei der Biene das Herz von An- 
beginn an vom Mitteldarm getrennt gebildet wird, während es bei 
Agelastica bis zum Moment seiner Schliessung mit diesem in Zusammen- 
hang steht. Die Ursachen davon liegen darin, dass bei der Biene das 
Mitteldarmepithel vom Rücken gegen den Bauch zu den Dotter um- 
wächst, also in entgegengesetzter Bewegung wie die Cardioblasten sich 
befindet. Bei Agelastica dagegen ist das Darmepithel am Bauch viel 
früher geschlossen, und, den Dotter umwachsend, bewegt es sich mit 
den Cardioblasten zusammen dem Rücken zu. LECAILLON hat mir den 
Vorwurf gemacht, dass ich zu grossen Werth auf den beschriebenen 
Zusammenhang des Herzens mit dem Mitteldarm bei Agelastica lege. 
Er schreibt: „Quant au canal (?) gastrovasculaire qui existe au mo- 
ment où les cardioblastes sont réunis par leur bord dorsal et pas encore 
par leur bord ventral, il n’a pas de signification speciale; il ne repre- 
sente qu'une phase du développement du vaisseau dorsal. Il est dû 
seulement à la diminution de l’espace qui, aux stades un peu plus jeunes, 
sépare les deux lignes latérales de cardioblastes. Mais il ne joue aucun 
rôle.“ ... Ich muss dieser Meinung LecAıtLon’s jetzt beitreten. Wie 
bei der Biene, so fehlt wohl auch bei vielen andern Insecten der Zu- 
sammenhang zwischen Darm und Herz. Was die andere Frage bei der 
Bildung des Herzens betrifft, nämlich den Ursprung der Blutkörperchen, 
die ich in Einklang mit TionomiRorr bei Agelastica von den Dotter- 
zellen herzuleiten versucht habe, so sehe ich nicht ein, warum es Le- 
CAILLON bestreitet. Jeden Falls wäre es sehr schwer zu beweisen, dass 
diejenigen Dotterzellen, welche hier in das Herzlumen gelangen, zu 
Grunde gehen und sich nicht zu Blutkörperchen umbilden können. Bei 
der Biene, wo das Eindringen der Dotterzellen in das Herz durch das 
am Rücken und bald auch von den Seiten geschlossene Mitteldarm- 
epithel unmöglich gemacht wird, entstehen die Blutkörperchen aller- 
dings aus Mesodermzellen. 


Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 491 


gerückt. Die Muscularis des Mitteldarms (sp) folgt den Cardioblasten 
auf dem Wege. Sie zieht mit sich das Pericardialseptum und die Geni- 
taldrüse, die durch eine dreieckige Zelle an der Verbindungsstelle des 
Pericardialseptums mit der Muscularis befestigt ist. 

Am Ende des 3. Tages ist im Drohnenei die junge Larve oder 
Made schon vollständig ausgebildet. Fig. 18 stellt uns einen Quer- 
schnitt durch ein Ei in diesem Stadium dar. Die Zellen der Hypo- 
dermis (E%) haben ihre definitive Form erreicht, während sie früher 
am Rücken den Amnionzellen ähnlich sahen. Das Mitteldarmepithel 
ist an der Bauchseite geschlossen, und die Muscularis umgiebt jetzt 
den Darm von allen Seiten. Mit ihrer Schliessung am Rücken und 
mit der Ausbildung des Herzens (C) gelangen auch die Genitaldrüsen 
(Gz) in ihre definitive Stellung. Unter dem Pericardialseptum ge- 
legen, sind sie von ihrer epithelialen Hülle (2) umgeben. Diese wird 
mittels einer Membran, die aus den dreieckigen Zellen entstanden ist, 
zusammen mit dem Pericardialseptum (ps) an der Bauchseite des 
Herzens befestigt. ; 

Um den Bau der Genitaldriise bei der Drohnenlarve noch klarer 
darzustellen, habe ich in Fig. 19 auch einen sagittalen Längsschnitt 
durch dieselbe abgebildet. Wir finden hier in derselben Reihenfolge 
von aussen nach innen die Hypodermis (E%), die aus dem somatischen 
Blatt des Mesoderms entstandenen Längsmuskeln (so), das jetzt ganz 
dünne Pericardialseptum (Ps), die dorsale und ventrale Wand der epi- 
thelialen Hülle (A), in deren Mitte die Genitalzellen (Gz) liegen, und 
endlich die Muscularis (sp) und das Epithel (Mad) des Mitteldarms. 
Durch die Ziffern sind die Abdominalsegmente angegeben. Wie aus 
der Abbildung zu ersehen ist, bilden jetzt die Genitalzellen einen 
langen, gewundenen Strang. Sie sind viel grösser als die übrigen 
Zellen des Körpers. Ihr Plasma ist etwas heller gefärbt, und die 
Kerne sind gross und rund. Die Zellen der epithelialen Hülle sind 
dagegen sehr dunkel gefärbt. Wo die Genitaldrüse faltenähnlich zu- 
sammengelegt ist, da sind die Zellen der Hülle mit langen Fortsätzen 
versehen, die bis an die Genitalzellen reichen. Sie dienen somit als 
Stützzellen für diese. Es ist nicht leicht, ihre wirkliche Form im 
Raum zu ermitteln. Auf dem Schnitt sehen sie dreieckig aus, werden 
aber wohl pyramidenförmig sein. Die Spitze der Pyramide wäre dann 
der eben besprochene Fortsatz, während die Basis am Aufbau der 
Hülle selbst Theil nimmt. Die andern Zellen der Hülle sind spindel- 
förmig. Wie aus diesem Längsschnitt zu ersehen ist, sind die Genital- 
zellen in einer Schicht gereiht, und wenn sie auf den Querschnitten 


492 A. PETRUNKEWITSCH, 


mitunter auch in zwei bis drei Reihen angeordnet erscheinen, so kommt 
das daher, dass es offenbar Schnitte aus derjenigen Gegend sind, wo 
die Genitalzellen eine Falte bilden. 

Endlich habe ich bei schwacher Vergrösserung einen unter einem 
kleinen Winkel zur Symmetrieebene geführten Sagittalschnitt abge- 
bildet. Derselbe hat in Folge dessen das Nervensystem und die Geni- 
taldrüse zu gleicher Zeit getroffen (Fig. 20). Das Präparat selbst war 
mit Hämatoxylin gefärbt, aber der Deutlichkeit halber habe ich die 
Abbildung vielfarbig gehalten. Es ist eine bereits zum Ausschlüpfen 
aus dem Ei fertige Larve. Wir sehen noch das Chorion und das 
Amnion. Der Mitteldarm ist noch geschlossen, und in seinem Innern 
sieht man den Dotter. Vom Vorderdarm ist er durch eine Zellen- 
reihe getrennt, vom Hinterdarm durch zwei Zellenreihen, von denen 
die eine durch das Mitteldarmepithel, die andere durch das Hinter- 
darmepithel gebildet wird. Die Genitaldrüse liegt in Form eines 
wellenartigen Stranges im 3., 4., 5. und 6. Abdominalsegment, und ich 
muss gleich hinzufügen, dass sie bei einer weiblichen Larve genau die- 
selbe Lage einnimmt. Grassı meint zwar, dass die Genitaldrüse sich 
vom 4. bis zum 8. Bauchsegment erstreckt. Mehrere männliche und 
weibliche Larven, die ich darauf hin untersucht habe, überzeugten mich 
aber, dass die Genitaldrüse so gelegen ist, wie ich sie abgebildet habe. 
Der Unterschied in der Beobachtung mag in den inzwischen ver- 
besserten Methoden liegen. Die Krümmung der Larve, wie sie ge- 
wöhnlich nach Verlassen der Eihüllen eintritt, könnte kaum genügen, 
um eine solche Verschiebung der Drüse zu bewerkstelligen, da sie 
ihrer ganzen Länge nach, wie wir oben geschildert haben, mittels einer 
Membran am Herzen befestigt ist. 

Ganz anders ist die Entwicklung der Genitaldrüsen in befruchteten 
Bieneneiern. Im freien Raum, der vom Mitteidarmepithel, dem Ekto- 
derm und der vordern Wand der Mesodermröhre gebildet wird, kommen 
zwar auch Zellen vor; da aber die Richtungskörper in solchen Eiern 
regelmässig zu Grunde gehen, so ist die Herkunft dieser Zellen eine 
andere, und zwar, wie wir gleich weiter sehen werden, stammen sie 
vom Mesoderm. Eine solche Zelle ist auch in Fig. 17 abgebildet. 
Diese Zellen sind aber im befruchteten Ei viel geringer an Zahl als 
die mit Rz bezeichneten Zellen der Drohneneier, die an denselben Ort 
gelangen. Zudem konnte ich nie ein Eindringen dieser Zellen in die 
Mesodermröhre beobachten, so wie es in Fig. 12 für die Drohneneier 
abgebildet ist. 


Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 493 


Im befruchteten Bienenei entstehen die Genitaldriisen 
aus Mesodermzellen, die in die Mesodermrören von der 
Bauchseite her eindringen (Fig. 17 Ug). Hier bildet sich ein 
Spalt, so dass die Mesodermröhre einer hintern Wand entbehrt. In 
diesen Spalt ragen nun Zellen hinein, die weiter unten mit dem Meso- 
derm einen gemeinsamen Complex bilden. Es wäre übrigens auch 
möglich, dass es die losgetrennte hintere Wand selbst ist. In der 
Mesodermröhre angelangt, wandeln sich die Mesodermzellen hier ganz 
ähnlich um, wie wir es schon für die Drohneneier beschrieben haben. 
Unsere Abbildung (Fig. 17) zeigt auch, dass alle andern Theile im 
befruchteten Ei genau ebenso wie im unbefruchteten gestaltet sind. 
Wir sehen das Mitteldarmepithel (Md), dessen freies Ende gegen die 
Mittellinie der Bauchseite wächst; der Fortsatz (sp) der Mesoderm- 
röhrenwand bildet das splanchnische Blatt, aus dem sich die Muscu- 
laris des Darms entwickelt. Aus der innern Wand entsteht die epi- 
theliale Hülle der Genitaldrüse der Larve, aus der vordern die Cardio- 
blasten und die Membran, welche die Drüse am Herzen befestigt; aus 
der äussern Wand der Mesodermröhre entsteht endlich das Pericardial- 
septum und die Muskeln. 

Somit wäre die Entstehung der Genitalzellen aus den Richtungs- 
körpern bei den Drohnen bewiesen und damit der Unterschied in der 
Entwicklung der männlichen und weiblichen Geschlechtsdrüsen fest- 
gelegt, wenn nicht ein Umstand die Sicherheit des Beweises trüben 
würde. Betrachten wir nämlich einen sagittalen Längsschnitt (Fig. 16) 
durch ein Drohnenei im Stadium, wenn das Stomodäum angelegt ist, 
so sehen wir Folgendes: Im zukünftigen Kopfe des Embryos, über 
dem freien Raum, in den das Gehirn zu liegen kommt, befindet sich 
dicht unter dem Ektoderm eine Schicht von mesodermalen Zellen, 
meistens von spindelförmiger Gestalt. Diese Zellen lösen sich nun von 
ihrem ursprünglichen Lager los und fallen in den Raum zwischen dem 
Ektoderm und dem Mitteldarmepithel am Rücken, d. h. sie gelangen 
gerade an den Ort, wo wir auch die aus den Richtungskörpern ent- 
standenen Zellen gesehen haben. Mit diesen können sie von dort in 
den dreieckigen Raum vor der Mesodermröhre gelangen, und sie sind 
es sicher, die wir hier im befruchteten Ei auch gesehen haben (Fig. 17). 
Bei den befruchteten Eiern dringen sie nicht in die Mesodermröhre 
hinein, was ich schon oben erwähnt habe. Ist es aber so auch bei 
den Drohneneiern? Oder können diese Zellen, mit den andern Zellen 
vermengt, in die Mesodermröhren doch eindringen, um hier am Aufbau 
der männlichen Geschlechtsdrüsen auch Theil zu nehmen? Alle meine 


494 A. PETRUNKEWITSCH, 


Versuche, durch künstliche Färbung diese Zellen von andern auffällig 
zu unterscheiden, misslangen. Zudem geht auch ihre ursprüngliche 
spindelförmige Gestalt verloren, und so müssten denn diese Fragen 
unentschieden bleiben. Mir scheint aber, dass die vergleichende Me- 
thode gerade in der Entscheidung dieser Fragen Ausschlag gebend ist. 
Die Zahl der Zellen, die nach der Bildung der Genitalanlage im freien 
Raum vor der Mesodermröhre im Drohnenei zurückbleiben, entspricht 
ungefähr der Zahl der Zellen im befruchteten Ei, die sich an derselben 
Stelle befinden. Dieser Umstand und die Thatsache, dass die Ent- 
wicklung der weiblichen Geschlechtsdrüsen auf ganz anderm Wege 
erfolgt, dass sie nämlich von mesodermalen Zellen, die in die Meso- 
dermröhren durch die Hinterwand eindringen, aufgebaut werden, während 
bei den Drohneneiern es diejenigen Zellen sind, welche durch die 
Vorderwand in die Mesodermröhre gelangen, giebt der Auffassung, 
dass alle männlichen Geschlechtszellen von dem Rich- 
tungscopulationskern in directer Folge abstammen, 
einen sichern Boden. 

Es ist von grossem Interesse, die Vorgänge, die ich im Drohnenei 
beobachtet habe, an andern Objecten zu bestätigen, und zwar an 
solchen parthenogenetischen Eiern, die auch zwei Richtungskörper 
bilden. Ich blieb zuerst bei Artemia salina stehen, wo nach den 
Untersuchungen von BRAUER in den Subitaneiern manchmal zwei Rich- 
tungskörper gebildet werden, von denen der zweite aber wieder mit 
dem Pronucleus verschmilzt. Viele Hunderte von Bildern haben mir 
aber klar gezeigt, dass dieser sogen. zweite Modus von BRAUER auf 
pathologische Vorgänge im Ei zurückzuführen ist. Verschiedene andere 
pathologische Zustände schildert selbst BRAUER in genügender Menge, 
um sich von dem häufigen Auftreten solcher Missbildungen ein Bild 
zu machen. Ueberall, wo ich normal entwickelte Eier zu Gesicht be- 
kam — meine Untersuchungen erstreckten sich leider nur auf die 
Dauereier, da die Thiere im Aquarium keine Subitaneier hervorbringen 
wollten — überall wurde nur ein Richtungskörper gebildet. 

Ein anderes Object, das mir in grösserer Zahl zur Verfügung 
stand, waren verschiedene Blattlausarten. Besonders günstig schien 
mir Rhopalosiphum nymphaeae zu sein, da diese Art auf den Pflanzen 
in unsern Tiimpeln während der warmen Herbstmonate in ungeheuren 
Massen auftrat. Obgleich BLOCHMANN seiner Zeit nur ein Richtungs- 
körperchen bei den viviparen Aphiden constatiren konnte, so glaubte 
ich doch, dass seine Resultate nachgeprüft werden müssten. Ich wählte 
zu diesem Zweck die letzte vivipare Herbstgeneration, aus der also 


Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 495 


auf parthenogenetischem Weg ovipare Weibchen und Männchen ent- 
stehen mussten. Lag es an der Conservirung, oder hatte ich die 
passende Zeit versäumt, aber unter Hunderten von Eiern konnte ich 
nur 2 finden, bei denen noch der erste Furchungskern vorhanden war. 
Solche Stadien habe ich in den Figg. 21 und 22 abgebildet. Die 
erste stellt sicher die Richtungscopulationsspindel dar, und daraus 
müssen wir, nach Analogie mit den Bieneneiern und der Rhodites 
rosae, schliessen, dass bei. Rhopalosiphum nymphaeae 2 Richtungs- 
körper gebildet werden, von denen das 1. sich wieder theilt, und dass 
die innere Hälfte des 1. Richtungskörpers in Copulation mit dem 
2. Richtungskörper tritt. Was die Fig. 22 angeht, so sind hier zwei 
Möglichkeiten vorhanden: entweder ist es das Stadium der Copulation 
der Richtungskörper oder die aus dem Richtungscopulationskern ent- 
standenen ersten 2 Zellen. Ich bin geneigt, die letzte Möglichkeit als 
der Wirklichkeit näher zu betrachten. Einerseits spricht dafür das 
Aussehen des Chromatins in den beiden Zellen, das so angeordnet 
ist wie nach einer eben vollbrachten Theilung. Andrerseits stammt 
dieses Ei aus einem Ovarium, welches schon viel weiter vorgeschrittene 
Stadien enthielt als dasjenige, welchem das in Fig. 21 abgebildete Ei 
entnommen war. Die ausserordentlich kleinen Verhältnisse erlaubten 
mir aber nicht, das weitere Schicksal der Richtungskörper bei den 
Aphiden zu verfolgen, so dass ich den Gedanken, die bei der Biene 
aufgeworfenen Fragen an andern Formen zu prüfen, wenigstens vor- 
läufig aufgeben musste. 


Vergleich mit andern Thieren. 


Die Keimbahn im Drohnenei und ihre Erklärung. 


Die Entwicklung der Geschlechtsorgane bei den Insecten ist schon 
öfters Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen. Historische 
Zusammenstellungen haben BALBIANI, WiTLaczIL und HEYMONS ge- 
geben, deshalb will ich mich darüber kurz fassen. 

Die Lehre von den Keimblättern lenkte lange Zeit die Aufmerk- 
samkeit der Gelehrten auf sich, und dadurch ist es zu erklären, dass 
die meisten Arbeiten darauf hinauslaufen, die Entwicklung der Ge- 
schlechtsorgane bis zu ihrem Ursprung aus dem einen der Blätter zu 
verfolgen. Wenn wir von den viviparen Rhynchoten und den Dipteren 
absehen, bei welch letztern in den Polzellen die erste Anlage der 
Geschlechtszellen, deren Ursprung hier schon auf das Blastoderm- 
stadium oder sogar noch früher zurückverlegt ist, gegeben ist, so 


496 A. PETRUNKEWITSCH, 


stimmen alle andern Arbeiten darin überein, dass die Urgenitalzellen 
zum ersten Mal erst dann als solche zu unterscheiden sind, wenn bereits 
die Cölomsäckchen ausgebildet sind. In der Mesodermwand dieser 
Cölomsäckchen fallen sie bei manchen Insecten durch ihre grössern 
Dimensionen, im Vergleich mit den andern Zellen, auf. Mit Ausnahme 
von CHOLODKOWSKY, der sie auf eingewanderte Dotterzellen zurück- 
zuführen sucht, stimmen alle andern Forscher darin überein, dass es 
differenzirte Mesodermzellen sind. Am Eingehendsten hat sie Hry- 
MONS für Phyllodromia germanica beschrieben: „Gerade wie in den 
frühern Entwicklungsstadien sich einzelne Mesodermzellen in Genital- 
zellen umbildeten, so vollzieht sich auch nach der Bildung der Cülom- 
sicke dieser Umbildungsprocess noch weiter, indem auch jetzt noch 
Mesodermzellen, welche nunmehr in Form einer Epithelschicht einen 
Abschuitt der Leibeshöhle umschliessen, sich in Genitalzellen um- 
wandeln.‘ Nun beginnt eine Wanderung der Genitalzellen. Zuerst 
nehmen sie Platz zwischen Dotter und Mesoderm, nachher „gelangen 
sie in die Leibeshöhle hinein und liegen in derselben der Dissepiment- 
wand zunächst noch angelagert“. Dann verlassen sie „wieder die 
Leibeshöhle, um sich in eine andere Ursegmentwand einzulagern. 
Doch ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Einwanderung der Genital- 
zellen nur längs der Mittellinie der dorsalen Ursegmentwände statt- 
findet, gleich weit von dem medialen wie von dem lateralen Ende der- 
selben entfernt.‘ 

In ähnlicher Weise, aber ohne Wanderung der Genitalzellen, 
beschreiben CARRIÈRE U. BURGER die Entstehung der Genitaldrüsen 
bei der Mauerbiene (Chalicodoma muraria). Wir lesen hier: „Immer- 
hin sind bei Chalicodoma die Geschlechtszellen erkennbar, kurz nach- 
dem die Mesodermröhren sich in den betreffenden Segmenten gebildet 
haben und ehe das Hinterende der Mittelplatte abgeschnürt ist, also 
recht frühzeitig.‘ „In der dorsalen Wand der Mesodermsäcke des 
3., 4. und 5. Hinterleibssegments, etwas von dem äussern Rand ent- 
fernt, vergrössern und vermehren sich einige Zellen und neigen sich 
mit ihren innern Enden einem gemeinsamen Mittelpunkt zu, so dass 
ein kleiner, eiförmiger Körper entsteht, der sich zunächst nur un- 
vollkommen, später deutlicher von den benachbarten Zellen abgrenzt. 
Sowie die junge Geschlechtsanlage sich soweit herausgebildet hat, ragt 
sie gegen den Dotter zu nicht unbedeutend über die dorsale Fläche 
des Mesoderms hervor, während sie zugleich den Innenraum derselben 
fast ganz ausfüllt.““ 

Was speciell die Entwicklung der Genitaldrüsen bei der Honig- 


Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 497 


biene betrifft, so sind wir nur auf die Arbeit von Grassi angewiesen. 
Dieser Forscher konnte schon ziemlich genau das erste Auftreten der 
Genitalanlagen feststellen. Mehr wäre auch kaum möglich bei der 
Schwierigkeit der Technik und der Kleinheit des Objects, dessen 
einzelne Elemente unter einander ausserordentlich ähnlich sind. Die 
Beschreibung, die Grassi giebt, entspricht in grossen Zügen dem, was 
Heymons über Phyllodromia germanica und CARRIÈRE über Chalico- 
doma sagen: „Sono formazione mesodermica ; nascono press’a poco ai 
confini tra il foglietto superficiale e il foglietto profondo del meso- 
derma: sono al loro primo apparire addossati ai cordoni cellulari che 
formano il vaso dorsale. Poco dopo che essi si sono formati, si tro- 
vano compressi nell’angolo dorsale fatto dal foglietto superficiale col 
foglietto profondo“. 

Vergleichen wir diese Beschreibungen mit dem, was wir oben von 
der Entwicklung der Genitaldriisen bei Drohnen und Arbeitsbienen 
angegeben haben, so finden wir, dass dieselben in verschiedenen Punkten 
von einander abweichen. Während Grassi, HEYMONS und CARRIÈRE 
die Urgenitalzellen in den Cölomwänden und Dissepimenten entstehen 
und erst dann in die Cölomsäckchen resp. Mesodermröhren hinein- 
ragen lassen, wenn sie bereits einen compacten Körper bilden, diesen 
Vorgang also auf rein passive, mechanische Ursachen zurückzuführen 
suchen, weil ihrer Meinung nach die so herangewachsene Genitaldrüse 
keinen Platz mehr in der Mesodermwand findet, konnte ich bei den 
Drohneneiern wie bei den Arbeitsbieneneiern feststellen, dass die Ur- 
genitalzellen bei den erstern durch die Dorsalwand, bei den letztern 
durch die Ventralwand in die Mesodermröhre hineinwandern, ein 
Process, welcher also auf keinen Fall bloss durch Raummangel erklärt 
werden könnte. Vielmehr haben wir es hier mit einer Erscheinung 
zu thun, die darauf hinweist, dass uns hier besondere, von allen 
andern Zellen des Körpers abweichende Zellen vorliegen, deren Schicksal 
durch ihren innern Bau prädestinirt ist. Denn einfache Raumver- 
schiebungen könnten nicht dazu ausreichen, diese Zellen zu Urgenital- 
zellen zu stempeln, und der Stoffwechsel müsste in ihnen und in den 
benachbarten Mesodermzellen annähernd gleich sein, wenn ihr innerer 
Bau auch ein gleicher wäre. Ein solcher Unterschied im Bau kann 
aber nur dann begreiflich gemacht werden, wenn wir uns die be- 
treffenden Zellen mit Keimplasma ausgestattet denken. Somit gelangen 
wir zu der Vorstellung von der Continuität des Keimplasmas, wie sie 
durch die Keimbahnen veranschaulicht wird. 


Seitdem WEISMANN zum ersten Mal den Gedanken von der Con- 
Zool. Jahrb. XVII, Abth, f. Morph. 39 


498 A. PETRUNKEWITSCH, 


tinuität des Keimplasmas geäussert hat, sind bereits 16 Jahre ver- 
flossen. Allgemein dürfte der Kampf um die Wersmanw’sche Hypothese 
bekannt sein. Sie wurde von vielen Seiten angegriffen, fand aber 
auch viele Bestätigungen. Besonders schön wurde die Keimbahn bei 
Cyclops von HÄckER klargelegt. Bei Cyclops tritt die Scheidung in 
somatische Zellen und Keimzellen schon bei der 1. Furchungstheilung 
auf und kann bis zur Anlage der Geschlechtsorgane verfolgt werden. 
„Durch die zunehmende Phasendifferenz wird von der 1. Furchungs- 
theilung an eine bestimmte Folge von Zellen als Keimbahn ge- 
kennzeichnet.“ „Die Körnchenzellen (d. h. die Körnchen pro- 
ducirenden Zellen) stellen die Etappen der Keimbahn dar.“ 

Wie sind aber vom Standpunkt der Hypothese von der Continuität 
des Keimplasmas die Erscheinungen bei der Entwicklung der Bienen- 
eier zu erklären? Ist in Wirklichkeit ein tiefer Unterschied in den 
Keimbahnen der befruchtungsbedürftigen und der parthenogenetischen 
Eier vorhanden ? Auf den ersten Blick scheint es ja so zu sein, da 
die Urgenitalzellen der weiblichen Keimdrüsen vom Mesoderm stammen 
und erst später als Keimzellen zu erkennen sind, während sie bei den 
Drohneneiern auf die Richtungskörper zurückzuführen sind. Hier 
wäre also mit der 2. Reifungstheilung die Trennung der somatischen 
Zellen von den Keimzellen gegeben. Sicher tritt die Trennung auch 
bei den befruchteten Eiern früher ein, als sie mikroskopisch zu be- 
obachten ist, und sie wird wohl auf die Zeit der Blastodermbildung 
oder auch schon in die Furchung verlegt werden müssen. Aber trotz- 
dem bliebe ein beträchtlicher Unterschied, und wir müssen deshalb 
zuerst prüfen, ob in dem frühen Auftreten dieser Trennung in den 
parthenogenetischen Eiern irgend ein Vortheil vorhanden sein könnte. 

Wir müssen uns zu diesem Zweck die Thatsachen ins Gedächt- 
niss zurückrufen, wie sie bei der Reifung der parthenogenetischen 
Bieneneier von mir festgestellt wurden. Die normale Zahl der Chromo- 
somen, die sich bei den Bienen auf 16 quadrivalente, resp. 64 ein- 
fache beläuft, wird bei der Bildung des 2. Richtungskörpers mittels 
einer Reductionstheilung auf die Hälfte reducirt. Bei der Bildung 
des 1. Furchungskerns wird diese Zahl 16 wieder hergestellt, indem 
die 8 vierwerthigen Chromosomen sich (vermuthlich) der Länge nach 
spalten, ohne dass eine entsprechende Zelltheilung erfolgt. Waren 
also im Keimbläschen 16 Chromosomen a, b, €, d,....m, n, 0, p, so 
vertheilen sie sich auf das 2. Richtungskörperchen und den weiblichen 
Pronucleus etwa, wie folgt: 


Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 499 


2. Richtungskörper Fe 1, ı) 8 
weiblicher Pronucleus aD. 8 


Durch die Längsspaltung verdoppelt wären im 1. Furchungskern 
von den so entstandenen 16 Chromosomen je 2 identisch, also: 


1, Purchungskerm a, a,b, b, ec, c,d,d,... 1116 


Bei einem hypothetischen Thier, das sich nur durch Partheno- 
genese fortpflanzte und dabei immer 2 Richtungskörper ausstiesse 
und bei dem die Urgenitalzellen aus dem Furchungskern entstünden, 
würden auf diese Weise im Lauf von mehreren Generationen sicher 
alle Chromosomen eliminirt, mit Ausnahme von irgend einem, etwa a, 
und das Keimbläschen würde von nun an zwar auch 16, aber nur 
identische Chromosomen enthalten. 

Viel complicirter müsste die Sache bei den Bienen sein, bei denen 
ja nur die Männchen parthenogenetisch entstehen. Bei der Spermato- 
genese, die ja auch immer von einer Reductionstheilung eingeleitet 
wird, würden Spermatozoen entstehen, deren 8 Chromosomen nur 
äusserst selten alle verschieden sein könnten. Oefters würde der Fall 
eintreten, dass unter diesen 3 Chromosomen 2, 3 oder mehr gleich 
sind. Wir hätten z. B. eine Zusammenstellung 

ain bare: did, auf. 

Das befruchtete Ei würde somit auch nur äusserst selten, wenn 
überhaupt, 16 verschiedene Chromosomen enthalten. Meistens würden 
darunter mehrere identische Chromosomen vorkommen. Bei den nächsten 
Reductionen würden immer häufiger identische Chromosomen auf- 
treten, da die normale Zahl der Chromosomen im Drohnenei nur 
durch Längsspaltung der schon vorhandenen wieder hergestellt werden 
könnte. Der Process der Eliminirung würde zwar auf diese Weise 
gegenüber den hypothetischen, sich rein parthenogenetisch fort- 
pflanzenden Thieren sich stark verzögern und auf eine viel grössere 
Zahl von Generationen erstrecken. Schliesslich müsste aber doch die 
Zeit eintreten, wo nicht nur bei den Drohnen, sondern auch bei 
den Weibchen alle 16 Chromosomen in den Zellen identisch sein 
würden. 

Wie verhält es sich aber in dem Fall, wenn die Geschlechtsdrüsen, 
wie bei den Drohnen, aus dem Richtungscopulationskern entstehen ? 
Hier findet zuerst eine Aequationstheilung bei der Bildung des 
1. Richtungskörpers statt, so dass wir 2 Gruppen, jede mit voller 
Zahl der Chromosomen, erhalten. Selbstverständlich gelangen in jede 
Gruppe nur verschiedene Chromosomen, da durch die Aequations- 

32* 


500 A. PETRUNKEWITSCH, 


theilung wie quantitative so auch qualitative Reduction ausgeschlossen 
wird. Es waren also im: 

1. Richtungskörper a,b, c, d..... m; 11,10) 9 106 

Eikern 206 dE meen An pane 

Nun tritt die Reductionstheilung ein, wie im Eikern so auch im 

1. Richtungskörper. Es entstehen 4 Gruppen mit je 8 Chromosomen; 
jede Gruppe wird aber höchst wahrscheinlich verschieden zusammen- 
gesetzt sein, etwa wie folgt: 


Peripherer Theil des 1. Richtungskérpers a,c, m, p.. 
Benbralenen cs: | as! 45 Le b, diese 
2. Richtungskörper a; DAG, Mla. 
Weiblicher Pronucleus ef, 2 es 


Nun bilden der centrale Theil des 1. Mare mit dem 
2. Richtungskérper nach ihrer Copulation den ,,Richtungscopulations- 
kern.“ Dieser Kern erhält wieder 16 Chromosomen, die wohl selten 
alle verschieden sein werden, wenn nicht irgend eine Vorrichtung da- 
gegen im Ei selbst getroffen ist. Meistens werden wohl 2 oder 4 
identische Chromosomen vorhanden sein. Aber auch das entgegen- 
gesetzte Extrem wird dadurch fast unmöglich gemacht, denn es ist 
kaum denkbar, dass in den centralen Theil des 1. Richtungskörpers 
und den 2. Richtungskörper nur identische Chromosomen gelangen 
würden, dass wir also etwa die folgende Combination vor uns hätten: 


Centraler Theil des 1. Richtungskörpers a,b,c,d.... 8 
2. Richtungskörper A: DEC 


Selbst aber in diesem äusserst seltenen, wenn überhaupt mög- 
lichen Fall würde nur diejenige Combination der Chromosomen ein- 
treten, die wir für den 1. Furchungskern des Drohneneies oben erörtert 
haben und die beim hypothetischen Thier nur im denkbar besten Fall 
stattfinden könnte. 

Nach dieser theoretischen Auseinandersetzung liegt uns der Vor- 
theil auf der Hand, den die Entstehung der Geschlechtszellen bei den 
Drohnen aus dem Richtungscopulationskern gewährt. Bei der Spermato- 
genese würde also der Fall, dass identische Chromosomen in einem 
Spermakern enthalten wären, viel seltner eintreten, als wir das für 
die männlichen Geschlechtszellen zulassen mussten, wenn sie aus dem 
unbefruchteten weiblichen Pronucleus entstehen würden. Somit ist 
auch die Gefahr viel geringer, dass im Laufe von mehreren Gene- 
rationen der Eikern nur aus identischen Chromosomen zusammen- 
gestellt wäre, mit andern Worten, dass die qualitativen Unterschiede 


Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 501 


der einzelnen Chromosomen verloren gehen könnten. Bedenken wir, 
dass die 16 im Keimbläschen enthaltenen Chromosomen in Wirklich- 
keit vierwerthig sind, dass wir also nicht 16, sondern 64 Chromosomen 
vor uns haben, so müssen wir zugeben, dass die Gefahr der quali- 
tativen Nivellirung noch um ein Beträchtliches herabgesetzt wird, ja, 
dass sie überhaupt kaum noch vorhanden ist. 

Jetzt wird uns auch die andere Frage klar, warum im befruchteten 
Bienenei dieser complieirte Weg zum Aufbau der weiblichen Geschlechts- 
drüsen von der Natur nicht gewählt werden konnte, dass hier viel- 
mehr der gewöhnliche Entwicklungsvorgang stattfindet. Denn diese 
Art der Entwicklung ist die ursprüngliche, und sie könnte nur dann 
geändert werden, wenn sie in irgend welcher Weise für die Bienen 
von Vortheil wäre. Würden aber auch die weiblichen Genitalzellen 
sich aus dem Richtungscopulationskern entwickeln, so müsste auch die 
Befruchtung bei den ‘Bienen überhaupt überflüssig werden, und die 
ganze Colonie würde nur noch aus parthenogenetischen Weibchen be- 
stehen. Nun konnte aber das unbefruchtete Bienenei allem Anschein 
nach nicht die Eigenschaft entfalten, die weibliche Anlage zur Ent- 
wicklung zu bringen. Wenigstens wird bei den Bienen das Geschlecht 
ganz sicher dadurch definirt, dass die Befruchtung stattfinden muss, 
wenn eine Arbeiterin oder Königin zur Welt kommen soll. Die hierauf . 
bezüglichen Experimente von DIcKEL sind auch mangelhaft und falsch, 
und können diese Thatsache in keiner Weise erschiittern. Es würde 
mich zu weit führen, seine Experimente hier zu widerlegen. Ihnen 
widersprechen alle Erfahrungen der Imker und die Versuche, welche 
Orro Vom Ratu schon vor mehreren Jahren am hiesigen Institut an- 
gestellt hat. Wird das Volk zufällig oder künstlich entweiselt, und 
finden sich im Bienenstock keine befruchteten Eier oder aus denselben 
entstandene, aber noch junge Larven vor, so machen die Arbeiterinnen 
allerdings den Versuch, über Drohneneiern Weiselzellen zu errichten. 
Das Geschlecht der Larven, die in solchen falschen Weiselzellen aus 
den unbefruchteten Eiern entstehen, kann aber nicht mehr umge- 
stimmt werden, denn es fehlt ihnen eben das zum Eikern hinzu- 
kommende Sperma. Sie gehen früher oder später zu Grunde, weil 
der Futterbrei und alle andern Lebensbedingungen, die die Arbeiterinnen 
ihnen herzuschaffen versuchen, ihren Bedürfnissen nicht entsprechen, 
sondern vielmehr wie Gift auf sie wirken. Entsteht aber trotzdem in 
einer solchen falschen Weiselzelle ein lebendes Wesen, so ist es immer 
eine normale Drohne, wie es durch die Beobachtungen von KosHew- 


502 A. PETRUNKEWITSCH, 


NIKOW festgestellt ist!). Die Versuche von Orro Vom RATH wurden 
neuerdings in unserm Institut auch von Herrn Dr. v. BUTTEL-REEPEN 
wiederholt, aber mit demselben ungünstigen Erfolg. Aus einem durch 
zufälligen Tod der Königin entweiselten Volk wurden sofort alle 
Waben mit befruchteten Eiern entfernt. Ueber 8 von den noch vor- 
handenen Drohneneiern haben die Arbeiterinnen Weiselzellen errichtet. 
Alle 8 aus den Eiern entstandenen Larven gingen bald zu Grunde. 
Die Bienen schienen das selbst zu bemerken, denn sie suchten bald 
die Larven zu entfernen, indem sie die Weiselzellen durchnagten. 
Einige Weiselzellen wurden deshalb von kleinen Drahtnetzen umringt 
zum Schutz vor den Angriffen der Bienen, deren Sorge für die ver- 
deckelten Nymphen nicht mehr nöthig ist. Die Untersuchung ergab 
aber bald, dass auch diese Nymphen lebensunfähig waren: sie wurden 
todt und zerfallen in den Weiselzellen aufgefunden. 

Das unbefruchtete Bienenei kann somit nicht zum weiblichen 
Wesen auferzogen werden. Nun reicht aber der Spermavorrath im 
Receptaculum seminis der Königin oft nicht aus, trotzdem nur Arbeite- 
rinneneier befruchtet werden ?). Es musste also eine Vorrichtung ge- 
troffen werden, um den Verbrauch des Spermas wo möglich zu be- 
schränken, und auf diese Ursache, glaube ich, ist die parthenogene- 
tische Entstehung der Drohnen zurückzuführen. Dabei hat die Natur 
den Weg gewählt, welcher mehr Vortheile bieten konnte, sie hat dem 
weiblichen Pronucleus im unbefruchteten Ei nur den Aufbau des 


1) KosHrwnikxow, G. A, Anormale Erscheinungen im Leben der 
Bienenfamilie. Referat von Apervune in: Zool. Ctrbl., V. 8, 1901. 

2) Die Bienenkönigin wird bekanntlich nur einmal im Leben, auf 
ihrem Hochzeitsflug, begattet. Das Receptaculum seminis, in dem das 
Sperma aufbewahrt wird, kann nach den Angaben von LEUCKART etwa 
25000000 Spermatozoen aufbewahren, und diese Zahl ist vielleicht noch 
zu gering genommen. Bei der Befruchtung findet aber gewöhnlich Poly- 
spermie statt, es werden also viel mehr Spermatozoen verbraucht, als 
nothwendig ist. Das Leben der Arbeitsbienen ist in den Sommermonaten 
wohl nur auf mehrere Wochen beschränkt, der Verlust an Arbeitskraft 
muss fortwährend ersetzt werden, und so geschieht es, dass die Königin 
im 4. Lebensjahr oft alles Sperma verbraucht hat und keine Arbei- 
terinnen mehr erzogen werden können. Es werden nun nur Drohnen 
ins Leben gerufen, und die Colonie müsste zu Grunde gehen, was auch 
öfters geschieht, wenn die Arbeiterinnen nicht rechtzeitig eine junge 
Königin in einer Weiselzelle erzogen haben oder der Imker eine be- 
fruchtete Königin anstatt der alten ins Volk setzt. Es ist daraus klar, 
dass der grosse Spermavorrath doch schneller verbraucht wird, als man 
glauben könnte. 


Das Schicksal der Richtungskürper im Drohnenei. 503 


Somas überlassen und ihm die Fähigkeit genommen, Genitalzellen zu 
produciren. Diese wurden auf die copulirten Richtungskörper über- 
tragen. Wir müssen aber nicht denken, dass hier etwas ganz Neues 
und aus neuen Anlagen geschaffen wurde. Die Anlagen dazu waren 
schon längst gegeben. Die Copulation der Richtungskörper ist durch- 
aus nicht allein auf die Drohneneier beschränkt. Sie scheint vielmehr 
ein phyletisch alter Vorgang zu sein, denn, wie es scheint, findet sie 
überall dort statt, wo 2 Richtungskörper gebildet werden. HÄCKER 
hat eine solche Verschmelzung der Richtungskörper, verbunden sogar 
mit einer nachträglichen Wanderung ins Innere des Eies, bei Cyclops be- 
obachtet und beschrieben. HENKING konnte dasselbe für verschiedene 
Insecteneier feststellen, und von ihm stammt sogar der Ausdruck 
„Richtungskerncopulation“. Auch im befruchteten Bienenei findet eine 
Copulation der Richtungskörper statt, wie wir das früher erwähnt 
haben, und das weist auch darauf hin, dass bei den Bienen die Rich- 
tungskerncopulation ein älterer Vorgang ist als die Parthenogenese. 
Die Anlage war also schon vorhanden. Als der Eizelle homologe 
Zellen konnten die Richtungskörper zum Aufbau der Geschlechtszellen 
verwendet werden, und die Natur hat es, wie wir gesehen haben, zu 
ihrem grossen Vortheil ausgenutzt. 

Alle diese Erscheinungen wären von einem andern Standpunkt 
aus kaum erklärbar. Wir sehen, wie die WEısmann’sche Hypothese 
von der Continuität des Keimplasmas und der qualitativen Verschie- 
denheit der Chromosomen uns einen Schlüssel zur Erkenntniss dieser 
Erscheinungen giebt. Wie sollten wir z. B. diese complicirten Wan- 
derungen der aus dem Richtungscopulationskern entstandenen Zellen 
mit der Auffassung von der Identität der Chromosomen in Einklang 
bringen? Wäre es nicht für die Natur viel einfacher, die gewöhn- 
liche Entwicklung der Genitalzellen aus dem Pronucleus beizube- 
halten? Die Individualität der Chromosomen bliebe ja auch dann 
erhalten. Jedes Chromosom entsteht aus dem andern durch Längs- 
spaltung, keine Neubildung der Chromosomen, keine qualitativen Unter- 
schiede in den einzelnen Chromosomen derselben Zelle! Aber die Natur 
hat augenscheinlich diesen einfachen Modus der Geschlechtszellenbildung 
verworfen. Und so finde ich denn gerade darin, dass die Geschlechts- 
zellen im unbefruchteten Bienenei aus den Richtungskörpern entstehen, 
eine Stütze für die WEIısmanNn’sche Auffassung von der individuellen, 
d. h. qualitativen Verschiedenheit der Chromosomen. 


504 A. PETRUNKEWITSCH, 


Beziehungen der natürlichen zu der künstlichen 
Parthenogenese. 


Die Erscheinungen der natürlichen Parthenogenese haben ganz 
besonders an Interesse gewonnen, seitdem man die Erfahrung gemacht 
hat, dass befruchtungsbedürftige Eier durch künstliche chemische oder 
physikalische Einwirkungen entwicklungsfähig gemacht werden können. 
Zum ersten Mal vor mehreren Jahren von TicHoMIROFF!) entdeckt, hat 
die künstliche Parthenogenese in der letzten Zeit die Aufmerksamkeit 
einer ganzen Reihe von Forschern auf sich gelenkt. LoEB, MORGAN, 
WILSON, DELAGE, WINKLER u. A. haben uns eine Menge von wichtigen 
und verschiedenartigsten Methoden zur Erzeugung der künstlichen 
Parthenogenese gegeben. Zugleich wurde von den genannten Forschern 
diese Erscheinung auf ihre Ursachen und Wirkungen geprüft. Es 
wurden nicht allein die äussern Umwandlungen während der Embryo- 
genese, sondern auch die feinsten innern Vorgänge in der zur künst- 
lichen Parthenogenese gezwungenen Eizelle untersucht. Wir befinden 
uns jetzt im Besitz eines ganz beträchtlichen Materials von Thatsachen. 
Die Untersuchungen sind noch durchaus nicht abgeschlossen, aber die 
Resultate scheinen mir klar genug, um einige Schlüsse aus ihnen auf 
das Wesen der künstlichen Parthenogenese zu ziehen. Und ich glaube, 
dass es durchaus zeitgemäss ist, jetzt einen Versuch zu machen, die 
Beziehungen der künstlichen Parthenogenese zur natürlichen festzu- 
stellen. Einen solchen Versuch hat auch neuerdings LoEB gemacht, 
aber aus vielen Gründen muss ich seine Anschauungen verwerfen. Zur 
Beurtheilung dieser Gründe müssen wir aber vorher die wichtigsten 
Thatsachen ins Gedächtniss zurückrufen. 

Durch Wärme, Salzlösungen, Eintauchen in concentrirte Schwefel- 
säure (Insecteneier nach TICHOMIROFF), sowie durch Spermaextract 
können viele befruchtungsbedürftige Eier zur Entwicklung gebracht 
werden. Der Vorgang besteht darin (wenn wir uns an die am besten 
erforschten Echinodermeneier halten wollen), dass das Ei, nachdem 
in ihm nach der Entdeckung von MORGAN meistens mehrere Centro- 
somen, die sog. Cytastern von WILSON, erscheinen, sich zu furchen 
beginnt und im Lauf von einiger Zeit eine kleine Larve bildet. Die 
Furchung läuft gewöhnlich nicht so glatt wie bei befruchteten Eiern 


1) Meine Arbeit war schon im Druck, als eine neue Arbeit von 
Tichomrrorr im Zool. Anzeiger veröffentlicht wurde. Sie konnte des- 
halb von mir nicht berücksichtigt werden; ich komme aber in meiner 
nächsten Arbeit über künstliche Parthenogenese auf sie zu sprechen. 


Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 505 


ab, sondern es entstehen häufig Störungen, manche Eier gehen zu 
Grunde, andere entwickeln sich pathologisch (mit asymmetrischen 
Mitosen und andern nicht normalen Erscheinungen, Wırson). Viele 
Eier entwickeln sich aber doch zu Plutei, indem die Anfangs unregel- 
mässige Furchung allmählich ausgebessert und regulirt wird. Trotz- 
dem weichen die meisten Plutei von normalen in irgend einem Merk- 
mal ab. „None of these, in my experience, were exactly like those 
arising from fertilized eggs‘, schreibt WıLson. 

Was die innern Vorgiinge in kiinstlich parthenogenetisch sich ent- 
wickelnden Eiern anbetrifft, so stimmen die verschiedenen Angaben 
darüber noch nicht überein. Wınson konnte für Toxopneustes varie- 
gatus nach der Einwirkung von LoEB’s Chlormagnesiumlösung fest- 
stellen, dass die ursprüngliche Zahl der Chromosomen nicht wieder 
hergestellt wird. Es sind ihrer nämlich im Keimbläschen 36. Da die 
Richtungskörper schon im Ovarium abgeschnürt werden, so können die 
Eier erst dann in die Chlormagnesiumlösung gebracht werden, wenn 
bereits der weibliche Pronucleus ausgebildet ist. Die Untersuchung 
hat nun ergeben, dass die 18 Chromosomen des Pronucleus in dieser 
Zahl in der ganzen Embryogenese, d. h. bis zur Bildung des Pluteus, 
verharren !). 


Zu etwas andern Schlüssen kommt in seiner neuesten Arbeit Yves 
DELAGE. Er meint, dass für Strongylocentrotus wie für andere Formen 
zuerst eine Reifung des Cytoplasmas nöthig sei, da weder Befruch- 
tungsversuche noch künstliche Parthenogenese bei unreifen Eiern ge- 
lingen. DELAGE giebt zwei Erklärungen für diese Erscheinung, hält 
aber die folgende für wahrscheinlicher: „le cytoplasme fécondable de 
l'œuf en voie de maturation diffère du cytoplasme non fécondable de 
l’euf non mur par la pénétration du suc nucléaire à son intérieur.“ 
Die normale Zahl der Chromosomen im Keimbläschen von Strongylo- 
centrotus ist 187). Nachdem sie im Ovarium durch die Bildung der 


Richtungskörper auf die Hälfte reducirt ist, wird sie nach Einwirkung 


1) Es liegt darin eine beachtenswerthe Uebereinstimmung mit den 
Erscheinungen der Merogonie, bei welcher die Zahl der Chromosomen 
auch durch die ganze Embryogenese reducirt bleibt. Nach DELace 
soll die Chromosomenzahl bei der Merogonie dagegen wieder auf die 
normale zurückgeführt werden. An anderm Orte werde ich noch auf 
diese Arbeit von DELAGE zurückkommen. 

2) Darin liegt ein Irrthum, den Boverr neulich auch durchaus mit 
Recht dem berühmten Forscher vorgehalten hat. Die normale Zahl der 
Chromosomen ist nicht 18, sondern 36. 


506 A. PETRUNKEWITSCH, 


der Salzlösungen wieder hergestellt, etwa dadurch, dass „le filament 
chromatique provenant de la dislocation et du réarrangement de la 

n . 
substance de 9 chromosomes se recoupe en n fragments“. Zu dieser 
Beobachtung giebt DELAGE eine Anmerkung, in der er sagt, dass er 
in diesem Ei die Bildung der Richtungskörper nicht beobachtet hat, 
dass sie aber wahrscheinlich doch stattgefunden hat. 


Anders gestalten sich die Thatsachen nach DELAGE’s Unter- 
suchungen bei den Seesternen, von denen er die künstlich partheno- 
genetische Entwicklung von Asterias glacialis beschreibt. Normaler 
Weise sind im Keimbläschen von Asterias glacialis 18 Chromosomen 
enthalten. Diese Zahl wird bei künstlicher Parthenogenese nicht re- 
ducirt, weil die Richtungskörper erst etwa in 1 Stunde nach der Ent- 
leerung der Eier ins Seewasser gebildet werden und die Salzlösung 
die Abtrennung des 2. Richtungskörpers verhindert. „Il semble résulter 
de l’examen des expériences que les ceufs qui se développent parthéno- 
génétiquement, aussi bien quand ce développement est naturel que 
lorsqu’il est produit expérimentalement, n’émettent qu’un globule 
polaire, comme chez les animaux où la parthénogénèse naturelle 
est normale et fait partie du cycle évolutif.“ 

Von der Arbeit von DELAGE liegt uns gedruckt bis jetzt nur der 
eben besprochene Theil vor. Ob DELAGE einen theoretischen Vergleich 
der natürlichen Parthenogenese mit der künstlichen geben und welche 
Schliisse er aus diesem Vergleich ziehen wird, bleibt uns also vor- 
läufig unbekannt!). Einen solchen Versuch hat uns LOEB in seiner 
Arbeit über künstliche Parthenogenesis bei Anneliden gegeben, und ihn 
wollen wir jetzt näher besprechen. 


Lors giebt auch zu, dass die Entwicklung der zur künstlichen 
Parthenogenese gezwungenen Eier etwas anders vor sich geht als bei 
befruchteten Eiern. Sie ist langsamer, und die Tiefe der Furchungs- 
ebenen steht mit dem angewandten Reagens in Zusammenhang. 
Oft entstehen aus einem Ei, das mit MgCl, oder NaCl behandelt 
wurde, mehrere kleine Larven; bei Behandlung mit KCl entstehen 
dagegen oft durch Verschmelzen von mehreren Eiern Riesenlarven 
oder mehrere normal aussehende, aber an einander gewachsene Larven. 
Da eine verhältnissmässig geringe Schwankung in Gestalt der Salze 
im Seewasser dazu genügt, um die Eier zur Entwicklung zu bringen, 


1) Das Ende der Arbeit von DeLAGe ist unterdessen auch erschienen, 
giebt aber einen solchen Vergleich nicht. 


Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 507 


so sieht LoEB in der chemischen Beschaffenheit des Seewassers, resp. 
des Blutes, die Ursache der natiirlichen Parthenogenese und zugleich 
den Grund, warum bei andern Eiern die Entwicklung mittels natür- 
licher Parthenogenese verhindert wird. „It is the constitution of the 
sea water which prevents many or certain forms from being ,naturally‘ 
parthenogenetic.“ „By reversing this statement we may say, that in 
the naturally parthenogenetic animals it may be due to the constitution 
of the blood (or the sea-water?) that the egg can develop without 
fertilization.“ 

In diesen kurzen Zeilen giebt uns LOEB eine ganze Theorie der 
Entstehung der natiirlichen Parthenogenesis mit ihren Beziehungen zur 
künstlichen. Die beiden unterscheiden sich nach LOEB gar nicht unter 
einander. Jedes Ei kann künstlich zur parthenogenetischen Entwick- 
lung gebracht werden, und wenn in der Natur trotzdem nicht alle 
Eier sich natürlicher Weise durch Parthenogenese entwickeln, so hängt 
das damit zusammen, dass es diesen Eiern an gewissen physikalischen 
Reizen fehlt, die durch grössern Salzgehalt des Seewassers oder durch 
die chemische Constitution des Blutes bedingt werden. Diese, auf den 
ersten Blick so einfache Erklärung verliert aber vollständig den Boden 
unter sich, wenn man sie einer genauern Prüfung unterwirft. 


Zuerst fallen uns die Unterschiede im Verhalten des Chromatins 
auf. Das normale Ei sucht auf die eine oder andere Weise die ur- 
sprüngliche Zahl der Chromosomen zu erhalten. Zwar scheint das- 
selbe auch für Asterias glacialis bei der künstlichen Parthenogenese 
der Fall zu sein, indem hier die Bildung des 2. Richtungskörpers nach 
DELAGE ausbleiben soll, aber wir müssen nicht vergessen, dass gerade 
bei Asterias glacialis auch natürliche Parthenogenesis vorzukommen 
scheint. Sehr wahrscheinlich würde das Verhalten des Chromatins 
auch ganz anders ausfallen, wenn die Einwirkung der Salzlösungen 
nach der Abtrennung der beiden Richtungskörperchen erfolgt. Wie 
die Befunde von DELAGE an Strongylocentrotus mit denjenigen von 
Wırson an Toxopneustes in Einklang zu bringen sind, bleibt vorläufig 
unklar). Jeden Falls finden wir hier nichts der Copulation der Rich- 
tungskörper im Bienenei Aehnliches. Aber es mag die Zahl der Chromo- 
somen reducirt bleiben oder durch Längsspaltung wieder hergestellt 
sein, immer bleibt noch die Frage unbeantwortet, ob durch künstliche 
Parthenogenese ein normaler, fortpflanzungsfähiger Organismus her- 


1) Sie beruht, wie wir es jetzt aus der Arbeit von Bovert über 
mehrpolige Mitosen wissen, auf einem Irrthum von DELAGE. 


508 A. PETRUNKEWITSCH, 


vorzubringen ist. Bis jetzt scheinen ja alle Versuche auf Störungen 
im Entwicklungsgang hinzuweisen, und wer weiss, ob diese Störungen 
in der nachembryonalen Entwicklung nicht noch grösser sein würden ? 
Aber angenommen, wir hätten durch künstliche Parthenogenese einen 
fortpflanzungsfähigen Organismus erzeugt; sollten dann nicht die Er- 
scheinungen eintreten, die wir oben theoretisch für 2 Richtungskörper 
bildende Eier 'entworfen haben? Wir müssten jeden Falls aus dem- 
selben Ei eine ganze Reihe von parthenogenetischen Generationen er- 
ziehen, um zu sehen, ob auch diese Thiere auf die Dauer fortpflan- 
zungsfähig wären. 

Ich finde, dass die obigen Erörterungen genügen, um einen richtigen 
Standpunkt in der Frage von den Beziehungen der künstlichen Partheno- 
genese zur natürlichen zu gewinnen. Mag das endgültige Resultat 
auch das gleiche sein, wir können daraus nicht den Schluss ziehen, 
dass diese Erscheinungen auch genetisch gleich sind. Zwei gleiche 
Körper können z. B. sich in gleicher Bewegung mit derselben Ge- 
schwindigkeit befinden, wenn auch der Anstoss zu dieser Bewegung 
verschieden war. Im Moment, wo wir sie untersuchen, könnten wir 
leicht verführt sein, ihre Bewegung auf dieselbe Ursache zurückzu- 
führen. Und doch könnte z. B. der eine Körper von Beginn an eine 
directe Bewegung erhalten, während der andere zuerst sich im Kreise 
um einen Punkt bewegt hatte, sich dann aber lostrennte, um von nun 
an die Richtung der Tangente zu erhalten. Das Beispiel ist nur an- 
nähernd und mangelhaft, wie überhaupt jeder Vergleich, aber ich 
glaube, dass es meinen Gedanken richtig wiedergiebt. 

Im Leben jedes einzelnen Organismus können wir drei Kategorien 
von Kräften unterscheiden: 1) solche Kräfte, die sich in jeder ein- 
zelnen Zelle entfalten, 2) Kräfte, welche sich zwischen verschiedenen 
Zellen oder Zellencomplexen äussern, und 3) Kräfte, welche die Be- 
ziehungen des Gesammtorganismus zur Aussenwelt reguliren. Diese 
drei Kategorien von Kräften sind unter einander eng verbunden und 
können in der Natur nicht von einander getrennt werden. Sie äussern 
sich im Kampf der Theile und in der natürlichen Zuchtwahl, Gebiete, 
die bei der künstlichen Parthenogenesis vollständig wegfallen, die aber 
ihrerseits den Aufbau des Organismus reguliren und der Entwicklung 
eine bestimmte Richtung geben können. Die künstliche Partheno- 
genese kann sie gar nicht berücksichtigen, sie operirt nur mit directen 
physikalisch-chemischen Einflüssen auf die Eizelle. Wie sollte man 
aber z. B. allein aus der veränderten chemischen Construction des 
Blutes die Parthenogenese bei den Bienen erklären, mit ihren staunens- 


Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 509 


werthen Anpassungen und so tiefgreifenden Veränderungen? Hier ist 
nur eine Erklärung möglich: der lange Weg der natürlichen Auslese. 

Vielfach ist die künstliche Parthenogenese auch mit dem Problem 
der Befruchtung in Zusammenhang gebracht worden. Die Wirkung 
der Salzlösungen soll den Anstoss zur Entwicklung geben, genau so 
wie es das Centrosoma des Spermatozoons thut, und die künstlich er- 
zeugten Cytastern sollen dasselbe ersetzen. Dies mag ja auch richtig 
sein; es wäre aber ein grosser Fehler, daraus den Schluss zu ziehen, 
dass etwa die Extractivstoffe des Spermas dieses letztere ersetzen 
können. WINKLER scheint „die Annahme nicht nur gerechtfertigt, 
sondern sogar nothwendig zu sein, dass die Uebertragung eines Theils 
wenigstens der väterlichen Eigenschaften einfach darauf beruht, dass, 
um auf den Lachs zu exemplificiren, das nucleinsaure Protamin des 
Spermatozoons, so wie es im ganzen organischen Reiche eben nur im 
reifen Lachssperma vorhanden ist, in dieser ganz bestimmten Quantität 
mit den im Kern und Protoplasma des reifen Lachseies enthaltenen 
specifischen Stoffen in chemische Wechselwirkung tritt“. Somit wird 
die künstliche Parthenogenese zu gleicher Zeit von verschiedenen 
Forschern mit der natürlichen Parthenogenese und der Befruchtung 
identificirt. Wie kann man aber ein und dieselbe Erscheinung mit 
zwei andern identificiren, von denen die eine das directe Gegentheil, 
die Verneinung, das Nichtsein der andern darstellt? 

Wir sehen somit, dass die künstliche Parthenogenese eine weder 
der natürlichen Parthenogenese, noch der Befruchtung gleichwerthige 
Erscheinung ist. Sie könnte noch im besten Fall eine mittlere Stellung 
zwischen den beiden einnehmen, indem sie dem befruchtungsbedürftigen 
Ei die nöthigen Kräfte, den Anstoss zur Entwicklung giebt, ihm aber 
andere Eigenschaften raubt, die durch das Hinzutreten des organischen 
Spermakerns in der Befruchtung gegeben werden. Am besten aber 
trennen wir die künstliche Parthenogenese von der natürlichen und 
von der Befruchtung vollständig und behalten sie als eine Erscheinung 
für sich, die es ermöglicht, einer sonst ohne Befruchtung zum Tode 
verurtheilten befruchtungsbedürftigen Eizelle einen vom normalen in 
verschiedener Hinsicht abweichenden Organismus zu erzeugen und 
vielleicht seine Lebensenergie auf mehrere Generationen zu übertragen, 
bis der Verlust der Vererbungstendenzen mit dem Identischwerden 
der Chromosomen die vermuthliche Ausartung und das allmähliche 
Aussterben der künstlich erzeugten neuen Art herbeirufen wird. 


Freiburg i./B., 8. Febr. 1902. 


510 A. PETRUNKEWITSCH, 


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u BA ET ere 


Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 511 


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nn 


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Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 513 


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83) Weismann, A., Die Entwicklung der Dipteren im Ei, ibid. V. 18, 
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Insectenei, in: Beitr. Anat. Embryol, J. Hrxıe als Festgabe 
dargebracht, 1882. 

85) —, Das Keimplasma, eine Theorie der Vererbung, Jena 1892. 

86) Wueever, W. M, The embryology of Blatta germanica and Dory- 
phora decemlineata, in: Journ. Morphol., V. 3, 1889. 

Zool. Jahrb. XVII. Abth, f. Morph. 33 


514 A. PETRUNKEWITSCH, 


87) Witt, L., Zur Entwicklungsgeschichte der viviparen Aphiden, in: 
Biol. Ctrbl., V. 8, 1888. 

88) —, Zur Bildung des Eies und des Blastoderms bei den viviparen 
Aphiden, in: Arb. zool. Inst. Würzburg, V. 6. 

89) —, Entwicklungsgeschichte der viviparen Aphiden, in: Zool. Jahrb,, 
V. 3, Anat., 1889. 

90) Wırson, E. B., Experimental studies in cytology. I. A cytological 
study of artificial parthenogenesis in sea-urchin eggs, in: Arch, 
Entw.-Mech., V. 12, 1901. 

91) Wryxuer, H., Ueber den Einfluss äusserer Factoren auf die Theilung 
der Eier von Cystosira barbata, in: Ber. Deutsch. bot. Ges., 
V. 18, 1900. 

92) —, Ueber die Furchung unbefruchteter Eier unter der Einwirkung 
von Extractivstoffen aus dem Sperma, in: Nachr. Ges. Wiss. 
Göttingen, Heft 2, 1900. 

93) —, Ueber Merogonie und Befruchtung, in: Jahrb. wiss. Bot., 
V. 36, 1901. 

94) Wirzacziz, E., Entwicklungsgeschichte der Aphiden, in: Z. wiss. 
Zool., V. 40, 1884. 


ee à 


= 


Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 515 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel 11—13. 


A Anus Kt Kopffalte 

Am Amnion Md Mitteldarmepithel 

C Herz Mes Mesoderm 

Cb Cardioblasten O Mundöffnung 

Ch Chorion Ps Pericardialseptum 

Coe Cölom Rz Zellen, aus dem Richtungs- 
Dh Dotterhaut copulationskern entstanden 
Ek Ektoderm So Somatisches Blatt des Meso- 
F' Dotterkerne derms 

G Gehirn Sp Splanchnisches Blatt des Meso- 
Gz Genitalzellen derms 


h Epithelhülle der Genitaldriisen Ug Urgenitalzellen 
Ksf Keimstreif 


faxed 11. 


Fig. 1. Drohnenei. Querschnitt durch ein solches im Blastoderm- 
stadium. Trennung der Rz-Zellen in 2 Gruppen. 265:1. 

Fig. 2. Drohnenei. Frontaler Längsschnitt. Blastodermstadium. 
Die Rz-Zellen in 2 Gruppen getrennt. 200:1. 

Fig. 3. Drohnenei. Blastodermstadium bei Beginn der Amnion- 
bildung. Die ARz-Zellen auf der Rückenseite angesammelt. Quer- 
schnitt. 200 : 1. 

Fig. 4. Befruchtetes Bienenei im selben Stadium wie Fig. 3. Die 
Rz-Zellen fehlen. Querschnitt. 200:1. 

Fig. 5. Drohnenei. Stadium der Gastrulation. Querschnitt. 200:1. 

Fig. 6. Drohnenei. Ende der Gastrulation. Querschnitt. 200:1. 

Fig. 7. Drohnenei. Sagittaler Längsschnitt. Stadium wie Fig. 3. 
Die Rz-Zellen auf der Rückenseite an der Grenze zwischen Kopffalte 
und Amnion. 200:1. 


Fig. 8. Drohnenei. Sagittaler Längsschnitt. Segmentirung des 
Keimstreifens. Anlage des Mitteldarmepithels. Die Rz-Zellen auf der 
Rückenseite am freien Ende des Ektoderms. 200:1. 


Fig. 9. Drohnenei. Längsschnitt. Mitosen in den Rz-Zellen. 800.1. 
33* 


516 PETRUNKEWITSCH, Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 


Patel. 12) 


Fig. 10. Drohnenei. Querschnitt. Die Rz-Zellen zwischen Ekto- 
derm und Mitteldarmepithel. 200:1. 

Fig. 11. Drohnenei. Querschnitt aus dem 5. Abdominalsegment. 
Die Rz-Zellen im freien Raum vor der Mesodermréhre. 535:1. 

Fig. 12. Desgl. Die Rz-Zellen auf der Wanderung durch die 
Wand der Mesodermréhre. 535: 1. 

Fig. 13. Desgl. Die Rz-Zellen sind in das Célom eingewandert 
und bilden hier die Anlage der Geschlechtsdrüsen. 535:1. 

Fig. 14. Drohnenei. Querschnitt in derselben Höhe. Ausbildung 
des Pericardialseptums und der Epithelhülle der Geschlechtsdrüse. 535:1. 

Fig. 15. Drohnenei. Stadium kurz vor der Herzschliessung. Quer- 
schnitt. 356:1. 

Fig. 16. Drohnenei. Sagittaler Längsschnitt. Losgelöste Meso- 
dermzellen, die zwischen das Ektoderm und das Mitteldarmepithel ge- 
langen. 135 : 1. 

Fig. 17. Befruchtetes Bienenei. Querschnitt: Entstehung der 
Genitalzellen. 356:1. 


Ta tedidi3 


Fig. 18. Drohnenei. Stadium der vollendeten Larve. Querschnitt. 
Fig. 19. Drohnenei. Dasselbe Stadium. Sagittaler Längsschnitt. 


Fig. 20. Drohnenei. Dasselbe Stadium. Sagittaler Längsschnitt. 
(Auf der Abbildung sind der Deutlichkeit halber die Kerne etwas 
grösser und in geringerer Zahl als in Wirklichkeit eingezeichnet.) 100:1. 

Fig. 21. Parthenogenetisches Ei von Rhopalosiphum nymphaeae. 
Richtungscopulationsspindel. 1600: 1. 

Fig. 22. Desgl. Vermuthlich weiter fortgeschrittenes Stadium. 
1600 : 1. 


Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


The Origin and Development of the Wings 
of Coleoptera. 


By 
W. L. Tower. 


With plates 14—20 and 8 figures in the text. 


Contents. 


I. Introduction. 
II. Development of the Wings in Coleoptera. 
1. Origin of the Wing Fundament. 
a) Embryonic Development. 
b) Growth and Invagination in the Larva. 
. Formation of the larval Wings. 
. Significance of the Types of Wing Development. 
. Behavior of the Hypodermis. 
. Tracheal System of the Wings. 
a) Larval tracheal System. 
b) Adult tracheal System. 
. Formation of the Veins. 
. Other Tissues in the Larval Wings. 
. Homology of the Elytra. 
. The prepupal Stage and Pupation. 
. Development in the Pupa. 
. The mature Wings. 
a) Elytra. 
b) Hind Wings. 
III. Conclusion. 
Methods. 
Bibliography. 
Explanation of Plates. 


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I. Introduction. 


That the wings of insects are present in the larval stage was 
first discovered by Matpicut, in 1687, who found them already well 
developed in the mature larva of Bombyx mori. Following MALPIGHT, 


518 W. L. TOWER, 


SWAMMERDAM (1732—1738), REAUMUR (1734), LyoneT (1760) and 
others all found the partly developed imaginal organs present in the 
late larval stages of various insects. As a result of these discoveries, 
the fantastic theories, which had been held by the earlier authors 
concerning the relation of larva, pupa and imago in insect meta- 
morphosis, were replaced by a more rational account of the post- 
embryonic development of insects. 

Although, in this period, the advance made in knowledge con- 
cerning insect metamorphosis was great, the new explanation was still 
but a rough approximation of the truth, and it was clothed in a 
theoretic garb quite as fantastic as that of the earlier authors. Only 
the late stages in the development of the imaginal organs were seen; 
and, in ignorance of their origin and early development, it is not to 
be wondered at that the observations made were regarded as strong 
positive evidence for the truth of the “encasement theory”. 

Through the latter half of the eighteenth century and the first 
half of the nineteenth no further advance was made towards an ex- 
planation of the origin and development of the imaginal organs of 
insects. Each observer repeated the work of his predecessors, and 
no one succeeded in discovering the younger stages. 

The publication of WEISMANN’s papers (1864—1866) upon the 
post-embryonic development of Musca and the enunciation of the 
theory of metamorphosis by “imaginal discs” and the “histolysis” of 
larval tissue, form a starting point from which is to be dated a con- 
siderable body of observations upon the many phenomena concerned 
in insect metamorphosis. Of the adult insect structures whose develop- 
ment has been traced in the last forty years few have received 
more investigation than the wings. The evident importance of these 
organs to insects, and the taxonomic value assigned to them have 
made them the objects of much research and controversy. However, 
the major part of these studies have been made upon Lepidoptera, 
and thus, while the origin and development of wing in the higher, 
specialized forms is fairly well known the lower and more generalized 
orders have not been studied, and REHBERG’S (1886) paper still re- 
mains the only considerable attempt to trace the early development 
of the wings in any heterometabolic insect, and this paper is wholly 
inconclusive. 

The following paper contains the results of a research made to 
determine the origin and development of the wings of Coleoptera. 
This research was begun in the Zoological Laboratory of the Museum 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 519 


of Comparative Zoology at Harvard University under the direction of 
Dr. E. L. Mark. It was much extended in the Biological Laboratory 
of Antioch College, and completed in the Hull Zoological Laboratory 
of the University of Chicago. I take this opportunity to express my 
appreciation of the many valuable suggestions received from the 
Director of the Laboratory at Cambridge, Dr. E. L. Mark, and to 
Dr. C. B. Davenport of the University of Chicago. 


II. Development of the Wings in Coleoptera. 


The wings of all of the more specialized orders of insects 
are evaginations of the body wall into which there have migrated 
tracheae, nerves and mesodermal tissue, producing in the aggregate 
complex structures. In the Lepidoptera the development of the wing 
has been followed instar by instar, so that we know in detail the 
changes which occur in each stage. Moreover there is great uniformity 
in the wings of Lepidoptera, both as to the time of first appearance 
and as to their subsequent development, so that accurate comparisons 
are possible. The same is partly true for the Diptera and the 
Hymenoptera, but in the Coleoptera the amount of information con- 
cerning wing development is meagre. Excepting the papers of Com- 
stock & NEEDHAM (1899), KRÜGER (1899) and NEEDHAM (1900) which 
are the only considerable attempts that have been made to study the 
development of these organs in beetles, the literature on insect meta- 
morphosis contains only scattered and incomplete notes and these are 
entirely upon the later stages of wing development. 

Using Hippodamia 13punctata Linn. (Coccinellidae) as a subject, 
Comstock & NEEDHAM (1899) found a type of wing development of 
the same general character as that described by Gontn (1894) for 
Pieris excepting that the condition of the tracheal system is much 
simpler. KrÜGER (1899) worked upon Tenebrio molitor L. (Tenebrio- 
nidae), Lema asparagi L., and L. merdigera (Chrysomelidae) and after 
finding that the hind wings and elytra arise simultaneously and develop 
in an exactly similar manner for a major part of the larval life con- 
cludes that the elytra are divergent structures and not specialized 
wings. I shall show in the following pages that while the type of 
wing development found by Comstock & NEEDHAM (1899) is character- 
istic for a certain group of beetles, it is in reality not a common one, 
and I shall further show that the conclusions of KRÜGER (1899) are 
erroneous. 


520 W. L. TOWER, 


In the Coleoptera, more than in any other group of the Holo- 
metabola, are found diversity of larval form and metamorphoses. From 
the generalized, Campodea form larvae of the Carabidae, Dytiscidae, 
Staphylinidae and Coccinellidae, to the cylindrical, flesh feeding 
forms, Silpha and Dermestes, ts the elongated Elateridae, the 
Scarabaeid grubs, to the phytophagous eruciform Chrysomelid larvae, 
to the apodus Cerambycidae and Buprestidae, and finally to the most 
specialized of all, the Meloidae and Curculionidae, is a series such 
as no other order of insects can show. Where such diverse conditions 
of metamorphosis exist one should not expect to find anything like 
the uniformity in wing development which pervades the Lepidoptera. 
The problem is further complicated by the fact that only in a few 
cases do we know the number of stages in larval life, and these vary 
from three in Phytonomus punctatus Fas. to five in Meloe and seven 
or more in Dermestes. Many Coleoptera require one, two, three, or 
even more years in which to complete their larval life and in these 
species the number of moults is not known. 

In the course of this study, with the exception of a few forms, 
I have been obliged to depend upon material taken at random; con- 
sequently, in many cases it has not been possible to obtain complete 
series of stages. This has been especially true in the case of long- 
lived species (Cerambycidae and Scarabaeidae). In determining the 
larval stages I have been obliged to use the head measurements as 
the only reliable criteria in determining the larval stages, and in 
general this method has given satisfactory results. 


1. Origin of the Wing Fundament. 


At what time during the development of the individual the wing 
fundament arises, is a question which has been answered satisfactorily 
for only a few species of insects. Several authors, it is true, have. 
found the wing discs in the late embryonic stages, but have not 
traced them back to their origin. Thus VERSON (1890) showed that 
the wing discs were present in Bombyx mori in late embryonic life, 
and further that these discs had the cells composing them arranged 
in a “rosette”, and that they occupied the place where the spiracles 
of the mesothoracic and metathoracic segments should have been. 
He therefore concluded that the wing discs were derived from the 
spiracles. In very young Lepidopterous larvae, several authors, 
notably Dewrrz (1881), PAncritius (1884), Gonin (1894) and MERCER 
(1900), have found the wing discs, and have uniformly believed 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 521 


that they originate in the embryonic period. In the Diptera the pre- 
sense of the imaginal discs in the embryo has been noted by many 
authors, especially by PRATT (1900), but in the Hymenoptera, Coleo- 
ptera and the more generalized orders nothing is known of their 
origin. 

In the Coleoptera the lack of material has made it impossible 
for me to investigate the embryonic origin of the wing discs as 
thoroughly as I should wish. Embryonic material of the Chrysomelidae 
and Coccinellidae is easily obtained, but of the more interesting 
Cerambycidae and Scarabaeidae I have not been able to secure a 
sufficient amount for profitable study. Such observations as I have 
made, fragmentary and unsatisfactory as they are, are, nevertheless, 
of interest as throwing light upon the condition in the larval stages. 


a) Embryonic Development. 


In the embryo of Leptinotarsa decemlineata, shortly before hatching, 
or in the newly hatched larva the wing discs will be found lying beneath 
spots of black pigment on the sides of the last two thoracic segments. 
In Fig. 19 (Pl. 15) are shown the location of these spots and the 
wing fundament beneath them. 

In the late embryo or young larva the hypodermis is found to be 
thickened in the area described above, very much in some individuals 
or scarcely at all in others. There is great variation in this respect; 
about ten percent showing well developed discs, thirty percent, a slight 
thickening, and the remainder none that is perceptible. This variation 
is of considerable interest, and I shall recur to its probable cause 
further on. In Fig. 14 (Pl. 15) is represented a transverse section 
of a larva about eighteen hours after hatching. This section would, 
however, show equally well the condition as regards the wing disc in 
the late embryo. 

The wing disc, or fundament (al. fund) lies well up in the pleural 
region. It is elliptical in surface view and lies between two sets of 
muscles (mw) which become part of the elevator and depressor muscles 
of the adult wing. In Fig. 15 (Pl. 15) is shown a transverse section 
of the second abdominal segment from the same larva as Fig. 14. In 
this section the muscles corresponding to the two seen in Fig. 14 are 
easily distinguishable, and between them, upon the pleurum, is situated 
the spiracle. The positions of the wing fundament and of the spiracle 
are, therefore perfectly homologous. In each section (Figs. 14 and 15, 
PI. 15) a ventral thickening (dsc. v) is also seen. This occurs regularly 


522 W. L. TOWER, 


upon each segment and contains from three to ten large gland 
cells. 

According to the observations of WHEELER (1889) upon L. decem- 
lineata, (and my own substantiate his), every segment of the thorax 
and abdomen develops in embryonic life a well marked spiracular in- 
vagination. This, I find, arises as a thickened area of the hypodermis 
(ectoderm) which later becomes invaginated to form the tracheal tubes. 
According to WHEELER (1889) the prothoracic spiracle degenerates, the 
mesothoracic spiracle migrates anteriorly and becomes the functional 
prothoracie spiracle and the metathoracic spiracle also degenerates. 
My observations also confirm this, but in the migration of the spiracle 
from the side of the mesothorax to its larval position, the spiracle 
alone migrates and the thickened area of hypodermis about it remains 
and probably becomes the fundament of the elytron. 

The tracheal invaginations ramify anteriorly and posteriorly and 
the main branches of these fuse to form the longitudinal tracheal 
trunks, after which the openings in the prothorax and metathorax 
are rapidly cut off, leaving a disc shaped mass of cells which have a 
somewhat concentric arrangement. The further stages in the degener- 
ation of these spiracles I have not been able to observe. That this 
rudiment of the spiracle is converted into the imaginal disc of the 
wing seems probable, however, for the following reasons: 1) The disc 
of the wing always appears in exactly the same area as that in which 
the spiracle arose and degenerated. 2) The wing disc frequently 
shows a concentric arrangement of the cells in early stages, but loses 
this before invagination to form the wing begins. 3) If the wing fun- 
dament is not derived from the remains of the spiracle, then, since 
the wing disc has the exact position occupied by the spiracle, the 
latter must entirely degenerate and be replaced by new hypodermis, 
and from this the wing disc must arise. There is, however, absolutely 
no ground for belief in such a process and the only conclusion that 
seems at all tenable, is that the wing fundament is derived directly 
from the remains of the spiracle. This agrees with VErson’s (1890) 
conclusions. 

The discs are as a rule better developed in the mature embryo 
than in the young larva, and it seems certain that they must be 
formed in all of the embryos of the same species at the same stage 
of development. The existence of the discs well developed in the 
embryo and less so in the larva indicates either a degeneration or a 
subsidence into a quiescent period. Furthermore, the fact that this 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 523 


same tissue later forms the wings would indicate that after its rise 
the disc becomes quiescent to the extent that it almost disappears as 
a recognizable structure. 


From these observations, which are based solely upon L. decem- 
lineata, I believe that the wing discs are derived from some part of the 
mesothoracic and metathoracic spiracles and that the rudiments of the 
spiracles pass through a period of inactivity in the early larva before be- 
coming the active, growing fundament of the wing. In a large part of 
the species examined this resting stage seems carried to the extent 
that the cells of the fundament revert to the condition, as regards 
size, etc., of the surrounding hypodermis, so as not to be distinguish- 
able from it. Then, after a period of rest, these cells begin to grow 
and become the imaginal disc. This helps to explain the conditions 
found in the larvae of several beetles, the account of which belongs to 
another part of this paper. 


b) Growth and invagination in the Larva. 


The fundament of the wing has been observed in its early stages 
by many authors in the larvae of Diptera, Lepidoptera and Hymeno- 
ptera and they all describe the imaginal disc as arising as a thickened 
portion of the hypodermis. Likewise, in the Coleoptera, the first trace 
of the wing in the larva is a thickened disc-shaped area lying in the 
pleural region of the thoracic segments (Comstock & NEEDHAM 1899, 
KrÜGER 1899, NEEDHAM 1900). In the Heterometabola I do not 
know of any observations upon the origin or early stages of the wings. 
Many authors, GRABER (1867), REHBERG (1886), PACKARD (1898) and 
others “have concluded that the wings of the Heterometabola are 
dorsal backward outgrowths from the pleural or tergal portions of 
the thoracic hypodermis” but as far as I know not one of these 
authors has actually seen the first stage of the wing fundament, and 
their conclusions have been almost entirely based upon a superficial 
examination of larval stages, wherein the wings had already become 
external structures and had quite possibly shifted from their primi- 
tive position to one better adapted mechanically to the needs ot 
the larva. 


In the Coleopterous larva the wing fundament will earliest be 
recognized as a thickened plate of cells upon the pleurum of the 
mesothorax and metathorax. At first the fundament may show a de- 
cided concentric arrangement of the cells, such as has been described 


524 W. L. TOWER, 


by Verson (1890), Gontn (1894), Comstock & NEEDHAM (1899), 
NEEDHAM (1900), and Mercer (1900). I have observed this in young 
larvae of L. decemlineata, Hippodamia i13punctata and Epilachna 
borealis, but in Chrysobothris femorata, Phymatodes variabilis and 
allied forms no such concentric arrangement was found. In those 
species in which this “rosette” arrangement of cells occurs it is 
soon lost and the fundament appears as an elliptical area of 
polygonal cells, which is constantly increasing in thickness. In 
L. decemlineata, the cells composing the wing fundament are not 
distinguishable from those of the surrounding hypodermis excepting 
that they are more numerous within a given area. However, this 
same condition is found in other parts of the larval hypodermis and 
these do not develop into any larval or imaginal organ. The thicken- 
ing of the fundament continues gradually during the second instar 
(L. decemlineata), so that there is eventually formed a marked 
elliptical plate of cells occupying the entire breadth of each of the 
last two thoracic segments. This condition I have observed in L. 
decemlineata (Pl. 14, Figs. 1 and 2, Pl. 15, Figs. 14 and 16), Coc- 
cinella bipunctata L., Hippodamia 13punctata L., Epilachna borealis 
Fas., Phymatodes variabilis Fas. (Pl. 14, Fig. 5; Pl. 17, Fig. 26), 
Buprestis rufipes Ouıv., Chrysobothris femorata FAB., and Carabus 
sp.?. In C. bipunctata, H. 13punctata and E. borealis the disc is 
shorter than in the other species mentioned, being more nearly cir- 
cular in outline. In these Coccinellidae it is also more sharply marked 
off from the surrounding hypodermis than in the other beetles 
examined, but only rarely have I found it as sharply differentiated as 
is figured by Comstock & NEEDHAM (1899) for H. 13punctata. In 
most of the beetles examined there was a gradual transition from the 
disc to the surrounding hypodermis, such as I have figured for L. decem- 
lineata (Pl. 15, Figs. 14 and 16), or for P. variabilis (Pl. 17, 
Fig. 26). 

It has been shown by Dewirz and others that these imaginal 
discs are not circular, but are oval or elliptical in outline, and occupy 
the larger part of the side of the wing bearing segments. Thus 
Dewirz (1881) has shown that in Trichostegia varia Kou. the first 
stage of the wing fundament is a thickened elliptical area occupying 
nearly the entire breadth of the segment, and Verson (1890) has 
shown that in Bombyx mori the wing fundament is an elliptical 
“rosette” of cells placed where the spiracles of the last two segments 
ought to be. 


méme a 


Be. _ = 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 595 


The position of this fundament is a matter of some importance, 
as its careful investigation may give some positive anatomical evidence 
towards the solution of the phylogenetic origin of insect wings. In 
the Coleoptera the wing fundament always occupies a position just 
below the line where, later, the suture between the pleurum and 
tergum will originate. This location can be determined with a con- 
siderable degree of precision by reference to certain muscles and some 
segmentally arranged groups of glands. In Fig. 19 (Pl. 15) the position 
of the wing disc is clearly seen to be in line with the row of spiracles 
along the side of the body, and in Figs. 14 and 15 (Pl. 15) the wing 
fundament and the spiracle are clearly seen to occupy exactly the 
same relative position upon the side of the segments. The observ- 
ations of VERSON (1890), Gontn (1894) and Mercer (1900) upon 
Lepidoptera show that in this group the wing disc is placed at a 
point in the pleural hypodermis where the spiracles of the wing bear- 
ing segments should have been, thus corresponding exactly with the 
condition found in the Coleoptera. VERSON (1890) regarded the disc 
as a modified spiracle and the fine tracheae which connect with the 
longitudinal trachea, he believes to be the remnant of the once 
functional passage to the exterior. His conclusion that the wing is 
derived from the tracheal system (spiracle) seems to me premature 
considering the slight evidence put forward by him in support of this 
theory. If it can be shown by a comparative study of the early 
stages of insects wings of all orders, in both embryonic stages and 
young larvae, that they are derived from the rudiment of the degenerat- 
ing spiracle, or arise in place of a spiracle which itself does not 
appear, we may then conclude, with a fair probability that we are 
correct, that the wings are derived in some way from the tracheal 
system. 

After the wing fundament has become much thickened and the 
cells composing it are crowded together, the first invagination begins. 
According to Dewırz (1881) and Pancritius (1884) the first in- 
vagination is a furrow running longitudinally through the fundament. 
VERSON (1890), Gontn (1894) and Mercer (1900) have found the 
first invagination to be a nearly circular pit in the center of the wing 
disc, and Comsrock & NEEDHAM (1899) find the entire disc invaginat- 
ing (H. 13punctata). In L. decemlineata, E. borealis and P. vari- 
abilis the first invagination is a small round pit near the center of 
the wing fundament (Pl. 14, Fig. 1; Pl. 15, Fig. 17). This stage is 


526 W. L. TOWER, 


short and soon passes into one more characteristic and of longer 
duration, where the invagination exists as a furrow through the length 
of the wing disc (Pl. 14, Figs. 2 and 7). The occurrence of the pit- 
like invagination in several species of insects is of interest, and while 
it may be coincidence, or its existence may be due to similar mechanical 
causes existing in the wing fundament, it is also possible that it is 
of wide phylogenetic significance, and this seemed especially so when we 
consider that the tracheae arise in exactly the same way in the em- 
bryo, as does this pit in the wing fundament of the larva. At present, 
jt seems to me that this stage is in all probability entirely dependent 
upon mechanical causes existing in the wing fundaments and is not 
to be regarded as of phyletic significance. 


The time in larval life when the wings first appear is of interest. 
In the Lepidoptera as far as is known, the wing discs are found in 
the youngest larvae and in all probability arise in the embryo. In 
the Diptera, WEısmann and others have found that in some Nemato- 
cerous forms the wings appear just before pupation, while in Brachy- 
cerous forms the wings are present in the young larvae and probably 
arise in the embryo. 


In the Coleoptera there is considerable diversity in the time ot 
appearance of the wing discs. In H. 13punctata the wing appears 
when the larva is “about one fifth grown” (Comstock & NEEDHAM 
1899) and in a near ally, C. bipunctata, at the beginning of the third 
instar. In L. decemlineata, and likewise in E. borealis, the wing 
appears at the beginning of the third instar. In O. scabra careful 
search failed to show any trace of the wing until the last larval stage, 
but in a near ally L. fusca et al., the wing is present in larvae of 
the first year. The Cerambycidae and Buprestidae are also interest- 
ing as showing a postponement of the beginnings of wing development 
until the end of larval life, although the wing due may be present, as 
in C. femorata, throughout larval life. In the Carabidae the wings 
appear in the penultimate larval stage, but undergo no development 
until just before pupation. Lastly, in the Curculionidae the wings 
appear in the last larval stage. In the following table I have given 
the time in the larval life when the wings appear and some other 
data concerning the number of stages for the species studied by my- 
self and others. 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 527 


Ordin. number 


Fataily and Species Total number of stage in Length of 
* y of larval stages which the wings larval life 
appear 

Carabide 

Carabus sp. ? ? penultimate 1 year? 
Coccinellidae 

Hippodamia 13punctata 4 (?) 3d 2—4 weeks 

Coccinella bipunctata 4 3d 2—3 , 

Epilachna borealis 4 3d 2—4 ,, 
Dermestidae 

Anthrenus verbasci ? last ? 
Elateridae 

Melasis pectinicorms 5 (?) Ath (?) 1 year 
Buprestidae 

Buprestis rufipes 5 (?) Ath (?) do. 

Chrysobothris femorata 5 1st do. 
Scarabaeidae 

Lachnosterna fusca 5 (?) 2d 3 years 

Pelidnota punctata A) last 1 year 

Osmoderma scabra END) last 3 years 
Cerambycidae 

Orthosoma brunneum ? last 3 years 

Phymatodes variabilis 5 5th 1 year 
Chrysomelidae 

Leptinotarsa decemlineata 4 Ist 3—4 weeks 
Curculionidae 

Macropus sp.? 3 3d 6—8 weeks 

Mononychus vulpeculus 3 3d 3—4 weeks 


Why is there this difference in the time when the wings appear 
and begin to develop? Is it associated with the type of larval en- 
vironment? or is it associated with primitive or specialized conditions ? 
These are questions which, although not directly answerable, can 
better be discussed after some other evidence bearing upon this sub- 
ject has been considered. 


2. Formation of Larval Wings. 


After the first pit-like invagination is formed it elongates rapidly, 
forming a furrow nearly the entire length of the disc. This groove 
now deepens rapidly (Pl. 14, Figs 2 and 7; Pl. 15, Fig. 17, Pl. 17, Fig. 27) 
and simultaneously the dorsal part of the invaginated tissue becomes 
thickened (Pl. 17, Fig. 27) until it may be twice as thick as the 
ventral part. This invagination completed, the wing is now ready to 
enter upon one of the special lines of development which they follow 
in reaching the adult stage. 


528 W. L. TOWER, 


The wings of all Coleoptera develop in exactly the same way 
up to and through the formation of the first invagination, but from 
that point until the pupal stage is reached the type of wing develop- 
ment varies in different families and species. Three types of imaginal 
discs were recognized by Gontn (1894) and were called by him the 
Corethra, Pieris and Musca types. From my observations upon Co- 
leoptera and several Holometabolous insects and PrArr’s (1900) upon 
Melophagus, the list of types of imaginal discs is extended to at least 
five with numerous gradations between the first four. 


Fig. A. Diagrammatic representation of the rise and development of the “simple 
type” of imaginal disc. 

1) Simple type. The fundament of the imaginal organ not 
sharply marked off from the body hypodermis and usually directly 
evaginated to form the imaginal organs. The evagination is usually 
preceded by a slight invagin- 
ation. Characteristic of all 
known Heterometabola and 
many families of Coleoptera. 
It is the dominant type of 
wing development in beetles. 
= 2) Recessed type= 
à Corethra type of Goxix. The 

1 _fundament is invaginated 
Fig. B. Diagrammatic representation of the and then evaginated and so 
rise and development of the “recessed type” of Jjes in a shallow niche in 

imaginal dise. 
the hypodermal wall, but 


opens broadly against the cuticula.' Scarabaeidae in the Coleoptera 
and Nematocerous Diptera. 


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The origin and development of the wings of Coleoptera. 529 


3) Enclosed type = Pieris type of Gonin. The fundament 
is invaginated, then evaginates, the lips of the cavity of the invagination 
close so that the fundament lies in a closed sac connecting with the 
body wall by a short peduncle. Coccinellidae and Chrysomelidae in 
Coleoptera, all Neuroptera and Lepidoptera. 


[©] 
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Fig. ©. Diagrammatic representation of the origin and development of the “en- 
closed type” of imaginal disc. 

4) Stalked type — Musca type of Gonix. With the fundament 
formed and inclosed as in the preceding type, but with the peduncle 
much attenuated and the fundament lying some distance within the 
body cavity. Musca and allied forms. 


Fig. D. Diagrammatic representation of the origin and development of the “stalked 
type” of imaginal dise. 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 


34 


530 W. L. TOWER, 


5) Detached type with the fundament entirely cut off from 
the hypodermis and lying free in the body cavity. Melophagus (PRATT, 
1900). 


Fig. E. Diagrammatic representation of the origin and development of the “detached 
type” of imaginal dise. Modified from PRATT. 

In the Coleoptera the wings develop according to one of the first 
three types, no species being known that shows the imaginal discs of 
the last two types, which are known only in the Diptera. The devel- 
opment of the wings in the larvae of Coleoptera I shall discuss by 
types of development rather than by species and the probable signi- 
ficance of these types I shall consider at the end of this section. 


1) Sim plestiy pe: 

In Phymatodes variabilis, Chrysobothris femorata, Buprestis rufipes, 
and many other unidentified species of Cerambycidae and Buprestidae, 
during the formation of the first invagination a considerable area of 
the hypodermis draws away from the cuticula but remains connected 
with it by fine threads of chitinous material, which are secreted by 
the cells as they more inward (Pl. 17, Figs. 27 and 28 cia,). The 
proximal side of the fundament is supplied with small tracheal branches 
from the dorsal longitudinal tracheal trunk; and leucocytes, blood 
corpuscles, and cells resembling the “embryonic cells” of Verson (1890) 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 531 


are also numerous. Where the wing fundament has reached its 
maximum invagination, which rarely exceeds two or three times the 
thickness of the hypodermis, the dorsal portion of the invaginated 
tissue thickens slightly and is evaginated downwards between the 
hypodermis and the cuticula, thus forming the beginning of the larval 
wing (Pl. 17, Figs. 28—31). 

This development takes place entirely in the last larval stage 
and produces a larval wing lying between the somatic hypodermis and 
the cuticula without a trace of a wing sac (peripodal sac) and only 
enough invagination to allow the wing to be formed beneath the cuti- 
cula. The wing is thus from the start outside of the body and differs 
in that respect from the usual recorded type of Holometabolic insect 
wing development. The evagination of the wing is evidently a rapid 
process, for in no case have I been able to obtain preparations in this stage, 
although stages just before or just after evagination are easily obtained. 

With the evagination of the wing the embryonic cells increase 
in number and become aggregated into large groups or masses 
irregularly arranged near the opening of the wing cavity. There, 
is, however, a considerable variation in the number of these cells 
in different individuals (Pl. 17, Fig. 30 ce). In the corresponding 
stage of Chrysobothris femorata (Pl. 18, Fig. 45) and in Buprestis 
rufipes there is a dense mass of cells surrounding the tracheal trunk 
and closing the opening to the wing cavity. Some of these may arise 
from the “embryonic cells”, but the larger part are surely due to the 
proliferation of the hypotrichal membrane of the tracheal trunk. 

The further development of the wing of Phymatodes in the larva 
consists in the continued downward growth of the wing fold between 
the body and the cuticula. In Figs. 7—10 (Pl. 14) are shown sur- 
face views of the developing wing of P. variabilis made by graphic 
reconstruction from serial sections. Fig. 7 (Pl. 14) shows the first 
invagination in the same stage as is shown in Fig. 26 (Pl. 17) in 
transverse section. In Fig. 8 (Pl. 14) the evagination of the wing 
has already produced a well marked wing fold. This same stage is 
also shown in Fig. 30 (Pl. 17) in transverse section. In Figs. 9 and 
10 (Pl. 14) and Figs. 27—29 (Pl. 17) are shown later stages in sur- 
face view and in transverse section. The development of the wings 
in Phymatodes is interesting and shows the simplest condition. of wing 
development yet described. 

In addition to Phymatodes other Cerambycidae have the wings 
developing in the same way: Prionus, Calladium, and several larvae 

34* 


532 W. L. TOWER, 


of undetermined genera. The Buprestidae (Buprestis, Chrysobothris, 
Agilus), Carabidae (Carabus), Elateridae (Elater, Melanotus) and 
Curculionidae (Macropus, Mononychus) have the wings developing in 
the same way as in Phymatodes, with slight variations in individual 
species. All, however, conform strictly to this simple type of wing 
development. An examination of other families of beetles will un- 
doubtedly extend the list of genera and species wherein the wings 
develop according to this type. It seems then that this “simple type” 
of wing development is characteristic of several large and important 
families of Coleoptera, and it may, I think, be taken as more character- 
istic of the order as a whole than either of the two following types. 


2) Recessed type = Corethra type of Gonin (1894). 


A more complicated type of development is found in the Scara- 
baeidae where I have observed it in Osmoderma scabra and Lachno- 
sterna fusca, et al. The first stage of the development of the wing 
in these beetles I have not been able to obtain and in every case 
seen the wing disc was well developed. From the structure of these 
discs in the Scarabaeidae and from what is known of the development 
of similar structures in Diptera there is no doubt that the hypo- 
dermis first thickens, invaginates to form a deep pocket and then 
evaginates to form the fundament, which at the end of the process 
comes to lie in a deep pocket or niche of the hypodermis opening 
broadly against the cuticula (Pl. 14, Fig. 11 al.a, eac. al; Pl. 15, 
Fig. 20). In the two species studied the wing disc is not a round 
or oval shaped structure as in the Diptera, but is much elongated in 
the anterior-posterior axis and occupies nearly the entire breadth of 
the segment. In Figs. 11, 12 and 13 (Pl. 14) are shown surface views 
of the wings of O. scabra made by reconstruction from serial sections. 
In the later development of the wings of O. scabra or L. fusca the 
wing grows rapidly, at the beginning of the prepupal stage pushing 
out and downward from its containing pocket between the hypodermis 
and the cuticula. 


This type of wing development I have not found in any species of 
Coleoptera outside of the Scarabaeidae, although several undetermined 
species of Scarabaeid grubs show this form of wing fundament. This 
type of development may be found in other families of Coleoptera, but 
I doubt if it is of as wide occurrence as the preceding one. It does, 
however, form a connecting link between the preceding and the fol- 
lowing types of wing development. 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 533 


3) Enclosed type = Pieris type of Gonın (1894). 

The most complicated method of wing development in beetles is 
found in the Coccinellidae and Chrysomelidae, and in no other families, 
as far as is known. Of the two families the former presents a much 
simpler condition than the latter as regards the wing fundament and 
its containing sac. 

In both families the wing fundament is evaginated in the same 
way. The larger part of the thickened wing disc swings inward from 
the cuticula as if hinged by the dorsal edge, while a relatively thin 
layer of hypodermis forms the ventral part of the pocket thus formed. 
In this type of wing development there is then first a longitudinal 
furrow above which the hypodermis thickens to form the wing fun- 
dament and below which it becomes thinner to form the wing sac. 
By the continued inward movement of the furrow the upper and 
lower parts of the primitive disc are made to behave as described 
above. The lips of the pocket now come together forming a closed sac 
which completely cuts off the wing fundament from the outside world 
(Pl. 15, Fig. 18). In the Coccinellid, H. 13punctata, Comstock & 
NEEDHAM (1899) describe and figure the wing sacs as open structures 
much like those found in the Scarabaeidae. They state that “as 
growth continues, the wing extends itself slowly ventrally, as shown 
in fig. 86; the mouth of its enveloping pouch becomes somewhat 
closed by the growth and extension of the pleural hypodermis, but 
to various degrees in different specimens, a larger part of the 
larval wing being often found covered exteriorly only by the chitin 
of the integument.“ I have been unable to corroborate their observ- 
ations with properly preserved material. Specimens killed in HERMANN’s 
or FLEMMING’S fluid or sublimate acetic acid mixtures do not show 
this structure, as the edges of the wing pocket being in close contact, close 
the wing sac (PI. 20, Figs.65 and 66). With material killed in PerENny1’s 
fluid, picric acid mixtures, hot water, or alcohol and corrosive sub- 
limate exactly the conditions described by Comstock & NEEDHAM are 
found; and this is due to the great shrinkage and distortion produced 
by these reagents upon insect tissue. 

In L. decemlineata, after the invagination of the hypodermis the 
opening of the wing pocket closes, but the lips do not fuse for more 
than the posterior half of the opening. A closed sac is thus formed 
with the dorsal wall thick, the ventral wall thin. The dorsal’ part 
now evaginates downward into the wing sac, and soon the growing 
wing has obliterated the cavity of the invagination, so that the dorsal 


534 W. L. TOWER, 


and ventral layers are everywhere in contact except for a thin 
chitinous lamella which lies between them (Pl. 15, Fig. 18 cta,; 
Pl. 20, Figs. 65 and 66). The peduncle by which this imaginal dise 
is attatched to the body wall now elongates slightly (L. decemlineata) 
so that the proximal side of the wing is closely approximated to the 
dorsal tracheal trunk, and from this the wing now receives several 
small tracheoles which have developed at various points on the tracheal 
trunk near the wing. These are not the original tracheal supply of 
the wing disc, for, as I have already shown, in the earliest stages the 
fundament has a well marked tracheal branch from the tracheal trunk 
(Pl. 15, Figs) 14, 16 and 17; Pl. 17, Figs. 26, 27, 28 and 29; Pl 2% 
Fig. 64). 

At the stage shown in Fig. 18 (Pl. 15) the two layers of the 
wing are differentiated, the future dorsal layer (4 drm,) being thicker 
than the ventral one (A’drm,), and this is true of both elytra and 
hind wings. Further growth of the wing is in a downward and back- 
ward direction, so that the wing disc becomes an oval body projecting 
into the body cavity but attached to the body wall by a short, thick 
peduncle. Sections taken at the anterior end of the wing show a 
structure like that seen in Fig. 21 (Pl. 16) or Fig. 66 (Pl. 20), while 
sections at the posterior end show the wing entirely cut off from the 
hypodermis, as in the Lepidoptera (Pl. 17, Fig. 32; Pl. 20, Fig. 67) 
During this growth the cavity of the wing becomes more and more 
marked, especially near the posterior portion of the opening into the 
wing. The anterior part of the wing fundament still has the two 
layers in close contact (Pl. 16, Fig. 21). Tracheoles, embryonic cells, 
and leucocytes have increased in number during the growth of the 
wing and now form a tangled mass near the opening of the wing 
cavity. 

During most of the larval stage the wings grow slowly and remain 
in much the same condition as that shown in Fig. 21 (Pl. 16). When 
the larva ceases feeding and begins the prepupal stage the wings in- 
crease rapidly in size, which is largely due to a rearrangement of the 
contents of the hypodermal cells and the entrance of haemolymph into 
the wing cavity. The wing soon becomes too large for the wing sac, 
and as it grows it pushes up and out of the sac which has begun to 
open and at the same time — the dorsal motion being limited — 
pushes the hypodermis of the wing pocket down and out of the way 
(Pl. 16, Fig. 22): 

The wings of these beetles all leave the wing sac in the 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 535 


manner described above, which is essentially an opening of the lumen 
of the peripodal sac (wing sac), as it occurs in Diptera, to allow the 
growing organ to pass out. The development of a wing of this type 
is shown in the figures of the wings of L. decemlineata as seen in 
surface view from graphic reconstructions (Pl. 14, Figs. i, 2, 3, 4, 5 
and 6). Figs. 1, 2 and 3 show larval stages, Fig. 4 shows a stage 
in the escape of the wing in the prepupa, and Figs. 5 and 6 show 
the rapid growth of the wing during the prepupal stage. 

In the Lepidoptera, Gonın (1894) believes that the wings become 
external by the destruction of the “peripodal” sac, and the existence 
of seemingly degenerating tissue near the wings gave color to this 
view. This degenerating tissue is, as MERCER (1900) has shown, the 
precipitated exuvial fluid which, with hot corrosive sublimate, assumes 
forms that closely resemble degenerating tissue. MERCER (1900) believes 
that the wing sac partly draws away and is partly pushed away by 
the growing wing. In the Coleoptera the hypodermis is entirely 
passive during this process and changes only as the wing grows and 
so changes the position of tissues that impede its movement. I have 
also studied the development of the wing in Clisiocampa americana 
(Lepidoptera) and find these conditions like those described for the 
Coleoptera. This process is then one that is entirely dependent upon 
the rapid increase in the size of the wing as the larva nears pupation, 
and the capacity for an almost unlimited amount of stretching upon 
the part of the hypodermis of the wing sac. It does not involve 
any destruction of tissue or retraction of the hypodermis. 

The account by Comstock & NEEDHAM (1899) of the development 
of the wings in H. 13punctata would if correct, place the Coccinellidae 
as transitional forms between the Scarabaeidae and Chrysomelidae 
as regards wing development. Their account is, however, inaccurate 
in this respect, although admirable in others. On Plate 20 in 
Figs. 64—67 I have shown several stages in the development of the 
wing of H. 13punctata where it is evident that the wing sac is closed, 
but that there is a considerable space in it not occupied by the wings, 
as indicated by the reticulated chitinous mass that fills it. The wing 
lies close to the body wall, there being almost no peduncle to the wing 
disc (Pl. 20, Fig. 66). In L. decemlineata the space of the wing 
cavity is obliterated, the stalk of the wing disc is longer and the 
tracheal system is more complex than in the Coccinellidae; therefore, 
it seems that the Chrysomelidae show the most specialized condition 
of wing development yet found in the Coleoptera. 


536 W. L. TOWER, 


5. Significance of the Types of Wing Development. 


In the preceding section I have shown that the wings of Coleo- 
ptera develop during larval life in one of three ways, and that the 
beginning and the result of the process is in every case the same; 
the formation of the adult wings which have essentially the same struc- 
ture. This interesting variation in the intermediate stages of the same 
organ in the same group is probably due to two causes, variety of 
larval habits and habitat, and rapidity of development. 

In the species studied it was evident that the prevailing type of 
wing development is a simple one where the wings develop directly 
beneath the cuticula without the formation of even a trace of a wing 
sac. In all of the beetles which show this type of development the 
larval period is long, in some cases (Scarabaeidae and Cerambycidae) 
being two, three, or even more years in duration. The Curculionidae 
are, however, an exception to this rule, but in this family the wings do 
not appear until the last instar, when there is no need of a wing 
sac. In most of the species studied, which fall into this class as 
regards wing development, the maximum growth is attained in early 
winter and the larva then lies dormant until warm weather comes again. 
The last larval moult preceding the final one occurs in late autumn, 
and soon after this the wing discs are found as slightly thickened areas 
upon the sides of the thoracic segments. They remain in this simple 
state until the following spring, when, with the increase of temperature, 
development begins again. 

This type of wing development forms, I believe, a connecting link 
between the simpler condition of the Heterometabola and the more 
complicated one of the Holometabola. As I was unable to find any 
satisfactory account of the origin and development of the wings of 
Heterometabolic insects, I have made -for purposes of comparison, a 
careful study of the rise and development of the wings in some 
Hemiptera and Orthoptera, but I shall present here only such data 
as are needed for the sake of comparison, reserving the rest of my 
observations for a later communication. 

In Anasa tristis DE G. (Hemiptera) the wings are present as 
disc-like thickenings of the pleural hypodermis of the last two thoracic 
segments. These are present in the youngest larvae and probably 
arise in the embryo. Each disc is supplied with a small tracheal 
branch from the longitudinal tracheal trunk, and is in exactly the same 
position upon the thorax of the larva as are the discs in Coleopterz 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 537 


or Lepidoptera. During the first instar the disc thickens slowly, but 
after passing into the second instar, it invaginates slightly, then 
evaginates into the narrow cavity thus formed, and at the following 
ecdysis becomes an external structure. It should be noted that the 
wings are in no sense “dorsal backward prolongations of the tergum” 
as PACKARD, GRABER and others have argued, but arise as true lateral 
structures which, for the mechanical convenience of the larva, are 
shifted in later moults to another position. 

In Microcentrum latifolium (Orthoptera), the wings arise in the 
same way as described for Anasa, but in the embryo, so that at hat- 
ching the embryo shows well developed wings already evaginated lying 
beneath the cuticula of the first larval stage ready to become external 
at the beginning of the second larval stage. 

If the development of the wings in Anasa or Microcentrum could 
be retarded so that the wings should not begin to grow until the 
last larval stage, which should also be prolonged, then the development 
of the wings of the Holometabola and Heterometabolous species would 
not differ. Even as it is the development of the wings in Anasa or 
a beetle like Phymatodes is alike even in details except in the time 
when they become external, as far as the type of wing development 
is concerned there is no difference. In this connection it is of interest 
to note that in some of the T'eftigidae (Tettigidea), — so I am informed 
by Dr. Hancock, — the wings remain beneath the cuticula during the 
larval life and then at the final transformation emerge as fully de- 
veloped wings. In this interesting case we see in a Heterometabolic 
insect a condition of wing development that is exactly like that of 
the Holometabola. In this group also there is a more or less pro- 
nounced change of form, a loss of larval characters and the assumption 
of adult ones. In the face of such examples as these one is led to 
doubt seriously the accuracy of the wide application of the terms Hetero- 
metabola and Holometabola. Such conflicting phenomena are not con- 
fined to the Heterometabola,.but occur in insects with supposedly 
complete metamorphosis, there being many records of beetle larvae 
with wings, Dewitz (1883) and others. In forms like the meal 
worm a constant percentage have the wings external in the larva, 
while in forms like the Staphylinidae there is scarcely any external 
change from larva to adult, certainly no more than occurs in the 
last moult of many insects with an incomplete metamorphosis. 

Comstock & NEEDHAM (1899) have advanced the view that the 
wings of all insects are developed upon one fundamental type, and 


538 W. L. TOWER, 


this is perhaps what one might expect, although they have not put 
forward any conclusive evidence upon this point. Their evidence was 
the venation, which might have arisen secondarily from mechanical 
necessity so that the resemblance between the wings of insects in this 
respect would have been purely accidental. I have, I believe, presented 
here for the first time observations showing that the development of 
the wings in insects with complete and incomplete metamorphosis is 
essentially the same, but is obscured or complicated by conditions 
prevailing in the more specialized orders. Undoubtedly the type of 
wing development found in most of the Coleoptera examined is one 
derived directly from Heterometabolic ancestors and has persisted in 
nearly its original condition as regards development, although retarded 
or postponed in its activities until the final larval stage. 

In those forms which have the wings in the larva lodged in a 
shallow pocket of the hypodermis we encounter the first specialization. 
In the Scarabaeidae the condition as regards wing development is 
peculiar. In some species as in O. scabra the wings arise late in 
larval life or shortly before pupation, but in L. fusca et al. the wings 
are present in the larvae of the first year as a typical recessed imaginal 
disc. It remains dormant, however, until just before pupation, when 
growth begins. The diversity in wing development shown by these 
two species is difficult if not impossible of explanation at the present 
time. We may of course say, that in L. fusca the wing appears at 
the normal time, and that in O. scabra, because of the long larval life 
the wings have been retarded from generation to generation until now 
it does not begin to develop until late in the larval period. This, 
however, is not an explanation, but a statement of the stages through 
which we suppose it passed in reaching its present condition. At 
present there is not enough known of insect metamorphosis from the 
standpoint of experiment to permit of attempting to explain phenomena 
like these. 

Both of the preceding types of wing development have been 
found in beetles having a long larval period, extending over several 
months or even years, but in the families having short larval periods, 
a different and more complicated type of wing development is found. 
In beetles with long larval periods the wing requires from ten weeks 
(Phymatodes) in which to complete its development to fifteen weeks 
(Osmoderma), and the type of wing development found there is obviously 
adapted to the larval conditions, since no ecdyses occur where the wing 
may become prematurely an external structure, and the slow wing 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 539 


growth is possible between the hypodermis and cuticula without causing 
any inconvenience to the larva. In the Coccinellidae and Chryso- 
melidae, where the larval period is short and ecdyses occur in rapid 
succession, some arrangement must be made whereby the wings which 
are already well formed in the half grown larva can pass from instar 
to instar without becoming external structures. This has been ac- 
complished by the retreat of the wing inward from the surface and 
its becoming surrounded by a sac or pocket of the hypodermis which 
protects the organ from injury and allows ecdysis to go on and the wing 
not become prematurely an external structure. This has resulted in 
the establishment of a type of wing development almost exactly like 
that of the Lepidoptera, and probably by similar causes. 

In these beetles the chitin which is secreted by the wing in the 
wing sac is cast at ecdysis like that of the rest of the surface, and 
not infrequently after this has been drawn out the opening of the wing 
sac fails to close completely, so that the cavity of the wing sac opens 
freely to the outside world. It is quite evident that insects which 
possess wings in the early larval stages and which have frequent ec- 
dyses must have some method of preventing these organs from be- 
coming external and appearing prematurely, perhaps to the great in- 
jury of the insect. In this may lie the secret of the origin of the 
highly specialized imaginal discs of Lepidoptera, Diptera and some 
Coleoptera. I think we may conclude that in the Holometabola, 
where, for any reason, the larval period becomes shortened, the 
imaginal disc retreats from the surface, more and more, and in the 
pockets thus formed the imaginal organ being well protected may go 
on developing uninterrupted by any of the activities of the larva or 
vicissitudes of the environment. While duration of larval life is un- 
doubtedly important, the degree of specialization of the larva as a 
whole is probably also a potent factor in the production of specialized 
types of imaginal discs. These two, length of larval life and type of 
larva are closely associated and are almost certainly two manifestations 
of the effect of the environment upon larval life and development. 


4. Behavior of the Hypodermis. 


In the early stages of the wing fundament the cells differ in no 
way from those of the hypodermis immediately about it, but when 
the disc becomes thickened the cells have a characteristic polygonal 
shape, such as has been figured by Pancririus (1884) and occurs so 
frequently in insect tissue. The volume of the cell has not increased, 


540 W. L. TOWER, 


but the crowding in the disc has caused a rearrangement of the 
contents of the cell so that the nuclei lie at different levels with the 
cytoplasm pressed out into the ends of the cell. Each cell reaches 
from the inner to the outer side of the disc, which is then a single 
layer of cells (and not many layered) (Pl. 15, Figs. 16 and 17; 
Pl. 17, Figs. 26 to 31; Pl. 20, Figs. 64 and 65). 

During the evagination of the wing into the wing sac, or between 
the hypodermis and cuticula, and through the larval stages until the 
beginning of the prepupal stage the hypodermis of the wings changes 
but little if any at all, the only marked change being the increase in 
the number of cells (compare Pl. 15, Figs. 16 and 17; Pl. 16, Figs. 21 
and 22; Pl. 17, Figs. 26—31; Pl. 20, Figs. 64—67). 

The hypodermis has on the proximal side a well developed 
basement membrane which is made up of the anastomosed attenuated 
prolongations of the basal ends of the cells, and a delicate layer of 
mesoderm cells such as lines the proximal side of the hypodermis over 
the entire body. There is no trace of other mesodermal cells taking 
part in its formation as has been affirmed by several authors. The 
hypodermal cells are thus bound together by this rather tough fibrous 
basement membrane, so that when the cuticula is removed the hypo- 
dermis presents a relatively firm structure, capable of resisting con- 
siderable stresses without rupture. To this structure of the hypo- 
dermis is due the capacity which it shows for the concentration or 
extreme extension so often found during the metamorphosis of an 
insect. In the development of the wing this membrane is of great 
importance, for to it the hypodermal cells always remain attached 
although the connecting portion may become extremely attenuated. 
With the cells thus anchored to the basement membranes which fuse 
to form the middle membrane, the two sides of the wing are held 
near together so that the wing expands into a disc instead of a sac, 
as it does when the membranes break apart or the connection of 
the cells with the membrane is broken. It has been shown by MAYER 
(1897), Comstock & NEEDHAN (1899), Mercer (1900) and others that 
these basement membranes fuse along certain lines to form the median 
membrane. 

Near the close of the larval stage the wing begins to enlarge 
rapidly and important changes occur in the hypodermis. At the be- 
ginning of the prepupal stage the abdominal segments contract spas- 
modically forcing the haemolymph anteriorly into the head and thorax, 
where the pressure is partly relieved by being expended in dilating 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 541 


the future imaginal organs i. e. wings, legs, antennae etc. The haemo- 
lymph enters the wing through spaces between the two basement 
membranes where they have not fused. These spaces, or sinuses, are 
the first trace of the future veins of the wing (Pl. 16, Fig. 22 v.m; 
Figs. 23, 24 and 25 v.cos, v.s-cos., v.rm, V.m, v.cu, v.4à). 

The hypodermis of the wing shows the first indications of change 
at about the time the larva ceases feeding, when the nuciei and cyto- 
plasm of the cells are seen to be moving towards the outer surface 
of the wing. The cell is still attached to the basement membrane 
by a thinner portion which later becomes a delicate structureless fibre 
[see also Mayer, 1896] (Pl. 17, Fig. 35 fbr; Pl. 16, Figs. 22, 23 and 
24). This rearrangement of the cell contents results in the formation 
of spaces between the proximal ends of the hypodermal cells, which 
become more or less filled with tracheoles and leucocytes, and when 
there are ruptures in the basement membrane haemolymph and blood 
corpuscles are also found there (Pl. 17, Fig. 34). Gradually the nucleus 
and cytoplasm move towards the surface and eventually the nuclei 
and the cell contents become arranged in a single layer at the sur- 
face of the wing (Pl. 16, Fig. 25). This last state is attained just 
before pupation when the wing is fully expanded and ready to be- 
come rearranged in position to form the pupal wings. The result of 
the migration of the cell contents is a great increase in the surface 
area of the wings, for each cell now has its distal end many times 
larger in area than it was at the beginning of the prepupal period, 
and to this increase in the area of the distal ends of the cells the 
wing owes its growth. 

A delicate layer of chitin is now secreted by the hypodermis 
which goes to form part of the pupal cuticula; and soon afterwards the 
final transformation to the pupal stage occurs. During the early part 
of the pupal stage the hypodermis proper does not show any activity 
in growth, but towards the latter part of this stage the cells enlarge 
slightly and some few divide so that the wing surface becomes much 
folded, a condition frequently noted in accounts of Lepidopterous 
wing development. This is the normal method of hypodermal growth. 
At the final transformation these folds are flattened out and the wing 
expands, perhaps to five hundred times its area in the pupal stage 
(MAYER 1896). In the Coleoptera there is no such great increase 
in the size of the wings of the imago over those of; the pupa as 
occurs in the Lepidoptera. Thus in L. decemlineata the ratio be- 
tween the area of the elytra of the imago and pupa is 4:1, of the 


542 W. L. TOWER, 


hind wings 10:1. In ©. brunneum the ratio for the elytra is 3: 1, 
hind wings 7:1. In P. punctata, elytra 2:1, hind wings 5:1. In 
C. femorata elytra 4:1, hind wings 3:1. 

Concerning the cause of this behavior of the hypodermis I have 
no definite evidence. Superficially it appears to be due to one of 
two agencies, or to a combination of them. The change observed in 
the contents of the hypodermal cells may be due to the entrance of 
the haemolymph into the wing, which expands it and causes neces- 
sarily a rearrangement of the tissue to accommodate the increasing size 
of the organ, or the change may be due to some stimulus other than 
mechanical necessity, which causes the nucleus and cytoplasm of the 
cells to move to the distal end, or to the outer surface of the organ, 
thereby causing a great increase in the surface area of each cell and 
as a result, an increase in the size of the entire organ. To occupy 
the space produced in the center of the organ by this process the 
haemolymph is forced in by the contraction of the abdominal seg- 
ments. Probably the first alternative will be the most commonly ac- 
cepted one, since the usual opinion is that it is the entrance of the 
haemolymph under pressure that expands the wings. It should be 
noted, however, that this shifting of the cell contents begins and 
reaches a considerable development before any haemolymph enters 
the wing sinuses. In some pathological cases where the wings failed 
to develop properly the veins and sinuses were found densely 
crowded with haemolymph, showing that the pressure had been 
great, but the contents of the hypodermal cells had not changed in 
position from that of the early larva. If the entrance of the haemo- 
lymph and the necessity of mechanical adjustment alone were responsible 
for this process and expansion of the wings, some trace of it should 
have occurred in these abnormal cases. It is evident then, that this 
change in the position of the cell contents of the hypodermal cells, 
which is so important to wing development, and to insect meta- 
morphosis in general, is due to a stimulus of whose nature and 
source we are ignorant, but which undoubtedly belongs to the group 
of stimuli or causes which bring about the other changes in meta- 
morphosis. The pressure of the haemolymph and the mechanics de- 
pendent upon it are, I am certain, of minor importance in wing 
development, and while they may have some part in the expansion of 
the wing, the longer part is already well begun before the haemo- 
lymph finds entrance to the wing, and, in general, I think that the 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 543 


theory of pressure of the haemolymph as a cause of many phenomena 
of insect metamorphosis has been seriously overworked. 


5. Tracheal System of the Wings. 


a) Larval Tracheal System. 


The wings of Coleoptera as far as examined, are all closely 
associated with the tracheal system even in the youngest stages, and 
this seems true of every species of insect whose wing development 
has been studied. In all of the recorded observations the wing funda- 
ment lies close to the lateral tracheal trunk, from which fine tracheoles 
pass to the wing disc, or one, usually two, branches of considerable 
size and length may arise from the longitudinal tracheal trunk and be 
distributed to the inner side of the disc (Pl. 15, Figs. 14 and 16; 
Pl. 17, Fig. 29; Pl. 20, Fig. 65). In the beetles both of these me- 
thods of supplying the wings with tracheae are found, but the latter 
is the more common one. 

In the young stages of L. decemlineata the wing fundament re- 
ceives two branches from the dorsal tracheal trunk, or more rarely in 
place of these two single branches, there are two groups of small 
tracheal tubes which correspond to the single tubes in position, and 
I believe, in morphological significance. These two centers of tracheal 
proliferation are undoubtedly the embryonic state of the cubito-anal 
and costo-radial groups of tracheae which are of constant occurrence 
in insect wings and which are found in a simple state in the wings 
of Coleopterous pupae (Comstock & NEEDHAM 1899). 

During the early stages of the development of the wing funda- 
ment the small tracheae described above are able to supply the re- 
quired amount of air, but when the prepupal stage begins with 
the rapid growth and changes incident to it the early tracheation 
is unable to meet the demands made upon it, and, accordingly, a tem- 
porary system like that of the Lepidoptera is developed which is 
functional for a short time and then disintegrates in the pupa. 

In the last larval stage, shortly before the wings begin to expand, 
the hypotrichal membrane of the dorsal tracheal trunk shows a prolifer- 
ation of cells at two or more points, usually near the place where 
the two branches of the trachea to the wing disc arise. This pro- 
liferation may, however, extend for a considerable distance along the 
tracheal trunks. In this growth the cells do not become cut off 
from one another or from the hypotrichal membranes and only partial 


544 W. L. TOWER, 


and delicate cell walls are formed. This results in the development 
of a protoplasmic body with numerous nuclei separated by partial 
cell walls (Pl. 18, Fig. 48). In this mass there develops a delicate 
and much coiled tube with delicate structureless intima of chitin (?), 
the whole appearing exactly like the development of the tracheoles of 
the Lepidoptera as figured and described by GoniN (1894). The 
tubule arises at the place where the mass of cells is in contact with 
the intima of the tracheal trunk as a short, thick, cylindrical structure 
with one end abutting directly against the intima and the other con- 
stantly advancing into and eventually nearly obliterating the proto- 
plasmic mass. When fully formed, the tubule, much coiled and con- 
voluted, and the degenerating nuclei are formed in place of the cellular 
body with which the structure started (Pl. 18, Fig. 48 ir. cl). 

The development of the tubule from the protoplasm I have not 
been able to observe. The process involved is certainly peculiar and it 
is almost impossible to get any direct evidence upon it. It is certain 
for two reasons that the tubules are not empty and that they are 
not filled with air: 1) There is no way for air to get into the tubule 
except by penetration through the intima of the tracheal trunk; 
2) In freshly killed material which has not been treated with alcohol 
or any reagent that would remove air the tracheoles do not show 
any traces of air in them, but are filled with a highly refractive fluid. 
After the tissue has been treated with alcohol and the processes 
necessary for sectioning, these tubules are found to be empty so that 
in life they evidently contain some substance which is soluble in and 
removed by the reagents used in preparation, and is removed by 
evaporation or drying when the tubule becomes functional. 

When the tubule is fully developed and the time arrives for it 
to enter the wing, it unrolls and travels towards and into the wing 
cavity. The cause of this unwinding is not easy to discover. To some 
extent it may be aided by the entrance of the permanent tracheae 
which begin to bud out from the dorsal tracheal trunk and enter the 
wing at about this time. It is also almost certain that the tracheoles 
are not unrolled until they become functional. It has been suggested 
by Gonin (1894) and Mercer (1900) that the entrance of air into 
them is the cause of the unwinding of the tracheoles. It is not easy, 
however, to comprehend the manner in which the air is able to cause 
this unwinding of the ball-like mass of tracheole. 

In the Lepidoptera according to Gonın (1894), the tracheoles do 
not become functional until an ecdysis has been passed through, but 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 545 


in the Coleoptera they become functional early in the prepupal stage 
without an ecdysis. This is accomplished by the -partial ecdysis of 
the dorsal tracheal trunk and the rupture of the intima in several 
places through which air passes to the space formed between the two 
intimas. As a result of this the tracheoles become functional in L. 
decemlineata one or two days before the larva ceases feeding or on 
or about six or eight days before pupation. 

The simplest condition of these tracheoles observed was in C. 
bipunctata (Pl. 18, Fig. 43), where the tubules are developed at ir- 
regular intervals from the dorsal tracheal trunk and are not numerous. 
A more complicated condition is found in L. decemlineata, where a 
large mass of rather large tracheoles have entered the wing cavity 
(Pl. 18, Fig. 44), and a still more complicated condition is found in 
OÖ. scabra (Pl. 18, Fig. 46). In this beetle a much coiled mass of 
large tracheoles develop from the branches of the dorsal tracheal 
trunk which enter the wing. In early prepupal life the foramen of 
the wing is closed by a plug of these tracheoles. The most specialized 
condition observed in the Coleoptera was found in the Buprestidae 
where there develops from the hypotrichal membrane of the dorsal 
tracheal trunk a mass of cells in which develops a great number of 
coiled tracheoles (Pl. 18, Fig. 45), the whole arrangement resembling 
very closely the condition found in the Lepidoptera. 

The tracheoles are not entirely devoid of taenidia and have a 
delicate intima, probably of chitin. They penetrate into the wing even 
to its farthermost parts, but for the major part of their course in the 
wing they follow the veins, ramifying from this path into the tissue 
on either side. The tracheoles remain functional throughout the 
prepupal period and are found in the early pupae, showing that they 
are not all, and that perhaps not any of them are pulled out at 
pupation, as GONIN (1894) supposes to be the case in Lepidoptera. 
As the pupal stage progresses they become less and less numerous 
and much broken up until eventually, in the late pupal life they are 
absent. They are evidently digested in the haemolymph for frequently 
fragments are found showing stages in degeneration; no further trace 
of phagocytic action was observed, so the loss of these tracheoles is 
undoubtedly due either to the action of solvents in the haemolymph 
or to ferments (enzymes). 


b) Adult tracheal System. 


The tracheae of the pupal and adult wings of the dorsal tracheal 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. £ 35 


546 W. L. TOWER, 


trunk are derived from the hypotrichal membram by its evagination. 
This I believe to be true of all insects. In L. decemlineata the cells 
of the hypotrichal membrane begin to divide, forming a conical pro- 
jection (Pl. 19, Fig. 63) which grows rapidly in length (Pl. 20, Fig. 69) 
and has a delicate lumen as seen in transverse section (Pl. 20, Fig. 70). 
This lumen begins first at the basal end of the trachea and abuts 
directly against the intima of the tracheal trunk. In early stages it 
is distinguished with difficulty (Pl. 20, Fig. 69), but it soon becomes 
well developed (Pl. 20, Figs. 71 and 72) and here shows the structure 
usually found in larval wings. At about the stage shown in Fig. 71 
(Pl. 20) the intima begins to be formed and soon the taenidia make 
their appearance (Pl. 20, Fig. 76). At the distal end of the growing 
trachea the cells become much flattened and cover relatively large 
areas (Pl. 20, Fig. 74). The lumen of the trachea is, as has been so- 
frequently observed, intercellular even in the smaller parts, but in the 
finer ramifications the tubules are intracellular, like the tracheoles 
which develop for the temporary tracheal system. 

In the pupal and adult wings there are numerous tracheoles, 
which are intracellular tubes developed from the tracheae of the 
wings, and these ramify from the main trunks all through the tissue 
of the wing. Although several authors (MEINERT, KRÜGER and others). 
have failed to find tracheae in the elytra of beetles they are present 
in all of the twenty odd species examined by myself and by Comsrock 
& NEEDHAM (1899). Even in dried material the tracheae are easily 
discovered, and I cannot account for the failure of several authors to- 
find them. These tracheae are always lodged in well defined veins which 
are established before either haemolymph or tracheae enter the wing. 

The number of tracheae is always six, the costal, subcostal, 
ramous, medius, cubital and anal, some of which may be greatly 
reduced or entirely absent (?), a fact well shown by Comstock & 
NEEDHAM (1899) in some Cerambycidae. Moreover, when any branch 
is reduced it is reduced in both pairs of wings to about the same 
degree. This is strong positive evidence tending to proove that the 
elytra are true wings, for as Comsrock & NEEDHAM (1899) remark: 
“If the elytra and hind wings are not homodynamous organs, it is 
not probable that the modifications of the two [tracheal systems] would 
be so closely correlated. We conclude, therefore, that the elytra are 
modified wings.” I would add that if the elytra and hind wings are 
not homodynamous organs it is also improbable that they would have 
the same type of tracheation and the same number of tracheal branches. 


The origin and development of the wings of Coleoptera, 547 


The tracheae and tracheoles of the wings of adult Coleoptera 
are distinct from those of the larva and prepupa. They become 
functional at pupation, or at the final transformation and remain so 
throughout the life of the beetle and do not become degenerate as is 
frequently stated in text books, although they may become flattened 
and thickened by the deposition of chitin in the lamellae of the 
elytron or in the intima of the trachea itself. 


6. Formation of the Veins. 


In the Coleoptera that I have examined the veins appear in the 
wing before any tracheae enter, a fact also observed by Comstock & 
NEEDHAM in Hymenoptera and thought by them to be true of other 
insects also. In the younger stages of the wings no traces of veins 
are found and everywhere the two basement membranes are in close 
contact (Pl. 16, Fig. 21). When the prepupal period is about to 
begin and the haemolymph begins to be forced anteriorly and enter 
the foramen of the wing, a system of sinuses in the wing open between 
the basement membranes. These sinuses which are soon filled with 
haemolymph and become early visible are the veins in which 
the tracheae and nerves are retracted in the pupal and adult wing 
(Pl. 16, Figs. 22, 23 and 24), As the prepupal stage progresses 
and the wing expands, more haemolymph enters, and the veins 
become great spaces in which the tracheae lie (Pl. 16, Fig. 25). 
The veins are differentely located, even in early stages of the wing 
where they show the same general arrangement as in the adult 
structure. The venation of the wings has been ably investigated by 
Comstock & NEEDHAM and I can only confirm their excellent account 
of the veins in the wings of Coleoptera. I have not found any wings 
which show traces of the branching of the tracheae as in other insects, 
and my results confirm their belief that in Coleoptera the tracheation 
is dependent upon the venation. 


7. Other Tissues in the larval Wings. 


In addition to the tissues essential to the formation of the wing, 
hypodermis, haemolymph, and tracheae, other tissue elements or tissues 
have from time to time been recorded as occurring in insects wings. 

Mesoderm. Very little mesodermal tissue, except haemolymph 
and. leucocytes, is ever found in the wings of beetles. The leuco- 
cytes are fairly numerous in the wings but never, as far as I know, 


548 W. L. TOWER, 


do they have any part in the formation of the adult wing or pigment 
as in Lepidoptera (Mayer 1896). No “wandering mesoderm“ cells 
enter the wing nor help to form the basement membrane of the hypo- 
dermis or the middle membrane of the wing. 


The fat body cells have been recorded by HOFFBAUER as occur- 
ring in the wings of beetles, but in those that I have examined they 
are not common and when these cells have occurred they were simply 
isolated cells brought into the wing along with the haemolymph in 
the form of partly transformed ‘‘food balls”. In Buprestis, however, 
a considerable mass of these modified fat body cells enters the wing 
cavity, where they are digested before pupation. 


Nerves. Nerve trunks are found to enter the wing cavity 
where the nerve break up into small branches, one or more of which 
enters each vein and penetrates deeper into the wing. These cannot be 
traced with any certainty by the usual histological methods and I am 
therefore ignorant of their ultimate distribution. Although sense 
organs are said to occur in the wings of insects I have not found any 
structures that could possibly function as such in beetles’ wings, and 
I believe that the nerves end freely between or upon the hypodermal 
cells and glands. 


8. Homology of the Elytra. 


The homology of the elytra with the wings of other insects is 
according to some authors doubtful. The divergence of these struc- 
tures from the typical wing has caused many writers to regard the 
elytra as homologous to other Hexapod structures. Thus MEINERT 
(1880) regarded elytra as homologous to the tegula of Lepidoptera and 
Hymenoptera; HOFFBAUER (1892) also suggests the same homology. 
The tegulae are, however, different in structure, and have no venation 
or tracheation, traces of which were discovered by KoLBE (1886) in 
the elytra of beetles. Later, SHARP (1896) concluded that the tegulum 
was a part of the elytron the latter being a true wing. ÜOMSTOCK 
(1895) adopted Mernert’s view; while Packarp (1898) states that after 
examining a pupal Doryphora and Clytus he is satisfied that “the 
elytra are the homologs of the fore wings of insects. Comstock & NEED- 
HAM (1899) set aside the early view of the senior author and con- 
clude that the elytron is a modified fore wing. Finally, Krüger, (1899) 
after studying Tenebrio molitor L., Lema asparagi and L. merdigera, 
concludes that even though the elytra arise exactly like the hind wings 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 549 


and develop in the same way for most of the larval period, that they 
are not the fore wings inhibited at an early stage, but are divergent 
structures specialized for a new function. This view is based upon 
the more widely separated lamellae of the elytron, the presence of 
more chitin and the existence of a secondary internal cavity connecting 
with the body cavity. 

My observations convince me that the elytra are homologous to 
the fore wings of other insects for the following reasons: 1) They 
arise in exactly the same way as do the wings of all insects, and 
follow much the same course of development during the larval and 
pupal periods; 2) they are supplied with, temporary and permanent 
tracheal systems which are always lodged in a definitely located system 
of veins, as in the hind wings and in the wings of other insects; they 
behave during the prepupal and pupal stages as do the wings of other 
insects. To regard the elytra as “divergent structures specialized for 
a particular function” (KRÜGER 1899) is impossible, since it could not 
reasonably be expected that a “divergent structure” could be found 
which was not a wing, yet occupied the same position, and had the 
same function, course of development exactly like the wings of other 
insects, and a structure venation and tracheation that was in every 
way characteristic of insect wings. 

The contention of Krüger (1899) that the elytra are not wings 
is based upon structures that appear late in development, and no 
wright has been given to the fact that the elytra and wings arise in 
the same way and develop alike for most of their period of develop- 
ment. Most of this authors’ observations were based upon material 
that had been treated with nitric acid to soften the chitin. This process 
is in my experience absolutely untrustworthy. 


9. The Prepupal Stage and Pupation. 


In the preceding sections I have shown how the wings originate, 
grow, and finally get outside of the body and become external struc- 
tures; in this section I shall trace the growth and development of 
the wings during the prepupal period. In the prepupal stage, which 
rarely lasts more than a few days, the wing grows with great rapidity, 
changes in form, and comes always to assume a definite position. 
It is interesting to follow closely some of these changes and to deter- 
mine their causes. 

After the larva ceases feeding it empties the alimentary canal of 
most of the food and seeks a place in which to pupate. During this 


550 W. L. TOWER, 


wandering stage the wings become external and begin to grow 
rapidly. This rapid growth in the wings is due, as has already 
been pointed out, to the rearrangement of the contents of the 
hypodermal cells and the entrance of haemolymph into the wing (see 
§$’s 4 and 5). 

The expansion of the wing, as viewed in “in toto” preparations, 
is at first downward (Pl. 14, Figs. 6 and 10), which growth continues 
until the whole side of the segment is nearly hidden by the wing 
(Pl. 19, Fig. 55). Eventually the wing’s downward extension is brought 
to an end by the leg (Pl. 19, Figs. 54 and 56), which prevents further 
growth in that direction. This produces, on further growth, much 
folding and crumpling of the wing. Soon, however, the motion of 
the insect within the now loosened, chitinous covering of the larva 
and the position of the legs cause the wings to suddenly slide 
_ posteriorly and assume their normal pupal position. In this latter 
position the folds early become obliterated and the wings possess 
nearly the adult form. 

If the leg be cut off during the prepupal stage the wing 
grows downward and may even cross over to the opposite side and 
never assume its normal pupal position. This result cannot be ob- 
tained, however, unless both femur and trochanter are removed, so it 
is quite as evident from this as it is from Figs. 53, 54 and 56 (Pl. 19) 
that the position of the trochanter and femur are the guides which 
direct the wings at pupation to their ventro-posterior position. The 
chitinous integument which surrounds the developing prepupa is 
of great use to the larva. If the cuticula be removed during 
the prepupal period the wings soon become sac-like and fail to de- 
velop properly, showing that the presence of the larval cuticula is 
necessary for the proper development of the wings. The wings at 
this time are filled with haemolymph under considerable pressure, but 
are held in position between the parallel surfaces of the body and 
the cuticula, these causes them to expand in one plane. When, 
however, the outer retaining layer is removed extension in three 
directions is possible and occurs at once. The middle membrane at 
pupation is perfectly passive, that is, the attachment of the hypodermal 
cells is not strong enough to hold the two lamellae of the wings to- 
gether and this is accomplished by the wing’s being kept under pres- 
sure between the cuticula and the body surface. During the pupal 
stage, however, these basal ends of the hypodermal cells become 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 55] 


toughened and are able to hold the two sides of the wing in contact 
when the imago emerges and the wing expands. 

To facilitate ecdysis at pupation many beetle larvae develop 
“deciduous spines” upon the elytra, prothorax and other parts of the 
body. These spines are of quite general occurrence in insects, in the 
Coleoptera reaching a high state of development in the Coc- 
cinellidae. In Epilachna borealis these spines are most extravagantly 
developed, each elytron having at pupation its shoulder and two 
longitudinal spaces thickly beset with long, cylindrical, spines or 
scales. Similar structures also occur upon the head, pronotum and 
abdomen. In development these spines follow the same general plan 
as that given by Mayer (1896) for the scales of Lepidoptera. 

The first indication of these structures is found when the larva 
is about two thirds grown. Certain hypodermal cells are found 
to be enlarging rapidly so that they soon become flask shaped like 
the “matrix cells” of Mayer (1896), but they remain attached to the 
basement membrane of the wing (Pl. 18, Fig. 40). These cells have 
a large nucleus and dense granular cytoplasm, with one or two 
deeply stained bodies in the cytoplasm close to the nucleus. Most 
of the cells at this stage have already developed a short pro- 
jection above the general level of the hypodermis, but no further 
development takes place until the prepupal stage. Early in the pre- 
pupal stage, soon after the wings become external structures, these 
cells develop long cylindrical prolongations, which cause a decrease 
in the volume of the matrix cells and a migration of the densely 
stained granule to a position at the base of the scale (Pl. 18, Fig. 41). 
Just before pupation the scales develop a thick chitinous covering 
which makes them rigid and effective in raising the old cuticula from 
the surface of the insect, and allowing the pupa to slide out of its 
old chitinous coat with ease (Pl. 18, Fig. 42). These spines are 
present in the pupa, where they become hard and blackened and per- 
haps serve as protective structures, but they are lost at the final trans- 
formation and no trace of them occurs in the adult. 

Early in the prepupal stage the exuvial fluid begins to collect 
about the rapidly growing wings so that during this period they are 
really suspended in a watery fluid which is secreted by special glands, 
the behavior of which I have described in another place. 

At pupation the exuvial fluid is so abundant that the developing 
pupa is immersed in it inside of the old larval skin. Finally this is 
ruptured, and the air entering, the exuvial fluid is in part precipitated 
upon the surface of the pupa. As ecdysis progresses, contact with 


552 W. L. TOWER, 


the air and evaporation, cause all of the solid part of the exuvial 
fluid to coagulate and cement the appendages of the pupa fast to the 
body and thus effectually prevent any malformation of the delicate 
pupal organs. While this cementing material is being deposited there 
is also a rapid deposition of chitin, so that at the end of pupation 
the pupa possesses a firm covering. If the newly transformed pupa 
is immersed in pure water for a few moments, this cementing 
material and some of the primary cuticula are dissolved and the 
appendages are left free to assume any position, and hence to undergo 
any amount of malformation. At this time the appendages are full 
of haemolymph under considerable pressure, and as soon as they are 
freed from restraint the blood pressure causes them to become malformed, 
usually bladder-like. After the exuvial fluid has once hardened it is 
not soluble in water, weak acids or alkalis. 

In beetles there is much variation in the amount of exuvial fluid 
and the cementing of the appendages to the body. In species like the 
Coccinellidae which pass the pupal stage in the open air the appen- 
dages are very firmly glued to the surface of the body. In species 
which pass the pupal stage in a large cell the wings and legs are 
usually fastened to the body. Species which pass their pupal stage 
in narrow burrows as do most Cerambycidae and Buprestidae develop 
but little exuvial fluid and there is almost no cementing of the 
appendages to the body. 

During these last changes the wings become further differentiated. 
The elytra are thickened and the hind wings have become much 
expanded and folded, but both are so much alike that the two are 
almost indistinguishable in section. The wings are now large thin- 
walled fluid-filled sacs, extremely delicate and easily malformed, and 
without trace of adult structures; in this condition they pass on into 
the final or pupal stage of development. 


10. Development in the Pupa. 

In the pupal stage the most important structures developed are 
the rods of chitin-like material which pass from lamella to lamella 
and prevent the wing from becoming malformed at the final trans- 
formation. Immediately after pupation the hypodermal cells are found 
in a single layer with a thin deposit of chitin over the outer ends, and 
with the proximal ends of these cells prolonged into a delicate struc- 
tureless, fibre which connects the cell body with the middle or fused 
basement membranes. In this condition the wing is a weak structure, 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 553 


easily malformed and in no way fitted for its work as an organ of 
flight. Soon after pupation each hypodermal cell develops a dense 
bundle of fibres which are attached to the cuticula by a cone shaped 
base and are continued down through the length of the cell to the 
basement membrane, where they are firmly united to corresponding 
fibres from the other side of the wing (Pl. 18, Fig. 50 h‘drm. rd). 
These fibres develop also in the prolongations of the basal ends of 
the hypodermal cells in the basement membrane. The whole wing is 
thus bound together from side to side and end to end by a complex 
system of these strong connectives. These rods, or fibres, are easily 
demonstrated after killing with sublimate acetic acid, FLEMMING or 
Hermann’s, but not after PERENYI, hot water, or any Picric acid mixture. 
Alum Carmine and Picric acid. or HEIDENHAIN’s Iron Haematoxylin 
furnish excellent images of these structures. 

While this development of the connecting fibres in the elytron is 
going on the basement membranes separate and between them the 
cavities of the veins become continuous forming a large middle space, 
which is simply the cavity of the wing formed by the first evagination 
reopened, and is in no sense a secondary internal cavity. This middle 
space is not, however, in communication with the subhypodermal spaces 
(Pl. 18, Fig. 51 s'hdrm.sp), being separated from them by the 
basement membrane, which, however, is frequently fenestrated. Often, 
as pupation goes on, the middle space becomes greatly distended with 
haemolymph which rarely enters the subhypodermal spaces. 

In the Lepidoptera, MAYER (1896) has described canals passing 
across the middle space of the wing and putting the two subhypo- 
dermal spaces in connection with each other. In the Coleoptera 
similar structures are found where some half dozen hypodermal cells 
become grouped in a ring (PI. 18, Fig. 49) and have the “grund- 
membranes” connected, forming a tube between the two subhypodermal 
spaces. These groups of cells are in some species arranged in definite 
rows (L. decemlineata) and irregularly in others (O. scabra). During 
the pupal stage these structures show no further change, but in the 
adult they are the places where the chitinous columns of the elytra 
are developed; in the hind wings they remain in this condition 
throughout life, as they do in the Lepidoptera. 

In the pupal stage each wing is surrounded by a chitinous sac 
as in the Lepidoptera (Mayer 1896), and at first the surface of the 
wing and this sac are parallel and in contact, but the wings soon 
become folded. The wings are also much distended with haemolymph 


554 W. L. TOWER, 


and leucocytes are fairly abundant. During the pupal stage the 
glands, scales, hairs and other ornamental structures arise. The 
development of these I shall take up in the next section. — | 

When the time for the final transformation of the insect arrives 
the body and appendages become surrounded by a thin layer of 
exuvial fluid which acts as a lubricator and allows the animal to slip 
out of the pupal case without injury to the rather delicate body sur- 
face. After emergence the wings expand and reach their adult size 
and shape in a short time. The beetle now has the form and size 
of the adult but lacks the coloration and firm texture of the body 
wall, and a considerable period elapses after emergence in which the 
beetle undergoes considerable development. In this period the color- 
ation, glands, scales, hairs, etc. become completed and functional, 
the body wall is thickened, the sexual products are matured and 
the insect brought into condition to exist in the outside world and 
preform its adult functions. In the following section I shall trace 
the changes which occur in this period, many of which begin in the 
pupal stage, but are completed after emergence. 


11. The Mature Wings. 


In the wings the gross changes which occur after the final trans- 
formation are few, and consist in the final expansion, a decrease in 
the thickness, and a stiffening of the wings. These changes are, 
however, caused by the growth and modification of the hypodermis and 
the hypodermal structures, so that an account of the changes of these 
parts will also include the grosser changes. 

a) The Elytra. The Chitinous Columns. These struc- 
tures have been frequently described in the adult elytra, but not 
accurately, and their mode of growth has not, as far as I know, been 
studied, although Comstock & NEEDHAM (1899) have figured one rather 
late stage in their development in H. 13punctata. 

Early in the pupal stage there are found in the elytra of all of 
the beetles examined paired groups of hypodermal cells, — one of the 
pair being in the dorsal and the other in the ventral layer of hypo- 
dermis. The groups of cells of the upper and lower layers of hypo- 
dermis are so closely united that they appear as a single structure 
reaching from lamella to lamella of the wing. The cells in the dorsal 
layer have, however, become differentiated from those of the rest of 
the hypodermis (Pl. 18, Fig. 49), being larger and having a large nucleus 
with a well developed chromatin reticulum and a dense granular 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 555 


cytoplasm. These paired groups of cells are arranged in rows 
(LZ. decemlineata), irregularly (O. scabra), or in a complex pattern 
(Chrysomela and Calligrapha). During the pupal stage and until after 
the wing is completely expanded these groups of cells remain inactive. 
Wherever they occur the basement membrane of the dorsal and 
ventral layer of hypodermis passes across the middle space of the 
wing, forming a tube which puts the two subhypodermal spaces in 
connection, as in the Lepidoptera. 


In the young adult after the wing has become fully expanded 
_ the cells at the upper side begin to secrete chitin and form a conical 
projection on the underside of the cuticula reaching down into a cone- 
shaped pocket of hypodermis (Pl. 20, Fig. 78). This secretion of chitin 
continues, the chitinous process growing deeper and deeper into the 
Wing, and at the same time the cells of the dorsal layer of hypodermis 
have migrated down the sides of this process and completely covered it. 
The original half dozen cells which started the process have had their 
numbers increased by additions from the neighbouring hypodermis. 
Eventually, the column reaches the ventral layer of the wing and 
fuses with it, thus forming a solid chitinous column connecting the 
two sides of the elytron and giving it great rigidity. In almost all 
beetles a small pit is formed above these columns which is due to 
the contraction on the part of the hypodermal cells of the ventral 
layer pulling the cells of the dorsal layer down and bringing the soft 
primary cuticula with them (Pl. 20, Fig. 79). 


After the column is fully formed the deposition of chitin may 
cease for a short time until the pigmentation of the primary cuticula 
is completed and then all of the cells of the hypodermis begin de- 
positing chitin of another kind, the secondary cuticula, which forms 
the backing and strength of the wing. Eventually, the column 
becomes a strong structure occupying a considerable space in the 
wing. 

The fully developed column (Pl. 20, Fig. 79) consists of a 
central rod which is continuous with the primary cuticula of both 
sides of the wing, surrounded by another layer of the secondary cuti- 
cula which varies much in thickness even in the same wing and also 
with age. This secondary cuticula is longitudinally stratified and 
has numerous delicate pore canals running transversely to the line of 
stratification. These pore canals penetrate as far outward as the 
primary cuticula, and are occupied during growth by fine processes from 


556 W. L. TOWER, 


the hypodermal cells. After growth has ceased the protoplasmic pro- 
cesses are withdrawn and the canals are empty or filled with air. 

2) Chitinous lamellae. The chitinous lamellae of the elytron 
vary greatly in thickness in different species, in different individuals 
of the same species, and at different periods in the life of the same in- 
dividual. The dorsal and ventral layers are also of different thick- 
nesses. In the pupa the hypodermis secretes a thin homogeneous 
layer of chitin (Pl. 17, Fig. 33 cta,; Pl. 19, Fig. 58), the primary 
cuticula, which remains soft and pliable until the wing has become 
fully expanded, when it hardens. This primary cuticula is of nearly 
uniform thickness over the entire wings and body. After the expansion 
of the wings and the development of the chitinous columns the hypodermis 
begins to deposit the secondary cuticula which forms the backing and 
strength of the wing. This characteristic of this layer I have given 
in a preceding paragraph. 

The deposition of this secondary cuticula continues for some time 
after the beetle begins to fly about and in some species (Carabidae) 
may be carried to the extent of almost obliterating the cavity of the 
elytron. The deposition of this layer goes on just as long as the 
hypodermis receives proper nourishment, but when the sexual products 
begin to develop, the food supply is largely diverted from such non- 
essential structures as the wing hypodermis, and its cells soon 
become starved and degenerate rapidly. I have not, however, found 
any hypodermal cells becoming included in the cuticula, as is recorded 
by Comstock & NEEDHAM (1899). 

3) Fate of the hypodermis. The hypodermis remains active 
just as long as it is properly nourished, but when the food supply ceases 
the hypodermal cells become dense, granular, and stain deeply without 
much nuclear differentiation and form a dense but thin matrix on the 
lower surface of the chitinous lamellae. I did not find, however, any 
case where the hypodermis entirely disintegrated. 

4) The tracheal system. The tracheation and the tracheae 
of the adult elytra differ in no way from the condition of the 
prepupa or pupa and show no modifications of interest. They never 
disintegrate or become so modified as not to be able to conduct air 
into the wing. In many species of beetles the taenidia of the larger 
tracheae develop numerous fine chitinous hairs, (Pl. 17, Fig. 33) the 
function of which I do not know. 

5) Veins. In the elytra of Coleoptera the veins are best seen 
in the pupal stage or in the early imago, where they exist as relatively 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 597 


straight sinuses between the basement membranes. Soon, however, 
the membranes, after reaching the adult stage, draw apart, opening 
up the whole primitive invagination cavity, so that the position of 
the veins can now be recognized only by the location and course of 
the tracheae, which are kept in position by the small branches rami- 
fying from the main trunks into the tissues of the elytron. 


6) Glands. The glands of the elytra are numerous, both simple 
and compound glands being found in varying degrees of complexity. 
The glandular structures of the elytra of beetles have been studied by 
HoFFBAUER (1892) who found both simple and compound glands in 
the elytra and also upon the head and pronotum. 


The simplest glands are single hypodermal cells modified for a 
glandular function, and are uniformly distributed over the entire 
body surface. In the elytron they arise in the pupal stage by the 
direct modification of one of the hypodermal cells of the wing lamella. 
In the formation of one of these glands the body of the hypodermal 
cells drops below the level of the rest, and becomes larger, with a more 
densely granular cytoplasm and a large round nucleus having a deeply 
staining chromatin skein (Pl. 18, Fig. 37). As the pupal stage progresses 
the body of the cell becomes larger, the basal connection with the 
basement membrane becomes extremely attenuated or may be lost 
entirely, and the cytoplasm becomes filled with globules of secreted 
material (Pl. 18, Fig. 38), which eventually form large vacuoles (Pl. 18, 
Fig. 39). At the final ecdysis the end of the cell is laid bare and 
a minute pore is developed through which the secreted contents of 
the cell escape to the surface. 


A more complicated gland is shown in Fig. 47 (Pl. 18) where 
several of these simple glands open through a series of tubes into a 
pit on the surface of the cuticula. The individual cells of the gland 
undergo the same series of changes in development as do the simple 
glands. These groups of simple glands are usually arranged in rows 
in the intertracheal spaces. Often instead of opening at the bottom 
of a pit (Pl. 18, Fig. 40) they open at the top of a cone or stalk 
situated in a pit (Pl. 20, Fig. 68). From the relatively simple 
aggregation of gland cells shown in Figs. 40 and 68 all gradations 
are found leading up to the complex structure shown in Fig. 80 
(Pl. 20). This latter structure occurs in regular intertracheal rows 
on the elytra (Pl. 17, Fig. 36) and also upon the head and pronotum 
of L. decemlineata. This last gland arises as an invagination of a 


558 W. L. TOWER, 


glandular area, which area usually becomes aggregated into two masses 
at the inner end of the duct (Pl. 20, Fig. 80). 

Concerning the character of the secretion of these glands very 
little evidence was obtainable from a study of their histology. Many 
show a mucin reaction, others show numerous granules of secreted 
material, and others drops of waxy or oily material. I suspect that 
these large glands of L. decemlineata are the cause of the peculiar 
odor that insect possesses which renders it obnoxious to most in- 
sectivorous animals. These glands persist in full functional activity 
as long as the beetle lives, although the hypodermis and unicellular 
glands will long since have degenerated. 

7) Ornamentation. The elytra of beetles are variously or- 
namented by pigmental colors and structural effects. These I have 
described in another paper which it is hoped will appear during the 
present year. For the sake of completeness I shall give briefly 
such anatomical results as were derived from that study. 

The color of the elytra of beetles is due to a pigment either in 
the cuticula, or beneath in the hypodermis, or suspended in the haemo- 
lymph of the central cavity of the elytron; or it may be due to 
structural effects, — pits, striae, lamellae or scales, — or it may 
be due to a combination of these two classes. 

The predominant colors of beetles are black, browns and yellow, 
and these lie in the primary cuticula, as shown in the series of 
figures (Pl. 19, Figs. 57 to 62 incl.) which shows the development of 
these colors in the primary cuticula. These colors are very stable, 
being insoluble in water, alcohol, weak acids or alkalis, ether, essential 
oils, etc. The colors found in the hypodermis or in the central 
cavity are red-yellow and rarely white. These are unstable, easily 
soluble, and fade at death or exposure to light and air. 

Structural colors are the metallic blues, greens, violets, golden and 
most whites and in beetles are most commonly produced by lamellae. 

Scales are of common occurrence in beetles and are varied in 
their form, size and the color effect produced. They have been well 
studied by Dimmock (1883) as adult structures. In development the 
scales of Coleoptera follow exactly the same course as was found 
by Mayer (1896) in the Lepidoptera and there can be no doubt 
as to the complete homology between the scales and the colors 
produced by them in these two orders. In several Cerambycidae an 
interesting condition was found in the close association of a gland 
with those scales which are destined to become dark in color (Pl. 20, 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 559 


Fig. 77), while the scales that were to remain white or yellow did not 
have this gland associated with them (Pl. 20, Fig. 73). 

6) Hind wings. The changes which occur in the hind wings 
of the adult are not very extensive or significant. At the final 
transformation all veins, scales, hairs, glands etc. are fully developed 
and present no differences from those of the same structures of the elytra. 
‘ The veins, however, instead of becoming degenerate, show an aggre- 
gation of the hypodermis, which soon begins to secrete the supporting 
part of the vein, as described and figured by Comstock & NEEDHAM 
(1899). 

The hypodermis does not degenerate to near the extent that it 
does in the elytron, and the basement membranes remain in contact 
(Pl. 18, Fig. 52). Further, in the hind wings the hypodermis secretes 
only a small amount of secondary cuticula so that the wings remain 
light and flexible and have at the same time a maximum of strength. 

The hind wings of beetles often greatly exceed the elytra in 
size and yet when not Copal. a. sys.m. 
in use are completely mat u? PRE Co 
hidden beneath the elytra. 

In some forms the hind 
wing is not larger than 
the elytron and in these 
it is not folded and has : 
a rather characteristic 345.7 

venation (Fig. F). Fig. F. Chrysobothris hind wing which is not 

The mechanism by a elytron and is never folded. Lettering 
which the wings become 
folded is simple, but has not, I believe, been described. In Figs. G 
and H are shown the expanded and folded hind wing of L. decem- 


Fig. G. Hind wing of Leptinotarsa decemlineata extended ; cap. art articularfhead, 
cot cotyla, sys.a anterior system of supporting veins, sys.m median system of supporting 
veins, sys.p posterior system of supporting veins. 


560 W. L. TOWER, 


lineata. In the wing there are three groups of veins each acting 
as a unit; an anterior set (sys.a) forming a strong costal border for 
about two thirds of the costal edge and firmly fused with the articular 


cap, art. sys. M: A ©. 


S y §.a. 
4 OLR TS 


sys. 


Fig. H. Hind wing of Leptinotarsa decem-lineata, folded, showing action of the 
median system in folding the wing beneath the elytres as in Fig. G. 


head (cap. art); a middle system (sys.m) consisting of a single vein 
which arises from the cotyla (cot) and ends in a transverse vein (6); 
and a posterior system in the anal angle of the wing (sys.p) which 
arises from the posterior side of the cotyla and is distributed to 
the inner posterior part of the wing. 


In Fig. H is shown the development in the folded wing of 
a joint in the costal edge at a, a fold in the wing parallel to the 
transverse vein (0), and a complex joint at d. Now by comparing 
the anterior and posterior systems of Figs. G and H it is seen that 
they remain unchanged in position in both figures but that the middle 
system occupies a different position when the wing is closed from 
that when the wing is expanded. The wing rotates upon the 
cuticula head and when folded back beneath the wing covers the 
inner end of the cotyla is brought into contact with a chitinous 
scalerite of the thorax which stops the further movement of the 
cotyla medianward, and as the wing swings farther back the middle 
system of veins is pushed outwards and anteriorly. This motion, com- 
bined with the backward movement of the wing as a whole produces 
the folding of the distal end of the wing as showu in Fig. H. There 
are no traces of muscles or elastic ligaments in the wing which could 
aid in the folding. Figs. G and H are camera drawings of wings and 
show the actual position of the parts in the two conditions. 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 561 


III, Conclusion. 


In the preceding pages I have described ‘the development of the 
wings of beetles and of their parts and it now remains to consider 
briefly the general aspects of this account and its bearing upon the 
general topic of the origin and development of insect wings. 

In an early part of this paper I have shown that the wings and 
spiracles arise in homologous positions upon the sides of the segments 
as determined by the attachment of homodynamous muscles, and 
that the hind wings are without much doubt derived from the de- 
generate spiracle disc of the metathorax, but in the elytra the case 
is different. Whether in the migration of the mesothoracic stigma 
to its larval position only the opening migrates and the disc remains 
behind, or whether both the spiracular disc and opening are moved 
forward is a point upon which I was unable to get decisive evidence. 
My evidence points strongly to the view that it is the spiracular 
opening alone which migrates and that the spiracular disc remains 
behind to form the fundament of the elytron. At present I believe 
that the evidence points strongly to VERSoN’s (1890) view that the 
wings of Coleoptera and Lepidoptera are derived from the rudiments 
of the mesothoracic and metathoracic spiracles. The question is, 
however, a decidedly open one, and one upon which studies of the 
development of the late embryo and early larva of Heterometabola 
will undoubtedly throw much light. 

All of the evidence here presented concerning the condition of 
the wings of Coleoptera and Heterometabola is most positively opposed 
to the theory of the origin of the wings of insects as dorsal, backward 
prolongations of the tergum. When the anatomical position and de- 
velopment of the wings are considered, as far as is known no support 
for this theory can be derived from these two important sources. 
Further, the external position and appearance of the wings in larval 
stages cannot be criteria of value, for it is well known that the wings of 
Heterometabolous nymphs often shift their position during the larval 
stages to one that is adapted to the habits and environment of the 
larva. Thus the wings in Periplaneta arise on the sides of the thorax 
in exactly the same place where they arise in Coleoptera or Lepido- 
ptera, but the wings soon migrate dorsally and posteriorly, and when 
they become external appear as direct backward prolongations of the 
tergum. ‘This theory of the origin of insect wings has only the wildest 


sort of speculation for its support. At present we do not know that 
Zool. Jahrb. XVII, Abth, f. Morph, 36 


562 W. L. TOWER, 


acquired characters, such as the lateral projection from the sides of 
the thorax of the primitive pterygote insects, are ever inherited and 
the discussion of the perfection and modification of this as given by 
PACKARD (1898) is pure speculation, and while use, inheritance, selection 
and the inheritance of acquired characters may and probably have 
all played important parts in the genesis of insect wings, there is as 
yet no evidence to show what part or parts have been taken by these 
factors even in the later development of insect structures. No evidence 
has yet been but forward by those who support this theory which 
gives even a remote clue as to the origin and homology of insect wings. 

That the wings are derived from structures like tracheal gills 
has been advocated by GEGENBAUR and others and is equally wanting 
in convincing evidence to support it. Thus, according to GEGENBAUR, 
“The wings of insects must be regarded as homologous with the 
tracheal gills, for not only do they agree with them in origin, but 
also in their connection with the body and in structure. Their being 
limited to the second and third thoracic segments points to a reduction 
in the number of tracheal gills. It is clear that we must suppose the 
wings did not arise as such but were developed from organs which 
had another function, such as tracheal gills; I mean to say such a 
supposition is necessary, for we cannot imagine that the wings functioned 
as wings in the lower stages of their development, and that they could 
have been developed by having such a function.“ 

To this hypotheses two very strong objections at once arise, 
first: It presupposes that the ancestors of the Pterygote insects were 
aquatic forms having tracheal gills; but the major part of the evi- 
dence as to the ancestry of Pterygota points directly to a terrestrial 
form, perhaps not unlike Campodea; second, tracheal gills, as PACKARD 
(189%) clearly points out, are secondary, adaptative and temporary 
larval structures and are not of phylogenetic significance. Moreover 
the fundamental type of wing tracheation so clearly brought out 
by Comstock & NEEDHAM (1899) is not the same as the trache- 
ation of any tracheal gill that I have been able to discover, and it 
is reasonable to suppose that if wings are derived from tracheal gills 
there should be a fundamental resemblance between the tracheation 
of the two. 

The connection of the wings with the spiracles, as shown by 
VERSON (1890) and in this paper, does not help the tracheal gill theory, 
because the spiracles are not developed from or in connection with 
tracheal gills. MÜLLER (1875) states positively that the “wings of 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 563 


insects have not arisen from tracheal gills”. He bases his assertion 
largely upon the absence of tracheae in the wing fundament of insects, 
remarking that “the wing(s) (fundament) are the only parts that lack 
air tubes”. The same view is adopted by PANCRITIUS (1884). MULLER 
further asserts that the wings of insects have arisen as lateral pro- 
longations of the dorsal plates of the segments. 


It is probable that the wings of insects are homologous with no 
other tracheate structure, or at least no evidence has yet been put 
forward which shows any such homology, and as for their origin ac- 
cording to the Tracheal gill theory of GEGENBAUR or the MÜLLER- 
PACKARD theory of lateral or dorsal prolongations neither has as 
yet any evidence to support it. It is futile to hope for palaeonto- 
logical evidence, and the only: way in which we may possibly get 
certain upon the question of the origin of insects wings is by a 
careful comparative study of the conditions found in the late embryo 
and young larva of the more generalized orders of insects, and until 
we have this knowledge speculation as to the origin and homology of 
the wings of insects is without foundation and unprofitable. 


From the data presented in this paper it follows that the wings 
of Coleoptera present no very fundamental differences from those of 
the Lepidoptera or other orders that have been studied, showing only 
the specialization that is to be expected in any group of animals. 
The chief stages and processes are in all respects perfectly comparable 
to the same stages and processes in the Lepidoptera and other Holo- 
metabola, although obscured, shortened or prolonged to adapt them to 
the needs of the particular species. These specializations and adap- 
tations have, however, been described in their proper place, and 
need not be rehearsed here. It is certain, however, that the elytra 
are true wings and are homologous to the fore wings of other 
insects. 


As a whole the wings of beetles are specialized by reduction, 
not only of veins, as shown by Comsrock & NEEDHAM, but also of 
nerves and sense organs and by complexity of ornamentation, the 
scales, hairs and colors being of the simpler kinds. The wings are 
then relatively simple in structure and the elytra only show speciali- 
zation by addition, in adding a thick deposit of chitin. Although 
relatively simple the ornamentation is extremely significant, and .of 
this I have written fully in another paper. 

36* 


564 W. L. TOWER, 


Methods. 


The material upon which this paper is based was preserved in 
many ways, but none of the methods usually recommended for insect 
tissues gave reliable results. Thus PERENYTs fluid used hot or cold, 
Corrossive Sublimate, any Picric acid or Chromic acid mixture were 
unsatisfactory. Hrrmann’s fluid, FLemmina’s fluid and Corrosive 
Sublimate acetic acid mixtures gave uniform and excellent results. 
HerRMANN’s and FLemmine’s fluids gave excellent results with small 
pieces or young larvae, but were entirely unadapted to older or large 
larvae or pupae. After much experimentation I have devised these 
solutions of sublimate acetic acid which gave uniform results and 
results that are exactly like those given by Hermann’s or FLEM- 
min@’s fluid: 


No. 1. 
Saturated sol. HgCl, in 35°/, alcohol 70 vols. 
Glacial acetic acid (99.5 %/,) 2D Bu, 
Nitric acid “ec. p.” De 
No. 2. 
Saturated sol. HgCl, in 35°/, alcohol 95 „ 
Glacial acetic acid (99.5 0/,) Zee. 
Nitrie acid “ce. p.” BT 
No. 3. 
Saturated sol. HgCl, in 35°, alcohol 60 „ 
Glacial acetic acid (99.5 %/,) HOW, 


Platinie chloride 2°/, sol. in Aq. dest. 30 , 


For large larvae or pupae I use No. 1, heated to 80° C in a 
closed flask I poured suddenly over the specimens and allowed the 
fluid to act for from two to five minutes according to the size of 
the insect and the thickness of the chitin, then poured off and re- 
placed by No. 2 and kept at a temperature of 30—40° C for several 
hours. Immediately after the removal from No. 1 the insect should 
be cut with a sharp knife in as many pieces or places as possible. 
By this method I have obtained a perfect fixation of the amoeboid 
processes of the intestinal epithelium of large Scarabaeid grubs when 
fixed entire. For small larvae and pupae No. 1 is too strong and 
should be replaced by No. 2 and used as in the case given above. 
Perhaps the most generally useful is No. 3, which gives excellent 
results either cold or warm but care should be taken to have as small 
pieces of tissue as possible. 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 565 


After killing dehydrate rapidly, clear in cedar oil and preserve 
in paraffine. If the tissues are to be kept in alcohol remove the 
sublimate with iodine in 70°/, alcohol and preserve the tissue in 
80—85 °/,. I find, however, that insect tissue soon loses its finer 
structure in alcohol and becomes more difficult to section. 

In preparing tissues where there was much chitin I found it 
impossible to remove or soften the chitin without injuring the tissue 
so seriously as to destroy the value of the sections. With proper 
fixation, careful imbedding, sharp knifes and patience I have been 
able to get good series of sections of hard chitinous structures. 


Hull Zoological Laboratory 
University of Chicago, Dec. 1, 1901. 


566 W. L. TOWER, 


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The origin and development of the wings of Coleoptera. 567 


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tab. 15—19. 


568 


W. L. TOWER, 


Explanation of Plates. 
Plates 14—20. 


All figures were outlined by the aid of an ABBÉ camera and detail 


was put in free hand. 


The figures are arranged on the plates with the 


dorsal side uppermost; the anterior end to the right; and in the case 
of sections the observer is in all cases looking at the posterior surface. 
All figures are from material killed in corrosive sublimate acetic acid 


mixtures. 
planation of individual figures. 


Exceptions to these general statements are noted in the ex- 


Abbreviations used. 


a anterior 

al.a anterior wing or elytron 

al.p posterior wing or elytron 

can pore canal in the cuticula 

cap.cta hair-like processes from the 
taenidia 

cd heart 

cl.emb embryonic cells of VERSON 

cl.frm formative cells of the scales 

cl.frm.rd formative cells of the 
chitinous columns 

cor.ad fat body 

COX COXa 

cta cuticula 

cta? primary cuticula 

cta® secondary cuticula 

cta* cuticula secreted by hypo- 
dermis of the wing fundament 

d dorsal 

de.mpg Malpighian tubule 

dsc.v ventral disc 

fbr fibre-like process of hyodermal 
cell 

frm femur 

fl.exu exuvial fluid 


for.al foramen to wing cavity 

for.sac foramen to wing sac 

gl.exu exuvial gland 

gl.h drm hypodermal gland (unicel- 
lular) 

gl.h drm hypodermal gland (com- 
pound) 

gl.put glandular pit 

hæ'ly haemolymph 

h'drm hypodermis 

hdrm! hypodermis of dorsal side 
of wing 

h’drm? hypodermis of ventral side 
of wing 

h'drm.col hypodermal column 

lam lamella | 

lew cy leucocyte 

lum lumen 

mbr membrane 

mbr.m median membrane 

mbr. pr basement membrane 

ms’drm mesoderm tissue 

ms’drm. nuc nuclei of mesoderm 
tissue 

mu muscle 


# 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 569 
n.s nervous system tib tibia 
sac.al wing sac tar tarsus 
s’-hdrm-sp sub-hypodermal space fr trachea 
sp spiracle tro trochanter 
sq scale tr’ol tracheole 


tr.an anal trachea 

tr.cos costal trachea 
tr.s-cos subcostal trachea 
tr.cub cubital trachea 
tr.m medius trachea 
tr.rm ramous trachea 

v ventral 


| six tracheal trunks after 

the nomenclature of Con- 
| stock & NrrpHam (1899). 
{ Corresponding to these are 
| veins designated ve. an anal 
] vein etc. 


ile Web 


To show the development of the wings as seen in surface view by 
graphic reconstruction from serial sections. Figs. 1—6 L. decemlineata, 
7—10 P. variabilis, 11—13 O. scabra. 


Leptinotarsa decemlineata. 
Fig. 1. Elytron from a larva immediately ze: ecchysis at the 
beginning of the third instar. 70:1. 
Fig. 2. Wings at the middle of the third instar. 70: 1 


Fig. 3. Wings at the end of the third instar. 70: 1. 

Fig. 4. Wings at the beginning-of the prepupal stage. 70: 1. 

Fig. 5. Wings at the end of the first day of the prepupal period. 
AOL: 

Fig. 6. Wings at the end of the third day of the prepupal period. 
40.1. 

Phymatodes variabilis. 
Fig. Wings at the beginning of the prepupal stage. 70: 1. 


7. 

Fig. 8. Wings about 2 weeks later than Fig. 7. 70: 1. 

Fig. 9. Wings about 8 days before pupation. 70: 1. 

Fig. 10. Wings about 3 days before pupation. 70: 1. 
Osmoderma scabra. 


Fig. 11. Elytron 15—16 weeks before pupation. 50: 1 
Fig. 12. Elytron about 8 weeks before pupation. 50: 1. 
Fig. 13. Elytron about 2 weeks before pupation. 50: 1. 


Plate 15 


Tho show position and development of the wing fundament in the 
early larva. 


Leptinotarsa decemlineata. 


Fig. 14. Transverse section through mesothorax of larva of the 
first instar showing wing fundament. 100: 1 


570 W. L. TOWER, 


Fig. 15. Transverse section through the second abdominal segments 
of the same larva as Fig. 14 showing the position of the spiracular discs. 

Fig. 16. Fundament of an elytron in an early stage taken im- 
mediately after the second ecdysis. 320: 1. 

Fig. 17. Fundament of an elytron in the third instar about 10 
hours later than Fig. 16. 320 : 1. 

Fig. 18. Fundament of an elytron near the end of the third instar. 
12027 

Fig. 19. Larva in third instar to show position of the spiracles 
and wings. 20:1. 

Fig. 20. 0. scabra. Transverse section through a hind wing from 
the same larva as Fig. 11. 70:1. 


Plate 26. 


Leptinotarsa decemlineata. 


To show development of the wings in the last larval stages. 

Fig. 21. Posterior wing of a larva at the beginning of the pre- 
pupal period. 150: 1. 

Fig. 22. Elytron of a prepupa where rapid growth has begun. 
From same series as Fig. 4. 320:1. 

Fig. 23. Section of an elytron in the same stage as shown in 
Bigsi6s 20's te 

Fig. 24. Section of a hind wing from same series as Fig. 23. 
120 : 1. 


Fig. 25. Section of an elytron about twelve hours before pupation. 
1201201. 


IP ibe 17 ” 


To show development of the wings during the larval stages. 


Figs. 26, 27, 28 and 29. P. variabilis, from stages in the devel- 
opment of the elytra. 200: 1. 


Fig. 30. Buprestis rufipes. Section of hind wing showing mass 
of cells about the trachea and closing the wing cavity. 

Fig. 31. Carabus sp. Elytron at the beginning of the last larval 
stage. 150: 1. 

Fig. 32. Leptinotarsa decemlineata. Hind wing showing posterior 
part cut off from body wall. 70:1. 

Fig. 33. Orthosoma brunneum. Elytron shortly before emergence 
of imago. 200: 1. 

Figs. 34 and 35. Leptinotarsa decemlineata. Two stages ob- 
served in the hypodermis where the cell contents are being re- 
arranged. 690:1. 


Fig. 36. Leptinotarsa decemlineata. Surface view of an elytron 
showing arrangement of the compound glands, tracheae and stripes of 
pigment. 


The origin and development of the wings of Coleoptera. 571 


Pilates: 


To show later development and finer structure of the wings. 

Figs. 37, 38 and 39. Leptinotarsa decemlineata. Three stages 
in the development of a unicellular hypodermal gland. 400 : 1. 

Figs. 40, 41 and 42. Epilachna borealis. Three stage in the de- 
velopment of the deciduous spines. Figs. 40 and 41, 640: 1: Fig. 42, 
320.21. 

Fig. 43. Coccinella bipunctata. Section of elytron showing de- 
velopment of tracheoles. 300: 1. 

Fig. 44. Leptinotarsa decemlineata. Section of elytron showing 
formation and entrance of tracheoles. 320: 1. 

Fig. 45. Chrysobothris femorata. Section of an elytron showing 
the formation of a mass of tracheoles. 320: 1. 

Fig. 46. Osmoderma scabra. Section of hind wing showing the 
tracheoles ready to enter the wing. 300: 1. 

Fig. 47. Prionus laticollis. A compound hypodermal gland from 
the elytron. 400: 1. 

Fig. 48. Hippodamia 15punctata. Section showing the devel- 
opment of tracheoles. 600: 1. 

Fig. 49. Leptinotarsa decemlineata. Reconstruction of an early 
stage in the formation of a chitinous column of the elytron. 100: 1. 

Fig. 50. Chrysobothris femorata. Section of elytron showing de- 
velopment of chitinous fibres in the hypodermal cells. 400: 1. 

Fig. 51. Chrysobothris femorata. Section of an elytron showing 
contraction of chitinous fibres and decreased thickness of the elytron. 
200% EI 

Fig. 52. Chrysobothris femorata. Section of hind wing showing 
thickened costal edge. 185: 1. 


Plate 19. 


Fig. 53. Chrysobothris femorata. Prepupa with larval covering 
removed to show position of appendages as seen in ventral view. 13:1. 

Fig. 54. Chrysobothris femorata. Prepupa about two days older 
than Fig. 53, ventral aspect. 13:1. 

Fig. 55. Chrysobothris femorata. Same specimen as Fig. 54 seen 
from the side. 13:1. 

Fig. 56. Epilachna borealis. Prepupa with larval covering re- 
moved to show position of appendages. 13:1. 

Figs. 57, 58, 59, 60, 61 and 62. Chrysobothris femorata. Six 
stages in the development of the cuticula and the cuticula colors. Zeiss 
appochromatic obj. 2 mm, oc. 12. Drawn free hand. 


Plate 20. 


Figs. 64, 65, 66 and 67. Hippodamia 15punctata. Four stages 
in the development of the elytra. 120:1. 


572 ~=W. L. TOWER, The origin and development of the wings of Coleoptera. 


Fig. 68 Orthosoma brunneum. A compound gland from the 
elytron. 300 ::1. 

Figs. 69 to 76 incl. Leptinotarsa decemlineata. Stages in the 
development of a permanent wing trachea, 300: 1. 

Fig. 73. Phymatodes? A white or transparent scale from the 
elytron. 300: 1. 

Fig. 77. Phymatodes? A dark scale from the elytron showing a 
unicellular gland opening at its base. 300: 1. 

Fig. 78. Leptinotarsa decemlineata. An early stage in the form- 
ation of a chitinous column. 400: 1. 

Fig. 79. Leptinotarsa decemlineata. A chitinous column of the 
elytron when nearly completed 400: 1. 

Fig. 80. Leptinotarsa decemlineata. A compound gland from the 
elytron. 400:1. 


Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren 
und Hymenopteren 
mit besonderer Berücksichtigung der sexuellen Unterschiede. 
Von 
Dr. Otto Schenk. 


(Aus dem Zoologischen Institut zu Jena.) 


Hierzu Tafel 21—22 und 4 Abbildungen im Text. 


Inhalt. 


Geschichtliches über den sexuellen Dimorphismus der Antennen. 
Material und Methode. 
Lepidoptera. 
I. Die sexuellen Unterschiede im Bau der Antennen. 
II. Der Bau der Hautsinnesorgane. 
III. Die physiologische Function der Hautsinnesorgane. 
Hymenoptera. 
I. Die sexuellen Unterschiede im Bau der Antennen. 
II. Der Bau der Hautsinnesorgane. 
III. Die physiologische Funetion der Hautsinnesorgane. 
Zusammenfassung. 
Literaturverzeichniss. 
Erklärung der Abbildungen. 


Obwohl die antennalen Hautsinnesorgane der Insecten schon oft 
zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht worden 
sind, ist doch ihre physiologische Function noch keineswegs in allen 
Fällen sicher erkannt. Es hat dies seinen Grund wohl darin, dass 
der physiologischen Untersuchung besondere Schwierigkeiten im Weg 
stehen und die bei den Wirbelthieren gebräuchlichen Methoden hier 
nicht ausreichen. — 

Wenn ich von den lediglich auf Analogieschlüssen beruhenden Ver- 
muthungen der ältern Autoren absehe, so sind es vor allem drei Wege, 
die bei derartigen Studien eingeschlagen werden können. Der älteste, 
und — in Bezug auf die Insecten — unsicherste ist der experi- 
mentell-physiologische. Er vermag nur zu zeigen, dass in 
einem Körpertheil ein bestimmter Sinn localisirt ist. Unsicher nenne 
ich diese Methode einerseits deshalb, weil die Thiere sich beim Ex- 


574 OTTO SCHENK, 


periment in einer ganz unnatiirlichen Situation befinden und weil ge- 
wisse Sinnesorgane nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen in 
Thatigkeit zu treten vermégen (so die Grubenkegel z. B. nur beim 
fliegenden Insect), welche beim Experiment nicht immer erfüllt werden, 
andrerseits aber auch deshalb, weil in der Regel auf einem kleinen 
Raum des Insectenkérpers Sinnesorgane der verschiedensten Art vor- 
handen sind, welche man nur schwer getrennt dem Experiment unter- 
werfen kann. — Die zweite, äusserst wichtige Methode ist die ana- 
tomisch-histologische. Ihre Aufgabe ist es vor allem, zu ent- 
scheiden, ob ein Organ überhaupt Sinnesorgan ist, und dann, ob es 
mechanische oder chemische Reize zu percipiren vermag. Da aber in 
der Regel mehrere Organformen vorhanden sind, deren anatomischer 
Bau auf eine bestimmte Reizgattung hinweist, so führt auch diese 
Methode allein nicht zum Ziel. Sie muss vielmehr von der dritten, 
der empirisch-bionomischen Methode unterstützt werden, deren 
Aufgabe es ist, zu untersuchen, ob die Zahl der Sinnesorgane mit der 
beobachteten und erfahrungsgemässen Stärke des betreffenden Sinnes 
in Einklang steht. — Diese dritte Methode ist von den Autoren ent- 
weder überhaupt nicht oder nur in untergeordnetem Maasse berück- 
sichtigt worden. Wie wenig gerade diese bionomische Methode zu 
Rathe gezogen worden ist, zeigt auch eine Zusammenstellung KRAEPE- 
Lın’s!), in der sie überhaupt nicht aufgezählt worden ist. Auf An- 
regung meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Prof. H. E. ZIEGLER, 
habe ich daher diese Methode in den Vordergrund meiner Unter- 
suchungen gestellt und an einigen concreten Fällen durchzuführen 
versucht. Da sie aber, wie bereits erwähnt, nur in Verbindung mit 
der anatomisch-histologischen Methode zu einem sichern Resultat führt, 
so habe ich auch diese in den Kreis meiner Untersuchungen gezogen. 


Unter den Lepidopteren habe ich solche Arten ausgesucht, 
bei welchen die beiden Geschlechter schon makroskopisch enorme Ver- 
schiedenheiten im Bau der Antennen aufweisen. Unter den Hymeno- 
pteren habe ich mit den Apiden und der Gattung Vespa begonnen 
und sind meine Studien aus äusserlichen Gründen auf diese Formen 
beschränkt geblieben. — 

Bei diesen Untersuchungen gelang es mir, eine Reihe von histo- 
logischen Thatsachen festzustellen, die bei den Lepidopteren noch gar 
nicht bekannt waren und bei den Hymenopteren zum Theil von dem 


1) Krarpeuın (12) erwähnt die Analogie, das Experiment und den 
anatomischen Bau. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 575 


bisher Bekannten abweichen. — Die Angaben der friihern Autoren 
werde ich bei den einzelnen Organformen erwähnen. 


Geschichtliches über den sexuellen Dimorphismus der Antennen. 


Obgleich die Systematiker sehr oft bei den Beschreibungen den 
Unterschied zwischen den Fühlern der beiden Geschlechter erwähnt 
haben, liegen doch nur wenige Angaben vor, die sich mit der Bedeu- 
tung dieses Unterschieds befassen oder die sich mit den auf den An- 
tennen befindlichen Sinnesorganen im Speciellen beschäftigen. Es ist 
eine schon den ältern Autoren bekannte Thatsache, dass die Fühler 
zahlreicher Schmetterlingsmännchen bei weitem mehr entwickelt und 
bedeutend complieirter gebaut sind als die der zugehörigen Weibchen. 
Darauf bezügliche Angaben finden sich bei SLATER, DARWIN, WERNE- 
BURG, HAUSER und Andern, von denen der Dimorphismus unter der 
Annahme, dass die Antennen die Träger von Geruchsorganen sind, 
durch geschlechtliche Zuchtwahl erklärt wird. „Wenn bei Insecten“, 
sagt DARWIN, „... die Sinnesorgane... in dem einen Geschlecht 
vorhanden sind, in dem andern dagegen fehlen, oder wenn sie, wie es 
häufig der Fall ist, in dem einen Geschlecht höher entwickelt sind als 
im andern, so ist es beinahe unabänderlich, soweit ich es nachweisen 
kann, das Männchen, welches derartige Organe behalten oder dieselben 
am meisten entwickelt hat; und dies zeigt, dass das Männchen während 
der Bewerbung der beiden Geschlechter der thätigere Theil ist.“ 

Ausführlichere Nachrichten über die secundären Geschlechts- 
.charaktere in den Antennen von Insecten stammen von HERMANN 
MÜLLER, der im Jahre 1871 in einer Arbeit über die „Anwendung der 
Darwin’schen Lehre auf Bienen“ die Fühler verschiedener anthophilen 
Hymenopteren auf ihre geschlechtlichen Unterschiede hin untersucht 
hat. Wenngleich er vorzugsweise die makroskopisch sichtbaren Ver- 
hältnisse, wie die Grösse der Fühler und die Zahl und Gestalt ihrer 
Glieder, berücksichtigt hat, so hat er doch auch die an ihnen befind- 
lichen Sinnesorgane und deren Vertheilung auf die Geschlechter in 
den Kreis seiner Betrachtungen gezogen und die Befunde mit seinen 
biologischen Erfahrungen in Einklang zu bringen gesucht. Von Sinnes- 
organen sind ihm ,borstentragende“ und „grössere, borstenlose, mit 
schlingenbildenden Nerven versehene‘ Gruben bekannt geworden. Die 
„borstentragenden“ Gruben, die besonders zahlreich bei den Weibchen 
vertreten sind, bei den Männchen dagegen nur in untergeordnetem 
Maasse ausgebildet sind, ja in extremen Fällen (Halictus quadricinctus) 
diesen sogar ganz fehlen können, fasst MÜLLER als Tastorgane auf; 


576 OTTO SCHENK, 


die ,,borstenlosen Gruben“ aber, die vorwiegend den Männchen zu- 
kommen, deutet er als Riechorgane. Eine Erklärung für diese Auf- 
fassung findet er darin, dass sich „bei den Männchen der Bienen im 
Wettkampf um das Aufsuchen der Weibchen die Riechorgane, bei den 
Weibchen in Anpassung an die mit der Brutversorgung verbundenen 
Arbeiten in dunkeln Höhlen die Tastorgane vervollkommnet haben“ 
müssen. 

Zu demselben Resultat ist SCHIEMENZ gelangt, der die Fühler von 
Apis mellifica untersucht hat. Ausser den erwähnten Organen be- 
schreibt er noch „kleine, rundliche Gruben mit Papillen“. Diesen (bei 
den Männchen wenig mehr entwickelten) Organen ertheilt SCHIEMENZ 
gleichfalls die Riechfunction zu. 

Als neueste Angaben über Geschlechtsdifferenzen in den Fühlern 
finden sich zwei Stellen bei NAGEL, der berichtet, „dass bei Orgyia 
gonostigma & die Zahl der Grubenkegel das Vielfache von der Zahl 
derselben beim flügellosen Weibchen betrage und dass Ichneumon 
luctatorius & viel weniger Kegel besitze als das Weibchen“. 


Material und Methode. 


Meine Untersuchungen erstreckten sich auf die Fühler folgender 
Lepidopteren- und Hymenopterenspecies, von denen mir sowohl 
Männchen wie Weibchen und gegebenen Falls auch Arbeiterinnen zur 
Verfügung standen: 


Lepidoptera: 3) Panurgus banksianus LTR. 
1) Fidonia piniaria L. 4) Dasypoda plumipes LTR. 
2) Orgyia antiqua L. 5) Saropoda bimaculata LTR. 
3) Psyche unicolor HEN. 6) Osmia adunca LTR. 
4) Ino pruni Esp. 7) Seat 


Hymenoptera: 8) Bombus sp. var. 


1) Prosopis bifasciatus Fpr. 9) Apis mellifica L. 
2) Sphecodes gibbus LTR. 10) Vespa crabro L. 


Die Antennen wurden von den lebenden, mit Aether betäubten 
Thieren abgeschnitten und sofort in die Conservirungsflüssigkeit ge- 
bracht. Als solche benutzte ich Pikrinosmiumessigsäure (nach Vom 
Ratu, in: Anat. Anz., 1895), Pikrinsublimatessigsäure (ibid.), Alkohol 
94 Proc. und schliesslich eine Mischung von 5 Theilen Aether und 
1 Theil Alkohol absolutus. Besonders gut bewährten sich Pikrin- 
sublimatessigsäure und die Aether-Alkohol-absolutus-Mischung, während 
ich namentlich die Pikrinosmiumessigsäure nur wenig benutzte, da die 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 577 


mit derselben fixirten Objecte die Farbstoffe sehr schwer annahmen. 
Die schwarz pigmentirten Fihler, die ganz eingelegt werden sollten, 
wurden vorher mit freiem Chlor (LEE u. MAYER, p. 265) gebleicht. 
Ich habe diese Methode der leichtern Controle halber der von NAGEL 
vorgeschlagenen vorgezogen. NAGEL benutzte ein Gemisch von Pikrin- 
schwefelsäure mit etwas Chromsäure, das er mit den zu bleichenden 
Objecten 1—2 Tage in den Paraffinofen stellte. Immerhin ist es auch 
bei der freien Chlorbleiche schwierig, einen bestimmten Bleichegrad 
zu bekommen. Insbesondere ist in Folge der ungleichen Lichtein- 
wirkung ein allseitig gleichmässig ausgebildetes Bleichen fast nie zu 
erzielen. — Versuche, das Chitin der zum Schneiden bestimmten An- 
tennen mit Eau de Labarraque und Eau de Javelle zu erweichen, er- 
wiesen sich als vollkommen erfolglos. In Folge dessen war ich ge- 
nöthigt, meine histologischen Untersuchungen an Puppen auszuführen, 
die kurz vor dem Ausschlüpfen standen. — Da die Färbungsmittel in 
die ganzen Antennen nur sehr langsam eindrangen, so wandte ich 
nach einigen zeitraubenden Versuchen ausschliesslich Schnittfärbung 
an. Boraxkarmin, Bleu de Lyon, Eisenalaun mit Hämatoxylin (DELA- 
FIELD) und Hämatoxylin (nach EHRLICH) mit Orange G bewährten 
sich; besonders mit der letztgenannten Doppelfärbung erzielte ich vor- 
treffliche Bilder. — 


Wie ich bereits in der Einleitung erwähnt habe, wollte ich bei 
meinen Untersuchungen die verschiedene Vertheilung und die ver- 
schiedengradige Ausbildung der antennalen Sinnesorgane in beiden 
Geschlechtern zur Grundlage bei Beurtheilung ihrer Function nehmen. 
Um aber zu einem möglichst sichern Resultat zu gelangen, habe ich 
auch den anatomischen Bau der Sensillen in den Kreis meiner Be- 
trachtungen gezogen. Diese beiden Gesichtspunkte veranlassen mich, 
den Stoff in jeder der beiden Hauptgruppen (Lepidopteren und Hymeno- 
pteren) in drei Abschnitte zu zerlegen, von denen der erste dem 
Dimorphismus, der zweite dem Bau der Sinnesorgane und der dritte 
einer Besprechung der physiologischen Function gewidmet ist. 


Ich wende mich zunächst zu den 


Lepidoptera. 


I. Die sexuellen Unterschiede im Bau der Antennen. 


Die geschlechtlichen Unterschiede im Bau der Antennen sind bei 


den von mir untersuchten Lepidopteren-Arten hauptsächlich quanti- 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 37 


578 OTTO SCHENK, 


tativer Natur, indem es sich, mit Ausnahme eines einzigen Falls, nur 
um eine verschiedene Menge der Sinnesorgane handelt. Die Unter- 
schiede stehen in inniger Beziehung zur Lebensweise der beiden Ge- 
schlechter und kénnen sich in Folge dessen nur bei solchen Schmetter- 
lingsarten finden, die in Anpassung an bestimmte Lebensverhältnisse 
zur Ausbildung dieser Verschiedenheiten haben schreiten müssen. 
(Hierauf komme ich im 3. Abschnitt zurück.) Die Unterschiede im 
makroskopischen Bau der Antennen stehen daher in inniger Beziehung 
zur Ausbildung gewisser Sinnesorgane. Wäre KRÄPELIN die enorme 
Entwicklung der Grubenkegel an den gefiederten Antennen bekannt 
gewesen, so hätte er sicherlich nicht die Darwın’sche Anschauung 
hier angewandt, dass „die geschlechtliche Zuchtwahl auch in rein 
kosmetischer Hinsicht recht wunderbare Organveränderungen hervor- 
rufen“ kann. Die Bedeutung der grossen gefiederten Antennen der 
Männchen liegt darin, dass sie eine grosse Zahl von Sinnesorganen tragen. 
Von Sinnesorganen finden sich an den Lepidopterenfühlern: 
1) Sensilla coeloconica‘), Grubenkegel (in Gruben stehend) 


2) LÀ basiconica, ebenständige Sinneskegel, 
3) „ styloconica, Endzapfen, Kolben, 

4) A chaetica, borstenartige Sinnesorgane, 
5) a trichodea, haarartige Sinnesorgane. 


Ich bespreche nunmehr die geschlechtlichen Unterschiede bei den 
einzelnen Arten. 


1. Fidonia piniaria L. Kiefernspanner. 
(Fam. Geometridae; Taf. 21, Fig. 1—11.) 


Die stark gefiederte Antenne des Männchens besteht aus 
41 Gliedern, von denen nur die beiden basalen der Fiederchen ent- 
behren. Wie Fig. 1 zeigt, nehmen die Fiedern, am 3. Glied beginnend, 
zunächst bis zur Mitte der Antenne ziemlich rasch an Grösse zu (bis 
1,34 mm); von da an werden sie allmählich wieder kleiner, bilden in. 
der Nähe der Spitze nur noch Höcker, um schliesslich ganz zu ver- 


1) Da schon verschiedene deutsche Namen für die Sinnesorgane 
der Antennen vorliegen, welche nicht immer ganz scharf bezeichnend 
sind und auch nicht stets in gleichem Sinne gebraucht werden, schien 
es mir nützlich, schärfer definirte Begriffe einzuführen und dieselben 
mit internationalen Namen zu belegen. Die Stämme der oben erwähnten 
Namen sind folgende: xoilov Vertiefung, »wvırog kegelförmig, Pacis 
Fläche, oröAog Säule, yairn Borste, roıywöng haarartig. Das Wort Sen- 
sillum (Sinnesorgan) ist schon von frühern Autoren (HAEckEL u. A.) 
gebraucht worden. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 579 


schwinden. Die Dorsalseite des Fühlerstammes ist mit Schuppen be- 
deckt; die übrigen Theile der Antenne zeigen besonders gut eine durch 
kleine Chitinschüppchen erzeugte Sculptur, die sich am ganzen Fühler 
vorfindet (an Fig. 7 bei chs gezeichnet). 

Fig. 2 stellt die ungefiederte, fadenförmige Antenne des Weib- 
chens dar. Diese setzt sich aus 38 Gliedern zusammen. Die enorm 
entwickelte Beschuppung beginnt an der Antennenspitze zunächst auf 
der dorsalen Fläche, greift allmählich auf die Seiten über und um- 
fasst schliesslich vom 31. Glied an bis zur Basis die Antenne all- 
seitig, mit Aussparung weniger Stellen, an denen sich Sensilla coelo- 
conica befinden. 

Sensilla coeloconica. Was zunächst das Vorkommen der- 
selben beim Männchen anbetrifft, so sind sie hier reichlich vorhanden. 
Hauser hat betont, dass die Zahl der Sinnesorgane für die Grösse 
der Functionsfähigkeit maassgebend sei; ich füge dem hinzu, dass auch 
ihrer Lage und ihrer Vertheilung an der Antenne eine hohe Be- 
deutung beizulegen ist. In der Anordnung der Sinnesorgane ist 
nämlich eine bestimmte Tendenz nicht zu verkennen. Gewisse Sinnes- 
orgare werden auf den Fiedern möglichst weit nach aussen gelagert, 
wodurch eine möglichst grosse Oberfläche erzielt wird. Wie die Figg. 3, 
6 und 7 zeigen, liegen die Sensilla coeloconica an der Fühlerspitze 
nur auf der distalen Hälfte der Glieder, an den mit Höckern ver- 
sehenen Gliedern nur an diesen, und an den Fiedern gehen sie nicht 
über die Mitte nach der Basis zu hinaus. An den genannten Stellen 
sind sie unregelmässig vertheilt. KRÂPELIN hat bemerkt, dass bei den 
Tagfaltern die ventrale Fühlerfläche der alleinige Sitz der Sensilla 
coeloconica sei, und auch bei den von NAGEL untersuchten Arten zeigte 
sich dies (auch bei Nachtschmetterlingen). Für Fidonia &, ebenso 
wie für alle übrigen von mir untersuchten Schmetterlingsmännchen, 
jedoch gilt dieses Verhalten im Allgemeinen nicht. Nur an der Fühler- 
spitze liegt die Mehrzahl der Sensilla coeloconica ventral, und nur 
wenige befinden sich dorsal; an den Fiedern dagegen (Fig. 3) schliesst 
schon die grosse Zahl der Sensilla trichodea eine ventrale Lage aus. 
An diesen sitzen sie vielmehr an den lateralen Flächen, von denen 
sie sehr häufig sogar bis zur rein dorsalen Lage verschoben sind. 
Wahrscheinlich steht die Lage dieser Sinnesorgane in Beziehung zur 
Function, vermuthlich in der Weise, dass sie beim Fliegen des Thieres 
dem Luftstrom entgegen gerichtet sind. Ihre Zahl beläuft sich an 
jeder Antenne auf ungefähr 350. An der nach aussen gerichteten 
Fiederreibe sind sie zahlreicher als an der andern. 

37* 


580 OTTO SCHENK, 


Beim Weibchen sind die Sensilla coeloconica auch in grosser 
Zahl ausgebildet — ich schätze sie an jeder Antenne auf ca. 100 — 
im Verhältniss zum Männchen jedoch ist ihre Zahl gering. Sie liegen 
vorwiegend ventral; nur an den Endgliedern, an denen sie in 
grösserer Zahl ausgebildet sind, greifen sie auf die Seiten über (Fig. 8). 
Ihre Lage steht in gewisser Hinsicht in Correlation mit der Ver- 
breitung der Schuppen. Denn da die Schuppen die Functionsfähigkeit 
der Sensilla coeloconica ungünstig beeinflussen würden, so finden sich 
diese da, wo die Schuppen fehlen und umgekehrt. Die Zahl der ge- 
nannten Sinnesorgane nimmt nach der Antennenbasis zu sehr rasch 
ab. Auf dem 21. Glied, bis zu dem ich ihr Vorhandensein nachzu- 
weisen vermochte, sind nur noch 2 vorhanden. Von den 38 Fühler- 
gliedern tragen also nur die 17 Endglieder Sensilla coeloconica, so 
dass sich auch hier das Princip geltend macht, gewisse Sinnesorgane 
als Vorposten möglichst weit vorzuschieben. 

Sensilla styloconica. An der Antenne des Männchens 
finden sich 22—24 Sensilla styloconica. Die 25 basalen Glieder ent- 
behren derselben vollkommen. Was ihre Lage anbetrifit, so stehen sie 
an den distalen Enden der Glieder, an den Spitzen der Höcker und 
der Fiedern (Fig. 3, 6, 7). Sie vertheilen sich auf die 16 Endglieder 
in der Weise, dass auf die eine Fiederreihe 15--16, auf die andere 
dagegen nur 7—8 Organe kommen. Die grössere Zahl steht auf der 
nach aussen gerichteten Fiederreihe der Antenne. 

Beim Weibchen tragen nur die 12 Endglieder des Fühlers 
Sensilla styloconica. Sie stehen ventro-lateral am distalen Ende der 
Glieder, von denen sie in Folge Mangels der Fiederung scharf abge- 
setzt sind. In ihrer Vertheilung auf die genannten Glieder verhalten 
sie sich ähnlich wie die des Männchens, indem auf die Spitzenglieder 
je 2 Organe entfallen (Fig. 8), die 8 folgenden Glieder dagegen nur 
mit je einem versehen sind. Die grössere Zahl steht auch hier auf der 
Aussenseite der Antenne. 

Sensilla chaetica. Am Ende eines jeden Fieders steht beim 
Männchen ein Sensillum chaeticum (Fig. 3). Sie sind die einzigen 
Sinnesorgane, die auch auf dem Stamm der Antenne vorkommen. Fig. 7 
zeigt einige solcher rückenständiger Borsten. 

Beim Weibchen treten die Sensilla chaetica in der Dreizahl an 
jedem Glied auf. Wie aus Fig. 9 hervorgeht, sitzen 2 von ihnen 
ventro-lateral am distalen Ende eines jeden Gliedes und entsprechen 
somit den endständigen Borsten des Männchens; das dritte Sensillum 
chaeticum liegt in der Regel dorsal, ungefähr in der Mitte eines jeden 
Gliedes, ist aber bisweilen auf eine der Fühlerseiten verschoben. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 58] 


Die Sensilla trichodea stehen beim Männchen in enormer 
Ausbildung auf der ventralen Fiederfläche, von der sie, wie Fig. 3 be- 
sonders schön zeigt, fast rechtwinklig abstehen. 

Beim Weibchen sind sie, wie aus Fig. 9 zu ersehen ist, be- 
deutend kleiner als beim Männchen; auch ihre Zahl ist beträchtlich 
geringer als bei jenem. Sie stehen ganz vereinzelt auf der ventralen 
Fühlerfläche. 

Zu diesen Organen kommen beim Weibchen noch die Sen- 
silla basiconica hinzu. Ich habe sie nur an 5 Gliedern, und 
zwar am 12., 14., 15., 18. und 20. finden können, an denen sie in 
der Einzahl auf der ventralen Fläche stehen. Fig. 9 zeigt ein solches 
Organ (mit b bezeichnet). 

Dem Männchen fehlen sie. 


2. Orgyia antiqua L. Bürstenspinner. 
(Fam. Bombycidae; Taf. 21, Fig. 12—14; Taf. 22, Fig. 18—20). 


Die aus 29 Gliedern zusammengesetzte Antenne des Männchens 
ist kräftig gefiedert. Wie Fig. 12 zeigt, haben die Fiedern von der 
Basis bis zur Spitze der Antenne nahezu die gleiche Grösse. 0,031 mm 
unter der Spitze eines jeden Fieders befindet sich eine rechtwinklig 
zu demselben stehende, nach der Basis des Fühlers zu gerichtete 
Borste von 0,345 mm Länge (Fig. 18). Mittels dieser Gebilde greifen die 
einzelnen Fiedern in einander, wodurch der Antenne ein einheitliches, 
massives Gepräge verliehen wird. Es ist sehr wohl möglich, dass die 
Männchen, die bekanntlich die Weibchen im Fluge begatten, die 
Fühler zum Festhalten derselben benutzen und dass durch die er- 
wähnten Haare ein besseres Festhalten ermöglicht wird. Die Dorsal- 
seite des Fühlerstamms ist mit überaus starken, dicht an einander 
gedrängten Schuppen bedeckt, die auch auf die Seiten der Antenne 
übergreifen. 

Die schwach gefiederte Antenne des Weibchens setzt sich aus 
21 Gliedern zusammen. Wie aus den Figg. 14, 19 und 20 zu ersehen, 
sind die Fiedern ein und derselben Seite unter einander nahezu gleich 
gross; dagegen weichen die Fiedern der beiden Seiten nicht nur an 
Grösse, sondern auch an Dicke beträchtlich von einander ab. So 
fand ich, dass das eine Fiederchen eines Gliedes 0,145 mm lang und 
0,051 mm dick war, das andere desselben Gliedes besass dagegen nur 
eine Länge von 0,08 mm und eine Dicke von 0,026 mm. — Schuppen 
finden sich auf der dorsalen Fläche des Stammes, wo sie namentlich 
an den basalen Gliedern stark entwickelt sind. Im Innern der An- 


582 OTTO SCHENK, 


tenne liegt eine grosse Anzahl stark lichtbrechender Körper (Fig. 20 k); 
diese sind wahrscheinlich den im Kolben der Antennen von Tagfaltern 
gefundenen Concrementen gleichwerthig und würden demnach, wie 
NAGEL gezeigt hat, aus einem Urat bestehen. 

Sensilla coeloconica. Alle Fiedern der männlichen 
Antenne, mit Ausnahme der beiden basalen, tragen Sensilla coelo- 
conica. Ihre Vertheilung an den Fiedern ist etwas anders als bei 
Fidonia &. Während nämlich bei diesem die Sensilla coeloconica an 
den angegebenen Stellen unregelmässig vertheilt sind, liegen sie bei 
Orgyia & stets nur auf einer, und zwar auf der der Antennenspitze 
zugewandten Fiederseite (Fig. 18 k), wo sie in vereinzelten Fällen bis 
zur Fiederbasis herabreichen. NAGEL hat bei den gefiederten Bomby- 
ciden-Arten auch am Stamm Sensilla coeloconica gefunden. Bei Keiner 
der von mir untersuchten Spinnerarten ist dies der Fall, ebenso wenig 
wie bei den übrigen von mir untersuchten Schmetterlingen mit ge- 
fiederten Fühlern. Die Zahl besagter Organe wechselt mit den ein- 
zelnen Fiedern. In der Nähe der Antennenbasis zählte ich an einem 
Fieder 4, in der Mitte der Antenne schwankte ihre Zahl zwischen 12 
und 16 und im Maximum fand ich 23 Sensilla coeloconica an einem 
Fiederchen. Mehrere Rechnungen ergaben für eine jede Antenne die 
stattliche Zahl von ca. 600 solchen Organen. Auch hier sind an der 
äussern Fiederreihe mehr Grubenkegel vorhanden als an der andern. 

Beim Weibchen sind die Sensilla coeloconica nur spärlich vor- 
handen; eine gesetzmässige Anordnung an den Fiedern — sie kommen 
auch beim Weibchen nur an diesen vor — lassen sie nicht erkennen. 
Ihre Lage wechselt vielmehr an den angegebenen Fühlertheilen (Fig. 20). 
Eine genaue Zählung ergab für die Reihe der grössern Fiedern 44 
und für die andere 30 Grubenkegel; an jeder Antenne würden dem- 
nach im Maximum nur 75 Sensilla coeloconica vorhanden sein. 

Sensilla styloconica. Beim Männchen sind die Sensilla 
styloconica gut entwickelt; sie stehen an den Spitzen der Fiederchen 
und zeigen, wie bei Fidonia, Unterschiede in der Vertheilung auf 
beide Fiederreihen. Diese Unterschiede sind jedoch nicht so gross 
wie bei der vorigen Species; während auf die äussere Fiederreihe 
26 Sensilla styloconica entfallen, sind auf der innern 24 vorhanden. 

Beim Weibchen liegen die Verhältnisse ganz ähnlich, indem an 
der Reihe der grössern Fiedern 16, an der der kleinern 14 Sensilla 
styloconica zu finden sind. 

Sensilla chaetica. An der Spitze eines jeden Fieders der männ- 
lichen Antenne steht ein Sensillum chaeticum (Fig. 18 s) und ungefähr 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 583 


0,031 mm unter demselben die schon oben erwähnte, rechtwinklig zum 
Fiederchen stehende und nach der Antennenbasis zu gerichtete Borste. 
An der Fühlerspitze steht auch auf der dorsalen Fläche eines jeden 
Gliedes ein solches Organ von der Grösse der endständigen. 

Beim Weibchen stehen die Sensilla chaetica gleichfalls an der 
Spitze der Fiedern und auf der dorsalen Fläche des Antennenstammes. 
Ihre Zabl beläuft sich auf ca. 42. 

Sensilla trichodea. Wie Fig. 18 zeigt, sind die Sensilla 
trichodea beim Männchen ausserordentlich gut und zahlreich aus- 
gebildet. Sie stehen wie bei Fidonia & auf der ventralen Seite der 
Fiedern. 

Beim Weibchen sind sie klein und relativ spärlich entwickelt. 
Fig. 20 zeigt sie an den Gliedern der Antennenspitze. 

Die Sensilla basiconica fehlen. 


3. Psyche unicolor Hrn. Sackspinner. 
(Fam. Bombycidae; Taf. 21, Fig. 15—17). 


Die gefiederte Antenne des Mannchens besteht aus 30 Gliedern. 
In ihrem makroskopischen Bau gleicht sie sehr der Antenne von 
Fidonia 4. Wie aus Fig. 15 zu ersehen, nehmen die Fiedern von der 
Basis der Antenne bis nicht ganz zur Fühlermitte sehr schnell an 
Grösse zu, um dann nach der Spitze zu allmählich wieder kleiner zu 
werden. An den Endgliedern der Antenne verschwinden sie doch 
nicht ganz, wie es bei Fidonia der Fall ist, sondern sie behalten 
immer noch die ansehnliche Grösse von 0,26 mm. Schuppen finden 
sich auf der dorsalen Seite des Fühlerstammes und der Fiederspitzen. 

Das Weibchen entbehrt der Fühler vollkommen. 

Sensilla coeloconica. Die Grubenkegel liegen vorzugsweise 
in der Nähe der Fiederspitzen. In Folge der dunklen Pigmentirung 
der Fühler vermochte ich ihre Zahl nicht festzustellen. Mit diesen 
Sensillen verwandt und durch Uebergänge mit ihnen verbunden sind 
Organe, die sich nur durch ihre Grösse von den echten Sensilla coelo- 
conica unterscheiden. Wie ich in Fig. 16 abgebildet habe, sitzen sie 
in ausserordentlicher Zahl auf der der Fühlerspitze zugewandten 
Fiederseite. Sie ersetzen functionell zugleich die bei Psyche fehlenden 
Sensilla styloconica, wie unten gezeigt werden wird. 

Sensilla chaetica. Die borstenartigen Sinnesorgane stehen bei 
Psyche gleichfalls an den Spitzen der Fiedern. An den basalen Fiedern 
finden sich zwei, an den übrigen nur ein einziges (Fig. 16 s). 


584 OTTO SCHENK, 


Sensilla trichodea sind beim Männchen vortrefflich ent- 
wickelt und stehen in enormer Zahl an der ventralen Fiederfläche 
(Fig. 17). 


4. Ino pruni Esp. (= Atychia pr. Ocus) Schlehenspanner. 
(Fam. Zygaenidae; Taf. 22, Fig. 21—28). 


Die Antenne des Männchens besteht aus 40 Gliedern. Da die 
29 basalen gefiedert sind, die Endglieder dagegen, wie Fig. 22 deutlich 
zeigt, den für die Tagschmetterlinge charakteristischen Endknopf bilden, 
so zeigt diese Form sehr schön den Uebergang von den Diurna zu 
den Nocturna. Die Dorsalseite des Stammes ist mit dünnen Schuppen 
bedeckt, die vereinzelt auch auf den Fiedern vorkommen. Die Chitin- 
decke zeichnet sich durch eigenthümliche Verdickungen und Faltungen 
aus, die man in den Schnitten (Fig. 24, 25) gut erkennen kann. In 
diesen Falten und zwischen den Zacken stehen die Sinnesorgane. 

Die Antenne des Weibchens besteht gleichfalls aus 40 Gliedern. 
Diese nehmen von der Basis nach der Fühlerspitze allmählich an Dicke 
zu. Die dorsale Fläche ist mit starken Schuppen versehen. Die 
Chitindecke zeigt ebenso wie bei dem Männchen Verdickungen und 
Zacken, die jedoch nicht den Ausbildungsgrad wie bei jenem erreichen 
(Fig. 26). 

Sensilla coeloconica, wie sie in Fig. 25 abgebildet sind, 
scheinen beim Männchen nur in geringer Zahl vorhanden zu sein. 
Die Chitinzacken, zwischen denen sie versteckt liegen, setzen ihrem 
Auffinden grosse Schwierigkeiten entgegen, so dass es mir nicht mög- 
lich ist, ihre Zahl auch nur annähernd festzustellen. Mit ihnen ver- 
wandt sind die in Fig. 24 abgebildeten Sensillen, die sich zu den 
echten Grubenkegeln ebenso verhalten, wie dies bei Psyche der Fall 
ist. Sie sind beim Männchen gut entwickelt und finden sich besonders 
zahlreich an den den Endknopf bildenden Gliedern. 

Beim Weibchen liegen die Verhältnisse ganz ähnlich, indem 
auch hier die Grubenkegel in zwei Modificationen auftreten. Im 
Uebrigen gilt genau dasselbe wie beim &. 


Sensilla chaetica stehen beim Männchen an den Spitzen der 
Fiedern (Fig. 23) und an den den Endknopf bildenden Gliedern nehmen 
sie eine ventro-laterale Lage am distalen Gliedende ein. Ihre Zahl 
beträgt ca. 120 an jeder Antenne. 

Beim Weibchen verhalten sich die borstenartigen Sinnesorgane 
wie die an den Endgliedern der männlichen Antenne befindlichen. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 585 


Sensilla trichodea. Die haarartigen Sinnesorgane sind beim 
Männchen weniger zahlreich ausgebildet. Im Vergleich zu den- 
selben Organen der Männchen anderer Arten sind sie sehr klein. Sie 
stehen auf der ventralen Fläche der Fiedern, rücken aber nicht selten 
auf die Seiten derselben. 

Beim Weibchen sind die Sensilla trichodea äusserst spärlich 
entwickelt, sowohl in Bezug auf ihre Zahl als auf ihre Ausbildung. 


Fasse ich zum Schluss der leichtern Uebersicht halber die bei 
den einzelnen Species erhaltenen Befunde tabellarisch zusammen, so 
ergiebt sich Folgendes: an jeder Antenne finden sich bei 


Fidonia Orgyia Psyche Ino 
3 = 3 ? 3 ? 3 2 
. coeloconica 350 ca. 100 ca. 600 75 zahlreich © zahlreich zahlreich 
. styloconica 22 16 50 30 0 0 0 0 


. Chaetica ca.117 ca. 105 ca. 80 42 vorhanden 0 ca 20e 4120 
. trichodea zahlreich spärlich zahlreich spärlich zahlreich 0 w. zahlreich spärlich 
. basiconica 0 5 0 0 0 0 0 0 


URAN 


Wie aus dieser Tabelle hervorgeht, zeichnen sich die Männ- 
chen namentlich durch eine enorme Ausbildung der 
Sensilla coeloconica und der Sensilla trichodea vor 
den Weibchen aus. Zu dieser Ueberlegenheit in der Zahl kommt 
aber noch die grössere Oberfläche der männlichen Antenne, welche 
eine günstigere Lagerung der Sinnesorgane ermöglicht. Auf dieser Ober- 
fläche sind nämlich die Sensillen möglichst weit aus einander gerückt, 
so dass sie dem umgebenden Medium eine grosse Fläche zur Be- 
rührung darbieten. Bei den Sensilla trichodea kommt beim & noch 
die bessere Ausbildung hinzu, die sich durch die Grösse der Organe 
zu erkennen giebt. Die Sensilla chaetica und styloconica zeigen nicht 
so grosse Unterschiede in den beiden Geschlechtern. 


II. Der Bau der Hautsinnesorgane. 


Was den Bau der im vorigen Abschnitt erwähnten Hautsinnes- 
organe anbetrifft, so sind zunächst zwei principielle Verschiedenheiten 
zu constatiren, die auf einer verschiedengradigen Ausbildung des 
Chitingebildes beruhen. In dem einen Falle ist letzteres dickwandig, 
wodurch es geeignet wird, mechanische Reize aufzunehmen und die- 
selben durch Zug oder Druck auf das Nervenende zu übertragen; im 
andern Falle besteht das Chitingebilde aus einer dünnen Membran, 
so dass es für chemische Reize, die unmittelbar auf das Nervenende 
einwirken müssen, durchlässig ist. 


586 OTTO SCHENK, 


Sicherlich sind die einfachen Haare die urspriinglichern Sinnes- 
organe, aus denen sich erst durch Umbildung und Functionswechsel, 
in Anpassung an bestimmte Lebensbedingungen, die übrigen Formen 
entwickelt haben. 

Ich wende mich daher zunächst zur Betrachtung der dick- 
wandigen Chitingebilde. 

Sensilla chaetica. Die an den distalen Enden der Glieder und 
an den Spitzen der Fiedern stehenden Sensilla chaetica sind in der Lite- 
ratur noch nicht erwähnt worden. Es sind spitz ausgezogene, borsten- 
artige, hohle Gebilde, die sich durch eine relativ dicke Chitinmembran 
auszeichnen. Ihre Grösse schwankt bei den verschiedenen Species be- 
trächtlich. Bei Orgyia sind sie äusserst kräftig entwickelt, bei Fidonia, 
Psyche und Ino dagegen sind sie kleiner und dementsprechend auch 
zarter. Im Chitinpanzer sind sie beweglich eingelenkt, wie dies 
Fig. 11 zeigt. 

Den nervösen Endapparat habe ich nicht genau verfolgen können, 
da ich in Folge der technischen Schwierigkeiten keine brauchbaren 
Schnitte durch dieses Organ erhalten habe. Sinneszellen habe ich mit 
Sicherheit an einigen Stellen unter den Borsten gesehen. Ihr Inhalt 
besteht jeden Falls aus einem nervösen Theile und aus Ausläufern von 
Hypodermiszellen. 

Sensilla trichodea. Den haarartigen Sinnesorganen hat man 
gleichfalls in der Literatur wenig Beachtung geschenkt. Nur NAGEL 
erwähnt an einer Stelle diese Organe an den Sphingidenfiihlern. Es 
sind gleichfalls hohle und, wie die Abbildungen Fig. 3, 17 u. 18 zeigen, 
etwas gebogene, dunkel pigmentirte Haare. In Folge der fast doppelten 
Grösse bei nahezu gleichem Durchmesser an der Basis erscheinen sie 
nicht so spitz ausgezogen wie die Sensilla chaetica, sondern haben eher 
die Gestalt nahezu gleich weiter Chitinröhrchen. Beim ¢ erreichen 
sie eine Grösse von 0,12 mm, beim 2 sind sie beträchtlich kleiner. 
Im Chitinpanzer sind sie gleichfalls beweglich eingelenkt. Zwischen 
ihnen stehen kleinere, etwas hellere Haare, die sich sonst genau so 
verhalten wie die grossen Sensilla trichodea. 

Den Bau des Nervenapparats vermochte ich am besten bei 
Fidonia & zu studiren. Fig. 5 stellt ihn dar. Zu einem jeden Haar 
gehört nur eine einzige Sinneszelle. Diese hat eine lang gestreckte 
Gestalt und enthält einen ziemlich grossen Kern. An diese Zelle tritt 
der dem Sinnesorgan zukommende Nerv heran, und die Zelle entsendet 
einen feinen Fortsatz, den Terminalstrang (Vom Ratu), in das Haar. 
Die Sinneszelle tritt aus der sehr flachen Hypodermis heraus. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 587 


Sensilla basiconica. Die an 5 Gliedern der weiblichen An- 
tenne von Fidonia vorhandenen, ebenständigen Sinneskegel sind 
0,066 mm lange, in der Mitte ca. 0,007 mm dicke und aus dickem 
Chitin bestehende Gebilde, die an der Spitze abgerundet sind. In der 
Chitindecke sind sie beweglich eingelenkt. 

Den nervösen Endapparat habe ich nicht verfolgen können. 

Ich gehe nun zu den dünnwandigen Sinnesorganen über. 

Sensilla coeloconica. In der Literatur werden an den 
Schmetterlingsfühlern zuerst von LEsp&s Gruben erwähnt; er beschreibt 
sie als mit einer Membran (tympanule) überspannte Gebilde. HAUSER 
untersuchte die Verhältnisse bei den Tagfaltern, besonders bei Vanessa 
io. Hier fand er auf jedem Glied des Fühlerkolbens meist einfache 
Gruben, deren Grund das von einem Chitinborstenkranz umgebene 
'„Nervenstäbchen“ durchbricht. Bei allen übrigen Familien der Schmet- 
terlinge ist es ihm nicht gelungen, Fühlergruben zu finden. Auch 
KRAPELIN hat nur bei den Diurna, speciell bei Vanessa urticae, die 
in Rede stehenden Organe studiren können. RuLAND entdeckte die 
Grubenkegel bei Spannern und Kleinschmetterlingen, und Vom Ratu 
gelang es, das allgemeine Vorkommen dieser Gebilde bei den Lepi- 
dopteren nachzuweisen. NAGEL hat die Vom Raru’schen Angaben 
bestätigt. — 

In den Figg. 4 und 25 habe ich verschiedene Sensilla coeloconica 
abgebildet. Ich rechne zu ihnen auch die bei Psyche vorkommenden 
Grubenhaare und die bei Ino sich findenden, in Fig. 24 abgebildeten 
Kegel, die beide im Princip genau so gebaut sind wie die den be- 
treffenden Arten zukommenden echten Sensilla coeloconica und sich 
nur durch die Grösse von diesen unterscheiden. 

Den Bau der Sensilla coeloconica vermag man am besten an 
Schnitten zu studiren. Was zunächst die Form der Gruben anbetrifft, 
so ist ihre Mündung enger als ihre Basis (Fig. 25). In die Chitin- 
wand sind sie so eingelassen, dass der darin befindliche Kegel nach 
der Antennen- resp. Fiederspitze zu gerichtet ist. Dieser Kegel, der 
von einer äusserst dünnen Chitinmembran gebildet wird — so dünn 
bisweilen, dass sie kaum eine doppelte Grenzlinie erkennen lässt — 
sitzt einem kugligen Chitinbläschen oder Klöppel, wie es KRÄPELIN 
genannt hat, auf. Was seine Gestalt angeht, so ist er bald mehr 
haarförmig, zugespitzt (wie bei Psyche), bald ist er an seinem Ende 
abgerundet. NAGEL ist wohl der Erste gewesen, der überzeugend 
nachgewiesen hat, dass diese Kegel an der Spitze geschlossen sind, 
während die frühern Autoren eine Oeffnung als unerlässliche Be- 


588 OTTO SCHENK, 


dingung fiir ein Geruchsorgan — und ein solches ist, wie wir im 
nächsten Abschnitt sehen werden, dieser Kegel — forderten. Ich kann 
mich den Ausführungen NAGEL’s vollkommen anschliessen, da ich an 
meinen Schnitten selbst bei den stärksten Vergrösserungen keine Oeff- 
nung erkennen konnte. Diese Thatsache gilt nicht nur für die Gruben- 
kegel, sondern überhaupt für alle bekannten Sinnesorgane an den 
Fühlern der Insecten. Auch vom theoretischen Standpunkt aus hat 
NAGEL dieses Factum so eingehend beleuchtet, dass ich an dieser 
Stelle nicht näher darauf einzugehen brauche. — Zum Schutz gegen 
mechanische Insulte sind die Sensilla coeloconica bei Fidonia und 
Orgyia von einem Kranz solider Borsten umgeben (Fig. 6, 20), die 
nach der Grubenöffnung zu convergiren. Bei Ino bieten die über die 
ganze Fühleroberfläche verbreiteten Chitinzacken den Sensillen, die sie 
an Länge beträchtlich überragen, hinreichend Schutz. Bei Psyche 
werden die kleinern Sensilla coeloconica durch den Grubenrand reich- 
lich geschützt. Die aus der Grube hervorragenden Grubenhaare von 
Psyche und die in Fig. 24 abgebildeten Kegel von Ino entbehren da- 
gegen mehr oder weniger des Schutzes, da es für ihre Function, wie 
ich im nächsten Abschnitt zeigen werde, eine unerlässliche Be- 
dingung ist, dass sie möglichst mit der Luft in Berührung kommen. 

Den Bau des zu den Sensilla coeloconica gehörenden nervösen 
Endapparats habe ich am besten bei Fidonia 3 und Ino © verfolgen 
können. In den Figg. 4 und 28 habe ich die Verhältnisse abgebildet. 
Bei Fidonia zweigt sich von dem das Fiederchen durchziehenden 
Hauptnerven ein zarter Strang ab, der zu einer allem Anschein nach 
zweizelligen Sinneszellengruppe führt. Dieser Verbindungsnerv ist bis- 
weilen so kurz, dass die Sinneszellengruppe dem Hauptnerven anzu- 
liegen scheint. Die Kerne der Sinneszellen zeichnen sich durch ausser- 
ordentliche Grösse und durch Chromatinreichthum aus und gleichen 
den Kernen der Hypodermis in auffallender Weise. Da die Hypo- 
dermis sehr niedrig ist, so liegt die Sinneszellengruppe ausserhalb 
derselben. Die von den Sinneszellen ausgehenden Nervenfasern legen 
sich zum Terminalstrang oder Axenfaden zusammen und führen zu 
den Sinneskegeln. Bis zur Mitte der Kegel vermochte ich den Strang 
deutlich zu verfolgen. — Bei Ino pruni liegen die Verhältnisse in so 
fern anders, als der vom Hauptnerven sich abzweigende Strang die 
Nervenelemente für mehrere Sinnesorgane enthält. Wie Fig. 28 zeigt, 
geht er zunächst eine Reihe von Theilungen ein, und diese Theil- 
äste erst treten an die Sinneszellengruppen heran. Letztere setzen 
sich aus mehr als zwei Zellen zusammen; die Kerne derselben unter- 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 589 


scheiden sich deutlich in der in den Fig. 27 und 25 angegebenen 
Weise von den Hypodermiskernen. Da die Sinneszellengruppen direct 
unter den zugehörenden Organen liegen, so sind die Terminalstränge 
sehr kurz (bei Fig. 28 hat sich die Hypodermis mit den Sinneszellen- 
gruppen von dem Chitin abgelöst). Die Sinneszellen liegen, im Gegen- 
satz zu Fidonia, mehr neben einander als hinter einander, so dass 
die Zellengruppen sehr niedrig sind. 

Sensilla styloconica werden zuerst von Lrypia erwähnt, 
der bei Catocala und Acherontia neben blassen, feinen Härchen noch 
eigenthümliche, stumpfe Kegel am Vorderrand der letzten Antennen- 
glieder beschreibt. RuLAnn bestätigt diese Angaben; auch er hat an 
den von LEYvIG bezeichneten Stellen Kegel gefunden, und zwar bei 
Männchen und Weibchen aller Gruppen der Schmetterlinge mit Aus- 
nahme der Tagfalter. Nach NAGEL zeigen die Endzapfen, wie er diese 
Organe nennt, hochgradige Unbeständigkeit der Form, die durch auf 
die mannigfachste Weise ausgebildete Schutzzacken bedingt ist. Er hat 
sie, mit Ausnahme der Tagfalter, an den Enden der Fühlerglieder 
aller“ Schmetterlinge gefunden. 

Was zunächst das Vorkommen der Sensilla styloconica betrifft, 
so muss ich bemerken, dass sie auch bei den Abend- und Nacht- 
schmetterlingen nicht so allgemein verbreitet sind, wie es NAGEL an- 
zunehmen scheint. So fehlen sie unter den von mir untersuchten 
Arten vollkommen bei Jno und Psyche; und auch bei Euprepia aulica, 
einem Spinner, den ich auf diese Verhältnisse hin untersuchen konnte, 
zeigte sich dies. 

Was den Bau der Sensilla styloconica betrifft, so präsentiren sie 
sich als 0,0035 mm lange Kegelchen, die auf 0,024—0,028 mm langen 
Zapfen sitzen (Fig. 10). Die Oberfläche dieser Zapfen ist genau so 
gestaltet wie die der übrigen Antenne. Alle frühern Autoren, denen 
die Gebilde bekannt waren, haben die Zapfen selbst für Sinnesorgane 
gehalten. In Folge der geringen Grösse der Kegelchen ist es auch 
leicht erklärlich, dass sie übersehen worden sind. Erst NAGEL hat 
gezeigt, dass die Zapfen weiter nichts als hohle Auswüchse der Fühler- 
glieder sind, auf denen nun erst die eigentlichen percipirenden Organe in 
Gestalt von kleinen Kegeln sitzen. Die Zapfen selbst dienen also nur 
als Hülfsorgane, indem sie die Sinnesorgane möglichst über die Ober- 
fläche der Antennen erheben. Hierdurch wird die physiologische 
Leistungsfähigkeit, wie ich im nächsten Abschnitt zeigen werde, be- 
deutend erhöht. — Schutzzacken, die NAGEL beobachtet hat, sind an 
den Sensilla styloconica von Fidonia und Orgyia nicht ausgebildet. 


590 OTTO SCHENK, 


Sie sind hier den Kegelchen auch vollkommen entbehrlich, da letztere 
schon durch die neben den Zapfen stehenden Borsten (Fig. 18) hin- 
reichend gegen mechanische Eingriffe geschützt sind. 

Den zu den Sensilla styloconica gehörenden nervösen Endapparat 
habe ich nicht untersuchen können, da ich auch durch diese Organe 
keine günstigen Schnitte erhalten habe. 


III. Die physiologische Funetion der Hautsinnesorgane 
der untersuchten Schmetterlinge. 


Nachdem ich in den beiden vorhergehenden Abschnitten die Ver- 
theilung der Sinnesorgane auf die Geschlechter, ihre Topographie und 
ihren anatomischen Bau erörtert habe, komme ich nunmehr zur Deutung 
ihrer physiologischen Function. Wie schon erwähnt, sollen dabei die 
eben erwähnten Thatsachen die Grundlage bilden. Ich beginne meine 
Betrachtungen mit den 

Sensilla coeloconica, den Grubenkegeln. Mit Ausnahme 
von Lespis, der sie für Hörorgane hält, haben alle spätern Autoren, 
wie HAUSER, KRÂPELIN, RULAND, Vom RATH und NAGEL, die Sensilla 
coeloconica als Geruchsorgane angesprochen. Auch ich muss 
mich dieser Ansicht anschliessen. Prüfe ich zunächst, ob sich diese 
Annahme mit dem anatomischen Bau der Organe vereinbaren lässt! 

Wie aus dem vorigen Abschnitt hervorgeht, wird der Kegel von 
einer ausserordentlich dünnen, vollkommen geschlossenen Chitinmembran 
gebildet. Eine Anzahl der Autoren hat nun zwar geltend gemacht, 
dass selbst durch eine solche dünne Membran hindurch die Perception 
chemischer Reize nicht stattfinden könne; um aber dennoch eine Auf- 
nahme solcher Reize durch die Kegel sich vollziehen zu lassen, nahmen 
sie an, dass dieselben an der Spitze durchbohrt seien. Nun hat aber, 
wie schon erwähnt, NAGEL nachgewiesen, dass eine Oeffnung sicherlich 
nicht vorhanden ist; und dennoch halte ich — mit NAGEL — die 
Perception von Riechreizen durch die Membran hindurch nicht für 
ausgeschlossen. Findet sich doch im organischen Reiche eine ganze 
Reihe von Fällen, welche zeigen, dass Gasmoleküle durch Membranen 
hindurch diffundiren können ; ich erinnere nur an die Vorgänge bei der 
Kohlenstoffassimilation der Pflanzen und an den Gasaustausch durch 
die Zellmembranen der Lungenbläschen in den Lungen der luft- 
athmenden Wirbelthiere. Diese Beispiele zeigen aufs deutlichste, dass 
der Annahme vom anatomischen Standpunkt aus durchaus nichts im 
Wege steht, daß die Moleküle des gasförmigen Riechstoffes durch die 
dünne Chitinmembran der Sensilla coeloconica hindurch dringen können, 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 591 


Wie verhält sich nun die Vertheilung der Sinnesorgane auf die 
Geschlechter zu meiner Annahme? — Da die Ausbildung der Sinnes- 
organe eines Thieres in inniger Beziehung zu dessen Lebensweise steht, 
so muss ich zunächst auf diese eingehen. 

Die Lebensweise aller Organismen wird von zwei maassgebenden 
Factoren beeinflusst; der eine ist das Streben nach der Erhaltung des 
Individuums, der andere das Streben nach der Erhaltung der Art. 
Der erste Factor spielt bei den meisten Schmetterlingen eine sehr 
geringe Rolle, da sie in der Regel schon bald nach dem Ausschlüpfen 
aus der Puppe zur Fortpflanzung schreiten, nach der sie dann sehr 
bald zu Grund gehen. In Folge dessen ist die Imago nur als das 
kurze, der Fortpflanzung dienende Stadium im langen Entwicklungscyclus 
der Lepidopteren anzusehen. Im Zusammenhang mit der kurzen Lebens- 
dauer der Imagines müssen aber um so zahlreicher und besser Sinnes- 
organe ausgebildet sein, die die Geschlechter zusammenführen und 
eine Fortpflanzung ermöglichen, soll anders die Erhaltung der Art 
nicht in Frage gestellt werden. Dass in dieser Hinsicht der Geruchs- 
sinn eine hervorragende Rolle spielt, ist eine längst bekannte und 
durch zahlreiche Beispiele gestützte Thatsache. Weiter ist festgestellt, 
und zwar durch Experimente, dass der Geruchssinn in den Antennen 
localisirt ist. Von den 5 Organformen kommen nur die Sensilla 
coeloconica und die Sensilla styloconica in Betracht, denn nur der 
anatomische Bau dieser Sensillen entspricht den Anforderungen, die 
für ein Geruchsorgan nothwendig sind. Welcher von diesen beiden 
Organformen bei der Auffindung der beiden Geschlechter die Haupt- 
rolle zufällt, entscheidet die Lebensweise der Thiere; denn es ist 
sicher, dass die Geruchtsorgane bei den Männchen derjenigen Schmetter- 
lingsarten am besten entwickelt sein müssen, deren Weibchen träge 
sind und versteckt sitzen. Wie verhalten sich nun in dieser Hinsicht 
die Geschlechter der von mir untersuchten Arten’? 

Die Weibchen von Psyche stehen auf einer sehr niedrigen Stufe 
der Ausbildung; sie sind madenförmig und verlassen nie die Puppen- 
hülle, in der sie entstanden sind. Das geflügelte und äusserst leb- 
hafte Männchen muss in Folge dessen das still in seinem Sacke 
sitzende Weibchen aufsuchen und innerhalb desselben begatten. 

Ganz ähnlich ist das Verfahren bei Orgyia. Die Weibchen haben 
verkümmerte Flügel und sind durch Ausbildung eines starken Eier- 
stocks so schwerfällig, dass sie nach dem Ausschlüpfen aus der Puppe 
das dieselbe umhüllende Gespinst nie verlassen. Sie müssen daher 
gleichfalls von den geflügelten Männchen aufgesucht werden, von 


592 OTTO SCHENK, 


denen sie innerhalb des Gespinstes oder auf demselben sitzend be- 
gattet werden. 

Bei Fidonia sind die Unterschiede in der Lebensweise von Männ- 
chen und Weibchen schon geringer. Beide Geschlechter haben gut 
ausgebildete Flügel; doch macht das Weibchen nur wenig Gebrauch 
davon, indem es sich nur in kleinem Umkreise von seinem Entstehungs- 
ort bewegt!). Das Männchen dagegen schwärmt nach Art mancher 
Spinner zum Aufsuchen des Weichens wirr umher. 

Bei Ino sind die Unterschiede in der Lebensweise der beiden 
Geschlechter äusserst gering. Sie sitzen gesellig auf Blumen und 
fliegen trotz der gut ausgebildeten Flügel nur wenig und ungern. 

Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, dass die Lebensweise 
von Psyche der Vereinigung der Geschlechter grössere Schwierigkeiten 
entgegensetzt als die von Jno pruni, und dass in Folge dessen 
Psyche eines besser ausgebildeten Geruchsorgans bedarf als Ino, 
während Orgyia und Fidonia zwischen beiden stehen. Es müssen also 
diejenigen antennalen Hautsinnesorgane Geruchsorgane sein, die einer- 
seits die geringsten sexuellen Unterschiede aufweisen bei Jno und die 
grössten bei Psyche, die andrerseits aber auch am besten bei Psyche 
und am geringsten bei Ino ausgebildet sind. Durchblicke ich zu 
diesem Zweck den 1. Abschnitt dieser Betrachtung und insbesondere 
die Tabelle auf S. 585, so zeigt sich, dass die Sensilla coeloconica 
bei der Zusammenführung thätig, d. h. Geruchsorgane sein müssen, 
denn diese allein entsprechen den Bedingungen, die nicht nur der 
anatomische Bau, sondern auch die Lebensweise der Thiere an ein 
solches stellen. 


Sensilla styloconica. Alle Autoren, denen diese Organe 
bekannt waren, haben sie für Geruchsorgane gehalten. Meine Unter- 
suchungen haben mich zu derselben Ansicht geführt. 

Was zunächst den Bau der Sensilla styloconica, die aus einer 
zarten Chitinmembran gebildet sind, betrifft, so deutet derselbe, wie 
schon erwähnt, auf eine Perception chemischer Reize hin. Ihre gegen 
mechanische Eingriffe geschützte Lage an der Antenne schliesst ja 
auch jede andere Function von vorn herein aus. 

Wie aus der Tabelle auf S. 585 hervorgeht, sind besagte Organe 
bei den äusserst lebhaften Männchen und bei den zugehörigen, wenn 


1) Diese Angabe der Autoren stimmt mit meinen Erfahrungen 
überein; unter ca. 60 von mir eingefangenen Exemplaren befand sich 
nur J Weibchen. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 593 


auch fast unbeweglichen Weibchen in nahezu gleicher Weise ent- 
wickelt. Hieraus erhellt, dass die Sensilla styloconica fiir beide Ge- 
schlechter von nahezu gleicher Bedeutung sind und dass ihre Aus- 
bildung nicht allein ein Product der geschlechtlichen Zuchtwahl sein 
kann, sondern dass hier vor allem die natiirliche Zuchtwahl eine 
Rolle spielt. Es ist ja leicht begreiflich, dass den Schmetterlingen 
eine Kenntniss von der chemischen Beschaffenheit ihrer Umgebung 
oder ihrer Nahrung — so fern sie solche zu sich nehmen — von 
grosser Wichtigkeit ist‘). Diese Aufgabe fällt den Sensilla styloconica 
zu. Dass die Sensilla coeloconica, die in dieser Hinsicht noch in 
Betracht kommen könnten, besagte Function nicht auszuüben vermögen, 
ist bereits von NAGEL in eingehender Weise erörtert worden. Er hat 
gezeigt, dass nur beim fliegenden Thiere die in den Gruben ver- 
borgenen Kegel in Thätigkeit treten können, da nur durch die Be- 
wegung der Thiere ein ausgiebiger Luftstrom an den Organen vorüber 
geführt wird. Dass in der That die Sensilla coeloconica eine solche 
Function nicht haben können und dass sich thatsächlich die Sensilla 
coeloconica und die Sensilla styloconica in der angegebenen Weise in 
die Riechfunction theilen, geht schon daraus hervor, dass bei denjenigen 
Schmetterlingsarten, denen die Sensilla styloconica fehlen, die Sensilla 
coeloconica die den Sensilla styloconica zufallende Function mit über- 
nommen haben, indem sich ein Theil derselben um ein Beträchtliches 
verlängert hat, wodurch auch dem sitzenden Thier eine hinreichende 
Berührung der Sinnesorgane mit den in der Luft suspendirten Riech- 
stoffpartikelchen gewährleistet wird. — Auch die geschlechtliche Zucht- 
wahl mag für die Ausbildung der Sensilla styloconica von hoher 
Bedeutung sein. Dass ein Männchen, z. B. von Orgyia, auf der Suche 
nach einem Weibchen, das seinen Riechstoff nach allen Richtungen 
aussendet, direct bis zu demselben fliegt, ist nicht gut denkbar. Es 
ist vielmehr anzunehmen, dass es sich niedersetzt, sobald es in die 
Riechstoffsphäre gekommen ist, und sich dann nach und nach dem 
Ausstrahlungspunkt nähert. Dasjenige Männchen wird nun zur Be- 
gattung und somit zur Vererbung seiner gut entwickelten Sensilla 
styloconica kommen, welches dieselben eben am besten ausgebildet hat. 

Sensilla trichodea. Der anatomische Bau der Sensilla 
trichodea deutet mit Sicherheit auf eine mechanische Function hin. 
Berührungsreize von festen Körpern kommen aber nur in so fern in Be- 


1) Bei der Eiablage wird von den Weibchen die Nahrungspflanze 
der Raupe wahrscheinlich meist auch durch den Geruch erkannt. 
Zool, Jahrb, XVII. Abth. f. Morph. 38 


594 OTTO SCHENK, 


tracht, als es sich um zufällige Berührungen handelt, da die Schmetter- 
linge mit den Antennen keine Bewegungen ausführen. Welcher Art 
sind dann nun jene mechanischen Reize ? 

Schon NAGEL hat auf die Möglichkeit hingewiesen, dass gewisse 
Haare an den Antennen als Druckpunkte dienen, durch die das Thier 
eine Empfindung von der Bewegungsgrösse der Luft oder seiner selbst 
gewinnt. Dies gilt sicherlich für die Sensilla trichodea der Lepidopteren- 
antennen. NAGEL scheint dieselben jedoch nicht im Sinn gehabt zu 
haben, da er an einer andern Stelle ausführt: „Die Bedeutung der 
Fühlhaare an manchen Stellen, wo sie sehr gross und zahlreich sind, 
ist noch unklar, so an den Fühlern der Sphingiden“ etc. Weiter 
bringen sie wohl den Thieren auch eine Empfindung von der Nähe 
von Gegenständen bei, indem sie ähnlich wirken wie gewisse Organe 
bei den Fledermäusen; man denke nur daran, mit welcher Geschwin- 
digkeit manche Schmetterlinge zwischen Zweigen und Aesten umher 
fliegen, ohne sich zu verletzen! GUENTHER hat zwar gewisse Sinnes- 
schuppen für diese Function in Anspruch genommen; es wäre aber 
immerhin möglich, dass auch den in Rede stehenden Sensillen diese 
Function zukommt. — So viel ist sicher, dass die Ausbildung der 
Sensilla trichodea in Correlation mit der Bewegungsfähigkeit der 
Thiere steht, und zwar in der Weise, dass die am schnellsten fliegenden 
Thiere die am besten entwickelten Sensilla trichodea besitzen. So sind 
dieselben unter den von mir untersuchten Arten am besten ausge- 
bildet bei den äusserst lebhaften, in unstetem Flug umher schwirrenden 
Männchen von Fidonia, Orgyia und Psyche, bei den zugehörigen trägen 
Weibchen und bei beiden Geschlechtern der fast nie fliegenden Ino 
dagegen sind sie klein und spärlich. 

Die Vertheilung besagter Organe auf die Geschlechter und ihre Aus- 
bildung macht also die ihnen vindicirte Function höchst wahrscheinlich. 

Sensillachaetica. Der Bau der Sensilla chaetica spricht gleich- 
falls für eine mechanische Function. Ihre exponirte Lage an den An- 
tennen macht es höchst wahrscheinlich, dass sie Berührungsreize von 
festen Körpern percipiren. Doch kann es sich auch hier nur um zu- 
fällige Berührungen handeln, da, wie schon erwähnt, ein Tasten mit 
den Antennen nicht stattfindet. Organe zur Perception solcher Ein- 
drücke sind ja auch unbedingt nothwendig; würden sie die Thiere 
nicht auf gewisse Gegenstände aufmerksam machen, so würden die 
zarter gebauten Organe, wie z. B. die Sensilla styloconica, die ja 
durch solche Borsten geschützt werden, grossen Gefahren ausgesetzt 
sein. Die Vertheilung genannter Organe auf beide Geschlechter spricht 
nicht gegen eine solche Auffassung. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 595 


Sensilla basiconica. Wozu die an den Antennen der Fidonia- 
Weibchen vorhandenen, nur an wenigen Gliedern auf der ventralen 
Fläche sich befindenden Sensilla basiconica dienen, vermag ich nicht 
anzugeben. So viel ist sicher, dass sie, wie aus dem anatomischen 
Bau der Organe hervorgeht, nur mechanische Reize percipiren können. 


Hymenoptera. 


Die Hautsinnesorgane der Hymenopteren sind schon oft zum 
Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht worden. Jedoch 
gehen die Ansichten der Autoren, von denen besonders LEYDIG, 
H. MÜLLER, HAUSER, KRÄPELIN, RULAND, Vom RATH und NAGEL zu 
verzeichnen sind, über ihre Function zum Theil noch immer recht 
aus einander. Es hat dies seine Ursache einerseits in der grossen 
Mannigfaltigkeit der Organe, andrerseits aber sind auch unsere Kennt- 
nisse von der Biologie der Hymenopteren noch so lückenhaft, dass bei 
Bestimmung der Function der Sensillen ihr anatomischer Bau maass- 
gebend sein musste. Im Gegensatz zum vorigen Capitel habe ich 
daher bei den Sinnesorganen der Bienen und Wespen das Hauptge- 
wicht auf die Resultate der histologischen Untersuchungen gelegt, 
während ich die biologischen Momente nur dann herbeigezogen habe, 
wenn sie eine befriedigende Erklärung für den Dimorphismus geben. 


I. Die sexuellen Unterschiede im Bau der Antennen. 


Die geschlechtlichen Unter- CEES 

schiede im Bau der Antennen sind 4 
; : : / 

bei den Hymenopterenarten, die mir IY 
zur Verfiigung standen, theils nur 
quantitativer, theils auch qualitativer 
Natur. Letzteres gilt fiir die Gruppe 
der Apiden, in welcher die beiden 
Geschlechter nicht nur Unterschiede 
in der Zahl der Organe, sondern 


auch zum Theil verschiedenartige 

Sensillen aufweisen. Weibchen und \ yi 
Arbeiterinnen der socialen Formen N N =” 

zeigen keine auffallenden Verschie- > 

denheiten; sie stimmen vielmehr, so * Ri : 


Bate Fig. A. Antennen von Vespa crabro. 
weit ich es verfolgen konnte, abge- 5:1. a vom Männchen, b von der Ar- 


sehen von kleinen individuellen Ab- beiterin, e vom Weibchen. 
weichungen, vollkommen überein, wie ein Blick auf vorstehende Fig. A 
lehrt. 

38* 


596 OTTO SCHENK, 


Die sexuellen Unterschiede sind bei den untersuchten Species so 
übereinstimmend, dass es überflüssig ist, die Verhältnisse bei den ein- 
zelnen Arten gesondert zu betrachten. Ich werde daher die Unter- 
schiede für alle Formen zunächst gemeinsam behandeln und dann eine 
Tabelle anfügen, in welche die Angaben für die einzelnen Arten einge- 
tragen werden sollen. 

Schon H. MÜLLER hat die geschlechtlichen Unterschiede bei den 
Apiden untersucht und die Resultate in seiner „Anwendung der 
Darwin’schen Lehre auf Bienen“ niedergelegt. Während sich aber 
seine Ansicht über die mikroskopischen Unterschiede mit der all- 
mählichen Erkenntniss des feinern Baues der Antennen geändert hat, 
haben die von ihm aufgestellten makroskopischen Unterschiede bis 
auf den heutigen Tag ihre Gültigkeit behalten. Ich eitire daher die 
betreffende Stelle MÜLLER’s mit dem Bemerken, dass sie auch auf die 
Vespiden Anwendung findet. Er sagt: ,,1) Die Fühler der Männchen 
bestehen aus 131), die der Weibchen nur aus 12 Gliedern; 2) das 
erste Fühlerglied des Männchens ist ziemlich kurz und legt sich mit 
den folgenden in eine ununterbrochene krumme Linie; dagegen ist 
das erste Fühlerglied der Weibchen verlängert (bildet einen Schaft), 
und die folgenden stellen sich unter einem spitzen Winkel gegen das- 
selbe, bilden eine Geissel; ..... 3) Die Fühlergeissel der Männchen 
ist in der Regel erheblich länger als die der Weibchen; ihre einzelnen 
Glieder sind in der Regel auf der Vorderseite bauchig erweitert und 
dadurch weit schärfer von einander abgesetzt als bei den Weibchen“. 


Von Sinnesorganen finden sich an den Hymenoptereufühlern: 

Sensilla placodea, Porenplatten (KRÂPELIN), Membrancanäle 
(Vom RATH). 

Sensilla trichodea (varia), (verschiedene) haarartige Gebilde. 

Sensilla basiconica, Kegel, Kolben. 

Sensilla coeloconica, Grubenkegel, Champagnerpfropforgane. 

Sensilla ampullacea?), ForEL’sche Flaschen. 

Beachten wir nun die Vertheilung dieser Organe bei den beiden 
Geschlechtern der untersuchten Arten: 

Vespiden: Vespa crabro L.; 

Solitäre Apiden: Prosopis bifasciatus FBr., Sphecodes gibbus 


1) Dies gilt insbesondere auch für die Männchen von Apis melli- 
fica, bei denen MüLzer nur 12 Glieder fand. 

2) Stämme: nAaxodng plattenartig; ampullaceus flaschenartig. In 
Bezug auf die andern Namen vgl. 8. 578. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 597 


Lrr., Panurgus bancsianus LTR., Dasypoda plumipes Ltr., Saropoda 
bimaculata Lrr., Osmia adunca Lrr., Osmia rufa Lrr.; 
Sociale Apiden: Bombus sp. var., Apis mellifica L. 


Sensilla placodea finden sich sowohl bei den Apiden wie 
auch bei den Vespiden in beiden Geschlechtern. Bei den Vespiden und 
bei den solitären Apiden sind sie im männlichen Geschlecht nur wenig 
zahlreicher als im weiblichen entwickelt; sie finden sich bei diesen 
Arten nur auf der dorsalen Seite der Fühler und nehmen in der Regel 
an der weiblichen Antenne 1—2 Glieder weniger ein als an der 
männlichen. 

Von den socialen Apiden schliesst sich Bombus in Bezug auf die 
Sensilla placodea eng an die solitären an. Bei Apis mellifica hingegen 


Fig. B. Fig. C. 


0 
0 00 


Fig. B. Glied der männlichen Antenne von Apis mellifica. 150 : 1. pl Sensilla 
placodea; a Mündungen der Sensilla ampullacea. Das Glied ist ringsum mit Sensilla 
placodea bedeckt, wie es in der Figur nur für ein kleines Stück angegeben ist. 

Fig. C. Ein Stückehen Fühleroberfläche von Apis mellifica &. 600:1. pl Sensilla 
placodea; a Sensilla ampullacea. 

Fig. D. Ein Stückchen Fühleroberfläche von Apis mellifica 2 (resp. P). 600 : 1. 
pl Sensilla placodea; b Sensilla basiconica; tr Sensilla trichodea. 


598 OTTO SCHENK, 


erreichen die in Rede stehenden Sensillen im männlichen Geschlecht 
eine so starke Ausbildung, dass die Fühlerglieder in ihrem ganzen 
Umfang mit ihnen besetzt sind. Eine Schätzung der Organe ergab 
für die beiden Antennen des Männchens ca. 31000, für beide Antennen 
des Weibchens ca. 4000; doch sind die Organe bei diesem grösser als 
bei jenem). : 

Sensilla basiconica. Der sexuelle Unterschied in Bezug auf 
die Sensilla basiconica ist bei den untersuchten Arten sehr deutlich 
ausgesprochen. Bei den Männchen der Apiden habe ich die besagten 
Organe nie gefunden. Bei den Weibchen dagegen scheinen sie durch- 
weg ausgebildet zu sein. Besonders schön sind sie bei Apis (2 und 9) 
und Panurgus (2) ausgeprägt; bei einigen andern Arten dagegen sind 
sie so wenig entwickelt, dass sie nur schwer von den Sensilla trichodea 
zu unterscheiden sind. In der Regel stehen sie an den distalen Enden 
der Glieder auf der vom Körper abgewandten, also dorsalen Seite der 
Antennen. Bei den Vespiden sind die Sensilla basiconica in beiden 
Geschlechtern vorhanden; doch sind sie im weiblichen Geschlecht be- 
deutend zahlreicher entwickelt als im männlichen. 

Die Sensilla trichodea sind bei den solitären Apiden und 
den Vespiden in beiden Geschlechtern so zahlreich entwickelt, dass es 
unmöglich ist, zu entscheiden, welchem Geschlecht die grössere Zahl 
zukommt. Bei Apis mellifica 8 dagegen entbehren die Antennen der 
Sensilla trichodea fast ganz, wohingegen sie wiederum bei den Weib- 
chen gut ausgebildet sind (Fig. C u. D). 

Die Sensilla coeloconica zeigen in ihrer Zahl keine auf- 
fallenden Verschiedenheiten bei beiden Geschlechtern; bei den Männ- 
chen scheinen sie etwas zahlreicher zu sein. Ihre Kleinheit und be- 
sonders der Umstand, dass ich von den Fühlern der solitären Apiden 
keine Schnitte besass, setzten dem Auffinden genannter Organe grosse 
Schwierigkeiten entgegen. 

Für die Sensilla ampullacea gilt dasselbe wie für die Sen- 
silla coeloconica. Hinzufügen muss ich noch, dass sie bei den Männ- 
chen zu Bündeln vereint liegen, während dies bei den Weibchen nicht 
so deutlich zu erkennen ist. Fig. B zeigt die Mündungen der vereint 


1) Die Zahlen sind auf folgende Weise zu Stande gekommen: 
67 (Organe in einer Querreihe) X 26 (Organe in einer Längsreihe) 
x 9 (Zahl der Glieder) X 2 (Antennen) = 31356 
19 (Organe in einer Querreihe) X 12 (Organe in einer Längsreihe) 

X 8 (Zahl der Glieder) X 2 (Antennen) = 3648. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 599 


liegenden Sensilla ampullacea der Drohnen. In der Ausbildung dieser 
Organe zeigen die einzelnen Arten kleine Abweichungen. 

Fassen wir die besprochenen Unterschiede der Geschlechter über- 
sichtlich zusammen, so ergiebt sich folgende Tabelle !): 


Le ampullacea 22 = 29 29 > ” ” >> 29 
. trichodea zahlreich zahlreich zahlreich zahlreich fast 0 zahlreich 


Vespa solit. Apiden Apis 
| 3 29 3 ? a2 
S. placodea zahlreich w. zahlr. zahlreich w. zahlr. sehrzahlr. w. zahlr. 
S. basiconica w. zahlr. zahlreich 0 zahlreich 0 zahlreich 
2 coeloconica mässig > mässig mässig > mässig mässig © mässig 
S 


II. Der Bau der Hautsinnesorgane. 


Sensilla basiconica werden in der Literatur zuerst von 
Leypia erwähnt; dieser beschreibt bei Vespa gallica „neben schmälern 
stäbchenförmigen‘“ Gebilden „kegelförmige Körper, die ein gewisses, 
helleres und weicheres Ende haben“. Bei Hummeln, Bienen und 
Ameisen fand er dasselbe. Hauser berichtet eingehend über die 
Kegel bei Vespa crabro, an deren Spitze er eine Oeffnung zu sehen 
glaubt. Alle folgenden Autoren, wie KRÄPELIN, SCHIEMENZ, SAZEPIN, 
Vom Ratu, RuLAnD und NaGez, bestätigen das Vorkommen von 
Kegeln bei einer Reihe von Hymenopteren. 

Die Sensilla basiconica unterscheiden sich von den ebenso 
genannten Organen von Fidonia 2 durch die Beschaffenheit der Chitin- 
membran, die bei den Hymenopteren, besonders an der Spitze der 
Organe, äusserst zart ist. Sie gleichen in ihrem Bau vollkommen den 
Sensilla coeloconica der Lepidopteren, von denen sie sich nur durch 
ihre flächenständige Lage unterscheiden. Es ist in Folge dessen nicht 
nöthig, an dieser Stelle näher auf den Bau einzugehen. Hervorheben 
will ich jedoch, dass auch hier freie Nervenendigungen nicht vor- 
handen sind (ebenso wenig wie bei den Lepidopteren). FOREL und 
NAGEL sind wohl die einzigen Autoren, die sich in Bezug auf die 
Kegel der Hymenopteren entschieden gegen eine Oeffnung an der Spitze 
aussprechen. Die Kegel von Vespa crabro scheinen bei flüchtiger Be- 
trachtung die gegentheilige Ansicht zu unterstützen. Bei starker Ver- 
grösserung zeigt sich jedoch, dass auch diese Sensillen an der Spitze 
durch eine zarte Chitinmembran verschlossen sind, so zart allerdings, 


1) Die Abkürzung w. bedeutet weniger. Das Zeichen > zeigt an, 
dass die Sinnesorgane beim Männchen immerhin zahlreicher sind als 
beim Weibchen. 


600 OTTO SCHENK, 


dass sie dem an und fir sich robusten Kegel gegeniiber schwer zu 
sehen ist (Fig. 30, 37). 

Meine Befunde betreffend den Bau des nervösen Endapparats 
stimmen mit den Beschreibungen von KRÂPELIN, Vom RATH und NAGEL 
im Wesentlichen überein. Vespa crabro zeigte mir die Verhältnisse 
am Klarsten (Fig. 30). Der dem Sinnesorgan zukommende Nerv ver- 
theilt sich hier an eine ausserhalb der Hypodermis gelegene Sinnes- 
zellengruppe, die den Terminalstrang nach dem Kegel entsendet. An 
meinen Präparaten zeigte sich dieser Terminalstrang nicht in der von 
RULAND angegebenen Weise scharf abgesetzt, sondern er verjüngt sich 
ganz allmählich. Er ist von Hypodermiszellen umgeben, deren Kerne 
ausserhalb des Porencanals liegen. Erwähnen möchte ich noch, dass 
der Terminalstrang, kurz bevor er in den Kegel eintritt, eine Structur 
aufweist, die an die von Hauser beschriebenen Stäbchenkränze er- 
innert. Ich halte diese Structur, die übrigens von den spätern Autoren 
nicht gefunden worden ist, nicht für besondere dem Terminalstrang 
anliegende Gebilde, sondern nur für die an dieser Stelle etwas aus 
einander weichenden Nervenfasern. 


Sensilla placodea. Was den anatomischen Bau der von 
KrÄpeuın als Porenplatten bezeichneten Integumentalgebilde angeht, 
so haben die verschiedenen Autoren, die diese Organe untersucht haben, 
recht verschiedene Ansichten geäussert. ERICHSON berichtet über ,,pori“, 
die an der Innenseite mit einer feinen Haut überspannt sind. LEYDIG 
unterscheidet „gewöhnliche Gruben“ bei Bienen und Wespen und 
spaltförmige, in der Tiefe in runde Oeffnungen übergehende Gruben 
bei Schlupfwespen. HERMANN MÜLLER schildert bei den Apiden „borsten- 
lose Gruben“, die er den Gruben der Lamellicornier homologisirt. 
Hauser hat bei Hymenopteren Gruben gefunden, die von einer mit 
einem Loch versehenen Membran überspannt sind, unter der ein 
Nervenende frei gelegen sei. Neben diesem liege eine Zelle, die die 
Membran zu bilden scheine. KRÂPELIN hat vor allem gefunden, dass 
die Membranen keine Oeffnungen besitzen. Ueber die Natur der Platte 
ist er sich nicht klar geworden; er ist geneigt, sie für umgebildete 
Nervensubstanz zu halten, da chemische Sinnesperception durch solch 
eine dicke Membran nicht gut denkbar sei. RuLAND hat unter der 
Verschlussmembran einen Hohlraum gefunden. NAGEL führt diesen 
Befund auf Schrumpfung zurück und bestätigt im Wesentlichen die 
KRÂPELIN’schen Angaben. 

Meine an Apiden und Vespiden angestellten Untersuchungen haben 
zu einem Resultat geführt, das hinsichtlich des Baues der chitinösen 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 6(0j 


Gebilde im Wesentlichen mit den Befunden der letzt genannten Autoren 
übereinstimmt, in Bezug auf die histologischen Verhältnisse aber an 
die HAauser’sche Darstellung erinnert. 

In den Figg. 30, 35 und 36 habe ich die Sensilla placodea von 
Apis und Vespa nach Längsschnitten dargestellt. Mit wenig Worten 
gesagt, charakterisiren sie sich als mehr oder weniger dicke Platten, 
die durch eine ringförmige, dünne Membran allseitig mit der Fühler- 
decke fest verbunden sind. Im Besondern gestalten sich die Verhält- 
nisse bei Vespa crabro folgendermaassen: Die Sensilla placodea der 
Vespiden sind nicht direct mit der allgemeinen Chitindecke der An- 
tennen verbunden, sie sind vielmehr in einen Chitinring eingespannt, 
der sich aus einer Grube erhebt. Fig. 32 zeigt dies im Querschnitt. 
Der ganze Apparat lässt sich daher am besten mit einem niedrigen, 
im gleichen Niveau mit der Fühleroberfläche abschliessenden, an der 
Spitze abgeplatteten Grubenkegel vergleichen, dessen in die Längs- 
richtung des Fühlers fallender Durchmesser sich um das Mehrfache 
verlängert hat. — Bei den Apiden ist die Platte direct mit der Fühler- 
decke verbunden, mit deren Oberfläche sie in gleichem Niveau liegt. 
Entsprechend der Form des Porencanals nehmen die Sensilla placodea 
eine ovale Gestalt an. Bei den verschiedenen Gattungen der Apiden 
zeigt der Bau der genannten Organe kleine Abweichungen. In ihrer 
einfachsten Form präsentiren sie sich bei Apis (Fig. 35, 36 u. Fig. C 
u. D); hier ist die relativ dicke Platte durch einen zarten Chitinring 
mit der Chitinwandung des Fühlers verbunden ; bei Bombus gestalten 
sich die Verhältnisse in so fern complicirter, als der dünne Chitin- 
ring — wie KRÄPELIN gezeigt hat — durch Einschaltung eines dickern 
Ringes in zwei zerlegt wird. 

‘ Für eine richtige Deutung der Function genannter Sinnesorgane 
ist eine genaue Kenntniss des nervösen Endapparats von grosser Wich- 
tigkeit. Meine Befunde stehen besonders mit denen von RULAND in 
starkem Widerspruch. — Die die Fühler durchziehenden Hauptnerven- 
stränge geben kleine Aeste an die Sinneszellengruppen ab; diese sind, 
entsprechend der Zahl der Sensilla placodea, so zahlreich ausgebildet 
und liegen so dicht gedrängt, dass man bisweilen kaum entscheiden 
kann, zu welchem Sinnesorgan irgend eine Ganglienzellengruppe gehört. 
Eine jede dieser Gruppen entsendet einen Terminalstrang nach einer 
Porenplatte, mit der er in Verbindung tritt. Dies zeigte sich mir am 
klarsten an den Präparaten von Vespa crabro (Fig. 30), wohingegen 
die Verhältnisse bei Apis allem Anschein nach durch Schrumpfung 
entstellt zu sein schienen (Fig. 35, 36). RuLanp hat gerade bei Vespa 


602 OTTO SCHENK, 


crabro den Porencanal unterhalb der Verschlussplatte leer gefunden. 
Da sich meine Präparate wie geschildert verhielten, so dürfte der 
Hohlraum an den RuLanp’schen durch Schrumpfung entstanden sein, 
worauf übrigens schon NAGEL aufmerksam gemacht hat. — Im Poren- 
canal wird der Terminalstrang von Hypodermiszellen umgeben, unter 
denen eine einzelne besonders auffällt. Sie liegt auf der distalen Seite 
im Porencanal (Fig. 30, 35 mz) und ragt bei Apis aus demselben heraus. 
Sie zeichnet sich durch ein feinkörniges Plasma aus und besitzt einen 
äusserst chromatinreichen Kern, dessen Lage in den Figuren ange- 
geben ist). Schon Hauser hat eine „höchst merkwürdig gestaltete 
Zelle“ erwähnt, deren Lage vollkommen mit der in Rede stehenden 
Zelle übereinstimmt. Er nennt sie „membranbildende Zelle“, da es 
„in der That scheint, als ob sie eine die Spaltöffnung schliessende 
Membran erzeugt“. Von den folgenden Autoren ist diese Zelle ent- 
weder überhaupt nicht wieder erwähnt worden, oder man hat ihre 
Anwesenheit in Abrede gestellt, wie es SCHIEMENZ gethan hat. Ich 
vermag mich der Hauser’schen Ansicht, dass besagte Zelle die Mem- 
bran ausscheide, vollkommen anzuschliessen. Durch Combination der 
Befunde an den Puppen von Apis (Fig. 35, 36) und an den ausge- 
bildeten Individuen von Vespa (Fig. 30) lassen sich die Veränderungen 
im Porencanal der Sensilla placodea folgendermaassen darstellen: 
Nachdem die Platte von der erwähnten Zelle ausgeschieden ist, wächst 
der Terminalstrang zwischen die im Porencanal gelegenen Hypodermis- 
zellen hinein und tritt mit der Membran in Verbindung, und zwar 
Anfangs nur an einer Stelle. Indem er sich dann allmählich an die 
Platte in ihrer ganzen Ausdehnung anlegt, drängt er die membran- 
bildende Zelle, die in den Figg. 35, 36 — wenn ich von der Schrumpfung 
absehe — noch vollkommen mit der Platte verwachsen ist, immer mehr 
zurück, bis sie nur noch die in Fig. 30 dargestellte Ausdehnung einnimmt. 


Sensilla coeloconica. Unter den Hymenopteren sind Gruben- 
kegel zuerst bei den Ameisen bekannt geworden. Im Jahre 1859 be- 
schrieb Hıcks (in: Trans. Linn. Soc. London) genannte Organe an den 
Fühlern von Myrmica rufa. FOREL fand, unabhängig von Hicks, 
dieselben Organe gleichfalls bei Ameisen und bei Bienen; er bezeichnete 
sie wegen ihrer charakteristischen Gestalt als Champagnerpfropforgane. 
Das Vorhandensein von Nerven haben beide Autoren nicht mit Sicher- 
heit nachweisen können. Auch KrÄreEuın hat hinzutretende Nerven 


1) Man vergleiche den Längsschnitt Fig. 30 mit den der Ober- 
fläche parallelen Schnitten Fig. 33 u. 34. 


v 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. k 
8 Pp y 1% 


nicht zu beobachten vermocht. Er fasst die Organe als einfache 
Chitingruben auf und reiht sie den „Gruben mit Kegeln“ der übrigen 
Insecten an. Unter den folgenden Autoren bestätigen RULAND, 
Vom Ratu und NAGEL das Vorkommen der in Rede stehenden Or- 
gane an den Hymenopterenantennen. Besonders NAGEL berichtet 
bei Vespa crabro über Grubenkegel, die deutliche Nervenendorgane seien. 

Meine Untersuchungen an Apis mellifica und Vespa crabro haben 
zu demselben Resultat geführt wie die NAGEL’s. Die Sensilla coelo- 
conica von Apis sind bisher nicht abgebildet worden. Fig. 40 stellt 
ein solches Organ dar. Wie aus derselben ersichtlich, erinnert das 
ganze Gebilde auffallend an einen Champagnerpfropfen. Aus dem 
Grunde der Grube erhebt sich ein spitzer Kegel, dessen Chitinwand 
an der Basis relativ dick ist, die aber nach der Spitze zu allmählich 
dünner wird, wie die Abbildung deutlich zeigt. Der zugehörige Nerven- 
endapparat unterscheidet sich in nichts von dem anderer Sinneskegel. 
— Fig. 29 stellt ein Sensillum coeloconicum von Vespa crabro dar. 
Im Princip ist es genau so gebaut wie das von Apis. 


Sensilla ampullacea. Die als „Forer’sche Flaschen‘ be- 
kannten Organe sind von sämmtlichen Autoren im Zusammenhang mit 
den Sensilla coeloconica besprochen worden. Es hat dies seinen Grund 
wohl darin, dass beide Organformen eine grosse morphologische Aehn- 
lichkeit haben, wie ein Vergleich der Figg. 29, 31 und 38, 40 zeigt. 
Eine Anzahl der Autoren hat von dieser morphologischen Aehnlichkeit 
auf eine physiologische Gleichwerthigkeit geschlossen, so z. B. Hıcks 
und FOREL, die Entdecker der S. ampullacea, und vor allem RULAND. 
Genannte Autoren beschreiben die in Rede stehenden Organe als im 
Innern der Antenne gelegene Chitintuben, die sich zu einem zarten 
Canal verjüngen, an der Oberfläche des Fühlers bläschenartig erweitert 
münden und die wahrscheinlich an der Basis mit einem Nerven in 
Verbindung stehen. KRÂPELIN sieht die Forer’schen Flaschen als 
Drüsenorgane an, da er unterhalb derselben mehrfach eine blass con- 
turirte Masse von drüsiger Natur gefunden hat. Rutanp schliesst sich 
in seinen Angaben den Forkr’schen an; er hat in allen Fällen Nerven- 
fasern zu dem im Grunde des Organs befindlichen Kegel treten sehen, 
dessen Spitze er übrigens durchbohrt gefunden hat. Die übrigen 
Autoren — wie Vom Ratu und NAGEL — schliessen sich der KRÂPE- 
rın’ schen Ansicht an, indem sie den Organen jegliche Sinnesfunction 
absprechen. 

Meine eignen Befunde zeigen in Bezug auf die chitinösen Gebilde 
keine principiellen Unterschiede von denen der ältern Autoren. Die 


604 OTTO SCHENK, 


Sensilla ampullacea von Apis und Vespa unterscheiden sich von denen 
der Ameisen vielmehr nur durch ihre Kiirze. Hervorheben will ich 
besonders, dass auch an der Spitze dieser Haare Oeffnungen nicht 
vorhanden sind, wie RuLAnp durch Auskochen der Organe in Kali- 
lauge nachgewiesen haben will. Von den Grubenkegeln unterscheiden 
sich die besagten Organe, abgesehen von der Länge, noch dadurch, 
dass das Chitin der Haare gleichmässig dick ist. — Ueber die Structur 
des darunter liegenden Gewebes haben mir vor allem die Präparate 
von Vespa crabro Aufschluss gegeben. Die Zellen dieses Gewebes 
unterscheiden sich, wie Fig. 31 zeigt, vor allem durch die Grösse von 
den Sinneszellen. Drüsiger Natur scheinen sie nicht zu sein, wie es 
KRAPELIN annimmt. Ich vermuthe vielmehr, dass es sich um eine 
andere Ausbildung von Sinneszellen handelt, die durch Functions- 
wechsel der Organe aus andern Zellen sich umgebildet haben. Hierfür 
spricht nicht nur die Anordnung der Zellen, als vielmehr der Umstand, 
dass ich an manchen Stellen deutlich einen Terminalstrang in die Or- 
gane habe eintreten sehen (Fig. 38). 

Sensilla trichodea (varia). In den Figg. 35 u. 39 sind zwei 
verschiedene haarartige Sinnesorgane von Apis mellifica abgebildet. 
Es sind hohle Gebilde, die aus mehr oder weniger dickem Chitin be- 
stehen. An der Spitze sind sie bald etwas abgerundet, bald sind sie 
spitz ausgezogen und erinnern dann an die Sensilla chaetica der Lepi- 
dopteren. An ihrer Basis stehen sie mit einem Terminalstrang in 
Verbindung. 


III. Die physiologische Funetion der Hautsinnesorgane 
der untersuchten Hymenopteren. 


Sensilla placodea. Ueber die Function der Porenplatten 
gehen die Ansichten der Autoren aus einander. Ein Theil derselben 
nimmt für sie die Riechfunction in Anspruch, ein anderer weist sie der 
Gehörfunction zu. Ich führe zunächst die Ansicht einiger Autoren 
und deren Begründung an. 

H. MULLER schreibt: „Für die Deutung dieser zweiten Art von Sinnes- 
organen |gemeint sind die Porenplatten| scheint mir der Gebrauch, welchen 
manche andere Insecten, die ebensolche Organe in ausgeprägtester 
Form besitzen, in unzweideutiger Weise von ihren Fühlern machen, 
entscheidend zu sein; ich meine namentlich die mistfressenden Lamelli- 
Cornia . ee Wenn in diesem Falle die Lebensverrichtungen 
der Thiere kaum einen Zweifel übrig lassen, dass sie sich der in 
Frage stehenden Organe zum Riechen bedienen, so können auch die 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 605 


ebenso beschaffenen Organe der Bienenfühler nur als Riechorgan ge- 
deutet werden.“ 

KRÂPELIN berichtet: „Die Annahme, dass es sich hier vielleicht 
um ein Gehörorgan handle, scheint mir aus verschiedenen Gründen 
sehr wenig Wahrscheinlichkeit zu haben, so dass ich lieber ..... 
jene Endplatte als modificirte Nervensubstanz selbst auffassen und 
den ganzen Apparat der Geruchswahrnehmung zuweisen möchte.“ 

Bei Vom Rata findet sich eine ähnliche Stelle: „Es ist nach den 
morphologischen Befunden nicht unmöglich, die Membrancanäle als 
Gehörorgane aufzufassen, da die Membran durch Schallwellen in 
Schwingungen versetzt werden könnte; aber in Anbetracht, dass eine 
Gehôrfunction der Antenne nicht nachgewiesen wurde, ist es wahr- 
scheinlicher, dass die Membrancanäle der Perception bestimmter 
Gerüche dienen oder eine unbekannte Function erfüllen.“ 

RuLAND hält die Porenplatten für Gehörgane. „Die Form und 
namentlich die Befestigung jener Platten ist für Vibrationsbewegungen 
in hohem Maasse zweckentsprechend. Denken wir uns dazu noch den 
bei Vespa von mir deutlich gesehenen Hohlraum zwischen Porenplatte 
und der den Porenkanal ausfüllenden Substanz mit Flüssigkeit gefüllt, 
in welche etwa ein aufsteigender Nerv mit feinster Spitze endigte, so 
müssen wir zugeben, dass die Deutung als Gehörorgane mindestens 
eine grosse Wahrscheinlichkeit besitzt.“ 

NAGEL äussert folgende Ansicht: „Da bei manchen nachweisbar 
fein riechenden Hymenopteren die Porenplatten die einzigen einiger- 
maassen zahlreichen Antennalorgane sind, müssen sie für Riechwerk- 
zeuge gelten. Sie besitzen aber sicher auch eine andere uns un- 
bekannte Function neben der Riechfunction: dieselbe tritt bei den 
Ichneumoniden sehr zurück, gewinnt bei den Vespiden an Bedeutung 
und erfährt eine enorme Entwicklung bei den Apiden. Dies zeigt sich 
darin, dass die bei Ichneumoniden zarte Membran bei den Vespiden 
in der Mitte eine charakteristische Anschwellung trägt, bei den Apiden 
aber zu einer soliden dicken Platte wird, die den Gedanken an ein 
Riechorgan nicht leicht aufkommen lässt. Hörorgane, für die sie 
mehrfach gehalten worden sind, können diese Organe bestimmt nicht 
sein, und so ist ihre Function noch ziemlich dunkel; so viel scheint 
mir sicher, dass ihr adäquater Reiz ein mechanischer ist.“ 

Keiner von diesen Ansichten vermag ich mich vollkommen an- 
zuschliessen. Dass MürLer’s Beweisführung auf schwachen Füssen 
ruht, zeigt eine genaue Untersuchung der anatomischen Verhältnisse. 
MÜLLER hat irrthümlicher Weise die Porenplatten der Apiden mit 


606 OTTO SCHENK, 


den Gruben der Lamellicornier homologisirt und aus dem gleichen 
Bau auf eine gleiche Function geschlossen. Spätere Autoren haben 
deutlich gezeigt, dass die Porenplatten der Hymenopteren nichts mit 
den Fühlergruben der Lamellicornier gemein haben, sondern dass sie 
als Gebilde sui generis aufzufassen sind (KRÂPELIN). Dieser Um- 
stand schon lässt die Richtigkeit des Müruer’schen Schlusses auf 
eine gleiche Function sehr zweifelhaft erscheinen. — Merkwürdig ist 
es, dass auch KrÄrELIN die Porenplatten der Apiden der Geruchs- 
wahrnehmung zuweist; denn obwohl ihm die geringe Ausbildung des 
Geruchsvermögens dieser Thiere bekannt ist, die mit der enormen Zahl 
der Organe in Widerspruch steht, kommt er doch zu jenem Schluss. 
In seinem kritischen Theil sagt er nämlich bei Besprechung der 
Hauser’schen Arbeit: „Die 2—5000, wenn auch noch so langen 
‚Geruchsgruben‘ an dem Fühler einer Schlupfwespe sind gegen die 
14000 Gruben und 700 Kegel von Vespa crabro, die 20000 Gruben 
der notorisch schlecht riechenden Honigbiene oder die 
2000 Kegel von Sirex gigas schon ein recht übles Ding.“ — Da Vom 
Ratu sich nicht für eine bestimmte Function äussert, so wende ich 
mich sogleich zu RuLAND’s Ansicht von einer Gehörfunction, die sich, 
wie erwähnt, darauf stützt, dass zwischen Porenplatte und der den 
Porencanal ausfüllenden Substanz ein Hohlraum bestehe. Ganz ab- 
gesehen davon, dass ein Hohlraum überhaupt nicht existirt, sondern 
dass er vielmehr, wie ich im vorigen Abschnitt erwähnt habe, auf 
Schrumpfung beruht, ist auch an und für sich eine Gehörfunction 
nicht gut denkbar. Schon NAGEL hat RuLAND’s Auffassung widerlegt, 
indem er sagt: „Wäre ein Hohlraum vorhanden, so wäre die Gegen- 
wart von Flüssigkeit das sicherste Mittel, etwaige Schwingungen der 
Membran zu hindern. Es handelt sich ja nicht um die Fortpflanzung 
eines Stosses durch einen Raum, an dessen anderm Ende eine 
Membran Ausweichen des Inhalts gestattet, wie im menschlichen 
Labyrinth. Wohin sollte im Porenkanal Ausweichen erfolgen? Ich 
halte die Deutung der Porenplatten als Hörorgane für unmöglich.“ 
Nach Anführung der Nager’schen Begründung würde es überflüssig 
sein, eine weitere Widerlegung zu versuchen, wäre nicht vor kurzer 
Zeit eine Arbeit erschienen, die principiell ebenso gebauten Organen 
eine Hörfunction vindicirt hätte. Ich meine eine Arbeit GUNTHER’s: 
Ueber Nervenendigungen auf dem Schmetterlingsflügel. Der Verfasser 
beschreibt in derselben sog. „Sinneskuppeln“, Organe, die „aus einem 
dunklen Chitinring und einer sich darüber wölbenden, zarten Chitin- 
kuppel“ bestehen. GÜNTHER identificirt diese Gebilde mit den Membran- 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 607 


canilent) Vom Raræs und nimmt für sie Hôrfunction in Anspruch; 
denn da „der nervöse Fortsatz der Sinneszelle so dicht an die Kuppel 
anstösst, müsste schon die geringste Erschütterung der Kuppel auf 
ihn einwirken und auf diese Weise den Nerven reizen. Auch erhält 
der feste Chitinring die zarte Kuppel immer in der gehörigen Spannung.“ 
Wie aus der Nager’schen Begründung ersichtlich, kann durch solch 
ein Organ nie eine Gehörempfindung zu Stande kommen. Denn die 
anhaftenden Gewebestücke würden das Entstehen eines Tones ver- 
hindern, da ja ein Schwingen der Membran ein wechselweises Dehnen 
und Zusammendrücken des Gewebes im Gefolge haben müsste. 

NAGEL ist zu der Ueberzeugung gekommen, dass die Sensilla 
placodea nicht nur als Geruchsorgane zu deuten sind, sondern dass 
sie noch der Perception anderer Reize, wahrscheinlich mechanischer, 
dienen. Er fasst sie also als Wechselsinnesorganne auf und spricht 
somit auch den Porenplatten der Apiden und Vespiden die Perception 
von Geruchsreizen nicht ab. Was diese Auffassung der Porenplatten 
als Wechselsinnesorgane anbetrifft, so scheint es mir schon aus rein 
theoretischen Gründen gewagt, einem Sinnesorgan zwei adäquate 
Reizgattungen zuzuweisen, die gar nicht mit einander verwandt sind. 
Geschmacks- und Geruchsreize können wohl eher von einem Organ 
percipirt werden, aber chemische und mechanische ? 


Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Sensilla placodea sicher- 
lich keine Gehörorgane sind. Die für eine Riechfunction angeführten 
Beweise sind auch nicht einwurfsfrei, wie oben gezeigt wurde. Ins- 
besondere scheinen mir die recht beträchtliche Dicke der chitinösen 
Platte und das auffallende Missverhältniss, das zwischen der grossen 
Zahl der Organe und der erfahrungsgemäss geringen Geruchsschärfe 
der Bienen besteht, gegen diese Deutung zu sprechen. Möglich ist 
es ja, dass die ursprüngliche Reizform chemischer Natur gewesen ist, 
-wie es noch heute, nach Angabe der Autoren, bei einem Theile der 
Hymenopteren der Fall ist, und dass nur bei den Vespiden und den 
Apiden, die von den Grabwespen abstammen, ein Functionswechsel 
sich vollzogen hat. Welcher Art diese neue Reizform ist, lässt sich 
jedoch nur annähernd feststellen. Sicherlich ist es eine mechanische, 
denn hierauf weist der Bau der Organe hin. Die Biologie lässt uns 
hier leider ganz und gar im Stich; denn das Leben der trägen 
Drohnen, bei denen die in Rede stehenden Organe in ganz enormer 


1) Vom Rarx hat den Ausdruck „Membrancanal“ für die Sensilla 
placodea eingeführt. 


608 OTTO SCHENK, 


Zahl ausgebildet sind, wird nur schwerlich zur Lösung der Frage 
beitragen. NAGEL hat die Möglichkeit ausgesprochen, dass „der Druck 
der Luft bei der Bewegung der letzteren oder der Fühler der adäquate 
Reiz der Porenplatte sei“, dass ihnen also dieselbe Function zukäme 
wie den Sensilla trichodea der Schmetterlinge. In wie fern aber 
gerade eine Kenntniss dieser Vorgänge für die Drohnen von Wichtig- 
keit ist, die die Stöcke fast nie verlassen, ist schwer einzusehen. — 
Trotzdem scheint die Ansicht, dass die Porenplatten Druckpunkte 
darstellen, durch eine biologische Thatsache gestützt zu werden, die 
ich wiederholt zu beobachten Gelegenheit hatte. Ist z. B. eine Biene 
oder eine Wespe in einem Zimmer eingeschlossen und fliegt sie, einen 
Ausgang suchend, an den verschlossenen Fenstern umher, so stösst 
sie nie mit ihrem Körper an die Scheiben, wie man es z. B. bei den 
Fliegen beobachten kann. Es ist nun sehr wohl denkbar, dass die 
Sensilla placodea die Thiere von der Anwesenheit der Fensterscheibe 
in Kenntniss setzen, indem die Luft, die das Thier verdrängen muss, 
an den Scheiben comprimirt wird und so auf die Porenplatten ein- 
wirkt. Dass eine solche Einrichtung für die in dunklen Höhlen leben- 
den Thiere von hoher Bedeutung ist, leuchtet ohne weiteres ein. 


Sensillabasiconica. Die Kegel sind von sämmtlichen Autoren, 
mit Ausnahme von SCHIEMENZ, als Geruchsorgane anerkannt worden. 
SCHIEMENZ deutet sie als Tastorgane, augenscheinlich, weil sie an der 
Spitze geschlossen sind. Der Bau der Sensilla basiconica spricht 
jedoch entschieden gegen SCHIEMENZ’s Annahme; denn solch eine 
dünne Membran, wie sie die Spitze der genannten Sensillen überzieht, 
würde für ein Tastorgan sehr unzweckmässig sein, da sie schwerlich 
den von aussen auftreffenden mechanischen Reizen lange Widerstand 
leisten würden. Uebrigens werden auch die Kegel in der Regel durch 
überragende Haare gegen mechanische Einwirkungen geschützt. Dass 
aber die dünne Chitinmembran dem Eindringen von Gasen keine 
Hindernisse bietet, sondern vielmehr eine augenblickliche Diffusion 
ermöglicht, ist schon an mehreren Stellen betont worden. 

Dass die Männchen der Apiden keine Sensilla basiconica besitzen, 
spricht nicht gegen eine Deutung genannter Organe als Geruchsorgane; 
denn 1) findet sich an ihren Antennen (ebenso wie bei den 2 und 9) 
noch eine andere Organform, die sicherlich Riechreize percipirt, und 
2) scheint beim Aufsuchen des Weibchens der Geruchssinn erst in 
zweiter Linie in Betracht zu kommen, indem dem Gesichtssinn die 
Hauptrolle zufallt. Dass der Geruchssinn bei den Hymenopteren in 
dieser Beziehung nicht dieselbe Rolle spielt wie bei den Lepidopteren, 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 609 


speciell bei den von mir untersuchten Arten, darf nicht Wunder 
nehmen, da eben die Lebens- und Existenzbedingungen in beiden 
Fällen ganz verschieden sind. Die Weibchen der solitären und die 
Arbeiter der socialen Hymenopteren bedürfen aber zur Ausführung 
der mannigfachen Arbeiten eines ausgezeichneten Riechorgans; und so 
bedienen sich denn die Bienen der Kegel zur Perception von Gerüchen 
in der Nähe. Der Arbeit v. BuUTTEL-REEPEN’s entnehme ich ein 
Beispiel, das die hohe Bedeutung der Sensilla basiconica illustrirt, 
das zugleich aber auch zeigt, dass beim fliegenden Thier der Ge- 
sichtssinn die führende Rolle spielt. „Während unter den gewöhn- 
lichen Verhältnissen der Gesichtssinn der Biene allein zum Auffinden 
ihres Heims genügt, bedarf sie unter folgenden Umständen auch noch 
des Geruchssinns. Lässt man sich ein Volk aus einem andern Flug- 
kreis kommen und öffnet nach der Aufstellung den Fluglochschieber, 
so werden die abfliegenden Bienen ohne weitere Orientirung davon 
eilen, da sie natürlich von der Veränderung ihres Standorts nichts 
wissen können und sich in bekannter Gegend wähnen . . . .. Nach 
meinen Beobachtungen finden auch solche ohne Orientirung Abgeflogene 
oft in überraschend kurzer Zeit wieder zurück ..... Steht der 
neu herbeigeschaffte Stock zwischen andern, gleichartig ausschauenden, 
so tritt... . bei den wieder zurück Gefundenen ‚ein Tasten mit dem 
Geruchssinn ein, das sich bis auf die Nachbarstöcke erstreckt‘. Dieses 
Einfinden mittels des Geruchs ist eine auffällige und leicht zu be- 
obachtende Erscheinung.“ 


Sensilla coeloconica. Ueber die Function der Champagner- 
pfropforgane sprechen sich nur wenige Autoren mit Bestimmtheit aus. 
Es kommt dies daher, weil die Untersucher einen Zusammenhang mit 
Nerven entweder überhaupt nicht oder doch nur undeutlich nachzu- 
weisen vermocht haben. FOREL möchte die Organe wohl als Sinnes- 
organe, doch nicht als Riechorgane angesehen wissen. HAUSER hält 
sie für Geruchsorgane, da sie „wahrscheinlich ein Riechstäbchen ent- 
halten“. Derselben Ansicht scheint KRAPELIN zu sein, der diese Sensillen 
den „Gruben mit Kegeln‘ anderer Insecten anreiht. RULAND spricht sich 
mit aller Entschiedenheit für eine Riechfunction aus. Maassgebend ist für 
ihn besonders der Umstand, dass die Organe an der Spitze durch- 
bohrt seien; daher seien „genannte Organe mindestens ebenso sicher 
als Geruchsorgane zu deuten wie die Kegel und einfachen Gruben“. 
ForEL scheint diese Arbeit RULAND’s übersehen zu haben; denn, ob- 
gleich letzterer das Vorhandensein von Champagnerpfropfen an den 


Fühlern von Vespa nachgewiesen hat, findet sich noch in dem letzten 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 39 


610 OTTO SCHENK, 


ForEr’schen Vortrag!) die Bemerkung, dass die in Rede stehenden 
Organe „in ihrer Bedeutung noch völlig unklar, jedoch ohne Bezug 
zum Geruchssinn“ seien, „da sie bei sehr gut riechenden Insecten 
(Vespiden) fehlen und bei stumpf riechenden (Bienen) massenhaft vor- 
kommen“. 

Was zunächst den Bau der Sensilla coeloconica betrifft, so spricht 
derselbe in keiner Weise gegen die Annahme, dass diese Sensillen 
Riechorgane seien. Die Gründe hierfür sind dieselben, wie sie bereits 
wiederholt angegeben wurden. Dass die Unterschiede zwischen Männ- 
chen und Weibchen so gering sind, spricht auch nicht dagegen, ebenso 
wenig wie die geringe Zahl der Organe; denn wiederholte Beobach- 
tungen haben, wie bereits erwähnt, gezeigt, dass für das fliegende Thier 
der Gesichtssinn eine höhere Bedeutung hat als der Geruchssinn. So 
werden z. B. die Blumen von den Bienen nach der Farbe unter- 
schieden, und erst wenn sie in die Nähe der Blumen gekommen sind, 
sagt ihnen der Geruchssinn, ob die Blumen Nektar enthalten oder 
nicht. — Dass Forer’s Einwand nicht stichhaltig ist, sondern auf 
einem Irrthum beruht, haben also meine Untersuchungen von Neuem 
gezeigt, die zu dem Resultat geführt haben, dass auch bei den 
Vespiden Sensilla coeloconica (Fig. 29) vorhanden sind. Der ausge- 
zeichnete Geruchssinn der Vespiden wird allerdings durch die Sensilla 
basiconica bedingt, die an den Antennen derselben in enormer Zahl 
entwickelt sind; dies ist aber keineswegs ein Grund, den Gruben- 
kegeln diese Function abzusprechen. 


Sensilla ampullacea. Ueber die Function der FOREL’schen 
Flaschen gehen die Ansichten der Autoren weit aus einander. Während 
Hıcks die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen hält, dass es Hörorgane 
seien, nimmt FOREL zu ihnen dieselbe unentschiedene Stellung ein 
wie zu den Sensilla coeloconica. KRÄPELIN sieht die Flaschen als 
Drüsenorgane an, wohingegen SCHIEMENZ und RULAND sie für Ge- 
ruchswerkzeuge halten, SCHIEMENz deshalb, weil „sie zum Tasten un- 
tauglich und beim Männchen stärker als beim Weibchen entwickelt 
sind“, RuLAND aus demselben Grunde, der auch bei der vorigen 
Organform für ihn bestimmend war. LuBBock betrachtet die Organe 
als „microscopie stethoscops“, und auch NAGEL theilt die Ansicht, 
dass man die Flaschen als Hörorgane ansehen könne, wenn man Be- 
ziehungen zu Nerven gefunden hätte. 

Die Ansicht, dass die Sensilla ampullacea Hörorgane seien, scheint 


1) Litteraturverzeichniss No. 7. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren and Hymenopteren. 611 


mir die grésste Wahrscheinlichkeit zu haben. Zur Stiitze dieser Auf- 
fassung führe ich Folgendes an: Der Bau der Forrr’schen Flaschen 
entspricht vollkommen den Anforderungen, die wir an ein Hörorgan 
bei den Insecten stellen müssen. Was zunächst das Chitingebilde 
selbst anbetrifft, so hat man zwar betont, dass die Insecten nicht 
eines so complicirt gebauten Apparats bedürfen, dass vielmehr schon 
ein jedes beliebiges Sinneshaar die Hörfunction übernehmen könne. 
Dem ist jedoch nicht so. Vor Allem muss ein Hörhaar gegen 
mechanische Insulte geschützt sein, denn ein jedes dieser Organe ist 
so zu sagen für einen bestimmten Ton abgestimmt. Wird nun z. B. 
ein solches Haar durch Abstossen gekürzt, so vermag es den üblichen 
Ton nicht mehr zu percipiren — sondern einen höhern, der vielleicht 
für das Thier gar keine biologische Bedeutung hat —; in Folge dessen 
ist auch das ganze Haar für das Thier nutzlos geworden. Und so 
ist denn in der Verlagerung genannter Organe in das Innere der 
Antenne nur eine Stütze für die Auffassung zu finden, dass sie Hör- 
organe sind. — Wie es sich mit dem Nervenendapparat verhält, habe 
ich schon im vorigen Abschnitt erwähnt. 

Dass genannte Sensillen an den Antennen der beiden Geschlechter 
keine auffallenden Unterschiede in der Zahl zeigen, ist ein Beweis 
dafür, dass das Hörvermögen für beide Geschlechter eine gleich hohe 
Bedeutung hat. Es kommen natürlich nur solche Töne in Betracht, 
die für die Thiere von biologischem Interesse sind. Bei Apis mellifica 
unterscheidet v. BUTTEL-REEPEN z. B. einen Heulton, Sterzelton, 
Schwarmton u. s. w.)). 


1) Da von einigen Autoren das Mittheilungsvermögen durch Töne 
bei Bienen etc. geleugnet wird — wie z. B. von LusBock — so führe 
ich eine Stelle aus einer Arbeit v. BurrteL-Rerren’s an, die zugleich 
zeigt, dass in gewissen Fällen der Gehörsinn eine wichtigere Rolle 
spielt als der Geruchssinn: „Entweiselt man z. B. ein sehr starkes 
Volk, das 50—60000 Bienen und mehr enthält, so geht... . eine 
auffällige Veränderung vor sich, die sog. ‚Weiselunruhe‘ bricht aus. 
Der behaglich summende Ton eines Volkes verwandelt sich in einen 
tiefern, langgezogenen, klagenden. Die Bienen heulen, wie der Imker 
BERLIN, Befindet sich das Volk in stärkster Aufregung, so schiebe 
man den Weiselkäfig mit der Königin oben in den Honigraum einer 
von hinten zu öffnenden Wohnung und beachte dann schnell das Ver- 
halten der Bienen an dem am entgegengesetzten Ende des Stockes unten 
im Brutraum befindlichen Flugloch. Fast in demselben Augenblick 
wird man eine Aenderung in dem Benehmen der unruhig suchenden 
Bienen wahrnehmen; sowie der Heulton im Stocke verstummt, ziehen 
die aussen an der Stockwand beim Flugloch Umherirrenden sterzelnd 

39* 


612 OTTO SCHENK, 


Sensilla trichodea (varia). Die verschiedenen haarartigen 
Sinnesorgane stehen siimmtlich im Dienste des Tastsinns. Für diese 
Function spricht nicht nur der Bau der Organe, sondern vor Allem 
der Umstand, dass sie bei manchen Species — wie z. B. bei Apis — 
im weiblichen Geschlecht bedeutend besser entwickelt sind. 


Zusammenfassung. 


Fasse ich zum Schluss die Resultate meiner Betrachtungen noch 
einmal kurz zusammen, so ergiebt sich: 

1) Die Entwicklung der Antennen steht in inniger Beziehung zur 
Ausbildung gewisser Sinnesorgane. 

2) Für die Grösse der Functionsfähigkeit eines Fühlers ist nicht 
nur die Zahl, sondern auch die Vertheilung der Sinnesorgane auf dem- 
selben maassgebend. 

3) Bei den von mir untersuchten Schmetterlingen und Hymeno- 
pteren konnte über die Function der antennalen Hautsinnesorgane 
Folgendes festgestellt werden: 


a) Lepidoptera: 
a) Die Sensilla coeloconica oder Grubenkegel sind als 
Geruchsorgane zu deuten, da sie bei den Männchen derjenigen Arten 


ihre grösste zahlenmässige Ausbildung und die günstigste Vertheilung 
an der Antenne zeigen, bei welchen die Lebensweise eine derartige 


in den Stock hinein. Von einer Geruchswirkung kann hier absolut nicht 
die Rede sein, da der Geruch der Königin in einem so stark besetzten 
Stock durch den fast ganz vom Brutraum abgetrennten Honigraum 
bis zum Flugloch nicht in dem Moment dringen kann. Sollte auf den 
ungemein weit sich verbreitenden Geruch der Insectenweibchen hin- 
gewiesen werden, wie er z. B. bei einigen Schmetterlingen (Sphingiden 
etc.) zu Tage tritt, so verweise ich auf das Hineinhalten und Nicht- 
beachten einer gefangenen Königin in den Schwarmtumult . ... Es 
unterliegt für mich daher nicht dem geringsten Zweifel, dass die Bienen 
sich durch Töne mit einander verständigen. Der Ton der ‚Freude‘ lockt 
die Genossen an oder beruhigt sie, der heulende Klageton bringt das 
Volk in Aufregung, er schwindet sofort, wenn die Königin zurückgegeben 
wird .... Wir müssen daher den Bienen ein Mittheilungsvermögen 
durch Töne zugestehen, also Gehörsvermögen und Tonempfindung. Jede 
einzelne Biene hat den Instinct, wenn sie von andern Bienen den Ton 
der Weiselunruhe hört, selbst alsbald auch in diesen Ton zu verfallen. 
Wenn also von einigen Bienen das Fehlen der Königin bemerkt wird, 
so pflanzt sich die Weiselunruhe sehr rasch durch den ganzen Stock 
hindurch fort . . .“ 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 613 


ist, dass die Männchen die Weibchen nach dem Geruch auffinden 
müssen. 

6) Die Sensilla styloconica oder Endzapfen sind gleichfalls 
Geruchswerkzeuge. Sie spielen vor allem eine Rolle bei dem ruhig 
sitzenden Thier, bei dem die Sensilla coeloconica in Folge Mangels 
der Bewegung nicht in der genügenden Weise mit den in der Luft 
suspendirten Riechstoffpartikeln in Berührung kommen. 

y) Die Ausbildung der Sensilla trichodea oder haarartigen 
Sinnesorgane steht in Correlation mit der Bewegungsfähigkeit der 
Thiere, in so fern als sie bei den äusserst lebhaften Männchen der 
untersuchten Arten vorzüglich entwickelt sind, bei den ruhig sitzenden 
oder nur wenig beweglichen Weibchen dagegen fast ganz rückgebildet 
sind. Sie bringen dem Thier eine Empfindung von der Bewegungs- 
grösse der Luft oder ihrer selbst bei. 

0) Die Sensilla chaetica oder borstenartigen Sinnesorgane und 
die Sensilla basiconica percipiren sonstige mechanische Reize. 


b) Hymenoptera. 

a) Die Sensilla placodea oder Porenplatten der Apiden und 
Vespiden sind schwerlich als Geruchswerkzeuge aufzufassen (vergl. 
S. 604 u. f.). Der anatomische Bau dieser Sensillen weist vielmehr auf 
eine mechanische Function hin, die vermuthlich mit der der Sensilla 
trichodea der Lepidopteren identisch ist. Der ausgezeichnete Geruchs- 
sinn der Vespiden wird durch die Sensilla basiconica bedingt. 

ß) Die Sensilla coeloconica oder Champagnerpfropforgane 
und die Sensilla basiconica oder flächenständigen Kegel theilen sich in 
derselben Weise in die Function des Geruchssinns, wie die Sensilla 
coeloconica und die Sensilla styloconica der Lepidopteren. Da aber, 
wie beobachtet, im Gegensatz zu den Schmetterlingen beim fliegenden 
Hymenopter der Gesichtssinn die Hauptrolle spielt, der Geruchssinn 
dagegen nur von untergeordneter Bedeutung ist, so sind die Sensilla 
coeloconica nur in relativ geringer Zahl ausgebildet. Die beim sitzen- 
den Thier wirkenden Sensilla basiconica sind von besonderer Wichtig- 
keit für die Weibchen und die Arbeiterinnen. Den Männchen fehlen 
sie daher entweder ganz (Apiden) oder sind bei ihnen nur in geringer 
Zahl ausgebildet (Vespiden). 

y) Die Sensilla ampullacea oder Forer’schen Flaschen sind 
vermuthlich Hérorgane. Wie aus dem Bau des Nervenapparats her- 
vorgeht, sind sie wahrscheinlich durch Functionswechsel aus andern 


614 OTTO SCHENK, 


Organen hervorgegangen. Der Bau der Organe und ihre Vertheilung 
auf die beiden Geschlechter sprechen nicht gegen eine solche Deutung. 
Dass die Hymenopteren in der That ein Mittheilungsvermögen durch 
Töne besitzen, das ihnen sehr viele Autoren vollkommen abgesprochen 
haben, hat v. BUTTEL-REEPEN für Apis mellifica deutlich bewiesen, 


0) Die Sensilla trichodea (varia) dienen der Perception der 
verschiedenen mechanischen Reize. 


Es sei mir zum Schluss gestattet, meinem hochverehrten Lehrer 
Herrn Professor Dr. H. E. ZIEGLER für die Anregung und Unter- 
stützung, die er mir bei dieser Arbeit zu Theil werden liess, meinen 
innigsten Dank auszusprechen. Ferner bin ich Herrn HEINRICH FRIESE 
für seine freundliche Anleitung bei der Bestimmung der Hymenopteren 
sowie Herrn Dr. von BUTTEL-REEPEN für Ueberlassung von conser- 
virtem Material zu herzlichem Dank verpflichtet. 


Jena, Zoologisches Institut, Februar 1902. 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 615 


Literaturverzeichniss. 


1) Azrum, Forstzoologie, Theil 3, Berlin 1881. 

2) v. Burrer-Reepen, Sind die Bienen Reflexmaschinen? Leipzig 1900 
(auch in: Biol. Ctrbl., V. 20). 

3) Darwın, Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche 
Zuchtwahl. Uebersetzt von J. V. Carus, 5. Aufl., Stuttgart 1899. 

4) Ericuson, Dissertatio de fabrica et usu antennarum in insectis, 
Autorreferat, in: Arch. Naturg., V. 14, 1848. 

5) Forez, Les fourmis de la Suisse, Bâle 1874. 


6) —, Expériences et remarques critiques sur les sensations des In- 
sectes, in: Rec. zool. Suisse, V: 4, No. 1 et 2, 1886/87. 
7) —, Die psychischen Fahigkeiten der Ameisen und einiger anderer 


Insecten; mit einem Anhang über die Eigenthümlichkeiten des 
Geruchsinnes bei jenen Thieren. Vortr. 5. intern. Zool.-Congr. 
Berlin 1901. 

8) Friese, Beiträge zur Biologie der solitären Blumenwespen, in: Zool. 
Jahrb., V. 5, Syst. 

9) GüntHER, Ueber Nervenendigungen auf dem Schmetterlingsflügel, 
Inaug.-Diss., in: Zool. Jahrb., V. 14, Anat., 1901. 

10) Hauser, Physiologische und histologische Untersuchungen über die 
Geruchsorgane der Insecten, in: Z. wiss. Zool., V. 34, 1880. 

11) Jäger, Ueber die Bedeutung des Geschmacks- und Geruchstoffes, 
ibid. V. 21, 1876: 

12) KräPerin, Ueber die Geruchsorgane der Gliederthiere, Hamburg 
1883. | 

13) Lespës, Mémoire sur l’appareil auditif des insectes, in: Ann. Sc. 
nat., (4) Zool., V. 9, 1858. 

14) Lrypic, Geruchs- und Gehörorgane der Krebse und Insecten, in: 
Arch. Anat. Physiol., 1860. 

15) Lussoox, On the senses, instincts and intellegence of animals with 
special reference to Insects, London 1891. 

16) Müzcer, Hermann, Anwendung der Darwin’schen Lehre auf Bienen, 
Lippstadt 1871. 

17) NaGær, Die niedern Sinne der Insecten, Tübingen 1892. 

18) —, Vergleichend physiol. und anat. Untersuchungen über den Ge- 
ruchs- und Geschmackssinn und ihre Organe, in: Bibl. zool., 
Heft 18, 1894. 


616 OTTO SCHENK, 


19) RuLanp, Beiträge zur Kenntniss der antennalen Sinnesorgane bei 
Insecten, in: Z. wiss. Zool., V. 46, 1888. 

20) Souremexz, Ueber das Herkommen des Futtersaftes und die Speichel- 
drüsen der Bienen, nebst einem Anhang über das Riechorgan, 
ibid., V. 38, 1883. 

21) Starpr, Ueber die Function der Antennen bei den Insecten, in: 
Froriep, Notizen, V. 3, No. 155, 1848. 

22) Vom Raru, Ueber die Hautsinnesorgane der Insecten, in: Z. wiss. 
Zool., V. 46, 1888. 

23) —, Zur Conservirungstechnik, in: Anat. Anz., V. 11, 1895. 

24) —, Zur Kenntniss der Hautsinnesorgane und des sensiblen Nerven- 
systems der Arthropoden, in: Z. wiss. Zool. V. 61, 1896. 

25) WERNEBURG, Der Schmetterling und sein Leben, Berlin 1874. 


Auf die Arbeit von Cuartus Manning CHıLp: Ein bisher wenig 
beachtetes antennales Sinnesorgan der Insecten mit besonderer Berück- 
sichtigung der Culiciden und Chironomiden, Inaug.-Diss., in: Z. wiss. 
Zool., V. 58, 1894 wurde ich erst nachträglich aufmerksam und konnte 
sie deshalb nicht mehr berücksichtigen. — 


Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 


617 


Erklirung der Abbildungen. 


Tafel 21 


22. 


Die Buchstaben haben überall die folgende Bedeutung: 


a Sensillum ampullaceum, ForEL- 
sche Flasche 

af Fiederstummel 

b Sensillum basiconicum, Kolben, 
Kegel 

bz Blutzelle 

ch. Chitin 

chs Chitinschüppchen 

chz Chitinzacken 

h Hypodermis 

k Sensillum coeloconicum, Gruben- 
kegel 

kr krystallinische Gebilde 

mz membranbildende Zelle 

n Nerv 

p Porencanal 


pl Sensillum placodeum, Porenplatte 
(Membrancanal) 

ps Porencanal der Schuppen 

r Borstenkranz 

s Sensillum chaeticum, Sinnesborste 

sch Schuppen 

st Sensillum styloconicum, Endzapfen 

sty Trager des Sensillum styloconicum 

sg Sinneszelle 

szg Sinneszellengruppe 

¢ Terminalstrang 

tb Terminalstrang eines Sens. basi- 
conicum 

tp Terminalstrang eines Sens. placo- 
deum 

tr Sensillum trichodeum, Sinneshaar. 


Tafel 21. 
Die Figg. 1—-11 beziehen sich auf Fidonia piniaria. 
Fig. 1. Bild der männlichen Antenne. 10: 1. 
© Fig. 2. Bild der weiblichen Antenne. 10: 1. 

Fig. 3. Fiederchen der männlichen Antenne. 290: 1. 

Fig. 4 Längsschnitt durch ein Sens. coeloconicum. 1140: 1. 

Fig. 5. „ mehrere Sensilla trichodea. Halb- 
schematisch. 

Fig. 6. Endglieder der männlichen Antenne, von der ventralen 
Fläche gesehen. 290: 1. 

Fig. 7. Endglieder der männlichen Antenne, von der dorsalen 


Fläche gesehen. 290: 1. 


Fig. 8. Endglieder der weiblichen Antenne, von der Seite ge- 


sehen. 290: 1. 
Fig. 9. 


Seite gesehen. 290 : 1. 


Fig. 10. Zwei Sensilla styloconica nebst ihrem Trager. 
Ein Sensillum chaeticum im Schnitt. 


Fig. 11. 


Glieder aus der Mitte der weiblichen Antenne, von der 


440) 241 
440 : 1. 


Die Figg. 12—14 beziehen sich auf Orgyia antiqua. 


Fig. 12. Bild der männlichen Antenne. 
weiblichen 


LS: >, 


1021. 
> LOL 


Fig. 14. Endglieder der weiblichen Antenne von der Innenseite 


gesehen. 70:1. 


618 0. SCHENK, Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und -Hymenopteren. 


Die Figg. 15—17 beziehen sich auf Psyche unicolor. 
Fig. 15. Bild der männlichen Antenne. 10: 1. 
Fig. 16. Spitze eines Fiederchens der männlichen Antenne (bei 
hoher Einstellung). 290: 1. 
Fig. 17. Spitze eines Fiederchens der männlichen Antenne (bei 
tiefer Einstellung). 290: 1. 


ate oar 


Die Figg. 18—20 beziehen sich auf Orgyia antiqua. 

Fig. 18. Spitze eines Fiederchens der männlichen Antenne. 290: 1. 

Hie. 19: 4 À a „ weiblichen Antenne, von 
aussen gesehen. 290: 1. 

Fig. 20. Spitze eines Fiederchens der weiblichen Antenne, von 
der Innenseite gesehen. 290: 1. 

Die Figg. 21—28 beziehen sich auf Ino pruni. 

Fig. 21. Bild der weiblichen Antenne 10:1. 

Fig. 22. » » männlichen = 10% 

Fig. 23. Sensillum chaeticum. 880: 1. 

Fig. 24. Schnitt durch ein Sensillum coeloconicum, var. maj. 1100:1. 

Fig. 25. à ñ ; ss 5 var. min. 1100: 1. 

Fig. 26. Tangentialschnitt durch die weibliche Antenne. 640: 1. 

Fig. 27. Desgl., etwas tiefer. 640: 1. 

Fig. 28. Längsschnitt durch die weibliche Antenne. 640: 1. 


Die Figg. 29—34 beziehen sich auf Vespa crabro. 


Fig. 29. Sensillum coeloconicum der Arbeiterin im Längsschnitt. 
1060 : 1. 

Fig. 30. Ein Sensillum placodeum und ein Sens. basiconicum der 
Arbeiterin im Längsschnitt. 610:1. 

Fig. 31. Zwei Sensilla ampullacea der Arbeiterin im Längsschnitt. 
610221: 

Fig. 32. Ein Sens. placodeum im Querschnitt. Schematisch. 

Fig. 33. Tangentialschnitt in der Richtung a—b der Fig.30. 1060: 1. 

Fig. 34. h FEN - c—d der Fig. 30. 1060: 1. 


Fig. 35—40 beziehen sich auf Apis mellifica. 
Fig. 35. Längsschnitt durch ein Sensillum placodeum der 9. 750:1. 


Fig. 36. r x - 5 s des g. 750:1. 
Fig. 37. er 4 7 à basiconicum. 750:1. 
Fig. 38. # as x 2 ampullaceum. 750: 1. 
Fig. 39. is 4 5 trichodeum. 750:1. 
Fig. 40. . ae Ae > coeloconicum. 750:1. 


Frommanneche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 2422 


Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


Beiträge zur Kenntniss der Hautsinnesorgane und des 
peripheren Nervensystems der Tiefsee-Decapoden. 
Von 
Dr. Erich Kotte aus Auersbach i. Voigtl. 


(Aus dem Zoologischen Institut der Universität Leipzig.) 


Hierzu Tafel 23—27. 


Inhaltsübersicht. 
I. Einleitung. 


II. Beiträge zur Morphologie von Plesionika cottei. 
1. Antenne. 
2. Antenne. 
Die Mandibeln. 
1. Maxille. 
2. Maxille. 
1. Kieferfuss. 
2. Kieferfuss. 
3. Kieferfuss. 
Die 5 Pereiopoden. 
Pleopoden und Schwanzflosse. 
III. Hautsinnesorgane von Plesionika. 
1) Untersuchungsmethode. 
2) Organe des Tastsinns. 
a) Fiederborsten und ihre Innervirung. 
b) Einfache Haare. 
3) Organe des Geschmackssinns. 
IV. Sinnespinsel an den Rumpffüssen von Nematocarcinus un- 
dulatipes. 
Literaturverzeichniss. 
Erklärung der Abbildungen. 


Einleitung. 


Seit längerer Zeit beschäftigte ich mich mit dem Studium der 
Hautsinnesorgane der Crustaceen. Ich untersuchte zunächst einheimische 
Vertreter dieser Thierclasse aus den Gruppen der Copepoden (Cyclops 
coronatus), Phyllopoden (Branchipus stagnalis), Cladoceren (Daphnia 
pulex), Amphipoden (Gammarus pulex), Isopoden (Asellus aquaticus), 


zumeist mit Hülfe der EmurLica’schen Methylenblaumethode. Wenn 
Zool. Jahrb, XVII, Abth, f. Morph, 


40 


620 ERICH KOTTE, 


ich sofort eingangsweise diese Versuche erledige, so kann ich dem, 
was unter Anwendung dieser und der gewöhnlichen Tinctionsmethoden 
bereits in der Literatur bekannt geworden ist, nichts wesentlich Neues 
hinzufiigen. Die Behandlung erfolgte in der Weise, dass ich die 
lebenden Thiere auf 1—2 Tage in eine schwach gefarbte Methylen- 
blaulösung brachte. Ohne Ausnahme ertragen dieselben den Aufent- 
halt sehr gut. Hierauf spült man die Thiere in reinem Wasser ab 
und kann sie dann bei ihrer zarten Durchsichtigkeit sofort lebend 
unter dem Deckglas beobachten. Bei Daphniden erhielt ich pracht- 
volle Färbungen des antennalen Sinnesorgans; auch trat die Bauch- 
ganglienkette, die sonst nur sehr schwer zur Anschauung gelangt, 
immer sehr deutlich hervor. Regelmässig zeigten sich auch die beiden 
grossen, auf dem Postabdomen der Daphniden entspringenden Borsten, 
deren wahre Natur als Tastorgane früher mehrfach bestritten, aber 
bereits von CLAus nachgewiesen wurde, gefärbt. Immer lässt sich 
dann der herantretende Nerv, der vor seinem Eintritt in die Borste 
zu einem spindelförmigen Ganglion anschwillt, deutlich beobachten, 
wie dies bereits von CLAUS beschrieben worden ist‘). : 


Mit der Gorcrschen Methode habe ich ebenfalls Versuche ange- 
stellt, und zwar wandte ich das rasche, von Ramon Y Cayaz be- 
schriebene Verfahren an. Indessen sind meine Versuche bei Gammarus 
pulex fast vollkommen fehlgeschlagen. Mag man bei dieser Methode 
auch erst nach längerer Erfahrung Aussicht auf gute Erfolge haben, 
so will ich doch erwähner, dass auch Vom Rata über Misserfolge bei 
diesem Amphipoden klagt, so dass derselbe überhaupt weniger für 
diese Behandlung geeignet erscheint. 

Meine eigentliche Aufgabe galt der Untersuchung des peripheren 
Nervensystems von Tiefseeformen, und zwar interessirten mich jene 
merkwürdigen Pinsel von Sinneshaaren, die an den Endgliedern der 
letzten Rumpffüsse einiger Nematocarcinus-Arten auftreten und durch 
ihre enorme Länge und monströse Entfaltung den Blick auf sich lenken 
und lebhaftes Interesse hervorrufen. Vor allem kam es mir darauf 
an, den anatomischen Bau derselben, ihre Einlenkung und mögliche 
Verbindung mit Muskeln, welche ein Zusammenlegen und Spreizen des 
Pinsels veranlassen könnten, sowie den im Propodus des Fusses zu 
suchenden Innervationsapparat kennen zu lernen. Bei der Anfertigung 
von Schnittserien stellte sich indessen heraus, dass leider die Gewebe 


1) Zur Kenntniss der Organisation und des feinern Baues der 
Daphniden, in: Z. wiss. Zool., 1876, p. 379. 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 621 


so stark macerirt waren, dass eine feinere Untersuchung unmöglich 
wurde. Dies blieb um so bedauerlicher, als das Material eigens für 
Nervenuntersuchungen mit Osmiumsäure conservirt worden war. Ich 
wandte mich daher der Gattung Plesionika zu, von der mir eine 
grössere Anzahl wohl erhaltener Exemplare zur Verfügung stand, be- 
schränkte mich aber hier nicht auf die zu Pinseln angeordneten Haare, 
die in ähnlicher Weise wie bei Nematocarcinus, wenn auch bedeutend 
kleiner, am 2. Rumpffuss auftreten, sondern studirte nach und nach 
die Innervationsverhältnisse der Tasthaare an sämmtlichen Theilen 
des Körpers. Ich fühle mich an dieser Stelle verpflichtet, meinem 
hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Caux für die gütige Ueberlassung 
des kostbaren, von der deutschen Tiefsee-Expedition gefischten Materials 
sowie für die mannigfache Anregung und Unterstützung, durch welche 
er meine Arbeit förderte, meinen ergebensten Dank auszusprechen. 
Auch Herrn Prof. Dr. Zur STRASSEN und Herrn Privatdocenten 
Dr. WOLTEREcK bin ich für mannigfachen Rath zu lebhaftem Dank 
verpflichtet. 

Bei dem Studium des reichen Haarbesatzes, der sich an den ver- 
schiedensten Extremitäten findet, konnte es nicht ausbleiben, dass ich 
auf diese selbst und ihre morphologische Ausgestaltung aufmerksam 
wurde. Ich werde daher in dem ersten Theil meiner Arbeit die mor- 
phologischen Verhältnisse dieser neuen, bis jetzt noch nicht beschrie- 
benen Art schildern, beabsichtige indessen nicht, die weitern syste- 
matischen Merkmale, welche die vorliegende Gattung und Art aus- 
zeichnen, zu besprechen. Bezüglich der genauen Artanalyse, die 
wesentlich mit durch die Gestaltung des Cephalothorax, des Rostrums 
etc. bestimmt wird, verweise ich hier auf die Darstellung, die Herr 
Prof. PFEFFER in Hamburg in seiner in nächster Zeit erscheinenden Be- 
arbeitung der von der deutschen Tiefsee-Expedition gefischten Macruren 
liefern wird. Der zweite Theil der Arbeit wird dann meinem eigent- 
lichen Zweck gewidmet sein. 


I. Beiträge zur Morphologie von Plesionika cottei. 


Allgemeines. 
Die vorliegende Tiefseegarneele gehört der Familie der Pandalidae 
und dem Genus Plesionika an. Die Challenger-Expedition hat uns mit 
5 Arten dieser Gattung bekannt gemacht!). Die vorliegende Species 


1) Spence Barn, 1888, p. 640—650. 
40* 


622 ERICH KOTTE, 


stimmt indessen mit keiner der bekannten Arten vollkommen iiberein 
und ist daher als eine neue Art anzusehen. Herr Professor PFEFFER 
wird dieselbe als Plesionika cottei beschreiben. In ihrem Gesammt- 
habitus steht sie am nächsten der von SPENCE BATE als Plesionika 
semilaevis beschriebenen Art. Sie stammt aus dem Indischen Ocean 
von der Suaheliküste und wurde auf Station 253 der Deutschen Tief- 
see-Expedition aus einer Tiefe von 630 m in zahlreichen Exemplaren 
erbeutet. 


Die 1. Antennen. 
(Fig. 2.) 

Bekanntlich kann nach den Untersuchungen von CLaus (1885, 
p. 5) und Boas (1883, p. 490 ff.) das 1. Antennenpaar der Decapoden 
nicht ohne weiteres auf die Grundform der Crustaceengliedmaasse, 
einen 2gliedrigen Stamm, einen in der Fortsetzung desselben gelegenen 
5gliedrigen Endopoditen und einen vom 2. Gliede entspringenden 
Exopoditen zurückgeführt werden. Die 1. Antennen sind mit andern 
Worten den oralen und postoralen Extremitäten nicht homolog, sondern 
stellen eine Bildung sui generis dar. Auch im vorliegenden Fall zeigt 
die 1. Antenne den für die Malakostraken allgemein geltenden Bau- 
plan: sie besteht aus einem 3gliedrigen Schaft und 2 an denselben 
sich ansetzenden Geisseln. Das 1. Schaftglied ist das längste und 
übertrifft die beiden folgenden Glieder zusammengenommen noch an 
Grösse. Auf seiner dorsalen Seite ist es nach aussen zu ausgehöhlt 
und bildet so den innern und untern Abschluss der Höhlung, in der 
das Auge gelegen ist. An seiner Basis entspringt aussen ein breiter, 
lamellöser, zugespitzter Anhang, den SPENCE BATE als Stylocerit be- 
zeichnet. Er übertrifft bei Plesionika das 1. Schaftglied noch ein 
wenig an Länge und giebt ein gutes Gattungsmerkmal ab, da er bei 
dem nächst verwandten Genus Heterocarpus kurz und rudimentär 
bleibt. Die beiden folgenden Schaftglieder, ungefähr an Grösse über- 
einstimmend, sind walzenrund gestaltet. Die Behaarung des Schaftes 
ist sehr reichlich. Der gesammte Innenrand ist mit langen, zweizeilig 
gefiederten Haaren ausgestattet, die sich auch noch auf den Anfangs- 
theil der Innengeissel fortsetzen; im Uebrigen sind die Glieder mit 
kurzen, einfachen Haaren besetzt. 

Von den beiden Flagellen ist das äussere etwas höher inserirt. 
Sie erreichen bei unserer Art eine beträchtliche Länge, wenn sie auch 
durch die Geisseln des 2. Antennenpaars bedeutend übertroffen werden. 
So ermittelte ich für ein ausgewachsenes Männchen von 6 cm Körper- 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 623 


lange (einschliesslich des Rostrums) die Linge der Innengeissel zu 
6 cm, die der Aussengeissel zu 14 cm, während die Geissel der 2. An- 
tenne 24 cm mass. Hinweisen möchte ich auf ein Merkmal, was zu- 
erst Coun nachdrücklich als für alle Malakostraken geltend hervor- 
gehoben hat und das ich auch für die vorliegende Art bestätigen 
kann: das Fehlen von Muskeln in den Flagellen. Die zur Bewegung 
der Geisseln dienenden Muskeln durchsetzen fast das ganze 3. Schaft- 
glied und greifen mit ihren distalen Enden an der Basis der Geisseln 
an. An der Basis der Aussengeissel sind 2 Muskeln nachweisbar, ein 
stärkerer, der das 3. Schaftglied quer durchsetzt und durch dessen 
Contraction die nach aussen gewendete Geissel medianwärts gezogen 
wird, während ein schwächer entwickelter die entgegengesetzte Be- 
wegung vermittelt. An der Basis der Innengeissel findet sich nur ein 
Muskel. Er greift derart an, dass bei seiner Contraction die Innen- 
geissel sich der äussern anzuschmiegen vermag. 

Erhöhtes Interesse beansprucht nun vor allem die Aussengeissel, 
da sie, wie ganz allgemein bei den Decapoden, auch bei unserer Species 
der Sitz von eigenthümlichen Sinnesorganen ist. Ihre genauere Schil- 
derung werde ich im zweiten Teil geben. 


Die 2. Antennen. 
(Fig. 3.) 

Die 2. Antennen bauen sich aus einem 4gliedrigen Schaft, einer 
an denselben sich ansetzenden Geissel, die somit dem distalen Ende 
des Endopoditen entspricht, und der Fühlerschuppe auf, welch letztere 
vom 2. Schaftglied entspringt. Das 1. Schaftglied weist auf seiner 
Innenseite, etwas dorsalwärts, einen kleinen Vorsprung auf, auf dem 
die Antennendrüse ausmündet (tw). Das 2. Schaftglied ist bei weitem 
das grösste. Auf seiner Ventralseite bildet es am distalen Rand einen 
kräftigen Dorn. Nach aussen articulirt an ihm die mächtig entwickelte 
Squama, nach innen das 3. Schaftglied. Dem entsprechend sind in 
seinem Innern auch zwei Muskelgruppen nachweisbar, die sich nahezu 
rechtwinklig durchkreuzen. Der Hauptmuskel, der das Glied in der 
Richtung seiner grössten Länge durchsetzt und zum Theil auch noch 
in das 1. Schaftglied übergreift, vermittelt die Bewegung der Schuppe. 
Das 3. Schaftglied ist dadurch auffällig, dass es in seiner Längs- 
richtung eine Einschnürung in zwei selbständige Theile einzuleiten be- 
ginnt, wenn auch ein vollständiger Zerfall nicht nachweisbar ist, ein 
Verhalten, das auch sonst, z. B. bei Pagurus, beobachtet wird. Das 
4. Schaftglied ist cylindrisch gebaut und enthält 2 lange, zur Be- 


624 ERICH KOTTE, 


wegung der Geissel dienende Muskelbündel. In der Geissel selbst, 
die sich aus einer grossen Anzahl cylindrischer Glieder aufbaut, sind 
Muskeln nicht nachweisbar. Auf ihre bedeutende Lange wurde bereits 
hingewiesen. Die Fühlerschuppe ist ein mächtig entwickeltes Organ, 
das mit breiter Basis articulirt und an seinem Aussenrand, nahe unter- 
halb der Spitze, in einen Stachel ausläuft, der diese indes nicht über- 
ragt. Der gesammte Aussenrand ist nackt, während der Innenrand mit 
einer Reihe langer Fiederhaare besetzt erscheint. 


Die Mandibeln. 
(Fig. 4.) 

Die Mandibel, die bei allen Decapoden als der eigentliche Kau- 
kiefer fungirt, besteht aus einem umfangreichen Corpus von concav- 
convexer Form, das nach den Untersuchungen von CLAUS dem 1. oder 
Coxalglied der Crustaceengliedmaasse entspricht. Das Mandibelcorpus 
gliedert sich auf der Innenseite deutlich in eine vordere, distalwärts 
gelegene Partie, das Psalistom, welches als der greifende und 
schneidende Theil anzusprechen ist und am Innenrand mit spitzen, 
in 2 Reihen zu je 7 hinter einander gelegenen Höckern ausgestattet 
ist, und in eine hintere, mahlende Partie, den Molartheil, dessen End- 
fläche aus stumpfen, von ausserordentlich starkem Chitin gebildeten 
Höckern besteht. Die Bewaffnung ist bei beiden Mandibeln keine voll- 
kommen symmetrische, wie aus der Abbildung ersehen werden mag. 
Der Palpus der Mandibel, der in der Gruppe der Phyllobranchiata 
den grössten Schwankungen unterliegt, oft vollkommen redueirt ist, 
ist im vorliegenden Fall wohl entwickelt. Er ist an der Aussenseite 
des Coxalgliedes inserirt und besteht aus 3 Gliedern, von denen das 
letzte die beiden vorausgehenden bedeutend an Grösse übertrifft. Er 
ist mit zahlreichen langen Borstenhaaren besetzt, die wie der gesammte 
Palpus keine unwesentliche Rolle spielen dürften, um die Nahrung in 
die richtige Lage zwischen die Molartheile zu bringen, bezw. von 
allerlei Fremdkörpern zu reinigen. Die Mandibel ist ausserordentlich 
tief in der Mundgegend inserirt. Die stark entwickelten Mandibel- 
muskeln, welche die seitliche Bewegung veranlassen, strahlen nach 
der convexen Seite der Apophysis des Coxalgliedes in mehreren 
Bündeln aus. 


Die 1. Maxillen. 
(Fig. 5.) 
Von allen Gliedmaassen zeigt die 1. Maxille die weitest gehende 
Reduction. Sie ist im Vergleich mit dem Oberkiefer von geringer 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 625 


Grösse und zarterer Consistenz; nur die auf der Innenseite gelegenen 
Kauladen nehmen eine etwas derbere Beschaffenheit an. Die Lacinia 
externa ist breiter als die leicht gebogene und zugespitzte hintere 
Kaulade (Lacinia interna). Die Bewaffnung ist eine doppelte; sie 
setzt sich aus grössern Dornen und zugespitzten, mit feinen Wider- 
häkchen versehenen Stacheln zusammen. SPENCE BATE (1888, p. XXXV) 
glaubt, dass die 1. Maxille der Decapoden im Allgemeinen bei der 
eigentlichen Zerkleinerung der Nahrung eine unwesentliche Rolle spiele. 
Sie sei vielmehr bestimmt, zu verhüten, dass die Nahrung durch die 
seitlichen Mundwinkel entschlüpft. Bei der immerhin kräftigen Be- 
waffnung möchte ich mich, wenigstens für die vorliegende Gattung, 
nicht ohne weiteres dieser Ansicht anschliessen. 

An der Aussenseite der Maxille entspringt ein kurzer, einglied- 
riger Palpus, der dem distalen Ende des Endopoditen entspricht. Er 
endet mit zwei kleinen, höckerartigen Vorsprüngen. Ich finde den 
innern derselben immer mit einem langen, stachelähnlichen Haar und 
3 Fiederborsten besetzt, während der äussere derselben eine Reihe 
von zweizeilig gefiederten Haaren trägt. Die Andeutung eines Exo- 
poditen fehlt vollkommen, wie allgemein an der 1. Maxille der er- 
wachsenen Decapoden. 


Die 2. Maxillen. 
(Fig. 6.) 

Die gesammte 2. Maxille ist dünn und blattförmig gestaltet. Sie 
stimmt mit der vorausgehenden darin überein, dass vom 1. und 
2. Glied des Endopoditen ebenfalls zwei Kauladen entspringen, welche 
indessen in der Regel zweigetheilt sind, so dass vier Ladenstücke ent- 
stehen. Die bei vielen Garneelen eintretende Reduction spricht sich 
auch bei unserer Art darin aus, dass das Basalglied nur eine einzige 
Lade anfweist, mit einer leichten Andeutung einer Zweitheilung, an 
der sich einige mit Widerhäkchen versehene Haare finden, während 
es im Uebrigen sehr spärlich mit langen, dünnen Haaren besetzt ist. 
Dieses Basalglied wird immer nach innen zu weit überragt durch den 
2. Stammabschnitt, der durch eine tiefe Einschnürung sich deutlich in 
die beiden, dicht mit Borsten besetzten Ladenstücke zerlegt. Der 
distale Abschnitt des Endopoditen wird repräsentirt durch einen kleinen, 
eingliedrigen Palpus, der von geringerer Grösse ist als jener an der 
1. Maxille und an seiner Spitze mehrere Haare trägt. 

An das 2. Stammglied setzt sich nach aussen eine halbmond- 
förmige, segelartige Lamelle an. Sie erscheint nach vorn zu einer 


626 ERICH KOTTE, 


schmälern, abgestumpften Partie ausgezogen und verbreitert sich all- 
mählich nach hinten zu. Ihr freier Rand ist dicht mit langen Wimper- 
haaren besetzt. Ueber die morphologische Auflassung derselben gehen 
die Anschauungen der Autoren noch aus einander. HuxLeyx (1881, 
p. 144) bezeichnet dieselbe als Scaphognathit und neigt der Auffassung 
zu, dass sie entweder ein Epipodit mit sehr vergrössertem vordern 
basalen Fortsatz sei oder das Aequivalent eines Epipoditen und Exo- 
poditen zugleich darstellt. Boas (1883, p. 498) und Craus (1876, 
p. 34 ff.) dagegen betrachten dieselbe als einen mächtig entfalteten 
Exopoditen, für welche Deutung vor allem der Ursprung des 2. Stamm- 
glieds spricht. Offenbar hat diese „Athemplatte‘“ auch nie als Epi- 
podit, also als Kieme fungirt; sie erscheint vielmehr speciell ange- 
passt, um den Abschluss der Kiemenhöhle nach vorn zu bewirken und 
durch ihre Bewegungen die Circulation des Athemwassers in der 
Kiemenhöhle zu veranlassen. Auf diese ihr eigenthümliche physio- 
logische Rolle deuten auch die Muskelbündel hin, die vom Aussen- 
rande des 2. Stammgliedes radiär in dieselbe einstrahlen. 


Die 1. Maxillarfüsse. 
(Fig. 7.) 

Die 1. Kieferfüsse stimmen mit den 2. Maxillen noch in der 
Ausbildung von Kauladen an den beiden Stammgliedern überein, 
stellen sich aber im Uebrigen als eine Uebergangsbildung zum 
2. Kieferfuss dar. Das Coxalglied!) ist nur im obern Drittel mit 
längern Haaren besetzt, während die ungetheilte Basis sich mächtig 
entfaltet und durch ihren dicht beborsteten Schneidenrand eine wesent- 
liche Rolle als Kauwerkzeug spielt. Eine Reihe von Haaren, die nach 
unten an Länge zunehmen, zieht sich immer quer über das Glied, 
wie auch die Coxa mit kleinen Härchen zahlreich besetzt ist. Der 
Palpus ist ansehnlicher entwickelt als bei den vorausgehenden Glied- 
maassen und zeigt 3—4 leichte Einschnürungen des Chitins, dagegen 
keinen vollkommenen Zerfall in einzelne Glieder. Am distalen Ende 
trägt er eine ansehnliche Tastborste; sein Innenrand ist reich mit 
Haaren besetzt. Der Exopodit ist an seiner Basis zu einer umfang- 
reichen, lamellösen Platte verbreitert, deren Aussenseite mit langen 
Fiederborsten geziert ist, und läuft in einen langen, geisselförmigen 
Anhang aus. Nach den Abbildungen im „Challenger-Report“ zu 


1) Ich bezeichne die 7 Glieder des Endopoditen in der Folge wie 
üblich als Coxa, Basis, Ischium, Merus, Carpus, Propodus, Dactylus. 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 627 


schliessen, ist dieser bei Plesionika uniproducta nicht in einzelne 
Glieder zerfallen. Das Flagellum der vorliegenden Art ist deutlich in 
eine grössere Anzahl einzelner Glieder, gegen 25, zerfallen und reich- 
lich mit Haaren besetzt. 


Der von der Coxa entspringende Epipodit hat eine fiir das Genus 
Plesionika charakteristische Ausgestaltung erfahren. Wahrend er bei 
dem nächst verwandten Genus Heterocarpus gänzlich mangelt, hat 
sich die bei dem Genus Hetairus aus der Familie der Hippolytidae 
anbahnende Differenzirung hier so weit vollendet, dass er deutlich in 
einen grössern, beilförmig zugespitzten vordern Lappen und einen 
kleinern, abgestumpften hintern zerfällt. Wir haben hier ein Merk- 
mal vor uns, das sehr wohl bei der Aufstellung der Gattungsmerk- 
male Verwendung finden könnte. In ähnlicher Weise dürften sich bei 
einem vergleichend-morphologischen Studium noch andere Merkmale 
ergeben, die für den Systematiker werthvolle Fingerzeige zur Um- 
grenzung der Gattungen und Arten liefern dürften, wie denn über- 
haupt, abgesehen von dem Mandibelpalpus, die charakteristischen Aus- 
prägungen der folgenden Extremitäten noch zu wenig für die Syste- 
matik bisher ausgebeutet worden sind. 


Die 2. Maxillarfüsse. 
(Fig. 8.) 

Von allen Beinpaaren der Brust hat wohl der 2. Kieferfuss die 
originellste Umgestaltung erfahren, wenn er auch die ursprüngliche 
Form der Spaltgliedmaasse am besten bewahrt hat. Er ist ungefähr 
von derselben Grösse wie der 1. Kieferfuss, aber gedrungner und zeigt 
deutlich die bereits bei den Euphausiden sich anbahnende und für 
alle Decapoden so charakteristische, knieförmige Haltung des Haupt- 
astes, indem Propodus und Dactylus retrovertirt sind. Während die 
Grenze zwischen Coxa und Basis nur unvollkommen zu erkennen ist, 
sind letztere und Ischium vollkommen mit einander verschmolzen, 
wenn auch die Chitingrenze angedeutet erscheint. Eine eigentliche 
Lacinia ist am Basalglied nicht mehr entwickelt, wohl aber ist der 
gesammte Innenrand der 3 Glieder reichlich mit Haaren besetzt. 
Basis, Ischium und Merus sind ungefähr gleich lang, während der 
Carpus ausserordentlich klein ist. An ihm articulirt der mächtig ent- 
wickelte Propodus, an den sich ein kleiner, ovaler Dactylus ansetzt. 
Die von SPENCE BATE für Plesionika uniproducta gegebene Abbildung 
des 2. Kieferfusses (tab. 113, fig. 1h) giebt die Verhältnisse nur sehr 
oberflächlich wieder. Die dort fehlende Grenze zwischen Carpus und 


628 ERICH KOTTE, 


Propodus ist immer scharf ausgeprägt, die Abductoren und Adduc- 
toren fiir die beiden Terminalglieder sind kraftig entwickelt. Der 
Propodus erreicht die Länge der 3 vorausgehenden Glieder zusammen- 
genommen. Seine mediane Seite ist sammt dem Dactylus dicht mit 
zahlreichen Borsten besetzt. Allgemein wird der 2. Kieferfuss als ein 
Greifapparat gedeutet, bestimmt, die Nahrung den eigentlichen Kiefern 
zuzuführen. Dieser Aufgabe erscheint er auch im vorliegenden Fall 
gut angepasst. 

Die übrigen Verhältnisse des Fusses sind durchsichtig. Der Exo- 
podit, hier nicht in Schaft und Geissel gegliedert, wie am 1. Kiefer- 
fuss, stellt sich dar als eine schlanke, peitschenförmige Geissel, die 
namentlich am Ende bewimpert ist. Vom Coxalglied entspringt ein 
Epipodit, in seiner Figuration an den hintern Lappen des voraus- 
gehenden Epipoditen erinnernd, und eine aus zahlreichen, etwa 30 bis 
40 Kiemenschläuchen bestehende Podobranchie. 


Die 3. Maxillarfüsse. 
(Fig. 9.) 

Der 3. Kieferfuss erinnert in seiner Gesammterscheinung bereits 
durchaus an die folgenden Gehfüsse. Er ist lang, dünn und fuss- 
förmig gestaltet, erreicht indessen nicht ganz die Länge des 1. Rumpf- 
fusses. Er besteht nur aus 6 Gliedern, da der Dactylus fehlt, wie 
auch SPENCE BATE hervorhebt. Die Grenzen zwischen dem 2., 3. und 
4. Glied sind aber sehr undeutlich. Das 2. kennzeichnet sich da- 
durch, dass von ihm ein Exopodit entspringt. Dieser besteht aus 
einem kurzen Basalglied und einer mit Wimpern besetzten Geissel, die 
nahezu die halbe Länge des Merus erreicht. Merkwürdiger Weise 
scheint derselbe von SPENCE BATE vollständig übersehen worden zu 
sein, da er angiebt (1888, p. 640), dass das 2. Paar der Gnathopoden, 
die unsern 3. Kieferfüssen entsprechen, bei Plesionika keine Basec- 
physis trage, welche Bezeichnung synonym ist mit unsern Exopoditen. 
Am Coxalglied findet sich ein sehr reducirter Epipodit. Carpus und 
Propodus sind auf der vordern Seite dicht mit kurzen, borstenartigen 
Haaren besetzt, der Merus dagegen sehr spärlich behaart. Die Aehn- 
lichkeit des 3. Kieferfusses mit den folgenden Rumpffüssen ist so auf- 
fällig, dass der unbefangene Beobachter unserer vorliegenden Garneele 
6 Beinpaare zuschreiben möchte. CLAUS hat bereits vor langer Zeit 
darauf hingewiesen (1876, p. 43), dass bei vielen Garneelen der Name 
„Decapoda“ als ein Zugeständniss erscheint, das man „der Theorie 
zuliebe“ bringt, dass es z. B. für Penaeus und seine Verwandten zu- 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 629 


treffender wäre, ihnen 6 Beinpaare zuzuschreiben, ein langes vorderes 
mit wohl entwickelter Geissel, 3 nachfolgende, mit Scheeren bewaffnete 
und 2 kürzere, mit Klauen endigende. Aehnlich könnte man auch in 
der Pandalus-Gruppe verfahren, da am 3. „Kieferfuss‘“ von den Be- 
ziehungen zur Nahrungsaufnahme und -verarbeitung, die doch der 
Name involvirt, nichts zu erkennen ist. Dies würde den thatsächlichen 
Verhältnissen immer noch besser entsprechen, als z. B. die von 
SPENCE BATE auch für das Challenger-Werk eingeführte Bezeichnungs- 
weise. Dieser zieht bekanntlich den 1. Kieferfuss mit zu den beiden 
Maxillen und vereinigt ihn mit diesen als 1.—3. Siagnopoden, denen er 
dann den 2. und 3. Kieferfuss als 1. und 2. Gnathopoden entgegen- 
stellt. Dadurch kommen diese beiden Extremitäten in einen in Wirk- 
lichkeit gar nicht existirenden Gegensatz sowohl zu dem voraus- 
gehenden 1. Kieferfuss wie zu den folgenden Rumpffüssen. Den einzig 
richtigen Weg hat hier zuerst CLAUS gewiesen, indem er zeigte, dass 
bei allen Malakostraken die 8 auf die beiden Maxillen folgenden Ex- 
tremitäten eine zusammengehörige Gruppe darstellen. Für die ein- 
zelnen Ordnungen und Familien wird dann nachzuweisen sein, in welcher 
Weise und Anzahl die vordern Paare dieser Thoraxfüsse umgestaltet 
und als „Kieferfüsse“ zu den Nahrungsfunctionen in Beziehung ge- 
treten sind. 


Die Rumpffüsse. 
(Fig. 10—12.) 

Ueber die 5 folgenden Rumpffusspaare ist wenig Eigenthümliches 
hervorzuheben. Ein Exopodit ist an sämmtlichen verschwunden; ebenso 
fehlt ein Epipodit. Die ursprüngliche Siebenzahl der Endopoditen- 
glieder ist an keinem Fuss mehr vorhanden. Der 1. Rumpffuss ist 
scheinbar nur 4gliedrig, indem das 2.—5. Glied zu einem Ganzen fest 
verbunden sind. Merus und Carpus sind dabei in eigenthümlicher 
Weise in einander verschränkt. Die Behaarung ist sehr spärlich, nur 
der Dactylus erscheint etwas reichlicher mit sehr feinen Härchen aus- 
gestattet. | 

Der 2. Rumpffuss ist am abweichendsten gebaut. Er ist der ein- 
zige, der mit einer, wenn auch ausserordentlich kleinen, Scheere ver- 
sehen ist. Besonders bemerkenswerth ist er durch seinen Carpus, der 
in eine grosse Anzahl einzelner Glieder zerfallen ist. Ich zähle deren 
ungefähr 23. Die Glieder nehmen nach dem distalen Ende zu an 
Länge ab; auch sind nur ungefähr die letzten 10 frei gegen einander 
beweglich; proximalwärts wird die Gliederung immer undeutlicher. 


630 ERICH KOTTE, 


Die einzelnen Glieder stecken wie die Theile eines Fernrohrs in ein- 
ander, so dass eine Winkelstellung derselben unmöglich ist. Das 
letzte Carpalglied, gegenüber den vorausgehenden etwas verlängert, 
sowie der Propodus, an dem der kleine Dactylus als bewegliches 
Scheerenglied articulirt, sind mit zahlreichen Haaren besetzt, die dicht 
gedrängt in mehreren Büscheln zusammenstehen. Da ich ins beson- 
dere diese Sinnespinsel genauer untersucht habe, so werde ich, um 
unnöthige Wiederholungen zu vermeiden, die Detailschilderung über 
ihre Anordnung gelegentlich der Besprechung ihrer Innervationsver- 
hältnisse folgen lassen. 


SPENCE BATE hat als Gattungsmerkmal für Plesionika angegeben, 
dass das 2. Paar der Pereiopoden ungleich in der Länge sei. Für 
die vorliegende Art stimmt dieses Merkmal nicht zu, da beide gleich 
lang sind, so dass es nicht aufrecht erhalten werden kann. 


Die letzten 3 Pereiopodenpaare sind einfache Gehfüsse, die be- 
sonders durch die grosse Länge ihrer Carpal- und Propodalglieder 
imponiren. Sie bestehen aus 5 Gliedern, da das 2.—4. Glied in eins 
verschmolzen sind. Der Propodus nimmt dabei vom 3.—5. Bein in 
viel stärkerm Verhältniss an Länge zu als der Carpus. 

Ich ermittle an einem ausgewachsenen Weibchen, dessen Kopf- 
brustlänge mit Einschluss des Rostrums 53,7 mm beträgt, folgende 
Längen für die einzelnen Glieder: 


. . | | 1 
Basis + Ischium | Carpus | Propodus | Dactylus | Gesammt- 

+ Merus | länge 
mm mm mm mm | mm 
3. Kieferfuss ICS 9,2 10 — 339 
1. Rumpffuss | 18,3 mi 5,2 37,9 
2. Ä 9,0 7,6 13,0 2,0 0,8 32,4 
3: x 28,0 17,6 11,8 2,8 60,2 
4. = 24,1 17,9 20,1 251 63,2 
5. i 22,6 | 20,0 3207 2,0 76,6 


Der Merus ist auf seiner hintern Seite mit einer Anzahl kleiner, 
spitzer Dornen, 9—10 in wechselnden Abständen, bewaffnet. Die Be- 
haarung ist sehr spärlich. Abgesehen von einigen Büscheln, die sich 
an Coxa und Basis finden, ist nur das distale Ende des Propodus mit 
einigen Haaren ausgestattet. 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 631 


Die Fiisse des Abdomens. 
(Fig. 13—18.) 

Die Pleopoden, auf der Ventralseite des Abdomens entspringend, 
zeigen das fiir Decapoden typische Verhalten. Sie bestehen aus einem 
unpaaren, 2gliedrigen Stamm und 2 blättrigen Aesten, die sich dem- 
selben anfiigen. Das 1. Stammglied ist sehr kurz und tief in das 
Segment eingesenkt, während das 2. eine beträchtliche Länge (8 mm) 
erreicht. Die Endäste sind als lange, schmale, zugespitzte Blätter 
entwickelt, der Exopodit etwas länger als der Endopodit und an ihren 
Rändern mit langen Schwimmborsten besetzt. Nahe der Basis des 
innern Astes entspringt ein kleiner Anhang, der sich an seinem Ende 
verbreitert und hier an seinem medianen Rande mit einer Anzahl 
kleiner Chitinhäkchen besetzt ist. Er ist fest mit dem entsprechenden 
Anhang der andern Seite verkettet. Diese Einrichtung ist dahin zu 
deuten, dass in Folge dieser Verankerung die entsprechenden Glied- 
maassen der linken und rechten Körperseite gleichsinnige Bewegungen 
auszuführen im Stande sind. Nach dem eben geschilderten Schema 
sind der 3.—5. Pleopod des Männchens und der 2.—5. Pleopod des 
Weibchens gebaut. Das 1. und 2. Abdominalbein des Männchens da- 
gegen, sowie das 1. des Weibchens weisen auch bei der vorliegenden 
Art Abweichungen in dem Bau des innern Astes auf. Der innere Ast 
des 1. Abdominalbeins des Weibchens entspricht noch am meisten der 
typischen Form (Fig. 17), unterscheidet sich aber durch seine geringere 
Grösse, endet auch nicht so scharf zugespitzt, sondern mehr abge- 
rundet. Er ist ebenfalls mit langen Schwimmhaaren besetzt, an denen 
wie an den folgenden Pleopoden die Eier getragen werden. Diese ge- 
ringere Ausbildung des innern Astes ist wohl lediglich als eine Rück- 
bildungserscheinung zu betrachten, in ähnlicher Weise, wie dies GROBBEN 
(1878, p. 77) bei den Weibchen von Virbius, Alpheus und Palaemon 
nachwies. Hinweisen möchte ich indessen auf die etwas veränderte 
Muskelanordnung. Während bei den übrigen Endopoditen die Muskel- 
fasern von der gesammten Basis breit einstrahlen, so hier von dem 
innern Winkel. Eine ganz ähnliche Anordnung kehrt an dem ent- 
sprechenden Theil des Männchens wieder (Fig. 15), der von der ge- 
wöhnlichen Form weit abweicht. Er ist eine breite Platte, ungefähr 
trapezförmig gestaltet, mit sanft geschwungenen Rändern. Nur sein 
Aussenrand trägt gewöhnliche Haare, während der Innenrand durch 
andere Bildungen ausgezeichnet ist. Die kurze Seite trägt eine 
grössere Anzahl kleiner Chitinhäkchen, der Innenrand kräftige, dorn- 


632 ERICH KOTTE, 


artige Stacheln, die proximalwärts an Grösse abnehmen. Er wird 
bekanntlich allgemein bei den Decapoden im Dienste der Begattung 
verwerthet. Diese secundären Geschlechtscharaktere erstrecken sich 
auch noch auf den 2. Abdominalfuss des Männchens, indem hier ausser . 
der Appendix interna noch ein kurzer, accessorischer Nebenast ent- 
wickelt ist, der ebenfalls an der Basis des Endopoditen entspringt und 
mit starren, langen Borsten besetzt ist (Fig. 16b). Er wurde von 
GROBBEN in ganz ähnlicher Ausbildung bei Alpheus, Palaemon nach- 
gewiesen (S. GROBBEN, 1878, tab. 6, fig. 11b). 

An den folgenden Pleopoden vermag ich keine weitern secundären 
Geschlechtsunterschiede aufzufinden. 

Die Pleopoden des 6. Paares vereinigen sich mit dem Telson zur 
Bildung der typischen Schwanzflosse. Das Telson erinnert durchaus 
an dasjenige der von SPENCE BATE als Plesionika spinipes geschilderten 
Art. Es ist schlank, an seinem Ende mit 4 kurzen Stacheln bewaffnet 
und mit 3 weitern am dorso-lateralen Rande. Von den beiden als 
breite Blätter entwickelten Uropoden erreicht der äussere nahezu die 
Länge des Telsons. Beide sind bis auf den Aussenrand des äussern 
Uropoden mit langen Schwimmborsten ausgestattet (Fig. 18). 


II. Hautsinnesorgane von Plesionika. 


1. Untersuchungsmethode. 


Die Angaben der meisten Autoren, welche Tastorgane und deren 
Innervirung bei Crustaceen schildern, sind gelegentliche und erstrecken 
sich zumeist auf die niedern Gruppen der Entomostraken, deren Ver- 
treter sich durch ihre zarte Durchsichtigkeit auszeichnen und daher 
in toto unter dem Mikroskop untersucht werden können. Aus dem 
Kreise der Malakostraken liegen dagegen nur sehr wenige Gesammt- 
untersuchungen vor. Die speciellen Darlegungen, die Vom Ratu in 
seiner allgemeinen Darstellung: ,,Zur Kenntniss der Hautsinnesorgane 
der Crustaceen“ in: Zool. Anz., 1891 in Aussicht gestellt hatte, sind 
leider in Folge des frühen Todes des um die Erforschung des peri- 
pheren Nervensystems der Arthropoden so hoch verdienten Forschers 
ausgeblieben. Eingehender sind von höhern Krebsen nur Astacus und 
Palaemon untersucht worden. Mir kam es bei der vorliegenden Art 
darauf an, in systematischer Weise ‘die sämmtlichen mit Haaren be- 
setzten Theile des Körpers der Untersuchung zu unterwerfen und auf 
Schnittserien näher zu studiren. Das Schneiden der Arthropoden ist 
bei ihrem harten Chitinpanzer indess immer mit grossen Schwierig- 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 633 


keiten verknüpft, da das spröde Chitin beständig einreisst und ab- 
splittert. Die mikroskopischen Zeichnungen sind daher in der Weise 
angefertigt, dass ich zunächst nach dem in Benzol oder Glycerin aut- 
gehellten Präparat die äussern Contouren zeichnete und in diese dann 
die mikroskopischen Einzelheiten eintrug. Meine Versuche, das Chitin 
mit Eau de Javelle bezw. Eau de Labarraque zu erweichen, blieben 
gänzlich erfolglos, da selbst in sehr verdünnten Lösungen die Gewebe 
zerstört waren, bevor das Chitin angegriffen wurde. Grössern Erfolg 
hat man, wenn man durch glücklichen Zufall ein Exemplar schneidet, 
das kurz nach der Häutung getödtet wurde und bei dem die neue 
Chitinlage daher noch nicht die entsprechende Härte und Sprödigkeit 
erlangt hat. Die durchschnittliche Schnittstärke betrug daher auch 
10 u, was bei stärkern Vergrösserungen sehr störend wirkt; nur in 
wenigen günstigen Fällen, so an der Athemplatte der 2. Maxille, ist 
es mir gelungen, Schnitte von 7 u und 5 « Stärke herzustellen. Zum 
Einschmelzen verwendete ich stets das härteste Paraffin (60° C 
Schmp.). Da das Material in 80proc. Alkohol conservirt war, ist es 
mir leider nicht möglich gewesen, die neuern Methoden der Nerven- 
untersuchung, die EnrtıicH’sche Methylenblaufärbung und die Chrom- 
silbermethode in Anwendung zu bringen. Ich benutzte als Färbemittel 
namentlich Hämatoxylin (BÖHMER) und Säurekarmin. Sehr klare und 
deutliche Bilder erhielt ich mit der HripenHAin’schen Färbemethode 
(24 Stunden in der Eisenalaunlösung, 6 Stunden in der Farbe). Da 
das Plasma der Gewebe sich schwer färbt, versuchte ich hin und 
wieder eine leichte Nachfärbung mit Orange-G; ich habe aber immer 
gefunden, dass dieser Farbstoff die Gewebe sehr stark angreift und 
verändert. 


2. Organe des Tastsinns. 


In Folge der Starrheit ‚des Chitinpanzers, der den gesammten 
Körper der Crustaceen einhüllt, kann eine Sinneswahrnehmung mit 
Ausnahme des Sehens nur durch besondere Hautgebilde vermittelt 
werden. Von jeher hat man denn auch die auf zahlreiche Stellen des 
Crustaceenkörpers vertheilten Haare, welche der Chitinoberfläche be- 
weglich eingelenkt sind und durch einen Porenkanal mit dem darunter 
liegenden lebenden Gewebe in Verbindung stehen, als die eigentlichen 
Perceptionsorgane des Tastsinns angesprochen. A priori ist dabei für 
den Tastsinn der Umstand wichtig, dass eine directe Berührung des 
Nerven mit dem zu betastenden Gegenstand nicht vorausgesetzt zu 
werden braucht, dass also die Tastorgane an der Spitze geschlossen 


634 ERICH KOTTE, 


sein werden im Gegensatz zu den Organen des Geruchs und Ge- 
schmacks, bei denen die Reizung auf chemischem Wege erfolgt. Hier 
glaubt man im Allgemeinen, dass sie geöffnet sein müssen, um den 
zu schmeckenden Stoffen das Eindringen zu ermöglichen. Unter den 
Hautgebilden, von denen wir von vorn herein geneigt sein werden, sie 
mit dem Tastsinn in Beziehung zu bringen, lassen sich auch bei 
unserm vorliegenden Decapoden mehrere Typen unterscheiden: 


1, Einfache, unverzweigte Haare. 


Sie finden sich, wie ich dies bereits im ersten Theil genauer aufge- 
wiesen habe, zahlreich an dem Endglied des Mandibeltasters, den 
Palpen der beiden Maxillen, den Geisseln der beiden ersten Kiefer- 
füsse. Zu ihnen gehören auch die Haare, die in zierlichen Pinseln 
angeordnet an den Endgliedern des 2. Thoraxfusses stehen. Sie sind 
an der Basis nicht angeschwollen, sondern besitzen eine ungefähr 
gleich bleibende lichte Weite. Ihre Länge und Stärke kann wechseln. 
Von sehr langen, fadenförmigen Formen finden sich alle Uebergänge 
bis zu kleinen, mehr dornartigen. Auch zu den stärkern Cuticular- 
gebilden, die wir dann als Stacheln, Dornen zu bezeichnen pflegen und 
aus denen sich die Bewaffnung der Kieferladen zusammensetzt, finden 
sich alle Stufen des Uebergangs. Eine besondere Abart stellen auch 
die mit kleinen Widerhäkchen versehenen, etwas stärker chitinisirten 
Haare dar, die ich an verschiedenen Körperstellen namhaft gemacht 
habe. 


2. Fiederborsten. 


Sie sind ausserordentlich weit verbreitet; sie zieren den Aussen- 
rand der Athemplatte, der 2. Maxille, den Exopoditen des 1. Kiefer- 
fusses, die Endäste der Pleopoden, insbesondere auch die Seitentheile 
des Schwanzfächers und den Innenrand der Antennenschuppe. Das 
Haar ist immer an seiner Basis kolbig angeschwollen (s. Fig. 19), 
bevor es mit einer leichten Einschnürung dem Porencanal aufsitzt, 
Das Chitin ist an der Einschnürungsstelle stets schwächer entwickelt, 
wodurch die freie Beweglichkeit des Haares ermöglicht wird. Von 
der Basis nach der Spitze zu nimmt das Chitin allmählich an Stärke 
ab. Einen Zerfall in ein stärker chitinisirtes proximales Stück und 
eine mehr blasse, dünnwandige Partie, die sich durch eine leichte Ab- 
schnürung von einander absetzen, wie es sonst wohl beschrieben 
worden ist!), habe ich nicht beobachten können. Dagegen zeigt sich 


1) Siehe Vom Ratu 1894, fig. 4. 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 635 


immer in so fern ein Unterschied, als der basale Theil aus einem Chitin- 
stück besteht, während das distale Ende, ungefähr die obere Hälfte, 
in zahlreiche kurze Glieder zerfällt. Diese Haare sind ohne Aus- 
nahme 2zeilig befiedert. Sogenannte Halbfiederborsten, wie sie sonst 
bei zahlreichen Crustaceen vorkommen, habe ich dagegen niemals 
beobachtet. 

Obwohl die einzelnen Gliedmaassen überaus reichlich mit Haar- 
gebilden ausgestattet sind, so lässt sich doch für unsere Art eine ge- 
wisse Monotonie in ihrer Gestaltung nicht verkennen, wenn man sich 
die zahlreichen Formen vergegenwärtigt, wie sie als Fiederborsten, 
Halbfiederborsten, Kolben, Kegel, Keulen, Fäden, Zapfen, Griffel, 
Cylinder, Schläuche, Calceoli (bei Amphipoden) beschrieben worden 
sind. Die Decapoden scheinen hierin den Entomostraken nachzu- 
stehen. Ich erinnere nur an die Copepodenantenne mit ihren zahl- 
reichen Uebergangsformen verschiedener Haargebilde. Vor allem habe 
ich auch jenen Typus nicht auffinden können, der sonst bei Decapoden 
beobachtet wird, nämlich Haare, welche in Folge ihrer charakte- 
ristischen Einlenkungsweise als Hörhaare zu betrachten sind. Diese 
sogenannten „freien Hörhaare“, wie sie von HENSEN (1863) ins- 
besondere für die Caridea (Crangon vulgaris, Palaemon) am Schaft 
beider Fühlerpaare und den Uropoden nachgewiesen wurden, werden 
hier vermisst. Ich bemerke im Anschluss hieran, dass das typische 
Gehörorgan der Decapoden, welches im 1. Glied des innern Antennen- 
paars zu suchen wäre, bei Plesionika fehlt. Dieses Resultat war 
mir von vorn herein wahrscheinlich, da nach HENSEN ein solches auch 
bei Pandalus vermisst wird und erst durch Spence Bate das Genus 
Pandalus in die 3 Gattungen Plesionika, Pandalus und Pandulopsis 
zerlegt worden ist. 

Ich wende mich nunmehr zur Schilderung der histologischen Ver- 
hältnisse, und zwar werde ich zunächst die Innervation der grossen 
zweitheiligen Fiederborsten besprechen. Untersucht man irgend einen 
mit Fiederborsten besetzten Körpertheil, z. B. die Schuppe der 2. An- 
tenne, nach vorheriger Aufhellung in Glycerin oder besser in Benzol, 
so sieht man nach den Ursprungsstellen der Haare lang ausgezogene, 
an denselben sich verbreiternde, dunkle Gewebebrücken verlaufen 
(Fig. 23), die sich auf eine ziemliche Entfernung im Gewebe verfolgen 
lassen, um alsdann weiterhin zu verschwinden. Zwischen diesen ver- 
laufen meist sehr hell erscheinende Stränge, die nur bei sehr starker 
Lichtabblendung hervortreten, an der Basis der Haare umbiegen, um 


alsdann in das Haar selbst einzutreten und im Innern des Haar- 
Zool. Jahrb, XVII. Abth. f, Morph. 41 


636 ERICH KOTTE, 


lumens als ,,Terminalstrang“ (Vom Rata) zu verlaufen. Im Gegen- 
satz zu andern Haargebilden, wie z. B. den Dornen am Merus der 
Thoraxfüsse, die bei der Aufhellung einen gleichmässig hyalinen In- 
halt zeigen, haben diese Terminalstränge ein streifiges Aussehen und 
heben sich daher deutlich von dem übrigen, mehr körnigen Haarinhalt 
ab. Sie erfüllen ungefähr !/, der lichten Weite. Durch diese Axen- 
cylinder sammt den darunter liegenden Zellengruppen sind diese Haare 
als specifische Tastgebilde gekennzeichnet. 

Weiteres liess sich am Totopräparat nicht feststellen ; namentlich 
liess sich nichts sagen über den proximalen Verlauf der in die Haare 
eintretenden Stränge, da sie unter dem übrigen Gewebe verschwinden. 
Ueberraschende Aufschlüsse lieferten dagegen Schnittserien. Als wesent- 
lich ergiebt sich Folgendes: 

Unterhalb jedes Haares liegt eine lang ausgezogene, bandförmige 
Gruppe von zusammengehörigen Zellen. Es ist das „Ganglion“ der 
Autoren. Dieses „Ganglion“ bildet die Fortsetzung eines vom Haupt- 
nerven sich abzweigenden Nervenastes und schwillt nach der Haar- 
basis zu ganz allmählich an. Seine grösste Breite erreicht es nahe 
derselben, biegt hierauf sanft um, um sich dann unmittelbar in den 
Axencylinder des Haares fortzusetzen. Die Verbindung mit dem 
Hauptnerven ist nur an wenigen Stellen gut zu beobachten, z. B. in 
den Seitentheilen der Schwanzflosse (Fig. 21). Der in den Uropoden 
eintretende Nerv verläuft ungefähr in gleicher Entfernung von den 
beiden Seitenrändern und löst sich ganz allmählich auf, indem er 
sich zunächst in einzelne stärkere Bündel spaltet, die dann ihre Fasern 
zu jedem einzelnen Haar entsenden. In den blättrigen Endästen der 
Pleopoden dagegen ist der Zusammenhang schwer nachweisbar, weil 
sich die Nervenfasern fast gar nicht färben, das Ganglion sich ganz 
allmählich in die Tiefe senkt, daher bei Flachschnitten immer nur 
theilweise angeschnitten wird und der herantretende Nerv unter den 
reichlich einstrahlenden Muskelbündeln verschwindet (Fig. 19 m). In- 
dessen scheint mir aus dem ganzen Verlauf und der Anordnung der 
Ganglien hervorzugehen, dass der eintretende Hauptnerv sich an der 
Basis sofort in zwei Hauptäste spaltet, die ungefähr parallel den Seiten- 
rändern emporsteigen. 

Die Anordnung der Ganglien ist an den einzelnen Körperstellen 
nahe übereinstimmend. In den Uropoden sowie in der Schuppe der 
2. Antenne treten sie unter einem stumpfern Winkel an die Haare 
heran als z. B. in den Endästen der Pleopoden, wo sie in Folge der 
geringen Breite des Anhangs sich länger ausziehen und nahezu parallel 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 637 


den Seitenrändern verlaufen. In der Athemplatte der 2. Maxille zeigen 
sie eine radiäre Anordnung. Ich gebe in Fig. 20 eine vergrösserte 
Abbildung derselben, in die die zugehörigen „Ganglien“ eingetragen 
sind. 

Jedes Ganglion wird von den benachbarten durch mehr oder 
weniger breite Gewebsbrücken getrennt. Diese sind es, welche sich 
bereits an dem aufgehellten Totopräparat deutlich heraushoben. Dieses 
(Gewebe gehört der Hypodermis an. Seine Kerne sind immer kleiner 
als die Ganglienzellenkerne und können schon in Folge ihres sehr 
dunkel gefärbten Kerninhalts mit denselben nicht verwechselt werden. 
Die Hypodermis ist meist von dem Chitin abgelöst und setzt sich 
continuirlich in das Haar fort. Bei Färbungen in toto zeigt sich 
namentlich der basale Theil des Haares sehr reichlich mit länglichen 
Kernen erfüllt. Indessen ist dabei kein Entscheid möglich, ob die- 
selben der Matrix oder dem Axencylinder angehören. Auf gut ge- 
lungenen Schnitten habe ich mit Sicherheit feststellen können, dass es 
sich hier immer um Kerne der in das Haar eintretenden Matrix 
handelt. Caux erwähnt (1896, p. 93) einen Fall von den Nauplien 
der Lepaden, dass in den Axenfäden sämmtlicher grosser Borsten des 
Exopoditen der 2. Antenne in geringer Entfernung von der Basis der 
Borste ovale Kerne in die Substanz des Axencylinders eingebettet 
liegen. Ich habe ein derartiges Verhalten nie beobachtet. Durchaus 
vermag ich also die Beobachtungen von CLAus zu bestätigen, dass 
man in den als Tastgebilde aufzufassenden Haaren immer zwischen 
dem Terminalstrang (= Axencylinder von CLAus), der die Fortsetzung 
des Ganglions bildet, und dem übrigen Haarinhalt, der als Abkömm- 
ling der Hypodermis zu betrachten ist, genau zu unterscheiden hat. 

Betrachten wir nunmehr den wichtigsten Theil, das an der Haar- 
basis gelegene Ganglion selbst, so ist Folgendes zu berichten: 

Das Ganglion wird eingehüllt von einer Scheide mit flach an- 
liegenden, platt gedrückten Kernen. Ich bin im Zweifel, ob dieselbe 
als unmittelbare Fortsetzung der bindegewebigen Nervenscheide zu 
betrachten oder dem umgebenden Hypodermisgewebe zuzurechnen 
ist. Das Ganglion selbst besteht immer aus einer sehr grossen Anzahl 
von Zellen. Ich zähle durchschnittlich 30—40 Zellkerne, die zu einem 
Ganglion gehören. Die Kerne heben sich deutlich von den Kernen 
des umgebenden Hypodermisgewebes ab. In langen Reihen angeordnet, 
liegen sie zu 1—2 neben einander. Sie sind rundlich und zeichnen 
sich durch ihre relative Grösse aus. Ihr Durchmesser ist ebenfalls 
schwankend in den einzelnen Körperregionen. Er betrug in den Pleo- 

41* 


638 ERICH KOTTE, 


poden durchschnittlich 0,0108 mm, in der Athemplatte der 2. Maxille 
0,0144 mm, während die Hypodermiskerne 0,0072 mm massen. In 
dem im Uebrigen gleichmässig tingirten Kerninhalt sind immer mehrere 
glänzende Nucleoli nachweisbar. Die Zahl derselben schwankt eben- 
falls. In der eben erwähnten Athemplatte waren es immer 1—2, in 
den Pleopoden fast durchgängig 3—4. Die zu den einzelnen Kernen 
gehörigen Zellgrenzen waren dagegen immer sehr verschwommen, eine 
Erscheinung, die immer wieder beobachtet wird (CHun 1896, p. 115). 
Wie schon bemerkt, steht der proximale Theil des Ganglions mit dem 
Nerven in Verbindung. Wenn über die feinern histologischen Ver- 
hältnisse auch nur mit Hülfe der neuern Nervenuntersuchungsmethoden 
Aufschluss wird erlangt werden können, so habe ich doch so viel fest- 
stellen können, dass das Verhältniss des Nerven zu den Ganglien- 
zellen kein so einfaches ist. Während man früher wohl annahm, dass 
der Nerv das Ganglion einfach durchsetzt, habe ich an günstigen Ob- 
jecten deutlich beobachtet, wie der herantretende Nerv sich auffasert, 
um sich dann allmählich in dem mehr körnigen Inhalt des gangliösen 
Gewebes zu verlieren. Aehnlich beobachtet man am distalen Ende, 
wie einzelne Fibrillen sich sammeln und sich zu dem ins Haar ein- 
tretenden Terminalstrang zusammenlegen. Ein Umstand ist es, der 
neben der überaus regelmässigen, in allen Körperregionen wieder- 
kehrenden Anordnung mit Nachdruck betont werden muss: es ist 
die überaus grosse Anzahl der das einzelne Haar ver- 
sorgenden Ganglienzellen. Bei niedern Crustaceen sind es 
durchgehends wenigzellige Ganglien, die unterhalb eines Haares liegen. 
Bei Phyllopoden (Branchipus) sind die Ansichten der Autoren ge- 
theilt. Nach LeypiG (1851, p. 294) und SPANGENBERG (1875, p. 28) 
gehören zu jedem Sinneshaar 2 hinter einander gelegene Ganglien- 
zellen; CLAUS beobachtete nur eine (1885, p. 41), während Vom RArH 
(1891, p. 210) stets 3—4 zählte. Als extremsten Fall hat Vom Ratu 
(1894, fig. 1) die Sinneshaare an den Rankenfüssen von Lepas be- 
schrieben, die von einer einzigen grossen Ganglienzelle versorgt werden. 
Eine ähnlich monströse Entwicklung wie bei diesen Tiefseekrustern 
scheint bis jetzt noch nicht beobachtet zu sein, wie ich überhaupt, ab- 
gesehen von den Abbildungen, die Vom RATH 1894 für Astacus, Squilla 
mantis, Lepas gegeben hat, in der ganzen Literatur keine ein- 
gehendern Angaben und Abbildungen über die an den Mundwerkzeugen 
und Beinen der Decapoden auftretenden Sinneshaare gefunden habe. 

Aehnliche Verhältnisse wie die eben geschilderten kehren in dem 
ganzen Kreis der Arthropoden wieder. Vergleicht man z. B. die hier 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 639 


gegebenen Abbildungen mit jenen, die Vom Rata von den an der 
Unterlippe der Chilognathen auftretenden Sinnesorganen geliefert hat, 
so springt trotz der abweichenden topographischen Anordnung die 
principielle Uebereinstimmung sofort in die Augen. Dasselbe ergiebt 
sich bei einem Vergleich mit jenen Sinnesorganen, die als Geruchs- 
kegel, Grubenkegel, Porenplatten u. s. w. von den verschiedenen 
Ordnungen der Insecten beschrieben und durch die zahlreichen Arbeiten 
von NAGEL, KRÂPELIN, LEYDIG, Vom Ratu, BOLLES LEE, WEINLAND, 
RULAND, HAUSER, CHILD etc. näher bekannt geworden sind. Immer 
handelt es sich um eine unterhalb des Sinnesorgans gelegene gangliöse 
Anschwellung des Nerven, welche dann distalwärts in das Sinnesorgan 
einen Terminalstrang entsendet. Aber eben diese Ganglienzellen und 
die Natur des in das Haar eintretenden Terminalstrangs sind seit 
Langem der Gegenstand lebhafter Controverse gewesen. 

Es erscheint mir hier der richtige Ort, die geschichtliche Ent- 
wicklung unserer Kenntnisse nochmals kurz zu recapituliren. Ich 
kann mich dabei kürzer fassen, da in Folge der Auseinandersetzungen 
zwischen CLaus und Vom RATH diese Autoren ihre wichtigsten Re- 
sultate zusammengefasst und die gegentheiligen Standpunkte genau 
pracisirt haben. 

Von den Altern Forschern hat unstreitig LEypia das grösste Ver- 
dienst, als erster die Hautsinnesorgane der Arthropoden genauer 
studirt zu haben; aber er konnte immer nur beobachten, „wie Nerven 
ihre Richtung gegen die Hautanhänge nehmen, um an denselben 
gangliôs zu enden“. Nach ihm besteht zwischen den gewöhnlichen 
Haaren und Borsten und den Tastborsten kein Unterschied: das 
Innere zeigt eine helle Substanz, die von Wabenlinien durchsetzt sein 
kann und dem Hyaloplasma gleich zu setzen ist. Diesen Standpunkt 
hat Leypia bis in neuere Zeit (1887) aufrecht erhalten. Bezüglich 
des Verhaltens des Nerven zur Borste bemerkt er hier, dass der für 
einen Nerven gehaltene innere Faden der Borste ein Ausläufer der 
zelligen Matrix sei und dass nur in so fern ein Zusammenhang des 
Innenfadens der Borste mit dem Nerven anzunehmen ist, als das 
Hyaloplasma des Nerven in die streifige Substanz der Matrixlage und 
damit in die Borste überfliessen könne. 

Im Gegensatz zu LEYDIG war es vor allem C. CLAUS, der in seinen 
mannigfaltigen Arbeiten, die sich auf die verschiedensten Vertreter 
unserer Thierclasse beziehen, den Nachweis führte, ,,dass der Nerv nicht 
nur an die Basis der Borste herantritt, sondern sich unmittelbar in 
den feinstreifigen Inhalt derselben fortsetzt‘‘ (siehe CLAUS 1860, p. 235; 


640 ERICH KOTTE, 


1863, p. 53; 1875, p. 24; 1876, p. 379; 1879, p. 10; 1885, p. 41; 
1887, p. 17 ff.; 1891, p. 35 ff.). Ferner wies CLAus nach, dass auch 
die Matrixzellen mit ihren Fortsätzen sich in das Innere des Haares 
erstrecken. Die an der Haarbasis gelegenen Zellen werden von ihm 
als Ganglienzellen bezeichnet. Nach seiner Anschauung durchsetzt 
der herantretende Nery das Ganglion, wobei dessen einzelne Zellen 
wie die Beeren einer Traube den einzelnen Nervenfibrillen ansitzen, 
und tritt als „Axencylinder“ in das Haar ein. Dieser ist also rein 
nervöser Natur. 

Zu völlig neuer Auffassung gelangte dagegen Vom RATH in seinen 
verschiedenen Arbeiten. Nach ihm ist das Verhältniss zwischen Nerv 
und Ganglienzelle viel verwickelter. Der Nerv durchsetzt nicht ein- 
fach das Ganglion, sondern fasert sich unterhalb desselben auf und 
umspinnt mit seinen feinen Endfasern die einzelnen Zellen. Am 
(distalen Ende entsenden die Ganglienzellen protoplasmatische Aus- 
läufer, die sich zusammenlegen und als „Terminalstrang‘‘ in das Haar 
eintreten. Der Terminalstrang besteht daher auch nicht aus einem 
eigentlichen Nerven, sondern aus den vereinigten Plasmafortsätzen 
sensibler Zellen. Die Ganglienzellen der Autoren sind daher nach 
Vom Rats als Sinneszellen zu bezeichnen, d. h. sie stellen perci- 
pirende Epithelzellen dar. Diese Deutung ist deswegen sympathisch, 
weil dadurch die Möglichkeit gegeben wird, die Perception von Reizen 
bei den Arthropoden in ähnlicher Weise aufzufassen wie bei sämmt- 
lichen übrigen Metazoen. Bei diesen, insbesondere auch den Verte- 
braten, herrscht wohl allgemein die Ansicht, dass die Reizperception 
immer durch eine in besonderer Weise modificirte Epithelzelle erfolgt, 
während dem Nerven nur die Weiterleitung des Reizes zukommt. 

Auf Grund seiner Versuche mit der Methylenblaufärbung und 
dem Chromsilberverfahren kam dann Vom Ratu (1894) dazu, diese 
seine ursprüngliche Anschauung nicht unwesentlich zu modifieiren. 
Der an die Sinneszellen herantretende Nerv fasert sich nicht an ihnen 
auf, um sie mit seinen Endverzweigungen zu umspinnen, sondern die 
Sinneszelle entsendet einen distalen Fortsatz in das Haar (Terminal- 
strang) und einen sehr langen proximalen in das centrale Nerven- 
system. Dort tritt derselbe nicht mit einer Ganglienzelle in Verbin- 
dung, sondern endet frei unter Bildung einer feinen Endverzweigung 
(Vom Ratu, 1894, fig. 3). Die Sinneszelle ist besser als Sinnesnerven- 
zelle zu bezeichnen. 

Mir erscheint durch diese Deutung der Gegensatz zwischen 
Ganglienzelle und Sinneszelle verwischt; denn es diirfte schwer halten, 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 641 


Criterien zu finden, um diese „Sinnesnervenzelle“ von einer peripher 
gelegenen Ganglienzelle scharf abzugrenzen, wenn man nicht geltend 
machen will, dass sie genetisch im letzten Grunde als eine umge- 
wandelte Hypodermiszelle aufzufassen ist. Auch bleibt es ganz ins 
Belieben gestellt, ob man den distalen Fortsatz in das Haar nicht mit 
demselben Recht als rein nervös in Anspruch nehmen will wie den 
proximalen Ausläufer. Wie ich schon oben ausführte, habe ich nur 
beobachten können, wie der herantretende Nerv sich auffasert und die 
einzelnen Fibrillen in dem gangliösen Gewebe verschwinden, um sich 
am andern Ende in ähnlicher Weise wieder zum Terminalstrang zu 
sammeln. Ich möchte daher, so lange nicht weitere Versuche mit 
dem Chromsilberverfahren die Vom RarnH’sche Auffassung der Sinnes- 
nervenzelle gerechtfertigt erscheinen lassen, vorläufig an seiner ältern 
Auffassung festhalten und die Zellen als „Sinneszellen‘“ in dem oben 
bezeichneten Sinne betrachten. Als solche habe ich sie auch auf den 
Abbildungen bezeichnet. Zu dieser Auffassung werde ich auch ge- 
drängt durch die Ergebnisse der Untersuchung der Geruchsorgane, 
wo man, wie sich später zeigen wird, genau zwischen diesen Sinnes- 
zellen und peripheren Ganglienzellen unterscheiden muss. 

In Fig. 19 bilde ich einen Theil des Exopoditen des 3. Pleopoden 
ab, in Fig. 21 ist ein Stück aus dem äussern Uropoden wieder- 
gegeben. Die übereinstimmende Bauart, bis auf die hervorgehobenen 
geringfügigen Unterschiede, ist in die Augen springend. Fig. 22 giebt 
den vordern Theil der Athemplatte der 2. Maxille wieder, die in Folge 
ihrer dünnen Beschaffenheit ein besonders geeignetes Untersuchungs- 
object bot. Der Schnitt ist nicht vollständig parallel der Fläche, 
sondern etwas schräg geführt; er zeigt daher auch die auf der linken 
Seite gelegenen Ganglien nur nahe der Haarbasis angeschnitten. Die- 
selben Verhältnisse kehren wieder an den Fiederborsten der Basal- 
glieder des innern Antennenpaares, an der Schuppe der 2. Antenne, 
die auf ihrem Innenrand ebenfalls mit langen Fiederborsten besetzt 
ist; ferner am Exopoditen des 1. Maxillarfusses; an sämmtlichen 
Endopoditen und Exopoditen der Pleopoden einschliesslich den Seiten- 
theilen der Schwanzflosse. Das Ergebniss der bisherigen Untersuchung 
lässt sich also dahin zusammenfassen: 

Alle an den verschiedenen Körpertheilen auftreten- 
den Fiederborsten stellen sensible, der Perception von 
Tastreizen dienende Organe dar. 

Ich komme nunmehr zur Besprechung der übrigen, einfach ge- 
bauten Haare, die dem ersten von mir oben bezeichneten Typus an- 


642 ERICH KOTTE, 


gehören. Eingehender habe ich die Verhältnisse am 2. Rumpffuss 
studirt. Dieser weicht von den übrigen dadurch ab, dass der Carpus, 
wie bereits hervorgehoben, in eine grössere Anzahl von Gliedern zer- 
fallen ist, der Dactylus als bewegliches Scheerenglied am Propodus 
articulirt. Diese letzten Glieder sind mit zahlreichen Haaren besetzt, 
die in zierlichen Pinseln angeordnet sind (siehe Fig. 24). Die zwei 
stärksten derselben finden sich am letzten Carpalglied, das ungefähr 
die 3fache Länge der vorausgehenden Glieder erreicht. Am distalen 
Ende desselben entspringen auf 2 Feldern 2 mächtige Büschel, deren 
jeder aus 80—90 Haaren besteht. Das Glied zeigt hier ungefähr 
einen elliptischen Querschnitt, und die Ursprungsstellen der Haare 
liegen auf den schmalen, nach vorn und hinten gerichteten Seiten der 
Ellipse. Die Haare entspringen nicht alle in derselben Höhe, was für 
das Verständniss der Querschnitte wichtig ist. Die folgenden Haar- 
pinsel erreichen lange nicht die Mächtigkeit der eben besprochenen. 
Der Propodus zeigt deren noch 4: zunächst 2 ungefähr in seiner halben 
Länge in der Nähe der Ansatzstelle des Dactylus; ferner ist sein 
Innenrand in der halben Dactylushöhe sehr reichlich mit Haaren aus- 
gestattet, und als Abschluss des Ganzen werden endlich die Spitzen 
der beiden Glieder von 2 kleinen Haarpinseln überragt, also eine 
überaus reiche Ausstattung, die bei der dürftigen Behaarung der 
übrigen Thoraxfiisse um so mehr ins Auge fällt. Ich vermuthete von 
Anfang an, dass sich unter jedem Haarpinsel eine mächtig entwickelte 
Gruppe von Sinneszellen würde nachweisen lassen. Auf Längsschnitten, 
die ich zunächst herstellte, ergab sich Folgendes (Fig. 28): 

Vor allem fällt der mächtige Nerv, der im Bein emporsteigt, in 
die Augen. Er besitzt zahlreiche kleine, längliche und immer sehr 
dunkel gefärbte Kerne, die nach den Untersuchungen von RETZIUS als 
der Myelinscheide angehörig zu betrachten sind, welche die Fibrillen 
der Arthropodennerven umgiebt. Im vorletzten Carpalglied zweigen 
sich 2 ansehnliche Zellengruppen ab, die schräg nach oben nach den 
Ursprungsstellen der Haare hinziehen. Sie kennzeichnen sich durch 
runde Kerne mit 1—2 Kernkörperchen, die indess nicht die Grösse 
der in den früher besprochenen Ganglien gelegenen Kerne erreichen; 
ihr Durchmesser beträgt 0,0072 mm. Sie sind in deutlichen Längs- 
reihen angeordnet, so dass man sofort geneigt sein wird, jede der- 
selben als eine zu einem Haar gehörige Gruppe von Sinneszellen zu 
betrachten. In grösserer Höhe nehmen die Kerne einen etwas andern 
Charakter an; sie werden länglicher, zeigen auch nicht mehr deut- 
liche Nucleoli, sondern sind dunkler und gleichmässig gefärbt. Sie 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 643 


haufen sich ferner in einer solchen Menge an und liegen so dicht ge- 
drängt, dass sich nicht entscheiden lässt, was dabei den Terminal- 
strängen und dem Bindegewebe zuzurechnen ist.  Ueberraschénde 
Klarheit gewährten hier Querschnitte. 

Fig. 25 giebt einen Querschnitt in der Höhe « von Fig. 28 wieder. 
In der Mitte des ungefähr elliptisch gestalteten Beines liegt der hier be- 
reits in mehrere (3—4) Partien zerfallene Nerv. Ferner erkennt man 
sofort die concentrisch angeordneten Muskelbündel, die Abductoren 
und Adductoren für den Propodus. Auf den beiden Schmalseiten der 
Ellipse aber liegt ein eigenthümlich differenzirtes Gewebe. Man über- 
zeugt sich, dass man in den kreisrund gestalteten Gewebstheilen die 
Querschnitte der Faserbündel vor sich hat, von denen jedes für ein 
Haar bestimmt ist. Dieselben liegen verpackt und vollständig isolirt 
in dem umgebenden Bindegewebe. Ich gebe in Fig. 27 einen sehr 
stark vergrösserten und mit dem Zeichenapparat entworfenen Aus- 
schnitt aus dieser Partie. Das Bindegewebe bildet unregelmässig ge- 
staltete, elliptisch ausgezogene Hohlräume, in denen die kreisrunden 
Querschnitte der Terminalstränge gelegen sind. Feine Andeutungen 
eines Gewebes, welches die Fixation des Axencylinders vermittelt, 
waren vorhanden, aber nicht deutlich zu erkennen. Das Bindegewebe 
ist fasrig und weist unregelmässig gestaltete, gleichmässig tingirte 
Kerne auf. Bezüglich seiner Genese neige ich zu der Ansicht, dass 
es sich hier um ein eigenthümlich modificirtes Hypodermisgewebe 
handelt. Die Axencylinder sind aus einzelnen Fasern zusammen- 
gesetzt. Wesentlich erscheint es, dass in dieser Höhe in den 
Axencylindern keine Kerne gelegen sind, dieselben 
vielmehr sämmtlich dem umgebenden Bindegewebe an- 
gehören. 

Auf Fig. 25 ist das Chitin bereits an einer Anzahl Stellen durch- 
bohrt; in diesen Durchbohrungen findet man ebenfalls die Querschnitte 
der in die Haare eintretenden Terminalstränge; endlich sind bereits 
eine Anzahl Haare quer und schräg angeschnitten, deren Insertions- 
stellen tiefer gelegen sind. Wenn ich schliesslich noch daran erinnere, 
dass in der Mitte des Beines sich ein grösserer Blutsinus mit zahl- 
reichen Blutkörperchen findet, so habe ich die wesentlichen Verhält- 
nisse damit erörtert. Um nun auch die Kerne der Sinneszellen auf 
dem Querschnitt aufzufinden, ist ein solcher mehr nach dem proxi- 
malen Theil des Beines zu erforderlich (Fig. 26). Die Terminalstränge 
haben sich näher an den Nerv herangezogen, sind aber hier in Folge 
des schrägen Ansteigens meist schräg angeschnitten. Ist ein Kern 


044 ERICH KOTTE, 


einer Sinneszelle getroffen, dann erweist sich der Querschnitt stets 
intensiv gefärbt (Fig. 26 szb). 

Als wesentlich ergiebt sich also, dass unter jedem Haarpinsel 
eine mächtig entwickelte Gruppe von Sinneszellen gelegen ist. Zu 
jedem Haar gehört eine in grösserer Entfernung von seiner Basis ge- 
legene Anzahl von Sinneszellen, die in Längsreihen angeordnet sind 
und in das Haar ihre Ausläufer als Terminalstrang entsenden. Die 
einzelnen Terminalstränge des ganzen Pinsels sind durch modificirtes 
Hypodermisgewebe vollständig von einander getrennt und isolirt, wie 
die Drähte eines grossen Kabels. Eine ähnliche eigenthümliche An- 
ordnung habe ich bis jetzt noch nicht beschrieben gefunden. Pflichtet 
wan der Anschauung bei, dass auch die den Reiz percipirenden Zellen 
als umgewandelte Hypodermiszellen aufzufassen sind, so würden wir 
hier eine sehr originelle Arbeitstheilung eines ursprünglich gleich- 
mässigen Gewebes vor uns haben, indem ein Theil der Zellen eine 
nervöse Function übernahm, während dem andern die Isolation der 
reizleitenden Elemente zufiel. 

Was nun die übrigen, am Propodus und Dactylus sich findenden 
Haarpinsel anbelangt, so kann ich mich hier kürzer fassen, da unter- 
halb eines jeden derselben sich dieselben Verhältnisse wiederholen. 
Wie bereits hervorgehoben, zerfällt der aus dem letzten Carpalglied 
austretende Nervenstamm in mehrere Partien. Der eine Ast steigt 
schräg empor, um in den Dactylus einzutreten und das an dessen 
Spitze gelegene Haarbündel zu versorgen. Die beiden übrigen in- 
nerviren die weitern am Propodus sich findenden Pinsel. 


3. Organe des Geschmackssinnes. 


Im Folgenden werde ich die am Aussenast des innern Antennen- 
paares sich findenden Hautsinnesorgane beschreiben. Die Ueberschrift 
dieses Abschnitts scheint zunächst einer gewissen Rechtfertigung zu 
bedürfen, da die in Rede stehenden, bei allen Crustaceen an der 
Innenantenne vorkommenden Organe meist als dem Geruchssinn zu- 
gehörig beschrieben worden sind. Ich schliesse mich aber der in 
neuerer Zeit sich weiter verbreitenden Ansicht an, dass man bei 
Wasserthieren, also auch bei Crustaceen, nur von Schmeckvermögen 
und Geschmacksorganen sprechen kann. Zwar hat schon in älterer 
Zeit Craus (Grundzüge der Zoologie, 1. Aufl., 1866) bereits darauf 
hingewiesen, dass bei wasserbewohnenden Thieren Geruch und Ge- 
schmack überhaupt nicht scharf zu trennen seien; aber erst neuer- 
dings hat NAGEL (1894, p. 49) eine reinliche Scheidung der beiden 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 645 


chemischen Sinne versucht. Riech- und Schmeckvermögen sind die 
beiden Theile eines Sinnes, der kurz als chemischer Sinn bezeichnet 
werden kann. Riechen definirt NAGEL als Reizung durch gasförmige 
Stoffe, Schmecken solche durch Flüssigkeiten. Unabhängig von ihm 
hat JOURDAIN (1891) dieselbe Auffassung vertreten und daher auch die 
,LEYDIG’schen Organe“ der Kruster unter dem Capitel „Geschmack“ 
abgehandelt. Vom RaTx überlässt es dagegen (1891, p. 212) der 
Willkür des Einzelnen, ob er bei Crustaceen zwischen Geruch und 
Geschmack unterscheiden will. 

Die Frage, ob die LeypiG’schen Organe thatsächlich als durch 
chemische Reize afficirbar zu betrachten sind, scheint nunmehr in be- 
jahendem Sinne gelöst zu sein. Zwar hat JourDAIN (1880, p. 1091) 
sich noch darüber verwundert, dass die deutschen Autoren diese Or- 
gane ohne Zaudern als Geruchsorgane deuten und behauptet, „en se 
fondant sur leur structure anatomique, indépendamment de toute ex- 
perimentation physiologique, on n’est pas en droit d’affirmer que ces 
cylindres sont affectés a l’olfaction“. Selbst Spence Bare hat sich 
(1888, p. XXII) noch durchaus skeptisch verhalten. Obwohl es ihm 
nicht zweifelhaft zu sein scheint, dass diese Organe auf bestimmte 
Reize reagiren, so sei es doch nicht möglich, mit Bestimmtheit ihre 
Geruchsfunction zu behaupten. Die Gesammtheit der Argumente, 
welche NAGEL (p. 141) anführt und welche den morphologischen Bau 
wie die physiologischen Experimente in gleicher Weise berücksichtigen, 
erheben indessen die Ansicht Lrypia@’s, dass die blassen Kolben und 
Fäden der Krebse dem chemischen Sinne dienen, „über die Grenzen 
der Wahrscheinlichkeit‘“. 

Der Träger dieser viel umstrittenen Sinnesorgane ist immer der 
Aussenast der Antennula. Während der innere Ast ganz allmählich 
von der Basis nach der Spitze an Stärke abnimmt (Fig. 29), erweist 
sich das äussere Flagellum auf eine beträchtliche Entfernung hin (un- 
gefähr 1,5 cm) an seiner Basis stark verbreitert. Ueber den Quer- 
schnitt dieses Basalstücks lässt sich am aufgehellten Präparat ziem- 
lich schwer Aufschluss gewinnen. Eine auf der dorsalen Seite 
verlaufende Chitinfurche (Fig. 2) täuschte auch mir Anfangs eine 
Gestaltung vor, wie sie von Spence Bare für Plesionika uniproducta 
(tab. 113, fig. 1a) gegeben worden ist. Dort hat es den Anschein, 
als ob sie auf der der Medianebene zugewandten Seite concav ge- 
formt sei, in welcher Höhlung sich der innere Antennenast anzulegen 
vermag. Genauen Aufschluss gaben mir Querschnitte. Danach ist der 
Querschnitt ungefähr elliptisch (Fig. 30). Es lassen sich zwei Breitseiten, 


646 ERICH KOTTE, 


die dorsal- und ventralwärts gerichtet sind, und zwei kürzere Seiten, die 
nach innen (der Medianebene zu) und nach aussen gewendet sind, 
unterscheiden. Auf der Ventralfläche, die in ihrer Mitte leicht ein- 
gezogen ist, erhebt sich, etwas näher dem äussern Rande, ein dichter 
Wald von Sinneshaaren. Dieselben sind vollkommen regelmässig in 
parallelen Querreihen angeordnet. Auf jedes Geisselglied kommen am 
Basaltheil 2—3, mehr »distalwärts genau 2. Im Ganzen zähle ich 
gegen 160—170 solcher Querreihen. Wie das gesammte Glied nimmt 
auch die Zahl der auf einer Reihe stehenden Haare distalwärts hin 
ab. Auf den tiefsten Reihen stehen 14 Haare, in der Mitte 8—6, in 
den letzten Reihen nur noch 3, so dass sich auf dem gesammten 
Sinnesfelde gegen 1500 Sinneshaare finden mögen. 

Von zahlreichen Autoren ist für niedere Gruppen der Crustaceen 
berichtet worden, dass beim Männchen die fraglichen Organe durch- 
gängig in grösserer Anzahl vorhanden sind als beim Weibchen, und 
man hat diese sexuellen Differenzen dahin gedeutet, dass dem Männ- 
chen eine erhöhte Sensibilität zukomme, um ihm das Wittern und 
Aufsuchen des Weibchens zu erleichtern. Für unser Genus sind in 
beiden Geschlechtern die beiden Sinnesfelder in vollkommen überein- 
stimmender Weise gestaltet. 

Das einzelne Haar sitzt über einem kreisrunden Porus der 
Chitinoberfläche. Es ist cylindrisch gestaltet und fällt vor allen andern 
Haargebilden sofort durch die ausserordentliche Zartheit und Durch- 
sichtigkeit der Chitinwandung auf. Nahe der Basis zeigt es eine ge- 
ringe Ausweitung; aber jener Zerfall in eine stark chitinisirte basale 
Partie und ein zartes distales Ende wird hier nicht beobachtet. Die 
Haare erscheinen als blasse, dünne Fäden, welche einfach abgerundet 
enden, ohne jene Endbildungen (zarte Kegel, Köpfchen), welche von 
KRÂPELIN (1883, p. 33) für Squilla, Pagurus, Palämonidenlarven be- 
schrieben worden sind, zu zeigen. Ich habe ferner niemals eine Oeff- 
nung an der Spitze wahrnehmen können, auch ein sehr strittiger 
Punkt, über den die verschiedensten Angaben von den Autoren ge- 
macht werden. LEYpIG, ROUGEMONT, KRÄPELIN fanden sie an der 
Spitze geöffnet, Vom RATH enthält sich eines bestimmten Entscheides; 
in manchen Fällen schienen sie ihm geschlossen, in andern geöffnet 
zu sein. NAGEL fand sie bei Asellus aquaticus geschlossen ; ebenso 
betont CLAUS immer, dass sie am Ende blind geschlossen sind. Dieser 
hebt hervor, dass etwa vorhandene Oeffnungen ein pathologisches Ver- 
halten darstellen, das durch Abbrechen der Spitze zu Stande kommt, 
was ich ebenfalls häufig beobachtete. Mit dem Verschluss an der 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 647 


Spitze stimmt auch die Thatsache überein, dass ich bei Färbungen 
nicht beobachten konnte, dass die Färbung von der Spitze her schneller 
erfolge. Sobald die Färbung der Gewebstheile auftritt, erstreckt sie 
sich gleichmässig auf den gesammten Haarinhalt. Indessen scheint 
mir durch das Fehlen einer Oeffnung nicht widerlegt zu sein, dass 
eine Reizung auf chemischem Wege erfolgen könne; denn man kann 
sehr wohl annehmen, dass die Diffusion durch die zarte Chitinwandung 
hindurch so schnell erfolgt, dass selbst geringe physikalisch-chemische 
Aenderungen in der Qualität des umgebenden Mediums sich sehr bald 
im Innern des Haares bemerkbar machen werden. 

Auch in Bezug auf den Haarinhalt widerstreiten sich die An- 
gaben sehr. LeypıG bezeichnet den Inhalt (1878, p. 228) als „blasse, 
helle, homogene Substanz“. JourDAIN (1880, p. 1092) war es eben- 
falls nicht möglich, den Nerv, welcher zur Basis herantritt, in dem 
Cylinder selbst zu verfolgen. Er sagt vom Inhalt: „La gaine articulée 
du cylindre montre un contenu granuleux qui me parait étre une dé- 
pendance de la couche dermique ou chorion“. Craus hat dagegen 
(1879, p.11), wie bei den Tastborsten, den Axencylinder als Ausläufer 
der von Ganglienzellen kommenden Nervenfasern beobachtet, ebenso 
aber auch Fortsätze der Matrixzellen ins Haar eintreten sehen. 
KRAPELIN (1883, p. 32 ff.) endlich hat die Nervenfaser „ohne irgend 
welchen erkennbaren Absatz“ in die Borste eintreten sehen und den 
gesammten Borsteninhalt als nervös bezeichnet. Ich habe Folgendes 
beobachtet: An gewöhnlichen, aufgehellten Präparaten erschien der 
Inhalt so blass und homogen, dass ich auch bei sehr starker Ver- 
grösserung keinen Axencylinder zu erkennen vermochte. Bei Fär- 
bungen in toto und auf Schnittserien habe ich immer deutlich den 
fibrillären, bis zur Spitze sich erstreckenden Axencylinder beobachtet, 
in dem keine Kerne gelegen sind; ferner aber zahireiche kleine, läng- 
liche, dunkel tingirte Kerne, die der Matrix des Haares angehören. 
Es kehrt also im Grunde dasselbe Verhalten wieder, wie ich es von 
den Tastborsten beschrieben habe. Auf keinen Fall aber kann, wie 
KRÂPELIN will, der gesammte Inhalt des Cylinders als nervös ange- 
sprochen werden. 

Auch in Bezug auf den nervösen Endapparat kehren ähnliche 
Verhältnisse wie an den Tastborsten wieder, sind aber doch in eigen- 
thümlicher Weise modificirt. Auf dem Querschnitt weist man auf 
der der Medianebene zugekehrten Seite den mächtigen Geisselnerv 
nach, der von 2 Blutgefässen begleitet wird, die in der Längsaxe 
des elliptischen Querschnitts gelegen sind (Fig. 30). Die gegenüber- 


648 ERICH KOTTE, 


liegende Seite wird fast ganz durch einen grossen Blutsinus ausge- 
füllt; der übrige Raum aber beherbergt die nervésen Elemente. Auf 
der Ventralseite erkennt man die quer geschnittenen Terminalstrange, 
welche in äbnlicher Weise von einander geschieden und vom Binde- 
gewebe umgeben sind, wie ich dies vom 2. Rumpffuss beschrieben 
habe. Weiter nach innen zu sind sie auf dem Querschnitt schräg 
getroffen, und hier liegen in ihnen grosse, länglich gestaltete Kerne. 
Die gesammte Dorsalseite aber wird erfüllt von einem Gewebe, das 
sich durch seine kleinern, kreisrunden, mit einem Nucleolus ausge- 
statteten Kerne auszeichnet, die durchschnittlich 0,0054 mm im Durch- 
messer haben. Ueber die Verbindung mit dem Nerven lässt sich auf 
dem Querschnitt nichts ersehen; nur so viel steht fest, dass es sich 
in den eben beschriebenen Zellen um zwei von einander verschiedene 
Zellenschichten handelt. Man sieht uun auf Längsschnitten (Fig. 31 
u. 32), dass vom Hauptnerven aus an die äussere, durch ihre runden 
Kerne sich auszeichnende Zellenschicht Nervenstämme herantreten 
und sich hier vollkommen auflösen. Dabei ist charakteristisch, dass 
diese Zellen immer in Gruppen von 15—20 Zellen zusammen liegen 
und jede solche Gruppe durch einen besondern Nervenast versorgt 
wird. Da diese Zellen auf der andern Seite ebenfalls wieder Fasern 
abgehen lassen, möchte ich sie als typische Ganglienzellen ansehen 
(Fig. 30—33 99). Die eigentlichen Sinneszellen aber, die sich durch 
ihre grössern, länglichen Kerne von 0,0108 mm Durchmesser aus- 
zeichnen (von gleicher Grösse als in den Pleopoden), sind wieder in 
typischen Längsreihen angeordnet; denn diese Zellen, als szg be- 
zeichnet (Fig. 31), sind es, deren distale Ausläufer sich zusammen- 
legen und als Terminalstränge in die Cylinder eintreten. Jede zu 
einem solchen gehörige Gruppe von Sinneszellen erstreckt sich immer 
durch nahezu 2 Flagellenglieder. Im übernächsten Gliede, basal- 
wärts vom Ursprungsort des Haares, liegt dann immer die zugehörige 
Gruppe von Ganglienzellen. Principiell wichtig erscheint der Umstand, 
dass sich in den Verlauf der Nervenfaser zwei Zellen, eine periphere 
Ganglienzelle und eine eigentliche Sinneszelle, einschalten. Auch hieraus 
ergiebt es sich, wie wichtig es erscheint, Ganglienzelle und Sinneszelle 
genau aus einander zu halten. Ein derartiges Verhalten ist in der 
Literatur nicht zum ersten Mal beschrieben. Man vergleiche die Be- 
schreibung und Abbildung, die CHuN von der Phronimidenantenne ge- 
geben hat (1896, p. 116). Hier kehren beim Männchen unterhalb des 
Pelzes von Spürhaaren dieselben Verhältnisse wieder, jene Sonderung 
in eine Ganglienzellen- und eine Sinneszellenschicht. Nur erscheint 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 649 


bei unserm Tiefseedecapoden alles, insbesondere die mächtige Ent- 
wicklung des Ganglions, ins Grosse und Monströse übersetzt. Ferner 
berichten Leypi& und CLAUS von den Riechfäden bei Branchipus, dass 
in die Nervenfaser zwei Ganglienzellen eingeschaltet sind, und WEeISs- 
MANN beschreibt von Leptodora hyalina (1874, p. 367), dass der in 
die Antenne tretende Riechnerv ebenfalls ein Ganglion bildet, von 
dessen Zellen je ein feiner Axenfaden zur Hypodermis läuft, um dort 
an den Riechfaden zu treten, nachdem er nochmals eine rundliche 
Ganglienzelle passirt hat. In allen diesen Fällen könnte man die 
erste Zelle als typische Ganglienzelle, die peripher gelegene als eigent- 
liche Sinneszelle in Anspruch nehmen. Während aber hier kaum 
äusserliche, mikroskopisch zu beobachtende Unterschiede vorliegen, 
sind in unserm Falle die angeführten Differenzen so weitgehend, dass 
man wohl jene Unterscheidung begründen kann. Es scheint dieses 
Verhalten also bei Crustaceen weiter verbreitet und hierin eine nicht 
unwichtige anatomische Differenz in der Innervirung der Geschmacks- 
organe und der gewöhnlichen Tastborsten gegeben zu sein. 


IV. Ueber die Sinnespinsei von Nematocarcinus undulatipes. 


Als Anhang möchte ich nun noch jene Pinsel von Sinneshaaren 
besprechen, die sich an den letzien Pereiopodenpaaren von Nemato- 
carcinus finden und deren ich bereits Eingangs Erwähnung that. 
Wenn ich auch über die Innervirung dieser Haare aus dort darge- 
legten Gründen wenig berichten kann, so dürfte doch ihre Topo- 
graphie von Interesse sein, da sie bisher noch nicht genauer ge- 
schildert wurde. Die Nematocarcinus-Arten sind ja auch noch durch 
andre eigenartige Charaktere, vor allem durch die ausserordentlich ver- 


längerten Beine und durch die enorm langen Antennengeisseln auf- 
fallend. 


Die vorliegende Art ist die von Spence BATE als Nematocarcinus 
undulatipes beschriebene. Die zu schildernden Haarpinsel finden sich 
am 3.—5. Pereiopoden in nahezu übereinstimmender Form, während 
der 2. Thoraxfuss schon dadurch, dass er gescheert ist, ausserordent- 
lich an Plesionika erinnert. An dem hier freilich viel schlanker ge- 
stalteten Propodus, sowie dem Dactylus (Fig. 34) sind die Haare in 
ganz ähnlicher Weise zu einzelnen Pinseln angeordnet, wie ich dies 
von Plesionika ausführlich beschrieben habe. Auch darin herrscht 
Uebereinstimmung, dass die Haare vollständig glatt und ohne Be- 
wimperung sind. Anders bei den folgenden Rumpffüssen. 


650 ERICH KOTTE, 


An das ausserordentlich lange und schlanke, ungegliederte Carpal- 
glied setzt sich ein kurzer, ungefähr 3 mm langer Propodus an. Er 
ist kräftig gebaut, cylindrisch, in der Mitte am stärksten und auf 
seiner nach hinten gewendeten Seite mit langen, 2zeilig befiederten 
Wimperhaaren besetzt. Ebenso trägt seine Vorderseite in halber 
Höhe immer einige solcher Fiederborsten. Die 3 auf einander folgen- 
den Füsse unterscheiden sich wesentlich nur im Bau des Dactylus. 
Am 3. Pereiopoden ist derselbe sehr lang, ungefähr 1!/, der Länge 
des Propodus, den Haarpinsel noch überragend und wellenförmig ge- 
schweift, welche Form Spence Bate Anlass zur Artbezeichnung ge- 
geben haben mag. Der 4. Pereiopod (Fig. 36) zeigt bereits einen 
etwas kleinern, weniger geschwungenen Dactylus, an seinem Ende mit 
2 kleinen Härchen besetzt, während der Dactylus des letzten Rumpf- 
fusses verkiimmert und zu einem kleinen napfartigen Anhang reducirt 
ist. Das distale Ende des Propodus ist schüsselartig vertieft; in der 
Mitte entspringt der Dactylus. Der hintere Rand ist stets höher; an 
den Seitenrändern senkt er sich namentlich am 5. Pereiopoden zu 
dem tiefer gelegenen vordern Rande. Auf dem Rande der Einsenkung, 
bereits auf der innern concaven Fläche, stehen 35—40 lange Haare, 
die sich zu einer schönen Krone zusammenschliessen. 

Das einzelne Haar beginnt mit einer leichten Verdickung an 
seiner Basis, bewahrt ungefähr die gleiche Stärke, um in schön ge- 
schwungnem Verlauf spitz zu enden. Es nimmt eine Mittelstellung 
zwischen den vollständig glatten Haaren und den eigentlichen Fieder- 
borsten insofern ein, als es allseitig mit ausserordentlich kurzen 
Chitinbildungen, die im untern Fünftel einen etwas stärkern Charakter 
haben, besetzt ist. Ueber die histologischen Verhältnisse kann ich 
so viel mittheilen (Fig. 38), dass im Innern des Haares immer ein 
Terminalstrang (¢) nachweisbar war, der mit einer im Propodus ge- 
legenen, langen, bandförmigen Gruppe von Sinneszellen in Verbindung 
stand, so dass hier sich das Verhalten von Plesionika wiederholt. 
Danach kann es nicht zweifelhaft sein, dass auch diese Haare dem 
Thier gewisse Tastempfindungen vermitteln. Zugleich kann man sich 
vorstellen, dass bei der zarten Chitinbeborstung des einzelnen Haares 
der gesammte Haarpinsel beim Zusammenschliessen einen sehr ge- 
eigneten Reusenapparat darstellt, in dem kleine Beutethiere fest- 
gehalten werden. Bei der physiologischen Deutung bedarf es über- 
haupt grosser Vorsicht, und man wird sich namentlich vor allzu 
anthropomorphistischen Auffassungen hüten müssen. So viel scheint 
festzustehen, dass bei der ausserordentlichen Mannigfaltigkeit der ver- 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 651 


schiedenen Hautanhänge es auch sehr verschiedene Empfindungs- 
gruppen des Tastsinns sind, die dem Thier durch jede derselben ver- 
mittelt werden; aber über dieselben nähern Aufschluss zu gewinnen, 
das dürfte uns vielleicht für immer verschlossen bleiben. 

Die vorliegende Untersuchung hat uns mit einigen von den ein- 
heimischen und den niedern Gruppen der Crustaceen recht abweichen- 
den Gestaltungen des nervösen Endapparats bekannt gemacht. Wir 
dürfen hoffen, dass die Tiefseeformen bei den überall ins Grosse über- 
setzten Verhältnissen, namentlich wenn es möglich werden sollte, auch 
feinere Methoden der Nervenuntersuchung auf sie anzuwenden, als es 
bisher geschehen konnte, sehr geeignete Untersuchungsobjecte abgeben 
werden, um heute noch schwebende Streitfragen ihrer endgültigen 
Lösung nahe zu bringen. 


Zusammenfassung. 


1) Sämmtliche an den verschiedenen Theilen des Crustaceen- 
körpers sich findenden Hautgebilde stellen sensible, der Perception 
von Reizen dienende Organe dar. 

2) Als solche kennzeichnen sie sich durch den Besitz eines 
Terminalstrangs, des distalen Fortsatzes einer unterhalb von ihnen 
gelegenen Gruppe von Sinneszellen, die proximalwärts mit einem 
Nerven in Verbindung steht. 

3) Während bei niedern Crustaceen immer nur wenige Sinnes- 
zellen ein Haar versorgen, sind es bei den Decapoden, insbesondere 
den Tiefseeformen, stets eine sehr grosse Anzahl. 

4) In den Verlauf der Nervenfaser, die die als Geschmacks- 
(Geruchs-)Organe zu deutenden Anhänge versorgt, sind zwei Zellen, 
eine periphere Ganglienzelle und eine Sinneszelle, eingeschaltet. 


Leipzig, Weihnachten 1901. 


Nachtrag. 


Während die Arbeit sich im Druck befand, erhielt ich noch 
Kenntniss von einer Abhandlung über amerikanische Phyllopoden von 
A. S. Packarp jr.: A Monograph of North American Phyllopod 
Crustacea.(Washington 1883). An einer Stelle (p. 396) kommt PACKARD 
auch kurz auf die histologischen Verhältnisse des peripheren Nerven- 


apparats zu sprechen; freilich hat auch er nur Untersuchungen in 
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f, Morph. 49 


652 ERICH KOTTE, 


toto vorgenommen und nicht Schnittserien angefertigt. Bei Thamno- 
cephalus platyurus beobachtete er ebenfalls in Reihen angeordnete 
Ganglienzellen, die zu einer einzelnen Borste gehören (tab. 29, fig. 8); 
insbesondere erinnert auch die auf tab. 30, fig. 3 gegebene Abbildung 
der Exopodialplatte der 2. Maxille von Branchipus vernalis an die 
gleichnamigen Verhältnisse bei Plesionika, sowohl was die Anordnung 
der radiär einstrahlenden Muskelbündel wie der Ganglienzellen be- 
trifft. Während aber bei Plesionika, wie geschildert, zu jeder Borste 
eine lange, reihenförmige Gruppe von Ganglienzellen gehört, wird nach 
PackarD bei Branchipus und seinem Verwandten Streptocephalus 
texanus jede Borste von einer ,,marginalen“ und „submarginalen“ Zelle 
versorgt, was mit den Beobachtungen von Lrypie (1851, p. 294) und 
SPANGENBERG (1875, p. 28) bei unserem europäischen Branchipus 
sich decken würde. Ebenso beobachtete PACKARD die parenchyma- 
tösen Brücken, welche die Zwischenräume zwischen den beiden Reihen 
füllen, hat aber nicht entscheiden können, ob dieselben nervöse Sub- 
stanz oder undifferenzirtes Protoplasma darstellen. Er hält sie in- 
dessen für nervös (!). Ebenso gelang es PACKARD nicht, eine Ver- 
bindung der submarginalen und marginalen Ganglienzellenreihe mit 
dem axialen Nerven des Gliedes zu beobachten, und er schliesst daraus, 
dass das System der Borstennerven und ihrer Zellen überhaupt un- 
abhängig von dem centralen Nervensystem sei (!). Bei dieser gänz- 
lich ungerechtfertigten Hypothese wird es freilich unbegreiflich, wie 
dem Thiere durch die Borsten irgend welche Empfindungen vermittelt 
werden sollen. Bei Versuchen mit Methylenblau würde sicher auch 
PackarpD jener Zusammenhang nicht verborgen geblieben sein, während 
die gewöhnlichen Färbemethoden nur Schlüsse mit grösster Vorsicht 
gestatten. Eine erneute Nachprüfung, auch auf Schnitten, dürfte ähn- 
liche Ergebnisse wie die von mir bei Plesionika geschilderten zeitigen. 


- Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 653 


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42* 


654 ERICH KOTTE, 


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28) Hexsex, V., 1863, Studien über das Gehörorgan der Decapoden, 
ibid., V. 13, p. 319—412. 

29) Horx, Carcinologisches, in: Tijdschr. Nederl. dierk. Vereen., V. 4. 
(Konnte ich nicht erhalten.) 

30) Huxzey, TH, 1881, Der Krebs. Eine Einleitung in das Studium 
der Zoologie, Leipzig 1881. 

31) Jourpar, $., 1880, Sur les cylindres sensoriels de l’antenne interne 
des Crustacés, in: CR. Acad. Sc. Paris, V. 91, p. 1091—1093. 

32) Jourpan, E., 1891, Die Sinne und Sinnesorgane der nied. Thiere. 
Uebers. von W. MarsHaArı, Leipzig 1891. 


33) Krärerın, K., 1883, Ueber die Geruchsorgane der Gliederthiere, 
Hamburg 1883. 


34) Leyovie, F., 1851, Ueber Artemia salina und Branchipus stagnalis, 
in: Z. wiss. Zool., V. 3, p. 280—307. 

35) —, 1860, Ueber Geruchs- und Gehörorgane der Krebse und In- 
secten, in: Arch. Anat. Physiol., p. 265— 314. 

36) —, 1860, Naturgeschichte der Daphniden, Tübingen. 

37) —, 1878, Ueber Amphipoden und Isopoden, in: Z. wiss. Zool., V. 30, 
Suppl., p. 225— 274. 

38) —, 1886, Die Hautsinnesorgane der Arthropoden, in: Zool. Anz, 
Jg. 9, No. 222 u. 223, p. 284—291; 308—314. 

39) —, 1889, Ueber Argulus foliaceus, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 33, 
p. 1—50. 

40) May, K., 1887, Ueber das Geruchsvermögen der Krebse etc., In- 
aug.-Diss., Kiel. 

41) Mitne-Epwarps, H., 1834—37, Histoire naturelle des Crustacés, 
Viol ay.2,. Paris. 


Hautsinnesorgane und Neryensystem der Tiefsee-Decapoden. 655 


42) Nager, W., 1894—96, Vergleichend-physiologische und anatomische 
Untersuchungen über Geruchs- und Geschmackssinn etc. in: 
Bibl. zool., V. 7, Heft 18. 

43) Nemec, B., 1896, Zur Kenntniss des peripheren Nervensystems 
einiger Crustaceen, in: Anat. Anz. V. 12, No. 18, p. 434-488. 

44) Prentiss, C. W., 1901, The otocyst of Decapod Crustacea: its 
structure, development and functions, in: Bull. Mus. comp. Zool. 
Harvard Coll, V. 36, No. 7. 

45) Rerzıus, G., 1890, 1892, Zur Kenntniss des Nervensystems der 
Crustaceen, in: Biol. Unters., (N. F.) V. 1 u V. 4, Stockholm. 

46) Rovermont, 1875, Naturgeschichte des Gammarus puteanus, Diss., 
München. 

47) Rurann, F., 1888, Beiträge zur Kenntniss der antennalen Sinnes- 
organe der Insecten, Inaug. Marburg. 

48) Sars, Micu., 1867, Histoire naturelle des Crustacés d’eau douce de 
Norvége, Christiania. 

49) Sazerın, 1884, Ueber den histologischen Bau und die Vertheilung 
der nervösen Endorgane auf den Fühlern der Myriapoden, in: 
Mém. Acad. Sc. St. Pétersbourg. 

50) SPANGENBERG, 1875, Zur Kenntniss von Branchipus stagnalis, in: 
Z. wiss. Zool., V. 25, Suppl., p. 1—64. 

51) Spence Bars, C., 1888, Report on the Crustacea Macrura collected 
by H. M. S. Challenger during the years 1873—76, in: Rep. 
Chall. Exp., Zool. V. 24, 154 pl. London 1888. 

52) Vom Raru, 1886, Sinnesorgane der Antenne und Unterlippe der 
Chilognathen, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 27, p. 419—437. 


53) —, 1886, Die Hautsinnesorgane der Insecten, in: Z. wiss. Zool., 
V. 46, p. 413—454. 

54) —, 1891, Zur Kenntniss der Hautsinnesorgane der Crustaceen, in: 
Zool. Anz., Jg. 1891, No. 365/6, p. 195—200, 205—214. 

55) —, 1892, Ueber die von Craus beschriebene Nervenendigung in 
den Sinneshaaren der Crustaceen, ibid., Jg. 1892, No. 386, p. 96 
—101. 


56) —, 1894, Ueber Nervenendigungen der Hautsinnesorgane der Ar- 
thropoden nach Behandlung mit der Methylenblau- und Chrom- 
silbermethode, in: Ber. naturf. Ges. Freiburg i. Br., V. 9, Heft 2, 
p. 137—164. 

57) Wernuanp, E., 1890, Ueber die Schwinger der Dipteren, in: Z. wiss. 
Zool. V. 51, p. 55—166. 

58) Weismann, 1874, Ueber Bau und Lebenserscheinungen der Lepto- 
dora hyalina, ibid, V. 24, p. 349—418. 


656 


ERICH KOTTE, 


Erklirung der Abbildungen. 
Tafel 23—27. 


Allgemein gültige Bezeichnungen. 


ai Appendix interna 

b accessorischer Ast am 2. Pleo- 
poden des Männchens 

bg Bindegewebe 

bgzk Bindegewebszellkerne 

bls Blutsinus 

ch Chitin 

en Endopodit 

ep Epipodit 

ex Exopodit 

fl Flagellum 

fle Aussengeissel der 1. Antenne 

fl Innengeissel der 1. Antenne 

gg Ganglion 

hyp Hypodermis 

Le Lacinia externa 

Li Lacinia interna 


m Musculatur 

mol Molartheil 

n Nerv 

p Palpus 

pbr Podobranchie 

psal Psalistom 

squ Schuppe der 2. Antenne 
szg Sinneszellengruppe 

szk Sinneszellenkern 

styl Stylocerit 

it Terminalstrang 

tu Tuberculum 

u Uropoden (2ästig) 

Z Telson 

Z-+u bilden die Schwanzflosse 
1—7 die 7 Glieder des Endopoditen. 


Die sämmtlichen Gliedmaassen mit Ausnahme der 1. Antenne sind 


von der untern, dem Bauche abgewendeten Seite gezeichnet. 
Tafel 23. 
Fig. 1. Gesammtbild von Plesionika cottei 2. Natürl. Grösse. 
Fig. 1. Antenne 20:1. 
Fig. 3. 2. Antenne, 20:1. 
Fig. 4. Die beiden Mandibeln. 20:1. 
Fig. 5. Die rechte 1. Maxille. 20:1. 
Fig. 9. Rechter 3. Maxillarfuss. 6:1. 
Fig. 10. x 1. Rumpffuss. 6:1. 
Fig. ia, “ 2. n Ge 
Fig. 12. + 3. | 6:48 
Fig. 14. Exopodit des 3. Pleopoden. 9. 20:1. 


Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 657 


Mattel 24. 


Fig. 6. Die linke 2. Maxille. 20:1. 
Fig. 7. Rechter 1. Maxillarfuss. 20:1. 

Hase. 58. 5 2. ve 20:31. 

Fig. 13. 3. Pleopod des Weibchens. 6:1. 

Fig. 15. 1. Pleopod des Männchens mit umgebildeten Endopoditen. 
205-7. 

Fig. 16. 2. Pleopod vom Männchen mit Appendix interna (ai) und 
accessorischem Nebenast (b). 20:1. 

Fig. 17. 1. Pleopod des Weibchens. 20:1. 

Fig. 18. Schwanzflosse (von oben). Die beiden linken Uropoden 
fehlen. 6:1. 

Fig. 23. Oberer Theil der Schuppe der 2. Antenne mit den ein- 
gezeichneten Sinneszellengruppen und den zwischen ihnen sich hin- 
ziehenden Bindegewebsbriicken. 20. 1. 


Rat eli 2b: 


Fig. 19. Flachenschnitt durch den äussern Ast des 3. Pleopoden. 
200 : 1. 

Fig. 20. Athemplatte der 2. Maxille, stärker vergréssert, mit den 
eingezeichneten Gruppen der Sinneszellen. 27: 1. 

Fig. 21. Flächenschnitt durch den äussern Ast der Uropoden. Der 
proximale Fortsatz der Sinneszellengruppe geht in die Nervenfaser über, 
der distale tritt als Terminalstrang (f) in das Haar ein. 200: 1. 

Fig. 22. Giebt den vordern Rand der Athemplatte der 2. Maxille 
wieder. 200: 1. 

Fig. 24. Die Endglieder des 2. Thoraxfusses stärker vergrössert, 
um die Haarpinsel zu zeigen. 20:1. 

Fig. 25. Querschnitt durch diesen Fuss in der Höhe a des Längs- 
schnitts Fig. 27. 200:1. 

Fig. 26. Querschnitt in der Höhe b. 200:1. 


Tafel 26. 


Fig. 27. Querschnitt durch die Terminalstränge und das sie um- 
hüllende Bindegewebe in der Höhe a, sehr stark vergrössert. 475 :1. 
Der Schnitt wurde mit dem Zeichenapparat gezeichnet. 

Fig. 28. Längsschnitt durch das Bein. 100:1. 

Fig. 29. Aussengeissel der 1. Antenne, stärker vergrössert, von 
der Ventralseite 27:1. 

Fig. 30. Querschnitt durch die Aussengeissel. 150:1. 

Fig. 31. Längsschnitt durch dieselbe; zeigt die Sinneszellengruppen 
(szg), ihre Verbindung mit den Ganglienzellen (gg) sowie den Terminal- 
strangen. 200:1. 

Fig. 32. Zeigt die Verbindung des Ganglion mit dem Nerven. 200:1. 


658 ERICH KOTTE, Hautsinnesorgane u. Nervensystem der Tietsee-Decapoden. 


Fig. 33. Vergrösserte Darstellung der Geschmacksfäden und ihrer 
Innervirung. 200:1. 
Fig. 38. Ein einzelnes Haar stärker vergrössert. 27:1. 


Tafel 27. 


Fig. 34—38 beziehen sich auf Nematocarcinus undulatipes. 
Fig. 34. 2. Rumpffuss. 16: 1. 


Fig. 35. 3. A Loads 
Fig. 36. 4. a LETAS 
Pis, 81/5: rs 16.1 


PR CURE EN = 


Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


On certain Features of the Lateral Canals and Cranial 
Bones of Polyodon felium. 


By 
Edwards Phelps Allis jr., Menton. 


With plate 28 and 2 figures in text. 


I have lately received a considerable amount of material collected 
in the United States before the temporary closing of my Lake Labo- 
ratory at Milwaukee, Wisconsin. Among other things there were 
several very badly preserved heads of Polyodon foliwm, one entire 
specimen, about one foot long, of the same fish, and an incomplete 
and somewhat broken set of the dermal bones of the head. 

As I have never been able to fully accept, or even to fully 
comprehend, certain of COLLINGE’s statements (7) regarding the 
lateral sensory system of this fish, and as the investigations with which 
I am at present occupied lead me to make frequent references to his 
work, I havé immediately attempted to control that work in so far 
as my material would allow. The condition of my material has, un- 
fortunately, limited this control almost exclusively to the general 
distribution of the lateral canals, and their relations to the several 
crapial bones. This limited investigation has, however, not only con- 
firmed, as I expected, certain inaccuracies in COLLINGE’S description 
of the canals and surface sensory organs, but also, and most un- 
expectedly, led to the discovery of certain errors and omissions in his 
and BripGe’s (6) descriptions of the cranial bones of the fish. 

Before beginning the descriptions of the canals and their related 
bones, reference must be made to certain descriptive terms used and 
misused by COLLINGE. 

Under the heading “Nomenclature” this author says (p. 504): 

“3. A system of fine dermal canals running from the main canal 
or a branch of the same, and opening by a series of fine branches to 
the surface by isolated pores, will be termed cluster pores (peripheral 
organs of ALLIS).” 


660 E. PH. ALLIS, 


“4. The fine pore-like openings spoken of as ‘pinhole’ pores by 
many authors I shall term primitive pores, as illustrating the most 
generalised form, e. g. certain Elasmobranchs and Polyodon, Psephurus 
and Acipenser.” 

On p. 509 he says: “A series of small branches pass off from the 
hyomandibular portion [of his main canal] and are distributed over 
the opercular flap, and terminate in cluster and primitive pores.” 

On p. 510: “At the base of the follicle a sensory organ was 
present, in which no difference could be seen from those found in the 
cluster and primitive pores, excepting in size. From their structure 
and position I regard them as modified cluster pores and synonymous 
with the sensory follicles which Fritsch speaks of as ‘Spalt-Papillen’.” 

On p. 512: “Judging from the two examples I have investigated 
of Polyodon, 1 should say that it is a feature of rare occurrence for 
a branch to terminate in primitive pores only, as in Pl. 39, fig. 3b.” 

He then, on p. 513, gives a description of the histological structure 
of what he says are the cluster pores of his nomenclature. In this 
description he says that these pores “agree almost in every detail 
with the ‘Spalt-Papillen’ of Fritsch”; and the reader is referred, in 
support of this, to his fig. 4, tab. 30, which purports to be a longi- 
tudinal section through one of them. 

Regarding the primitive pores he says (p. 514): “Histologically 
they appeared to be miniature cluster pores.” 

An examination of my several specimens shows, what any careful 
worker would have concluded, that both in his descriptions and in 
his figures COLLINGE has sadly mixed up his organs and pores, and 
that what he intends to designate as cluster pores are not a special 
form of surface sensory organ, but simply the surface openings of 
the several branches of a branching primary tube which leads inward 
into one of the lateral canals, the whole system of tubes and pores 
being strictly similar to one of the dendritic systems described by me 
in Amia (1). 

What the surface organs he shows in his figures 4 and 5 may 
be is not so easily determined, but it is clearly evident that neither 
of them can by any possibility represent a simple and normal cluster 
pore. The so-called section through one of these pores might pos- 
sibly represent a pore that had, in pushing its way along the outer 
surface, encountered and partly swallowed, so to speak, one of the 
several kinds of surface sense organs that CoLLINGE says are found 
on the head of the fish; for I found, in Amia (1, p. 506), an example 


RÉ Di u 


— 


On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 661 


of such a secondary enclosing of a surface organ in the mouth of a 
primary tube of a lateral canal. It seems to me, however, that CoL- 
LINGE’s fig. 4, which purports to be a section through a cluster pore, 
is, on the contrary, a section through a primitive porc; while fig. 5, 
instead of being a section through one of the latter pores, is probably 
a section through a distinctly different organ, doubtless one strictly 
similar to the surface pit-organs of Amia, and which one might naturally 
except to find on the head of this fish. 


The so-called primitive pores are found in distinct and separate 
groups, many of these groups being subdivided, more or less distinctly, 
into separate subgroups. Cut A shows one of these groups, taken 
from the dorsal surface of the head of one of my specimens in a 
place where the epidermal layer of the skin was still in place but 
much disintegrated. Cut B shows another group, taken from the hyo- 
mandibular region and selected because of the intimate relation of 
the group to certain of the “cluster pores” of the hyomandibular canal. 
The epidermal layer of the skin was here entirely gone, but the figure 
shows, beyond question, that the relation of the cluster and primitive 
pores to each other is one of proximity only. The two figures also 
seem to indicate, and sections through other groups seem to almost 
positively confirm, that the several organs of a group of primitive 
pores all arise by the subdivision of a single patch of sensory tissue 
which primarily represents the group, this subdivision being brought 
about, not by a process of budding, as in the lateral canal organs of 
Amia, but by the gradual growth of ridges, formed of the underlying 
tissues, which force their way, wedge-like, toward the surface, through 
the overlying sensory tissue. Certain of these ridges are certainly 
bisecting ones, each of which cuts a pre-existing organ into two parts. 
But many of them would seem to develope at the same time, cutting 
the pre-existing organ or patch at once into several parts. As the 


662 E. PH. ALLIS, 


sensory tissue of which this organ or patch is formed is less tall than 
the adjacent non-sensory tissue, the sensory patch lies, like the pit- 
organs of Amia and teleosts, at the bottom of a little pit. The sub- 
dividing ridges that grow up through the patch thus first cut the 
organ and then the pit into two or several parts, each ridge thus 
finally becoming a separating partition, at first relatively thin but 
often gradually thickening until a relatively considerable portion of 
the outer surface of the skin lies between the two or more parts of 
the bisected or multisected organ. A group of organs each resembling 
the single nerve-sacks of MERKEL’s descriptions (15) of Acipenser 
would thus arise, that author’s fig. 5, tab. 5, of a transverse section 
through such an organ being, as far as my material shows, an ex- 
cellent illustration of a transverse section through one of the organs 
of Polyodon that is in process of Subdivision. In Acipenser, however, 
MERKEL Says (p. 37) that the separating partitions do not rise to the 
level of the outer surface of the skin, the primary depressions or pits 
thus never undergoing complete subdivision, and several nerve-sacks 
accordingly opening on the outer surface by a common opening. 

The nerve-sacks of Acipenser are considered by MERKEL as the 
homologues of the ampullae of selachians. ‘These latter organs each 
arise, according to MINCKERT (16), from a single epidermal sensory 
thickening. This single patch of sensory tissue, at a certain period, 
sinks rapidly beneath the surface, and then must first of all acquire an 
annular disposition around the future centrum of the organ, for both 
MERKEL’s (p. 44) and Praspopy’s (17) descriptions indicate that the 
flat top of the centrum is non-sensory. The centrum thus probably 
pushes up through an overlying layer of sensory tissue exactly as the 
bisecting or multisecting ridges of the primitive pores of Polyodon do. 
Still later, the resulting ring of sensory tissue becomes cut up into 
several portions by the growth of partitions radially arranged around 
the centrum, each partition undoubtedly pushing upward through over- 
lying sensory tissue, thus completing the analogy with what I conclude 
to be the manner of development in Polyodon. 

Polyodon, Acipenser, and selachians thus present three successive 
stages in the development of the ampullae; and MERKEL considers all 
uerve-hillocks of these or other fishes as a fourth and still earlier 
stage. This latter conclusion I would accept only in so far as it 
applies to those nerve-hillocks of certain fishes that are said (11) to 
be innervated by the communis fibres of one or the other of the 
several cranial nerves; the ampullae of selachians being, in my opin- 


On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 663 


ion (4), homologous with the terminal buds of teleosts and not with 
organs related to the lateral sensory system ‘). 


1) As this is going through the press I have received No. 10/11, V. 21 
of the Anatomischer Anzeiger in which J. B. Jonnstron publishes an 
article entitled, “The Homology of the Selachian Ampullae. A note on 
ALLIS recent paper on Mustelus laevis.” In this article, JounsTon says: 
“Mr. Aruıs makes an argument to show that the nerve sacs of ganoids 
and the ampullae of selachians are the homologues of the end buds of 
teleosts, rather than of the lateral or pit-organs. This argument appears 
to me wholly unsound and likely to lead to further difficulties in a 
matter which the work of several authors during the last three years 
has just redeemed from great and needless confusion.” 


If this prove true no one will regret it more than myself, but I 
can not see, as yet, that Jounston brings forward anything whatever 
to disprove my position excepting certain general assertions that are 
certainly not substantiated either by adequate reference or by his own 
personal investigations. That end buds are all innervated by fibres 
that “find their central endings in the lobus vagi”; that all other forms 
of cutaneous sense organs are innervated by fibres that “have their 
central ending in the nucleus funiculi, tuberculum acusticum, or the 
cerebellum”; that the respective centers for the lateral line and end 
bud fibres are so separate and stable “that it is utterly impossible for 
fibres or centers to ‘undergo modification’ of any sort such as I under- 
stand Aırıs to mean”; that, “It is impossible that these organs [end 
buds and lateral line or pit organs] should ever resemble one another 
in any other than a superficial way”; and that end buds are organs 
“with visceral function (e. g. taste)”, while all other surface sense organs 
are organs “with a somatic function (e. g. touch &c)”, are certainly nothing 
“more nor less than deductions from the theory he seeks to establish 
in his several works instead of established facts on which to base that 
theory. Of exactly similar character was also his earlier statement, 
since somewhat qualified, that end buds are all of endodermal origin. 
His observation on the feeding habits of Acipenser, made and recounted 
in order to substantiate his assertion that endbuds are organs of taste 
and not of touch, is wholly inadequate; for if two or more blind and 
hungry men were to be put before a table on which they were led to 
believe that there were articles of food, they would most certainly pass 
their fingers rapidly over the forks, knives, spoons and plates and close 
with avidity on an apple, mutton-chop, or other well known article of 
food, exactly as the sturgeon is said to quickly protrude its mouth 
whenever its barbles “touch an earthworm or other suitable food-body”. 
Furthermore, MERKEL, whom Joxnsron cites as a competent authority 
on this subject, considered that the sensation of taste was limited to 
end buds on the tongues of mammals only. 

As to Jounston’s strong exception to WIEDERSHEIM’S statement that 
lateral line organs pass through a stage in their development in which 


664 E. PH. ALLIS, 


Turning now to the lateral canals, the main lateral canal of the — 


head of Polyodon is a direct anterior continuation of the lateral canal 
of the body, as CoLLINGE says, but, contrary to -what that author 


they resemble end buds, and his assertion that this has never received 
confirmation, he can not be familiar with Maurer’s work on “Die Epi- 
dermis und ihre Abkömmlinge”, published in 1895. In that work he 
would have found the following statements (p. 300): all cutaneous sense 
organs “sind stets in ihrem Bau von der einfachsten Form ableitbar”; 
(p. 301): “wir müssen aber festhalten, dass sie aus gleichartigen An- 
lagen hervorgegangen sind”; (p. 301): “alle diese Organe epidermoidaler 
Herkunft sind”; and (p. 323): “Ich habe Gründe angeführt, die dafür 
sprechen, dass Endhügel aus Sinnesknospen hervorgehen können.” 
MAURER furthermore says that all the cutaneous sense organs of Am- 
phibia “stellen niemals Endknospen dar, sondern sind immer und aus- 
schliesslich nach dem Typus der Endhügel gebaut”. If this be so, and if 
Endhügel und Endknospen be not derived the one from the other, we 
are led to the conclusion, under Jonnsrows theory, that a large number 
of irregularly scattered lateral sensory organs are found in amphibians, 
selachians and the cartilaginous ganoids, “which have wholly disappeared 
in Amia”, together with their related nerves, there being replaced, topo- 
graphically, by a totally different set of organs and nerves. And Joun- 
STON simply says, at least in so far as the selachians and cartilaginous 
ganoids are concerned, that “there is no difficulty in this supposition.” 

As to the possibility of a portion of a certain cerebral center be- 
coming. so to speak, detached from that center, and then attached to 
another center, as I suggested; or even as to the possibility of that 
detached portion changing markedly in function, which formed no part 
of my suggestion but does form part of Jounsron’s interpretation of it; 


we have Jonnsron’s own statements, in his work on “The Brain of. 


Acipenser”, that, (p. 120) “Of these nerves the V is the most constant 
in Vertebrates, but it has become separated with its sensory nucleus 
from the central apparatus of the VIII nerve in the higher forms”; 
and (p. 186), “In the History of Vertebrates the habenular apparatus 
seems to have changed its functions. In primitive Vertebrates it served 
the parietal eye and the olfactory apparatus. ... In the higher forms 
the ganglion serves as part of certain indirect paths and possibly as 
an optic center”. 

Under all these circumstances it seems to me that I am fully 
warranted in slightly changing two of Jonnsrow’s expressions, and saying 
that, had Jounstron studied the peripheral distribution of the fibres he 
finds arising in certain cerebral tracts with anything like the care that 
has characterized his several researches upon those tracts themselves, 
and had he thoroughly acquainted himself with the structures in the 
epidermis that those fibres innervate, he could not for a moment have 
entertained the hypothesis which he tries by a long and laborious ar- 
gument to establish. 


> ct u 


On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 665 


says, the canal does not, on leaving the most anterior ossicle of the 
lateral line, immediately enter bone C! of BrinGe’s descriptions. 
Before reaching that bone it first traverses a short canal in a bone 
that is considered by GEGENBAUR (9, p. 113) as the most dorsal one 
of two supraclavicularia, the canal traversing that bone obliquely, 
near its dorsal end, exactly as it traverses the supraclavicular in 
Amia. This relation of this bone, in these two fishes, to a lateral 
canal, as well as its general relations, in each of them, to the skull 
and to the other bones of the shoulder girdle, all show conclusively 
that the bones of the two fishes are homologous. In Polyodon the 
bone is said by GEGENBAUR (9, p. 106) to be a “Deckknochen”, pri- 
marily developed in relation to an underlying cartilage, this cartilage 
having wholly disappeared in Polyodon but being still retained in 
Acipenser. While I am inclined to doubt this derivation of the bone, 
thinking it much more probable that it is derived from a scale-like 
bone related to a lateral canal, it is evident that if it has, primarily, 
the origin that GEGENBAUR ascribes to it, it must contain, in Amia 
and Polyodon, two distinct components, a membranous and a lateral 
canal one; provided, of course, that the sensory organs of the lateral 
canals are actually centres of independent osteoblastic proliferation, as 
KLAATScH (14) asserts. Whether the bone in Acipenser, also, contains 
this lateral canal component I can not tell from the descriptions, but 
in Menidia it would seem not to contain such a component, for HER- 
RICK (11, p. 37) says that the suprascapular of that fish is wholly 
unrelated to the lateral canals. 

The short section of lateral canal enclosed in the supraclavicular 
of Polyodon probably lodges a single sense organ of the main lateral 
line, for there is a primary tube at each end of the section and no 
intermediate one. In Amia the bone lodges two organs. 

Having left this bone, the canal, in Polydon, enters bone C1 of 
BripGe’s descriptions, this bone being considered both by that author 
and by CoLLINGE as the posttemporal, which bone is the suprascapular 
of my nomenclature. The canal traverses this bone for a short di- 
stance only, as shown in the accompanying figures, the short section 
of canal enclosed in the bone probably containing a single sense 
organ; for, as in the case of the supraclavicular, there is a primary 
tube at each end of the section, and no intermediate one. 

Having left the canal in this bone the lateral canal continues 
forward, as COLLINGE says, “in a series of small canal bones”; but 
these bones lie mainly dorsal to the anterior arm of Cf, immediately 


666 E. PH. ALLIS, 


beneath the thin skin of the fish, and not “on the dorsal surface of 
the dermo-sphenotic of BRIDGE”; an anterior ossicle, or the anterior 
portion only of that ossicle, alone lying dorsal to the posterior portion 
of the above mentioned bone. ‘This anterior ossicle of the series lies 
directly and closely upon the so-called dermo-sphenotic, the posterior 
ossicles of the series being separated by a considerable space, filled 
with connective tissue, from the underlying arm of the bone C1. 

This series of lateral canal ossicles varies in each one of my 
several specimens, and also on the two sides of each specimen. What 
would seem to be the primitive arrangement was found on one side 
only of one of my specimens, and is shown on the right side of the 
accompanying figure (Fig. 1, Pl. 28). Here there were five ossicles 
in the chain; and a primary tube, here the trunk of a dendritic 
system, arose from the canal between the first and last ossicles of the 
series and the bones C! and C? respectively, and also between each 
two ossicles of the series excepting only the first and second. The 
tube that probably primarily had its origin from the canal between 
these two last-named ossicles arose at about the middle of the first 
ossicle of the series, from its lateral aspect. It was enclosed in bone 
for a considerable part of its length, differing in this from the other 
tubes, all of which were simple dermal tubes without bony envelope. 
Opposite the point where this tube probably arose, that is, between 
the first two ossicles of the series, from the mesial aspect of the canal, 
a branch canal arises and extends mesially nearly to the middle line 
of the head, where it ends in a large dendritic system. Whether 
there is here but one terminal system, or one such system and a 
closely adjoining penultimate one, could not be determined, but as 
the branch canal is enclosed in but two ossicles there is probably 
here but a single system. A second or third system, as the case may 
be, arises from the branch canal soon after it leaves the first one of 
the two enclosing ossicles. It may be directed, in different specimens, 
either forward or backward, and clearly indicates that we have here 
to do with a commissural canal that contains at least two sense or- 
gans. COLLINGE does not consider this canal as a commissure, but 
this is probably because he would limit that term to a full cross- 
commissure, which this canal certainly is not. 

The two or more sense organs of the above described commissure 
are probably innervated by a supratemporal branch of the nervus 
lineae lateralis; for CoLLInGE says (p. 519) that he could find no 


On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 667 


branch of the glossopharyngeus going to any of the organs of the 
lateral line system, and that a branch of the vagus, which innervates 
the anterior portion of the lateral canal of the body, “also innervates 
the cluster pores in the occipital region”. This probable innervation 
of the commissure, together with its origin from the main canal 
slightly anterior to the suprascapular, clearly indicates that it must 
be the homologue of the supratemporal commissure of Amia and 
teleosts, and that the two enclosing ossicles must accordingly represent 
all, or a part, of the extrascapular (supratemporal) bone of the fish. 
The lateral one of the two ossicles, on this side of this fish, did not 
enclose any portion of the main canal. In all the other dissections 
made, and as shown on the left side in the figure, it enclosed a part 
of that canal both anterior and posterior to the tommissure, the 
lateral ossicle of the commissure apparently fusing with that ossicle 
of the main line that lies between it and bone C1, and the united 
ossicles then not only encroaching upon the canal anterior to the 
commissure, but often also fusing with the mesial ossicle of the com- 
missure. A single T-shaped bone thus often arises which encloses 
the commissure and a short section of the main canal, exactly as the 
extrascapular does in Amia. The primary tube that arose, on the 
right side of the figure, at the middle of ossicle 1, arose, in most of 
the other dissections, directly opposite the lateral end of the com- 
missure; and was enclosed, nearly to the point where it begins to 
branch, in a delicate tube of bone. This enclosing of the primary tubes 
in bone, it may here be mentioned, is the general rule in Polyodon. 

Anterior to this T-shaped extrascapular bone, between it and 
bone C?, there were, in the several specimens, either two, three, or 
four lateral sensory ossicles, with three or four related primary tubes. 
There is thus, in these little bones, an evident tendency to fuse, and 
they would seem to represent a single cranial element; for in no 
case were any of them fused either with the extrascapular or 
with the bone C2 Their position would seem to indicate that 
they represent the entire lateral canal component of a squamosal 
bone, and as such I should certainly consider them if BRIDGE and 
CoLLINGE had not both considered bone C? as the dermo-sphenotic. 
This will be further discussed below; but as these ossicles cer- 
tainly form part, if not the whole, of the lateral component of the 
squamosal, they will be for convenience referred to as the squamosal 


ossicles. 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 43 


668 E. PH. ALLIS, 


On leaving the anterior end of the anterior squamosal ossicle, 
the main infraorbital canal enters a canal in BripGe’s bone C2, a 
bone which both BRIDGE and COLLINGE consider a single one, and 
which they both homologize, as already stated, with the dermo- 
sphenotic of other fishes. This bone is not, however, a single bone, 
either in my prepared skull or in either of the several other specimens 
examined, there being composed, in each case, of three or more wholly 
separate and distinct bones. The two principal bones here concerned 
are, however, so closely and intimately applied to each other that 
they might easily be mistaken for a single piece, and this doubtless 
misled both BRIDGE and COLLINGE; for I can not believe that these 
bones were not separate and independent in their specimens as well 
as in mine. The remaining one or more bones that also enter into 
the bone C? are little lateral sensory ossicles that might possible have 
been lost in dissection by BRIDGE and CoLuINGE; but I think it much 
more probable that they were seen but considered, as the other two 
larger bones certainly were, as parts of a single bone. This very 
mistake was, in fact, first made by both my assistant, Mr. Nomura, and 
myself, when examining cursorily the bones of the prepared skull; for 
although this skull had been kept some ten years in alcohol, and had been 
shaken about considerably in transportation, three wholly separate and 
independent bones were closely united to form what was apparently a 
single bone, and which corresponded exactly with bone C? of BripGe’s 
descriptions. 

The two or more additional bones thus here represented in the 
single bone C?, complete the otherwise incomplete number of the 
dermal elements of this part of the skull, and permit an inter- 
pretation of the several cranial bones not otherwise arrived at. As, 
however, two different interpretations can be given to the several 
bones here concerned, between which I hesitate to decide, I shall 
call them for the present, bones 7, 2 and 3; bone 3 being re- 
presented by the one or more little lateral sensory ossicles above 
referred to, together with certain more anterior ones that seem 
to have entirely escaped the notice of both BRIDGE and COLLINGE. 
These several bones are all shown in the figures, and no special de- 
scription of them is necessary. A large lateral portion of bone 1 lies 
directly upon the mesial portion of the posterior half of bone 2, while 
its mesial edge articulates by sutures with bones B' and B? of 
Brınge’s descriptions, the articulation being more important with B* 


On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 669 


than with B!. The bone was found in two pieces in two of the dis- 
sections, the smaller or additional one of the two pieces in each case 
enclosing a section of the supraorbital canal. The posterior one or 
two of the several ossicles that together form bone 3 lie directly upon 
the dorsal surface of bone 7 and bone B?, while the one or two 
anterior ossicles bridge the interspace between PB? and bone 2, resting 
at either end upon the dorsal surfaces of these two bones. In one 
dissection two long and delicate spicules of bone extended mesially 
from the bridge of bone and reached and rested upon the dorsal 
surface of the lateral edge of bone B?; a similar spicule extending 
laterally from this latter bone and resting upon the ventral surface 
of the ossicles of the bridge. In another specimen a similar spicule 
extended laterally from bone B? and reached and rested upon the 
ventral surface of the ossicles of the bridge. 

The main infraorbital canal, when it leaves the anterior end of 
the chain of squamosal ossicles, enters the bone that I have called 
bone 7 not far from its hind edge, and from there runs forward to 
the middle and thickest part of the bone. There the single canal 
separates into two parts, one turning downward and forward as the 
postorbital part of the main infraorbital, while the other runs mesially 
and forward as the supraorbital canal; each of these canals soon 
leaving bone 7 to enter, respectively, bones 2 and 3. 

Bone 7 thus encloses a Y-shaped portion of the lateral canals of 
the head, taken at and around the point where the supraorbital and 
main infraorbital canals anastomose, the former canal quite certainly 
here anastomosing with the latter by a terminal and not by a penult- 
imate primary tube. From the Y-shaped portion of canal thus en- 
closed in this bone certain tubules always arise, but their number and 
position varies greatly. Normally a double dendritic system should 
be found at or near the point of anastomosis of the two canals, and 
one to three branching tubules did there arise in all but one of the 
several specimens examined. In nearly every instance there was a 
tubule at or near the point where each of the three arms of the Y 
entered or left the bone, these tubules either arising from the canal 
directly between the two adjoining bones, or near that point but en- 
closed in one or the other of the two adjoining bones. The tubules 
thus seemed to indicate that there was at least one sense organ in 
each arm of the Y, but unfortunately, the sense organs themselves 
could not be positively recognized at any place in any of the canals. 

43* 


670 E. PH. ALLIS, 


On leaving bone 7 the main infraorbital canal enters and traverses, 
somewhat transversely, bone 2; at about the middle and thickest part 
of which bone the dorsal end of the so-called hyomandibular canal 
usually anastomoses with the main infraorbital. In one specimen, 
however, this anastomosis took place between bones 7 and 2, a simple 
dendritic system arising from the main infraorbital as it traversed 
bone 2. A primary tube always arises from the hyomandibular canal 
near the point of anastomosis with the main infraorbital, and it is 
doubtless the tube of the double system that should normally there 
be formed. 

Having left bone 2 the canal passes downward behind, and for- 
ward below, the eye, there being enclosed in a series of ossicles, as 
BripGe and CoLLInGE have both stated, these ossicles lying in the 
connective tissues at a certain distance below the skin, and not im- 
mediately beneath the skin as they do in the supratemporal region. 

Anterior to the eye the canal is said by CoLLINGE to anastomose 
with the anterior end of the supraorbital canal, but I have failed to 
find any trace of such an anastomosis in either of the several dis- 
sections made. The supraorbital canal, in all these several specimens, 
ends in a terminal dendritic system that lies in the roof of the nasal 
cavity some distance dorsal to the main infraorbital canal. The latter 
canal here runs directly forward, without bend or break, lying in the 
loose connective tissues beneath the skin on the ventral surface of 
the snout, and giving off a number of primary tubes each of which 
opens by several pores on the ventral surface of the long spatula- 
shaped snout. Whether the canal was here enclosed in “a series of 
canal bones”, as CoLLINGE states, or not, I did not attempt to definitely 
determine, but it seemed to be in large part, a purely membranous 
tube. COLLINGE says that the canal here passes “forwards and in- 
wards towards the parasphenoid and continues along its lateral border” ; 
and that as it approaches “the anterior portion of the rostrum the 
diameter of the canal becomes less, diverges laterally, and passes 
around the anterior border, joining with its fellow half of the opposite 
side in the median line”. The bone here referred to as the para- 
sphenoid must either be the vomer of BRipGE’s descriptions, or the 
“azygous splint” that BripGe says (p. 692) “would appear to be the 
homologue of the anterior parasphenoid described by PARKER as ex- 
isting in Rana pipiens”. This azygous splint of Polyodon, it is to be 
noted, lies on the ventral surface of the snout considerably anterior 
to the mouth cavity, while the anterior parasphenoid of Rana lies in 


DAT EST. a 


D 


7, 


On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 671 


the roof of the mouth cavity itself. It is thus evident either that the 
mouth cavities in the two animals, or the two bones here under con- 
sideration, can not be homologous; and this applies to the vomer 
bones of the two animals as well as to the so-called anterior para- 
sphenoids. In the region where the vomers and the anterior para- 
sphenoids articulate by suture with each other there are, on the 
ventral surface of the snout, two little tentacles, one on each side. 
These little tentacles, which have not been heretofore described so far 
as I can find in the literature at my disposal, must correspond to the 
larger tentacles of the sturgeon, and would mark the anterior limit 
of the region included in the roof of the mouth of teleosts, if they 
mark that limit in the sturgeon, as I was led, in an earlier work 
(No. 3, p. 274), to suggest. 

The prenasal portion of the main infraorbital lateral canal, which 
COLLINGE says is a continuous canal uniting around the anterior border 
of the snout with its fellow of the opposite side, I could not satis- 
factorily trace. Only two of the snouts of my specimens had been 
preserved, and in the two dissections that I made the canal apparently 
came to the surface and there ended ‘at about the place where Cor- 
LINGE says that it “diverges laterally”. Anterior to this point other 
canals were found, but I could not be at all sure that any of them 
were lateral sensory canals. I accordingly had a considerable portion 
of the snout of my small specimen prepared for sectioning, and 
sectionized by my assistant, Mr. G. E. NicHozLs, but the material 
was found to be in such an unsuitable condition that but a few 
sections were cut. These few sections, however, established the fact 
that there is a cross-commissural lateral canal near the anterior end 
of the snout of the fish, and that it traverses the cartilage of the 
end of the rostrum instead of passing around its anterior border as 
COLLINGE states. In the section of canal here enclosed in cartilage 
there are apparently two sense organs on each side, for two nerves, 
on each side, run backward from the transverse canal in canals 
in the cartilage. The two mesial ones of these four canals, one 
on each side, first unite to form a median canal, and then sepa- 
rate and open separately on the ventral surface of the cartilage. 
Anterior to the commissure an anterior continuation of the canal 
of either side, or the trunk of a dendritic system, whichever it may 
be, continues forward in a deep slit in the lateral edge of the carti- 
lage, the slit being several times deeper than the diameter of the 
canal. This canal or tube, and also the transverse commissural canal, 


672 E. PH. ALLIS, 


are both enclosed or partly enclosed in a bony envelope apparently of 
dermal origin, dermal bone thus here being found inside the cartilage 
of the skull. Posterior to the commissure, as far as traced, the 
sensory canal lies external to but close to the lateral edge of the 
cartilage of the rostrum, and is partly enclosed in bone. 

In the adult the commissural sensory canal above described tra- 
verses a relatively well developed canal near the end of the carti- 
laginous rostrum, and the median portion of this canal has become a 
fairly large median chamber. This chamber lies anterior to and wholly 
independent of the large central cavity of the rostrum described by 
BRIDGE, and was apparently entirely overlooked by that author. It 
is a median sensory chamber developed in relation to the lateral 
sensory system, and is not found in any other fish I know of, ex- 
cepting in the Muraenidae, in which fishes it is, however, wholly en- 
closed in dermal bone and not in cartilage. This median chamber 
in the Muraenidae lodges a part of the ethmoidal section of the main 
infraorbital canal, as is fully described in another work (5). The 
cross-commissural canal of Polyodon is thus probably also an ethmoidal 
section of the main infraorbital line of the fish. 

The supraorbital canal, starting from its point of anastomosis 
with the main intraorbital canal, lies for a short distance in the 
antero-mesial arm of bone 7, and then enters and traverses the series 
of three or more ossicles that together constitute bone 3; the canal 
turning gradually forward and then forward and laterally as it tra- 
verses the chain of ossicles. The one or two posterior ossicles of the 
series lie, as already stated, on the dorsal surface of bone 1, or on 
the dorsal surface of that bone and bone 6? of Brıpge’s descriptions. 
The more anterior ossicles span the space between B? and bone 2. 
Beyond the anterior ossicle of this series the canal crosses somewhat 
transversely the dorsal surface of bone 2, there being a dermal tube 
supported by imperfect bone formation. At the lateral edge of bone 2 
the canal turns downward and forward and enters a little ossicle that 
lies in the roof of the nasal cavity, between the two nasal openings. 
Several tubules arise from the canal as it traverses this little bone, 
and they would seem to belong to two dendritic systems, though they 
may all belong to a single system. If they belong to two systems 
one of them is certainly a terminal system; for the canal is not 
continued beyond the bone. The bone is thus evidently the nasal 
bone of the fish, and it was apparently wholly overlooked by both 
BRIDGE and COLLINGE, the former of which authors says that the 


On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 673 


nasal is “apparently” represented in his bone C*. This latter bone 
thus certainly not being a piscine nasal bone is probably a “dermal 
ect-ethmoid”, a possibility that BRIDGE suggests though treating it as 
improbable. 

The hyomandibular canal, on both {sides of all of my several 
specimens, arises from the main infraorbital canal anterior to the 
point of anastomosis of that canal with the supraorbital canal. CoL- 
LINGE shows this canal, in all of his several figures, arising posterior 
to that point, apparently from the main infraorbital canal as it tra- 
verses my bone 7. This is such an important difference that it seems 
to me that COLLINGE must here be in error, for the canal arising, as 
it does in my specimens, from the postorbital portion of the main 
infraorbital has an origin comparable with that of the similarly named 
canal in selachians; while arising, as COLLINGE shows it, from the 
squamosal portion of the main infraorbital canal, and yet anterior to 
the spiracle, it would have an origin and position totally different 
from that of any known canal in other fishes. From its point of 
origin in my specimens it runs downward and backward antero-ventral 
to the spiracle, and then has the general course that COLLINGE gives. 
The mandibular portion of the canal ends, however, in a definite 
terminal tube opening by a single pore, instead of gradually diminishing 
in size and vanishing in a point, as COLLINGE shows it. There are 
also, in all my specimens, several primary tubes given off in this 
mandibular portion of the canal, most of them being short and simple 
tubes opening by a single surface pore. There is no slightest in- 
dication, in any of my specimens, of the maxillary branch shown and 
described by CoLLINGE. There are also no primary tubes, in two of 
my specimens, and but one in another, on the anterior side of the 
hyomandibular part of the canal, a place where CoLLINGE shows four 
large dendritic systems. Certain of the branches of the dendritic 
systems of this part of the canal, in my specimens, as in COLLINGE’s, 
open by pores that are in marked proximity to the pit-like organs of 
the region, COLLINGE’s primitive pores, but the relation is certainly 
one of proximity only. The canal is everywhere enclosed, or partly 
enclosed, in delicate bones, these bones, in the hyomandibular region, 
lying in the skin superficial to the hyomandibular; while in the 
mandibular region they lie, in the posterior part of the length of the 
canal, superficial to the interhyal and ceratohyal of Brıper’s de- 
scriptions, and, in the anterior part of the length of the canal, between 
the latter element and the mandible. In no part of their course do 


674 E. PH. ALLIS, 


they lie superficial to the mandible, the relation of the entire hyo- 
mandibular canal being markedly to the hyoid arch and not to the 
mandibular one. This is exactly what the innervation of the canal 
would lead one to expect, and it is clearly evident that the constant 
relation of the canal to the mandible in teleosts must be a secondary 
one. It is also evident that the dentary of Polyodon, being wholly 
unrelated to the lateral canal and its enclosing bones, can not be the 
exact homologue of the dentary of teleosts. The lateral canal com- 
ponent of this latter bone seems, in fact, to be a hyoid element that 
becomes secondarily grafted on a membrane bone developed in some 
relation to MECKEL'S cartilage. 

The homologies of the several bones 071 the dorsal surface of 
the head of the fish can now be considered. © 

Here it is evident, first of all, that Bripge’s bone B?, not being 
in any way directly related to the supraorbital canal, can not alone 
be the homologue of the frontal bone of other fishes. It may, however, 
represent a part of that bone, if it be assumed that the bone is nor- 
mally formed of two separate components of different origin, one de- 
veloped in relation to the supraorbital canal and the other not so 
related, and that these two components are found separate and distinct 
in Polyodon. The little spicules of bone that unite bone B? and the 
series of ossicles that form bone 3 certainly favour this assumption, 
but it seems to me more probable that bone B? is a parietal, the 
presence, in all my specimens, of a median opening between the bones 
of opposite sides of the head, resembling a parietal foramen, being 
decidedly in favour of this interpretation. The bones B! then become 
paired supraoccipitals, instead of parietals, and this is in full accord 
with their relations to the suprascapulars and extrascapulars, which 
relations would otherwise be unusual. 

The suprascapular, correctly identified by BRIDGE, has the normal 
relations of that bone to the lateral canals, but its long anterior arm, 
with the related descending lateral plate, are unusual. BRIDGE con- 
siders this descending plate to represent the pedicle or leg of the 
bone of teleosts. It might perhaps also contain the intercalar of those 
fishes, that bone being the one with which the pedicle of the supra- 
scapular normally articulates. It is here to be remembered that the 
intercalar of all living fishes, so far as I know, though generally 
homologized with the opisthotic of higher animals, is primarily a 
purely dermal bone (2). It can not therefore be represented in the 
purely primary ossification that BRIDGE describes as the opisthotic. 


On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 675 


Bones 7, 2 and 3 of my descriptions now remain to be con- 
sidered, and, as already stated, they are capable of two different inter- 
pretations. The one that first suggests itself is, that they are re- 
spectively the squamosal, postfrontal, and frontal; and, considered as 
such, the bones on the top of the head of Polyodon would conform 
closely with the similarly named bones in GEGENBAUR’S (10) and 
Huxrey’s (13) figures of the cranial bones of Acipenser sturio; 
Huxrey’s bone B, shown on one side only of GEGENBAUR’S figure, 
being considered as the extrascapular, and his bones I and L as the 
suprascapular and supraclavicular respectively. The hyomandibular 
canal of Polyodon would, however, then join the main infraorbital in 
the postfrontal bone, and the infraorbital and supraorbital canals 
would anastomose in the squamosal, this latter bone even probably 
containing, though I cannot positively assert this, a sense organ 
anterior to the point of anastomosis of the two canals. These re- 
lations of this bone to the lateral canals would be most unusual, as 
would also be the wide separation of the postfrontal from the frontal 
by the intervening squamosal. There would also be the several lateral 
canal ossicles between bone B? and the extrascapular to account for, 
and it would have te be assumed either that they represent an un- 
fused part of the squamosal or such a part of the extrascapular, which 
latter bone would then have a most unusual anterior extension. 

Under my second interpretation, which I consider much the more 
probable, the point of departure is the assumption that the two or 
more tubular ossicles that lie anterior to the T-shaped extrascapular 
alone represent the lateral sensory element of the squamosal. My 
bone 7 then becomes the postfrontal, and it seems much more proper 
that a postfrontal should acquire the relations that this bone has to 
the point of anastomosis of the infra- and supraorbital canals than 
that a squamosal should acquire it. It is, however, contrary to all pre- | 
cedent that a postfrontal bone should lodge either a supraorbital organ, 
or an infraorbital organ that lies posterior to the point of anastomosis of 
that canal with the supraorbital. If the bone lodges these several organs, 
as seems probable, it has, however considered, an unusual relation to the 
lateral canals, this certainly showing how carefully these canals must 
be considered in using them to definitely determine the homologies of 
the related bones. If the bone is nevertheless a postfrontal, my 
bone 2 necessarily becomes a postorbital, bone 3 remaining the frontal, 
as under the first interpretation; the frontal and postfrontal then 
having proper relations to each other. The hyomandibular canal 


676 E. PH. ALLIS, 


would then join the main infraorbital in a postorbital and not in a 
postfrontal bone, which is certainly much more in accord with the 
position of the hyomandibular canal in selachians, which canal seems 
so evidently the homologue of the hyomandibular part of the canal 
in Polyodon. It is also in full accord with the position of the anterior 
end of the horizontal check line of pit-organs of Amia, which line so 
probably represents the dorsal part of the hyomandibular line of 
Polyodon (4). Moreover, the several cranial bones of Folyodon here 
under discussion would then conform closely, in their relations to 
each other, with the corresponding bones in Clarias, as given by 
PoLLarp (18), and also with those of Trematosaurus as given by 
FRITSCH (8); excepting only in the apparent absence of an extra- 
scapular bone in both these latter animals, and in the intercalation 
of a lachrymal, along the supraorbital canal of Trematosaurus, between 
the prefrontal and the nasal. Comparison with Clarias and Tremato- 
saurus would also indicate that those lateral canal ossicles that span, 
in Polyodon, the space between the bones B? and C? must together 
represent the prefrontal bone of the fish, the posterior ones alone re- 
presenting the frontal; the prefrontal thus lying serially along the 
supraorbital canal between the frontal and the nasal. In Archego- 
saurus the supraorbital canal seems (8) even to be restricted to the 
postfrontal and prefrontal, not traversing the frontal at all. However this 
may be, it is evident that the so-called prefrontal of many descriptions 
of teleosts is quite probably not the homologue of the similarly named 
bone of amphibians, the latter bone being either wholly absent in 
teleosts, being there represented in the posterior one of the two nasal 
bones sometimes found on each side of the head, or being completely 
fused with either the frontal or nasal. But, it is needless to say, 
much more extended, and especially much more careful, investigation 
of the lateral system must be made before definite conclusions, based 
on it, can be arrived at. 

The homologies here last above proposed show, if correct, that 
while Polyodon more closely approaches selachians in the arrangement 
of its lateral canals than any known teleost or other ganoid, the bones 
enclosing those canals more closely approach the arrangement found 
in Amphibians than those of any other known living fish, excepting 
Clarias, which latter fish, according to HuxLey (12), closely ap- 
proaches Coccosteus in its dermal armament. 

The conditions found in Polyodon, moreover, definitely establish 
the fact that there is a definite lateral canal component in certain of 


On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 677 


the so-called dermal bones of the skull of fishes, and that this com- 
ponent may be found wholly separate and distinct from another, so- 
called membranous component that may form part of the same bones. 
Is then this lateral component retained after the sensory organ or 
organs in relation to which it is developed have disappeared? That 
it may be retained without a related enclosed organ is certainly 
shown by the presence, in Conger (5), of a postauditory squamosal 
canal ossicle without such a related organ. 


Palais Carnolés, Menton, 
May 5th, 1902. 


Literature. 


1) Aruıs, Epwarp PHerrs jr, The anatomy and development of the 
lateral line system in Amia calva, in: Journ. Morphol., V. 2, 
No. 3, April 1889. 

2) —, On certain homologies of the squamosal, intercalar, exoccipital 
and extrascapular bones of Amia calva, in: Anat. Anz., V. 16, 
Nos. 3 and 4, June 1899. 

3) —, The premaxillary and maxillary bones, and the maxillary and 
mandibular breathing valves of Polypterus bichir, ibid. V. 18, 
Nos. 11 and 12, Oct. 1900. 

4) —, The lateral sensory canals, the eye-muscles, and the peripheral 
distribution of ‘certain of the cranial nerves of Mustelus laevis, 
in: Quart. J. microsc. Sc., V. 45, Part 2, Nov. 1901. 

5) —, The lateral sensory system in the Muraenidae. (In press.) 

6) BrinGe, Wm. T., On the osteology of Polyodon folium, in: Phil. 
Trans. Roy. Soc. London, Part 2, 1878. 

7) CoLuingGe, W. E., The sensory canal system of fishes, Part 1, 
Ganoidei, in: Quart. J. microsc. Sc., V. 36, Part 4, August 1894. 

8) Frirscu, A., Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Perm- 
formation Böhmens, V. 1, Prag 1879—80. 

9) GEGENBAUR, CARL, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der 
Wirbelthiere, Heft 2. Schultergürtel der Wirbelthiere, Leipzig 
1865. 

10) —, Vergleichende Anatomie der Wirbelthiere mit Berücksichtigung 
der Wirbellosen, V. 1, Leipzig 1898. 

11) Herrick, C. Jupson, The cranial and first spinal nerves of Menidia: 
a contribution upon the nerve components of the bony fishes, 
Dissertation, State Hospitals Press, Utica, N. Y., 1899. 


678 E. PH. ALLIS, Lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 


12) Huxrey, Tomas H., Preliminary essay upon the systematic ar- 
rangement of the fishes of the Devonian epoch, in: Mem. Geol. 
Surv., Decade 10, London 1861. 

13) —, A Manual of the anatomy of vertebrated animals, New York 
1872. 

14) KraatscH, H., Ueber die Herkunft der Skleroblasten. Ein Beitrag 
zur Lehre von der Osteogenese, in: Morphol. Jahrb., V. 21, 
Heft 2, April 1894. 

15) Merkez, FR, Ueber die Endigungen der sensiblen Nerven in der 
Haut der Wirbelthiere, Rostock 1880. 

16) Mincxert, W., Zur Topographie und Entwicklungsgeschichte der 
Lorenzini’schen Ampullen, in: Anat. Anz., V. 19, No. 20, July 
1901. 

17) Peasopy, James E. The ampullae of Lorexzını of the Selachii, in: 
Zool. Bull., V. 1, No. 4, December 1897. 

18) Pouuarp, H. B., The lateral line system in Siluroids, in: Zool. Jahrb., 
V. 5, Anat., Heft 3 and 4, Oct. 1892. 


Explanation of Plate. 
Plate 28. 


Index letters. 


5! Bripge’s bone b! soc supraorbital lateral sensory 
B? R usb? canal ! 
ESC extrascapular, or supratempo- SO(C1) supraclavicular; Berıper's 
ral bone bone c! 
ioc infraorbital lateral sensory canal Sg squamosal lateral sensory os- 
hye hyomandibular lateral sensory sicles. 
canal 


Fig. 1. The dermal bones, somewhat broken, and related lateral 
canals on the dorsal surface of the head of Polyodon. 


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de | a? Smee cee fens “a i le ee ee CR RS ee 


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Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


Anatomisch-systematische Beitrage zur Kenntniss 
der Tracheopulmonaten. 


Von 
Dr. phil. @. Glamann, 


stellvertr. stadt. Oberthierarzt, Berlin. 


(Aus dem Zoologischen Institut in Berlin.) 


Hierzu Tafel 29—34 und 9 Abbildungen im Text. 


Hinleitung. 

Die dem australischen Continent und seinen Inseln eigenthümliche 
Familie der Pulmonaten, die Janelliden, die sich dadurch vor allem 
auszeichnen, dass sie nur 2 Tentakel besitzen, sind in der letzten Zeit 
Gegenstand eines regen Interesses gewesen. Von ihren Gattungen 
haben Janella, Aneitella und Triboniophorus eingehende Unter- 
suchungen erfahren; besonders sind PLATE’S „Beiträge zur Anatomie 
und Systematik der Janelliden‘‘ von Bedeutung für die Kenntniss des 
Baues der Gattungen Janella und Aneitella sowie ihrer Stellung im 
System geworden. PLATE hat als der Erste nachgewiesen, dass die 
Janelliden im Gegensatz zu den auf den übrigen Continenten bekannten 
Pulmonaten keine Gefässlunge besitzen, sondern eine „Büschellunge“, 
wie er sie genannt hat, dass diese aus Divertikeln und Athemröhrchen, 
die eine Athemhöhle umgeben, besteht und dass die Athemröhrchen 
den Gasaustausch mit der Hämolymphe, die in einem grossen dorsalen 
Sinus diese Lunge umspült, direct vermitteln. Er hat ferner auf den 
complieirten Aufbau des Ureters aufmerksam gemacht und das Vor- 
handensein eines eigenthümlichen subcutanen Sinnesorgans, welches 
als ein modificirtes Osphradium gedeutet wurde, zuerst beschrieben. 

Um diese neuen Gesichtspunkte für die Anatomie der Janelliden 
in ihrem ganzen Umfang verwerthen zu können, wurde eine Nachunter- 
suchung zunächst der noch übrig bleibenden Gattungen, dann aber mög- 
lichst vieler Arten nothwendig. PFEIFFER hat in seiner Arbeit „Die Gat- 
tung Triboniophorus“ die von PLATE gemachten Angaben im vollen 
Umfang für diese Gattung bestätigt gefunden. Da von den über die 


680 G. GLAMANN, 


Gattung Aneitea vorliegenden Arbeiten keine den anatomischen Auf- 
bau der Lunge und des Excretionsorgans berührt, so musste es von 
Interesse sein, die fehlende Untersuchung anzustellen. Es lag die 
Vermuthung nahe, dass auch bei dieser letzten Gattung für die ge- 
nannten Organe dieselben anatomischen Verhältnisse angetroffen werden 
würden wie bei Janella, Aneitella und Triboniophorus; gleichzeitig 
konnte, falls sich auch für Aneitea wie für die andern nur ihr eigen- 
thümliche Gattungsmerkmale nachweisen liessen, die Diagnose für die 
4 Gattungen der Janelliden mit einiger Sicherheit aufgestellt werden. 
Ich habe mit der vorliegenden Arbeit versucht, diese Lücke auszu- 
füllen, indem ich 2 Exemplare der Gattung Aneitea untersucht und 
im Folgenden beschrieben habe; gleichzeitig habe ich die Anatomie 
von Aneitella virgata, von der vorher EpGAr A. SMITH eine kurze 
Beschreibung gegeben hat, die jedoch nur Angaben über den Habitus, 
den Kiefer und die Schalenkammer enthält, ohne auf den Aufbau der 
Organe einzugehen, an einem Exemplare festzustellen mich bemüht. 
Das Material verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Prof. 
Dr. LupwiG PLATE, dem ich gleichzeitig für die Stellung dieses 
Untersuchungsthemas sowie für die Förderung, die er meiner Arbeit 
hat angedeihen lassen, zu verbindlichstem Danke verpflichtet bin. 

Es ist mir ein Bedürfniss, gleichzeitig meinem hochverehrten 
Lehrer Herrn Geheimrath Prof. Dr. F. E. Scuunze für die vielfache 
Anregung und Belehrung, die ich in seinen Vorlesungen und prak- 
tischen Uebungen gefunden habe, meinen tiefgefühltesten Dank aus- 
zusprechen. Ich verfehle auch nicht, Herrn Prof. Dr. v. MÄHRENTHAL 
und Herrn Dr. Heymons für das meiner Arbeit entgegengebrachte 
Interesse aufrichtigst zu danken. 


Die Gattung Aneitea ist im Jahre 1860 von Gray aufgestellt 
worden. Der englische Schiffsarzt J. D. Macponatp hat im Jahre 
1856 2 Exemplare einer zweitentakligen Landschnecke von der Insel 
Aneiteum (Neue Hebriden) genauer untersucht und, trotzdem er nach 
der ebenfalls von Gray 1850 aufgestellten und ihm bekannten Dia- 
enose der Gattung Janella annahm, dass die von ihm untersuchten 
Exemplare eine neue Gattung darstellten, ihnen doch keinen Namen 
gegeben, sondern sie einfach als Aneiteum slug bezeichnet. Nach der 
von MacpenaLp gegebenen Beschreibung und nach eigenen Unter- 
suchungen, die er an Exemplaren aus Neu-Caledonien anstellte, con- 
struirte Gray, da er seine Exemplare für dieselbe Art wie die Mac- 
DONALD’sche hielt, als zweite die Gattung Aneitea, die er folgender- 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 681 


maassen definirte: ,,Der kleine, dreieckige Mantel enthalt ein Schalen- 
stück. Vom Hals [dem Theile des Rückens zwischen Kopf und Mantel] 
gehen 2 divergirende Furchen nach den Lippen [dem Mundrande]. 
Ueber den Rücken verläuft eine mittlere tiefe Rinne, in die seichtere 
Seitenfurchen schräg einmünden. Zähne viereckig, Kiefer hornig.“ 
GRAY machte aus der Gattung Aneitea dann die Familie Aneiteadae, 
die er den Janelladae, der von ihm zuerst aufgestellten Familie, 
gegenüber stellte. KEFERSTEIN, der 2 von ihm benannte Arten der 
Gattung Triboniophorus beschrieben hat, sprach 1865 die Ansicht 
aus, dass die bis dahin bekannten Vertreter der zweitentakligen Land- 
_ schnecken alle zu einer Familie, Janellidae, gehörten und dass keine 
Veranlassung vorliege, eine zweite Familie, Aneiteidae, aufzustellen. 
Er bezeichnete mit Aneitea nunmehr wieder eine Gattung in der 
Familie der Janelliden mit der folgenden Diagnose: „Rücken mit einer 
tiefen Längsfurche und mehreren seichtern, in sie einmündenden 
schrägen Seitenfurchen. Mantel klein, dreieckig. Zungenplatten [Zähne] 
viereckig mit einfachem, mittelständigem, spitzem Zahn [Rhachiszahn]. 
Kiefer vorn flach concav, mit einem aus der ganzen Breite ent- 
springenden hintern Fortsatz.“ HEpLEY hat 1889 die Gattung Tri- 
boniophorus für synonym mit Aneitea erklärt und in Folge dessen nur 
2 Gattungen, Athoracophorus und Aneitea, aufgestellt. Er zählt als 
Arten von Aneitea auf: A. macdonaldi, A. gräffei, die HuMBERT 
1863 als Gattung Triboniophorus neu aufgestellt hat, und als zweifel- 
hafte Art die Exemplare, die Gray 1860 als Alkoholpräparate von 
Neu-Caledonien erhielt und nach denen er seine Gattung Aneitea auf- 
stellte. Triboniophorus schüttei und kreffti KEFERSTEIN halt er für 
synonym mit Aneitea (Triboniophorus) gräffer. 

MACDONALD, der, wie schon erwähnt, zuerst eine Beschreibung 
des Aneiteum slug geliefert hat, giebt an, dass die lebenden Thiere 
eine ungemein wechselnde Gestalt, bald kurz und breit, bald lang und 
dünn, mit allen möglichen Zwischenstufen, annehmen können, so dass 
die eigentlichen Körpermaasse sich nur schwierig feststellen liessen. 
Das Thier sei etwa 21/, (englische) Zoll lang bei °/; Zoll Breite; 
seine Farbe sei ein fahles Gelbbraun mit eingesprengten röthlich- 
braunen oder schwarzen Flecken. Er fährt dann fort: „Auf der Mitte 
des Rückens läuft eine enge Furche vom Nacken bis zu der stumpfen 
Spitze des Schwanzes. Von dieser Primärfurche gehen beiderseits 
kleinere Seitenfurchen ab, die einander parallel schief nach hinten und 
aussen bis an den dünnen Fussrand ziehen und mit einander durch 


682 G. GLAMANN, 


Zwischenräume in Verbindung stehen, die quer zwischen niedrigen, 
warzenartigen Hauterhöhungen verlaufen. 

Der auf der rechten Körperseite etwas nach vorn von der Körper- 
mitte gelegene Mantel hat an der Oberfläche nur eine geringe Aus- 
dehnung; er wird begrenzt von einem Dreieck aus Hautfurchen, dessen 
Winkel abgerundet sind. Die Basis dieses Dreiecks gehört der Mittel- 
linie des Körpers an, die an dieser Stelle etwas nach links ausbiegt. 
Der äussere, mehr stumpfe Winkel ist tief in die Haut eingekerbt und 
erscheint von der Athemöffnung durchbohrt. Vom vordern Winkel 
gehen 2 Seitenfurchen nach vorn, die sich so abzweigen, dass sie am 


Grunde der Fühler aussen vorübergehen. Die Tentakel entspringen . 


direct am Kopf und haben mit dem Mantel keine Verbindung. Sie 
nehmen nach dem Ende zu an Umfang ab; die Spitze ist wieder etwas 
verbreitert und trägt auf ovaler Endplatte das Sehorgan.“ Aus den 
beigegebenen Abbildungen lässt sich ausserdem erkennen, dass das 
ziemlich grosse Athemloch in der rechten Mantelecke sich befindet 
und dass in seiner Nähe der Anus mündet. 

Unter dem Namen Athoracophorus hirudo hat FISCHER 1868 eine 
zweitentaklige Landschnecke folgendermaassen beschrieben: „Lang ge- 
streckte Form, vorn abgerundet, hinten zugespitzt. Ueber die Mittel- 
linie des Körpers verläuft eine ziemlich tiefe Längsfurche, von der 
jederseits schräg von vorn und oben nach hinten und unten verlaufende 
Seitenfurchen abgehen. Auf der rechten Körperseite umfasst eine Haut- 
furche ein Dreieck, dessen Basis der Mittelfurche angehört und an 
dessen Spitze die Athemöffnung sich befindet. Dieses Dreieck, das 
dem Mantel der Limaz-Arten entspricht, ist verhältnissmässig klein, und 
seine Ränder gehen allseits unmittelbar in die Körperdecke über. Eine 
weitere Furche umgreift jederseits den Tentakel und einen Theil des 
Kopfs; in der rechten Kopffurche mündet die Geschlechtsöffnung. 
Der Mundeingang liegt auf der Unterseite vor dem Fusse. Die 
Hautfarbe ist ein Gelb mit schwärzlichen, rundlichen, unregelmässig 
verstreuten Flecken; der Mantel ist zumeist einfarbig.“ 

Mit diesen Angaben habe ich den Befund, den die Untersuchung 
meiner Aneitea-Exemplare ergeben hat, verglichen; die Gegenüber- 
stellung ist in Form einer Tabelle dem Untersuchungsergebniss an- 
gefügt. Aus diesem Vergleich ergiebt sich, dass, soweit HEDLEY’s 
Beschreibung der Aneitea gräffei genau ist, sie eine sehr nahe Ver- 
wandtschaft zu meinen Exemplaren erkennen lässt. Die Angaben 
über den Habitus, die Schalenreste und den Kiefer stimmen fast völlig 
überein. Die Aneitea gräffei HepLey’s ist etwas grösser und zeigt 


nf. 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 683 


in der weissen bis lichtgelben Hautfarbe purpurrothe Binder an der 
Spitze des Schildes und der hintern Hälfte des Fusses; Hepiey giebt 
selbst an, dass die Thiere in Alkohol sich ganz verschieden contra- 
hiren und dass das Pigment nach einigen Wochen darin verschwindet. 
Auch seine Mittheilung, er habe an der vordern Spitze des Schildes 
als Schalenreste ca. 12 abgerundete Kalkstückchen von unbestimmtem 
Umfange gefunden, von denen das vorderste das grösste sei und aus 
mehreren zusammengewachsenen Stücken zu bestehen scheine, ist nicht 
anders aufzufassen, als dass in einer Schalenkammer, deren Lage der- 
jenigen meiner Exemplare entspricht, mehrere Kalkstückchen, ein 
grösseres und einige kleinere, vorhanden sind; selbst den scholligen 
Aufbau, wie ich die Structur des grössern Schalenstückchens genannt 
habe, hat HEDLEY gesehen und als Resultat des Zusammenwachsens 
aus mehreren Stücken erklärt. Die Bildung des Zahnfortsatzes in der 
Mitte des vordern Kieferrandes und des blattartigen Fortsatzes an der 
untern Kieferfläche stimmt bei beiden Arten völlig überein; die Ent- 
wicklung des Digestionstractus sowie der Genitalorgane lässt, soweit 
HrepLey diese Organe mit Wort und Bild berücksichtigt hat, einen 
Unterschied gegen das von mir gefundene Ergebniss nicht erkennen. 
Allerdings fehlen Angaben über den Bau der Niere und des Ureters 
bei HEDLEY ganz, und ich kann deshalb ein Schema, das ich bei der 
Besprechung der Excretionsorgane der von mir untersuchten Exem- 
plare für den Nieren- und Ureteraufbau der Tracheopulmonaten als 
Versuch aufgestellt habe, der Aneitea gräffei gegenüber auf seine 
Richtigkeit nicht prüfen. Die HepLey’sche Untersuchung übergeht 
ferner den Rhachiszahn ganz und ist für die Seitenzähne so wenig 
sagend, dass auch dieser für die Systematik mit am besten zu ver- 
werthende Unterschied hier nicht in Betracht gezogen werden kann; 
ich bin jedoch trotzdem genöthigt, vorläufig an der Vermuthung fest- 
zuhalten, dass meine Aneitea-Exemplare zur Art der HepLeyY’schen 
gräffei gehören. Bei der Uebereinstimmung der beiden Formen im 
Habitus und im Bau des Kiefers und der Kalkschale muss es dahin- 
gestellt bleiben, ob eine spätere, genauere Untersuchung der HEDLEY- 
schen Aneitea gräffei vielleicht im Bau des Ureters und der Radula- 
zähne derartig tiefgreifende Unterschiede ergeben wird, dass eine 
Trennung derselben von meinen Exemplaren eine Nothwendigkeit wird. 

Nicht verhehlen will ich, dass ich das Vorhandensein solcher 
Unterschiede eigentlich beim Beginn der Untersuchung erwartet hatte. 
Die Heprey’sche Aneitea ist eine continentale, die meine eine Insel- 


form; jene stammt aus der Nähe von Brisbane und diese von den 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 44 


684 G. GLAMANN, 


Neuhebriden. Es war anzunehmen, dass die Veränderung der 
Lebensbedingungen, wie sie die Insel dem Continent gegenüber doch 
in den meisten Fallen hervorruft, eine Anpassung der urspriinglich 
continentalen Form an die veränderten Bedingungen und damit eine 
theilweise Umbildung des Thieres verursachen werde; einer spätern 
Untersuchung der continentalen Form bleibe es überlassen, zu ent- 
scheiden, ob in diesem Fall der sonst oft bestätigte Erfahrungssatz 
keine Gültigkeit hat. 

Ich widerspreche mit meiner Annahme, meine Aneitea-Exemplare 
seien identisch mit Aneitea gräffei, auch der Behauptung PFEIFFER’s, 
dass die HEDLEY’sche Aneitea gräffei synonym mit Triboniophorus und 
deshalb als Zriboniophorus gräffei in diese Gattung aufzunehmen sei. 
Die Behauptung PFEIFFEr’s ist wahrscheinlich veranlasst durch die 
schon erwähnte Ueberlegung, dass Triboniophorus und Aneitea zwei 
sich sehr nahe verwandte Gattungen darstellen, von denen 7'riboniophorus 
die continentale und Aneitea die insulare Form repräsentirt; er re- 
clamirt deshalb die Heprey’sche Aneitea gräffei, weil sie auf dem 
Continent lebt, für die Gattung Triboniophorus. Aus den vorher an- 
gegebenen Gründen muss ich die continentale Aneitea-Art wieder her- 
stellen; meine Exemplare schliessen sich im Habitus und anatomischen 
Aufbau, soweit sie von insularen Aneiteen bekannt sind, diesen Aneiteen 
völlig an, sind also wahre Aneiteen; sie gleichen jedoch der Aneitea 
gräffei HEDLEY’s dermaassen, dass das Vorkommen der Aneiteen auf 
dem Continent als erwiesen betrachtet werden muss. 


Habitus. 


A. Aneitea. 


Die beiden mir vorliegenden Exemplare der Gattung Aneitea 
weichen ausser in den Maassen nur durch einen Umstand von einander 
ab, der nicht als eine Verschiedenheit in der Art aufzufassen ist, 
sondern eine andere, unten mitgetheilte Zufälligkeit als Ursache hat. 
Ich nenne des leichtern Auseinanderhaltens halber die beiden Exem- 
plare A. I und A. II und werde sie nicht einzeln besprechen, sondern 
nur, wo solche vorhanden, auf die Unterschiede aufmerksam machen. 

Aneitea I (Fig. 1) hat eine Länge von 87 mm, ist 16 mm breit 
und erreicht ihre grösste Höhe etwa in der Mitte, wenig nach dem 
hintern Körperende zu, mit 14 mm. Bei dem zweiten Exemplar be- 
tragen die obigen Maasse 48 bez. 14 bez. 11,5 mm; die grösste Breite 
des Fusses bei A. I misst 15, bei A. II 14 mm. Die conservirten 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 685 


Thiere erscheinen stark zusammengezogen, ihre Farbe ist ein fast 
überall gleichmässiges helles Grau. Der hoch gewölbte Rücken fällt 
steil zu den Seitenwänden ab. Auf dem Querschnitt sieht man, dass 
die Fussohle sich direct an die Seitenwände des Körpers ansetzt; ein 
Hyponotum, wie es für Janella charakteristisch ist, fehlt also, da- 
gegen findet sich an der Uebergangsstelle ein sehr schmaler, scharf- 
randiger Saum, der namentlich bei A. I den Runzeln des Fusses ent- 
sprechend in Falten gelegt ist. Bei nur wenig, aber stetig abnehmender 
Höhe senkt sich der Rücken nach vorn sanft zum Munde herab. Die 
Gestalt des hintern Körperendes ist nun bei A. I und A. II völlig 
verschieden. Während bei A. II etwas vor Beginn des letzten Körper- 
drittels der gesammte Körper sich rasch zu einer scharf auslaufenden 
Spitze verjüngt, bleibt der Höhendurchmesser bis unmittelbar zu dieser 
Körperstelle bei A. I derselbe, ja es findet sich hier sogar eine leicht 
buckelförmige Aufwölbung der Haut, die steil. zum Körperende abfällt. 
Dieser Unterschied klärte sich bei der Präparation des Situs viscerum 
auf; der Digestionstractus von A. I war mit aufgenommener Nahrung, 
einer braunschwarzen, feinkrümligen, humusartigen Masse, gefüllt, 
während À. II nur geringe Ingesta im Darmcanal enthielt. 

Die Haut ist durchweg glatt. Die geringe Felderung, die sich 
namentlich im letzten Körperdrittel von A. II, wenn auch sehr schwer, 
erkennen lässt, möchte ich mit PFEIFFER als eine Folge der durch 
die Conservirung eingetretenen starken Krümmung der Thiere an- 
sprechen. Die bei A. I, wie oben erwähnt, vorhandene, stark ge- 
spannte Haut des hintern Körperendes lässt wenigstens keinerlei Ein- 
drücke erkennen. Die Haut des Fusses weist zahlreiche Querfurchen 
auf, von denen einzelne, tiefere, quer über die Breite des ganzen 
Fusses verlaufen, während dazwischen liegende, seichtere, nur etwa 
ein Drittel oder die Hälfte der Haut durchziehen. Sie vertheilen sich 
auf die Strecke vom Munde bis an diejenige Stelle, wo der Körper 
sich zur Schwanzspitze verjüngt; von hier ab sind sie sehr schwach 
angedeutet oder verschwinden. Es hebt sich durch diese Anordnung 
der Furchen ein deutlicher Mittelstreifen hervor, der, gegen die Rand- 
partien der Sohle in der Farbe nicht verändert, durch seine wenigen 
und tiefen Furchen auffällt, jedoch auch im letzten Körperdrittel, wo 
die Furchung fehlt, deutlich abgesetzt ist. Seine Breite beträgt bei 
A. I 6, bei A. II 6'/, mm. A. II zeigt im Ganzen gegen À. I sehr 
schwach angedeutete Fussfurchen, doch ist auch hier der Mittelstreifen 
deutlich erkennbar. Nach Hurron (1878) sind der Mittel- und die 
Seitenstreifen der Fussohle lediglich auf die Conservirung zurückzu- 

44* 


686 G. GLAMANN, 


fiihrende Erscheinungen. Er betont ausdriicklich, dass eine solche 
Dreitheilung der Sohle im Leben nicht beobachtet wird und dass sie 
erst auftritt, nachdem man die Thiere in starken Alkohol gebracht hat. 

Im vordern Körperdrittel auf der Höhe des Rückens, nach rechts 
von der Mediane, liegt ein von 3 Furchen — Mantelfurchen — gebildetes 
Schild, das Mantelschild (Fig. 1 ma). Die linke Mantelfurche ist ein 
Theil der von der vordern Mantelschildspitze bis zum Körperende die 
Mittellinie des Rückens darstellenden medianen Rückenfurche (Fig. 1 mf). 
Sie ist leicht nach links gebogen, während die rechte vordere und 
hintere Mantelfurche gerade verlaufen; sie stossen fast im rechten 
Winkel auf einander. Die Mantelfurchen von A. II sind alle leicht 
gebogen. Das von den Furchen umschlossene Dreieck hat bei A. I 
15 mm Länge und 9 mm grösste Breite (Fig. 1). Die hintere Ecke 
bildet einen spitzen Winkel, die vordere ist abgerundet, die rechte 
stellt einen fast rechten Winkel dar. In dieser Mantelecke, 1 mm von 
den Furchen entfernt, liegt eine rechtwinklig gebogene Furche — 
die Renoanalrinne PLATE’s — die durch eine secundäre Rinne mit der 
rechten vordern Mantelfurche communicirt. Zwischen ihren etwas 
wulstigen Rändern werden 2 Oeffnungen sichtbar, von denen die obere 
die Athemöffnung (Fig. 1 atl), die untere den After (an) darstellt. 
Wie später angegeben, ist eine eigentliche Nierenöffnung nicht vor- 
handen, der Ureter mündet in den Athemgang (Fig. 1 atl+-o.re). Die 
vorher erwähnte mediane Rückenfurche (mf) theilt sich an der vordern 
Ecke des Mantelschildes in 2 divergirende Kopffurchen, die das Kopf- 
schild (Fig. 1 ksch) umschliessen. Ihr Verlauf ist in so fern ein ver- 
schiedener, als sie bei A. I um den Grund des Fühlers nach vorn und 
innen sich herumlegen und dort in der Haut endigen, bei A. II da- 
gegen sich im halbkreisförmigen Bogen aussen um die Fühler herum- 
legen, convergiren und sich in der Mediane am obern Rande der Mund- 
öffnung erreichen; sie umsäumen auf diese Weise einen Vförmigen 
Hautlappen, den man als Stirn bezeichnen könnte. Dieser Hautlappen 
wird bei A. I von einer besondern Furche — Stirnfurche — umsäumt, 
die quer über der Mundôffnung in der Körperhaut flachbogig verläuft; 
der Hautlappen ist dem zu Folge hier nicht Vförmig, sondern sanft 
geschweift. Ferner sind hier die Stirnfurchen viel tiefer als bei A. II, 
so dass man von dem Vorhandensein zweier Mundsegel sprechen 
könnte. Von der medianen Rückenfurche, den Mantel- und Kopf- 
furchen gehen in unregelmässigen Zwischenräumen Seitenfurchen ab 
(Fig. 1 sf), die parallel von oben und vorn nach hinten und unten 
verlaufen. Sie anastomosiren nicht mit einander und sind nur schwach 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 687 


angedeutet, so dass sie bei A. I nur als feine, hellere Streifen sicht- 
bar sind. Bei diesem Exemplar sind rechts 14, links 13 Seitenfurchen 
vorhanden; À. II hat davon auf jeder Seite 21. Die Differenz lässt 
sich daraus erklären, dass auf der straff gespannten Haut des hintern 
Körperdrittels von A. I Furchenbildung nicht mehr wahrgenommen 
werden konnte. Die Seitenfurchen liegen enger an einander am vordern 
und hintern Körperende; bedeutend, bis über das Doppelte, erweitert 
sich der Raum zwischen ihnen in der Körpermitte. Sie reichen bis 
an den oben erwähnten gefalteten Saum an der Uebergangsstelle der 
Körperwand in den Fuss heran. Ich möchte mich, was die Ver- 
schiedenheit in der Zahl der Seitenfurchen sowie im Verlaufe der 
Kopffurchen bei den beiden Exemplaren betrifft, der Ansicht PFEIFFER’S 
anschliessen, der aus seinen Untersuchungen folgert, dass Verschieden- 
heit in der Anzahl und Beschaffenheit der Furchen kein systematisches 
Merkmal ist, welches zur Artunterscheidung verwerthet werden kann. 
Auch hier beweist die Verschiedenheit in der Zahl der Seitenfurchen 
sowie im Verlauf der Kopffurchen zweier, einschliesslich aller Organe 
auch in der Farbe übereinstimmender Individuen die Richtigkeit der 
Annahme PFEIFFER’s, „dass in der Ausbildung dieser Furchen eine 
grosse individuelle Variabilität besteht“. 

Es sind 2 Fühler vorhanden, welche die Augen tragen (Fig. 1 te). 
Bei beiden Exemplaren sind sie bis auf eine sehr geringe, mit einem 
Schlitz versehene Erhebung über die Haut des Vorderendes eingestülpt. 

Der Genitalporus (Fig. 1 0.ge) liegt an der rechten Körperseite 
in der rechten Kopfschildfurche, bei A. I unmittelbar am Grunde des 
Fühlers. Der Abstand der Geschlechtséffnung vom Grunde des rechten 
Fühlers bei A. II beträgt 2 mm. 


B. Aneitella. 


Von Aneitella virgata, die in einem Exemplar mir zur Unter- 
suchung vorlag, hat EpGar A. SmitH 1884 eine kurze Beschreibung 
gegeben, die von Athoracophorus virgatus, wie er die Art nennt, Fol- 
gendes berichtet: 

„Das in Spiritus befindliche Thier ist ziemlich dreimal so lang 
wie breit; am breitesten in der Körpermitte, sehr flach und am Hinter- 
ende wenig zugespitzt, mit convexem Rücken, nicht gekielt, von röth- 
lich gelber Farbe, mit 5 unregelmässigen Streifen über den Rücken 
von schwärzlichem Farbton, glatt, mit nur schwachen Anzeichen einer 
centralen und mehreren lateralen Furchen. Der Fuss ist sehr breit, 
gleichmässig gelbroth, an den Seiten mit dünnem Rand versehen. Die 


688 G. GLAMANN, 

Athemöffnung ist klein und etwas über der Mitte zwischen der Riicken- 
oberfläche und dem Fussrand nach diesem zu gelegen; von der Oefi- 
nung läuft eine enge Furche schief nach vorn zur Rückenmitte, die 
sich dann theilt und an dem Augententakel jeder Seite vorbei geht. 
Die Mundöffnung ist im contrahirten Zustande von einem verdickten 
Rand umgeben und oben dreitheilig. Es ist ein horniger Kiefer mit 
concavem Schneiderand und einem kleinen, dreiseitigen Vorsprung in 
der Mitte vorhanden, der seitlich bis über die Ränder hinaus reicht. 
Die Schale wird ersetzt (nur ein Thier ist untersucht worden) durch 
8 kleine Kalkstückchen von verschiedener Form und Grösse — das 
grösste war über 1?/, mm lang —, die in der Mitte des Rückens 
wenig vor der Athemöffnung liegen. Die Maasse des Thieres be- 
tragen: Länge 27, Breite 10, Höhe 8 mm; das untersuchte Exemplar 
ist auf Wild Island gefunden worden.“ 

PLATE hat eine andere Art, Aneitella berghi, untersucht. Er be- 
schreibt diese Art als schmal lanzettförmig von oben gesehen, vorn 
verhältnissmässig breit, hinten in eine stumpfe Spitze auslaufend. Ein 
Hyponotum fehlt; der Rücken fällt jederseits ziemlich steil ab und 
bildet neben der Seitenkante einen schmalen, fast horizontalen Streifen. 
Rücken- und Seitenfurchen fehlen; die beiden Kopffurchen sind von 
gewöhnlicher Länge, weil sie hinten sich nicht vereinigen und um- 
säumen vorn 2 deutlich ausgeprägte Mundlappen. Das Mantel- 
stück ist, da die Rückenfurche fehlt, nur von einer rechten vordern 
und hintern Furche begrenzt; in die erste geht die rechte Kopffurche 
über. In der rechten Ecke des Mantelschildes liegt in einer halb- 
kreisförmigen Furche, der Renoanalrinne, die Afteröfinung und der 
Athemgang mit der Nierenöffnung, die beide zusammen ausmünden. 
Die Genitalöffnung liegt an der gewöhnlichen Stelle. Der gleichmässig 
schmutzig hellgelbe Grundton der Rückenfärbung wird durch Pigment- 
streifen in Form von 5 Längsbinden unterbrochen, die eine Zu- 
sammenhäufung zahlreicher, unregelmässig begrenzter, häufig wolken- 
artiger Flecke darstellen ; ausserdem tritt Pigment in zerstreuten Flecken 
auf dem Kopfschilde und dem Mantel auf. Die Länge des Thieres be- 
trägt 34 mm, seine grösste Breite in der Querebene der vordern 
Mantelecke 11'/, mm, die grösste Höhe in der Mitte des Mantels 
7 mm. 

Mein Exemplar von Aneitella virgata (Fig. 2) ist 23 mm lang, 
10 mm breit und 11 mm hoch. Das vordere Körperdrittel ist ge- 
wölbt, sonst erscheint die Form flach. Das Hinterende läuft in eine 
stumpfe Spitze aus; an den beiden Seitenwänden findet sich ein 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 689 


ca. 2 mm breiter, unregelmässig gezackter Saum (Fig. 2 s). Die Farbe 
ist ein stumpfes Gelblichweiss; über die Oberfläche des Thieres ver- 
laufen 5 einzelne, dunkel tingirte Streifen, von denen 2 neben der 
Mediane des Körpers liegen und 6—8 mm Länge erreichen; neben 
ihnen findet man noch 3 kürzere. 

Die Haut erscheint völlig glatt. Weder die bei A. I und II vor- 
handene Rückenfurche und die Seitenfurchen noch Furchen in der 
Fussohle sind bei Aneitella zu bemerken; auch der eigenthümliche 
hellere Rückenstreifen des Fusses fehlt hier. An Stelle der Mantel- 
furchen findet sich rechts etwas vor der Körpermitte, zwischen der 
Körpermediane und dem Rande eine Linie in Halbbogenform mit 
3 Quereinschnitten (Fig. 2); sie begrenzt das Mantelstück (ma) von 
rechts und setzt sich in eine seitliche Furche fort, die in sanftem 
Bogen bis zum rechten Tentakel (Ze) führt. In den Halbbogen — die 
Renoanalrinne — münden, wie sich später aus Schnitten hat fest- 
stellen lassen, der Reihe nach von vorn nach hinten ein: der Harn- 
leiter, der Athemgang und das Rectum; die ersten beiden dicht neben 
einander (Fig. 2 atl+o.re+ an). Ein Kopfschild fehlt; eine nach 
links abgehende, sehr undeutlich erscheinende Seitenfurche, die bald 
in der Haut verschwindet, ist wohl nicht charakteristisch, sondern auf 
die Contractionswirkung der Conservirungsflüssigkeit zurückzuführen. 

An der Grenze des ersten und zweiten Körperdrittels mitten auf 
dem Rücken liegen in der Haut etwa 12 grössere und kleinere 
Bläschen (Fig. 2 sch), die einen weisslichen Inhalt durchschimmern 
lassen. Es sind dies Schalenbläschen, die leicht glänzende Kalk- 
stückchen enthalten. Eine vor ihnen sich nach der linken Seite herab- 
biegende dunkle Schleife hat sich bei der Präparation als eine Darm- 
schlinge mit Inhalt erwiesen. Die Genitalöffnung ist mit blossem 
Auge nicht aufzufinden. Die beiden Tentakel (fe) stellen 11/, mm 
lange, kolbig aufgetriebene Anhängsel dar mit je einem schwarzen 
Augenfleck an der Spitze. 


Haut und Drüsen. 


Die Haut bedeckt ein einschichtiges Epithel, das bei A. I auf 
der Körperoberfläche schlecht erhalten und nur in den einzelnen Haut- 
 vertiefungen sichtbar ist, ungleich besser conservirt dagegen bei A. II 
angetroffen wird (Fig. 3 ep). Die einzelnen Zellen sind höher als 
breit und sitzen ohne Basalmembran der Cutis auf; den Abschluss 
nach aussen bildet eine derbe Cuticula. Sie besitzen grosse Kerne, 
die den Zellraum fast ausfüllen und gefärbt bald mehr, bald weniger 


690 G. GLAMANN, 


deutlich tief blau tingirte Kernkörperchen und Chromatinkörnchen er- 
kennen lassen. 

In grosser Anzahl, dicht neben einander, liegen unter dem Epithel 
grosse, blasen- oder flaschen-, seltener schlauchförmige Drüsen, die 
stets aus einer Zelle bestehen (Fig. 3 dr). Sie enthalten einen basal- 
ständigen Kern, der von einem blau tingirten, feinmaschigen Proto- 
plasma umgeben ist oder ohne dieses Plasma dem Grunde der Zell- 
membran aufsitzt. Dann hat sich das Plasma zu einem Ballen in der 
Mitte der Zelle zusammengezogen oder liegt vor dem der Epithel- 
schicht zustrebenden Ausführungsgange der Drüse. Dabei ist die 
Färbung durch eingelagerte Secretmassen eine bedeutend intensivere 
geworden, so dass die Maschen des Protoplasmas wenig oder gar nicht 
erkennbar sind. Der Ausführungsgang bricht durch die Reihe der 
Epithelzellen hindurch; er ist meist schmal, etwa flaschenhalsförmig. 
An denjenigen Hautstellen bei A. I, die das Epithel nicht mehr er- 
halten zeigen, nimmt der Ausführungsgang mitunter die ganze Breite 
einer Zelle ein; das Bild gewinnt dadurch den Anschein, als würde 
das in Form von Ballen in den Drüsen enthaltene Secret auf einmal 
durch die breite Oeffnung nach aussen befördert. 

Eine zweite Gruppe von Drüsen, welche den zuerst von PLATE 
bei Janella schauinslandi gefundenen kleinen, einzelligen Drüsen ent- 
sprechen, ist zwischen den grossen Drüsen derartig vertheilt, dass die 
engen Drüsenschläuche, die etwa die 3—4fache Länge der Epithel- 
zellen erreichen, unmittelbar an die Epithelzellenreihe anstossen 
oder sich schon einen Ausführungsgang durch sie hindurch geschoben 
haben (Fig. 3 dr,). Sie erscheinen tiefblau gefärbt; bei stärkerer 
Vergrösserung sieht man an der Basis der homogen gefärbten Plasma- 
masse den Kern liegen. Ihre Zahl ist im Verhältniss zu den grossen 
Drüsen gering, meist sind sie schwer sichtbar. 

Etwas anders verhalten sich diese Drüsengruppen bei A. II. Die 
grossen einzelligen Drüsen erreichen nur etwa die Hälfte an Grösse 
und Zahl derer von A. I. Sie münden stets mit einem engen Aus- 
führungsgange, der sich schlauchförmig zwischen die Epithelzellen 
schiebt. Die kleinen einzelligen Drüsen treten dagegen in bedeutend 
grösserer Zahl als bei A. I auf; sie liegen reihenweise neben einander 
als dunkelblau tingirte Stäbchen, die sich deutlich von den andern 
Drüsen abheben. 

Auch Aneitella zeigt eine Verschiedenheit in so fern, als einmal 
die grossen Drüsen wie bei A. II mit engen Ausführungsgängen 
zwischen den Epithelzellen münden, dann aber die Zahl der kleinen 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 691 


Drüsen bedeutend zurückgeht. Ausserdem findet sich bei Aneitella 
eine Häufung der beiden Drüsenarten zu mehrreihigen Gruppen dicht 
an einander liegender Drüsenzellen am Grunde des Saumes, der die 
Verschmelzung der Rückenhaut mit der Fussplatte bezeichnet. 
Worauf der Unterschied namentlich zwischen den grossen ein- 
zelligen Drüsen bei A. I und A. II beruht, ist nicht genau festzu- 
stellen. Hier sind sie grosse Gebilde, prävaliren an Zahl und haben 
mitunter breite, gegen die Oberfläche gewendete Oeffnungen, derge- 
stalt, dass man annehmen möchte, das Drüsenlumen wäre halbirt 
worden. Dort, geringer an 'Zahl als die kleinen Drüsen, sind sie be- 
deutend kleiner und öffnen sich stets in einen schmalen, röhrenförmigen 


Ausführungsgang. Ob Altersunterschiede — A. I ist nach Körper- 
grösse und Ausbildung der Organe bedeutend älter als A. II — oder 
Beschädigungen durch die Conservirung — A. I hat bis auf einzelne 


Hautfurchen kein Epithel auf der Körperoberfläche erhalten, während 
A. If ein gut ausgebildetes Epithel überall erhalten zeigt — die Unter- 
schiede bedingen, will ich nicht entscheiden; doch hat die letztere An- 
nahme eine grössere Wahrscheinlichkeit für sich. 

PLATE beschreibt bei Janella schawinslandi schlauchförmige 
Drüsen, die in der vordersten Partie des Mantels, welche wie ein 
rundlicher Zipfel dem Mantelschilde aufsitzt, in einer kleinen Ver- 
tiefung liegen und dort mittels eines kleinen Porenfeldes ausmünden. 

Die Schlauchdrüsen von Aneitella berghi bezeichnet er als in der 
Mehrzahl rudimentäre Gebilde im Vergleich zu den Schlauchdrüsen 
von Janella. Ein Porenfeld fehlt; nur 2 oder 3 Drüsenschläuche 
münden in den Athemgang aus. Sie bestehen aus kleinen cubischen 
Zellen mit grossen Kernen und wenig hellem Plasma, die nicht gerade 
den Eindruck von Drüsenzellen machen, jedoch durch den Inhalt im 
Lumen und die Form des Organs zweifellos als solche charakterisirt 
werden. 

Die von PFEIFFER bei Triboniophorus gefundenen schlauchförmigen 
Drüsen stimmen mit den von PLATE bei Janella beschriebenen über- 
ein. Die Drüsenschläuche sind in grosser Anzahl vorhanden und 
schicken gruppenweise ihre Ausführungsgänge in die Wand des Athem- 
gangs. Ein Porenfeld fehlt. 

Bei A. I und A. II sind in der Nähe des Athemgangs Drüsen- 
gruppen vorhanden, die den schlauchförmigen Drüsen PLate’s ent- 
sprechen. Die Drüsenschläuche sind um den Athemgang herum ge- 
lagert und der Länge nach von vorn nach hinten in die Rückenhaut 
eingebettet; sie erscheinen demgemäss in Längsschnitten als kürzere 


692 G. GLAMANN, 


oder längere Röhren, auf Querschnitten als kreisförmige oder mit aus- 
gebogenen Rändern versehene Oeffnungen. Sie bestehen aus einer ein- 
zelligen Schicht rechteckiger Zellen, die, bedeutend höher als breit, 
bei A. II etwas niedriger als bei A. I sich darstellen (Fig. 4, Fig. 8 Dr). 
Die parallel stehenden Kerne füllen etwa die Hälfte der Zellen aus. 
Im Gegensatz zu dem stark tingirten Kern färbt sich das Plasma 
wenig oder gar nicht. Die äussere Abgrenzung bildet eine schwache 
Bindegewebshülle, deren Kerne (Fig. 4 nu) sich dadurch, dass sie 
quer zu den palissadenartig an einander gereihten Kernen der Drüsen- 
zellen stehen, deutlich markiren. Das Innere des Drüsenschlauchs 
enthält oft ein dunkelblau sich färbendes, flockiges Secret. In den 
Ausführungsgängen werden die Zellen in der Nähe der Mündungs- 
stellen niedriger und gehen ohne auffällige Grenze in die Epithelzellen 
des Athemgangs über. 

Die Anzahl der Drüsenschläuche ist eine geringe; es sind etwa 
8—10 Ausführungsgänge vorhanden, die sich derart theilen, dass 
12—20 einzelne Drüsenlumina als zu ihnen gehörig gezählt werden 
können. 

Die schlauchförmigen Drüsen von Aneitella virgata sind zwar 
nicht so zurückgebildet wie die von Aneitella berghi, sind ihnen aber 
dennoch sehr ähnlich. Sie sind in der Zahl noch mehr reducirt als 
bei Aneitea — es konnten etwa 8 verschiedene Drüsenlumina fest- 
gestellt werden — und liegen ausschliesslich vor dem Athemgang. 
Die ziemlich langen, schlauchförmigen Ausführungsgänge münden einzeln 
in die Wandung des Athemgangs. Auf dem Querschnitt erscheinen 
die Drüsenlumina oval, mitunter dreieckig mit abgerundeten Ecken; 
das Drüsenepithel erscheint niedriger als bei Aneitea, dem zu Folge 
füllen die Kerne die Zellen fast aus. 


Situs der Pallialorgane. 


Das auf dem Rücken der Aneiteen sich ausdehnende Mantelschild 
ist ungefähr so lang, dass es die Mantelorgane: Lunge, Herz, Niere, 
Sinnesorgan und Schalendrüse, von oben bedeckt. Zur Feststellung der 
topographischen Verhältnisse hat PrFEIFFER ein Verfahren angegeben, 
um den Theil der Rückenhaut, an welchem das Manteldreieck seine 
Lage hat, heraus zu präpariren. Zu diesem Zweck legt man in die 
Fussplatte jederseits einen Schnitt durch die Haut parallel zum Fuss- 
rand und zur Schonung der Pedalnerven möglichst nahe am Rande 
derartig an, dass diese beiden Schnitte am hintern Fussende in einem 
spitzen Winkel zusammentreffen. Die mit den Organen nur durch 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 693 


lockeres Bindegewebe verbundene Rückenhaut wird emporgehoben und 
durch einen Querschnitt unmittelbar hinter dem Manteldreieck von 
ihm getrennt. Darauf durchschneidet man die von der Mantelhöhle 
zu den Organen der Leibeshöhle führenden Verbindungsgänge: den 
Retractor penis, den Mastdarm, Gefässe und Nerven und hebt nach 
einem vor dem Manteldreieck durch die Rückenhaut gelegten Quer- 
schnitt das nunmehr lose Hautstück heraus. 

Betrachtet man dieses Hautstück unter der Lupe von der Innen- 
fläche aus, so bemerkt man Folgendes: 

In einer Ausdehnung von 12 mm Länge bei 8 mm Breite sieht 
man bei A. I eine ziemlich derbe, weisslich glänzende, sehnenartige 
Membran sich ausspannen, die an den Rändern durch kurzes, straffes 
Bindegewebe mit der Rückenhaut verbunden wird (Fig. 5 dia). Zwischen 
dieser Membran, dem Diaphragma und der gewölbten Rückenhaut sind 
die Mantelorgane derart angeordnet, dass die rechte!) Seite vom 
Herzen und von der Niere, die linke von der Lunge eingenommen 
wird. In Folge der Derbheit des Diaphragmas sind die Organe nicht 
vollkommen deutlich von einander zu unterscheiden. Ungefähr in der 
Mitte des Diaphragmas, so dass das ganze Feld in zwei etwas un- 
gleiche Theile getheilt wird, erhebt sich eine quer verlaufende kamm- 
artige Erhöhung (4), von der das Diaphragma nach beiden Seiten dach- 
artig abfällt. 

In der straff gespannten Membran markiren sich einzelne, sehnen- 
artige Querleisten; die deutlichste und grösste (mu) reicht quer über 
das Diaphragma von einer Seitenwand des Körpers zur andern und 
bedeckt nahe dem untern Rande einen Theil der Lunge und der Niere. 

Rechts und unten, bis etwa an den Kamm hinreichend, liegt die 
Niere (re), darüber, durch den Herzbeutel (per) durchschimmernd, das 
Herz (ventr). Die ganze linke Seite füllt die Lunge (pul) aus; un- 
mittelbar vor dem Kamme des Diaphragmas verläuft in einer tief in 
das Organ eingedrückten Furche das Endstück des Mastdarms (rect). 


Das bei A. II bedeutend durchscheinendere Diaphragma lässt 
ausserdem noch folgende Einzelheiten erkennen: die Niere (re) ist 
sichelförmig gekrümmt. Sie reicht nach links, dort an die Lunge 
grenzend, aber deutlich von ihr getrennt, etwas über die Körper- 
mediane hinaus und erstreckt sich nach vorn über ungefähr zwei 
Drittel der Mantelhôühle. Der innere und hintere Rand des Organs 


1) Rechts und links gelten von der Betrachtung des mit der Innen- 
seite nach oben liegenden Mantelstücks. 


694 G. GLAMANN, 


ist deutlich begrenzt und sichtbar, rechts und vorn verschwinden die 
Contouren unter dem Sehnenstreifen des Diaphragmas. Das Gewebe 
der Niere schimmert als feinporiges, schwammartiges Gebilde durch 
das Diaphragma hindurch; ein Ausführungsgang ist nicht zu erkennen. 

An den vordern Rand der Niere lagert sich das Herz. Es besteht 
aus einem nur wenig längern als hohen, fast cylindrischen Ventrikel 
(ventr) und einem stark erweiterten, sehr dünnhäutigen Atrium. Beide 
umgiebt ein weit ausgedehntes Pericard (per). Aus der Mitte der 
Herzkammer entspringt ventral das grosse Körpergefäss, die Aorta, 
dıe das Diaphragma durchbohrt und sich unmittelbar darauf in 2 
Aeste theilt (Fig. 5 ao.com). Das Atrium, nur als häutiger Zipfel 
durch das Diaphragma schwach durchschimmernd, geht nach links 
ohne sichtbare Begrenzung in die Lunge über. 

Fast die ganze linke Seite der Mantelhöhle nimmt die Lunge ein 
(pul). Sie reicht nicht ganz bis an die Mediane und ist ein fast kreis- 
rundes Organ, dessen Bau namentlich an der hintern Partie als ein 
Netzwerk kleiner und kleinster Balken durch das Diaphragma zu er- 
kennen ist. Die Mitte der ventralen Lungenfläche zeigt eine dellen- 
artige Einsenkung mit bogenartig geschweiften Rändern, die nach der 
linken Seite besonders tief eingedrückt sind: den ventralen Boden der 
Athemhöhle. Hinten sind die Contouren des Organs deutlich sichtbar, 
nach der Mitte zu ebenso, soweit die Niere reicht; die weitere Be- 
grenzung in der Mittellinie nach vorn und der ganze vordere Rand 
lassen sich nicht mehr genau erkennen. 

In der Körpermitte, am weitesten nach vorn, dem Lungenrande 
und Herzbeutel angelagert, liegt die Schalenkammer (sch). Sie stellt 
bei A. I ein doppelt so breites wie langes, blasenförmiges Gebilde dar, 
das nach hinten hinter der Lunge und dem Herzbeutel verschwindet. 
Die Blase lässt einen weisslichen Inhalt durchschimmern, welcher der 
sondirenden Nadel Widerstand leistet und unter der Lupe als eine 
Kalkschale erkannt wird. Die Kalkschale scheint aus einzelnen, mit 
einander fest verbundenen kleinen Schollen zu bestehen, die sich dach- 
ziegelartig decken. Die Schalenkammer der A. II hat mehr herz- 
förmige Gestalt; sie tritt erst in der Nähe der Stelle, wo das Atrium 
scheinbar ohne Grenze in die Lunge übergeht, hinter die Mantel- 
organe. 

Das die Pallialorgane bedeckende Hautstück und diese selbst sind 
mit den Visceralorganen verbunden durch den Retractor penis, das 
Endstück des Mastdarms, Gefässe und Nerven. Bei A. 1 setzt sich 
der Retractor penis (Fig. 5 retr) als solider Strang, der sich bald 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 695 


fächerförmig ‘auflést, schon in der Mitte der Niere an die rechte 
Seitenwand an, in der sich seine einzelnen Muskelzweige inseriren. 
Anders ist der Verlauf bei A. IL Hier geht der verhältnissmässig 
breite Muskel von vorn nach hinten über die ganze Länge der Niere, 
mit dem Diaphragma verbunden, hinweg, um sich erst an deren unterer 
Contour mit dem Diaphragma auf die Rückenhaut hinabzusenken und 
sich in ihr, auch mit fächerförmiger Ausbreitung seiner Muskelbündel, 
zu inseriren. Auf der rechten Seite tritt noch, von vorn kommend, 
ein Nerv durch das Diaphragma in die Niere ein (n.re). Unmittelbar 
vor dem Kamme auf der rechten Seite durchbohrt die Aorta (ao. com), 
hinter ihm auf der linken Seite das Endstück des Mastdarms (rec?) 
das Diaphragma. Hinter dem Enddarm geht ein von vorn kommender 
Nerv in das Lungengewebe hinein (n. pul). 

Das Endstück des Mastdarms ist begleitet von einem Gefäss (a) 
und einem Nerven (n), die sich mit ihm zusammen in die Rücken- 
wandung einsenken. 

Die Präparation des Mantelstücks von Aneitella virgata erfährt 
durch die Kleinheit des Objeets eine Aenderung in so fern, als nicht 
zwei seitliche Schnitte längs des Fussrandes angelegt werden, sondern 
nur einer in der Mitte des Fusses; im Uebrigen ist die Methode die- 
selbe. Die Mantelhöhle, wieder von unten gesehen, stellt ein Viereck 
dar, dessen Länge zur Breite — 61/,:9 mm — sich im Verhältniss 
2:3 befindet (Fig. 6). Das den Boden der Mantelhöhle auch hier 
bildende Diaphragma ist gleichmässig ausgespannt, ohne die kamm- 
artige Erhöhung, die bei A. I und II zu finden war, und, trotzdem es 
seine sehnigfasrige Structur deutlich erkennen lässt, auch ohne jene 
Querleisten, die im Diaphragma der Aneiteen sich abheben. Herz und 
Niere liegen auf der rechten, Lunge und Schalenkammer auf der linken 
Seite; die Schalenkammer ist also aus der Mittellinie, die sie bei A. I 
und II inne hält, nach links heraus gerückt. Das Diaphragma senkt 
sich in der Mittellinie von vorn nach hinten etwas ein; die dadurch 
entstandene Furche wird von 2 Nerven begleitet, die beide ziemlich 
in der Mitte der Lunge in das Diaphragma hineintreten. Der eine 
(n.pul) verzweigt sich im Gewebe der Lunge, der andere (n) hat 
sich durch die Schnittserie nicht ganz verfolgen lassen, da er bald 
sehr dünn wird und die Conservirung des Gewebes sehr zu wünschen 
übrig lässt; wahrscheinlich jedoch innervirt er das Nervenepithel des 
dorsalen Sinnesorgans. 

Von den Pallialorganen ist am deutlichsten das Herz mit dem 
Herzbeutel zu sehen; durch das feinhäutige Pericard schimmert es 


696 G. GLAMANN, 


mit seiner Einschniirung zwischen dem Ventrikel (ventr) und dem 
Atrium (afr) hindurch. Vom Ventrikel geht die Aorta (ao. com) 
durch das Diaphragma nach dem Körperinnern. Der Umriss der 
Niere (re) lässt diese als ein ca. 3!/, mm langes, vorn breiteres — 
4 mm —, hinten schmäleres — 21], mm — Organ erkennen, das 
links in der medialen Einsenkung des Diaphragmas mit der Lunge 
zusammenstösst, nach vorn bis zum Herzen reicht und rechts und 
hinten vom Rande des Diaphragmas begrenzt ist. Die links gelegene 
Lunge (pul) erreicht vorn etwa den vordern Nierenrand; hier legt 
sich das Endstück des Darmes (rect) an den Lungenrand an und 
geht, das Diaphragma durchbrechend, in die Afteröffnung über. In 
der Mittellinie hat die Lunge ihre grösste Längenausdehnung mit 
21/, mm; sie verschmälert sich rasch nach aussen, so dass sie am 
linken Körperrande nur noch 1,7 mm lang ist; die Breite beträgt 
2,3 mm. | 

Wie vorher schon mitgetheilt, sind die Reste einer Kalkschale bei 
Aneitella im Gegensatz zu A. I und II, wo ein grösseres, schollen- 
artig aufgebautes Kalkstückchen in einer Kammer — Schalenkammer 
— liegt, in zahlreichen kleinen, bläschenförmigen Schalenkammern 
oder -bläschen verstreut. Diese Schalenbläschen (sch) schimmern durch 
die Oberhaut hindurch; von unten gesehen, erkennt man in den durch- 
sichtigen Bläschen deutlich die einzelnen Kalkstückchen. Vor dem 
Rectum, seine Wand begleitend, liegt ein grosses, ovales, etwa 2 mm 
langes und 1 mm breites Bläschen mit einem ebensolchen Kalkstück 
als Inhalt; um dasselbe herum gruppiren sich etwa 12 kleinere und 
kleinste Bläschen, deren jedes wieder ein entsprechendes Kalk- 
concrement enthält. Am hintern Ende der Mantelhöhle, zum Theil in 
der Mittellinie, zum Theil hinter der Lunge, sind weitere 8 gréssere 
und kleine Concremente eingebettet (sch). 

Das Mantelstiick hängt mit den Organen des Körperinnern zu- 
sammen durch die Aorta, das Endstück des Mastdarms, 2 Nerven 
und endlich den Retractor penis (rer). Er stellt bei Aneitella ein 
schmales, langes, sehniges Band dar, das, an dem rechten Körperende 
entlang laufend, sich zwischen Niere und Haut legt und am hintern 
Rande der Niere auf dem Diaphragma an der Haut des Rückens sich 
anheftet. 


Mantelhöhle und Lunge. 


Der anatomische Bau der Lunge sowohl von Aneitea als von 
Aneitella entspricht dem von PLATE zuerst bei der Untersuchung der 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 697 


Janelliden aufgestellten Typus der Büschel- oder Tracheallunge voll- 
kommen. Während die Lunge der übrigen Pulmonaten dadurch 
charakterisirt ist, dass sich zahlreiche Blutgefässe in netzartiger An- 
ordnung dicht unter dem Epithel der Innenfläche des Mantels aus- 
breiten, fand PLATE die Wandung der Mantelhöhle bei Janella schau- 
inslandi völlig glatt und ohne Gefässe. Von ihr aus strahlen aber 
zahllose, büschelförmig verästelte, feine Röhrchen, Athemröhrchen, die 
in einen grossen Blutsinus eintauchen und so den Gaswechsel der 
Hämolymphe ermöglichen. PLATE fand ferner bei Janella und ebenso 
bei der von ihm untersuchten Aneitella, dass von der Wandung der 
Manteihöhle zahlreiche Blindsäcke ausgingen, die er als Mantelhöhlen- 
divertikel :bezeichnete; diese Divertikel setzten sich nach aussen in 
mehrere Büschel jener fein verästelten Röhren fort. PFEIFFER, der 
bei der Untersuchung von Triboniophorus brisbanensis ebenfalls die 
Prare’sche Tracheallunge gefunden hat, unterscheidet noch ein Mittel- 
glied zwischen den beiden anatomischen Bildungen; bei den von ihm 
untersuchten Triboniophorus-Exemplaren öffnen sich die Mantelhöhlen- 
divertikel in schlauch- oder röhrenförmige Luftkammern, und erst diese 
setzen sich in die peripheren Athemröhrchen fort. 

In den Beschreibungen von MACDONALD und FISCHER sind An- 
gaben über die Lage und den Bau der Lunge von Aneitea nicht ent- 
halten. Dagegen hat PLATE festgestellt, dass die Lunge von Aneitella 
berghi einmal eine Büschellunge ist und dass in dieser Lunge die 
Athemröhrchen auch dorsal zwischen Rückenhaut und Mantelhöhlen- 
dach als dicke continuirliche Schicht auftreten, während bei der 
Janella schauinslandi dieser Raum frei von ihnen ist. Der Athem- 
sang verläuft mit geringer Neigung aus der Mantelhöhle horizontal 
durch die Körperwand zum Athemloch; in ihn mündet gleichzeitig 
der Ureter aus. Das Epithel der von starken musculösen Wandungen 
umgebenen Mantelhöhle ist niedrig, im Athemgange werden die Epithel- 
zellen höher und flimmern. 

Die Lunge von A. I und II (Fig. 5) liegt auf der rechten Seite 
des Körpers direct unter der Rückenhaut und durch das Diaphragma 
von der Leibeshöhle getrennt. Sie erreicht bei einer Länge von 5,7 
resp. 5,1 mm eine Breite von 4,1 resp. 3,5 mm, so dass Länge und 
Breite im Verhältniss 4:3 zu einander stehen, und grenzt median- 
wärts an die Schalenkammer, das Pericard und die Niere an, reicht 
jedoch nicht bis an die Körpermitte, die äusserlich durch die Median- 
furche angegeben ist, heran. Der anatomische Bau gesellt sie dem 
Typus der Tracheallungen zu. 


698 G. GLAMANN, 


Die Mantelhöhle (Fig. 7, Fig. 8 cav. pall), das Centrum der Lunge, 
variirt bei den beiden Exemplaren in der Grösse bedeutend. Sie ist 
bei A. I 2,9 mm lang und erreicht an der Einmündung des Athem- 
gangs ihre grösste Höhe mit 2,6 und Breite mit 3,4 mm. Bei diesen 
beträchtlichen Grössenverhältnissen stellt die Mantelhöhle von A. I 
auf dem Querschnitt einen lang ovalen, breitern als hohen Hohlraum 
etwa von dem Umfang eines kleinen Hanfkorns dar. Der Höhendurch- 
messer der Mantelhöhle von A. II beträgt nur 0,6 mm bei 2,6 mm 
Länge und 2,3 mm Breite; die Oeffnung zeigt sich deshalb auf dem 
Längsschnitte als ein schmaler Schlitz, abgesehen davon, dass Länge 
und Breite, dem kleinern Thier entsprechend, auch geringer sind. 
Diese bis auf einen schmalen Schlitz zusammengedrückte Form von 
A. II ist unzweifelhaft eine Folge des Contractionszustands der die 
Mantelhöhle umgebenden Musculatur; sie ist bei A. U, dem kleinern 
Thiere, in bedeutend dickerer Schicht darum gelagert als bei A. I, 
bei welcher sich die Muskelbündel (mu), namentlich an der rechten 
und linken Begrenzung der Mantelhöhle, wahrscheinlich einem ge- 
ringern Contractionszustand entsprechend, in dünne Fäden ausziehen. 
Man kann bei der Mantelhöhle unterscheiden: das Dach, die Seiten- 
wände und den Boden; ersteres liegt unmittelbar unter der Rücken- 
haut und wird von dem Athemgang, der Verbindung der Mantelhöhle 
mit der äussern Luft, die im Athemloch sich öffnet, in schräger Rich- 
tung von vorn nach hinten durchbohrt. Die Seitenwände sind ziem- 
lich von der Höhe der Mantelhöhle, da das Dach nur wenig sich zum 
Boden herabsenkt. Dieses Dach stellt einen breiten Verwachsungs- 
streifen dar (Fig. 8, der Athemgang hat das Dach noch nicht völlig 
durchbrochen); an dieser Brücke, deren Musculatur auf die Wände 
der Mantelhöhle ausstrahlt und die durch Muskelstreifen mit dem 
daneben verlaufenden Enddarm verbunden und so unterstützt wird, 
hängt die ganze Lunge frei in dem sie umgebenden Blutsinus, den 
PLATE als den dorsalen oder Rückensinus bezeichnet hat. 

Die die Mantelhöhle umgebende Ringmusculatur enthält, wie die 
äussere Haut, einzellige Drüsen eingelagert (Fig. 9 dr). Die Drüsen- 
zellen zeigen bei gefärbten Objecten einen dunklen Kern und ein netz- 
artig tingirtes Plasma; in einzelnen Bildern sieht man einen finger- 
formigen Fortsatz der Zelle sich zum Lumen der Mantelhöhle hin- 
wenden oder sich in die Epithelzellenreihe einschieben. Die Musculatur 
springt oft buckelförmig in das Innere der Mantelhöhle vor. Sie 
zeigt an den verschiedensten Stellen Ausbuchtungen von wechselnder 
Grösse und unregelmässiger Anordnung; diese entsprechen den Mantel- 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 699 


höhlendivertikeln PLATE’s und Preirrer’s und stellen Röhren dar, auf 
deren Wandung die Ringmusculatur der Mantelhöhle sich fortsetzt 
(Fig. 7, 8, 9 u. folg. div). Am vordern und hintern Ende der Mantel- 
höhle haben die Divertikel ein 3—4mal so grosses Lumen wie in den 
mittlern Lungenabschnitten; in gleicher Weise theilen sie sich dort 
erst mehrere Male, bis sie in die Athemröhrchen übergehen, während 
sie hier sich sofort in die einzelnen Büschel auflösen. 

PLATE fand bei Janella, dass das Dach der Mantelhöhle frei von 
Divertikeln und Athemröhrchen ist und ohne Grenze in die Musculatur 
des Rückens übergeht. Die Aneiteen zeigen diese Anordnung nicht; 
bei .ihnen ist die rund um die Mantelhöhle angeordnete Ausbildung 
der Athemröhrchen nur an der Stelle unterbrochen, wo die Lunge 
durch den Athemgang mit der Rückenhaut in Verbindung steht 
(Fig. 7, 8). 

Mantelhöhle und Divertikel sind von einem Cylinderepithel aus- 
gekleidet, dessen Zellen ohne Basalmembran der Ringmusculatur auf- 
sitzen (Fig. 9). Die Zellen sind meist doppelt so hoch wie breit, die 
Kerne stehen nicht alle in gleicher Höhe. Den Abschluss nach der 
Mantelhöhle bildet eine deutlich entwickelte, ziemlich kräftige Cuticula, 
die sich bis auf den Boden der Athemhöhle verfolgen lässt, jedoch in 
den Anfangstheilen der Divertikel nicht mehr wahrgenommen werden 
kann. Oft sieht man die Oberfläche mit einem dünnen Streifen Secret 
— Schleim — bedeckt. In den Einziehungen in die Wand der Mantel- 
höhle zwischen den buckelförmigen Hervorwölbungen der Musculatur 
ist das Epithel ganz flach und sind die Zellen breiter als hoch. 
PLATE hat an den Epithelzellen des Daches bei Janella feine Cilien 
gefunden; ihr Vorhandensein auch bei den gleichen Zellen der Aneitea 
nachzuweisen, ist mir nicht gelungen. 

Die Mantelhöhlendivertikel (Fig. 7, 8, 9 u. folg. div) verhalten 
sich ganz wie die Mantelhöhle selbst. Auf ihre Wandungen setzt sich 
die Ringmusculatur, Anfangs in derselben Stärke, wie sie die Mantel- 
höhle umgiebt, weiterhin allmählich schwächer werdend, fort, sie tragen 
auch dasselbe Epithel wie die Mantelhöhle, es fehlt jedoch die Cuticula ; 
ferner werden die Epithelzellen nach und nach flacher, so dass die 
Kerne die Zellen ziemlich ausfüllen. Die Divertikel gehen in die Athem- 
röhrchen über, ohne dass ein deutliches Zwischenglied zwischen beiden, 
wie PFEIFFER es in den Luftkammern bei Zriboniophorus beschrieben 
hat, vorhanden wäre. Man sieht bei den Schnitten hier, wie dem 
letzten feinen Muskelstreifen statt des Epithels der Mantelhöhle schon 


Zellen mit den weiter unten erwähnten charakteristischen Kernen auf- 
Zool, Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 45 


700 G. GLAMANN, 


sitzen; es ist damit festgestellt, dass unmittelbar nach Verschwinden 
der Musculatur die Athemréhrchen beginnen. 

Die Athemröhrchen (Fig. 7 u. folg. pul), verbreiten sich strahlen- 
förmig nach allen Seiten von der Mantelhöhle aus. Sie erfüllen die 
Lücken zwischen den Ureterschlingen, reichen bis an das Herz und 
die Schalenkammer und sind in dünner Schicht selbst unmittelbar 
unter der Rückenhaut am Dache der Mantelhöhle vorhanden. Nur 
ein Streifen ist frei von ihnen; der den Athemgang und das Rectum 
enthaltende Verbindungsstreifen setzt sich unmittelbar auf das Dach 
der Mantelhöhle, das an dieser Stelle in die Rückenhaut übergeht, 
auf, so dass für die Athemröhrchen kein Platz vorhanden ist. . Die 
Zellen der Athemröhrchen enthalten jene vielgestaltigen Kerne, wie 
sie PLATE bei den Athembäumchen der Janelliden beschrieben hat. 
Auch hier sind sie von verschiedener Grösse. Sie stellen theilweise 
einen ovalen Körper dar, der aus vielen leicht färbbaren Chromatin- 
körnern besteht, die durch Chromatinfäden mit einander verbunden 
sind, theils sind scheibenförmige, unregelmässig gelappte und durch- 
brochene Kerne vorhanden. Da die Verhältnisse sich vollständig 
decken, sei auf die Originalarbeit verwiesen. Das Innere der Mantel- 
höhle enthält geringe Mengen eines wenig sich färbenden Secrets; 
wie schon angegeben, wird eine feine Schicht solchen Secrets vielfach 
die Epithelzellen der Mantelhöhle bedeckend vorgefunden. Da die in 
der Ringmusculatur vorhandenen einzelligen Drüsen bei Aneitea nur 
spärlich auftreten, im Gegensatz zu Triboniophorus, bei der PFEIFFER 
ein zahlreiches Vorkommen der betreffenden Drüsen constatirt hat, so 
neige ich der Ansicht PLAre’s zu, dass hier, wie bei Janella, die 
Epithelzellen eine secretorische Thätigkeit ausüben, um das Plasma 
vor dem durch den ständigen Luftzutritt verursachten Austrocknen 
zu schützen. 

Der Athemgang (Fig. 8, 9 atg), die Verbindung der Mantel- 
höhle mit der Atmosphäre, durchbohrt, von der Mitte des Mantelhöhlen- 
dachs anfangend, die Rückenhaut in schräger Richtung nach hinten 
und oben. Auf die Wandung der in der Renoanalrinne liegenden Aus- 
sangsöffnung tritt das Epithel der äussern Haut über; die Zellen 
werden bald schmäler und niedriger und erhalten statt der Cuticula 
eine feine Wimperung. Schon vor dem Eintritt des Athemgangs in 
die Mantelhöhle sind diese Wimpern in Canadabalsam-Präparaten nicht 
mehr nachzuweisen. Der Athemgang nimmt in seinem Verlauf die 
Ausfübrungsgänge der vorher besprochenen schlauchförmigen Drüsen 
auf; nachdem er etwa zur Hälfte die Rückenmusculatur durch- 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 701 


bohrt hat, tritt die äussere Ureteröffnung mit vollem Durchmesser, von 
vorn kommend, durch die Wand des Athemgangs ‚in sein Lumen 
ein (Fig. 8 afg und die Verbindungslinien des darin einmündenden 
Ur 4). 

Die Lunge von Aneitella, ebenfalls dem Typus der Tracheallungen 
entsprechend, erreicht eine Länge von 2,4 mm bei 1,8 mm Breite 
und 1,2 mm Höhe. Nach der Stärke der Musculatur (Fig. 10 mu) zu 
urtheilen, ist das Lumen der Mantelhöhle durch Contraction des Ring- 
muskels sehr verkleinert; es kann daher nicht auffallen, dass die Maasse 
für dasselbe nur 1,4 mm für die Länge, 1,1 mm für die Breite und 
0,4 mm Höhendurchmesser betragen. Der starken Ringmusculatur 
sitzt ein einschichtiges Cylinderepithel mit grossen Kernen auf, das 
überall an der Oberfläche, wie bei Aneitea, eine deutliche Cuticula 
trägt. Unter der Epithelschicht ist eine reichliche Menge einzelliger 
Drüsen zwischen die Muskelfasern gelagert (Fig. 10 dr), die mit ihren 
Ausführungsgängen sich durch die Zellenreihe zum Lumen der Mantel- 
höhle hindurchdrängen. Auch bei Aneitella zeigen die meisten Schnitt- 
bilder durch die Lunge, dass dem Epithel der Mantelhöhle ein Streifen 
Secret aufgelagert ist; dieser Schleimstreifen überbrückt an einzelnen 
Stellen Vertiefungen in der Wand der Mantelhöhle, in die das Epithel 
hinabsteigt. 

Die Anordnung der Divertikel und Athemröhrchen zeigt ebenso 
wie ihr anatomischer Bau keine Abweichung von den Verhältnissen 
der Aneiteen. Dagegen ist der Athemgang bei Aneitella (Fig. 9 atg) 
dadurch anders angelegt, dass er nicht von vorn und unten nach 
hinten und oben in schräger Richtung die Rückenmusculatur durch- 
bricht, sondern- von der Athemhöhle direct nach aussen in die Höhe 
steigt. Auf seinem Verlaufe nimmt er 2 blindsackartige Anhänge auf; 
dadurch bekommt der ganze Gang Kreuzform (Fig. 9 atg). Auch hier 
lässt sich beobachten, dass das Epithel der Körperdecke sich in den 
Athemgang fortsetzt; es ist mir jedoch nicht möglich gewesen, in 
Canadabalsam-Präparaten, die mir allein zur Verfügung standen, eine 
Wimperung der Epithelzellen im Athemgang nachzuweisen.‘ 

Der Ausführungsgang des Ureters (Fig. 11 wr,, o.re) mündet bei 
der Aneitella virgata vor dem Athemgange. Wenn auch nur ein dünner 
Hautstreifen die beiden Ostien trennt, so ist dieser doch deutlich vor- 
handen. Der Athemgang nimmt von der vordern Seite einzelne, meist 
schmale und lang gestreckte Canäle, die Oeffnungen der schlauch- 
förmigen Drüsen, auf. 

45* 


702 G. GLAMANN, 


Die Niere. 


Bei den Janelliden hat PLATE eine aus zwei Lappen, die durch eine 
schmale Brücke zusammenhängen, bestehende Niere gefunden; Aneitella 
berghi zeigt nach demselben Forscher eine primitivere Form, da nur 
ein Stück ohne Lappenbildung die Niere darstellt. Die Untersuchungen 
PFEIFFER’s über die Gattung Triboniophorus ergaben, dass die von 
ihm untersuchten Exemplare eine Niere von sichelförmiger Gestalt mit 
zwei nach vorn gerichteten Zipfeln besitzen. Es war zu vermuthen, dass 
die einfache Form der Niere, wie sie PLATE für Aneitella berghi fest- 
gestellt, auch bei Aneitella virgata wiedergefunden werden würde; es 
hat sich dies bestätigt, aber nicht nur für Aneitella virgata allein, 
sondern auch für Aneitea. Beide Formen besitzen eine Niere aus 
einem leicht gekrümmten, keilförmigen Stück, dessen dorsoventral ge- 
stellte vordere Seite die kleinste ist. 

Der allseitig geschlossene Nierensack (Fig. 7 re) von A. I ist 4 mm 
lang und 2 mm hoch; bei A. II beträgt die Länge 3,8 mm bei 3,5 mm 
Breite und 2 mm Höhe. Er liegt auf der linken Körperseite, nach 
vorn an die Schalenkammer, das Herz sowie die Lungen reichend, 
aussen durch die Rückenhaut, innen und hinten vom Diaphragma be- 
grenzt. Die vordere kleinste Seite zeigt eine Einbuchtung, die der 
Wölbung des Anfangstheils des Ureters entspricht. 

Die Niere erscheint auf dem mikroskopischen Bilde aus einzelnen, 
verschieden grossen, geschlossenen Kammern bestehend, die am Rande 
der Niere kleiner, nach dem Innern zu grösser und lang gestreckt 
werden und einem centralen Spaltraum, der Harnkammer, zustreben. 
Diese Harnkammer liegt mehr an dem ventralen als dem dorsalen 
Rande der Niere, ist lang gestreckt und nimmt die Oeffnungen der 
einzelnen Kammern in sich auf. Die Kammerwände bestehen aus 
einem schwachen, mit lang ovalen Kernen versehenen Stützgerüst, dem 
Epithelzellen mit grossen, basalständigen, runden oder eiförmigen 
Kernen, die einen deutlichen Nucleolus enthalten, aufsitzen. Die Zellen 
sind bei A. I ziemlich cubisch, erscheinen in einzelnen Lagen auch 
cylindrisch, bei A. II dagegen durchgängig breiter als hoch. Selbst 
mit starker Vergrösserung sind die Zellgrenzen nur schwer zu er- 
kennen. 

PLare beschreibt bei den Nierenepithelien von Janella, dass in 
der terminalen Hälfte der Zelle sich eine Vacuole entwickelt, die von 
einer wasserklaren, dem Anschein nach dickflüssigen, gallertartigen 
Masse erfüllt ist. Diese Masse umschliesst fast ausnahmslos nur ein 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 703 


rundes Concrement, welches etwas gelblich tingirt ist und schwachen 
Glanz besitzt; PLATE spricht dieses Concrement als die Secretbildung 
der Zelle an. Diese Verhältnisse liegen bei Aneitea nun in so fern 
anders, als in den Epithelzellen von A. I das Plasma eine homogene 
Masse darstellt, die auf manchem Bild um den Zellkern in dichterer 
Schicht als an der Peripherie sich zu lagern scheint. Irgend welche 
Einschlüsse sind nicht wahrzunehmen. Die Lumina der einzelnen 
Kammern enthalten eine ungefärbte, stark lichtbrechende, krystallinisch 
erscheinende Masse oft in solcher Menge, dass der gesammte Innen- 
raum angefüllt ist. 

Das Nierenepithel von A. II kommt dagegen dem der Janelliden 
ziemlich nahe. Die Vacuolenbildung im Plasma ist eine überaus reich- 
liche, wenn sie auch nicht in jeder Zelle und nicht immer am termi- 
nalen Ende derselben vorhanden ist. Die Vacuolen sind häufig leer, 
andere enthalten meist geringe Mengen eines leicht flockigen, manch- 
mal schwach tingirten Inhalts, in dem einzelne kleine, krystallinisch 
glänzende Körnchen eingebettet erscheinen. Die einzelnen Kammer- 
räume, ebenso die grosse centrale Harnkammer, haben nur einen 
spärlichen Inhalt, der sich von derselben Beschaffenheit wie der die 
Vacuolen füllende erweist. 

Die Niere von Aneitella virgata entspricht ihrer Form und ihrem 
Bau nach, wie schon vorher gesagt, derjenigen von Aneitea. Sie 
unterscheidet sich in etwas dadurch, dass die dorsoventrale Seite im 
Verhältniss zur Länge der ganzen Niere mehr verkürzt ist als bei 
Aneitea, da die der Rückenwand zu gelegene Linie nicht in gleich- 
mässigem Bogen von aussen und unten nach der Mitte und oben ver- 
läuft, sondern auf der Höhe des Rückens plötzlich mit einem Knick 
abfällt; in die dadurch zwischen Rücken und Nierenoberfläche ge- 
schaffene Lücke legen sich einzelne Schalenbläschen der Niere an. Die 
centrale Harnkammer fällt im Vergleich zu Aneitea weniger auf, weil 
sie nur als schmaler, wenn auch langer Spaltraum in der Mitte der 
Niere sich darstellt. Das Epithel lässt die Entwicklung von grossen 
Vacuolen fast in jeder der bedeutend breitern als hohen Zellen er- 
kennen; man könnte die Zellen als blasenförmig bezeichnen, da ihr 
Plasma sich als dünner Streifen an die Peripherie zurückgezogen hat 
und als solcher den grossen Hohlraum begrenzt. Der runde Kern 
liegt meist an der Basis der Zelle in der Nähe des Stützgerüsts. 

Der Inhalt der Vacuolen und, gleich gesagt, der der Harnkammer 
unterscheidet sich in nichts von dem bei A. II beschriebenen. Es fällt 
jedoch auf, dass bei Aneitella noch weniger als bei A. II nur an ganz 


704 G. GLAMANN, 


vereinzelten Stellen iiberhaupt Secret in den Kammern gefunden wird, 
ebenso ist in den Zellvacuolen nur wenig Inhalt zu finden. Die Ge- 
sammtlinge der Niere beträgt 3 mm, ihre grösste Höhe 0,6 mm, an 
der dorsoventralen Vorderfläche 0,23 mm; die Länge verhält sich 
demnach zur Höhe wie 5:1 im Gegensatz zu den beiden Aneitea- 
Exemplaren, bei denen dasselbe Verhältniss 2 : 1 beträgt. 

Aus der Harnkammer geht mit breiter Oeffnung der Renoperi- 
cardialgang hervor (Fig. 12 reper). Er stellt bei A. I einen lang ge- 
streckten Hohlraum dar, der, erst von hinten nach vorn und dann mit 
einem Knick dorsoventral verlaufend, von der vordern Ecke der Harn- 
kammer in einen ventralen, lang ausgezogenen Zipfel des Pericards 
einmündet. Seine Wandung ist mit einem hohen Cylinderepithel aus- 
gekleidet, dessen Kerne ziemlich in der Mitte der Zelle und nicht alle 
in gleicher Höhe stehen. In einzelnen Präparaten ist noch nachzu- 
weisen, dass die Zellen bewimpert sind; man sieht dort, dass die ver- 
hältnissmässig langen Wimperhaare nach dem Pericardialausgang zu 
gekrümmt sind. Das hohe Cylinderepithel der Nierenspritze schliesst 
sich bei ihrem Ausgang in die Harnkammer so unmittelbar an das 
niedere Epithel dieser an, dass die grössere Zelle des Renopericardial- 
epithels mit einem deutlichen Vorsprung ins Lumen sich direct an die 
kleinere des Nierenepithels anreiht. 

Der Renopericardialgang von Aneitella läuft von hinten nach vorn 
und etwas schräg von aussen nach innen. Er beginnt an dem vordern 
Ende der Harnkammerbasis mit einem etwas kolbig ins Lumen der 
Kammer hineinreichenden Anfangsstück und mündet in einen Zipfel 
des Pericards. Die Wimperung des Epithels ist eine ausserordentlich 
lange und kräftige. 

Der Ausführungsgang der Niere ist ein von compacter Ring- 
musculatur umgebener Gang, der bei A.I ca. 0,2 mm Länge erreicht 
(Fig. 7, 10 o.re.int). Er entspringt aus der Harnkammer und zwar 
an der Vorderfläche der Niere. Der Innenwand sitzt ein doppelt 
so hohes wie breites Epithel auf mit grossen Kernen, die fast die Zelle 
ausfüllen. Dieses Epithel setzt sich von den beiden Mündungsstellen 
des Nierenausführungsgangs fort sowohl auf die dorsale Wand der 
Harnkammer wie auch auf die Vorderfläche der Niere, wenn auch nur 
auf eine kurze Strecke; es wird dann sehr bald niedriger, ungefähr 
gleich hoch und breit, die Kerne rücken mehr nach der Zellbasis und 
stehen meist in gleicher Höhe. 

Die Bildung des Ureters ist wie bei den bisher untersuchten Pul- 
monaten auch hier eine sehr complicirte. Im Allgemeinen stimmt die 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 705 


Anatomie bei allen darin überein, dass der Ureter aus einzelnen 
Schlingen besteht, die von links nach rechts und wieder zuriick ver- 
laufen und so eine Anzahl Bogen bilden. Der Verlauf dieser Schlingen 
ist bei A. I und Aneitella aus einer Serie von Querschnitten recon- 
struirt worden; die von A. II angefertigten Längsschnitte haben das 
bei A. I gefundene Resultat lediglich bestätigt, sind also für eine be- 
sondere Besprechung ohne Belang. 

Der Ureter liegt in seiner Hauptentwicklung an der rechten 
Körperseite; der grösste Theil hinter der Mantelhöhle, von der aus die 
Athemröhrchen oft ihre Verästelungen zwischen die Ureterschlingen 
hineinschieben. Nur der letzte Theil des Ureters (wr,) zieht über 
der Lunge, unmittelbar unter der Rückenhaut nach vorn, wo er erst 
über den Athemgang hinausgeht, dann in einer rückläufigen Schleife 
zu ihm zurückkehrt und sich mit ihm zum gemeinschaftlichen Aus- 
führungsgang vereinigt. Der Verlauf der Ureterbildung bei Aneitea 
lässt erkennen, dass der Ureter sich zusammensetzt aus einzelnen Schleifen 
ur |, Ur,,ur, und ur,, zwischen die sich bald kürzere, bald sehr ausge- 
dehnte Blindsäcke, Divertikel, einschieben, ferner dass ausser durch die 
Divertikelbildung die Oberfläche der Ureter- und Divertikelschlingen 
durch eine äusserst starke Falten- und Buchtenbildung ums Viel- 
fache vergrössert wird. 

Die Oeffnung des Ausführungsgangs der Harnkammer (Fig. 7, 
13 o. re. int) tritt in ein weites Divertikel ein‘). Dieses Diver- 
tikel wird links vom vordern Nierenrand und rechts von den Athem- 
bäumchen der Lunge bedeckt; es erreicht nach oben die ventrale 
Fläche der Schalendrüse und erstreckt sich unter dieser nach vorn, 
bis es mit langer Spitze blind endet. Nach hinten mündet es in einen 
Ureter von verschiedener Weite (Fig. 7 ur,); dieser folgt der ventralen 
Fläche der Lunge direct unter dem Diaphragma bis in die äusserste 
rechte Ecke der Mantelhöhle (siehe Schema Fig. 13 ur,, ur,). In 
Fig. 7 sieht man in wr, und wr, nur die beiden Querdurchschnitte 
der Lumina an der rechten und linken Körperseite, da der Ureter- 
bogen ur, des Schemas schräg von vorn und unten nach hinten und 
oben verläuft und somit nur die beiden Enden des Rohrs an den 


1) Bei der Nomenclatur bin ich der von PLarz und PFEIFFER an- 
gewendeten Methode, mit den Ziffern 1 u. s. w. die Ureterschlingen 
bezw. Divertikel nach der Reihenfolge ihres Auftretens von der innern 
Nierenöffnung an zu bezeichnen, gefolgt. In einer nachfolgenden theo- 
retischen Besprechung des Ureteraufbaues der Pulmonaten hat die Be- 
nennung geändert werden müssen. 


706 G. GLAMANN, 


Körperseiten getroffen worden sind; einen Querschnitt durch das 
Lumen des ganzen Bogens zeigt Fig. 14 ur,, ur,. Durch Pfeile habe 
ich in dem Schema Fig. 13 angedeutet, welcher Gegend des Mantel- 
stücks die einzelnen Schnitte entnommen sind. 

In der rechten Ecke der Mantelhöhle schlägt sich die Schlinge 
ur, auf die dorsale Fläche der Lunge und die ventrale der Rücken- 
haut um und verläuft nun unmittelbar unter der Rückenhaut und in 
Athemröhrchen eingebettet nach links zurück (ur,). Der Uebergang 
von ur, in wr, auf der rechten Körperseite ist in Fig. 15 dargestellt‘ 
Sie zeigt, wie die beiden Lumina der beiden Ureteren mit einander 
communiciren; der weitere Verlauf von wr, lässt sich in den Figg. 7, 
16 und 17 verfolgen, aus denen hervorgeht, dass wr, unter der Rücken- 
haut nach oben und links in die Höhe steigt. Auf der Mitte der 
Mantelhöhle angekommen, biegt sich die Ureterschlinge in kurzem 
Bogen nach vorn (ur,), verläuft in dieser Richtung zwischen dem 
Dache der Mantelhöhle und der Rückenhaut, immer in das Gewebe der 
Lunge eingelassen, bis zum Athemgang und noch ca. 0,4 mm über 
diesen nach vorn hinaus, wendet sich dann in einem ebenso kurzen 
Bogen wieder rückwärts und tritt in den Athemgang ein. Den Weiter- 
gang von ur, als ur, zeigt zunächst Fig. 17, die, wie die Eintragung 
in dem Schema Fig. 13 angiebt, gerade die Verbindung der beiden 
Ureteren erkennen lässt, und weiter Fig. 7 (ur,). Die Mündung des 
o.re.ext in den Athemgang (Fig. 8 o.re.ext) ist schon vorher be- 
sprochen worden. 

Diese verhältnissmässig einfache Bildung des Ureters, die aus 
einem ganzen Bogen mit einem Blindsack am Anfang, einem halben 
Bogen und einem geraden Ausführungsgang besteht und deshalb leicht 
klar zu stellen ist, complicirt sich jedoch durch Bildung verschiedener 
Divertikel, von denen einzelne in Länge und Weite den Ureterschlingen 
völlig gleichkommen. wr, giebt ausser dem zipfelförmigen Divertikel, 
div, noch einen eben solchen Blindsack ab, der wenig hinter der innern 
Nierenöffnung mit der Richtung nach vorn sich abzweigt, div, (siehe 
Schema Fig. 13). Es erreicht nicht ganz die Höhe von div,, verhält 
sich aber sonst in Grösse und Weite des Lumens ihm sehr ähnlich. 
Von der Basis dieses Divertikels geht ein in Form und Grösse mit 
einer Ureterschlinge völlig übereinstimmendes neues Divertikel ab, das 
sich in derselben Weise wie ur, tur, im Bogen nach rechts über die 
Lunge hinweg gehend hinter ihr ebenfalls in den rechten Diaphragma- 
zipfel hinab senkt, div, (siehe Schema Fig. 13). Genau wie vorher die 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 707 


Ureterschlinge ur, sich hier umbog zu ur,, biegt sich auch hier 
div, nach oben und links um und steigt, dem vorigen Divertikel 
parallel, an der Rückenhaut als div, wieder empor. Alle diese Ureter- 
schlingen wr,, 5, 3, die Divertikel div, und div, und die Umschlag- 
stellen liegen hinter der Lunge, deren hinterste Athemröhrchen nur 
bis an die Schlingen hinanreichen. Im directen Aufstieg nach oben 
und links trifft das Divertikel 4 auf die Ureterschlinge wr, und ver- 
bindet sich mit ihr in breiter Oeffnung. 

Die Darstellung des Verlaufs dieser Divertikel erhellt aus der 
Betrachtung der Figg. 14, 16, 7 und 17. Fig. 14 zeigt die beiden 
Divertikel im Querschnitt durch den ganzen Bogen, div, ganz und 
div, und die bevorstehende Verbindung mit ur,. Aus ihr geht zu- 
nächst hervor, dass die Lage der Ureterschlinge wr, und der Divertikel- 
bogen div, und div, im Schema Fig. 13 nicht hat genau wiederge- 
geben werden können, weil sie von unten nach oben über einander 
liegen, bei der schematischen Darstellung sich also eigentlich decken 
würden; um nun den Verlauf illustriren zu können, sind die Schlingen 
als etwas aus einander gezogen gezeichnet. Weiter sieht man in 
Fig. 14 einmal den von links nach rechts hinabsteigenden div, und 
den aufsteigenden div, ; der letztere besteht allerdings noch aus zwei 
getrennten Stücken d, und ur,; geht man jedoch einige Schnitte 
weiter, so sieht man die Verbindung zwischen diesen beiden hergestellt 
und den Bogen in seiner ganzen Ausdehnung. Das Zusammentreffen 
der beiden div, und div, in eine Spitze ist aus Fig. 16 zu entnehmen; 
die beiden Durchschnitte vereinigen sich dort in den einen (div,, div,), 
der nach kurzer Zeit immer enger wird und bald verschwindet. Auf 
Fig. 7 sieht man neben dem Durchschnitt von wr, nach innen und 
oben auch den Anfangstheil des div; ; denselben Querschnitt von d,, 
diesmal in Form einer lang ovalen Schleife, zeigt Fig. 17 gleichzeitig 
mit dem Uebergang von div, mit breiter Oeffnung in wr,. Man sieht 
demnach sowohl aus dem beigefügten Schema als auch aus den Figuren, 
dass der Ureter von Aneitea aus 2 Bogen besteht: ur, tur, und 
Ur;, von denen einer, wr,-+ur,, von links nach rechts verläuft, der 
andere, ur,, denselben Weg zurückkehrt, und aus einem Endstück, 
ur,. Dieses verläuft rechts von der Körpermediane in der Höhe der 
Athemôffnung unmittelbar unter der Rückenhaut bis zum Athemgang. 
Der Bogen ur, ist dem ersten Bogen ur,-+-ur, nicht gleichwerthig, 
da er nicht wieder die Niere erreicht, sondern in das, wie schon oben 
gesagt, in der Körpermitte verlaufende Endstück ur, übergeht. ur, 


708 G. GLAMANN, 


hat bei Aufnahme des o.re.int den grössten Durchmesser; das nach 
Abgabe der Divertikel noch restirende Rohr ur, bleibt sich überall 
bis zum o.re,ext im Durchmesser fast gleich. 

Die sich aus dem Ureter entwickelnden beiden grossen Divertikel, 
welche in der rechten hintern Diaphragmaecke in einander übergehen, 
sind, wie auch schon früher gesagt, den Ureterschlingen an Länge und 
Durchmesser derart gleich, dass das in Fig. 13 aufgestellte Schema 
links 4 und rechts 3 gleichartige Schlingen erkennen lässt, von denen 
die unterste und oberste den directen Weg des Harnleiters, die beiden 
mittelsten die Divertikel darstellen. Es zeigt deshalb der in der Höhe 
des o.re.int schräg nach rechts und hinten gelegte Querschnitt (Fig. 7), 
der alle Lumina treffen muss, 7 Oeffnungen: 4 Ureter-, wr,, 3, 3, 4 
und 3 Divertikellumina, div, zweimal und div,. Die Divertikel 1 
und 2 sind in dieser Höhe schon in ur, aufgenommen. 

Ausser der Divertikelbildung, deren Zweck, die secernirende Ober- 
fläche des Ureters möglichst zu vergrössern, als ausser aller Frage 
stehend bezeichnet werden kann, zeigt der Ureter in seinem ganzen 
Verlauf zahlreiche kleine, sackartige Ausbuchtungen der Wandung 
und die Bildung kleiner Divertikel. Es ist deshalb erklärlich, dass 
in mikroskopischen Bildern die Querschnitte der Hauptgänge von zahl- 
reichen kleinen Querschnitten umgeben gesehen werden. Die letztern 
gehören diesen kleinen und kleinsten Divertikeln und Ausbuchtungen 
an, die im Verlaufe weniger Mikra vom Hauptgange sich abgrenzen und 
wieder in ihn einmünden. 

Die äussere Nierenöffnung fällt mit der Athemöfinung zusammen; 
der Ureter mündet in den Athemgang (Fig. 8 ur,, atg). 

Die Entwicklung der Ureterschleifen bei Aneitella virgata (Schema 
Fig. 18) ist einfacher als die der Aneiteen, ihr aber ähnlich. Der 
Schliessmuskel des o.re.int steht an Muskelmasse dem der Aneiteen 
nicht nach (Fig. 10 o.re.int); er lässt auf dem Querschnitt zwei 
Muskellagen unterscheiden, eine Ringmusculatur als Mitte und eine 
diesen Muskelring allenthalben umschliessende und ihn rechtwinklig 
kreuzende Längsmusculatur. Aus der innern Nierenöffnung gelangt 
man in ein breites Anfangsstück wr, (Fig. 10 wr,). Die über ur, 
liegenden Hohlräume stellen die Querschnitte ziemlich bedeutender 
Divertikel dar, deren Ausbildung hier ebenso wie bei Aneitea und zu 
demselben Zweck eine reichliche ist; sie werden von ur, ca. 100 u 
weiter sämmtlich aufgenommen. Aus dem Lumen von ur,, etwa in 
der Mitte — der ganze Unterabschnitt ur, ist ca. 1,2 mm lang — 
zweigt sich ein Gang ab, der sich sofort nach vorn wendet (Schema 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 709 


Fig. 18 ur,). Er verläuft unter der Rückenhaut, ungefähr in der 
Mittellinie, umgeben von dem Filz der Athemröhrchen direct nach 
vorn, bis über die Mantelorgane hinaus, wendet sich hier unter Bildung 
eines ziemlich breiten, rasch sich zuspitzenden Divertikels (div,) um 
und kehrt nunmehr auf der rechten Seite, in der Höhe des Athem- 
lochs, wieder unter der Rückenhaut verlaufend, nach hinten zurück 
(ur,;). Unmittelbar vor der Oeffnung des Athemgangs bohrt sich das 
Endstück mit einer fast rechtwinkligen Biegung nach aussen durch 
die Haut (o.re. ext), von dem folgenden Athemgang durch eine dünne 
Hautfalte getrennt. 

Das eigentliche Uretersystem ist mit der Bildung dreier Stücke: 
des breiten und kurzen Mittelstücks wr, und der nach vorn und zu- 
rück zur äussern Nierenöffnung laufenden beiden Harnleiter wr, und 
ur,;, beendet. Zu diesem System gehört als Anhang die Ausbildung 
mehrerer Divertikel. 

Von ur, (Schema Fig. 18) zweigt sich erstens ein ziemlich kurzer 
und schmaler Blindsack ab, div,. Als Verlängerung von wr,, nach 
dessen Vereinigung mit wr, nach hinten, verläuft ein in Grösse und 
Ausdehnung ähnliches Divertikel, div,. Sehr gross jedoch und in ihrer 
Entwicklung den eigentlichen Harnleitern völlig gleichwerthig sind die 
beiden Divertikel, in die sich ur, spaltet — div, und div,. Diese 
beiden Schläuche wenden sich von links und vorn, der Rückenwölbung 
folgend, schräg nach rechts und hinten und endigen mit den Spitzen, 
dicht an einander liegend, in der rechten hintern Ecke über dem 
Diaphragma. Ihr Verlauf ist nicht parallel mit einander, sondern eine 
Schlinge, div;, kreuzt die andere, div,; dem zu Folge reicht div, 
etwa 0,6 mm mehr nach hinten. Eines weitern Divertikels, div,, das 
als ausgezogene Spitze der beiden vereinigten Ureteren vr, und ur, 
angesehen werden kann, ist vorhin schon Erwähnung gethan. 

Der oben geschilderte Verlauf des Uretersystems lässt sich durch 
Schnittbilder belegen. Man betrachte zunächst die Fig. 10, sie stellt 
einen Querschnitt in der Höhe der innern Nierenöffnung dar. Ver- 
gleicht man die durch einen Pfeil im Schema Fig. 18 angedeutete 
Lage des Schnitts mit der Fig. 10, so sieht man, dass ausser der 
durch den starken Schliessmuskel sofort in die Augen fallenden Nieren- 
öffnung o.re.int die 3 Lumina, die vom Schnitt getroffen werden 
müssen, nämlich wr,, ur, und ur, in der Figur zu finden sind. ur, 
ist ein weites Rohr; dass die über ihm liegenden Querschnitte solche 
von Divertikeln darstellen, die etwa 100 « weiter sämmtlich von dem 
Hauptrohr aufgenommen werden, ist vorher schon erwähnt worden. 


710 G. GLAMANN, 


Die verhältnissmässig engen Lumina von wr, und wr; liegen rechts 
und links von der Kérpermediane, zwischen ihnen breiten sich die 
Athembäumchen aus. Die Spitze div,, in welche die beiden Ureteren 
zusammenlaufen, liegt weit vor dem Anfang der Pallialorgane und 
wurde bei der Durchmusterung der Schnittserie von vorn her als erste 
Bildung unter dem Diaphragma gefunden. Fig. 19 zeigt die Theilungs- 
stelle des wr, in die beiden div, und div,; den Verlauf dieser zeigen 
Fig. 20 und 21. In der ersten, die aus mehreren Schnitten construirt 
ist, sieht man den div, in ganzer Länge getroffen; er zieht am 
Boden auf dem Diaphragma von oben und innen nach unten und 
aussen; da er etwas von hinten nach vorn gebogen ist, zeigt Fig. 21, 
die einen Schnitt ca. 530 « hinter dem vorigen darstellt, einen rechten 
und linken Querschnitt entsprechend den beiden Bogenschenkeln. Da- 
gegen sieht man in Fig. 21 nunmehr den hinter div, liegenden div, 
in ganzer Länge getroffen; die sowohl in Fig. 20 wie Fig. 21 für die 
Anfangstheile der div, und div, gewählte Bezeichnung wr, soll darauf 
hinweisen, dass sie aus der Theilung von wr, hervorgegangen sind ; 
eigentlich müssen sie, da sie schon Theile des Divertikels sind, auch 
mit der für diese angenommenen Bezeichnung kenntlich gemacht werden. 
Die in der untern Ecke über dem Diaphragma liegenden Spitzen der 
Divertikel, die ebenfalls mit div, und div, bezeichnet sind, werden 
nach vorn zu rasch kleiner und verschwinden schliesslich. 

Das Epithel der Ureteren besteht aus Zellen ohne deutlich er- 
kennbare Zellgrenzen mit grossem Kern. Die feine, mitunter deut- 
licher wahrnehmbare Längsstreifung des Protoplasmas ist, wie schon 
PLaTe für Janella und Aneitella nachgewiesen hat, durch die Stern- 
oder Fingerform der Zellen bedingt. In die Reihe der Epithelzellen 
eingelagert finden sich Zellen mit halbkreisförmig gegen das Ureter- 
lumen vorgewölbtem Protoplasma, das am freien Rande mit feiner 
Wimperung versehen ist, die Calottenzellen PLATE’s. Da die Ver- 
hältnisse sich nicht von den von PLATE gefundenen unterscheiden, so 
sei auf die Originalarbeit verwiesen. 

Die gesonderte Ausmündung des äussern Nierengangs, der nicht 
in den Athemgang eintritt, ist auf Fig. 11 und 9 dargestellt; dort 
mündet wr, im Ostium renale externum (o.re.ext), ehe aus der Mantel- 
höhle (cav. pall) der Athemgang (Fig. 9 atg) herausgetreten ist. 

Die von mir bei der Untersuchung der Niere und des Ureteren- 
aufbaues von Aneitea und Aneitella gefundenen Ergebnisse ermög- 
lichen mit den Befunden PLare’s bei der Untersuchung von Janella 
schauinslandi und Aneitella berghi und Preirrer’s bei der von Tribo- 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 711 


niophorus brisbanensis eine theoretische Betrachtung über die Entwicklung 
dieser Organe in der ganzen Familie der Janelliden. Die Vergleichung 
der Schemata, deren Bilder des bessern Verständnisses wegen ich hier 
im Text reproducire, weist vor allem darauf hin, dass diesen Bildungen 
eine Stammform zu Grunde gelegen haben muss, aus der sie sich 
entwickelt haben. Ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich die Stammform 
als eine einfache, compacte Niere mit einem ebenso einfachen Ureter 
auffasse, der von der links gelegenen Niere nach oben und rechts ver- 
läuft (Textfig. A). 

Als eine höhere Orga- 
nisation der Arten eine Ver- 
grösserung der Ureterober- 
fläche erheischte, entwickel- 
ten sich am Anfangstheil des 
Ureters durch Hinaustreiben 
der Ureterwand nach unten 
und rechts 2 Blindsäcke, 
Divertikel (Textfig. B). Nach 
rechts wölbten sie sich vor, 
weil links die Niere und das 
Herz den vorhandenen Platz in Anspruch nehmen; sie schoben sich 
deshalb zwischen die Athemröhrchen und das Diaphragma und reichten 
bei ihrer Weiterentwicklung bis an die gegenüber liegende Körper- 
wandung. 

Auf diesem Stadium der Entwicklung stehen Niere und Ureter- 
bildung der Aneitellen. Die compacte Niere sendet bei Aneitella 
virgata (s. Textfig. D), die im Verhältniss zu Aneitella berghi wieder 
als die einfacher gebaute Form aufgefasst werden muss, einen einfachen 
Ureter nach vorn und 2 Divertikel nach rechts und unten. Die höhere 
Organisation hat allerdings ausser der durch 2 Divertikel schon eine 
weitere Oberflächenvergrösserung in die Wege geleitet, doch ist diese 
erst in ihrem Anfangsstadium angelegt; deshalb sind die div, und div, 
erst kurz und nur div, und div, ganz ausgebildet. Auch der Aufbau 
derselben Organe von Aneitella berghi schliesst sich diesem Schema an. 

Vergleicht man hiermit den Aufbau des Ureters von Aneitea, so 
ist eine Complicirung der Verhältnisse durch Ausbildung grösserer 
Oberflächen hierbei unschwer zu erkennen. Auch die Entwicklung des 
Ureters von T'riboniophorus bedeutet gegen die bei Aneitea vorhandene 
Bildung einen Fortschritt; endlich weist Janella schauinslandi einen 
weitern Entwicklungsfortschritt und damit die grösste, bis jetzt bei 


712 G. GLAMANN, 


den zweitentakligen Pulmonaten bekannte Complicirung des Ex- 
cretionsorgans auf. Es erscheint deshalb am zweckmässigsten, bei der 
Beschreibung des anatomischen Aufbaues der Ureteren die vorher ge- 
nannte Reihenfolge inne zu halten. Gleich von vorn herein sei die 
schon vorher gemachte Bemerkung wiederholt, dass die von PLATE 
bei der Untersuchung der Aneitella berghi gefundenen Resultate mit 
dem von mir bei Aneitella virgata festgestellten Befund überraschend 
übereinstimmen; der Aufbau bei Aneitella berghi stellt sich nur ein 
wenig complicirter dar. Betrachtet man die fig. 40 der Prare’schen 
Abhandlung, die ich als Textfig. C hier reproducire, so sieht man 


Fig. C. Aneitella berghi. 


Folgendes: Von der innern Nierenöffnung führt ein schmaler Ureter, 
ur,, in einen von PLATE als div.com bezeichneten, doppelt so breiten 
Harnleiter. Von diesem geht ein Anfangs wieder schmaler Canal, wry, 
direct nach vorn und oben, erweitert sich und zieht, quer über die 
Lunge verlaufend und der Wölbung der Rückenhaut folgend, als ur; 
von links nach rechts bis zum Athemgang, von dem er kurz vor seiner 
Mündung in das Athemloch aufgenommen wird. Das div.com theilt 
sich in 2 lange Divertikel, div, und div,; beide ziehen sich nach 
rechts und unten. Vom Anfangstheil des wr, zweigen sich 2 eben- 
falls parallel verlaufende, über einander liegende Divertikel, div, und 
div,, ab, die, demselben Weg folgend, in der Nähe des Rectums div, 
und div, treffen und sich derart mit ihnen verbinden, dass div, und 
div,, und div, und div, in einander übergehen. Es entstehen auf 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 713 


diese Weise 2 Doppelschlingen zwischen ur, und ur,. Der auf der 
Textfig. D dargestellte Aufbau des Ureters von Aneitella virgata lässt, 
mit dem von Aneitella berghi verglichen, nun Folgendes erkennen: 


Fig. D. Aneitella virgata. 


ur, entspricht dem ur,, ur, und div.com der Aneitella berghi. Denkt 
man sich, dass die tief zwischen den beiden Schlingen ur, und ur, 
sich einsenkende Linie sich nach der Nierenöffnung zu hebt und sich 
verflacht, so ist aus den beiden Ureteren inclusive dem div.com ein 
Raum entstanden, der ur, der Aneitella virgata entspricht. Aus 
diesem Hohlraum zieht nun bei beiden Species das Endstück des 
Harnleiters zur äussern Nierenöfinung, bei Aneitella virgata als Dreieck, 
mit der Spitze nach vorn gerichtet, bei Aneitella berghi als Bogen, 
der, der Rückenwölbung folgend, direct von links nach rechts verläuft. 
Die Spaltung des wr, in 2 Divertikel ist bei beiden Species dieselbe, 
bei Aneitella virgata kommt es jedoch noch nicht zur Ausbildung der 
dem Grunde von wr, — entsprechend wr, der Aneitella virgata — 
entspringenden Divertikel div, und div,, die sich auf der rechten 
Seite mit div, und div, treffen und vereinigen, so dass die Divertikel 
div, und div,, welche div, und div, von Aneitella berghi entsprechen, 
blind auf der rechten Körperseite enden. Es findet sich ein zwar 


714 G. GLAMANN, 


kleiner Fortsatz div,, welcher von der Wand des wr, ausgeht; ob 
aber dieser den div, und div, der Aneitella berghi entsprechen soll, 
ist durchaus fraglich und ohne weiteres nicht anzunehmen. 

Es wäre also homolog zu setzen, resp. würden sich entsprechen: 


Aneitella virgata Aneitella berghi 
ur, ur,, div. COM, Ur, 
Urs Ur; Ur s 
div,+div, div, +tdivz. 


Ob div, von Aneitella virgata mit div, und div, von Aneitella berghi 
irgend welche Beziehung hat, ist, wie schon oben gesagt, sehr fraglich. 
Der Fortschritt in der Entwicklung des Ureters bei Aneitella 
berghi liegt also nur in der Vergrösserung der Oberfläche von ur, 
durch Theilung desselben in ein div.com und 2 Harnleiter und durch 
Ausbildung von 4 Divertikelschlingen gegenüber den zweien bei Anei- 
tella virgata. 
Der Bau des Ureters bei den 
drei übrigen Gattungen, Aneitea, 
Triboniophorus und Janella, stellt 
nun in so fern einen Fortschritt in 
der Entwicklung dar, als die weitere 
Vergrösserung der Oberfläche von 
hier ab nicht mehr durch Divertikel- 
bildung, sondern durch die Bildung 
HE neuer Ureterschlingen erfolgt. Von 

diesem Gesichtspunkt aus lässt sich 

das Schema von Aneitea (Textfig. E) 

etwa in folgender Weise von Aneitella 

virgata ableiten. Der aus der Niere 
hervortretende Ureter wendet sich nicht direct nach oben und rechts, 
sondern er bildet vorher eine Schleife, die die ganze Körperbreite 
durchmisst und nach ihrem Ausgangspunkt wieder zurückstrebt. Sie 
folgt dem Verlauf der Divertikel aus dem schon angegebenen Grunde; 
der zurückkehrende Schenkel der Schleife wendet sich vor der Er- 
reichung der Ausgangsstelle ganz in derselben Weise wie der ein- 
fache Ureter des Schemas Textfig. B nach vorn und rechts, nur dass 
er der Mittellinie näher liegt. Vergleicht man mit diesem Schema 
das von Aneitea, so findet man sofort, dass es nur der Vereinigung 
von div, und div, bedarf, um den von mir für Aneitea aufgestellten 
Verlauf zu erhalten; diese Vereinigung kann jeder Zeit stattfinden, 
wenn sich die Spitzen der bis an die andere Körperseite ausgestreckten 


Fig. E. 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 715 


Blindschläuche treffen. Es würde also, stellt man Aneitella virgata 
der Aneitea gegenüber, sich wieder entsprechen, resp. durch Weiter- 
entwicklung aus einander hervorgegangen sein: 


Aneitella virgata Aneitea 
Ur, = ur, tur;tur, 
UT UT; — ur, 

div, und div, = div, und div, 
div, und dw, = div, und div,. 


Die Niere entspricht in ihrer einfachen, compacten Gestalt noch 
völlig der Aneitella- Niere. 


Fig. G. 


Fig. F. Aneitea. 


In vollendeterer Form finden wir die Entwicklung eigentlicher Ureter- 
schlingen bei den Gattungen Triboniophorus und Janella. Mit grosser 
Wahrscheinlichkeit lässt sich annehmen, dass bei beiden die in der 
Textfig. E einfach vorhandene Ureterschleife doppelt angelegt ist 
(Textfig. G). Denkt man sich nun die beiden Ureterschleifen nicht 
über einander gelegt, sondern z. B. der bessern Platzverwerthung 
halber in einander geschoben, so sind die beiden Schemata von Tribo- 
niophorus und Janella gefunden. Bei ihnen sind die 4 Ureterschlingen, 
entsprechend den 4 Schenkeln der beiden Ureterschleifen, in einander 


gelagert, derart, dass die ganze erste Schleife innerhalb der beiden 
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 46 


716 G. GLAMANN, 


Schenkel der zweiten verläuft. Unter einander. verglichen — ich habe 
nebenstehend die Schemata der beiden Excretionsorgane entsprechend 
fig. 11 der Abhandlung PFEIFFEr’s und fig. 23 der PLATE’schen Ar- 
beit reproducirt — sind ur, +ur,+ur, von Triboniophorus (Textfig. H) 


Fig. H. Triboniophorus brisbanensis. 


— ur, +, von Janella (Textfig. J), ebenso ur, +ur, = ur; +ur,'+ur,. 
Es ist erklärlich, dass bei der reichlichen Oberfläche, die die gut ent- 
wickelten Ureterschleifen bieten, die Bildung von Divertikeln nicht 
fortschreitet, sondern eher 
eine Rückbildung der- 
selben eintritt. So sehen 
wir, dass Triboniophorus 
zwar noch einzelne Aus- 
stülpungen in div,, div, 
und div, aufweist, die, 
weil am Anfang des Ure- 
ters befindlich, in Be- 
ziehung zu div, und div, 
der Stammform gebracht 
werden könnten, dass 
diese aber im Vergleich 
Fig. J. Janella schawinslandi. zu der Grösse der Ureter- 
schlingen als unwesent- 

liche Anhänge zu bezeichnen sind, während Janella gänzlich frei von 
correspondirenden Bildungen ist. Wenn PLATE die lang ausgezogenen 
Zipfel der Ureterschleifen bei Janella als Divertikel bezeichnet hat, so 
entspricht doch diese Bezeichnung keiner der im Urschema vorhandenen 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. (al 7 


Anlagen. Das Endstück des Ureters wr, sendet zwar noch ein langes 
Divertikel aus, div, ; meiner Ansicht nach jedoch dürfte dieses als die 
Anlage einer neuen Ureterschleife anzusehen sein. Janella lässt ein 
weiteres Moment der höhern Organisation durch die Thatsache er- 
kennen, dass das Endstück des Ureters, im Gegensatz zu den andern 
Familien, nicht in den Athemgang mündet, sondern mit besonderer 
Oeffnung die Körperdecke durchbohrt. 

Triboniophorus und Janella zeigen auch im Bau der Niere eine 
höhere Ausbildungsstufe. Die am einfachsten angelegte Niere, wie sie 
Aneitella und Aneitea noch besitzen, ein leicht gekrümmter, com- 
pacter Körper, geht bei Triboniophorus in so fern schon eine Ver- 
änderung ein, als hier die Niere einen Körper und zwei nach vorn ge- 
richtete Zipfel unterscheiden lässt. Der linke laterale Zipfel reicht 
sehr weit nach vorn und liegt in der Nähe des linken Fussrandes; 
er ist vorn ziemlich spitz ausgezogen. Der rechte und mediane Zipfel 
überragt nur wenig die Kammebene des Diaphragmas nach vorn und 
ist abgerundet. Die Veränderung geht bei Janella so weit, dass bei 
dieser der Nierenkörper ein grosses, zweilappiges, flaches Gebilde dar- 
stellt, welches sich hinter dem Pericard und dem die Mantelhöhle um- 
gebenden Filzwerk der Athemröhrchen ausbreitet. Beide Nierenlappen 
gehen durch eine Verbindungsbrücke continuirlich in einander über, 
so dass von einer doppelten Niere nicht gesprochen werden kann; die 
Breite der Verbindungsbrücke ist variabel. 

Die Entwicklung des Nieren- und Ureterbaues innerhalb der 
Tracheopulmonaten liesse sich, um kurz die Betrachtung zu recapi- 
tuliren, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit also folgender Maassen an- 
nehmen: | 

I. Form (hypothetische Stammform): compacte einfache Niere; 
einfacher, von der Nierenöffnung nach oben und rechts verlaufender 
Ureter, der in den Athemgang mündet. 

II. Form: Niere und Ureter ebenso, am Anfangsstück des Ureters 
bilden sich 2 Divertikel, div, und div, — Aneitella virgata —, die 
sich auch verdoppeln können — Aneitella berghi. Uretermündung wie 
vorher. 

III. Form: Niere wie vorher. Der Ureter macht, ehe er den Ver- 
lauf nach oben und rechts einschlägt, eine ganze Schleife von links 
nach rechts und zurück; div, und div, sind noch völlig ausgebildet. 
Durch Vereinigung von dw, und div, bildet sich das Schema für 
Aneitea. 

46* 


718 G. GLAMANN, 


IV. Form: Niere besteht aus Nierenkörper und 2 Zipfeln. Die 
Ureterschleife ist doppelt angelegt, Divertikelbildung geht zurück. 
Uretermündung wie vorher: Triboniophorus. 

V. Form: Niere besteht aus 2 durch eine Brücke zusammen- 
hängenden Lappen. Doppelte Ureterschleife wie vorher, Divertikel- 
bildung fast verschwunden, ein aus dem Endstück des Ureters sich 
hervor wölbender Blindsack hat schon den Werth einer Ureterschlinge. 
Ureter mündet in äusserer Nierenöfinung gesondert vom Athemgang: 
Janella. 


Die Schalenkammer. 


Die Rückbildung der Schale, welche bei den Gastropoden stets 
dadurch eingeleitet wird, dass der Mantel sich über die Schale 
hinüber schlägt, ist bei den einzelnen Gattungen der Tracheopulmonaten 
in verschiedenem Grade vorgeschritten. Beobachtungen über das 
Vorhandensein der Schalenkammer und des Inhalts derselben haben 
schon die frühern Untersucher gemacht, und diese Beobachtungen im 
Verein mit den neu gefundenen Resultaten gestatten eine gewisse 
Uebersicht über den Zerfall der Kammer im Lauf der phyletischen 
Entwicklung; zuvor seien jedoch die Ergebnisse meiner Untersuchung 
geschildert. 

Die Schalenkammer der Aneitea stellt sich als ein ca. 31/, mm 
langes, schlauchartiges Gebilde dar; sie erreicht ihre grösste Breite 
etwa in der Mitte ihrer Ausdehnung mit 1,8 mm und verschmälert 
sich an beiden Enden. Sie liegt etwas links von der Körpermitte 
direct der Rückenhaut an, ist aber nicht in sie eingebettet, sondern 
verläuft unter ihr. Ihr vorderes Ende ragt über die Pallialorgane 
hinaus und ist deshalb sichtbar (s. Situs der Pallialorgane, Fig. 5 sch). 
Weiter hinten bedecken der Herzbeutel mit dem Herzen und die 
Niere die Umrisse der Schalenkammer ; die Niere etwa noch mit ihrer 
vordern Hälfte, die deshalb eine Einbuchtung auf der dorsalen Seite 
zeigt. Unmittelbar nach dem Aufhören der Schalenkammer wölbt 
sich das Nierengewebe bis an die Rückenhaut hinauf. 

Die histologische Untersuchung hat zu einem sichern Ergebnisse 
nicht führen können, da der Conservirungszustand des Materials zu 
einem solchen nicht genügte. Immerhin hat sich so viel feststellen 
lassen, dass die Wandung der Schalenkammer aus einem Epithel be- 
steht, welches eine deutlich conturirte Basalmembran abgesondert hat. 
An diese Basalmembran treten an verschiedenen Stellen Bindegewebs- 
züge heran, die sich von aussen an sie anlegen; man sieht dann die 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 719 


lang gestreckten ;Bindegewebskerne neben der Basalmembran. Die 
Zellen des Epithels erscheinen nicht deutlich abgegrenzt; an einzelnen 
Stellen kann man kleine Intercellularspalten erkennen; die rundlichen 
Kerne sind ziemlich gross. Von der Fläche gesehen, erinnert das 
Bild, das die Zellen liefern, sehr an die von PLATE zuerst im Ureter- 
epithel gefundenen Sternzellen. 

Das, wie vorher angegeben, nach Präparation des Mantelstücks 
der Rückenhaut sichtbare vordere Ende der Schalenkammer liess als 
Inhalt eine weissliche, in kleinen Schollen über einander liegende, 
feste Masse erkennen, die der Nadel Widerstand leistete: den Rest 
der Kalkschale (Fig. 5 sch). Er bildet in der vordern Hälfte der 
Kammer eine grössere Kalkplatte, die jedoch nicht lamellösen Bau 
zeigt, sondern durch das Aneinanderbacken einzelner loser Kalkschollen 
entstanden zu sein scheint. Ihre Grösse ist im Anfangstheil der 
Schalenkammer am bedeutendsten; nachdem diese hinter das Herz 
und die Niere getreten ist, bildet sie nur noch einen dünnen, der 
ventralen Seite der Kammer anliegenden Kalkstreifen. Ihm folgen in 
der hintern Kammerhälfte mehrere einzelne, bedeutend kleinere Kalk- 
schollen, die neben einander liegen. Da eine Verletzung des Mantel- 
stücks vermieden werden musste, weil nur 2 Exemplare der Unter- 
suchung zur Verfügung standen, so war es nicht möglich, durch das 
Diaphragma hindurch die genaue Anzahl festzustellen, doch scheinen 
es nur 3 oder 4 gewesen zu sein. Fig. 12 zeigt bei A. II die ganze 
Länge der Schalenkammer (sch) im Längsschnitt; während die nach 
vorn — in der Figur unten — liegende Partie keine Reste von Schalen- 
stückchen enthält, weil sie durch die eingedrungene Salpetersäure- 
lösung völlig aufgelöst worden sind, liegen in dem hintern — obern — 
Theil, der an die Niere anstösst, dicht bei einander solche Reste, die 
3 oder 4 Kalkschollen anzugehören scheinen. 

Durch ca. 24stündiges Einlegen in Pikrinsalpetersäure konnte der 
Kalk aufgelöst werden; die Schnittserie, die vom Mantelstück ange- 
fertigt worden ist, zeigt fast in jedem Querschnitt der Schalenkammer 
als organische Grundsubstanz der Kalkschale eine homogene, tief 
dunkel gefärbte Masse. 

Ueber die Schalenkammer der Aneitella virgata liegt schon eine 
Notiz von EDGAR A. SMITH vor. Er sagt bei der Beschreibung der 
von ihm Athoracophorus virgatus genannten Aneitella virgata Folgendes: 
„Die Schale wird ersetzt (es ist nur ein Thier untersucht worden) 
durch 8 kleinere Kalkstückchen von verschiedener Form und Grösse 
— das grösste war über 1?/;, mm lang —, die in der Mitte des 


720 G. GLAMANN, 


Körpers wenig vor der Athemöffnung liegen.“ Bei dem von mir unter- 
suchten Exemplar liegen an der Grenze des ersten und zweiten Körper- 
drittels mitten auf dem Rücken etwa 12 grössere und kleinere Bläschen, 
die scheinbar in die Haut eingebettet und mit einer durchsichtigen 
Membran abgeschlossen sind, so dass ihr weisslicher Inhalt durch- 
schimmert; namentlich am herauspräparirten Mantelstück erkennt man 
diesen Inhalt bei der Untersuchung von der Innenfläche der Rücken- 
haut her als kleine Kalkconcremente (Fig. 2, 6 sch). Vor dem End- 
darm liegt an dessen Wandung ein grösseres, ovales, etwa 2 mm 
langes und 1 mm breites Bläschen mit einem grössern Kalkstiickchen ; 
darum gruppiren sich die andern kleinen und kleinsten Bläschen. 
Am hintern Ende des Mantelstücks, zum Theil auf der rechten Seite 
hinter der Lunge, zum Theil in der Mittellinie sind noch 8 grössere 
und kleinere Schalenkammerbläschen vorhanden; irgend eine Ver- 
bindung mit den vordern Bläschen ist nicht nachzuweisen. 

Der histologische Bau der Schalenkammerbläschen zeigt, soweit 
die mangelhafte Conservirung eine Untersuchung zulässt, im Grossen 
und Ganzen keine Verschiedenheit gegen den der Aneitea-Schalen- 
kammer. Die Wand besteht aus einem ziemlich dunkel tingirten 
Plasmastreifen, der eine deutlich ausgeprägte Basalmembran aufweist 
und in den rundliche, grosse Kerne in unregelmässigen Abständen 
eingelagert sind. Zellgrenzen sind nicht zu unterscheiden, doch weisen 
die ab und zu deutlich erkennbaren Intercellularspalten darauf hin, 
dass es sich hier voraussichtlich um ähnliche Verhältnisse wie bei 
Aneitea handeln wird. 

Wie schon Eingangs erwähnt, liegen in der Literatur über die 
Untersuchung der Schalenkammern der Tracheopulmonaten verschie- 
dene Mittheilungen vor, die in Verbindung mit den hier geschilderten 
Verhältnissen eine Betrachtung über das Verhalten dieses Organs in 
den 4 Gattungen dieser Gruppe ermöglichen. Für Aneitella hat ausser 
der schon erwähnten Mittheilung von EDGAR A. SMITH auch PLATE 
festgestellt, dass die Rudimente der Schalenkammer in Gestalt ge- 
schlossener Epithelbläschen vorhanden sind, die in zwei Hauptgruppen, 
die eine am Vorderrand des Rückensinus und eine zweite am Vorder- 
rand des Nierenkörpers, angeordnet sind. Die grössten Kalkstückchen 
maassen ca. ?/, mm. 

Zahlreicher schon sind die in der Gattung Aneitea gefundenen 
Untersuchungsergebnisse. MACDONALD 1856 und FiscHEr 1867 haben, 
dieser bei A. macdonaldi und jener bei A. hirudo, eine Schalenkammer 
mit einem Kalkstück beschrieben, das beim ersten als ein längliches 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. AD 


Schild, beim zweiten als kleine, weisse bohnen- oder nierenförmige 
Platte sich darstellte. 

Ich habe bei Aneitea eine Schalenkammer, aber mehrere Kalk- 
stückchen gefunden. PLATE nimmt an, dass auch bei A. macdonaldi 
und hirudo mehrere Kalkstückchen in der Schalenkammer vorhanden 
sind, dass aber bei der Untersuchung nur das vordere, grosse ent- 
deckt wurde, während die hintern kleinern übersehen worden sind. 

Aneitea gräffei, die nach den Untersuchungen PFEIFFER’sS zu den 
Triboniophoriden gehört und von ihm als Triboniophorus gräffei re- 
clamirt wird, hat nach HumBert 1863 und Sımrorn 1889 ebenfalls 
eine Schalenkammer mit mehreren Kalkstückchen, so dass die Ver- 
hältnisse sich als denen ähnlich darstellen, die ich bei Aneitea ge- 
funden habe. Für Triboniophorus schüttei hat BerGH 1870 oberhalb 
des Pericardiums ein grösseres trianguläres Kalkstück, ein schmäleres 
an der Grenze zwischen Niere und Pericard und ca. 8 immer kleiner 
werdende Bläschen dahinter festgestellt, nachdem KEFERSTEIN, der 
dasselbe Thier schon 1865 untersucht hatte, schon von vielen ziemlich 
rundlichen Kalkconcrementen gesprochen hatte, die mit blossem Auge 
zuweilen als weisse Pünktchen wargenommen werden könnten. Da- 
gegen hat KEFERSTEIN bei Triboniophorus kreffti neben dem Herzen 
und After vor der Lunge in der Körperwand ein kleines, dreieckiges, 
ziemlich dickes Schalenstück gefunden. In einer sehr ausführlichen 
Arbeit über die Gattung Zriboniophorus hat PFEIFFER für Tribo- 
niophorus brisbanensis eine einheitliche Schalenkammer mit einem ein- 
heitlichen grossen Kalkstabe nachgewiesen. 

Die Untersuchungen, die PLATE bei Janella schauinslandi ange- 
stellt hat, haben ergeben, dass Janella statt einer Schalenkammer 
nach oberflächlicher Schätzung in summa mindestens 60—80 Schalen- 
bläschen besitzt. Die Hauptmasse liegt am Vorderrand des Sinus 
dorsalis als ein unter der Lupe weissliches Querband, ein zweiter 
Haufen bedeckt die Rückenfläche des linken Nierenlappens. Zwischen 
beiden spannt sich nicht selten eine bandförmige Reihe von Schalen- 
bläschen aus, welche den medialen Pericardrand begleitet. In gleicher 
Weise haben Hurron 1881 für J. bitentaculata und marmorea und 
SIMROTH 1889 festgestellt, dass die Schalenkammer in zahlreiche 
Schalenkammerbläschen aufgelöst war, wie sie auch beide das Vor- 
handensein der Bläschenreihe zwischen den beiden Häufchen von 
Schalenkammerbläschen schon bemerkt haben. 

Es fragt sich nun, ob die Vergleichung der bei den einzelnen 
Gattungen der Tracheopulmonaten in Bezug auf die Schalenkammer 


122 G. GLAMANN, 


und deren Inhalt vorhandenen Verhältnisse irgend etwas Charakte- 
ristisches für jede Gattung erkennen lässt, so dass vielleicht ein für | 
die Systematik verwendbarer Unterschied aufgestellt werden kann. 
Wie aus dem Vorstehenden zu ersehen ist, hat Aneitella keine einheit- 
liche Schalenkammer, sondern eine kleine Anzahl Schalenkammer- 
bläschen (Aneitella virgata ca.20 verschieden grosse), die in zwei Häufchen 
angeordnet sind und je ein weissliches Kalkstück enthalten. Dieselbe 
Anordnung findet sich auch bei Janella. Es sind hier aber eine un- 
gleich grössere Anzahl Schalenkammerbläschen (60—80) vorhanden und 
ausserdem die beiden Häufchen durch eine Reihe von Bläschen noch 
verbunden. Sehr fraglich dürfte es sein, ob die grössere oder kleinere 
Anzahl der Schalenbläschen ein für die Systematik verwerthbares 
Characteristicum der beiden Gattungen darstellt, weil ihre Zahl, wie 
bei allen rudimentären Organen, individuell variiren kann; dagegen 
scheint die Bläschenreihe zwischen den beiden Bläschenhaufen, deren 
Vorhandensein für Aneitella bis jetzt nicht nachgewiesen ist, doch eine 
constante Bildung bei Janella zu sein. Sowohl PLATE als auch HuT- 
TON und SIMROTH haben bei den Janelliden (schauinslandi, bitentacu- 
lata und marmorea) übereinstimmend diese bandförmige Reihe von 
Kalkkörperchen beobachtet und beschrieben. 

Die Untersuchung der beiden mir zur Verfügung stehenden Exem- 
plare hat eine einheitliche Schalenkammer für Aneitea ergeben. Dass 
diese für die Gattung constant ist, kann zwar angenommen werden, 
bleibt aber noch für andere Arten zu erweisen; sowohl von Mac- 
DONALD als FISCHER ist irgend ein darauf bezüglicher Vermerk bei ihren 
Beschreibungen nicht gemacht worden. Bemerkt sei, dass der Bau 
der Schalenkammer, weil diese bei den Aneiteen zum grossen Theil 
über den Pallialorganen liegt, die sie von unten decken, nur aus einer 
Serie von Schnittpräparaten zu erkennen ist. Es scheint ferner, als 
ob der Inhalt dieser Kammer aus einzelnen, verschieden grossen Kalk- 
plättchen besteht, von denen das vorderste das grösste ist. 

Wenn MAcDonALD für A. macdonaldi und FISCHER für A. hirudo 
nur je ein Kalkplättchen beschrieben, so liegt dies nach der schon 
vorher erwähnten PLATE’schen Annahme vielleicht daran, dass nur 
das vordere grosse Kalkstück von ihnen beobachtet wurde, die hintern 
kleinen aber übersehen worden sind. 

Weit aus einander gehen die Angaben, wie die Schalenkammer 
und deren Inhalt bei der Gattung Triboniophorus sich darstellt. Hum- 
BERT 1864 giebt für Triboniophorus gräffei 2 oder 3 grössere Kalk- 
körner und eine Anzahl anderer, bedeutend kleinerer an; nach eigenen 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 123 


Untersuchungen hat SımrkorTH 1889 bei der Aneitea gräffei HUMBERT 
gefunden, dass die Schale aus 3 getrennten Stücken besteht, die fest 
in die tiefere Lage der Cutis eingelassen sind; eine eigentliche Schalen- 
kammer fehlt. KEFFRSTEIN sowohl wie BERGH beschreiben bei Tribo- 
niophorus schüttei viele, verschieden grosse Kalkconcretionen ; der erste 
Forscher hat bei Triboniophorus kreffti nur ein kleines, dreieckiges, 
ziemlich dickes Schalenstück gesehen. Bei Zriboniophorus brisbanensis 
ist nach PFEIFFER eine einheitliche Schalenkammer mit einem ein- 
heitlichen grossen Kalkstück vorhanden; ausserdem hat PFEIFFER noch 
das Vorhandensein eines drüsigen Schalenkammerdivertikels, einer 
Schalendrüse, festgestellt, ein Organ, das bis jetzt bei den andern 
Gattungen nicht aufgefunden worden ist. 

Wenn ich die Befunde im Folgenden in eine kurze Uebersicht zu 
bringen versuche, so kann selbstverständlich von mir kein Anspruch 
darauf erhoben werden, dass diese von bleibendem Werth für die 
Systematik sein könnte. Erst die Nachuntersuchungen nicht nur von 
Thieren der einzelnen Gattungen und Arten, sondern namentlich ver- 
schiedener Individuen derselben Arten werden Klarheit darüber her- 
beiführen können, ob für eine Gattung oder Art constante Bildungen 
auftreten oder ob diese selbst individuellen Verschiedenheiten unter- 
liegen. Eine solche Uebersicht als Ausdruck unserer derzeitigen 
Kenntnisse würde sich etwa folgender Maassen aufstellen lassen: 

I. Schalenkammer einheitlich: 

a) Schalenreste bilden mehrere, verschieden grosse Kalkstückchen, 
von denen das vorderste in der Regel das grösste ist: Aneitea. 

b) Schalenrest stellt einen soliden Kalkstab dar (Schalendrüse ?) : 
Triboniophorus. 

II. Schalenkammer in zahlreiche Schalenbläschen aufgelöst, die 
meist in zwei Häufchen angeordnet sind. 

a) Die beiden Bläschenhaufen sind jeder für sich isolirt: Aneitella. 

b) Zwischen den Bläschenhaufen verläuft eine bandartige Reihe 
von Bläschen und verbindet sie: Janella. 


Herz und Gefässystem. 


Der durch die Untersuchungen PLATE’S und Pretrrer’s für Janella 
und Triboniophorus gefundene anatomische Aufbau des Herzens sowie 
die Ausbildung des Gefässystems, die sich nach der Beschreibung ein- 
ander sehr ähnlich sind, finden sich bei Aneitea und Aneitella ledig- 
lich wiederholt. Es erübrigt sich daher, die erst genannten Befunde 
zum Vergleiche mit heranzuziehen, und dürfte die einfache Beschreibung 


124 G. GLAMANN, 


der anatomischen Verhältnisse der beiden letzt genannten Gattungen 
für die Aufstellung der Gattungsdiagnose genügen. 

Das Herz besteht bei Aneiteo und Aneitella (Fig. 5 u. 6 atr, 
ventr) aus einem musculösen Ventrikel (ventr), einem Atrium (air) 
init bedeutend schwächerer Wandung und einem Pericard (per), welches 
das Herz allseitig umgiebt. Das Herz von Aneitea ist bedeutend 
höher. als das von Aneitella; der Ventrikel stellt hier ein fast gleich- 
seitiges Dreieck dar mit ungemein stark entwickelter Muscularis, 
während der von Aneitella ein schmaler, spitz ausgezogener Keil ist. 
Atrium und Ventrikel sind durch eine tiefe Einschnürung von einander 
getrennt; vor dieser Einschnürung gruppiren sich Kräftige, circular 
angeordnete Muskellagen des Ventrikels zu einer Art Sphincter. Die 
Atrioventricularôffnung ist bei beiden in den Ventrikel trichterförmig 
hineingezogen. Das Atrium von Aneitea erweitert sich von der Atrio- 
ventricularöffnung kegelförmig und wird dann wieder schmäler; es 
geht jedoch noch mit breiter Oefinung in den Blutsinus über. Ent- 
sprechend dem Ventrikel ist auch das Atrium von Aneitella ein spitz- 
zipfliges Gebilde; seine Einmündung in den Blutsinus ist sehr viel 
enger. Rund um die Mündungsstellen gruppiren sich bei beiden dichte 
Massen von Athemröhrchen. 

Das Pericard (Fig. 5, 6 u. 12 per) steigt in einem äussern Blatte 
von der Atriumöffnung an dem Filzwerk der Lungen und an der 
Schalenkammer hinauf zur Rückenwölbung, folgt dieser und legt sich 
ventral an das Diaphragma an. Es begleitet dasselbe, bis es die Vor- 
kammeröffnung an der andern Seite wieder erreicht hat; das innere 
Blatt überzieht Atrium und Ventrikel. 

Der Pericardialraum wird lange nicht vom Herzen ausgefüllt; er 
steht durch die Nierenspritze (Fig. 12, 13 u. 18 reper) mit der Niere 
in Verbindung. 

Aus dem Ventrikel entspringt ventralwärts die Körperaorta 
(Fig. 5 u. 6 ao.com). Das Atrium empfängt keine Gefässe, d. h., wie 
PLATE zuerst gefunden hat, die Lungenvene fehlt. Der Gasaustausch 
des Blutes mit der atmosphärischen Luft findet, vermuthlich unter 
Zuhiilfenahme der kräftigen Musculatur der Athemhöhle und des 
Diaphragmas, innerhalb des dorsalen Blutsinus in den Athemröhrchen 
statt, die von den Divertikeln in baumförmiger Verästelung in den 
Blutsinus ausstrahlen; aus diesem Blutsinus strömt die Hämolymphe 
direct in das Atrium. 

Die Aorta theilt sich nach dem Durchtritt durch das Diaphragma 
sofort in 2 grössere Stämme, die vordere und hintere Aorta. Letztere 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 725 


wendet sich direct von vorn nach hinten; sie giebt starke Aeste an 
den Magen und die Darmschlingen ab und verzweigt sich in den ein- 
zelnen Leberlappen. 

Die der vordern Aorta entspringenden Gefässe haben lediglich 
bei Aneitea in ihrem Verlaufe verfolgt werden können; da von Aneitella 
nur ein Exemplar zur Verfügung stand, so war eine genauere Unter- 
suchung nicht möglich. 

Sofort hinter der Bifurcationsstelle giebt die vordere Aorta eine 
Arterie für die Zwitterdrüse ab, unmittelbar darauf ein Gefäss für 
die Eiweissdrüse und den Uterus. Beide wenden sich zuerst zusammen 
nach hinten und kreuzen dorsal den Zwittergang; an der Kreuzungs- 
stelle legt sich das erste Gefäss an den Gang, verläuft an diesem nach 
hinten und tritt in den Hilus der Drüse ein. Das zweite folgt dem 
Verlauf des Ganges, durch lockeres Bindegewebe mit ihm verbunden, 
in der Richtung nach dem Uterus; es giebt bald nach seinem Beginn 
einen Zweig ab, der direct nach links quer durch den Körper sich 
wendet, bis er den Enddarm erreicht hat. An diesem biegt er sich 
in einer engen Schleife wieder nach rechts um, folgt dem Enddarm 
und tritt mit ihm zusammen durch das Diaphragma in die Mantel- 
höhle ein (Fig. 5 a). Der Stamm der Arterie theilt sich, auf dem 
Uterus angekommen, in 5 Aeste. Der erste giebt einen Zweig für das 
Gewebe der flaschenförmigen Anhangsdrüse, einen zweiten für die Ei- 
weissdrüse ab und versorgt schliesslich, von unten an die Prostata 
tretend, diese, während seine Endverzweigungen in den hintern Theil 
der Uteruswand eintreten. Der zweite Ast versorgt den mittlern und 
vordern Theil des Uterus, der dritte begleitet das Vas deferens nach 
vorn und verzweigt sich im Penis. 

Die Aorta entsendet weiter nach vorn rechts und links einen Ast 
für die Speicheldrüsen, von denen der linke sich in mehrere Zweige 
theilt, die bis auf einen in das Gewebe der Drüse eindringen. Der 
eine begleitet den Ausführungsgang der Speicheldrüse nach vorn und 
verzweigt sich in der Höhe des Pharynx in dessen Wand. Der Rest 
der Aorta tritt nunmehr durch den Schlundring an die ventrale Fläche 
des Schlundkopfs. Er theilt sich in 3 grössere Zweige, die nach vorn, 
in der Umgebung des Mundes und nach links und rechts und oben 
in den Fühler und in die Haut des Kopfes sich verbreiten, gleichzeitig 
aber mehrere Aeste an den Schlundkopf selbst abgeben. 


Die dorsale Sinnesblase. 
Bei Janella schauinslandi sowie bei Aneitella berghi hat PLATE 


726 G. GLAMANN, 


an der Innenfläche der Rückenhaut in der Mediane des Körpers etwas 
hinter der Niere ein Sinnesorgan gefunden, das er als subcutan be- 
zeichnet und dem Osphradium der Basommatophoren und der Gattung 
Testacella als Homologon an die Seite gestellt hat. Er beschreibt es 
als einen Wulst hoher, einschichtiger Epithelzellen, der an der dorsalen 
Wand einer geschlossenen, von niedrigen Epithelzellen gebildeten Blase 
liegt. Die Sinnesblase hängt in den Dorsalsinus hinein und wird von 
dessen Blut umspiilt; in der Regel schimmert sie durch das Diaphragma 
als ein weisslichgelber Fleck hindurch. Dasselbe Organ hat PFEIFFER 
bei Triboniophorus brisbanensis nachgewiesen. 

Bei der mikroskopischen Betrachtung der Innenflache des Riicken- 
hautstiicks mit den von dem Diaphragma bedeckten Pallialorganen 
von Aneitea und Aneitella ist ein dem oben beschriebenen ähnlicher 
Fleck nicht gefunden worden. Die mikroskopische Durchmusterung 
der Schnittserien hat aber ergeben, dass die Sinnesblase auch hier 
vorhanden ist. Sie bildet eine 1,2 mm grosse, lang ovale Blase, die 
an der rechten Seite unmittelbar hinter der Niere der Rückenwandung 
anliegt und ventral vom Diaphragma bedeckt wird, also noch inner- 
halb der Mantelhöhle gelegen ist. Die Blase besteht aus einer ein- 
fachen Schicht niedriger Epithelzellen mit grossen Kernen. Auf 
einer kammartigen Erhöhung, direct der Rückenwandung anliegend, 
sieht man zahlreiche Kerne dicht neben einander liegen, die den Ein- 
druck machen, als gehörten sie einem mehrschichtigen Epithel an. 
Man kann etwa 4—5 Reihen unregelmässig geordneter, grosser Kerne 
unterscheiden, die, von verschiedener Gestalt: rundlich, oval und lang 
gestreckt, sich alle durch das Vorhandensein zahlreicher Nucleoli 
auszeichnen; die innerste Reihe der Kerne, die dem Lumen der Blase 
zugewendet ist, liegt in gleicher Höhe. Diese Sinnesplatte nimmt 
etwa die Hälfte der dorsalen Wand der Sinnesblase ein; sofort nach 
ihrem Aufhören ist das Epithel der Blasenwand wieder einschichtig, 
wenn auch im Anfang die Zellen noch höher sind als in den spätern 
Abschnitten. Die innerste Epithelzellenreihe der Sinnesplatte trägt 
feine, anscheinend geschlängelte Härchen, ausserdem scheint es, als 
ob ein von beiden Seiten an die dorsale Wand der Sinnesblase heran- 
tretender, ziemlich kräftiger Strang einen Nerv darstelle, der sich in 
der Sinnesplatte auflést. Da mir nur Canadabalsam-Präparate von 
noch dazu sehr zweifelhafter Conservirung zu Gebote standen, so habe 
ich das Vorhandensein des von PLATE an Glycerinpräparaten von 
Janella gefundenen, feinern anatomischen Aufbaues bei Aneitea nicht 
feststellen, auch mit Bestimmtheit nicht entscheiden können, ob der 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. Gu 


oben erwähnte Strang in der That die Innervirung der Sinneszellen 
besorgt. PLATE giebt an, dass das Epithel der Sinnesplatte ebenfalls 
einschichtig ist und dass der Anschein, als wären die Kerne auf 
mehrere Lagen vertheilt, dadurch verursacht wird, dass die Zellen 
aus einem fadenförmigen und einem verdickten, den Kern umfassenden 
Abschnitt bestehen. Am freien Rande der Zellen finden sich zwei ver- 
schiedene Arten von Anhängen, erstens sehr kleine, dicht stehende 
gerade Borsten, die wie Cilien aussehen, zweitens lange, häufig etwas 
geschlängelte Wimpern, die ungefähr so gross sind, wie das Sinnes- 
epithel hoch ist. An der ventralen Wand der Blase tragen die Epithel- 
zellen ebenfalls sehr zarte, gerade Borsten, die etwas weiter aus ein- 
ander stehen. PrFEIFFER hat an den Epithelzeilen der Sinnesplatte 
bei Triboniophorus auch einen feinen Wimperbesatz sowie gerade ge- 
richtete Borsten beschrieben, welche frei in das Lumen der Blase 
hinein ragen. Es dürfte daher wohl kein Fehlschluss sein, wenn man 
bei der sonstigen anatomischen Verwandtschaft der Gattungen einen 
gleichen Aufbau auch für Aneitea und Aneitella annimmt. 

Ueber dem Sinnesorgane bildet das Bindegewebe der Rückenhaut 
ein aus lockern Maschen bestehendes Gewebe; im Lumen der Blase 
sieht man schwach gefärbtes, feinkörniges Gerinnsel liegen, das als der 
geronnene Ueberrest einer eiweisshaltigen Flüssigkeit aufzufassen ist, 
welche die Blase einst gefüllt hat. 

Die Sinnesplatte der Aneitella virgata (Fig. 22) zeigt von dem 
sonst beobachteten Schema eine Abweichung. Sie liegt in der Haupt- 
sache zwar auch der dorsalen Wand der Sinnesblase an, aber sie be- 
ginnt am vordern Ende mit zwei Zipfeln, die der rechten und linken 
Wand der Blase aufgelagert sind und die, nach hinten und oben sich 
wendend, nach 0,4 mm langem Verlaufe an der dorsalen Blasenwand 
sich in eine Sinnesplatte vereinigen (Fig. 23), deren Querschnitt etwa 
pilzförmig aussieht. 

Ueber die Function des Sinnesorgans können nur Versuche am 
lebenden Thiere Aufschluss geben; PLATE hat die Möglichkeit ange- 
nommen, dass es vielleicht dem Temperaturgefühl diene und die Thiere 
veranlasse, das directe Sonnenlicht zu vermeiden und unter schützenden 
Blättern etc. Zuflucht zu suchen. 


Der Genitalapparat. 


In den Angaben der frühern Autoren haben die Geschlechts- 
organe der zweitentakligen Tracheopulmonaten schon eingehende Wür- 
digung gefunden. Abgesehen davon, dass PLATE und PFFIFFER auf 


728 G. GLAMANN, 


Grund ihrer Untersuchungen und mit Berücksichtigung der frühern 
Literatur eine erschöpfende Beschreibung des Genitalapparats von 
Janella, Aneitella und Triboniophorus gegeben haben, sind auch die 
Angaben MacponALp’s über den Aufbau der Geschlechtsorgane von 
Aneitea macdonaldi sowie die FiscHEr’s über dasselbe Organ von 
Athoracophorus (Aneitea) hirudo sehr ausführlich. MACDONALD unter- 
scheidet bei seinem Exemplar — Aneitea macdonaldi Gray — ein 
Ovarium und einen Testikel, die dicht neben einander die Mitte der 
Rückenfläche einnehmen. Aus dem erstern, das links vom andern 
gelegen ist, entspringt ein enger Oviduct. Den Testikel umschlingen 
die Windungen des Uterus; aus seinem vordern, engern Theil geht 
das Vas deferens hervor, das an der Unterfläche des Penis nahe der 
Insertionsstelle des Retractors in diesen einmündet. Der Retractor 
selbst heftet sich an die linke Rückenwand an. MAcDONALD beschreibt 
ferner ein ziemlich grosses, kurz gestieltes Receptaculum seminis, das 
er mit purpurröthlich braunem Secret angefüllt fand, und einen kleinen, 
sackähnlichen Anhang am Beginn des Uterus. Aus der der Be- 
schreibung beigegebenen Figur geht hervor, dass sein Ovarium die 
Zwitterdrüse, sein Oviduct der Zwittergang ist; dass er die Eiweiss- 
drüse als Hoden und wahrscheinlich die eng in einander gewundenen 
Krümmungen des Uterus, der Prostata und des Vas deferens in toto 
als Uterus angesprochen hat. Dass auf der Figur unter 9 ein Theil des 
Uterus als Spermotheca bezeichnet ist statt der daneben gezeich- 
neten rund ovalen Samentasche, ist wohl durch einen Fehler verur- 
sacht. 

Die Beschreibung des Genitalsystems, welche FISCHER von Athoraco- 
phorus hirudo giebt, entspricht schon fast völlig den Thatsachen. 
Er findet die Zwitterdrüse aus zwei grössern Packeten zusammengesetzt, 
von denen jedes einen besondern Ausführungsgang besitzt; beide ver- 
einigen sich zum Zwittergang. Er beschreibt die Eiweissdrüse als aus 
einzelnen gesonderten Drüsenläppchen bestehend, die dem Ausführungs- 
gange aufsitzen; er erwähnt ferner, das das Vas deferens mit dem 
Oviduct nur für einen sehr kleinen Abschnitt gemeinsam verläuft, im 
Uebrigen völlig getrennt und mit einzelnen Prostatadrüsenläppchen 
umgeben, nach vorn zum Penis zieht und dort in ihn einmündet. Als 
Anhangsorgan beschreibt er ausserdem ein kurz gestieltes Recepta- 
culum und ein Divertikel des Uterus, das voraussichtlich der flaschen- 
förmigen Drüse entspricht. 

Die weiter unten folgende Anatomie der Geschlechtsorgane von 
Aneitea wird erkennen lassen, dass einzelne Theile des Fıscuer’schen 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 729 


Athoracophorus hirudo bei meiner Art genau wieder gefunden sind, 
abgesehen davon, dass der Aufbau z. B. der Eiweissdrüse und der 
Prostata sich etwas anders darstellt; augenscheinlich gehören beide 
Arten einer Gattung an. Auch die MAcpoNaLD’schen Angaben ent- 
halten, wenn auch Vieles durch Verkennen der Thatsachen eine falsche 
Deutung erfahren hat, nichts, was der Annahme widerspricht, dass, 
soweit der Bau der Genitalien in Frage kommt, das MacpoxaLp’sche 
Exemplar eine Aneitea gewesen ist. 

Das Genitalsystem von Aneitea liegt vornehmlich im vordern 
Drittel der Leibeshöhle auf der rechten Seite. Nach Ablösung des 
zur Untersuchung der Pallialorgane herauspräparirten Hautstücks sieht 
man Windungen des Oviducts, einen Theil der Eiweissdrüse, der 
Prostata und des Zwittergangs den Raum zwischen der ersten Magen- 
windung und dem Schlundkopf auf der rechten Seite ausfüllen; vor 
ihnen verläuft schräg von rechts und vorn nach links und hinten, 
ziemlich bis an die linke Seitenwand reichend, der Penis. Hebt man 
den Oviduct in die Höhe, so sieht man darunter, von Darmschlingen 
umgeben, die Zwitterdrüse liegen. Penis und Vas deferens verlaufen 
mit dem Vaginaltheile des Oviducts, über diesen gelagert, an der 
rechten Fusskante nach vorn bis zur Genitalöffnung, in der Penis und 
Vagina unmittelbar neben einander münden. 

Die Zwitterdrüse (Fig. 24 gl.her), die bei der Ansicht von oben 
durch den Oviduct und die angrenzende Magenwandung völlig bedeckt 
wird, stellt ein graugelbliches Organ von der Form eines unregel- 
mässigen Vierecks dar, dessen eine Seite stark vorgewölbt ist. Die 
Höhe beträgt 11, die Breite 7 mm; als grösster Dickendurchmesser 
wurden 5 mm gefunden. Diese Maasse gelten für das erste, an- 
scheinend ganz ausgewachsene Exemplar; bei dem zweiten, kleinern, 
sind sie bedeutend geringer, 6, 4, 4; wahrscheinlich hat dieses seine 
volle Geschlechtsreife noch nicht erlangt. An der nach vorn ge- 
wendeten Fläche der Drüse, die man als Basis bezeichnen kann, findet 
sich ein hilusartiger Ausschnitt. Das ganze Organ ist aus einzelnen 
Drüsenläppchen zusammengesetzt; sie vereinigen sich in der Haupt- 
sache zu 5 grössern, nur durch lockeres Bindegewebe zusammenge- 
haltenen Packeten. Aus diesen grössern Drüsenhäufchen treten Aus- 
führungsgänge, dünnhäutige, graue Röhren, hervor, die sich mit ein- 
ander und einer Anzahl kleiner und kleinster, vom Scheitelpunkt der 
Drüse zur Basis herabsteigenden Gänge zum Zwittergang vereinigen. 
Der Zwittergang (d.her) tritt aus dem Hilus der Drüse als ein gelb- 
liches Rohr mit derben Wänden. Er verläuft in mäandrischen Win- 


730 G. GLAMANN, 


dungen; seine Lange, diese Windungen nicht mit gerechnet, betragt 
5,3 cm. Der Dickendurchmesser nimmt vom Ursprunge des Zwitter- 
gangs im Verlaufe zum Oviduct zu, so dass er etwa 3 cm hinter der 
Austrittsstelle aus der Zwitterdrüse das Doppelte des anfänglichen be- 
trägt. Im weitern Verlauf verjüngt sich der Zwittergang wieder; er 
mündet in den Anfangstheil des Oviducts. Irgend eine bläschenförmige 
Erweiterung seiner Endpartie, die als Samenblase angesprochen werden 
könnte, ist nicht vorhanden; das Lumen des Endstücks ist im Gegen- 
theil verengert. 

Der Oviduct ist ein derbwandiges, cylindrisches, von oben nach 
unten etwas abgeflachtes, musculöses Rohr von 41/, cm Lange. Er 
ist mit taschenartigen Ausstülpungen versehen und liegt ausschliess- 
lich auf der rechten Körperseite, mit seinem Anfangstheile unmittelbar 
unter der Rückenhaut, wobei er die Körpermitte erreicht. In seinem 
Verlaufe beschreibt der Oviduct zwei Curven, eine kleinere, nach links 
offene, und eine sehr viel grössere, nach rechts geöffnete, verläuft dann 
eine kleine Strecke gerade und bildet ein fast rechtwinkliges Knie 
vor seiner Einmündung in die Geschlechtsöffnung. Der Durchmesser 
wechselt dabei derart, dass der Anfangstheil, der mit einer nicht scharf 
ausgeprägten Spitze beginnt, durchschnittlich 2'/, mm dick ist und 
im weitern Verlauf, vornehmlich in der zweiten Curve, durchschnittlich 
4 mm gemessen werden. 

In die Spitze des Anfangstheils münden unmittelbar neben ein- 
ander der Zwittergang und der Ausführungsgang der Eiweissdrüse 
(d.alb); 1 mm direct unter der Einmündung des Zwittergangs ver- 
last das Vas deferens den Oviduct (v.df). Aneitea fällt also unter 
die Kategorie der Tracheopulmonaten ohne oder mit nur ganz win- 
zigem Spermoviduct. Die Strecke, auf der Eileiter und Samengang 
hier verwachsen sind, beträgt nur 1 mm, dann ist die Trennung des 
männlichen und weiblichen Genitalrohrs perfect. 

Der Oviduct nimmt in einer Einschnürung seines Rohrs zwischen 
zwei Taschen, 5 mm hinter der Trennungsstelle des Vas deferens von 
ihm, die Mündung einer accessorischen Anhangsdrüse (fl.dr) aut. 
Unter allmählicher Verstärkung seines Durchmessers geht er dann in 
die zweite grössere Curve über und wendet sich nach vorn und ab- 
wärts. Schon ziemlich im Endstück, ca. 1 cm vor der Genitalöffnung, 
durchdringt die Wandung des nunmehr wieder dünner gewordenen 
Rohrs der Stiel des Receptaculum seminis (rec.s). Unmittelbar da- 
hinter legt sich der Oviduct mit einem Knick direct auf die Fuss- 
platte auf und läuft auf dieser entlang nach vorn. Etwa 4 mm vor 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 731 


dem Ostium erleidet das Rohr eine ringförmige Einziehung; es findet 
dann in der Geschlechtsöffnung sein Ende. 

Die Eiweissdrüse (alb) stellt ein langgezogenes, schmales, sich derb 
anfühlendes Organ von weissgrauer Farbe dar, das bei dem grössern 
Exemplar eine Länge von 17 bei einer Breite von 6 mm erreicht. Die 
Drüse hat an ihrer Unterseite 3 Furchen, den Anlagerungsstellen der 
ersten Magenwindung — hinten — einer Darmschlinge — unten — und 
des Uterus — vorn — entsprechend; sie bedeckt die genannten Or- 
gane völlig oder zum Theil. In ihrem Verlaufe macht sie eine halbe 
Drehung um sich selbst und endet mit einem Bogen mit scharfem 
Rande; zusammengesetzt wird sie aus zahlreichen Drüsenläppchen. 
Biegt man an der Oberfläche der Eiweissdrüse die Drüsenläppchen 
aus einander, so sieht man fast in der Mitte der Drüse einen gleich 
in der Drüsenspitze beginnenden Ausführungsgang verlaufen (d. alb), 
in den dann die einzelnen Gänge der Drüsenläppchen einmünden. Der 
Sammelgang mündet selbst in die Spitze des Uterus, unmittelbar 
hinter, vom Kopfe des Thieres aus gerechnet, dem Zwittergang. 

Zwischen die Windungen des ersten kleinern Bogens, den das 
Uterusrohr beschreibt, eingebettet liegt eine accessorische Drüse, die 
ihrer Gestalt nach flaschenförmige Drüse (fl. dr) genannt worden ist 
und sowohl anatomisch wie auch nach ihrem histologischen Bau von 
PFEIFFER in seiner Abhandlung über die Gattung Triboniophorus be- 
schrieben worden ist. Sie ist dort im Verhältniss zu der sonstigen 
Ausbildung des Genitalapparats sehr klein, nur 3—4 mm lang, während 
der Uterustheil, in den sie mündet, ca. 8 mm Durchmesser hat. <A. I 
hat eine flaschenförmige Drüse von 1,2 cm Länge und grauweisser 
Farbe. Die Gestalt ist cylindrisch. Das Ende, etwas kolbig verdickt, 
erreicht 2,5 mm, die Basis etwa 1 mm Durchmesser. Die ähnlich 
wie die Uteruswandung aus Muskelzügen bestehende Drüsenwand, die 
eine beträchtliche Stärke aufweist und nur einen engen Gang im 
Innern der Drüse frei lässt, wird bis zur Einmündungsstelle bedeutend 
schwächer; ähnlich wie auch der Uterus weist das Drüsenlumen auf 
dem Querschnitte eine zahlreiche Menge ziemlich hoch stehender 
Falten auf. 

Das Vas deferens (v.df) begleitet zunächst den Oviduct auf seiner 
der Körpermediane zugewandten Seite. Am Grunde der Einmün- 
dungsstelle des Receptaculum seminis kreuzt es das Genitalrohr an 
der Innenseite, läuft dann an der äussern weiter nach vorn bis an 
den Grund des Penis, steigt an diesem hinauf und mündet in dessen 


Spitze, neben der Insertionsstelle des Retractors. Der Anfangstheil 
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f, Morph. 47 


132 G. GLAMANN, 


des Vas deferens ist eingebettet in eine Rinne des Parenchyms der 
Prostata (prost), derart, dass dieses ihn bis auf einen kleinen Streifen, 
der sichtbar bleibt, völlig umfasst. Die Prostata ist eine compacte 
Drüse von 18 mm Länge und durchschnittlich 5 mm Breite, flach 
von oben nach unten zusammengedrückt, und füllt den Zwischenraum 
zwischen den Bogen des Oviducts aus. Sie ist aus einzelnen Drüsen- 
lappen zusammengesetzt, die jedoch nicht, wie FISCHER für Athoraco- 
phorus hirudo gezeichnet und beschrieben hat, in Abständen als ein- 
zelne Partien dem Vas deferens aufsitzen, sondern sich durch Binde- 
gewebe zu einer Drüse vereinigen. Aus dem Drüsenparenchym treten 
zahlreiche kleine Ausführungsgänge in die Wandung des Vas deferens 
hinein. 

In das Genitalrohr mündet dort, wo der zweite Bogen aufhört 
und der Oviduct in den geraden Schenkel des Knies übergeht, der 
Ausführungsgang des Receptaculum seminis (rec.s). Sowohl Macpo- 
NALD als FiscHer haben bei A. macdonaldi bezw. Athoracophorus 
(Aneitea) hirudo dieses Organ als eine rundliche Blase mit so kurzem 
Stiel beschrieben, dass man sie als dem Oviduct aufsitzend bezeichnen 
könnte. Bei A. I ist diese Blase lang gestielt; ein dünner, hautiger 
Gang von 4 mm Länge stellt ihren Ausfiihrungsgang dar. Die Samen- 
tasche selbst hat 6 mm Durchmesser. Sie besteht aus einer diinnen, 
bindegewebigen Membran und ist bei beiden Thieren mit weisslichen 
Spermaballen gefüllt. A. II hat einen bedeutend kürzern Ausführungs- 
gang der Samentasche bis zum Oviduct von nur 11/, mm Länge. Ver- 
bunden ist die nach innen und rückwärts gelagerte Samentasche durch 
ziemlich festes Bindegewebe in der Hauptsache mit Partien der Prostata. 

Der Penis von A. I ist ein walzenförmiger, am Scheitelpunkt etwas 
spitz auslaufender Körper, der mit einer weisslich glänzenden, sehnen- 
artigen Hülle umgeben zu sein scheint und eine Länge von ca. 1 cm 
bei durchschnittlich 4 mm Durchmesser hat. Trennt man die Hülle 
mit der Präparirnadel ab, so sieht man, dass man drei Abschnitte des 
Penis unterscheiden kann, die, der erste nach oben, der zweite nach 
unten, der dritte wieder nach oben, derart in einander gewickelt sind, 
dass das Ganze einem soliden Körper gleicht. Jeder dieser drei Ab- 


schnitte (Fig. 25 1, 2, 3) ist etwa gleich lang — 7—9 mm —; der 
erste, bis Z reichende ist glattwandig und von fast überall gleich- 
mässigem Durchmesser — 21/, mm —, der zweite und dritte sind 


stark um sich selbst gedreht und nach dem Ende zu dünner werdend, 
bis der letzte Theil, der in das Vas deferens übergeht, sich von diesem 
nicht mehr unterscheidet. Bei A. II sind die einzelnen Abschnitte 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 733 


nicht durch so festes Bindegewebe umhüllt und deshalb, wenn sie auch 
ebenso in einander gewickelt sind wie bei A. I, schon ohne Prä- 
paration mit der Lupe zu erkennen. Der Retractor inserirt sich als ein 
Muskelbündel an der Spitze des Penis neben dem Vas deferens, seine 
zweite Insertionsstelle liegt an der linken Rücken- und Seitenwand in 
der Höhe der Niere. 

Ueber die Anatomie der Geschlechtsorgane des von ihm unter- 
suchten Athoracophorus (Aneitella) virgatus hat EDGAR A. SmITH keine 
Angaben gemacht. PLATE beschreibt bei Aneitella berghi eine Zwitter- 
drüse mit kaum sichtbarer Lappung, als Anhang an den Zwittergang 
ein Kleines Seitendivertikel, das er als Vesicula seminalis deutet, und 
eine Eiweissdrüse. Ein Spermoviduct fehlt. Der Oviduct trägt eine 
kleine, von hohem Epithel ausgekleidete Anhangsblase, die als Drüse 
angesehen werden muss und die ganz am Anfang, gleich hinter der 
Eiweissdrüse, dem Oviduct aufsitzt. Das Vas deferens beginnt mit 
einer etwas über 1 mm langen Anschwellung, die durch zahlreiche 
drüsige Divertikel (Prostata) hervorgerufen wird. Oviduct und Vagina 
sind bei dem Prare’schen Exemplar nicht scharf zu sondern, ihre 
Grenze kann jedoch bei der Einmündung des sitzenden Receptaculums 
angenommen werden. Der Penis besteht aus zwei Schläuchen, von denen 
der innere auf seinem hohen Epithel eine derbe Cuticula trägt, die 
jedoch glatt bleibt und keine Reizpapillen bildet; Penis und Oviduct 
vereinigen sich in einem langen Vestibulum. 

Leider ist es mir nicht möglich gewesen, bei dem mir zur Ver- 
fügung gewesenen Exemplar von Aneitella virgata die Angaben über 
den Bau der Geschlechtsorgane dieser Species vollständig klar zu 
stellen. Bei der Präparation des Genitalapparats, der wahrscheinlich 
bei der Aufwicklung des Digestionstractus verletzt worden ist, hat 
sich gezeigt, dass nur sein Anfang und Ende intact geblieben sind ; 
der grössere Theil des Oviducts sowie das ihn begleitende Stück des 
Vas deferens sind für die Untersuchung verloren gegangen. Es bleibt 
mir deshalb nur übrig, die erhaltenen Stücke nach ihrem Aufbau und 
ihrer Einrichtung zu beschreiben. 

Auf der rechten Seite des vordern Körperdrittels unmittelbar unter 
der Rückenhaut liegt auf der ersten Magenwindung eine für die Grösse 
des ganzen Thieres — 23 mm Länge — ziemlich umfangreiche Zwitter- 
drüse (Fig. 26 gl.her). Sie erscheint unter der Lupe als aus sehr 
kleinen Drüsenläppchen zusammengesetzt und stellt ein ziemlich derbes 
und compactes Organ von gelblichweisser Farbe dar, das ca. 4 mm 
lang und 3 mm breit ist. Begrenzt wird sie vorn vom Schlundkopf, 

47* 


734 G. GLAMANN, 


an der medianen Seite vom Schlundrohr und der ersten Magenwindung, 
hinten durch das Rectum; nach aussen reicht sie bis an die Seiten- 
wand der Körperhaut. Sie bedeckt hinten die erste Magenwindung, 
weiter nach vorn den ganzen Genitalapparat und wird zum Theil be- 
deckt vom Penis (pe), der schräg von vorn und rechts nach links und 
hinten auf ihr liegt, ferner von einem Theil einer knieförmigen Darm- 
schlinge und von der rechten Speicheldrüse (sal), die an ihrem Aussen- 
rand sich hinzieht. Unter ihr liegt eine bedeutend kleinere Eiweiss- 
drüse, die kaum ein Drittel des Umfangs der Zwitterdrüse erreicht; 
sie hat eine sandsteingraue Farbe mit einem leichten Stich ins Gelb- 
liche; ihre Oberfläche erscheint fein gekörnt. 

Von hier ab fehlt der Zusammenhang. Es bleibt damit unent- 
schieden, ob Aneitella virgata ebenso wie berghi keinen Spermoviduct 
hat, ob der Zwittergang eine Vesicula seminalis und der Oviduct ac- 
cessorische Drüsen an seinem Anfangstheil besitzt und wie die Prostata 
gebaut und angeordnet ist. Der noch vorhandene Theil des Oviducts 
(Fig. 27 ovd) bildet ein ca. 2,3 mm langes, dünnwandiges Rohr, das 
aus einer schwachen Muskelschicht und einem darauf sitzenden Epithel 
besteht. Es vereinigt sich mit dem Penis zu einem Vestibulum von 
ca. 11/, mm Länge; kurz vor der Vereinigungsstelle nimmt der Ei- 
leiter noch zwei Ausführungsgänge auf, die beide neben einander ein- 
münden. Der eine, der obere, ist sehr kurz und gehört einem lang 
ovalen Receptaculum seminis von ca. 1 mm Länge an, das aus einer 
dünnen Bindegewebslage besteht, der ein Epithel aufsitzt. Der zweite, 
untere und längere, ist der Ausführungsgang eines cylindrischen, an 
der Spitze umgeknickten Schlauchs (ac. dr), der jeden Falls als eine ac- 
cessorische Drüse anzusprechen ist. Das ganze, ca. 1!/, mm lange und 
fast überall gleich breite — ca. !/, mm — Organ umgiebt eine derbe, 
bindegewebige Hülle; sein Lumen weist eine grössere Anzahl Krüm- 
mungen und Schlängelungen auf, die als helle Streifen durch das 
Gewebe hindurchscheinen, ähnlich als ob Septa im Innern sich er- 
höben, um die Oberfläche zu vergrössern. 

Mit dem Oviduct verbindet sich etwa 11/, mm vor der Geschlechts- 
öffnung der Penis (pe). Er stellt ein 4,3 mm langes Gebilde dar, das 
überall dieselbe Breite, 0,4 mm, besitzt und nur an seinem Ende, wo 
es in das Vas deferens übergeht, sich etwas verjüngt. Man kann an 
ihm ein äusseres, dünneres, bindegewebiges und ein inneres, dickeres, 
Rohr aus Muskelgewebe unterscheiden. Das innere Rohr mündet mit 
ziemlich weiter Oeffnung in das Vestibulum und geht an der andern 
Seite in das Vas deferens über. Dieses ist von dem Grunde des Penis 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 735 


an ihm heraufgestiegen und bildet ein dünnwandiges, enges, häutiges 
Rohr, das sich in seinem Endstück sowohl verdickt wie auch er- 
weitert und nach einigen Windungen in die Spitze des Penis mündet. 
An derselben Stelle entspringt der Retractor penis; er verläuft quer 
von vorn und rechts nach hinten und links über die dorsale Fläche 
der Eingeweide und endet in der Haut der linken Körperwand, in der 
Nähe des Fusses, nachdem er den äussern Rand der Niere be- 
gleitet hat. 

Die Muskelschichten des Penis sowohl wie die des Oviducts setzen 
sich auf das Vestibulum (vest) fort, werden jedoch schon im hintersten 
Theile desselben sehr dünn. Das Vestibulum ist ein überall gleich 
weites Rohr und endet mit ca. 0,4 mm Durchmesser in der Geschlechts- 
öffnung. 

Wenn auch der Geschlechtsapparat von Aneitella virgata in seiner 
ganzen Ausdehnung nicht hat beschrieben werden können, so fällt 
gegenüber den Angaben, die PLATE über diese Organe bei Aneitella 
berghi gemacht hat, doch sofort auf, dass die verhältnissmässig grosse 
Anhangsdrüse an den Oviduct in der Nähe des Receptaculums und der 
Vereinigung des Penis mit dem Eileiter bei Aneitella berghi vollständig 
fehlt. Wie schon vorher erwähnt, besitzt diese Art eine nur sehr 
kleine accessorische Drüse am Anfangstheile des Oviducts, gleich 
hinter der Eiweissdrüse. Uebereinstimmend bei beiden Arten sind die 
compacte Eiweissdrüse und die Bildung eines langen Vestibulums; ob 
wie bei Aneitella berghi ein Spermoviduct fehlt, konnte, wie schon 
vorher gesagt, nicht festgestellt werden. Ich habe auf Fig. 27 ver- 
sucht, den nach dem Bau der analogen Theile bei Aneitella berghi zu 
vermuthenden Verlauf des Oviducts und des Vas deferens durch 
Punkte einzuzeichnen, ohne dass selbstverständlich diese Linien etwas 
anderes als eine Vermuthung darstellen sollen. 


Darmeanal und Situs viscerum. 


Bereits MACDONALD hat in seiner Beschreibung des Aneiteum slug 
deren Digestionstractus ausführlich behandelt und abgebildet. Er hat 
bei Aneitea macdonaldi einen viereckigen, hornigen Kiefer, dessen 
unterer Rand eine scharfe Schneide bildet, und eine kurze, mässig 
breite Zunge gefunden. Die Radulazähne bestehen aus einer etwa 
vierseitigen Platte mit concavem äussern und hintern und convexem 
vordern und innern Rande, die einen einfachen, kegelförmigen Zahn- 
fortsatz trägt, der in 2 Spitzen ausläuft. Der Rhachiszahn ist ver- 
kümmert, vorn zweispitzig und läuft nach hinten in eine kleine Spitze 


736 G. GLAMANN, 


aus. Er unterscheidet ferner am Digestionstractus den Oesophagus, 
einen Vormagen, Magen und Darm sowie 4 Leberlappen, deren jeder 
einen Gallengang in den Darm schickt. Fiscuer giebt ebenfalls an, 
dass die Zähne bei Athoracophorus hirudo auf einer viereckigen Platte 
ruhen, jedoch sind sie dreispitzig und in der ersten Seitenzahnreihe 
vierspitzig; die mediane Spitze ist die grösste. Er nennt den ver- 
kümmerten Rhachiszahn unähnlich den Seitenzähnen; auf der Zeich- 
nung erscheint er auf einer Basalplatte als ovales Gebilde, das in 3 
rückwärts gerichtete kleine Spitzen ausläuft, von denen die mittlere 
die längere ist, während die beiden Seitenspitzen sehr klein sind. Der 
gebogene Kiefer besteht aus einer viereckigen Platte mit breitem Rand, 
der zahnlos ist. Er unterscheidet ferner Oesophagus, Magen und 
Darm; der Magen hat einen kleinen Blindsack und empfängt 2 Aus- 
führungsgänge von 2 Leberdrüsen. 

EpGAR A. SmIitTH beschränkt sich bei der Beschreibung des 
Athoracophorus (Aneitella) virgatus auf die Bemerkung, dass er oben 
in der Mundöffnung einen dreitheiligen hornigen Kiefer gefunden habe 
mit concavem Schneiderand und einem kleinen dreiseitigen Vorsprung 
in der Mitte, der seitlich bis über die Ränder hinaus reicht. Für 
Aneitclla berghi giebt PLATE an: Der Kiefer trägt einen mässig vor- 
springenden medianen Höcker. Die Radulazähne haben 2 Basalplatten, 
eine hintere und eine vordere, und in der Regel 5, in einzelnen Fällen 
4, auch 6 Spitzen, von denen die mediane die grösste ist. Der Rhachis- 
zahn ist durch die Verschmelzung der beiden innersten Zähne ent- 
standen und hat deshalb vorn und hinten je 2 Basalplatten. Bei der 
Verschmelzung ist der linke Zahn etwas rückgebildet worden, so dass 
der Rhachiszahn asymmetrisch gebaut ist und rechts 4 ungefähr gleich 
grosse, links nur 3 Spitzen trägt, von denen eine auffallend gross ist. 

Der lange einheitliche Magen hat keinen Blindsack; es sind 
2 Leberdrüsen vorhanden, die getrennt ausmünden. Der Pharynx- 
retractor entspringt mit doppelter Wurzel gleich hinter und unter der 
Radulapapille, steigt gegen den Rücken empor und verwächst mit der 
Rückenhaut am Hinterrand der Pallialorgane, dicht vor der Sinnes- 
blase. 

Die beiden Aneiteenexemplare haben nach meinen Untersuchungen 
im Dache der Mundhöhle, deren Oeffnung nach unten dem Fusse zu- 
gekehrt ist, einen hornigen Kiefer eingelagert (Fig. 28 mand), der 
einen Bogen mit convexer dorsaler und concaver ventraler Seite dar- 
stellt. Der vordere Rand ist mit einem deutlich ausgeprägten Zahn- 
fortsatz versehen. An der untern Kieferfläche hinter dem Zahn ent- 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 731 


springt ein sich nach hinten ziemlich rasch verbreiternder blattartiger 
Fortsatz (v). 

Die Mundhöhle führt in den Pharynx (Fig. 29 phar). Er hat 
eine stumpf kegelförmige Gestalt, derart, dass die Spitze des Kegels 
nach vorn und die Basis nach hinten gerichtet ist. (In Fig. 29 ist 
vom Pharynx die obere und hintere Partie gezeichnet, so dass die der 
Mundhöhle zugekehrte Verjüngung seiner Breite nicht mehr zu er- 
kennen ist.) Das Dach des Schlundkopfs liegt nicht in der Mediane 
des Körpers, sondern weicht nach links ab; ausserdem ist bei A. I 
der hintere Rand, der sich steil absenkt, in der Form verzogen, so 
dass die linke Hälfte etwa 2 mm mehr nach hinten vorspringt als die 
rechte, was zweifellos auf besondern Muskelcontractionen beruht. Den 
Boden des Schlundkopfs bildet ein aus starken Muskelbündeln be- 
stehendes Zungenpolster, das die Radula trägt. Sie springt am hintern 
Ende des Schlundkopfs in Form einer Papille, Radulapapille, vor und 
wird rechts vom Schlund und einem Speichelgang, links vom andern 
Speichelgang begrenzt. Sowohl der Schlund wie die Speichelgänge 
liegen an der Seite der Papille in einer Einsenkung, die jedoch von 
der Papille nicht überdacht wird. Da die Papille von einer dünnen, 
musculösen Membran bedeckt ist, ist eine Spaltung äusserlich schwer 
zu erkennen; man sieht jedoch, dass sich die Radularänder beider- 
seits nach innen spiralig aufgerollt haben. 

Die Zähne der Radula (Fig. 30 u. 31) haben mehrere Eigenthüm- 
lichkeiten. Der Rhachiszahn steht einmal nicht mit den übrigen 
Zähnen in einer Reihe, sondern, wie man will, tiefer oder höher als 
diese. Er ist, wenn auch noch gut entwickelt, doch gegen die be- 
nachbarten Seitenzähne rückgebildet, also auch kleiner, und trägt meist 
3 Spitzen, von denen die mediane die grösste ist. Die Seitenzähne 
sind in der Regel mit 4 Spitzen versehen und stehen auf einer etwa 
doppelt so langen wie breiten vordern Basalplatte; das Vorhandensein 
einer zweiten, hintern Basalplatte habe ich nicht feststellen können. 
Die Basalplatte des Rhachiszahns ist fast quadratisch, aber bedeutend 
kürzer als die der Seitenzähne, deshalb steht der Rhachiszahn auch 
nicht in der Reihe. Die Grösse der Seitenzähne (Fig. 30, 31 s,, s, etc.) 
nimmt vom Mittelzahn nach jeder Seite hin zu; kurz vor dem Rande 
werden die Zähne schnell wieder kleiner, so dass die letzten (Fig. 31 m) 
kleine, schmale Gebilde mit 2, auch 3 kleinen Spitzen darstellen. 

Sowohl bei der Bildung der Rhachis- wie der Seitenzähne kommen 
zahlreiche Abweichungen vor. Der dreispitzige Rhachiszahn kann 
durch Einschiebung einer kleinen 4. Spitze, die manchmal nur schwach 


738 G. GLAMANN, 


angedeutet ist, vierspitzig werden; wahrscheinlich durch Verschmelzung 
zweier Spitzen entstehen auch Seitenzähne mit 3 Spitzen. Eigen- 
thümlich ist ferner, dass bei den kleiner werdenden, dem Rande nahe 
sitzenden Seitenzähnen (Fig. 31 s 753) constant nur 3 Spitzen vor- 
kommen, so dass die Verkümmerung sich nicht nur auf die Grösse, 
sondern auch auf die Ausbildung der Zahnspitzen erstreckt. Die drei- 
spitzigen Seitenzähne findet man am meisten in der ersten Reihe neben 
der Rhachis, sie kommen dort vereinzelt unter normalen Zähnen vor, 
können jedoch auch zu mehreren in einer Reihe neben einander stehen. 
Die Variabilität in der Anzahl der Spitzen beschreibt schon FISCHER, 
der bei Athoracophorus hirudo in der ersten Seitenreihe vierspitzige, 
in den weitern dreispitzige Seitenzähne gefunden hat. 

In das Dach des Schlundkopfs münden die Ausführungsgänge der 
beiden Speicheldrüsen (Fig. 29 d.sal), der rechte ein wenig vor dem 
linken, ein. Bei A. I sind die Eintrittsstellen beide seitlich von der 
Mittellinie des Schlundkopfs gelegen, wenn auch die linke der Mitte 
näher liegt als die rechte; bei A. II mündet der linke Speichelgang 
direct in die Mittellinie, der rechte seitlich. Der linke Speichelgang 
ist bei A. II in eine Furche der Schlundkopfmusculatur neben dem 
Rande der Radulapapille eingebettet, bis er das Dach des Schlund- 
kopfs erreicht hat. 

In einer medianen Furche der ventralen Schlundkopfseite tritt die 
Schlundkopfarterie in die Musculatur ein; sie verzweigt sich nament- 
lich im Grunde derselben. Von der Mitte der untern Schlundkopf- 
seite geht rechts und links nach aussen je ein schmales, sehniges 
Band in das Gewebe der Fussplatte über, das den Schlundkopf auf 
seiner Unterlage festhält; ein ähnliches breites Muskelband hält den 
Schlundkopf mit der Stirnhaut, welche den obern Rand der Mundhöhle 
bildet, verbunden. 

Der Eingang zum Schlund ist bei A. I etwa in der Mitte des 
Schlundkopfdachs, zwischen den Mündungsstellen der beiden Speichel- 
drüsen gelegen, bei A. II ist die Durchtrittsstelle etwas mehr nach 
vorn gerückt und liegt noch im ersten Schlundkopfdrittel. Der Oeso- 
phagus (Fig. 29 oes) verläuft dann auf dem Schlundkopfe nach hinten, 
senkt sich an der rechten Seite der Radulapapille in die Tiefe, passirt 
die Cerebralcommissur und geht in ein feinhäutiges Rohr über, das 
nach einem Verlaufe von ca. 2 cm Länge mit einer geringen Erwei- 
terung des Lumens in den Magen mündet (Fig. 29a oes). 

Bedeckt wird der Schlund zunächst durch den unmittelbar hinter 
dem Schlundkopfe sich quer darüber legenden Penis und dann durch Darm- 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 739 


schlingen. Ihn begleiten die beiden Ausführungsgänge der Speichel- 
drüsen (Fig. 29 d.sal). Sie entspringen aus grauweissen, grosslappigen: 
Drüsen (Fig. 29 sal), die, auf dem Anfangstheile des Magens liegend, 
gleichzeitig dorsoventral eine Darmschlinge umgreifen, unmittelbar 
hinter dem Penis an der rechten Körperseite gelegen und durch 
lockeres Bindegewebe an das Magen- resp. Darmrohr angeheftet sind. 
Die beiden Speichelgänge treten mit dem Schlunde durch den Schlund- 
ring, ihres weitern Verlaufs und ihrer Einmündung in den Schlund- 
kopf ist vorher schon Erwähnung gethan. Die Innenfläche des Schlundes 
ist mit 8—10 ziemlich hoben, dicht neben einander liegenden Längs- 
falten bedeckt; sie strahlen beim Uebergang der ampullenartigen Er- 
weiterung des Schlundrohrs kranzförmig auf den ersten Theil der 
Magenwandung aus. 

Der Magen (Fig. 29a sto) wendet sich als bedeutend erweitertes 
Rohr — sein durchschnittliches Lumen beträgt 1,6 cm — in zwei 
Spiraltouren nach hinten und verschwindet am hintern Körperende 
unter den aufgelagerten Leberdrüsen (hep). Er geht hier jedoch nicht 
sofort in den Darm über, sondern bildet erst einen etwa !/, cm langen 
Blindsack (Fig. 29a, 32 coec), aus dem das Darmrohr seinen Ursprung 
nimmt. In diesen Blindsack, und zwar an der ventralen Seite des- 
selben, münden 3 Lebergänge ein. Ihnen entsprechen 3 Leber- 
drüsen, die, durch ein sehr lockeres Bindegewebe mit einander ver- 
bunden, leicht den Eindruck einer Drüse erwecken. Sie bilden einen 
23 mm hohen, an der Basis 12 mm breiten Kegel (Fig. 29a hep), der 
das hinterste Körperende ausfüllt. Bei A. II ist die Basis kleiner 
(7 mm), der Kegel läuft in eine scharfe Spitze aus. Erst bei der 
Präparation der Lebergänge kann man die einzelnen Drüsen isoliren. 
Man kann dann unterscheiden 2 ungefähr gleich grosse, dorsal ge- 
legene Lebern, eine rechte und eine linke (Fig. 52 hep.dors.d und s), 
die in Länge und Breite 15:7 resp. 13:6 mm messen und beide 
einem lang gezogenen Oval gleichen, und eine bei weitem grössere 
(21:13 mm) ventral gelegene Leber (hep.ventr); zwischen ihnen ver- 
läuft eine sie trennende Darmschlinge. Die Lebern selbst bestehen 
aus einer Anzahl verschieden grosser, durch lockeres Bindegewebe 
verbundener Drüsenläppchen, die mit ihren sich vereinigenden Aus- 
führungsgängen dann je einen Lebergang bilden. 

Alle 3 Lebergänge münden in einer Höhe in den Endtheil des 
Magens; die Gänge der linken dorsalen (Fig. 32 d.hep.dors.s) und 
der ventralen Leber (d hep.ventr) nahe bei einander in den Grund der 
blindsackähnlichen Erweiterung des Magenrohrs (coec), etwa 21/, mm 


740 G. GLAMANN, 


vor Beginn des Darmrohrs. Der Ausführungsgang der rechten dor- 
salen Leber (d.hep.dors.d) mündet diesen beiden gegenüber; er bildet 
vor seiner Einmündungsstelle ein etwa 2!/, mm langes und 1!/, mm 
breites Divertikel. 

Das Parenchym der Leber bei A. I ist hellbraun gefärbt mit einem 
Stich ins Graue; die Leber der A. II dagegen grauschwarz. Wo- 
durch die Verschiedenheit in der Färbung bedingt ist, habe ich nicht 
ermitteln können. 

Die Innenfläche des Magens lässt Streifungen etc. nicht erkennen. 
Der ca. 33 cm lange Darm schlägt sich nach seinem Heraustreten aus 
dem Magenblindsack sofort wieder auf die dorsale Fläche des Magens, 
läuft nun, den Magenspiralen folgend, bis zum Schlundkopfe nach vorn 
und bildet hier eine Schleife von der Form einer lang gestreckten 8. 
Der eine Schenkel dieser Schleife bedeckt zum Theil den Schlund 
(siehe Fig. 29) und wird selbst von beiden Speicheldrüsen dorso- 
ventral umschlossen. Der jetzt wieder nach hinten verlaufende Darm 
legt sich an die ersten Darmschlingen an, bildet am hintern Körper- 
ende eine zum Theil durch die Leberdrüse bedeckte Schleife und läuft 
noch einmal nach vorn; dort geht er in den Mastdarm (Fig. 29a rect) 
über, der durch das Diaphragma in die Mantelhöhle tritt und an der 
rechten Körperseite in der Renoanalrinne sich Öffnet. 

Das überall gleich weite Darmrohr lässt eine Gliederung in ein- 
zelne Abschnitte nicht erkennen. Auf der Innenfläche erscheint eine 
feine, ringförmige Streifenbildung, im letzten Darmabschnitte vor dem 
Rectum treten fein beginnende und allmählich sich erhöhende Längs- 
streifen auf. Im Rectum, das durch seine plötzliche geringere Weite 
und stärkere Wand sich deutlich absetzt, erheben sich diese Falten 
derartig, dass der Querschnitt des Rectums sternförmig erscheint. Die 
Querfalten sind mit einem hohen Epithel bedeckt, dessen Kerne basal- 
ständig sind und das eine dichte Wimperung trägt. Diese Wimperung 
wird allmählich flacher bis zu der Stelle, wo das Rectum in die Körper- 
haut eintritt, dort hört sie vollständig auf. 

Die von PFEIFFER zuerst bei Triboniophorus beschriebenen Rectal- 
drüsen sind bei Aneitea ebenfalls in der Wandung des an die Haut 
sich anlehnenden oder in dieselbe eindringenden Theils des Enddarms 
eingebettet, derart, dass sie einen zwischen Sphincter und Epithelrohr 
gelegenen Raum ausfüllen (Fig. 15 dr). Es sind unregelmässige, mit 
einer deutlichen Membran umgebene, lebhaft sich färbende Zellen, deren 
centrale oder wandständige Kerne zahlreiche tiefblau gefärbte Körnchen 
erkennen lassen und deren Plasma ein unregelmässiges, schwamm- 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 741 


artiges Netzwerk hellerer Fasern bildet. Die Drüsen sind einzellig 
und verschieden gross; nahe dem Endstück des Mastdarms treten 
grössere, blasenförmige Zellen auf und münden in das Lumen des 
Rectums mit einem flaschenförmigen Fortsatz, der sich zwischen die 
Epithelzellen des Darms hindurchschiebt. Das Secret der Drüsenzellen, 
die sich in das Darmlumen Öffnen oder kurz vor diesem Stadium 
stehen, stellt sich als ein von tiefblau gefärbtem Netzwerk zusammen- 
gesetzter Ballen von wahrscheinlich schleimiger Consistenz dar, der, 
wie PFEIFFER auch annimmt, aller Wahrscheinlichkeit nach der 
leichtern Passage der Darmingesta förderlich sein soll. 

Der Kiefer von Aneitella virgata (Fig. 33) ist an seinem leicht 
gebogenen vordern Rande völlig glatt. PLATE zeichnet für Aneitella 
berghi einen, wenn auch kleinen, Zahn, der aus der Mitte des Vorder- 
randes hervorspringt. Dieser Zahn fehlt bei Aneitella virgata; im 
Uebrigen ist die Bildung des blattartigen Fortsatzes bei beiden ziem- 
lich gleich. Die Radulazähne gleichen bis auf den Rhachiszahn denen 
von Aneitella berghi fast vollkommen (Fig. 34). Es sind ziemlich lang 
gestreckte Platten mit 5 deutlichen Spitzen, von denen die mediane 
die grösste, die äussere die nächst grösste ist. Die 3 mittlern Spitzen 
sind unbedeutend. Hinter dem Zahne sieht man eine hintere Basal- 
platte auf die Radulamembran sich herabsenken. Gegen Aneitella 
berghi ist nur in so fern ein Unterschied vorhanden, als die 3 mittlern 
Spitzen dort noch in ziemlicher Länge entwickelt sind, während sie 
bei Aneitella virgata in der Entwicklung sehr zurückbleiben. Anders 
verhält sich jedoch der Mittelzahn. PLATE hat nachweisen können, 
dass der Mittelzahn von Aneitella berghi durch Verschmelzung der 
beiden innersten Seitenzähne entsteht; conform dieser Bildung zeigt 
der Rhachiszahn 2 hintere Basalplatten und, da vom linken Zahn 
einige Spitzen degeneriren, 7 Spitzen. Ein ähnliches Verhältniss bei 
Aneitella virgata zu finden, ist mir nicht gelungen. Der Mittelzahn ist 
auch hier deutlich ausgebildet, wenn er auch in der Entwicklung gegen 
die Seitenzähne zurücksteht, aber er hat nur eine hintere Basalplatte 
und ebenso viel Spitzen — 5 — wie die Seitenzähne. Von ihnen ist 
die mittelste die grösste; im Grossen und Ganzen sind die Spitzen 
nur schwach entwickelt. Aehnlich wie bei Aneitea haben sich auch 
bei Aneitella virgata Anomalien in der Spitzenbildung nachweisen 
lassen. Die Seitenzähne (Fig. 34 s,) sind mitunter nur mit 4 Spitzen 
versehen, es fehlt dann eine von den mittlern, kleinern Spitzen. Nach 
der Mitte jeder Seite der Radulaplatte werden die Zähne kräftiger 
und sind die Spitzen stärker entwickelt; am Rande tritt, ebenso wie 


742 G. GLAMANN, 


bei Aneitea, eine Degeneration der Zahngebilde bis zu einem einfachen 
Stabe ein. 

Der Pharynx ist bedeutend breiter als lang (Fig. 26 phar), so 
dass die kegelförmige Gestalt des Aneitea-Schlundkopfs hier nicht in 
demselben Grade in die Erscheinung tritt; am besten markirt sich 
die Kegelform bei der Betrachtung des Schlundkopfs von unten und 
hinten (Fig. 35). Die ventrale Seite (Fig. 35 ventr.f) ist stark ab- 
geflacht und läuft nach vorn ziemlich spitz zu; die Länge beträgt 
2'/,, die Breite 5 mm, bei 4mm Höhe. Am hintern Ende der untern 
Fläche ist deutlich die spiralige Einrollung der Radula an den beiden 
Rändern der Radulapapille (Fig. 35 pap) zu erkennen; sie wird von 
oben durch den darüber liegenden Schlund (oes) verdeckt. Dieser 
(Fig. 26 oes) entspringt in der Mitte der obern Seite des Schlund- 
kopfs im letzten Drittel; an seiner Ursprungsstelle treten die beiden 
Ausgänge der Speicheldrüsen (d.sal) durch das Dach des Schlundkopfs 
hindurch in die Mundhöhle hinein. Von den dazu gehörigen Speichel- 
drüsen (sal) liegt die rechte hart am rechten Körperrande auf der 
/witterdrüse unmittelbar unter der Rückenhaut; die linke ist in eine 
Lücke zwischen dem Schlundkopfe, Schlunde und dem Anfangstheile des 
Magens eingebettet. 

Der Verlauf des Darmcanals ist folgender: Der lang gestreckte, 
ziemlich weite Magen läuft in einer Spiraltour bis an den Anfang der 
Hinterleber. Er verengt sich ohne Bildung eines Divertikels, ebenso 
wie bei Aneitella berghi, zum Darmrohr; dieses windet sich wieder 
nach vorn und bildet, am Anfangstheil des Magens angekommen, eine 
grosse Uförmige Schlinge, die von der linken Seitenwand hervortritt 
und, bis über die Mittellinie hinaus nach rechts reichend, der Rücken- 
haut anliegt. In einer dritten Spiraltour wendet sich der Darm, 
den vorigen Touren sich anlegend, wieder nach hinten und bildet, all- 
seitig vom Gewebe der Vorderleber bedeckt, eine zweite U-Schlinge, 
deren Schenkel nunmehr in einer Spiraltour nach vorn in den End- 
darm übergeht. Dieser liegt dorsal, verläuft zwischen und zum Theil 
unter der ersten Uförmigen Darmschleife und der zweiten Spiraltour 
des Magens von links nach rechts und tritt in die Mantelhöhle ein, 
wo er hinter der Athemöffnung die Haut durchbohrt (Fig. 9 rect). Die 
einzelnen Spiralen sind durch verschiedene Linien in Fig. 26 einge- 
zeichnet derart, dass die erste am Vorderende anfangende Tour mit 
Strichen ----, die zweite mit Strich und Punkt -------- , die dritte 
mit Strich und 2 Punkten ------, die vierte endlich mit Punkten 

+ bezeichnet ist. 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 743 


Die Leberdriisen (Fig. 26 hep) theilen sich in eine Vorder- und 
Hinterleber (hep. ant und hep. post), die durch eine Darmschlinge von 
einander getrennt sind. Ihre Farbe ist ein gleichmässiges helles 
Gelblichweiss; ihre Zusammensetzung aus einzelnen Drüsenläppchen 
entspricht der der Aneitea-Leber. Die beiden Leberausführungsgänge 
münden in die Darmschlinge, welche die beiden Lebern trennt, in 
gleicher Höhe, eine in der vordern, die andere in der hintern Wand, 
ein (Fig. 26 d.hep); die Anordnung deckt sich demnach mit der von 
Aneitella berghi völlig. 


Nervensystem. 


Ueber den Bau des Nervensystems von <Aneitea liegen Unter- 
suchungen bisher nicht vor. Dagegen hat PLATE für Aneitella berghi 
eine Beschreibung der Ganglien und der daraus entspringenden Nerven 
gegeben, aus der zu entnehmen ist, dass die beiden Gehirnganglien 
je einen lappenförmigen Fortsatz tragen und dass 3 Visceralcentren 
vorhanden sind. PLATE hat von jedem Gehirnganglion 4 Nerven ver- 
folgen können, ferner 4 der Visceralkette und 6 jedem Pedalganglion 
entspringende gefunden. 

Die beiden Cerebralganglien von Aneitea sind flache, scheiben- 
förmige, im Ganzen rundliche Gebilde, die auf der vordern, dem Oeso- 
phagus anliegenden Seite glatt und auf der Rückseite leicht buckel- 
förmig gewölbt sind. Sie besitzen, wie dies PLATE schon für Janella 
schauinslandi und Aneitella berghi angegeben hat, einen nach vorn und 
aussen zeigenden lappenförmigen Vorsprung. Die Commissur bedeckt 
den Schlund von oben, sie ist schmal, aber ziemlich lang. Von den 
Gehirnganglien gehen folgende Nerven ab: 

1) Das Buccalnervensystem. Es besteht aus 2 kleinen, runden 
Ganglien, die auf dem Schlundkopfe dicht unter der Ursprungsstelle 
des Schlundrohrs liegen. Sie sind durch eine Quercommissur mit ein- 
ander verbunden. Von ihnen strahlen mehrere feine Nervenäste aus, 
die sich in der Wand des Schlundkopfs verbreiten. Mit dem Cerebral- 
ganglion jeder Seite verbindet sie ein Nerv, der, seitlich vom Buccal- 
ganglion ausgehend, Anfangs durch lockeres Bindegewebe an den 
Speichelgang jeder Seite geheftet ist und an dem medialen Rande der 
vordern Fläche jedes Gehirnganglions endet. 


2) Vom rechten Cerebralganglion ein Nerv für die Genitalorgane. 


Er entspringt an dem obern, dem Rücken zugewendeten Rande des 
Ganglions, läuft nach aussen an den Oviduct, in dessen Wand er 


744 G. GLAMANN, 


seine Zweige entsendet, und folgt mit seiner Hauptmasse dem Vas 
deferens, mit dem er in den Penis hineintritt. 

3) Der grosse Fühlernerv. Er ist der an Masse bedeutendste 
Nerv, der das Gehirnganglion verlässt, und entspringt am äussern 
Rande jedes Ganglions. Auf der linken Seite läuft er um die Basis 
des Schlundkopfs herum nach vorn und versorgt den Fühler mit seinen 
Verzweigungen ; der rechte Tentakelnerv kreuzt sich mit dem Genital- 
nerv, geht aussen um den Grund des Penis herum und innervirt den 
andern Fühler. An jedem Fühler inseriren sich Retractoren, die, 
neben einander liegend, von hinten und aussen an ihn herantreten. 
Von diesen Retractoren (Fig. 36 retr) ist einer der vordere (retr. ant); 
er geht vom Tentakel als breiter, bandartiger Muskel nach vorn, 
um der dorsalen Haut des Kopfes sich anzuheften. Von den 3 
andern, nach rückwärts verlaufenden Retractoren (retr. post) geht der 
oberste am meisten nach aussen und heftet sich an der Seitenfläche 
der Haut an; die beiden andern verlaufen gemeinschaftlich und enden 
am Grunde des Schlundkopfs. 

4) Auf jeder Seite entspringt ein Nerv, der, ziemlich kräftig, mit 
einem schwächern zusammen direct nach vorn läuft. Er verlässt diesen 
schwächern etwa in der Mitte des Schlundkopfs und senkt sich sofort 
in die Haut ein; der schwächere Nerv geht weiter nach vorn, an der 
innern Seite des Fühlers vorbei und innervirt wahrscheinlich die Lippen 
und die Umgebung des Mundes. 

Unter der Gehirngangliencommissur, bedeckt vom Schlundrohre und 
flankirt von beiden Seiten durch die Gehirnganglien, liegt die Visceral- 
kette, welche wir ihres einheitlichen Aussehens willen als Visceral- 
ganglion bezeichnen wollen. Es bedeckt nach unten zum Theil die 
Pedalganglien; zwischen ihm und diesen befindet sich ein Spalt, durch 
den die Aorta anterior nach vorn tritt, um sich am Boden des Schlund- 
kopfs zu verzweigen. Von der hintern Fläche erscheint das Visceral- 
ganglion als ein grösserer Knoten, über den in der Mitte eine Furche 
verläuft und der am linken untern Rande ein kleines dreiseitiges 
Ganglion als Anhang trägt, das zwischen Pedal- und Cerebralganglion 
eingekeilt erscheint. Kippt man jedoch die Ganglienmasse auf, so 
sieht man auf der vordern, dem Schlundkopfe zugekehrten Fläche 
deutlich, wie die 3 einzelnen Ganglienknoten das Visceralganglion zu- 
sammensetzen; das rechte grössere Stück besteht aus zwei Theilen, 
die an der Vorderfläche deutlich getrennt, an der Hinterfläche mit 
einander verschmolzen sind und als Rest der frühern Trennung die 
vorher erwähnte Furche zeigen. Die einzelnen Ganglienzellen sind 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 745 


ferner im Visceralganglion so gross, dass sie unter starker Lupen- 
vergrösserung zu sehen sind; die Oberfläche erscheint dadurch wie 
gefeldert. 

Von der hintern Fläche des Visceralganglions, nahe der Durch- 
bruchssteile der Aorta, gehen 2 Nerven ab, die gemeinsam entspringen. 
No. 1 verläuft an der Aorta entlang nach hinten, er folgt der Aorta 
posterior auf ihrem Verlaufe bis zur Spitze des aus den Leberdrüsen 
bestehenden Hinterendes und giebt überall Gefässe an den Darm- 
tractus und die Leberdrüsen ab. No. 2 ist etwas stärker als No. 1 
und begleitet mit No. 1 zusammen die Arterie bis zu der Stelle, wo 
diese das grosse Gefäss für die Genitalorgane abgiebt. Hier trennt 
sich der Nerv von dem Visceralnerven 1 und der Aorta und schlägt 
sich auf die rechte Seite hinüber. Bei der Präparation des Mantel- 
stücks ist er an dieser Stelle abgetrennt worden; auf seinem weitern 
Verlauf tritt er an die ventrale Fläche des Diaphragmas von rechts 
heran, läuft auf ihm nach der Mediane zu bis etwa in die Mitte der 
Lunge, durchbohrt es dort und verzweigt sich im Athmungsorgan. 
Ferner entspringt von der hintern Fläche, aber vom linken kleinen 
Ganglionknoten an der Grenze zwischen Visceral- und Cerebralganglion 
ein Nerv 3, der auf der rechten Seite nach hinten verläuft. Er ist 
ebenfalls wie der vorige bei der Präparation des Mantelstücks abge- 
trennt worden; über seinen weitern Verlauf ist schon bei der Be- 
schreibung des Situs der Pallialorgane gesagt worden, dass er auf dem 
Diaphragma bis in die Höhe der Niere entlang läuft, es dann durch- 
bohrt und in die Niere eintritt. 

Unter den bisher genannten Ganglien und von diesen verdeckt 
liegen die Pedalganglien, 2 Gänglienknoten, die durch den vorher er- 
wähnten Spalt von dem Visceralganglion getrennt sind. Von ihnen 
aus gehen ausser einer Anzahl kleinerer Nerven, die sich in die Haut 
der Sohle verbreiten und die von wechselnder Dicke sind, 2 grosse, 
starke Nerven hervor. Sie liegen auf der Sohle nahe dem äussern 
Rande, verlaufen nach hinten und geben zahlreiche Aestchen an die 
Sohle und die untern Seitenränder der Haut ab. 

Bei der Beschreibung des Situs der Pallialorgane ist eines Nerven 
Erwähnung gethan worden, der zusammen mit einer Arterie an den 
Enddarm herantritt und mit ihm durch das Diaphragma in die Mantel- 
höhle tritt. Es ist nicht gelungen, den Zusammenhang mit dem 
Nerven, von dem er bei der Präparation abgetrennt worden ist, wieder 
herzustellen. Ein 4. Visceralnerv ist er jeden Falls nicht; von der 
Oberfläche des Visceralganglions entspringen deutlich nur 3 Nerven, 


746 G. GLAMANN, 


deren Verlauf gefunden und beschrieben worden ist. Er gehört indess 
jeden Falls zum Visceralnervensystem; vielleicht ist er von einem 
der beiden in das Diaphragma eintretenden Nerven 1 oder 3 abge- 
zweigt worden. 

Die einzelnen Ganglienmassen stehen durch Commissuren unter 
einander in Verbindung. Ausser den schon erwähnten Cerebral- und 
Buccalcommissuren ist also noch eine cerebroviscerale, eine viscero- 
pedale und eine Pedalcommissur vorhanden; letztere verbindet ventral 
die beiden Pedalganglien und bildet den Boden des Spalts, durch 
welchen die Aorta anterior an die Unterfläche des Schlundkopfs tritt. 


Zusammenstellung der Untersuchungsergebnisse. 


Mit der hier in Kürze wiederholten Charakteristik der von mir 
untersuchten beiden Exemplare der Gattung Aneitea möchte ich mir 
den Versuch gestatten, die Gattungsdiagnose Aneitea zu begründen. 
Ich schicke die Charakteristik dieser Art sowie die der Aneitella 
virgata voraus. 


Aneitea gräfjei. Die beiden Exemplare gehören zu den 
zweitentakligen Landschnecken und stammen von den Neuhebriden, 
Inseln des australischen Archipels. Am Kopf sind 2 ein Kopfschild 
umfassende Kopffurchen vorhanden, denen auf der rechten Seite ein 
Manteldreieck folgt; die Haut des hintern Körperabschnitts durch- 
ziehen eine mediane Rückenfurche sowie schräg davon ausgehende 
Seitenfurchen. Die Genitalöffnung liegt in der rechten Kopffurche, 
unmittelbar am Grunde des rechten Fühlers oder dicht dabei. In 
der rechten Mantelecke münden in eine Renoanalrinne der Anus und 
der Athemgang mit der äussern Nierenöffnung. Ein Hyponotum fehlt; 
die Tentakel tragen Augen, sind einstülpbar und werden durch 4 Re- 
tractoren, 1 vordern und 3 hintere, bewegt. Der Körper ist lang ge- 
streckt und läuft in eine Spitze aus. Die Farbe der conservirten 
Thiere ist ein gleichmässiges helles Grau. 

Die Pallialorgane: Lunge, Niere, Herz, Schalenkammer und das 
Sinnesorgan sind durch ein Diaphragma von der übrigen Leibeshöhle 
getrennt. 

Die Lunge liegt auf der rechten Seite und ist eine Büschellunge; 
um eine von Muskelzügen gebildete Mantelhöhle legt sich ein aus 
Divertikeln und Athemröhrchen bestehendes, nach allen Seiten ver- 
zweigtes Röhrensystem an, das unmittelbar von dem Blut eines 
grossen dorsalen Sinus umspült wird und den Gasaustausch zwischen 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 747 


den Athembäumchen und dem Blute vermittelt. Der Athemgang führt 
aus der Mantelhöhle schräg nach hinten und oben in das Athemloch ; 
in ihn mündet der Ureter ein. 

Die linksseitig gelegene Niere ist ein compactes, sichelförmiges 
Organ. Die innere Nierenöffnung führt aus der central gelegenen 
Harnkammer durch einen mit einem Schliessmuskel umgebenen Aus- 
führungsgang in den Ureter, ferner ist eine Verbindung der Niere mit 
dem Herzbeutel im Renopericardialgang vorhanden. Der Ureter bildet 
ein System von Schlingen, die theils ventral auf dem Diaphragma, 
theils dorsal unter der Rückenhaut von links nach rechts und zurück 
verlaufen und mit einem langen, ziemlich in der Mittellinie des Körpers 
nach vorn gehenden Endstück in den Athemgang einmünden. Das 
System besteht aus 3 Schlingen und wird complicirt durch die Bildung 
zweier grosser Divertikel, die den Ureterschlingen an Ausbildung 
gleich, sich zwischen diese hineinschieben. Das Ureterepithel trägt 
stellenweise Calottenzellen und ist durchweg aus Sternzellen zusammen- 
gesetzt. 

Die Schalenkammer ist einheitlich. Sie erstreckt sich, etwas 
rechts von der Mittellinie direct unter der Rückenhaut gelagert, in 
ca. 5 mm Länge als lang ovales, sich vorn und hinten verschmälerndes 
Gebilde und wird zum grössten Theil von den Mantelorganen an der 
ventralen Seite bedeckt. Ihr Inhalt besteht aus einem grössern 
vordern und mehreren, 3—4, hintern, kleinen Kalkstückchen, die einen 
scholligen Aufbau zeigen. 

Ein Sinnesorgan ist innerhalb des Diaphragmas am hintern Ende 
der Niere gelegen. Es besteht aus einer Sinnesplatte, die einem weit- 
maschigen Gewebe aufsitzt. 

Das Genitalsystem besteht aus einer Zwitterdrüse, deren langer, 


geschlängelter Ausführungsgang — Zwittergang — in den Oviduct 
mündet. Unmittelbar darauf — in 1 mm Entfernung — verlässt den 


Oviduct das Vas deferens; der Spermoviduct ist also sehr kurz. Der 
Oviduct ist ein flach cylindrisches Rohr von ca. 4 cm Länge mit 
2 Bogen und einem fast rechtwinkligen Knick in seinem Verlauf. Am 
Anfangstheil neben dem Zwittergang nimmt er den Ausführungsgang 
einer Eiweissdrüse, in den zweiten Bogen den einer flaschenförmigen 
Drüse auf. Ferner mündet in ihn der Stiel eines ziemlich grossen 
Receptaculum seminis. Kurz vor der Geschlechtsöffnung vereinigt sich 
der Oviduct mit dem Penis; ein Vestibulum fehlt. Das Vas deferens 
entspringt gleich hinter der Einmündung des Zwittergangs aus dem 
Oviduct, verläuft an der medianen Seite desselben, umgeben von der 
Zool. Jahrb, XVII. Abth. f, Morph, 48 


748 G. GLAMANN, 


compacten Prostata bis an die Stelle, wo Oviduct und Penis zu- 
sammenstossen, kreuzt dort den Oviduct von innen nach aussen, läuft 
aın Penis hinauf und geht an dessen Spitze in ihn über. Der Penis 
ist ein gewundener Schlauch, dessen in einander gewickelte Lagen eine 
ziemlich feste, bindegewebige Haut umgiebt; das Endstück ist durch 
einen Retractor an der linken Körperseite in der Höhe der Niere 
befestigt. 

Am Eingange in den Verdauungstractus findet sich ein horniger 
Kiefer mit einem deutlichen Zahnfortsatz am vordern Rande sowie 
eine einem Polster aus Muskelbündeln aufliegende Radula. Der 
Rhachiszahn ist kleiner als die Seitenzähne, etwas rückgebildet, aber 
nicht rudimentär, er trägt in der Regel 3 Spitzen und steht ausser 
der Reihe. Die Seitenzähne sind meist vierspitzig und werden am 
Rande rudimentär. Die Radula ist nach hinten zu jederseits in eine 
Papille spiralig aufgerollt. Der Schlund tritt, begleitet von 2 Speichel- 
gängen, unter der Cerebralcommissur hindurch und mündet in den 
Magen, dessen Anfangstheil die beiden Speicheldrüsen, grossflockige, 
aus einzelnen Drüsenläppchen locker zusammengesetzte Gebilde, be- 
decken. Der Magen lässt eine Gliederung nicht erkennen, er geht 
spiralig um seine Axe gedreht, bis ans Hinterende, bildet dort einen 
Blindsack und geht in den Darm über, der wieder in Spiralwindungen 
von hinten nach vorn, noch einmal nach hinten und wieder nach vorn 
verläuft; in der Höhe des Magenanfangs endet er mit einem derb- 
wandigen Rectum. In den Blindsack münden 3 Lebergänge, die eben- 
so vielen Leberdrüsen entsprechen. 

Das Nervensystem besteht aus 2 Cerebralganglien, die unter sich 
durch die Cerebralcommissur sowie mit den beiden auf dem Schlund- 
kopfe liegenden Buccalganglien durch eine Commissur verbunden sind. 
Sie entsenden an jeder Seite 3 Nerven für die Haut der Lippen und 
des Kopfes und die Fühler; rechts noch einen unpaarigen Nerv für die 
Geschlechtsorgane. Unter den Cerebralganglien, mit diesen durch eine 
Commissur verbunden, liegen 3 Visceralganglien ; sie entsenden 3 Nerven 
für den Digestionsapparat, die Geschlechtsorgane, die Lunge und die 
Niere. Mit ihnen und unter sich ebenfalls durch Commissuren verbunden, 
sind noch 2 Pedalganglien vorhanden, die ausser kleinern Aesten für 
die Haut der Sohle und der Seitenwand je einen sehr starken Sohlen- 
nerv abgeben. 


Aneitella virgata. Der flache Körper ist vorn abgerundet 
und läuft hinten in eine stumpfe Spitze aus. An den Seitenrändern 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 749 


befindet sich ein 2 mm breiter, unregelmässig gezackter Saum. Die 
Farbe ist ein stumpfes Gelblichweiss, über den Rücken verlaufen 5 
dunkel gefärbte Streifen. Die Haut ist glatt. Kopfschild und Mantel- 
dreieck fehlt. An der rechten Seite findet sich eine Furche in Halb- 
bogenform mit 3 Quereinschnitten, die bis zum rechten Tentakel führt ; 
in sie münden von vorn nach hinten: der Harnleiter, der Athemgang 
und das Rectum. Die beiden Tentakel sind einstülpbar und tragen 
an den vordern, etwas kolbig aufgetriebenen Rändern die Augen. 

Die Mantelhöhlenorgane: Lunge, Herz, Niere, die Schalenkammer- 
bläschen zum Theil und das Sinnesorgan sind durch ein Diaphragma 
von der Leibeshöhle geschieden. 

Die Lunge ist eine Büschellunge. Sie liegt auf der rechten Seite; 
aus der von Muskelzügen umgebenen Mantelhöhle dringt der Athem- 
gang nach oben und aussen durch die Haut. 

Die auf der linken Seite gelegene Niere ist ein halbmondförmiges 
Gebilde; aus der centralen Harnkammer führt ein mit kräftiger Muscu- 
latur umgebener Gang in den Anfangstheil des Ureters. Ein Reno- 
pericardialgang ist vorhanden. Der Ureter besteht aus mehreren 
Schleifen, die — die Ureteren — in Dreieckform von hinten und links 
nach vorn und von dort nach hinten und rechts oder — die Divertikel 
— von links nach rechts verlaufen. Es sind 3 Ureter und 2 grosse 
Divertikelschlingen vorhanden. Der Harnleiter öffnet sich in der rechts 
gelegenen Hautfurche — der Renoanalrinne — für sich, von dem 
dahinter liegenden Athemgange getrennt. 

Statt einer einheitlichen Schalenkammer liegen an der Grenze des 
ersten und zweiten Körperdrittels etwa 12 grössere und kleinere 
Schalenkammerbläschen, die Kalkconcremente enthalten. Ein grösseres, 
ovales Bläschen liegt an der vordern Wand des Rectums. Am hintern 
Ende des Mantelstücks, neben und hinter der Lunge, sind weitere 
8 grössere und kleinere Schalenkammerbläschen vorhanden; eine Ver- 
bindung dieser Gruppe mit der vorn gelegenen fehlt. 

Das Sinnesorgan liegt am hintern Ende des Diaphragmas. Die 
Sinnesplatte beginnt mit 2 Schenkeln, die sich zu einem Hügel mit 
pilzförmigem Durchschnitt vereinigen. 

Das Genitalsystem, so weit es hat untersucht werden können, be- 
steht aus einer Zwitterdrüse, dem Oviduct, einem kurz gestielten 
Receptaculum seminis, einer eigenthümlichen, grossen Anhangsdrüse, 
die mit dem Receptaculum zusammen mündet, dem Vas deferens und 
dem Penis. Ueber den Spermoviduct, den grössten Theil des Oviducts, 
die Prostata und den Zwittergang war genaue Aufklärung nicht zu 

48* 


750 G. GLAMANN, 


erhalten. Die Anhangsdriise zeigt zahlreiche Kriimmungen, die als 
helle Streifen durch das Gewebe hindurchscheinen. Penis und Oviduct 
vereinigen sich zu einem langen Vestibulum, der Penis besteht aus 
einer äussern, dünnen, bindegewebigen und einer innern, dicken, 
musculösen Scheide und ist durch den Retractor penis an die linke 
Körperwand am Ende der Niere angeheftet. 

Der Kiefer im Dache der Mundhöhle hat einen glatten vordern 
Rand. Die Zähne der Radula, deren hinteres Ende jederseits spiralig 
zu einer Papille aufgerollt ist, stehen auf einer hintern Basalplatte, 
sie haben 5 Spitzen, von denen die mittlere die grösste, die äussere 
die nächst grösste ist. Der Mittelzahn hat ebenfalls nur eine hintere 
Basalplatte; er ist deutlich ausgebildet und mit 5 schwach entwickelten 
Spitzen versehen, von denen die mittlere die grösste ist. Anomalie 
in der Zahnbildung kommt vor. Schlundkopf, Schlund, Speicheldrüsen, 
Magen und Darmcanal weichen in nichts von dem bei Aneitea be- 
schriebenen Bau ab; es fehlt nur der Blindsack am hintern Magen- 
ende. Die Leber setzt sich aus 2 grössern Drüsenhaufen zusammen ; 
die beiden Ausführungsgänge münden einander gegenüber in den An- 
fangstheil des Darms. 

Ich habe die Ergebnisse der Untersuchung meiner Aneitea und 
Aneitella in der folgenden Tabelle (S. 751—755) den bei den übrigen 
Aneitea- und Aneitella-Arten bekannten Verhältnissen gegenüber gestellt. 

In Anlehnung an PrAare’s „Allgemeine Charakteristik der Janel- 
liden‘‘ sowie seines „Versuchs einer Revision der Systematik“ will ich 
in Folgendem den augenblicklichen Stand der Kenntnisse über die 
Familie der Janelliden in eine kurze Diagnose zusammenzufassen mich 
bemühen. 

Janellidae. Landbewohnende Nacktschnecken von Australien, Neu- 
seeland und Polynesien. 2 Fühler, die durch mehrere Retractoren 
eingestülpt werden können, tragen am Endknopfe die Augen. Ein drei- 
eckiges, spitz auslaufendes Kopfschild ist vorhanden oder kann auch 
nur angedeutet sein. Genitalöffnung gleich hinter dem rechten Fühler. 
Athemloch auf dem Rücken, stets rechts von der Mittellinie; es führt 
in eine kleine, von einer Muskelschicht umgebene Mantelhöhle, welche 
mit den Divertikeln einer Büschellunge communicirt. Das Athemloch 
liegt auf einem dreieckigen, von 3 Furchen begrenzten Mantel; die 
Mantelfurchen können auch undeutlich sein oder fehlen. In den Athem- 
gang mündet die Nierenöffnung, oder beide münden getrennt; die beiden 
Oefinungen können mit der Afteröffnung in einer Renoanalrinne an- 
geordnet sein. Die Pallialorgane: Lunge, Herz, Niere, Schalenkammer 


151 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 


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756 G. GLAMANN, 


und ein Sinnesorgan sind durch ein bindegewebiges Diaphragma von 
dem Leibesinnern getrennt; auf diese Weise wird unter der Riicken- 
haut ein grosser Blutsinus gebildet, der mit dem Atrium direct com- 
municirt, in welchem die Mantelorgane liegen, und in dem die Mantel- 
höhle mit der Büschellunge frei aufgehängt ist. Niere einfach oder 
gelappt, Ureter mit complicirtem Verlauf durch Schlingen- und Diver- 
tikelbildung. Schale verkiimmert, in einer oder zahlreichen Schalen- 
kammern als solider Kalkstab oder einzelne gréssere Kalkstiickchen 
oder zahlreiche kleine Concremente erhalten. Kiefer tragt an der 
Unterseite einen blattartigen Fortsatz; die Radula, mit zahlreichen 
Querreihen von Zähnen, ist am hintern Ende nach jeder Seite spiral- 
förmig aufgerollt. Mittelzahn rudimentär oder nicht. Magen einfach; 
der Darm zerfällt in Mittel- und Enddarm. 2 oder 3 Leberdrüsen 
münden vereint oder getrennt in den Darm und umschliessen nicht 
die Zwitterdriise; diese liegt im vordern Körperdrittel auf der rechten 
Seite. Vesicula seminalis fehlt oder selten vorhanden; Spermoviduct 
fehlend, gering oder gut ausgebildet. Eiweissdrüse und Receptaculum 
seminis stets vorhanden; ebenso accessorische Geschlechtsdrüsen. Penis 
glatt oder mit Reizpapillen; ein Vestibulum ist vorhanden oder fehlt. 
Centralnervensystem mit stark genäherten, theilweise verschmolzenen 
Visceralganglien; innerhalb des dorsalen Blutsinus ein Sinnesorgan, 
das als modificirtes Osphradium zu deuten ist. 


a) Janella Gray, 1850. 

Der Rücken zerfällt in Notum und Hyponotum. Die Median- 
furche ist gut entwickelt und reicht bis zum hintern Körperende. Mit 
Seitenfurchen, Kopfschild und Manteldreieck ; letzteres entweder durch 
Furchen deutlich begrenzt oder beim Fehlen dieser Furchen nur an- 
gedeutet. Athemöffnung im Manteldreieck; sie, der Nierenporus und 
der Anus münden getrennt. Niere zweilappig. Schalenkammer in 
zahlreiche kleine Bläschen mit je einem Concrement aufgelöst; die 
Bläschen bilden zwei am Vorder- und Hinterende des Diaphragmas ge- 
legene Häufchen, die durch eine bandartige Reihe von Bläschen ver- 
bunden sind. Kiefer mit stark entwickeltem Mittelzahn; 2 Leber- 
drüsen, deren Mündungen zusammenfallen. Rhachiszahn gut ent- 
wickelt. Eiweissdrüse compact, Spermoviduct fehlend oder vorhanden; 
Vesicula seminalis fehlt, Genitalöffnung bildet ein Vestibulum. Neu- 
seeland. 


b) Triboniophorus HUMBERT, 1863. 
Kein Hyponotum. Mediane Riickenfurche und Seitenfurchen. Kopf- 


Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 757 


schild und Manteldreieck durch deutliche Furchen begrenzt. Nieren- 
öffnung mündet in den Athemgang, beide liegen mit dem Anus in 
einer Renoanalrinne. Niere einheitlich mit 2 vordern Zipfeln. Ein- 
heitliche Schalenkammer mit einem soliden Kalkstab oder mehreren 
Schalenstückchen. Kiefer ohne Mittelzahn. Rhachiszahn rudimentär 
oder nicht. Magen einfach, mit Blindsack am Ende, 3 Leberdrüsen, 
die 3 gesonderte Gallengänge in den blindsackähnlichen Anfang des 
Darmes schicken. Eiweissdrüse compact, Spermoviduct fehlt; des- 
gleichen eine Samenblase, Penis und Oviduct münden getrennt in der 
Geschlechtsöffnung nach aussen. Australischer Continent: Sydney, 
Brisbane. 


c) Aneitea GRAY, 1860. 


Hyponotum fehlt. Mediane Rückenfurche und Seitenfurchen, Kopf- 
schild und Manteldreieck durch scharfe Furchen begrenzt. Nieren- 
öffnung mündet in den Athemgang; dieser neben der der Afteröffnung 
in einer Renoanalrinne. Niere compactes, sichelförmig gebogenes Or- 
gan. Schalenkammer einheitlich, mit mehreren Kalkschalenstückchen, 
von denen das vorderste das grösste ist. Kiefer mit schwachem 
mittlern Zahnfortsatz oder glatt, Rhachiszahn nicht rudimentär, nur 
kleiner als die Seitenzähne oder verkümmert. Magen einfach, mit 
blindsackähnlicher Erweiterung am Ende, in welche 3 Leberdrüsen 
ebenso viele Gallengänge schicken. Eiweissdrüse compact oder perl- 
schnurförmig, Spermoviduct sehr kurz, Samenblase fehlt, desgleichen 
ein Vestibulum. Neuhebriden, Neucaledonien, australischer Continent 
(Brisbane, Woollongong). 


d) Aneitella COCKERELL, 1891. 


Flache Körperform mit schmalem Saume an den Rändern, Median- 
furche fehlt, Kopfschild vorhanden oder durch eine rechte Furche 
angedeutet. Manteldreieck fehlt. Athemloch, Ureteröffnung und Anus 
in einer Renoanalrinne; die ersten beiden münden getrennt, oder der 
Athemgang nimmt den Ureter auf; Niere einfaches, gebogenes Organ. 
Schalenkammer in zahlreiche Bläschen mit je einem Kalkstückchen 
aufgelöst; die Schalenbläschen liegen, wie bei Janella, in zwei Häufchen 
am vordern und hintern Rande des Diaphragmas, sind aber nicht 
durch ein Band von Bläschen verbunden. Kiefer glatt oder mit 
schwachem Mittelzahn; Radulazähne zum Theil auch mit vorderer 
Basalplatte, Rhachiszahn gut entwickelt. Magen einfach, ohne Blind- 
sack; 2 Leberdrüsen, deren Ausführungsgänge in den Mitteldarm ein- 
ander gegenüber münden. Eiweissdrüse compact, Spermoviduct fehlt, 


158 G. GLAMANN, 


kleine Samenblase vorhanden, desgleichen ein langes Vestibulum. 
Polynesien (Neupommern, Admiralitäts-Inseln). 

Eine abschliessende Charakteristik ist, wie aus dem obigen Ver- 
suche der Systematik zu ersehen ist, nur für Janella und Aneitella 
gegeben, dagegen ist es nicht möglich gewesen, tiefgreifende, prägnante 
Unterschiede zwischen Triboniophorus und Aneitea aufzustellen. Es 
liegt dies zum grossen Theil daran, dass bei der Schwierigkeit für 
den europäischen Untersucher, in den Besitz des Materials zu ge- 
langen, die Untersuchungen sich immer nur auf einzelne Exemplare 
erstrecken; kommt nun noch hinzu, dass die Gattungen Aneitea und 
Triboniophorus zweifellos nahe verwandt sind und sich in mancherlei 
Punkten gleichen, so ist es ohne die Untersuchung einer genügend 
grossen Menge von Individuen beider Gattungen sehr schwer, die mit- 
unter recht geringen Unterschiede sicher festzustellen und die Diagnose: 
damit zu begründen. Den australischen Forschern, die in der Nähe 
des Materials sich dasselbe leichter verschaffen können, wird es wohl 
vorbehalten bleiben müssen, die Charakteristik der beiden Arten zu 
beendigen und damit die Frage, ob und wodurch lässt sich die Gattung 
Aneitea von Triboniophorus trennen, endgültig zu entscheiden. 


Literaturverzeichniss. 


Bereu, R., 1870, Anatomische Untersuchungen des Triboniophorus 
schüttei Krsr., in: Verh. zool.-bot. Ges. Wien, Jg. 1870, V. 20, 
p. 843—854, tab. 11—13. 

CocxereLz, T. D. A. 1891, On the geographical distribution of slugs, 
p. 215. 

—, 1892, Remarks on Australian slugs, in: Ann. Mag. nat. Hist., (6) 
V. 9, p. 371—372. 

COLLINGE, WALTER, E., 1894, Description of a new species of slug of 
the genus Janella, in: Proc. zool. Soc. London, p. 526—30. 

Crosse et FiscHer, 1870, Faune conch. de Nouv. Calédonie, in: J. Conch. 
V. 18, p. 238. 

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p. 225—234. 

Gray, J. E., 1860, On the bitentaculate slug from Aneiteum, in: Ann. 
Mag. nat. Hist., (3) V. 6, p. 195—196. 

—, 1860, On the arrangement of the land pulmoniferous Mollusca into 
families, ibid. p. 269. 

Hppzey, C., 1889, On Aneitea gräffei and its allies, in: Proc. Roy. Soc. 
Queensland, V. 5, p. 162—173. 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 759 


Humserr, A., 1864, Etudes sur quelques Mollusques terrestres nouveaux 
ou peu connus. § 2. Description d’un nouveau genre de Pulmoné 
terrestre bitentaculé (Triboniophorus), in: Mém. Soc. Phys. Hist. 
nat. Genève, V. 17, p. 116—120. 

Hurron, F. W., 1878, Description of some new slugs, in: Trans. New 
Zealand Inst. V. 11, p. 331—332. 

—, 1881, Notes on the anatomy of the bitentaculate slugs of New 
Zealand, ibid. V. 14, p. 158—161, tab. 5. 

Kererstein, W., 1865, 1) Ueber die zweitentakligen Landschnecken 
(Janella, Aneitea, Triboniophorus), in: Z. wiss. Zool. V. 15, p. 76 
— 86, tab. 6, fig. 1—13. — 2) Ueber die Anatomie der Janella bi- 
tentaculata Qu. et G. von Neuseeland, ibid. p. 446—449, tab. 34. 

Kyicut, Cuaries, 1859, Observations on the „bitentaculate slugs“ of 
New Zealand (Limax bitentaculatus Quoy et Garmarp, Janella anti- 
podarum Gray, ,,Aneiteum slug“? Macponaup), in: Trans. Linn. 
Soc. London, V. 22, p. 381—382. 

Macponatp, J. D., 1856, Observations on the external characters and 
internal anatomy of a bitentaculate slug found at the island of 
Aneiteum, New Hebrides, in: Ann. Mag. nat. Hist., (2) V. 18, 
p. 38—42. 

Preirrer, W., 1900, Die Gattung Triboniophorus, in: Zool. Jahrb., 
V. 13, Anat., p. 293—358, tab. 17—-20. 

Prats, L., 1891, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. I. Die 
Anatomie der Gattungen Daudebardia und Testacella, in: Zool. 
Jahrb., V. 4, Anat., p. 505—630. 

—, 1894, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. II. Die 
Oncidiiden, ibid. V. 7, Anat., p. 93—234. 

—, 1897, Ueber einen neuen Typus der Lungenathmung; die Niere und 
ein subcutanes Sinnesorgan bei Nacktschnecken aus der Familie der 
Janellen, in: SB. Ges. naturf. Fr. Berlin, p. 141—145. 

—, 1898, Ueber regenerative Amitose, Degenerationserscheinungen und 
Phagocytose in den Athemröhren der Janellen, in: Arch. mikrosk. 
Anat, V. 5, p. 839—856. 

—, 1898, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Janelliden (Janella 
schauinslandi n. sp. und Aneitella berghi n. sp.), in: Zool. Jahrb., 
V. 11, Anat., p. 193—280, 6 Tafeln. 

SemPer, C., 1870—94, Reisen im Archipel der Philippinen, V. 3, Land- 
EL p. 108, 109. 

—, 1894, Die Niere der Pulmonaten, in: Reisen im Archipel der Philip- 
pinen, 2. Ergänzungsheft (herausgegeben von H. SimrorH), p. 81—85. 

Sımrorn, H., 1889, Beiträge zur Kenntniss der Nacktschnecken, in: 
Nova Acta Acad. Leop., V. 54, p. 69 —86. 

—, 1898, Neuere Arbeiten über nackte Pulmonaten, zusammenfassende 
Uebersicht, in: Zool. Ctrbl., V. 20, p. 641—660. 

Smitu, Encar A., 1884, An account of the land and freshwater Mol- 
lusca collected during the voyage of the ,Challenger“ from De- 
cember 1872 to May 1876, in: Proc. zool. Soc. London, p. 263 f. 
(Athoracophorus virgatus, tab. 22, fig. 1, la). 


—] 
[@p) 
© 


G. GLAMANN, 


Erklärung der Abbildungen. 


iatel 2932 


Erklärung der Abkürzungen in den Figuren. 


a Arterie, die das Rectum begleitet 

ac.dr accessorische Geschlechts- 
drüse 

alb Eiweissdrüse 

an Anus 

ao.com Aorta communis 

atg Athemgang 

atl Athemloch 

atr Atrium 

cav.pall Athemhöhle 

coec Cécum 

D Darm 

d.alb Eiweissdrüsengang 

d. hep Ductus hepaticus 

d. hep. dors. d Ductus hepat. dorsalis 
dexter 

d. hep. dors.s Ductus hepat. dorsalis 
sinister 

d.hep.ventr Ductus hepaticus ven- 
tralis 

d.her Zwittergang 

dia Diaphragma 

div Divertikel 

Dr Schlauchdriisen 

dr grosse einzellige Driisen 

dr, kleine er a 

d.sal Speichelgang 

ep Epithel 

fl.dr flaschenförmige Driise 

gl.her Zwitterdrüse 

gl.pe Fussdrüse 

hep.ant Vorderleber 

hep.dors.d rechte dorsal gelegene 
Leberdrüse 


hep. dors.s linke dorsal 
Leberdrüse 

hep. post Hinterleber 

hep.ventr ventral gelegene Leber- 
driise 

k Kamm 

ksch Kopfschild 

m Randzahn der Radula 

ma Mantelstiick 

mand Mandibel 

mf Mittelfurche 

mu Muskel 

n Nerv, der das Rectum begleitet 

n.pul Lungennerv 

n.re Nierennerv 

nu Bindegewebskern 

oes Schlundrohr 

o.ge Genitalöffnung 

o.re Nierenöffnung 

o.re.ext äussere Nierenöffnung 

o.re.int innere r 

ovd Oviduct 

pap Papille 

pe Penis 

per Pericard 

pes Fuss 

phar Pharynx 

prost Prostata 

pul Lunge 

r Rhachiszahn 

re Niere 

rect Rectum 

rec.s Receptaculum seminis 

reper Renopericardialgang 


gelegene 


Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 761 


retr Retractor penis so Sinnesorgan 
retr.ant Retractor anterior sto Magen 
retr.post Retractor posterior te Tentakel 
rf Rückenfläche ur Ureter 
s Saum v ventraler, blattförmiger Fortsatz 
$s, Seitenzahn 1 des Kiefers 
sal Speicheldrüse ventr Ventrikel 
sch Schalenkammer ventr.f Ventralfläche 
_sf Seitenfurche vest Vestibulum. 
Tafel 29. 


Fig. 1. Aneitea gräffei, Alkoholexemplar, im ausgestreckten Zu- 
stande von oben gesehen. 1:1. 

Fig. 2. Aneitella virgata, Alkoholexemplar, von oben gesehen. 
Dal: 

Fig. 3. A. II. Grosse und kleine Hautdrüsen (dr und dr,). Leitz, 
Der Obj: 6. 27541. 

Fig. 4. A. I. Schlauchförmige Drüsen (Dr), wie vorher. 275: J. 

Fig. 5. <A. I. Situs der Pallialorgane, von der ventralen Seite ge- 
sehen. 3: 1. 

Fig. 6. Aneitella virgata, ebenso. 5: 1. 

Fig. 7. A. I. Querschnitt. Mündung des o.re.int in ur,. 16:1. 


IHarke le 10; 


Fig. 8 A. I. Querschnitt. Mündung des Athemgangs (afg) und 
der äussern Nierenöffnung (o.re.ext, ur,). Schlauchförmige Drüsen (Dr) 
und deren Ausführungsgänge in den Athemgang. 16:1. 

Fig. 9. Aneitella virgata. Mündung des Athemgangs (afg) und 
des Enddarms (rect), Querschnitt. 37:1. 

Fig. 10. Aneitella virgata. Querschnitt in der Höhe der innern 
Nierenöffnung (o.re. int). 28:1. 


Mate 3 


Fig. 11. Aneitella virgata. Querschnitt in der Höhe der äussern 
Nierenöffnung (0.re.ext). 37:1. 

Fig. 12. A. Il. Längsschnitt Renopericardialgang (reper), Längs- 
schnitt durch die ganze Schalenkammer (sch). 14:1. 

Fig. 13. A. I. Schema der Pallialorgane. 15:1. 

Fig. 14. A. I. Querschnitt (combinirt aus einer Schnittserie), div, 
in ganzer Länge getroffen, die bevorstehende Vereinigung von div, 
and ur,. 16:1. 

Fig. 15. A. I. Querschnitt. Vereinigung von ur, und ur,. 16:1. 

Fig. 16. A. I. Querschnitt. Verbindung von div, und div,. 16:1. 


i 4 = 


762 G. GLAMANN, Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. ° 


Tafel 32. 


Fig. 17. A. I. Querschnitt. Uebergang von ur, in ur,. 16:1. 

Fig. 18. Aneitella virgata. Schema der Pallialorgane. 20:1. 

Fig. 19. Aneitella virgata. Querschnitt. Theilungsstelle von wr, 
in die beiden div, und div,. 28:1. : 

Fig. 20. Aneitella virgata. Querschnitt (construirt aus mehreren 
Schnitten). Verbindung von div, mit ur,. 15:1. : 


a hie loci: 


Fig. 21. Aneitella virgata. Querschnitt (ebenso). Verbindung von 
div, mit wr,. 15:1. } 
Fig. 22. Aneitella virgata, Sinnesorgan (so). Querschnitt durch” 
die beiden Zipfel der Sinnesplatte. 28:1. ; 
Fig. 23. Aneitella virgata. Sinnesorgan (so). Querschnitt durch 
die pilzförmige Sinnesplatte. 28:1. ‘ 
Fig. 24. A. I. Genitalapparat eines erwachsenen Thieres. 3: 1. 
Fig. 25. A. I. Penis, aus einander gewickelt. 6:1. | 
Fig. 26. Aneitella virgata. Situs viscerum. 7:1. 
Fig. 27. Aneitella virgata. Genitalorgane (zum Theil). 15:1. 


Tarel 34 


Big; 28) 4.1 Kiefer: 14:1. 

Fig. 29. A. I. Digestionstractus: Pharynx (phar), Schlund (oes), 
Magen (sto), Darm, Leber (hep) und Speicheldrüsen (sal) s. auch Fig. 29a. 
4:1. 

Fig. 30. A. I. Radula mit Rhachiszahn (r) und den 4 erste 
Seitenzähnen (s;—,). 275:1. 

Fig. 31. A. I. Radula mit Seitenzähnen (s) und Randzähnen (m) 
PAS EEE 

Fig. 32. A.I. Die Leberdrüsen und ihre Ausführungsgänge. 11/,:1 

Fig. 33. Aneitella virgata. Kiefer, von unten gesehen. 10: 1. 

Fig. 34 Aneitella virgata. Radula mit Rhachiszahn (r) und de 
ersten 3 Seitenzähnen. 585 : 1. 

Fig. 35. Aneitella virgata. Schlundkopf von unten und hinte 
mit der Radulapapille (pap). 51/, : 1. 

Fig. 36. A. II. Anordnung der Tentakelretractoren. 14 : 1. 


Nachdruck verboten. 
Uebersetzungsrecht vorbehalten. 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 


Von 
Dr. J. Gross, 


Assistent am Zoologischen Institut zu Giessen. 


Hierzu Tafel 35 u. 36. 


Das Chiasma nervorum opticorum gehört wohl zu den ältesten 
Problemen der Anatomie. Schon zu GALEN’S Zeiten ist darüber ge- 
stritten worden, ob die Sehnerven des Menschen sich total oder partiell 
kreuzen. Dieser Frage, die ja auch für die medicinischen Wissen- 
schaften von Bedeutung ist, verdanken wir denn auch die Mehrzahl 
der wichtigsten Entdeckungen über die Structur des Chiasmas beim 
Menschen und bei den Säugethieren. Denn die zu ihrer Lösung an- 
gestellten Untersuchungen förderten natürlich auch die andere, nicht 
weniger interessante Frage nach dem feinern histologischen Bau im 
Chiasma der verschiedenen Thiere. Mit dem Aufblühen der ver- 
gleichenden Anatomie im Laufe des verflossenen Jahrhunderts wurden 
dann auch die niedern Classen der Wirbelthiere in die Untersuchungen 
mit einbezogen, so dass wir jetzt bereits eine reiche Literatur über 
das Chiasma besitzen. Am wenigsten erforscht sind in dieser Hin- 
sicht noch die Reptilien. Ueber die Verhältnisse des Chiasmas bei 
dieser Classe finden sich nur wenige kurze Angaben. Die werthvollen 
neuern Arbeiten über das Reptiliengehirn von EDINGER, HERRICK und 
P. Ramon lassen das Chiasma entweder unberücksichtigt oder er- 
wähnen es nur ganz kurz. Specialuntersuchungen über die Sehnerven- 
kreuzung dieser wichtigen Wirbelthierclasse fehlen noch ganz. Den 
ersten Anfang zur Ausfüllung dieser Lücke zu machen, ist der Zweck 


der nachstehend mitgetheilten Untersuchungen. 
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 49 


764 J. GROSS, 


Literatur. 


Die älteste Angabe über die histologische Structur des Chiasmas 
der Reptilien findet sich 1874 bei SCHEEL (14). Er giebt kurz an, 
dass bei Emys europaea das Verhalten der Sehnervenkreuzung bis 
ins Einzelne analog dem von Rana esculenta sei, d h. dass jeder 
Nerv sich zum Zweck der Durchkreuzung mit dem andern in zahl- 
reiche kleine Bündelchen theilt, die sich gegenseitig Kreuzen. Diese 
Angabe wurde im folgenden Jahre von Stiepa (17) bestätigt und für 
Testudo graeca dieselbe Beschaffenheit des Chiasmas nachgewiesen. 
Auch Horrmann (7) schliesst sich derselben Auffassung an. Ein ähn- 
liches Verhalten fand Herrick (6) bei der Schwarznatter (Coryphodon 
constrictor). Doch zeigt sich bei dieser Schlange eine Besonderheit 
in so fern, als jedes dieser kleinen Bündel von einem queren Netz- 
werk von Bindegewebsfasern umhüllt wird. Ferner findet sich in 
WIEDERSHEIM’s Grundriss der vergleichenden Anatomie (19) folgender 
hierher gehöriger Satz: „Während es sich bei den meisten Teleostiern 
nur um eine einfache Uebereinanderlagerung der beiden Sehnerven 
handelt, tritt bei einigen (Harengus, Engraulis) der eine Opticus durch 
einen Schlitz des andern hindurch, und dieses Verhalten sehen wir 
bei Reptilien immer weiter gedeihen, bis schliesslich eine sehr com- 
plicirte, gegenseitige Durchflechtung zu Stande kommt.“ Dazu giebt 
der genannte Autor schematische Abbildungen von Lacerta agilis und 
einem Agamen. Diese lassen erkennen, dass sich jeder Nervus opticus 
bei Lacerta in 2, bei dem Agamen in 3 Blätter spaltet, die sich mit 
den entsprechenden der andern Seite kreuzen. Es zeigt sich also ein 
viel einfacheres Verhalten als bei den Schildkröten und Coryphodon. 
Auch einige von EDINGER (3) abgebildete Horizontalschnitte durch das 
Chiasma von Lacerta und Varanus sprechen deutlich für sehr primi- 
tive Verhältnisse. In derselben Abhandlung spricht der Autor noch 
kurz die Ansicht aus, dass die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien 
wahrscheinlich total sei. Folgende kurze Angabe über das Chiasma 
der Saurier enthält schliesslich noch eine Arbeit von STUDNICKA (18) 
über den Bau des Sehnerven der Wirbelthiere. „Es ist interessant, 
dass bei dem Eintritt in das Chiasma die Gliazellen des Sehnerven 
aufhören aufzutreten, so dass wir da eine scharfe Grenze vor uns 
haben; in dem Chiasma fehlen sie fast ganz (junge Stadien von La- 
certa }).““ 

Das ist alles, was ich in der Literatur, soweit sie mir zugänglich 
war, über die Beschaffenheit des Chiasma nervorum opticorum bei 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 765 


den Reptilien finden konnte. Einige Angaben über die Histologie der 
Sehnerven werde ich noch gelegentlich bei der Mittheilung meiner 
eignen Untersuchungen zu besprechen haben. Von einer ausführlichen 
Aufzählung der reichhaltigern Literatur über das Chiasma der übrigen 
Wirbelthierclassen glaubte ich absehen zu dürfen, da Frirz (4) erst 
kürzlich eine ebenso eingehende wie übersichtliche Zusammenstellung 
derselben gegeben hat. Ich kann mich daher auf die Anführung des 
Allerwichtigsten beschränken. 

Ueber das recht versteckt in der Masse des Gehirns liegende 
und daher erst spät entdeckte Chiasma der Cyclostomen ist noch 
wenig bekannt. 

Bei Selachiern und Ganoiden findet wahrscheinlich totale Kreuzung 
statt. Ueber die feinern Structurverhältnisse sind die Ansichten noch 
getheilt. Nach Srannrus (16) und Ronon (12) zerfällt jeder Nerv in 
eine Anzahl sich alternirend kreuzender Bündel. Nach SANDERS (13) 
kreuzen sich die Sehnerven bei einer Anzahl von ihm untersuchter 
Haifische und Rochen dagegen in den tiefern Partien des Chiasmas 
blätterweise „wie die durch einander geschobenen Finger zweier 
Hände“; in der dorsalen Hälfte des Chiasmas soll dagegen „einfache 
Decussation“ stattfinden. 

Bei den Teleosteern finden sich zum Theil die primitivsten Ver- 
hältnisse, indem der eine Nerv sich einfach über den andern legt. 
Bei Clupea und Engraulis durchbohrt dagegen der eine Opticus den 
andern. Bei Abramis endlich spaltet sich jeder Sehnerv in 2 Blätter, 
die sich alternirend kreuzen. Für den Goldkarpfen (Cyprinus auratus) 
hat KRAUSE (8) experimentell totale Kreuzung nachgewiesen. 

Für die Dipneusten ist überhaupt erst in neuerer Zeit die Exi- 
stenz eines Chiasmas nachgewiesen worden. Ueber seinen feinern 
Bau ist noch nichts bekannt. 

Ueber die Structur des Chiasmas bei den Amphibien hat in 
neuester Zeit Fritz (4) eingehende Untersuchungen angestellt, so dass 
diese Wirbelthierclasse in Bezug auf die Sehnervenkreuzung jetzt zu 
den am besten bekannten gehört. Das Marcui’sche Degenerations- 
verfahren hat für den Frosch unzweifelhaft eine totale Kreuzung 
nachgewiesen. Die Kreuzung geschieht bei allen untersuchten Am- 
phibien, sowohl Urodelen als Anuren, bündelweise, und zwar ver- 
schlingen sich die überaus zahlreichen und feinen Bündel nach Art 
eines Flechtwerks. Diese Bündel sind bei den Urodelen ganz ventral 
klein, nehmen dann gegen die Mitte des Chiasmas an Stärke zu, um 
dorsalwärts wieder feiner zu werden. Bei den Anuren sind die Bündel 

49* 


766 J. GROSS, 


dagegen im ventralen Chiasmaabschnitt am stärksten und nehmen in 
dorsaler Richtung allmählich an Stärke ab. Das Chiasma ist gegen- 
über den Sehnerven arm an Gliazellen. Diese fehlen dem Urodelen- 
chiasma oft ganz oder sind doch nur in verschwindend kleiner Zahl 
vorhanden; etwas zahlreicher finden sie sich bei den Anuren. Die 
Kreuzung findet bei den Urodelen unter viel stumpferm Winkel statt 
als bei den Anuren. 

Bei den Vögeln scheint durchweg eine blätterweise Kreuzung statt- 
zufinden. Die Zahl der Blätter, in die jeder Nerv zerfällt, ist dabei 
sehr verschieden gross. So theilt sich nach SINGER u. MÜNZER (15) 
bei Strix ulula jeder Nerv nur in 2 dicke Blätter. Für Strix noctua 
giebt dagegen MicHEL (9) eine Spaltung der Nerven in je 5 Blätter 
an. SCHEEL (14) fand bei der Ente 4—5 dicke Blätter, bei der Eule 
9—10 dünnere, bei der Gabelweihe 11—12, bei der Dohle 17—18 sehr 
dünne Blättchen. Noch andere Autoren fanden bei andern Vögeln noch 
verschiedene andere Zahlen von sich kreuzenden Blättern im Chiasma. 
Die aufgezählten Angaben dürften indess genügen, um zu-zeigen, dass 
die Structur der Sehnervenkreuzung bei den Vögeln zwar in so fern 
einheitlich ist, als die Kreuzung sich überall blätterweise vollzieht, 
dass aber die Zahl der Blätter oft bei nahe verwandten Arten, wie 
z. B. bei den verschiedenen Eulen, sehr bedeutend variirt. Fast alle 
Autoren stimmen ferner darin überein, dass bei den Vögeln durchweg 
eine totale Kreuzung der Sehnerven stattfindet. Nur Munk (10) spricht 
sich für partielle Kreuzung bei der Taube aus. 

Bei simmtlicheu Säugethieren zerfällt nach den übereinstimmenden 
Angaben der Autoren jeder Kern in eine grosse Anzahl kleiner Bündel, 
die sich wechselweise nach Art eines Flechtwerks durchkreuzen. Je 
höher wir in der Reihe der Säugethiere aufsteigen, um so feiner wird 
dieses Flechtwerk, um so weniger Fasern enthält jedes Bündel. Beim 
Menschen kommt es schliesslich zu einer Kreuzung der einzelnen 
Fasern, so dass hier von Bündeln nicht mehr gesprochen werden kann. 
Die alte Frage nach der totalen oder partiellen Kreuzung der Seh- 
nervenfasern, welche überhaupt den ersten Anstoss zu allen Unter- 
suchungen über die Structur des Chiasmas gegeben hat, konnte trotz 
überaus zahlreicher experimenteller und pathologischer Untersuchungen 
noch immer keine befriedigende Lösung finden. Noch immer stehen 
sich die beiden Ansichten schroff und unvermittelt gegenüber. Eine 
Aufzählung der umfangreichen, diese Frage behandelnden Literatur 
würde uns zu weit führen; ich verweise. daher auf die Original- 
arbeiten. 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien, 767 


Material und Methoden. 


Meine Untersuchungen erstrecken sich auf folgende 10 Arten: 


Anguis fragilis L., Platydactylus mauretanicus L., 
Lacerta viridis GESSN., Chamaeleo vulgaris DAUD., 
Lacerta agilis WOLFF, Emys europaea GRAY, 
Tropidonotus natrix BOIE, Testudo graeca L., 


Zamenis viridoflavus Wacu., Alligator lucius Cuv. 

Von den meisten angeführten Arten standen mir mehrere Reprä- 
sentanten zu Gebote, nur von Alligator lucius konnte ich bloss ein 
Exemplar untersuchen. 

Die den frisch getödteten Thieren entnommenen Gehirne wurden 
durchweg einige Tage in Formol (10fache Verdünnung der käuflichen 
Formalinlösung) gehärtet, dann nach der erforderlichen Vorbehandlung 
in Paraffin eingebettet und in Horizontal- oder Frontalschnittserien 
zerlest. Das Färben der mit Eiweiss aufgeklebten Schnitte geschah 
hauptsächlich nach der HeipeNHain’schen Eisenhämatoxylin-Methode, 
und zwar kamen die Schnitte ‘zuerst auf ungefähr 1 Stunde in die 
Eisenalaunlösung und wurden dann 2 Stunden in unverdünntem DELA- 
FIELD’schen Hämatoxylin stark überfärbt und dann durch nochmaliges 
kurzes Eintauchen in Eisenalaun wieder entfärbt. Die so behandelten 
Schnitte ergaben sehr scharf differenzirte Bilder. Besonders hoben 
sich die einzelnen Nervenfasern durch ihre rein blaue Färbung sehr 
schön hervor. Ueberhaupt glaube ich, dass die HEIDENHAIN’sche Fär- 
bungsmethode für manche neurologische Untersuchungen sehr brauch- 
bar sein dürfte und sich dabei durch relativ grosse Einfachheit aus- 
zeichnet. Ausserdem wurden noch MALLORY’Ss Hämatoxylin und Säure- 
fuchsin mit Methylenblau nach Sanur versucht, ohne jedoch so be- 
friedigende Resultate zu ergeben wie die HEIDENHAIN’sche Methode. 

Einen gänzlichen Misserfolg hatten leider meine Versuche mit 
dem Marcnr’schen Degenerationsverfahren, welches ich auf folgende 
Arten anwandte: 

Anguis fragilis L., Emys europaea GRAY, 
Lacerta viridis GESSN., Testudo graeca L., 
Tropidonotus natrix Botn, Platydactylus mauretanicus L. 

10 Wochen nach erfolgter Enucleation war ich aus äussern 
Gründen gezwungen, die Thiere zu tödten. Sowohl der makroskopische 
Befund als auch die Untersuchung der Schnitte liess keinerlei sichere 
Anzeichen von Degeneration im durchschnittenen Nerven erkennen. 
Dieses negative Resultat überraschte mich um so mehr, als dieselbe 


768 J. GROSS, 


Methode Krause (8) am Karpfen und WLaAssakX (20) und Fritz (4) 
an Fröschen vorzüglich gelungen ist. Schon 4 Wochen nach der 
Blendung getödtete Frösche zeigten bei mikroskopischer Untersuchung 
deutliche Degenerationserscheinungen im durchschnittenen Opticus. Bei 
Reptilien scheint also eine bedeutend längere Zeit bis zum Eintritt 
der ersten Degenerationserscheinungen erforderlich zu sein als bei 
Amphibien und Fröschen. 


Eigene Untersuchungen. 
Anguis fragilis (Fig. 1). 

Wie die Figur zeigt, kreuzen sich die Nerven unter ziemlich 
stumpfem Winkel. Die Kreuzung findet so statt, dass sich der eine 
Nerv in 3, der andere in 2 Blätter spaltet, die sich alternirend kreuzen 
nach dem oft gebrauchten Bilde der durch einander geschobenen 
Finger zweier Hände. Eine individuelle Verschiedenheit zeigt sich in 
so fern, als bald der linke Nerv in 3, der rechte in 2 Blätter zerfällt, 
bald das umgekehrte Verhältniss stattfindet. Von den 3 Blättern 
eines Nerven ist stets das mittelste das dickste, das dorsale und 
ventrale sind bedeutend schwächer. Zerfällt ein Nerv nur in 2 Blätter, 
so sind beide annähernd gleich stark. Die Nervenfasern sind wie bei 
allen Reptilien von einem Netzwerk grober Gliafasern umgeben, wie 
sich sehr schön auf Querschnitten zeigt. Gliazellen sind nicht sehr 
zahlreich vertreten. Im Tractus opticus liegen sie ziemlich regellos, 
nur an manchen Stellen zu dreien oder vieren hinter einander. Im 
Nervus bilden sie längere, dem Verlauf der Nervenfasern parallel ge- 
richtete Reihen. Im Chiasma sind die Gliazellen nur sehr spärlich 
vertreten. Blutgefässe finden sich im Chiasma sowohl als im Seh- 
nerven der Blindschleiche nur ganz vereinzelt. 


Lacerta agilis (Fig. 2). 

Die Kreuzung der Sehnerven vollzieht sich in einem spitzen 
Winkel. Jeder Nerv spaltet sich in 3 Blätter. Von diesen 3 Blättern 
ist jedes Mal das dorsale am stärksten. Das mittlere ist schon be- 
deutend weniger dick. Das ventralste endlich erreicht nur ungefähr’ 
ein Viertel der Stärke des dorsalen. Die Blätter des linken Nerven 
liegen bei meinen Exemplaren unter denen des rechten. Die Glia- 
zellen verhalten sich in Zahl und Vertheilung ähnlich wie bei der 
Blindschleiche. Doch zeigt sich in so fern ein Unterschied, als bei 
Lacerta agilis das Chiasma keineswegs einen Mangel an Gliazellen 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 169 


gegenüber dem Tractus und Nervus opticus zeigt. Wie oben erwähnt, 
fand SrupniéKA bei jungen Stadien von Lacerta, „dass bei dem Ein- 
tritt in das Chiasma die Gliazellen des Sehnerven aufhören aufzu- 
treten, so dass wir da eine scharfe Grenze vor uns haben; in dem 
Chiasma fehlen sie fast ganz“. Es scheint also, dass im Lauf der 
Entwicklung ein Einwuchern von Gliazellen in das Chiasma stattfindet. 
Blutgefässe sind im Chiasma und Sehnerven nur spärlich vertreten, 
wenn auch etwas reichlicher als bei der Blindschleiche. 


Lacerta viridis (Fig. 3). 

Der Winkel des Chiasmas beträgt ungefähr 90°. Aehnlich wie 
bei Anguis fragilis theilt sich der eine Nerv in 3, der andere in 
2 Blätter. Welcher von beiden Nerven die grössere Zahl von Blättern 
aufweist, zeigt dieselben individuellen Schwankungen wie bei der Blind- 
schleiche. Die 2 Blätter des einen Sehnerven sind immer ungefähr 
gleich stark. Von den 3 Blättern des andern sind das dorsale und 
ventrale annähernd gleich dick, das mittlere Blatt ist nur halb so 
stark wie jedes der beiden andern. Die Zahl der Gliazellen ist viel 
grösser als bei Lacerta agilis; sie liegen meist zu 4 oder 5 hinter 
einander, so kurze, parallele Reihen in der Längsrichtung der Seh- 
nerven bildend. Durch diese regelmässige Vertheilung der Gliazellen 
erscheint jeder Nerv und die das Chiasma zusammensetzenden Blätter 
in eine grosse Zahl kleiner Bündel zerklüftet. Eine deutliche Ab- 
nahme der Gliazellen beim Eintritt der Nerven in das Chiasma macht 
sich am ausgewachsenen Thier ebenso wenig bemerkbar wie bei La- 
certa agilis. Das Chiasma sowohl wie auch Tractus und Nervus op- 
ticus werden von einem reichlichen Blutgefässnetz durchsetzt. 


Platydactylus mauretanicus (Fig. 4). 


Im Chiasma des Geckos kreuzen sich die Nerven in einem stumpfen 
Winkel. Jeder Nerv zerfällt in 3 Blätter. Das ventrale und mittlere 
Blatt auf jeder Seite sind ungefähr gleich stark, das dorsale ist be- 
trächtlich schwächer. Die Blätter des linken Nerven liegen ventral 
und werden von denen des rechten überlagert. An den Stellen, wo 
zwei Blätter sich berühren, spalten sich von jedem einige kleine 
Bündelchen ab, die sich mit eben solchen des benachbarten kreuzen. 
So kommen an den genannten Stellen etwas complicirtere Bilder zu 
Stande; in Fig. 4 ist ein Schnitt durch eine solche Stelle abgebildet. 
Die Gliazellen liegen in verhältnissmässig geringer Zahl meist in kurzen 
Längsreihen über Tractus und Nervus vertheilt. Im Chiasma fehlen 


770 J. GROSS, 


sie fast ganz. An Blutgefässen ist das Chiasma des Geckos ebenso 
arm wie das der Blindschleiche. 


Chamaeleo vulgaris (Fig. 5 u. 6). 


Von dieser Art, deren Chiasma besonders interessante Verhält- 
nisse aufweist, hatte ich 2 Exemplare zur Verfügung, die sich etwas 
abweichend von einander verhielten. Ich will zunächst die Sehnerven- 
kreuzung des einen Thieres schildern, von dem die beiden Figuren 
entnommen sind. Die beiden Nervi optici bilden einen Winkel von 
ungefähr 90°. Bei der Durchmusterung der Horizontalschnittserie, 
in welche ich das Chiasma zerlegt hatte, zeigte sich, wenn man von 
der Ventralseite beginnt, Folgendes. Man sieht durch eine ganze 
Reihe von Schnitten den einen Nerven glatt über den andern weg- 
streichen (Fig. 5), und zwar zuerst den linken, dann von einem be- 
stimmten Schnitt an den rechten. Die Serie zeigt also ganz ähnliche 
Bilder, wie wir sie schon von den Eidechsen und der Blindschleiche 
kennen. Ungefähr in der Mitte des Chiasmas treten auf einmal ganz 
andere Bilder auf. Von nun an zeigen sich auf allen Schnitten die 
Nerven in eine ganze Anzahl kleinerer Stränge zertheilt, so dass sehr 
mannigfaltige und complicirte Bilder entstehen. 

Aus dem Studium dieser Serie ergiebt sich also Folgendes: 

Das Chiasma des Chamäleons zerfällt in zwei ziemlich gleich 
starke Hälften. Die ventrale Hälfte wird gebildet von je einem dicken 
Blatt jedes Nerven. Das linke zieht unter dem rechten weg. In der 
dorsalen Hälfte sind dagegen die beiden Optici in eine grosse Zahl 
dünner Blättchen und feiner Bündelchen zerfallen, die sich unter ein- 
ander kreuzen. Das Chiasma des zweiten von mir untersuchten Exem- 
plars stimmt mit dem soeben geschilderten sonst in allem überein; 
nur betheiligen sich am Aufbau seiner ventralen Hälfte 2 Blätter von 
jedem Nerven. Die aus dem linken Nerv stammenden werden von 
den rechten überlagert. 

Die Tractus und Nervi optici sind reichlich mit Gliazellen durch- 
setzt, die besonders im Nervus lange Reihen bilden, aber auch im 
Chiasma kaum weniger zahlreich sind. Das Blutgefässnetz ist beim 
Chamäleon ebenfalls stark entwickelt. Durch die starke Entwicklung 
von Gliafasern und durch die Anordnung der Gliazellen werden die 
Sehnerven sehr deutlich in einzelne Stränge zerlegt. Dieses Verhalten 
hat bereits SrupniéKa (18) für das Chamäleon und ausserdem noch 
für Varanus und Uromastix beschrieben. Es scheint also für die 
grössern Saurier im Allgemeinen charakteristisch zu sein. 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. Tl 


Tropidonotus natrix (Fig. 7). 

Die Nerven kreuzen sich unter einem stumpfen Winkel. Jeder 
Nerv zerfällt in 2 Blätter von sehr ungleicher Dicke. Das eine über- 
trifft das andere ungefähr 4—5mal an Stärke. Bei den mir vor- 
liegenden Stücken ist im rechten Opticus das dorsale Blatt das dünnere, 
im linken dagegen das ventrale Die Blätter des rechten Nerven 
ziehen über die entsprechenden des linken hinweg. Ein Querschnitt 
durch das Chiasma der Ringelnatter ergiebt daher folgenden Aufbau. 
Zu oberst liegt das dünne dorsale Blatt des rechten Nerven, darauf 
folgt das dicke dorsale des linken, dann das dicke ventrale des rechten 
und endlich das dünne ventrale des linken. Die Mitte des Chiasmas 
wird also von den beiden starken Blättern eingenommen, seine dor- 
sale und ventrale Partie bilden die dünnen Blätter der beiden Optici. 
Ob diese Verhältnisse ganz constant sind, wage ich nicht zu entscheiden. 
Ich finde es nicht unwahrscheinlich, dass hier grosse individuelle 
Schwankungen vorkommen, wie wir sie ja auch bei andern Reptilien 
beobachten konnten. Das Glianetz ist sehr stark ausgebildet. Durch 
dasselbe werden die Nerven noch schärfer in einzelne Stränge zerlegt, 
als wir das schon bei Chamaeleo sahen. Besonders im Nervus opticus 
liegen die Gliazellen in sehr langen longitudinalen Reihen. Im Chiasma 
und im Tractus opticus sind die Reihen der Gliazellen nicht so lang. 
Nach SrupniéKa (18) und Herrick (6) nimmt an der Zerspaltung des 
Opticus der Schlangen in einzelne Stränge auch Bindegewebe, das von 
der Pia her in den Nerven eindringt, einen hervorragenden Antheil. 
Nach meinen Präparaten kann ich mich diesen Angaben anschliessen 
für die weiter vorn gelegenen Theile des Nervus opticus. Nach dem 
Chiasma hin wird das Bindegewebe spärlicher und fehlt in diesem 
selbst und im Tractus opticus ganz. Blutgefässe finden sich im Chiasma 
von Tropidonotus natrix in verhältnissmässig grosser Zahl. 


Zamenis viridoflavus. 


Auch bei dieser Schlange bilden die Sehnerven im Chiasma einen 
stumpfen Winkel. Jeder Nerv zerfällt in 4 Blätter, die sich alter- 
nirend kreuzen. Die Dicke der einzelnen Blätter ist bei verschiedenen 
Exemplaren sehr wechselnd. Ebenso zeigen sich in so fern individuelle 
Schwankungen, als bald die Blätter des linken Nerven von denen des 
rechten überlagert werden, bald das umgekehrte Verhalten stattfindet. 
An den Stellen, wo sich 2 Blätter berühren, spalten sich meist einige 
Bündel von jedem Blatt ab, die sich mit eben solchen des andern 
Blattes gesondert kreuzen. Diese Erscheinung ist nicht besonders 


712 J. GROSS, 


auffallend, da ja die Sehnerven der Schlangen, wie erwähnt, durch 
Glia und bindegewebige Septa in eine grosse Anzahl selbständiger 
Bündel zerspalten sind. Dabei ist die Zusammensetzung des Sehnerven 
aus einzelnen Strängen oder Bündeln bei Zamenis noch deutlicher 
ausgeprägt als bei Tropidonotus. Auch reichen die bindegewebigen 
Septa bei Zamenis weiter nach hinten und erstrecken sich zuweilen 
bis in das Chiasma hinein. Blutgefässe sind hier ebenso reichlich 
vertreten wie bei Tropidonotus. 


Emys europaea (Fig. 8). 


Das Chiasma der Sumpfschildkréte ist am friihesten und bisher 
am häufigsten untersucht worden. ScHEEL (14), STIEDA (17) und Horr- 
MANN (7) geben tibereinstimmend an, dass sich jeder Sehnerv in eine 
Anzahl kleiner Biindelchen auflöse, welche sich durchflechten. Ich 
kann diese Angaben durchaus bestätigen. Nur fallen neben den 
Bündeln besonders in den dorsalen Partien des Chiasmas immer auch 
eine Anzahl breiterer, allerdings sehr flacher Blätter auf. Die Kreu- 
zung der Sehnerven geschieht also nicht so rein bündelweise wie etwa 
bei Amphibien und Säugethieren, sondern Blätter und Bündel wechseln 
regellos mit einander ab. Das Chiasma von Emys zeichnet sich noch 
dadurch vor dem der bisher betrachteten Reptilien aus, dass die Blätter 
oder Bündel des einen Nerven nicht glatt über oder unter denen des 
entgegengesetzten wegstreichen. Vielmehr durchflechten sie sich mit 
ihnen nach Art einer Strohmatte. Das Chiasma erhalt auf diese Weise 
ein ähnlich complicirtes Gefüge, wie es für die Amphibien und Säuge- 
thiere charakteristisch ist. Die Neuroglia ist reich entwickelt. Die 
Gliazellen liegen meist in längern longitudinalen Röhren, besonders 
dicht an den Grenzen der einzelnen Bündel, die von einer aus Glia- 
fasern und -zellen gebildeten Scheide umhüllt erscheinen. Das Chiasma 
zeigt gegenüber dem Tractus und Nervus keine merkliche Abnahme 
von Gliazellen. Bindegewebe ist im Chiasma nur spärlich und nur in 
Begleitung der ziemlich zahlreichen Blutgefässe vertreten. Der Seh- 
nerv der Schildkröten ist, wie SrupniéKA (18) gezeigt hat, rinnen- 
förmig gestaltet. Dies kommt dadurch zu Stande, dass der Nerv 
in seiner ganzen Ausdehnung durch ein longitudinales bindegewebiges 
Septum bis in die Mitte seines Durchmessers getheilt ist. Dieses aus 
der embryonalen Fissur des Nervus opticus hervorgegangene Septum 
enthält Blutgefässe, deren Verzweigungen auch in das Chiasma ein- 
dringen. Meine Beobachtungen entsprechen in diesem Punkt voll- 
kommen denen von STUDNICKA. Die Sehnervenkreuzung geht bei 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 7173 


Emys unter einem Winkel von ungefähr 40° vor sich. Durch die 
Kleinheit des Winkels ist es bedingt, dass der Längendurchmesser der 
Chiasmaplatte den Breitendurchmesser an Grösse bedeutend übertrifft. 


Testudo graeca (Fig. 9). 


Das Chiasma von Testudo graeca unterscheidet sich auf den ersten 
Blick von demjenigen von Emys europaea durch den viel grössern 
Kreuzungswinkel. War dieser bei Emys spitz, so nähert er sich bei 
Testudo 180°, ist also viel stumpfer als bei irgend einem andern 
Reptil. Diese auffallende Grösse des Winkels bedingt es, dass die 
Chiasmaplatte sehr breit und ganz kurz ist, ähnlich wie bei Säuge- 
thieren. Die aus dem Chiasma austretenden Nerven machen zuerst 
eine starke Biegung nach innen, verlaufen dann eine Strecke parallel, 
um schliesslich wieder nach aussen zu den Augen hin umzubiegen. 
So kommt eine sehr charakteristische, Iyraförmige Figur zu Stande. 

Die Structur des Chiasmas ist der für Emys geschilderten ähn- 
lich. Auch Testudo zeigt die complicirte, strohmattenähnliche Durch- 
flechtung von Blättern und Biindeln. Nur treten die Bündel den 
Blättern gegenüber an Zahl stark zurück, wie sich bei einem Ver- 
gleich von Fig. 8 und 9 ohne weiteres ergiebt. Ferner erstreckt sich 
dieser complicirte Kreuzungsmodus nicht über die ganze Dicke des 
Chiasmas. In der ventralsten Partie hört er vielmehr plötzlich auf, 
und hier kreuzen sich einfach je ein Blatt von jeder Seite. Die Blätter 
sind allerdings nur dünn, lassen sich aber auf Horizontalschnittserien 
immerhin über eine ganze Reihe von Schnitten verfolgen und sind 
jeden Falls viel dicker als die ganz flachen Blättchen in den dorsaleren 
Theilen des Chiasmas. Das rechte Blatt zieht unter dem linken 
durch. 

Gliazellen finden sich im Nervus opticus reichlich und in der ge- 
wöhnlichen Anordnung zu longitudinalen Reihen. Im Tractus sind 
sie weniger zahlreich und weniger regelmässig. Das Chiasma ist auf- 
fallend arm an Gliazellen. Sie finden sich fast nur an den Grenzen 
der einzelnen Blätter und Bündel. Auch in den beiden ventralen 
Blättern des Sehnerven verschwinden die Gliazellen beim Eintritt in 
das Chiasma fast vollständig. Auch hierin weicht also Testudo von 
Emys bedeutend ab. Dagegen verhalten sich die Optici in Bezug auf 
die Ausdehnung und Anordnung des Bindegewebes und der Blut- 
gefässe völlig übereinstimmend. Die oben für Emys europaea ge- 
machten Angaben gelten also in diesem Punkt in ihrem ganzen Um- 
fang auch für Testudo graeca. 


LA 


774 J. GROSS, 


Alligator lucius (Fig. 10). 


Vom Alligator stand mir leider nur eine Schnittserie zur Ver- 
fügung. Diese war zudem noch in so fern etwas missglückt, als die 
Richtung nicht ganz streng horizontal war. Ich konnte in Folge 
dessen mir keine volle Klarheit über alle Punkte verschaffen. Der 
Kreuzungswinkel ist spitz. Jeder Sehnerv zerfällt in eine grössere 
Anzahl dünner, breiter Blätter, die sich alternirend kreuzen. Wie 
gross die Zahl der Blätter ist, konnte ich aus meiner etwas schief 
gerathenen Serie nicht mit genügender Sicherheit feststellen. Zu einem 
wirklich sichern Resultat könnte hier wohl nur die von SCHEEL (14) 
mit Erfolg angewandte Schnittrichtung führen, die, parallel der Längs- 
richtung des einen Nerven, den andern nahezu senkrecht trifft und 
also die Blätter der einen Seite längs, der andern quer schneidet. 
Jeden Falls ging aus dem Studium meiner Serie so viel hervor, dass 
die Zahl der Blätter bedeutend grösser ist als im Chiasma der andern 
von mir untersuchten Reptilien. Die Blätter des rechten Nerven liegen 
unter denen des linken. Nach der Dorsalseite scheinen die Blätter 
schwächer zu werden. 

Die Gliafasern im Chiasma des Alligators sind auffallend zart 
und unterscheiden sich deutlich von den groben Fasern, wie sie z. B. 
die Schlangen haben. Die Gliazellen sind sehr zahlreich und regellos 
über den ganzen Opticus zerstreut. Die charakteristische Anordnung 
in Längsreihen, die so viele andere Reptilien zeigen, macht sich im 
Chiasma des Alligators fast gar nicht bemerkbar. Ebenso wenig zeigt 
sich eine Abnahme der Gliazellen im Chiasma. Neben den Gliazellen 
finden sich auch zahlreiche Bindegewebskerne, die sich durch ihre lang 
gestreckte, etwas kommaförmig gebogene Gestalt deutlich von den 
rundlichen Kernen der Glia unterscheiden. Besonders dicht liegen 
die Bindegewebskerne in der Peripherie der Nervi optici, fehlen aber 
auch in den centralen Partien keineswegs. 

Das Blutgefässnetz ist nur schwach ausgebildet und zeigt nichts 
besonders Auffallendes. 


Allgemeines. 

Wie Eingangs erwähnt, ist es mir nicht gelungen, auf experi- 
mentellem Wege die Frage zu entscheiden, ob die Sehnerven der 
Reptilien total oder partiell kreuzen. Doch lässt sich die Frage für 
meisten untersuchten Species, wie ich glaube, auch ohne Anwendung 
des Degenerationsverfahrens beantworten. Denn wo die Verhältnisse 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 175 


so einfach liegen wie bei der Blindschleiche, dem Gecko, den Eidechsen 
und den beiden untersuchten Schlangen, könnte einem das Umbiegen 
von Bündeln oder Fasern gar nicht entgehen. Da ich bei sorgfältigster 
Durchmusterung meiner Schnittserien nichts derartiges bemerken konnte, 
halte ich mich für berechtigt, für die genannten Arten mit Sicherheit 
eine totale Kreuzung der Sehnerven zu behaupten. Schwieriger ist 
die Entscheidung der Frage für die Schildkröten und für die dorsalen 
Theile des Chiasmas von Chamaeleo. Doch auch bei diesen Thieren 
konnte ich nie Bilder finden, die für eine partielle Kreuzung der Seh- 
nerven sprachen, so dass ich mit EDINGER (3) es für das bei weitem 
Wahrscheinlichste halte, dass im Chiasma sämmtlicher Reptilien totale 
Kreuzung stattfindet. Dafür sprechen noch andere Gründe. Wie bei 
Besprechung der Literatur dargethan wurde, konnte, abgesehen von 
der ganz vereinzelt dastehenden Angabe Munk’s (10) für die Taube, 
bisher nur bei einigen Säugethieren der experimentelle Nachweis par- 
tieller Kreuzung der Sehnerven erbracht werden. Totale Kreuzung 
haben sowohl die Degenerationsmethode als auch pathologisch-ana- 
tomische Untersuchung dargethan für den Karpfen, den Frosch und 
verschiedene Vögel. Diese Thatsachen der vergleichenden Neurologie 
lassen es wohl als im höchsten Grade unwahrscheinlich erscheinen, 
dass bei den Reptilien die Sehnerven partiell kreuzen. 

Vergleichen wir die feinere histologische Structur des Chiasma 
nervorum opticorum der verschiedenen Reptilien, so fällt uns in erster 
Linie die grosse Mannigfaltigkeit innerhalb dieser Wirbelthierclasse auf. 
So einfachen Verhältnissen, wie sie z. B. Anguis und Lacerta zeigen, 
steht der complicirte Aufbau des Chiasmas der Schildkröten gegen- 
über, wo Blätter und Bündel in buntester Folge mit einander ab- 
wechseln. Ja, innerhalb einer Familie können die grössten Verschieden- 
heiten auftreten. Die Sehnerven von Tropidonotus spalten sich in nur 
2 Blätter, bei Coryphodon zeigt sich dagegen eine Kreuzung sehr 
zahlreicher kleiner Bündelchen. Selbst im Chiasma desselben Thieres 
können zwei Formen der Kreuzung neben einander bestehen, wie meine 
Untersuchungen für Chamaeleo gezeigt haben. Eine auch nur an- 
nähernd gleiche Mannigfaltigkeit hat sich bisher für keine andere 
Wirbelthierclasse ergeben. Die Amphibien und Säugethiere zeigen bei 
allen ihren Vertretern denselben Typus der Kreuzung von kleinen 
Bündeln, höchstens ist die Zersplitterung bei den höher stehenden 
Arten weitgehender als bei den niedern. Bei den Vögeln ist durch- 
weg die blätterweise Kreuzung entwickelt, wenn auch die Zahl der 
Blätter, in die jeder Nerv zerfällt, manchmal bei nahe verwandten 


776 J. GROSS, 


Arten sehr verschieden sein kaun. Ferner zeigen die Reptilien eine 
grosse Mannigfaltigkeit in Bezug auf den Winkel, unter dem sich die 
Nerven kreuzen, ohne dass sich eine Norm aufstellen liesse wie bei 
den Säugethieren, wo im Allgemeinen die höher stehenden Vertreter 
der Classe einen grössern Kreuzungswinkel aufweisen. Denn unter 
den Reptilien fanden wir einen stumpfen Winkel bei so primitiven 
Formen wie Anguis und Platydactylus einerseits und bei Testudo 
andrerseits, die sich gerade durch einen sehr complicirten Kreuzungs- 
modus auszeichnet. Dabei kreuzen sich z. B. in dem sehr verwickelt 
aufgebauten Chiasma von Emys europaea die Sehnerven unter einem 
sehr kleinen Winkel. Weitgehende Differenzen zeigen sich endlich 
auch in der Ausbildung und Anordnung der Neuroglia und des Binde- 
gewebes. Unter diesen so mannigfaltig entwickelten Chiasmen lassen 
sich immerhin 4 besondere Typen aufstellen. Den einfachsten und 
wohl auch ältesten weisen die niedriger stehenden Lacertilier auf. 
Jeder Nerv zerfällt hier in 2—3 Blätter, die sich alternirend mit 
denen der andern Seite kreuzen. Die Gliazellen liegen besonders im 
Nervus opticus in deutlichen, wenn auch zuweilen nur kurzen, Längs- 
reihen, ohne dass es durch diese Anordnung aber zu einer sehr deut- 
lichen Zerklüftung des Nerven in einzelne Stränge kommt. Bei An- 
guis und Platydactylus zeigt das Chiasma selbst einen auffallenden 
Mangel an Gliazellen. Ich halte dieses Verhalten für ein primitives, 
nicht nur, weil das Chiasma der Blindschleiche auch in jeder andern 
Hinsicht sehr einfache Verhältnisse aufweist, sondern vornehmlich auch 
deswegen, weil, wie STUDNICKA (18) gezeigt hat, bei den Eidechsen 
in jungen Stadien die Gliazellen ebenfalls beim Eintritt des Nerven 
in das Chiasma plötzlich aufhören. 


Einem zweiten Typus gehört das Chiasma der Schlangen an. Er 
ist gekennzeichnet durch starke Ausbildung der Glia sowohl im Tractus 
und Nervus opticus als auch im Chiasma, besonders aber durch das 
Auftreten von bindegewebigen Septen im Sehnerven, die sich bei 
den höhern Formen bis in das Chiasma erstrecken‘). Die Gliazellen 
liegen stets in langen, der Längsaxe der Nerven parallelen Reihen. 
Die Gliafasern und -zellen, besonders aber die bindegewebigen Septa 
zerspalten den Sehnerven in eine grosse Zahl kleinerer Stränge oder 
Bündel. Die Kreuzung vollzieht sich bei den niedern Formen blätter- 


1) Leider ist bis jetzt noch keine einzige Giftschlange untersucht, 
so dass die geschilderten Verhältnisse vielleicht nur auf die Colubriden 
zu beschränken sind. 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. Tel 


weise, bei den höher stehenden, wenigstens bei Coryphodon, dagegen 
bündelweise. 

Das Chiasma der Schildkröten, das den dritten Typus darstellt, 
kennzeichnet sich durch einen sehr verwickelten Aufbau aus massen- 
haften dünnen Blättchen und kleinen Bündeln, die sich nach Art einer 
Matte mannigfach durchflechten und überkreuzen. Auch der Sehnerv 
der Schildkröten weist eine Besonderheit gegenüber dem aller andern 
Reptilien auf. Ich meine die ihn in seiner ganzen Länge durch- 
ziehende, von STUDNICKA (18) entdeckte Rinne, die bis in die Mitte 
des Nerven eindringt und Bindegewebe und Blutgefässe enthält. Aehn- 
lich gebaut ist der Sehnerv der Ganoiden; doch will SrupniéKa darin 
nur eine Convergenz sehen. Da aber der genannte Autor dieselbe 
Rinne im Opticus von Embryonen des Geckos und der Ringelnatter 
gefunden hat, so könnten wir es hier doch vielleicht mit einem ur- 
sprünglichen Charakter zu thun haben, den die heute lebenden Gano- 
iden und Schildkröten von gemeinsamen Vorfahren überkommen 
und durch zähe Vererbung festgehalten haben könnten, während er 
den Dipneusten, Amphibien und übrigen Reptilien verloren gegangen 
sein Könnte. 

Den vierten und letzten Typus vertritt unter den von mir unter- 
suchten Arten nur der Alligator. Das Chiasma wird hier durch eine 
grosse Zahl dünner Blätter gebildet, in welche jeder Sehnerv zerfällt. 
Er erinnert also an das Chiasma mancher Vögel. So theilen sich 
z. B. nach ScHEEL (14) die Optici bei der Gabelweihe in 11—12, bei 
der Dohle in 17—18 Blätter. Gliazellen und Bindegewebskerne sind 
über den ganzen Sehnerv des Alligators dicht und regellos zerstreut. 
Leider habe ich über diese Verhältnisse bei Vögeln in der Literatur 
keine genauen Angaben finden können, so dass ich nicht angeben 
kann, ob sich die Aehnlichkeit zwischen Crocodiliern und Vögeln auch 
auf diese Verhältnisse erstreckt. 

Die Zusammenstellung der aus meinen Untersuchungen gewonnenen 
Resultate berechtigt zu dem Schluss, dass die gemeinsamen Vorfahren 
aller recenten Reptilien ein ganz einfach gebautes Chiasma gehabt 
haben müssen. Die Sehnerven dieser Urreptilien zerfielen offenbar in 
höchstens 2—3 Blätter. Von den heutigen Vertretern der Classe hat, 
soweit unsere Kenntnisse reichen, also Anguis fragilis die primitivste 
Structur bewahrt, was sich ja auch durch die mehrfach erwähnte Ver- 
theilung der Gliazellen im Chiasma der Blindschleiche ausspricht. 
Aehnlich alterthümliche Verhältnisse weisen auch noch die Eidechsen 
auf. Die übrigen so verschiedenartigen Kreuzungsmodi der Reptilien 


778 J. GROSS, 


müssen auf die eine oder andere Art von diesem Urtypus abgeleitet 
werden. Und ich glaube, das geht ohne allzu grossen Zwang. Wie 
z. B. das Chiasma der Schildkröten entstehen konnte, zeigen sehr 
schön die Verhältnisse von Chamaeleo oder Platydactylus. Entweder 
konnte sich die Mischung von blätterförmiger und bündelförmiger 
Kreuzung zuerst in bestimmten Partien des Chiasmas, wie beim 
Chamäleon, ausbilden und sich allmählich auf das Ganze ausdehnen. 
Wir sahen ja interessanter Weise auch bei Testudo ganz ventral noch 
die einfache, blätterförmige Kreuzung erhalten. Oder aber es konnten 
sich, wie das beim Gecko ja im Anfangsstadium zu beobachten ist, 
an den Berührungsflächen zwei sich kreuzender Blätter zuerst einige 
Bündel isoliren, um mit denen der entgegengesetzten Nerven ge- 
sondert zu kreuzen. Aehnlich gemischte Structuren des Chiasmas, 
wie sie Chamaeleo und Platydactylus aufweisen, kommen auch in 
andern Wirbelthierclassen vor. Oben erwähnte ich bereits, dass SAN- 
DERS (13) bei verschiedenen Selachiern einen Wechsel des Kreuzungs- 
modus zwischen den dorsalen und ventralen Partien des Chiasmas 
constatirt hat. 

Von einem ähnlich primitiven Chiasma wie dem der Blindschleiche 
lassen sich auch ohne grosse Schwierigkeiten die bei den Schlangen 
vorliegenden Verhältnisse ableiten. Wie wir gesehen haben, imponirt 
der Nervus opticus der Schlangen durch sein sehr reich entwickeltes 
Glianetz und durch die Ausbildung von bindegewebigen Septen. Durch 
das Einwuchern derselben in das Chiasma erstreckt sich dann die Zer- 
klüftung des Sehnerven in einzelne Stränge oder Bündel auch in 
dieses. Dadurch konnte es leicht dazu kommen, dass sich einzelne 
Bündel isolirten und gesondert kreuzten. Das Endresultat dieser Ent- 
wicklung musste dann die reine bündelförmige Kreuzung sein, wie sie 
Herrick (6) für Coryphodon constrictor nachgewiesen hat. That- 
sächlich zeigt sich ja bei Zamenis viridoflavus, dass an den Berührungs- 
flächen zweier Blätter sich jedes Mal einige Bündel gesondert kreuzen. 

Das aus zahlreichen dünnen Blättern zusammengesetzte Chiasma 
des Alligators endlich setzt eine Spaltung der wenigen Blätter des 
primitivern Typus, wie ihn die Eidechsen vertreten, voraus. Dass die 
Annahme einer solchen keine zu gewagte ist, zeigt sehr schön das 
Chiasma der Vögel. In dieser Classe haben wir ja, wie oben erwähnt, 
die verschiedensten Zahlen von Blättern, von 2 bei Stria ulula bis zu 
17—18 bei der Dohle. 

Die Untersuchung eines einzigen so speciellen Organtheils wie des 
Chiasma nervorum opticorum an nur wenigen Vertretern einer Thier- 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 779 


classe berechtigt wohl keineswegs zu weitgehenden phylogenetischen 
Schlüssen. Ich möchte aber doch nicht unterlassen, kurz darauf hin- 
zuweisen, wie gut sich meine und der andern Autoren Befunde ein- 
fügen lassen in den Rahmen unserer sonstigen Kenntnisse über die 
systematische Stellung und die Verwandtschaftsbeziehungen der Reptilien, 
wie sie in neuester Zeit von FÜRBRINGER (5) bei Gelegenheit seiner 
Untersuchungen über den Brustschulterapparat und die Schulter- 
muskeln zusammengestellt worden sind. 

Die primitivste Structur des Chiasmas fanden wir bei den Lacer- 
tiliern, sowohl bei den echten Eidechsen als auch bei der Blindschleiche, 
Ebenso zeigte auch die Sehnervenkreuzung des Geckos, besonders in 
der ‚spärlichen Entwicklung und in der Anordnung der Neuroglia, 
noch recht ursprüngliche Verhältnisse, wenn sich bei ihm auch schon 
durch Abspaltung einiger gesondert kreuzenden Bündel der Anfang 
höherer Differenzirung bemerkbar macht. Eidechsen und Geckoniden 
haben sich aber auch sonst als diejenigen Reptilien erwiesen, die in 
ihrem ganzen Bau neben Hatferia am meisten ursprüngliche und gene- 
ralisirte Charaktere bewahrt haben. Von den Ophidiern sagt FUr- 
BRINGER (5), dass sie eine den Eidechsen nahe verwandte, aber doch 
selbständige Ordnung ausmachen, die sich als höhere Specialisten von 
primitiven Lacertiliern ableiten lassen. So zeigt denn auch Tropido- 
notus noch ein ganz einfach gebautes Chiasma, das sich von dem 
der Lacertilier hauptsächlich nur durch andere Anordnung der Neuro- 
glia unterscheidet. Zamenis lässt schon den Beginn einer weiter fort- 
schreitenden Specialisirung deutlich erkennen. Coryphodon endlich 
hat nach den Untersuchungen HErrıck’s bereits ein sehr hoch differen- 
zirtes Chiasma. Als Specialisten erweisen sich auch die Schildkröten 
wie in ihrer gesammten Anatomie, so auch bezüglich ihrer Sehnerven- 
kreuzung. Die Chamäleonten bilden eine sehr selbständige, wohl 
charakterisirte Familie, die sich aber durch Vermittlung der Uroplatiden 
unschwer an die primitivern Lacertilier anschliessen lässt. Das Chiasma 
von Chamaeleo vulgaris zeigt in seiner dorsalen Hälfte eine bedeutende 
Differenzirung, in der ventralen dagegen einfache Verhältnisse, die 
noch sehr an Lacertilier erinnern. Der Alligator ist charakterisirt 
durch die höchste Ausbildung der blätterförmigen Kreuzung unter 
allen bisher untersuchten Reptilien. Sein Chiasma hat also grosse 
Aehnlichkeit mit dem der Vögel. Im Allgemeinen werden die vier, 
oben von mir aufgestellten Typen des Reptilienchiasmas von den Ver- 
tretern vier verschiedener Familien repräsentirt, von denen nur die 


Lacertilier und Colubriden zu einer Ordnung gehören. 
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f. Morph. 50 


780 J. GROSS, 


Werfen wir noch einen Blick auf die Chiasmastructur der andern 
Wirbelthierclassen, so interessiren uns zunächst die Amphibien, weil 
wir ja gewöhnt sind, unter ihnen die Vorfahren der Reptilien zu 
suchen. Innerhalb der genannten Classe herrscht grosse Einheitlich- 
keit. Bei allen bisher untersuchten Arten, sowohl Urodelen als Anuren, 
splittern sich die Nervi optici in eine grosse Zahl kleiner Bündelchen 
auf, die sich in complicirter Weise durchflechten. Es liegt auf der 
Hand, dass wir von so hoch differenzirten Structuren unmöglich das 
so viel einfachere Chiasma der ältern Reptilien mit seiner Kreuzung 
nur weniger dicker Blätter ableiten können. Vielmehr müssen wir 
für die ältesten Amphibien eine ganz primitive Chiasmastructur an- 
nehmen. Eine so weit gehende secundäre Vereinfachung, wie wir sie 
sonst postuliren müssten, ein Zusammenschluss der zahllosen feinen, 
sich in complieirter Weise durchflechtenden Bündel zu wenigen glatt 
über einander wegziehenden Blättern ist kaum vorstellbar. Interessant 
sind zwei von Fritz (4) mitgetheilte abnorme Fälle, einer von Rana 
mula und einer von Rana arvalis. Bei diesen beiden Exemplaren 
kreuzten sich in den dorsalen Partien des Chiasmas im Gegensatz zu 
allen andern untersuchten Amphibien nur wenige dicke und breite 
Bündel. Es ergiebt sich also ein ähnlich gemischter Bau des Chiasmas, 
wie wir ihn bei Chamaeleo normaler Weise finden. Es wäre möglich, 
dass wir es bei diesen beiden Fröschen mit Riickschlagserschei- 
nungen in frühere primitivere Zustände zu thun hätten. 

Bei den Säugethieren findet sich, wie Frrrz (4) hervorhebt, eine 
merkwürdige Uebereinstimmung mit dem Chiasma der Amphibien. 
Auch bei den Säugethieren herrscht ja allgemein die bündelförmige 
Kreuzung. Ich finde dies aber nicht so erstaunlich, da ja die Säuge- 
thiere in vielen andern Beziehungen mehr Aehnlichkeit mit den Am- 
phibien aufweisen als mit den Reptilien. Ob übrigens die Säugethiere 
die bündelförmige Kreuzung erst selbständig erworben oder aber be- 
reits von ihren Vorfahren ererbt haben, entzieht sich noch gänzlich 
unserer Beurtheilung. War letzteres der Fall, so konnten die Vor- 
fahren der Säugethiere allerdings keine Reptilien gewesen sein, da wir 
innerhalb dieser Classe die bündelförmige Kreuzung nur bei höher 
stehenden und specialisirten Formen finden. 

Bei den Vögeln kommt bekanntlich ausschliesslich blätterförmige 
Kreuzung in verschiedener Höhe der Ausbildung vor. In dieser Hin- 
sicht macht also ihre Ableitung von Reptilien keine Schwierigkeiten. 
Die Aehnlichkeit, die das Chiasma des Alligators mit dem vieler Vögel 
aufweist, ist aber wohl nur nur als eine der vielen Convergenzen zu 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 781 


betrachten, die die Crocodilier und ihre Verwandten, die Dinosaurier 
und Pterosaurier, gegenüber den Vögeln aufweisen. 

Noch bleibt mir die Frage zu erörtern, wie wir uns die Ent- 
stehung so verschiedener Chiasmastructuren vorzustellen haben, welche 
biologischen oder morphologischen Ursachen besonders die Ausbildung 
der complicirten bündelförmigen Sehnervenkreuzung bedingt haben 
könnten. Bisher ist diese Frage noch wenig ventilirt worden. 

ScHEEL (14) glaubt, dass, bei den Säugethieren wenigstens, die 
grössere oder geringere Complicirtheit des Chiasmas eng mit dem 
Verhalten des Gesichtsfeldes der Augen zusammenhängt. Er sagt 
darüber: „Die Stellung der Augen ist beim Kaninchen und beim Schaf 
eine derartige, dass ein Correspondiren des Gesichtsfeldes vollkommen 
ausgeschlossen werden kann; auch beim Rind ist wohl nur, wenn 
überhaupt, ein ganz minimer Theil in der Peripherie des einen Ge- 
sichtsfeldes im Stande, sich mit dem entsprechenden Theil des andern 
Gesichtsfeldes zu decken. Anders verhält sich die Sache beim Hund 
oder bei der Katze, wo die Lage der Augen, an der Vorderfläche des 
Kopfs und nach vorn gerichtet, annehmen lässt, dass ein grosser Theil 
des peripherischen Gesichtsfeldes, vielleicht der grössere Theil, cor- 
respondirt. Wir werden sehen, dass beim Menschen, wo beide Augen 
nur ein gemeinschaftliches Gesichtsfeld haben, die Theilung der Faser- 
bündel im Chiasma eine noch viel feinere und weiter gehende ist als 
beim Hund und bei der Katze, wenn auch schon bei der Katze die 
Feinheit dieser Theilung sich der beim Menschen gefundenen annähernd 
gleich erweist. Um aus diesen Befunden, welche unter den Säugethieren 
eine gewisse, nach der Feinheit der Fasertheilung im Chiasma aufzustel- 
lende Reihenfolge von den niedern bis zu den höchsten Thieren gestatten, 
die übereinstimmen würde mit einer andern Stufenleiter, an deren Fuss 
die Säugethiere stehen, deren Gesichtsfelder einander vollständig aus- 
schliessen, deren Spitze der Mensch mit seinem völlig gleichnamigen Seh- 
felde einnehmen würde — um aus diesen Befunden Schlüsse für die physio- 
logischen Unterschiede der Sehnerven bei identischem und nicht cor- 
respondirendem Sehfelde ziehen zu wollen, sind diese Untersuchungen 
allerdings noch bei weitem nicht ausreichend; es möge genügen, an 
dieser Stelle auf die anatomischen Unterschiede aufmerksam gemacht 
zu haben etc.“ Der interessante Gedanke ScHEEL’s ist unterdessen 
durch neuere Befunde widerlegt worden. Denn wenn der von SCHEEL 
angenommene physiologische Zusammenhang bestehen würde, so müsste 
er sich doch ganz allgemein und nicht bloss bei den Säugethieren 
nachweisen lassen. Wir müssten also auch in den andern Wirbelthier- 

50* 


782 J. GROSS, 


classen dieselbe Parallele zwischen Chiasmastructur und theilweiser 
oder vollständiger Deckung der Gesichtsfeider finden. Nun haben ja 
aber SINGER u. MÜNZER gezeigt, dass bei Strix ulula, einem Vogel 
also, dessen Sehaxen nahezu parallel gerichtet sind, die Kreuzung der 
Sehnerven sich mittels nur zweier dicker Blätter vollzieht. Obgleich 
also bei der Sperbereule eine weit gehende Deckung der Gesichts- 
felder angenommen werden muss, zeigt sie den einfachsten Kreuzungs- 
modus unter allen darauf hin untersuchten Vögeln. Ferner zeichnen 
sich die Amphibien durch ein recht complicirtes Chiasma aus. Und 
doch liegen bei sämmtlichen untersuchten Arten die Augen ganz an 
der Seite des Kopfes, so dass von einer Deckung der Gesichtsfelder 
auch nur in kleinen Theilen durchaus nicht die Rede sein kann. 
Unter den Reptilien zeichnet sich das Chamäleon durch eine ganz be- 
sonders hohe Unabhängigkeit der Augen aus, die ja ganz selbständige 
uncoordinirte Bewegungen ausführen können. Trotzdem weist es, 
wenigstens in den dorsalen Theilen seines Chiasmas, bündelförmige 
Kreuzung auf. Der Grund für die Zersplitterung der Sehnerven in 
zahlreiche feine Bündel muss also anderswo gesucht werden. 
WIEDERSHEIM (19) scheint anzunehmen, dass die bündelförmige 
Sehnervenkreuzung einfach ein Anzeichen allgemeiner höherer Ent- 
wicklung sei, dass also, je höher eine Thiergruppe im System stehe, 
um so complicirter auch ihr Chiasma sei. Frirz (4) bekämpft diese 
Ansicht, indem er einerseits auf das mehrfach erwähnte einfache Ver- 
halten von Strix ulula hinweist, andrerseits an die merkwürdige 
Uebereinstimmung zwischen den Amphibien und den höchsten Wirbel- 
thieren, den Säugern, erinnert. Bei beiden Classen ist ja bekanntlich 
eine strohmattenähnliche Verflechtung zahlreicher feiner Bündel con- 
statirt worden, während bei vielen Reptilien und Vögeln viel einfachere 
Verhältnisse vorwalten. Trotzdem glaube ich, dass die WIEDERSHEIM- 
sche Ansicht einige, wenn auch keine ganz allgemeine, Geltung haben 
kann. Man muss sich nur davor hüten, den ganzen Stamm der Verte- 
braten vom Amphioxus bis zum Menschen als eine einzige gerad- 
linige Entwicklungsreihe aufzufassen, wie das in hirnanatomischen 
Werken zuweilen noch immer geschieht. Innerhalb der einzelnen 
Wirbelthierclassen besteht der WIEDERSHEIM’sche Satz vollkommen zu 
Recht. Das zeigt nicht allein das Studium des Reptilienchiasmas, 
sondern auch bei Säugethieren hält die Differenzirung und immer 
weitere Ausbildung der bündelförmigen Kreuzung durchaus Schritt mit 
der allgemeinen Ausbildungshöhe der einzelnen Ordnungen. Dass unter 
den Vögeln gerade eine Eulenart einen merkwürdig primitiven Kreu- 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 783 


zungsmodus bewahrt hat, muss seinen besondern Grund haben, der 
uns zur Zeit noch unbekannt ist. Als ganz vereinzelte Ausnahme be- 
sagt dieser Fall aber keineswegs viel gegen die Richtigkeit des 
WIEDERSHEIM’schen Satzes. Andrerseits aber giebt derselbe ja eigent- 
lich keine Erklärung und keine Lösung der aufgeworfenen Frage, er 
enthält vielmehr lediglich die Constatirung einer Thatsache, welche 
selbst erst einer Erklärung bedarf. 

Frirz (4) erblickt in dem Zustandekommen annähernd gleicher 
Verhältnisse der Sehnervenkreuzung bei so weit aus einander stehenden 
Thiergruppen, wie die recenten Amphibien und Mammalier jeden Falls 
sind, eine Convergenzerscheinung, die eine einheitliche Ursache haben 
muss. Eine solche hat ja auch schon ScHEEL (14), wie oben dar- 
gethan, gesucht, allerdings, wie ich glaube, ohne Erfolg. Ueberhaupt 
meine ich, dass die Lösung des Problems nicht in irgend welchen 
biologischen oder physiologischen Eigenthümlichkeiten des Auges oder 
überhaupt der peripheren Theile des Sehorgans zu suchen ist. Denn 
für die Function des Auges muss es schlechterdings gleichgültig sein, 
ob die Sehnerven ungetheilt an einander vorbei streichen oder in einige 
dicke Blätter zertheilt werden oder endlich sich in zahllose kleine 
Faserbündel zersplittern. Beim Austritt aus dem Chiasma schliessen 
sich doch diese Blätter oder Bündel wieder zusammen, und beim Ein- 
tritt in den Augenbulbus finden wir in allen Fällen einen einheitlichen 
geschlossenen Sehnerv. Auch zeigen ja Thiere, deren Biologie himmel- 
weit verschieden ist, ähnliche Verhältnisse, während z. B. zwei Eulen- 
arten, die doch in Bezug auf Richtung der Sehaxen, Beweglichkeit 
der Augen, und was sonst noch in Betracht kommen könnte, sich 
höchst wahrscheinlich ganz gleich verhalten, wichtige Differenzen in 
Bezug auf den Kreuzungsmodus der Sehnerven zeigen. 

Ich glaube daher, dass die Lösung des Räthsels im Chiasma selbst 
liegen muss und daher nicht so sehr auf biologischem oder physio- 
logischem als vielmehr auf morphologischem Gebiet zu finden ist. 
Allerdings wird erst noch ein viel grösseres Vergleichsmaterial zu- 
sammengetragen werden müssen, als es der Reflexion jetzt zur Ver- 
fügung steht. Bisher lässt sich etwas allgemein Gültiges in dieser 
Richtung noch kaum ahnen. Beschränken wir z. B. unsere Betrachtung 
auf die Familie der Colubriden, so könnten wir glauben, hier mit 
leichter Mühe eine plausible Erklärung zu finden. Wie die Unter- 
suchungen an Tropidonotus, Zamenis und Coryphodon zeigen, hat es 
den Anschein, als ob bei den Nattern der Zerfall der Sehnerven in 
eine grössere Zahl von Blättern und seine schliessliche Aufsplitterung 


784 J. GROSS, 


in lauter kleine Biindel in sehr einfacher Weise durch Einwuchern 
von Gliazellen und bindegewebigen Septen in die proximalern Theile 
des Nervus opticus bedingt würden. Wollten wir diese Ansicht aber 
verallgemeinern, so würden wir schon innerhalb der Reptilien, bei 
Testudo, auf die grössten Schwierigkeiten stossen. Denn hier zeigt 
sich trotz grössten Theils bündelförmiger Kreuzung ein sehr deutlicher 
Mangel an Gliazellen innerhalb des Chiasmas. Wenn wir dazu die 
Amphibien nehmen, wo sie bei dem Urodelenchiasma nach Fritz (4) 
oft ganz fehlen, so könnten wir vielmehr zu der Ansicht kommen, 
dass durch die bündelförmige Kreuzung der Sehnerven direct eine Er- 
sparung an Gliazellen bewirkt würde. Jeden Falls scheint der Neuro- 
glia keine allgemeinen ausschlaggebende Rolle fiir den Grad der Com- 
plicirtheit des Chiasmas zuzusprechen zu sein. Auch wissen wir über 
die Ausbreitung des Glianetzes im Nervus opticus der meisten Thiere 
noch zu wenig, um schon allgemeine Schlüsse ziehen zu können. 

Zum Schluss möchte ich noch eine, soviel ich sehe, bisher noch 
von keinem Autor ausgesprochene rein morphologische Ansicht zur 
Discussion stellen. Wäre es nicht möglich, dass die grosse Ver- 
schiedenheit in der Kreuzung darin ihren hauptsächlichsten Grund 
hat, dass es gar nicht immer dieselben Fasern sind, die das Chiasma 
zusammensetzen. Könnten nicht die sich bündelweise kreuzenden 
Fasern einen andern Ursprung haben als die zu Blättern vereinigten. 
Man könnte sich doch vorstellen, dass zu Fasern eines sich in wenige 
Blätter spaltenden Sehnerven aus einem neu auftretenden Sehcentrum 
neue Fasern, und zwar zuerst nur ganz wenige, hinzugetreten seien, 
die sich demgemäss nur in ganz kleinen Bündeln kreuzen konnten. 
Später konnte allmählich im Lauf der phylogenetischen Entwicklung das 
neue Sehcentrum jeder Seite allmählich immer mehr an Bedeutung 
gewinnen und immer mehr Fasern zum Auge entsenden. Da hierbei 
in jeder Generation von beiden Seiten immer nur ganz kleine Bündel- 
chen hinzutreten würden, würde sich mit Nothwendigkeit complicirte 
bündelförmige Kreuzung ergeben. So könnten wir uns die Entstehung 
eines Chiasmas denken, wie es z. B. Chamaeleo zeigt. Nebenbei 
konnte dann das primäre ältere Sehcentrum an Werth verlieren und 
anfangen zu degeneriren. Das würde sich darin zeigen, dass die aus 
demselben stammenden, sich blätterweise kreuzenden Fasern immer 
spärlicher und dadurch die Blätter immer dünner werden würden. 
Wir würden also ein Chiasma vor uns haben, wie ich es für Testudo 
graeca beschreiben konnte. Schliesslich würde nach voller Ausbildung 
des neuen Sehcentrums das alte ganz in Wegfall kommen können und 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 785 


so im ganzen Gebiet des Chiasmas die bündelförmige Kreuzung zur 
Herrschaft gelangen. Natürlich brauchen keineswegs immer Faser- 
massen, die aus verschiedenen Centren stammen, auch einen verschie- 
denen Kreuzungsmodus aufzuweisen. Ob meinem Gedanken überhaupt 
irgend welcher Werth beigelegt werden kann, müssen erst exacte ver- 
gleichende Untersuchungen über die Kerne der Tractus optici bei den 
verschiedenen Thiergruppen lehren. Vorläufig ist es nur eine ganz 
vage Hypothese. Denn unsere Kenntniss über die Sehcentren der 
niedern Wirbelthiere ist noch gänzlich unsicher. Die Säugethiere sind 
aber für die Entscheidung nicht zu verwerthen, da bei ihnen ganz 
allgemein die bündelförmige Kreuzung vorherrscht. Dagegen glaube 
ich, dass gerade die Reptilien mit ihren überaus mannigfaltigen Chiasma- 
structuren ein vortreffliches Untersuchungsmaterial abgeben würden. 
Ich selbst habe bei meiner Arbeit den Ursprung der Sehnervenfasern 
bei den einzelnen Arten nicht eruiren können. Denn das hätte eine 
selbständige neue Untersuchung mit andern Methoden erfordert, zu 
der mir die Zeit mangelt, da mir andere Arbeiten gegenwärtig näher 
liegen. 

Dagegen hat Prpro Ramon (11) gerade beim Chamäleon con- 
statiren können, dass der Tractus opticus aus zwei gesonderten Centren 
seinen Ursprung nimmt und so auch aus zwei deutlich gesonderten 
Faserzügen besteht. Der eine peripher bleibende Theil enthält die 
dorsalen Theile des Opticus, er überzieht die Thalamusoberfläche und 
endet mit Aufpinselungen im Mittelhirndach. Der zweite Faserzug 
des Traetus umfasst die ventralen Theile und Fasern aus der Decus- 
satio transversa. Er gelangt medial vom Geniculatum in die Thalamus- 
tiefe und splittert im Geniculatum und den Thalamusganglien auf. 
Da, wie ich zeigen konnte, gerade das Chiasma des Chamäleons in 
seinen dorsalen und ventralen Theilen verschieden gebaut ist, so 
könnte die Entdeckung Ramön’s vielleicht eine Stütze für meinen so- 
eben ausgesprochenen Gedanken abgeben, wenn auch diese eine That- 
sache für sich allein noch keine grosse beweisende Kraft besitzen 
kann. Einen interessanten Befund von SINGER u. MÜNZER (15) möchte 
ich noch erwähnen. Diese Autoren fanden bei Untersuchung von ein- 
seitig enucleirten Tauben, dass der Tractus opticus dieser Vögel aus 
zwei gesonderten, in besondere Centralorgane eintretenden Antheilen 
besteht, von denen der eine rascher der WALLER’schen Degeneration 
anheimfällt als der andere. Den zum Vergleich herangezogenen Tractus 
optici von Strix ulula fehlte dieser gesonderte Zug, den das Tauben- 
chiasma zeigt, vollständig. Dabei zerfällt bei ber Taube bekanntlich 


786 J. GROSS, 


jeder Sehnerv in 4—5 Blätter, während die Kreuzung bei der ge- 
nannten Eule mittels nur zweier dicker Blätter erfolgt. Ist hier also 
auch kein Unterschied von bündelförmiger und blätterförmiger Kreuzung 
vorhanden, so zeigt sich immerhin, dass der aus zwei gesonderten 
Centren stammende Tractus opticus der Taube in mehr Blätter zer- 
fällt als der von Strix ulula. 


Giessen, Zoologisches Institut, März 1902. 


tés mt 


Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 787 


Literaturverzeichniss. 


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den Vertebraten, in: Z. wiss. Zool., V. 47, 1888. 

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des Menschen und der Thiere, 6. Aufl., Leipzig 1900. 

3) —, Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirns. 
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berg. naturf. Ges. Frankfurt, V. 20, Heft 2. 

4) Frirz, Fr., Ueber die Structur des Chiasma nervorum opticorum bei 
Amphibien, in: Jena. Z. Naturw., V. 33, 1900. 

5) Fürsrınger, M, Zur vergleichenden Anatomie des Brustschulter- 
apparats und der Schultermuskeln, 4. Theil, ibid. V. 34, 1900. 

6) Herrıck, C. L., Contributions to the comparative morphology of the 
central nervous system, in: Journ. comp. Neurol., V. 1, 1891. 

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in: Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.-naturw. Cl., V. 38, Abth. 2, 
1878. 

13) Sanpers, A., Contributions to the anatomy of the central nervous 
system of vertebrate animals, in: Phil. Trans. Roy. Soc. London, 
V. 157, 1886. 

14) Scheer, L., Ueber das Chiasma nervorum opticorum bei den Wirbel- 
thieren und beim Menschen, Inaug.-Diss. Rostock, 1874. 

15) SinGer, J., u. Münzer, E., Beiträge zur Kenntniss der Sehnerven- 
kreuzung, in: Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math. naturw. Cl., 
V. 55, 1889. 

16) Srannius, H., Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere, 1854. 

17) Srrmpa, L., Ueber den Bau des centralen Nervensystems der Schild- 
kröte, in: Z. wiss. Zool., V. 25, 1875. 

18) Srupniéxa, F. K., Untersuchungen über den Bau des Sehnerven der 
Wirbelthiere, in: Jena. Z. Naturw., V. 31, 1898. 

19) WıEDERSsHEIM, R., Grundriss der vergleichenden Anatomie der 
Wirbelthiere, 4. Aufl., 1898. 

20) Wuassax, R., Die optischen Leitungsbahnen des Frosches, in: Arch. 
Anat. Physiol., Jg. 1893, Suppl. 


= 
188 _ J, GROSS, Ueber die Sehnervenkreuzung bei den | 


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Erklärung der Abbildungen. 


Tafel 35 —36. 
Fig. 1. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Anurag. 


Big. 32 | „ Lace lis. 

Hiei se) ‘, is ® + „ Lacerta viridis. 

Fig. 4. À 2 . LL . Platydactylus 
mauretanicus. : 

Fig. 5 u. 6. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Chamae 
vulgaris. — Ps 
Fig. 7. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Tropidono 

natrix. 


Fig. 8. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Emys euro-. 
paea. e 3 
Fig. 9. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Testudo graeca. 
Fig. 10. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Alligator lueius. 


Alle Figuren sind so orientirt, dass der nasale Winkel des Chiasmas 
nach oben sieht. 


Vergrösserung sämmtlicher Figuren 70:1. 


Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 2428 


„Zoolog Jahrbücher Bd.11.Abth.f Morph. 


Taf 1. 


Fig, 1 Sagltalsclontt durch den Kopf einer Phocaena 3:5. 

Fig. 2, siskuldser Rachenschlauch von Phocaena dorsal gespalten und auseinandergeklappt, 
icht von hinten. 

Fig, 3. Dasselbe Praeparat, Ansicht von vorn. 

Fig. 4 Oherer Theil des Rachenschlauches rechte Seite, Ansicht von innen. 


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