or x : à REP AGE ES RE a ae Ser PR
WARS = DE ‘ . ? ; AT. ‘Githe ES wat. Las oe: 7%
te De nn Ei ie a te Eee es te TL as“ aL Pes a Are earns Te bith Sr
Sa Tr NREL ea IRAE OP ENS Tee Par EN NENT RISD RO D EP PPS PP aa me ou w= pero” RE ng ERREUR ee Eee RL nn MONE IP RE
EF EEE TEE VY MEV KYLA REIS AMAT ELT I FE LY TRG SS ARIE SC TONE TG
ws edi a od < = 5 a 3 Con ee ae 5 a mr a ee ri - £ x na mic gil a rt E-
LA Abe à EE ar ie x ¥ > ee cd 2 er Eu - M = a. pe: Pa Bp 7 > SAS A SR “9
ee
ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER.
ABTHEILUNG
FUR
ANATOMIE UND ONTOGENIE
DER THIERE.
HERAUSGEGEBEN
VON
PROF. DR. J. W. SPENGEL
IN GIESSEN.
SIEBZEHNTER BAND.
MIT 36 TAFELN UND 92 ABBILDUNGEN IM TEXT.
JENA,
VERLAG VON GUSTAV FISCHER.
1903.
> e
6
oe |
f ¥
(a ri
“3 t
Dif > |
x |
Le
bi (
i : {
x 4 Le
i x
t
\ -
7
Li
er;
!
#
Uebersetzungsrecht vorb ehalten. ne
archrarht.
Heft I und II
(ausgegeben am 10. November 1902). Seite
BoENNINGHAUS, GEDRG, Der Rachen von Phocaena communis Less.
Eine biologische Studie. Hierzu Tafel 1 und 20 Abbildungen
ImHlexti. er u, RR Te il
Putrer, AUGUST, Die Ada der che Hierzu Tafel
2—4 und 41 Abbildungen im Text. . . . . 99
BEARD, Jonx, The Origin and Histogenesis of the Pins in Bas
batis. With plates 5—10 and 8 figures in text . . . . 403
Heft III
(ausgegeben am 2. März 1903).
PETRUNKEWITSCH, ALEXANDER, Das Schicksal der Richtungskörper
im Drohnenei. Ein Beitrag zur Kenntniss der natürlichen
Parthenogenese. Hierzu Tafel 11—13 . . . . 481
Tower, W. L., The Origin and Development of the Wings of |
Eulsonters. With plates 14—20 and 8 figures in text . . 517
SCHENK, Orro, Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren
und Hymenopteren mit besonderer Berücksichtigung der
sexuellen Unterschiede Hierzu Tafel 21—22 und 4 Ab-
Bilden IEEE UE. NET ee. 573
IV Inhalt.
Heft IV
(ausgegeben am 12. März 1903).
Korte, Eric, Beiträge zur Kenntniss der Hautsinnesorgane und
des peripheren He on. der Tiefsee-Decapoden. Hierzu
Tafel 23—27 .
Auuis, Epwarps PHeLps, On certain Fodtures of the Taler Casals
and Cranial Bones of Polyodon folium. With plate 28 and
2 figures in text.
GLAMANN, G., Anatomisch- TE huge z zur RAR da
Tache one Hierzu Tafel 29—34 und 9 Abbildungen
im Text . ,
Gross, J., Ueber die Schnee De des Roches Hi
Tafel 35 und 36.
Seite
619
659
679
763
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
Der Rachen von Phocaena communis Less.
Eine biologische Studie
von
Dr. med. Georg Boenninghaus,
Arzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke in Breslau.
(Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau.)
Hierzu Tafel 1 und 20 Abbildungen im Text.
Uebersicht.
Einleitung: Allgemeines. Anatomische Uebersicht des Rachenge-
bietes bei den Zahnwalen.
I. Die basicranio-vertebrale Axe und ihre Beziehung zur Mund- Nasen-
und Rachenaxe bei den Säugethieren.
II. Der Umbau der Nase bei den Zahnwalen.
III. Grundbegriffe der vergleichenden Anatomie des Rachens.
IV. Der Rachen von Phocaena communis.
A. Die Pars superior pharyngis.
1. Die Knochen der Pars superior.
a) Die knöcherne Rachenrinne.
b) Das Präsphenoid.
2. Die Muskeln der Pars superior.
a) M. pterygo-pharyngeus seu M. constrictor pharyngis superior,
M. palato-pharyngeus und M. thyreo-palatinus.
b) M. salpingo-pharyngeus.
c) M. levator veli (pars pharyngea).
d) M. tensor veli seu dilatator tubae (pars pharyngea).
e) M. stylo-pharyngeus.
3. Die Schleimhaut der Pars superior.
B. Die Pars inferior pharyngis.
1. Der Schildknorpel und der M. crico-thyreoideus.
2. Die Muskeln der Pars inferior.
a) M. longitudinalis oesophagi.
b) Die Musculatur des Bodens des Sinus pyriformis.
c) M. laryngo-pharyngeus seu M. constrictor pharyngis in-
ferior.
d) M. hyo-pharyngeus seu M. constrictor pharyngis medius.
Zool. Jahrb, XVII, Abth. f. Morph. 1
bo
G. BOENNINGHAUS,
C. Das Vestibulum pharyngis.
1, Zunge und Mundhöhle.
2. Die Muskeln des Vestibulums.
a) M. genio-epiglotticus und M. glosso-epiglotticus.
b) M. palato-glossus.
c) M. hyo-glossus (pars posterior).
D. Der Schlingact.
Die Vorbereitung zum Schlingact.
Die Erweiterung des Schlundes.
Die Verengerung des Schlundes.
Der Verschluss des Isthmus naso-pharyngeus.
Der Verschluss des Aditus ad laryngem und der Glottis.
Anhang: Physiologische Schlussbetrachtungen.
. Kehldeckel und Gaumensegel.
: Schlingen und Athmen.
3. Die Function der Nasensäcke oder Nasennebenhöhlen der
Zahnwale.
4. Die respiratorische Erweiterung der obern Luftwege bei den
Zahnwalen.
Schluss: Convergenzerscheinungen am Schädel anderer Säugethiere.
Literaturverzeichniss.
Erklärung der Figuren auf der Tafel.
SUSE
Einleitung.
Als Herr Prof. KÜKENTHAL mich vor geraumer Zeit mit der
Aufgabe betraute, das Ohr der Wale als Forsetzung seiner und
seiner Schüler Arbeiten auf dem Gebiete der Walforschung zu
untersuchen, begann ich mit dem Mittelohr der Zahnwale. Die
merkwürdigen Veränderungen indess, welche die Ohrtrompete dieser
Thiere erlitten, zeigten sich von ähnlichen Veränderungen des Rachens
abhängig. So schloss sich der Durchforschung des Mittelohrs die-
jenige des Rachens an. Aus Gründen der Zweckmässigkeit soll
jedoch die Veröffentlichung der Ergebnisse dieser Untersuchungen
in umgekehrter Reihenfolge, wie sie selbst geschehen, erfolgen.
Die Arbeit soll eine biologische im weitesten Sinne
sein, sie soll also feststellen, welche Veränderungen der Rachen
der Zahnwale gegenüber den Durchschnittsverhältnissen bei den
Landsäugethieren als den Vorfahren der Wale erlitten, durch welche
entwicklungsgeschichtlichen Vorgänge diese Veränderungen zu Stande
gekommen, welche functionelle Veränderungen sich aus den ana-
tomischen ergeben, welche Vortheile sie für das Lehen im Wasser
bieten, und endlich, welchem Landsäugethier der Zahnwal im Bau
seines Rachens am nächsten stehe. Der letzte Punkt soll hier
Der Rachen von Phocaena communis Less. 3
gleich erledigt werden: sowohl in der Vielgliedrigkeit seiner Rachen-
musculatur als in der Beziehung seines Rachens zum Kehlkopf
steht der Zahnwal dem Pferde nahe, womit natürlich über verwandt-
schaftliche Beziehungen nichts ausgesagt werden soll.
Der Rachen der Zahnwale hat von jeher eine grosse Anziehungs-
kraft auf die Zootomen, besonders der ältern Zeit, ausgeübt, und
nicht die Namen der unbekanntesten unter ihnen sind es, die mit
seiner Erforschung verknüpft sind. Wenn wir aber trotzdem bis
heute noch sehr weit nicht nur von dem biologischen,
sondern auch von dem rein anatomischen Verständ-
niss dieser Gegend entfernt sind, so liegt das nicht zum
wenigsten daran, dass bis in die letzten Decennien hinein die noth-
wendige Voraussetzung für das Verständniss der Umwälzung, welche
diese Gegend bei den Zahnwalen erlitten, die vergleichende Ana-
tomie des Rachens der Landsäugethiere, fehlte. Trotzdem wir sie nun
durch die Arbeiten RÜCKERT’s, v. KOSTANECKTS u. A. heute be-
sitzen, haben selbst die neuesten Lehr- und Handbücher der ver-
gleichenden Anatomie nur wenig oder gar nicht Notiz von ihr ge-
nommen. Es mussten daher diese allerorts zerstreuten Forschungs-
ergebnisse als weniger bekannt vorausgesetzt und eingehender
berücksichtigt werden, als es sonst nöthig gewesen wäre. Trotz
dieser Arbeiten blieben aber noch manche Punkte mehr allgemeiner
Art übrig, die aufzuklären waren.
Die centrale Lage des Rachens bedingt mannigfache Be-
ziehungen desselben zu den anliegenden Organen,
namentlich zur Nase, zum Kehlkopf, zum Mund und zur Ohr-
trompete. Die Verschiebung, welche im Rachen der Zahnwale ein-
getreten, geht daher nicht spurlos an seinen Nachbarn vorüber, und
es war daher auch nicht möglich, auf diese Veränderungen keine Rück-
sicht zu nehmen. Doch ist es nur in so weit geschehen, als sie in
directer Beziehung zu jenen des Rachens stehen. Diese ist aller-
dings bei der Nase recht innig und zeitigte ein abgeschlossenes
Capitel über den Umbau der Nase.
Die Methode, welche in Anwendung kam, war die anatomisch-
präparatorische, bei schwierigen Muskelpartien mit Benutzung der
Lupe. Als Hülfsmethode wurde die Mikroskopie herangezogen,
theils um histologische, theils um entwicklungsgeschichtliche Ver-
hältnisse an den in Serienschnitten zerlegten kleinern Embryonen
festzustellen. Die Zeichnungen, welche besonders beim Mittelohr
äusserst complieirt sind, wurden zum bei weitem grössten Theil
1*
4 G. BOENNINGHAUS,
von unserm akademischen Zeichner Herrn Dr. LOSCHMANN ver-
ständnissvoll und künstlerisch ausgeführt.
Das Material war folgendes:
1 Embryo eines Delphins (Beluga leucas?), directe Länge 3,7 cm
1 „ von Phocaena communis, directe Länge CA
1 i A a 5 À : 12,00
1 Bi Z A . 3 . 68,0 ,.
1 Spirituskopf einer sehr jungen Phocaena communis,
directe Länge ca. "90007
5 grössere frische Exemplare von Phocaena communis,
directe Linge 105,114, 112 76 m 72H 2%
Verschiedene skeletirte Schädel von Phocaena communis, besonders
eines sehr jungen Exemplars.
Zum Vergleiche dienten:
Embryonen von verschiedenen Landsäugern, in Serienschnitte zer-
legt, 3 Köpfe vom Pferd, 1 Kopf vom Kalb, 1 Kopf vom Schwein, end-
lich die Schädelsammlung des Zoologischen Instituts. Die Phocaena-
Embryonen stammten aus dem Privatbesitz des Herrn Professor
KÜKENTHAL.
Herrn Prof. KÜKENTHAL spreche ich für die Zuweisung der
interessanten Aufgabe und für das nie ermüdende Interesse, welches
er deren Lösung in allen Phasen entgegenbrachte, meinen herz-
lichsten Dank aus.
Es dürfte zweckmässig sein, unsern speciellern Betrachtungen
eine anatomische Uebersicht des Rachengebiets bei
den Zahnwalen vorangehen zu lassen:
Betrachten wir die anatomischen Verhältnisse des Rachens und
seiner Nachbartheile bei den Zahnwalen im Allgemeinen und bei
Phocaena im Besondern, so bemerken wir eine Fülle von Unter-
schieden gegenüber den gewohnten Verhältnissen bei den Land-
säugethieren. Stellen wir nun einmal diejenigen Unterschiede,
welche ohne weiteres in die Augen springen, sowohl am
macerirten Schädel, als am Sagittalschnitt des ganzen Kopfes
eines Zahnwals fest.
Am Schädel der Zahnwale (Fig. A) fällt zunächst auf, dass
die äussern Nasenlöcher nicht an dem gewöhnlichen Ort an der
Spitze der Oberkiefer sich befinden und dass Oberkiefer (3) und
Zwischenkiefer (7), sowie Gaumenbeine (4) eine compacte, undurch-
bohrte Knochenmasse, den sog. Schnabel, bilden. Die äussern
Nasenlöcher befinden sich vielmehr auf der Stirn (Taf. 1, Fig. 1)
Der Rachen von Phocaena communis Less. 5
€
g. Ventrale Ansicht eines um
45° um die Längsaxe gedrehten Schi-
dels einer Phocaena von mittlerer Grösse.
3:4. 1 Intermaxillare, 2 Vomer, verticale Platte,
3 Maxillare, 4 Palatinum, # Ala palatina, 9 Ptery-
goid, 6 Vomer, horizontale Platte, 7 Vomer, verti-
cale Platte, S Basioceipitale, 4 Condylus oceipitalis,
10 Processus ventralis ossis basioceipitalis, ZZ Pro-
cessus paraoceipitalis ossis exoceipitalis, /2 Pro-
cessus zygomaticus ossis squamosi, /2° Processus
faleiformis ossis squamosi, 23 Zygomatieum, /4 Pro-
cessus postorbitalis ossis frontalis.
6 G. BOENNINGHAUS,
und stellen zwei rundliche, durch ein knéchernes Septum von einander
getrennte Oeffnungen, die Aperturae pyriformes, dar. Sie bilden den
Eingang zu zwei knöchernen Rohren, welche ebenfalls durch ein
Septum von einander getrennt sind und etwa senkrecht zur Schädel-
basis hinabführen, wo sie mit zwei ähnlichen Oeffnungen, den
Choanen (Fig. A unterhalb 6) enden. Die äussern Nasenlöcher
sehen direct nach oben, die Choanen mehr nach hinten (Fig. T).
Die Rohre selbst sind leicht convex nach vorn gekrümmt, ent-
sprechend der Krümmung der vordern Schädelwand, deren Aussen-
fläche sie in ihrem ganzen Verlauf eng anliegen. Diese „Nasen-
rohre“ sind absolut glattwandig. — Die Schädelbasis ist an ihrer
untern Fläche ebenfalls sehr abweichend gestaltet. Man kann sie
in drei Drittel eintheilen, in zwei seitliche und ein mittleres. Auf
der Grenze zwischen dem mittlern und den seitlichen Dritteln
erhebt sich jederseits ein sagittal verlaufender, einige Centimeter
hoher, scharfer Knochenkamm. Er wird gebildet in seiner hintern
Hälfte von einem Processus (Fig. A 10) der Unterfläche des
Basioceipitale (8), der bei Landsäugethieren unbekannt ist, in seiner
vordern Hälfte von dem mächtig entwickelten Pterygoid (5), in
welchem sich eine tiefe Ineisur (Fig. K e) befindet. Durch die
Knochenkämme wird das mittlere Drittel zu einer mächtigen, glatt- -
wandigen Halbrinne umgestaltet, welche die directe Fortsetzung der
beiden Nasenrohre nach hinten zu bildet. Die seitlichen Drittel
erscheinen im Gegensatz zum mittlern ausserordentlich zerrissen.
Nichts von den gewohnten, rundlichen Löchern, welche für den
Durchtritt der Nerven und Gefässe bestimmt sind, ist hier zu finden,
nur unregelmässige Oeffnungen mit zerfetzten Rändern, in deren
hinterster und grösster das Os petrosum vereinigt mit dem Os
tympanicum (in Fig. A fehlend) liegt, die vollständig aus dem
knöchernen Zusammenhang mit dem Schädel losgelöst sind.
Am Sagittalschnitt eines Kopfes von Phocaena (Taf. 1,
Fig. 1) bemerken wir nach der Wegnahme der knöchernen „Nasen-
scheidewand“ (in der Figur nicht weggenommen) zunächst das be-
treffende Nasenrohr in seinem oben geschilderten Verlauf (punktirt
in der Figur, u). Es führt nach oben zu dem äussern in der Haut
gelegenen nur in der Einzahl vorhandenen Nasenloch, dem sog.
Spritzloch (a). Zwischen den äussern, knöchernen Nasenlöchern
und diesem Spritzloch befindet sich ein System von membranösen
Hohlräumen mit sehr derber Wand (c). Das Nasenrohr setzt sich
unterhalb der Choanen in den Nasenrachenraum fort. Die Wand des-
Der Rachen von Phocaena communis Less. 7
selben ist bis unten hin vollkommen schlauchförmig. Die Schlauch-
bildung kommt dadurch zu Stande, dass der weiche Gaumen sich
gegen die seitliche Rachenwand nicht, wie bei den Landsäugethieren,
in einem Winkel absetzt, sondern dass er unter Abrundung des
Winkels in dieselbe tibergeht. — Die Schleimhaut des Nasenrachen-
raums und des Nasenrohrs in seinen untern zwei Dritteln hat ein
merkwiirdiges Aussehen, denn in ihr befinden sich viele tiefe Griib-
chen, die den Eindruck machen, als seien sie die Oeffnungen von
Schleimhautdriisen (Taf. 1, Fig. 4). In der Mitte des Nasenrohrs
an seiner Aussenwand befindet sich eine kleine, spaltförmige Oeffnung,
sie ist die Oeffnung der Ohrtrompete (Fig. T 2), denn eine in sie
eingeführte Sonde schlägt die Richtung gegen das Os tympanicum
ein. Sie passirt dabei die Incisur im Pterygoid (Fig. K e), welche
offenbar für den Durchtritt der Ohrtrompete bestimmt ist. — Der
Nasenrachenraum endigt unten mit einem ringförmigen Schleim-
hautwulst (Taf. 1, Fig. 1 bei 74), den man seiner Lage nach für
die sehr stark entwickelten Arcus palato-pharyngei halten muss.
Der unterhalb des Ringwulstes gelegene Theil des Rachens
verläuft horizontal und ist die geradlinige Verbindung zwischen
Mund und Speiseröhre. In ihn ıst der Kehlkopf eingebaut, er liegt
fast gänzlich unter der Schädelbasis. Epiglottis (Taf. 1, Fig. 1 a!)
und Aryknorpel (b!) sind fast rechtwinklig nach oben abgebogen
und stark verlängert. Ihre Spitzen werden von jenem Ringwulst
eng umschlossen. Durch den Einbau von Epiglottis und Aryknorpel
wird der Speiseweg in 2 Seitenwege getheilt, welche um die ge-
nannten Theile des Kehlkopfs herum führen und hinter ihnen sich
wieder zu einem ungetheilten Speiseweg vereinigen.
I. Die basicranio-vertebrale Axe und ihre Beziehung zur Mund-
Nasen- und Rachenaxe bei den Säugethieren.
In der Anatomie des Rachens und seines Nachbargebiets
treten bei den Zahnwalen eine ganze Reihe von Momenten all-
gemeiner Art auf, die, so überraschend sie auch auf den ersten Blick
erscheinen, doch nichts anderes vorstellen als den weitern Ausbau
von Verhältnissen, die bei den Landsäugethieren schon vorgebildet
sind. Dies zu zeigen, ist die Aufgabe des vorliegenden Capitels.
Die vier Knochen, welche die basicraniale Axe zusammen-
setzen, das Mesethmoid (7 Fig. B—-E), das Präsphenoid (2), das
Basisphenoid (3) und das Basioccipitale (4) treffen in der Land-
säugethierreihe unter sehr verschiedenen Winkeln (LUCAE) zusammen.
8 G. BOENNINGHAUS,
a.
ere ne -7
BE
'R
Fig. B—E. Schema der basieranio-vertebralen Axe und der Mund- Nasen-Rachen-
axe, Fig. B bei den Primaten, Fig. C bei den Hufthieren, Fig. D bei den Raub-
thieren, Fig. E bei den Zahnwalen. / Mesethmoid, 2 Präsphenoid, 3 Basisphenoid,
4 Basioccipitale, 9 Wirbelsäule, «bed Mund- Nasen-Rachenaxe, e Kehlkopf, f Lamina
cribrosa resp. Crista galli, g Atlanto-oceipital-Gelenk.
(Bei den Zahnwalen bedeutet «bc nur die Mund-Rachenaxe, denn die Nasenaxe
verläuft getrennt von der Mundaxe zur Stirn, was in Fig. E nicht eingezeichnet ist.)
Der Rachen von Phocaena communis Less. 9
Auch der Winkel zwischen Basisphenoid und Wirbelsäule (5) ist ein
sehr verschiedener. — Die Winkel zwischen den beiden Keilbeinen
und dem Hinterhauptsbein sind fiir die Gestaltung der Mund-
Nasen-Rachenaxe (abcd) ohne Belang und können daher ver-
nachlässigt werden. Belangreicher aber ist der Winkel zwischen
Mesethmoid und Präsphenoid und am belangreichsten derjenige
zwischen Basioccipitale und Wirbelsäule. — Die craniale Kante des
Mesethmoids (f), dieCrista galli, steht bei Säugethierembryonen in
früher Zeit, solange die Kopfbeuge noch nicht ausgeglichen ist,
weit unterhalb (Dursy) der horizontalen Linie, welche man sich als
sagittale Axe durch die Keilbeine und das Hinterhauptsbein gelegt
denkt, und sieht nach vorn. Erst allmählich richtet sie sich auf.
Sie erreicht bei den Primaten, Fig. B, die Horizontale,
steht bei den Ungulaten (Lucas), Fig. C, etwa in der
Mitte zwischen der Horizontalen und Verticalen und
erhebt sich bei den Raubthieren (Lucas), Fig. D, und
den Zahnwalen, Fig. E, bis zur Verticalen.
Ueber die Zeit der Vollendung dieser Aufrichtung
der Crista galli, ist nichts Näheres bekannt, doch scheint sie erst
nach der Geburt ihre höchste Erhebung zu erreichen. Wenigstens
fand ich beim neugebornen Pferd, Rind und Schwein die Crista
galli noch in oder unter der Horizontalen. Das letztere Verhältniss
besteht auch beim neugebornen Menschen (Abbildung bei KOLLMANN
fig. 147). Hierauf beruht es auch, dass das Gesicht der neu-
gebornen Säugethiere und des Menschen die Richtung nach unten
hat. Bei Phocaena vollzieht sich die Aufrichtung früher als bei den
Landsäugethieren. Denn beim Embryo von 7,1 cm Länge (Fig. J)
beginnt die Crista galli oder in dieser Figur die Lamina cribrosa,
was ja dasselbe sagen will, sich schon über die Horizontale zu er-
heben, während sie beim Schafsembryo von 6,4 cm (Fig. G) noch in
der Horizontalen liegt, doch ist diese Aufrichtung beim Phocaena-
Embryo anders zu beurtheilen (s. Cap. II) als bei den Landsäuge-
thieren. Beim fast ausgetragnen Phocaena -Embryo von 68 cm
(Abbildung bei KÜKENTHAL tab. 21) aber steht die Crista galli
bereits in der Verticalen. Das entspricht der Thatsache, dass die
Wale in jeder Beziehung weiter entwickelte Junge zur Welt bringen
als die Landsäugethiere. — Zur Aufrichtung der Crista galli gesellt
sich bei den Zahnwalen und einigen andern Wassersäugethieren
eine Drehung im Präsphenoid um die frontale Axe um ca. 90°.
10 G. BOENNINGHAUS,
Mit der Aufrichtung der Crista galli ist natiirlich eine Auf-
richtung des ganzen Mesethmoids verbunden und, da das Mesethmoid
zusammen mit den Exethmoiden die primordiale Grundlage bildet,
auch eine Aufrichtung der Nase in dem Sinne, dass die Nasenlöcher
gehoben werden. Dadurch wird aber auch zugleich die Mundöffnung
gehoben, und so kommt es zu einer Streckung des vordersten
Theiles (ab) der Mund-Nasen-Rachenaxe abcd, oder,
was dasselbe sagt, zur Aufhebung des Winkels abe,
zwischen Mund-Nase einerseits und Rachen andrer-
seits. (Unter Mund-Nasen-Rachenaxe möchte ich vergleichend-
anatomisch die ideale Axe verstehen, welche man vorn durch die
zu einer Höhle vereinigt gedachte Mund- und Nasenhöhle a b und,
nach hinten sich fortsetzend, durch die Rachenhöhle bed sich
gelegt denken kann. Der Punkt b würde an dem hintern Ende
des harten Gaumens liegen, etwa dort, wo die Spina nasalis posterior
sich befindet.)
Hand in Hand mit der Aufrichtung der Crista galli geht nun
eine Streckung der Wirbelsäule (RÜCKERT) in der Säuge-
thierreihe vor sich. Sie kommt dadurch zu Stande, dass das
hinterste Ende des Hinterhauptbeins mit den Condylen (g Fig. B—E)
sich um die frontale Axe nach oben dreht (DAUBENTON), so dass bei
den Walthieren schliesslich das Hinterhauptsloch direct nach hinten
sieht.
Mit dieser Streckung der Wirbelsäule ist natürlich eine
Streckung des derselben anliegenden Theils des Rachens (c d) verbun-
den. Sie führt zur Aufhebung des unter dem Atlanto-oc-
cipital-Gelenk gelegenen eigentlichen Rachenwinkels
hed, so dass in der Reihe der Säugethiere sich allmählich das
Stück ab und cd zur Höhe des Stückes bc, dem Fornix des
Rachens, erhebt, welche in seiner ursprünglichen Lage liegen bleibt.
Auf diese Weise würde die Mund-Nasen-Rachenaxe beim
Wal eine vollkommen gerade Linie bilden, wenn nicht bei diesem
Thier die Nasenhöhle von ihrem ursprünglichen Verlauf über der
Mundhöhle und parallel mit der Mundhöhle sich getrennt hätte und
vom Rachen aus zur Stirn emporstiege. Daher kann man beim
Wal nicht von einer Streckung der Mund-Nasen - Rachenaxe
sprechen, sondern nur von einer Streckung der Mund-
Rachenaxe.
Durch die Streckung der .Mund- Nasen-Rachenaxe gelangt
der mit dem Rachen fest verbundene Kehlkopf (e) allmählich in
Der Rachen von Phocaena communis Less. il
eine vollkommen horizontale Lage. Mit der Streckung des
Rachens geht aber auch eine Verkürzung des letzteren einher (RUCKERT).
So kommt der horizontal gelagerte Kehlkopf schliesslich (Fig. E)
direct unter die Schädelbasis zu liegen. Er wird zugleich
dem weichen Gaumen genähert und gelangt mit der
Epiglottis hinter denselben (RÜCKERT). Die Epiglottis
schiebt sich dabei wie ein Pfeiler in den Speiseweg, d.h. in
den Theil des Rachens hinein, welcher Mund und Speiseröhre ver-
bindet, und führt zu einer Zweitheilung dieses Weges,
sowohl anatomisch, wie auch physiologisch (beim Schlingact, WAL-
DEYER).
II. Der Umbau der Nase bei den Zahnwalen.
Beim Zahnwal spielen sich im obern Theil des Rachens und
in der Nase Veränderungen ab, die zu einer totalen Umgestaltung
des Gesichtsschädels führen. Sie stehen vielfach in so grosser
gegenseitiger Abhängigkeit, dass eine Untersuchung des Rachens
ohne Berücksichtigung der Nase nicht zu einem Verständniss der Ver-
hältnisse führen würde. Die Untersuchung der knöchernen Nase
muss daher einen integrirenden Bestandtheil dieser Arbeit bilden
und soll aus praktischen Gründen der Besprechung des Rachens
vorangehen.
Wie kommen die knöchernen Nasenlöcher bei den
Zahn walen auf die Stirn? Diese Frage ist es, welche jeder
Untersucher dieser Gegend sich zunächst auferlegen wird, und von
ihr soll auch unsere Untersuchung ausgehen.
KUKENTHAL, der einzige Cetologe, welcher dieser Frage sach-
gemäss nahe trat, wies nach, dass der Oberkiefer von Phocaena-
Embryonen fast doppelt so schnell wachse wie der übrige Körper,
ein Nachweis, der später bei der Besprechung der Zunge und ihres
Verhältnisses zur Mundhöhle noch gewürdigt werden wird. Die
äussern Nasenöffnungen aber konnten nach KUKENTHAL’s Ansicht
diesem schnellen Wachsthum der Kiefer nicht folgen, blieben an
der Stirn zurück und wurden durch gleichzeitig vermehrtes Dicken-
wachsthum der Oberkiefer auf die Höhe der Stirn gehoben.
KÜKENTHAL sah also den Grund für die Lageveränderung der
äussern Nasenlöcher in einem vermehrten Wachsthum der Ober-
kiefer.
Im Atlas von VAN BENEDEN und GERVAIS nun finden sich die
Abbildungen zweier seltener Zahnwale, der Orcella und Kogia
22 G. BOENNINGHAUS,
breviceps, welche trotz auffallend kurzem Oberkiefer die Nasen-
löcher, wie die langschnabligen Zahnwale, auf der Stirn tragen.
Dieser theilweise Widerspruch schien mir die Möglichkeit einer
andern Auffassung zuzulassen. Sie sieht die bewegende Ursache
für die veränderte Lage der Nasenlöcherin der Nase
selbst und geht vom Knorpel als dem formbestimmen-
den Bestandtheil der Nase aus.
Betrachten wir zunächst, was entwicklungsgeschichtlich und ver-
gleichend - anatomiscb über das knorplige Nasengerüst der
Landsäugethiere bekannt ist: Im Mesenchym des verdickten
Frontpols des häutigen Primordialcraniums, des Stirnfortsatzes der Ent-
wicklungsgeschichte, kommt es schon in sehr früher embryonaler Zeit
zur Differenzirung von Knorpel, welcher die erste Anlage des knorpligen
Nasengerüstes darstellt. Etwas später zeigt der Knorpel im Frontal-
schnitt die Figur eines T, doch mit nach unten heruntergeschlagenem
und an den Enden rinnenförmig umgebognem Querbalken. Der Längs-
balken (Fig. F1) gehört der knorpligen Nasenscheidewand, der obere
Theil des Querbalkens (2) dem knorpligen Nasen-
dach, der seitliche Theil (3) der knorpligen Nasen-
scheidewand an. Der untere, eingerollte Teil der
Seitenwand (4) aber soll rinnenförmiger Knorpel ge-
Fig. F. Frontalschnitt durch die Nase eines Landsäuger-
embryos. Schema. 7 knorplige Nasenscheidewand, 2 knorp-
liges Nasendach, 9 knorplige Nasenseitenwand, # „rinnen-
förmiger‘‘ Knorpel, 9 knorpliger Nasenboden, 6 knorplige Sieb-
ee À beinmuscheln.
nannt werden (4). Etwas später bilden sich auf der Innenfläche des Daches
und der Seitenwände knorplige Leisten (6), die entsprechenden Schleimhaut-
falten als Einlage dienen und die Anlage der Siebbeinmuscheln darstellen
(6). Erst nachdem sich der primitive Gaumen geschlossen hat, bildet sich
auch zwischen unterer Fläche des rinnenférmigen Knor-
pels und unterer Kante des Septums Knorpel aus, der
knorplige Nasenboden (5). Jetzt erst bildet dieses Knorpel-
gerüst ein geschlossnes, zweigetheiltes Rohr, die primordiale, knor-
plige Nasenkapsel, mit den vordern Nasenlöchern oder
den Nares, den hintern Nasenlöchern oder den primitiven
Choanen und dem zwischen ihnen gelegenen primären
Cavum nasi. Der Querschnitt dieses Cavum nasi gleicht also jetzt
dem Querschnitt eines sagittal septirten Tunnels, in welchen leisten-
artige Vorsprünge, die rinnenförmigen Knorpel und die Siebbeinmuscheln,
hineinragen. — Im lateralen Sagittalschnitt eines Landsäugerembryos
Fig. G), dessen wir zum spätern Vergleich mit dem Zahnwalembryo
benöthigen, sehen wir das Dach in einen hintern Theil (7), die Lamina
cribrosa, und in einen vordern Theil (2), den später vom Nasenbein be-
>
deckten vordern Theil des Nasendachs geschieden. 3 ist die knorplige
Der Rachen von Phocaena communis Less. 13
Nasenseitenwand, 4 der rinnenférmige Knorpel, 5 die Siebbeinmuscheln,
6 der Nasenbodenknorpel. Durch die allmählich sich vollziehende
Drehung der Ethmoide (cf. Cap. I) rückt die Nasenspitze nach vorn,
Fig. G. Lateraler Sagittalschnitt durch den Kopf eines Schafembryos von 6,4 8.8.
4:1. Z2 Lamina cribrosa (knorpl. Nasendach, hinterer Theil), 2 knorpliges Nasendach,
vorderer Theil, > knorplige Nasenseitenwand, # „rinnenförmiger Knorpel“, 5 knorplige
Siebbeinmuscheln, 6 knorpliger Nasenboden, 7 knorpliges Präsphenoid, a Lage des
äussern Nasenlochs.
und die primären Choanen stellen sich schräg von vorn unten nach
hinten oben. Unter ihnen bildet sich nun das secundäre
Cavum nasi oder der Nasenrachengang der Entwicklungsgeschichte
aus. Es hat von Anfang an knöcherne Wandungen und
wird seitlich vorn von den aufsteigenden Aesten der Oberkiefer
(ef. Fig. L) begrenzt, seitlich hinten von den aufsteigenden Fortsätzen
der Gaumenbeine und unten von den horizontalen Fortsätzen der
Oberkiefer und der Gaumenbeine (secundärer Gaumen); septirt wird es
durch den Vomer. Die vorderen Oeffnungen sind identisch mit den
primitiven Choanen, die hintern Oeffnungen bilden die secundären
Choanen oder kurzweg die Choanen der Anatomie. — Die
knorplige Nasenkapsel erfährt nun mancherlei Verände-
rungen. Ihr hinterer Theil verknöchert, und es wird der hintere Theil
des knorpligen Septums zur Lamina perpendicularis, der hintere Theil
des Daches zur Lamina cribrosa, der hintere Theil der Seitenwand zur
Lamina papyracea des Siebbeins und der hintere Theil des
rinnenförmigen Knorpels zum Maxilloturbinale. — Der
mittlere Theil der knorpligen Nasenkapsel aber erhält eine knöcherne
Bedeckung, am Dach durch die Nasenbeine, an den Seiten durch
14 G. BOENNINGHAUS,
die Thränenbeine, den vordern Theil der aufsteigenden Aeste der Ober-
kiefer und die aufsteigenden Aeste der Zwischenkiefer, am Boden durch
die Gaumenfortsätze der Zwischenkiefer (primärer Gaumen). Der
Knorpel unter diesen Knochen kann im spätern Leben bleiben, aber
auch schwinden (Spurear). — Der vorderste Theil der Nasen-
kapsel bleibt Zeit Lebens knorplig, macht aber in der Säuge-
thierreihe eine grosse Menge verschiedner Reductionen durch
(SpurGar). Es ist nicht ein Theil an ihm, der nicht gelegentlich binde-
gewebig ersetzt werden könnte, mit Ausnahme dor knorpligen
Umsäumung der Nasenlöcher, welche Spurecar den Annulus
cartilagineus nennt. Er wird innen vom Septum gebildet, oben
von den Cartilagines alares (constante Abspaltung aus dem Nasendach)
und aussen, sowie seitlich unten von dem vorderen nicht zur untern
Muschel gewordenen Theil des rinnenförmigen Knorpels, der Cartilago
navicularis, Unten schliesst der vorderste Theil des Bodenknorpels
den Ring, doch kann dieser Theil des Annulus fehlen, und
der Annulus ist jetzt unten geöffnet, z. B. bei den Primaten.
Nach dieser Uebersicht über die Verhältnisse bei den Land-
säugethieren wird es uns nicht schwer fallen, die Verhältnisse bei
den Zahnwalen zu verstehen. Drei Factoren sind es,
welche die knöchernen Nasenlöcher bei den Zahn-
walen auf die Stirn bringen:
1) Die Reduction der Exethmoide.
Wir gehen von einer grob mechanischen Vorstellung allgemeiner :
Natur aus: Man stelle sich die Aufgabe, an einem kurzen, septirten
Tunnel, der an der Stirn liegenden ersten Anlage der Nasenkapsel,
die vordern Oeffnungen, die Nares, weiter nach vorn zu verlegen,
wo sie im spätern Leben liegen. Man wird das machen durch
gleichmässige Verlängerung der Scheidewand, des Daches,
der Seitenwände und des Bodens des Tunnels nach vorn. Das ist
der Plan, nach welchem der Ausbau der Landsäugernase
erfolgt. Verlängert man nun ganz allein die Scheidewand, lässt
aber die übrigen Bestandtheile des Tunnels an der Stirn in ihrer
ursprünglichen Kürze liegen, so erhalten wir den Plan, nach welchem
die Zahnwalnase gebaut ist. Oder mit andern Worten: Von
den knorpligen Bestandtheilen der Zahnwalnase
wächst allein in normaler (oder, genauer gesagt, in über-
mässiger) Weise das Septum, das Mesethmoid. Die
eigentliche Nasenkapsel aber, dieExethmoide, werden
zwar angelegt, bleiben aber rudimentär. — Den Beweis
hierfür liefern uns unsere Präparate. Die Durchsicht der Frontal-
schnitte der Nase des 3,7 cm langen Delphinembryos, von denen
Der Rachen von Phocaena communis Less. 15
man die charakteristischsten in KÜKENTHAL's Werk abgebildet
findet, zeigt schon, wie im spätern Leben der Zahnwale, ein langes
wohl ausgebildetes, bis in die Nasenspitze reichendes knorpliges
Septum (Fig. H 7). Die eigentliche Nasenkapsel dagegen ist, ent-
sprechend den bereits weit zurückliegenden
Nasenlöchern, stark verkürzt und in ihren
Componenten erheblich reducirt. Vorhanden
ist zwischen Nasenloch und Präsphenoid
jederseits ein sehr kurzes Nasendach (2)
und eine sehr kurze Nasenseitenwand (3).
Von ihr geht eine schmale Knorpelspange
aus, welche das häutige Nasenloch von
Fig. H. Horizontalschnitt durch die Nase eines
Zahnwahlembryos. Schema. / knorplige Nasenscheide-
wand, 2 knorpliges Nasendach, © knorplige Nasenseiten-
wand, # „rinnenförmiger Knorpel“.
aussen her umgreift. Sie geht in eine dicke und sehr breite
Knorpelplatte (4) über, welche dem Septum mit ibrer Breitseite
dicht anliegt. Sie ist das verbreiterte Endstück der Knorpelspange,
entspricht also der Cartilago navicularis der Landsäuge-
thiere und bildet in Ermanglung des Bodenknorpels
nicht nur die untere Umsäumung des Nasenlochs,
sondern auch den ganzen Boden derkurzenknorpligen
Nasenkapsel. Dies sowie der Umstand, dass diese
Platte nicht mit dem Septum verwachsen ist, ist für
unsere spätere Betrachtung von grosser Wichtigkeit.
Ausser dem Bodenknorpel kommen nicht zur Anlage die knorpligen
Siebbeinmuscheln. — Beim 7,1 und noch mehr beim 12,7 cm langen
Phocaena-Embryo ist das Nasendach mit Ausnahme der Lamina
cribrosa und die Nasenseitenwand bereits so erheblich reducirt, dass
das kurze primäre Cavum nasi so gut wie geschwunden ist. Der
Rest von Dach und Seitenwand sowie die Spange mit Endplatte
stellt somit eigentlich nur noch einen Annulus cartilagineus dar,
welcher das häutige Nasenloch umgiebt. Dieser Annulus mit
sammt der Lamina cribrosa bilden also in diesem
Stadium bereits dasRudiment der ganzen Exethmoide
(KUKENTHAL). Im lateralen Sagittalschnitt der Fig. J sieht
man die Lamina cribrosa (7), durch welche beim 3,7 cm langen
Embryo Olfactoriusfasern treten (KÜKENTHAL), die aber später ver-
schwinden. Darüber bemerkt man den obern Theil der Spange (2),
16 G. BOENNINGHAUS,
darunter den untern Theil derselben (3), hierunter die lateralste
Spitze der Seitenplatte, welche sehr dick ist (4). — Doch die
Reduction der knorpligen Nasenkapsel geht weiter:
Fig. J. Lateraler Sagittalschnitt durch den Kopf eines Phocoena-Embryos yon 7,1
direeter Länge. Es ist der Schnitt gewählt, der die knorplige Nase in stärkster Ent-
wicklung zeigte. 4:1. 12 Lamina cribrosa, 2 oberer Theil der Knorpelspange, 3 unterer
Theil der Knorpelspange, 4 knorplige Seitenplatte (lateralster Theil), à knorpliges Prä-
sphenoid, 6 knorpliges Nasenseptum, a äusseres Nasenloch.
Beim 68 cm langen Phocaena-Embryo sind von den ganzen Exethmo-
iden nur noch die Lamina cribrosa und die Seitenplatten übrig,
die, gut präparirbar, als linsengrosse, nach hinten aussen concave
Gebilde der vordern, vom Zwischenkiefer gebildeten Umsäumung
der Apertura pyriformis lose aufliegen. — Beim erwachsenen Thier
ist die Lamina cribrosa natürlich verknéchert. Die knorpligen
Seitenplatten aber sind zu Bohnengrösse heran-
gewachsen und finden sich fest eingekeilt zwischen
Zwischenkiefer und Nasenseptum am vordern Rande der
Apertura pyriformis vor. Diese merkwiirdigen Knorpel sind viel-
fach beschrieben worden, KÜKENTHAL erkannte in ihnen zuerst
den Rest der knorpligen Nasenseitenwand, und nach dem jetzigen
Standpunkt unseres Wissens müssen wir sie als denjenigen Theil
der Nasenseitenwand betrachten, welchen man die Cartilago
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 14
navicularis nennt. Er verknöchert bei ältern Thieren in geringer
Ausdehnung an seiner Spitze. K. E. v. BAER fasste diese Ver-
knöcherung als vorderste Spitze des rudimentären
Maxilloturbinale auf, und in der That hat diese Auffassung
die grösste Wahrscheinlichkeit für sich. Denn Cartilago navicularis
und Maxilloturbinale bilden ja ursprünglich ein Continuum, die
rinnenförmige Umbiegung der Seitenwand der knorpligen Nasen-
kapsel.
2) Die Drehung der Exethmoide. Die geschilderte Re-
duction der Exethmoide bewirkt lediglich ein Liegenbleiben der
knöchernen Nasenlöcher an der Basis der Stirn unter Beibehaltung
ihrer alten Richtung nach vorn. Die Richtung nach oben
erhalten sie aber erst durch eine entsprechende
Drehung der reducirten Exethmoide, welche also nicht
minder wichtig ist als die Reduction selbst und deshalb ebenfalls
genauer untersucht werden muss.
Die in Cap. I geschilderte Erhebung der Crista galli bei den
Raubthieren und bei den Walen in die Verticale wird durch zwei ent-
wicklungsgeschichtliche Processe vollbracht. Erstens dreht sich, wie
auch bei den übrigen Säugethieren, das ganze Ethmoid in seiner
Verbindungslinie mit dem Präsphenoid nach oben; dadurch wird die
Crista galli der Verticalen genähert, doch nicht in die Verticale
gebracht, wie eine einfache geometrische Construction das lehrt.
Zweitens wächst der vordere obere Theil des sich
drehenden Mesethmoids erheblicher als das übrige
Mesethmoid; hierdurch aber wird die Drehung der Crista galli
in die Verticale erst vollendet. — Die Exethmoide nun, mit dem
Mesethmoid eng verbunden, folgen bei den Raubthieren dieser Ver-
breiterung des Mesethmoids durch vermehrtes Wachsthum in die
Höhe. Bei den Zahnwalen aber ist die Sache anders. Da bei
ihnen Mangels der Bodenknorpel der untere Rand der
Exethmoide nicht mit dem untern Rande des Meseth-
moids verbundenist, folgen die Exethmoide in toto
der sich drehenden Crista unter Beibehaltung ihres kreis-
ähnlichen Querschnitts nach oben. Der Annulus wird also unter
Entfernung vom untern Rande des Mesethmoids nach oben gedreht,
folglich auch das vom Annulus eingeschlossne Nasenloch und das
primäre Cavum nasi. So verläuft das kurze röhrenförmige
primäre Cavum nasi zur Stirn unter Divergenz von
Nasenboden und Munddach, welche bei allen übrigen
Zool, Jahrb, XVII, Abth, f. Morph, 9
-
18 G. BOENNINGHAUS,
Säugethieren einander parallel verlaufen. — Fig. J
zeigt uns nun folgendes Stadium dieses Processes: Das Mesethmoid
(6) hat sich noch nicht sehr gedreht, denn seine orale Spitze sieht
noch, wie auch bei dem 6,4 cm langen Schafembryo, nach unten;
dagegen ist es abweichend vom Schaf in seinem vordern, obern
Theil schon beträchtlich gewachsen, so dass die Crista galli die
Horizontale bereits erheblich überschritten hat. Der Annulus
cartilagineus (2, 5, 4) hat sich von der Spitze bereits erheblich ent-
fernt und sich nach oben gedreht, so dass das Nasenloch (a) nicht
mehr wie beim Schaf nach vorn unten, sondern nach vorn oben
sieht.
3) Die Drehung des Präsphenoids. Zu dieser Drehung
der Exethmoide gesellt sich nun eine Drehung des Präsphenoids. Da-
durch erst werden die nach oben gedrehten Nasenlöcher auf die
Höhe der Stirn erhoben und in ihre definitive Lage gebracht. Doch
das Präsphenoid ist ein Knochen, welcher bereits der Region des
Rachens angehört, deshalb soll dieser dritte Punkt bei unserm eigent-
lichen Thema, dem Rachen, abgehandelt werden.
Nach diesen mannigfachen Betrachtungen, zu welchen uns die
Frage, wie die Nasenlöcher der Zahnwale auf die Stirn gelangten,
Veranlassung gab, unterliegt nun das Verständniss der knöchernen
Nase, deren Kenntniss die Voraussetzung für die folgende Be-
trachtung des Rachens bildet, gar keinen Schwierigkeiten mehr, be-
sonders wenn wir den lateralen Sagittalschnitt durch die Nase einer
erwachsenen Phocaena (Fig. K) von derselben Stellung aus be-
trachten, von welcher aus wir die Nase der Landsäugethiere zu
betrachten pflegen, d. h. von vorn her, also mit nach unten ge-
wandtem Nasenboden a b. Wir finden nun im Grossen und Ganzen
die Verhältnisse der Landsäugethiere wieder, doch fehlen manche
Primordial- wie Deckknochen, und die restirenden Knochen nahmen
zum Theil eine erhebliche Lage- und Formveränderung vor: Die
Apertura pyriformis wird wie bei den Landsäugethieren unten
von dem horizontalen Ast (7), daran anstossend seitlich vom auf-
steigenden Ast des Zwischenkiefers (7), darüber vom aufsteigenden
Ast des Oberkiefers (2°) und oben von der ventralen Kante des
rudimentären Nasenbeins (4) gebildet. Das letztere stösst nicht
nur mit seinem frontalen (dorsalen) Ende, wie bei den Landsäuge-
thieren, an das Stirnbein an, sondern es liegt in ganzer Ausdehnung
dem Stirnbein auf, weil es der stützenden Nasenscheidewand ent-
behrt, welche es bei den Landsäugethieren vom Stirnbein entfernt
Der Rachen von Phocaena communis Less. 19
halt. Doch ist hiermit natürlich nicht gesagt, dass die Nasen-
scheidewand fehlt. Sie ist vielmehr dem Nasenbein nur als Stiitze
entzogen, und zwar dadurch, dass die Nase eine Ortsveränderung
sait BEA Pa hae
Teed WOME IE
DANS fe GIRS A
ese UC 5 See =
Sinise Ree te
à
Fig. K. Lateraler Sagittalschnitt durch das Nasen- und Rachenrohr einer sehr
grossen Phocaena. 1:1. Z Intermaxillare, horizontaler Ast, /‘ Intermaxillare, verti-
caler Ast, 2 Maxillare, horizontaler Ast, 2‘ Maxillare, verticaler Ast, 5 Palatinum, hori-
zontaler Ast, 9° Palatinum, verticaler Ast incl. Processus sphenoidalis, 4 Nasale, 5 Fron-
tale, 6 Lamina cribrosa, 7 Priisphenoid, $ Pterygoid, 9 Basisphenoid, 10 Processus
pterygoideus ossis alisphenoidei, @ Spina nasalis anterior, b Spina nasalis posterior,
ce Knochenlücke für eine Vene, d Orificium pharyngeum tubae Eustachii, e Incisura
pterygoidea (pro tuba Eustachii), bf Choanalfläche.
durch die Drehung der Exethmoide erfahren hat, welche indess die
Nasenscheidewand nicht mitmachte. — Das Dach der knöchernen
Nase wird allein von der Lamina cribrosa (6) gebildet, denn die
innere Fläche des Nasenbeins, welche bei den Säugern sonst den
vordern Theil des knöchernen Nasendachs bildet, liegt aus dem
oben angegebenen Grunde dem Frontale auf. — Die Seitenwand
der knöchernen Nase wird allein von den aufsteigenden Aesten des
Zwischenkiefers (7), des Oberkiefers (2°) und des Gaumenbeins (3°)
gebildet. Es fehlt also die Lamina papyracea des Siebbeins, und
deshalb stösst der aufsteigende Ast des Oberkiefers direct und in
ganzer Ausdehnung an die Lamina cribrosa an. Es fehlt ferner das
Thränenbein, wie allgemein angenommen wird. Man hätte es zu
suchen etwa vor der Knochenlücke ec. Diese Gegend ist sehr dünn
und vielfach dehiscent, möglich also, dass eines dieser hier liegenden
2%
20 G. BOENNINGHAUS,
Knochenplättchen als Thränenbein aufzufassen ist. — Der Boden
der knöchernen Nase wird, wie bei den Landsäugethieren, von dem
horizontalen Ast des Zwischenkiefers (7), des Oberkiefers (2) und
des Gaumenbeins (3) gebildet. Diese Aeste sind zuDeckknochen
des sonst hier nicht vorhandenen Mesethmoids ge-
worden. Sie decken dasselbe in seiner ganzen Länge
bis zur oralen Spitze und füllen so den ganzen drei-
eckigen Raum zwischen Nasenboden und Munddach
aus, an deren beider Bildung sie indess, wie bei den
Landsäugern, betheiligt sind. Hierbei haben diese 3 sonst
plattenförmigen Fortsätze eine erhebliche Umgestaltung erfahren.
Der Gaumenbeinast ist zu einem dicken, pyramidenartigen Knochen
seworden, der Oberkieferast ist erheblich verdickt und verlängert,
der Zwischenkieferast ist zu einem langen, spangenförmigen Knochen
ausgezogen, welcher den Oberkieferast dorsal deckt. — Siebbein-
muscheln fehlen der knöchernen Nasenhöhle vollständig. Von
der knöchernen, untern Muschel ist nach K. EK. v. BAER’S Auf-
fassung nur das vorderste Ende vorhanden, welches der Apertura
pyriformis aufliegt. So bildet die knöcherne Nasenhöhle ein kurzes,
vollkommen glattes Knochenrohr, welches nach hinten zu durch das
knöcherne Halbrohr des Rachens (siehe später) weiter fortgesetzt
wird. — Die knöcherne Nasenscheidewand (Taf. 1, Fig. 1)
besteht oben aus der Lamina perpendicularis (A), in dem grössern
untern Theil aber aus der stark vergrösserten Crista praesphenoi-
dalis (+), welche bei den Landsäugethieren nur die bescheidene
hintere Fortsetzung der Nasenscheidewand unter das Präsphenoid
vorstellt. Doch hiervon, sowie vom Vomer, im Capitel über das
Präsphenoid mehr. Die knorplige Nasenscheidewand (d) ist ent-
sprechend der knöchernen Nasenscheidewand sehr hoch und schickt,
wie bei vielen Säugern, über die Lamina perpendicularis hinweg einen
schmalen Fortsatz (Processus frontalis septi carti-
laginei) zum Frontale, welcher durch die Drehung der
Nasenrohre zum dorsalen Theil des Septums der
letztern geworden ist.
Das unseptirte äussere Nasenloch der Zahnwale,
dieses Unicum, verdankt nach Kükenrtuar’s Ansicht einer Reduction
der dorsalen Kante des knorpligen Septums seinen Ursprung, die schon
in sehr früher Zeit einsetzt. Denn schon bei dem 3,7 cm langen
Embryo liegt die dorsale Kante eine Spur unterhalb des Niveaus der
häutigen Umsäumung der Nares, und an der Kante des Knorpels sieht
man auch eine Verdichtung des Mesenchymgewebes, welche den Ein-
Der Rachen von Phocaena communis Less. ol
druck macht, als sei hier etwas reducirt. Nach meiner Ansicht ist der
Grund fiir das Zuriickweichen des Septums weniger in der Reduction
des Knorpels zu suchen, die, nach der geraden, dorsalen Kante des
ganzen Septums beim erwachsnen Thier (Taf. 1, Fig. 1 d) zu urtheilen,
keine erhebliche sein kann, als in folgenden 2 Momenten, die sich
vielleicht zur Reduction addiren: 1) Die Nasenhöhle dreht sich,
das Septum dreht sich nicht mit, es bleibt zuriick, wo-
durch ja auch dem Nasenbein, wie erwähnt, die Stütze entzogen wird.
Diese Drehung tritt erst in späterer embryonaler Zelt ein, im Gegensatz
zu dem folgenden Moment, welches bereits sehr früh sich geltend
macht. 2) Die primäre knorplige Nasenkapsel bleibt zwar
rudimentär, nicht aber die Schleimhaut, welche dieselbe
auskleidet. Sie wächst in der normalen Weise, drängt sich
aus der rudimentären Nasenkapsel heraus, gelangt über das Niveau des
rudimentären Annulus cartilagineus und macht ihre bekannten Faltungen,
die Muscheln, welche aber bei dem rudimentären Zustand der Exethmo-
ide ohne knorplige resp. knöcherne Einlage bleiben, mit alleiniger
Ausnahme der untern Muschel, die eine sehr kleine, knorplige Einlage
(KÜkENTHAL) in frühester embryonaler Zeit besitzt. Es wächst aber
nicht mit die Schleimhaut, welche die Septumkante be-
kleidet. So kommt es zu jenem merkwürdigen Aufbau von Weich-
theilen auf der Apertura pyriformis, der unseptirt bleibt. Daher
kommt nach meiner Ansicht das einheitliche Nasenloch.
Weiter aber auf diesen Bau einzugehen, erübrigt sich durch die
Untersuchung KükeNTHAL’s. — KÜkEnNTHAL homologisirte auch
die drei Muscheln in einwandfreier Weise. Als untere Muschel
ist nach ihm jenes System von Faltungen im eigentlichen Spritzsack
(Taf. 1, Fig. 1b) anzusehen, was schon deshalb äusserst wahrscheinlich
ist, weil diese Faltungen sich an die Knöchelchen der Cart. navicularis
ansetzen, die K. E. v. Baer mit Recht als vorderstes, allein ver-
knöchertes Ende der untern Muscheln ansieht. KürextHAL beschreibt
auch 2 glattwandige Blindsäcke in der obern Nebenhöhle
des Aufbaues, welche vielleicht mit echten Nasenneben-
höhlen (Keilbein- und Stirnbeinhöhle) zu homologisiren
sind, da diese ja entwicklungsgeschichtlich nichts weiter darstellen als
sackartige Ausstülpungen der Nasenschleimhaut in die Knorpelkapsel,
die später eine knöcherne Umhüllung erhalten, welche beim Zahnwal
natürlich fortfillt Als Kieferhöhle (+ mittlerer Nasengang)
wäre der Spritzsack zu betrachten.
III. Grundbegriffe der vergleichenden Anatomie des Rachens.
Für eine Arbeit, welche den Versuch macht, so enorm ver-
schobene Verhältnisse, wie sie der Rachen von Phocaenu zum grossen
Theil bietet, durch Entstehung aus den anatomischen Durchschnitts-
verhältnissen der Landsäugethiere zu erklären, bildet es die noth-
wendige Voraussetzung, dass die Grundbegriffe der vergleichenden
22 G. BOENNINGHAUS,
Anatomie des Rachens feststehen. Leider aber ist in dieser Be-
ziehung noch das Meiste unklar, und diese Lücke muss daher zunächst
ausgefüllt werden.
Am Rachen, Schlundkopf oder Pharynx unterscheiden wir die
Rachenwand vom Rachenraum. Der Rachen beginnt nach
allgemeiner Auffassung an den Choanen und endist
am unteren Rande des Ringknorpels. Während also die
untere Grenze genau bestimmt ist, ist es die obere nicht. Denn
was versteht man unter Choanen? Eine Frage, welche für die vor-
liegende Arbeit von ganz besonderer Bedeutung ist.
Die Lehrbücher der menschlichen und vergleichenden Anatomie
nennen Choanen die hintern oder innern Löcher oder Oeffnungen
der Nase, welche von ihr in den Rachen führen. Fine präcisere
Definition des Begriffes Choanen aber konnte ich in keinem der in
grösserer Anzahl durchgesehenen Lehrbücher finden. Entwicklungs-
geschichtlich jedoch nennt v. MIHALKOVIcSs Choanen das, was „zwischen
hinterm Rande der Gaumenplatte des Oberkiefers und zwischen
Promontorium des Präsphenoid“ liest. Ob aber diese Choanen
etwas Räumliches oder etwas Flächenhaftes seien, sagt auch v. MIHAL-
KOVICS nicht. Choane kommt von yetodar, sich ergiessen, und ydavog
heisst Blasrohr. Etymologisch wäre Choane also räumlich zu fassen -
und hiesse etwa so viel wie der Thorweg, welcher von der Nase in
den Rachen führt. Allein der Sprachgebrauch hat nach meinem Ge-
fühl den ursprünglichen Begriff verlassen und betrachtet die Choane
als Fläche. Als Choanalebene soll nun diejenige trans-
versale Ebene (Fig. La) betrachtet werden, welche man sich
einerseits durch den hintersten Punkt der sagittalen Mittellinie des
harten Gaumens (7, 2) gelegt denkt, also durch die Spinanasalis
posterior, wo eine solche vorhanden ist, andrerseits durch
die untere Grenze zwischen Siebbein (8) und Prä-
sphenoid (9). Diese Ebene ist bei allen Landsäugethieren am
sagittal durchsägten Schädel leidlich genau zu ziehen und liegt bald
direct frontal, bald mit ihrem obern Ende mehr nach vorn, bald
mehr nach hinten geneigt. Sie scheidet die geschlossenen
Knochenrohre der Nase (vor a) von dem je nach der Länge
des Schädels sehr verschieden langen, ventral offenen knöchernen
Halbcanal des Rachens (hinter a), dessen Seitenwände bei
allen Säugethieren von (0) den Processus pyramidales
(sphenoidales) des aufsteigenden Astes der Gaumen-
beine (3), von den Pterygoiden (4) und von den Proc.
Der Rachen von Phocaena communis Less. 23
pterygoidei (5) der Alisphenoide, dessen Basis von
dem Präsphenoid (7) und vom vordersten Theil des
Basisphenoids (6) gebildet wird. Sie deckt sich auch offenbar
mit dem, was v. MıHALkoviıcs entwicklungsgeschichtlich unter
Chaone verstanden wissen will, und erweist sich als werthvoller
Führer selbst durch das Wirrsal von Knochenverschiebungen bei den
Zahnwalen.
ALL
LA
Fig. L. Lateraler Sagittalschnitt durch die hintere Nasengegend eines jungen
Ochsen. 1:1. Z Maxillare, horizontaler Ast, /' Maxillare, verticaler Ast, 2 Palatinum,
horizontaler Ast, 2° Palatinum, verticaler Ast, Processus sphenoidalis ossis palatini,
4 Pterygoid, 9 Processus pterygoideus ossis alisphenoidei, 6 Basisphenoid, 7 Prä-
sphenoid, $ Lamina eribrosa, 9 Ethmoturbinalia, 9 Nasoturbinale, a Choanalebene,
b Ostium pharyngeum tubae Eustachii.
Man theilt nun den also umgrenzten Rachenraum seit der grund-
legenden Arbeit LuscHkA’s „über den Schlundkopf des Menschen“
in drei über einander gelegene Abtheilungen ein, in
welche man sich den Raum beim Schluckact getheilt
denken kann. Der oberste Raum, welcher hinter der Nasenhöhle
liegt, ist das Carvum pharyngo-nasale, der Nasenrachenraum. Er
wird vom mittlern Theil durch das beim Schlingen bis zur Horizon-
talen erhobene Gaumensegel geschieden. Der mittlere Raum,
24 G. BOENNINGHAUS,
welcher hinter der Mundhöhle liegt, ist das Cavum pharyngo-orale,
der Mundrachenraum. Er wird vom untern Theil durch eine
Horizontalebene geschieden, welche man sich durch den Körper und
die grossen (hintern) Zungenbeinhörner gelegt denkt und zwar bei
auf den Kehlkopfeingang hinab gesenktem Kehldeckel, einer Stellung,
wie sie beim Schluckact besteht. Der untere Raum, welcher
hinter dem Kehlkopf liegt, ist das Cavum pharyngo-laryngeum, der
Kehlkopfrachenraum. Diese Fintheilung ist in der menschlichen
Physiologie und in der klinischen Mediein eine absolut zweck-
entsprechende. Wenn nun aber die menschliche Anatomie sich
dieser Theilung angeschlossen hat und ihr entsprechend die Rachen-
wand in eine Pars nasalis, eine Pars oralis und eine Pars laryngea
pharyngis eintheilt, so hat das nicht dieselbe Berechtigung, denn
diese Eintheilung entspricht keiner natürlichen Gliederung, wie sie
durch anatomische Verhältnisse der Rachenwand selbst, vor allen
Dingen durch die Anordnung von Muskeln oder Schleimhautfalten
gegeben ist. Vergleichend-anatomisch aber lässt sich mit
der beim Menschen üblichen Eintheilung überhaupt nichts anfangen,
denn eine Pars oralis hat immer zur Voraussetzung, dass die Mund-
axe in einem Winkel zur Rachenaxe steht. Wenn dieser aber immer
stumpfer wird und schliesslich ganz verschwindet, wenn mit andern
Worten Mund- und Rachenaxe in einer geraden Linie liegen, wie
bei vielen Säugethieren, wenn ferner hierbei die Rachenaxe schliess-
lich parallel mit der Horizontalen verläuft, welche man sich durch
Zungenbeinkörper und hintere Zungenbeinhörner gelegt denkt, so
kann von einer Pars oralis überhaupt nicht mehr die Rede sein.
Von ähnlichen Erwägungen geleitet, hat RÜCKERT nach einer
vergleichend-anatomisch brauchbareren Eintheilung
des Rachens gesucht. Sie geht von dem in Ruhe befindlichen
Rachen aus, wie er sich uns an der Leiche präsentirt, und theilt
diesen Rachen in zwei über einander gelegene Theile ein.
Die Grenze zwischen beiden wird durch die hintern
Gaumenbogen, durch die Arcus palato-pharyngei, gebildet, welche
die Verlängerung des weichen Gaumens nach hinten vorstellen.
Diese Grenze ist glücklich gewählt, denn sie hat sowohl
anatomische wie entwicklungsgeschichtliche Berechtigung, weil die
Arcus palato-pharyngei in der ganzen Säugethierreihe gut ausge-
bildet sind, im Allgemeinen dem untern Rande des M. palato-pharyn-
geus entsprechen und die Fortsetzung der Scheidewand bilden, welche
in Form des harten und weichen Gaumens den gemeinsamen Mund-
Der Rachen von Phocaena conimunis Less. 35
a
rachenraum in einen Mundrachen- und einen -Nasenrachenraum ab-
theilt. Dieser guten morphologischen Abgrenzung gab RÜCKERT
nun eine physiologische Bezeichnung und nannte den über
dem Gaumensegel und den hintern Gaumenbogen gelegenen Theil
den Luftweg, den untern Theil aber den Speiseweg. Ganz abge-
sehen von andern Erwägungen, ist diese Benennung für die wenigsten
Fälle zutreffend und stimmt vielleicht nur beim Wal, wovon später
mehr (cf. Capitel „Kehldeckel und Gaumensegel“). Ich möchte
daher die Benennung der von RÜCKERT abgegrenzten Theile des
Rachens ändern und ohne Berücksichtigung der Physiologie den
obern Theil der Rachenwand einfach die Pars superior,
den untern Theil die Pars inferior, den obern Rachen-
raum das Cavum superius, den untern das Cavum in-
ferius pharyngis nennen. Ich möchte hinzufügen, dass diese
Benennung der thatsächlichen Lage der beiden Theile zu einander
bei allen Säugethieren entspricht, denn selbst bei vollkommen ge-
strecktem Mundrachenwinkel liegt die in die Nase mündende Pars
superior höher als die in den Mund mündende Pars inferior, weil
die Nasenhöhle stets höher liegt als die Mundhöhle. — Die Ebene,
welche durch die hintern Gaumenbogen gelegt wird und welche das
Cavum pharyngis superius vom Cavum pharyngis inferius trennt, ist
der Isthmus naso-pharyngeus.
Zwischen Mund und Rachen liegt nun ein Raum, welchen man
anatomisch mit demselben Recht dem Mund wie dem Rachen zu-
theilen kann. Im erstern Fall könnte man ihn hintern Mundraum
nennen, im letztern nennt man ihn das Vestibulum pharyngis.
Diese Bezeichnung ist die bessere, denn der Raum theilt als reiner
Speiseweg die physiologische Bestimmung des Rachens. Die Grenzen,
am Menschen bestimmt, lassen sich vergleichend-anatomisch nicht
vollkommen beibehalten: Die vordere Grenze ist der Isthmus
faucium oder besser Isthmus oro-pharyngeus, d. d. die
Ebene, welche man sich beim Menschen durch die vordern Gaumen-
bogen, die Arcus glosso-pharyngei, gelegt denkt. Wenn aber die Arcus,
wie bei vielen Säugerthieren, fehlen, kann man sie sich durch eine
Linie ersetzt denken, welche von dem Gewölbe des weichen Gaumens
vor der Vereinigung der hintern Gaumenbogen zu den hintern
Seitenrändern der Zunge hinab verläuft. Die hintere Grenze wird
beim Menschen vom Isthmus naso-pharyngeus gebildet. Das hat
bei ihm und den Primaten einen Sinn, denn bei ihnen erreichen die
hintern Gaumenbogen nicht die hintere Rachenwand, und die Con-
26 G. BOENNINGHAUS,
tinuität des Cavum pharyngis superius und inferius wird durch dieses
so umgrenzte Vestibulum nicht unterbrochen. Wenn aber, wie bei
den meisten Säugethieren, die hintern Gaumenbogen die hintere
Rachenwand nicht nur erreichen, sondern sie sogar circulär um-
geben, so schiebt sich der zwischen vordern und hintern Gaumen-
bogen gedachte Raum wie ein Keil zwischen Cavum pharyn-
gis superius und inferius ein, wodurch eine vollkommene
Trennung dieser Räume entstände, was doch nicht beabsichtigt ist.
Man muss also die hintere Grenze vergleichend-anatomisch weiter
nach vorn legen, und man würde sie zweckmässig durch die Lig.
pharyngo-epiglottica (TouRTUAL) legen können, wenn diese nicht zu
vielen Säugethieren fehlten. Am geeignetsten will es mir nun er-
scheinen, wenn man die Grenzebene durch die Epiglottis selbst be-
stimmt und sie transversal durch die sagittale Medianlinie
der Vorderfläche der Epiglottis legt. So soll es auch bei
der spätern Betrachtung des Vestibulums von Phocaena geschehen. —
Der Boden dieses so zwischen Isthmus oro-pharyngeus und vorderer
Epiglottisebene liegenden Vestibulum pharyngis wird nun vom
Zungengrund und dem zwischen diesem und der Epiglottis ge-
legenen Sinus glosso-epiglotticus gebildet. Die Seitenwände des
Vestibulums werden von den Seiten des weichen Gaumens und von.
den in denselben liegenden Gaumenmandeln gebildet.
Was ist weicher Gaumen? Dass der weiche Gaumen, das
Gaumensegel, Velum palatinum, die fibro-musculöse, mit Schleimhaut
überzogene Platte sei, welche die segelartige Verlängerung des harten
Gaumens nach hinten bildet und mit einem freien Saum endigt, darüber
ist noch niemand anderer Ansicht gewesen als Rawırz. Dieser neueste
Arbeiter auf dem Gebiete des Phocaena-Rachens nennt nicht nur den-
jenigen Theil der Rachenwandung den weichen Gaumen, welcher diesen
Namen wirklich verdient, sondern zieht auch die Seitenwände und die
Rückwand des Rachenschlauchs, soweit sie sich dem weichen Gaumen
anschliessen, mit in den Begriff des weichen Gaumens hinein und kommt
so zu der Behauptung, dass der weiche Gaumen bei Phocuena einen
— Schlauch bilde! Zwar hatte Cuvırr dieselbe Anschauung, doch das
war 100 Jahre früher.
IV. Der Rachen von Phocaena communis.
A. Die Pars superior pharyngis.
Die untere Grenze der Pars superior des Rachens wird nach
vorstehender Erörterung von den hintern Gaumenbogen gebildet,
i 4 fe ?
Der Rachen von Phoëaena communis Less. 97
welche bei Phocaena sowohl vorn wie binten in einander übergehen
und so einen geschlossenen Ring darstellen. Diese Ringbildung
findet sich nur bei einigen Landsäugethieren vor, nach RÜCKERT
beim Pferd, beim Hasen und beim Fischotter, nach GEGENBAUR und
Howes auch bei einer Anzahl von Aplacentaliern. Bei allen übrigen
bisher untersuchten Landsäugethieren sind die hintern Gaumenbogen,
wie beim Menschen, hinten nicht geschlossen. — Die hintern Gaumen-
bogen erreichen nun bei Phocaena eine Mächtigkeit, wie sie auch
nur annähernd von keinem Landsäugethiere erreicht wird, und Ra-
wITz nennt diese Bildung daher mit Recht den Ringwulst. Während
der Wulst hinten und vorn unmittelbar in die hintere Rachenwand
resp. den weichen Gaumen übergeht, ist er von den Seitenwänden
des Rachens durch je eine dorsal geöffnete, tiefe Bucht abgesetzt.
Diese seitlichen Nasopharyngealtaschen sind weiter nichts als die
extreme Weiterbildung der schon bei den Säugethieren mit ring-
förmigen Gaumenbogen vorhandenen seichtern Gebilde und haben
nichts mit jener unpaaren, blindsackartigen, gleichnamigen Bildung
der hintern Rachenwand des Schweins (LOTHES) gemeinsam, welche
in derselben bis zum Anfang des Oesophagus verläuft.
Die obere Grenze der Pars superior des Rachens wird von
den Choanen gebildet. Die Choanalebene ist bei Phocaena nach
demselben Princip wie bei den Landsäugethieren (Cap. III) zu con-
struiren, jedoch mit einiger durch die Verschiebung der Knochen
nothwendig gemachten Modification, wovon sogleich die Rede sein
wird.
1. Die Knochen der Pars superior.
a) Die knécherne Rachenrinne.
Vergleichen wir die vordere Hälfte (s. Einleitung) der
knöchernen Rachenrinne von Phocaena (Fig. K) mit der
Rachenrinne des Kalbes (Fig. L), so finden wir dieselben
Knochen wieder, jedoch in gänzlich verschiedener Anordnung.
An den Knochen der Schädelbasis von Phocaena fällt uns zu-
nächst an diesem, seitlich von der Mittellinie geführten Schnitt die
plattenartige Dünnheit auf. Sie ist eine Theilerscheinung der hoch-
gradigen Reduction, welche den ganzen Hirnschädel der Wale, mit
Ausnahme der in der sagittalen Mittellinie gelegenen Partie (Taf. 1,
Fig. 1), befallen hat. Das Basisphenoid (Fig. K 9) ist, abgesehen von
der Reduction, der einzige unveränderte Knochen dieser Gegend.
98 G. BOENNINGHAUS,
An seiner ventralen Fläche bemerkt man den niedrigen Proc. ptery-
goideus (10) des lateral vom Basisphenoid gelegenen Alisphenoids
zum Vorschein kommen. Das Präsphenoid (7) ist stark gekrümmt
und sieht mit seiner concaven Fläche nach hinten oben. Das Ptery-
goid (8) ist plattenförmig verbreitert und verlängert. Es trägt die
schon erwähnte, den Zahnwalen eigene tiefe Incisur (e) für den
Durchtritt der Tube, welche vom Os tympanicum durch diese In-
cisur zum Ostium pharyngeum tubae (d) emporsteigt. Der auf-
steigende Ast des Palatinums und der Proc. sphenoidalis des erstern,
welche beim Kalb eine breite Knochenplatte darstellen (Fig. L 2
u. 3), sind zu einem sehr schmalen Processus reducirt (Fig. K 3‘),
an dessen aboralem Ende eine individuell verschieden grosse Knochen-
lücke (c) sich befindet, durch welche eine grosse Vene in die Knochen-
rinne des Rachens eintritt.
Wo sind nun bei Phocaena die Choanen zusuchen? Die Spina
nasalis posterior wird bei Phocaena vom Vomer gebildet, welcher,
abweichend von den Landsäugethieren, den hintern Rand der Pala-
tina überragt (Taf. 1, Fig. 1 f). Das geschieht bald nur äusserst
wenig, bald aber mehr, wie in der genannten Figur. Der obere
Richtpunkt aber, der Treffpunkt der hintern untern Kante des Sieb-
beins und vordern untern Kante des Präsphenoids (s. Fig. L), ist da- —
durch etwas verschoben, dass das Präsphenoid redueirt ist und die
Siebbeinmuscheln fehlen. Er wird daher ohne wesentliche Fehler-
quelle dorthin verlegt werden können, wo (Fig. K f) Präsphenoid
und Lamina cribrosa zusammenstossen. Die transversale Ebene nun,
welche man durch diesen Punkt und die Spina nasalis posterior
legen würde, würde nicht ganz den Anforderungen einer Choanal-
ebene entsprechen, denn sie würde den vordersten obersten Theil
der Pterygoide zur Nasenhöhle schlagen. Die Pterygoide aber ge-
hören stets zum Rachen. Wir müssen daher annehmen, die Cho-
analebene sei unter Beibehaltung ihrer Richtpunkte
durch die Drehung des Präsphenoids und der con-
secutiven Drehung der Pterygoide nach oben ausge-
baucht, und müssen in Folge dessen diejenige Fläche
als Choanalfläche betrachten, welche von der Spina
nasalis posterior aus, parallel mit der Naht zwischen
Palatinum und Pterygoid, derart zum Treffpunkt von
Präsphenoid und Lamina cribrosa gelegt ist, dass
durch diese Fläche der aufsteigende Theil des Pala-
tinums wie beim Kalb in zwei Theile zerlegt wird, von
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 99
denen der eine als Nasentheil des aufsteigenden Astes
zur Nase, der'andere aber als eigentlicher Proc: sphe-
noidalis zum Rachen gehört (Fig. K, Linie df).
Was man bisher bei den Walen als Choanen betrachtete, ent-
spricht etwa derjenigen transversalen Fläche, welche man sich durch
die untere Kante des Vomers (Taf. 1, Fig. 1) gelegt denkt. Gegen
diese Choanalfläche besteht ein gewichtiges Bedenken, welches schon
K. E. v. BAER hatte: Die pharyngeale Mündung der Ohrtrompete
liegt oberhalb derselben, in der Nase. Es spricht aber ganz gegen
unsere anatomische Anschauung, dass diese Oeffnung in der Nase
liegen könne. v. KOSTANECKI andrerseits verlegte die Choanalebene
zu weit nach oben, etwa durch die Naht zwischen aufsteigendem Ober-
kiefer- und Gaumenbeinast. Er wählte diese Linie, weil bis hierhin die
Rachenmusculatur hinaufreicht. Ich betrachte aber die Muskelbündel,
welche jenseits unserer Choanen vom Nasenboden entspringen, als
solche, welche von der Rachenfläche des Gaumenbeins auf seine
Nasenfläche übergegriffen haben. Dieses Uebergreifen ist ja bei den
Säugethieren an andern Orten ein sehr häufiges. Bei Fhocaena be-
kommt dadurch die Rachenmusculatur in ihrem schräg von oben
vorn nach hinten unten gerichteten Verlauf eine günstigere Zug-
richtung. Die Choanalebene aber, nach v. KOSTANECKI’s Princip
angelegt, würde den grössten Theil des secundären Cavum nasi zum
Rachen schlagen. Das aber geht nicht an.
Die knöcherne Rachenrinne ergänzt bei Phocaena
erst das hinten oben schräg abgestutzte und daher
sehr kurzeCavumnasi zueinem längern geschlossenen
Knochenrohr. Wurde also dieses ganze Rohr vor Beginn un-
serer speciellen Untersuchungen, dem allgemeinen Gebrauch folgend,
kurz als Nasenrohr bezeichnet, so solles im weitern Verlauf
derselben mit seinem wahren Namen, dem knöchernen
Nasen- und Rachenrohr, belegt werden.
b) Das Präsphenoid.
Das Präsphenoid, bei den Landsäugethieren mehr oder minder
gerade, hat bei den Walen eine Krümmung um die frontale
Axe von etwa 90° erlitten. Diese Veränderung ist so augen-
fällig, dass man sich wundern muss, wenn sie in kurzen, klaren
Worten bisher nicht ausgesprochen worden ist, denn was hier und
dort (K. E. v. BAER, FLOWER) darüber gesagt ist, geht über den
Werth einer Andeutung nicht hinaus,
30 G. BOENNINGHAUS,
Diese Kriimmung erfolgt schon im Mutterleibe, aber nicht sehr
früh, denn beim 7,1 em langen Phocaena-Embryo ist das Prä-
sphenoid noch gerade (Fig. J 5), beim 68 cm langen Embryo aber
ist seine Krümmung bereits vollendet. Den Process der Krümmung
aber können wir, als nach dem Princip des ungleichmässigen Wachs-
thums erfolgend, correct als Drehung bezeichnen. Das Präsphenoid
hat sich also gedreht, und zwar derart, dass sein vorderes, an das
Ethmoid stossendes Ende sich nach oben gewandt hat, dass sein
hinteres, an das Basisphenoid stossendes Ende stehen geblieben ist.
Bei der centralen Lage des Präsphenoids ruft diese Drehung
nun mannigfache Verschiebungen am Schädel hervor, und
zwar sowohl am Primordialknorpel als an den Deck-
knochen: Die Lamina perpendicularis und durch dieselbe die schon
vorher gedrehten Exethmoide (cf. Umbau der Nase) werden auf
die Höhe der Stirn gehoben. Hierbei wird der Winkel, welcher
sich durch die Drehung der Exethmoide zwischen diesen und dem
Präsphenoid in früher embryonaler Zeit bereits gebildet hatte (Fig. J),
wieder aufgehoben. Die Hebung der Exethmoide aber ist um so
grösser, als mit der Drehung des Präsphenoids zugleich eine Ver-
längerung desselben stattfindet, wie aus dem Vergleich des Prä-
spenoids von Phocaena mit demjenigen etwa gleich grosser Land-
säugethiere hervorgeht. Mit den Exethmoiden kommt auch das
Nasenloch auf die Höhe der Stirn, ein Vorgang, dessen ja bereits
beim Umbau der Nase Erwähnung geschah. So wird aus der ge-
raden Linie, in welcher noch bei dem kleinen Embryo (Fig. M) Ohr-
öffnung, Augenspalte und Nasenloch, wie bei den Landsäugethieren
das ganze Leben hindurch, liegen, beim grossen Embryo (Fig. N)
Fig. M. Eis N.
3
NS .
2 4
Fig. M. Phocuena-Embryo von 7,1 cm directer Länge 1:1. Z äussere Ohr-
öffnung, 2 Lidspalte, 3 äussere Nasenöffnung.
Fig. N. Phocaena-Embryo von 68 cm directer Länge. Stark verkleinert. Be-
zeichnungen wie in Fig. M,
Der Rachen von Phocaena communis Less. 31
ein rechter Winkel. — Die Orbitosphenoide machen, da sie
eigentlich nur die seitliche Verlängerung des Präsphenoids sind, die
Drehung des Präsphenoids mit, und so wird die ganze vordere
Schädelpartie nach hinten gedreht. Die gleichzeitig erfolgende
Drehung des hintersten Theils des Basioccipitale aber bringt die
hinterste Partie des Schädeldachs nach vorn. So kommt es zu der
Annäherung der Frontalia an die Supraoceipitalia (Taf. 1, Fig. 1 /.0),
zur streifenartigen Verschmälerung der Parietalia und zu ihrer gänz-
lichen Verdrängung aus der sagittalen Mittellinie des Schädels. Die
Drehung der Orbitosphenoide ist nun nichts Neues, denn sie erfolgt
schon bei den Landsäugethieren, aber nicht um die frontale, sondern
um die sagittale Axe. Hieraus resultirt eine Verschmälerung
des Vorderkopfs bei den Landsäugethieren, und die Verbreiterung
des Vorderkopfs bei den Walen ist die Folge von der Unterlassung
der Drehung um diese Axe. Doch weiter auf diese interessanten
Verhältnisse einzugehen, würde hier zu weit führen, im Ganzen ge-
nommen aber muss man sagen, dass die Verkürzung, Verbreiterung
und Erhöhung des Walschädels die Folge der Drehung jener Knochen
der Schädelbasis um die frontale Axe ist. — Auch die Deckknochen,
welche direct mit dem Präsphenoid in Verbindung stehen, werden
entsprechend verändert: die horizontalen Vomerplatten und
ebenso die Pterygoide (Fig. K 5) werden gedreht und stark ver-
längert.
Schon K. E. v. BAER machte die Bemerkung, dass bei der
Drehung des Vorderkopfs der Vomer sich nicht mit gedreht habe.
Das ist zweifellos richtig, nur liegt die Ursache für die Nichtdrehung
des Vomers nicht in diesem Deckknochen, sondern in der Crista des
primordialen Präsphenoids. Doch was ist bei Phocaena Crista
praesphenoidalis? Bricht man bei einem jugendlichen /’%ho-
caena-Schädel den das Nasen- und Rachenrohr in seinen untern
zwei Dritteln septirenden papierdünnen Vomer weg, so kommt unter
demselben ein Knochen zum Vorschein, der ungleich dicker und
und fester ist als der Vomer und den eigentlichen Kern des Septums
bildet. Am Sagittalschnitt sieht man diesen dicken Knochen ohne
Grenze (Taf. 1, Fig. 1:!) in das Präsphenoid übergehen und muss
ihn deshalb für einen Theil des letztern halten. Nach oben zu geht
er in die Lamina perpendicularis (4') des Mesethmoids über, nach
vorn grenzt er an das knorplige Nasenseptum (d). Dieser merk-
würdige, spornartige Auswuchs des Präsphenoids ist, obwohl er sich
bei Landsäugethieren in dieser oder auch nur ähnlicher Anordnung
32 G. BOENNINGHAUS,
nicht vorfindet, bisher fast ganz übersehen worden. Nur im Atlas
von VAN BENEDEN U. GERVAIS ist er in einer besondern Figur ab-
gebildet, doch fehlt die Benennung, weil die Autoren offenbar nicht
wussten, was sie aus ihm machen sollten. Die Erklärung aber für
diesen Auswuchs giebt uns die Entwicklungsgeschichte: Am knorpligen
Primordialeranium der Säugethiere besteht das vordere Keilbein aus
zwei Platten, einer horizontalen und einer verticalen, die der erstern
an ihrer Unterfläche sagittal aufsitzt und deshalb gleichsam die Ver-
längerung des Mesethmoids unter das Präsphenoid darstellt. Im
Frontalschnitt erscheint also das primordiale Präsphenoid als ein T.
Unter die Winkel des T schiebt sich nun von vorn her die Knorpel-
kapsel der Exethmoide mit ihren beiden hintern, zu soliden Zipfeln
ausgezogenen Enden, die später durch die von der Nase hinein
wachsende Schleimhaut ausgehöhlt werden, verknöchern, mit dem
Präsphenoid verwachsen und die Keilbeinhöhlen umschliessen. Die
obere Wand und das Septum der Keilbeinhöhlen gehören also ent-
wicklungsgeschichtlich sowohl dem Präsphenoid als den Exethmoiden
an, die untere und äussere Wand dagegen verdanken ihren Ursprung
ausschliesslich den Exethmoiden. Diese Darstellung entspricht im
Wesentlichen der Auffassung Dursy’s (siehe seinen Atlas, tab. 7,
fig. 14 u. 15, und tab. 8, fig. 8—10, nebst entsprechendem Text), jenes
wenig gewiirdigten Forschers, dessen staunenswerth correcte, mit
den primitivsten Mitteln ausgeführte Untersuchungen noch heute als
maassgebend für unsere Grundanschauungen von der Entwicklung
der Säugethiernase gelten müssen. Bei Phocaena legen nun die
Exethmoide nur eine höchst rudimentäre Knorpelkapsel an (s. Cap. II),
die dazu schon bald wieder verschwindet; die wuchernde Schleim-
haut der Nase dringt auch gar nicht in diese Kapsel ein, weil sie
in den Zustand des Vordringens und Sichfaltens erst zu einer Zeit
geräth, in welcher die Exethmoide längst redueirt sind. Daher kann
es bei Phocaena auch gar nicht zu einer knöchern umgrenzten Keilbein-
höhle kommen, das Präsphenoid aber kann keine Apposition durch
die Exethmoide erhalten und besteht das ganze Leben hin-
durch in seiner primären Tförmigen Gestalt fort. Der
sagittale Sporn des Präsphenoids aber ist die ur-
sprüngliche Scheidewand der Keilbeinhöhlen, das
Septum praesphenoidale oder die Crista praesphenoi-
dalis.
Die Crista praesphenoidalis der Zahnwale zeichnet sich durch
ihre Härte und Dicke vor derjenigen der Landsäugethiere aus
Der Rachen von Phocaena communis Less. 33
Beides ist gerade hier auffallend, die Härte deshalb, weil die übrigen
Schädelknochen der Zahnwale ein sehr lockeres Gefüge haben, die
Dicke deshalb, weil ein dünnes Septum bei der ohnedies schon sehr
grossen Enge der Athemrohre vortheilhafter für die Respiration ge-
wesen wäre. Beides muss daher wohl einem wichtigen Zweck dienen,
und dieser ist in der Architectur des Schädels der Zahnwale ge-
geben. Denn durch die enorme Reducirung des Jochbogens (Fig. A
13) und die Durchbrechung der Stirngegend seitens der Nasenlöcher
ist die Verbindung zwischen Hirnschädel und Gesichtsschädel der-
artig geschwächt, dass eine anderweitige feste Verbindung beider
zur Nothwendigkeit wurde. Sie wird zum Theil erreicht durch die
plattenartige Uebereinanderschiebung der Proc. frontales der Maxillen
über das Stirnbein, zum Theil aber durch die Kräftigung der Crista.
Wesen ihrer Kürze aber könnte auch die verstärkte Crista keine
wirksame Befestigung des Gesichtsschädels an den Hirnschädel ab-
geben, würde sie sich nach vorn nicht mit der ebenfalls sehr ver-
stärkten Vomerschiene verbinden. Auch diese Verstärkung des
Vomers erfüllt erst dadurch vollkommen ihren Zweck, dass er durch
sein stellenweises Hinunterreichen bis zur Mundfläche des harten
Gaumens, an der Crista nasalis posterior und eine Strecke weiter
nach vorn (siehe Taf. 1, Fig. 1 f, auf welcher indess die Vomer-
schiene wegen der medianen Führung des Schnitts nicht sichtbar
ist) fest mit den übrigen Knochen des Schnabels verankert ist. So
bildet Crista sphenoidalis und Vomer eine kräftige
Schiene, welche die Festigkeit der Verbindung von
Gesichtsschädel und Hirnschädel wesentlich erhöht.
Die Crista praesphenoidalis zeichnet sich ferner durch ihre
Höhe aus, die so gross ist, dass sie ganz im Gegensatz zu den
sonst gewohnten Verhältnissen die Höhe der Lamina perpendicularis
bei weitem übertrifft. Dieses vermehrte Wachsthum in die Höhe
ist von demselben Gesichtspunkt aus zu beurtheilen wie das ver-
mehrte Wachsthum des Mesethmoids in seinem vordern obern Theil
(cf. Cap. Umbau der Nase), d. h. so wie das vermehrte Wachsthum
des Mesethmoids zur Drehung der Exethmoide führte, so führte
das vermehrte Wachsthum der Crista praesphenoi-
dalis zur Drehung der horizontalen Platte des Prä-
sphenoids. Die gleichzeitige Krümmung dieser Platte
aber unterstützte nur deren Drehung. Wir sehen also,
welch wichtige Rolle beim Zahnwal die sonst so unbe-
deutende Crista praesphenoidalis spielt.
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 3
34 G. BOENNINGHAUS,
Betrachten wir nun die sog. Crista praesphenoidalis, die hintere
Verlängerung des Mesethmoids unter das Präsphenoid, als zum Mes-
ethmoid gehörig, was ja den natürlichen Verhältnissen mehr ent-
spricht, als wenn wir sie, wie üblich, zum Präsphenoid rechnen, so
leuchtet es ohne weiteres ein, dass die Crista praesphenoidalis
sich als Bestandtheil des Mesethmoids der Drehung
des eigentlichen Präsphenoids gar nicht anschliessen
kann. Denn das Mesethmoid bleibt ja umgedreht und muss es
bleiben, weil sonst das Munddach ebenfalls nach oben gedreht und
die Mundöffnung, wie die Nasenöffnung, an der Stirn liegen würde,
was ja ein Unding wäre.
Recapitulation: Fassen wir nun die in diesem Capitel und
im Capitel über den Umbau der Nase beschriebenen Vorgänge in
grossen Zügen zusammen, so ergiebt sich, dass der ganze Umbau
der vordern Hälfte des Kopfs bei den Zahnwalen im Wesentlichen
durch Veränderungen des Ethmoids erfolgt, welche entgegengesetzter
Natur sind: Das Mesethmoid zeigt vermehrtes, die Exethmoide da-
gegen vermindertes Wachsthum. Ersteres führt zur Erhöhung und
Verkürzung der vordern Hälfte des Hirnschädels und zur Bildung
des Schnabels, letzteres führt zur aboralen Verlegung der Apertura
pyriformis und ihrer Drehung nach oben, zum Aufbau jenes merk-
würdigen, buchtenartigen Apparats auf der Apertura pyriformis und -
zur Bildung des einheitlichen Nasenlochs.
2. Die Muskeln der Pars superior.
Die Musculatur der Pars superior des Rachens ist bisher von
allen Autoren als ein einheitliches Ganzes betrachtet und M. palato-
pharyngeus, von RAWITZ, gemäss seiner Anschauung vom weichen
Gaumen, M. palatinus genannt worden. Und doch, vergleicht man
die Innenfläche des Muskelschlauchs (Taf. 1, Fig. 2) mit seiner Aussen-
fläche (Taf. 1, Fig. 3), so bemerkt man sofort, was auch schon
K. E. v. BAER und Rapp auffiel, dass der Verlauf der Muskelfasern
auf beiden Flächen ein verschiedener ist. Das legt doch die Wahr-
scheinlichkeit nahe, dass der Schlauch auch aus verschiedenen
Muskeln bestehe, allein keiner der Untersucher machte sich an seine
Zergliederung heran, obwohl mancher von ihnen, z. B. K. E. v. BAER,
STANNIUS und RAWITZ über ein genügend reichliches Material,
speciell an Phocänen, verfügten, um die Zergliederung mit Erfolg
durchsetzen zu können. Diese Unterlassung liegt nicht weniger an
der schwierigen Zugänglichkeit der Rachengegend als an der
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 35
schwierigen Auffassung der total verschobenen Verhältnisse, be-
sonders in der Pars superior. Bedürfte es noch eines Beweises für
diese Schwierigkeiten, so ist es die Thatsache, dass STANNIUS, einer
der classischen ältern Zergliederer, in seiner Abhandlung über die
Musculatur des Braunfisches alle Muskeln der Phocaena beschrieb,
mit Ausnahme derjenigen der Pars superior (und einiger Becken-
muskeln), und dass RÜCKERT, der Begründer der vergleichenden
Myologie des Rachens, den Rachen durch die ganze Reihe der Säuge-
thiere hindurch untersuchte, mit Ausnahme des Wals, ohne dass
es auch ihm an Walmaterial gefehlt hätte.
Nicht die gleiche Schwierigkeit fanden Macarisrer und später
Morte bei Globiocephalus melas, denn nach ihrer Beschreibung besitzt
dieser Zahnwal die Muskeln des Rachens in ungefähr derselben An-
ordnung wie die Landsäugethiere. Das ist um so auffallender, als der
Schädel von Globiocephalus dieselben Differenzen gegenüber dem Land-
säugethierschädel aufweist wie die Schädel der übrigen Zahnwale. Die
Art und Weise der Homologisirung der Muskeln aber fordert geradezu
zum Widerspruch heraus. Ich habe deshalb die Resultate der beiden
Forscher in Folgendem nur wenig berücksichtigen können.
Die erste Schwierigkeit liegt, wie gesagt, in der mangel-
haften Zugänglichkeit des Rachens, der theils im knöchernen
Nasen- und Rachenrohr, theils in der hintern knöchernen Halbrinne der
Schädelbasis (cf. Einleitung) versteckt liest. Um ihn zugänglich zu
machen, erschien es mir am zweckmässigsten, am abgeschnittenen
Kopf von Phocaena zunächst den ganzen Zungenbeinapparat auf einer
Seite vom Unterkiefer und der Schädelbasis zu lösen, dann die Rachen-
hälfte dieser Seite sowohl aus dem knöchernen Nasen- und Rachenrohr
als aus der hintern knöchernen Halbrinne der Schädelbasis heraus zu
präpariren, weiter den Schädel sagittal zu durchsägen und dann noch
das knöcherne Nasenrachenseptum der bisher intacten Rachenseite mit
Einschluss eines Theils der angrenzenden Knochen zu entfernen. Spaltet
man endlich noch den Rachenschlauch dorsal in der Mittellinie und
präparirt die Schleimhaut der Pars superior vom Muskelschlauch
ab, was wegen der festen Verbindung von Schleimhaut und Muskel-
schlauch nicht leicht ist, so hat man jetzt einen freien Einblick in den
Rachenschlauch gewonnen, wie er in Taf. 1, Fig. 2 dargestellt ist, und
dabei den Vortheil, dass der Schlauch wenigstens auf einer Seite noch
in Verbindung mit dem Knochen, also in seiner natürlichen Lage ist.
Jugendliches Material verdient wegen seiner leichtern Präparirbarkeit
und bessern Abgrenzung der Muskeln von einander den Vorzug. Die
Lupe ist besonders an der Mündung der Ohrtrompete nicht zu ent-
behren.
Die zweite Schwierigkeit liegt in der nicht leichten
Homologisirbarkeit der Rachenmuskeln. Sie muss von den
Verhältnissen bei den Landsäugethieren ausgehen, wie sie durch die
3
36 G. BOENNINGHAUS,
Untersuchungen RUCKERT’s für die Rachenmusculatur und v. Kosta-
NECKIS für die Tubengaumenmusculatur festgelegt sind. Diese
zeigen, dass in der ganzen Reihe der Landsäugethiere,
mit Ausnahme einiger Aplacentalier, die den Rachen con-
stituirenden Muskeln dieselben sind und dass sich
Differenzen nur auf das Hinzukommen neuer Muskelzüge zu den
alten beschränken. Bei dieser conservativen Neigung der Rachen-
musculatur war es nun von vorn herein wahrscheinlich, dass man bei
Phocaena die typischen Landsäugethiermuskeln wiederfinden würde,
allerdings in gänzlich verschiedener Anordnung, hervorgerufen durch
die Drehung des knöchernen Nasen- und Rachenrohrs nach oben.
Denn soweit hierdurch Ansatzpunkte von Rachenmuskeln verschoben
werden, müssen letztere natürlich mit verschoben werden und eine
ganz andere Richtung bekommen. Betroffen wird hiervon in erster
Linie der M. constrictor superior seu M. pterygo-pharyngeus, welcher
sich bei Phocaena, wie überall, am Pterygoid befestigt, und zwar am
oralen Ende desselben, welches ja mit dem Präsphenoid nach oben
gedreht und verlängert wird. Der Constrictor superior aber,
innig mitdem ganzen Rachenschlauch verbunden, muss
den letztern so weit in die Höhe ziehen, bis er mit
seinem obern Ende an das Septum osseum der Rachen-
rohre anstösst, wodurch die Bewegung des Rachenschlauchs
zum Stehen kommen muss. Nicht zum Stehen aber kommt die
Drehung des Pterygoids, und jetzt muss das obere Ende des Rachen-
schlauchs in seinen seitlichen, sich an das Pterygoid ansetzenden
Theilen in die Länge gezogen werden. So kommt es zur Bil-
dung langer Seitenzipfel am obern Umfang des muscu-
lösen Rachenschlauchs, welche sich hoch in die knöchernen
Nasen- und Rachenrohre hinein erstrecken. — Ursprünglich war ich
der Ansicht, dass die Bildung der Seitenzipfel als Hemmungsbildung
aufzufassen sei, indem das Septum osseum die Vereinigung des
obern Theils des Muskelschlauchs in frühester embryonaler Zeit ver-
hindert habe, indess ist der Rachenschlauch schon vollkommen ge-
bildet, ehe noch die Drehung des Präsphenoids erfolgt, wie das der
7,1 em lange Embryo zeigt. Auch die Thatsache, dass die Anlage
der Musculatur ganz allgemein derjenigen des Knorpels und Knochens
vorausgeht, würde dieser Annahme entgegenstehen. Es muss daher
bei der Entstehung der Zipfel durch Zug bleiben.
Vor Eintritt in das eigentliche Thema möchte ich noch einige
Worte über die verschiedene Möglichkeit, Muskeln zu
Der Rachen von Phocaena communis Less. 37
homologisiren, vorausschicken, weil darüber die Ansichten zur Zeit
noch sehr aus einander gehen.
1) Wir wissen, dass die Anlage der Musculatur metamer erfolgt
und dass mit jedem Myotom ein motorischer Nerv in Beziehung tritt.
Wollen wir also einen Muskel bestimmen, so können wir das thun
durch die Bestimmung des zugehörigen Nerven nach seiner
Austrittsstelle an der Schädelbasis oder an der Wirbelsäule Wenn
nun aber aus dem Myotom, wie in der Regel, mehrere Muskeln sich
bilden, so versorgt auch der eine Nerv mehrere Muskeln. Man kann
dann vom Nerven aus nicht mehr einen bestimmten Muskel homologi-
siren, sondern nur eine bestimmte Muskelgruppe. Wenn nun aber die
Innervation der Muskelgruppe gar nicht von einem isolirten Nerven,
sondern von einem Nervenplexus aus geschieht, an dessen Bildung
mehrere Nerven sich betheiligen, so ist die Homologisirung eines be-
stimmten Muskels durch seinen motorischen Nerv vollends unmöglich.
So ist es nun beim Rachen: Die gesammte Rachenmusculatur, ein-
schliesslich des Levator veli, wird, beim Menschen wenigstens, bei
welchem diese Verhältnisse bisher allein genügend durchforscht sind,
vom Plexus pharyngeus innervirt, welcher vom Vagus und Accessorius
gebildet wird. Nur der Tensor veli wird als Abkömmling der Kiefer-
musculatur vom Nerven des Mandibularbogens, dem 3. Ast des Trige-
minus, innervirt. Zweifelhaft ist es nur noch, ob die Gaumenmusculatur
nicht auch noch Zweige vom Facialis erhält. Wenn nun bei den
Säugethieren die Innervation des Rachens dieselbe ist wie beim Menschen,
was ja wahrscheinlich ist, so lässt sich kein einziger Rachen-
muskel, mit Ausnahme des Tensor veli, vom Nerven aus homo-
logisiren. Diese Möglichkeit der Homologisirung des Tensor veli
und noch mehr die Entscheidung, ob der Muskel, welchen ich als Con-
strictor medius pharyngis betrachte (cf. später), auch wirklich vom
Plexus pharyngeus innervirt wird, hätten allein schon die Präparation
der Rachennerven bei Phocaena wünschenswerth gemacht, jedoch miss-
lang der erste Versuch, und ein zweiter musste wegen Mangels an
weiterm Material unterbleiben. Das Eine aber lehrte mich der erste
Versuch, dass diese Präparation beim Zahnwal sehr schwierig ist, weil
bei der gänzlich subcranialen Lage des Rachens die Schädelbasis in
ganzer Ausdehnung Stück für Stück abgetragen werden muss.
2) Die zweite Möglichkeit der Homologisirung eines Muskels bieten
uns seine Ansatzpunkte. Diese sind, wie tausendfältige Erfahrung
(cf. Bronn) gelehrt hat, in der ganzen Säugethierreihe äusserst con-
stant, und Abweichungen beziehen sich im Allgemeinen
nur auf Gewinnung neuer Ansatzpunkte unter Beibe-
haltung der alten. Diese Art der Homologisirung einzelner Muskeln
versagt nur unter ganz besondern Umständen und hat sich daher das
allgemeine Bürgerrecht erworben. Auch beim Rachen können wir einen
ausgedehnten Gebrauch von ihr machen, denn die Ansatzpunkte der
Rachenmuskeln sind vergleichend-anatomisch ebenfalls sehr constant, wie
Rückerr nachwies. Auf diese Weise konnte daher die Homologisirung
der meisten Rachenmuskeln von Phocaena erfolgen.
38 G. BOENNINGHAUS,
3) Die dritte Möglichkeit der Homologisirung von Muskeln liegt
inimmer wiederkehrenden Beziehungen zu andern schon
bekannten Muskeln, sei es durch die Lage, seies durch
Faseraustausch. Diese Homologisirung ist besonders wichtig für
solche Muskeln, welche, wie die Pharynxmuskeln, nur einen fixen An-
satzpunkt haben. Von ihr wurde Gebrauch gemacht bei der Abgren-
zung des M. constrictor superior durch seine Lage zum M. stylo-
pharyngeus, bei der Homologisirung des M. levator veli durch seinen
Faseraustausch mit dem M. palato-pharyngeus und des M. thyreo-
pharyngeus mit dem M. crico-thyreoideus.
a) M. pterygo-pharyngeus seu constrictor pharyngis
superior, M. palato-pharyngeus und M.thyreo-palatinus.
Die Innenfläche des musculösen Rachenschlauchs von Phocaena
wird mit Ausnahme der schmalen Randbezirke von einem einzigen
ausgedehnten, dicken Muskel (Taf. 1, Fig. 2 7) gebildet, dessen Fasern,
so lange sie in den engen, knöchernen Nasen- und Rachenrohren
liegen, parallel von oben nach unten verlaufen, dann aber, an ihrer
Entfaltung nicht mehr gehindert, fächerartig in schön geschwungenen
Zügen derart gegen die hintere Rachenwand ausstrahlen, dass die
untersten Faserzüge schliesslich eirculär verlaufen. An der Hinter-
wand gehen die Fasern beiderseits in einander über, bilden also |
keine Raphe im Gegensatz zu den Landsäugethieren, was schon
RÜCKERT beschrieb. Dieser Muskel ist nun weiter dadurch ausge-
zeichnet, dass sich nahe seinem untern Ende von seiner Innenfläche
ein kräftiger, ca. 1 cm breiter, wieder vollkommen ringförmig ge-
schlossener Muskel (Taf. 1, Fig. 2 6) erhebt, und zwar dergestalt,
dass sein unterer Rand ohne Abgrenzung in den grossen Rachen-
muskel übergeht, sein oberer scharfer Rand aber seitlich weit von
ihm absteht und seitliche, nach oben geöffnete tiefe Taschen bildet.
Dieser Ringmuskel bildet die Einlage jenes früher beschriebenen
Schleimhautwulstes, des Arcus palato-pharyngeus, welcher den obern
Theil der Epiglottis und der Aryknorpel (Taf. 1, Fig. 2 b) eng um-
schliesst.
In dieser Anordnung wurde der ganze Muskelschlauch mehrfach,
zuletzt von Rawitz, übereinstimmend beschrieben und M. palato-
pharyngeus, von Rawitz aber fälschlich M. palatinus genannt. Diese
Homologisirung allein mit dem M. palato-pharyngeus ist nun keine
berechtigte. Wir lassen die Ansatzpunkte entscheiden: Der Muskel
entspringt in den knöchernen Nasen- und Rachenrohren, und zwar
lateral vom obersten Theil des Pterygoids, oral aber von der ganzen,
Der Rachen von Phocaena communis Less. 39
die vordere Wand des knöchernen Nasen- und Rachenrohrs bildenden
hintern Fläche der Gaumenbeine bis hinunter zur Spina nasalis
posterior. Frei von Musculatur und nur von Periost bekleidet ist
die aborale, von den horizontalen Platten des Vomers (Fig. 16) und
die mediane von seiner verticalen Platte (Fig. 1 7) gebildete Wand
der Rachenrohre, im theilweisen Gegensatz zu v. KOSTANECKI,
welcher den Muskel auch von der verticalen Platte des Vomer ent-
springen lässt. — Das untere Ende des Schlauchs setzt sich an den
Seitenspangen des Schildknorpels an, und zwar an ihrer Innen-
fläche, abweichend von Dusoıs, welcher sie an der Aussenfläche
inseriren lässt.
Was kann das nun für ein Rachenmuskel sein,
welcher vom Pterygoid, vom Palatinum und vom Thyre-
oid entspringt? Vom Pterygoid kommt der M. pterygo-pharyn-
geus, vom Palatinum der M. palato-pharyngeus, vom Thyreoid der
M. thyreo-pharyngeus. Wir haben es also nach der Homologisirung
vermittels der Ansatzpunkte mit einem, ursprünglich aus
diesen drei Muskeln entstandenen Muskel zu thun.
Lässt aber die ganze Configuration dieser drei Muskeln bei den
Landsäugethieren unsere Homologisirung wahrscheinlich erscheinen ?
Ganz gewiss, denn diese drei Muskeln bilden auch bei den
Landsäugethieren im Grunde genommen nur einen
Muskel, dessen Theile nur schärfer von einander getrennt sind.
Im Einzelnen aber verhält sich die Sache bei den Landsäugethieren
nach RÜCKERT und v. KOSTANECKI folgendermaassen: Der untere
Rand des M. pterygo-pharyngeus geht vollkommen coutinuirlich in
den obern Rand des M. palato-pharyngeus über, und zwar in die
Pars externa desselben, welche von der fibrösen Gaumenplatte, der
Verlängerung des horizontalen Palatinumasts nach hinten entspringt,
d. h. also von einer frontalen Ursprungslinie. Diese Pars ex-
terna wird nach innen zu bedeckt von der Pars interna des M. pa-
lato-pharyngeus, welche von der ganzen Raphe des weichen Gaumens,
also in einer sagittalen Linie entspringt, nach unten aber den
freien Rand der Pars externa continuirlich fortsetzt. Der untere
Rand der Pars interna endet frei in der Ansatzlinie des Arcus
palato-pharyngeus. Er ist nach unten gerichtet und dringt nur selten,
z. B. bei den Primaten, ein Stück weit in die Schleimhautduplicatur
des Arcus vor. — So bilden der M. pterygo-pharyngeus und der
M. palato-pharyngeus mit seiner Pars externa und interna eigentlich
einen einzigen Constrictor, welchen man füglich den Constrictor
40 G. BOENNINGHAUS,
der Pars superior pharyngis nennen könnte. Vom untern Rande
dieses Constrictors lösen sich nun bisweilen einige Bündel ab,
welche nicht zur Hinterwand verlaufen, sondern seitlich zum
Schildknorpel herab ziehen. Diese Verlängerung der Pars in-
terna M. palato-pharyngei nach unten, welche bisher nur beim
Menschen und beim Pferde bekannt ist, hat man mit
dem Namen des M. thyreo-palatinus belegt. Es bildet somit der
Thyreo-palatinus zusammen mit dem Pterygo-pharyn-
seus und Palato-pharyngeus auch bei den Landsäuge-
thieren einen einzigen zusammenhängenden Muskel.
Bemerkenswerthe, aber nicht principielle Abweichungen
zwischen diesem Muskel der Landsäugethiere und Phocaena sind nun
folgende: 1) Der M. pterygo-pharyngeus verläuft bei Phocaena nicht mehr
transversal, sondern sehr schrig um das Rachenrohr herum, in Folge
der zipfelartigen Ausziehung des obern Endes des Rachenschlauchs.
Auch ist er sehr schmal, denn nur ein kleiner Theil des gesammten
Rachenmuskels entspringt vom Pterygoid, und auch die Einsenkung
des M. stylo-pharyngeus in den Rachenschlauch, welche bei den
Landsäugethieren schon im Palato-pharyngeus erfolgt, geschieht sehr
weit oben. Alles in allem kann man daher nur die hintersten,
obersten Züge des grossen Rachenmuskels als den M. pterygo- -
pharyngeus ansehen. 2) Die Pars externa m. palato-pharyngei ent-
springt bei Phocaena direct von der hintern Kante des harten
Gaumens, weil diesem Thier eine fibröse Gaumenplatte fehlt. Sie
hat aber ihren Ursprung auf die Nasenbodenfläche des Palatinums
ausgedehnt, denn sie ist durch den Zug des sich drehenden Ptery-
goids mitsammt dem Pterygo-pharyngeus in das Rachenrohr hinauf-
gezogen. Der Muskel hat auf diese Weise — Beibehaltung des
alten und Erwerbung neuer Ansatzpunkte — eine grosse Aus-
dehnung erlangt und bildet den grössten Theil des
Constrietors der Pars superior. 3) Als Pars interna m. pa-
lato-pharyngei ist der längliche, mediale Muskel an der Rückfläche
des weichen Gaumens (Taf. 1, Fig. 2 5) mit Einschluss des Ring-
muskels zu betrachten. Wie bei den Landsäugethieren entspringt
er, bei Phocaena nur auffallend schmal, durch eine sagittale Linie
in eine rechte und eine linke Hälfte geschieden, von der ganzen
Raphe des weichen Gaumens, setzt sich nach oben in den Levator
veli (siehe später) fort und wird nach unten zum mächtigen Ring-
muskel des Arcus palato-pharyngeus. Dieser Ringmuskel zeichnet
sich dadurch aus, dass er bis in den freien Saum der Schleimhaut-
Der Rachen von Phocaena communis Less. 41
duplicatur des Arcus vordringt. Da dieser Saum aber überall dort,
wo der Arcus gut entwickelt ist, z. B. beim Pferd, nach oben sieht,
sieht auch der untere Rand des Palato-pharyngeus, ab-
weichend von den Landsäugethieren, nach oben. 4) Der
M. thyreo-palatinus (in keiner Figur eingezeichnet) ist bei dem Hoch-
stand des Schildknorpels bei Phocaena sehr kurz, denn es stösst der
Arcus palato-pharyngeus mit seinem untern Rand beinahe an den
Schildknorpel. Der Muskel setzt sich bei Phocaena auf der Innen-
fläche des Schildknorpels an, weil er offenbar bei der ausserordent-
lichen Reduction der Schildknorpelplatten (s. später) auf der Aussen-
fläche keinen Platz fand. 5) Die ganze Pars superior pharyngis ist
durch die Drehung und Verlängerung des Präsphenoids stark in die
Länge gezogen. Hierdurch ist die Bildung der Rückwand der
Pars superior eine andere geworden. Bei den Landsäuge-
thieren nämlich deckt, von hinten her gesehen, der Constrictor in-
ferior zum Theil den Constrictor medius, der Constrictor medius
aber zum Theil den Constrietor superior. Die Constrictoren liegen
also, um das bekannte Bild zu gebrauchen, wie die Züge eines halb
ausgezogenen Fernrohrs über einander. Bei Phocaena ist aber der
Constrietor superior durch die Verlängerung der Pars superior
pharyngis vollständig aus dem medius resp. inferior herausgezogen.
In diese so entstehende Lücke tritt nun der Palato-pharyngeus ein,
welcher ja die directe Fortsetzung des Constrictor superior nach
unten bildet. So sehen wir denn auf der Aussenfläche der Pars
superior (Taf. 1, Fig. 3 3) den Palato-pharyngeus im mittlern Längs-
drittel frei zu Tage liegen, im vordern und hintern Drittel aber von
andern, später zu besprechenden Muskeln bedeckt.
Die Function dieser Muskeln der Pars superior besteht in der
Compression der Sinus pyriformes beim Schlingact, wovon bei diesem
mehr. — Die Function des Ringmuskels des Arcus palato-pharyngeus
besteht ganz allein in der Compression des Kehlkopfeingangs beim
Schlingact.
b) M. salpingo-pharyngeus.
Von der untern Umrandung der pharyngealen Tubenmündung
nimmt ein Muskel seinen Ursprung (Taf. 1, Fig. 2 2), welcher, wie
der Constrictor superior, schräg von oben und lateral nach unten
und medial zieht. Aus dem knöchernen Rohr des Rachens heraus-
getreten, legt er sich zunächst eine Strecke lang nur an seinen
Partner an (cf. Fig.), verschmilzt aber schliesslich mit ihm (ef. Fig.).
42 G. BOENNINGHAUS,
An der Bildung der Innenfläche des Rachenschlauchs ist nur ein
schmaler Streif von ihm betheiligt (ef. Fig... Auf der Aussenfläche
(Taf. 1, Fig. 3 2) aber wird der Muskel breiter und liegt dem ver-
einigten Constrietor superior und Palato-pharyngeus nach aussen zu
breit auf. Er ist in Wirklichkeit nicht so scharf gegen diesen Muskel
abgesetzt, wie es in der Figur gezeichnet ist, vielmehr gehen Bündel
von einem zum andern Muskel über. Die Absetzung ist aber, be-
sonders auf dem Durchschnitt des Schlauchs (Taf. 1, Fig. 4 7) und
auf seiner Aussenfläche, eine so scharfe, dass über die Selbständig-
keit dieses Muskels gar kein Zweifel bestehen kann. Trotzdem ist
er bisher nieht beschrieben. Nach unten zu stösst er mittels einer
leichten Inscriptio tendinea (Taf. 1, Fig. 3 à) und unter starker Ver-
dünnung an den obern Theil eines Muskels, welcher seine Ver-
längerung nach unten bildet und als M. longitudinalis oesophagi
(ef. später) aufzufassen ist.
Die Beziehung des Muskels zur Tubenmündung, sein Verlauf
im hintersten, obersten Theil des Rachenschlauchs berechtigen uns
dazu, ihn als M. salpingo-pharyngeus anzusehen. Ein Sal-
pingo-pharyngeus ist bisher nur beim Menschen, beim
Hirsch und beim Pferd bekannt. Er stellt im Grunde ge-
nommen nur einen Faserzug dar, welchen die Pars externa des _
Palato-pharyngeus vom Tubenostium her erhält. Auch bei Phocaena
ist er, wie gesagt, vielfach mit des Pars externa des Palato-pharyn-
geus verbunden, doch erreicht er bei diesem Thier eine besondere
Grösse und Selbständigkeit.
Der Muskel hat hier wie überall die Function, bei der Er-
öffnung des Tubenostiums mitzuwirken.
c) M. levator veli (Pars pharyngea).
Aus dem obern Winkel der pharyngealen Tubenöffnung kommt
ein Muskel (Taf. 1, Fig. 2 5), welcher den obern Ansatz des Rachen-
schlauchs am Pterygoid und am Palatinum von hinten nach vorn in
einem spitzen Bogen umkreist, dann an der vordern Nasenwand
(Nasenboden), dicht am Septum liegend, hinuntersteigt und schliess-
lich nach dem Austritt aus dem Nasen- und Rachenrohr in die ent-
sprechende Hälfte der Pars interna des M. palato-pharyn-
geus (Taf. 1, Fig. 2 5) ohne sichtbare Grenze übergeht. Der
Muskel ist am Tubenwinkel schmal, wird sehr bald breiter und er-
reicht schon bei seinem Uebergang in die longitudinale Richtung
seine definitive Breite, welche er im weitern Verlauf beibehält. In
Der Rachen von Phocaena communis Less. 43
seinem strangförmigen Aeussern, wie in der Zartheit
und hellern Färbung seiner Fasern stimmt er so voll-
ständig mit der Pars interna des M. palato-pharyn-
geus und dessen Fortsetzung, dem musculösen Ring-
wulst, überein, dass die Gesammtheit dieser Muskeln
den Eindruck eines zusammengehörigen Muskel-
systems macht.
Zur Homologisirung des Muskels ist es zunächst zu be-
tonen nothwendig, dass er nicht am obern Tubenwinkel beginnt,
sondern die Fortsetzung eines die ganze Tube durch-
laufenden äusserst dünnen Muskels ist, wie ich das später
gelegentlich der Abhandlung über das Mittelohr von Phocaena noch
zu zeigen habe. Nicht minder wichtig ist die Thatsache, dass am
untern Ende des Muskels nur die oberflächlichen Fasern in die
Fasern derselben Seite der Pars interna des M. palato-pharyngeus
übergehen, dass aber die ganze Masse der tiefern Fasern
die Mittellinie kreuzt (cf. Fig... Ein grosser Theil der ge-
kreuzten Fasern geht in den contralateralen Muskelwulst
des Arcus palato-pharyngeus über. — Diese Momente ge-
nügen aber zur Homologisirung des Muskels. Denn bei allen Land-
säugethieren, wie auch bei Phocaena, kommen aus der Tube 2 Muskeln,
der M. tensor veli und levator veli. Der Levator veli aber
ist derjenige Muskel, welcher mit seinen hintern
Fasern stetsin die contralaterale Hälfte der Parsin-
terna des M. palato-pharyngeus übergeht (v. Kosra-
NECKI), und desshalb kann unser Muskel nur der Le-
vator veli sein. Ob aber die Fasern auch, wie bei den Land-
säugern, zum Theil schlingenförmig in die Fasern des Levator der
andern Seite übergehen, liess sich bei ihrer starken Verflechtung
nicht constatiren.
Dieser so als Levator veli homologisirte Muskel ist schon von
ALBERS als besonderer Muskel erkannt worden, denn auf einem
Querschnitt des Rachenschlauchs ist der Muskel in seiner charakte-
ristischen Querschnittsfigur (Taf. 1, Fig. 4 5) eingezeichnet. Benannt
oder beschrieben aber ist er von ALBERS noch nicht. Erst v. Kosta-
NECKI untersuchte ihn genauer und hielt ihn für den M. medialis
veli, d. h. den mittlern, bei vielen Thieren wulstförmig verdickten
Rand der Pars interna des M. palato-pharyngeus, welcher in der
menschlichen Anatomie den Namen des M. azygos führt. Charakte-
ristisch für diesen, M. medialis ist nach v. KOSTAnECcKI der Um-
44 G. BOENNINGHAUS,
stand, dass seine Fasern nicht die Mittellinie tiberschreiten. Da
sie das aber bei Phocaena zum grossen Theil thun, kann es sich
hier nicht um den M. medialis veli handeln, ganz abgesehen davon,
dass der M. medialis doch nicht an die Tube herantreten wiirde.
Der Unterschied zwischen der Auffassung von v. KOSTANECKI und
der meinigen ist, genauer präcisirt, folgender: v. KOSTANECcKI hält
meinen Levator veli und meine Pars interna des M. palato-pharyn-
geus, soweit sie dem weichen Gaumen anliegt, für den M. medialis
veli, d. h. den verdickten medialen Rand der Pars interna des
M. palato-pharyngeus. Consequenter Weise müsste dann die seitlich
von diesem M. medialis gelegene, von mir als Pars externa be-
trachtete Muskelpartie des Rachenschlauchs die Pars interna sein,
welche keinem Landsäuger fehlt. Die Pars externa aber müsste
dann bei Phocaena vollkommen fehlen, wie das nach v. KOSTANECKI
bei den Landsäugethieren nicht selten ist. Hiermit aber würde die
sicher nachgewiesene Existenz des M. salpingo-pharyngeus im Wider-
spruch stehen, denn der Salpingo-pharyngeus ist im Grunde ge-
nommen nur ein abgesprengter Faserzug der Pars externa. Den
Levator veli aber lässt v. KoSTANECKI bei den Zahnwalen voll-
ständig fehlen, ein Schluss, der durch das Vorkommen des Levator
bei allen Landsäugethieren der Wahrscheinlichkeit entbehrt. — .
Auch RawiTz beschäftigte sich mit dem in Betracht kommenden
Muskel und scheint ihn auch für den Medialis veli zu halten, denn
er sagt, dass die „Wülste die Verwachsungsstellen der ventralen
Gaumenfläche anzeigen“.
Die Pars pharyngea des M. levator veli hat also seine Haupt-
characteristica, d. h. sein Kommen aus der Tubenöffnung und seine
Kreuzung mit der Pars interna des M. palato-pharyngeus, beibe-
halten. Im Uebrigen aber unterscheidet er sich von der Pars pharyn-
gea des gleichen Muskels der Landsäugethiere in folgenden Punkten:
1) Der Verlauf der Pars pharyngea von der Tubenöffnung bis zum
weichen Gaumen ist bei den Landsäugethieren ein gestreckter, bei
Phocaena aber ein bogenförmiger. Dieser Verlauf ist ihm gegeben
durch die Drehung des Nasen- und Rachenrohrs und die daraus
resultirende Lageveränderung der Tube. Würde aber bei Phocaena
der Verlauf des Muskels ebenfalls ein gestreckter sein, so würde er
in höchst unzweckmässiger Weise (cf. Figur) das Rachenrohr kreuzen.
2) Bei den Landsäugethieren hat die Pars pharyngea des Levator
keinerlei Verbindung mit dem Knochen. Bei Phocaena aber setzt
sie sich an den aufsteigenden Ast des Palatinums, also noch oberhalb
Der Rachen von Phocaena communis Less. 45
des obern Ansatzes des Rachenschlauchs (cf. Taf. 1, Fig. 3 8) an.
Dieser neu erworbene Ansatz ist aber zur Beibehaltung der bogen-
förmigen Verlaufsrichtung des Muskels absolut nothwendig.
Function: Wie immer Heber des Gaumensegels.
d) M. tensor veli seu dilatator tubae (Pars pharyngea).
Am untern Rande der vordern Tubenlippe, sich an-
schliessend an den Ursprung des Salpingo-pharyngeus, verlassen
einige zarte Muskelzüge das Tubenostium (Taf. 1,
Fig. 2 4) und strahlen zwischen die Fasern des Constrictor superior
schrig aus, ohne dass es geliinge, sie zwischen diesen Fasern eine
grössere Strecke weit zu verfolgen. — Schon v. KOSTANECKI hat
sie gefunden und als Tubenursprung des Palato-pharyngeus gedeutet,
d. h. wohl als Salpingo-pharyngeus.
Die Fasern gehen aber in den zweiten, bisher un-
bekannten sehr dünnen Muskel der Ohrtrompete über,
welcher im Verein mit dem Levator die ganze Ohr-
trompete durchzieht, worüber ebenfalls beim Mittelohr Ge-
naueres berichtet werden soll. Dieser zweite Muskel der Ohrtrompete
muss aber als Dilatator tubae oder Tensor veli betrachtet werden,
ein Muskel, welcher zusammen mit dem Levator veli die Musculatur
der Ohrtrompete bei den Landsäugethieren bildet und nur bei einigen
niedern Landsäugethieren fehlt. Aus diesem Grunde betrachte ich
die vom Tubenostium schräg in den Rachen ausstrahlenden Muskel-
fasern als die Pars pharyngea des Dilatator tubae oder Tensor veli.
Sie strahlen auch in der Richtung gegen den weichen Gaumen aus,
wo sich der Tensor bei allen Landsäugethieren befestigt. Ob aber
die Tensorfasern den weichen Gaumen auch erreichen, lässt sich, wie
gesagt, nicht constatiren.
Function: Wie überall Dilatator tubae, doch bei Phocaena
nicht der ganzen Tube, sondern nur ihres Ostium pharyngeum,
worüber Näheres später in der Abhandlung über das Mittelohr be-
richtet werden soll.
e) M. stylo-pharyngeus.
Die Aussenfläche des vom M. palato-pharyngeus gebildeten
Gaumensegels wird bei Phocaena noch von einem unpaaren, sehr
kräftigen Muskel bedeckt (Taf. 1, Fig. 3 7), welcher mit je einem
Zipfel von der untern Hälfte des Nasenbodens entspringt und sich
mit je einem Schenkel an den hintern Theil der Styloide (d) ansetzt.
46 G. BOENNINGHAUS,
Die freie Aussenfliche des Muskels ist lings gestreift und ohne
Raphe, die Innenfläche aber entbehrt einer bestimmt ausgesprochenen
Faserrichtung, da sie mit der Aussenfläche des Palato-pharyngeus
in ganzer Ausdehnung fest verwachsen ist. »Der Seitenrand des
Muskels hebt sich überall scharf gegen den Palato-pharyngeus ab.
Sein Ansatz an den Styloiden befindet sich an ihrer innern Fläche,
etwa gegenüber dem Tuberculum styloideum (Fig. Q g), von welchem
der M. stylo-glossus bei Phocaena, wie bei allen Säugethieren, ent-
springt. Seine scharf gespannten untern Schenkel begrenzen mit
ihrer medianen Kante den tunnelartigen, vordern Eingang in die
Pars inferior pharyngis (Taf. 1, Fig. 3 e).
Dieser seltsame Muskel ist schon von CUVIER und ALBERS ge-
sehen worden. ÜCuVIEr theilt ihn nach einer kleinen, skizzenhaften
Zeichnung in einen längern obern und in einen kurzen untern Theil.
Den letztern nennt er gelegentlich M. stylo-thyreoideus, während
der Muskel auf der Zeichnung selbst ohne Benennung ist. ALBERS
aber bildet in einem prächtigen Kupferstich den styloidalen Theil
des Muskels ab, lässt ihn aber ebenfalls ohne Benennung. Offenbar
sahen beide Autoren den Muskel nicht vollständig, weil er bei den
verschiedenen Manipulationen, welche man mit dem Rachen vor-
nehmen muss, ehe man den Muskel sieht, leicht nahe seinem stylo-
idalen Ende abreisst. Um so rühmender muss es hervorgehoben '
werden, dass MuRIE den Muskel bei Globiocephalus melas richtig
beschreibt, benennt und abbildet.
Der Muskel, welcher vom Styloid entspringt und
sich in den Rachenschlauch einsenkt, kann nur der
beiallen Landsäugethieren vorhandene Stylo-pharyn-
geus sein.
Dieser M. stylo-pharyngeus unterscheidet sich bei Phocaena in
mancher Hinsicht von demjenigen der Landsäugethiere: 1) Bei den
Landsäugethieren ist er stets paarig und dringt an der Seitenfläche
des Pharynx, zum Theil auch an seiner Hinterfläche durch den Spalt
zwischen Constrictor superior und medius in die Rachenmusculatur
ein, um theils im Palato-pharyngeus aufzugehen, theils an den Schild-
knorpeln und der Seite der Epiglottisbasis sich zu befestigen
(RÜCKERT). Bei Phocaena aber liegt er zu einem Muskel ver-
einigt an der Vorderfläche des Rachenschlauchs, eine
Thatsache, für die sich ein Grund schwer denken lässt. Auch ist,
wegen seiner festen Verwachsung mit der Vorderwand des Rachen-
schlauchs eine Pars pharyngea und laryngea nicht unterscheidhar.
Der Rachen von Phocaena communis Less. 47
2) Sein Verlauf ist bei den Landsäugethieren mit gestreckter Mund-
rachenaxe ein horizontaler, vom hinten liegenden Styloid zum vorn
liegenden Rachen gerichteter, bei den Landsäugethieren mit winkliger
Mundrachenaxe, vor allen Dingen also bei den Primaten, ein von
hinten oben aussen, nach vorn unten innen gerichteter. Bei Pho-
caena aber verläuft er gerade umgekehrt von hinten
unten nach vorn oben, eine Verlaufsänderung, die natürlich
dadurch herbeigeführt wurde, dass die Einsenkungsstelle in den
Rachenschlauch durch die Drehung und Verlängerung des Prä-
sphenoids emporgehoben wurde.
Function: Bei den Landsäugethieren besteht sie in der Er-
weiterung des Isthmus naso-pharyngeus beim Schlingact unter gleich-
zeitiger Hebung des Kehlkopfs (cf. Capitel Erweiterung des Schlundes).
Der Muskel ist also (RÜCKERT) der Antagonist des Palato-pharyn-
geus und auch des Glossopharyngeus. Von dieser Function kann
bei Phocaena nicht mehr die Rede sein. Zwar spannt er durch die
Anordnung seiner Schenkel den Eingang in die Pars inferior des
Rachens, aber nach Art eines Ligaments, also unabhängig von seinem
Contractionszustand. In der Hauptsache aber ist er Heber des
Styloids und hiermit indirect Heber des Hyoids und
unterstützt so den M.mylohyoideus (cf. Capitel Vorbereitung
zum Schlingact).
3. Die Schleimhaut der Pars superior.
Wie in der Einleitung kurz erwähnt, befinden sich in der Schleim-
haut der Pars superior pharyngis bei Phocaena viele Griibchen.
„Die grössern dieser Schleimgruben zeigen“, um mich der Schilde-
rung von K. E. v. BAER anzuschliessen, ,auf ihrem Boden wieder
kleine Oeffnungen, welche Miindungen kurzer und weiter Canale
sind. Nach dem Ringmuskel hin liegen die Oeffnungen reihenweise
in länglichen Hauptgruben, eine Sonde lässt sich 2—5 Linien tief
einführen.“ Auch Hunter beschreibt schon die Verzweigung dieser
Griibchen. Die Grübchen sind meist oval, im Allgemeinen von
dorsal nach ventral, im obern Theil aber gegen die Tubenôfinung
hin gerichtet (Taf. 1, Fig. 4), bis stecknadelkopfgross und verleihen
der Schleimhautoberfläche ein ebenso zierliches wie überraschendes
Aussehen, das sich nirgends im Thierreich wiederfindet. Glatt, oder
genauer nur mit leichten Längsfalten versehen, ist allein die Schleim-
haut auf dem mächtig hervorspringenden Levatorwulst, auf dem
Ringwulst und auf dem M. salpingo-pharyngeus.
48 G. BOENNINGHAUS,
Der bisher unbekannte feinere Bau der Schleimhaut (Fig. O)
ist folgender:
Fig. O. Querschnitt durch die Wand der Pars superior pharyngis eines 68 cm
langen Phocaena-Embryos. 7 Schleimhautgrube bei 7‘ bis auf die Musculatur vor-
dringend, 2 Rachenmusculatur durch Spirituswirkung geschrumpft, + Levatorwulst,
4 Schleimdrüsen, 9 Mucosa von fibröser Struetur, ohne Vermittlung einer Submucosa
direct in das intermusculiire Bindegewebe übergehend, 6 intermusculires Bindegewebe,
durch den Zug der geschrumpften Muskelbiindel aus einander gezerrt, 7 in die Mucosa
abirrende Muskelfibrillen.
Die Schleimhaut ist sehr fest mit der Musculatur
verbunden. Der Grund hierfür ist ein zweifacher. Einmal strahlen
oberflächliche Muskelbündel in die Schleimhaut aus (7), und zweitens
senkt sich das sehr fibrillenreiche Bindegewebe (5) der Schleimhaut
breit in die intermusculären Septa (6) hinein, so dass eine Sub-
mucosa sich nicht abgrenzen lässt. Das ist nun nichts Besonderes,
denn auch das Pferd und das Kalb, welche von mir untersucht
wurden, zeigen dasselbe Verhalten. In der Literatur findet sich
nicht einmal bei OPPEL etwas über diesen Punkt, und nur RÜCKERT
hat ihm die gebührende Aufmerksamkeit (Pferd, Mensch) geschenkt.
Eine zweite Eigenthümlichkeit dieser Schleimhaut bei Phocaena
besteht in Folgendem: Die Grübchen (Fig. O 7), welche von den
Der Rachen von Phocaena communis Less. 49
Hauptgruben nach der makroskopischen Beobachtung v. BAER’s sich
abzweigen, dringen so weit gegen die Musculatur vor
und selbst in sie hinein, dass zwischen dem Fundus
der Einsenkungen und der Musculatur sich nur eine
ganz dünne, aus einigen Fibrillen bestehende Binde-
gewebsschicht befindet. Beim Pferd und Kalb ist die Sache
anders. Beim Pferd ist die Schleimhaut des Nasenrachens in eine
grosse Anzahl tiefer Längsfalten gelegt. Jede dieser Falte besteht
wieder aus einer Anzahl seichter, ebenfalls längs gerichteter Fältchen.
Die tiefen Längsfalten aber dringen auch unverhältnissmässig weit
gegen die Musculatur vor, doch ist der Raum zwischen letzterer und
dem Fundus der Falten noch 5—10mal so gross wie bei Phocaena
und gewährt noch Platz für die Einlagerung einer Schleimdrüse. —
Das Kalb hat nur sehr flache, kleine, mit blossem Auge noch gerade
sichtbare, weit von einander stehende Grübchen, ohne bestimmte
Reihenanordnung. Diese Grübchen kannte schon v. BAER und brachte
sie in Wort und Bild in Parallele mit den Gruben bei Phocaena.
Doch führte ihn der Wunsch, die Aehnlichkeit zu zeigen, zu einer
starken Uebertreibung der Zahl und Deutlichkeit der Grübchen. —
Immerhin aber lassen sich die Bildungen von Kalb, Pferd und
Phocaena als stufenweise Verstärkung desselben Processes in Parallele
stellen.
Ein dritter Punkt, welcher der Besprechung bedarf, sind
die Drüsen (4. Besonders die ältern Cetologen vermutheten
nämlich, dass die Grübchen Drüsenausführungsgänge seien. Zu
so weiten Ausgängen hätten aber riesige Drüsen gehören müssen.
Rawitz aber konnte sich an seinem Material nicht einmal von
ihrer Existenz überhaupt „mit Sicherheit überzeugen“, und es
wäre ja auch nicht beispiellos, dass, so absurd es auch klingt, eine
Schleimhaut keine Schleimdriisen besiisse. So z. B. ist im Mittel-
ohr ihre Anzahl so gering, dass die Drüsen hier lange Zeit über-
haupt geleugnet wurden, und im Oesophagus besitzen nach OPPEL
Katze, Kaninchen, Meerschweinchen und andere Säuger überhaupt
keine Drüsen. Phocaena hat aber im Nasenrachen Schleimdrüsen,
jeder Schnitt weist ihrer eine ganze Anzahl auf, nur sind sie er-
heblich reducirt im Verhältniss zu den Drüsen bei Pferd und Kalb.
Sie münden theils auf die Oberfläche der Schleimhaut aus, theils in
die, wie die Oberfläche, mit geschichtetem Flimmerepithel ausge-
kleideten, grubenartigen Einsenkungen, nie aber in den Fundus der
Grube, da dieser direct an die Musculatur stösst. Unter diesen
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f, Morph. 4
50 G. BOENNINGHAUS,
Umständen kann wohl nicht die Rede davon sein, dass die Gruben
lediglich oder in der Hauptsache als Drüsenausführungsgänge an-
zusehen sind.
Fragen wir uns nach der bisher unbekannten Be-
deutung dieser abweichenden Beschaffenheit der
Nasenrachenschleimhaut: Die feste Verwachsung mit
der Musculatur, wie sie bei den Säugethieren allgemeiner verbreitet
zu sein scheint, hat zur Folge, dass die Schleimhaut sich dem
Contractionszustand der Musculatur sofort und ohne
Faltenbildung anpasst. Nach vollendetem Schlingact also
(siehe diesen) ist die Schleimhaut sofort wieder in ihrem alten Zu-
stand, und die Respiration kann sofort wieder von Statten gehen.
Hätte die Schleimhaut aber an dieser Stelle eine Submucosa, so
würde sie sich bei der Contraction der Pars superior in Falten
legen, deren Ausgleich nicht so schnell erfolgt, wie es für eine
sofortige, ungestörte Respiration nothwendig ist. — Einer weitern
Erklärung bedarf die Grubenbildung in der Rachenschleimhaut
von Phocaena. Die Gruben zeichnen sich zunächst durch ihre Tiefe
aus. Sie haben hierin ein Seitenstück in dem Vordringen des Epi-
thels im Magen und Darm vieler Thiere wenigstens bis zur Muscu-
laris mucosae, bei der japanischen Tanzmaus aber bis zur Ring-
musculatur (cf. Zeichnungen bei OrpeL). In der Breite aber
stehen sie beispiellos da. Man muss diese Gruben daher
nicht als gewöhnliche Epitheleinsenkungen betrachten, sondern als
etwas Aussergewöhnliches, etwa als Aussparungen der Schleim-
haut. Ihr Vorkommen in dem ebenso aussergewöhnlichen, mit
Musculatur ausgestatteten Knochenrohr der Nase und des Rachens
muss mit dieser Oertlichkeit in Beziehung stehen. Wenn nämlich
die Musculatur in einem so engen Rohr sich contrahirt, müsste
die Schleimhaut, die sich wegen ihrer festen Verwachsung mit ihrer
Unterlage nicht in Falten legen kann und es auch nicht soll, stark
zusammengepresst werden, um sich dem verkleinerten Durchmesser
des Muskelrohrs anzupassen. Eine Zusammenpressung aber gerade
dieser Schleimhaut ist nicht leicht möglich, weil sie eine auffallend
feste, fibröse Grundsubstanz besitzt. Die grubenartige Aus-
sparung der Schleimhaut aber umgeht die Pressung,
denn sie lässt eine Verkleinerung der Oberfläche
durch einfaches Aneinanderschieben der Grubenwände
ohne Pressung zu. — Es ist aber möglich, dass die Falten beim
Pferd und die Grübchen beim Kalb ebenfalls als Aussparung der
Der Rachen von Phocaena communis Less. 51
Schleimhaut aufzufassen sind, die hier nur nicht in dem Grade wie
bei Phocaena nöthig ist, weil der Krümmungsradius des Rachen-
schlauchs bei diesen Thieren ein viel grösserer ist.
B. Die Pars inferior pharyngis.
Bereits in der Einleitung wurde die allgemeine anatomische Ueber-
sicht der Pars inferior pharyngis gegeben. Auch ihrer Abgrenzung
von der Pars superior, vom Vestibulum pharyngis und vom Oeso-
phagus wurde bereits im Capitel III gedacht. Hiernach ist als obere
Grenze der Isthmus naso-pharyngeus zu betrachten, als vordere Grenze
die Frontalebene, welche durch die vordere verticale Medianlinie
der Epiglottis gelegt wird, als hintere Grenze aber die Frontalebene,
welche auf der hintern Kante des Cricoids senkrecht zu seiner dor-
salen Fläche errichtet wird. Dieses so abgegrenzte Cavum pharyn-
gis inferius stellt nun bei Phocaena ein kurzes, horizontales Rohr
dar. Man kann sich dasselbe durch zwei sagittale Ebenen in ein
mittleres und zwei seitliche Drittel getheilt denken. In der vordern
Hälfte des mittlern Drittels sind pfeilerartig die Epiglottis und die
Aryknorpel aufgerichtet. Die hintere Hälfte des mittlern Drittels
liegt über der dorsalen Platte des Cricoids (Taf. 1, Fig. 1 d‘). Die
seitlichen Rohrdrittel aber sind die Sinus pyriformes, auch Sinus
“ pharyngo-laryngei oder Schlundfurchen genannt.
Der Sinus pyriformis ist der längliche Raum, der bei allen
Säugethieren jederseits zwischen Aussenwand des obern Kehlkopfraums
und der seitlichen Rachenwand liegt. Die Aussenwand des obern Kehl-
kopfraums wird von der äussern Seitenfläche der Epiglottis gebildet,
ferner von der Aussenfläche der Plica ary-epiglottica und des Aryknorpels
und von der dorsalen Seitenfläche der Cricoidplatte. Der Boden des
Sinus dringt spaltförmig zwischen Aussenwand des obern Kehlkopfraums
und Innenwand der Thyreoidseitenplatte ein, welche ja die Aussenwand des
obern Kehlkopfraums umfasst und mehr oder minder weit seitlich überragt.
Die Thyreoidplatte aber hat bei Phocaena eine sehr merk-
würdige Veränderung erlitten, die in ihrem biologischen Werth bisher
unbeachtet geblieben ist.
1. Der Schildknorpal und der M. crico-thyreoideus.
Bringt man den Schildknorpel des Kalbes (Fig. P) mit dem-
jenigen der Phocaena (Fig. Q) in eine identische Lage, so bildet er
zwar hier wie dort eine ventral geschlossene, dorsal geöffnete, tiefe
Rinne mit oralem Eingang und aboralem Ausgang, im Einzelnen
4*
52 G. BOENNINGHAUS,
aber unterscheiden sich beide Schildknorpel sehr erheblich von ein-
ander:
Beim Kalb bilden beide Platten (b), aus denen man sich den
Schildknorpel zusammengesetzt denken kann, ausgedehnte, flächen-
Fig. P.
Fig. P. Linke Seitenansicht des Cricoids und Thyreoids eines Kalbes. 1:1.
a Cricoid, b Thyreoid, c hinteres Horn des Thyreoids, d Crico-thyreoidverbindung,
e—f Boden des Sinus pyriformis, 7 M. crico-thyreoideus, 2 M. constrictor pharyngis in-
ferior (der Pfeil giebt die Richtung des Muskels an), © M. thyreo-hyoideus, #4 M. sterno-
thyreoideus.
Fig. Q. Linke Seitenansicht des Cricoids und Thyreoids einer Phocaena nach
Drehung um 45° um die sagittale Axe derart, dass die ventrale Partie hervorkommt,
die dorsale aber zurückweicht. 1:1. Dieselbe Benennnng wie in Fig. P.
formige Gebilde. Bei Phocaena aber ist an den Platten ein erheb-
liches Stück ausgespart, so dass sie Spangen gleichen, an
denen man je einen horizontalen Schenkel, je einen verticalen Schenkel
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 53
und je ein Mittelstiick unterscheiden kann, welches mit dem Mittel-
stiick der andern Spange in Verbindung tritt.
Der Knorpel selbst ist beim Kalb dick und deshalb wenig
elastisch. Bei Phocaena aber ist er am Mittelstiick und an
der an das Mittelstück anstossenden Partie des verti-
calen Spangenschenkels selbst bei alten Thieren bis
zum Durchscheinen diinn und deshalb in diesen Thei-
len federnd.
Beim Kalb ist der Schildknorpel ohne
Naht, bei Phocaena aber hat er Nihte,
welche individuell sehr variiren. Fig. R
Fig. R. Compositionsbild des Thyreoids, aus 4 Pho-
caena-Thyreoiden zusammengestellt. Ventrale Fläche,
die obere Kante ist die orale. JZ Mittelstück des Thyre-
oids, 2 Seitenstücke des Thyreoids.
stellt die ventrale Fläche eines Compositionsbildes von 4 Schild-
knorpelmittelstücken dar. Zunächst kann in der Mittellinie in ihrem
oralen Theil eine kurze Naht vorhanden sein. Eine solche Naht
kommt bei keinem andern Säugethier vor und spricht gegen die
Auffassung des Mittelstücks als Copula des 4. und 5. Visceralbogens
(DuBois). Ferner kann sich das Mittelstück durch eine orale Naht
mit dem Seitenstück verbinden, die kurz oder lang, gerade oder
gezackt sein kann. Diese Naht entspricht wohl der bisher nur beim
Schnabelthier (Dupoıs) gefundenen Seitennaht. Das Gewebe der
Naht besteht aus kernarmem, straffem Bindegewebe, das ohne scharfe
Grenze in den Knorpel ausstrahlt. Durch die Persistenz dieser
Nähte im Verein mit der Verdünnung des Mittelstücks und der
verticalen Spangenschenkel aber ist eine Elasticität des hya-
linen Knorpels erreicht, wie sie sonst nur durch Einwebung
von elastischen Fasern (Epiglottis) in die Grundsubstanz des Knorpels
erreicht wird.
Beim Kalb ist, wie überall, ein vorderes und ein hinteres (ec)
Schildknorpelhorn vorhanden. Bei Phocaena fehlt das vordere
Horn, das hintere (c) dagegen ist stark ventralwärts ver-
längert. Durch diese Verlängerung erfuhr seine Verbindung (d)
mit dem Cricoid eine starke ventrale Verschiebung. Das Cricoid
aber, da es, fest mit der Trachea verbunden, in seiner ursprünglichen
Lage mit nach vorn und hinten sehender Ringöffnung liegen blieb,
passte sich der Verschiebung seiner Verbindung mit dem Thyreoid
54 G. BOENNINGHAUS,
dadurch an, dass es einen besondern, ventralwärts gerichteten Pro-
cessus articularis (s. Figur) an seinem hintern Umfang bildete.
Das Kalb hat ein rundliches Crico-thyreoidgelenk (d)
mit frontaler Axe. Phocaena aber hat, wie die Monotremen (DuBots),
eine Syndesmosis crico-thyreoidea (d) und zwar mit sagittaler
Axe und walzenförmig umgebildetem Endstück des hintern Schild-
knorpelhorns.
Beim Kalb verläuft der Boden (ef) des Sinus pyriformis
von vorn unten unter allmählicher Abflachung nach hinten oben.
Bei Phocaena aber fällt die Abflachung wegen der Senkung der
Crico-thyreoidverbindung fast fort, und der Boden (ef) des Sinus
pyriformis läuft von vorn nach hinten. Beim Kalb ist der
Boden des Sinus pyriformis schmal, spaltförmig, bei Phocaena aber
ist er breit, rinnenförmig. Diese Verbreiterung des Sinus ist
erzielt theils durch horizontalere Lage der Seitenplatten, theils durch
Verschmälerung der Epiglottis und der Aryknorpel in frontaler
Richtung. — Beim Kalb ist der Bodenraum wegen der ge-
ringen Elasticität des Schildknorpels unveränderlich. Bei
Phocaena aber kann er schon durch leichten Fingerdruck auf die
Schildknorpelplatten verengert und erweitert werden. Das
ist ermöglicht durch die federnde Beschaffenheit des verticalen-
Spangenschenkels und des Mittelstücks sowie durch die Beweglich-
keit des hintern Horns gegen das Cricoid um die sagittale Axe.
Diesen vergleichend-anatomischen Daten über den Schildnorpel von
Phocaena noch anatomische Einzelheiten hinzuzufügen, hat wenig Zweck
und ist auch unmöglich, denn im Einzelnen ist der Schildknorpel durch
seine verschieden starke Reduction so viel Variationen unterworfen, dass
von einer Einheitlichkeit des Details, wie beim menschlichen Schild-
knorpel, gar nicht die Rede sein kann. Um nur ein Beispiel anzu-
führen, so kann der aborale Rand des Mittelstücks (Fig. R 7) bald zu
einer langen Spitze ausgezogen, bald aber abgerundet sein. Das aber
und Anderes iibersah Rawırz vollkommen, als er eine rein anatomische
Schilderung des Schildknorpels, „so wie es in der Menschenanatomie
gebräuchlich ist“, entwarf.
Die Veränderung nun, welche der Boden des Sinus
pyriformis bei Phocaena erlitt, ist eine nothwendige
Folge der hohen Lage des Kehlkopfs bei diesem Thier.
Denn je höher in der Säugethierreihe der Kehlkopf gehoben wird,
um so näher rückt der Schildknorpel an die obere Grenze der Pars
inferior pharyngis, die Arcus palato-pharyngei, heran, und um so
niedriger wird die Pars inferior pharyngis. Compensirt wird
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 55
nun die daraus resultirende hochgradige Verengerung
des Speiseweges durch die oben geschilderte Ver-
breiterung des Bodens des Sinus pyriformis, durch
die Erweiterungsfähigkeit des Bodens und durch die
Tieferlegung seines hintern Theils, welche durch
Tieferlegung des Crico-thyreoidgelenks erzielt ist.
Zwischen dieser extremen ventralen Lage des Gelenks bei Pho-
caena und der extremen dorsalen Lage beim Kalb und auch beim
Menschen sowie beim Schwein steht das Pferd in der Mitte mit seiner
Lage der Crico-thyreoidverbindung an der Seite der Cricoidspange unter
gleichzeitiger Verlängerung des hintern Horns des Thyreoids, entsprechend
dem stärkern Hochstand seines Kehlkopfs. Weiteres Material zur Ver-
folgung dieser interessanten Frage aber fehlte mir. Jedoch geben die
zahlreichen Abbildungen von Mayer eine Fülle von verwendbaren Ver-
gleichspunkten. So z. B. scheint ein ähnliches, spangenförmig reducirtes
Thyreoid der Seehund zu haben; das vordere Schildknorpelhorn fehlt
auch dem Schwein; das Crico-thyreoidgelenk steht bei vielen Thieren
noch tiefer als beim Pferd, so tief wie bei Phocaena steht die Crico-
thyreoidverbindung beim Riesenkänguruh.
Von grosser Wichtigkeit ist auch die vergleichende Be-
trachtung des M. crico-thyreoideus (Fig. P u. R 7). Beim
Kalb verbindet dieser Muskel, wie bei allen Placentaliern — er fehlt,
nach Dusoıs, den Aplacentaliern — die einander zugekehrten
äussern Flächen des Cricoids und Thyreoids mit einander in der in
Fig. P angedeuteten Weise. Durch seine Contraction wird die
aborale Kante des Thyreoids über die orale des Cricoids gezogen,
und strittig ist nur, ob einer der Knorpel und welcher von ihnen
hierbei an seinem Platze bleibt. Durch diese Verschiebung der
beiden Knorpel gegen einander wird, wie bekannt, das Stimm-
band gespannt. — Bei Phocaena nun ist der Ansatz des Muskels
an der dem Cricoid zugewandten Kante des Thyreoids derselbe ge-
blieben, nur hat sich die Kante in ihrem vordern obern Theil sagittal
gespalten („Muskeleindruck“ ! von Rawirz), weil sie ungespalten
bei ihrer Schmalheit dem sehr kräftigen Muskel offenbar nicht ge-
nügend grosse Ansatzfläche geboten hatte. Dadurch aber, dass die
Kante dieses Knorpels durch den Process der Reduction der Schild-
knorpelplatte und der ventralen Verlängerung ihres hintern Horns
ihre Sförmige Krümmung verloren und eine halbkreisförmige ange-
nommen hat, hat sich auch die Ansatzlinie des Muskels zu
einem Halbkreis umgeformt. Dem entsprechend sehen wir
den Muskel von der ventralen Aussenfläche der Cricoidspange aus
56 G. BOENNINGHAUS,
fächerförmig nach oben gegen die Kante des Thyreoids ausstrahlen.
So lautet auch die Beschreibung von Stannius und DUBoIs, und
Rawitz ist wohl derselben Ansicht, drückt sich aber unverständlich
aus. — Die Function des Muskels besteht nicht mehr in einer
Näherung des Thyreoids und Cricoids, oder, wie RAWITZ meint, in
einer Hebung der Spange des Cricoids; das letztere ist schon des-
halb unmöglich, weil bei Phocaena das Cricoid im Gegensatz
zu den Landsäugern feststeht (cf. Capitel „Erweiterung des
Schlundes“). Sie besteht vielmehr in einer Abduction der
seitlichen Schildknorpelspangen in der Weise, wie es
beschrieben wurde. Dadurch erfolgt eine active Er-
weiterung des bei Phocaena zum ausschliesslichen Speise-
weg gewordenen Sinus pyriformis, jedenfalls ein sehr zweck-
dienlicher Vorgang gerade in dieser durch den Einbau der Epiglottis
und der Aryknorpel so engen Passage.
So hat denn der M. crico-thyreoideus einen exqui-
siten Functionswechsel erfahren. Er ist aus dem
Dienst der Phonation in denjenigen der Deglutition
getreten (cf. Capitel „Erweiterung des Schlundes“). Die dadurch
verwaiste Stelle des Spanners der Stimmbänder aber bleibt unbe-
setzt, denn die Wale entbehren der Stimmbänder (CUVIER).
KÖRNER fand beim Riesenkänguruh sowohl das Stimmband als
auch den M. crico-thyreoideus fehlend. Bei Phocaena fanden wir
den Mangel des Stimmbandes mit einem Functionswechsel dieses
Muskels verbunden. Das ist ein fernerer Beweis für dieinnigen
biologischen Wechselbeziehungen zwischen Stimm-
band und M. crico-thyreoideus.
2. Die Muskeln der Pars inferior.
Die einzige Wand der Pars inferior, welche bei Phocaena nicht von
dem Knorpelgerüst des Kehlkopfs gebildet wird, ist nach der soeben
gegebenen Beschreibung die dorsale. Ihre vordere Hälfte wird von
der ventralen Fläche des Ringwulstes (Taf. 1, Fig. 1) mit dem von
ihm umschlossenen Isthmus naso-pharyngeus gebildet. Ihre hintere
Hälfte wird auf ihrer Innenfläche von einem bisher gänzlich ver-
kannten Muskel gebildet, dem:
a) M. longitudinalis oesophagi.
Entfernt man die Schleimhaut der dorsalen Wand der hintern
Hälfte der Pars inferior, so tritt ein Muskel zu Tage, welcher bei
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 57
den Landsäugethieren hier nicht zu finden ist. Denn hier liegt bei
den letztern der circulär gefaserte M. constrictor pharyngis medius
und inferior. Unser Muskel bei Phocaena aber ist lings gefasert,
er kommt auch aus dem Oesophagus und ist also der M. longi-
tudinalis oesophagi (Taf. 1, Fig. 1 18; Fig. 2 7; Fig. 3 4). Er setzt
sich mit seinem obern dorsalen Ende an die schon beschriebene
Inscriptio tendinea (Taf. 1, Fig. 3 à) fest, an welche sich der M. sal-
pingo-pharyngeus mit seinem untern Ende ansetzt. Seitlich ent-
sendet er auch einige Züge zur Kante des hintern Horns des Schild-
knorpels. Ventral setzt er sich mit seinen mittlern Biindeln breit
an die dorsale Fläche des Cricoids (Taf. 1, Fig. 2 a) und der Ary-
tänoide (b) fest, mit seinen seitlichen Zügen geht er in die Muscu-
latur des Bodens des Sinus pyriformis (cf. nächsten Abschnitt) über
(Taf. 1, Fig. 29). Er bildet somit wie immer einen schlauchförmigen
Muskel.
Es fragt sich nun, wie dieser Muskel, welcher sonst
in der Höhe des Cricoids beginnt, mit seinem obern dorsalen
Ende in diese so weit gegen die Pars superior vorge-
schobene Position gekommen ist. Zur Beantwortung dieser
Frage recurriren wir am besten auf den Menschen, der in dieser
Beziehung von LUSCHKA genau untersucht ist. Aus der Schilderung
Luscuka’s und aus seinen tabb. 7, 8, 10—12 geht Folgendes her-
vor: Vom Palato-pharyngeus, sowohl seiner Pars externa wie in-
terna, kommen Muskelbündel, welche sich nicht mit denen der andern
Seite constrietorartig vereinigen, sondern sehr schräg, fast longi-
tudinal an der hintern Rachenwand weit abwärts ziehen, um sich
in der Höhe der Cricoidplatte an eine breite, aber kurze Aponeurose
anzusetzen, welche, wie der Palato-pharyngeus, den Constrietoren
von innen her aufliegt. Nach RÜCKERT ist die Sache bei den Land-
säugethieren ebenso. In diese schrägen Züge des M. palato-pharyn-
geus geht auch, seiner Richtung nach zu urtheilen, schliesslich der
Salpingo-pharyngeus über, welcher ja nichts weiter ist als der Ur-
sprung der Pars externa m. palato-pharyngei von der Tube. Man
kann also auch sagen, der M. salpingo-pharyngeus setze sich an die
Aponeurose des M. palato-pharyngeus an. Aus dem untern Ende
der Aponeurose aber nimmt ein Theil des M. longitudinalis oeso-
phagi seinen Ursprung. Wie beim Menschen die Aponeurose, so
liegt nun bei Phocaena die Inscriptio tendinea zwischen M. salpingo-
pharyngeus und M. long. oesophagi. Aus diesem Grunde muss man
die Inscriptio als die verkürzte Aponeurose des Pa-
58 G. BOENNINGHAUS,
lato-pharyngeus aufzufassen, was um so wahrscheinlicher
ist, als am Rachen eine Inscriptio tendinea, wie an den Bauch-
muskeln als Zeichen der Entstehung aus mehreren Myomeren, nicht
vorkommt. Bei der Drehung und Verlängerung des Präsphenoids
zog nun, wie man annehmen muss, der M. salpingo-
pharyngeus vermittels der Inscriptio den M. long.
oesophagi weit in die Höhe. Dieser Bewegung des Oeso-
phagus nach oben wurde aber schliesslich ein Ende dadurch gesetzt,
dass das dorsale Ende des M. long. oesophagi an der Schädelbasis
einen fixen Ansatzpunkt (s. Fig. S 4) gewann.
Das weite Hinaufreichen der Speiseröhrenmusculatur war schon
Cuvier bekannt. Wenigstens kann man das aus seiner flüchtigen,
aber treffenden Skizze schliessen. Im Uebrigen aber ist unsere
Kenntniss über diesen Muskel bisher sehr mangelhaft
und erstreckt sich nur auf die seitlichen Züge, welche vom hintern
Horn des Thyreoids kommen. STAnNIUs entdeckte sie und sagt
von ihnen kurz und treffend: „Vom absteigenden Horn des Schild-
knorpels erstrecken sich abwärts steigende Muskelbündel zum Schlund-
kopf.“ Rawırz fand diese Bündel wieder und theilte sie in drei
Abtheilungen ein, von denen aber zwei nach seiner Schilderung sich
unserm Constrictor inferior (s. später) zugesellen und als Theile -
dieses Muskels aufzufassen sind.
Die Function des M. long. oesophagi besteht in einer Ver-
kürzung der hintern Pharynxwand und des Oesophagus. Näheres
siehe unter „Erweiterung des Schlundes“.
b) Die Musculatur des Bodens des Sinus pyriformis.
Die Beschreibung dieser Musculatur reiht sich am besten an die-
jenige des M. oesophagi an: Der Boden des Sinus pyriformis von Pho-
caena hat eine nicht unbedeutende Muskelschicht. Sie ist ausschliess-
lich longitudinal gefasert, bildet vorn die hintere Fortsetzung des dem
Vestibulum angehörenden M. genio-epiglotticus und M. glosso-epiglot-
ticus, geht hinten in die ventrale Hälfte des M. long. oesophagi über,
schliesst sich seitlich an den untern Rand des M. thyreo-palatinus an und
bedeckt median die Basis der Epiglottis und der Aryknorpel bis zu
ziemlicher Höhe. Der Muskel ist nicht selbständig, son-
dern bildet lediglich die Fortsetzung des M. genio-epi-
glotticus, glosso-epiglotticus und longit. oesophagi
(partis ventralis) über ihren gewöhnlichen Ansatz
hinaus. In diesem Sinne ist auch die Ansicht Dusoıs’ richtig zu
Der Rachen von Phocaena communis Less. 59
stellen, welcher einem Muskel, der scheinbar unserm Thyreo-pala-
tinus entspricht, auch an der Epiglottis entspringen lässt.
Function: Herunterdrücker des Bodens des Sinus pyriformis
beim Schlingact (cf. Abschnitt „Erweiterung des Schlundes“).
ec) M. laryngo-pharyngeus seu M.constrictor pharyngis
inferior.
Nach aussen von der Pars dorsalis m. longit. oesophagi liegt
ein kräftiger Muskel mit ausgesprochen circulärer Faserung. Er
entspringt von der hintern Hälfte der horizontalen Thyreoidspange
und von dem hintern Horn des Thyreoids, und zwar von ihrer
äussern Fläche (Fig. Q 2). Sein Faserverlauf geht nach oben gegen
das Oceiput. Während
die innern, dem M.
oesophagi anliegenden
Fasern die Pars in-
ferior in ihrem hin-
tern obern Theil circu-
lär umgreifen, setzen
sich die äussern Fasern
an die hintere Hälfte
der knöchernen Halb-
Fig. S. Schädelbasis
und Zungenbeinapparat einer
sehr grossen Phocaena. 3:4.
a Palatinum, 5b Pterygoid,
ce Basihyoid, d Thyreoid, e
Epihyoid, f Stylohyoid, g
Tubereulum stylohyoideum,
h Basioceipitale, 7 Cerato-
hyoid, & Condylus oceipitalis,
1 Mandibula, m Processus
zygomat. ossis squamosi, 7
Processus paraoccipitalis, 7
M. mylo-hyoideus, 2 M.
sterno-hyoideus, 3 M. thyreo-
hyoideus, # M. longitudinalis
oesophagi, 9 M. constrictor
pharyngis inferior, 6 M. con-
strictor pharyngis medius (?),
7 Mm. recti capitis et sealeni.
rinne der Schadelbasis§(Fig. S 5) zwischen M. oesophagi (4) und den
Mm. recti capitis (7) fest. Der Muskel nimmt die knöcherne Halb-
rinne mit Ausnahme eines medialen schmalen Streifens in ihrer
ganzen Breite bis hinunter zum Kamm des Processus der Unter-
60 G. BOENNINGHAUS,
fläche des Basioccipitale (cf. Einleitung) ein und hinterlässt an seiner
Ansatzfläche einen bei erwachsenen Individuen deutlichen Muskel-
eindruck.
Der Muskel, welcher vom Thyreoid entspringt und
den Pharynx constrictorartig umgiebt, kann nur die
Pars thyreoidea des M. laryngo-pharyngeus sein. Zur
Homologisirung dieses Muskels aber giebt es noch ein gutes Mittel,
das ist der Uebergang von Fasern aus dem Crico-thyreo-
ideus in den Thyreo-pharyngeus, welcher bei allen
Placentaliern (DuBois) vorhanden ist und auch bei
Phocaena nicht fehlt, wie ebenfalls DuBois bereits nachwies.
Bei den Landsäugethieren erhält der M. laryngo-pharyngeus auch
von der Cricoidspange Zuzug. Diese Pars cricoidea aber fehlt bei
Phocaena vollkommen, was bisher nur noch vom Meerschweinchen
(FÜRBRINGER) bekannt ist.
Die Insertion des Constrictor inferior an der Schädel-
basis kommt bei Landsäugethieren nicht vor, ebenso
wenig wie die bereits beschriebene des M. oesophagi
daselbst. Den Grund fiir die Insertion miissen wir im Zug der
Muskeln der Pars superior nach oben erblicken, wie er aus der
Drehung des Präsphenoids sich ergiebt. Er macht einen Gegenzug .
erforderlich, welcher durch jene Insertion ausgeübt wird (cf. Cap.
„Verengerung des Schlundes“).
Abgebildet ist der Muskel, aber ohne Commentar und ohne
seine Insertion am Occiput, schon von CUVIER. Beschrieben ist er
erst von STANNIUS und zwar nach seinem Ansatz als M. occipito-
thyreoideus. Ursprung: Lings der scharfen Kante des Hinterhaupt-
beins. Ansatz: Theils am Seitenrand des Schildknorpels, theils im
„Winkel, der von der Cart. thyreoidea und der Epiglottis gebildet
wird“. Letzterer ist aber ausgefüllt von der Musculatur des Sinus
pyriformis, welche keine Beziehung zu diesem Muskel hat. RAwITZz
fand ebenfalls diese Beziehungen des Muskels zur Epiglottis nicht,
seinen Ansatz am Occiput aber fand er so, wie ich ihn beschrieb.
Seine innern, in einander übergehenden Fasern rechnet RAWITZ,
wie es den Anschein hat und bereits erwähnt wurde, zum M. oeso-
phagi. Dusors nennt den Muskel nach seinem Ansatz Thyreo-
epiglottico-pharyngeus und rechnet hierzu nicht nur den Thyreo-
pharyngeus, sondern, wie es scheint, auch den Thyreo-palatinus mit
Einschluss der Musculatur des Sinus pyriformis. Er kennt nicht
Der Rachen von Phocaena communis Less. 61
seinen Ansatz am Occiput, wahrscheinlich weil er nicht in situ
untersuchte.
Die Function des M. constrictor inferior besteht bei Phocaena,
wie überall, in einer Verengerung der Pars inferior. Durch seine
Befestigung am Occiput aber zieht er dabei den ganzen Kehlkopf
nach oben gegen das Occiput. RawıTz ist auch dieser Ansicht, nur
glaubt er, dass bei dieser Bewegung Epiglottis und Aryknorpel in
Folge ihrer Abknickung gegen die horizontale Partie des Kehlkopfs
„nach vorwärts und etwas nach unten gedrückt werden müssen“.
Das vermag ich nicht einzusehen, denn dazu müsste mit der Hebung
des Kehlkopfs zugleich eine Drehung um seine transversale Axe
verbunden sein, was ich nicht finde. Die von RAwITz angenommene
Bewegung würde auch direct dem Mechanismus des Schluckacts
(siehe Verengerung des Schlundes und Fig. T) widerstreben.
d) M.hyo-pharyngeus seu M. constrictor pharyngis
medius.
Vergeblich sucht man bei Phocaena nach einem Muskel, welcher
sich vom Hyoid zum Pharynx begiebt. Das ist sehr auffallend,
denn einerseits findet sich der M. hyo-pharyngeus nach RUCKERT
bei allen Landsäugethieren, und andrerseits fanden wir alle übrigen
Rachenmuskeln der Landsäugethiere bei Phocaena wieder.
STANNIUS beschreibt nun einen Muskel, der schon von Rapp
gefunden wurde, als M. occipito-hyoideus, welcher die Homologisirung
mit dem Constrictor medius zulässt. STANNIUS sagt über diesen
Muskel: „Der M. oceipito-hyoideus ist ein ziemlich schwacher, kurzer,
rundlicher Muskel, der von der Grenze des Hinterhauptbeins und
Felsenbeins seinen Ursprung nimmt. Er verläuft schräg nach innen
und hinten und befestigt sich an die Spitze des hintern oder untern
Zungenbeinhorns, entsprechend dem hintern Bauche des M. digastri-
cus.“ Rawıtz hält den Muskel nicht für einen besondern Muskel,
sondern für aberrante und inconstante Fasern des M. occipito-
thyreoideus. Das glaube ich nicht, denn der Occipito-thyreoideus
schlägt, von der Kante des basioceipitalen Knochenfortsatzes aus
gerechnet, die Richtung nach der Mittellinie, dieser Muskel aber
diejenige nach vorn und aussen ein. ‚Jeden Falls aber stimmt die Be-
schreibung von STANNIUS, nur ist dieselbe dahin zu präcisiren, dass
der Muskel nicht von der Grenze des Hinterhaupt- und Felsenbeins
entspringt, sondern vom hintersten Theil des basooccipi-
62 G. BOENNINGHAUS,
talen Knochenfortsatzes hinter dem lateralen Ansatz des
Constrictor inferior (Fig. S 6).
STANNIUS hält ihn offenbar für den hintern Bauch des Di-
gastricus und lässt den vordern Bauch dieses Muskels bei Phocaena
fehlen, was nach Bronn’s Zusammenstellung bei keinem sonstigen
Säugethier vorkommt. Nach BRONN entspringt nun der M. depressor
maxillae inferioris nie vom Occiput, sondern vom Proc.
paramastoideus (Fig. S n) resp. mastoideus und setzt sich an
den Unterkiefer fest. Er kann durch eine Zwischensehne in einen
vordern und hintern Bauch getrennt werden, in welchem Falle man
ihn M. digastricus nennen kann. Die Zwischensehne verbindet sich
nun öfter, wie beim Menschen, mit dem Hyoid, doch, glaube ich,
wohl nie mit dem hintersten Punkt des Hyoids, wie bei Phocaena,
sondern mit einem weiter nach vorn gelegenen. Das und der An-
satzpunkt am Oceiput spricht gegen STANNIUS.
Dagegen scheinen mir folgende Momente für die Auf-
fassung des M. oceipito-hyoideus als M. hyo-pharyn-
geus zu sprechen: Der M. hyo-pharyngeus kann vom vordern
Zungenbeinhorn, vom Zungenbeinkörper und vom hintern Zungen-
beinhorn entspringen (RUCKERT). Die beiden ersten Ursprungs-
stellen sind inconstant, die letztere aber so constant, dass sie nur
dem Hirsch fehlt (RÜCKERT). Phocaena nun kann bei seinem flächen-
förmig gebauten Zungenbein (Fig. S) kaum einen andern M. hyo-
pharyngeus gebrauchen als einen solchen, welcher vom hintern
Zungenbeinhorn entspringt. Ich nehme nun an, dass schon bei den
Landvorfahren der Phocaena der M. hyo-pharyngeus, wie der STAN-
nıus’sche Muskel, nur von der Spitze des hintern Horns entsprang.
Diese Spitze lag bei ihnen nicht dort, wo sie jetzt bei
Phocaena liegt, denn die Landsäugethiere haben ein viel schmaleres
Zungenbein als die Zahnwale, es ist etwa nur so breit wie der
Kehlkopf (ef. Figuren bei MAYER). Durch Verbreiterung des Zungen-
beins aber kam es bei Phocaena zur Lösung der fast stets vor-
handenen Verbindungzwischen vorderm Schildknorpelhorn und hinterm
Zungenbeinhorn und zum Schwund des erstern, da es überflüssig
wurde. Das kommt nur noch beim Schwein vor (nach MAYER), nur
ist der Abstand zwischen hinterm Zungenbeinhorn und Kehlkopf
beim Schwein nicht halb so gross wie bei Phocaena. — Im Laufe
der phylogenetischen Entwicklung rückte nun bei Phocaena die
Zungenbeinspitze nach aussen weit über die laterale Kante des
Pharynxschlauchs hinaus. Wäre nun der M. constrietor medius in
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 63
Verbindung geblieben mit dem Pharynxschlauch, so wiirde durch
das Auseinanderriicken seiner Ansatzpunkte am Hyoid der Pharynx
an dieser Stelle eine entsprechende, höchst störende Erweiterung
erfahren haben, wie sie unter pathologischen Verhältnissen als
Divertikelbildung bekannt ist. Er verlor deshalb seine Beziehung
zum Rachenschlauch, blieb lateral von ihm liegen und wurde rudi-
mentär. Bevor aber seine Lösung aus dem Connex mit dem Rachen-
schlauch erfolgte, hatte der Muskel bereits einen festen Ansatzpunkt
am Occiput erhalten, in Analogie mit dem M. constrictor pharyngis
inferior und M. longit. oesophagi, also als Gegengewicht gegen die
bereits eingeleitete Drehung des Präsphenoids. Durch die weitere
Drehung des Präsphenoids aber wurde der M. constrietor inferior
in die Lücke gezogen, welche im Rachenschlauch durch das Aus-
scheiden des M. constrictor medius entstanden war. Er gelangte
vor das Rudiment des Constrictor medius, wie ja auch der M. longit.
oesophagi vor den Constrictor inferior gelangte, und übernahm
seinerseits den Gegenzug gegen den Zug des Präsphenoids nach
oben durch Insertion am Occiput. Jetzt also sehen wir das Rudi-
ment des M. constrictor medius hinter dem M. constrictor inferior
liegen und vom Occiput entspringen, gänzlich losgelöst aus seiner
Beziehung zum Pharynx.
Diese Auffassung des M. occipito-hyoideus als M. constrictor
pharyngis medius mag gewagt erscheinen, besonders wegen des com-
plieirten Mechanismus seiner phylogenetischen Veränderung, indess
sind die Verschiedenheiten bei Phocaena im Gebiet des Rachens und
der Nase vielfach nicht minder complicirte, wie dargethan wurde.
Die einzige Möglichkeit, die Richtigkeit der Auffassung zu prüfen,
liegt, wie Eingangs erwähnt, in der Untersuchung der Innervation
des Muskels. Wird er vom Vagus-Accessorius innervirt, so ist er
der an seiner normalen Stelle fehlende Constrictor medius. Wird
er vom Facialis innervirt, so ist er wahrscheinlich ein Rudiment des
Digastricus. :
Function: Der Muskel muss das Zungenbein nach hinten
ziehen als schwacher Unterstützer des M. sterno-hyoideus.
C. Das Vestibulum pharyngis.
Das Vestibulum ist nach Capitel III der hinterste Theil der
Mundhöhle, welcher zwischen der vordern Arcusebene oder dem
Isthmus faucium und zwischen der Epiglottisebene gelegen ist. Auch
dieser Raum hat eine erhebliche Veränderung bei Phocaena erlitten,
64 G. BOENNINGHAUS,
welche schon Rapp sah, ohne ihren Grund zu erkennen. Dieser
liegt in einer Störung des Verhältnisses zwischen
Zunge und Mundhöhle, und diese soll zuerst besprochen werden.
1. Zunge und Mundhöhle.
Die Zunge der Landsäugethiere füllt im Ruhezustand die ganze
Mundhöhle aus mit Ausnahme des Sinus glosso-epiglotticus, jener
kurzen Bucht zwischen Zungengrund und Epiglottis (Capitel III).
Bei Phocaena aber (Taf. 1, Fig. 1) liegt sowohl zwischen der Spitze
der Zunge und der vordern Zahnreihe als auch zwischen dem Zungen-
grund und der Epiglottis ein weiter Abstand. Dieses Missver-
hältniss zwischen Mundhöhle und Zunge tritt schon in
früher embryonaler Zeit ein. Wie KÜKENTHAL nachwies, wächst
schon bei ganz jungen Phocaena-Embryonen der Oberkiefer etwa
doppelt so schnell wie der übrige Körper. Unterkiefer und Mund-
höhle halten natürlich gleichen Schritt mit dem Oberkiefer, nicht
aber die Zunge. Sie wächst nicht entsprechend schnell mit, und so
sehen wir schon bei dem 7,1 cm langen Embryo dasselbe Missver-
hältniss zwischen Grösse der Zunge und Grösse der Mundhöhle
wie beim erwachsenen Thier.
Ausserdem erfolgt aber noch eine Ortsveränderung der
Zunge in der Mundhöhle auf folgende Weise: Der wachsende Unter-
kiefer zieht vermittels des M. genio-glossus (7) die Zunge nach
vorn. Einen Gegenzug übt die hintere Zungenmusculatur, bestehend
aus dem M. genio-epiglotticus (4), dem M. glosso-epiglotticus (4),
dem M. palato-glossus (11) und dem M. hyo-glossus (6), aus. Die
Zunge aber wird durch den stärkern M. genio-glossus vom Zungen-
bein herunter nach vorn gezogen. So liegt sie denn nicht mehr,
wie bei den Landsäugethieren (cf. Fig. U), mit ihrem
hintern Theil über dem Zungenbein, sondern vor dem-
selben, die Muskeln der Zunge aber werden vorn und
hinten stark ausgezogen. Das alles sind Verhältnisse, die
am Sagittalschnitt (Taf. 1, Fig. 1) ohne weiteres zu sehen sind,
trotzdem aber bisher unbeachtet blieben.
Vor und hinter der Zunge entsteht durch den geschilderten
Process ein todter Raum. Vorn wird er ausgefüllt durch sehr
starkes Wachsthum des Zungenbändchens (x) und der Schleimhaut
des hintern Alveolarrandes, hinten aber durch Bildung von caver-
nösem Gewebe (y), bei jungen Thieren in dünnerer, bei ältern
aber in ziemlich dieker Schicht. Zunächst sind wir frappirt, an
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 65
dieser Stelle cavernéses Gewebe vorzufinden, allein eine eingehendere
Beschäftigung mit der Zahnwalanatomie lehrt uns, dass dieses Ge-
webe auch an andern Stellen auftritt, wo es sonst nicht zu finden
ist, z. B. füllt es den Raum aus zwischen Tube und M. pterygoideus
internus, in welchem früher die Tubenmuskeln lagen, oder es be-
deckt die Schädelbasis dort, wo ihre Knochen stark reducirt sind.
Bei Phocaena dient also mit einem Worte das cavernöse Ge-
webe als Lückenbüsser, wie bei den Landsäugethieren
das Fettgewebe. Es ist ja auch schon längst (HUNTER) bekannt,
dass die Zahnwale im Innern ihres Körpers, mit Ausnahme weniger
Stellen, so gut wie kein Fett ansetzen, sondern nur unter der Haut.
Das cavernöse Gewebe aber ist als weiterer Ausbau des
Venensystems zu betrachten, dazu bestimmt, die
grossen Mengen des Blutes zu fassen, über welche die
Wale (nach BERT bei Phocaena doppelt so gross wie beim Hund,
auf das Kilogramm Körpergewicht berechnet) und auch die Pinni-
pedier verfügen, wodurch es ihnen ermöglicht ist, wie man an-
nimmt, eine grosse Menge Sauerstoffs mit wenigen Athemzügen ver-
mittels ihrer grossen Lungen in das Blut aufzunehmen. Diese An-
nahme wenigstens giebt uns eine plausible Erklärung für die
Fähigkeit der Wale, so erstaunlich lange Zeit, nach KUKENTHAL’s
Beobachtung bis °/, Stunde, unter Wasser zu bleiben. — An der
Stelle, wo sich bei Phocaena der venöse Körper befindet, d. h.
zwischen Epiglottis und Hyoid, findet sich bei den Landsäugethieren
ein Fettkörper vor, welcher von PASSAVANT beim Menschen entdeckt
und genau beschrieben wurde. Wahrscheinlich ist also das be-
treffende cavernöse Gewebe diesem Fettkörper der Landsäugethiere
homolog.
Das grosse Vestibulum pharyngis ist nun bei Phocaena mit
einer sehr derben, dicken, in tiefe Längsfalten, wie die Pars inferior,
gelegten Schleimhaut ausgekleidet (Taf. 1, Fig. 1). Unter ihr liegt
in der Seitenwand des Vestibulums das Rudiment der Gaumenmandel
(w). Ich fand es in einem genauer untersuchten Falle spindelartig
geformt, 4 cm lang, 1 cm breit, mit der Längsaxe von vorn nach
hinten gerichtet, von typischem adenoiden Bau mit sehr starken
bindegewebigen Septen. Nur ein kleiner Theil der Mandeloberfläche
tritt durch eine oder mehrere Lücken mit dem Cavum vestibuli in
Verbindung und macht den Eindruck einer kleinen Warze, auf deren
Spitze meist eine Crypte sich öffnet. Die Mandeln sind meist nach-
weisbar, besonders leicht bei jungen Individuen, bei einem ältern
Zoo). Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 5
66 G. BOENNINGHAUS,
konnte ich sie indess nicht auffinden. Rawırtz aber vermisste sie
vollkommen, doch waren sie schon den ältern Anatomen bei Pho-
caena bekannt.
2. Die Muskeln des Vestibulums.
Die Muskeln des Vestibulums bilden, wie die Muskeln des
Rachens, einen vollkommnen Schlauch. Sie finden sich, wie die
Rachenmuskeln, sämmtlich schon bei den Landsäuge-
thieren vor, theils constant, theilsinconstant, und
unterscheiden sich von den betreffenden Muskeln der
Landsäugethiere durch ihre grössere Ausdehnung,
welche auf die Wanderung der Zunge nach vorn zu-
rückzuführen ist.
a) M. genio-epiglotticus und M. glosso-epiglotticus.
Nicht alle Fasern des M. genio-glossus (Taf. 1, Fig. 1 7) strahlen
in die Zunge aus, die ventralen verlaufen vielmehr nach hinten (4)
zum Boden des Vestibulums und weiter zur Epiglottis. Diese Aus-
strahlung des M. genio-glossus zur Epiglottis wurde bereits von
Rapp und STANNIUS beschrieben und findet sich nach FÜRBRINGER
weit verbreitet in den meisten Ordnungen der Landsäugethiere vor.
Von der dorsalen Fläche der Zungenbasis entspringen Fasern
(5), welche nach hinten verlaufen und sich mit denen des vorigen
Muskels vereinigen. Sie sind bei Phocaena noch nicht beschrieben
und finden sich unter dem Namen des M. glosso-epiglotticus nur
selten bei Landsäugethieren vor, nach FÜRBRINGER nur bei Stenops,
Lemur, Meles, Ursus, Procyon, Vwerra, Bradypus.
Die Fasern dieser vereinigten Muskeln gehen, wie bereits er-
wähnt, direct in die Muskelfasern des Bodens des Sinus
pyriformis über.
Function: Mit letztern.und dem M. longit. oesophagi (Pars
ventralis) zusammen Depressor des Bodens des Sinus pyriformis
(cf. Cap. „Erweiterung des Schlundes“).
b) M. palato-glossus.
Aus der hintern Hälfte der Zunge kommen seitlich flächen-
förmige Muskelzüge heraus, deren vordere das ganze Vestibulum
transversal (77) umgeben, deren hintere aber allmählich in die
Längsrichtung übergehen, sich ohne Trennungslinie an die äussere
Seite der vereinigten M. genio-epiglotticus und M. glosso-epiglotticus.
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 67
anlegen und schliesslich median von den Schenkeln des M. stylo-
pharyngeus in die seitliche und die kurze obere Wand der Sinus
pyriformes (Taf. 1, Fig. 3 6) eindringen, wo sie sich mit den Fasern
des M. palato-pharyngeus verflechten. Der vordere Rand des Muskels
liegt im Arcus palato-glossus (v). Der Muskel ist schon von Rapp
erkannt und richtig beschrieben, von RUCKERT wiedergefunden, von
MuRrIE bei Globiocephalus melas schön gezeichnet. Er kommt nach
RÜCKERT ausser beim Menschen nur noch beim Affen vor. Er con-
stringirt das Vestibulum.
c) M. hyo-glossus (Pars posterior).
Vom dorsalen Seitenrand des Zungenbeinkörpers und der hintern
Zungenbeinhörner bis zum Ursprung des M. stylo-pharyngeus am
Tuberculums hyoideum (Fig. 18 g) entspringt der M. hyo-glossus.
Nur seine vordere mächtige Partie (Taf. 1, Fig. 1 6) geht bei Pho-
caena in die Zunge über. Seine hintere, dünne, flächenartige Partie
aber strahlt, mit der vordern Kante des M. stylo-pharyngeus eine
Strecke weit fest verbunden, in schrägen, von hinten unten nach
vorn oben gerichteten Zügen gegen die Seitenwand und das Dach
des Vestibulums aus. Der Muskel legt sich also der Aussen-
fläche des M. palato-glossus auf und unterstützt ihn bei der
Constrietion des Vestibulums. Er ist bereits von STANNIUS in der-
selben Weise beschrieben und von ihm mit dem unpassenden Namen
des M. hyo-pharyngeus belegt worden. Er ist nichts weiter als die
hintere, durch das Vorrücken der Zunge lang ausge-
zogene Partie des M. hyo-glossus und kommt in dieser An-
ordnung bei Landsäugethieren nicht vor.
D. Der Schlingact.
Das Problem, in Körperhöhlen Ingesta in stets gleich bleibender
Richtung fortzubewegen, löst die Natur durch an einem Punkt be-
ginnende und in der Richtung der beabsichtigten Bewegung fort-
schreitende Contraction der Höhlenwände. Besteht die Möglichkeit
der Rückbewegung der Ingesta oder ihrer Ableitung in unbeabsich-
tigte Nebenwege, so sind klappenartige Vorrichtungen angebracht,
um diese Möglichkeit zu beseitigen.
Zwei Hohlmuskelsysteme von äusserst complicirtem Bau sind
es, welche nach diesem Princip mit grosser Schnelligkeit und grosser
Pricision arbeiten, das Herzmuskelsystem und das Schlundmuskel-
system. Aus mehrfachen Gründen hat die Physiologie der Erforschung
5*
68 G. BOENNINGHAUS,
des Schlingacts auch nicht im entferntesten das Interesse entgegen-
gebracht wie derjenigen der Herzthätigkeit. Nicht der letzte Grund
ist jeden Falls die schwere Zugänglichkeit des Schlundgebiets im
Leben. Doch die letzten Decennien haben auch diese Schwierig-
keiten zu überwinden gewusst, so dass die Physiologie des Schling-
acts heute nicht mehr ein lediglich angewandtes Capitel der descrip-
tiven Anatomie ist, Dank der Untersuchungen von CoLLIN, Passa-
VANT, KRONECKER, MELTZER u. A. Das gilt natürlich hauptsächlich
vom Schlingact des Menschen, denn, wenn irgendwo, so ist hier der
Untersucher von dem Entgegenkommen und der Intelligenz des
Untersuchungsobjects abhängig. Das Thierexperiment aber ist be-
sonders durch die controllirende Prüfung der Ausfallserscheinungen
werthvoll geworden. Diese Experimente, ergänzt durch Erfahrungen
aus der menschlichen Pathologie, lehrten ausnahmslos, dass der Ver-
lust keines der beim Schlingact in Betracht kommenden Theile des
Mundes und des Rachens das Schlingen unmöglich mache, sondern
es höchstens erschwere. (Beim Menschen: Lähmung und Defect des
weichen Gaumens, Verlust des Kehldeckels, Lähmung der Stimm-
bänder, Exstirpation des Kehlkopfs und der Zunge. Beim Hund:
Abtragung des Kehldeckels durch LONGET u. A., Durchschneidung
der N. vagi durch CoLLın, Durchschneidung der N. mylo-hyoidei, der
N. hypoglossi, der M. stylo-hyoidei, der M. constrictores pharyngis
medii et inferiores durch KRONECKER, MELTZER und FALK.)
Wenn nun auch der Schlingaet des Thiers weniger exact er-
forscht ist als derjenige des Menschen, so lässt sich doch wegen
der im Princip gleichen Einrichtung der anatomischen Bestandtheile
des Rachens bei Menschen und Thier schliessen, dass er bei beiden
denselben Gesetzen folge. Immerhin aber giebt es noch eine
sanze Reihe von Punkten, besonders die physiologische Lage der
Epiglottis zum Velum, welche bei Thieren anders sind als beim
Menschen und der Aufklärung dringend bedürfen (s. Capitel „Kehl-
deckel und Gaumensegel“).
Beim Wal muss nun wegen der gänzlich verschie-
denen Anordnung des Rachens und seines Nachbar-
sebiets eine nicht unbedeutende Abänderung des
Schlingacts in allen seinen Phasen erfolgen, und diese
an der Hand der Anatomie von Phocaena zu besprechen, ist der
Zweck der nachfolgenden Betrachtungen. Dabei soll die Physiologie
des Schlingacts beim Menschen und den Landsäugethieren, soweit sie
zum Verständniss der Physiologie des Schlingacts bei Phocaena
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 69
nothwendig ist, mitberücksichtigt werden, denn was von der verglei-
chenden Anatomie des Rachens gilt, gilt in erhöhtem Maasse von
der Physiologie des Rachens nicht nur der Thiere, sondern auch des
Menschen: sie ist das Stiefkind unserer Lehrbücher (cf. S. MAYER,
LANDOIS, EINTHOVEN, v. BuNGE, Munk).
1. Die Vorbereitung zum Schlingact.
Dem eigentlichen Schlingact geht eine vorbereitende Thätigkeit
der Organe des Mundes voraus:
Das Oeffnen des Mundes zum Ergreifen der Beute erfolgt
bei den Landsäugethieren bei in seiner Ruhelage fixirtem Zungen-
bein durch den M. mylo-hyoideus, M. genio-hyoideus und M. depressor
mandibulae (M. biventer genannt beim Vorhandensein einer Zwei-
theilung des Muskels mit oder ohne Befestigung der Zwischensehne
am Zungenbein, cf. BRONN). — Bei Phocaena fällt der M. depressor
weg, auch wenn man den von mir als M. constrictor pharyngis
medius (cf. das betr. Capitel) betrachteten Muskel als hintern Bauch
eines Biventer (STANNIUS) auffassen würde. — Beim Oeffnen des
Mundes würde nun dem Wal das Wasser in den Rachen laufen,
wenn nicht die geöffnete Mundhöhle gegen die Rachenhöhle abge-
schlossen wäre. Dieser Abschluss besteht beim Menschen rein
passiv schon dadurch, dass bei in ungezwungener Weise geöffnetem
Munde der Zungenrücken gegen den Gaumen anstösst. Verstärkt
werden kann dieser Abschluss durch Anpressen des Zungenrückens
an den Gaumen. Dem Zahnwal aber muss beim Abschluss des
Rachens die ganz besonders starke Entwicklung der
Arcus palato-glossi zu Statten kommen. Hiervon über-
zeugt man sich am Cadaver bei aufgesperrtem Munde mit Leichtig-
keit, und hierin ist auch der Zweck der starken Entwicklung dieser
Falten beim Zahnwal zu erblicken.
Das Schliessen des Mundes erfolgt bei Phocaena wie bei
den Landsäugethieren durch den M. masseter und M. temporalis.
Als dritter Muskel wirkt bei den Landsäugethieren der M. pterygo-
ideus internus mit, welcher bei diesen dieselbe Richtung von dorsal
nach ventral einschligt wie der Masseter und Temporalis. Bei
Phocaena aber hilft der M. pterygoideus internus beim
Schliessen des Mundes nicht mit, denn hier hat er
eine horizontale Richtung dadurch erhalten, dass der Unter-
kiefer durch Verlust seines aufsteigenden Astes sehr niedrig, spangen-
förmig geworden ist.
70 G. BOENNINGHAUS,
Das Kauen besteht bei den Landsäugethieren, wie bei Pho-
caena, zunächst aus einem abwechselnden Senken und Heben des
Unterkiefers bei geschlossenem Munde, welches durch dieselben
Muskeln wie das Oeffnen und Schliessen des Mundes bewirkt wird.
Gleichzeitig erfolgt auch eine rotirende Bewegung des Unterkiefers
durch Contraction der M. pterygoidei externi bei den Landsäuge-
thieren, beider Pterygoidei aber bei Phocaena, die auf der einen
Seite beginnt und auf der andern endigt. Eine eben solche Con-
traction der M. genio-glossi und M. stylo-glossi bewirkt eine analoge
Bewegung der Zunge. So wird bei den Landsäugethieren die
Nahrung immer wieder zwischen die Zähne geschoben, zermalmt, mit
Speichel gemischt und zum Bissen geformt. Anders aber bei Pho-
caena: das homodonte, aus meisselförmigen Zähnen
bestehende Gebiss gestattet gar keine Zermalmung,
sondern nur eine Zerbeissung der Nahrung, welche ge-
wöhnlich aus kleinern Fischen, meist Heringen, besteht. Auch diese
geschieht nur höchst mangelhaft, das beweist der Mageninhalt. Es
kommt auch durch die rotirende Bewegung des Unterkiefers und
der Zunge nicht zur Formung eines Bissens, sondern höchstens zur
Drehung des gefangenen Fisches in die Längsaxe des Mundes, um
die spätere Passage durch den Rachen in dieser Stellung zu er-
möglichen. Schliesslich ist von einer Einspeichelung der Nahrung
nicht die Rede, denn die Wale entbehren der Speicheldrüsen (CUVIER).
Sie bedürfen derselben als Wasserthiere ebenso wenig wie die
Fische, denn die Bedeutung des Speichels liegt hauptsächlich im
Schlüpfrigmachen des Bissens (v. BuNGE), ist also mehr eine
mechanische als chemische. (Beweis: Exstirpation aller Speichel-
drüsen bei Pferd und Hund ohne Beeinträchtigung der Verdauung.)
Das Saugen erfolgt dadurch (DONDERS), dass vom Jungen
die Milch aus der Brust der Mutter vermittels eines luftleeren Saug-
raums aspirirt wird, welcher durch Herabdrücken des vordern und
mittlern Drittels der Zunge, unter Abschluss gegen den Rachen
durch Erheben des Zungengrundes, hergestellt wird. Gleichzeitige
Abduction des Unterkiefers unter Beibehaltung des Lippenver-
schlusses vergrössert den Saugraum. Es ist kein Grund zur An-
nahme vorhanden, dass bei den Walen das Sauggeschäft nicht ebenso
von Statten gehen könnte, nur muss die Saugwirkung wegen der Kürze
der Zungenspitze geringer sein. Das wird nach KÜKENTHAL dadurch
compensirt, dass die stillende Walmutter durch Contraction ihres
Der Rachen von Phocaena communis Less. zul
sehr starken M. compressor mammae ihrem Jungen die Milch in
den Mund zu spritzen vermag.
Die Beförderung des Bissens vom Mund in den
Rachen geschieht bei den Landsäugethieren wie beim Zahnwal
zunächst dadurch, dass unter Erhebung der Zungenspitze und Ab-
flachung des Zungenrückens der Bissen auf denselben geschafft wird.
Dann wird bei fixirtem Unterkiefer der Zungenrücken durch Con-
traction des M. mylo-hyoideus (KRONECKER, Abbindung des N. mylo-
hyoideus beim Hund), des M. hyo-glossus (fühlbar beim Menschen)
und wohl auch des schwächern M. stylo-glossus gegen den Gaumen
gehoben und dadurch der Bissen mit Gewalt in den Rachen getrieben.
— Bei denjenigen Säugethieren, welche, wie Phocaena, das Zungen-
bein vermittels des Stylohyoids in fester Verbindung mit der Schädel-
basis haben, kommt nach meiner Ansicht als Unterstützer dieser
drei Muskeln der M. genio-hyoideus hinzu, denn er kann bei diesen
Thieren, wie der Mylo-hyoideus, das Hyoid nur heben, nicht aber,
wie bei den Thieren mit losem Zungenbein, dasselbe auch nach
vorn unter die Zunge ziehen und dadurch zum Kehlkopfverschluss
beitragen (cf. das betr. Capitel. — Bei Phocaena kommt nun
noch als fünfter Heber des Hyoids der M. stylo-pharyn-
geus hinzu, denn bei der umgekehrten Richtung, welche er (cf. das
betr. Capitel) durch die Drehung des Präsphenoids bekommen hat,
zieht er nicht mehr, wie bei den Landsäugethieren, den Pharynx
gegen das Styloid, sondern das Styloid gegen seinen Ansatzpunkt,
das knöcherne Nasen- und Rachenrohr. Diese Hebung des Styloids
wird auf zweifache Weise auf das Hyoid iibertragen, durch das
Epihyale (Fig. Se) und durch den M. stylo-hyoideus, der als schmaler,
langer, aber kräftiger Muskel die einander zugekehrten Ränder des
Styloids und Hyoids verbindet. — Die Beförderung des Bissens vom
Mund in den Schlund muss nun bei Phocaena mit grosser Kraft
erfolgen, denn es ist nicht nur die Anzahl der das Zungenbein und
die Zunge hebenden Muskeln, sondern auch die Kraft jedes einzelnen
dieser Muskeln eine relativ bedeutende, besonders aber diejenige des
M. mylo-hyoideus, welcher einen geradezu gewaltigen Dickendurch-
messer hat (Taf. 1, Fig. 1 3, und Textfigur S 1).
2. Die Erweiterung des Schlundes.
Sobald nun die Speise aus dem Mund in den Schlund gelangt,
beginnt, durch Reizung der sensiblen Nerven des Zungengrundes,
des Gaumensegels und der Rachenwand reflectorisch ausgelöst, der
12 G. BOENNINGHAUS,
Schluckact. Er wird vollführt durch äusserst fein associirte
Contractionen des ganzen musculösen Schlundapparats, und zwar in
der Weise, dass der Verengerung des Schlundrohrs eine
Erweiterung vorausgeht. Das hat man, der ganzen Sachlage
gemäss, schon immer als sicher angenommen, bewiesen aber ist es
erst durch MELTZER u. KRONECKER, wenigstens für die „Gegend
des Eingangs des Oesophagus“, durch Druckmessung vermittels eines
hierhin eingeführten Gummiballons.
Die Erweiterung der uns hier interessirenden Pars inferior
pharyngis kommt nun bei den Landsäugethieren wie beim
Menschen durch folgende Momente zu Stande:
1) Der Kehlkopf wird durch Contraction des M. thyreo-hyoideus
an das Zungenbein herangezogen (fühl- und sichtbar). Dadurch ent-
fernt sich der Kehlkopf von der hintern Rachenwand.
2) Die hintere und seitliche Rachenwand wird
gleichzeitig durch Contraction des M. stylo-pharyn-
geus nach aussen und hinten oben gezogen. Das schliesst
man aus dem Verlauf und der sonstigen anatomischen Anordnung
dieses Muskels, der sich zu den Constrietoren des Rachens, speciell
zum M. palato-pharyngeus (RÜCKERT), wie der Längsmuskel eines
Sphincters zu seinem Ringmuskel verhält.
3) Das Gaumensegel wird durch den M. levator veli ge-
hoben (direct zu beobachten von der Nase aus).
4) Die Aryknorpel werden wie beim Phoniren nach
einwärts bewegt (Beobachtung von CoLLın am Pferd und Rind
bei gespaltenem untern Kehlkopf). Dadurch wird das Lumen
der Sinus pyriformes in der Breite nach innen zu ver-
srössert. Denn es ist abhängig vom jeweiligen Stande der Ary-
knorpel, und man kann sich vermittels des Kehlkopfspiegels beim
Menschen leicht davon überzeugen, dass bei tiefer Inspiration das
Lumen der Sinus pyriformes verschwindet, dass es bei der Phonation
am weitesten ist und dass es beim ruhigen Athmen in einem Zu-
stand mittlerer Weite sich befindet. Auch an der Leiche haben
die Aryknorpel diese mittlere Lage inne („Cadaverstellung“), und
deshalb findet sich auch an der Leiche ein mässig klaffender Sinus
pyriformis, und zwar nicht nur beim Menschen, sondern auch bei
den Landsäugethieren (WALDEYER).
Dieses seitliche Klaffen des Speiseweges in der Ruhe erklärt uns
nun die Möglichkeit einiger physiologischen Vorgänge
(WALDEYER): flüssige sowie breiige Speisen befinden sich bereits
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 13
im Magen, ehe der Schluckact auch nur beginnt (MELTZER u.
KRONECKER, s. folgendes Capitel). Ferner: manche Leute besitzen
die Fähigkeit, Flüssigkeit in den Magen hinunter zu giessen unter
Unterdrückung des Schluckreflexes.
Nur beim Schlucken grösserer Bissen und beim hastigen Trinken
(CoLLın) wird auch der mittlere Theil des Speiseweges
der Pars inferior pharyngis nach seiner Erweiterung nothwendiger
Weise benutzt, d. h. der Bissen geht auch über den auf den
Aditus ad laryngem niedergedrückten Kehldeckel (cf. später) hinweg,
vorausgesetzt natürlich, dass nicht eine absolute Zweitheilung der
Pars inferior durch unveränderliche Lage der Epiglottis im Isthmus
naso-pharyngeus, wie bei den Walen, besteht.
Diese ganze Betrachtung ist in so fern für uns interessant, als
sie die absolute, d. h. bei jeder Grösse des Bissens vorhandene
physiologische Zweitheilung der Schluckbahn bei den Zahn-
walen nur als die Weiterbildung einer bei den Land-
säugethieren bereits gegebenen relativen, d. h. nur
beim Schlucken kleinerer Bissen bestehenden Zweitheilung derselben
ansieht und daher nicht mehr als etwas so Unbegreifliches (RÜCKERT)
erscheinen lässt (WALDEYER).
Auch der Oesophagus scheint der Erweiterung nicht zu ent-
behren, doch fehlt bisher der Beweis. Als Erweiterer könnte allein
der M. oesophagi longit. (FALK und KRONECKER) in Betracht kommen.
Bei Phocaena erleidet die Eröffnung der Pars inferior pharyngis
durch die Veränderungen der anatomischen Verhältnisse mancherlei
Abweichungen:
1) Die Annäherung des Thyreoids an dasHyoidkann
nicht in derselben Weise als einfaches Heranziehen
des Thyreoids erfolgen wie bei den Landsäugethieren,
denn dies setzt voraus, dass dem Zug am Thyreoid
das Cricoid folgt und dass die Trachea sich kraft
ihrer Elasticität entsprechend verlängert. Bei Phocaen«
aber fehlt der Trachea die Eigenschaft, durch Zug
sich zu verlängern, so gut wie vollständig, weil sie sehr kurz
— nur 2—3 cm lang bis zum Abgang des obersten Bronchus —
ist und weil ihre Ringe nicht nur äusserst dicht und fest an ein-
ander liegen, sondern zum grossen Theil (MECKEL) sogar mit ein-
ander verwachsen sind. Auch ist das Cricoid eng und fest
mit der Trachea verbunden. Soistalso das Thyreoid
zwischen zwei fixen Punkten, dem Hyoid und dem
74 G. BOENNINGHAUS,
Cricoid, eingeschaltet, mit ersterm verbunden durch den
M. thyreo-hyoideus, mit letzterm durch die Syndesmosis crico-
thyreoidea. Da nun das Thyreoid (Taf. 1, Fig. 3 b) mit seiner ven-
tralen Fliche erheblich tiefer liegt als das Hyoid (e), so muss durch
Contraction des M. thyreo-hyoideus eine Drehung des Thyreoids
um seine transversale Axe erfolgen, verbunden mit ent-
sprechender Hebung und Annäherung desselben an das Hyoid. Diese
Bewegung ist zwar in der Syndesmosis crico-thyreoidea nicht vor-
gesehen (vgl. Cap. „Schildknorpel und M. erico-thyreoideus“), sie kann
aber wegen der federnden Beschaffenheit des Thyreoids unter ent-
sprechender Formveränderung desselben leicht von Statten gehen.
Da nun die Epiglottis bei Phocaena stark und unelastisch und
SS
al
Fig. T. Pharynx von Phocaena im Schlingact. Constructionsbild, 1:2. 2 Areus
palato-glossus, 2 Orificium tubae Eustachii pharyngeum, 3 Basihyoid, # Schleimhaut-
gruben des Pharynx, 3 Epiglottis, 6 Arytänoid, 7 M. arcus palato-pharyngei (,,Ring-
wulst“), 5 M. thyreo-hyoideus.
mit dem Thyreoid fest verwachsen ist, so muss sie die Bewegung
des Thyreoids mitmachen und sich mit ihrer Spitze
nach hinten oben drehen. Sie stösst schliesslich an die hintere
Wand der Pars superior pharyngis an und kommt dabei in eine
wohl ausgebildete Delle der Pars superior zu liegen (Fig. T). Dieses
Der Rachen von Phocaena communis Less. 75
Hineinpassen der Epiglottisspitze in die Delle am Cadaver bei ent-
sprechender Drehung des Thyreoids scheint mir ein Beweis für die
Richtigkeit der aus den anatomischen Verhältnissen heraus con-
struirten Drehung des Thyreoids beim Schluckact zu sein. — Der
Effect aber der Contraction des M. thyreo-hyoideus ist bei Phocaena
trotz der abgeänderten Bewegung des Thyreoids für den Schluck-
act derselbe wie bei den Landsäugethieren: Entfernung des Thyreoids
von der hintern Rachenwand unter Erweiterung der Pars inferior
pharyngis in sagittaler Richtung. Von allen diesen abgeänderten
physiologischen Verhältnissen ist uns bisher nichts bekannt.
2) Der M. stylo-pharyngeus kann wegen seiner veränderten
Lage an der Vorderwand des Pharynxschlauchs keine Erweite-
rung der hintern und seitlichen Wand wie bei den Land-
säugethieren bewirken. Der Zug nach hinten, als Gegenzug gegen
den Zug des M. thyreo-hyoideus nach vorn, kann den Verhältnissen
entsprechend nur durch die Contraction der nach oben vorgeschobenen
Portion des M. longitudinalis oesophagi erfolgen, der Zug nach
aussen aber durch den M. crico-thyreoideus, den Abductor der Seiten-
theile des Thyreoids.
3) Das Velum wird auf dieselbe Weise wie bei den Land-
säugethieren (M. levator veli) gehoben.
4) Die Erweiterung der Sinus pyriformes nach innen
geschieht ebenso wie bei den Landsäugethieren durch Adduction
der Aryknorpel. Ausserdem findet eine Erweiterung der
Sinus nach aussen durch die M. crico-thyreoidei statt,
wie das ja ausführlich beschrieben wurde. Endlich wird der Boden
der Sinus pyriformes durch seine besondere Muscu-
latur (vergl. das Cap. „Die Musculatur des Sinus pyriformis“)
herabgedrückt. Denn da er höher liegt als der Boden des
Vestibulums und die ventrale Fläche des Oesophagus, so muss,
wenn sich die Bodenmusculatur des Vestibulums und der Sinus
pyriformes im Verein mit dem M. longit. oesophagi, die alle zusammen
ja einen einzigen Muskel bilden, contrahirt, der Boden der Sinus
pyriformes entsprechend herabgedrückt und die erstrebte gerade
Linie, welche der Fortbewegung der Speisen den geringsten Wider-
stand entgegensetzt, erreicht werden. — Aus alledem geht hervor,
dass die Natur auf die active Erweiterungsfähigkeit der
Parsinferior pharyngis, der engsten Stelle des Schlun-
des, beiden Zahnwalen, eine ganz besondere Sorgfalt
gelegt hat.
|
©
G. BOENNINGHAUS,
Die passive Erweiterungsfihigkeit entspricht der
activen: WALDEYER bemerkt ausdrücklich, dass er sowohl bei
einer alten wie bei einer jungen Phocaena, obwohl sie beide ge-
schrumpfte Spiritusexemplare waren, bequem 3—4 Finger in die
Sinus pyriformes einführen konnte, und JuNGKLAUS erwähnt, dass
er bei einer erwachsenen Phocaena die ganze Hand durch den Oeso-
phagus in den Magen führen konnte. In diesem fand er je 10 cm
lange Fischskelete. Sonst finde ich in der Literatur keine Angabe
über die Grösse der Fische, welche im Magen der Phocaena ge-
funden wurden. Doch dürften Heringe, die Lieblingsspeise des
Thiers, unzerkleinert seinen Schlund passiren kénnen. Gehen wir
zu den grössern Zahnwalen über, so fand SCORESBY im Magen eines
Narwals (Linge des ausgewachsenen Thiers 5—6 m) einen Rochen,
welcher fast 5mal so breit war wie das Maul des Thiers, und EscH-
RICHT fand in dem Magen eines 5 m langen Schwertwals, des blut-
dürstigsten aller Meeresbewohner, 13 Phocänen und 14 Seehunde,
wihrend der 15. sich im Rachen festgekeilt befand und den Tod des
Thiers durch Ersticken herbeigeführt hatte. Wäre es nicht EscH-
RICHT, der das schrieb, so würde man es nicht für möglich halten,
so aber kann man gar nicht daran zweifeln.
Jedenfalls besitzen also die Zahnwale den weiten
Schlund der Raubthiere in vergrössertem Maasstab,
im Gegensatz zu den Bartenwalen mit ihrem engen Schlund. Das
ist ja auch allbekannt. Rawirz aber, welcher zu Cetaceenstudien
von der Kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin im Jahre 1899
nach Norwegen gesandt wurde, kam zu einer andern Ueber-
zeugung, denn er sagt: „Die eingeführte Nahrung muss sich
(bei Phocaena) um den Larynx herum winden, und dies erklärt
die Thatsache, dass selbst die grössten Odontoceten
und auch die Mystacoceten von stets sehr kleinen Thieren
(nur kleinste Fische, kleine Krebse oder Mollusken)
leben“ (!).
3. Die Verengerung des Schlundes.
Der Erweiterung des Schlundes folgt nun in sehr kurzer Zeit,
beim Menschen in weniger als 0,3 Secunden nach erfolgter Con-
traction des Mylo-hyoideus und Hyo-glossus (KRONECKER und
MELTZER), die Verengerung.
Wo ein besonderer M. palato-glossus vorhanden ist (Primaten),
bewirkt er eine Verengerung des kurzen Vestibulum pharyngis. Die
Der Rachen von Phoeaena communis Less. 41
Pars inferior pharyngis aber wird verengert in ihrem oralen Theil
durch den M. constrictor pharyngis medius, im aboralen Theil durch den
vom M. constrictor pharyngis inferior. Der M. palato-pharyngeus
hilft nicht mit bei der Verengerung der Pars inferior, sondern beim
Verschluss des Isthmus naso-pharyngeus (cf. dieses Capitel).
Bei Phocaena wird das lange Vestibulum pharyngis ebenfalls
durch den hier entsprechend langen und kräftigen M. palato-glossus
zusammengepresst, wesentlich unterstützt wird die Pres-
sung dieses sehr weiten Raumes durch das gehobene
Hyoid, welches unter dem Boden desselben liegt. — Die Pars
pharyngis inferior wird im oralen Theil nicht vom
M. constrictor pharyngis medius comprimirt, der, wie
erwähnt, an dieser Stelle fehlt. Seine Function hat
nun der Muskelschlauch der Pars pharyngis superior,
d. h. der combinirte M. constrictor pharyngis superior, M. palato-
pharyngeus (Pars externa) und M. thyreo-palatinus, übernommen,
und zwar in der Weise, dass bei dem constrictorartig
angeordneten Verlauf des ventralen Theils dieses
Muskels eine Verengerung dieser Schlauchhilfte erfol-
gen muss. Da die letztere aber durch den M. thyreo-
palatinus ander beweglichen Seitenspange des Thyreo-
ids inserirt, muss dadurch ein Zusammenriicken der
Seitenspangen und eine Compression der Sinus pyri-
formes, d. h. des oralen Theils der Pars inferior, erfolgen. Die
Abhebung des Muskelschlauchs vom knöchernen Nasen- und Rachen-
rohr wird dadurch erleichtert, dass die zwischen Schlauch und
Knochen liegenden zahlreichen grossen Venen sich bei der Con-
traction des Schlauchs mit Blut füllen.
Weil nun durch die Drehung des Präsphenoids die obere
Hälfte des Muskelschlauchs so weit in die Höhe gezogen wurde, dass
seine Fasern nicht mehr circulir, sondern längs zum Schlauch ver-
laufen, müsste durch die Contraction desselben zugleich eine bei
der Länge des Muskels nicht unbedeutende Hebung des Kehl-
kopfs erfolgen. Dadurch aber würde der Boden der
Sinus pyriformes ebenfalls gehoben werden, wodurch
die geradlinige Richtung des Weges vom Mund zur Speiseröhre un-
vortheilhaft gestört würde. Antagonist aber dieser Bewe-
gung ist die Bodenmusculatur der Sinus pyriformes
(vgl. voriges Capitel), doch ist sie allein viel zu schwach, um die
Hebung der Sinus pyriformes durch den kräftigen Muskelschlauch
78 G. BOENNINGHAUS,
der Pars superior paralysiren zu können. Ein wirksameres
Gegengewicht gegen den Zug nach oben wird durch
den M. constrictorinferior ausgeübt, und zwar dadurch,
dass er am Occiput einen Ansatz genommen hat, und
das scheint mir, physiologisch betrachtet, der Zweck der merkwiirdigen
Insertion dieses Muskels am Occiput bei den Zahnwalen zu sein.
Der aborale Theil der Pars inferior pharyngis wird, wie stets,
vom M. constrictor pharyngis inferior constringirt, und
zwar in der Weise, dass das Thyreoid gegen das Occiput, und zwar
im Gegensatz zu RawitTz ohne Drehung, soweit dieser Muskel allein
in Betracht kommt, gezogen wird (Fig. O 2).
Der Oesophagus hat zur Verengerung, wie bei den Land-
säugethieren, eine sehr kräftige Ringmusculatur, welche bei Del-
phinus delphis (CATTANEO, cf. BRONN), ebenso wie die Längsmuscu-
latur im obern Theil quer gestreift, im untern glatt ist. Der Ansatz
des obern Endes des M. longit. oesophagi am Occiput unterstützt
den Gegenzug des M. constrietor pharyngis inferior gegen den Zug
der Pars superior nach oben. — Im Uebrigen ist die ganze, den
Schlund verengernde Musculatur von ausserordent-
licher Stärke.
Ueber den zeitlichen Ablauf der Vorgänge beim Schling-
act sind wir durch die sehr exacten Versuche Merrzer’s und Krox-
ecker’s (Einführung eines Gummiballons in den Schlund und Regi-
strirung mit Marey’schem Tambour) ziemlich genau orientirt. Hiernach
beträgt der Zeitraum zwischen Contraction des Mylo-hyoideus und der
Pars inferior pharyngis 0,3 Secunden, zwischen Contraction des Mylo-
hyoideus und des obersten Drittels des Oesophagus 1,2 Sec., des mittlern
Drittels 3,0 Sec. des untersten Drittels 6,0 Sec. Die Contraction er-
folgt nach diesen Autoren nicht, wie man sonst allgemein annimmt,
nach dem Modus der reinen Peristaltik, sondern absatzweise, im obersten
dieser vier Abschnitte beginnend, im untersten endigend. Die lang-
samere Contraction des Oesophagus nach unten ist abhängig von der
nach unten zu die quergestreifte Musculatur allmählich ablösenden
glatten Musculatur. Bei Delphinus delphis (cf. CATTanEo) ist die An-
ordnung der Musculatur eine ähnliche, während sie bei vielen Land-
säugethieren bis an die Cardia quer gestreift ist. — Als echter Re-
flex verläuft die Contraction des Schlundes immer in
derselben Weise und in demselben Tempo, ganz unabhängig
von der verschluckten Speise, und lässt sich, einmal ausgelöst, nicht
mehr aufhalten.
Sehr merkwürdig ist es, dass geschluckte Flüssigkeit oder
halb breiige Massen schon nach 0,1 Secunden, von der Contraction des
Mylo-hyoideus an gerechnet, in dem Magen ankommen, also früher, als
die Contraction des Rachens überhaupt beginnt. Das ist darauf zurück-
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 79
zuführen, dass solche leicht verschiebliche Massen durch die in Ruhe
leicht klaffenden Sinus pyriformes (WALDEYER) und den in der Ruhe
wahrscheinlich in einem mittlern Zustand der Eröffnung sich be-
findenden Oesophagus einfach hindurch gespritzt werden, denn bei Kopf-
stand erfolgt die Fortbewegung der verschluckten Flüssigkeit mit der-
selben Schnelligkeit. Ganz anders bei festen Bissen. Am
Menschen ist uns zwar hierüber nichts bekannt, denn die Methode
Metrzer’s und Kronecker’s ist für feste Bissen nicht anwendbar. Da-
gegen sieht und fühlt man beim Pferd und Rind bei der ober-
flächlichen Lage ihres Oesophagus ohne weiteres, dass
feste Bissen den Pharynx ebenfalls sehr schnell, den
Oesophagus dagegen sehr langsam, sehr grosse und sehr trockne Bissen
erst nach 15—30 Secunden passiren (Coruın). — Im Ganzen dürfte sich
die Sache so verhalten, dass Flüssigkeit allein durch die Spritzwir-
kung des Mylo-hyoideus und seiner Genossen, der Peristaltik des Schlundes
weit vorauseilend, in den Magen gelangt, dass feste Bissen von
gewöhnlicher, dem Schlund eines jeden Thiers angepasster Grösse
weniger durch die Thätigkeit des Mylo-hyoideus etc., dessen Kraft durch
den Reibungswiderstand festerer Bissen bald absorbirt wird, als durch
die Thätigkeit des Schlundes selbst in den Magen getrieben wird und
mit der peristaltischen Welle des Schlundes zugleich hier ankommt,
dass feste Bissen von ungewöhnlicher Grösse aber erst
durch eine zweite peristaltische Welle (Nachschlucken, eventuell ver-
bunden mit Druck seitens des gebeugten Halses und verengertem
Thorax, Würgbewegung) den Oesophagus passiren. — Dieses nähere
Eingehen auf den zeitlichen Ablauf der Vorgänge beim Schlingact er-
schien mir nothwendig zur spätern Bekämpfung einer von
einigen Anatomen und Physiologen aufgestellten Hypo-
these (vgl. Cap. „Respiration und Schlingact“).
4. Der Verschluss des Isthmus naso-pharyngeus.
Beim Schlingact wird der Isthmus naso-pharyngeus geschlossen,
denn ist er offen (Gaumenlähmung oder Defect des Gaumensegels
beim Menschen), dringt Nahrung beim Schlingen in die Nase ein.
Der Verschluss erfolgt auf folgende Weise: Das Gaumensegel wird
gehoben (M. levator veli), dem gehobenen Gaumensegel
wird die hintere Rachenwand in ihrem obern Theil in
Form eines Wulstes, des PassavantT’schen Wulstes, ent-
gegen gezogen (M. constrietor pharyngis superior), und der jetzt
nur noch spaltförmige Isthmus naso-pharyngeus wird zusammenge-
schnürt durch den M. palato-pharyngeus. Bewiesen ist die Con-
traction des Levator und des Constrictor superior bei Individuen,
Mensch und Hund, bei denen nach Zerstörung der Nase der Blick
in den Nasenrachenraum von oben her frei war. Unbewiesen, aber
sehr wahrscheinlich ist die Mitwirkung des Palato-pharyngeus, denn
80 G. BOENNINGHAUS,
beim Sprechact — beim normalen Schluckact ist der Mund ja ge-
schlossen — erfolgt ebenfalls ein Abschluss des Isthmus naso-
pharyngeus und zwar in leicht sichtbarer Weise unter Abflachung
und Zusammenrücken der Arcus palato-pharyngei; beides aber ist
Wirkung des M. palato-pharyngeus. Den Hauptantheil aber
am Verschluss hat der Levator veli.
Bei Phocaena erfolgt der Verschluss des Isthmus
naso-pharyngeus ganz anders. Hier besorgt die Haupt-
arbeit der M. palato-pharyngeus und zwar seine Pars
interna, indem sich ihr kräftiger Ringmuskel um die Spitze der
Epiglottis und der Aryknorpel fest contrahirt, welche ihrerseits
durch ihre Lage im Ringwulst den Verschluss passiv vollenden.
Dagegen unterstützen der M. constrietor superior, der natürlich bei
seinem senkrechten Verlauf zum Rachenschlauch keinen PASSAVANT-
schen Wulst bilden kann, und der M. palato-pharyngeus mit seiner
Pars externa nur in so fern die Arbeit der Pars interna, als
sie bei ihrer Action einen concentrischen Druck auf die Pars in-
terna ausüben. Doch ist ihre Hauptaufgabe, wie gesagt, die Com-
pression der Sinus pyriformes. Der M. levator veli endlich betheiligt
sich gar nicht am Verschluss des Isthmus, er hebt zwar mit den
vorigen Muskeln den Ringwulst, doch unterstützt das kaum den Ab-
schluss des Isthmus, sondern führt mehr zur Erweiterung der Sinus
pyriformes nach oben, wie ebenfalls bereits erwähnt ist.
5. Der Verschluss des Aditus ad laryngeum und der Glottis.
Beim Schlingact wird ferner, um das Eindringen von Speisen
in den Kehlkopf zu verhüten, der Aditus ad laryngem geschlossen,
und zwar dadurch, dass sich der Kehldeckel auf ihn herabsenkt
(Passavant, Antuschung des Kehldeckels, Abdruck auf den Ary-
knorpeln beim Menschen; CorLın, Betastung des Kehldeckels durch
den eröffneten Oesophagus beim Rind). Diese Bewegung der Epi-
elottis ist eine passive, dadurch herbeigeführt, dass die Zungen-
wurzel durch den M. hyo-glossus und stylo-glossus nach hinten gegen
den Kehldeckel gezogen wird (vgl. „Vorbereitung zum Schlingact*),
während der M. genio-hyoideus (einen Moment später fühlbar, KRON-
ECKER) und der M. thyreo-hyoideus vereint den Kehlkopf nach
vorn ziehen. Wo das Zungenbein am Cranium fixirt ist, kann
nach meiner Ansicht, wie erwähnt, der M. genio-hyoideus nicht den
M. thyreo-hyoideus unterstützen (vgl. „Vorbereitung zum Schling-
act“). Dass der schwache M. ary-epiglotticus, wo er vorhanden ist,
Der Rachen yon Phocaena communis Less. S1
das Niederdrücken der Epiglottis activ unterstützt, wird angenommen
(CZERMAK). — Gleichzeitig mit der Herabbeugung der Epiglottis
erfolgt Glottisschluss (M. crico-arytaenoideus lateralis, M. thyreo-
arytaenoideus, M. interarytaenoideus). ÜZERMAK und PASSAVANT
glaubten, den Glottisschluss beim Menschen mittels des Kehlkopf-
spiegels beobachtet zu haben, doch ist er einwandsfreier schon vorher
von COLIN beim Pferd und Rind nach Eröffnung der untern Hälfte,
des Kehlkopfs nachgewiesen worden.
Bei Phocaena erfolgt der Verschluss des Aditus ad laryngem
nicht durch den Druck der Zunge, denn der starre Kehl-
deckel ist kaum niederdrückbar, und wenn er es leichter wäre, könnte
die Zunge wegen ihrer Kürze, selbst ad maximum zurückgezogen,
den Kehldeckel nicht erreichen. Der Verschluss erfolgt vielmehr
zugleich mit dem Verschluss des Isthmus naso-pharyngeus durch
Contraction des Ringwulstes. Der Glottisschluss wird hier-
durch, da Epiglottis und Aryknorpel starr sind, unterstützt, vollendet
wird er durch den M. thyreo-arytaenoideus und den M. inter-
arytaenoideus; der M. crico-arytaenoideus lateralis aber fehlt bei
Phocaena.
Anhang: Physiologische Schlussbetrachtungen.
1. Kehldeckel und Gaumensegel.
Nur bei den Primaten (Ausnahme Orang, WALDEYER) steht der
Kehlkopf so tief und ist das Gaumensegel so kurz, dass Kehldeckel
und Gaumensegel nicht in Berührung treten. Bei den übrigen
Säugethieren findet dies jedoch mehr oder minder statt. Die Epi-
glottis findet man dabei meist an der Hinterfliche des Gaumen-
. segels, seltner an seiner Vorderfläche. Das nennen die Engländer
intranarial und extranarial epiglottis. Die Bezeichnung ist kurz
und ohne weiteres verständlich, man könnte sie aus diesem Grunde
beibehalten, doch ist sie eine von den Bezeichnungen, welche dazu
beitragen, die Grundbegriffe der vergleichenden Anatomie des
Rachens (vgl. Capitel III) zu verwirren, denn die Epiglottis hat
niemals direct mit den hintern Nares, den Choanen, etwas zu schaffen.
Ich glaube daher, dass retrovelare und prävelare Anord-
nung der Epiglottis, Epiglottis retrovelaris und prae-
velaris, eine exactere Bezeichnung ist.
Am Cadaver der Säugethiere findet man, abgesehen von den
Primaten, das Velum verschieden zur Epiglottis gelagert. Hiernach
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 6
82 G. BOENNINGHAUS,
kann man die erstern eintheilen in solche, bei denen die Epiglottis
stets retrovelar, und in solche, bei welchen sie bald retro-
velar, bald prävelar gefunden wird. Die erste Classe ist die
grössere (HowEs), die letzte die kleinere. Sehen wir nun die retro-
velare Lagejals die Lage der Ruhe an (vgl. nächsten Abschnitt), so
fragt es sich: wie kommt am Cadaver mancher Säuge-
thiere dennoch die prävelare Epiglottis zu Stande?
“Man könnte zunächst annehmen, dass sie durch die verschiedenen
Manipulationen bei der Section des Rachens hervorgerufen wurde.
Aber selbst bei vorher gefrorenen oder sonst gehärteten Thieren
findet man die prävelare Epiglottis, und zwar auch dann, wenn vor
der Härtung der Mund nicht geöffnet wurde. So fand ich sie bei
einem neugeborenen, in toto in Spiritus gehärteten Schwein. Meine
Ansicht nun von diesem abnormen Verhalten des Velums
zur Epiglottis ist die, dass esin der Todtenstarre zu
Stande kommt, und zwar durch Zug des kräftigsten Muskels des
Gaumensegels, des Levator veli, und dass das Velum in dieser Lage
bleibt, wenn man das Thier während der Todtenstarre -härtet oder
gefrieren lässt.
Diese gelegentlich unter den genannten Voraussetzungen con-
statirte prävelare Anordnung der Epiglottis hat den Werth einer.
physiologischen Beobachtung, denn sie zeigt uns ganz im
Allgemeinen, wie die Lage der Epiglottis zum Velum sich bei der
Contraction des letztern gestalten muss, gleichgültig, ob die Con-
traction durch die Todtenstarre oder als physiologischer Act zu
Stande kommt. Sie kann uns daher als ein werthvoller Nothbehelf
gelten, so lange Beobachtungen am lebenden Thier uns hierüber
nicht eines Andern belehren. Demnach haben wir auch physio-
logisch zwei Typen des gegenseitigen Verhältnisses
von Epiglottis und Velum zu unterscheiden:
1) Prävelare Anordnung der Epiglottis bei ge-
hobenem Gaumensegel. Hierhin gehören alle diejenigen Thiere,
welche Kürze des Gaumensegels mit Kürze oder niedrigem Stand
der Epiglottis verbinden. Sicherer Vertreter dieses Typus ist (ab-
sesehen von den Primaten) nach meiner Beobachtung das Schwein,
wahrscheinlicher Vertreter das Rind.
2) Retrovelare Anordnung der Epiglottis bei ge-
hobenem Gaumensegel. Vertreter ist nach meiner Beobach-
tung der Zahnwal und das Pferd. Beim Zahnwal liegt die Sache
einfach so, dass die Epiglottis nur mit so grosser Mühe aus dem
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 83
Ringwulst zu entfernen ist, dass physiologisch eine andere Anord-
nung als die retrovelare gar nicht in Betracht kommt. Beim Biber
(WALDEYER), beim Elephant und Kameel (s. MILNE-EDwarps) liegt
die Sache ebenso. Beim Pferd ist es leichter, die Epiglottis vor das
Velum zu bringen, doch bedarf es immerhin noch einiger Anstrengung.
Als unterstiitzendes Moment nun fiir die Beurtheilung der Lage der
Epiglottis zum gehobenen Velum im Leben kommt die Grenze
des Cylinderepithels und Plattenepithels im Isthmus
naso-pharyngeus in Betracht, denn soweit das Plattenepithel
reicht, hat auch im Leben ein Druck auf das Epithel stattgefunden,
sei es durch die verschluckte Nahrung, sei es durch die gegenseitige
Berührung der Wände des Isthmus bei seinem Verschluss. Hebt
man nun beim Pferd das Velum bis an die obere Grenze
des Plattenepithels, welche gerade bei diesem Thier sehr
gut sichtbar und fühlbar ist, und hebt dabei den Kehlkopf
mit, und zwar so hoch, wie er im Leben wahrscheinlich
gehoben wird, so erhält man etwa das Bild, wie es in
Fig. U gezeichnet ist, d. h. retrovelare Anordnung der Epiglottis.
nn
Cady de Wy, 7
Fig. U. Pharynx vom Pferd im Schlingaet. Constructionsbild, 1:5. Z Arcus
palato-pharyngeus, 2 Tubensack, 3 PAssAVANT’scher Wulst, # Orificium tubae Eustachii
pharyngeum, 5 Velum palatinum, 6 Basihyoid, 7 Epiglottis, 5 Arytänoid, 4 M. thyreo-
hyoideus.
[Zu bemerken ist zu diesem Bilde, dass der PAssavant’sche Wulst
(3), obwohl er am Cadaver des Pferdes sehr stark ist, in der Zeich-
nung etwas zu gross ausfiel und dass das Zungenbein (6) etwas
weiter nach hinten stehen muss.| — Die Arcus palato-pharyngei
84 G. BOENNINGHAUS,
liegen dabei unterhalb des gehobenen Isthmus naso-pharyngeus, d. h.,
da die anatomischel Grenze zwischen Pars superior und inferior pha-
ryngis durch den Arcus palato-pharyngeus gebildet wird (vgl. Cap .III),
liegt bei gehobenem Gaumensegel der untere Theil der
Pars superior auch unterhalb des gehobenen Gaumen-
segels. Ein Theil der Pars superior wird hier also
mit als Speiseweg benutzt; es fallt also hier die ana-
tomische Grenze zwischen Pars superior und inferior
nieht mit der physiologischen Grenze zwischen Luft-
und Speiseweg zusammen, wie RÜCKERT es annahm (vgl.
Cap. III), weshalb auch seine physiologische Eintheilung des Rachens
auf anatomischer Basis unbrauchbar ist. Vielleicht nur beim Wal,
bei welchem Kraft der eigenartigen anatomischen Anordnung des
Arcus palato-pharyngeus der Ringwulst stets in derselben unab-
änderlichen Beziehung zur Wand des Rachens steht und stets den
Sinus pyriformis nach oben abschliesst, dürfte der Arcus palato-
pharyngeus sowohl bei gesenktem wie gehobenem Gaumensegel, also
sowohl anatomisch wie physiologisch, die Grenze der beiden Rachen-
abtheilungen bilden.
Betrachten wir nun die verschiedenen physiologischen
Acte, in welchen das Verhältniss der Epiglottis zum Velum eine
Rolle spielt, so kommen wir zu folgendem Resultat:
Bei der Respiration besteht bei allen Thieren, aus-
genommen den Primaten, retrovelare Anordnung der
Epiglottis. Das ist die Ansicht aller Autoren von HUNTER bis
auf unsere Zeit. Denn diese Lage entspricht dem gewöhnlichen
Cadaverbefunde und schafft auch in jedem Falle die directeste und
daher zur Respiration beste Verbindung zwischen Glottis und Nase.
Die Frage ist daher nur die, ob nicht auch gelegentlich prä-
velare Anordnung der Epiglottis bei der Respiration
bestehen kann. Bei ihr muss naturgemäss die Ath-
mung durch den geöffneten Mund stattfinden. Der
Mensch benutzt nun bekanntlich bei verstopfter Nase die Mund-
athmung. Seit HuNTER aber besteht die Ansicht, dass die Thiere
nicht durch den Mund athmen können. Das ist ein Irrthum. Denn
zunächst hachelt der Hund durch den Mund, nachweisbar durch eine
vorgehaltene Flaumfeder, die sich in- und exspiratorisch bewegt.
Ferner phoniren manche Thiere durch den Mund (siehe nächsten
Abschnitt), was wenigstens die Möglichkeit der Exspiration durch
den Mund beweist. Es liegt nun nahe, diese ganze Frage experi-
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 89
mentell durch Verstopfung der Nasenlécher zu lésen; in wie
weit dies geschehen, konnte ich nicht ermitteln. — Nach LANDT
(vgl. ESCHRICHT) stopften früher die Bewohner der Färöer den
Döglingen, wenn sie dieselben an die Seite ihres Bootes gezogen
hatten, ihre „wollnen Handschuhe in das Blasloch, um sie am Unter-
tauchen zu verhindern“. Wahrscheinlich vermochten die Thiere in
diesem Zustand nicht zu tauchen, weil ihr Blasloch so nicht wasser-
dicht schloss. Ob sie aber dadurch Athemnoth bekamen und wenig-
stens den Versuch machten, den Mund zur Athmung zu Hülfe zu
nehmen, ist leider nicht gesagt.
Bei der Phonation bemerken wir, dassmanche Thiere
bald den Mund, bald die Nase als Stimmweg benutzen,
genau wie der Mensch es thut. So grunzt das Schwein durch die
Nase, es schreit aber durch den Mund. So winselt der Hund durch
die Nase, er bellt aber durch den Mund. Das ist leicht verständlich,
denn beide Thiere können prävelare Anordnung der Epiglottis
haben. Das Pferd aber hat Epiglottis retrovelaris, und doch wiehert
es durch den Mund und, wie es scheint, zugleich durch die Nase.
Es muss also der Luftstrom, wenigstens der Exspirationsstrom, seinen
Weg seitlich der Epiglottis in den Mund finden können. Das geht
beim Pferd, weil bei ihm die Aryknorpel nicht mit im Isthmus
stecken, doch ist es auch so nur möglich bei einer gewissen Hebung
des sehr langen Velums. Wenn aber, wie bei den Walen, sowohl
Aryknorpel wie Epiglottis in den Isthmus hineinragen und der obere
Kehlkopfraum ein bis oben hin geschlossenes Rohr bildet, dann
muss es unmöglich sein, durch den Mund zu respiriren und zu
phoniren. Ob die Wale nun auch wirklich durch die Nase pho-
niren, fand ich nirgends angegeben. Bemerkt sei hierzu, dass
einige Wale ganz sicher schreien, denn das ist von einer zu grossen
Zahl von zuverlässigen Berichterstattern beobachtet worden, als dass
man daran zweifeln könnte. Die Stimme soll hierbei in Ermange-
lung von Stimmbändern durch Schwingungen der Aryknorpel zu
Stande kommen. Andere Wale schreien indess nicht, denn KÜKEN-
THAL (mündliche Mittheilung) wohnte dem Fang von 15 Döglingen
und etwa 50 Weisswalen bei, ohne dass dabei eines der Thiere auch
nur einen Laut von sich gegeben hätte.
Bei der Deglutition wird durch Epiglottis praevelaris der
Speiseweg nicht vollkommen getheilt, es besteht nur eine relative
Zweitheilung in so fern, als Flüssigkeiten und kleinere Bissen
durch die Sinus pyriformes, grössere Bissen aber auch über die
86 G. BOENNINGHAUS,
Epiglottis hinweggehen. Eine absolute Zweitheilung des
Speisewegs aber muss, ob der Bissen gross oder klein ist, ob
Festes oder Flüssiges geschluckt wird, bei Epiglottis retro-
velaris bestehen. Welchen Weg aber, den linken oder den
rechten, der Bissen nimmt, ist wohl vom Zufall abhängig. Im Uebrigen
ist dieser Gegenstand bereits genügend erörtert. Nur eines soll noch
betont werden: beim Schlingact findet wahrscheinlich häufiger die
prävelare Anordnung der Epiglottis statt, als wir es gelegentlich
an den Cadavern finden. Denn bei diesem Act wird die Epiglottis
zugleich hinuntergedrückt, und das Velum kann sich so leichter über
die Epiglottis hinwegheben als am Cadaver durch die Todtenstarre,
welche zwar das Velum hebt, nicht aber die Epiglottis senkt.
2. Schlingen und Athmen.
Schon Camper (1820) ist der Ansicht, dass das Hineinragen der
obern Larynxapertur in den obern Pharynxraum den Cetaceen die
Möglichkeit gleichzeitigen Athmens und Schlingens
gebe. Mitne-Epwarps (1860, V. 6) scheint dasselbe für alle diejenigen
Säugethiere anzunehmen, bei welchen ein ähnliches Verhältniss obwaltet.
GEGENBAUR (1891) kommt zu derselben Ueberzeugung bei den Mono-
tremen. ZUCKERKANDL (1898) schliesst sich GEGENBAUR an und dehnt
die Möglichkeit gleichzeitigen Athmens und Schlingens auf alle Säuge-
thiere, mit Ausnahme der Primaten, aus. WIEDERSHEIM endlich (1898)
spricht sich in ähnlichem Sinne aus.
Kleidet man die Ansicht dieser Autoren in eine präcisere Form,
so schliesst sie die Annahme in sich, dass bei einem mehr oder
minder grossen Theil der Säugethiere in dem Moment,
in welchem der Bissen den Pharynx passirt, der Kehl-
kopfeingang geöffnet und dadurch gleichzeitiges Athmen möglich sei.
Folgende Gründe nun sprechen gegen diese Annahme:
Das Bedürfniss zur Athmung beim Schlingact wäh-
rend des genannten Moments liegt nur vor, wenn die Fortbe-
wegung des Bissens durch die Pars inferior eine sehr langsame wäre.
Beim Pferd und Rind wissen wir durch Corn, dass die Bewegung eine
sehr schnelle ist. Beim Menschen aber ist festgestellt (vgl. Cap. „Ver-
engerung des Schlundes“), dass bereits 1,2 Secunden, nachdem der
Bissen durch den Mylohyoideus und seine Genossen in den Schlund ge-
schleudert ist, die Contraction des Oesophagus beginnt. Selbst für den
Fall also, dass der Bissen gross und hart ist, müssen wir annehmen,
dass der letztere ebenfalls bereits in kurzer Zeit den Pharynx passirt
hat. Die Unterbrechung der Athmung kann also nur sehr kurz sein,
beim Menschen höchstens 1,2 Secunden, d. h. nur so kurze Zeit be-
tragen, dass sie, wie die Erfahrung lehrt, uns gar nicht zum Bewusst-
sein kommt, geschweige denn zu Athemnoth führt. Die letztere kann
nur eintreten, wenn anormal grosse Bissen verschluckt werden. Es ist
Der Rachen yon Phocaena communis Less. ;
[0 ©)
7
uns aber bekannt, dass die Säugethiere die Grösse des zu verschluckenden
Bissens der Grösse ihres Schlundes im Allgemeinen sorgfältig anpassen,
und dass höchstens die Raubthiere das natürliche Verhältniss zwischen
Bissen und Schlund nicht inne halten, dann aber auch in eine höchst
ungemüthliche Situation gerathen und durch Wiirgen oder Brechen ihre
Respiration wieder frei zu machen suchen.
Es liegt aber auch nicht die anatomische Möglichkeit vor,
dass der Luftweg und der Speiseweg gleichzeitig geöffnet seien, wie es
doch nothwendig wäre für die Möglichkeit gleichzeitigen Athmens und
Schlingens, denn der Raum für den Durchgang wenigstens
nicht zu kleiner Bissen, worauf es ja hier ankommt, wird erst durch
den Abschluss des Kehlkopfs geschaffen, und zwar bei ab-
soluter Zweitheilung des Speisewegs durch die Adduction der Ary-
knorpel, wodurch die seitlichen Speisewege (Sinus pyriformes) erweitert
werden, bei relativer Zweitheilung ausserdem durch das Niedersinken
der Epiglottis, wodurch der mittlere Speiseweg über die Epiglottis hin-
weg eigentlich erst zu Stande kommt. Dafür aber, dass die Platzfrage
das Athmen und das Schlingen selbst nicht einmal bei den Zahnwalen,
bei denen ja die räumlichen Verhältnisse äusserst günstig liegen, gleich-
zeitig gestattet, ist jener von Escuricur aufgefundene Schwertwal ein
beredtes Zeugniss, welcher an einem Seehund, der ihm im Rachen
stecken blieb, erstickt war.
Es liegt aber auch endlich der directe physiclogische Gegen-
beweis gegen die Annahme gleichzeitigen Athmens und Schlingens
vor, denn nicht nur beim Menschen (Passavanr), sondern auch beim
Pferd und Rind (Coury) ist mit Sicherheit nachgewiesen, dass die
Passage durch den Kehlkopf im Anfang des Schlingacts aufgehoben ist.
Das kann aber auch bei den andern Säugethieren nicht anders sein,
denn der Kehlkopfschluss ist ein integrirender Bestand-
theil des reflectorisch ausgelösten und daher stets auf
dieselbe Weise sich vollziehenden Schlingacts, er lässt
sich daher nicht aus der Gemeinschaft der sich am Pharynx beim
Schlingen vollziehenden Bewegungen lösen. Also aut Athmen, aut
Schlingen, soweit wenigstens der Pharynx beim Schlingen in Be-
tracht kommt, ein Drittes giebt es nicht, und die gegentheilige
Ansicht muss wieder aus unserer Wissenschaft ver-
schwinden.
3. Die Function der Nasensäcke oder Nasennebenhöhlen der
Zahnwale.
So lange man glaubte, dass die Wale das bei der Aufnahme der
Nahrung im Ueberschuss in den Mund gerathene Wasser durch die
Nase wieder ausbliesen, brachte man die „Spritzsäcke“ mit dieser
Function in Verbindung. Die Spritzsäcke, jene bei weitem grössten und
am meisten nach vorn gelegenen, membranösen, spaltartigen „Nasen-
säcke“ oder „Nasennebenhöhlen“, deren Boden durch die Faltungen der
untern Muschel eingenommen wird (Taf. 1, Fig. 1 b), sollten dabei
88 G. BOENNINGHAUS,
das zu viel verschluckte Wasser, nachdem es durch eine Art Schluckact
oder durch Erbrechen in die Nase befördert war, einstweilen ansammeln
und von Zeit zu Zeit ausstossen. Noch Cuvier und ALBERS gaben sich
die grösste Mühe, die Möglichkeit des Eindringens von Wasser aus
dem Mund oder der Speiseröhre in die Nase zu zeigen, doch schon
K. E. v. Baer wies überzeugend nach, dass dies anatomisch unmöglich
sei, und Scoruspy u. A. machten die sichere Beobachtung, dass das,
was die Wale aus ihrer Nasenöffnung hervorstossen, nicht Wasser,
sondern die Ausathmungsluft sei, deren Wassergehalt zu Wasserdampf
condensirt sei.
Rawırz hat nun den Spritzsäcken sowie den übrigen kleinern
Säcken der Nase in neuester Zeit eine andere Function zugewiesen.
Er glaubt, dass während der Inspiration sich auch die Nasensäcke
mit Luft füllen und dass diese in ihnen bleibe, wenn das Thier
tauche. Nun stehe diese Luft mit der Lungenluft durch Pharynx,
Larynx und Trachea hindurch in offner Communication, und der Druck,
welchen das Wasser von aussen durch den Thorax auf die Lungen aus-
übe, pflanze sich deshalb bis in die Nasensäcke fort, welche dadurch
polsterartig aufgebläht würden. So komme ein Gegendruck gegen die
von oben her auf die Nase drückende Wassersäule zu Stande, welcher
verhüte, dass das Wasser den Verschluss der Nase sprenge und in die
Luftwege eindringe.
Das ist ja sehr schön gedacht, aber doch sehr unwahrscheinlich.
Denn die Klappen und Lippen passen so genau auf einander, dass es
sehr wahrscheinlich ist, dass sie auch beim Tauchen auf einander liegen
bleiben und dadurch allein schon einen wasserdichten Verschlussapparat
bilden. Die Klappen und Lippen sind ferner von so fester binde-
gewebiger Structur (Taf. 1, Fig. 1 c), dass es unmöglich ist, dass ein
Wasserdruck, mag er auch gross sein, die Klappen und Lippen in die
bei den Zahnwalen nur relativ kleine Apertura pyriformis hineintreibe,
wodurch es ja allein möglich wäre, den Verschluss zu sprengen. In
solchen nicht zu beweisenden Fragen ist es schon das Sicherste, das
den Umständen nach Einfachste und daher Wahrscheinlichste anzu-
nehmen. Und daher muss es denn bei der plausiblen und
von KÜkENTHAL zuerst mit Schärfe hervorgehobenen An-
sicht bleiben, dass die Nase der Zahnwale in Ermange-
lung einer Ringmusculatur beim Tauchen allein dadurch
geschlossen werde, dass der Wasserdruck die Klappen
und Lippen fest auf einander presst.
Den Nasensäcken oder Nasennebenhöhlen aber ist keine besondere
Function zuzuschreiben, sie sind weiter nichts als die Reste eines
sehr ausgedehnt angelegten Cavum nasi, welches zusammenfiel, weil es
die zu seiner Entfaltung nothwendige knorplige und knöcherne Stütze
nicht erhielt (vgl. Cap. „Umbau der Nase“).
Der Rachen von Phocaena communis Less. 89
4, Die respiratorische Erweiterung der obern Luftwege bei den
Zahnwalen.
Zur respiratorischen Erweiterung der obern Luftwege besitzt der
Zahnwal denselben Muskelapparat wie das Landsäugethier, nur ist er
bei ersterm kräftiger entwickelt, weil ihm Aufgaben gestellt sind,
welche ihn stärker in Anspruch nehmen. Dies soll in Folgendem
untersucht werden:
Bei Phocaena sehen wir von der dorsalen Fläche des Gesichts-
schädels eine ganze Reihe von Muskeln radiär zum äussern Nasen-
loch emporziehen, von denen derjenige besonders stark ist, welcher
in die vordere Klappe (Taf. 1, Fig. 1 unterhalb b) der Nase von der
Seite her ausstrahlt. Diese Muskeln können nur die Aufgabe haben,
die Nase zur Respiration zu öffnen und während derselben offen zu
halten. Sie sind nach der Ansicht vieler Forscher den Nasenmuskeln
der andern Säuger homolog. Ihre Function aber ist eine in jeder Be-
ziehung erweiterte, denn sie werden von den Landsäugethieren nur ge-
legentlich benutzt, z. B. beim Wittern, bei Dyspnoë.
Die Glottis wird bei den Walen, wie bei allen Säugern, durch
den M. crico-arytaenoideus posticus eröffnet und offen erhalten. Jedoch
ist dieser Muskel bei Phocaena von ganz besonderer Stärke, denn er
hat hier nicht nur die Glottis, sondern auch den Isthmus
naso-pharyngeus zu öffnen und offen zu erhalten. Denn dieser
ist durch den selbst in der Ruhe mächtig vorspringenden und die obere
Kehlkopfapertur eng umschliessenden Ringwulst derartig verengert, dass
er für die Respiration einer Erweiterung bedarf. Diese aber kommt
durch die Abduction der Aryknorpel vermittels des genannten Muskels
zu Stande, denn die Arytänoide liegen ja mit ihrer Spitze im Ringwulst.
Die Epiglottis aber, welche ja ebenfalls mit ihrer Spitze im
Ringwulst steckt, muss bei der Erweiterung des Isthmus helfen, denn
würden nur die Aryknorpel den Isthmus erweitern wollen, so würde er
nicht genug erweitert werden, vielmehr nur einen Querspalt in der
Breite der Aryknorpel vorstellen. Die Aryknorpel können aber allein
durch die Epiglottis unterstützt werden, und zwar dadurch, dass die-
selbe mit ihrer Spitze nach vorn resp. nach vorn und unten gezogen
wird. Das geschieht durch den M. hyo-epiglotticus, der ebenfalls
aussergewöhnlich stark entwickelt ist. Dabei macht die Epiglottis eine
Drehung um die transversale Axe, genau so, wie sie beim Schling-
act beschrieben wurde, nur nicht mit der Spitze nach hinten,
sondern nach vorn, wodurch der Isthmus naso-pharyngeus dieselbe
dreieckige Gestalt erhält wie die Glottis. Der mächtige Bundes-
genosse dieses Muskels ist der M. sterno-hyoideus, der
das Hyoid niederzieht und dadurch indirect dem M. hyo-epiglotticus die
Epiglottis niederziehen hilft. Dieser Muskel ist bei Phocaena äusserst
kräftig, so breit und so dick wie der M. mylo-hyoideus (cf. Taf. 1,
Fig. 1 9; Textfigur S 2), mit welchem zusammen er die ganze ventrale
Hälfte des Halses zwischen Unterkiefer und Sternum bedeckt. — Bei
90 G. BOENNINGHAUS,
den andern Säugethieren besteht dieselbe Einrichtung zum Niederziehen
der Epiglottis, nur mit der Modification, dass der M. hyo-epiglotticus
oft durch ein Lig. hyo-epiglotticum ersetzt wird. Die betreffenden
Muskeln sind aber bei den andern Säugethieren sehr dünn, denn sie
treten nur gelegentlich in Function, z. B. bei Dyspnoé.
Sehluss: Convergenzerscheinungen am Schädel anderer
Säugethiere.
Bei der Durchsicht der Schädelsammlung des Breslauer zoo-
logisches Instituts fiel es mir auf, dass auch eine Anzahl anderer
Säugethiere reducirte Exethmoide theils mit, theils ohne gleichzeitig
sedrehtes Präsphenoid besitzt, also beide oder eines der beiden
Momente aufzuweisen hat, welchen die vordere Hälfte des Zahnwal-
schädels ihre starke Umgestaltung verdankt (vgl. Cap. „Umbau der
Nase“ und „Das Prisphenoid“).
Die Reduction der Exethmoide ist an der geringern
Ausbildung der Siebbeinmuscheln zu erkennen, die kürzer, schmaler
und weniger gewölbt sind. Sie lässt sich leicht durch einen Blick in
die Apertura pyriformis oder in die Choanen auch ohne Zersägung
des Schädels constatiren. — Mehr in die Augen fallend aber ist die
Reduction, welche die Knochen der äussern Nase als Deckknochen
der reducirten Exethmoide gleichzeitig erfahren haben. Diese Re-
duction tritt in zweierlei Weise in die Erscheinung, als Verschmä-
lerung der hintern Hälfte des Nasenrückens und als Verkürzung
der Nasenbeine:
1) Eine Verschmälerung der hintern Hälfte des
Nasenrückens kann man annehmen, wenn diese Hälfte erheblich
schmaler ist als die vordere, denn bei den übrigen Säugethieren —
abgesehen von den Primaten, welche ich von dieser Erörterung aus-
schliesse — ist die hintere Hälfte etwa gerade so breit oder selbst
breiter als die vordere Hälfte. Der Querdurchmesser der hintern
Hälfte des Nasenrückens verhält sich nun zum Querdurchmesser der
vordern Hälfte bei:
Lutra ua 02 0 CM — phe glee
Trichechus, 92.112 „ — 1:39
Manatus = 4,5 KO EURE
Phoca la oc, "==: Em:
2) Verkürzung der Nasenbeine kann man annehmen,
wenn die Apertura pyriformis, deren obern Rand ja die Nasenbeine
bilden, stirnwärts gerückt ist und mehr nach aufwärts sieht. Hier-
Der Rachen von Phocaena communis Less. 91
mit ist gleichzeitig ein entsprechend weites Zusammentreten der auf-
steigenden Aeste der Zwischenkiefer verbunden, so dass die Ent-
fernung vom Alveolarrand zum untern Umfang der Apertura ver-
längert wird. Bei Balaena und Halicore ist diese Verlagerung
der Apertura pyriformis in sehr starker Weise einge-
treten, so dass die Apertur die hintere Hälfte des Nasenriickens
einnimmt, welcher durch das Dazwischentreten der erstern jetzt nicht
mehr verschmälert, sondern verbreitert erscheint. Bei Halicore sind
dabei die Nasenbeine so stark verkürzt, dass sie nur noch in
schwacher Andeutung vorhanden fand. An den übrigen Säugethier-
schädeln fehlte eine nachweisbare Reduction der Exethmoide.
Gleichzeitige Drehung im Präsphenoid fand ich bei
Trichechus angedeutet, bei Phoca und Halicore in derselben Weise
ausgebildet wie bei den Zahnwalen. Bei den übrigen Säugethieren
fehlte diese Drehung.
Ueber die Ursache, welche zur Reduction der Exethmoide
führt, können wir Folgendes annehmen: Mit der Verkleinerung der
Labyrinthoberfläche ist bei den genannten Thieren wahrscheinlich
auch eine Verkleinerung der Endausbreitung des Ol-
factorius und daher des ganzen Riechapparats verbunden, doch
fand ich hierüber keine Angaben. Indess ist uns ja bekannt, dass
beim Zahnwal, abgesehen von ganz jungen Embryonen (KUKENTHAL),
der Olfactorius fehlt. Die Reduction des Olfactorius scheint
mir aber das primäre Moment für die ganze Reduction
der Exethmoide zu sein. Denn Säuger, welche im Wasser ihre
Nahrung suchen, können in diesem Medium keinen Gebrauch von
ihrem Geruchssinn beim Aufsuchen der Beute machen. Das ist
ganz klar, weil die Nase dieser Thiere beim Tauchen geschlossen
ist, bei den Walen durch den Druck des Wassers allein, bei den
andern Wassersäugethieren theils hierdurch, theils aber wohl durch
Muskelwirkung; beim Seehund wenigstens beobachtete ich, dass er
seine Nase schliesst, bevor er taucht. Aber selbst wenn die Nasen-
löcher nicht geschlossen wären, würden die Säugethiere im Wasser
doch nicht riechen können, denn der adäquate Reiz für ihren Ol-
factorius sind Riechstoffe, die in der Luft, nicht aber, wie für den
Olfactorius der Fische, Riechstoffe, welche im Wasser suspendirt sind.
Mangelhafter Gebrauch oder Nichtgebrauch eines Sinnesorgans aber
führt zu seiner Verkümmerung oder zu seinem Untergang. — Die
Ursache für die Drehung im Präsphenoid kennen wir nicht, doch
gelangt jeden Falls, wie früher erörtert wurde, bei den Zahnwalen
92 G. BOENNINGHAUS,
durch dieselbe und durch die Reduction der Exethmoide die Aper-
tura pyriformis auf die Höhe der Stirn, d.h. in diejenige Lage,
welche für den Aufenthalt der Säugethiere im Wasser
die bequemste ist, denn sie macht eine active Hebung der
Schnauze zum Zweck der Respiration überflüssig, Da nun die
Säugethiere, bei welchen die genannten beiden Veränderungen des
Schädels in ausgesprochener Weise vorhanden sind, sämmtlich
Wassersäugethiere, seiestemporäre, sei es stationäre,
sind, sind wir berechtigt, diese Veränderungen des
Schädels als Convergenzerscheinungen zu betrachten.
Gruppiren wir nun die untersuchten Wassersäugethiere nach
dem Grade der Ausbildung dieser Convergenzerscheinungen, so er-
halten wir etwa die aufsteigende Reihe: Lutra, Manatus, Trichechus,
Balaena, Phoca, Halicore. Halicore steht also dem Zahnwal
am nächsten, sowohl was die Verlagerung der Apertura pyri-
formis nach hinten, als auch was die Hebung derselben in ihrem
hintern Theil anbelangt, trotzdem aber besteht noch ein
gewaltiger Unterschied principieller Natur zwischen
beiden: bei Halicore verläuft der Nasenboden wie bei
allen andern Säugethieren noch parallel der Mund-
höhle, beim Zahnwal aber hater diesen Verlauf auf-
gegeben und steigt zur Stirn empor. Oder, entwicklungs-
geschichtlich ausgedrückt: beim Zahnwal haben sich die
reducirten Exethmoide auch gedreht — doch ist das ge-
legentlich des „Umbaues der Nase“ ja genügend erörtert worden.
ar Sn
Der Rachen von Phocaena communis Less. 93
Literaturverzeichniss.
1) AzBErs, Icones ad illustrandam anatomen comparatam, Leipzig 1818.
2) v. Barr, Die Nase der Cetaceen, erläutert durch Untersuchung der
Nase des Braunfisches (Delphinus phocaena), in: Isis Oken,
Jg. 1826, V. 2, Heft 8.
3) Bert, Sur la quantité de sang et d’oxygene contenue dans le corps
d’un marsouin: comparaison avec le chien, in: CR. Mém. Soc.
Biol. Paris, (6) V. 5, 1878.
4) Bronn, Classen und Ordnungen des Thierreichs, V. 6, Abth. 5,
V. 1, Leipzig 1874—1900.
5) Bungee, Lehrbuch der Physiologie des Menschen, Leipzig 1901.
6) CAMPER, PIERRE, Observations anatomiques sur la structure intérieure
et le squelette de plusieurs especes de Cétacés, Paris 1820.
7) Corın, Traité de physiologie comparée des animaux, 2. Aufl, V. 1,
Paris 1871.
8) Cuvier, G., Vorlesungen über vergleichende Anatomie, deutsch von
Mecket, Leipzig 1809.
9) Donpers, Ueber den Mechanismus des Saugens, in: Arch. ges.
Physiol., V. 10, 1875.
10) Dugors, Zur Morphologie des Larynx, in: Anat. Anz., Jg. 1886.
11) —, Capitel „Larynx“, in: WEBER, Studien über Säugethiere. Ein
Beitrag zur Frage nach dem Ursprung der Cetaceen, Jena 1886.
12) Dursy, Die Entwicklungsgeschichte des Kopfes des Menschen und
der höhern Wirbelthiere, mit Atlas, Tübingen 1869.
13) EryrHoven, Physiologie des Rachens, in: Hrymann, Handbuch der
Laryngologie und Rhinologie, V. 2, Wien 1899. (Gute Literatur-
zusammenstellung. )
14) ELLENBERGER u. Baum, Handbuch der vergl. Anatomie der Haus-
thiere, 9. Aufl, Berlin 1900.
15) Escuricur, Untersuchungen über die nordischen Wallthiere, Leipzig
1849.
16) Faux, Ueber den Mechanismus der Schluckbewegung, in: Arch.
Anat. Physiol., Jg. 1880.
17) Frower, Einleitung in die Osteologie der Säugethiere, Leipzig 1888.
18) FÜRBRINGER, Beitrag zur Kenntniss der Kehlkopfmusculatur, Inaug.-
Diss., Jena 1875.
94 G. BOENNINGHAUS,
19) GEGENBAUR, Die Epiglottis, vergl.-anatomische Studie, Leipzig 1872.
20) Howes, Additional observations upon the intra-narial epiglottis, in:
J. Anat. Physiol. V. 23, 1889.
21) Hunter, Observations on the structure and oeconomy of Whales,
in: Phil. Trans. Roy. Soc. London, V. 77, 1787. Deutsch von
Jou. GOTTL. SCHNEIDER, Leipzig 1797.
22) Jacosy, Ein Beitrag zur Kenntniss des menschlichen Primordial-
craniums, in: Arch. mikr. Anat., V. 44, 1895, daselbst Literatur.
23) JungkLaus, Der Magen der Cetaceen, Inaug.-Diss., Jena 1897.
24) KÖRNER, Orro, Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Physio-
logie des Kehlkopfs der Säugethiere und des Menschen, in: Abh.
Senckenb. naturf. Ges. Frankfurt Main, V. 13, 1884.
25) KorıLmann, Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen,
Jena 1898.
26) v. Kosraxeckr, Zur Morphologie der Tubengaumenmusculatur, in:
Arch. Anat. Entw., Jg. 1891.
27) Krosscker, Die Schluckbewegung (Zusammenfassung seiner und
Mrrrzer’s Untersuchungen), in: Deutsch. med. Wochenschr, be-
sondere Beilage zu No. 16—21 u. 24.
28) KürentuAar, Vergleichend-anatomische und entwicklungsgeschicht-
liche Untersuchungen an Walthieren, in: Jena. Denkschr., V. 3,
1893.
29) Lanpots, Lehrbuch der Physiologie des Menschen, Wien 1889,
6. Aufl.
30) Lores, Beiträge zur Anatomie und Physiologie des Schlundkopfs
vom Schwein, Inaug.-Diss., Erlangen 1890/91.
31) Lucan, Die Robbe und die Otter in ihrem Knochen- und Muskel-
skelet, in: Abh. Senckenb. naturf. Ges. Frankfurt Main, V. 8,
1872; V. 9, 1873—75.
32) v. Luscuxa, Der Schlundkopf des Menschen, Tübingen 1868.
33) Macarisrer, On some points in the anatomy of Globiocephalus
svineval, in: Proc. zool. Soc. London, 1867.
34) Mayer, C., Ueber den Bau des Organs der Stimme bei dem Menschen,
den Säugethieren und einigen grössern Vögeln (ausführlich bes.
das Knorpelgerüst), in: Verh. Leop.-Carol. Akad. Naturf., V. 15,
Abth. 2, 1852.
35) Mayer, S., Die Bewegungen der Verdauungs-, Absonderungs- und
Fortpflanzungsapparate, in: Hermann, Handbuch Physiol, V. 5,
Theil 2, Leipzig 1881.
36) Mecker, System der vergleichenden Anatomie, V. 6, Halle 1821.
37) v. Minarkovics, Bau und Entwicklung der pneumatischen Gesichts-
höhlen, in: Verh. anat. Ges. 10. Vers., 1896.
38) —, Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Nase und ihrer Neben-
höhlen, in: Heymann, Handbuch der Laryngologie und Rhinologie,
V. 3, Wien 1900.
39) Mrrxe-Epwarps, Leçons sur la physiologie et l’anatomie comparée
de l’homme et des animaux, Paris, V. 6, 1860; V. 12, 1876—77.
third.
Der Rachen yon Phocaena communis Less. 95
40) Munx, Physiologie des Menschen und der Säugethiere, 6. Auil,
Berlin 1902. |
41) Muri, On the organization of the Caaing Whale, Globiocephalus
melas, in: Trans. zool. Soc. London, V. 8, 1874.
42) Orrer, Lehrbuch der vergl. mikroskopischen Anatomie der Wirbel-
thiere, V. 2, Jena 1897.
43) Passavant, Ueber die Verschliessung des Schlundes beim Sprechen,
in: Arch. pathol. Anat., V. 46, 1869.
44) —, Wie kommt der Verschluss des Kehlkopfs des Menschen beim
Schlucken zu Stande? Ibid. V. 104, 1886.
45) Rapp, Die Cetaceen zoologisch-anatomisch dargestellt, Stuttgart u.
Tübingen 1837.
46) Rawırz, Die Anatomie des Kehlkopfs und der Nase von Phocaena
communis Cuv., in: Internat. Monatsschr. Anat. Physiol., V. 17,
1900.
47) Rückerr, Der Pharynx als Sprach- und Schluckapparat eine vergl.-
anatom. Studie, München 1882.
48) Spurcat, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Nasen- und
Schnauzenknorpel des Menschen und der Thiere, in: SCHWALEE,
Morphol. Arb., V. 5, 1896.
49) Srannius, Beschreibung der Muskeln des Tümmlers (Delphinus
phocaena), in: Arch. Anat. Physiol., Jg. 1849.
50) Tourruarz, Neue Untersuchungen über den Bau des menschlichen
Schlund- und Kehlkopfs mit vergl.-anat. Bemerkungen, Leipzig
1846.
51) Van Bunepen et Gervais, Ostéographie des Cétacés vivants et
fossiles, mit Atlas, Paris 1880.
52) Wazpever, Beiträge zur normalen und vergleichenden Anatomie des
Pharynx mit besonderer Beziehung auf den Schlingweg, in: SB.
Akad. Wiss. Berlin, 1886.
53) Wiepersuem, Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbel-
thiere, 4. Aufl., Jena 1898.
54) Zuckerkannt, Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Kehlkopfs
und der Luftréhre, in: Heymann, Handbuch der Laryngologie
und Rhinologie, V. la u. 3a, Wien 1898.
96 G. BOENNINGHAUS,
Erklirung der Abbildungen.
Tafel 1.
Fig. 1. Medianer Sagittalschnitt durch den Kopf einer 125 cm langen
Phocaena.
Durch extreme Abduction des Zungenbeins (f) ist Mund
und Rachen gleichzeitig ad maximum geöffnet, eine Stellung, wie sie
beim Gähnen der Landsäuger besteht.
jugendlichen Schädel eingezeichnet.
a Aeussere Nasenöffnung („Spritz-
loch“)
b vordere untere Nasennebenhöhle
der rechten Seite, durch Ab-
weichen des Schnitts nach rechts
mit geöffnet („Spritzsack“)
c festes Bindegewebe, die Weich-
theile der Nase umhüllend
d Septum nasi cartilagineum
e Intermaxillare
f Vomer
g Maxillare
h Palatinum
i Präsphenoid mit
sphenoidalis (21)
k Mesethmoid mit Lamina perpen-
dicularis (41)
1 Frontale
m Nasale
n Interparietale
o Supraoceipitale
p Basioccipitale, an der Spitze ein
Stückehen des Exoceipitale
q Atlas
r Basisphenoid
s Mandibulare
Crista prae-
Die Nähte sind nach einem
DED:
t Hyoid
u (die punktirte Strecke:) knöcher-
nes Nasen- und Rachenrohr
v Arcus palato-glossus
w Tonsilla palatina
æ Frenulum linguae
y cavernöses Gewebe
z Choana (spuria)
a! Epiglottis
b' Arytänoid
c' Thyreoid
d' Cricoid
e' Glandula (lymphatica) laryngis
f' Plexus venosus laryngis
1 M. genio-glossus
2 M. genio-hyoideus
3 M. mylo-hyoideus
M. genio-epiglotticus
M. glosso-epiglotticus
M. hyo-glossus (Pars anterior)
. hyo-epiglotticus
M. thyreo-hyoideus
M. sterno-hyoideus
M. sterno-thyreoideus
M. palato-glossus und M. hyo-
glossus (Pars posterior)
Q)
=
ni
NSon 1 © Gr à LY
=
—
m
Pr 1
Der Rachen von Phocaena communis Less. 97
12 M. stylo-pharyngeus 17 M. constrictor pharyngis inferior
13 M. palato-pharyngeus (Pars ex- 18 M. longitudinalis oesophagi
terna und interna) 19 M. recti capitis
14 M. arcus palato-pharyngei 20 M. interarytaenoideus
15 M. palato-pharyngeus (Pars ex- 21 M. crico-arytaenoideus posticus
terna) 22 Hautmuskel.
16 M. salpingo-pharyngeus
Fig. 2. Der musculüse Rachenschlauch einer 116 cm langen Pho-
caena, dorsal aufgeschnitten und aus einander geklappt. 3 : 5.
a Dorsale Fläche des Cricoids
b Arytänoide
c hinteres Horn des Thyreoids
d Cricoid
e Mündung der Ohrtrompete
f Periost des knöchernen Nasen- und Rachenrohrs
g Spalt für das Septum obigen Rohrs
1 M. pterygo-pharyngeus seu constrictor pharyngis superior, M. palato-
pharyngeus (Pars externa) und M. thyreo-palatinus zu einem ge-
meinsamen Muskel vereinigt
. salpingo-pharyngeus -
. levator veli (Pars pharyngea)
. tensor veli seu dilatator tubae (Pars pharyngea)
. palato-pharyngeus (Pars interna)
. arcus palato-glossi
. laryngo-pharyngeus seu constrictor pharyngis inferior
8 M. longitudinalis oesopbagi
9 Die Musculatur des Bodens des Sinus pyriformis
10 oberste Züge des Levator veli.
NITES Gr HW Yo Do
SS EEEE
Fig. 3. Ansicht des vorigen Präparats von vorn.
a Epiglottis
b gebogene Vorderfläche des Thyreoids.
c Sinus pyriformis
d Styloid, durchsägt
e Hyoid, durchsägt
f Mündung der Ohrtrompete (sie selbst ist abgeschnitten)
g Periost des knöchernen Nasen- und Rachenrohrs
h Spalt für das Septum obigen Rohrs
i Inscriptio tendinea
1 M. stylo-pharyngeus
2 M. salpingo-pharyngeus
3 M. pterygo-pharyngeus seu constrictor pharyngis superior, M. palato-
pharyngeus (Pars externa) und M. thyreo-palatinus zu einem gemein-
samen Muskel vereinigt.
4 M. longitudinalis oesophagi
5 M. hyo-epiglotticus
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 7
98 G. BOENNINGHAUS, Der Rachen yon Phocaena communis Less.
6 durchschnittene Musculatur des Vestibularschlauchs (M. genio-epi-
glotticus, M. glosso-epiglotticus, M. palato-glossus, M. hyo-glossus
{Pars posterior)).
Fig. 4 Oberer Theil des musculösen Pharynxschlauchs, rechte
Seite von innen gesehen, von demselben Thier. 3 : 5,
1 Orificium tubae pharyngeum
2 glatter, hoher Levatorwulst
3 Schleimhaut mit Gruben
4 Glatter, niedriger Salpingo-pharyngeus- Wulst
5 M. levator veli (Querschnitt)
6 M. pterygo-pharyngeus seu constrictor pharyngis superior, M. palato-
pharyngeus (Pars externa) und M. thyreo-palatinus zu einem gemein-
samen Muskel vereinigt (Querschnitt)
7 M. salpingo-pharyngeus (Querschnitt).
Nachtragliche Bemerkung zu Seite 63.
Als am Schlusse meiner Untersuchung der Pharynxmuskeln die
Nothwendigkeit sich ergab, auch den weit vom Pharynx abliegenden ©
Sranntus’schen M. occipito-hyoideus mit in den Bereich der Unter-
suchung zu ziehen, war derselbe an sämmtlichen Präparaten bereits
durchschnitten und verstümmelt. Als nun nach Fertigstellung dieser
Arbeit mir noch ein weiteres Exemplar von Phocaena zugänglich wurde,
nahm ich die Gelegenheit wahr, den Muskel genauer zu untersuchen,
als es mir vorher möglich war: Der Muskel ist gut abgegrenzt und
vollkommen selbständig. Er ist an dem 131 cm langen Thier bei ab-
gezogenem Zungenbein 2,5—3,0 cm lang, 0,6—0,7 cm breit und 03
bis 0,4 cm dick, also gar nicht so unbedeutend in seiner Grösse. Er
setzt sich nicht mehr, wie angegeben, am Basioccipitale an, sondern
bereits am Proc. paramastoideus des Exoccipitale. Innervirt wird
er vomN. facialis auf folgende Weise: Unmittelbar nachdem der
Facialis durch die fibröse Kapsel der Bulla an der ventralen Ober-
fläche der Schädelbasis zu Tage getreten ist, giebt er an seiner Aussen-
fläche einen kleinen Ast ab, welcher sich sofort in mehrere Zweige pinsel-
förmig auflöst. Einer von ihnen kreuzt den Facialis an seiner ven-
tralen Fläche von aussen nach innen und senkt sich in den M. oceipito-
hyoideus an seiner hintern Kante nahe seiner Insertion am Proc.
paramastoideus ein. Der Muskel ist also nicht der M. constrietor medius
pharyngis, sondern wahrscheinlich, mit Srannius, der hintere Bauch des
Biventer. Der M. constrietor medius aber fehlt demnach bei Phocaena.
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
Die Augen der Wassersäugethiere.
Von
August Pütter.
(Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau.)
Hierzu Tafel 2—4 und 41 Abbildungen im Text.
Inhaltsübersicht.
Einleitung, Material, Methode.
Specieller Theil:
I. Das Pinnipedierauge.
Macrorhinus leoninus.
Phoca barbata.
Phoca groenlandica.
Phoca vitulina.
Halichoerus gryphus.
6. Odobaenus rosmarus.
7. Otaria jubata.
8. Vergleichung der Pinnipedieraugen.
DOU Oe
II. Das Sirenenauge.
1. Manatus latirostris.
2. Manatus köllikeri.
3. Halicore dugong.
4. Vergleichung der Sirenenaugen.
III. Das Mysticetenauge.
1. Balaenoptera rostrata.
2. Balaenoptera physalus.
3. Balaenoptera musculus.
4, Megaptera boops.
5. Balaena mysticetus.
6. Vergleichung der Bartenwalaugen.
IV. Das Denticetenauge.
1. Delphinus sp.
2. Phocaena communis.
=]
100 AUGUST PUTTER,
3. Delphinapterus leucas.
4. Hyperoodon rostratus.
5. Vergleichung der Zahnwahlaugen.
Anhang.
Ein neues Sinnesorgan im Auge der Denticeten.
Allgemeiner Theil.
A. Die biologischen Bedingungen des Wasserlebens in Bezug auf
das Auge.
B. Der Bulbus oculi und Nervus opticus der Wasser-
säugethiere.
C. Die Schutz- und Hülfsapparate des Auges der Wasser-
säugethiere.
D. Zur Phylogenie der Wassersäugethiere.
E. Zusammenfassung.
Vergleichende Zusammenstellung der Hauptmerkmale der Augen
der Pinnipedier, Mysticeten und Denticeten.
Tabellen der hauptsächlichsten Maasse und Verhältnisse der Augen
der Wassersäugethiere.
Verzeichniss der Literatur.
Erklärung der Abbildungen.
Einleitung.
Der Uebergang vom Leben auf dem Lande, in der Luft, zum
Leben im Wasser hat bei den 4 Ordnungen der Säugethiere, bei
denen er in mehr oder weniger vollständigem Maasse erfolgt ist, bei
den Pinnipediern, Sirenen, Mysticeten und Denticeten
eine Menge tief greifender baulicher Veränderungen zur Folge gehabt, die
wir zum grossen Theil unter dem Gesichtspunkt der Anpassungandie
veränderten äussern Lebensbedingungen betrachten können.
Durch die allgemeinen Arbeiten von WEBER, GULDBERG und KUKEN-
THAL sowie durch eine Reihe neuerer Specialarbeiten sind eine Fülle
solcher Veränderungen in den verschiedensten Organsystemen con-
statirt und ist auf ihre specielle Bedeutung für das Leben im Wasser
hingewiesen worden.
Im Folgenden soll der Versuch gemacht werden, aufzudecken, in
welcher Weise das Auge, dieses fein empfindliche, hoch entwickelte
Sinnesorgan sich an die für seine Function zum Theil recht ungünstigen
Bedingungen des Wasserlebens angepasst hat.
Phylogenetisch betrachtet stellen die 4 Ordnungen der Wasser-
säugethiere vier Reihen dar, die von verschiedenen Stammformen
Die Augen der Wassersiugethiere. 101
ausgehen und verschieden grosse Abänderungen beim mehr oder minder
vollständigen Uebergang zum Wasserleben erfahren haben.
Am wenigsten sind die Pinnipedier abgeändert, deren ganze
Organisation noch nahe Verwandtschaft mit den Carnivoren ver-
rath. Die Sirenen sind schon stärker verändert, doch lässt sich
ihre Verwandtschaft mit den Ungulaten noch nachweisen. Die
beiden Ordnungen der Cetaceen stellen die am stärksten veränderten
Wassersäugethiere dar, die sich am frühesten an das Wasser-
leben gewöhnten und keine nähern Verwandten unter den landlebenden
Säugethieren mehr haben. Nur so viel kann man sagen, dass die
Gruppe der Denticeten die bei Weitem ältere von den beiden ist
und von einer viel primitivern Ordnung von Landsäugethieren ihren
Ursprung genommen hat als die der Mysticeten, deren Vorfahren
unter höhern Säugethierformen zu suchen wären.
Vom biologischen Standpunkt aus lassen sich dagegen die vier
Ordnungen als eine einzige biologische Reihe betrachten, in der
die einzelnen Thiere nach dem Grade ihrer Anpassung an das Wasser-
leben auf einander folgen.
Am Anfang der Reihe stehen die Formen der Pinnipedier, die
noch einen grossen Theil ihres Lebens auf dem Lande zubringen, wie
Otaria oder Macrorhinus. Als das Ende der Reihe kann man den
Hyperoodon, den Dögling, bezeichnen, der in dämmrigen Meeres-
tiefen, mehrere Hundert, ja sogar 1000 m tief unter der Oberfläche
seiner aus Cephalopoden bestehenden Nahrung nachgeht.
Zwischen diese Extreme reihen sich die meisten Angehörigen der
4 Ordnungen zwanglos ein. Als eine seitliche Abzweigung der Reihe
erscheint, dem Bau seines Auges nach, das Walross, das in An-
passung an seine Lebensweise — es geht vorwiegend auf dem Meeres-
grunde des Littorals seiner Nahrung nach — ein dem Walauge
viel näher stehendes Auge erworben hat als irgend ein anderer
Pinnipedier.
Material.
Zur Untersuchung gelangte ein umfangreiches, überaus werthvolles
Material, das mir grössten Theils von Herrn Prof. KÜKENTHAL zur
Bearbeitung überlassen wurde. Weiteres seltenes Material verdanke
ich den Herren Dr. F. Römer und Dr. F. SCHAUDINN, die mir die von
ihnen auf der „Helgoland“-Expedition 1898 erbeuteten Säugethieraugen
gütigst überliessen, und Herrn Prof. C. Cuun, der mir Augen von
Macrorhinus leoninus, die ersten dieser Art, die zur Untersuchung
102 AUGUST PUTTER,
gelangten, mit grosser Liebenswiirdigkeit zur Verfügung stellte. Die
Augen waren von der Deutschen Tiefsee-Expedition auf den Ker-
guelen erbeutet.
Methode.
Ueber die angewandten Untersuchungsmethoden kann ich, so weit
sie Präparation und mikroskopische Untersuchung betreffen, hinweg-
gehen; es wurden nur die gebräuchlichen Methoden angewandt. Da-
gegen scheinen mir einige Worte der Rechtfertigung am Platz über
den ausgedehnten Gebrauch, den ich von zahlenmässigen Angaben
gemacht habe.
Der Grund für die ausgedehnte Anwendung der Zahlen war zu-
nächst der, leichter und sicherer vergleichbare Werte zu gewinnen als
dies bei blosser verbaler Beschreibung möglich ist. Das Bedürfniss
nach so genauer, zahlenmässiger Vergleichung war bei dieser Arbeit
besonders deshalb dringend, weil einander nahe stehende:Formen unter-
sucht wurden, bei denen es galt, die specifischen Unterschiede scharf
zum Ausdruck zu bringen. Ausserdem aber ist gerade das Auge für
die Anwendung zahlenmässiger Betrachtung besonders geeignet.
Die Retinaflächen wurden nach der bekannten Formel für die
Kugelcalotte — 2 r x h berechnet, so weit es sich um annähernd
kuglige Augen handelte. Die unregelmässige Gestalt der Walaugen
liess aber eine solche Schematisirung als zu wenig genau erscheinen,
und auf meine Bitte hatte mein Freund cand. phil. August LERCH
die Güte, mir die betreffenden Werthe genauer, mit Hülfe höherer
Analysis, zu berechnen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen
besten Dank ausspreche.
Besondere Erörterung verdient die Berechnung der Zahl der
Opticusfasern. Es wurde hier einfach die Fläche des einzelnen
Faserquerschnitts zur Fläche des Opticusquerschnitts in Proportion
gesetzt. Hier kommt sogleich ein Fehler in die Rechnung: die runden
Nervenfasern können den cylindrischen Raum des Opticus nicht
vollständig ausfüllen, es müssen zwischen ihnen Zwischenräume bleiben.
Dieser Fehler ist aber für die Verhältnisse der Resultate ohne
Belang, da er in allen Berechnungen gleichmässig steckt, auch wird
seine absolute Grösse dadurch verringert, dass die Fasern nicht genau
rund, sondern vielmehr oft polygonal sind und so doch den ganzen
oder fast den ganzen Raum ausnutzen.
Gefährlicher erscheint ein Fehler, der nicht gleichmässig in alle
Rechnungen eingeht. Bei der Berechnung der Zahl der Opticusfasern
Die Augen der Wassersäugethiere. 103
ist nämlich davon abgesehen, dass die bindegewebigen Septa den In-
halt des Opticus, der mit Nervenfasern ausgefiillt werden kann,
verkleinern. Wären die Septa überall gleich stark, so würde bei der
Vergleichung der Resultate der Fehler ebenso wenig in Betracht
kommen wie der erste. Die Septa sind aber bei den Walen und dem
Walross viel stärker als bei den Pinnipediern. Die Folge ist,
dass für die Wale stets eine zu grosse Anzahl Nervenfasern be-
rechnet werden wird. Wenn wir nun trotzdem auf so geringe Zahlen
für die Opticusfasern der Wale kommen, wie dies unten gezeigt
werden soll, so können unsere darauf gegründeten Schlüsse durch den
Fehler der Rechnung nicht umgestossen werden. Im Gegentheil,
könnten wir den Fehler eliminiren, so würden wir noch geringere
Werthe erhalten, die für unsere Schlüsse noch erheblich günstiger
wären. Die absoluten Zahlen sind also sehr ungenau, die Verhält-
nisse aber, auf die es hier allein ankommt, werden durch die Fehler
nicht oder sogar in einer für die Schlüsse ungünstigen Weise ver-
ändert; wenn diese dann doch noch mit aller wünschenswerthen
Schärfe ableitbar sind, so müssen sie für richtigere Berechnungen erst
recht gelten.
Specieller Theil.
I. Das Pinnipedierauge.
Die bisher bekannten Thatsachen aus der Anatomie des Pinni-
pedierauges sind vorwiegend am Auge von Phoca vitulina L.
studirt. Meist fehlen nähere Speciesangaben, doch handelt es sich
wohl stets um diese häufigste Species.
1825 giebt F. ROSENTHAL (3) eine Beschreibung der makro-
skopischen Verhältnisse des Seehundsauges. Genauer ist die Schilde-
rung, welche 1838 Escuricur (7) entwirft und in der besonders das
Corpus ciliare eine gute Darstellung findet. LEUCKART (31) fügt
in seiner „Organologie“ keine neuen Thatsachen zu den bekannten
hinzu, er benutzt wesentlich ESCHRICHT. In neuerer Zeit sind in ver-
gleichend-anatomischen Arbeiten hie und da einzelne Theile des See-
hundsauges Gegenstand der Darstellung geworden. So beschreibt
DENNISSENKO (39, p. 414) die äussere Körnerschicht, DOsSTOIEWSKY
(51) das Corpus ciliare und die Iris, Hans VircHow (50, p. 448) die
Form der Ciliarfortsätze und CHrevirz (65, p. 171; 72, p. 326) die
Area centralis retinae. So weit die Angaben dieser Arbeiten meine
104 AUGUST PUTTER,
Untersuchungen ergänzen, werden sie im Folgenden mitgetheilt werden,
ich glaubte aber nicht auf eine ausführliche Beschreibung des See-
hundsauges verzichten zu sollen, da die Punkte, auf welche bei Unter-
suchung der übrigen Pinnipedieraugen besonderer Werth gelegt wurde,
in der Literatur nicht die Berücksichtigung gefunden haben, welche
für eine Vergleichung erwünscht erschien.
Von weitern Arbeiten über Pinnipedieraugen ist noch JAMES
Murie’s (25) Beschreibung des Auges von Otaria jubata zu erwähnen,
die aber sehr lückenhaft ist, und einige Bemerkungen von Rapp (6)
über das Auge von Cystophora borealis.
An physiologischer Literatur ist eigentlich nur Jounsson’s (83) Arbeit
über die Refractionsverhältnisse und das Sehen der Seehunde zu nennen,
der neuerdings (120) auch Angaben über den Augengrund, die Retina-
gefässe u. s. w. gemacht hat.
1. Macrorhinus leoninus [Gray].
Weibchen von 3—3,25 m Länge. In Formol conservirt von der
Deutschen Tiefsee-Expedition, am 28./12. 1898 auf Kerguelen. (Fig. A
Ue dete 221529)
Der Bulbus hat etwa die Form eines Rotationsellipsoids, die
Länge seiner Axe beträgt 55,7 mm, die des Verticaldurchmessers über-
trifft mit 65,5 mm Länge den Horizontaldurchmesser, der nur 63,3 mm
misst, ein wenig. Die Aequatorialebene des Bulbus liegt 23 mm hinter
der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae ist nicht
vorhanden. Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus
nimmt, ist ziemlich: bedeutend, der Cornealdurchmesser verhält sich
zum Scleraldurchmesser wie 1:1,48. Das Volumen des Bulbus be-
trägt nach Abzug des Volumens des Opticusstumpfs und kleiner Ge-
websreste 110 ccm.
Die Cornea ist umgeben von einem 0,8 mm breiten schwarzen
Pigmentring, an den sich eine 3—4 mm breite Zone anschliesst, die
gleichfalls schwarzlich pigmentirt ist, doch nicht so stark wie der er-
wähnte Ring. Der Cornealbogen misst 90°, der Kriimmungsradius
beträgt 30,77 mm. Der Verticaldurchmesser ist etwas länger als der
Horizontaldurchmesser, ersterer beträgt 44 mm, letzterer nur 43 mm.
Der Scheitel der Hornhaut liegt 9 mm über der Fläche des Corneal-
randes. Die Dicke ist durchweg gering, sie schwankt zwischen 0,255
und 0,425 mm, wovon nur 36 « auf das Hornhautepithel entfallen.
Die tiefen Schichten dieses Epithels bestehen aus polygonalen Zellen,
Die Augen der Wassersiiugethiere. 105
es sind ihrer 2—3; eine eigentliche Cylinderzellenschicht in der
Tiefe fehlt. Auf diese Zellenschicht folgt unmittelbar die stark ,,ver-
hornte“ oberflächliche Hornhautschicht. Die lebenden Zellen bilden
Fig. A. Macrorhinus leoninus, Verticalschnitt, natürliche Grösse. Buchstaben-
erklärung s. am Schluss.
eine 20 « dicke Schicht, denen die verhornte Schicht in 16 w Dicke
aufliegt. Elastica anterior und posterior fehlen, die Cornea
propria besteht aus feinen, dicht gelagerten Lamellen, die sich viel-
fach unter spitzem Winkel verflechten. Die Anzahl der über einander
liegenden Lamellen ist etwa 30. Die Lymphspalten sind zahlreich
und sehr eng. Am Limbus corneae gehen die Corneallamellen
ohne wahrnehmbare morphologische Veränderung in die Sclerallamellen
über. Die Grenze von Cornea und Sclera wird da angenommen,
wo das Epithel anfängt Pigment zu führen. Dieses tritt zuerst in der
„verhornten“ Schicht auf, dann auch in den tiefern und erfüllt endlich
die tiefste, hier in der Conjunctiva deutlich als solche hervortretende
Schicht vollständig. Die Conjunctiva sclerae greift mit einer
Anzahl unregelmässiger Zacken in das subconjunctivale Bindegewebe
ein. In der Sclera findet sich am Limbus corneae Pigment in ge-
ringen Mengen.
Der Hauptunterschied des Scleralgewebes gegenüber der Cornea
besteht aber in dem Auftreten circulär verlaufender Faserbündel, die
unmittelbar hinter dem Limbus corneae in grosser Anzahl und Stärke
auftreten. Die meridionalen Lamellen verlaufen zum grossen Theil
an der Aussenfläche der Sclera, ein kleinerer Theil fasert sich auf und
106 AUGUST PUTTER,
zieht zwischen den circulären Biindeln weiter, so dass eine Verflech-
tung beider entsteht. Dicht hinter dem Limbus corneae liegen in der
Sclera eine Anzahl von Gefässen; das grösste von ihnen ist eine cir-
culär verlaufende Vene, die nahe der Innenfläche der Sclera in den
circulären Scleralbündeln verläuft. Ihr Lumen misst in meridionaler
Richtung 100 «, in radialer 50 «. Ihrer Lage, dicht hinter dem Limbus
corneae, nach zu urtheilen, entspricht sie dem Sinus venosus
Schlemmi.
Die Sclera ist im Aequator am dünnsten, nur 0,4 mm dick, und
besteht hier nur aus meridional verlaufenden Faserzügen. Von hier
aus verdickt sie sich am stärksten nach vorn, wo sie in einer Ent-
fernung von 6 mm vom Cornealrand ihre grösste Dicke, 4,5 mm, er-
reicht. Die Verdickung kommt dadurch zu Stande, dass sich den
meridionalen Bündeln auf der Innenseite starke circuläre Bündel
anlagern, zwischen denen nur wenige meridionale Fasern verlaufen.
Zum Cornealrand hin verdünnt sich die Sclera rasch. Nach hinten
ist die Dickenzunahme nicht so bedeutend wie nach vorn, auch geht
sie langsamer vor sich. Die dickste Stelle des Augengrundes liegt
17 mm vom Opticuseintritt entfernt und ist 3,4 mm dick; von hier
aus nimmt zum Opticuseintritt die Dicke wieder bis auf 1,6 mm ab.
Das Tapetum lucidum erfüllt den ganzen Augengrund, seine
Farbe ist ein stumpfes, glanzloses Graublau. Nasal, temporal und
oben reicht es bis unmittelbar an die Ciliarfortsätze heran, unten aber
bleibt es 7,3 mm von denselben entfernt.
Die Gesammtdicke der Chorioidea beträgt im Augengrund
140 u, ausschliesslich der Lamina suprachorioidea. Auf diese
folgt nach innen die Lamina vasculosa mit 90 « Dicke. Sie be-
steht aus grossen, meridional verlaufenden Gefässen, die in einer ein-
fachen Schicht angeordnet sind, aber nicht sehr dicht liegen, sondern
häufig durch erhebliche Zwischenräume, es wurden solche von 0,66 mm
gemessen, von einander getrennt sind. Zwischen den grossen Gefässen
und nach innen von ihnen liegen kleinere Gefässe. Das Bindegewebe
ist in der Gefässchicht reichlich entwickelt und enthält zahlreiche
Pigmentzellen. Die Gefässe werden, wie man auf meridionalen Schnitten
besonders deutlich sieht, von meridional verlaufenden Bündeln glatter
Muskelfasern begleitet, die alle zum System des Tensor chorio-
ideae gehören. Nach innen von der Lamina vasculosa liegt eine Schicht
pigmentirtes Bindegewebe von 20 u Dicke. Die Bindegewebszellen
liegen dicht an einander, zu Schichten geordnet. Die Form der Zellen,
die da, wo sie zerstreut liegen, spindelförmig ist, wird in diesen
Die Augen der Wassersäugethiere. 107
Schichten rechteckig. Es liegen etwa 3 Zellenschichten dieser Art über
einander. Mit dieser Lamina pigmenti chorioidea hat grosse
Aehnlichkeit im Bau das nach innen direct an sie grenzende Tape-
tum lucidum. Das Tapetum ist 30 « dick und besteht aus etwa
5 Zellschichten. Die Zellen liegen dichter als in der Lamina pigmenti
und sind frei von Pigment. Ihre Form ist rechteckig. Die Länge
beträgt etwa 40 u, die Dicke 4 u. Die Kerne sind längs oval und
etwa 8 u lang. Das Tapetum wird nur von Capillaren, von 4 u Dicke,
mit zarten, aus einer einfachen Endothellage bestehenden Wandungen,
durchbohrt. Diese Capillaren, die in grosser Anzahl senkrecht durch
das Tapetum hindurchtreten, breiten sich an seiner Innenfläche zu der
Choriocapillaris aus.
In den peripheren Theilen der Chorioidea, in denen das Tapetum
fehl“, beträgt ihre Dicke 110 u, sie ist also nur um die Dicke des
Tapetum (30 «) verdünnt, im Uebrigen zeigt sie den gleichen Bau.
Den Gefässen der Chorioidea dienen als Abflusswege 6 Venae
vorticosae, die in der äquatorialen Verdünnung der Sclera durch
diese hindurchtreten und, oberflächlich in sie eingebettet, meridional
nach hinten verlaufen bis zu einer Entfernung von 18 mm vom hintern
Augenpol, wo sie die Sclera gänzlich verlassen. Ihre Vertheilung ist
aus Textfig. B zu ersehen. Die beiden Venae vorticosae ex-
ternae entstehen erst 12 mm hinter dem Aequator durch Vereinigung
je zweier kleinerer Venen. Am stärksten sind die Venae internae
(superior und inferior), die 1,9 mm breit sind, am schwächsten
die Vena superior und inferior, die nur 0,9 mm dick sind. Die
Venae externae stehen mit 1,2 mm Dicke zwischen diesen beiden.
Entfernt man an dem Auge von Macrorhinus die Cornea, so erblickt
man etwa in der Mitte des Kreises von 43—44 mm Durchmesser die
kleine ovale Pupille, die 10,2 mm lang und nur 2,3 mm breit ist,
die Iris scheint oben eine Breite von 19,3 mm, unten 17,5 mm, nasal
17,9 mm und temporal 14,9 mm zu haben, ihre Farbe ist dunkel-
braun. Diese enorme Breite der Iris wird aber nur vorgetäuscht
durch die ganz ungewöhnliche Entwicklung des vordern Uvealtractus,
von dem der schematische Verticalschnitt des Bulbus Fig. A eine Vor-
stellung giebt.
Das Ligamentum pectinatum (Fig. A /.p) hat eine ganz
enorme Ausdehnung. Es beginnt am Cornealrand und reicht von hier
10,2 mm weit nach hinten; erst hier tritt das Corpus ciliare, das
nicht viel weiter nach hinten seine Grenze gegen die Chorioidea findet,
dicht an die Sclera heran, von ihr nur noch getrennt durch die
108 AUGUST PUTTER,
Lamina suprachorioidea. Vom Cornealrand aus zieht eine
Schicht radiärer Fasern zur Iris, an der sie sich, nur 2,8 mm vom
Pupillarrand entfernt, mit einer kleinen Verdickung ansetzt. Die ein-
zelnen Fasern stehen besonders in den peripheren Theilen durch
schräge Verbindungsfäden in Zusammenhang, so dass hier ein feines
Netz solcher Fäden entsteht. Ein zweites System von Faserzügen
setzt 8 mm vom Pupillarrand der Iris an. Endlich beginnt, 15 mm
vom Pupillarrand entfernt, ein dichtes Maschenwerk von Bindegewebs-
zügen, das eigentliche Ligamentum pectinatum. Am Cornealrand ist
das Ligament 4 mm breit, von da an verdünnt es sich nach hinten.
Sein Querschnitt ist dreieckig. Die zahlreichen Bindegewebszüge, die
das Geflecht des Ligamentum pectinatum bilden, enthalten Blutgefässe,
die dieselben der Länge nach durchziehen. In einer Faser von 58 u
Dicke lag ein Gefäss von 30 u Dicke. Auf Querschnitten konnten
ovale Gefässe von 30 u Dicke und 70 «u Breite sowie andere kleinere
runde von 20 u Durchmesser nachgewiesen werden. Durch diese be-
sondere Entwicklung des Ligamentum pectinatum erhalten das Corpus
ciliare und die Iris eine sehr eigenthümliche Stellung, sie bilden keinen
Winkel mit ‚einander, sondern liegen beide in der Fläche eines Kegel-
mantels, dessen Axe mit der Augenaxe zusammenfällt und mit der
Seite, welche durch die Richtung von Iris und Ciliarkörper bestimmt
ist, einen Winkel von 70° bildet. Bei den meisten Thieren steht die
Fläche der Iris annähernd senkrecht auf der Augenaxe, die des Cilien-
körpers dagegen bildet einen sehr spitzen Winkel mit ihr. Das Corpus
ciliare erhält eine bedeutende Festigkeit durch eine Grundplatte aus
straffem, fast sehnig erscheinendem Bindegewebe (Fig. A g.p). Die
Grundplatte beginnt da, wo das Corpus ciliare sich von dem Contact
mit der Sclera löst, und verdickt sich von hier an bis zu einer Ent-
fernung von 5 mm vom vordern Ende der Platte. Hier erreicht sie
ihre grösste Dicke mit 2,2 mm, dann aber verdünnt sie sich rasch
und endet spitz auslaufend. Ihre Gesammtbreite beträgt 16—17 mm.
Ihr vorderes Ende kann man, in Ermangelung einer scharfen Begren-
zung, als die Grenze der Iris ansehen, die von hier bis zum Pupillar-
rand noch etwa 9 mm breit ist.
In der Iris ist die Musculatur sehr stark entwickelt. Der Sphincter
iridis hat seine dickste Stelle am peripheren Irisrand, in directem
Anschluss an die Grundplatte des Ciliarkörpers, er ist hier 300 w dick.
Dann nimmt er sehr rasch an Stärke ab; 1,45 mm vom Rand entfernt, hört
er auf eine Strecke weit überhaupt als zusammenhängender Muskel auf,
dann aber ist er fast im ganzen Verlauf der Iris zu verfolgen, aller-
Die Augen der Wassersiiugethiere. 109
dings selten als zusammenhängender Muskel von 40—80 u Dicke, meist
völlig verflochten mit den Bündeln des Dilatator iridis, der hier im
pupillaren Theil der Iris viel stärker entwickelt ist als der Sphincter.
Am peripheren Irisrande beginnt er als eine 50 « dicke Muskellage.
Dilatator wie Sphincter greifen über das als Grenze der Iris ange-
nommene Ende der Grundplatte des Corpus ciliare peripher hinaus,
am wenigsten der Sphincter; er reicht mit einigen Bündeln bis 0,85 mm
weit in den Bereich der Grundplatte hinein und liegt ihrer vitrealen
Fläche an. Erheblich weiter aber erstreckt sich der Dilatator in das
Corpus ciliare hinein, er endet erst 5 mm hinter dem Ende (des
Sphincter, also 5,85 mm von der angenommenen Irisgrenze entfernt.
Seine Dicke beträgt zuerst 40 «, dann wird er, an der Rückseite der
Grundplatte nach hinten verlaufend, dicker und erreicht nahe an seinem
peripheren Ende das Maximum seiner Dicke mit 140 uw. Wollte man
die Irisgrenze erst hier, wo die Irismusculatur aufhört, ziehen, so
würde ein beträchtliches Stück des Ciliarkörpers zur Iris gerechnet
werden. Es ist eben bei Macrorhinus keine scharfe Grenze zwischen
Iris und Ciliarkörper zu ziehen, die oben angenommene ist auch will-
kürlich, hat aber den Vortheil, dass sie leicht festzustellen ist. —
Wegen der vollständigen Verflechtung mit dem Sphincter ist die Dicke
des Dilatators, die gegen den Pupillarrand der Iris erheblich zunimmt,
nicht immer feststellbar. An Stellen, an denen eine Trennung der
beiden Muskeln möglich ist, misst er 100—120 u. Diese Dicke weist
er auch am Pupillarrand auf, in dessen Nähe er fast die ganze Dicke
der Iris einnimmt, nur von wenigen Sphincterbündeln durchflochten.
Gegenüber der mächtigen Entwicklung der Irismusculatur tritt die der
Gefässe sehr zurück. Im ganzen pupillaren Theil der Iris bis zu einer
Entfernung von 2,55 mm vom Pupillarrand fehlen Gefässe ganz, von
da bis zum ciliaren Rande liegen sie als einfache Schicht von etwa
140 u Dicke der cameralen Fläche der Muskeln auf. Das Endothel,
das die Vorderfläche der Iris bedeckt, ist völlig pigmentirt; ebenso
die Pars iridica retinae, in der keinerlei Zellgrenzen, also auch
nicht die Theilung in die beiden Blätter zu erkennen ist. Das Binde-
gewebe der Iris, das eigentliche Stroma, ist nur schwach entwickelt,
es wird durch die Musculatur gänzlich zurückgedrängt. Es besteht
vorwiegend aus Zellen mit nur wenig Zwischensubstanz, die Zellen, die
spindel- oder sternförmig gestaltet sind, sind völlig schwarz pigmentirt.
Die Grundplatte des Corpus ciliare hat an der Iris-
wurzel eine der Sclera nicht unähnliche Structur, ihre dicken,
festen Faserbündel sind circulär angeordnet, zwischen ihnen liegen
110 AUGUST PUTTER,
reichlich pigmentirte Bindegewebszellen. Im Bereich der Ciliarfort-
sätze wird das Gewebe lockerer, Gefässe und Muskeln treten zwischen
den Bindegewebsbündeln auf.
Von der Grundplatte erheben sich als dünne Blätter die Ciliar-
fortsätze. Es sind ihrer 100. Sie haben die Form von recht-
winkligen Dreiecken, mit einer Kathete entspringen sie am Ciliar-
körper in einer durchschnittlichen Länge von 16,4 mm, die andere
Kathete bildet den freien Rand, der sich senkrecht erhebt, so dass
seine Länge, 4,2 mm, zugleich die Höhe des Fortsatzes ist. Die Kante
der Processus ciliares, die Hypotenuse des Dreiecks, ist im Mittel
17 mm lang.
Die Dicke der Fortsätze beträgt nur 85 u (Taf. 4, Fig. 15). An
ihrem Ursprung am Corpus ciliare verbreitern sie sich, so dass ihre
Basis 510 u breit ist. Die First ist, was schon makroskopisch zu er-
kennen ist, wulstförmig verdickt. Sie ist etwa 380 u dick und mit
einer Anzahl kleiner Falten besetzt. Der gegenseitige Abstand der
-Ciliarfortsätze beträgt vorn, am Irisrand, 0,6 mm, hinten wächst er
auf 1,4mm an. Das Stroma der Processus enthält reichlich Gefässe.
Das grösste füllt den Randwulst zum grossen Theil aus und misst im
Lumen bei 220 u Breite 140 « in der Dicke. Auch die Fältchen am
Rande enthalten feine Gefässe, doch überwiegen im Ganzen die Ge-
fässe das Bindegewebe nicht sehr bedeutend. Im Bindegewebe liegen
zerstreut pigmentirte Zellen. Das Pigmentepithel der Ciliarfort-
sätze lässt keine Details erkennen, es enthält dunkelbraunes Pigment
und ist 16 « dick. Das Epithel der Ciliarfortsätze ist am Rande am
höchsten, 20 « hoch. Die Zellen sind 10 w breit, haben also Cylinder-
form und enthalten grosse ovale Kerne von 6 w Breite bei 10 u
Länge. Auf der Fläche der Fortsätze ist das Epithel annähernd ein
Würfelepitbel, es ist 14 u hoch, die Zellen sind 12 « breit und ent-
halten an ihrem Grunde kuglige Kerne.
Auffallend ist der Unterschied in dem Verhältniss der Grösse des
Kerns zu der der Zelle. Die Cylinderzellen am Rande der Ciliarfort-
sätze haben etwa dasselbe Volumen wie die fast cubischen Zellen auf
der Fläche, beide etwa gleich 2000 u*. Die Kerne dagegen sind sehr
verschieden gross. Das Volumen der ovalen Kerne der Cylinderzellen,
die übrigens wegen ihrer ellipsoidischen Gestalt auch eine relativ
grössere Oberfläche haben als die kugligen Kerne der Würfelzellen,
verhält sich zum Volumen der Cylinderzellen wie 1 : 7,4, dagegen ver-
halten sich die Kerne der Würfelzellen zu dem Volumen derselben
wie 1: 17,4.
Die Augen der Wassersäugethiere. hl
Die Musculatur des Corpus ciliare besteht aus circular und meri-
dional verlaufenden Fasern. Es erscheint zweckmässig, für diese beiden
Systeme von Muskelfasern zwei verschiedene Namen einzuführen, und
es sollen deshalb in allen folgenden Einzelbeschreibungen die circu-
lären Bündel als Musculus ciliaris, die meridionalen dagegen als Mus-
culus tensor chorioideae bezeichnet werden.
Der Musculus ciliaris ist ziemlich schwach ausgebildet, er
besteht aus getrennt verlaufenden Bündeln, deren grösstes, bei einer
Breite von 255 uw in meridionaler Richtung, 85 uw dick ist. Die übrigen
Bündel, deren eine ganze Anzahl vorhanden ist, sind viel kleiner.
Der Musculus tensor chorioideae ist stärker als der Ciliar-
muskel entwickelt, er besteht aus einigen starken Muskelbündeln von
130—170 u Dicke bei rundem Querschnitt und kleinern Bündeln von
etwa 30 u Dicke, die zwischen ihnen liegen. Die Entfernung der
starken Bündel ist ziemlich bedeutend, 3—4 mm, was für den ganzen
Umfang des Corpus ciliare etwa 30 Bündel ergeben würde Der
Tensor liegt an der äussern (scleralen) Fläche des Corpus ciliare, der
Musculus ciliaris dagegen stets nach innen von ihm. Dass der Tensor
seine Fortsetzung in meridionalen Faserbündeln findet, die die Chori-
oidealgefässe begleiten, wurde schon oben erwähnt. Es ist also auch
hier das F. E. Schurze’sche Netz vorhanden. In den Thälern
zwischen den Ciliarfortsätzen und an diesen selbst in ihren untern
Theilen sieht man sehr deutlich aus dem Epithel, als Ausläufer der
Zellen, die Fasern der Zonula ciliaris entstehen. Sie entspringen
als ungemein feine Fäserchen, die ein Maschenwerk bilden und, indem
sie sich zu stärkern Fasern vereinigen, die Zonulafasern bilden.
Das Aussenblatt der Retina erscheint als eine Lage ganz
flacher Zellen, ihre Höhe beträgt 4—6 u, die Länge 30 u. Sie ent-
halten kleine, runde Kerne, die in der Mitte der Zellen liegen und
etwa 4 u Durchmesser haber. Die Zellen sind im Querschnitt spindel-
formig, nach beiden Seiten spitz zulaufend. In den Theilen der
Chorioidea, denen das Tapetum fehlt, ist das Aussenblatt stärker ent-
wickelt. Die Zellen sind fast cubisch, die Höhe beträgt 14 u, die
runden Kerne, die in der Mitte der Zellen liegen, haben 6 u« Durch-
messer, die Länge der Zellen beträgt 20 u.
Auch hier ist ein auffallender Unterschied des Kernvolumens zum
Zellvolumen in den beiden Regionen vorhanden. Während im Bereich des
Tapetums das Verhältniss des Kerns zur Zelle 1:66 beträgt, der Kern
also nur einen sehr geringen Theil des Zellvolumens bildet, beträgt das
Verhältniss in den peripheren Theilen, wo das Tapetum fehlt, 1:19. Das
112 AUGUST PUTTER,
Volumen der einzelnen Zellen ist in beiden Regionen ungefähr das
gleiche, 2100—2250 u3; die Raumausnutzung ist also in den peripheren
Theilen erheblich besser, es könnten von den hier vorkommenden
Zellen 2500 auf 1 qmm Platz finden, von den Plattenzellen dagegen
nur 1100, diese bedecken also mit geringer Masse lebendiger Sub-
stanz eine grosse Fläche.
Eine Ora serrata ist nicht vorhanden, sondern die Retina geht
unmittelbar am hintern Rande der Processus ciliares in einer glatten
Linie in das Epithel derselben über. In allen folgenden Beschrei-
bungen wird diese Grenzlinie als Linea terminalis retinae be-
zeichnet werden.
In der Pars optica retinae (Taf. 4, Fig. 19) ist die Netz-
haut 280 u dick. Die Stabchenschicht ist 70 « dick, ihr Zustand
gestattet nicht mehr, sicher festzustellen, ob Zapfen vorhanden sind
oder nicht, es wurde jeden Falls nichts bemerkt, was auf ihr Vor-
handensen hätte schliessen lassen. Die Dicke der Stäbchen ist mit
3—4 u wohl eher zu hoch als zu gering angegeben. In der Abbil-
dung, Taf. 4, Fig. 19, ist der schlechte Zustand der Stäbchen durch
Reihen von Körnchen angedeutet. Ihre Anzahl in der ganzen Retina
ergiebt sich dann zu 600--800 Millionen. Die äussere Körnerschicht
ist 100 w dick, sie besteht aus etwa 25 über einander liegenden
Schichten von Zellen. Die Kerne sind kugelrund und haben 4 u
Durchmesser. Die äussere reticuläre Schicht ist 20 « dick. Die innere
Körnerschicht besteht aus 3—4 Zellenschichten und ist 30 w dick. Die
Kerne sind kugelrund und grösser als die der äussern Körnerschicht,
sie messen 6—8 u im Durchmesser. Die innere reticuläre Schicht ist
30 u dick, auf sie folgt das Ganglion nervi optici mit gleich-
falls 30 u Dicke, einschliesslich der Nervenfaserschicht. Die Ganglien-
zellen des Ganglion liegen ziemlich weit von einander entfernt, etwa
130 w, d. h. um das 5fache ihres Durchmessers. Als Mittelmaasse
einer Ganglienzelle können folgende gelten: Durchmesser senkrecht
zur Fläche der Retina 30 «, Durchmesser in der Retinafläche 24 u,
der Kern ist rund, der Durchmesser beträgt 10 « und enthält ein
grosses Kernkörperchen von 2 « Durchmesser. Stark entwickelt sind
die MÜLrer’schen Stützfasern, sie sind etwa 2 « dick, und die kegel-
förmige Verbreiterung, mit der sie nach innen enden, hat einen Durch-
messer von 10 u.
Auffallend ist der Unterschied der Zahl der Stäbchen auf 1 qmm
und der äussern Körner auf die gleiche Fläche. Die Zahl der Stäbchen
beträgt 80—90000, die der äussern Körner dagegen 1250000. Dieser
Die Augen der Wassersäugethiere. 113
Werth wurde in der Weise gewonnen, dass auf eine Strecke von
200 u die äussern Körner gezählt und der so gefundene Werth auf
eine Fläche von 1 qmm und 25 über einander liegende Schichten um-
gerechnet wurde.
In derselben Weise wurde die Anzahl der innern Körnerzellen
auf 1 qmm Retina zu etwa 110000 gefunden, also, wenn man die
wahrscheinlichen Ungenauigkeiten in Betracht zieht, etwa ebenso viel
wie die Anzahl der Stäbchen. Ganz ungemein gering erscheint im
Vergleich zu diesen Zahlen die Anzahl der Zellen des Ganglion optici
auf 1 qmm. Legt man die oben angegebene Entfernung von 130 u
zwischen den einzelnen Zellen der Rechnung zu Grunde, so würden
auf 1 qmm nur etwa 65 Ganglienzellen entfallen, ein Werth, der wohl
nicht weiter von der Wahrheit entfernt ist als die unten angegebene,
wesentlich grössere Zahl der Opticusfasern.
Der Nervus opticus tritt etwas temporal und ein wenig nach
unten vom hintern Augenpol an den Bulbus (Fig. B N.o). Seine
Dicke beträgt, horizontal gemessen, 3,5 mm, vertical 3,0 mm. Durch
zarte Bindegewebssepta ist er in eine grosse Anzahl einzelner Stränge
getheilt. Die Dicke der Nervenfasern schwankt zwischen 4 und 6 u,
die Fasern liegen sehr dicht. Als Mittelwerth für die Anzahl der
Nervenfasern des Opticus ergiebt sich 767 000.
Die Fläche der Retina, auf welche sich diese Fasern verteilen,
also bis zur Linea terminalis gemessen, beträgt 7400 qmm, so dass
auf jeden Quadratmillimeter 103 Fasern entfallen. Die Zahl der
Nervenfasern bleibt weit hinter der Zahl der Stäbchen zurück, es
kommen auf je 1 Nervenfaser immer 790—1050 Stäbchen.
Der Aequatorialdurchmesser der Linse beträgt 22,5 mm, die Axe
misst 20,0 mm. Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt,
der Krümmungsradius beider beträgt 11,33 mm, so dass also die Linse
fast eine Kugel darstellt. In Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt misst
die Länge der Linsenaxe 1:2,785. Der Linsendurchmesser beträgt in
Theilen des Bulbusdurchmessers in horizontaler Richtung 1:2,911, in
verticaler 1:2,813.
Die Processus ciliares setzen sich mit saugscheibenförmigen Ver-
dickungen von 0,6 mm Breite an die Linse an. Es reiht sich fast
genau Ansatz an Ansatz, der gegenseitige Abstand beträgt nur etwa
0,02 mm. Diese Ansatzlinie der Ciliarfortsätze, die zugleich den An-
satz der Zonula ciliaris bezeichnet, liegt auffallender Weise nicht
im Aequator, sondern 2,8 mm hinter ihm. Die Capsula lentis
ist eine 10 « dicke Membran. Das vordere Linsenepithel besteht
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 8
114 AUGUST PUTTER,
nahe der Epithelgrenze aus einer einfachen Schicht von Cylinderzellen.
Die Höhe dieser Zellen beträgt 12 u, die Breite 6—7 u. Die grossen,
ovalen Kerne liegen an der Basis der Zellen, ihre Länge beträgt 8 u,
ihre Breite 4 uw. Die Epithelgrenze liegt noch 0,85 mm hinter den
Ansätzen der Processus ciliares, also 3,65 mm hinter dem Linsen-
äquator. Das vordere Linsenepithel nimmt von der Epithelgrenze
an nach vorn ungemein an Höhe ab. Schon im Bereich der Ansätze
der Ciliarfortsätze, also 2,8 mm hinter dem Aequator, erscheint es nur
noch als ein etwa cu-
bisches Epithel von 10 u
Höhe, die runden Kerne
haben 6 « Durchmesser
und liegen im Centrum
der Zellen. Weiter nach
vorn wird es zu einem
ungemein dünnen
Plattenepithel. Die Kerne
sind lang gestreckt,
fadenförmig dünn, die
sde oA ee aan ea vr Zellen etre GENE
hintern Augenpol aus gesehen. P hinterer Augenpol. und nur 2—3 a hoch.
Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss d. Arbeit. Die Linsenfasern sind
4—5 u breit.
Was die Musculatur des Auges anlangt, so können nur einige
Angaben über die Ansätze am Bulbus gemacht werden, da nur zwei
enucleirte Bulbi zur Verfügung standen (s. Fig. B).
Der Rectus superior (Fig. B R.s) setzt 16 mm vom Cor-
nealrande entfernt in 28 mm Länge an den Bulbus, der Rectus
inferior (R.:) mit 28 mm Länge 10 mm hinter dem Cornealrande.
Der innere Rand des Rectus-Ansatzes liegt gerade vor dem Ende des
Ansatzes des Obliquus inferior. Rectus internus (R.int) inserirt
16 mm hinter dem Cornealrande in 23 mm Länge, der Rectus ex-
ternus (f.e) 12 mm hinter dem Cornealrande in 28 mm Länge. Die
Ansätze des Rectus inferior und externus sind nur 13 mm mit ihren
Rändern von einander entfernt.
Der Ansatz des Obliquus superior (O.s) reicht von der
Vena vorticosa superior (V.v.s), 34 mm vom Augenpol entfernt,
bis zur Vena vorticosa externa superior (V.v.e.s), 31 mm vom
Augenpol entfernt. Die Länge des Ansatzes beträgt 23 mm. Der An-
satz des Obliquus inferior (0.7) beginnt an der Vena vorti-
We
Die Augen der Wassersäugethiere. 115
cosa inferior (V.v.2), 27 mm vom Augenpol entfernt und zieht
sehr schräg nach vorn, wo sein Ansatz 42 mm vom Augenpol ent-
fernt ist. Länge des Ansatzes 27 mm. Der Retractor ist in seinem
Ansatz scharf getrennt in Retractor superior (Rir.s.) und in-
ferior (Rér.2). Der Rtr. superior zieht in gleich bleibender Ent-
fernung vom Augenpol, 21 mm von ihm entfernt, sein Ansatz ist
39 mm lang. Die Ansatzlänge des Rtr. inferior beträgt 46 mm; er
zieht, von der Vena vorticosa externa inferior beginnend, zur Vena
inferior in gleich bleibender Entfernung vom Augenpol, von da ent-
fernt er sich von diesem und reicht noch bis zur Vena interna in-
ferior. In der Horizontalen beträgt die Entfernung des Ansatzes vom
Augenpol 29 mm, unten innen 36 mm. Die dickste Stelle des Ansatzes
liegt da, wo er die Vena inferior kreuzt und mit dem Ansatz des
Obliquus inferior zusammentrifft (s. Fig. B).
2. Phoca barbata Far.
Augen erwachsener Thiere, in Solutio Mülleri conservirt, von
RÖMER und SCHAUDINN, 1898 [,,Helgoland“-Expedition] (s. Fig. C und
Taf. 3, Fig. 10).
Der Bulbus weicht nur wenig von der Kugelform ab, seine Axe
ist 34,5 mm lang, der Verticaldurchmesser ist gleich dem Horizontal-
durchmesser 39,0 mm lang. Das vordere, von der Cornea gebildete
Segment des Bulbus ist flacher als das hintere sclerale Segment. Das
erstere hat einen Krümmungsradius von 23,5, das letztere einen solchen
von 17,9 mm. Die Grösse des Cornealbogens beträgt 59°, die der
Sclera 280° Der Durchmesser der Cornea verhält sich zum Durch-
messer des Bulbus wie 1:1,695. Ein Sulcus corneae ist nicht
vorhanden.
Die Cornea ist 3,0 mm hoch, ihr Durchmesser beträgt 23 mm,
sie ist im Scheitel etwas dicker als am Rande. Im Scheitel ist sie
0,64 mm dick, am Rande nur 0,51 mm. Dieser Dickenunterschied ist
auch am Cornealepithel vorhanden, welches am Rande 60 u, im
Scheitel dagegen 114 « dick ist. Es besteht in seinen tiefen Schichten
aus polygonalen Zellen, eine tiefe Cylinderzellenschicht fehlt. Die ober-
flächlichern Lagen sind stark abgeplattet und von einem dicken Mantel
verhornter Substanz umgeben. Endlich ganz zu oberst überwiegt die
verhornte Masse derart, dass nur dünne Spalten die Orte andeuten,
wo Zellen lagen. Die „verhornte“ Substanz setzt sich in Form
feiner Lamellen auch zwischen die tiefen Schichten der polygonalen
Zellen fort.
8*
116 AUGUST PUTTER,
Kine Elastica anterior fehlt. Die Elastica posterior
erscheint als 3 «u dicke Membran.
Die Cornea propria zeigt in ihrem Bau am Rande und im
Scheitel nicht unbedeutende Unterschiede. Am Rande sind die zahl-
reichen, glattrandigen Lamellen ungemein fest und dicht gefügt, sie
fassen nur ganz enge, spaltenförmige Lymphwege zwischen sich. An
der Vorderfläche, unterhalb des Cornealepithels, wird die lamelläre
Anordnung undeutlich, es treten eine grosse Menge sehr stark ge-
wellter Fasern (elastische Fasern?) auf, die einen festen Filz bilden.
Im Hornhautscheitel
sind die Lamellen nicht
U 2 so dicht gefügt, sie
NS lassen Raum für
\ grössere Lymphwege
von linsenförmigem
Querschnitt. Ihr mitt-
lerer Durchmesser be-
trägt etwa 25 u, die
Dicke 8—10 u.
Die stark geschlän-
gelten Fasern finden
sich hier im Scheitel
nicht so stark an der
Vorderfläche ange-
Fig. ©. Phoca barbata. Verticalschnitt, 3 : 2. à.ch £ à
äquatoriale Verdickung der Chorioidea. Weitere Buch- hauft, sondern mehr dif-
stabenerklirung s. am Schluss der Arbeit. fus durch die ganze Cor-
nea propria vertheilt.
Das Endothel der vordern Kammer ist als diinne Zellenlage vor-
handen.
Im Umkreis der Cornea ist die Conjunctiva in einem 4 mm
breiten Ring braun pigmentirt. Die Dicke des Conjunctivalepithels
beträgt 40 u. Es liegen 4 oder 5 Zellenschichten über ‚einander, in den
Partien der Conjunctiva, die überhaupt Pigment enthalten, ist dieses
in den tiefsten Schichten angehäuft, die oberflächlichen Schichten
bleiben davon frei. Das subconjunctivale Bindegewebe ist sehr reich
an Blutgefässen.
Die Sclera ist im Aequator am dünnsten, nur 0,8 mm dick,
nach vorn wie nach hinten verdickt sie sich und ist sowohl am
Cornealrande wie im Augengrunde 2,0 mm dick. Sie besteht aus
meridionalen und circulären Bündeln, die meridionalen bilden stets
Die Augen der Wassersäugethiere. EG
die oberflächlichste Lage, ausserdem aber verflechten sie sich in den
tiefern Lagen mit den circulären Bündeln. Besonders stark ausge-
bildet sind die circulären Bündel am Cornealrande; hier ist die Tren-
nung von meridionalen und circulären Bündeln sehr scharf, die letztern
liegen aussen und setzen sich in die Corneallamellen fort, die circu-
lären liegen als starker Ring der Innenseite der meridionalen Lamellen
an, sie übertreffen diese an Dicke, denn ihre Schicht misst 1,3 mm,
während die meridionalen Lamellen zusammen nur 0,7 mm dick sind.
Nahe dem Cornealrande liegen in den circulären Scleralbündeln einige
Blutgefässe, drei Venen und eine Arterie, die dem Sinus venosus
Schlemmi entsprechen. Die Venen sind erheblich grösser als die
Arterie, ihre Durchmesser betragen 60:40 u, 60:30 u und 40:20 u,
die Arterie dagegen hat nur 36:20 « im Durchmesser. Im Aequator
hat die Sclera eine flache, rinnenförmige Einsenkung von 7 mm Breite,
in der die dünnste Stelle der Sclera liegt.
Die Dicke der Chorioidea ist an den verschiedenen Stellen des
Bulbus sehr verschieden. Man kann 3 baulich von einander stark
abweichende Bezirke unterscheiden: 1) die peripheren Theile der
Chorioidea, denen das Tapetum fehlt; 2) den Sinus circularis
chorioideae, wie EscHrickt ihn benennt, d. h. die äquatoriale
Verdickung der Aderhaut, die der äquatorialen Verdünnung der Sclera
entspricht, und 3) den Bereich des Tapetums.
Im peripheren Abschnitt der Chorioidea ist sie 153 w dick,
die Gefässe sind nicht zahlreich, sie sind umgeben von sehr reich-
lichem Bindegewebe, das in meridionalen Strängen angeordnet ist, und
in seinen zahlreichen, lang gestreckten Zellen braunes Pigment in
Menge enthält. Im Sinus circularis chorioideae verdickt sich
die Chorioidea sehr bedeutend, sie ist hier 1,02 mm dick, also
6,67mal so stark wie im peripheren Theil. Der Hauptantheil an dieser
Verdickung entfällt aber nicht auf die Gefässchicht, die trotz stärkerer
Entwicklung des Bindegewebes nur 340—400 x misst, also nur 2 bis
3mal so dick ist wie die periphere Chorioidea. Den Hauptantheil an
der Verdickung nimmt vielmehr eine Lage glatter Muskeln, die
hier im Sinus circularis die erhebliche Dicke von etwa 680 u erreicht.
Sie besteht aus mehreren Schichten glatter Muskelbündel, die durch
pigmentirtes Bindegewebe von einander getrennt sind und verschiedene
Stärke, 20—40 u, haben. Die Fasern verlaufen nicht alle meridional,
sondern zum Theil schräg, so dass sie ein Netzwerk bilden. Diese
Muskelfasern verlaufen nach vorn in den Ciliarkérpern und gehören
alle zum System des Tensor chorioideae, der also den ganzen
118 AUGUST PUTTER,
vordern Abschnitt der Chorioidea vom Aequator an wie ein Netz um-
spannt. Im Aequator hat er seine stärkste Ausbildung, während
bier die Sclera am dünnsten ist. Auch im hintern Bulbusabschnitt
sind an einigen Stellen anscheinend glatte Muskelfasern aus dem System
des Tensor vorhanden, doch ist wegen der mächtigen Pigmententwick-
lung ihre Existenz nicht mit Sicherheit nachzuweisen, und jeden Falls
sind sie viel weniger zahlreich als vor dem Aequator.
Den Abfluss der Aderhautgefässe bilden 5 Venae vorticosae.
Sie entspringen im Sinus circularis chorioideae an der dünnsten Stelle
der Sclera, treten durch diese hindurch und verlaufen meridional an
deren Aussenseite bis zu einer Entfernung von 7,6 mm vom Rande
des Opticuseintritts, hier trennen sie sich völlig von der Sclera. Wir
unterscheiden eine Vena vorticosa superior und inferior, die
etwas schwächer sind als die externa, und die interna superior
und interna inferior.
Das Tapetum lucidum nimmt den ganzen Augengrund ein und
erstreckt sich innen, oben und unten bis auf 6 mm an das Corpus
ciliare heran, aussen bleibt seine Grenze 7,5 mm davon entfernt. Die
Farbe des Tapetums ist ein metallisch glänzendes Gelb, das durch
einen bläulichen Ton am Rande in das dunkle Braun der Chorioidea
übergeht. Im Bereich des Tapetums ist die Chorioidea stärker als in
den peripheren Partien. Sie ist 800 « dick. Hiervon entfallen auf
das Tapetum 340 u, auf das Stratum vasculosum 460 u. Das
Stratum vasculosum besteht aus den grossen meridionalen Ge-
fässen, die zu äusserst liegen, und nach innen von dieser Schicht aus
einer oder zwei Lagen kleinerer Gefässe, die zahlreiche Aeste senk-
recht oder schräg durch das Tapetum hindurch senden, an dessen
Innenfläche sie sich zur Choriocapillaris ausbreiten. Die Ge-
fässe, welche das Tapetum durchbohren, sind bis 30 wu dick, aber ihrem
Bau nach stets Capillaren, ihre Wände bestehen nur aus dem Endothel.
Das perivasculäre Bindegewebe ist in meridionalen Zügen geordnet
und enthält meist spindelförmige, braun pigmentirte Bindegewebszellen,
die aber bei Weitem nicht so zahlreich sind wie in den vom Tapetum
freien Theilen der Chorioidea. Das Tapetum besteht aus rechteckigen
Zellen. Ihre Länge beträgt 64 «, die Höhe 5 w. Die ovalen Kerne
messen bei 4 « Dicke 8 « in der Länge. Von solchen Zellen liegen
etwa 30—35 Schichten über einander, doch berühren sich die Lagen
nicht in ihrer ganzen Ausdehnung, sondern lassen Spalträume zwischen
sich, so dass der Aufbau des Tapetums locker, fast schwammig er-
scheint. (Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass hieran zum Theil die
Die Augen der Wassersäugethiere. 119
Conservirung Schuld ist!). Gegen den Rand hin nimmt das Tapetum
allmählich an Dicke ab und verstreicht in einer Entfernung von
4—4,2 mm vom Aequator.
Die Lamina suprachorioidea ist ein lockeres, weitmaschiges
Gewebe. Das Ligamentum pectinatum ist sehr stark entwickelt.
Es schiebt sich als eine im Querschnitt dreieckige Gewebsmasse
zwischen die Sclera und die Grundplatte des Corpus ciliare ein. Seine
grösste Dicke hat das Ligament am Cornealrande, hier ist es 2,5 mm
dick. Vom Cornealrande reicht es nach hinten 5,5 mm weit zwischen
Sclera und Corpus ciliare. An der Vorderfläche der Iris heften sich
die Stränge des Ligamentums bis zu 3,2 mm Entfernung vom pupil-
laren Rande an (s. Fig. C !.p). Die Stränge des Ligamentum
pectinatum enthalten Blutgefässe.
Die Iris bildet eine halbkuglige Kuppel, die der Vorderfläche
der Linse aufliegt.
Die Pupille ist ein horizontaler Schlitz, der an seinem nasalen
Ende sich verbreitert, so dass seine Gestalt wohl am besten als birn-
förmig bezeichnet werden kann. Die Breite der Iris beträgt oben
7, unten 9, nasal 7 und temporal 5 mm. Die Breite der Pupille
beträgt am nasalen Ende 1,5 mm, temporal 1 mm; sie ist 4 mm lang.
Die Iris hat an ihrer Basis eine Dicke von 1,11 mm, in ihrem pupil-
laren Theil misst sie nur 0,23 mm. Der ganze pupillare Theil der
Iris ist in einer Breite von 2,21 mm frei von Gefässen, er besteht
hier nur aus Muskeln und pigmentirtem Bindegewebe (s. Taf. 3,
Fig. 10). Im peripheren Iristheil liegen die Gefässe in meist ein-
facher Schicht an der vordern Fläche der Iris. Der Musculus
sphincter iridis bildet die Hauptmasse des erwähnten pupillaren,
gefässfreien Iristheils. Die Zellen des Bindegewebes, das seine Bündel
umgiebt und ihn in einer schwächern Schicht an der Vorderseite, in
einer stärkern an der Hinterseite bedeckt, sind ganz erfüllt von braunem
Pigment. Auch in dem peripheren, Gefässe führenden Abschnitt der
Iris behält der Sphincter seine Dicke von etwa 170 u bei, bis 2,55 mm
vom ciliaren Irisrande entfernt. Hier verdickt er sich auf eine Strecke
von 850 u, erreicht die Dicke von 510 mw und endet dann mit
dieser Verdickung. Der Musculus dilatator iridis ist im pupil-
laren Iristheil nur als dünne, 10 « starke Muskellage an der Hinter-
fläche der Iris vorhanden, gegen die Peripherie hin verdickt er sich
auf 20 uw, dann auf 30 « und erreicht endlich seine grösste Dicke,
80 u, und zugleich sein Ende am Ursprung der Ciliarfortsätze. Er
erstreckt sich also durch die ganze Iris, während der Sphincter fast
2 mm vom ciliaren Rande entfernt endet. Dilatator und Sphincter
120 AUGUST PUTTER,
enthalten in ihren Muskelzellen kein Pigment. Die Gefässchicht ent-
hält nur am Iriswinkel mehrere Lagen von Gefässen über einander,
im Uebrigen ist sie einschichtig und hat eine durchschnittliche Dicke
von 260—340 u. Das perivasculäre Bindegewebe ist ebenso wie das
interstitielle der Irismuskeln ungemein reich an stark pigmentirten
Bindegewebszellen.
Von der Grundplatte des Corpus ciliare erheben sich 120 Pro-
cessus ciliares. Sie haben die Form dreieckiger Blätter, deren
freier, dem Glaskörper zugekehrter Rand etwas verdickt ist, mit ihren
vordern Ecken setzen sie sich am Linsenäquator fest. Die Fortsätze
sind 13 mm lang und 2 mm hoch, ihre Dicke beträgt auf der Fläche
120 u. Die Flächen sind mit schwachen Falten besetzt. Der gegen-
seitige Abstand der Fortsätze beträgt 0,4—0,5 mm. Im Innern der
Fortsätze verlaufen radial, von der Grundplatte des Ciliarkörpers aus-
gehend, zahlreiche Capillaren, ausserdem grössere meridionale Gefässe.
Von letztern enthält jeder Fortsatz meist nur eins im vordern, etwas
verdickten Rande und einige im Stroma zerstreut. Die Pars cili-
aris retinae ist 32—34 u dick, wovon auf das Stratum pig-
menti 20 w, auf das Epithel der Ciliarfortsätze 12—14 w entfallen.
Im Stroma liegen, gegen das Corpus ciliare reichlicher werdend, grosse
braun pigmentirte Bindegewebszellen. In der Grundplatte nimmt ihre
Zahl bedeutend zu. Die Grundplatte besteht aus Gefässen, die durch
straffes, fasriges Bindegewebe verbunden sind und aus glatten Muskeln.
Die grossen meridionalen Gefässe liegen in einer Schicht und auch in
dieser nicht sehr dicht, in Abständen von 0,6—0,7 mm. Die Durch-
messer variiren ziemlich stark. Ein grösserer Typus misst 180 « in
der Breite bei 140 u Dicke, ein kleinerer 120 « in der Breite bei
100 u Dicke.
Die Musculatur besteht aus einem sehr schwach entwickelten
Musculus ciliaris, der nur aus wenigen schwachen, circulär ver-
laufenden Bündeln besteht, und einem stärkern Musculus tensor
chorioideae. Dieser besteht aus einer grossen Anzahl meridional
verlaufender Muskelbündel. Sie sind im ganzen Umfang des Corpus
ciliare ziemlich gleichmässig vertheilt und nicht wie bei andern
Pinnipediern in einzelne stärkere Bündel vereinigt. Die Dicke der
Bündel ist recht verschieden, etwa 40 « im Mittel, bei 80 « Breite.
Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 434 u dick.
Hiervon kommen auf die Schicht der Sehstäbchen 64 «u, die Stäbchen
sind 3 « dick, was bei einer Retinafläche von 2543 qmm einer Ge-
sammtzahl von 363 Millionen Stäbchen entspricht. Die äussere Körner-
Die Augen der Wassersäugethiere. 112A
schicht ist 160 « dick und besteht aus 26—28 über einander liegender
Reihen von Körnern. Die Durchmesser der Körner betragen 5 u.
Die äussere reticuläre Schicht, die Zwischenkörnerschicht, ist 20 u
dick, auf sie folgt nach innen die innere Körnerschicht mit 80 u
Dicke; sie besteht aus etwa 8—10 Schichten von Kernen, die etwas
grösser als die der äussern Körnerschicht sind, ihr Durchmesser be-
trägt 6 uw. Die innere reticuläre Schicht ist 50 w dick; auf sie folgt
das Ganglion optici, das einschliesslich der Nervenfaserschicht
60 u dick ist.
In derselben Weise wie bei Macrorhinus wurde die Anzahl der
äussern und innern Körner berechnet, die in 1 qmm Retina enthalten
sind. Es ergab sich, dass, während die Zahl der Stäbchen höchstens
120000 auf 1 qmm beträgt, die Zahl der äussern Körner sich auf
1367000 berechnet, also auf mehr als 11mal so viel, die Zahl der
innern Körner dagegen ist mit 119000 Zellen auf 1 qmm etwa gleich
jener der Stäbchen.
Der Nervus opticus ist in horizontaler Richtung 3 mm, in
verticaler 2 mm dick. Auf dem Querschnitt sieht man ein Maschen-
werk bindegewebiger Septen, die ihn in eine grosse Anzahl einzelner
Stränge theilen. Die Opticusfasern liegen sehr dicht gedrängt, ihre
Durchmesser variiren zwischen 6, 8 und 10 «. Als Mittelwerth er-
giebt sich daraus für die Zahl der Nervenfasern des Opticus 174000,
d. h. auf 1 qmm der Retinafläche entfallen im Durchschnitt 68 Nerven-
fasern. Vergleicht man die Zahl der Opticusfasern mit der Zahl der
Stäbchen der Retina, so ergiebt sich, dass auf eine Opticusfaser
2086 Stäbchenzellen kommen.
Die Linse ist fast kuglig, ihre Axe misst 14 mm, ihr Durch-
messer 14,4 mm. Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt,
ihr Krümmungsradius beträgt 7 mm. In Theilen der Bulbusaxe aus-
gedrückt beträgt die Länge der Linsenaxe 1:2,464. Der Linsendurch-
messer beträgt, in Theilen des Bulbusdurchmessers ausgedrückt,
1 : 2,708.
3. Phoca groenlandica Niuss.
Embryo von etwa 10 cm Länge. Der Kopf ist in eine Serie von
Frontalschnitten zerlegt. Da die Axe der Orbita nicht ganz senk-
recht zur Körperaxe steht, so entsprechen die Frontalschnitte nicht
genau Medianschnitten des Auges. Hierauf muss bei Messungen
und Lagebestimmungen Rücksicht genommen werden. Die Form des
Bulbus erscheint etwas stärker sphäroidisch, als sie sich auf genau
122 AUGUST PUTTER,
medianen Schnitten des Auges darstellen wiirde, doch ist der Fehler
nicht erheblich. Die vorliegende Serie umfasst die temporalen Theile
des Auges nicht mehr, weshalb keine Angaben über die Thränendrüse
gemacht werden können. Auch der Opticuseintritt ist in den unter-
suchten Schnitten nicht zu finden, es liegt offenbar noch weiter
temporal. (Hierzu Fig. D.)
Der Bulbus ist in der Richtung der Axe stark verkürzt. Während
der verticale Aequatorialdurchmesser 4,675 mm misst, ist die Axe
nur 3,745 mm lang. Die Aequatorialebene liegt 1,275 mm hinter der
Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae fehlt. Die Cornea
nimmt einen sehr bedeutenden Antheil am Aufbau des Bulbus, ihr
Krümmungsradius beträgt 2,3 mm und ihr Bogen misst 112°, Das
Verhältniss des verticalen Cornealdurchmessers zum verticalen Bulbus-
durchmesser wird ausgedrückt
durch das Verhältniss 1 : 1,22.
Die Cornea ist 1,02 mm
hoch, ihr Verticaldurchmesser be-
trägt 3,825 mm. Dickenunter-
schiede zwischen Rand und Schei-
tel sind nicht vorhanden, die
Dicke beträgt überall 85—100 u.
>, Das Cornealepithel besteht aus
einer einfachen Schicht Cylinder-
| : zellen mit grossen ovalen Kernen.
eee” Sd Die Höhe der Zellen beträgt 25 u.
N mn”, Ge Ge Die Sclera hat ihre diinnste
<4 Stelle, an der sie nur 85 w dick
ist, im Aequator. Im Augen-
grunde verdickt sie sich auf 128 u.
Ihre dickste Stelle aber liegt im
papas Q ww, vordern Theil des Bulbus, etwa
= 340 u vom Cornealrand entfernt,
| Fig. D. Phoca EERIE ECD Embryo hier ist sie 170 x dick.
von 10 em Länge. Frontalschnitt durch E
den Kopf. Schema, 6 : 1. C.o Mundhöhle, Die Chorioidea ist noch
C.M MECKEL’scher Knorpel, H.G harter ° :
Gaumen, M Muskeln, M. M Mandibula, O. Z nicht als eigene, von der Sclera
Oberlid, O.N oberer Nasenraum, P. A Nick- getrennte Anlage vorhanden.
Hans 125 abehrali BEDE aA Zygo- Didier Corpus
maticum. Weitere Buchstabenerklärung s.
am Schluss. ciliare in seinem vordern Theil
sind von der Sclera durch die Maschen des stark entwickelten Liga-
mentum pectinatum getrennt, das am Iriswinkel mit 85 w seine
Die Augen der Wassersäugethiere. 123
grösste Dicke erreicht. Nach hinten schiebt es sich vom Cornealrand
aus 340 w weit zwischen Sclera und Corpus ciliare ein. Auf der
Vorderfläche der Iris reichen die Ansätze der Stränge des Liga-
mentums bis zu einer Entfernung von 255 u vom ciliaren Irisrand.
Die Iris ist 380—390 w breit, an der Wurzel beträgt ihre Dicke
128 u, am pupillaren Rande 43 u. Von der Pars iridica retinae
enthält nur das Aussenblatt Pigment in Menge, das Innenblatt ist da-
gegen pigmentfrei. Die Membrana pupillaris ist als ganz feines
Häutchen, bestehend aus einer einfachen Schicht von Plattenzellen,
vorhanden.
Das Corpus ciliare stellt einen 470 w breiten Ring dar, auf
dem sich die einfach gestalteten Ciliarfortsätze zu 170 uw Höhe er-
heben.
In der Sclera findet man die Querschnitte der starken Venae
vorticosae, ihr Lumen misst in radialer Richtung 136, in äqua-
torialer 170 u.
Das Aussenblatt der Retina ist im vordern Theil des Bulbus,
bis zum Aegator hin, völlig schwarz pigmentirt, im Augengrund ist
zwar auch überall Pigment vorhanden, aber nur in Form einzelner
Pigmentkrümel, die nicht die ganzen Zellen erfüllen.
Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 170 u dick, es
verdünnt sich gegen die Linea terminalis retinae hin allmählich
und misst hier nur noch 68 w. Die Stäbchenschicht fehlt noch. In
der ganzen Retina kann man nur 2 Schichten unterscheiden, eine äussere
Körnerschicht, die zugleich der äussern reticulären Schicht entspricht,
und eine innere Körnerschicht, die allen übrigen nach innen von der
Zwischenkôrnerschicht gelegenen Schichten entspricht. Die äussere
Schicht besteht aus etwa 18—20 Zellenreihen, in denen die Zellen dicht
liegen, die innere Schicht enthält 8—10 Reihen von Kernen, die weniger
dicht liegen als die der äussern Schicht.
Die Axe der Linse ist 2,423 mm lang, ihr äquatorialer Durch-
messer ist etwas länger, 2,763 mm lang. In Theilen der Bulbusaxe
ausgedrückt, beträgt die Länge der Linsenaxe 1: 1,545, ihr Durch-
messer in Theilen des Bulbusdurchmessers 1:1,692. Vorder- und
Hinterfläche sind sehr verschieden stark gewölbt, die Vorderfläche ist
1,02 mm hoch und hat einen Kriimmungsradius von 1,441 mm Länge;
der Bogen der Vorderfläche beträgt 141°. Die Hinterfläche ist fast
genau halbkuglig, ihre Höhe beträgt 1,403, ihr Krümmungsradius
1,382 mm und ihr Bogen 180°. Das vordere Linsenepithel ist 26 u
hoch und reicht weit über den Aequator hinaus auf die Hinterfläche
124 AUGUST PUTTER,
der Linse, erst 0,85 mm hinter dem Aequator geht es in der
bekannten Weise in die Linsenfasern über, wobei die grossen ovalen
Kerne der Zellen und Randfasern allmählich in die kleinen runden
Kerne der Centralfasern übergehen.
Das Oberlid ist an der Basis 680 «u dick, am ciliaren Rande
nur 255 u; seine Breite beträgt 2,635 mm und übertrifft damit die
Breite des Unterlides, die nur 2,083 mm beträgt, erheblich. Das
Unterlid ist an der Basis und am ciliaren Rande gleich dick, 255 u.
Die Nickhaut ist stark entwickelt. Die Lidränder sind mit einander ver-
wachsen. In der Umgebung dieser Verwachsungsstelle, an der das
Epithel 90 « dick ist, sind seine tiefen Schichten pigmentirt, ebenso
auch die Conjunctiva nahe am Lidrand. Im Uebrigen ist die Epi-
dermis pigmentfrei, sie ist 35—45 u dick. Haaranlagen, die in der
Körperhaut schon zahlreich sind, fehlen im Oberlid noch völlig, im
Unterlid sind einige vorhanden. Im Innern der Lider sind keine
Details zu erkennen.
Eine Harper’sche Drüse ist vorhanden, sie besteht aus
Schläuchen von zweischichtigem Epithel und mündet an der Basis der
Nickhaut am nasalen Augenwinkel. Die Nickhaut enthält einen
Knorpel, der sich über ihre Basis hinaus, den Bulbus eine Strecke
weit umgreifend, fortsetzt. 3
Nach allen Seiten, besonders aber nach hinten und unten hin, ist
der Bulbus von starken Venengeflechten umgeben (s. Fig. D P.v).
Die Orbita ist sehr geräumig, der Bulbus liegt nicht vollständig in
ihr, sondern ragt mit seinem vordern Theil aus ihr heraus und ragt
buckelförmig über die Körperoberfläche hervor.
4. Phoca vitulina L.
I. Junges Thier, 4 Tage alt.
In Alkohol conservirt. Geboren im Zoologischen Garten zu Breslau
(s. Fig. E und Taf. 4, Fig. 16).
Der Bulbus weicht nicht beträchtlich von der Kugelform ab.
Am längsten ist sein Horizontaldurchmesser, der 30 mm misst. Der
Verticaldurchmesser ist ebenso lang wie die Axe, 28,5 mm. Die
Aequatorialebene liegt 10,5 mm hinter der Fläche des Cornealrandes.
Ein Sulcus corneae fehlt. Das vordere, von der Cornea gebildete
Segment des Bulbus ist flacher als das hintere sclerale. Der Krüm-
mungsradius der erstern beträgt 17,15 mm, der des letztern 14,64 mm.
Die Sclera umfasst einen Bogen von 272°, der Cornealbogen misst
Die Augen der Wassersiiugethiere. 125
72°. Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt,
wird ausgedrückt durch das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum
Bulbusdurchmesser 1 : 1,427.
Der Durchmesser der Cor -
nea beträgt in horizontaler wie
in verticaler Richtung 20,5 mm,
die Höhe der Cornea 3,4 mm. Am
Rande ist sie doppelt so dick wie
im Scheitel, hier 0,3 mm, dort
0,6 mm. Das Hornhautepithel ist
am Rande wie im Scheitel 32 u
dick, die Dicke der verhornten
Schicht beträgt 10—12 u, die unter
ihr gelegenen Zellen sind meist in
nur einer einzigen, 20 lu hohen Fig. E. Phoca vitulina L. Junges Thier
Lage von Cylinderzellen geord- savenerklärung s am Schluss.
net, stellenweise kommen auch 2
Schichten cubischer oder polygonaler Zellen vor. Eine Elastica an-
terior fehlt. Die Elastica posterior is als ganz dünne, nur 6 «u
dicke, structurlose Membran vorhanden. Die Lamellen der Cornea
propria haben eine durchschnittliche Dicke von 5 w. Sie liegen
sehr dicht und lassen nur ganz schmale Lymphspalten zwischen
sich frei,
Die Sclera ist im Aequator am diinnsten, nur 0,3 mm dick,
von. hier verdickt sie sich nach vorn rasch und erreicht eine maximale
Dicke von 1,8 mm. Nach hinten nimmt ihre Dicke gleichfalls rasch
zu, und im Augengrunde hat die Sclera mit 2 mm ihre grösste Dicke.
Die Lamina suprachorioidea ist stark entwickelt, sie be-
steht aus einem weiten Geflecht welliger, anscheinend elastischer
Fasern.
Das Ligamentum pectinatum ist sehr stark entwickelt, es
gehen vom Cornealrand feine Faserzüge zur Iris. Sie lassen sich
frei von ihr abheben, und die längsten setzen sich nur 1,5 mm vom
Pupillarrand entfernt an die Iris (s. Fig. El.p). Nach hinten schiebt
sich das Ligamentum 4 mm weit vom Cornealrand aus zwischen Sclera
und Grundplatte des Ciliarkörpers ein, seine grösste Dicke liegt mit
1,1 mm am Cornealrande. Im Querschnitt erscheint es dreieckig. Das
Maschenwerk ist am Cornealrande am weitesten, nach hinten wird es
dichter und dichter. Die Stränge, aus denen das Ligamentum be-
steht, enthalten feine Blutgefässe von etwa 20 « Dicke im Maximum.
126 AUGUST PUTTER,
Die Chorioidea ist 536 « dick, einschliesslich des Tapetum
lucidum. Dieses erfüllt den ganzen Augengrund und reicht bis an die
Grenze des Corpus ciliare heran, nur unten nicht, wo es schon eine
Strecke weit hinter dem Aequator endet. Seine Farbe ist ein mattes
Blaugrau ohne metallischen Glanz.
Die Lamina vasculosa der Chorioidea ist 350 u dick, sie be-
steht aus einer äussern Lage grosser Gefässe von 80 « Dicke und
360 u Breite und einer nach innen davon gelegenen Schicht kleinerer
Gefässe von etwa 60 « Dicke und 120 « Breite. Das Bindegewebe,
das diese Gefässe der beiden Schichten verbindet, enthält sehr viele,
in Schichten und Reihen geordnete Zellen, die ganz mit schwarzem
Pigment erfüllt sind. Der Lamina vasculosa liegt nach innen direct
das Tapetum lucidum auf, das 185 u dick ist. Es besteht aus
etwa 24 über einander liegenden Zellenschichten. Die einzelnen Zellen
sind rechteckig. Die Länge der Zellen schwankt etwas, sie beträgt
im Mittel etwa 60 «, die Höhe nur 4 «. Die Kerne sind oval, etwa
10 w lang und 3 w dick. Durchsetzt wird das Tapetum von zahl-
reichen Capillaren, die etwa 10 « dick sind und sich an seiner Innen-
fläche zur Choriocapillaris ausbreiten, die 4 « dick ist. Das
Aussenblatt der Retina besteht aus einer 16 « hohen Lage von
Cylinderzellen, ihre Breite beträgt 10 «. Die Kerne sind rund und
liegen an der der Choriocapillaris zugekehrten Seite der Zellen, sie
messen im Durchmesser 4 u. Streckenweise sind die Zellen ganz frei von
Pigment, streckenweise enthalten sie aber solches in beträchtlicher Menge.
Den Abfluss der Aderhautgefässe bilden 5 Venae vorti-
cosae. Sie treten in der äquatorialen Verdünnung durch die Sclera
hindurch und ziehen meridional nach hinten. Man kann eine Vena
externa, eneinterna und eine inferior sowie zwei superivres,
Superior externa und superior interna unterscheiden. Die
Pupille ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 5,0 mm. Die Iris
ist überall gleich breit, 6,5 mm; an der Wurzel ist sie 0,68 mm dick,
am pupillaren Rande 0,085 mm. Die Hinterfläche der Iris bildet die
Pars iridica retinae als 20 u dicke, schwarz pigmentirte Schicht.
Nach vorn folgt auf sie der Dilatator iridis; in guter Aus-
bildung lässt er sich bis 0,55 mm vom Pupillarrand entfernt verfolgen
und endet peripher nicht an der Iriswurzel, sondern greift über sie
hinaus in das Gebiet des Corpus ciliare über. An der Iriswurzel ist
er 80 « dick und nimmt von da an auf 30 w Dicke, nahe seinem
pupillaren Ende, ab. In seinen Muskelzellen liegt, besonders an der
Iriswurzel, massenhaft dunkelbraunes Pigment.
Die Augen der Wassersiiugethiere.
5 >
Der Sphincter iridis reicht nicht bis zur Iriswurzel, sondern
endet schon 1,2 mm von ihr entfernt. Nahe dem ciliaren Ende er-
reicht er seine grösste Dicke mit 250 « und nimmt von da pupillar-
warts an Dicke ab. Seine Durchschnittsdicke im centralen Iristheil
beträgt 50 u. In einer Breite von 0,85 mm besteht der Pupillarrand
der Iris nur aus dem Sphincter, der nach vorn von einer dünnen
pigmentirten Bindegewebslage nach hinten von den Retinablättern be-
deckt ist. Zwischen den Bündeln des Sphincter liegen sternförmige,
stark pigmentirte Bindegewebszellen, doch kommen auch in den Bündeln
selbst Pigmentkörner vor, allerdings bei weitem nicht in der Menge, wie
im Dilatator. Das Stroma iridis hat seine stärkste Entwicklung
an der Wurzel, die es, wenn man von dem Dilatator absieht, auf eine
Strecke von 1,2 mm ganz allein bildet. Es besteht aus stark pig-
mentirtem Bindegewebe. Im weitern Verlauf der Iris tritt gegenüber
der starken Musculatur das Stroma völlig zurück. Die Irisgefässe
liegen alle unmittelbar unter der dünnen, nur etwa 10 w dicken,
vordern Grenzschicht der Iris. Sie sind nicht sehr zahlreich, dabei
klein und liegen in einfacher Schicht. Ausgezeichnet ist ein Gefäss,
das grösste von allen, das sich in das Lumen der vordern Kammer
vorwölbt, es liegt 1,1 mm vom Pupillarrand entfernt und ist 320 uw
breit und 120 « dick. Die Dicke der Wandung beträgt 10 uw. Die
Dimensionen der andern Gefässe betragen beispielsweise in der Breite
40, in der Dicke 24 u.
Das Corpus ciliare (s. Taf. 4, Fig. 16) ist 9 mm breit und
reicht bis zur äquatorialen Verdünnung der Sclera. Die 91—95 Ciliar-
fortsätze erheben sich am Iriswinkel senkrecht zu ihrer vollen Höhe
von 1,5 mm. Der gegenseitige Abstand der Ciliarfortsätze schwankt
in derselben Entfernung vom Iriswinkel erheblich, es wurden neben
Abständen von 255 u solche von 850 gemessen. Die Ciliarfortsätze
stellen dünne Blätter dar, mit einer geringen Verdickung am Vorder-
rand und einer schwachen Verbreiterung an der Basis. Die Dicke der
Blätter beträgt 40—60, die Randdicke 120 und die Basisbreite 160 u.
An den vordern Kanten sind eine Reihe kurzer Fältchen vorhanden,
die eine kleine Strecke weit meridional verlaufen. Ihre Höhe be-
trägt nur 40 u bei 30 u Breite. Das Stratum pigmenti hat in
den ganzen Ciliarfortsätzen die gleich bleibende Dicke von 20 u. Die
Pars ciliaris retinae stellt ein einschichtiges Epithel dar, das
an den Vorderrändern höher ist als auf der Fläche der Ciliarfort-
sätze und in den Thälern zwischen denselben. Am Vorderrand be-
trägt die Höhe der Zellen 24, die Breite 16 «. Die Kerne sind rund
128 AUGUST PUTTER,
und haben etwa 8 w Durchmesser. Auf der Fläche sind die Zellen
nur 10 x hoch, die runden Kerne haben 6 uw Durchmesser. In
den Thälern zwischen den Ciliarfortsätzen wuchert das Pigmentblatt
in regelmässigen Falten in das Stroma des Ciliarkörpers hinein, das
Innenblatt der Retina zieht über diese Falten, die meridional ver-
laufen, glatt hinweg. Die Höhe der Falten beträgt 60, die Breite 30 u.
Das Stroma der Ciliarfortsätze ist ungemein dünn und enthält in
seinen proximalen Theilen nur sehr wenige meridional verlaufende
Gefässe, erst nahe der Randverdickung treten zwei oder drei grössere
Gefässe in jedem Fortsatze auf, die meridional verlaufen. Dagegen
durchziehen von der Grundplatte des Ciliarkörpers ausgehend eine
grosse Anzahl radiär verlaufender Capillaren von etwa 20 u Dicke
das Stroma der Ciliarfortsätze. Die Grundplatte des Ciliarkörpers ist
470 u dick und enthält in einfacher oder doppelter Schicht zahlreiche
grosse, meridional verlaufende Gefässe. Das Bindegewebe, das sie
verbindet, ist ungemein zellenreich, und alle Zellen sind völlig mit
schwarzem Pigment erfüllt. Ein circulirer Musculus ciliaris war
nicht nachweisbar. Der Musculus tensor chorioideae besteht
aus einer Anzahl meridional verlaufender Bündel, die bei 200 « durch-
schnittlicher Breite etwa 100 w dick sind, der gegenseitige Abstand
dieser Bündel beträgt etwa 1,27 mm, woraus sich als Gesammtzahl
für die Bündel im ganzen Umkreis des Ciliarkörpers die Zahl 50 er-
giebt (s. Taf. 4, Fig. 16).
Das Aussenblatt der Retina wurde schon oben bei der Chorioidea
beschrieben. Das Innenblatt ist im Augengrund 310 « dick. Die
Stäbchenschicht ist 50 « hoch, die Stäbchen stehen sehr dicht und
messen im Durchmesser etwa 3,33 u, es ergiebt sich daraus, bei einem
Flächeninhalt der Retina von 1594 qmm, die Gesammtzahl der Stäbchen
zu 183 Millionen. Die äussere Körnerschicht ist 90 « dick und be-
steht aus etwa 15 Zellenschichten. Die Durchmesser der Kerne in ihr
betragen 3 u. Die äussere reticuläre Schicht ist 40 « dick. Die
innere Körnerschicht ist 40 « dick und besteht aus etwa 5 Zell-
schichten, die Kerne messen 4 « im Durchmesser. Die innere reti-
culäre Schicht ist 40 und das Ganglion optici 50 « dick. Schon
bei diesem jungen Thier zeigt sich das Ueberwiegen der Zahl der
der Stäbchen.
Auf 1 qmm Retina kommen etwa 110000 Stäbchen, dagegen
900400 äussere Körnerzellen, also mehr als 8mal so viel. Die An-
zahl der innern Körnerzellen wurde zu 144500 berechnet, ist also an-
nähernd gleich der der Stäbchen.
Die Augen der Wassersäugethiere. 129
Der Nervus opticus ist in horizontaler Richtung 2,55 mm
dick, in verticaler 1,7 mm. Die Fasern sind etwa 4 u dick. Daraus
ergiebt sich die Gesammtzahl der Nervenfasern zu 282000, d. h. auf
je 1 qmm der Retinafläche entfallen im Durchschnitt 177 Nervenfasern
und auf jede Nervenfaser 648 Stäbchenzellen.
Die Linse weicht nur wenig von der Kugelgestalt ab, ihre Axe
ist 10,5 mm lang, ihr Durchmesser beträgt 11,4 mm. Vorder- und
Hinterfläche sind gleich hoch, ihre Krümmungsradien betragen 5,74 mm.
In Theilen der Bulbusaxe beträgt die Linsenaxe 1: 2,714, der Linsen-
durchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers 1: 2,570.
Die Lidspalte ist jederseits 20,7 mm lang. Der Saccus con-
junctivalis ist oben 15,4 mm tief, unten 11, aussen 9 und innen
nur 45 mm tief. Die sehr stark ausgebildete Nickhaut spannt sich
als halbmondförmige Falte vom nasalen zum temporalen Augenwinkel
aus. Ihre grösste Höhe liegt im Mittelmeridian und beträgt 15,5 mm;
ihr Rand ist dunkel pigmentirt.
Die Lider sind dick und messen noch nahe dem Margo cili-
aris 1,36 mm. Die oberflächlichste Schicht, die auf der Fläche der
Lider 1,0 mm, am Rande noch 0,68 mm dick ist, besteht aus den
Bälgen der Haare, die ungeheuer dicht liegen. Unter ihr liegt der
Orbicularis oculi, von den Haarbälgen durch eine am Rande
dünne, gegen die Lidwurzel rasch dicker werdende Fettschicht ge-
trennt. Am Lidrande ist der Orbicularis 0,425 mm dick, in 5 mm
Entfernung vom Rande misst er schon 1 mm in der Dicke. Nach
innen folgt auf den Muskel eine 80—100 u dicke Schicht straffes
Bindegewebe und dann lockeres, subconjunctivales Bindegewebe, das
an der Lidwurzel nur wenige, gegen den Lidrand hin dagegen unge-
mein viele Blutgefässe enthält. Das Pigment, welches in der Epi-
dermis reichlich, sowohl im Rete Malpighi wie im Stratum corneum
vorhanden ist, greift noch eine Strecke weit auf die Conjunctiva über,
erst 2 mm vom Lidrande entfernt verschwinden die letzten Spuren.
Die Conjunctiva ist 30 w dick und besteht nahe dem Lidrande aus 1 oder
2 tiefen Schichten cubischer und einigen oberflächlichen Lagen platter
Zellen. Gegen den Fornix conjunctivae nimmt dieser Unterschied
im Bau der Schichten ab, die Conjunctiva besteht dann aus 2 oder
3 Schichten polygonaler oder cylindrischer Zellen mit grossen Kernen.
Die Nickhaut ist an der Basis 1,445 mm dick, am Rande ist
sie sehr dünn, nur 85 w dick. Ihre Grundlage bildet straffes Binde-
gewebe, das eine Knorpelspange enthält. Die Spange ist 2,5 mm vom
Nickhautrand entfernt, ihr Querschnitt ist elliptisch, 1,53 mm breit
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f. Morph. 9
130 AUGUST PUTTER,
und 300 « dick. Nach hinten entsendet der Knorpel eine lange
Spange, die im Mittelmeridian verläuft und 14 mm weit nach hinten
vordringt, sie ist 1,5 mm breit und 0,75 mm dick. Das subconjuncti-
vale Bindegewebe der Nickhaut enthält eine grosse Anzahl Gefässe.
Drüsen sind nicht vorhanden; an der Basis liegen Fettpolster.
Die Glandula lacrimalis liegt am lateralen Augenwinkel,
von oben her dem Kegel des Palpebralis auf. Sie stellt ein drei-
eckiges Organ dar, dessen dickste Ecke die untere äussere ist, von
wo aus sie nach oben innen und hinten dünner wird. Die vordere
Seite verläuft annähernd in äquatorialer Richtung und ist 13 mm lang.
Die nach hinten gerichtete Ecke liegt 10 mm hinter der Vorderseite.
Die grösste Dicke beträgt 2,5 mm. Die Drüse besteht auszahlreichen Läpp-
chen, die in Fettgewebe eingebettet sind und sehr reichlich von Blutgefässen
versorgt werden. Die einzelnen Driisenacini, die in den Läppchen sehr
dicht gedrängt liegen, sind polygonal und haben etwa 30 u Durchmesser.
Die Länge der Orbita, vom Foramen opticum bis zur Fläche des
knöchernen Orbitalringes gemessen, beträgt 32 mm. Der Abstand der
Lider vom Foramen opticum misst 47 mm. Der Bulbus liegt nur
mit seinem hinter dem Aequator gelegenen Theil innerhalb der Or-
bita, die äquatoriale Verdünnung der Sclera liegt in der Fläche des
knöchernen Orbitalringes, der ganze vordere Theil des Bulbus ragt
aus der Orbita heraus und ist in Muskel- und Fettgewebe eingebettet.
Die Axe der Orbita ist schräg nach oben gerichtet, der Winkel, den
sie mit der Horizontalen bildet, beträgt 50—60° Der gegenseitige
Abstand der nasalen Lidwinkel beträgt 36 mm, der der temporalen Lid-
winkel 70 mm. Von der hintern Ecke der Nasenöffnung ist der nasale
Lidwinkel 41,5 mm weit entfernt; er liegt fast senkrecht, 36 mm hoch
über dem Mundwinkel.
II. Erwachsenes Thier.
In Alkohol conservirt. Es ist der Vater des eben beschriebenen
jungen Thiers, aus dem Zoologischen Garten zu Breslau. Weiter ge-
langte ein in Mürrer’scher Flüssigkeit conservirtes Auge einer Phoca
vitulina zur Untersuchung, das aber vielfach bei der makroskopischen
Untersuchung etwas abweichende Verhältnisse zeigte und daher nur
bei der Beschreibung des mikroskopischen Baues mit verwandt wurde,
so weit der Erhaltungszustand des in Alkohol conservirten Thiers ge-
nauere Angaben nicht ermöglichte. Das Thier war frisch aus der
Nordsee importirt. Ich habe nur die Augen erhalten und kann also
nicht dafür bürgen, ob das Thier nicht einer andern Species ange-
hört hat (s. Fig. F und Taf. 2, Fig. 1 u. 6).
Die Augen der Wassersäugethiere. 131
Die Durchmesser des Bulbus in horizontaler und verticaler
Richtung sind einander gleich, sie messen 35 mm. Die äussere Augen-
axe ist 34 mm lang. Die Aequatorialebene des Bulbus liegt 13,6 mm
hinter der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae fehlt.
Das vordere, von der Cornea gebildete Segment des Bulbus ist ganz
erheblich flacher als das hintere sclerale, der Krümmungsradius des
erstern beträgt 26,5 mm, der des letztern nur 18 mm. Die Sclera
umfasst einen Bogen von 274°, die Cornea nur einen solchen von
55° Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Scleraldurch-
messer stellt sich auf 1 : 1,429.
Die Cornea ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 24,5 mm,
die Höhe misst 3 mm. Am Rande ist sie mehr als dreimal so dick
wie in der Mitte, die Randdicke beträgt 2, die Dicke im Scheitel nur
0,6 mm. Das Cornealepithel ist 50—60 u dick, wovon 20 u auf die
verhornte Schicht entfallen. Die Elasticaanterior fehlt, die Ela-
stica posterior ist als 4 « dicke, structurlose Membran vorhanden.
Die Cornea pro- go mm
pria (s. Taf. 2, Fig. 1)
besteht aus zahlreichen
Schichten von Lamel-
len, die in héchst eigen-
artiger Weise mit ein-
ander verbunden sind.
Sie liegen einander
nicht dicht an, sondern
lassen weite Lymph-
räume zwischen sich
- frei. Die Lymphräume
werden getheilt durch aps À ‘
- he or Fig. F. Phoca vitulina L. Erwachsenes Thier. Verti-
eine sehr grosse An- calschnitt. 3:2. Buchstabenerklärung s. am Schluss.
zahl von „Stützfasern“
oder Bälkchen, die mehr oder weniger senkrecht auf den Lamellen
und damit auf der Fläche der Cornea stehen. Die Lamellen der
Cornea verflechten sich unter spitzen Winkeln mit einander !).
1) Die Cornea von Phoca vitulina wird sicher bei genauerer histo-
logischer Untersuchung noch viele interessante Einzelheiten zeigen, und
die obige Beschreibung des Baues giebt nur die groben Verhältnisse, ebenso
Fig. 1, Taf. 2, entsprechend der schwachen Vergrösserung. Eine genauere
Untersuchung wäre über den Rahmen dieser Arbeit hinausgegangen,
auch machte das Material eine Beschränkung nothwendig.
on
132 AUGUST PUTTER,
Die Sclera ist im Aequator, wo sie am dünnsten ist, 0,50 mm
dick. Nach dem Cornealrand zu verdickt sie sich und erreicht etwa
in der Mitte zwischen diesem und dem Aequator 2,5 mm Dicke. Im
Augengrund ist sie noch etwas dicker, 3 mm dick.
Das Ligamentum pectinatum schiebt sich, als ein im Quer-
schnitt dreieckiges Gewebe, zwischen die Sclera und die Grundplatte
des Corpus ciliare ein. Am Cornealrande ist es 2,6 mm dick und
reicht von hier 6 mm weit nach hinten. An die Vorderfläche der
Iris setzen sich die Stränge bis zu einer Entfernung von 3,6 mm vom
Pupillarrande an, sie entbalten feine Blutgefässe (s. Fig. F I.p).
Die Lamina suprachorioidea ist sehr stark entwickelt, sie
ist 1 mm dick und besteht aus etwa 12 dünnen Lamellen, die Lymph-
räume zwischen sich fassen. Die Lamellen sind kaum 2 « dick, nur
die Zellen, die in ihnen liegen, sind erheblich dicker; sie messen bei
30 u Länge etwa 8 « Dicke und sind völlig mit Pigment erfüllt, in
einigen sind die Kerne als runde, hellere Flecken erkennbar. Die
Lymphräume enthalten Lymphgerinnsel, ihre Weite beträgt 50—60 u.
Die Chorioidea ist 0,9 mm dick. Hiervon kommen auf die
äusserste Schicht, die der grossen Chorioidealgefässe, 470 u. Die
Breite der grossen Gefässe ist nicht überall ganz gleich, doch sind
sie im Durchschnitt 1 mm breit. Nach innen folgt auf sie eine Schicht
kleinerer Gefässe, die 260 « dick ist. Die Gefässe liegen bei weitem
nicht so dicht wie in der äussern Schicht. Die geringen Zwischen-
räume der grossen Gefässe werden durch Bindegewebe ausgefüllt, das
unregelmässig zerstreute, stark pigmentirte Zellen enthält. In der
Schicht . der kleinen Gefässe ist das Bindegewebe viel stärker ent-
wickelt, und die Zellen, die viel reichlicher vorhanden sind, sind in
regelmässigen, der Fläche der Chorioidea parallelen Reihen angeordnet.
Die Form der Zellen ist spindelförmig oder rechteckig, Kerne sind
wegen der starken Pigmentirung nicht zu sehen.
Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 5 Venae vorticosae.
Sie entspringen in der äquatorialen Verdünnung der Sclera und ziehen
meridional nach hinten mit Ausnahme der V. inferior externa,
die stark geschlängelt nach innen verläuft und sich mit der im verti-
calen Meridian verlaufenden V.inferior vereinigt. Die beiden untern
Venen sind die stärksten, stark ist auch die V. vorticosa interna,
dagegen sind V. externa und V. superior nur schwache Gefässe.
Das Tapetum ist 160 « dick und besteht aus 16—18 Schichten
von Zellen (s. Taf. 2, Fig. 6). Die Zellen sind rechteckig gestaltet,
oder sie sind auf der einen Seite rechtwinklig abgeschnitten und laufen
auf der andern Seite spitz zu. Die durchschnittliche Länge beträgt
Die Augen der Wassersäugethiere. 133
35 u bei 10 u Dicke. Die Kerne sind rund und liegen in der Zellmitte,
ihr Durchmesser beträgt 6 w. Durchbohrt wird das Tapetum von
zahlreichen Capillaren von etwa 10 « Dicke, die häufig mit trichter-
formigen Erweiterungen von 20 w Breite aus den kleinen Chorioideal-
gefässen entspringen.
Die Choriocapillaris stellt eine Schicht von 6 uw Dicke dar.
Das Tapetum erfüllt den Augengrund und reicht im Allgemeinen bis
zum Aequator, nur aussen oben reicht es auf eine Strecke von 14 mm
über den Aequator hinaus bis unmittelbar an die Grenze der Ciliar-
fortsätze heran. Die Farbe ist ein metallisch glänzendes Hellgelb.
Die Pupille ist oval, ihre Länge beträgt 5 mm, ihre Breite
2,5 mm.
Die Iris stellt einen Ring von 9—10 mm Breite dar, an der
Wurzel ist sie 1 mm dick, am Pupillarrande nur 0,25 mm. Ihre Muscu-
latur ist ungemein stark entwickelt. und überwiegt bei weitem das
Stroma. Der Sphincter iridis ist am Pupillarrande etwa 200 u
dick, nimmt also hier fast die ganze Dicke der Iris ein. Nach dem
ciliaren Rande hin verdickt er sich und erreicht seine grösste Dicke
mit 600 w in einer Entfernung von etwa 2,3 mm von der Iriswurzel.
Sein Ende findet er in 1,5 mm Entfernung vom ciliaren Rande. Der
Dilatator iridis beginnt am Pupillarrande als ca. 20 u dicke
Muskelschicht, er liegt in seinem ganzen Verlauf der Rückseite des
Sphincter an und verdickt sich gegen die Iriswurzel hin, die er
erreicht und hier seine grösste Dicke von 120 u hat. Das interstitielle
Bindegewebe ist beim Sphincter nur schwach entwickelt und enthält
schwach pigmentirte Zellen. Zwischen den Fasern des Dilatators findet
sich überhaupt kein Bindegewebe, er stellt nur ein einziges Bündel
dar. In seinem ganzen Verlauf finden sich in den Fasern selbst zahl-
reiche feine Pigmentkörnchen.
Die Pars iridica retinae stellt eine 20 u dicke, völlig
schwarze Schicht dar, an der keinerlei Einzelheiten zu erkennen sind.
Die Gefässe der Iris sind ungemein spärlich, von der Wurzel her
dringen einige radiäre Gefässe an der Vorderfläche in die Iris ein.
Vor der Muskelschicht, in das Lumen der Vorderkammer vorspringend,
liegt, 6,8 mm vom ciliaren Irisrande entfernt, ein grosses, dickwandiges
Gefäss, von einer Anzahl kleinerer, gleichfalls circulärer Gefässe be-
gleitet. Das grosse Gefäss, nach Dosrorewsky (51, p. 118) die Ar-
terie des Circulus iridis major, hat elliptischen Querschnitt, das
Lumen ist 180 u breit und 80 jw hoch, die Wandung 40 u dick.
Ueber die Gefässvertheilung in der Iris entnehme ich ROSENTHAL’S
Arbeit (3, p. 686 f.) Folgendes: „In dem Netz von zahllosen Gefässen
154 AUGUST PÜTTER,
unterscheidet man die längern und kürzern Ciliarpulsadern sehr deut-
lich. Diese laufen etwas geschlängelt vom hintern Rande gegen die
Axe; jene theilen sich auf jeder Seite in zwei Aeste, die divergirend
um den Pupillarrand sich ausbreiten und sich dann mit einander so
verbinden, dass sie einen rautenförmigen Kreis bilden. Vor dieser
bogenförmigen Gefässausbreitung sind die Gefässzweige weniger zahl-
reich, auch dünner und daher erscheint auch hier die Haut selbst
dünner als im hintern Theil.“
Von der Grundplatte des Corpus ciliare erheben sich 100 Ciliar-
fortsätze. Es sind sehr dünne, dreieckige Blätter, die am Rande ver-
dickt erscheinen. Die Blätter sind nur 30 uw dick, an den Stellen,
wo grössere, meridionale Gefässe verlaufen, sind sie auf etwa 130 u
verdickt. Die Ränder sind in einer Breite von 1,5—1,7 mm verdickt
auf 180—200 u. Falten fehlen auf der Fläche der Fortsätze ganz,
Der gegenseitige Abstand der Giliarfortsätze beträgt vorn, nahe dem
Iriswinkel, 0,6—0,8 mm, nach hinten nimmt er auf 0,9—1 mm zu.
Die Höhe der Ciliarfortsätze beträgt 3 mm, ihre Länge 11 mm. Die
Pars eiliaris retinae ist 20 « dick, wovon auf das Pigmentblatt
14 u, auf das Epithel nur 6 « kommen. Das Stroma der Fortsätze
enthält sehr viele, dicht neben einander gelegene, meridional ver-
laufende Gefässe, von denen die grössern, wie oben erwähnt, eine
Verdickung der Blätter bewirken. Zwischen den Gefässen liegen wenige
grosse, dunkel pigmentirte Bindegewebszellen. Ueber die Gefässe der
Processus ciliares macht ESCHRICHT genauere Angaben (7, p. 594).
Er sagt: „Arterien und Venen bilden eine flache und (mit Ausnahme
da, wo Arterien und Venen sich kreuzen) einfache Ausbreitung
zwischen den zwei Platten der Fortsätze. Alle Gefässe haben aber
ihre Stämme dem festsitzenden Rande zunächst, die kleinsten Zweige
oder die Uebergänge von Arterien in Venen vorzüglich dem Rücken
zunächst, doch auch sonst überall im Innern der Falten. Die Ar-
terien kommen fast alle von einem verhältnissmässig starken Stamme,
der vorn, unweit des vordern Randes hineinsteigt, sich dem Rücken
nähernd stark rückwärts beugt und sich endlich in der ganzen Strecke
des Fortsatzes in Haargefässe auflöst. Von diesen sammeln sich die
Venen in mehrere Stämme, die alle dadurch von den Arterien gleich
zu unterscheiden sind, dass sie nach hinten herabsteigen, während die
Arterien alle von vorn emporsteigen.‘“ Die Grundplatte des Corpus ciliare
enthält eine einfache Schicht ziemlich dicht liegender, grosser, meri-
dionaler Gefässe. Ihre Durchmesser schwanken erheblich, von 80 bis
260 u. Straffes Bindegewebe verbindet die Gefässe und enthält in
Die Augen der Wassersäugethiere. 135
grosser Zahl Pigmentzellen. Der Musculus ciliaris besteht aus
einigen wenigen, ganz schwachen, circulären Biindelchen, Starker ist
der Musculus tensor chorioideae ausgebildet. Es besteht aus
isolirten Bündeln oder Gruppen von Bündeln von recht verschiedner
Stärke, 80, 100, 180 « dick. Ihre gegenseitige Entfernung beträgt
1,2 mm, was für den ganzen Umfang 77 Bündel oder Bündelgruppen
ergeben würde.
Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 340 u dick. Die
Dicke der Stäbchenschicht beträgt 80 «u, die Dicke der einzelnen
Stäbchen 3,33 u. Da die Retinafläche 1980 qmm beträgt, ergiebt sich
die Gesammtzahl der Stäbchenzellen der Retina zu 227 Millionen.
Zapfen konnten bei Phoca vitulina ebenso wenig wie bei irgend einem
andern Pinnipedier nachgewiesen werden, so dass ihr Vorkommen
höchst unwahrscheinlich erscheint, wenn auch ihre Abwesenheit nicht
mit vollster Sicherheit behauptet werden kann, da die Netzhäute nicht
ganz frisch waren und vielfach sehr erhebliche Zerfallserscheinungen
zeigten. Die äussere Körnerschicht ist 70 « dick und besteht aus
etwa 20 Schichten von Kernen. Die Durchmesser der Kerne betragen
3,9 u. Die äussere reticuläre Schicht ist 30 « dick, die innere
Körnerschicht misst 60 « und besteht aus 7 Schichten von Kernen,
die 4 « Durchmesser haben. Die innere reticuläre Schicht ist 50 u
dick und zu innerst das Ganglion optici und die Nervenfaserschicht
sind zusammen auch 50 u dick.
Nach den Untersuchungen von J. H. Cutevirz (65 u. 72) hat
Phoca vitulina auch eine Area centralis; sie hat einen ähnlichen
Bau wie bei der Katze und bei Mustela erminea (65, p. 171). Mit
blossem Auge ist sie nicht sichtbar, sie ist rund und liegt ein wenig
nach hinten vom Opticuseintritt (s. auch 72, p. 326).
Die Anzahl der Sehstäbchen auf 1 qmm Retina beträgt etwa
110000, die der äussern Körnerzellen dagegen etwa 1512500, also
mehr als 13mal so viel. Die Zahl der innern Körnerzellen wurde auf
78100 berechnet, der Werth ist wohl ziemlich fehlerhaft, da wegen
der eigenthümlichen Anordnung der Zellen in der innern Körner-
schicht es schwer ist, brauchbare Mittelwerthe zu bekommen, jeden
Falls aber ist die Zahl der innern Körnerzellen nicht grösser als die
der Stäbchen.
Der Nervus opticus, durch dünne Septen in zahlreiche Stränge
getheilt, ist rund und hat 2,3 mm Durchmesser. Die Dicke der Fasern
ist sehr verschieden, neben 8 w dicken Fasern finden sich solche von
nur 4 u Dicke in grosser Zahl. Die Gesammtzahl der Fasern beträgt
136 AUGUST PUTTER,
etwa 147000. Es kommen danach im Durchschnitt auf 1 qmm Retina-
fläche 74 Nervenfasern. Vergleicht man die Zahl der Opticusfasern
mit der der Stäbchen, so kommen auf jede Faser 1544 Stäbchen.
Der Opticus ist bei seinem Eintritt in die Sclera umgeben von
einem dichten Geflecht grosser Ciliargefässe, die durch wenig, aber
festes Bindegewebe verbunden sind. Die Dicke der Scheide beträgt
in horizontaler Richtung 8, in verticaler 5 mm.
An der Linse sind Abweichungen von der Kugelform nicht fest-
zustellen, Axe wie Durchmesser messen 14 mm. Drückt man die
Axe in Theilen der Bulbusaxe aus, so beträgt sie 1:2,429, der Durch-
messer in Theilen des Bulbusdurchmessers 1:2,5. Die Geckigen Linsen-
fasern sind 8 « breit und 2 w dick.
Die Länge der Lidspalte beträgt 21 mm .bei 0,5 mm Breite.
Das Oberlid ist breiter als das Unterlid, ersteres 16,5 mm breit,
letzteres 15,5. Temporal ist der Saccus conjunctivalis 12 mm
tief, nasal nur 6 mm. Die Nickhaut spannt sich vom temporalen
Augenwinkel zum nasalen und reicht von hier aus noch 11 mm weit
am Fornix conjunctivae superior entlang. Ihre grösste Höhe
erreicht sie im verticalen Meridian mit 13 mm. Den Nickhaut-
knorpel beschreibt Escuricnt (7, p. 576) genau: „Er ist über
1 Zoll lang, seine 2 Zweige trennen sich an dem freien Rande der
Nickhaut in einen stumpfen, aber ausgeschweiften Winkel. Der Schaft
biegt sich um den Augapfel herum und hat demgemäss eine concave
und eine convexe Fläche mit zwei fast parallelen Seitenwänden. Das
freie Ende des Schaftes ist convex abgeschnitten. Der ganze hintere
Theil (?/,) des Schaftes steckt in der HArper’schen Drüse, die sehr
länglich ist und wie eine weiche Scheide dieses Knorpels erscheint.
Die Thränendrüse ist klein aber sehr deutlich.‘
Entwicklung des Auges von Phoca vitulina.
Zu dieser Darstellung soll ausser der jungen Phoca vitulina auch
der Embryo von Phoca groenlandica herangezogen werden, da bei so
jungen Embryonen die Speciesunterschiede sicher nicht so gross sind,
dass nicht der hierdurch in der Darstellung entstehende Fehler ver-
nachlässigt werden könnte.
Eine allgemeine Uebersicht über die Wachsthumsverhältnisse des
Phoca-Auges mögen folgende Zahlen geben. Setzt man die Länge des
Bulbusdurchmessers des Embryos von Phoca groenlandica, der als
Stadium I bezeichnet werden soll, gleich 1, so ist der Bulbusdurch-
Die Augen der Wassersiiugethiere. 137
messer des neugeborenen Thieres, Stadium II, gleich 6,352 und der
des erwachsenen Thieres, Stadium III, gleich 7,486. Fiir die Bulbusaxe
stellen sich die Verhältnisse folgendermaassen :
Stadium I 1,0
Stadium II 7,611
Stadium III 9,08
Man ersieht hieraus, dass die Axe stärker wächst als der Durch-
messer, wodurch das bei Stadium I stark elliptische Auge sich mehr
der Kugelform nähert.
Einen noch genauern Einblick in die Wachsthumsverhältnisse der
Axe erhält man, wenn man folgende 3 Abschnitte gesondert betrachtet:
1) den Augengrund, nach vorn vom Aequator begrenzt; 2) den vordern
Abschnitt der Sclera zwischen dem Aequator und der Ebene des
Cornealrandes und 3) die Höhe der Cornea.
Von diesen 3 Abschnitten zeigt der Augengrund das stärkste
Wachsthum. Die Grössenverhältnisse sind:
Stadium I 1,00 für die Tiefe des Augengrundes
Stadium II 10,07
Stadium III 12,00
Etwas schwächer betheiligt sich der vordere Abschnitt der Sclera
an der Vergrösserung. Die entsprechenden Zahlen sind:
Stadium I 1,00
Stadium II 8,235
Stadium III 10,745
Während aber auch das Wachsthum dieses Abschnitts noch recht
bedeutend ist, bleibt die Cornea im Wachsthum zurück. Setzt man
ihre Höhe für Stadium I = 1,00, so beträgt sie für Stadium II 3,33
und für Stadium III 2,941.
Es hat hier also ein Wachsthum nur bis zur Geburt statt-
gefunden, und auch dieses ist im Vergleich zu dem Gesammtwachs-
thum des Bulbus sehr gering, kaum halb so stark wie dieses. Von
der Geburt an findet aber eine absolute Reduction der Höhe
der Cornea statt, die beim Neonaten noch 3,4 mm hoch, beim Er-
wachsenen nur 3 mm in der Höhe misst. Doch nicht nur in der
Höhe findet eine Reduction der Cornea statt, auch der Antheil, den
sie am Aufbau des Bulbus nimmt, wird geringer, die Cornea wird
flacher und ihr Bogen immer kleiner. Der Antheil, den die Cornea
am Aufbau des Bulbus nimmt, wird ausgedrückt durch das Verhältniss
ihres Durchmessers zu dem des Bulbus. Dieses Verhältniss beträgt bei:
138 AUGUST PUTTER,
Stadium I 1: 1,22
Stadium II 1: 1,427
Stadium III 1: 1,429
Das Flacherwerden der Cornea ersieht man aus dem ständigen Grösser-
werden des Kriimmungsradius, der bei
Stadium I 23 mm
Stadium IT 17,19,
Stadium II 265 „,
beträgt. Endlich zeigt sich auch die Verkleinerung des Cornealbogens
in auffallender Weise. Dieser misst bei
Stadium I 112°
Stadium II 72°
Stadium III. 55°
Wie die Formverhältnisse der Sclera, so ändern sich auch
ihre Dicken verhältnisse nicht unerheblich. Die dünnste Stelle liegt
stets im Aequator, aber das Verhältniss ihrer Dicke zu der des Augen-
grundes und des vordern Sclerasegments ändert sich wesentlich. Um
diese Verhältnisse deutlich zu zeigen, giebt die folgende Tabelle:
die Dicke der Sclera im vordern Bulbusabschnitt (1),
die im Aequator (2)
und im Augengrunde (3),
alle ausgedrückt in Theilen der Bulbusaxe des betreffenden Thieres:
1 2 3
Stadium 1€51.:22.03 27174206 212926
Stadium IE 1:15,83 195:004°2727425
Stadium II 1:13,6 1:68,00 othe =o
Man ersieht hieraus, dass bei I die grösste Dicke im vordern
Bulbusabschnitt liegt und auch im Aequator die Sclera noch ziemlich
dick ist. Bei II ist die Sclera im Aequator am dünnsten, relativ noch
nicht einmal halb so dick wie bei I. Die Dicke des Augengrundes
übertrifft hier die des vordern Theils der Sclera, und so bleibt es auch
bei III, wo bemerkenswerter Weise die Aequatorialdicke wieder zu-
genommen hat.
Es bleiben noch die Dickenverhältnisse der Cornea zu be-
trachten, die nicht ohne Interesse sind. Die Zusammenstellung giebt
unter
1 die Randdicke,
2 die Scheiteldicke in Theilen der Bulbusaxe:
ana, cate i.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 139
1 2
Stadium) 217 12797,45°° 1: 37,45
Stadıum I 1:47.5 1:9
Stadium III 1:17 AT
Wir sehen von I auf II eine bedeutende Verdünnung der
Cornea eintreten, eine Verdünnung, die in der Mitte ganz erheblich
stärker ist als am Rande. Dann verdickt sich bis zum erwachsenen
Thier hin der Cornealrand derart, dass er nicht nur dicker als beim
Neugeborenen, sondern auch dicker als bei I wird.
Der Hornhautscheitel erfährt zwar auch gegenüber dem Neonaten
eine Verdickung, doch eine weit geringere als der Cornealrand, und
jeden Falls bleibt er wesentlich dünner (relativ) als beim Embryo I.
Zwischen die Sclera und die Grundplatte des Corpus ciliare
schiebt sich am Cornealrande das Ligamentum pectinatum ein.
Sein bedeutendes relatives Wachsthum erkennt man aus folgenden
Angaben: Die grösste Dicke am Cornealrande ist bei II 15mal so gross
wie bei I und bei III sogar 30,5 mal so gross, was bei einem linearen
Gesammtwachsthum von 1: 6,919 im Durchschnitt für den Bulbus als
sehr bedeutend erscheint. Auch seine Ausdehnung vom Cornealrande
nach hinten wächst stark; sie ist bei II 11,76mal so gross wie bei I
und bei II 17,64mal so gross. Das Ligamentum pectinatum hat,
da seine Stränge Blutgefässe enthalten, die Bedeutung eines Ge-
fässplexus.
Die Chorioidea ist bei I noch nicht als gesonderte Anlage
vorhanden.
Die Pupille verkleinert sich im Laufe der Entwicklung; bei I
hat sie etwa den Durchmesser der Linse, 2,7 mm, d. h. in Theilen
des Cornealdurchmessers 1:1,41. Bei II ist sie kreisrund, mit 5 mm
Durchmesser, d.h. 1:4,1 des Cornealdurchmessers, und bei III ist sie
längs oval, 5 mm lang und nur 2,5 mm breit, also absolut nur halb
so breit wie.bei II. In Theilen des Cornealdurchmessers misst sie
horizontal 1:4,9, vertical 1: 9,8.
In demselben Maasse, wie sich die Pupille verkleinert, vergrössert
sich natürlich die Iris.
Eine sehr bedeutende Entwicklung gewinnt das Corpus ciliare,
sowohl an Höhe, wie an Länge wachsen die Ciliarfortsätze beträchtlich.
Setzt man wieder die Dimensionen der Ciliarfortsätze von Stadium I
gleich 1, so beträgt bei Stadium II die Höhe 10,6, die Länge 19,15
und bei Stadium III die Höhe 23,53, die Länge 23,4.
140 AUGUST PUTTER,
Aufmerksamkeit verdient noch die Gefässvertheilung im Stroma
der Ciliarfortsätze. Bei II finden sich im proximalen Theil der Fort-
sätze nur sehr wenige meridional verlaufende Gefässe, und nur am
distalen Rande ziehen 2 oder 3 grössere dieser Art. Bei III dagegen
enthält das Stroma sehr viele, dicht neben einander liegende meridio-
nale Gefässe, von der Grundplatte des Ciliarkörpers an bis zum distalen
Rande hin.
Ein Musculus eiliaris konnte bei II nicht aufgefunden werden,
auch bei III ist er ja ungemein schwach entwickelt, dagegen besteht
der Tensor chorioideae bei Il aus etwa 50 meridionalen Bündeln,
die ebenso stark sind wie die etwa 77 Bündel beim erwachsenen Thier.
Die Retina verdoppelt im Lauf der Entwicklung ihre Dicke, bei
I ist sie 170 w dick, bei III 340 u. Bei II ist sie nur 30 « dünner
als bei III.
Von besonderm Interesse ist das Verhältniss der äussern und
innern Körner. Bei I kommen auf 18—20 Schichten äusserer Körner
8—10 Schichten innerer, das Verhältniss ist also wie 1:2,25 oder
1:2. Beim Stadium II enthält die äussere Körnerschicht 18—20
Schichten, wie bei I, die innere 10—12, also etwas mehr, so dass sich
das Verhältniss stellt wie 1:1,8 oder 1:1,66. Ganz anders stellen
sich dann wieder bei III die Verhältnisse, wo auf 20—22 Schichten
äusserer Körner nur 7 Schichten innere kommen, das Verhältniss beider
sich also wie 1 : 2,86 oder sogar 1:3,14 stellt.
Die Retina verfolgt also in der embryonalen Entwicklung einen
andern Weg als in der postembryonalen, in ersterer ändert sich das
Verhältniss der Körnerschichten in dem Sinne, dass die Anzahl
äusserer Körner, die auf ein inneres kommen, abnimmt, in der post-
embryonalen Entwicklung dagegen, wo die functionellen Reize
einwirken, vermindert sich die Zahl der innern Körner relativ, es
kommen auf ein inneres mehr äussere als ursprünglich. Die Stäbchen-
zellen fehlen bei I noch, bei II sind sie 50 « lang, bei III 80 «; ihre
Dicke hat dabei keine Aenderung erfahren.
Der Opticus weist von Stadium II zu III nur ein ganz geringes
Dickenwachsthum auf, ein stärkeres zeigen viele Nervenfasern, sie
haben bei II alle durchschnittlich 4 « Durchmesser, bei III dagegen
finden sich neben einer grossen Anzahl Fasern, die diese Dicke bei-
behalten haben, auch in sehr grosser Zahl solche, die 8 « im Durch-
messer haben. Die Rechnung ergiebt, dass die absolute Anzahl der
Opticusfasern beim Erwachsenen kleiner ist als beim Neugeborenen,
bei ersterm beträgt sie 147000, bei letzterm 282000. Noch grösser
Die Augen der Wassersiiugethiere. 141
sind die Unterschiede, wenn man die Zahl der Fasern auf 1 qmm
Retina berechnet. Während II 177 Fasern auf diesem Raum hat,
muss sich das erwachsene Thier mit 74 auf dem gleichen Raum
begnügen. Da die Stäbchen sich entsprechend dem Flächenwachsthum
der Retina vermehrt haben, so kommt, während bei II auf 648
Stäbchen eine Opticusfaser entfiel, dei III erst auf 1544 Stäbchen eine
Faser.
Den eigenthümlichen Unterschied in der embryonalen und post-
embryonalen Entwicklung erkennt man wie bei Retina und Cornea auch
bei der Linse. Die folgende Tabelle giebt unter
1 die Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe, und
2 den Linsendurchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers für
die drei Stadien:
1 2
Stadium 171 21,545, 692
x Dr 2740201
R I °17272,42951.225
Man ersieht hieraus, dass in der embryonalen Entwicklung eine
relative Verkleinerung der Linse erfolgt, so dass das neuge-
borene Thier die relativ kleinste Linse hat; von da an nimmt ihre
Grösse wieder zu. Die vollständige Kugelform, welche die erwachsene
Linse auszeichnet, wird erst allmählich erreicht. Bei II sind auch
beide Flächen der Linse gleich hoch, aber es fehlt jeder noch eine
Kleinigkeit zur genauen Halbkugel. Ganz anders bei I, hier ist die
Vorderfläche ziemlich flach, ihre Höhe verhält sich zu der der Hinter-
fläche wie 1: 1,375, und während letztere fast eine genaue Halbkugel
bildet, beträgt der Bogen der Vorderfläche nur 141°. Der Krümmungs-
radius der Vorderfläche beträgt 1,441 mm, der der Hinterfläche
1,382 mm.
5. Halichoerus gryphus NiLss.
I. Neugeborenes Thier.
12 Stunden alt, in Solutio Perenyi conservirt. Länge des Thiers
betrug 56 cm (s. Fig. G).
Die Gestalt des Bulbus weicht nur wenig von der Kugelform ab,
Horizontal- und Verticaldurchmesser sind einander gleich, 26,5 mm
lang, die äussere Augenaxe misst 26 mm. Die Aequatorialebene
liegt 11 mm hinter dem Cornealrande Ein Sulcus corneae ist
nicht zu unterscheiden. Die Cornea ist etwas stärker gewölbt als
142 AUGUST PUTTER,
die Sclera, ihr Kriimmungsradius betragt 12 mm, der der Sclera
13,13 mm. Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Scleral-
durchmesser ist 1: 1,559. Der Bogen der Cornea beträgt 95°, der
der Sclera 279°.
Die Cornea ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 17 mm, ihre
Höhe 3,5 mm. Im Scheitel ist sie nur wenig dünner als am Rande,
hier 1 mm dick, dort 0,7 mm.
Die Cornea propria be-
steht nur in ihrem cameralen Theil
aus deutlich gesonderten, glatten
Lamellen. Die Lamellen liegen ein-
ander sehr fest an, von Zeit zu
Zeit aber weichen sie bogenförmig
aus einander und bilden so Lymph-
röhren, die ein weiteres Lumen
haben als die gewöhnlichen Lymph-
spalten, die sich auch in der Cor-
nea neben den erweiterten Lymph-
Fig. G. Halichoerus gryphus NıLss. räumen finden. Die Querschnitte
Neonatus, Vertiealschnitt. 3/2. Buch- ger Lymphröhren sind linsenförmig
stabenerklärung s. am Schluss. D
ihre Dimensionen sind verschieden,
die Breite beträgt etwa 20 u, die Dicke 8—10 u. Der unter dem Cor-
nealepithel gelegene Theil der Cornea propria zeigt ein sehr unregel-
mässiges Bild, hier fehlen gesetzmässig angeordnete Lamellen ebenso
wie Lymphröhren, die Propria besteht aus stark gewellten einzelnen
Fasern, die ein dichtes Geflecht bilden. Die Dicke dieses Faser-
geflechts beträgt etwa 60 « im Scheitel, am Rande verschwindet es.
Eine Elastica anterior fehlt, ebenso eine Elastica posterior.
Das Cornealepithel ist sowohl am Rande wie im Scheitel etwa
30—40 u dick. Sehr eigenartig ist seine Verhornung. Die sämmt-
lichen Epithelzellen sind von einem Maschenwerk von verhornter Sub-
stanz umsponnen. Zwischen den tiefen Cylinderzellen, die etwa 20 u
hoch und 8—10 u breit sind und grosse ovale Kerne haben, erscheinen
die Wände des Maschenwerks als dünne Streifen von kaum mehr als
1 « Dicke. Um die oberflächlichern polyedrischen und platten Zellen
nimmt die Dicke der verhornten Substanz immer mehr zu, den Zell-
inhalt endlich fast völlig verdrängend.
Beachtenswerth ist, dass auch an der Basalseite der tiefen Cylinder-
zellen eine Schicht verhornter Substanz ausgeschieden ist, die also die
Epithelzellen von der Cornea propria trennt.
”
er
Die Augen der Wassersiiugethiere. 143
Die Sclera ist dicht hinter dem Cornealrande 1,25 mm dick, in
der Mitte des prääquatorialen Segments sogar 1,5 mm. Dann ver-
dünnt sie sich rasch und misst im Aequator nur 0,25 mm. Gegen den
Augengrund wird sie wieder dicker und erreicht hier ihre grösste
Stärke mit 1,6 mm.
Die Chorioidea ist 120 « dick und in grosser Ausdehnung
dunkel braunschwarz pigmentirt, das Tapetum lucidum ist nur
schwach zu erkennen als blaugrauer Schimmer im Augengrunde; es
erreicht den Aequator nicht, doch sind seine Grenzen nicht scharf zu
bestimmen.
Die Chorioidea ist sehr einfach gebaut, man kann an ihr nur das
Stratum vasculosum unterscheiden, das 70 u dick ist. Das
Tapetum ist 50 « dick und besteht aus etwa 12 Schichten rechteckiger
Zellen, die bei 4—5 u Dicke etwa 24 u lang sind. Auffallend ist,
dass nirgends Gefässe aufgefunden werden konnten, die das Tape-
tum durchsetzen und sich zu einer Choriocapillaris vereinigen.
Die Choriocapillaris fehlt auf diesem Stadium noch vollständig.
Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 6 Venae vorticosae,
2 stärkere obere, 2 schwächere untere, je 1 nasal und temporal.
Die Grundplatte des Corpus ciliare stellt einen Ring von
6 mm Breite dar, auf dem sich etwa 85 Ciliarfortsätze erheben. Die
Form der Fortsätze ist die dreieckiger, sehr dünner Platten; ihre Höhe
beträgt 1,5, die Kantenlänge 6,5 mm. Ausser den Hauptfalten, auf
welche sich die angegebenen Zahlen beziehen, trägt das Corpus ciliare
noch eine Menge Nebenfalten, es steht fast regelmässig eine solche
zwischen je 2 Hauptfalten. Die Höhe dieser Falten beträgt etwa 1 mm.
Die Dicke der Falten beträgt nur etwa 60 « an der Wurzel, 80 u
am freien Rande. Das Stroma besteht vorwiegend aus Bindegewebe,
es enthält nur wenige Blutgefässe. Das Pigmentblatt ist etwa 16 «
hoch, das Epithel der Ciliarfortsätze sogar nur 8 u. Die Grundplatte
des Ciliarkörpers enthält nur wenige und schwache Gefässe, in dem
reich entwickelten, aus festem Bindegewebe bestehenden Stroma ist
eine enorme Menge schwarzen Pigments angehäuft. Die Musculatur ist
schwach und besteht aus wenigen circulären und etwas zahlreichern
meridionalen Fasern.
Die Iris stellt einen Ring von 3,7 mm Breite dar, ihre Dicke
beträgt an der Wurzel 255 u, am Rande 85 u.
Die Pupille ist ein senkrecht gestelltes Oval von 6,5 mm Höhe
und 5,5 mm Breite.
144 AUGUST PUTTER,
Den Hauptantheil am Aufbau der Iris nimmt die starke Muscu-
latur. Gefässe liegen nur einige wenige an der cameralen Fläche der
Iris, frei in die Vorderkammer hineinragend. Von der Iriswurzel aus
erstreckt sich eine Platte straffen Bindegewebes, das ungeheuer viel
tiefschwarzes Pigment enthält, in die Iris hinein. Etwa 0,3—0,9 mm
vom Ciliarrande entfernt, keilt diese Platte zungenförmig aus. Hier
beginnt der Sphincter iridis, der von da bis zum Pupillarrande
bei weitem den grössten Theil des Irisquerschnitts einnimmt. Zwischen
seinen Bündeln liegen zahlreiche schwarz pigmentirte Bindegewebs-
zellen.
Der Dilatator iridis hat seine grösste Dicke am Ciliarrande
der Iris, wo er reichlich 40 « dick ist, er wird im weitern Verlauf
der Iris dünner, misst im grössten Theil derselben nur etwa 20 u und
verschwindet gegen den Pupillarrand hin, den er nicht ganz erreicht.
Er ist dadurch ausgezeichnet und von andern Gebilden musculöser
oder bindegewebiger Natur leicht zu unterscheiden, dass seine lang
gestreckten Muskelzellen braunschwarzes Pigment in kleinen Tröpfchen
enthalten, wie es auch in der Pars iridica retinae vorkommt,
während der Sphincter iridis in seinen Muskelzellen kein Pigment
führt und die Bindegewebszellen des Stroma ganz gleichmässig schwarz
erscheinen und keine Sonderung des Pigments in Tröpfchen erkennen
lassen. Das Pigmentblatt und das Innenblatt der Pars ciliaris retinae
sind je 10 « dick, das Innenblatt enthält weniger Pigment als das
Aussenblatt.
Das Aussenblatt der Retina ist im Bezirk des Tapetum lucidum
zu einer endothelartigen Schicht von nur etwa 4 « Dicke mit winzigen
Kernen reducirt.
Das Innenblatt hat im Augengrunde eine Dicke von 205 u. Hiervon
entfallen auf die Schicht der Stäbchen nur 10 «, sie sind sehr wenig ent-
wickelt, es stehen auf einer Strecke von 10 « etwa 4 Stäbchen, die Dicke
der einzelnen Stäbchen beträgt etwa 2 u. Die äussere Körnerschicht ist
60 u dick und besteht aus etwa 20 Schichten von Kernen, die im
Durchschnitt 3 w Durchmesser haben. Die äussere reticuläre Schicht
ist 14 u dick. Die innere Körnerschicht besteht aus etwa 6 Schichten
von Kernen, sie ist 36 « dick, und die Durchmesser der ovalen Kerne,
die bei weitem nicht so dicht liegen wie in der äussern Körnerschicht,
betragen in der Längsrichtung etwa 8, in der Querrichtung 5 u, sind
also sehr erheblich grösser als die Kerne der äussern Körnerschicht,
dem Volumen nach mehr als 8mal so gross.
Die innere reticuläre Schicht ist 40 « dick, und das Ganglion
Die Augen der Wassersiiugethiere. 145
nervi optici mit der Nervenfaserschicht zusammen misst 45 u. Die
Ganglienzellen sind gering an Zahl, ihre Grösse ist ziemlich beträcht-
lich, bei ihrer unregelmässigen Gestalt sind Zahlenangaben schwer zu
machen, doch scheint der mittlere Durchmesser 25—30 u zu betragen.
Sehr gross ist der Kern, der etwa 12 u im Durchmesser hat und einen
grossen Nucleolus von etwa 4 u Durchmesser enthält. Dieses Kern-
körperchen ist also noch grösser als die ganzen Kerne der äussern
Körnerzellen.
Vergleicht man die Zahl der Stäbchen und die der Körnerzellen,
so ergiebt sich, dass die äussern Körner die Zahl der Stäbchen enorm
übertreffen. Auf 1 qmm Retina stehen keines Falls mehr als 150 000
Stäbchen, dagegen enthält die äussere Körnerschicht auf die gleiche
Fläche 1000000 Zellen. Die innere Körnerschicht dagegen enthält
nur 154000 Zellen, also etwa soviel, wie wir im Maximum für die
Stäbchen annehmen können.
Ganz ungemein zahlreich und stark sind in der Retina die MÜLLER-
schen Stützfasern. Ihre kegelförmigen Endstücke, die die Limitans
interna bilden, sind 6 « breit, die Fasern selbst haben eine Breite
von etwa 2 u.
Der Nervus opticus tritt am hintern Augenpol in den Bulbus
ein, er ist rund und 1,465 mm dick. Die Fasern liegen sehr dicht
und sind von verschiedener Dicke, neben solchen von 2—3 u Durch-
messer finden sich zahlreiche von 4 « und wenige, die sogar 8 u
messen. Nimmt man als Durchschnitt den Durchmesser von 4 u, so
erhält man als Maximalzahl der Fasern 134000. Da die Fläche der
Retina etwa 1332 qmm beträgt, so entfallen auf je 1 qmm etwa 100
Opticusfasern, während, wie wir sahen, auf die gleiche Fläche 1000 000
äussere Körnerzellen entfielen.
Die Linse ist nicht ganz kuglig, doch weicht sie nicht sehr von
dieser Form ab, die Axe ist 10,5 mm lang, der Durchmesser beträgt
12 mm. Der Durchmesser der Linse verhält sich zum Bulbusdurch-
messer wie 1:2,208, zum Cornealdurchmesser wie 1:1,416. Die
Linsenaxe verhält sich zur Bulbusaxe wie 1 : 2,476.
II. Erwachsenes Thier.
12 Stunden post mortem in Solutio Perenyi conservirt. Es ist
der Vater des oben beschriebenen neugeborenen Halichoerus aus dem
Zoologischen Garten zu Breslau (s. Fig. H).
Der Bulbus ist in der Richtung der Axe etwas verkürzt, diese
misst nur 33 mm, während der äquatoriale Durchmesser, der in hori-
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 10
146 AUGUST PUTTER,
zontaler und verticaler Richtung gleich ist, 39 mm lang ist. Die
Aequatorialebene liegt 13 mm hinter der Fläche des Cornealrandes,
ein Sulcus corneae fehlt. Das Verhältniss des Cornealdurchmessers
zum Scleraldurchmesser beträgt 1 : 1,44 Das vordere corneale Bulbus-
segment ist flacher als das hintere sclerale.
Die Cornea ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 27, ihre
Höhe 3,5 mm, sie ist am Rande viel stärker gewölbt als in der Mitte,
schon in einer Entfernung von 2 mm vom Rande ist sie 2 mm hoch;
dadurch kommt die eigenartige Gestalt des Cornealgewölbes zu Stande,
wie sie auf Fig. H zu ersehen ist. Umgeben ist die Hornhaut von
einem Pigmentring von 0,5 Breite. y
Am Rande ist die
Cornea 2 mm dick, d.h.
doppelt so dick wie im
Scheitel, der nur 1 mm
misst. Das Cornealepithel
ist 40—45 u dick, am Ran-
de wieim Scheitel. Sämmt-
liche Zellen des Epithels
sind von verhornter Sub-
stanz umgeben. Die tiefe
Zellenschicht, welche der
Cornea propria angrenzt,
hat auch gegen diese, also
an der Basalseite der
Fig. H. Halichoerus gryphus NILSS. Erwach- 5 - ss -
senes Thier. Verticalschnitt. 3:2. Buchstabenerklärung Zellen eine dünne Schicht
s. am Schluss. (etwa 2 u dick) ausge-
schieden.
Die oberflächliche Hornschicht, in der keine Zellen mehr zu er-
kennen sind, ist hier nur 8 « dick. Eine Elastica anterior und
posterior fehlen. Die Cornea propria besteht aus glatten, sehr dicht
gefügten Lamellen. Es finden sich drei Sorten von Lymphwegen. Das
erste sind die engen, spaltförmigen Lymphwege, wie sie allgemein in
der Cornea gefunden werden. Der zweite Typus, der nur in geringer
Häufigkeit vorkommt, besteht einfach in einer Erweiterung der Spalten
des ersten Typus zu Röhren, indem die Lamellen bogenförmig aus
einander weichen. Die linsenförmigen Querschnitte dieser Lympb-
röhren haben im Mittel eine Breite von 20—30 u bei etwa 10 « Höhe.
Der dritte Typus der Lymphwege kommt dadurch zu Stande, dass
Cornealamellen auf grössere Strecken bogenförmig aus einander weichen
Die Augen der Wassersäugethiere. 147
und dass sich zwischen ihnen eine grosse Menge mehr oder weniger
senkrechter feiner „Stützfasern“ ausspannen. Es ist dieselbe Bildung,
die bei Phoca vitulina so stark entwickelt ist, wie Fig. 1, Taf. 2 zeigt.
Hier, bei Halichoerus, ist die Anzahl wie die Grösse dieser Lymph-
wege viel geringer als dort.
Die Sclera ist in der Nähe des Cornealrandes 3 mm dick und
verdickt sich noch bis gegen die Mitte des prääquatorialen Segments,
wo sie 4,6 mm misst; es ist dies die dickste Stelle der Sclera über-
haupt. Im Aequator ist sie 1,5 mm dick und im Augengrunde 4 mm.
Die Chorioidea enthält ein Tapetum lucidum von stumpfer,
graublauer Farbe, das den ganzen Augengrund bis zur Grenze des
Corpus ciliare ausfillt. Den Abfluss der Aderhautgefässe bilden 6
Venae vorticosae, 2 stärkere obere, 2 schwächere untere, je eine
innere und äussere.
Die Dicke der Chorioidea schwankt zwischen 380 und 600 u. Das
Stratum vasculosum besteht aus zahlreichen grossen Gefässen,
das Bindegewebe ist nur schwach entwickelt, es enthält zahlreiche
längliche Zellen, die ganz mit dunklem Pigment erfüllt sind. Das
Tapetum lucidum ist 50—60 u dick und besteht aus 12—14 Zell-
lagen von je 4 « Dicke. Die Zellen sind sehr lang gestreckt, fast
faserförmig und enthalten kleine runde Kerne. Zahlreiche feine
Capillaren durchbrechen das Tapetum und bilden an seiner Innenfläche
die Choriocapillaris.
Es sind 85 Processus ciliares vorhanden, die bei einer
Lange von 9 eine Höhe von 3 mm besitzen. Sie sind ungemein dünne,
dreieckige Blättchen, ihre freien Winkel sind am Linsenäquator be-
festigt und dienen so der Linse als Aufhängeapparat.
Das Stroma der Ciliarfortsätze enthält nur wenig Bindegewebe,
zum überwiegend grössten Theil besteht es aus Gefässen, von denen
einige grössere und eine ganze Anzahl kleinere, meridional verlaufende
in jedem Fortsatz vorhanden sind. Die Grundplatte des Ciliarkörpers
besteht fast ausschliesslich aus festem, straffem Bindegewebe, das eine
Menge schwarz pigmentirter Bindegewebszellen und ungemein wenig
Gefässe enthält. Ob ein Ciliarmuskel vorhanden ist, konnte bei dem
schlechten Erhaltungszustande nicht festgestellt werden.
Die Pupille ist rund, ihr Durchmesser beträgt 9 mm. Die
Iris stellt einen Ring von 7 mm Breite dar. Das stark entwickelte
Ligamentum pectinatum setzt mit seinen äussersten Strängen
nur 2 mm vom pupillaren Irisrande entfernt an die Vorderfläche der
Tris an (s. Fig. H Z.p). Vom Ciliarrand aus dringt eine starke binde-
Gis
148 AUGUST PUTTER,
gewebige Grundplatte in die Iris ein, die dadurch in diesem Bezirk
eine Dicke von 0,85 mm erhält.
Diese Randpartie ist ziemlich scharf abgesetzt gegen den übrigen
Theil der Iris, der nur 0,26 mm dick ist. Während im ciliaren
Randtheil die Bindegewebsplatte und einige Gefässe die Hauptmasse
der Iris bilden, besteht der pupillare Theil grössten Theils aus Mus-
culatur. Der Sphincter iridis ist etwa 100 w.dick und reicht
vom Pupillarrande bis zum Rande der ciliaren Verdickung. Der
Dilatator ist dagegen in den ciliaren Randpartien der Iris stärker
entwickelt als in den pupillaren.
Die Retina ist sehr zerrissen und gestattet die Feststellung nur
weniger Details. Die Breite der Stäbchenschicht beträgt 50 uw. Die
äussern Körner, die in sehr vielen Schichten über einander liegen,
haben einen Durchmesser von 2—3 u, die innern Körner, viel geringer
an Zahl, haben 4—6 u Durchmesser.
Der Opticus tritt am hintern Augenpol an den Bulbus; er
ist rund, misst 1,87 mm im Durchmesser. Leider lässt sich über die
Dicke der Nervenfasern nichts mehr feststellen.
Die Linse hat einen Durchmesser von 16,3 mm, eine Axe von
16 mm, Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt, die Ab-
weichung von der Kugelgestalt ist gering. Zum Scleraldurchmesser
verhält sich der Linsendurchmesser wie 1 : 2,32, zum Cornealdurch-
messer wie 1:1,607. Die Linsenaxe verhält sich zur Bulbusaxe wie
1: 2,06.
Die postembryonale Entwicklung des Auges von
Halichoerus gryphus NiLss.
Was das Verhaltniss der einzelnen Segmente des Bulbus zu ein-
ander anlangt, so vergrössert sich der Augengrund in der postembryo-
nalen Entwicklung, seine Höhe verhält sich zur ganzen Axe beim er- |
wachsenen Thier wie 1:2, beim Neonaten wie 1:2,26. Umgekehrt
verkleinert sich das prääquatoriale Segment, dessen Höhe beim Neo-
naten 1:2,36 der ganzen Axe beträgt, beim Erwachsenen nur 1 : 2,54
Die Cornea wird gleichfalls flacher, wie man schon aus dem
Vergleich der Fig. G und H ohne weiteres ersieht, dagegen nimmt
der Anteil, den sie am Aufbau des Bulbus nimmt, nicht nur nicht ab,
sondern sogar ein wenig zu, denn das Verhältniss ihres Durchmessers
zu dem des Bulbus beträgt beim Neonaten 1:1,56, beim Erwachsenen
1:1,44. An relativer Dicke nimmt die Cornea im Scheitel nur wenig
zu, beträchtlich dagegen am Rande.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 149
Erheblicher sind die Diekenveränderungen der Sclera, über die
die folgende Tabelle orientirt. Es findet sich in ihr unter
1 die Dicke der Sclera im Augengrunde, unter
2 im Aequator, unter
3 an der dicksten Stelle des prääquatorialen Segments,
alles in Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt.
1 2 3
Neonatus 1:16.25 .1:1040 1:20,8
Adultus 138,25 12220 SAT
Am stärksten nimmt danach also die Dicke im Aequator zu, fast
um das Fünffache, am wenigsten im prääquatorialen Segment, nicht
ganz um das Doppelte. Und im Augengrund ist die Sclera beim Er-
wachsenen relativ 2,76 mal so dick wie beim Neugeborenen. Aber
auch die geringste Dickenzunahme der Sclera (im prääquatorialen
Segment) ist immer noch bedeutender, als dem Gesammtwachsthum
des Bulbus entspricht, denn dieser wächst in der Richtung der Axe
nur um das 1,27fache, in äquatorialer Richtung um das 1,47fache.
Gegenüber diesen Zahlen erscheint auch die Dickenzunahme der
Chorioidea im postembryonalen Leben sehr bedeutend, sie ist
nämlich beim Erwachsenen absolut 4mal so dick wie beim Neugeborenen,
und diese beträchtliche Verdickung kommt nur durch Zunahme des
gefässhaltigen Antheils zu Stande, denn das Tapetum lucidum
erfährt überhaupt so gut wie keine Veränderung post partum, es ist
beim Neonaten schon fast genau so dick und besteht aus-fast genau
so vielen Zellenlagen wie beim erwachsenen Thier.
In gleichem Sinne: Vermehrung der Gefässe, entwickeln sich auch
die Ciliarfortsätze, sie sind beim Erwachsenen wesentlich stärker vas-
eularisirt als beim Neugeborenen.
Weiter ist von Veränderungen im extrauterinen Leben noch die
‘der Linse zu erwähnen. Sie wird nämlich im äquatorialen Durch-
messer, sowohl im Verhältniss zum Bulbusdurchmesser wie zum Corneal-
durchmesser, kleiner, die Axe dagegen nimmt im Verhältniss zur
Bulbusaxe an Länge zu. Durch diese beiden Veränderungen wird
eine starke Annäherung an die Kugelform erreicht.
6. Odobaenus rosmarus |L.].
I. Embryo von 12 cm Länge.
Der Kopf ist in eine Serie von Frontalschnitten zerlegt. Da die
Orbita nicht genau transversal, sondern etwas schräg zur Längsaxe
150 AUGUST PUTTER,
des Körpers gestellt ist, erhält man keine reinen Medianschnitte durch
das Auge, ein Fehler, der bei den Messungen in Betracht gezogen
werden musste (s. Fig. J).
Der Bulbus ist in der Richtung der Axe etwas verkürzt, sie ist
nur 4,55 mm lang, während der Aequatorialdurchmesser 5,6 mm (in
verticaler Richtung) misst. Die Cornea nimmt sehr bedeutenden An-
theil am Aufbau des Bulbus, ihr Durchmesser verhält sich zum Bulbus-
durchmesser wie 1:1,373. Ein Sulcus corneae ist nicht vor-
handen.
Die Cornea ist 0,85 mm hoch, ihr verticaler Durchmesser be-
tragt 4,08 mm, was einem Kriimmungsradius von 2,87 mm und einem
Cornealbogen von 91° entspricht. Das Hornhautepithel besteht aus
einer einfachen Schicht Cylinderzellen von etwa 12-15 «u Höhe mit
grossen Kernen. Die
Lamellen der Cornea
propria liegen gegen
die innere, camerale
Corneafläche hin dichter
als in den äussern
Schichten. Die Dicke
der Cornea beträgt im
Scheitel 160 u, am
Rande nur 140 u.
Die Sclera ist im
Aequator am dünnsten,
Fig. J. Odobaenus rosmarus |L... Embryo von zur 43 12 dick , PU
12 em Länge. Verticalschnitt. 10:1. Buchstabener- hier aus verdickt sie sich
klärung siehe am Schluss. sehr stark nach vorn
und erreicht etwa in
der Mitte zwischen Aequator und Cornealrand ihre grösste Dicke mit :
213 u. Auch nach dem Augengrunde hin verdickt sie sich vom
Aequator aus, doch nicht so bedeutend wie nach vorn. Im Augen-
grunde beträgt die durchschnittliche Dicke 128 u. In den verschie-
denen Theilen des Bulbus ist die Sclera verschieden weit entwickelt;
im Augengrunde sind die Sclerallamellen viel lockerer gefügt als im
Aequator und in der Verdickung des vordern Bulbustheils. Eine von
der Sclera getrennte Anlage der Chorioidea fehlt noch.
Die Iris ist als 0,6 mm breiter Ring ausgebildet. Sie ist an der
Wurzel 220 «, am Rande 85 « dick. An der hintern Fläche ihres
Stromas beginnt die Pigmentirung. Von der Pars iridica
Die Augen der Wassersäugethiere. 151
retinae ist das Aussenblatt völlig pigmentirt, das Innenblatt ganz
frei von Pigment. Die Pupille ist durch eine zarte, etwa 20 u
dicke Membrana pupillaris geschlossen, die sich zwischen den
Irisrändern ausspannt.
Die Processus ciliares sind etwa 150 w hoch, sie stellen
plumpe Falten dar, die in einer Länge von 600 « am Corpus
ciliare entspringen. So weit es nach den Frontalschnitten, besonders
nach denen, die den Bulbus fast tangential treffen, sich feststellen
lässt, sind die Processus nicht alle gleich hoch, es schieben sich viel-
mehr ziemlich regelmässig zwischen zwei hohe Falten von 150 u
Höhe niedrige von nur 85 u Höhe ein.
Stark entwickelt ist das Ligamentum pectinatum, es er-
streckt sich vom Cornealrande aus 425 u. weit nach hinten, zwischen
Sclera und Corpus ciliare. Im Querschnitt erscheint es dreieckig.
Seine grösste Dicke liegt am Cornealrande, wo es 210 u dick sich
zwischen Iris und Cornealrand einschiebt.
Das Aussenblatt der Retina stellt eine 10—12 u dicke Zellenschicht
dar, in der Pars ciliaris enthält sie Pigment in grossen Mengen,
so dass keine Zellgrenzen zu erkennen sind.
Nach dem Augengrunde zu nimmt die Pigmentirung ab. Im
nasalen Theil des Bulbus enthält das Aussenblatt auch im ganzen
Augengrunde Pigment, das aber hier die Zellen nicht vollständig er-
füllt, sondern in Form einzelner Körnchen in den Zellen liegt. Im
temporalen Theil des Bulbus fehlt das Pigment in der obern Hälfte
vollständig, diese pigmentlose Region reicht sogar nach unten etwas
über den Augenpol heraus. Im untern Theil enthält das Aussenblatt
wieder Pigment, das aber nur spärlich ist und auf kleinere Strecken
wieder ganz fehlt.
Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 220 u dick, an
der Uebergangsstelle in das Epithel der Ciliarfortsätze misst es
noch 85 uw. Die Stäbchenschicht ist noch nicht angelegt. Die äussern
Körner nehmen die Hälfte der ganzen Retinadicke in Anspruch, 110 w,
es liegen 13—15 Reihen von Kernen in ihnen über einander. Die
äussere reticuläre Schicht ist 34 « dick. Die innere Körnerschicht
besteht aus etwa 6 Reihen von Kernen, die nicht so dicht liegen wie
die Kerne der äussern Körnerschicht. Die Dicke der Schicht beträgt
43 u. Auf die innere Körnerschicht folgt vitrealwärts eine Schicht
von 34 w Dicke, die der innern reticulären Schicht, dem Ganglion
nervi optici und der Nervenfaserschicht entspricht. Ihre einzelnen
Bestandtheile sind noch nicht zu unterscheiden.
152 AUGUST PUTTER,
In der Pars ciliaris retinae stellt das Innenblatt eine
Cylinderzellenschicht von 26 « Höhe dar, mit grossen ovalen Kernen.
Die Pars iridica retinae bildet ein Würfelepithel von etwa 15 u
Höhe mit runden Kernen.
Der Nervus opticus ist im Querschnitt oval, die Durchmesser
betragen 680 und 380 u. Die Stelle, an der er in den Bulbus ein-
tritt, liegt temporal vom hintern Augenpol. Er tritt unter sehr
spitzem Winkel an den Bulbus, fast als Tangente. Die Opticusscheide
ist etwa 85 w dick und durchsetzt von einem Netz zahlreicher,
relativ grosser Blutgefiisse. Gegen die Sclera hin verdickt sich die
Scheide kegel- oder trichterförmig.
Die Linse ist völlig kugelrund, ihr Durchmesser beträgt 3,145 mm,
der Krümmungsradius ist gleich dem Radius, 1,573 mm. Der Abstand
des hintern Linsenpols von der Innenfläche der Retina beträgt
0,55 mm. Das Epithel der Linse besteht aus einer Schicht Cylinder-
zellen von etwa 24 « Höhe auf der Vorderfläche, 54 u im Aequator.
Die Epithelgrenze liegt beträchtlich hinter dem Aequator, etwa
600 u. Eine Tunica vasculosa umspinnt die Linse.
Die Lider sind mit ihren Rändern verwachsen, ihre Breite be-
trägt 2,89 mm. An der Basis sind die Lider 1,45 mm dick, am
Rande 0,238 mm. Beide Lider sind sehr übereinstimmend gebaut.
Das Epithel, das in der übrigen Kopfhaut 43 u dick ist, verdickt sich —
gegen den Margo ciliaris hin und ist hier 85 w stark. Vom Stratum
germinativum aus, das als Schicht cylindrischer Zellen deutlich her-
vortritt, gehen deutliche Epithelsprosse, die Haaranlagen, aus. Die
Anlagen sind bis 130 « lang. In der Umgebung des Lidrandes, etwa
bis zu einer Entfernung von 0,425 mm vom Rande, fehlen die Haar-
anlagen völlig. In dem bindegewebigen Stroma des Lids liegt der
Orbicularis oculi, der im Unterlid etwas stärker entwickelt ist
als im Oberlid. Zwischen den Orbicularis und die Conjunc-
tiva strahlen die Bündel des Palpebralis ein. Drüsenanlagen
fehlen im Lid ganz.
Die Nickhaut erhebt sich als starke Falte am nasalen Augen-
winkel, sie reicht eine Strecke weit am obern, erheblich weiter aber
am untern Fornix conjunctivae entlang. In ihrem nasalen Theil
enthält sie einen ganz kleinen Knorpel von fast rundem Querschnitt
mit 213 « Durchmesser. Nur 5 hinter einander folgende Schnitte
zeigen den Knorpel. Die Höhe der Nickhaut beträgt auf Schnitten,
die etwa median verlaufen, oben 0,935, unten 1,573 mm. An der
Basis ist die obere Falte 120 « dick, die untere 155 u.
Die Augen der Wassersäugethiere. 155
Der Drüsenapparat besteht aus einer Harper’schen Drüse
und einer Thränendrüse, ein conjunctivales Drüsenstratum
ist nicht vorhanden.
Die Harper’sche Drüse liegt nasal dem Bulbus an und um-
greift ihn nach hinten, wo ein Lappen der Drüse hinter dem Bulbus
im Kegel der Augenmuskeln liegt. Auf den reich verzweigten Aus-
führgängen sitzen die secernirenden Theile als kuglige Acini auf. Die
Ausführgänge bestehen aus einem zweischichtigen Würfelepithel. Die
Kerne der innern Zellenlage sind mehr dem Lumen der Gänge, die der
äussern mehr der Basalseite der Zellen genähert. Die Ausmündungen
der Drüsen liegen zum Theil unter der Nickhaut, zum Theil auf deren
freier Fläche.
Die Thränendrüse mündet am lateralen Augenwinkel mit 4
oder 5 Oeffnungen in den Saccus conjunctivalis. Vom Augen-
winkel aus erstreckt sich die Drüse genau nach hinten, ihr Querschnitt
ist oval, 385 u dick, 1,11 m breit.
Die Musculatur ist stark entwickelt. Das Foramen opticum
liegt 4 mm hinter dem hintern Augenpol. Die Orbita ist unvoll-
ständig, ihr Boden besteht nur nach aussen aus Knochen, dem Pro-
cessus zygomaticus. Zwischen diesem und dem Grunde der
Orbita bildet der Musculus orbitalis die Begrenzung der Augen-
höhle. Die Orbita umschliesst den Bulbus nur in seinem hintern Theil,
bei weitem der grösste Theil desselben liegt vor der Orbita in
Muskeln und Bindegewebe eingebettet. Der Bulbus wölbt auf diese
Weise die Haut buckelförmig in die Höhe. Die Höhe des Buckels
beträgt etwa 0,85 mm.
Der Musculus orbitalis ist da, wo er den Boden der Orbita
zu bilden hat, sehr stark, 510 « dick; am Dach der Orbita liegt er
dem Knochen als nur etwa 100 « dicke Muskelschicht an.
Die Axe der Orbita sowie die optische Axe des Auges sind etwas
nach oben gerichtet, doch nur sehr wenig. Der Winkel, den die
optische Axe mit der Horizontalen bildet, beträgt 15°.
II. Erwachsenes Thier.
Die Augen sind von RÖMER und SCHAUDINN 1898 in MÜLLER-
scher Flüssigkeit conservirt (s. Fig. K u. L und Taf. 2, Fig. 7, Taf. 4,
Fig. 17).
Die Axe des Bulbus ist etwas kürzer als die Aequatorialdurch-
messer, sie ist 24,5 mm lang, während diese, die in verticaler und
horizontaler Richtung einander gleich sind, 29,5 mm betragen. Die
154 AUGUST PUTTER,
Aequatorialebene liegt 8 mm hinter der Ebene des Cornealrandes.
Der Durchmesser der Cornea verhalt sich zum Bulbusdurchmesser wie
1:1,586. Das Volumen des Bulbus beträgt nach Entfernung der
Muskeln und des Opticus nur 12 ccm.
Die Cornea ist kreisrund, ihr Durchmesser beträgt 18,6 mm.
Ihr Rand ist umgeben von einem 1 mm breiten, braunschwarz pig-
mentirten Ring der Conjunctiva, deren Pigmentgehalt dann rasch
abnimmt. Die Höhe der Hornhaut beträgt 2,5 mm, woraus sich die
Länge des Krümmungsradius zu 18,55 mm und die Grösse des Corneal-
bogens zu 60° ergiebt. Am Rande ist die Cornea ganz bedeutend
verdickt. Ihre Dicke beträgt hier 3 mm, während sie im Scheitel nur
0,85 mm misst. Das Cornealepithel ist gleichfalls am Rande, wo es
120 u misst, dicker als im Scheitel, wo seine Stärke nur 90 « beträgt.
Die tiefste Schicht be-
steht aus Cylinderzellen,
die etwa 25 u hoch und
10 w breit sind. Ihre
N s grossen, ovalen Kerne
Ni 7 messen 16 « in der
))) cy Länge und 8 « in der
7j Breite. Das entspricht
HF #. etwa einem Verhält-
FI niss vom Kernvolumen
4 zum Zellvolumen wie
> en
; Auf die Cylinder-
Fig. K. Odobaenus rosmarus [L.]. Verticalschnitt. 2
2 : 1. Buchstabenerklärung am Schluss. zellenschicht folgen
polygonale Zellen mit
runden Kernen, ihre Durchmesser betragen etwa 18 u, die Durch-
messer der Kerne 8 «. Hiernach stellt sich das Verhältniss der
Grösse des Kerns zu der der Zelle wie 1:10. Die oberflächlichern
Zellenschichten platten sich mehr und mehr ab. Eine Elastica an-
terior fehlt, das Epithel grenzt direct an die Cornea propria.
Der lamellöse Bau der Cornea ist nur in den tiefern, cameralen
Theilen deutlich, hier kann man 8—14 u dicke, glattrandige Lamellen
unterscheiden. Der äussere Theil zeigt dagegen in einer durchschnitt-
lichen Dicke von 200 u keine deutliche Trennung in Lamellen, er be-
steht vielmehr aus einem dichten Filz stark gewellter [elastischer ?]
Fibrillen. Das Endothel der vordern Kammer ist als 2 « dicke Zell-
lage erkennbar. à
Die Sclera ist in der Nähe des Cornealrandes 2 mm dick, also
Die Augen der Wassersäugethiere. 155
erheblich dünner als die Cornea an ihrem Rande; gegen den Aequator
verdünnt sie sich noch mehr, auf 1 mm.
Am Aequator zeigt die Sclera auf der Innenseite einen etwa
6 mm breiten, flachen, muldenförmigen Sulcus, in dessen Bereich
die dünnste Stelle der Sclera liegt. Der Sulcus ist nicht in seiner
ganzen Breite gleichmässig verdünnt, er zeigt vielmehr ein Arcaden-
werk von starken Sclerafasern, zwischen denen grosse Chorioidealgefässe
verlaufen. Nach dem Augengrund hin verdickt sich die Sclera wieder
und erreicht mit 2,5 mm ihre grösste Dicke.
Die Chorioidea (s. Taf. 2, Fig. 7) ist im Augengrunde 0,8 mm
dick. Sie enthält ein Tapetum lucidum von graublauer Farbe mit
schwachem, metallischem Glanz. Das Tapetum erfüllt den Augengrund
und reicht nach vorn bis auf 5,51 mm an das Corpus ciliare heran,
im obern äussern Theil des Bulbus sogar auf 3 mm. Mit der Sclera
ist die Chorioidea nur locker durch das weitmaschige Bindegewebe
der Lamina suprachorioidea verbunden, nur am Cornealrand
ist die Verbindung fester durch das Ligamentum pectinatum,
das aus sehr starken, bindegewebigen Ziigen besteht, die nur wenige
ganz kleine Gefässe enthalten. Im Querschnitt stellt das Ligament
ungefähr ein gleichschenkliges Dreieck dar, es schiebt sich in 1,7 mm
Breite zwischen Cornealrand und Iris ein und reicht ebenso weit
vom Cornealrande aus an der Sclera nach hinten (s. Fig. K 1. p).
Die äusserste Schicht der Chorioidea ist die der grossen meri-
dionalen Gefässe. Die Durchmesser schwanken in äquatorialer Rich-
tung zwischen 510 und 680 u, die Dicke der Gefässe in radialer
Richtung beträgt etwa 340 u (s. Taf. 2, Fig. 7). Auf diese Schicht
folgt nach innen eine Lage kleinerer Gefässe, die fast rund oder oval
sind und 128—170 u lichte Weite haben. In diesen beiden Schichten
liegen die Gefässe so dicht, dass nur wenig Raum für pigmentirtes
Bindegewebe bleibt. Nach innen folgt dann eine Schicht von Binde-
gewebe, die 80—120 u dick ist. Sie besteht aus parallel verlaufenden
Zügen von Bindegewebszellen, die lang gestreckt spindelförmig sind
und braunes Pigment in Menge enthalten. Die Zellen lassen nur
wenig Raum zwischen sich und bilden fast geschlossene Reihen.
Das nach innen auf diese Schicht folgende Tapetum lucidum
hat in seinem Aufbau grosse Aehnlichkeit mit ihr. Die Zellen haben
zum Theil ihre spindelförmige Gestalt dadurch verloren, dass sie näher
an einander gerückt sind und so rechteckige Gestalt gewonnen haben.
Es kommen aber auch noch Zellen vor, die völlig spindelförmig sind,
sowie solche, die auf einer Seite rechtwinklig abschneiden, auf der
andern aber spitz auslaufen. Pigment fehlt natürlich in den Zellen
156 AUGUST PUTTER,
des Tapetums gänzlich. Die Dicke des Tapetums beträgt 60 u, es
besteht aus etwa 10 Zellenlagen. Die einzelnen Zellen messen in der
Länge etwa 46 u, in der Breite 6 «. Die Kerne sind oval und bei
10 w Länge etwa 5 w breit. Zahlreiche Capillaren von 4 u Dicke
durchbohren das Tapetum und verbreiten sich an seiner Innenfläche
als Choriocapillaris von etwa 7 u Dicke.
Die Iris ist hellbraun gefärbt, ihre Breite beträgt oben 8 mm,
unten 8,7 mm, nasal und temporal je 7 mm. Die Pupille ist nasal
breiter als temporal, nasal 2,2 mm breit, temporal nur 1,3 mm, ihre
Läuge beträgt 3,5 mm, ihre Form ist fast birnförmig zu nennen.
Die Dicke der Iris beträgt am Pupillarrande 0,6, an der Wurzel
0,85 mm. Die dickste Stelle liegt etwa 1,7 mm von der Iriswurzel
entfernt, hier ist sie 1,56 mm dick. In ihrer ganzen Breite kann man
deutlich eine Gefässchicht von einer Muskelschicht unterscheiden. Die
Gefässchicht liegt an der Vorderfläche, sie ist am Pupillarrande
0,54 mm dick, an der dicksten Stelle der Iris misst sie 0,535 mm. Die
Gefässe sind in ihr relativ spärlich, sie bilden eine einzige Schicht
und stehen weit von einander ab. Die Zwischenräume sind von zellen-
reichem Bindegewebe erfüllt, alle Zellen, die meist spindel- oder stern-
förmig gestaltet sind, enthalten reichlich braunes Pigment.
Die Muskelschicht erreicht ihre grösste Stärke an der dicksten
Stelle der Iris, sie ist hier 0,825 mm dick. An der Iriswurzel be-
trägt ihre Dicke 0,595 mm, am Pupillarrand 0,255 mm. Der
Sphincter iridis ist an der dicksten Irisstelle, also 1,7 mm von
der Wurzel entfernt, am dicksten, er misst hier 0,535 mm, und an dieser
Stelle hört er dann auch ciliarwärts unmittelbar auf. Von da an nimmt
er zum Pupillarrand hin an Dicke ab und ist am Rande selbst nur
noch 0,255 mm dick. Seine Bündel sind nur von wenig Bindegewebe
mit pigmentirten Zellen umgeben. Der Dilatator iridis ist sehr
stark ausgebildet. Er reicht, im Gegensatz zum Sphincter, der, wie
erwähnt, schon 1,7 mm von der Iriswurzel entfernt endet, bis zur
Iriswurzel und erreicht hier, unmittelbar vor seinem Ende, seine
grösste Dicke mit 0,595 mm. Pupillarwärts nimmt er rasch an Stärke
ab, schon an der dicksten Stelle der Iris ist er nur noch 213 w dick,
und weiterhin gegen den Pupillarrand liegt er als 68 « dicke Schicht
der Rückseite des Sphincters an, nach hinten bedeckt von der Pars
iridica retinae, an der wegen der ungemein starken schwarzen
Pigmentirung die beiden Blätter der Retina nicht zu unterscheiden
sind. Die Bündel des Dilatators sind von starkem Bindegewebe
mit viel Pigment umgeben, besonders an der Iriswurzel, wo die Ent-
Die Augen der Wassersäugethiere. 157
wicklung des Bindegewebes so stark ist, dass der Dilatator durch das-
selbe in drei Biindel getrennt erscheint.
Das Corpus ciliare (s. Taf. 4, Fig. 17) ist 5 mm breit, von
der Grundplatte erheben sich 60 Ciliarfortsätze von hellbrauner Farbe.
Ihre Höhe beträgt 2 mm. Makroskopisch erscheinen sie als dünne,
dreieckige Blätter, die mit der Spitze am Linsenäquator ansetzen. Der
gegenseitige Abstand der Fortsätze beträgt 0,8 mm. Die Blätter sind
in ihrem proximalen Theil etwa 170 « dick, in dem distalen, dem
Linsenäquator nahen Theil sogar nur 90 uw. An die Grundplatte
setzen sich die Fortsätze mit einer Basis von etwa 500 u Breite an.
Zwischen den grossen, bis zur Linse reichenden Ciliarfortsätzen finden
sich kleine, die kaum halb so hoch sind. In den proximalen Theilen
tragen die Ciliarfortsätze eine grosse Menge kleiner Falten von etwa
90 u Höhe bei 50 w Breite, die in die Gefässe eindringen. Die dünnen
distalen Theile dagegen sind völlig glatt, ohne Falten. Die kleinen,
secundären Ciliarfortsätze sind in ihrer ganzen Ausdehnung dicht mit
Fältchen besetzt. Das Epithel der Ciliarfortsätze, die Pars ciliaris
retinae, besteht aus 10 uw hohen Würfelzellen, deren runde Kerne in
der Zellmitte liegen und etwa 5 uw Durchmesser haben. Das Stratum
pigmenti ist gleichfalls 10 « dick und mit dunkelbraunem Pigment
erfüllt. Das Innere der Ciliarfortsätze enthält viele Gefässe, kleinere,
die von der Grundplatte des Ciliarkörpers aus in die Fortsätze ein-
dringen und sich auch in den secundären Fältchen verzweigen, und
grössere, von denen in jedem Fortsatz meist nur eins vorhanden ist,
das im Durchschnitt 100 « breit und 60 w dick ist und etwa an der
Grenze des faltenreichen und faltenfreien Theils in meridionaler Rich-
tung verläuft. Von den Muskeln des Ciliarkörpers ist der circuläre
Musculus ciliaris ungemein schwach entwickelt, er besteht nur
aus wenigen zerstreuten Bündelchen von 100—200 u Dicke. Stärker
entwickelt ist der Musculus tensor chorioideae, er besteht
aus meridional verlaufenden Bündeln von 120 u Breite in äquatorialer
Richtung und 80 w Dicke in radialer Richtung. Der gegenseitige Ab-
stand der Bündel beträgt 1,35 mm im Durchschnitt, was für den
ganzen Umfang etwa die Zahl von 43—45 Muskelbündel ergiebt.
Das Aussenblatt der Retina besteht aus einer 10 « dicken
Schicht von cubischen Zellen mit kugelrunden Kernen, die in der
Mitte der Zellen liegen und 6 w Durchmesser haben. Pigment ist in
ihnen nicht enthalten.
Das Innenblatt ist im Augengrund 434 w dick. Die Stäbchen
sind 90 « lang, ihre Dicke ist gering, sie beträgt höchstens 3 «, doch
158 AUGUST PUTTER,
ist dieser Werth unsicher, da die Stäbchen meist in Tröpfchenreihen zer-
fallen sind, wahrscheinlich ist er noch zu hoch. Die Fläche der Retina
beträgt etwa 1790 qmm, so dass sich daraus die Gesammtzahl der
Stäbchenzellen zu etwa 256 Millionen ergeben würde. Die äussere
Körnerschicht ist 110 « dick und besteht aus etwa 20 Schichten
runder Kerne, deren Durchmesser etwa 4 u betragen. Die äussere
reticuläre Schicht ist 30 « dick, die innere Körnerschicht ist 44 u
dick und besteht aus 4—5 Schichten von Kernen, die eine eigenthüm-
liche Anordnung zeigen. Die Durchmesser der Kerne betragen 6 u.
Die ganzen 7 Reihen sind nur wie Pfeiler von 30—40 u Breite vor-
handen, deren gegenseitiger Abstand etwa 40 u beträgt. Verbunden
sind diese Pfeiler durch Zellenreihen, meist nur je eine, die an der
äussern und innern Begrenzung der Körnerschicht hinziehen. Die Dicke
der innern reticulären Schicht und den Ganglion optici beträgt 160 u.
Die Ganglienzellen sind nur gering an Zahl, sie bilden keine zu-
sammenhängende Schicht, sondern sind durch grosse Zwischenräume
getrennt. Ihre Gestalt ist unregelmässig, der Durchmesser beträgt
etwa 20-40 u. Die Kerne sind rund und messen 10 w im Durch-
messer. Die MüÜrter’schen Stützfasern sind zahlreich und stark, die
Breite ihrer basalen kegelförmigen Verbreiterungen beträgt 10 u. In
der innern reticulären Schicht finden sich Gefässe von 30—50 u
Durchmesser, die Blutkörperchen enthalten. Die Blutkörperchen sind ~
rund und haben 8 w Durchmesser. Die Anzahl der Stäbchen auf
1 qmm Retina beträgt etwa 110000, die Zahl der äussern Körner auf
dieselbe Fläche 722000 und die der innern Körner 82000.
Der Nervus opticus wird durch eine grosse Anzahl starker,
bindegewebiger Septen in eine Menge einzelner Stränge getheilt. Die
Fasern sind sehr verschieden dick, ihre Durchmesser schwanken
zwischen 4 und 16 uw. Als Mittelwerth aus einer Anzahl von Messungen
ergiebt sich 9,6 u. An einzelnen Stellen überwiegen die dünnen Fasern,
an andern die dicken, meist aber sind sie ziemlich gleichmässig ver-
theilt. Die Durchmesser des Opticus betragen in horizontaler Rich-
tung 2,89 mm, in verticaler 2,4 mm. Als Zahl der Opticusfasern findet
man aus diesen Werthen etwa 111000, eine Zahl, die eher zu hoch
als zu niedrig sein dürfte, da ein nicht unerheblicher Theil des Opticus-
querschnitts von Bindegewebe eingenommen wird. Danach entfallen
auf 1 qmm der Retina 62 Opticusfasern und auf jede Faser des Opticus
kommen 2300 Stäbchenzellen. Der Opticus tritt etwa 3 mm nach
aussen vom hintern Augenpol in der Horizontalen an den Bulbus
heran. Er wird umgeben von einer dicken bindegewebigen Hülle, in
Die Augen der Wassersäugethiere. 159
der ein Geflecht von Ciliargefässen enthalten ist. Innerhalb der Or-
bita macht der Opticus starke Kriimmungen, was schon deutlich im
Bereich der Muskeln, die dem enucleirten Bulbus anhängen, hervortritt.
Die Linse weicht
nur wenig von der Kugel-
form ab, ihre Axe ist 9 mm
lang, in Theilen der Bul-
busaxe 1:2,722, der Durch- _ nasal
messer beträgt 9,52 mm,
in Theilen des Bulbus-
durchmessers 1 : 3,09. Vor-
der- und Hiuterfläche sind Fig. L. Odobaenus rosmarus [L.] Schema des
gleich stark gewölbt, ihre Ansatzes der Augenmuskeln. Bulbus yon ‚hinten ge-
sehen. Buchstabenerklärung s. am Schluss.
Höhe beträgt je 4,5 mm.
Von den Augenmuskeln konnten die nz festgestellt
werden; sie sind schematisch in Fig. L dargestellt.
Die Ansätze der Recti liegen weit nach vorn, nur 3,8 mm hinter
dem Cornealrand. Am stärksten sind R. superior und inferior
entwickelt, ihre Ansatzlinien sind 10 mm lang, die Ansatzlinie des
R. externus beträgt 9 mm, die des R. internus nur 7 mm.
Die Ansatzlinie des Obliquus superior ist halbkreisförmig,
sie liegt nicht genau hinter dem Rectus superior (s. Fig. L O.s),
sondern beginnt etwa. 10,5 mm hinter dessen Mitte und zieht von da
in einem nach vorn convexen Bogen bis 14,5 mm hinter den obern
Rand des R. internus. Die höchste Stelle des Bogens liegt am
nasalen Rande des Rectus superior, nur 2 mm hinter ihm.
Der Obliquus inferior setzt in zwei getrennten Portionen an
den Bulbus, die Länge des ersten Ansatzes beträgt 9 mm, das
Vorderende der schrägen Ansatzlinie liegt 7,4 mm hinter dem Ansatz
des Rectus inferior, das Hinterende 13 mm.
Die zweite Ansatzlinie liegt mitten zwischen den Ansätzen der
Recti inferior und externus, 7 mm hinter deren Ansatzlinie,
sie ist 5 mm lang. Es sind 2 Musculi retractores zu unter-
scheiden. Der Retractor internus liegt 12 mm hinter dem
Rectus internus, die Länge seines Ansatzes beträgt 17 mm. Der
Retractor externus hat eine Ansatzlinie von 20 mm Länge, sie
erstreckt sich von 9 mm hinter dem temporalen Rande des Rectus
superior bis 11 mm hinter den untern Rand des Rectus ex-
ternus.
160 AUGUST PUTTER,
Entwicklung des Walrossauges.
Um das Wachsthum des Auges vom Embryo von 12 cm bis zum
Erwachsenen darzustellen, mögen zunächst die Verhältnisse der Haupt-
dimensionen dieser beiden Stadien gegeben werden.
Die Axe beträgt beim Erwachsenen das 5,385fache wie beim Em-
bryo, der Bulbusdurchmesser das 5,268fache. Das Volumen des
Bulbus nimmt etwa um das 150fache zu, was einem linearen Wachs-
thum von 1 : 5,313 entspricht.
Der Antheil, den die Cornea an der Zusammensetzung des Bulbus
nimmt, verkleinert sich im Laufe der Entwicklung relativ etwas. Beim
Embryo (Länge 12 cm) beträgt das Verhältniss des verticalen Corneal-
durchmessers zum verticalen Aequatorialdurchmesser des Bulbus 1: 1,372,
beim erwachsenen Thier 1:1,586. Viel erheblicher ist die relative
Abnahme der Höhe der Cornea; in Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt,
beträgt sie beim Embryo 1 : 5,353, beim erwachsenen Thier 1: 9,5.
Sehr beträchtlich sind die Veränderungen, welche die Dicke der
Cornea im Laufe der Entwicklung erfährt. Beim Embryo ist sie im
Scheitel dicker als am Rande, dort 160 « dick, hier nur 140 «. Beim
erwachsenen Thier ist das Verhältniss umgekehrt, hier überwiegt die
Randdicke, und zwar sehr erheblich, gegenüber der Scheiteldicke. Letz-
tere beträgt nur 0,85 mm, erstere 3 mm. Dies hat zur Folge, dass beim
erwachsenen Thier die Innenfläche der Cornea viel stärker gewölbt ist
als die Aussenfläche. Beim Embryo beträgt der Krümmungsradius
der Cornea 2,87 mm und ihr Bogen misst 91°. Dieser Werth gilt
für die Aussenfläche, die Innenfläche ist um ein ganz geringes
schwächer gewölbt. Beim erwachsenen Thier sind die Unterschiede
der Krümmung beider Flächen erheblich, der Krümmungsradius der
Aussenfläche beträgt 18,55 mm, der der Innenfläche nur 10 mm und
der Cornealbogen beträgt aussen 60°, innen aber 67°.
Allen Pinnipediern ist eine Verdünnung der Sclera im Aequator
gemeinsam, beim Walross tritt sie am schwächsten, wenn auch immer
noch sehr deutlich hervor. Die Dicke der Sclera beträgt im Aequator
1/, der Dicke am Cornealrand und ?/, der Dicke im Augengrund.
Diese Dickenunterschiede treten beim Embryo ungleich stärker hervor,
hier beträgt die Aequatorialdicke nur !/, der Dicke am Cornealrand
und ‘|, jener im Augengrund, so dass das Auge in dieser Hinsicht
den ausgebildeten Augen anderer Pinnipedier stärker ähnelt als dem
ausgebildeten Walrossauge.
Die Augen der Wassersäugethiere. 161
Die relative Dickenzunahme der Sclera erkennt man am besten,
wenn man die Dicke in Theilen der Bulbusaxe ausdrückt. Die fol-
gende Tabelle giebt die in dieser Weise berechneten Werthe. I be-
deutet den Embryo von 12 cm Lange, II das erwachsene Thier. Unter
1 findet sich die Dicke am Cornealrand, unter 2 die Dicke im Aequator
und unter 3 die Dicke im Augengrund in Theilen der Bulbusaxe:
1 2 3
Poh 221 BIOS
HR 712239107225 10208
Diese Werthe lassen erkennen, dass überall in der Sclera ein nicht
nur absolutes, sondern auch relatives Dickenwachsthum im Laufe der
Entwicklung stattfindet. Am geringsten ist dasselbe am Cornealrand,
der schon beim Embryo von 12 cm eine relativ erhebliche Dicke auf-
weist, beim erwachsenen Thier ist er relativ nur 1,714mal so dick wie
bei diesem. Am stärksten verdickt sich die Sclera im Aequator, sie
ist hier beim erwachsenen Thier relativ 4,204mal so dick wie beim
Embryo. Auch der Augengrund wächst beträchtlich in der Dicke,
nämlich um das 3,574fache.
Die Pupille ist beim Embryo sehr erheblich viel grösser als beim
erwachsenen Thier, die Verkleinerung ist eine Folge des sehr bedeutenden
Breitenwachsthums der Iris. Drückt man die Breite der Iris in Theilen
des Cornealdurchmessers aus, so beträgt sie beim Embryo nur 1: 6,8
dieses Maasstabes, beim Erwachsenen. dagegen in verticaler Richtung
1: 2,23 und in horizontaler Richtung, in der die Iris schwächer ent-
wickelt ist, 1: 2,66. Das heisst mit andern Worten, die relative Breite
der Iris hat um das Dreifache im Laufe der Entwicklung zugenommen.
Das Corpus ciliare hält in seiner Vergrösserung nicht gieichen
Schritt mit der Iris. Beim Embryo ist die Höhe der Ciliarfortsätze
1:2,4 der Irisbreite, beim erwachsenen Thier nur 1:4,15 dieses
Werthes. Dass trotzdem eine relative Vergrösserung der Ciliarfort-
sätze eintritt, ersieht man, wenn man ihre Höhe in Proportion zum
Cornealdurchmesser setzt, dieselbe beträgt dann beim Embryo 1:19,15,
beim Erwachsenen aber 1:9,3, also mehr als das Doppelte. Auch
die Breite des Corpus ciliare ist beim erwachsenen Thier relativ er-
heblicher als beim Embryo, bei diesem beträgt sie 625 mw, bei jenem
4,5 mm, was einem Wachsthum um das 7,2fache entspricht, also einem
stärkern, als es die Durchmesser des Bulbus zeigen (1 : 5,313).
Das Stratum pigmenti rechtfertigt beim Embryo diesen
Namen noch einigermaassen, es enthält im vordern Bulbusabschnitt,
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. al
162 AUGUST PUTTER,
bis etwas über den Aequator hinaus, reichliches Pigment, im Augen-
grund aber nur noch wenig und im äussern obern Theil des Bulbus
gar keins mehr. Beim erwachsenen Thier fehlt das Pigment dem
Aussenblatt im ganzen Bereich des Tapetum lucidum. Interessant
ist, dass das Schwinden der Pigmentirung nicht gleichmässig erfolgt,
sondern von einem bestimmten Bezirk (oben aussen) aus beginnt und
von da fortschreitet.
Das Innenblatt der Retina ist beim erwachsenen Thier nur
doppelt so dick wie beim Embryo, relativ ist sie also erheblich dünner.
In Theilen der Bulbusaxe beträgt ihre Dicke beim Embryo 1: 21, beim Er-
wachsenen nur 1:57, sie hat sich also relativ um das 2,7fache verdünnt.
Sehr interessant ist das Verhalten der einzelnen Schichten der
Retina. Die äussere Körnerschicht ist beim Embryo 110 w dick
und besteht aus etwa 14 Schichten von Kernen; beim erwachsenen
Thier ist die Dicke der Schicht genau dieselbe wie beim Embryo,
110 «, die Anzahl der Schichten der Kerne ist etwas grösser, sie be-
trägt etwa 18. Die äussere reticuläre Schicht ist beim Embryo eben-
so dick wie beim Erwachsenen, etwa 30 u. Die innere Körnerschicht
ändert ihre Dicke gleichfalls im Lauf der Entwicklung nicht, sie ist
43 u dick, wohl aber erleidet die Anordnung ihrer Kerne eine Ver-
änderung. Beim Embryo besteht sie aus 6 Schichten von Kernen,
die durch die ganze Schicht gleichmässig vertheilt sind. Beim Er-
wachsenen haben die Kerne die oben beschriebene eigenthümliche An-
ordnung in Pfeilern mit dünnen Verbindungsreihen. In den Pfeilern
liegen 7 Reihen Kerne über einander, in den Verbindungsstücken nur
2 Reihen. Da der Flächenausdehnung nach die Pfeiler hinter den
Zwischenraumen zurückbleiben, kann als Mittelwerth für die Anzahl
der Kernreihen höchstens 4 angenommen werden, also weniger, als der
Embryo hat. Es kommen also beim Erwachsenen auf eine innere
Körnerzelle mehr äussere Körnerzellen als beim Embryo.
Die Linse ist beim Embryo völlig kuglig, und beim Erwachsenen
weicht sie nur sehr wenig von dieser Gestalt ab. Im Lauf der Ent-
wicklung wird sie relativ kleiner.
Während sich beim Embryo die Linsenaxe zur Bulbusaxe verhält
wie 1: 1,45, ist dieses Verhältniss beim Erwachsenen 1 : 2,72, und in
ähnlicher Weise nimmt die relative Grösse des äquatorialen Durch-
messers ab, dieselbe verhält sich beim Embryo zum Bulbusdurchmesser
wie 1:1,78, beim Erwachsenen wie 1: 3,1.
Die absolute Grössenzunahme vom Embryo zum erwachsenen Thier
beträgt das 3fache (linear).
Die Augen der Wassersiiugethiere. 163
i. Otaria jubata Des.
Junges Thier, 1!/, Jahre alt, 2. Länge 130 cm. 21/, Tage
post mortem in Solutio Perenyi conservirt (s. Fig. M).
Der Bulbus ist in der Richtung der Axe etwas verkürzt, sie ist
nur 30 mm lang, während der horizontale und verticale Durchmesser,
die gleich lang sind, 33,5 mm messen. Die Aequatorialebene liegt
13 mm hinter dem Cornealrand. Ein Sulcus corneae ist nicht
vorhanden. Der corneale und sclerale Antheil des Bulbus sind fast
gleich stark gewölbt. Das Verhältniss der Durchmesser von Cornea
und Sclera beträgt 1 : 1,36.
Die Cornea hat einen Horizontaldurchmesser von 25 mm, einen
Verticaldurchmesser von 24,4 mm, die Höhe beträgt 5,5 mm. Ein
Pigmentring von fast 1 mm Breite umgiebt den Cornealrand. Am
Rande ist die Hornhaut
2,4 mm dick, im Scheitel nur
1,4 mm. Das Cornealepithel
ist etwa 70 u dick und zeigt
in ausgedehntem Maasse Ver-
hornungen. Eine tiefe Cylin-
derzellenschicht fehlt, schon
in der tiefsten Schicht sind
die Zellen durch beträcht-
liche Mengen verhornter Sub-
stanz, die sie von allen
Seiten umgiebt, auch an
der Basalseite, in ihrer Ge-
stalt beeinflusst und erschei-
nen etwa polygonal. 2—3 yes
: Fig. M. Otaria jubata. Verticalschnitt. 3/2.
Zellenschichten haben noch Buchstabenerklärung s. am Schluss.
ziemlich grosse Kerne, dann
aber nimmt die Verhornung derart überhand, dass von Zellen fast
nichts mehr zu sehen ist; diese zellenlose Schicht ist etwa 40 w dick.
Die Cornea propria besteht ganz aus glatten Lamellen, die
theils spaltenförmige Lymphwege zwischen sich fassen, theils auch
etwas grössere Lymphröhren, die aber nicht sehr zahlreich sind und
keine bedeutenden Dimensionen erreichen. Sie entstehen einfach durch
bogenförmiges Auseinanderweichen der Lamellen, ohne dass senkrechte
oder schräge Stützlamellen eingeschoben wären (wie bei Phoca).
Elastica anterior und posterior fehlen vollständig.
: iF
164 AUGUST PUTTER,
Die Sclera ist in der Nahe des Cornealrandes 2 mm dick, in
der Mitte des prääquatorialen Segments 3,3 mm. Im Aequator be-
trigt die Dicke nur 0,6 mm, nimmt aber rasch zu und erreicht bald
4 mm, gegen den Opticuseintritt sinkt der Werth wieder bis auf 2 mm.
In der Umgebung des Opticus ist die Sclera ganz flach, eine Ebene
darstellend, die einem starken Fettpolster zum Ansatz dient, das den
Opticus umhüllt.
Die Chorioidea enthält ein ausgedehntes Tapetum lucidum,
das aber nur ein stumpfes Blaugrau als Farbe zeigt, es erfüllt fast
den ganzen Augengrund bis zum Aequator. Die Dicke der ganzen
Chorioidea beträgt 150 uw, hiervon kommen nur etwa 20 u auf das
Tapetum lucidum.
Das Stratum vasculosum ist arm an Gefässen. Sie sind
nur etwa 60 « breit bei 30 « Dicke und liegen ziemlich weit von
einander entfernt. Die Hauptmasse des Stratums bilden spindelförmige,
lang gestreckte Bindegewebszellen, die dicht mit dunklem Pigment er-
füllt sind. Zwischen den grossen Chorioidealgefässen, die nur in ein-
facher Schicht liegen, und dem Tapetum lucidum ordnen sich diese
Bindegewebszellen zu regelmässigen Schichten, deren man etwa 6 oder
7 zählt, sie bilden also ene Lamina pigmenti chorioideae
Das Tapetum lucidum besteht aus etwa 5 Schichten pigmentloser
Zellen von etwa 4 u Dicke mit runden Kernen von fast 4 « Durch-
messer. Die Zellgrenzen sind schwer erkennbar, doch sind die Zellen,
nach den Abständen der Kerne zu urtheilen, sehr lang, fast faser-
förmig zu nennen. Sie enden theils mit geraden Zellwänden, theils
ziehen sie sich in lange Spitzen aus, wodurch der Eindruck des Faser-
förmigen noch verstärkt wird.
Feine, 4 « dicke Capillaren durchsetzen das Tapetum und ver-
einigen sich auf seiner Innenfläche zur Choriocapillaris. Das
Aussenblatt der Retina besteht im Bereich des Tapetums aus einer
endothelartig dünnen Schicht pigmentloser Zellen.
Die Pupille ist kreisrund und hat einen Durchmesser von 7,3 mm 4).
Die Iris erscheint makroskopisch an der Wurzel 23 mm dick
und verdünnt sich rasch gegen den Pupillarrand hin, wo sie nur 80 u
dick ist. Die sehr beträchtliche Dicke am Ciliarrand kommt auf eine
höchst eigenartige Weise zu Stande, wie die mikroskopische Unter-
suchung zeigt. Etwa 1,5 mm vom Ciliarrand entfernt spaltet sich
nämlich das Stroma der Iris, die hier etwa 1,2—1,3 mm dick ist,
1) Diese Angabe gilt für das todte Auge. Am lebenden Thier ist
die Pupille ein senkrecht stehendes Oval, wovon ich mich im Zoologischen
Garten zu Köln überzeugen konnte.
Die Augen der Wassersäugethiere. 165
in zwei Blätter (s. Fig. M). Das dünnere derselben zieht zum Corneal-
rand, wo es sich an die Sclera ansetzt, es ist etwa 290 u dick und
besteht aus Bindegewebe mit einer enormen Menge Pigmentzellen, die
sich besonders an der cameralen Irisfläche zu einer völlig schwarzen
Schicht zusammendrängen, welche keinerlei Details erkennen lässt, sie ist
etwa 30 u dick. Das dickere Blatt der Iris zieht schräg nach hinten
und geht in die Grundplatte des Corpus ciliare ohne eine Grenze
über, als Begrenzung der Iris wurde der Anfang der Processus ciliares
gewählt. Es ist etwa 630 « dick. Zwischen diesen Blättern, und
eine Strecke weit noch in den Bereich des Corpus ciliare übergreifend,
befindet sich ein Maschenwerk starker, pigmentirter Bindegewebs-
stränge, die keine Gefässe enthalten (s. Fig. M). Die Stränge setzen
sich an die Sclera an und enthalten zwischen sich einen ausgedehnten
Lymphraum, der am Cornealrand eine Menge offene Verbindungen mit
der vordern Kammer hat, indem nämlich das vordere Blatt der Iris
ringsum von zahlreichen Lücken durchsetzt ist.
Die Grundplatte des Corpus ciliare ist nur etwa 340 w dick.
Sie besteht zum grössten Theil aus festem Bindegewebe, das sehr
viele dunkelbraun pigmentirte Zellen von unregelmässiger Gestalt ent-
hält. Die Blutgefässe sind spärlich. Von den beiden ciliaren Muskeln
konnte nur der Tensor chorioideae nachgewiesen werden, der
M. ciliaris s. str. scheint zu fehlen, doch ist er möglicher Weise
durch schwache Bündel vertreten, die nur wegen des wenig guten
Erhaltungszustandes nicht mehr festzustellen waren. Der Tensor
chorioideae besteht aus meridionalen Bündeln von 100—130 u Breite
bei 80—100 « Dicke. Der Abstand der einzelnen Bündel von ein-
ander ist ziemlich gering, es mögen 90—100 Bündel im ganzen Um-
fang des Bulbus vorhanden sein. Jeden Falls ist der Muskel nicht
auffallend stärker entwickelt als bei andern Pinnipediern, besonders
als bei Phoca.
Die Zahl der Ciliarfortsätze beträgt 70—75, ihre Höhe etwa
2 mm, die Länge 9 mm. Sie haben die Gestalt rechtwinkliger Drei-
ecke (s. Fig. M p.c) und stellen ungemein dünne Blättchen dar. Von
der Grundplatte des Corpus ciliare entspringen sie mit leistenförmigen
Verdickungen, die im äquatorialen Schnitt dreieckig erscheinen. Die
Basis des (gleichschenkligen) Dreiecks ist 510 w lang, seine Höhe
beträgt 220 u, von der Spitze (Vorderkante) dieser Verdickung an
sind die Ciliarfortsitze nur 40—60 « dick, die Flächen sind glatt
ohne secundäre Fältchen.
Ein Stroma ist fast gar nicht vorhanden, der schmale Raum,
der zwischen den Blättchen der Pars ciliaris retinae liegt, ist
166 AUGUST PUTTER,
ganz von Gefässen erfüllt, neben der grössern Anzahl ganz winziger
Gefässe erscheinen einige zerstreute grössere, von etwa 15 uw Durch-
messer. Die Dicke des Pigmentepithels beträgt etwa 10 u, die des
Innenblatts der Pars ciliaris retinae etwa 8 «, Details sind nicht mehr
zu erkennen.
Die Retina ist im Augengrunde 280 « dick. Hiervon kommen
auf die Stäbchenschicht 60 «, auf die äussere Körnerschicht 70 u.
Diese Schicht besteht aus 22—24 Lagen sehr dicht gedrängter, kleiner
Kerne von 3 u Durchmesser. Die äussere reticuläre Schicht ist 30 u
dick, die innere Körnerschicht besteht aus 3—7 Lagen von Zellen,
die viel weniger dicht liegen wie die der äussern Körnerschicht. Sie
sind auch grösser als jene, ihr Durchmesser beträgt 4—5 u, die Dicke
der ganzen Schicht beträgt 50 u. Die innere reticuläre Schicht ist
30 u dick, das Ganglion nervi optici mit der Nervenfaserschicht
zusammen 40 u.
Die Ganglienzellen des Ganglion nervi optici bilden keine zu-
sammenhängende Schicht, sondern sind durch ziemlich erhebliche
Zwischenraume von einander getrennt. Ihre Durchmesser betragen
20—26 u,. die der runden Kerne 8 «, und das Kernkörperchen hat
2—3 u Durchmesser. Die MüÜruer’schen Stützfasern sind stark
entwickelt.
Die Zahl der äussern Körnerzellen übertrifft die der Stäbchenzellen
ganz bedeutend. Zwar ist die Dicke der Stäbchen nicht mehr fest-
stellbar, aber selbst wenn sie nur 2 uw dick wären und ganz ohne
Zwischenräume ständen, hätten auf 1 qmm nur 250000 Platz, die
Zahl der äussern Körnerzellen, die auf diesem Raum liegen, beträgt
aber 2 000 000. Die innern Körnerzellen sind viel weniger zahlreich,
es liegen in 1 qmm Retina nur 181 000, also nur !/,, der Zahl der
äussern Körner.
Der Nervus opticus tritt am hintern Augenpol in den Bulbus,
er ist rund und hat einen Durchmesser von 2,98 mm. Die Dicke der
Nervenfasern ist sehr verschieden, es wurden solche von 4, 6, 8, 12
und 20 u gemessen, als Mittelwerth ergab sich ein Durchmesser von
S u. Da die Fläche der Retina etwa 1900 qmm beträgt und die
Zahl der Opticusfasern sich auf 140 000 berechnet, so kommen auf
1 qmm Retina etwa 74 Nervenfasern, auf 1 Opticusfaser kommen
wohl etwa 2000 Stäbchenzellen.
Schon das am Bulbus erhaltene Stück des N. opticus zeigt er-
hebliche Sförmige Kriimmungen. Am hintern Augenpol ist er um-
geben von einem starken Fettpolster (s. Fig. M F), dasselbe setzt in
Die Augen der Wassersäugethiere. 167
einem Kreise von mehr als 20 mm Durchmesser an die Sclera an und
ist am Opticus 6,5 mm dick.
Die Linse hat einen Durchmesser von 14,5 mm; die Axe misst
nur 13,2 mm, die Abweichung von der Kugelform ist also immerhin
bemerkbar. Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt. Der
Linsendurchmesser verhält sich zum Bulbusdurchmesser wie 1 : 2,31,
zum Cornealdurchmesser wie 1 : 1,703.
8. Vergleichung der Pinnipedieraugen.
1. Erwachsene Thiere.
Unter den Pinnipediern hat der Seelöwe das relativ grösste
Auge, das Walross dagegen das kleinste. Die Grössenverhältnisse
ersieht man am besten aus einer Zusammenstellung, die die Länge des
Bulbusdurchmessers (2 der Tabelle) und der Bulbusaxe (3 der Tabelle)
zur directen Körperlänge des Thieres in Proportion setzt. Unter 1
ist die Länge der Thiere angebeben.
1 2 3
Macrorhinus SrA LAG sohbet
Phoca vitulina Pomel oS shot
Phoca barbata 3.00 mara Cink ENT
Odobaenus 5:0 me 712110712204
Otaria L3 m... 1539 ..,.6:343
Ungemein viel grösser sind die Augen im Verhältniss zur Körper-
länge bei den Embryonen, bei dem von Phoca groenlandica etwa wie
1:20 und beim Walrossembryo wie 1:24, doch ist hierbei in Betracht
zu ziehen, dass der Kopf bei placentalen Säugethierembryonen stets
stärker als der Rumpf entwickelt ist.
Der Bulbus des Pinnipedierauges weicht im Allgemeinen nur
wenig von der Kugelform ab. Am grössten sind noch die Abweichungen
bei Macrorhinus und Odobaenus. Dem Verhältniss der Bulbusaxe zum
Durchmesser nach wäre das Walrossauge am meisten elliptisch, was
aber nicht ganz zutrifft wegen der so sehr verschiedenen Höhe der
Hornhäute beider Thiere, und es ist daher besser, das sclerale
Segment allein zu betrachten. Die Höhe dieses Segments verhält sich
dann zum Scleraldurchmesser bei
Macrorhinus 1: 1,402 Phoca vitulina 1:1,129
Odobaenus 1:1,341 Halichoerus 1: 1,322
Phoca barbata 1:1,238 Otaria 1: 1,34
168 AUGUST PUTTER,
Um zu erkennen, welche Formveränderungen das sclerale Seg-
ment innerhalb der Pinnipedier-Ordnung erleidet, ist es nöthig, die
beiden Abschnitte, in welche es durch den Aequator zerlegt wird,
gesondert zu betrachten. Es ergiebt sich dann, dass der Augengrund
im Verhältniss zum prääquatorialen Segment bei Ofaria und Macro-
rhinus am kleinsten, bei Odobaenus am grössten ist. Der Verbindungs-
theil zwischen Cornea und Augengrund verkleinert sich also. In welchem
Maasse dies geschieht, ersieht man aus folgender Zusammenstellung.
Das Verhältniss der Höhe des prääquatorialen Segments zu der des
Augengrundes beträgt bei
Otaria 1: 0,923 Halichoerus 1: 1,270
Macrorhinus 1:1,03 Phoca vitulina 1:12%
Phoca barbata 1:1,172 Odobaenus rosmarus 1: 1,45
Für alle Pinnipedier ist eine Verdünnung der Sclera im Aequator
charakteristisch, der Grad der Verdünnung aber ist sehr verschieden.
Nach vorn wie nach hinten verdickt sich die Sclera vom Aequator
aus, die Stelle aber, wo ihre grösste Dicke liegt, wechselt sehr stark.
Ueber alle diese Verhältnisse mag zunächst die folgende Tabelle
zahlenmässig orientiren: Unter 1 ist die grösste Dicke des prääqua-
torialen Scleralsegments, unter 2 die des Aequators und unter 3 die
des Augengrundes in Theilen der Bulbusaxe aufgeführt:
1 2 3
Macrorhinus leoninus 1:12,38 1:139,25 1:16,38
Phoca vitulina LES Bits 174680 1: 11,33
Phoca barbata 1:17,25 1:43,13 1:17,25
Odobaenus rosmarus 1:12,25: 1:245 Los
Halichoerus gryphus 1: 2141145220 1:825
Otaria jubata 19095. 12500 1:58
Man sieht, dass die äquatoriale Verdünnung bei Macrorhinus am
bedeutendsten, bei Halichoerus und Odobaenus am geringsten ist, die
beiden Species von Phoca stehen zwischen diesen Extremen. Bei
Macrorhinus ist das prääquatoriale Segment der Sclera dicker als der
Augengrund, bei Phoca barbata sind beide gleich dick, bei Ph. vitu-
lina übertrifft die Dicke des Augengrundes, die hier schon recht er-
heblich ist, die des vordern Segments. Die grösste allgemeine Ver-
dickung der Sclera zeigen aber Odobaenus, Halichoerus und Otaria,
besonders im Augengrund, der z. B. beim Walross 1,7mal so dick
wie bei Macrorhinus ist, während das vordere Segment nur wenig
dicker ist.
Die Augen der Wassersäugethiere. 169
Veränderlicher noch als die Sclera erscheint bei den Pinnipediern
die Cornea. Der Antheil, den sie am Aufbau des Bulbus nimmt,
schwankt nur wenig, als Mittelwerth können wir für das Verhältniss
des Corneal- zum Bulbusdurchmesser 1:1,54 angeben. Die grössten
Abweichungen von diesem Werth zeigen Otaria und Phoca barbata.
Bei ersterer beträgt das Verhältniss 1:1,36, bei letzterer 1: 1,695.
Auffallend ist der grosse Unterschied der beiden Species von Phoca.
Während Ph. barbata die relativ kleinste Hornhaut hat, treffen wir
bei Ph. vitulina die zweitgrösste (Verhältniss 1:1,429). Der Corneal-
bogen schwankt von 90° bei Macrorhinus zu 55° bei Phoca vitulina,
Ph. barbata hat 59° und Odobaenus 60° Die Abnahme der Höhe
der Cornea zeigt einen regelmässigern Gang; in Theilen der Bulbus-
axe ausgedrückt ist sie bei
Otaria 1:6 Odobaenus 1: 9,8
Macrorhinus 1:6,19 Phoca vitulina 1 : 11,53
Halichoerus 1:9,43 Phoca barbata 1 : 11,5
Am flachsten ist sie also beim Genus Phoca. Auch ihre Dicken-
verhältnisse ändern sich innerhalb der Ordnung beträchtlich.
Bei Macrorhinus ist sie im Scheitel ebenso dick wie am Rande,
bei Phoca barbata ist der Hornhautscheitel sogar ein wenig dicker als
der Rand (Verhältniss 1:0,8), bei Ph. vitulina beträgt das Verhältniss
1:3,33, bei Odobaenus 1: 3,53, bei Otaria 1:1,71 und bei Halichoerus
sogar 1:2.
Zieht man weiter in Betracht, dass auch die relative Dicke der
Cornea ganz bedeutend zunimmt, so dass sie, besonders bei Odobaenus,
ganz erstaunliche Dimensionen erreicht, so erhält man ein Bild von
der Grösse der Umbildungen, deren dieses Organ innerhalb einer
einzigen Ordnung fähig ist.
Die Chorioidea ist an Dicke und Gefässreichtum bei den ver-
schiedenen Thieren sehr verschieden. Sieht man zunächst vom
Tapetum lucidum ab, so findet man, dass der übrige die grossen Ge-
fässe enthaltende Abschnitt bei Macrorhinus bei weitem am dünnsten ist,
er ist nur 90 u dick. Bei Phoca barbata beträgt die Dicke 460 u,
bei Odobaenus 510 u und bei Ph. vitulina sogar 740 u. Noch auf-
fallender erscheinen die Unterschiede, wenn man die relativen Dicken,
ausgedrückt in Theilen der Bulbusaxen, vergleicht, sie betragen bei
Macrorhinus 1: 619 Halichoerus 1361
Otaria 1:231 Odobaenus rosmarus 1:48
Phoca barbata 1:75 Phoca vitulina 1:46
170 AUGUST PUTTER,
Es ist also der gefässhaltige Theil der Chorioidea im Auge von
Ph. vitulina relativ mehr als 13mal so dick wie bei Macrorhinus.
Ausserdem ist in Betracht zu ziehen, dass bei Macrorhinus die Ge-
fässe viel weniger dicht liegen als in den Aderhäuten der übrigen
Thiere.
Bei der Vergleichung der Tapeta lucida der Pinnipedier muss
man ein Gebilde berücksichtigen, das oben als Lamina pigmenti
chorioideae beschrieben wurde und bei Macrorhinus, Otaria und
Odobaenus zu finden ist. Es gleicht dem Tapetum im Bau so sehr,
dass man es als einen Theil desselben auffassen könnte, der eine
niedrigere Entwicklungsstufe repräsentirt, indem er das Pigment nicht
wie das eigentliche Tapetum lucidum verloren hat.
Auch das Tapetum ist, ebenso wie die Gefässchicht der Chorioidea,
bei Ofaria und Macrorhinus am schwächsten entwickelt, selbst unter
Hinzurechnung der Lamina pigmenti ist es bei letzterm nur 50 u
dick, 20 « davon kommen auf die Pigmentschicht und bei Otaria
ist das eigentliche Tapetum gar nur 20 u dick. Etwas stärker ist
das Tapetum bei Odobaenus, doch kommen von den 180 w Dicke nur
60 u auf das eigentliche Tapetum, 120 « auf die Pigmentschicht.
Beim Genus Phoca fehlt die Pigmentschicht, als ihre Reste kann man
wohl die zu parallelen Reihen geordneten Bindegewebszellen ansehen,
die zwischen den innern Gefässen der Lamina vasculosa liegen.
Das Tapetum ist bei Ph. vitulina 160 u dick, bei Ph. barbata er-
reicht es mit 340 u Dicke seine grösste Ausbildung. Drückt man die
Dicke des Tapetum lucidum, ausschliesslich der Lamina pig-
menti, in Theilen der Bulbusaxe aus, so beträgt dieselbe bei
Macrorhinus 1:1856 Odobaenus rosmarus 1:408
Otaria 1: 1500 Phoca vitulina LAS
Halichoerus 1 : 600 Phoca barbata 1:101
Das Tapetum von Ph. barbata ist also mehr als 18mal so dick
wie jenes von Macrorhinus. Die Gefässe, welche das Tapetum durch-
bohren um sich an seiner Innenfliche als Choriocapillaris aus-
zubreiten, sind stets Capillaren; um so auffallender sind die grossen
Verschiedenheiten ihrer Durchmesser, bei Macrorhinus sind sie nur
4 u dick, bei Phoca barbata dagegen 30 u, bei Ph. vitulina 10 u.
Eine ganz ungewöhnliche Entwicklung erreicht im Pinnipedier-
auge das Ligamentum pectinatum. Ks schiebt sich als starke,
im Querschnitt dreieckige Gewebsmasse vom Cornealrande aus zwischen
Sclera und Chorioidea ein und bildet, da seine Stränge bei den meisten
Species Blutcapillaren enthalten, hier einen Gefässplexus. Bei
Die Augen der Wassersäugethiere. 171
weitem die stärkste Ausbildung hat es bei Macrorhinus, wo es nach
hinten 10,2 mm weit reicht und am Cornealrande 4 mm dick ist. Bei
Phoca barbata ist es 2,5 mm dick und reicht 5,6 mm nach hinten,
fast ebenso sind die Dimensionen bei Ph. vitulina. Am schwächsten
ist es bei Odobaenus ausgebildet, wo es bei 1,7 mm Dicke auch nur
1,7 mm weit nach hinten reicht.
Besondere Erwähnung verdient das entsprechende Gebilde bei
Otaria. Wie oben beschrieben (S. 164 und Fig. M !.p), spaltet sich
hier die Iris in zwei Blätter. Das vordere Blatt ist am ciliaren
Rande vielfach durchbrochen. Es stellt diese Bildung einen Ueber-
gang zwischen dem normalen Verhalten der Iris bei Landsäugethieren
und dem der übrigen Pinnipedier dar, in so fern die Auflockerung des
Irisstromas in ein weites Maschenwerk von Bindegewebsbalken
(die später auch Gefässe führen), die zur Bildung weiter Lymph-
räume am Cornealrande führt, hier erst die tiefern Schichten er-
griffen hat, während an der cameralen Irisfläche noch eine ziemlich
dicke Platte festen Stromas liegt. Denkt man sich dieselbe ver-
dünnf und in einzelne Bindegewebszüge aufgelöst, so erhält man genau
das Bild wie bei den übrigen Pinnipediern.
Die Pupille zeigt an den conservirten Augen drei Typen. Bei
Otaria und Halichoerus ist sie kreisrund (bei Ofaria im Leben ein
senkrechtes Oval), bei Macrorhinus und Phoca vitulina ein liegendes
Oval, und bei Ph. barbata und Odobaenus „birnförmig“ (s. 0.), wobei
die grösste Breite am nasalen Ende liegt.
Entsprechend der geringen Grösse der Pupille ist die Iris überall
sehr breit, sie liegt kuppenförmig erhoben der vordern Linsenfläche
auf. Ganz ausserordentlich stark ist die Irismusculatur, die den
Hauptantheil am Aufbau der Iris nimmt, so dass das Stroma
iridis gänzlich gegen sie zurücktritt.
Der Dilatator iridis ist überall stark entwickelt, bleibt aber
hinter dem Sphincter zurück, der den pupillaren Rand fast ganz
allein bildet.
Der Sphincter erreicht den Rand der Iris nicht, nur bei
Macrorhinus scheint er ihn zu erreichen oder sogar über ihn hinaus-
zugreifen, doch ist hier, wie oben erwähnt, keine scharfe Irisgrenze
zu ziehen, jedenfalls reicht auch hier, wie bei allen Pinnipediern, der
Dilatator iridis weiter peripher als der Sphincter. Beide haben ihre
dickste Stelle stets nahe an ihrem peripheren Ende, also der Dila-
tator meist an der Iriswurzel, der Sphincter eine Strecke weit pupillar-
172 AUGUST PUTTER,
warts davon. Die Gefässchicht der Iris ist bei weitem am stärksten bei
Odobaenus entwickelt, wo sie im ganzen Verlauf der Iris der Vorder-
fläche der Musculatur aufliegt, sie ist am pupillaren Rande 0,34 mm
dick, an der dicksten Stelle der Iris 0,535 mm. Schon schwächer
zeigt sie sich bei Macrorhinus ausgebildet, dem pupillaren Rande fehlt
die Gefässchicht in einer Breite von 2,55 mm völlig, und auch im
weitern Verlauf der Iris ist sie nur 0,14 mm dick. Auch bei Phoca
barbata bleibt ein 2,21 mm breiter pupillarer Rand der Iris frei von
Gefässen, und in den peripheren Iristheilen liegen die Gefässe meist
in einfacher Schicht der Vorderfläche der Musculatur auf. Am
schwächsten zeigen sich die Gefässe bei Ph. vitulina entwickelt, hier
ist überhaupt keine zusammenhängende Gefässchicht mehr vorhanden,
und nur einzelne Gefässe erscheinen auf Radialschnitten an der Vorder-
fläche der Iris, zum Theil weit in das Innere der Vorderkammer
hineinragend.
Das Corpus ciliare ist im Pinnipedierauge ausgezeichnet durch
eine aus straffem, fasrigem Bindegewebe bestehende Grundplatte. Bei
weitem am stärksten ist diese Grundplatte bei Macrorhinus entwickelt,
wo sie bis in den Bereich der Irismusculatur vordringt und eine er-
hebliche Dicke aufweist. Bei den übrigen Pinnipediern tritt sie mehr
gegen die stärker entwickelten Blutgefässe zurück. Von den Muskeln
des Ciliarkérpers ist der eigentliche, circulir verlaufende Musculus
ciliaris überall sehr schwach entwickelt, am besten noch bei Macro-
rhinus, doch besteht er auch hier nur aus wenigen Bündeln. Der
meridional verlaufende Tensor chorioideae ist dagegen ziemlich
stark entwickelt; bei Macrorhinus besteht er aus etwa 30 Bündeln
von 130—170 u Dicke, bei Ph. barbata ist er nicht in einzelne
Bündel getheilt, sondern umgiebt im ganzen Umkreis den Ciliarkörper,
ausserdem zeigt er im Aequator des Bulbus eine sehr bedeutende
Verdickung, so dass er hier, an der dünnsten Stelle der Sclera, seine
grösste Dicke mit 680 u hat. Weniger stark ist der Muskel bei Ph.
vitulina, wo er aus etwa 77 Bündeln oder Gruppen von Bündeln be-
steht, deren Dicke von 80—180 u schwankt. Nicht unerheblich im
Verhältniss zur Kleinheit des Auges ist die Entwicklung des Muskels
bei Odobaenus, wo er aus etwa 47 Bündeln von 100 u Dicke besteht.
Jeden Falls ist er bei Macrorhinus am schwächsten entwickelt, wo die
Abstände seiner Bündel 3—4 mm betragen, stärker bei Odobaenus,
wo die Bündel 1,53 mm von einander abstehen und am stärksten bei
Phoca, von denen Ph. vitulina die grösste Anzahl isolirter Bündel mit
nur 1,2 mm Abstand hat, während bei Ph. barbata überhaupt keine
tof. o>, ad ae bh
Die Augen der Wassersiiugethiere. 173
einzelnen Biindel mehr auftreten, sondern der Muskel im ganzen Um-
fang vorhanden ist. Die Zahl der Ciliarfortsätze schwankt um das
Doppelte innerhalb der Ordnung, Odobaenus hat nur 60 Ciliarfortsätze,
Ph. barbata 120, Halichoerus hat 70—75, Otaria 80, während Macro-
rhinus und Ph. vitulina 100 besitzen. Ueber die Grössenverhältnisse
der Ciliarfortsätze, die stets die Form dreieckiger Platten haben,
orientirt folgende Tabelle, in der unter 1 die Länge der Ciliarfort-
sätze in Theilen der Bulbusaxe, unter 2 die Höhen in Theilen des
Bulbusdurchmessers angegeben sind:
1 2 ji 2
Macrorhinus 1:328 1:15,33 Phoca vitulina 1:3,09 1:11,66
Odobaenus 1:3,0 1:14,75 Halichoerus RS OM: "15.0
Phoca barbata 1 : 2,65 1 : 19,5 Otaria Merle l Gs
Man ersieht hieraus die Grössenzunahme des Ciliarkôrpers. Der
Höhe nach steht Ph. vitulina obenan, während Ph. barbata die längsten
Ciliarfortsätze hat. Bei Macrorhinus und Ph. vitulina sind die Flächen
der Ciliarfortsätze völlig glatt ohne secundäre Fältchen; H. Vircaow
sagt (50, p. 448): „beim Seehund erreichen die mechanischen Charaktere
im Bau der Falten die höchste Stufe.“
Bei Phoca barbata ist die ganze Fläche der Fortsätze mit kleinen,
niedern Fältchen besetzt. Einen eigenartigen Bau zeigen die Fort-
sätze bei Odobaenus, hier ist der distale Theil der Fortsätze, der bei
allen übrigen Pinnipediern verdickt und etwas gefältelt erscheint, un-
verdickt und vollkommen glatt, dagegen erheben sich proximal von
der Fläche der Ciliarfortsätze in grosser Anzahl Fältchen von 90 u
Höhe und 50 w Breite, die meridional verlaufen.
In allen Pinnipedieraugen fehlt die Ora serrata, die Retina
geht an der Grenze des Corpus ciliare in einer glatten, als Linea
terminalis retinae bezeichneten Linie in das Epithel der Ciliar-
fortsätze über.
Die Retina selbst ist bei Macrorhinus und Otaria am dünnsten,
280 w dick, bei Phoca vitulina 340 u und bei Ph. barbata und Odo-
baenus sogar 434 u dick.
Die reticulären Schichten bieten kein besonderes Interesse, die
äussere ist 20—30 u dick, die innere 30—50 u. Die Stäbchen sind
durchweg etwa 3 « dick, bei Macrorhinus und Phoca vitulina vielleicht
eine Kleinigkeit dicker. Ihre Länge beträgt bei Ph. barbata 64 u,
bei Macrorhinus 70 u, bei Ph. vitulina 80 u und bei Odobaenus ist
sie mit 90 « am grössten. Entsprechend der relativ etwas grössern
Anzahl der Stäbchen bei Ph. barbata und Odobaenus sind bei diesen
174 AUGUST PUTTER,
Thieren die äussern Körnerschichten am dicksten, bei ersterm 160,
bei letzterm 110 « dick, während sie bei Ph. vitulina nur 70
und bei Macrorhinus 100 u messen. Zur weitern Orientirung diene
die folgende Tabelle. Unter 1 sind die Zahlen der Schichten von
Kernen verzeichnet, die in der äussern Körnerschicht über einander
liegen, unter 2 dieselbe Zahl für die innere Körnerschicht:
1 2 3 AO
Macrorhinus 2, A Odobaenus 18 4
Phoca barbata 27 10 Otaria 23.4 5
Phoca vitulina 21 7
Auch hier sieht man erhebliche Schwankungen in allen Werthen.
Die Zahl der innern Körner ist stets geringer als die der äussern,
das Verhältniss schwankt sehr, doch sind zahlenmässige Angaben hier
nicht am Platz, da die Kerne sehr verschieden dicht in den Schichten
liegen, was nicht genügend in der Rechnung berücksichtigt werden
kann. Die Kerne der innern Körnerschicht sind stets etwas grösser
als die der äussern, die erstern haben im Durchschnitt einen Durch-
messer von 6 u, die äussern einen solchen von 4 u.
Die Opticusfasern sind bei den einzelnen Thieren sehr verschieden
dick, bei Odobaenus schwanken sie zwischen 4 und 16 u, bei Ofaria
gar zwischen 4 und 20 u, bei Phoca barbata zwischen 6 und 10 u,
bei Ph. vitulina zwischen 4 und 8 u und bei Macrorhinus sind die
Grenzen am engsten, 4—6 u.
In wie verschiedener Weise die Netzhäute mit Nervenfasern ver-
sorgt werden, zeigt folgende Tabelle:
1 giebt die Fläche der Retina,
2 die Zahl der Opticusfasern,
3 die Zahl der Stäbchenzellen in Millionen,
4 die Zahl der Opticusfasern, die auf 1 qmm Retina entfallen,
5 die Zahl der Stäbchenzellen, die auf eine Opticusfaser kommen.
1 2 3 4 D
Macrorhinus 7400 qmm 767000 700 103 920
Phoca barbata 2543 ,, 174000. 363 68 2086
Phoca vitulina 1980 , 147000 227 74 1544
Odobaenus TODE} 111000 256 | .62.2300
Otaria 1900 28% 140000 ? 74 ?
Am besten ist das Auge von Macrorhinus mit Nervenfasern ver-
sorgt, und die Anzahl der Stäbchen, welche auf eine Nervenfaser kommen,
ist bei ihm die kleinste unter den erwachsenen Pinnipediern. Die
wenigsten Nervenfasern auf 1 qmm der Retina erhält Odobaenus, bei dem
Die Augen der Wassersäugethiere. 175
zugleich die Zahl der Stäbchen, die auf eine Faser entfallen, ihr Maxi-
mum erreicht. Das Genus Phoca steht zwischen beiden Extremen,
wobei Ph. barbata in seinem Verhalten eine Annäherung an Odo-
baenus, Ph. vitulina eine solche an Macrorhinus erkennen lässt;
Otaria verhält sich wie Ph. vitulina.
Der Opticus tritt meist etwas nach unten vom hintern Augen-
pol und etwas temporal an den Bulbus heran, meist umgeben von
einem dicken Geflecht von Ciliargefässen, das bei Ofaria fehlt (s. 0.).
Bei Otaria und Halichoerus liegt die Eintrittsstelle am hintern
Augenpol.
Die Linse weicht in allen Pinnipedieraugen sehr wenig, zuweilen
überhaupt nicht von der Kugelform ab. Sie ist stets relativ gross,
doch verschieden stark bei den verschiedenen Species entwickelt, wie
die folgende Zusammenstellung zeigt, bei der unter 1 die Länge der
Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe aufgeführt ist, unter 2 der Linsen-
durchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers.
1 2 1 2
Otaria 1 :2,27.:1,:2,30 ,, Phoca barbatar 1: 2,464 ,.1 2,7
Odobaenus 12245. 173105 ,,Phoca, vitulina, : 1: 2,429), 113.255
Macrorhinus 1: 2,785 1: 2,862. Halichoerus 132,065, 02,38
Die Vergleichung der untersuchten Pinnipedieraugen ergiebt, das
ein Durchschnitts-Pinnipedierauge nicht existirt; die Unterschiede sind
sehr gross, und jedes Auge tritt uns als eine ganz eigenartige Indi-
vidualität entgegen. Dieselben, wenigstens zum Theil, als Anpassungs-
erscheinungen an verschiedene Lebensbedingungen zu verstehen, soll
weiter unten versucht werden.
2. Entwicklungsstadien.
Als Ergänzung der vergleichend-anatomischen Betrachtung des
Pinnipedierauges kann noch ein Blick auf die beiden untersuchten
Embryonen von Phoca groenlandica (etwa 10 cm lang) und Odobaenus,
12 cm lang, dienen, sowie eine Betrachtung der neugeborenen Phoca
vitulina und Halichoerus gryphus. Diese neugeborene Phoca steht,
was manche Eigenschaften ihres Auges anlangt, zwischen den beiden
ausgebildeten Species Ph. barbata und Ph. vitulina. Die Dickenver-
hältnisse der Sclera zeigen diese Thatsache sehr gut. In der fol-
genden Uebersicht findet sich unter 1 die maximale Dicke des prä-
äquatorialen Segments, unter 2 die Aequatorialdicke und unter 3 die
grösste Dicke des Augengrundes, alle in Theilen der Bulbusaxen:
176 AUGUST PUTTER,
1 2 3
Phoca barbata 1: 17,25 ASSIS cole
Phoca vitulina juv. 116 19295 1 : 14,25
Phoca vitulina adult. 1:13,6 1:68 1 :,11,33
Es erhellt aus diesen Zahlen, dass die Dicke des vordern Augen-
segments wie des Augengrundes beim Neonaten gerade in der Mitte
zwischen den Werthen steht, die Ph. barbata und Ph. vitulina
zeigen. Im Aequator dagegen ist die Sclera beim Neugeborenen viel
dünner als bei den erwachsenen Thieren beider Species.
In der Mitte zwischen den beiden Species liegen auch die Zahlen
für das Verhältniss der Randdicke der Cornea zur Scheiteldicke.
Bei Ph. barbata betrug das Verhältniss 1:1,255, beim Neonaten
stellt es sich auf 1:2 und beträgt bei der erwachsenen Phoca vitulina
1: 3,00.
Diese Mittelstellung tritt auch in der Dicke der Chorioidea
und des Tapetums hervor, wenn man sie in Theilen der Bulbusaxe
ausdrückt. Die Dicke der erstern, 1 : 53,3, steht in der Mitte zwischen
dem Werth bei Ph. barbata, 1:75, und dem bei Ph. vitulina, 1 : 46.
Und für das Tapetum stehen dem Werth 1:154 des Neonaten bei
Ph. barbata 1: 101, bei Ph. vitulina 1 : 212 gegenüber.
Für die Höhe der Ciliarfortsätze und die Linsenaxe gilt dasselbe,
die Höhe in Theilen des Bulbusdurchmessers beträgt bei Ph. vitulina
1:11,66, beim Neugeborenen 1: 16,6 und bei Ph. barbata 1 : 19,5.
Und für die Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe beträgt der Werth
bei Ph. vitulina 1 : 2,5, beim Neugeborenen 1: 2,57 und bei Ph. bar-
bata 1 : 2,708.
Zum Schluss sei noch die Retina erwähnt, die bei Ph. barbata
sich zur Bulbusaxe verhält wie 1: 79, beim Neugeborenen wie 1: 92
und bei Ph. vitulina wie 1 : 100.
Die übrigen Charaktere stellen nicht Differenzirungen der beiden
Species von einander dar; um ihre Bedeutung zu verstehen, muss man
weiter in der phylogenetischen Reihe zurückgehen, und hier geben die
beiden oben erwähnten Embryonen Material zur Verfolgung des Stamm-
baums des Pinnipedierauges.
Die Embryonen zeigen in den äussern Formen ihrer Bulbi, und
auf diese soll hier nur eingegangen werden, bemerkenswerthe Aehn-
lichkeiten unter einander und Abweichungen von den Formen aller
andern Pinnipedieraugen. Es wurde oben (s. S. 167) angegeben, in
welchem Maasse die Augen der einzelnen Pinnipedier von der Kugel-
Die Augen der Wassersäugethiere. 177
form abweichen. Am meisten war dies bei Macrorhinus der Fall, bei
dem die Höhe des scleralen Bulbussegments sich zu dessen Aequatorial-
durchmesser verhielt wie 1: 1,402. Die beiden Embryonen haben nun
noch weit elliptischere Bulbi, die entsprechenden Verhältnisszahlen sind
für den Walrossembryo 1:1,51, für den von Phoca groenlandica
21,71.
Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt, ist
fast derselbe bei den Embryonen wie bei den erwachsenen Thieren ;
zwar findet man ihn etwas grösser, doch sind die Schwankungen zu
gering, als dass man darauf irgend welche phylogenetischen Er-
‘ örterungen stützen Könnte.
Die grösste Cornea unter jenen hat, wie oben gezeigt wurde
(S. 131), Phoca vitulina, ihr Durchmesser verhält sich zu dem des
Bulbus wie 1: 1,429. Beim Walrossembryo beträgt dieses Verhältniss
1:1,373 und beim Embryo von Ph. groenlandica 1:1,22. Den
grössten Cornealbogen hat unter den Pinnipediern Macrorhinus mit
90°, der Walrossembryo kommt ihm mit 91° Cornealbogen etwa
gleich, dagegen übertrifft ihn der Embryo von Ph. groenlandica mit
112° nicht unwesentlich. Auch die grösste Höhe der Cornea zeigt
Macrorhinus, sie beträgt 1:6,19 der Bulbusaxe. Beim Odobaenus-
Embryo beträgt ihre Höhe 1:5,35 und bei Ph. groenlandica gar
1: 3,67, also fast das Doppelte.
Wenn wir die so gewonnenen Resultate phylogenetisch verwerthen,
so kommen wir zu dem Resultat, dass bei den Pinnipediern der
Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt, beim Ueber-
gang zum Wasserleben keine Veränderungen erlitten hat, wohl aber
die Grösse ihres Bogens und ihre Höhe, und ebenso auch die Form
des Bulbus.
II. Das Sirenenauge.
An Literatur über das Sirenenauge habe ich nur eine sehr lücken-
hafte Beschreibung des Auges von Manatus americanus bei MURIE (26)
gefunden und eine kurze Notiz H. Vircaow’s (50), die die Form der
Ciliarfortsätze eines jungen Manati betrifft (gleichfalls M. americanus).
1. Manatus latirostris HARLAN.
Embryo von 6,85 cm Länge. In Frontalschnitte zerlegt.
Der Bulbus (s. Fig. N) ist in der Richtung der Axe verkürzt, diese
beträgt nur 3,29 mm, der verticale Bulbusdurchmesser dagegen 4,25 mm.
Zool, Jahrb, XVII, Abth, f. Morph. 12
178 AUGUST PUTTER,
Die Aequatorialebene liegt 1,25 mm hinter der Flache des Corneal-
randes, ein Sulcus corneae ist nicht vorhanden. Das vordere,
corneale Segment des Bulbus ist stärker gewölbt als der Augengrund;
sein Kriimmungsradius beträgt 1,44 mm, der Cornealbogen 120°. Der
verticale Cornealdurchmesser verhält sich zum Bulbusdurchmesser wie
12219:
Die Cornea hat einen verticalen Durchmesser von 2,5 mm,
ihre Höhe beträgt 0,72 mm. Im Scheitel ist sie fast doppelt so
dick wie am Rande, hier misst sie 140 u, dort 260 u. Das Corneal-
epithel ist am Rande mit 30 « nur wenig dicker als im Scheitel, wo
es 24 u dick ist, es lässt 3 Schichten erkennen, die tiefste ist etwa
10 uw dick und besteht aus annähernd cubischen Zellen, deren sehr
grosse, runde oder ovale Kerne 8 u im Durchmesser haben. Es folgt
eine Schicht polygonaler Zellen von 8 « Dicke, die runden Kerne sind
etwa 6 « dick. Die oberflächlichste Schicht bildet eine Lage Platten-
zellen von 6 u Dicke, ihre Kerne sind längs oval und bei 4 « Dicke
bis 10 u lang.
Die Cornea pro-
pria zeigt im Scheitel
; sehr lockern Bau, die
SOQ,--p.¢. Lamellen fassen viele
N weite Lymphräume zwi-
À 7" schen sich. Gegen den
oy Rand hin wird das Ge-
fiige fester, die Lymph-
räume kleiner. Die Kerne
der Cornealfasern liegen
im Scheitel ziemlich weit
Fig. N. Manatus latirostris, Verticalschnitt. 13:1. von einander entfernt, sie
Buchstabenerklärung s. am Schluss. sind meist lang und
schmal, am Rande aber
liegen sie sehr dicht, ihre Form ist rund oder oval, auch sind sie
grösser als die im Cornealscheitel.
Die Sclera ist nahe dem Cornealrand 70 wu dick, dann verdünnt
sie sich bald auf 40 «u, eine Dicke, die sie auch im Aequator bei-
behält. Gegen den Augengrund nimmt sie nur'unbedeutend an Dicke
zu, sie misst hier etwa 50 w. Sie besteht aus starken, nur meridional
verlaufenden Fasern mit langen, flachen Kernen; die Fasern liegen
fest an einander.
Eine Anlage der Chorioidea ist noch nicht vorhanden.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 179
Die Iris stellt einen Ring von etwa 590 « Breite dar. Am
Pupillarrand ist sie 60 « dick, an der Wurzel 120 u. Das Stroma
enthalt Pigment in grosser Menge. Das Aussenblatt der Pars iridica
retinae ist 14—20 u dick und ganz mit schwarzem Pigment erfüllt.
Das Innenblatt ist bis an den Pupillarrand hin völlig pigmentfrei. Am
pupillaren Rand ist es 10 w dick, an der Wurzel 20 uw dick und hier
schon mehrschichtig.
Das Corpus ciliare schliesst sich als 425 u breiter Ring an
die Iris an. Die Ciliarfortsätze haben eine sehr einfache Gestalt, sie
stellen dreieckige Platten ohne secundäre Fältchen dar. Ihre Höhe
beträgt 170—200 u, die Dicke an der Basis etwa 100. Die Fortsätze
stehen sehr eng, so dass ihre Gesammtzahl sicher 90—100 beträgt.
Das Pigmentblatt zieht als 40 « dicke, tief schwarze Schicht über die
Fortsätze hin. Das Innenblatt der Retina ist auf der Höhe der Fort-
sätze nur 10 « dick, nimmt dann aber rasch bis auf 50 u am hintern
Ende der Falten zu.
Das Aussenblatt der Retina ist im Ganzen stark pigmentirt, es
ist im Augengrund 17 u dick, gegen das Corpus ciliare nimmt es bis
auf 40 u zu.
Das Innenblatt der Retina ist im Augengrund 180 « dick, an der
Linea terminalis retinae 90 « dick, die Grenzlinie ist nicht
scharf markirt, sondern der Uebergang des Pars optica in die
Pars ciliaris retinae erfolgt allmählich. Die äussere Körner-
schicht ist 130 « dick und besteht aus etwa 26 Lagen von Kernen.
Sie liegen ungeheuer dicht gedrängt, nur gegen die innere Grenze hin
ist die Anordnung eine lockere. Die äussere reticuläre Schicht ist 10 u
dick. Die innere Körnerschicht besteht aus 1—3, im Durchschnitt
2 Lagen von Kernen, die viel weniger dicht liegen als die äussern
Körner, die Dicke der Schicht beträgt 20 u. Die Durchmesser der
Kerne betragen in beiden Körnerschichten etwa 4 «u. Vitreal von der
innern Körnerschicht liegt eine Zone von 20 u Breite, in der weitere
Unterscheidungen in innere reticuläre Schicht und Ganglion optici
nicht zu erkennen sind.
Der Nervus opticus hat elliptischen Querschnitt; in der Hori-
zontalen beträgt sein Durchmesser 760 uw, in der Verticalen 380 w.
Er tritt im horizontalen Meridian des Auges erheblich temporal vom
hintern Augenpol an den Bulbus, den er unter sehr spitzem Winkel
trifft. Sein Verlauf zeigt eine höchst auffallende Abweichung von dem
Verhalten bei allen übrigen Säugethieren, er tritt nämlich aus dem
Kegel der Musculi recti heraus und dann durch das Foramen
12*
180 AUGUST PUTTER,
opticum, das hier also nicht innerhalb der Ansätze der Recti ge-
legen ist, sondern nasal von denselben.
Die Linse hat einen Durchmesser von 1,53 mm, die Axe ist
123 mm lang. Die Vorderfläche ist viel flacher als die Hinterfläche,
ihre Höhe beträgt nur 380 «, ihr Krümmungsradius 0,96 mm und ihr
Bogen 105°. Die Hinterfläche ist 850 « hoch, ihr Krümmungsradius
ist 0,77 mm lang, und ihr Bogen beträgt 168°. Das vordere Linsen-
epithel ist mehrschichtig, seine Dicke beträgt etwa 30 u. Die grossen,
runden Kerne haben etwa 6 « Durchmesser. Die Epithelgrenze liegt
nicht im Aequator, sondern 340 u hinter demselben ganz auf der Hinter-
fläche der Linse. Die Kerne der peripheren Linsenfasern sind sehr
gross, sie haben etwa 10 w Durchmesser und lassen deutlich in heller
sefärbtem Plasma dunkle Kernkörperchen erkennen. Die Kerne der
Centralfasern sind dagegen viel kleiner, der Durchmesser beträgt
4—5 u, und sie sind ganz dunkel gefärbt.
Das Corpus vitreum erscheint als ein Netz von stärkern und
schwächern Fibrillen, welche sich gegen die Retina als Membrana
limitans, gegen die Fossa lentis als Membrana hyaloidea
verdichten. An der Papilla nervi optici treten 2 feine Vasa
hyaloidea in den Glaskörper ein. Die Capsula vasculosa
lentis besteht aus feinen, meridional um die Linse verlaufenden Ge-
fässen, die zahlreiche Anastomosen unter einander bilden. Ihre Dicke ~
beträgt etwa 17 u, ihr gegenseitiger Abstand 26 u.
Von den Lidern ist das Oberlid schwächer entwickelt, es ist
1,87 mm breit und an der Basis 0,85 mm dick, das Unterlid ist
2,04 mm breit und an der Basis 1,06 mm dick. Die Epidermis, die
am übrigen Kopf etwa 34 u dick ist, verdickt sich gegen den Margo
ciliaris bis auf 85 u. Auf die Epidermis folgt die Speckschicht. Diese
hat auf dem Kopf die erhebliche Dicke von 1,27 mm, nimmt dann gegen
die Lider rasch an Dicke ab und misst an der Lidwurzel 255 uw, am Lid-
rand nur noch 128 u. Der Orbicularis oculi ist im Unterlid stärker
entwickelt als im Oberlid, er reicht einerseits bis gegen den freien
Lidrand, andrerseits bis über die Basis des Lides heraus. Das Con-
junctivalepithel zeigt mehrere Schichten von Zellen. Die Mem-
brana nicticans ist stark entwickelt und enthält einen winklig ge-
bogenen Nickhautknorpel.
Auffallend ist das völlige Fehlen von Augendrüsen ; weder die ge-
ringste Anlage einer HARDER’schen noch einer Thränendrüse ist
vorhanden, auch ein subconjunctivales Drüsenstratum fehlt gänzlich.
Bemerkenswerth ist der Reichthum an Gefässen: unter dem Kegel
der Musculi recti zieht ein starkes arterielles Rete mirabile
Die Augen der Wassersäugethiere. 181
durch die Orbita. Ausserdem liegt am obern äussern Rande derselben
ein aus mehreren grossen Venen bestehender Plexus venosus.
Anhang.
Hier muss eine Beobachtung Platz finden, die ich nicht zu
deuten wage:
Im obern Abschnitt des Bulbus, etwa im Aequator und in der
Nähe der Medianebene des Auges, schnürt sich von der Retina ein
bläschenförmiger Körper ab. Er liegt an der vitrealen Seite der Retina
und ragt in den Glaskörperraum hinein. Seine Länge beträgt etwa
400 u, die Breite 260 w. Die der „äussern“ Körnerschicht ent-
sprechende Zellenschicht des Bläschens ist von der äussern Körner-
schicht der Retina getrennt, eine Schicht vom Aussehen der innern
Körnerschicht der Retina schiebt sich zwischen beide. Das Bläschen
ist völlig geschlossen.
Diese Bildung findet sich an der gleichen Stelle des Bulbus
an den beiden Augen der Embryos. Schon hierdurch wird die nächst-
liegende „Erklärung“, dass es sich um eine „Schrumpfung‘ handeln
könnte, unwahrscheinlich, um so mehr als der eine Bulbus gut erhalten
ist, während der andere starke Deformationen im Ganzen und be-
sonders Faltungen der Retina zeigt. Trotz dieses schlechten Zustands
ist das fragliche Gebilde durchaus sicher festzustellen.
Wenn aber nach sorgfältiger Erwägung der Umstände ein Kunst-
product hier nicht vorliegt, so bleibt es doch vorläufig unmöglich,
diesem sonderbaren Gebilde, das meines Wissens kaum irgendwo eine
Analogie findet, irgend eine Deutung zu geben.
2. Manatus köllikeri KÜKENTHAL.
Embryo von 51 cm Länge (s. KÜKENTHAL, 96).
Der Bulbus (s. Fig. O) ist elliptisch, in der Richtung der Axe
verkürzt. Die Axe ist 8,5 mm lang, der Verticaldurchmesser 10,3 mm, und
der Horizontaldurchmesser, der am längsten ist, misst 11,4 mm. Ein
Sulcus corneae ist nicht vorhanden. Die Aequatorialebene liegt
3 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Die Cornea ist recht
klein, das Verhältniss ihres Durchmessers zum Bulbusdurchmesser be-
trägt in horizontaler Richtung 1: 2,714, in verticaler ist die Hornhaut
noch kleiner, das Verhältniss beträgt 1:3,273. Der Krümmungsradius
beträgt 2,7 mm, der Bogen 102°.
Die Cornea hat einen verticalen Durchmesser von 3,3 mm, einen
horizontalen von 4,2 mm, die Höhe beträgt 1,0 mm.
182 AUGUST PUTTER,
Die Cornea ist im Scheitel 0,76 mm dick, d. h. mehr als doppelt
so dick wie am Rande, wo sie nur 0,34 mm misst. Das Epithel ist
am Rande wie im Scheitel 30 « dick, es besteht aus einer tiefen
Schicht von Cylinderzellen, die 16 « hoch sind und sehr grosse Kerne
zeigen, und einer oder zwei oberflächlichen Lagen flacher, in der Ver-
hornung begriffener Zellen.
Die Sclera ist im Aequator nur 85 x dick, im Augengrunde
verdickt sie sich auf 170 «, am Cornealrande beträgt die Dicke 210 u.
Die Chorioidea ist nur als 40 u dicke Schicht lang gestreckter,
pigmentirter Bindegewebszellen an der Innenfläche der Sclera er-
kennbar.
Die Iris bildet einen
1,445 mm breiten Ring,
ihre Dicke beträgt 85 u.
Die Zahl der Pro-
cessus ciliares beträgt
45—50, ihre Höhe 468 u
bei einer Länge von
1,56 mm. Sie haben die
Form dreieckiger Platten,
in ihren untern (hintern)
Theilen sind sie glatt, in
den vordern reich mit Fält-
À chen besetzt. Der freie
Fig. 0. Manatus köllikeri, Verticalschnitt, and ist verdickt, = —
5:1. Buchstabenerklirung s. am Schluss. Die Retina ist im
Augengrunde 180 w dick,
die äussere Körnerschicht besteht aus etwa 7 Schichten von Zellen,
ihre Gesammtdicke beträgt 40 u. Die äussere reticuläre Schicht ist
10 u dick, die innere Körnerschicht, aus etwa 5 Zellenschichten be-
stehend, 30 u. Auf das Ganglion optici entfallen 70 u.
Der Nervus opticus tritt am hintern Augenpol an den Bulbus
heran. Der Durchmesser der Linse beträgt 2,3 mm, ihre Axe 2 mm,
Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt, je 1 mm hoch.
3. Halicore dugong Q. et G.
Embryo von 46 cm directer Körperlänge, Länge über den Rücken
52 cm. In Alkohol (s. Fig. P).
Der Bulbus ist in der Richtung der Axe verlängert, diese über-
trifft mit 15,5 mm Länge den Horizontal- und Verticaldurchmesser,
Die Augen der Wassersiiugethiere. 183
die einander gleich, beide 14,5 mm lang sind. Die Aequatorialebene
liegt 6 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus cor-
neae ist nicht vorhanden. Die Cornea ist recht klein, ihr verticaler
Durchmesser verhalt sich zum verticalen Bulbusdurchmesser wie 1 : 2,64,
die horizontalen Durchmesser verhalten sich wie 1: 2,25. Das corneale
Segment des Bulbus ist viel stärker gewölbt als das sclerale, sein
Krümmungsradius beträgt 3,25 mm, der Bogen der Cornea 134°.
Der Krümmungsradius der Sclera beträgt 6,34 mm, der Bogen 303°.
Die Cornea hat einen Horizontaldurchmesser von 6,5 mm, der
Verticaldurchmesser beträgt 5,5 mm, die Höhe 2 mm. Im Scheitel
ist die Cornea fast doppelt so dick wie am Rande, dort 1,1 mm dick,
am Rande nur 0,595 mm.
Die Sclera ist
im Aequator am dünn-
sten, hier misst sie
0,4 mm, am Corneal-
rande beträgt die Dicke
FR
s
0,6mm und im Augen- | temporal
grunde 0,7 mm. nasal
Am Cornealrande ch
7
liegt, nahe der Innen-
fläche der Sclera der
Sinus venosus
Schlemmi, ein Ge-
fäss von 60 u Breite
und 30 u Dicke. N
DieChorioidea Fig. P. Halicore dugong Q. et G. Horizontalschnitt.
erscheint in einem 3:1. Buchstabenerklärung s. am Schluss.
Ringe von etwa 4 mm
Breite, der sich an das Corpus ciliare anschliesst und nach hinten
etwa bis zum Aequator reicht, völlig schwarz. Der Augengrund er-
scheint dunkelgrau. Man muss diesen ganzen Bezirk als die Anlage
eines Tapetum lucidum betrachten. Nasal reicht das Tapetum auf
eine Strecke von 7—8 mm bis an das Corpus ciliare heran. Der Bau
der Chorioidea ist etwas verschieden, je nachdem man den peripheren,
äquatorialen Theil oder den Augengrund untersucht. In den peri-
pheren Theilen folgt auf eine 50 w dicke Lamina suprachorioidea,
die aus dünnen Bindegewebszügen besteht, die weite Maschenräume
zwischen sich fassen und Pigmentzellen enthalten, die Gefässchicht
der Chorioidea. Sie ist 90 « dick und besteht aus einer einfachen
184 AUGUST PUTTER,
Lage grosser, dünnwandiger Gefässe Nach innen folgt dann eine
40 u dicke Schicht, die aus mehreren Lagen lang gestreckter, pigmen-
tirter Bindegewebszellen besteht und der sich nach innen die Chorio-
capillaris mit 10 « Dicke anschliesst. Das 10 « dicke Aussenblatt
der Retina ist ganz mit schwarzem Pigment erfüllt. Die Gesammt-
dicke der Chorioidea beträgt hier 140 u.
Im Bereich der Anlage des Tapetums besteht der Unterschied
im Bau wesentlich darin, dass die Bindegewebsschicht, die zwischen
Lamina vasculosa und Choriocapillaris liegt, hier 110 w
dick ist und die Zahl der Pigmentzellen in ihr abnimmt. Doch ent-
hält sie noch eine Anzahl solcher Zellen, die ihr das dunkelgraue
Aussehen geben, in Verbindung mit dem Stratum pigmenti re-
tinae, das auch hier pigmentirt ist.
Die Iris ist oben am breitesten, 1,5 mm breit, etwa ebenso breit
nasal und temporal, unten dagegen nur 1,4 mm breit. Die Pupille
ist rund und hat einen Durchmesser von 2,2 mm. An der Wurzel
beträgt die Dicke der Iris 128 uw und ebenso viel am Pupillarrande,
in der Mitte ist sie 255 w dick.
Das stark entwickelte Stroma enthält zahlreiche, unregelmässig
gestaltete Pigmentzellen und nur wenige grössere Gefässe. Vom
Pupillarrande aus erstreckt sich 0,6 mm weit der stark entwickelte
Sphincter iridis in einer Dicke von 50 u, an der Rückseite der
Iris überlagert von den beiden Blättern der Pars iridica retinae,
die gleich stark pigmentirt und zusammen 30—40 u dick sind.
An der Umschlagsstelle des Aussenblatts in das Innenblatt, am
Pupillarrande, bilden beide Blätter einen 50 « dicken Wulst.
Das Corpus ciliare ist 2 mm breit, es erheben sich auf ihm
etwa 50 Ciliarfortsätze zu einer Höhe von 0,84 mm. Die Form der
Ciliarfortsätze ist einfach, ohne secundäre Fältchen, sie sind nach dem
„mechanischen Typus“ gebaut. Von der Pars ciliaris retinae ist
das Aussenblatt stark pigmentirt und 20 « dick, an der dem Linsen-
äquator zugewandten Spitze noch erheblich dicker, das unpigmentirte
Innenblatt ist 12 « dick.
Die Retina ist im Augengrunde etwa 160 u dick. Die äussere
Körnerschicht besteht aus 10 Lagen von Kernen, sie ist etwa 50 u dick.
Die innere Körnerschicht besteht bei 20 « Dicke aus etwa 3 Lagen
von Kernen, die etwas grösser sind als die der äussern Körnerschicht.
Weitere Angaben zu machen, verbietet der Zustand der Retina.
Der Nervus opticus tritt an der nasalen Seite unter sehr
spitzem Winkel an den Bulbus. Seine Eintrittsstelle liegt im horizon-
Die Augen der Wassersiiugethiere. 185
talen Meridian, auf der nasalen Seite 11,6 mm hinter dem Corneal-
rande (s. Fig. P). Die Dicke des Nerven beträgt 1 mm, seine Länge bis
zur Spitze der Orbita 20 mm. Nahe der Spitze der Orbita tritt
der Opticus aus dem Kegel der Musculi recti heraus und vor
denselben, nasal also, durch das Foramen opticum. Die Musculi
recti entspringen also nicht um das Foramen opticum, sondern hinter
ihm, temporal von ihm.
Die Linse hat einen Durchmesser von 3 mm, die Axe ist 2,4 mm
lang. Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt, der Krüm-
mungsradius beträgt bei beiden 1,54 mm, ihr Bogen 155°. Die Dicke
der Linsenkapsel beträgt 30 u, das Epithel ist in der Nähe des
Aequators als ein 16 « hohes Cylinderepithel zu erkennen; wo die
Epithelgrenze liegt, ist nicht mehr feststellbar.
Die Lidöffnung ist oval, 5 mm lang, 3 mm breit. Die Tiefe des
Conjunctivalsackes beträgt oben 6,4, unten 6,3 mm, innen und aussen
7,8 mm. Die Dicke der Lidwurzel misst oben 2 mm, unten 2,5 mm,
und ebenso viel innen, aussen 3 mm.
Den nasalen Theil des Conjunctivalsacks durchzieht die Palpebra
tertia. Sie erreicht ihre grösste Dicke unten im Mittelmeridian des
Auges, hier erhebt sie sich als 3 mm hohe Falte vom Fornix con-
junctivae, ihre Dicke beträgt 0,5 mm. Am nasalen Augenwinkel
ist die Nickhaut mit 3,5 mm am höchsten, aber viel dünner als unten.
Dann nimmt die Höhe rasch ab, und die Falte verstreicht, ohne im
Oberlid den Mittelmeridian des Auges erreicht zu haben.
Das Epithel des Lides ist 170 x dick und im Stratum germina-
tivum dunkelbraun, in den obern Zellenschichten hellbraun pigmentirt.
Nahe der Lidwurzel in der Stirnhaut greifen noch sehr regelmässige
Epithelzapfen in die Cutis ein, auf der Fläche des Lides selbst werden
zuerst die Abstände dieser Zapfen grösser, dann unregelmässig und
die Zapfen flacher. Am Margo ciliaris sind die Zapfen auf eine kurze
Strecke wieder besser ausgebildet.
Unmittelbar unter dem Epithel liegen im Lid eine Anzahl Ge-
fässe, am dichtesten am Lidrand. In dem Bindegewebe, das die Haupt-
masse des Lides bildet, liegt der starke Orbicularis oculi, er
reicht bis zum Lidrande, Seine Dicke ist nicht gut anzugeben, da die
Bündel durch starke Bindegewebszüge von einander getrennt sind. In
1,87 mm Entfernung vom Lidrande beginnt nach innen vom Orbi-
cularis ein starkes subconjunctivales Drüsenstratum von 0,765 mm
Dicke, das bis zum Fornix conjunctivae reicht.
186 AUGUST PUTTER,
Nur eine etwa 0,2 mm dicke Schicht direct unter der Conjunctiva,
die aus kleinen Einzeldrüsen besteht, mündet auf der Innenfläche des
Lides, gegen die Hauptmasse ist sie durch eine Bindegewebsschicht ab-
geschlossen. An der Lidwurzel tritt noch eine weitere Drüsenmasse
auf, die noch tiefer unter der Conjunctiva liegt und von den übrigen
Drüsen wieder durch Bindegewebe getrennt ist.
Die Nickhaut ist an ihrem Rande nur 0,255 mm dick; dieser
Rand wird durch eine Spange von hyalinem Knorpel gestützt, die bei
850 u Breite 128 uw dick ist. Das ganze Innere der Nickhaut be-
steht aus Drüsen, die auch über ihre Basis hinaus sich fortsetzen.
Der knöcherne Orbitalring, der im temporalen obern Quadranten
unvollständig ist, liegt tief unter der Körperoberfläche. Die Dicke
der ihn überlagernden Schicht von Muskeln und Bindegewebe ist oben
6,75 mm dick, unten 5,5 mm, innen 5,4 und aussen 6,5 mm. In Folge
dessen liegt der Bulbus grössten Theils ausserhalb der Orbita, vor
ihr, der Orbitalring umfasst ihn erst hinter dem Aequator.
4. Vergleichung der untersuchten Sirenenaugen.
Die Form des Bulbus ist bei dem Embryo von Manatus lati-
rostris (Länge 6,85 cm) stark elliptisch, das Verhältniss der Höhe des
scleralen Bulbussegments zum Bulbusdurchmesser beträgt 1 : 1,654.
Bei M. köllikeri beträgt es nur 1 : 1,44 und an dem Bulbus von Hali-
core (Länge 46 cm) sind die Unterschiede beider Werte äusserst ge-
ring, das Verhältniss beträgt nur 1:1,074. Aus diesen Zahlen geht
hervor, dass der Bulbus in der Richtung der Axe stärker wächst als
in der des Durchmessers. Dieses relative Wachsthum der Axe ver-
theilt sich auf die drei Abschnitte derselben, auf die Höhe der Cor-
nea, die des prääquatorialen Segments und des Augengrundes, in sehr
verschiedner Weise. Die relative Höhe der Cornea nimmt ab, sie be-
trägt bei Manatus latirostris in Theilen der ganzen Axe 1:4,569, bei
M. köllikeri nur 1:85.
Die Höhe des prääquatorialen Segments zeigt keine bedeutenden
Veränderungen, die des Augengrundes dagegen nimmt relativ zu, sein
Wachsthum ist es, das die relative Verlängerung der Axe bewirkt.
Die Cornea erfährt schon in dem kleinen Entwicklungsabschnitt,
der zwischen den beiden Manati-Embryonen liegt, eine erhebliche Ver-
kleinerung. Das Verhältniss ihres Durchmessers zu dem des Bulbus
beträgt bei M. latirostris 1:1,7, bei M. köllikeri dagegen in horizon-
taler Richtung 1:2,71, in verticaler 1:3,27. Auch der Embryo von
Halicore hat eine sehr kleine Cornea.
Die Augen der Wassersäugethiere. 187
Bei dem geringen Umfang des untersuchten Materials hat es
keinen Werth eine vollständige Vergleichung der untersuchten Augen
durchzufiihren, es sei nur noch mit einigen Worten das Verhalten der
Linse erwähnt, das einiges Interesse bietet.
Die folgende Tabelle giebt unter:
1 das Verhältniss des Linsen- zum Bulbusdurchmesser ;
2 Verhältniss der Linsen- zur Bulbusaxe;
3 Verhältniss des Linsen- zum Cornealdurchmesser.
1 2 3
Manatus latirostris 6,8 cm 1:2,78 1:2,67 1:1,63
Pe kolvkers “blem 1:40 124,25 1:1,34
Halicore dugong 52 cm 1:483 1:6,45 1:2,0
Man ersieht hieraus, dass die relative Grésse der Linse ganz be-
trächtlich abnimmt, besonders die Grösse der Axe. Wichtiger aber ist
das unter 3 angegebene Verhältniss des Linsendurchmessers zum
Cornealdurchmesser. Der Werth für den jüngsten Embryo steht hier
in der Mitte zwischen den Werthen für die grössern Embryonen von
Manatus und Halicore. Während bei Halicore eine beträchtliche
relative Verkleinerung stattfindet, vergrössert sich die Linse bei
Manatus. Der Werth, den das Verhältniss bei MW. köllikeri erreicht,
weicht bedeutend von dem Mittelwerth ab, den man für die übrigen
Wassersäugethiere findet. Von den untersuchten Thieren ist der
Manati das einzige, das im Süsswasser lebt; vielleicht liegt hierin die
Ursache des abweichenden Verhaltens ?
III. Das Mysticetenauge.
Die Reihe der Autoren, die sich mehr oder weniger eingehend mit
dem Walauge beschäftigt haben, ist nicht gering, um so verwunder-
licher aber unser geringes thatsächliches Wissen über dieses Capitel.
Die alten Autoren, die umfassende anatomische Darstellungen der
gröbern Anatomie, meist ganzer Thiere, unternahmen oder wenigstens
das Auge als Ganzes bearbeiteten, wie ALBERS (1810), ALDERSON
(1827), Rapp (1837), Escuricat (1838 und 1849), Mayer (1852),
berühren theils nur sehr im Vorübergehen das Auge, oder wenn sie
ihm grössere Aufmerksamkeit zuwenden, so arbeiten sie mit zu groben
Mitteln und, vor allem, meist an zu schlechtem Material, um erheb-
liche Resultate zu erzielen.
Auch die Autoren, die nur einzelne Theile, besonders die Retina
188 AUGUST PUTTER,
des Walauges zum Gegenstand von Studien gemacht haben, wie RITTER
(1864), SANTI SIRENA (1872), oder die Chorioidea (SATTLER, 1876),
die Plexus in der Opticusscheide (BEAUREGARD u. BOULART,
1894), haben bei aller Vermehrung der Kenntnisse dieser einzelnen
Theile für die vergleichende Anatomie des Walauges damit nur wenig
gethan.
Zahn- und Bartenwale sind in den Arbeiten nicht getrennt, man
erfährt höchstens, dass ihre Augen einander ungeheuer ähnlich sein
sollen. Stets sind es nur einzelne Daten, die man von dem Auge einer
bestimmten Species erfährt, vergleichbare Werthe von mehreren
Species fehlen.
Von Bartenwalen finden sich Angaben über Dalaena mysticetus,
Balaenoptera rostrata und musculus, Megaptera boops. Von Zahn-
walen finden Erwähnung: Delphinus, Phocaena, Grampus griseus,
Monodon, Physeter, Globiocephalus melas.
Aber selten ist eine Angabe genau genug, um sich vergleichend-
anatomisch verwerthen zu lassen.
Eine grosse Förderung hat das Verständniss des optischen Baues
der Walaugen durch die vorzüglichen Untersuchungen von MATTHIESSEN
erfahren, der seit 1836 eine ganze Reihe Arbeiten über den „physi-
kalisch-optischen Bau“ der Zahn- und besonders der Bartenwalaugen
veröffentlicht hat.
Die Entwicklungsgeschichte des Walauges ist vollends ein unbe-
bautes Feld, die einzige Notiz über Augen von Wal-Embryonen finde
ich bei ESCHRICHT (10). Sie bezieht sich auf 2 Embryonen von
Dalaenoptera rostrata und Megaptera boops. Wie geringe Aufmerk-
samkeit der Altmeister der Cetologie diesem Punkt geschenkt hat,
geht aus der Bemerkung hervor (l. c. p. 85): „Die Altersverschieden-
heiten an den äussern Theilen des Auges beschränkten sich nach
meinen Beobachtungen auf die verhältnissmässig bedeutendere Grösse
derselben in den frühern Perioden.“
1. Balaenoptera rostrata (F apr.) ').
Embryo von 20,1 cm Länge. Genaue Maasse finden sich bei
KÜKENTHAL (87), „Walthiere“, p. 239, No. 1 der Tabelle. Der Kopf
ist in Frontalschnitte zerlegt (s. Fig. Q).
Der Bulbus hat die Form eines Rotationsellipsoids, sein Vertical-
1) Die Namen der arktischen Barten- und Zahnwale sind nach der
Nomenclatur angegeben, die KükentTHaAL (110) aufgestellt hat.
Eh FT OH
Die Augen der Wassersäugethiere. 189
durchmesser misst 6,4 mm, die Axe 4,75 mm. Die Aequatorialebene
liegt 1,6 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Der Sulcus
corneae ist 2 mm breit. Das vordere, von der Cornea gebildete
Segment des Bulbus ist viel stärker gewölbt als das hintere sclerale.
Der Krümmungsradius des erstern beträgt 2,83 mm, der des letztern
11,24 mm, zwischen beide schiebt sich der Sulcus corneae ein. Das
Verhältniss des Verticaldurchmessers des Bulbus zu dem der Cornea,
Wediand
SSM
P
RES > à
os Sf, en Ss
Rin / fy I II >
Horizontnle
Fig. Q. Balaenoptera rostrata (FABR.). Frontalschnitt durch den Kopf. 6:1.
Chm Cerebrum, D Drüse, K Knorpel, Nir Nervus trigeminus, O.f Os frontale, O.L
Oberlid, P.s Palpebralis superior, U.Z Unterlid, Z Zygomaticum. Weitere Buchstaben-
erklärung s. am Schluss.
welches ausdrückt, einen wie grossen Antheil am Aufbau des Bulbus
die Cornea nimmt, beträgt 1:1,455. Der Bogen der Cornea hat
die beträchtliche Grösse von 102°. Der Durchmesser der Cornea be-
trägt etwa 4,4 mm. Die Höhe des Cornealscheitels lässt sich nicht
aus directen Messungen angeben, da sie völlig eingedrückt ist und
zahlreiche Falten zeigt. Um einen mit den Maassen der übrigen Em-
bryonen vergleichbaren Werth für die Höhe des Cornealscheitels zu
190 AUGUST PUTTER,
erhalten, wurde die Linge der Cornea direct, allen Faiten folgend, mit
dem Ocularmikrometer gemessen. Die Lange ergab 5,1 mm. Unter
der Voraussetzung, dass der meridionale Schnitt der Cornea ein Kreis-
segment darstellt, wurde nun die Höhe berechnet und construirt und
ergab sich zu 1,05 mm. Die Dicke der Cornea beträgt im Scheitel
130 u, wovon 26 u auf das Epithel, 104 u auf die Cornea pro-
pria kommen.
Am Rande ist die Hornhaut 128—153 u dick, sie enthält hier
Pigment, das hauptsächlich als Brocken in den Zellen des Epithels,
vereinzelt aber auch in denen der Cornea propria auftritt. Das Horn-
hautepithel besteht aus einer tiefen Lage cubischer Zellen, mit runden
Kernen und einer oberflächlichen Schicht von Plattenzellen mit
schmalen, ovalen, der Oberfläche parallelen Kernen. Die Cornea
propria ist in ihren vordern Lagen viel schwächer gefärbt als in den
hintern. In den vordern Schichten sind wellig verlaufende Fibrillen
zu erkennen, hinten dagegen nicht mehr, vielmehr hat hier die Cornea
viel dichteres Gefüge und zeigt die Anordnung in Lamellen, ist also
schon weiter entwickelt als vorn. Die zahlreichen ovalen Kerne der
Grundsubstanz liegen vorn noch ziemlich unregelmässig, häufig im
Winkel gegen die Oberfläche, im hintern Theil dagegen liegen sie alle
parallel der Oberfläche.
Die Sclera ist im Aequator ungemein dünn, nur 50 —60 u dick,
gegen den Augengrund hin nimmt sie an Dicke zu, und diese beträgt
hier 170 u. Die Sclera zeigt fast denselben Bau wie die Cornea, die
innerste Schicht besteht aus sehr dichten Faserbündeln, deren band-
förmige, lange, dünne Kerne parallel der Oberfläche verlaufen. Die
äussere Schicht zeigt lockern Bau, wellig verlaufende Fibrillen, ovale
oder sogar runde Kerne, die nicht mehr so streng orientirt sind.
Eine gesonderte Anlage der Chorioidea fehlt noch. Die Breite
der Iris beträgt etwa 1,1—1,27 mm, ihre mittlere Dicke 127 u. Das
Irisstroma enthält zahlreiche zerstreute Pigmentbrocken. Die
Pars iridica retinae besteht aus dem völlig schwarz pigmen-
tirten Aussenblatt, das 25 « dick ist und diese Dicke auch in der
Pars ciliaris behält, und dem etwa ebenso starken Innenblatt, das
nur am Pupillarrande etwas Pigment enthält, sonst aber gänzlich frei
von ihm ist. Es besteht aus Cylinderzellen, deren Kerne nahe dem
Grunde der Zellen, gegen das Stratum pigmenti hin liegen.
Das Corpus ciliare bildet einen 1 mm breiten Ring, dessen
hintere Begrenzung 0,6 mm hinter der Iriswurzel liegt, der vordere
Theil der Processus ciliares erhebt sich auf der Rückseite der
Die Augen der Wassersäugethiere. 191
Iris. Die Falten sind ziemlich hoch und von einfacher Form, ihr
Stroma enthält reichlich Gefässe.
Das Aussenblatt der Retina ist als tief schwarz pigmentirte
Schicht im Bereich des Corpus ciliare und in der ganzen untern
Hälfte des Bulbus gut ausgebildet, dagegen fehlt die Pigmentirung in
der obern Bulbushälfte völlig, auch der Augengrund ist frei von Pig-
ment. Die Dicke des Aussenblatts beträgt 17 u.
Das Innenblatt der Retina isi im Augengrunde 170 u dick. Diese
Dicke erhält sich fast unverändert bis zu den Wurzeln der Processus
ciliares hin, wo sehr rasch eine Verdünnung erfolgt, so dass auf den
Ciliarfortsätzen das Innenblatt nur als einschichtiges Epithel erscheint.
Die äussere Körnerschicht nimmt im Augengrunde mit 85 u Dicke
die Hälfte der Retinadicke ein. Innerhalb der äussern Körnerschicht
ist besonders im Augengrund ein heller, schmaler Streifen von etwa
‘12 u Breite bemerkbar, der die Körner in eine etwas schmälere
äussere und eine breitere innere Zone theilt. Ausserhalb der Tren-
nungslinie liegen 4, innerhalb etwa 10 Schichten von Kernen. Die
Trennungslinie selbst enthält eine Kernschicht, so dass im Ganzen
etwa 15 Schichten über einander liegen. Im Augengrund ist diese
Trennung der äussern Körnerschicht am deutlichsten, im Aequator ist
sie überhaupt nicht vorhanden. Die innere Körnerschicht ist 60 u
dick und besteht aus etwa 6 Zellenschichten, die aber nicht scharf in
Reihen geordnet sind wie die äussern Körner, sondern unregelmässig
und auch weniger dicht als die äussern Körner liegen. Die Opticus-
fasern liegen als eine etwa 25 w dicke Schicht den innern Körnern auf.
Der Opticus ist 0,51 mm dick und zeigt eine Anzahl längs
verlaufender Reihen von Bindegewebszellen, die Anlagen der Septen,
durch die der Nerv in einzelne Stränge getheilt wird. Der Eintritt
erfolgt nach aussen und oben vom hintern Augenpol. Die Scheide
des Opticus beginnt dünn am Foramen opticum und verdickt sich
von da an gegen den Bulbus derart, dass sie einen starken Kegel
bildet, dessen Spitze nur wenig dicker als der Opticus ist, nur 0,68 mm
dick, dessen Basis dagegen 3,4 mm breit ist, und zwar unten dicker
als oben, unten 2,04 mm, oben 0,35 mm dick, vom Rande des Opticus
gemessen. Die ganze mächtige Scheide ist erfüllt von einem dichten
Netz kleiner Ciliararterien.
Der Durchmesser der Linse beträgt 3 mm, in Theilen des Bulbus-
durchmessers 1:2,13, die Axe 2,8 mm, in Theilen der Bulbusaxe
1:1,7. Die Vorderfläche der Linse ist viel flacher als die Hinter-
fläche, sie ist nur 0,8 mm hoch, hat einen Krümmungsradius von
192 AUGUST PUTTER,
1,8 mm und einen Bogen von 115°, während die Hinterflache 2 mm
hoch ist, einen Kriimmungsradius von 1,56 mm und einen Bogen von
208° hat. Der hintere Linsenpol ist von der Innenfläche der Retina
2,678 mm entfernt. Das vordere Linsenepithel ist einschichtig, es hat
sich in mehreren Falten von den Fasern abgehoben. Der Grund hier-
für liegt wohl in einer stärkern Schrumpfung der Linsenfasern, wo-
durch eine gréssere Abflachung der Vorderflache zu Stande kommt.
Der Werth fiir den Kriimmungsradius der Vorderfliche muss daher
als recht unsicher angesehen werden. Die Epithelgrenze der Linse
liegt etwas hinter dem grössten Kreise. Die Kerne der Randfasern
sind längs oval, die der Centralfasern rund und kleiner als die Rand-
faserkerne. Eine feine Tunica vasculosa lentis umhüllt die
Linse.
Das Corpus vitreum stellt sich als ein Netz von Fibrillen dar,
gegen die Retina ist es von einer dünnen Lage sehr platter Zellen
begrenzt, die Abgrenzung in der Fossa lentis bewirkt eine einfache
Verdichtung des Fibrillennetzes.
Die beiden Lider (s. Fig. Q Ol und Ul) sind auffallend von ein-
ander verschieden. Das Unterlid ist eine starke, im Querschnitt etwa
dreieckige Falte. Sie ist 1,87 mm hoch und an der Basis 0,893 mm
dick. Das Oberlid stellt einen breiten, sehr diinnen Vorhang vor dem
Auge dar. Seine Breite beträgt 6,8 mm, dabei ist es an der Basis
nur 0,128 mm dick und behält diese bis nahe zum Lidrard bei, dann
verdickt es sich bis zum Rande wulstförmig auf 0,34 mm. Der Rand
des Oberlides greift etwas über das Unterlid über. Die Epidermis ist
an der Lidwurzel 34 uw dick, gegen die Lidränder verdickt sie sich
bedeutend. Am Unterlid ist sie am äussersten Lidrand, wo das
Maximum ihrer Dicke liegt, 85 « dick, gegen den innern Lidrand
verdünnt sie sich wieder auf 13 « und geht hier in die Conjunctiva
über. Am Oberlid macht sich eine Verdickung des Epithels erst etwa
0,9 mm vom Lidrand entfernt geltend. Die grösste Dicke beträgt auch
hier am äussern Lidrand 85 uw, doch greift das Epithel noch eine
Strecke weit auf die Innenseite des Lides über, etwa 0,34 mm weit,
um erst hier, mit 43 « Dicke, in die Conjunctiva tiberzugehen. Die
Conjunctiva besteht aus einer tiefen Schicht annähernd cylindriger
Zellen und 1 oder 2 oberflächlichen Schichten von Pflasterzellen, ihre
Gesammtdicke beträgt im Durchschnitt 34 uw. Auf der Innenfläche
der Lider finden sich kleine, gruben- oder schlauchförmige Einsenkungen
drüsiger Natur. Im Unterlid liegt unter der Epidermis zunächst die
Speckschicht, ihre Textur nimmt gegen den Lidrand an Festigkeit zu.
Die Augen der Wassersäugethiere. 193
Die Mittellage des Lides bildet lockeres Bindegewebe. Hierauf folgt
nach innen die Schicht des Musculus palpebralis, dessen Fasern
um den Fornix herum in die Basis des Lides eindringen und etwa
0,9 mm weit darin zu verfolgen sind. Im Randtheil des Lides fehlt
der Muskel, auch ein Orbicularis fehlt vollständig. Auf den
Palpebralis folgt nach innen eine dünne Schicht sehr straffen, dichten
Bindegewebes.
Unter der Conjunctiva liegen zahlreiche Blutgefässe. Im Oberlid
liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Die Speckschicht liegt als dünne
Lage unter der Epidermis, das lockere Bindegewebe, das beim Unter-
lid die Mitte bildete, fehlt hier, auf die Speckschicht folgt unmittelbar
die Schicht des Palpebralis, dessen Fasern 0,595 mm vom Lidrand
entfernt enden, da, wo die wulstförmige Verdickung des Lidrandes be-
ginnt. Auch hier fehlt die Anlage eines Orbicularis.
Auf Schnitten, nahe dem nasalen Augenwinkel, findet sich am
Fornix inferior eine breite Falte, die Nickhaut. Die Höhe beträgt
etwa 340 u, die Dicke an der Basis 425 w und nich viel weniger die
Dicke auf der Höhe der Falte, die oben abgeplattet erscheint. Auf
ihrer Höhe münden einige kurze Drüsenschläuche. Diese Form der
Nickhautanlage ist möglicher Weise künstlich entstellt, da auf einer
Anzahl von Schnitten, die etwas mehr lateral liegen, die Falte im
Querschnitt dreieckig erscheint und bei 255 « Höhe an der Basis
510 u breit ist. Kurze Drüsenschläuche münden auch hier auf ihrer
Oberfläche.
Sehr gering ist die Ausbildung des Drüsenapparats.
Die Harper’sche Drüse ist vorhanden, sie umfasst in bedeu-
tender Ausdehnung den Bulbus von innen und unten, auf die obere
Hälfte greift sie nicht über, sondern bleibt durchweg unter der Hori-
zontalen. Ihre Masse ist aber trotz der erheblichen Flächenausdehnung
sehr gering, sie ist nirgends dicker als 170 uw, und gegen die Ränder
hin verdünnt sie sich auf nur 85 u. Sie besteht aus einzelnen langen,
unverzweigten Schläuchen, an denen die Acini unmittelbar aufsitzen.
Schläuche wie Acini bestehen aus 2 Schichten cubischer Zellen, mit
runden Kernen und deutlichen Kernkörperchen, eins in jedem Kern.
Aus nur einer solchen Schicht Schläuche und Acini besteht die Dicke
der Drüse.
Temporal auf den Bezirk, in welchem unten am Bulbus die Glan-
dula Harderi erscheint, in den obern Conjunctivalsack aber keine
Drüsen münden, folgt eine Zone, in der zusammenhängende Drüsen-
anlagen überhaupt fehlen, nur ganz vereinzelt sind einige kleine
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 13
194 AUGUST PUTTER,
Drüsenschläuche an der Basis der Nickhautanlage vorhanden, sowie
die oben erwähnten kleinen Drüsen auf der Innenfläche der Lider.
Gegen den temporalen Augenwinkel hin zeigen sich am Fornix
inferior wieder Drüsen, die am temporalen Augenwinkel eine rich-
tige Glandula lacrimalis bilden. Dass es sich wirklich um eine
solche handelt, ersieht man auf Schnitten, die temporal vom Con-
junctivalsack geführt sind und diesen nicht treffen; hier können mit
Sicherheit die Schläuche der Thränendrüse nachgewiesen werden.
Ein eigenthümliches Gebilde von anscheinend drüsigem Charakter
liegt im obern hintern Theil der Orbita, bedeckt vom Palpebralis
superior, dem Retractor superior auf. Mit seinen flachen Rändern
reicht es hinten bis gegen die Spitze der Orbita, vorn nicht
weiter als bis zur Höhe des hintern Augenpols. In der Mitte ist es
am dicksten, etwa 0,5 mm dick. In dem Bindegewebe, das seine
Stützsubstanz bildet, liegen nur relativ wenige, ziemlich weit von ein-
ander entfernte Schläuche. Ein Ausführgang war nicht zu finden.
Die Wandung der Schläuche besteht aus zweischichtigem, cubischem
Epithel. Ueber die Natur dieses Gebildes ins Klare zu kommen ist
mir nicht gelungen.
Das Dach der Orbita ist vollständig, der Boden dagegen sehr unvoll-
ständig, nur unmittelbar unter dem Fornix inferior zieht der Pro-
cessus zygomaticus von vorn nach hinten (s. Fig. Q Z). Ihm liegt,
nur durch den Palpebralis getrennt, der Bulbus etwa mit seinem Aequator
auf. Der ganze prääquatoriale Abschnitt des Bulbus liegt ausserhalb
der Orbita vor ihr, in Muskel und Speckgewebe eingelassen.
Zwischen den Wänden der Orbita und dem Kegel der Musculi
palpebrales liegt lockeres Bindegewebe. Am ganzen Dach der Orbita
und besonders auch in ihrem Grunde ist dies erfüllt von einem mäch-
tigen Plexus venosus (s. Fig. Q P.V). Die grossen Querschnitte
der Venen machen den grössten Theil der Fläche aus. Das lockere
Gewebe, welches die untere Begrenzung der Orbita bildet, geht in das
Gewebe der Wandung der Mundhöhle über, das besonders am Gaumen
und in der äussern Bekleidung des Unterkiefers gleichfalls mit venösen
Plexus erfüllt ist, doch sind diese Geflechte nicht so bedeutend wie
jenes, das das Dach der Orbita einnimmt.
2. Balaenoptera physalus [L.].
1. Embryo von 76 cm Länge.
Genaue Maasse finden sich bei KÜkENTHAL (87) „Walthiere*,
p. 240, No. 7 der Tabelle.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 195
Der Bulbus ist in der Richtung der Axe abgeflacht, sie beträgt
nur 21 mm, während der Verticaldurchmesser 25 mm und der Hori-
zontaldurchmesser 27 mm misst. Er weicht stark vom symmetrischen
Bau ab, die obere Hälfte des Verticaldurchmessers beträgt 14,5 mm,
die untere 10,5 mm, und wie die obere Hälfte die untere, so übertrifft
die temporale die nasale. Die temporale Hälfte des Horizontaldurch-
messers misst 15 mm, die nasale nur 12 mm. Zwischen Cornea und
Sclera schiebt sich der Sulcus corneae ein, er ist im Mittel 8,1 mm
breit und 7 mm hoch, ist also noch nicht viel flacher als die Sclera.
Die Cornea ist ziemlich stark gewölbt, im verticalen Meridian
viel stärker als im horizontalen, in ersterm beträgt der Krümmungs-
radius 9,28, im horizontalen dagegen 13,4 mm. Der Bogen misst in
verticaler Richtung 81°, in horizontaler nur 66°.
Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt,
lässt sich ausdrücken durch das Verhältniss des Cornealdurchmessers
zum Scleraldurchmesser. In der Verticalen beträgt dies Verhältniss
1: 2,08, in der Horizontalen 1 : 1,86. Die Höhe der Cornea beträgt
2,2 mm, ihr Horizontaldurchmesser 14,5 mm, der Verticaldurchmesser
12 mm.
Im Umkreis der Cornea ist die Conjunctiva sclerae dunkel
pigmentirt. Bei der Conservirung haben die Ränder der Lider auf
die quellende Cornea gedrückt und dadurch die Stelle der Cornea
kenntlich gemacht, die der Lidspalte entspricht. Diese Stelle liegt im
untern äussern Theil der Cornea. Die Randdicke der Cornea beträgt
1,148 mm und übertrifft damit die Scheiteldicke, 1,02 mm, nur unbe-
deutend. Das Hornhautepithel fehlt. Die Elastica anterior ist :
als Membran von 18 w Dicke vorhanden. Theilung in Lamellen ist
an der Cornea nicht wahrzunehmen, wahrend sie an der Sclera sehr
deutlich ist. Die Cornea propria besteht aus diinnen, welligen
Fibrillen, die einen förmlichen Filz bilden und zwischen denen zahl-
reiche Kerne liegen. Im äussern Theil der Cornea sind die Kerne
längs gestreckt und geringer an Zahl als im innern, cameralen Ab-
schnitt.
Die Sclera verdünnt sich vom Cornealrand aus und misst schon
2,5 mm von ihm entfernt nur noch 0,595 mm. Sie lässt eine Anzahl
Lamellen erkennen, die aus starken Faserzügen bestehen.
Die Chorioidea ist 30 « dick und besteht aus etwa 6 Schichten
Bindegewebszellen. Auch die Lamina suprachorioidea ist als
weitmaschiges Geflecht zarter Fasern zwischen Sclera und Chorioidea
angelegt.
13°
196 AUGUST PUTTER,
Die Iris ist oben am breitesten, 5,3 mm breit, unten nur 5,0 mm,
und ebenso breit temporal, nasal dagegen nur 4 mm. Die Pupille
ist schwach längs oval, 7 mm lang, 6 mm hoch. Die Iris lässt in
ihren hintern, vitrealen Theilen die Anlage der Musculatur erkennen,
doch sind genaue Details nicht mehr feststellbar. Zahlreiche Binde-
gewebszellen des Irisstromas sind völlig mit Pigment erfüllt. Die
Pars iridica retinae ist ebenfalls völlig pigmentirt, wie auch die
Pars ciliaris, dagegen fehlt dem Aussenblatt der Retina im Augen-
grund das Pigment gänzlich. Die pigmentfreie Zone reicht oben bis
auf eine schmale Zone an das Corpus ciliare heran, im untern
Bulbusabschnitt dagegen kommen grössere, dunkel pigmentirte Flecken
nach hinten bis über den Aequator hinaus vor.
Die Retina ist 300 w dick, hiervon entfallen 200 « auf die
äussern Körner, deren etwa 40 Schichten über einander liegen. Diese
Schicht entspricht den beiden Körnerschichten des erwachsenen Thiers.
Der Opticus tritt etwa am hintern Augenpol, etwas nach oben,
in die Retina ein. Die Opticusscheide verdickt sich trichter-
formig gegen den Bulbus und setzt an ihn in einer ovalen Fläche an,
deren horizontaler Durchmesser 10,7 mm, deren verticaler 8 mm misst.
Die Ciliarfortsätze sind 2 mm hoch und sehr zahlreich.
Der Aequatorialdurchmesser der Linse beträgt 8,1 mm, die Höhe
der Hinterflache 4 mm, die der Vorderfläche scheint etwas geringer
zu sein, doch gestattet die schlechte Erhaltung keine weitern Angaben.
Zum Bulbusdurchmesser verhält sich der Aequatorialdurchmesser der
~ inset wie | : 3.21...
Die Länge der Lidspalte beträgt links 8 mm, rechts 9 mm
der Abstand der Lidränder ist links 3 mm, rechts 2,5 mm. Die Tiefe
des Saccus conjunctivalis ist oben am beträchtlichsten, 17,5 mm,
unten am geringsten, nur 8 mm, nasal ist er 10, temporal 9,5 mm
tief. Das Oberlid ist sehr dünn, an der Basis misst es nur 1 mm,
verdünnt sich auf der Fläche bis auf 0,5 mm und zeigt am Lidrand
eine kleine Verdickung auf 0,8 mm. Anders das Unterlid, das an der
Basis 3 mm dick ist und sich gegen den Lidrand gleichmässig ver-
dünnt.
Ausser einigen unregelmässigen Hautfalten auf dem Ober- und
Unterlid sind 2 charakteristische Falten zu erwähnen, die von der
nasalen Commissura palpebrarum fast horizontal, etwas diver-
girend nach vorn ziehen. Auf eine Strecke von 7 mm sind sie deut-
lich zu verfolgen.
Die Augen der Wassersäugethiere. 197
Das Auge liegt tiber dem hintern Theil der Mundspalte, in die
sich die Orbita vorwölbt. Eine Senkrechte, die man am Mundwinkel
auf dem Unterkieferrande errichtet, trifft gerade noch den temporalen
knöchernen Rand der Orbita.
2. Embryo von 103 cm Länge.
Genaue Maasse finden sich bei KÜkENTHAL (87) „Walthiere“
(s. Fig. R).
Der Bulbus ist elliptisch, seine Axe ist 25 mm lang, sein Hori-
zontaldurchmesser 32 mm und der Verticaldurchmesser 29 mm. Die
Aequatorialebene liegt 5 mm hinter dem Cornealrand. Der Sulcus
corneae ist etwa’ 10 mm breit. Der obere äussere Theil des Bulbus
zeigt eine erhebliche Ausweitung.
Die Cornea ist elliptisch, der Horizontaldurchmesser ist 19 mm,
der Verticaldurchmesser 13 mm lang, die Höhe beträgt 2,5—3 mm;
sie ist also in verticaler Richtung stärker gewölbt, hier misst ihr
Krümmungsradius 9,7 mm, ihr Bogen 84°, während in der Horizon-
talen der Krümmungsradius 19,3 mm beträgt und der Bogen nur 59°.
Das Verhältniss der
Cornea zum Scleral- PN
durchmesser beträgt in 2
horizontaler Richtung
1: 1,68, in verticaler
1:2,23. Die Dicke der
Cornea beträgt etwa
1 mm, Rand und Schei-
tel sind etwa gleich
dick.
Die Sclera ist
im Suleus corneae etwa
1 mm dick, im Aequa-
tor beträgt die Dicke
15 mm und nimmt
gegen den Augengrund i
immer mehr Zu, WO sie Fig. R. Balaenoptera physalus [L.]. Embryo von
am Rande der Opti- 103 em Länge. 2:1. Verticalschnitt. Buchstabener-
klärung s. am Schluss.
un
Y
e
cusscheide mit 3 mm
Dicke ihre grösste Stärke erreicht. In dem Bezirk, in dem die
Opticusscheide an den Bulbus herantritt, ist die Sclera verdünnt.
198 AUGUST PUTTER,
Das Innere des Bulbus befand sich in sehr schlechtem Erhaltungs-
zustand, die Retina war völlig zerfallen, das Corpus ciliare abge-
löst, so dass nur wenige Angaben gemacht werden können.
Das Tapetum erscheint blaugrau und erfüllt den ganzen Augen-
grund; wie weit es an den einzelnen Stellen sich nach vorn erstreckt,
lässt sich nicht mehr feststellen.
Die Iris bildet einen 4 mm breiten, schwarz pigmentirten Ring,
die Pupille ist oval, 9 mm lang, 7,5 mm breit. Die Processus
ciliares sind zahlreich, dicht gestellt, 2,8 mm hoch und zeigen
schon die überwiegende Ausbildung des vordern Theils (s. u.).
Der Opticus ist bei 3 mm Breite 1,5 mm dick, seine Länge
innerhalb der Orbita beträgt 37 mm. Die Opticusscheide ist im
Grunde der Orbita dünn, verdickt sich aber gegen den Augengrund
hin, an dem sie in verticaler Richtung in 15 mm Breite ansetzt. Der
Opticus tritt etwas oberhalb des hintern Augenpols im Mittelmeridian
des Auges an den Bulbus.
Die Linse misst 10 mm im Durchmesser, die Axe ist 8 mm
lang, in Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt 1: 3,125, während der
Durchmesser sich zum Bulbusdurchmesser verhält wie 1:3,05. Vorder-
und Hinterfläche sind gleich hoch, ihre Krümmungsradien betragen
5,125 mm, ihre Bogen je 154°.
Die Länge der Lidspalte beträgt 10,3 mm, die Breite 1,5—2 mm.
Der Fornix conjunctivae bildet fast genau einen Kreis von
29 mm Durchmesser. Vom innern Winkel der Lidspalte ist der Fornix
10,5 mm entfernt, vom äussern 7,5 mm. Die Breite des Oberlids
beträgt 14 mm, die des Unterlids 13 mm. Vom vordern Winkel der
Lidspalte aus ziehen 2 Furchen horizontal nach vorn. Sie diver-
giren etwas und verstreichen in 8—9 mm Entfernung vom Lidwinkel.
Die Dicke des Oberlids beträgt 1,5 mm, die des Unterlids 2,5 mm.
Die Conjunctiva ist in der Umgebung der Cornea in einem schmalen
Ringe stark pigmentirt. Die Oeffnung der Lidspalte liegt vor der
Mitte der Cornea.
3. Erwachsenes Thier, 22 m lang.
Von RÖMER und SCHAUDINN conservirt (s. Fig. S—U sowie
Taf.-2, Big. 2, 8;-Taf. 3, Fig 113 Taf. 4, Fig. 20; 22).
Die Form des Bulbus ist fast halbkuglig zu nennen, der ganze
vordere Theil, Cornea und Sulcus corneae, ist ungemein flach, fast
eben. Er ist etwas elliptisch, der Horizontaldurchmesser beträgt
Die Augen der Wassersäugethiere. 199
120 mm, der Verticaldurchmesser nur 110 mm, hinter diesen Werthen
bleibt der fiir die Axe, 80 mm, weit zuriick.
Die Aequatorialebene liegt, wenn man die äussere Form des
Bulbus betrachtet, 36 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Im
Innern sind die Verhältnisse allerdings ganz andere, hier liegt der
grösste Durchmesser des Bulbus nur 8 mm hinter dem Cornealrand.
Dieser Werth entspricht der Höhe des Sulcus corneae, der sehr
verschieden breit ist, oben 27 mm breit, misst er unten nur 23 mm
und nasal wie temporal nur 20 mm. Aeusserlich ist eine Abgrenzung
des Sulcus nicht gegeben, vom Cornealrande an geht die Sclera in
continuirlicher Wélbung weiter. Innen dagegen ist er deutlich gegen
den Augengrund abgesetzt, seine Flache bildet fast einen rechten
Winkel mit der Tangentialebene des Augengrundes in seinem grössten
Umfange.
\ wie
I \\ ch.
N; 5
AN 2
2
| -Vy
\ IN Lemporal
NA ke.
VAS
nasal
Vo.
Fig. S. Balaenoptera physalus [L.]. Erwachsenes Thier von 22 m Länge. t/,.
Horizontalschnitt. V.c Vasa ciliaria. Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss.
Schon äusserlich erkennt man die Asymmetrie des Bulbus, seine
äussere Hälfte ist grösser als die innere, und die obere ist grösser als
die untere, so dass seine grösste Ausdehnung oben und aussen liegt.
Wegen der ungeheuren Dicke der Sclera sind die Dimensionen des
Innenraums ganz andere als die äusserlich messbaren. Der innere
grösste Horizontaldurchmesser, der, wie erwähnt, viel weiter vorn liegt
als der äussere, beträgt 76 mm, und hiervon kommen auf die nasale
Hälfte des Bulbus nur 36 mm, auf die temporale dagegen 40 mm. Der
innere Verticaldurchmesser lässt gleichfalls die Asymmetrie erkennen,
200 AUGUST PUTTER,
von seiner Gesammtlinge von 74,5 mm entfallen auf die untere Hälfte
36 mm, auf die obere 38,5 mm, es liegt also auch im Innern die
grösste Ausdehnung des Bulbus nach oben und aussen. Der Abstand
des Augengrundes vom Cornealrande beträgt 47 mm, die innere Augen-
axe 49,5 mm, diese ist also 30,5 mm kürzer als die äussere.
€.
5s —————
gm Ur
«a
sos SS SF SSNS S. er
NS
IS u
À ch.
Cr
y
\
fi
.
. N se = AN E
ane IN si oh
\, = |.
N & eo =
Vo
Fig. T. Balaenoptera physalus [L.]. Thier von 22 m Länge. Verticalschnitt.
1/,. V.c Vasa ciliaria. Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss.
Das vordere corneale Segment des Bulbus ist viel flacher als das
hintere sclerale. Der Kriimmungsradius der Cornea beträgt in verti-
caler Richtung 33,89 mm, ihr Bogen 53°, in horizontaler Richtung ist
sie noch erheblich flacher, der Kriimmungsradius beträgt hier sogar
56,07 mm, und der Bogen misst nur 41°. Das Verhältniss des Cor-
nealdurchmessers zum äussern Bulbusdurchmesser beträgt in verticaler
Richtung 1: 3,667, in horizontaler 1: 3,076. Etwas anders stellen
sich die Verhältnisse, wenn man die innern Maasse von Cornea und
Sclera nimmt, es verhält sich dann der innere Cornealdurchmesser
zum innern horizontalen Bulbusdurchmesser wie 1: 2,235 und zum
innern verticalen wie 1 : 2,865.
Das Volumen des Bulbus beträgt mit einem daran hängenden
Stück des Opticus 722 cem; bringt man für dieses 4 ccm in Abzug,
so bleibt als Werth für das Volumen 718 ccm.
Die Cornea ist elliptisch, ihr horizontaler Durchmesser beträgt
39 mm, der verticale nur 30 mm. Sie ist dellenförmig eingesunken
und zwar in sehr regelmässiger Weise. Die Tiefe der Delle beträgt
3,D mm. Es ist anzunehmen, dass sie intra vitam sich ebenso hoch
über den Cornealrand vorwélbt. Am Rande ist sie 2,5 mm dick, in
Die Augen der Wassersäugethiere. 201
der Mitte nur 1 mm. Das Cornealepithel ist 100 « dick und sitzt
einer 16 « dicken Elastica anterior auf. Im Hornhautepithel
lassen sich 9 oder 10 Zellenschichten unterscheiden. Die tiefsten
Schichten bestehen aus annähernd cylindrischen Zellen mit grossen
ovalen Kernen, die zur Oberfläche senkrecht stehen. Ihre Dimensionen
betragen beispielsweise: Länge der Zelle 20 u, Breite 10 u, Länge
des Kerns 14 u, Breite 6 uw. Die Schichtung ist nicht streng durch-
geführt, die Zellen liegen ziemlich unregelmässig. In den oberfläch-
lichen Schichten werden sie kleiner, polyedrisch, die Kerne werden
rund, die Zellgrenzen undeutlich, bis sie endlich ganz verschwinden
und in die oberflächliche verhornte Schicht übergehen, die 14 u dick
ist. Von dieser verhornten Schicht aus senken sich in ziemlich ge-
ringen Abständen, durchschnittlich 100—120 u von einander entfernt,
verhornte Partien in das lebende Cornealepithel ein. Im Längsschnitt
erscheint ein solcher Zapfen etwa doppelkegelförmig (s. Taf.2, Fig.2). Die
geringste Breite, 20 u, liegt etwa in der Mitte des Cornealepithels, von
hier aus verbreitern sich die Zapfen nach aussen wie nach innen kegel-
förmig und gehen einerseits in die oberflächliche verhornte Schicht
über, andrerseits setzen sie sich mit ihren innern Verbreiterungen an
die Elastica anterior ant). Dieser Ansatz ist 40 u breit. Auf Schnitten,
die mit Pikrokarmin gefärbt sind, erscheinen die Kegel wie die ver-
hornte Oberflächenschicht gelb, die lebenden Zellen dagegen roth. In
diesen Hornzapfen sind Zellen nur in der Schicht wahrnehmbar, die
direct unter der völlig verhornten Oberfläche liegt, also in der Schicht
der halb verhornten Zellen; der ganze tiefere Theil des Zapfens, der
die Schichten der wohl ausgebildeten lebenden Cylinderzellen durch-
setzt, lässt keinerlei Zellen oder auch nur Grenzen verhornter Zellen
erkennen. Aus wie vielen Lamellen die Cornea propria besteht,
lässt sich kaum sagen, man kann etwa 40—45 zählen, doch ist diese
Zahl willkürlich, da die Lamellen oft schräg zur Oberfläche ver-
laufen und sich vielfach unter einander verflechten. Die innere Be-
grenzung der Cornea bildet das Endothel der vordern Kammer, das
4 u dick ist. Eine Elastica posterior fehlt anscheinend.
Der Uebergang der Cornea in die Sclera ist nicht scharf be-
grenzt. Die Corneallamellen nehmen einfach an Stärke zu und wandeln
sich dadurch in Sclerallamellen um. Die einzige Möglichkeit einer
Begrenzung giebt die Ablagerung des Pigments in der Sclera, das in
der Cornea natürlich fehlt.
1) Durch ein Versehen ist auf Taf. 2, Fig. 2 die Hlastica anterior
nicht so deutlich dargestellt, wie sie thatsächlich ist.
202 AUGUST PUTTER,
Das Pigment liegt in streifenförmigen Anhäufungen den Scleral-
fasern an. An der Innenseite der Sclera hért die Pigmentirung schon
erheblich, 0,85 mm, eher auf als in der Mitte und an der Aussenfläche.
Die Sclera enthält eine Anzahl von Blutgefässen, die theils
meridional, theils circular verlaufen. Besonders constant erscheinen
nahe der Aussenfläche, 1,7 mm vom Corneairande entfernt, die Quer-
und Längsschnitte einiger Gefässe. Die Durchmesser der elliptischen
Querschnitte betragen 90 und 30 u, die Dicke der Wandung 10 u.
Auch tiefer im Gewebe der Sclera finden sich Gefässquerschnitte, die
etwa dieselben Dimensionen haben wie die oberflächlichen. In der
Umgebung der Gefässe ist das Pigment besonders stark angehäuft.
Vom Cornealrande an, wo sie etwa 2,5 mm dick ist, verdickt sich
die Sclera ständig, schon an der Grenze des Sulcus corneae ist sie
6 mm dick. Ihre grösste Dicke in radialer Richtung beträgt 46 mm.
Diese dickste Stelle liegt jederseits etwa 20 mm vom hintern Augen-
pol entfernt. Im Augengrunde selbst verdünnt sich die Sclera dadurch,
dass das mächtige Geflecht der Ciliargefässe, das den Opticus einhüllt,
in sie eindringt. Es entsteht dadurch eine trichterförmige Einsenkung,
deren Grundkreis 71 mm Durchmesser hat.
An der Oberfläche der Sclera verlaufen die starken Scleralfasern
ziemlich meridional, diese Schicht ist an verschiednen Stellen ver-
schieden dick, im Durchschnitt 5 mm. Auch gegen die Innenfläche
ordnen sich die Fasern in dieser Weise. Der Raum zwischen
beiden Systemen meridionaler Bündel wird ausgefüllt durch ein Flecht-
werk von Fasern, von denen eine geringe Anzahl circular verlaufen,
die überwiegende Menge aber ist radiär gestellt, also senkrecht zwischen
den Systemen der meridionalen Fasern ausgespannt.
Die Chorioidea hängt ungemein locker mit der Sclera zu-
sammen, die Lamina suprachorioidea besteht nur aus wenigen
spärlichen Bindegewebsstrangen. Nur an der Iriswurzel besteht eine
feste Verbindung von Sclera und Chorioidea.
Im Bau der Chorioidea kann man zwei verschiedenartige Be-
zirke unterscheiden: 1) den peripheren, kein Tapetum enthaltenden
Theil und 2) den Bereich des Tapetum lucidum. In dem peripheren
Theil ist die Aderhaut sehr einfach gebaut. Das Stratum vascu-
losum besteht aus den grossen, ungemein regelmässig neben einander
liegenden Chorioidealgefässen, die so dicht liegen, dass sie sich mit
ihren Wandungen fast berühren. Ihr elliptischer Querschnitt ist 380 u
breit und in radialer Richtung 212 u dick. Die Dicke der Wandung
beträgt 42 u. Zwischen diesen grossen Gefässen liegen hin und wieder
Die Augen der Wassersiiugethiere. 203
kleinere von etwa 50 « Durchmesser. Der zwischen den Gefässen
übrig bleibende Raum ist von Bindegewebe erfüllt, dessen unregel-
mässig stern- oder spindelförmige Zellen stark pigmentirt sind. Der
runde Kern ist häufig als heller Kreis von 8 u Durchmesser kennt-
lich. Nach innen liegt dem Stratum vasculosum die Choriocapil-
laris auf, die in den peripheren Theilen nur schwach entwickelt ist.
Nach innen folgt dann das Aussenblatt der Retina, das hier aus einem
cubischen Epithel von 24 u Höhe besteht. Die stark pigmentirten
Zellen lassen in ihrer Mitte den runden Kern von 6 u Durchmesser
als hellen Fleck erkennen.
Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 4 Blutleiter, die un-
gefähr in den 4 Hauptmeridianen verlaufen. Die beiden horizontalen
sind die stärksten, sie bilden Fortsätze des grossen Gefässplexus, der
den Opticus umgiebt. Als Röhren von 3—4 mm Durchmesser durch-
ziehen sie, 10—12 mm unter der Oberfläche der Sclera, diese in
meridionaler Richtung (s. Fig. S). Dann verjüngen sie sich rasch und
treten im Aequator (innerer Aequator) mit den Gefässen der Chorio-
idea in Beziehung. Oben und unten verläuft auch je ein Blutleiter,
die sich aber ganz anders verhalten. Sie haben keine Beziehungen
zum Plexus der Ciliargefässe, sondern treten in einiger Entfernung
vom Rande derselben, der obere 16 mm, der untere 25 mm von ihm
entfernt, aus der Sclera aus, von wo an dann am enucleirten Bulbus
ihr weiterer Verlauf nicht mehr zu verfolgen ist. Die Dicke dieser
Blutleiter beträgt 2—3 mm, doch enthalten sie nicht, wie die hori-
zontalen, ein Geflecht einzelner Gefässe, sondern stellen je eine grosse
Vene dar. In einiger Entfernung vom innern Aequator theilen sich
beide Gefässe dichotomisch, so dass die Einmündung in die Chorio-
idealgefässe oben und unten durch zwei kleinere Gefässe erfolgt (s.
Big... 1);
Das Tapetum erfüllt den grössten Theil des Augengrundes, an
den verschiedenen Stellen reicht es verschieden weit gegen das Corpus
ciliare heran. Unten bleibt es 30 mm von ihm entfernt, oben, nasal
und temporal dagegen reicht es auf 9 mm an den Ciliarkörper heran.
Seine Farbe ist ein metallisch glänzendes Spangrün. Unzählige kleine,
punktförmige Oetinungen sind schon mit blossem Auge auf dem Tapetum
sichtbar, es sind die Durchtrittsstellen der Gefässe. Beim Uebergang
in den pigmentirten Theil der Chorioidea geht die grüne Farbe zu-
nächst in Blau über, dann in Hellbraun und endlich in Dunkelbraun.
Gegen das Licht gehalten erscheint das Tapetum durchscheinend, in
leicht gelblichbraunem Ton. Die Chorioidea ist recht schwach pigmen-
204 AUGUST PUTTER,
tirt, nicht nur im Bereich des Tapetums, wo nur zerstreut und ganz
unregelmässig hie und da die grossen Chorioidealgefässe eine Strecke
weit pigmentirt sind, sondern auch in den peripheren Theilen, in denen
das Tapetum fehlt. Erst im Bereich der Iris und des Corpus ciliare
ist die Pigmentirung so stark, dass diese Partien schwarz oder
schwarzbraun erscheinen. Während peripher die Chorioidea nur
0,255 mm dick war, misst sie im Augengrunde 1,02 mm in der Dicke.
Die Lamina vasculosa enthält aussen zunächst die Schicht
der grössten Chorioidealgefässe (s. Taf. 2, Fig. 8). Hierauf folgen nach
innen zwei nicht immer deutlich ausgebildete Schichten kleinerer Gefässe
und endlich direct unter dem Tapetum wieder eine Schicht grösserer Ge-
fässe. Die äusserste und innerste von diesen Schichten, die der grössten
Gefässe, enthalten die eigentlichen Chorioidealgefässe. In der äussern
Schicht beträgt ihr Durchmesser 300—425 u, in der innern sind sie
170—250 u breit und 144 w dick, ihre Wandungen sind 10 « dick
und enthalten elastische Fasern. Die zwischen diesen beiden Schichten
gelegenen Gefässe sind durch ihre starken, musculösen Wandungen,
die keine elastischen Fasern enthalten, als Arterien gekennzeichnet.
Sie entspringen aus etwa 14 Gefässen, die in der Umgebung des
Opticus sich aus dem mächtigen Geflecht der Ciliargefässe trennen,
die Sclera durchsetzen und sich in der Chorioidea verteilen. Während
die grossen Chorioidealgefässe dicht an einander grenzen, sind die
Arterien von reichlichem Bindegewebe umgeben, das nur wenige Pig-
mentzellen enthält. Die Arterien haben einen durchschnittlichen
Durchmesser von 85 u, ihre Wandungen sind etwa 16 « dick.
Das Tapetum besteht aus einer Anzahl Schichten gerade ver-
laufender, glattrandiger Zellen, die faserförmig lang gestreckt sind.
Es konnte in jeder ein lang gestreckter, spindelförmiger Kern nach-
gewiesen werden. Die Fasern verlaufen circulär, d. h. sie überkreuzen
die Chorioidealgefässe senkrecht. Die Anzahl der über einander
liegenden Schichten beträgt 10 oder 12, was bei einer Dicke des
Tapetums von 60 u für die einzelne Faserzelle 5—6 u Dicke ergiebt.
Durchbohrt wird das Tapetum, das selbst gefässlos ist, von einer An-
zahl ziemlich dicker Gefässe, ihr Durchmesser beträgt im Mittel etwa
24 u. Diese Gefässe sind aber alle echte Capillaren, ihre Wandungen
bestehen nur aus einer feinen Schicht von Enthothelzellen.
Nach innen vom Tapetum breitet sich die Choriocapillaris aus.
Die Dicke der Gefässe beträgt 10 u, sie enthalten Blutkörperchen,
wie auch die sämmtlichen Gefässe der Chorioidea in grösserer oder
geringerer Zahl, und sind dicht gelagert. Sie werden bedeckt vom
Die Augen der Wassersiiugethiere. 205
Aussenblatt der Retina, das hier, im Bereich des Tapetums, kein Pig-
ment enthält. Es besteht aus einem 24 « hohen Würfelepithel. Die
runden Kerne liegen in der Mitte der Zellen und haben 6 w Durch-
messer.
Die Pupille ist längs oval, sie ist 15 mm lang und 12 mm breit,
ihre Ränder sind glatt.
Die Breite der Iris ist in den verschiedenen Richtungen nicht
sehr verschieden ; oben ist sie 13 mm breit, aussen und unten 14 mm
und innen 15 mm. Auf ihrer Vorderfläche zeigt die Iris eine grosse
Menge kleiner, zottenförmiger Unebenheiten, die ziemlich regelmässig,
annähernd in concentrischen Kreisen angeordnet sind. Wie die mikro-
skopische Untersuchung zeigt, dringt in jede derselben ein Blutgefäss
ein, das die Zotte ganz erfüllt. Die Hinterfläche ist in ihrem pupil-
laren Theil ganz glatt, in dem ciliaren weist sie niedrige, schwache
Radialfalten auf. An der Iris lassen sich nach ihrer Dicke zwei Ab-
schnitte unterscheiden, die der glatten und der mit Radialfältchen
versehenen Partie entsprechen. Am pupillaren Rande hat sie in einer
Breite von etwa 3,4 mm eine durchschnittliche Dicke von 383 u, im
ciliaren Theil wächst dieselbe auf 1,1 mm. Dieser Verschiedenheit in
der Dicke entsprechen bedeutende bauliche Unterschiede. Der dünne
pupillare Theil besteht fast ausschliesslich aus Muskeln, erst gegen
den Uebergang in den ciliaren, dickern Abschnitt hin treten einige
kleine, zerstreute Gefässe auf, diese liegen alle vor den Muskeln, an
der Vorderfläche der Iris (s. Taf. 3, Fig. 11).
Den Pupillarrand der Iris bildet in einer Breite von 255 w der
Sphincter iridis allein, er ist hier über 350 « dick. Von da an
peripher liegt er der Hinterfläche der Iris in einer Dicke von 130
bis 170 w an. Er endet, schwächer werdend, in einer Entfernung von
etwa 2 mm vom Pupillarrande. Peripher von seinem Aussenrande,
etwa 770 u von ihm entfernt, liegt, durch eine Verdickung des Dila-
tators von der pupillaren Portion getrennt, noch ein Bündel des
Sphincters. Es ist 160 w breit und 100 uw dick. Eine zweite isolirte
Portion findet sich noch erheblich weiter ciliarwärts, ihre Entfernung
vom peripheren Rande des Sphincters beträgt 2,9 mm, das Bündel ist
385 u breit und 255 w dick.
Der Dilatator iridis beginnt 255 « vom Pupillarrande ent-
fernt an der Hinterfläche der Iris, in einer Dicke von 85 u. Diese
Dicke behält er bei seinem radialen Verlauf bis zum äussern Rand
des Sphincters, also bis 2,21 mm vom Puppillarrand entfernt, bei.
Hier verdickt er sich auf eine Strecke von 340 w erheblich, er weist
206 AUGUST PUTTER,
hier eine Dicke von 255 u auf und zieht dann, schwächer werdend,
an der Hinterfläche der Iris weiter. Sein peripheres Ende erreicht er
4,93 mm vom Pupillarrande entfernt.
Der ciliare Theil der Iris zeigt den für das Irisstroma typischen
Bau, grosse Gefässe füllen einen bedeutenden Theil des Stromas
aus. Die Zellen des Bindegewebes, das die Gefässe verbindet, ent-
halten reichlich braunes Pigment, das in kleinen, runden Tröpfchen die
Zellen ganz erfüllt. Das grösste Gefäss der ganzen Iris liegt nur
wenig peripher vom äussern Rande des Sphincters. Es hat elliptischen
Querschnitt und ist bei 765 « Breite 600 u dick. Die vordere Be-
grenzung der Iris bildet das Endothel der Vorderkammer, das als stark
pigmentirte Schicht erscheint. Die Pigmentanhäufung im Stroma ist in
der Umgebung der Gefässe am stärksten. Die hintere Begrenzung
bildet das der Retina angehörige Pigmentepithel, dessen Zweischichtig-
keit aber in Folge der starken Pigmentirung nicht zu erkennen ist.
Die Ciliarfortsätze reichen eine Strecke weit auf die Rückseite
der Iris hinauf.
Die Breite des Corpus ciliare beträgt 12 mm. In diesem
sanzen Gürtel, bis zur Iriswurzel hin, sind die Processus ciliares
ungemein schwach entwickelt, sie erscheinen als ganz flache, schmale,
meridionale Fältchen. Am Iriswinkel, zum Theil sogar, wie erwähnt,
etwas auf der Hinterfläche der Iris, erheben sie sich dann mit einem
Male zu einer freien Höhe von 5 mm. Sie sind 1,3 mm dick und
1 mm breit. Dieser freie Theil ist sehr stark ausgebildet, indem die
etwa cylinderförmigen, freien Fortsätze der Hauptfalten mit zahlreichen
kleinen Fältchen und Erhebungen völlig bedeckt sind. Die Anzahl der
Processus ciliares beträgt 125—130. Die Fortsätze werden vollständig
ausgefüllt von einer Gefässchlinge, die für Bindegewebe gar keinen
Raum lässt.
Der Epithelüberzug besteht aus dem Pigmentblatt der Retina und
der Pars ciliaris des Innenblatts, das die Form eines cubischen
Epithels hat. Die runden Kerne der Zellen liegen in deren Mitte.
Interessant ist der Befund, dass im ganzen Bereich des Corpus
ciliare keinerlei Muskeln zu finden sind, der Musculus ciliaris
fehlt also, ebenso der Tensor chorioideae.
Die Retina wird gegen den Ciliarkörper nicht durch eine Ora
serrata, sondern durch eine glatte Linea terminalis retinae
begrenzt. Die Papilla nervi optici liegt fast genau am hintern
Augenpol, sie stellt eine trichterförmige Einsenkung dar, in deren Tiefe
die Arteria Centralis retinae in die Netzhaut eintritt. Von der
Die Augen der Wassersäugethiere. 207
Papille aus ziehen je nach aussen und innen eine stärkere Arterie,
nach allen andern Richtungen schwächere Aeste. Diese sowohl wie
die stärkern, die sich sehr rasch theilen, gehen bald in fast genau
meridional verlaufende Gefässe über, die erst gegen den Netzhautrand
hin dem blossen Auge sichtbar werden. Ihre gegenseitige Entfernung
beträgt im Durchschnitt 2,5 mm.
Die Retinagefässe scheinen ganz den Charakter von Endarterien
zu haben, denn sie bilden keinerlei Anastomosen. Zuweilen sieht man,
dass ein Gefäss sich theilt und dass die in veränderter Richtung
weiter ziehenden Aeste andere Arterien überkreuzen, ohne mit ihnen
Verbindungen einzugehen.
Die Dicke der Retina beträgt im Augengrunde 340 u. Die Stäb-
chen sind 60 « lang; die Stäbchenschicht ist schon ziemlich zerfallen,
so dass die einzelnen Elemente nicht mehr scharf hervortreten, doch
sieht man an Stelle der Stäbchen häufig sehr deutlich Reihen von
Tröpfchen, in die die Stäbchen zerfallen sind. Ihre Breite beträgt
etwa 4—5 u, ein Werth, der für die Dicke der Stäbchen sicher zu
hoch ist. Sie stehen ungemein dicht. Zapfen waren nicht nachweis-
bar, doch ist bei dem Erhaltungszustand der Retina ihr Vorhandensein
nicht auszuschliessen. Die äussere Körnerschicht ist 77 u dick und
besteht aus 12 Schichten von Kernen. Die Kerne sind rund und
haben 4 « Durchmesser. In der äussern reticulären Schicht, die 42 u
dick ist, liegen nur einige wenige zerstreute Zellen. Die innere
Körnerschicht ist 43 w dick und besteht aus 4—5 Schichten von Kernen,
die aber weniger regelmässig geordnet sind als die der äussern
Körner und auch weniger dicht liegen. In der innern reticulären
Schicht, die wie die äussere 42 u dick ist, liegt nur hier und da ganz
zerstreut eine Zelle. Das Ganglion nervi optici besteht aus
sehr wenigen, weit von einander entfernt liegenden, aber ungewöhnlich
grossen Ganglienzellen von unregelmässiger Gestalt. Es wurden
Dimensionen von 50 und 60 u in zwei auf einander senkrechten Dimen-
sionen an einer Zelle gemessen. Die Kerne sind ziemlich rund, ihr
Durchmesser beträgt 16 «, sie enthalten ein sehr deutliches Kern-
körperchen von 4 « Durchmesser. Einige weitere Angaben entnehme
ich SANTI SIRENA (24, p. 37—41), der die Zellen bei „Balaena
australis“ untersuchte; er fand ihre Farbe meist gelb, „an einigen
Stellen durchscheinend, an andern ganz und gar dunkel, als ob hier
eine grössere Anzahl gelblicher oder schwarzer Pigmentkörnchen vor-
handen wäre, welches letztere in der That der Fall zu sein scheint“
(24, p. 39). „Die Nervenzellen sind multipolar und haben 4—5,
208 AUGUST PUTTER,
manchmal bis 7 Hauptfortsätze. An ihrem Ursprung bieten die Fort-
sätze einen Durchmesser von 6—10 u dar, welcher allmählich im
weitern Verlauf und je nach der Zahl der abgegebenen Seitenzweige
abnimmt, so dass derselbe in den feinern Verästelungen nur noch 3 u
beträgt‘ (24, p. 40).
Sehr stark ausgebildet sind die MÜLLEr’schen Stützfasern, deren
kegelförmig verbreiterte Endstücken einander berühren und so nach
innen den Abschluss der Retina, die Begrenzungsschicht bilden. Sie
füllen einen sehr bedeutenden Theil der Schicht des Ganglion nervi
optici aus.
In der innersten Schicht der Retina liegen auch die schon makro-
skopisch sichtbaren, oben beschriebenen Gefässe. Ihr Durchmesser be-
trägt im peripheren Theil der Retina noch 70 w. Sie sind ganz mit
Blut erfüllt. Die Blutkörperchen sind rund und sehr klein, sie haben
nur 4 « im Durchmesser. Blutgefässe finden sich auch noch in der
innern Körnerschicht, weiter nach aussen aber fehlen sie.
In der Nähe der Retinagrenze verschwinden zuerst die innern
Körner und die Ganglienzellen des Ganglion optici; 1,7 mm von
der Linea terminalis retinae entfernt beträgt die ganze Dicke der
Retina nur noch 100 u. Hiervon kommen 24 u auf die Stäbchen-
schicht, 30 uw auf die äussern Körner, die aus 6 Schichten von Kernen
bestehen. Die innerste, etwa 50 u dicke Schicht der Retina besteht
nur noch aus einem weiten Maschenwerk von Stützfasern.
An der Grenzlinie nimmt die Dicke ziemlich rasch ab und die
Retina geht in ein einschichtiges cubisches Epithel über. Die Höhe
der Zellen beträgt etwa 20 u, die runden, in der Zellmitte gelegenen
Kerne haben 8 uw Durchmesser. Diesen Charakter behält das Innen-
blatt auf 1,1 mm hin bei, dann werden die Zellen cylindrisch, die
Kerne oval, und es erfolgt derart der Uebergang in das Epithel der
Ciliarfortsätze.
Der Opticus wird durch eine grosse Anzahl, etwa 24, starke,
radiäre, bindegewebige Septen in annähernd keilförmige Segmente ge-
theilt, die aber dadurch unregelmässig werden, dass sich die Septen
gegen die Mitte hin vielfach verflechten, so dass sie hier ganz un-
regelmässige Maschenräume bilden. In den Septen verlaufen einige
grössere und eine ganze Anzahl kleinerer Gefässe.
Zur Bestimmung der Dicke und der Zahl der Opticusfasern wurden
Schnitte verwandt, die in 44 mm Entfernung von der Pupille geführt
waren. Die Durchmesser des Opticus betrugen hier 5,8 mm und
45 mm. Die Dicke der Nervenfasern mit ihrem Neurilemma ist sehr
Die Augen der Wassersiiugethiere. 209
verschieden, neben dünnen Fasern, deren Durchmesser 4—6 u be-
trägt, finden sich dicke Fasern von 16—26 # Durchmesser. Hieraus
ergiebt sich die grösste mögliche Zahl der Opticusfasern zu 157 000.
Die dicken und dünnen Fasern sind nicht gleichmässig vertheilt,
die dünnen liegen in Bündeln zusammen, die in manchen Bezirken
ganz fehlen. Die Fläche der Retina beträgt 11500 qmm, so dass also
auf jeden Quadratmillimeter derselben nur etwa 13 Opticusfasern ent-
fallen. Die Anzahl der Stäbchenzellen der Retina berechnet sich bei
der oben angegebenen Dicke der Stäbchen auf etwa 800 Millionen, so
dass auf jede Faser des Opticus nicht weniger als 5095 Stäbchen
entfallen.
Auch der Finwal zeigt das mehrfach erwähnte eigenthümliche
Ueberwiegen der Anzahl der äussern Körnerzellen über die Anzahl der
Stäbchen. Letztere beträgt auf 1 qmm höchstens 62000, die Zahl
der innern Körnerzellen stellt sich ebenso hoch, 62—63 000, dagegen
findet man für die äussern Körnerzellen mindestens einen Werth
von 550000 auf 1 qmm, also fast 9mal so viel wie Stäbchenzellen.
Der Durchmesser der Linse beträgt 20,5 mm, d. h. in Theilen
des Bulbusdurchmessers 1:5,122, die Axe ist 14 mm lang, beträgt
also 1:5,714 der Bulbusaxe. Nach diesen Werthen erscheint die Linse
ungemein klein, doch muss man zum Vergleich mit andern Thieren
ihre Grösse in Proportion zum Innenraum des Bulbus setzen. Dann
verhält sich ihr Durchmesser zum Innendurchmesser wie 1 : 3,683 und
die Axe zur innern Axe wie 1:3,535. Vorder- und Hinterfläche sind
gleich stark gewölbt, ihr Krümmungsradius beträgt 10,95 mm und ihr
Bogen 139°, es fehlt also ein nicht unerhebliches Stück zur vollstän-
digen Kugel.
Der hintere Linsenstern hat eine sehr complicirte
Gestalt, wie Fig. U zeigt. wy 72
ER a“
Fig. U. | Balaenoptera physalus |L.|. Hinterer Linsenstern. AN
Natürliche Grösse.
Die Linsenkapsel ist eine starke, homogene Membran von 60 u
Dicke. Das Linsenepithel geht, so viel festgestellt werden konnte, im
Aequator in die Fasern über. In der Nähe der Epithelgrenze ist es
doppelschichtig und 16 « dick, es folgt dann nach vorn eine Strecke,
wo es ein einschichtiges Würfelepithel darstellt und nur 12 « dick ist;
2,8 mm vor der Epithelgrenze aber wird es wieder 2- oder sogar
öschichtig und 20 « dick. Von da an nimmt es nach vorn rasch an
Dicke ab und bildet ein 10 « dickes Pflasterepithel. Die Kerne der
Zool. Jahrb. XVII, Abth, f. Morph. 14
210 AUGUST PUTTER,
Epithelzellen sind rund und haben etwa 4 « Durchmesser. An der
Epithelgrenze werden sie unter erheblicher Grössenzunahme oval, sie
sind dann 10 « lang und 4 u breit. Die Linsenfasern (zur Unter-
suchung gelangten nur Randfasern) sind sehr regelmässig 6eckig, 10 u
breit und 2,5 « dick.
Unmittelbar vor und ein kleines Stückchen hinter dem Linsen-
äquator finden sich zwei Kränze kleiner, meridional gerichteter Ein-
drücke, es sind die Ansatzstellen für die Zonula ciliaris. Die
Zonula entspringt im Basalgebiet der Processus ciliares, in ihrem Ver-
lauf liegen die Zonulafasern den Ciliarfortsätzen an, doch so locker,
dass sie sich leicht von ihnen als zusammenhängendes Häutchen ab-
heben lassen. Die Processus ciliares bleiben vom Linsenäquator 4,5 mm
entfernt. Ein zweites Blatt der Zonula scheint nahe dem Iriswinkel
zu entspringen, an der Stelle, wo sich die freien Fortsätze der Pro-
cessus ciliares erbeben, doch reicht das zur Verfügung stehende Material
nicht aus, alle diese anscheinend noch verwickeltern Verhältnisse klar
zu legen.
Die Präparation der Muskelansätze am Bulbus zeigt die un-
verhältnissmässig geringe Ausbildung der Musculi recti und
obliqui. Sie setzen sehnig an den Bulbus an. Der Obliquus
inferior setzt sich in zwei Portionen an den Bulbus an, die eine
liegt etwas nach innen und vorn vom Ansatz des Rectus inferior
und verläuft in einer Länge von 22 mm schräg zur Bulbusaxe. Die
zweite Portion setzt sich in einer Breite von 16 mm nach aussen
und hinten vom Rectus inferior an den Bulbus, etwa in der Mitte
zwischen R. inferior und externus. Dicht neben dem Rectus
superior setzt sich nach unten und aussen der Obliquus supe-
rior in 14 mm Breite an den Bulbus, er verläuft eine Strecke weit
in einer flachen, schräg nach innen und hinten ziehenden Furche
der Sclera.
Die Retractoren setzen sich als Retractor superior und
inferior, die durch die Opticusscheide getrennt sind, an den Bulbus.
Sie sind im Vergleich zu den Rectis und Obliquis enorm stark ent-
wickelt. Der Ansatz des Retractor superior bildet ein grosses, ovales
Feld, dessen vordere Begrenzung etwas hinter dem Aequator liegt,
während die hintere nahe dem Ansatz der Opticusscheide verläuft.
Die Innengrenze überschreitet die Medianebene nur wenig, dagegen
reicht die Aussengrenze bis fast zum Rande des Rectus externus.
Die Ausdehnung der Ansatzfläche beträgt in horizontaler Richtung
86 mm, in verticaler 33 mm. Die Retractoren setzen fleischig an den
Die Augen der Wassersäugethiere. Ait
Bulbus an. Der Retractor inferior ist symmetrisch zu dem
Rtr. superior gelegen, seine Ansatzfläche reicht weit nach innen,
bis nahe an den Rectus internus, andrerseits nach aussen nur
wenig über die Medianebene heraus. Die Länge der Ansatzfläche
beträgt in der Horizontalen 86 mm, in der Verticalen 34 mm.
Die Länge der Lidspalte beträgt 62 mm, ihre grösste Breite
30 mm. Der nasale Winkel der Lidspalte ist kenntlich durch die von
ihm ausgehenden beiden Furchen, die schon beim Embryo von 103 cm
Länge vorhanden sind und oben beschrieben wurden. Der nasale
Winkel ist spitz, der temporale hingegen gerundet und breit. Am
Unterlid erhebt sich am temporalen Winkel ein kleiner, halbkreis-
förmiger Lappen von 9 mm Basislänge und 3 mm Höhe.
Der Lidrand ist in einer Breite von 30 mm blauschwarz gefärbt,
weiterhin geht diese Farbe in einen graubräunlichen Ton über.
Die Farbe der Conjunctiva sclerae ist blauschwarz, die
Cornea ist umgeben von einem 5 mm breiten Ring, in dem die blau-
schwarze Farbe in ein helleres Blaugrau übergeht.
Die langen Epithelzapfen, die sich überall in die Haut des Wales
einsenken, sind auch im Lid stark entwickelt. Ihre Höhe nimmt gegen
den Lidrand allmählich ab, beträgt aber hier doch noch, von der Ober-
fläche an gemessen, 560 w. Das Stratum corneum hebt sich deutlich
vom Rete Malpighii ab, das reichlich schwarze Pigmentkörner enthält,
es ist 43 « dick und reicht über den freien Lidrand ein Stückchen
weit auf die Innenseite der Conjunctiva herüber. Unter der Epidermis
liegt die Speckschicht, die im Lidrande fast das ganze Innere ausfüllt.
Starke Bindegewebszüge theilen ihr Gewebe in einzelne Räume und
dringen zwischen die Epithelzapfen der Epidermis ein. An der Aussen-
fläche ist das Lid fast frei von Gefässen. Die Arterien verlaufen in
der Speckschicht. Die Venen liegen am Lidrande unmittelbar unter
dem Epithel, an der Innenfläche des Lides nehmen sie rasch an Zahl
und Grösse zu, so dass die Conjunctiva palpebrarum überaus
reich mit Blut versorgt ist.
Der Musculus orbicularis beginnt 3,66 mm vom Lidrande
entfernt (s. Taf. 4, Fig. 22).
Die Epithelzapfen der Epidermis erstrecken sich auch auf die
Conjunctiva, nur sind sie hier nicht so regelmässig gestaltet wie dort
und von sehr verschiedner Länge, sie senken sich bis 255 w tief ein.
Die Oberfläche der Conjunctiva ist durch zahlreiche Fältchen erheb-
lich vergrössert, die Fältchen enthalten unter ihrem Epithel und
zwischen den Epithelzapfen ein dichtes Netz von Venen.
14*
212 AUGUST PUTTER,
Die Entwicklung des Auges von Balaenoptera.
In der folgenden Darstellung soll der Embryo von Balaenoptera
rostrata von 20,1 cm Länge als I, die Embryonen von B. physalus
von 76 und 103 em Länge als II und III und das erwachsene, 22 m
lange Thier als IV bezeichnet werden.
Im Laufe der Entwicklung ändert sich die relative Grösse des
Bulbus im Verhältniss zur Körperlänge sehr bedeutend. Beim
Embryo I beträgt die Axe 1:42, der Bulbusdurchmesser 1:31 der
Körperlänge, bei II sind sie sogar noch etwas grösser, die Axe 1:36,
der Durchmesser 1:29 der Körperlänge. Auch bei III ist der Werth
noch nicht sehr gesunken, er beträgt für die Axe 1:41 für den
Durchmesser, 1:34 der Körperlänge. Dem gegenüber erscheint das
erwachsene Auge ungemein klein; legt man der Rechnung die äussern
Maasse des Bulbus zu Grunde, so ist die Axe 1:275 der Durch-
messer 1: 191 der Körperlänge. Für den optischen Werth des Auges
kommen aber nur die innern Dimensionen in Betracht, und für diese
ist das Verhältniss bei der Axe 1:440, beim Durchmesser 1: 293
der Körperlänge.
Ueber das absolute lineare Wachsthum orientirt die folgende Ueber-
sicht. 1 giebt das Wachstum der Axen, 2 das der Durchmesser an,
die Maasse von I als Einheit genommen.
Tia) TE SET O0 Val IMD
1 1 442 526 16,84 142
2 1 406 4,76 170 11,8
Unter IVa sind die äussern Maasse des erwachsenen Auges aufgeführt,
unter IVb die innern.
Die Veränderungen, welche die äussere Form des Bulbus erfährt,
sind sehr erheblich, trotzdem spiegelt sich dies zunächst nicht in dem
Verhältniss der Axe zum Durchmesser, das nur recht geringe Schwan-
kungen erleidet, es ist bei I, wo es 1:1,397 beträgt, fast ebenso
gross wie bei IV, wo es 1: 1,438 beträgt. Die Bulbi der Stadien II
und III nähern sich mehr der Kugelform, für II beträgt das Ver-
hältniss 1:1,19, für HI 1:1,22. Fasst man übrigens für das er-
wachsene Thier die innern Dimensionen ins Auge, so ergiebt sich,
dass hier die Axe relativ erheblich kleiner ist, sie verhält sich zum
Durchmesser wie 1: 1,924. Viel besser als bei Vergleichung der
ganzen Axen treten die Formveränderungen hervor, wenn man die drei
Theilstücke, aus denen sie sich zusammensetzt, gesondert betrachtet:
1) die Höhe der Cornea, 2) die Höhe des Verbindungstheils oder
+ Zu
Die Augen der Wassersäugethiere. 213
Sulcus corneae und 3) die Höhe des Augengrundes, des postäquatorialen
Segments.
Die Höhe der Cornea nimmt ganz wesentlich ab, bei I beträgt
sie in Theilen der Axe 1:4,523, bei II 1: 9,545, bei III 1 : 9,091
und bei IV 1 : 22,857, wenn man die äussern, 1: 19,8, wenn man die
innern Maasse nimmt. Sie hat also beim erwachsenen Thier noch
nicht einmal !/, der Höhe wie beim Embryo von 20,1 cm Länge.
Auch der Sulcus corneae wird im Lauf der Entwicklung
immer flacher, doch ist die Abflachung nicht so erheblich wie bei der
Cornea. Bei I verhält sich seine Höhe zur Axe wie 1: 2,97, bei II ist
das Verhältniss fast dasselbe, 1 : 3,00, und das Breitenwachsthum, das
1:4,05 betragt, ist so stark, wie das Durchschnittswachsthum in
äquatorialer Richtung. Bei III hat die Höhe schon erheblich abge-
nommen, sie beträgt nur !/, der Axenlänge, das Breitenwachsthum
aber zeigt die normale Grösse 5 : 1 in Bezug auf den Embryo I. Beim
erwachsenen Thier ist der Sulcus corneae in den verschiedenen Meri-
dianen sehr verschieden breit, oben am breitesten, 27 mm breit, was
einem Wachsthum von 13,5:1 entspricht, innen und aussen am
schmalsten, 20 mm breit, Wachsthum 10:1, und unten 23 mm
breit, Wachsthum 11,5:1. Dieses Breitenwachsthum bleibt innen
und aussen ein wenig hinter dem durchschnittlichen des Durch-
messers, 11,5:1, zurück, dagegen ist es oben nicht unerheblich
grösser. Sehr stark hat die Höhe abgenommen, die nur 1:10 der
Bulbusaxe oder, wenn man die innern Werthe wählt, 1:6,188 der-
selben beträgt. Seine Höhe hat also im Verhältniss von 1: 3,37 in
Hinsicht auf Stadium I abgenommen.
Den entgegengesetzten Gang der Entwicklung schlägt der Augen-
grund ein, er erfährt eine bedeutende relative Vergrösserung im Lauf
der Entwicklung, wie aus folgenden Proportionen hervorgeht. Seine .
Höhe verhält sich zu der Länge der Bulbusaxe bei I wie 1 : 2,262,
bei II wie 1 : 1,78, bei IIL wie 1:1,449 und bei IV wie 1:1,168,
wenn man die äussern, wie 1:1,253, wenn man die innern Werthe
in Ansatz bringt.
Ausser dieser Tiefenzunahme geht aber noch eine andere Ver-
änderung mit dem Bulbus vor, er wird stark asymmetrisch, indem sich
seine obere und äussere Hälfte stark ausbaucht.
Eine gute Uebersicht über diesen Vorgang giebt die folgende
Tabelle. Die Zahlen geben das relative Wachsthum in Beziehung auf
I an, und zwar in 1 für den temporalen, in 2 für den nasalen Ab-
schnitt des Horizontaldurchmessers, in 3 für den obern, in 4 für den
214 AUGUST PUTTER,
untern Abschnitt des Verticaldurchmessers. Unter 5 findet man die
Zahlen für das durchschnittliche Wachsthum in äquatorialer Richtung.
Die Werthe für IV beziehen sich auf innere Maasse.
1 2 3 4 5
II 4,69 3,75 4,53 3,28 4,06
IV 12,5 11,3 12,0 11,3 11,8
Man ersieht deutlich das überwiegende Wachsthum des obern (3) und
äussern (1) Theils, während der innere und untere hinter dem Durch-
schnittswachsthum zurückbleiben.
Nicht weniger bemerkenswerth als die Formveränderungen ist
die Dickenzunahme der Sclera. Die folgende Uebersicht giebt unter
1 die Dicke im Sulcus corneae, unter 2 die im Aequator und unter
3 die grösste Dicke des Augengrundes in Theilen der Bulbusaxe.
| 2 3
1441232. 51228647, 122988
TIL 2297 216 RS
IV 122021413 #217
Die Dickenzunahme des Sulcus corneae ist nicht sehr bedeutend,
besonders wenn man in Betracht zieht, dass der Werth bei II 1:20
einen Mittelwerth darstellt und dass die Dicke des Sulcus an der
Grenze der Cornea nur 1:32 beträgt, also ebenso viel wie beim
Embryo I. Die Aequatorialdicke nimmt von I zu III bedeutend zu.
Beim Embryo I ist der Aequator die dünnste Stelle des ganzen Bulbus,
das corneale Segment nicht ausgenommen, er ist nur !/, so dick wie
der Augengrund, bei III dagegen ist er halb so dick, obgleich die
Maximaldicke der Sclera sehr bedeutend zugenommen hat. Das ab-
solute Wachsthum der Sclera im Aequator übertrifft mit 29:1 das
Durchschnittswachsthum 5,26 : 1 sehr wesentlich. Nunmehr liegt die
dünnste Stelle des Bulbus im Sulcus corneae, und so bleibt es auch
beim erwachsenen Thier, bei dem die Aequatorialdicke im Verhältniss
zu Embryo III noch etwas, aber nicht sehr beträchtlich zugenommen
hat. Viel stärkeres Dickenwachsthum aber zeigt der Augengrund, er
ist bei IV relativ mehr als 16mal so dick wie bei I, bei III schon
3,5mal so dick wie bei I. Schon bei II zeigt sich in der Umgebung ~
des hintern Augenpols die Verdünnung der Sclera, die beim erwach-
senen Thier sich als trichterförmige Einsenkung darstellt, in deren
Axe der Opticus verläuft.
In der Entwicklung der Cornea haben wir gleichfalls Form-
und Dickenverhältnisse zu berücksichtigen.
Die Augen der Wassersäugethiere. 215
Was zunächst die Formverhältnisse anlangt, so fällt sehr die
relative Verkleinerung des Antheils ins Auge, den die Cornea am Auf-
bau des Bulbus nimmt. Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum
Bulbusdurchmesser durch das dieser Antheil ausgedrückt wird, ist für
die 4 Stadien im Folgenden zusammengestellt, zugleich mit der jedes-
maligen Grösse des Cornealbogens. Unter 1 findet sich das Verhält-
niss der horizontalen Durchmesser, unter 2 die zugehörigen Bogen, 3
giebt das Verhältniss der verticalen Durchmesser, 4 die zugehörigen
Bogen.
1! 2 3 - 1 2 3 4
I = — 28 38.455 2102 SEE 1531.68 59 hs 223" "840
HE 1.86 66" 22.08 DOMINER SOG 4L oO 3.667 53%
In verticaler Richtung verkleinert sich die Cornea am stärksten,
sie ist hier beim Erwachsenen 2,52mal kleiner als bei I, etwas weniger
verkleinert sich der Horizontaldurchmesser. Es ist vielleicht richtiger,
die innern Dimensionen des erwachsenen Auges zum Vergleich heran-
zuziehen, aber auch dann ist die Verkleinerung sehr deutlich, die Pro-
portionen betragen in horizontaler Richtung 1 : 2,235, in verticaler
172,869:
Wie die Höhe der Cornea abnimmt, sieht man an der Verklei-
nerung des Horuhautbogens, noch deutlicher aber an dem Verhältniss
der Corneahöhe zur Bulbusaxe. Dieses Verhältniss ist bei I wie
1:4,52, bei II wie 1:9,54, bei III wie 1:10, bei IV wie 1:23,
wenn man die äussern, wie 1: 19,8, wenn man die innern Werthe be-
nutzt. Die Höhe hat also um das 4—5fache abgenommen.
Der grosse Unterschied der Randdicke und Scheiteldicke der
Cornea tritt erst sehr spät in der Entwicklung auf. Ueber den sehr
bemerkenswerthen Verlauf der Dickenveränderungen der Cornea orien-
tirt die folgende Zusammenstellung. Unter 1 ist die Randdicke, unter
2 die Scheiteldicke in Theilen der Bulbusaxe aufgeführt. IVa giebt
die äussern, IVb die innern Werthe für das erwachsene Auge.
I I III IVa IVb
CS OMIS MER DE Ber En NS
2 15430:9821163 20:6. 1.725. Is 802. 173435
Beim Embryo I haben wir also eine gleichmässig dünne Cornea.
Diese verdickt sich, wie die Stadien II und III zeigen, relativ etwas,
ohne dass aber der bei I ganz schwach angedeutete Unterschied der
Randdicke und Scheiteldicke schärfer hervortrete. Dann findet beim
Erwachsenen eine nicht unerheblich relative Verdünnung der
Cornea statt, diese aber betrifft wesentlich die Mitte, also den optisch
wichtigsten Bezirk der Hornhaut, der beim Erwachsenen relativ fast
216 AUGUST PUTTER,
4mal diinner ist als bei Embryo II. Der Cornearand hat etwa die-
selbe relative Dicke wie bei Embryo I, aber eine geringere als bei
I und II.
Es scheint also, dass hier die relative Verdickung der Cornea
eine Richtung einschlägt, die, um die Verhältnisse des erwachsenen
Thiers zu erreichen, verlassen werden muss. Da es sich hier gerade
um Verhältnisse handelt, die für die Dioptrik des Auges von Be-
deutung sind und der functionelle Reiz des Lichts im intrauterinen
Leben noch nicht zur Wirkung kommt, so liegt vielleicht der Gedanke
nahe, dass die secundäre Verdünnung des Corneascheitels eine functio-
nelle Anpassung an den Durchgang des Lichts sei, die als solche
natürlich erst post partum auftreten kann.
Bei dem jüngsten Embryo fehlt die Anlage der Chorioidea
noch ganz. Bei II dagegen ist sie vorhanden und 30 w dick, d. h.
1: 700 der Bulbusaxe. Vergleicht man damit die Dicke beim aus-
gewachsenen Thier, die 1,02 mm beträgt, oder 1:78 der Bulbusaxe,
so ergiebt sich, dass sie relativ 9mal dicker ist als bei II, eine Dicken-
zunahme, die kaum geringer ist als die der Sclera.
Wenn man die Entwicklung der Iris betrachtet, so muss man
zwei Erscheinungen aus einander halten: das Wachsthum im Verhältniss
zu dem des Bulbus in äquatorialer Richtung und das Verhältniss zu
dem Cornealdurchmesser. Entwicklungsgeschichtlich ist ersteres das
interessantere, biologisch das letztere Verhältniss, durch das ja die
relative Grösse der Pupille ausgedrückt wird. In Bezug auf den
Bulbusdurchmesser verkleinert sich die Iris in der Entwicklung, wie
die folgenden Verhältnisszahlen zeigen: bei I verhält sich die Irisbreite
zum Bulbusdurchmesser wie 1:5,32, bei II wie 1:5,2, bei III wie
1:7,6 und bei IV wie 1:8,2. Also nach einer geringen Breiten-
zunahme in den ersten Stadien der Entwicklung eine beständige Ab-
nahme.
Umgekehrt nimmt im Verhältniss zum Cornealdurchmesser die
Iris an Breite zu, was natürlich durch die sehr erhebliche relative
Verkleinerung des Cornealdurchmessers bewirkt wird. Bei I verhält
sich die Irisbreite zum Cornealdurchmesser wie 1:4,0, bei II wie
1: 2,7, bei III wie 1:4,0 und bei IV wie 1: 2,47. Die Vergrösserung
seht, wie man hieraus ersieht, nicht gleichmässig vor sich, sondern ist
unterbrochen durch eine zeitweilige relative Verkleinerung, die bei III
deutlich hervortritt.
Bei Betrachtung des Corpus ciliare ergiebt sich eine eigen-
artige Thatsache: der Embryo von Balaenoptera rostrata zeigt nicht,
Die Augen der Wassersiiugethiere. 217
wie es sonst bei allen Säugethieren der Fall ist, einen Kranz von
Ciliarfortsätzen, sondern er zeigt deren zwei, die hinter einander
liegen und jeder als aus einfachen Falten bestehend deutlich zu er-
kennen ist. Wir würden dieser embryologischen Thatsache ziemlich
rathlos gegenüber stehen, wenn nicht eine Beobachtung von ESCHRICHT
vorläge (7, p. 596), welcher für Balaena boops = Megaptera boops
am erwachsenen Thier dasselbe feststellte. Abgesehen von dieser
Formveränderung nehmen auch die relativen Dimensionen der Ciliar-
fortsätze beträchtlich in der Entwicklung ab.
Die folgende Zusammenstellung giebt unter 1 die Länge der
Ciliarfortsätze in Theilen der Bulbusaxe ausgedrückt für die Embryonen
I und III und das erwachsene Thier (IV).
I III IV
BE O50) les Vie RL 0
Man sieht daraus, dass die relative Länge vom Embryo I bis zum
erwachsenen Thier um mehr als das 4fache abnimmt.
Die Breite des Orbiculus eiliaris wird von dieser Verkleine-
rung nicht betroffen, bei I ist sie etwa gleich 1:8 der Axe, beim er-
wachsenen Thier 1 : 6,67 der Axe, also sogar breiter als beim Embryo.
Dass die Höhe der Ciliarfortsätze verringert wird, geht aus der
folgenden Tabelle hervor, die unter 1 das Verhältniss der Höhe des
Ciliarfortsatzes zum Bulbusdurchmesser, unter 2 das zum Corneal-
durchmesser angiebt.
1 2
HE: A8 1 |: 6,63
II 1:10.88 1:5,71
TVW fh 2123.0) «12 69
Ueber die Entwicklung der Retina können nur wenige Daten
gegeben werden. Die absolute Dicke derselben ist bei IV nur doppelt
so gross wie bei I. Die äussere Körnerschicht, bei I 85 u dick und
aus 15 Schichten bestehend, ist bei IV nur 77 u dick und besteht aus
18 Schichten, sie hat also absolut an Dicke abgenommen, an Zahl der
Zellen aber zugenommen, die einzelnen erwachsenen Zellen sind hier
also kleiner als die embryonalen. Noch mehr tritt dieser Gang der
Entwicklung bei den innern Körnern hervor, die bei I 60 « dick sind
und aus 6 Schichten bestehen, bei IV nur 43 u dick und aus 9
Schichten bestehen; die Kerne liegen übrigens in dieser Schicht bei
weitem nicht so dicht wie in der äussern Körnerschicht.
Die Linse des Embryo I weicht dadurch stark von der Form
der erwachsenen Linse ab, dass ihre Vorderfläche sehr flach ist, die
218 AUGUST PUTTER,
Höhe beträgt nur 0,8 mm, während die stark gewölbte Hinterfläche
2 mm hoch ist. Schon bei III sind die beiden Linsenflächen gleich
hoch, gleich stark gewölbt.
Die Grösse der ausgewachsenen Linse ist sehr gering, in der
Axe relativ fast 5mal kleiner als bei I, im Durchmesser mehr als 2mal
kleiner. Die Reduction der Linse ist wieder durch eine Phase der
Linsenvergrösserung unterbrochen, wie die Werthe von II und III
deutlich zeigen. Die Tabelle giebt unter 1 das Verhältniss des Linsen-
durchmessers zum Bulbusdurchmesser, unter 2 das der Axe zur
Bulbusaxe.
I II III IV
1° 15243 1 SAL he SO EB
DA AIT RE 1:3125 1:5,714
3. Balaenoptera musculus L.)).
Die Angaben über das Auge des Blauwals sind einerseits den aus-
gezeichneten Arbeiten von MATTHIESSEN (76 u. 86) entnommen, andrer-
seits habe ich auch die Angaben berücksichtigt, die SATTLER (29)
über das Blauwalauge macht. Bei den Maassen, die er für den
Bulbus angiebt, ist es allerdings zweifelhaft, ob er wirklich einen
Blauwal vor sich hatte, wie er angiebt, es müsste denn sein, dass
seine Maasse ‚innere‘ Maasse des Bulbus wären, für welchen Fall sie
gut mit MATTHIESSEN’S Angaben übereinstimmen würden. Ich glaubte
mich nicht mit einem blossen Hinweis auf diese Arbeiten begnügen zu
sollen, besonders da ich die Verhältnisszahlen, die in den vorliegenden
Beschreibungen zum Zweck der Vergleichung bestimmt wurden, auch
für die von MATTHIESSEN beschriebenen Augen berechnen und sie so
für die vorliegende Arbeit verwendbar machen konnte (85, p. 89):
„Der Bulbus des Blauwals hat die Gestalt eines dreiaxigen Ellipsoides ;
sein horizontaler Durchmesser beträgt 145 mm, der verticale 129 mm
und der sagittale [die äussere Augenaxe P.] 107 mm. An der Linse
war jedoch eine Verschiedenheit ihres Höhen- und Querdurchmessers
nicht bemerkbar.“ Der Innenraum ist sehr erheblich kleiner, sein
Horizontaldurchmesser beträgt nur 78 mm, der verticale 73 mm. Von
den drei Theilen des Bulbus, der Cornea, dem Sulcus corneae und
dem Augengrunde, ist der letztere bei weitem am stärksten gewölbt.
Sein innerer Krümmungsradius, der der Retina, beträgt 41,25 mm.
1) B. sibbaldii auctorum.
Die Augen der Wassersäugethiere. 219
Dagegen ist der Sulcus corneae die flachste Partie des Bulbus, sein
Krümmungshalbmesser beträgt in horizontaler Richtung 80, in verti-
caler 70 mm. Die Cornea ist horizontal schwächer als der Augen-
gerund gewölbt, ihr horizontaler Krümmungsradius beträgt 62 mm, der
verticale dagegen übertrifft mit 37 mm die Krümmung der Retina
etwas.
Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zu dem der Sclera be-
trägt in der Horizontalen 1:3,45, in der Verticalen 1:43. Nimmt
man die Dimensionen ‚des Innenraums, so beträgt das Verhältniss in
horizontaler Richtung 1:3,12, in verticaler 1: 3,65.
Der Bogen der Hornhaut misst in horizontaler Richtung 40°, in
verticaler 48°.
Der Horizontaldurchmesser der Cornea beträgt 42 mm, der
verticale 30 mm, die Höhe 4 mm. Aus den Maassen des Innen- und
Aussenraums ergiebt sich, dass die Sclera im Aequator etwa 30 mm
dick ist, im Augengrunde etwa 50 mm.
Die Pupille ist oval, ihre Länge beträgt 17 mm, ihre Breite
12 mm.
Die Linse hat einen Durchmesser von 22,5 mm, eine Axe von
17 mm. Die Vorderfläche ist flacher als die Hinterfläche, sie ist 7 mm
hoch und hat einen Krümmungsradius von 14 mm, die Hinterfläche
ist 10 mm hoch, ihr Krümmungsradius beträgt 11,5 mm.
Der vordere Linsenscheitel liegt 4 mm hinter dem Scheitel der Cornea.
Der Cubikinhalt des Innenraumes des Bulbus beträgt 123 ccm,
das Volumen der Linse 5 ccm.
Der Opticus tritt 3 mm medialwärts vom hintern Augenpol an
den Bulbus.
Die Dicke der Opticusscheide beträgt an der medialen Seite
20,5 mm, an der lateralen 29 mm. Sie ist umgeben von einer 2 mm
dicken Faserschicht, die direct in die Sclera übergeht.
Den Inhalt des Hohlraums der Opticusscheide bilden Gefässe und
Fettgewebe.
„Die hintern Ciliararterien lösen sich beim Eintritt in den Scheiden-
raum in eine Anzahl von Gefässen auf, welche immer weiter uid weiter
sich theilend und unter einander anastomosirend einen Plexus bilden“
(Ss. SATTLER, 29, p. 74). „Die Zweige dieses arteriellen Wunder-
netzes, denn mit einem solchen haben wir es hier zu thun, stellen
verhältnissmässig weite Röhren dar, welche durch eine starke, elastische
Intima ausgezeichnet sind, aber keine Muscularis besitzen“
(seen. 75).
220 AUGUST JPUTTER,
Die Dicke des Tapetums beträgt nach SATTLER 0,3—0,35 mm,
die Dicke der Chorioidea im Augengrunde 1,5 mm.
4. Megaptera boops (FABr.) nach MATTHIESSEN (85).
Der Bulbus hat ellipsoidische Gestalt, sein Horizontaldurch-
messer beträgt 92 mm, der Verticaldurchmesser 88 mm und die
äussere Axe 68 mm. Der Horizontaldurchmesser des Innenraums be-
trigt 62 mm, der Verticaldurchmesser 60 mm.
Von den Theilen des Bulbus ist der Sulcus corneae am
schwächsten gewölbt, sein horizontaler Krümmungshalbmesser ist 62 mm,
der verticale 54 mm. Der Augengrund ist viel stärker gewölbt, im
Innern beträgt der Krümmungsradius 315 mm. Die Cornea ist
horizontal flacher, der Krümmungsradius beträgt 47 mm, der Bogen
46°, vertical dagegen stärker gewölbt, hier ist der Krümmungsradius
29 mm lang, der Bogen beträgt 55°. Das Verhältniss des Corneal-
zum Scleraldurchmesser beträgt horizontal 1: 2,48, vertical 1: 3,26.
Wenn man die innern Maasse der Rechnung zu Grunde legt, beträgt
das Verhältniss horizontal 1:2,95, vertical 1: 3,16.
Die Hornhaut hat einen verticalen Durchmesser von 27 mm,
einen horizontalen von 37 mm, ihre Höhe beträgt 3,5 mm. Am Rande
ist sie erheblich verdickt, sie misst hier 3,5 mm, während die Scheitel-
dicke nur 1,5 mm beträgt.
Die Pupille ist längs-oval, ihre Länge beträgt 15 mm, ihre
Breite 8 mm.
Die Linse hat eine Axe von 13 mm Länge, der Durchmesser
beträgt 17,5 mm. Die Vorderfläche ist nur 5,5 mm hoch und hat
einen Krümmungsradius von 10 mm, die Hinterfläche dagegen einen
solchen von 9,5 mm, diese ist also stärker gewölbt. Der Scheitel der
Linse liegt 3 mm hinter dem vordern Corneascheitel.
Der Cubikinhalt des Innenraums des Bulbus beträgt 54 ccm, das
Volumen der Linse 2,2 ccm.
Aus den angegebenen Dimensionen des Innen- und Aussenraums
des Bulbus ergiebt sich, dass die Sclera im Aequator etwa 15 mm
dick ist, im Augengrunde etwa 34 mm.
Eine interessante Beobachtung über die Processus ciliares
von Megaptera verdanken wir ESCHRICHT (7, p. 596); er sagt: „Der
Kranz der Fortsätze scheint doppelt zu sein, indem vor jedem Fort-
satz noch ein zweiter langer und sehr schmaler emporsteigt.“
Die Augen der Wassersäugethiere. 291
5. Balaena mysticetus L.
Das Auge, in Alkohol conservirt, stammt aus den Beständen der
alten Anatomie zu Breslau und war als Balaena mysticetus bezeichnet.
Einige höchst auffällige Befunde liessen Zweifel entstehen, ob es sich
nicht vielleicht um ein Zahnwalauge handelte, doch ist diese Ver-
muthung zurückzuweisen, da zu charakteristische Merkmale vorhanden
sind, die es als Bartenwalauge kennzeichnen. Die bedeutenden Unter-
schiede gegenüber dem Auge von Balaenoptera machen es weiter
sehr wahrscheinlich, dass es sich um kein Furchenwalauge handelt,
sondern um das eines Glattwales. Es kämen also nur Balaena und
>
Fig. V. Balaena mysticetus. Horizontalschnitt. 1/1. P.v.c Ausläufer des Plexus
der Ciliargefiisse. Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss.
Eubalaena in Frage. Unter diesen Umständen nehme ich keinen An-
stand, die alte Bestimmung als richtig anzusehen, zumal einige Ab-
bildungen, die Mayer (11) giebt und die sich gleichfalls auf Balaena
beziehen, gut mit den Befunden an meinem Exemplar übereinstimmen
(s. Fig. V und W).
Die Gestalt des Bulbus ist etwas asymmetrisch, im Grossen und
Ganzen kann sie als elliptisch bezeichnet werden. Die Länge der
äussern Axe beträgt 48,5 mm, die der innern 27,1. Der äussere
Horizontaldurchmesser ist 70,5 mm lang, der innere 53 mm, der äussere
Verticaldurchmesser beträgt 66,5 mm, der innere 47 mm. Die Fläche
des Aequators liegt, wenn man den Bulbus äusserlich betrachtet,
222 AUGUST PUTTER,
23 mm hinter der Fläche des Cornealrandes, innen nur 6,5 mm
dahinter.
Der Sulcus corneae ist sehr flach und umgiebt den Limbus
corneae als 10 mm breiter Ring. Das corneale Segment des Bulbus
ist schwächer gewölbt als das hintere sclerale. Das Verhältniss des
verticalen Corneal- zum verticalen Scleraldurchmesser beträgt, wenn
man die äussern Maasse des Bulbus nimmt, 1: 2,37, wenn man die
innern wählt, 1:1,68. In horizontaler Richtung beträgt das Verhält-
niss für äussere Werthe 1:2,51, für innere 1: 1,89.
Die Cornea ist oval, ihr Horizontaldurchmesser beträgt 28 mm,
5
DDR >|,
UN
70
Wh
IS
S
ES
y
777 D
Fig. W. Balaena mysticetus. Verticalschnitt. 1/1. Buchstabenerklärung s. am
Schluss.
Am Rande ist sie oben 2,5,
der verticale 23 mm, die Höhe 3 mm.
unten 2 mm dick, im Scheitel 1 mm.
Scheitel die Dicke von 80 u, am Rande ist es sogar 180 u dick.
Bemerkenswerth ist die Art der Epithelverhornung.
Das Cornealepithel hat im
Eine tiefe Schicht
von Cylinderzellen fehlt, schon die tiefste, der Cornea propria an-
liegende Zellenschicht besteht aus polygonalen Zellen, und diese Form
behalten die Zellen fast in der ganzen Dicke des Epithels, nur in
einer oberflächlichen Schicht von etwa 20 u Dicke sind sie ganz
verhornt.
Vielleicht ist diese verhornte Schicht bei gut conservirten Exem-
plaren dicker und ist bei dem vorliegenden zum Theil abgerissen,
Die Augen der Wassersäugethiere. 293
Jeden Falls aber werden die sämmtlichen Zellen des Hornhaut-
epithels, bis herunter zur tiefsten Schicht, umsponnen von einem dichten
Maschenwerk (so erscheint es auf Schnitten, natiirlich ist es in Wirk-
lichkeit ein Wabenwerk) von verhornter Substanz. Die Dicke der
Schichten, die zwischen den Zellen liegen, beträgt etwa 2 u.
Die Cornea propria besteht aus glattrandigen Lamellen, die sehr
dicht an einander liegen. Die ganze Cornea propria ist durchzogen
von einer grossen Anzahl von Lymphröhren, die nicht durch bogen-
förmiges Auseinanderweichen der Lamellen entstehen, sondern mit be-
sonderer Wandung versehen sind, so dass die Corneallamellen an ihnen
endigen. Ihre Grösse ist sehr verschieden, was wohl grossen Theils da-
mit zusammenhängt, dass sie in den verschiedensten Richtungen getroffen
sind, bald quer, bald mehr oder weniger schräg. Diejenigen, welche
quer getroffen sind, erscheinen fast rund, mit 55—40 w Durchmesser.
Elastica anterior und posterior sind nicht vorhanden.
Die Sclera ist am Cornealrande oben 3 mm dick, unten 2,5 mm,
im Aequator (wie er von aussen gesehen erscheint) beträgt die Dicke
oben 5,5 mm, unten 15 mm, und im Augengrunde ist die Sclera oben
21 mm, unten 17,7 mm dick.
Die starke Umhüllung des O pticus, die durch den Plexus der
Ciliargefässe, durch Fett und straffes Bindegewebe gebildet ist, wird
von der Sclera mit einem kegelmantelartigen Fortsatz umfasst, der 2mm
dick und sehr fest gewebt ist, wie die Sclera selbst (s. Fig. V u. W.).
Der ganze Stumpf der Opticusscheide, der dem Auge anhängt,
war von dieser Fortsetzung der Sclera lückenlos umhüllt, so dass es
wahrscheinlich ist, dass er bis zum Foramen opticum reicht (s. auch
die Angabe für Balaenopterus musculus, S. 219).
Die Chorioidea enthält ein Tapetum lucidum von gelber
Farbe. Dasselbe erfüllt den obern Theil des Augengrundes, reicht
aber kaum über die Horizontalebene nach unten beraus. Im ganzen
untern Bulbustheil ist die Chorioidea dunkelbraun. Ihre Dicke beträgt
im obern Bulbustheil 1 mm, im untern dagegen nur 0,5 mm.
Im untern Bulbustheil besteht die Aderhaut aus einer äussern
Schicht grosser und einer innern Schicht kleinerer Gefässe, zwischen
denen wenig sehr lockeres Bindegewebe liegt. DieChoriocapillaris
ist 10 « dick und ebenso dick das Aussenblatt der Retina, dessen
Zellen etwa 30 w lang und ganz mit braunem, sehr feinkörnigem Pig-
ment erfüllt sind.
Im obern Bulbustheil ist die Chorioidea viel reicher an Gefässen,
diese liegen in 3—4facher Schicht über einander. Nach innen von
224 AUGUST PUTTER,
diesen Schichten liegt das Tapetum lucidum, das etwa 200 w dick ist.
Die Capillaren, die dasselbe durchbohren, sind 10—20 u dick, und
ebenso dick (10—20 u) ist auch die Choriocapillaris.
Das Aussenblatt der Retina ist 6—8 u dick und völlig frei von
Pigment. Nicht nur hier im obern Bulbustheil, sondern auch im
untern ist das Bindegewebe der Chorioidea sehr arm an Pigmentzellen.
Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 4 Venae vorticosae,
die im innern Aequator entspringen. Oben und unten ziehen sie in
engen Röhren durch die Sclera, die sie etwa am Rande der Opticus-
scheide verlassen (s. Fig. W), ohne also mit dem Plexus der Ciliar-
gefässe, der den Opticus umgiebt, in Beziehung zu treten. Horizontal
gehen von diesem Plexus Ausläufer aus, die durch die Sclera ziehen
(s. Fig. V); ihre Breite beträgt stellenweise mehr als 3 mm. Gegen
den innern Aequator hin gehen sie in einfache Röhren über, durch
welche die Venen aus dem Innenraum des Bulbus austreten.
Die Iris ist oben 13 mm breit, in allen andern Richtungen
10,5 mm. Die Pupille ist 11,5 mm lang und 3,4 mm breit, sie
sieht fast wie ein horizontal gestelltes Rechteck mit abgerundeten
Seiten aus. Der obere Rand ist convex, doch nicht annähernd in dem
Maasse, wie es weiter unten für die Zahnwale beschrieben werden soll.
Die Farbe der Iris ist hellbraun. Die Iris wird fast ausschliesslich
durch Muskeln und die Pars iridica retinae gebildet, das Stroma
iridis ist fast vollständig reducirt, und die Gefässe, die in beträcht-
licher Menge die Iris bedecken, liegen fast vollständig frei der Vorder-
fläche auf und ragen so in das Lumen der Vorderkammer hinein.
Der Sphincter iridis bildet einen fast 5 mm breiten Ring
am pupillaren Irisrande, er ist ‘an seiner dicksten Stelle etwa 420 u
dick. Seiner Vorderfläche liegen Gefässe in einfacher Schicht auf, so
dass hier, nahe dem Pupillarrand, die Iris 850 « dick ist. Nach dem
Ciliarrande hin verdünnt sie sich dann aber sehr stark und misst hier
nur etwa 140 u, und ebenso dick sind auch ungefähr die Gefässe, die
der Iris vorgelagert sind.
Der Dilatator iridis ist vom Ciliarrande bis zur äussern
Grenze des Sphincters hin durch die ganze Iris leicht zu verfolgen,
seine mittlere Dicke beträgt 20 u, in seinen Muskelzellen enthält er
feinkörniges Pigment.
Die Zahl der Processus ciliares beträgt 83—86, sie sind
5,5 mm lang und erheben sich am Iriswinkel je zu einem 2,5 mm hohen,
freien, dünnen Fortsatz. Ihre ganze Oberfläche ist dicht mit zahl-
reichen Fältchen besetzt. Sie bestehen aus der etwa 40 u dicken
Die Augen der Wassersäugethiere. 225
Pars ciliaris retinae und aus Blutgefässen, die das ganze Innere aus-
füllen und keinerlei Raum für die Entwicklung eines bindegewebigen
Stromas lassen.
Auch die Grundplatie des Corpus ciliare enthält fast gar kein
Bindegewebe, sondern vorwiegend grosse Blutgefässe.
Es fehlt jede Spur eines Ciliarmuskels, sowohl eines
Tensor chorioideae als eines Musculus ciliaris s. str.
Die Retina ist in einem Zustand, der keine Untersuchung mehr
gestattet, ebenso der Opticus, der etwas oberhalb des hintern
Augenpols in den Bulbus eintritt. In einer Entfernung von 36 mm
vom hintern Augenpol misst er in horizontaler Richtung 12 mm, in
verticaler nur 4 mm, er hat ovalen Querschnitt.
Die starke Scheide von Fett, Bindegewebe und Ciliargefässen, die
ihn umgiebt, ist an dieser Stelle in horizontaler Richtung 30 mm
dick, in verticaler 20 mm. Am hintern Augenpol beträgt ihre Dicke
horizontal 54,5 mm, vertical 43 mm.
Die Linse hat einen Durchmesser von 15,25 mm, die Axe misst
13 mm, Vorder- und Hinterfläche sind gleich stark gewölbt. Der
Linsendurchmesser verhält sich zum äussern Bulbusdurchmesser wie
1 : 4,492, zum innern wie 1:3,28, zum Cornealdurchmesser wie
1.1.67,
6. Vergleichung der Bartenwalaugen.
Die Vergleichung der Augen erwachsener Bartenwale soll sich
zunächst auf einige Formverhältnisse des Bulbus erstrecken. Schon
die Grösse der Augen in Beziehung zur Körperlänge, eine sehr
rohe Proportion, zeigt, dass der Grönlandswal erheblich von den Fin-
walen abweicht. 1 der Tabelle giebt die mittlere Länge der Thiere,
2 das Verhältniss des horizontalen Bulbusdurchmessers zur Körper-
länge:
1 2
Balaena mysticetus 20 m : 303
1
Balaenoptera physalus 22 mi 51227183
Balaenoptera musculus 30, Mi u u100207
Megaptera boops Sms
Das Auge der Glattwale, als deren Vertreter Balaena untersucht
wurde, ist also relativ erheblich kleiner als das der Furchenwale, die
unter einander gut übereinstimmen.
Zunächst wollen wir nur die Finwale ins Auge fassen.
Zool. Jahrb, XVII. Abth. f. Morph. 15
226 AUGUST PUTTER,
Den am stärksten abgeplatteten Bulbus finden wir bei Balaeno-
ptera physalus, wo das Verhältniss der Axe zum Durchmesser 1:1,5
beträgt, während es sich bei B. musculus auf 1: 1,36 und bei Mega-
ptera boops auf 1:1,35 stellt. Ueber die Hauptdimensionen der
Cornea orientirt die folgende Tabelle. Unter 1 ist das Verhältniss
des horizontalen Corneal- zum Scleraldurchmesser angegeben, unter 2
das der verticalen und unter 3 die Höhe der Cornea in Theilen der
Bulbusaxe.
1 2 3
B. physalus 1:3,076 1:3,667 1 : 22,86
B. musculus 1:3,45 1:43 112027
M. boops 248 eels 3:26 27.1: ao
Man sieht, dass danach Megaptera eine relativ grosse und hohe
Cornea hat, während die beiden Species von Balaenoptera keine grossen
Unterschiede aufweisen.
Die Dicke der Sclera ist relativ am bedeutendsten bei B. phy-
salus, hier verhält sie sich zur Bulbusaxe wie 1:1,74, bei B. musculus
beträgt das Verhältniss 1 : 2,14, und Megaptera steht mit 1:2 zwischen
diesen beiden.
Es bleibt noch übrig, eine Zusammenstellung der Linsengrössen
zu geben. Unter 1 der Tabelle ist das Verhältniss der Linsenaxe zur
innern Bulbusaxe, unter 2 das des Linsendurchmessers zum innern
Bulbusdurchmesser angegeben.
1 2
B. physalus 1:3,54 1: 3,68
B. musculus 1:3,06 1 : 3,47
M. boops 1::2,31.,.15 354
Danach ist die Linse von Megaptera etwas grösser als die der
Species von Balaenoptera, die unter einander nicht wesentlich ver-
schieden sind.
Ungleich grösser als die Unterschiede der Furchenwalaugen unter
einander sind die der Furchenwale einer-, der Glattwale andrerseits.
Zur Vergleichung sollen nur die Augen von Balaenoptera physalus
und Balaena mysticetus einander gegenüber gestellt werden.
Der Bulbus von Balaena ist doppelt so stark abgeplattet wie der
von Balaenoptera. Bei letzterm beträgt das Verhältniss der Axe zum
mittlern Aequatorialdurchmesser 1: 1,44, bei Balaena aber 1: 2,83.
Die Cornea ist bei Balaena relativ grösser und höher
als bei den Finwalen, wie folgende Zusammenstellung zeigt. Unter
Die Augen der Wassersäugethiere. 997
od
1 Verticaldurchmesser der Cornea, unter 2 Horizontaldurchmesser der
Cornea, beide in Theilen der entsprechenden Bulbusdurchmesser ;
3 Höhe der Cornea in Theilen der Bulbusaxe.
1 2 3
Balaenoptera physalus 1:3,08 1:53,67 1:22,86
Balaena mysticetus 132 ele) 2.89) 1: 16.17
Der Innenraum des Bulbus ist bei Balaena viel stärker elliptisch
als bei Balaenoptera, bei dem er sich fast einer halbkugligen Form
nähert, indem der Sulcus corneae ganz ausserordentlich flach wird,
während die Tiefe des Augengrundes dem entsprechend zunimmt.
In Theilen der innern Augenaxe beträgt die Höhe des Sulcus
corneae bei
Balaenoptera 1: 6,19,
bei Balaena 1: 4,17
und die Tiefe des Augengrundes beträgt in demselben Maasse bei
Balaenoptera 1: 1,27,
bei Balaena 161545;
An der Cornea fällt als ganz auffallender Unterschied zwischen
Balaena und Balaenoptera die Art der Verhornung des Hornhaut-
epithels auf. Die oben beschriebenen säulenartigen Verhornungen bei
Balaenoptera sind fundamental verschieden von dem Modus, der bei
Balaena durchgefiihrt ist (s. S. 223) und der sich, wie wir oben
sahen, auch noch bei Pinnipediern (Halichoerus, Otaria) sowie bei
Denticeten findet (s. u.).
Die Sclera ist bei Balaenoptera relativ viel dicker als bei
Balaena, bei der sich ihre grösste Dicke zu der Bulbusaxe verhält
wie 1: 3,36, während beim Finwal der entsprechende Werth 1 : 1,74 ist.
In der Chorioidea ist die Ausbildung des Gefässtheils bei
beiden Familien dieselbe, das Tapetum lucidum aber ist bei
Balaena relativ fast viermal so dick wie bei Balaenoptera.
Die Iris ist bei Balaena oben verbreitert, so dass der Ober-
rand der Pupille convex ist, eine Eigenthümlichkeit, die bei Balaeno-
ptera fehlt, bei den Zahnwalen aber in noch viel stärkerm Maasse
ausgebildet ist (s. u. Operculum pupillare). Auch im übrigen
Bau, in der starken Reduction des Stromas und der dadurch be-
wirkten ausserordentlichen Verdünnung erinnert die Iris von Balaena
viel mehr an eine Denticeten-Iris, als an die der viel näher verwandten
Balaenoptera.
15*
228 AUGUST PUTTER,
Endlich ist auch die Linse bei beiden Thieren ungemein ver-
schieden gross, und zwar bei Dalaena relativ viel grösser als bei
Balaenoptera, wenn man die Dimensionen des ganzen Bulbus zu denen
der Linse in Proportion setzt. Man ersieht dies schon ohne weiteres
aus der Vergleichung der Textfiguren S und V. Setzt man aber den
Linsendurchmesser in Proportion zum Corneadurchmesser, so erhält
man für beide Thiere fast genau das gleiche Verhältniss, für Balaeno-
ptera 1 : 1,68, für Balaena 1 : 1,67.
IV. Das Denticetenauge.
Die Literatur über das Auge der Zahnwale hat schon oben
(S. 187) mit dem Bartenwalauge zusammen Erwahnung gefunden.
1. Delphinus sp.
Wahrscheinlich Delphinus delphis aus dem Indischen Ocean. Lange
8,9 cm. Genaue Maasse s. bei KUKENTHAL (87, p. 225), „Walthiere“,
No. 10 der Tabelle (s. Fig. X).
Der Bulbus weicht etwas von der Kugelform ab, die Lange
seiner äussern Axe beträgt 4,6 mm, die Länge des verticalen Aequa-
torialdurchmessers 4 mm. Die Aequatorialebene liegt 1,5 mm hinter
der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae ist nicht vor-
handen. Das vordere corneale Segment des Bulbus ist etwas stärker
gewolbt als das hintere sclerale, sein Krümmungsradius beträgt
1,95 mm, der der Sclera 2,3 mm. Die Cornea nimmt einen sehr be-
deutenden Antheil am Aufbau des Bulbus, ihr Durchmesser verhält
sich zu dem des Bulbus wie 1: 1,11; die Grösse des Cornealbogens
ist 135°, die des Bogens der Sclera 239°.
Der Verticaldurchmesser der Cornea beträgt 3,6 mm, ihre Höhe
1,2 mm. In der Mitte ist die Cornea dicker als am Rande, wo sie
nur 128 u misst, während sie in der Mitte 255 w dick ist. Das
Hornhautepithel ist im Scheitel 13 « dick, am Rande 21 u, es besteht
aus einer tiefen Lage Cylinderzellen mit ovalen, zur Oberfläche senk-
rechten Kernen und zwei darüber liegenden oberflächlichen Lagen
Plattenzellen mit ovalen Kernen, die parallel der Oberfläche liegen.
Die Cornea propria besteht aus 2 Schichten, die sich deutlich
gegen einander abgrenzen, einer hintern, cameralen, die schon erheblich
weiter entwickelt ist als die vordere. Die camerale Schicht ist am
Rande 64 u, im Scheitel 128 w dick und besteht aus dicht gelagerten,
Die Augen der Wassersäugethiere. 299
der Corneafläche parallelen Fasern, die nur wenige schmale Lücken
zwischen sich lassen und lang gestreckte, bandförmige Kerne haben.
Die vordere Schicht der Cornea propria ist viel weniger dicht gebaut,
die lang gestreckten Zellen bilden
ein grossmaschiges Netzwerk, die
Kerne sind noch mehr rund oder
oval, nicht so bandförmig wie in
der hintern Lage. Elastica
anterior und posterior fehlen,
das Endothel der Vorderkammer
ist als einfache, sehr dünne Lage
von platten Zellen vorhanden.
Die Sclera verdünnt sich vom
Cornealrande, wo sie 128 u dick
ist, rasch, so dass sie in der Mitte Fig. X. Delphinus sp. Embryo von
des prääquatorialen Segments nur 8,9 em Länge. Verticalschnitt. TOME
diet Im’ Nequator hetrast co rire Were ner
2 g s. am Schluss.
die Dicke 85 u, und diese Stärke
behält die Sclera auch im Augengrunde bei. Die Anlage der Sclera,
die zugleich auch die der Chorioidea darstellt, besteht aus mehreren
Zellenlagen, die zerstreut eine ganze Anzahl von Pigmentzellen ent-
halten.
Die Iris springt als 770 u breiter Ring in den Innenraum des
Bulbus vor, sie ist 42 u dick. Der Rückseite des Stromas liegt das
völlig schwarz pigmentirte Aussenblatt der Retina an.
Die Anlage eines Corpus ciliare fehlt noch vollständg.
Das Aussenblatt der Retina ist nur in seinen vordern Partien
stark pigmentirt, im ganzen Augengrunde, bis gegen den Aequator
hin, enthält es wohl einzelne zerstreute Pigmentkörnchen, wie auch die
nach aussen davon gelegene Anlage der Chorioidea plus Sclera, stellt
aber keine continuirliche Pigmentlage dar. Erst von dem Aequator
an nach vorn ist es dicht mit schwarzem Pigment erfüllt, das gegen
die Iris hin dicker wird; es ist wegen der Menge des Pigments aber
nicht zu erkennen, ob diese Verdickung durch Vermehrung der Zellen-
lagen oder durch Vergrösserung der Zellen vor sich geht.
Das Innenblatt der Retina ist ım Augengrunde 255 u dick-
Die äussere Körnerschicht ist 111 « dick, die innere 68 u, beide
Schichten schliessen sich direct, ohne dass eine reticulirte Schicht sich
dazwischen schöbe, an einander. Die übrigen, nach innen von der
innern Körnerschicht gelegenen Schichten der Retina werden durch
230 AUGUST PUTTER,
eine 77 « dicke Lage repräsentirt. Gegen die Peripherie nimmt diese
innerste Schicht gleichmässig an Dicke ab, während die Körnerschichten
noch ganz in der Nähe der Linea terminalis retinae die gleiche
Dicke haben wie im Augengrunde. Die äussere Körnerschicht besteht
aus etwa 14 Schichten dicht gedrängter Zellen, deren ovale Kerne
senkrecht zur Oberfläche der Retina stehen und in dieser Richtung
deutliche Reihen bilden. Die innern Körner bestehen aus 4—6 Schichten
von Zellen, die weit weniger dicht liegen als die Zellen der äussern
Körnerschicht und auch nicht regelmässig angeordnet sind. Die
grössten Verschiedenheiten in ihrer Dicke zeigt die innerste Retina-
schicht, die der innern reticulirten Schicht, dem Ganglion optici
und der Nervenfaserschicht entspricht. Abgesehen von der erwähnten
regelmässigen Verdünnung gegen die Linea terminalis retinae hin,
fehlt sie in einem ganzen Bezirk des obern Bulbustheils völlig.
Dieser Bezirk ist auch durch das Verhalten der übrigen Retinaschichten
ausgezeichnet, aus dem deutlich hervorgeht, dass es sich hier um die
Anlage einer Area centralis retinae handelt (s. Fig. X a.r). In
ihrem Bereich beträgt die Dicke der Retina 340 «, also 85 uw mehr
als die Dicke im Augengrunde.
Wie erwähnt, nehmen die innersten Schichten der Retina keinen
Antheil am Aufbau der Area, doch auch die übrigen Schichten er-
leiden Veränderungen. Die Grenze zwischen äusserer und innerer
Körnerschicht verwischt sich vollständig. Von ihrer innern Grenze an
nimmt die Dichtigkeit der vereinigten Körnerschichten mehr und mehr
nach aussen hin zu, bis zu einer Tiefe von 210 «. Hier liegen die
Zellen am dichtesten. Von da nach aussen, auf einer Strecke von
128 u, liegen sie wieder weniger dicht. Die Breite der Area ist
schlecht bestimmbar, da ihre Eigenthümlichkeiten in Bezug auf Dicke
und Anordnung der Schichten sich sehr allmählich ausgleichen. Die
dickste Stelle der Area liegt im Aequator des obern Bulbusabschnitts.
Von hier aus kann man jederseits einen Streifen von etwa 600 u
Breite als zur Area centralis gehörig betrachten. Die Area erscheint
erst auf Schnitten, die temporal von den Medianschnitten liegen; wie
weit sie sich temporal erstreckt, ist nicht genau anzugeben, jeden
Falls ist sie auf den Schnitten, die den tangentialen Schnitten der
Retina voraufgehen, in guter Ausbildung vorhanden, auf den tangentialen
Schnitten selbst kann ihre Existenz nicht festgestellt werden, so dass
es unentschieden bleibt, wie weit sie sich ausdehnt. So viel kann aber
mit Sicherheit festgestellt werden, dass es sich hier um eine strich-
formige oder besser bandförmige Area centralis handelt, die in einer
Die Augen der Wassersäugethiere. 231
Breite von etwa 1,2 mm im Aequator der obern äussern Bulbushälfte
verläuft und sich ziemlich weit nach aussen, temporal, erstreckt.
Der Nervus opticus tritt im horizontalen Meridian, ziemlich
weit von aussen her, an den Bulbus heran. An seiner Eintrittsstelle
ist er 340 w dick. Die Orbita durchzieht er in gerader Richtung,
die Entfernung von der Papilla nervi optici bis zum Foramen opticum
beträgt 2,2 mm.
Die Axe der Linse misst 2,3 mm, der äquatoriale Durchmesser
2,7 mm. Die Hinterfläche bildet eine fast vollständig genaue Halb-
kugel, deren Krümmungsradius 1,55 mm beträgt. Die Vorderfläche
ist viel flacher, sie ist 0,85 mm hoch, ihr Kriimmungsradius ist 1,5 mm
lang, und ihr Bogen beträgt 121°, es fehlt ihr also ein sehr erheb-
liches Stück zur Halbkugel. Das vordere Linsenepithel stellt eine
einfache Zellenlage dar, die Zellen werden gegen den Aequator hin
höher und gehen im Aequator in die Linsenfasern über. Die Kerne
der äquatorialen Randfasern sind lang und oval, die der tiefer liegenden
Uebergangs- und Centralfasern dagegen sehr klein und kugelrund.
Eine Tunica vasculosa hüllt die Linse ein, Vasa hyaloidea sind
nicht zu erkennen.
Die Lider sind geschlossen, das Epithel ihrer ciliaren Ränder ist
verwachsen. Die Dicke der Ränder beträgt 0,21 mm, die der Lid-
wurzel beim Oberlid 1,56 mm, beim Unterlid 1,57 mm. Das obere
Lid ist 2,21 mm breit, das untere 1,97 mm. Ob einige flache Falten
am Fornix conjunctivae als Anlage einer Nickhaut zu betrachten
sind, mag dahingestellt bleiben, vielleicht handelt es sich nur um
Schrumpfungserscheinungen, was allerdings nicht ganz wahrscheinlich
ist, da die Drüsenausführgänge zu den Falten in Beziehung stehen,
wie bei einer Nickhaut. Die Epidermis hat auf der Fläche des Lides
eine Dicke von 43 u, gegen den Margo ciliaris verdickt sie sich und
ist hier 85 u dick. Das Stratum germinativum, das aus hohen Cylinder-
zellen besteht, nimmt an der Verdickung keinen Antheil, diese wird
nur durch die Vermehrung der Lagen abgeplatteter Zellen bewirkt.
Die Anlage der Speckschicht verdünnt sich gegen die Lider hin,
während gleichzeitig die Dichtigkeit ihrer Textur zunimmt. Den über-
wiegenden Antheil am Aufbau der Lider nehmen die Muskeln. Der
Orbicularis oculi ist besonders im Unterlid mächtig ausgebildet,
doch auch im Oberlid vorhanden. Zwischen seine Bündel strahlen die
des Musculus palpebralis ein. Zwischen der Muskelschicht und
der Conjunctiva palpebrarum liegt eine Schicht von dichtem
Bindegewebe. Gegen die Lidwurzel hin, wo diese bindegewebige Lage
232 AUGUST PUTTER,
schwächer wird, finden sich zahlreiche Drüsen. ihr Bau ist der
gleiche wie der der grossen Augendrüsen (s. u.). Die Conjunctiva ist
34 w dick und besteht aus einer tiefen Schicht von Cylinderzellen
und einer oberflächlichen von Plattenzellen.
Nasal lagert dem Bulbus die grosse, wohl entwickelte HARDER-
sche Drüse auf. An sie schliessen sich, bald dichter, bald weniger
dicht, theils in den Lidern, besonders den Lidwurzeln, aber auch am
obern und untern Fornix conjunctivae eine grosse Anzahl kleinerer
Einzeldrüsen an. Auch am lateralen Augenwinkel liegt eine Drüse
dem Bulbus auf, der Thränendrüse entsprechend, gerade so wie
die nasale Harper’sche Drüse, innerhalb des Kegels der Musculi pal-
pebrales. Sie ist bei weitem kleiner als die nasale Drüse. Alle diese
Drüsen zeigen den gleichen Bau, sie bestehen aus vielfach verzweigten
Schläuchen, die noch keinerlei Formunterschiede oder Unterschiede
im Bau zeigen, durch die secernirende und ausführende Theile von
einander unterscheidbar wären. Sie bestehen durchweg aus einem
zweischichtigen Epithel würfelförmiger Zellen, von 26 w Dicke. Die
runden Kerne der innern Zellenschicht liegen dem Lumen der Schläuche
zugewandt, die der äussern aber der äussern Zellgrenze nahe. Beim
Uebergang des Epithels der Schläuche in das der Conjunctiva flacht
sich das innere cubische Epithel zu einem Pflasterepithel ab, die äussere
Zellenschicht geht in die tiefe Cylinderzellenschicht der Conjunctiva
über. Thränencanälchen und Thränennasengang fehlen völlig.
2. Phocaena communis Less.
1. Embryo von 12 Tscm/bange.
Kopf in Frontalschnitte zerlegt (s. Fig. Y).
Der Bulbus ist in der Richtung der Axe stark verkürzt, seine
Axe ist 3,4 mm lang, während der verticale Aequatorialdurchmesser
4 mm beträgt. Die Aequatorialebene liegt etwa 1,1 mm hinter der
Fläche des Cornealrandes. Das vor dem Aequator gelegene Stück der
Sclera ist weniger stark gewölbt als der Augengrund, doch ist ein
eigentlicher Sulcus corneae nicht vorhanden. Das vordere, cor-
neale Segment des Bulbus ist stärker gewölbt als das hintere, sclerale,
sein Krümmungsradius beträgt 1,625 mm, der des Augengrundes da-
gegen 2,09 mm. Der Cornealdurchmesser verhält sich zum Scleral-
durchmesser wie 1:1,333. Die Grösse des Cornealbogens beträgt 135°.
Die Cornea ist 1 mm hoch, ihr Verticaldurchmesser beträgt
3 mm. Im Scheitel ist sie etwas dicker als am Rande, dort 200 u
Die Augen der Wassersäugethiere. 233
dick, hier nur 128 uw. Das Epithel ist in der Mitte der Cornea etwa
25 u dick, am Rande nur 17 u.
Die Sclera ist im Aequator am dünnsten, nur 34 u dick, gegen
den Cornealrand wie gegen den Augengrund nimmt die Dicke zu und
beträgt im prääquatorialen Segment 90 w, im Augengrunde 128 u.
Die Chorioidea ist nur im obern Theil des Bulbus als dünne,
etwa 15 u dicke Lamelle zwischen Sclera und Stratum pigmenti
retinae zu erkennen, im Augengrunde wie im ganzen obern Bulbus-
theil ist von ihr nichts zu erkennen.
Die Iris bildet einen Ring von
etwa 0,6 mm Breite, die Pupille
hat einen Durchmesser von 2,55 mm.
Die Dicke der Iris beträgt etwa
85, u... Die Pars iridiea reti-
nae ist etwa 43 « dick. Das Innen-
blatt der Retina enthält auf eine
Strecke von 340 u Breite vom Pu-
pillarrand aus reichlich Pigment. =
Dann hört, also etwa auf der Mitte Fig. Y. Phocaena communis. Em-
der Hinterfläche der Iris, die Pig- schenorklärung siche de Schluss |
mentirung plötzlich auf, denn hier
beginnen bereits die Ciliarfortsätze, deren Epithel pigmentfrei ist,
allmählich mehrschichtig wird und in die Pars optica retinae übergeht.
Die Processus ciliares bedecken, wie erwähnt, die äussere
Hälfte der Irishinterfläche und greifen eine Strecke weit über die Iris-
wurzel hinaus, so dass die ganze Breite des Rings der Ciliarfortsätze
0,5 mm beträgt. Ihre Gestalt ist, wie man auf meridionalen und
tangentialen Schnitten feststellen kann, sehr einfach. Es sind glatte,
ziemlich regelmässige Falten, von etwa 250 u Höhe bei 100 w Dicke
an der Basis, deren Stroma von der Chorioidea gebildet wird, über
das die Pars ciliaris retinae in grosser Regelmässigkeit hin-
zieht.
Das Stratum pigmenti retinae ist am stärksten im Bereich
der Iris und des Corpus ciliare ausgebildet, wie oben beschrieben
wurde. Auch im ganzen untern Theil des Bulbus sowie im Augen-
grunde ist es gut entwickelt, die unregelmässig polygonalen Zellen
sind ganz mit Pigmentkörnchen erfüllt. Vom Augengrunde an nimmt
aber nach oben die Pigmentirung mehr und mehr ab, und die obere
Hälfte des Bulbus ist bis gegen das Corpus ciliare hin völlig frei von
Pigment oder es zeigen sich doch nur ganz vereinzelte Körnchen.
234 AUGUST PUTTER,
Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde 153 u dick,
gegen die Peripherie hin nimmt sie nicht an Dicke ab, sondern geht
erst an der Grenze des Corpus ciliare ganz plötzlich mit einer Ver-
dünnung auf 45 «u in das Epithel der Ciliarfortsätze über. Die Schicht
der äussern Körner ist 85 u dick, sie besteht aus 15—18 Schichten
dicht liegender Kerne. Sie grenzt direct an die innere Körnerschicht,
die bei 42 uw Dicke aus 6—8 Zellenschichten besteht, in denen die
Kerne weniger regelmässig und weniger dicht liegen als in der äussern
Körnerschicht.
Nach innen folgt auf die innere Körnerschicht eine Schicht von
26 u Dicke, die dem Ganglion optici und der Nervenfaserschicht
entspricht, in der aber keinerlei Einzelheiten zu erkennen sind.
Der Nervus opticus tritt im Augengrunde etwas nach aussen
von der Augenaxe an den Bulbus heran. Es ist 340 « dick und ver-
läuft in gerader Linie zur Spitze der Orbita.
Die Linse weicht erheblich von der Kugelform ab, ihre Vorder-
fläche ist viel flacher als die Hinterfläche. Der Durchmesser beträgt
2,72 mm, in Theilen des Bulbusdurchmessers 1:1,47, die Axe ist
2 mm lang, in Theilen der Bulbusaxe 1 : 1,7. Die Höhe der Vorder-
fläche beträgt 0,85 mm, ihr Bogen 130°, der Krümmungsradius ist
1,513 mm lang. Die Hinterfläche ist 1,15 mm hoch, ihr Krümmungs-
radius beträgt 1,38 mm, ihr Bogen 160°. Das vordere Linsenepithel
ist 26 u dick und besteht aus einer einzigen Schicht Cylinderzellen.
Die Epithelgrenze liegt weit hinter dem Aequator, erst 0,6 mm hinter
demselben erfolgt in der typischen Weise der Uebergang der Zellen
in die Linsenfasern.
Die wohl entwickelten Lider sind geöffnet. Die Breite des
Unterlides ist etwa ebenso gross wie die des Oberlides, 2,168 mm.
Das Oberlid ist an der Basis 0,8 mm dick, am Rande 0,17, das
Unterlid ist dicker, es ist an der Basis 1,1 mm dick, am Rande 0,26 mm.
Das Epithel der Lider verdickt sich gegen den freien Lidrand zu einem
85 w dicken Wulst, während es im übrigen Lide nur 34 u dick ist.
Die Speckschicht ist an der Basis der Lider 255 w dick, nimmt aber
gegen den Lidrand rasch an Dicke ab. Unter der Speckschicht liegt
der Musculus orbicularis oculi, der besonders im Unterlid
eine sehr bedeutende Entwicklung hat und auch über die Wurzel des
Lides mit kräftigen Bündeln hinaus reicht. Seine grösste Breite be-
trägt 170 u nahe der Lidwurzel, von da aus wird sie nach dem Lidrande
wie auch nach der Basis hin dünner. Im Oberlid ist der Orbi-
cularis viel dünner, die grösste Dicke, etwa in der Mitte der Lid-
Die Augen der Wassersäugethiere. 235
breite, beträgt nur 85 «u, nur mit ganz schwachen Bündeln reicht er
über die Lidwurzel hinaus.
Zwischen die Bündel des Orbicularis strahlen die des Palpe-
bralis ein und bilden die nach innen von ihm gelegene Schicht. Auf
sie folgt eine Schicht Bindegewebe von etwa 80 «uw Dicke, die im
Unterlid eine viel dichtere Structur zeigt als im Oberlid. Die Con-
junctiva ist 43 « dick und zeigt im Lidtheil denselben Bau wie
im Fornix. An der Lidwurzel liegen spärliche kleine Drüsenläppchen,
zwischen dem Palpebralis und der Conjunctiva in Bindegewebe ein-
geschlossen.
Die HArDER’sche Drüse ist sehr bedeutend entwickelt. Sie
liegt innen dem Bulbus auf, greift auf seine Ober- und Unterseite über
und erstreckt sich in die Tiefe der Orbita bis über den Augengrund
heraus zwischen die Muskeln. Sie besteht aus vielfach verzweigten
Schläuchen, die sich öfters lacunenartig erweitern. Die Schläuche be-
stehen aus einem zweischichtigen, annähernd cubischen Epithel mit
runden Kernen. Die Kerne der innern Zellenschicht liegen dem Lumen
des Schlauches nahe, die der äussern den äussern Zellengrenzen.
Neue Schläuche legen sich als solide Epithelsprossen an, die zahlreich
auf den Schnitten enthalten sind. Fasriges Bindegewebe umhüllt die
Schläuche und umfasst die ganze Drüse, die dadurch als selbständig
scharf abgegrenztes Organ auftritt. Die Ausmündung der Drüse er-
folgt durch mehrere Ausführgänge. Ein wohl ausgebildeter Schlauch
misst im Querschnitt 85 u, das Lumen ist 34 u weit, die Wanddicke
beträgt 26 u. Die Harper’sche Drüse erstreckt sich mit einzelnen
Läppchen über den grössten Theil des Bulbus, doch ist die Ausbildung
dieses Drüsenstratums, das sein Secret durch eine Anzahl am Fornix
superior und inferior vertheilter Ausführgänge entleert, relativ gering.
Besonders in der Lidwurzel befinden sich, wie erwähnt, nur ganz ge-
ringe Drüsentheilchen.
Der laterale Augenwinkel ist völlig frei von Drüsen, eine Glan-
dula lacrimalis fehlt gänzlich und das der Harper’schen Drüse
angehörende Drüsenstratum erreicht naturgemäss nicht den lateralen
Augenwinkel.
Die Orbita ist sehr unvollständig, der Bulbus liegt fast ganz
vor ihr, im Muskelgewebe und der Speckschicht eingebettet. Die
Augenaxe ist in einem Winkel von etwa 10° nach abwärts geneigt.
Der Grund der Orbita ist von einem lockern Gewebe erfüllt, das
eine grosse Anzahl Querschnitte von Venen, einen Plexus venosus
zeigt. Auch die Gewebsschichten, in die der Bulbus eingehüllt ist,
236 AUGUST PUTTER,
sind sehr blutreich, sie zeigen besonders unter der Speckschicht in der
Muskellage zahlreiche Gefässquerschnitte.
2. Embryo von 53 cm Länge.
Genaue Maasse siehe bei KÜKENTHAL (87, p. 224), „Walthiere“,
No. 5 der Tabelle (s. Fig. 2).
Der Bulbus weicht in seiner Gestalt nur ungemein wenig von der
Kugelform ab. Am längsten ist der Horizontaldurchmesser, der
18,5 mm misst, während der Verticaldurchmesser ebenso lang ist wie
die Axe, 17 mm. Die Aequatorialebene liest 7,2 mm hinter der Fläche
des Cornealrandes, ein Sulcus corneae ist nicht zu erkennen.
Der horizontale Cornealdurchmesser verhält sich zum horizontalen
Scleraldurchmesser wie 1:1,504, in verticaler Richtung ist der Antheil,
den die Cornea am Autbau des
m
en N
IN 2
Bulbus nimmt, noch etwas geringer,
i das Verhältniss beträgt 1 : 1,545.
Das corneale Bulbussegment ist
etwäs stärker gewölbt als das
sclerale, der Krümmungsradius
s des erstern beträgt 6,4 mm, der
ch des letztern 7,914 mm. Der
Bogen der Cornea beträgt 130°,
der der Sclera 281°.
Die Cornea ist etwas el-
liptisch gestaltet, ihr Horizontal-
durchmesser übertrifft mit 12,3
mm Länge den Verticaldurch-
con a an da, MBS Messer, der nur 11 mm lang ist
Buchstabenerklärung s. am Schluss. Die Höhe des Cornealscheitels be-
trägt 3,7 mm, d. bh. in Theilen
der Bulbusaxe 1:46. Am Rande ist die Cornea doppelt so dick
wie in der Mitte, dort 2 mm, hier nur 1 mm. Die Dicke des Horn-
hautepithels beträgt 34 u.
Die Sclera hat ihre dünnste Stelle vor dem Aequator, hier ist
sie nur 0,2 mm dick, während sie am Cornealrande 0,9 mm dick ist.
Die Dicke im Aequator beträgt 0,4 mm und gegen den Augengrund
verdickt sie sich erheblich, ihre grösste Dicke beträgt hier 1,2 mm.
Im Bereich der Opticusscheide verdünnt sie sich wieder etwas.
Die Chorioidea ist 425 u dick. Auf die äusserste Schicht, die
der grossen Gefässe, entfallen hiervon 170 u. Die Gefässe liegen nicht
Die Augen der Wassersiiugethiere. 237
sehr dicht, ihr gegenseitiger Abstand beträgt im Durchschnitt 100 w,
ihre Durchmesser schwanken in ziemlich weiten Grenzen, von 60 bis
100 uw. Nach innen folgen kleinere Gefässe, doch ist wegen der un-
genügenden Erhaltung ein genaues Studium dieser Theile nicht mög-
lich. Das Bindegewebe überwiegt gegenüber den Gefässen noch beträcht-
lich, pigmentirte Zellen enthält es nur in den äussern Partien, eine 80 bis
100 « dicke Schicht an der Innenfläche ist ganz pigmentfrei und darf
wohl als der Bezirk des Tapetums angesehen werden. Auch in den
äussern Theilen der Chorioidea sind die Pigmentzellen nur in geringer
Anzahl, weit verstreut, vorhanden. Das Aussenblatt der Retina ent-
hält kein Pigment im Bereich des Tapetums, es ist 10 « dick und
die einzelnen Zellen sind 16 « lang. Die kleinen, runden Kerne, die
4 u Durchmesser haben, liegen in der Zellmitte. In den peripheren
Theilen der Chorioidea sind die Zellen des Aussenblatts pigmentirt.
Von der Fläche erscheinen sie polygonal, fünf- oder sechseckig, und
der Kern ist als heller Fleck von 4 « Durchmesser kenntlich. Ihr
körperlicher Inhalt beträgt 1670 u°, der ihres Kernes 34 u°, so dass
das Verhältniss derselben wie 1 : 49 ist.
Die Farbe des Tapetums ist silbergrau, es erfüllt den Augen-
grund und reicht bis auf 2 mm an das Corpus ciliare heran. Im
untern Bulbustheil wird es stellenweise durch völlig schwarz pigmen-
tirte Bezirke des Stratum pigmenti retinae verdeckt, doch ist
die Ausdehnung dieser Pigmentirung nicht mehr genau festzustellen.
Der Gürtel des Corpus ciliare ist 0,9 mm breit, die Pro-
cessus ciliares erheben sich unmittelbar am Iriswinkel zu 1 mm
Höhe, sie sind dicht mit Fältchen besetzt und sehr zahlreich, etwa
110—120 an der Zahl. à
Die Pupille ist bohnenförmig, ihre Lange beträgt 3 mm, die
Breite 1,5 mm. Die bohnenförmige Gestalt kommt dadurch zu Stande,
dass von oben her ein Operculum pupillare in die Pupille
vorspringt.
Die Iris ist oben am breitesten, 4 mm breit, und ebenso breit
in temporaler Richtung. Unten ist sie am schmalsten, nur 3 mm
breit und nasal beträgt die Breite 3,5 mm.
Die Pars ciliaris retinae bedeckt die Rückseite in einer
Dicke von 30 u, das Pigment lässt keine Einzelheiten erkennen. Nach
vorn liegt ihr der Dilatator iridis als etwa 30 u dicke Schicht
auf, er enthält auf seinem ganzen Verlauf vom Pupillarrand bis zur
Iriswurzel sehr reichlich Pigment. Der Sphincter iridis ist er-
heblich dicker, im Mittel etwa 70 u dick, er erstreckt sich vom
238 AUGUST PUTTER,
Pupillarrande aus, wo er am dicksten ist, 2mm weit gegen die Peri-
pherie, endet also 1,5—2 mm früher als der Dilatator. Das Stroma
iridis ist etwa 80 u dick, es enthält wenige, plump spindelförmige
Pigmentzellen, bei denen meist der Kern noch als heller Fleck sicht-
bar ist. Die Gefässe liegen in einfacher Schicht, das grösste von
allen, das circulär verläuft, liegt 450 « vom Pupillarrande entfernt,
es zeigt einen ovalen Querschnitt von 120 u Breite bei 50 « Dicke,
die Wandung ist etwa 16 u dick. Die Gesammtdicke der Iris beträgt
an der Wurzel 120 «, nahe dem Pupillarrande 230 u.
Die Retina grenzt mit einer glatten Linea terminalis retinae an
das Corpus ciliare. Das Innenblatt ist im Augengrunde 346 w dick.
Die Schicht der Stäbchen ist 30 u breit, die Dicke des einzelnen
Stäbchens beträgt 2—3 u. Da die Fläche der Retina 558 qmm be-
trägt, so ergiebt die Rechnung eine Gesammtzahl der Stäbchen von
130 Millionen. Die äussere Körnerschicht ist 96 « dick und besteht
aus 22—26 Schichten von Zellen. Die Durchmesser der kugelrunden
Kerne betragen 3 «. Die äussere reticuläre Schicht ist 30 w dick.
Die innere Körnerschicht besteht bei 40 w Dicke aus 7—8 Schichten
von Zellen, deren Kerne etwas grösser sind als die der äussern Körner-
schicht, sie messen etwa 4—6 u, auch liegen sie weit weniger dicht
als in der äussern Körnerschicht. Die innere reticuläre Schicht ist
50 u dick und auf sie folgt nach innen das Ganglion optici von
100 u Dicke. Die Ganglienzellen bilden keine zusammenhängende
Schicht, sondern sind durch Zwischenräume getrennt, die aber in ihrer
Grösse sehr variiren. Die Zellen sind gross, als Beispiel mögen fol-
gende Maasse dienen: Durchmesser der Zelle 30 «, Länge des ovalen
Kerns 12 u, Breite 10 u.
Die Mürrter’schen Stützfasern sind stark entwickelt.
Die Anzahl der Stäbchen auf 1 qmm Retina beträgt 200 000, die
der äussern Körnerzellen auf derselben Fläche 1 009000 und die der
innern Körnerzellen 137 000.
Der Opticus tritt am hintern Augenpol an den Bulbus heran.
Er ist in horizontaler Richtung 1,615 mm dick, in verticaler 1,36 mm.
Die Dicke der Opticusfasern schwankt zwischen 4, 8 und 10 w. Die
Zahl der Opticusfasern beträgt etwa 42000, d. h. es kommen auf
jeden Quadratmillimeter der Retina 71 Nervenfasern. Nimmt man
diese Zahlen mit der vorhin angegebenen Zahl der Stäbchen zusammen,
so ergiebt sich, dass auf eine Faser des Opticus etwa 3095 Stäbchen
entfallen. Die Scheide des Opticus verdickt sich vom Foramen opticum
aus kegelförmig gegen den hintern Augenpol, an dem sie, in horizon-
ee EDEN EEE.
Die Augen der Wassersäugethiere. 939
taler Richtung gemessen, 5 mm dick ist, in verticaler Richtung
2,7 mm. |
Die Länge der Linsenaxe beträgt 6,5 mm, ihr Durchmesser
7 mm. Die Vorderfläche ist flacher als die Hinterfläche, sie ist 3 mm
hoch, was einem Kriimmungsradius von 3,54 mm entspricht. Ihr
Bogen beträgt 163°, es fehlt also eine Kleinigkeit zur Halbkugel. Die
Hinterfläche dagegen stellt eine genaue Halbkugel von 3,5 mm Radius
dar. Eine Totalfärbung der Linse in Boraxkarmin (nach Rast) lässt
erkennen, dass die Epithelgrenze nicht im Aequator, sondern 1,5 mm
hinter ihm gelegen ist.
Der Bulbus liegt nur mit seinem hintern Theil in der unvoll-
ständigen Orbita, sein ganzer vorderer Abschnitt liegt in Speck-
und Muskelgewebe eingehüllt, das hier in einer Dicke von 8—11 mm
dem Knochen aufliegt.
Die Länge der Lidspalte beträgt 8 mm. Der Saccus con-
junctivalis ist, vom Lidrande bis zum Fornix gemessen, 8 mm
tief, an der temporalen Seite nur 5,5 mm. Das Unterlid ist viel dicker
als das Oberlid, es ist an der Basis 7,5 mm dick, am Lidrande 0,6 mm,
das Oberlid dagegen an der Basis nur 3,5 mm dick, am Lidrande
0,4 mm.
Um den ganzen Fornix conjunctivae zieht sich ein Kranz von
Drüsenmündungen, nasal wie auch temporal, doch nasal ist die Zahl der
Mündungen etwas grösser, hier liegt die stark entwickelte Glandula
Harderi, deren grösste Dicke 3,3 mm beträgt.
3. Erwachsenes Thier.
Länge 126 cm. Thiere aus der Ost- und Nordsee. Conservirung
in Formol, 10proc. Salpetersäure und Solutio Perenyi (s. Fig. AA
und BB).
Der Bulbus hat einen Horizontaldurchmesser von 27 mm, der
Verticaldurchmesser beträgt nur 25 mm und die äussere Augenaxe ist
22 mm lang. Die Aequatorialebene liegt 7 mm hinter der Fläche
des Corneo-Scleralrandes. Der Sulcus corneae ist oben erheblich
breiter als unten, oben etwa 5,7 mm breit, unten nur etwa 4 mm.
Die Asymmetrie des Bulbus lässt sich am Verticaldurchmesser gut
feststellen, der obere Theil desselben ist 13,5 mm lang, der untere
nur 11,5 mm. Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Scleral-
durchmesser ist 1:1,667 in horizontaler Richtung, in verticaler
1:2,593. Die Cornea ist in verticaler Richtung stärker gewölbt als
der Augengrund, ihr Krümmungsradius beträgt dort 8,03 mm, der des
240 AUGUST PUTTER,
Augengrundes 13,5 mm, und mit diesem Werth steht der Augengrund
in der Mitte zwischen horizontaler und verticaler Krümmung der
Cornea, denn erstere ist erheblich geringer, der horizontale Krüm-
mungsradius der Hornhaut misst 17,1 mm. Der horizontale Corneal-
bogen misst 57°, der verticale 115°.
Die Cornea hat einen Horizontaldurchmesser von 16,2 mm,
einen Verticaldurchmesser von 13,5 mm und eine Höhe von 3,7 mm.
Die Dicke der Cornea zeigt die grössten Verschiedenheiten. Im
Fig. AA. Phocaena communis. Horizontalschnitt. 2,5 : 1. Buchstabenerklärung
s. am Schluss.
Scheitel ist sie nur 0,6 mm dick, am Rande dagegen um das Mehr-
fache dicker. Am dicksten ist sie in der Horizontalen, hier beträgt
die Dicke am nasalen wie temporalen Rande 2,4 mm, oben und unten
sind die Werthe auch einander gleich und geringer als nasal und
temporal, sie betragen 1,3 mm.
Ueber Einzelheiten des Hornhautepithels können leider keine An-
gaben gemacht werden, da es nicht gelang, brauchbare Präparate zu
erhalten, doch scheint es nach einigen Bildern, dass die Art der Ver”
hornung wesentlich verschieden von jener ist, wie sie bei Delphin-
Die Augen der Wassersiugethiere. 941
apterus und Hwyperoodon beschrieben werden wird. Die Lamellen
der Cornea propria sind ungemein fest und dicht an einander
gefiigt, die kleinen, massenhaften Lymphspalten fehlen und werden
ersetzt durch eine ziemlich grosse Anzahl grösserer Lymphräume.
Neben kleinern Stämmen finden sich solche, deren ovaler Quer-
schnitt in der Längsrichtung 60—100 « misst. Die Lamellenbiindel
weichen zur Umgrenzung der Lymphräume aus einander.
Die Sclera ist am Cornealrande 1 mm dick, verdünnt sich aber
schnell und misst im Sulcus corneae nur 0,4 mm. Gegen den
Aequator steigt die
Dicke auf 2 mm und
nimmt von da gegen
den Augengrund bis
auf 2,3 mm zu. Gegen
den Opticuseintritt ver-
dünnt sich die Sclera
auf 1,5 mm.
Die Chorioidea
ist 320 u dick, wovon
auf das Tapetum etwa
140 u entfallen. Zu
äusserst liegt die
Schicht der grossen Ge-
fässe, die etwa 180 u
dick ist. Die Gefässe
liegen in einfacher
Schicht, sind im Quer-
schnitt etwas oval, der Fig. BB. Phocaena communis. Verticalschnitt.
Langsdurchmesser be- 2,5:1. Buchstabenerklärung s. am Schluss.
trägt ca. 200 u. Die
Gefässe liegen sehr dicht, nur durch wenig Bindegewebe getrennt, das
schwarz pigmentirte Zellen enthält. Nach innen schliesst sich an die
grossen Gefässe direct das Tapetum an.
Das Tapetum hat sehr glänzende Farben, im äussern Theil des
Bulbus ist ein Bezirk lebhaft blau gefärbt, das übrige Tapetum ist
gelbgrün, es hat einen starken metallischen Glanz.
Temporal bleibt die Grenze des Tapetums 2,7 mm von der Grenze
des Corpus ciliare entfernt, oben und innen beträgt die Entfernung
4 mm, und unten erstreckt es sich noch nicht einmal bis zum
Aequator, es reicht hier im verticalen Meridian nur bis zu einer Ent-
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f. Morph, 16
im
Likes
ay
Ss
oD
SENTE
l
4.0
—— Via
242 AUGUST PUTTER,
fernung von 5 mm vom hintern Augenpol. Im untern Bulbustheil ist
unter dem vom Tapetum freien Theil der Chorioidea der peri-
chorioide Lymphraum sehr stark entwickelt und enthält Lymph-
gerinnsel.
Feinere Einzelheiten über den Bau des Tapetums waren nicht
feststellbar, die durchtretenden Gefässe sind Capillaren von 20—25 u
Dicke, die Choriocapillaris erscheint 10 « dick.
Die Pupille ist bohnenförmig, ihr oberer Rand springt als con-
vexes Operculum pupillare in das Sehloch vor, sie ist 4,7 mm
lang und 2 mm breit.
Die Iris ist, entsprechend der Form der Pupille, oben erheblich
breiter als unten. Oben misst sie 5,5 mm, unten nur 4 mm und ebenso
viel auch nasal und temporal. Die Dicke der Iris beträgt an der
Wurzel etwa 200 «, am Pupillarrand 120 «, und auf der Fläche ist
das Stroma nur 60 w dick. An manchen Stellen erscheint allerdings
der Radialschnitt viel breiter, das sind jene Stellen, wo die grossen
Irisgefässe, die weit in das Lumen der Vorderkammer hineinragen, der
vordern Fläche des Stromas aufliegen. Die grossen Gefässe, deren
Querschnitte Durchmesser von 150—250 u haben, lassen keine Regel-
mässigkeit in ihrer Anordnung erkennen. Sieht man von diesen ge-
wissermaassen in die vordere Kammer hinein verlagerten Gefässen ab,
so besteht im Uebrigen die Iris fast ganz aus Muskeln und der Pars
iridica retinae, die, völlig schwarz pigmentirt, keinerlei Details
erkennen lässt.
Der Sphincter iridis bildet im pupillaren Theil der Iris einen
Ring von etwa 2,72 mm Breite. Am Pupillarrande ist er 50—60 u
dick, weiter peripher etwa 80 u.
Der Dilatator iridis ist ungemein stark pigmentirt und daher
nicht überall mit der wünschenswerthen Schärfe zu erkennen. Im
pupillaren Theil der Iris ist er 25—30 mw dick, im peripheren nur
etwa 12—14 u.
Das Corpus ciliare trägt 100—105 Ciliarfortsätze; sie sind
ungemein faltenreich, etwa 2 mm lang bei einer grössten Höhe von
1,5 mm, ihre Breite beträgt 0,25 mm, der gegenseitige Abstand 0,15 mm.
Die mikroskopische Untersuchung ergab bei dem wenig guten
Erhaltungszustande nicht viel Resultate. An Muskeln konnte das Vor-
handensein ziemlich zahlreicher meridionaler Bündel, also eines Ten-
sor chorioideae, festgestellt werden. Auch einige circuläre
Bündelchen eines schwachen Musculus ciliaris sind erkennbar.
Die Augen der Wassersäugethiere. 243
Die Dicke der Retina beträgt im Augengrunde 200 u, an der
Linea terminalis retinae 90 u. Die Stäbchenschicht ist nur
20 u breit, die Dicke der einzelnen Elemente beträgt 2—3 u, was
bei einer Gesammtfläche der Retina von 1225 qmm einer Zahl von
175 Millionen entspricht. Die äussere Körnerschicht ist 66 jw dick
und besteht aus etwa 20 Schichten von Kernen, deren Durchmesser
2—3 u beträgt. Die äussere reticuläre Schicht ist 20 « dick, die
innere Körnerschicht 34 « und besteht aus etwa 6 Zellenschichten,
deren Kerne 4—5 u im Durchmesser haben. Die innere reticuläre
Schicht, das Ganglion optici und die Nervenfaserschicht sind zu-
sammen 60 u dick.
Während die Zahl der Stäbchenzellen auf 1 qmm Retina höchstens
200 000 beträgt, findet man als Werth für die äussern Körnerzellen
auf denselben Raum 1350000. Die Zahl der innern Körnerzellen
dagegen beträgt wiederum nur etwa 184000. Die Zahl der äussern
Körner übertrifft also die der Stäbchen um das 6—7fache.
Der Nervus opticus ist in senkrechter Richtung 1,5 mm dick,
in horizontaler 2,3 mm. Die Dicke der Opticusfasern schwankt un-
gemein, neben Fasern von 6 u Dicke findet man solche von 8 « und
auch von 16 u, als durchschnittliche Dicke kann man für die Rech-
nung 10 w annehmen. Dann ergiebt sich die höchste mögliche Anzahl
der Nervenfasern zu 36100, d. h. es entfallen auf je 1 qmm Retina
nur 29 Nervenfasern, und auf jede Nervenfaser kommen 4850 Stäbchen.
Die Axe der Linse ist 8 mm lang, d. h. in Theilen der Bulbus-
axe 1:2,75, der Durchmesser 8,4 mm lang, in Theilen des Bulbus-
durchmessers 1 : 3,09. Vorder- und Hinterfläche der Linse sind gleich
stark gewölbt, und die Abweichung der ganzen Linse von der Kugel-
form ist sehr gering.
Bei einem jungen Thier von 105 cm directer Körperlänge betrug
der gegenseitige Abstand der Augen von einander 21,5 cm, die Ent-
fernung des nasalen Lidspaltenwinkels vom Mundwinkel 4,5 cm. Die
Lidspalte war 14 mm lang (auf der linken Seite, auf der rechten
nur 12,8 mm) und 7,7 mm breit (rechts nur 7 mm).
Die Entwicklung des Auges von Phocaena communis Less.
Der Bulbus des Embryo I (Länge 12,7 cm) weicht erheblich
mehr von der Kugelform ab als der des Embryo II (Länge 53 cm).
Das Verhältniss der Axe zum Verticaldurchmesser beträgt bei Embryo I
1:1,179, d. h. fast ebenso viel wie beim erwachsenen Thier (III), bei
16*
244 AUGUST PUTTER,
dem die Verhältnisszahl 1,182 ist, bei Embryo II dagegen nähert sich
die Gestalt stark der Kugel, die Verhältnisszahl ist 1,044.
Die Axe wächst in der Entwicklung fast ebenso stark wie der
verticale Durchmesser; setzt man die Dimensionen des Embryo I gleich
1, so erhält man folgende Werthe:
Axe Durchmesser
Embryo II 5,0 4,25
Erwachsenes Thier 6,47 6,25
Die drei Theile der Axe: die Höhe der Cornea (1 der folgenden
Tabelle), die Höhe des prääquatorialen Segments (2 der Tabelle) und
die Tiefe des Augengrundes (3 der Tabelle) wachsen in sehr ver-
schiedenem Maasse:
il 2 3
I 1 1 1
II ou 6,545 4,69
III | 6,363 8,69
Die Cornea hat ihre volle Höhe schon bei Embryo I erreicht,
der Sulcus corneae ist beim erwachsenen Thier sogar absolut
flacher als bei Embryo II. Dagegen hat die Tiefe des Augengrundes
in sehr erheblicher Weise zugenommen.
Um den relativen Antheil der drei genannten Theile an der Zu-
sammensetzung der Axe zu zeigen, dient die folgende Tabelle:
1 bezeichnet die Höhe der Cornea,
2 die Höhe des prääquatorialen Segments,
3 die Tiefe des Augengrundes, alles ausgedrückt in Theilen der
entsprechenden Bulbusaxe.
1 2 3
le 123.09 120619
I 1:46 1772561 NETT
EIR G1 2'6,0 1:>3,143)7.12 1,987
Man sieht aus diesen Zahlen deutlich das relative Flacherwerden
der Cornea, die Vertiefung des Augengrundes und die Aenderung der
Ausdehnung des Sulcus corneae, der bei Embryo II bei weitem am
grössten, bei I und III etwa gleich gross ist.
Der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt sowie
die Grösse ihres Bogens nehmen im Laufe der Entwicklung beträcht-
lich ab. Dabei wird die Hornhaut in verticaler Richtung etwas stärker
verkleinert als in horizontaler. Die folgenden Werthe sind Mittelwerthe.
Das Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Scleraldurchmesser
Die Augen der Wassersiiugethiere. 945
beträgt bei Embryo I (Länge 12,7 cm) 1:1,53, bei Embryo II (Länge
53 cm) 1:1,524 und beim erwachsenen Thier 1:2,13. Die Bogen-
grösse ist bei I 135°, bei II 130° und beim erwachsenen Thier nur
noch 86°.
Die relative Dicke der verschiedenen Bezirke der Sclera er-
leidet grosse Veränderungen, über die die folgende Tabelle orien-
tirt; unter 1 ist die Dicke des prääquatorialen Segments, unter 2 die
des Aequators und unter 5 die des Augengrundes angegeben. Alle
Werthe sind in Theilen der entsprechenden Bulbusaxen ausgedrückt
1 2 3
Embryo I TOT 00 ls 26.56
Embryo Il 172785 IPD) ETAT
Erwachsenes Thier 1: 55 1,9 127.85
Man ersieht aus diesen Werthen zunächst, dass die Sclera eine
durchgängige relative Verdickung erfährt, einzig das prääquatoriale
Segment verdünnt sich. Der Grad der Dickenzunahme ist aber in
den verschiedenen Bezirken verschieden.
Bei Embryo I ist der Aequator die dünnste Stelle der Sclera,
wie das bei den Pinnipediern dauernd der Fall ist. Hier aber stellt
dieser Zustand nur ein vorübergehendes Stadium dar, schon bei Em-
bryo II ist das prääquatoriale Segment die dünnste Stelle des Bulbus,
nur halb so dick wie der Aequator. Beim erwachsenen Thier beträgt
seine Dicke gar nur !/, von der des Aequators. Die relative Dicken-
zunahme der Sclera ist im Aequator am bedeutendsten, sie beträgt
rund das 9fache, im Augengrunde nur etwas mehr als das 3fache und
im prääquatorialen Segment findet, wie schon erwähnt, sogar eine
relative Verdünnung statt.
Wie die Dicke der Sclera, so unterliegt auch die der Cornea in
der Entwicklung erheblichen Veränderungen.
Die folgende Tabelle giebt unter 1 die Dicke der Cornea am
Rande, unter 2 die im Scheitel, ausgedrückt in Theilen der ent-
sprechenden Bulbusaxen.
il 2
Fabio em 126,5 “1X
in DE SERRE 13T
Ill 126 Sols TOI leo.
Beim jüngsten Embryo ist also der Scheitel noch dicker als
der Rand. Beim Embryo II hat die relative Scheiteldicke sich nicht
verändert, enorm hat dagegen die relative Randdicke zugenommen.
246 AUGUST PUTTER,
Die Veränderung von Embryo II zum Erwachsenen geht wieder in
umgekehrtem Sinne, die Randdicke nimmt wieder relativ etwas ab,
ganz beträchtlich geringer wird aber die relative Scheiteldicke.
Die Chorioidea ist beim Embryo von 53 cm Länge relativ viel
dicker als beim Erwachsenen. Die Dicke des Gefässtheils verhält sich
bei Embryo II zu der Bulbusaxe wie 1:49, beim Erwachsenen da-
gegen wie 1:122, ist also hier relativ nicht halb so dick wie beim
Embryo. Umgekehrt nimmt das Tapetum relativ wie absolut wesent-
lich an Dicke zu. In Theilen der Axe beträgt seine Dicke beim Em-
bryo II 1:213, beim Erwachsenen aber 1 : 157.
Die Iris ist beim erwachsenen Thier relativ wesentlich breiter
als beim Embryo, besonders tritt dieses Verhältniss im verticalen
Meridian hervor; hier ist im Vergleich zur Grösse des Cornealdurch-
messers die Iris relativ mehr als doppelt so breit wie beim Embryo I
und auch etwas breiter als bei Embryo II. Im horizontalen Meridian
ist die Iris gleichfalls bei Embryo I am schmalsten, dann aber nicht
beim erwachsenen Thier, sondern beim Embryo II am relativ breitesten.
Die charakteristische bohnenförmige Gestalt der Pupille ist bei
Embryo II schon sehr deutlich, bei Embryo I dagegen ist die Pupille
rund; es ist noch kein Operculum pupillare angelegt.
Vergleicht man die relative Länge und Höhe der Ciliarfortsätze
bei Embryo I und beim Erwachsenen, so sieht man, dass die relative
Länge (ausgedrückt in Theilen der Bulbusaxe) beim erwachsenen Thier
nur etwas mehr als halb so gross ist wie bei Embryo I. Die Höhe
zeigt dagegen keine nennenswerthe Reduction. Auffallend ist, dass
bei Embryo II die Länge noch geringer ist als beim Erwachsenen,
auch die Höhe ist etwas, wenn auch unbedeutend, geringer.
Die relative Dicke der Retina wird in der Entwicklung des
Auges immer geringer, bei Embryo I beträgt sie, in Theilen der Bulbus-
axe ausgedrückt, 1:22, bei Embryo II 1:49 und beim Erwachsenen
nur 1:110. Noch auffallender erscheinen die Veränderungen der ab-
soluten Dicke, die zwischen dem Embryo II und dem Erwachsenen
stattfinden.
Bei Embryo II ist die Retina 346 w dick, bei der erwachsenen
Phocaena nur 200 u!
Alle einzelnen Werthe für die Dicken der verschiedenen. Schichten
nehmen ab, trotzdem wird die Anzahl der äussern Körnerzellen eher
noch etwas grösser, was dadurch erreicht wird, dass sie enger ge-
drängt liegen und ihre Kerne kleiner werden; dasselbe ist auch bei
den innern Kernen zu beobachten.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 247
Die Linse erfährt in allen ihren Dimensionen eine relative Ver-
kleinerung. Die folgende Tabelle giebt unter:
1 die Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe,
2 den Linsendurchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers,
3 den Linsendurchmesser in Theilen des Hornhautdurchmessers.
1 2 3
Embryo hielo sibs LD, 1: 1,10
Lt HR 2 0002257 1501,66
III Ae oes le ROOMS IST" 76
Besonders wichtig ist, dass die Linse auch in Bezug auf die
Hornhautgrösse eine Verkleinerung erfährt. Gleichzeitig nähert sie
sich mehr und mehr der Kugelgestalt, von der sie beim Embryo I
noch weit entfernt ist, indem besonders die Vorderfläche noch relativ
schwach gewölbt ist.
3. Delphinapterus leucas (PALLAS).
1. Embryo von 3,75 cm Länge.
Grönland 1865. Aus dem Museum zu Kopenhagen. In Alkohol
conservirt. Der Embryo ist in Frontalschnitte zerlegt. Sein Erhaltungs-
zustand gestattet nicht mehr das Studium feinerer Einzelheiten, doch
sind die gröbern anatomischen Verhältnisse sehr gut feststellbar, auch
sind die Formen der einzelnen Theile des Auges nicht wesentlich
durch Schrumpfung verunstaltet.
Genaue Maasse s. bei KÜKENTHAL (87), „Walthiere“, p. 225, No 8
der Tabelle (s. Fig. CC).
Die grösste Dimension des Bulbus liegt in der Axe, die 1,573 mm
lang ist, während der verticale Bulbusdurchmesser nur 1,445 mm
misst. Ein Sulcus corneae ist nicht zu erkennen, die Sclera ist
gleichmässig gewölbt. Das vordere, corneale Segment des Bulbus ist
viel stärker gewölbt als das hintere, sclerale. Der Krümmungsradius
des erstern beträgt 0,586 mm, der des letztern 0,7 mm. Das Ver-
hältniss des Cornealdurchmessers zum Bulbusdurchmesser beträgt
1:1,0844, die Cornea nimmt also einen sehr bedeutenden Antheil am
Aufbau des Bulbus, was auch aus der Grösse des Corneabogens zu
ersehen ist, der 156° beträgt; der Bogen der Sclera misst 250°.
Die Cornea hat einen verticalen Durchmesser von 1,148 mm
Länge, der innere Durchmesser ist nur 0,978 mm lang. Die Höhe des
äussern Cornealscheitels beträgt 0,468 mm, d, h. 1: 3,361 der Bulbus-
axe, der innere Cornealscheitel ist nur 0,255 mm hoch. Die Scheitel-
248 AUGUST PUTTER,
dicke der Cornea übertrifft die Randdicke um das 2,5fache, sie beträgt
213 u, während der Rand nur 85 « dick ist. Diese Maasse sind
etwas ungenau, da das Epithel völlig fehlt. Einzelne Fetzen, die im
Conjunctivalsack erhalten waren, zeigten eine Dicke von etwa 17 u,
dieser Werth müsste also den Dickenmaassen hinzugefügt werden.
Die Sclera ist nur in den
vordern, der Cornea angrenzenden
Bezirken als gesonderte Anlage zu
erkennen, die sich durch dichtere
Structur von dem umgebenden lockern
Gewebe unterscheidet. Im Aequator
ist sie 64 w dick, im Augengrund
fehlt sie noch völlig. Die Dicke der
Sclera im Aequator verhält sich zur
Bulbusaxe wie 1:24,6. Die Chori-
Fig. CC Delphinapterus leucas oidea fehlt als gesonderte Anlage.
(PALLAS). Embryo von 3,75 em Länge. Die Iris springt als 315 ue
Verticalschnitt. 25 : 1. Buchstabener- ; 5 =
Klone am ohne breites Diaphragma in den Bulbus-
raum vor. Die Dicke ihres Stro-
mas beträgt 42 u. An ihrer Wurzel ist die Pars iridica retinae 43 u
dick, sie verdünnt sich gegen den Pupillarrand und enthält kein Pigment.
Das Corpus ciliare ist noch nicht vorhanden, nur ist das
Pigmentblatt der Retina in den Bezirken, die später in den Bereich
des Ciliarkörpers einbezogen werden, stärker entwickelt als in den
übrigen Theilen der Retina.
Das Pigmentblatt der Retina ist in seiner ganzen Aus-
dehnung mit Pigment erfüllt. Im Augengrund stellt es eine einfache
Zellenlage dar, im Bereich der Anlage des Corpus ciliare aber
wird es mehrschichtig, doch erfüllt das Pigment vollständig nur die
innerste Schicht, die äussere oder die äussern, denn es ist nicht mehr
genau zu entscheiden, wie viel Schichten es sind, enthalten nur ver-
einzelte Pigmentbrocken.
Das Innenblatt der Retina zeigt noch keine gesonderten Schichten,
im Augengrund hat es die enorme Dicke von 340 uw, nach vorn nimmt
es an Dicke ab, an der Iriswurzel misst es noch 43 u.
Die Eintrittsstelle des Nervus opticus in das Auge liegt weit
nach aussen vom hintern Augenpol. Die Schnitte, walche den Opticus-
eintritt zeigen, geben schon Flächenschnitte der Retina. Bei der
Dicke der Retina und ihrer Ablösung von der Sclera lässt dies auf
einen senkrechten Abstand von weniger als 250 «u von der Tangential-
Die Augen der Wassersiiugethiere. 249
ebene des Bulbus schliessen. Auch erfolgt der Eintritt nicht in der
Horizontalen, sondern etwas darüber. An seiner Eintrittsstelle ist der
Opticus 210 u dick. Von der Papille aus verläuft er in gerader
Richtung durch den Kegel der Augenmuskeln bis zur Spitze der Or-
bita, eine Strecke von 1,36 mm Länge.
Die Linse ist fast genau kugelförmig, ihr Durchmesser beträgt
0,697 mm, 1 : 2,07 des Bulbusdurchmessers, die Axe ist 0,68 mm lang,
1:2,31 der Bulbusaxe. Der Durchmesser der Pupille beträgt
0,680 mm, nur ein ganz flaches Segment der Linse ragt durch sie in
die vordere Kammer herein. Der Abstand der Linse von der Innen-
fläche der Retina beträgt 130 «, zieht man aber in Betracht, dass die
Retina im Augengrunde etwa 80 w von der Sclera abgehoben ist, so
beträgt der Abstand 210 w. Der vordere Linsenpol ist 170 u vom
innern Cornealscheitel entfernt. Der Krümmungsradius der Linse be-
trägt 0,349 mm.
Die Linse wird von einer Tunica vasculosa lentis umhüllt,
deren zuführendes Gefäss von der Papilla nervi optici ausgeht. Eine
Glaskörpergallerte ist nicht vorhanden.
Die Augenlider erheben sich als Wülste über das Niveau der
übrigen Haut, denkt man sich die Ebene der umgebenden Haut durch
den Bereich des Auges hindurchgelegt, so würde sie den Linsenäquator
treffen. Alles, was vor dieser Ebene liegt, springt als Vorwölbung über
die Oberfläche vor.
Die Lider stehen mit ihren Rändern weit von einander ab, das
obere ist viel länger und dünner als das untere. Im Unterlid erkennt
man den Orbicularis oculi, im Oberlid fehlt er noch vollständig. Die
Breite des Oberlides beträgt 0,9 mm, seine Dicke an der Wurzel
468 u, am freien Rande 60 u. Das Unterlid ist 0,85 mm breit, an
der Wurzel 0,68 mm und am Rande noch 0,213 mm dick.
Anlagen von Drüsen konnten ebenso wenig gefunden werden
wie ein Ductus nasolacrimalis.
Das Auge liegt, von lockerm Gewebe umgeben, fast ganz vor der
nur schwach angedeuteten Orbita. Die Augenaxe ist etwas nach
vorn und ziemlich stark, in einem Winkel von etwa 20°, nach unten
geneigt.
2. Embryo von ca. 25 cm Länge.
Maasse s. bei KÜKENTHAL (87), „Walthiere“, p. 228, No. 21 u. 22
der Tabelle.
250 AUGUST PUTTER,
Es wurden 3 Embryonen untersucht, die etwa gleich lang waren.
2 waren in Frontalschnitte zerlegt, von dem 3. wurden äquatoriale
Schnitte durch das Auge hergestellt. Die Befunde waren überall im
Wesentlichen dieselben, so dass sie in einer Beschreibung verarbeitet
werden konnten (s. Fig. DD).
Fig. DD. Delphinapterus leucas (PALLAS). Embryo von ca. 20 em Länge. Verti-
calschnitt der Orbitaa 6:1. A Augenaxe, C.c Schädelhöhle, C.o Mundhöhle, EZ Epi-
dermis, G.c Glandulae conjunctivales, N.ir Nervus trigeminus, O.f Orbitalfortsatz des
Stirnbeins, O.m Unterkiefer, O.o Musculus orbicularis oculi, P.s M. palpebralis superior,
P.z Processus zygomatieus, S.c Saccus conjunctivalis. Weitere Buchstabenerklärung s.
am Schluss.
Der Bulbus ist kugelförmig, seine Axe ist 5 mm lang und ge-
nau ebenso lang auch sein verticaler Durchmesser. Die Aequatorial-
ebene liegt 1,5 mm hinter der Fläche des Cornealrandes. Ein Sulcus
corneae fehlt, das prääquatoriale Segment des Bulbus ist ebenso
stark gewölbt wie das postäquatoriale. Die Cornea nimmt einen recht
erheblichen Antheil am Aufbau des Bulbus, ihr Verticaldurchmesser
verhält sich zu dem des Bulbus wie 1: 1,3157, sie ist stärker gewölbt
Die Augen der Wassersäugethiere. 951
als die Sclera, die einen Kriimmungsradius von 2,4 mm hat, wahrend
der der Cornea nur 2,3 mm misst. Der Bogen der Cornea beträgt
110°, der der Sclera 268 °.
Die Cornea hat einen Verticaldurchmesser von 3,8 mm Lange,
ihre Höhe beträgt 1 mm. Sie ist im Scheitel dicker als am Rande,
dort 255 uw dick, hier nur 170. Das Hornhautepithel ist 25 w dick,
es besteht aus einer tiefen Schicht Cylinderzellen von etwa 20 « Höhe,
deren runde oder etwas ovale Kerne im untern Theil der Zellen liegen,
und einer etwa 5 «u dicken Lage von Plattenzellen. Elastica anterior
und posterior sind noch nicht vorhanden. Die Cornea propria
enthält sehr zahlreiche Zellen, die besonders gegen die Hinterfläche
der Cornea dicht gedrängt sind. Alle Kerne sind oval und parallel
der Corneaoberfläche in ziemlich markanten Längsreihen geordnet. Es
liegen etwa 14 solche Längsreihen über einander. Das Endothel der
Vorderkammer erscheint als dünne einfache Schicht von Plattenzellen.
Die Sclera ist im vordern Theil des Bulbus und im Aequator
etwa 85 « dick, gegen den Augengrund verdickt sie sich auf 153 u.
Sie besteht aus vorwiegend meridional verlaufenden, etwas welligen
Fasern, die im vordern, der Cornea angrenzenden Theil dicht ge-
drängt liegen und so der Sclera hier ein viel -festeres Gefüge geben
als in dem dickern, aber lockerer gebauten Theil, der den Augen-
grund begrenzt.
Die Chorioidea ist noch nicht als gesonderte Anlage zu er-
kennen.
Die Iris ist ein Ring von 0,8 mm Breite, sie ist 128 u dick,
davon entfallen 85 « auf das Stroma und 43 « auf die Pars iridica
retinae. Die Pupille ist durch eine feine zellige Membrana
pupillaris geschlossen.
Das Stratum pigmenti ist ganz mit schwarzem Pigment er-
füllt, so dass keine Kerne und Zellgrenzen zu erkennen sind. Das
Innenblatt ist am Pupillarrande gleichfalls stark pigmentirt, bald aber
werden die Zellkerne und weiter peripher auch die Zellgrenzen sicht-
bar. Das Ligamentum pectinatum besteht aus zahlreichen
weiten Zellnetzen, die einen weiten Fonrana’schen Raum zwischen
sich fassen.
Das Corpus ciliare ist noch nicht von der Iris getrennt; etwa
0,43 mm vom Pupillarrande entfernt erheben sich auf der Rückseite
der Iris die Ciliarfortsätze als Falten von etwa 170 « Höhe, es liegen
auf meridionalen Schnitten mehrere solche Fortsätze in demselben
Meridian hinter einander. Die Form der Falten ist sehr einfach, sie
252 AUGUST PUTTER,
zeigen noch keine secundären Fältchen, sondern sind ganz glatt. Ihr
Stroma wird von dem hier sehr starken (vielleicht mehrschichtigen)
Stratum pigmenti bedeckt, über welches das Innenblatt der
Retina als einfaches Cylinderepithel hinwegzieht. Die Breite des
ganzen Corpus ciliare beträgt etwa 0,7 mm.
Das Aussenblatt der Retina besteht im untern Theil des
Bulbus aus einer einfachen Zellenlage, die völlig von tiefschwarzem
Pigment erfüllt ist. Schon gegen den Augengrund hin wird das Pigment
spärlicher, und im ganzen obern Theil des Bulbus fehlt es fast völlig, oder
es sind doch nur ganz schwache Andeutungen vorhanden; erst gegen
das Corpus ciliare hin tritt es wieder in Menge auf. In demselben
Maasse wie die Pigmentirung nimmt auch die Höhe der Zellen des
Aussenblatts ab, im untern pigmentirten Theil sind die Zellen etwa
17 u hoch, im obern pigmentfreien dagegen nur etwa 5 u.
Das Innenblatt der Retina ist im Augengrunde etwa 170 u
dick, gegen die Peripherie nimmt es nur wenig an Höhe ab und ist
in unmittelbarer Nähe der Linea terminalis retinae noch 85 u
dick. Den Hauptbestandtheil bildet die Schicht der äussern Körner,
die 127 u dick ist und aus etwa 18 Zellenlagen besteht, die sehr dicht
gedrängt und in radialen Reihen angeordnet liegen. Die innere Körner-
schicht schliesst sich direct an die äussere an, sie ist etwa 43 w dick
und besteht aus 4—6 Zellenschichten. Alles, was nach innen von ihr
liegt, stellt sich als Schicht von 17 w Dicke dar, in der keine Einzel-
heiten zu erkennen sind.
Der Nervus opticus ist 0,6 mm dick und tritt oberhalb und
temporal vom hintern Augenpol an den Bulbus heran. Seine Scheide
verdickt sich kegelförmig gegen den Bulbus hin und enthält ein dichtes
Geflecht von Ciliararterien.
Die Länge der Linsenaxe beträgt 2,55 mm, ihr äquatorialer
Durchmesser 3,06 mm. Die Vorderfläche ist viel flacher als die Hinter-
fläche, ihre Höhe beträgt nur 0,85 mm, ihr Kriimmungsradius 1,8 mm,
während die Hinterfläche 1,7 mm hoch ist und einen Kriimmungs-
radius von 1,567 mm besitzt. Das vordere Linsenepithel geht 0,51 mm
hinter dem Linsenäquator auf der Rückseite der Linse in die Linsen-
fasern über. Das Linsenepithel ist ein etwa 34 u hohes einfaches
Cylinderepithel. Die ganze Linse ist von einer dichtmaschigen Tunica
vasculosa lentis umsponnen.
Die Lidspalte stellt einen feinen, 2,6 mm langen Spalt dar.
Die Breite des Oberlids beträgt 4,165 mm, die des Unterlids 3,145 mm.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 953
Das Unterlid ist dicker als das obere, es ist an der Basis 2,38, am
Rande 0,72 mm dick, während die Dicke der Basis beim Oberlid 1,19,
die des Randes 0,68 mm beträgt. Die Epidermis ist an der Lidwurzel
34 « dick, von da an nimmt sie gegen den Lidrand gleichmässig an
Dicke zu und geht dann, nachdem sie nahe dem vordern Lidrande das
Maximum ihrer Dicke mit 170 w erreicht hat, mit einem gewölbten
Abfall auf der Mitte des Lidrandes in die Conjunctiva über. Das
Stratum germinativum betheiligt sich an dieser Verdickung der Epi-
dermis nicht, es besteht überall gleichmässig aus einer einfachen Schicht
von Cylinderzellen, die sich durch ihre stärkere Färbbarkeit von den
darüber liegenden Schichten deutlich unterscheiden. Die Speckschicht,
die am übrigen Kopf die sehr bedeutende Dicke von etwa 1 mm hat,
misst an der Basis des Lids noch 930 «, nimmt aber rasch an Stärke
ab und hört im Unterlid etwa 1,3 mm vom Lidrande entfernt über-
haupt ganz auf, im Oberlid sogar etwa 2,55 mm vom Lidrande. Die
Drüsen der Lider gehören ihrer Hauptmasse nach zu den grossen
Augenhöhlendrüsen, besonders in den nasalen und temporalen Theilen
der Lider entieeren sie ihr Secret durch deren Ausführgänge. Ausser-
dem aber münden auf der Conjunctiva eine Reihe von Einzeldrüsen,
die in keiner Verbindung mit den grossen Augendrüsen stehen, sondern
ein selbständiges subconjunctivales Drüsenstratum bilden. Die Drüsen
füllen den grössten Theil der innern Hälfte des Lides aus, die ein-
zelnen Läppchen sind von Bindegewebsbündeln umgeben, und lockeres
Bindegewebe füllt den übrigen Raum des Lids aus, bis auf eine Schicht
von etwa 80 « Dicke, die sich unmittelbar der Conjunctiva anlegt und
dichte Zellenlagen sowie Fibrillen enthält. Das Lid ist sehr stark mit
Gefässen versehen, man findet eine ganze Anzahl Querschnitte von
grossen Venen. Die Conjunctiva hat eine ziemlich gleichmässige Dicke
von etwa 34 « und lässt deutlich eine tiefe Schicht Cylinderzellen er-
kennen, der flachere Zellenlagen aufliegen.
Die HArpER’sche Drüse ist ungemein stark ausgebildet, sie
umgreift als mehrfach gelapptes Organ den ganzen nasalen Theil des
Bulbus. Sie wird vom Musculus palpebralis bedeckt. Oben
und unten liegt sie dem Bulbus an und erstreckt sich, wie erwähnt,
in die peripheren Theile der Lider hinein. Durch eine Anzahl von
Ausführgängen mündet sie in den Saccus conjunctivalis. Der grösste
derselben mündet in den Fornix conjunctivae inferior, aber auch in
den Fornix superior öffnen sich kleinere Ausführgänge.
Die Thränendrüse liegt stark ausgebildet am temporalen
Augenwinkel innerhalb des Kegels der Musculi palpebrales.
254 AUGUST PUTTER,
Von ihren Ausführgängen ist besonders ein grösserer im Fornix
conjunctivae inferior bemerkenswerth. Zwischen die beiden grossen
Augendrüsen schiebt sich, wie schon erwähnt, ein subconjunctivales
Drüsenstratum.
Der Musculus orbicularis oculi ist im Unterlid stärker als
im Oberlid. Im Unterlid vertheilen sich die Bündel auf eine Strecke
von 3 mm, d. h. sie reichen nicht nur durch das ganze Lid, in dem
sie direct unter der Speckschicht liegen, sondern reichen noch über
die Lidwurzel hinaus, und gerade da liegen die stärksten Muskel-
biindel. Im Oberlid reicht der Muskel nicht über die Lidwurzel
hinaus. Zwischen die Bündel des Orbicularis strahlen die des Palpe-
bralis ein.
Das ganze Auge und die Augenmuskeln sind von starken venösen
Plexus umgeben. Das Dach der Mundhöhle zeigt eine grosse An-
zahl von Venen, und dieses Gebiet grossen Blutreichthums geht ohne
Grenze direct in den grossen Plexus venosus über, der lateral vom
Ober- und Unterkiefer liegt, den Processus zygomaticus umgiebt, den
Nervus trigeminus zwischen seine, hier ganz besonders grossen und
reichlichen Gefässe aufnimmt und sich bis an den Kegel der Musculi
palpebrales heran erstreckt. Nach der Oberfläche zu dringt er bis in
die subcutane Musculatur ein. Etwas geringer ausgebildet ist der
Plexus, der oberhalb des Muskelkegels, zwischen diesem und dem Dach
der Orbita liegt (s. Fig. DD).
3. Embryo III.
Von diesem Embryo waren die Augen conservirt, seine Länge war
unbekannt. Die Beschreibung ist lückenhaft, da die Erhaltung des
Innern eine recht unvollständige war.
Nach der Grösse der Augen zu schliessen, ist er grösser als
Embryo I, also etwa 30 cm lang.
Der Bulbus hat die Form eines Ellipsoids. Die Axe ist 7 mm
lang, der Verticaldurchmesser 8 mm, der horizontale ist mit 9 mm
am längsten. Die Aequatorialebene liegt 2,5 mm hinter der Fläche
des Cornealrandes. Ein Sulcus corneae ist nicht von der übrigen
Sclera abgrenzbar. Das vordere, corneale Bulbussegment ist in verti-
caler Richtung etwas stärker gewölbt als der Augengrund, der Krüm-
mungsradius beträgt 2,08 mm, in horizontaler beträgt der Krümmungs-
radius 3,27 mm, in dieser Richtung ist also die Krümmung geringer
als die des Augengrundes, dessen Krümmungshalbmesser 3,11 mm be-
trägt. Das Verhältniss des verticalen Cornealdurchmessers zum verti-
Die Augen der Wassersiiugethiere. 255
calen Bulbusdurchmesser beträgt 1:2, in horizontaler Richtung beträgt
dieses Verhältniss 1 :1,636. Der Cornealbogen beträgt vertical 148°,
horizontal 115°.
Der horizontale Durchmesser der Cornea beträgt 5,5 mm, der
verticale 4 mm, die Höhe 1,5 mm. Die Cornea ist in der Mitte mehr
als doppelt so dick wie am Rande, hier 100 u, dort 255 u.
Die Sclera ist am Cornealrande etwa 100 w dick, im Augen-
grunde 200 u.
Die Iris ist 0,85 mm breit, am Rande wie an der Wurzel 128 «
dick, in der Mitte ist sie 170 «dick. Das Stroma enthält nur sehr
wenige zerstreute Pigmentzellen. Reichlicher ist solches in der Pars
iridica retinae vorhanden.
Die Ciliarfortsätze sind ungemein faltenreich, ihre Höhe be-
trägt etwa 420 u, die Breite des Corpus ciliare 680 u.
Die Retina ist im Augengrunde 310 « dick. Es entfallen hier-
von auf die äussere Körnerschicht 170 u, auf die äussere reticuläre
20 u, auf die innere Körnerschicht 30 « und auf die Schichten, welche
nach innen von dieser liegen, 90 u. Die äussere Körnerschicht be-
steht aus etwa 37 Zellenschichten, in denen die Zellen ziemlich dicht
liegen. Dem gegenüber erscheint die innere Körnerschicht ungemein
schwach entwickelt, sie besteht aus nur einer bis höchstens 4 Schichten
von Zellen, und die einzelnen Schichten liegen erheblich weiter von
einander entfernt als in der äussern Körnerschicht.
Der Opticus tritt etwa am hintern Augenpol an den Bulbus
heran, seine Dicke beträgt in horizontaler Richtung 680 u, in verti-
caler 510 w. Er ist von einer starken Scheide umgeben, die sich
gegen den Bulbus kegelförmig verdickt.
Die Linse weicht sehr stark von der Kugelform ab, ihre Axe
misst 3,5 mm, ihr Duchmesser 4 mm. Die Vorderfläche ist sehr flach,
ihre Höhe beträgt nur 1,2 mm, die der Hinterfläche dagegen 2,3 mm.
Die Epithelgrenze ist auf der in toto gefärbten Linse weit hinter dem
Aequator, 1,5 mm hinter ihm, auf der Rückseite der Linse zu erkennen.
4. Erwachsenes Thier, 4—6 m lang.
Auge in Alkohol conservirt (s. Fig. EE u. FF sowie Taf. 2, Fig. 3,
4; Taf. 3, Fig. 12; Taf. 4, Fig. 18).
Der Bulbus zeigt eine stark abgeplattete Form, sein Horizontal-
durchmesser beträgt 71 mm, sein Verticaldurchmesser 66 mm, die
Axe ist 46 mm lang. Der Innenraum zeigt erheblich geringere Dimen-
sionen, der horizontale Durchmesser beträgt 50 mm, der verticale
256 AUGUST PUTTER,
44 mm, die innere Augenaxe ist 29 mm lang. Aussen liegt die
Aequatorialebene 13 mm hinter dem Cornealrande, innen beträgt der
Abstand dieser beiden Ebenen nur 6,5 mm.
Der Sulcus corneae schiebt sich als ganz flacher Ring von
12—13 mm Breite zwischen Cornea und Sclera ein. Das vordere,
corneale Segment des Bulbus ist stärker gewölbt als der Augengrund,
sein Krümmungsradius beträgt 19,4 mm, der des Augengrundes in
verticaler Richtung, wo die Krümmung am bedeutendsten ist, 21,1 mm.
Der Bogen der Hornhaut beträgt 84°. Das Verhältniss des verticalen
=
Fig. EE. Delphinapterus leucas (PALLAS). Horizontalschnitt. 1/1. Buchstaben-
erklärung s. am Schluss.
Cornealdurchmessers zum verticalen Bulbusdurchmesser ist 1:3,14,
in horizontaler Richtung ist das Verhältniss 1:2,73. Wenn man die
Maasse des Innenraums der Berechnung zu Grunde legt, erhält man
fast genau dieselben Werthe.
Die Cornea hat einen horizontalen Durchmesser von 26 mm,
einen verticalen von 21 mm, ihre Höhe beträgt 5 mm. Der Rand ist
7mal so dick wie der Scheitel, er misst 3,5 mm, der Scheitel 0,5 mm.
Auch das Hornhautepithel ist am Rande mit 60 u etwas dicker als
in der Mitte, wo es 50 « dick ist.
Das Hornhautepithel zeigt einen eigenartigen Aufbau, eine be-
sonders kenntliche Schicht von Cylinderepithelzellen fehlt, die Zellen
Die Augen der Wassersäugethiere. 257
sind schon in der tiefsten Schicht mehr als polygonal zu bezeichnen.
Das kommt dadurch zu Stande, dass die sämmtlichen Zellen um-
sponnen sind von einer: Stiitzsubstanz, die wahrscheinlich aus dem-
selben Stoff besteht wie die oberflachliche verhornte Schicht der Cornea.
Die Stiitzsubstanz dringt zwischen den tiefen Zellen bis zur Elastica
anterior vor und verbindet sich mit ihr in der Weise, dass ihre
Elemente, die auf dem Querschnitt als Fasern erscheinen, in der That
also wohl Lamellen
darstellen, sich platten-
förmig verbreitern. Die
Richtung der tiefen
Zellenlagen ist senk-
recht zur Fläche der
Cornea, die der ober-
flächlichern dagegen
dieser parallel, und dem
entsprechend sind auch
die Maschenräume der
Stützsubstanz gestal-
tet, die gegen die Ober-
fläche hin immer mäch-
tiger wird. Dadurch
wird der für die Zellen
übrig bleibende Raum |
Fig. FF. Delphinapterus leucas (PALLAS). Verti-
immer enger und calschnitt. 1/1. Buchstabenerklärung s. am Schluss.
schwindet endlich ganz,
so dass die oberste, 10 « dicke Schicht als völlig verhornte Schicht er-
scheint. Gegen den Cornealrand hin hört diese verhornte Schicht auf,
doch kann nicht mit Sicherheit behauptet werden, dass sie nicht viel-
leicht nur abgerissen war. Die Elastica anterior bildet eine
20 u dicke Membran. Die Lamellen der Cornea propria sind
10 « dick und liegen ungemein fest an einander, so dass zwischen
den einzelnen Lamellen kein Raum, keine Lymphspalten bleiben. Da-
gegen erscheint auf dem Querschnitt die ganze Cornea von einer
Unmenge von Oeffnungen durchsetzt. Diese Oefinungen, die also die
Querschnitte röhrenförmiger Lymphwege darstellen, sind in der Rand-
verdickung der Cornea rund, mit Ausnahme der Räume, die der
cameralen Fläche der Cornea nahe liegen. Die runden Lymphröhren
sind verschieden dick, die Durchmesser schwanken zwischen 30 und
60 u. Für die gegenseitigen Abstände lässt sich kein Mittelwerth
Zool, Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 162
258 AUGUST PUTTER,
angeben, doch liegen sie meist recht dicht. Nahe der cameralen
Cornealfläche nehmen die Räume längliche Form an, ihre Längsrich-
tung liegt der Fläche der Cornea parallel, je näher der Innenfläche,
desto mehr nähert sich die Gestalt des Querschnitts der Spaltform.
Gegen den Scheitel der Cornea hin wird die Zone der lang gestreckten
Lymphröhren immer breiter, bis endlich in den centralen Partien der
Hornhaut alle Räume die Spaltform zeigen. Die Dimensionen der
Spalträume, die noch ziemlich nahe dem Scheitel in grosser Zahl vor-
hande sind, im Scheitel selbst dagegen fast fehlen, sind sehr ver-
schieden, so dass sich Mittelwerthe nicht angeben lassen (s. Taf. 2,
Fig. 5 u. 4).
Die Sclera ist am Cornealrande dünner als die Cornea, nur
1,5 mm dick und im Sulcus corneae sogar nur 1,5 mm. Dann
verdickt sie sich rasch und misst im Aequator 11,4 mm, im Augen-
grund sogar 15 mm.
Die Chorioidea enthält ein sehr ausgedehntes Tapetum lucidum.
Seine Farbe ist ein helles, metallisch glänzendes, weissliches Gelb.
Oben ist die Chorioidea bis an die Grenze des Ciliarkörpers hin fast
völlig frei von Pigment, unten dagegen reicht das Tapetum nicht so
weit, es dringt nur etwa bis in den Bereich des Sulcus corneae vor
und bleibt von der Linea terminalis retinae um 6 mm entfernt.
Functionell kommt es aber in diesen ganz peripheren Partien nicht
mehr in Betracht, denn das Aussenblatt der Retina ist im untern
Bulbustheil nicht nur im Sulcus corneae, sondern auch etwa 8 mm
über den Aequator nach hinten heraus, völlig braun pigmentirt, und
verdeckt dergestalt das Tapetum.
Den Abfluss der Chorioidealgefässe bewirken 5 Venae vorti-
cosae. Sie verlaufen ganz oberflächlich in der Sclera und münden
im Bereich des Corpus ciliare in den’ Bulbusraum. Hier sind sie
durch eine starke, äquatorial verlaufende Vene von elliptischem Quer-
schnitt mit einander verbunden. Die Breite der Vene in meridionaler
Richtung beträgt etwa 1,5 mm. Von den Venae vorticosae verlaufen
je eine unten, nasal und temporal, oben dagegen zwei, V. superior
interna und externa.
Das Stratum vasculosum der Chorioidea ist 1,7—1,8 mm
dick und ist meist in zwei mehr oder weniger deutlichen Schichten
angeordnet. Zu äusserst liegt eine Schicht lockeres Bindegewebe, dann
folgt eine Lage kleinerer Gefässe von rundem oder ovalem Querschnitt
mit 210—420 u Durchmesser. Zu innerst liegt die Schicht der grossen
Chorioidealgefässe von etwa 600 « Durchmesser. An der Linea ter-
Die Augen der Wassersiiugethiere. 259
minalis retinae ist die Chorioidea nur noch 300 « dick und besteht
aus einer einzigen Schicht von Gefässen.
Das Tapetum ist 0,6—0,8 mm dick und besteht aus Fasern von
4—6 u Dicke. Die Fasern liegen nicht fest an einander gefügt,
sondern sind durch Räume getrennt, die keinen Inhalt erkennen lassen
und wahrscheinlich intra vitam mit Lymphe gefüllt sind. Die Kerne
der Faserzellen sind klein und unbedeutend. Die Fasern überkreuzen
sich in ihrem Verlauf, man sieht auf demselben Schnitt Längs- und
. Querschnitte der Fasern. Die Gefässe, welche durch das Tapetum
hindurchtreten, sind Capillaren von 20—30 u Dicke, an der Innen-
fläche des Tapetums breiten sie sich zur Choriocapillaris aus,
die 10 w dick ist.
Die Iris ist oben 11,6 mm breit, unten nur 5,4 mm, nasal 8,6 mm
und temporal 8,3 mm. Die Länge der Pupille beträgt 11 mm, die
Breite 5,6 mm. Die Gestalt der Pupille ist halbmondförmig, der
obere Rand springt als Operculum pupillare mit starker Con-
vexität vor. Die Farbe der Iris ist dunkelbraun, an der Wurzel be-
trägt ihre Dicke 380 «, am pupillaren Rande 170 u.
Der Musculus sphincter iridis nimmt im pupillaren Rande
fast die ganze Dicke der Iris ein. Er ist hier 170 « dick und endet
im Operculum pupillare peripher, etwa 4,15 mm vom Pupillar-
rande entfernt. Zwischen seinen Bündeln findet sich fast gar kein
Pigment. Der Musculus dilatator iridis erstreckt sich durch
die ganze Iris. An der Iriswurzel ist er 30 « dick, im Verlauf der
Iris steigt die Dicke manchmal auf 40 « und sinkt manchmal auf
20 w; diese Dicke hat er noch nahe seinem pupillaren Ende, das etwa
1 mm vom Pupillarrand entfernt liegt. Die Muskelzellen des Dila-
tators enthalten feinkörniges Pigment in grosser Menge, das Pigment
liegt in den Zellen selbst, nicht zwischen ihnen.
Für die Dicke des Stratum vasculosum lässt sich kein Mittel-
werth angeben, stellenweise fehlt es gänzlich, so dass hier die Muskeln
nur durch eine dünne, pigmentirte Bindegewebslage von der vordern
Augenkammer getrennt sind, an andern Stellen liegen starke Gefässe,
in das Lumen der Vorderkammer vorspringend, an der Vorderfläche
der Iris. Die Gefässchicht reicht fast ganz bis zum Pupillarrande,
erst 0,5 mm von ihm entfernt endet sie (s. Taf. 3, Fig. 12).
Das Stroma iridis tritt in seiner Entwicklung ganz gegen die
Musculatur und die Gefässe zurück. Die Pars iridica retinae
ist 20 w dick und stark pigmentirt, eine Abgrenzung der beiden
Blätter von einander gelang nicht. Erwähnenswerth ist noch, dass die
17”
260 AUGUST PUTTER,
Iris sich nicht direct am Cornealrande an die Sclera anheftet, sondern
erst 1,5 mm hinter demselben.
Das Corpus ciliare ist 4 mm breit, in einer Breite von 3 mm
von der Linea terminalis retinae an nach vorn fehlen Ciliarfortsätze,
man sieht hier nur flache, meridionale Fältchen als schwache An-
deutungen derselben, dann beginnen sie 1 mm von der Iriswurzel ent-
fernt. Sie sind ungeheuer dicht mit Fältchen besetzt und 2,5 mm lang.
Vom Iriswinkel aus springt ein Fortsatz von 1,5 mm Höhe in die
Hinterkammer vor. Ihr gegenseitiger Abstand beträgt 0,5 mm, ihre
Zahl 80.
Die Grundplatte des Corpus ciliare besteht aus grossen, dünn-
wandigen, meridional verlaufenden Gefässen. Stellenweise lassen diese
nur für ganz wenig Bindegewebe zwischen einander Raum, an andern
Stellen ist das Bindegewebe reichlicher entwickelt. Die Bindegewebs-
zellen sind oval oder spindelförmig und enthalten reichlich feinkörniges
braunes Pigment, die Kerne sind als helle Flecken zu erkennen.
Der Musculus ciliaris bildet nur einen sehr geringen Theil
der Musculatur des Ciliarkörpers, er besteht nur aus ganz wenigen
äquatorial verlaufenden Fasern. Ganz erheblich stärker ist der Mus-
culus tensor chorioidea ausgebildet, seine zahlreichen meri-
dional verlaufenden Bündel sind von sehr verschiedner Dicke, bis zu
100 «, und liegen im ganzen Umkreise des Ciliarkörpers, zuweilen etwas
dicker, zu Gruppen vereinigt, dann wieder weniger dicht.
Ausser diesen beiden Muskeln finden sich noch zwei Gruppen von
Muskelelementen. Das eine ist ein Muskelbiinde] von etwa 200 u
Länge in meridionaler Richtung und 100 « Dicke, das an der Aussen-
fläche des Corpus ciliare, der Innenfläche der Sclera nahe, in äqua-
torialer Richtung verläuft. Es liegt, in der Richtung der Bulbusaxe
geinessen, etwa 1,7 mm hinter dem Winkel, den Iris und Ciliarfort-
sätze bilden. Endlich sind noch Muskelzüge zu erwähnen, die in
radialer Richtung verlaufen; sie ziehen von der Innenfläche der Chori-
oidea zu deren Aussenseite.
Der Inhalt der ungeheuer faltenreichen Ciliarfortsätze besteht
fast ausschliesslich aus Gefässen; Bindegewebszellen sieht man fast
gar nicht, ganz zerstreut liegt hier und da eine, die dann mit braunem,
feinkörnigem Pigment erfüllt ist. Das Pigmentepithel der Ciliarfort-
sätze ist etwa 14 u dick und besteht aus annähernd würfelförmigen
Zellen. Das Epithel, dem Innenblatt der Retina entsprechend, ist ein
einschichtiges Wiirfelepithel von 10—12 u Höhe, die grossen runden
Kerne haben einen Durchmesser von 6—8 u.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 261
Die Retina ist im Augengrunde 410 « dick. Hiervon kommen
40 u auf die Stäbchen, die 2—3 u dick sind. Die äussere Körner-
schicht ist 90 « dick und besteht aus etwa 22 Schichten dicht liegender
Kerne. Die Durchmesser der Kerne betragen etwa 4 u. Die äussere
reticuläre Schicht ist 30 w dick. Die innere Körnerschicht ist 50 w
dick und besteht aus etwa 5 Schichten von Kernen, die sehr wenig
dicht liegen, ihre Durchmesser betragen etwa 6 u, sie sind also er-
heblich grösser als die äussern Körner. Die innere reticuläre Schicht
ist 60 « dick, auf sie folgt das Ganglion optici mit 70 « und
die Nervenfaserschicht mit gleichfalls 70 u Dicke.
Eine Vorstellung von dem Verhältniss der Zahl der äussern und
innern Körner kann man dadurch erhalten, dass man zählt, wie viele
Körner auf eine Strecke von 200 u neben einander liegen, dieser
Werth zusammen mit der bekannten Anzahl der Schichten der Kerne,
ermöglicht die Berechnung der Anzahl der Kerne auf 1 qmm Retina.
Es ergiebt sich, dass auf 1 qmm Retina 794000 äussere Körnerzellen
entfallen und 98000 innere Körnerzellen, so dass auf eine innere
Körnerzelle 8,1 äussere kommen. Die in dieser Weise berechnete
Zahl der äussern Körner übertrifft die Anzahl der Stäbchen, die auf
1 qmm stehen, sehr bedeutend. Bei einer Dicke der Stäbchen von
nicht ganz 3 u beträgt ihre Zahl auf 1 qmm etwa 150 000, also noch
nicht einmal !/, der Zahl der äussern Körner. Mögen auch die
Fehlergrenzen dieser Zahlen sehr erheblich sein, die Thatsache kann
wohl mit Sicherheit festgestellt werden, dass die Zahl der äussern
Körnerzellen die Zahl der Stäbchenzellen sehr erheblich übertrifft.
Der Nervus opticus hat 15 mm hinter der äussern Scleral-
fläche einen horizontalen Durchmesser von 4,8 mm, einen verticalen
von 4,1 mm. Die Eintrittsstelle liegt am hintern Augenpol. Die
Dicke der Opticusfasern ist sehr verschieden, man findet solche von
8 u und 20 w Durchmesser, ausserdem die verschiedensten Zwischen-
stufen zwischen beiden Werthen. Die grösste mögliche Zahl der
Opticusfasern ergiebt sich aus der Rechnung zu 137 600, d. h. bei
einer Retinafläche von 4900 qmm entfallen auf 1 qmm etwa 28 Nerven-
fasern. Die Gesammtzahl der Sehstäbchen in der Retina berechnet
sich auf 785 Millionen, so dass auf jede Nervenfaser 5560 Stäbchen
entfallen.
Die Linse hat einen Durchmesser von 16 mm, ihre Axe ist
13 mm lang. In Theilen des innern Bulbusdurchmessers beträgt der
Linsendurchmesser 3,125, die Axe in Theilen der innern Bulbusaxe
2,23. Die Vorderfläche ist flacher als die Hinterfläche, ihre Höhe be-
262 AUGUST PUTTER,
trigt 5 mm, ihr Kriimmungsradius 8,9 mm, was einem Bogen von
128° entspricht. Die Hinterfläche ist 8 mm hoch, sie bildet also
genau eine Halbkugel.
Entwicklung des Auges von Delphinapterus
leucas (PALLAS).
Die Form des Bulbus erleidet in der Entwicklung eine durch-
greifende Umgestaltung. Beim jüngsten Embryo I (Länge 3,75 cm)
ist die Axe noch länger als der Verticaldurchmesser, ihr Verhältniss
beträgt 1: 1,088; beim Embryo II (Länge ca. 25 cm) sind Axe und
Verticaldurchmesser einander gleich, bei Embryo III ist schon eine
Abplattung in der Richtung der Axe bemerkbar, das Verhältniss von
Axe und Verticaldurchmesser beträgt 1 : 0,875, und beim erwachsenen
Thier (IV) hat die Abplattung noch wesentlich zugenommen, das Ver-
hältniss beträgt 1:0,697, wenn man die äussern Dimensionen nimmt,
1 : 0,659 bei den innern. In horizontaler Richtung ist die Abplattung
noch etwas beträchtlicher, das Verhältniss von Axe und Horizontal-
durchmesser stellt sich bei Embryo III auf 1 : 0,778, beim erwachsenen
Thier auf 1: 0,648 (äussere Dimensionen), resp. 1 : 0,58 (innere
Maasse).
Zur allgemeinen Orientirung tiber das Wachsthum des Bulbus
diene die folgende Tabelle.
Unter 1 ist das Wachsthum der Axe angegeben, als Einheit dient
die Axe des Embryo I; unter 2 finden sich die Werthe fir das
Wachsthum des Verticaldurchmessers, gleichfalls auf den Embryo I als
Einheit bezogen.
I II III LY.
he. 3,1786... A441. 20945
2 1 34602 5,6056 41,523
Die Axe zeigt, wie aus den Zahlen ersichtlich, ein weit geringeres
Wachsthum als der Verticaldurchmesser. An diesem Wachsthum der
Axe haben die 3 Abschnitte, aus denen sie besteht, einen äusserst
ungleichen Antheil, wie die folgende Tabelle zeigt, die unter 1 die
Werthe für die Höhe der Cornea, unter 2 die Höhe des prääquatori-
alen Segments (Sulcus corneae des erwachsenen Thieres) und unter 3
die Tiefe des Augengrundes angiebt, alle Werthe berechnet in Theilen
der betreffenden Augenaxe.
Die Augen der Wassersäugethiere. 963
I IT Ill IV
eto 1:5,00 1: 4,667 1:::9,20
27 01: 35382 155% 1 : 2,80 123 508
3 1:2,458 1 : 2,00 233 1:1,643
Die Cornea ist beim erwachsenen Thier relativ 2,73mal niedriger
als beim Embryo I. Der Sulcus corneae zeigt keine so auffal-
lende Grössenabnahme, wenn man die Embryonen I und II mit dem
erwachsenen Thier vergleicht. Auffallend erscheint die bedeutende
Höhe des prääquatorialen Segments bei Embryo III, die sowohl die
jüngern wie das ältere Stadium erheblich übertrifft. Eine bedeutende
relative Vergrösserung erfährt der Augengrund, der Antheil, den er
am Aufbau des Bulbus nimmt, wächst beständig, nur unterbrochen
durch eine zeitweilige Verkleinerung, die der Embryo III erkennen
lässt.
Zugleich mit der Abnahme der Höhe der Cornea findet auch eine
solche des Cornealbogens statt. Bei Embryo I misst der Bogen 156 °,
bei II 111°, bei III im Mittel 131° und beim erwachsenen Thier nur
noch 84°.
Auch der Antheil, den die Hornhaut am Aufbau des Bulbus
nimmt, wird im Lauf der Entwicklung kleiner. Das Verhältniss des
Corneadurchmessers zum Bulbusdurchmesser beträgt bei Embryo I
1:1,258, bei II 1:1,316, bei III beträgt es in verticaler Richtung
1:2, in horizontaler 1:1,636 und beim erwachsenen Thier in verti-
caler Richtung 1 : 3,14, in horizontaler 1: 2,73.
Beim Embryo I übertrifft die Dicke des Cornealscheitels jene des
Cornealrandes ganz beträchtlich, etwa um das 21/,fache, bei Embryo III
findet sich das gleiche Verhältniss. Auffallender Weise sind bei Em-
bryo II die beiden Dimensionen bei weitem nicht so viel von ein-
ander verschieden, doch auch hier ist der Scheitel dicker als der Rand.
Ganz anders beim erwachsenen Thier, bei dem der Rand nicht weniger
als 7mal so dick ist wie der Scheitel. Sehr interessant ist der Ver-
lauf der relativen Dickenänderung der Hornhaut. Die folgende Tabelle
giebt unter 1 die Dicke des Cornearandes, unter 2 die des Cornea-
scheitels in Theilen der Bulbusaxe.
I II Ill IV
1 17185 1:29,4 1.470 1:15,1
2 1:7,4 1 : 19,6 1: 27,4 1: 92,0
Der Cornearand verdünnt sich danach während der ganzen em-
bryonalen Entwicklung, bei dem grössten untersuchten Embryo ist er
relativ am dünnsten. Dann aber findet eine Verdickung statt, die den
264 AUGUST PUTTER,
Hornhautrand eine noch grössere Dicke erreichen lässt, als sie der
Embryo I zeigte. Der Hornhautscheitel zeigt dagegen eine beständige,
durch keine Umkehr unterbrochene Verdünnung, er ist beim er-
wachsenen Thier relativ mehr als 12mal so dünn wie beim Embryo I.
Um die Dickenverhältnisse der Sclera darzustellen, betrachten
wir 3 Bezirke getrennt. Die folgende Tabelle giebt unter 1 die Werthe
für die Dicke des Sulcus corneae in Theilen der Bulbusaxe, unter 2
die des Aequators in Theilen des mittlern Bulbusdurchmessers und
unter 3 die des Augengrundes in Theilen der Axe. Beim Embryo I
ist die Sclera noch nicht vollständig angelegt, die Dicke der Anlage
im Aequator beträgt 1:22,5 des Bulbusdurchmessers.
II III IV
1 1: 58,8 1:70 1: 35,4
2 1:58,8 1:6,0
3 12,32:67 11 30585 17:93
Unter den 3 Embryonen hat also der jüngste die relativ dickste
Sclera, der älteste dagegen die dünnste. Dann erfolgt bis zum er-
wachsenen Thier eine ungeheuere Dickenzunahme, so dass der Augen-
grund relativ fast 17mal so dick ist wie bei Embryo II, der Aequator
9,8 mal so dick. Der Sulcus corneae zeigt dagegen nur eine geringe
relative Dickenzunahme.
Die Breite der Iris kann betrachtet werden im Verhältniss zur
Grösse des Bulbusdurchmessers und zum Cornealdurchmesser. Die
folgende Tabelle giebt unter 1 die Irisbreite in Theilen des Corneal-
durchmessers und unter 2 in Theilen des Bulbusdurchmessers. IVa
giebt die Werthe für den obern, IVb für den untern Theil der Iris
des erwachsenen Thieres.
I II III IVa IVb
UPS GAME: 475: BEIN EDIT
ar RABEN 23. LE 10 13:5,86 11:46
Man sieht auch hier wieder einen Unterschied zwischen der Ent-
wicklung von Embryo I zu Embryo III einerseits, von diesem zum
erwachsenen Thier andrerseits. In der ersten Phase der Entwicklung
nimmt die Breite der Iris relativ ab, mag man sie zum Corneal- oder
Bulbusdurchmesser in Proportion setzen, in der zweiten dagegen nimmt
sie wieder zu, mit Ausnahme des untern Theils der Iris im Verhält-
niss zum Bulbusdurchmesser, der auch in dieser Phase noch eine ge-
ringe relative Verkleinerung erfährt.
Das Corpus ciliare ist bei dem jüngsten Embryo überhaupt
noch nicht als gesonderte Anlage vorhanden, bei den übrigen nimmt
Die Augen der Wassersiiugethiere. 265
seine Formentwicklung wieder den schon mehrfach erwähnten eigen-
artigen Verlauf, dass auf eine relative Vergrösserung iu der frühen
embryonalen Entwicklung eine Reduction in der weitern Entwicklung
stattfindet. Jeden Falls lässt sich in Bezug auf die Höhe der Ciliar-
fortsätze der Nachweis dieser Entwicklung bringen. Im Verhältniss
zum Bulbusdurchmesser beträgt die Höhe der Falten bei Embryo II
1:29,4, bei Embryo III 1:20,24, also erheblich mehr und nimmt dann
beim erwachsenen Thier bis auf 1:45,66 ab. Die Länge der Ciliar-
fortsätze erfährt eine während der ganzen Entwicklung andauernde
Verkleinerung, bei Embryo II beträgt sie 1: 7,14 der Bulbusaxe, beim
erwachsenen Thier 1: 18,4.
4. Hyperoodon rostratus (PONTOPPIDAN).
Embryo I.
Directe Körperlänge 15,8 cm. Genaue Maasse s. bei KUKENTHAL:
„Walthiere‘‘ (87), p. 228, No. 26 der Tabelle. In Alkohol conservirt.
Untersucht an Meridionalschnitten von 20 und 25 u Dicke, gefärbt
theils mit Pikrokarmin, theils mit ke ran nach DELA-
FIELD (s. Fig. GG).
Der Verticaldurchmesser des Bulbus beträgt 5,015 mm und über-
trifft damit beträchtlich die äussere Augenaxe, die 4,165 mm misst.
Die Krümmung der Cornea ist stärker als die der Sclera, ihr Krüm-
mungsradius beträgt 1,727 mm, was einer Oeffnung von 119° ent-
spricht, während der Krümmungsradius der Sclera 1,991 mm, ihre
Oefinung 263° beträgt. Als Sulcus corneae kann man den vor
dem Aequator gelegenen Theil der Sclera bezeichnen, dessen Krüm-
mung geringer ist als die der Sclera s. str., er ist 1,36 mm breit
und 0,935 mm hoch.
Die Cornea ist nicht scharf gegen die Sclera abzugrenzen, doch
kann man die Wurzel der Iris als Grenze annehmen, da hier auch ge-
ringe Unterschiede in der Färbung vorhanden sind. Es beträgt dann
der verticale Durchmesser der Hornhaut 2,975 mm, bei einer Höhe
von 0,85 mm. Ihre dickste Stelle liegt im Scheitel, wo sie mit 340 u
Dicke doppelt so stark ist wie am Rande, der nur 170 « misst. Um-
gekehrt verhält sich das Epithel der Cornea, das mit 16 « Dicke am
Rande die Mitte erheblich übertrifft, die nur 10 « starkes Epithel
trägt. Es ist durchweg einschichtig und enthält in den peripheren
Theilen bis zu einer Entfernung von 300—400 u vom Limbus cor-
neae verstreute grössere Brocken von dunklem Pigment. Die lamel-
266 AUGUST PUTTER,
löse Structur der Cornea ist in den oberflächlichen Schichten nicht
gut zu erkennen, in den tiefern dagegen weichen die Lamellen stärker
aus einander. Ihre Dicke beträgt im Scheitel 10 u, gegen den Rand
hin werden sie dünner, auch ihre Zahl geringer, und sie gehen all-
mählich in die Faserzüge der Sclera über.
Die Sclera ist durch-
bu, gängig dünner als die
Ke ; Cornea, selbst im Augen-
N pe grunde, wo sie mit 128 u
\ Z das Maximum ihrer Dicke
s erreicht, bleibt sie noch
hinter der Randdicke der
Cornea zurück. Nahe dem
Limbus corneae und von
da bis über den Aequator
Die hinaus ist sie nur 85 u
dick. Sie besteht aus
einem Gewebe gewellter
Fibrillen, die nicht deut-
= lich in Lamellen ange-
Fig. GG. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN. ordnet sind, nur stellen-
Embryo von 15,8 em Länge. Verticalschnitt. 10:1. .
Buchstabenerklärung s. am Schluss. weise, und besonders
gegen den Cornealrand
hin, tritt allmählich diese Anordnung auf. Pigment fehlt in der Sclera
ganz, auch am Limbus corneae.
Im €
Die Chorioidea ist noch nicht als besondere Anlage von der
Sclera getrennt.
Die Iris setzt mit einem lockern, weitmaschigen Gewebe, das
dem Ligamentum pectinatum entspricht, am Cornealrande an.
Ihre Dicke beträgt an der Wurzel 170 u, nahe dem pupillaren Rande
85 u. Oben ist sie etwas breiter als unten, hier 255 u, dort 340 u.
Die Processus ciliares erheben sich am Iriswinkel fast senk-
recht zu 213 « Höhe, ihre Länge beträgt 638 «. Im Querschnitt er-
scheinen sie etwa als rechtwinklige Dreiecke, deren vordere, der Linse
zugewandte Winkel abgerundet sind. Mit diesen vordern Winkeln er-
reichen die Ciliarfortsätze den Linsenäquator. Die Form der Fort-
sätze ist plump, secundäre Falten und Fältchen fehlen völlig, sie tragen
in ihrem Bau den ‚mechanischen Charakter“ in typischer Ausbildung
zur Schau.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 267
Das Aussenblatt der Pars caeca retinae ist ganz mit
schwarzem Pigment erfüllt, dem Innenblatt dagegen fehlt dasselbe
völlig nicht nur in der Pars ciliaris, sondern auch in der Pars
iridica. Am Pupillarrande sind beide Blätter scharf gegen einander
abgegrenzt. Die Dicke des Pigmentblatts beträgt auf der Rückseite
der Iris 20—30 u, in der Pars ciliaris 40 w, das Innenblatt ist nahe
dem Pupillarrande nur 10 u, in der Pars ciliaris dagegen 40 u dick.
Das Stratum pigmenti ist eine nur 4 w dicke Zellenschicht.
Die starke Pigmentirung, durch die es in der Pars caeca ausgezeichnet
ist, behält es im ganzen untern Bulbusabschnitt bei. Gegen den
Augengrund wird das Pigment spärlicher und fehlt dann endlich im
obern äussern Bulbustheil völlig auf eine Strecke, deren meridionale
Ausdehnung 1,7 mm beträgt. Auch in dem noch übrig bleibenden
obern Theil des Bulbus, 2,55 mm vom Corpus ciliare entfernt bis zu
diesem hin ist das Pigment zunächst sehr spärlich, und erst 430 «
vom Corpus ciliare entfernt ist das Stratum pigmenti ebenso stark
pigmentirt wie in den entsprechenden Stellen des untern Bulbustheils
Die Dicke der Retina beträgt im Augengrunde 150 u, an der
vordern Grenze der Pars optica 60 «. Im untern Bulbusabschnitt
übersteigt die Dicke nicht 150 u, dagegen wächst sie im obern Bulbus-
abschnitt auf 213 « an und behält diese Dicke auf eine bedeutende
Strecke bei, in dem Bezirk der künftigen Tapetumanlage, die sich
durch die geringe oder ganz fehlende Pigmentirung des Aussenblatts
der Retina bemerkbar macht. In der Retina sind nur 2 Schichten zu
unterscheiden, die wohl den beiden Körnerschichten entsprechen. Die
äussere Schicht misst im Augengrunde wie im untern Bulbustheil
110 «, die innere 40 u. Im obern Bulbustheil ist die äussere Schicht
160 « dick, die innere 50 u. Die Zellen der äussern Schicht liegen
so dicht, dass die einzelnen Kerne nicht von einander unterschieden
werden können. Die innere Schicht enthält dagegen relativ viel weniger
Zellen, zwischen denen stark entwickeltes Stützgewebe liegt. Im obern
Bulbustheil nehmen aber die Zellen erheblich an Zahl zu und drängen
das Stützgewebe in den Hintergrund. In dieser Beziehung ist be-
sonders eine Strecke von 0,85 mm meridionaler Ausdehnung ausge-
zeichnet, die im obern Bulbustheil liegt, ihre vordere Grenze ist
1,44 mm vom Corpus ciliare entfernt.
Der Nervus opticus tritt etwas oberhalb des hintern Augen-
pols und nach innen vom Mittelmeridian des Auges an den Bulbus
heran. Seine Dicke beträgt an der Eintrittsstelle 425 «. Die Opticus-
scheide besteht aus dem Geflecht der Ciliargefässe, die durch Binde-
268 AUGUST PUTTER,
gewebe verbunden sind: ihre Dicke beträgt im verticalen Meridian
2,13 mm, d. h. sie umgiebt nach oben und unten den Opticus je in
einer Dicke von 0,85 mm. Nach der Spitze der Orbita zu verjüngt
sie sich kegelförmig. Die Sclera ist im Bereich des Ansatzes der
Opticusscheide verdünnt, sie misst hier nur 43 u.
Die Linse ist auf den Schnitten grössten Theils ausgesprungen,
doch giebt die Linsenkapsel und der Glaskörper noch die Form und
Grösse in ziemlich gut bestimmbaren Umrissen. Die Axe misst
221 mm, der Aequatorialdurchmesser 2,635 mm. In Theilen der
Bulbusaxe beträgt die Linsenaxe 1: 1,88, der Durchmesser in
Theilen des Bulbusdurchmessers 1:1,9. Die Vorderfläche ist er-
heblich flacher als die Hinterfläche, ihre Höhe beträgt nur 0,765 mm,
während die Hinterfläche 1,445 mm hoch ist. Der Krümmungs-
radius der Vorderfläche ist 1,519 mm, sie nimmt auf dem Krüm-
mungskreis einen Bogen von 87° ein, bei der Hinterfläche be-
tragen die entsprechenden Werthe 1,323 mm, also eine stärkere
Krümmung, und 170° Bogenmaass. Der Abstand des vordern Linsen-
pols von der Innenfläche der Cornea beträgt 43 u. Der Uebergang
des Epithels in die Fasern scheint, soweit es auf einigen Schnitten
festgestellt werden konnte, auf denen die Linse leidlich erhalten war,
etwas hinter dem Linsenäquator, etwa 260 w dahinter, zu erfolgen.
Doch ist der Befund nicht vollständig sicher.
Das Corpus vitreum erfüllt in gutem Erhaltungszustand den
ganzen Raum zwischen Linse und Retina. Seine grösste Dicke, vom
hintern Linsenpol zur Innenfläche der Retina, beträgt 770 u. An der
Vordergrenze desselben sind Fasern erkennbar, die von den dem
Corpus ciliare benachbarten Theilen der Retina ausgehen und zur
Linsenkapsel ziehen, sie dürfen als Zonulafasern angesehen werden.
Schutz- und Hülfsapparate.
Die Augenregion erhebt sich als Buckel 2 mm hoch über das
übrige Körperniveau, der Buckel ist 10 mm lang und misst in senk-
rechter Richtung 7 mm. Auf der linken Seite ist er flacher, nur
1,7 mm hoch. Die Länge der rechten Lidspalte beträgt 5,4 mm, die der
linken nur 3 mm. Der vordere Augenwinkel ist 12,5 mm vom Mund-
winkel entfernt, die Verbindungslinie von Mundwinkel und Augenwinkel
bildet mit dem horizontalen Unterrand des Kiefers einen Winkel von 25°.
Das Oberlid ist so breit, aber an der Basis erheblich dünner
als das Unterlid. Die Breite, gemessen vom Fornix conjunctivae
zum Lidrand, beträgt für beide 2,3 mm, die Dicke des Oberlids be-
Die Augen der Wassersäugethiere. 269
trägt an der Basis 340 «, am Rande 383 u, die des Unterlids an der
Basis 935 u, am Rande 300 u. Das Epithel ist zerstört. Im Stroma
der Lider sind deutlich ausgebildet: der Musculus orbicularis und der
Palpebralis, der zwischen die Bündel des Orbicularis ausstrahlt.
Nach innen von dieser Muskelschicht enthält das Stroma einige
schlauchförmige Einzeldrüsen der Conjunctiva. Sie sind auf der
Fläche des Oberlids seltner, auf der des Unterlids reichlicher, be-
sonders stark aber an den beiden Fornices conjunctivae entwickelt.
Die Conjunctiva sclerae enthält Pigment. Die Entfernung des
Fornix conjunctivae vom Cornealrande beträgt 770 u.
Temporal liegt, vom Musculus palpebralis bedeckt, ein
Complex wohl entwickelter tubulöser Drüsen, die in zahlreichen Aus-
führgängen in die Conjunctiva münden, sie entsprechen einer Glan-
dula lacrimalis und finden ihre unmittelbare Fortsetzung in den
erwähnten tubulösen Einzeldrüsen der Conjunctiva.
Etwas stärker als am temporalen Augenwinkel sind die Drüsen
am nasalen entwickelt, wo ein grösserer Complex dem Bulbus aufliegt
und mit zahlreichen Oeffnungen in die Conjunctiva mündet (HARDER-
sche Drüse). Auch dieser Complex ist nicht von den Conjunctival-
drüsen getrennt.
Embryo IL.
Directe Körperlänge 55 cm. Genaue Maasse s. bei KÜKENTHAL,
„Walthiere“ (87), p. 228, No. 27 der Tabelle. In Alkohol conservirt.
Einzelne Theile geschnitten und mit Hämatoxylin oder Pikrokarmin
gefärbt (s. Fig. HH).
Der Horizontaldurchmesser des Bulbus beträgt 21 mm, der
Verticaldurchmesser 18 mm, beide übertreffen die äussere Augenaxe,
die nur 15 mm misst, erheblich. Die Krümmung der Cornea ist im
horizontalen und verticalen Meridian sehr verschieden. Im horizon-
talen beträgt der Krümmungsradius 11,51 mm, was einer Oeffnung
von 85° entspricht; erheblich stärker ist die Krümmung im verticalen
Meridian, wo der Radius 5,921 mm, also nur wenig mehr als die
Hälfte des horizontalen Radius beträgt. Die Oeffnung der Cornea in
verticaler Richtung beträgt 121° des Krümmungskreises. Als Sclera
s. str. kann man nur den hinter dem Aequator gelegenen Theil der
Tunica fibrosa bezeichnen, die dergestalt eine Oeffnung von 180°
und einen Krümmungsradius von 11 mm besitzt. Zwischen Cornea
und Sclera schiebt sich der Sulcus corneae ein, der sehr stark
entwickelt ist, er ist im Mittel 3,1 mm breit, oben breiter als unten
und 1,14 mm hoch. Gegen die Sclera setzt er sich in scharfem Knick,
270 AUGUST PUTTER,
fast im rechten Winkel ab. Entsprechend der stärkern Entwicklung
des Sulcus corneae ist der Bulbus in seinem obern Theil geräumiger
als in dem untern.
Die Cornea ist ziemlich
stark gewölbt, ihre Höhe betrug
am Bulbus, der durch Alkohol-
- injection gespannt war, etwa
2,75 mm. Ein pigmentirter Streifen
von 1 mm breite umgiebt den
Rand der Cornea, das Pigment ge-
hört der Conjunctivasclerae
an. Der Horizontaldurchmesser
der Cornea beträgt 15,5 mm, der
Verticaldurchmesser nur 10,3 mm,
die Cornea ist also sehr elliptisch.
Die Randdicke beträgt 1,19 mm,
die Scheiteldicke nur 0,383 mm.
Fig. HH. Hyperoodon rostratus Pontor- Der Cornealrand stellt nicht nur
PIDAN. Embryo von 55 em Länge. Vertical- : x
schnitt. 2,5:1. Buchstaben erklärung s. am der Mitte der Cornea, sondern
Schluss. auch der Sclera gegenüber eine
bedeutende Verdickung dar.
Die Sclera übertrifft die Randdicke der Cornea nur im Augen-
grund, wo sie 1,2 mm dick ist, im Sulcus corneae beträgt ihre Stärke
nur 0,5 mm.
Die Iris ist unten 2,6, oben 3,6 mm breit und dunkel pigmentirt.
Die Pupille ist nicht oval, sondern es springt, in Folge der grössern
Breite der Iris oben im Mittelmeridian, der obere Rand als flache
Convexität in die Pupille vor. Die mittlere Dicke der Iris beträgt
190 u, hiervon kommen 30 « auf die Pars iridica retinae, die
so stark pigmentirt ist, dass man nicht entscheiden kann, ob beide
Retinablätter erhalten sind. Dem Epithel liegt nach vorn direct der
Sphincter iridis in einer Dicke von 40 « auf, und auf diesen folgt
cameralwärts die Schicht der grossen Gefässe mit 120 « Dicke. Der
Dilatator iridis ist auf diesem Stadium noch nicht erkennbar.
Die meist spindelförmigen Zellen des Irisstromas sind pigmentirt, doch
ist an allen der Kern als deutlicher, runder, heller Fleck zu sehen.
Unter den Gefässen ist eins besonders ausgezeichnet, es ist das grösste
und wölbt sich in das Lumen der vordern Kammer vor. Es liegt
oben 2,7 mm vom Iriswinkel entfernt und hat bei elliptischem Quer-
schnitt 180 w grössten und 120 « kleinsten Durchmesser.
Die Augen der Wassersiiugethiere. Chi
Die Processus ciliares sind zahlreich, wohl ebenso zahlreich
wie beim erwachsenen Thier, ihre grösste Höhe ist etwa 1 mm, ihre
Länge 1,2 mm.
Die Anlage des Tapetums ist am Aussenblatt der Retina zu
erkennen, das in seinem Bereich kein Pigment führt. Der Augen-
grund ist frei von diesem Pigment bis auf seinen untern Abschnitt,
der dunkelbraun pigmentirt ist. Die Begrenzung dieses Abschnitts ist
ein Dreieck, dessen Spitze im Mittelmeridian des Auges liegt und fast
den hintern Augenpol erreicht. Die Basis des (sphärischen) Dreiecks
bildet etwa die Grenze des Sulcus corneae, sie reicht nasal und tem-
poral fast bis zur Horizontalen. Die Retina war nicht erhalten.
Der Opticus tritt im Mittelmeridian, 4 mm oberhalb des hintern
Augenpols an den Bulbus heran.
Die Orbita durchzieht er in gerader Richtung und erreicht das
Foramen opticum in 13 mm Entfernung vom hintern Augenpol. Er
ist von einer starken Hülle umgeben, die aus dem Geflecht der Ciliar-
gefässe und straffem Bindegewebe besteht. Sie verdickt sich vom
Foramen opticum an zum Bulbus hin kegelförmig und ist beim Ansatz
an diesen in der Horizontalen 9 mm, in der Verticalen 4,5 mm dick.
Die Linse nähert sich der Kugelform, ihr Durchmesser beträgt
8 mm, ihre Axe 6,5 mm, und die Höhen der beiden Flächen
sind nicht mehr stark von einander unterschieden, die der Vorder-
fläche beträgt 3 mm, die der Hinterfläche 3,5 mm. Die Vorder-
fläche ist also noch etwas flacher als die Hinterfläche, ihr Krüm-
mungsradius beträgt 4,167 mm, ihre Peripherie misst 147°, der
Krümmungsradius der Hinterfläche ist 4,036 mm, ihre Peripherie 164°
des Krümmungskreises. In Theilen der Bulbusaxe beträgt die Linsen-
axe 1: 2,51, der Durchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers 1 : 2,5.
Auf der Vorderfläche der Linse ist die Figur sichtbar, die auch die
erwachsene Linse zeigt (s. Fig. LL). Vor und hinter dem Aequator
treten die Anheftungsstellen der Zonulafasern sehr deutlich als meri-
dional verlaufende strichförmige Eindrücke von 0,7 mm Länge hervor.
Der Abstand beider Reihen von Eindrücken beträgt 0,5 mm, so dass die
vordere 0,25 mm vor, die hintere ebenso viel hinter dem Aequator liegt.
Die Lidspalte ist rechts 7 mm lang, links nur 6 mm, rechts
stehen die freien Lidränder 1,4 mm von einander ab, links zeigen sie
keinen messbaren Abstand Die Breite des Oberlids beträgt 10 mm,
die des Unterlids 7 mm. Nasal und temporal liegt die Commissura
palpebrarum 6 mm vom Fornix conjunctivae entfernt. Das
Epithel ist auf der Vorderfläche des Lids 85 « dick, am freien Lid-
272 AUGUST PUTTER,
rande nur 43 u. Die Speckschicht verdünnt sich gegen den Lidrand,
misst aber an ihm noch 170 u. Auf die Speckschicht, die auch Blut-
sefässe enthält, folgt nach innen die Muskelschicht. Der Orbicu-
laris hat nahe am Lidrand eine Dicke von 128 u, er verdickt sich
gegen die Basis hin, wo zwischen seine Bündel die des Palpebralis
ausstrahlen. Der Raum nach innen von der Muskelschicht des Lids
enthält ungemein viele und grosse Blutgefässe und gegen die Lid-
wurzel hin grosse Drüsen. Die weiten und zahlreichen Gefässe des
Lids sind Venen, die Arterien verlaufen im Bereich der Drüsen, also
nahe der Lidwurzel und sind erheblich kleiner als die Venen. Während
das Lumen der grössten Vene 425 « Durchmesser hat, misst das
der grössten Arterie nur 127 u.
Drüsen sind nicht nur im Ober- und Unterlid sowie am Fornix
verbreitet, sondern finden sich auch am temporalen Augenwinkel, also an
der Stelle, die der Lage der Thränendrüse entspricht. Am Fornix
conjunctivae liegen zahlreiche Ausmündungen von Drüsen. Eine Zählung
ergab im temporalen obern Quadranten 14 Oeffnungen, die besonders
gegen den temporalen Augenwinkel hin dicht lagen. In den nasalen
Quadranten war die Anzahl geringer; es liegen also jeden Falls temporal
nicht weniger Drüsen als nasal.
Die Ausführgänge der Drüsen, die alle gleichartig gebaut sind,
bestehen aus zweischichtigem Plattenepithel von 50 u Dicke, beide
Schichten sind gleich dick, 25 u. Die tubulösen secernirenden Theile
haben höheres Epithel. Die dem Lumen der Schläuche zugewandte
Zellenschicht besteht aus Cylinderzellen von etwa 60 « Höhe und 26 u
Breite. Die äussere Zellenschicht ist nicht mehr so vollständig und
regelmässig ausgebildet, ihre Zellen haben den Charakter von Platten-
zellen, die Länge beträgt 43 u, die Höhe 34 u.
3. Erwachsenes Thier, 7—8 m lang.
In Alkohol conservirt (s. Figg. JJ, KK, LL u. MM sowie Taf. 2,
Fig. 5; Taf. 3, Fig. 9, 13, 14, und Taf. 4, Fig. 21, 23, 24).
Der Bulbus hat eine sehr unregelmässige Gestalt, seine Axe ist
44 mm lang, sein Horizontaldurchmesser 74 mm und sein Vertical-
durchmesser 66 mm.
Der Suleus corneae ist oben am breitesten, 12 mm breit,
unten nur 9 mm. In den untersuchten Augen ist er eingesunken und
setzt sich daher sehr scharf, fast unter rechtem Winkel, gegen die
übrige Sclera ab, doch bleibt die Begrenzung auch dann noch deutlich,
wenn man den Sulcus in die als natürlich erscheinende Lage bringt.
: Vence ee o
Die Augen der Wassersäugethiere. 273
Die Aequatorialebene liegt 5 mm hinter der Fläche des Cornealrandes.
Viel stärker als die äussern Formen lässt die Gestalt des Innenraums
die bedeutende Asymmetrie des Bulbus hervortreten. Der obere Theil
des Verticaldurchmessers beträgt 24 mm, der untere nur 21 mm. Der
innere horizontale Durchmesser ist 48 mm lang. Die Tiefe der Sclera
beträgt 26 mm, die Länge der innern Augenaxe 29 mm.
Das Volumen des von Muskel- und Drüsenanhängen gereinigten
Bulbus beträgt 115 ccm, für den anhängenden Stumpf des Opticus
sind etwa 5 ccm in Abzug zu bringen, so dass das Volumen 110 ccm
beträgt. Das vordere corneale Bulbussegment ist flacher als das
hintere sclerale, der Krümmungsradius des erstern beträgt im Mittel
26,37 mm, der des letztern 23,09 mm. Uebrigens sind die Krüm-
Fig. JJ. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN. Horizontalschnitt. 1/1. Buchstaben-
erklärung s. am Schluss.
mungsradien der Cornea in horizontaler und verticaler Richtung sehr
von einander verschieden, in dieser beträgt er 20,75, ist also etwas
stärker gewölbt als der Augengrund, in jener dagegen 52 mm. Das
Verhaltniss des Cornealdurchmessers zum Scleraldurchmesser beträgt
1:2,357 in horizontaler Richtung, in verticaler 1:2,694. Der Cornea-
bogen misst vertical 73°, horizontal 59°.
Die Cornea zeigt sehr eigenartige Dickenverhältnisse, ihr Rand
ist mächtig verdickt gegenüber dem Scheitel, der nur 1 mm dick ist,
Zool. Jahrb. XVII, Abth, f. Morph, 18
274 AUGUST PUTTER,
er ist am dicksten nasal im horizontalen Meridian, nämlich 5 mm dick.
Oben betrigt die Dicke 4 mm, unten und aussen 3 mm. Die Hohe
der Cornea beträgt etwa 4 mm. Der Horizontaldurchmesser der ovalen
Fig. KK. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN. Verticalschnitt. 1/1. 2.2 peri-
chorioider Lymphraum. Weitere Buchstabenerklärung s. am Schluss.
Cornea beträgt 31 mm, der Verticaldurchmesser 24,5 mm. Das Horn-
hautepithel ist im Scheitel 80 « dick, am Rande 200 u. Es ist mög-
lich, dass die oberflächlichste Lage des Stratum corneum sich abgelöst
hat, wenigstens besteht die jetzt oberflächlichste Schicht schon aus
unverhornten Zellen. Die tiefste Schicht besteht aus Cylinderzellen
von etwa 30 u. Höhe bei 10 « Breite, sie enthalten sehr grosse, ovale
Kerne von 16 w Länge und 8 « Breite. Auf sie folgen nach aussen
1 oder 2 Schichten polygonaler Zellen; die Breite dieser Zone beträgt
20 u. Die weiter nach aussen liegenden etwa 3 Zellenschichten, die
zusammen 30 w dick sind, bestehen aus spindelförmigen Zellen, deren
Längsaxe der Fläche der Cornea parallel steht. Wie man sieht, fehlt
nicht nur eine eigentlich verhornte Schicht, sondern auch die Zone der
halb verhornten Zeilen. Statt dessen aber werden die ganzen Zellen,
sowohl die tiefen Cylinderzellen wie die oberflächlichen Spindelzellen,
umgeben von einem vollkommenen Maschenwerk von Stützsubstanz.
Dieselbe färbt sich mit Pikrokarmin gelb, scheint also der Hornsub-
stanz der Cornea ähnlich zu sein. Von der Elastica anterior,
die als 16 « dicke homogene Schicht die Grundlage für das Epithel
Die Augen der Wassersiiugethiere. 975
abgiebt, beginnen die einzelnen Strange des Hornnetzes mit kegel-
formigen Verbreiterungen von etwa 4 « Breite, die Dicke der Stränge,
die nun zwischen den Cylinderzellen emporsteigen, beträgt 2
Je weiter nach aussen, desto dicker wird die Hülle der Stützsubstanz,
die jede einzelne Zelle umgiebt, die Dicke beträgt 4—5 u, und da die
Grösse der Zellen immer mehr abnimmt, überwiegt die Masse der
Stützsubstanz in den äussern Schichten erheblich.
Von Interesse ist der Uebergang des Cornealepithels in die Con-
junctiva sclerae. Die Verdickung des Hornhautepithels nach dem
Rande zu beruht zum geringen Theil darauf, dass die tiefe Schicht
der Cylinderzellen höher wird, sie ist am Rande 40 w hoch, die Breite
der Zellen beträgt 9 «, die langen ovalen Kerne sind 20 « lang und
6 w breit. Eine kleine Gestaltveränderung und Verkleinerung erfahren
die Zellen dadurch, dass die kegelförmigen Basaltheile der Stützsub-
stanz sehr bedeutend an Breite und Höhe zunehmen, sie sind 8 «
breit und 10 « hoch. Den grössten Antheil an der Verdickung des
Epithels nehmen aber die polygonalen Zellen, die in 10—11 Schichten
über einander liegen. Beim Uebergang in die Conjunctiva ändert sich
das Bild, das 200 « dicke Hornhautepithel geht rasch in die nur 70 u
dicke Conjunctiva über, die Schicht der tiefen Cylinderzellen nimmt
auf 20 « Dicke ab und enthält reichlich schwarzes Pigment, die ver-
hornte Stützsubstanz zwischen den Zellen verliert sich, und dafür tritt
ein 34 « dickes Stratum corneum auf, in dem die Stellen, an denen
Zellen gelegen haben, noch durch kleine Anhäufungen von Pigment
erkennbar sind.
Die Cornea propria besteht aus 4—6, zum Theil 10 « dicken
Lamellen, die mit ihren wellenförmigen Oberflächen fest an einander
liegen. Der Querschnitt bietet ein sehr eigenartiges Bild; in ihrer
ganzen Breite, besonders aber gegen die vordere Kammer hin, zeigt
die Cornea eine Fülle ovaler Querschnitte grosser Lymphräume, zum
Theil auch, besonders zahlreich nahe der Hinterfläche, Längsschnitte
solcher Räume, die als Lymphräume noch kenntlich sind durch Lymph-
gerinnsel, die sich in ihnen finden. Die Querschnitte sind sehr ver-
schieden gross, neben einer grossen Anzahl solcher von 30—40 u
Breite und 20—26 u Dicke finden sich in etwas geringerer Anzahl
Räume von 130 u Breite bei 80 u Dicke. Die Cornealamellen weichen
zum Theil bei der Bildung der Lymphräume aus einander, zum Theil
enden sie an ihnen. In den Lymphräumen erkennt man häufig sehr
deutlich die fixen Hornhautzellen, flache, im Querschnitt spindelförmige
18*
2
Oo u.
276 AUGUST PUTTER,
Zellen. Die Elastica posterior ist als feine, 4 «u dicke Membran
vorhanden. Das Endothel der vordern Kammer ist nicht erhalten.
Die Sclera ist im Sulcus corneae bei weitem am dünnsten, oben
und unten ist sie 1,5 mm dick, innen und aussen sogar nur 1 mm.
Ungeheuer verschieden ist die Dicke der Sclera im Aequator, oben
ist sie bei weiten am bedeutendsten, 12,1 mm, dagegen unten nur
44 mm. Nasal beträgt sie 9 mm und temporal 11,4 mm. Die grösste
Dicke aber erreicht die Sclera an der Grenze des Ansatzes der Opticus-
scheide, wo sie 14,4 mm dick ist; gegen den hintern Augenpol hin,
an dem der Opticus eintritt, verdünnt sie sich wieder und ist hier
nur 11,6 mm dick.
Die Chorioidea lässt sich leicht von der Sclera abheben, nur
an der Iriswurzel hängt sie fest mit ihr zusammen. Eine ganz un-
gewöhnliche Ausbildung zeigt der perichorioide Lymphraum, unmittel-
bar hinter der Iriswurzel beträgt seine Dicke 2 mm, er ist ganz mit
Lymphgerinnseln ausgefüllt, die die grossen, einzelnen, anscheinend
durch elastische Lamellen getrennten Lymphräume völlig erfüllen,
Die Dicke von 2 mm hat er oben, nasal und temporal, unten dagegen
ist er sogar 3,2 mm dick (s. Fig. KK p.l). Diese Anschwellung reicht
von dem Mittelmeridian des Auges aus je 13 mm weit nach der tempo-
ralen und nasalen Seite. Nach hinten erstreckt sich der stark er-
weiterte Raum oben, nasal und temporal bis 7 mm hinter die Grenze
des Sulcus corneae, d.h. 12 mm hinter die Iriswurzel. Unten dagegen
reicht er noch erheblich weiter nach hinten, bis 14 mm über die
Grenze des Sulcus corneae hinaus, d. h. 20 mm hinter die Iriswurzel
(an der Innenseite der Sclera gemessen).
Den Abfluss der Chorioidealgefässe bilden 4 Venae vorti-
cosae. Diese Gefässe entspringen am Iriswinkel und ziehen von da
aus durch die Sclera unmittelbar unter der Oberfläche in meridionaler
Richtung nach hinten. In der Horizontalen haben die Räume der
Sclera, in denen sie verlaufen, dreieckigen Querschnitt. Die Basis des
gleichschenkligen Dreiecks liegt nach aussen, die Spitze nach innen.
Oben und unten dagegen nehmen sehr flach elliptische Räume, deren
grösste Breite parallel der Oberfläche der Sclera liegt, die ableitenden
Gefässe auf.
Das Tapetum lucidum erfüllt den ganzen Augengrund, fast
überall bis zum Sulcus corneae, stellenweise auch auf diesen über-
greifend. Die Farbe ist ein helles metallisch glänzendes Gelb. Auf
der Innenfläche ist es von einem zarten, pigmentirten Häutchen über-
zogen, dem Stratum pigmenti retinae. Die Pigmentirung ist
Die Augen der Wassersäugethiere. IT
verschieden stark. An den meisten Stellen nimmt man sie als einen
leichten, gelbbräunlichen Ton wahr. Dagegen finden sich auch Flecken,
die intensiv braun pigmentirt sind und so das darunter liegende
Tapetum völlig verdecken. Solche Flecken finden sich zerstreut, be-
sonders im untern Theil des Bulbus. Hier ist eine ziemlich grosse
Fläche ganz braun pigmentirt. Ihre Grenze liest 30 mm von der
Linea terminalis retinae entfernt, sie erstreckt sich nasal und
temporal etwa gleich weit von der Mittellinie aus. Die Gesammt-
ausdehnung in äquatorialer Richtung beträgt 33 mm. An den Stellen,
an denen das Pigmentblatt abgerissen ist, sieht man das Tapetum
ganz mit kleinen, nadelstichartigen Einsenkungen bedeckt, den Durch-
trittsstellen der Gefässe.
Nach unten reicht das Tapetum in dem pigmentirten Bezirk nicht
einmal ganz bis zum Sulcus corneae, in dessen ganzem Bereich ein-
fache Chorioidea liegt.
Im obern Bulbustheil reicht es bis zum Sulcus corneae und ist
fast völlig frei von pigmentirten Flecken.
Chorioidea ohne Tapetum findet sich nur in den ganz peri-
pheren Theilen des Bulbus. Sie besteht im Wesentlichen aus einer
einzigen Schicht grosser Gefässe, die von Bindegewebe umgeben sind,
dessen meist spindelförmige Zellen reichlich dunkles Pigment führen,
die Kerne sind als helle Flecken sichtbar. Die Gesammtdicke der
Chorioidea beträgt hier 320 «, davon entfallen 300 « auf die Lamina
vasculosa. Nach innen folgt auf die Lamina vasculosa die
Choriocapillaris, die 10 « dick ist, sie ist bedeckt von dem
ebenfalls 10 « dicken Stratum pigmenti retinae, das hier
körniges, braunes Pigment führt, doch sind die Zellen nicht völlig
damit erfüllt, nur der innerste Theil führt das Pigment, der äussere,
der Choriocapillaris zugewandte ist frei davon und in ihm liegt auch
der runde Kern.
Schon in den ganz peripheren Theilen schiebt sich zwischen die
Lamina vasculosa und die Choriocapillaris eine dünne Lage welliger
Fasern ein. In der Peripherie ist sie nur 50 « dick, nimmt aber
rasch an Dicke zu und bildet das Tapetum lucidum. Im Bereich des
Tapetums zeigt der Bau der Chorioidea einige Abweichungen von dem
der peripheren Partien, die zunächst in der Dicke bestehen. Während
im Aequator unten die einfache dünne Chorioidea liegt, ist die Tapetum
enthaltende Aderhaut im Aequator nasal 1,4 mm dick, temporal 2 mm,
am dicksten aber oben, wo sie auf 3,1 mm anwächst. Im untern
Bulbustheil kommt die Verdickung wesentlich durch die Einschiebung
278 AUGUST PUTTER,
des Tapetums zwischen Lamina vasculosa und Choriocapillaris zu Stande,
die Gefässchicht selbst verdickt sich kaum. Das Tapetum (s. Taf. 3,
Fig. 9) ist eine 510 w dicke Schicht und besteht aus stark gewellten
Fasern. In jeder Faser ist bei Hämatoxylinfärbung deutlich der Kern zu
erkennen, der bei Pikrokarminfärbung nicht hervortritt. Man findet auf
demselben Schnitt sowohl Längs- wie Querschnitte der Fasern, so dass
diese also ein Netz bilden müssen. Eine Anordnung in Schichten ist
nicht vorhanden, die Fasern kreuzen sich auch in radialer Richtung
vielfach. Das Tapetum wird durchbohrt von Gefässen, die theils senk-
recht, theils schräg von der Lamina vasculosa ausgehen und sich an
der Innenseite des Tapetums als Choriocapillaris ausbreiten. Diese
Gefässe sind durchweg Capillaren, sie sind 30 « dick. Auf ihrem
Verlauf innerhalb des Tapetums geben sie keinerlei Seitenäste ab. Das
Aussenblatt der Retina besteht aus niedrigen, plattenförmigen Zellen,
die kein Pigment führen. Ihre kleinen, runden Kerne liegen im
Centrum der Zellen.
Von der bedeutenden Verdickung, die die Chorioidea im obern
Bulbustheil erfährt, entfällt nur ein kleiner Theil auf das Tapetum,
das hier 850 « dick ist. Der hauptsächlichste Antheil dagegen kommt
auf die Lamina vasculosa, die aus 2—3 Schichten grosser Gefässe be-
steht. Auch die Anzahl der Gefässe, die das Tapetum durchbohren,
ist hier im obern Theil des Bulbus viel grösser als im untern. Das
Bindegewebe, in das die Gefässe eingebettet sind, hat in den innern,
dem Tapetum zugewandten Theilen der Chorioidea fibrillären Bau, die
Fasern sind aber viel weniger zahlreich und bilden ein viel weit-
maschigeres Netz als im Tapetum, so dass sie sehr gut von ihm ab-
gegrenzt werden können, wenn auch ein qualitativer Unterschied
nicht besteht (s. Taf. 3, Fig. 9).
Die Choriocapillaris und das Aussenblatt der Retina sind wie im
obern Bulbustheil gebaut.
Die Iris ist oben 11 mm breit, unten nur 9,6 mm und ebenso
breit nasal; temporal beträgt die Breite 10,6 mm.
Die Gestalt der Pupille ist bohnenförmig, ihr horizontaler Durch-
messer ist 11 mm lang, der verticale 6,2 mm. Die bohnenförmige
Figur kommt dadurch zu Stande, dass der Oberrand der Pupille con-
vex in sie vorspringt und so ein Operculum pupillare bildet.
Die Basis dieses Operculums, das die Form eines Kreissegments hat,
ist 9 mm lang, die Breite beträgt 1 mm.
Die Iris ist dunkelbraun und zeigt auf ihrer Vorderfläche un-
regelmässige, geschlängelte Erhabenheiten, die nahe dem pupillaren
Die Augen der Wassersäugethiere. 279
Rande fehlen; hier ist die Vorderfläche der Iris, wie die ganze Hinter-
fliche glatt. Der Pupillarrand ist gegen die iibrige Iris abgebogen.
Die Breite dieser Partie beträgt oben, wo das ganze Operculum pupil-
lare zu ihr gehört, 6 mm, “unten 3 mm, nasal 2 mm, temporal nur
1 mm. Der so begrenzte Irisrand besteht, wie die mikroskopische
Untersuchung ergiebt, fast ausschliesslich aus Musculatur, die also
oben und unten viel stärker entwickelt ist als nasal und temporal.
Die Dicke der Iris beträgt an der Wurzel 300 «, am Pupillar-
rande 110 u.
Die sämmtlichen Gefässe der Iris sind vor die Vorderfläche, in
die vordere Kammer hinein verlegt, sie ziehen, stellenweise gar nicht
einmal mit dem Irisstroma verwachsen, in geschlängeltem Lauf dahin.
Ihr Querschnitt ist meist oval und misst bei 170 u Breite etwa 85 w
in der Dicke, sie sind von mehreren Lagen stark pigmentirter Binde-
gewebszellen umgeben. Das Stroma, vor dessen Vorderfläche sie
liegen, ist im Verlauf der Iris nur 80 w dick.
Der Sphincter iridis ist nahe dem Pupillarrande 106 u dick,
an der Vorder- und Hinterfläche je von einer dünnen Schicht pigmen-
tirter Zellen bedeckt, bildet er hier ganz allein die Iris, Gefässe fehlen.
Etwas dicker ist die Musculatur im Opereulum pupillare; hier ist der
Sphincter nahe dem Rande etwa 240 u dick.
Die periphere Grenze des Sphincters wurde bereits oben ange-
geben, sie fällt zusammen mit der Grenzlinie, welche den glatten
pupillaren vom peripheren Theil der Iris trennt.
Der Dilatator iridis liegt als Schicht von durchschnittlich
20 u Dicke der Hinterfläche der Iris an. Seine Fasern enthalten
braunes Pigment in feinen Körnchen. Im Operculum pupillare ist er
etwa 26 « dick und nimmt gegen die Peripherie auf 40 w zu. Sein
peripheres Ende findet der Dilatator erst an der Iriswurzel.
Trotz der grossen Unterschiede in der Dicke, die den Sphincter
so sehr viel voluminöser erscheinen lassen als den Dilatator, ergiebt
eine einfache Rechnung, dass das Volumen beider fast ganz gleich ist,
wenn man die Mittelwerthe für die ganze Iris nimmt. Anders aller-
dings stellt sich das Verhältniss, wenn man für die obere und untere
Irishälfte die Rechnung getrennt ausführt, die Dimensionen beider Ab-
schnitte sind zu ungleich als dass ein Mittelwerth aus beiden etwas
anderes als eine abstracte rechnerische Grösse darstellen könnte. Für
die obere Hälfte, also für das Operculum pupillare, ergiebt nun die
Rechnung, dass der Dilatator hier ein bei weitem geringeres Volumen
hat als der Sphincter, es verhält sich zu dem Volumen des Sphincters
280 AUGUST PUTTER,
wie 1:2,3. Unten dagegen ist umgekehrt der Dilatator stärker als
der Sphincter, das Verhältniss beträgt hier 1:0,723, das Volumen
des Sphincters beträgt also noch nicht */, von dem des Dilatators.
Eine Erklärung dieses auffallenden Unterschiedes wird weiter unten
versucht werden.
Die Breite des Corpus ciliare von der Iriswurzel bis zur
Linea terminalis retinae beträgt 3,5 mm. Die Ciliarfortsätze beginnen
etwa 1 mm vor der Linea terminalis entfernt als ganz flache, glatte
meridionale Fältchen und behalten diesen Habitus bis nahe an die
Iriswurzel hin bei. Hier tritt plötzlich eine durchgreifende Aenderung
im Bau der Fortsätze auf, es erheben sich, der Hinterfläche der Iris
auf etwa 1 mm angewachsen, die Fortsätze zu einer Höhe von 3 mm,
wovon 2 mm frei in das Lumen der hintern Augenkammer hinein-
ragen. Die Breite des einzelnen Ciliarfortsatzes beträgt 0,7 mm, sie
sind mit ungeheuer zahlreichen, stark gewundenen Fältchen besetzt.
Die Anzahl der flachen, glatten meridionalen Fältchen im Ciliargürtel
entspricht nicht der Anzahl der freien Ciliarfortsätze. Von diesen
zählt man etwa 100, während die Zahl der kleinen Fältchen etwa
260 beträgt; die Zählung ist nicht genau, sie wird häufig erschwert
durch kleine secundäre Fältchen, die sich zwischen die grössern ein-
schieben, und von denen man oft nicht weiss, ob man sie mitzählen
soll oder nicht.
Eine Ora serrata ist nicht vorhanden, die Retina wird durch
eine glatte Linea terminalis gegen das Corpus ciliare begrenzt.
Im Augengrunde ist die Retina 340 « dick. Es wurden Stücke
aus dem obern und untern Bulbusabschnitt untersucht, die keine
feststellbaren Abweichungen von einander zeigten. Die Schicht der
Sehstäbchen ist nur 24 w dick, die einzelnen Stäbchen sind noch recht
gut zu erkennen, wenn sie auch schon Zerfall in Reihen von Trôpt-
chen zeigen. Zapfen wurden nicht gefunden. Die Dicke der Stäbchen
beträgt etwa 3 u. Die Stäbchen stehen sehr dicht. Berechnet man
ihre Gesammtzahl auf die Fläche der Retina, die 5000 qmm beträgt,
so erhält man 557 Millionen. Die äussere Körnerschicht ist 160 w
dick und besteht aus 31—32 Schichten von Kernen. Die Kerne sind
rund und zeigen deutliche Kernkörperchen, ihr Durchmesser beträgt
5 u. Die äussere reticuläre Schicht ist 30 « dick. Die innere Körner-
schicht ist 30 w dick und besteht aus 4—5 Schichten von runden
Kernen, die etwas grösser sind als die Kerne der äussern Körner-
schicht, ihr Durchmesser beträgt etwa 6 «, sie enthalten deutliche
Kernkörperchen. Die innere reticuläre Schicht ist 60 « dick, es liegen
Die Augen der Wassersäugethiere. 281]
in ihr einige wenige zerstreute Kerne, die den Mürter’schen Stütz-
fasern angehören. Das Ganglion nervi optici ist 50 « dick, es
besteht nur aus wenigen, weit von einander entfernt liegenden grossen
Ganglienzellen. Zwischen diesen liegen die Kerne der Stützfasern in
grösserer Anzahl, die Radialfasern selbst bilden ein weites Gitterwerk,
die innere Begrenzung der Retina bildet eine feine Membrana limitans
interna. Die Höhe der Ganglienzellen beträgt 30—40 u, ihre Breite
(in der Fläche der Retina gemessen) 20—30 u. Die ovalen Kerne
sind bei 10 w Länge 8 « breit und enthalten mehrere, bis zu 6
Nucleolen.
Die Retina zeigt feine, von der Papilla oder hier besser Ex -
cavatio nervi optici ausgehende radiäre Gefässe, die noch in
der Nähe des Aequators deutlich zu erkennen sind und deren gegen-
seitiger Abstand etwa 1,3 mm beträgt, sie liegen in den äussern
Partien des Ganglion optici und an der innern Grenze der innern reti-
culären Schicht.
Gegen die Linea terminalis retinae hin verschwinden zunächst die
Ganglienzellen des Ganglion optici. Ihre Schicht wird dann nur noch
von einem Gitterwerk der MüÜrrer’schen Stützfasern gebildet. Dann
verwischt sich auch die Grenze zwischen innern und äussern Körnern
und die Stäbchenschicht nimmt an Höhe ab. Der Abfall der Dicke
der Retina an der Linea terminalis ist ein sehr plötzlicher, noch un-
mittelbar hinter ihr ist die Retina 100 « dick, dann geht sie in das
nur 40 u hohe Epithel der Pars ciliaris retinae über.
Der Opticus tritt nicht im Augengrunde, sondern 6 mm über
der Horizontalen im Mittelmeridian des Auges an den Bulbus.
Der Durchmesser beträgt in der Horizontalen 6 mm, in der Verti-
calen 4,8 mm. Der Querschnitt, welcher zur Untersuchung gelangte,
lag 29 mm von der Papilla optiei entfernt. Der Opticus wird durch
starke bindegewebige Septa in mehr oder weniger grosse Abschnitte
getheilt, die meist annähernd keilförmig und mit ihren Spitzen gegen
die Mitte des Opticus gerichtet sind. Innerhalb dieser grössern Ab-
schnitte, deren man 7—12 zählen kann, sind die Opticusfasern von
dünnen, bindegewebigen Scheiden umgeben, die ein Maschenwerk von
fast runden oder polygonalen Maschen bilden. In jeder Masche liegt
eine von ihrem Neurilemma umgebene Opticusfaser, deren Dicke 4
bis 6 « beträgt. Die Rechnung ergiebt als Zahl für die Opticusfasern
77000. Die Fläche der Retina beträgt 5000 qmm, so dass auf 1 qmm
15,4 Opticusfasern im Durchschnitt entfallen. Auf jede Opticusfaser
282 AUGUST PUTTER,
kommen also, wenn man die oben angegebene Zahl fiir die Stabchen
annimmt, nicht weniger als 7200 Stäbchen.
Es wurde ein Versuch gemacht, zahlenmissig festzustellen, wie
viel der verschiedenen Netzhautelemente auf 1 qmm Retina liegen.
Für die Stäbchen ergiebt die Rechnung 143000. Die äussern
Körner wurden nur mit 30 Schichten Zellen in Anschlag gebracht,
in jeder derselben liegen, wie gezählt wurde, auf 200 mw immer
35 Zellen, das ergiebt auf 1 qmm Retina 918700 äussere Körner.
Die innern Körner bilden 4 Schichten und auf je 200 « kommen in
jeder Schicht 30 Zellen, das ergiebt auf 1 qmm 90 000 innere Körner.
Die Zahl der äussern Körnerzellen übertrifft also die der Stäbchen
um mehr als das 6fache, eine Differenz, die weit ausserhalb der mög-
lichen Fehler liegt.
Die Opticussscheide hat 35 mm vom hintern Augenpol entfernt,
wo sie abgeschnitten ist, schon eine erhebliche Stärke, sie misst hier
in horizontaler Richtung 26,5, in verticaler 12,3 mm. Der Opticus
liegt nicht in der Mitte der Scheide, sondern viel mehr temporal. Seine
Ränder sind 14 bezw. 6 mm vom nasalen bezw. temporalen Rande
der Scheide entfernt. Der Querschnitt zeigt, dass die Scheide aussen
aus einer starken bindegewebigen Hülle besteht, innen aus einer
grossen Menge von Gefässen, dem Geflecht der Ciliargefässe, die durch
Bindegewebe von einander getrennt sind. Nach innen folgt wieder
eine Bindegewebsmembran, die dann erst den Opticus mit seiner Dura-
scheide umschliesst. Gegen den Bulbus nimmt die Scheide beträcht-
lich an Umfang zu. Die eben beschriebenen Dimensionen behält sie
bis zu einer Entfernung von 25 mm vom hintern Augenpol bei, von
da an verbreitert sie sich kegelförmig, und die elliptische Fläche, mit
der sie dem Bulbus aufsitzt, hat einen horizontalen Durchmesser von
54 mm, einen verticalen von 35 mm. Der Plexus der Ciliargefässe
dringt aber nicht auf dieser ganzen Fläche ein, sondern nur auf einem
kleinen Theil. Zunächst in einem kreisförmigen Bezirk, in dem der
Opticus liegt, dieser Bezirk hat 20 mm Durchmesser. Ferner liegen
genau nasal und temporal vom Opticus, nasal 12, temporal 8 mm von
ihm entfernt, zwei ovale Stellen, an denen der Plexus in die Sclera
eindringt, allerdings nur sehr wenig tief, es ist nur jederseits eine
napfförmige Vertiefung, die die Gefässe ausfüllen.
Die Axe der Linse beträgt 13,5 mm, ihr Aequatorialdurchmesser
16 mm. Vorder- und Hinterfläche sind sehr verschieden gestaltet.
Die Höhe der Vorderfläche beträgt 5 mm, ihr Krümmungsradius
8,9 mm, ihr Bogen 128°, sie ist also ziemlich flach und jeden Falls
Die Augen der Wassersäugethiere. 283
viel flacher als die Hinterfläche, die eine Halbkugel vom Radius
8,5 mm darstellt. Die Linsensterne treten sehr deutlich hervor, sie
sind sehr verschieden gestaltet, wie Fig. LL u. MM zeigen.
oben Die Linsenkapsel ist eine 24 uw dicke
homogene Membran. Auf Totalfärbungen
mit Boraxkarmin (nach RaAgr) sieht man
deutlich die Epithelgrenze. Sie liegt sehr
erheblich hinter dem Aequator, doch
nicht überall gleich weit, 2,5—3 mm
hinter demselben.
oben
unfen
Fig. LL. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN
. 2/7 > YP à
unte Vorderer Linsenstern. 2/1.
Fig. LL. Fig. MM. Fig. MM. Hinterer Linsenstern. 2/1.
Entwicklung des Auges von Hyperoodon
rostratus (PONTOPPIDAN).
Der Bulbus ist bei Embryo I und II viel kugliger als beim er-
wachsenen Thier (III), bei dem er in der Richtung der Axe abgeplattet
erscheint. Bei Embryo I beträgt des Verhältniss des Verticaldurch-
messers zur Axe 1:1,2 und ebenso viel bei Embryo II, beim ausge-
wachsenen Thier dagegen steigt es auf 1:1,5.
Zur allgemeinen Orientirung über die Grössenzunahme des Bulbus
mögen folgende Zahlen dienen: Setzt man die Bulbusaxe des Embryo I
gleich 1, so beträgt die des Embryo II 3,6 und die von III 10,56.
Der Verticaldurchmesser ist etwas stärker gewachsen, bei Embryo I
zu 1 angenommen beträgt er bei II 3,589, also fast ebenso viel wie
die Axe, bei III aber 13,16, also hier nicht unerheblich mehr als
die Axe.
Die Bulbusaxe setzt sich aus drei Abschnitten zusanımen, die in
_ sehr verschiedner Weise an der Vergrösserung des Bulbus Theil nehmen.
Die folgende Tabelle giebt unter 1 die Veränderungen, welche die
Höhe der Cornea erleidet; 2 enthält die Werthe für die Höhe des
Sulcus corneae und 3 jene für den Augengrund. Alle Werthe sind
in Theilen der ganzen Bulbusaxe ausgedrückt.
i 2 3
Embryo I 1:4,9 1:4,45% „275
Embryo-11771:545, ; 1:50 1214062
IM EO} 0178.8 11216257
284 AUGUST PUTTER,
Es ist hieraus ersichtlich, dass die Héhe der Cornea ganz wesent-
lich abnimmt, beim erwachsenen Thier beträgt ihre relative Höhe
nicht mehr die Hälfte von der Höhe beim Embryo I. Auch der Sul-
cus corneae wird im Lauf der Entwicklung flacher, auch er ist
beim erwachsenen Thier nur etwa halb so hoch wie bei Embryo I.
Embryo II stellt sowohl was die Höhe der Cornea als die des Sulcus
corneae anlangt, ein Zwischenstadium vor. Ganz anders verhält sich
der Augengrund, seine Tiefe nimmt mehr und mehr zu, bei III beträgt
sie das 1,39fache dessen bei Embryo I.
Der Abnahme der Höhe der Cornea geht eine Verkleinerung ihres
Bogens parallel. Während er bei den Embryonen in verticaler Rich-
tung etwa 120° beträgt, misst er beim erwachsenen Thier nur 73°.
In horizontaler Richtung ist er noch geringer, beim Embryo II 85°,
bei III nur 59°.
Auch der Antheil, den die Cornea am Aufbau des Bulbus nimmt,
wird im Laufe der Entwicklung kleiner. Das Verhältniss des Corneal-
durchmessers zum Scleraldurchmesser beträgt bei Embryo I in verti-
caler Richtung 1 : 1,685, bei Embryo II 1: 1,747 und bei II 1: 2,694;
in horizontaler Richtung ist die Reduction nicht so erheblich, bei
Embryo II beträgt das Verhältniss 1:1,355, bei III 1 : 2,387.
Beim jüngsten Embryo ist der Krümmungsradius der Cornea
kürzer als der der Sclera, die Cornea ist stärker gewölbt, bei Em-
bryo II ist der horizontale Kriimmungshalbmesser der Hornhaut gleich
dem der Sclera, in verticaler Richtung ist die Cornea noch etwas
stärker gewölbt als die Sclera, und dieses Verhältniss bleibt (im verti-
calen Meridian) auch beim erwachsenen Thier bestehen, dagegen ist
im horizontalen bei III die Cornea viel flacher als die Sclera.
Die Dickenverhältnisse der Cornea erleiden im Lauf der Ent-
wicklung bedeutende Veränderungen. Beim Embryo I ist der Scheitel
die dickste Stelle der Cornea, er ist doppelt so dick wie der Rand. |
Dieses Verhältniss ändert sich schon bei Embryo II. Hier übertrifft
die Randdicke die Dicke des Scheitels um das 3,1fache, und noch er-
heblicher ist das Verhältniss bei III, wo die Randdicke das 3—5fache,
im Mittel etwa das 3,8fache der Scheiteldicke beträgt. Durch diese
Zahlen erhalten wir aber noch kein Bild von dem Dickenwachsthum
der Cornea im Verhältniss zum ganzen Auge. Um dieses darzustellen,
drücken wir alle Dickenmaasse in Theilen der entsprechenden Bulbus-
axen aus. Die folgende Tabelle enthält unter 1 die Randdicke der
Cornea, unter 2 ihre Scheiteldicke.
Die Augen der Wassersäugethiere.
bo
we
Or
Stadium 1 9
I £2245 be 12.25
HA 1.5126 1:39.16
III 1:116 1:440
Es ist hieraus ersichtlich, dass der Scheitel bei Embryo I am
relativ dicksten ist und bei IlI nicht einmal mehr ein Drittel der ur-
sprünglichen relativen Dicke aufweist. Die Dicke des Randes nimmt
von Embryo I auf Embryo II fast um das Doppelte zu, dann steigt
sie nicht mehr erheblich. Der grosse Unterschied zwischen Rand- und
Scheiteldicke beim erwachsenen Thier kommt viel mehr durch eine
Verdünnung des Corneascheitels als durch eine Verdickung des Randes
zu Stande. Der Rand wird etwa halb so dünn angelegt, wie er beim
erwachsenen Thier ist, der Scheitel dagegen 3mal so dick wie beim
Erwachsenen.
Um die Dickenverhältnisse der Sclera übersichtlich darzustellen,
drücken wir ihre Dicke in Theilen der entsprechenden Bulbusaxen aus
und betrachten drei Bezirke getrennt: den Sulcus corneae (1 der
Tabelle), den Aequator (2 der Tabelle) und den Augengrund (3 der
Tabelle).
Stadium 1 2
[9]
I 1:49,0 1: 49,0 1:3
rT 1:30.0 120.0 al
III 12292 1:4,781) 1:3,05
Betrachtet man gleichzeitig noch die vorige Tabelle, so ergiebt
sich, dass beim Embryo I die Sclera durchgängig dünner ist als die
Cornea. Bei Embryo II sind die Randdicke der Cornea und die
grösste Dicke der Sclera einander etwa gleich. Beim erwachsenen
Thier ist von der Sclera nur noch der Suleus corneae dünner als die
Randpartie der Cornea.
Mächtig wächst die Sclera im Augengrunde, hier ist sie bei III
nicht weniger als 10,6mal so dick wie bei I. Im Aequator ist das
Dickenwachsthum sehr ungleichmässig nach den verschiedenen Rich-
tungen hin, am stärksten nach oben, hier ist die Sclera beim Er-
wachsenen 1:3,64 der Augenaxe, was einem Dickenwachthum von
13,5 entspricht, also noch beträchtlich mehr als der Augengrund. Die
dünnste Stelle des Aequators liegt nach unten (und innen), wo die
Dicke nur 1: 10 der Bulbusaxe beträgt, das Wachsthum also nur 4,9.
1) Diese Zahl giebt nur einen Mittelwerth (s. u.).
286 AUGUST PUTTER,
Wahrend Aequator und Augengrund in der ganzen Entwicklung
eine fortdauernde Verdickung erfahren, zeigt der Sulcus corneae ein
anderes Verhalten, er erreicht seine grösste relative Dicke bei Em-
bryo II, von da an verdünnt er sich wieder.
Die Iris ist auf allen Entwicklungsstadien oben viel breiter als
unten, bei II sieht man die bohnenförmige Gestalt der Pupille, die:
durch die Ausbildung des Operculum pupillare hervorgerufen
wird, schon sehr deutlich. Die relative Breite der Iris nimmt sehr
bedeutend zu, sie ist beim erwachsenen Thier etwa 4mal so bedeutend
als bei Embryo I. Dagegen nimmt die Dicke relativ sehr erheblich
ab, sie beträgt beim erwachsenen Thier an der Wurzel nur !/, der
relativen Dicke bei Embryo I. Ueber diese Verhältnisse unterrichtet
die folgende Tabelle, in der unter 1 die Breite der Iris oben, unter 2
die Breite unten gegeben sind, beide ausgedrückt in Theilen des verti-
calen Cornealdurchmessers; 3 giebt die Dicke der Iriswurzel, 4 die
des Pupillarrandes in Theilen der entsprechenden Bulbusaxen.
Stadium ] 2 3 4
I SAS 0 Mis dG 41.045 1:49
Il 12.869 12:40 12:778:943
III 14:2.23° 172,597 71214667900
Wir sahen vorher, dass die Cornea eine relative Verkleinerung
im Lauf der Entwicklung erleidet, es liegt also die Annahme nahe,
dass es nicht so sehr ein stärkeres Wachsthum der Iris als vielmehr
die Verkleinerung der Cornea sei, durch die nur ein starkes Breiten-
wachsthum der Iris vorgetäuscht würde. Das ist aber nicht der Fall.
Die folgende Tabelle giebt unter 1 das Wachsthum des verticalen
Bulbusdurchmessers, unter 2 das des verticalen Cornealdurchmessers,
unter 3 das Wachsthum der Iris oben und unter 4 dasselbe unten,
alle bezogen auf Embryo I als Einheit.
Stadium 1 2 3 4
I 1,0 1,0 1,0 1.0
II 2.589 . 9462, 106.6109
IIT 23.16 8.235. ,1,824824,596.64
Man ersieht hieraus ohne weiteres, dass die Cornea hinter dem
Wachsthum des verticalen Bulbusdurchmessers zurückbleibt, die Iris
aber dasselbe ganz bedeutend übertrifft.
Der Sphincter iridis ist bei Embryo II schon in einer Dicke
1) Mittlere Dicke der Iris.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 287
von 40 u angelegt, ein Dilatator dagegen noch nicht zu erkennen.
Beim erwachsenen Thier ist der Sphincter 2,55mal so dick wie bei II.
Diese Dickenzunahme entspricht ungefähr dem Wachsthum der Bulbus-
axe, das von II auf III 2,93 beträgt. Dagegen geht, wie auf der vorigen
Tabelle ersichtlich (3 und 4), die Dicke der Iris ungemein zurück. Wir
sehen also, dass es wesentlich das Stroma iridis ist, das im Lauf der
Entwicklung reducirt wird, die Gefässe sind auch beim Erwachsenen
gut ausgebildet, und die Muskeln erfahren keine Reduction, sie bilden
ja beim erwachsenen Thier einen breiten Ring um die Pupille fast
ganz allein.
Sehr interessant ist der Verlauf der Entwicklung beim Corpus
ciliare. Die folgende Tabelle giebt unter
1 das Verhältniss der Breite des Corpus ciliare zur Axe des
Bulbus, unter
2 das Verhältniss der Höhe der Ciliarfortsätze zum Vertical-
durchmesser des Bulbus.
Stadium 1 2
I i = 56,53 1229.94
Il 12125 12.19
LEE 1126 1522
Man ersieht hieraus, dass die Breite des Ciliarkérpers andauernd
abnimmt, sie beträgt beim Erwachsenen nur etwa die Hälfte der
Breite beim Embryo I. Anders die Höhe der Ciliarfortsätze. Sie
nimmt von Embryo I zu II relativ nicht unbeträchtlich zu. Trotzdem
wird das Verhältniss zur Linse schon bei II ein anderes. Bei I er-
reichten die vordern Ecken der Ciliarfortsätze den Linsenäquator, bei
II könnte höchstens noch in der Verticalen eine Berührung stattfinden
(was nicht sicher zu beobachten war), in der Horizontalen aber er-
reichen sie die Linse nicht mehr, trotz ihrer Vergrösserung. Von nun
an findet wieder eine Reduction der Processus statt, so dass ihre re-
lative Höhe beim erwachsenen Thier etwa ebenso viel beträgt wie beim
Embryo I (etwas mehr).
Am Stratum pigmenti retinae ist die Erscheinung zu con-
statiren, dass die Reduction des Pigments, das bei I noch in reich-
licher Menge vorhanden ist, von einem bestimmten Bezirk beginnt, der
oben und aussen im Bulbus liegt. Bei II ist nur noch im untern
Bulbustheil ein grösserer Bezirk pigmenthaltig, der in geringerer Aus-
dehnung auch beim erwachsenen Thier bestehen bleibt.
288 AUGUST PUTTER,
Die relative Dicke des Innenblatts der Retina nimmt sehr
beträchtlich ab, bei I beträgt sie 1:23,8 der Bulbusaxe, bei III 1:129.
Der auffallende Unterschied in der Entwicklung des obern und untern
Theils der Retina, den man bei Embryo I findet, verschwindet beim
erwachsenen Thier.
Die Stelle an der der Nervus opticus an den Bulbus heran-
tritt, wandert in der Entwicklung. Bei I tritt er nasal von der Median-
ebene des Auges und yon oben an den Bulbus. Bei II ist er in die
Medianebene gerückt, seine Eintrittsstelle liegt aber noch erheblich
über dem hintern Augenpol, 1:4,5 des Bulbusdurchmessers. Beim
erwachsenen Thier ist er zwar auch noch etwas über der Horizontalen,
doch beträgt der Abstand nur 1:11 des verticalen Bulbusdurchmessers.
Die mächtige Opticusscheide, die das Geflecht der Ciliargefässe ent-
hält, ist schon bei I sehr stark entwickelt, ihre grösste Dicke verhält
sich zum Bulbusdurchmesser wie 1:2,35, bei II wie 1:2 und bei III
hat sie so an Dicke zugenommen, dass das Verhältniss 1: 1,22 beträgt.
Die Linse verkleinert sich relativ im Lauf der Entwicklung,
doch ist die Grössenabnahme nicht erheblich. Die Zahlen wurden für
die Dimensionen des Bulbusinnenraums berechnet. Unter
1 der Tabelle ist die Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe, unter
2 der Durchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers angegeben.
Stadium 1 2
I 1721588 17219
II 1 : 2,08 1 : 2,44
III 194148005310
Die Epithelgrenze der Linse liegt schon bei Embryo I auf der
Hinterfläche der Linse wie auch beim erwachsenen Thier.
5. Vergleichung der Dendicetenaugen.
Die relative Grösse der Augen ist unter den Zahnwalen recht
verschieden. Nimmt man als Maass für dieselbe das Verhältniss des
mittlern Bulbusdurchmessers zur directen Körperlänge des Thieres, so
beträgt dieses für
Phocaena communis 1.48
Delphinapterus leucas 1: 87
Hyperoodon rostratus 1: 101
Sehr viel grösser sind relativ die Augen der Embryonen, wie die
folgende Zusammenstellung zeigt:
Die Augen der Wassersiiugethiere. 289
Delphinus sp. 8,9 cm
Phocaena communis
i
1
| 53,0 „ 1:42
Delphinapterus leucas 25,0 ,, 1
Maar 1
155,0 „ 1:28
In der Gestalt des Bulbus zeigt Phocaena keine starke Ab-
weichung von der Kugelform, recht erheblich ist dieselbe aber bei den
andern Formen, wie die folgenden Proportionen lehren, die das Ver-
hältniss der Axe zum mittlern Durchmesser geben. Dasselbe be-
trägt für
Hyperoodon rostratus
Phocaena 11,182
Delphinapterus 1: 1,489
Hyperoodon 171991
Sehr charakteristisch sind die Unterschiede, die die einzelnen
Theile der Bulbusaxe zeigen. Die Höhe der Cornea wird bei den
grossen Formen im Vergleich zu Phocaena verringert, und ebenso, ja
sogar noch erheblich stärker, die des Sulcus corneae. Dagegen
wächst der Antheil, den der Augengrund am Aufbau des Bulbus nimmt.
Die folgende Tabelle giebt unter
1 die Höhe der Cornea, unter
2 die des Sulcus corneae und unter
3 die des Augengrundes, alle ausgedrückt in Theilen der innern
Axe.
1 2 3
Phocaena 1260 718266 71:219
Delphinapterus 1:6,44 1:4,46 1:1,61
Hyperoodon 1:90, 1:52, 121,88
Die Sclera ist bei den Zahnwalen im Bereich des Sulcus corneae
bei weitem am dünnsten, im Aequator ist ihre Dicke schon sehr er-
heblich und nimmt dann gegen die Opticusscheide hin noch mehr zu.
Auffallend ist bei Hyperoodon der grosse Unterschied der Dicke der
Sclera im obern und untern Bulbustheil, oben ist sie beinahe dreimal
so dick wie unten. Die folgende Tabelle giebt unter
1 die Dicke im Sulcus corneae, unter
2 die im Aequator und unter
5 die im Augengrunde.
Alle Werthe sind in Theilen der äussern Augenaxe ausgedrückt.
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 19
290 AUGUST PUTTER,
Bei Hyperoodon ist unter 2 mit o die Dicke im obern, mit u die
im untern Bulbusabschnitt bezeichnet.
1 2 3
Phocaena 14993 1241 17,83
Delphinapterus 1:354 1:4 1:3
Hyperoodon 1:352 ° ae 13
el)
Wie man sieht, ist die Sclera bei Phocaena relativ am dünnsten,
bei den beiden andern (grossen) Formen fast gleich dick.
Dass die Höhe der Cornea nur gering ist, wurde schon erwähnt,
auch der Antheil, den sie am Aufbau des Bulbus nimmt, ist bei den
grossen Formen ziemlich gering, am grössten noch bei Phocaena. Sehr
bedeutend ist durchgängig die Dicke der Hornhaut, und typisch tritt
eine erhebliche Verdickung des Randes gegenüber dem Corneascheitel
zu Tage. Diese Randverdickung ist relativ am bedeutendsten bei
Delphinapterus, sie beträgt hier etwa das Siebenfache der Scheiteldicke.
Ueber die Grössenverhältnisse der Cornea mag die folgende
Tabelle die nötigen Daten geben. Unter
1 ist das Verhältniss des Corneal- zum Scleraldurchmesser in
verticaler Richtung gegeben, unter
2 derselbe Werth für den horizontalen Meridian,
3 enthält den Werth für die Dicke des Cornearandes und
4 für den Corneascheitel, beide ausgedrückt in Theilen der Bulbus-
axe.
1 2 3 4
Phocaena LE 1.85) 12 1:67. 72.294097 son
Delphinapterus 1:3,14 1:2,73 1:92 1:13,1
Hyperoodon 132,69 Sal 2.39" 712447779210
Die Chorioidea ist ungemein stark entwickelt, am wenigsten
noch bei Phocaena, bei der sie relativ nur !/, der Dicke hat, die
Hyperoodon aufweist. Die Tabelle giebt unter
1 die Dicke der ganzen Chorioidea, unter
2 die Dicke des Tapetum lucidum, beide ausgedriickt in Theilen
der ganzen Bulbusaxe.
1 2
Phocaena 1:69 13157
Delphinapterus 14:19 476
Hyperoodon 1:14 his 786
Die Augen der Wassersiiugethiere. 2
bo
JL
Auch das Tapetum zeigt grosse Schwankungen in seiner rela-
tiven Dicke, es ist bei Delphinapterus mehr als doppelt so dick wie
bei Phocaena. Die Gefässe, welche das Tapetum durchbohren, sind
durchweg Capillaren von sehr beträchtlicher Dicke, bei Phocaena
20—25 u dick, bei den grossen Formen etwa 30 u.
Als äusserst charakteristisch für die Ordnung kann die Form der
Pupille bezeichnet werden, die stets bohnenförmig ist, indem der
obere Rand der Iris mit starker Convexität in sie hineinragt. Diesen
Theil der Iris kann man als Operculum pupillare bezeichnen, er
besteht fast ausschliesslich aus Muskeln.
Am Aufbau der Iris nimmt die Musculatur einen sehr bedeutenden
Antheil, der Sphincter pupillae ist wesentlich auf einen ziemlich
breiten, die Pupille umgebenden Ring beschränkt, während der Dila-
tator die ganze Iris bis zum ciliaren Rande durchzieht. Die Gefässe
sind dem sehr dünnen Stroma iridis vorgelagert und ragen oft
mit freien Schlingen in die vordere Kammer hinein.
Die Ciliarfortsätze sind in allen Zahnwalaugen schwach ent-
wickelt, am stärksten bei Phocaena, am schwächsten bei Hyperoodon,
was man aus der folgenden Zusammenstellung ersieht, in der unter 1
die Länge der Ciliarfortsätze in Theilen der innern Augenaxe, unter
2 ihre Höhe in Theilen des innern Bulbusdurchmessers angegeben ist.
1 2
Phocaena Tao 1213
Hyperoodon codes 1:23
Delphinapterus 1,12 tool
Die Retina bietet recht erhebliche Verschiedenheiten bei den
Zahnwalen, schon was einfach die relative Dicke anlangt. In Theilen
der innern Augenaxe beträgt diese bei Phocaena 1:96, bei Hypero-
odon 1:85, bei Delphinapterus ist sie am bedeutendsten und beträgt
1:70. Auch die Länge der Stäbchen ist grossen Schwankungen unter-
worfen: während sie bei Phocaena 20 u, bei Hyperoodon 24 u beträgt,
hat Delphinapterus Sehstäbchen von 40 u Länge.
Alle Zahnwale zeigen in scharf ausgeprägter Weise das Ueber-
wiegen der Anzahl der äussern Körnerzellen über die Anzahl der
Stäbchen auf die gleiche Fläche der Retina. Bei Phocaena liegen auf
1 qmm etwa Tmal soviel äussere Körnerzellen wie Sehstäbchen, bei
Delphinapterus etwa Smal soviel und bei Hyperoodon 6mal so viel.
Die Anzahl der Fasern des Nervus opticus, die auf 1 qmm
Retina entfallen, ist bei Phocaen« und Delphinapterus mit 29 bezw.
Lor
292 AUGUST PUTTER,
28 fast doppelt so gross wie bei Hyperoodon, bei dem nur 15 Fasern
auf 1 qmm entfallen.
Die Linse ist im Verhältniss zur Grösse des ganzen Bulbus
ziemlich gleich gross in allen Zahnwalaugen. Das Verhältniss der
Axe zur innern Augenaxe schwankt zwischen 1:2,15 (Hyperoodon)
und 1:2,53 (Phocaena), das des Durchmessers zum innern Bulbus-
durchmesser zwischen 1:2,62 (Phocaena) und 1:3,125 (Delphinapterus).
Im Verhältniss zur Grösse der Cornea sind die Linsen von
Phocaena und Hyperoodon fast gleich gross, Delphinapterus dagegen
hat bei dieser Art der Berechnung eine nicht unbeträchtliche grössere
Linse.
Anhang.
Ein neues Sinnesorgan im Auge der Denticeten.
Es muss hier die Beschreibung eines höchst eigenthümlichen
Sinnesorgans folgen, das sich bei Denticeten innerhalb des Auges
findet. Die Beschreibung bezieht sich auf Hyperoodon rostratus.
Etwa 1,7 mm hinter dem Iriswinkel findet es sich im untern
Theil des Bulbus. Es liegt nicht genau im verticalen Meridian, aber
doch in unmittelbarer Nähe desselben. Leider kann ich nicht sicher
angeben, ob es nasal oder temporal von der Mittelebene liegt, da das
Präparat, in welchem es enthalten war, nur zum Zweck der Unter-
suchung des Corpus ciliare dem Bulbus entnommen war und deshalb
nicht genau die Stelle notirt wurde, von der es herstammte.
Der perichorioide Lymphraum ist im untern Theil des Bulbus,
wie schon oben beschrieben wurde, mächtig erweitert. Das Sinnes-
organ liegt nun nicht in dem geräumigsten Abschnitt des Lymph-
raums, sondern an seiner vordern Grenze. Die Iriswurzel setzt in
einer Breite von 1,7 mm an die Sclera an, und direct hinter diesem
Ansatz liegt das Organ. Es liegt zwischen der Lamina vasculosa
chorioideae, der bindegewebigen Iriswurzel und den Lamellen des peri-
chorioiden Lymphraums, die viele Lymphgerinnsel zwischen sich ent-
halten (s. Taf. 4, Fig. 23). Ueber die Form des ganzen Organs lässt
sich schwer etwas aussagen. Auf Querschnitten (meridionalen Schnitten)
erscheint es wie ein zusammengefaltetes Blatt (s. Taf. 4, Fig. 23).
Eine nähere Untersuchung lehrt, dass dieses Blatt doppelt ist,
ganz wie die Retina, und dass die äussere Schicht aus nur einer ein-
zigen Lage sehr dünner, platter Zellen besteht, ähnlich wie das Aussen-
Die Augen der Wassersäugethiere. 993
di
blatt der Retina, während die innere Schicht eine starke Ausbildung
erfahren hat, ganz wie die Pars optica retinae.
Es scheint, dass sich die Gestalt des Organs noch am besten mit
einer lang gestreckten Gastrula vergleichen lässt, die Bezeichnung
„becherförmig“, wie man sie für die secundäre Augenblase braucht,
ist nicht angängig wegen der flachen und lang gestreckten Form des
Organs. Den Vergleich mit der Gastrula rechtfertigt, wie unten ge-
zeigt werden wird, auch die Entwicklungsgeschichte.
Was nun den Bau des nervösen Theils betrifft, so lassen sich die
einzelnen Schichten desselben mit den Schichten der Retina homo-
logisiren. Man muss hierbei von den nervösen Endapparaten, dem
Sinnesepithel, ausgehen.
Die Richtung aller Elemente in dem neuen Organ ist umge-
kehrt wie die im Auge, das Sinnesepithel ist in ihm nach innen
gerichtet, bei der Retina nach aussen. Die Ganglienzellenschicht,
welche den Stäbchen zunächst liegt, entspricht der äussern Körner-
schicht, die weiter nach aussen gelegene Ganglienschicht dagegen
der innern Körnerschicht der Retina.
Die Bezeichnungen „äussere“ und „innere“ Körnerschicht ent-
sprechen also im neuen Sinnesorgan nicht den topographischen Ver-
hältnissen, trotzdem glaube ich, sie wegen der offenbaren Homologie
mit der Retina beibehalten zu sollen.
Die Gesammtdicke der nervösen Schicht des „Innenblatts“, be-
trägt 110—120 u. Hiervon entfallen auf die Schicht des Sinnes-
epithels etwa 40 u. Die einzelnen Elemente sind sehr gut erhalten,
während, wie oben beschrieben, die Stäbchen der Retina aus dem-
selben Auge in Tröpfchen zerfallen waren. Man muss hieraus wohl
den Schluss ziehen, dass die Stäbchen des neuen Sinnesorgans aus
weniger labilen chemischen Stoffen bestehen als die der Retina, was
für die Beurtheilung ihrer Function von Bedeutung ist. Auf das
Sinnesepithel folgt die Schicht der „äussern“ Kürnerzellen. Sie be-
steht aus 4—5 über einander liegenden Reihen von Kernen und hat
eine Dicke von etwa 25 u. Die Kerne sind rund und haben einen
Durchmesser von 5--6 u, sie liegen sehr dicht, und sowohl die Schichten
über einander wie auch die Zeilen senkrecht zur Flächenausdehnung
treten sehr deutlich hervor (s. Taf. 4, Fig. 24).
Eine dünne „äussere“ reticuläre Schicht trennt die „äussere“ von
der „innern“ Körnerschicht. Diese letztere stellt keine fortlaufende
Zellenschicht dar, sie besteht nur aus einer Lage Zellen, die oft durch
grössere Zwischenräume unterbrochen ist.
294 AUGUST PUTTER,
Die Dicke der äussern reticulären Schicht beträgt etwa 10 u, der
Durchmesser der runden Kerne der innern Körnerschicht 6—8 u.
Auf die innere Körnerschicht folgt die innere granulirte Schicht
von 20—30 u Dicke.
Weitere Schichten sind nicht vorhanden, ein Homologon des
Ganglion nervi optici fehlt vollständig.
Das „Aussenblatt“ des Sinnesorgans ist stellenweise als eine Schicht
platter Zellen zu erkennen. Die eine Umschlagsstelle des Innenblatts
in das Aussenblatt ist als solche zu erkennen, nicht aber die andere,
die etwas zerrissen ist.
Besondere Erwähnung verdient noch das Sinnesepithel, da seine
Elemente eine Form zeigen, die durchaus von der der Netzhautstäbchen
abweicht. Leider waren die Schnitte viel zu dick, um erschöpfende
Untersuchungen dieser feinen Elemente zu gestatten, so dass die Be-
obachtungen sehr lückenhaft sind. Es lässt sich nicht einmal mit
Sicherheit entscheiden, ob alle Elemente gleichmässig gebaut sind oder
ob zwei verschiedene Typen vorkommen.
Sicher ist Folgendes: Von der Grenzschicht des Sinnesepithels
gegen die äussere Körnerschicht (ob eine Membrana limitans vor-
handen ist, bleibt ungewiss) erheben sich stäbchenförmige Gebilde von
3,33 u Breite sehr dicht gedrängt zu 10—12 u Höhe. Am entgegen-
gesetzten Rande des Sinnesepithels, also nach dem Innenraum des
Organs zu, sieht man in verschiedener Höhe eine grosse Anzahl ,,End-
knöpfchen“. Ihr Durchmesser beträgt 6 u,
gegen den proximalen Theil des Sinnesepi-
thels sind sie tropfenförmig ausgezogen, und
diese Ausläufer gehen in je einen dünnen
| | Faden über.
Fig. NN. Hyperoodon rostratus PONTOPPIDAN.
re Elemente der Sinnesschicht des neuen Sinnesorgans der
Denticeten. Schema. 500 : 1. Buchstabenerklärung im
Text.
a base
Zwischen den stäbchenförmigen Basalstiicken und den tropfen-
förmigen Endknöpfchen sieht man spindelförmige Gebilde von 16 u
Länge und etwa 2 w Breite, die proximal wie distal in dünne Fäden
auslaufen. Nur in distaler Richtung zeigen diese Fäden öfters eine
Länge von einigen wu, in proximaler dagegen erscheinen sie nur als
kurze Spitzen.
In welcher Weise diese drei Theile: stäbchenförmige Basalstücke,
spindelförmige Mittelstücke und tropfen- oder birnförmige Endstücke
Die Augen der Wassersiiugethiere. 295
sich verbinden, war nirgends mit voller Sicherheit zu sehen. Enthält
das Sinnesepithel nur eine Sorte von Endelementen, so kann ihre
Form wohl nur die sein, wie sie Fig. NN in a zeigt; sind dagegen zwei
verschiedene Elemente vorhanden, so sind Formen wie sie b und ¢
zeigen, möglich. Nach den Umschlagsstellen hin nimmt die Sinnes-
schicht an Höhe ab, sie ist dort nur 28—30 « hoch. Die spindel-
förmigen Mittelstücke -sind hier nicht zu erkennen, auch sind die End-
knöpfchen nicht in so dünne Fäden ausgezogen wie im Fundus des
Organs. Handelt es sich hier nur um einen Typus von Endorganen,
muss er die Form d (Fig. NN) haben, sind dagegen zwei Typen vor-
handen, so würde noch die Form e (Fig. NN) hinzukommen.
Berechnet man die Zahl der Ganglienzellen, welche in der „äussern“
Körnerschicht auf 1 qmm Fläche liegen würden, so ergiebt sich ihre
Zahl zu etwas über 100000, während sich die Zahl der Endelemente
auf dieselbe Fläche zu 91000 berechnet, also fast dieselbe Zahl, die
Differenz liegt innerhalb der Fehlergrenzen der Rechnung. Während
also in der Retina von Hyperoodon die Zahl ‘der äussern Körnerzellen
jene der Stäbchen um das Mehrfache übertrifft, sind die beiden
Werthe in dem neuen Organ einander annähernd gleich.
Auf den untersuchten Schnitten war das Organ nicht vollständig
vorhanden, und es gelang auch nicht, den fehlenden Theil aufzufinden.
Dieser Theil aber hätte Aufschluss über die Art der Innervation
gegeben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese nicht vom Opticus
aus erfolgt, es spricht hierfür schon das Fehlen des Ganglion
nervi optici in dem neuen Organ. Vielleicht erfolgt die Inner-
vation durch Ciliarnerven.
Es mag dahingestellt bleiben, ob dieser eine Befund hinreicht, um
den Nachweis zu erbringen, dass thatsächlich ein neues Sinnes-
organ bei den Denticeten vorhanden ist, bei Phocaena und Delphin-
apterus habe ich dasselbe bei erwachsenen Thieren bis jetzt noch nicht
gefunden, was aber bei der Kleinheit des Objects kein Wunder ist,
zumal da ich keine Zeit fand, die ganzen, ziemlich bedeutenden Strecken
der Bulbi, in denen das Organ gesucht werden kann, in Serien zu
zerlegen, auf denen es dann sicher gefunden werden müsste,
Zum Glück kann ein anderer Beweis dafür erbracht werden, dass
es sich hier nicht um eine „zufällige“ oder pathologische Bildung
handelt, sondern dass ein bisher unbekanntes normales Gebilde
vorliegt: der Nachweis durch die Entwicklungsgeschichte.
Bei allen 4 Weisswal-Embryonen, von 20—30 cm Länge, die
ich untersuchte, konnte mehr oder weniger vollständig die Anlage
296 AUGUST PUTTER,
des neuen Organs nachgewiesen werden. Das Bild, welches am klarsten
die Verhältnisse zeigt, ist etwas schematisirt in der Fig. OO wieder-
gegeben.
Die Sclera zeigt im untern nasalen Theil des Bulbus eine Vor-
wölbung, von innen betrachtet einen „Recessus sclerae“, der
dicht hinter dem Cornealrande beginnt und in meridionaler Richtung
etwas über 1,1 mm nach hinten reicht. Im Bereich dieser Ausbuchtung
ist die Sclera dünner als in der Umgebung. Sie misst nur 68 u,
während sie im Uebrigen im prääquatorialen Segment des Bulbus 85 u,
im Augengrund sogar 153 u dick ist.
unten
LAR.
GM.
2.
Fig. OO. Delphinapterus leucas (PALLAS). Embryo von ca. 25 em Länge. 25:1.
Meridionaler Schnitt durch den nasalen untern Bulbustheil, die Ausstülpung der
Retina zeigend.
In den Recessus sclerae ragt eine Ausstülpung der Retina
hinein. Es betheiligen sich an ihr beide Blätter der Netzhaut. Das
Pigmentblatt liegt der Sclera direct an, das Innenblatt ist wohl nur
Die Augen der Wassersäugethiere. 297
durch Schrumpfung vom Aussenblatt getrennt; wie man aus Fig. OO
ersieht, würde es sich seiner Form nach gleichfalls der Wölbung des
Recessus sclerae anschmiegen können.
Hinter der Grenze der Ciliarfortsätze reicht das Innenblatt noch
eine Strecke weit als einfache Zellenschicht nach hinten. An der
Stelle, an der die Pars optica retinae beginnt, an der Linea terminalis
retinae also, liegt nun die erwähnte Ausstülpung der Netzhaut.
Sie hat die Form eines Ovals, dessen grosse Axe der Bulbusaxe
parallel steht. Die Länge dieser grossen Axe beträgt etwa 900 u.
Die Wand dieser ausgestülpten Blase ist 170 « dick, d. h. etwas
dünner als die Retina, die im Augengrund 215 w dick ist. Sie lässt,
wie die Retina, eine äussere, stärker gefärbte „äussere Körnerschicht“
erkennen, in der die Kerne dichter liegen als in der weniger intensiv
gefärbten „innern Körnerschicht‘“.
Bei einem andern Embryo konnte an beiden Augen der Reces-
sus sclerae nachgewiesen werden und ebenso die Ausstülpung der
Retina. Der Recessus ist hier viel vollständiger von dem übrigen
Bulbusraum getrennt als bei dem zuerst beschriebenen Embryo.
Er liegt auch hier im untern nasalen Theil des Bulbus und be-
ginnt als flache Einsenkung, wird dann tiefer und findet schliesslich
seinen Abschluss in einem sackförmigen Endstück, dessen Axe gegen
die Sclera einen sehr spitzen Winkel bildet.
Der Recessus fand sich auch bei dem grössern Embryo (III, im
speciellen Theil S. 254), bei dem die Retina ganz zerfallen war.
Er liegt unten nasal, sein vorderer Rand ist 0,6 mm vom Corneal-
rande entfernt, seine Ausdehnung beträgt in meridionaler Richtung
2,5 mm, in äquatorialer 4 mm. Auch hier ist er gegenüber der
übrigen Sclera verdünnt.
Endlich bleibt noch ein Embryo zu erwähnen, dessen Bulbus in
Aequatorialschnitte zerlegt war. Auch dieser zeigte die Ausbuchtung
der Sclera und die Ausstülpung der Retina. Schnitte, welche die
Processus ciliares trafen, zeigten ausserhalb derselben, im Recessus
sclerae den ausgestülpten Theil der Retina, Innenblatt sowohl wie
Stratum pigmenti.
Das sind wohl Thatsachen genug, um zu beweisen, dass es sich
hier um ein normales Gebilde handelt.
Die erste Frage ist nun die: wie kommt es, dass beim erwachsenen
Thier die Schicht der nervösen Endapparate nach innen liegt, während
die Retinaausstülpung der Embryonen die Endapparate auf ihrer
Aussenfläche tragen müsste ?
298 AUGUST PUTTER,
Die Antwort ist nicht schwer, nachdem wir die Zweiblattrigkeit
des fertigen Organs erkannt haben. Es findet eben eine Wiederholung
der Vorgänge statt, die zur Bildung der secundären Augenblase führen.
Die von der Retina abgeschnürte „primäre“ Bildungsblase des
neuen Sinnesorgans stülpt sich ein und wird so zur „secundären“
zweiblattrigen. Das Aussenblatt der Blase wird zu einer einfachen
Zellenschicht, das Innenblatt entwickelt sich zum nervésen Apparat.
So wire die Entstehungsgeschichte des neuen Organs im Wesent-
lichen klar, viel schwieriger zu beantworten ist die Frage nach seiner
Function.
Mehrere Gedankenreihen miissen sich hier vereinigen, um uns
zu einer Vorstellung über die mögliche Bedeutung des Organs zu
verhelfen.
1) Man zweifelt kaum daran, dass für die Fische ein Organ von
grösstem Werth, ja vielleicht unentbehrlich ist, das ihnen Verände-
rungen des Wasserdrucks in Nervenerregung umzusetzen im Stande
ist, und nach Entdeckung der „Seitenorgane“ nimmt man gern
an, in diesen die gesuchten Organe gefunden zu haben, ob mit Recht
oder Unrecht, mag dahingestellt bleiben.
Für Wassersäugethiere, die in einigermaassen erhebliche
Tiefen tauchen, muss aber ein solcher Druck-Receptionsapparat von
ungleich höherer Bedeutung sein als für einen Fisch, muss doch
das Säugethier stets nach relativ kurzer Zeit die Oberfläche wieder
aufsuchen, um zu athmen, was der Fisch im Wasser selber ausführt.
Ob ein Hyperoodon, wenn er Hunderte von Metern unter der Meeres-
oberfläche auf Beute geht, so lange mit dem Aufsteigen warten kann,
bis dyspnoische Reizung des Gehirns ihn veranlasst, zur Oberfläche
wieder aufzusteigen, ist eine Frage, die man wohl aufwerfen, leider
aber nicht entscheiden kann. Dass aber ein Sinnesorgan, das ihm
etwa eine reflectorische Schätzung der Tiefe ermöglicht, für ihn von
grossem Nutzen sein würde, wird man wohl kaum bestreiten können.
Die dyspnoische Reizung giebt ihm ja nur das Signal, dass wieder ein
Athemzug nöthig ist, aber keinerlei Anhalt dafür, wie weit noch
der Weg zur Oberfläche ist, die Dyspnoé tritt ebenso gut
ein, wenn er direct unter der Oberfläche schwimmt, wie wenn
er sich in der mehr erwähnten grossen Meerestiefe aufhält.
2) Wenn wir voraussetzten, die Wale hätten ein Sinnesorgan,
das im Stande wäre, Schwankungen des hydrostatischen Drucks zur
Perception zu bringen, so würden wir ein solches Organ an einer
ganz bestimmten Stelle suchen.
Die Augen der Wassersiugethiere. 999
Man kann sich wohl kaum ein Gewebe denken, das so ungiinstige
Verhältnisse für die Reception von Sinneseindrücken bietet, wie die
Haut des Wales. Die mächtige, verhornte Epidermis, das unge-
heuer entwickelte Speckgewebe scheinen viel eher geeignet, als treff-
liche Panzer gegen Druck von aussen zu dienen, als eine Empfindlich-
keit gegen Schwankungen des hydrostatischen Drucks zu ermöglichen.
Eine Stelle des Körpers nur ist es, an der dieser Panzer durch-
brochen werden muss, an der ein Organ direct den Einflüssen der
Aussenwelt zu trotzen hat: das Auge.
Wie es demselben ermöglicht wird, hier Stand zu halten, ist das
Thema dieser ganzen Arbeit. Ein Resultat der folgenden allgemeinen
Erörterungen müssen wir hier vorausnehmen: Das Walauge verträgt
ohne Schädigung eine mächtige Steigerung des intraocularen
Drucks, im Gegensatz zu den Augen der Landsäugethiere, des
Menschen, bei denen solche Drucksteigerungen zu den schwersten
pathologischen Erscheinungen gehören. Die Möglichkeit, dass nicht
nur im Bulbus des Auges, sondern auch in der übrigen Orbita mög-
licher Weise günstige Bedingungen für die Anbringung eines „Druck-
Sinnesorgans“ vorhanden sind, muss zugegeben werden. Setzen
wir aber voraus, das fragliche Organ sollte innerhalb des Bulbus
liegen, so würde uns bei Hyperoodon wieder eine ganz bestimmte
Stelle als die bei weitem günstigste erscheinen: die dünnste
Stelle der Sclera, die im untern Theil des Bulbus in der Um-
gebung der Medianebene liegt. Und gerade an dieser
Stelle fanden wir das neue Sinnesorgan.
3) Dass es sich bei dem neuen Organ um ein Sinnesorgan
handelt, kann nach seinem Bau und seiner Genese keinem Zweifel
unterliegen. Es fragt sich nun, welcher Reiz wohl als der dem
Sinnesorgan adäquate angesehen werden darf.
Wenn wir die Gruppen der chemischen, thermischen, photischen
und mechanischen Reize durchgehen, so müssen wir die beiden ersten
wohl ohne weiteres ausschliessen. Chemische Reize der Aussen-
welt gelangen wohl schwerlich unter normalen Verhältnissen jemals zu
dem Sinnesorgan. Dass das Auge gegen Temperaturschwan-
kungen ausserordentlich gut geschützt ist, wird im folgenden all-
gemeinen Theil bewiesen werden. Es bleiben also noch die photi-
schen und mechanischen Reize zur Auswahl. Von diesen
müssen wir aber die erstern auch vollständig fallen lassen, denn weder
durch die Sclera noch von innen durch das stark pigmentirte Corpus
ciliare, in dessen Bereich ja das Organ liegt, kann Licht zu ihm ge-
300 AUGUST PUTTER,
langen. Wir müssen in dem neuen Sinnesorgan ein „topo-electives“
erkennen, das vermége seiner Lage nur durch mechanische Reize er-
regt werden kann. Mechanische, speciell hydrostatische Reize
wirken nun auch sicher beim Tauchen auf das Organ ein, wir sahen
ja schon in der vorigen Betrachtung, dass die Stelle, an der es liegt,
die günstigste im ganzen Körper ist, um Schwankungen des
hydrostatischen Drucks mitzumachen.
4) Kann man sich vorstellen, dass von einem so hoch speciali-
sirten Sinnesorgan, wie die Retina es ist, sich ein neues Organ ab-
gliedert, das ganz andere Eigenschaften hat als der Mutterboden,
dem es entsprossen ist?
Lage der eben charakterisirte Fall hier wirklich vor, handelte es :
sich um die Erwerbung einer ganz neuen Eigenschaft, so würden
wir darin allerdings einen Einwand gegen den Deutungsversuch
erblicken. Hier aber liegen die Dinge wesentlich anders.
Unter normalen Bedingungen spricht allerdings die Retina nur
auf Lichtreize an, aus dem einfachen Grunde, weil keine andern Reize
sie treffen. Die Lichtreize sind aber nicht die einzigen, die Erregung
der Netzhaut veranlassen. Von den elektrischen Reizen wollen wir
absehen, da sie biologisch nur geringe Bedeutung haben dürften, der
einfache Versuch lehrt uns aber, dass auch mechanische Reizung
im Stande ist, die Retina zu erregen. Das ist ja eine allgemein be-
kannte Thatsache: Der einfache Druck des Fingers gegen den Bulbus
wird an der entsprechenden Stelle des Gesichtsfeldes als farbiger Kreis
empfunden. Eine Drucksteigerung im Innern des Bulbus scheint nach
den Erfahrungen beim Glaucom, allerdings beim Menschen, keine Licht-
empfindung auszulösen, aber die Thatsache der Erregbarkeit der Retina
durch mechanische Reize genügt, um uns die Entwicklung eines Sinnes-
organs, wie das vorliegende ist, als möglich erscheinen zu lassen.
Wenn wir uns den phylogenetischen Vorgang vergegenwärtigen,
so stellt sich die Sache folgendermaassen: Ein Landsäugethier,
dessen Auge gegen Drucksteigerung empfindlich war, begann wasser-
lebend zu werden. Beim Tauchen hatte es einerseits Vortheil davon,
dass seine Retina in Folge ihrer Druckempfindlichkeit es davor be-
wahrte, zu tief zu tauchen, andrerseits lag auch ein grosser Nach-
theil darin, denn das farbige Aufleuchten des Gesichtsfeldes, wie wir
es etwa bei Druck auf den Bulbus empfinden, war sehr störend für das
Sehen. Eine Vereinigung des Vortheils, den die Empfindlichkeit gegen
den hydrostatischen Druck bot, bei gleichzeitiger Vermeidung des
störenden Farbensehens, war zu erreichen, wenn die Fähigkeit der
Die Augen der Wassersiiugethiere. 301
Druckempfindlichkeit auf einen bestimmten Bezirk localisirt
und dieser Bezirk, um das Sehen gar nicht mehr zu beeinträchtigen,
unter die Retinafläche versenkt, abgeschnürt wurde. So
wäre ein Drucksinnesorgan entstanden. Eine Localisation dieser
Function ist vielleicht nicht schwer zu erreichen gewesen, denn es
liegt nahe, anzunehmen, dass bestimmte Endorgane von vorn herein
sie nur besessen haben. Diese brauchten also nur zusammenzurücken
und gemeinsam abgeschnürt zu werden.
Die Skizze der möglichen Art der Entstehung des Drucksinnes-
organs ist zwar roh, doch dürfte der Vorgang dadurch verständlicher
geworden sein.
Recapituliren wir kurz die vorstehenden vier Gedankenreihen:
1) Die Existenz eines Drucksinnesorgans bei Walen hat fast die
Wahrscheinlichkeit eines wissenschaftlichen Postulats.
2) Die Lage des gefundenen Sinnesorgans ist die günstigste im
ganzen Körper des Wals, um Schwankungen des hydrostatischen
Drucks zu recipiren.
3) Als adäquate Reize können aus topographischen
Gründen nur die Schwankungen des intraocularen Drucks an-
gesehen werden, die von den Schwankungen des hydrostatischen
Drucks abhängen.
4) Die Fähigkeit, auf mechanische Reize zu reagiren, ist
keine Neuerwerbung des Auges der Wassersäugethiere, sie
kommt vielmehr in hohem Maasse auch bei Landsäugethieren,
auch beim Menschen vor.
Nach diesen Ausführungen kann es wohl nicht mehr als sehr ge-
wagt angesehen werden, wenn wir die Ansicht vertreten, dass das bis-
her unbekannte Sinnesorgan, das im Auge der Denticeten liegt, die
Function hat, die Schwankungen des hydrostatischen
Drucks beim Tauchen in die Tiefe, in Nervenerregung
umzusetzen.
Stehen die Wale ganz isolirt mit dieser Bildung, die von der
Retina ausgeht?
Im Sommer 1901 hat A. Braver (115) eine Mittheilung über die
Augen einiger Tiefseefische der Valdivia-Expedition veröffentlicht, ‘in
der er auch die Abbildung eines Auges von Gigantura chuni (I. c.
p. 121) giebt, die eine ganz frappante Aehnlichkeit mit dem Ent-
wicklungsstadium hat, das in Fig. OO abgebildet ist, der Anlage des
neuen Sinnesorgans bei einem Embryo von Delphinapterus leucas.
Gigantura chuni hat ein Teleskopauge und zeigt „in der Mitte der
302 AUGUST PUTTER,
untern Wand, mehr medialwärts ein grösseres Stück Neben-
retina, welches aus mehreren Schichten besteht und dessen Stäbchen
eng gelagert sind, und zwar liegt dasselbe in einer kleinen
Aussackung der Wand“ (l. c. p. 122).
Das ist die einzige Beobachtung über solche Retinabildungen, die
ich in der Literatur gefunden habe.
Brieflich theilte mir Herr Prof. Braver noch eine höchst inte-
ressante Beobachtung mit: er fand bei einem andern Tiefseefisch, bei
Dissoma anale BRAUER, ein vollständig abgesprengtes Stück der
Retina. Die Stäbchen dieses Stücks stehen nach aussen, es stellt
also ein Zwischenstadium dar zwischen der Ausstülpung der Retina,
wie sie Gigantura und der Embryo von Delphinapterus zeigen, und
dem abgeschnürten und secundär eingestülpten Retinastück, das das
neue Sinnesorgan bei Hyperoodon bildet. Ein solcher Zustand, wie
BRAUER ihn bei Dissoma fand, muss als entwicklungsgeschichtliches
Durchgangsstadium auch bei den Walen vorkommen t).
Es ist gewiss ein interessanter Fall von Convergenz, dass wir
bei Tiefseefischen und bei Wassersäugethieren diese eigen-
artige Fähigkeit der Retina finden, ein neues normales Organ
aus sich hervor gehen zu lassen. Interessant ist auch die ungeheure
Aéhnlichkeit der Entwicklungsstadien, der keine verwandtschaft-
liche Beziehung zu Grunde liegt, und die wieder zu grosser
Vorsicht in der Verwerthung des Gedankens mahnt, den HAECKEL
als biogenetisches Grundgesetz bezeichnete.
Es liegt nahe, für die erwähnten Bildungen im Fischauge eine
ähnliche Function zu vermuthen, wie wir sie für das neue Organ der
Wassersäugethiere als so überaus wahrscheinlich hinstellen
konnten. Dem scheint nun die verbreitete Annahme im Wege zu
stehen, dass wir die Drucksinnesorgane der Fische bereits in den
Seitenorganen kennen. Für eine Verdoppelung der Organe ist kein
rechter Grund einzusehen.
Es kann an dieser Stelle nicht meine Aufgabe sein, die Lösung
dieses Widerspruchs zu versuchen, doch möchte ich auf den Gedanken
hinweisen, dass es wohl möglich ist, sich doch für beide Organe
1) Auf dem Zoologentage in Giessen 1902 sprach Herr Prof.
Braver mir gegenüber die Ansicht aus, dass die Bildung bei Dissoma
vielleicht doch eine andere Bedeutung habe und nicht als Zwischen-
stadium anzusehen sei, eine Ansicht, die mir auf Grund der Präparate,
die ich zu sehen Gelegenheit hatte, recht wahrscheinlich erscheint. Die
obigen Betrachtungen werden dadurch nicht berührt.
ENGEN
ate “ex
Die Augen der Wassersiiugethiere. 303
Functionen zu denken, und dass die Seitenorgane mit ihren in das
Medium hineinragenden Sinneshaaren wohl ungleich besser
dazu geeignet sind, nach Art von Tastorganen, die Bewegungen
des Wassers gegen den Fischkörper, z. B. in Folge der Bewegung
anderer Thiere im Wasser, zu recipiren, also Kleine Schwankungen,
die noch zu keiner Aenderung desintraocularen Drucks
führen können, als bedeutende Unterschiede des hydrostatischen Drucks,
dass dagegen, wie schon oben betont, gerade im Auge die Be-
dingungen zur Reception grösserer Druckschwankungen ungemein
günstig liegen. Jeden Falls sind unsere Kenntnisse von der wirklichen :
Verbreitung der fraglichen Organe bei Fischen und andern Wirbel-
thieren zur Zeit noch viel zu gering, als dass man entscheiden könnte,
ob man ihre Bedeutung von Fall zu Fall als seltne Ausnahme-
erscheinung beurtheilen muss, oder ob ihnen eine allgemeinere
Bedeutung für das Leben im Wasser, vor allem das Leben in
verschieden tiefen Wasserschichten zukommt.
Allgemeiner Theil.
A. Die biologischen Bedingungen des Wasserlebens
in Bezug auf das Auge.
Die vorausgeschickten Specialuntersuchungen sind mit grosser
Ausführlichkeit gegeben worden, um so eine breite empirische Grund-
lage zu gewinnen, die es ermöglicht, allgemeinere Gesichtspunkte aus-
findig zu machen, die das Verständnss des Baues der Augen der
Wassersäugethiere fördern können.
Es hat sich dabei ergeben, dass in der Ausbildung der Augen
eine ganz auffallende Mannigfaltigkeit herrscht. Es ist nicht möglich,
einen Idealtypus für ein an das Wasserleben angepasstes Säugethier-
auge aufzustellen, viel weniger natürlich für ein Wasserwirbelthier-
auge überhaupt.
Das kann auch nicht im geringsten Wunder nehmen. So gross
auch in mancher Hinsicht die Aehnlichkeiten der äussern Bedingungen
sind, denen das Fisch- und Wassersäugethier-Auge ausgesetzt sind,
so gross sind die Verschiedenheiten der specifischen Lebenser-
scheinungen, der Reizbeantwortungen bei pöcilothermen Fischen und
homöothermen Wassersiiugethieren. Es ist von vorn herein unwahr-
scheinlich, dass sich bei Thieren, die stets im Wasser gelebt haben,
und bei solchen, die erst secundär, nachdem sie in weitestem Maasse
an das Landleben angepasst waren, wieder in das Wasser zurückge-
304 AUGUST PUTTER,
kehrt sind, lauter gleiche Einrichtungen finden sollten. Am ersten
kann man solche Angleichungen noch in der Ausbildung des optischen
Apparats erwarten, da die optischen Bedingungen im Wasser ja relativ
einförmig sind. Durchgreifende Unterschiede werden, wie schon an-
gedeutet, dadurch bedingt, dass die Wassersäugethiere gezwungen
sind, ihren Körper stets auf der gleichen hohen Temperatur zu er-
halten, was natürlich eine Menge specieller Anpassungen bedingt, die
die Fische nicht nöthig haben. Eine einfache Vergleichung des Fisch-
und Wassersäugethier-Auges ist daher kaum angängig, vor allem ist
auch nicht das Postulat berechtigt, es müssten Einrichtungen, die wir
am Säugethierauge für Anpassungen an das Wasserleben halten, sich
auch bei Fischen unter ähnlichen Lebensbedingungen durchgängig
finden. Finden wir trotzdem solche Gleichheiten oder Aehnlichkeiten,
so sind diese theoretisch höchst interessant als Beispiele für Con-
vergenzerscheinungen, aber postuliren können wir ihr Vor-
handensein nicht.
Was nun ferner die Ungleichheit der Wassersäugethieraugen unter
einander betrifft, so ist zunächst daran zu erinnern, dass der Aus-
druck „Anpassung an das Wasserleben‘ keinen einfachen, sondern im
Gegentheil einen sehr complexen biologischen Vorgang bezeichnet.
Es kann sich um Anpassung an Süsswasser (Manatus) oder Salzwasser
(Halicore) handeln, es kann eine Anpassung an das Schwimmen in
oberflächlichsten Meeresschichten, abwechselnd mit längerm Aufenthalt
auf dem Lande, gefordert sein (Otaria, Macrorhinus), es kann sich
die Anpassung darauf beziehen, einen längern Aufenthalt auf dem
Grunde des Litorals zu ermöglichen (Odobaenus), es kann endlich,
um die Aufzählung damit abzubrechen, die Fähigkeit, in grosse Tiefen
zu tauchen (Hyperoodon), erworben worden sein.
Denken wir uns, dass eine einzige Ordnung von Säugethieren
zum Wasserleben übergegangen sei und dass Glieder dieser Ordnung
sich an alle die aufgezählten biologischen Bedingungen angepasst
hätten, so müssten wir doch schon eine beträchtliche Mannigfaltigkeit
erwarten. Nun wissen wir aber, dass es 4 Ordnungen waren, die
keine nähere Verwandtschaft mit einander hatten, welche den Ueber-
gang vom Land- zum Wasserleben vollzogen. Sicher waren die Augen
dieser Thiere schon verschieden, als sie zum Wasserleben übergingen,
ebenso sicher waren auch ihre physiologischen Eigenschaften, die Art
auf Reize zu reagiren, ihre ganze Anpassungsfähigkeit, ver-
schieden, und so schlugen sie denn sehr verschiedene Wege ein, um
sich an diese oder jene Lebensweise anzupassen.
Die Augen der Wassersäugethiere. 305
Einige Hauptmomente dieser phylogenetischen Vorgänge haben
ihre Spuren in dem ‘Entwicklungsgange der Wassersäugethieraugen
noch deutlich erkennbar hinterlassen ; sie aufzufinden war eine Auf-
gabe der vorliegenden Arbeit, aber durchaus nicht die Hauptaufgabe.
Die wissenschaftliche Hauptaufgabe der ganzen Arbeit ist vielmehr
die: für alle die verschiedenen Typen der Wassersäugethieraugen eine
Analyse ihrer Eigenthümlichkeiten zu geben, aus der her-
vorgeht, in wie weit bei aller Verschiedenheit doch stets die
gleichen Factoren, nur inder verschiedenartigsten Com-
bination, formbestimmend thätig gewesen sind.
Um eine solche Analyse zu ermöglichen, ist es zunächst nöthig,
sich darüber klar zu werden, welche Gruppen von Reizen im Wasser
in anderer Weise als in der Luft auf das Auge einwirken.
Der functionelle Reiz für den dioptrischen und reci-
pirenden Apparat des Auges ist das Licht, seine Wirkung muss
zunächst darauf gerichtet sein, die dioptrischen Verhältnisse so
zu gestalten, dass überhaupt scharfe Bilder an irgend einer Stelle im
Auge entstehen können, weiter aber muss der recipirende Apparat,
also die Netzhaut, gerade an diese Stelle der scharfen Bilder, d. h.
in die Brennfläche der optisch wirksamen Medien des
Auges gelegt werden, da die Bilder nur unter dieser Bedingung auch
scharf aufgefasst werden können.
Im Wasser gestalten sich nun die dioptrischen Verhältnisse
wesentlich anders als in der Luft; ein für diese eingestelltes Auge
könnte, wenn man es in Wasser bringt, nicht mehr seiner Function
gerecht werden, denn die Brennweite des Systems der brechenden
Medien hat sich verändert, sie ist grösser geworden, und wenn vor-
her scharfe Bilder auf der Netzhaut entstanden, so müsste sie jetzt
an einer andern Stelle, nämlich hinter der Netzhaut entstehen, d. h.
sie könnten nicht mehr scharf aufgefasst werden, das Auge würde
hypermetropisch werden.
Ist dies bei den Wassersäugethieren thatsächlich der Fall, oder
hat hier eine Anpassung an die optischen Verhältnisse stattgefunden ?
Das ist die erste Frage, die sich uns aufdrängt.
Von viel allgemeinerer Bedeutung sind aber zwei andere Gruppen
von Reizen, die beim Wasserleben nicht nur auf das Auge, sondern
auf den ganzen Organismus einwirken, es sind die thermischen
und hydrostatischen Verhältnisse, welche sich im Wasser ganz
anders als in der Luft geltend machen.
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 20
306 AUGUST PUTTER,
Das Wärmeleitungsvermögen des Wassers ist viel höher als das
der Luft. Der innere Leitungscoöfficient ist für Wasser gleich 0,0924
(WINKELMANN, 1874, 85, p. 599), für Luft 0,003348 (STEFAN, 1872,
85, p. 600), also mehr als 27mal so gross. Gegen den gewaltigen
Wärmeverlust, den die Thiere hierdurch erleiden würden, schützen sie
sich durch eine mächtige Speckschicht am ganzen Körper. Das Auge
aber muss in directer Berührung mit dem äussern Medium stehen,
und wir müssen uns daher die Frage vorlegen, wie es dieses empfind-
liche Organ zu Stande bringt, sich gegen eine dauernde Abkühlung
unter die Grenzen der normalen Körpertemperatur zu schützen.
Max WEBER erhebt mit Unrecht Zweifel dagegen, dass die Speck-
schicht als ein Wärmeschutz anzusehen sei, da ja auch die Wale der
tropischen Meere und Flüsse sie besitzen. Aber auch diese Thiere
der warmen Meere bedürfen bei dauerndem Leben im Wasser des
Wärmeschutzes nöthig, denn es kommt nicht so sehr auf die absolute
Höhe oder Tiefe der Temperatur des Meeres an, als vielmehr darauf,
dass die Wale eine Eigentemperatur haben, die höher ist, als
die des Wassers.
Das Auge der Landsäugethiere hat an Druck- und Zug-
kräften nur den Augenmuskeln Stand zu halten, und bei der leichten
Beweglichkeit des Bulbus und der geringen Stärke der Muskeln sind
diese Zugkräfte nur unbedeutend. Anders bei den Wassersäuge-
thieren. Der hydrostatische Druck auf die Vorderfläche des Bulbus
erreicht bei den Thieren, die in erheblichere Tiefe tauchen können,
eine sehr bedeutende Grösse; aber auch das Auge jener, die sich an
der Oberfläche aufhalten, wird mitunter in ganz enormer Weise auf
Druckfestigkeit in Anspruch genommen. Wenn ein Wal mit der
Geschwindigkeit eines Torpedoboots die Fluth durchschneidet, so be-
darf seine ganze Körperoberfläche, zu der ja auch die Vorderfläche
des Auges gehört, einer grossen Festigkeit, um den Anprall des
Wassers aushalten zu können.
In weit geringerm Umfang als die thermischen und hydro-
statischen Reize wirkt noch eine Gruppe von Reizen auf das
Säugethierauge beim Uebergang zum Wasserleben ein: die hydro-
dynamischen und chemischen Reize des Seewassers.
Bei den Landsäugethieren ist das Auge in steter Berührung mit
der Luft, die, abgesehen von den zahlreichen Schädlingen für das
Auge, die sie in Form von Staub und Mikroorganismen beständig auf
Cornea und Conjunctiva trägt, auch stets die Gefahr des Austrock-
nens für das Auge mit sich bringt. Diese letztere Gefahr fällt im
Die Augen der Wassersiingethiere. 307
Wasser fort, dagegen bleibt die Frage offen, ob eine directe Ein-
wirkung des Seewassers mit seinen mancherlei chemischen Stoffen
nicht für die Cornea und Conjunctiva höchst nachtheilig sein könnte
und besondere Schutzvorrichtungen gegen eine solche chemische
oder osmotische Wirkung nöthig machen sollte. Dass bei einer
directen Berührung der Cornea und Conjunctiva eine osmotische
Wirkung auf dieselben ausgeübt werden müsste, wird sehr wahrschein-
lich, wenn man erwägt, dass das Meerwasser eine Salzlösung von
3—4 Proc. darstellt, während eine physiologische Kochsalzlösung, die
den Geweben isotonisch ist und also keine osmotische Wirkung aus-
übt, 0,6—0,9 Proc. stark ist.
Fassen wir das eben Gesagte zusammen, so wird es danach
unsere Aufgabe sein, die Besonderheiten, die das Auge der Wasser-
säugethiere von dem der Landsäugethiere unterscheiden, unserm Ver-
ständniss dadurch näher zu bringen, dass wir sie darstellen als Product:
1) optischer Anpassung,
2) thermischer Anpassung,
8) hydrostatischer Anpassung,
4) hydrodynamischer und chemischer Anpassung.
Auf jeden Theil des Auges wirken diese Factoren in bestimmter
Weise ein, theils in demselben, theils in entgegengesetztem
Sinne.
Es ist schon a priori wahrscheinlich, dass eine solche Analyse
des Baues des Auges als Erfolg der Wirkung äusserer Bedingungen
nicht ohne Rest aufgehen wird. Wir werden in die Lage kommen,
für Eigenthümlichkeiten des Auges zwar ihren principiellen Nutzen
auffinden zu können, während wir keinen hinreichenden Grund
dafür angeben können, warum die Durchführung des Princips das eine
Mal in dieser, das andere Mal in einer andern Weise variirt ist. Diese
Fälle weisen uns dann häufig auf den phylogenetischen Ursprung der
Wassersäugethiere hin. Aus dem ganz verschiedenartigen
Material, das bei dem Uebergang zum Wasserleben in den vier Ord-
nungen vorhanden war, mussten unter der Wirkung der veränderten
functionellen Reize, vermöge der verschiedenen specifischen
Energien der verschiedenen Thiergruppen auch verschiedene
Producte hervorgehen.
Endlich bleibt uns als letzte „Erklärung“ noch übrig, auf
innere Bedingungen zu recurriren, auf die Correlation der Theile
des Körpers, den Einfluss, den das Ganze auf seine Theile ausübt.
20*
308 AUGUST PUTTER,
Auf ein näheres Verständniss dieser Erscheinungen müssen wir vor-
laufig verzichten.
Wir werden aber bei der Analyse auch in die Lage kommen, dass
wir uns aus den anatomischen Befunden überhaupt keine Vor-
stellung machen können, welche Bedeutung diese oder jene Eigen-
thümlichkeit für das lebende Auge hat. Das wird z. B. besonders bei
den Theilen des dioptrischen Apparats der Fall sein, wo nur die
Kenntniss der physikalisch-optischen Constanten des Auges uns Klar-
heit verschaffen kann. Auch über manche physiologische Eigenthüm-
lichkeiten der lebendigen Substanz des Auges, z. B. in Bezug auf
Reizschwelle u. s. w., können wir nur Vermuthungen auf Grund von Ana-
logien aufstellen; gerade die specifischen Eigenschaften der untersuchten
Augen, die natürlich von sehr hoher Bedeutung für das Sehen der
Thiere sind, kennen wir nicht und sind daher leicht Fehlschlüssen
ausgesetzt.
B. Der Bulbus oculi und Nervus opticus der
Wassersaugethiere.
1. Die Cornea.
Die Hornhaut hat als erstes lichtbrechendes Medium, das die
Lichtstrahlen auf ihrem Wege durchs Auge zu passiren haben, bei
den verschiedenen Säugethieren eine sehr verschiedene Bedeutung.
Beim Menschen und den Affen übertrifft ihre brechende Kraft die der
Linse, beim Menschen z. B. verhält sich ihre Brennweite (31,2 mm)
zu der der Linse (49,2 mm) wie 1:1,6 (nach MATTHIESSEN, 76, p. 53).
Bei den übrigen Landsäugethieren hat die Linse den Hauptantheil an
der Erzeugung des Netzhautbildes, bei der Katze verhalten sich z. B.
die Brennweiten von Cornea und Linse wie 1:0,79 (MATTHIESSEN, 76,
p. 53), aber die Hornhaut dient doch als wesentliche Unterstützung
der Linse. Anders bei den Wassersäugethieren. Der Brechungsindex
der Hornhaut ist bei allen darauf hin untersuchten Thieren fast der
gleiche und etwa gleich dem des Kammerwassers. Beim Menschen
beträgt er 1,3771, beim Seiwal (Balaenoptera borealis) nach MAT-
THIESSEN (76, p. 71) 1,3762. Da nun der Brechungsindex des See-
wassers fast ebenso gross ist, so fällt im Wasser die Hornhaut voll-
kommen als brechendes Medium fort. MATTHIESSEN macht hierüber
folgende Angaben:
„Es ist für Süsswasser n==1,3335, für Seewasser von etwa 2 Proc.
Salzgehalt 1,3393 und für das Kammerwasser gleich 1,3360. Demnach
Die Augen der Wassersäugethiere. 309
wirkt das Hornhautsystem der Süsswasserfische wie eine sehr schwache
Collectivlinse und das der Seefische wie eine sehr schwache Dispersiv-
linse. So ist z. B. beim gemeinen Delphin (Phocaena) der Kriimmungs-
radius der Hornhaut gleich 17 mm, mithin die hintere Brennweite
6800 mm; es kann also der Brechwerth 1/p vollständig vernachlässigt
werden“ (48, p. 521).
Die Wölbung der Cornea ist also für Wasserthiere optisch
von keiner Bedeutung, auch für die thermischen Verhältnisse dürfte
keine bestimmte Form der Hornhaut besondere Vortheile bieten. Wohl
aber wirken die mechanischen Reize in einer ganz bestimmten
Richtung.
Ein Gewölbe, das bestimmt ist, starken Druck auszuhalten, muss
stets so construirt sein, dass die Richtungen der Druckkräfte in das
Widerlager hineinfallen, das ist ein allgemeiner bautechnischer
Grundsatz). Das Widerlager für das Gewölbe der Cornea wird ge-
bildet durch die Sclera (man muss sogar wohl schon die Randver-
dickung der Cornea als zum Widerlager gehörig betrachten). Würde
über diesem Widerlager eine stark gewölbte Hornhaut construirt, so
müssten die Druckkräfte in das Innere des Bulbusraums
hineinfallen, sie wären also schlecht fundirt. Die Forderung, dass die
Druckkräfte in das Widerlager hineinfallen, kann unter den gegebenen
Verhältnissen (Richtung des Sulcus corneae) nur erfüllt werden, wenn
die Cornea ganz flach gewölbt ist.
Die Abhängigkeit der Gestalt der Cornea von der Richtung, in der
die Sclera an sie herantritt, erkennt man sehr gut an dem Längs-
schnitt durch das Auge von Gigantura chuni, den BRAUER (115, fig. 2,
p. 121) veröffentlicht hat. Die Sclera des Teleskopauges tritt
nicht seitlich wie bei den Wassersäugethieren, sondern fast genau
von unten an die Cornea heran. In Folge dessen muss diese, damit
die Druckkräfte in das Widerlager hineinfallen, hier sehr
stark gewölbt sein, wie auch die Abbildung deutlich zeigt.
Dasselbe Princip erklärt also das Auftreten sehr stark gewölbter
Gigantura und sehr flacher (Wassersäugethiere) Hornhäute.
Die Grösse der Cornea im Verhältniss zu der des Bulbus ist,
wie GROSSMANN U. MAYERHAUSEN angeben (30, p. 234), in so fern
optisch von Bedeutung, als unter sonst gleichen Verhältnissen bei
1) Für den Hinweis auf diesen Grundsatz sowie mehrere andere
Winke bautechnischer Natur bin ich Herrn Eisenbahndirector WAGNER
in Breslau zu aufrichtigem Dank verpflichtet, den ich ihm an dieser
Stelle aussprechen möchte,
310 AUGUST PUTTER,
grésserm Cornealbogen die peripheren Netzhautpartien mehr Licht
durch die Pupille empfangen. Für Wasserthiere, die bei schwächerm
Licht sehen müssen, ähnlich wie die Nacht- oder Dämmerungsthiere,
ist daher eine grosse Cornea sicher von Nutzen. So finden wir
denn auch die relativ grössten Hornhäute unter den Wirbelthieren bei
den typischen Wasserwirbelthieren, den Fischen, bei ihnen beträgt das
Verhältniss des Cornealdurchmessers zum Bulbusdurchmesser 1,3—1,5
(LEUCKART, 31, p. 208).
Während aus optischen Gründen eine möglichst grosse Cornea
für die Wasserthiere wünschenswerth erscheint, wirken die ther-
mischen und mechanischen Reize zusammen in entgegengesetzter
Richtung auf die Hornhaut ein.
Ein Gewölbe, und ein solches stellt die Hornhaut doch dar, ist
um so tragfähiger, je geringer seine Spannweite ist, hier wird also
eine Verkleinerung von Nutzen sein, und ebenso ist es für ein
homöothermes Thier viel leichter, eine relativ kleine Cornea auf
Körpertemperatur zu erhalten, als eine grosse, wenn nicht besondere
Einrichtungen getroffen sind, die auch auf grössere Entfernung vom
Cornealrande hin eine lebhafte Wärmezufuhr ermöglichen. Ein Sinken
der Temperatur der Cornea ist sicher von Nachtheil. Schon 1857
zeigte Kunpe (12), dass sich beim Frosch Cornea und Linse in der
Kälte trüben, 1899 untersuchte von MıcHEL (108) diese Erscheinung
von Neuem und fand, dass die Trübung durch Wasseraustritt aus den
eiweissreichen Geweben des Auges entsteht. Mit einer Trübung der
Cornea ist aber das ganze Auge werthlos.
Die Dicke der Cornea scheint optisch von keiner Bedeutung
zu sein, da ja der Brechungsindex der Hornhaut fast gleich dem des
Kammerwassers ist. Desto mächtiger wirken die mechanischen
Reize bestimmend auf die Dickenausbildung ein. Wir sahen vorher,
wie das Corneagewölbe dadurch tragfähiger gemacht wurde, dass es
flach construirt und möglichst klein gemacht wurde. Nun tritt
noch ein wichtiger Factor hinzu, die Verdickung der Cornea. Um
ein Gewölbe zu verstärken, braucht man nur an den Widerlagern
Verstärkungen anzubringen, lehrt die Bautechnik, der Scheitel des
Gewölbes wird nicht verstärkt und so mit möglichst geringem
Materialaufwand möglichst viel erreicht.
Das ist ja auch das Ziel, das in der Natur so häufig angestrebt
erscheint, und so wird es verständlich, warum die Hornhäute der Wasser-
thiere am Rande mächtig verdickt sind, während die Hornhaut-
scheitel dünn bleiben. Wir haben hierin eine Anpassung an die
Druckverhältnisse des Wassers zu sehen.
Die Augen der Wassersäugethiere. 311
Für Fische stellte 1883 BERGER das Vorhandensein der Rand-
verdickung fest, er sagt (42, p. 102): „bei den Selachiern und den
Teleostiern erscheint die Hornhaut in der Mitte auf '/,—!/, verdünnt!“
Man kann die Wirkungen der verschiedenen Reizgruppen auf die
verschiedenen Eigenschaften der Cornea übersichtlich in einer Tabelle
zusammenfassen, aus der dann sogleich zu ersehen ist, ob eine und
dieselbe Eigenschaft der Hornhaut durch mehrere Reizgruppen beein-
flusst wird, und wenn dies der Fall ist, ob in gleichem oder entgegen-
gesetztem Sinne.
Die einzelnen Wirkungen stellen die Componenten dar, aus deren
verschiedener Zusammensetzung als Resultirende die thatsächliche Aus-
bildung der einzelnen Cornea hervorgeht.
Die Wirkung der verschiedenen Reizgruppen auf die einzelnen
Eigenschaften der Cornea der Wassersäugethiere.
: Reize
Wirkung auf : : :
optische thermische hydrostatische
1) die relative Grösse Vergrösse-' Verkleine-| Verkleinerung
rung rung
2) die Wölbung 0? 0 Abflachung entspre-
chend dem Sulcus corneae
3) die Dicke 0? 0 Randverdickung,
Scheitelverdünnung
4) das Verhalten der 0? Erweite- Form der Lymphräume im
Lymphräume der rung bei Scheitel lang gestreckt.
Cornea propria V erringe- Am Rande beliebig (?)
rung der
Zahl |
Diese Tabelle gilt natürlich nur für Wassersäugethiere, für Fische
würde sie sich wesentlich anders stellen, und zwar aus dem Grunde,
weil die thermischen Reize bei wechselwarmen Thieren nicht ent-
fernt die Bedeutung haben wie bei gleichwarmen, ja innerhalb weiter
Grenzen wohl überhaupt wirkungslos sind.
Wir können nunmehr zur Analyse der Eigenschaften der einzelnen
Hornhäute übergehen.
Die Hornhäute der Pinnipedier.
Die Hornhäute der Pinnipedier sind alle relativ gross und voll-
kommen kreisrund. Das Verhältniss des Corneal- zum Scleral-
durchmesser beträgt im Durchschnitt 1:1,548, die grösste Abweichung
von diesem Mittelwert ist nur etwa 10 Proc. des ganzen Werthes. Es
hat also keine Verkleinerung, als Anpassung an die thermischen
und hydrostatischen Verhältnisse des Wassers, stattgefunden.
312 AUGUST PUTTER,
Die Wölbung der Hornhaut von Macrorhinus ist sehr beträcht-
lich, in ihrer ganzen Ausbildung zeigt sie keinerlei Anpassungen an
das Wasserleben, keine Verdickung hat stattgefunden und vielleicht
im Zusammenhang damit auch nicht die Ausbildung weiter, röhren-
artiger Lymphräume.
Phoca barbata hat, in Anpassung an die hydrostatischen Verhält-
nisse des Wassers, eine flache Cornea. Weitere „mechanische“
Charaktere zeigt dieselbe aber nicht. Sie ist sogar im Scheitel etwas
dicker als am Rande, was ja sonst nirgends bei erwachsenen Wasser-
säugethieren vorkommt. Dafür ist sie aber im Scheitel viel lockerer
gebaut als am Rande, der fest gefügt ist, während die centralen
Partien schon erweiterte Lymphspalten aufweisen (thermische An-
passung).
Viel weiter geht die Anpassung bei Phoca vitulina. Die flache
Cornea ist am Rande beträchtlich verdickt, sie ist hier etwa
3mal so dick wie im Scheitel. Im Vergleich zu Ph. barbata ist sie
am Rande relativ 4mal so dick, im Scheitel dagegen eher eine Kleinig-
keit dünner. Die mächtige Verdickung des Hornhautrandes macht
eine Erwärmung von der vordern Kammer her schwierig, es treten
daher hier in ausgedehntestem Maasse die schon erwähnten erweiterten
röhrenartigen Lymphräume auf. Sie entstehen dadurch, dass
die Lamellen der Cornea propria bogenförmig aus einander treten und
so grosse Räume bilden. Um diese Räume davor zu schützen, dass
sie zusammengedrückt werden, sind zwischen den Lamellen Stütz-
fasern angebracht, die senkrecht oder etwas schräg auf ihnen stehen.
Das ergiebt ein sehr eigenartiges Bild, wie Fig. 1 auf Taf. 2 zeigt.
Das Vorhandensein stark erweiterter Lymphräume ist eine Eigen-
thümlichkeit, die bei keinem Landsäugethier vorkommt, diese haben
ja bekanntlich zwischen den Cornealamellen feine Lymphspalten, durch
welche ein ungemein langsamer Lymphstrom circulirt, hat er doch
nur die Aufgabe, die Durchsichtigkeit, die Krümmung und das Volumen
der Hornhaut aufrecht zu erhalten. LEBER sagt (89, p. 151): „Es
muss an dem optischen Apparat des Auges viel mehr nach Ein-
richtungen gesucht werden, welche den unveränderten Bestand erhalten,
als nach lebhaften Ernährungszuflüssen, für welche hier kein Be-
dürfniss ist.“
Bei den Wassersäugethieren liegt aber das Bedürfniss nach reich-
licher Versorgung mit körperwarmer Lymphe vor, zwar nicht der
stärkern Ernährung wegen, wohl aber zur Aufrechterhaltung der
Körpertemperatur. Die kleinen, spaltenförmigen Lymphräume der
Die Augen der Wassersiiugethiere. 313
Landsäugethiere setzen in Folge der sehr bedeutenden Reibung an
der relativ sehr grossen Wandfläche dem Lymphstrom einen mäch-
tigen Widerstand entgegen. Soll nun eine lebhafte Circulation
der Lymphe in der Cornea stattfinden, so wären zwei Möglichkeiten
vorhanden. Es müssten entweder die Druckkräfte, welche die Lymph-
circulation bewirken, gesteigert, oder die Widerstände der Lymph-
spalten herabgesetzt werden. Die erste denkbare Lösung des Problems
wäre für eine so rein locale Beschleunigung der Lymphströmung, wie
sie hier erforderlich ist, wohl wenig rationell. Praktischer erscheint
die zweite Lösung, die einfach durch Vergrösserung der Lymph-
spalten, deren Zahl relativ vermindert wird, den Widerstand
herabsetzt und so bei gleichem Druck im Lymphsystem local eine ge-
steigerte Circulation zur Folge hat.
Es handelt sich also bei dieser Erwerbung der erweiterten Lymph-
räume um eine Anpassung an die thermischen Verhältnisse des
Wassers.
Sehr lehrreich sind die Verhältnisse der Cornea von Odobaenus
rosmarus (L.). Das Walross taucht auf den Grund und hält sich
dort, um Nahrung zu suchen, längere Zeit, einen bedeutenden Theil
seines Lebens, auf. Wir müssen also schon aus diesem Grunde be-
sonders gute Anpassungen gegen Druck bei seinem Auge erwarten.
Was nun speciell die Cornea anlangt, so ist sie im Verhältniss zum
Bulbus viel grösser als bei irgend einem andern tief tauchenden
Wassersäugethier. In diesem Punkt hat hier die Wirkung der
optischen Reize, die auf Vergrösserung der Cornea gerichtet
ist, die Oberhand behalten. Soll nun trotzdem eine beträchtliche
Festigkeit gegen Druck erreicht werden, so kann dies nur durch Ver-
dickung der Hornhaut geschehen. Wir können also erwarten, beim
Walross die relativ dickste Cornea vorzufinden. Das ist auch
wirklich der Fall. Schon im Scheitel ist dieselbe fast doppelt so
dick (relativ) wie bei Ph. vitulina, 6mal so dick wie bei Macro-
rhinus, und der Rand übertrifft die Scheiteldicke um das 3,5fache, so
dass er etwa 20mal so dick ist wie bei Macrorhinus. Deutlicher, als
sie aus diesen Zahlen hervorgeht, lässt sich die mechanische Anpassung
an das Tauchen in die Tiefe wohl schwerlich zeigen.
Die Cornea des Walrosses wird so stark auf Druckfestigkeit in
Anspruch genommen, dass im Scheitel, trotz dessen bedeutender Dicke,
keine erweiterten Lymphspalten angebracht werden können. Wohl
aber finden sie sich in der enormen Randverdickung. Sie haben etwa
dieselbe Ausbildung wie bei Ph. vitulina, nur dass die Stützfasern
514 AUGUST PÜTTER,
ganz ungemein schräg gegen die Lamellen gestellt sind, was wahr-
scheinlich mit der Richtung der Druck- und Zugkräfte in diesen Rand-
partien zusammenhängt. Bei Ofaria ist die Randverdickung der
Cornea nicht erheblich, auch die thermischen Anpassungen treten nicht
sehr stark hervor, die Erweiterung der Lymphspalten zu Lymphröhren
erfolgt durch Auseinanderweichen der Lamellen der Cornea propria,
ohne dass Stützfasern zwischen sie eingeschaltet wären.
Sehr reichhaltig an thermischen Anpassungen ist die Hornhaut
von Halichoerus, die auch eine beträchtliche Randverdickung aufzu-
weisen hat. Es finden sich hier neben den engen Lymphspalten
grössere Lymphröhren, die theils nach dem Typus wie bei Phoca
vitulina gebaut (Stiitzfasern!), theils wie bei Otaria ohne solche aus-
gebildet sind.
Die Hornhäute der Sirenen.
Da keine erwachsenen Thiere dieser Ordnung untersucht werden
konnten, kann nur wenig über die Sirenen gesagt werden.
Das Hauptcharacteristicum der Hornhäute scheint in ihrer unge-
mein geringen Grösse zu liegen. Schon bei den beiden grössern Em-
bryonen ist die Hornhaut so klein wie etwa beim erwachsenen Dögling
oder Weisswal. Da nach Analogie mit den übrigen Wassersäugethieren
sicher keine Vergrösserung, wohl aber noch eine weitere Verkleinerung
in der Entwicklung wahrscheinlich ist, so dürften die Sirenen unter
allen Säugethieren wohl die Kleinsten Hornhäute haben. Ob weitere
„mechanische Charaktere“ vorhanden sind, lässt sich bei den Embryonen
noch nicht feststellen, doch ist es unwahrscheinlich, dass sie stark aus-
gebildet sein sollten, da ja die Verkleinerung der Hornhaut schon
einem erheblichen Theil der mechanischen Anforderungen Genüge
leisten dürfte.
Die Hornhäute der Bartenwale.
Die Hornhäute der Bartenwale sind sehr klein, am grössten noch
bei Balaena mysticetus und Megaptera boops, am kleinsten bei
Balaenoptera musculus), als Mittelwerth des Verhältnisses von Cor-
neal- und Scleraldurchmesser kann in horizontaler Richtung 1: 3,23,
in verticaler 1:3,74 gelten. Die Hornhäute sind stark elliptisch, der
horizontale Durchmesser ist stets der grösste. Die geringe Grösse,
die als mechanische und thermische Anpassung aufzufassen ist,
1) B. sibbaldii auctorum.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 315
macht eine besondere Ausbildung des Lymphsystems iiberfliissig, die
Erwärmung vom Rande und der Vorderkammer aus genügt, und wir
finden dem entsprechend nur enge Spalträume zwischen den Lamellen
der Cornea. Ungemein flach sind die Hornhäute der Bartenwale, die
flachsten von allen Wassersäugethieren. Die grösste Gewölbehöhe hat
noch der Grönlandwal (Balaena mysticetus), sie beträgt 1:16,2 der
Bulbusaxe, und der Buckelwal (Megaptera boops), mit 1:19,4 der
Bulbusaxe, die geringste der Blauwal (Dalaenoptera musculus), bei dem
sie nur 1:27 der Bulbusaxe misst. Es tritt hier die Bedeutung der
absoluten Grösse eines Thieres deutlich hervor. Der Buckelwal ist
der kleinste der untersuchten Furchenwale, der Blauwal der grösste.
Dem entsprechend ist der Sulcus corneae beim Blauwal flacher als
beim Buckelwal, und um der oben gestellten Bedingung in Bezug auf
ihn zu genügen, muss seine Cornea stärker gewölbt sein als beim
Blauwal. Der Finwal, der in der Grösse zwischen den beiden andern
steht, zeigt auch in Bezug auf die Corneahöhe mit 1:23 einen Mittel-
werth.
Die Construction der Bartenwalcornea zeigt das Gegenstück zu
der des Walrosses. Bei der erheblichen Grösse der Walrosscornea
musste ihre Festigkeit durch mächtige Verdic kung erreicht werden,
bei den Bartenwalen macht die relative Kleinheit des Corneage-
wölbes eine so excessive Verdickung unnöthig. Die Randdicke beträgt
relativ nur etwa !/, von der des Walrosses, die Scheiteldicke etwa
1/,. Auch die Verdickung des Randes gegenüber dem Scheitel ist
geringer, sie beträgt nur etwa das 2,5fache, beim Walross das
3,ofache.
Noch eine Eigenthümlichkeit weist die Hornhaut der Bartenwale
auf, die sonst bisher noch nirgends gefunden worden ist, ich meine
die oben genauer beschriebene Ausbildung des Hornhautepithels. Es
ist hier nicht, wie bei andern Säugethieren, eine oberflächliche Schicht
verhornt, die mit ziemlich glatter Contour gegen das tiefere lebende
Gewebe abgesetzt ware, sondern von der verhornten Schicht aus gehen
verhornte Zapfen zwischen den lebenden, tiefen Epithelzellen hin-
durch und verbinden sich, an der Basis kegelförmig verbreitert, mit der
Elastica anterior.
Die Bedeutung dieser Ausdehnung der Verhornung kann kaum
zweifelhaft sein. KÜKENTHAL hat gezeigt, dass die Epidermis durch
Ausbildung mächtiger Epithelzapfen sich gewissermaassen im Unter-
hautgewebe verankert, um nicht bei der mächtigen Reibung, die sie
316 AUGUST PUTTER,
auszuhalten hat, wenn das Thier schwimmt, abgerissen zu werden.
Dasselbe Princip kommt hier zur Anwendung. Die verhornte Schicht,
die bei Landthieren glatt auf den tiefern lebenden Zellenschichten
aufliegt, wiirde bei rascher Bewegung abgerissen werden, die Horn-
hautzapfen aber verankern die Hornschicht an der Elastica an-
terior und halten sie so fest.
Dieselbe Wirkung hat aber auch die Form der Verhornung, die
Balaena aufweist, hier sind alle Zellen des Hornhautepithels bis zu
den tiefsten Schichten herab von einem gegen die Oberfläche dichter
werdenden Maschenwerk von verhornter Substanz umgeben, wie es
sich auch bei den Denticeten (s. u.) findet.
Die Hornhäute der Zahnwale.
Wiederum anders als bei den übrigen Ordnungen gestaltet sich
die Ausbildung der Cornea bei den Denticeten. Bei der grossen Ge-
schwindigkeit, mit der sie schwimmen, bei der Fähigkeit mancher, in
enorme Tiefen zu tauchen (taucht doch der Hyperoodon nachweislich
Hunderte von Metern tief), muss ihre Cornea ganz vorzüglich auf
Druckfestigkeit construirt sein. Da überrascht es zunächst, wenn
man Hornhäute findet, die erheblich grösser sind als jene der
Bartenwale. Auch sie haben elliptische Gestalt, und das Verhältniss
ihrer Durchmesser zu den Bulbusdurchmessern schwankt in horizon-
taler Richtung zwischen 1,67 und 2,7, in verticaler zwischen 2,6 und
3,1. Der Grund, weshalb bei so mächtiger Beanspruchung auf Druck-
festigkeit doch eine ziemlich bedeutende Hornhautgrösse gewahrt wird,
dürfte ein optischer sein. Je tiefer ein Thier taucht, um so schwächer
wird die Beleuchtung, bei der es sehen muss, gerade in diesen dämm-
rigen Tiefen aber sucht z. B. der Hyperoodon seine aus Tintenfischen
bestehende Nahrung, gerade hier ist also das Sehen für ihn von
grösstem Werth, und da, wie wir oben hörten, die Grösse der Cornea
in so fern für die optischen Verhältnisse von Wichtigkeit ist, als die
peripheren Netzhauttheile bei grösserm Cornealbogen mehr Licht
erhalten, müssen wir darin, dass die Cornea nicht stärker verkleinert
ist, eine Anpassung an das Sehen bei sehr schwacher Beleuchtung in
grossen Tiefen erblicken.
Auch die absolute Grösse der Thiere muss berücksichtigt werden.
Phocuena, die kleinste Form hat die relativ grösste Cornea. Von den
beiden grossen Formen Hyperoodon und Delphinapterus aber hat
der zwar grössere, aber auch in bedeutendere Tiefen tauchende
REAL Re We,
Die Augen der Wassersäugethiere. 317
Hyperoodon die grössere Cornea, wie gesagt, ein Erfolg op-
tischer Anpassung.
Die Cornea von Phocaena communis zeigt wieder, wie die Schwächung,
welche das Corneagewölbe durch Vergrösserung der Spannweite er-
fährt, durch Verdickung ausgeglichen wird. Phocaena hat die relativ
dickste Hornhaut unter den Zahnwalen. Unter allen Wassersäuge-
thieren hat nur Odobaenus eine stärkere, im Zusammenhang mit der
noch grössern Cornea.
Als Wirkung thermischer Reize erscheint wieder das Auftreten
der grossen, röhrenartigen Lymphräume, die etwas anders ausgebildet
sind als bei den Pinnipediern (s. speciellen Theil).
Wie aus den Textfiguren AA und BB ersichtlich, ist die Cornea
von Phocaena ziemlich stark gewölbt. Diese Erscheinung hängt offen-
bar damit zusammen, dass das prääquatoriale Segment bei Phocaena
viel höher ist als bei Delphinapterus und Hyperoodon, so dass die
Sclera nicht so sehr seitlich, sondern mehr von unten an die
Cornea herantritt und diese daher stärker gewölbt sein muss, wenn
die Richtung des Druckes, den sie auf die Sclera ausübt, in das
Widerlager (die Sclera) hineinfallen soll.
Hyperoodon hat, wie wir sahen, aus optischen Gründen eine
grössere Cornea als Delphinapterus; soll sie trotzdem ebenso fest sein,
so muss dies durch grössere Verdickung erreicht werden. Dieser
theoretischen Forderung entsprechen die Thatsachen; die Cornea von
Hyperoodon ist im Scheitel mehr als doppelt so dick wie die des
Weisswals und auch am Rande erheblich stärker. Die thermischen
Anpassungen in Bezug auf die Ausbildung der Lymphräume gestalten
sich bei beiden ziemlich gleich. In der Randverdickung ist die Form
der Lymphröhren rund oder oval, gegen die camerale Fläche hin wird
sie lang gestreckt, und diese Gestalt haben die Lymphräume auch im
Hornhautscheitel. Es scheint hierin eine Anpassung an die Richtung
der Linien grösster Spannung innerhalb der Hornhäute zu liegen.
Bei Delphinapterus sieht man z. B. im Scheitel, wie die erweiterten
Lymphräume sich auf die Mitte der Cornea propria beschränken.
Nach der Vorder- und Hinterfläche zu verschwinden die Röhren und
machen ‚den engen Lymphspalten Platz (s. Taf. 2, Fig. 4). Dieses
Bild erinnert unwillkürlich an die Vertheilung der Knochensubstanz
im Röhrenknochen: die Markhöhle, in der sich die abscheerenden
Kräfte gegenseitig aufheben, wird ausgespart. Ebenso werden hier die
unterzubringenden Lymphröhren in die Mitte der Cornea gelegt, die
Aussen- und Innenfläche dagegen werden aus eng gefügten Lamellen
318 AUGUST PUTTER,
aufgebaut, entsprechend der Compacta des Knochens. Noch eine An-
passung zeigt die Hornhaut in dem Verhalten des Hornhautepithels, eine
Anpassung, die eine vollständige Analogie zu der bei Bartenwalen be-
schriebenen Verankerung des Epithels bildet und sicher denselben Zweck
hat. Es sind bei den Zahnwalen (bei Phocaena konnte dies nicht fest-
gestellt werden) die simmtlichen Zellen des Epithels von verhornter Sub-
stanz umsponnen; die einzelnen Lamellen dieses Maschenwerks verbin-
den sich unter kegelförmiger Verbreiterung mit der starken Elastica
anterior (s. Taf. 2, Fig. 5). Wir sahen schon, dass auch Balaena
mysticetus diese Art der Verhornung zeigt, und auch bei den Pinnipediern,
bei denen ja meist die Verhornung keine Besonderheiten aufweist, finden
sich Formen (Otaria, Halichoerus), bei denen die Existenz eines solchen
verhornten Maschenwerks unzweifelhaft nachgewiesen werden Konnte.
Für die Pinnipedier ist die Erklärung der Verhornung als
mechanische Anpassung nicht sehr wahrscheinlich, und diese Be-
funde legen vielleicht den Gedanken nahe, dass es die directe Ein-
wirkung des Seewassers sein könnte, die die Zellen des Hornhaut-
epithels veranlasst, eine solche Hülle auszuscheiden. Dass trotzdem
bei den Walen der Epithelverhornung die Bedeutung einer mechanischen
Befestigung des Hornhautepithels zugesprochen werden muss, scheint
mir sehr wahrscheinlich und auch nicht im Widerspruch mit dem
Vorkommen derselben Einrichtung bei Pinnipediern. Mag die Ursache
der Verhornung bei diesen direct in der Einwirkung der 3—4proc.
Salzlösung des Seewassers zu suchen sein, mag es sich um einen
complicirtern Vorgang chemischer Anpassung handeln, entstanden
scheint die Verhornung nicht unter der Wirkung mechanischer Reize.
Es ist aber aus dieser Entstehungsgeschichte doch keineswegs
zu deduciren, dass dieses Gebilde, wenn es einmal da ist, nicht auch
noch mechanische Verwerthung finden könnte. Wir würden dann
voraussetzen, die Verhornung, die primär eine chemische An-
passung darstellte, hätte secundär die Bedeutung einer mecha-
nischen Anpassung erhalten, die möglicher Weise für das Auge als
Ganzes wichtiger ist als die primäre Anpassung. Dafür, dass that-
sächlich das mechanische Moment eine Rolle bei der Form der Aus-
bildung dieser Verhornungen zu spielen im Stande ist, scheint mir die
Art derselben bei Balaenoptera zu sprechen, bei der nur bestimmte Be-
zirke verhornt sind, diese aber ganz, bis zur Elastica anterior herunter,
während die übrig bleibenden Zellen keine Verhornung erkennen lassen.
Die chemischen Einwirkungen würden doch wohl auf gleich tiefe Zellen-
schichten des Hornhautepithels als wesentlich gleich zu denken sein.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 31
2. Die Selera.
Die Function der Sclera ist erheblich einfacher als die der Cornea;
sie ist zunächst eine mechanische und besteht darin, dem Bulbus eine
feste Form zu verleihen. Die Dicke der Sclera ist dem entsprechend
bis zu einem gewissen Grad von der absoluten Grösse eines
Thiers, jeden Falls von der seiner Orbita abhängig, denn ein grösseres
Thier hat im Allgemeinen grössere, stärkere Augenmuskeln, deren Zug
gegenüber die Sclera in erster Linie formbeständig bleiben muss. So
finden wir unter den Landsäugethieren die dicksten Sclerae beim
Elephanten und Pferd und den übrigen Arten mit grossen Augen
(LEUCKART, 31, p. 196).
Für die Form des scleralen Antheils des Bulbus sind aber noch
andere als rein mechanische Gesichtspunkte maassgebend, es sind
optische Verhältnisse für sie mit bestimmend.
Die Brennweite eines für Luft eingestellten Auges wird grösser,
sobald das Auge in Wasser kommt, die entworfenen Bilder würden
hinter der Retina entstehen. Um sie wieder in die Fläche der Retina
zu bringen, muss entweder die brechkraft der Linse gesteigert oder
die Axe des Auges verlängert werden. In so weit der letztere Weg
eingeschlagen ist, kommen optische Anpassungserscheinungen in der
Form der Sclera zum Ausdruck. Bei den Pinnipediern macht es
keinen wesentlichen Unterschied, ob man bei dieser Betrachtung die
äussern oder innern Maasse der Sclera anwendet, bei den Walen aber
können für die Frage, ob optische Anpassung stattgefunden hat, nur
die innern Dimensionen verwerthet werden.
Bei den Pinnipediern ist dieser Weg wirklich eingeschlagen. Die
relativ kürzeste Augenaxe, d. h. den am meisten elliptischen Bulbus
hat Macrorhinus (s. speciellen Theil S. 104). Der von Phoca barbata
ist schon viel weniger elliptisch, und der von Ph. vitulina weicht nur
wenig von der Kugelform ab, ebenso wie der von Otaria und Hali-
choerus. Bei Odobaenus ist die Anpassung in dieser Richtung nicht
weit gegangen, der Bulbus ist fast so elliptisch wie bei Macrorhinus,
es scheint also hier durch die Linse allein der Ausgleich erreicht zu
sein. Dasselbe ist auch bei sämmtlichen Walen der Fall, Zahn- wie
Bartenwale zeigen einen in der Richtung der Axe stark verkürzten
Innenraum, und hier wissen wir auch durch MATTHIESSEN, dass that-
sächlich durch ‘die erhöhte Brechkraft der Linse es ermöglicht ist,
dass die Bilder in der Retina entstehen.
320 AUGUST PUTTER,
Die Sirenen wiederum haben denselben Weg eingeschlagen wie
die Pinnipedier. Allerdings stützt sich diese Auffassung nur auf das
Verhalten älterer Embryonen, aber es tritt zu stark hervor, als dass
es unerwähnt bleiben dürfte. Es ist hierbei interessant, dass die Ver-
längerung der Axe bei Halicore viel bedeutender ist als bei Manatus.
Zum Verständniss dieser Erscheinung gelangen wir wohl, wenn wir
daran denken, dass Manatus im Süsswasser lebt, wo, wie MAT-
THIESSEN sagt, die Cornea „wie eine sehr schwache Collectivlinse“
wirkt, also immerhin noch eine geringe Unterstützung der Linse bildet,
während sie im Seewasser „wie eine sehr schwache Dispersiv-
linse“ wirkt, d. h. der Werth ihrer Brechkraft von dem der Linse
subtrahirt wird.
Natürlich ist dies nur einer der beiden möglichen Deutungsver-
suche, es könnte ja auch die Brechkraft der Linse bei diesen beiden
Formen so verschieden sein, dass sich daraus die verschiedenen Axen-
längen erklärten.
Mit dieser Erscheinung der Verlängerung der Bulbusaxe darf
eine andere nicht verwechselt werden, die viel weiter verbreitet als
jene bei den Wassersäugethieren vorkommt. Es ist die Erscheinung,
dass sich das Verhältniss des prääquatorialen Segments des Bulbus
zum Augengrund, ausdrückt in den Verhältnissen ihrer Höhen, in der
Weise verändert, dass das prääquatoriale Segment kleiner,
der Augengrund aber grösser wird. Beim Walross ist diese
Vergrösserung schon deutlich erkennbar, viel stärker aber tritt sie bei
den Zahnwalen und am stärksten beim Finwal hervor, bei dem die
Höhe des prääquatorialen Segments nur 1:4,87 der Höhe des Augen-
grundes beträgt.
Die biologische Bedeutung dieser Vergrösserung liegt wohl darin,
dass das Gesichtsfeld des einzelnen Auges hierdurch wesent-
lich vergrössert wird. Beim Menschen und überhaupt bei den
Formen mit flachen Linsen, kann in den peripheren Theilen der
Netzhaut kein auch nur einigermaassen verwerthbares Bild von Gegen-
ständen der Aussenwelt entstehen, die Brechungsverhältnisse einer
flachen Linse sind derart, dass nur nahezu centrale Strahlen zu einem
Bild vereinigt werden. Bei einer kugligen oder doch nahezu kugligen
Linse ist aber auch für Strahlen, die einen bedeutenden Winkel mit
der Axe bilden noch die Vereinigung zu Bildern möglich, und diese
können dann, vorausgesetzt, dass die Retina in der nöthigen Ent-
fernung von der Linse liegt, verwerthet werden.
Die Augen der Wassersäugethiere. 321
Es handelt sich also darum, den Augengrund in der Fläche einer
mit der Linse concentrischen Kugelschale möglichst weit auf
Kosten des prääquatorialen Segments zu vergrössern.
Eine solche beträchtliche Vergrösserung des Sehfeldes des ein-
zelnen Auges ist gerade für Wale, bei denen sie ja bei weitem am
stärksten ausgebildet ist, deshalb von grösster Bedeutung, weil sie, wie
unten gezeigt werden soll, nicht im Stande sind, ihre Augen zu
bewegen. Gerade durch die fortwährende Bewegung der Augen
aber gleichen wir ja bekanntlich den Nachtheil aus, dass nur ein ge-
ringer Theil unserer Retina scharfe Bilder erhält und dement-
sprechend auch nur dieser Theil die Einrichtungen zu ihrer Reception hat.
Die Dickenverhältnisse der Sclera sind wesentlich von mecha-
nischen Momenten abhängig.
Die Sclera der Pinnipedier bereitet dem Verständniss weit
mehr Schwierigkeiten als die der Wale. Sie scheint durchaus unge-
eignet, einen auch nur einigermaassen erheblichen Druck ohne Defor-
mation auszuhalten: denn gerade im Aequator, wo der vordere Bulbus-
theil wie ein Gewölbe auf den Augengrund sich aufsetzt, wo man also
verstärkte Widerlager für diese Gewölbe erwarten müsste, gerade hier
ist die Sclera derart verdünnt, dass sie am conservirten Auge Falten
zeigt und zusammenfällt, mit Ausnahme des Walrossauges, das, ent-
sprechend der Lebensweise des Thieres, gegen höheren: Wasserdruck
resistent erscheint und bei dem die äquatoriale Verdünnung nur
schwach hervortritt.
Welchen Zweck mag die äquatoriale Verdünnung haben ?
Für die Beantwortung dieser Frage ist vielleicht die Beobachtung
von Werth, dass die verdünnte äquatoriale Zone gerade in der Fläche
des knöchernen Orbitalrings liegt; der ganze vordere Bulbustheil ist
in Fett- und namentlich auch in Muskelpolster eingebettet. Sicher ist
er in dieser Lage häufig Zerrungen ausgesetzt. Wäre er fest mit dem
Augengrund verbunden, so würden sich diese Zerrungen leicht im Ge-
biet der Retina bemerkbar machen, was höchst nachtheilig für das
Sehen wäre Die Pars optica retinae reicht aber nur bis zum
Aequator, hier geht sie in das Epithel der Ciliarfortsätze über.
Wenn nun der vordere Bulbusabschnitt, der keine recipirenden
Elemente enthält, in Folge der äquatorialen Verdünnung gelenkartig
gegen den Augengrund verschiebbar ist, so hat eine Zerrung dieses
Theils für das Sehen nichts zu bedeuten.
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 91
322 AUGUST PÜTTER,
Dieser Erklärungsversuch soll übrigens nur mit grösster Reserve
gewagt werden ob er das Richtige trifft, lässt sich zur Zeit nicht
entscheiden.
Die Verdickung der Sclera im Augengrund dürfte wesentlich unter
dem Gesichtspunkt der Formbeständigkeit des Bulbus gegenüber dem Zuge
der starken Augenmuskeln, besonders der Retractoren, zu beurtheilen sein.
Wesentlich klarer liegen die Verhältnisse bei den Walen. Auch
ihre Sclera hat einen Bezirk, in dem sie erheblich verdünnt ist. Es
ist hier aber nicht die äquatoriale Zone, sondern vielmehr der vor
dem Aequator gelegene Sulcus corneae, den die Verdünnung trifft.
Das mechanische Princip, das dieser Einrichtung zu Grunde liegt,
die bei den beiden Ordnungen der Wale getroffen ist, ist nicht schwer
einzusehen. Wir sahen vorher bei Betrachtung der Cornea, dass unter
den hier gegebenen Verhältnissen eine flache Cornea dem Druck gegen-
über viel widerstandsfähiger ist als eine stark gewölbte. Dasselbe
Princip kommt hier zur Anwendung: Das vor dem Aequator gelegene
Segment des Bulbus ist bei den meisten Thieren nicht viel schwächer
gewölbt als der Augengrund, bei den Walen aber ist die Wölbung
dieses Theils, der hier in seiner ganzen Ausdehnung dem Sulcus
corneae entspricht, ungemein flach.
Betrachten wir die schon im Aequator mächtig dicke Sclera als
das Widerlager, über das der Suleus corneae gewölbt ist, so haben wir
wieder ein flaches Gewölbe mit starken Widerlagern und dünnem Ge-
wölbescheitel, dessen Druckrichtung in das Widerlager hineinfällt, also
gut fundirt ist.
Ob übrigens nicht auch bei Walen das Moment der Formbestän-
digkeit des Bulbus gegenüber dem Zuge der mächtigen Augenmuskeln
eine grössere Bewerthung verlangt, als in der obigen Darstellung ge-
schehen, das ist eine Frage, über die ich nicht zu voller Klarheit ge-
langt bin.
Sehr wahrscheinlich ist der Mechanismus der Formbildung der
Sclera überhaupt viel complicirter, als es nach der gegebenen Dar-
stellung scheint, doch wären zu seiner Aufklärung Kenntnisse in der
höhern Mathematik erforderlich, wie ich sie nicht besitze.
Bulbusgrösse.
Es mögen hier einige Bemerkungen über die Grösse der Bulbi
im Vergleich zur Grösse der ganzen Thiere Platz finden.
Aus optischen Gründen ist für ein Wasserthier, das bei schwacher
Beleuchtung zu sehen hat, ein grosser Bulbus wünschenswerth, aus
Die Augen der Wassersiiugethiere. 323
mechanischen dagegen ein kleiner, der leichter widerstandsfähig gegen
Druck construirt werden kann.
Unter den Pinnipediern haben Ofaria und Macrorhinus die relativ
grössten Bulbi, sie sind im Vergleich zur Länge der Thiere etwa
ebenso gross wie das menschliche Auge.
Kleiner sind die Bulbi des Genus Phoca, aber auch sie sind noch
recht gross. Den bei weitem kleinsten Bulbus, der nicht ganz !/, der
relativen Grösse erreicht, die Macrorhinus aufweist, hat Odobaenus,
in Anpassung an seine Lebensweise. Walross und Elefantenrobbe
können in dieser Hinsicht verglichen werden, da sie in ihrer absoluten
Körperlänge einander ziemlich nahe stehen. Für Thiere, die sehr
verschieden gross sind, lässt sich die Vergleichung nicht durchführen,
da das Wachsthum des Auges mit dem des übrigen Körpers erfahrungs-
gemäss nicht gleichen Schritt hält, so dass kleine Thiere ceteris
paribus relativ grössere Augen haben als grosse.
Dieses Moment müssen wir bei Betrachtung der Walaugen be-
rücksichtigen. Die Bartenwale lassen sich wegen ihrer enormen Grösse
mit keiner der andern Gruppen vergleichen, sondern nur unter einander.
Es wurde schon im speciellen Theil hervorgehoben (s. S. 225), dass
das Auge der Glattwale sehr erheblich viel kleiner ist als das der
Furchenwale, während diese unter einander gut übereinstimmen.
Unter den Denticeten hat wieder die kleinste Form Phocaena
das relativ grösste Auge, sie kann kaum mit den um das Mehrfache
grössern Formen Delphinapterus und Hyperoodon verglichen werden.
Diese aber sind in ihrer Länge nicht so sehr verschieden, so dass
wir, wenn sie unter gleichen Lebensbedingungen lebten, etwa gleich
grosse Bulbi bei ihnen erwarten könnten. Wenn nun Hyperoodon
einen relativ so wesentlich kleinern Bulbus hat als der Weisswal, so
muss man dies wohl auf Rechnung mechanischer Anpassung setzen.
Asymmetrie des Bulbus.
Bei den Pinnipediern sind die Bulbi durchaus symmetrisch
gebaut, bei den Walen dagegen findet man durchgängig eine sehr
deutlich erkennbare Asymmetrie.
Beim Finwal ist der obere und temporale Abschnitt des Bulbus
beträchtlich grösser als der untere nasale.
Bei den Zahnwalen tritt die Asymmetrie in der horizontalen Axe
nicht hervor, sehr deutlich aber macht sie sich in verticaler Richtung
bemerklich, und es ist stets der obere Theil des Bulbus der grössere.
Nur beim Weisswal tritt die Asymmetrie kaum hervor.
91*
a
324 AUGUST PUTTER,
Diese Vergrösserung des obern Bulbusabschnitts weist darauf
hin, dass er besonders functionell beansprucht wird, hier haben wir,
wie unten noch aus andern Gründen gezeigt werden wird, den Bezirk
des deutlichsten Sehens zu suchen, womit schon gesagt ist, dass die
wichtigste Gegend des Gesichtsfeldes für den Wal nach unten liegt,
eine Anschauung, die noch mehrfach begründet werden wird.
Die Asymmetrie des Bulbus weist auch auf geringe oder gänzlich
mangelnde Beweglichkeit hin. Wir dürfen zwar nicht die Kugelform
als Bedingung starker Beweglichkeit postuliren, immerhin aber doch
eine symmetrische Gestalt, die Gestalt eines „Rotationskörpers“.
3. Chorioidea und Tapetum lucidum.
Die eigentliche Aderhaut hat die Function, das Auge zu er-
nähren, speciell dem Sinnesepithel der Retina reichlich Blut und mit
ihm Nahrungsstoffe zu- und Zerfallsproducte wegzuführen. Bei den
Augen der Wassersäugethiere käme vielleicht noch die durch starke
Ausbildung der Chorioidea bewirkte Erwärmung in Betracht. Nun
aber gewinnt bei den Wassersäugern ein Theil der Chorioidea eine
ganz besondere eigenthümliche Ausbildung und übernimmt eine der
Chorioidea im übrigen fremde optische Function. Es ist die auch
bei andern Thieren weit verbreitete Schicht der Chorioidea, die man
allgemein als Tapetum lucidum bezeichnet. Seine Wirkungsweise
ist durchaus nicht klar, vielleicht ist der im Folgenden geäusserte
Gedanke geeignet, ein Verständniss derselben zu eröffnen.
Alte wie neue Forscher sind darüber im Wesentlichen einig, dass
das Tapetum lucidum dazu dient, das Sehen bei schwacher Beleuchtung
zu ermöglichen. Schon Bricke sprach dies 1845 aus, und seine An-
schauung ist bis heute durch keine neue ersetzt. Er sagt (9, p. 388):
„Ich habe gezeigt, wie in der That ein Thier, welches ein Tapetum
besitzt, da noch deutlich sehen kann, wo ein anderes Thier mit
gleicher Reizbarkeit der Nervenhaut, aber ohne Tapetum, sich schon
im Dunkeln befindet.“ Auch BERLIN äussert sich in diesem Sinne.
Es entsteht nun aber die Frage, in welcher Weise das Tapetum
diese Wirkung zu Stande bringt. BRÜCKE giebt folgende Erklärung:
Das Licht geht durch die Netzhaut und reizt dieselbe; dann wird es
am Tapetum reflectirt, geht abermals durch die Netzhaut und reizt
dieselbe Stelle auf ihr noch einmal. Durch diese Summation,
durch die doppelte Einwirkung desselben Bildes auf die gleiche
Netzhautstelle wird der Schwellenwerth für die Netzhaut überschritten,
Die Augen der Wassersäugethiere. 325
und das Bild kann nun wahrgenommen werden. Es entsteht also
nach dieser Anschauung das Bild doppelt, jeder Lichtpunkt wird
zweimal an derselben Netzhautstelle abgebildet.
Die für diese Theorie günstigste Voraussetzung ist offenbar die,
dass das Tapetum wie ein optisch fehlerfreier Spiegel wirkt. Aber
selbst unter dieser Annahme kann das Bild eines Punktes nicht doppelt
entstehen. Das Tapetum würde nämlich einen Hohlspiegel dar-
stellen, ein solcher aber entwirft von Lichtpunkten, die innerhalb seiner
Brennweite liegen, überhaupt keine reellen Bilder, sondern nur
virtuelle hinter dem Spiegel. Vor demselben entstehen nur Zer-
streuungskreise.
Es wäre nun ja leicht möglich, dass diese angenommenen Zer-
streuungskreise sehr klein wären und so das Sehen noch beförderten,
aber wir haben ja die falsche Voraussetzung gewählt, dass das
Tapetum ein Spiegel sei, das ist es in der That nicht. Es stellt
vielmehr eine rauhe Fläche dar, was, abgesehen von allem andern,
schon durch den Durchtritt der Gefässe der Chorioidea bewirkt wird.
Makroskopisch erscheint das Tapetum wie von lauter Nadelstichen
dicht durchbohrt. Das Licht dringt nun in das Tapetum ein und
wird in den verschiedenstenRichtungen ganz unregelmässig
reflectirt. Von der Entstehung eines secundären Bildes
kann nicht im entferntesten die Rede sein, die Netz-
haut wird ganz diffus gereizt.
BrÜCKE gelangt zu seiner Anschauung durch folgende Alternative:
entweder muss das Licht nach seinem Durchgange durch die Retina
absorbirt werden (wie beim Menschen), oder wenn es reflectirt wird
wie bei den Tieren mit Tapetum, muss das reflectirte Licht die-
selbe Netzhautstelle reizen, die es vorher gereizt hat, denn eine
diffuse Beleuchtung der Netzhaut müsste das Sehen beträchtlich
stören.
Diese Problemstellung ist falsch, Es hat sich vielmehr die
Theorie der Wirkung des Tapetums mit den folgenden beiden
Thatsachen abzufinden.
1) Thiere mit Tapetum sehen ceteris’ paribus bei schwacher
Beleuchtung besser als solche ohne Tapetum.
2) Bei Thieren mit Tapetum ist in dem Bezirk desselben die Netz-
haut vollständig diffus (schwach) beleuchtet.
Die Frage ist nun die: Können wir uns ein Bild davon machen,
wie eine solche diffuse „Nebenbelichtung“ der Retina förderlich
für das Sehen im Dämmerlicht ist?
326 AUGUST PUTTER,
Ich glaube, diese Thatsache widerspricht unsern allgemeinen
physiologischen Anschauungen in keiner Weise, wir kennen vielmehr
Erscheinungen, die nach meiner Ansicht vollständige Analogien zu
derselben bilden.
Es sind alle die Fälle, in denen durch schwache oder sogar sub-
minimale Reize (letzteres trifft hier vielleicht noch besser zu) die
Erregbarkeit der lebendigen Substanz erhöht wird. Ge-
rade im Nervensystem spielen diese Erscheinungen eine grosse Rolle.
Exner!) hat sie unter der Bezeichnung der „Bahnung“ beschrieben.
Das Experiment, welches das Vorhandensein einer solchen Bahnung
beweist, ist folgendes: Eine Kaninchenpfote wird durch den elek-
trischen Strom subminimal gereizt, sie bleibt also in Ruhe. Lässt man
nun vom Gehirn aus einen gleichfalls subminimalen elektrischen Reiz
auf die Pfote einwirken, so summiren sich diese Reize, und es kommt
zu einer Zuckung. War schon bei peripherer Reizung eine Zuckung
vorhanden, so wird sie verstärkt.
In vollständiger Analogie hiermit kann man sich den Vorgang im
Auge in folgender Weise denken: Wenn im schwachen Dämmerlicht
auf der Netzhaut eines Thieres, das kein Tapetum hat, ein Bild
entworfen wird, so kann dies nicht mehr wahrgenommen werden. Wird
dagegen die Netzhaut ausser durch das Licht des Bildes noch durch
die an sich subminimalen Lichtreize erregt, die das Tapetum
ganz diffus aussendet, so wird durch diese Unterschwellenreize die
Erregbarkeit der Retina so weit gesteigert, dass das Bild,
welches ohne Tapetum nicht gesehen werden könnte, jetzt zur Re-
ception gelangt.
Diese Auffassung der Wirkung des Tapetums, nach der sein Werth
darin liegt, dass es die Erregbarkeit der Retina durch Zu-
sendung subminimaler Reize steigert, hat den Vortheil, dass
sie sich auch auf andere Erscheinungen anwenden lässt, die meines
Wissens zur Zeit noch nicht dem physiologischen Verständniss näher
gebracht sind. Ich meine das Auftreten des sog. aphakischen
Raumes bei Tiefseefischen, wie es besonders TH. BEER beschreibt
und abbildet.
Es giebt Tiefseefische, bei denen die Iris so schmal ist, dass sie
nasal und temporal nicht den Linsenrand bedeckt, es entsteht dadurch
1) Entwurf einer physiologischen Erklärung der psychologischen
Erscheinungen, 1894; citirt nach ApamKinwicz: Ueber die sogenannte
„Bahnung“, in: Z. klin. Medic., 1898.
1
Die Augen der Wassersäugethiere. 327
zwischen diesem und dem Pupillarrand der Iris jederseits eine Oeffnung,
durch die Lichtstrahlen in das Auge dringen können, ohne die Linse
passirt zu haben. Dies ist also fraglos eine Nebenbelichtung,
durch die das Innere des Bulbus diffus erleuchtet wird. Bei
heller Beleuchtung würde eine solche allerdings sehr störend sein, bei
den geringen Lichtstärken aber, um die es sich bei Tiefseefischen
handelt, ist sie offenbar von Nutzen, und dieser Nutzen kann wohl
nur darin bestehen, dass die Erregbarkeit der Retina durch die diffuse
Nebenbelichtung gesteigert und diese so fähiger gemacht wird, die
auf ihr entworfenen lichtschwachen Bilder zu recipiren. Wie wir durch
Braver’s (115) neue Publication wissen, fehlt bei manchen Tiefsee-
fischen die Iris überhaupt völlig, diese stellen also eine Weiterbildung
der von BEER beschriebenen Verhältnisse dar.
Die Erwähnung des aphakischen Raumes bei Tiefseefischen
ist übrigens keine Abschweifung vom Thema, denn wie unten bei Be-
sprechung der Iris gezeigt werden soll, ist es als sicher anzusehen,
dass auch bei Walen sich diese Einrichtung findet.
Endlich bin ich in der Lage, noch eine Erscheinung mittheilen
zu können, die unter dem gleichen Gesichtspunkt wie das Tapetum
lucidum und der aphakische Raum zu betrachten sein dürfte.
Braver (115) hat eine neue Gruppe von Leuchtorganen bei
Tiefseefischen beschrieben, die am Rande des Auges sitzen und
nach aussen durch Pigment abgeblendet sind, so dass sie ihr
Licht nur in das Auge selbst hineinwerfen können!).
Ueber die Bedeutung dieser Organe war BRAUER noch zu keiner
endgültigen Ansicht gekommen, Der Thatbestand ist hier ganz ähn-
lich wie beim aphakischen Raum: es gelangt Licht, in diesem
Falle von einem Theile des Thieres selbst ausgehend, in das Auge
und bewirkt offenbar eine diffuse Erleuchtung des Augen-
hintergrundes. Die Bedeutung dieser Einrichtung glaube ich nur
darin sehen zu können, dass auch hier wieder durch schwache
Nebenbelichtung die Erregbarkeit der Retinaelemente
derart gesteigert wird, dass sie nunmehr im Stande sind, auf die
schwachen Reize des lichtschwachen Retinabildes hin anzusprechen.
Noch eine Frage ist hier zu erörtern, die Frage nach der Ent-
stehung der Farben des Tapetums. Die einfachste Möglichkeit
1) Wie ich aus einer mündlichen Mittheilung weiss, hat Herr Prof.
Brauer diese Leuchtorgane viel weiter verbreitet gefunden, als aus
seiner ersten vorläufigen Publication ersichtlich ist.
328 AUGUST PUTTER,
hat BrÜCKE ausgesprochen. Er sagt: Das Tapetum fibrosum besteht
aus Fasern, die wellenförmig gekrümmt, glatt und durchsichtig sind
und (9, p. 396) „durch Lichtinterferenz die Farben des Tapetums“
veranlassen. Das Tapetum cellulosum „besteht nur aus Zellen, die als
dünne Plättchen Lichtinterferenz und dadurch die Farben des Tapetums
erzeugen“.
Wären es die Fasern oder Zellblättchen, die als Ganzes das
Licht reflectiren oder beugen, so müsste eine Aenderung dieser Ele-
mente in Bezug auf ihre Dicke eine Veränderung der Farbe zur Folge
haben, wie man an jeder Seifenblase sehen kann. Das ist aber nicht
der Fall. Unter meinem Material befanden sich einige recht schlecht
conservirte Stiicke, an denen die Zellen des Tapetums deutlich ge-
quollen oder in anderer Weise deformirt waren, trotzdem aber sah
man an ihnen noch vollständig die charakteristischen Farben des
Tapetums, wie sie an frischem oder gut conservirtem Material fest-
gestellt werden konnten.
Die Farben müssen von bestimmten in den Zellen enthaltenen
Körpern herrühren, das lehrten folgende Versuche. Alle Augen, die
in 10-proc. Salpetersäure conservirt wurden, verloren binnen weniger
Stunden die Farben des Tapetums vollständig; ich versuchte dies an
Phocaena wie auch am Rind und Pferd. Bei einem Stück Tapetum
vom Rind, das ich mit Salzsäure übergoss, verschwand die Farbe so-
fort unter Gasentwicklung (CO, ?).
Es war anzunehmen, dass die fraglichen Körper in Form von
Mikrokrystallen in den Zellen des Tapetums abgelagert seien und
diese Vermuthung wurde bestätigt durch Untersuchung im polari-
sirten Licht. Zwischen den gekreuzten Nicols erscheint das Tapetum
hell auf schwarzem Grunde.
Es ist also für das sogenannte Tapetum fibrosum der Nachweis ge-
liefert, dass Mikrokrystalle die Farben verursachen. Für das Raub-
tiertapetum, ein sogenanntes Tapetum cellulosum, ist schon vor 30 Jahren
der Nachweis von Mikrokrystallen erbracht worden !).
Ob aber diese Mikrokrystalle beim Tapetum cellulosum für die
Erzeugung der Farben die Rolle spielen wie im Tapetum fibrosum,
scheint nach einer Beobachtung von JOHNSON (120) zweifelhaft, welcher
fand, dass bei Carnivoren der Fundus die glänzenden Farben, die das
1) Die Originalarbeit von M. Schutze war mir nicht zugänglich:
Sitzung der medic. Section d. Niederrhein. Ges. f. Natur- und Heil-
kunde in Bonn, 27. November 1871.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 329
Augenspiegelbild bietet, nur dann zeigt, wenn der Chorioidea noch das
„retinal pigment“ anhaftet, das unter dem Einfluß des Lichtes bald
verblasst. Pinselt man dasselbe ab, bevor es noch verblasst ist, so
findet man darunter die Chorioidea von schmutzig weisser verwaschener
Farbe wie ungegerbtes Leder. Beim Tapetum fibrosum der Ungulaten
dagegen bleibt die Farbe nach völliger Entfernung der Retina glänzend
lebhaft. Das ,,retinal pigment“ hat dieselbe Farbe wie bei den Carni-
voren, die sich mit der Eigenfarbe des Tapetum fibrosum combinirt.
Die Chorioidea.
Für die Entwicklung der Chorioidea der Wassersäuge-
thiere ist ihr enormer Blutreichthum charakteristisch, eine Eigenthüm-
lichkeit, die ja bei ihnen überhaupt sehr weit verbreitet ist, so dass man
vielleicht annehmen muss, dass, abgesehen von der speciellen Function
der Aderhaut für das Auge, dieselbe hier auch noch als Blutreservoir
dient, eine Function, die in weitem Umfange von den venösen Ge-
flechten übernommen wird, die ja bei Wassersäugern so weit im ganzen
Körper verbreitet sind.
Bei weitem die dünnste Chorioidea hat unter den Wassersäugern
Macrorhinus, sie ist relativ sogar etwas dünner als die menschliche.
Mit der zunehmenden Anpassung an das Wasserleben steigert sich die
Dicke fortwährend, sie ist beim Genus Phoca relativ fast 10mal so
bedeutend und bei Odobaenus sogar mehr als 12mal.
Der Finwal hat eine Chorioidea, die relativ fast ebenso dick ist
wie die bei Phoca. Unter den Zahnwalen hat Phocaena die relativ
dünnste, doch ist auch sie fast 7mal so dick wie bei Macrorhinus.
Bei weitem am stärksten aber ist die Entwicklung bei Delphinapterus
und Hyperoodon, bei letzterm ist sie fast 40mal so dick wie bei
Macrorhinus, d. h. etwa 30mal so dick (relativ!) wie beim Menschen.
Ausserdem tritt besonders bei Hyperoodon eine erhebliche Verschieden-
heit der Entwicklung in den einzelnen Theilen des Bulbus zu Tage,
die Dicke schwankt um mehr als das Doppelte. Am stärksten ist sie
im obern Theil des Bulbus ausgebildet. Verschiedene Anzeichen
sprechen dafür, dass hier im obern Bulbusabschnitt der Bezirk des
besten Sehens liegt, der dem entsprechend auch die stärkste Nahrungs-
zufuhr erhält.
Den Abfluss der Aderhautgefässe bilden die Venae vorticosae.
In ihrer Zahl und Anordnung zeigen sie manche Verschiedenheiten,
Es ist wohl nicht viel Werth auf die Zahl der Venen als unterschei-
dendes Merkmal zu legen, da sie anscheinend sogar grossen indivi
330 AUGUST PUTTER,
duellen Verschiedenheiten unterliegen. Bei Phoca vitulina fand ich
beim Neugeborenen und einem Erwachsenen 5 Venen, und sie waren
verschieden vertheilt, beim Neonaten lagen 2 oben, je eine in den
andern Meridianen, beim Erwachsenen dagegen lagen 2 unten, oben
dagegen nur eine. Ein zweites erwachsenes Exemplar aus der Ostsee
zeigte 6 Venen, oben und unten je zwei. Die Venen sind ausserdem
verschieden dick, so sind z. B. bei Macrorhinus und Ph. barbata die
beiden nasalen Venen stärker als alle übrigen. Die auffallendste
Vertheilung der Venen unter den Pinnipediern zeigt aber Odobaenus:
unten verläuft eine schwache Vene, oben zwei, gleichfalls nur kleine,
temporal sieht man zwei Venen wie die obern dicht neben einander
verlaufend. Nasal findet sich zunächst eine grosse Vene, deren Breite
1 mm beträgt, ausserdem aber noch mehrere geschlängelt in der
Sclera verlaufende Gefässe, deren Ursprung und Ende nicht genau
festzustellen war.
Die Vortexvenen entspringen bei den Pinnipediern stets im Aequator
des Bulbus und durchbrechen hier sogleich die Sclera an ihrer dünn-
sten Stelle.
Unter den Denticeten haben Phocaena und Hyperoodon 4 Venae
vorticosae, die in den Hauptmeridianen des Bulbus verlaufen, Delphin-
apterus dagegen hat 5, 2 davon gehören dem obern Bulbusab-
schnitt an.
Am interessantesten ist das Verhalten der Venae vorticosae aber
bei Balaenoptera physalus. Es ist bei ihm die Aufgabe zu lösen,
durch die mächtig verdickte Sclera des stark elliptischen
Bulbus die Venen hindurchzuführen. Dies ist in folgender Weise
gelöst. Von dem mächtigen Geflecht der Ciliargefässe, das bekannt-
lich den Opticus der Wale umhüllt, dringen in horizontaler
Richtung nasal und temporal je ein Ausläufer in die Sclera ein bis
weit nach vorn in die Nähe der Grenze des Augengrundes gegen
den Suleus corneae. Die Verbindung zwischen diesem Raum und den
Gefässen der Chorioidea bildet eine einfache Röhre, die für die Vortex-
vene Platz bietet. Oben und unten fehlen diese Ausläufer völlig,
trotzdem müssen hier aber Röhren in der Sclera ausgespart bleiben,
die es der obern und untern Vena vorticosa möglich machen, den
Bulbusraum zu verlassen. Diese Röhren sind nur dünn und treten,
ohne den grossen Plexus der Ciliargefässe zu erreichen, bald aus der
Sclera aus. Die horizontalen Vortexvenen verlaufen in den Ausläufern
des Plexus.
Der Grund für den grossen Unterschied im Verlauf der Venen
Die Augen der Wassersäugethiere. 331
ist ein rein mechanischer. Der Bulbus hat die Form eines Ellip-
soids, ein solcher Körper aber hat zwei Indifferenzzonen, in
denen sich alle Kräfte gegenseitig aufheben, ganz wie die abschee-
renden Kräfte im Innern der Röhrenknochen. So wie bei diesen
die Markhöhle, werden auch hier diese Räume ausge-
spart. Die Indifferenzzonen liegen aber in der Richtung der grossen
Axe, also horizontal, und zwar in der Brennlinie des Ellip-
soids. Da die Sclera durch zwei Ellipsoide begrenzt ist, deren
Axen gegen einander verschoben sind, würde eine genaue Berechnung
der Indifferenzzone wohl schwierig sein; sie ist aber auch für unsern
Zweck überflüssig, da schon ohne zahlenmässige Berechnung angegeben
werden kann, dass die Gegend der Ausläufer desPlexus eben
die der Indifferenzzonen sein muss. In der Richtung der
Kleinaxe giebt es Keine solche Zone, und so ist hier nur der für die
Vortexvenen absolut notwendige Raum aufgespart. Auch Balaena
mysticetus zeigt dieselbe Anordnung.
Bei den Zahnwalen finden wir keine solchen Plexusausläufer.
Der Grund, weshalb hier die Ausläufer, auch die horizontalen, fehlen,
liegt wohl darin, dass die Bulbi der Zahnwale nicht so stark elliptisch
sind wie die der Bartenwale. Es verlaufen hier alle 4 oder 5 Vortex-
venen als feine Röhren unmittelbar unter der Oberfläche der Sclera
und verlassen sie bald. Eine Andeutung der horizontalen Ausläufer
ist übrigens doch vorhanden. Nahe dem hintern Augenpol ist die
Sclera ziemlich stark elliptisch, und hier dringt nasal und temporal
vom Opticus der Plexus der Ciliargefässe allerdings nur wenige mm
tief in die Sclera ein.
Escuricut hat ein Gebilde beschrieben, das er Sinus circu-
laris chorioideae nennt. Er glaubt, es läge im Aequator des
Bulbus ein „kreisförmiger Blutbehälter“, aus dem die Vortexvenen
(deren er für Phoca vitulina 5 angiebt) entspringen. Von aussen, wo
im dünnen Aequator die dunkle Chorioidea durch die Sclera durch-
schimmert, macht es allerdings den Eindruck, als läge hier ein breiter
Blutraum. Das ist aber nicht der Fall, der Bau der Chorioidea ist
hier ganz derselbe wie an andern Stellen, höchstens ist das Stratum
vasculosum stärker entwickelt. Bei Phoca barbata ist die Chorioidea
im Aequator sehr erheblich verdickt (s. Fig. C [S. 116] ä.ch), doch
kommt diese Verdickung nur in geringem Maasse durch Vermehrung
oder Vergrösserung der Blutgefiisse zu Stande, sondern durch die
starke Entwicklung der glatten Musculatur, die im Zusammenhang mit
dem Musculus ciliaris behandelt werden wird.
332 AUGUST PUTTER,
Der ungemein reichen Versorgung mit Blut, die das Auge der
Wassersäugethiere erfährt, entspricht auch eine stärkere Entwicklung
der Lymphräume. Sie bezieht sich besonders auf den perichorioiden
Lymphraum.
Bei allen Wassersäugethieren stellt die Lamina suprachori-
oidea ein weitmaschiges Gewebe zarter Fasern dar und enthält viel
Lymphgerinnsel. Besonders auffallend zeigt unter den Pinnipediern
Phoca vitulina diese Eigenschaft. Hier wird der perichorioide Lymph-
raum bis 1 mm dick und besteht aus etwa 12 über einander liegenden
Lamellensystemen, die die einzelnen Abtheilungen des Raumes be-
grenzen.
Viel weiter noch gehen in der Ausbildung dieses Raums die Zahn-
wale. Bei Hypervodon hat er eine maximale Dicke von 3,2 mm, seine
sehr ungleichmässige Ausbildung ist im speciellen Theil (s. S. 276) be-
schrieben.
Für die Pinnipedier allein ist noch charakteristisch die Ge-
staltung des Ligamentum pectinatum, das bei der Besprechung
der Iris seine Darstellung finden wird.
Das Tapetum lucidum.
Wir kommen nun zur Betrachtung des interessantesten Theils der
Chorioidea, zum Tapetum lucidum. Es ist bei den Wassersäuge-
thieren viel ausgedehnter als bei irgend einer andern Säugethiergruppe
und erfüllt hier überall fast den ganzen Augengrund.
Dabei kann als durchgängig geltende Regel aufgestellt werden,
dass es oben und aussen stärker entwickelt ist als unten (und
zuweilen innen). Die stärkere Entwicklung spricht sich meist darin
aus, dass es weiter gegen die Linea terminalis retinae heranreicht,
zuweilen aber auch in der Farbe. Die Farbe ist bei den Pinnipediern
meist ein stumpfes Graublau, bei Odobaenus zeigt es etwas metallischen
Glanz. Das Genus Phoca ist ausgezeichnet durch ein stark metallisch
glänzendes gelbes Tapetum.
Beim Finwal ist der Unterschied in der Aa des Tapetums
im obern und untern Bulbusabschnitt sehr erheblich. Die Farbe ist
ein metallisch glänzendes Spangrün, das am Rande durch Blau in das
Braun der Chorioidea übergeht.
Die 3 untersuchten Zahnwale haben alle verschieden gefärbte
Tapeta. Phocaena gelbgrün, Hyperoodon hellgelb und Delphinapterus
ein sehr helles weissliches Gelb. Die schwächere Ausbildung im
untern Bulbustheil tritt deutlich hervor. Ausserdem ist bei Phocaena
u
Die Augen der Wassersäugethiere. 333
noch ein Bezirk im äussern Bulbustheil zu erwähnen, der lebhaft blau
gefärbt ist.
Das Tapetum bezeichnet nach der gewöhnlichen Anschauung den
Bezirk des deutlichsten Sehens; wenn es so allgemein verbreitet ist
wie bei den Wassersäugethieren, so könnte man daraus schliessen,
dass hier kein Bezirk der Retina besonders bevorzugt wäre. Das ist
aber doch nicht richtig; wie bei Besprechung der Retina gezeigt
werden wird, ist wenigstens für Phoca vitulina eine Area centralis
nachgewiesen.
Wenn wir uns zunächst nur an die Verhältnisse des Tapetums
halten, so würden wir annehmen, dass Phocaena einen besonders aus-
gezeichneten Bezirk schärfsten Sehens hätte, der durch den blau ge-
färbten Bezirk im äussern Bulbustheil bezeichnet würde, und diese
Annahme scheint auch berechtigt.
Ein Tapetum scheint überhaupt für die Wassersäugethiere um so
werthvoller zu sein, je mehr sich seine Farbe dem kurzwelligen Theil
des Spectrums nähert. Schon in geringer Tiefe giebt es im Meere ja
fast nur blaugrüne Strahlen, ein gelbes Tapetum kann diese natürlich
nicht entfernt in dem Maasse reflectiren wie ein grünes oder blaues,
durch letztere Farben wird das Licht der Tiefe am besten ausgenutzt.
Dass gerade diese Farben sonst sehr selten bei Säugethieren vor-
kommen (JOHNSON, 120), spricht wohl auch für eine besondere An-
passung.
Dem Bau nach unterscheidet man seit langem Tapeta cellulosa
und Tapeta fibrosa. Durchgreifend ist diese Unterscheidung keines-
wegs, denn auch die Tapeta der letztern Art sind aus richtigen Zellen
aufgebaut, in deren Mitte man den Kern deutlich erkennt. Die Be-
zeichnung dieser lang gestreckten, an den Enden zugespitzten Zellen
als Fasern scheint mir nach der Lage des Kerns unzulässig. Handelte
es sich wirklich um Fasern, die von Zellen ausgeschieden wurden, so
würde der Kern nicht mitten im Verlauf dieser Faser zu finden sein,
sondern er würde ihr seitlich anliegen.
Das Tapetum der meisten Pinnipedier ist ein typisches Tapetum
cellulosum und scheint mit reinen, im Querschnitt rechteckig er-
scheinenden Zellen durchaus und wesentlich verschieden von dem
Tapetum fibrosum der Wale. Wenn man aber das Tapetum von
Halichoerus betrachtet, so findet man so lang gestreckte faserförmige
Zellen, dass man fast versucht ist, hierin eine der beliebten „Ueber-
gangsformen“ zu sehen, durch die die anscheinende Kluft zwischen
Tapetum cellulosum und fibrosum zwangslos überbrückt wird.
334 AUGUST PÜTTER,
Ich glaube also, dass es nicht berechtigt ist, mit dem Namen
Tapetum cellulosum und fibrosum die Vorstellung zweier wesentlich
verschiedener Gebilde zu verbinden.
4. Corpus ciliare.
Bei der biologischen Betrachtung des Corpus ciliare müssen wir
die Grundplatte von den Ciliarfortsätzen trennen. Die Grundplatte
hat im Wesentlichen den Bau der Chorioidea, nur fehlt die Chorio-
capillaris. Als neues Element tritt dagegen die ciliare Musculatur
hinzu.
Wir müssen 2 Ciliarmuskeln unterscheiden: den eigentlichen
Accommodationsmuskel der Säugethiere, den circulär verlaufenden
Musculus ciliaris s. str. und den meridional verlaufenden, den
wir nach BRÜCKE Musculus tensor chorioideae nennen wollen.
Die Wirkung des circulären Muskels, die Entspannung der Zonula
ciliaris ist allgemein anerkannt.
Nicht so klar dagegen ist die Function des Tensor chorioideae.
Er reicht ja weit über die Grenzen des Corpus ciliare hinaus, beim
Menschen wissen wir (F. E. SCHULZE), dass die ganze Chorioidea von
einem Netz von Muskelfasern umzogen wird. FUKALA (107) vertritt
die Ansicht, dass dieses Muskelnetz, das die ganze Chorioidea und
damit den Glaskörper umfasst, die Aufgabe habe, als Antagonist
der Augenmuskelpresse (4 Recti, 2 Obliqui, bei vielen Thieren
ausserdem die Retractores bulbi) zu wirken, die beständig geringe
Deformationen, Zerrungen der Augenhäute bewirke.
Eine solche Function wäre sehr wohl denkbar, vielleicht aber
stellen sich bei den Wassersäugethieren die Sachen doch wesentlich
anders. Die einzelnen Ordnungen unterscheiden sich aber so sehr
von einander, dass sie einzeln betrachtet werden müssen.
Der Musculus ciliaris s. str. ist fast nur noch bei den Pinni-
pediern vorhanden, und auch hier ist er sehr schwach entwickelt,
am besten noch bei Macrorhinus, doch besteht er selbst bei diesem
Thier nur aus wenigen Bündeln.
Der Tensor chorioideae ist dagegen ziemlich stark entwickelt.
Bei Macrorhinus, wo der M. ciliaris am stärksten war, ist der Tensor
chorioideae am schwächsten, in dem grossen Auge sind nur 30 Bündel
von 130—170 u Dicke vorhanden. Stärker schon ist er bei Odobae-
nus, das in seinem sehr kleinen Bulbus 44 Bündel von 100 u Dicke hat.
Am stärksten aber ist er beim Genus Phoca, bei dem Ph. vitulina,
die grösste Anzahl isolirter Bündel, 77 Bündel von 80—180 u Dicke,
——————
Die Augen der Wassersiiugethiere. 339
Ph. barbata aber den stärksten Muskel hat, der nicht mehr in einzelne
Bündel vertheilt ist, sondern den ganzen Umfang des Ciliarkörpers
erfüllt. Seine grösste Dicke erreicht der Tensor chorioideae übrigens
nicht im Bereich des Ciliarkérpers, sondern hinter demselben im
Aequator des Bulbus; hier, wo die Sclera am dünnsten ist, steigt seine
Dicke auf 600 u.
Versuchen wir uns aus diesen vergleichend anatomischen That-
sachen ein Bild von der Wirkungsweise der ciliaren Musculatur zu
entwerfen, so können wir zunächst mit Sicherheit behaupten, dass eine
Accommodation, wie sie beim Menschen durch die Entspannung der
Zonula ciliaris zu Stande kommt, hier nicht eintreten kann. Wo über-
haupt circulare Muskelbündel bei den Pinnipediern vorhanden sind,
sind sie so schwach und gering an Zahl, dass eine accommodative
Wirkung, besonders bei der bedeutenden Grösse und Starrheit der
Linse, gar nicht denkbar ist. Auch die Kugelgestalt der Linse,
welche eine Krümmungszunahme unmöglich macht, spricht ja a priori
gegen diesen Modus der Accommodation. Andrerseits muss man
sich fragen, ob das Vorhandensein eines relativ so starken Muskels
wie des Tensor chorioideae im vordern Bulbusabschnitt nicht doch auf
eine Accommodation, gleich viel nach welchem Modus, schliessen lasse.
Wäre FuKAra’s Ansicht richtig, dass der Tensor chorioideae die
Aufgabe hätte, als Antagonist der äussern Augenmuskeln einer De-
formation der Augenhäute entgegenzuwirken, so wäre damit doch noch
keineswegs ausgeschlossen, dass er auch noch als Accommodations-
muskel wirken könnte. Für FuKALA’s Anschauung spricht der Um-
stand, dass an der dünnsten Stelle der Sclera, wo diese am ersten
Deformationen ausgesetzt ist, der Muskel am stärksten entwickelt ist.
Es sprechen aber auch gewichtige Momente gegen seine Auffassung.
Die Gefährlichkeit einer Zerrung für die Augenhäute wird durch-
aus nicht nur durch ihre Grösse, sondern vielmehr durch ihre Lage
bestimmt. Im ganzen vordern Bulbusabschnitt liegen keine recipirenden
Elemente, die durch eine Zerrung geschädigt werden könnten, diese
beginnen erst im Aequator. Der Muskel aber ist vor dem Aequator
viel stärker als im Augengrunde, wo er doch gerade nöthig wäre, zu-
mal bei den Pinnipediern diese Partie noch den beträchtlichen Zug des
Musculus retractor bulbi auszuhalten hat.
Ohne also die Richtigkeit der Fuxara’schen Erklärung für das
menschliche Auge, wo die Verhältnisse jaganz anders liegen,
in Zweifel ziehen zu wollen, glaube ich, dass sie für das Pinnipedier-
Auge nicht anwendbar ist.
336 AUGUST PUTTER,
Dem Zug der Augenmuskel halt hier wohl kein innerer Augen-
muskel das Gleichgewicht, sondern die Dicke der Sclera verhindert
Deformationen.
Welche Wirkung könnte aber ein Muskel haben, der in meridi-
onaler Richtung über eine körperliche Kugelzone ausgespannt ist?
Das Punctum fixum des Muskels liegt vorn am Iriswinkel, con-
trahirt er sich, so kann man sich sehr wohl denken, dass er einen
Druck auf den Glaskörperraum ausübte, dass er als ,,Tensor chorioideae‘
wirkt. Wäre dies der Fall, so würde die Folge sein, dass die Linse
nach vorn gegen die Vorderkammer vorgedrängt würde.
TH. BEER (100) hat eine Reihe verschiedener Modi der Accommo-
dation unter den Wirbelthieren nachgewiesen, unter andern auch den,
dass durch Steigerung des Drucks in der hintern Kammer die Linse
gegen die vordere Kammer vortritt und so ihren Abstand von der
Retina vergrössert, d. h. das Auge für die Nähe accommodirt (wei
Schlangen und Amphibien).
Wenn wir also auf Grund der anatomischen Befunde bei den
Pinnipediern zu der Ansicht gelangen, dass bei ihnen eine Accommo-
dation durch Steigerung des Drucks der hintern Augen-
kammer zu Stande kommt und dass das Auge für die Nähe
accommodirt, so sind das Resultate, die mit experimentell festgestellten
Thatsachen in gutem Einklang stehen.
Ob sie den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen, kann freilich
nur die Beobachtung lebenden Materials entscheiden. Solche Beobach-
tungen liegen erst wenige vor.
JOHNSON (83 u. 120) giebt an, dass der Seehund in der Luft
stark myop und astigmatisch ist. Ueber den Refractionszustand im
Wasser finden sich in der Literatur keine Angaben.
Ich bin daher Herrn Dr. Tu. BEER zu bestem Dank verpflichtet,
dass er mir brieflich einige noch nicht publieirte Beobachtungen hier-
über mittheilte; die betreffende Stelle des Briefes lautet: „Einen
Seehund fand ich in der Luft, atropinisirt hochgradig astigmatisch-
myopisch (bis ca. 10 D.); normaler Weise hat er aber in Luft die
Pupille sehr eng, so dass er wie mit einer stenopäischen Brille,
zumal auf geringe Distanzen, doch ausreichend fern sehen könnte.
Im Wasser — es scheint hier interessanter Weise Benetzung der
Cornea Pupillenerweiterung auszulösen? — fand ich ihn hyper-
metropisch, und ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass er für
die Nähe accommodirt.“
PR Eu
Die Augen der Wassersäugethiere. 337
Den Bartenwalen fehlt jede ciliare Musculatur, und wir sehen
uns daher zu der Annahme gezwungen, dass sie nicht accommodiren
können. Es ist durch TH. BEER’S ausgezeichnete Arbeiten über die
vergleichende Physiologie der Accommodation wahrscheinlich geworden,
dass vielen Thieren, die bei schwacher Beleuchtung sehen, die Accommo-
dation fehlt. Können wir dieses Moment hier zur Erklärung heran-
ziehen ?
Ich glaube, nicht ohne Weiteres, denn gerade die Bartenwale leben
wohl meist in ziemlich oberflächlichen Meeresschichten, in denen noch
leidlich gute Beleuchtung herrscht. Doch möchte ich die Wirksamkeit
dieses Factors nicht gänzlich und vor Allem nicht principiell in Ab-
rede stellen, doch scheint für diesen speciellen Fall schon ein anderer
Grund ausreichend.
Betrachtet man die Lage des Auges bei den Bartenwalen, so
findet man, dass die Entfernung desselben von der Schnauzenspitze
bei diesen Riesen des Meeres schon einige Meter beträgt. Für das
Auge aber sind Strahlen, die von 5 m Entfernungen kommen, schon
als parallel anzusehen . Der Wal muss also, um auch nur bis dicht
vor seine Schnauzenspitze sehen zu können, emmetrop sein. Für
eine Accommodation, die ihn in den Stand setzte, auf geringere Ent-
fernung, also Theile seines eigenen Körpers genau zu sehen, lässt sich
eine biologische Bedeutung nicht denken. Dass die Wale thatsächlich
annähernd emmetrop sind, geht wohl aus MATTHIESSEN’s Unter-
suchungen hervor, der am frischen enucleirten Bulbus durchschnittlich
eine Hypermetropie von + 0,63 D. fand (86, p. 95).
Ueber die Wirkungsweise der ciliaren Musculatur der Denticeten
lässt sich nichts Sicheres sagen, sie ist so schwach, dass man sich
kaum eine nennenswerthe Wirkung von ihr versprechen kann, eine
Accommodation durch Entspannung der Zonula ciliaris fehlt zweifellos.
Am wahrscheinlichsten ist es mir, dass sie überhaupt nicht
accommodiren.
In auffälligem Gegensatz zu diesen auf mikroskopische
Untersuchungen basirten Anschauungen steht eine Bemerkung von
JOHNSON (120, p. 27), welcher angiebt, die Wale (er hat Phocaena
communis untersucht) könnten in Luft wie in Wasser sehen, vermöge .
der bedeutenden Accommodation, die ein „very highly developed ciliary
1) Auf die Bedeutung der absoluten Grösse für die Accommodation
hat auch schon Tu. Brrr andeutungsweise hingewiesen (100) und früher
schon Leucxarr (31).
Zool. Jahrb, XVII, Abth. f. Morph. 22
a
338 AUGUST PUTTER,
muscle“ ihnen ermöglichte. Es scheint aus der Stelle und der ganzen
Arbeit hervorzugehen, dass Jomnson den Ciliarkörper der Wale nicht
mikroskopisch untersucht hat, so dass seine Ansicht nur den
Werth einer Vermuthung hat, die durch die Beobachtung widerlegt ist.
Ueber den Zusammenhang zwischen Form und Function der Pro-
cessus ciliares verdanken wir H. Vırcmow (50) eine schöne Unter-
suchung. Er unterscheidet einen „glatten“ und einen „wulstigen“
Habitus und meint, man müsse den glatten mit der mechanischen
Function der Ciliarfortsätze in Verbindung bringen, die darin besteht,
die Befestigungsfasern der Linse und damit die Linse selbst zu tragen.
Der wulstige Habitus dagegen trägt der Aufgabe Rechnung, einer
Gefässausbreitung Raum zu bieten. Eine Frage, die VIRCHOW
in diesem Fall nicht eingehend zu erörtern brauchte, ist die nach der
physiologischen Bedeutung der starken Gefässausbreitung, für uns aber
ist diese Frage von grossem Interesse. Anschauungen über diesen
Punkt hat in neuerer Zeit besonders Rapti (109) entwickelt. Er
meint, dass eine Function der Ciliarfortsätze in der Transsudation
des Kammerwassers bestehe, für die die anatomischen Verhältnisse un-
gemein günstig liegen (l. c. p. 111), dass aber in erster Linie die
Ciliarfortsätze als Regulatoren des intraocularen Drucks
anzusehen wären.
Auch dem Pecten der Vögel, der ja einen sehr ähnlichen Aufbau
wie die Processus ciliares hat, spricht RaBz als Regulator des intra-
ocularen Drucks an und meint, hier wäre die Frage leicht durch
Beobachtung am lebenden Thier zu entscheiden. Es ist dies, was
RABL anscheinend entgangen, thatsächlich durch Zrem (71) schon 1891
geschehen, und die Resultate sprechen durchaus für RABL’s Aufassung.
Wir nehmen daher diese Anschauungen als die bei weitem wahr-
scheinlichsten an und versuchen, ob sie uns das Verhalten der Ciliar-
fortsätze der Wassersäugethiere verständlich machen.
Bei den Pinnipediern ist wenig Neues zu sagen. Das, was
H. Vırcnow 1886 für Phoca vitulina aussprach, gilt für alle unter-
suchten Formen, die dreieckigen Platten der Ciliarfortsätze dienen als
Aufhängebänder der Linse. Wie aus den schematischen Querschnitten
der Pinnipedieraugen ersichtlich ist, liegt die Spitze des Ciliarfort-
satzes, die am Linsenäquator oder dahinter ansetzt, stets tiefer als
das obere Ende des Ansatzes an der Grundplatte, so dass die Linse
wirklich an den Fortsätzen aufgehängt erscheint. Die Gefässent-
wicklung ist gering, zu gering jedenfalls, als dass man sich vorstellen
könnte, dass sie irgend welchen Einfluss auf die Regulation des intra-
Eitan pat
Die Augen der Wassersäugethiere. 339
ocularen Druckes haben sollte. Dem entsprechend scheinen auch die
Verhältnisse für eine starke Transsudation ungünstig zu sein, was nun
allerdings sehr befremden muss, da, wie wir schon bei der Be-
sprechung der Cornea und ihrer Eigenthümlichkeiten sahen, ein leb-
hafter Flüssigkeitswechsel im vordern Theil des Bulbus angenommen
werden muss. Diese Schwierigkeit löst sich aber, wie unten gezeigt
werden soll, in der Weise, dass bei den Pinnipediern ein anderer
Theil des vordern Uvealtractus, das ganz eigenthümlich ausgebildete
Ligamentum pectinatum, höchst wahrscheinlich diese Function über-
nommen hat.
Bei den beiden Ordnungen der Wale sind die Ciliarfortsätze
einander so ähnlich, dass man hier thatsächlich keinen wesentlichen
Unterschied zwischen Zahn- und Bartenwalen findet. In beiden Ord-
nungen zeigen sie die deutlichsten Zeichen weit gehender Reduction.
Die Reduction hat in erster Linie das Bindegewebe des Stromas
betroffen, die Quer- und Längsschnitte durch die Fortsätze zeigen das von
der Pars ciliaris retinae umschlossene Innere fast ausschliesslich
von Gefässen ausgefüllt. Der Theil des Organs also, den wir als den
Träger der mechanischen Function ansehen müssen, ist ge-
schwunden, und wir schliessen sicher richtig, wenn wir behaupten, dass
den Ciliarfortsätzen der Wale keine mechanische Function mehr zu-
kommt.
Die Linse steht nur durch die Faserzüge der Zonula ciliaris mit
der Retina und Chorioidea in Verbindung, diese Faserzüge aber sind
dafür, besonders bei Balaenoptera, bei dem die kleine Linse weit
von der Retina entfernt liegt, sehr stark ausgebildet.
Die Reduction der Ciliarfortsätze hat sich aber nicht auf diese
eine Componente beschränkt, ihre Masse ist in toto einer relativen
Verminderung anheim gefallen. Während bei den Pinnipediern die
Grenze des Orbiculus ciliaris und die der Ausläufer der Ciliarfortsätze
ungefähr zusammenfiel, beginnen bei den Walen die Fortsätze erst
_ weit nach vorn von der Linea terminalis retinae, die etwa die Grenze
der Orbiculus markirt.
In dem Grade, in dem die Masse der Ciliarfortsätze sich ver-
mindert, wird auch ihre Bedeutung als Regulatoren des intraocularen
Druckes geringer. Von den winzigen Gebilden, die das Walauge ent-
hält, kann man sich nicht viel regulatorische Thätigkeit für den grossen
Innenraum des Bulbus versprechen. Die Function, die als erhaltender
Reiz für den Rest der Ciliarfortsätze gewirkt hat, ist sicherlich die
90%
340 AUGUST PUTTER,
der Transsudation von Kammerwasser. In der That kann man sich
kaum günstigere Verhältnisse denken, als wie sie sich hier finden.
Ein Convolut von Gefässen, fast ohne jedes bindegewebige Zwischen-
gewebe, umgeben von einem Epithel und die Oberfläche durch zahl-
lose Fältchen mächtig vergrössert; selbst die Glomeruli der Niere
dürften kaum günstigere Bedingungen zur Transsudation bieten.
Die Ciliarfortsätze der Pinnipedier und Wale haben bei aller Ver-
schiedenheit das eine gemeinsam, dass sie als Regulatoren des intra-
ocularen Druckes unwirksam sind. Bei den bedeutenden Drucksteige
rungen, denen das Walauge ausgesetzt ist, würde ja auch gut entwickelten
Ciliarfortsätzen eine Regulation nicht möglich sein, es hat hier eben
eine Anpassung an die Steigerung des intraocularen Druckes statt-
gefunden, der beim Menschen die schweren Erscheinungen des Glau-
koms bewirkt. Bei den Pinnipediern könnten wir vielleicht einen
andern Grund dafür annehmen, dass keine Regulation des Druckes
im Glaskörperraum vorgesehen ist. Sind die Anschauungen richtig,
die wir über das Wesen der Accommodation bei ihnen gewannen, so
würde daraus folgen, dass sogar gar nicht accommodirt werden könnte,
wenn eine Steigerung des Druckes im Glaskörperraum sofort aus-
geglichen würde. Die Steigerung des Druckes ist vielmehr nöthig,
um ein Vorrücken der Linse zu bewirken, erst dieses Vorrücken stellt
dann das Gleichgewicht wieder her.
Unter diesem Gesichtspunkt wird uns auch verständlich, warum
der Apparat zur Transsudation von Flüssigkeit für die vordere Kammer
an den Iriswinkel verlegt ist (Ligamentum pectinatum) aus der hin-
tern Kammer heraus. Eine reichliche Gefässentwicklung der
Ciliarfortsätze hätte ja ausser der Begünstigung der Transsudation noch
den ungewünschten, ja schädlichen Nebeneffect gehabt, dieselben zu Regu-
latoren des Druckes zu machen, was ja gerade verhindert werden sollte.
Bei den Walen, bei denen diese Ansprüche der Accommodation
an die Ausbildung der Ciliarfortsätze fortfallen, haben sie dagegen
ihre Transsudationsfunction beibehalten, ja in erhöhtem Maasse aus- ©
gebildet. Auch dass bei den Walen die mechanische Function der
Ciliarfortsätze zurückgeht, während sie bei den Pinnipediern als ein-
zige erhalten bleibt, ist verständlich, wenn man erwägt, dass die im
Verhältniss zum Bulbus relativ so sehr viel grössere Linse der Pinni-
pedier noch accommodative Verschiebungen ausführen soll, während die
relativ viel kleinere Wallinse solche wahrscheinlich nicht zu machen
hat, sicher nicht bei den Bartenwalen.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 341
5. Iris.
Die Iris dient dem optischen Apparat des Auges als Blende
von wechselnder Weite, eine weitere Function von Bedeutung kann
man ihr kaum zuschreiben, héchstens noch eine thermische, indem
ihre Blutgefässe ja auch zur Erwärmung des Kammerwassers dienen
können.
Die drei Hauptcomponenten, aus denen sich ihr Gewebe zusammen-
setzt, haben für diese Function sehr verschiedene Bedeutung.
Das bindegewebige Stroma verleiht, je stärker es ausgebildet
ist, der Iris eine um so grössere Festigkeit, Steifigkeit. Eine starke
Entwicklung des Stromas würde also einer sehr bedeutenden Amplitude
der Irisbewegung hindernd im Wege stehn.
Die Ausbildung der Gefässe ist für die Beweglichkeit der
Iris von viel geringerer Bedeutung, viel weniger hinderlich als die
des Stromas. Eine starke Gefässentwicklung lässt wohl darauf
schliessen, dass für das betreffende Auge die thermische Function der
Iris von grösserer Bedeutung ist.
Am wichtigsten für das Spiel der Iris ist natürlich die Ausbildung
der Musculatur. Besonders die Entwicklung eines starken Dila-
tator iridis dürfen wir wohl stets als das Zeichen einer starken
Erweiterungsfähigkeit der Pupille ansehen.
Betrachten wir die Regenbogenhäute der Wassersäugetiere unter
diesen Gesichtspunkten, so ergiebt sich zunächst in Bezug auf das
Stroma eine gleichsinnige Entwicklung innerhalb aller untersuchten
Ordnungen. Ueberall erfährt dasselbe eine mehr und mehr zunehmende
Reduction. Gleichzeitig erfolgt ‘eine starke Entwicklung der Iris-
gefässe, doch in etwas verschiedener Weise innerhalb der einzelnen
Ordnungen.
Bei den Pinnipediern kann man beide Processe vergleichend
anatomisch verfolgen. Den Ausgangspunkt bildet Otaria jubata. Hier
ist das Stroma stark entwickelt, zeigt aber gegen den Ciliarrand eine
eigenartige Spaltung (s. speciellen Theil S. 164) und Auflockerung in
einzelne Balken, die einen weiten Lymphraum zwischen sich fassen
Einen Schritt weiter ist die Entwicklung bei Halichoerus gegangen.
Hier spaltet sich die Iris nicht mehr in zwei Blätter, sondern die
ganze ciliare Partie der Irisvorderfläche ist in ein System einzelner
Bindegewebsbalken aufgelöst, die als ein mächtig entwickeltes Liga-
mentum pectinatum imponiren, das vom Iriswinkel aus noch ein ganzes
Stück weit nach hinten zwischen Selera und Chorioidea hinein reicht
342 AUGUST PUTTER,
(s. Fig. H, S. 146 1. p.). Das Stroma ist hier auch noch stark und enthält
eine von der Grundplatte des Corpus ciliare ausgehende feste Stiitz-
platte.
Die Weiterentwicklung dieser Verhältnisse bei den übrigen Pinni-
pediern besteht nun darin, dass das Stroma (z. B. bei Phoca barbata,
s. Taf. 3, Fig. 10) einen fast vollständigen Schwund erleidet und
dass das z. B. bei Macrorhinus (s. Fig. A, S. 105) ganz enorm ent-
wickelte Ligamentum pectinatum durch Aufnahme von Gefässen in
die einzelnen Bindegewebszüge sich zu einem Gefässplexus umwandelt.
Die straffe bindegewebige Stützplatte der Iris ist bei Macrorhinus in
ausgezeichneter Weise vorhanden, bei Phoca fehlt sie.
Das enorm ausgebildete Ligamentum pectinatum hat eine Function,
die mit den sonstigen Leistungen der Iris nichts zu thun hat. Durch
partiellen Schwund des Irisstromas und Einwachsen reich-
licher Blutgefässe ist ein Gebilde entstanden, dass als Gefässplexus
eine gewisse Bedeutung für die Erwärmung des Kammerwassers hat,
in dem aber vor allem die Verhältnisse günstig liegen, um die Trans-
sudation von reichlichen Mengen Kammerwasser zu ermöglichen, eine
Function, der die Ciliarfortsätze aus den oben entwickelten Gründen
nicht mehr dienen konnten, die aber bei Wassersäugethieren sicherlich
in ihrer Bedeutung höher zu veranschlagen ist als bei Landsäugethieren.
Auch im Pupillartheil der Iris findet eine Reduction des Stromas,
d. h. eine Verdünnung der Iris statt.
Eine solche Verdünnung ist für die Hauptfunction der Iris, als
Blende zu wirken, belanglos, da das stark pigmentirte dünne Stroma
sowohl wie der Ciliartheil der Retina das Licht nicht durchdringen
lässt, ebenso wenig wie ein dickeres Stroma, dagegen ist sie nützlich
in so fern, als sie eine leichtere Beweglichkeit der Iris gestattet. Inter-
essant ist sie endlich in so fern, als sie wieder zeigt, wie die einzelnen
geweblichen Componenten eines Organs relativ unabhängig von ein-
ander sein können, denn während das Stroma schwindet, bleiben die Ge-
fässe erhalten, und hieraus erklärt sich dann das sonderbare Bild, dass
die Irisgefässe dem Stroma völlig vorgelagert erscheinen und strecken-
weise direct mit freien Schlingen in die Vorderkammer hineinragen.
Die Auffassung, die wir hierdurch von der Pinnipedier-Iris be-
kommen haben, nämlich die, dass sie recht leicht beweglich sein müsse,
wird durch das Verhalten der Musculatur vollkommen bestätigt. Durch-
gängig findet man, wie aus den betreffenden Specialbeschreibungen er-
sichtlich, eine äusserst starke Musculatur, Sphincter sowohl als Dila-
tator. In Bezug auf letztern bemerkt H. VırcHmow mit Recht, dass,
Die Augen der Wassersäugethiere. 343
wenn Bilder, wie sie z. B. die Iris von Phoca zeigt, allgemein bekannt
wären, ein Streit über die Existenz eines Dilatators überhaupt nicht
hätte entstehen können.
Bemerkenswerth ist ein Unterschied der Musculatur des Dilatators
und Sphincters, ersterer hat nämlich in seinen Muskelbündeln ungemein
feine zahlreiche Pigmentkörnchen, ganz von der Farbe und dem
Aussehen, wie sie die Zellen der Pars ciliaris retinae
zeigen, der Sphincter enthält in den Muskelzellen kein Pigment.
Zur Thatsache erhoben werden die Vermuthungen über die
grosse Beweglichkeit der Pinnipedier-Iris durch directe Beobach-
tungen. JOHNSON (83) fand, dass die Pupille von Phoca vitulina
in Luft ungemein verengt, direct spaltförmig ist, im Wasser sich
dagegen mächtig erweitert. Aus seinen Zahlen und Abbildungen geht
hervor, dass die Breite der völlig dilatirten Iris nur etwa !/, der
ad Maximum contrahirten beträgt. Die Pupille stellt im verengten
Zustande einen senkrechten Spalt dar, sie wirkt dann nach
Art eines stenopäischen Spaltes und ist geeignet, so den starken
Astigmatismus auszugleichen, den das Thier in Luft hat (s. auch die
Bemerkung von Tu. BEER S. 336). Im erweiterten Zustand ist sie
rund und in horizontaler Richtung 19mal so breit wie im verengten
Zustande.
Die Iris der Zahnwale zeigt nicht so verwickelte Verhältnisse,
wie sie bei den Pinnipediern durch die Ausbildung des Ligamentum
pectinatum zu Stande kommen. Eine ungemein dünne Iris, die so gut
wie gar kein Stroma mehr enthält, sondern fast nur aus der Pars
iridica retinae, der starken Musculatur und den ziemlich zahl-
reichen, in die Vorderkammer hineinragenden Gefässen besteht, zeigt
uns, dass wir auch hier sehr grosse Beweglichkeit zu erwarten haben.
Der ziemlich bedeutende Gefässreichthum ist als thermische An-
passung, als Mittel zur Erwärmung des Kammerwassers anzusehen.
Dagegen ist hier von besonderem Interesse der obere Theil der
Iris, der als Operculum pupillare in die Pupille von oben her
hineinragt und ihr dadurch eine bohnenförmige Gestalt giebt.
Es besteht fast nur aus Musculatur (s. Taf. 3 Fig. 14), was für
ausserordentliche Beweglichkeit spricht. Die biologische Bedeutung dieses
Operculums ist leicht zu verstehen. Die Hauptausdehnung des Gesichts-
feldes der Wale liegt, wenn sie der Oberfläche nahe schwim-
men, nach unten. Nach oben zu sehen, wo die Meeresoberfläche
ihnen die Grenze für ihre Bewegungen in dieser Richtung steckt, hat
für sie erstens keine biologische Bedeutung, zweitens aber kommen
344 AUGUST PUTTER,
ja von oben, von der Meeresfläche, eine Menge diffuser Lichtstrahlen
in Folge der totalen Reflexion an der Oberfläche, die bei der relativ
bedeutenden Lichtintensität in den oberflächlichen Meeresschichten
eine störende Blendung verursachen würden, wenn sie nicht in ge-
eigneter Weise unschädlich gemacht, abgeblendet würden. Zu einer
solchen Abblendung erscheint nun das Operculum pupillare in hervor-
ragender Weise geeignet.
In tiefern Meeresschichten mit geringer Lichtintensität können
wir uns für das Operculum keine Function denken. Es liegen aber
auch Gründe vor, anzunehmen, dass es bei geringer Beleuchtung über-
haupt nicht existirt. Schwache Beleuchtung wirkt ja stets als expan-
sorischer Reiz auf den Sphincter iridis (bezw. contractorischer auf den
Dilatator), und bei der viel stärkern Ausbildung der Musculatur des
Operculums liegt es nahe, anzunehmen, dass in seinem Bereich am
ersten und ausgiebigsten eine Contraction der Iris eintritt, deren Er-
folg eine Ausgleichung des Operculums ist. Wir können also an-
nehmen, dass die Beschränkung des Gesichtsfeldes nach oben, die in
den stärker erleuchteten Oberflächenschichten durch das Operculum
bewirkt wird, in einer gewissen Tiefe aufhört und die Zahnwale dann
auch eine mehr oder weniger runde Pupille, ein nach allen Seiten
gleichmässig ausgedehntes Gesichtsfeld haben.
Directe Beobachtungen über die Erweiterungsfähigkeit der Pupille
lassen sich aus leicht begreiflichen Gründen an Walen nicht anstellen,
wir werden aber kaum fehl gehen, wenn wir ihre Erweiterungsfähigkeit
mindestens für ebenso gross halten wie die der Pinnipedier. Von
diesen wissen wir, dass vom Stadium grösster Pupillenverengerung bis
zu dem stärkster Erweiterung die Breite der Iris auf !/, abnimmt.
Auf diese Weise können wir aber nicht angeben, wie gross im Maximum
die Pupille der Zahnwale werden kann, denn die untersuchten Augen
zeigen die Pupille nicht in maximaler Verengerung. Wir wissen viel-
mehr, dass im Tode ein Gleichgewichtszustand zwischen dem Sphincter
und Dilatator eintritt, so dass die Pupille mittelweit ist. Ziehen wir
dies in Betracht, so können wir annehmen, dass sich die Iris von dem bei
der Leiche gefundenen Zustand aus noch um ihre Hälfte verschmälern
könnte, d. h. dass der Durchmesser der Pupille noch um den Werth
der ganzen Irisbreite zunehmen könnte. Berechnet man nun diesen
wahrscheinlichen Maximalwerth der Pupillenweite, so kommt man zu
einem interessanten Resultat, wie die folgende Zusammenstellung lehrt.
Unter 1 ist der Durchmesser der Linse, unter 2 der maximale Pupillar-
durchmesser in horizontaler Richtung angegeben.
nr een
Die Augen der Wassersäugethiere. 345
1 2
Phocaena communis 84mm 87 mm
Delphinapterus leucas 16,0 „ 19,45 ,,
Hyperoodon rostratus 16,0 „ 216 ,,
Bei Phocaena schon ist die grösste Pupillarweite etwas grösser
als der grösste Linsendurchmesser, aber nur sehr unbedeutend. Bei
Delphinapterus ist der Unterschied beider Werthe schon recht be-
trächtlich, am bedeutendsten aber ist er bei Hyperoodon, bei dem in
horizontaler Richtung der grösste Pupillendurchmesser 5,6 mm grösser
ist als der Linsendurchmesser, wir müssen also feststellen, dass bei
den Zahnwalen (für Phocaena unsicher) bei maximal erweiterter Pupille
ein aphakischer Raum physiologisch vorkommt, wie er sonst fast
nur bei Tiefseefischen gefunden wird. Gerade bei dem Hyperoodon,
den wir schon öfters als Beispiel eines „Tiefseesäugethieres“ anführen
konnten, ist diese Eigenthümlichkeit am besten ausgebildet. Während
sie bei den Tiefseefischen dauernd besteht, tritt sie bei den Walen
nur periodisch auf, in dem Maasse, wie mit abnehmender Lichtstärke
in grössern Tiefen die Pupille sich erweitert. |
Die Iris der Glattwale, als deren Vertreter Balaena mysticetus
untersucht wurde, ist ganz nach dem Typus der Zahnwahl-Iris gebaut,
nur das Operculum pupillare ist nicht so stark entwickelt, sondern
nur in Andeutungen vorhanden. Die der Furchenwale (Beispiel
Balaenoptera physalus) zeigt etwas andere Verhältnisse, vor allem ist
die Reduction der Stromas nicht so weit vorgeschritten wie bei den
übrigen Walen. Reichliche Gefässe und starke Musculatur zeichnet
auch diese Iris aus, ein Operculum pupillare fehlt, dafür hat aber die
Pupille die Form eines horizontal stehenden Ovals, so dass das Ge-
sichtsfeld wesentlich in horizontaler Richtung ausgedehnt, nach oben
und unten aber beschränkt ist.
Der aphakische Raum, dessen Vorhandensein wir bei den
Zahnwalen constatiren konnten, ist bei den Bartenwalen vielleicht in
noch höherm Maasse vorhanden. Es ist wieder unter 1 der Linsen-
durchmesser, unter 2 der maximale, horizontale Pupillendurchmesser
angegeben.
1 2
Balaena mysticetus 1529 22
Balaenoptera physalus 20,5 32,5
Die Existenz dieses Raumes wird jedem sicher erscheinen, der
die Textfiguren S, V und JJ betrachtet und sich die Iris ein wenig ver-
schmälert denkt. Auch hier würde es sich aber wieder um einen
346 AUGUST PUTTER,
„facultativen“ aphakischen Raum handeln, der erst auftritt, wenn die
Beleuchtung schwach und die Pupille dem entsprechend weit wird.
6. Linse.
Die Eigenschaften, welche der Linse ihre Bedeutung fir das
Auge geben, sind grossen Theils derartig, dass sie durch anatomische
Untersuchung nicht feststellbar sind. Es ist zunächst der Brechungs-
index, der von grosser biologischer Bedeutung ist, denn von seiner
Grösse hängt es ab, in welcher Entfernung hinter der Linse das Bild
entworfen wird. In dieser Brennebene muss aber die Retina liegen.
Wir sahen schon vorher, dass beim Fortfall der Hornhautbrechung
entweder die Axe des Bulbus verlängert oder die Brechkraft der Linse
vergrössert werden muss, wir sahen ferner, dass der Ausweg, die Axe
zu verlängern, nur in sehr beschränktem Maasse gewählt worden ist, ,
dass vielmehr bei den meisten Wassersäugethieren die Axe relativ
kurz ist. Das lässt darauf schliessen, dass der Brechungsindex der
Linse bei ihnen grösser ist als bei den Landsäugethieren. Diese An-
nahme ist bestätigt durch die Untersuchungen von MATTHIESSEN (76
u. 86). Er fand sowohl bei Zahnwalen (Phocaena) wie auch bei
Bartenwalen, dass der Brechungsindex (Totalindex) der Linse höher
ist als bei irgend einem Landsäugethier. Die Bartenwale
haben einen Totalindex von etwa 1,57, der Mensch hat nur 1,4367.
Noch grösser ist der Totalindex bei Phocaena, wo er 1,6323 beträgt.
Hiermit ist fast die Höhe erreicht, die der Brechungsindex bei Fischen
zeigt, wo MATTHIESSEN für den Hecht 1,64 und den Barsch 1,6515 fand.
Die Anpassung an das Wasserleben, die wir in dieser Zunahme
des Brechungsindex sehen müssen, ist bei den Bartenwalen nicht so
weit vorgeschritten wie bei den Zahnwalen, es muss also bei den
Bartenwalen der Abstand der Retina von der Linse relativ grösser
sein als bei den Zahnwalen, was entweder dadurch zu Stande kommen
könnte, dass der Bulbus länger wäre oder die Linse kleiner. Das
letztere ‘ist der Fall. In Theilen der innern Augenaxe ausgedrückt,
beträgt die Linsenaxe beim Finwal 1:3,536, bei den Zahnwalen da-
gegen ist sie wesentlich grösser und schwankt zwischen 1:2,75 (Pho-
caena) und 1:2,15 (Hyperoodon).
Aehnliche Werthe wie bei den Denticeten findet man auch bei
den Pinnipediern für das Verhältniss von Linsenaxe und Bulbus-
axe, so dass der Schluss vielleicht nicht zu gewagt ist, dass sich auch
bei ihnen höhere Brechungsindices finden werden als bei den Bartenwalen.
Da die Linse der Wassersäugethiere durch die Höhe ihres
Die Augen der Wassersäugethiere. 347
Brechungsindex der Fischlinse so ähnlich ist,{ liegt es nahe, nach-
zuforschen, ob sich noch weitere derartige Uebereinstimmungen zeigen.
Die Fischlinse ist im Allgemeinen kuglig, während die typische
Säugethierlinse flach ist. Es ist nun eine altbekannte Thatsache, dass
auch die Linsen der Wassersäugethiere nur wenig von der Kugelform
abweichen. Die Fischlinse hat, im Zusammenhang mit ihrer Kugel-
gestalt, die Eigenschaft, dass sie auch Strahlen, welche unter einem
ziemlich bedeutenden Winkel zur Augenaxe einfallen, noch zu Bildern
vereinigen kann. Ob die Wassersäugethierlinse gleichfalls diese Fähig-
keit hat, das lässt sich nur vermuthen. Wir können den Besitz dieser
Eigenthümlichkeit vielleicht nicht einmal als nothwendiges Postulat
aufstellen, wenn wir an die Untersuchungen von BERLIN (61) denken,
nach denen es wahrscheinlich ist, dass für die Reception von Be-
wegungen ein gewisser Grad von Curvatur-Astigmatismus der
Linse nützlich sein kann.
Eine Uebereinstimmung zwischen der Fischlinse einerseits und der
der Pinnipedier und Denticeten (auch wohl der Sirenen) andrerseits
findet sich aber noch, deren biologische Bedeutung wir zwar nicht
kennen, die uns aber gleichwohl erstens als eine interessante Con-
vergenz erscheint und zweitens einen wichtigen Unterschied der
Zahn- und Bartenwale wie auch der Pinnipedier und Bartenwale be-
deutet.
Rast (109, p. 99—100) unterscheidet dem Bau der Linse nach
4 Typen bei den Wirbelthieren ; über die beiden, welche uns interessiren,
sagt er Folgendes:
„Die erste Form findet sich bei den Fischen und bei den
Amphibien, solange diese im Wasser leben; sie ist dadurch
charakterisirt, dass die beiden Flächen der Linse gleich stark
gewölbt sind und dass die Epithelgrenze mehr oder weniger
weit jenseits des Aequators an der hinteren Fläche liegt.“
„Die zweite Form findet sich bei den Amphibien, wenigstens
nach ihrer Verwandlung, und bei den Säugethieren, ausserdem
kommt sie bei einigen Schlangen vor (Eryx). Sie ist dadurch
charakterisirt, dass die beiden Flächen gewöhnlich eine verschieden
starke Krümmung besitzen und dass die Epithelgrenze mehr oder
weniger genau am Aequator liegt.“
Dass die Linsen der Wassersäugethiere in so fern nicht dem
„Säugethiertypus“ entsprechen, sondern zum „Fischtypus“ zu zählen
sind, als bei ihnen beide Flächen gleich stark gewölbt sind, sich der
Kugelform nähern, wurde schon erwähnt.
348 AUGUST PUTTER,
Aber auch was die Lage der Epithelgrenze anlangt, kann
man nur die Bartenwale mit Sicherheit zum Säugethiertypus zählen.
Bei ihnen liegt die Epithelgrenze im Aequator. Bei den Sirenen ist
die Lage zweifelhaft, bei einem jungen Embryo von Manatus latirostris
lag sie deutlich auf der hintern Fläche.
Für die Pinnipedier und Denticeten aber kann mit Sicherheit an-
gegeben werden, dass bei ihnen die Epithelgrenze weit hinter
dem Aequator, mehrere Millimeter weit von ihm ent-
fernt, auf der Hinterfläche der Linse liegt.
Der Durchmesser der Linse ist im Verhältniss zum Bulbusdurch-
messer bei den Wassersäugethieren sehr verschieden lang, ebenso wie
es schon für die Linsenaxe hervorgehoben wurde. Dagegen findet
sich eine interessante Beziehung zwischen seiner Grösse und der des
Corneadurchmessers. Diese Proportion ist von biologischer Bedeutung:
Durch die Cornea erhält ja die Linse ihr Licht, und es liegt daher
nahe, an eine Beziehung zwischen Cornea- und Linsengrösse zu denken.
Beim Menschen beträgt das Verhältniss des Linsendurchmessers
zum Corneadurchmesser 1 : 1,205, auch bei den andern Formen mit
flachen Linsen scheint das Verhältniss annähernd diesen Werth zu
haben, z. B. beim Pferd 1:1,2. Alle diese Thiere haben also im
Verhältniss zur Grösse ihrer Cornea grosse Linsen.
Von diesen grossen Linsen ist aber nur ein kleiner Theil im
Stande, gute Bilder auf der Netzhaut zu entwerfen, nämlich nur die
centralen Partien.
Bei den Wassersäugethieren ist nun durchgängig die Linse im
Verhältniss zur Cornea viel kleiner als bei den Landsäugethieren.
Das Verhältniss ihres Durchmessers zu dem der Cornea ist bei Pinni-
pediern, Mysticeten und Denticeten fast ganz dasselbe und sehr nahe
constant, es beträgt im Mittel 1: 1,738. Die Abweichungen von diesem
Mittelwerth sind nur gering. Die grössten Abweichungen zeigen einer-
seits Delphinapterus, bei dem sie relativ grösser ist (1: 1,468), und
andrerseits Odobaenus, bei dem sie noch kleiner ist (1: 2,01) als bei
den übrigen Wassersäugethieren. Diese Abweichungen wären sicher
noch viel geringer, wenn die Lage der Linse, der Ort des vordern
Linsenscheitels überall derselbe wäre. Das ist aber nicht der Fall,
und, wie es scheint, ist der Abstand des vordern Linsenscheitels vom
Cornealscheitel bei den Pinnipediern grösser als bei den Walen.
Letztere könnten also bei gleich grosser Cornea mehr Randstrahlen
erhalten als die Pinnipedier, wodurch sich eine etwas bedeutendere
Grösse der Linse erklären würde.
0. ee. «+t
Die Augen der Wassersäugethiere. 349
Wir können dieses constante Verhiltniss des Linsendurch-
messers zum Corneadurchmesser, das in 3 Ordnungen der Wasser-
säugethiere beobachtet werden konnte und bei den Sirenen anscheinend
auch vorhanden ist, als eine Anpassung an das Sehen im Wasser be-
trachten. Es handelt sich für die Wasserthiere darum, das gegebene
Quantum Licht, das schwächer ist als jenes, das den Landthieren zu
Gebote steht, möglichst vollständig auszunutzen. Wie wir sahen,
nutzen die Landthiere mit ihren flachen Linsen, die nur die centralen
Strahlen verwerthen können, das Licht sehr ungenügend aus. Die
Wassersäugethiere gehen ökonomischer mit dem Licht um, sie
blenden möglichst wenig ab (s. oben Iris), sobald sie bei schwacher
Beleuchtung sehen müssen, und um auch die Randstrahlen ausnutzen
zu können, gestaltet sich ihre Linse kugelförmig.
Wenn wir die Linse in fester biologischer Beziehung, in fester
Correlation, zur Hornhautgrösse sehen und wenn wir für die Aus-
bildung der Cornea im einzelnen Falle die biologische Analyse
geliefert haben, so ist damit auch die Aufgabe gelöst, die Linsen-
grésse als Function der äussern Lebensbedingungen
darzustellen.
7. Retina.
1. Das Aussenblatt der Retina...
Bei allen Säugethieren, welche kein Tapetum lucidum besitzen,
ist das Aussenblatt der Retina als sog. Pigmentblatt entwickelt.
Die polygonalen, meist regelmässig sechseckigen Zellen, die es zu-
sammensetzen, sind höher als breit. Das reichliche Pigment, das sie
in Form von Körnern enthalten, die z. B. beim Menschen 1—5 u lang
sind, führt unter dem Einfluss der wechselnd starken Belichtung Be-
wegungen aus, die den Zweck haben, die Stäbchen der Retina so mit
Pigment zu umgeben, dass eine vollständige Abblendung alles Lichts
erreicht wird, welches das Stäbchen einmal durchsetzt hat (in der
Richtung der Längsaxe desselben). Wie wir schon oben bei Be-
sprechung der Wirkungsweise des Tapetums sahen, liegt für die Thiere
mit Tapetum lucidum ihre Ueberlegenheit qua „Sehen bei
schwacher Beleuchtung“ darin begründet, dass auch jenes Licht,
das die Retina bereits durchsetzt hat, nochmals zur Erregung der
Netzhautelemente verwandt und nicht absorbirt wird. Dies ist natür-
lich in vollständiger Weise nur dann möglich, wenn auch das Aussen-
blatt der Retina sein Pigment verliert, und so finden wir denn überall
350 AUGUST PÜTTER,
bei den Wassersäugethieren eine mehr oder minder vollständige Re-
duction desselben. Diese Reduction hat für die Zellen des Aussen-
blattes die Bedeutung, dass sie ausser Function gesetzt werden, denn
gerade in der Bewegung und zweckmässigen Lagerung desselben be-
stand ja die Leistung, die sie beim Sehact zu vollbringen hatten.
Man muss also einen vollständigen Schwund oder doch eine starke
Reduction der Zellen erwarten.
Dass es thatsächlich bis zum vollständigen Schwund kommen
kann, dafür scheinen mir Bilder zu sprechen, die ich bei Schnitten
durch das Tapetum lucidum des Tigers erhielt, es war hier bei recht
guter Erhaltung der übrigen Elemente keine Spur von einem
Aussenblatt der Retina zu sehen. So weit geht die Reduction
bei den Wassersäugethieren nirgends, stets ist das Aussenblatt da,
stets erscheint es aber auch als eine Zellenschicht, die aus endothel-
artig flachen Zellen besteht.
Die Reduction des Pigments im Aussenblatt ist nicht in der
ganzen Pars optica retinae gleich stark.
Gut entwickelt ist das Aussenblatt zunächst in allen den Bezirken,
in denen das Tapetum lucidum fehlt, hier sind die Zellen etwa cubisch,
Pigment ist reichlich vorhanden. Aber auch im Bereich des Tapetums
kommen Stellen vor, in denen das Pigment erhalten ist, diese Flecken
liegen dann stets im untern Theil des Bulbus.
An der Reduction des Aussenblattes nehmen die Pars ciliaris
und iridica keinen Antheil. Die Function dieser Abschnitte der
Retina ist ja eine andere als die der Pars optica, eine Function,
von der wir jedenfalls negativ behaupten können, dass sie nicht mit
dem Sehen in directer Verbindung steht. In diesen Partien hat
das Aussenblatt die gleiche Ausbildung wie bei andern Säugethieren,
es stellt ein stark pigmentirtes Epithel dar, dessen Zellen etwa würfel-
förmig zu nennen sind.
Nicht ohne Interesse ist vielleicht die Angabe des Verhältnisses
von Zellgrösse und Kerngrösse in den beiden functionell so verschie-
denen Theilen des Aussenblattes. Trotz der Verschiedenheit in der
Form ergab die Rechnung, dass das Volumen der ganzen Zellen in
der Pars ciliaris und optica einander gleich sei (ausgeführt für
Macrorhinus, Volumen etwa 2200 u?). Es ist in der Pars optica bei
der flachen Form der Zellen nur eine viel grössere Grundfläche mit
der gleichen Menge Plasma bedeckt wie im Ciliartheil. Aeusserst ver-
schieden aber ist das Verhältniss der Kernvolumina zum Zellvolumen.
In der Pars ciliaris, wo anscheinend kein Verlust der Function einge-
EEE
Die Augen der Wassersiiugethiere. 351
treten ist, verhält sich der Inhalt des Kerns zu dem der Zelle wie
1:19, in der Pars optica dagegen beträgt das Verhältniss 1 : 66.
Da wir besonders durch die neuen Untersuchungen von GERASSI-
Mow (118) wissen, in wie enger Beziehung die relative Kerngrösse zur
Intensität der Lebensvorgänge steht, so können wir aus diesen Zahlen
entnehmen, wie viel weniger intensiv die Lebensvorgänge, d. h. wie
viel geringer die Functionen bei den Zellen der Pars optica sind im
Vergleich zu denen der Pars ciliaris, denen wir ohnehin aus allgemeinen
Erwägungen wohl auch selbst schon keinen sehr lebhaften Stoffwechsel
zuzuschreiben geneigt sind.
2. Das Innenblatt der Retina.
Durch MATTHIESSEN’S Untersuchungen wissen wir, dass der diop-
trische Apparat des Walauges (bei Zahn- und Bartenwalen) geeignet
ist, Bilder auf der Retina zu entwerfen. Es tritt jetzt die Frage an
uns heran, in wie weit die Retina im Stande ist, diese Bilder zu reci-
piren und der Centralstelle im Gehirn zuzuleiten. Physiologische
Untersuchungen über die Sehschärfe der Netzhaut lassen sich ja bei
Thieren nicht anstellen, wenn wir also nicht ganz darauf Verzicht
leisten wollen, uns eine Vorstellung über diesen Punkt zu machen, so
sind wir auf Analogieschlüsse angewiesen. Gerade aber für diese
Frage ist das Material, das wir zu solchen Schlüssen verwenden können,
ungemein reich und gestattet, einen ziemlichen Grad von Sicherheit
in den Folgerungen zu erreichen.
Wir gehen hierbei in der Weise vor, dass wir zunächst die in
Betracht kommenden Leitungsverhältnisse der menschlichen Retina, in
der Area centralis wie in der Peripherie, erörtern und mit
diesen Befunden die experimentellen Ergebnisse der Untersuchungen
über die Sehschärfe in den betreffenden Netzhautgebieten vergleichen.
Dann muss der Nachweis erbracht werden, dass principiell ähn-
liche Verhältnisse auch bei den übrigen Säugethieren, ja den Wirbel-
thieren überhaupt, obwalten, so dass man berechtigt ist, die für den
Menschen gewonnenen Resultate mutatis mutandis auch auf die Thiere
zu übertragen.
Endlich sind die speciellen Eigenthümlichkeiten der Wassersäuge-
thiere zu erörtern und aus diesen die Schlussfolgerungen über die Art
ihres Sehens zu ziehen. Für die Darstellung der Leitungsverhältnisse
in der Retina beim Menschen benutze ich die Bearbeitung dieses
Themas von GREEFF (112). Er sagt (l. c. S. 197): „Eine mehr
oder weniger grosse Gruppe von Sehzellen treten mit ihren
352 AUGUST PUTTER,
Endkiigelchen in Contact mit dem obern Biischel nur einer Bipo-
lare und wiederum mehrere Bipolire treten in Contact mit nur
einer Ganglienzelle, die also schon ein zusammengesetztes Bild
durch eine Nervenfaser isolirt dem Gehirn übermittelt. Dieses Gesetz
hört auf in der Fovea centralis. Hier gehört zu jeder Seh-
zelle je eine Bipolare und je eine Ganglienzelle. Die feinen Wahr-
nehmungen bleiben also punktförmig und isolirt bis zum Gehirn.“
Diese Resultate sind durch feinste Untersuchungen von RAMÖN y CAJAL
und DOGIEL gewonnen. Nachdem sie einmal festgestellt sind, kann
man auch nach einer gröbern Methode sich diese Verhältnisse ver-
anschaulichen. Man berechnet, wie gross die Zahl der äussern Körner-
zellen, der innern Körnerzellen und der Ganglienzellen auf einem be-
stimmten Flächenraum, etwa 1 qmm, ist.
In welcher Weise diese Rechnung für die äussern und innern
Körner auszuführen ist, wurde im speciellen Theil (S. 113) angegeben.
Statt die Zahl der Ganglienzellen zu berechnen, wählt man besser die
der Opticusfasern (Art der Berechnung s. 8. 102), die ja der Zahl
der Ganglienzellen gleich ist, wenn man von den centrifugalen Fasern
absieht. Eine Controlle für den Werth, den man für die Zahl der äussern
Körnerzellen erhält, kann man erhalten, wenn man ihn mit dem der
Stäbchen- und Zapfensehzellen vergleicht, beide müssten ja gleich sein,
wenn, wie wir dies vom Menschen wissen, in der äussern Körnerschicht
keine andern gangliösen Elemente liegen als die Stäbchen- und Zapfen-
körner. Die Uebereinstimmung dieser beiden Werthe ist nun in der That
beim Menschen eine befriedigende. Die Zahl der Stäbchen und Zapfen
zusammen nimmt man auf 137 Millionen an (s. GREEFF, 8. 122).
Die Zahl der Opticusfasern (die wir der Zahl der Ganglienzellen
substituiren) bestimmt ,,KuHNT (34) wohl zu niedrig etwa 40000,
SULZER 500000, Krauss, der früher die Zahl auf mindestens
1 Million geschätzt hatte, findet neuerdings wenigstens 400000 stärkere
und feinere neben einer vielleicht nicht geringern Anzahl allerfeinster
Fasern“ (nach SCHWALBE, „Sinnesorgane“ p. 86 citirt).
Diese Bestimmungen sind wohl sicher genauer als die Werthe,
die im speciellen Theil dieser Arbeit für die Wassersäugethiere ge-
funden wurden, um aber Werthe zu erhalten, die mit jenen vergleich-
bar sind, wende ich dieselbe oben (s. S. 102) angegebene Methode
an, um die Maximalzahl der Opticusfasern zu finden. Diese ergiebt
sich auf 1 Million. Da die Fläche der Retina, auf welche sich diese
Fasern vertheilen, 1300 qmm beträgt, so entfallen im Durchschnitt auf
1 qmm Retina 769 Opticusfasern. Etwas kleiner wird der Werth,
ne
A >
Die Augen der Wassersiiugethiere. 353
wenn man in Anschlag bringt, dass auf dem gefässfreien Abschnitt
der Macula lutea, dessen Fläche etwa 1,3 qmm beträgt, allein
9000—13000 Zapfen stehen «(s. GREEFF 112, p. 122), die je mit einer
Ganglienzelle verbunden sind, es beträgt dann die Durchschnittszahl
für die übrige Retina 759. Die Zahl der Stäbchen und Zapfenzellen
(die gleich der der äussern Körner ist) beträgt aber auf 1 qmm
Retina im Durchschnitt 105380, so dass also auf je eine Ganglien-
zelle (bezw. Opticusfaser) 130—140 äussere Körnerzellen (bezw. Stäb-
chen- und Zapfenzellen) entfallen }).
Die Zahl der innern Körnerzellen zu berechnen hat verhältniss-
mässig viel weniger Werth, da ja ausser den Bipolaren noch andere
Ganglienzellen in erheblicher Zahl in ihr liegen, die für die queren
Leitungen keine Bedeutung haben dürften.
Mit diesen anatomischen Befunden stimmen nun aufs beste die
Resultate der experimentell physiologischen Forschung überein. Wir
müssen zwischen zwei verschiedenen Fähigkeiten der Netzhaut unter-
scheiden, zwischen dem „Formensinn“ und dem „Bewegungs-
sinn“, die in den verschiedenen Bezirken der Retina in ganz ver-
schiedener Weise ausgebildet sind. Der feine Formensinn ist wesent-
lich in der Area centralis (Macula lutea) ausgebildet, der Be-
wegungssinn besonders in der Netzhautperipherie. Schon AUBERT (57)
unl Exner (58) haben darauf hingewiesen, ausführlich hat GROENOUW
(77) diese Frage behandelt, und seiner Arbeit entnehme ich die fol-
genden Resultate.
(77, p. 5.) „Wir halten die Ausdehnung einer Bewegung beim
indirecten Sehen stets für grösser, als bei directer Betrachtung. Bildet
sich eine Gruppe Punkte auf einem so weit seitlich gelegenen Netz-
hauttheile ab, dass man ihre Zahl nicht mehr angeben kann, so macht
es doch noch einen sehr lebhaften Eindruck, wenn man durch eine
geeignete Vorrichtung plötzlich einen Punkt zu der Gruppe hinzufügt
oder hinwegnimmt.“
Die Netzhautperipherie ist also ein Sinnesorgan, das der Moto-
reception (nach BEER, Berne und UEXKULL) dient. Das Netzhaut-
centrum dagegen dient dem Formensehen, GROENOUW sagt (77, p. 9):
„Unser Netzhautcentrum würde sich... den günstigsten Verhältnissen,
welche überhaupt für die Unterscheidung von Punkten denkbar sind,
sehr nahe befinden.“ Und weiter kommt er zu dem Resultat (77, p. 18):
1) Nimmt man die Zahl der Opticusfasern nur zu 500000 an, so
würden auf 260—280 Stäbchenzellen erst eine Ganglienzelle entfallen.
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f, Morph. 23
304 AUGUST PUTTER,
„Die empfindlichen Elemente der Fovea centralis können... nach
den bisherigen Beobachtungen nicht grösser sein als ein einzelner
Zapfen.“ |
Wir sehen also einerseits von der Netzhautperipherie zur Fovea
centralis hin einen allmählichen Uebergang des „Bewegungs-
sinnesorgans“ in das „Formensinnesorgan“, und andrer-
seits, anatomisch betrachtet, dieser physiologischen Veränderung
parallel gehend, eine ständige Vermehrung der queren Lei-
tungsbahnen der Retina. Und wie physiologisch festgestellt werden
konnte, dass in der Fovea centralis jeder einzelne Zapfen im Stande
sei, centrale Erregung auszulösen, so konnte morphologisch nach-
gewiesen werden, dass hier das Ideal einer isolirten Querleitung in
der Retina erreicht sei, so dass auf eine Zapfenzelle immer eine
Bipolare und eine Ganglienzelle kommt.
Gehen wir Schritt für Schritt weiter fort, so wäre nun zu beweisen,
dass auch die Area centralis der Wirbelthiere in der Weise vom Bau
der übrigen Netzhaut abweicht, dass in ihr mehr isolirte Querleitungen
entwickelt sind. Die vortrefflichen Arbeiten von CHIEVITZ geben uns
hier die gewünschte Auskunft. CHIEVITZ sagt (65, p. 184): „Im fei-
neren Bau (der Area centralis) kommen mehrfache Variationen vor;
dabei giebt es aber gleichzeitig gewisse Bauverhältnisse, welche bei
allen untersuchten Formen wieder gefunden werden, und denen sowohl
aus diesem Grunde wie auch wegen ihres eignen Wesens eine all-
gemeine Bedeutung beizulegen ist. Es sind namentlich zwei Haupt-
eigenthümlichkeiten, welche für alle untersuchten Areae gemeinsam
sind: Erstens, dass (alle oder nur gewisse) Elemente der Zapfenschicht
in einer relativ zur Flächeneinheit der Limitans externa grösseren
Anzahl und damit gleichzeitig verschmälert auftreten, und zweitens,
dass auf jede Sehzelle ein grösserer Antheil der inneren Körner und
ebenfalls ein grösserer Theil des Ganglion optici kommt. Was den
ersten Punkt anbelangt, wird wohl dadurch eine grössere Sehschärfe
bewirkt. Den zweiten Punkt betreffend, liesse sich vielleicht aus der
gesteigerten Grösse des Quotienten Ganglion optici: äussere Körner
auf die Möglichkeit von einer mehr separaten Leitung von den
Sehzellen aus schliessen.“
Mit der Verminderung der Anzahl der innern Körner weiss CHIE-
viTz noch nicht recht etwas anzufangen, wahrscheinlich ist sie auf
den Wegfall der Zellen zu beziehen, die in andern Netzhautgebieten
der horizontalen Leitung dienen (sog. Associationszellen der
Die Augen der Wassersäugethiere. 355
Retina). Wir müssen also auch bei den übrigen Wirbelthieren die
Area centralis fiir ein Sinnesorgan der Formenreception ansehen.
Diese Thatsachen lehren, dass wir die relative „Vollkommenheit“
eines Auges nach zwei verschiedenen Gesichtspunkten beurtheilen
müssen.
Wenn wir die „Formensinnesorgane“, die Areae centrales, ver-
gleichen, wird selbstverständlich das als das „vollkommenere“ anzu-
sehen sein, das die am besten isolirten Querleitungen auf-
weist (also die menschliche Area mit ihrer ideal vollkommenen Quer-
leitung).
Vergleichen wir dagegen die „Bewegungssinnesorgane“, d. h. also
die Netzhautperipherien, so muss der Maasstab für die „Vollkommen-
heit“ ein wesentlich anderer sein, dann erscheint uns z. B. die Netz-
haut eines Wales vollkommener gebaut als die Netzhautperipherie
des Menschen, in der etwa 130—140 Stäbchenzellen an einer Ganglien-
zelle (und Nervenfaser) abgeleitet werden, während, wie wir sehen
werden, die Zahl beim Wal bedeutend grösser ist.
Nach diesen allgemeinen Erörterungen können wir zur Betrach-
tung der speciellen Verhältnisse der Wassersäugethiere über-
gehen.
Bei allen übrigen Theilen des Auges konnten wir mehr oder
weniger grosse, häufig recht charakteristische Unterschiede der ein-
zelnen Ordnungen der Wassersäugethiere feststellen, bei der Retina
ist dies nicht möglich, hier ordnen sich die Species aller Ordnungen
zu einer einzigen Reihe, in der überall die gleichen Eigenthümlich-
keiten, nur hier mehr, dort weniger ausgeprägt, zu Tage treten.
Die „functionelle Einstellung‘ auf die optischen Be-
dingungen des Wasserlebens ist für das Auge so zu sagen die primäre
Anpassung, neben der alle andern, mögen sie noch so wichtig im Ein-
zelnen sein, als secundär erscheinen. Das lässt es plausibel er-
scheinen, warum hier die Convergenzerscheinungen am stärksten
hervortreten. Eine weitere Erklärung liegt aber auch wohl in der
grossen Gleichartigkeit des Baues der Netzhaut bei den Säugethieren
überhaupt, die uns zu der Annahme berechtigt, dass beim Uebergang
zum Wasserleben die Retinae in den vier Ordnungen nicht gar sehr
verschieden von einander gewesen sein mögen, jeden Falls wohl weniger
verschieden von einander als die übrigen Theile des Auges.
Am grössten sind die Unterschiede der Netzhäute noch in Bezug
auf die Ausbildung einer Area centralis, eines ,,Formensinnesorgans".
Die Area centralis ist überhaupt ein Organ, das in seinem Auftreten
Be
356 AUGUST PUTTER,
in keiner engen Beziehung zur Verwandtschaft steht; oft haben, wie
CHIEVITZ bemerkt, von relativ nahe stehenden Formen die einen eine
Area centralis, die andern nicht.
Unter den Pinnipediern wies CHIEVITZ für Phoca vitulina ein
Area centralis nach, sie hat Aehnlichkeit mit der der Katze, ist rund
und liegt ‚ein wenig nach hinten (oder unten?) vom Opticuseintritt“
(69; p. 171). «
Bei Walen ist bisher nichts über eine Area bekannt geworden.
Bei erwachsenen Thieren danach zu suchen, war bei meinem
Material aussichtslos, dagegen konnte ich bei einem Embryo von
Delphinus sp. (s. speciellen Theil S. 229) das Vorhandensein einer
„streifenförmigen‘ Area feststellen. Interessant war der Verlauf dieses
Areastreifens: Die bisher bekannten streifenförmigen Areae verlaufen
horizontal (z. B. beim Pferd), entsprechend der Ebene, in der das Ge-
sichtsfeld seine grösste Ausdehnung hat. Die Area vom Delphinus
aber verläuft vertical und zwar im obern Theil des Bulbus aussen,
so dass der Bezirk des schärfsten Formensehens nach unten (und
innen) zu liegen kommt, entsprechend der Ausdehnung des Gesichts-
feldes in verticaler Richtung. Ob diese Areae übrigens sehr vollkommen
ausgebildet sind, also dem Typus der menschlichen Area nahe kommen,
scheint mir zweifelhaft.
Viel grössere biologische Bedeutung für das Auge hat die Aus-
bildung der übrigen Netzhaut. Wir waren zu der Anschauung gelangt,
dass das Verhältniss der Anzahl der Nervenfasern (oder Ganglienzellen)
zu der der Stäbchen ein Maass dafür abgeben könnte, in wie weit ein
Sehorgan als „Bewegungssinnesorgan“ ausgebildet ist.
Dieses Verhältniss ist im speciellen Theil für alle die einzelnen
Thiere ausgerechnet und ergiebt ein interessantes Resultat. Es war,
wie erwähnt, die Anzahl der Endelemente (hier Zapfen), die auf eine
Nervenfaser kam,
in der Area centralis Odobaenus ca. 1500
beim Menschen ca. 1 Ph. vitulina adult. » 2900
in der Netzhautperi- Otaria jubata » 2000
pherie des Menschen ,, 130 Phocaena communis » 4900
bei Macrorhinus » L000 Delphinapterus leucas „ 9600
„ Phoca barbata » 2000 Hyperoodon rostratus „ 7200
„ Ph. vitulina juv. » 650 Lalaenoptera physalus ,„ 5100
Diese Zahlenreihe zeigt besser, als Worte es thun könnten, dass
die sämmtlichen Wassersäugethiere Netzhäute besitzen, die wir als
Die Augen der Wassersäugethiere. 357
exquisite „Bewegungssinnesorgane“ |Motoreceptoren] an-
sehen miissen. Die Anordnung, die wir in der Netzhautperipherie
des Menschen angebahnt sehen, dass eine Ganglienzelle mit mehreren
Bipolaren, jede Bipolare mit mehreren Stäbchenzellen in Verbindung
steht, diese Anordnung zeigen die Wassersäugethiere in der ausge-
prägtesten Form.
Es ist dies übrigens eine Eigenthümlichkeit, die ihnen keineswegs
ganz allein zukommt, für den Tiger ergab mir die Rechnung etwa
2700 Stäbchenzellen auf eine Nervenfaser. Das Gemeinsame, das
Walauge und Tigerauge haben, liegt ja darin, dass sie beide bei
schwacher Beleuchtung zu sehen haben, bei der ja wahrschein-
lich das Sehen von Bewegungen eine ungleich grössere Bedeutung ge-
winnt als das Sehen feiner Formen.
In der eben entwickelten Form ist aber das Bild von der Aus-
bildung der queren Leitungen der Retina noch unbefriedigend, es be-
darf noch einer Ergänzung.
Die angegebenen hohen Zahlen von Stäbchen nehmen einen be-
stimmten Flächenraum auf der Retina ein; alle Sinneseindrücke, die
in einem solchen Bezirk die Retina treffen, werden, gleichviel wie
gross oder klein ihre Zahl ist, stets nur einheitlich als Erregung
einer einzigen Ganglienzelle des Ganglion optici dem Gehirn zu-
geleitet. Es ist also von Interesse zu erfahren, wie gross ein
solcher Bezirk ist. Es leuchtet ja ohne Weiteres ein, dass bei
gleicher Anzahl der Stäbchen die Bezirke sehr verschieden
gross sein können, je nachdem wie dünn das einzelne Stäbchen ist
und wie dicht die Stäbchen stehen.
Die Frage nach der Grösse der betreffenden Bezirke lässt sich
beantworten, indem man die Anzahl der Opticusfasern berechnet, die
auf 1 qmm Retina entfallen. Die Grösse der Bezirke erhält man,
wenn man einen qm durch die Anzahl der Nervenfasern dividirt.
Beim Menschen beträgt die Anzahl der Nervenfasern auf 1 qmm
in der Area centralis ca. 11000, dadurch wäre der Innervationsbezirk
einer Nervenfaser etwa 90 u? gross. Diese Zahlen wurden schon
vorher angeführt, obgleich sie nicht vollständig vergleichbar mit den
übrigen Werthen sind. Die Genauigkeit, die sie erreichen, wird wahr-
scheinlich eine erheblich grössere sein, als ich sie bei meinen Zahlen-
angaben erreichen konnte, ich rechnete ja stets mit Maximal- oder
Minimalwerthen. Zum Vergleich aber scheint es doch besser,
Zahlen zu verwenden, die nach dem gleichen Princip wie die übrigen
berechnet sind, und ich nehme daher als Zahl der Zapfen auf 1 qmm
358 AUGUST PUTTER,
der Area 50000 an. Das ist die Maximalzahl bei einem Durchmesser
des Innengliedes = 5 u.
In der folgenden Zusammenstellung giebt die erste Colonne die
Anzahl der Nervenfasern auf 1 qmm, die zweite die Grösse des
Innervationsbezirks einer Nervenfaser, ausgedrückt in u?®.
Mensen} Area centralis 50 000 20 u?
|Netzhautperipherie 759 132052
Macrorhinus 103 9710 u?
Phoca barbata 68 14710 u?
Ph. vitulina neonat. Lt 5650 u?
Ph. vitulina adult. 14 15H10
Odobaenus 62 16130 u?
Otaria jubata 14 . 1531000
Phocaena communis 29 34480 u?
Delphinapterus leucas 28 ab 10
Hyperoodon rostratus 15 66.670 Hee
Balaenoptera physalus 13 76920 u?.
Man sieht ohne Weiteres, dass diese Reihe von Werthen sich nicht
durchgängig mit der vorigen Reihe, der Anzahl der Stäbchen auf eine
Nervenfaser deckt. Den Unterschied möchte ich an dem auffallendsten
Beispiel erörtern. Hyperoodon hat die grösste Anzahl von Stäbchen
auf eine Nervenfaser, er hat aber durchaus nicht den grössten Inner-
vationsbezirk für eine Nervenfaser, diesen hat vielmehr Balaenoptera,
bei der die Anzahl der Stäbchen auf eine Nervenfaser erheblich kleiner
ist, dort 7200, hier nur 5100.
Können wir diese Unterschiede, die sich auch beim Vergleich der
übrigen Zahnwale mit Dalaenoptera zeigen, auch auf eine mehr oder
weniger vollkommene Ausbildung des Bewegungssinnes zurückführen ?
Eine solche Auffassung scheint mir nicht gerechtfertigt. Für ein Be-
wegungen recipirendes Sinnesorgan kann die Feinheit der einzelnen
Sehstäbchen von keiner gar so hohen Bedeutung sein; das Fischauge,
von dem wir wohl mit gutem Grund annehmen können, dass es in
seinen optischen Fähigkeiten mindestens ebenso gut an das Bewegungs-
sehen im Wasser angepasst ist wie das Auge der Wassersäugethiere,
zeigt häufig dicke Sehstäbchen, und jeden Falls stehen sie nie so
dicht wie im Säugethierauge, es würde also bei gleich grossen Inner-
vationsbezirken, wie sie irgend ein Wal aufweist, eine viel geringere
Anzahl von Stäbchen auf eine Nervenfaser kommen. Für das Sehen
Die Augen der Wassersiiugethiere. 359
von Bewegungen kommt aber vielmehr die Grösse des Innervations-
bezirks in Betracht als die Feinheit der Sehstäbchen.
Auf diese Betrachtung lenkte uns auch schon die Erwähnung des
Tigerauges. Der Tiger hat eine sehr grosse Anzahl von Stäbchen
auf eine Nervenfaser, die Zahl ist grösser als bei irgend einem
Pinnipedier, dagegen ist der Innervationsbezirk einer Nervenfaser mit
9100 u? kleiner als bei irgend einem erwachsenen Pinnipedier.
Seine Sehstäbchen sind ebenso ungemein fein und stehen so dicht,
dass auf dem gleichen Flächenraum, ungleich mehr einzelne Elemente
Platz finden als bei den Pinnipediern.
Für diese Eigenthümlichkeit muss also eine Erklärung gesucht
werden, sie ergiebt sich vielleicht, wenn wir die Lichtintensitäten in
Betracht ziehen, bei denen die fraglichen Thiere zu sehen haben.
Die Bartenwale sind viel mehr Bewohner der oberflächlichen Meeres-
schichten als die Zahnwale, vor Allem -Hyperoodon, bei dem uns ja
der Unterschied am auffallendsten war und der, wie wir wissen, oft
in dunkle Tiefen hinabsteigt, in Tiefen, bis zu denen das Tageslicht
überhaupt nicht zu dringen vermag, wenn wir seine untere Grenze
bei 400 m Tiefe annehmen.
Auch den Unterschied im Sehen des Tigers und der Pinnipedier
könnten wir wohl darin sehen, dass diese, die nie erheblich tief tauchen
(das Walross etwa ausgenommen), relativ gutes Licht zum Sehen
haben, Licht, von dem wir wohl annehmen können, dass es stärker
ist als die Beleuchtung, bei der ein Dämmerungs- oder Nachtthier wie
der Tiger seiner Beute nachgeht.
Es liegt also nahe, die grössere Anzahl von Stäbchen auf dem
gleichen Flächenraum in Beziehung zu bringen zu dem Sehen bei
schwacher Beleuchtung. Und diese Beziehung scheint mir
sogar recht verständlich. Die Menge Lichtenergie, die der Flächen-
einheit der Retina zugeführt wird, wird ja nicht einfach physi-
kalisch durch die Stäbchenzellen den Bipolaren in unveränderter
Qualität und Intensität zugeführt, es geht doch vielmehr in den Zellen
ein physiologischer Vorgang von Statten, eine assimilatorische
oder dissimilatorische Erregung des Lebensvorgangs, und die Energie-
mengen, mit denen die Bipolaren der innern Körnerschicht gereizt
werden, sind daher nicht unmittelbar abhängig von der als Reiz zu-
geführten Energiemenge.
Wenn auch die Auffassung nicht mehr zeitgemäss ist, dass das
Wesen des Reizes darin bestünde, dass der Erfolg ungleich
grösser ist, als der Energiemenge entspricht, die als Reiz wirkte,
360 AUGUST PUTTER,
so drückt dieses Verhältniss doch einen sehr häufigen Specialfall aus,
einen Fall, den wir auch hier bei der Umsetzung des Lichtreizes in
Nervenerregung annehmen dürfen.
Es wirkt dann jede Stäbchenzelle gewissermaassen als Multipli-
cator, und nun ist es klar, dass eine grössere Anzahl von Stäbchen-
zellen auf dem gleichen Flächenraum eine bedeutendere „Multipli-
cation“ des Reizes bewirken können als eine geringere Anzahl, wenn
man für beide gleiche Erregbarkeit voraussetzt.
Der schwache Reiz, der bei geringer Lichtintensität ein Seh-
stäbchen trifft, wäre vielleicht überhaupt nicht im Stande, eine Er-
regung der Bipolaren und der weitern Leitungselemente zu bewirken,
tritt nun aber eine ungemein grosse Zahl Stäbchenzellen an
eine Bipolare, eine sehr grosse Zahl Bipolaren an eine Ganglien-
zelle des Ganglion nervi optici heran, so ist es möglich, dass durch
Summation der an sich subminimalen Reize doch der
Schwellenwert überschritten wird und so das Sehen bei
einer Lichtintensität möglich wird, bei welcher für ein Thier, dem
diese Einrichtung fehlt, bei gleicher Erregbarkeit der Retinaelemente
schon völlige Dunkelheit herrschen würde.
Wir können natürlich nicht postuliren, dass jedes Thier, gleich-
viel welcher Classe der Wirbelthiere es angehörte, diese Anpassung
an das Sehen bei schwacher Beleuchtung zeigen müsste, es kann selbst-
verständlich auch ohne einen solchen ,Summationsapparat* das-
selbe erreicht werden, wenn nämlich die Erregbarkeit der Retina-
elemente steigt.
Bei Fischen z. B. scheint die fragliche Einrichtung zu fehlen,
trotzdem finden wir sehende Tiefseefische, bei ihnen wird also wohl
die Erregbarkeit der Retina eine viel höhere sein als bei den Wasser-
säugethieren. Das würde ja auch verständlich erscheinen, wenn man
die Stammesgeschichte in Betracht zieht: Die Fische, die nie das
Wasser verlassen, stets bei den dort herrschenden relativ geringen
Lichtintensitäten zu sehen genöthigt waren, haben wahrscheinlich eine
grössere Erregbarkeit der Retina besessen, zu der Zeit, da gewisse
Formen begannen in die dunklern Tiefen zu steigen, als die Formen
der Säugethiere, die aus der Tageshelle, an welche ihr Auge gewöhnt
war und in der sie mit einer geringern Erregbarkeit der
Retina auskamen, dem Wasserleben sich anzupassen begannen.
Bei den Fischen war also nur eine Erhöhung der schon sehr be-
deutenden Erregbarkeit nöthig, bei den Säugethieren musste
Die Augen der Wassersiiugethiere. 361
durch besondere, anatomisch nachweisbare Einrichtungen Rath ge-
schafft werden.
Noch eine Eigenthümlichkeit der Retina tritt bei den Wasser-
säugethieren in auffallendster Weise hervor:
Beim Menschen liegen bekanntlich in der äussern Körnerschicht
an gangliösen Elementen nur die Körper der Stäbchen- und Zapfen-
zellen. Dem entsprechend muss die Anzahl der äussern Körner der
Anzahl der Stäbchen- und Zapfenzellen gleich sein.
Eine hierüber ausgeführte Rechnung bestätigte diese Voraussetzung,
die Abweichung der gefundenen Werthe lag durchaus innerhalb der
Fehlergrenzen der Rechnung.
Ganz anders stellt sich die Sache bei den Wassersäugethieren.
Die folgende Zusammenstellung giebt das Verhältniss der Anzahl der
äussern Körnerzellen auf den gleichen Flächenraum.
Macrorhinus 1:15 Otaria jubata 110
Phoca barbata Fall Phocaena communis |
Ph. vitulina juv. 1e Delphinapterus leucas 1: 5
Ph, vitulina adult. 1:13 Hyperoodon rostratus 1: 6
Odobaenus TENTE Balaenoptera physalus 1: 9
Das sind Verschiedenheiten, die weit ausserhalb der môglichen
Fehlergrenzen liegen. Es ist schwer, sich eine Vorstellung über die
Bedeutung dieser enormen Mengen von Ganglienzellen zu machen, da
man nicht sagen kann, ob es sich um Eiemente handelt, die zu den
queren Leitungsbahnen gehören, ob es horizontale Leitungsele-
mente, „Associationszellen“ sind.
Hervorzuheben ist aber, dass wir es hier mit einer Eigenschaft
zu thun haben, deren Verbreitung weit über die Grenzen der vier Ord-
nungen der Wassersäugethiere hinausgeht.
Beim Rind fand sich ein allerdings nicht sehr bedeutendes, aber
sicheres Ueberwiegen der äussern Körnerzellen, ihre Zahl war 1,8mal
so gross wie die der Stäbchen- und Zapfenzellen. Beim Tiger war das
Verhältniss schon etwa 1 : 3,5.
Es lässt sich hier, glaube ich, eine Beobachtung von CHIEvITZz
verwerthen, für die er selber keine rechte Erklärung gefunden hat.
Er sagt (p. 184):
„Es ist nicht ohne Interesse, zu beobachten, wie die Netzhäute
sich in der Area [centralis] verhalten, je nachdem sie zu der mit
relativ dünner oder relativ dicker äussern Körnerschicht ausgestatteten
Gruppe gehören. Während nämlich immer sowohl Ganglion optici wie
362 AUGUST PUTTER,
innere Körnerschicht im Bereich der Area an Mächtigkeit zunehmen,
wird bei der erstgenannten Gruppe die dünne äussere Körnerschicht
verdickt, während dieselbe Schicht bei der zweiten Gruppe eine Ver-
dünnung erleidet.“
Die Verdickung der äussern Körnerschicht ist wohl auf eine Ver-
mehrung der Stäbchen und Zapfen zurückzuführen. Die Gruppe der
Retinae mit dicker äusserer Körnerschicht scheint aber solche zu ent-
halten, in denen die Zahl der äussern Körner die der Stäbchen
und Zapfen übertrifft. Die Veränderung im Gebiet der Area
würde sich dann so erklären, dass die „überzähligen“ Ganglien-
zellen, wie wir sie ganz indifferent nennen können, hier fortfallen.
Wir könnten dann unsere Erfahrungen betreffend die überzähligen
Ganglienzellen allgemein so formuliren:
In dem für Formensehen am besten eingerichteten Auge, im
menschlichen Auge, sowie in den für Formensehen besonders be-
giinstigten Netzhautbezirken der Wirbelthiere, in den Areae centrales,
sind die Zahlen der äussern Körnerzellen und der Stäbchen plus
Zapfenzellen einander gleich, dagegen giebt es unter den Bewegungs-
sinnesorganen der Wirbelthiere (ob in der Netzhautperipherie des
Menschen, habe ich nicht festgestellt) zahlreiche, bei denen in der
äussern Körnerschicht in grosser Anzahl Ganglienzellen vorkommen,
die nicht zu den Stäbchen und Zapfen gehören.
An die Möglichkeit, dass es sich hier, besonders bei den Wasser-
säugethieren, um Gebilde handeln könnte, wie wir sie z. B. aus der
Selachier-Retina als LANDOLTr’sche Kolben kennen, möchte ich
nur erinnern, ein Beweis für oder gegen diese Annahme lässt sich
zur Zeit eben so wenig erbringen wie eine einigermaassen durch That-
sachen gestützte Anschauung über die Function sowohl der LANDOLT-
schen Kolben wie der „überzähligen‘‘ Ganglienzellen.
Von weitern Besonderheiten der Netzhaut bei den Wassersäuge-
thieren mag noch hervorgehoben werden, dass die Beobachtung, dass
ihr die Zapfen fehlen, durchgängig bestätigt werden konnte. Ob man
aber diese Thatsache für die Anschauung verwerthen kann, dass die
Zapfen das Farbensehen vermitteln, die Stäbchen aber als Hell-
dunkelapparat aufzufassen sind, will mir sehr zweifelhaft er-
scheinen, doch will ich zur Zeit nicht näher auf die Frage eingehen.
Eine Ora serrata findet man im Wassersäugethierauge nirgends, die
Pars optica retinae ist gegen die Pars ciliaris durch eine glatte Linie,
die ich als Linea terminalis retinae bezeichne, abgesetzt.
Irgend welche Schlüsse auf die Accommodation kann man hieraus
Die Augen der Wassersiiugethiere. 363
nicht ziehen, nachdem sich die Anschauung von SCHÖN (91) in neuster
Zeit als irrig erwiesen hat.
8. Nervus opticus.
Die Stellen, an denen der Opticus an die Bulbi herantritt, sind
in den vier Ordnungen der Wassersäugethiere sehr verschiedene.
In allen Ordnungen kommen Thiere vor, bei denen er am hintern
Augenpol an den Bulbus tritt, bei den Pinnipediern: Ofaria und Hali-
choerus, bei den Sirenen: Manatus köllikeri, bei den Mysticeten:
Balaenoptera physalus und bei den Denticeten endlich Delphin-
apterus und Monodon (nach Literaturangaben).
Ausser diesem centralen Eintritt kommen eine Reihe anderer
Modi vor.
Bei den meisten Pinnipediern tritt er nach unten und temporal
vom hintern Augenpol in die Sclera ein.
Bei allen Walen, Zahn- und Bartenwalen, die keinen centralen
Eintritt zeigen, erfolgt er nach oben vom Augenpol.
Die auffallendste Anomalie zeigt Halicore dugong, eine Eintritts-
stelle, wie sie meines Wissens bei Säugethieren noch nirgends be-
obachtet ist, nämlich in der Horizontalebene ganz nasal, der Nerv
durchsetzt die Sclera in schräger Richtung.
In wie fern biologische Bedingungen maassgebend für die Unter-
schiede sind, ist nicht zu ermitteln.
Bei den meisten Wassersäugethieren verläuft der Nerv in ganz
gerader Richtung von der Sclera zum Foramen opticum, ohne irgend
welche Krümmungen zu machen, wie wir sie beim Menschen kennen,
eine Ausnahme hiervon macht z. B. Obobaenus, bei dem starke Krüm-
mungen feststellbar sind. Die Wale dagegen zeigen ausnahmslos den
geraden Verlauf.
Die biologische Bedeutung der Krümmungen des Opticus liegt
wohl darin, dass sie Bewegungen des Bulbus gestatten, während der
gerade gestreckte Verlauf ein Zeichen dafür ist, dass der Bulbus nicht
bewegt wird.
Das Innere des Opticus ist bekanntlich durch bindegewebige
Septen in einzelne Stränge getheilt. Bei den Pinnipediern zeigen
sie noch denselben allgemeinen Typus wie beim Menschen, beim
Walross werden sie schon erheblich verdickt, und bei den Walen ist
der Nerv durch eine kleinere Anzahl starker radiärer Septen, in denen
Blutgefässe verlaufen, in einzelne keilförmige Abschnitte getheilt.
364 AUGUST PUTTER,
Die Nervenfasern sind sehr verschieden dick, neben Durchmessern,
die mit 4 « viele Nervenfasern im menschlichen Sehnerven nicht an
Dicke übertreffen, giebt es solche von 16 u, 20 u, ja von 26 u Dicke
(Balaenoptera). Die mächtige Verdickung kommt durch eine überaus
reichliche Entwicklung des Nervenmarks zu Stande.
Ausser von den Gehirnhäuten wird der Opticus bei den Walen
noch umgeben von einer mächtigen Scheide, die sich aus ungeheuer
straffem Bindegewebe, aus Fett und Geflechten von Ciliargefässen zu-
sammensetzt.
Bei den Bartenwalen ist diese Scheide noch umgeben von einem
Fortsatz der Sclera, der wie ein Kegelmantel die Gefässgeflechte fest
umhüllt und, wahrscheinlich bis zum Foramen opticum reichend, sich
dort wohl mit dem Knochen verbindet.
Wie auf einer Säule ruht der Bulbus auf der Opticusscheide, mit
der er unbeweglich verbunden ist, ein gewaltiger Unterschied
gegenüber dem Augapfel der Landthiere, der, von einem wie eine
Gelenkpfanne wirkenden Lymphraum umgeben, sich leicht, fast ohne
Reibung bewegen kann.
Dass der Bulbus der Wale irgend welcher Bewegung fähig wäre,
scheint mir gänzlich ausgeschlossen.
Die Bedeutung der festen Stütze des Augapfels ist leicht ein-
zusehen; wäre sie nicht vorhanden, so würde der in weiches, blut-
reiches Gewebe eingesenkte Bulbus bei rascher Bewegung oder tiefem
Tauchen unbedingt in die Tiefe der Orbita hineingedrückt werden.
Abgesehen von allem andern würde dann das Auge durch die Zer-
rung, die der Sehnerv dabei erleiden müsste, functionsunfähig werden.
Neben der Frage nach der Bedeutung der Opticusscheide als Ganzes
interessirt noch die weitere Frage nach der Bedeutung des Gefäss-
plexus.
Die Opticusscheide enthält, wie wir durch BAUREGARD u. Bou-
LARD (90) wissen sowohl venöse wie arterielle Gefässplexus. Die
Venengeflechte sind Gebilde, die im Körper der Wassersäugethiere an
den verschiedensten Stellen und in grösster Verbreitung angetroffen
werden; ob ihnen an dieser Stelle noch eine specifische Bedeutung ausser
der allgemeinen zukommt, ist zunächst schwer zu sagen. Auf die Frage
der allgemeinen Bedeutung einzugehen, ist hier nicht der Platz, sie
ist schon öfters Gegenstand des Nachdenkens der Cetologen gewesen.
Dagegen kommen arterielle Plexus, Wundernetze, nicht so häufig vor.
Ueber die Bedeutung des Wundernetzes der Ciliararterien hat SATTLER
eine Anschauung entwickelt, die ich zunächst wiedergeben möchte.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 365
Er sagt (29, p. 75): ,,Die Zweige dieses arteriellen Wundernetzes —
denn mit einem solchen haben wir es hier zu thun — stellen ver-
hältnissmässig weite Röhren dar, welche durch eine starke elastische
Intima ausgezeichnet sind, aber keine Muscularis besitzen (p. 76).
Wenn wir uns nun eine Vorstellung über den Zweck dieser eigen-
thümlichen anatomischen Einrichtung zu bilden trachten, so haben wir
denselben wohl wesentlich darin zu suchen, dass die Blutbewegung in
den arteriellen Bahnen verlangsamt, der Blutdruck, welcher
bei der Kürze des Halses dieser Thiere in der Arteria ophthalmica
noch eine sehr bedeutende Höhe haben muss, fürs Auge abge-
schwächt werde und Druckschwankungen leichter ausgeglichen
werden können. Und in der That könnte dieser Zweck in keiner Weise
besser erreicht werden als durch die Zertheilung der für das Innere
des Auges bestimmten Blutmasse über eine grosse Oberfläche in zahl-
reichen weiten elastischen Röhren, welche in ein ausgezeichnet
elastisches Polster eingebettet sind.“
Dass durch die Auflösung in ein Rete mirabile der Blutdruck
herabgesetzt wird, wie SATTLER es angiebt, ist nach den Lehren der
Hämodynamik als gesichert anzusehen, es fragt sich nur, ob die
Herabsetzung des in der Arteria ophthalmica herrschenden relativ
hohen Druckes der Zweck ist oder ob ein anderer Druck herab-
gesetzt werden soll.
Wir hatten schon mehrfach Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass
im Walauge eine Drucksteigerung innerhalb weiter Grenzen
sicher ohne irgend welche Schädigung ertragen wird, so dass
es uns nicht wahrscheinlich werden will, dass der doch höchstens nach
Bruchtheilen einer Atmosphäre rechnende Blutdruck nachtheilig wirken
könnte.
Wenn aber der intraoculare Druck in Folge äusserer Einflüsse
steigt, so liegt die Gefahr nahe, dass alles Blut aus dem Bulbus her-
ausgedrückt, sowohl in Venen wie Arterien zurückgestaut werden
könnte, und eine solche Ischämie kann das Auge, das wissen wir
aus der Pathologie, nicht lange ertragen, sie würde jedenfalls schädlicher
sein als eine geringe Blutdruckssteigerung von der Ophthalmica aus.
Gelangt nun aber das Blut nicht direct in die Ophthalmica (Ar-
teria und Vena), sondern erst einerseits in das arterielle, andrerseits
in das venöse Wundernetz, in denen der Blutdruck stark herab-
gesetzt wird, so können wir uns wohl vorstellen, dass die
äussere Drucksteigerung, mag sie auch eine ganz gewaltige sein,
nicht im Stande sein wird, alles Blut aus dem Bulbus heraus
366 AUGUST PUTTER,
zu pressen. Die Linge des Plexus, die die Opticusscheide ausfiillen,
berechnet sich bei den grossen Walen doch immer auf mehrere
Decimeter, eine Strecke, die auch ein enorm hoher äusserer Druck
kaum zu überwinden im Stande sein dürfte. Die Plexus werden es
also dahin bringen, dass ein Gleichgewichtszustand zwischen dem Blut-
druck einerseits und dem ungeheuer viel grössern, aber durch die
Plexus sehr stark verminderten intraocularen Druck andrerseits ein-
tritt, der das Auge vor Ischämie und damit vor Vernichtung
schützt. Die starken elastischen Wandungen machen die Gefässe
des Plexus wahrscheinlich äusserst haltbar, auch hohem Druck gegenüber.
Mit vollem Recht weist SATTLER (29) ferner darauf hin, dass
eine gewisse Analogie zwischen diesen Einrichtungen der Wale einer-
seits und der sogen. Chorioidealdrüse der Knochenfische andrer-
seits besteht. Auch hier kann man sich vielleicht die Art der Function
so vorstellen, wie es eben für die Wale ausführlich dargestellt wurde.
Das wäre dann wieder ein Fall von Convergenz. Dass bei Fischen der
Blutdruck so hoch sein sollte, dass besondere Vorrichtungen zu seiner
Herabsetzung nöthig wären, ist doch wohl recht unwahrscheinlich.
Ueber die Opticusscheide der Pinnipedier ist nicht viel zu sagen,
die meisten zeigen Scheiden, die nach demselben Princip gebaut sind
wie die der Wale, sie bestehen aus festem Bindegewebe, das Ciliar-
gefässe enthält, doch ist der Zerfall im Plexus hier weit weniger aus-
gesprochen als bei den Walen. Das Walross, von dessen Sehnerv
wir schon hervorhoben, dass er starke Krümmungen aufwiese, hat
keine feste Opticusscheide.
Bei Otaria liegt ein starkes halbkugelförmiges Fettpolster der
Sclera an und umgiebt den Anfangstheil des Opticus.
C. Hülfs- und Schutzapparate des Auges.
I. Palpebrae und Conjunetiva.
Der Lidapparat ist bei den Walen in sehr charakteristischer Weise
entwickelt. Bei den Landthieren ist die Lidspalte, die in ihrer Form
höchst veränderlich ist, länger als der Durchmesser der Cornea. Vom
Auge erscheint nicht nur die Hornhaut, sondern auch ein Theil der
Sclera. Bei den Walen aber kann man eigentlich gar nicht von einer
Lidspalte sprechen, es ist eine Lidôffnung von ganz bestimmter,
unveränderlicher Gestalt vorhanden, annähernd elliptisch und
nur wenig grösser, als dass gerade die Hornhaut sichtbar werden könnte.
Betrachtet man das Lid eines Finwales, bei dem man selbst durch
gewaltsamstes Zerren kaum eine geringe Veränderung in der Form der
Die Augen der Wassersiiugethiere. 367
Lidétthung zu Wege bringen kann, so kann man keinen Augenblick
dariiber im Zweifel sein, dass selbst ein starker Orbicularis oculi nicht
im Stande ist, diese Lidôffnung nennenswerth zu verkleinern, ebenso
wenig wie starke Palpebralmuskeln sie erheblich erweitern können.
Auch beim Braunfisch liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Die
Lidöffnung ist relativ noch kleiner als beim Finwal, und wenn auch
hier dem ganzen Lidapparat die gigantischen Dimensionen fehlen, die
der Finwal aufweist, so erscheinen doch auch bei ihm die Lider so
stark, dass an eine Bewegung durch die zur Verfügung stehenden
Muskelkräfte nicht gedacht werden kann.
Es wird wieder unsere Aufgabe sein, in den biologischen Be-
dingungen, unter denen die Wale leben, den Schlüssel für das Ver-
ständniss dieser seltsamen Verhältnisse zu finden.
Die Function der Lider ist bei den Landsäugethieren eine recht
mannigfaltige. Durch ihren reflectorischen Schluss halten sie Schäd-
linge vom Auge ab. Vor blendendem Licht können sie das Auge
schützen, indem der Lidspalt verengt wird, und ihr länger dauernder
Schluss gewährt durch Fernhaltung des Lichts der Netzhaut die Mög-
lichkeit, sich zu erholen. Gerade in der Beweglichkeit liegt bei
den Landsäugethieren die Hauptbedeutung der Lider. Und auch die
Grösse der Lidspalte, die mehr als nur das durchsichtige corneale
Segment des Bulbus unbedeckt lässt, ist von grosser Bedeutung, da
bei der Beweglichkeit des Augapfels die Hornhaut bald an dieser, bald
an jener Stelle der Lidspalte steht, wodurch das Blickfeld des
einzelnen Auges ganz bedeutend vergrössert wird.
Nun sahen wir aber vorher, dass der Augapfel des Wals unbe-
weglich in seiner Lage fixirt ist, für ihn ist also eine grosse Lidspalte
von keinem Werth für die Vergrösserung des Gesichtsfeldes; dagegen
brächte sie im Wasser den Nachtheil, dass ein unnöthig grosser
Theil des Bulbus in directer Berührung mit dem äussern Medium
stünde und so erheblichen Wärmeverlust erleiden müsste. Die
geringe Grösse der Lidöffnung der Wale und ihre Form, die der
Cornea entspricht, stellen also Anpassungen an die thermischen
Verhältnisse des Wasserlebens dar, vielleicht auch an die hydro-
dynamischen und chemischen Verhältnisse, indem durch die
kleine Lidöffnung nur wenig Wasser mit dem reichlichen Secret der
Augendrüsen in Verbindung tritt und so nicht die Gefahr vorliegt,
dass einmal die ganze Menge des Secrets vom Wasser fortgespült
und dadurch die Cornea und Conjunctiva schutzlos der Wirkung des
Seewassers ausgesetzt werden.
368 AUGUST PUTTER,
Hiermit ist aber noch nicht die Unbeweglichkeit der Lider ver-
ständlich geworden.
Wenn man auch annehmen will, dass die reichliche Secretabson-
derung (s. u.) dem Auge genügenden Schutz gegen flottirende Schäd-
linge gewährt, so bliebe doch noch die Function der Lider übrig, als
Blende bei wechselnder Beleuchtung zu dienen. Diese Function hat
aber beim Wal ein anderer Theil des Auges, die Iris, in viel ausge-
dehnterem Maasse übernommen, als es bei den Landsäugethieren der
Fall ist, wie oben (s. S. 341 ff.) bereits dargestellt wurde.
Anatomisch zeigt der Lidapparat der Wale einen sehr einfachen
Bau. Der Tarsus, die Mrrpom’schen Drüsen u. s. w., alles
dies fehlt bei den Walen, auch eine Nickhaut ist nicht oder höchstens
in rudimentären Andeutungen vorhanden. Tief in das subepidermoidale
Gewebe eingreifende Epithelsprosse, wie wir durch KÜKENTHAL wissen,
Umwandlungsproducte von Haaranlagen, sorgen für die mechanische
Befestigung der Epidermis. Auch in der Conjunctiva palpe-
brarum sind nahe dem Lidrande solche Epithelzapfen ausgebildet,
die aber äusserst unregelmässige Formen zeigen.
Das Innere der Lider wird von der stark entwickelten Speck-
schicht und dem ebenfalls recht starken Orbicularis oculi ausge-
füllt. An der Conjunctiva der Lider ist eine Oberflächenver-
grösserung durch zahlreiche Fältchen bewirkt, die in ihrem Innern
Venen enthalten, die überhaupt unmittelbar unter der Conjunctiva
in grossen Mengen liegen, ein guter Wärmeschutz an dieser der
Abkühlung so stark ausgesetzten Schleimhaut. Die Conjunctiva
bulbi ist häufig durch starke Pigmentirung ausgezeichnet. Die zahl-
reichen subconjunctivalen Drüsen der Augen sollen erst bei Besprechung
des Drüsenapparats Erwähnung finden.
Viel weniger weit ist die Reduction der einzelnen Theile des Lid-
apparats bei den Pinnipediern gegangen. Die ungeheuer dichte
Behaarung reicht bis zum Lidrand, und in Folge dessen besteht die
oberflächlichste Schicht des Lides fast ausschliesslich aus Haarbälgen,
unter ihr liegt eine gegen den Lidrand dünner werdende Fettschicht,
dann folgt der starke Orbicularis oculi.
Unter dem Orbicularis liegt eine Platte aus straffem Bindegewebe,
die wohl als der Rest des Tarsus angesehen werden darf; aber die
Glandulae tarsales sind geschwunden, ihre Function bestand ja
darin, den Lidrand fettig zu erhalten und so das Ueberfliessen der
Thränenflüssigkeit zu verhindern. Warum diese Function im Wasser
fortfällt, wird unten bei Darstellung des Drüsenapparats gezeigt werden.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 369
Die Conjunctiva palbebrarum besteht aus geschichtetem
Pflasterepithel, das gegen den Fornix conjunctivae in geschichtetes
Cylinderepithel tibergeht.
Die Conjunctiva bulbi ist im Umkreis der Cornea mehr oder
weniger stark pigmentirt.
Ungemein klein ist auch bei den Pinnipediern die Lidspalte. Beim
Menschen ist sie mehr als 2,5mal so lang wie der Durchmesser der
Cornea, beim jungen, 4 Tage alten Seehund ist sie nur gerade noch
so lang wie der Corneadurchmesser (Lidspalte 20,7 mm, Cornea
20,5) und beim erwachsenen Seehund ist sie sogar kiirzer, sie misst
nur 21 mm, der Hornhautdurchmesser aber 24,5 mm.
Im Vortheil sind die Seehunde den Walen gegenüber mit ihrem
Lidapparat in so fern, als sie im Stande sind die Lider zu öffnen und
zu schliessen. Ob bei so enger Lidöffnung eine Bewegung des Bulbus
zum Zweck der Vergrösserung des Blickfeldes möglich ist, diese Frage
mussten wir oben schon verneinen. Auch die Verhältnisse des Opticus
und seiner Scheide führten uns zu der Anschauung, dass auch das
Pinnipedierauge als ziemlich bewegungslos angesehen werden muss,
ausgenommen etwa das des Walrosses. Wie es bei diesem mit der
Grösse der Lidspalte steht, ist mir unbekannt.
Die Nickhaut ist bekanntlich bei den Pinnipediern stark entwickelt
und enthält eine gebogene Knorpelspange als Stütze.
Ueber die Anatomie des Lides der Sirenen kann nach den Be-
funden an den Embryonen wenig gesagt werden, doch ist die bio-
logisch wichtige Thatsache, dass auch bei ihnen die Lidöffnung sehr
klein ist, schon an dem untersuchten Material festzustellen. Der
Embryo von Halicore hat einen Corneadurchmesser von 6,5 (hori-
zontal) bezw. 5,5 (vertical), die Lidôffnung dagegen ist nur 5 mm
lang und 3 mm breit. Sie macht ganz den Eindruck, als ob sie, wie
bei den Walen, einer Erweiterung oder Verengerung nicht fähig sei.
II. Apparatus glandularis.
Dass der Drüsenapparat des Walauges ungemein stark entwickelt
ist, ist eine lange bekannte Thatsache. An die vergleichend anatomische
Deutung der einzelnen Theile desselben aber knüpft sich eine Contro-
verse. Rapp (6) behauptete, die Wale hätten eine Thränendrüse,
WEBER (49) dagegen stellte dies auf Grund seiner Untersuchungen
ganz entschieden in Abrede, er giebt nur die Existenz einer HARDER-
schen Drüse zu. Der Streit löst sich wohl in der Weise, dass phy-
siologisch betrachtet allerdings keine von den Drüsen, die ihr
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 24
370 AUGUST PUTTER,
Secret in den Conjunctivalsack ergiessen, den geringsten Anspruch
darauf hat, als „Thränendrüse“ bezeichnet zu werden, dass aber
an der Stelle, an der bei andern Thieren die Thränendrüse liegt,
am temporalen Augenwinkel, auch bei den Walen eine Drüse
vorhanden ist.
Wie im speciellen Theil genauer beschrieben, findet sich die un-
zweifelhafte Anlage einer Thränendrüse und einer HARDER’schen
Drüse bei den untersuchten Embryonen der Zahn- und Bartenwale
(bei dem jüngsten Delphinapterus-Embryo waren überhaupt noch keine
Drüsenanlagen vorhanden). Verbunden sind beide Drüsen durch ein
subconjunctivales Drüsenstratum, das schon WEBER beschreibt. Es
ist bei den Embryonen erst schwach entwickelt und verwischt daher
noch nicht die Grenzen der nasalen und temporalen grossen Augen-
drüsen.
Wenn wir also beim erwachsenen Thier keine „Thränendrüse“
mehr finden, so muss sie entweder atrophirt sein oder sie muss eine
andere Function übernommen haben. Letzteres ist nun thatsäch-
lich der Fall. ;
Soweit ich mich an dem herausgeschnittenen Bulbus eines er-
wachsenen Hyperoodon davon überzeugen Konnte, nimmt die An-
zahl der Ausführgänge gegen den temporalen Augenwinkel durchaus
nicht ab, es liegen dort ebenso gut Driisen wie im ganzen Bereich
des Fornix conjunctivae, aber diese Driisen liefern, wie WEBER
angiebt, ganz dasselbe fettige Secret wie die HArper’sche Drüse.
Es hat also ein Functionswechsel stattgefunden und zwar in der
Weise, dass die Drüse, welche topographisch der Thränen-
drüse entspricht, nicht mehr das wässrige Secret dieser Drüse,
sondern das fettige der HArnper’schen Drüse liefert.
Wir müssen hierin entschieden eine Anpassung an das Wasser-
leben sehen. Das wässrige Secret der Thränendrüsen mischt sich
ohne weiteres mit dem Seewasser, würde diesem also gestatten, bis
an die Cornea und Conjunctiva vorzudringen und so, wie wir oben
sahen, chemisch oder osmotisch auf dieselbe zu wirken. Ein fettiges
Secret mischt sich nicht mit dem Wasser, es füllt den Conjunc-
tivalsack und schützt Cornea und Conjunctiva wirksam vor
dem Seewasser. Der Functionswechsel der Thränendrüse ist also
eine Anpassung an die hydrodynamischen undchemischen
Verhältnisse des Wassers.
Die mächtige Entwicklung der Drüsen an den Augen der Wale
lässt auf eine reichliche Production von Secret schliessen, das
Die Augen der Wassersiiugethiere. 371
überflüssige wird einfach durch das Seewasser entfernt, besondere
Thränenableitungswege sind bekanntlich nicht vorhanden,
ebenso wenig wie bei den Pinnipediern. Dieser veränderte Modus
der Entfernung des Secrets der Augendrüsen macht auch die Glan-
dulae tarsales Meibomi überflüssig, deren Function oben (8.
S. 368) erwähnt wurde.
Die Pinnipedier haben ausser der stark entwickelten HARDER-
schen Drüse auch eine kleine Thränendrüse.
Auch das Sirenenauge ist ungemein reich an Drüsen, vor
allem ist auch das subconjunctivale Drüsenstratum sehr stark aus-
gebildet.
III. Apparatus museularis.
Der Muskelapparat ist an den Augen der Wassersäugethiere überall
sehr stark entwickelt. Ausser den 4 M. recti und den 2 M. ob-
liqui findet man bekanntlich stets einen kräftig ausgebildeten M. pal-
pebralis und Musculi retractores. Im Einzelnen zeigen sich
manche Merkwürdigkeiten, z. B. setzt der Obliquus inferior ge-
legentlich in zwei getrennten Portionen an die Sclera, die 4 Retractoren
sind oft sehr verschieden stark entwickelt, der obere und untere
stellen mächtige Muskelmassen dar, äusserer und innerer dagegen sind
zu dünnen Muskelbändern reducirt.
Diese Verhältnisse, denen ich eine biologische Bedeutung beizu-
legen ausser Stande bin, sind im speciellen Theil näher beschrieben.
Aufmerksam machen möchte ich nur noch auf das Verhältniss der
Recti zum Nervus opticus bei den Sirenen. Während sonst bei
allen Säugethieren die Recti in der Umgebung des Foramen opticus
entspringen, so dass der Opticus in seinem ganzen Verlauf in der
Orbita von ihrem Kegel umhüllt ist, entspringen sie bei Manatus
wie bei Halicore temporal vom Foramen opticum, der Opticus tritt
erst ein Stück von diesem entfernt zwischen die Muskeln.
Viel allgemeiner interessant als diese anatomischen Einzelheiten
der Augenmuskeln ist eine Frage physiologischer Natur, die sich uns
bei Betrachtung der Augenmusculatur aufdrängt.
Wir waren zu der Erkenntniss gekommen, dass das Walauge
nicht mehr bewegt werden kann, dass auch die Lider un-
beweglich wären, und trotzdem finden wir einen ungeheuer
ausgebildeten Muskelapparat am Walauge. Bei den Pinni-
pediern sind die Lider gut beweglich, der Bulbus aber in den
meisten Fällen wohl nicht, trotzdem ist auch hier die Musculatur stark
24*
372 AUGUST PUTTER,
entwickelt. Das Auge, dem wir noch einige Beweglichkeit zutrauten,
das Walrossauge, ist das kleinste von allen untersuchten Wassersäuge-
thieraugen. Die Muskelmasse aber, die es umgiebt, ist so ungeheuer
im Vergleich zu dem kleinen Bulbus, dass die geringe Beweglichkeit,
die wir vermuthen, ja selbst eine sehr beträchtliche, welche uns als
unwahrscheinlich erscheint, doch nicht als hinreichender Grund für
eine solche Muskelentwicklung erscheinen will, zumal wenn wir an die
quantitativ viel geringere Entwicklung der Augenmuskeln des Menschen
denken, dessen Bulbus den des Walrosses doch sicher an Beweglich-
keit weit übertrifft.
So verdächtig uns aber auch das Walrossauge erscheint, wollen
wir es doch für die folgenden Ausführungen aus dem Spiele lassen
und nur die Verhältnisse des Walauges näher betrachten.
Die Muskeln, welche am ersten noch im Stande wären, eine Be-
wegung des Bulbus zu bewirken, die Recti, sind äusserst schwach, sie
verlaufen mit den Palpebrales zusammen und senden zum Bulbus nur
dünne, sehnige Theile, von ihnen kann man sich keine bedeutende
Wirkung versprechen. Mächtige Muskelmassen sind die Retractores,
die fleischig in grosser Ausdehnung der Hinterfläche des Bulbus sich
ansetzen, ihrer Masse nach könnte man grosse Wirkung von ihnen
erwarten, aber die Richtung ihres Zuges fällt mit der der Opticus-
scheide zusammen, und dass diese den Bulbus tragende Säule einer
Verkürzung fähig wäre, scheint gänzlich ausgeschlossen. Aehnlich stellen
sich die Verhältnisse für die Palpebrales. WEBER giebt an, dass sie
bei den grossen Bartenwalen die Masse eines Glutaeus maximus des
Menschen erreichen, dass sie aber eine grössere Kraft entwickeln
könnten wie ein Mensch mit beiden Armen, ist kaum anzunehmen, und
mir gelang es nicht, bei aller Anstrengung die Lidöffnung des Fin-
wals zu erweitern. Wir haben also die Thatsache zu constatiren,
dass hier starke Muskeln vorhanden sind, denen es nicht möglich
ist, sich zu contrahiren, zu verkürzen.
Das scheint unsern Anschauungen von der Wirkung der functio-
nellen Reize durchaus zu widersprechen; ein functionsloser Muskel
muss nach unsern Vorstellungen atrophiren. Es bleiben uns also nur
zwei Möglichkeiten der Auffassung dieser Thatsache gegenüber: ©
entweder ist unsere Vorstellung von der Wirkung functioneller Reize,
die das Ergebniss einer Unmenge von Beobachtungen ist, falsch, oder
die Muskeln haben hier eine andere Hauptfunction übernommen,
als ihnen sonst gemeiniglich zukommt. Zu dem ersten Schluss wird
Die Augen der Wassersäugethiere, 373
sich wohl Niemand leicht verstehen wollen, es bliebe also die zweite
Möglichkeit zu erörtern.
Welches kann der functionelle Reiz sein, der die Augenmuskeln
der Wale daran verhindert, in der Weise zu atrophiren, wie wir es
von den Muskeln bei ankylotisch gewordenen Gelenken kennen ?
Wir sind gewohnt, die Function des Muskels wesentlich von der
Seite der mechanischen Leistung zu betrachten, für unsern Fall aber
werden wir gut thun, uns daran zu erinnern, dass nicht die ganze
Energie des Muskels in mechanische Arbeit umgesetzt wird, dass viel-
mehr ein erheblicher Theil schon unter gewöhnlichen Bedingungen zur
Production von Wärme verwandt wird. TIGERSTEDT nennt die Muskeln
(99, V. 1, p. 398) „die wichtigsten wärmebildenden Organe“ des
Körpers. Und weiter ist zu berücksichtigen, dass im Tetanus die
Wärmebildung bis zu einer gewissen Grenze um so grösser wird, je
grösser die Spannung ist (s. 94, V. 2, p. 34). Bei verhinderter Con-
traction, wie am Walauge, ist diese Bedingung erfüllt. Bei der grossen
Bedeutung, die die Wärmeproduction des Körpers für den Wal im All-
gemeinen, in ganz besonderer Weise aber für das Auge hat, hat man
wohl eine gewisse Berechtigung, anzunehmen, dass die Fähigkeit der
Wärmeproduction im Muskel bei ihm höher ist als bei andern Thieren,
und wenn wir uns zu dieser Voraussetzung entschliessen, hat die
Existenz der mächtigen Augenmuskeln, die keine mechanische
Leistung mehr haben, nichts Wunderbares für uns, die Production
von Wärme ist ihre nunmehr alleinige Function, die auch vollständig
ausreicht, um ihre Existenz verständlich zu machen. Wenn man ver-
gleichend physiologisch überschaut, wie die verschiedenen Seiten des
Stoffwechsels des Muskels in den Vordergrund treten können, wie z. B.
in den elektrischen Organen der „elektrischen Fische“ die Production
von Elektricität, die bei uns keine biologische Bedeutung hat, zur
alleinigen Function des auch baulich umgeänderten Muskels werden
kann, so erscheint uns das starke Hervortreten der Production ther-
mischer Energie in den Augenmuskeln der Wale als ein gar nicht so
isolirt dastehendes Phänomen.
IV. Orbita.
Die Augenhöhle ist bei den Walen sehr unvollständig ausge-
bildet, am unvollständigsten bei den Denticeten, bei denen eigent-
lich nur das Dach knöchern ist. Am Boden der Orbita ist der Pro-
cessus zygomaticus das einzige Knochengebilde, allerdings reicht auch
374 AUGUST PUTTER;
der obere Rand der Mandibula bis unmittelbar unter den Kegel der
Augenmuskeln.
Die Orbita der Bartenwale ist weit vollständiger, der Orbital-
ring ist vollständig, ausser dem Dach sind auch der grösste Theil der
Vorderwand, der nasale Theil des Bodens und der obere Theil der
Hinterwand knöchern. Ein starker Musculus orbitalis und straffe
Bänder schliessen die Lücken der knöchernen Wandung.
Die Pinnipedier haben eine bis auf die bekannten Orbital-
fissuren geschlossene Augenhöhle.
Bei den Pinnipediern füllt der Bulbus den Kreis des Orbitalringes
fast vollständig aus, er liegt nur mit dem Theil, der hinter dem
Aequator liegt, innerhalb der Orbita.
Bei den Sirenen ist der Bulbus im Vergleich zum Durchmesser
der Orbita sehr klein, auch hier liegt er zum grossen Theil vor der
Orbita, in Muskel- und Fettgewebe eingesenkt.
Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei den Walen, stets fasst
die Augenhöhle nur den hintersten Theil des Bulbus in sich.
Wir können in dieser Verlagerung des Bulbus aus der knöchernen
Umgebung heraus in das weiche Muskel-, Fett- und Drüsen-
gewebe hinein eine Einrichtung erblicken, die ihn davor bewahrt,
bei Steigerung des Wasserdrucks gegen die Knochen gepresst zu
werden.
Ausser dem Opticus mit seiner Scheide und den Augenmuskeln
bildet den wichtigsten Inhalt der Orbita der mächtig entwickelte Ge-
fassplexus. Bei Pinnipediern, Denticeten und Mysticeten sind es
Venengeflechte, die in grosser Ausdehnung in der. ganzen Umgebung
des Augenmuskelkegels sowie subcutan im Bereich der Lider liegen,
sie haben wohl nicht nur die Aufgabe den Inhalt der Orbita zu er-
wärmen, sondern dienen auch wohl als weiches Polster, das bei ge-
steigertem Aussendruck den Bulbus und den Opticus vor Traumen
irgend welcher Art schützt. Bei den Sirenen liegt am Boden der
Orbita ein starkes arterielles Rete mirabile, über dessen
specielle Bedeutung ich nichts angeben kann.
Die Augen der Wale liegen an der Seite des Kopfes in einer
Stellung, wie sie bei andern Säugethieren kaum vorkommt.
Bei den Bartenwalen ragt die Orbita als Erhebung des Daches
der Mundhöhle in diese hinein; wie aus den Abbildungen zu ersehen
(s. KUKENTHAL, 110, fig. 2), ist diese Eigenthümlichkeit am stärksten
entwickelt bei Eubalaena, dem Nordkaper.
Bei den Zahnwalen liegt das Auge hinter dem Mundwinkel.
Die Augen der Wassersäugethiere. 375
In der Seitenlage aber stimmen beide Ordnungen iiberein und
ferner in der ungemein tiefen Lage der Augen am Kopf. Die Be-
deutung dieser Lage ist wohl zunächst darin zu suchen, dass durch
sie das Auge dem Anprall des Wassers nicht derartig ausgesetzt ist,
wie es der Fall sein würde, wenn sie vorn am Kopf lägen. Aber
auch für das Gesichtsfeld ist diese Lage von Bedeutung. Da die un-
beweglichen Bulbi nicht durch Drehung ihr Sehfeld vergrössern
können, muss ihre Stellung so gewählt werden, dass sie beständig
ein möglichst grosses Gesichisfeld bestreichen. Das wird da-
durch erreicht, dass der Bogen des binocularen Sehens ungemein ver-
kleinert wird, vielleicht hört das binoculare Sehen überhaupt völlig
auf, worüber wohl am besten eine Untersuchung der Decussatio ner-
vorum opticorum Aufschluss geben könnte. Der Verkleinerung des
Sehfelds der Augen nach vorn geht eine Erweiterung nach hinten
parallel, so dass das gesammte Gesichtsfeld beider Augen doch sicher
eine beträchtliche Grösse hat.
Die tiefe Lage der Augen am Kopf bewirkt ausserdem eine Ver-
kleinerung des Gesichtsfeldes nach oben bei gleichzeitiger Vergrösserung
nach unten.
Bei den Pinnipediern liegen die Augen nahe bei einander,
vorn am Kopf, in der für die Säugethiere gewöhnlichen Lage.
Die Augenaxe ist bei den meisten Pinnipediern schräg nach
oben gerichtet, beim Walross ist sie horizontal. Nach oben gerichtet
ist sie auch bei den Sirenen.
Anders dagegen bei den Walen. Beim Braunfisch liegt sie fast
horizontal, hat aber auch schon eine geringe Neigung nach unten und
noch mehr beim Weisswal und Dögling, bei letzterm beträgt schon
beim Embryo von 15,8 cm Länge die Neigung nach unten etwa 40°.
Der Embryo von Balaenoptera (Länge 20 cm) zeigt gleichfalls die
starke Neigung der Augenaxe nach unten.
Es liegt nahe, diese Richtung der Augenaxe für eine Anpassung
an das Wasserleben zu halten, und diese Anschauung gewinnt noch
mehr an Wahrscheinlichkeit, wenn wir von JOHANNES MÜLLER (4) er-
fahren, dass ausser den Walen nur noch die Seeschildkröte eine
nach unten geneigte Orbitalaxe hat (sie kommt auch wohl noch bei
Fischen vor). |
Die Neigung der Augenaxe nach unten hat natürlich eine Ver-
grösserung des Gesichtsfeldes nach unten zur Folge, aber in demselben
Maasse wird es nach oben verkleinert, jeden Falls das theoretisch
construirbare Gesichtsfeld; praktisch hat diese Verkleinerung wohl
376 AUGUST PUTTER,
gar keine Bedeutung. Es kann von keiner biologischen Bedeutung für
den Wal sein, zu sehen, was ausserhalb des Wassers vor sich geht,
denn dahin kann er doch nie kommen. Die Hauptausdehnung seines
Gesichtsfeldes liegt eben nach unten, und von hier drohen ihm, z. B.
in den Angriffen der Haie, auch wirklich Gefahren. Wenn es aber
auch für ihn von Werth sein sollte, aus dem Wasser heraus zu sehen,
er könnte es nur schwer, denn zahlreiche störende Lichteindrücke
müssten in sein Auge gelangen, da ja die Oberfläche des Wassers als
reflectirende Fläche wirkt. Da sie in steter Bewegung ist, stellt sie
zwar keine spiegelnde Fläche dar, die Bilder erzeugen könnte, wohl
aber wirft sie doch Strahlen ins Wasser zurück, die in den oberfläch-
lichen Schichten sicher störend für ein Sehen in dieser Richtung sind.
Dass ausser der Abwendung des Auges von diesen störenden Licht-
eindrücken, ausser der Neigung der Orbitalaxe nach unten auch das
Operculum pupillare der Iris zur Abblendung derselben dient, wurde
oben schon erwähnt.
D. Zur Phylogenie der Wassersäugethiere.
Die theoretisch fast mit Nothwendigkeit zu postulirende Annahme,
dass die Wassersäugethiere von Landsäugethieren abstammen, ist durch
eine Fülle von Thatsachen der vergleichenden Anatomie und Ontogenie
gestützt, trotzdem scheint es nicht überflüssig, die Ergebnisse, die die
Untersuchung der Augen geliefert hat, in Hinsicht auf diese Frage zu
discutiren.
Und noch eine zweite phylogenetische Frage ist zu erörtern: die
Frage nach dem polyphyletischen Ursprung der Wassersäugethiere.
Auch diese ist wohl als gelöst anzusehen und zwar in dem Sinne, dass
alle vier Ordnungen der Wassersäugethiere unabhängig von ein-
ander den Uebergang zum Wasserleben vollzogen haben und einander
durch convergente Anpassung an die gleichen Lebens-
bedingungen in vielen Punkten so ähnlich geworden sind.
Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich das Material für die
Erörterung dieser beiden Fragen so ordnen, dass ich nur die besten
Beispiele bei jeder Frage vorbringe, doch ist natürlich das Material
für die zweite Frage nach dem phylogenetischen Ursprung der Wasser-
säugethiere meist ohne weiteres auch für die erste, nach der ihrer
Abstammung von Landsäugethieren überhaupt, zu verwerthen.
. em re ‘ar
Die Augen der Wassersäugethiere. 377
Die Cornea.
Das Verhältniss der Grösse der Cornea zu der des Bulbus ist ein
Werth, der in der Entwicklung des menschlichen Auges und damit
also wahrscheinlich auch bei den übrigen Landsäugethieren ungemein
constant, fast völlig gleich für alle Stadien ist, wie 1884 L. K6nic-
STEIN fand. Bei den Walen aber sind in der Entwicklung durchweg
die Hornhäute grösser als beim erwachsenen Thier. Beim Finwal
beträgt das Verhältniss des verticalen Corneadurchmessers zum
verticalen Bulbusdurchmesser 3,667, beim Embryo von 20 cm
Länge 1,455. Und um nur ein Beispiel für die Zahnwale zu nennen,
das Verhältniss beim erwachsenen Weisswal ist 3,14, beim jüngsten
Embryo von 3,75 cm Länge dagegen 1,084, die Cornea also relativ
fast dreimal so gross wie beim Erwachsenen. Die Verkleinerung
der Cornea im Lauf der Entwicklung ist eine Erscheinung, die wir
bei den Landsäugethieren nicht finden, ihr conconstantes Auftreten
bei den Walen berechtigt uns, diese Eigenthümlichkeit als eine An-
passung an das Wasserleben, wie wir oben sahen, an die ther-
mischen und hydrostatischen Verhältnisse desselben aufzufassen.
Was die Dicke der Cornea anlangt, so hat bekanntlich der
Mensch eine geringe Randverdickung, bei allen andern daraufhin
untersuchten Landthieren dagegen ist der Scheitel die dickste
Stelle, der Rand ist verdünnt (KoscHEL). Es ist eine gewiss
interessante Thatsache, dass die enorme Randverdickung, die fast
allen Wassersäugethieren eigen ist, erst im Lauf der Entwicklung
ein Stadium ersetzt, das in seinem Verhalten ganz dem der Land-
säugethiere entspricht. Bei allen jungen Embryonen findet
man den Hornhautscheitel viel dicker als den Rand. Als auf-
fallendstes Beispiel erwähne ich nur den Weisswal. Beim Erwachsenen
ist der Rand siebenmal so dick wie der Scheitel, beim
Jüngsten Embryo (Länge 3,75 cm), dagegen der Scheitel mehr als
doppelt so dick wie der Rand.
Die Auffassung, dass die Randverdickung der Cornea eine An-
passung an das Wasserleben und zwar an die hydrostatischen Ver-
hältnisse desselben sei, wie wir oben annahmen, wird also durch die
entwicklungsgeschichtlichen Befunde nachdrücklich bestätigt.
Die Ausführungen über die Bedeutung der Randdicke gelten auch
für die Pinnipedier. Bei Phoca ist beim Embryo von 10 cm
Länge der Hornhautscheitel ebenso dick wie der Rand, beim Er-
wachsenen dagegen der Rand mehr als 3mal so dick wie der Scheitel,
378 AUGUST PUTTER,
Und noch auffallender ist der Unterschied beim Walross, bei dem
beim Embryo der Scheitel dicker ist als der Rand, beim erwachsenen
Thier aber der Rand 3,5malso dick wie der Scheitel. Die rela-
tive Verkleinerung aber, welche die Cornea bei den Pinnipediern in
der Entwicklung erfährt, ist zu unbedeutend, als dass man sie zu
phylogenetischen Schlüssen verwenden könnte.
Die relative Abnahme der Höhe der Cornea, d. h. also die Ab-
flachung, ist eine bei allen untersuchten Wassersäugethieren in der
Entwicklung sehr deutlich hervortretende Eigenthümlichkeit; die Em
bryonen haben noch sehr gut gewölbte Hornhäute. Die Deutung dieser
Erscheinung als mechanische Anpassung wurde oben gegeben.
Die Selera.
Es sollen hier nur die Form verhältnisse Erwähnung finden.
Die Bedeutung, welche das überaus flache prääquatoriale Segment
für die Wale hat, wurde oben auseinandergesetzt; auch diese An-
passung tritt erst im Lauf der Entwicklung auf. Beim jüngsten Embryo
von Balaenoptera ist das prääquatoriale Segment noch erheblich höher
als beim erwachsenen Thier. Noch auffälliger ist dies bei den Zahn-
walen, das Auge der 20—30 cm langen Delphinapterus-Embryonen ist
fast kuglig.
Bei den Pinnipediern ist der Gang der Entwicklung umge-
kehrt, hier wird die Axe länger. Auch diese Thatsache konnten wir
zu den biologischen Einrichtungen des erwachsenen Pinnipedierauges
in Beziehung setzen.
Das Corpus eiliare.
Da bei den Walen die Ciliarfortsätze das Bild der Reduction
gaben: so war anzunehmen, dass im Lauf der Entwicklung eine Ver-
kleinerung derselben eintreten würde, indem bei den Embryonen als
Hinweis auf früheres Leben am Lande die Fortsätze stärker ent-
wickelt sein müssten. Diese Annahme wird durch die Thatsachen be-
stätigt: bei allen Walembryonen sind die Ciliarfortsätze länger als beim
erwachsenen Thier, beim Finwal mehr als 4mal so lang (beim Embryo
von 20 cm), bei den Zahnwalen etwa doppelt so lang.
Bei den Pinnipediern findet keine Reduction der Ciliarfort-
sätze in der Entwicklung statt, die mechanische Function, die sie in
so bedeutendem Maasse zu leisten haben, bewahrt sie vor der Rück-
bildung. Sie zeigen sogar ein sehr beträchtliches Wachsthum.
EE Eel
Die Augen der Wassersiiugethiere. 379
Die Linse.
Bei der Linse konnten wir als gemeinsame Charaktere der Wasser-
säugethiere die starke Wölbung und die relativ geringe Grösse im
Verhältniss zum Corneadurchmesser feststellen. Beide Eigenschaften
fehlen noch bei jüngern Embryonen. Diese zeigen viel flachere Linsen,
besonders die Vorderfläche weist meist eine sehr geringe Wölbung auf,
Vorder- und Hinterfläche sind noch verschieden stark gewölbt.
Als Mittelwerth des Verhältnisses Linsendurchmesser : Cornea-
durchmesser hatten wir für die erwachsenen Wassersäugethiere 1 : 1,738
gefunden, während die Landsäugethiere meist viel geringere Werthe
aufweisen. Solche niedrigern Werthe, d. h. relativ grössere Linsen,
finden -wir nun auch bei den Embryonen der Wassersäugethiere.
Die folgende Zusammenstellung giebt das Verhältniss Linsen-
durchmesser : Corneadurchmesser.
Phoca groenlandica (OPrem Tang) 1: 1438
Odobaenus rosmarus (a ra iS)
Balaenoptera rostrata (20 „ ,, ) 1:1,47
Delphinus sp. ASC de 0 dés let
Phocaena communis ee pe CONS res LE Es
Delphinapterus leucas (25 1,1. ). 1: 1,24
Hyperoodon rostratus (15,8 „ ,, ) 1:1,13
Man sieht, dass sich diese Verhältnisse weit von denen der Wasser-
säugethiere entfernen und durchaus denen gleichen, die wir für Land-
säugethiere kennen.
Die Retina.
Die Armuth der Netzhaut an Opticusfasern ist eine Eigenschaft,
die gleichfalls im Lauf der Entwicklung stärker wird. Es nimmt zu-
nächst die relative Zahl der Opticusfasern auf 1 qmm ab, beim er-
wachsenen Seehund fanden wir 74, beim jungen Thier (4 Tage alt)
noch 177, bei Phocaena 29, beim grossen Embryo 71. Beim Seehund
nimmt nicht nur die relative Zahl der Opticusfasern ab, sondern, wie
die Rechnung ergiebt, hat das junge Thier absolut nicht unbeträcht-
lich mehr Opticusfasern als das erwachsene, diese gehen also in der
Entwicklung zu Grunde. Diese Reduction der Nervenfasern ist ein
Ausdruck der fortschreitenden Annäherung an die Anpassungen, die
die erwachsenen Thiere zeigen.
Auch für die Frage nach dem polyphyletischen Ursprung der
Wassersäugethiere will ich nur wenige Beweispunkte heranziehen; wer
380 AUGUST PUTTER,
den speciellen Theil in dieser Hinsicht durchsucht, wird leicht noch
weitere Punkte finden.
Dass die Pinnipedier im ganzen Verlauf ihrer Entwicklung scharf
von den Walen unterschieden sind, so dass gar keine Ursache vor-
liegt, sie in nähere verwandtschaftliche Beziehungen zu denselben zu
setzen, geht aus den Einzelbeschreibungen zur Genüge hervor und be-
darf keiner eingehendern Besprechung mehr.
Discutirbar erschiene vielleicht eher noch
die Frage des diphyletischen Ursprungs der Wale.
1. Die Linse.
Die eigenartige Lage des Linsenepithels auf der Hinterfläche, die
sonst nie bei Säugethieren vorkommt, findet sich nur bei der einen
Gruppe der Wale, den Zahnwalen, die Bartenwale haben sie
an der für Säugethiere normalen Stelle, im Linsenäquator. Dieser
Unterschied ist um so auffallender, als die sicher nicht mit den Denti-
ceten verwandten Pinnipedier dieselbe Lage der Epithelgrenze zeigen
(wahrscheinlich auch die Sirenen). Wenn wir die Eigenthümlichkeit
also in verschiedenen Gruppen unabhängig entstanden sehen,
so müssten wir, wenn die Wale monophyletischen Ursprungs wären,
um so mehr bei beiden Ordnungen sie zu finden erwarten, und da wir
sie nicht finden, so schliessen wir wohl sicher richtig, wenn wir für
die Wale einen doppelten Ursprung annehmen.
2, Die Retina.
Vielleicht können wir auch die Fähigkeit der Retina, ein neues
Sinnesorgan aus sich hervorgehen zu lassen, eine Fähigkeit, die die
Zahnwale besitzen, die den Bartenwalen aber fehlt, als eine gute Stütze
der Annahme des doppelten Ursprungs ansehen.
3. Die Lider.
Die Form der Lider weist bei Zahn- und Bartenwalen entwicklungs-
geschichtlich einen durchgreifenden Unterschied auf, der fiir phylo-
genetische Betrachtungen nicht unwichtig ist.
Bei Zahnwalen bestehen zwischen der Anlage des Ober- und
Unterlids keine bedeutenden Unterschiede, das Oberlid ist etwas diinner
als das untere, aber sonst ihm durchaus ähnlich. |
Anders bei den Bartenwalen. Beim Embryo von Balaenoptera
rostrata stellt das Unterlid eine starke, plumpe, im Querschnitt drei-
eckige Falte dar, das Oberlid dagegen hängt wie ein breiter dünner
Die Augen der Wassersiiugethiere. 381
Vorhang vor dem Auge herunter, es ist 5,6mal so breit wie das
Unterlid.
Wie erklärt sich eine so mächtige Verbreiterung des obern Lids?
Wir sahen oben, dass die Augenaxe der Wale in Anpassung an
die veränderte Lage der Hauptausdehnung des Gesichtsfelds schräg
nach unten gerichtet ist.
An dieser Drehung nach abwärts hat nun offenbar bei den Barten-
walen der Fornix conjunctivae nicht oder doch nicht vollständig
Theil genommen. Die Verlegung der Lidspalte ist vielmehr in der
Weise vor sich gegangen, dass das Unterlid schmäler, das Oberlid da-
gegen breiter und breiter wurde.
Der Fornix conjunctivae hebt sich bei grössern Embryonen schon
äusserlich deutlich als fast genau kreisförmige Linie ab, die Lidöffnung
liegt nun nicht etwa in der Mitte dieses Kreises, sondern ganz im
untern Theil desselben.
Bei den Zahwalen tritt das eigenartige Verrutschen der Lid-
öffnung nicht ein, vielleicht lagen ihre Augen schon sehr tief am Kopf,
als sie zum Wasserleben übergingen, oder, was wahrscheinlicher ist,
der Fornix conjunctivae hat bei ihnen die Verschiebung mitgemacht.
Einen Grund dafür, warum bei den Bartenwalen der Fornix sich nicht
mit nach abwärts bewegt haben sollte, während er es bei den Zahn-
walen gethan hätte, kann man in der Lage des knöchernen Daches
der Orbita sehen. Bei den Bartenwalen reicht dasselbe bis dicht
unter die Haut, und an ihr ist der Fornix superior fixirt. Bei den
Zahnwalen aber ist der knöcherne Rand der Orbita tief unter die
Oberfläche versenkt, der Fornix liegt in weichem Gewebe, und es liegt
kein Grund vor, warum er sich nicht nach abwärts bewegen könnte.
Jeden Falls haben wir hier einen sehr bedeutenden Unterschied
zwischen Barten- und Zahnwalen, der uns wieder deutlich die diphy-
letische Abstammung der Wale zeigt.
E. Zusammenfassung.
Die soeben gegebene Analyse der Eigenschaften der Augen, welche
wir bei Pinnipediern, Mysticeten und Denticeten sowie Sirenen fanden,
kann nicht den Anspruch erheben, als durchgängig richtig und unanfecht-
bar zu gelten. Eine tiefere Erkenntniss der Verhältnisse wird wahrschein-
lich manchen der gegebenen Erklärungsversuche als völlig verfehlt
erkennen lassen. Nur das glaube ich behaupten zu können, dass sie
im Grossen und Ganzen ein dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse
382 AUGUST PUTTER,
vom Wassersäugethierauge entsprechendes Bild liefert, und mehr zu
erreichen lag ebenso sehr ausserhalb meiner Kräfte wie meiner Ab-
sicht.
Es sei noch eine kurze Zusammenfassung der Hauptresultate ge-
stattet.
1) Was die Herkunft der Wassersäugethiere anlangt, so
führten die Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte des
Auges wieder zu einer der vielen Bestätigungen, die KÜKEN-
THAL’s Anschauungen über diesen Punkt schon erhalten haben,
so dass wir mit grösster Sicherheit, die überhaupt in phylo-
genetischen Fragen zu erreichen sein dürfte, die beiden Sätze
vertreten können:
a) Die Wassersäugethiere stammen von Landsäuge-
thieren ab.
b) Die vier Ordnungen der Wassersängethiere
stehen in keinen nähern verwandtschaftlichen
Beziehungen zu einander.
2) Die Ausbildung der Augen der erwachsenen
Wassersäugethiere zeigt in ausgedehntem Maasse An-
passungen an die Lebensbedingungen seines neuen Mediums.
Die Anpassungen sind:
a) Optische Anpassungen.
Als solche haben wir erkannt:
1) Die Form der Linse: fast kuglig, beide Flächen gleich stark
gewölbt.
2) Den Brechungsexponenten der Linse: höher als bei
irgend einem Landsäugethier, fast so hoch wie bei Fischen.
3) Die Querleitungsverhältnisse der Retina: viele Stäb-
chenzellen auf eine Ganglienzelle zusammengeleitet.
4) Die ,überzähligen“ Ganglienzellen der äussern Körner-
schicht (s. S. 361).
5) Das ausgedehnte Tapetum lucidum.
6) Die Vergrösserung des Augengrundes auf Kosten des
prääquatorialen Segments. Die Peripherie des Augengrundes
liegt auch noch in der Brennebene der Linse.
b) Thermische Anpassungen.
1) Verkleinerung der Cornea im Verhältniss zum Bulbus.
2) Form und Zahl der Lymphwege der Cornea propria:
grosse Röhren in verhältnissmässig geringerer Zahl.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 383
3) Ausbildung der Chorioidea und des perichorioiden
Lymphraums.
4) Form, der Lidspalte: so weit verkleinert, dass nur noch die
Cornea hervorsieht.
5) Machtige Entwicklung der Musculatur bei unbeweg-
lichem Bulbus.
c) Hydrostatische Anpassungen.
1) Wölbung der Cornea: flach auf den von der Seite heran-
tretenden Widerlagern.
2) Randverdickung der Cornea.
3) Epithelverhornung der Cornea: Hornsubstanz ver-
bindet sich direct mit der Elastica anterior.
4) Verdickung der Sclera: mächtig im Aequator und
Augengrund, gering im Sulcus corneae.
5) Starke Opticusscheide: trägt den Bulbus wie eine Säule.
6) Arterielles und venöses Wundernetz der Ciliar-
gefässe.
7) Lage des Bulbus: aus der Nähe der knöchernen Theile
entfernt, in. Muskeln, Fett- und Drüsengewebe.
8) Erwerbung eines hydrostatischen Sinnesorgans bei
Denticeten.
d) Chemische Anpassungen.
1) Ausbildung der Drüsen: sie geben alle fettiges, dliges
Secret.
2) Vermehrung der Drüsen: Vergrösserung der HARDER’schen
und Thränendrüse und Ausbildung eines subconjuncti-
valen Drüsenstratums.
Ausser diesen Anpassungen findet man noch eine Reihe von Eigen-
schaften, die eine indirecte Folge des Uebergangs zum Wasserleben
Sind. eZ...
1) In Folge des veränderten Accommodationsmodus der Pinni-
pedier muss die Transsudation des Kammerwassers, die reichliche
Gefässentwicklung verlangt, aus der hintern Kammer in die vordere
verlegt werden: Wir erhalten das mächtig entwickelte und vasculari-
sirte Ligamentum pectinatum.
2) Mit dem Verlust der Accommodation, die beim völligen Ueber-
gang zum Wasserleben, besonders bei zunehmender Grösse der Thiere
384 AUGUST PUTTER,
erfolgt, verlieren bei den Walen die Ciliarfortsätze ihre mechanische
Function als Träger der Linse und werden daher rudimentär.
Wir könnten diese Eigenschaften als indirecte Anpassungen
bezeichnen. Noch andere Erscheinungen aber lassen sich über-
haupt nicht als Anpassungserscheinungen auffassen, bei ihnen ver-
sagt die Anwendung des Zweckmässigkeitsprincips als
„Erklärung“.
Es ist z. B. vom teleologischen Standpunkt aus nicht einzusehen,
warum das Tapetum lucidum sich noch in Regionen findet, in
denen das Aussenblatt der Retina schon tief dunkei pigmentirt ist.
Es ist auch keine Anpassung darin zu sehen, dass beim Weisswal
auch das Tapetum lucidum fast ganz weiss, mit leicht gelblichem
Ton gefärbt ist, es ist das vielmehr eine der Correlationen zwischen
der Pigmentirung der Haut und der Aderhaut, die wir ja auch vom
Menschen her kennen.
Es ist endlich zur Zeit keine Zweckmässigkeit darin zu erkennen,
dass die Epithelgrenze der Linse bei Pinnipediern, Denti-
ceten und wahrscheinlich auch bei Sirenen plötzlich wieder auf
die Hinterfläche der Linse rückt, wo sie sich sonst nur bei den wasser-
lebenden Amphibien und den Fischen findet. Dass es auch ohne diese
Einrichtung geht, zeigen die Bartenwale mit ihrer für Säugethiere
typischen Lage der Epithelgrenze im Linsenäquator.
Auf Convergenzerscheinungen des Wassersäugethier-
auges und des Fischauges konnte mehrfach hingewiesen werden.
Die Randverdickung der Cornea, die oben beschrieben wurde,
hat BERGER schon 1883 bei Selachiern und Teleosteern gefunden.
Das Tapetum lucidum, das wir bei Wassersäugethieren stets
im obern Theil des Bulbus besser entwickelt fanden als im untern,
zeigt sich auch, wie aus gelegentlichen Notizen in der Literatur her-
vorgeht, bei einzelnen Selachiern und Teleosteern; diese Art der Aus-
dehnung ist sogar gelegentlich ganz auf den obern Bulbustheil be-
schränkt. In dieser „bessern“ Ausbildung des obern Bulbustheils
gehen sogar die Fische noch einen Schritt weiter als die Wasser-
säugethiere, wie aus einer Notiz von SCHIEFFERDECKER (60) hervor-
seht, der angiebt, dass bei Fischen die Retina im obern Bulbustheil
„besser“ gebaut sei als im untern; leider giebt er nicht an, worin
dieser bessere Bau besteht; jeden Falls konnten wir einen solchen
Unterschied bei den Wassersäugethieren noch nicht finden.
Das Operculum pupillare ist zuerst bei Selachiern festge-
stellt worden, bei Walen fanden wir es weit verbreitet. Auch andere
Die Augen der Wassersiiugethiere. 385
Arten der Abblendung der störenden Lichtstrahlen von oben, pigmen-
tirte Hautgebilde, finden sich bei Fischen häufig. Die eigenthümliche
bohnenförmige Gestalt der Pupille, wie die Zahnwale sie zeigen, sieht
man auch bei Cephalopoden.
Endlich wurde auch schon auf die Analogie der „Chorioideal-
drüse“ der Knochenfische und der Ciliargefässgeflechte im Opticus
der Wale hingewiesen.
Die Form der Linse und die Lage ihrer Epithelgrenze ist gleich-
falls schon erwähnt.
Fig. PP. Umrisszeichnung des mensch-
lichen Auges und des Bartenwalauges bei
gleicher Axenlänge.
——— Balaenoptera physalus L. Die
Dimensionen entsprechen einer Verkleinerung
von 1 : 0,406.
cree Homo sapiens L. 1/1.
Fig. QQ. Umrisszeichnung des mensch-
lichen Auges und der Augen von Phoca vitu-
lina und Hyperoodon rostratus, alle bei
gleicher Axenlänge.
—— Homo sapiens L. 1,35: 1.
cote es Phoca vitulina L. 1/1.
— Hyperoodon rostratus |PONTOP-
PIDAN]. 1/1.
Fig. QQ.
Wie ungeheuer die Unterschiede der Walaugen von denen der Land-
säugethiere, z. B. vom menschlichen Auge, sind, das zeigen besser
als Zahlen und Beschreibungen die beiden Figg. PP und QQ, in denen
die zu vergleichenden Augen bei gleicher Länge der innern Augenaxe
dargestellt sind.
Und mit diesem Hinweis auf das menschliche Auge möchte ich
diese Untersuchungen beschliessen: so hoch unser Auge mit seinem
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 25
386 AUGUST PUTTER,
feinen Accommodationsapparat, mit seinen in der Macula lutea bis zu
idealer Vollkommenheit ausgebildeten Querleitungen der Retina, über
dem accommodationslosen Walauge, das so unvollkommene Quer-
leitungen besitzt, zu stehen scheint: in Beziehung zur Lebensweise des
Organismus müssen wir das Walauge für gerade so vollkommen halten
wie das Menschenauge, da es, wie wir sahen, in vollendeter Weise
an die specifischen Leistungen angepasst ist, die es dem Thier zu
leisten hat, und der Grad der Anpassung an die geforderte Function
ist doch für uns Naturforscher, die wir nicht nach absoluter Voll-
kommenheit suchen, das Maass der relativen Vollkommenheit.
Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, allen den Herren
zu danken, die mich in liebenswürdiger Weise bei meiner Arbeit unter-
stützt haben; es sind ihrer zu viele, als dass ich sie einzeln aufzählen
möchte.
Ganz besonders zu Dank verpflichtet bin ich aber meinem hoch-
verehrten Lehrer Herrn Prof. KÜKENTHAL, dem ich die Anregung zu
dieser Arbeit verdanke und der mich während ihrer ganzen Dauer
vielfach unterstützt hat. Der beständige Gedankenaustausch mit ihm
hat sehr viel zur Förderung der Arbeit beigetragen.
Vergleichende Zusammenstellung der Hauptmerkmale der Augen
der Pinnipedier, Mysticeten und Denticeten.
Pinnipedia Mysticeta | Denticeta
Cornea STOSS ‚klein mittelgross
flach sehr flach flach
Rand nicht oder nur Rand deutlich verdickt sehr starke Randver-
mässig verdickt, nur) diekung
beim Walross bedeu-'
tende Verdickung
|
ausser den engen nur enge Lymphspaltenenge Lymphspalten in
Lymphspalten zwei, vorhanden geringer Zahl, haupt-
Typen von Lymph- sächlich Lymphröh-
röhren vorhanden. ren des Typus I;
Typus 1: Lamellen) schwache Andeutun-
enden an den Röhren, gen von solchen des
nur die tangentialen| Typus II
weichen aus
Typus Il: Lamellen
weichen bogenförmig;)
aus einander und
werden durch Stütz-
oder Sperrfasern in
dieser Stellung er-
halten. |
Die Augen der Wassersäugethiere.
g
387
Pinnipedia
Mysticeta
Denticeta
Cornea
Sclera
Chorioidea
Tapetum
lucidum
Corpus ci-
liare
Elastica anterior
fehlt
Epithelverhornung
theils auf die ober-
flächlichen Schichten
beschränkt, theils
maschenförmig alle
Schichten des Horn-
hautepithels umfas-
send (Otaria, Hali-
choerus)
prääquatoriales Seg-
ment verdickt
Aequator dünn, Augen-
grund verdickt
Venae vorticosae,
4—6 an der Zahl,
laufen dicht unter
der Seleraoberfläche
dünn
meist schwach ent-
wickelt, von matter
Farbe; stark bei
Phoca, glänzend gelb
Form der Zellen recht-
eckig (Phoca u. 8. w.)
bis lang spindel-, fast
faserförmig (Hali-
choerus)
Musculus eiliaris
s.str.schwach, besser
entwickelt derM.ten-
sor chorioideae
Ciliarfortsätze fast so
lang wie der Orbi-
culus ciliaris, breit.
Form: dreieckige
Blätter, ohne oder
mit wenigen secun-
dären Fältchen
Elastica anterior
schwach entwickelt
Epithelverhornung
greift in Form breiter
Doppelkegel durch
das ganze Epithel bis!
zur Elastica anterior
durch
prääquatoriales Seg-
ment diinn
Aequator und Augen-
gerund mächtig ver-
dickt
Venae vorticosae,
stets 4, laufen in aus-
gesparten Röhren |
in der Sclera, die
obere und untere in
engen Röhren, die
bald die Sclera ver-
lassen, die horizon-
talen in den weiten
Ausläufern derPlexus
der Ciliargefässe.
dünn
gut entwickelt, doch
ziemlich dünn, leb-
hafte Farben
Gestalt der Zellen faser-
formig
ciliare Musculatur
fehlt vollstän-
dig
Ciliarfortsätze sehr
kurz, nur ein Bruch-
theil der Breite des
Orbiculus ciliaris.
Form: cylindrisch,
mit ungeheuer vielen
secundären Fältchen
Elastica anterior
stark entwickelt
Epithelverhornung an
allen Schichten des
Epithels, die Zellen
maschenförmig um-
spinnend
prääquatoriales
ment dünn
Aequator und Augen-
grund mächtig ver-
dickt
Seg-
Venae vorticosae,
4 oder 5, laufen dicht
unter der Oberfliche
der Sclera
ganz ausserordentlich
dick
sehr stark entwickelt,
dick, helle, leuchtende
Farben
Zellen faserförmig
der Ciliarkörper enthält
schwache Muskel-
bündel in geringer
Zahl
Ciliarfortsätze sehr
kurz, nur ein Bruch-
theil der Breite des
Orbiculus ciliaris.
Form: cylindrisch,
mit ungeheuer vielen
secundären Fältchen
95%
AUGUST PUTTER,
Pinnipedia
Mysticeta
Denticeta
Pupille
Linse
Retina
Nervus op-
ticus
sehr beweglich, Muscu-
Sphincter wie Di-
latator
Stroma bei manchen
Formen noch sehr
stark, bei manchen
redueirt
'Gefässeragen zum Theil
frei in die vordere
Kammer hinein
|
rund, längs oval, quer
oval oder „birntör-
mig“
kugelrund oder doch
nur wenig von dieser
Form abweichend
gross
Epithelgrenze auf der
Hinterfläche
Sehstäbchen sehr lang
Zahl der äussern Kör-
auf 1 qmm Retina
1000—2300 Stäbchen-
zellen auf eine Opti-
cusfaser
starke MÜLLER’sche
Stützfasern
Eintritt am hintern
Augenpol oder un-
ten, aussen von dem-
selben
Opticusscheide mässig
stark entwickelt, mit
Anfängen eines Ple-
xus der Ciliargefässe
latur stark entwickelt,
wickelt, Sphincter
wie Dilatator
Stroma mehr oder weni-
ger stark (Balaeno-
ptera) reducirt
Gefässe sehr reichlich,
ragen vielfach frei in
die vordere Kammer
hinein
quer oval, bei Balaena
Andeutung eines
Operculum pu-
pillare
ellipsoidisch oder der
Kugelform nahe,
Vorder- und Hinter-
fläche gleich stark
gewölbt |
sehr klein
Epithelgrenze im Ae-
quator
Sehstäbchen von mitt-
lerer Länge
Zahl der äussern Kör-
nerzellen sehr viel] nerzellen sehr viel
rösser als die der} grösser als die der
sehstäbchen Sehstäbchen
103—62 Nervenfasern 13 Opticusfasern auf
1 qmm Retina
5100 Stäbchenzellen auf
eine Opticusfaser
starke MÜLLER’sche
Stützfasern
Eintritt am hintern
oben von demselben
Opticusscheide mächtig
entwickelt, von einem
mantelförmigen Fort-
satz der Sclera um-
geben und arterielle
und venöse Plexus
der Ciliargefiisse in
starker Ausbildung
enthaltend
Musculatur stark ent-
Augenpol oder nach!
Musculatur stark ent-
wickelt, Sphincter
wie Dilatator
‚Stroma fast vollständig
| geschwunden
Gefässe ragen zum Theil
| frei in die vordere
Kammer hinein
bohnenförmig, in Folge
des stark musculösen
Operculum pu-
pillare
der Kugelform nahe,
Vorder- und Hinter-
fläche gleich stark
gewölbt
mittelgross
Epithelgrenze auf der
Hinterfläche
Sehstäbchen sehr kurz
Zahl der äussern Kör-
nerzellen sehr viel
grösser als die der
Sehstäbchen
29—15 Nervenfasern
auf 1 qmm Retina
4900-7200 Stäbchen-
zellen auf eine Opti-
cusfaser
starke MÜLLER’sche
Stützfasern
Eintritt am hintern
Augenpol oder nach
| oben von demselben
Opticusscheide mächtig
entwickelt, erhält ihre
Festigkeit nur durch
straffes Bindegewebe,
nicht durch umge-
bendes Scleralgewebe.
Plexus der Ciliarge-
fässe mächtig ent-
wickelt
Die Augen
der Wassersäugethiere.
389
Lider
Orbita
Pinnipedia
Lidspalte kürzer als der
Corneadurchmesser,
Lider beweglich
Lider stark behaart
Tarsus in schwacher
Andeutung vorhan-
den
MEIBOM’sche Drüsen
fehlen
Palpebra tertia gut
entwickelt, durch eine
gebogene Knorpel-
spange gestützt
Bulbus etwas beweg-
lich, doch bei den
meisten ziemlich fest
fixirt
Richtung der Augenaxe
schräg nach oben
oder horizontal
Divergenz der Augen-
axen gering
Orbita enthält starke
Venengeflechte
Mysticeta
Lidspalte etwas länger
als der Corneadurch-
messer, Lider unbe-
weglich
Lider unbehaart
Tarsus fehlt
MEIBOM’sche Drüsen
fehlen
Palpebra tertia
fehlt (oder als Rudi-
ment vorhanden ?)
Bulbus unbeweglich,
durch die Opticus-
scheide am Schädel|
fixirt
‚Richtung der Augenaxe
schräg nach unten
Divergenz der Augen-
| axen sehr gross,
Augen ganz an der
Seite des Kopfes
Orbita enthält starke
Denticeta
Länge der Lidspalte ge-
ringer als die des
Corneadurchmessers,
Lider unbeweglich
Lider unbehaart
Tarsus fehlt
MEIBoM’sche Drüsen
fehlen
Palpebra
fehlt
tertia
Bulbus ruht unbe-
weglich auf der Op-
ticusscheide
Richtung der Augenaxe
horizontal oder
(meist) nach unten
Divergenz der Augen-
axen sehr gross,
Augen an der Seite
des Kopfes
Orbita enthält starke
Venengeflechte
Venengeflechte
Tabellen der hauptsächlichsten Maasse und Verhältnisse
der Augen der Wassersäugethiere.
In den Tabellen der Hauptdimensionen der Augen der
Wassersäugethiere sind folgende Werthe aufgeführt:
I. Cornea: unter der Colonne
1) Horizontaldurchmesser |
2) Verticaldurchmesser
3) Höhe in Theilen der Bulbusaxe ;
4) Randdicke
D) Scheiteldicke
6) Verhältniss der Scheiteldicke zur Randdicke ;
in Theilen der entsprechenden Bul-
busdurchmesser ausgedrückt;
in Theilen der Bulbusaxe ;
390
AUGUST PUTTER,
II. Sclera:
7) Grösste Dicke im prääquatorialen
Bulbussegment ausgedrückt in Theilen
8) Aequatordicke der Bulbusaxe ;
9) Grösste Dicke im Augengrund
10) Verhältniss der Tiefe der Sclera zu ihrem Aequatorial-
durchmesser.
III. Chorioidea:
11) Dicke der Chorioidea (Gefässtheil!) | in Theilen der Bul-
12) Dicke des Tapetum lucidum | busaxe.
IV. Corpus tiliare:
13) Breite des Orbiculus ciliaris in Theilen der Bulbusaxe;
14) Höhe der Ciliarfortsätze in Theilen des Bulbusdurch-
messers.
NATETS:
15) Grösste Irisbreite in Theilen des Corneadurchmessers.
VI Retina.
16) Anzahl der äussern Körnerzellen
17) Anzahl der innern Körnerzellen } auf 1 qmm Retina;
18) Anzahl der Opticusfasern
19) Verhältniss der Anzahl der äussern und innern Körner;
20) Verhältniss der Anzahl der Stäbchenzellen (Maximalzahl)
auf 1 qmm Retina zu der der äussern Körnerzellen
auf die gleiche Fläche.
VII Linse:
21) Linsenaxe in Theilen der Bulbusaxe;
22) Linsendurchmesser in Theilen des Bulbusdurchmessers ;
23) Linsendurchmesser in Theilen des Corneadurchmessers.
Die Augen der Wassersiiugethiere.
898 :TI69L :T| OST: TICO'E :1\29'6 :1| 868: 1 DiLl| PH iT) IL tT} TEST IPOHZET SE 1] S#0.4s04 uopooswdhyy
29 + 169% :T| IST: 1/90'S :I|E0P :1| FOI LiT| 86 :I| TEL tL] 86 :T| PS: 1| EL: 1] svanay snsajpdnurydjaq
sng[npe
ES A een ER: - GG 0 Can Oo TE GO eme verre cet AO NAT SYUNUUOD DUADIOYT
OÂIQUIF Tasso.
681: 1IZ'0G :T| API:T| SFI:T Ch ab) S&S MIND D TIC Qo on TTC RO Ter OCELOT svummmos DUIDIOYT
BJ991JU9(T
666 +1) 88 :1) OOS: TEE :L|69p :I|g'es'T| eg: Tico, :T| wee :TLATQII| ISA: T| 682: 1 SNS UM nuanjog
666L: [| 08 +1] OOTP E PLT : TI TE TORE: Geet! 08 :T| 088 :rig8'e: 1! 808: 1! L9G: [| sryvshyd vuondouonog
299913sÄMW
DOSE TEST FETT ED ON 16 mme Pine conic Tie OT SET OEL myoqnl 12.040)
807 :I| SH :TIWET:T| 86 21] SHS ‘Il EL: | c'e:r ieee :TILT8 :T| 86 : I (9RCT:T |98CT: 1 SRADUSOL SRUIDGOP()
| suJ[n pe
OOO +h IICADISSET: NES] OCCT 24: OL) Be : rl GOL +1 PGO PPL 1) pee snydhub snuaoyaryoyy
snjeuoou
028 +0) TLE: T 69ST? 1) EIT:L| FOT'T) SLT: T | ST? 1 TE :T| 98 :1| 92 21 \eGcL:T Bet: T snydhiah snwaoyayoy
GIG +1] OF FT 6STL:T| SLL? 1| 089 1 JET | Set T 296 :T| LT ST) SIL: LG LL 6am: 1] suanpe Pure w20yq
P&L *1GI8 +E) LOT:I| SYI:L| GI SCI:T GI] CG tL, CLF tT) PS :L|LGPT:T LP: I | SNJEUOOU Dune vooyg
IO1 :T| G2 :TISEST:I| SLT: T| TER | SAIT | 92T: TI 6 eg :L| 929 21] STI: T (GOT: T |C69°T:L DJDQ4DQ DIOUT
OSST:I| 6IY:TISOPT:T| FOL: 1) E6EL:T| HCL: T TT SEIT: 1] SEEIT:TI6T9 21] SPL? TL] SPLIT] sreewoa? SNUIYAOLIDIU
vipedruurgd
CL (1 1.700. 00, Oa. Nee PO Cai) ay emp ipom Gil og oad.
= — AUBN
B9PIOLIOUN BIILIG Boulogy
AUGUST PUTTER,
392
1:2,86
1/2371
112507
1005)
1: 2,208 |
23
1:31.93
1.2156
11579
2170
1: 1,416
1:1,61
120,95
ITS
1 : 1,68
11:67
Corpus ciliare| Iris Retina
Name EI aioe ae se
Cee 15 16 TER engel 21
Pinnipedia
Maerorhinus leoninus 1: 34 |1:153 | 1:22 |1250000) 110000 | 103 | 1:11,36] 1:14,7 | 1:2,79
Phoca barbata 1: 2,6511:195 | 1:2,55 |1367000| 119000 | 68 | 1:11,55 | 1:11,4 | 1:2,46
Phoca vitulina neonatus | 1: 3,17 1:16,3 | 1:3,15 | 900400! 144500 | 177 | 1: 6,23) 1: 82 | 1:2,71
Phoca vitulina adultus 1:31 1211,72) 1:2,45 115121500) 78100: 749) 7219,37 11358) 122,45
Halichoerus gryphus 1: 433|1:17,6 | 1:4,6 |1000000| 154000 | 100 | 1: 6,49| 1: 6,67) 1:2,476
neonatus
Halichoerus gryphus 1:23,07 213,0 71:29)86 — == — — — 162;
adultus
Odobaenus rosmarus 1: 49 |1:148 | 1:2,15 | 722000) 82000 | 62 | 1: 88 | 1: 6,56) 1:25
Otaria jubata 1s 3,33|1:168 | 1:3,3 | 21000000) 181 000°). 74) 1:11 ak) 123
Mysticeta
Balaenoptera physalus PS 6,67.1223. 0212.25 550000} 62000 | 13 | 1: 8,87| 1: 9 al
Balaena mysticetus 112 Bar Ay 112120196 -= — — — — 125500
Denticeta
Phocaena communis #5 18,89 | 1: 17,75.| 122591 |1:009 0007" 137000 |: 71 11: 7,3611. 5 182,61
grosser Embryo
Phocaena communis ea! 123 152,7 2|:1.350:000.| 184 000!) 72971217: aes 2226,75] 2132,75
adultus
Delphinapterus leucas 1:11,5 |1:45,7 | 1:2,02 | 794000! 98000 | 28 | 1: 81 |1: 5,29) 1:2,23
Hyperoodon rostratus 112,6 Wale 2330 7 dis2,00 | 2918 700 | 90 OOO! |: 15-1712 102213 642" 172,15
bo
Die Augen der Wassersiiugethiere. 393
Literaturverzeiehniss.
1810 OLsers, Bemerkungen über den Bau des Auges zweier Thiere
aus dem Geschlecht der Wallfische, in: Abh. physic.-med. Soc.
Erlangen, V. 1, p. 457.
1822 Manor, De observationibus in itinere Groenlandica factis,
Diss. Berolini.
3. 1825 RosentHarL, F., Ueber die Sinnesorgane der Seehunde, in:
Nova Acta Acad. Leop., V. 4.
4. 1826 Mürrer, Jouannes, Zur vergleichenden Physiologie des Ge-
sichtssinnes des Menschen und der Thiere, Leipzig.
5. 1827 ALDERSON, JAMES, An account of a whale of the spermaceti
tribe cast on shore on the Yorkshire Coast, on the 28th of
April 1825, in: Trans. Cambridge phil. Soc. V. 2, 1827, p. 253
— 266.
6. 1837 Rapp, Wicuezm, Die Cetaceen zoologisch-anatomisch darge-
gestellt, Stuttgart u. Tübingen.
7. 1838 Escnricat, Beobachtungen an dem Seehundsauge, in: Arch.
Anat. Physiol., p. 575—599.
8. 1844 Brücke, Ernst, Ueber die physiologische Bedeutung der
stabförmigen Körper und der Zwillingszapfen in den Augen der
Wirbelthiere, ibid. p. 444—451.
9. 1845 —, Anatomische Untersuchungen über die sog. leuchtenden
Augen bei den Wirbelthieren, ibid. p. 387— 406.
10. 1849 Escuricut, Zoolog.-anatomisch-physiologische Untersuchungen
über die nordischen Wallthiere, Leipzig.
11. 1852 Mayer, Ueber das Auge der Cetaceen, Bonn.
12. 1857 Kuxpe, Notiz über den Einfluss der Kälte auf die Linse, in:
Arch. Ophthalmol., V. 3, Abth. 2, p. 275—277.
13. 1857 Mürrer, Heinrich, Anatomisch-physiologische Untersuchungen
über die Retina beim Menschen und Wirbelthieren, in: Z. wiss.
Zool., V. 8, p. 7—27.
14. 1858 —, Ueber einen glatten Muskel in der Augenhöhle des
Menschen und der Säugethiere, ibid. V. 9, p. 541.
15. 1858 v. Ammon, Die Entwicklungsgeschichte des menschlichen Auges,
in: Arch. Ophthalmol., V. 4, Abth. 1, p. 1—226, tab. 1—12.
394
AUGUST PUTTER,
. 1863 Kuernscumipt, A. Ueber die Drüsen der Conjunctiva, ibid.
V. 9, Abth. 3, p. 145—170, tab. 1 u. 2.
. 1864 Rırrer, Die Structur der Retina nach Untersuchungen über
das Wallfischauge, Leipzig.
. 1865 Meyer, G., Ueber die Structurverhältnisse des Annulus ciliaris
bei Menschen und Säugethieren, in: Arch. pathol. Anat., V. 34,
p. 380—400, 2 Taff.
9. 1866 GRUENHAGEN, A., Ueber das Vorkommen eines Dilatator pupillae
in der Iris des Menschen und der Säugethiere, in: Z. ration.
Med., V. 28, p. 176.
20. 1867 Huzxe, Notes on the anatomy of the common porpoise (Pho-
caena communis), in: J. Anat. Physiol. p. 19.
21. 1868 MERKEL, Fr., Zur Anatomie der Iris, in: Z. ration. Med., V. 31,
p- 136.
22. 1869. Iwanorr, A. u. RoLLETT, A., Bemerkungen zur Anatomie der
Irisanheftung und des Annulus ciliaris, in: Arch. Ophthalmol.,
V. 15, Abth. 1, p. 17—74, 5 Taff.
23. 1869 —, Beiträge zur Anatomie des Ciliarmuskels, ibid. V. 15,
Abth. 3, ,p. 284—298, 2 Figg., 2 Taff.
24. 1872 Santi SIRENA, Untersuchungen über den feinern Bau der
Ganglienzellen und der Radialfasern an der Retina des Pferdes
und des australischen Wallfisches, in: Verh. phys.-med. Ges. Würz-
burg, (N. F.) V. 2, p. 31—48.
25. 1874 Muri, James, Researches upon the anatomy of the Pinnipedia
(part III). Descriptive anatomy of the Sealion (Otaria jubata),
in: Trans. zool. Soc. London, V. 8, p. 501—582.
26. 1874 —, On the form and structure of the Manatee (Manatus ameri-
canus), ibid. V. 8, p. 127—202.
27. 1874 —, On the organisation of the Caaing Whale, Globiocephalus
melas, ibid. V. 8, p. 235—301, tab. 30—38.
28. 1874 FLower, W. H., On Risso’s Dolphin, Grampus griseus (Cuv.),
in: Trans. zool. Soc. London, V. 8, p. 1—21.
29. 1876 SATTLER, HUBERT, Ueber den feinern Bau der Chorioidea des
Menschen nebst Beiträgen zur pathologischen und vergleichenden
Anatomie der Aderhaut, in: Arch. Ophthalmol., V. 22, Abth. 2,
p. 1—100, 1 Taf.
30. 1877 GrossMANN und MAYERHAUSEn, Beitrag zur Lehre vom Ge-
sichtsfeld bei Säugethieren.
31. 1878 LeucrarT, R., Organologie des Auges, in: GRAEFE-SÄMISCH,
Handbuch der gesammten Augenheilkunde, V. 2.
32. 1879 Fıck, A., Zur Periskopie des Auges, in: Arch. ges. Physiol.,
V. 19) p. 145.
33. 1879 Rasmus, W., u. WAUER, A., Mathematische Theorie der Peri-
skopie des menschlichen Auges, ibid. V. 20, p. 264.
34. 1879 Kuunt, Zur Kenntniss des Sehnerven und der Netzhaut, in:
Arch. Ophthalmol., V. 25, Abth. 3, p. 179.
35. 1879 Ayres, W. B., Beiträge zur Entwicklung der Hornhaut und
der vordern Kammer, in: Arch. Augenheilkde., V. 8.
36.
39.
40.
41.
42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
53.
Die Augen der Wassersäugethiere. 395
1880 AxGEeLucor und AUBERT, Beobachtungen über die Accom-
modation des Auges und die zur accommodativen Krümmungs-
veränderung der vordern Linsenfläche erforderlichen Zeiten, in:
Arch. ges. Physiol, V. 22, p. 69—86.
. 1880 Marruiussen, L., Untersuchungen über den Aplanatismus und
die Periskopie der Krystallinse in den Augen der Fische, ibid.
V. 21, p. 287.
. 1881 v. Reuss, A, Untersuchungen über den Einfluss des Lebens-
alters auf die Krümmung der Hornhaut nebst einigen Bemer-
kungen über die Dimensionen der Lidspalte, in: Arch. Ophthal-
mol. V. 27, Abth. 1, p. 27—53.
1881 DEnnIssenko, G., Ueber den Bau der äussern Körnerschicht
der Netzhaut bei den Wirbelthieren, in: Arch. mikrosk. Anat.,
V. 19, p. 395—441, tab. 21.
1881 Könısstein, L., Histiologische Notizen. II. Ueber die Pupillar-
membran, in: Arch. Ophthalmol., V. 27, Abth. 3, p. 60—65.
1882 WoLrskEHL, Ueber Astigmatismus in Thieraugen und die Be-
deutung der spaltförmigen Pupille, in: Z. vergl. Augenheilk.,
V. 1, p. 7—16.
1883 BERGER, E., Beiträge zur Anatomie des Sehorgans der Fische,
in: Morph. Jahrb., V. 8, p. 97—168.
1883 KoscHEL, Ueber Form, Lage und Grössenverhältnisse der Or-
bita, des Bulbus und der Krystallinse unserer Hausthiere, in:
Z. vergl. Augenheilk., V. 2, p. 53—79.
1883 Horrmann, F. W., Zur vergleichenden Anatomie der Lamina
cribrosa nervi optici und einiger angrenzenden Verhältnisse, in:
Arch. Ophthalmol. V. 29, Abth. 2, p. 45—72, tab. 1—2.
1884 KôniGsreix, L., Histologische Notizen. IV. Das Wachsthum
des embryonalen Auges, in: Arch. Ophthalmol., V. 30, Abth. 1,
p. 141—144.
1885 Koeanri, J., Untersuchungen über den Bau der Iris des
Menschen und der Wirbelthiere, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 25,
~ p. 1—48, tab. 1.
1885 CzprmMax, WILHELM, Zur Zonulafrage, in: Arch. Ophthalmol,
V. 31, Abth. 1, p. 79—138, tab. 6 —11.
1886 MaArrHıEssen, L., Ueber den physikalisch-optischen Bau des Auges
der Cetaceen und Fische, in: Arch. ges. Physiol., V. 38, p. 521.
1886 WEBER, Max, Studien über Säugethiere. Ein Beitrag zur
Frage nach dem Ursprung der Cetaceen, Jena.
1886 VırcHow, H., Ueber die Form der Falten des Corpus ciliare
bei Säugethieren, in: Morphol. Jahrb., V. 11, p. 451.
1886 Dosrorzwsky, Ueber den Bau des Corpus ciliare und der Iris
von Säugethieren, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 28, p. 91—-121,
tab. 10—11.
1886 GorrscHan, M., Zur Entwicklung der Säugethierlinse in: Anat.
Anz., Jg. 1, p. 381—382.
1886 Keiser, Franz, Zur Entwicklung des Glaskörpers, in: Arch.
Anat. Physiol., Anat. Abth., p. 358—368, tab. 17.
AUGUST PUTTER,
. 1886 WÜrDInGER, Luitporp, Ueber die vergleichende Anatomie des
Ciliarmuskels, in: Z. vergl. Augenheilkde., V. 4, p. 121—138.
. 1886 Docıer, Jo, Neue Untersuchungen über die pupillenerwei-
ternden Muskeln der Säugethiere und Vögel, in: Arch. mikrosk.
Anat., V. 27, p. 403—410, tab. 18.
. 1886 Prögsting, A., Ein Beitrag zur feinern Anatomie des Lides
und der Conjunctiva des Menschen und Affen, Inaug.-Diss.,
München-Erlangen, 32 pp.
. 1886 AuBerT, Hermann, Die Bewegungsempfindung, in: Arch. ges.
Physiol., V. 39, p. 347—370.
. 1886 Exner, Sıcm., Ein Versuch über die Netzhautperipherie als
Organ zur Wahrnehmung von Bewegungen, ibid., V. 38, p. 217
— 218.
. 1886 Emmert, Vergleichend-anatom. Untersuchungen über Grössen-
und Gewichtsverhältnisse des Augapfels unserer Hausthiere und
seine Bestandtheile, in: Z. vergl. Augenheilkde., V. 4, p. 40—71.
. 1887 SCHIEFFERDECKER, P., Ueber das Fischauge, in: Anat. Anz.,
V. 2, p. 381—382.
. 1887 Bertin, R., Ueber ablenkenden Linsenastigmatismus und seinen
Einfluss auf das Empfinden von Bewegung, in: Z. vergl. Augen-
heilkde., V. 5, p. 1—20, 1 Textfigur.
. 1888 Eıssen, W., Hornhautkrümmung bei erhöhtem intraoculären
Druck, in: Arch. Ophthalmol., V. 34, Abth. 2, p. 1—66.
. 1888 Faccxr, Francesco, Ueber die Histogenese der Retina und
des Nervus opticus, ibid. V. 34, Abth. 2, p. 67—108, tab. 1—3.
. 1889 SCHNELLER, Ueber Formveränderungen des Auges durch Muskel-
druck, ibid. V. 35, p. 76—112, tab. 3, fig. 1—6.
. 1889 Curevirz, J. H., Untersuchungen über die Area centralis retinae,
in: Arch. Anat. Physiol., Anat. Abth., p. 139—196.
. 1890 —, Ueber die Entwicklung der Area und Fovea centralis
retinae, ibid. p. 332—366, tab. 18—20.
. 1890 STEINACH, EuGex, Untersuchungen zur vergleichenden Physio-
logie der Iris, in: Arch. ges. Physiol., V. 47, p. 289--340.
. 1890 Docrez, A. S., Die Nerven der Cornea des Menschen, in: Auat.
Anz. V. 5, p. 483—494, 8 Figg.
. 1890 Martin, P., Zur Entwicklung der Retina bei der Katze, ibid.
V. 5, p. 551—556.
. 1890 PETERS, ALBERT, Beitrag zur Kenntniss der Harper’schen
Drüse, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 36, p. 192—200, tab. 9.
. 1891 Zrem, Ueber das Schwellgewebe des Auges, in: Arch. pathol.
Anat., V. 126, p. 467—484.
. 1891 Curevirz, J. H., Ueber das Vorkommen der Area centralis
retinae in den vier höhern Wirbelthierclassen, in: Arch. Anat.
Physiol., Anat. Abth., p. 311—334, tab. 18.
. 1891 Beruin, R., Ueber die Schätzung der Entfernung bei Thieren,
in: Z. vergl. Augenheilkde., V. 7, Heft 1, p. 1—25.
90.
91.
Die Augen der Wassersäugethiere. 397
1891 Toporanskı, À. Ueber den Bau der Zonula und Umgebung
nebst Bemerkungen über das albinotische Auge, in: Arch. Oph-
thalmol., V. 37, Abth. 1, p. 28—61, 8 Figg.
. 1891 Frorigr, A., Ueber die Entwicklung des Sehnerven, in: Anat.
Anz., V. 6, p. 155—161, 12 Figg.
1891 Marrutessen, L., Die neuern Fortschritte in unserer Kennt-
niss von dem optischen Bau des Auges der Wirbelthiere, in:
Festschr. Hermaortz, Hamburg u. Leipzig, p. 51—111.
. 1892 GROENOUW, ARTHUR, Ueber die Sehschärfe der Netzhautperi-
pherie, Habilationsschr. Breslau.
1892 Sremacu, Eugen, Untersuchungen zur vergleichenden Physio-
logie der Iris, 2. Mitth., in: Arch. ges. Physiol., V. 52, p. 495
—525, tab. 2.
1892 Kruse, ALFRED, Ueber Entwicklung, Bau und pathologische
Veränderung des Hornhautgewebes, in: Arch. pathol. Anat.,
V. 128, p. 251—289, tab. 8.
1892 LoEWENTHAL, N., Beitrag zur Kenntniss der Harper’schen
Drüse bei den Säugethieren, in: Anat. Anz. V. 7, p. 546—556,
2 Figg.
. 1892 —, Notiz über die Harper’sche Drüse des Igels, ibid. V. 7,
p. 48-54, 2 Figg.
. 1893 Brer, THropor, Studien über die Accommodation des Vogel-
auges, in: Arch. ges. Physiol., V. 53, p. 175— 237.
. 1893 Jounson, G. L. Observations on the refraction and vision of
the Seals eye, in: Proc. zool. Soc. London, p. 719— 723, 5 Figg.
. 1893 Nusspaum, M., Vergleichend-anatomische Beiträge zur Kennt-
niss der Augenmuskeln, in: Anat. Anz., V. 8, p. 208—210.
. 1893 Reis, P., Lehrbuch der Physik.
. 1893 Marrutessen, L., Ueber den physikalisch-optischen Bau der
Augen vom Knölwal (Megaptera boops Fager) und Finwal
(Balaenoptera musculus), in: Z. vergl. Augenheilkde., V. 7, p. 77
— 103.
. 1893 Kürentuan, W., Vergleichend-anatomische und entwicklungs-
geschichtliche Untersuchungen an Walthieren, in: Denkschr. med.-
naturw. Ges. Jena, V. 3.
. 1894 Beer, Tunopor, Die Accommodation des Fischauges, in: Arch.
ges. Physiol., V. 58, p. 523— 650.
. 1894 Leger, TH, Der gegenwärtige Stand unserer Kenntniss vom
Flüssigkeitswechsel des Auges, in: MERKEL u. Bonnet, Ergebn.
Anat. Entw., V. 4, p. 144—197.
1894 BEAUREGARD et BouLArT, Note sur un plexus veineux de l’œil
de Balaenoptera musculus, in: CR. Soc. Biol. Paris, (10) V. 1,
p. 775— 776.
1895 SCHoEn, WırH., Zonula und Ora serrata, in: Anat. Anz., V. 10,
p. 360—364, 5 Figg.
. 1897 Berr, Tu., Die Accommodation des Kephalopodenauges, in:
Arch. ges. Physiol., V. 67, p. 541—586.
398
93.
AUGUST PUTTER,
1897 Weiss, L., Ueber das Wachsthum des menschlichen Auges
und über die Veränderung der Muskelinsertionen am wachsenden
Auge, Wiesbaden 1897, auch in: Anat. Hefte.
. 1897 Ticersrent, Lehrbuch der Physiologie des Menschen, Leipzig.
95.
1897 SLONAKER, J. R., Comp. study of the area of acute vision in
Vertebrates, in: J. Morphol., 1897.
. 1897 KüxexrHaz, W., Vergleichend-anatomische und entwicklungs-
geschichtliche Untersuchungen an Sirenen, in: Semon, Zool.
Forschungsreisen.
1898 Fıck, A. Even, Ueber Stäbchensehschärfe und Zapfenseh-
schärfe, in: Arch. Ophthalmol., V. 45, p. 336—356, 4 Textfigg.
. 1898 HummersneiN, Ep. Ueber den Einfluss der Pupillenweite auf
die Sehschärfe bei verschiedener Intensität der Beleuchtung,
ibid; V. 45, p. 357-373, 4 Textfigg.
9. 1898 Ragz, Cart, Ueber den Bau und die Entwicklung der Linse, I,
in: Z. wiss. Zool., V. 69, p. 496—572
. 1898 Beer, Tu, Die Accommodation des Auges in der Thierreihe,
in: Wien. klin. Wochenschr., p. 942 —953.
. 1898 Hess, C., u. Herne, L., "Arbeiten aus dem Gebiete der Ac-
commodationslehre, IV, in: Arch. Opthalmol., V. 46, p. 243— 276.
. 1898 Brrr, Tu., Die Accommodation des Auges bei den Reptilien,
in: Arch. ges. Physiol., V. 69, p. 507 —568.
. 1898 —, Die Accommodation des Auges bei den Amphibien, ibid.
V. 73, p. 501—534.
. 1898 ABELSDORFF, G., Physiologische Beobachtungen am Auge der
Krokodile, in: Arch. Anat. Physiol., Physiol. Abth., p. 155 —167.
. 1898 Ra, Carr, Ueber den Bau und die Entwicklung der Linse, II,
in: Z. wiss. Zool., V. 65, p. 257—367.
. 1898 Rotter et JACQUEAU, Anatomie topographique de la macula,
in: Ann. Oculistique, V. 119, p. 431—438.
. 1898 Vincenz Fuxata, Was ist die Aufgabe des Brücke’schen
Muskels ?, in: Arch. Augenheilkde. (Knapp u. SCHWEIGGER), V. 36,
p- 65—69.
. 1899 v. Mrcuez, Ueber den Einfluss der Kälte auf die brechenden
Medien des Auges, in: Beiträge zur Physiologie, Festschr. Fick.
(Ref., in: Arch. Augenheilkde., V. 40.)
. 1900 Ras, Carr, Ueber den Bau und die Entwicklung der Linse
III, in: Z. wiss. Zool., V. 67, p. 1—138.
). 1900 Küxexrxaz, W., Die Wale der Arctis, in: Fauna arct., Lief. 2,
Jena.
. 1900 Heıne, L., Die Anatomie des accommodirten Auges, in: Arch.
Ophthalmol., V. 49, p. 1—7, tab. 1.
2. 1900 Grerrr, V., Mikroskopische Anatomie des Sehnerven und
der Netzhaut, in: Graure-Sdimiscu, Handb. ges. Augenheilkde.,
Lief. 20— 22.
1900 Nusspaum, M., Entwicklungsgeschichte des menschlichen
Auges, ibid. Lief. 14 u. 15.
———
114.
115.
120.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 399
1900 Scuurrtze, O., Mikroskopische Anatomie der Linse und des
Strahlenbandchens, ibid. Lief. 17.
1901 Braver, A., Ueber einige von der Valdivia-Expedition ge-
sammelte Tiefseefische und ihre Augen, in: SB. Ges. Beförd. ges.
Naturw. Marburg, No. 8, Juli 1901, p. 115—130, 3 Figg.
. 1901 Scnutrze, O., Ueber die Entwicklung und Bedeutung der Ora
serrata des menschlichen Auges, in: Verh. phys.-med. Ges. Wiirz-
burg, p. 131—143, 1 Taf.
. 1901 Merken und Karuıus, Makroskopische Anatomie des Auges,
in: GrAEFE-SÄmisch Handb. ges. Augenheilkde., Lief. 29— 31.
. 1901 Gærassimow, J. J., Ueber den Einfluss des Kerns auf das
Wachsthum der Zelle, Moskau, 35 pp., 47 Tabellen, 2 Taff.
. 1901 Szıuı, A., Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der hintern
Irisschichten mit besonderer Berücksichtigung des Musculus
sphincter iridis des Menschen, in: Anat. Anz. V. 20, p. 161
— 175, 6 Figg.
1901 Jounson, GEoRGE Linpsay, Contributions to the comparative
anatomy of the mammalian eye, chiefly based on ophthalmoscopic
examination, in: Phil. Trans. Roy. Soc. London.
400
AUGUST PUTTER,
Erklärung der in den Textfiguren durchgängig angewandten
Buehstabenbezeichnungen.
c Cornea
ch Chorioidea
c.v Corpus vitreum
g.p Grundplatte des Corpus ciliare
à Iris
1 Linse
l.p Ligamentum pectinatum
n.o Nervus opticus
0.5 Obliquus superior
0.t Obliquus inferior
Rtr.i Retractor inferior
Rtr.e As externus
Rir.int „ internus
s Sclera
s. cr Sulcus corneae
s.c Sinus circularis chorioideae
t Tapetum lucidum
V.o Opticusscheide
V.v.s Vena vorticosa superior
Kann & inferior
p.c Processus ciliares V.v.e.s Vena vorticosa externa
P.v Plexus venosus superior
r Retina V.v.e.i Vena vorticosa externa
R.s Rectus superior inferior
Mar. inferior V.v.i.int Vena vorticosa inferior
en externus interna
R.int Rectus internus V.v.s.int Vena vorticosae superior
Rtr.s Retractor superior interna.
Erklirung der Abbildungen.
Harte lie
Fig. 1. Phoca vitulina L. Ein Stück der Cornea propria. 38:1.
Man sieht die bogenförmig verlaufenden starken Lamellen der Cornea
propria und die mehr oder weniger senkrecht auf ihnen stehenden
dünnern Stütz- oder Sperrfasern.
Fig. 2. Balaenoptera physalus L. Hornhautepithel. 150:1. Die
Figur zeigt die in die Tiefe greifende Epithelverhornung. Die ver-
hornten Kegel setzen an die schwache Elastica anterior, die durch ein
Versehen nicht so deutlich gerichtet ist, wie sie thatsächlich hervortritt,
an. In der Cornea propria feine, enge Lymphspalten.
Die Augen der Wassersiiugethiere. 401
Fig. 3. Delphinapterus leucas (Parras) Ein Stück der Cornea
propria aus der Randverdickung der Hornhaut. 38:1. Man sieht die
Querschnitte der grossen, unregelmässig gestalteten und vertheilten
Lymphröhren.
Fig. 4 Delphinapterus leucas (Patuas). Ein Stück der Hornhaut
aus dem Scheitel. 38:1. Die Querschnitte der Lymphröhren sind
lang gestreckt und hauptsächlich auf die mittlern Schichten der Cornea
propria beschränkt.
Fig. 5. Hyperoodon rostratus (Pontorripan). Hornhautepithel.
150:1. Die verhornte Substanz umgiebt alle Zellen und verbindet sich
mit der starken Elastica anterior. Die Cornea propria zeigt die weiten
Lymphröhren und Andeutungen von Lymphröhren mit Stützfasern.
Fig. 6. Phoca vitulina L. Chorioidea mit Tapetum lucidum. 30:1.
Zu unterst im Bilde sieht man die Lamellen der Lamina suprachorioidea,
dann folgt die Lamina vasculosa und zu oberst (roth) das Tapetum
lucidum.
Fig. 7. Odobaenus rosmarus L. Chorioidea und Tapetum luci-
dum. 30:1. Lage der Schichten wie in Fig. 6.
Fig. 8. Balaenoptera physalus L. Chorioidea und Tapetum luci-
dum. 30:1.
Ma tells.
Fig. 9. Hyperoodon rostratus (Ponrorripan). Chorioidea und
Tapetum lucidum. 30:1.
Fig. 10. Phoca barbata. Iris. Radialschnitt. 12:1. Links oben im
Bilde liegt das Ligamentum pectinatum, dessen Stränge Gefässquer-
schnitte zeigen. Links unten ist der Anfang der Erhebung eines
Ciliarfortsatzes zu sehen.
Fig. 11. Balaenoptera physalus L. Iris. Radialschnitt. 12:1.
Links im Bilde ist der Anfangstheil eines Ciliarfortsatzes getroffen.
Fig. 12. Delphinapterus leucas (Pattas). Iris und Processus
ciliares. Radialschnitt. 12:1.
Fig. 13. Hyperoodon rostratus (Ponrorrman). Iris und Processus
ciliares aus dem untern Theil des Bulbus. Radialschnitt. 12:1.
Fig. 14. Hyperoodon rostratus (Pontorpman). Operculum pupil-
lare. Radialschnitt. 12:1.
Tafel 4
Fig. 15. Macrorhinus leoninus (Gray). Corpus ciliare. Aequa-
torialschnitt. 12:1.
Fig. 16. Phoca vitulina L. 4 Tage altes Thier. Corpus ciliare.
Aequatorialschnitt. 12:1.
Fig. 17. Odobaenus rosmarus (L.). Corpus ciliare. Aequatorial-
schnitt. 12:1.
Fig. 18. Delphinapterus leucas (Pazzas). Corpus ciliare. Aequa-
torialschnitt. 12:1.
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f, Morph. 26
402 AUGUST PUTTER, Die Augen der Wassersäugethiere.
Fig. 19. Macrorhinus leoninus (Gray). Retina. 38:1. Die Stab-
chen waren in Reihen von Tröpfchen zerfallen und sind daher auch in
diesem Zustande der Destruction dargestellt.
Fig. 20 Balaenoptera physalus L. Retina. 38:1. Stäbchen wie
in Fig. 19.
Fig. 21. Hyperoodon rostratus (Ponropripan). Retina. 38: 1.
Stäbchen wie in Fig. 19.
Fig. 22. Balaenoptera physalus L. Lidrand. 6:1.
Fig. 23. Hyperoodon rostratus (Ponrorrinan). Lage des neuen
Sinnesorgans (blau). Die Sclera ist grau, Iriswurzel und Corpus ciliare
roth gehalten.
Fig. 24. Hyperoodon rostratus (Ponropripan). Ein Stück der
Sinnesschicht des neuen Sinnesorgans. 281:1.
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
The Origin and Histogenesis of the Thymus
in Raja batis.
By
John Beard, D. Sc.,
University Lecturer in Comparative Embryology, Edinburgh.
With plates 5—10 and 8 text-figures.
Table of Contents.
Introduction.
Table of Embryos, their Sizes preserved, and the Figures from them.
I. The early History of the Thymus-Placodes.
II. The Morphological Nature of Leucocytes.
III. The Origin of the first Leucocytes.
IV. The Thymus-Placodes in Embryos of 19—23 mm.
V. The Mode of Formation of Leucocytes from epithelial Cells of
the Placodes.
VI. The Thymus-Placodes in Embryos of 24—27 mm.
VII. The Thymus-Placodes in Embryos of 28—36 mm.
VIII. The later History of the Thymus-Placodes (Embryos of 37—70 mm).
IX. The History of the spiracular Thymus-Placode.
X. Thymus-Placodes and sensory Placodes.
XI. HassazL’s concentric Corpuscles of the Thymus of the Cavy.
XI. Historical.
XIII. The Thymus as the Source of Leucocytes.
Literature cited.
Description of Plates.
Introduction.
The researches, detailed in the following pages, were begun in
the spring of 1898, and brought to a preliminary close before the
end of the same year. They were continued, at first upon the old
material and afterwards upon a new set of specimens of Raja batis,
during 1899, and, with the brief study of HassaLu’s concentric cor-
puscles in a series of cavies, they were finished, as here published,
early in 1900.
26*
404 JOHN BEARD,
Originally, it had been intended to have written an account of
the work in greater detail. Thus, it was hoped, that time might
have been found for the completion of a set of observations upon the
degrees of development of skate-embryos at various periods. The
pressure of other research, more especially upon the germ-cells, has
indefinitely postponed the carrying-out of this. So that the division
of the chapters, finally adopted, has to some extent been based upon
the external features of embryos, and not in all cases has it been
found possible to control this by the record of all their internal
characters.
Although little or nothing has been added to the notes and
drawings of the present work during the last two years, the writer
would still have kept back its final publication, had it appeared at
all likely, that the thread of research into the thymus would ever
again be taken up by himself. So far as the writer is concerned,
however, the work is complete, and there is now no point in the
history of the thymus of the skate, concerning which he would desire
further information from new research. At one time, some two years
ago, it did appear, that a much more thorough investigation of
HASSALL’s concentric corpuscles in the cavy would require to be made.
But a recent study of the preparations and facts, revealed during the
past two years’ work upon the germ-cells, have rendered this, to my
mind, a task of supererogation. Possibly from the examination of
cavies rather younger than 31 days a little more information might
be obtained, but would it be such as to repay the labour?
On the other hand, the facts, concerning the degeneration of
certain germ-cells with the formation of concentric capsules, and the
remarkable concentric corpuscles of the cavy itself — hitherto, so far
as I am aware, not described in the literature — demonstrate as
clearly as possible, that HassaLL’s corpuscles are only degenerative
products. Whether of leucocytes or of epithelial cells may be dis-
cussed upon another page.
A few statistics concerning the embryos used for the following
description of observations may be of interest. The results are based
upon the study of upwards of 125 embryos, ranging from 6—70 mm,
This is, of course, only a portion of the writer’s sectioned material of
Raja batis. The figures of the thymus-elements and placodes are
from only 28 specimens, and those of the spiracular thymus from
but 5. Even with the restrictions of 28 embryos the number of figures
is rather large, and many of them may be described as duplicates.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 405
Had it been attempted to avoid any and every duplication, and
thus to reduce the total number of figures, it is possible, that the
results might have obtained a doubtful reception. And, indeed, has
it yet fallen to the lot of any writer upon the thymus, to write the
truth and to be believed?!! From the actual embryos, represented
by one or more figures in the plates, ten times as many drawings
could easily have been brought together. Leaving out of account the
spiracular thymus-elements, owing to the existence of five pairs of
placodes in every embryo, the drawing of but a single section through
each from every one of the 28 embryos would alone have yielded
280 figures. Considering, therefore, the extensive series of embryos
employed, and the number of the thymus-elements or placodes, the
figures given may, perhaps, not appear to be unduly numerous. And,
I hope, each and every figure — for all are accurate representations
of the actual sections — may not be without value.
The views, hitherto held as to the morphological nature of the
thymus, have rested upon speculation, rather than upon actual re-
search. The facts, established by investigation, such as those due to
KÖLLIKER, PRENANT, OSCAR SCHULTZE, and the writer, have been
systematically rejected in favour of the baseless conjectures of STIEDA,
with the result, that the very opposites of real facts have been, and
unfortunately still are, believed. But now, with the possible exception
of STIEDA himself, there is probably no-one, who has studied the
embryonic history of the thymus, and who is prepared to maintain
StIEDA’s hypotheses concerning it.
The thymus was apparently discovered, and certainly so named,
by Garen. Notwithstanding the fact, that after then and down to
our own days it formed an object of research for many investigators,
including Hewson, HUNTER, VALENTIN, J. F. MECKEL, TIEDEMANN,
GOODSIR, ARNOLD, BISCHOFF, SIMON, REMAK, and others, nothing of
real value, concerning its functions and developmental history, was
established. But in 1879 KÖLLIKER announced its mode of origin in
mammals from the epithelium of a gill-pouch, and the conversion of
its original epithelial cells into lymph-cells or leucocytes. This dis-
covery was not, however, destined to be accepted without cavil.
Against it were set the suppositions, unsupported by proof, of STIEDA .
and Hıs, that the leucocytes, undoubtedly present in the thymus of
any late embryo or foetus, as well as in that of older animals, had
migrated thither from the exterior, possibly from the mesoblast. In
this conclusion they have been supported by the researches of DOHRN,
406 JOHN BEARD,
GULLAND, and, until quite recently, of MAURER, as well as by the writers
of almost every text-book of Embryology and Comparative Anatomy,
published since 1879.
On the other hand, KÖLLIkeEr has stoutly maintained his original
position, and in recent years his conclusions have been emphatically
confirmed by every new investigator of the development of the thymus;
thus, by PRENANT, Oscar SCHULTZE, the writer, MAURER (finally), and
JOSEF Nuspaum and T. PRYMAK.
According to the views of STIEDA and Hıs, the function of the
thymus is still absolutely unknown, and HASSALL’s concentric corpuscles
are supposed to arise from the original epithelial cells. No serious
attempt has ever yet been made to convert this latter supposition
into fact by systematic investigation. It assumes these degenerative
structures to be essential and integral parts of the thymus, and this
is not the case. It ignores the fact, that even in mammals,
such as the common rabbit, the epithelial cells of the
thymus become converted into leucocytes, thus trans-
forming the original epithelial organ into a lymphoid
structure, long before HAssaLL’s corpuscles appear upon
the scene!
Under this view by hypothesis the original epithelial cells, or their
remains, become transformed into concentric corpuscles, by hypothesis
again leucocytes wander in from the surrounding mesoblast, where in
some not yet understood way they have arisen from mesoblastic cells.
Therefore, of the leucocytes themselves of the thymus nothing of the
history is known.
From first to last, from beginning to end, in this
series of supposed events nothing is certain, all rests
upon — hypothesis!
On this view nothing of the least practical use and value is at
present known regarding the nature of the thymus. According to
KÖLLIKER, the original epithelial cells give rise to lymph-cells or
leucocytes. And, although he made no attempt to explain HAssALL’s
corpuscles, it must be evident, that, if his conclusion be correct,
something of positive value is thereby established. As already stated,
the most recent students of the thymus have with one accord accepted
KÖLLIKER’S result.
None the less, in the latest edition of WIEDERSHEIM’s “Ver-
gleichende Anatomie” (1898) the author felt obliged to write: “über
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 407
die Bedeutung des Organs ist nichts Sicheres bekannt” 1). And in
the new edition of GEGENBAURS work?) the destruction of the
epithelial foundation by invading leucocytes is stated as a signi-
ficant fact.
The writer has long suspected the function of the organ to be a
very important one, but, in spite of repeated attacks upon the problem,
investigation of the development furnished nothing beyond a con-
firmation of KOLLIKER’s discovery, until the summer of 1898. Even
now, when success has completely crowned the failures of past years,
at a time when the developmental history and function of the thymus
in Raja batis can be demonstrated on numerous preparations with
the utmost certainty and ease, the problem owes its solution in the
first instance, not to direct attack upon the organ itself, but to a
flank movement. In the course of a systematic investigation of the
development of Scyllium canicula, in aid of which the authorities of
the University of Edinburgh had made a grant from the Earl of
Moray Research Fund, and, more particularly, whilst noting for sub-
sequent publication the periods of origin and degrees of development
of all the systems of organs in an extensive series of embryos, a little
but significant fact forced itself into notice.
It was, that for a relatively long period of the development the
blood contained only nucleated coloured corpuscles, xanthocytes, as
they have recently aptly been named. The circumstance was recalled,
that this had originally been noted by KOLLIKER *) some years ago,
and that it had been commented upon by H. ERNST ZIEGLER *), who,
moreover, had conjectured, that the condition persisted, until some
lymphoid organ or other arose. The like fact has also been observed
by GULLAND (1891, p. 161).
The question was asked: “at what period of the development and
from what source or sources do the white corpuscles of the blood or
1) WIEDERSHEIM, R., Grundriss der vergleichenden Anatomie der
Wirbelthiere, 4. Aufl., 1898, p. 291.
2) GEGENBAUR, C., Vergleichende Anatomie der Wirbelthiere, V. 2,
1301, p. 249.
3) KÖLLIKER, A., Embryonen von Säugethieren und Vögeln, die
zu einer gewissen Zeit nur rothe Blutkörperchen enthalten, in: Z. wiss.
Zool., V. 40, p. 191.
4) ZIEGLER, H. Ernst, Ueber die embryonale Anlage des Blutes
bei den Wirbelthieren, in: Verh. Deutsch. zool. Ges., 1892, p. 20.
408 JOHN BEARD,
leucocytes arise?” It was obvious, that, if the existence of a critical
period in the development [in the sense applied to this conception by
the writer !)] had a groundwork of fact, the leucocytes?) of the blood,
as forming integral parts of a vertebrate animal, ought then to be
present; or, if not themselves evident as such, the foundation or
foundations, from which they arose, ought to be in existence.
In my fishes, in both Scyllium and Raja, it was easily made out,
that abundant leucocytes were present in the blood at, and even long
before, the critical period, when the embryo first asserts its individuality.
Working to earlier phases from this point, and also from such early
stages, where no leucocytes existed anywhere in the embryo, the
period was at length reached, when leucocytes first entered the
scene.
For both Seyllium and Raja many notes had previously been
made as to the degree of development of the thymus at various
periods; with the intention of their being used one day in a new
attempt to find the solution of the thymus-problem. When the point,
at which leucocytes appeared, had approximately been fixed, a dilemma
was the first result. For the moment the observer had not the
slightest idea whence they came. The writer could accept neither
GULLAND’s condensation-theory of the origin of leucocytes from con-
nective tissue cells, nor ZIEGLER’s suggestion of their genetic con-
nection with the remains of the ‘‘mesenchyme”. KOLLIKER’s results
on the thymus, proving that it produced leucocytes, were remembered,
as was also my own confirmation of them. The comparatively early
phase ©), at which leucocytes appeared, did not lend colour to the idea,
that in the skate and dog-fish the thymus could have much to do
with the matter. For it was recalled, that in such embryos the
thymus-elements were then nothing more than small pieces of modified
epithelium. Although the thymus was not a priori a very promising
1) Bear», J., Certain problems of Vertebrate embryology, Jena,
Gustav Fischer, 1896, p. 60. Vide also: Buarp, J., The birth-period
of Trichosurus vulpecula, in: Zool. Jahrb., V. 11, Anat., 1897, p. 87.
2) With others and for reasons to be given at a later stage I
adopt the view, that leucocytes, phagocytes, white blood-cells, and
lymph-cells are identical structures, and I cannot admit the morpho-
logical existence of more than one kind of leucocyte.
3) Early only as regarded from the point of view of my own
work, for this often extends to periods, not usually dealt with in
embryological investigation.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 409
subject for new research, there seemed to be none more likely. At
such phases the spleen had no existence, there was no rectal gland
or coecum, and, in fact, lymphoid structures of any and every sort
were entirely wanting.
For reasons connected with the illustration by a skilled artist of
the projected memoir upon Scylliwm this form was then laid aside,
although later on its embryos were more than once studied. The
present writing will deal almost exclusively with Raja batis, not
because the facts made out in Scyllium are at all opposed to those
to be detailed concerning Raja, but for the reason, that the embryos
of the latter furnish pictures of a more beautiful description, easier
to understand, and much better suited for demonstration, than such
of the former. In Raja, and, so far as I have studied the matter,
this holds for the species R. radiata and R. clavata equally with
R. batis, the preparations are so clear as to carry conviction.
Table of Embryos, their Sizes preserved, and the
Figures from them.
mm Embryo No. Figures Text-figure
6 135 1 A
8 143 2 : B
13 198 20 C
14 7 (R. clavata) 3 (D from No. 164
not figured)
—17 343 6
18 345 4
90-21. 189 5, 19 E
21 617 : 26
—22 192 8
20 190 9, 10
23 619 43
24.5 633 49
25 201 7, 47 F
25 201a 15, 22, 23, 24
95 202 11, 12, 14, 37, 38
25 203 : : 16, 39, 42
25—27 443 31—36, 35a, b
26.5 616 45, 46
27 629 44
28 206 18, 25, 27—30
29 210 54
+30 208 40, 41
33 214 52, 53, 56
410 JOHN BEARD,
mm Embryo No. Figures Text-figure
34 209 13, 17, 67, 48, 51 G
36 541 69
36 542 68
54 245 55
Also 27 242 (R. radiata) 50
2 195, 4 21
Spiracular thymus:
25—27 443 61
27 629 62
28.25 627 63
54 245 65
56 239 66
71 255 64
I. The early History of the Thymus-Placodes.
As will be evident from the following account of the early devel-
pment, each thymus-element is at first represented by a small well-
defined flattened plate, restricted in area, and made up of one layer
of epithelial (hypoblastic) cells. For the description of such a plate
of cells, destined to give rise to a specific tissue or organ, a term
has long been needed: by the introduction of the word “placode” this
want has been supplied by v. Kuprrer!). Although he used this
name to describe the sensory epithelium, forming the basis of a
portion of a cranial ganglion and also of the connected sense organs,
it does not appear from his account, that the Munich Professor desired
to confine the use of the term to a plate of neuro-epithelium. The
term is too convenient for any such restricted application.
It should be stated, that the details concerning the origin of the
thymus-placodes in Raja have only been worked out in full for one
cleft, the first branchial. This was chosen owing to its proximity to
the auditory organ, a circumstance which enables one to find it in
any series with speed and accuracy. But, it may be added, for the
remaining four clefts, and also for the spiracle, the development of
the placode in each case is the same; sufficient attention was paid
to all of them to render this certain. Indeed, it was the circumstance,
that the early history of the spiracular thymus-placode so closely
resembled that of a true thymus-placode, which finally brought to
light the facts concerning the spiracular thymus.
1) v. Kuprrer, C., Studien zur Entwicklungsgeschichte des Kopfes
der Kranioten, 1894, Heft 2, p. 64—65.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 411
The earliest embryo, to which the thymus-placode has yet been
traced, is one of about 6 mm. It is possible, that in some one or
more of the early embryos recently sectioned, i. e., within the last
two years, it might be traced to still earlier phases. These newer
embryos, of which a large number has been prepared for other pur-
poses, have not been examined as to the thymus-placodes, and, like
most of the results of the present writing, the description of the early
history of the placodes is given as made out in embryos of older date
than 1899 onwards.
In Raja batis No. 135 (6 mm) of the six gill-pouches four are
formed, but not a single one of them has yet an opening to the ex-
terior. 60 mesoblastic somites were counted posterior to the last
formed gill-pouch }).
The figures from this embryo are text-figure A and Fig. 1, Pl. 5.
Looking at a transverse section (text-figure A), passing through
the gill-pouch of the first branchial region, it is seen, that the dorsal
wall of the pouch is mainly made up of a well-defined piece of high
columnar epithelium or placode, tp. The placode and adjacent
structures of the left side of text-figure A are accurately represented
1) In all my embryos, where the approximate number of somites
is given, this is usually based upon the results of several counts, and
it is always the total posterior to the last well-defined gill-pouch or
cleft. The final number of somites is very large in R. badis, as many
as 140—150.
412 JOHN BEARD,
in Fig. 1, Pl. 5, under high magnification. At the outer side of the
pouch the epithelium of the placode is sharply marked off from a
number of cells of the pouch and of epiblast, c.m, destined to be
sacrificed, when an actual cleft is formed by rupture. On the inner
side the placode of the dorsal wall is as well marked off from the
much flatter epithelium of the pharyngeal hypoblast.
The size of the next embryo to be noted, R. batis No. 143, is
given in my list as 10 mm, but with 86 somites and 5 gill-pouches
it is classified among the embryos ranging from 8—10 mm. Text-
figure B and Fig. 2 relate to this embryo. On the right side of text-
figure B a quadrilateral has been inscribed around certain structures,
and these are depicted under higher magnification in Fig. 2. On both
sides of the body rupture of the pouch has now been effected, and in
Fig. 2 the closing membrane, c.m, is shown still attached to the outer
end of the thymus-placode. By rupture of the former the placode
has become turned slightly upwards and outwards. Its epithelium is
as sharply marked off from neighbouring structures as before.
Raja batis Nos. 163 and 164 are
similar in size and other characters. Of
No. 163 certain characters will be given,
and from No. 164 text-figure C is taken.
There are in the plates no figures from
either embryo, but the placode under
consideration in each embryo is practically
identical in minute structure with the one
of Fig. 2.
R. batis No. 163 is about 10 mm in
length and 101 somites were counted. The
spiracle and the first two branchial clefts
are open, the remaining three being re-
presented by pouches.
As shown in text-figure B, the same
piece of modified epithelium or placode,
t.p, is still obvious, just above the opening of the first branchial cleft.
It is now turned upwards and outwards, in such a way, that, as
compared with its former position before the opening of the cleft, its
upper and dorsal end has been raised through an angle of about 45°.
It has thus acquired a position, which makes it appear to be a
portion of the epiblast. And, be it added, disregarding its earlier and
later histories, from now until the embryo is 13—20 mm in length it
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 413
might easily be mistaken for the sensory placode of a gill-arch. Its
inner end is again sharply defined from the pharyngeal epithelium 2),
and its outer end abuts against the remains of the membrane of
epiblast and hypoblast, ¢.m, which formerly made up the outer boundary
of the pouch.
A quite similar condition of affairs is met with in an embryo of
13 mm (No. 198). This is shown in text-figure D and in Fig. 20,
Pl. 6. This phase only differs from the preceding one, in that the
placode has become turned somewhat more upwards and outwards.
The remains of the closing membrane are still in existence, and the
placode itself has undergone no apparent change.
From this period onwards no remains of. the closing membrane
have been seen. The absence of this and the completion of the
rotation of the placode through 90° lend it a different appearance
than it possessed in earlier phases. In embryos of 17—22 mm or
thereabouts there is little change in the shape or size of the placode,
and the conditions are generally represented for this period in text-
figure E and Figs. 5 and 19.
These are from embryo No. 189. This probably measured in
alcohol about 21 mm, in the embedded condition its size was 20 mm.
It resembles two other embryos, Nos. 190 and 191. From No. 190,
1) On p. 558 of the resumé of this work (Brarp, 1901, 2) in de-
scribing this the word “epiblast” has somehow slipped into the text
instead of “epithelium”.
414 JOHN BEARD,
Figs. 9 and 10 are taken. In all three embryos there are small ex-
ternal gills upon all the five branchial arches, the neurenteric canal
is persistent, 45—46 muscle-buds are passing into the foundations of
the paired fins, and no traces of unpaired fins are yet present.
As seen in text-figure E, the whole placode is as well-defined as
ever, but it has wandered, or been pushed, upwards and outwards by
growth of the hypoblast. It now lies on the level of the notochord,
and the plane of its surface is almost at right angles to what was
this plane during the gill-pouch-period. Any idea, that this placode
is, or has any connection with, the sensory placode of a branchial or
lateral sense organ, must be distinctly repudiated. As revealed in the
figures above referred to, leucocytes have now begun to form within
the placode, but, as will later on appear, their number is not great
during this period.
In text-figure F the state
of affairs in embryos of the
important period of 25 mm is
given. At this time the neur-
enteric canal has closed, forked
muscle buds from some 46
somites for the paired fins can
be counted, the first traces of
unpaired fins are present, but
NE, they contain no mesoderm, and,
finally, there are external gills
on all the branchial arches,
but those on the last two are
a ee very short.
From text-figure F it will
be evident, that the placodes
F are now almost on the level of
the notochord. They have in-
creased somewhat in thickness, but not much if at all in length. In
the plates there are several figures from this period of development
of the placodes; at this stage only Fig. 7 need be referred to in
illustration. Leucocytes are now fairly abundant in the placode, and,
indeed, their wanderings out from it, to be described at a later stage,
are now very obvious.
It would have been an easy matter to have much increased the
number of text-figures of various periods, even to have carried them
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 415
up to young skate of 7 cm or more; but, as along with corresponding
figures of the plates they are only intended to prove ad oculos the
origin of the thymus-placodes, one more may suffice. This is text-
figure G from an embryo of
R. batis, No. 209, (84 mm),
and the section employed
is also shown, so far as the
placode of the apparent left
side is concerned, in Fig. 17
Pl. 5. The placode is now
much thicker and it has
begun to bulge inwards. Its ©
actual extension along the
lateral surface of the body
is, perhaps, not greater than
in embryos of 25 mm. As
will appear in the later ac-
count, most of its constituent
cells have now become con-
verted into leucocytes. At
a period like this it would
be impossible for the merest
tyro in embryology to mis-
take the thymus-placode G
for anything else.
In the skate, therefore, the thymus-elements, apart from the
rudimentary spiracular thymus, arise as specialised portions of the
dorsal epithelium of each and every true gill-pouch at a very early
period, before the pouch is open to the exterior. As will appear later,
the spiracular thymus has a quite similar origin, and, therefore, in
the skate in connection with the six pairs of gill-pouches there are as
many pairs of placodes of hypoblast of the dorsal walls of the pouches.
Without any doubt the thymus of Raja is a product of the hypoblast.
As is well known, KOLLIKER (1879) was the first to maintain, that
in the rabbit the thymus arose from (the wall of) a modified gill-cleft,
but its hypoblastic nature and its origin as a modified portion of the
hypoblastic lining of a gill-pouch were not clearly determined. Hıs
held, that in mammals the thymus was of epiblastic origin — a view
not supported by the researches of KÖLLIKER, Gustav Born, and
SCHULTZE, and since rejected by His himself. Donrn’s (1884) and
416 JOHN BEARD,
DE Meuron’s (1886) researches upon Elasmobranch fishes do not go
back to a sufficiently early period of the development to afford any
information of the first origin of the thymus here.
II. The Morphological Nature of Leucocytes.
The object of the following description is to prove, not merely
that the thymus produces leucocytes — that point was established
long ago by KÖLLIKER (1879) — but that it must be regarded as the
source of the first leucocytes, and, therefore, as the ultimate
birthplace of all the leucocytes. It need hardly be stated, that these
conclusions are directly contradictory to the teachings of pathologists,
and even of histologists. The discussion as to the existence of several
categories of leucocytes, at any rate in the higher animals, has been
a great one, especially among pathologists. It cannot fall within the
scope of the present writing to review the literature, or even the
arguments, on which various kinds of leucocytes have been re-
cognised.
Undoubtedly, much of the supposed evidence has been furnished by
the reactions of leucocytes under various conditions (disease) towards
diverse stains, and morphologically distinct sorts of leucocytes have
been distinguished from phenomena noticed in disease. But there
have not been wanting among histologists and pathologists some, who
have rejected the idea of the necessary existence of more than one
kind of leucocyte. This was done by GuLLAnD (1891, 1) in a very
fine piece of research, and the like standpoint has quite recently been
taken up by FRIEDRICH Hesse (1902). GULLAND’s memoir contains a
long list of literature, and to this and the memoir itself the reader
may be referred for fuller information. The object of his work is to
prove, that the various forms of leucocytes, recognised by pathologists,
and to some extent by histologists, are phases of a definite life-cycle
of an organism, comparable to a Protozoon. He writes: “A leucocyte
is a unicellular organism, which, in the midst of the vertebrate tis-
sues, retains the character and habits of a Protozoon” (1. c. p. 113),
and further on: “the different kinds of leucocytes are all, in reality,
mere varieties of one ground form, or, to speak more exactly, are
stages in the life-history of a unicellular organism.”
Naturally, this conclusion cannot find acceptance on the part of
a pathologist, who believes he has witnessed the actual birth of one
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 417
or more leucocytes from peritoneal cells of a mammal‘). But it is
not for a moment open to doubt, which of these two statements is
the more improbable.
The main argument for the existence of more than one category
of leucocytes is the supposed specific nature of the “granula” in the
cytoplasm with various stains, the “granula” of different leucocytes
staining differently and specifically with certain mixed stains. Hesse’s
inquiries into this question will be found in a recent number of the
Anat. Anz., and further reference may be made to this. The results
of his investigation go to disprove the existence of this supposed
specific character, and, thus, as it would seem, they tend to support
the views of GULLAND.
From the embryological standpoint little time need be wasted in
a useless discussion of the matter. In embryo-skate, even in such
late phases that one can properly no longer speak of embryos, there
is only one form of leucocyte. Moreover, the right must be denied
to pathologists and histologists to set up what are morphological kinds
of cells, whose history is not based upon the results of embryological
investigation. To recognise in morphology and embryology various
forms of leucocytes as distinct entities, like ganglion-cells and muscle-
cells, from the results of the study of diseased animals would be to
go back to the standpoint of more than a hundred years ago, when
among other things Cyclopean monsters were supposed to represent
former stages in the (ancestral) history of man. Even the histological
recognition is not sufficient to establish the specific character of a
certain kind of cell with certainty: this can only be done by develop-
mental research, by a study of histogenesis. And, be it added, the
vertebrate body is not big enough, and not sufficiently complicated in
structure, to admit of the existence of a number of different organs,
each of which should have as its function the formation of a different
sort of leucocyte. The conversion of the tissue-cells of other organs,
such as those of the peritoneum, into leucocytes is to the embryologist
not worthy of serious consideration.
Following M. HEIDENHAIN, GULLAND, and others, therefore, in
the following lines it will be taken as certain, that in a vertebrate
1) One or more observations of this kind were, I am told, stated
in refutation of the writer’s conclusion, that the thymus was the parent-
source of all the leucocytes of the body, by a pathologist of high
standing. I have not been able to find any published observations of
this kind.
Zool. Jahrb, XVII. Abth. f, Morph. 27
418 JOHN BEARD,
animal there is only one form of leucocyte, whether be called by
this name, or be known as phagocyte, white blood-cell, lymph-
cell, etc.
III. The Origin of the first Leucocytes.
From the later portion of the text and from the figures of the
present memoir it might be concluded, that it was a superfluous task
to demonstrate in detail the formation of leucocytes by the thymus.
From the figures alone it is clear, that the thymus is an organ, whose
sole function in Raja is the production of leucocytes. And since in
the embryology of the skate no other organ can be found possessing
the like function, it might logically be concluded, that the thymus was
the one and only source of the leucocytes of the body. And, indeed,
even a second organ of this kind, beyond the six pairs following the
branchiomery, would be a redundancy. No other source of their
formation is known, for an origin from ‘mesenchyme’, or from meso-
derm cells of unknown parentage, or from structures other than the
thymus-epithelium, has never been made out to be in the least degree
probable.
Although the task of proving the thymus to be the source of
the first leucocytes of the body is in this way one of supererogation,
and albeit a most difficult one, the writer has rightly or wrongly not
spared time or pains in testing the correctness of the conclusion.
Numerous preparations from embryos of 12—18 mm have been
worked over not fewer than seven times, and on each occasion with
the like result.
To probe the matter to the bottom is not so easy as might ap-
pear. Difficulties arise from two circumstances. These are, that at
first the embryo contains at the best very little blood at all, and it
is difficult to retain even this within the vessels. Further, the first
formed blood-corpuscles are very like leucocytes, being rounded (Minor),
and staining in much the same way as the latter. Soon after the
first leucocytes appear, this possible source of error vanishes, in that
the red corpuscles become bigger, but for a long time they are more
rounded than oval. There is, however, one point, by which it is al-
ways fairly easy to distinguish the two sorts of cells. In the red
corpuscles the nucleus is central, in leucocytes, as so well shown by
M. HEIDENHAIN, it is excentric.
Parenthetically, it may be added with reference to the latter
point, that the figures show no centrosomes for the simple reason,
N
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 419
that the stain employed — usually picrocarmine — does not bring
these out. There are also in my possession many other preparations
of early thymus-placodes, stained with iron-alum-haematoxylin, in which
the centrosomes are quite prominent features.
In my former publication (00, p. 559) it was written, that the
first formation of leucocytes “begins as a rule in embryos of about
17 mm”. That statement was made on the result of three separate
inquiries. Since then the preparations have been worked over other
four times, and there is no reason for altering the previous conclusion.
In one point only may a correction be made. It was added, that in
one embryo (No. 164) of 10 mm what appeared to be an undoubted
leucocyte was detected in a section of a thymus-placode. This ap-
peared to be so under the !/,,th oil-immersion, but when the fine
2 mm apochromatic lens of Zeiss was afterwards obtained, examina-
tion under it did not confirm the previous diagnosis, my note of this
reading “more than doubtful”.
In general terms it may be stated, that the two anterior placodes
of each side remain entirely epithelial, until the embryo is about
17 mm in length. Regarding the other three placodes nothing need
be added, for, on the one hand, but little attention has been paid to
them in the early periods, and, on the other, they undoubtedly, as
is natural, lag behind those of the first two clefts, and are still quite
simple epithelial plates in embryos of more than 20 mm in length.
In embryos below 17 mm there is as a rule an entire absence
of leucocytes anywhere else in the body, and other than the thymus
no lymphoid structures whatsoever are present. In the course of the
investigation as first carried out “the examination of about 20 em-
bryos of 10—16 mm failed to reveal any leucocytes whatsoever
in the heart, or blood-vessels, or mesoblast, or in the thymus-pla-
codes’.
In one embryo of about 20 mm repeated examination of the thymus-
placode with the +/,,th inch oil-immersion failed to reveal any fully
formed leucocytes within it, although some of the epithelial cells of
the structure were taking on what may be termed leucocytic charac-
ters. In this embryo there were few leucocytes in the blood and
heart. The explanation of the absence of fully formed leucocytes in
the thymus-placode here is, that the few leucocytes formed had already
wandered out. In another embryo of about the same size there appear
to be one or two leucocytes within the thymus-placode, and there are
also one or two outside of it in the mesoderm, as well as a few in
27*
420 JOHN BEARD,
the heart. In an embryo of 17 mm a single leucocyte was detected
in the thymus-placode of the first branchial cleft. Nowhere else in
this embryo were any other leucocytes encountered, and there were
none outside the placode within the mesoderm, as is invariably the
case in slightly older embryos. The remaining cells of the placode
were columnar. In another embryo of 18 mm three well-marked
leucocytes were detected within a single transverse section of the
thymus-placode, and there were also two cells in the act of taking on
leucocytic characters. Near this was a single leucocyte in the mesoderm.
Since the end of 1899 other embryos have been studied, and
from these it may be gathered, that the youngest embryos, in which
leucocytes may be present, are some of about 14 mm. In R. batis
No. 193, which is rather small (15 mm) for its characters, 130 so-
mites were counted, and all the gill-clefts were open. Here there
were a few leucocytes in the blood, but also some leucocytes and cells
becoming such in the anterior thymus-placodes. In another embryo,
No. 638, of the like period, but rather larger (16 mm) no leucocytes
were detected in either placodes or blood. In still another of the
same size and characters as the last, there were a few leucocytes in
the placodes and also in the blood. R. batis No. 632 was about 16 mm
in length, in it there were no leucocytes in the blood, but some in
formation within the placodes. Two embryos of about 14 mm and of
like characters — among other things each possessing 104 somites
— are of interest. They are numbered Nos. 158 and 159. While
No. 159 had no fully formed leucocytes in the placodes or blood, in
No. 158 there were leucocytes in the placodes, one or two in the
mesoderm, and one was also noted in the blood near the placode.
In embryo No. 198 there were a few almost fully developed leuco-
cytes within the placode, but none were made out in the mesoderm
or blood.
Summing up, wherever in the embryo leucocytes were absent in
the mesoderm and blood, there also none were in the placodes or they
were only in formation, and, conversely, in all the cases where leucocytes
were encountered in the former, there also without exception they
were met with in the latter. In some few instances the formation of
leucocytes could be made out in the placodes, before there were any
outside of these.
As elsewhere already indicated (00, p. 559—562), the period of
commencing histogenesis of the thymus-placodes and of the formation
of the first leucocytes in Raja batis must be referred to embryos of
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 491
14—17 mm. The general impression of the whole course of the de-
velopment, gathered by the writer, is, that of an orderly well-regu-
lated series of events, as in similar words E. B. Wırson has already
remarked. Nothing happens by chance: all is a pre-established or pre-
determined harmony.
In nearly everyone of my publications issued since 1894 I believe
this to have been recognised in some form or other. The whole
history of the transient nervous system bears this character, and it
is again presented in the descriptions of the critical period, of the span
of gestation, the formation of the primary germ-cells, the determin-
ation of sex, and the numerical law of the germ-cells.
The sizes of embryos are misleading, quite apart from the pos-
sible existence in the skate of differently sized embryos corresponding
to the future males and females.
The correlation of phenomena in the development is really
remarkable. Did the present state of other problems, occupying all
the writer’s spare time and attention, admit of it, the demonstration
of this for Raja and Scyllium would be interesting and instructive.
My experiences of Elasmobranch development — and they are now
neither new nor narrow — go emphatically to support KEIBEL’S atti-
tude in this matter, as against the assertions of MEHNERT. If the
variations described by the latter obtain, then he is dealing with ab-
normalities, induced by the mode of cultivation employed. Under
normal circumstances the individual variation is, to my mind, an in-
significant factor.
When in the embryos of Raja batis the connection of commencing
histogenesis in the thymus-placodes is sought for, it may perhaps be
found in the formation of the last gill-cleft, and with this the practical
completion of the laying-down of mesoblastic somites. Some of these
latter may not as yet be segmented off, but practically the proliferation
_ of “mesoderm” to form them is about finished. With embryos, there-
fore, of 125—140 somites and six gill-clefts the histogenesis of the
thymus-placodes may be said to be initiated.
From embryos of 6 mm up to such of this period there are in
the plates figures from six, these being Figs. 1, 2, 20, 3, 4, and 6.
The first four of these relate to the formation and characters of the
placodes in early embryos. In them the epithelium is simple and
contains no leucocytes. In Figs. 4 and 6 the histogenesis of the
thymus-placode has already started, in the latter there is one
leucocyte, while in the former three fully formed leucocytes and two
422 JOHN BEARD,
other cells becoming such are seen. With reference to Fig. 6 it may
be here noted, that the formation of leucocytes is at first more
prominent in the dorsal than in the ventral portion of the placode.
In this period the formation of leucocytes is scanty, and but few fully
formed ones are ever seen in the placodes. In the mesoderm and
blood-vessels the number of such cells is at the close of this period
not a large one. Sometimes, and this is not shown in the figures,
sections of the placode, containing more cells taking on the characters
of leucocytes, may be met with.
IV. The Thymus-Placodes in Embryos of 19—23 mm.
Of the characters of embryos of this epoch the following may
be mentioned. The muscle-buds for the paired fins are in course of
differentiation. There are as yet no traces of unpaired fins. Until
the embryo is about 21 mm in length the neurenteric canal is some-
times open, afterwards it is closed. Externally, the pectoral fins are
slight, the pelvics very slight. The lateral line does not extend beyond
the gill-region. The external gills are but small.
The condition of an anterior placode during this period is as
shown in text-figure E. It increases somewhat in thickness, but not
in length during this interval. Of embryos lying between 19 and
23 mm figures from five, Nos. 189, 190, 617, 192, and 619, will be
found in the plates. The figures are: Figs. 5, 19, 9, 10, 26, 8,
and 43.
The figures from R. batis No. 189 are Figs. 5 and 19. Fig, 5
represents a section through about the centre of the second right
placode. In it there are some cells becoming leucocytes, as well as
fully formed ones. Of the latter one has been caught in the act of
emigration. There are a few leucocytes in the mesoderm of the
neighbourhood of the placode, and one in the section of the blood-
vessel to the inner side of the thymus. In this figure and in Fig. 19
the epithelium of the placode is still comparatively simple, consisting
of not more than two layers of epithelial cells. Fig. 19 depicts the
median section through the first left placode of the same embryo,
drawn under the 2 mm apochromatic, and the same section is outlined
in text-figure E. In the placode there are one or two leucocytes and
many cells taking on the characters of such. Of about this period is
Fig. 21, taken from a R. radiata embryo. It shows very clearly the
limits of the placode, within which to its dorsal side there are two
or three leucocytes and several cells taking on such characters. The
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 423
entire ventral portion of the placode consists of a simple epithelium
of one layer of high columnar cells.
From R. batis No. 190 the figures are Figs. 9 and 10, representing
respectively median sections through the first right and left placodes.
The things revealed by them are very like those seen in Fig. 5. Under
higher power a section through the first right placode of an embryo
of 21 mm (No. 617) is given in Fig. 26. The greater portion of the
placode is made up of about two layers of high columnar epithelial
cells, among these being some taking on the characters of leucocytes,
and one or two fully formed leucocytes. Of the latter one has been
caught in the act of emigration. Quite similar conditions are seen in
Fig. 8 from an embryo of barely 22 mm (No. 192). The final figure
from embryos of this epoch is Fig. 43. This is from R. batis No. 619,
whose size was noted as 23 mm. The figure represents the fourth
section of eight through the second right placode. From the two
mitoses the cells of the placode are evidently in activity. For its
greater portion it cannot be said to consist of more than one layer
of epithelial cells, and this is especially true of the ventral part.
Leucocytes and cells becoming such are confined to the dorsal half.
At one point there is a leucocyte in the act of emigration, and at
another a space in the placode, out of which a leucocyte has evidently
recently wandered.
Summing up, in embryos of 19—23 mm while the production of
leucocytes in the placodes is not very great, it is evidently rapidly
increasing. The epithelium is still comparatively simple, especially at
the ventral end, where it hardly consists of more than two layers.
Leucocytes, when fully formed, wander out singly, and many times a
single one has been caught in the act of emigration.
V. The Mode of Formation of Leucocytes from epithelial Cells
of the Placodes.
The mode, in which the epithelial cells of the placodes become
converted into the first leucocytes, can be best observed — under
high magnifications — in the thymus-placodes of Raja batis embryos
of 17—23 mm, as well as in somewhat older ones. As elsewhere
already recorded, the process is exactly comparable to that, by which
the original epithelial cells of the brain or spinal cord become changed
into ganglion-cells. Or again, it resembles the origin of ganglionic
elements of cranial ganglia from the sensory placodes of the head-
region.
424 JOHN BEARD,
As in these instances, the original or parent-cells of leucocytes
are epithelial cells. To study the conversion of these into leucocytes
the parent-epithelium of the placode must be examined under such a
lens as a 2 mm apochromatic. The changes may be followed more
or less clearly in Figs. 22, 26, 27, and 34, etc. It had been intended,
to have drawn a set of figures under 1500 diameters or more to
illustrate this question, but the pressure of research in other directions
has hitherto prevented the carrying-out of this. The first change in
such a cell appears to be one in the cytoplasm. This becomes some-
what more refractive, and in favourable sections takes on a brownish
tinge. At first no alteration is noticeable in the nucleus, which is
oval, as in the other epithelial cells of the placode. Then the nucleus
becomes rounded, and, gradually, the whole cell acquires this shape.
With this and the more refractile nature of the cytoplasm the cell
has taken on the characters of a leucocyte. Another peculiarity,
already recorded by M. HEIDENHAIN regarding leucocytes, is that the
nucleus comes to occupy an excentric position.
Many of the earliest formed leucocytes apparently remain — at
any rate for a time — within the placode, whilst others of them
proceed to wander out into the mesoderm and elsewhere. Those,
which remain, would seem to divide often, for only in this way can
the numerous cell-nests of them, to be described at a later stage,
and the little groups of twos and fours be explained. These are
to be interpreted as the original ‘“‘germ-centres” under the views
of FLEMMING and his pupils.
The emigrants are such, and not really immigrants. The figures
ought to carry conviction of the truth of this. Until some of
them are formed within the placode, there is no source in the body,
whence they could be derived. Neither do they enter it as epithelial
cells, nor as connective tissue-cells, nor as “mesenchyme”, for there
are no evidences whatever of this. In fine, in early stages all the
evidences go to prove the gradual conversion of the epithelial cells
of the thymus-placode into leucocytes.
In his work on the thymus (’81, p. 24) STIEDA asks “how can
adenoid tissue arise from an epithelium?” This is a matter for ob-
servation, and it may not simply be denied out of existence by a
mark of interrogation! The difficulty may have been a real one in
1881, when there were no observations whatever — even after the
publication of STIEDA’s own researches — beyond KÖLLIKER’s discredited
but correct ones, concerning the origin of lymphoid cells. As will
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 495
appear later on, STIEDA’s memoir contains no contribution at all
towards the solution of the problem. And now there is no longer
any difficulty about the matter, when dozens of drawings and thou-
sands of preparations can be produced to show it.
Where Nature places no obstacle in the way of carrying-out a
process, it is not for Man to invent one! The fact is, that in nature
as KÖLLIKER first stated in 1879, adenoid tissue does arise from
epithelial cells.
VI. The Thymus-Placodes in Embryos of 24—27 mm.
In embryos of 23 mm and smaller the production of leucocytes
is not great, and their emigration from the placode can rarely be
observed. And, as we have seen, there are comparatively few
leucocytes within the latter. Immediately after this period, in embryos
of 24 mm or more, progress is being made. Leucocytes are far more
numerous within the epithelium, from 20 to 30 being met with in a
single transverse section (Figs. 7 and 15). Their emigration is now
a more conspicuous phenomenon. One may still meet with single
leucocytes, caught in the act of emigration; but this has begun to
give place to a slightly different process.
For Raja batis the period of 24—27 mm is an important one,
not only as relates to the thymus-placodes, but also with regard to
other structures. In series of sections it is represented in the col-
lection by more than a dozen embryos. Of these eight have been
drawn upon for one or more figures. The embryos and figures are:
No. 633 (Fig. 49), No. 201a (Figs. 15, 22, 23, and 24), No. 201
(Figs. 7 and 47), No. 202 (Figs. 11, 12, 14, 37, and 38), No. 202a
(Figs. 11 and 12), No. 203 (Figs. 16, 39, and 42), No. 443 (Figs. 31
to 34, 35a and b, 36), No. 616 (Figs. 45 and 46), No. 629 (Fig. 44).
The topographical relationships of the placodes during this period
may be gathered from text-figure F.
Skate-embryos of circa 25 mm exhibit the following among other
characters. External gills are present on all five branchial arches, on
the last two they are but short. Forked muscle-buds from about 46 so-
mites are passing into the paired fins. Unpaired fins are evident,
first appearing in embryos of about 24 mm (preserved), but they con-
tain no mesoblast. The neurenteric canal is closed. The lateral line
extends some little distance beyond the last gill-cleft, but only a short
way along the pectoral fin. The spiracle is elongated. There is no
upper jaw. The olfactory organ is a simple pit.
426 JOHN BEARD,
As Raja batis No. 201a is perhaps slightly the youngest of the
series, the conditions here may be described first of all. In the
plates are four figures, one through each of the four anterior pla-
codes of the right side, the fifth placode is still entirely epithelial.
The order of these is as follows: Fig. 23, placode 1; Fig. 15 2;
Fig. 22 3; Fig. 24 4 The comparison of the four figures is interest-
ing; for, while in those of placodes 1 and 2 the original single epi-
thelium has become much thicker, and many of its cells are now
leucocytes, in placodes 3 and 4 there are few leucocytes, more especi-
ally in the latter, and the epithelium of the placode has departed
little from its original simple form. In placodes 1 and 2 cells in the
act of becoming leucocytes are outnumbered by fully formed leucocytes:
in 3 and 4, on the other hand, there are many epithelial cells,
engaged in conversion into leucocytes. And, whereas in the latter two
placodes leucocytes, if in emigration, are met with only singly, as in
Fig. 24, in the two former, while one may still meet with single leuco-
cytes caught in the act of emigration, the more usual process is the
passage of leucocytes en masse from the placode, thus causing “breaks”
of greater or less extent in its contour.
As shown in the figures under discussion, and in those of other
embryos to be afterwards referred to, the placodes are still largely
epithelial, more especially in their ventral portions.
Conditions similar to those described in the foregoing embryo are
seen in R. batis No. 633 (24.5 mm). Fig. 49 represents a section
through the first right placode of this embryo. At one point in the
placode there is a nest of leucocytes, in other portions of the struc-
ture there are single leucocytes, and also cells becoming such, and one
has been caught in the act of emigration.
The figures from another embryo of 25 mm (No. 202a) are Figs. 11
and 12. These respectively depict the median section through the
first left and the first right placode. The degree of development
here is about that already seen in embryo No. 20la. The placodes
are still largely epithelial, fully formed leucocytes are not numerous,
and there are many epithelial cells taking on the characters of
leucocytes.
A contrast to the figures from the preceding embryos is afforded
by several through the placodes of two similar embryos, cut in
frontal (horizontal) sections. These are Nos. 202 and 203. The figures
from the former are Figs. 14, 37, and 38, and from the latter Figs. 16,
39, and 42.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 427
Figs. 14, 37, and 38 pass through the first, second, and fourth
placodes respectively. The sections figured lie near the dorsal ends
of the placodes, and, whilst in the two former leucocytes are fairly
abundant, and in addition there are cells taking on leucocytic char-
acters, in the figure through the fourth placode the latter is seen to
be merely epithelial and to contain as yet very few leucocytes.
Of the figures from embryo No. 203 Fig. 16 is from the first
placode, Figs. 39 and 42 from the third. The first two figures, Figs. 16
and 39, closely resemble figures from the previous embryo, and, there-
fore, they call for no detailed consideration. Fig. 42 shows other
things besides the thymus-placode, and these must now be described.
The limits of the thymus-placode are fairly easily determined, and at
one point it is seen to be sharply marked off from a similar piece of
modified epithelium, abutting on it. This is a portion of a sensory
placode in connection with the vagus, and the figure serves to illus-
trate how, as elsewhere already stated (Bearp, ’00, II, p. 558), at
certain periods the sensory placodes come into rather close relation-
ships with the thymus ones. As this figure demonstrates, and as
appears in the actual preparations, the resemblances between the two
pieces of epithelium are very striking. Their epithelial cells are very
like and similarly arranged, and in both instances the conversion of
epithelial cells into other elements can be witnessed: in the one case
into leucocytes, in the other into nerve-cells or ganglion-cells, to use
ApATHy’s terms.
Before leaving this set of embryos it may be pointed out, that
from the comparison of the figures of transverse and frontal sections
it is clear, that at this period a thymus-placode is a somewhat oval
plate of cells, depressed towards the centre, and with its longitudinal
axis about at right angles to that of the body.
The next embryo to be considered is a very remarkable one in
the pictures it yields of the placodes. It is R. batis No. 443. Un-
fortunately the embryo was not measured, or at any rate I can find
no record of its dimensions in any of my note-books or catalogues.
It is estimated to be about 25—27 mm. Sometimes I have been in-
clined to believe this to be an embryo of Raja radiata from the con-
ditions revealed in its thymus-placodes, but this idea has not found
confirmation in other points in its anatomy, and I hold it to be im-
possible, that in some way or other under this number a R. radiata
embryo can have been sectioned instead of a R. batis one.
428 JOHN BEARD,
Were there a loophole for doubt as to the conversion of the epi-
thelium of the placodes into leucocytes, this embryo alone would suf-
fice to close such completely. The sections of its placodes are of
such a convincing character, that no apology need be offered for the
inclusion of figures of several of these in the plates. Had the number
of these figures been smaller, it might have been deemed advisable to
reinforce the story they tell by the inclusion of drawings through the
placodes of several R. radiata embryos. However, it has been thought
better to give several views from this one embryo, rather than many
single drawings from several embryos.
The conditions seen in embryo No. 443 are not so characteristic
of R. batis as of R. radiata. I have several embryos of the latter —
and of these with the exception of Fig. 50 there are no fignres in
the plates — which reveal in their thymus-placodes conditions exactly
comparable to those about to be described in embryo No. 443.
The figures from R. batis No. 443 are Figs. 31—34, 35a and b,
and 36. The positions of the various sections figured will be found
in the description of plates. Here it may suffice to say, that Figs. 31
and 32 are from the first, Figs. 33 and 36 from the second, Fig. 34
from the fourth, and Figs. 35a and b from the fifth placode. Of
course, Figs. 31, 32, and 33 are drawn under somewhat lower magni-
fication than the other four. All the undrawn sections of the various
placodes of this embryo exhibit conditions comparable to those seen
in the sections illustrated. The chief feature of these figures, and it
is one which especially appeals to the histologist, is the sudden con-
version of masses of the epithelial cells en bloc into leucocytes, in
such a way as to mark them off sharply from the remains of the
original epithelium. The result has been, on the one hand, to restrict
the epithelium to the dorsal and ventral portions of the placode, and
on the other, it is in evidence in the form of small cell-bridges (Fig. 34),
cutting up the nests of leucocytes. These things, and the nests of
leucocytes themselves, are especially well seen in Figs, 33, 34, and
36. Fig. 33 also reveals a break in the placode, out of which leuco-
cytes are emigrating. The figures through the fifth placode (Figs. 35a
and b) show this to be still in the form of a simple high columnar
epithelium. The number of contained leucocytes is here not large, but
there are a few epithelial cells taking on the characters of such. In
the like degree the conversion of epithelial cells into leucocytes has
been seen in no other embryo of R. batis of this epoch, but, as al-
ready stated, this mode would appear to be very characteristic of the
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 499
placodes of certain periods in R. radiata. Thus, in R. radiata No. 230
(25 mm) the leucocytes in any one of the anterior placodes form a
big nest near its centre, and epithelial cells are restricted to the ends.
R. radiata No. 212 (26.75 mm) is quite similar, and very much the
same conditions obtain in R. radiata No. 204 (22 mm). Finally, a
section through a placode of a R. radiata embryo (No. 242) of 27 mm
is shown in Fig. 50. Here the entire interior of the placode — if
one may still speak of it as such — has been converted into leuco-
cytes, and of the original epithelial cells there is left merely a sur-
face-layer, forming a sort of shell around the whole.
The final embryos of this epoch to be described are two of the
newer series of 1899. R. batis No. 616 (26.5 mm) and No. 629 (27 mm):
from the former the figures are Figs. 45 and 46, from the latter
Fig. 44. The comparison of these figures with those from embryo
No. 443 may be of interest to the reader. Figs. 45 and 46 represent
under different magnifications a section through the second left pla-
code, and Fig. 45 also shows adjacent structures. In this in addition
to the thymus-placode a piece of a sensory placode of the vagus, with
the connected nerve-twig, is seen in close connection with the thymus-
placode. This figure will be referred to again in another section, and
it may be compared with Fig. 42 already mentioned. It is intended
to illustrate how at a certain period of the development the sensory
placode becomes topographically closely associated with the thymus
one, and how the former in its growth pushes its way along the
latter. Fig. 46 reveals things similar to those already described in
previous embryos, and, therefore, its detailed description may not be
called for.
Summing up the characteristics of the anterior thymus-placodes
during this period, they are: epithelial cells are still largely re-
presented, especially at the two ends of the placode, but also else-
where; many of the epithelial cells are taking on the characters of
leucocytes; many others have already done this; leucocytes are more
numerous in the placodes than in earlier embryos; their emigration
singly may still be readily observed, but there is an undeniable ten-
dency exhibited for the single passage to give place to a migration
from the placodes in numbers. As will be seen, the process here in
initiation is especially typical of the following epoch in the history of
the anterior placodes.
430 JOHN BEARD,
VII. The Thymus-Placodes in Embryos of 28—36 mm.
In the description of this epoch of the development eight embryos
will be made use of. This number, once more, is but a selection out
of those between 28 and 36 mm in the collection. The topographical
conditions are as shown in text-figure G. In the plates there are
figures from all eight embryos, but in certain cases only of one or
two sections from a particular embryo. Owing to the now much
larger sizes of the placodes the number of sections through each one
is pretty numerous, indeed, on the average this will not be less than
ten through each of the anterior placodes.
Twenty of the figures belong to this period; and, as they are
really only samples of about 800 similar sections, their number may
not appear too great. But in order to restrict somewhat the total of
the figures, one plate of drawings, chiefly of consecutive sections, has
been rejected. Only of two of the eight embryos, Nos. 206 (28 mm)
and 209 (34 mm) will the appearances seen be described at all in
detailed fashion.
An embryo of 28 mm does not present much advance on one of
25 mm in the sum-total of its characters. The external gills are still
very short, the lateral line reaches perhaps half way along the pectoral
fin, and the unpaired fins contain mesoderm.
The figures from R. batis No. 206 are Figs. 18, 25, 27, 28, 29,
and 30. Except Fig. 25 all are from the left side of the body. To
the various thymus-placodes belong: to 1 Fig. 28, to 2 Fig. 29, to 3
Figs. 18 and 30, to 4 (right) Fig. 25, and to placode 5 Fig. 27. The
positions of the sections figured may be gathered from the description
of plates. Some at any rate of these figures will recall to the reader
things already witnessed in embryo No. 443. Of these may be
specially named Figs. 28 and 30. These two figures, of sections of
the first and third placodes respectively, both show nests of leuco-
cytes. The nests lie well towards the central portions of the placodes,
and their dorsal and ventral ends, if not free from leucocytes or cells
becoming such, are still largely made up of epithelium. Single leuco-
cytes in emigration are still seen, thus in Fig. 28, but now this
process is rapidly making place for the emergence of leucocytes in
crowds. This is well seen in Fig. 30, where there are two such breaks
in the inner contour of the placode, and by these the leucocytes of
two or more nests are being passed out into the surrounding mesoderm.
Here and there, as in Fig. 30, cells taking on leucocytic characters
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 431
are seen, and quite apart from other facts and factors, the existence
of these is sufficient to negative any suggestion, that the leucocytes
are immigrants, and not emigrants.
Figs. 18 and 29 reveal very similar conditions. The remaining
two figures, Figs. 25 and 27, passing through the fourth and fifth
placodes respectively, are of interest as demonstrating the lesser degree
of development of these. The latter are still almost entirely epithelial,
and, indeed, their degree of development is not greater than it is in
the first and second placodes of an embryo of 18—20 mm. Both
placodes contain leucocytes and cells becoming such, especially in the
dorsal portion of the placode, and in both single leucocytes in the act
of emigration are to be found. As will appear, this period marks a
turning-point in the history of the placode.
Raja batis No. 209 measured 34 mm. The olfactory pit is still
widely open. In the eye there are no signs of eye-muscles, no pigment-
formation, no optic nerve. The auditory organ is still a simple sac.
Procartilage is forming on each side of the notochord in the head-
region. The lateral line reaches some little distance into the genital
region. The spiral valve is small, and there is a much-budded rectal
gland. |
The figures from this embryo are: from placode 1 Fig. 17, from
2 Fig. 51, from 3 Fig. 67, from 4 Fig. 48, while in Fig. 13 a small
portion of the 2. right placode is given under high magnification. As
revealed by the figures of the three anterior placodes, most of their
component cells are now leucocytes, and epithelial cells are largely
restricted to the basal portion of the knob-like structure. In the 4.
(Fig. 48) and 5. placodes epithelial cells are more in evidence. In
all large nests of leucocytes are the predominant feature of the placode,
and leucocytes are now seen, in practically every section through these
structures, emigrating in numbers by breaks upon the contour of the
placode. One such break has been depicted under high magnification
in Fig. 13. To this period belongs also Fig. 56 from embryo No. 214.
This reveals under very high magnification (2/3 of 2500) the emigration
of one leucocyte from the placode.
The other figures from embryos of this epoch are Figs. 52, 53,
57, 68 and 69, and these again show phenomena in other embryos
like those already described. Figs. 68 and 69 are from haematoxylin
preparations, and interesting though they be, the reader may also
gather from them, that for the study of leucocytes this reagent is not
a particularly good one.
432 JOHN BEARD,
The process above described, of the emigration of leucocytes by
breaks in the placode, goes on for a long time without abatement.
Further details of it may be given in two further embryos, but it
may be added, that it is seen in all embryos of 29 to 42 mm. In
the following only those sections, which lie well within the placode,
and near its central portions, will be noticed. Tangential sections
near its anterior and posterior ends also exhibit the same phenomena,
but for obvious reasons it is better not to rely upon such. The first
section to be noted is the fifth out of ten (transverse to the long axis
of the embryo), passing through the first placode of the left side.
The inner boundary of the placode, destitute as yet of any enclosing
membrane, is intact and even except at two points. At one of these
to the dorsal side there is a small break, and one or two leucocytes
are wandering out. At the other, which occupies a good portion of
the lower inner surface, there is an extensive break, and leucocytes
are wandering out en masse. In the mesoblastic region just beyond
the placode there are comparatively few mesoblastic cells, but this
space is occupied by great numbers of leucocytes, as in Figs. 40
and 41. .
In a single section upwards of a hundred of them can be counted.
Numbers of them lie closely along the wall of the anterior cardinal
vein, which runs a little internal to the placode. This tendency on
the part of leucocytes to attach themselves to the walls of vessels
and capillaries is as characteristic of them in embryonic life as later
on. Many of them are already in the blood itself, not only here in
the section, but in other parts of the body also. A rapid infiltration
of the blood and of the mesoblast of all parts of the body is taking
place. This process, of course, began much earlier. A section, the
fifth of eleven, through the 2. placode of the same side shows practically
the same things, but in the portion of the blood-vessel sectioned the
leucocytes are rather more numerous.
These breaks for the emigration of leucocytes are very chracteristic
of all the ten placodes of all Raja-embryos of 23—42 mm in length.
As an instance, the evidence afforded by the drawings of seven con-
secutive sections through the 2. right placode of an embryo of 33 mm
(R. batis No. 214), may be cited. In the first section there is one
break, in the second there are two, in the third, fourth, fifth, sixth,
and seventh there is one large break in each section, and in some of
them single leucocytes are emigrating here and there.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 433
It would unduly increase the size of this memoir to give an ac-
count of the emigration of leucocytes from the placodes of all the
specimens, for the results are based upon the study of more than
twenty embryos of sizes from 28 to 42 mm. In almost every section
through every placode of all the embryos there are breaks, and it is
quite out of question to suppose for a moment, that they are artefacts.
All the breaks were in existence before the sections of any given
embryo were made, for all the leucocytes, like other structures in the
embryo, are firmly fixed to the glass by the albumen employed. And,
indeed, I have yet to see a skate-embryo of 28—41 mm, in which
such breaks in the anterior placodes are wanting. Considering the
number of sections passing through each of the placodes, the mere
recital of all the breaks of, say, but a dozen embryos would itself
occupy much space.
But the evidences of the emigration of leucocytes from the thymus-
placodes of Raja, as afforded by my sections, are quite overwhelming.
And, since opposed to the facts here recorded there are but the hypo-
theses of more than twenty years ago, which, moreover, have never
obtained any basis of fact in their support in the interval, for these
reasons the facts and figures here given may suffice.
VIII. The later History of the Thymus-Placodes.
Embryos of 37—70 mm.
Of this period of the development, culminating in young skate of
7 cm, with one exception (Fig. 55) there are no figures in the plates.
The placodes of earlier embryos no longer deserve to retain this name,
for they gradually become thicker and thicker, and, finally, in embryos
of 42 mm onwards they project inwards as long pear-shaped struc-
tures. As DoHrn (1884) has already noted, of the 5 thymus-elements
of each side in Raja the 4 anterior ones attain respectable dimen-
sions, the 5. remains small. This is best observed in longitudinal
vertical sections, thus, in R. batis No. 252 (58 mm) of the 5 elements
the 1. and 2. are large, the 3. and 4. smaller, while the 5. is very
small. Although this is the case with the last element, it is also in
fact a miniature edition of any of the other 4, and one can follow in
it all the changes, through which the others pass.
For this reason, and because of its minuteness, it had been in-
tended to have illustrated the later history of the thymus-elements
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f, Morph. 98
434 JOHN BEARD,
by figures from the fifth, but the pressure of other, and to me now
far more interesting, work has prevented the carrying-out of this plan.
Since in the earlier embryos, last described, considerable progress
has been made in the histogenesis of the thymus-elements, their later
history calls only for brief description.
The general characters of a Raja batis embryo of 34 mm have
already been given, and the following account may be prefaced by a
few words as to the characters of embryos of 45 and 54 mm, and of
a young skate of 70 mm.
Raja batis No. 237 measured 45 mm in the preserved condition
in 90 °/, alcohol. The dermal sense organs of the head-region are
deploying from the neuro-epithelium, but they do not yet reach the
snout. Fibres of the eye-muscles are in formation, lens-fibres almost
fill the cavity of the lens, the retina is in part slightly pigmented,
the fibres of the optic nerve reach the brain, and there is a slight
chiasma. In the olfactory organ there is a double row of olfactory
folds, about 12 in each row. The naso-buccal groove is partly formed.
The semicircular canals are arising. There is a slight deposit of
cartilage on each side of the notochord in the head-region. Cartilage
is also in formation in the trunk around the notochord. There is a
distinct well-developed cartilaginous shoulder-girdle, and cartilaginous
basalia enter the fin. The stomach is formed. The spleen is indicated
as a slight projection of the mesentery. The pancreas is formed. The
germinal nidus projects inwards on each side. The Müllerian ducts
are partly formed. The cloaca is closed.
Raja batis No. 245 measured 54 mm. The sense organs do not
yet reach the snout. Ampullary tubes are beginning to arise. The
retina is rather more pigmented, perhaps for a fifth of its extent.
The naso-buccal fold is established. The semicircular canals are al-
most complete. The upper and lower jaws are beginning to be carti-
laginous. In the trunk there are slight deposits of cartilage ou each
side of the notochord, but these are not at four points as in Scyllium.
There are slight procartilaginous neural arches. In this, a potential
female, the Miillerian ducts reach far back. The spleen is still a mere
fold of the mesentery. The Wolffian ducts do not open into the cloacal
chamber, and the cloaca is closed.
Raja batis No. 255 measured 70 mm. Ampullae are developing.
The eye-muscles are formed. The lens-cavity is almost obliterated,
there is an optic chiasma, and the optic stalk is almost solid. A
cartilaginous olfactory capsule is in course of origin. There are many
<x E25
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 435
olfactory folds. In the hypophysis there is obvious budding. The
semicircular canals are complete, and a cartilaginous auditory capsule
is arising. Cartilaginous centra and cartilaginous neural arches are
in formation. The upper and lower jaws and the branchial arches
and their rays are cartilaginous. The degeneration of the transient
nervous apparatus is commencing. Trabeculae are forming in the
spleen. The first scales are in course of origin, and in the jaw there
is a dental ridge. The sex is announced by differentiation of the
testis. The cloaca is open for a few sections.
In the cases last described it has been seen, that in embryos of
33—36 mm epithelial cells are restricted to the bases of the “placodes”
next to the gill-clefts. In an embryo of 37.5 mm (No. 219) still fewer
epithelial cells are present. The migration of leucocytes is not very
actively going on. There is as yet no capsule for each element and
no vessels enter it.
In an embryo of 42 mm (No. 227) very much the like conditions
prevail, and in this instance the leucocytes in the thymus-elements
are evidently in active division.
In Raja batis No. 229 (43 mm) the epithelium at the outer side
of each placode, i. e., that of the gill-cavity, is growing over the
point of attachment of the element as over a wound. No blood-
vessels yet penetrate the structure, but a connective tissue-capsule is
beginning to form.
In Raja batis No. 237 (45 mm) the growth of the epithelial
membrane, above referred to, is complete, and, thus, for the first time
each element is shut off from the gill-cleft, but it is still attached.
There are practically no epithelial cells left at the base of each ele-
ment, which now presents marked indications of lobulation. Connective
tissue is commencing to penetrate it; and, while it as yet contains no
blood, one or two capillaries have formed around it.
In Raja batis No. 245 (54 mm) each element is still attached by
a narrow stalk (Fig. 55). As shown in this figure, here and there in
the pharyngeal epithelium there are scattered leucocytes some little
distance from the thymus-element, but there is no evidence of their
origin here. Each element is washed by a network of blood-capillaries.
There is a well marked capsule, which here and there sends in a
septum. There are still no capillaries within the thymus. Emigration
has become more difficult, but there are plenty of leucocytes in the
meshwork of the capsule, and these wandering cells now seem to
make their way through this to reach the blood-capillaries. The septa
28*
436 JOHN BEARD,
within the thymus are not very numerous, but they penetrate it com-
pletely, cutting it up into little blocks. The external lobulation is
not so pronounced as in the next case, where it is very marked. An
embryo of 60 mm (No. 100) is in all respects like that of 54 mm.
Raja batis No. 255 measured 71 mm. The elements are now
freed from the epithelium of each cleft. The capsule is better de-
veloped than in the younger specimens, but it would still seem to
permit leucocytes to wander out singly. Indeed, it may be suspected,
that this emigration of leucocytes is never entirely prevented by the
capsule, even in adult specimens. The lobulation is marked, and the
connective tissue septa are well developed. Here and there obvious
blood-capillaries pass along the septa into the thymus. These, of course,
afford much more efficient opportunities for the transport of leucocytes
to all parts of the body.
Beyond this point it is not proposed to carry the account of ob-
servations, although in the collection there are young fish up to those
of 19 cm, which have only quite recently left the egg-capsule. A
selection of these has been studied, but the thymus of No. 255 is
quite like that of a newly hatched skate.
In these older specimens and in adult skate I have never come
across epithelial elements in the form of HassALL’s concentric cor-
puscles. As elsewhere (1900, II, p. 570) already stated, it is neither
affirmed nor denied, that such bodies may obtain in old skate; but in
default of any means of identifying such an animal and determining
its age, the quest would be a hopeless one, and it may fitly be left
to those, who believe the degenerate structures known as HASSALL’s
concentric corpuscles to be of morphological, if not of physiological,
importance.
In the foregoing account of observations the writer has, to the
best of his ability, endeavoured to confine himself to statements cap-
able of proof, and he believes, that none have been made without
at the same time the production of the evidences. This has been the
attitude towards the thymus and its problems uniformly adopted by
those, who with the writer maintain, that it produces leucocytes from
its original epithelial cells. The other view, to wit, that the leuco-
cytes of the thymus have wandered in from the exterior, and that
its original epithelial cells give rise to concentric corpuscles, has
from start to finish, as will be shown in another chapter, been
based solely on reiterated assertion without any real attempt at
proof.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 437
Since Maurer (1899, 1, p. 156) deserted the standpoint maintained
by him for so many years, and adopted that originally due to KöL-
LIKER, one must go back nearly 11 years in the history of research
upon the thymus to find an investigation, in which the ideas of STIEDA
(1881) and Hrs (1885) are advocated. All recent observers agree in em-
phasizing the correctness of KÖLLIKER’s original conclusion, and, as
ScHULTZE (1897, p. 381) earnestly urges: “Es ist, nachdem KÖLLIKER
schon vor langer Zeit die Art der Umwandlung des epithelialen Or-
gans in ein bindegewebiges so zu sagen klar ausgesprochen hat, nun-
mehr Zeit, dass man sich, frei von Vorurtheilen und Schematismus
bezüglich der Leistungsfähigkeit und Bedeutung der Keimblätter, nicht
verhehlt, dass hier epitheliale Zellen von noch hochgradiger Differen-
zirungsfähigkeit die von uns als Bindegewebszellen betrachteten Ele-
mente bilden, und dass epitheliale Drüsenschläuche direct zu ‘Lymph-
follikeln’ werden.”
The writer, indeed, goes further than SCHULTZE and any other
observer in stating, not only that the production of leucocytes is a
function of the thymus, but also that it must be regarded as the sole
original source of all the leucocytes of the body. This latter con-
clusion he believes to be a legitimate inference from observations upon
a peculiarly favourable material and from certain other considerations,
already advanced elsewhere, and to be once more mentioned in the
following pages.
Undoubtedly, the thymus of Raja is the first source of its leuco-
cytes, and from the nature of the case a proof of the existence of one
or more others is impossible.
IX. The History of the spiracular Thymus-Placode.
A new feature of interest to the embryologist, revealed by the
present research, is the existence in Raja of a spiracular thymus.
Such a structure has been searched for before, not only by the writer,
but also by others. One observer, VAN BEMMELEN, has actually
described it, but its rudimentary and somewhat variable characters
were probably the things, which led him to reject its thymus-nature.
This will not appear at all astonishing; for, as the following description
of its history will reveal, it is only by a complete knowledge of its
development that its true nature can be elucidated.
To the structure, identified by me as the spiracular thymus, VAN
BEMMELEN (1885, p. 174 etc.) gave the name of “the ventral follicle of
the spiracle”. It will be so described here, although it does not lie
438 JOHN BEARD,
at the ventral side of the spiracular pouch, but, on the contrary, at
its dorsal anterior portion. The reason it was termed ventral by VAN
BEMMELEN was to distinguish it from a more dorsally-lying body in
certain Elasmobranchs. On p. 174 he gives an account of its structure
and position. It has, according to him, the form of an oval vesicle,
made up of high columnar cells, and which is connected with the wall
of the spiracle by a narrow stalk, either solid or with a narrow lumen.
Its position in several Elasmobranchs is recorded. The period of its
appearance is stated to be that, at which cartilage first begins to be
formed in the embryo. Its development as an outgrowth of the dorsal
wall of the spiracular cleft is described. As will be seen, I have
nothing to add to this portion of VAN BEMMELEN’s account, which so
far as it goes is quite correct. He noted, that it appeared to undergo
little change at later periods, and that in some forms it probably
disappeared, certainly this was so in Acanthias.
As to its nature, on p. 177 he writes: “Dass das Bläschen ein
rudimentäres Organ ist, scheint mir unzweifelhaft. ..... Seine Ent-
stehungsweise hat erstens gewiss einige Aehnlichkeit mit den ersten
Entwicklungsstadien der Thymuswucherungen an den übrigen Kiemen-
spalten.” This comparison he then proceeds to justify by pointing
out resemblances in mode of development between the structures in
question. But, finding important differences, he finally decides, that
the thymus-nature of the spiracular follicle is improbable, and further
on he inclines to regard it as a rudimentary gill-cleft.
Although in my first paper upon the thymus the actual existence
of a spiracular thymus could not be established, it was recognised,
that probably VAN BEMMELEN’S follicle represented such a body. It
was written there: “I incline, certainly, to the view, which would
consider both the vesicular follicle of the spiracle and that of the
angle of the mouth as possibly the rudimentary equivalents of thymus-
elements of these parts. At any rate, the whole history of these
structures harmonises with this supposition” (1894, p. 478).
With the writer the quest after the spiracular thymus in the
course of the present research lasted long before resulting in any-
thing very definite. While investigating the early development of the
gill-clefts and associated structures, the spiracle itself often came under
review. And it appeared remarkable, that, while its origin and much
of its later history were those of a typical gill-cleft and arch, while
what appeared to be the equivalent of a thymus-placode was easily
defined in embryos of 6 mm and upwards, in later periods no evidences
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 439
of a real thymus-element could be encountered. And this remained
the position of affairs, until some time after all the chief points of
the present work had been established. Thus it came about, that
only by the aid of the facts of the development of an ordinary thymus-
placode into a thymus-element was the true history of the spiracular
thymus to be cleared up.
In the last of the plates there are six figures (Figs. 61—66) of
the spiracular thymus from as many different embryos of various
periods. It would have been easy to have greatly increased this
number, or to have worked out a monograph upon the spiracular
thymus alone. The six figures are typical of the chief points en-
countered in its history, and they may be said to establish beyond
doubt the morphological nature of the structure in question.
In the original note (1900, I) upon the spiracular thymus it was
stated, that the earliest embryo, in which in the placode of the hyoid
cleft leucocytes had been seen, was 28 mm in length. Since then
they have been found in others of similar dimensions. The early
history of the spiracular placode is exactly like that of any other of
the placodes. The differences between it and them being that it for
a long period only increases in extent or area, and that leucocytes
are formed within it only at a late period, or, if they arise earlier,
their number is so small as to enable them to elude observation. In
the latter respect there is some resemblance between this placode and
that of the last cleft.
As to the precise epoch, at which leucocytes appear in the spiracular
placode, no definite statement can be made. All that can be said is,
that to all appearance no leucocytes are formed within its epithelium
in embryos earlier than those of 25 mm. Owing to its rudimentary
character it is, perhaps, not unlikely that sometimes they may only
appear much later.
As is well known, the spiracular cleft attains much larger
dimensions than the true branchial clefts during a period of the
early development. And later on it undergoes a considerable reduction.
Whatever else be concerned in this increase in size, the placode cer-
tainly shares in it. It attains a very considerable area, even in
embryos of 25 mm. For this reason in Fig. 61 from embryo No. 443
only a portion of it has been drawn. As this figure shows, it is made
up of one layer of columnar epithelial cells, and among these one or
two leucocytes are seen. Abutting upon the dorsal edge of the placode
is the sensory placode of the hyomandibular nerve. This latter is
440 JOHN BEARD,
even more prominent in the next figure, Fig. 62. This is from an
embryo of 27 mm. The simple epithelium of Fig. 61 is now becoming
more complex, in that increase in thickness is taking place, and greater
numbers of leucocytes are in formation. There are more leucocytes
within the epithelium, and in each section of the placode there are
from four to six in the mesoderm to its inner side. Very similar
conditions are met with in Fig. 63 from an embryo of 28.25 mm.
From this epoch up to embryos of 54 mm there are no figures in
the plates, because the placode for another prolonged period under-
goes little change, beyond increase in area.
In embryos of 42 to 45 mm the leucocytes within the epithelium
are more numerous than in embryos of 27 to 28 mm, but they are
still not abundant. The epithelium itself is hardly more complex, but
its area is greater, a change furnishing a key-note to a point in its
later history. In an embryo of 54 mm (No. 245), as depicted in
Fig. 65, the spiracular thymus is not more complex as a whole than
the thymus-placode of the first branchial cleft of an embryo of half
the size. As the figure reveals, it has fourfold the thickness of the
simple epithelial spiracular thymus of a 27 mm embryo, but there
are not four definite layers of epithelial cells. Its inner and outer
sides are bounded by well-marked epithelial layers, while its interior
is filled by epithelial cells, lying in all sorts of directions, and here
and there a single leucocyte, or a small group of such, is seen: In
addition, as in the other thymus-elements of this period and size,
there are blood-capillaries (Fig. 65 v).
To this period, and from another embryo only 2 mm larger,
belongs Fig. 66. Whereas the former figure was from a series of
transverse sections, the present drawing is taken from a series of
frontal (horizontal) sections. The placode is thicker — nearly as
thick again — but at the same time more circumscribed. Here the
increase in area was evidently lacking. It is bounded everywhere by
epithelial cells, but in its interior such epithelial elements are entirely
wanting. This is made up of leucocytes, and here and there con-
nective tissue trabeculae and blood-capillaries are met with, as in the
other thymus-elements of this period.
A complete contrast is afforded by the conditions in a young
skate of 7 cm (No. 255), and this vividly recalls VAN BEMMELEN’S
description!) of the spiracular follicle. In this case on both sides of
1) In several Scyllium canicula of 33—39 mm I have found a
spiracular follicle, exactly like that described by Van Bremmeten. It
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 441
the body the spiracular thymus is represented by a conical structure,
possessing a central lumen, as stated by VAN BEMMELEN, and pro-
jecting into the mesoderm. As in the follicles examined by this author,
the structure is largely epithelial. No trabeculae are developed within
it — in marked contrast to the follicle in embryo No. 239 — but it
contains one or two blood-capillaries, and here and there a few leuco-
cytes. The abrupt apex of the cone is made up of a single layer of
much elongated epithelial cells, among which leucocytes are found;
the broader base exhibits two and then several layers of such epi-
thelial cells. The lumen has become broken up into two portions by
the proliferation of epithelial cells into the cavity. Ordinary covering
epithelium has grown over the base of the structure, as in_the cases
of the other thymus-elements; indeed, it was noted that the process
began at the like period — a phase younger than this — in the
thymus-elements of all the clefts and also in that of the spiracle.
If the nature of the spiracular follicle fell to be determined by
the study of but such cases as the present one, its thymus-character
might well be open to grave doubt. The pictures before VAN BEm-
MELEN probably resembled that given in Fig. 64, and he was not so
fortunate as to obtain one like Fig. 66. The latter, along with a
number of others not drawn, is, however, decisive.
From the comparison of several embryos, including those figured,
the conclusion is warranted, that in the later stages of its history the
spiracular thymus may develop after one or other of two modes. In
some embryos it forms a compact mass, comparable to any of the
other thymus-elements of Raja. In others the original placode grows
and spreads out as a rather large flattened plate of a single layer of
cells. Later on in the latter this plate becomes invaginated, forming
a conical structure with a central lumen, as in embryo No. 255. In
the former cases in the later period of the development there is no
cone, because the invagination is lacking, but instead thereof there
arises a thick knob-like structure, resembling an ordinary thymus-
element of Raja. As elsewhere pointed out at length (Brarp, 1900, I,
p. 362), this difference is of interest, because it corresponds to a like
divergence, witnessed in the development of the ordinary thymus-
elements of Raja and of Scyllium. The details of the comparison will
had the form of an oval elongated vesicle, attached by a delicate stalk,
and composed of a single layer of epithelial cells. In one or two cases
there were a few leucocytes in the epithelium.
442 JOHN BEARD,
not be repeated here, and the reader may be referred for them to
my original communication upon the spiracular thymus of Raja, cited
above.
From the observations here recorded upon the structure, identified
as the thymus-element of the spiracle in Raja, it is seen to agree in
its history with an ordinary thymus-element in the following points:
1) It arises as a placode of the gill-pouch, and with the rupture
of this latter it comes to be “epiblastic” in position.
2) In later phases, corresponding to those in which the like hap-
pens to an ordinary thymus-element, its base acquires a covering
of ordinary epiblast.
3) In some cases, if not in all, connective tissue septa grow
into it.
4) Blood-capillaries penetrate it.
5) Its epithelial cells give origin to leucocytes.
6) At a later period it becomes more or less constricted off from
the branchial epithelium, but, apparently, unlike an ordinary
thymus- element, not completely. In this latter respect it
resembles the thymus-elements of Gasterosteus (MAURER), and
of Petromyzon, which, according to the researches of SCHAFFER
(1894) never become separated from the branchial epithelium.
That is to say, except in the trifling final point, it passes through
all the evolutions of a true thymus-element.
In the final phases of the body here dealt with, it corresponds
in structure and position with VAN BEMMELEN’s ventral follicle of the
spiracle. From his account already cited it appears clear, that Van
BEMMELEN’s researches upon it begin at about the period where mine
cease, or that the latter reach to the point of its highest degree of
development. It is strange, though not inexplicable, that he found no
leucocytes within it. This failure may be due to their possible ab-
sence in it in later phases, or it may have arisen from the poverty
of the material of Raja at his disposal. And, as already stated, though
he does consider in detail the evidences pointing to its thymus-nature,
he finally rejects these in favour of the supposition, that it may re-
present the rudiment of a gill-cleft.
Undoubtedly, the spiracular thymus of Raja is a rudimentary
structure, of more morphological than physiological import.
It is of interest in many ways. Its presence realises the theoretical
number of thymus-elements in the existing gill-region of Raja. And
at present it places Raja in the position of being the vertebrate
—
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 443
animal, in which the greatest number of thymus-elements has been
recorded !). Moreover, it throws, I think, new light upon various
researches as to the number of thymus-elements in certain animals,
beginning with those of DE Meuron (1886) and ending with the recent
ones of F. Lıvını (1902). There is no wish on my part to depreciate
these investigations in the least, but in one important point they lack
completeness. In none of them is it proved, that in connection with
the remaining gill-clefts or pouches at some period or other of the
early development rudimentary thymus-elements do not exist. There-
fore, these researches afford no information as to the maximum number
of thymus-elements, laid down in the particular forms, of which they
treat. What they reveal is in connection with which cleft or clefts
persisting well-developed thymus-elements are found. Apart from
these there may be thymus-placodes, which either never become
anything more than mere epithelial plates, or from which a few leuco-
cytes may be formed at some early period of the development, and
then the structure may disappear. It is quite conceivable, that, for
example, the spiracular placode might never get beyond the condition,
shown in embryos of 28 mm of Raja, in some other fish.
In this way, and thus only, the sudden appearance of an acces-
sory thymus-element in some individual of one of the higher animals
becomes explicable.
X. Thymus-Placodes and sensory Placodes.
As pointed out in preceding pages, ‘and as shown in several of
the figures, thus, in Figs. 42, 45, 61 and 62, the sensory placode in
its growth ventralwards enters at certain periods into close topo-
graphical relationships with the thymus-placode of the same arch. As
will presently appear, this fact was first noted, but wrongly inter-
preted, by FRORIEP (1891). His mistake has reflected rather seriously
upon previous correct results of mine, and for this and certain other
reasons, to be subsequently developed, the present opportunity of dis-
cussing matters concerning the branchial or lateral sense organs is
welcome.
Many years ago (1885) from its typical position, on the level of
the notochord and immediately above the branchial cleft, the original
foundation of a portion of the system of lateral sense organs, what
1) With the exception of the lamprey, where according to Scuarrmr’s
researches there would be seven pairs of thymus-elements.
444 JOHN BEARD,
von KUPFFER has happily termed the sensory placode, was by me named
the “branchial sense organ”. Looking now at text-figure H (page 447),
I must still hold, that just as the thymus-placode is one component
of the complex termed a gill-arch and cleft, so the sensory placode
is another. And, exactly as the thymus-placode was perhaps originally
a structure, whose primary function was the production of leucocytes
for the protection of the two half-gills from bacteria etc., so the
sensory placode had originally some function of a sensory kind in
connection with the said gill-arch and gills.
For a time after 1885 the system of the branchial sense organs
encountered little opposition. But in 1891 FrorIEP (1891, p. 60—65)
from investigations upon Zorpedo-embryos came to different and
erroneous conclusions. His embryos, at least those treated of in the
paper, were mainly of late periods, and possibly they did not form a
continuous series. As a preliminary to the description of his own
observations, he writes: “BEARD, welcher nach ihm [i. e. VAN W1sHE|
die Selachier wieder untersuchte, hat die Kiemenspaltenorgane nicht
bestimmt von den Seitenorganen unterschieden, sondern beide zu-
sammengeworfen.”
He then proceeds to furnish proof of this by the account of his
finds in Torpedo, beginning with an embryo of —12 mm! In his text-
figure 5 it is shown for one of the branchial nerves, that it is con-
nected with epidermal thickenings at two points, one above the level of
the notochord and labelled by Frortep “Seitenorgan” (lateral sense
organ), the other immediately dorsad of the cleft and termed by him
“Kiemenspaltenorgan” (gill-cleft organ).
In Frorızp’s sense the observation is incorrect, as ANTIPA after-
wards pointed out, but there is a fusion of nerve and epithelium in
this region, as ANTIPA also recognised. At certain periods the
branchial ganglion or nerve — speaking in a wide sense — is united
to the epiblast, i. e., to placodes within this, at two points. This
holds for certain of the arches at least, thus, in particular for the
hyoid and first branchial. In passing, it may be noted, and detailed
reference thereto reserved for a later page, that the same “Ver-
handlungen” contains observations of von Kuprrer’s of twofold con-
nections of cranial nerve or ganglion with the skin in Ammocoetes.
Froriep’s dorsal “contact” is in fact concerned in the formation of
lateral sense organs, as was recognised by him. The ventral one he
brings into connection with the thymus, and writes: “der Umstand,
dass bei Selachierembryonen die Thymusbildung von dem Kiemen-
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 445
spaltenorgan ihren Anfang nimmt, ist für die Beurtheilung des letztern
immerhin von Wichtigkeit” (! ?).
The immediate effect of Froriep’s observations and conclusions
was to banish the branchial sense organs to the limbo of things non-
existent. Soon after then AYERS (1892), although he had accepted my
work as correct in the earlier part of his memoir, in the latter
portion on p. 314 wrote as follows: “As FRORIEP has shown the ecto-
dermal thickenings which Brarp described as giving rise to the lateral
line organs have in fact another fate. The genuine lateral line or-
gans escaped Brarp’s observation!) (!), and in consequence BEARD’S
conclusions as to the homology of the vertebrate auditory organ are
incorrect” ?).
Other writers, for so far as I am aware beyond Antipa, and, of
course, DOHRN, no-one else has troubled to look into the actual facts
for himself, have simply taken Frortep’s errors as established facts,
and have used them to good purpose! Thus GoroNowiTscH. This
writer in an attack upon Miss Prarr’s ectodermal origin of cranial
cartilages, when referring to the ectodermal thickening behind the eye,
and identifying it as one of the “Frorıep’schen Anlagen” (cui bono ?),
dogmatically writes: “Die Frortep’schen Anlagen, welche wir von den
nicht existirenden ‘branchial sense organs’ von BEARD scharf unter-
scheiden müssen, sind räthselhafte Gebilde, welche aber, wie es scheint,
eine grosse Rolle bei der Entwicklung wahrer Ganglien spielen müssen“
(1893, p. 255). The logic and the earnestness of this passage are quite
instructive. It contains the following statements of supposed fact:
Bearp’s branchial sense organs are non-existent, the FRORIEP’schen
Anlagen are problematical structures, and they must play an important
part in the development of true ganglia.
It would be interesting to learn whence GORONOWITSCH got his
exact knowledge as to the non-existence of the branchial sense organs.
1) This is, perhaps, intended by Ayers to be an English version
of what he supposes Frorigr to have said. It is anything but a fact.
The structures, dealt with in my work of 1885 upon the sense organs,
do become the lateral sense organs of the adult, and no-one with any
practical knowledge of Elasmobranch development can doubt it.
2) A remarkably illogical statement for one to make, who had ac-
cepted my account in the earlier pages of his work, and who had
actually confirmed and extended the conclusion. If my conclusions as
to the homologies of auditory organ and lateral sense organs were in-
correct, the error would be fully shared in by the like ones of Aves.
446 JOHN BEARD,
Certainly, he himself has even now published no observations esta-
blishing this impossible proof. On the 5. page of my paper on the
branchial sense organs (1885) he will find these words, which would appear
to have escaped his notice: “The branchial sense organs, are those sense
organs, which have usually been called organs of the lateral line, and
were formerly called ‘segmental sense organs’ by me.” And so on, the
rest of the passage is concerned with the reasons why the old termi-
nology was given up, and a new one suggested.
As the above passage shows the term “branchial sense organs”
to be merely another name for “lateral sense organs”, GORONOWITSCH’S
statement is absurd, unless I had mistaken some other organs for
lateral sense organs, which neither FRORIEP nor any other observer
has yet attempted to prove. GoRONOWITSCH’s second and third
statements are difficult to reconcile: if the “FrorIEP’sche Anlagen”
are problematical, it is difficult to see how it should be known, that
they play so important a part in the development of what GORONOWITSCH
terms true ganglia. Objectively regarded, it is patent, that Goro-
NOWITSCH’s prolonged and minute investigations into Teleostean de-
velopment have failed to furnish him with that elementary insight
into the morphological problems of the cranial ganglia and sense or-
gans, which the careful examination of even a bare half dozen Elasmo-
branch embryos of the right ages would have yielded.
So far as AyErs and GORONOWITSCH are concerned, my obser-
vations stand just as they did, when first published, quite apart from
the repeated confirmation and extension they have undergone at the
hands of Prof. Domrn. Against their accuracy these zoologists and
others have merely reiterated assertions to offer without the vestige
of an attempt at proof.
FRORIEP’s apparently contradictory results did not wait long for
refutation. ANTIPA (1892, p. 690—692) showed, that in fact the con-
nection of the cranial nerve or ganglion with the thymus-thickening,
identified wrongly by FRORIEP as equivalent to his “Kiemenspalten-
organ” of mammals, had no existence. Anrıpa’s observation, which
if need be can be confirmed by the writer on numerous preparations
of Raja and Scyllium, disposed of the supposed connection between
cranial ganglion or nerve and thymus, but it did not in reality attempt
to deal with the true ventral connection of sensory placode and
cranial nerve.
What led Frortep astray was failure to note, that connection of nerve
and sensory placode was a different thing from union of nerve and
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 447
thymus-placode. He blamed the writer for confusing together branchial
and lateral sense organs, but he himself failed to distinguish between
sensory placode and thymus-placode. |
Why Frorter should have commenced his description with an
embryo of 12 mm, for Torpedo an advanced period, is not easy to
understand. Had he from this point traced the developmental history
backwards to earlier phases, his conclusions would have been different.
In text-figures A—F of the present writing the sensory placode is
not shown, either because in the particular section outlined it is not
a prominent structure, or because the section contains little or nothing
of it. When the text-figures were originally drawn, the sole object
in view was the thymus-placode, and there existed no intention of writing
anything about the sensory ones.
In text-figure H a schematic
section through a gill-pouch is
given. The hypoblast of the gut,
that of the thymus-placode of
each side, and that of the closing
membrane will be clearly made
out. Below the latter is another
modified hypoblastic placode, not
hitherto referred to anywhere in
the text. Some time back the
history of this placode was partly
followed, and only the cropping-
up of new problems in other
directions prevented the com-
pletion of this quest. It may be
termed the gill-placode (g.p). For
whether it be also concerned in
the formation of the internal gills — a point not yet determined, as
these develop very late — it is certainly the structure, from which
the external gills are derived. In the other text-figures its limits are
not shown; but, like the thymus-placode, the gill-placode on rupture
of the pouch in part wanders outwards and downwards (by extension),
and thus comes to take up somewhat of an “epiblastic” position on the
gill-arch. At a later period the long external gills of Raja are pro-
cesses of it. As already remarked its full history has not been traced.
In the text-figure H another placode is shown above the pouch:
this is the sensory placode s. p, or original branchial sense organ. It is
sata
conte
4 ARTE CE
~
448 JOHN BEARD,
from the growth and extension of this, as described by DoHrN and
myself, that a portion of the system of branchial or lateral sense
organs is derived. As the researches of the last seventeen years have
shown, this placode, which is at first quite small, grows and increases
in one or more directions, and the neuro-epithelium of the placode
gives rise to nerve-fibres, ganglion-cells, and sense organs.
For many years — 15 at least — the writer has felt convinced,
that, in addition to growth to form the ordinary sense organs of the
so-called suprabranchial series with their associated sensory nerves,
the placode also grows downwards along the gill-arch, to which it be-
longs, and, therefore, posterior to its cleft.
It is this downward growth and extension, which cause it to abut
upon the thymus-placode, as shown in Figs. 42, 45, 61, and 62. No
evidences have been found, that it ever pushes its way through the
latter; rather they tend to demonstrate, that the sensory placode
works past the thymus one along its posterior margin, in order to get
on to the arch.
In Raja these facts are most easily made out in connection with
the placodes of the hyoid and glossopharyngeal arches. Except in
the case of the former arch, this downward extension is in ordinary
fishes not concerned in the formation of a series of sense organs,
but with the production of a sensory portion of the postbranchial
nerve.
At some early period or other — when has not been determined,
but its establishment would be a matter of ease — the elongated
placode breaks up into two portions, in FRORIEP’s terminology a
dorsal and a ventral one, in von Kuprrer’s a lateral and a epi-
branchial. Each of these, of course, retains its original connection with
the ganglion, and each may proliferate cells into this ganglion. The
result is to furnish pictures like Frortep’s text-figure 5, or like some
of von Kuprrer’s figures in the same “Verhandlungen”, or in his
later work (1895). |
To sum up briefly, after the original union of the neural or chief
portions of certain of the cranial ganglia of Elasmobranchs with the
sensory placode on the level of the notochord‘), by extension of the
1) Somewhere von Kurrrer disputes this as happening at this
level; but probably the reason he failed to find it in the lamprey was,
that his researches did not go back to an early enough period of the
development. In Elasmobranchs the sensory placode is at first strietly
on the level of the notochord.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 449
placode and its rupture into two portions, instead of the original
“contact” there are two in connection with certain cranial ganglia,
one above the cleft and more or less on the level of the notochord,
the other at the posterior margin of the cleft, and later more ven-
trally still. For a time from both ganglionic elements may be pro-
liferated.
While, therefore, as ANTIPA showed, FRORIEP’s ventral “contact”
with the thymus-placode is merely a topographical relationship during
a portion of the development, and never a union of the two, there
are two unions with the sensory epithelium. Further consequences
may be drawn. FRORIEP, probably rightly, identifies the ventral union
— and the real ventral union he failed to see — with that originally
described by him in mammalian embryos, and (p. 63) he states the
dorsal one to be absent in mammals.
This absence in mammals is explained by the history of the dorsal
“contact” or placode in fishes. As is now well known, it furnishes a
portion of the lateral sense organs and one or more dorsal or supra-
branchial nerves. These sense organs and their nerves are not re-
presented in mammals (Ewart), and thus, apparently, not laid down in the
embryo. The ventral contact or placode must be present in mammals,
because of the persistence of that sensory portion of the postbranchial
nerve derived from it. Even in Torpedo or Raja, except in one arch,
the hyoid, this sensory part of the postbranchial nerve does not now
innervate sense organs. Perhaps originally it did, hence the mode of
development. In one arch it still does so, in the hyoid arch, and in
the skate there arises in this way the thickest of all its nerves, the
hyomandibular, which innervates what is really a ventral series of
sense organs, the hyoid group of ampullae!).
From the existence of this double fusion with sensory placodes
and from that of a ventral series of sense organs on one arch a
further conclusion may be drawn. In a valuable piece of research
Miss R. Arcock (1898) has furnished details as to the arrangement and
innervation of the sense organs of the head of Ammocoetes. In this
she has shown, that here they are very simply arranged in a dorsal
and ventral series, innervated by dorsal (suprabranchial) and ventral
branches of the cranial nerves, VII, IX, X1—X°®. From the standpoint
of the comparative anatomist her conclusions have been criticised by
1) For purposes of argument the mandibular offshoot of this may
be ignored.
Zool. Jahrb, XVII. Abth. f. Morph. 29
_
450 JOHN BEARD,
my friend, F. J. Cote (1898). While in some and very minor points
agreeing with CoLe, I believe him in the main ones to be simply
begging the question!). The dorsal series of sense organs in the
ammocoete broadly corresponds — and CoLE does not appear willing
to admit this, to do so would destroy his whole case — to the “lateral”
sense organs of the head of ordinary fishes, minus the hyoid group.
To them and to the ventral sense organs COLE would deny the right
to classification as lateral sense organs, holding, that possibly they
correspond to the terminal buds of other fishes.
So far as I am aware, there is no cogent reason why the lamprey,
a very aberrant and low vertebrate, should be compelled to conform
to the conditions seen in other fishes, such as skate and cod. In
other respects in its organisation it egregiously fails to do this. But
the crux of the matter is doubtless contained in the answers to the
following questions, which may now be put.
1) If some of the dorsal series be lateral sense organs, in what
points of minute anatomy do the ventral sense organs differ from them?
2) If the ventral series be not true lateral sense organs, where in
the lamprey do the hyomandibular nerve and its sense organs, as they
exist in other fishes, come in?
3) In what way are the facts of the development, described by
VON KUPFFER, to be explained ?
In minute structure dorsal and ventral series apparently agree, and
the mode of development in the hyoid segment of both series is the same
in the lamprey as it is in the skate”). It follows, I think, with a
fair degree of certainty, that the system of the lateral sense organs in
1) E. P. Aruıs, an observer with a very extensive and minute
practical acquaintance with the lateral sense organs and cranial nerves
of fishes, describes Miss Arcock’s work as “a valuable contribution to
our knowledge of the lateral sensory system, differing radically in this
with Core” (in: Anat. Anz, V. 15, 1898—99, p. 376).
2) In his “Reflections on the cranial nerves and sense organs of
fishes” (in: Trans. Liverpool biol. Soc., V. 12, 1898) Cone writes:
“Further, there is more than a suspicion that embryologists have hitherto
been following a Will-’o-the Wisp, and that the sense organs they
have been tracing do not become the lateral sense organs of the adult”
(p. 239—240). Is this another variety of the Aykrs-GoRONOWITSCH
myth? From an embryological acquaintance with these structures and
with Elasmobranch embryos of all periods of development extending
over nearly 20 years, I can assure Conn, that there is not a particle
of fact in his suggestion. I quote his words here, because they clearly
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 451
the lamprey is in a far lower degree of development, and, possibly, in
a more primitive condition, than in any of the other fishes.
Moreover, from the facts laid down above new light is thrown
upon VON KuPFFER’S masterly researches (1891 and 1895) into the de-
velopment of the cranial nerves etc. of the lamprey. Hitherto it has
not been possible to bring these into agreement with the known facts
of other cases. What has for years kept the writer back from a com-
parative investigation of these matters in the lamprey and skate, (for
of the former his collected material goes up to young ammocoetes of
14 mm), has been the difficulty of understanding von Kuprrer’s spinal
nerves of the head and his mesoblastic somites. No light would come,
and not until the recent great set of Dourn’s “Studien” (1901) ap-
peared, was it clear, that in this respect also the lamprey represented
a more primitive condition than some Elasmobranchs !).
The lamprey is a difficult material, and it is perhaps too much
to expect the learned Munich anatomist to furnish a clear account of
all that happens in embryos earlier than those of 4 mm. Had he
been able to elucidate the facts here, I believe it would have been
seen, that the later double fusion of the chief portion of a cranial
ganglion with two placodes of epiblast, epibranchial and lateral respec-
tively, was preceded by a single one on the level of the notochord.
For, in fact, from von Kuprrer’s and Miss ALcock’s researches, the
lamprey would appear to have retained, not only the set of sense
organs, derived from the dorsal portion of the placode, but also for
all the arches the series, formed from the ventral part of the placode.
In the skate and some other Elasmobranchs this ventral series is only
represented in the development by a ventral neuro-epithelial placode,
except in one arch, the hyoid, where the ventral series is retained as
the hyoid complex of sense organs.
show, that in his view the Elasmobranch sense organs are no better
off than those of the lamprey, and that both are embryologically —
unknown! Comment is quite superfluous.
1) Without wishing to anticipate the ending of the forthcoming
controversy between Dourn and Frorter, it may be permitted me to
express the view, that the results and conclusions of the former re-
present an immense advance over those, enunciated by the latter in
three recent publications (1901 and 1902). The works of von Kuprrer
and Dourn bid fair to revolutionize our conceptions of the nature of
the vertebrate head.
297
452 JOHN BEARD,
XI. HASSALL’s Coneentrie Corpuseles of the Thymus
of the Cavy.
The concentric corpuscles, so characteristic of the mammalian
thymus of certain periods, do not occur — apparently at any time —
in the skate. Or, to put the same thing in another way, neither in
embryos, nor in young, nor in adult skate has a single concentric cor-
puscle ever been seen by me in the thymus. MAURER (1885, p. 170) is
the only author +), who has recorded them as existing in fishes (Teleosts).
As already elsewhere stated, the single figure given — of three con-
centrically arranged cells, which may be leucocytes — does not con-
vince one, that the author really had a concentric corpuscle before
him. Certainly, if the structure were actually such a corpuscle, in this
instance they bear little resemblance to the bodies so-called in the
mammalian thymus.
For the sake of completeness, and not because they are essential
constituents of the thymus, their absence in the skate, indeed, negativ-
ing this, it was resolved to work out their origin somewhere or other
in the mammals. Several forms were tried. Of these in the rabbit
there are no traces of concentric corpuscles as late as the birth-period,
when apparently the whole thymus is made up of leucocytes! They
are also absent in pig-embryos later than the oldest figured by KEIBEL.
Kittens and well-preserved human embryos were not at my disposal.
But an excellent object was found in the cavy.
In new-born cavies, and even, as will be seen, at earlier periods,
the concentric corpuscles are so large, that in sections stained with
eosin they can be seen with the unaided eye. Not only are they here
very large, far larger than in any mammal, in which they have yet
been described, but in appearance they are very remarkable, and quite
unlike any of those things, to which the term concentric corpuscle has
yet been applied. If they recall anything, it is the cell-nests of epi-
thelioma. In most courses of histology it is, I believe, the custom to
demonstrate the concentric corpuscles on preparations from young
children or kittens. As a remarkable contrast to such preparations,
sections of the thymus of a young cavy, say of a week or ten days
previous to the birth-period, or failing such of new born cavies them-
selves, may be recommended as worthy of attention.
On finding such an excellent object in the cavy for the study of
the development of the concentric corpuscles, it was for the writer a
1) Compare note page 457.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 453
fortunate circumstance, that he was able to investigate them at once
in a series of foetuses in the possession of his friend and former
pupil, Dr. J. A. Murray. These extend from about 22 days to the
end of the gestation, 66 days, and they had been obtained by Murray
for other purposes. For his kindness in placing them at my service
my best thanks are due, and may be here expressed.
In late foetuses and new-born cavies the thymus does not occupy
the position taken up by it in front of the pericardium in man and
rabbit, etc. Neither are the portions of the two sides fused together,
as described, for instance, by KEIBEL in the pig. In certain marsupials
SYMINGTON (1898) has recorded the fact, that there the thymus lies
partly in the neck and partly in the thorax.
On dissecting new-born cavies for the thymus Dr. Murray and
the writer were at first at a loss as to its whereabouts. We saw
what for a moment we took to be salivary glands of large size on
each side of the neck!). On examining these it was found, that in
spite of their large size and unusual position, on each side of the
neck some distanee behind the angle of the jaw, we had in them the
two “thymus-glands” of the cavy.
The forms studied have been specimens of 22, 31, 42, 55, and
66 (new-born) days cavies. In the 22 days embryo of the critical
period there were no traces of concentric corpuscles. In the 31 days
foetus, and, of course, in all the later ones, concentric corpuscles
were well represented. The period of their first appearance in the
cavy, therefore, is somewhere between the 22. and 31. days. It had
been intended to have obtained foetuses of this period, in order to
establish the exact epoch, but two considerations put an end to this
idea. As the cavy-preparations studied amply proved, the concentric
corpuscles are degenerate structures, of no morphological importance,
and they only appear in the cavy long after most of the original
epithelial cells have been converted into leucocytes. Soon after this
had been established, the facts, concerning the degeneration of certain
germ-cells, as elsewhere recorded, were made out, and in the light of
these there seemed no great unlikelihood of the degeneration of leuco-
cytes, owing to pluripolar mitoses, by the formation of cell-nests or
concentric corpuscles.
1) It was only afterwards noted, that Warney in his memoir,
cited on a later page, had recorded this position of the thymus in the
cavy. He neither figured nor described the concentric corpuscles in
this animal.
454 JOHN BEARD,
And, finally in the 31 days foetus, while it showed concentric
corpuscles in one lobe of the thymus (Figs. 58 and 59), the rest of
the organ contained none.
It was, therefore, resolved to carry no further a useless quest,
which, notwithstanding the assertions of StIEpA (81) as to the con-
centric corpuscles, could lead to no useful results, and would be but
waste of time. After all the labour on the thymus of the skate, on
the concentric corpuscles of the cavy, after all the results of the re-
searches of KÖLLIKER, PRENANT, SCHULTZE, MAURER, the writer, and
others, further attempts to refute a statement, which, as will be shown
anon, never had a better basis than an hypothetical one, seem uncalled
for. What may be demanded, however, is the production by STIEDA
of some evidence beyond mere assertion of the accuracy of his con-
clusion of 1881. If there be anything in his hypotheses — and no-
thing is more certain than their baseless character — with the in-
formation as to the cavy contained in the present writing, it ought
not to be difficult for STIEDA, or for one who maintains his thesis, to
produce a tardy, but necessary, proof of the same.
As the 22 days embryo throws no light whatever upon the con-
centric corpuscles, it need no further concern us. Sections of the thymus
of each of the remaining foetuses were stained in two ways, with
picrocarmine, and with haematoxylin and eosin. The latter was the
more useful, for eosin stains the concentric corpuscles of either a
brilliant red, or partly red, partly purple. In the 31 days foetus, as
already stated, there were not concentric corpuscles in all the lobes.
In some of them no traces whatever of epithelial cells could be
made out. In others there are epithelial cells near the centre of the
lobe, forming a branching network. In what appears to be the main
lobe there are concentric corpuscles of small diameter, i. e., one only
in section, and of about 0.06 mm. Here, and in later cases also, though
it may become branched, and thus lose its primitive simplicity, the
concentric corpuscle has the form of a column of cells, arranged in
concentric fashion. In certain of them there is an obvious concentric
arrangement of epithelial cells, many or all of which are in degener-
ation, and exhibit chromatolysis. This latter is very clear in the picro-
carmine preparations. In this foetus of 31 days they do not stain of
so deep a red as in the later ones, and there is no marked epithelial
branching from the corpuscles. As to the rest of the thymus, it is
made up of leucocytes, and blood-vessels penetrate it everywhere. Here
and there, as in Fig. 58, there is a leucocyte in the concentric corpuscle.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 455
Cavy No. 1 (42 days). The picrocarmine preparations are only
of interest as throwing more light upon the chromatolytic phenomena.
In the haematoxylin-preparations in section the concentric corpuscles
are seen to measure 0.04—0.06 in diameter. There is no great change
from the conditions witnessed in the preceding specimen, but the
cells of the concentric corpuscles are more chromatolytic. The epi-
thelial strands are not obvious in all the lobes, but they appear to
be extending.
Cavy No. 3 (55 days). Again, the picrocarmine preparations only
bring into prominence the chromatolytic phenomena. The concentric
corpuscles now stain a bright red with eosin, and they are quite
visible to the naked eye. Their distribution is more extensive, and
they are met with, apparently, in every lobe. Attached to them in
network-fashion are long epithelial branches. The columns of con-
centric corpuscles are no longer simple, but multiple, three or four of
the branches being often together in one section. They now present
a very obvious concentric arrangement of cornified and degenerate
epithelial cells. Often there are heaps of leucocytes in degeneration
included in the concentric capsule. In other sections there are none
of these. The component cells of the corpuscle are absolutely degener-
ated, and exhibit very marked chromatolysis. In many sections the
interior of the corpuscle is stained a bright red, the rest is purple,
and the cortical portion especially shows a laminated arrangement of
the remains of epithelial cells. Often there is vacuolation present.
In these also degenerated leucocytes and debris of such are in evi-
dence. Chromatolysis is now seen in the epithelial strands above
referred to. In section the corpuscles measure 0.12—0.14 mm.
New-born cavy. There is no great increase in size in the earlier
formed corpuscles, but numerous smaller ones are noted. The corni-
fication and vacuolation are marked. The large ones contain degenerate
leucocytes and the debris of such. Chromatolysis is less marked, be-
cause this is practically over. Epithelial strands are still present in
various places.
Examination of the concentric corpuscles of cavies of similar ages
to the last two dealt with will reveal the great differences between
these bodies here and in such an animal as the cat, for instance. Of
them, as seen in the older specimens, I have given no figures, for
they are so complex and so brilliantly coloured, that only an artist
could do justice to them.
The foregoing observations upon the concentric corpuscles of the
456 JOHN BEARD,
cavy do not, unfortunately, clear up the mode of origin of these
structures. They fulfil the following purposes, to wit, they establish
for the cavy a period of the development, during which such con-
centric corpuscles are in formation; and, if such a demonstration
were needed, they prove these corpuscles to be products of de-
generation.
The question, whether they arise from remains of the original
epithelium, or from leucocytes, or from epithelial cells in process of
conversion into leucocytes, cannot be finally solved without new re-
search. At the moment the writer has neither the desire, nor the
time, to undertake this. The long columnar form of the concentric
corpuscles in the cavy is suggestive of their origin from the remains
of the original epithelial tube. On the other hand, the difficulty of
establishing the existence of remains of this tube in late periods, prior
to the appearance of concentric corpuscles, does not point in this
direction. In the rabbit near birth, and in the sheep of 35 mm,
according to STiepA’s observations subsequently cited, and in some
of the lobes of the 31 days cavy, the whole thymus is lymphoid, and
little or no remains of epithelial cells can be made out.
Two important features of the concentric corpuscles should be
especially noted: they are degenerative structures without doubt —
the chromatolysis in many of the component cells sufficiently evidenc-
ing this — and from their structure they are obviously products of
pluripolar mitosis.
In the first part of my work on the “Germ-Cells”, now in the
press!), it has been shown, that germ-cells often degenerate with
pluripolar mitosis and the formation of cell-nests, comparable to con-
centric capsules. If degeneration of germ-cells be accompanied by
phenomena of this kind, there would, apparently, be no reason why
such should not possibly hold for leucocytes also. As in the germ-
cells, it is probable, that with the start of the formation of a con-
centric corpuscle pluripolar mitosis is connected. Whether the happen-
ing of this in an epithelial cell, or in one in process of conversion
into a leucocyte, or in a leucocyte itself, be the beginning of the pro-
cess seems to me immaterial. So much is now certain: from the
majority or all of the original epithelial cells leucocytes arise, and
the concentric corpuscles of HASSALL, where found, are mere products
of degeneration. They can have no morphological import, and it is
open to grave doubt whether they even possess any physiological value.
1) in: Zool. Jahrb. V. 16, Anat., p. 615—702, 1902.
ae,
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 457
In his extensive researches upon the thymus, which unfortunately
are far more concerned with its minute structure than with its devel-
opment, WATNEY!) writes: “In considering the function of the con-
centric corpuscles and their behaviour during involution, one point
must be apparent to all, i. e., that many of them disappear”. He adds,
that there are few of them in the thymus of old animals, and that as
a rule these are small.
Their disappearance is not nal when their extreme de-
generation in even a new-born cavy is considered.
As from the start they exhibit degenerative phenomena, and as
in such animals as the skate the thymus manages to get along and |
function without them, their embryological importance is not, or at
any rate ought not to be, great. In the past too much value has
been attached to the existence of HassaLL's corpuscles, with the
result that far weightier things have been neglected or misunderstood.
Indeed, it may be doubted whether mankind would be much the
wiser, were a full and true history of the developmental origin of
HASSALL’s corpuscles extant.
From the apparent absence of concentric corpuscles in fishes,
and from the description and figures of the epithelial bodies (Epithel-
körperchen of MAURER and KOHN) of Lacerta, as given by MAURER,
the origin of the concentric corpuscles from these as products of de-
generation does not appear unlikely. It had been hoped, that the
observations upon the cavy would have either confirmed or disproved
this. As the research into the cavy has not been completed, the
suggestion may be commended to the attention of future observers”).
XII. Historical.
For a general survey of the results recorded in preceding pages
the reader may be referred to two recent publications?). To sum-
1) Hersert Watney, The minute anatomy of the Thymus, in:
Phil. Trans. Roy. Soc. London, V. 173, p. 1063—1123, tab. 83-95,
1882; I. c. p. 1090.
2) While the present writing was passing through the press, Nus-
BAUM & Macnowskr and Prymax published further researches upon
the thymus and concentric corpuscles of Teleostei and Amphibians (vide
list of literature). I regret to have no space for an account of their
observations. Nor would it be desirable to consider their statements
as to the concentric corpuscles of Salamandra until the appearance of
the complete work. Prymak confirms Maurers finds of concentric
corpuscles in Teleostei.
3) BEARD, J., A thymus-element of the spiracle in Raja, in: Anat.
458 JOHN BEARD,
marise the observations here would merely be to repeat once more
the substance of these two papers.
In a certain sense there is little previous history to be dealt with
here. For the present writing is more an embryological account of
the first leucocytes of the vertebrate body than a memoir upon the
development of the thymus. That it has also turned out to be the
latter is due to the circumstance, that the thymus happens to be that
source. In this way it has come about, that by a flank attack the
solution of the problem of the function of the thymus was also found.
Previous attempts at this obtained at the best only partial success,
because of their frontal nature‘). The mistake hitherto, made by embryo-
logical observers with reference to the thymus, has been, that the
organ and its origin have been exclusively studied, instead of the
history of its products, the leucocytes.
In the literature of embryology there is nothing concerning the
origin of the first leucocytes of the body. On the other hand, there
exists a not inconsiderable amount of literature treating of the de-
velopment and histogenesis of the thymus. The true history of the
histogenesis of the thymus — and there is no sadder one in the
archives of modern embryology — goes back to KOLLIKER’s obser-
vations, published in 1879. The history of research into the thymus,
or rather speculation as to its nature, does not then commence, for
long ago Hewson thought it to be a source of red blood-corpuscles,
and GOODSIR suggested, that with certain other organs it formed the
remains of the “blastema”, from which the embryo arose. And so on.
There would be no profit in reciting these ideas and speculations.
KÖLLIKER (1879) stated, that the thymus of the rabbit arose from (the
wall of) a gill-cleft, and that its original epithelial cells became con-
verted into leucocytes.
While confirming the origin, ascribed to it by KÖLLIKER, and
this was soon afterwards still more firmly established by Gustav
Born (1883), StrepA (1881) in other points made statements directly
contradictory to the latter of KOLLIKER’s finds. With the long inter-
val between 1881 and 1902 it might not have been necessary to have
regarded STIEDA’S work as other than a chapter of the ancient history
of the thymus, had Sriepa not quite recently used what he now
Anz., V. 18, p. 359—363, 1900, and The source of leucocytes and the
true function of the Thymus, ibid. V. 18, p. 550—573, 1900.
1) This comparison of frontal and flank attacks in research, with
their consequences, is originally due to Ranvinr.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 459
would appear to believe he established in fact in 1881 against the
divergent views of another writer.
In this latter writing Sriepa (1898) makes such remarkable
statements as to the actual results established in his former memoir,
that it may be of advantage to inquire as to what he wrote in 1881.
Like some of the classic memoirs of embryology Sriepa’s work of
1881 is often cited, but, apparently, seldom read. The writers of text-
books, who quote his “results”, can never have read them, for had
they done so, it would have been seen, that the text-book accounts
were not in agreement with the original one.
On the first page of the work the chief results are given in four
paragraphs, numbered 1— 4.
“1) Die Gl. thymus entwickelt sich, wie KÖLLIKER richtig ver-
muthet hat!), aus dem Epithel einer Kiemen- oder Schlund-
spalte; sie ist demnach ein paarig angelegtes epitheli-
ales Organ.”
2) Relates to the thyroid.
3) Relates to the Gl. carotica.
“4) Weiter behaupte ich dann, dass die Reste der ursprünglichen
epithelialen Anlage der Gl. thymus in jenen bekannten ge-
schichteten HassAaur’schen Körperchen der Thymus zu suchen
sind; ich bestreite somit die Angabe AFANASJEW’s, wonach die
HassaLL’schen Körperchen nichts als obliterirte Blutgefässe sind.”
These are all the results as given by STIEDA, and while it is
asserted (behauptet), that the concentric corpuscles are products of
the remains of the original epithelial cells, nothing is stated as to
the fate of those epithelial cells, which do not go to form concentric
corpuscles. Moreover, in these results there is nothing as to the
origin of the lymphoid elements of the thymus.
Following an account of the literature, his observations are given,
beginning with those on pig-embryos. The smallest such embryo dealt
with was 8 mm, the next 18 mm, and from this point the observations
are carried in the pig up to young pigs of 36 mm. What is esta-
blished in the pig is, that at first there is an epithelial thymus con-
nected with a gill-cleft. In the more abundant material of the sheep
1) In Köruıker’s original account the only “Vermuthung” mentioned
is, that prior to commencing his observations certain considerations led
him to suspect the thymus to be an epithelial organ. As the result
of his investigations the origin from an “umgewandelte Kiemenspalte”
is given as a proved fact.
460 JOHN BEARD,
the like fact is also noted. In an embryo of 22 mm the canal of
the tube is hardly any longer to be seen, and the whole organ is
surrounded by a connective tissue capsule. In older embryos of 35 mm
there is a considerable development of connective tissue around the
thymus, and blood-vessels appear. On p. 24 he describes between the
sheath [Hülle] and the epithelial thymus aggregations of adenoid cells.
“Aber ein anderes Element ist hinzugekommen um die Thymus weiter
zu bilden, adenoides Gewebe [? whence] mit Blutgefässen.” “Ueber
dieses Stadium hinaus”, he goes on to say, “habe ich — auffallender
Weise — die epithelialen Elemente der embryonalen Thymus mit
Sicherheit nicht verfolgen können” [!!!]. Finally, it is added, that in
embryos of 50—60 mm the section of the thymus presents a structure
similar to that in new-born sheep.
On p. 24 two questions are asked: “Wo sind die Epithelzellen
hingekommen ? Woher stammen die kleinzelligen Massen im Innern
der Thymus”? To the second question, after rejecting the origin of
the small-celled masses from the epithelium, StIepA replies with
another query “wie soll das adenoide Gewebe aus der epithelialen An-
lage hervorgehen ? Wenn die Zellenmassen der Thymus eines Embryos
von 50 mm nicht epithelialen Ursprungs sind, [and the proof of this?]
warum sieht man nichts mehr von den früher so überaus scharf und
distinct hervorgetretenen Epithelzellen”? Why, indeed! The second
question — and it is to be hoped to the satisfaction of the reader
— is answered by putting two additional queries. After this the
second question is deserted in favour of the consideration of the first.
In explanation of the disappearance of the epithelial cells the
observation, that in embryos of 100 mm “grosse, rundliche, kernhaltige
Zellen” are found, is cited, and these are figured in tab. 1, fig. 17.
Probably, large cells, markedly different from the ordinary leucocytes
of the thymus, have been seen by every investigator of the thymus
since 1881, but nobody has as yet observed the transformation of
such into concentric corpuscles. The fact, recorded by STIEDA, is
the occurrence of large cells, described as above, in the thymus of a
foetus of 10 cm. Regarding this observation, he writes (p. 25): “Meine
sich auf die hier an Schafembryonen mitgetheilten speciellen Unter-
suchungen griindende Vermuthung (!) ist nun die, dass jene Zellen
modificirte Abkömmlinge der epithelialen Embryonalanlage der Thymus
sind. Der Beweis des genetischen Zusammenhangs zwischen den Epithe-
lialzellen der embryonalen Thymus (Embryo von 35 mm) und den grossen
vereinzelten Zellen eines Embryos von 50—60 mm fehlt mir noch.”
En VORN N
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 461
On p. 30 in discussing KÖLLIKER’S finds and conclusions, STIEDA
writes: “Doch will ich desshalb noch nicht auf eine directe Abstammung
der kleinen Zellen der ausgebildeten Thymus von den Epithelzellen
der embryonalen Anlage schliessen, sondern spreche hier eine
Vermuthung aus, deren Priifung ich andern Forschern
anempfehlet). Ich behaupte nämlich: Die sogenannten HAs-
SALL’schen oder die concentrischen Körperchen der
Thymus sind die letzten Reste der ursprünglichen Epi-
thelanlage der embryonalen Thymus.” This, then, is all the
evidence — save the mark! — upon which the view, held for the last
20 years as to the developmental origin of the concentric corpuscles,
was based. From this hypothesis another conclusion is then drawn.
“Demnach würden dann die lymphoiden Zellen der Thymus, wie andere
lymphoide Zellen in andern Organen, der umgebenden Bindesubstanz
entstammen. — Beweisen kann ich diese Behauptung nicht, sie bleibt
daher vorläufig noch eine Hypothese, zu deren Unterstützung ich noch
einige Worte hinzufügen will.”
And neither hypothesis has altered its character in the least in
the intervening 20 years! STIEDA would seem to have imagined, that,
because by hypothesis he was enabled to bring HAssaLzL’s bodies
into connection with the “Epithelanlage”, this had been disposed of
as a source of lymphoid cells, and that he was justified in deriving
— by hypothesis — these latter from the cells of the surrounding
mesoderm. Even though the origin of HASSALL’S corpuscles from the
remainder of the epithelial foundation had been established by ob-
servation, and this was not the case, it would not follow, that the
leucocytes had come in from the mesoderm, or that the epithelial
foundation had no share in their formation.
In a postscript on p. 35 His’ “confirmation” of Srrmpa’s hypo-
thesis is referred to, and for this reason the actual passages must
be cited.
In 1885 in the “Anatomie menschlicher Embryonen” (p. 103) His
writes: “Die Thymusdrüse enthält nun aber, neben dem adenoiden
Gewebe, in den concentrischen Körpern Bestandtheile von entschiedenem
epithelialen Charakter. Dieser Umstand, in Verbindung mit dem aci-
nösen Aufbau der Thymusdrüse, hatte mich schon seit längerer Zeit
zur Vermuthung gebracht, dass wohl die Thymus als epitheliales Organ
sich anlegen möge, und dass späterhin die Anlage von adenoidem Ge-
1) The spacing is mine.
462 JOHN BEARD,
webe umwachsen und verdrängt werde, wobei ihre Reste als con-
centrische Körper persistiren. Seitdem KÖLLIKER bei 2wôchentlichen
Kaninchenembryonen die Thymusanlage als ein in der That epitheliales
Hohlgebilde nachgewiesen hat, hat meine Annahme von der Bedeutung
der concentrischen Körper, wie mir scheint, sehr an Gewicht gewonnen,
auch hat sich, seitdem ich dieselbe im ersten Heft ausgesprochen habe,
STIEDA dafür erklärt.”
He then compares the later thymus to what the mineralogists
term a pseudomorph, that is, that it is a substitution-product of the
one first laid down. It is suggested, that the thymus must be, like
the epidermis, a product of the epiblast — a view since rejected by
Hıs himself. The rest of the description relates to the question as
to which gill-pouches in man give rise to thymus-elements, viz., the
fourth, third, and, partly, the second.
The reference to a previous portion of his work is to Heft 1,
p. 56, 1880, where in a foot-note we read: “KÖLLIker’s Angaben
über eine epitheliale Anlage der Thymus stimmen überein mit einer
Vermuthung, die ich seit längerer Zeit gehegt habe. . . .. Ich halte
für selbstverständlich, dass das adenoide Gewebe nicht aus der Epithel-
anlage, sondern aus deren Umgebung entsteht; als Reste von jener
sind die concentrischen Körper anzusehen.”
In neither of the forgoing works is the origin of the lymphoid
elements, or of the concentric corpuscles, established by observation.
Neither SriepA nor His attempts to prove, that the former have arisen
from the mesoderm, the latter from the original epithelial cells, which
according to STIEDA’s own account have disappeared
long before any HAssALL’s corpuscles appear on the
scene. This observation of Srrepa’s is, indeed, absolutely correct.
In other mammals besides the sheep, thus in the rabbit, the entire
thymus is apparently lymphoid, long before any HassaLL’s bodies are
seen in it. In a new-born rabbit, for instance, the thymus is in
section very like that of a skate of 7 cm. It is filled with leucocytes,
epithelial cells seem to be absent, and there are no concentric cor-
puscles.
Srrepa’s hypothetical views as to the history of the histogenesis
of the thymus have been received by the majority of embryologists
as though a basis of fact underlay them. Even to-day in most of
the leading text-books these views will be found gravely stated as the
results of exact research, and in the latest edition of GEGENBAUR’S
“Vergleichende Anatomie” the “fact”, that the original epithelial cells
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 463
are destroyed by an invasion of leucocytes is emphasized'). Even
MaAurer’s desertion of his former standpoint, and his adhesion to
KOLLIKER’s views in 1899, did not suffice to convince GEGENBAUR of
the correctness of the latter.
Before leaving StrepA’s work, a reference must be made to his
review?) of a lecture of KASCHTSCHENKO’S. His criticism is as follows:
“Was die Umwandlung des Epithelgewebes der Thymus in das reti-
culäre Gerüst des eigentlichen Thymusgewebes betrifft, die von vielen
Autoren — auch vom Referenten — mit aller Bestimmtheit geleugnet
wird, so ist das keineswegs auf Grund von theoretischen Erwägungen
geschehen, wie Herr KASCHTSCHENKO meint, sondern eben auf Grund
eingehender Beobachtungen und Untersuchungen.”
In how far this description of his own earlier work and results
tallies with the account of them given above may be left to the
reader’s decision.
Born’s work (1883) hardly interests us here, for it is concerned
mainly with the question as to which pouch or pouches in mammals
are the seat of formation of thymus-elements. Dourn (1884) was the
first to show, that the thymus of fishes arose from the epithelium of
several pouches, and in Raja from all five branchial pouches. He
accepted STIEDA’S views of the mesoblastic origin of leucocytes without,
so far as can be gathered from his description, which is more morpho-
logical than histogenetic, contributing any facts on this point. Donrn’s
observations, as elsewhere already insisted, reveal nothing concerning
the histogenesis of the thymus, for they begin at too late a period,
in embryos corresponding to those of R. batis of about 28 mm.
Moreover, as the writer is aware from observations upon those animals,
Seyllium and Pristiurus form nothing like so favourable a material
as Raja.
To the years 1885 to 1888 belong MAURER’S earlier works upon
the development and histogenesis of the thymus of fishes and am-
phibians. These appeared to him to confirm Srrepa’s views. It is
not proposed to cite them here, for the author has seen fit to relinquish
his earlier standpoint in favour of that adopted by KÖLLIKER. In
fact, MAURER’S more recent researches upon the thymus of Lacerta
and Echidna lead him to conclusions identical with those of the latter.
1) GEGENBAUR, C., Vergleichende Anatomie, V. 2, p. 249.
2) SriepA, L., Bericht über die anatomische, histologische und
embryologische Literatur Russlands (1896— 97), in: Ergebn. Anat. Entw.,
V. 6, p. 530—693, 1898, 1. c. p. 659.
464 JOHN BEARD,
In 1891 appeared two publications by GULLAND. In some respects
his work marks a considerable advance, and in two directions. As
previously indicated, GuLLAND advanced and defended the thesis of
the unity of the leucocytes, and in so doing he raised them to the
rank of a distinct morphological category of cells. In this way he
paved the way for the recognition and later discovery, that there is
one organ, and one only, whose function is the production of leuco-
cytes. In his researches upon the development of the thymus, chiefly
of the rabbit, he, like KÖLLIKER, found, that there is a period of the
development, during which the blood contained only coloured corpuscles,
and he stated, that the first leucocytes appeared in the connective
tissue around the thymus (p. 173). From this point his researches
must be described as erroneous, for like certain earlier observers he
believed, that these first leucocytes, derived by what GULLAND terms
a condensation of connective tissue, then invaded the thymus. His
fig. 10, showing what he holds to be this invasion, resembles some-
what certain of the figures of the present work, where nests of leuco-
cytes are depicted within the epithelium. He derives the concentric
corpuscles from the original epithelial cells, but no attempt is made
{o prove this. Nor would GULLAND appear to have noted, that in
the latest periods of uterine gestation the thymus of the rabbit is to
all appearance made up almost entirely of leucocytes, and that even
then no concentric corpuscles are present.
From the point of view of the present writing the great fact due
to GULLAND’s work is the recognition, that the first leucocytes appear
in the immediate neighbourhood of the thymus.
GULLAND’s researches form the termination of the series, in which
the conversion of the thymus into a lymphoid organ was believed to
be brought to pass by an invasion of leucocytes into it. Without a
single exception the investigations since 1892 have led to the result,
that the original epithelial cells become converted into leucocytes.
PRENANT’S memoir, which appeared in 1894, is a very important
one in this respect, and it is the first of a series, in which the stages
of the histogenesis are followed out. His work treats of the develop-
ment and histogenesis of the thymus of the sheep. Its origin as an
epithelial tube is described, and this condition is found to persist,
until the foetus is 28 mm in length. PRENANT assigns the trans-
formation of the epithelial thymus into the lymphoid one to the
period of 25 to 85 mm “embryos”. As the embryonic development
is finished prior to attainment of the size of 25 mm in the sheep,
ee
a APE
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 465
one ought to speak of the young forms as foetuses. The conversion
of the epithelial cells into leucocytes is described and figured exactly
in KÔLLIKER’S sense. The origin of the concentric corpuscles
did not fall within the scope of PRENANT’s researches, but he is in-
clined to regard them as derived from the remains of the original
epithelium.
To the same year belongs my own first paper!) upon the thymus,
in which for the skate the development and histogenesis are stated
to confirm KÖLLIKER’S conclusions.
In my communication among other things the apparent absence
of a thymus in the lamprey was commented upon as an inexplicable
circumstance. In 1894 SCHAFFER was able to fill in this gap in our
knowledge by the description of an extensive thymus in Ammocoetes.
According to his account, which from subsequent observation I can
confirm, there are seven thymus-elements on each side in this animal,
and in two respects these differ from those of other vertebrates yet
described. As in Gasterosteus, according to MAURER, the thymus-
elements of the lamprey do not become disconnected from their places
of origin, and as in no other known vertebrate they are represented,
not at the dorsal aspects of the gill-pouches only, but also at the
ventral ones.
Recently an attempt has been made by MAURER (1899, p. 167) to
place a different interpretation upon SCHAFFER’S finds, in that he
would homologise the ventral portions of the thymus-elements of the
lamprey with the so-called ‘epithelial bodies”, which are found in
connection with the thymus from the Anura to the mammalia ?), while
the dorsal elements of the lamprey would be the complete homologues
of those of higher vertebrates. Regarding the latter point there is
no doubt at all, but the former conclusion may be challenged upon
the following grounds. MAURER has failed to study these structures
in the lamprey for himself, and, therefore, his opinion is a mere hypo-
thesis, the ventral thymus-elements of the lamprey are in struc-
1) In that paper, of which I never saw a proof, on p. 486 the
last part of the first paragraph should read: “As the guardian of the
respiratory organs the thymus is functionally relieved by the tonsils
(palatine, etc.) in the Sauropsida and Mammalia, the change in the
protecting organ following that in the organs of respi-
ration.”
2) For an excellent account of our knowledge of these structures
see: ALFRED Korn, Die Epithelkörperchen, in: MerkeL u. Bonnet, Er-
gebn. Anat. Entw., V. 9, 1900, p. 194—252.
Zoo]. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 30
466 JOHN BEARD,
ture as much true thymus as the dorsal ones, and they have nothing
in common with epithelial bodies. If they represent such, where are
the epithelial bodies in other fishes? Finally, it may be remarked,
that unsupported by investigation no value can be attached to MAURER’S
opinion as against that, based upon actual research, of a histologist
like SCHAFFER.
In his book on embryology Oscar SCHULTZE (1897, p. 378—381),
from independent researches upon the development and histogenesis
of the thymus in Vespertilio murinus, has also adopted KÖLLIKER’S
conclusions, and, again, the history of the concentric corpuscles was
not traced. Regarding the thymus, in brief words SCHULTZE’S con-
clusion is, that “das epitheliale Organ wandelt sich direct in ein so-
genanntes lymphoides Organ um”.
MAURER is of all observers the one, who has devoted longest time
to the study of the thymus, as well as to other organs in its neigh-
bourhood. His researches extend over many years, and include Tele-
ostei, Amphibia, Lacerta and Echidna. I have refrained from citation
of his earlier work upon the histogenesis of the Teleostean and
Amphibian thymus, for, while he in these gave correct accounts of its
origin, his statements as to its histogenesis, as he himself now re-
cognises, have not found confirmation in his later researches in Lacerta
and Echidna. In these researches, which date from 1899, MAURER’S
conclusions as to the histogenesis of the thymus may be gathered
from the following: “Die epithelogenen Elemente der Thymusanlage
bilden das adenoide Gewebe der Thymus”. In this way, and 20 years
later, KOLLIKER’s statements receive a new confirmation from MAURER’S
researches in Lacerta and Echidna.
On this follows my work of 1900, in which a further step is taken.
This, which is also the main theme of the present writing, is to the
effect, that the thymus is not only a source of leucocytes, but, more-
over, that it is the first place of their origin in the development, and
as such probably the only original source.
Immediately after the publication of this there appeared the latest
paper upon the histogenesis of the thymus. This is by Joser Nus-
BAUM & THEODOR PRYMAK (1901). The material used was Teleostei,
chiefly trout. The results of this research also go to prove the con-
version of the original epithelial cells into leucocytes.
And now, to sum up the results of researches into the histogenesis
of the thymus. As we have seen, in 1880 His suggested, that the
leucocytes of the thymus had wandered into this organ, in this way
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 467
replacing the original epithelial cells, some of which he supposed
furnished the concentric corpuscles. From 1880 to 1891 these views
influenced all research upon the thymus. In this sense the researches
of STIEDA, DOHRN, MAURER, and GULLAND, and to some extent those
of TOURNEUX and HERMANN, were written. But by no single one of
these investigators was the immigration of leucocytes into the thymus
established. All the researches, written since 1891, have gone to con-
firm and extend KÖLLIKER’S conclusions of 1879. According to these
the original epithelial cells of the thymus became converted into
leucocytes. This was independently confirmed by Prenanr in the
sheep and by the writer in the skate in 1894. The confirmation was
extended to include the bat by Oscar SCHULTZE in 1897, Echidna
and the lizard by MAURER in 1899, and the trout by NusBauM &
Prymak in 1901.
The idea, that the leucocytes were immigrants, never had any real
basis of observed fact in its favour: KÖLLIKER’S view, on the other
hand, has been confirmed again and again, up to the hilt, in diverse
vertebrate animals.
In the foregoing account of research into the thymus the reader
may have noticed the absence of reference to those researches, which
treat of its developmental origin from gill-pouches and from which of
these, without entering into the question of its histogenesis. In this
way the list of the thymus-literature has been considerably reduced.
For this course the following reasons may be given. The comparative
embryology of the thymus, that is to say, from which of the pouches
it takes its origin in this, that, or the other animal, may be found in
certain of the text-books of embryology. And, since in 1886 DE MEURON
initiated this procedure by his researches, comparative tables after
his system have been given by several authors. Thus, recently
Maurer (1899, 2, p. 98) has given tables of the conditions in certain
of the lower vertebrates and in Echidna, and in the latest memoir
upon the thymus, that of Livını!), the author devotes 2 plates to
this matter.
But there is another consideration, which has led me to refrain
from the setting-up of such additional tables. In none of the exist-
ing ones is a thymus-element shown in connection with the spiracle.
1) Ferpranp Lrvint, Organi dei sistema timo-tiroideo nella Sala-
mandrina perspicillata, in: Arch. Ital. Anat. Embriol., V. 1, p. 3—96,
7 tabb., 1902. Compare tab. 6 and 7.
30*
468 JOHN BEARD,
Its absence in the earlier ones is, of course, explicable, for not until
1900 was the existence of such a structure certain. From the facts
recorded here concerning the spiracular thymus it appears clear, that,
unless the whole history of the dorsal epithelium of any particular
pouch have been followed, the possible presence of a thymus-placode
in connection with it at some period of the early development cannot
be excluded. Where such a placode exists, even for a time, it may
give rise to more or fewer leucocytes, and then disappear.
The facts, then, that the thymus-placodes must originally have
existed in connection with all the pouches, including the spiracle, this
condition still persisting in the skate, and that in some cases an ac-
cessory thymus-element has been described, place these comparative
tables in a different light.
For, if the existence of a thymus-placode obtain in connection
with the dorsal wall of every gill-pouch, even though as a rule cer-
tain of these placodes disappear, they may function in a feeble
fashion before doing so, and occasionally one such may possibly persist-
The foregoing account, therefore, has been limited to those re-
searches, which treat of the histogenesis of the thymus. The like
procedure has been adopted in the appended list of literature, although
from the lists given by STIEDA, WATNEY, PRENANT, KOHN, LIVINI,
GULLAND, MAURER, and by WIEDERSHEIM in his “Vergleichende Ana-
tomie” it would be an easy matter to bring together a very complete
account of the literature of the embryology of the thymus.
No reference is made to the literature of the epithelial bodies
of Maurer and Konn, for these do not exist in the skate, indeed,
they are probably absent in all fishes. MaAurer’s suggestion, that
FrorıEP’s “Kiemenspaltenorgane” of Selachians may be the represent-
atives of such epithelial bodies, is not worthy of serious consider-
ation, and is but another example of the disastrous effects of FRORIEP’S
erroneous conclusions, which have been fully dealt with in a preced-
ing section.
Lastly, it has not been thought necessary to enter into any ac-
count of the controversy between RETTERER and STOEHR as to the
supposed various sources of leucocytes, advanced by the former. A
review of these questions from J. Disse’s pen will be found in the
“Ergebnisse der Anatomie, etc.”, V. 7.
XIII. The Thymus as the Source of Leucocytes.
The circumstance, that our supposed knowledge of the function
and histogenesis of the thymus has largely been based in error,
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 469
notwithstanding the correct researches of KÖLLIKER, PRENANT,
SCHULTZE, and others, is possibly due to the fact, that most of the
work done upon it has been carried out in the highest class of animals,
the Mammalia. Here at certain, but not early, periods HASSALL’S con-
centric corpuscles are prominent features, and their presence led ob-
servers astray. Had the early researches dealt with fishes, such as
the skate, in which concentric corpuscles are conspicuous by absence,
the history of our knowledge of the thymus would have been a
different story.
Here it is as clear as the light of day, that the original epithelial
cells become converted into leucocytes. From the researches of KÖL-
LIKER, PRENANT, O. SCHULTZE, and MAURER the like would appear to
hold good for mammals also; and, therefore, no valid excuse can be
offered for the neglect to recognise the plain and palpable facts. The
supposed fact of the immigration of leucocytes from outside does not
help the cause of those, who assumed its existence, for nobody has
yet observed this process.
Moreover, how can leucocytes wander into the thymus from the
mesoblast, or for any other part of the embryonic body, at a period,
when there are none in existence elsewhere? How can this happen,
when the very first source of leucocytes in the body is the epithelium
of the thymus itself?
The formation of leucocytes is, therefore, as KÖLLIKER first showed,
and as since confirmed by PRENANT, OSCAR ScHULTZE, MAURER, the
writer, and others, a function of the thymus. But, as my researches
now prove, one may go further, and state with confidence, that it is
the function of the thymus, not merely to form leucocytes, but to be
the parent-source of all the leucocytes of the body.
It is KOLLIKER’s great service to have shown, that leucocytes
arise in the thymus from its original epithelial cells; to GuLLAND’s
researches we owe the result, that the first leucocytes are found in
the mesoblast in the immediate neighbourhood of the thymus; and,
finally, it has fallen to the writer to demonstrate, that the first leuco-
cytes form in the thymus from its epithelial cells; and that thus, as
may presently be made evident, it must be regarded as the parent-
source of all the leucocytes of the body.
The last link of the chain, binding the whole together, has at
length been forged, and that this is so may be proved in another way.
Is there any other probable source of leucocytes in the vertebrate
body? The answer to this query must now be a decided negative,
and for the following reasons.
470 JOHN BEARD,
1) When, as shown in preceding pages, the first leucocytes arise
in the thymus-epithelium or placode, there are no leucocytes and no
lymphoid structures of any sort in any other part of the body. The
first or parent-leucocytes by their wanderings quickly infiltrate the
blood and most other parts of the body. From this it would follow,
that, if a lymphoid organ arise later elsewhere, it will always be
impossible to prove, that it did not take its origin from some of the
leucocytes, or their progeny, which originally came from the thymus.
If a new outbreak of an infectious disease occur in a street at a
time, when in another part of the same thoroughfare the like illness
has already manifested itself, the latter, or its original source, is
considered sufficient to account for the fresh cases. The white races
of America are descended from ancestors, who emigrated from
Europe, and no-one would dream of enunciating the idea, that the
white inhabitants of, say, a western prairie village had arisen de novo
in loco.
2) No other lymphoid organ is known, which in its developmental
history resembles the thymus. From my own researches extending over
the period of the unfolding of the parts of the embryo, in Scyllium cani-
cula up to embryos of 33 mm, in Raja batis up to young skate of
7 cm, there is no other organ laid down, which can possibly be re-
garded as a source of leucocytes. Attempts have been made by
RETTERER and others to prove such a mode of origin of lymphoid
structures in the cases of the tonsils, parts of the alimentary canal,
and the Bursa Fabricii of birds, but these have all one after the other
been disproved by an able embryologist and histologist, PHILIPP STOERR 4).
All other supposed modes of development of leucocytes, except as emi-
grants from the thymus, or the direct descendents of such, have,
therefore, no basis of fact in their favour.
3) The thymus alone is sufficient to account for all the leuco-
cytes of the body: and, since ScHAFFER (1894) demonstrated its exist-
ence in the lamprey, we know it to be an organ characteristic of all
true vertebrate animals. Any other source of leucocytes is
superfluous.
4) Except in the cases of organs, which are paired, or form
parts of a metameric segmentation, we do not seek for two organs
1) For an account of this controversy see: J. Drsse, Das reti-
culäre Bindegewebe, in: Ergebn. Anat. Ent., V. 7, p. 7—28, 1897.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 471
with the same function in any vertebrate animal!). The thymus is
a paired metamerically repeated organ, if the gill-region be meta-
meric; but its development is confined to this region in all known
cases.
It must, therefore, be held — and the contrary is impossible of
proof — that the thymusis the parent-source ofallthe
lymphoid structures of the body. This conclusion throws
light upon one of the teachings of embryologists, histologists, and
pathologists, that the thymus is an example of an organ, which, after
assuming function in early life, atrophies at a later period. This is
only certainly known to happen in mammals, and from it the inference
is drawn, that in later life the organ ceases to exist.
It no more ceases to exist than would the Anglo-Saxon race dis-
appear, were the British Isles to sink beneath the waves.
The simile is a real one, for just as the Anglo-Saxon stock has
made its way from its original home into all parts of the world, and
has there set up colonies for itself and for its increase, so the original
leucocytes, starting from their birthplace and home in the thymus,
have penetrated into almost every part of the body, and have there
created new centres for growth, for increase, and for useful work for
themselves and for the body.
Literature eited.
The following list of literature only contains that relating to the
Histogenesis of the Thymus. For the literature of its development
in various vertebrates, apart from its histogenesis, the reader may be
referred to the works of Prenant, GULLAND, DE Meuron, Koun, MAURER,
Livinz, and to Wirprersuuim’s “Vergleichende Anatomie”.
a) Works upon the Histogenesis of the Thymus.
1894. Brarp, J., The development and probable function of the Thymus,
in: Anat. Anz, V. 9, 1894, p. 476—486.
1900, 1. —, A Thymus- element of the spiracle in Raja, ibid. V. 18,
D: 359 —363.
1) Apart from the hopeless quest, previously referred to, the only
other “organ” of this kind searched for has been the “mesoderm”. In
embryology the mesoderm has only too frequently given rise, or ap-
peared to do so, to illegitimate progeny.
472 JOHN BEARD,
1900, 2. BEARD, J., The source of leucocytes and the true function of
the Thymus, ibid., V. 18, p. 550—573.
1884. Donrx, A. Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers,
IV, 5, Bedeutung der Thymus der Selachier, in: Mitth. zool.
Stat. Neapel, V. 5, p. 41—51, tabb. 7 u. 8.
1891. Guzzaxp, G. Lover, The development of adenoid tissue, with
special reference to the tonsil and Thymus, in: Rep. Lab.
Roy. Coll. Phys. Edinburgh, V. 3, p. 157—176, 1 tab.
1880—85. Hıs, W., Anatomie menschlicher Embryonen.
1879. KÖLLIKER, A., Entwicklungsgeschichte des Menchen ete.
1886. MAURER, F., Schilddrüse und Thymus der Teleostier, in: Morph.
Jahrb., V. 11, p. 129—175.
1888. —, Schilddrüse, Thymus und Kiemenreste der Amphibien, ibid.
V. 13, p. 296—382.
1899,1. —, Die Schilddrüse, Thymus und andere Schlundspaltenderi-
vate bei der Hidechse, ibid., V. 27, p. 119—172, 3 tabb.
1899,2. —, Die Schlundspaltenderivate von Echidna, in: Verh. anat.
Ges., Tiibingen, p. 88—101, 10 Textfiguren.
1899, 3. —, Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei
Echidna etc., in: Semon, Zool. Forschungsreisen in Australien
etc., V. 2, Lief. 3, Jena, p. 405—444, 3 tabb.
1901. NusBAUMm, Joser, u. THEODOR Prymax, Zur Entwicklungsgeschichte
der lymphoiden Elemente bei den Knochenfischen, in: Anat.
Anz., V. 19, p. 6—19, 4 Abbild.
1894. Prenant, À. Contribution à l’étude du développement organique
et histologique du thymus etc., in: La Cellule, V. 10, p. 87
—184, 4 tabb.
1897. ScHULTzE, O., Grundriss der Entwicklungsgeschichte des Menschen
und der Säugethiere.
1881. SriepA, L., Untersuchungen über die Entwicklung der Gl. Thymus,
etc., 2 tabb.
1887. Tourneux et Hermann, Sur l’évolution histologique du thymus
chez l’embryon humain et chez les mammiferes, in: CR. Soe.
Biol. Paris, V. 4.
1882. Warner, H., The minute anatomy of the Thymus, in: Phil.
Trans. Roy. Soc. London, V. 173, p. 1063—1123, 13 tabb.
b) Other memoirs cited.
1898. Aucock, Rur#, The peripheral distribution of the cranial nerves
of Ammocoetes, in: Journ. Anat. Physiol., V. 33, p. 131—152,
1 tab. (The volume is dated 1899.)
1892. Antipa, Gr., Ueber die Beziehungen der Thymus zu den sog.
Kiemenspaltenorganen bei Selachiern, in: Anat. Anz., V. 7,
p. 690—692.
1892. Avers, Howarp, Vertebrate Cephalogenesis. II. A contribution
to the morphology of the Vertebrate ear, in: Journ. Morph.,
V. 6, p. 1—360, 13 tabb.
1885.
1898.
1897.
Leo.
1893.
1891:
1902.
1891.
1895.
1886.
1902.
1902.
1893.
1894.
1895.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 473
Brarp, J., The system of branchial sense organs and their as-
sociated ganglia in Ichthyopsida, in: Quart. J. microsc. Sc.
V. 26, p. 95—156, 3 tabb.
Coxe, F. J., The peripheral distribution of the cranial nerves of
Ammocoetes, in: Anat. Anz., V. 15, p. 195—200.
Disse, J., Das reticuläre Bindegewebe, in: Ergebn. Anat. Entw.,
V. 7, p. 7—28.
Frorıer, Ausust, Ueber die Kiemenspaltenorgane der Selachier-
embryonen, in: Verh. anat. Ges. (München), p. 60—65, 3 figs.
Goronowrtscn, N., Weiteres über die ektodermale Entstehung
von Skeletanlagen im Kopf der Wirbelthiere, in: Morph. Jahrb.,
V. 20, p. 425—428.
GuzzaxD, G. Lovert, The nature and varieties of leucocytes, in:
Rep. Roy. Coll. Phys. Edinburgh, V. 3, p. 106-—156, 1 tab.
Hessz, Friepricu, Zur Kenntniss der Granula der Zellen des
Knochenmarkes, bezw. der Leukocyten, in: Anat. Anz., V. 20,
p. 452—461.
von Kurrrer, C., Die Entwicklung der Kopfnerven der Verte-
braten, in: Verh. anat. Ges. (München), p. 22—54, 11 Abbild.
— , Die Entwicklung der Kopfnerven von Ammocoetes Planeri,
in: Studien zur vergl. Entwicklungsgesch. des Kopfes der
Kranioten, Heft 3, p. 1—80, 48 Abbild.
DE Meuron, P., Recherches sur le développement du Thymus et
de la Glande Thyréoide, Geneve.
Nussaum, Joser, & Joser MacHowskı, Die Bildung der con-
centrischen Körperchen und die phagocytischen Vorgänge bei
der Involution der Amphibien-Thymus, in: Anat. Anz., V. 21,
p. 110—127, 5 text figures.
Prymax, Tueopor, Beiträge zur Kenntniss des feinern Baues und
der Involution der Thymusdriise bei den Teleostiern, in: ibid.
V. 21, p. 164—177, 2 text-figures.
Scuarrer, Joser, Ueber den feineren Bau der Thymus und deren
Beziehungen zur Blutbildung, in: SB. Acad. Wiss. Wien,
V. 102, 6 pages.
—, Ueber die Thymusanlage bei Petromyzon Planeri, in: ibid.
V. 103, 8 pages, 1 tab.
Van Bemmeten, J. F., Ueber vermuthliche rudimentäre Kiemen-
spalten bei Elasmobranchiern, in: Mitth. zool. Stat. Neapel,
V. 6, p. 165—184, 2 tabb.
474 JOHN BEARD,
Description of Plates.
The figures are orientated in the following manner. The transverse
sections are arranged with their dorsal aspects nearest the top of the
plate, the frontal ones with the anterior portion in this position. The
asterisk, attached to each figure, denotes its outer side.
All the figures have been reduced by the lithographer to two-
thirds of the following dimensions, which are those of the original
drawings.
The original magnifications are:
240 diameters Fig. 57.
390 3 Figs. 40, 41, 54, and 67.
500 N Fig. 45.
750 » Figs. 22, 25—27, 30, 34— 39, 42—44, 46—49, 50—53,
58—66, 69.
2250 u Fig. 56.
530 if the remaining figures.
All the figures were drawn under the Zeiss-ABBE camera No. 44a.
Unless otherwise stated, they are of transverse sections.
The numbers refer to series, row of sections, and number of
section in row.
Descriptive letters.
c.m closing membrane of pouch s.e sensory epithelium
I leucocyte s.p spiracular thymus-placode
t.p thymus-placode v blood-capillary
t trabeculae
Plate 5.
Fig. 1. The epithelium of the left branchial pouch of text-figure A.
To show the thymus-placode ¢.p prior to the rupture of the pouch.
No. 135 (6 mm), I, 4, 17.
Fig. 2. The structures enclosed within the quadrilateral to the
right of text-figure B. To show the thymus-placode ¢.p etc. just after
rupture of the pouch. No. 143 (8 mm), II, 1, 3rd section from the
bottom.
Fig. 3. The thymus-placode of one gill-pouch of a Raja clavata
embryo of 14 mm. It consists of a layer of epithelial cells and as yet
there are no leucocytes within it. From the second placode of the
right side. No. 7, II, 3,710.
Fig. 4. A section of the 1. left thymus-placode of an embryo of
about 18 mm (No. 345, 130 somites), showing leucocytes and cells in
the act of becoming such. No. 345, II, 1, 5th section from the bottom.
Fig. 5. A section from about the centre of the 2. right placode,
showing numerous leucocytes within and to the inner side of the
placode, one also in the blood, and epithelial cells of the placode tak-
ing on leucocytic characters. No. 189 (circa 20—21 mm), II, 6, 1.
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 475
Fig. 6. A section through the 1. right placode of an embryo of
circa 17 mm, 133 somites, showing one leucocyte in the epithelium.
No. 343, IL 1, 2.
Fig 7. A section through the centre of the 1. left placode, show-
ing numerous leucocytes in the latter and cells becoming such, also the
emigration of leucocytes into the mesoderm. The topographical rela-
tionships of the placode of this figure are given in text-figure F.
No. 202, III, 2, 4th bottom.
Fig. 8. A section through the 1. right placode of an embryo of
more than 22 mm, showing leucocytes within and to the inner side of
the placode. No. 192, III, 4, 11.
Figs. 9 and 10. Two sections from an embryo of rather more
than 20 mm. Fig. 9 depiets the median section through the 1. placode
of the right side, Fig. 10 through the corresponding left one. In both
there are leucocytes and cells becoming such. Fig. 9, No. 190, III, 1
3 bottom, Pig; 10, No. 190, IT, 1,74,
Fig. !1. The median section of the 1. left placode from an embryo
of 25 mm. Within the placode there are cells becoming leucocytes,
leucocytes themselves, and in addition there are a few leucocytes in the
mesoderm. No. 202, IV, 2, 12.
Fig. 12. From the same embryo, but the median section of the
1. right placode. The details are as in Fig. 11. No. 202. IV, 2, 6.
Fig. 13. A small portion of the inner border of a section through
the 2. right placode of an embryo of 34 mm. Compare with Figs. 17
and 67 from the same embryo. The figure shows under high magni-
fication the nature of a “break” close to the blood-vessel, and leuco-
cytes emerging in crowds. No. 209, LI, 6, 9.
Fig. 14. A frontal (horizontal) section through the 1. right placode
of an embryo of 25 mm, showing some leucocytes within the placode
and others emerging therefrom. No. 202a, V, 10th section.
Fig. 15. The median section of the 2. right placode of an embryo
of 25 mm, showing the formation of leucocytes within the placode,
and a crowd of such emerging from the latter. No. 201a, III, 4, 12.
Fig. 16. A portion of a horizontal section passing through the
1. left placode of an embryo of 25 mm. Leucocytes and cells becom-
ing such within the placode, and a few of the former outside it. No. 203,
VIII, 5th section.
Fig. 17. From the same embryo as Fig. 13. The median section
of the 1. right placode. Within the latter epithelial cells, leucocytes,
and cells becoming such. At various points leucocytes are emigrating
from the placode. The topographical relationships of this section are
shown in text-figure F. No. 209, III, 4, 9.
Fig. 18. A section, the fourth of eight, through the 3. left
placode of an embryo of 28 mm. No. 206, III, last row but two, 14.
1
Plate 6.
Fig 19. The median section of the 1. left placode, shown in text-
figure E, from an embryo of circa 20—21 mm. ‘There are one or two
476 JOHN BEARD,
leucocytes and many epithelial cells taking on the characters of such.
No. 189, II, 5, 10.
Fig. 20. The first left placode shown in text-figure C, from an
embryo of 13 mm. The placode is made up of a single layer of high
columnar epithelial cells, and there are no leucocytes. The boundaries
of the placode are well-defined, and the remains ¢.m of the closing
membrane of the pouch are evident. No. 198, I, 6, 7.
Fig. 21. A section through the 1. right placode of a Raja radiata
embryo with 123—124 somites and six gill-pouches. The limits of the
placode are well marked, and in it are leucocytes and cells becoming
such. Close by are two leucocytes in the mesoderm. No, 195, I, 6, 2.
Fig. 22. A section through the 3. right placode of an embryo of
25 mm. To the inner side are two leucocytes in the mesoderm while
others fully formed and forming lie within the placode. No. 201a,
IIT 1G, D.
Fig. 23. A section through the 1. right placode of the same
embryo. Here in correspondence with the more anterior situation there
are more leucocytes without the placode, and more such and of leuco-
cytic cells within it. (N.B. This preparation no longer exists, as owing
to the thickness of the cover-glass it was afterwards crushed.) No. 201a,
III, 2, last section.
Fig. 24. The median section of the 4. right placode of the same
embryo. The placode here still retains its original composition of one
layer of high columnar cells, but among them there are leucocytes and
epithelial cells in process of conversion into leucocytes, as well as such
in the act of emigration inwards and others in the mesoderm. No. 201a,
Vin le ale
Fig. 25. From the same embryo as Fig. 18. The fifth section of
eleven through the 4. right placode. There are leucocytes in the meso-
derm and a few within the placode. No. 206, III, last row but one, 18.
Fig. 26. From one of the newer series (1899) of embryos, No. 617.
The sixth section of ten through the 1. right placode. There are leuco-
cytes and leucocytic cells within the placode, and some of the former
in the act of emigrating. No. 617, I, last row but one, 16.
Fig. 27. From the same embryo as Figs. 18 and 25. A section
through the 5. left placode. The latter is still merely composed of a
single columnar epithelium: within it there are leucocytes and the fore-
runners of such, one leucocyte is emerging, and many others lie in the
mesoderm to its inner side. No. 206, IV, 1, 16.
Fig. 28. From the same embryo. The seventh section of twelve
through the 1. left placode. It is specially intended to show a large
nest of leucocytes, and single ones emerging from the placode. No. 206,
LEG & 11;
Fig. 29. From the same embryo. The seventh section of eleven
through the 2. left placode. Leucocytic cells and leucocytes are abundant
within the placode, and the latter are emerging in crowds from it, many
of them attaching themselves to the blood-vessel to its inner side.
No. 206, III, last row but four, 7.
e
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 477
Fig. 30. From the same embryo. The median section through the
3. left placode. There are nests of leucocytes within the epithelium,
two of which are breaking into the mesoderm with emigration of their
leucocytes. No. 206, III, last row but two, 14.
Pilaiwey (C
Figs. 31—36 are all from various placodes of the like embryo,
No. 443. It was not measured, but its size was probably 25—27 mm.
Fig. 31. The fifth section of twelve through the 1. right placode.
The chief peculiarity of this (and of the others up to and including
Fig. 36) is the sudden conversion of whole masses of the original epi-
thelial cells into leucocytes, thus forming more or less well-marked
nests, usually sharply defined from the rest cf the original epithelium.
No. 443, I, 9, 11.
Fig. 32. The eighth section through the 1. right placode. Here
the original epithelium is almost entirely contined to the dorsal and
ventral ends of the placode. The rest is almost all made up of leuco-
cytes. No. 443, I, 9, 14.
Fig. 33. The eighth section of fourteen through the 2. right
placode. As in the preceding the epithelium is mainly confined to the
ends. Numerous leucocytes are in emigration from the placode. No. 443,
110,17.
Fig. 34. A section through the 4. right placode under higher
magnification showing nests of leucocytes, single leucocytes, and cells
becoming such within the placode. The original epithelium is best
marked at the two ends. No. 443, II, 1, 18.
Figs. 35a and b. Neighbouring sections through the last (5.) right
placode. As usually the case, in this placode the epithelial character
has been longer retained, but apart from cells becoming leucocytes, and
in addition to single ones, there is in Fig. 35b a nest of such with
a break into the mesoderm. No. 443. II, 2, 6 and 8.
Fig. 36. The seventh section through the 2. right placode. As in
Fig. 34, there is here a large nest of leucocytes within the placode,
and this has used up in its formation practically all the epithelial cells
of this region, thus limiting the original epithelial cells to the two
ends. No. 443, I, 10, 15.
Figs. 37—39 are from frontal (horizontal) sections of two embryos
of about 25 mm.
Fig. 37. A section through the 2. right placode, showing epithelial
cells, such in process of conversion into leucocytes, and fully formed
leucocytes. Of the latter many are in emigration. No. 202a, VI, third
section.
Fig. 38. Through the 4. left placode of the same section. Here
the leucocytes are fewer, but many epithelial cells are being converted
into such, and a few leucocytes are in emigration. No. 202a, VI,
third section.
Fig. 39. A section through the 3. right placode. This is very like
the preceding. In addition it shows the boundaries of the placode and :
478 ; JOHN BEARD,
at the upper end the sensory epithelium s. e. of a portion of the vagus.
No. 203, VII, tenth section.
Figs. 40 and 41. Represent respectively the fifth of ten sections
through the 1. left placode and the eighth of eleven through the 2. left
placode of an embryo of over 30 mm. They are drawn under lower
power to demonstrate the emigration of leucocytes en masse from the
placode and their passage into the blood. In both epithelial cells are
almost entirely restricted to the base of the thickened placode. The
conditions here resemble those in text-figure G. No. 208, V, rows 2
and 5, sections 7 and 5.
Plate 8.
Fig. 42. From a frontal (horizontal) series of a 25 mm embryo.
The section passes through the 3. right placode £.p, and adjoining its
upper portion and abutting upon this is the extension of the sensory
epithelium s.e of part of the vagus. In the placode ¢.p there are not
many fully formed leucocytes, but as forerunners of such epithelial
cells taking on leucocytic characters. In the sensory “placode” s.e
there are very similar cells, which, however, are becoming nerve- or
ganglion-cells. No, 203, VIII, third section.
Fig. 43. The fourth section of eight through the 2. right placode
of an embryo of 23 mm. The placode is still little more than a single
layer of epithelial cells, but there are some leucocytes within it, one of
which is in emigration. Especially in its upper portion there are many
cells taking on leucocytes characters. No. 619, II, 1, fifth section from
the bottom.
Fig. 44. The seventh section of thirteen through the 1. left placode
of an embryo of 27 mm. The epithelial cells of the placode now form
more than one layer, the placode contains leucocytes and cells becoming
such, and at one point there is a break, at which leucocytes are
wandering out. No. 629, II, 5, 7.
Figs. 45—46. Represent under different magnifications a section
through the 2. left placode of an embryo of 26.5 mm. While in Fig. 46
the thymus placode is depicted, in Fig. 45 the topographical relation-
ships of the thymus-placode and sensory epithelium of a branch of the
vagus are shown. The ending of the cellular nerve in the sensory
epithelium s.e is seen, and also the course of the latter, until its some-
what pointed end abuts upon the thymus-placode, can be followed. In
both figures in the thymus-placode there are numerous leucocytes, some
of which are in emigration. Compare also text-figure F. No. 616, II,
last row, 11.
Fig. 47. From the 2. left placode of an embryo of 25 mm. To
show a nest of leucocytes, and the aperture of emigration of these.
No! 201/MILT 4,79;
Fig. 48. The median section of the 4. right placode of an embryo
of 34 mm. Epithelial cells are still largely represented, but there are
many leucocytes and cells becoming such, and in one part of the
The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis. 479
section a nest of leucocytes with a large break, out of which many
are emigrating into the mesoderm. No. 209, IV, 2, 2.
Fig. 49. The fifth section of ten through the 1. right placode of
an embryo of 245 mm. Some of the leucocytes of the placode are
forming nests, others are in emigration, and at one point there is a
small cavity, out of which perhaps two leucocytes have passed. No. 633,
II, 4, 22.
Plate 9!
Fig. 50. The seventh section of thirteen through the 1. right
placode of a Raja radiata embryo of circa 27 mm. Original epithelial
cells here are very restricted in number, and, what is very character-
istic of this species, the whole interior of the placode has been con-
verted into leucocytes. No. 242, II, 2, 25.
Fig. 51. A contrast to the preceding is afforded by this figure
through the 2. right placode of a R. batis embryo of 34 mm. Here
the original epithelial cells are more numerous, and the leucocytes of
the placode, instead of forming one large mass, are broken up by
epithelial bridges into small groups or nests. No. 209, III, 6, 9.
Figs. 52 and 53. Two consecutive frontal (horizontal) sections
through the 3. right placode of an embryo of 33 mm. In Fig. 52
especially there are nests of leucocytes, and others are engaged in
emigration. No. 214, last section of fifth slide and first section of sixth.
Fig. 54. A section through the 1, left placode of an embryo of
29 mm. To show the restriction of epithelial cells to the base of the
placode, the conversion of the rest into leucocytes, and the emigration
of the latter en masse. N.B. A whole plate of similar figures was made
from a series of consecutive sections, but by the writer rejected for
publication as unnecessary. No. 210, V, 1, 9.
Fig. 55. From a thymus-element of the left side of an embryo of
54 mm. The basal part of the structure is alone depicted. The element
projects as a pear-shaped or baloon-like mass from the branchial epi-
thelium. Over its base epithelium has now grown. In the element
itself all the cells are now leucocytes, and epithelial cells are entirely
absent. Connective tissue trabeculae penetrate it everywhere. No. 245,
Be 1,22.
Fig. 56. A small portion of the 3. right placode of an embryo of
33 mm under high magnification (as lithographed 2/3 of 2250 diameters).
To show a leucocyte in the act of emigration from the placode. No. 214,
VI, 4th section.
Fig. 57. A section through the 1. left placode of an embryo of
33 mm. Almost all the epithelial cells with the exception of those at
the base of the placode have been converted into leucocytes. The
figure exhibits emigration of leucocytes in crowds. No. 215, III, last
row, 12.
Figs. 58 and 59. Show sections through Hassatu’s concentric cor-
puscles (concentric capsules) of a cavy-foetus of 31 days, and Fig. 60
of a similar body from one of 42 days. In all three concentrically
480 JOHN BEARD, The origin and histogenesis of the thymus in Raja batis.
arranged epithelial cells, many in degeneration with chromatolysis. In
the centre of each a bright eosin-stained mass of highly degenerate
cells. In Figs. 58 and 59 entangled leucocytes, some in degeneration.
Plate 10.
Fig. 61. A portion only of the spiracular placode of a Raja batis
embryo of about 25 mm. Like the ordinary thymus-placodes of embryos
of 18—20 mm it is still made up of one layer of epithelial cells,
among which a couple of leucocytes is seen. No. 443, I, 7, 20.
Fig. 62. The right spiracular placode s.p of an embryo of 27 mm.
Abutting on it the sensory epithelium s.e of the hyomandibular branch
of the VIIth nerve. Gl.hm marks the position of the hyomandibular
ganglion. The spiracular thymus placode is now composed of more
than one layer of epithelial cells, and among them leucocytes are more
numerous. No. 629, II, 1, 14.
Fig. 63. A portion only of the left spiracular thymus-placode of
an embryo of 28.25 mm. The stain here was iron-alum-haematoxylin.
The epithelium is comparatively simple and here and there are leuco-
cytes among its cells. No. 627, II, 3, 16.
Fig. 64. The left spiracular thymus-element of a young skate of
7 cm. Unlike the other thymus-elements of this period it is still
attached to the branchial epithelium. In this instance it is a conical
structure of epithelium containing here and there leucocytes. Here there
are no trabeculae and no blood-capillaries. No. 255, VIII 4, last
section.
Fig. 65. The left spiracular thymus-element of an embryo of
54 mm. Here the whole element is a flattened plate bounded by two
layers of epithelial cells, between which are leucocytes and numerous
irregularly arranged epithelial cells. At v blood-capillaries. No. 245,
XS Os 6:
Fig. 66. A contrast to Fig. 64 is afforded by this figure of the
left spiracular thymus-element of an embryo of circa 56 mm. The
whole structure here has a boundary of columnar epithelium to its
outer side and one of flattened epithelial cells to its inner. The interior
is occupied by leucocytes with trabeculae and blood-capillaries. No. 239,
IX, 4th section, (frontal series).
Fig. 67. A section through the third right placode of an embryo
of 34 mm. From the same embryo as Figs. 13, 17, 48 and 51. To
show the emigration of leucocytes.
Fig. 68. The ninth section of eighteen through the 1. right placode
of an embryo of 36 mm. Haematoxylin stain. No. 542, III. 3, 7.
Fig. 69. The sixth section of eleven through the 1. right placode
of another embryo of 36 mm. No. 541, III, 4, last section but one.
Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2361
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
Das Schicksal der Richtungskorper im Drohnenei.
Ein Beitrag zur Kenntniss der natürlichen Parthenogenese,
Von
Dr. Alexander Petrunkewitsch.
Hierzu Tafel 11—13.
Einleitung.
Die vorliegende Arbeit bildet die Fortsetzung meiner Abhandlung:
„Die Richtungskörper und ihr Schicksal im befruchteten und unbe-
fruchteten Bienenei“!). Nachdem ich dort die sichern Beweise der
parthenogenetischen Entstehung der Drohnen gegeben habe, setze ich
dieselbe als festgestellte Thatsache voraus. DicKEL hat zwar seitdem
mehrere Erwiderungen veröffentlicht, dieselben können aber in keinerlei
Weise die Richtigkeit meiner Befunde zweifelhaft machen. Noch vor
Kurzem hat er wieder zwei Aufsätze im Zoologischen Anzeiger ?) ver-
öffentlicht, auf die ich am liebsten gar nicht antworten würde, wenn
sie nicht gerade in der eben genannten Zeitschrift gedruckt wären.
Ich will nicht im Einzelnen auf seine Angriffe eingehen. Jeder Fach-
genosse, der die erwähnten Aufsätze gelesen hat, wird sofort bemerkt
haben, dass die meisten Einwände, die DICKEL erhebt, an Unkenntniss
der Zellenlehre und der mikroskopischen Technik leiden.
Aber auch ein logischer Fehler ist in den Dickkn’schen Beweisen
enthalten. Er sucht nämlich durch ,,Uebertragungsexperimente‘ das
Befruchtetsein der Drohneneier zu beweisen. Kann man aus Drohnen-
eiern nachträglich Arbeiterinnen und aus Arbeiterinneneiern Drohnen
erziehen, so ist es klar — so meint DICKEL — dass auch die Drohnen-
1) in: Zool. Jahrb., V. 14, Anat., 1901.
2) Dicker, Frerp., a) Ueber Perrunxewitscn’s Untersuchungsergeb-
nisse von Bieneneiern; b) Ueber die Entwicklungsweise der Honigbiene.
Beide Abhandlungen in: Zool. Anz., V. 25, 1901.
Zool. Jahrb. X VII, Abth, f, Morph. 31
482 A. PETRUNKEWITSCH,
eier befruchtet sind. Aber selbst wenn die beiden Prämissen als
richtig erwiesen wären, worauf DickeL’s Experimente gar keinen An-
spruch machen können, da sie viele Fehlerquellen in sich bergen und
nichts mehr als kühne und den Thatsachen nicht entsprechende Be-
hauptungen darstellen, selbst dann wäre seine Schlussfolgerung logisch
falsch. Es könnte auf Grund solcher Experimente nur das Eine be-
hauptet werden, nämlich dass bei den Bienen die normaler Weise sich
zu Männchen entwickelnden Eier auch zu Weibchen (und vice versa)
erzogen werden können. Das wäre eine logisch richtige Schluss-
folgerung. Das Befruchtetsein der Drohneneier kann aber auf keinen
Fall aus den „Uebertragungsexperimenten“ geschlossen, geschweige
denn bewiesen werden! Auf diesen logischen Fehler in der DICKEL-
schen Construction habe ich schon in meiner ersten Arbeit hingewiesen.
Nur die mikroskopische Untersuchung kann hier das entscheidende
Urtheil fällen, und das hat sie besonders in der Geschichte mit den
gefälschten Etiquetten sicherlich auch gethan. Deshalb stehen meine
Beweise und mit ihnen die Thatsache der parthenogenetischen Ent-
stehung der Drohnen trotz der wiederholten Angriffe DICKEL’s uner-
schüttert da, wie zuvor.
Ich habe aber auch viele Gründe, den Experimenten DIcKEL’s
wenig Glauben zu schenken. Dicker’s Zeitangaben sind häufig ganz
falsch, wie ich mich leider nachher überzeugen musste. Die Eier-
proben, die ich von DIckEL früher bezog und die z. B. als „nicht
über 5 Stunden alt“ bezeichnet waren, zeigten oft weit entwickelte
Stadien des Keimstreifens. Als ich nachher mir selbst das Material
zu den weitern Untersuchungen aus den Bienenstöcken des Zoo-
logischen Instituts zu verschaffen suchte und dabei von Herrn Dr.
v. BUTTEL-REEPEN in der liebenswürdigsten Weise unterstützt wurde,
musste ich bald zu unserer grössten Ueberraschung bemerken, dass
das Blastoderm erst viel später gebildet wird. Unser Verfahren, das
ich auf das wärmste empfehlen kann, war, wie folgt: Bei klarem,
warmem Wetter wurde um 9 Uhr Morgens eine von Eiern ganz freie
Drohnenwabe in die Mitte des Bienenstocks eingehängt. Nach 1 Stunde
wurde die Wabe herausgenommen und die meistens noch in geringer
Zahl vorhandenen, eben abgesetzten Eier durch Zeichen an der Waben-
wand notirt. Die Wabe wurde dann wieder in den Stock eingehängt,
und nach beliebiger Zeit konnte dann das Material fixirt werden. Die
in solcher Weise von mir gewonnenen, ziemlich genauen Zeitangaben
werden auf die verschiedenen Entwicklungsstadien folgender Maassen
vertheilt:
Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 483
Alter in Stunden Entwicklungsstadium
3— 4 erste Furchungsspindel
4 7 Furchung
1— 9 Heraustreten der Furchungskerne
an die Peripherie
9—20 Ausbildung des Blastoderms
20—25 Blastoderm
25—36 Gastrulation
36—48 Ende der Gastrulation; Anlage der
Mesodermröhren.
Diese meine Zeitangaben fallen mit denjenigen von Dicken nicht
im entferntesten zusammen. So beruht denn auch meine frühere Hin-
weisung auf einen Unterschied in der Schnelligkeit des Reifungs-
processes bei den Königindrohneneiern und den Arbeitsdrohneneiern
höchst wahrscheinlich auf einer Täuschung, da mir zu der Zeit noch
nur die Dıcker’schen Angaben vorlagen. Jeden Falls wäre eine Nach-
prüfung nöthig, zu der ich aber jetzt keine Zeit hatte, da ich meine
ganze Aufmerksamkeit dem weitern Schicksal der Richtungskörper
und somit viel ältern Stadien zugewandt habe.
Bei der Beurtheilung der weiter zu erörternden Bilder bediente
ich mich immer der vergleichenden Methode, indem ich stets neben
Schnitten durch Drohneneier auch solche durch befruchtete Eier, die
sich im entsprechenden Stadium befanden, untersuchte. So konnte ich
den etwa vorhandenen Unterschied in der Entwicklung der beiden
leichter feststellen und sicherer verfolgen.
Es sei mir gestattet, auch an dieser Stelle meinen herzlichsten
Dank Herrn Geheimrath August WEISMANN auszudrücken für das
lebhafte Interesse, welches er jedem kleinsten Fortschritt dieser oft
mühseligen Arbeit schenkte.
Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei.
Im befruchteten Bienenei gehen die Richtungskörper zu Grunde.
Das war schon früher bekannt und ist auch von mir bestätigt worden.
Ganz anders ist das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei.
Wir haben schon gesehen, dass hier der zweite Richtungskörper mit
der innern Hälfte des ersten zusammenfliesst und den sog. Richtungs-
copulationskern mit der normalen Zahl (16) von Chromosomen bildet.
Dieser Kern gestaltet sich bald zur Richtungscopulationsspindel um
und zerfällt in 2, dann 4 und endlich 8 doppelkernige Zellen. Diese
Abkömmlinge der Richtungskörper, die ursprünglich an der Stelle des
frühern „Richtungsplasmas“ im Blastoderm auf der Bauchseite des
31*
484 A. PETRUNKEWITSCH,
zukünftigen Embryos liegen, wandern dann ins Innere des Eies
hinein). Ich habe dann weiter die Vermuthung ausgesprochen, dass
aus diesen doppelkernigen Zellen die Urgenitalzellen entstehen, konnte
aber die Sache wegen der eingetretenen Herbstzeit nicht weiter ver-
folgen.
Im Frühjahr 1901 machte ich mich desshalb sofort wieder an die
Arbeit. Die fehlenden Stadien wurden sehr bald beschafft, und die
srosse Zahl der entsprechenden Bilder (ich habe im Ganzen 1800 Eier
geschnitten) spricht für ihre Richtigkeit und ihr normales Vorkommen.
Wir sehen diese Abkömmlinge der Richtungskörper (Rz) auf
der Fig. 1. Die Abbildung stellt einen Querschnitt durch ein Drohnenei
in der Höhe des frühern Richtungsplasmas dar. Die Doppelkerne sind
noch gut zu sehen, wenn auch nicht mehr so charakteristisch wie in
den frühern Stadien. Denn jede Hälfte ist jetzt etwas gekrümmt und
sucht mit der andern ein Bläschen zu bilden. Auch das Plasma,
welches früher ziemlich geradlinig begrenzt war, bildet jetzt lange und
feine Fortsätze, die vielleicht auf eine amöbenartige Bewegung hin-
deuten. Die 8 Zellen, von denen nur 6 abgebildet werden konnten,
weil die 2 andern nicht in derselben Ebene liegen, sind eben im Be-
eriff, sich in zwei Gruppen von je 4 Zellen zu trennen. Diese Vorbe-
reitung zur Trennung ist deutlich durch die starke Plasmaeinschnürung
gekennzeichnet.
Im nächsten Stadium, Fig. 2, finden wir dieselben Zellen (Rz)
schon in zwei Gruppen getrennt. Diese Abbildung stellt einen frontalen
Längsschnitt dar; nur so kann man mit Sicherheit die beiden Gruppen
auf einem Schnitt sehen, da sie von der Bauchseite auf den Rücken
am Blastoderm rechts und links zu gleicher Zeit zu wandern scheinen.
Die äussere Form des Plasmas dieser Zellen zeigt im eben be-
sprochenen Stadium sehr grosse Aehnlichkeit mit der Form der Fur-
chungskerne. Lange und dünne Fortsätze strecken sich nach allen
Seiten hin aus. Die ursprüngliche Form der Kerne ist noch mehr ver-
wischt, aber immer noch zu erkennen. Es wäre interessant, festzu-
stellen, ob hier die Centrosomen auch gegen die Peripherie gerichtet
sind, so wie es Noack?) für die Furchungskerne der Musciden be-
schrieben hat. |
1) Der ganze Vorgang ist in meiner schon citirten Arbeit abge-
bildet. Hierher gehéren die Abbildungen in ihrer Folge: 9, 10, 11, 14,
12, 19, 21, 23, 24 und 25.
2) Noack, W., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Musciden,
in: Z. wiss. Zool., V. 70, 1901.
Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 485
Wahrend in den vorhergehenden Stadien das Blastoderm aus einer
Reihe von Zellen bestand, ist es hier deutlich doppelschichtig. Das
kann gar nicht angezweifelt werden, da sowohl sagittale Längsschnitte
wie auch Querschnitte dasselbe Bild geben. Diese Anordnung der
Blastodermzellen in zwei Reihen kann als Vorbereitungsstadium zur
Gastrulation betrachtet werden. Bald nehmen aber alle Zellen Cylinder-
form an, und dann befinden sie sich wieder nur in einer Reihe, wie
es aus Fig. 3 zu ersehen ist. Ihr Plasma ist gleichmässig feinkörnig,
nur auf der Riickenseite bemerken wir etwas abweichend gestaltete
Zellen. Ihre innere, dem Dotter zugewandte Hälfte ist hell und ganz
körnchenfrei, während die äussere Hälfte den übrigen Blastodermzellen
ähnlich feinkörnig erscheint. Diese Zellen (Am) stellen die erste
Anlage des Amnions dar.
In der Mittellinie des Rückens, dort wo die amnionbildenden
Zellen bereits zu einer dünnen Hülle umgestaltet sind, finden wir eine
Anhäufung von besonders gebauten Zellen, deren kleine Kerne im
dunkel gefärbten Plasma liegen. Das sind die hierher gewanderten,
aus dem Richtungscopulationskern entstandenen Zellen. Noch ist
ihre Doppelkernigkeit theilweise zu beobachten, aber die meisten
besitzen schon richtige runde Kerne, die von den Kernen des Blasto-
derms und von den stellenweise im Dotter bei der Blastodermbildung
zurückgebliebenen Furchungskernen durch ihre geringere Grösse und
dunklere Färbung abweichen. Die Abbildung zeigt ausserdem einen
kleinen Haufen von „verirrten‘‘ doppelkernigen Zellen, die auch von
den Dotterkernen (F') durch das dunkle Plasma leicht unterschieden
werden können.
Was giebt uns die Ueberzeugung, dass diese Zellen, die jetzt in
ziemlich grosser Menge am Rücken angehäuft sind, von denjenigen,
die wir auf der Bauchseite an der Stelle des Richtungsplasmas ge-
sehen haben, abzuleiten sind? Ist es bloss eine Vermuthung, oder kann
es als sichere Thatsache betrachtet werden? Und können nicht auch
andere Zellen diesen auf ihrem Wanderungsweg von der Bauch- auf
die Rückenseite beigemengt sein? Wo finden wir einen Schlüssel zur
Beantwortung dieser Fragen ?
Dass es nicht die zurückgebliebenen Furchungskerne, die sich
jetzt in die Dotterkerne umgewandelt haben, sein können, geht schon
aus ihrer Gestalt hervor. Im Stadium, von dem die Rede ist, sind
von den vereinzelten Dotterzellen noch nur Kerne übrig geblieben ;
das Plasma um sie herum ist vollständig geschwunden. Die Kerne
selbst sind gross und blass, mit sehr wenig Chromatin. Aber den
486 A. PETRUNKEWITSCH,
schlagendsten Beweis liefert der Vergleich mit dem entsprechenden
Stadium der befruchteten Eier. Aehnlich vereinzelte, grosse, stark
abgeblasste Dotterkerne kommen auch hier zu Gesicht (Fig. 4 F).
Dagegen wiirden wir umsonst im befruchteten Ei nach den Zellen, die
in Fig. 3 durch Rz bezeichnet sind, suchen. Wie unsere Fig. 4
zeigt, fehlen sie hier vollstindig. Dicht unter dem Amnion an der
entsprechenden Stelle liegt der Dotter, der immer ganz frei von
Zellen ist.
Es sind also thatsächlich Abkémmlinge der Richtungskörper. Sie
haben sich unterwegs vermuthlich durch Karyokinese vermehrt, ob-
gleich ich in diesem Stadium keine Mitosen gesehen habe. Die Stelle
am Rücken, wo sie sich angesammelt haben, liegt ungefähr in der
gleichen Höhe mit dem Richtungsplasma, d. h. dort, wo die Kopffalte
auf der Bauchseite beginnt, wie wir es bereits früher gesehen haben.
Diese Lage ist am besten auf sagittalen Längsschnitten zu ermitteln.
Einen solchen stellt Fig. 7 dar. Wir sehen hier, dass die erwähnten
Zellen an der Stelle liegen, wo am Rücken das Amnion sich zu bilden
beginnt und die Kopffalte endet. Das Amnion hat noch nicht die
später für dasselbe charakteristische Umgestaltung der Zellen erfahren.
Dagegen beginnt die Bauchseite des Blastoderms den Keimstreifen zu
bilden und sich zur Gastrulation vorzubereiten. Auch hier finden wir
noch im Dotter zerstreute Kerne, deren Aussehen aber von den Rz-
Zellen sehr abweicht.
Der Process der Gastrulation ist schon von Grassi genau be-
schrieben und abgebildet. Ich könnte deshalb nichts Neues zu seinen
Beobachtungen hinzufügen. Da er aber an befruchteten Eiern arbeitete,
so schien es mir von Interesse, Bilder von den entsprechenden Stadien
der Drohneneier zu geben (Fig. 5 u. 6). Wir finden in beiden Stadien
die Rz-Zellen wieder, scheinbar an derselben Stelle wie im vorher-
gehenden Stadium; in Wirklichkeit aber befinden sie sich jetzt dem
hintern Eipol viel näher. Sie sind eben der Mittellinie entlang am
Rücken hinunter geglitten, was ihnen gerade dadurch erleichtert wird,
dass das Amnion hier schon zu einer dünnen Membran umgestaltet
ist, während es links und rechts von der Mittellinie noch aus ge-
wöhnlichen Blastodermzellen gebildet ist. Die Fig. 6 zeigt ausserdem
die jetzt schon eingetretene scharfe Sonderung zwischen dem Keim-
streifen und dem jungen Amnion. Die Gastrulation ist hier beendet,
das Ektoderm wieder vollständig geschlossen und das Mesoderm von
ihm deutlich abgegrenzt. Selbstverständlich fehlen bei den befruchteten
Eiern die Rz-Zellen auch in diesen und in allen nächsten Stadien.
Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 487
Das weitere Hinuntergleiten der Rz-Zellen wird besonders auch
dadurch erleichtert, dass der Keimstreifen immer mehr den Dotter
umwächst. Die Fig. 8 stellt uns ein solches Stadium dar. Das Am-
nion ist hier schon vollständig ausgebildet und geschlossen. Seine
Zellen sind lang und spindelförmig ausgezogen. Ueber ihm ist auch
die Dotterhaut noch deutlich zu sehen. Der Keimstreifen beginnt sich
zu segmentiren, was durch die wellenartigen Eindrücke gekennzeichnet
wird. Die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen des Keimstreifens
sind nicht mehr zu beobachten. Diese liegen jetzt im Ektoderm
meistens in 2 oder 3 Schichten über einander. Auf der Rückenseite
gehen sie allmäblich in eine Schicht über; auf diese Weise umwächst
das Ektoderm allmählich den Dotter, und dort, wo sein Ende noch
frei auf dem Dotter aufliegt, bemerken wir die Rz-Zellen, die hier in
grosser Menge angesammelt sind. Dicht über ihnen sehen wir auch
die Anlage des Mitteldarmepithels (Mad). Obgleich Grassı dasselbe
aus dem Entoderm entstehen lässt, so glaube ich, dass es viel ein-
facher ist, anzunehmen, dass das Mitteldarmepithel bei der Biene aus
dem Mesoderm entsteht. Es ist ja dieselbe mesodermale Schicht, die
auf der Bauchseite unter dem Ektoderm liegt und den Dotter vom
vordern und hintern Eipol umwächst. Erst später trennt sie sich
vom übrigen Mesoderm los und wird zum Aufbau des Mitteldarm-
epithels verbraucht. Diese Anschauung würde sich allerdings mit der
Keimblättertheorie in Widerspruch setzen, wir kennen aber schon ein
Beispiel, wo sie durch directe Beobachtung stark erschüttert wird. So
hat vor Kurzem .DEEGENER !) gezeigt, dass das Mitteldarmepithel bei
Hydrophilus aus dem Ektoderm entsteht.
Auf solche Weise dem Rücken entlang gleitend, gelangen die Rz-
Zellen in den Bereich der mittlern Bauchsegmente. Auch hier noch
vermehren sie sich rege durch Theilung. Solche Theilungen habe ich
in Fig. 9 abgebildet. Man sieht, wie die Kerne immer ähnlicher den-
jenigen werden, die im Dotter noch hier und da zu finden sind. Sie
sind grösser geworden und blassen stark ab. Aber um sie herum ist
immer noch Plasma angehäuft, und manche der Zellen scheinen jetzt
auch eine dünne Membran zu besitzen.
Bis jetzt war es ziemlich leicht, diese Zellen zu verfolgen; von
nun an wird aber die Sache immer schwieriger. Von dem Ektoderm
und dem Mitteldarmepithel überholt, gelangen sie zwischen diese beiden
1) DEEGENER, Entwicklung der Mundwerkzeuge und des Darms von
Hydrophilus piceus, in: Z. wiss. Zool., V. 68.
488 A. PETRUNKEWITSCH,
(Fig. 10 Rz). Nur das sorgfältigste Studium aller Uebergangsstadien
erlaubt uns, mit Sicherheit zu behaupten, dass die Zellen, die hier mit
Rz bezeichnet sind, wirklich dieselben Abkömmlinge der Richtungs-
körper sind, die wir bis dahin kennen gelernt und in ihrer so com-
plicirten Wanderung verfolgt haben. Ihr Aussehen erinnert gar nicht
mehr an die doppelkernigen Zellen. Die Kerne und das Zellplasma
sind jetzt ganz blass, ja oft sogar blasser als die übrigen Zellen des
Embryos. Das darf aber uns nicht wundern, da wir diese Umgestaltung
von Beginn an Schritt für Schritt beobachten konnten. Leider ist es
unmöglich, entsprechende Abbildungen zu geben, da bei starker Ver-
grösserung das Sehfeld sehr klein ist und der ganze Embryo nicht
aufgezeichnet werden kann; bei schwacher Vergrösserung aber werden
diese Zellen überhaupt kaum sichtbar, und man könnte ihre charakte-
ristischen Eigenschaften nicht genügend hervorheben.
Gerade aber ihre Lage zwischen dem Ektoderm, das jetzt ganz
geschlossen ist, und dem Mitteldarmepithel erleichtert unsern Zellen
ihre weitere Wanderung. Die grosse Spannung, die im Ei herrscht,
erlaubt ihnen nicht, in der Mittellinie der Rückenseite längere Zeit zu
verweilen. Das Mitteldarmepithel legt sich ganz fest an das Ekto-
derm, und die Zellen werden in zwei Gruppen vertheilt, von denen
jede in den kleinen Raum zwischen dem Ektoderm, dem Mitteldarm-
epithel und dem Mesoderm gelangt. Fast möchte man glauben, dass
die Zellen durch diesen Druck einfach an die Seiten gepresst werden,
wenn nicht eine so grob mechanische Erklärung mit der Prädestination
dieser Zellen in Widerspruch stehen würde. Denn wenn auch compli-
cirte chemische und physikalische Kräfte daran betheiligt sind, so
wäre es doch kaum möglich, in so einfacher Weise die strenge Bahn,
der die Zellen bis hierher folgten, zu erklären.
In Fig. 11 ist im Querschnitt ein Theil eines Drohnenembryos
abgebildet. Wir sehen das Cölom (Coe) oder die Mesodermröhre, wie
sie vielleicht richtiger von Carribre für die Mauerbiene benannt
wurde. Das splanchnische Blatt des Mesoderms ist schon angelegt.
Wir finden diese Anlage in dem Wulst (sp), der von dem Vorderende
der innern Wand der Mesodermröhre zu wachsen beginnt. Noch hat
ihn das Mitteldarmepithel nicht berührt. Dieses (Md) umwächst all-
mählich den Dotter, indem seine freien Enden gegen die Mittellinie der
Bauchseite verschoben werden. In derselben Richtung wachsen auch
die beiden Hälften des splanchnischen Blattes, die sich dann auf dem -
Bauche treffen und hier verschmelzen. Gegen den Rücken dagegen
wächst es nicht frei, sondern wird so zu sagen von dem Mesoderm
Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 489
mitgeschleppt und schliesst hier den Darm erst in dem Augenblick
ein, wenn auch die Cardioblasten das Herz gebildet haben.
An den Mesodermröhren angelangt, beginnen nun unsere Zellen
in dieselben einzudringen. Sie quetschen sich zwischen den Zellen der
Cölomwand durch, wie es Fig. 12 darstellt. Etwas blasser als die
Mesodermzellen gefärbt, sind sie deutlich von den letztern zu unter-
scheiden. Selbstverständlich kommen in einen Schnitt nur wenige,
hier gerade 3 Zellen zu liegen, in Wirklichkeit aber findet dieser Pro-
cess in 4 Bauchsegmenten statt.
Noch einen Schritt weiter, und die Zellen, die ich von nun an
mit Ug bezeichne, dringen in die beiden Mesodermröhren, rechts und
links ein, legen sich fest an einander und bilden so die Anlage der
Geschlechtsdrüsen (Fig. 13 Ug). In meiner frühern Arbeit habe ich
auf Grund der Arbeiten von CARRIÈRE und Grassi, in Analogie mit
den Befunden von HEYMONS an Phyllodromia germanica angenommen,
dass die Urgenitalzellen in der Wand der Cölomsäckchen (Mesoderm-
röhre) liegen, und habe eine Abbildung gegeben, in der ich eine solche
vermuthliche Urgenitalzelle darstellte. In sehr vorsichtigen Ausdrücken
habe ich schon damals darauf hingedeutet, dass diejenigen Zellen, die
ich als Urgenitalzellen betrachtete, von den Richtungskörpern ab-
stammen und in die Wand der Mesodermröhren einwandern. Damals
fehlte es mir aber an entsprechenden Stadien, um es mit Sicherheit
zu behaupten. Lange suchte ich deshalb nach diesen Stadien, bis ich
schliesslich einsehen musste, dass die in fig. 27 von mir abgebildete
Zelle keine Urgenitalzelle ist. Es ist vielmehr einfach eine sich zur
Theilung vorbereitende Mesodermzelle. Deshalb besitzt sie einen so
grossen Kern und ist fast doppelt so gross wie die andern. Solche
Bilder finden wir häufig an den verschiedensten Stellen des Embryos
und in den verschiedensten Gewebeanlagen. Manchmal findet eine
solche Zelle keinen Platz mehr in der Reihe der andern Zellen, und
dann sieht man sie aus diesen hervortreten, wie z. B. die im Aster-
stadium sich befindende Ektodermzelle in Fig. 17 oder auch die zum
splanchnischen Blatt gehörende, deren äusserer Rand in die Meso-
dermröhrenwand wie eingedrückt erscheint.
Hatte ich mich aber früher in der Beurtheilung des erwähnten
Bildes geirrt, so war doch die Vermuthung richtig, dass die Zellen,
deren Ursprung aus dem Richtungscopulationskern ich nachgewiesen
habe, complicirte Wanderungen im Ei durchmachen. Nur gelangen
sie schliesslich nicht in die Wand der Mesodermröhren, sondern in
das Lumen derselben und bilden hier die Anlage der Genitaldriisen’
490 A. PETRUNKEWITSCH,
Sie nehmen bald an Umfang zu. In Fig. 14 Gz finden wir sie schon
vollständig ausgebildet, wenn auch noch nicht an ihrer definitiven
Stelle an der Rückenseite des Embryos. Links von den Genitalzellen
sehen wir die Anlage für das Pericardialseptum, das aus der äussern
Wand der Mesodermröhre entstanden ist (Ps). Die innere Wand ist
auch viel dünner geworden und wird zur epithelialen Hülle (k) der
Drüse umgebildet. Die vordere Wand giebt die sog. Cardioblasten,
die hier in grosser Zahl vorhanden sind und, wie auch bei andern
Insecten, das Herz bilden). Ein noch vorgerückteres Stadium zeigt
uns Fig. 15. Die Cardioblasten haben sich von den übrigen meso-
dermalen Bildungen abgetrennt und sind schon ganz nahe an einander
1) In einer frühern Arbeit habe ich die Entstehung des Herzens
bei Agelastica alni beschrieben (in: Zool. Anz., V. 21, 1898). Das Herz
entsteht bei diesem Käfer auch aus Cardioblasten. Ein wesentlicher
Unterschied besteht aber darin, dass bei der Biene das Herz von An-
beginn an vom Mitteldarm getrennt gebildet wird, während es bei
Agelastica bis zum Moment seiner Schliessung mit diesem in Zusammen-
hang steht. Die Ursachen davon liegen darin, dass bei der Biene das
Mitteldarmepithel vom Rücken gegen den Bauch zu den Dotter um-
wächst, also in entgegengesetzter Bewegung wie die Cardioblasten sich
befindet. Bei Agelastica dagegen ist das Darmepithel am Bauch viel
früher geschlossen, und, den Dotter umwachsend, bewegt es sich mit
den Cardioblasten zusammen dem Rücken zu. LECAILLON hat mir den
Vorwurf gemacht, dass ich zu grossen Werth auf den beschriebenen
Zusammenhang des Herzens mit dem Mitteldarm bei Agelastica lege.
Er schreibt: „Quant au canal (?) gastrovasculaire qui existe au mo-
ment où les cardioblastes sont réunis par leur bord dorsal et pas encore
par leur bord ventral, il n’a pas de signification speciale; il ne repre-
sente qu'une phase du développement du vaisseau dorsal. Il est dû
seulement à la diminution de l’espace qui, aux stades un peu plus jeunes,
sépare les deux lignes latérales de cardioblastes. Mais il ne joue aucun
rôle.“ ... Ich muss dieser Meinung LecAıtLon’s jetzt beitreten. Wie
bei der Biene, so fehlt wohl auch bei vielen andern Insecten der Zu-
sammenhang zwischen Darm und Herz. Was die andere Frage bei der
Bildung des Herzens betrifft, nämlich den Ursprung der Blutkörperchen,
die ich in Einklang mit TionomiRorr bei Agelastica von den Dotter-
zellen herzuleiten versucht habe, so sehe ich nicht ein, warum es Le-
CAILLON bestreitet. Jeden Falls wäre es sehr schwer zu beweisen, dass
diejenigen Dotterzellen, welche hier in das Herzlumen gelangen, zu
Grunde gehen und sich nicht zu Blutkörperchen umbilden können. Bei
der Biene, wo das Eindringen der Dotterzellen in das Herz durch das
am Rücken und bald auch von den Seiten geschlossene Mitteldarm-
epithel unmöglich gemacht wird, entstehen die Blutkörperchen aller-
dings aus Mesodermzellen.
Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 491
gerückt. Die Muscularis des Mitteldarms (sp) folgt den Cardioblasten
auf dem Wege. Sie zieht mit sich das Pericardialseptum und die Geni-
taldrüse, die durch eine dreieckige Zelle an der Verbindungsstelle des
Pericardialseptums mit der Muscularis befestigt ist.
Am Ende des 3. Tages ist im Drohnenei die junge Larve oder
Made schon vollständig ausgebildet. Fig. 18 stellt uns einen Quer-
schnitt durch ein Ei in diesem Stadium dar. Die Zellen der Hypo-
dermis (E%) haben ihre definitive Form erreicht, während sie früher
am Rücken den Amnionzellen ähnlich sahen. Das Mitteldarmepithel
ist an der Bauchseite geschlossen, und die Muscularis umgiebt jetzt
den Darm von allen Seiten. Mit ihrer Schliessung am Rücken und
mit der Ausbildung des Herzens (C) gelangen auch die Genitaldrüsen
(Gz) in ihre definitive Stellung. Unter dem Pericardialseptum ge-
legen, sind sie von ihrer epithelialen Hülle (2) umgeben. Diese wird
mittels einer Membran, die aus den dreieckigen Zellen entstanden ist,
zusammen mit dem Pericardialseptum (ps) an der Bauchseite des
Herzens befestigt. ;
Um den Bau der Genitaldriise bei der Drohnenlarve noch klarer
darzustellen, habe ich in Fig. 19 auch einen sagittalen Längsschnitt
durch dieselbe abgebildet. Wir finden hier in derselben Reihenfolge
von aussen nach innen die Hypodermis (E%), die aus dem somatischen
Blatt des Mesoderms entstandenen Längsmuskeln (so), das jetzt ganz
dünne Pericardialseptum (Ps), die dorsale und ventrale Wand der epi-
thelialen Hülle (A), in deren Mitte die Genitalzellen (Gz) liegen, und
endlich die Muscularis (sp) und das Epithel (Mad) des Mitteldarms.
Durch die Ziffern sind die Abdominalsegmente angegeben. Wie aus
der Abbildung zu ersehen ist, bilden jetzt die Genitalzellen einen
langen, gewundenen Strang. Sie sind viel grösser als die übrigen
Zellen des Körpers. Ihr Plasma ist etwas heller gefärbt, und die
Kerne sind gross und rund. Die Zellen der epithelialen Hülle sind
dagegen sehr dunkel gefärbt. Wo die Genitaldrüse faltenähnlich zu-
sammengelegt ist, da sind die Zellen der Hülle mit langen Fortsätzen
versehen, die bis an die Genitalzellen reichen. Sie dienen somit als
Stützzellen für diese. Es ist nicht leicht, ihre wirkliche Form im
Raum zu ermitteln. Auf dem Schnitt sehen sie dreieckig aus, werden
aber wohl pyramidenförmig sein. Die Spitze der Pyramide wäre dann
der eben besprochene Fortsatz, während die Basis am Aufbau der
Hülle selbst Theil nimmt. Die andern Zellen der Hülle sind spindel-
förmig. Wie aus diesem Längsschnitt zu ersehen ist, sind die Genital-
zellen in einer Schicht gereiht, und wenn sie auf den Querschnitten
492 A. PETRUNKEWITSCH,
mitunter auch in zwei bis drei Reihen angeordnet erscheinen, so kommt
das daher, dass es offenbar Schnitte aus derjenigen Gegend sind, wo
die Genitalzellen eine Falte bilden.
Endlich habe ich bei schwacher Vergrösserung einen unter einem
kleinen Winkel zur Symmetrieebene geführten Sagittalschnitt abge-
bildet. Derselbe hat in Folge dessen das Nervensystem und die Geni-
taldrüse zu gleicher Zeit getroffen (Fig. 20). Das Präparat selbst war
mit Hämatoxylin gefärbt, aber der Deutlichkeit halber habe ich die
Abbildung vielfarbig gehalten. Es ist eine bereits zum Ausschlüpfen
aus dem Ei fertige Larve. Wir sehen noch das Chorion und das
Amnion. Der Mitteldarm ist noch geschlossen, und in seinem Innern
sieht man den Dotter. Vom Vorderdarm ist er durch eine Zellen-
reihe getrennt, vom Hinterdarm durch zwei Zellenreihen, von denen
die eine durch das Mitteldarmepithel, die andere durch das Hinter-
darmepithel gebildet wird. Die Genitaldrüse liegt in Form eines
wellenartigen Stranges im 3., 4., 5. und 6. Abdominalsegment, und ich
muss gleich hinzufügen, dass sie bei einer weiblichen Larve genau die-
selbe Lage einnimmt. Grassı meint zwar, dass die Genitaldrüse sich
vom 4. bis zum 8. Bauchsegment erstreckt. Mehrere männliche und
weibliche Larven, die ich darauf hin untersucht habe, überzeugten mich
aber, dass die Genitaldrüse so gelegen ist, wie ich sie abgebildet habe.
Der Unterschied in der Beobachtung mag in den inzwischen ver-
besserten Methoden liegen. Die Krümmung der Larve, wie sie ge-
wöhnlich nach Verlassen der Eihüllen eintritt, könnte kaum genügen,
um eine solche Verschiebung der Drüse zu bewerkstelligen, da sie
ihrer ganzen Länge nach, wie wir oben geschildert haben, mittels einer
Membran am Herzen befestigt ist.
Ganz anders ist die Entwicklung der Genitaldrüsen in befruchteten
Bieneneiern. Im freien Raum, der vom Mitteidarmepithel, dem Ekto-
derm und der vordern Wand der Mesodermröhre gebildet wird, kommen
zwar auch Zellen vor; da aber die Richtungskörper in solchen Eiern
regelmässig zu Grunde gehen, so ist die Herkunft dieser Zellen eine
andere, und zwar, wie wir gleich weiter sehen werden, stammen sie
vom Mesoderm. Eine solche Zelle ist auch in Fig. 17 abgebildet.
Diese Zellen sind aber im befruchteten Ei viel geringer an Zahl als
die mit Rz bezeichneten Zellen der Drohneneier, die an denselben Ort
gelangen. Zudem konnte ich nie ein Eindringen dieser Zellen in die
Mesodermröhre beobachten, so wie es in Fig. 12 für die Drohneneier
abgebildet ist.
Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 493
Im befruchteten Bienenei entstehen die Genitaldriisen
aus Mesodermzellen, die in die Mesodermrören von der
Bauchseite her eindringen (Fig. 17 Ug). Hier bildet sich ein
Spalt, so dass die Mesodermröhre einer hintern Wand entbehrt. In
diesen Spalt ragen nun Zellen hinein, die weiter unten mit dem Meso-
derm einen gemeinsamen Complex bilden. Es wäre übrigens auch
möglich, dass es die losgetrennte hintere Wand selbst ist. In der
Mesodermröhre angelangt, wandeln sich die Mesodermzellen hier ganz
ähnlich um, wie wir es schon für die Drohneneier beschrieben haben.
Unsere Abbildung (Fig. 17) zeigt auch, dass alle andern Theile im
befruchteten Ei genau ebenso wie im unbefruchteten gestaltet sind.
Wir sehen das Mitteldarmepithel (Md), dessen freies Ende gegen die
Mittellinie der Bauchseite wächst; der Fortsatz (sp) der Mesoderm-
röhrenwand bildet das splanchnische Blatt, aus dem sich die Muscu-
laris des Darms entwickelt. Aus der innern Wand entsteht die epi-
theliale Hülle der Genitaldrüse der Larve, aus der vordern die Cardio-
blasten und die Membran, welche die Drüse am Herzen befestigt; aus
der äussern Wand der Mesodermröhre entsteht endlich das Pericardial-
septum und die Muskeln.
Somit wäre die Entstehung der Genitalzellen aus den Richtungs-
körpern bei den Drohnen bewiesen und damit der Unterschied in der
Entwicklung der männlichen und weiblichen Geschlechtsdrüsen fest-
gelegt, wenn nicht ein Umstand die Sicherheit des Beweises trüben
würde. Betrachten wir nämlich einen sagittalen Längsschnitt (Fig. 16)
durch ein Drohnenei im Stadium, wenn das Stomodäum angelegt ist,
so sehen wir Folgendes: Im zukünftigen Kopfe des Embryos, über
dem freien Raum, in den das Gehirn zu liegen kommt, befindet sich
dicht unter dem Ektoderm eine Schicht von mesodermalen Zellen,
meistens von spindelförmiger Gestalt. Diese Zellen lösen sich nun von
ihrem ursprünglichen Lager los und fallen in den Raum zwischen dem
Ektoderm und dem Mitteldarmepithel am Rücken, d. h. sie gelangen
gerade an den Ort, wo wir auch die aus den Richtungskörpern ent-
standenen Zellen gesehen haben. Mit diesen können sie von dort in
den dreieckigen Raum vor der Mesodermröhre gelangen, und sie sind
es sicher, die wir hier im befruchteten Ei auch gesehen haben (Fig. 17).
Bei den befruchteten Eiern dringen sie nicht in die Mesodermröhre
hinein, was ich schon oben erwähnt habe. Ist es aber so auch bei
den Drohneneiern? Oder können diese Zellen, mit den andern Zellen
vermengt, in die Mesodermröhren doch eindringen, um hier am Aufbau
der männlichen Geschlechtsdrüsen auch Theil zu nehmen? Alle meine
494 A. PETRUNKEWITSCH,
Versuche, durch künstliche Färbung diese Zellen von andern auffällig
zu unterscheiden, misslangen. Zudem geht auch ihre ursprüngliche
spindelförmige Gestalt verloren, und so müssten denn diese Fragen
unentschieden bleiben. Mir scheint aber, dass die vergleichende Me-
thode gerade in der Entscheidung dieser Fragen Ausschlag gebend ist.
Die Zahl der Zellen, die nach der Bildung der Genitalanlage im freien
Raum vor der Mesodermröhre im Drohnenei zurückbleiben, entspricht
ungefähr der Zahl der Zellen im befruchteten Ei, die sich an derselben
Stelle befinden. Dieser Umstand und die Thatsache, dass die Ent-
wicklung der weiblichen Geschlechtsdrüsen auf ganz anderm Wege
erfolgt, dass sie nämlich von mesodermalen Zellen, die in die Meso-
dermröhren durch die Hinterwand eindringen, aufgebaut werden, während
bei den Drohneneiern es diejenigen Zellen sind, welche durch die
Vorderwand in die Mesodermröhre gelangen, giebt der Auffassung,
dass alle männlichen Geschlechtszellen von dem Rich-
tungscopulationskern in directer Folge abstammen,
einen sichern Boden.
Es ist von grossem Interesse, die Vorgänge, die ich im Drohnenei
beobachtet habe, an andern Objecten zu bestätigen, und zwar an
solchen parthenogenetischen Eiern, die auch zwei Richtungskörper
bilden. Ich blieb zuerst bei Artemia salina stehen, wo nach den
Untersuchungen von BRAUER in den Subitaneiern manchmal zwei Rich-
tungskörper gebildet werden, von denen der zweite aber wieder mit
dem Pronucleus verschmilzt. Viele Hunderte von Bildern haben mir
aber klar gezeigt, dass dieser sogen. zweite Modus von BRAUER auf
pathologische Vorgänge im Ei zurückzuführen ist. Verschiedene andere
pathologische Zustände schildert selbst BRAUER in genügender Menge,
um sich von dem häufigen Auftreten solcher Missbildungen ein Bild
zu machen. Ueberall, wo ich normal entwickelte Eier zu Gesicht be-
kam — meine Untersuchungen erstreckten sich leider nur auf die
Dauereier, da die Thiere im Aquarium keine Subitaneier hervorbringen
wollten — überall wurde nur ein Richtungskörper gebildet.
Ein anderes Object, das mir in grösserer Zahl zur Verfügung
stand, waren verschiedene Blattlausarten. Besonders günstig schien
mir Rhopalosiphum nymphaeae zu sein, da diese Art auf den Pflanzen
in unsern Tiimpeln während der warmen Herbstmonate in ungeheuren
Massen auftrat. Obgleich BLOCHMANN seiner Zeit nur ein Richtungs-
körperchen bei den viviparen Aphiden constatiren konnte, so glaubte
ich doch, dass seine Resultate nachgeprüft werden müssten. Ich wählte
zu diesem Zweck die letzte vivipare Herbstgeneration, aus der also
Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 495
auf parthenogenetischem Weg ovipare Weibchen und Männchen ent-
stehen mussten. Lag es an der Conservirung, oder hatte ich die
passende Zeit versäumt, aber unter Hunderten von Eiern konnte ich
nur 2 finden, bei denen noch der erste Furchungskern vorhanden war.
Solche Stadien habe ich in den Figg. 21 und 22 abgebildet. Die
erste stellt sicher die Richtungscopulationsspindel dar, und daraus
müssen wir, nach Analogie mit den Bieneneiern und der Rhodites
rosae, schliessen, dass bei. Rhopalosiphum nymphaeae 2 Richtungs-
körper gebildet werden, von denen das 1. sich wieder theilt, und dass
die innere Hälfte des 1. Richtungskörpers in Copulation mit dem
2. Richtungskörper tritt. Was die Fig. 22 angeht, so sind hier zwei
Möglichkeiten vorhanden: entweder ist es das Stadium der Copulation
der Richtungskörper oder die aus dem Richtungscopulationskern ent-
standenen ersten 2 Zellen. Ich bin geneigt, die letzte Möglichkeit als
der Wirklichkeit näher zu betrachten. Einerseits spricht dafür das
Aussehen des Chromatins in den beiden Zellen, das so angeordnet
ist wie nach einer eben vollbrachten Theilung. Andrerseits stammt
dieses Ei aus einem Ovarium, welches schon viel weiter vorgeschrittene
Stadien enthielt als dasjenige, welchem das in Fig. 21 abgebildete Ei
entnommen war. Die ausserordentlich kleinen Verhältnisse erlaubten
mir aber nicht, das weitere Schicksal der Richtungskörper bei den
Aphiden zu verfolgen, so dass ich den Gedanken, die bei der Biene
aufgeworfenen Fragen an andern Formen zu prüfen, wenigstens vor-
läufig aufgeben musste.
Vergleich mit andern Thieren.
Die Keimbahn im Drohnenei und ihre Erklärung.
Die Entwicklung der Geschlechtsorgane bei den Insecten ist schon
öfters Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen. Historische
Zusammenstellungen haben BALBIANI, WiTLaczIL und HEYMONS ge-
geben, deshalb will ich mich darüber kurz fassen.
Die Lehre von den Keimblättern lenkte lange Zeit die Aufmerk-
samkeit der Gelehrten auf sich, und dadurch ist es zu erklären, dass
die meisten Arbeiten darauf hinauslaufen, die Entwicklung der Ge-
schlechtsorgane bis zu ihrem Ursprung aus dem einen der Blätter zu
verfolgen. Wenn wir von den viviparen Rhynchoten und den Dipteren
absehen, bei welch letztern in den Polzellen die erste Anlage der
Geschlechtszellen, deren Ursprung hier schon auf das Blastoderm-
stadium oder sogar noch früher zurückverlegt ist, gegeben ist, so
496 A. PETRUNKEWITSCH,
stimmen alle andern Arbeiten darin überein, dass die Urgenitalzellen
zum ersten Mal erst dann als solche zu unterscheiden sind, wenn bereits
die Cölomsäckchen ausgebildet sind. In der Mesodermwand dieser
Cölomsäckchen fallen sie bei manchen Insecten durch ihre grössern
Dimensionen, im Vergleich mit den andern Zellen, auf. Mit Ausnahme
von CHOLODKOWSKY, der sie auf eingewanderte Dotterzellen zurück-
zuführen sucht, stimmen alle andern Forscher darin überein, dass es
differenzirte Mesodermzellen sind. Am Eingehendsten hat sie Hry-
MONS für Phyllodromia germanica beschrieben: „Gerade wie in den
frühern Entwicklungsstadien sich einzelne Mesodermzellen in Genital-
zellen umbildeten, so vollzieht sich auch nach der Bildung der Cülom-
sicke dieser Umbildungsprocess noch weiter, indem auch jetzt noch
Mesodermzellen, welche nunmehr in Form einer Epithelschicht einen
Abschuitt der Leibeshöhle umschliessen, sich in Genitalzellen um-
wandeln.‘ Nun beginnt eine Wanderung der Genitalzellen. Zuerst
nehmen sie Platz zwischen Dotter und Mesoderm, nachher „gelangen
sie in die Leibeshöhle hinein und liegen in derselben der Dissepiment-
wand zunächst noch angelagert“. Dann verlassen sie „wieder die
Leibeshöhle, um sich in eine andere Ursegmentwand einzulagern.
Doch ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Einwanderung der Genital-
zellen nur längs der Mittellinie der dorsalen Ursegmentwände statt-
findet, gleich weit von dem medialen wie von dem lateralen Ende der-
selben entfernt.‘
In ähnlicher Weise, aber ohne Wanderung der Genitalzellen,
beschreiben CARRIÈRE U. BURGER die Entstehung der Genitaldrüsen
bei der Mauerbiene (Chalicodoma muraria). Wir lesen hier: „Immer-
hin sind bei Chalicodoma die Geschlechtszellen erkennbar, kurz nach-
dem die Mesodermröhren sich in den betreffenden Segmenten gebildet
haben und ehe das Hinterende der Mittelplatte abgeschnürt ist, also
recht frühzeitig.‘ „In der dorsalen Wand der Mesodermsäcke des
3., 4. und 5. Hinterleibssegments, etwas von dem äussern Rand ent-
fernt, vergrössern und vermehren sich einige Zellen und neigen sich
mit ihren innern Enden einem gemeinsamen Mittelpunkt zu, so dass
ein kleiner, eiförmiger Körper entsteht, der sich zunächst nur un-
vollkommen, später deutlicher von den benachbarten Zellen abgrenzt.
Sowie die junge Geschlechtsanlage sich soweit herausgebildet hat, ragt
sie gegen den Dotter zu nicht unbedeutend über die dorsale Fläche
des Mesoderms hervor, während sie zugleich den Innenraum derselben
fast ganz ausfüllt.““
Was speciell die Entwicklung der Genitaldrüsen bei der Honig-
Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 497
biene betrifft, so sind wir nur auf die Arbeit von Grassi angewiesen.
Dieser Forscher konnte schon ziemlich genau das erste Auftreten der
Genitalanlagen feststellen. Mehr wäre auch kaum möglich bei der
Schwierigkeit der Technik und der Kleinheit des Objects, dessen
einzelne Elemente unter einander ausserordentlich ähnlich sind. Die
Beschreibung, die Grassi giebt, entspricht in grossen Zügen dem, was
Heymons über Phyllodromia germanica und CARRIÈRE über Chalico-
doma sagen: „Sono formazione mesodermica ; nascono press’a poco ai
confini tra il foglietto superficiale e il foglietto profondo del meso-
derma: sono al loro primo apparire addossati ai cordoni cellulari che
formano il vaso dorsale. Poco dopo che essi si sono formati, si tro-
vano compressi nell’angolo dorsale fatto dal foglietto superficiale col
foglietto profondo“.
Vergleichen wir diese Beschreibungen mit dem, was wir oben von
der Entwicklung der Genitaldriisen bei Drohnen und Arbeitsbienen
angegeben haben, so finden wir, dass dieselben in verschiedenen Punkten
von einander abweichen. Während Grassi, HEYMONS und CARRIÈRE
die Urgenitalzellen in den Cölomwänden und Dissepimenten entstehen
und erst dann in die Cölomsäckchen resp. Mesodermröhren hinein-
ragen lassen, wenn sie bereits einen compacten Körper bilden, diesen
Vorgang also auf rein passive, mechanische Ursachen zurückzuführen
suchen, weil ihrer Meinung nach die so herangewachsene Genitaldrüse
keinen Platz mehr in der Mesodermwand findet, konnte ich bei den
Drohneneiern wie bei den Arbeitsbieneneiern feststellen, dass die Ur-
genitalzellen bei den erstern durch die Dorsalwand, bei den letztern
durch die Ventralwand in die Mesodermröhre hineinwandern, ein
Process, welcher also auf keinen Fall bloss durch Raummangel erklärt
werden könnte. Vielmehr haben wir es hier mit einer Erscheinung
zu thun, die darauf hinweist, dass uns hier besondere, von allen
andern Zellen des Körpers abweichende Zellen vorliegen, deren Schicksal
durch ihren innern Bau prädestinirt ist. Denn einfache Raumver-
schiebungen könnten nicht dazu ausreichen, diese Zellen zu Urgenital-
zellen zu stempeln, und der Stoffwechsel müsste in ihnen und in den
benachbarten Mesodermzellen annähernd gleich sein, wenn ihr innerer
Bau auch ein gleicher wäre. Ein solcher Unterschied im Bau kann
aber nur dann begreiflich gemacht werden, wenn wir uns die be-
treffenden Zellen mit Keimplasma ausgestattet denken. Somit gelangen
wir zu der Vorstellung von der Continuität des Keimplasmas, wie sie
durch die Keimbahnen veranschaulicht wird.
Seitdem WEISMANN zum ersten Mal den Gedanken von der Con-
Zool. Jahrb. XVII, Abth, f. Morph. 39
498 A. PETRUNKEWITSCH,
tinuität des Keimplasmas geäussert hat, sind bereits 16 Jahre ver-
flossen. Allgemein dürfte der Kampf um die Wersmanw’sche Hypothese
bekannt sein. Sie wurde von vielen Seiten angegriffen, fand aber
auch viele Bestätigungen. Besonders schön wurde die Keimbahn bei
Cyclops von HÄckER klargelegt. Bei Cyclops tritt die Scheidung in
somatische Zellen und Keimzellen schon bei der 1. Furchungstheilung
auf und kann bis zur Anlage der Geschlechtsorgane verfolgt werden.
„Durch die zunehmende Phasendifferenz wird von der 1. Furchungs-
theilung an eine bestimmte Folge von Zellen als Keimbahn ge-
kennzeichnet.“ „Die Körnchenzellen (d. h. die Körnchen pro-
ducirenden Zellen) stellen die Etappen der Keimbahn dar.“
Wie sind aber vom Standpunkt der Hypothese von der Continuität
des Keimplasmas die Erscheinungen bei der Entwicklung der Bienen-
eier zu erklären? Ist in Wirklichkeit ein tiefer Unterschied in den
Keimbahnen der befruchtungsbedürftigen und der parthenogenetischen
Eier vorhanden ? Auf den ersten Blick scheint es ja so zu sein, da
die Urgenitalzellen der weiblichen Keimdrüsen vom Mesoderm stammen
und erst später als Keimzellen zu erkennen sind, während sie bei den
Drohneneiern auf die Richtungskörper zurückzuführen sind. Hier
wäre also mit der 2. Reifungstheilung die Trennung der somatischen
Zellen von den Keimzellen gegeben. Sicher tritt die Trennung auch
bei den befruchteten Eiern früher ein, als sie mikroskopisch zu be-
obachten ist, und sie wird wohl auf die Zeit der Blastodermbildung
oder auch schon in die Furchung verlegt werden müssen. Aber trotz-
dem bliebe ein beträchtlicher Unterschied, und wir müssen deshalb
zuerst prüfen, ob in dem frühen Auftreten dieser Trennung in den
parthenogenetischen Eiern irgend ein Vortheil vorhanden sein könnte.
Wir müssen uns zu diesem Zweck die Thatsachen ins Gedächt-
niss zurückrufen, wie sie bei der Reifung der parthenogenetischen
Bieneneier von mir festgestellt wurden. Die normale Zahl der Chromo-
somen, die sich bei den Bienen auf 16 quadrivalente, resp. 64 ein-
fache beläuft, wird bei der Bildung des 2. Richtungskörpers mittels
einer Reductionstheilung auf die Hälfte reducirt. Bei der Bildung
des 1. Furchungskerns wird diese Zahl 16 wieder hergestellt, indem
die 8 vierwerthigen Chromosomen sich (vermuthlich) der Länge nach
spalten, ohne dass eine entsprechende Zelltheilung erfolgt. Waren
also im Keimbläschen 16 Chromosomen a, b, €, d,....m, n, 0, p, so
vertheilen sie sich auf das 2. Richtungskörperchen und den weiblichen
Pronucleus etwa, wie folgt:
Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 499
2. Richtungskörper Fe 1, ı) 8
weiblicher Pronucleus aD. 8
Durch die Längsspaltung verdoppelt wären im 1. Furchungskern
von den so entstandenen 16 Chromosomen je 2 identisch, also:
1, Purchungskerm a, a,b, b, ec, c,d,d,... 1116
Bei einem hypothetischen Thier, das sich nur durch Partheno-
genese fortpflanzte und dabei immer 2 Richtungskörper ausstiesse
und bei dem die Urgenitalzellen aus dem Furchungskern entstünden,
würden auf diese Weise im Lauf von mehreren Generationen sicher
alle Chromosomen eliminirt, mit Ausnahme von irgend einem, etwa a,
und das Keimbläschen würde von nun an zwar auch 16, aber nur
identische Chromosomen enthalten.
Viel complicirter müsste die Sache bei den Bienen sein, bei denen
ja nur die Männchen parthenogenetisch entstehen. Bei der Spermato-
genese, die ja auch immer von einer Reductionstheilung eingeleitet
wird, würden Spermatozoen entstehen, deren 8 Chromosomen nur
äusserst selten alle verschieden sein könnten. Oefters würde der Fall
eintreten, dass unter diesen 3 Chromosomen 2, 3 oder mehr gleich
sind. Wir hätten z. B. eine Zusammenstellung
ain bare: did, auf.
Das befruchtete Ei würde somit auch nur äusserst selten, wenn
überhaupt, 16 verschiedene Chromosomen enthalten. Meistens würden
darunter mehrere identische Chromosomen vorkommen. Bei den nächsten
Reductionen würden immer häufiger identische Chromosomen auf-
treten, da die normale Zahl der Chromosomen im Drohnenei nur
durch Längsspaltung der schon vorhandenen wieder hergestellt werden
könnte. Der Process der Eliminirung würde zwar auf diese Weise
gegenüber den hypothetischen, sich rein parthenogenetisch fort-
pflanzenden Thieren sich stark verzögern und auf eine viel grössere
Zahl von Generationen erstrecken. Schliesslich müsste aber doch die
Zeit eintreten, wo nicht nur bei den Drohnen, sondern auch bei
den Weibchen alle 16 Chromosomen in den Zellen identisch sein
würden.
Wie verhält es sich aber in dem Fall, wenn die Geschlechtsdrüsen,
wie bei den Drohnen, aus dem Richtungscopulationskern entstehen ?
Hier findet zuerst eine Aequationstheilung bei der Bildung des
1. Richtungskörpers statt, so dass wir 2 Gruppen, jede mit voller
Zahl der Chromosomen, erhalten. Selbstverständlich gelangen in jede
Gruppe nur verschiedene Chromosomen, da durch die Aequations-
32*
500 A. PETRUNKEWITSCH,
theilung wie quantitative so auch qualitative Reduction ausgeschlossen
wird. Es waren also im:
1. Richtungskörper a,b, c, d..... m; 11,10) 9 106
Eikern 206 dE meen An pane
Nun tritt die Reductionstheilung ein, wie im Eikern so auch im
1. Richtungskörper. Es entstehen 4 Gruppen mit je 8 Chromosomen;
jede Gruppe wird aber höchst wahrscheinlich verschieden zusammen-
gesetzt sein, etwa wie folgt:
Peripherer Theil des 1. Richtungskérpers a,c, m, p..
Benbralenen cs: | as! 45 Le b, diese
2. Richtungskörper a; DAG, Mla.
Weiblicher Pronucleus ef, 2 es
Nun bilden der centrale Theil des 1. Mare mit dem
2. Richtungskérper nach ihrer Copulation den ,,Richtungscopulations-
kern.“ Dieser Kern erhält wieder 16 Chromosomen, die wohl selten
alle verschieden sein werden, wenn nicht irgend eine Vorrichtung da-
gegen im Ei selbst getroffen ist. Meistens werden wohl 2 oder 4
identische Chromosomen vorhanden sein. Aber auch das entgegen-
gesetzte Extrem wird dadurch fast unmöglich gemacht, denn es ist
kaum denkbar, dass in den centralen Theil des 1. Richtungskörpers
und den 2. Richtungskörper nur identische Chromosomen gelangen
würden, dass wir also etwa die folgende Combination vor uns hätten:
Centraler Theil des 1. Richtungskörpers a,b,c,d.... 8
2. Richtungskörper A: DEC
Selbst aber in diesem äusserst seltenen, wenn überhaupt mög-
lichen Fall würde nur diejenige Combination der Chromosomen ein-
treten, die wir für den 1. Furchungskern des Drohneneies oben erörtert
haben und die beim hypothetischen Thier nur im denkbar besten Fall
stattfinden könnte.
Nach dieser theoretischen Auseinandersetzung liegt uns der Vor-
theil auf der Hand, den die Entstehung der Geschlechtszellen bei den
Drohnen aus dem Richtungscopulationskern gewährt. Bei der Spermato-
genese würde also der Fall, dass identische Chromosomen in einem
Spermakern enthalten wären, viel seltner eintreten, als wir das für
die männlichen Geschlechtszellen zulassen mussten, wenn sie aus dem
unbefruchteten weiblichen Pronucleus entstehen würden. Somit ist
auch die Gefahr viel geringer, dass im Laufe von mehreren Gene-
rationen der Eikern nur aus identischen Chromosomen zusammen-
gestellt wäre, mit andern Worten, dass die qualitativen Unterschiede
Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 501
der einzelnen Chromosomen verloren gehen könnten. Bedenken wir,
dass die 16 im Keimbläschen enthaltenen Chromosomen in Wirklich-
keit vierwerthig sind, dass wir also nicht 16, sondern 64 Chromosomen
vor uns haben, so müssen wir zugeben, dass die Gefahr der quali-
tativen Nivellirung noch um ein Beträchtliches herabgesetzt wird, ja,
dass sie überhaupt kaum noch vorhanden ist.
Jetzt wird uns auch die andere Frage klar, warum im befruchteten
Bienenei dieser complieirte Weg zum Aufbau der weiblichen Geschlechts-
drüsen von der Natur nicht gewählt werden konnte, dass hier viel-
mehr der gewöhnliche Entwicklungsvorgang stattfindet. Denn diese
Art der Entwicklung ist die ursprüngliche, und sie könnte nur dann
geändert werden, wenn sie in irgend welcher Weise für die Bienen
von Vortheil wäre. Würden aber auch die weiblichen Genitalzellen
sich aus dem Richtungscopulationskern entwickeln, so müsste auch die
Befruchtung bei den ‘Bienen überhaupt überflüssig werden, und die
ganze Colonie würde nur noch aus parthenogenetischen Weibchen be-
stehen. Nun konnte aber das unbefruchtete Bienenei allem Anschein
nach nicht die Eigenschaft entfalten, die weibliche Anlage zur Ent-
wicklung zu bringen. Wenigstens wird bei den Bienen das Geschlecht
ganz sicher dadurch definirt, dass die Befruchtung stattfinden muss,
wenn eine Arbeiterin oder Königin zur Welt kommen soll. Die hierauf .
bezüglichen Experimente von DIcKEL sind auch mangelhaft und falsch,
und können diese Thatsache in keiner Weise erschiittern. Es würde
mich zu weit führen, seine Experimente hier zu widerlegen. Ihnen
widersprechen alle Erfahrungen der Imker und die Versuche, welche
Orro Vom Ratu schon vor mehreren Jahren am hiesigen Institut an-
gestellt hat. Wird das Volk zufällig oder künstlich entweiselt, und
finden sich im Bienenstock keine befruchteten Eier oder aus denselben
entstandene, aber noch junge Larven vor, so machen die Arbeiterinnen
allerdings den Versuch, über Drohneneiern Weiselzellen zu errichten.
Das Geschlecht der Larven, die in solchen falschen Weiselzellen aus
den unbefruchteten Eiern entstehen, kann aber nicht mehr umge-
stimmt werden, denn es fehlt ihnen eben das zum Eikern hinzu-
kommende Sperma. Sie gehen früher oder später zu Grunde, weil
der Futterbrei und alle andern Lebensbedingungen, die die Arbeiterinnen
ihnen herzuschaffen versuchen, ihren Bedürfnissen nicht entsprechen,
sondern vielmehr wie Gift auf sie wirken. Entsteht aber trotzdem in
einer solchen falschen Weiselzelle ein lebendes Wesen, so ist es immer
eine normale Drohne, wie es durch die Beobachtungen von KosHew-
502 A. PETRUNKEWITSCH,
NIKOW festgestellt ist!). Die Versuche von Orro Vom RATH wurden
neuerdings in unserm Institut auch von Herrn Dr. v. BUTTEL-REEPEN
wiederholt, aber mit demselben ungünstigen Erfolg. Aus einem durch
zufälligen Tod der Königin entweiselten Volk wurden sofort alle
Waben mit befruchteten Eiern entfernt. Ueber 8 von den noch vor-
handenen Drohneneiern haben die Arbeiterinnen Weiselzellen errichtet.
Alle 8 aus den Eiern entstandenen Larven gingen bald zu Grunde.
Die Bienen schienen das selbst zu bemerken, denn sie suchten bald
die Larven zu entfernen, indem sie die Weiselzellen durchnagten.
Einige Weiselzellen wurden deshalb von kleinen Drahtnetzen umringt
zum Schutz vor den Angriffen der Bienen, deren Sorge für die ver-
deckelten Nymphen nicht mehr nöthig ist. Die Untersuchung ergab
aber bald, dass auch diese Nymphen lebensunfähig waren: sie wurden
todt und zerfallen in den Weiselzellen aufgefunden.
Das unbefruchtete Bienenei kann somit nicht zum weiblichen
Wesen auferzogen werden. Nun reicht aber der Spermavorrath im
Receptaculum seminis der Königin oft nicht aus, trotzdem nur Arbeite-
rinneneier befruchtet werden ?). Es musste also eine Vorrichtung ge-
troffen werden, um den Verbrauch des Spermas wo möglich zu be-
schränken, und auf diese Ursache, glaube ich, ist die parthenogene-
tische Entstehung der Drohnen zurückzuführen. Dabei hat die Natur
den Weg gewählt, welcher mehr Vortheile bieten konnte, sie hat dem
weiblichen Pronucleus im unbefruchteten Ei nur den Aufbau des
1) KosHrwnikxow, G. A, Anormale Erscheinungen im Leben der
Bienenfamilie. Referat von Apervune in: Zool. Ctrbl., V. 8, 1901.
2) Die Bienenkönigin wird bekanntlich nur einmal im Leben, auf
ihrem Hochzeitsflug, begattet. Das Receptaculum seminis, in dem das
Sperma aufbewahrt wird, kann nach den Angaben von LEUCKART etwa
25000000 Spermatozoen aufbewahren, und diese Zahl ist vielleicht noch
zu gering genommen. Bei der Befruchtung findet aber gewöhnlich Poly-
spermie statt, es werden also viel mehr Spermatozoen verbraucht, als
nothwendig ist. Das Leben der Arbeitsbienen ist in den Sommermonaten
wohl nur auf mehrere Wochen beschränkt, der Verlust an Arbeitskraft
muss fortwährend ersetzt werden, und so geschieht es, dass die Königin
im 4. Lebensjahr oft alles Sperma verbraucht hat und keine Arbei-
terinnen mehr erzogen werden können. Es werden nun nur Drohnen
ins Leben gerufen, und die Colonie müsste zu Grunde gehen, was auch
öfters geschieht, wenn die Arbeiterinnen nicht rechtzeitig eine junge
Königin in einer Weiselzelle erzogen haben oder der Imker eine be-
fruchtete Königin anstatt der alten ins Volk setzt. Es ist daraus klar,
dass der grosse Spermavorrath doch schneller verbraucht wird, als man
glauben könnte.
Das Schicksal der Richtungskürper im Drohnenei. 503
Somas überlassen und ihm die Fähigkeit genommen, Genitalzellen zu
produciren. Diese wurden auf die copulirten Richtungskörper über-
tragen. Wir müssen aber nicht denken, dass hier etwas ganz Neues
und aus neuen Anlagen geschaffen wurde. Die Anlagen dazu waren
schon längst gegeben. Die Copulation der Richtungskörper ist durch-
aus nicht allein auf die Drohneneier beschränkt. Sie scheint vielmehr
ein phyletisch alter Vorgang zu sein, denn, wie es scheint, findet sie
überall dort statt, wo 2 Richtungskörper gebildet werden. HÄCKER
hat eine solche Verschmelzung der Richtungskörper, verbunden sogar
mit einer nachträglichen Wanderung ins Innere des Eies, bei Cyclops be-
obachtet und beschrieben. HENKING konnte dasselbe für verschiedene
Insecteneier feststellen, und von ihm stammt sogar der Ausdruck
„Richtungskerncopulation“. Auch im befruchteten Bienenei findet eine
Copulation der Richtungskörper statt, wie wir das früher erwähnt
haben, und das weist auch darauf hin, dass bei den Bienen die Rich-
tungskerncopulation ein älterer Vorgang ist als die Parthenogenese.
Die Anlage war also schon vorhanden. Als der Eizelle homologe
Zellen konnten die Richtungskörper zum Aufbau der Geschlechtszellen
verwendet werden, und die Natur hat es, wie wir gesehen haben, zu
ihrem grossen Vortheil ausgenutzt.
Alle diese Erscheinungen wären von einem andern Standpunkt
aus kaum erklärbar. Wir sehen, wie die WEısmann’sche Hypothese
von der Continuität des Keimplasmas und der qualitativen Verschie-
denheit der Chromosomen uns einen Schlüssel zur Erkenntniss dieser
Erscheinungen giebt. Wie sollten wir z. B. diese complicirten Wan-
derungen der aus dem Richtungscopulationskern entstandenen Zellen
mit der Auffassung von der Identität der Chromosomen in Einklang
bringen? Wäre es nicht für die Natur viel einfacher, die gewöhn-
liche Entwicklung der Genitalzellen aus dem Pronucleus beizube-
halten? Die Individualität der Chromosomen bliebe ja auch dann
erhalten. Jedes Chromosom entsteht aus dem andern durch Längs-
spaltung, keine Neubildung der Chromosomen, keine qualitativen Unter-
schiede in den einzelnen Chromosomen derselben Zelle! Aber die Natur
hat augenscheinlich diesen einfachen Modus der Geschlechtszellenbildung
verworfen. Und so finde ich denn gerade darin, dass die Geschlechts-
zellen im unbefruchteten Bienenei aus den Richtungskörpern entstehen,
eine Stütze für die WEIısmanNn’sche Auffassung von der individuellen,
d. h. qualitativen Verschiedenheit der Chromosomen.
504 A. PETRUNKEWITSCH,
Beziehungen der natürlichen zu der künstlichen
Parthenogenese.
Die Erscheinungen der natürlichen Parthenogenese haben ganz
besonders an Interesse gewonnen, seitdem man die Erfahrung gemacht
hat, dass befruchtungsbedürftige Eier durch künstliche chemische oder
physikalische Einwirkungen entwicklungsfähig gemacht werden können.
Zum ersten Mal vor mehreren Jahren von TicHoMIROFF!) entdeckt, hat
die künstliche Parthenogenese in der letzten Zeit die Aufmerksamkeit
einer ganzen Reihe von Forschern auf sich gelenkt. LoEB, MORGAN,
WILSON, DELAGE, WINKLER u. A. haben uns eine Menge von wichtigen
und verschiedenartigsten Methoden zur Erzeugung der künstlichen
Parthenogenese gegeben. Zugleich wurde von den genannten Forschern
diese Erscheinung auf ihre Ursachen und Wirkungen geprüft. Es
wurden nicht allein die äussern Umwandlungen während der Embryo-
genese, sondern auch die feinsten innern Vorgänge in der zur künst-
lichen Parthenogenese gezwungenen Eizelle untersucht. Wir befinden
uns jetzt im Besitz eines ganz beträchtlichen Materials von Thatsachen.
Die Untersuchungen sind noch durchaus nicht abgeschlossen, aber die
Resultate scheinen mir klar genug, um einige Schlüsse aus ihnen auf
das Wesen der künstlichen Parthenogenese zu ziehen. Und ich glaube,
dass es durchaus zeitgemäss ist, jetzt einen Versuch zu machen, die
Beziehungen der künstlichen Parthenogenese zur natürlichen festzu-
stellen. Einen solchen Versuch hat auch neuerdings LoEB gemacht,
aber aus vielen Gründen muss ich seine Anschauungen verwerfen. Zur
Beurtheilung dieser Gründe müssen wir aber vorher die wichtigsten
Thatsachen ins Gedächtniss zurückrufen.
Durch Wärme, Salzlösungen, Eintauchen in concentrirte Schwefel-
säure (Insecteneier nach TICHOMIROFF), sowie durch Spermaextract
können viele befruchtungsbedürftige Eier zur Entwicklung gebracht
werden. Der Vorgang besteht darin (wenn wir uns an die am besten
erforschten Echinodermeneier halten wollen), dass das Ei, nachdem
in ihm nach der Entdeckung von MORGAN meistens mehrere Centro-
somen, die sog. Cytastern von WILSON, erscheinen, sich zu furchen
beginnt und im Lauf von einiger Zeit eine kleine Larve bildet. Die
Furchung läuft gewöhnlich nicht so glatt wie bei befruchteten Eiern
1) Meine Arbeit war schon im Druck, als eine neue Arbeit von
Tichomrrorr im Zool. Anzeiger veröffentlicht wurde. Sie konnte des-
halb von mir nicht berücksichtigt werden; ich komme aber in meiner
nächsten Arbeit über künstliche Parthenogenese auf sie zu sprechen.
Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 505
ab, sondern es entstehen häufig Störungen, manche Eier gehen zu
Grunde, andere entwickeln sich pathologisch (mit asymmetrischen
Mitosen und andern nicht normalen Erscheinungen, Wırson). Viele
Eier entwickeln sich aber doch zu Plutei, indem die Anfangs unregel-
mässige Furchung allmählich ausgebessert und regulirt wird. Trotz-
dem weichen die meisten Plutei von normalen in irgend einem Merk-
mal ab. „None of these, in my experience, were exactly like those
arising from fertilized eggs‘, schreibt WıLson.
Was die innern Vorgiinge in kiinstlich parthenogenetisch sich ent-
wickelnden Eiern anbetrifft, so stimmen die verschiedenen Angaben
darüber noch nicht überein. Wınson konnte für Toxopneustes varie-
gatus nach der Einwirkung von LoEB’s Chlormagnesiumlösung fest-
stellen, dass die ursprüngliche Zahl der Chromosomen nicht wieder
hergestellt wird. Es sind ihrer nämlich im Keimbläschen 36. Da die
Richtungskörper schon im Ovarium abgeschnürt werden, so können die
Eier erst dann in die Chlormagnesiumlösung gebracht werden, wenn
bereits der weibliche Pronucleus ausgebildet ist. Die Untersuchung
hat nun ergeben, dass die 18 Chromosomen des Pronucleus in dieser
Zahl in der ganzen Embryogenese, d. h. bis zur Bildung des Pluteus,
verharren !).
Zu etwas andern Schlüssen kommt in seiner neuesten Arbeit Yves
DELAGE. Er meint, dass für Strongylocentrotus wie für andere Formen
zuerst eine Reifung des Cytoplasmas nöthig sei, da weder Befruch-
tungsversuche noch künstliche Parthenogenese bei unreifen Eiern ge-
lingen. DELAGE giebt zwei Erklärungen für diese Erscheinung, hält
aber die folgende für wahrscheinlicher: „le cytoplasme fécondable de
l'œuf en voie de maturation diffère du cytoplasme non fécondable de
l’euf non mur par la pénétration du suc nucléaire à son intérieur.“
Die normale Zahl der Chromosomen im Keimbläschen von Strongylo-
centrotus ist 187). Nachdem sie im Ovarium durch die Bildung der
Richtungskörper auf die Hälfte reducirt ist, wird sie nach Einwirkung
1) Es liegt darin eine beachtenswerthe Uebereinstimmung mit den
Erscheinungen der Merogonie, bei welcher die Zahl der Chromosomen
auch durch die ganze Embryogenese reducirt bleibt. Nach DELace
soll die Chromosomenzahl bei der Merogonie dagegen wieder auf die
normale zurückgeführt werden. An anderm Orte werde ich noch auf
diese Arbeit von DELAGE zurückkommen.
2) Darin liegt ein Irrthum, den Boverr neulich auch durchaus mit
Recht dem berühmten Forscher vorgehalten hat. Die normale Zahl der
Chromosomen ist nicht 18, sondern 36.
506 A. PETRUNKEWITSCH,
der Salzlösungen wieder hergestellt, etwa dadurch, dass „le filament
chromatique provenant de la dislocation et du réarrangement de la
n .
substance de 9 chromosomes se recoupe en n fragments“. Zu dieser
Beobachtung giebt DELAGE eine Anmerkung, in der er sagt, dass er
in diesem Ei die Bildung der Richtungskörper nicht beobachtet hat,
dass sie aber wahrscheinlich doch stattgefunden hat.
Anders gestalten sich die Thatsachen nach DELAGE’s Unter-
suchungen bei den Seesternen, von denen er die künstlich partheno-
genetische Entwicklung von Asterias glacialis beschreibt. Normaler
Weise sind im Keimbläschen von Asterias glacialis 18 Chromosomen
enthalten. Diese Zahl wird bei künstlicher Parthenogenese nicht re-
ducirt, weil die Richtungskörper erst etwa in 1 Stunde nach der Ent-
leerung der Eier ins Seewasser gebildet werden und die Salzlösung
die Abtrennung des 2. Richtungskörpers verhindert. „Il semble résulter
de l’examen des expériences que les ceufs qui se développent parthéno-
génétiquement, aussi bien quand ce développement est naturel que
lorsqu’il est produit expérimentalement, n’émettent qu’un globule
polaire, comme chez les animaux où la parthénogénèse naturelle
est normale et fait partie du cycle évolutif.“
Von der Arbeit von DELAGE liegt uns gedruckt bis jetzt nur der
eben besprochene Theil vor. Ob DELAGE einen theoretischen Vergleich
der natürlichen Parthenogenese mit der künstlichen geben und welche
Schliisse er aus diesem Vergleich ziehen wird, bleibt uns also vor-
läufig unbekannt!). Einen solchen Versuch hat uns LOEB in seiner
Arbeit über künstliche Parthenogenesis bei Anneliden gegeben, und ihn
wollen wir jetzt näher besprechen.
Lors giebt auch zu, dass die Entwicklung der zur künstlichen
Parthenogenese gezwungenen Eier etwas anders vor sich geht als bei
befruchteten Eiern. Sie ist langsamer, und die Tiefe der Furchungs-
ebenen steht mit dem angewandten Reagens in Zusammenhang.
Oft entstehen aus einem Ei, das mit MgCl, oder NaCl behandelt
wurde, mehrere kleine Larven; bei Behandlung mit KCl entstehen
dagegen oft durch Verschmelzen von mehreren Eiern Riesenlarven
oder mehrere normal aussehende, aber an einander gewachsene Larven.
Da eine verhältnissmässig geringe Schwankung in Gestalt der Salze
im Seewasser dazu genügt, um die Eier zur Entwicklung zu bringen,
1) Das Ende der Arbeit von DeLAGe ist unterdessen auch erschienen,
giebt aber einen solchen Vergleich nicht.
Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 507
so sieht LoEB in der chemischen Beschaffenheit des Seewassers, resp.
des Blutes, die Ursache der natiirlichen Parthenogenese und zugleich
den Grund, warum bei andern Eiern die Entwicklung mittels natür-
licher Parthenogenese verhindert wird. „It is the constitution of the
sea water which prevents many or certain forms from being ,naturally‘
parthenogenetic.“ „By reversing this statement we may say, that in
the naturally parthenogenetic animals it may be due to the constitution
of the blood (or the sea-water?) that the egg can develop without
fertilization.“
In diesen kurzen Zeilen giebt uns LOEB eine ganze Theorie der
Entstehung der natiirlichen Parthenogenesis mit ihren Beziehungen zur
künstlichen. Die beiden unterscheiden sich nach LOEB gar nicht unter
einander. Jedes Ei kann künstlich zur parthenogenetischen Entwick-
lung gebracht werden, und wenn in der Natur trotzdem nicht alle
Eier sich natürlicher Weise durch Parthenogenese entwickeln, so hängt
das damit zusammen, dass es diesen Eiern an gewissen physikalischen
Reizen fehlt, die durch grössern Salzgehalt des Seewassers oder durch
die chemische Constitution des Blutes bedingt werden. Diese, auf den
ersten Blick so einfache Erklärung verliert aber vollständig den Boden
unter sich, wenn man sie einer genauern Prüfung unterwirft.
Zuerst fallen uns die Unterschiede im Verhalten des Chromatins
auf. Das normale Ei sucht auf die eine oder andere Weise die ur-
sprüngliche Zahl der Chromosomen zu erhalten. Zwar scheint das-
selbe auch für Asterias glacialis bei der künstlichen Parthenogenese
der Fall zu sein, indem hier die Bildung des 2. Richtungskörpers nach
DELAGE ausbleiben soll, aber wir müssen nicht vergessen, dass gerade
bei Asterias glacialis auch natürliche Parthenogenesis vorzukommen
scheint. Sehr wahrscheinlich würde das Verhalten des Chromatins
auch ganz anders ausfallen, wenn die Einwirkung der Salzlösungen
nach der Abtrennung der beiden Richtungskörperchen erfolgt. Wie
die Befunde von DELAGE an Strongylocentrotus mit denjenigen von
Wırson an Toxopneustes in Einklang zu bringen sind, bleibt vorläufig
unklar). Jeden Falls finden wir hier nichts der Copulation der Rich-
tungskörper im Bienenei Aehnliches. Aber es mag die Zahl der Chromo-
somen reducirt bleiben oder durch Längsspaltung wieder hergestellt
sein, immer bleibt noch die Frage unbeantwortet, ob durch künstliche
Parthenogenese ein normaler, fortpflanzungsfähiger Organismus her-
1) Sie beruht, wie wir es jetzt aus der Arbeit von Bovert über
mehrpolige Mitosen wissen, auf einem Irrthum von DELAGE.
508 A. PETRUNKEWITSCH,
vorzubringen ist. Bis jetzt scheinen ja alle Versuche auf Störungen
im Entwicklungsgang hinzuweisen, und wer weiss, ob diese Störungen
in der nachembryonalen Entwicklung nicht noch grösser sein würden ?
Aber angenommen, wir hätten durch künstliche Parthenogenese einen
fortpflanzungsfähigen Organismus erzeugt; sollten dann nicht die Er-
scheinungen eintreten, die wir oben theoretisch für 2 Richtungskörper
bildende Eier 'entworfen haben? Wir müssten jeden Falls aus dem-
selben Ei eine ganze Reihe von parthenogenetischen Generationen er-
ziehen, um zu sehen, ob auch diese Thiere auf die Dauer fortpflan-
zungsfähig wären.
Ich finde, dass die obigen Erörterungen genügen, um einen richtigen
Standpunkt in der Frage von den Beziehungen der künstlichen Partheno-
genese zur natürlichen zu gewinnen. Mag das endgültige Resultat
auch das gleiche sein, wir können daraus nicht den Schluss ziehen,
dass diese Erscheinungen auch genetisch gleich sind. Zwei gleiche
Körper können z. B. sich in gleicher Bewegung mit derselben Ge-
schwindigkeit befinden, wenn auch der Anstoss zu dieser Bewegung
verschieden war. Im Moment, wo wir sie untersuchen, könnten wir
leicht verführt sein, ihre Bewegung auf dieselbe Ursache zurückzu-
führen. Und doch könnte z. B. der eine Körper von Beginn an eine
directe Bewegung erhalten, während der andere zuerst sich im Kreise
um einen Punkt bewegt hatte, sich dann aber lostrennte, um von nun
an die Richtung der Tangente zu erhalten. Das Beispiel ist nur an-
nähernd und mangelhaft, wie überhaupt jeder Vergleich, aber ich
glaube, dass es meinen Gedanken richtig wiedergiebt.
Im Leben jedes einzelnen Organismus können wir drei Kategorien
von Kräften unterscheiden: 1) solche Kräfte, die sich in jeder ein-
zelnen Zelle entfalten, 2) Kräfte, welche sich zwischen verschiedenen
Zellen oder Zellencomplexen äussern, und 3) Kräfte, welche die Be-
ziehungen des Gesammtorganismus zur Aussenwelt reguliren. Diese
drei Kategorien von Kräften sind unter einander eng verbunden und
können in der Natur nicht von einander getrennt werden. Sie äussern
sich im Kampf der Theile und in der natürlichen Zuchtwahl, Gebiete,
die bei der künstlichen Parthenogenesis vollständig wegfallen, die aber
ihrerseits den Aufbau des Organismus reguliren und der Entwicklung
eine bestimmte Richtung geben können. Die künstliche Partheno-
genese kann sie gar nicht berücksichtigen, sie operirt nur mit directen
physikalisch-chemischen Einflüssen auf die Eizelle. Wie sollte man
aber z. B. allein aus der veränderten chemischen Construction des
Blutes die Parthenogenese bei den Bienen erklären, mit ihren staunens-
Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 509
werthen Anpassungen und so tiefgreifenden Veränderungen? Hier ist
nur eine Erklärung möglich: der lange Weg der natürlichen Auslese.
Vielfach ist die künstliche Parthenogenese auch mit dem Problem
der Befruchtung in Zusammenhang gebracht worden. Die Wirkung
der Salzlösungen soll den Anstoss zur Entwicklung geben, genau so
wie es das Centrosoma des Spermatozoons thut, und die künstlich er-
zeugten Cytastern sollen dasselbe ersetzen. Dies mag ja auch richtig
sein; es wäre aber ein grosser Fehler, daraus den Schluss zu ziehen,
dass etwa die Extractivstoffe des Spermas dieses letztere ersetzen
können. WINKLER scheint „die Annahme nicht nur gerechtfertigt,
sondern sogar nothwendig zu sein, dass die Uebertragung eines Theils
wenigstens der väterlichen Eigenschaften einfach darauf beruht, dass,
um auf den Lachs zu exemplificiren, das nucleinsaure Protamin des
Spermatozoons, so wie es im ganzen organischen Reiche eben nur im
reifen Lachssperma vorhanden ist, in dieser ganz bestimmten Quantität
mit den im Kern und Protoplasma des reifen Lachseies enthaltenen
specifischen Stoffen in chemische Wechselwirkung tritt“. Somit wird
die künstliche Parthenogenese zu gleicher Zeit von verschiedenen
Forschern mit der natürlichen Parthenogenese und der Befruchtung
identificirt. Wie kann man aber ein und dieselbe Erscheinung mit
zwei andern identificiren, von denen die eine das directe Gegentheil,
die Verneinung, das Nichtsein der andern darstellt?
Wir sehen somit, dass die künstliche Parthenogenese eine weder
der natürlichen Parthenogenese, noch der Befruchtung gleichwerthige
Erscheinung ist. Sie könnte noch im besten Fall eine mittlere Stellung
zwischen den beiden einnehmen, indem sie dem befruchtungsbedürftigen
Ei die nöthigen Kräfte, den Anstoss zur Entwicklung giebt, ihm aber
andere Eigenschaften raubt, die durch das Hinzutreten des organischen
Spermakerns in der Befruchtung gegeben werden. Am besten aber
trennen wir die künstliche Parthenogenese von der natürlichen und
von der Befruchtung vollständig und behalten sie als eine Erscheinung
für sich, die es ermöglicht, einer sonst ohne Befruchtung zum Tode
verurtheilten befruchtungsbedürftigen Eizelle einen vom normalen in
verschiedener Hinsicht abweichenden Organismus zu erzeugen und
vielleicht seine Lebensenergie auf mehrere Generationen zu übertragen,
bis der Verlust der Vererbungstendenzen mit dem Identischwerden
der Chromosomen die vermuthliche Ausartung und das allmähliche
Aussterben der künstlich erzeugten neuen Art herbeirufen wird.
Freiburg i./B., 8. Febr. 1902.
510 A. PETRUNKEWITSCH,
Literaturverzeichniss.
1) ADLER, H., Beiträge zur Naturgeschichte der Cynipiden, in: Deutsche
entomol. Z., V. 21, 1877.
2) —, Ueber den Generationswechsel der Eichengallwespen, in: Z.
wiss. Zool., V. 35, 1881.
3) v. Baer, K. E., Ueber Prof. Wacner’s Entdeckung von Larven etc.
in: Mel. biol. Acad. Sc. St. Pétersbourg, V. 5.
4) Bavpiani, E. G., Mémoire sur la génération des Aphides, in: Ann.
Se. nat. (0) V. Ct Zool. S69; V. 14 18704 WW, 1b toes
5) —, Contribution à l’étude de la formation des organes sexuels chez
les Insectes, in: Rec. zool. Suisse, V. 2, 1885.
6) Bessers, E., Studien über die Entwicklung der Sexualdriisen bei den
Lepidopteren, in: Z. wiss. Zool., V. 33, 1867.
7) v. Bock, Parthenogenesis bei Ocneria dispar, in: Entomol. Nachr.,
Jg. 14, Berlin 1888.
8) Bonnet, R., Giebt es bei Wirbelthieren Parthenogenesis? in: Ergebn.
Anat. Entwickl., V. 9, 1900.
9) Boveri, Tu., Ein geschlechtlich erzeugter Organismus ohne mütter-
liche Eigenschaften, in: SB. Ges. Morph. Physiol, München
V5; 1889.
10) —, Befruchtung, in: Ergebn. Anat. Entw., V. 1, 1892.
11) —, Ueber die Befruchtungs- und Entwicklungsfähigkeit kernloser
Seeigeleier, in: Arch. Entw.-Mech., V. 2, 1896.
12) —, Merogonie (Y. DeraGe) und Ephebogenesis (B. RAwırz), neue
Namen für eine alte Sache, in: Anat. Anz. V. 19, 1901.
13) Brass, A, Zur Kenntniss der Eibildung und der ersten Entwick-
lungsstadien bei den viviparen Aphiden, Halle a. S. 1883.
14) Brauer, A., Ueber das Ei von Branchipus Grubü vy. Dys. von der
Bildung bis zur Ablage, in: Abh. Akad. Wiss. Berlin, 1892.
15) Burnerr (-Wazpo), Researches on the development of the viviparous
Aphides, a) in: Proc. Amer. Assoc. Advanc. Sc., 7. Meet., b) in:
Amer. Journ. Sc. Arts, (2) V. 17, 1854.
16) BürschLı, O., Zur Entwicklungsgeschichte der Biene, in: Z. wiss.
Zool., V. 20, 1870.
17) Carrière, J., Die Entwicklung der Mauerbiene (Chalicodoma muraria
Fagr.) im Ei, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 35, 1890.
u BA ET ere
Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 511
18) Carrière, J., und Bürscer, O., Die Entwicklungsgeschichte der
Mauerbiene (Chalicodoma muraria Far.) im Ei, in: Nova Acta
Leop.-Carol. Acad., V. 69, No. 2, 1897.
19) Craus, C., Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von
Branchipus stagnalis und Apus cancriformis, in: Abh. Ges. Wiss.
Gottingen, V. 18, 1873.
20) --, Untersuchung iiber die Organisation und Entwicklung von Bran-
chipus und Artemia etc. Wien 1886.
21) Cremér, M., Ueber die Einwirkung von Forellensamenpresssaft auf
Forelleneier, in: SB. Ges. Morphol. Physiol. Miinchen, V. 16,
1900.
22) Le Danrec, Feuıx, La sexualite, in: Scientia, No. 2, Paris 1901.
23) Derace, Yves, L’Heredite, Paris 1895.
24) — Embryons sans noyau maternel, in: CR. Acad. Sc. Paris, 1898.
25) —, Etudes sur la merogonie, in: Arch. Zool. exper., (3) V. 7, 1899.
26) —, Sur l'interprétation de la fécondation mérogonique, ibid.
27) Ganm, M., Neue Beobachtungen über die Fortpflanzung der viviparen
Dipterenlarven, in: Z. wiss. Zool., V. 15, 1865.
28) —, Beiträge zur Kenntniss der Entwicklungsgeschichte der Insecten,
ibıd., V. 19, 1869.
29) Grarp, Q., Sur la pseudogamie osmotique (Tonogamie), in: CR. Soc.
Biol. Paris, V. 53, 1901.
30) Grassi, B., Intorno allo sviluppo delle api nell’ uovo, in: Atti Accad.
Gioen. Sc. nat. Catania, (3) V. 18, 1884.
31) v. Grimm, Osc., Die ungeschlechtliche Fortpflanzung einer Chiro-
nomus-Art und deren Entwicklung aus dem unbefruchteten Ki, in:
Mém. Acad. Sc. St. Pétersbourg, (7) V. 15.
32) Häcker, V., Ueber die Selbständigkeit der väterlichen und miitter-
lichen Kernbestandtheile während der Embryonalentwicklung von
Cyclops, in: Arch. mikr. Anat., V. 46, 1895.
33) —, Ueber eine neue Form der Geschlechtszellen-Sonderung, in: Ber.
naturf. Ges. Freiburg, V. 10, 1896.
34) —, Die Keimbahn von Cyclops, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 49,
1897.
35) —, Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre, Jena
1899.
36) Heiner, K., Die Embryonalentwicklung von Hydrophilus piceus,
1. Theil, Jena 1889.
37) Herrwie, O. u. R., Ueber den Befruchtungs- und Theilungsvorgang
des thierischen Eies unter dem Einfluss äusserer Agentien, in:
Jena. Z. Naturw., V. 20, 1887.
38) —, R., Ueber die Entwicklung des unbefruchteten Seeigeleies, in:
Festschr. GEGENBAUR, V. 2, 1896.
39) —, O., Die Zelle und die Gewebe, V. 1, 1893; V. 2, 1898.
40) Heymoxs, R., Ueber die hermaphroditische Anlage der Sexualdrüsen
beim Männchen von Phyllodromia (Blatta) germanica, in: Zool.
Anz., Jg. 13, 1890.
512 A. PETRUNKEWITSCH,
41) Hrynons, R., Die Entstehung der Geschlechtsdrüsen von Phyllodromia
(Blatta) germanica L., Inaug.-Diss. Berlin 1891.
42) —, Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane von Phyllo-
dromia (Blatta) germanica, in: Z. wiss. Zool., V. 53, 1892.
43) —, Ueber die Fortpflanzung und Entwicklungsgeschichte der Ephe-
mera vulgata L., in: SB. Ges. naturf. Fr. Berlin, 1896.
44) —, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Lepisma sac-
charina L., in: Z. wiss. Zool., V. 62, 1897.
45) Iwanzorr, N., Ueber die physiologische Bedeutung des Processes
der Eireifung, in: Bull. Soc. Natural. Moscou, (2) V. 11, 1897.
46) LAMERRE, A propos de la maturation de l’œuf parthénogénétique,
Bruxelles 1890.
Lecaitton, A., Développement embryonnaire de quelques Chryso-
mélides, in: Arch. Anat. microsc. ed. Ranvier, V. 2, 1892.
48) Leucxart, R., Zur Kenntniss des Generationswechsels und der
Parthenogenesis bei den Insecten, Frankfurt a. M. 1858.
47
nn
49) —, Die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Cecidomyienlarven, in:
Arch. Naturg., 1865.
50) —, Ueber die Fortpflanzung der viviparen Cecidomyienlarven, in:
Nachr. Ges. Wiss. Göttingen, 1865.
51) LevniG, F., Einige Bemerkungen öber die Entwicklung der Blatt-
läuse, in: Z. wiss. Zool., V. 2, 1850.
52) Lore, Jacques, Experiments on cleavage, in: Journ. Morphol.,
Ved, 1892;
53) —, Ueber Kerntheilung und Zelltheitung, in: Arch. Entw.-Mech.,
V. 2, 1895.
54) —-, On the nature of the process of fertilization and the artificial
production of normal larvae etc., in: Amer. J. Physiol., V. 3,
1899.
55) —, On the artificial production of normal larvae from the unferti-
lized eggs of the sea-urchin, ibid., V. 3, 1900.
56) —, Further experiments on artificial parthenogenesis, ibid., V. 4, 1900.
57) —, Experiments on artificial parthenogenesis etc., ibid. V. 4, 1901.
58) Lussock, J., On the ova and pseudova of Insects, in: Phil. Trans.
Roy. Soc. London, V. 149, 1859.
59) Marnews, A. P., Some ways of causing mitotic division in unferti-
lized eggs, in: Amer. J. Physiol., V. 4, 1900.
60) MEınert, Fr, Weitere Erläuterungen über die von Prof. WAGNER
beschriebene Insectenlarve, welche sich durch Sprossenbildung
vermehrt, in: Z. wiss. Zool., V. 14.
61) Merscunixorr, E., Ueber die Entwicklung der Cecidomyienlarven
aus dem Pseudovum, in: Arch. Naturg., Jg. 31, V. 1, 1865.
62) —, Embryologische Studien an Insecten, in: Z. wiss. Zool.,
V. 16, 1886.
63) Moore, J. E. S., Some points tn the origin of the reproductive ele-
ments in Apus and Branchipus, in: Quart. J. microsc. Sc.,
V.,S0,0p. 2
Das Schicksal der Richtungskérper im Drohnenei. 513
64) Morean, T. H., The fertilization of non-nucleated fragments of
Echinoderm eggs, in: Arch. Entw.-Mech., V. 2, 1895.
65) —, The production of artificial astrospheres, ibid., V. 3, 1896.
66) —, The action of salt solutions on the unfertilized and fertilized
eggs of Arbacia etc. V. 8, 1899.
67) —, Further studies in the action of salt-solution and other agents
on the eggs of Arbacia, ibid., V. 10, 1900.
68) PAGENSTECHER, H. Ar., Die ungeschlechtliche Vermehrung der Fliegen-
larven, in: Z. wiss. Zool., V. 14.
69) Rrrrer, R., Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darms
bei Chironomus, ibid., V. 50, 1890.
70) SCHNEIDER, A., Ueber die Anlage der Geschlechtsorgane und die
Metamorphose des Herzens bei den Insecten, in: Zool. Beiträge,
V. 1, 1885.
71) —, Ueber die Entwicklung der Geschlechtsorgane der Insecten,
ibid., V. 1, 1885.
72) —, Die Entwicklung der Geschlechtsorgane der Insecten, ibid.,
Void, 1885:
73) —, Chironomus Grimmii und seine Parthenogenesis, ibid, V. 1,
1885.
74) v. Sresoip, C. Tu, Wahre Parthenogenesis bei Schmetterlingen und
Bienen, Leipzig 1856.
75) —, Beitrage zur Parthenogenesis der Arthropoden, Leipzig 1871.
76) — Ueber Parthenogenesis der Artemia salina, in: SB. math.-phys.
Cl. Akad. Wiss. München, V. 3, 1873.
77) SpicHArpr, C., Beitrag zur Entwicklung der männlichen Genitalien
und ihrer Ausführgänge bei Lepidopteren, in: Verh. naturw. Ver.
Bonn, Jg. 43, 1886.
78) TascHENBERG, O., Historische Entwicklung der Lehre von der
Parthenogenesis, Halle 1892.
79) Tıcnomırow, A., Ueber den Bau der Sexualdriisen und die Ent-
wicklung der Sexualproducte bei Bombyx mori, in: Zool. Anz,,
1880.
80) Vicuier, M, La théorie de la fertilisation chimique des œufs de
M. Lone, im: CR PAcad Se. Paris, V. 131, 1900:
81) Waener, N., Beitrag zur Lehre von der Fortpflanzung der Insecten-
larven, in: Z. wiss. Zool., V. 13, 1863.
82) —, Ueber die viviparen Gallmückenlarven, ibid., V. 15, 1865.
83) Weismann, A., Die Entwicklung der Dipteren im Ei, ibid. V. 18,
1863.
84) —, Beiträge zur Kenntniss der ersten Entwicklungsvorgänge im
Insectenei, in: Beitr. Anat. Embryol, J. Hrxıe als Festgabe
dargebracht, 1882.
85) —, Das Keimplasma, eine Theorie der Vererbung, Jena 1892.
86) Wueever, W. M, The embryology of Blatta germanica and Dory-
phora decemlineata, in: Journ. Morphol., V. 3, 1889.
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f. Morph. 33
514 A. PETRUNKEWITSCH,
87) Witt, L., Zur Entwicklungsgeschichte der viviparen Aphiden, in:
Biol. Ctrbl., V. 8, 1888.
88) —, Zur Bildung des Eies und des Blastoderms bei den viviparen
Aphiden, in: Arb. zool. Inst. Würzburg, V. 6.
89) —, Entwicklungsgeschichte der viviparen Aphiden, in: Zool. Jahrb,,
V. 3, Anat., 1889.
90) Wırson, E. B., Experimental studies in cytology. I. A cytological
study of artificial parthenogenesis in sea-urchin eggs, in: Arch,
Entw.-Mech., V. 12, 1901.
91) Wryxuer, H., Ueber den Einfluss äusserer Factoren auf die Theilung
der Eier von Cystosira barbata, in: Ber. Deutsch. bot. Ges.,
V. 18, 1900.
92) —, Ueber die Furchung unbefruchteter Eier unter der Einwirkung
von Extractivstoffen aus dem Sperma, in: Nachr. Ges. Wiss.
Göttingen, Heft 2, 1900.
93) —, Ueber Merogonie und Befruchtung, in: Jahrb. wiss. Bot.,
V. 36, 1901.
94) Wirzacziz, E., Entwicklungsgeschichte der Aphiden, in: Z. wiss.
Zool., V. 40, 1884.
ee à
=
Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. 515
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 11—13.
A Anus Kt Kopffalte
Am Amnion Md Mitteldarmepithel
C Herz Mes Mesoderm
Cb Cardioblasten O Mundöffnung
Ch Chorion Ps Pericardialseptum
Coe Cölom Rz Zellen, aus dem Richtungs-
Dh Dotterhaut copulationskern entstanden
Ek Ektoderm So Somatisches Blatt des Meso-
F' Dotterkerne derms
G Gehirn Sp Splanchnisches Blatt des Meso-
Gz Genitalzellen derms
h Epithelhülle der Genitaldriisen Ug Urgenitalzellen
Ksf Keimstreif
faxed 11.
Fig. 1. Drohnenei. Querschnitt durch ein solches im Blastoderm-
stadium. Trennung der Rz-Zellen in 2 Gruppen. 265:1.
Fig. 2. Drohnenei. Frontaler Längsschnitt. Blastodermstadium.
Die Rz-Zellen in 2 Gruppen getrennt. 200:1.
Fig. 3. Drohnenei. Blastodermstadium bei Beginn der Amnion-
bildung. Die ARz-Zellen auf der Rückenseite angesammelt. Quer-
schnitt. 200 : 1.
Fig. 4. Befruchtetes Bienenei im selben Stadium wie Fig. 3. Die
Rz-Zellen fehlen. Querschnitt. 200:1.
Fig. 5. Drohnenei. Stadium der Gastrulation. Querschnitt. 200:1.
Fig. 6. Drohnenei. Ende der Gastrulation. Querschnitt. 200:1.
Fig. 7. Drohnenei. Sagittaler Längsschnitt. Stadium wie Fig. 3.
Die Rz-Zellen auf der Rückenseite an der Grenze zwischen Kopffalte
und Amnion. 200:1.
Fig. 8. Drohnenei. Sagittaler Längsschnitt. Segmentirung des
Keimstreifens. Anlage des Mitteldarmepithels. Die Rz-Zellen auf der
Rückenseite am freien Ende des Ektoderms. 200:1.
Fig. 9. Drohnenei. Längsschnitt. Mitosen in den Rz-Zellen. 800.1.
33*
516 PETRUNKEWITSCH, Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei.
Patel. 12)
Fig. 10. Drohnenei. Querschnitt. Die Rz-Zellen zwischen Ekto-
derm und Mitteldarmepithel. 200:1.
Fig. 11. Drohnenei. Querschnitt aus dem 5. Abdominalsegment.
Die Rz-Zellen im freien Raum vor der Mesodermréhre. 535:1.
Fig. 12. Desgl. Die Rz-Zellen auf der Wanderung durch die
Wand der Mesodermréhre. 535: 1.
Fig. 13. Desgl. Die Rz-Zellen sind in das Célom eingewandert
und bilden hier die Anlage der Geschlechtsdrüsen. 535:1.
Fig. 14. Drohnenei. Querschnitt in derselben Höhe. Ausbildung
des Pericardialseptums und der Epithelhülle der Geschlechtsdrüse. 535:1.
Fig. 15. Drohnenei. Stadium kurz vor der Herzschliessung. Quer-
schnitt. 356:1.
Fig. 16. Drohnenei. Sagittaler Längsschnitt. Losgelöste Meso-
dermzellen, die zwischen das Ektoderm und das Mitteldarmepithel ge-
langen. 135 : 1.
Fig. 17. Befruchtetes Bienenei. Querschnitt: Entstehung der
Genitalzellen. 356:1.
Ta tedidi3
Fig. 18. Drohnenei. Stadium der vollendeten Larve. Querschnitt.
Fig. 19. Drohnenei. Dasselbe Stadium. Sagittaler Längsschnitt.
Fig. 20. Drohnenei. Dasselbe Stadium. Sagittaler Längsschnitt.
(Auf der Abbildung sind der Deutlichkeit halber die Kerne etwas
grösser und in geringerer Zahl als in Wirklichkeit eingezeichnet.) 100:1.
Fig. 21. Parthenogenetisches Ei von Rhopalosiphum nymphaeae.
Richtungscopulationsspindel. 1600: 1.
Fig. 22. Desgl. Vermuthlich weiter fortgeschrittenes Stadium.
1600 : 1.
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
The Origin and Development of the Wings
of Coleoptera.
By
W. L. Tower.
With plates 14—20 and 8 figures in the text.
Contents.
I. Introduction.
II. Development of the Wings in Coleoptera.
1. Origin of the Wing Fundament.
a) Embryonic Development.
b) Growth and Invagination in the Larva.
. Formation of the larval Wings.
. Significance of the Types of Wing Development.
. Behavior of the Hypodermis.
. Tracheal System of the Wings.
a) Larval tracheal System.
b) Adult tracheal System.
. Formation of the Veins.
. Other Tissues in the Larval Wings.
. Homology of the Elytra.
. The prepupal Stage and Pupation.
. Development in the Pupa.
. The mature Wings.
a) Elytra.
b) Hind Wings.
III. Conclusion.
Methods.
Bibliography.
Explanation of Plates.
OUR © bo
Re Oo D I]
Mm
I. Introduction.
That the wings of insects are present in the larval stage was
first discovered by Matpicut, in 1687, who found them already well
developed in the mature larva of Bombyx mori. Following MALPIGHT,
518 W. L. TOWER,
SWAMMERDAM (1732—1738), REAUMUR (1734), LyoneT (1760) and
others all found the partly developed imaginal organs present in the
late larval stages of various insects. As a result of these discoveries,
the fantastic theories, which had been held by the earlier authors
concerning the relation of larva, pupa and imago in insect meta-
morphosis, were replaced by a more rational account of the post-
embryonic development of insects.
Although, in this period, the advance made in knowledge con-
cerning insect metamorphosis was great, the new explanation was still
but a rough approximation of the truth, and it was clothed in a
theoretic garb quite as fantastic as that of the earlier authors. Only
the late stages in the development of the imaginal organs were seen;
and, in ignorance of their origin and early development, it is not to
be wondered at that the observations made were regarded as strong
positive evidence for the truth of the “encasement theory”.
Through the latter half of the eighteenth century and the first
half of the nineteenth no further advance was made towards an ex-
planation of the origin and development of the imaginal organs of
insects. Each observer repeated the work of his predecessors, and
no one succeeded in discovering the younger stages.
The publication of WEISMANN’s papers (1864—1866) upon the
post-embryonic development of Musca and the enunciation of the
theory of metamorphosis by “imaginal discs” and the “histolysis” of
larval tissue, form a starting point from which is to be dated a con-
siderable body of observations upon the many phenomena concerned
in insect metamorphosis. Of the adult insect structures whose develop-
ment has been traced in the last forty years few have received
more investigation than the wings. The evident importance of these
organs to insects, and the taxonomic value assigned to them have
made them the objects of much research and controversy. However,
the major part of these studies have been made upon Lepidoptera,
and thus, while the origin and development of wing in the higher,
specialized forms is fairly well known the lower and more generalized
orders have not been studied, and REHBERG’S (1886) paper still re-
mains the only considerable attempt to trace the early development
of the wings in any heterometabolic insect, and this paper is wholly
inconclusive.
The following paper contains the results of a research made to
determine the origin and development of the wings of Coleoptera.
This research was begun in the Zoological Laboratory of the Museum
The origin and development of the wings of Coleoptera. 519
of Comparative Zoology at Harvard University under the direction of
Dr. E. L. Mark. It was much extended in the Biological Laboratory
of Antioch College, and completed in the Hull Zoological Laboratory
of the University of Chicago. I take this opportunity to express my
appreciation of the many valuable suggestions received from the
Director of the Laboratory at Cambridge, Dr. E. L. Mark, and to
Dr. C. B. Davenport of the University of Chicago.
II. Development of the Wings in Coleoptera.
The wings of all of the more specialized orders of insects
are evaginations of the body wall into which there have migrated
tracheae, nerves and mesodermal tissue, producing in the aggregate
complex structures. In the Lepidoptera the development of the wing
has been followed instar by instar, so that we know in detail the
changes which occur in each stage. Moreover there is great uniformity
in the wings of Lepidoptera, both as to the time of first appearance
and as to their subsequent development, so that accurate comparisons
are possible. The same is partly true for the Diptera and the
Hymenoptera, but in the Coleoptera the amount of information con-
cerning wing development is meagre. Excepting the papers of Com-
stock & NEEDHAM (1899), KRÜGER (1899) and NEEDHAM (1900) which
are the only considerable attempts that have been made to study the
development of these organs in beetles, the literature on insect meta-
morphosis contains only scattered and incomplete notes and these are
entirely upon the later stages of wing development.
Using Hippodamia 13punctata Linn. (Coccinellidae) as a subject,
Comstock & NEEDHAM (1899) found a type of wing development of
the same general character as that described by Gontn (1894) for
Pieris excepting that the condition of the tracheal system is much
simpler. KrÜGER (1899) worked upon Tenebrio molitor L. (Tenebrio-
nidae), Lema asparagi L., and L. merdigera (Chrysomelidae) and after
finding that the hind wings and elytra arise simultaneously and develop
in an exactly similar manner for a major part of the larval life con-
cludes that the elytra are divergent structures and not specialized
wings. I shall show in the following pages that while the type of
wing development found by Comstock & NEEDHAM (1899) is character-
istic for a certain group of beetles, it is in reality not a common one,
and I shall further show that the conclusions of KRÜGER (1899) are
erroneous.
520 W. L. TOWER,
In the Coleoptera, more than in any other group of the Holo-
metabola, are found diversity of larval form and metamorphoses. From
the generalized, Campodea form larvae of the Carabidae, Dytiscidae,
Staphylinidae and Coccinellidae, to the cylindrical, flesh feeding
forms, Silpha and Dermestes, ts the elongated Elateridae, the
Scarabaeid grubs, to the phytophagous eruciform Chrysomelid larvae,
to the apodus Cerambycidae and Buprestidae, and finally to the most
specialized of all, the Meloidae and Curculionidae, is a series such
as no other order of insects can show. Where such diverse conditions
of metamorphosis exist one should not expect to find anything like
the uniformity in wing development which pervades the Lepidoptera.
The problem is further complicated by the fact that only in a few
cases do we know the number of stages in larval life, and these vary
from three in Phytonomus punctatus Fas. to five in Meloe and seven
or more in Dermestes. Many Coleoptera require one, two, three, or
even more years in which to complete their larval life and in these
species the number of moults is not known.
In the course of this study, with the exception of a few forms,
I have been obliged to depend upon material taken at random; con-
sequently, in many cases it has not been possible to obtain complete
series of stages. This has been especially true in the case of long-
lived species (Cerambycidae and Scarabaeidae). In determining the
larval stages I have been obliged to use the head measurements as
the only reliable criteria in determining the larval stages, and in
general this method has given satisfactory results.
1. Origin of the Wing Fundament.
At what time during the development of the individual the wing
fundament arises, is a question which has been answered satisfactorily
for only a few species of insects. Several authors, it is true, have.
found the wing discs in the late embryonic stages, but have not
traced them back to their origin. Thus VERSON (1890) showed that
the wing discs were present in Bombyx mori in late embryonic life,
and further that these discs had the cells composing them arranged
in a “rosette”, and that they occupied the place where the spiracles
of the mesothoracic and metathoracic segments should have been.
He therefore concluded that the wing discs were derived from the
spiracles. In very young Lepidopterous larvae, several authors,
notably Dewrrz (1881), PAncritius (1884), Gonin (1894) and MERCER
(1900), have found the wing discs, and have uniformly believed
The origin and development of the wings of Coleoptera. 521
that they originate in the embryonic period. In the Diptera the pre-
sense of the imaginal discs in the embryo has been noted by many
authors, especially by PRATT (1900), but in the Hymenoptera, Coleo-
ptera and the more generalized orders nothing is known of their
origin.
In the Coleoptera the lack of material has made it impossible
for me to investigate the embryonic origin of the wing discs as
thoroughly as I should wish. Embryonic material of the Chrysomelidae
and Coccinellidae is easily obtained, but of the more interesting
Cerambycidae and Scarabaeidae I have not been able to secure a
sufficient amount for profitable study. Such observations as I have
made, fragmentary and unsatisfactory as they are, are, nevertheless,
of interest as throwing light upon the condition in the larval stages.
a) Embryonic Development.
In the embryo of Leptinotarsa decemlineata, shortly before hatching,
or in the newly hatched larva the wing discs will be found lying beneath
spots of black pigment on the sides of the last two thoracic segments.
In Fig. 19 (Pl. 15) are shown the location of these spots and the
wing fundament beneath them.
In the late embryo or young larva the hypodermis is found to be
thickened in the area described above, very much in some individuals
or scarcely at all in others. There is great variation in this respect;
about ten percent showing well developed discs, thirty percent, a slight
thickening, and the remainder none that is perceptible. This variation
is of considerable interest, and I shall recur to its probable cause
further on. In Fig. 14 (Pl. 15) is represented a transverse section
of a larva about eighteen hours after hatching. This section would,
however, show equally well the condition as regards the wing disc in
the late embryo.
The wing disc, or fundament (al. fund) lies well up in the pleural
region. It is elliptical in surface view and lies between two sets of
muscles (mw) which become part of the elevator and depressor muscles
of the adult wing. In Fig. 15 (Pl. 15) is shown a transverse section
of the second abdominal segment from the same larva as Fig. 14. In
this section the muscles corresponding to the two seen in Fig. 14 are
easily distinguishable, and between them, upon the pleurum, is situated
the spiracle. The positions of the wing fundament and of the spiracle
are, therefore perfectly homologous. In each section (Figs. 14 and 15,
PI. 15) a ventral thickening (dsc. v) is also seen. This occurs regularly
522 W. L. TOWER,
upon each segment and contains from three to ten large gland
cells.
According to the observations of WHEELER (1889) upon L. decem-
lineata, (and my own substantiate his), every segment of the thorax
and abdomen develops in embryonic life a well marked spiracular in-
vagination. This, I find, arises as a thickened area of the hypodermis
(ectoderm) which later becomes invaginated to form the tracheal tubes.
According to WHEELER (1889) the prothoracic spiracle degenerates, the
mesothoracic spiracle migrates anteriorly and becomes the functional
prothoracie spiracle and the metathoracic spiracle also degenerates.
My observations also confirm this, but in the migration of the spiracle
from the side of the mesothorax to its larval position, the spiracle
alone migrates and the thickened area of hypodermis about it remains
and probably becomes the fundament of the elytron.
The tracheal invaginations ramify anteriorly and posteriorly and
the main branches of these fuse to form the longitudinal tracheal
trunks, after which the openings in the prothorax and metathorax
are rapidly cut off, leaving a disc shaped mass of cells which have a
somewhat concentric arrangement. The further stages in the degener-
ation of these spiracles I have not been able to observe. That this
rudiment of the spiracle is converted into the imaginal disc of the
wing seems probable, however, for the following reasons: 1) The disc
of the wing always appears in exactly the same area as that in which
the spiracle arose and degenerated. 2) The wing disc frequently
shows a concentric arrangement of the cells in early stages, but loses
this before invagination to form the wing begins. 3) If the wing fun-
dament is not derived from the remains of the spiracle, then, since
the wing disc has the exact position occupied by the spiracle, the
latter must entirely degenerate and be replaced by new hypodermis,
and from this the wing disc must arise. There is, however, absolutely
no ground for belief in such a process and the only conclusion that
seems at all tenable, is that the wing fundament is derived directly
from the remains of the spiracle. This agrees with VErson’s (1890)
conclusions.
The discs are as a rule better developed in the mature embryo
than in the young larva, and it seems certain that they must be
formed in all of the embryos of the same species at the same stage
of development. The existence of the discs well developed in the
embryo and less so in the larva indicates either a degeneration or a
subsidence into a quiescent period. Furthermore, the fact that this
The origin and development of the wings of Coleoptera. 523
same tissue later forms the wings would indicate that after its rise
the disc becomes quiescent to the extent that it almost disappears as
a recognizable structure.
From these observations, which are based solely upon L. decem-
lineata, I believe that the wing discs are derived from some part of the
mesothoracic and metathoracic spiracles and that the rudiments of the
spiracles pass through a period of inactivity in the early larva before be-
coming the active, growing fundament of the wing. In a large part of
the species examined this resting stage seems carried to the extent
that the cells of the fundament revert to the condition, as regards
size, etc., of the surrounding hypodermis, so as not to be distinguish-
able from it. Then, after a period of rest, these cells begin to grow
and become the imaginal disc. This helps to explain the conditions
found in the larvae of several beetles, the account of which belongs to
another part of this paper.
b) Growth and invagination in the Larva.
The fundament of the wing has been observed in its early stages
by many authors in the larvae of Diptera, Lepidoptera and Hymeno-
ptera and they all describe the imaginal disc as arising as a thickened
portion of the hypodermis. Likewise, in the Coleoptera, the first trace
of the wing in the larva is a thickened disc-shaped area lying in the
pleural region of the thoracic segments (Comstock & NEEDHAM 1899,
KrÜGER 1899, NEEDHAM 1900). In the Heterometabola I do not
know of any observations upon the origin or early stages of the wings.
Many authors, GRABER (1867), REHBERG (1886), PACKARD (1898) and
others “have concluded that the wings of the Heterometabola are
dorsal backward outgrowths from the pleural or tergal portions of
the thoracic hypodermis” but as far as I know not one of these
authors has actually seen the first stage of the wing fundament, and
their conclusions have been almost entirely based upon a superficial
examination of larval stages, wherein the wings had already become
external structures and had quite possibly shifted from their primi-
tive position to one better adapted mechanically to the needs ot
the larva.
In the Coleopterous larva the wing fundament will earliest be
recognized as a thickened plate of cells upon the pleurum of the
mesothorax and metathorax. At first the fundament may show a de-
cided concentric arrangement of the cells, such as has been described
524 W. L. TOWER,
by Verson (1890), Gontn (1894), Comstock & NEEDHAM (1899),
NEEDHAM (1900), and Mercer (1900). I have observed this in young
larvae of L. decemlineata, Hippodamia i13punctata and Epilachna
borealis, but in Chrysobothris femorata, Phymatodes variabilis and
allied forms no such concentric arrangement was found. In those
species in which this “rosette” arrangement of cells occurs it is
soon lost and the fundament appears as an elliptical area of
polygonal cells, which is constantly increasing in thickness. In
L. decemlineata, the cells composing the wing fundament are not
distinguishable from those of the surrounding hypodermis excepting
that they are more numerous within a given area. However, this
same condition is found in other parts of the larval hypodermis and
these do not develop into any larval or imaginal organ. The thicken-
ing of the fundament continues gradually during the second instar
(L. decemlineata), so that there is eventually formed a marked
elliptical plate of cells occupying the entire breadth of each of the
last two thoracic segments. This condition I have observed in L.
decemlineata (Pl. 14, Figs. 1 and 2, Pl. 15, Figs. 14 and 16), Coc-
cinella bipunctata L., Hippodamia 13punctata L., Epilachna borealis
Fas., Phymatodes variabilis Fas. (Pl. 14, Fig. 5; Pl. 17, Fig. 26),
Buprestis rufipes Ouıv., Chrysobothris femorata FAB., and Carabus
sp.?. In C. bipunctata, H. 13punctata and E. borealis the disc is
shorter than in the other species mentioned, being more nearly cir-
cular in outline. In these Coccinellidae it is also more sharply marked
off from the surrounding hypodermis than in the other beetles
examined, but only rarely have I found it as sharply differentiated as
is figured by Comstock & NEEDHAM (1899) for H. 13punctata. In
most of the beetles examined there was a gradual transition from the
disc to the surrounding hypodermis, such as I have figured for L. decem-
lineata (Pl. 15, Figs. 14 and 16), or for P. variabilis (Pl. 17,
Fig. 26).
It has been shown by Dewirz and others that these imaginal
discs are not circular, but are oval or elliptical in outline, and occupy
the larger part of the side of the wing bearing segments. Thus
Dewirz (1881) has shown that in Trichostegia varia Kou. the first
stage of the wing fundament is a thickened elliptical area occupying
nearly the entire breadth of the segment, and Verson (1890) has
shown that in Bombyx mori the wing fundament is an elliptical
“rosette” of cells placed where the spiracles of the last two segments
ought to be.
méme a
Be. _ =
The origin and development of the wings of Coleoptera. 595
The position of this fundament is a matter of some importance,
as its careful investigation may give some positive anatomical evidence
towards the solution of the phylogenetic origin of insect wings. In
the Coleoptera the wing fundament always occupies a position just
below the line where, later, the suture between the pleurum and
tergum will originate. This location can be determined with a con-
siderable degree of precision by reference to certain muscles and some
segmentally arranged groups of glands. In Fig. 19 (Pl. 15) the position
of the wing disc is clearly seen to be in line with the row of spiracles
along the side of the body, and in Figs. 14 and 15 (Pl. 15) the wing
fundament and the spiracle are clearly seen to occupy exactly the
same relative position upon the side of the segments. The observ-
ations of VERSON (1890), Gontn (1894) and Mercer (1900) upon
Lepidoptera show that in this group the wing disc is placed at a
point in the pleural hypodermis where the spiracles of the wing bear-
ing segments should have been, thus corresponding exactly with the
condition found in the Coleoptera. VERSON (1890) regarded the disc
as a modified spiracle and the fine tracheae which connect with the
longitudinal trachea, he believes to be the remnant of the once
functional passage to the exterior. His conclusion that the wing is
derived from the tracheal system (spiracle) seems to me premature
considering the slight evidence put forward by him in support of this
theory. If it can be shown by a comparative study of the early
stages of insects wings of all orders, in both embryonic stages and
young larvae, that they are derived from the rudiment of the degenerat-
ing spiracle, or arise in place of a spiracle which itself does not
appear, we may then conclude, with a fair probability that we are
correct, that the wings are derived in some way from the tracheal
system.
After the wing fundament has become much thickened and the
cells composing it are crowded together, the first invagination begins.
According to Dewırz (1881) and Pancritius (1884) the first in-
vagination is a furrow running longitudinally through the fundament.
VERSON (1890), Gontn (1894) and Mercer (1900) have found the
first invagination to be a nearly circular pit in the center of the wing
disc, and Comsrock & NEEDHAM (1899) find the entire disc invaginat-
ing (H. 13punctata). In L. decemlineata, E. borealis and P. vari-
abilis the first invagination is a small round pit near the center of
the wing fundament (Pl. 14, Fig. 1; Pl. 15, Fig. 17). This stage is
526 W. L. TOWER,
short and soon passes into one more characteristic and of longer
duration, where the invagination exists as a furrow through the length
of the wing disc (Pl. 14, Figs. 2 and 7). The occurrence of the pit-
like invagination in several species of insects is of interest, and while
it may be coincidence, or its existence may be due to similar mechanical
causes existing in the wing fundament, it is also possible that it is
of wide phylogenetic significance, and this seemed especially so when we
consider that the tracheae arise in exactly the same way in the em-
bryo, as does this pit in the wing fundament of the larva. At present,
jt seems to me that this stage is in all probability entirely dependent
upon mechanical causes existing in the wing fundaments and is not
to be regarded as of phyletic significance.
The time in larval life when the wings first appear is of interest.
In the Lepidoptera as far as is known, the wing discs are found in
the youngest larvae and in all probability arise in the embryo. In
the Diptera, WEısmann and others have found that in some Nemato-
cerous forms the wings appear just before pupation, while in Brachy-
cerous forms the wings are present in the young larvae and probably
arise in the embryo.
In the Coleoptera there is considerable diversity in the time ot
appearance of the wing discs. In H. 13punctata the wing appears
when the larva is “about one fifth grown” (Comstock & NEEDHAM
1899) and in a near ally, C. bipunctata, at the beginning of the third
instar. In L. decemlineata, and likewise in E. borealis, the wing
appears at the beginning of the third instar. In O. scabra careful
search failed to show any trace of the wing until the last larval stage,
but in a near ally L. fusca et al., the wing is present in larvae of
the first year. The Cerambycidae and Buprestidae are also interest-
ing as showing a postponement of the beginnings of wing development
until the end of larval life, although the wing due may be present, as
in C. femorata, throughout larval life. In the Carabidae the wings
appear in the penultimate larval stage, but undergo no development
until just before pupation. Lastly, in the Curculionidae the wings
appear in the last larval stage. In the following table I have given
the time in the larval life when the wings appear and some other
data concerning the number of stages for the species studied by my-
self and others.
The origin and development of the wings of Coleoptera. 527
Ordin. number
Fataily and Species Total number of stage in Length of
* y of larval stages which the wings larval life
appear
Carabide
Carabus sp. ? ? penultimate 1 year?
Coccinellidae
Hippodamia 13punctata 4 (?) 3d 2—4 weeks
Coccinella bipunctata 4 3d 2—3 ,
Epilachna borealis 4 3d 2—4 ,,
Dermestidae
Anthrenus verbasci ? last ?
Elateridae
Melasis pectinicorms 5 (?) Ath (?) 1 year
Buprestidae
Buprestis rufipes 5 (?) Ath (?) do.
Chrysobothris femorata 5 1st do.
Scarabaeidae
Lachnosterna fusca 5 (?) 2d 3 years
Pelidnota punctata A) last 1 year
Osmoderma scabra END) last 3 years
Cerambycidae
Orthosoma brunneum ? last 3 years
Phymatodes variabilis 5 5th 1 year
Chrysomelidae
Leptinotarsa decemlineata 4 Ist 3—4 weeks
Curculionidae
Macropus sp.? 3 3d 6—8 weeks
Mononychus vulpeculus 3 3d 3—4 weeks
Why is there this difference in the time when the wings appear
and begin to develop? Is it associated with the type of larval en-
vironment? or is it associated with primitive or specialized conditions ?
These are questions which, although not directly answerable, can
better be discussed after some other evidence bearing upon this sub-
ject has been considered.
2. Formation of Larval Wings.
After the first pit-like invagination is formed it elongates rapidly,
forming a furrow nearly the entire length of the disc. This groove
now deepens rapidly (Pl. 14, Figs 2 and 7; Pl. 15, Fig. 17, Pl. 17, Fig. 27)
and simultaneously the dorsal part of the invaginated tissue becomes
thickened (Pl. 17, Fig. 27) until it may be twice as thick as the
ventral part. This invagination completed, the wing is now ready to
enter upon one of the special lines of development which they follow
in reaching the adult stage.
528 W. L. TOWER,
The wings of all Coleoptera develop in exactly the same way
up to and through the formation of the first invagination, but from
that point until the pupal stage is reached the type of wing develop-
ment varies in different families and species. Three types of imaginal
discs were recognized by Gontn (1894) and were called by him the
Corethra, Pieris and Musca types. From my observations upon Co-
leoptera and several Holometabolous insects and PrArr’s (1900) upon
Melophagus, the list of types of imaginal discs is extended to at least
five with numerous gradations between the first four.
Fig. A. Diagrammatic representation of the rise and development of the “simple
type” of imaginal disc.
1) Simple type. The fundament of the imaginal organ not
sharply marked off from the body hypodermis and usually directly
evaginated to form the imaginal organs. The evagination is usually
preceded by a slight invagin-
ation. Characteristic of all
known Heterometabola and
many families of Coleoptera.
It is the dominant type of
wing development in beetles.
= 2) Recessed type=
à Corethra type of Goxix. The
1 _fundament is invaginated
Fig. B. Diagrammatic representation of the and then evaginated and so
rise and development of the “recessed type” of Jjes in a shallow niche in
imaginal dise.
the hypodermal wall, but
opens broadly against the cuticula.' Scarabaeidae in the Coleoptera
and Nematocerous Diptera.
goror
8
_~
&
n
ss
à
mm
À
I
el
>
The origin and development of the wings of Coleoptera. 529
3) Enclosed type = Pieris type of Gonin. The fundament
is invaginated, then evaginates, the lips of the cavity of the invagination
close so that the fundament lies in a closed sac connecting with the
body wall by a short peduncle. Coccinellidae and Chrysomelidae in
Coleoptera, all Neuroptera and Lepidoptera.
[©]
=
=
=
==
=
=p
wary
ta,
L =]
=
M3
> |
ie!
EE
a
Fig. ©. Diagrammatic representation of the origin and development of the “en-
closed type” of imaginal disc.
4) Stalked type — Musca type of Gonix. With the fundament
formed and inclosed as in the preceding type, but with the peduncle
much attenuated and the fundament lying some distance within the
body cavity. Musca and allied forms.
Fig. D. Diagrammatic representation of the origin and development of the “stalked
type” of imaginal dise.
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph.
34
530 W. L. TOWER,
5) Detached type with the fundament entirely cut off from
the hypodermis and lying free in the body cavity. Melophagus (PRATT,
1900).
Fig. E. Diagrammatic representation of the origin and development of the “detached
type” of imaginal dise. Modified from PRATT.
In the Coleoptera the wings develop according to one of the first
three types, no species being known that shows the imaginal discs of
the last two types, which are known only in the Diptera. The devel-
opment of the wings in the larvae of Coleoptera I shall discuss by
types of development rather than by species and the probable signi-
ficance of these types I shall consider at the end of this section.
1) Sim plestiy pe:
In Phymatodes variabilis, Chrysobothris femorata, Buprestis rufipes,
and many other unidentified species of Cerambycidae and Buprestidae,
during the formation of the first invagination a considerable area of
the hypodermis draws away from the cuticula but remains connected
with it by fine threads of chitinous material, which are secreted by
the cells as they more inward (Pl. 17, Figs. 27 and 28 cia,). The
proximal side of the fundament is supplied with small tracheal branches
from the dorsal longitudinal tracheal trunk; and leucocytes, blood
corpuscles, and cells resembling the “embryonic cells” of Verson (1890)
The origin and development of the wings of Coleoptera. 531
are also numerous. Where the wing fundament has reached its
maximum invagination, which rarely exceeds two or three times the
thickness of the hypodermis, the dorsal portion of the invaginated
tissue thickens slightly and is evaginated downwards between the
hypodermis and the cuticula, thus forming the beginning of the larval
wing (Pl. 17, Figs. 28—31).
This development takes place entirely in the last larval stage
and produces a larval wing lying between the somatic hypodermis and
the cuticula without a trace of a wing sac (peripodal sac) and only
enough invagination to allow the wing to be formed beneath the cuti-
cula. The wing is thus from the start outside of the body and differs
in that respect from the usual recorded type of Holometabolic insect
wing development. The evagination of the wing is evidently a rapid
process, for in no case have I been able to obtain preparations in this stage,
although stages just before or just after evagination are easily obtained.
With the evagination of the wing the embryonic cells increase
in number and become aggregated into large groups or masses
irregularly arranged near the opening of the wing cavity. There,
is, however, a considerable variation in the number of these cells
in different individuals (Pl. 17, Fig. 30 ce). In the corresponding
stage of Chrysobothris femorata (Pl. 18, Fig. 45) and in Buprestis
rufipes there is a dense mass of cells surrounding the tracheal trunk
and closing the opening to the wing cavity. Some of these may arise
from the “embryonic cells”, but the larger part are surely due to the
proliferation of the hypotrichal membrane of the tracheal trunk.
The further development of the wing of Phymatodes in the larva
consists in the continued downward growth of the wing fold between
the body and the cuticula. In Figs. 7—10 (Pl. 14) are shown sur-
face views of the developing wing of P. variabilis made by graphic
reconstruction from serial sections. Fig. 7 (Pl. 14) shows the first
invagination in the same stage as is shown in Fig. 26 (Pl. 17) in
transverse section. In Fig. 8 (Pl. 14) the evagination of the wing
has already produced a well marked wing fold. This same stage is
also shown in Fig. 30 (Pl. 17) in transverse section. In Figs. 9 and
10 (Pl. 14) and Figs. 27—29 (Pl. 17) are shown later stages in sur-
face view and in transverse section. The development of the wings
in Phymatodes is interesting and shows the simplest condition. of wing
development yet described.
In addition to Phymatodes other Cerambycidae have the wings
developing in the same way: Prionus, Calladium, and several larvae
34*
532 W. L. TOWER,
of undetermined genera. The Buprestidae (Buprestis, Chrysobothris,
Agilus), Carabidae (Carabus), Elateridae (Elater, Melanotus) and
Curculionidae (Macropus, Mononychus) have the wings developing in
the same way as in Phymatodes, with slight variations in individual
species. All, however, conform strictly to this simple type of wing
development. An examination of other families of beetles will un-
doubtedly extend the list of genera and species wherein the wings
develop according to this type. It seems then that this “simple type”
of wing development is characteristic of several large and important
families of Coleoptera, and it may, I think, be taken as more character-
istic of the order as a whole than either of the two following types.
2) Recessed type = Corethra type of Gonin (1894).
A more complicated type of development is found in the Scara-
baeidae where I have observed it in Osmoderma scabra and Lachno-
sterna fusca, et al. The first stage of the development of the wing
in these beetles I have not been able to obtain and in every case
seen the wing disc was well developed. From the structure of these
discs in the Scarabaeidae and from what is known of the development
of similar structures in Diptera there is no doubt that the hypo-
dermis first thickens, invaginates to form a deep pocket and then
evaginates to form the fundament, which at the end of the process
comes to lie in a deep pocket or niche of the hypodermis opening
broadly against the cuticula (Pl. 14, Fig. 11 al.a, eac. al; Pl. 15,
Fig. 20). In the two species studied the wing disc is not a round
or oval shaped structure as in the Diptera, but is much elongated in
the anterior-posterior axis and occupies nearly the entire breadth of
the segment. In Figs. 11, 12 and 13 (Pl. 14) are shown surface views
of the wings of O. scabra made by reconstruction from serial sections.
In the later development of the wings of O. scabra or L. fusca the
wing grows rapidly, at the beginning of the prepupal stage pushing
out and downward from its containing pocket between the hypodermis
and the cuticula.
This type of wing development I have not found in any species of
Coleoptera outside of the Scarabaeidae, although several undetermined
species of Scarabaeid grubs show this form of wing fundament. This
type of development may be found in other families of Coleoptera, but
I doubt if it is of as wide occurrence as the preceding one. It does,
however, form a connecting link between the preceding and the fol-
lowing types of wing development.
The origin and development of the wings of Coleoptera. 533
3) Enclosed type = Pieris type of Gonın (1894).
The most complicated method of wing development in beetles is
found in the Coccinellidae and Chrysomelidae, and in no other families,
as far as is known. Of the two families the former presents a much
simpler condition than the latter as regards the wing fundament and
its containing sac.
In both families the wing fundament is evaginated in the same
way. The larger part of the thickened wing disc swings inward from
the cuticula as if hinged by the dorsal edge, while a relatively thin
layer of hypodermis forms the ventral part of the pocket thus formed.
In this type of wing development there is then first a longitudinal
furrow above which the hypodermis thickens to form the wing fun-
dament and below which it becomes thinner to form the wing sac.
By the continued inward movement of the furrow the upper and
lower parts of the primitive disc are made to behave as described
above. The lips of the pocket now come together forming a closed sac
which completely cuts off the wing fundament from the outside world
(Pl. 15, Fig. 18). In the Coccinellid, H. 13punctata, Comstock &
NEEDHAM (1899) describe and figure the wing sacs as open structures
much like those found in the Scarabaeidae. They state that “as
growth continues, the wing extends itself slowly ventrally, as shown
in fig. 86; the mouth of its enveloping pouch becomes somewhat
closed by the growth and extension of the pleural hypodermis, but
to various degrees in different specimens, a larger part of the
larval wing being often found covered exteriorly only by the chitin
of the integument.“ I have been unable to corroborate their observ-
ations with properly preserved material. Specimens killed in HERMANN’s
or FLEMMING’S fluid or sublimate acetic acid mixtures do not show
this structure, as the edges of the wing pocket being in close contact, close
the wing sac (PI. 20, Figs.65 and 66). With material killed in PerENny1’s
fluid, picric acid mixtures, hot water, or alcohol and corrosive sub-
limate exactly the conditions described by Comstock & NEEDHAM are
found; and this is due to the great shrinkage and distortion produced
by these reagents upon insect tissue.
In L. decemlineata, after the invagination of the hypodermis the
opening of the wing pocket closes, but the lips do not fuse for more
than the posterior half of the opening. A closed sac is thus formed
with the dorsal wall thick, the ventral wall thin. The dorsal’ part
now evaginates downward into the wing sac, and soon the growing
wing has obliterated the cavity of the invagination, so that the dorsal
534 W. L. TOWER,
and ventral layers are everywhere in contact except for a thin
chitinous lamella which lies between them (Pl. 15, Fig. 18 cta,;
Pl. 20, Figs. 65 and 66). The peduncle by which this imaginal dise
is attatched to the body wall now elongates slightly (L. decemlineata)
so that the proximal side of the wing is closely approximated to the
dorsal tracheal trunk, and from this the wing now receives several
small tracheoles which have developed at various points on the tracheal
trunk near the wing. These are not the original tracheal supply of
the wing disc, for, as I have already shown, in the earliest stages the
fundament has a well marked tracheal branch from the tracheal trunk
(Pl. 15, Figs) 14, 16 and 17; Pl. 17, Figs. 26, 27, 28 and 29; Pl 2%
Fig. 64).
At the stage shown in Fig. 18 (Pl. 15) the two layers of the
wing are differentiated, the future dorsal layer (4 drm,) being thicker
than the ventral one (A’drm,), and this is true of both elytra and
hind wings. Further growth of the wing is in a downward and back-
ward direction, so that the wing disc becomes an oval body projecting
into the body cavity but attached to the body wall by a short, thick
peduncle. Sections taken at the anterior end of the wing show a
structure like that seen in Fig. 21 (Pl. 16) or Fig. 66 (Pl. 20), while
sections at the posterior end show the wing entirely cut off from the
hypodermis, as in the Lepidoptera (Pl. 17, Fig. 32; Pl. 20, Fig. 67)
During this growth the cavity of the wing becomes more and more
marked, especially near the posterior portion of the opening into the
wing. The anterior part of the wing fundament still has the two
layers in close contact (Pl. 16, Fig. 21). Tracheoles, embryonic cells,
and leucocytes have increased in number during the growth of the
wing and now form a tangled mass near the opening of the wing
cavity.
During most of the larval stage the wings grow slowly and remain
in much the same condition as that shown in Fig. 21 (Pl. 16). When
the larva ceases feeding and begins the prepupal stage the wings in-
crease rapidly in size, which is largely due to a rearrangement of the
contents of the hypodermal cells and the entrance of haemolymph into
the wing cavity. The wing soon becomes too large for the wing sac,
and as it grows it pushes up and out of the sac which has begun to
open and at the same time — the dorsal motion being limited —
pushes the hypodermis of the wing pocket down and out of the way
(Pl. 16, Fig. 22):
The wings of these beetles all leave the wing sac in the
The origin and development of the wings of Coleoptera. 535
manner described above, which is essentially an opening of the lumen
of the peripodal sac (wing sac), as it occurs in Diptera, to allow the
growing organ to pass out. The development of a wing of this type
is shown in the figures of the wings of L. decemlineata as seen in
surface view from graphic reconstructions (Pl. 14, Figs. i, 2, 3, 4, 5
and 6). Figs. 1, 2 and 3 show larval stages, Fig. 4 shows a stage
in the escape of the wing in the prepupa, and Figs. 5 and 6 show
the rapid growth of the wing during the prepupal stage.
In the Lepidoptera, Gonın (1894) believes that the wings become
external by the destruction of the “peripodal” sac, and the existence
of seemingly degenerating tissue near the wings gave color to this
view. This degenerating tissue is, as MERCER (1900) has shown, the
precipitated exuvial fluid which, with hot corrosive sublimate, assumes
forms that closely resemble degenerating tissue. MERCER (1900) believes
that the wing sac partly draws away and is partly pushed away by
the growing wing. In the Coleoptera the hypodermis is entirely
passive during this process and changes only as the wing grows and
so changes the position of tissues that impede its movement. I have
also studied the development of the wing in Clisiocampa americana
(Lepidoptera) and find these conditions like those described for the
Coleoptera. This process is then one that is entirely dependent upon
the rapid increase in the size of the wing as the larva nears pupation,
and the capacity for an almost unlimited amount of stretching upon
the part of the hypodermis of the wing sac. It does not involve
any destruction of tissue or retraction of the hypodermis.
The account by Comstock & NEEDHAM (1899) of the development
of the wings in H. 13punctata would if correct, place the Coccinellidae
as transitional forms between the Scarabaeidae and Chrysomelidae
as regards wing development. Their account is, however, inaccurate
in this respect, although admirable in others. On Plate 20 in
Figs. 64—67 I have shown several stages in the development of the
wing of H. 13punctata where it is evident that the wing sac is closed,
but that there is a considerable space in it not occupied by the wings,
as indicated by the reticulated chitinous mass that fills it. The wing
lies close to the body wall, there being almost no peduncle to the wing
disc (Pl. 20, Fig. 66). In L. decemlineata the space of the wing
cavity is obliterated, the stalk of the wing disc is longer and the
tracheal system is more complex than in the Coccinellidae; therefore,
it seems that the Chrysomelidae show the most specialized condition
of wing development yet found in the Coleoptera.
536 W. L. TOWER,
5. Significance of the Types of Wing Development.
In the preceding section I have shown that the wings of Coleo-
ptera develop during larval life in one of three ways, and that the
beginning and the result of the process is in every case the same;
the formation of the adult wings which have essentially the same struc-
ture. This interesting variation in the intermediate stages of the same
organ in the same group is probably due to two causes, variety of
larval habits and habitat, and rapidity of development.
In the species studied it was evident that the prevailing type of
wing development is a simple one where the wings develop directly
beneath the cuticula without the formation of even a trace of a wing
sac. In all of the beetles which show this type of development the
larval period is long, in some cases (Scarabaeidae and Cerambycidae)
being two, three, or even more years in duration. The Curculionidae
are, however, an exception to this rule, but in this family the wings do
not appear until the last instar, when there is no need of a wing
sac. In most of the species studied, which fall into this class as
regards wing development, the maximum growth is attained in early
winter and the larva then lies dormant until warm weather comes again.
The last larval moult preceding the final one occurs in late autumn,
and soon after this the wing discs are found as slightly thickened areas
upon the sides of the thoracic segments. They remain in this simple
state until the following spring, when, with the increase of temperature,
development begins again.
This type of wing development forms, I believe, a connecting link
between the simpler condition of the Heterometabola and the more
complicated one of the Holometabola. As I was unable to find any
satisfactory account of the origin and development of the wings of
Heterometabolic insects, I have made -for purposes of comparison, a
careful study of the rise and development of the wings in some
Hemiptera and Orthoptera, but I shall present here only such data
as are needed for the sake of comparison, reserving the rest of my
observations for a later communication.
In Anasa tristis DE G. (Hemiptera) the wings are present as
disc-like thickenings of the pleural hypodermis of the last two thoracic
segments. These are present in the youngest larvae and probably
arise in the embryo. Each disc is supplied with a small tracheal
branch from the longitudinal tracheal trunk, and is in exactly the same
position upon the thorax of the larva as are the discs in Coleopterz
The origin and development of the wings of Coleoptera. 537
or Lepidoptera. During the first instar the disc thickens slowly, but
after passing into the second instar, it invaginates slightly, then
evaginates into the narrow cavity thus formed, and at the following
ecdysis becomes an external structure. It should be noted that the
wings are in no sense “dorsal backward prolongations of the tergum”
as PACKARD, GRABER and others have argued, but arise as true lateral
structures which, for the mechanical convenience of the larva, are
shifted in later moults to another position.
In Microcentrum latifolium (Orthoptera), the wings arise in the
same way as described for Anasa, but in the embryo, so that at hat-
ching the embryo shows well developed wings already evaginated lying
beneath the cuticula of the first larval stage ready to become external
at the beginning of the second larval stage.
If the development of the wings in Anasa or Microcentrum could
be retarded so that the wings should not begin to grow until the
last larval stage, which should also be prolonged, then the development
of the wings of the Holometabola and Heterometabolous species would
not differ. Even as it is the development of the wings in Anasa or
a beetle like Phymatodes is alike even in details except in the time
when they become external, as far as the type of wing development
is concerned there is no difference. In this connection it is of interest
to note that in some of the T'eftigidae (Tettigidea), — so I am informed
by Dr. Hancock, — the wings remain beneath the cuticula during the
larval life and then at the final transformation emerge as fully de-
veloped wings. In this interesting case we see in a Heterometabolic
insect a condition of wing development that is exactly like that of
the Holometabola. In this group also there is a more or less pro-
nounced change of form, a loss of larval characters and the assumption
of adult ones. In the face of such examples as these one is led to
doubt seriously the accuracy of the wide application of the terms Hetero-
metabola and Holometabola. Such conflicting phenomena are not con-
fined to the Heterometabola,.but occur in insects with supposedly
complete metamorphosis, there being many records of beetle larvae
with wings, Dewitz (1883) and others. In forms like the meal
worm a constant percentage have the wings external in the larva,
while in forms like the Staphylinidae there is scarcely any external
change from larva to adult, certainly no more than occurs in the
last moult of many insects with an incomplete metamorphosis.
Comstock & NEEDHAM (1899) have advanced the view that the
wings of all insects are developed upon one fundamental type, and
538 W. L. TOWER,
this is perhaps what one might expect, although they have not put
forward any conclusive evidence upon this point. Their evidence was
the venation, which might have arisen secondarily from mechanical
necessity so that the resemblance between the wings of insects in this
respect would have been purely accidental. I have, I believe, presented
here for the first time observations showing that the development of
the wings in insects with complete and incomplete metamorphosis is
essentially the same, but is obscured or complicated by conditions
prevailing in the more specialized orders. Undoubtedly the type of
wing development found in most of the Coleoptera examined is one
derived directly from Heterometabolic ancestors and has persisted in
nearly its original condition as regards development, although retarded
or postponed in its activities until the final larval stage.
In those forms which have the wings in the larva lodged in a
shallow pocket of the hypodermis we encounter the first specialization.
In the Scarabaeidae the condition as regards wing development is
peculiar. In some species as in O. scabra the wings arise late in
larval life or shortly before pupation, but in L. fusca et al. the wings
are present in the larvae of the first year as a typical recessed imaginal
disc. It remains dormant, however, until just before pupation, when
growth begins. The diversity in wing development shown by these
two species is difficult if not impossible of explanation at the present
time. We may of course say, that in L. fusca the wing appears at
the normal time, and that in O. scabra, because of the long larval life
the wings have been retarded from generation to generation until now
it does not begin to develop until late in the larval period. This,
however, is not an explanation, but a statement of the stages through
which we suppose it passed in reaching its present condition. At
present there is not enough known of insect metamorphosis from the
standpoint of experiment to permit of attempting to explain phenomena
like these.
Both of the preceding types of wing development have been
found in beetles having a long larval period, extending over several
months or even years, but in the families having short larval periods,
a different and more complicated type of wing development is found.
In beetles with long larval periods the wing requires from ten weeks
(Phymatodes) in which to complete its development to fifteen weeks
(Osmoderma), and the type of wing development found there is obviously
adapted to the larval conditions, since no ecdyses occur where the wing
may become prematurely an external structure, and the slow wing
The origin and development of the wings of Coleoptera. 539
growth is possible between the hypodermis and cuticula without causing
any inconvenience to the larva. In the Coccinellidae and Chryso-
melidae, where the larval period is short and ecdyses occur in rapid
succession, some arrangement must be made whereby the wings which
are already well formed in the half grown larva can pass from instar
to instar without becoming external structures. This has been ac-
complished by the retreat of the wing inward from the surface and
its becoming surrounded by a sac or pocket of the hypodermis which
protects the organ from injury and allows ecdysis to go on and the wing
not become prematurely an external structure. This has resulted in
the establishment of a type of wing development almost exactly like
that of the Lepidoptera, and probably by similar causes.
In these beetles the chitin which is secreted by the wing in the
wing sac is cast at ecdysis like that of the rest of the surface, and
not infrequently after this has been drawn out the opening of the wing
sac fails to close completely, so that the cavity of the wing sac opens
freely to the outside world. It is quite evident that insects which
possess wings in the early larval stages and which have frequent ec-
dyses must have some method of preventing these organs from be-
coming external and appearing prematurely, perhaps to the great in-
jury of the insect. In this may lie the secret of the origin of the
highly specialized imaginal discs of Lepidoptera, Diptera and some
Coleoptera. I think we may conclude that in the Holometabola,
where, for any reason, the larval period becomes shortened, the
imaginal disc retreats from the surface, more and more, and in the
pockets thus formed the imaginal organ being well protected may go
on developing uninterrupted by any of the activities of the larva or
vicissitudes of the environment. While duration of larval life is un-
doubtedly important, the degree of specialization of the larva as a
whole is probably also a potent factor in the production of specialized
types of imaginal discs. These two, length of larval life and type of
larva are closely associated and are almost certainly two manifestations
of the effect of the environment upon larval life and development.
4. Behavior of the Hypodermis.
In the early stages of the wing fundament the cells differ in no
way from those of the hypodermis immediately about it, but when
the disc becomes thickened the cells have a characteristic polygonal
shape, such as has been figured by Pancririus (1884) and occurs so
frequently in insect tissue. The volume of the cell has not increased,
540 W. L. TOWER,
but the crowding in the disc has caused a rearrangement of the
contents of the cell so that the nuclei lie at different levels with the
cytoplasm pressed out into the ends of the cell. Each cell reaches
from the inner to the outer side of the disc, which is then a single
layer of cells (and not many layered) (Pl. 15, Figs. 16 and 17;
Pl. 17, Figs. 26 to 31; Pl. 20, Figs. 64 and 65).
During the evagination of the wing into the wing sac, or between
the hypodermis and cuticula, and through the larval stages until the
beginning of the prepupal stage the hypodermis of the wings changes
but little if any at all, the only marked change being the increase in
the number of cells (compare Pl. 15, Figs. 16 and 17; Pl. 16, Figs. 21
and 22; Pl. 17, Figs. 26—31; Pl. 20, Figs. 64—67).
The hypodermis has on the proximal side a well developed
basement membrane which is made up of the anastomosed attenuated
prolongations of the basal ends of the cells, and a delicate layer of
mesoderm cells such as lines the proximal side of the hypodermis over
the entire body. There is no trace of other mesodermal cells taking
part in its formation as has been affirmed by several authors. The
hypodermal cells are thus bound together by this rather tough fibrous
basement membrane, so that when the cuticula is removed the hypo-
dermis presents a relatively firm structure, capable of resisting con-
siderable stresses without rupture. To this structure of the hypo-
dermis is due the capacity which it shows for the concentration or
extreme extension so often found during the metamorphosis of an
insect. In the development of the wing this membrane is of great
importance, for to it the hypodermal cells always remain attached
although the connecting portion may become extremely attenuated.
With the cells thus anchored to the basement membranes which fuse
to form the middle membrane, the two sides of the wing are held
near together so that the wing expands into a disc instead of a sac,
as it does when the membranes break apart or the connection of
the cells with the membrane is broken. It has been shown by MAYER
(1897), Comstock & NEEDHAN (1899), Mercer (1900) and others that
these basement membranes fuse along certain lines to form the median
membrane.
Near the close of the larval stage the wing begins to enlarge
rapidly and important changes occur in the hypodermis. At the be-
ginning of the prepupal stage the abdominal segments contract spas-
modically forcing the haemolymph anteriorly into the head and thorax,
where the pressure is partly relieved by being expended in dilating
The origin and development of the wings of Coleoptera. 541
the future imaginal organs i. e. wings, legs, antennae etc. The haemo-
lymph enters the wing through spaces between the two basement
membranes where they have not fused. These spaces, or sinuses, are
the first trace of the future veins of the wing (Pl. 16, Fig. 22 v.m;
Figs. 23, 24 and 25 v.cos, v.s-cos., v.rm, V.m, v.cu, v.4à).
The hypodermis of the wing shows the first indications of change
at about the time the larva ceases feeding, when the nuciei and cyto-
plasm of the cells are seen to be moving towards the outer surface
of the wing. The cell is still attached to the basement membrane
by a thinner portion which later becomes a delicate structureless fibre
[see also Mayer, 1896] (Pl. 17, Fig. 35 fbr; Pl. 16, Figs. 22, 23 and
24). This rearrangement of the cell contents results in the formation
of spaces between the proximal ends of the hypodermal cells, which
become more or less filled with tracheoles and leucocytes, and when
there are ruptures in the basement membrane haemolymph and blood
corpuscles are also found there (Pl. 17, Fig. 34). Gradually the nucleus
and cytoplasm move towards the surface and eventually the nuclei
and the cell contents become arranged in a single layer at the sur-
face of the wing (Pl. 16, Fig. 25). This last state is attained just
before pupation when the wing is fully expanded and ready to be-
come rearranged in position to form the pupal wings. The result of
the migration of the cell contents is a great increase in the surface
area of the wings, for each cell now has its distal end many times
larger in area than it was at the beginning of the prepupal period,
and to this increase in the area of the distal ends of the cells the
wing owes its growth.
A delicate layer of chitin is now secreted by the hypodermis
which goes to form part of the pupal cuticula; and soon afterwards the
final transformation to the pupal stage occurs. During the early part
of the pupal stage the hypodermis proper does not show any activity
in growth, but towards the latter part of this stage the cells enlarge
slightly and some few divide so that the wing surface becomes much
folded, a condition frequently noted in accounts of Lepidopterous
wing development. This is the normal method of hypodermal growth.
At the final transformation these folds are flattened out and the wing
expands, perhaps to five hundred times its area in the pupal stage
(MAYER 1896). In the Coleoptera there is no such great increase
in the size of the wings of the imago over those of; the pupa as
occurs in the Lepidoptera. Thus in L. decemlineata the ratio be-
tween the area of the elytra of the imago and pupa is 4:1, of the
542 W. L. TOWER,
hind wings 10:1. In ©. brunneum the ratio for the elytra is 3: 1,
hind wings 7:1. In P. punctata, elytra 2:1, hind wings 5:1. In
C. femorata elytra 4:1, hind wings 3:1.
Concerning the cause of this behavior of the hypodermis I have
no definite evidence. Superficially it appears to be due to one of
two agencies, or to a combination of them. The change observed in
the contents of the hypodermal cells may be due to the entrance of
the haemolymph into the wing, which expands it and causes neces-
sarily a rearrangement of the tissue to accommodate the increasing size
of the organ, or the change may be due to some stimulus other than
mechanical necessity, which causes the nucleus and cytoplasm of the
cells to move to the distal end, or to the outer surface of the organ,
thereby causing a great increase in the surface area of each cell and
as a result, an increase in the size of the entire organ. To occupy
the space produced in the center of the organ by this process the
haemolymph is forced in by the contraction of the abdominal seg-
ments. Probably the first alternative will be the most commonly ac-
cepted one, since the usual opinion is that it is the entrance of the
haemolymph under pressure that expands the wings. It should be
noted, however, that this shifting of the cell contents begins and
reaches a considerable development before any haemolymph enters
the wing sinuses. In some pathological cases where the wings failed
to develop properly the veins and sinuses were found densely
crowded with haemolymph, showing that the pressure had been
great, but the contents of the hypodermal cells had not changed in
position from that of the early larva. If the entrance of the haemo-
lymph and the necessity of mechanical adjustment alone were responsible
for this process and expansion of the wings, some trace of it should
have occurred in these abnormal cases. It is evident then, that this
change in the position of the cell contents of the hypodermal cells,
which is so important to wing development, and to insect meta-
morphosis in general, is due to a stimulus of whose nature and
source we are ignorant, but which undoubtedly belongs to the group
of stimuli or causes which bring about the other changes in meta-
morphosis. The pressure of the haemolymph and the mechanics de-
pendent upon it are, I am certain, of minor importance in wing
development, and while they may have some part in the expansion of
the wing, the longer part is already well begun before the haemo-
lymph finds entrance to the wing, and, in general, I think that the
The origin and development of the wings of Coleoptera. 543
theory of pressure of the haemolymph as a cause of many phenomena
of insect metamorphosis has been seriously overworked.
5. Tracheal System of the Wings.
a) Larval Tracheal System.
The wings of Coleoptera as far as examined, are all closely
associated with the tracheal system even in the youngest stages, and
this seems true of every species of insect whose wing development
has been studied. In all of the recorded observations the wing funda-
ment lies close to the lateral tracheal trunk, from which fine tracheoles
pass to the wing disc, or one, usually two, branches of considerable
size and length may arise from the longitudinal tracheal trunk and be
distributed to the inner side of the disc (Pl. 15, Figs. 14 and 16;
Pl. 17, Fig. 29; Pl. 20, Fig. 65). In the beetles both of these me-
thods of supplying the wings with tracheae are found, but the latter
is the more common one.
In the young stages of L. decemlineata the wing fundament re-
ceives two branches from the dorsal tracheal trunk, or more rarely in
place of these two single branches, there are two groups of small
tracheal tubes which correspond to the single tubes in position, and
I believe, in morphological significance. These two centers of tracheal
proliferation are undoubtedly the embryonic state of the cubito-anal
and costo-radial groups of tracheae which are of constant occurrence
in insect wings and which are found in a simple state in the wings
of Coleopterous pupae (Comstock & NEEDHAM 1899).
During the early stages of the development of the wing funda-
ment the small tracheae described above are able to supply the re-
quired amount of air, but when the prepupal stage begins with
the rapid growth and changes incident to it the early tracheation
is unable to meet the demands made upon it, and, accordingly, a tem-
porary system like that of the Lepidoptera is developed which is
functional for a short time and then disintegrates in the pupa.
In the last larval stage, shortly before the wings begin to expand,
the hypotrichal membrane of the dorsal tracheal trunk shows a prolifer-
ation of cells at two or more points, usually near the place where
the two branches of the trachea to the wing disc arise. This pro-
liferation may, however, extend for a considerable distance along the
tracheal trunks. In this growth the cells do not become cut off
from one another or from the hypotrichal membranes and only partial
544 W. L. TOWER,
and delicate cell walls are formed. This results in the development
of a protoplasmic body with numerous nuclei separated by partial
cell walls (Pl. 18, Fig. 48). In this mass there develops a delicate
and much coiled tube with delicate structureless intima of chitin (?),
the whole appearing exactly like the development of the tracheoles of
the Lepidoptera as figured and described by GoniN (1894). The
tubule arises at the place where the mass of cells is in contact with
the intima of the tracheal trunk as a short, thick, cylindrical structure
with one end abutting directly against the intima and the other con-
stantly advancing into and eventually nearly obliterating the proto-
plasmic mass. When fully formed, the tubule, much coiled and con-
voluted, and the degenerating nuclei are formed in place of the cellular
body with which the structure started (Pl. 18, Fig. 48 ir. cl).
The development of the tubule from the protoplasm I have not
been able to observe. The process involved is certainly peculiar and it
is almost impossible to get any direct evidence upon it. It is certain
for two reasons that the tubules are not empty and that they are
not filled with air: 1) There is no way for air to get into the tubule
except by penetration through the intima of the tracheal trunk;
2) In freshly killed material which has not been treated with alcohol
or any reagent that would remove air the tracheoles do not show
any traces of air in them, but are filled with a highly refractive fluid.
After the tissue has been treated with alcohol and the processes
necessary for sectioning, these tubules are found to be empty so that
in life they evidently contain some substance which is soluble in and
removed by the reagents used in preparation, and is removed by
evaporation or drying when the tubule becomes functional.
When the tubule is fully developed and the time arrives for it
to enter the wing, it unrolls and travels towards and into the wing
cavity. The cause of this unwinding is not easy to discover. To some
extent it may be aided by the entrance of the permanent tracheae
which begin to bud out from the dorsal tracheal trunk and enter the
wing at about this time. It is also almost certain that the tracheoles
are not unrolled until they become functional. It has been suggested
by Gonin (1894) and Mercer (1900) that the entrance of air into
them is the cause of the unwinding of the tracheoles. It is not easy,
however, to comprehend the manner in which the air is able to cause
this unwinding of the ball-like mass of tracheole.
In the Lepidoptera according to Gonın (1894), the tracheoles do
not become functional until an ecdysis has been passed through, but
The origin and development of the wings of Coleoptera. 545
in the Coleoptera they become functional early in the prepupal stage
without an ecdysis. This is accomplished by the -partial ecdysis of
the dorsal tracheal trunk and the rupture of the intima in several
places through which air passes to the space formed between the two
intimas. As a result of this the tracheoles become functional in L.
decemlineata one or two days before the larva ceases feeding or on
or about six or eight days before pupation.
The simplest condition of these tracheoles observed was in C.
bipunctata (Pl. 18, Fig. 43), where the tubules are developed at ir-
regular intervals from the dorsal tracheal trunk and are not numerous.
A more complicated condition is found in L. decemlineata, where a
large mass of rather large tracheoles have entered the wing cavity
(Pl. 18, Fig. 44), and a still more complicated condition is found in
OÖ. scabra (Pl. 18, Fig. 46). In this beetle a much coiled mass of
large tracheoles develop from the branches of the dorsal tracheal
trunk which enter the wing. In early prepupal life the foramen of
the wing is closed by a plug of these tracheoles. The most specialized
condition observed in the Coleoptera was found in the Buprestidae
where there develops from the hypotrichal membrane of the dorsal
tracheal trunk a mass of cells in which develops a great number of
coiled tracheoles (Pl. 18, Fig. 45), the whole arrangement resembling
very closely the condition found in the Lepidoptera.
The tracheoles are not entirely devoid of taenidia and have a
delicate intima, probably of chitin. They penetrate into the wing even
to its farthermost parts, but for the major part of their course in the
wing they follow the veins, ramifying from this path into the tissue
on either side. The tracheoles remain functional throughout the
prepupal period and are found in the early pupae, showing that they
are not all, and that perhaps not any of them are pulled out at
pupation, as GONIN (1894) supposes to be the case in Lepidoptera.
As the pupal stage progresses they become less and less numerous
and much broken up until eventually, in the late pupal life they are
absent. They are evidently digested in the haemolymph for frequently
fragments are found showing stages in degeneration; no further trace
of phagocytic action was observed, so the loss of these tracheoles is
undoubtedly due either to the action of solvents in the haemolymph
or to ferments (enzymes).
b) Adult tracheal System.
The tracheae of the pupal and adult wings of the dorsal tracheal
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. £ 35
546 W. L. TOWER,
trunk are derived from the hypotrichal membram by its evagination.
This I believe to be true of all insects. In L. decemlineata the cells
of the hypotrichal membrane begin to divide, forming a conical pro-
jection (Pl. 19, Fig. 63) which grows rapidly in length (Pl. 20, Fig. 69)
and has a delicate lumen as seen in transverse section (Pl. 20, Fig. 70).
This lumen begins first at the basal end of the trachea and abuts
directly against the intima of the tracheal trunk. In early stages it
is distinguished with difficulty (Pl. 20, Fig. 69), but it soon becomes
well developed (Pl. 20, Figs. 71 and 72) and here shows the structure
usually found in larval wings. At about the stage shown in Fig. 71
(Pl. 20) the intima begins to be formed and soon the taenidia make
their appearance (Pl. 20, Fig. 76). At the distal end of the growing
trachea the cells become much flattened and cover relatively large
areas (Pl. 20, Fig. 74). The lumen of the trachea is, as has been so-
frequently observed, intercellular even in the smaller parts, but in the
finer ramifications the tubules are intracellular, like the tracheoles
which develop for the temporary tracheal system.
In the pupal and adult wings there are numerous tracheoles,
which are intracellular tubes developed from the tracheae of the
wings, and these ramify from the main trunks all through the tissue
of the wing. Although several authors (MEINERT, KRÜGER and others).
have failed to find tracheae in the elytra of beetles they are present
in all of the twenty odd species examined by myself and by Comsrock
& NEEDHAM (1899). Even in dried material the tracheae are easily
discovered, and I cannot account for the failure of several authors to-
find them. These tracheae are always lodged in well defined veins which
are established before either haemolymph or tracheae enter the wing.
The number of tracheae is always six, the costal, subcostal,
ramous, medius, cubital and anal, some of which may be greatly
reduced or entirely absent (?), a fact well shown by Comstock &
NEEDHAM (1899) in some Cerambycidae. Moreover, when any branch
is reduced it is reduced in both pairs of wings to about the same
degree. This is strong positive evidence tending to proove that the
elytra are true wings, for as Comsrock & NEEDHAM (1899) remark:
“If the elytra and hind wings are not homodynamous organs, it is
not probable that the modifications of the two [tracheal systems] would
be so closely correlated. We conclude, therefore, that the elytra are
modified wings.” I would add that if the elytra and hind wings are
not homodynamous organs it is also improbable that they would have
the same type of tracheation and the same number of tracheal branches.
The origin and development of the wings of Coleoptera, 547
The tracheae and tracheoles of the wings of adult Coleoptera
are distinct from those of the larva and prepupa. They become
functional at pupation, or at the final transformation and remain so
throughout the life of the beetle and do not become degenerate as is
frequently stated in text books, although they may become flattened
and thickened by the deposition of chitin in the lamellae of the
elytron or in the intima of the trachea itself.
6. Formation of the Veins.
In the Coleoptera that I have examined the veins appear in the
wing before any tracheae enter, a fact also observed by Comstock &
NEEDHAM in Hymenoptera and thought by them to be true of other
insects also. In the younger stages of the wings no traces of veins
are found and everywhere the two basement membranes are in close
contact (Pl. 16, Fig. 21). When the prepupal period is about to
begin and the haemolymph begins to be forced anteriorly and enter
the foramen of the wing, a system of sinuses in the wing open between
the basement membranes. These sinuses which are soon filled with
haemolymph and become early visible are the veins in which
the tracheae and nerves are retracted in the pupal and adult wing
(Pl. 16, Figs. 22, 23 and 24), As the prepupal stage progresses
and the wing expands, more haemolymph enters, and the veins
become great spaces in which the tracheae lie (Pl. 16, Fig. 25).
The veins are differentely located, even in early stages of the wing
where they show the same general arrangement as in the adult
structure. The venation of the wings has been ably investigated by
Comstock & NEEDHAM and I can only confirm their excellent account
of the veins in the wings of Coleoptera. I have not found any wings
which show traces of the branching of the tracheae as in other insects,
and my results confirm their belief that in Coleoptera the tracheation
is dependent upon the venation.
7. Other Tissues in the larval Wings.
In addition to the tissues essential to the formation of the wing,
hypodermis, haemolymph, and tracheae, other tissue elements or tissues
have from time to time been recorded as occurring in insects wings.
Mesoderm. Very little mesodermal tissue, except haemolymph
and. leucocytes, is ever found in the wings of beetles. The leuco-
cytes are fairly numerous in the wings but never, as far as I know,
548 W. L. TOWER,
do they have any part in the formation of the adult wing or pigment
as in Lepidoptera (Mayer 1896). No “wandering mesoderm“ cells
enter the wing nor help to form the basement membrane of the hypo-
dermis or the middle membrane of the wing.
The fat body cells have been recorded by HOFFBAUER as occur-
ring in the wings of beetles, but in those that I have examined they
are not common and when these cells have occurred they were simply
isolated cells brought into the wing along with the haemolymph in
the form of partly transformed ‘‘food balls”. In Buprestis, however,
a considerable mass of these modified fat body cells enters the wing
cavity, where they are digested before pupation.
Nerves. Nerve trunks are found to enter the wing cavity
where the nerve break up into small branches, one or more of which
enters each vein and penetrates deeper into the wing. These cannot be
traced with any certainty by the usual histological methods and I am
therefore ignorant of their ultimate distribution. Although sense
organs are said to occur in the wings of insects I have not found any
structures that could possibly function as such in beetles’ wings, and
I believe that the nerves end freely between or upon the hypodermal
cells and glands.
8. Homology of the Elytra.
The homology of the elytra with the wings of other insects is
according to some authors doubtful. The divergence of these struc-
tures from the typical wing has caused many writers to regard the
elytra as homologous to other Hexapod structures. Thus MEINERT
(1880) regarded elytra as homologous to the tegula of Lepidoptera and
Hymenoptera; HOFFBAUER (1892) also suggests the same homology.
The tegulae are, however, different in structure, and have no venation
or tracheation, traces of which were discovered by KoLBE (1886) in
the elytra of beetles. Later, SHARP (1896) concluded that the tegulum
was a part of the elytron the latter being a true wing. ÜOMSTOCK
(1895) adopted Mernert’s view; while Packarp (1898) states that after
examining a pupal Doryphora and Clytus he is satisfied that “the
elytra are the homologs of the fore wings of insects. Comstock & NEED-
HAM (1899) set aside the early view of the senior author and con-
clude that the elytron is a modified fore wing. Finally, Krüger, (1899)
after studying Tenebrio molitor L., Lema asparagi and L. merdigera,
concludes that even though the elytra arise exactly like the hind wings
The origin and development of the wings of Coleoptera. 549
and develop in the same way for most of the larval period, that they
are not the fore wings inhibited at an early stage, but are divergent
structures specialized for a new function. This view is based upon
the more widely separated lamellae of the elytron, the presence of
more chitin and the existence of a secondary internal cavity connecting
with the body cavity.
My observations convince me that the elytra are homologous to
the fore wings of other insects for the following reasons: 1) They
arise in exactly the same way as do the wings of all insects, and
follow much the same course of development during the larval and
pupal periods; 2) they are supplied with, temporary and permanent
tracheal systems which are always lodged in a definitely located system
of veins, as in the hind wings and in the wings of other insects; they
behave during the prepupal and pupal stages as do the wings of other
insects. To regard the elytra as “divergent structures specialized for
a particular function” (KRÜGER 1899) is impossible, since it could not
reasonably be expected that a “divergent structure” could be found
which was not a wing, yet occupied the same position, and had the
same function, course of development exactly like the wings of other
insects, and a structure venation and tracheation that was in every
way characteristic of insect wings.
The contention of Krüger (1899) that the elytra are not wings
is based upon structures that appear late in development, and no
wright has been given to the fact that the elytra and wings arise in
the same way and develop alike for most of their period of develop-
ment. Most of this authors’ observations were based upon material
that had been treated with nitric acid to soften the chitin. This process
is in my experience absolutely untrustworthy.
9. The Prepupal Stage and Pupation.
In the preceding sections I have shown how the wings originate,
grow, and finally get outside of the body and become external struc-
tures; in this section I shall trace the growth and development of
the wings during the prepupal period. In the prepupal stage, which
rarely lasts more than a few days, the wing grows with great rapidity,
changes in form, and comes always to assume a definite position.
It is interesting to follow closely some of these changes and to deter-
mine their causes.
After the larva ceases feeding it empties the alimentary canal of
most of the food and seeks a place in which to pupate. During this
550 W. L. TOWER,
wandering stage the wings become external and begin to grow
rapidly. This rapid growth in the wings is due, as has already
been pointed out, to the rearrangement of the contents of the
hypodermal cells and the entrance of haemolymph into the wing (see
§$’s 4 and 5).
The expansion of the wing, as viewed in “in toto” preparations,
is at first downward (Pl. 14, Figs. 6 and 10), which growth continues
until the whole side of the segment is nearly hidden by the wing
(Pl. 19, Fig. 55). Eventually the wing’s downward extension is brought
to an end by the leg (Pl. 19, Figs. 54 and 56), which prevents further
growth in that direction. This produces, on further growth, much
folding and crumpling of the wing. Soon, however, the motion of
the insect within the now loosened, chitinous covering of the larva
and the position of the legs cause the wings to suddenly slide
_ posteriorly and assume their normal pupal position. In this latter
position the folds early become obliterated and the wings possess
nearly the adult form.
If the leg be cut off during the prepupal stage the wing
grows downward and may even cross over to the opposite side and
never assume its normal pupal position. This result cannot be ob-
tained, however, unless both femur and trochanter are removed, so it
is quite as evident from this as it is from Figs. 53, 54 and 56 (Pl. 19)
that the position of the trochanter and femur are the guides which
direct the wings at pupation to their ventro-posterior position. The
chitinous integument which surrounds the developing prepupa is
of great use to the larva. If the cuticula be removed during
the prepupal period the wings soon become sac-like and fail to de-
velop properly, showing that the presence of the larval cuticula is
necessary for the proper development of the wings. The wings at
this time are filled with haemolymph under considerable pressure, but
are held in position between the parallel surfaces of the body and
the cuticula, these causes them to expand in one plane. When,
however, the outer retaining layer is removed extension in three
directions is possible and occurs at once. The middle membrane at
pupation is perfectly passive, that is, the attachment of the hypodermal
cells is not strong enough to hold the two lamellae of the wings to-
gether and this is accomplished by the wing’s being kept under pres-
sure between the cuticula and the body surface. During the pupal
stage, however, these basal ends of the hypodermal cells become
The origin and development of the wings of Coleoptera. 55]
toughened and are able to hold the two sides of the wing in contact
when the imago emerges and the wing expands.
To facilitate ecdysis at pupation many beetle larvae develop
“deciduous spines” upon the elytra, prothorax and other parts of the
body. These spines are of quite general occurrence in insects, in the
Coleoptera reaching a high state of development in the Coc-
cinellidae. In Epilachna borealis these spines are most extravagantly
developed, each elytron having at pupation its shoulder and two
longitudinal spaces thickly beset with long, cylindrical, spines or
scales. Similar structures also occur upon the head, pronotum and
abdomen. In development these spines follow the same general plan
as that given by Mayer (1896) for the scales of Lepidoptera.
The first indication of these structures is found when the larva
is about two thirds grown. Certain hypodermal cells are found
to be enlarging rapidly so that they soon become flask shaped like
the “matrix cells” of Mayer (1896), but they remain attached to the
basement membrane of the wing (Pl. 18, Fig. 40). These cells have
a large nucleus and dense granular cytoplasm, with one or two
deeply stained bodies in the cytoplasm close to the nucleus. Most
of the cells at this stage have already developed a short pro-
jection above the general level of the hypodermis, but no further
development takes place until the prepupal stage. Early in the pre-
pupal stage, soon after the wings become external structures, these
cells develop long cylindrical prolongations, which cause a decrease
in the volume of the matrix cells and a migration of the densely
stained granule to a position at the base of the scale (Pl. 18, Fig. 41).
Just before pupation the scales develop a thick chitinous covering
which makes them rigid and effective in raising the old cuticula from
the surface of the insect, and allowing the pupa to slide out of its
old chitinous coat with ease (Pl. 18, Fig. 42). These spines are
present in the pupa, where they become hard and blackened and per-
haps serve as protective structures, but they are lost at the final trans-
formation and no trace of them occurs in the adult.
Early in the prepupal stage the exuvial fluid begins to collect
about the rapidly growing wings so that during this period they are
really suspended in a watery fluid which is secreted by special glands,
the behavior of which I have described in another place.
At pupation the exuvial fluid is so abundant that the developing
pupa is immersed in it inside of the old larval skin. Finally this is
ruptured, and the air entering, the exuvial fluid is in part precipitated
upon the surface of the pupa. As ecdysis progresses, contact with
552 W. L. TOWER,
the air and evaporation, cause all of the solid part of the exuvial
fluid to coagulate and cement the appendages of the pupa fast to the
body and thus effectually prevent any malformation of the delicate
pupal organs. While this cementing material is being deposited there
is also a rapid deposition of chitin, so that at the end of pupation
the pupa possesses a firm covering. If the newly transformed pupa
is immersed in pure water for a few moments, this cementing
material and some of the primary cuticula are dissolved and the
appendages are left free to assume any position, and hence to undergo
any amount of malformation. At this time the appendages are full
of haemolymph under considerable pressure, and as soon as they are
freed from restraint the blood pressure causes them to become malformed,
usually bladder-like. After the exuvial fluid has once hardened it is
not soluble in water, weak acids or alkalis.
In beetles there is much variation in the amount of exuvial fluid
and the cementing of the appendages to the body. In species like the
Coccinellidae which pass the pupal stage in the open air the appen-
dages are very firmly glued to the surface of the body. In species
which pass the pupal stage in a large cell the wings and legs are
usually fastened to the body. Species which pass their pupal stage
in narrow burrows as do most Cerambycidae and Buprestidae develop
but little exuvial fluid and there is almost no cementing of the
appendages to the body.
During these last changes the wings become further differentiated.
The elytra are thickened and the hind wings have become much
expanded and folded, but both are so much alike that the two are
almost indistinguishable in section. The wings are now large thin-
walled fluid-filled sacs, extremely delicate and easily malformed, and
without trace of adult structures; in this condition they pass on into
the final or pupal stage of development.
10. Development in the Pupa.
In the pupal stage the most important structures developed are
the rods of chitin-like material which pass from lamella to lamella
and prevent the wing from becoming malformed at the final trans-
formation. Immediately after pupation the hypodermal cells are found
in a single layer with a thin deposit of chitin over the outer ends, and
with the proximal ends of these cells prolonged into a delicate struc-
tureless, fibre which connects the cell body with the middle or fused
basement membranes. In this condition the wing is a weak structure,
The origin and development of the wings of Coleoptera. 553
easily malformed and in no way fitted for its work as an organ of
flight. Soon after pupation each hypodermal cell develops a dense
bundle of fibres which are attached to the cuticula by a cone shaped
base and are continued down through the length of the cell to the
basement membrane, where they are firmly united to corresponding
fibres from the other side of the wing (Pl. 18, Fig. 50 h‘drm. rd).
These fibres develop also in the prolongations of the basal ends of
the hypodermal cells in the basement membrane. The whole wing is
thus bound together from side to side and end to end by a complex
system of these strong connectives. These rods, or fibres, are easily
demonstrated after killing with sublimate acetic acid, FLEMMING or
Hermann’s, but not after PERENYI, hot water, or any Picric acid mixture.
Alum Carmine and Picric acid. or HEIDENHAIN’s Iron Haematoxylin
furnish excellent images of these structures.
While this development of the connecting fibres in the elytron is
going on the basement membranes separate and between them the
cavities of the veins become continuous forming a large middle space,
which is simply the cavity of the wing formed by the first evagination
reopened, and is in no sense a secondary internal cavity. This middle
space is not, however, in communication with the subhypodermal spaces
(Pl. 18, Fig. 51 s'hdrm.sp), being separated from them by the
basement membrane, which, however, is frequently fenestrated. Often,
as pupation goes on, the middle space becomes greatly distended with
haemolymph which rarely enters the subhypodermal spaces.
In the Lepidoptera, MAYER (1896) has described canals passing
across the middle space of the wing and putting the two subhypo-
dermal spaces in connection with each other. In the Coleoptera
similar structures are found where some half dozen hypodermal cells
become grouped in a ring (PI. 18, Fig. 49) and have the “grund-
membranes” connected, forming a tube between the two subhypodermal
spaces. These groups of cells are in some species arranged in definite
rows (L. decemlineata) and irregularly in others (O. scabra). During
the pupal stage these structures show no further change, but in the
adult they are the places where the chitinous columns of the elytra
are developed; in the hind wings they remain in this condition
throughout life, as they do in the Lepidoptera.
In the pupal stage each wing is surrounded by a chitinous sac
as in the Lepidoptera (Mayer 1896), and at first the surface of the
wing and this sac are parallel and in contact, but the wings soon
become folded. The wings are also much distended with haemolymph
554 W. L. TOWER,
and leucocytes are fairly abundant. During the pupal stage the
glands, scales, hairs and other ornamental structures arise. The
development of these I shall take up in the next section. — |
When the time for the final transformation of the insect arrives
the body and appendages become surrounded by a thin layer of
exuvial fluid which acts as a lubricator and allows the animal to slip
out of the pupal case without injury to the rather delicate body sur-
face. After emergence the wings expand and reach their adult size
and shape in a short time. The beetle now has the form and size
of the adult but lacks the coloration and firm texture of the body
wall, and a considerable period elapses after emergence in which the
beetle undergoes considerable development. In this period the color-
ation, glands, scales, hairs, etc. become completed and functional,
the body wall is thickened, the sexual products are matured and
the insect brought into condition to exist in the outside world and
preform its adult functions. In the following section I shall trace
the changes which occur in this period, many of which begin in the
pupal stage, but are completed after emergence.
11. The Mature Wings.
In the wings the gross changes which occur after the final trans-
formation are few, and consist in the final expansion, a decrease in
the thickness, and a stiffening of the wings. These changes are,
however, caused by the growth and modification of the hypodermis and
the hypodermal structures, so that an account of the changes of these
parts will also include the grosser changes.
a) The Elytra. The Chitinous Columns. These struc-
tures have been frequently described in the adult elytra, but not
accurately, and their mode of growth has not, as far as I know, been
studied, although Comstock & NEEDHAM (1899) have figured one rather
late stage in their development in H. 13punctata.
Early in the pupal stage there are found in the elytra of all of
the beetles examined paired groups of hypodermal cells, — one of the
pair being in the dorsal and the other in the ventral layer of hypo-
dermis. The groups of cells of the upper and lower layers of hypo-
dermis are so closely united that they appear as a single structure
reaching from lamella to lamella of the wing. The cells in the dorsal
layer have, however, become differentiated from those of the rest of
the hypodermis (Pl. 18, Fig. 49), being larger and having a large nucleus
with a well developed chromatin reticulum and a dense granular
The origin and development of the wings of Coleoptera. 555
cytoplasm. These paired groups of cells are arranged in rows
(LZ. decemlineata), irregularly (O. scabra), or in a complex pattern
(Chrysomela and Calligrapha). During the pupal stage and until after
the wing is completely expanded these groups of cells remain inactive.
Wherever they occur the basement membrane of the dorsal and
ventral layer of hypodermis passes across the middle space of the
wing, forming a tube which puts the two subhypodermal spaces in
connection, as in the Lepidoptera.
In the young adult after the wing has become fully expanded
_ the cells at the upper side begin to secrete chitin and form a conical
projection on the underside of the cuticula reaching down into a cone-
shaped pocket of hypodermis (Pl. 20, Fig. 78). This secretion of chitin
continues, the chitinous process growing deeper and deeper into the
Wing, and at the same time the cells of the dorsal layer of hypodermis
have migrated down the sides of this process and completely covered it.
The original half dozen cells which started the process have had their
numbers increased by additions from the neighbouring hypodermis.
Eventually, the column reaches the ventral layer of the wing and
fuses with it, thus forming a solid chitinous column connecting the
two sides of the elytron and giving it great rigidity. In almost all
beetles a small pit is formed above these columns which is due to
the contraction on the part of the hypodermal cells of the ventral
layer pulling the cells of the dorsal layer down and bringing the soft
primary cuticula with them (Pl. 20, Fig. 79).
After the column is fully formed the deposition of chitin may
cease for a short time until the pigmentation of the primary cuticula
is completed and then all of the cells of the hypodermis begin de-
positing chitin of another kind, the secondary cuticula, which forms
the backing and strength of the wing. Eventually, the column
becomes a strong structure occupying a considerable space in the
wing.
The fully developed column (Pl. 20, Fig. 79) consists of a
central rod which is continuous with the primary cuticula of both
sides of the wing, surrounded by another layer of the secondary cuti-
cula which varies much in thickness even in the same wing and also
with age. This secondary cuticula is longitudinally stratified and
has numerous delicate pore canals running transversely to the line of
stratification. These pore canals penetrate as far outward as the
primary cuticula, and are occupied during growth by fine processes from
556 W. L. TOWER,
the hypodermal cells. After growth has ceased the protoplasmic pro-
cesses are withdrawn and the canals are empty or filled with air.
2) Chitinous lamellae. The chitinous lamellae of the elytron
vary greatly in thickness in different species, in different individuals
of the same species, and at different periods in the life of the same in-
dividual. The dorsal and ventral layers are also of different thick-
nesses. In the pupa the hypodermis secretes a thin homogeneous
layer of chitin (Pl. 17, Fig. 33 cta,; Pl. 19, Fig. 58), the primary
cuticula, which remains soft and pliable until the wing has become
fully expanded, when it hardens. This primary cuticula is of nearly
uniform thickness over the entire wings and body. After the expansion
of the wings and the development of the chitinous columns the hypodermis
begins to deposit the secondary cuticula which forms the backing and
strength of the wing. This characteristic of this layer I have given
in a preceding paragraph.
The deposition of this secondary cuticula continues for some time
after the beetle begins to fly about and in some species (Carabidae)
may be carried to the extent of almost obliterating the cavity of the
elytron. The deposition of this layer goes on just as long as the
hypodermis receives proper nourishment, but when the sexual products
begin to develop, the food supply is largely diverted from such non-
essential structures as the wing hypodermis, and its cells soon
become starved and degenerate rapidly. I have not, however, found
any hypodermal cells becoming included in the cuticula, as is recorded
by Comstock & NEEDHAM (1899).
3) Fate of the hypodermis. The hypodermis remains active
just as long as it is properly nourished, but when the food supply ceases
the hypodermal cells become dense, granular, and stain deeply without
much nuclear differentiation and form a dense but thin matrix on the
lower surface of the chitinous lamellae. I did not find, however, any
case where the hypodermis entirely disintegrated.
4) The tracheal system. The tracheation and the tracheae
of the adult elytra differ in no way from the condition of the
prepupa or pupa and show no modifications of interest. They never
disintegrate or become so modified as not to be able to conduct air
into the wing. In many species of beetles the taenidia of the larger
tracheae develop numerous fine chitinous hairs, (Pl. 17, Fig. 33) the
function of which I do not know.
5) Veins. In the elytra of Coleoptera the veins are best seen
in the pupal stage or in the early imago, where they exist as relatively
The origin and development of the wings of Coleoptera. 597
straight sinuses between the basement membranes. Soon, however,
the membranes, after reaching the adult stage, draw apart, opening
up the whole primitive invagination cavity, so that the position of
the veins can now be recognized only by the location and course of
the tracheae, which are kept in position by the small branches rami-
fying from the main trunks into the tissues of the elytron.
6) Glands. The glands of the elytra are numerous, both simple
and compound glands being found in varying degrees of complexity.
The glandular structures of the elytra of beetles have been studied by
HoFFBAUER (1892) who found both simple and compound glands in
the elytra and also upon the head and pronotum.
The simplest glands are single hypodermal cells modified for a
glandular function, and are uniformly distributed over the entire
body surface. In the elytron they arise in the pupal stage by the
direct modification of one of the hypodermal cells of the wing lamella.
In the formation of one of these glands the body of the hypodermal
cells drops below the level of the rest, and becomes larger, with a more
densely granular cytoplasm and a large round nucleus having a deeply
staining chromatin skein (Pl. 18, Fig. 37). As the pupal stage progresses
the body of the cell becomes larger, the basal connection with the
basement membrane becomes extremely attenuated or may be lost
entirely, and the cytoplasm becomes filled with globules of secreted
material (Pl. 18, Fig. 38), which eventually form large vacuoles (Pl. 18,
Fig. 39). At the final ecdysis the end of the cell is laid bare and
a minute pore is developed through which the secreted contents of
the cell escape to the surface.
A more complicated gland is shown in Fig. 47 (Pl. 18) where
several of these simple glands open through a series of tubes into a
pit on the surface of the cuticula. The individual cells of the gland
undergo the same series of changes in development as do the simple
glands. These groups of simple glands are usually arranged in rows
in the intertracheal spaces. Often instead of opening at the bottom
of a pit (Pl. 18, Fig. 40) they open at the top of a cone or stalk
situated in a pit (Pl. 20, Fig. 68). From the relatively simple
aggregation of gland cells shown in Figs. 40 and 68 all gradations
are found leading up to the complex structure shown in Fig. 80
(Pl. 20). This latter structure occurs in regular intertracheal rows
on the elytra (Pl. 17, Fig. 36) and also upon the head and pronotum
of L. decemlineata. This last gland arises as an invagination of a
558 W. L. TOWER,
glandular area, which area usually becomes aggregated into two masses
at the inner end of the duct (Pl. 20, Fig. 80).
Concerning the character of the secretion of these glands very
little evidence was obtainable from a study of their histology. Many
show a mucin reaction, others show numerous granules of secreted
material, and others drops of waxy or oily material. I suspect that
these large glands of L. decemlineata are the cause of the peculiar
odor that insect possesses which renders it obnoxious to most in-
sectivorous animals. These glands persist in full functional activity
as long as the beetle lives, although the hypodermis and unicellular
glands will long since have degenerated.
7) Ornamentation. The elytra of beetles are variously or-
namented by pigmental colors and structural effects. These I have
described in another paper which it is hoped will appear during the
present year. For the sake of completeness I shall give briefly
such anatomical results as were derived from that study.
The color of the elytra of beetles is due to a pigment either in
the cuticula, or beneath in the hypodermis, or suspended in the haemo-
lymph of the central cavity of the elytron; or it may be due to
structural effects, — pits, striae, lamellae or scales, — or it may
be due to a combination of these two classes.
The predominant colors of beetles are black, browns and yellow,
and these lie in the primary cuticula, as shown in the series of
figures (Pl. 19, Figs. 57 to 62 incl.) which shows the development of
these colors in the primary cuticula. These colors are very stable,
being insoluble in water, alcohol, weak acids or alkalis, ether, essential
oils, etc. The colors found in the hypodermis or in the central
cavity are red-yellow and rarely white. These are unstable, easily
soluble, and fade at death or exposure to light and air.
Structural colors are the metallic blues, greens, violets, golden and
most whites and in beetles are most commonly produced by lamellae.
Scales are of common occurrence in beetles and are varied in
their form, size and the color effect produced. They have been well
studied by Dimmock (1883) as adult structures. In development the
scales of Coleoptera follow exactly the same course as was found
by Mayer (1896) in the Lepidoptera and there can be no doubt
as to the complete homology between the scales and the colors
produced by them in these two orders. In several Cerambycidae an
interesting condition was found in the close association of a gland
with those scales which are destined to become dark in color (Pl. 20,
The origin and development of the wings of Coleoptera. 559
Fig. 77), while the scales that were to remain white or yellow did not
have this gland associated with them (Pl. 20, Fig. 73).
6) Hind wings. The changes which occur in the hind wings
of the adult are not very extensive or significant. At the final
transformation all veins, scales, hairs, glands etc. are fully developed
and present no differences from those of the same structures of the elytra.
‘ The veins, however, instead of becoming degenerate, show an aggre-
gation of the hypodermis, which soon begins to secrete the supporting
part of the vein, as described and figured by Comstock & NEEDHAM
(1899).
The hypodermis does not degenerate to near the extent that it
does in the elytron, and the basement membranes remain in contact
(Pl. 18, Fig. 52). Further, in the hind wings the hypodermis secretes
only a small amount of secondary cuticula so that the wings remain
light and flexible and have at the same time a maximum of strength.
The hind wings of beetles often greatly exceed the elytra in
size and yet when not Copal. a. sys.m.
in use are completely mat u? PRE Co
hidden beneath the elytra.
In some forms the hind
wing is not larger than
the elytron and in these
it is not folded and has :
a rather characteristic 345.7
venation (Fig. F). Fig. F. Chrysobothris hind wing which is not
The mechanism by a elytron and is never folded. Lettering
which the wings become
folded is simple, but has not, I believe, been described. In Figs. G
and H are shown the expanded and folded hind wing of L. decem-
Fig. G. Hind wing of Leptinotarsa decemlineata extended ; cap. art articularfhead,
cot cotyla, sys.a anterior system of supporting veins, sys.m median system of supporting
veins, sys.p posterior system of supporting veins.
560 W. L. TOWER,
lineata. In the wing there are three groups of veins each acting
as a unit; an anterior set (sys.a) forming a strong costal border for
about two thirds of the costal edge and firmly fused with the articular
cap, art. sys. M: A ©.
S y §.a.
4 OLR TS
sys.
Fig. H. Hind wing of Leptinotarsa decem-lineata, folded, showing action of the
median system in folding the wing beneath the elytres as in Fig. G.
head (cap. art); a middle system (sys.m) consisting of a single vein
which arises from the cotyla (cot) and ends in a transverse vein (6);
and a posterior system in the anal angle of the wing (sys.p) which
arises from the posterior side of the cotyla and is distributed to
the inner posterior part of the wing.
In Fig. H is shown the development in the folded wing of
a joint in the costal edge at a, a fold in the wing parallel to the
transverse vein (0), and a complex joint at d. Now by comparing
the anterior and posterior systems of Figs. G and H it is seen that
they remain unchanged in position in both figures but that the middle
system occupies a different position when the wing is closed from
that when the wing is expanded. The wing rotates upon the
cuticula head and when folded back beneath the wing covers the
inner end of the cotyla is brought into contact with a chitinous
scalerite of the thorax which stops the further movement of the
cotyla medianward, and as the wing swings farther back the middle
system of veins is pushed outwards and anteriorly. This motion, com-
bined with the backward movement of the wing as a whole produces
the folding of the distal end of the wing as showu in Fig. H. There
are no traces of muscles or elastic ligaments in the wing which could
aid in the folding. Figs. G and H are camera drawings of wings and
show the actual position of the parts in the two conditions.
The origin and development of the wings of Coleoptera. 561
III, Conclusion.
In the preceding pages I have described ‘the development of the
wings of beetles and of their parts and it now remains to consider
briefly the general aspects of this account and its bearing upon the
general topic of the origin and development of insect wings.
In an early part of this paper I have shown that the wings and
spiracles arise in homologous positions upon the sides of the segments
as determined by the attachment of homodynamous muscles, and
that the hind wings are without much doubt derived from the de-
generate spiracle disc of the metathorax, but in the elytra the case
is different. Whether in the migration of the mesothoracic stigma
to its larval position only the opening migrates and the disc remains
behind, or whether both the spiracular disc and opening are moved
forward is a point upon which I was unable to get decisive evidence.
My evidence points strongly to the view that it is the spiracular
opening alone which migrates and that the spiracular disc remains
behind to form the fundament of the elytron. At present I believe
that the evidence points strongly to VERSoN’s (1890) view that the
wings of Coleoptera and Lepidoptera are derived from the rudiments
of the mesothoracic and metathoracic spiracles. The question is,
however, a decidedly open one, and one upon which studies of the
development of the late embryo and early larva of Heterometabola
will undoubtedly throw much light.
All of the evidence here presented concerning the condition of
the wings of Coleoptera and Heterometabola is most positively opposed
to the theory of the origin of the wings of insects as dorsal, backward
prolongations of the tergum. When the anatomical position and de-
velopment of the wings are considered, as far as is known no support
for this theory can be derived from these two important sources.
Further, the external position and appearance of the wings in larval
stages cannot be criteria of value, for it is well known that the wings of
Heterometabolous nymphs often shift their position during the larval
stages to one that is adapted to the habits and environment of the
larva. Thus the wings in Periplaneta arise on the sides of the thorax
in exactly the same place where they arise in Coleoptera or Lepido-
ptera, but the wings soon migrate dorsally and posteriorly, and when
they become external appear as direct backward prolongations of the
tergum. ‘This theory of the origin of insect wings has only the wildest
sort of speculation for its support. At present we do not know that
Zool. Jahrb. XVII, Abth, f. Morph, 36
562 W. L. TOWER,
acquired characters, such as the lateral projection from the sides of
the thorax of the primitive pterygote insects, are ever inherited and
the discussion of the perfection and modification of this as given by
PACKARD (1898) is pure speculation, and while use, inheritance, selection
and the inheritance of acquired characters may and probably have
all played important parts in the genesis of insect wings, there is as
yet no evidence to show what part or parts have been taken by these
factors even in the later development of insect structures. No evidence
has yet been but forward by those who support this theory which
gives even a remote clue as to the origin and homology of insect wings.
That the wings are derived from structures like tracheal gills
has been advocated by GEGENBAUR and others and is equally wanting
in convincing evidence to support it. Thus, according to GEGENBAUR,
“The wings of insects must be regarded as homologous with the
tracheal gills, for not only do they agree with them in origin, but
also in their connection with the body and in structure. Their being
limited to the second and third thoracic segments points to a reduction
in the number of tracheal gills. It is clear that we must suppose the
wings did not arise as such but were developed from organs which
had another function, such as tracheal gills; I mean to say such a
supposition is necessary, for we cannot imagine that the wings functioned
as wings in the lower stages of their development, and that they could
have been developed by having such a function.“
To this hypotheses two very strong objections at once arise,
first: It presupposes that the ancestors of the Pterygote insects were
aquatic forms having tracheal gills; but the major part of the evi-
dence as to the ancestry of Pterygota points directly to a terrestrial
form, perhaps not unlike Campodea; second, tracheal gills, as PACKARD
(189%) clearly points out, are secondary, adaptative and temporary
larval structures and are not of phylogenetic significance. Moreover
the fundamental type of wing tracheation so clearly brought out
by Comstock & NEEDHAM (1899) is not the same as the trache-
ation of any tracheal gill that I have been able to discover, and it
is reasonable to suppose that if wings are derived from tracheal gills
there should be a fundamental resemblance between the tracheation
of the two.
The connection of the wings with the spiracles, as shown by
VERSON (1890) and in this paper, does not help the tracheal gill theory,
because the spiracles are not developed from or in connection with
tracheal gills. MÜLLER (1875) states positively that the “wings of
The origin and development of the wings of Coleoptera. 563
insects have not arisen from tracheal gills”. He bases his assertion
largely upon the absence of tracheae in the wing fundament of insects,
remarking that “the wing(s) (fundament) are the only parts that lack
air tubes”. The same view is adopted by PANCRITIUS (1884). MULLER
further asserts that the wings of insects have arisen as lateral pro-
longations of the dorsal plates of the segments.
It is probable that the wings of insects are homologous with no
other tracheate structure, or at least no evidence has yet been put
forward which shows any such homology, and as for their origin ac-
cording to the Tracheal gill theory of GEGENBAUR or the MÜLLER-
PACKARD theory of lateral or dorsal prolongations neither has as
yet any evidence to support it. It is futile to hope for palaeonto-
logical evidence, and the only: way in which we may possibly get
certain upon the question of the origin of insects wings is by a
careful comparative study of the conditions found in the late embryo
and young larva of the more generalized orders of insects, and until
we have this knowledge speculation as to the origin and homology of
the wings of insects is without foundation and unprofitable.
From the data presented in this paper it follows that the wings
of Coleoptera present no very fundamental differences from those of
the Lepidoptera or other orders that have been studied, showing only
the specialization that is to be expected in any group of animals.
The chief stages and processes are in all respects perfectly comparable
to the same stages and processes in the Lepidoptera and other Holo-
metabola, although obscured, shortened or prolonged to adapt them to
the needs of the particular species. These specializations and adap-
tations have, however, been described in their proper place, and
need not be rehearsed here. It is certain, however, that the elytra
are true wings and are homologous to the fore wings of other
insects.
As a whole the wings of beetles are specialized by reduction,
not only of veins, as shown by Comsrock & NEEDHAM, but also of
nerves and sense organs and by complexity of ornamentation, the
scales, hairs and colors being of the simpler kinds. The wings are
then relatively simple in structure and the elytra only show speciali-
zation by addition, in adding a thick deposit of chitin. Although
relatively simple the ornamentation is extremely significant, and .of
this I have written fully in another paper.
36*
564 W. L. TOWER,
Methods.
The material upon which this paper is based was preserved in
many ways, but none of the methods usually recommended for insect
tissues gave reliable results. Thus PERENYTs fluid used hot or cold,
Corrossive Sublimate, any Picric acid or Chromic acid mixture were
unsatisfactory. Hrrmann’s fluid, FLemmina’s fluid and Corrosive
Sublimate acetic acid mixtures gave uniform and excellent results.
HerRMANN’s and FLemmine’s fluids gave excellent results with small
pieces or young larvae, but were entirely unadapted to older or large
larvae or pupae. After much experimentation I have devised these
solutions of sublimate acetic acid which gave uniform results and
results that are exactly like those given by Hermann’s or FLEM-
min@’s fluid:
No. 1.
Saturated sol. HgCl, in 35°/, alcohol 70 vols.
Glacial acetic acid (99.5 %/,) 2D Bu,
Nitric acid “ec. p.” De
No. 2.
Saturated sol. HgCl, in 35°/, alcohol 95 „
Glacial acetic acid (99.5 0/,) Zee.
Nitrie acid “ce. p.” BT
No. 3.
Saturated sol. HgCl, in 35°, alcohol 60 „
Glacial acetic acid (99.5 %/,) HOW,
Platinie chloride 2°/, sol. in Aq. dest. 30 ,
For large larvae or pupae I use No. 1, heated to 80° C in a
closed flask I poured suddenly over the specimens and allowed the
fluid to act for from two to five minutes according to the size of
the insect and the thickness of the chitin, then poured off and re-
placed by No. 2 and kept at a temperature of 30—40° C for several
hours. Immediately after the removal from No. 1 the insect should
be cut with a sharp knife in as many pieces or places as possible.
By this method I have obtained a perfect fixation of the amoeboid
processes of the intestinal epithelium of large Scarabaeid grubs when
fixed entire. For small larvae and pupae No. 1 is too strong and
should be replaced by No. 2 and used as in the case given above.
Perhaps the most generally useful is No. 3, which gives excellent
results either cold or warm but care should be taken to have as small
pieces of tissue as possible.
The origin and development of the wings of Coleoptera. 565
After killing dehydrate rapidly, clear in cedar oil and preserve
in paraffine. If the tissues are to be kept in alcohol remove the
sublimate with iodine in 70°/, alcohol and preserve the tissue in
80—85 °/,. I find, however, that insect tissue soon loses its finer
structure in alcohol and becomes more difficult to section.
In preparing tissues where there was much chitin I found it
impossible to remove or soften the chitin without injuring the tissue
so seriously as to destroy the value of the sections. With proper
fixation, careful imbedding, sharp knifes and patience I have been
able to get good series of sections of hard chitinous structures.
Hull Zoological Laboratory
University of Chicago, Dec. 1, 1901.
566 W. L. TOWER,
Literature cited.
Comstock, J. H. and Anna B., 1895, A Manual for the study of Insects,
VII + 701, Ithaca, N. Y.
— and J. G. Nexpuam, 1899, The Wings of Insects, in: Amer. Na-
turalist, V. 33.
Dewirz, H, 1881, Ueber die Flügelbildung bei Phryganiden und Lepido-
pteren, in: Berl. entomol. Z., V. 25, p. 53--66, 2 tabb.
Dimmocx, G., 1883, Scales of Coleoptera, in: Psyche, V. 4, p. 1—11,
23—27, 483—47, 63 —71.
Gonin, J., 1894, Recherches sur la métamorphose des Lépidoptères. (De
la formation des appendices imaginaux dans la chenille du Pieris
brassicae), in: Bull. Soc. Vaudoise Sc. nat,, V. 30, No. 115, pp. 89
—139, tab. 10—15.
GRABER, V., 1867, Zur Entwicklungsgeschichte und Reproductionsfähig-
keit der Orthopteren, in: SB. Akad. Wiss. Wien, math. Cl., V. 55,
Abth. 1.
HoFFBAUER, C., 1892, Beiträge zur Kenntniss der Insectenflügel, in: Z.
wiss. Zool., V. 54, p. 579—630, tab. 26—27.
Kozse, H. J., 1886, Die Zwischenräume zwischen den Punktstreifen der
punktirtgestreiften Flügeldecken der Coleoptera als rudimentäre
Rippen aufgefasst, in: Jahresber. zool. Sect. Westfäl. Prov.-Ver.
Wiss. Kunst, Münster, p. 57—59, tab. 1.
Krüger, E., 1899, Ueber die Entwicklung der Flügel der Insecten mit
besonderer Berücksichtigung der Deckflügel der Käfer, Inaug.-Diss.
Göttingen; also in: Biol. Ctrbl., V. 19, No. 23 u. 24, p. 797—783.
Lyoxer, P., 1760, Traité anatomique de la chenille qui ronge de bois
de saule, La Haye.
MaArrıcHı, M. 1669, Dissertatio epistolica de Bombyce, in: Opera omnia,
Lugd. Bat.
Mayer, A. G., The development of the wing scales and their pigments
in Butterflies and Moths, in: Bull. Mus. comp, Zool. Harvard Coll.,
V. 29, No. 5, p. 209—235, 7 tabb.
—, 1897, On the color. and color patterns of Moths and Butterflies, in:
Proc. Boston Soc. nat. Hist., V. 27, No. 14, p. 243—330, 10 tabb.
Meinert, Fr, 1880, Sur l’homologue des élytres des Coléoptéres, in:
Entomol. Tijdskr., V. 1, Heft 4, p. 168.
The origin and development of the wings of Coleoptera. 567
Mercer, W. F., 1900, The development of the wings in the Lepido-
ptera, in: Journ. New York entomol. Soc., V. 8, No. 1, March.
Nexpuam, J. G., 1900, Some general features of the metamorphosis of
the Flag Weavil, Mononychus vulpeculus Fapr., in: Biol. Bull,
V. 1, No. 4, p. 179—191.
Pancritius, P., 1884, Beiträge zur Kenntniss der Flügelentwicklung
bei Insecten, Inaug.-Diss., Kénigsberg i. Pr.
Pacxarp, A. S., 1898, A text-book of Entomology, VII + 729 pp,
New York.
Prarr, H. S., 1900, The embryonic history of the imaginal discs in
Melophagus ovinus L., together with an account of the earlier stages
in the development of the insect, in: Proc. Boston Soc. nat. Hist.,
V. 29, No. 13, p. 241—272, 7 tabb.
Réaumur, 1734, Mémoire pour servir à Vhistorie des Insectes, Paris.
ReuBerG, A. 1886, Ueber die Entwicklung des Insectenflügels (an
Blatta germanica), in: Jahresber. Gymnas. Marienwerder, Programm
No. 36, p. 1—12, 1 tab.
Semper, C., 1857, Ueber die Bildung der Flügel, Schuppen und Haare
bei den Lepidopteren, in: Z. wiss. Zool. V. 8, p. 326—339,
tab. 15.
Starr, D., 1896, Exhibitions etc. before entom. Soc. London, in: Proc.
entom. Soc. London, V. 8.
SWAMMERDAM, J., 1738, Biblia naturae, Leyden.
Verson, E., 1890, La formazione delle ale nella larva del Bombyx mori,
Padova.
—, Der Schmetterlingsflügel und die sog. Imaginalscheiben derselben,
in: Zool. Anz. V. 13, p. 116—117.
Weismann, A. 1864, Die nachembryonale Entwicklung der Musciden
nach Beobachtungen an Musca vomitoria und Sarcophaga carnaria,
in: Z. wiss. Zool., V. 14, p. 101—263, tab 8—14.
—, 1866, Die Metamorphose von Oorethra plumicornis, ibid, V. 16,
p. 1—83, 5 tabb.
WHEELER, W. M. 1889, The embryology of Blatta germanica and Dory- |
phora decem-lineata, in: Journ. Morph., V. 3, No. 2, p. 291—386,
tab. 15—19.
568
W. L. TOWER,
Explanation of Plates.
Plates 14—20.
All figures were outlined by the aid of an ABBÉ camera and detail
was put in free hand.
The figures are arranged on the plates with the
dorsal side uppermost; the anterior end to the right; and in the case
of sections the observer is in all cases looking at the posterior surface.
All figures are from material killed in corrosive sublimate acetic acid
mixtures.
planation of individual figures.
Exceptions to these general statements are noted in the ex-
Abbreviations used.
a anterior
al.a anterior wing or elytron
al.p posterior wing or elytron
can pore canal in the cuticula
cap.cta hair-like processes from the
taenidia
cd heart
cl.emb embryonic cells of VERSON
cl.frm formative cells of the scales
cl.frm.rd formative cells of the
chitinous columns
cor.ad fat body
COX COXa
cta cuticula
cta? primary cuticula
cta® secondary cuticula
cta* cuticula secreted by hypo-
dermis of the wing fundament
d dorsal
de.mpg Malpighian tubule
dsc.v ventral disc
fbr fibre-like process of hyodermal
cell
frm femur
fl.exu exuvial fluid
for.al foramen to wing cavity
for.sac foramen to wing sac
gl.exu exuvial gland
gl.h drm hypodermal gland (unicel-
lular)
gl.h drm hypodermal gland (com-
pound)
gl.put glandular pit
hæ'ly haemolymph
h'drm hypodermis
hdrm! hypodermis of dorsal side
of wing
h’drm? hypodermis of ventral side
of wing
h'drm.col hypodermal column
lam lamella |
lew cy leucocyte
lum lumen
mbr membrane
mbr.m median membrane
mbr. pr basement membrane
ms’drm mesoderm tissue
ms’drm. nuc nuclei of mesoderm
tissue
mu muscle
#
The origin and development of the wings of Coleoptera. 569
n.s nervous system tib tibia
sac.al wing sac tar tarsus
s’-hdrm-sp sub-hypodermal space fr trachea
sp spiracle tro trochanter
sq scale tr’ol tracheole
tr.an anal trachea
tr.cos costal trachea
tr.s-cos subcostal trachea
tr.cub cubital trachea
tr.m medius trachea
tr.rm ramous trachea
v ventral
| six tracheal trunks after
the nomenclature of Con-
| stock & NrrpHam (1899).
{ Corresponding to these are
| veins designated ve. an anal
] vein etc.
ile Web
To show the development of the wings as seen in surface view by
graphic reconstruction from serial sections. Figs. 1—6 L. decemlineata,
7—10 P. variabilis, 11—13 O. scabra.
Leptinotarsa decemlineata.
Fig. 1. Elytron from a larva immediately ze: ecchysis at the
beginning of the third instar. 70:1.
Fig. 2. Wings at the middle of the third instar. 70: 1
Fig. 3. Wings at the end of the third instar. 70: 1.
Fig. 4. Wings at the beginning-of the prepupal stage. 70: 1.
Fig. 5. Wings at the end of the first day of the prepupal period.
AOL:
Fig. 6. Wings at the end of the third day of the prepupal period.
40.1.
Phymatodes variabilis.
Fig. Wings at the beginning of the prepupal stage. 70: 1.
7.
Fig. 8. Wings about 2 weeks later than Fig. 7. 70: 1.
Fig. 9. Wings about 8 days before pupation. 70: 1.
Fig. 10. Wings about 3 days before pupation. 70: 1.
Osmoderma scabra.
Fig. 11. Elytron 15—16 weeks before pupation. 50: 1
Fig. 12. Elytron about 8 weeks before pupation. 50: 1.
Fig. 13. Elytron about 2 weeks before pupation. 50: 1.
Plate 15
Tho show position and development of the wing fundament in the
early larva.
Leptinotarsa decemlineata.
Fig. 14. Transverse section through mesothorax of larva of the
first instar showing wing fundament. 100: 1
570 W. L. TOWER,
Fig. 15. Transverse section through the second abdominal segments
of the same larva as Fig. 14 showing the position of the spiracular discs.
Fig. 16. Fundament of an elytron in an early stage taken im-
mediately after the second ecdysis. 320: 1.
Fig. 17. Fundament of an elytron in the third instar about 10
hours later than Fig. 16. 320 : 1.
Fig. 18. Fundament of an elytron near the end of the third instar.
12027
Fig. 19. Larva in third instar to show position of the spiracles
and wings. 20:1.
Fig. 20. 0. scabra. Transverse section through a hind wing from
the same larva as Fig. 11. 70:1.
Plate 26.
Leptinotarsa decemlineata.
To show development of the wings in the last larval stages.
Fig. 21. Posterior wing of a larva at the beginning of the pre-
pupal period. 150: 1.
Fig. 22. Elytron of a prepupa where rapid growth has begun.
From same series as Fig. 4. 320:1.
Fig. 23. Section of an elytron in the same stage as shown in
Bigsi6s 20's te
Fig. 24. Section of a hind wing from same series as Fig. 23.
120 : 1.
Fig. 25. Section of an elytron about twelve hours before pupation.
1201201.
IP ibe 17 ”
To show development of the wings during the larval stages.
Figs. 26, 27, 28 and 29. P. variabilis, from stages in the devel-
opment of the elytra. 200: 1.
Fig. 30. Buprestis rufipes. Section of hind wing showing mass
of cells about the trachea and closing the wing cavity.
Fig. 31. Carabus sp. Elytron at the beginning of the last larval
stage. 150: 1.
Fig. 32. Leptinotarsa decemlineata. Hind wing showing posterior
part cut off from body wall. 70:1.
Fig. 33. Orthosoma brunneum. Elytron shortly before emergence
of imago. 200: 1.
Figs. 34 and 35. Leptinotarsa decemlineata. Two stages ob-
served in the hypodermis where the cell contents are being re-
arranged. 690:1.
Fig. 36. Leptinotarsa decemlineata. Surface view of an elytron
showing arrangement of the compound glands, tracheae and stripes of
pigment.
The origin and development of the wings of Coleoptera. 571
Pilates:
To show later development and finer structure of the wings.
Figs. 37, 38 and 39. Leptinotarsa decemlineata. Three stages
in the development of a unicellular hypodermal gland. 400 : 1.
Figs. 40, 41 and 42. Epilachna borealis. Three stage in the de-
velopment of the deciduous spines. Figs. 40 and 41, 640: 1: Fig. 42,
320.21.
Fig. 43. Coccinella bipunctata. Section of elytron showing de-
velopment of tracheoles. 300: 1.
Fig. 44. Leptinotarsa decemlineata. Section of elytron showing
formation and entrance of tracheoles. 320: 1.
Fig. 45. Chrysobothris femorata. Section of an elytron showing
the formation of a mass of tracheoles. 320: 1.
Fig. 46. Osmoderma scabra. Section of hind wing showing the
tracheoles ready to enter the wing. 300: 1.
Fig. 47. Prionus laticollis. A compound hypodermal gland from
the elytron. 400: 1.
Fig. 48. Hippodamia 15punctata. Section showing the devel-
opment of tracheoles. 600: 1.
Fig. 49. Leptinotarsa decemlineata. Reconstruction of an early
stage in the formation of a chitinous column of the elytron. 100: 1.
Fig. 50. Chrysobothris femorata. Section of elytron showing de-
velopment of chitinous fibres in the hypodermal cells. 400: 1.
Fig. 51. Chrysobothris femorata. Section of an elytron showing
contraction of chitinous fibres and decreased thickness of the elytron.
200% EI
Fig. 52. Chrysobothris femorata. Section of hind wing showing
thickened costal edge. 185: 1.
Plate 19.
Fig. 53. Chrysobothris femorata. Prepupa with larval covering
removed to show position of appendages as seen in ventral view. 13:1.
Fig. 54. Chrysobothris femorata. Prepupa about two days older
than Fig. 53, ventral aspect. 13:1.
Fig. 55. Chrysobothris femorata. Same specimen as Fig. 54 seen
from the side. 13:1.
Fig. 56. Epilachna borealis. Prepupa with larval covering re-
moved to show position of appendages. 13:1.
Figs. 57, 58, 59, 60, 61 and 62. Chrysobothris femorata. Six
stages in the development of the cuticula and the cuticula colors. Zeiss
appochromatic obj. 2 mm, oc. 12. Drawn free hand.
Plate 20.
Figs. 64, 65, 66 and 67. Hippodamia 15punctata. Four stages
in the development of the elytra. 120:1.
572 ~=W. L. TOWER, The origin and development of the wings of Coleoptera.
Fig. 68 Orthosoma brunneum. A compound gland from the
elytron. 300 ::1.
Figs. 69 to 76 incl. Leptinotarsa decemlineata. Stages in the
development of a permanent wing trachea, 300: 1.
Fig. 73. Phymatodes? A white or transparent scale from the
elytron. 300: 1.
Fig. 77. Phymatodes? A dark scale from the elytron showing a
unicellular gland opening at its base. 300: 1.
Fig. 78. Leptinotarsa decemlineata. An early stage in the form-
ation of a chitinous column. 400: 1.
Fig. 79. Leptinotarsa decemlineata. A chitinous column of the
elytron when nearly completed 400: 1.
Fig. 80. Leptinotarsa decemlineata. A compound gland from the
elytron. 400:1.
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren
und Hymenopteren
mit besonderer Berücksichtigung der sexuellen Unterschiede.
Von
Dr. Otto Schenk.
(Aus dem Zoologischen Institut zu Jena.)
Hierzu Tafel 21—22 und 4 Abbildungen im Text.
Inhalt.
Geschichtliches über den sexuellen Dimorphismus der Antennen.
Material und Methode.
Lepidoptera.
I. Die sexuellen Unterschiede im Bau der Antennen.
II. Der Bau der Hautsinnesorgane.
III. Die physiologische Function der Hautsinnesorgane.
Hymenoptera.
I. Die sexuellen Unterschiede im Bau der Antennen.
II. Der Bau der Hautsinnesorgane.
III. Die physiologische Funetion der Hautsinnesorgane.
Zusammenfassung.
Literaturverzeichniss.
Erklärung der Abbildungen.
Obwohl die antennalen Hautsinnesorgane der Insecten schon oft
zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht worden
sind, ist doch ihre physiologische Function noch keineswegs in allen
Fällen sicher erkannt. Es hat dies seinen Grund wohl darin, dass
der physiologischen Untersuchung besondere Schwierigkeiten im Weg
stehen und die bei den Wirbelthieren gebräuchlichen Methoden hier
nicht ausreichen. —
Wenn ich von den lediglich auf Analogieschlüssen beruhenden Ver-
muthungen der ältern Autoren absehe, so sind es vor allem drei Wege,
die bei derartigen Studien eingeschlagen werden können. Der älteste,
und — in Bezug auf die Insecten — unsicherste ist der experi-
mentell-physiologische. Er vermag nur zu zeigen, dass in
einem Körpertheil ein bestimmter Sinn localisirt ist. Unsicher nenne
ich diese Methode einerseits deshalb, weil die Thiere sich beim Ex-
574 OTTO SCHENK,
periment in einer ganz unnatiirlichen Situation befinden und weil ge-
wisse Sinnesorgane nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen in
Thatigkeit zu treten vermégen (so die Grubenkegel z. B. nur beim
fliegenden Insect), welche beim Experiment nicht immer erfüllt werden,
andrerseits aber auch deshalb, weil in der Regel auf einem kleinen
Raum des Insectenkérpers Sinnesorgane der verschiedensten Art vor-
handen sind, welche man nur schwer getrennt dem Experiment unter-
werfen kann. — Die zweite, äusserst wichtige Methode ist die ana-
tomisch-histologische. Ihre Aufgabe ist es vor allem, zu ent-
scheiden, ob ein Organ überhaupt Sinnesorgan ist, und dann, ob es
mechanische oder chemische Reize zu percipiren vermag. Da aber in
der Regel mehrere Organformen vorhanden sind, deren anatomischer
Bau auf eine bestimmte Reizgattung hinweist, so führt auch diese
Methode allein nicht zum Ziel. Sie muss vielmehr von der dritten,
der empirisch-bionomischen Methode unterstützt werden, deren
Aufgabe es ist, zu untersuchen, ob die Zahl der Sinnesorgane mit der
beobachteten und erfahrungsgemässen Stärke des betreffenden Sinnes
in Einklang steht. — Diese dritte Methode ist von den Autoren ent-
weder überhaupt nicht oder nur in untergeordnetem Maasse berück-
sichtigt worden. Wie wenig gerade diese bionomische Methode zu
Rathe gezogen worden ist, zeigt auch eine Zusammenstellung KRAEPE-
Lın’s!), in der sie überhaupt nicht aufgezählt worden ist. Auf An-
regung meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Prof. H. E. ZIEGLER,
habe ich daher diese Methode in den Vordergrund meiner Unter-
suchungen gestellt und an einigen concreten Fällen durchzuführen
versucht. Da sie aber, wie bereits erwähnt, nur in Verbindung mit
der anatomisch-histologischen Methode zu einem sichern Resultat führt,
so habe ich auch diese in den Kreis meiner Untersuchungen gezogen.
Unter den Lepidopteren habe ich solche Arten ausgesucht,
bei welchen die beiden Geschlechter schon makroskopisch enorme Ver-
schiedenheiten im Bau der Antennen aufweisen. Unter den Hymeno-
pteren habe ich mit den Apiden und der Gattung Vespa begonnen
und sind meine Studien aus äusserlichen Gründen auf diese Formen
beschränkt geblieben. —
Bei diesen Untersuchungen gelang es mir, eine Reihe von histo-
logischen Thatsachen festzustellen, die bei den Lepidopteren noch gar
nicht bekannt waren und bei den Hymenopteren zum Theil von dem
1) Krarpeuın (12) erwähnt die Analogie, das Experiment und den
anatomischen Bau.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 575
bisher Bekannten abweichen. — Die Angaben der friihern Autoren
werde ich bei den einzelnen Organformen erwähnen.
Geschichtliches über den sexuellen Dimorphismus der Antennen.
Obgleich die Systematiker sehr oft bei den Beschreibungen den
Unterschied zwischen den Fühlern der beiden Geschlechter erwähnt
haben, liegen doch nur wenige Angaben vor, die sich mit der Bedeu-
tung dieses Unterschieds befassen oder die sich mit den auf den An-
tennen befindlichen Sinnesorganen im Speciellen beschäftigen. Es ist
eine schon den ältern Autoren bekannte Thatsache, dass die Fühler
zahlreicher Schmetterlingsmännchen bei weitem mehr entwickelt und
bedeutend complieirter gebaut sind als die der zugehörigen Weibchen.
Darauf bezügliche Angaben finden sich bei SLATER, DARWIN, WERNE-
BURG, HAUSER und Andern, von denen der Dimorphismus unter der
Annahme, dass die Antennen die Träger von Geruchsorganen sind,
durch geschlechtliche Zuchtwahl erklärt wird. „Wenn bei Insecten“,
sagt DARWIN, „... die Sinnesorgane... in dem einen Geschlecht
vorhanden sind, in dem andern dagegen fehlen, oder wenn sie, wie es
häufig der Fall ist, in dem einen Geschlecht höher entwickelt sind als
im andern, so ist es beinahe unabänderlich, soweit ich es nachweisen
kann, das Männchen, welches derartige Organe behalten oder dieselben
am meisten entwickelt hat; und dies zeigt, dass das Männchen während
der Bewerbung der beiden Geschlechter der thätigere Theil ist.“
Ausführlichere Nachrichten über die secundären Geschlechts-
.charaktere in den Antennen von Insecten stammen von HERMANN
MÜLLER, der im Jahre 1871 in einer Arbeit über die „Anwendung der
Darwin’schen Lehre auf Bienen“ die Fühler verschiedener anthophilen
Hymenopteren auf ihre geschlechtlichen Unterschiede hin untersucht
hat. Wenngleich er vorzugsweise die makroskopisch sichtbaren Ver-
hältnisse, wie die Grösse der Fühler und die Zahl und Gestalt ihrer
Glieder, berücksichtigt hat, so hat er doch auch die an ihnen befind-
lichen Sinnesorgane und deren Vertheilung auf die Geschlechter in
den Kreis seiner Betrachtungen gezogen und die Befunde mit seinen
biologischen Erfahrungen in Einklang zu bringen gesucht. Von Sinnes-
organen sind ihm ,borstentragende“ und „grössere, borstenlose, mit
schlingenbildenden Nerven versehene‘ Gruben bekannt geworden. Die
„borstentragenden“ Gruben, die besonders zahlreich bei den Weibchen
vertreten sind, bei den Männchen dagegen nur in untergeordnetem
Maasse ausgebildet sind, ja in extremen Fällen (Halictus quadricinctus)
diesen sogar ganz fehlen können, fasst MÜLLER als Tastorgane auf;
576 OTTO SCHENK,
die ,,borstenlosen Gruben“ aber, die vorwiegend den Männchen zu-
kommen, deutet er als Riechorgane. Eine Erklärung für diese Auf-
fassung findet er darin, dass sich „bei den Männchen der Bienen im
Wettkampf um das Aufsuchen der Weibchen die Riechorgane, bei den
Weibchen in Anpassung an die mit der Brutversorgung verbundenen
Arbeiten in dunkeln Höhlen die Tastorgane vervollkommnet haben“
müssen.
Zu demselben Resultat ist SCHIEMENZ gelangt, der die Fühler von
Apis mellifica untersucht hat. Ausser den erwähnten Organen be-
schreibt er noch „kleine, rundliche Gruben mit Papillen“. Diesen (bei
den Männchen wenig mehr entwickelten) Organen ertheilt SCHIEMENZ
gleichfalls die Riechfunction zu.
Als neueste Angaben über Geschlechtsdifferenzen in den Fühlern
finden sich zwei Stellen bei NAGEL, der berichtet, „dass bei Orgyia
gonostigma & die Zahl der Grubenkegel das Vielfache von der Zahl
derselben beim flügellosen Weibchen betrage und dass Ichneumon
luctatorius & viel weniger Kegel besitze als das Weibchen“.
Material und Methode.
Meine Untersuchungen erstreckten sich auf die Fühler folgender
Lepidopteren- und Hymenopterenspecies, von denen mir sowohl
Männchen wie Weibchen und gegebenen Falls auch Arbeiterinnen zur
Verfügung standen:
Lepidoptera: 3) Panurgus banksianus LTR.
1) Fidonia piniaria L. 4) Dasypoda plumipes LTR.
2) Orgyia antiqua L. 5) Saropoda bimaculata LTR.
3) Psyche unicolor HEN. 6) Osmia adunca LTR.
4) Ino pruni Esp. 7) Seat
Hymenoptera: 8) Bombus sp. var.
1) Prosopis bifasciatus Fpr. 9) Apis mellifica L.
2) Sphecodes gibbus LTR. 10) Vespa crabro L.
Die Antennen wurden von den lebenden, mit Aether betäubten
Thieren abgeschnitten und sofort in die Conservirungsflüssigkeit ge-
bracht. Als solche benutzte ich Pikrinosmiumessigsäure (nach Vom
Ratu, in: Anat. Anz., 1895), Pikrinsublimatessigsäure (ibid.), Alkohol
94 Proc. und schliesslich eine Mischung von 5 Theilen Aether und
1 Theil Alkohol absolutus. Besonders gut bewährten sich Pikrin-
sublimatessigsäure und die Aether-Alkohol-absolutus-Mischung, während
ich namentlich die Pikrinosmiumessigsäure nur wenig benutzte, da die
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 577
mit derselben fixirten Objecte die Farbstoffe sehr schwer annahmen.
Die schwarz pigmentirten Fihler, die ganz eingelegt werden sollten,
wurden vorher mit freiem Chlor (LEE u. MAYER, p. 265) gebleicht.
Ich habe diese Methode der leichtern Controle halber der von NAGEL
vorgeschlagenen vorgezogen. NAGEL benutzte ein Gemisch von Pikrin-
schwefelsäure mit etwas Chromsäure, das er mit den zu bleichenden
Objecten 1—2 Tage in den Paraffinofen stellte. Immerhin ist es auch
bei der freien Chlorbleiche schwierig, einen bestimmten Bleichegrad
zu bekommen. Insbesondere ist in Folge der ungleichen Lichtein-
wirkung ein allseitig gleichmässig ausgebildetes Bleichen fast nie zu
erzielen. — Versuche, das Chitin der zum Schneiden bestimmten An-
tennen mit Eau de Labarraque und Eau de Javelle zu erweichen, er-
wiesen sich als vollkommen erfolglos. In Folge dessen war ich ge-
nöthigt, meine histologischen Untersuchungen an Puppen auszuführen,
die kurz vor dem Ausschlüpfen standen. — Da die Färbungsmittel in
die ganzen Antennen nur sehr langsam eindrangen, so wandte ich
nach einigen zeitraubenden Versuchen ausschliesslich Schnittfärbung
an. Boraxkarmin, Bleu de Lyon, Eisenalaun mit Hämatoxylin (DELA-
FIELD) und Hämatoxylin (nach EHRLICH) mit Orange G bewährten
sich; besonders mit der letztgenannten Doppelfärbung erzielte ich vor-
treffliche Bilder. —
Wie ich bereits in der Einleitung erwähnt habe, wollte ich bei
meinen Untersuchungen die verschiedene Vertheilung und die ver-
schiedengradige Ausbildung der antennalen Sinnesorgane in beiden
Geschlechtern zur Grundlage bei Beurtheilung ihrer Function nehmen.
Um aber zu einem möglichst sichern Resultat zu gelangen, habe ich
auch den anatomischen Bau der Sensillen in den Kreis meiner Be-
trachtungen gezogen. Diese beiden Gesichtspunkte veranlassen mich,
den Stoff in jeder der beiden Hauptgruppen (Lepidopteren und Hymeno-
pteren) in drei Abschnitte zu zerlegen, von denen der erste dem
Dimorphismus, der zweite dem Bau der Sinnesorgane und der dritte
einer Besprechung der physiologischen Function gewidmet ist.
Ich wende mich zunächst zu den
Lepidoptera.
I. Die sexuellen Unterschiede im Bau der Antennen.
Die geschlechtlichen Unterschiede im Bau der Antennen sind bei
den von mir untersuchten Lepidopteren-Arten hauptsächlich quanti-
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 37
578 OTTO SCHENK,
tativer Natur, indem es sich, mit Ausnahme eines einzigen Falls, nur
um eine verschiedene Menge der Sinnesorgane handelt. Die Unter-
schiede stehen in inniger Beziehung zur Lebensweise der beiden Ge-
schlechter und kénnen sich in Folge dessen nur bei solchen Schmetter-
lingsarten finden, die in Anpassung an bestimmte Lebensverhältnisse
zur Ausbildung dieser Verschiedenheiten haben schreiten müssen.
(Hierauf komme ich im 3. Abschnitt zurück.) Die Unterschiede im
makroskopischen Bau der Antennen stehen daher in inniger Beziehung
zur Ausbildung gewisser Sinnesorgane. Wäre KRÄPELIN die enorme
Entwicklung der Grubenkegel an den gefiederten Antennen bekannt
gewesen, so hätte er sicherlich nicht die Darwın’sche Anschauung
hier angewandt, dass „die geschlechtliche Zuchtwahl auch in rein
kosmetischer Hinsicht recht wunderbare Organveränderungen hervor-
rufen“ kann. Die Bedeutung der grossen gefiederten Antennen der
Männchen liegt darin, dass sie eine grosse Zahl von Sinnesorganen tragen.
Von Sinnesorganen finden sich an den Lepidopterenfühlern:
1) Sensilla coeloconica‘), Grubenkegel (in Gruben stehend)
2) LÀ basiconica, ebenständige Sinneskegel,
3) „ styloconica, Endzapfen, Kolben,
4) A chaetica, borstenartige Sinnesorgane,
5) a trichodea, haarartige Sinnesorgane.
Ich bespreche nunmehr die geschlechtlichen Unterschiede bei den
einzelnen Arten.
1. Fidonia piniaria L. Kiefernspanner.
(Fam. Geometridae; Taf. 21, Fig. 1—11.)
Die stark gefiederte Antenne des Männchens besteht aus
41 Gliedern, von denen nur die beiden basalen der Fiederchen ent-
behren. Wie Fig. 1 zeigt, nehmen die Fiedern, am 3. Glied beginnend,
zunächst bis zur Mitte der Antenne ziemlich rasch an Grösse zu (bis
1,34 mm); von da an werden sie allmählich wieder kleiner, bilden in.
der Nähe der Spitze nur noch Höcker, um schliesslich ganz zu ver-
1) Da schon verschiedene deutsche Namen für die Sinnesorgane
der Antennen vorliegen, welche nicht immer ganz scharf bezeichnend
sind und auch nicht stets in gleichem Sinne gebraucht werden, schien
es mir nützlich, schärfer definirte Begriffe einzuführen und dieselben
mit internationalen Namen zu belegen. Die Stämme der oben erwähnten
Namen sind folgende: xoilov Vertiefung, »wvırog kegelförmig, Pacis
Fläche, oröAog Säule, yairn Borste, roıywöng haarartig. Das Wort Sen-
sillum (Sinnesorgan) ist schon von frühern Autoren (HAEckEL u. A.)
gebraucht worden.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 579
schwinden. Die Dorsalseite des Fühlerstammes ist mit Schuppen be-
deckt; die übrigen Theile der Antenne zeigen besonders gut eine durch
kleine Chitinschüppchen erzeugte Sculptur, die sich am ganzen Fühler
vorfindet (an Fig. 7 bei chs gezeichnet).
Fig. 2 stellt die ungefiederte, fadenförmige Antenne des Weib-
chens dar. Diese setzt sich aus 38 Gliedern zusammen. Die enorm
entwickelte Beschuppung beginnt an der Antennenspitze zunächst auf
der dorsalen Fläche, greift allmählich auf die Seiten über und um-
fasst schliesslich vom 31. Glied an bis zur Basis die Antenne all-
seitig, mit Aussparung weniger Stellen, an denen sich Sensilla coelo-
conica befinden.
Sensilla coeloconica. Was zunächst das Vorkommen der-
selben beim Männchen anbetrifft, so sind sie hier reichlich vorhanden.
Hauser hat betont, dass die Zahl der Sinnesorgane für die Grösse
der Functionsfähigkeit maassgebend sei; ich füge dem hinzu, dass auch
ihrer Lage und ihrer Vertheilung an der Antenne eine hohe Be-
deutung beizulegen ist. In der Anordnung der Sinnesorgane ist
nämlich eine bestimmte Tendenz nicht zu verkennen. Gewisse Sinnes-
orgare werden auf den Fiedern möglichst weit nach aussen gelagert,
wodurch eine möglichst grosse Oberfläche erzielt wird. Wie die Figg. 3,
6 und 7 zeigen, liegen die Sensilla coeloconica an der Fühlerspitze
nur auf der distalen Hälfte der Glieder, an den mit Höckern ver-
sehenen Gliedern nur an diesen, und an den Fiedern gehen sie nicht
über die Mitte nach der Basis zu hinaus. An den genannten Stellen
sind sie unregelmässig vertheilt. KRÂPELIN hat bemerkt, dass bei den
Tagfaltern die ventrale Fühlerfläche der alleinige Sitz der Sensilla
coeloconica sei, und auch bei den von NAGEL untersuchten Arten zeigte
sich dies (auch bei Nachtschmetterlingen). Für Fidonia &, ebenso
wie für alle übrigen von mir untersuchten Schmetterlingsmännchen,
jedoch gilt dieses Verhalten im Allgemeinen nicht. Nur an der Fühler-
spitze liegt die Mehrzahl der Sensilla coeloconica ventral, und nur
wenige befinden sich dorsal; an den Fiedern dagegen (Fig. 3) schliesst
schon die grosse Zahl der Sensilla trichodea eine ventrale Lage aus.
An diesen sitzen sie vielmehr an den lateralen Flächen, von denen
sie sehr häufig sogar bis zur rein dorsalen Lage verschoben sind.
Wahrscheinlich steht die Lage dieser Sinnesorgane in Beziehung zur
Function, vermuthlich in der Weise, dass sie beim Fliegen des Thieres
dem Luftstrom entgegen gerichtet sind. Ihre Zahl beläuft sich an
jeder Antenne auf ungefähr 350. An der nach aussen gerichteten
Fiederreibe sind sie zahlreicher als an der andern.
37*
580 OTTO SCHENK,
Beim Weibchen sind die Sensilla coeloconica auch in grosser
Zahl ausgebildet — ich schätze sie an jeder Antenne auf ca. 100 —
im Verhältniss zum Männchen jedoch ist ihre Zahl gering. Sie liegen
vorwiegend ventral; nur an den Endgliedern, an denen sie in
grösserer Zahl ausgebildet sind, greifen sie auf die Seiten über (Fig. 8).
Ihre Lage steht in gewisser Hinsicht in Correlation mit der Ver-
breitung der Schuppen. Denn da die Schuppen die Functionsfähigkeit
der Sensilla coeloconica ungünstig beeinflussen würden, so finden sich
diese da, wo die Schuppen fehlen und umgekehrt. Die Zahl der ge-
nannten Sinnesorgane nimmt nach der Antennenbasis zu sehr rasch
ab. Auf dem 21. Glied, bis zu dem ich ihr Vorhandensein nachzu-
weisen vermochte, sind nur noch 2 vorhanden. Von den 38 Fühler-
gliedern tragen also nur die 17 Endglieder Sensilla coeloconica, so
dass sich auch hier das Princip geltend macht, gewisse Sinnesorgane
als Vorposten möglichst weit vorzuschieben.
Sensilla styloconica. An der Antenne des Männchens
finden sich 22—24 Sensilla styloconica. Die 25 basalen Glieder ent-
behren derselben vollkommen. Was ihre Lage anbetrifit, so stehen sie
an den distalen Enden der Glieder, an den Spitzen der Höcker und
der Fiedern (Fig. 3, 6, 7). Sie vertheilen sich auf die 16 Endglieder
in der Weise, dass auf die eine Fiederreihe 15--16, auf die andere
dagegen nur 7—8 Organe kommen. Die grössere Zahl steht auf der
nach aussen gerichteten Fiederreihe der Antenne.
Beim Weibchen tragen nur die 12 Endglieder des Fühlers
Sensilla styloconica. Sie stehen ventro-lateral am distalen Ende der
Glieder, von denen sie in Folge Mangels der Fiederung scharf abge-
setzt sind. In ihrer Vertheilung auf die genannten Glieder verhalten
sie sich ähnlich wie die des Männchens, indem auf die Spitzenglieder
je 2 Organe entfallen (Fig. 8), die 8 folgenden Glieder dagegen nur
mit je einem versehen sind. Die grössere Zahl steht auch hier auf der
Aussenseite der Antenne.
Sensilla chaetica. Am Ende eines jeden Fieders steht beim
Männchen ein Sensillum chaeticum (Fig. 3). Sie sind die einzigen
Sinnesorgane, die auch auf dem Stamm der Antenne vorkommen. Fig. 7
zeigt einige solcher rückenständiger Borsten.
Beim Weibchen treten die Sensilla chaetica in der Dreizahl an
jedem Glied auf. Wie aus Fig. 9 hervorgeht, sitzen 2 von ihnen
ventro-lateral am distalen Ende eines jeden Gliedes und entsprechen
somit den endständigen Borsten des Männchens; das dritte Sensillum
chaeticum liegt in der Regel dorsal, ungefähr in der Mitte eines jeden
Gliedes, ist aber bisweilen auf eine der Fühlerseiten verschoben.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 58]
Die Sensilla trichodea stehen beim Männchen in enormer
Ausbildung auf der ventralen Fiederfläche, von der sie, wie Fig. 3 be-
sonders schön zeigt, fast rechtwinklig abstehen.
Beim Weibchen sind sie, wie aus Fig. 9 zu ersehen ist, be-
deutend kleiner als beim Männchen; auch ihre Zahl ist beträchtlich
geringer als bei jenem. Sie stehen ganz vereinzelt auf der ventralen
Fühlerfläche.
Zu diesen Organen kommen beim Weibchen noch die Sen-
silla basiconica hinzu. Ich habe sie nur an 5 Gliedern, und
zwar am 12., 14., 15., 18. und 20. finden können, an denen sie in
der Einzahl auf der ventralen Fläche stehen. Fig. 9 zeigt ein solches
Organ (mit b bezeichnet).
Dem Männchen fehlen sie.
2. Orgyia antiqua L. Bürstenspinner.
(Fam. Bombycidae; Taf. 21, Fig. 12—14; Taf. 22, Fig. 18—20).
Die aus 29 Gliedern zusammengesetzte Antenne des Männchens
ist kräftig gefiedert. Wie Fig. 12 zeigt, haben die Fiedern von der
Basis bis zur Spitze der Antenne nahezu die gleiche Grösse. 0,031 mm
unter der Spitze eines jeden Fieders befindet sich eine rechtwinklig
zu demselben stehende, nach der Basis des Fühlers zu gerichtete
Borste von 0,345 mm Länge (Fig. 18). Mittels dieser Gebilde greifen die
einzelnen Fiedern in einander, wodurch der Antenne ein einheitliches,
massives Gepräge verliehen wird. Es ist sehr wohl möglich, dass die
Männchen, die bekanntlich die Weibchen im Fluge begatten, die
Fühler zum Festhalten derselben benutzen und dass durch die er-
wähnten Haare ein besseres Festhalten ermöglicht wird. Die Dorsal-
seite des Fühlerstamms ist mit überaus starken, dicht an einander
gedrängten Schuppen bedeckt, die auch auf die Seiten der Antenne
übergreifen.
Die schwach gefiederte Antenne des Weibchens setzt sich aus
21 Gliedern zusammen. Wie aus den Figg. 14, 19 und 20 zu ersehen,
sind die Fiedern ein und derselben Seite unter einander nahezu gleich
gross; dagegen weichen die Fiedern der beiden Seiten nicht nur an
Grösse, sondern auch an Dicke beträchtlich von einander ab. So
fand ich, dass das eine Fiederchen eines Gliedes 0,145 mm lang und
0,051 mm dick war, das andere desselben Gliedes besass dagegen nur
eine Länge von 0,08 mm und eine Dicke von 0,026 mm. — Schuppen
finden sich auf der dorsalen Fläche des Stammes, wo sie namentlich
an den basalen Gliedern stark entwickelt sind. Im Innern der An-
582 OTTO SCHENK,
tenne liegt eine grosse Anzahl stark lichtbrechender Körper (Fig. 20 k);
diese sind wahrscheinlich den im Kolben der Antennen von Tagfaltern
gefundenen Concrementen gleichwerthig und würden demnach, wie
NAGEL gezeigt hat, aus einem Urat bestehen.
Sensilla coeloconica. Alle Fiedern der männlichen
Antenne, mit Ausnahme der beiden basalen, tragen Sensilla coelo-
conica. Ihre Vertheilung an den Fiedern ist etwas anders als bei
Fidonia &. Während nämlich bei diesem die Sensilla coeloconica an
den angegebenen Stellen unregelmässig vertheilt sind, liegen sie bei
Orgyia & stets nur auf einer, und zwar auf der der Antennenspitze
zugewandten Fiederseite (Fig. 18 k), wo sie in vereinzelten Fällen bis
zur Fiederbasis herabreichen. NAGEL hat bei den gefiederten Bomby-
ciden-Arten auch am Stamm Sensilla coeloconica gefunden. Bei Keiner
der von mir untersuchten Spinnerarten ist dies der Fall, ebenso wenig
wie bei den übrigen von mir untersuchten Schmetterlingen mit ge-
fiederten Fühlern. Die Zahl besagter Organe wechselt mit den ein-
zelnen Fiedern. In der Nähe der Antennenbasis zählte ich an einem
Fieder 4, in der Mitte der Antenne schwankte ihre Zahl zwischen 12
und 16 und im Maximum fand ich 23 Sensilla coeloconica an einem
Fiederchen. Mehrere Rechnungen ergaben für eine jede Antenne die
stattliche Zahl von ca. 600 solchen Organen. Auch hier sind an der
äussern Fiederreihe mehr Grubenkegel vorhanden als an der andern.
Beim Weibchen sind die Sensilla coeloconica nur spärlich vor-
handen; eine gesetzmässige Anordnung an den Fiedern — sie kommen
auch beim Weibchen nur an diesen vor — lassen sie nicht erkennen.
Ihre Lage wechselt vielmehr an den angegebenen Fühlertheilen (Fig. 20).
Eine genaue Zählung ergab für die Reihe der grössern Fiedern 44
und für die andere 30 Grubenkegel; an jeder Antenne würden dem-
nach im Maximum nur 75 Sensilla coeloconica vorhanden sein.
Sensilla styloconica. Beim Männchen sind die Sensilla
styloconica gut entwickelt; sie stehen an den Spitzen der Fiederchen
und zeigen, wie bei Fidonia, Unterschiede in der Vertheilung auf
beide Fiederreihen. Diese Unterschiede sind jedoch nicht so gross
wie bei der vorigen Species; während auf die äussere Fiederreihe
26 Sensilla styloconica entfallen, sind auf der innern 24 vorhanden.
Beim Weibchen liegen die Verhältnisse ganz ähnlich, indem an
der Reihe der grössern Fiedern 16, an der der kleinern 14 Sensilla
styloconica zu finden sind.
Sensilla chaetica. An der Spitze eines jeden Fieders der männ-
lichen Antenne steht ein Sensillum chaeticum (Fig. 18 s) und ungefähr
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 583
0,031 mm unter demselben die schon oben erwähnte, rechtwinklig zum
Fiederchen stehende und nach der Antennenbasis zu gerichtete Borste.
An der Fühlerspitze steht auch auf der dorsalen Fläche eines jeden
Gliedes ein solches Organ von der Grösse der endständigen.
Beim Weibchen stehen die Sensilla chaetica gleichfalls an der
Spitze der Fiedern und auf der dorsalen Fläche des Antennenstammes.
Ihre Zabl beläuft sich auf ca. 42.
Sensilla trichodea. Wie Fig. 18 zeigt, sind die Sensilla
trichodea beim Männchen ausserordentlich gut und zahlreich aus-
gebildet. Sie stehen wie bei Fidonia & auf der ventralen Seite der
Fiedern.
Beim Weibchen sind sie klein und relativ spärlich entwickelt.
Fig. 20 zeigt sie an den Gliedern der Antennenspitze.
Die Sensilla basiconica fehlen.
3. Psyche unicolor Hrn. Sackspinner.
(Fam. Bombycidae; Taf. 21, Fig. 15—17).
Die gefiederte Antenne des Mannchens besteht aus 30 Gliedern.
In ihrem makroskopischen Bau gleicht sie sehr der Antenne von
Fidonia 4. Wie aus Fig. 15 zu ersehen, nehmen die Fiedern von der
Basis der Antenne bis nicht ganz zur Fühlermitte sehr schnell an
Grösse zu, um dann nach der Spitze zu allmählich wieder kleiner zu
werden. An den Endgliedern der Antenne verschwinden sie doch
nicht ganz, wie es bei Fidonia der Fall ist, sondern sie behalten
immer noch die ansehnliche Grösse von 0,26 mm. Schuppen finden
sich auf der dorsalen Seite des Fühlerstammes und der Fiederspitzen.
Das Weibchen entbehrt der Fühler vollkommen.
Sensilla coeloconica. Die Grubenkegel liegen vorzugsweise
in der Nähe der Fiederspitzen. In Folge der dunklen Pigmentirung
der Fühler vermochte ich ihre Zahl nicht festzustellen. Mit diesen
Sensillen verwandt und durch Uebergänge mit ihnen verbunden sind
Organe, die sich nur durch ihre Grösse von den echten Sensilla coelo-
conica unterscheiden. Wie ich in Fig. 16 abgebildet habe, sitzen sie
in ausserordentlicher Zahl auf der der Fühlerspitze zugewandten
Fiederseite. Sie ersetzen functionell zugleich die bei Psyche fehlenden
Sensilla styloconica, wie unten gezeigt werden wird.
Sensilla chaetica. Die borstenartigen Sinnesorgane stehen bei
Psyche gleichfalls an den Spitzen der Fiedern. An den basalen Fiedern
finden sich zwei, an den übrigen nur ein einziges (Fig. 16 s).
584 OTTO SCHENK,
Sensilla trichodea sind beim Männchen vortrefflich ent-
wickelt und stehen in enormer Zahl an der ventralen Fiederfläche
(Fig. 17).
4. Ino pruni Esp. (= Atychia pr. Ocus) Schlehenspanner.
(Fam. Zygaenidae; Taf. 22, Fig. 21—28).
Die Antenne des Männchens besteht aus 40 Gliedern. Da die
29 basalen gefiedert sind, die Endglieder dagegen, wie Fig. 22 deutlich
zeigt, den für die Tagschmetterlinge charakteristischen Endknopf bilden,
so zeigt diese Form sehr schön den Uebergang von den Diurna zu
den Nocturna. Die Dorsalseite des Stammes ist mit dünnen Schuppen
bedeckt, die vereinzelt auch auf den Fiedern vorkommen. Die Chitin-
decke zeichnet sich durch eigenthümliche Verdickungen und Faltungen
aus, die man in den Schnitten (Fig. 24, 25) gut erkennen kann. In
diesen Falten und zwischen den Zacken stehen die Sinnesorgane.
Die Antenne des Weibchens besteht gleichfalls aus 40 Gliedern.
Diese nehmen von der Basis nach der Fühlerspitze allmählich an Dicke
zu. Die dorsale Fläche ist mit starken Schuppen versehen. Die
Chitindecke zeigt ebenso wie bei dem Männchen Verdickungen und
Zacken, die jedoch nicht den Ausbildungsgrad wie bei jenem erreichen
(Fig. 26).
Sensilla coeloconica, wie sie in Fig. 25 abgebildet sind,
scheinen beim Männchen nur in geringer Zahl vorhanden zu sein.
Die Chitinzacken, zwischen denen sie versteckt liegen, setzen ihrem
Auffinden grosse Schwierigkeiten entgegen, so dass es mir nicht mög-
lich ist, ihre Zahl auch nur annähernd festzustellen. Mit ihnen ver-
wandt sind die in Fig. 24 abgebildeten Sensillen, die sich zu den
echten Grubenkegeln ebenso verhalten, wie dies bei Psyche der Fall
ist. Sie sind beim Männchen gut entwickelt und finden sich besonders
zahlreich an den den Endknopf bildenden Gliedern.
Beim Weibchen liegen die Verhältnisse ganz ähnlich, indem
auch hier die Grubenkegel in zwei Modificationen auftreten. Im
Uebrigen gilt genau dasselbe wie beim &.
Sensilla chaetica stehen beim Männchen an den Spitzen der
Fiedern (Fig. 23) und an den den Endknopf bildenden Gliedern nehmen
sie eine ventro-laterale Lage am distalen Gliedende ein. Ihre Zahl
beträgt ca. 120 an jeder Antenne.
Beim Weibchen verhalten sich die borstenartigen Sinnesorgane
wie die an den Endgliedern der männlichen Antenne befindlichen.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 585
Sensilla trichodea. Die haarartigen Sinnesorgane sind beim
Männchen weniger zahlreich ausgebildet. Im Vergleich zu den-
selben Organen der Männchen anderer Arten sind sie sehr klein. Sie
stehen auf der ventralen Fläche der Fiedern, rücken aber nicht selten
auf die Seiten derselben.
Beim Weibchen sind die Sensilla trichodea äusserst spärlich
entwickelt, sowohl in Bezug auf ihre Zahl als auf ihre Ausbildung.
Fasse ich zum Schluss der leichtern Uebersicht halber die bei
den einzelnen Species erhaltenen Befunde tabellarisch zusammen, so
ergiebt sich Folgendes: an jeder Antenne finden sich bei
Fidonia Orgyia Psyche Ino
3 = 3 ? 3 ? 3 2
. coeloconica 350 ca. 100 ca. 600 75 zahlreich © zahlreich zahlreich
. styloconica 22 16 50 30 0 0 0 0
. Chaetica ca.117 ca. 105 ca. 80 42 vorhanden 0 ca 20e 4120
. trichodea zahlreich spärlich zahlreich spärlich zahlreich 0 w. zahlreich spärlich
. basiconica 0 5 0 0 0 0 0 0
URAN
Wie aus dieser Tabelle hervorgeht, zeichnen sich die Männ-
chen namentlich durch eine enorme Ausbildung der
Sensilla coeloconica und der Sensilla trichodea vor
den Weibchen aus. Zu dieser Ueberlegenheit in der Zahl kommt
aber noch die grössere Oberfläche der männlichen Antenne, welche
eine günstigere Lagerung der Sinnesorgane ermöglicht. Auf dieser Ober-
fläche sind nämlich die Sensillen möglichst weit aus einander gerückt,
so dass sie dem umgebenden Medium eine grosse Fläche zur Be-
rührung darbieten. Bei den Sensilla trichodea kommt beim & noch
die bessere Ausbildung hinzu, die sich durch die Grösse der Organe
zu erkennen giebt. Die Sensilla chaetica und styloconica zeigen nicht
so grosse Unterschiede in den beiden Geschlechtern.
II. Der Bau der Hautsinnesorgane.
Was den Bau der im vorigen Abschnitt erwähnten Hautsinnes-
organe anbetrifft, so sind zunächst zwei principielle Verschiedenheiten
zu constatiren, die auf einer verschiedengradigen Ausbildung des
Chitingebildes beruhen. In dem einen Falle ist letzteres dickwandig,
wodurch es geeignet wird, mechanische Reize aufzunehmen und die-
selben durch Zug oder Druck auf das Nervenende zu übertragen; im
andern Falle besteht das Chitingebilde aus einer dünnen Membran,
so dass es für chemische Reize, die unmittelbar auf das Nervenende
einwirken müssen, durchlässig ist.
586 OTTO SCHENK,
Sicherlich sind die einfachen Haare die urspriinglichern Sinnes-
organe, aus denen sich erst durch Umbildung und Functionswechsel,
in Anpassung an bestimmte Lebensbedingungen, die übrigen Formen
entwickelt haben.
Ich wende mich daher zunächst zur Betrachtung der dick-
wandigen Chitingebilde.
Sensilla chaetica. Die an den distalen Enden der Glieder und
an den Spitzen der Fiedern stehenden Sensilla chaetica sind in der Lite-
ratur noch nicht erwähnt worden. Es sind spitz ausgezogene, borsten-
artige, hohle Gebilde, die sich durch eine relativ dicke Chitinmembran
auszeichnen. Ihre Grösse schwankt bei den verschiedenen Species be-
trächtlich. Bei Orgyia sind sie äusserst kräftig entwickelt, bei Fidonia,
Psyche und Ino dagegen sind sie kleiner und dementsprechend auch
zarter. Im Chitinpanzer sind sie beweglich eingelenkt, wie dies
Fig. 11 zeigt.
Den nervösen Endapparat habe ich nicht genau verfolgen können,
da ich in Folge der technischen Schwierigkeiten keine brauchbaren
Schnitte durch dieses Organ erhalten habe. Sinneszellen habe ich mit
Sicherheit an einigen Stellen unter den Borsten gesehen. Ihr Inhalt
besteht jeden Falls aus einem nervösen Theile und aus Ausläufern von
Hypodermiszellen.
Sensilla trichodea. Den haarartigen Sinnesorganen hat man
gleichfalls in der Literatur wenig Beachtung geschenkt. Nur NAGEL
erwähnt an einer Stelle diese Organe an den Sphingidenfiihlern. Es
sind gleichfalls hohle und, wie die Abbildungen Fig. 3, 17 u. 18 zeigen,
etwas gebogene, dunkel pigmentirte Haare. In Folge der fast doppelten
Grösse bei nahezu gleichem Durchmesser an der Basis erscheinen sie
nicht so spitz ausgezogen wie die Sensilla chaetica, sondern haben eher
die Gestalt nahezu gleich weiter Chitinröhrchen. Beim ¢ erreichen
sie eine Grösse von 0,12 mm, beim 2 sind sie beträchtlich kleiner.
Im Chitinpanzer sind sie gleichfalls beweglich eingelenkt. Zwischen
ihnen stehen kleinere, etwas hellere Haare, die sich sonst genau so
verhalten wie die grossen Sensilla trichodea.
Den Bau des Nervenapparats vermochte ich am besten bei
Fidonia & zu studiren. Fig. 5 stellt ihn dar. Zu einem jeden Haar
gehört nur eine einzige Sinneszelle. Diese hat eine lang gestreckte
Gestalt und enthält einen ziemlich grossen Kern. An diese Zelle tritt
der dem Sinnesorgan zukommende Nerv heran, und die Zelle entsendet
einen feinen Fortsatz, den Terminalstrang (Vom Ratu), in das Haar.
Die Sinneszelle tritt aus der sehr flachen Hypodermis heraus.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 587
Sensilla basiconica. Die an 5 Gliedern der weiblichen An-
tenne von Fidonia vorhandenen, ebenständigen Sinneskegel sind
0,066 mm lange, in der Mitte ca. 0,007 mm dicke und aus dickem
Chitin bestehende Gebilde, die an der Spitze abgerundet sind. In der
Chitindecke sind sie beweglich eingelenkt.
Den nervösen Endapparat habe ich nicht verfolgen können.
Ich gehe nun zu den dünnwandigen Sinnesorganen über.
Sensilla coeloconica. In der Literatur werden an den
Schmetterlingsfühlern zuerst von LEsp&s Gruben erwähnt; er beschreibt
sie als mit einer Membran (tympanule) überspannte Gebilde. HAUSER
untersuchte die Verhältnisse bei den Tagfaltern, besonders bei Vanessa
io. Hier fand er auf jedem Glied des Fühlerkolbens meist einfache
Gruben, deren Grund das von einem Chitinborstenkranz umgebene
'„Nervenstäbchen“ durchbricht. Bei allen übrigen Familien der Schmet-
terlinge ist es ihm nicht gelungen, Fühlergruben zu finden. Auch
KRAPELIN hat nur bei den Diurna, speciell bei Vanessa urticae, die
in Rede stehenden Organe studiren können. RuLAND entdeckte die
Grubenkegel bei Spannern und Kleinschmetterlingen, und Vom Ratu
gelang es, das allgemeine Vorkommen dieser Gebilde bei den Lepi-
dopteren nachzuweisen. NAGEL hat die Vom Raru’schen Angaben
bestätigt. —
In den Figg. 4 und 25 habe ich verschiedene Sensilla coeloconica
abgebildet. Ich rechne zu ihnen auch die bei Psyche vorkommenden
Grubenhaare und die bei Ino sich findenden, in Fig. 24 abgebildeten
Kegel, die beide im Princip genau so gebaut sind wie die den be-
treffenden Arten zukommenden echten Sensilla coeloconica und sich
nur durch die Grösse von diesen unterscheiden.
Den Bau der Sensilla coeloconica vermag man am besten an
Schnitten zu studiren. Was zunächst die Form der Gruben anbetrifft,
so ist ihre Mündung enger als ihre Basis (Fig. 25). In die Chitin-
wand sind sie so eingelassen, dass der darin befindliche Kegel nach
der Antennen- resp. Fiederspitze zu gerichtet ist. Dieser Kegel, der
von einer äusserst dünnen Chitinmembran gebildet wird — so dünn
bisweilen, dass sie kaum eine doppelte Grenzlinie erkennen lässt —
sitzt einem kugligen Chitinbläschen oder Klöppel, wie es KRÄPELIN
genannt hat, auf. Was seine Gestalt angeht, so ist er bald mehr
haarförmig, zugespitzt (wie bei Psyche), bald ist er an seinem Ende
abgerundet. NAGEL ist wohl der Erste gewesen, der überzeugend
nachgewiesen hat, dass diese Kegel an der Spitze geschlossen sind,
während die frühern Autoren eine Oeffnung als unerlässliche Be-
588 OTTO SCHENK,
dingung fiir ein Geruchsorgan — und ein solches ist, wie wir im
nächsten Abschnitt sehen werden, dieser Kegel — forderten. Ich kann
mich den Ausführungen NAGEL’s vollkommen anschliessen, da ich an
meinen Schnitten selbst bei den stärksten Vergrösserungen keine Oeff-
nung erkennen konnte. Diese Thatsache gilt nicht nur für die Gruben-
kegel, sondern überhaupt für alle bekannten Sinnesorgane an den
Fühlern der Insecten. Auch vom theoretischen Standpunkt aus hat
NAGEL dieses Factum so eingehend beleuchtet, dass ich an dieser
Stelle nicht näher darauf einzugehen brauche. — Zum Schutz gegen
mechanische Insulte sind die Sensilla coeloconica bei Fidonia und
Orgyia von einem Kranz solider Borsten umgeben (Fig. 6, 20), die
nach der Grubenöffnung zu convergiren. Bei Ino bieten die über die
ganze Fühleroberfläche verbreiteten Chitinzacken den Sensillen, die sie
an Länge beträchtlich überragen, hinreichend Schutz. Bei Psyche
werden die kleinern Sensilla coeloconica durch den Grubenrand reich-
lich geschützt. Die aus der Grube hervorragenden Grubenhaare von
Psyche und die in Fig. 24 abgebildeten Kegel von Ino entbehren da-
gegen mehr oder weniger des Schutzes, da es für ihre Function, wie
ich im nächsten Abschnitt zeigen werde, eine unerlässliche Be-
dingung ist, dass sie möglichst mit der Luft in Berührung kommen.
Den Bau des zu den Sensilla coeloconica gehörenden nervösen
Endapparats habe ich am besten bei Fidonia 3 und Ino © verfolgen
können. In den Figg. 4 und 28 habe ich die Verhältnisse abgebildet.
Bei Fidonia zweigt sich von dem das Fiederchen durchziehenden
Hauptnerven ein zarter Strang ab, der zu einer allem Anschein nach
zweizelligen Sinneszellengruppe führt. Dieser Verbindungsnerv ist bis-
weilen so kurz, dass die Sinneszellengruppe dem Hauptnerven anzu-
liegen scheint. Die Kerne der Sinneszellen zeichnen sich durch ausser-
ordentliche Grösse und durch Chromatinreichthum aus und gleichen
den Kernen der Hypodermis in auffallender Weise. Da die Hypo-
dermis sehr niedrig ist, so liegt die Sinneszellengruppe ausserhalb
derselben. Die von den Sinneszellen ausgehenden Nervenfasern legen
sich zum Terminalstrang oder Axenfaden zusammen und führen zu
den Sinneskegeln. Bis zur Mitte der Kegel vermochte ich den Strang
deutlich zu verfolgen. — Bei Ino pruni liegen die Verhältnisse in so
fern anders, als der vom Hauptnerven sich abzweigende Strang die
Nervenelemente für mehrere Sinnesorgane enthält. Wie Fig. 28 zeigt,
geht er zunächst eine Reihe von Theilungen ein, und diese Theil-
äste erst treten an die Sinneszellengruppen heran. Letztere setzen
sich aus mehr als zwei Zellen zusammen; die Kerne derselben unter-
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 589
scheiden sich deutlich in der in den Fig. 27 und 25 angegebenen
Weise von den Hypodermiskernen. Da die Sinneszellengruppen direct
unter den zugehörenden Organen liegen, so sind die Terminalstränge
sehr kurz (bei Fig. 28 hat sich die Hypodermis mit den Sinneszellen-
gruppen von dem Chitin abgelöst). Die Sinneszellen liegen, im Gegen-
satz zu Fidonia, mehr neben einander als hinter einander, so dass
die Zellengruppen sehr niedrig sind.
Sensilla styloconica werden zuerst von Lrypia erwähnt,
der bei Catocala und Acherontia neben blassen, feinen Härchen noch
eigenthümliche, stumpfe Kegel am Vorderrand der letzten Antennen-
glieder beschreibt. RuLAnn bestätigt diese Angaben; auch er hat an
den von LEYvIG bezeichneten Stellen Kegel gefunden, und zwar bei
Männchen und Weibchen aller Gruppen der Schmetterlinge mit Aus-
nahme der Tagfalter. Nach NAGEL zeigen die Endzapfen, wie er diese
Organe nennt, hochgradige Unbeständigkeit der Form, die durch auf
die mannigfachste Weise ausgebildete Schutzzacken bedingt ist. Er hat
sie, mit Ausnahme der Tagfalter, an den Enden der Fühlerglieder
aller“ Schmetterlinge gefunden.
Was zunächst das Vorkommen der Sensilla styloconica betrifft,
so muss ich bemerken, dass sie auch bei den Abend- und Nacht-
schmetterlingen nicht so allgemein verbreitet sind, wie es NAGEL an-
zunehmen scheint. So fehlen sie unter den von mir untersuchten
Arten vollkommen bei Jno und Psyche; und auch bei Euprepia aulica,
einem Spinner, den ich auf diese Verhältnisse hin untersuchen konnte,
zeigte sich dies.
Was den Bau der Sensilla styloconica betrifft, so präsentiren sie
sich als 0,0035 mm lange Kegelchen, die auf 0,024—0,028 mm langen
Zapfen sitzen (Fig. 10). Die Oberfläche dieser Zapfen ist genau so
gestaltet wie die der übrigen Antenne. Alle frühern Autoren, denen
die Gebilde bekannt waren, haben die Zapfen selbst für Sinnesorgane
gehalten. In Folge der geringen Grösse der Kegelchen ist es auch
leicht erklärlich, dass sie übersehen worden sind. Erst NAGEL hat
gezeigt, dass die Zapfen weiter nichts als hohle Auswüchse der Fühler-
glieder sind, auf denen nun erst die eigentlichen percipirenden Organe in
Gestalt von kleinen Kegeln sitzen. Die Zapfen selbst dienen also nur
als Hülfsorgane, indem sie die Sinnesorgane möglichst über die Ober-
fläche der Antennen erheben. Hierdurch wird die physiologische
Leistungsfähigkeit, wie ich im nächsten Abschnitt zeigen werde, be-
deutend erhöht. — Schutzzacken, die NAGEL beobachtet hat, sind an
den Sensilla styloconica von Fidonia und Orgyia nicht ausgebildet.
590 OTTO SCHENK,
Sie sind hier den Kegelchen auch vollkommen entbehrlich, da letztere
schon durch die neben den Zapfen stehenden Borsten (Fig. 18) hin-
reichend gegen mechanische Eingriffe geschützt sind.
Den zu den Sensilla styloconica gehörenden nervösen Endapparat
habe ich nicht untersuchen können, da ich auch durch diese Organe
keine günstigen Schnitte erhalten habe.
III. Die physiologische Funetion der Hautsinnesorgane
der untersuchten Schmetterlinge.
Nachdem ich in den beiden vorhergehenden Abschnitten die Ver-
theilung der Sinnesorgane auf die Geschlechter, ihre Topographie und
ihren anatomischen Bau erörtert habe, komme ich nunmehr zur Deutung
ihrer physiologischen Function. Wie schon erwähnt, sollen dabei die
eben erwähnten Thatsachen die Grundlage bilden. Ich beginne meine
Betrachtungen mit den
Sensilla coeloconica, den Grubenkegeln. Mit Ausnahme
von Lespis, der sie für Hörorgane hält, haben alle spätern Autoren,
wie HAUSER, KRÂPELIN, RULAND, Vom RATH und NAGEL, die Sensilla
coeloconica als Geruchsorgane angesprochen. Auch ich muss
mich dieser Ansicht anschliessen. Prüfe ich zunächst, ob sich diese
Annahme mit dem anatomischen Bau der Organe vereinbaren lässt!
Wie aus dem vorigen Abschnitt hervorgeht, wird der Kegel von
einer ausserordentlich dünnen, vollkommen geschlossenen Chitinmembran
gebildet. Eine Anzahl der Autoren hat nun zwar geltend gemacht,
dass selbst durch eine solche dünne Membran hindurch die Perception
chemischer Reize nicht stattfinden könne; um aber dennoch eine Auf-
nahme solcher Reize durch die Kegel sich vollziehen zu lassen, nahmen
sie an, dass dieselben an der Spitze durchbohrt seien. Nun hat aber,
wie schon erwähnt, NAGEL nachgewiesen, dass eine Oeffnung sicherlich
nicht vorhanden ist; und dennoch halte ich — mit NAGEL — die
Perception von Riechreizen durch die Membran hindurch nicht für
ausgeschlossen. Findet sich doch im organischen Reiche eine ganze
Reihe von Fällen, welche zeigen, dass Gasmoleküle durch Membranen
hindurch diffundiren können ; ich erinnere nur an die Vorgänge bei der
Kohlenstoffassimilation der Pflanzen und an den Gasaustausch durch
die Zellmembranen der Lungenbläschen in den Lungen der luft-
athmenden Wirbelthiere. Diese Beispiele zeigen aufs deutlichste, dass
der Annahme vom anatomischen Standpunkt aus durchaus nichts im
Wege steht, daß die Moleküle des gasförmigen Riechstoffes durch die
dünne Chitinmembran der Sensilla coeloconica hindurch dringen können,
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 591
Wie verhält sich nun die Vertheilung der Sinnesorgane auf die
Geschlechter zu meiner Annahme? — Da die Ausbildung der Sinnes-
organe eines Thieres in inniger Beziehung zu dessen Lebensweise steht,
so muss ich zunächst auf diese eingehen.
Die Lebensweise aller Organismen wird von zwei maassgebenden
Factoren beeinflusst; der eine ist das Streben nach der Erhaltung des
Individuums, der andere das Streben nach der Erhaltung der Art.
Der erste Factor spielt bei den meisten Schmetterlingen eine sehr
geringe Rolle, da sie in der Regel schon bald nach dem Ausschlüpfen
aus der Puppe zur Fortpflanzung schreiten, nach der sie dann sehr
bald zu Grund gehen. In Folge dessen ist die Imago nur als das
kurze, der Fortpflanzung dienende Stadium im langen Entwicklungscyclus
der Lepidopteren anzusehen. Im Zusammenhang mit der kurzen Lebens-
dauer der Imagines müssen aber um so zahlreicher und besser Sinnes-
organe ausgebildet sein, die die Geschlechter zusammenführen und
eine Fortpflanzung ermöglichen, soll anders die Erhaltung der Art
nicht in Frage gestellt werden. Dass in dieser Hinsicht der Geruchs-
sinn eine hervorragende Rolle spielt, ist eine längst bekannte und
durch zahlreiche Beispiele gestützte Thatsache. Weiter ist festgestellt,
und zwar durch Experimente, dass der Geruchssinn in den Antennen
localisirt ist. Von den 5 Organformen kommen nur die Sensilla
coeloconica und die Sensilla styloconica in Betracht, denn nur der
anatomische Bau dieser Sensillen entspricht den Anforderungen, die
für ein Geruchsorgan nothwendig sind. Welcher von diesen beiden
Organformen bei der Auffindung der beiden Geschlechter die Haupt-
rolle zufällt, entscheidet die Lebensweise der Thiere; denn es ist
sicher, dass die Geruchtsorgane bei den Männchen derjenigen Schmetter-
lingsarten am besten entwickelt sein müssen, deren Weibchen träge
sind und versteckt sitzen. Wie verhalten sich nun in dieser Hinsicht
die Geschlechter der von mir untersuchten Arten’?
Die Weibchen von Psyche stehen auf einer sehr niedrigen Stufe
der Ausbildung; sie sind madenförmig und verlassen nie die Puppen-
hülle, in der sie entstanden sind. Das geflügelte und äusserst leb-
hafte Männchen muss in Folge dessen das still in seinem Sacke
sitzende Weibchen aufsuchen und innerhalb desselben begatten.
Ganz ähnlich ist das Verfahren bei Orgyia. Die Weibchen haben
verkümmerte Flügel und sind durch Ausbildung eines starken Eier-
stocks so schwerfällig, dass sie nach dem Ausschlüpfen aus der Puppe
das dieselbe umhüllende Gespinst nie verlassen. Sie müssen daher
gleichfalls von den geflügelten Männchen aufgesucht werden, von
592 OTTO SCHENK,
denen sie innerhalb des Gespinstes oder auf demselben sitzend be-
gattet werden.
Bei Fidonia sind die Unterschiede in der Lebensweise von Männ-
chen und Weibchen schon geringer. Beide Geschlechter haben gut
ausgebildete Flügel; doch macht das Weibchen nur wenig Gebrauch
davon, indem es sich nur in kleinem Umkreise von seinem Entstehungs-
ort bewegt!). Das Männchen dagegen schwärmt nach Art mancher
Spinner zum Aufsuchen des Weichens wirr umher.
Bei Ino sind die Unterschiede in der Lebensweise der beiden
Geschlechter äusserst gering. Sie sitzen gesellig auf Blumen und
fliegen trotz der gut ausgebildeten Flügel nur wenig und ungern.
Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, dass die Lebensweise
von Psyche der Vereinigung der Geschlechter grössere Schwierigkeiten
entgegensetzt als die von Jno pruni, und dass in Folge dessen
Psyche eines besser ausgebildeten Geruchsorgans bedarf als Ino,
während Orgyia und Fidonia zwischen beiden stehen. Es müssen also
diejenigen antennalen Hautsinnesorgane Geruchsorgane sein, die einer-
seits die geringsten sexuellen Unterschiede aufweisen bei Jno und die
grössten bei Psyche, die andrerseits aber auch am besten bei Psyche
und am geringsten bei Ino ausgebildet sind. Durchblicke ich zu
diesem Zweck den 1. Abschnitt dieser Betrachtung und insbesondere
die Tabelle auf S. 585, so zeigt sich, dass die Sensilla coeloconica
bei der Zusammenführung thätig, d. h. Geruchsorgane sein müssen,
denn diese allein entsprechen den Bedingungen, die nicht nur der
anatomische Bau, sondern auch die Lebensweise der Thiere an ein
solches stellen.
Sensilla styloconica. Alle Autoren, denen diese Organe
bekannt waren, haben sie für Geruchsorgane gehalten. Meine Unter-
suchungen haben mich zu derselben Ansicht geführt.
Was zunächst den Bau der Sensilla styloconica, die aus einer
zarten Chitinmembran gebildet sind, betrifft, so deutet derselbe, wie
schon erwähnt, auf eine Perception chemischer Reize hin. Ihre gegen
mechanische Eingriffe geschützte Lage an der Antenne schliesst ja
auch jede andere Function von vorn herein aus.
Wie aus der Tabelle auf S. 585 hervorgeht, sind besagte Organe
bei den äusserst lebhaften Männchen und bei den zugehörigen, wenn
1) Diese Angabe der Autoren stimmt mit meinen Erfahrungen
überein; unter ca. 60 von mir eingefangenen Exemplaren befand sich
nur J Weibchen.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 593
auch fast unbeweglichen Weibchen in nahezu gleicher Weise ent-
wickelt. Hieraus erhellt, dass die Sensilla styloconica fiir beide Ge-
schlechter von nahezu gleicher Bedeutung sind und dass ihre Aus-
bildung nicht allein ein Product der geschlechtlichen Zuchtwahl sein
kann, sondern dass hier vor allem die natiirliche Zuchtwahl eine
Rolle spielt. Es ist ja leicht begreiflich, dass den Schmetterlingen
eine Kenntniss von der chemischen Beschaffenheit ihrer Umgebung
oder ihrer Nahrung — so fern sie solche zu sich nehmen — von
grosser Wichtigkeit ist‘). Diese Aufgabe fällt den Sensilla styloconica
zu. Dass die Sensilla coeloconica, die in dieser Hinsicht noch in
Betracht kommen könnten, besagte Function nicht auszuüben vermögen,
ist bereits von NAGEL in eingehender Weise erörtert worden. Er hat
gezeigt, dass nur beim fliegenden Thiere die in den Gruben ver-
borgenen Kegel in Thätigkeit treten können, da nur durch die Be-
wegung der Thiere ein ausgiebiger Luftstrom an den Organen vorüber
geführt wird. Dass in der That die Sensilla coeloconica eine solche
Function nicht haben können und dass sich thatsächlich die Sensilla
coeloconica und die Sensilla styloconica in der angegebenen Weise in
die Riechfunction theilen, geht schon daraus hervor, dass bei denjenigen
Schmetterlingsarten, denen die Sensilla styloconica fehlen, die Sensilla
coeloconica die den Sensilla styloconica zufallende Function mit über-
nommen haben, indem sich ein Theil derselben um ein Beträchtliches
verlängert hat, wodurch auch dem sitzenden Thier eine hinreichende
Berührung der Sinnesorgane mit den in der Luft suspendirten Riech-
stoffpartikelchen gewährleistet wird. — Auch die geschlechtliche Zucht-
wahl mag für die Ausbildung der Sensilla styloconica von hoher
Bedeutung sein. Dass ein Männchen, z. B. von Orgyia, auf der Suche
nach einem Weibchen, das seinen Riechstoff nach allen Richtungen
aussendet, direct bis zu demselben fliegt, ist nicht gut denkbar. Es
ist vielmehr anzunehmen, dass es sich niedersetzt, sobald es in die
Riechstoffsphäre gekommen ist, und sich dann nach und nach dem
Ausstrahlungspunkt nähert. Dasjenige Männchen wird nun zur Be-
gattung und somit zur Vererbung seiner gut entwickelten Sensilla
styloconica kommen, welches dieselben eben am besten ausgebildet hat.
Sensilla trichodea. Der anatomische Bau der Sensilla
trichodea deutet mit Sicherheit auf eine mechanische Function hin.
Berührungsreize von festen Körpern kommen aber nur in so fern in Be-
1) Bei der Eiablage wird von den Weibchen die Nahrungspflanze
der Raupe wahrscheinlich meist auch durch den Geruch erkannt.
Zool, Jahrb, XVII. Abth. f. Morph. 38
594 OTTO SCHENK,
tracht, als es sich um zufällige Berührungen handelt, da die Schmetter-
linge mit den Antennen keine Bewegungen ausführen. Welcher Art
sind dann nun jene mechanischen Reize ?
Schon NAGEL hat auf die Möglichkeit hingewiesen, dass gewisse
Haare an den Antennen als Druckpunkte dienen, durch die das Thier
eine Empfindung von der Bewegungsgrösse der Luft oder seiner selbst
gewinnt. Dies gilt sicherlich für die Sensilla trichodea der Lepidopteren-
antennen. NAGEL scheint dieselben jedoch nicht im Sinn gehabt zu
haben, da er an einer andern Stelle ausführt: „Die Bedeutung der
Fühlhaare an manchen Stellen, wo sie sehr gross und zahlreich sind,
ist noch unklar, so an den Fühlern der Sphingiden“ etc. Weiter
bringen sie wohl den Thieren auch eine Empfindung von der Nähe
von Gegenständen bei, indem sie ähnlich wirken wie gewisse Organe
bei den Fledermäusen; man denke nur daran, mit welcher Geschwin-
digkeit manche Schmetterlinge zwischen Zweigen und Aesten umher
fliegen, ohne sich zu verletzen! GUENTHER hat zwar gewisse Sinnes-
schuppen für diese Function in Anspruch genommen; es wäre aber
immerhin möglich, dass auch den in Rede stehenden Sensillen diese
Function zukommt. — So viel ist sicher, dass die Ausbildung der
Sensilla trichodea in Correlation mit der Bewegungsfähigkeit der
Thiere steht, und zwar in der Weise, dass die am schnellsten fliegenden
Thiere die am besten entwickelten Sensilla trichodea besitzen. So sind
dieselben unter den von mir untersuchten Arten am besten ausge-
bildet bei den äusserst lebhaften, in unstetem Flug umher schwirrenden
Männchen von Fidonia, Orgyia und Psyche, bei den zugehörigen trägen
Weibchen und bei beiden Geschlechtern der fast nie fliegenden Ino
dagegen sind sie klein und spärlich.
Die Vertheilung besagter Organe auf die Geschlechter und ihre Aus-
bildung macht also die ihnen vindicirte Function höchst wahrscheinlich.
Sensillachaetica. Der Bau der Sensilla chaetica spricht gleich-
falls für eine mechanische Function. Ihre exponirte Lage an den An-
tennen macht es höchst wahrscheinlich, dass sie Berührungsreize von
festen Körpern percipiren. Doch kann es sich auch hier nur um zu-
fällige Berührungen handeln, da, wie schon erwähnt, ein Tasten mit
den Antennen nicht stattfindet. Organe zur Perception solcher Ein-
drücke sind ja auch unbedingt nothwendig; würden sie die Thiere
nicht auf gewisse Gegenstände aufmerksam machen, so würden die
zarter gebauten Organe, wie z. B. die Sensilla styloconica, die ja
durch solche Borsten geschützt werden, grossen Gefahren ausgesetzt
sein. Die Vertheilung genannter Organe auf beide Geschlechter spricht
nicht gegen eine solche Auffassung.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 595
Sensilla basiconica. Wozu die an den Antennen der Fidonia-
Weibchen vorhandenen, nur an wenigen Gliedern auf der ventralen
Fläche sich befindenden Sensilla basiconica dienen, vermag ich nicht
anzugeben. So viel ist sicher, dass sie, wie aus dem anatomischen
Bau der Organe hervorgeht, nur mechanische Reize percipiren können.
Hymenoptera.
Die Hautsinnesorgane der Hymenopteren sind schon oft zum
Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht worden. Jedoch
gehen die Ansichten der Autoren, von denen besonders LEYDIG,
H. MÜLLER, HAUSER, KRÄPELIN, RULAND, Vom RATH und NAGEL zu
verzeichnen sind, über ihre Function zum Theil noch immer recht
aus einander. Es hat dies seine Ursache einerseits in der grossen
Mannigfaltigkeit der Organe, andrerseits aber sind auch unsere Kennt-
nisse von der Biologie der Hymenopteren noch so lückenhaft, dass bei
Bestimmung der Function der Sensillen ihr anatomischer Bau maass-
gebend sein musste. Im Gegensatz zum vorigen Capitel habe ich
daher bei den Sinnesorganen der Bienen und Wespen das Hauptge-
wicht auf die Resultate der histologischen Untersuchungen gelegt,
während ich die biologischen Momente nur dann herbeigezogen habe,
wenn sie eine befriedigende Erklärung für den Dimorphismus geben.
I. Die sexuellen Unterschiede im Bau der Antennen.
Die geschlechtlichen Unter- CEES
schiede im Bau der Antennen sind 4
; : : /
bei den Hymenopterenarten, die mir IY
zur Verfiigung standen, theils nur
quantitativer, theils auch qualitativer
Natur. Letzteres gilt fiir die Gruppe
der Apiden, in welcher die beiden
Geschlechter nicht nur Unterschiede
in der Zahl der Organe, sondern
auch zum Theil verschiedenartige
Sensillen aufweisen. Weibchen und \ yi
Arbeiterinnen der socialen Formen N N =”
zeigen keine auffallenden Verschie- >
denheiten; sie stimmen vielmehr, so * Ri :
Bate Fig. A. Antennen von Vespa crabro.
weit ich es verfolgen konnte, abge- 5:1. a vom Männchen, b von der Ar-
sehen von kleinen individuellen Ab- beiterin, e vom Weibchen.
weichungen, vollkommen überein, wie ein Blick auf vorstehende Fig. A
lehrt.
38*
596 OTTO SCHENK,
Die sexuellen Unterschiede sind bei den untersuchten Species so
übereinstimmend, dass es überflüssig ist, die Verhältnisse bei den ein-
zelnen Arten gesondert zu betrachten. Ich werde daher die Unter-
schiede für alle Formen zunächst gemeinsam behandeln und dann eine
Tabelle anfügen, in welche die Angaben für die einzelnen Arten einge-
tragen werden sollen.
Schon H. MÜLLER hat die geschlechtlichen Unterschiede bei den
Apiden untersucht und die Resultate in seiner „Anwendung der
Darwin’schen Lehre auf Bienen“ niedergelegt. Während sich aber
seine Ansicht über die mikroskopischen Unterschiede mit der all-
mählichen Erkenntniss des feinern Baues der Antennen geändert hat,
haben die von ihm aufgestellten makroskopischen Unterschiede bis
auf den heutigen Tag ihre Gültigkeit behalten. Ich eitire daher die
betreffende Stelle MÜLLER’s mit dem Bemerken, dass sie auch auf die
Vespiden Anwendung findet. Er sagt: ,,1) Die Fühler der Männchen
bestehen aus 131), die der Weibchen nur aus 12 Gliedern; 2) das
erste Fühlerglied des Männchens ist ziemlich kurz und legt sich mit
den folgenden in eine ununterbrochene krumme Linie; dagegen ist
das erste Fühlerglied der Weibchen verlängert (bildet einen Schaft),
und die folgenden stellen sich unter einem spitzen Winkel gegen das-
selbe, bilden eine Geissel; ..... 3) Die Fühlergeissel der Männchen
ist in der Regel erheblich länger als die der Weibchen; ihre einzelnen
Glieder sind in der Regel auf der Vorderseite bauchig erweitert und
dadurch weit schärfer von einander abgesetzt als bei den Weibchen“.
Von Sinnesorganen finden sich an den Hymenoptereufühlern:
Sensilla placodea, Porenplatten (KRÂPELIN), Membrancanäle
(Vom RATH).
Sensilla trichodea (varia), (verschiedene) haarartige Gebilde.
Sensilla basiconica, Kegel, Kolben.
Sensilla coeloconica, Grubenkegel, Champagnerpfropforgane.
Sensilla ampullacea?), ForEL’sche Flaschen.
Beachten wir nun die Vertheilung dieser Organe bei den beiden
Geschlechtern der untersuchten Arten:
Vespiden: Vespa crabro L.;
Solitäre Apiden: Prosopis bifasciatus FBr., Sphecodes gibbus
1) Dies gilt insbesondere auch für die Männchen von Apis melli-
fica, bei denen MüLzer nur 12 Glieder fand.
2) Stämme: nAaxodng plattenartig; ampullaceus flaschenartig. In
Bezug auf die andern Namen vgl. 8. 578.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 597
Lrr., Panurgus bancsianus LTR., Dasypoda plumipes Ltr., Saropoda
bimaculata Lrr., Osmia adunca Lrr., Osmia rufa Lrr.;
Sociale Apiden: Bombus sp. var., Apis mellifica L.
Sensilla placodea finden sich sowohl bei den Apiden wie
auch bei den Vespiden in beiden Geschlechtern. Bei den Vespiden und
bei den solitären Apiden sind sie im männlichen Geschlecht nur wenig
zahlreicher als im weiblichen entwickelt; sie finden sich bei diesen
Arten nur auf der dorsalen Seite der Fühler und nehmen in der Regel
an der weiblichen Antenne 1—2 Glieder weniger ein als an der
männlichen.
Von den socialen Apiden schliesst sich Bombus in Bezug auf die
Sensilla placodea eng an die solitären an. Bei Apis mellifica hingegen
Fig. B. Fig. C.
0
0 00
Fig. B. Glied der männlichen Antenne von Apis mellifica. 150 : 1. pl Sensilla
placodea; a Mündungen der Sensilla ampullacea. Das Glied ist ringsum mit Sensilla
placodea bedeckt, wie es in der Figur nur für ein kleines Stück angegeben ist.
Fig. C. Ein Stückehen Fühleroberfläche von Apis mellifica &. 600:1. pl Sensilla
placodea; a Sensilla ampullacea.
Fig. D. Ein Stückchen Fühleroberfläche von Apis mellifica 2 (resp. P). 600 : 1.
pl Sensilla placodea; b Sensilla basiconica; tr Sensilla trichodea.
598 OTTO SCHENK,
erreichen die in Rede stehenden Sensillen im männlichen Geschlecht
eine so starke Ausbildung, dass die Fühlerglieder in ihrem ganzen
Umfang mit ihnen besetzt sind. Eine Schätzung der Organe ergab
für die beiden Antennen des Männchens ca. 31000, für beide Antennen
des Weibchens ca. 4000; doch sind die Organe bei diesem grösser als
bei jenem). :
Sensilla basiconica. Der sexuelle Unterschied in Bezug auf
die Sensilla basiconica ist bei den untersuchten Arten sehr deutlich
ausgesprochen. Bei den Männchen der Apiden habe ich die besagten
Organe nie gefunden. Bei den Weibchen dagegen scheinen sie durch-
weg ausgebildet zu sein. Besonders schön sind sie bei Apis (2 und 9)
und Panurgus (2) ausgeprägt; bei einigen andern Arten dagegen sind
sie so wenig entwickelt, dass sie nur schwer von den Sensilla trichodea
zu unterscheiden sind. In der Regel stehen sie an den distalen Enden
der Glieder auf der vom Körper abgewandten, also dorsalen Seite der
Antennen. Bei den Vespiden sind die Sensilla basiconica in beiden
Geschlechtern vorhanden; doch sind sie im weiblichen Geschlecht be-
deutend zahlreicher entwickelt als im männlichen.
Die Sensilla trichodea sind bei den solitären Apiden und
den Vespiden in beiden Geschlechtern so zahlreich entwickelt, dass es
unmöglich ist, zu entscheiden, welchem Geschlecht die grössere Zahl
zukommt. Bei Apis mellifica 8 dagegen entbehren die Antennen der
Sensilla trichodea fast ganz, wohingegen sie wiederum bei den Weib-
chen gut ausgebildet sind (Fig. C u. D).
Die Sensilla coeloconica zeigen in ihrer Zahl keine auf-
fallenden Verschiedenheiten bei beiden Geschlechtern; bei den Männ-
chen scheinen sie etwas zahlreicher zu sein. Ihre Kleinheit und be-
sonders der Umstand, dass ich von den Fühlern der solitären Apiden
keine Schnitte besass, setzten dem Auffinden genannter Organe grosse
Schwierigkeiten entgegen.
Für die Sensilla ampullacea gilt dasselbe wie für die Sen-
silla coeloconica. Hinzufügen muss ich noch, dass sie bei den Männ-
chen zu Bündeln vereint liegen, während dies bei den Weibchen nicht
so deutlich zu erkennen ist. Fig. B zeigt die Mündungen der vereint
1) Die Zahlen sind auf folgende Weise zu Stande gekommen:
67 (Organe in einer Querreihe) X 26 (Organe in einer Längsreihe)
x 9 (Zahl der Glieder) X 2 (Antennen) = 31356
19 (Organe in einer Querreihe) X 12 (Organe in einer Längsreihe)
X 8 (Zahl der Glieder) X 2 (Antennen) = 3648.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 599
liegenden Sensilla ampullacea der Drohnen. In der Ausbildung dieser
Organe zeigen die einzelnen Arten kleine Abweichungen.
Fassen wir die besprochenen Unterschiede der Geschlechter über-
sichtlich zusammen, so ergiebt sich folgende Tabelle !):
Le ampullacea 22 = 29 29 > ” ” >> 29
. trichodea zahlreich zahlreich zahlreich zahlreich fast 0 zahlreich
Vespa solit. Apiden Apis
| 3 29 3 ? a2
S. placodea zahlreich w. zahlr. zahlreich w. zahlr. sehrzahlr. w. zahlr.
S. basiconica w. zahlr. zahlreich 0 zahlreich 0 zahlreich
2 coeloconica mässig > mässig mässig > mässig mässig © mässig
S
II. Der Bau der Hautsinnesorgane.
Sensilla basiconica werden in der Literatur zuerst von
Leypia erwähnt; dieser beschreibt bei Vespa gallica „neben schmälern
stäbchenförmigen‘“ Gebilden „kegelförmige Körper, die ein gewisses,
helleres und weicheres Ende haben“. Bei Hummeln, Bienen und
Ameisen fand er dasselbe. Hauser berichtet eingehend über die
Kegel bei Vespa crabro, an deren Spitze er eine Oeffnung zu sehen
glaubt. Alle folgenden Autoren, wie KRÄPELIN, SCHIEMENZ, SAZEPIN,
Vom Ratu, RuLAnD und NaGez, bestätigen das Vorkommen von
Kegeln bei einer Reihe von Hymenopteren.
Die Sensilla basiconica unterscheiden sich von den ebenso
genannten Organen von Fidonia 2 durch die Beschaffenheit der Chitin-
membran, die bei den Hymenopteren, besonders an der Spitze der
Organe, äusserst zart ist. Sie gleichen in ihrem Bau vollkommen den
Sensilla coeloconica der Lepidopteren, von denen sie sich nur durch
ihre flächenständige Lage unterscheiden. Es ist in Folge dessen nicht
nöthig, an dieser Stelle näher auf den Bau einzugehen. Hervorheben
will ich jedoch, dass auch hier freie Nervenendigungen nicht vor-
handen sind (ebenso wenig wie bei den Lepidopteren). FOREL und
NAGEL sind wohl die einzigen Autoren, die sich in Bezug auf die
Kegel der Hymenopteren entschieden gegen eine Oeffnung an der Spitze
aussprechen. Die Kegel von Vespa crabro scheinen bei flüchtiger Be-
trachtung die gegentheilige Ansicht zu unterstützen. Bei starker Ver-
grösserung zeigt sich jedoch, dass auch diese Sensillen an der Spitze
durch eine zarte Chitinmembran verschlossen sind, so zart allerdings,
1) Die Abkürzung w. bedeutet weniger. Das Zeichen > zeigt an,
dass die Sinnesorgane beim Männchen immerhin zahlreicher sind als
beim Weibchen.
600 OTTO SCHENK,
dass sie dem an und fir sich robusten Kegel gegeniiber schwer zu
sehen ist (Fig. 30, 37).
Meine Befunde betreffend den Bau des nervösen Endapparats
stimmen mit den Beschreibungen von KRÂPELIN, Vom RATH und NAGEL
im Wesentlichen überein. Vespa crabro zeigte mir die Verhältnisse
am Klarsten (Fig. 30). Der dem Sinnesorgan zukommende Nerv ver-
theilt sich hier an eine ausserhalb der Hypodermis gelegene Sinnes-
zellengruppe, die den Terminalstrang nach dem Kegel entsendet. An
meinen Präparaten zeigte sich dieser Terminalstrang nicht in der von
RULAND angegebenen Weise scharf abgesetzt, sondern er verjüngt sich
ganz allmählich. Er ist von Hypodermiszellen umgeben, deren Kerne
ausserhalb des Porencanals liegen. Erwähnen möchte ich noch, dass
der Terminalstrang, kurz bevor er in den Kegel eintritt, eine Structur
aufweist, die an die von Hauser beschriebenen Stäbchenkränze er-
innert. Ich halte diese Structur, die übrigens von den spätern Autoren
nicht gefunden worden ist, nicht für besondere dem Terminalstrang
anliegende Gebilde, sondern nur für die an dieser Stelle etwas aus
einander weichenden Nervenfasern.
Sensilla placodea. Was den anatomischen Bau der von
KrÄpeuın als Porenplatten bezeichneten Integumentalgebilde angeht,
so haben die verschiedenen Autoren, die diese Organe untersucht haben,
recht verschiedene Ansichten geäussert. ERICHSON berichtet über ,,pori“,
die an der Innenseite mit einer feinen Haut überspannt sind. LEYDIG
unterscheidet „gewöhnliche Gruben“ bei Bienen und Wespen und
spaltförmige, in der Tiefe in runde Oeffnungen übergehende Gruben
bei Schlupfwespen. HERMANN MÜLLER schildert bei den Apiden „borsten-
lose Gruben“, die er den Gruben der Lamellicornier homologisirt.
Hauser hat bei Hymenopteren Gruben gefunden, die von einer mit
einem Loch versehenen Membran überspannt sind, unter der ein
Nervenende frei gelegen sei. Neben diesem liege eine Zelle, die die
Membran zu bilden scheine. KRÂPELIN hat vor allem gefunden, dass
die Membranen keine Oeffnungen besitzen. Ueber die Natur der Platte
ist er sich nicht klar geworden; er ist geneigt, sie für umgebildete
Nervensubstanz zu halten, da chemische Sinnesperception durch solch
eine dicke Membran nicht gut denkbar sei. RuLAND hat unter der
Verschlussmembran einen Hohlraum gefunden. NAGEL führt diesen
Befund auf Schrumpfung zurück und bestätigt im Wesentlichen die
KRÂPELIN’schen Angaben.
Meine an Apiden und Vespiden angestellten Untersuchungen haben
zu einem Resultat geführt, das hinsichtlich des Baues der chitinösen
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 6(0j
Gebilde im Wesentlichen mit den Befunden der letzt genannten Autoren
übereinstimmt, in Bezug auf die histologischen Verhältnisse aber an
die HAauser’sche Darstellung erinnert.
In den Figg. 30, 35 und 36 habe ich die Sensilla placodea von
Apis und Vespa nach Längsschnitten dargestellt. Mit wenig Worten
gesagt, charakterisiren sie sich als mehr oder weniger dicke Platten,
die durch eine ringförmige, dünne Membran allseitig mit der Fühler-
decke fest verbunden sind. Im Besondern gestalten sich die Verhält-
nisse bei Vespa crabro folgendermaassen: Die Sensilla placodea der
Vespiden sind nicht direct mit der allgemeinen Chitindecke der An-
tennen verbunden, sie sind vielmehr in einen Chitinring eingespannt,
der sich aus einer Grube erhebt. Fig. 32 zeigt dies im Querschnitt.
Der ganze Apparat lässt sich daher am besten mit einem niedrigen,
im gleichen Niveau mit der Fühleroberfläche abschliessenden, an der
Spitze abgeplatteten Grubenkegel vergleichen, dessen in die Längs-
richtung des Fühlers fallender Durchmesser sich um das Mehrfache
verlängert hat. — Bei den Apiden ist die Platte direct mit der Fühler-
decke verbunden, mit deren Oberfläche sie in gleichem Niveau liegt.
Entsprechend der Form des Porencanals nehmen die Sensilla placodea
eine ovale Gestalt an. Bei den verschiedenen Gattungen der Apiden
zeigt der Bau der genannten Organe kleine Abweichungen. In ihrer
einfachsten Form präsentiren sie sich bei Apis (Fig. 35, 36 u. Fig. C
u. D); hier ist die relativ dicke Platte durch einen zarten Chitinring
mit der Chitinwandung des Fühlers verbunden ; bei Bombus gestalten
sich die Verhältnisse in so fern complicirter, als der dünne Chitin-
ring — wie KRÄPELIN gezeigt hat — durch Einschaltung eines dickern
Ringes in zwei zerlegt wird.
‘ Für eine richtige Deutung der Function genannter Sinnesorgane
ist eine genaue Kenntniss des nervösen Endapparats von grosser Wich-
tigkeit. Meine Befunde stehen besonders mit denen von RULAND in
starkem Widerspruch. — Die die Fühler durchziehenden Hauptnerven-
stränge geben kleine Aeste an die Sinneszellengruppen ab; diese sind,
entsprechend der Zahl der Sensilla placodea, so zahlreich ausgebildet
und liegen so dicht gedrängt, dass man bisweilen kaum entscheiden
kann, zu welchem Sinnesorgan irgend eine Ganglienzellengruppe gehört.
Eine jede dieser Gruppen entsendet einen Terminalstrang nach einer
Porenplatte, mit der er in Verbindung tritt. Dies zeigte sich mir am
klarsten an den Präparaten von Vespa crabro (Fig. 30), wohingegen
die Verhältnisse bei Apis allem Anschein nach durch Schrumpfung
entstellt zu sein schienen (Fig. 35, 36). RuLanp hat gerade bei Vespa
602 OTTO SCHENK,
crabro den Porencanal unterhalb der Verschlussplatte leer gefunden.
Da sich meine Präparate wie geschildert verhielten, so dürfte der
Hohlraum an den RuLanp’schen durch Schrumpfung entstanden sein,
worauf übrigens schon NAGEL aufmerksam gemacht hat. — Im Poren-
canal wird der Terminalstrang von Hypodermiszellen umgeben, unter
denen eine einzelne besonders auffällt. Sie liegt auf der distalen Seite
im Porencanal (Fig. 30, 35 mz) und ragt bei Apis aus demselben heraus.
Sie zeichnet sich durch ein feinkörniges Plasma aus und besitzt einen
äusserst chromatinreichen Kern, dessen Lage in den Figuren ange-
geben ist). Schon Hauser hat eine „höchst merkwürdig gestaltete
Zelle“ erwähnt, deren Lage vollkommen mit der in Rede stehenden
Zelle übereinstimmt. Er nennt sie „membranbildende Zelle“, da es
„in der That scheint, als ob sie eine die Spaltöffnung schliessende
Membran erzeugt“. Von den folgenden Autoren ist diese Zelle ent-
weder überhaupt nicht wieder erwähnt worden, oder man hat ihre
Anwesenheit in Abrede gestellt, wie es SCHIEMENZ gethan hat. Ich
vermag mich der Hauser’schen Ansicht, dass besagte Zelle die Mem-
bran ausscheide, vollkommen anzuschliessen. Durch Combination der
Befunde an den Puppen von Apis (Fig. 35, 36) und an den ausge-
bildeten Individuen von Vespa (Fig. 30) lassen sich die Veränderungen
im Porencanal der Sensilla placodea folgendermaassen darstellen:
Nachdem die Platte von der erwähnten Zelle ausgeschieden ist, wächst
der Terminalstrang zwischen die im Porencanal gelegenen Hypodermis-
zellen hinein und tritt mit der Membran in Verbindung, und zwar
Anfangs nur an einer Stelle. Indem er sich dann allmählich an die
Platte in ihrer ganzen Ausdehnung anlegt, drängt er die membran-
bildende Zelle, die in den Figg. 35, 36 — wenn ich von der Schrumpfung
absehe — noch vollkommen mit der Platte verwachsen ist, immer mehr
zurück, bis sie nur noch die in Fig. 30 dargestellte Ausdehnung einnimmt.
Sensilla coeloconica. Unter den Hymenopteren sind Gruben-
kegel zuerst bei den Ameisen bekannt geworden. Im Jahre 1859 be-
schrieb Hıcks (in: Trans. Linn. Soc. London) genannte Organe an den
Fühlern von Myrmica rufa. FOREL fand, unabhängig von Hicks,
dieselben Organe gleichfalls bei Ameisen und bei Bienen; er bezeichnete
sie wegen ihrer charakteristischen Gestalt als Champagnerpfropforgane.
Das Vorhandensein von Nerven haben beide Autoren nicht mit Sicher-
heit nachweisen können. Auch KrÄreEuın hat hinzutretende Nerven
1) Man vergleiche den Längsschnitt Fig. 30 mit den der Ober-
fläche parallelen Schnitten Fig. 33 u. 34.
v
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. k
8 Pp y 1%
nicht zu beobachten vermocht. Er fasst die Organe als einfache
Chitingruben auf und reiht sie den „Gruben mit Kegeln“ der übrigen
Insecten an. Unter den folgenden Autoren bestätigen RULAND,
Vom Ratu und NAGEL das Vorkommen der in Rede stehenden Or-
gane an den Hymenopterenantennen. Besonders NAGEL berichtet
bei Vespa crabro über Grubenkegel, die deutliche Nervenendorgane seien.
Meine Untersuchungen an Apis mellifica und Vespa crabro haben
zu demselben Resultat geführt wie die NAGEL’s. Die Sensilla coelo-
conica von Apis sind bisher nicht abgebildet worden. Fig. 40 stellt
ein solches Organ dar. Wie aus derselben ersichtlich, erinnert das
ganze Gebilde auffallend an einen Champagnerpfropfen. Aus dem
Grunde der Grube erhebt sich ein spitzer Kegel, dessen Chitinwand
an der Basis relativ dick ist, die aber nach der Spitze zu allmählich
dünner wird, wie die Abbildung deutlich zeigt. Der zugehörige Nerven-
endapparat unterscheidet sich in nichts von dem anderer Sinneskegel.
— Fig. 29 stellt ein Sensillum coeloconicum von Vespa crabro dar.
Im Princip ist es genau so gebaut wie das von Apis.
Sensilla ampullacea. Die als „Forer’sche Flaschen‘ be-
kannten Organe sind von sämmtlichen Autoren im Zusammenhang mit
den Sensilla coeloconica besprochen worden. Es hat dies seinen Grund
wohl darin, dass beide Organformen eine grosse morphologische Aehn-
lichkeit haben, wie ein Vergleich der Figg. 29, 31 und 38, 40 zeigt.
Eine Anzahl der Autoren hat von dieser morphologischen Aehnlichkeit
auf eine physiologische Gleichwerthigkeit geschlossen, so z. B. Hıcks
und FOREL, die Entdecker der S. ampullacea, und vor allem RULAND.
Genannte Autoren beschreiben die in Rede stehenden Organe als im
Innern der Antenne gelegene Chitintuben, die sich zu einem zarten
Canal verjüngen, an der Oberfläche des Fühlers bläschenartig erweitert
münden und die wahrscheinlich an der Basis mit einem Nerven in
Verbindung stehen. KRÂPELIN sieht die Forer’schen Flaschen als
Drüsenorgane an, da er unterhalb derselben mehrfach eine blass con-
turirte Masse von drüsiger Natur gefunden hat. Rutanp schliesst sich
in seinen Angaben den Forkr’schen an; er hat in allen Fällen Nerven-
fasern zu dem im Grunde des Organs befindlichen Kegel treten sehen,
dessen Spitze er übrigens durchbohrt gefunden hat. Die übrigen
Autoren — wie Vom Ratu und NAGEL — schliessen sich der KRÂPE-
rın’ schen Ansicht an, indem sie den Organen jegliche Sinnesfunction
absprechen.
Meine eignen Befunde zeigen in Bezug auf die chitinösen Gebilde
keine principiellen Unterschiede von denen der ältern Autoren. Die
604 OTTO SCHENK,
Sensilla ampullacea von Apis und Vespa unterscheiden sich von denen
der Ameisen vielmehr nur durch ihre Kiirze. Hervorheben will ich
besonders, dass auch an der Spitze dieser Haare Oeffnungen nicht
vorhanden sind, wie RuLAnp durch Auskochen der Organe in Kali-
lauge nachgewiesen haben will. Von den Grubenkegeln unterscheiden
sich die besagten Organe, abgesehen von der Länge, noch dadurch,
dass das Chitin der Haare gleichmässig dick ist. — Ueber die Structur
des darunter liegenden Gewebes haben mir vor allem die Präparate
von Vespa crabro Aufschluss gegeben. Die Zellen dieses Gewebes
unterscheiden sich, wie Fig. 31 zeigt, vor allem durch die Grösse von
den Sinneszellen. Drüsiger Natur scheinen sie nicht zu sein, wie es
KRAPELIN annimmt. Ich vermuthe vielmehr, dass es sich um eine
andere Ausbildung von Sinneszellen handelt, die durch Functions-
wechsel der Organe aus andern Zellen sich umgebildet haben. Hierfür
spricht nicht nur die Anordnung der Zellen, als vielmehr der Umstand,
dass ich an manchen Stellen deutlich einen Terminalstrang in die Or-
gane habe eintreten sehen (Fig. 38).
Sensilla trichodea (varia). In den Figg. 35 u. 39 sind zwei
verschiedene haarartige Sinnesorgane von Apis mellifica abgebildet.
Es sind hohle Gebilde, die aus mehr oder weniger dickem Chitin be-
stehen. An der Spitze sind sie bald etwas abgerundet, bald sind sie
spitz ausgezogen und erinnern dann an die Sensilla chaetica der Lepi-
dopteren. An ihrer Basis stehen sie mit einem Terminalstrang in
Verbindung.
III. Die physiologische Funetion der Hautsinnesorgane
der untersuchten Hymenopteren.
Sensilla placodea. Ueber die Function der Porenplatten
gehen die Ansichten der Autoren aus einander. Ein Theil derselben
nimmt für sie die Riechfunction in Anspruch, ein anderer weist sie der
Gehörfunction zu. Ich führe zunächst die Ansicht einiger Autoren
und deren Begründung an.
H. MULLER schreibt: „Für die Deutung dieser zweiten Art von Sinnes-
organen |gemeint sind die Porenplatten| scheint mir der Gebrauch, welchen
manche andere Insecten, die ebensolche Organe in ausgeprägtester
Form besitzen, in unzweideutiger Weise von ihren Fühlern machen,
entscheidend zu sein; ich meine namentlich die mistfressenden Lamelli-
Cornia . ee Wenn in diesem Falle die Lebensverrichtungen
der Thiere kaum einen Zweifel übrig lassen, dass sie sich der in
Frage stehenden Organe zum Riechen bedienen, so können auch die
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 605
ebenso beschaffenen Organe der Bienenfühler nur als Riechorgan ge-
deutet werden.“
KRÂPELIN berichtet: „Die Annahme, dass es sich hier vielleicht
um ein Gehörorgan handle, scheint mir aus verschiedenen Gründen
sehr wenig Wahrscheinlichkeit zu haben, so dass ich lieber .....
jene Endplatte als modificirte Nervensubstanz selbst auffassen und
den ganzen Apparat der Geruchswahrnehmung zuweisen möchte.“
Bei Vom Rata findet sich eine ähnliche Stelle: „Es ist nach den
morphologischen Befunden nicht unmöglich, die Membrancanäle als
Gehörorgane aufzufassen, da die Membran durch Schallwellen in
Schwingungen versetzt werden könnte; aber in Anbetracht, dass eine
Gehôrfunction der Antenne nicht nachgewiesen wurde, ist es wahr-
scheinlicher, dass die Membrancanäle der Perception bestimmter
Gerüche dienen oder eine unbekannte Function erfüllen.“
RuLAND hält die Porenplatten für Gehörgane. „Die Form und
namentlich die Befestigung jener Platten ist für Vibrationsbewegungen
in hohem Maasse zweckentsprechend. Denken wir uns dazu noch den
bei Vespa von mir deutlich gesehenen Hohlraum zwischen Porenplatte
und der den Porenkanal ausfüllenden Substanz mit Flüssigkeit gefüllt,
in welche etwa ein aufsteigender Nerv mit feinster Spitze endigte, so
müssen wir zugeben, dass die Deutung als Gehörorgane mindestens
eine grosse Wahrscheinlichkeit besitzt.“
NAGEL äussert folgende Ansicht: „Da bei manchen nachweisbar
fein riechenden Hymenopteren die Porenplatten die einzigen einiger-
maassen zahlreichen Antennalorgane sind, müssen sie für Riechwerk-
zeuge gelten. Sie besitzen aber sicher auch eine andere uns un-
bekannte Function neben der Riechfunction: dieselbe tritt bei den
Ichneumoniden sehr zurück, gewinnt bei den Vespiden an Bedeutung
und erfährt eine enorme Entwicklung bei den Apiden. Dies zeigt sich
darin, dass die bei Ichneumoniden zarte Membran bei den Vespiden
in der Mitte eine charakteristische Anschwellung trägt, bei den Apiden
aber zu einer soliden dicken Platte wird, die den Gedanken an ein
Riechorgan nicht leicht aufkommen lässt. Hörorgane, für die sie
mehrfach gehalten worden sind, können diese Organe bestimmt nicht
sein, und so ist ihre Function noch ziemlich dunkel; so viel scheint
mir sicher, dass ihr adäquater Reiz ein mechanischer ist.“
Keiner von diesen Ansichten vermag ich mich vollkommen an-
zuschliessen. Dass MürLer’s Beweisführung auf schwachen Füssen
ruht, zeigt eine genaue Untersuchung der anatomischen Verhältnisse.
MÜLLER hat irrthümlicher Weise die Porenplatten der Apiden mit
606 OTTO SCHENK,
den Gruben der Lamellicornier homologisirt und aus dem gleichen
Bau auf eine gleiche Function geschlossen. Spätere Autoren haben
deutlich gezeigt, dass die Porenplatten der Hymenopteren nichts mit
den Fühlergruben der Lamellicornier gemein haben, sondern dass sie
als Gebilde sui generis aufzufassen sind (KRÂPELIN). Dieser Um-
stand schon lässt die Richtigkeit des Müruer’schen Schlusses auf
eine gleiche Function sehr zweifelhaft erscheinen. — Merkwürdig ist
es, dass auch KrÄrELIN die Porenplatten der Apiden der Geruchs-
wahrnehmung zuweist; denn obwohl ihm die geringe Ausbildung des
Geruchsvermögens dieser Thiere bekannt ist, die mit der enormen Zahl
der Organe in Widerspruch steht, kommt er doch zu jenem Schluss.
In seinem kritischen Theil sagt er nämlich bei Besprechung der
Hauser’schen Arbeit: „Die 2—5000, wenn auch noch so langen
‚Geruchsgruben‘ an dem Fühler einer Schlupfwespe sind gegen die
14000 Gruben und 700 Kegel von Vespa crabro, die 20000 Gruben
der notorisch schlecht riechenden Honigbiene oder die
2000 Kegel von Sirex gigas schon ein recht übles Ding.“ — Da Vom
Ratu sich nicht für eine bestimmte Function äussert, so wende ich
mich sogleich zu RuLAND’s Ansicht von einer Gehörfunction, die sich,
wie erwähnt, darauf stützt, dass zwischen Porenplatte und der den
Porencanal ausfüllenden Substanz ein Hohlraum bestehe. Ganz ab-
gesehen davon, dass ein Hohlraum überhaupt nicht existirt, sondern
dass er vielmehr, wie ich im vorigen Abschnitt erwähnt habe, auf
Schrumpfung beruht, ist auch an und für sich eine Gehörfunction
nicht gut denkbar. Schon NAGEL hat RuLAND’s Auffassung widerlegt,
indem er sagt: „Wäre ein Hohlraum vorhanden, so wäre die Gegen-
wart von Flüssigkeit das sicherste Mittel, etwaige Schwingungen der
Membran zu hindern. Es handelt sich ja nicht um die Fortpflanzung
eines Stosses durch einen Raum, an dessen anderm Ende eine
Membran Ausweichen des Inhalts gestattet, wie im menschlichen
Labyrinth. Wohin sollte im Porenkanal Ausweichen erfolgen? Ich
halte die Deutung der Porenplatten als Hörorgane für unmöglich.“
Nach Anführung der Nager’schen Begründung würde es überflüssig
sein, eine weitere Widerlegung zu versuchen, wäre nicht vor kurzer
Zeit eine Arbeit erschienen, die principiell ebenso gebauten Organen
eine Hörfunction vindicirt hätte. Ich meine eine Arbeit GUNTHER’s:
Ueber Nervenendigungen auf dem Schmetterlingsflügel. Der Verfasser
beschreibt in derselben sog. „Sinneskuppeln“, Organe, die „aus einem
dunklen Chitinring und einer sich darüber wölbenden, zarten Chitin-
kuppel“ bestehen. GÜNTHER identificirt diese Gebilde mit den Membran-
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 607
canilent) Vom Raræs und nimmt für sie Hôrfunction in Anspruch;
denn da „der nervöse Fortsatz der Sinneszelle so dicht an die Kuppel
anstösst, müsste schon die geringste Erschütterung der Kuppel auf
ihn einwirken und auf diese Weise den Nerven reizen. Auch erhält
der feste Chitinring die zarte Kuppel immer in der gehörigen Spannung.“
Wie aus der Nager’schen Begründung ersichtlich, kann durch solch
ein Organ nie eine Gehörempfindung zu Stande kommen. Denn die
anhaftenden Gewebestücke würden das Entstehen eines Tones ver-
hindern, da ja ein Schwingen der Membran ein wechselweises Dehnen
und Zusammendrücken des Gewebes im Gefolge haben müsste.
NAGEL ist zu der Ueberzeugung gekommen, dass die Sensilla
placodea nicht nur als Geruchsorgane zu deuten sind, sondern dass
sie noch der Perception anderer Reize, wahrscheinlich mechanischer,
dienen. Er fasst sie also als Wechselsinnesorganne auf und spricht
somit auch den Porenplatten der Apiden und Vespiden die Perception
von Geruchsreizen nicht ab. Was diese Auffassung der Porenplatten
als Wechselsinnesorgane anbetrifft, so scheint es mir schon aus rein
theoretischen Gründen gewagt, einem Sinnesorgan zwei adäquate
Reizgattungen zuzuweisen, die gar nicht mit einander verwandt sind.
Geschmacks- und Geruchsreize können wohl eher von einem Organ
percipirt werden, aber chemische und mechanische ?
Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Sensilla placodea sicher-
lich keine Gehörorgane sind. Die für eine Riechfunction angeführten
Beweise sind auch nicht einwurfsfrei, wie oben gezeigt wurde. Ins-
besondere scheinen mir die recht beträchtliche Dicke der chitinösen
Platte und das auffallende Missverhältniss, das zwischen der grossen
Zahl der Organe und der erfahrungsgemäss geringen Geruchsschärfe
der Bienen besteht, gegen diese Deutung zu sprechen. Möglich ist
es ja, dass die ursprüngliche Reizform chemischer Natur gewesen ist,
-wie es noch heute, nach Angabe der Autoren, bei einem Theile der
Hymenopteren der Fall ist, und dass nur bei den Vespiden und den
Apiden, die von den Grabwespen abstammen, ein Functionswechsel
sich vollzogen hat. Welcher Art diese neue Reizform ist, lässt sich
jedoch nur annähernd feststellen. Sicherlich ist es eine mechanische,
denn hierauf weist der Bau der Organe hin. Die Biologie lässt uns
hier leider ganz und gar im Stich; denn das Leben der trägen
Drohnen, bei denen die in Rede stehenden Organe in ganz enormer
1) Vom Rarx hat den Ausdruck „Membrancanal“ für die Sensilla
placodea eingeführt.
608 OTTO SCHENK,
Zahl ausgebildet sind, wird nur schwerlich zur Lösung der Frage
beitragen. NAGEL hat die Möglichkeit ausgesprochen, dass „der Druck
der Luft bei der Bewegung der letzteren oder der Fühler der adäquate
Reiz der Porenplatte sei“, dass ihnen also dieselbe Function zukäme
wie den Sensilla trichodea der Schmetterlinge. In wie fern aber
gerade eine Kenntniss dieser Vorgänge für die Drohnen von Wichtig-
keit ist, die die Stöcke fast nie verlassen, ist schwer einzusehen. —
Trotzdem scheint die Ansicht, dass die Porenplatten Druckpunkte
darstellen, durch eine biologische Thatsache gestützt zu werden, die
ich wiederholt zu beobachten Gelegenheit hatte. Ist z. B. eine Biene
oder eine Wespe in einem Zimmer eingeschlossen und fliegt sie, einen
Ausgang suchend, an den verschlossenen Fenstern umher, so stösst
sie nie mit ihrem Körper an die Scheiben, wie man es z. B. bei den
Fliegen beobachten kann. Es ist nun sehr wohl denkbar, dass die
Sensilla placodea die Thiere von der Anwesenheit der Fensterscheibe
in Kenntniss setzen, indem die Luft, die das Thier verdrängen muss,
an den Scheiben comprimirt wird und so auf die Porenplatten ein-
wirkt. Dass eine solche Einrichtung für die in dunklen Höhlen leben-
den Thiere von hoher Bedeutung ist, leuchtet ohne weiteres ein.
Sensillabasiconica. Die Kegel sind von sämmtlichen Autoren,
mit Ausnahme von SCHIEMENZ, als Geruchsorgane anerkannt worden.
SCHIEMENZ deutet sie als Tastorgane, augenscheinlich, weil sie an der
Spitze geschlossen sind. Der Bau der Sensilla basiconica spricht
jedoch entschieden gegen SCHIEMENZ’s Annahme; denn solch eine
dünne Membran, wie sie die Spitze der genannten Sensillen überzieht,
würde für ein Tastorgan sehr unzweckmässig sein, da sie schwerlich
den von aussen auftreffenden mechanischen Reizen lange Widerstand
leisten würden. Uebrigens werden auch die Kegel in der Regel durch
überragende Haare gegen mechanische Einwirkungen geschützt. Dass
aber die dünne Chitinmembran dem Eindringen von Gasen keine
Hindernisse bietet, sondern vielmehr eine augenblickliche Diffusion
ermöglicht, ist schon an mehreren Stellen betont worden.
Dass die Männchen der Apiden keine Sensilla basiconica besitzen,
spricht nicht gegen eine Deutung genannter Organe als Geruchsorgane;
denn 1) findet sich an ihren Antennen (ebenso wie bei den 2 und 9)
noch eine andere Organform, die sicherlich Riechreize percipirt, und
2) scheint beim Aufsuchen des Weibchens der Geruchssinn erst in
zweiter Linie in Betracht zu kommen, indem dem Gesichtssinn die
Hauptrolle zufallt. Dass der Geruchssinn bei den Hymenopteren in
dieser Beziehung nicht dieselbe Rolle spielt wie bei den Lepidopteren,
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 609
speciell bei den von mir untersuchten Arten, darf nicht Wunder
nehmen, da eben die Lebens- und Existenzbedingungen in beiden
Fällen ganz verschieden sind. Die Weibchen der solitären und die
Arbeiter der socialen Hymenopteren bedürfen aber zur Ausführung
der mannigfachen Arbeiten eines ausgezeichneten Riechorgans; und so
bedienen sich denn die Bienen der Kegel zur Perception von Gerüchen
in der Nähe. Der Arbeit v. BuUTTEL-REEPEN’s entnehme ich ein
Beispiel, das die hohe Bedeutung der Sensilla basiconica illustrirt,
das zugleich aber auch zeigt, dass beim fliegenden Thier der Ge-
sichtssinn die führende Rolle spielt. „Während unter den gewöhn-
lichen Verhältnissen der Gesichtssinn der Biene allein zum Auffinden
ihres Heims genügt, bedarf sie unter folgenden Umständen auch noch
des Geruchssinns. Lässt man sich ein Volk aus einem andern Flug-
kreis kommen und öffnet nach der Aufstellung den Fluglochschieber,
so werden die abfliegenden Bienen ohne weitere Orientirung davon
eilen, da sie natürlich von der Veränderung ihres Standorts nichts
wissen können und sich in bekannter Gegend wähnen . . . .. Nach
meinen Beobachtungen finden auch solche ohne Orientirung Abgeflogene
oft in überraschend kurzer Zeit wieder zurück ..... Steht der
neu herbeigeschaffte Stock zwischen andern, gleichartig ausschauenden,
so tritt... . bei den wieder zurück Gefundenen ‚ein Tasten mit dem
Geruchssinn ein, das sich bis auf die Nachbarstöcke erstreckt‘. Dieses
Einfinden mittels des Geruchs ist eine auffällige und leicht zu be-
obachtende Erscheinung.“
Sensilla coeloconica. Ueber die Function der Champagner-
pfropforgane sprechen sich nur wenige Autoren mit Bestimmtheit aus.
Es kommt dies daher, weil die Untersucher einen Zusammenhang mit
Nerven entweder überhaupt nicht oder doch nur undeutlich nachzu-
weisen vermocht haben. FOREL möchte die Organe wohl als Sinnes-
organe, doch nicht als Riechorgane angesehen wissen. HAUSER hält
sie für Geruchsorgane, da sie „wahrscheinlich ein Riechstäbchen ent-
halten“. Derselben Ansicht scheint KRAPELIN zu sein, der diese Sensillen
den „Gruben mit Kegeln‘ anderer Insecten anreiht. RULAND spricht sich
mit aller Entschiedenheit für eine Riechfunction aus. Maassgebend ist für
ihn besonders der Umstand, dass die Organe an der Spitze durch-
bohrt seien; daher seien „genannte Organe mindestens ebenso sicher
als Geruchsorgane zu deuten wie die Kegel und einfachen Gruben“.
ForEL scheint diese Arbeit RULAND’s übersehen zu haben; denn, ob-
gleich letzterer das Vorhandensein von Champagnerpfropfen an den
Fühlern von Vespa nachgewiesen hat, findet sich noch in dem letzten
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 39
610 OTTO SCHENK,
ForEr’schen Vortrag!) die Bemerkung, dass die in Rede stehenden
Organe „in ihrer Bedeutung noch völlig unklar, jedoch ohne Bezug
zum Geruchssinn“ seien, „da sie bei sehr gut riechenden Insecten
(Vespiden) fehlen und bei stumpf riechenden (Bienen) massenhaft vor-
kommen“.
Was zunächst den Bau der Sensilla coeloconica betrifft, so spricht
derselbe in keiner Weise gegen die Annahme, dass diese Sensillen
Riechorgane seien. Die Gründe hierfür sind dieselben, wie sie bereits
wiederholt angegeben wurden. Dass die Unterschiede zwischen Männ-
chen und Weibchen so gering sind, spricht auch nicht dagegen, ebenso
wenig wie die geringe Zahl der Organe; denn wiederholte Beobach-
tungen haben, wie bereits erwähnt, gezeigt, dass für das fliegende Thier
der Gesichtssinn eine höhere Bedeutung hat als der Geruchssinn. So
werden z. B. die Blumen von den Bienen nach der Farbe unter-
schieden, und erst wenn sie in die Nähe der Blumen gekommen sind,
sagt ihnen der Geruchssinn, ob die Blumen Nektar enthalten oder
nicht. — Dass Forer’s Einwand nicht stichhaltig ist, sondern auf
einem Irrthum beruht, haben also meine Untersuchungen von Neuem
gezeigt, die zu dem Resultat geführt haben, dass auch bei den
Vespiden Sensilla coeloconica (Fig. 29) vorhanden sind. Der ausge-
zeichnete Geruchssinn der Vespiden wird allerdings durch die Sensilla
basiconica bedingt, die an den Antennen derselben in enormer Zahl
entwickelt sind; dies ist aber keineswegs ein Grund, den Gruben-
kegeln diese Function abzusprechen.
Sensilla ampullacea. Ueber die Function der FOREL’schen
Flaschen gehen die Ansichten der Autoren weit aus einander. Während
Hıcks die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen hält, dass es Hörorgane
seien, nimmt FOREL zu ihnen dieselbe unentschiedene Stellung ein
wie zu den Sensilla coeloconica. KRÄPELIN sieht die Flaschen als
Drüsenorgane an, wohingegen SCHIEMENZ und RULAND sie für Ge-
ruchswerkzeuge halten, SCHIEMENz deshalb, weil „sie zum Tasten un-
tauglich und beim Männchen stärker als beim Weibchen entwickelt
sind“, RuLAND aus demselben Grunde, der auch bei der vorigen
Organform für ihn bestimmend war. LuBBock betrachtet die Organe
als „microscopie stethoscops“, und auch NAGEL theilt die Ansicht,
dass man die Flaschen als Hörorgane ansehen könne, wenn man Be-
ziehungen zu Nerven gefunden hätte.
Die Ansicht, dass die Sensilla ampullacea Hörorgane seien, scheint
1) Litteraturverzeichniss No. 7.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren and Hymenopteren. 611
mir die grésste Wahrscheinlichkeit zu haben. Zur Stiitze dieser Auf-
fassung führe ich Folgendes an: Der Bau der Forrr’schen Flaschen
entspricht vollkommen den Anforderungen, die wir an ein Hörorgan
bei den Insecten stellen müssen. Was zunächst das Chitingebilde
selbst anbetrifft, so hat man zwar betont, dass die Insecten nicht
eines so complicirt gebauten Apparats bedürfen, dass vielmehr schon
ein jedes beliebiges Sinneshaar die Hörfunction übernehmen könne.
Dem ist jedoch nicht so. Vor Allem muss ein Hörhaar gegen
mechanische Insulte geschützt sein, denn ein jedes dieser Organe ist
so zu sagen für einen bestimmten Ton abgestimmt. Wird nun z. B.
ein solches Haar durch Abstossen gekürzt, so vermag es den üblichen
Ton nicht mehr zu percipiren — sondern einen höhern, der vielleicht
für das Thier gar keine biologische Bedeutung hat —; in Folge dessen
ist auch das ganze Haar für das Thier nutzlos geworden. Und so
ist denn in der Verlagerung genannter Organe in das Innere der
Antenne nur eine Stütze für die Auffassung zu finden, dass sie Hör-
organe sind. — Wie es sich mit dem Nervenendapparat verhält, habe
ich schon im vorigen Abschnitt erwähnt.
Dass genannte Sensillen an den Antennen der beiden Geschlechter
keine auffallenden Unterschiede in der Zahl zeigen, ist ein Beweis
dafür, dass das Hörvermögen für beide Geschlechter eine gleich hohe
Bedeutung hat. Es kommen natürlich nur solche Töne in Betracht,
die für die Thiere von biologischem Interesse sind. Bei Apis mellifica
unterscheidet v. BUTTEL-REEPEN z. B. einen Heulton, Sterzelton,
Schwarmton u. s. w.)).
1) Da von einigen Autoren das Mittheilungsvermögen durch Töne
bei Bienen etc. geleugnet wird — wie z. B. von LusBock — so führe
ich eine Stelle aus einer Arbeit v. BurrteL-Rerren’s an, die zugleich
zeigt, dass in gewissen Fällen der Gehörsinn eine wichtigere Rolle
spielt als der Geruchssinn: „Entweiselt man z. B. ein sehr starkes
Volk, das 50—60000 Bienen und mehr enthält, so geht... . eine
auffällige Veränderung vor sich, die sog. ‚Weiselunruhe‘ bricht aus.
Der behaglich summende Ton eines Volkes verwandelt sich in einen
tiefern, langgezogenen, klagenden. Die Bienen heulen, wie der Imker
BERLIN, Befindet sich das Volk in stärkster Aufregung, so schiebe
man den Weiselkäfig mit der Königin oben in den Honigraum einer
von hinten zu öffnenden Wohnung und beachte dann schnell das Ver-
halten der Bienen an dem am entgegengesetzten Ende des Stockes unten
im Brutraum befindlichen Flugloch. Fast in demselben Augenblick
wird man eine Aenderung in dem Benehmen der unruhig suchenden
Bienen wahrnehmen; sowie der Heulton im Stocke verstummt, ziehen
die aussen an der Stockwand beim Flugloch Umherirrenden sterzelnd
39*
612 OTTO SCHENK,
Sensilla trichodea (varia). Die verschiedenen haarartigen
Sinnesorgane stehen siimmtlich im Dienste des Tastsinns. Für diese
Function spricht nicht nur der Bau der Organe, sondern vor Allem
der Umstand, dass sie bei manchen Species — wie z. B. bei Apis —
im weiblichen Geschlecht bedeutend besser entwickelt sind.
Zusammenfassung.
Fasse ich zum Schluss die Resultate meiner Betrachtungen noch
einmal kurz zusammen, so ergiebt sich:
1) Die Entwicklung der Antennen steht in inniger Beziehung zur
Ausbildung gewisser Sinnesorgane.
2) Für die Grösse der Functionsfähigkeit eines Fühlers ist nicht
nur die Zahl, sondern auch die Vertheilung der Sinnesorgane auf dem-
selben maassgebend.
3) Bei den von mir untersuchten Schmetterlingen und Hymeno-
pteren konnte über die Function der antennalen Hautsinnesorgane
Folgendes festgestellt werden:
a) Lepidoptera:
a) Die Sensilla coeloconica oder Grubenkegel sind als
Geruchsorgane zu deuten, da sie bei den Männchen derjenigen Arten
ihre grösste zahlenmässige Ausbildung und die günstigste Vertheilung
an der Antenne zeigen, bei welchen die Lebensweise eine derartige
in den Stock hinein. Von einer Geruchswirkung kann hier absolut nicht
die Rede sein, da der Geruch der Königin in einem so stark besetzten
Stock durch den fast ganz vom Brutraum abgetrennten Honigraum
bis zum Flugloch nicht in dem Moment dringen kann. Sollte auf den
ungemein weit sich verbreitenden Geruch der Insectenweibchen hin-
gewiesen werden, wie er z. B. bei einigen Schmetterlingen (Sphingiden
etc.) zu Tage tritt, so verweise ich auf das Hineinhalten und Nicht-
beachten einer gefangenen Königin in den Schwarmtumult . ... Es
unterliegt für mich daher nicht dem geringsten Zweifel, dass die Bienen
sich durch Töne mit einander verständigen. Der Ton der ‚Freude‘ lockt
die Genossen an oder beruhigt sie, der heulende Klageton bringt das
Volk in Aufregung, er schwindet sofort, wenn die Königin zurückgegeben
wird .... Wir müssen daher den Bienen ein Mittheilungsvermögen
durch Töne zugestehen, also Gehörsvermögen und Tonempfindung. Jede
einzelne Biene hat den Instinct, wenn sie von andern Bienen den Ton
der Weiselunruhe hört, selbst alsbald auch in diesen Ton zu verfallen.
Wenn also von einigen Bienen das Fehlen der Königin bemerkt wird,
so pflanzt sich die Weiselunruhe sehr rasch durch den ganzen Stock
hindurch fort . . .“
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 613
ist, dass die Männchen die Weibchen nach dem Geruch auffinden
müssen.
6) Die Sensilla styloconica oder Endzapfen sind gleichfalls
Geruchswerkzeuge. Sie spielen vor allem eine Rolle bei dem ruhig
sitzenden Thier, bei dem die Sensilla coeloconica in Folge Mangels
der Bewegung nicht in der genügenden Weise mit den in der Luft
suspendirten Riechstoffpartikeln in Berührung kommen.
y) Die Ausbildung der Sensilla trichodea oder haarartigen
Sinnesorgane steht in Correlation mit der Bewegungsfähigkeit der
Thiere, in so fern als sie bei den äusserst lebhaften Männchen der
untersuchten Arten vorzüglich entwickelt sind, bei den ruhig sitzenden
oder nur wenig beweglichen Weibchen dagegen fast ganz rückgebildet
sind. Sie bringen dem Thier eine Empfindung von der Bewegungs-
grösse der Luft oder ihrer selbst bei.
0) Die Sensilla chaetica oder borstenartigen Sinnesorgane und
die Sensilla basiconica percipiren sonstige mechanische Reize.
b) Hymenoptera.
a) Die Sensilla placodea oder Porenplatten der Apiden und
Vespiden sind schwerlich als Geruchswerkzeuge aufzufassen (vergl.
S. 604 u. f.). Der anatomische Bau dieser Sensillen weist vielmehr auf
eine mechanische Function hin, die vermuthlich mit der der Sensilla
trichodea der Lepidopteren identisch ist. Der ausgezeichnete Geruchs-
sinn der Vespiden wird durch die Sensilla basiconica bedingt.
ß) Die Sensilla coeloconica oder Champagnerpfropforgane
und die Sensilla basiconica oder flächenständigen Kegel theilen sich in
derselben Weise in die Function des Geruchssinns, wie die Sensilla
coeloconica und die Sensilla styloconica der Lepidopteren. Da aber,
wie beobachtet, im Gegensatz zu den Schmetterlingen beim fliegenden
Hymenopter der Gesichtssinn die Hauptrolle spielt, der Geruchssinn
dagegen nur von untergeordneter Bedeutung ist, so sind die Sensilla
coeloconica nur in relativ geringer Zahl ausgebildet. Die beim sitzen-
den Thier wirkenden Sensilla basiconica sind von besonderer Wichtig-
keit für die Weibchen und die Arbeiterinnen. Den Männchen fehlen
sie daher entweder ganz (Apiden) oder sind bei ihnen nur in geringer
Zahl ausgebildet (Vespiden).
y) Die Sensilla ampullacea oder Forer’schen Flaschen sind
vermuthlich Hérorgane. Wie aus dem Bau des Nervenapparats her-
vorgeht, sind sie wahrscheinlich durch Functionswechsel aus andern
614 OTTO SCHENK,
Organen hervorgegangen. Der Bau der Organe und ihre Vertheilung
auf die beiden Geschlechter sprechen nicht gegen eine solche Deutung.
Dass die Hymenopteren in der That ein Mittheilungsvermögen durch
Töne besitzen, das ihnen sehr viele Autoren vollkommen abgesprochen
haben, hat v. BUTTEL-REEPEN für Apis mellifica deutlich bewiesen,
0) Die Sensilla trichodea (varia) dienen der Perception der
verschiedenen mechanischen Reize.
Es sei mir zum Schluss gestattet, meinem hochverehrten Lehrer
Herrn Professor Dr. H. E. ZIEGLER für die Anregung und Unter-
stützung, die er mir bei dieser Arbeit zu Theil werden liess, meinen
innigsten Dank auszusprechen. Ferner bin ich Herrn HEINRICH FRIESE
für seine freundliche Anleitung bei der Bestimmung der Hymenopteren
sowie Herrn Dr. von BUTTEL-REEPEN für Ueberlassung von conser-
virtem Material zu herzlichem Dank verpflichtet.
Jena, Zoologisches Institut, Februar 1902.
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren. 615
Literaturverzeichniss.
1) Azrum, Forstzoologie, Theil 3, Berlin 1881.
2) v. Burrer-Reepen, Sind die Bienen Reflexmaschinen? Leipzig 1900
(auch in: Biol. Ctrbl., V. 20).
3) Darwın, Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche
Zuchtwahl. Uebersetzt von J. V. Carus, 5. Aufl., Stuttgart 1899.
4) Ericuson, Dissertatio de fabrica et usu antennarum in insectis,
Autorreferat, in: Arch. Naturg., V. 14, 1848.
5) Forez, Les fourmis de la Suisse, Bâle 1874.
6) —, Expériences et remarques critiques sur les sensations des In-
sectes, in: Rec. zool. Suisse, V: 4, No. 1 et 2, 1886/87.
7) —, Die psychischen Fahigkeiten der Ameisen und einiger anderer
Insecten; mit einem Anhang über die Eigenthümlichkeiten des
Geruchsinnes bei jenen Thieren. Vortr. 5. intern. Zool.-Congr.
Berlin 1901.
8) Friese, Beiträge zur Biologie der solitären Blumenwespen, in: Zool.
Jahrb., V. 5, Syst.
9) GüntHER, Ueber Nervenendigungen auf dem Schmetterlingsflügel,
Inaug.-Diss., in: Zool. Jahrb., V. 14, Anat., 1901.
10) Hauser, Physiologische und histologische Untersuchungen über die
Geruchsorgane der Insecten, in: Z. wiss. Zool., V. 34, 1880.
11) Jäger, Ueber die Bedeutung des Geschmacks- und Geruchstoffes,
ibid. V. 21, 1876:
12) KräPerin, Ueber die Geruchsorgane der Gliederthiere, Hamburg
1883. |
13) Lespës, Mémoire sur l’appareil auditif des insectes, in: Ann. Sc.
nat., (4) Zool., V. 9, 1858.
14) Lrypic, Geruchs- und Gehörorgane der Krebse und Insecten, in:
Arch. Anat. Physiol., 1860.
15) Lussoox, On the senses, instincts and intellegence of animals with
special reference to Insects, London 1891.
16) Müzcer, Hermann, Anwendung der Darwin’schen Lehre auf Bienen,
Lippstadt 1871.
17) NaGær, Die niedern Sinne der Insecten, Tübingen 1892.
18) —, Vergleichend physiol. und anat. Untersuchungen über den Ge-
ruchs- und Geschmackssinn und ihre Organe, in: Bibl. zool.,
Heft 18, 1894.
616 OTTO SCHENK,
19) RuLanp, Beiträge zur Kenntniss der antennalen Sinnesorgane bei
Insecten, in: Z. wiss. Zool., V. 46, 1888.
20) Souremexz, Ueber das Herkommen des Futtersaftes und die Speichel-
drüsen der Bienen, nebst einem Anhang über das Riechorgan,
ibid., V. 38, 1883.
21) Starpr, Ueber die Function der Antennen bei den Insecten, in:
Froriep, Notizen, V. 3, No. 155, 1848.
22) Vom Raru, Ueber die Hautsinnesorgane der Insecten, in: Z. wiss.
Zool., V. 46, 1888.
23) —, Zur Conservirungstechnik, in: Anat. Anz., V. 11, 1895.
24) —, Zur Kenntniss der Hautsinnesorgane und des sensiblen Nerven-
systems der Arthropoden, in: Z. wiss. Zool. V. 61, 1896.
25) WERNEBURG, Der Schmetterling und sein Leben, Berlin 1874.
Auf die Arbeit von Cuartus Manning CHıLp: Ein bisher wenig
beachtetes antennales Sinnesorgan der Insecten mit besonderer Berück-
sichtigung der Culiciden und Chironomiden, Inaug.-Diss., in: Z. wiss.
Zool., V. 58, 1894 wurde ich erst nachträglich aufmerksam und konnte
sie deshalb nicht mehr berücksichtigen. —
Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hymenopteren.
617
Erklirung der Abbildungen.
Tafel 21
22.
Die Buchstaben haben überall die folgende Bedeutung:
a Sensillum ampullaceum, ForEL-
sche Flasche
af Fiederstummel
b Sensillum basiconicum, Kolben,
Kegel
bz Blutzelle
ch. Chitin
chs Chitinschüppchen
chz Chitinzacken
h Hypodermis
k Sensillum coeloconicum, Gruben-
kegel
kr krystallinische Gebilde
mz membranbildende Zelle
n Nerv
p Porencanal
pl Sensillum placodeum, Porenplatte
(Membrancanal)
ps Porencanal der Schuppen
r Borstenkranz
s Sensillum chaeticum, Sinnesborste
sch Schuppen
st Sensillum styloconicum, Endzapfen
sty Trager des Sensillum styloconicum
sg Sinneszelle
szg Sinneszellengruppe
¢ Terminalstrang
tb Terminalstrang eines Sens. basi-
conicum
tp Terminalstrang eines Sens. placo-
deum
tr Sensillum trichodeum, Sinneshaar.
Tafel 21.
Die Figg. 1—-11 beziehen sich auf Fidonia piniaria.
Fig. 1. Bild der männlichen Antenne. 10: 1.
© Fig. 2. Bild der weiblichen Antenne. 10: 1.
Fig. 3. Fiederchen der männlichen Antenne. 290: 1.
Fig. 4 Längsschnitt durch ein Sens. coeloconicum. 1140: 1.
Fig. 5. „ mehrere Sensilla trichodea. Halb-
schematisch.
Fig. 6. Endglieder der männlichen Antenne, von der ventralen
Fläche gesehen. 290: 1.
Fig. 7. Endglieder der männlichen Antenne, von der dorsalen
Fläche gesehen. 290: 1.
Fig. 8. Endglieder der weiblichen Antenne, von der Seite ge-
sehen. 290: 1.
Fig. 9.
Seite gesehen. 290 : 1.
Fig. 10. Zwei Sensilla styloconica nebst ihrem Trager.
Ein Sensillum chaeticum im Schnitt.
Fig. 11.
Glieder aus der Mitte der weiblichen Antenne, von der
440) 241
440 : 1.
Die Figg. 12—14 beziehen sich auf Orgyia antiqua.
Fig. 12. Bild der männlichen Antenne.
weiblichen
LS: >,
1021.
> LOL
Fig. 14. Endglieder der weiblichen Antenne von der Innenseite
gesehen. 70:1.
618 0. SCHENK, Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und -Hymenopteren.
Die Figg. 15—17 beziehen sich auf Psyche unicolor.
Fig. 15. Bild der männlichen Antenne. 10: 1.
Fig. 16. Spitze eines Fiederchens der männlichen Antenne (bei
hoher Einstellung). 290: 1.
Fig. 17. Spitze eines Fiederchens der männlichen Antenne (bei
tiefer Einstellung). 290: 1.
ate oar
Die Figg. 18—20 beziehen sich auf Orgyia antiqua.
Fig. 18. Spitze eines Fiederchens der männlichen Antenne. 290: 1.
Hie. 19: 4 À a „ weiblichen Antenne, von
aussen gesehen. 290: 1.
Fig. 20. Spitze eines Fiederchens der weiblichen Antenne, von
der Innenseite gesehen. 290: 1.
Die Figg. 21—28 beziehen sich auf Ino pruni.
Fig. 21. Bild der weiblichen Antenne 10:1.
Fig. 22. » » männlichen = 10%
Fig. 23. Sensillum chaeticum. 880: 1.
Fig. 24. Schnitt durch ein Sensillum coeloconicum, var. maj. 1100:1.
Fig. 25. à ñ ; ss 5 var. min. 1100: 1.
Fig. 26. Tangentialschnitt durch die weibliche Antenne. 640: 1.
Fig. 27. Desgl., etwas tiefer. 640: 1.
Fig. 28. Längsschnitt durch die weibliche Antenne. 640: 1.
Die Figg. 29—34 beziehen sich auf Vespa crabro.
Fig. 29. Sensillum coeloconicum der Arbeiterin im Längsschnitt.
1060 : 1.
Fig. 30. Ein Sensillum placodeum und ein Sens. basiconicum der
Arbeiterin im Längsschnitt. 610:1.
Fig. 31. Zwei Sensilla ampullacea der Arbeiterin im Längsschnitt.
610221:
Fig. 32. Ein Sens. placodeum im Querschnitt. Schematisch.
Fig. 33. Tangentialschnitt in der Richtung a—b der Fig.30. 1060: 1.
Fig. 34. h FEN - c—d der Fig. 30. 1060: 1.
Fig. 35—40 beziehen sich auf Apis mellifica.
Fig. 35. Längsschnitt durch ein Sensillum placodeum der 9. 750:1.
Fig. 36. r x - 5 s des g. 750:1.
Fig. 37. er 4 7 à basiconicum. 750:1.
Fig. 38. # as x 2 ampullaceum. 750: 1.
Fig. 39. is 4 5 trichodeum. 750:1.
Fig. 40. . ae Ae > coeloconicum. 750:1.
Frommanneche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 2422
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
Beiträge zur Kenntniss der Hautsinnesorgane und des
peripheren Nervensystems der Tiefsee-Decapoden.
Von
Dr. Erich Kotte aus Auersbach i. Voigtl.
(Aus dem Zoologischen Institut der Universität Leipzig.)
Hierzu Tafel 23—27.
Inhaltsübersicht.
I. Einleitung.
II. Beiträge zur Morphologie von Plesionika cottei.
1. Antenne.
2. Antenne.
Die Mandibeln.
1. Maxille.
2. Maxille.
1. Kieferfuss.
2. Kieferfuss.
3. Kieferfuss.
Die 5 Pereiopoden.
Pleopoden und Schwanzflosse.
III. Hautsinnesorgane von Plesionika.
1) Untersuchungsmethode.
2) Organe des Tastsinns.
a) Fiederborsten und ihre Innervirung.
b) Einfache Haare.
3) Organe des Geschmackssinns.
IV. Sinnespinsel an den Rumpffüssen von Nematocarcinus un-
dulatipes.
Literaturverzeichniss.
Erklärung der Abbildungen.
Einleitung.
Seit längerer Zeit beschäftigte ich mich mit dem Studium der
Hautsinnesorgane der Crustaceen. Ich untersuchte zunächst einheimische
Vertreter dieser Thierclasse aus den Gruppen der Copepoden (Cyclops
coronatus), Phyllopoden (Branchipus stagnalis), Cladoceren (Daphnia
pulex), Amphipoden (Gammarus pulex), Isopoden (Asellus aquaticus),
zumeist mit Hülfe der EmurLica’schen Methylenblaumethode. Wenn
Zool. Jahrb, XVII, Abth, f. Morph,
40
620 ERICH KOTTE,
ich sofort eingangsweise diese Versuche erledige, so kann ich dem,
was unter Anwendung dieser und der gewöhnlichen Tinctionsmethoden
bereits in der Literatur bekannt geworden ist, nichts wesentlich Neues
hinzufiigen. Die Behandlung erfolgte in der Weise, dass ich die
lebenden Thiere auf 1—2 Tage in eine schwach gefarbte Methylen-
blaulösung brachte. Ohne Ausnahme ertragen dieselben den Aufent-
halt sehr gut. Hierauf spült man die Thiere in reinem Wasser ab
und kann sie dann bei ihrer zarten Durchsichtigkeit sofort lebend
unter dem Deckglas beobachten. Bei Daphniden erhielt ich pracht-
volle Färbungen des antennalen Sinnesorgans; auch trat die Bauch-
ganglienkette, die sonst nur sehr schwer zur Anschauung gelangt,
immer sehr deutlich hervor. Regelmässig zeigten sich auch die beiden
grossen, auf dem Postabdomen der Daphniden entspringenden Borsten,
deren wahre Natur als Tastorgane früher mehrfach bestritten, aber
bereits von CLAus nachgewiesen wurde, gefärbt. Immer lässt sich
dann der herantretende Nerv, der vor seinem Eintritt in die Borste
zu einem spindelförmigen Ganglion anschwillt, deutlich beobachten,
wie dies bereits von CLAUS beschrieben worden ist‘). :
Mit der Gorcrschen Methode habe ich ebenfalls Versuche ange-
stellt, und zwar wandte ich das rasche, von Ramon Y Cayaz be-
schriebene Verfahren an. Indessen sind meine Versuche bei Gammarus
pulex fast vollkommen fehlgeschlagen. Mag man bei dieser Methode
auch erst nach längerer Erfahrung Aussicht auf gute Erfolge haben,
so will ich doch erwähner, dass auch Vom Rata über Misserfolge bei
diesem Amphipoden klagt, so dass derselbe überhaupt weniger für
diese Behandlung geeignet erscheint.
Meine eigentliche Aufgabe galt der Untersuchung des peripheren
Nervensystems von Tiefseeformen, und zwar interessirten mich jene
merkwürdigen Pinsel von Sinneshaaren, die an den Endgliedern der
letzten Rumpffüsse einiger Nematocarcinus-Arten auftreten und durch
ihre enorme Länge und monströse Entfaltung den Blick auf sich lenken
und lebhaftes Interesse hervorrufen. Vor allem kam es mir darauf
an, den anatomischen Bau derselben, ihre Einlenkung und mögliche
Verbindung mit Muskeln, welche ein Zusammenlegen und Spreizen des
Pinsels veranlassen könnten, sowie den im Propodus des Fusses zu
suchenden Innervationsapparat kennen zu lernen. Bei der Anfertigung
von Schnittserien stellte sich indessen heraus, dass leider die Gewebe
1) Zur Kenntniss der Organisation und des feinern Baues der
Daphniden, in: Z. wiss. Zool., 1876, p. 379.
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 621
so stark macerirt waren, dass eine feinere Untersuchung unmöglich
wurde. Dies blieb um so bedauerlicher, als das Material eigens für
Nervenuntersuchungen mit Osmiumsäure conservirt worden war. Ich
wandte mich daher der Gattung Plesionika zu, von der mir eine
grössere Anzahl wohl erhaltener Exemplare zur Verfügung stand, be-
schränkte mich aber hier nicht auf die zu Pinseln angeordneten Haare,
die in ähnlicher Weise wie bei Nematocarcinus, wenn auch bedeutend
kleiner, am 2. Rumpffuss auftreten, sondern studirte nach und nach
die Innervationsverhältnisse der Tasthaare an sämmtlichen Theilen
des Körpers. Ich fühle mich an dieser Stelle verpflichtet, meinem
hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Caux für die gütige Ueberlassung
des kostbaren, von der deutschen Tiefsee-Expedition gefischten Materials
sowie für die mannigfache Anregung und Unterstützung, durch welche
er meine Arbeit förderte, meinen ergebensten Dank auszusprechen.
Auch Herrn Prof. Dr. Zur STRASSEN und Herrn Privatdocenten
Dr. WOLTEREcK bin ich für mannigfachen Rath zu lebhaftem Dank
verpflichtet.
Bei dem Studium des reichen Haarbesatzes, der sich an den ver-
schiedensten Extremitäten findet, konnte es nicht ausbleiben, dass ich
auf diese selbst und ihre morphologische Ausgestaltung aufmerksam
wurde. Ich werde daher in dem ersten Theil meiner Arbeit die mor-
phologischen Verhältnisse dieser neuen, bis jetzt noch nicht beschrie-
benen Art schildern, beabsichtige indessen nicht, die weitern syste-
matischen Merkmale, welche die vorliegende Gattung und Art aus-
zeichnen, zu besprechen. Bezüglich der genauen Artanalyse, die
wesentlich mit durch die Gestaltung des Cephalothorax, des Rostrums
etc. bestimmt wird, verweise ich hier auf die Darstellung, die Herr
Prof. PFEFFER in Hamburg in seiner in nächster Zeit erscheinenden Be-
arbeitung der von der deutschen Tiefsee-Expedition gefischten Macruren
liefern wird. Der zweite Theil der Arbeit wird dann meinem eigent-
lichen Zweck gewidmet sein.
I. Beiträge zur Morphologie von Plesionika cottei.
Allgemeines.
Die vorliegende Tiefseegarneele gehört der Familie der Pandalidae
und dem Genus Plesionika an. Die Challenger-Expedition hat uns mit
5 Arten dieser Gattung bekannt gemacht!). Die vorliegende Species
1) Spence Barn, 1888, p. 640—650.
40*
622 ERICH KOTTE,
stimmt indessen mit keiner der bekannten Arten vollkommen iiberein
und ist daher als eine neue Art anzusehen. Herr Professor PFEFFER
wird dieselbe als Plesionika cottei beschreiben. In ihrem Gesammt-
habitus steht sie am nächsten der von SPENCE BATE als Plesionika
semilaevis beschriebenen Art. Sie stammt aus dem Indischen Ocean
von der Suaheliküste und wurde auf Station 253 der Deutschen Tief-
see-Expedition aus einer Tiefe von 630 m in zahlreichen Exemplaren
erbeutet.
Die 1. Antennen.
(Fig. 2.)
Bekanntlich kann nach den Untersuchungen von CLaus (1885,
p. 5) und Boas (1883, p. 490 ff.) das 1. Antennenpaar der Decapoden
nicht ohne weiteres auf die Grundform der Crustaceengliedmaasse,
einen 2gliedrigen Stamm, einen in der Fortsetzung desselben gelegenen
5gliedrigen Endopoditen und einen vom 2. Gliede entspringenden
Exopoditen zurückgeführt werden. Die 1. Antennen sind mit andern
Worten den oralen und postoralen Extremitäten nicht homolog, sondern
stellen eine Bildung sui generis dar. Auch im vorliegenden Fall zeigt
die 1. Antenne den für die Malakostraken allgemein geltenden Bau-
plan: sie besteht aus einem 3gliedrigen Schaft und 2 an denselben
sich ansetzenden Geisseln. Das 1. Schaftglied ist das längste und
übertrifft die beiden folgenden Glieder zusammengenommen noch an
Grösse. Auf seiner dorsalen Seite ist es nach aussen zu ausgehöhlt
und bildet so den innern und untern Abschluss der Höhlung, in der
das Auge gelegen ist. An seiner Basis entspringt aussen ein breiter,
lamellöser, zugespitzter Anhang, den SPENCE BATE als Stylocerit be-
zeichnet. Er übertrifft bei Plesionika das 1. Schaftglied noch ein
wenig an Länge und giebt ein gutes Gattungsmerkmal ab, da er bei
dem nächst verwandten Genus Heterocarpus kurz und rudimentär
bleibt. Die beiden folgenden Schaftglieder, ungefähr an Grösse über-
einstimmend, sind walzenrund gestaltet. Die Behaarung des Schaftes
ist sehr reichlich. Der gesammte Innenrand ist mit langen, zweizeilig
gefiederten Haaren ausgestattet, die sich auch noch auf den Anfangs-
theil der Innengeissel fortsetzen; im Uebrigen sind die Glieder mit
kurzen, einfachen Haaren besetzt.
Von den beiden Flagellen ist das äussere etwas höher inserirt.
Sie erreichen bei unserer Art eine beträchtliche Länge, wenn sie auch
durch die Geisseln des 2. Antennenpaars bedeutend übertroffen werden.
So ermittelte ich für ein ausgewachsenes Männchen von 6 cm Körper-
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 623
lange (einschliesslich des Rostrums) die Linge der Innengeissel zu
6 cm, die der Aussengeissel zu 14 cm, während die Geissel der 2. An-
tenne 24 cm mass. Hinweisen möchte ich auf ein Merkmal, was zu-
erst Coun nachdrücklich als für alle Malakostraken geltend hervor-
gehoben hat und das ich auch für die vorliegende Art bestätigen
kann: das Fehlen von Muskeln in den Flagellen. Die zur Bewegung
der Geisseln dienenden Muskeln durchsetzen fast das ganze 3. Schaft-
glied und greifen mit ihren distalen Enden an der Basis der Geisseln
an. An der Basis der Aussengeissel sind 2 Muskeln nachweisbar, ein
stärkerer, der das 3. Schaftglied quer durchsetzt und durch dessen
Contraction die nach aussen gewendete Geissel medianwärts gezogen
wird, während ein schwächer entwickelter die entgegengesetzte Be-
wegung vermittelt. An der Basis der Innengeissel findet sich nur ein
Muskel. Er greift derart an, dass bei seiner Contraction die Innen-
geissel sich der äussern anzuschmiegen vermag.
Erhöhtes Interesse beansprucht nun vor allem die Aussengeissel,
da sie, wie ganz allgemein bei den Decapoden, auch bei unserer Species
der Sitz von eigenthümlichen Sinnesorganen ist. Ihre genauere Schil-
derung werde ich im zweiten Teil geben.
Die 2. Antennen.
(Fig. 3.)
Die 2. Antennen bauen sich aus einem 4gliedrigen Schaft, einer
an denselben sich ansetzenden Geissel, die somit dem distalen Ende
des Endopoditen entspricht, und der Fühlerschuppe auf, welch letztere
vom 2. Schaftglied entspringt. Das 1. Schaftglied weist auf seiner
Innenseite, etwas dorsalwärts, einen kleinen Vorsprung auf, auf dem
die Antennendrüse ausmündet (tw). Das 2. Schaftglied ist bei weitem
das grösste. Auf seiner Ventralseite bildet es am distalen Rand einen
kräftigen Dorn. Nach aussen articulirt an ihm die mächtig entwickelte
Squama, nach innen das 3. Schaftglied. Dem entsprechend sind in
seinem Innern auch zwei Muskelgruppen nachweisbar, die sich nahezu
rechtwinklig durchkreuzen. Der Hauptmuskel, der das Glied in der
Richtung seiner grössten Länge durchsetzt und zum Theil auch noch
in das 1. Schaftglied übergreift, vermittelt die Bewegung der Schuppe.
Das 3. Schaftglied ist dadurch auffällig, dass es in seiner Längs-
richtung eine Einschnürung in zwei selbständige Theile einzuleiten be-
ginnt, wenn auch ein vollständiger Zerfall nicht nachweisbar ist, ein
Verhalten, das auch sonst, z. B. bei Pagurus, beobachtet wird. Das
4. Schaftglied ist cylindrisch gebaut und enthält 2 lange, zur Be-
624 ERICH KOTTE,
wegung der Geissel dienende Muskelbündel. In der Geissel selbst,
die sich aus einer grossen Anzahl cylindrischer Glieder aufbaut, sind
Muskeln nicht nachweisbar. Auf ihre bedeutende Lange wurde bereits
hingewiesen. Die Fühlerschuppe ist ein mächtig entwickeltes Organ,
das mit breiter Basis articulirt und an seinem Aussenrand, nahe unter-
halb der Spitze, in einen Stachel ausläuft, der diese indes nicht über-
ragt. Der gesammte Aussenrand ist nackt, während der Innenrand mit
einer Reihe langer Fiederhaare besetzt erscheint.
Die Mandibeln.
(Fig. 4.)
Die Mandibel, die bei allen Decapoden als der eigentliche Kau-
kiefer fungirt, besteht aus einem umfangreichen Corpus von concav-
convexer Form, das nach den Untersuchungen von CLAUS dem 1. oder
Coxalglied der Crustaceengliedmaasse entspricht. Das Mandibelcorpus
gliedert sich auf der Innenseite deutlich in eine vordere, distalwärts
gelegene Partie, das Psalistom, welches als der greifende und
schneidende Theil anzusprechen ist und am Innenrand mit spitzen,
in 2 Reihen zu je 7 hinter einander gelegenen Höckern ausgestattet
ist, und in eine hintere, mahlende Partie, den Molartheil, dessen End-
fläche aus stumpfen, von ausserordentlich starkem Chitin gebildeten
Höckern besteht. Die Bewaffnung ist bei beiden Mandibeln keine voll-
kommen symmetrische, wie aus der Abbildung ersehen werden mag.
Der Palpus der Mandibel, der in der Gruppe der Phyllobranchiata
den grössten Schwankungen unterliegt, oft vollkommen redueirt ist,
ist im vorliegenden Fall wohl entwickelt. Er ist an der Aussenseite
des Coxalgliedes inserirt und besteht aus 3 Gliedern, von denen das
letzte die beiden vorausgehenden bedeutend an Grösse übertrifft. Er
ist mit zahlreichen langen Borstenhaaren besetzt, die wie der gesammte
Palpus keine unwesentliche Rolle spielen dürften, um die Nahrung in
die richtige Lage zwischen die Molartheile zu bringen, bezw. von
allerlei Fremdkörpern zu reinigen. Die Mandibel ist ausserordentlich
tief in der Mundgegend inserirt. Die stark entwickelten Mandibel-
muskeln, welche die seitliche Bewegung veranlassen, strahlen nach
der convexen Seite der Apophysis des Coxalgliedes in mehreren
Bündeln aus.
Die 1. Maxillen.
(Fig. 5.)
Von allen Gliedmaassen zeigt die 1. Maxille die weitest gehende
Reduction. Sie ist im Vergleich mit dem Oberkiefer von geringer
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 625
Grösse und zarterer Consistenz; nur die auf der Innenseite gelegenen
Kauladen nehmen eine etwas derbere Beschaffenheit an. Die Lacinia
externa ist breiter als die leicht gebogene und zugespitzte hintere
Kaulade (Lacinia interna). Die Bewaffnung ist eine doppelte; sie
setzt sich aus grössern Dornen und zugespitzten, mit feinen Wider-
häkchen versehenen Stacheln zusammen. SPENCE BATE (1888, p. XXXV)
glaubt, dass die 1. Maxille der Decapoden im Allgemeinen bei der
eigentlichen Zerkleinerung der Nahrung eine unwesentliche Rolle spiele.
Sie sei vielmehr bestimmt, zu verhüten, dass die Nahrung durch die
seitlichen Mundwinkel entschlüpft. Bei der immerhin kräftigen Be-
waffnung möchte ich mich, wenigstens für die vorliegende Gattung,
nicht ohne weiteres dieser Ansicht anschliessen.
An der Aussenseite der Maxille entspringt ein kurzer, einglied-
riger Palpus, der dem distalen Ende des Endopoditen entspricht. Er
endet mit zwei kleinen, höckerartigen Vorsprüngen. Ich finde den
innern derselben immer mit einem langen, stachelähnlichen Haar und
3 Fiederborsten besetzt, während der äussere derselben eine Reihe
von zweizeilig gefiederten Haaren trägt. Die Andeutung eines Exo-
poditen fehlt vollkommen, wie allgemein an der 1. Maxille der er-
wachsenen Decapoden.
Die 2. Maxillen.
(Fig. 6.)
Die gesammte 2. Maxille ist dünn und blattförmig gestaltet. Sie
stimmt mit der vorausgehenden darin überein, dass vom 1. und
2. Glied des Endopoditen ebenfalls zwei Kauladen entspringen, welche
indessen in der Regel zweigetheilt sind, so dass vier Ladenstücke ent-
stehen. Die bei vielen Garneelen eintretende Reduction spricht sich
auch bei unserer Art darin aus, dass das Basalglied nur eine einzige
Lade anfweist, mit einer leichten Andeutung einer Zweitheilung, an
der sich einige mit Widerhäkchen versehene Haare finden, während
es im Uebrigen sehr spärlich mit langen, dünnen Haaren besetzt ist.
Dieses Basalglied wird immer nach innen zu weit überragt durch den
2. Stammabschnitt, der durch eine tiefe Einschnürung sich deutlich in
die beiden, dicht mit Borsten besetzten Ladenstücke zerlegt. Der
distale Abschnitt des Endopoditen wird repräsentirt durch einen kleinen,
eingliedrigen Palpus, der von geringerer Grösse ist als jener an der
1. Maxille und an seiner Spitze mehrere Haare trägt.
An das 2. Stammglied setzt sich nach aussen eine halbmond-
förmige, segelartige Lamelle an. Sie erscheint nach vorn zu einer
626 ERICH KOTTE,
schmälern, abgestumpften Partie ausgezogen und verbreitert sich all-
mählich nach hinten zu. Ihr freier Rand ist dicht mit langen Wimper-
haaren besetzt. Ueber die morphologische Auflassung derselben gehen
die Anschauungen der Autoren noch aus einander. HuxLeyx (1881,
p. 144) bezeichnet dieselbe als Scaphognathit und neigt der Auffassung
zu, dass sie entweder ein Epipodit mit sehr vergrössertem vordern
basalen Fortsatz sei oder das Aequivalent eines Epipoditen und Exo-
poditen zugleich darstellt. Boas (1883, p. 498) und Craus (1876,
p. 34 ff.) dagegen betrachten dieselbe als einen mächtig entfalteten
Exopoditen, für welche Deutung vor allem der Ursprung des 2. Stamm-
glieds spricht. Offenbar hat diese „Athemplatte‘“ auch nie als Epi-
podit, also als Kieme fungirt; sie erscheint vielmehr speciell ange-
passt, um den Abschluss der Kiemenhöhle nach vorn zu bewirken und
durch ihre Bewegungen die Circulation des Athemwassers in der
Kiemenhöhle zu veranlassen. Auf diese ihr eigenthümliche physio-
logische Rolle deuten auch die Muskelbündel hin, die vom Aussen-
rande des 2. Stammgliedes radiär in dieselbe einstrahlen.
Die 1. Maxillarfüsse.
(Fig. 7.)
Die 1. Kieferfüsse stimmen mit den 2. Maxillen noch in der
Ausbildung von Kauladen an den beiden Stammgliedern überein,
stellen sich aber im Uebrigen als eine Uebergangsbildung zum
2. Kieferfuss dar. Das Coxalglied!) ist nur im obern Drittel mit
längern Haaren besetzt, während die ungetheilte Basis sich mächtig
entfaltet und durch ihren dicht beborsteten Schneidenrand eine wesent-
liche Rolle als Kauwerkzeug spielt. Eine Reihe von Haaren, die nach
unten an Länge zunehmen, zieht sich immer quer über das Glied,
wie auch die Coxa mit kleinen Härchen zahlreich besetzt ist. Der
Palpus ist ansehnlicher entwickelt als bei den vorausgehenden Glied-
maassen und zeigt 3—4 leichte Einschnürungen des Chitins, dagegen
keinen vollkommenen Zerfall in einzelne Glieder. Am distalen Ende
trägt er eine ansehnliche Tastborste; sein Innenrand ist reich mit
Haaren besetzt. Der Exopodit ist an seiner Basis zu einer umfang-
reichen, lamellösen Platte verbreitert, deren Aussenseite mit langen
Fiederborsten geziert ist, und läuft in einen langen, geisselförmigen
Anhang aus. Nach den Abbildungen im „Challenger-Report“ zu
1) Ich bezeichne die 7 Glieder des Endopoditen in der Folge wie
üblich als Coxa, Basis, Ischium, Merus, Carpus, Propodus, Dactylus.
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 627
schliessen, ist dieser bei Plesionika uniproducta nicht in einzelne
Glieder zerfallen. Das Flagellum der vorliegenden Art ist deutlich in
eine grössere Anzahl einzelner Glieder, gegen 25, zerfallen und reich-
lich mit Haaren besetzt.
Der von der Coxa entspringende Epipodit hat eine fiir das Genus
Plesionika charakteristische Ausgestaltung erfahren. Wahrend er bei
dem nächst verwandten Genus Heterocarpus gänzlich mangelt, hat
sich die bei dem Genus Hetairus aus der Familie der Hippolytidae
anbahnende Differenzirung hier so weit vollendet, dass er deutlich in
einen grössern, beilförmig zugespitzten vordern Lappen und einen
kleinern, abgestumpften hintern zerfällt. Wir haben hier ein Merk-
mal vor uns, das sehr wohl bei der Aufstellung der Gattungsmerk-
male Verwendung finden könnte. In ähnlicher Weise dürften sich bei
einem vergleichend-morphologischen Studium noch andere Merkmale
ergeben, die für den Systematiker werthvolle Fingerzeige zur Um-
grenzung der Gattungen und Arten liefern dürften, wie denn über-
haupt, abgesehen von dem Mandibelpalpus, die charakteristischen Aus-
prägungen der folgenden Extremitäten noch zu wenig für die Syste-
matik bisher ausgebeutet worden sind.
Die 2. Maxillarfüsse.
(Fig. 8.)
Von allen Beinpaaren der Brust hat wohl der 2. Kieferfuss die
originellste Umgestaltung erfahren, wenn er auch die ursprüngliche
Form der Spaltgliedmaasse am besten bewahrt hat. Er ist ungefähr
von derselben Grösse wie der 1. Kieferfuss, aber gedrungner und zeigt
deutlich die bereits bei den Euphausiden sich anbahnende und für
alle Decapoden so charakteristische, knieförmige Haltung des Haupt-
astes, indem Propodus und Dactylus retrovertirt sind. Während die
Grenze zwischen Coxa und Basis nur unvollkommen zu erkennen ist,
sind letztere und Ischium vollkommen mit einander verschmolzen,
wenn auch die Chitingrenze angedeutet erscheint. Eine eigentliche
Lacinia ist am Basalglied nicht mehr entwickelt, wohl aber ist der
gesammte Innenrand der 3 Glieder reichlich mit Haaren besetzt.
Basis, Ischium und Merus sind ungefähr gleich lang, während der
Carpus ausserordentlich klein ist. An ihm articulirt der mächtig ent-
wickelte Propodus, an den sich ein kleiner, ovaler Dactylus ansetzt.
Die von SPENCE BATE für Plesionika uniproducta gegebene Abbildung
des 2. Kieferfusses (tab. 113, fig. 1h) giebt die Verhältnisse nur sehr
oberflächlich wieder. Die dort fehlende Grenze zwischen Carpus und
628 ERICH KOTTE,
Propodus ist immer scharf ausgeprägt, die Abductoren und Adduc-
toren fiir die beiden Terminalglieder sind kraftig entwickelt. Der
Propodus erreicht die Länge der 3 vorausgehenden Glieder zusammen-
genommen. Seine mediane Seite ist sammt dem Dactylus dicht mit
zahlreichen Borsten besetzt. Allgemein wird der 2. Kieferfuss als ein
Greifapparat gedeutet, bestimmt, die Nahrung den eigentlichen Kiefern
zuzuführen. Dieser Aufgabe erscheint er auch im vorliegenden Fall
gut angepasst.
Die übrigen Verhältnisse des Fusses sind durchsichtig. Der Exo-
podit, hier nicht in Schaft und Geissel gegliedert, wie am 1. Kiefer-
fuss, stellt sich dar als eine schlanke, peitschenförmige Geissel, die
namentlich am Ende bewimpert ist. Vom Coxalglied entspringt ein
Epipodit, in seiner Figuration an den hintern Lappen des voraus-
gehenden Epipoditen erinnernd, und eine aus zahlreichen, etwa 30 bis
40 Kiemenschläuchen bestehende Podobranchie.
Die 3. Maxillarfüsse.
(Fig. 9.)
Der 3. Kieferfuss erinnert in seiner Gesammterscheinung bereits
durchaus an die folgenden Gehfüsse. Er ist lang, dünn und fuss-
förmig gestaltet, erreicht indessen nicht ganz die Länge des 1. Rumpf-
fusses. Er besteht nur aus 6 Gliedern, da der Dactylus fehlt, wie
auch SPENCE BATE hervorhebt. Die Grenzen zwischen dem 2., 3. und
4. Glied sind aber sehr undeutlich. Das 2. kennzeichnet sich da-
durch, dass von ihm ein Exopodit entspringt. Dieser besteht aus
einem kurzen Basalglied und einer mit Wimpern besetzten Geissel, die
nahezu die halbe Länge des Merus erreicht. Merkwürdiger Weise
scheint derselbe von SPENCE BATE vollständig übersehen worden zu
sein, da er angiebt (1888, p. 640), dass das 2. Paar der Gnathopoden,
die unsern 3. Kieferfüssen entsprechen, bei Plesionika keine Basec-
physis trage, welche Bezeichnung synonym ist mit unsern Exopoditen.
Am Coxalglied findet sich ein sehr reducirter Epipodit. Carpus und
Propodus sind auf der vordern Seite dicht mit kurzen, borstenartigen
Haaren besetzt, der Merus dagegen sehr spärlich behaart. Die Aehn-
lichkeit des 3. Kieferfusses mit den folgenden Rumpffüssen ist so auf-
fällig, dass der unbefangene Beobachter unserer vorliegenden Garneele
6 Beinpaare zuschreiben möchte. CLAUS hat bereits vor langer Zeit
darauf hingewiesen (1876, p. 43), dass bei vielen Garneelen der Name
„Decapoda“ als ein Zugeständniss erscheint, das man „der Theorie
zuliebe“ bringt, dass es z. B. für Penaeus und seine Verwandten zu-
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 629
treffender wäre, ihnen 6 Beinpaare zuzuschreiben, ein langes vorderes
mit wohl entwickelter Geissel, 3 nachfolgende, mit Scheeren bewaffnete
und 2 kürzere, mit Klauen endigende. Aehnlich könnte man auch in
der Pandalus-Gruppe verfahren, da am 3. „Kieferfuss‘“ von den Be-
ziehungen zur Nahrungsaufnahme und -verarbeitung, die doch der
Name involvirt, nichts zu erkennen ist. Dies würde den thatsächlichen
Verhältnissen immer noch besser entsprechen, als z. B. die von
SPENCE BATE auch für das Challenger-Werk eingeführte Bezeichnungs-
weise. Dieser zieht bekanntlich den 1. Kieferfuss mit zu den beiden
Maxillen und vereinigt ihn mit diesen als 1.—3. Siagnopoden, denen er
dann den 2. und 3. Kieferfuss als 1. und 2. Gnathopoden entgegen-
stellt. Dadurch kommen diese beiden Extremitäten in einen in Wirk-
lichkeit gar nicht existirenden Gegensatz sowohl zu dem voraus-
gehenden 1. Kieferfuss wie zu den folgenden Rumpffüssen. Den einzig
richtigen Weg hat hier zuerst CLAUS gewiesen, indem er zeigte, dass
bei allen Malakostraken die 8 auf die beiden Maxillen folgenden Ex-
tremitäten eine zusammengehörige Gruppe darstellen. Für die ein-
zelnen Ordnungen und Familien wird dann nachzuweisen sein, in welcher
Weise und Anzahl die vordern Paare dieser Thoraxfüsse umgestaltet
und als „Kieferfüsse“ zu den Nahrungsfunctionen in Beziehung ge-
treten sind.
Die Rumpffüsse.
(Fig. 10—12.)
Ueber die 5 folgenden Rumpffusspaare ist wenig Eigenthümliches
hervorzuheben. Ein Exopodit ist an sämmtlichen verschwunden; ebenso
fehlt ein Epipodit. Die ursprüngliche Siebenzahl der Endopoditen-
glieder ist an keinem Fuss mehr vorhanden. Der 1. Rumpffuss ist
scheinbar nur 4gliedrig, indem das 2.—5. Glied zu einem Ganzen fest
verbunden sind. Merus und Carpus sind dabei in eigenthümlicher
Weise in einander verschränkt. Die Behaarung ist sehr spärlich, nur
der Dactylus erscheint etwas reichlicher mit sehr feinen Härchen aus-
gestattet. |
Der 2. Rumpffuss ist am abweichendsten gebaut. Er ist der ein-
zige, der mit einer, wenn auch ausserordentlich kleinen, Scheere ver-
sehen ist. Besonders bemerkenswerth ist er durch seinen Carpus, der
in eine grosse Anzahl einzelner Glieder zerfallen ist. Ich zähle deren
ungefähr 23. Die Glieder nehmen nach dem distalen Ende zu an
Länge ab; auch sind nur ungefähr die letzten 10 frei gegen einander
beweglich; proximalwärts wird die Gliederung immer undeutlicher.
630 ERICH KOTTE,
Die einzelnen Glieder stecken wie die Theile eines Fernrohrs in ein-
ander, so dass eine Winkelstellung derselben unmöglich ist. Das
letzte Carpalglied, gegenüber den vorausgehenden etwas verlängert,
sowie der Propodus, an dem der kleine Dactylus als bewegliches
Scheerenglied articulirt, sind mit zahlreichen Haaren besetzt, die dicht
gedrängt in mehreren Büscheln zusammenstehen. Da ich ins beson-
dere diese Sinnespinsel genauer untersucht habe, so werde ich, um
unnöthige Wiederholungen zu vermeiden, die Detailschilderung über
ihre Anordnung gelegentlich der Besprechung ihrer Innervationsver-
hältnisse folgen lassen.
SPENCE BATE hat als Gattungsmerkmal für Plesionika angegeben,
dass das 2. Paar der Pereiopoden ungleich in der Länge sei. Für
die vorliegende Art stimmt dieses Merkmal nicht zu, da beide gleich
lang sind, so dass es nicht aufrecht erhalten werden kann.
Die letzten 3 Pereiopodenpaare sind einfache Gehfüsse, die be-
sonders durch die grosse Länge ihrer Carpal- und Propodalglieder
imponiren. Sie bestehen aus 5 Gliedern, da das 2.—4. Glied in eins
verschmolzen sind. Der Propodus nimmt dabei vom 3.—5. Bein in
viel stärkerm Verhältniss an Länge zu als der Carpus.
Ich ermittle an einem ausgewachsenen Weibchen, dessen Kopf-
brustlänge mit Einschluss des Rostrums 53,7 mm beträgt, folgende
Längen für die einzelnen Glieder:
. . | | 1
Basis + Ischium | Carpus | Propodus | Dactylus | Gesammt-
+ Merus | länge
mm mm mm mm | mm
3. Kieferfuss ICS 9,2 10 — 339
1. Rumpffuss | 18,3 mi 5,2 37,9
2. Ä 9,0 7,6 13,0 2,0 0,8 32,4
3: x 28,0 17,6 11,8 2,8 60,2
4. = 24,1 17,9 20,1 251 63,2
5. i 22,6 | 20,0 3207 2,0 76,6
Der Merus ist auf seiner hintern Seite mit einer Anzahl kleiner,
spitzer Dornen, 9—10 in wechselnden Abständen, bewaffnet. Die Be-
haarung ist sehr spärlich. Abgesehen von einigen Büscheln, die sich
an Coxa und Basis finden, ist nur das distale Ende des Propodus mit
einigen Haaren ausgestattet.
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 631
Die Fiisse des Abdomens.
(Fig. 13—18.)
Die Pleopoden, auf der Ventralseite des Abdomens entspringend,
zeigen das fiir Decapoden typische Verhalten. Sie bestehen aus einem
unpaaren, 2gliedrigen Stamm und 2 blättrigen Aesten, die sich dem-
selben anfiigen. Das 1. Stammglied ist sehr kurz und tief in das
Segment eingesenkt, während das 2. eine beträchtliche Länge (8 mm)
erreicht. Die Endäste sind als lange, schmale, zugespitzte Blätter
entwickelt, der Exopodit etwas länger als der Endopodit und an ihren
Rändern mit langen Schwimmborsten besetzt. Nahe der Basis des
innern Astes entspringt ein kleiner Anhang, der sich an seinem Ende
verbreitert und hier an seinem medianen Rande mit einer Anzahl
kleiner Chitinhäkchen besetzt ist. Er ist fest mit dem entsprechenden
Anhang der andern Seite verkettet. Diese Einrichtung ist dahin zu
deuten, dass in Folge dieser Verankerung die entsprechenden Glied-
maassen der linken und rechten Körperseite gleichsinnige Bewegungen
auszuführen im Stande sind. Nach dem eben geschilderten Schema
sind der 3.—5. Pleopod des Männchens und der 2.—5. Pleopod des
Weibchens gebaut. Das 1. und 2. Abdominalbein des Männchens da-
gegen, sowie das 1. des Weibchens weisen auch bei der vorliegenden
Art Abweichungen in dem Bau des innern Astes auf. Der innere Ast
des 1. Abdominalbeins des Weibchens entspricht noch am meisten der
typischen Form (Fig. 17), unterscheidet sich aber durch seine geringere
Grösse, endet auch nicht so scharf zugespitzt, sondern mehr abge-
rundet. Er ist ebenfalls mit langen Schwimmhaaren besetzt, an denen
wie an den folgenden Pleopoden die Eier getragen werden. Diese ge-
ringere Ausbildung des innern Astes ist wohl lediglich als eine Rück-
bildungserscheinung zu betrachten, in ähnlicher Weise, wie dies GROBBEN
(1878, p. 77) bei den Weibchen von Virbius, Alpheus und Palaemon
nachwies. Hinweisen möchte ich indessen auf die etwas veränderte
Muskelanordnung. Während bei den übrigen Endopoditen die Muskel-
fasern von der gesammten Basis breit einstrahlen, so hier von dem
innern Winkel. Eine ganz ähnliche Anordnung kehrt an dem ent-
sprechenden Theil des Männchens wieder (Fig. 15), der von der ge-
wöhnlichen Form weit abweicht. Er ist eine breite Platte, ungefähr
trapezförmig gestaltet, mit sanft geschwungenen Rändern. Nur sein
Aussenrand trägt gewöhnliche Haare, während der Innenrand durch
andere Bildungen ausgezeichnet ist. Die kurze Seite trägt eine
grössere Anzahl kleiner Chitinhäkchen, der Innenrand kräftige, dorn-
632 ERICH KOTTE,
artige Stacheln, die proximalwärts an Grösse abnehmen. Er wird
bekanntlich allgemein bei den Decapoden im Dienste der Begattung
verwerthet. Diese secundären Geschlechtscharaktere erstrecken sich
auch noch auf den 2. Abdominalfuss des Männchens, indem hier ausser .
der Appendix interna noch ein kurzer, accessorischer Nebenast ent-
wickelt ist, der ebenfalls an der Basis des Endopoditen entspringt und
mit starren, langen Borsten besetzt ist (Fig. 16b). Er wurde von
GROBBEN in ganz ähnlicher Ausbildung bei Alpheus, Palaemon nach-
gewiesen (S. GROBBEN, 1878, tab. 6, fig. 11b).
An den folgenden Pleopoden vermag ich keine weitern secundären
Geschlechtsunterschiede aufzufinden.
Die Pleopoden des 6. Paares vereinigen sich mit dem Telson zur
Bildung der typischen Schwanzflosse. Das Telson erinnert durchaus
an dasjenige der von SPENCE BATE als Plesionika spinipes geschilderten
Art. Es ist schlank, an seinem Ende mit 4 kurzen Stacheln bewaffnet
und mit 3 weitern am dorso-lateralen Rande. Von den beiden als
breite Blätter entwickelten Uropoden erreicht der äussere nahezu die
Länge des Telsons. Beide sind bis auf den Aussenrand des äussern
Uropoden mit langen Schwimmborsten ausgestattet (Fig. 18).
II. Hautsinnesorgane von Plesionika.
1. Untersuchungsmethode.
Die Angaben der meisten Autoren, welche Tastorgane und deren
Innervirung bei Crustaceen schildern, sind gelegentliche und erstrecken
sich zumeist auf die niedern Gruppen der Entomostraken, deren Ver-
treter sich durch ihre zarte Durchsichtigkeit auszeichnen und daher
in toto unter dem Mikroskop untersucht werden können. Aus dem
Kreise der Malakostraken liegen dagegen nur sehr wenige Gesammt-
untersuchungen vor. Die speciellen Darlegungen, die Vom Ratu in
seiner allgemeinen Darstellung: ,,Zur Kenntniss der Hautsinnesorgane
der Crustaceen“ in: Zool. Anz., 1891 in Aussicht gestellt hatte, sind
leider in Folge des frühen Todes des um die Erforschung des peri-
pheren Nervensystems der Arthropoden so hoch verdienten Forschers
ausgeblieben. Eingehender sind von höhern Krebsen nur Astacus und
Palaemon untersucht worden. Mir kam es bei der vorliegenden Art
darauf an, in systematischer Weise ‘die sämmtlichen mit Haaren be-
setzten Theile des Körpers der Untersuchung zu unterwerfen und auf
Schnittserien näher zu studiren. Das Schneiden der Arthropoden ist
bei ihrem harten Chitinpanzer indess immer mit grossen Schwierig-
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 633
keiten verknüpft, da das spröde Chitin beständig einreisst und ab-
splittert. Die mikroskopischen Zeichnungen sind daher in der Weise
angefertigt, dass ich zunächst nach dem in Benzol oder Glycerin aut-
gehellten Präparat die äussern Contouren zeichnete und in diese dann
die mikroskopischen Einzelheiten eintrug. Meine Versuche, das Chitin
mit Eau de Javelle bezw. Eau de Labarraque zu erweichen, blieben
gänzlich erfolglos, da selbst in sehr verdünnten Lösungen die Gewebe
zerstört waren, bevor das Chitin angegriffen wurde. Grössern Erfolg
hat man, wenn man durch glücklichen Zufall ein Exemplar schneidet,
das kurz nach der Häutung getödtet wurde und bei dem die neue
Chitinlage daher noch nicht die entsprechende Härte und Sprödigkeit
erlangt hat. Die durchschnittliche Schnittstärke betrug daher auch
10 u, was bei stärkern Vergrösserungen sehr störend wirkt; nur in
wenigen günstigen Fällen, so an der Athemplatte der 2. Maxille, ist
es mir gelungen, Schnitte von 7 u und 5 « Stärke herzustellen. Zum
Einschmelzen verwendete ich stets das härteste Paraffin (60° C
Schmp.). Da das Material in 80proc. Alkohol conservirt war, ist es
mir leider nicht möglich gewesen, die neuern Methoden der Nerven-
untersuchung, die EnrtıicH’sche Methylenblaufärbung und die Chrom-
silbermethode in Anwendung zu bringen. Ich benutzte als Färbemittel
namentlich Hämatoxylin (BÖHMER) und Säurekarmin. Sehr klare und
deutliche Bilder erhielt ich mit der HripenHAin’schen Färbemethode
(24 Stunden in der Eisenalaunlösung, 6 Stunden in der Farbe). Da
das Plasma der Gewebe sich schwer färbt, versuchte ich hin und
wieder eine leichte Nachfärbung mit Orange-G; ich habe aber immer
gefunden, dass dieser Farbstoff die Gewebe sehr stark angreift und
verändert.
2. Organe des Tastsinns.
In Folge der Starrheit ‚des Chitinpanzers, der den gesammten
Körper der Crustaceen einhüllt, kann eine Sinneswahrnehmung mit
Ausnahme des Sehens nur durch besondere Hautgebilde vermittelt
werden. Von jeher hat man denn auch die auf zahlreiche Stellen des
Crustaceenkörpers vertheilten Haare, welche der Chitinoberfläche be-
weglich eingelenkt sind und durch einen Porenkanal mit dem darunter
liegenden lebenden Gewebe in Verbindung stehen, als die eigentlichen
Perceptionsorgane des Tastsinns angesprochen. A priori ist dabei für
den Tastsinn der Umstand wichtig, dass eine directe Berührung des
Nerven mit dem zu betastenden Gegenstand nicht vorausgesetzt zu
werden braucht, dass also die Tastorgane an der Spitze geschlossen
634 ERICH KOTTE,
sein werden im Gegensatz zu den Organen des Geruchs und Ge-
schmacks, bei denen die Reizung auf chemischem Wege erfolgt. Hier
glaubt man im Allgemeinen, dass sie geöffnet sein müssen, um den
zu schmeckenden Stoffen das Eindringen zu ermöglichen. Unter den
Hautgebilden, von denen wir von vorn herein geneigt sein werden, sie
mit dem Tastsinn in Beziehung zu bringen, lassen sich auch bei
unserm vorliegenden Decapoden mehrere Typen unterscheiden:
1, Einfache, unverzweigte Haare.
Sie finden sich, wie ich dies bereits im ersten Theil genauer aufge-
wiesen habe, zahlreich an dem Endglied des Mandibeltasters, den
Palpen der beiden Maxillen, den Geisseln der beiden ersten Kiefer-
füsse. Zu ihnen gehören auch die Haare, die in zierlichen Pinseln
angeordnet an den Endgliedern des 2. Thoraxfusses stehen. Sie sind
an der Basis nicht angeschwollen, sondern besitzen eine ungefähr
gleich bleibende lichte Weite. Ihre Länge und Stärke kann wechseln.
Von sehr langen, fadenförmigen Formen finden sich alle Uebergänge
bis zu kleinen, mehr dornartigen. Auch zu den stärkern Cuticular-
gebilden, die wir dann als Stacheln, Dornen zu bezeichnen pflegen und
aus denen sich die Bewaffnung der Kieferladen zusammensetzt, finden
sich alle Stufen des Uebergangs. Eine besondere Abart stellen auch
die mit kleinen Widerhäkchen versehenen, etwas stärker chitinisirten
Haare dar, die ich an verschiedenen Körperstellen namhaft gemacht
habe.
2. Fiederborsten.
Sie sind ausserordentlich weit verbreitet; sie zieren den Aussen-
rand der Athemplatte, der 2. Maxille, den Exopoditen des 1. Kiefer-
fusses, die Endäste der Pleopoden, insbesondere auch die Seitentheile
des Schwanzfächers und den Innenrand der Antennenschuppe. Das
Haar ist immer an seiner Basis kolbig angeschwollen (s. Fig. 19),
bevor es mit einer leichten Einschnürung dem Porencanal aufsitzt,
Das Chitin ist an der Einschnürungsstelle stets schwächer entwickelt,
wodurch die freie Beweglichkeit des Haares ermöglicht wird. Von
der Basis nach der Spitze zu nimmt das Chitin allmählich an Stärke
ab. Einen Zerfall in ein stärker chitinisirtes proximales Stück und
eine mehr blasse, dünnwandige Partie, die sich durch eine leichte Ab-
schnürung von einander absetzen, wie es sonst wohl beschrieben
worden ist!), habe ich nicht beobachten können. Dagegen zeigt sich
1) Siehe Vom Ratu 1894, fig. 4.
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 635
immer in so fern ein Unterschied, als der basale Theil aus einem Chitin-
stück besteht, während das distale Ende, ungefähr die obere Hälfte,
in zahlreiche kurze Glieder zerfällt. Diese Haare sind ohne Aus-
nahme 2zeilig befiedert. Sogenannte Halbfiederborsten, wie sie sonst
bei zahlreichen Crustaceen vorkommen, habe ich dagegen niemals
beobachtet.
Obwohl die einzelnen Gliedmaassen überaus reichlich mit Haar-
gebilden ausgestattet sind, so lässt sich doch für unsere Art eine ge-
wisse Monotonie in ihrer Gestaltung nicht verkennen, wenn man sich
die zahlreichen Formen vergegenwärtigt, wie sie als Fiederborsten,
Halbfiederborsten, Kolben, Kegel, Keulen, Fäden, Zapfen, Griffel,
Cylinder, Schläuche, Calceoli (bei Amphipoden) beschrieben worden
sind. Die Decapoden scheinen hierin den Entomostraken nachzu-
stehen. Ich erinnere nur an die Copepodenantenne mit ihren zahl-
reichen Uebergangsformen verschiedener Haargebilde. Vor allem habe
ich auch jenen Typus nicht auffinden können, der sonst bei Decapoden
beobachtet wird, nämlich Haare, welche in Folge ihrer charakte-
ristischen Einlenkungsweise als Hörhaare zu betrachten sind. Diese
sogenannten „freien Hörhaare“, wie sie von HENSEN (1863) ins-
besondere für die Caridea (Crangon vulgaris, Palaemon) am Schaft
beider Fühlerpaare und den Uropoden nachgewiesen wurden, werden
hier vermisst. Ich bemerke im Anschluss hieran, dass das typische
Gehörorgan der Decapoden, welches im 1. Glied des innern Antennen-
paars zu suchen wäre, bei Plesionika fehlt. Dieses Resultat war
mir von vorn herein wahrscheinlich, da nach HENSEN ein solches auch
bei Pandalus vermisst wird und erst durch Spence Bate das Genus
Pandalus in die 3 Gattungen Plesionika, Pandalus und Pandulopsis
zerlegt worden ist.
Ich wende mich nunmehr zur Schilderung der histologischen Ver-
hältnisse, und zwar werde ich zunächst die Innervation der grossen
zweitheiligen Fiederborsten besprechen. Untersucht man irgend einen
mit Fiederborsten besetzten Körpertheil, z. B. die Schuppe der 2. An-
tenne, nach vorheriger Aufhellung in Glycerin oder besser in Benzol,
so sieht man nach den Ursprungsstellen der Haare lang ausgezogene,
an denselben sich verbreiternde, dunkle Gewebebrücken verlaufen
(Fig. 23), die sich auf eine ziemliche Entfernung im Gewebe verfolgen
lassen, um alsdann weiterhin zu verschwinden. Zwischen diesen ver-
laufen meist sehr hell erscheinende Stränge, die nur bei sehr starker
Lichtabblendung hervortreten, an der Basis der Haare umbiegen, um
alsdann in das Haar selbst einzutreten und im Innern des Haar-
Zool. Jahrb, XVII. Abth. f, Morph. 41
636 ERICH KOTTE,
lumens als ,,Terminalstrang“ (Vom Rata) zu verlaufen. Im Gegen-
satz zu andern Haargebilden, wie z. B. den Dornen am Merus der
Thoraxfüsse, die bei der Aufhellung einen gleichmässig hyalinen In-
halt zeigen, haben diese Terminalstränge ein streifiges Aussehen und
heben sich daher deutlich von dem übrigen, mehr körnigen Haarinhalt
ab. Sie erfüllen ungefähr !/, der lichten Weite. Durch diese Axen-
cylinder sammt den darunter liegenden Zellengruppen sind diese Haare
als specifische Tastgebilde gekennzeichnet.
Weiteres liess sich am Totopräparat nicht feststellen ; namentlich
liess sich nichts sagen über den proximalen Verlauf der in die Haare
eintretenden Stränge, da sie unter dem übrigen Gewebe verschwinden.
Ueberraschende Aufschlüsse lieferten dagegen Schnittserien. Als wesent-
lich ergiebt sich Folgendes:
Unterhalb jedes Haares liegt eine lang ausgezogene, bandförmige
Gruppe von zusammengehörigen Zellen. Es ist das „Ganglion“ der
Autoren. Dieses „Ganglion“ bildet die Fortsetzung eines vom Haupt-
nerven sich abzweigenden Nervenastes und schwillt nach der Haar-
basis zu ganz allmählich an. Seine grösste Breite erreicht es nahe
derselben, biegt hierauf sanft um, um sich dann unmittelbar in den
Axencylinder des Haares fortzusetzen. Die Verbindung mit dem
Hauptnerven ist nur an wenigen Stellen gut zu beobachten, z. B. in
den Seitentheilen der Schwanzflosse (Fig. 21). Der in den Uropoden
eintretende Nerv verläuft ungefähr in gleicher Entfernung von den
beiden Seitenrändern und löst sich ganz allmählich auf, indem er
sich zunächst in einzelne stärkere Bündel spaltet, die dann ihre Fasern
zu jedem einzelnen Haar entsenden. In den blättrigen Endästen der
Pleopoden dagegen ist der Zusammenhang schwer nachweisbar, weil
sich die Nervenfasern fast gar nicht färben, das Ganglion sich ganz
allmählich in die Tiefe senkt, daher bei Flachschnitten immer nur
theilweise angeschnitten wird und der herantretende Nerv unter den
reichlich einstrahlenden Muskelbündeln verschwindet (Fig. 19 m). In-
dessen scheint mir aus dem ganzen Verlauf und der Anordnung der
Ganglien hervorzugehen, dass der eintretende Hauptnerv sich an der
Basis sofort in zwei Hauptäste spaltet, die ungefähr parallel den Seiten-
rändern emporsteigen.
Die Anordnung der Ganglien ist an den einzelnen Körperstellen
nahe übereinstimmend. In den Uropoden sowie in der Schuppe der
2. Antenne treten sie unter einem stumpfern Winkel an die Haare
heran als z. B. in den Endästen der Pleopoden, wo sie in Folge der
geringen Breite des Anhangs sich länger ausziehen und nahezu parallel
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 637
den Seitenrändern verlaufen. In der Athemplatte der 2. Maxille zeigen
sie eine radiäre Anordnung. Ich gebe in Fig. 20 eine vergrösserte
Abbildung derselben, in die die zugehörigen „Ganglien“ eingetragen
sind.
Jedes Ganglion wird von den benachbarten durch mehr oder
weniger breite Gewebsbrücken getrennt. Diese sind es, welche sich
bereits an dem aufgehellten Totopräparat deutlich heraushoben. Dieses
(Gewebe gehört der Hypodermis an. Seine Kerne sind immer kleiner
als die Ganglienzellenkerne und können schon in Folge ihres sehr
dunkel gefärbten Kerninhalts mit denselben nicht verwechselt werden.
Die Hypodermis ist meist von dem Chitin abgelöst und setzt sich
continuirlich in das Haar fort. Bei Färbungen in toto zeigt sich
namentlich der basale Theil des Haares sehr reichlich mit länglichen
Kernen erfüllt. Indessen ist dabei kein Entscheid möglich, ob die-
selben der Matrix oder dem Axencylinder angehören. Auf gut ge-
lungenen Schnitten habe ich mit Sicherheit feststellen können, dass es
sich hier immer um Kerne der in das Haar eintretenden Matrix
handelt. Caux erwähnt (1896, p. 93) einen Fall von den Nauplien
der Lepaden, dass in den Axenfäden sämmtlicher grosser Borsten des
Exopoditen der 2. Antenne in geringer Entfernung von der Basis der
Borste ovale Kerne in die Substanz des Axencylinders eingebettet
liegen. Ich habe ein derartiges Verhalten nie beobachtet. Durchaus
vermag ich also die Beobachtungen von CLAus zu bestätigen, dass
man in den als Tastgebilde aufzufassenden Haaren immer zwischen
dem Terminalstrang (= Axencylinder von CLAus), der die Fortsetzung
des Ganglions bildet, und dem übrigen Haarinhalt, der als Abkömm-
ling der Hypodermis zu betrachten ist, genau zu unterscheiden hat.
Betrachten wir nunmehr den wichtigsten Theil, das an der Haar-
basis gelegene Ganglion selbst, so ist Folgendes zu berichten:
Das Ganglion wird eingehüllt von einer Scheide mit flach an-
liegenden, platt gedrückten Kernen. Ich bin im Zweifel, ob dieselbe
als unmittelbare Fortsetzung der bindegewebigen Nervenscheide zu
betrachten oder dem umgebenden Hypodermisgewebe zuzurechnen
ist. Das Ganglion selbst besteht immer aus einer sehr grossen Anzahl
von Zellen. Ich zähle durchschnittlich 30—40 Zellkerne, die zu einem
Ganglion gehören. Die Kerne heben sich deutlich von den Kernen
des umgebenden Hypodermisgewebes ab. In langen Reihen angeordnet,
liegen sie zu 1—2 neben einander. Sie sind rundlich und zeichnen
sich durch ihre relative Grösse aus. Ihr Durchmesser ist ebenfalls
schwankend in den einzelnen Körperregionen. Er betrug in den Pleo-
41*
638 ERICH KOTTE,
poden durchschnittlich 0,0108 mm, in der Athemplatte der 2. Maxille
0,0144 mm, während die Hypodermiskerne 0,0072 mm massen. In
dem im Uebrigen gleichmässig tingirten Kerninhalt sind immer mehrere
glänzende Nucleoli nachweisbar. Die Zahl derselben schwankt eben-
falls. In der eben erwähnten Athemplatte waren es immer 1—2, in
den Pleopoden fast durchgängig 3—4. Die zu den einzelnen Kernen
gehörigen Zellgrenzen waren dagegen immer sehr verschwommen, eine
Erscheinung, die immer wieder beobachtet wird (CHun 1896, p. 115).
Wie schon bemerkt, steht der proximale Theil des Ganglions mit dem
Nerven in Verbindung. Wenn über die feinern histologischen Ver-
hältnisse auch nur mit Hülfe der neuern Nervenuntersuchungsmethoden
Aufschluss wird erlangt werden können, so habe ich doch so viel fest-
stellen können, dass das Verhältniss des Nerven zu den Ganglien-
zellen kein so einfaches ist. Während man früher wohl annahm, dass
der Nerv das Ganglion einfach durchsetzt, habe ich an günstigen Ob-
jecten deutlich beobachtet, wie der herantretende Nerv sich auffasert,
um sich dann allmählich in dem mehr körnigen Inhalt des gangliösen
Gewebes zu verlieren. Aehnlich beobachtet man am distalen Ende,
wie einzelne Fibrillen sich sammeln und sich zu dem ins Haar ein-
tretenden Terminalstrang zusammenlegen. Ein Umstand ist es, der
neben der überaus regelmässigen, in allen Körperregionen wieder-
kehrenden Anordnung mit Nachdruck betont werden muss: es ist
die überaus grosse Anzahl der das einzelne Haar ver-
sorgenden Ganglienzellen. Bei niedern Crustaceen sind es
durchgehends wenigzellige Ganglien, die unterhalb eines Haares liegen.
Bei Phyllopoden (Branchipus) sind die Ansichten der Autoren ge-
theilt. Nach LeypiG (1851, p. 294) und SPANGENBERG (1875, p. 28)
gehören zu jedem Sinneshaar 2 hinter einander gelegene Ganglien-
zellen; CLAUS beobachtete nur eine (1885, p. 41), während Vom RArH
(1891, p. 210) stets 3—4 zählte. Als extremsten Fall hat Vom Ratu
(1894, fig. 1) die Sinneshaare an den Rankenfüssen von Lepas be-
schrieben, die von einer einzigen grossen Ganglienzelle versorgt werden.
Eine ähnlich monströse Entwicklung wie bei diesen Tiefseekrustern
scheint bis jetzt noch nicht beobachtet zu sein, wie ich überhaupt, ab-
gesehen von den Abbildungen, die Vom RATH 1894 für Astacus, Squilla
mantis, Lepas gegeben hat, in der ganzen Literatur keine ein-
gehendern Angaben und Abbildungen über die an den Mundwerkzeugen
und Beinen der Decapoden auftretenden Sinneshaare gefunden habe.
Aehnliche Verhältnisse wie die eben geschilderten kehren in dem
ganzen Kreis der Arthropoden wieder. Vergleicht man z. B. die hier
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 639
gegebenen Abbildungen mit jenen, die Vom Rata von den an der
Unterlippe der Chilognathen auftretenden Sinnesorganen geliefert hat,
so springt trotz der abweichenden topographischen Anordnung die
principielle Uebereinstimmung sofort in die Augen. Dasselbe ergiebt
sich bei einem Vergleich mit jenen Sinnesorganen, die als Geruchs-
kegel, Grubenkegel, Porenplatten u. s. w. von den verschiedenen
Ordnungen der Insecten beschrieben und durch die zahlreichen Arbeiten
von NAGEL, KRÂPELIN, LEYDIG, Vom Ratu, BOLLES LEE, WEINLAND,
RULAND, HAUSER, CHILD etc. näher bekannt geworden sind. Immer
handelt es sich um eine unterhalb des Sinnesorgans gelegene gangliöse
Anschwellung des Nerven, welche dann distalwärts in das Sinnesorgan
einen Terminalstrang entsendet. Aber eben diese Ganglienzellen und
die Natur des in das Haar eintretenden Terminalstrangs sind seit
Langem der Gegenstand lebhafter Controverse gewesen.
Es erscheint mir hier der richtige Ort, die geschichtliche Ent-
wicklung unserer Kenntnisse nochmals kurz zu recapituliren. Ich
kann mich dabei kürzer fassen, da in Folge der Auseinandersetzungen
zwischen CLaus und Vom RATH diese Autoren ihre wichtigsten Re-
sultate zusammengefasst und die gegentheiligen Standpunkte genau
pracisirt haben.
Von den Altern Forschern hat unstreitig LEypia das grösste Ver-
dienst, als erster die Hautsinnesorgane der Arthropoden genauer
studirt zu haben; aber er konnte immer nur beobachten, „wie Nerven
ihre Richtung gegen die Hautanhänge nehmen, um an denselben
gangliôs zu enden“. Nach ihm besteht zwischen den gewöhnlichen
Haaren und Borsten und den Tastborsten kein Unterschied: das
Innere zeigt eine helle Substanz, die von Wabenlinien durchsetzt sein
kann und dem Hyaloplasma gleich zu setzen ist. Diesen Standpunkt
hat Leypia bis in neuere Zeit (1887) aufrecht erhalten. Bezüglich
des Verhaltens des Nerven zur Borste bemerkt er hier, dass der für
einen Nerven gehaltene innere Faden der Borste ein Ausläufer der
zelligen Matrix sei und dass nur in so fern ein Zusammenhang des
Innenfadens der Borste mit dem Nerven anzunehmen ist, als das
Hyaloplasma des Nerven in die streifige Substanz der Matrixlage und
damit in die Borste überfliessen könne.
Im Gegensatz zu LEYDIG war es vor allem C. CLAUS, der in seinen
mannigfaltigen Arbeiten, die sich auf die verschiedensten Vertreter
unserer Thierclasse beziehen, den Nachweis führte, ,,dass der Nerv nicht
nur an die Basis der Borste herantritt, sondern sich unmittelbar in
den feinstreifigen Inhalt derselben fortsetzt‘‘ (siehe CLAUS 1860, p. 235;
640 ERICH KOTTE,
1863, p. 53; 1875, p. 24; 1876, p. 379; 1879, p. 10; 1885, p. 41;
1887, p. 17 ff.; 1891, p. 35 ff.). Ferner wies CLAus nach, dass auch
die Matrixzellen mit ihren Fortsätzen sich in das Innere des Haares
erstrecken. Die an der Haarbasis gelegenen Zellen werden von ihm
als Ganglienzellen bezeichnet. Nach seiner Anschauung durchsetzt
der herantretende Nery das Ganglion, wobei dessen einzelne Zellen
wie die Beeren einer Traube den einzelnen Nervenfibrillen ansitzen,
und tritt als „Axencylinder“ in das Haar ein. Dieser ist also rein
nervöser Natur.
Zu völlig neuer Auffassung gelangte dagegen Vom RATH in seinen
verschiedenen Arbeiten. Nach ihm ist das Verhältniss zwischen Nerv
und Ganglienzelle viel verwickelter. Der Nerv durchsetzt nicht ein-
fach das Ganglion, sondern fasert sich unterhalb desselben auf und
umspinnt mit seinen feinen Endfasern die einzelnen Zellen. Am
(distalen Ende entsenden die Ganglienzellen protoplasmatische Aus-
läufer, die sich zusammenlegen und als „Terminalstrang‘‘ in das Haar
eintreten. Der Terminalstrang besteht daher auch nicht aus einem
eigentlichen Nerven, sondern aus den vereinigten Plasmafortsätzen
sensibler Zellen. Die Ganglienzellen der Autoren sind daher nach
Vom Rats als Sinneszellen zu bezeichnen, d. h. sie stellen perci-
pirende Epithelzellen dar. Diese Deutung ist deswegen sympathisch,
weil dadurch die Möglichkeit gegeben wird, die Perception von Reizen
bei den Arthropoden in ähnlicher Weise aufzufassen wie bei sämmt-
lichen übrigen Metazoen. Bei diesen, insbesondere auch den Verte-
braten, herrscht wohl allgemein die Ansicht, dass die Reizperception
immer durch eine in besonderer Weise modificirte Epithelzelle erfolgt,
während dem Nerven nur die Weiterleitung des Reizes zukommt.
Auf Grund seiner Versuche mit der Methylenblaufärbung und
dem Chromsilberverfahren kam dann Vom Ratu (1894) dazu, diese
seine ursprüngliche Anschauung nicht unwesentlich zu modifieiren.
Der an die Sinneszellen herantretende Nerv fasert sich nicht an ihnen
auf, um sie mit seinen Endverzweigungen zu umspinnen, sondern die
Sinneszelle entsendet einen distalen Fortsatz in das Haar (Terminal-
strang) und einen sehr langen proximalen in das centrale Nerven-
system. Dort tritt derselbe nicht mit einer Ganglienzelle in Verbin-
dung, sondern endet frei unter Bildung einer feinen Endverzweigung
(Vom Ratu, 1894, fig. 3). Die Sinneszelle ist besser als Sinnesnerven-
zelle zu bezeichnen.
Mir erscheint durch diese Deutung der Gegensatz zwischen
Ganglienzelle und Sinneszelle verwischt; denn es diirfte schwer halten,
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 641
Criterien zu finden, um diese „Sinnesnervenzelle“ von einer peripher
gelegenen Ganglienzelle scharf abzugrenzen, wenn man nicht geltend
machen will, dass sie genetisch im letzten Grunde als eine umge-
wandelte Hypodermiszelle aufzufassen ist. Auch bleibt es ganz ins
Belieben gestellt, ob man den distalen Fortsatz in das Haar nicht mit
demselben Recht als rein nervös in Anspruch nehmen will wie den
proximalen Ausläufer. Wie ich schon oben ausführte, habe ich nur
beobachten können, wie der herantretende Nerv sich auffasert und die
einzelnen Fibrillen in dem gangliösen Gewebe verschwinden, um sich
am andern Ende in ähnlicher Weise wieder zum Terminalstrang zu
sammeln. Ich möchte daher, so lange nicht weitere Versuche mit
dem Chromsilberverfahren die Vom RarnH’sche Auffassung der Sinnes-
nervenzelle gerechtfertigt erscheinen lassen, vorläufig an seiner ältern
Auffassung festhalten und die Zellen als „Sinneszellen‘“ in dem oben
bezeichneten Sinne betrachten. Als solche habe ich sie auch auf den
Abbildungen bezeichnet. Zu dieser Auffassung werde ich auch ge-
drängt durch die Ergebnisse der Untersuchung der Geruchsorgane,
wo man, wie sich später zeigen wird, genau zwischen diesen Sinnes-
zellen und peripheren Ganglienzellen unterscheiden muss.
In Fig. 19 bilde ich einen Theil des Exopoditen des 3. Pleopoden
ab, in Fig. 21 ist ein Stück aus dem äussern Uropoden wieder-
gegeben. Die übereinstimmende Bauart, bis auf die hervorgehobenen
geringfügigen Unterschiede, ist in die Augen springend. Fig. 22 giebt
den vordern Theil der Athemplatte der 2. Maxille wieder, die in Folge
ihrer dünnen Beschaffenheit ein besonders geeignetes Untersuchungs-
object bot. Der Schnitt ist nicht vollständig parallel der Fläche,
sondern etwas schräg geführt; er zeigt daher auch die auf der linken
Seite gelegenen Ganglien nur nahe der Haarbasis angeschnitten. Die-
selben Verhältnisse kehren wieder an den Fiederborsten der Basal-
glieder des innern Antennenpaares, an der Schuppe der 2. Antenne,
die auf ihrem Innenrand ebenfalls mit langen Fiederborsten besetzt
ist; ferner am Exopoditen des 1. Maxillarfusses; an sämmtlichen
Endopoditen und Exopoditen der Pleopoden einschliesslich den Seiten-
theilen der Schwanzflosse. Das Ergebniss der bisherigen Untersuchung
lässt sich also dahin zusammenfassen:
Alle an den verschiedenen Körpertheilen auftreten-
den Fiederborsten stellen sensible, der Perception von
Tastreizen dienende Organe dar.
Ich komme nunmehr zur Besprechung der übrigen, einfach ge-
bauten Haare, die dem ersten von mir oben bezeichneten Typus an-
642 ERICH KOTTE,
gehören. Eingehender habe ich die Verhältnisse am 2. Rumpffuss
studirt. Dieser weicht von den übrigen dadurch ab, dass der Carpus,
wie bereits hervorgehoben, in eine grössere Anzahl von Gliedern zer-
fallen ist, der Dactylus als bewegliches Scheerenglied am Propodus
articulirt. Diese letzten Glieder sind mit zahlreichen Haaren besetzt,
die in zierlichen Pinseln angeordnet sind (siehe Fig. 24). Die zwei
stärksten derselben finden sich am letzten Carpalglied, das ungefähr
die 3fache Länge der vorausgehenden Glieder erreicht. Am distalen
Ende desselben entspringen auf 2 Feldern 2 mächtige Büschel, deren
jeder aus 80—90 Haaren besteht. Das Glied zeigt hier ungefähr
einen elliptischen Querschnitt, und die Ursprungsstellen der Haare
liegen auf den schmalen, nach vorn und hinten gerichteten Seiten der
Ellipse. Die Haare entspringen nicht alle in derselben Höhe, was für
das Verständniss der Querschnitte wichtig ist. Die folgenden Haar-
pinsel erreichen lange nicht die Mächtigkeit der eben besprochenen.
Der Propodus zeigt deren noch 4: zunächst 2 ungefähr in seiner halben
Länge in der Nähe der Ansatzstelle des Dactylus; ferner ist sein
Innenrand in der halben Dactylushöhe sehr reichlich mit Haaren aus-
gestattet, und als Abschluss des Ganzen werden endlich die Spitzen
der beiden Glieder von 2 kleinen Haarpinseln überragt, also eine
überaus reiche Ausstattung, die bei der dürftigen Behaarung der
übrigen Thoraxfiisse um so mehr ins Auge fällt. Ich vermuthete von
Anfang an, dass sich unter jedem Haarpinsel eine mächtig entwickelte
Gruppe von Sinneszellen würde nachweisen lassen. Auf Längsschnitten,
die ich zunächst herstellte, ergab sich Folgendes (Fig. 28):
Vor allem fällt der mächtige Nerv, der im Bein emporsteigt, in
die Augen. Er besitzt zahlreiche kleine, längliche und immer sehr
dunkel gefärbte Kerne, die nach den Untersuchungen von RETZIUS als
der Myelinscheide angehörig zu betrachten sind, welche die Fibrillen
der Arthropodennerven umgiebt. Im vorletzten Carpalglied zweigen
sich 2 ansehnliche Zellengruppen ab, die schräg nach oben nach den
Ursprungsstellen der Haare hinziehen. Sie kennzeichnen sich durch
runde Kerne mit 1—2 Kernkörperchen, die indess nicht die Grösse
der in den früher besprochenen Ganglien gelegenen Kerne erreichen;
ihr Durchmesser beträgt 0,0072 mm. Sie sind in deutlichen Längs-
reihen angeordnet, so dass man sofort geneigt sein wird, jede der-
selben als eine zu einem Haar gehörige Gruppe von Sinneszellen zu
betrachten. In grösserer Höhe nehmen die Kerne einen etwas andern
Charakter an; sie werden länglicher, zeigen auch nicht mehr deut-
liche Nucleoli, sondern sind dunkler und gleichmässig gefärbt. Sie
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 643
haufen sich ferner in einer solchen Menge an und liegen so dicht ge-
drängt, dass sich nicht entscheiden lässt, was dabei den Terminal-
strängen und dem Bindegewebe zuzurechnen ist. Ueberraschénde
Klarheit gewährten hier Querschnitte.
Fig. 25 giebt einen Querschnitt in der Höhe « von Fig. 28 wieder.
In der Mitte des ungefähr elliptisch gestalteten Beines liegt der hier be-
reits in mehrere (3—4) Partien zerfallene Nerv. Ferner erkennt man
sofort die concentrisch angeordneten Muskelbündel, die Abductoren
und Adductoren für den Propodus. Auf den beiden Schmalseiten der
Ellipse aber liegt ein eigenthümlich differenzirtes Gewebe. Man über-
zeugt sich, dass man in den kreisrund gestalteten Gewebstheilen die
Querschnitte der Faserbündel vor sich hat, von denen jedes für ein
Haar bestimmt ist. Dieselben liegen verpackt und vollständig isolirt
in dem umgebenden Bindegewebe. Ich gebe in Fig. 27 einen sehr
stark vergrösserten und mit dem Zeichenapparat entworfenen Aus-
schnitt aus dieser Partie. Das Bindegewebe bildet unregelmässig ge-
staltete, elliptisch ausgezogene Hohlräume, in denen die kreisrunden
Querschnitte der Terminalstränge gelegen sind. Feine Andeutungen
eines Gewebes, welches die Fixation des Axencylinders vermittelt,
waren vorhanden, aber nicht deutlich zu erkennen. Das Bindegewebe
ist fasrig und weist unregelmässig gestaltete, gleichmässig tingirte
Kerne auf. Bezüglich seiner Genese neige ich zu der Ansicht, dass
es sich hier um ein eigenthümlich modificirtes Hypodermisgewebe
handelt. Die Axencylinder sind aus einzelnen Fasern zusammen-
gesetzt. Wesentlich erscheint es, dass in dieser Höhe in den
Axencylindern keine Kerne gelegen sind, dieselben
vielmehr sämmtlich dem umgebenden Bindegewebe an-
gehören.
Auf Fig. 25 ist das Chitin bereits an einer Anzahl Stellen durch-
bohrt; in diesen Durchbohrungen findet man ebenfalls die Querschnitte
der in die Haare eintretenden Terminalstränge; endlich sind bereits
eine Anzahl Haare quer und schräg angeschnitten, deren Insertions-
stellen tiefer gelegen sind. Wenn ich schliesslich noch daran erinnere,
dass in der Mitte des Beines sich ein grösserer Blutsinus mit zahl-
reichen Blutkörperchen findet, so habe ich die wesentlichen Verhält-
nisse damit erörtert. Um nun auch die Kerne der Sinneszellen auf
dem Querschnitt aufzufinden, ist ein solcher mehr nach dem proxi-
malen Theil des Beines zu erforderlich (Fig. 26). Die Terminalstränge
haben sich näher an den Nerv herangezogen, sind aber hier in Folge
des schrägen Ansteigens meist schräg angeschnitten. Ist ein Kern
044 ERICH KOTTE,
einer Sinneszelle getroffen, dann erweist sich der Querschnitt stets
intensiv gefärbt (Fig. 26 szb).
Als wesentlich ergiebt sich also, dass unter jedem Haarpinsel
eine mächtig entwickelte Gruppe von Sinneszellen gelegen ist. Zu
jedem Haar gehört eine in grösserer Entfernung von seiner Basis ge-
legene Anzahl von Sinneszellen, die in Längsreihen angeordnet sind
und in das Haar ihre Ausläufer als Terminalstrang entsenden. Die
einzelnen Terminalstränge des ganzen Pinsels sind durch modificirtes
Hypodermisgewebe vollständig von einander getrennt und isolirt, wie
die Drähte eines grossen Kabels. Eine ähnliche eigenthümliche An-
ordnung habe ich bis jetzt noch nicht beschrieben gefunden. Pflichtet
wan der Anschauung bei, dass auch die den Reiz percipirenden Zellen
als umgewandelte Hypodermiszellen aufzufassen sind, so würden wir
hier eine sehr originelle Arbeitstheilung eines ursprünglich gleich-
mässigen Gewebes vor uns haben, indem ein Theil der Zellen eine
nervöse Function übernahm, während dem andern die Isolation der
reizleitenden Elemente zufiel.
Was nun die übrigen, am Propodus und Dactylus sich findenden
Haarpinsel anbelangt, so kann ich mich hier kürzer fassen, da unter-
halb eines jeden derselben sich dieselben Verhältnisse wiederholen.
Wie bereits hervorgehoben, zerfällt der aus dem letzten Carpalglied
austretende Nervenstamm in mehrere Partien. Der eine Ast steigt
schräg empor, um in den Dactylus einzutreten und das an dessen
Spitze gelegene Haarbündel zu versorgen. Die beiden übrigen in-
nerviren die weitern am Propodus sich findenden Pinsel.
3. Organe des Geschmackssinnes.
Im Folgenden werde ich die am Aussenast des innern Antennen-
paares sich findenden Hautsinnesorgane beschreiben. Die Ueberschrift
dieses Abschnitts scheint zunächst einer gewissen Rechtfertigung zu
bedürfen, da die in Rede stehenden, bei allen Crustaceen an der
Innenantenne vorkommenden Organe meist als dem Geruchssinn zu-
gehörig beschrieben worden sind. Ich schliesse mich aber der in
neuerer Zeit sich weiter verbreitenden Ansicht an, dass man bei
Wasserthieren, also auch bei Crustaceen, nur von Schmeckvermögen
und Geschmacksorganen sprechen kann. Zwar hat schon in älterer
Zeit Craus (Grundzüge der Zoologie, 1. Aufl., 1866) bereits darauf
hingewiesen, dass bei wasserbewohnenden Thieren Geruch und Ge-
schmack überhaupt nicht scharf zu trennen seien; aber erst neuer-
dings hat NAGEL (1894, p. 49) eine reinliche Scheidung der beiden
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 645
chemischen Sinne versucht. Riech- und Schmeckvermögen sind die
beiden Theile eines Sinnes, der kurz als chemischer Sinn bezeichnet
werden kann. Riechen definirt NAGEL als Reizung durch gasförmige
Stoffe, Schmecken solche durch Flüssigkeiten. Unabhängig von ihm
hat JOURDAIN (1891) dieselbe Auffassung vertreten und daher auch die
,LEYDIG’schen Organe“ der Kruster unter dem Capitel „Geschmack“
abgehandelt. Vom RaTx überlässt es dagegen (1891, p. 212) der
Willkür des Einzelnen, ob er bei Crustaceen zwischen Geruch und
Geschmack unterscheiden will.
Die Frage, ob die LeypiG’schen Organe thatsächlich als durch
chemische Reize afficirbar zu betrachten sind, scheint nunmehr in be-
jahendem Sinne gelöst zu sein. Zwar hat JourDAIN (1880, p. 1091)
sich noch darüber verwundert, dass die deutschen Autoren diese Or-
gane ohne Zaudern als Geruchsorgane deuten und behauptet, „en se
fondant sur leur structure anatomique, indépendamment de toute ex-
perimentation physiologique, on n’est pas en droit d’affirmer que ces
cylindres sont affectés a l’olfaction“. Selbst Spence Bare hat sich
(1888, p. XXII) noch durchaus skeptisch verhalten. Obwohl es ihm
nicht zweifelhaft zu sein scheint, dass diese Organe auf bestimmte
Reize reagiren, so sei es doch nicht möglich, mit Bestimmtheit ihre
Geruchsfunction zu behaupten. Die Gesammtheit der Argumente,
welche NAGEL (p. 141) anführt und welche den morphologischen Bau
wie die physiologischen Experimente in gleicher Weise berücksichtigen,
erheben indessen die Ansicht Lrypia@’s, dass die blassen Kolben und
Fäden der Krebse dem chemischen Sinne dienen, „über die Grenzen
der Wahrscheinlichkeit‘“.
Der Träger dieser viel umstrittenen Sinnesorgane ist immer der
Aussenast der Antennula. Während der innere Ast ganz allmählich
von der Basis nach der Spitze an Stärke abnimmt (Fig. 29), erweist
sich das äussere Flagellum auf eine beträchtliche Entfernung hin (un-
gefähr 1,5 cm) an seiner Basis stark verbreitert. Ueber den Quer-
schnitt dieses Basalstücks lässt sich am aufgehellten Präparat ziem-
lich schwer Aufschluss gewinnen. Eine auf der dorsalen Seite
verlaufende Chitinfurche (Fig. 2) täuschte auch mir Anfangs eine
Gestaltung vor, wie sie von Spence Bare für Plesionika uniproducta
(tab. 113, fig. 1a) gegeben worden ist. Dort hat es den Anschein,
als ob sie auf der der Medianebene zugewandten Seite concav ge-
formt sei, in welcher Höhlung sich der innere Antennenast anzulegen
vermag. Genauen Aufschluss gaben mir Querschnitte. Danach ist der
Querschnitt ungefähr elliptisch (Fig. 30). Es lassen sich zwei Breitseiten,
646 ERICH KOTTE,
die dorsal- und ventralwärts gerichtet sind, und zwei kürzere Seiten, die
nach innen (der Medianebene zu) und nach aussen gewendet sind,
unterscheiden. Auf der Ventralfläche, die in ihrer Mitte leicht ein-
gezogen ist, erhebt sich, etwas näher dem äussern Rande, ein dichter
Wald von Sinneshaaren. Dieselben sind vollkommen regelmässig in
parallelen Querreihen angeordnet. Auf jedes Geisselglied kommen am
Basaltheil 2—3, mehr »distalwärts genau 2. Im Ganzen zähle ich
gegen 160—170 solcher Querreihen. Wie das gesammte Glied nimmt
auch die Zahl der auf einer Reihe stehenden Haare distalwärts hin
ab. Auf den tiefsten Reihen stehen 14 Haare, in der Mitte 8—6, in
den letzten Reihen nur noch 3, so dass sich auf dem gesammten
Sinnesfelde gegen 1500 Sinneshaare finden mögen.
Von zahlreichen Autoren ist für niedere Gruppen der Crustaceen
berichtet worden, dass beim Männchen die fraglichen Organe durch-
gängig in grösserer Anzahl vorhanden sind als beim Weibchen, und
man hat diese sexuellen Differenzen dahin gedeutet, dass dem Männ-
chen eine erhöhte Sensibilität zukomme, um ihm das Wittern und
Aufsuchen des Weibchens zu erleichtern. Für unser Genus sind in
beiden Geschlechtern die beiden Sinnesfelder in vollkommen überein-
stimmender Weise gestaltet.
Das einzelne Haar sitzt über einem kreisrunden Porus der
Chitinoberfläche. Es ist cylindrisch gestaltet und fällt vor allen andern
Haargebilden sofort durch die ausserordentliche Zartheit und Durch-
sichtigkeit der Chitinwandung auf. Nahe der Basis zeigt es eine ge-
ringe Ausweitung; aber jener Zerfall in eine stark chitinisirte basale
Partie und ein zartes distales Ende wird hier nicht beobachtet. Die
Haare erscheinen als blasse, dünne Fäden, welche einfach abgerundet
enden, ohne jene Endbildungen (zarte Kegel, Köpfchen), welche von
KRÂPELIN (1883, p. 33) für Squilla, Pagurus, Palämonidenlarven be-
schrieben worden sind, zu zeigen. Ich habe ferner niemals eine Oeff-
nung an der Spitze wahrnehmen können, auch ein sehr strittiger
Punkt, über den die verschiedensten Angaben von den Autoren ge-
macht werden. LEYpIG, ROUGEMONT, KRÄPELIN fanden sie an der
Spitze geöffnet, Vom RATH enthält sich eines bestimmten Entscheides;
in manchen Fällen schienen sie ihm geschlossen, in andern geöffnet
zu sein. NAGEL fand sie bei Asellus aquaticus geschlossen ; ebenso
betont CLAUS immer, dass sie am Ende blind geschlossen sind. Dieser
hebt hervor, dass etwa vorhandene Oeffnungen ein pathologisches Ver-
halten darstellen, das durch Abbrechen der Spitze zu Stande kommt,
was ich ebenfalls häufig beobachtete. Mit dem Verschluss an der
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 647
Spitze stimmt auch die Thatsache überein, dass ich bei Färbungen
nicht beobachten konnte, dass die Färbung von der Spitze her schneller
erfolge. Sobald die Färbung der Gewebstheile auftritt, erstreckt sie
sich gleichmässig auf den gesammten Haarinhalt. Indessen scheint
mir durch das Fehlen einer Oeffnung nicht widerlegt zu sein, dass
eine Reizung auf chemischem Wege erfolgen könne; denn man kann
sehr wohl annehmen, dass die Diffusion durch die zarte Chitinwandung
hindurch so schnell erfolgt, dass selbst geringe physikalisch-chemische
Aenderungen in der Qualität des umgebenden Mediums sich sehr bald
im Innern des Haares bemerkbar machen werden.
Auch in Bezug auf den Haarinhalt widerstreiten sich die An-
gaben sehr. LeypıG bezeichnet den Inhalt (1878, p. 228) als „blasse,
helle, homogene Substanz“. JourDAIN (1880, p. 1092) war es eben-
falls nicht möglich, den Nerv, welcher zur Basis herantritt, in dem
Cylinder selbst zu verfolgen. Er sagt vom Inhalt: „La gaine articulée
du cylindre montre un contenu granuleux qui me parait étre une dé-
pendance de la couche dermique ou chorion“. Craus hat dagegen
(1879, p.11), wie bei den Tastborsten, den Axencylinder als Ausläufer
der von Ganglienzellen kommenden Nervenfasern beobachtet, ebenso
aber auch Fortsätze der Matrixzellen ins Haar eintreten sehen.
KRAPELIN (1883, p. 32 ff.) endlich hat die Nervenfaser „ohne irgend
welchen erkennbaren Absatz“ in die Borste eintreten sehen und den
gesammten Borsteninhalt als nervös bezeichnet. Ich habe Folgendes
beobachtet: An gewöhnlichen, aufgehellten Präparaten erschien der
Inhalt so blass und homogen, dass ich auch bei sehr starker Ver-
grösserung keinen Axencylinder zu erkennen vermochte. Bei Fär-
bungen in toto und auf Schnittserien habe ich immer deutlich den
fibrillären, bis zur Spitze sich erstreckenden Axencylinder beobachtet,
in dem keine Kerne gelegen sind; ferner aber zahireiche kleine, läng-
liche, dunkel tingirte Kerne, die der Matrix des Haares angehören.
Es kehrt also im Grunde dasselbe Verhalten wieder, wie ich es von
den Tastborsten beschrieben habe. Auf keinen Fall aber kann, wie
KRÂPELIN will, der gesammte Inhalt des Cylinders als nervös ange-
sprochen werden.
Auch in Bezug auf den nervösen Endapparat kehren ähnliche
Verhältnisse wie an den Tastborsten wieder, sind aber doch in eigen-
thümlicher Weise modificirt. Auf dem Querschnitt weist man auf
der der Medianebene zugekehrten Seite den mächtigen Geisselnerv
nach, der von 2 Blutgefässen begleitet wird, die in der Längsaxe
des elliptischen Querschnitts gelegen sind (Fig. 30). Die gegenüber-
648 ERICH KOTTE,
liegende Seite wird fast ganz durch einen grossen Blutsinus ausge-
füllt; der übrige Raum aber beherbergt die nervésen Elemente. Auf
der Ventralseite erkennt man die quer geschnittenen Terminalstrange,
welche in äbnlicher Weise von einander geschieden und vom Binde-
gewebe umgeben sind, wie ich dies vom 2. Rumpffuss beschrieben
habe. Weiter nach innen zu sind sie auf dem Querschnitt schräg
getroffen, und hier liegen in ihnen grosse, länglich gestaltete Kerne.
Die gesammte Dorsalseite aber wird erfüllt von einem Gewebe, das
sich durch seine kleinern, kreisrunden, mit einem Nucleolus ausge-
statteten Kerne auszeichnet, die durchschnittlich 0,0054 mm im Durch-
messer haben. Ueber die Verbindung mit dem Nerven lässt sich auf
dem Querschnitt nichts ersehen; nur so viel steht fest, dass es sich
in den eben beschriebenen Zellen um zwei von einander verschiedene
Zellenschichten handelt. Man sieht uun auf Längsschnitten (Fig. 31
u. 32), dass vom Hauptnerven aus an die äussere, durch ihre runden
Kerne sich auszeichnende Zellenschicht Nervenstämme herantreten
und sich hier vollkommen auflösen. Dabei ist charakteristisch, dass
diese Zellen immer in Gruppen von 15—20 Zellen zusammen liegen
und jede solche Gruppe durch einen besondern Nervenast versorgt
wird. Da diese Zellen auf der andern Seite ebenfalls wieder Fasern
abgehen lassen, möchte ich sie als typische Ganglienzellen ansehen
(Fig. 30—33 99). Die eigentlichen Sinneszellen aber, die sich durch
ihre grössern, länglichen Kerne von 0,0108 mm Durchmesser aus-
zeichnen (von gleicher Grösse als in den Pleopoden), sind wieder in
typischen Längsreihen angeordnet; denn diese Zellen, als szg be-
zeichnet (Fig. 31), sind es, deren distale Ausläufer sich zusammen-
legen und als Terminalstränge in die Cylinder eintreten. Jede zu
einem solchen gehörige Gruppe von Sinneszellen erstreckt sich immer
durch nahezu 2 Flagellenglieder. Im übernächsten Gliede, basal-
wärts vom Ursprungsort des Haares, liegt dann immer die zugehörige
Gruppe von Ganglienzellen. Principiell wichtig erscheint der Umstand,
dass sich in den Verlauf der Nervenfaser zwei Zellen, eine periphere
Ganglienzelle und eine eigentliche Sinneszelle, einschalten. Auch hieraus
ergiebt es sich, wie wichtig es erscheint, Ganglienzelle und Sinneszelle
genau aus einander zu halten. Ein derartiges Verhalten ist in der
Literatur nicht zum ersten Mal beschrieben. Man vergleiche die Be-
schreibung und Abbildung, die CHuN von der Phronimidenantenne ge-
geben hat (1896, p. 116). Hier kehren beim Männchen unterhalb des
Pelzes von Spürhaaren dieselben Verhältnisse wieder, jene Sonderung
in eine Ganglienzellen- und eine Sinneszellenschicht. Nur erscheint
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 649
bei unserm Tiefseedecapoden alles, insbesondere die mächtige Ent-
wicklung des Ganglions, ins Grosse und Monströse übersetzt. Ferner
berichten Leypi& und CLAUS von den Riechfäden bei Branchipus, dass
in die Nervenfaser zwei Ganglienzellen eingeschaltet sind, und WEeISs-
MANN beschreibt von Leptodora hyalina (1874, p. 367), dass der in
die Antenne tretende Riechnerv ebenfalls ein Ganglion bildet, von
dessen Zellen je ein feiner Axenfaden zur Hypodermis läuft, um dort
an den Riechfaden zu treten, nachdem er nochmals eine rundliche
Ganglienzelle passirt hat. In allen diesen Fällen könnte man die
erste Zelle als typische Ganglienzelle, die peripher gelegene als eigent-
liche Sinneszelle in Anspruch nehmen. Während aber hier kaum
äusserliche, mikroskopisch zu beobachtende Unterschiede vorliegen,
sind in unserm Falle die angeführten Differenzen so weitgehend, dass
man wohl jene Unterscheidung begründen kann. Es scheint dieses
Verhalten also bei Crustaceen weiter verbreitet und hierin eine nicht
unwichtige anatomische Differenz in der Innervirung der Geschmacks-
organe und der gewöhnlichen Tastborsten gegeben zu sein.
IV. Ueber die Sinnespinsei von Nematocarcinus undulatipes.
Als Anhang möchte ich nun noch jene Pinsel von Sinneshaaren
besprechen, die sich an den letzien Pereiopodenpaaren von Nemato-
carcinus finden und deren ich bereits Eingangs Erwähnung that.
Wenn ich auch über die Innervirung dieser Haare aus dort darge-
legten Gründen wenig berichten kann, so dürfte doch ihre Topo-
graphie von Interesse sein, da sie bisher noch nicht genauer ge-
schildert wurde. Die Nematocarcinus-Arten sind ja auch noch durch
andre eigenartige Charaktere, vor allem durch die ausserordentlich ver-
längerten Beine und durch die enorm langen Antennengeisseln auf-
fallend.
Die vorliegende Art ist die von Spence BATE als Nematocarcinus
undulatipes beschriebene. Die zu schildernden Haarpinsel finden sich
am 3.—5. Pereiopoden in nahezu übereinstimmender Form, während
der 2. Thoraxfuss schon dadurch, dass er gescheert ist, ausserordent-
lich an Plesionika erinnert. An dem hier freilich viel schlanker ge-
stalteten Propodus, sowie dem Dactylus (Fig. 34) sind die Haare in
ganz ähnlicher Weise zu einzelnen Pinseln angeordnet, wie ich dies
von Plesionika ausführlich beschrieben habe. Auch darin herrscht
Uebereinstimmung, dass die Haare vollständig glatt und ohne Be-
wimperung sind. Anders bei den folgenden Rumpffüssen.
650 ERICH KOTTE,
An das ausserordentlich lange und schlanke, ungegliederte Carpal-
glied setzt sich ein kurzer, ungefähr 3 mm langer Propodus an. Er
ist kräftig gebaut, cylindrisch, in der Mitte am stärksten und auf
seiner nach hinten gewendeten Seite mit langen, 2zeilig befiederten
Wimperhaaren besetzt. Ebenso trägt seine Vorderseite in halber
Höhe immer einige solcher Fiederborsten. Die 3 auf einander folgen-
den Füsse unterscheiden sich wesentlich nur im Bau des Dactylus.
Am 3. Pereiopoden ist derselbe sehr lang, ungefähr 1!/, der Länge
des Propodus, den Haarpinsel noch überragend und wellenförmig ge-
schweift, welche Form Spence Bate Anlass zur Artbezeichnung ge-
geben haben mag. Der 4. Pereiopod (Fig. 36) zeigt bereits einen
etwas kleinern, weniger geschwungenen Dactylus, an seinem Ende mit
2 kleinen Härchen besetzt, während der Dactylus des letzten Rumpf-
fusses verkiimmert und zu einem kleinen napfartigen Anhang reducirt
ist. Das distale Ende des Propodus ist schüsselartig vertieft; in der
Mitte entspringt der Dactylus. Der hintere Rand ist stets höher; an
den Seitenrändern senkt er sich namentlich am 5. Pereiopoden zu
dem tiefer gelegenen vordern Rande. Auf dem Rande der Einsenkung,
bereits auf der innern concaven Fläche, stehen 35—40 lange Haare,
die sich zu einer schönen Krone zusammenschliessen.
Das einzelne Haar beginnt mit einer leichten Verdickung an
seiner Basis, bewahrt ungefähr die gleiche Stärke, um in schön ge-
schwungnem Verlauf spitz zu enden. Es nimmt eine Mittelstellung
zwischen den vollständig glatten Haaren und den eigentlichen Fieder-
borsten insofern ein, als es allseitig mit ausserordentlich kurzen
Chitinbildungen, die im untern Fünftel einen etwas stärkern Charakter
haben, besetzt ist. Ueber die histologischen Verhältnisse kann ich
so viel mittheilen (Fig. 38), dass im Innern des Haares immer ein
Terminalstrang (¢) nachweisbar war, der mit einer im Propodus ge-
legenen, langen, bandförmigen Gruppe von Sinneszellen in Verbindung
stand, so dass hier sich das Verhalten von Plesionika wiederholt.
Danach kann es nicht zweifelhaft sein, dass auch diese Haare dem
Thier gewisse Tastempfindungen vermitteln. Zugleich kann man sich
vorstellen, dass bei der zarten Chitinbeborstung des einzelnen Haares
der gesammte Haarpinsel beim Zusammenschliessen einen sehr ge-
eigneten Reusenapparat darstellt, in dem kleine Beutethiere fest-
gehalten werden. Bei der physiologischen Deutung bedarf es über-
haupt grosser Vorsicht, und man wird sich namentlich vor allzu
anthropomorphistischen Auffassungen hüten müssen. So viel scheint
festzustehen, dass bei der ausserordentlichen Mannigfaltigkeit der ver-
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 651
schiedenen Hautanhänge es auch sehr verschiedene Empfindungs-
gruppen des Tastsinns sind, die dem Thier durch jede derselben ver-
mittelt werden; aber über dieselben nähern Aufschluss zu gewinnen,
das dürfte uns vielleicht für immer verschlossen bleiben.
Die vorliegende Untersuchung hat uns mit einigen von den ein-
heimischen und den niedern Gruppen der Crustaceen recht abweichen-
den Gestaltungen des nervösen Endapparats bekannt gemacht. Wir
dürfen hoffen, dass die Tiefseeformen bei den überall ins Grosse über-
setzten Verhältnissen, namentlich wenn es möglich werden sollte, auch
feinere Methoden der Nervenuntersuchung auf sie anzuwenden, als es
bisher geschehen konnte, sehr geeignete Untersuchungsobjecte abgeben
werden, um heute noch schwebende Streitfragen ihrer endgültigen
Lösung nahe zu bringen.
Zusammenfassung.
1) Sämmtliche an den verschiedenen Theilen des Crustaceen-
körpers sich findenden Hautgebilde stellen sensible, der Perception
von Reizen dienende Organe dar.
2) Als solche kennzeichnen sie sich durch den Besitz eines
Terminalstrangs, des distalen Fortsatzes einer unterhalb von ihnen
gelegenen Gruppe von Sinneszellen, die proximalwärts mit einem
Nerven in Verbindung steht.
3) Während bei niedern Crustaceen immer nur wenige Sinnes-
zellen ein Haar versorgen, sind es bei den Decapoden, insbesondere
den Tiefseeformen, stets eine sehr grosse Anzahl.
4) In den Verlauf der Nervenfaser, die die als Geschmacks-
(Geruchs-)Organe zu deutenden Anhänge versorgt, sind zwei Zellen,
eine periphere Ganglienzelle und eine Sinneszelle, eingeschaltet.
Leipzig, Weihnachten 1901.
Nachtrag.
Während die Arbeit sich im Druck befand, erhielt ich noch
Kenntniss von einer Abhandlung über amerikanische Phyllopoden von
A. S. Packarp jr.: A Monograph of North American Phyllopod
Crustacea.(Washington 1883). An einer Stelle (p. 396) kommt PACKARD
auch kurz auf die histologischen Verhältnisse des peripheren Nerven-
apparats zu sprechen; freilich hat auch er nur Untersuchungen in
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f, Morph. 49
652 ERICH KOTTE,
toto vorgenommen und nicht Schnittserien angefertigt. Bei Thamno-
cephalus platyurus beobachtete er ebenfalls in Reihen angeordnete
Ganglienzellen, die zu einer einzelnen Borste gehören (tab. 29, fig. 8);
insbesondere erinnert auch die auf tab. 30, fig. 3 gegebene Abbildung
der Exopodialplatte der 2. Maxille von Branchipus vernalis an die
gleichnamigen Verhältnisse bei Plesionika, sowohl was die Anordnung
der radiär einstrahlenden Muskelbündel wie der Ganglienzellen be-
trifft. Während aber bei Plesionika, wie geschildert, zu jeder Borste
eine lange, reihenförmige Gruppe von Ganglienzellen gehört, wird nach
PackarD bei Branchipus und seinem Verwandten Streptocephalus
texanus jede Borste von einer ,,marginalen“ und „submarginalen“ Zelle
versorgt, was mit den Beobachtungen von Lrypie (1851, p. 294) und
SPANGENBERG (1875, p. 28) bei unserem europäischen Branchipus
sich decken würde. Ebenso beobachtete PACKARD die parenchyma-
tösen Brücken, welche die Zwischenräume zwischen den beiden Reihen
füllen, hat aber nicht entscheiden können, ob dieselben nervöse Sub-
stanz oder undifferenzirtes Protoplasma darstellen. Er hält sie in-
dessen für nervös (!). Ebenso gelang es PACKARD nicht, eine Ver-
bindung der submarginalen und marginalen Ganglienzellenreihe mit
dem axialen Nerven des Gliedes zu beobachten, und er schliesst daraus,
dass das System der Borstennerven und ihrer Zellen überhaupt un-
abhängig von dem centralen Nervensystem sei (!). Bei dieser gänz-
lich ungerechtfertigten Hypothese wird es freilich unbegreiflich, wie
dem Thiere durch die Borsten irgend welche Empfindungen vermittelt
werden sollen. Bei Versuchen mit Methylenblau würde sicher auch
PackarpD jener Zusammenhang nicht verborgen geblieben sein, während
die gewöhnlichen Färbemethoden nur Schlüsse mit grösster Vorsicht
gestatten. Eine erneute Nachprüfung, auch auf Schnitten, dürfte ähn-
liche Ergebnisse wie die von mir bei Plesionika geschilderten zeitigen.
- Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 653
Literaturverzeichniss.
1) Boas, J. E. V., 1880, Studier over Decapodernes Slegtskabsforhold,
Kopenhagen.
2) —, 1883, Studien über die Verwandtschaftsbeziehungen der Malako-
straken, in: Morph. Jahrb., V. 8.
3) Bozzes Lex, 1885, Les balanciers des Diptéres, leurs organes sensi-
fères et leur histologie, in: Rec. zool. Suisse, V. 2, p. 3€3—392.
4) Bürscauı, O., 1884, Ueber die nervösen Endorgane an den Fühlern
der Chilognathen etc., in: Biol. Ctrbl., V. 4, No. 4, p. 113—116.
5) Cap, Cx. M. 1894, Ein bisher wenig beachtetes antennales Sinnes-
organ der Insecten, mit besonderer Berücksichtigung der Ouli-
ciden und Chironomiden, in: Z. wiss. Zool. V. 58, 3, p. 475
—528.
6) Caux, C., 1887, Die pelagische Thierwelt in grössern Meerestiefen
und ihre Beziehungen zu der Oberflächenfauna, in: Bibl. zool.,
Wal:
7) —, 1889, Das Männchen der Phronima sedentaria, nebst Bemer-
kungen über die Phronima-Arten, in: Zool. Anz., Jg. 12, p. 378
—382.
8) —, 1894— 96, Die secundären Geschlechtscharaktere der Männchen
von Phronima. Die Nauplien der Lepaden, in: Bibl. zool., V. 7,
p. 107—130; p. 77—106.
9) Craus, C., 1860, Ueber die blassen Kolben und Cylinder von Cy-
clops, in: Würzburg. naturw. Z., V. 1, p. 234—240.
10) —, 1863, Monographie der freilebenden Copepoden.
11) —, 1875, Entwicklung und Organisation der Arguliden, in: Z. wiss.
Zool., V. 25, p. 217—284.
12) —, 1876, Zur Kenntniss der Organisation und des feinern Baues
der Daphniden, ibid. V. 27, p. 362—402.
13) —, 1876, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen
Grundlage des Crustaceensystems, Wien.
14) — 1879, Der Organismus der Phronimiden, in: Arb. zool. Inst.
Wien, V. 2, p. 59—146.
15) —, 1885, Untersuchungen über Organisation und Entwicklung von
Branchipus und Artemia, ibid., V. 8, p. 267—370.
16) —, 1885, Neue Beitrage zur Morphologie der Crustaceen, Wien.
17) —, 1887, Die Platysceliden, Wien.
18) —, 1891, Die Halocypriden, Wien.
19) —, 1891, Ueber das Verhalten des nervésen Endapparats an den
Sinneshaaren der Crustaceen, in: Zool. Anz., p. 363—368.
42*
654 ERICH KOTTE,
20) DeLAGE, 1887, Sur une fonction nouvelle des otocystes comme or-
ganes d’orientation locomotrice, in: Arch. Zool. expér., (2) V.5, p. 1.
21) Freup, Sıcm., 1882, Ueber den Bau der Nervenfasern und Nerven-
zellen beim Flusskrebs, in: SB. Akad. Wiss. Wien, V. 85,
Abth. 3.
22) GaurorH, 1878, Beiträge zur Kenntniss der Naturgeschichte der
Caprellen, in: Z. wiss. Zool, V. 31, p. 100—126.
23) GERSTAECKER, A., Decapoda, in: Bronx, Class. Ordn. Thierr., V. 5,
Abth. 2.
24) GRABER, V., 1885, Vergleichende Grundversuche über die Wirkung
und die Aufnahmestellen chemischer Reize bei den Thieren, in:
Biol. Ctrbl., V. 5, No. 13.
25) Grossen, C., 1878, Beiträge zur Kenntniss der männlichen Ge-
schlechtsorgane der Decapoden etc. in: Arb. zool. Inst. Wien,
V. 1, p. 57-150) tab. 1—6.
26) Hazrer, 1880, Beiträge zur Kenntniss der Laemadipodes filiformes,
in: Z. wiss. Zool., V. 33, p. 350—422.
27) Hauser, G., 1880, Physiologische und histologische Untersuchungen
über das Geruchsorgan der Insecten, Inaug.-Diss., ibid., V. 34,
p. 367 —403.
28) Hexsex, V., 1863, Studien über das Gehörorgan der Decapoden,
ibid., V. 13, p. 319—412.
29) Horx, Carcinologisches, in: Tijdschr. Nederl. dierk. Vereen., V. 4.
(Konnte ich nicht erhalten.)
30) Huxzey, TH, 1881, Der Krebs. Eine Einleitung in das Studium
der Zoologie, Leipzig 1881.
31) Jourpar, $., 1880, Sur les cylindres sensoriels de l’antenne interne
des Crustacés, in: CR. Acad. Sc. Paris, V. 91, p. 1091—1093.
32) Jourpan, E., 1891, Die Sinne und Sinnesorgane der nied. Thiere.
Uebers. von W. MarsHaArı, Leipzig 1891.
33) Krärerın, K., 1883, Ueber die Geruchsorgane der Gliederthiere,
Hamburg 1883.
34) Leyovie, F., 1851, Ueber Artemia salina und Branchipus stagnalis,
in: Z. wiss. Zool., V. 3, p. 280—307.
35) —, 1860, Ueber Geruchs- und Gehörorgane der Krebse und In-
secten, in: Arch. Anat. Physiol., p. 265— 314.
36) —, 1860, Naturgeschichte der Daphniden, Tübingen.
37) —, 1878, Ueber Amphipoden und Isopoden, in: Z. wiss. Zool., V. 30,
Suppl., p. 225— 274.
38) —, 1886, Die Hautsinnesorgane der Arthropoden, in: Zool. Anz,
Jg. 9, No. 222 u. 223, p. 284—291; 308—314.
39) —, 1889, Ueber Argulus foliaceus, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 33,
p. 1—50.
40) May, K., 1887, Ueber das Geruchsvermögen der Krebse etc., In-
aug.-Diss., Kiel.
41) Mitne-Epwarps, H., 1834—37, Histoire naturelle des Crustacés,
Viol ay.2,. Paris.
Hautsinnesorgane und Neryensystem der Tiefsee-Decapoden. 655
42) Nager, W., 1894—96, Vergleichend-physiologische und anatomische
Untersuchungen über Geruchs- und Geschmackssinn etc. in:
Bibl. zool., V. 7, Heft 18.
43) Nemec, B., 1896, Zur Kenntniss des peripheren Nervensystems
einiger Crustaceen, in: Anat. Anz. V. 12, No. 18, p. 434-488.
44) Prentiss, C. W., 1901, The otocyst of Decapod Crustacea: its
structure, development and functions, in: Bull. Mus. comp. Zool.
Harvard Coll, V. 36, No. 7.
45) Rerzıus, G., 1890, 1892, Zur Kenntniss des Nervensystems der
Crustaceen, in: Biol. Unters., (N. F.) V. 1 u V. 4, Stockholm.
46) Rovermont, 1875, Naturgeschichte des Gammarus puteanus, Diss.,
München.
47) Rurann, F., 1888, Beiträge zur Kenntniss der antennalen Sinnes-
organe der Insecten, Inaug. Marburg.
48) Sars, Micu., 1867, Histoire naturelle des Crustacés d’eau douce de
Norvége, Christiania.
49) Sazerın, 1884, Ueber den histologischen Bau und die Vertheilung
der nervösen Endorgane auf den Fühlern der Myriapoden, in:
Mém. Acad. Sc. St. Pétersbourg.
50) SPANGENBERG, 1875, Zur Kenntniss von Branchipus stagnalis, in:
Z. wiss. Zool., V. 25, Suppl., p. 1—64.
51) Spence Bars, C., 1888, Report on the Crustacea Macrura collected
by H. M. S. Challenger during the years 1873—76, in: Rep.
Chall. Exp., Zool. V. 24, 154 pl. London 1888.
52) Vom Raru, 1886, Sinnesorgane der Antenne und Unterlippe der
Chilognathen, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 27, p. 419—437.
53) —, 1886, Die Hautsinnesorgane der Insecten, in: Z. wiss. Zool.,
V. 46, p. 413—454.
54) —, 1891, Zur Kenntniss der Hautsinnesorgane der Crustaceen, in:
Zool. Anz., Jg. 1891, No. 365/6, p. 195—200, 205—214.
55) —, 1892, Ueber die von Craus beschriebene Nervenendigung in
den Sinneshaaren der Crustaceen, ibid., Jg. 1892, No. 386, p. 96
—101.
56) —, 1894, Ueber Nervenendigungen der Hautsinnesorgane der Ar-
thropoden nach Behandlung mit der Methylenblau- und Chrom-
silbermethode, in: Ber. naturf. Ges. Freiburg i. Br., V. 9, Heft 2,
p. 137—164.
57) Wernuanp, E., 1890, Ueber die Schwinger der Dipteren, in: Z. wiss.
Zool. V. 51, p. 55—166.
58) Weismann, 1874, Ueber Bau und Lebenserscheinungen der Lepto-
dora hyalina, ibid, V. 24, p. 349—418.
656
ERICH KOTTE,
Erklirung der Abbildungen.
Tafel 23—27.
Allgemein gültige Bezeichnungen.
ai Appendix interna
b accessorischer Ast am 2. Pleo-
poden des Männchens
bg Bindegewebe
bgzk Bindegewebszellkerne
bls Blutsinus
ch Chitin
en Endopodit
ep Epipodit
ex Exopodit
fl Flagellum
fle Aussengeissel der 1. Antenne
fl Innengeissel der 1. Antenne
gg Ganglion
hyp Hypodermis
Le Lacinia externa
Li Lacinia interna
m Musculatur
mol Molartheil
n Nerv
p Palpus
pbr Podobranchie
psal Psalistom
squ Schuppe der 2. Antenne
szg Sinneszellengruppe
szk Sinneszellenkern
styl Stylocerit
it Terminalstrang
tu Tuberculum
u Uropoden (2ästig)
Z Telson
Z-+u bilden die Schwanzflosse
1—7 die 7 Glieder des Endopoditen.
Die sämmtlichen Gliedmaassen mit Ausnahme der 1. Antenne sind
von der untern, dem Bauche abgewendeten Seite gezeichnet.
Tafel 23.
Fig. 1. Gesammtbild von Plesionika cottei 2. Natürl. Grösse.
Fig. 1. Antenne 20:1.
Fig. 3. 2. Antenne, 20:1.
Fig. 4. Die beiden Mandibeln. 20:1.
Fig. 5. Die rechte 1. Maxille. 20:1.
Fig. 9. Rechter 3. Maxillarfuss. 6:1.
Fig. 10. x 1. Rumpffuss. 6:1.
Fig. ia, “ 2. n Ge
Fig. 12. + 3. | 6:48
Fig. 14. Exopodit des 3. Pleopoden. 9. 20:1.
Hautsinnesorgane und Nervensystem der Tiefsee-Decapoden. 657
Mattel 24.
Fig. 6. Die linke 2. Maxille. 20:1.
Fig. 7. Rechter 1. Maxillarfuss. 20:1.
Hase. 58. 5 2. ve 20:31.
Fig. 13. 3. Pleopod des Weibchens. 6:1.
Fig. 15. 1. Pleopod des Männchens mit umgebildeten Endopoditen.
205-7.
Fig. 16. 2. Pleopod vom Männchen mit Appendix interna (ai) und
accessorischem Nebenast (b). 20:1.
Fig. 17. 1. Pleopod des Weibchens. 20:1.
Fig. 18. Schwanzflosse (von oben). Die beiden linken Uropoden
fehlen. 6:1.
Fig. 23. Oberer Theil der Schuppe der 2. Antenne mit den ein-
gezeichneten Sinneszellengruppen und den zwischen ihnen sich hin-
ziehenden Bindegewebsbriicken. 20. 1.
Rat eli 2b:
Fig. 19. Flachenschnitt durch den äussern Ast des 3. Pleopoden.
200 : 1.
Fig. 20. Athemplatte der 2. Maxille, stärker vergréssert, mit den
eingezeichneten Gruppen der Sinneszellen. 27: 1.
Fig. 21. Flächenschnitt durch den äussern Ast der Uropoden. Der
proximale Fortsatz der Sinneszellengruppe geht in die Nervenfaser über,
der distale tritt als Terminalstrang (f) in das Haar ein. 200: 1.
Fig. 22. Giebt den vordern Rand der Athemplatte der 2. Maxille
wieder. 200: 1.
Fig. 24. Die Endglieder des 2. Thoraxfusses stärker vergrössert,
um die Haarpinsel zu zeigen. 20:1.
Fig. 25. Querschnitt durch diesen Fuss in der Höhe a des Längs-
schnitts Fig. 27. 200:1.
Fig. 26. Querschnitt in der Höhe b. 200:1.
Tafel 26.
Fig. 27. Querschnitt durch die Terminalstränge und das sie um-
hüllende Bindegewebe in der Höhe a, sehr stark vergrössert. 475 :1.
Der Schnitt wurde mit dem Zeichenapparat gezeichnet.
Fig. 28. Längsschnitt durch das Bein. 100:1.
Fig. 29. Aussengeissel der 1. Antenne, stärker vergrössert, von
der Ventralseite 27:1.
Fig. 30. Querschnitt durch die Aussengeissel. 150:1.
Fig. 31. Längsschnitt durch dieselbe; zeigt die Sinneszellengruppen
(szg), ihre Verbindung mit den Ganglienzellen (gg) sowie den Terminal-
strangen. 200:1.
Fig. 32. Zeigt die Verbindung des Ganglion mit dem Nerven. 200:1.
658 ERICH KOTTE, Hautsinnesorgane u. Nervensystem der Tietsee-Decapoden.
Fig. 33. Vergrösserte Darstellung der Geschmacksfäden und ihrer
Innervirung. 200:1.
Fig. 38. Ein einzelnes Haar stärker vergrössert. 27:1.
Tafel 27.
Fig. 34—38 beziehen sich auf Nematocarcinus undulatipes.
Fig. 34. 2. Rumpffuss. 16: 1.
Fig. 35. 3. A Loads
Fig. 36. 4. a LETAS
Pis, 81/5: rs 16.1
PR CURE EN =
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
On certain Features of the Lateral Canals and Cranial
Bones of Polyodon felium.
By
Edwards Phelps Allis jr., Menton.
With plate 28 and 2 figures in text.
I have lately received a considerable amount of material collected
in the United States before the temporary closing of my Lake Labo-
ratory at Milwaukee, Wisconsin. Among other things there were
several very badly preserved heads of Polyodon foliwm, one entire
specimen, about one foot long, of the same fish, and an incomplete
and somewhat broken set of the dermal bones of the head.
As I have never been able to fully accept, or even to fully
comprehend, certain of COLLINGE’s statements (7) regarding the
lateral sensory system of this fish, and as the investigations with which
I am at present occupied lead me to make frequent references to his
work, I havé immediately attempted to control that work in so far
as my material would allow. The condition of my material has, un-
fortunately, limited this control almost exclusively to the general
distribution of the lateral canals, and their relations to the several
crapial bones. This limited investigation has, however, not only con-
firmed, as I expected, certain inaccuracies in COLLINGE’S description
of the canals and surface sensory organs, but also, and most un-
expectedly, led to the discovery of certain errors and omissions in his
and BripGe’s (6) descriptions of the cranial bones of the fish.
Before beginning the descriptions of the canals and their related
bones, reference must be made to certain descriptive terms used and
misused by COLLINGE.
Under the heading “Nomenclature” this author says (p. 504):
“3. A system of fine dermal canals running from the main canal
or a branch of the same, and opening by a series of fine branches to
the surface by isolated pores, will be termed cluster pores (peripheral
organs of ALLIS).”
660 E. PH. ALLIS,
“4. The fine pore-like openings spoken of as ‘pinhole’ pores by
many authors I shall term primitive pores, as illustrating the most
generalised form, e. g. certain Elasmobranchs and Polyodon, Psephurus
and Acipenser.”
On p. 509 he says: “A series of small branches pass off from the
hyomandibular portion [of his main canal] and are distributed over
the opercular flap, and terminate in cluster and primitive pores.”
On p. 510: “At the base of the follicle a sensory organ was
present, in which no difference could be seen from those found in the
cluster and primitive pores, excepting in size. From their structure
and position I regard them as modified cluster pores and synonymous
with the sensory follicles which Fritsch speaks of as ‘Spalt-Papillen’.”
On p. 512: “Judging from the two examples I have investigated
of Polyodon, 1 should say that it is a feature of rare occurrence for
a branch to terminate in primitive pores only, as in Pl. 39, fig. 3b.”
He then, on p. 513, gives a description of the histological structure
of what he says are the cluster pores of his nomenclature. In this
description he says that these pores “agree almost in every detail
with the ‘Spalt-Papillen’ of Fritsch”; and the reader is referred, in
support of this, to his fig. 4, tab. 30, which purports to be a longi-
tudinal section through one of them.
Regarding the primitive pores he says (p. 514): “Histologically
they appeared to be miniature cluster pores.”
An examination of my several specimens shows, what any careful
worker would have concluded, that both in his descriptions and in
his figures COLLINGE has sadly mixed up his organs and pores, and
that what he intends to designate as cluster pores are not a special
form of surface sensory organ, but simply the surface openings of
the several branches of a branching primary tube which leads inward
into one of the lateral canals, the whole system of tubes and pores
being strictly similar to one of the dendritic systems described by me
in Amia (1).
What the surface organs he shows in his figures 4 and 5 may
be is not so easily determined, but it is clearly evident that neither
of them can by any possibility represent a simple and normal cluster
pore. The so-called section through one of these pores might pos-
sibly represent a pore that had, in pushing its way along the outer
surface, encountered and partly swallowed, so to speak, one of the
several kinds of surface sense organs that CoLLINGE says are found
on the head of the fish; for I found, in Amia (1, p. 506), an example
RÉ Di u
—
On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 661
of such a secondary enclosing of a surface organ in the mouth of a
primary tube of a lateral canal. It seems to me, however, that CoL-
LINGE’s fig. 4, which purports to be a section through a cluster pore,
is, on the contrary, a section through a primitive porc; while fig. 5,
instead of being a section through one of the latter pores, is probably
a section through a distinctly different organ, doubtless one strictly
similar to the surface pit-organs of Amia, and which one might naturally
except to find on the head of this fish.
The so-called primitive pores are found in distinct and separate
groups, many of these groups being subdivided, more or less distinctly,
into separate subgroups. Cut A shows one of these groups, taken
from the dorsal surface of the head of one of my specimens in a
place where the epidermal layer of the skin was still in place but
much disintegrated. Cut B shows another group, taken from the hyo-
mandibular region and selected because of the intimate relation of
the group to certain of the “cluster pores” of the hyomandibular canal.
The epidermal layer of the skin was here entirely gone, but the figure
shows, beyond question, that the relation of the cluster and primitive
pores to each other is one of proximity only. The two figures also
seem to indicate, and sections through other groups seem to almost
positively confirm, that the several organs of a group of primitive
pores all arise by the subdivision of a single patch of sensory tissue
which primarily represents the group, this subdivision being brought
about, not by a process of budding, as in the lateral canal organs of
Amia, but by the gradual growth of ridges, formed of the underlying
tissues, which force their way, wedge-like, toward the surface, through
the overlying sensory tissue. Certain of these ridges are certainly
bisecting ones, each of which cuts a pre-existing organ into two parts.
But many of them would seem to develope at the same time, cutting
the pre-existing organ or patch at once into several parts. As the
662 E. PH. ALLIS,
sensory tissue of which this organ or patch is formed is less tall than
the adjacent non-sensory tissue, the sensory patch lies, like the pit-
organs of Amia and teleosts, at the bottom of a little pit. The sub-
dividing ridges that grow up through the patch thus first cut the
organ and then the pit into two or several parts, each ridge thus
finally becoming a separating partition, at first relatively thin but
often gradually thickening until a relatively considerable portion of
the outer surface of the skin lies between the two or more parts of
the bisected or multisected organ. A group of organs each resembling
the single nerve-sacks of MERKEL’s descriptions (15) of Acipenser
would thus arise, that author’s fig. 5, tab. 5, of a transverse section
through such an organ being, as far as my material shows, an ex-
cellent illustration of a transverse section through one of the organs
of Polyodon that is in process of Subdivision. In Acipenser, however,
MERKEL Says (p. 37) that the separating partitions do not rise to the
level of the outer surface of the skin, the primary depressions or pits
thus never undergoing complete subdivision, and several nerve-sacks
accordingly opening on the outer surface by a common opening.
The nerve-sacks of Acipenser are considered by MERKEL as the
homologues of the ampullae of selachians. ‘These latter organs each
arise, according to MINCKERT (16), from a single epidermal sensory
thickening. This single patch of sensory tissue, at a certain period,
sinks rapidly beneath the surface, and then must first of all acquire an
annular disposition around the future centrum of the organ, for both
MERKEL’s (p. 44) and Praspopy’s (17) descriptions indicate that the
flat top of the centrum is non-sensory. The centrum thus probably
pushes up through an overlying layer of sensory tissue exactly as the
bisecting or multisecting ridges of the primitive pores of Polyodon do.
Still later, the resulting ring of sensory tissue becomes cut up into
several portions by the growth of partitions radially arranged around
the centrum, each partition undoubtedly pushing upward through over-
lying sensory tissue, thus completing the analogy with what I conclude
to be the manner of development in Polyodon.
Polyodon, Acipenser, and selachians thus present three successive
stages in the development of the ampullae; and MERKEL considers all
uerve-hillocks of these or other fishes as a fourth and still earlier
stage. This latter conclusion I would accept only in so far as it
applies to those nerve-hillocks of certain fishes that are said (11) to
be innervated by the communis fibres of one or the other of the
several cranial nerves; the ampullae of selachians being, in my opin-
On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 663
ion (4), homologous with the terminal buds of teleosts and not with
organs related to the lateral sensory system ‘).
1) As this is going through the press I have received No. 10/11, V. 21
of the Anatomischer Anzeiger in which J. B. Jonnstron publishes an
article entitled, “The Homology of the Selachian Ampullae. A note on
ALLIS recent paper on Mustelus laevis.” In this article, JounsTon says:
“Mr. Aruıs makes an argument to show that the nerve sacs of ganoids
and the ampullae of selachians are the homologues of the end buds of
teleosts, rather than of the lateral or pit-organs. This argument appears
to me wholly unsound and likely to lead to further difficulties in a
matter which the work of several authors during the last three years
has just redeemed from great and needless confusion.”
If this prove true no one will regret it more than myself, but I
can not see, as yet, that Jounston brings forward anything whatever
to disprove my position excepting certain general assertions that are
certainly not substantiated either by adequate reference or by his own
personal investigations. That end buds are all innervated by fibres
that “find their central endings in the lobus vagi”; that all other forms
of cutaneous sense organs are innervated by fibres that “have their
central ending in the nucleus funiculi, tuberculum acusticum, or the
cerebellum”; that the respective centers for the lateral line and end
bud fibres are so separate and stable “that it is utterly impossible for
fibres or centers to ‘undergo modification’ of any sort such as I under-
stand Aırıs to mean”; that, “It is impossible that these organs [end
buds and lateral line or pit organs] should ever resemble one another
in any other than a superficial way”; and that end buds are organs
“with visceral function (e. g. taste)”, while all other surface sense organs
are organs “with a somatic function (e. g. touch &c)”, are certainly nothing
“more nor less than deductions from the theory he seeks to establish
in his several works instead of established facts on which to base that
theory. Of exactly similar character was also his earlier statement,
since somewhat qualified, that end buds are all of endodermal origin.
His observation on the feeding habits of Acipenser, made and recounted
in order to substantiate his assertion that endbuds are organs of taste
and not of touch, is wholly inadequate; for if two or more blind and
hungry men were to be put before a table on which they were led to
believe that there were articles of food, they would most certainly pass
their fingers rapidly over the forks, knives, spoons and plates and close
with avidity on an apple, mutton-chop, or other well known article of
food, exactly as the sturgeon is said to quickly protrude its mouth
whenever its barbles “touch an earthworm or other suitable food-body”.
Furthermore, MERKEL, whom Joxnsron cites as a competent authority
on this subject, considered that the sensation of taste was limited to
end buds on the tongues of mammals only.
As to Jounston’s strong exception to WIEDERSHEIM’S statement that
lateral line organs pass through a stage in their development in which
664 E. PH. ALLIS,
Turning now to the lateral canals, the main lateral canal of the —
head of Polyodon is a direct anterior continuation of the lateral canal
of the body, as CoLLINGE says, but, contrary to -what that author
they resemble end buds, and his assertion that this has never received
confirmation, he can not be familiar with Maurer’s work on “Die Epi-
dermis und ihre Abkömmlinge”, published in 1895. In that work he
would have found the following statements (p. 300): all cutaneous sense
organs “sind stets in ihrem Bau von der einfachsten Form ableitbar”;
(p. 301): “wir müssen aber festhalten, dass sie aus gleichartigen An-
lagen hervorgegangen sind”; (p. 301): “alle diese Organe epidermoidaler
Herkunft sind”; and (p. 323): “Ich habe Gründe angeführt, die dafür
sprechen, dass Endhügel aus Sinnesknospen hervorgehen können.”
MAURER furthermore says that all the cutaneous sense organs of Am-
phibia “stellen niemals Endknospen dar, sondern sind immer und aus-
schliesslich nach dem Typus der Endhügel gebaut”. If this be so, and if
Endhügel und Endknospen be not derived the one from the other, we
are led to the conclusion, under Jonnsrows theory, that a large number
of irregularly scattered lateral sensory organs are found in amphibians,
selachians and the cartilaginous ganoids, “which have wholly disappeared
in Amia”, together with their related nerves, there being replaced, topo-
graphically, by a totally different set of organs and nerves. And Joun-
STON simply says, at least in so far as the selachians and cartilaginous
ganoids are concerned, that “there is no difficulty in this supposition.”
As to the possibility of a portion of a certain cerebral center be-
coming. so to speak, detached from that center, and then attached to
another center, as I suggested; or even as to the possibility of that
detached portion changing markedly in function, which formed no part
of my suggestion but does form part of Jounsron’s interpretation of it;
we have Jonnsron’s own statements, in his work on “The Brain of.
Acipenser”, that, (p. 120) “Of these nerves the V is the most constant
in Vertebrates, but it has become separated with its sensory nucleus
from the central apparatus of the VIII nerve in the higher forms”;
and (p. 186), “In the History of Vertebrates the habenular apparatus
seems to have changed its functions. In primitive Vertebrates it served
the parietal eye and the olfactory apparatus. ... In the higher forms
the ganglion serves as part of certain indirect paths and possibly as
an optic center”.
Under all these circumstances it seems to me that I am fully
warranted in slightly changing two of Jonnsrow’s expressions, and saying
that, had Jounstron studied the peripheral distribution of the fibres he
finds arising in certain cerebral tracts with anything like the care that
has characterized his several researches upon those tracts themselves,
and had he thoroughly acquainted himself with the structures in the
epidermis that those fibres innervate, he could not for a moment have
entertained the hypothesis which he tries by a long and laborious ar-
gument to establish.
> ct u
On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 665
says, the canal does not, on leaving the most anterior ossicle of the
lateral line, immediately enter bone C! of BrinGe’s descriptions.
Before reaching that bone it first traverses a short canal in a bone
that is considered by GEGENBAUR (9, p. 113) as the most dorsal one
of two supraclavicularia, the canal traversing that bone obliquely,
near its dorsal end, exactly as it traverses the supraclavicular in
Amia. This relation of this bone, in these two fishes, to a lateral
canal, as well as its general relations, in each of them, to the skull
and to the other bones of the shoulder girdle, all show conclusively
that the bones of the two fishes are homologous. In Polyodon the
bone is said by GEGENBAUR (9, p. 106) to be a “Deckknochen”, pri-
marily developed in relation to an underlying cartilage, this cartilage
having wholly disappeared in Polyodon but being still retained in
Acipenser. While I am inclined to doubt this derivation of the bone,
thinking it much more probable that it is derived from a scale-like
bone related to a lateral canal, it is evident that if it has, primarily,
the origin that GEGENBAUR ascribes to it, it must contain, in Amia
and Polyodon, two distinct components, a membranous and a lateral
canal one; provided, of course, that the sensory organs of the lateral
canals are actually centres of independent osteoblastic proliferation, as
KLAATScH (14) asserts. Whether the bone in Acipenser, also, contains
this lateral canal component I can not tell from the descriptions, but
in Menidia it would seem not to contain such a component, for HER-
RICK (11, p. 37) says that the suprascapular of that fish is wholly
unrelated to the lateral canals.
The short section of lateral canal enclosed in the supraclavicular
of Polyodon probably lodges a single sense organ of the main lateral
line, for there is a primary tube at each end of the section and no
intermediate one. In Amia the bone lodges two organs.
Having left this bone, the canal, in Polydon, enters bone C1 of
BripGe’s descriptions, this bone being considered both by that author
and by CoLLINGE as the posttemporal, which bone is the suprascapular
of my nomenclature. The canal traverses this bone for a short di-
stance only, as shown in the accompanying figures, the short section
of canal enclosed in the bone probably containing a single sense
organ; for, as in the case of the supraclavicular, there is a primary
tube at each end of the section, and no intermediate one.
Having left the canal in this bone the lateral canal continues
forward, as COLLINGE says, “in a series of small canal bones”; but
these bones lie mainly dorsal to the anterior arm of Cf, immediately
666 E. PH. ALLIS,
beneath the thin skin of the fish, and not “on the dorsal surface of
the dermo-sphenotic of BRIDGE”; an anterior ossicle, or the anterior
portion only of that ossicle, alone lying dorsal to the posterior portion
of the above mentioned bone. ‘This anterior ossicle of the series lies
directly and closely upon the so-called dermo-sphenotic, the posterior
ossicles of the series being separated by a considerable space, filled
with connective tissue, from the underlying arm of the bone C1.
This series of lateral canal ossicles varies in each one of my
several specimens, and also on the two sides of each specimen. What
would seem to be the primitive arrangement was found on one side
only of one of my specimens, and is shown on the right side of the
accompanying figure (Fig. 1, Pl. 28). Here there were five ossicles
in the chain; and a primary tube, here the trunk of a dendritic
system, arose from the canal between the first and last ossicles of the
series and the bones C! and C? respectively, and also between each
two ossicles of the series excepting only the first and second. The
tube that probably primarily had its origin from the canal between
these two last-named ossicles arose at about the middle of the first
ossicle of the series, from its lateral aspect. It was enclosed in bone
for a considerable part of its length, differing in this from the other
tubes, all of which were simple dermal tubes without bony envelope.
Opposite the point where this tube probably arose, that is, between
the first two ossicles of the series, from the mesial aspect of the canal,
a branch canal arises and extends mesially nearly to the middle line
of the head, where it ends in a large dendritic system. Whether
there is here but one terminal system, or one such system and a
closely adjoining penultimate one, could not be determined, but as
the branch canal is enclosed in but two ossicles there is probably
here but a single system. A second or third system, as the case may
be, arises from the branch canal soon after it leaves the first one of
the two enclosing ossicles. It may be directed, in different specimens,
either forward or backward, and clearly indicates that we have here
to do with a commissural canal that contains at least two sense or-
gans. COLLINGE does not consider this canal as a commissure, but
this is probably because he would limit that term to a full cross-
commissure, which this canal certainly is not.
The two or more sense organs of the above described commissure
are probably innervated by a supratemporal branch of the nervus
lineae lateralis; for CoLLInGE says (p. 519) that he could find no
On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 667
branch of the glossopharyngeus going to any of the organs of the
lateral line system, and that a branch of the vagus, which innervates
the anterior portion of the lateral canal of the body, “also innervates
the cluster pores in the occipital region”. This probable innervation
of the commissure, together with its origin from the main canal
slightly anterior to the suprascapular, clearly indicates that it must
be the homologue of the supratemporal commissure of Amia and
teleosts, and that the two enclosing ossicles must accordingly represent
all, or a part, of the extrascapular (supratemporal) bone of the fish.
The lateral one of the two ossicles, on this side of this fish, did not
enclose any portion of the main canal. In all the other dissections
made, and as shown on the left side in the figure, it enclosed a part
of that canal both anterior and posterior to the tommissure, the
lateral ossicle of the commissure apparently fusing with that ossicle
of the main line that lies between it and bone C1, and the united
ossicles then not only encroaching upon the canal anterior to the
commissure, but often also fusing with the mesial ossicle of the com-
missure. A single T-shaped bone thus often arises which encloses
the commissure and a short section of the main canal, exactly as the
extrascapular does in Amia. The primary tube that arose, on the
right side of the figure, at the middle of ossicle 1, arose, in most of
the other dissections, directly opposite the lateral end of the com-
missure; and was enclosed, nearly to the point where it begins to
branch, in a delicate tube of bone. This enclosing of the primary tubes
in bone, it may here be mentioned, is the general rule in Polyodon.
Anterior to this T-shaped extrascapular bone, between it and
bone C?, there were, in the several specimens, either two, three, or
four lateral sensory ossicles, with three or four related primary tubes.
There is thus, in these little bones, an evident tendency to fuse, and
they would seem to represent a single cranial element; for in no
case were any of them fused either with the extrascapular or
with the bone C2 Their position would seem to indicate that
they represent the entire lateral canal component of a squamosal
bone, and as such I should certainly consider them if BRIDGE and
CoLLINGE had not both considered bone C? as the dermo-sphenotic.
This will be further discussed below; but as these ossicles cer-
tainly form part, if not the whole, of the lateral component of the
squamosal, they will be for convenience referred to as the squamosal
ossicles.
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 43
668 E. PH. ALLIS,
On leaving the anterior end of the anterior squamosal ossicle,
the main infraorbital canal enters a canal in BripGe’s bone C2, a
bone which both BRIDGE and COLLINGE consider a single one, and
which they both homologize, as already stated, with the dermo-
sphenotic of other fishes. This bone is not, however, a single bone,
either in my prepared skull or in either of the several other specimens
examined, there being composed, in each case, of three or more wholly
separate and distinct bones. The two principal bones here concerned
are, however, so closely and intimately applied to each other that
they might easily be mistaken for a single piece, and this doubtless
misled both BRIDGE and COLLINGE; for I can not believe that these
bones were not separate and independent in their specimens as well
as in mine. The remaining one or more bones that also enter into
the bone C? are little lateral sensory ossicles that might possible have
been lost in dissection by BRIDGE and CoLuINGE; but I think it much
more probable that they were seen but considered, as the other two
larger bones certainly were, as parts of a single bone. This very
mistake was, in fact, first made by both my assistant, Mr. Nomura, and
myself, when examining cursorily the bones of the prepared skull; for
although this skull had been kept some ten years in alcohol, and had been
shaken about considerably in transportation, three wholly separate and
independent bones were closely united to form what was apparently a
single bone, and which corresponded exactly with bone C? of BripGe’s
descriptions.
The two or more additional bones thus here represented in the
single bone C?, complete the otherwise incomplete number of the
dermal elements of this part of the skull, and permit an inter-
pretation of the several cranial bones not otherwise arrived at. As,
however, two different interpretations can be given to the several
bones here concerned, between which I hesitate to decide, I shall
call them for the present, bones 7, 2 and 3; bone 3 being re-
presented by the one or more little lateral sensory ossicles above
referred to, together with certain more anterior ones that seem
to have entirely escaped the notice of both BRIDGE and COLLINGE.
These several bones are all shown in the figures, and no special de-
scription of them is necessary. A large lateral portion of bone 1 lies
directly upon the mesial portion of the posterior half of bone 2, while
its mesial edge articulates by sutures with bones B' and B? of
Brınge’s descriptions, the articulation being more important with B*
On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 669
than with B!. The bone was found in two pieces in two of the dis-
sections, the smaller or additional one of the two pieces in each case
enclosing a section of the supraorbital canal. The posterior one or
two of the several ossicles that together form bone 3 lie directly upon
the dorsal surface of bone 7 and bone B?, while the one or two
anterior ossicles bridge the interspace between PB? and bone 2, resting
at either end upon the dorsal surfaces of these two bones. In one
dissection two long and delicate spicules of bone extended mesially
from the bridge of bone and reached and rested upon the dorsal
surface of the lateral edge of bone B?; a similar spicule extending
laterally from this latter bone and resting upon the ventral surface
of the ossicles of the bridge. In another specimen a similar spicule
extended laterally from bone B? and reached and rested upon the
ventral surface of the ossicles of the bridge.
The main infraorbital canal, when it leaves the anterior end of
the chain of squamosal ossicles, enters the bone that I have called
bone 7 not far from its hind edge, and from there runs forward to
the middle and thickest part of the bone. There the single canal
separates into two parts, one turning downward and forward as the
postorbital part of the main infraorbital, while the other runs mesially
and forward as the supraorbital canal; each of these canals soon
leaving bone 7 to enter, respectively, bones 2 and 3.
Bone 7 thus encloses a Y-shaped portion of the lateral canals of
the head, taken at and around the point where the supraorbital and
main infraorbital canals anastomose, the former canal quite certainly
here anastomosing with the latter by a terminal and not by a penult-
imate primary tube. From the Y-shaped portion of canal thus en-
closed in this bone certain tubules always arise, but their number and
position varies greatly. Normally a double dendritic system should
be found at or near the point of anastomosis of the two canals, and
one to three branching tubules did there arise in all but one of the
several specimens examined. In nearly every instance there was a
tubule at or near the point where each of the three arms of the Y
entered or left the bone, these tubules either arising from the canal
directly between the two adjoining bones, or near that point but en-
closed in one or the other of the two adjoining bones. The tubules
thus seemed to indicate that there was at least one sense organ in
each arm of the Y, but unfortunately, the sense organs themselves
could not be positively recognized at any place in any of the canals.
43*
670 E. PH. ALLIS,
On leaving bone 7 the main infraorbital canal enters and traverses,
somewhat transversely, bone 2; at about the middle and thickest part
of which bone the dorsal end of the so-called hyomandibular canal
usually anastomoses with the main infraorbital. In one specimen,
however, this anastomosis took place between bones 7 and 2, a simple
dendritic system arising from the main infraorbital as it traversed
bone 2. A primary tube always arises from the hyomandibular canal
near the point of anastomosis with the main infraorbital, and it is
doubtless the tube of the double system that should normally there
be formed.
Having left bone 2 the canal passes downward behind, and for-
ward below, the eye, there being enclosed in a series of ossicles, as
BripGe and CoLLInGE have both stated, these ossicles lying in the
connective tissues at a certain distance below the skin, and not im-
mediately beneath the skin as they do in the supratemporal region.
Anterior to the eye the canal is said by CoLLINGE to anastomose
with the anterior end of the supraorbital canal, but I have failed to
find any trace of such an anastomosis in either of the several dis-
sections made. The supraorbital canal, in all these several specimens,
ends in a terminal dendritic system that lies in the roof of the nasal
cavity some distance dorsal to the main infraorbital canal. The latter
canal here runs directly forward, without bend or break, lying in the
loose connective tissues beneath the skin on the ventral surface of
the snout, and giving off a number of primary tubes each of which
opens by several pores on the ventral surface of the long spatula-
shaped snout. Whether the canal was here enclosed in “a series of
canal bones”, as CoLLINGE states, or not, I did not attempt to definitely
determine, but it seemed to be in large part, a purely membranous
tube. COLLINGE says that the canal here passes “forwards and in-
wards towards the parasphenoid and continues along its lateral border” ;
and that as it approaches “the anterior portion of the rostrum the
diameter of the canal becomes less, diverges laterally, and passes
around the anterior border, joining with its fellow half of the opposite
side in the median line”. The bone here referred to as the para-
sphenoid must either be the vomer of BRipGE’s descriptions, or the
“azygous splint” that BripGe says (p. 692) “would appear to be the
homologue of the anterior parasphenoid described by PARKER as ex-
isting in Rana pipiens”. This azygous splint of Polyodon, it is to be
noted, lies on the ventral surface of the snout considerably anterior
to the mouth cavity, while the anterior parasphenoid of Rana lies in
DAT EST. a
D
7,
On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 671
the roof of the mouth cavity itself. It is thus evident either that the
mouth cavities in the two animals, or the two bones here under con-
sideration, can not be homologous; and this applies to the vomer
bones of the two animals as well as to the so-called anterior para-
sphenoids. In the region where the vomers and the anterior para-
sphenoids articulate by suture with each other there are, on the
ventral surface of the snout, two little tentacles, one on each side.
These little tentacles, which have not been heretofore described so far
as I can find in the literature at my disposal, must correspond to the
larger tentacles of the sturgeon, and would mark the anterior limit
of the region included in the roof of the mouth of teleosts, if they
mark that limit in the sturgeon, as I was led, in an earlier work
(No. 3, p. 274), to suggest.
The prenasal portion of the main infraorbital lateral canal, which
COLLINGE says is a continuous canal uniting around the anterior border
of the snout with its fellow of the opposite side, I could not satis-
factorily trace. Only two of the snouts of my specimens had been
preserved, and in the two dissections that I made the canal apparently
came to the surface and there ended ‘at about the place where Cor-
LINGE says that it “diverges laterally”. Anterior to this point other
canals were found, but I could not be at all sure that any of them
were lateral sensory canals. I accordingly had a considerable portion
of the snout of my small specimen prepared for sectioning, and
sectionized by my assistant, Mr. G. E. NicHozLs, but the material
was found to be in such an unsuitable condition that but a few
sections were cut. These few sections, however, established the fact
that there is a cross-commissural lateral canal near the anterior end
of the snout of the fish, and that it traverses the cartilage of the
end of the rostrum instead of passing around its anterior border as
COLLINGE states. In the section of canal here enclosed in cartilage
there are apparently two sense organs on each side, for two nerves,
on each side, run backward from the transverse canal in canals
in the cartilage. The two mesial ones of these four canals, one
on each side, first unite to form a median canal, and then sepa-
rate and open separately on the ventral surface of the cartilage.
Anterior to the commissure an anterior continuation of the canal
of either side, or the trunk of a dendritic system, whichever it may
be, continues forward in a deep slit in the lateral edge of the carti-
lage, the slit being several times deeper than the diameter of the
canal. This canal or tube, and also the transverse commissural canal,
672 E. PH. ALLIS,
are both enclosed or partly enclosed in a bony envelope apparently of
dermal origin, dermal bone thus here being found inside the cartilage
of the skull. Posterior to the commissure, as far as traced, the
sensory canal lies external to but close to the lateral edge of the
cartilage of the rostrum, and is partly enclosed in bone.
In the adult the commissural sensory canal above described tra-
verses a relatively well developed canal near the end of the carti-
laginous rostrum, and the median portion of this canal has become a
fairly large median chamber. This chamber lies anterior to and wholly
independent of the large central cavity of the rostrum described by
BRIDGE, and was apparently entirely overlooked by that author. It
is a median sensory chamber developed in relation to the lateral
sensory system, and is not found in any other fish I know of, ex-
cepting in the Muraenidae, in which fishes it is, however, wholly en-
closed in dermal bone and not in cartilage. This median chamber
in the Muraenidae lodges a part of the ethmoidal section of the main
infraorbital canal, as is fully described in another work (5). The
cross-commissural canal of Polyodon is thus probably also an ethmoidal
section of the main infraorbital line of the fish.
The supraorbital canal, starting from its point of anastomosis
with the main intraorbital canal, lies for a short distance in the
antero-mesial arm of bone 7, and then enters and traverses the series
of three or more ossicles that together constitute bone 3; the canal
turning gradually forward and then forward and laterally as it tra-
verses the chain of ossicles. The one or two posterior ossicles of the
series lie, as already stated, on the dorsal surface of bone 1, or on
the dorsal surface of that bone and bone 6? of Brıpge’s descriptions.
The more anterior ossicles span the space between B? and bone 2.
Beyond the anterior ossicle of this series the canal crosses somewhat
transversely the dorsal surface of bone 2, there being a dermal tube
supported by imperfect bone formation. At the lateral edge of bone 2
the canal turns downward and forward and enters a little ossicle that
lies in the roof of the nasal cavity, between the two nasal openings.
Several tubules arise from the canal as it traverses this little bone,
and they would seem to belong to two dendritic systems, though they
may all belong to a single system. If they belong to two systems
one of them is certainly a terminal system; for the canal is not
continued beyond the bone. The bone is thus evidently the nasal
bone of the fish, and it was apparently wholly overlooked by both
BRIDGE and COLLINGE, the former of which authors says that the
On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 673
nasal is “apparently” represented in his bone C*. This latter bone
thus certainly not being a piscine nasal bone is probably a “dermal
ect-ethmoid”, a possibility that BRIDGE suggests though treating it as
improbable.
The hyomandibular canal, on both {sides of all of my several
specimens, arises from the main infraorbital canal anterior to the
point of anastomosis of that canal with the supraorbital canal. CoL-
LINGE shows this canal, in all of his several figures, arising posterior
to that point, apparently from the main infraorbital canal as it tra-
verses my bone 7. This is such an important difference that it seems
to me that COLLINGE must here be in error, for the canal arising, as
it does in my specimens, from the postorbital portion of the main
infraorbital has an origin comparable with that of the similarly named
canal in selachians; while arising, as COLLINGE shows it, from the
squamosal portion of the main infraorbital canal, and yet anterior to
the spiracle, it would have an origin and position totally different
from that of any known canal in other fishes. From its point of
origin in my specimens it runs downward and backward antero-ventral
to the spiracle, and then has the general course that COLLINGE gives.
The mandibular portion of the canal ends, however, in a definite
terminal tube opening by a single pore, instead of gradually diminishing
in size and vanishing in a point, as COLLINGE shows it. There are
also, in all my specimens, several primary tubes given off in this
mandibular portion of the canal, most of them being short and simple
tubes opening by a single surface pore. There is no slightest in-
dication, in any of my specimens, of the maxillary branch shown and
described by CoLLINGE. There are also no primary tubes, in two of
my specimens, and but one in another, on the anterior side of the
hyomandibular part of the canal, a place where CoLLINGE shows four
large dendritic systems. Certain of the branches of the dendritic
systems of this part of the canal, in my specimens, as in COLLINGE’s,
open by pores that are in marked proximity to the pit-like organs of
the region, COLLINGE’s primitive pores, but the relation is certainly
one of proximity only. The canal is everywhere enclosed, or partly
enclosed, in delicate bones, these bones, in the hyomandibular region,
lying in the skin superficial to the hyomandibular; while in the
mandibular region they lie, in the posterior part of the length of the
canal, superficial to the interhyal and ceratohyal of Brıper’s de-
scriptions, and, in the anterior part of the length of the canal, between
the latter element and the mandible. In no part of their course do
674 E. PH. ALLIS,
they lie superficial to the mandible, the relation of the entire hyo-
mandibular canal being markedly to the hyoid arch and not to the
mandibular one. This is exactly what the innervation of the canal
would lead one to expect, and it is clearly evident that the constant
relation of the canal to the mandible in teleosts must be a secondary
one. It is also evident that the dentary of Polyodon, being wholly
unrelated to the lateral canal and its enclosing bones, can not be the
exact homologue of the dentary of teleosts. The lateral canal com-
ponent of this latter bone seems, in fact, to be a hyoid element that
becomes secondarily grafted on a membrane bone developed in some
relation to MECKEL'S cartilage.
The homologies of the several bones 071 the dorsal surface of
the head of the fish can now be considered. ©
Here it is evident, first of all, that Bripge’s bone B?, not being
in any way directly related to the supraorbital canal, can not alone
be the homologue of the frontal bone of other fishes. It may, however,
represent a part of that bone, if it be assumed that the bone is nor-
mally formed of two separate components of different origin, one de-
veloped in relation to the supraorbital canal and the other not so
related, and that these two components are found separate and distinct
in Polyodon. The little spicules of bone that unite bone B? and the
series of ossicles that form bone 3 certainly favour this assumption,
but it seems to me more probable that bone B? is a parietal, the
presence, in all my specimens, of a median opening between the bones
of opposite sides of the head, resembling a parietal foramen, being
decidedly in favour of this interpretation. The bones B! then become
paired supraoccipitals, instead of parietals, and this is in full accord
with their relations to the suprascapulars and extrascapulars, which
relations would otherwise be unusual.
The suprascapular, correctly identified by BRIDGE, has the normal
relations of that bone to the lateral canals, but its long anterior arm,
with the related descending lateral plate, are unusual. BRIDGE con-
siders this descending plate to represent the pedicle or leg of the
bone of teleosts. It might perhaps also contain the intercalar of those
fishes, that bone being the one with which the pedicle of the supra-
scapular normally articulates. It is here to be remembered that the
intercalar of all living fishes, so far as I know, though generally
homologized with the opisthotic of higher animals, is primarily a
purely dermal bone (2). It can not therefore be represented in the
purely primary ossification that BRIDGE describes as the opisthotic.
On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 675
Bones 7, 2 and 3 of my descriptions now remain to be con-
sidered, and, as already stated, they are capable of two different inter-
pretations. The one that first suggests itself is, that they are re-
spectively the squamosal, postfrontal, and frontal; and, considered as
such, the bones on the top of the head of Polyodon would conform
closely with the similarly named bones in GEGENBAUR’S (10) and
Huxrey’s (13) figures of the cranial bones of Acipenser sturio;
Huxrey’s bone B, shown on one side only of GEGENBAUR’S figure,
being considered as the extrascapular, and his bones I and L as the
suprascapular and supraclavicular respectively. The hyomandibular
canal of Polyodon would, however, then join the main infraorbital in
the postfrontal bone, and the infraorbital and supraorbital canals
would anastomose in the squamosal, this latter bone even probably
containing, though I cannot positively assert this, a sense organ
anterior to the point of anastomosis of the two canals. These re-
lations of this bone to the lateral canals would be most unusual, as
would also be the wide separation of the postfrontal from the frontal
by the intervening squamosal. There would also be the several lateral
canal ossicles between bone B? and the extrascapular to account for,
and it would have te be assumed either that they represent an un-
fused part of the squamosal or such a part of the extrascapular, which
latter bone would then have a most unusual anterior extension.
Under my second interpretation, which I consider much the more
probable, the point of departure is the assumption that the two or
more tubular ossicles that lie anterior to the T-shaped extrascapular
alone represent the lateral sensory element of the squamosal. My
bone 7 then becomes the postfrontal, and it seems much more proper
that a postfrontal should acquire the relations that this bone has to
the point of anastomosis of the infra- and supraorbital canals than
that a squamosal should acquire it. It is, however, contrary to all pre- |
cedent that a postfrontal bone should lodge either a supraorbital organ,
or an infraorbital organ that lies posterior to the point of anastomosis of
that canal with the supraorbital. If the bone lodges these several organs,
as seems probable, it has, however considered, an unusual relation to the
lateral canals, this certainly showing how carefully these canals must
be considered in using them to definitely determine the homologies of
the related bones. If the bone is nevertheless a postfrontal, my
bone 2 necessarily becomes a postorbital, bone 3 remaining the frontal,
as under the first interpretation; the frontal and postfrontal then
having proper relations to each other. The hyomandibular canal
676 E. PH. ALLIS,
would then join the main infraorbital in a postorbital and not in a
postfrontal bone, which is certainly much more in accord with the
position of the hyomandibular canal in selachians, which canal seems
so evidently the homologue of the hyomandibular part of the canal
in Polyodon. It is also in full accord with the position of the anterior
end of the horizontal check line of pit-organs of Amia, which line so
probably represents the dorsal part of the hyomandibular line of
Polyodon (4). Moreover, the several cranial bones of Folyodon here
under discussion would then conform closely, in their relations to
each other, with the corresponding bones in Clarias, as given by
PoLLarp (18), and also with those of Trematosaurus as given by
FRITSCH (8); excepting only in the apparent absence of an extra-
scapular bone in both these latter animals, and in the intercalation
of a lachrymal, along the supraorbital canal of Trematosaurus, between
the prefrontal and the nasal. Comparison with Clarias and Tremato-
saurus would also indicate that those lateral canal ossicles that span,
in Polyodon, the space between the bones B? and C? must together
represent the prefrontal bone of the fish, the posterior ones alone re-
presenting the frontal; the prefrontal thus lying serially along the
supraorbital canal between the frontal and the nasal. In Archego-
saurus the supraorbital canal seems (8) even to be restricted to the
postfrontal and prefrontal, not traversing the frontal at all. However this
may be, it is evident that the so-called prefrontal of many descriptions
of teleosts is quite probably not the homologue of the similarly named
bone of amphibians, the latter bone being either wholly absent in
teleosts, being there represented in the posterior one of the two nasal
bones sometimes found on each side of the head, or being completely
fused with either the frontal or nasal. But, it is needless to say,
much more extended, and especially much more careful, investigation
of the lateral system must be made before definite conclusions, based
on it, can be arrived at.
The homologies here last above proposed show, if correct, that
while Polyodon more closely approaches selachians in the arrangement
of its lateral canals than any known teleost or other ganoid, the bones
enclosing those canals more closely approach the arrangement found
in Amphibians than those of any other known living fish, excepting
Clarias, which latter fish, according to HuxLey (12), closely ap-
proaches Coccosteus in its dermal armament.
The conditions found in Polyodon, moreover, definitely establish
the fact that there is a definite lateral canal component in certain of
On certain features of the lateral canals and cranial bones of Polyodon folium. 677
the so-called dermal bones of the skull of fishes, and that this com-
ponent may be found wholly separate and distinct from another, so-
called membranous component that may form part of the same bones.
Is then this lateral component retained after the sensory organ or
organs in relation to which it is developed have disappeared? That
it may be retained without a related enclosed organ is certainly
shown by the presence, in Conger (5), of a postauditory squamosal
canal ossicle without such a related organ.
Palais Carnolés, Menton,
May 5th, 1902.
Literature.
1) Aruıs, Epwarp PHerrs jr, The anatomy and development of the
lateral line system in Amia calva, in: Journ. Morphol., V. 2,
No. 3, April 1889.
2) —, On certain homologies of the squamosal, intercalar, exoccipital
and extrascapular bones of Amia calva, in: Anat. Anz., V. 16,
Nos. 3 and 4, June 1899.
3) —, The premaxillary and maxillary bones, and the maxillary and
mandibular breathing valves of Polypterus bichir, ibid. V. 18,
Nos. 11 and 12, Oct. 1900.
4) —, The lateral sensory canals, the eye-muscles, and the peripheral
distribution of ‘certain of the cranial nerves of Mustelus laevis,
in: Quart. J. microsc. Sc., V. 45, Part 2, Nov. 1901.
5) —, The lateral sensory system in the Muraenidae. (In press.)
6) BrinGe, Wm. T., On the osteology of Polyodon folium, in: Phil.
Trans. Roy. Soc. London, Part 2, 1878.
7) CoLuingGe, W. E., The sensory canal system of fishes, Part 1,
Ganoidei, in: Quart. J. microsc. Sc., V. 36, Part 4, August 1894.
8) Frirscu, A., Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Perm-
formation Böhmens, V. 1, Prag 1879—80.
9) GEGENBAUR, CARL, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der
Wirbelthiere, Heft 2. Schultergürtel der Wirbelthiere, Leipzig
1865.
10) —, Vergleichende Anatomie der Wirbelthiere mit Berücksichtigung
der Wirbellosen, V. 1, Leipzig 1898.
11) Herrick, C. Jupson, The cranial and first spinal nerves of Menidia:
a contribution upon the nerve components of the bony fishes,
Dissertation, State Hospitals Press, Utica, N. Y., 1899.
678 E. PH. ALLIS, Lateral canals and cranial bones of Polyodon folium.
12) Huxrey, Tomas H., Preliminary essay upon the systematic ar-
rangement of the fishes of the Devonian epoch, in: Mem. Geol.
Surv., Decade 10, London 1861.
13) —, A Manual of the anatomy of vertebrated animals, New York
1872.
14) KraatscH, H., Ueber die Herkunft der Skleroblasten. Ein Beitrag
zur Lehre von der Osteogenese, in: Morphol. Jahrb., V. 21,
Heft 2, April 1894.
15) Merkez, FR, Ueber die Endigungen der sensiblen Nerven in der
Haut der Wirbelthiere, Rostock 1880.
16) Mincxert, W., Zur Topographie und Entwicklungsgeschichte der
Lorenzini’schen Ampullen, in: Anat. Anz., V. 19, No. 20, July
1901.
17) Peasopy, James E. The ampullae of Lorexzını of the Selachii, in:
Zool. Bull., V. 1, No. 4, December 1897.
18) Pouuarp, H. B., The lateral line system in Siluroids, in: Zool. Jahrb.,
V. 5, Anat., Heft 3 and 4, Oct. 1892.
Explanation of Plate.
Plate 28.
Index letters.
5! Bripge’s bone b! soc supraorbital lateral sensory
B? R usb? canal !
ESC extrascapular, or supratempo- SO(C1) supraclavicular; Berıper's
ral bone bone c!
ioc infraorbital lateral sensory canal Sg squamosal lateral sensory os-
hye hyomandibular lateral sensory sicles.
canal
Fig. 1. The dermal bones, somewhat broken, and related lateral
canals on the dorsal surface of the head of Polyodon.
a eS ee
de | a? Smee cee fens “a i le ee ee CR RS ee
Ee
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
Anatomisch-systematische Beitrage zur Kenntniss
der Tracheopulmonaten.
Von
Dr. phil. @. Glamann,
stellvertr. stadt. Oberthierarzt, Berlin.
(Aus dem Zoologischen Institut in Berlin.)
Hierzu Tafel 29—34 und 9 Abbildungen im Text.
Hinleitung.
Die dem australischen Continent und seinen Inseln eigenthümliche
Familie der Pulmonaten, die Janelliden, die sich dadurch vor allem
auszeichnen, dass sie nur 2 Tentakel besitzen, sind in der letzten Zeit
Gegenstand eines regen Interesses gewesen. Von ihren Gattungen
haben Janella, Aneitella und Triboniophorus eingehende Unter-
suchungen erfahren; besonders sind PLATE’S „Beiträge zur Anatomie
und Systematik der Janelliden‘‘ von Bedeutung für die Kenntniss des
Baues der Gattungen Janella und Aneitella sowie ihrer Stellung im
System geworden. PLATE hat als der Erste nachgewiesen, dass die
Janelliden im Gegensatz zu den auf den übrigen Continenten bekannten
Pulmonaten keine Gefässlunge besitzen, sondern eine „Büschellunge“,
wie er sie genannt hat, dass diese aus Divertikeln und Athemröhrchen,
die eine Athemhöhle umgeben, besteht und dass die Athemröhrchen
den Gasaustausch mit der Hämolymphe, die in einem grossen dorsalen
Sinus diese Lunge umspült, direct vermitteln. Er hat ferner auf den
complieirten Aufbau des Ureters aufmerksam gemacht und das Vor-
handensein eines eigenthümlichen subcutanen Sinnesorgans, welches
als ein modificirtes Osphradium gedeutet wurde, zuerst beschrieben.
Um diese neuen Gesichtspunkte für die Anatomie der Janelliden
in ihrem ganzen Umfang verwerthen zu können, wurde eine Nachunter-
suchung zunächst der noch übrig bleibenden Gattungen, dann aber mög-
lichst vieler Arten nothwendig. PFEIFFER hat in seiner Arbeit „Die Gat-
tung Triboniophorus“ die von PLATE gemachten Angaben im vollen
Umfang für diese Gattung bestätigt gefunden. Da von den über die
680 G. GLAMANN,
Gattung Aneitea vorliegenden Arbeiten keine den anatomischen Auf-
bau der Lunge und des Excretionsorgans berührt, so musste es von
Interesse sein, die fehlende Untersuchung anzustellen. Es lag die
Vermuthung nahe, dass auch bei dieser letzten Gattung für die ge-
nannten Organe dieselben anatomischen Verhältnisse angetroffen werden
würden wie bei Janella, Aneitella und Triboniophorus; gleichzeitig
konnte, falls sich auch für Aneitea wie für die andern nur ihr eigen-
thümliche Gattungsmerkmale nachweisen liessen, die Diagnose für die
4 Gattungen der Janelliden mit einiger Sicherheit aufgestellt werden.
Ich habe mit der vorliegenden Arbeit versucht, diese Lücke auszu-
füllen, indem ich 2 Exemplare der Gattung Aneitea untersucht und
im Folgenden beschrieben habe; gleichzeitig habe ich die Anatomie
von Aneitella virgata, von der vorher EpGAr A. SMITH eine kurze
Beschreibung gegeben hat, die jedoch nur Angaben über den Habitus,
den Kiefer und die Schalenkammer enthält, ohne auf den Aufbau der
Organe einzugehen, an einem Exemplare festzustellen mich bemüht.
Das Material verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Prof.
Dr. LupwiG PLATE, dem ich gleichzeitig für die Stellung dieses
Untersuchungsthemas sowie für die Förderung, die er meiner Arbeit
hat angedeihen lassen, zu verbindlichstem Danke verpflichtet bin.
Es ist mir ein Bedürfniss, gleichzeitig meinem hochverehrten
Lehrer Herrn Geheimrath Prof. Dr. F. E. Scuunze für die vielfache
Anregung und Belehrung, die ich in seinen Vorlesungen und prak-
tischen Uebungen gefunden habe, meinen tiefgefühltesten Dank aus-
zusprechen. Ich verfehle auch nicht, Herrn Prof. Dr. v. MÄHRENTHAL
und Herrn Dr. Heymons für das meiner Arbeit entgegengebrachte
Interesse aufrichtigst zu danken.
Die Gattung Aneitea ist im Jahre 1860 von Gray aufgestellt
worden. Der englische Schiffsarzt J. D. Macponatp hat im Jahre
1856 2 Exemplare einer zweitentakligen Landschnecke von der Insel
Aneiteum (Neue Hebriden) genauer untersucht und, trotzdem er nach
der ebenfalls von Gray 1850 aufgestellten und ihm bekannten Dia-
enose der Gattung Janella annahm, dass die von ihm untersuchten
Exemplare eine neue Gattung darstellten, ihnen doch keinen Namen
gegeben, sondern sie einfach als Aneiteum slug bezeichnet. Nach der
von MacpenaLp gegebenen Beschreibung und nach eigenen Unter-
suchungen, die er an Exemplaren aus Neu-Caledonien anstellte, con-
struirte Gray, da er seine Exemplare für dieselbe Art wie die Mac-
DONALD’sche hielt, als zweite die Gattung Aneitea, die er folgender-
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 681
maassen definirte: ,,Der kleine, dreieckige Mantel enthalt ein Schalen-
stück. Vom Hals [dem Theile des Rückens zwischen Kopf und Mantel]
gehen 2 divergirende Furchen nach den Lippen [dem Mundrande].
Ueber den Rücken verläuft eine mittlere tiefe Rinne, in die seichtere
Seitenfurchen schräg einmünden. Zähne viereckig, Kiefer hornig.“
GRAY machte aus der Gattung Aneitea dann die Familie Aneiteadae,
die er den Janelladae, der von ihm zuerst aufgestellten Familie,
gegenüber stellte. KEFERSTEIN, der 2 von ihm benannte Arten der
Gattung Triboniophorus beschrieben hat, sprach 1865 die Ansicht
aus, dass die bis dahin bekannten Vertreter der zweitentakligen Land-
_ schnecken alle zu einer Familie, Janellidae, gehörten und dass keine
Veranlassung vorliege, eine zweite Familie, Aneiteidae, aufzustellen.
Er bezeichnete mit Aneitea nunmehr wieder eine Gattung in der
Familie der Janelliden mit der folgenden Diagnose: „Rücken mit einer
tiefen Längsfurche und mehreren seichtern, in sie einmündenden
schrägen Seitenfurchen. Mantel klein, dreieckig. Zungenplatten [Zähne]
viereckig mit einfachem, mittelständigem, spitzem Zahn [Rhachiszahn].
Kiefer vorn flach concav, mit einem aus der ganzen Breite ent-
springenden hintern Fortsatz.“ HEpLEY hat 1889 die Gattung Tri-
boniophorus für synonym mit Aneitea erklärt und in Folge dessen nur
2 Gattungen, Athoracophorus und Aneitea, aufgestellt. Er zählt als
Arten von Aneitea auf: A. macdonaldi, A. gräffei, die HuMBERT
1863 als Gattung Triboniophorus neu aufgestellt hat, und als zweifel-
hafte Art die Exemplare, die Gray 1860 als Alkoholpräparate von
Neu-Caledonien erhielt und nach denen er seine Gattung Aneitea auf-
stellte. Triboniophorus schüttei und kreffti KEFERSTEIN halt er für
synonym mit Aneitea (Triboniophorus) gräffer.
MACDONALD, der, wie schon erwähnt, zuerst eine Beschreibung
des Aneiteum slug geliefert hat, giebt an, dass die lebenden Thiere
eine ungemein wechselnde Gestalt, bald kurz und breit, bald lang und
dünn, mit allen möglichen Zwischenstufen, annehmen können, so dass
die eigentlichen Körpermaasse sich nur schwierig feststellen liessen.
Das Thier sei etwa 21/, (englische) Zoll lang bei °/; Zoll Breite;
seine Farbe sei ein fahles Gelbbraun mit eingesprengten röthlich-
braunen oder schwarzen Flecken. Er fährt dann fort: „Auf der Mitte
des Rückens läuft eine enge Furche vom Nacken bis zu der stumpfen
Spitze des Schwanzes. Von dieser Primärfurche gehen beiderseits
kleinere Seitenfurchen ab, die einander parallel schief nach hinten und
aussen bis an den dünnen Fussrand ziehen und mit einander durch
682 G. GLAMANN,
Zwischenräume in Verbindung stehen, die quer zwischen niedrigen,
warzenartigen Hauterhöhungen verlaufen.
Der auf der rechten Körperseite etwas nach vorn von der Körper-
mitte gelegene Mantel hat an der Oberfläche nur eine geringe Aus-
dehnung; er wird begrenzt von einem Dreieck aus Hautfurchen, dessen
Winkel abgerundet sind. Die Basis dieses Dreiecks gehört der Mittel-
linie des Körpers an, die an dieser Stelle etwas nach links ausbiegt.
Der äussere, mehr stumpfe Winkel ist tief in die Haut eingekerbt und
erscheint von der Athemöffnung durchbohrt. Vom vordern Winkel
gehen 2 Seitenfurchen nach vorn, die sich so abzweigen, dass sie am
Grunde der Fühler aussen vorübergehen. Die Tentakel entspringen .
direct am Kopf und haben mit dem Mantel keine Verbindung. Sie
nehmen nach dem Ende zu an Umfang ab; die Spitze ist wieder etwas
verbreitert und trägt auf ovaler Endplatte das Sehorgan.“ Aus den
beigegebenen Abbildungen lässt sich ausserdem erkennen, dass das
ziemlich grosse Athemloch in der rechten Mantelecke sich befindet
und dass in seiner Nähe der Anus mündet.
Unter dem Namen Athoracophorus hirudo hat FISCHER 1868 eine
zweitentaklige Landschnecke folgendermaassen beschrieben: „Lang ge-
streckte Form, vorn abgerundet, hinten zugespitzt. Ueber die Mittel-
linie des Körpers verläuft eine ziemlich tiefe Längsfurche, von der
jederseits schräg von vorn und oben nach hinten und unten verlaufende
Seitenfurchen abgehen. Auf der rechten Körperseite umfasst eine Haut-
furche ein Dreieck, dessen Basis der Mittelfurche angehört und an
dessen Spitze die Athemöffnung sich befindet. Dieses Dreieck, das
dem Mantel der Limaz-Arten entspricht, ist verhältnissmässig klein, und
seine Ränder gehen allseits unmittelbar in die Körperdecke über. Eine
weitere Furche umgreift jederseits den Tentakel und einen Theil des
Kopfs; in der rechten Kopffurche mündet die Geschlechtsöffnung.
Der Mundeingang liegt auf der Unterseite vor dem Fusse. Die
Hautfarbe ist ein Gelb mit schwärzlichen, rundlichen, unregelmässig
verstreuten Flecken; der Mantel ist zumeist einfarbig.“
Mit diesen Angaben habe ich den Befund, den die Untersuchung
meiner Aneitea-Exemplare ergeben hat, verglichen; die Gegenüber-
stellung ist in Form einer Tabelle dem Untersuchungsergebniss an-
gefügt. Aus diesem Vergleich ergiebt sich, dass, soweit HEDLEY’s
Beschreibung der Aneitea gräffei genau ist, sie eine sehr nahe Ver-
wandtschaft zu meinen Exemplaren erkennen lässt. Die Angaben
über den Habitus, die Schalenreste und den Kiefer stimmen fast völlig
überein. Die Aneitea gräffei HepLey’s ist etwas grösser und zeigt
nf.
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 683
in der weissen bis lichtgelben Hautfarbe purpurrothe Binder an der
Spitze des Schildes und der hintern Hälfte des Fusses; Hepiey giebt
selbst an, dass die Thiere in Alkohol sich ganz verschieden contra-
hiren und dass das Pigment nach einigen Wochen darin verschwindet.
Auch seine Mittheilung, er habe an der vordern Spitze des Schildes
als Schalenreste ca. 12 abgerundete Kalkstückchen von unbestimmtem
Umfange gefunden, von denen das vorderste das grösste sei und aus
mehreren zusammengewachsenen Stücken zu bestehen scheine, ist nicht
anders aufzufassen, als dass in einer Schalenkammer, deren Lage der-
jenigen meiner Exemplare entspricht, mehrere Kalkstückchen, ein
grösseres und einige kleinere, vorhanden sind; selbst den scholligen
Aufbau, wie ich die Structur des grössern Schalenstückchens genannt
habe, hat HEDLEY gesehen und als Resultat des Zusammenwachsens
aus mehreren Stücken erklärt. Die Bildung des Zahnfortsatzes in der
Mitte des vordern Kieferrandes und des blattartigen Fortsatzes an der
untern Kieferfläche stimmt bei beiden Arten völlig überein; die Ent-
wicklung des Digestionstractus sowie der Genitalorgane lässt, soweit
HrepLey diese Organe mit Wort und Bild berücksichtigt hat, einen
Unterschied gegen das von mir gefundene Ergebniss nicht erkennen.
Allerdings fehlen Angaben über den Bau der Niere und des Ureters
bei HEDLEY ganz, und ich kann deshalb ein Schema, das ich bei der
Besprechung der Excretionsorgane der von mir untersuchten Exem-
plare für den Nieren- und Ureteraufbau der Tracheopulmonaten als
Versuch aufgestellt habe, der Aneitea gräffei gegenüber auf seine
Richtigkeit nicht prüfen. Die HepLey’sche Untersuchung übergeht
ferner den Rhachiszahn ganz und ist für die Seitenzähne so wenig
sagend, dass auch dieser für die Systematik mit am besten zu ver-
werthende Unterschied hier nicht in Betracht gezogen werden kann;
ich bin jedoch trotzdem genöthigt, vorläufig an der Vermuthung fest-
zuhalten, dass meine Aneitea-Exemplare zur Art der HepLeyY’schen
gräffei gehören. Bei der Uebereinstimmung der beiden Formen im
Habitus und im Bau des Kiefers und der Kalkschale muss es dahin-
gestellt bleiben, ob eine spätere, genauere Untersuchung der HEDLEY-
schen Aneitea gräffei vielleicht im Bau des Ureters und der Radula-
zähne derartig tiefgreifende Unterschiede ergeben wird, dass eine
Trennung derselben von meinen Exemplaren eine Nothwendigkeit wird.
Nicht verhehlen will ich, dass ich das Vorhandensein solcher
Unterschiede eigentlich beim Beginn der Untersuchung erwartet hatte.
Die Heprey’sche Aneitea ist eine continentale, die meine eine Insel-
form; jene stammt aus der Nähe von Brisbane und diese von den
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 44
684 G. GLAMANN,
Neuhebriden. Es war anzunehmen, dass die Veränderung der
Lebensbedingungen, wie sie die Insel dem Continent gegenüber doch
in den meisten Fallen hervorruft, eine Anpassung der urspriinglich
continentalen Form an die veränderten Bedingungen und damit eine
theilweise Umbildung des Thieres verursachen werde; einer spätern
Untersuchung der continentalen Form bleibe es überlassen, zu ent-
scheiden, ob in diesem Fall der sonst oft bestätigte Erfahrungssatz
keine Gültigkeit hat.
Ich widerspreche mit meiner Annahme, meine Aneitea-Exemplare
seien identisch mit Aneitea gräffei, auch der Behauptung PFEIFFER’s,
dass die HEDLEY’sche Aneitea gräffei synonym mit Triboniophorus und
deshalb als Zriboniophorus gräffei in diese Gattung aufzunehmen sei.
Die Behauptung PFEIFFEr’s ist wahrscheinlich veranlasst durch die
schon erwähnte Ueberlegung, dass Triboniophorus und Aneitea zwei
sich sehr nahe verwandte Gattungen darstellen, von denen 7'riboniophorus
die continentale und Aneitea die insulare Form repräsentirt; er re-
clamirt deshalb die Heprey’sche Aneitea gräffei, weil sie auf dem
Continent lebt, für die Gattung Triboniophorus. Aus den vorher an-
gegebenen Gründen muss ich die continentale Aneitea-Art wieder her-
stellen; meine Exemplare schliessen sich im Habitus und anatomischen
Aufbau, soweit sie von insularen Aneiteen bekannt sind, diesen Aneiteen
völlig an, sind also wahre Aneiteen; sie gleichen jedoch der Aneitea
gräffei HEDLEY’s dermaassen, dass das Vorkommen der Aneiteen auf
dem Continent als erwiesen betrachtet werden muss.
Habitus.
A. Aneitea.
Die beiden mir vorliegenden Exemplare der Gattung Aneitea
weichen ausser in den Maassen nur durch einen Umstand von einander
ab, der nicht als eine Verschiedenheit in der Art aufzufassen ist,
sondern eine andere, unten mitgetheilte Zufälligkeit als Ursache hat.
Ich nenne des leichtern Auseinanderhaltens halber die beiden Exem-
plare A. I und A. II und werde sie nicht einzeln besprechen, sondern
nur, wo solche vorhanden, auf die Unterschiede aufmerksam machen.
Aneitea I (Fig. 1) hat eine Länge von 87 mm, ist 16 mm breit
und erreicht ihre grösste Höhe etwa in der Mitte, wenig nach dem
hintern Körperende zu, mit 14 mm. Bei dem zweiten Exemplar be-
tragen die obigen Maasse 48 bez. 14 bez. 11,5 mm; die grösste Breite
des Fusses bei A. I misst 15, bei A. II 14 mm. Die conservirten
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 685
Thiere erscheinen stark zusammengezogen, ihre Farbe ist ein fast
überall gleichmässiges helles Grau. Der hoch gewölbte Rücken fällt
steil zu den Seitenwänden ab. Auf dem Querschnitt sieht man, dass
die Fussohle sich direct an die Seitenwände des Körpers ansetzt; ein
Hyponotum, wie es für Janella charakteristisch ist, fehlt also, da-
gegen findet sich an der Uebergangsstelle ein sehr schmaler, scharf-
randiger Saum, der namentlich bei A. I den Runzeln des Fusses ent-
sprechend in Falten gelegt ist. Bei nur wenig, aber stetig abnehmender
Höhe senkt sich der Rücken nach vorn sanft zum Munde herab. Die
Gestalt des hintern Körperendes ist nun bei A. I und A. II völlig
verschieden. Während bei A. II etwas vor Beginn des letzten Körper-
drittels der gesammte Körper sich rasch zu einer scharf auslaufenden
Spitze verjüngt, bleibt der Höhendurchmesser bis unmittelbar zu dieser
Körperstelle bei A. I derselbe, ja es findet sich hier sogar eine leicht
buckelförmige Aufwölbung der Haut, die steil. zum Körperende abfällt.
Dieser Unterschied klärte sich bei der Präparation des Situs viscerum
auf; der Digestionstractus von A. I war mit aufgenommener Nahrung,
einer braunschwarzen, feinkrümligen, humusartigen Masse, gefüllt,
während À. II nur geringe Ingesta im Darmcanal enthielt.
Die Haut ist durchweg glatt. Die geringe Felderung, die sich
namentlich im letzten Körperdrittel von A. II, wenn auch sehr schwer,
erkennen lässt, möchte ich mit PFEIFFER als eine Folge der durch
die Conservirung eingetretenen starken Krümmung der Thiere an-
sprechen. Die bei A. I, wie oben erwähnt, vorhandene, stark ge-
spannte Haut des hintern Körperendes lässt wenigstens keinerlei Ein-
drücke erkennen. Die Haut des Fusses weist zahlreiche Querfurchen
auf, von denen einzelne, tiefere, quer über die Breite des ganzen
Fusses verlaufen, während dazwischen liegende, seichtere, nur etwa
ein Drittel oder die Hälfte der Haut durchziehen. Sie vertheilen sich
auf die Strecke vom Munde bis an diejenige Stelle, wo der Körper
sich zur Schwanzspitze verjüngt; von hier ab sind sie sehr schwach
angedeutet oder verschwinden. Es hebt sich durch diese Anordnung
der Furchen ein deutlicher Mittelstreifen hervor, der, gegen die Rand-
partien der Sohle in der Farbe nicht verändert, durch seine wenigen
und tiefen Furchen auffällt, jedoch auch im letzten Körperdrittel, wo
die Furchung fehlt, deutlich abgesetzt ist. Seine Breite beträgt bei
A. I 6, bei A. II 6'/, mm. A. II zeigt im Ganzen gegen À. I sehr
schwach angedeutete Fussfurchen, doch ist auch hier der Mittelstreifen
deutlich erkennbar. Nach Hurron (1878) sind der Mittel- und die
Seitenstreifen der Fussohle lediglich auf die Conservirung zurückzu-
44*
686 G. GLAMANN,
fiihrende Erscheinungen. Er betont ausdriicklich, dass eine solche
Dreitheilung der Sohle im Leben nicht beobachtet wird und dass sie
erst auftritt, nachdem man die Thiere in starken Alkohol gebracht hat.
Im vordern Körperdrittel auf der Höhe des Rückens, nach rechts
von der Mediane, liegt ein von 3 Furchen — Mantelfurchen — gebildetes
Schild, das Mantelschild (Fig. 1 ma). Die linke Mantelfurche ist ein
Theil der von der vordern Mantelschildspitze bis zum Körperende die
Mittellinie des Rückens darstellenden medianen Rückenfurche (Fig. 1 mf).
Sie ist leicht nach links gebogen, während die rechte vordere und
hintere Mantelfurche gerade verlaufen; sie stossen fast im rechten
Winkel auf einander. Die Mantelfurchen von A. II sind alle leicht
gebogen. Das von den Furchen umschlossene Dreieck hat bei A. I
15 mm Länge und 9 mm grösste Breite (Fig. 1). Die hintere Ecke
bildet einen spitzen Winkel, die vordere ist abgerundet, die rechte
stellt einen fast rechten Winkel dar. In dieser Mantelecke, 1 mm von
den Furchen entfernt, liegt eine rechtwinklig gebogene Furche —
die Renoanalrinne PLATE’s — die durch eine secundäre Rinne mit der
rechten vordern Mantelfurche communicirt. Zwischen ihren etwas
wulstigen Rändern werden 2 Oeffnungen sichtbar, von denen die obere
die Athemöffnung (Fig. 1 atl), die untere den After (an) darstellt.
Wie später angegeben, ist eine eigentliche Nierenöffnung nicht vor-
handen, der Ureter mündet in den Athemgang (Fig. 1 atl+-o.re). Die
vorher erwähnte mediane Rückenfurche (mf) theilt sich an der vordern
Ecke des Mantelschildes in 2 divergirende Kopffurchen, die das Kopf-
schild (Fig. 1 ksch) umschliessen. Ihr Verlauf ist in so fern ein ver-
schiedener, als sie bei A. I um den Grund des Fühlers nach vorn und
innen sich herumlegen und dort in der Haut endigen, bei A. II da-
gegen sich im halbkreisförmigen Bogen aussen um die Fühler herum-
legen, convergiren und sich in der Mediane am obern Rande der Mund-
öffnung erreichen; sie umsäumen auf diese Weise einen Vförmigen
Hautlappen, den man als Stirn bezeichnen könnte. Dieser Hautlappen
wird bei A. I von einer besondern Furche — Stirnfurche — umsäumt,
die quer über der Mundôffnung in der Körperhaut flachbogig verläuft;
der Hautlappen ist dem zu Folge hier nicht Vförmig, sondern sanft
geschweift. Ferner sind hier die Stirnfurchen viel tiefer als bei A. II,
so dass man von dem Vorhandensein zweier Mundsegel sprechen
könnte. Von der medianen Rückenfurche, den Mantel- und Kopf-
furchen gehen in unregelmässigen Zwischenräumen Seitenfurchen ab
(Fig. 1 sf), die parallel von oben und vorn nach hinten und unten
verlaufen. Sie anastomosiren nicht mit einander und sind nur schwach
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 687
angedeutet, so dass sie bei A. I nur als feine, hellere Streifen sicht-
bar sind. Bei diesem Exemplar sind rechts 14, links 13 Seitenfurchen
vorhanden; À. II hat davon auf jeder Seite 21. Die Differenz lässt
sich daraus erklären, dass auf der straff gespannten Haut des hintern
Körperdrittels von A. I Furchenbildung nicht mehr wahrgenommen
werden konnte. Die Seitenfurchen liegen enger an einander am vordern
und hintern Körperende; bedeutend, bis über das Doppelte, erweitert
sich der Raum zwischen ihnen in der Körpermitte. Sie reichen bis
an den oben erwähnten gefalteten Saum an der Uebergangsstelle der
Körperwand in den Fuss heran. Ich möchte mich, was die Ver-
schiedenheit in der Zahl der Seitenfurchen sowie im Verlaufe der
Kopffurchen bei den beiden Exemplaren betrifft, der Ansicht PFEIFFER’S
anschliessen, der aus seinen Untersuchungen folgert, dass Verschieden-
heit in der Anzahl und Beschaffenheit der Furchen kein systematisches
Merkmal ist, welches zur Artunterscheidung verwerthet werden kann.
Auch hier beweist die Verschiedenheit in der Zahl der Seitenfurchen
sowie im Verlauf der Kopffurchen zweier, einschliesslich aller Organe
auch in der Farbe übereinstimmender Individuen die Richtigkeit der
Annahme PFEIFFER’s, „dass in der Ausbildung dieser Furchen eine
grosse individuelle Variabilität besteht“.
Es sind 2 Fühler vorhanden, welche die Augen tragen (Fig. 1 te).
Bei beiden Exemplaren sind sie bis auf eine sehr geringe, mit einem
Schlitz versehene Erhebung über die Haut des Vorderendes eingestülpt.
Der Genitalporus (Fig. 1 0.ge) liegt an der rechten Körperseite
in der rechten Kopfschildfurche, bei A. I unmittelbar am Grunde des
Fühlers. Der Abstand der Geschlechtséffnung vom Grunde des rechten
Fühlers bei A. II beträgt 2 mm.
B. Aneitella.
Von Aneitella virgata, die in einem Exemplar mir zur Unter-
suchung vorlag, hat EpGar A. SmitH 1884 eine kurze Beschreibung
gegeben, die von Athoracophorus virgatus, wie er die Art nennt, Fol-
gendes berichtet:
„Das in Spiritus befindliche Thier ist ziemlich dreimal so lang
wie breit; am breitesten in der Körpermitte, sehr flach und am Hinter-
ende wenig zugespitzt, mit convexem Rücken, nicht gekielt, von röth-
lich gelber Farbe, mit 5 unregelmässigen Streifen über den Rücken
von schwärzlichem Farbton, glatt, mit nur schwachen Anzeichen einer
centralen und mehreren lateralen Furchen. Der Fuss ist sehr breit,
gleichmässig gelbroth, an den Seiten mit dünnem Rand versehen. Die
688 G. GLAMANN,
Athemöffnung ist klein und etwas über der Mitte zwischen der Riicken-
oberfläche und dem Fussrand nach diesem zu gelegen; von der Oefi-
nung läuft eine enge Furche schief nach vorn zur Rückenmitte, die
sich dann theilt und an dem Augententakel jeder Seite vorbei geht.
Die Mundöffnung ist im contrahirten Zustande von einem verdickten
Rand umgeben und oben dreitheilig. Es ist ein horniger Kiefer mit
concavem Schneiderand und einem kleinen, dreiseitigen Vorsprung in
der Mitte vorhanden, der seitlich bis über die Ränder hinaus reicht.
Die Schale wird ersetzt (nur ein Thier ist untersucht worden) durch
8 kleine Kalkstückchen von verschiedener Form und Grösse — das
grösste war über 1?/, mm lang —, die in der Mitte des Rückens
wenig vor der Athemöffnung liegen. Die Maasse des Thieres be-
tragen: Länge 27, Breite 10, Höhe 8 mm; das untersuchte Exemplar
ist auf Wild Island gefunden worden.“
PLATE hat eine andere Art, Aneitella berghi, untersucht. Er be-
schreibt diese Art als schmal lanzettförmig von oben gesehen, vorn
verhältnissmässig breit, hinten in eine stumpfe Spitze auslaufend. Ein
Hyponotum fehlt; der Rücken fällt jederseits ziemlich steil ab und
bildet neben der Seitenkante einen schmalen, fast horizontalen Streifen.
Rücken- und Seitenfurchen fehlen; die beiden Kopffurchen sind von
gewöhnlicher Länge, weil sie hinten sich nicht vereinigen und um-
säumen vorn 2 deutlich ausgeprägte Mundlappen. Das Mantel-
stück ist, da die Rückenfurche fehlt, nur von einer rechten vordern
und hintern Furche begrenzt; in die erste geht die rechte Kopffurche
über. In der rechten Ecke des Mantelschildes liegt in einer halb-
kreisförmigen Furche, der Renoanalrinne, die Afteröfinung und der
Athemgang mit der Nierenöffnung, die beide zusammen ausmünden.
Die Genitalöffnung liegt an der gewöhnlichen Stelle. Der gleichmässig
schmutzig hellgelbe Grundton der Rückenfärbung wird durch Pigment-
streifen in Form von 5 Längsbinden unterbrochen, die eine Zu-
sammenhäufung zahlreicher, unregelmässig begrenzter, häufig wolken-
artiger Flecke darstellen ; ausserdem tritt Pigment in zerstreuten Flecken
auf dem Kopfschilde und dem Mantel auf. Die Länge des Thieres be-
trägt 34 mm, seine grösste Breite in der Querebene der vordern
Mantelecke 11'/, mm, die grösste Höhe in der Mitte des Mantels
7 mm.
Mein Exemplar von Aneitella virgata (Fig. 2) ist 23 mm lang,
10 mm breit und 11 mm hoch. Das vordere Körperdrittel ist ge-
wölbt, sonst erscheint die Form flach. Das Hinterende läuft in eine
stumpfe Spitze aus; an den beiden Seitenwänden findet sich ein
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 689
ca. 2 mm breiter, unregelmässig gezackter Saum (Fig. 2 s). Die Farbe
ist ein stumpfes Gelblichweiss; über die Oberfläche des Thieres ver-
laufen 5 einzelne, dunkel tingirte Streifen, von denen 2 neben der
Mediane des Körpers liegen und 6—8 mm Länge erreichen; neben
ihnen findet man noch 3 kürzere.
Die Haut erscheint völlig glatt. Weder die bei A. I und II vor-
handene Rückenfurche und die Seitenfurchen noch Furchen in der
Fussohle sind bei Aneitella zu bemerken; auch der eigenthümliche
hellere Rückenstreifen des Fusses fehlt hier. An Stelle der Mantel-
furchen findet sich rechts etwas vor der Körpermitte, zwischen der
Körpermediane und dem Rande eine Linie in Halbbogenform mit
3 Quereinschnitten (Fig. 2); sie begrenzt das Mantelstück (ma) von
rechts und setzt sich in eine seitliche Furche fort, die in sanftem
Bogen bis zum rechten Tentakel (Ze) führt. In den Halbbogen — die
Renoanalrinne — münden, wie sich später aus Schnitten hat fest-
stellen lassen, der Reihe nach von vorn nach hinten ein: der Harn-
leiter, der Athemgang und das Rectum; die ersten beiden dicht neben
einander (Fig. 2 atl+o.re+ an). Ein Kopfschild fehlt; eine nach
links abgehende, sehr undeutlich erscheinende Seitenfurche, die bald
in der Haut verschwindet, ist wohl nicht charakteristisch, sondern auf
die Contractionswirkung der Conservirungsflüssigkeit zurückzuführen.
An der Grenze des ersten und zweiten Körperdrittels mitten auf
dem Rücken liegen in der Haut etwa 12 grössere und kleinere
Bläschen (Fig. 2 sch), die einen weisslichen Inhalt durchschimmern
lassen. Es sind dies Schalenbläschen, die leicht glänzende Kalk-
stückchen enthalten. Eine vor ihnen sich nach der linken Seite herab-
biegende dunkle Schleife hat sich bei der Präparation als eine Darm-
schlinge mit Inhalt erwiesen. Die Genitalöffnung ist mit blossem
Auge nicht aufzufinden. Die beiden Tentakel (fe) stellen 11/, mm
lange, kolbig aufgetriebene Anhängsel dar mit je einem schwarzen
Augenfleck an der Spitze.
Haut und Drüsen.
Die Haut bedeckt ein einschichtiges Epithel, das bei A. I auf
der Körperoberfläche schlecht erhalten und nur in den einzelnen Haut-
vertiefungen sichtbar ist, ungleich besser conservirt dagegen bei A. II
angetroffen wird (Fig. 3 ep). Die einzelnen Zellen sind höher als
breit und sitzen ohne Basalmembran der Cutis auf; den Abschluss
nach aussen bildet eine derbe Cuticula. Sie besitzen grosse Kerne,
die den Zellraum fast ausfüllen und gefärbt bald mehr, bald weniger
690 G. GLAMANN,
deutlich tief blau tingirte Kernkörperchen und Chromatinkörnchen er-
kennen lassen.
In grosser Anzahl, dicht neben einander, liegen unter dem Epithel
grosse, blasen- oder flaschen-, seltener schlauchförmige Drüsen, die
stets aus einer Zelle bestehen (Fig. 3 dr). Sie enthalten einen basal-
ständigen Kern, der von einem blau tingirten, feinmaschigen Proto-
plasma umgeben ist oder ohne dieses Plasma dem Grunde der Zell-
membran aufsitzt. Dann hat sich das Plasma zu einem Ballen in der
Mitte der Zelle zusammengezogen oder liegt vor dem der Epithel-
schicht zustrebenden Ausführungsgange der Drüse. Dabei ist die
Färbung durch eingelagerte Secretmassen eine bedeutend intensivere
geworden, so dass die Maschen des Protoplasmas wenig oder gar nicht
erkennbar sind. Der Ausführungsgang bricht durch die Reihe der
Epithelzellen hindurch; er ist meist schmal, etwa flaschenhalsförmig.
An denjenigen Hautstellen bei A. I, die das Epithel nicht mehr er-
halten zeigen, nimmt der Ausführungsgang mitunter die ganze Breite
einer Zelle ein; das Bild gewinnt dadurch den Anschein, als würde
das in Form von Ballen in den Drüsen enthaltene Secret auf einmal
durch die breite Oeffnung nach aussen befördert.
Eine zweite Gruppe von Drüsen, welche den zuerst von PLATE
bei Janella schauinslandi gefundenen kleinen, einzelligen Drüsen ent-
sprechen, ist zwischen den grossen Drüsen derartig vertheilt, dass die
engen Drüsenschläuche, die etwa die 3—4fache Länge der Epithel-
zellen erreichen, unmittelbar an die Epithelzellenreihe anstossen
oder sich schon einen Ausführungsgang durch sie hindurch geschoben
haben (Fig. 3 dr,). Sie erscheinen tiefblau gefärbt; bei stärkerer
Vergrösserung sieht man an der Basis der homogen gefärbten Plasma-
masse den Kern liegen. Ihre Zahl ist im Verhältniss zu den grossen
Drüsen gering, meist sind sie schwer sichtbar.
Etwas anders verhalten sich diese Drüsengruppen bei A. II. Die
grossen einzelligen Drüsen erreichen nur etwa die Hälfte an Grösse
und Zahl derer von A. I. Sie münden stets mit einem engen Aus-
führungsgange, der sich schlauchförmig zwischen die Epithelzellen
schiebt. Die kleinen einzelligen Drüsen treten dagegen in bedeutend
grösserer Zahl als bei A. I auf; sie liegen reihenweise neben einander
als dunkelblau tingirte Stäbchen, die sich deutlich von den andern
Drüsen abheben.
Auch Aneitella zeigt eine Verschiedenheit in so fern, als einmal
die grossen Drüsen wie bei A. II mit engen Ausführungsgängen
zwischen den Epithelzellen münden, dann aber die Zahl der kleinen
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 691
Drüsen bedeutend zurückgeht. Ausserdem findet sich bei Aneitella
eine Häufung der beiden Drüsenarten zu mehrreihigen Gruppen dicht
an einander liegender Drüsenzellen am Grunde des Saumes, der die
Verschmelzung der Rückenhaut mit der Fussplatte bezeichnet.
Worauf der Unterschied namentlich zwischen den grossen ein-
zelligen Drüsen bei A. I und A. II beruht, ist nicht genau festzu-
stellen. Hier sind sie grosse Gebilde, prävaliren an Zahl und haben
mitunter breite, gegen die Oberfläche gewendete Oeffnungen, derge-
stalt, dass man annehmen möchte, das Drüsenlumen wäre halbirt
worden. Dort, geringer an 'Zahl als die kleinen Drüsen, sind sie be-
deutend kleiner und öffnen sich stets in einen schmalen, röhrenförmigen
Ausführungsgang. Ob Altersunterschiede — A. I ist nach Körper-
grösse und Ausbildung der Organe bedeutend älter als A. II — oder
Beschädigungen durch die Conservirung — A. I hat bis auf einzelne
Hautfurchen kein Epithel auf der Körperoberfläche erhalten, während
A. If ein gut ausgebildetes Epithel überall erhalten zeigt — die Unter-
schiede bedingen, will ich nicht entscheiden; doch hat die letztere An-
nahme eine grössere Wahrscheinlichkeit für sich.
PLATE beschreibt bei Janella schawinslandi schlauchförmige
Drüsen, die in der vordersten Partie des Mantels, welche wie ein
rundlicher Zipfel dem Mantelschilde aufsitzt, in einer kleinen Ver-
tiefung liegen und dort mittels eines kleinen Porenfeldes ausmünden.
Die Schlauchdrüsen von Aneitella berghi bezeichnet er als in der
Mehrzahl rudimentäre Gebilde im Vergleich zu den Schlauchdrüsen
von Janella. Ein Porenfeld fehlt; nur 2 oder 3 Drüsenschläuche
münden in den Athemgang aus. Sie bestehen aus kleinen cubischen
Zellen mit grossen Kernen und wenig hellem Plasma, die nicht gerade
den Eindruck von Drüsenzellen machen, jedoch durch den Inhalt im
Lumen und die Form des Organs zweifellos als solche charakterisirt
werden.
Die von PFEIFFER bei Triboniophorus gefundenen schlauchförmigen
Drüsen stimmen mit den von PLATE bei Janella beschriebenen über-
ein. Die Drüsenschläuche sind in grosser Anzahl vorhanden und
schicken gruppenweise ihre Ausführungsgänge in die Wand des Athem-
gangs. Ein Porenfeld fehlt.
Bei A. I und A. II sind in der Nähe des Athemgangs Drüsen-
gruppen vorhanden, die den schlauchförmigen Drüsen PLate’s ent-
sprechen. Die Drüsenschläuche sind um den Athemgang herum ge-
lagert und der Länge nach von vorn nach hinten in die Rückenhaut
eingebettet; sie erscheinen demgemäss in Längsschnitten als kürzere
692 G. GLAMANN,
oder längere Röhren, auf Querschnitten als kreisförmige oder mit aus-
gebogenen Rändern versehene Oeffnungen. Sie bestehen aus einer ein-
zelligen Schicht rechteckiger Zellen, die, bedeutend höher als breit,
bei A. II etwas niedriger als bei A. I sich darstellen (Fig. 4, Fig. 8 Dr).
Die parallel stehenden Kerne füllen etwa die Hälfte der Zellen aus.
Im Gegensatz zu dem stark tingirten Kern färbt sich das Plasma
wenig oder gar nicht. Die äussere Abgrenzung bildet eine schwache
Bindegewebshülle, deren Kerne (Fig. 4 nu) sich dadurch, dass sie
quer zu den palissadenartig an einander gereihten Kernen der Drüsen-
zellen stehen, deutlich markiren. Das Innere des Drüsenschlauchs
enthält oft ein dunkelblau sich färbendes, flockiges Secret. In den
Ausführungsgängen werden die Zellen in der Nähe der Mündungs-
stellen niedriger und gehen ohne auffällige Grenze in die Epithelzellen
des Athemgangs über.
Die Anzahl der Drüsenschläuche ist eine geringe; es sind etwa
8—10 Ausführungsgänge vorhanden, die sich derart theilen, dass
12—20 einzelne Drüsenlumina als zu ihnen gehörig gezählt werden
können.
Die schlauchförmigen Drüsen von Aneitella virgata sind zwar
nicht so zurückgebildet wie die von Aneitella berghi, sind ihnen aber
dennoch sehr ähnlich. Sie sind in der Zahl noch mehr reducirt als
bei Aneitea — es konnten etwa 8 verschiedene Drüsenlumina fest-
gestellt werden — und liegen ausschliesslich vor dem Athemgang.
Die ziemlich langen, schlauchförmigen Ausführungsgänge münden einzeln
in die Wandung des Athemgangs. Auf dem Querschnitt erscheinen
die Drüsenlumina oval, mitunter dreieckig mit abgerundeten Ecken;
das Drüsenepithel erscheint niedriger als bei Aneitea, dem zu Folge
füllen die Kerne die Zellen fast aus.
Situs der Pallialorgane.
Das auf dem Rücken der Aneiteen sich ausdehnende Mantelschild
ist ungefähr so lang, dass es die Mantelorgane: Lunge, Herz, Niere,
Sinnesorgan und Schalendrüse, von oben bedeckt. Zur Feststellung der
topographischen Verhältnisse hat PrFEIFFER ein Verfahren angegeben,
um den Theil der Rückenhaut, an welchem das Manteldreieck seine
Lage hat, heraus zu präpariren. Zu diesem Zweck legt man in die
Fussplatte jederseits einen Schnitt durch die Haut parallel zum Fuss-
rand und zur Schonung der Pedalnerven möglichst nahe am Rande
derartig an, dass diese beiden Schnitte am hintern Fussende in einem
spitzen Winkel zusammentreffen. Die mit den Organen nur durch
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 693
lockeres Bindegewebe verbundene Rückenhaut wird emporgehoben und
durch einen Querschnitt unmittelbar hinter dem Manteldreieck von
ihm getrennt. Darauf durchschneidet man die von der Mantelhöhle
zu den Organen der Leibeshöhle führenden Verbindungsgänge: den
Retractor penis, den Mastdarm, Gefässe und Nerven und hebt nach
einem vor dem Manteldreieck durch die Rückenhaut gelegten Quer-
schnitt das nunmehr lose Hautstück heraus.
Betrachtet man dieses Hautstück unter der Lupe von der Innen-
fläche aus, so bemerkt man Folgendes:
In einer Ausdehnung von 12 mm Länge bei 8 mm Breite sieht
man bei A. I eine ziemlich derbe, weisslich glänzende, sehnenartige
Membran sich ausspannen, die an den Rändern durch kurzes, straffes
Bindegewebe mit der Rückenhaut verbunden wird (Fig. 5 dia). Zwischen
dieser Membran, dem Diaphragma und der gewölbten Rückenhaut sind
die Mantelorgane derart angeordnet, dass die rechte!) Seite vom
Herzen und von der Niere, die linke von der Lunge eingenommen
wird. In Folge der Derbheit des Diaphragmas sind die Organe nicht
vollkommen deutlich von einander zu unterscheiden. Ungefähr in der
Mitte des Diaphragmas, so dass das ganze Feld in zwei etwas un-
gleiche Theile getheilt wird, erhebt sich eine quer verlaufende kamm-
artige Erhöhung (4), von der das Diaphragma nach beiden Seiten dach-
artig abfällt.
In der straff gespannten Membran markiren sich einzelne, sehnen-
artige Querleisten; die deutlichste und grösste (mu) reicht quer über
das Diaphragma von einer Seitenwand des Körpers zur andern und
bedeckt nahe dem untern Rande einen Theil der Lunge und der Niere.
Rechts und unten, bis etwa an den Kamm hinreichend, liegt die
Niere (re), darüber, durch den Herzbeutel (per) durchschimmernd, das
Herz (ventr). Die ganze linke Seite füllt die Lunge (pul) aus; un-
mittelbar vor dem Kamme des Diaphragmas verläuft in einer tief in
das Organ eingedrückten Furche das Endstück des Mastdarms (rect).
Das bei A. II bedeutend durchscheinendere Diaphragma lässt
ausserdem noch folgende Einzelheiten erkennen: die Niere (re) ist
sichelförmig gekrümmt. Sie reicht nach links, dort an die Lunge
grenzend, aber deutlich von ihr getrennt, etwas über die Körper-
mediane hinaus und erstreckt sich nach vorn über ungefähr zwei
Drittel der Mantelhôühle. Der innere und hintere Rand des Organs
1) Rechts und links gelten von der Betrachtung des mit der Innen-
seite nach oben liegenden Mantelstücks.
694 G. GLAMANN,
ist deutlich begrenzt und sichtbar, rechts und vorn verschwinden die
Contouren unter dem Sehnenstreifen des Diaphragmas. Das Gewebe
der Niere schimmert als feinporiges, schwammartiges Gebilde durch
das Diaphragma hindurch; ein Ausführungsgang ist nicht zu erkennen.
An den vordern Rand der Niere lagert sich das Herz. Es besteht
aus einem nur wenig längern als hohen, fast cylindrischen Ventrikel
(ventr) und einem stark erweiterten, sehr dünnhäutigen Atrium. Beide
umgiebt ein weit ausgedehntes Pericard (per). Aus der Mitte der
Herzkammer entspringt ventral das grosse Körpergefäss, die Aorta,
dıe das Diaphragma durchbohrt und sich unmittelbar darauf in 2
Aeste theilt (Fig. 5 ao.com). Das Atrium, nur als häutiger Zipfel
durch das Diaphragma schwach durchschimmernd, geht nach links
ohne sichtbare Begrenzung in die Lunge über.
Fast die ganze linke Seite der Mantelhöhle nimmt die Lunge ein
(pul). Sie reicht nicht ganz bis an die Mediane und ist ein fast kreis-
rundes Organ, dessen Bau namentlich an der hintern Partie als ein
Netzwerk kleiner und kleinster Balken durch das Diaphragma zu er-
kennen ist. Die Mitte der ventralen Lungenfläche zeigt eine dellen-
artige Einsenkung mit bogenartig geschweiften Rändern, die nach der
linken Seite besonders tief eingedrückt sind: den ventralen Boden der
Athemhöhle. Hinten sind die Contouren des Organs deutlich sichtbar,
nach der Mitte zu ebenso, soweit die Niere reicht; die weitere Be-
grenzung in der Mittellinie nach vorn und der ganze vordere Rand
lassen sich nicht mehr genau erkennen.
In der Körpermitte, am weitesten nach vorn, dem Lungenrande
und Herzbeutel angelagert, liegt die Schalenkammer (sch). Sie stellt
bei A. I ein doppelt so breites wie langes, blasenförmiges Gebilde dar,
das nach hinten hinter der Lunge und dem Herzbeutel verschwindet.
Die Blase lässt einen weisslichen Inhalt durchschimmern, welcher der
sondirenden Nadel Widerstand leistet und unter der Lupe als eine
Kalkschale erkannt wird. Die Kalkschale scheint aus einzelnen, mit
einander fest verbundenen kleinen Schollen zu bestehen, die sich dach-
ziegelartig decken. Die Schalenkammer der A. II hat mehr herz-
förmige Gestalt; sie tritt erst in der Nähe der Stelle, wo das Atrium
scheinbar ohne Grenze in die Lunge übergeht, hinter die Mantel-
organe.
Das die Pallialorgane bedeckende Hautstück und diese selbst sind
mit den Visceralorganen verbunden durch den Retractor penis, das
Endstück des Mastdarms, Gefässe und Nerven. Bei A. 1 setzt sich
der Retractor penis (Fig. 5 retr) als solider Strang, der sich bald
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 695
fächerförmig ‘auflést, schon in der Mitte der Niere an die rechte
Seitenwand an, in der sich seine einzelnen Muskelzweige inseriren.
Anders ist der Verlauf bei A. IL Hier geht der verhältnissmässig
breite Muskel von vorn nach hinten über die ganze Länge der Niere,
mit dem Diaphragma verbunden, hinweg, um sich erst an deren unterer
Contour mit dem Diaphragma auf die Rückenhaut hinabzusenken und
sich in ihr, auch mit fächerförmiger Ausbreitung seiner Muskelbündel,
zu inseriren. Auf der rechten Seite tritt noch, von vorn kommend,
ein Nerv durch das Diaphragma in die Niere ein (n.re). Unmittelbar
vor dem Kamme auf der rechten Seite durchbohrt die Aorta (ao. com),
hinter ihm auf der linken Seite das Endstück des Mastdarms (rec?)
das Diaphragma. Hinter dem Enddarm geht ein von vorn kommender
Nerv in das Lungengewebe hinein (n. pul).
Das Endstück des Mastdarms ist begleitet von einem Gefäss (a)
und einem Nerven (n), die sich mit ihm zusammen in die Rücken-
wandung einsenken.
Die Präparation des Mantelstücks von Aneitella virgata erfährt
durch die Kleinheit des Objeets eine Aenderung in so fern, als nicht
zwei seitliche Schnitte längs des Fussrandes angelegt werden, sondern
nur einer in der Mitte des Fusses; im Uebrigen ist die Methode die-
selbe. Die Mantelhöhle, wieder von unten gesehen, stellt ein Viereck
dar, dessen Länge zur Breite — 61/,:9 mm — sich im Verhältniss
2:3 befindet (Fig. 6). Das den Boden der Mantelhöhle auch hier
bildende Diaphragma ist gleichmässig ausgespannt, ohne die kamm-
artige Erhöhung, die bei A. I und II zu finden war, und, trotzdem es
seine sehnigfasrige Structur deutlich erkennen lässt, auch ohne jene
Querleisten, die im Diaphragma der Aneiteen sich abheben. Herz und
Niere liegen auf der rechten, Lunge und Schalenkammer auf der linken
Seite; die Schalenkammer ist also aus der Mittellinie, die sie bei A. I
und II inne hält, nach links heraus gerückt. Das Diaphragma senkt
sich in der Mittellinie von vorn nach hinten etwas ein; die dadurch
entstandene Furche wird von 2 Nerven begleitet, die beide ziemlich
in der Mitte der Lunge in das Diaphragma hineintreten. Der eine
(n.pul) verzweigt sich im Gewebe der Lunge, der andere (n) hat
sich durch die Schnittserie nicht ganz verfolgen lassen, da er bald
sehr dünn wird und die Conservirung des Gewebes sehr zu wünschen
übrig lässt; wahrscheinlich jedoch innervirt er das Nervenepithel des
dorsalen Sinnesorgans.
Von den Pallialorganen ist am deutlichsten das Herz mit dem
Herzbeutel zu sehen; durch das feinhäutige Pericard schimmert es
696 G. GLAMANN,
mit seiner Einschniirung zwischen dem Ventrikel (ventr) und dem
Atrium (afr) hindurch. Vom Ventrikel geht die Aorta (ao. com)
durch das Diaphragma nach dem Körperinnern. Der Umriss der
Niere (re) lässt diese als ein ca. 3!/, mm langes, vorn breiteres —
4 mm —, hinten schmäleres — 21], mm — Organ erkennen, das
links in der medialen Einsenkung des Diaphragmas mit der Lunge
zusammenstösst, nach vorn bis zum Herzen reicht und rechts und
hinten vom Rande des Diaphragmas begrenzt ist. Die links gelegene
Lunge (pul) erreicht vorn etwa den vordern Nierenrand; hier legt
sich das Endstück des Darmes (rect) an den Lungenrand an und
geht, das Diaphragma durchbrechend, in die Afteröffnung über. In
der Mittellinie hat die Lunge ihre grösste Längenausdehnung mit
21/, mm; sie verschmälert sich rasch nach aussen, so dass sie am
linken Körperrande nur noch 1,7 mm lang ist; die Breite beträgt
2,3 mm. |
Wie vorher schon mitgetheilt, sind die Reste einer Kalkschale bei
Aneitella im Gegensatz zu A. I und II, wo ein grösseres, schollen-
artig aufgebautes Kalkstückchen in einer Kammer — Schalenkammer
— liegt, in zahlreichen kleinen, bläschenförmigen Schalenkammern
oder -bläschen verstreut. Diese Schalenbläschen (sch) schimmern durch
die Oberhaut hindurch; von unten gesehen, erkennt man in den durch-
sichtigen Bläschen deutlich die einzelnen Kalkstückchen. Vor dem
Rectum, seine Wand begleitend, liegt ein grosses, ovales, etwa 2 mm
langes und 1 mm breites Bläschen mit einem ebensolchen Kalkstück
als Inhalt; um dasselbe herum gruppiren sich etwa 12 kleinere und
kleinste Bläschen, deren jedes wieder ein entsprechendes Kalk-
concrement enthält. Am hintern Ende der Mantelhöhle, zum Theil in
der Mittellinie, zum Theil hinter der Lunge, sind weitere 8 gréssere
und kleine Concremente eingebettet (sch).
Das Mantelstiick hängt mit den Organen des Körperinnern zu-
sammen durch die Aorta, das Endstück des Mastdarms, 2 Nerven
und endlich den Retractor penis (rer). Er stellt bei Aneitella ein
schmales, langes, sehniges Band dar, das, an dem rechten Körperende
entlang laufend, sich zwischen Niere und Haut legt und am hintern
Rande der Niere auf dem Diaphragma an der Haut des Rückens sich
anheftet.
Mantelhöhle und Lunge.
Der anatomische Bau der Lunge sowohl von Aneitea als von
Aneitella entspricht dem von PLATE zuerst bei der Untersuchung der
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 697
Janelliden aufgestellten Typus der Büschel- oder Tracheallunge voll-
kommen. Während die Lunge der übrigen Pulmonaten dadurch
charakterisirt ist, dass sich zahlreiche Blutgefässe in netzartiger An-
ordnung dicht unter dem Epithel der Innenfläche des Mantels aus-
breiten, fand PLATE die Wandung der Mantelhöhle bei Janella schau-
inslandi völlig glatt und ohne Gefässe. Von ihr aus strahlen aber
zahllose, büschelförmig verästelte, feine Röhrchen, Athemröhrchen, die
in einen grossen Blutsinus eintauchen und so den Gaswechsel der
Hämolymphe ermöglichen. PLATE fand ferner bei Janella und ebenso
bei der von ihm untersuchten Aneitella, dass von der Wandung der
Manteihöhle zahlreiche Blindsäcke ausgingen, die er als Mantelhöhlen-
divertikel :bezeichnete; diese Divertikel setzten sich nach aussen in
mehrere Büschel jener fein verästelten Röhren fort. PFEIFFER, der
bei der Untersuchung von Triboniophorus brisbanensis ebenfalls die
Prare’sche Tracheallunge gefunden hat, unterscheidet noch ein Mittel-
glied zwischen den beiden anatomischen Bildungen; bei den von ihm
untersuchten Triboniophorus-Exemplaren öffnen sich die Mantelhöhlen-
divertikel in schlauch- oder röhrenförmige Luftkammern, und erst diese
setzen sich in die peripheren Athemröhrchen fort.
In den Beschreibungen von MACDONALD und FISCHER sind An-
gaben über die Lage und den Bau der Lunge von Aneitea nicht ent-
halten. Dagegen hat PLATE festgestellt, dass die Lunge von Aneitella
berghi einmal eine Büschellunge ist und dass in dieser Lunge die
Athemröhrchen auch dorsal zwischen Rückenhaut und Mantelhöhlen-
dach als dicke continuirliche Schicht auftreten, während bei der
Janella schauinslandi dieser Raum frei von ihnen ist. Der Athem-
sang verläuft mit geringer Neigung aus der Mantelhöhle horizontal
durch die Körperwand zum Athemloch; in ihn mündet gleichzeitig
der Ureter aus. Das Epithel der von starken musculösen Wandungen
umgebenen Mantelhöhle ist niedrig, im Athemgange werden die Epithel-
zellen höher und flimmern.
Die Lunge von A. I und II (Fig. 5) liegt auf der rechten Seite
des Körpers direct unter der Rückenhaut und durch das Diaphragma
von der Leibeshöhle getrennt. Sie erreicht bei einer Länge von 5,7
resp. 5,1 mm eine Breite von 4,1 resp. 3,5 mm, so dass Länge und
Breite im Verhältniss 4:3 zu einander stehen, und grenzt median-
wärts an die Schalenkammer, das Pericard und die Niere an, reicht
jedoch nicht bis an die Körpermitte, die äusserlich durch die Median-
furche angegeben ist, heran. Der anatomische Bau gesellt sie dem
Typus der Tracheallungen zu.
698 G. GLAMANN,
Die Mantelhöhle (Fig. 7, Fig. 8 cav. pall), das Centrum der Lunge,
variirt bei den beiden Exemplaren in der Grösse bedeutend. Sie ist
bei A. I 2,9 mm lang und erreicht an der Einmündung des Athem-
gangs ihre grösste Höhe mit 2,6 und Breite mit 3,4 mm. Bei diesen
beträchtlichen Grössenverhältnissen stellt die Mantelhöhle von A. I
auf dem Querschnitt einen lang ovalen, breitern als hohen Hohlraum
etwa von dem Umfang eines kleinen Hanfkorns dar. Der Höhendurch-
messer der Mantelhöhle von A. II beträgt nur 0,6 mm bei 2,6 mm
Länge und 2,3 mm Breite; die Oeffnung zeigt sich deshalb auf dem
Längsschnitte als ein schmaler Schlitz, abgesehen davon, dass Länge
und Breite, dem kleinern Thier entsprechend, auch geringer sind.
Diese bis auf einen schmalen Schlitz zusammengedrückte Form von
A. II ist unzweifelhaft eine Folge des Contractionszustands der die
Mantelhöhle umgebenden Musculatur; sie ist bei A. U, dem kleinern
Thiere, in bedeutend dickerer Schicht darum gelagert als bei A. I,
bei welcher sich die Muskelbündel (mu), namentlich an der rechten
und linken Begrenzung der Mantelhöhle, wahrscheinlich einem ge-
ringern Contractionszustand entsprechend, in dünne Fäden ausziehen.
Man kann bei der Mantelhöhle unterscheiden: das Dach, die Seiten-
wände und den Boden; ersteres liegt unmittelbar unter der Rücken-
haut und wird von dem Athemgang, der Verbindung der Mantelhöhle
mit der äussern Luft, die im Athemloch sich öffnet, in schräger Rich-
tung von vorn nach hinten durchbohrt. Die Seitenwände sind ziem-
lich von der Höhe der Mantelhöhle, da das Dach nur wenig sich zum
Boden herabsenkt. Dieses Dach stellt einen breiten Verwachsungs-
streifen dar (Fig. 8, der Athemgang hat das Dach noch nicht völlig
durchbrochen); an dieser Brücke, deren Musculatur auf die Wände
der Mantelhöhle ausstrahlt und die durch Muskelstreifen mit dem
daneben verlaufenden Enddarm verbunden und so unterstützt wird,
hängt die ganze Lunge frei in dem sie umgebenden Blutsinus, den
PLATE als den dorsalen oder Rückensinus bezeichnet hat.
Die die Mantelhöhle umgebende Ringmusculatur enthält, wie die
äussere Haut, einzellige Drüsen eingelagert (Fig. 9 dr). Die Drüsen-
zellen zeigen bei gefärbten Objecten einen dunklen Kern und ein netz-
artig tingirtes Plasma; in einzelnen Bildern sieht man einen finger-
formigen Fortsatz der Zelle sich zum Lumen der Mantelhöhle hin-
wenden oder sich in die Epithelzellenreihe einschieben. Die Musculatur
springt oft buckelförmig in das Innere der Mantelhöhle vor. Sie
zeigt an den verschiedensten Stellen Ausbuchtungen von wechselnder
Grösse und unregelmässiger Anordnung; diese entsprechen den Mantel-
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 699
höhlendivertikeln PLATE’s und Preirrer’s und stellen Röhren dar, auf
deren Wandung die Ringmusculatur der Mantelhöhle sich fortsetzt
(Fig. 7, 8, 9 u. folg. div). Am vordern und hintern Ende der Mantel-
höhle haben die Divertikel ein 3—4mal so grosses Lumen wie in den
mittlern Lungenabschnitten; in gleicher Weise theilen sie sich dort
erst mehrere Male, bis sie in die Athemröhrchen übergehen, während
sie hier sich sofort in die einzelnen Büschel auflösen.
PLATE fand bei Janella, dass das Dach der Mantelhöhle frei von
Divertikeln und Athemröhrchen ist und ohne Grenze in die Musculatur
des Rückens übergeht. Die Aneiteen zeigen diese Anordnung nicht;
bei .ihnen ist die rund um die Mantelhöhle angeordnete Ausbildung
der Athemröhrchen nur an der Stelle unterbrochen, wo die Lunge
durch den Athemgang mit der Rückenhaut in Verbindung steht
(Fig. 7, 8).
Mantelhöhle und Divertikel sind von einem Cylinderepithel aus-
gekleidet, dessen Zellen ohne Basalmembran der Ringmusculatur auf-
sitzen (Fig. 9). Die Zellen sind meist doppelt so hoch wie breit, die
Kerne stehen nicht alle in gleicher Höhe. Den Abschluss nach der
Mantelhöhle bildet eine deutlich entwickelte, ziemlich kräftige Cuticula,
die sich bis auf den Boden der Athemhöhle verfolgen lässt, jedoch in
den Anfangstheilen der Divertikel nicht mehr wahrgenommen werden
kann. Oft sieht man die Oberfläche mit einem dünnen Streifen Secret
— Schleim — bedeckt. In den Einziehungen in die Wand der Mantel-
höhle zwischen den buckelförmigen Hervorwölbungen der Musculatur
ist das Epithel ganz flach und sind die Zellen breiter als hoch.
PLATE hat an den Epithelzellen des Daches bei Janella feine Cilien
gefunden; ihr Vorhandensein auch bei den gleichen Zellen der Aneitea
nachzuweisen, ist mir nicht gelungen.
Die Mantelhöhlendivertikel (Fig. 7, 8, 9 u. folg. div) verhalten
sich ganz wie die Mantelhöhle selbst. Auf ihre Wandungen setzt sich
die Ringmusculatur, Anfangs in derselben Stärke, wie sie die Mantel-
höhle umgiebt, weiterhin allmählich schwächer werdend, fort, sie tragen
auch dasselbe Epithel wie die Mantelhöhle, es fehlt jedoch die Cuticula ;
ferner werden die Epithelzellen nach und nach flacher, so dass die
Kerne die Zellen ziemlich ausfüllen. Die Divertikel gehen in die Athem-
röhrchen über, ohne dass ein deutliches Zwischenglied zwischen beiden,
wie PFEIFFER es in den Luftkammern bei Zriboniophorus beschrieben
hat, vorhanden wäre. Man sieht bei den Schnitten hier, wie dem
letzten feinen Muskelstreifen statt des Epithels der Mantelhöhle schon
Zellen mit den weiter unten erwähnten charakteristischen Kernen auf-
Zool, Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 45
700 G. GLAMANN,
sitzen; es ist damit festgestellt, dass unmittelbar nach Verschwinden
der Musculatur die Athemréhrchen beginnen.
Die Athemröhrchen (Fig. 7 u. folg. pul), verbreiten sich strahlen-
förmig nach allen Seiten von der Mantelhöhle aus. Sie erfüllen die
Lücken zwischen den Ureterschlingen, reichen bis an das Herz und
die Schalenkammer und sind in dünner Schicht selbst unmittelbar
unter der Rückenhaut am Dache der Mantelhöhle vorhanden. Nur
ein Streifen ist frei von ihnen; der den Athemgang und das Rectum
enthaltende Verbindungsstreifen setzt sich unmittelbar auf das Dach
der Mantelhöhle, das an dieser Stelle in die Rückenhaut übergeht,
auf, so dass für die Athemröhrchen kein Platz vorhanden ist. . Die
Zellen der Athemröhrchen enthalten jene vielgestaltigen Kerne, wie
sie PLATE bei den Athembäumchen der Janelliden beschrieben hat.
Auch hier sind sie von verschiedener Grösse. Sie stellen theilweise
einen ovalen Körper dar, der aus vielen leicht färbbaren Chromatin-
körnern besteht, die durch Chromatinfäden mit einander verbunden
sind, theils sind scheibenförmige, unregelmässig gelappte und durch-
brochene Kerne vorhanden. Da die Verhältnisse sich vollständig
decken, sei auf die Originalarbeit verwiesen. Das Innere der Mantel-
höhle enthält geringe Mengen eines wenig sich färbenden Secrets;
wie schon angegeben, wird eine feine Schicht solchen Secrets vielfach
die Epithelzellen der Mantelhöhle bedeckend vorgefunden. Da die in
der Ringmusculatur vorhandenen einzelligen Drüsen bei Aneitea nur
spärlich auftreten, im Gegensatz zu Triboniophorus, bei der PFEIFFER
ein zahlreiches Vorkommen der betreffenden Drüsen constatirt hat, so
neige ich der Ansicht PLAre’s zu, dass hier, wie bei Janella, die
Epithelzellen eine secretorische Thätigkeit ausüben, um das Plasma
vor dem durch den ständigen Luftzutritt verursachten Austrocknen
zu schützen.
Der Athemgang (Fig. 8, 9 atg), die Verbindung der Mantel-
höhle mit der Atmosphäre, durchbohrt, von der Mitte des Mantelhöhlen-
dachs anfangend, die Rückenhaut in schräger Richtung nach hinten
und oben. Auf die Wandung der in der Renoanalrinne liegenden Aus-
sangsöffnung tritt das Epithel der äussern Haut über; die Zellen
werden bald schmäler und niedriger und erhalten statt der Cuticula
eine feine Wimperung. Schon vor dem Eintritt des Athemgangs in
die Mantelhöhle sind diese Wimpern in Canadabalsam-Präparaten nicht
mehr nachzuweisen. Der Athemgang nimmt in seinem Verlauf die
Ausfübrungsgänge der vorher besprochenen schlauchförmigen Drüsen
auf; nachdem er etwa zur Hälfte die Rückenmusculatur durch-
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 701
bohrt hat, tritt die äussere Ureteröffnung mit vollem Durchmesser, von
vorn kommend, durch die Wand des Athemgangs ‚in sein Lumen
ein (Fig. 8 afg und die Verbindungslinien des darin einmündenden
Ur 4).
Die Lunge von Aneitella, ebenfalls dem Typus der Tracheallungen
entsprechend, erreicht eine Länge von 2,4 mm bei 1,8 mm Breite
und 1,2 mm Höhe. Nach der Stärke der Musculatur (Fig. 10 mu) zu
urtheilen, ist das Lumen der Mantelhöhle durch Contraction des Ring-
muskels sehr verkleinert; es kann daher nicht auffallen, dass die Maasse
für dasselbe nur 1,4 mm für die Länge, 1,1 mm für die Breite und
0,4 mm Höhendurchmesser betragen. Der starken Ringmusculatur
sitzt ein einschichtiges Cylinderepithel mit grossen Kernen auf, das
überall an der Oberfläche, wie bei Aneitea, eine deutliche Cuticula
trägt. Unter der Epithelschicht ist eine reichliche Menge einzelliger
Drüsen zwischen die Muskelfasern gelagert (Fig. 10 dr), die mit ihren
Ausführungsgängen sich durch die Zellenreihe zum Lumen der Mantel-
höhle hindurchdrängen. Auch bei Aneitella zeigen die meisten Schnitt-
bilder durch die Lunge, dass dem Epithel der Mantelhöhle ein Streifen
Secret aufgelagert ist; dieser Schleimstreifen überbrückt an einzelnen
Stellen Vertiefungen in der Wand der Mantelhöhle, in die das Epithel
hinabsteigt.
Die Anordnung der Divertikel und Athemröhrchen zeigt ebenso
wie ihr anatomischer Bau keine Abweichung von den Verhältnissen
der Aneiteen. Dagegen ist der Athemgang bei Aneitella (Fig. 9 atg)
dadurch anders angelegt, dass er nicht von vorn und unten nach
hinten und oben in schräger Richtung die Rückenmusculatur durch-
bricht, sondern- von der Athemhöhle direct nach aussen in die Höhe
steigt. Auf seinem Verlaufe nimmt er 2 blindsackartige Anhänge auf;
dadurch bekommt der ganze Gang Kreuzform (Fig. 9 atg). Auch hier
lässt sich beobachten, dass das Epithel der Körperdecke sich in den
Athemgang fortsetzt; es ist mir jedoch nicht möglich gewesen, in
Canadabalsam-Präparaten, die mir allein zur Verfügung standen, eine
Wimperung der Epithelzellen im Athemgang nachzuweisen.‘
Der Ausführungsgang des Ureters (Fig. 11 wr,, o.re) mündet bei
der Aneitella virgata vor dem Athemgange. Wenn auch nur ein dünner
Hautstreifen die beiden Ostien trennt, so ist dieser doch deutlich vor-
handen. Der Athemgang nimmt von der vordern Seite einzelne, meist
schmale und lang gestreckte Canäle, die Oeffnungen der schlauch-
förmigen Drüsen, auf.
45*
702 G. GLAMANN,
Die Niere.
Bei den Janelliden hat PLATE eine aus zwei Lappen, die durch eine
schmale Brücke zusammenhängen, bestehende Niere gefunden; Aneitella
berghi zeigt nach demselben Forscher eine primitivere Form, da nur
ein Stück ohne Lappenbildung die Niere darstellt. Die Untersuchungen
PFEIFFER’s über die Gattung Triboniophorus ergaben, dass die von
ihm untersuchten Exemplare eine Niere von sichelförmiger Gestalt mit
zwei nach vorn gerichteten Zipfeln besitzen. Es war zu vermuthen, dass
die einfache Form der Niere, wie sie PLATE für Aneitella berghi fest-
gestellt, auch bei Aneitella virgata wiedergefunden werden würde; es
hat sich dies bestätigt, aber nicht nur für Aneitella virgata allein,
sondern auch für Aneitea. Beide Formen besitzen eine Niere aus
einem leicht gekrümmten, keilförmigen Stück, dessen dorsoventral ge-
stellte vordere Seite die kleinste ist.
Der allseitig geschlossene Nierensack (Fig. 7 re) von A. I ist 4 mm
lang und 2 mm hoch; bei A. II beträgt die Länge 3,8 mm bei 3,5 mm
Breite und 2 mm Höhe. Er liegt auf der linken Körperseite, nach
vorn an die Schalenkammer, das Herz sowie die Lungen reichend,
aussen durch die Rückenhaut, innen und hinten vom Diaphragma be-
grenzt. Die vordere kleinste Seite zeigt eine Einbuchtung, die der
Wölbung des Anfangstheils des Ureters entspricht.
Die Niere erscheint auf dem mikroskopischen Bilde aus einzelnen,
verschieden grossen, geschlossenen Kammern bestehend, die am Rande
der Niere kleiner, nach dem Innern zu grösser und lang gestreckt
werden und einem centralen Spaltraum, der Harnkammer, zustreben.
Diese Harnkammer liegt mehr an dem ventralen als dem dorsalen
Rande der Niere, ist lang gestreckt und nimmt die Oeffnungen der
einzelnen Kammern in sich auf. Die Kammerwände bestehen aus
einem schwachen, mit lang ovalen Kernen versehenen Stützgerüst, dem
Epithelzellen mit grossen, basalständigen, runden oder eiförmigen
Kernen, die einen deutlichen Nucleolus enthalten, aufsitzen. Die Zellen
sind bei A. I ziemlich cubisch, erscheinen in einzelnen Lagen auch
cylindrisch, bei A. II dagegen durchgängig breiter als hoch. Selbst
mit starker Vergrösserung sind die Zellgrenzen nur schwer zu er-
kennen.
PLare beschreibt bei den Nierenepithelien von Janella, dass in
der terminalen Hälfte der Zelle sich eine Vacuole entwickelt, die von
einer wasserklaren, dem Anschein nach dickflüssigen, gallertartigen
Masse erfüllt ist. Diese Masse umschliesst fast ausnahmslos nur ein
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 703
rundes Concrement, welches etwas gelblich tingirt ist und schwachen
Glanz besitzt; PLATE spricht dieses Concrement als die Secretbildung
der Zelle an. Diese Verhältnisse liegen bei Aneitea nun in so fern
anders, als in den Epithelzellen von A. I das Plasma eine homogene
Masse darstellt, die auf manchem Bild um den Zellkern in dichterer
Schicht als an der Peripherie sich zu lagern scheint. Irgend welche
Einschlüsse sind nicht wahrzunehmen. Die Lumina der einzelnen
Kammern enthalten eine ungefärbte, stark lichtbrechende, krystallinisch
erscheinende Masse oft in solcher Menge, dass der gesammte Innen-
raum angefüllt ist.
Das Nierenepithel von A. II kommt dagegen dem der Janelliden
ziemlich nahe. Die Vacuolenbildung im Plasma ist eine überaus reich-
liche, wenn sie auch nicht in jeder Zelle und nicht immer am termi-
nalen Ende derselben vorhanden ist. Die Vacuolen sind häufig leer,
andere enthalten meist geringe Mengen eines leicht flockigen, manch-
mal schwach tingirten Inhalts, in dem einzelne kleine, krystallinisch
glänzende Körnchen eingebettet erscheinen. Die einzelnen Kammer-
räume, ebenso die grosse centrale Harnkammer, haben nur einen
spärlichen Inhalt, der sich von derselben Beschaffenheit wie der die
Vacuolen füllende erweist.
Die Niere von Aneitella virgata entspricht ihrer Form und ihrem
Bau nach, wie schon vorher gesagt, derjenigen von Aneitea. Sie
unterscheidet sich in etwas dadurch, dass die dorsoventrale Seite im
Verhältniss zur Länge der ganzen Niere mehr verkürzt ist als bei
Aneitea, da die der Rückenwand zu gelegene Linie nicht in gleich-
mässigem Bogen von aussen und unten nach der Mitte und oben ver-
läuft, sondern auf der Höhe des Rückens plötzlich mit einem Knick
abfällt; in die dadurch zwischen Rücken und Nierenoberfläche ge-
schaffene Lücke legen sich einzelne Schalenbläschen der Niere an. Die
centrale Harnkammer fällt im Vergleich zu Aneitea weniger auf, weil
sie nur als schmaler, wenn auch langer Spaltraum in der Mitte der
Niere sich darstellt. Das Epithel lässt die Entwicklung von grossen
Vacuolen fast in jeder der bedeutend breitern als hohen Zellen er-
kennen; man könnte die Zellen als blasenförmig bezeichnen, da ihr
Plasma sich als dünner Streifen an die Peripherie zurückgezogen hat
und als solcher den grossen Hohlraum begrenzt. Der runde Kern
liegt meist an der Basis der Zelle in der Nähe des Stützgerüsts.
Der Inhalt der Vacuolen und, gleich gesagt, der der Harnkammer
unterscheidet sich in nichts von dem bei A. II beschriebenen. Es fällt
jedoch auf, dass bei Aneitella noch weniger als bei A. II nur an ganz
704 G. GLAMANN,
vereinzelten Stellen iiberhaupt Secret in den Kammern gefunden wird,
ebenso ist in den Zellvacuolen nur wenig Inhalt zu finden. Die Ge-
sammtlinge der Niere beträgt 3 mm, ihre grösste Höhe 0,6 mm, an
der dorsoventralen Vorderfläche 0,23 mm; die Länge verhält sich
demnach zur Höhe wie 5:1 im Gegensatz zu den beiden Aneitea-
Exemplaren, bei denen dasselbe Verhältniss 2 : 1 beträgt.
Aus der Harnkammer geht mit breiter Oeffnung der Renoperi-
cardialgang hervor (Fig. 12 reper). Er stellt bei A. I einen lang ge-
streckten Hohlraum dar, der, erst von hinten nach vorn und dann mit
einem Knick dorsoventral verlaufend, von der vordern Ecke der Harn-
kammer in einen ventralen, lang ausgezogenen Zipfel des Pericards
einmündet. Seine Wandung ist mit einem hohen Cylinderepithel aus-
gekleidet, dessen Kerne ziemlich in der Mitte der Zelle und nicht alle
in gleicher Höhe stehen. In einzelnen Präparaten ist noch nachzu-
weisen, dass die Zellen bewimpert sind; man sieht dort, dass die ver-
hältnissmässig langen Wimperhaare nach dem Pericardialausgang zu
gekrümmt sind. Das hohe Cylinderepithel der Nierenspritze schliesst
sich bei ihrem Ausgang in die Harnkammer so unmittelbar an das
niedere Epithel dieser an, dass die grössere Zelle des Renopericardial-
epithels mit einem deutlichen Vorsprung ins Lumen sich direct an die
kleinere des Nierenepithels anreiht.
Der Renopericardialgang von Aneitella läuft von hinten nach vorn
und etwas schräg von aussen nach innen. Er beginnt an dem vordern
Ende der Harnkammerbasis mit einem etwas kolbig ins Lumen der
Kammer hineinreichenden Anfangsstück und mündet in einen Zipfel
des Pericards. Die Wimperung des Epithels ist eine ausserordentlich
lange und kräftige.
Der Ausführungsgang der Niere ist ein von compacter Ring-
musculatur umgebener Gang, der bei A.I ca. 0,2 mm Länge erreicht
(Fig. 7, 10 o.re.int). Er entspringt aus der Harnkammer und zwar
an der Vorderfläche der Niere. Der Innenwand sitzt ein doppelt
so hohes wie breites Epithel auf mit grossen Kernen, die fast die Zelle
ausfüllen. Dieses Epithel setzt sich von den beiden Mündungsstellen
des Nierenausführungsgangs fort sowohl auf die dorsale Wand der
Harnkammer wie auch auf die Vorderfläche der Niere, wenn auch nur
auf eine kurze Strecke; es wird dann sehr bald niedriger, ungefähr
gleich hoch und breit, die Kerne rücken mehr nach der Zellbasis und
stehen meist in gleicher Höhe.
Die Bildung des Ureters ist wie bei den bisher untersuchten Pul-
monaten auch hier eine sehr complicirte. Im Allgemeinen stimmt die
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 705
Anatomie bei allen darin überein, dass der Ureter aus einzelnen
Schlingen besteht, die von links nach rechts und wieder zuriick ver-
laufen und so eine Anzahl Bogen bilden. Der Verlauf dieser Schlingen
ist bei A. I und Aneitella aus einer Serie von Querschnitten recon-
struirt worden; die von A. II angefertigten Längsschnitte haben das
bei A. I gefundene Resultat lediglich bestätigt, sind also für eine be-
sondere Besprechung ohne Belang.
Der Ureter liegt in seiner Hauptentwicklung an der rechten
Körperseite; der grösste Theil hinter der Mantelhöhle, von der aus die
Athemröhrchen oft ihre Verästelungen zwischen die Ureterschlingen
hineinschieben. Nur der letzte Theil des Ureters (wr,) zieht über
der Lunge, unmittelbar unter der Rückenhaut nach vorn, wo er erst
über den Athemgang hinausgeht, dann in einer rückläufigen Schleife
zu ihm zurückkehrt und sich mit ihm zum gemeinschaftlichen Aus-
führungsgang vereinigt. Der Verlauf der Ureterbildung bei Aneitea
lässt erkennen, dass der Ureter sich zusammensetzt aus einzelnen Schleifen
ur |, Ur,,ur, und ur,, zwischen die sich bald kürzere, bald sehr ausge-
dehnte Blindsäcke, Divertikel, einschieben, ferner dass ausser durch die
Divertikelbildung die Oberfläche der Ureter- und Divertikelschlingen
durch eine äusserst starke Falten- und Buchtenbildung ums Viel-
fache vergrössert wird.
Die Oeffnung des Ausführungsgangs der Harnkammer (Fig. 7,
13 o. re. int) tritt in ein weites Divertikel ein‘). Dieses Diver-
tikel wird links vom vordern Nierenrand und rechts von den Athem-
bäumchen der Lunge bedeckt; es erreicht nach oben die ventrale
Fläche der Schalendrüse und erstreckt sich unter dieser nach vorn,
bis es mit langer Spitze blind endet. Nach hinten mündet es in einen
Ureter von verschiedener Weite (Fig. 7 ur,); dieser folgt der ventralen
Fläche der Lunge direct unter dem Diaphragma bis in die äusserste
rechte Ecke der Mantelhöhle (siehe Schema Fig. 13 ur,, ur,). In
Fig. 7 sieht man in wr, und wr, nur die beiden Querdurchschnitte
der Lumina an der rechten und linken Körperseite, da der Ureter-
bogen ur, des Schemas schräg von vorn und unten nach hinten und
oben verläuft und somit nur die beiden Enden des Rohrs an den
1) Bei der Nomenclatur bin ich der von PLarz und PFEIFFER an-
gewendeten Methode, mit den Ziffern 1 u. s. w. die Ureterschlingen
bezw. Divertikel nach der Reihenfolge ihres Auftretens von der innern
Nierenöffnung an zu bezeichnen, gefolgt. In einer nachfolgenden theo-
retischen Besprechung des Ureteraufbaues der Pulmonaten hat die Be-
nennung geändert werden müssen.
706 G. GLAMANN,
Körperseiten getroffen worden sind; einen Querschnitt durch das
Lumen des ganzen Bogens zeigt Fig. 14 ur,, ur,. Durch Pfeile habe
ich in dem Schema Fig. 13 angedeutet, welcher Gegend des Mantel-
stücks die einzelnen Schnitte entnommen sind.
In der rechten Ecke der Mantelhöhle schlägt sich die Schlinge
ur, auf die dorsale Fläche der Lunge und die ventrale der Rücken-
haut um und verläuft nun unmittelbar unter der Rückenhaut und in
Athemröhrchen eingebettet nach links zurück (ur,). Der Uebergang
von ur, in wr, auf der rechten Körperseite ist in Fig. 15 dargestellt‘
Sie zeigt, wie die beiden Lumina der beiden Ureteren mit einander
communiciren; der weitere Verlauf von wr, lässt sich in den Figg. 7,
16 und 17 verfolgen, aus denen hervorgeht, dass wr, unter der Rücken-
haut nach oben und links in die Höhe steigt. Auf der Mitte der
Mantelhöhle angekommen, biegt sich die Ureterschlinge in kurzem
Bogen nach vorn (ur,), verläuft in dieser Richtung zwischen dem
Dache der Mantelhöhle und der Rückenhaut, immer in das Gewebe der
Lunge eingelassen, bis zum Athemgang und noch ca. 0,4 mm über
diesen nach vorn hinaus, wendet sich dann in einem ebenso kurzen
Bogen wieder rückwärts und tritt in den Athemgang ein. Den Weiter-
gang von ur, als ur, zeigt zunächst Fig. 17, die, wie die Eintragung
in dem Schema Fig. 13 angiebt, gerade die Verbindung der beiden
Ureteren erkennen lässt, und weiter Fig. 7 (ur,). Die Mündung des
o.re.ext in den Athemgang (Fig. 8 o.re.ext) ist schon vorher be-
sprochen worden.
Diese verhältnissmässig einfache Bildung des Ureters, die aus
einem ganzen Bogen mit einem Blindsack am Anfang, einem halben
Bogen und einem geraden Ausführungsgang besteht und deshalb leicht
klar zu stellen ist, complicirt sich jedoch durch Bildung verschiedener
Divertikel, von denen einzelne in Länge und Weite den Ureterschlingen
völlig gleichkommen. wr, giebt ausser dem zipfelförmigen Divertikel,
div, noch einen eben solchen Blindsack ab, der wenig hinter der innern
Nierenöffnung mit der Richtung nach vorn sich abzweigt, div, (siehe
Schema Fig. 13). Es erreicht nicht ganz die Höhe von div,, verhält
sich aber sonst in Grösse und Weite des Lumens ihm sehr ähnlich.
Von der Basis dieses Divertikels geht ein in Form und Grösse mit
einer Ureterschlinge völlig übereinstimmendes neues Divertikel ab, das
sich in derselben Weise wie ur, tur, im Bogen nach rechts über die
Lunge hinweg gehend hinter ihr ebenfalls in den rechten Diaphragma-
zipfel hinab senkt, div, (siehe Schema Fig. 13). Genau wie vorher die
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 707
Ureterschlinge ur, sich hier umbog zu ur,, biegt sich auch hier
div, nach oben und links um und steigt, dem vorigen Divertikel
parallel, an der Rückenhaut als div, wieder empor. Alle diese Ureter-
schlingen wr,, 5, 3, die Divertikel div, und div, und die Umschlag-
stellen liegen hinter der Lunge, deren hinterste Athemröhrchen nur
bis an die Schlingen hinanreichen. Im directen Aufstieg nach oben
und links trifft das Divertikel 4 auf die Ureterschlinge wr, und ver-
bindet sich mit ihr in breiter Oeffnung.
Die Darstellung des Verlaufs dieser Divertikel erhellt aus der
Betrachtung der Figg. 14, 16, 7 und 17. Fig. 14 zeigt die beiden
Divertikel im Querschnitt durch den ganzen Bogen, div, ganz und
div, und die bevorstehende Verbindung mit ur,. Aus ihr geht zu-
nächst hervor, dass die Lage der Ureterschlinge wr, und der Divertikel-
bogen div, und div, im Schema Fig. 13 nicht hat genau wiederge-
geben werden können, weil sie von unten nach oben über einander
liegen, bei der schematischen Darstellung sich also eigentlich decken
würden; um nun den Verlauf illustriren zu können, sind die Schlingen
als etwas aus einander gezogen gezeichnet. Weiter sieht man in
Fig. 14 einmal den von links nach rechts hinabsteigenden div, und
den aufsteigenden div, ; der letztere besteht allerdings noch aus zwei
getrennten Stücken d, und ur,; geht man jedoch einige Schnitte
weiter, so sieht man die Verbindung zwischen diesen beiden hergestellt
und den Bogen in seiner ganzen Ausdehnung. Das Zusammentreffen
der beiden div, und div, in eine Spitze ist aus Fig. 16 zu entnehmen;
die beiden Durchschnitte vereinigen sich dort in den einen (div,, div,),
der nach kurzer Zeit immer enger wird und bald verschwindet. Auf
Fig. 7 sieht man neben dem Durchschnitt von wr, nach innen und
oben auch den Anfangstheil des div; ; denselben Querschnitt von d,,
diesmal in Form einer lang ovalen Schleife, zeigt Fig. 17 gleichzeitig
mit dem Uebergang von div, mit breiter Oeffnung in wr,. Man sieht
demnach sowohl aus dem beigefügten Schema als auch aus den Figuren,
dass der Ureter von Aneitea aus 2 Bogen besteht: ur, tur, und
Ur;, von denen einer, wr,-+ur,, von links nach rechts verläuft, der
andere, ur,, denselben Weg zurückkehrt, und aus einem Endstück,
ur,. Dieses verläuft rechts von der Körpermediane in der Höhe der
Athemôffnung unmittelbar unter der Rückenhaut bis zum Athemgang.
Der Bogen ur, ist dem ersten Bogen ur,-+-ur, nicht gleichwerthig,
da er nicht wieder die Niere erreicht, sondern in das, wie schon oben
gesagt, in der Körpermitte verlaufende Endstück ur, übergeht. ur,
708 G. GLAMANN,
hat bei Aufnahme des o.re.int den grössten Durchmesser; das nach
Abgabe der Divertikel noch restirende Rohr ur, bleibt sich überall
bis zum o.re,ext im Durchmesser fast gleich.
Die sich aus dem Ureter entwickelnden beiden grossen Divertikel,
welche in der rechten hintern Diaphragmaecke in einander übergehen,
sind, wie auch schon früher gesagt, den Ureterschlingen an Länge und
Durchmesser derart gleich, dass das in Fig. 13 aufgestellte Schema
links 4 und rechts 3 gleichartige Schlingen erkennen lässt, von denen
die unterste und oberste den directen Weg des Harnleiters, die beiden
mittelsten die Divertikel darstellen. Es zeigt deshalb der in der Höhe
des o.re.int schräg nach rechts und hinten gelegte Querschnitt (Fig. 7),
der alle Lumina treffen muss, 7 Oeffnungen: 4 Ureter-, wr,, 3, 3, 4
und 3 Divertikellumina, div, zweimal und div,. Die Divertikel 1
und 2 sind in dieser Höhe schon in ur, aufgenommen.
Ausser der Divertikelbildung, deren Zweck, die secernirende Ober-
fläche des Ureters möglichst zu vergrössern, als ausser aller Frage
stehend bezeichnet werden kann, zeigt der Ureter in seinem ganzen
Verlauf zahlreiche kleine, sackartige Ausbuchtungen der Wandung
und die Bildung kleiner Divertikel. Es ist deshalb erklärlich, dass
in mikroskopischen Bildern die Querschnitte der Hauptgänge von zahl-
reichen kleinen Querschnitten umgeben gesehen werden. Die letztern
gehören diesen kleinen und kleinsten Divertikeln und Ausbuchtungen
an, die im Verlaufe weniger Mikra vom Hauptgange sich abgrenzen und
wieder in ihn einmünden.
Die äussere Nierenöffnung fällt mit der Athemöfinung zusammen;
der Ureter mündet in den Athemgang (Fig. 8 ur,, atg).
Die Entwicklung der Ureterschleifen bei Aneitella virgata (Schema
Fig. 18) ist einfacher als die der Aneiteen, ihr aber ähnlich. Der
Schliessmuskel des o.re.int steht an Muskelmasse dem der Aneiteen
nicht nach (Fig. 10 o.re.int); er lässt auf dem Querschnitt zwei
Muskellagen unterscheiden, eine Ringmusculatur als Mitte und eine
diesen Muskelring allenthalben umschliessende und ihn rechtwinklig
kreuzende Längsmusculatur. Aus der innern Nierenöffnung gelangt
man in ein breites Anfangsstück wr, (Fig. 10 wr,). Die über ur,
liegenden Hohlräume stellen die Querschnitte ziemlich bedeutender
Divertikel dar, deren Ausbildung hier ebenso wie bei Aneitea und zu
demselben Zweck eine reichliche ist; sie werden von ur, ca. 100 u
weiter sämmtlich aufgenommen. Aus dem Lumen von ur,, etwa in
der Mitte — der ganze Unterabschnitt ur, ist ca. 1,2 mm lang —
zweigt sich ein Gang ab, der sich sofort nach vorn wendet (Schema
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 709
Fig. 18 ur,). Er verläuft unter der Rückenhaut, ungefähr in der
Mittellinie, umgeben von dem Filz der Athemröhrchen direct nach
vorn, bis über die Mantelorgane hinaus, wendet sich hier unter Bildung
eines ziemlich breiten, rasch sich zuspitzenden Divertikels (div,) um
und kehrt nunmehr auf der rechten Seite, in der Höhe des Athem-
lochs, wieder unter der Rückenhaut verlaufend, nach hinten zurück
(ur,;). Unmittelbar vor der Oeffnung des Athemgangs bohrt sich das
Endstück mit einer fast rechtwinkligen Biegung nach aussen durch
die Haut (o.re. ext), von dem folgenden Athemgang durch eine dünne
Hautfalte getrennt.
Das eigentliche Uretersystem ist mit der Bildung dreier Stücke:
des breiten und kurzen Mittelstücks wr, und der nach vorn und zu-
rück zur äussern Nierenöffnung laufenden beiden Harnleiter wr, und
ur,;, beendet. Zu diesem System gehört als Anhang die Ausbildung
mehrerer Divertikel.
Von ur, (Schema Fig. 18) zweigt sich erstens ein ziemlich kurzer
und schmaler Blindsack ab, div,. Als Verlängerung von wr,, nach
dessen Vereinigung mit wr, nach hinten, verläuft ein in Grösse und
Ausdehnung ähnliches Divertikel, div,. Sehr gross jedoch und in ihrer
Entwicklung den eigentlichen Harnleitern völlig gleichwerthig sind die
beiden Divertikel, in die sich ur, spaltet — div, und div,. Diese
beiden Schläuche wenden sich von links und vorn, der Rückenwölbung
folgend, schräg nach rechts und hinten und endigen mit den Spitzen,
dicht an einander liegend, in der rechten hintern Ecke über dem
Diaphragma. Ihr Verlauf ist nicht parallel mit einander, sondern eine
Schlinge, div;, kreuzt die andere, div,; dem zu Folge reicht div,
etwa 0,6 mm mehr nach hinten. Eines weitern Divertikels, div,, das
als ausgezogene Spitze der beiden vereinigten Ureteren vr, und ur,
angesehen werden kann, ist vorhin schon Erwähnung gethan.
Der oben geschilderte Verlauf des Uretersystems lässt sich durch
Schnittbilder belegen. Man betrachte zunächst die Fig. 10, sie stellt
einen Querschnitt in der Höhe der innern Nierenöffnung dar. Ver-
gleicht man die durch einen Pfeil im Schema Fig. 18 angedeutete
Lage des Schnitts mit der Fig. 10, so sieht man, dass ausser der
durch den starken Schliessmuskel sofort in die Augen fallenden Nieren-
öffnung o.re.int die 3 Lumina, die vom Schnitt getroffen werden
müssen, nämlich wr,, ur, und ur, in der Figur zu finden sind. ur,
ist ein weites Rohr; dass die über ihm liegenden Querschnitte solche
von Divertikeln darstellen, die etwa 100 « weiter sämmtlich von dem
Hauptrohr aufgenommen werden, ist vorher schon erwähnt worden.
710 G. GLAMANN,
Die verhältnissmässig engen Lumina von wr, und wr; liegen rechts
und links von der Kérpermediane, zwischen ihnen breiten sich die
Athembäumchen aus. Die Spitze div,, in welche die beiden Ureteren
zusammenlaufen, liegt weit vor dem Anfang der Pallialorgane und
wurde bei der Durchmusterung der Schnittserie von vorn her als erste
Bildung unter dem Diaphragma gefunden. Fig. 19 zeigt die Theilungs-
stelle des wr, in die beiden div, und div,; den Verlauf dieser zeigen
Fig. 20 und 21. In der ersten, die aus mehreren Schnitten construirt
ist, sieht man den div, in ganzer Länge getroffen; er zieht am
Boden auf dem Diaphragma von oben und innen nach unten und
aussen; da er etwas von hinten nach vorn gebogen ist, zeigt Fig. 21,
die einen Schnitt ca. 530 « hinter dem vorigen darstellt, einen rechten
und linken Querschnitt entsprechend den beiden Bogenschenkeln. Da-
gegen sieht man in Fig. 21 nunmehr den hinter div, liegenden div,
in ganzer Länge getroffen; die sowohl in Fig. 20 wie Fig. 21 für die
Anfangstheile der div, und div, gewählte Bezeichnung wr, soll darauf
hinweisen, dass sie aus der Theilung von wr, hervorgegangen sind ;
eigentlich müssen sie, da sie schon Theile des Divertikels sind, auch
mit der für diese angenommenen Bezeichnung kenntlich gemacht werden.
Die in der untern Ecke über dem Diaphragma liegenden Spitzen der
Divertikel, die ebenfalls mit div, und div, bezeichnet sind, werden
nach vorn zu rasch kleiner und verschwinden schliesslich.
Das Epithel der Ureteren besteht aus Zellen ohne deutlich er-
kennbare Zellgrenzen mit grossem Kern. Die feine, mitunter deut-
licher wahrnehmbare Längsstreifung des Protoplasmas ist, wie schon
PLaTe für Janella und Aneitella nachgewiesen hat, durch die Stern-
oder Fingerform der Zellen bedingt. In die Reihe der Epithelzellen
eingelagert finden sich Zellen mit halbkreisförmig gegen das Ureter-
lumen vorgewölbtem Protoplasma, das am freien Rande mit feiner
Wimperung versehen ist, die Calottenzellen PLATE’s. Da die Ver-
hältnisse sich nicht von den von PLATE gefundenen unterscheiden, so
sei auf die Originalarbeit verwiesen.
Die gesonderte Ausmündung des äussern Nierengangs, der nicht
in den Athemgang eintritt, ist auf Fig. 11 und 9 dargestellt; dort
mündet wr, im Ostium renale externum (o.re.ext), ehe aus der Mantel-
höhle (cav. pall) der Athemgang (Fig. 9 atg) herausgetreten ist.
Die von mir bei der Untersuchung der Niere und des Ureteren-
aufbaues von Aneitea und Aneitella gefundenen Ergebnisse ermög-
lichen mit den Befunden PLare’s bei der Untersuchung von Janella
schauinslandi und Aneitella berghi und Preirrer’s bei der von Tribo-
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 711
niophorus brisbanensis eine theoretische Betrachtung über die Entwicklung
dieser Organe in der ganzen Familie der Janelliden. Die Vergleichung
der Schemata, deren Bilder des bessern Verständnisses wegen ich hier
im Text reproducire, weist vor allem darauf hin, dass diesen Bildungen
eine Stammform zu Grunde gelegen haben muss, aus der sie sich
entwickelt haben. Ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich die Stammform
als eine einfache, compacte Niere mit einem ebenso einfachen Ureter
auffasse, der von der links gelegenen Niere nach oben und rechts ver-
läuft (Textfig. A).
Als eine höhere Orga-
nisation der Arten eine Ver-
grösserung der Ureterober-
fläche erheischte, entwickel-
ten sich am Anfangstheil des
Ureters durch Hinaustreiben
der Ureterwand nach unten
und rechts 2 Blindsäcke,
Divertikel (Textfig. B). Nach
rechts wölbten sie sich vor,
weil links die Niere und das
Herz den vorhandenen Platz in Anspruch nehmen; sie schoben sich
deshalb zwischen die Athemröhrchen und das Diaphragma und reichten
bei ihrer Weiterentwicklung bis an die gegenüber liegende Körper-
wandung.
Auf diesem Stadium der Entwicklung stehen Niere und Ureter-
bildung der Aneitellen. Die compacte Niere sendet bei Aneitella
virgata (s. Textfig. D), die im Verhältniss zu Aneitella berghi wieder
als die einfacher gebaute Form aufgefasst werden muss, einen einfachen
Ureter nach vorn und 2 Divertikel nach rechts und unten. Die höhere
Organisation hat allerdings ausser der durch 2 Divertikel schon eine
weitere Oberflächenvergrösserung in die Wege geleitet, doch ist diese
erst in ihrem Anfangsstadium angelegt; deshalb sind die div, und div,
erst kurz und nur div, und div, ganz ausgebildet. Auch der Aufbau
derselben Organe von Aneitella berghi schliesst sich diesem Schema an.
Vergleicht man hiermit den Aufbau des Ureters von Aneitea, so
ist eine Complicirung der Verhältnisse durch Ausbildung grösserer
Oberflächen hierbei unschwer zu erkennen. Auch die Entwicklung des
Ureters von T'riboniophorus bedeutet gegen die bei Aneitea vorhandene
Bildung einen Fortschritt; endlich weist Janella schauinslandi einen
weitern Entwicklungsfortschritt und damit die grösste, bis jetzt bei
712 G. GLAMANN,
den zweitentakligen Pulmonaten bekannte Complicirung des Ex-
cretionsorgans auf. Es erscheint deshalb am zweckmässigsten, bei der
Beschreibung des anatomischen Aufbaues der Ureteren die vorher ge-
nannte Reihenfolge inne zu halten. Gleich von vorn herein sei die
schon vorher gemachte Bemerkung wiederholt, dass die von PLATE
bei der Untersuchung der Aneitella berghi gefundenen Resultate mit
dem von mir bei Aneitella virgata festgestellten Befund überraschend
übereinstimmen; der Aufbau bei Aneitella berghi stellt sich nur ein
wenig complicirter dar. Betrachtet man die fig. 40 der Prare’schen
Abhandlung, die ich als Textfig. C hier reproducire, so sieht man
Fig. C. Aneitella berghi.
Folgendes: Von der innern Nierenöffnung führt ein schmaler Ureter,
ur,, in einen von PLATE als div.com bezeichneten, doppelt so breiten
Harnleiter. Von diesem geht ein Anfangs wieder schmaler Canal, wry,
direct nach vorn und oben, erweitert sich und zieht, quer über die
Lunge verlaufend und der Wölbung der Rückenhaut folgend, als ur;
von links nach rechts bis zum Athemgang, von dem er kurz vor seiner
Mündung in das Athemloch aufgenommen wird. Das div.com theilt
sich in 2 lange Divertikel, div, und div,; beide ziehen sich nach
rechts und unten. Vom Anfangstheil des wr, zweigen sich 2 eben-
falls parallel verlaufende, über einander liegende Divertikel, div, und
div,, ab, die, demselben Weg folgend, in der Nähe des Rectums div,
und div, treffen und sich derart mit ihnen verbinden, dass div, und
div,, und div, und div, in einander übergehen. Es entstehen auf
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 713
diese Weise 2 Doppelschlingen zwischen ur, und ur,. Der auf der
Textfig. D dargestellte Aufbau des Ureters von Aneitella virgata lässt,
mit dem von Aneitella berghi verglichen, nun Folgendes erkennen:
Fig. D. Aneitella virgata.
ur, entspricht dem ur,, ur, und div.com der Aneitella berghi. Denkt
man sich, dass die tief zwischen den beiden Schlingen ur, und ur,
sich einsenkende Linie sich nach der Nierenöffnung zu hebt und sich
verflacht, so ist aus den beiden Ureteren inclusive dem div.com ein
Raum entstanden, der ur, der Aneitella virgata entspricht. Aus
diesem Hohlraum zieht nun bei beiden Species das Endstück des
Harnleiters zur äussern Nierenöfinung, bei Aneitella virgata als Dreieck,
mit der Spitze nach vorn gerichtet, bei Aneitella berghi als Bogen,
der, der Rückenwölbung folgend, direct von links nach rechts verläuft.
Die Spaltung des wr, in 2 Divertikel ist bei beiden Species dieselbe,
bei Aneitella virgata kommt es jedoch noch nicht zur Ausbildung der
dem Grunde von wr, — entsprechend wr, der Aneitella virgata —
entspringenden Divertikel div, und div,, die sich auf der rechten
Seite mit div, und div, treffen und vereinigen, so dass die Divertikel
div, und div,, welche div, und div, von Aneitella berghi entsprechen,
blind auf der rechten Körperseite enden. Es findet sich ein zwar
714 G. GLAMANN,
kleiner Fortsatz div,, welcher von der Wand des wr, ausgeht; ob
aber dieser den div, und div, der Aneitella berghi entsprechen soll,
ist durchaus fraglich und ohne weiteres nicht anzunehmen.
Es wäre also homolog zu setzen, resp. würden sich entsprechen:
Aneitella virgata Aneitella berghi
ur, ur,, div. COM, Ur,
Urs Ur; Ur s
div,+div, div, +tdivz.
Ob div, von Aneitella virgata mit div, und div, von Aneitella berghi
irgend welche Beziehung hat, ist, wie schon oben gesagt, sehr fraglich.
Der Fortschritt in der Entwicklung des Ureters bei Aneitella
berghi liegt also nur in der Vergrösserung der Oberfläche von ur,
durch Theilung desselben in ein div.com und 2 Harnleiter und durch
Ausbildung von 4 Divertikelschlingen gegenüber den zweien bei Anei-
tella virgata.
Der Bau des Ureters bei den
drei übrigen Gattungen, Aneitea,
Triboniophorus und Janella, stellt
nun in so fern einen Fortschritt in
der Entwicklung dar, als die weitere
Vergrösserung der Oberfläche von
hier ab nicht mehr durch Divertikel-
bildung, sondern durch die Bildung
HE neuer Ureterschlingen erfolgt. Von
diesem Gesichtspunkt aus lässt sich
das Schema von Aneitea (Textfig. E)
etwa in folgender Weise von Aneitella
virgata ableiten. Der aus der Niere
hervortretende Ureter wendet sich nicht direct nach oben und rechts,
sondern er bildet vorher eine Schleife, die die ganze Körperbreite
durchmisst und nach ihrem Ausgangspunkt wieder zurückstrebt. Sie
folgt dem Verlauf der Divertikel aus dem schon angegebenen Grunde;
der zurückkehrende Schenkel der Schleife wendet sich vor der Er-
reichung der Ausgangsstelle ganz in derselben Weise wie der ein-
fache Ureter des Schemas Textfig. B nach vorn und rechts, nur dass
er der Mittellinie näher liegt. Vergleicht man mit diesem Schema
das von Aneitea, so findet man sofort, dass es nur der Vereinigung
von div, und div, bedarf, um den von mir für Aneitea aufgestellten
Verlauf zu erhalten; diese Vereinigung kann jeder Zeit stattfinden,
wenn sich die Spitzen der bis an die andere Körperseite ausgestreckten
Fig. E.
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 715
Blindschläuche treffen. Es würde also, stellt man Aneitella virgata
der Aneitea gegenüber, sich wieder entsprechen, resp. durch Weiter-
entwicklung aus einander hervorgegangen sein:
Aneitella virgata Aneitea
Ur, = ur, tur;tur,
UT UT; — ur,
div, und div, = div, und div,
div, und dw, = div, und div,.
Die Niere entspricht in ihrer einfachen, compacten Gestalt noch
völlig der Aneitella- Niere.
Fig. G.
Fig. F. Aneitea.
In vollendeterer Form finden wir die Entwicklung eigentlicher Ureter-
schlingen bei den Gattungen Triboniophorus und Janella. Mit grosser
Wahrscheinlichkeit lässt sich annehmen, dass bei beiden die in der
Textfig. E einfach vorhandene Ureterschleife doppelt angelegt ist
(Textfig. G). Denkt man sich nun die beiden Ureterschleifen nicht
über einander gelegt, sondern z. B. der bessern Platzverwerthung
halber in einander geschoben, so sind die beiden Schemata von Tribo-
niophorus und Janella gefunden. Bei ihnen sind die 4 Ureterschlingen,
entsprechend den 4 Schenkeln der beiden Ureterschleifen, in einander
gelagert, derart, dass die ganze erste Schleife innerhalb der beiden
Zool. Jahrb. XVII, Abth. f. Morph. 46
716 G. GLAMANN,
Schenkel der zweiten verläuft. Unter einander. verglichen — ich habe
nebenstehend die Schemata der beiden Excretionsorgane entsprechend
fig. 11 der Abhandlung PFEIFFEr’s und fig. 23 der PLATE’schen Ar-
beit reproducirt — sind ur, +ur,+ur, von Triboniophorus (Textfig. H)
Fig. H. Triboniophorus brisbanensis.
— ur, +, von Janella (Textfig. J), ebenso ur, +ur, = ur; +ur,'+ur,.
Es ist erklärlich, dass bei der reichlichen Oberfläche, die die gut ent-
wickelten Ureterschleifen bieten, die Bildung von Divertikeln nicht
fortschreitet, sondern eher
eine Rückbildung der-
selben eintritt. So sehen
wir, dass Triboniophorus
zwar noch einzelne Aus-
stülpungen in div,, div,
und div, aufweist, die,
weil am Anfang des Ure-
ters befindlich, in Be-
ziehung zu div, und div,
der Stammform gebracht
werden könnten, dass
diese aber im Vergleich
Fig. J. Janella schawinslandi. zu der Grösse der Ureter-
schlingen als unwesent-
liche Anhänge zu bezeichnen sind, während Janella gänzlich frei von
correspondirenden Bildungen ist. Wenn PLATE die lang ausgezogenen
Zipfel der Ureterschleifen bei Janella als Divertikel bezeichnet hat, so
entspricht doch diese Bezeichnung keiner der im Urschema vorhandenen
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. (al 7
Anlagen. Das Endstück des Ureters wr, sendet zwar noch ein langes
Divertikel aus, div, ; meiner Ansicht nach jedoch dürfte dieses als die
Anlage einer neuen Ureterschleife anzusehen sein. Janella lässt ein
weiteres Moment der höhern Organisation durch die Thatsache er-
kennen, dass das Endstück des Ureters, im Gegensatz zu den andern
Familien, nicht in den Athemgang mündet, sondern mit besonderer
Oeffnung die Körperdecke durchbohrt.
Triboniophorus und Janella zeigen auch im Bau der Niere eine
höhere Ausbildungsstufe. Die am einfachsten angelegte Niere, wie sie
Aneitella und Aneitea noch besitzen, ein leicht gekrümmter, com-
pacter Körper, geht bei Triboniophorus in so fern schon eine Ver-
änderung ein, als hier die Niere einen Körper und zwei nach vorn ge-
richtete Zipfel unterscheiden lässt. Der linke laterale Zipfel reicht
sehr weit nach vorn und liegt in der Nähe des linken Fussrandes;
er ist vorn ziemlich spitz ausgezogen. Der rechte und mediane Zipfel
überragt nur wenig die Kammebene des Diaphragmas nach vorn und
ist abgerundet. Die Veränderung geht bei Janella so weit, dass bei
dieser der Nierenkörper ein grosses, zweilappiges, flaches Gebilde dar-
stellt, welches sich hinter dem Pericard und dem die Mantelhöhle um-
gebenden Filzwerk der Athemröhrchen ausbreitet. Beide Nierenlappen
gehen durch eine Verbindungsbrücke continuirlich in einander über,
so dass von einer doppelten Niere nicht gesprochen werden kann; die
Breite der Verbindungsbrücke ist variabel.
Die Entwicklung des Nieren- und Ureterbaues innerhalb der
Tracheopulmonaten liesse sich, um kurz die Betrachtung zu recapi-
tuliren, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit also folgender Maassen an-
nehmen: |
I. Form (hypothetische Stammform): compacte einfache Niere;
einfacher, von der Nierenöffnung nach oben und rechts verlaufender
Ureter, der in den Athemgang mündet.
II. Form: Niere und Ureter ebenso, am Anfangsstück des Ureters
bilden sich 2 Divertikel, div, und div, — Aneitella virgata —, die
sich auch verdoppeln können — Aneitella berghi. Uretermündung wie
vorher.
III. Form: Niere wie vorher. Der Ureter macht, ehe er den Ver-
lauf nach oben und rechts einschlägt, eine ganze Schleife von links
nach rechts und zurück; div, und div, sind noch völlig ausgebildet.
Durch Vereinigung von dw, und div, bildet sich das Schema für
Aneitea.
46*
718 G. GLAMANN,
IV. Form: Niere besteht aus Nierenkörper und 2 Zipfeln. Die
Ureterschleife ist doppelt angelegt, Divertikelbildung geht zurück.
Uretermündung wie vorher: Triboniophorus.
V. Form: Niere besteht aus 2 durch eine Brücke zusammen-
hängenden Lappen. Doppelte Ureterschleife wie vorher, Divertikel-
bildung fast verschwunden, ein aus dem Endstück des Ureters sich
hervor wölbender Blindsack hat schon den Werth einer Ureterschlinge.
Ureter mündet in äusserer Nierenöfinung gesondert vom Athemgang:
Janella.
Die Schalenkammer.
Die Rückbildung der Schale, welche bei den Gastropoden stets
dadurch eingeleitet wird, dass der Mantel sich über die Schale
hinüber schlägt, ist bei den einzelnen Gattungen der Tracheopulmonaten
in verschiedenem Grade vorgeschritten. Beobachtungen über das
Vorhandensein der Schalenkammer und des Inhalts derselben haben
schon die frühern Untersucher gemacht, und diese Beobachtungen im
Verein mit den neu gefundenen Resultaten gestatten eine gewisse
Uebersicht über den Zerfall der Kammer im Lauf der phyletischen
Entwicklung; zuvor seien jedoch die Ergebnisse meiner Untersuchung
geschildert.
Die Schalenkammer der Aneitea stellt sich als ein ca. 31/, mm
langes, schlauchartiges Gebilde dar; sie erreicht ihre grösste Breite
etwa in der Mitte ihrer Ausdehnung mit 1,8 mm und verschmälert
sich an beiden Enden. Sie liegt etwas links von der Körpermitte
direct der Rückenhaut an, ist aber nicht in sie eingebettet, sondern
verläuft unter ihr. Ihr vorderes Ende ragt über die Pallialorgane
hinaus und ist deshalb sichtbar (s. Situs der Pallialorgane, Fig. 5 sch).
Weiter hinten bedecken der Herzbeutel mit dem Herzen und die
Niere die Umrisse der Schalenkammer ; die Niere etwa noch mit ihrer
vordern Hälfte, die deshalb eine Einbuchtung auf der dorsalen Seite
zeigt. Unmittelbar nach dem Aufhören der Schalenkammer wölbt
sich das Nierengewebe bis an die Rückenhaut hinauf.
Die histologische Untersuchung hat zu einem sichern Ergebnisse
nicht führen können, da der Conservirungszustand des Materials zu
einem solchen nicht genügte. Immerhin hat sich so viel feststellen
lassen, dass die Wandung der Schalenkammer aus einem Epithel be-
steht, welches eine deutlich conturirte Basalmembran abgesondert hat.
An diese Basalmembran treten an verschiedenen Stellen Bindegewebs-
züge heran, die sich von aussen an sie anlegen; man sieht dann die
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 719
lang gestreckten ;Bindegewebskerne neben der Basalmembran. Die
Zellen des Epithels erscheinen nicht deutlich abgegrenzt; an einzelnen
Stellen kann man kleine Intercellularspalten erkennen; die rundlichen
Kerne sind ziemlich gross. Von der Fläche gesehen, erinnert das
Bild, das die Zellen liefern, sehr an die von PLATE zuerst im Ureter-
epithel gefundenen Sternzellen.
Das, wie vorher angegeben, nach Präparation des Mantelstücks
der Rückenhaut sichtbare vordere Ende der Schalenkammer liess als
Inhalt eine weissliche, in kleinen Schollen über einander liegende,
feste Masse erkennen, die der Nadel Widerstand leistete: den Rest
der Kalkschale (Fig. 5 sch). Er bildet in der vordern Hälfte der
Kammer eine grössere Kalkplatte, die jedoch nicht lamellösen Bau
zeigt, sondern durch das Aneinanderbacken einzelner loser Kalkschollen
entstanden zu sein scheint. Ihre Grösse ist im Anfangstheil der
Schalenkammer am bedeutendsten; nachdem diese hinter das Herz
und die Niere getreten ist, bildet sie nur noch einen dünnen, der
ventralen Seite der Kammer anliegenden Kalkstreifen. Ihm folgen in
der hintern Kammerhälfte mehrere einzelne, bedeutend kleinere Kalk-
schollen, die neben einander liegen. Da eine Verletzung des Mantel-
stücks vermieden werden musste, weil nur 2 Exemplare der Unter-
suchung zur Verfügung standen, so war es nicht möglich, durch das
Diaphragma hindurch die genaue Anzahl festzustellen, doch scheinen
es nur 3 oder 4 gewesen zu sein. Fig. 12 zeigt bei A. II die ganze
Länge der Schalenkammer (sch) im Längsschnitt; während die nach
vorn — in der Figur unten — liegende Partie keine Reste von Schalen-
stückchen enthält, weil sie durch die eingedrungene Salpetersäure-
lösung völlig aufgelöst worden sind, liegen in dem hintern — obern —
Theil, der an die Niere anstösst, dicht bei einander solche Reste, die
3 oder 4 Kalkschollen anzugehören scheinen.
Durch ca. 24stündiges Einlegen in Pikrinsalpetersäure konnte der
Kalk aufgelöst werden; die Schnittserie, die vom Mantelstück ange-
fertigt worden ist, zeigt fast in jedem Querschnitt der Schalenkammer
als organische Grundsubstanz der Kalkschale eine homogene, tief
dunkel gefärbte Masse.
Ueber die Schalenkammer der Aneitella virgata liegt schon eine
Notiz von EDGAR A. SMITH vor. Er sagt bei der Beschreibung der
von ihm Athoracophorus virgatus genannten Aneitella virgata Folgendes:
„Die Schale wird ersetzt (es ist nur ein Thier untersucht worden)
durch 8 kleinere Kalkstückchen von verschiedener Form und Grösse
— das grösste war über 1?/;, mm lang —, die in der Mitte des
720 G. GLAMANN,
Körpers wenig vor der Athemöffnung liegen.“ Bei dem von mir unter-
suchten Exemplar liegen an der Grenze des ersten und zweiten Körper-
drittels mitten auf dem Rücken etwa 12 grössere und kleinere Bläschen,
die scheinbar in die Haut eingebettet und mit einer durchsichtigen
Membran abgeschlossen sind, so dass ihr weisslicher Inhalt durch-
schimmert; namentlich am herauspräparirten Mantelstück erkennt man
diesen Inhalt bei der Untersuchung von der Innenfläche der Rücken-
haut her als kleine Kalkconcremente (Fig. 2, 6 sch). Vor dem End-
darm liegt an dessen Wandung ein grösseres, ovales, etwa 2 mm
langes und 1 mm breites Bläschen mit einem grössern Kalkstiickchen ;
darum gruppiren sich die andern kleinen und kleinsten Bläschen.
Am hintern Ende des Mantelstücks, zum Theil auf der rechten Seite
hinter der Lunge, zum Theil in der Mittellinie sind noch 8 grössere
und kleinere Schalenkammerbläschen vorhanden; irgend eine Ver-
bindung mit den vordern Bläschen ist nicht nachzuweisen.
Der histologische Bau der Schalenkammerbläschen zeigt, soweit
die mangelhafte Conservirung eine Untersuchung zulässt, im Grossen
und Ganzen keine Verschiedenheit gegen den der Aneitea-Schalen-
kammer. Die Wand besteht aus einem ziemlich dunkel tingirten
Plasmastreifen, der eine deutlich ausgeprägte Basalmembran aufweist
und in den rundliche, grosse Kerne in unregelmässigen Abständen
eingelagert sind. Zellgrenzen sind nicht zu unterscheiden, doch weisen
die ab und zu deutlich erkennbaren Intercellularspalten darauf hin,
dass es sich hier voraussichtlich um ähnliche Verhältnisse wie bei
Aneitea handeln wird.
Wie schon Eingangs erwähnt, liegen in der Literatur über die
Untersuchung der Schalenkammern der Tracheopulmonaten verschie-
dene Mittheilungen vor, die in Verbindung mit den hier geschilderten
Verhältnissen eine Betrachtung über das Verhalten dieses Organs in
den 4 Gattungen dieser Gruppe ermöglichen. Für Aneitella hat ausser
der schon erwähnten Mittheilung von EDGAR A. SMITH auch PLATE
festgestellt, dass die Rudimente der Schalenkammer in Gestalt ge-
schlossener Epithelbläschen vorhanden sind, die in zwei Hauptgruppen,
die eine am Vorderrand des Rückensinus und eine zweite am Vorder-
rand des Nierenkörpers, angeordnet sind. Die grössten Kalkstückchen
maassen ca. ?/, mm.
Zahlreicher schon sind die in der Gattung Aneitea gefundenen
Untersuchungsergebnisse. MACDONALD 1856 und FiscHEr 1867 haben,
dieser bei A. macdonaldi und jener bei A. hirudo, eine Schalenkammer
mit einem Kalkstück beschrieben, das beim ersten als ein längliches
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. AD
Schild, beim zweiten als kleine, weisse bohnen- oder nierenförmige
Platte sich darstellte.
Ich habe bei Aneitea eine Schalenkammer, aber mehrere Kalk-
stückchen gefunden. PLATE nimmt an, dass auch bei A. macdonaldi
und hirudo mehrere Kalkstückchen in der Schalenkammer vorhanden
sind, dass aber bei der Untersuchung nur das vordere, grosse ent-
deckt wurde, während die hintern kleinern übersehen worden sind.
Aneitea gräffei, die nach den Untersuchungen PFEIFFER’sS zu den
Triboniophoriden gehört und von ihm als Triboniophorus gräffei re-
clamirt wird, hat nach HumBert 1863 und Sımrorn 1889 ebenfalls
eine Schalenkammer mit mehreren Kalkstückchen, so dass die Ver-
hältnisse sich als denen ähnlich darstellen, die ich bei Aneitea ge-
funden habe. Für Triboniophorus schüttei hat BerGH 1870 oberhalb
des Pericardiums ein grösseres trianguläres Kalkstück, ein schmäleres
an der Grenze zwischen Niere und Pericard und ca. 8 immer kleiner
werdende Bläschen dahinter festgestellt, nachdem KEFERSTEIN, der
dasselbe Thier schon 1865 untersucht hatte, schon von vielen ziemlich
rundlichen Kalkconcrementen gesprochen hatte, die mit blossem Auge
zuweilen als weisse Pünktchen wargenommen werden könnten. Da-
gegen hat KEFERSTEIN bei Triboniophorus kreffti neben dem Herzen
und After vor der Lunge in der Körperwand ein kleines, dreieckiges,
ziemlich dickes Schalenstück gefunden. In einer sehr ausführlichen
Arbeit über die Gattung Zriboniophorus hat PFEIFFER für Tribo-
niophorus brisbanensis eine einheitliche Schalenkammer mit einem ein-
heitlichen grossen Kalkstabe nachgewiesen.
Die Untersuchungen, die PLATE bei Janella schauinslandi ange-
stellt hat, haben ergeben, dass Janella statt einer Schalenkammer
nach oberflächlicher Schätzung in summa mindestens 60—80 Schalen-
bläschen besitzt. Die Hauptmasse liegt am Vorderrand des Sinus
dorsalis als ein unter der Lupe weissliches Querband, ein zweiter
Haufen bedeckt die Rückenfläche des linken Nierenlappens. Zwischen
beiden spannt sich nicht selten eine bandförmige Reihe von Schalen-
bläschen aus, welche den medialen Pericardrand begleitet. In gleicher
Weise haben Hurron 1881 für J. bitentaculata und marmorea und
SIMROTH 1889 festgestellt, dass die Schalenkammer in zahlreiche
Schalenkammerbläschen aufgelöst war, wie sie auch beide das Vor-
handensein der Bläschenreihe zwischen den beiden Häufchen von
Schalenkammerbläschen schon bemerkt haben.
Es fragt sich nun, ob die Vergleichung der bei den einzelnen
Gattungen der Tracheopulmonaten in Bezug auf die Schalenkammer
122 G. GLAMANN,
und deren Inhalt vorhandenen Verhältnisse irgend etwas Charakte-
ristisches für jede Gattung erkennen lässt, so dass vielleicht ein für |
die Systematik verwendbarer Unterschied aufgestellt werden kann.
Wie aus dem Vorstehenden zu ersehen ist, hat Aneitella keine einheit-
liche Schalenkammer, sondern eine kleine Anzahl Schalenkammer-
bläschen (Aneitella virgata ca.20 verschieden grosse), die in zwei Häufchen
angeordnet sind und je ein weissliches Kalkstück enthalten. Dieselbe
Anordnung findet sich auch bei Janella. Es sind hier aber eine un-
gleich grössere Anzahl Schalenkammerbläschen (60—80) vorhanden und
ausserdem die beiden Häufchen durch eine Reihe von Bläschen noch
verbunden. Sehr fraglich dürfte es sein, ob die grössere oder kleinere
Anzahl der Schalenbläschen ein für die Systematik verwerthbares
Characteristicum der beiden Gattungen darstellt, weil ihre Zahl, wie
bei allen rudimentären Organen, individuell variiren kann; dagegen
scheint die Bläschenreihe zwischen den beiden Bläschenhaufen, deren
Vorhandensein für Aneitella bis jetzt nicht nachgewiesen ist, doch eine
constante Bildung bei Janella zu sein. Sowohl PLATE als auch HuT-
TON und SIMROTH haben bei den Janelliden (schauinslandi, bitentacu-
lata und marmorea) übereinstimmend diese bandförmige Reihe von
Kalkkörperchen beobachtet und beschrieben.
Die Untersuchung der beiden mir zur Verfügung stehenden Exem-
plare hat eine einheitliche Schalenkammer für Aneitea ergeben. Dass
diese für die Gattung constant ist, kann zwar angenommen werden,
bleibt aber noch für andere Arten zu erweisen; sowohl von Mac-
DONALD als FISCHER ist irgend ein darauf bezüglicher Vermerk bei ihren
Beschreibungen nicht gemacht worden. Bemerkt sei, dass der Bau
der Schalenkammer, weil diese bei den Aneiteen zum grossen Theil
über den Pallialorganen liegt, die sie von unten decken, nur aus einer
Serie von Schnittpräparaten zu erkennen ist. Es scheint ferner, als
ob der Inhalt dieser Kammer aus einzelnen, verschieden grossen Kalk-
plättchen besteht, von denen das vorderste das grösste ist.
Wenn MAcDonALD für A. macdonaldi und FISCHER für A. hirudo
nur je ein Kalkplättchen beschrieben, so liegt dies nach der schon
vorher erwähnten PLATE’schen Annahme vielleicht daran, dass nur
das vordere grosse Kalkstück von ihnen beobachtet wurde, die hintern
kleinen aber übersehen worden sind.
Weit aus einander gehen die Angaben, wie die Schalenkammer
und deren Inhalt bei der Gattung Triboniophorus sich darstellt. Hum-
BERT 1864 giebt für Triboniophorus gräffei 2 oder 3 grössere Kalk-
körner und eine Anzahl anderer, bedeutend kleinerer an; nach eigenen
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 123
Untersuchungen hat SımrkorTH 1889 bei der Aneitea gräffei HUMBERT
gefunden, dass die Schale aus 3 getrennten Stücken besteht, die fest
in die tiefere Lage der Cutis eingelassen sind; eine eigentliche Schalen-
kammer fehlt. KEFFRSTEIN sowohl wie BERGH beschreiben bei Tribo-
niophorus schüttei viele, verschieden grosse Kalkconcretionen ; der erste
Forscher hat bei Triboniophorus kreffti nur ein kleines, dreieckiges,
ziemlich dickes Schalenstück gesehen. Bei Zriboniophorus brisbanensis
ist nach PFEIFFER eine einheitliche Schalenkammer mit einem ein-
heitlichen grossen Kalkstück vorhanden; ausserdem hat PFEIFFER noch
das Vorhandensein eines drüsigen Schalenkammerdivertikels, einer
Schalendrüse, festgestellt, ein Organ, das bis jetzt bei den andern
Gattungen nicht aufgefunden worden ist.
Wenn ich die Befunde im Folgenden in eine kurze Uebersicht zu
bringen versuche, so kann selbstverständlich von mir kein Anspruch
darauf erhoben werden, dass diese von bleibendem Werth für die
Systematik sein könnte. Erst die Nachuntersuchungen nicht nur von
Thieren der einzelnen Gattungen und Arten, sondern namentlich ver-
schiedener Individuen derselben Arten werden Klarheit darüber her-
beiführen können, ob für eine Gattung oder Art constante Bildungen
auftreten oder ob diese selbst individuellen Verschiedenheiten unter-
liegen. Eine solche Uebersicht als Ausdruck unserer derzeitigen
Kenntnisse würde sich etwa folgender Maassen aufstellen lassen:
I. Schalenkammer einheitlich:
a) Schalenreste bilden mehrere, verschieden grosse Kalkstückchen,
von denen das vorderste in der Regel das grösste ist: Aneitea.
b) Schalenrest stellt einen soliden Kalkstab dar (Schalendrüse ?) :
Triboniophorus.
II. Schalenkammer in zahlreiche Schalenbläschen aufgelöst, die
meist in zwei Häufchen angeordnet sind.
a) Die beiden Bläschenhaufen sind jeder für sich isolirt: Aneitella.
b) Zwischen den Bläschenhaufen verläuft eine bandartige Reihe
von Bläschen und verbindet sie: Janella.
Herz und Gefässystem.
Der durch die Untersuchungen PLATE’S und Pretrrer’s für Janella
und Triboniophorus gefundene anatomische Aufbau des Herzens sowie
die Ausbildung des Gefässystems, die sich nach der Beschreibung ein-
ander sehr ähnlich sind, finden sich bei Aneitea und Aneitella ledig-
lich wiederholt. Es erübrigt sich daher, die erst genannten Befunde
zum Vergleiche mit heranzuziehen, und dürfte die einfache Beschreibung
124 G. GLAMANN,
der anatomischen Verhältnisse der beiden letzt genannten Gattungen
für die Aufstellung der Gattungsdiagnose genügen.
Das Herz besteht bei Aneiteo und Aneitella (Fig. 5 u. 6 atr,
ventr) aus einem musculösen Ventrikel (ventr), einem Atrium (air)
init bedeutend schwächerer Wandung und einem Pericard (per), welches
das Herz allseitig umgiebt. Das Herz von Aneitea ist bedeutend
höher. als das von Aneitella; der Ventrikel stellt hier ein fast gleich-
seitiges Dreieck dar mit ungemein stark entwickelter Muscularis,
während der von Aneitella ein schmaler, spitz ausgezogener Keil ist.
Atrium und Ventrikel sind durch eine tiefe Einschnürung von einander
getrennt; vor dieser Einschnürung gruppiren sich Kräftige, circular
angeordnete Muskellagen des Ventrikels zu einer Art Sphincter. Die
Atrioventricularôffnung ist bei beiden in den Ventrikel trichterförmig
hineingezogen. Das Atrium von Aneitea erweitert sich von der Atrio-
ventricularöffnung kegelförmig und wird dann wieder schmäler; es
geht jedoch noch mit breiter Oefinung in den Blutsinus über. Ent-
sprechend dem Ventrikel ist auch das Atrium von Aneitella ein spitz-
zipfliges Gebilde; seine Einmündung in den Blutsinus ist sehr viel
enger. Rund um die Mündungsstellen gruppiren sich bei beiden dichte
Massen von Athemröhrchen.
Das Pericard (Fig. 5, 6 u. 12 per) steigt in einem äussern Blatte
von der Atriumöffnung an dem Filzwerk der Lungen und an der
Schalenkammer hinauf zur Rückenwölbung, folgt dieser und legt sich
ventral an das Diaphragma an. Es begleitet dasselbe, bis es die Vor-
kammeröffnung an der andern Seite wieder erreicht hat; das innere
Blatt überzieht Atrium und Ventrikel.
Der Pericardialraum wird lange nicht vom Herzen ausgefüllt; er
steht durch die Nierenspritze (Fig. 12, 13 u. 18 reper) mit der Niere
in Verbindung.
Aus dem Ventrikel entspringt ventralwärts die Körperaorta
(Fig. 5 u. 6 ao.com). Das Atrium empfängt keine Gefässe, d. h., wie
PLATE zuerst gefunden hat, die Lungenvene fehlt. Der Gasaustausch
des Blutes mit der atmosphärischen Luft findet, vermuthlich unter
Zuhiilfenahme der kräftigen Musculatur der Athemhöhle und des
Diaphragmas, innerhalb des dorsalen Blutsinus in den Athemröhrchen
statt, die von den Divertikeln in baumförmiger Verästelung in den
Blutsinus ausstrahlen; aus diesem Blutsinus strömt die Hämolymphe
direct in das Atrium.
Die Aorta theilt sich nach dem Durchtritt durch das Diaphragma
sofort in 2 grössere Stämme, die vordere und hintere Aorta. Letztere
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 725
wendet sich direct von vorn nach hinten; sie giebt starke Aeste an
den Magen und die Darmschlingen ab und verzweigt sich in den ein-
zelnen Leberlappen.
Die der vordern Aorta entspringenden Gefässe haben lediglich
bei Aneitea in ihrem Verlaufe verfolgt werden können; da von Aneitella
nur ein Exemplar zur Verfügung stand, so war eine genauere Unter-
suchung nicht möglich.
Sofort hinter der Bifurcationsstelle giebt die vordere Aorta eine
Arterie für die Zwitterdrüse ab, unmittelbar darauf ein Gefäss für
die Eiweissdrüse und den Uterus. Beide wenden sich zuerst zusammen
nach hinten und kreuzen dorsal den Zwittergang; an der Kreuzungs-
stelle legt sich das erste Gefäss an den Gang, verläuft an diesem nach
hinten und tritt in den Hilus der Drüse ein. Das zweite folgt dem
Verlauf des Ganges, durch lockeres Bindegewebe mit ihm verbunden,
in der Richtung nach dem Uterus; es giebt bald nach seinem Beginn
einen Zweig ab, der direct nach links quer durch den Körper sich
wendet, bis er den Enddarm erreicht hat. An diesem biegt er sich
in einer engen Schleife wieder nach rechts um, folgt dem Enddarm
und tritt mit ihm zusammen durch das Diaphragma in die Mantel-
höhle ein (Fig. 5 a). Der Stamm der Arterie theilt sich, auf dem
Uterus angekommen, in 5 Aeste. Der erste giebt einen Zweig für das
Gewebe der flaschenförmigen Anhangsdrüse, einen zweiten für die Ei-
weissdrüse ab und versorgt schliesslich, von unten an die Prostata
tretend, diese, während seine Endverzweigungen in den hintern Theil
der Uteruswand eintreten. Der zweite Ast versorgt den mittlern und
vordern Theil des Uterus, der dritte begleitet das Vas deferens nach
vorn und verzweigt sich im Penis.
Die Aorta entsendet weiter nach vorn rechts und links einen Ast
für die Speicheldrüsen, von denen der linke sich in mehrere Zweige
theilt, die bis auf einen in das Gewebe der Drüse eindringen. Der
eine begleitet den Ausführungsgang der Speicheldrüse nach vorn und
verzweigt sich in der Höhe des Pharynx in dessen Wand. Der Rest
der Aorta tritt nunmehr durch den Schlundring an die ventrale Fläche
des Schlundkopfs. Er theilt sich in 3 grössere Zweige, die nach vorn,
in der Umgebung des Mundes und nach links und rechts und oben
in den Fühler und in die Haut des Kopfes sich verbreiten, gleichzeitig
aber mehrere Aeste an den Schlundkopf selbst abgeben.
Die dorsale Sinnesblase.
Bei Janella schauinslandi sowie bei Aneitella berghi hat PLATE
726 G. GLAMANN,
an der Innenfläche der Rückenhaut in der Mediane des Körpers etwas
hinter der Niere ein Sinnesorgan gefunden, das er als subcutan be-
zeichnet und dem Osphradium der Basommatophoren und der Gattung
Testacella als Homologon an die Seite gestellt hat. Er beschreibt es
als einen Wulst hoher, einschichtiger Epithelzellen, der an der dorsalen
Wand einer geschlossenen, von niedrigen Epithelzellen gebildeten Blase
liegt. Die Sinnesblase hängt in den Dorsalsinus hinein und wird von
dessen Blut umspiilt; in der Regel schimmert sie durch das Diaphragma
als ein weisslichgelber Fleck hindurch. Dasselbe Organ hat PFEIFFER
bei Triboniophorus brisbanensis nachgewiesen.
Bei der mikroskopischen Betrachtung der Innenflache des Riicken-
hautstiicks mit den von dem Diaphragma bedeckten Pallialorganen
von Aneitea und Aneitella ist ein dem oben beschriebenen ähnlicher
Fleck nicht gefunden worden. Die mikroskopische Durchmusterung
der Schnittserien hat aber ergeben, dass die Sinnesblase auch hier
vorhanden ist. Sie bildet eine 1,2 mm grosse, lang ovale Blase, die
an der rechten Seite unmittelbar hinter der Niere der Rückenwandung
anliegt und ventral vom Diaphragma bedeckt wird, also noch inner-
halb der Mantelhöhle gelegen ist. Die Blase besteht aus einer ein-
fachen Schicht niedriger Epithelzellen mit grossen Kernen. Auf
einer kammartigen Erhöhung, direct der Rückenwandung anliegend,
sieht man zahlreiche Kerne dicht neben einander liegen, die den Ein-
druck machen, als gehörten sie einem mehrschichtigen Epithel an.
Man kann etwa 4—5 Reihen unregelmässig geordneter, grosser Kerne
unterscheiden, die, von verschiedener Gestalt: rundlich, oval und lang
gestreckt, sich alle durch das Vorhandensein zahlreicher Nucleoli
auszeichnen; die innerste Reihe der Kerne, die dem Lumen der Blase
zugewendet ist, liegt in gleicher Höhe. Diese Sinnesplatte nimmt
etwa die Hälfte der dorsalen Wand der Sinnesblase ein; sofort nach
ihrem Aufhören ist das Epithel der Blasenwand wieder einschichtig,
wenn auch im Anfang die Zellen noch höher sind als in den spätern
Abschnitten. Die innerste Epithelzellenreihe der Sinnesplatte trägt
feine, anscheinend geschlängelte Härchen, ausserdem scheint es, als
ob ein von beiden Seiten an die dorsale Wand der Sinnesblase heran-
tretender, ziemlich kräftiger Strang einen Nerv darstelle, der sich in
der Sinnesplatte auflést. Da mir nur Canadabalsam-Präparate von
noch dazu sehr zweifelhafter Conservirung zu Gebote standen, so habe
ich das Vorhandensein des von PLATE an Glycerinpräparaten von
Janella gefundenen, feinern anatomischen Aufbaues bei Aneitea nicht
feststellen, auch mit Bestimmtheit nicht entscheiden können, ob der
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. Gu
oben erwähnte Strang in der That die Innervirung der Sinneszellen
besorgt. PLATE giebt an, dass das Epithel der Sinnesplatte ebenfalls
einschichtig ist und dass der Anschein, als wären die Kerne auf
mehrere Lagen vertheilt, dadurch verursacht wird, dass die Zellen
aus einem fadenförmigen und einem verdickten, den Kern umfassenden
Abschnitt bestehen. Am freien Rande der Zellen finden sich zwei ver-
schiedene Arten von Anhängen, erstens sehr kleine, dicht stehende
gerade Borsten, die wie Cilien aussehen, zweitens lange, häufig etwas
geschlängelte Wimpern, die ungefähr so gross sind, wie das Sinnes-
epithel hoch ist. An der ventralen Wand der Blase tragen die Epithel-
zellen ebenfalls sehr zarte, gerade Borsten, die etwas weiter aus ein-
ander stehen. PrFEIFFER hat an den Epithelzeilen der Sinnesplatte
bei Triboniophorus auch einen feinen Wimperbesatz sowie gerade ge-
richtete Borsten beschrieben, welche frei in das Lumen der Blase
hinein ragen. Es dürfte daher wohl kein Fehlschluss sein, wenn man
bei der sonstigen anatomischen Verwandtschaft der Gattungen einen
gleichen Aufbau auch für Aneitea und Aneitella annimmt.
Ueber dem Sinnesorgane bildet das Bindegewebe der Rückenhaut
ein aus lockern Maschen bestehendes Gewebe; im Lumen der Blase
sieht man schwach gefärbtes, feinkörniges Gerinnsel liegen, das als der
geronnene Ueberrest einer eiweisshaltigen Flüssigkeit aufzufassen ist,
welche die Blase einst gefüllt hat.
Die Sinnesplatte der Aneitella virgata (Fig. 22) zeigt von dem
sonst beobachteten Schema eine Abweichung. Sie liegt in der Haupt-
sache zwar auch der dorsalen Wand der Sinnesblase an, aber sie be-
ginnt am vordern Ende mit zwei Zipfeln, die der rechten und linken
Wand der Blase aufgelagert sind und die, nach hinten und oben sich
wendend, nach 0,4 mm langem Verlaufe an der dorsalen Blasenwand
sich in eine Sinnesplatte vereinigen (Fig. 23), deren Querschnitt etwa
pilzförmig aussieht.
Ueber die Function des Sinnesorgans können nur Versuche am
lebenden Thiere Aufschluss geben; PLATE hat die Möglichkeit ange-
nommen, dass es vielleicht dem Temperaturgefühl diene und die Thiere
veranlasse, das directe Sonnenlicht zu vermeiden und unter schützenden
Blättern etc. Zuflucht zu suchen.
Der Genitalapparat.
In den Angaben der frühern Autoren haben die Geschlechts-
organe der zweitentakligen Tracheopulmonaten schon eingehende Wür-
digung gefunden. Abgesehen davon, dass PLATE und PFFIFFER auf
728 G. GLAMANN,
Grund ihrer Untersuchungen und mit Berücksichtigung der frühern
Literatur eine erschöpfende Beschreibung des Genitalapparats von
Janella, Aneitella und Triboniophorus gegeben haben, sind auch die
Angaben MacponALp’s über den Aufbau der Geschlechtsorgane von
Aneitea macdonaldi sowie die FiscHEr’s über dasselbe Organ von
Athoracophorus (Aneitea) hirudo sehr ausführlich. MACDONALD unter-
scheidet bei seinem Exemplar — Aneitea macdonaldi Gray — ein
Ovarium und einen Testikel, die dicht neben einander die Mitte der
Rückenfläche einnehmen. Aus dem erstern, das links vom andern
gelegen ist, entspringt ein enger Oviduct. Den Testikel umschlingen
die Windungen des Uterus; aus seinem vordern, engern Theil geht
das Vas deferens hervor, das an der Unterfläche des Penis nahe der
Insertionsstelle des Retractors in diesen einmündet. Der Retractor
selbst heftet sich an die linke Rückenwand an. MAcDONALD beschreibt
ferner ein ziemlich grosses, kurz gestieltes Receptaculum seminis, das
er mit purpurröthlich braunem Secret angefüllt fand, und einen kleinen,
sackähnlichen Anhang am Beginn des Uterus. Aus der der Be-
schreibung beigegebenen Figur geht hervor, dass sein Ovarium die
Zwitterdrüse, sein Oviduct der Zwittergang ist; dass er die Eiweiss-
drüse als Hoden und wahrscheinlich die eng in einander gewundenen
Krümmungen des Uterus, der Prostata und des Vas deferens in toto
als Uterus angesprochen hat. Dass auf der Figur unter 9 ein Theil des
Uterus als Spermotheca bezeichnet ist statt der daneben gezeich-
neten rund ovalen Samentasche, ist wohl durch einen Fehler verur-
sacht.
Die Beschreibung des Genitalsystems, welche FISCHER von Athoraco-
phorus hirudo giebt, entspricht schon fast völlig den Thatsachen.
Er findet die Zwitterdrüse aus zwei grössern Packeten zusammengesetzt,
von denen jedes einen besondern Ausführungsgang besitzt; beide ver-
einigen sich zum Zwittergang. Er beschreibt die Eiweissdrüse als aus
einzelnen gesonderten Drüsenläppchen bestehend, die dem Ausführungs-
gange aufsitzen; er erwähnt ferner, das das Vas deferens mit dem
Oviduct nur für einen sehr kleinen Abschnitt gemeinsam verläuft, im
Uebrigen völlig getrennt und mit einzelnen Prostatadrüsenläppchen
umgeben, nach vorn zum Penis zieht und dort in ihn einmündet. Als
Anhangsorgan beschreibt er ausserdem ein kurz gestieltes Recepta-
culum und ein Divertikel des Uterus, das voraussichtlich der flaschen-
förmigen Drüse entspricht.
Die weiter unten folgende Anatomie der Geschlechtsorgane von
Aneitea wird erkennen lassen, dass einzelne Theile des Fıscuer’schen
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 729
Athoracophorus hirudo bei meiner Art genau wieder gefunden sind,
abgesehen davon, dass der Aufbau z. B. der Eiweissdrüse und der
Prostata sich etwas anders darstellt; augenscheinlich gehören beide
Arten einer Gattung an. Auch die MAcpoNaLD’schen Angaben ent-
halten, wenn auch Vieles durch Verkennen der Thatsachen eine falsche
Deutung erfahren hat, nichts, was der Annahme widerspricht, dass,
soweit der Bau der Genitalien in Frage kommt, das MacpoxaLp’sche
Exemplar eine Aneitea gewesen ist.
Das Genitalsystem von Aneitea liegt vornehmlich im vordern
Drittel der Leibeshöhle auf der rechten Seite. Nach Ablösung des
zur Untersuchung der Pallialorgane herauspräparirten Hautstücks sieht
man Windungen des Oviducts, einen Theil der Eiweissdrüse, der
Prostata und des Zwittergangs den Raum zwischen der ersten Magen-
windung und dem Schlundkopf auf der rechten Seite ausfüllen; vor
ihnen verläuft schräg von rechts und vorn nach links und hinten,
ziemlich bis an die linke Seitenwand reichend, der Penis. Hebt man
den Oviduct in die Höhe, so sieht man darunter, von Darmschlingen
umgeben, die Zwitterdrüse liegen. Penis und Vas deferens verlaufen
mit dem Vaginaltheile des Oviducts, über diesen gelagert, an der
rechten Fusskante nach vorn bis zur Genitalöffnung, in der Penis und
Vagina unmittelbar neben einander münden.
Die Zwitterdrüse (Fig. 24 gl.her), die bei der Ansicht von oben
durch den Oviduct und die angrenzende Magenwandung völlig bedeckt
wird, stellt ein graugelbliches Organ von der Form eines unregel-
mässigen Vierecks dar, dessen eine Seite stark vorgewölbt ist. Die
Höhe beträgt 11, die Breite 7 mm; als grösster Dickendurchmesser
wurden 5 mm gefunden. Diese Maasse gelten für das erste, an-
scheinend ganz ausgewachsene Exemplar; bei dem zweiten, kleinern,
sind sie bedeutend geringer, 6, 4, 4; wahrscheinlich hat dieses seine
volle Geschlechtsreife noch nicht erlangt. An der nach vorn ge-
wendeten Fläche der Drüse, die man als Basis bezeichnen kann, findet
sich ein hilusartiger Ausschnitt. Das ganze Organ ist aus einzelnen
Drüsenläppchen zusammengesetzt; sie vereinigen sich in der Haupt-
sache zu 5 grössern, nur durch lockeres Bindegewebe zusammenge-
haltenen Packeten. Aus diesen grössern Drüsenhäufchen treten Aus-
führungsgänge, dünnhäutige, graue Röhren, hervor, die sich mit ein-
ander und einer Anzahl kleiner und kleinster, vom Scheitelpunkt der
Drüse zur Basis herabsteigenden Gänge zum Zwittergang vereinigen.
Der Zwittergang (d.her) tritt aus dem Hilus der Drüse als ein gelb-
liches Rohr mit derben Wänden. Er verläuft in mäandrischen Win-
730 G. GLAMANN,
dungen; seine Lange, diese Windungen nicht mit gerechnet, betragt
5,3 cm. Der Dickendurchmesser nimmt vom Ursprunge des Zwitter-
gangs im Verlaufe zum Oviduct zu, so dass er etwa 3 cm hinter der
Austrittsstelle aus der Zwitterdrüse das Doppelte des anfänglichen be-
trägt. Im weitern Verlauf verjüngt sich der Zwittergang wieder; er
mündet in den Anfangstheil des Oviducts. Irgend eine bläschenförmige
Erweiterung seiner Endpartie, die als Samenblase angesprochen werden
könnte, ist nicht vorhanden; das Lumen des Endstücks ist im Gegen-
theil verengert.
Der Oviduct ist ein derbwandiges, cylindrisches, von oben nach
unten etwas abgeflachtes, musculöses Rohr von 41/, cm Lange. Er
ist mit taschenartigen Ausstülpungen versehen und liegt ausschliess-
lich auf der rechten Körperseite, mit seinem Anfangstheile unmittelbar
unter der Rückenhaut, wobei er die Körpermitte erreicht. In seinem
Verlaufe beschreibt der Oviduct zwei Curven, eine kleinere, nach links
offene, und eine sehr viel grössere, nach rechts geöffnete, verläuft dann
eine kleine Strecke gerade und bildet ein fast rechtwinkliges Knie
vor seiner Einmündung in die Geschlechtsöffnung. Der Durchmesser
wechselt dabei derart, dass der Anfangstheil, der mit einer nicht scharf
ausgeprägten Spitze beginnt, durchschnittlich 2'/, mm dick ist und
im weitern Verlauf, vornehmlich in der zweiten Curve, durchschnittlich
4 mm gemessen werden.
In die Spitze des Anfangstheils münden unmittelbar neben ein-
ander der Zwittergang und der Ausführungsgang der Eiweissdrüse
(d.alb); 1 mm direct unter der Einmündung des Zwittergangs ver-
last das Vas deferens den Oviduct (v.df). Aneitea fällt also unter
die Kategorie der Tracheopulmonaten ohne oder mit nur ganz win-
zigem Spermoviduct. Die Strecke, auf der Eileiter und Samengang
hier verwachsen sind, beträgt nur 1 mm, dann ist die Trennung des
männlichen und weiblichen Genitalrohrs perfect.
Der Oviduct nimmt in einer Einschnürung seines Rohrs zwischen
zwei Taschen, 5 mm hinter der Trennungsstelle des Vas deferens von
ihm, die Mündung einer accessorischen Anhangsdrüse (fl.dr) aut.
Unter allmählicher Verstärkung seines Durchmessers geht er dann in
die zweite grössere Curve über und wendet sich nach vorn und ab-
wärts. Schon ziemlich im Endstück, ca. 1 cm vor der Genitalöffnung,
durchdringt die Wandung des nunmehr wieder dünner gewordenen
Rohrs der Stiel des Receptaculum seminis (rec.s). Unmittelbar da-
hinter legt sich der Oviduct mit einem Knick direct auf die Fuss-
platte auf und läuft auf dieser entlang nach vorn. Etwa 4 mm vor
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 731
dem Ostium erleidet das Rohr eine ringförmige Einziehung; es findet
dann in der Geschlechtsöffnung sein Ende.
Die Eiweissdrüse (alb) stellt ein langgezogenes, schmales, sich derb
anfühlendes Organ von weissgrauer Farbe dar, das bei dem grössern
Exemplar eine Länge von 17 bei einer Breite von 6 mm erreicht. Die
Drüse hat an ihrer Unterseite 3 Furchen, den Anlagerungsstellen der
ersten Magenwindung — hinten — einer Darmschlinge — unten — und
des Uterus — vorn — entsprechend; sie bedeckt die genannten Or-
gane völlig oder zum Theil. In ihrem Verlaufe macht sie eine halbe
Drehung um sich selbst und endet mit einem Bogen mit scharfem
Rande; zusammengesetzt wird sie aus zahlreichen Drüsenläppchen.
Biegt man an der Oberfläche der Eiweissdrüse die Drüsenläppchen
aus einander, so sieht man fast in der Mitte der Drüse einen gleich
in der Drüsenspitze beginnenden Ausführungsgang verlaufen (d. alb),
in den dann die einzelnen Gänge der Drüsenläppchen einmünden. Der
Sammelgang mündet selbst in die Spitze des Uterus, unmittelbar
hinter, vom Kopfe des Thieres aus gerechnet, dem Zwittergang.
Zwischen die Windungen des ersten kleinern Bogens, den das
Uterusrohr beschreibt, eingebettet liegt eine accessorische Drüse, die
ihrer Gestalt nach flaschenförmige Drüse (fl. dr) genannt worden ist
und sowohl anatomisch wie auch nach ihrem histologischen Bau von
PFEIFFER in seiner Abhandlung über die Gattung Triboniophorus be-
schrieben worden ist. Sie ist dort im Verhältniss zu der sonstigen
Ausbildung des Genitalapparats sehr klein, nur 3—4 mm lang, während
der Uterustheil, in den sie mündet, ca. 8 mm Durchmesser hat. <A. I
hat eine flaschenförmige Drüse von 1,2 cm Länge und grauweisser
Farbe. Die Gestalt ist cylindrisch. Das Ende, etwas kolbig verdickt,
erreicht 2,5 mm, die Basis etwa 1 mm Durchmesser. Die ähnlich
wie die Uteruswandung aus Muskelzügen bestehende Drüsenwand, die
eine beträchtliche Stärke aufweist und nur einen engen Gang im
Innern der Drüse frei lässt, wird bis zur Einmündungsstelle bedeutend
schwächer; ähnlich wie auch der Uterus weist das Drüsenlumen auf
dem Querschnitte eine zahlreiche Menge ziemlich hoch stehender
Falten auf.
Das Vas deferens (v.df) begleitet zunächst den Oviduct auf seiner
der Körpermediane zugewandten Seite. Am Grunde der Einmün-
dungsstelle des Receptaculum seminis kreuzt es das Genitalrohr an
der Innenseite, läuft dann an der äussern weiter nach vorn bis an
den Grund des Penis, steigt an diesem hinauf und mündet in dessen
Spitze, neben der Insertionsstelle des Retractors. Der Anfangstheil
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f, Morph. 47
132 G. GLAMANN,
des Vas deferens ist eingebettet in eine Rinne des Parenchyms der
Prostata (prost), derart, dass dieses ihn bis auf einen kleinen Streifen,
der sichtbar bleibt, völlig umfasst. Die Prostata ist eine compacte
Drüse von 18 mm Länge und durchschnittlich 5 mm Breite, flach
von oben nach unten zusammengedrückt, und füllt den Zwischenraum
zwischen den Bogen des Oviducts aus. Sie ist aus einzelnen Drüsen-
lappen zusammengesetzt, die jedoch nicht, wie FISCHER für Athoraco-
phorus hirudo gezeichnet und beschrieben hat, in Abständen als ein-
zelne Partien dem Vas deferens aufsitzen, sondern sich durch Binde-
gewebe zu einer Drüse vereinigen. Aus dem Drüsenparenchym treten
zahlreiche kleine Ausführungsgänge in die Wandung des Vas deferens
hinein.
In das Genitalrohr mündet dort, wo der zweite Bogen aufhört
und der Oviduct in den geraden Schenkel des Knies übergeht, der
Ausführungsgang des Receptaculum seminis (rec.s). Sowohl Macpo-
NALD als FiscHer haben bei A. macdonaldi bezw. Athoracophorus
(Aneitea) hirudo dieses Organ als eine rundliche Blase mit so kurzem
Stiel beschrieben, dass man sie als dem Oviduct aufsitzend bezeichnen
könnte. Bei A. I ist diese Blase lang gestielt; ein dünner, hautiger
Gang von 4 mm Länge stellt ihren Ausfiihrungsgang dar. Die Samen-
tasche selbst hat 6 mm Durchmesser. Sie besteht aus einer diinnen,
bindegewebigen Membran und ist bei beiden Thieren mit weisslichen
Spermaballen gefüllt. A. II hat einen bedeutend kürzern Ausführungs-
gang der Samentasche bis zum Oviduct von nur 11/, mm Länge. Ver-
bunden ist die nach innen und rückwärts gelagerte Samentasche durch
ziemlich festes Bindegewebe in der Hauptsache mit Partien der Prostata.
Der Penis von A. I ist ein walzenförmiger, am Scheitelpunkt etwas
spitz auslaufender Körper, der mit einer weisslich glänzenden, sehnen-
artigen Hülle umgeben zu sein scheint und eine Länge von ca. 1 cm
bei durchschnittlich 4 mm Durchmesser hat. Trennt man die Hülle
mit der Präparirnadel ab, so sieht man, dass man drei Abschnitte des
Penis unterscheiden kann, die, der erste nach oben, der zweite nach
unten, der dritte wieder nach oben, derart in einander gewickelt sind,
dass das Ganze einem soliden Körper gleicht. Jeder dieser drei Ab-
schnitte (Fig. 25 1, 2, 3) ist etwa gleich lang — 7—9 mm —; der
erste, bis Z reichende ist glattwandig und von fast überall gleich-
mässigem Durchmesser — 21/, mm —, der zweite und dritte sind
stark um sich selbst gedreht und nach dem Ende zu dünner werdend,
bis der letzte Theil, der in das Vas deferens übergeht, sich von diesem
nicht mehr unterscheidet. Bei A. II sind die einzelnen Abschnitte
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 733
nicht durch so festes Bindegewebe umhüllt und deshalb, wenn sie auch
ebenso in einander gewickelt sind wie bei A. I, schon ohne Prä-
paration mit der Lupe zu erkennen. Der Retractor inserirt sich als ein
Muskelbündel an der Spitze des Penis neben dem Vas deferens, seine
zweite Insertionsstelle liegt an der linken Rücken- und Seitenwand in
der Höhe der Niere.
Ueber die Anatomie der Geschlechtsorgane des von ihm unter-
suchten Athoracophorus (Aneitella) virgatus hat EDGAR A. SmITH keine
Angaben gemacht. PLATE beschreibt bei Aneitella berghi eine Zwitter-
drüse mit kaum sichtbarer Lappung, als Anhang an den Zwittergang
ein Kleines Seitendivertikel, das er als Vesicula seminalis deutet, und
eine Eiweissdrüse. Ein Spermoviduct fehlt. Der Oviduct trägt eine
kleine, von hohem Epithel ausgekleidete Anhangsblase, die als Drüse
angesehen werden muss und die ganz am Anfang, gleich hinter der
Eiweissdrüse, dem Oviduct aufsitzt. Das Vas deferens beginnt mit
einer etwas über 1 mm langen Anschwellung, die durch zahlreiche
drüsige Divertikel (Prostata) hervorgerufen wird. Oviduct und Vagina
sind bei dem Prare’schen Exemplar nicht scharf zu sondern, ihre
Grenze kann jedoch bei der Einmündung des sitzenden Receptaculums
angenommen werden. Der Penis besteht aus zwei Schläuchen, von denen
der innere auf seinem hohen Epithel eine derbe Cuticula trägt, die
jedoch glatt bleibt und keine Reizpapillen bildet; Penis und Oviduct
vereinigen sich in einem langen Vestibulum.
Leider ist es mir nicht möglich gewesen, bei dem mir zur Ver-
fügung gewesenen Exemplar von Aneitella virgata die Angaben über
den Bau der Geschlechtsorgane dieser Species vollständig klar zu
stellen. Bei der Präparation des Genitalapparats, der wahrscheinlich
bei der Aufwicklung des Digestionstractus verletzt worden ist, hat
sich gezeigt, dass nur sein Anfang und Ende intact geblieben sind ;
der grössere Theil des Oviducts sowie das ihn begleitende Stück des
Vas deferens sind für die Untersuchung verloren gegangen. Es bleibt
mir deshalb nur übrig, die erhaltenen Stücke nach ihrem Aufbau und
ihrer Einrichtung zu beschreiben.
Auf der rechten Seite des vordern Körperdrittels unmittelbar unter
der Rückenhaut liegt auf der ersten Magenwindung eine für die Grösse
des ganzen Thieres — 23 mm Länge — ziemlich umfangreiche Zwitter-
drüse (Fig. 26 gl.her). Sie erscheint unter der Lupe als aus sehr
kleinen Drüsenläppchen zusammengesetzt und stellt ein ziemlich derbes
und compactes Organ von gelblichweisser Farbe dar, das ca. 4 mm
lang und 3 mm breit ist. Begrenzt wird sie vorn vom Schlundkopf,
47*
734 G. GLAMANN,
an der medianen Seite vom Schlundrohr und der ersten Magenwindung,
hinten durch das Rectum; nach aussen reicht sie bis an die Seiten-
wand der Körperhaut. Sie bedeckt hinten die erste Magenwindung,
weiter nach vorn den ganzen Genitalapparat und wird zum Theil be-
deckt vom Penis (pe), der schräg von vorn und rechts nach links und
hinten auf ihr liegt, ferner von einem Theil einer knieförmigen Darm-
schlinge und von der rechten Speicheldrüse (sal), die an ihrem Aussen-
rand sich hinzieht. Unter ihr liegt eine bedeutend kleinere Eiweiss-
drüse, die kaum ein Drittel des Umfangs der Zwitterdrüse erreicht;
sie hat eine sandsteingraue Farbe mit einem leichten Stich ins Gelb-
liche; ihre Oberfläche erscheint fein gekörnt.
Von hier ab fehlt der Zusammenhang. Es bleibt damit unent-
schieden, ob Aneitella virgata ebenso wie berghi keinen Spermoviduct
hat, ob der Zwittergang eine Vesicula seminalis und der Oviduct ac-
cessorische Drüsen an seinem Anfangstheil besitzt und wie die Prostata
gebaut und angeordnet ist. Der noch vorhandene Theil des Oviducts
(Fig. 27 ovd) bildet ein ca. 2,3 mm langes, dünnwandiges Rohr, das
aus einer schwachen Muskelschicht und einem darauf sitzenden Epithel
besteht. Es vereinigt sich mit dem Penis zu einem Vestibulum von
ca. 11/, mm Länge; kurz vor der Vereinigungsstelle nimmt der Ei-
leiter noch zwei Ausführungsgänge auf, die beide neben einander ein-
münden. Der eine, der obere, ist sehr kurz und gehört einem lang
ovalen Receptaculum seminis von ca. 1 mm Länge an, das aus einer
dünnen Bindegewebslage besteht, der ein Epithel aufsitzt. Der zweite,
untere und längere, ist der Ausführungsgang eines cylindrischen, an
der Spitze umgeknickten Schlauchs (ac. dr), der jeden Falls als eine ac-
cessorische Drüse anzusprechen ist. Das ganze, ca. 1!/, mm lange und
fast überall gleich breite — ca. !/, mm — Organ umgiebt eine derbe,
bindegewebige Hülle; sein Lumen weist eine grössere Anzahl Krüm-
mungen und Schlängelungen auf, die als helle Streifen durch das
Gewebe hindurchscheinen, ähnlich als ob Septa im Innern sich er-
höben, um die Oberfläche zu vergrössern.
Mit dem Oviduct verbindet sich etwa 11/, mm vor der Geschlechts-
öffnung der Penis (pe). Er stellt ein 4,3 mm langes Gebilde dar, das
überall dieselbe Breite, 0,4 mm, besitzt und nur an seinem Ende, wo
es in das Vas deferens übergeht, sich etwas verjüngt. Man kann an
ihm ein äusseres, dünneres, bindegewebiges und ein inneres, dickeres,
Rohr aus Muskelgewebe unterscheiden. Das innere Rohr mündet mit
ziemlich weiter Oeffnung in das Vestibulum und geht an der andern
Seite in das Vas deferens über. Dieses ist von dem Grunde des Penis
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 735
an ihm heraufgestiegen und bildet ein dünnwandiges, enges, häutiges
Rohr, das sich in seinem Endstück sowohl verdickt wie auch er-
weitert und nach einigen Windungen in die Spitze des Penis mündet.
An derselben Stelle entspringt der Retractor penis; er verläuft quer
von vorn und rechts nach hinten und links über die dorsale Fläche
der Eingeweide und endet in der Haut der linken Körperwand, in der
Nähe des Fusses, nachdem er den äussern Rand der Niere be-
gleitet hat.
Die Muskelschichten des Penis sowohl wie die des Oviducts setzen
sich auf das Vestibulum (vest) fort, werden jedoch schon im hintersten
Theile desselben sehr dünn. Das Vestibulum ist ein überall gleich
weites Rohr und endet mit ca. 0,4 mm Durchmesser in der Geschlechts-
öffnung.
Wenn auch der Geschlechtsapparat von Aneitella virgata in seiner
ganzen Ausdehnung nicht hat beschrieben werden können, so fällt
gegenüber den Angaben, die PLATE über diese Organe bei Aneitella
berghi gemacht hat, doch sofort auf, dass die verhältnissmässig grosse
Anhangsdrüse an den Oviduct in der Nähe des Receptaculums und der
Vereinigung des Penis mit dem Eileiter bei Aneitella berghi vollständig
fehlt. Wie schon vorher erwähnt, besitzt diese Art eine nur sehr
kleine accessorische Drüse am Anfangstheile des Oviducts, gleich
hinter der Eiweissdrüse. Uebereinstimmend bei beiden Arten sind die
compacte Eiweissdrüse und die Bildung eines langen Vestibulums; ob
wie bei Aneitella berghi ein Spermoviduct fehlt, konnte, wie schon
vorher gesagt, nicht festgestellt werden. Ich habe auf Fig. 27 ver-
sucht, den nach dem Bau der analogen Theile bei Aneitella berghi zu
vermuthenden Verlauf des Oviducts und des Vas deferens durch
Punkte einzuzeichnen, ohne dass selbstverständlich diese Linien etwas
anderes als eine Vermuthung darstellen sollen.
Darmeanal und Situs viscerum.
Bereits MACDONALD hat in seiner Beschreibung des Aneiteum slug
deren Digestionstractus ausführlich behandelt und abgebildet. Er hat
bei Aneitea macdonaldi einen viereckigen, hornigen Kiefer, dessen
unterer Rand eine scharfe Schneide bildet, und eine kurze, mässig
breite Zunge gefunden. Die Radulazähne bestehen aus einer etwa
vierseitigen Platte mit concavem äussern und hintern und convexem
vordern und innern Rande, die einen einfachen, kegelförmigen Zahn-
fortsatz trägt, der in 2 Spitzen ausläuft. Der Rhachiszahn ist ver-
kümmert, vorn zweispitzig und läuft nach hinten in eine kleine Spitze
736 G. GLAMANN,
aus. Er unterscheidet ferner am Digestionstractus den Oesophagus,
einen Vormagen, Magen und Darm sowie 4 Leberlappen, deren jeder
einen Gallengang in den Darm schickt. Fiscuer giebt ebenfalls an,
dass die Zähne bei Athoracophorus hirudo auf einer viereckigen Platte
ruhen, jedoch sind sie dreispitzig und in der ersten Seitenzahnreihe
vierspitzig; die mediane Spitze ist die grösste. Er nennt den ver-
kümmerten Rhachiszahn unähnlich den Seitenzähnen; auf der Zeich-
nung erscheint er auf einer Basalplatte als ovales Gebilde, das in 3
rückwärts gerichtete kleine Spitzen ausläuft, von denen die mittlere
die längere ist, während die beiden Seitenspitzen sehr klein sind. Der
gebogene Kiefer besteht aus einer viereckigen Platte mit breitem Rand,
der zahnlos ist. Er unterscheidet ferner Oesophagus, Magen und
Darm; der Magen hat einen kleinen Blindsack und empfängt 2 Aus-
führungsgänge von 2 Leberdrüsen.
EpGAR A. SmIitTH beschränkt sich bei der Beschreibung des
Athoracophorus (Aneitella) virgatus auf die Bemerkung, dass er oben
in der Mundöffnung einen dreitheiligen hornigen Kiefer gefunden habe
mit concavem Schneiderand und einem kleinen dreiseitigen Vorsprung
in der Mitte, der seitlich bis über die Ränder hinaus reicht. Für
Aneitclla berghi giebt PLATE an: Der Kiefer trägt einen mässig vor-
springenden medianen Höcker. Die Radulazähne haben 2 Basalplatten,
eine hintere und eine vordere, und in der Regel 5, in einzelnen Fällen
4, auch 6 Spitzen, von denen die mediane die grösste ist. Der Rhachis-
zahn ist durch die Verschmelzung der beiden innersten Zähne ent-
standen und hat deshalb vorn und hinten je 2 Basalplatten. Bei der
Verschmelzung ist der linke Zahn etwas rückgebildet worden, so dass
der Rhachiszahn asymmetrisch gebaut ist und rechts 4 ungefähr gleich
grosse, links nur 3 Spitzen trägt, von denen eine auffallend gross ist.
Der lange einheitliche Magen hat keinen Blindsack; es sind
2 Leberdrüsen vorhanden, die getrennt ausmünden. Der Pharynx-
retractor entspringt mit doppelter Wurzel gleich hinter und unter der
Radulapapille, steigt gegen den Rücken empor und verwächst mit der
Rückenhaut am Hinterrand der Pallialorgane, dicht vor der Sinnes-
blase.
Die beiden Aneiteenexemplare haben nach meinen Untersuchungen
im Dache der Mundhöhle, deren Oeffnung nach unten dem Fusse zu-
gekehrt ist, einen hornigen Kiefer eingelagert (Fig. 28 mand), der
einen Bogen mit convexer dorsaler und concaver ventraler Seite dar-
stellt. Der vordere Rand ist mit einem deutlich ausgeprägten Zahn-
fortsatz versehen. An der untern Kieferfläche hinter dem Zahn ent-
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 731
springt ein sich nach hinten ziemlich rasch verbreiternder blattartiger
Fortsatz (v).
Die Mundhöhle führt in den Pharynx (Fig. 29 phar). Er hat
eine stumpf kegelförmige Gestalt, derart, dass die Spitze des Kegels
nach vorn und die Basis nach hinten gerichtet ist. (In Fig. 29 ist
vom Pharynx die obere und hintere Partie gezeichnet, so dass die der
Mundhöhle zugekehrte Verjüngung seiner Breite nicht mehr zu er-
kennen ist.) Das Dach des Schlundkopfs liegt nicht in der Mediane
des Körpers, sondern weicht nach links ab; ausserdem ist bei A. I
der hintere Rand, der sich steil absenkt, in der Form verzogen, so
dass die linke Hälfte etwa 2 mm mehr nach hinten vorspringt als die
rechte, was zweifellos auf besondern Muskelcontractionen beruht. Den
Boden des Schlundkopfs bildet ein aus starken Muskelbündeln be-
stehendes Zungenpolster, das die Radula trägt. Sie springt am hintern
Ende des Schlundkopfs in Form einer Papille, Radulapapille, vor und
wird rechts vom Schlund und einem Speichelgang, links vom andern
Speichelgang begrenzt. Sowohl der Schlund wie die Speichelgänge
liegen an der Seite der Papille in einer Einsenkung, die jedoch von
der Papille nicht überdacht wird. Da die Papille von einer dünnen,
musculösen Membran bedeckt ist, ist eine Spaltung äusserlich schwer
zu erkennen; man sieht jedoch, dass sich die Radularänder beider-
seits nach innen spiralig aufgerollt haben.
Die Zähne der Radula (Fig. 30 u. 31) haben mehrere Eigenthüm-
lichkeiten. Der Rhachiszahn steht einmal nicht mit den übrigen
Zähnen in einer Reihe, sondern, wie man will, tiefer oder höher als
diese. Er ist, wenn auch noch gut entwickelt, doch gegen die be-
nachbarten Seitenzähne rückgebildet, also auch kleiner, und trägt meist
3 Spitzen, von denen die mediane die grösste ist. Die Seitenzähne
sind in der Regel mit 4 Spitzen versehen und stehen auf einer etwa
doppelt so langen wie breiten vordern Basalplatte; das Vorhandensein
einer zweiten, hintern Basalplatte habe ich nicht feststellen können.
Die Basalplatte des Rhachiszahns ist fast quadratisch, aber bedeutend
kürzer als die der Seitenzähne, deshalb steht der Rhachiszahn auch
nicht in der Reihe. Die Grösse der Seitenzähne (Fig. 30, 31 s,, s, etc.)
nimmt vom Mittelzahn nach jeder Seite hin zu; kurz vor dem Rande
werden die Zähne schnell wieder kleiner, so dass die letzten (Fig. 31 m)
kleine, schmale Gebilde mit 2, auch 3 kleinen Spitzen darstellen.
Sowohl bei der Bildung der Rhachis- wie der Seitenzähne kommen
zahlreiche Abweichungen vor. Der dreispitzige Rhachiszahn kann
durch Einschiebung einer kleinen 4. Spitze, die manchmal nur schwach
738 G. GLAMANN,
angedeutet ist, vierspitzig werden; wahrscheinlich durch Verschmelzung
zweier Spitzen entstehen auch Seitenzähne mit 3 Spitzen. Eigen-
thümlich ist ferner, dass bei den kleiner werdenden, dem Rande nahe
sitzenden Seitenzähnen (Fig. 31 s 753) constant nur 3 Spitzen vor-
kommen, so dass die Verkümmerung sich nicht nur auf die Grösse,
sondern auch auf die Ausbildung der Zahnspitzen erstreckt. Die drei-
spitzigen Seitenzähne findet man am meisten in der ersten Reihe neben
der Rhachis, sie kommen dort vereinzelt unter normalen Zähnen vor,
können jedoch auch zu mehreren in einer Reihe neben einander stehen.
Die Variabilität in der Anzahl der Spitzen beschreibt schon FISCHER,
der bei Athoracophorus hirudo in der ersten Seitenreihe vierspitzige,
in den weitern dreispitzige Seitenzähne gefunden hat.
In das Dach des Schlundkopfs münden die Ausführungsgänge der
beiden Speicheldrüsen (Fig. 29 d.sal), der rechte ein wenig vor dem
linken, ein. Bei A. I sind die Eintrittsstellen beide seitlich von der
Mittellinie des Schlundkopfs gelegen, wenn auch die linke der Mitte
näher liegt als die rechte; bei A. II mündet der linke Speichelgang
direct in die Mittellinie, der rechte seitlich. Der linke Speichelgang
ist bei A. II in eine Furche der Schlundkopfmusculatur neben dem
Rande der Radulapapille eingebettet, bis er das Dach des Schlund-
kopfs erreicht hat.
In einer medianen Furche der ventralen Schlundkopfseite tritt die
Schlundkopfarterie in die Musculatur ein; sie verzweigt sich nament-
lich im Grunde derselben. Von der Mitte der untern Schlundkopf-
seite geht rechts und links nach aussen je ein schmales, sehniges
Band in das Gewebe der Fussplatte über, das den Schlundkopf auf
seiner Unterlage festhält; ein ähnliches breites Muskelband hält den
Schlundkopf mit der Stirnhaut, welche den obern Rand der Mundhöhle
bildet, verbunden.
Der Eingang zum Schlund ist bei A. I etwa in der Mitte des
Schlundkopfdachs, zwischen den Mündungsstellen der beiden Speichel-
drüsen gelegen, bei A. II ist die Durchtrittsstelle etwas mehr nach
vorn gerückt und liegt noch im ersten Schlundkopfdrittel. Der Oeso-
phagus (Fig. 29 oes) verläuft dann auf dem Schlundkopfe nach hinten,
senkt sich an der rechten Seite der Radulapapille in die Tiefe, passirt
die Cerebralcommissur und geht in ein feinhäutiges Rohr über, das
nach einem Verlaufe von ca. 2 cm Länge mit einer geringen Erwei-
terung des Lumens in den Magen mündet (Fig. 29a oes).
Bedeckt wird der Schlund zunächst durch den unmittelbar hinter
dem Schlundkopfe sich quer darüber legenden Penis und dann durch Darm-
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 739
schlingen. Ihn begleiten die beiden Ausführungsgänge der Speichel-
drüsen (Fig. 29 d.sal). Sie entspringen aus grauweissen, grosslappigen:
Drüsen (Fig. 29 sal), die, auf dem Anfangstheile des Magens liegend,
gleichzeitig dorsoventral eine Darmschlinge umgreifen, unmittelbar
hinter dem Penis an der rechten Körperseite gelegen und durch
lockeres Bindegewebe an das Magen- resp. Darmrohr angeheftet sind.
Die beiden Speichelgänge treten mit dem Schlunde durch den Schlund-
ring, ihres weitern Verlaufs und ihrer Einmündung in den Schlund-
kopf ist vorher schon Erwähnung gethan. Die Innenfläche des Schlundes
ist mit 8—10 ziemlich hoben, dicht neben einander liegenden Längs-
falten bedeckt; sie strahlen beim Uebergang der ampullenartigen Er-
weiterung des Schlundrohrs kranzförmig auf den ersten Theil der
Magenwandung aus.
Der Magen (Fig. 29a sto) wendet sich als bedeutend erweitertes
Rohr — sein durchschnittliches Lumen beträgt 1,6 cm — in zwei
Spiraltouren nach hinten und verschwindet am hintern Körperende
unter den aufgelagerten Leberdrüsen (hep). Er geht hier jedoch nicht
sofort in den Darm über, sondern bildet erst einen etwa !/, cm langen
Blindsack (Fig. 29a, 32 coec), aus dem das Darmrohr seinen Ursprung
nimmt. In diesen Blindsack, und zwar an der ventralen Seite des-
selben, münden 3 Lebergänge ein. Ihnen entsprechen 3 Leber-
drüsen, die, durch ein sehr lockeres Bindegewebe mit einander ver-
bunden, leicht den Eindruck einer Drüse erwecken. Sie bilden einen
23 mm hohen, an der Basis 12 mm breiten Kegel (Fig. 29a hep), der
das hinterste Körperende ausfüllt. Bei A. II ist die Basis kleiner
(7 mm), der Kegel läuft in eine scharfe Spitze aus. Erst bei der
Präparation der Lebergänge kann man die einzelnen Drüsen isoliren.
Man kann dann unterscheiden 2 ungefähr gleich grosse, dorsal ge-
legene Lebern, eine rechte und eine linke (Fig. 52 hep.dors.d und s),
die in Länge und Breite 15:7 resp. 13:6 mm messen und beide
einem lang gezogenen Oval gleichen, und eine bei weitem grössere
(21:13 mm) ventral gelegene Leber (hep.ventr); zwischen ihnen ver-
läuft eine sie trennende Darmschlinge. Die Lebern selbst bestehen
aus einer Anzahl verschieden grosser, durch lockeres Bindegewebe
verbundener Drüsenläppchen, die mit ihren sich vereinigenden Aus-
führungsgängen dann je einen Lebergang bilden.
Alle 3 Lebergänge münden in einer Höhe in den Endtheil des
Magens; die Gänge der linken dorsalen (Fig. 32 d.hep.dors.s) und
der ventralen Leber (d hep.ventr) nahe bei einander in den Grund der
blindsackähnlichen Erweiterung des Magenrohrs (coec), etwa 21/, mm
740 G. GLAMANN,
vor Beginn des Darmrohrs. Der Ausführungsgang der rechten dor-
salen Leber (d.hep.dors.d) mündet diesen beiden gegenüber; er bildet
vor seiner Einmündungsstelle ein etwa 2!/, mm langes und 1!/, mm
breites Divertikel.
Das Parenchym der Leber bei A. I ist hellbraun gefärbt mit einem
Stich ins Graue; die Leber der A. II dagegen grauschwarz. Wo-
durch die Verschiedenheit in der Färbung bedingt ist, habe ich nicht
ermitteln können.
Die Innenfläche des Magens lässt Streifungen etc. nicht erkennen.
Der ca. 33 cm lange Darm schlägt sich nach seinem Heraustreten aus
dem Magenblindsack sofort wieder auf die dorsale Fläche des Magens,
läuft nun, den Magenspiralen folgend, bis zum Schlundkopfe nach vorn
und bildet hier eine Schleife von der Form einer lang gestreckten 8.
Der eine Schenkel dieser Schleife bedeckt zum Theil den Schlund
(siehe Fig. 29) und wird selbst von beiden Speicheldrüsen dorso-
ventral umschlossen. Der jetzt wieder nach hinten verlaufende Darm
legt sich an die ersten Darmschlingen an, bildet am hintern Körper-
ende eine zum Theil durch die Leberdrüse bedeckte Schleife und läuft
noch einmal nach vorn; dort geht er in den Mastdarm (Fig. 29a rect)
über, der durch das Diaphragma in die Mantelhöhle tritt und an der
rechten Körperseite in der Renoanalrinne sich Öffnet.
Das überall gleich weite Darmrohr lässt eine Gliederung in ein-
zelne Abschnitte nicht erkennen. Auf der Innenfläche erscheint eine
feine, ringförmige Streifenbildung, im letzten Darmabschnitte vor dem
Rectum treten fein beginnende und allmählich sich erhöhende Längs-
streifen auf. Im Rectum, das durch seine plötzliche geringere Weite
und stärkere Wand sich deutlich absetzt, erheben sich diese Falten
derartig, dass der Querschnitt des Rectums sternförmig erscheint. Die
Querfalten sind mit einem hohen Epithel bedeckt, dessen Kerne basal-
ständig sind und das eine dichte Wimperung trägt. Diese Wimperung
wird allmählich flacher bis zu der Stelle, wo das Rectum in die Körper-
haut eintritt, dort hört sie vollständig auf.
Die von PFEIFFER zuerst bei Triboniophorus beschriebenen Rectal-
drüsen sind bei Aneitea ebenfalls in der Wandung des an die Haut
sich anlehnenden oder in dieselbe eindringenden Theils des Enddarms
eingebettet, derart, dass sie einen zwischen Sphincter und Epithelrohr
gelegenen Raum ausfüllen (Fig. 15 dr). Es sind unregelmässige, mit
einer deutlichen Membran umgebene, lebhaft sich färbende Zellen, deren
centrale oder wandständige Kerne zahlreiche tiefblau gefärbte Körnchen
erkennen lassen und deren Plasma ein unregelmässiges, schwamm-
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 741
artiges Netzwerk hellerer Fasern bildet. Die Drüsen sind einzellig
und verschieden gross; nahe dem Endstück des Mastdarms treten
grössere, blasenförmige Zellen auf und münden in das Lumen des
Rectums mit einem flaschenförmigen Fortsatz, der sich zwischen die
Epithelzellen des Darms hindurchschiebt. Das Secret der Drüsenzellen,
die sich in das Darmlumen Öffnen oder kurz vor diesem Stadium
stehen, stellt sich als ein von tiefblau gefärbtem Netzwerk zusammen-
gesetzter Ballen von wahrscheinlich schleimiger Consistenz dar, der,
wie PFEIFFER auch annimmt, aller Wahrscheinlichkeit nach der
leichtern Passage der Darmingesta förderlich sein soll.
Der Kiefer von Aneitella virgata (Fig. 33) ist an seinem leicht
gebogenen vordern Rande völlig glatt. PLATE zeichnet für Aneitella
berghi einen, wenn auch kleinen, Zahn, der aus der Mitte des Vorder-
randes hervorspringt. Dieser Zahn fehlt bei Aneitella virgata; im
Uebrigen ist die Bildung des blattartigen Fortsatzes bei beiden ziem-
lich gleich. Die Radulazähne gleichen bis auf den Rhachiszahn denen
von Aneitella berghi fast vollkommen (Fig. 34). Es sind ziemlich lang
gestreckte Platten mit 5 deutlichen Spitzen, von denen die mediane
die grösste, die äussere die nächst grösste ist. Die 3 mittlern Spitzen
sind unbedeutend. Hinter dem Zahne sieht man eine hintere Basal-
platte auf die Radulamembran sich herabsenken. Gegen Aneitella
berghi ist nur in so fern ein Unterschied vorhanden, als die 3 mittlern
Spitzen dort noch in ziemlicher Länge entwickelt sind, während sie
bei Aneitella virgata in der Entwicklung sehr zurückbleiben. Anders
verhält sich jedoch der Mittelzahn. PLATE hat nachweisen können,
dass der Mittelzahn von Aneitella berghi durch Verschmelzung der
beiden innersten Seitenzähne entsteht; conform dieser Bildung zeigt
der Rhachiszahn 2 hintere Basalplatten und, da vom linken Zahn
einige Spitzen degeneriren, 7 Spitzen. Ein ähnliches Verhältniss bei
Aneitella virgata zu finden, ist mir nicht gelungen. Der Mittelzahn ist
auch hier deutlich ausgebildet, wenn er auch in der Entwicklung gegen
die Seitenzähne zurücksteht, aber er hat nur eine hintere Basalplatte
und ebenso viel Spitzen — 5 — wie die Seitenzähne. Von ihnen ist
die mittelste die grösste; im Grossen und Ganzen sind die Spitzen
nur schwach entwickelt. Aehnlich wie bei Aneitea haben sich auch
bei Aneitella virgata Anomalien in der Spitzenbildung nachweisen
lassen. Die Seitenzähne (Fig. 34 s,) sind mitunter nur mit 4 Spitzen
versehen, es fehlt dann eine von den mittlern, kleinern Spitzen. Nach
der Mitte jeder Seite der Radulaplatte werden die Zähne kräftiger
und sind die Spitzen stärker entwickelt; am Rande tritt, ebenso wie
742 G. GLAMANN,
bei Aneitea, eine Degeneration der Zahngebilde bis zu einem einfachen
Stabe ein.
Der Pharynx ist bedeutend breiter als lang (Fig. 26 phar), so
dass die kegelförmige Gestalt des Aneitea-Schlundkopfs hier nicht in
demselben Grade in die Erscheinung tritt; am besten markirt sich
die Kegelform bei der Betrachtung des Schlundkopfs von unten und
hinten (Fig. 35). Die ventrale Seite (Fig. 35 ventr.f) ist stark ab-
geflacht und läuft nach vorn ziemlich spitz zu; die Länge beträgt
2'/,, die Breite 5 mm, bei 4mm Höhe. Am hintern Ende der untern
Fläche ist deutlich die spiralige Einrollung der Radula an den beiden
Rändern der Radulapapille (Fig. 35 pap) zu erkennen; sie wird von
oben durch den darüber liegenden Schlund (oes) verdeckt. Dieser
(Fig. 26 oes) entspringt in der Mitte der obern Seite des Schlund-
kopfs im letzten Drittel; an seiner Ursprungsstelle treten die beiden
Ausgänge der Speicheldrüsen (d.sal) durch das Dach des Schlundkopfs
hindurch in die Mundhöhle hinein. Von den dazu gehörigen Speichel-
drüsen (sal) liegt die rechte hart am rechten Körperrande auf der
/witterdrüse unmittelbar unter der Rückenhaut; die linke ist in eine
Lücke zwischen dem Schlundkopfe, Schlunde und dem Anfangstheile des
Magens eingebettet.
Der Verlauf des Darmcanals ist folgender: Der lang gestreckte,
ziemlich weite Magen läuft in einer Spiraltour bis an den Anfang der
Hinterleber. Er verengt sich ohne Bildung eines Divertikels, ebenso
wie bei Aneitella berghi, zum Darmrohr; dieses windet sich wieder
nach vorn und bildet, am Anfangstheil des Magens angekommen, eine
grosse Uförmige Schlinge, die von der linken Seitenwand hervortritt
und, bis über die Mittellinie hinaus nach rechts reichend, der Rücken-
haut anliegt. In einer dritten Spiraltour wendet sich der Darm,
den vorigen Touren sich anlegend, wieder nach hinten und bildet, all-
seitig vom Gewebe der Vorderleber bedeckt, eine zweite U-Schlinge,
deren Schenkel nunmehr in einer Spiraltour nach vorn in den End-
darm übergeht. Dieser liegt dorsal, verläuft zwischen und zum Theil
unter der ersten Uförmigen Darmschleife und der zweiten Spiraltour
des Magens von links nach rechts und tritt in die Mantelhöhle ein,
wo er hinter der Athemöffnung die Haut durchbohrt (Fig. 9 rect). Die
einzelnen Spiralen sind durch verschiedene Linien in Fig. 26 einge-
zeichnet derart, dass die erste am Vorderende anfangende Tour mit
Strichen ----, die zweite mit Strich und Punkt -------- , die dritte
mit Strich und 2 Punkten ------, die vierte endlich mit Punkten
+ bezeichnet ist.
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 743
Die Leberdriisen (Fig. 26 hep) theilen sich in eine Vorder- und
Hinterleber (hep. ant und hep. post), die durch eine Darmschlinge von
einander getrennt sind. Ihre Farbe ist ein gleichmässiges helles
Gelblichweiss; ihre Zusammensetzung aus einzelnen Drüsenläppchen
entspricht der der Aneitea-Leber. Die beiden Leberausführungsgänge
münden in die Darmschlinge, welche die beiden Lebern trennt, in
gleicher Höhe, eine in der vordern, die andere in der hintern Wand,
ein (Fig. 26 d.hep); die Anordnung deckt sich demnach mit der von
Aneitella berghi völlig.
Nervensystem.
Ueber den Bau des Nervensystems von <Aneitea liegen Unter-
suchungen bisher nicht vor. Dagegen hat PLATE für Aneitella berghi
eine Beschreibung der Ganglien und der daraus entspringenden Nerven
gegeben, aus der zu entnehmen ist, dass die beiden Gehirnganglien
je einen lappenförmigen Fortsatz tragen und dass 3 Visceralcentren
vorhanden sind. PLATE hat von jedem Gehirnganglion 4 Nerven ver-
folgen können, ferner 4 der Visceralkette und 6 jedem Pedalganglion
entspringende gefunden.
Die beiden Cerebralganglien von Aneitea sind flache, scheiben-
förmige, im Ganzen rundliche Gebilde, die auf der vordern, dem Oeso-
phagus anliegenden Seite glatt und auf der Rückseite leicht buckel-
förmig gewölbt sind. Sie besitzen, wie dies PLATE schon für Janella
schauinslandi und Aneitella berghi angegeben hat, einen nach vorn und
aussen zeigenden lappenförmigen Vorsprung. Die Commissur bedeckt
den Schlund von oben, sie ist schmal, aber ziemlich lang. Von den
Gehirnganglien gehen folgende Nerven ab:
1) Das Buccalnervensystem. Es besteht aus 2 kleinen, runden
Ganglien, die auf dem Schlundkopfe dicht unter der Ursprungsstelle
des Schlundrohrs liegen. Sie sind durch eine Quercommissur mit ein-
ander verbunden. Von ihnen strahlen mehrere feine Nervenäste aus,
die sich in der Wand des Schlundkopfs verbreiten. Mit dem Cerebral-
ganglion jeder Seite verbindet sie ein Nerv, der, seitlich vom Buccal-
ganglion ausgehend, Anfangs durch lockeres Bindegewebe an den
Speichelgang jeder Seite geheftet ist und an dem medialen Rande der
vordern Fläche jedes Gehirnganglions endet.
2) Vom rechten Cerebralganglion ein Nerv für die Genitalorgane.
Er entspringt an dem obern, dem Rücken zugewendeten Rande des
Ganglions, läuft nach aussen an den Oviduct, in dessen Wand er
744 G. GLAMANN,
seine Zweige entsendet, und folgt mit seiner Hauptmasse dem Vas
deferens, mit dem er in den Penis hineintritt.
3) Der grosse Fühlernerv. Er ist der an Masse bedeutendste
Nerv, der das Gehirnganglion verlässt, und entspringt am äussern
Rande jedes Ganglions. Auf der linken Seite läuft er um die Basis
des Schlundkopfs herum nach vorn und versorgt den Fühler mit seinen
Verzweigungen ; der rechte Tentakelnerv kreuzt sich mit dem Genital-
nerv, geht aussen um den Grund des Penis herum und innervirt den
andern Fühler. An jedem Fühler inseriren sich Retractoren, die,
neben einander liegend, von hinten und aussen an ihn herantreten.
Von diesen Retractoren (Fig. 36 retr) ist einer der vordere (retr. ant);
er geht vom Tentakel als breiter, bandartiger Muskel nach vorn,
um der dorsalen Haut des Kopfes sich anzuheften. Von den 3
andern, nach rückwärts verlaufenden Retractoren (retr. post) geht der
oberste am meisten nach aussen und heftet sich an der Seitenfläche
der Haut an; die beiden andern verlaufen gemeinschaftlich und enden
am Grunde des Schlundkopfs.
4) Auf jeder Seite entspringt ein Nerv, der, ziemlich kräftig, mit
einem schwächern zusammen direct nach vorn läuft. Er verlässt diesen
schwächern etwa in der Mitte des Schlundkopfs und senkt sich sofort
in die Haut ein; der schwächere Nerv geht weiter nach vorn, an der
innern Seite des Fühlers vorbei und innervirt wahrscheinlich die Lippen
und die Umgebung des Mundes.
Unter der Gehirngangliencommissur, bedeckt vom Schlundrohre und
flankirt von beiden Seiten durch die Gehirnganglien, liegt die Visceral-
kette, welche wir ihres einheitlichen Aussehens willen als Visceral-
ganglion bezeichnen wollen. Es bedeckt nach unten zum Theil die
Pedalganglien; zwischen ihm und diesen befindet sich ein Spalt, durch
den die Aorta anterior nach vorn tritt, um sich am Boden des Schlund-
kopfs zu verzweigen. Von der hintern Fläche erscheint das Visceral-
ganglion als ein grösserer Knoten, über den in der Mitte eine Furche
verläuft und der am linken untern Rande ein kleines dreiseitiges
Ganglion als Anhang trägt, das zwischen Pedal- und Cerebralganglion
eingekeilt erscheint. Kippt man jedoch die Ganglienmasse auf, so
sieht man auf der vordern, dem Schlundkopfe zugekehrten Fläche
deutlich, wie die 3 einzelnen Ganglienknoten das Visceralganglion zu-
sammensetzen; das rechte grössere Stück besteht aus zwei Theilen,
die an der Vorderfläche deutlich getrennt, an der Hinterfläche mit
einander verschmolzen sind und als Rest der frühern Trennung die
vorher erwähnte Furche zeigen. Die einzelnen Ganglienzellen sind
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 745
ferner im Visceralganglion so gross, dass sie unter starker Lupen-
vergrösserung zu sehen sind; die Oberfläche erscheint dadurch wie
gefeldert.
Von der hintern Fläche des Visceralganglions, nahe der Durch-
bruchssteile der Aorta, gehen 2 Nerven ab, die gemeinsam entspringen.
No. 1 verläuft an der Aorta entlang nach hinten, er folgt der Aorta
posterior auf ihrem Verlaufe bis zur Spitze des aus den Leberdrüsen
bestehenden Hinterendes und giebt überall Gefässe an den Darm-
tractus und die Leberdrüsen ab. No. 2 ist etwas stärker als No. 1
und begleitet mit No. 1 zusammen die Arterie bis zu der Stelle, wo
diese das grosse Gefäss für die Genitalorgane abgiebt. Hier trennt
sich der Nerv von dem Visceralnerven 1 und der Aorta und schlägt
sich auf die rechte Seite hinüber. Bei der Präparation des Mantel-
stücks ist er an dieser Stelle abgetrennt worden; auf seinem weitern
Verlauf tritt er an die ventrale Fläche des Diaphragmas von rechts
heran, läuft auf ihm nach der Mediane zu bis etwa in die Mitte der
Lunge, durchbohrt es dort und verzweigt sich im Athmungsorgan.
Ferner entspringt von der hintern Fläche, aber vom linken kleinen
Ganglionknoten an der Grenze zwischen Visceral- und Cerebralganglion
ein Nerv 3, der auf der rechten Seite nach hinten verläuft. Er ist
ebenfalls wie der vorige bei der Präparation des Mantelstücks abge-
trennt worden; über seinen weitern Verlauf ist schon bei der Be-
schreibung des Situs der Pallialorgane gesagt worden, dass er auf dem
Diaphragma bis in die Höhe der Niere entlang läuft, es dann durch-
bohrt und in die Niere eintritt.
Unter den bisher genannten Ganglien und von diesen verdeckt
liegen die Pedalganglien, 2 Gänglienknoten, die durch den vorher er-
wähnten Spalt von dem Visceralganglion getrennt sind. Von ihnen
aus gehen ausser einer Anzahl kleinerer Nerven, die sich in die Haut
der Sohle verbreiten und die von wechselnder Dicke sind, 2 grosse,
starke Nerven hervor. Sie liegen auf der Sohle nahe dem äussern
Rande, verlaufen nach hinten und geben zahlreiche Aestchen an die
Sohle und die untern Seitenränder der Haut ab.
Bei der Beschreibung des Situs der Pallialorgane ist eines Nerven
Erwähnung gethan worden, der zusammen mit einer Arterie an den
Enddarm herantritt und mit ihm durch das Diaphragma in die Mantel-
höhle tritt. Es ist nicht gelungen, den Zusammenhang mit dem
Nerven, von dem er bei der Präparation abgetrennt worden ist, wieder
herzustellen. Ein 4. Visceralnerv ist er jeden Falls nicht; von der
Oberfläche des Visceralganglions entspringen deutlich nur 3 Nerven,
746 G. GLAMANN,
deren Verlauf gefunden und beschrieben worden ist. Er gehört indess
jeden Falls zum Visceralnervensystem; vielleicht ist er von einem
der beiden in das Diaphragma eintretenden Nerven 1 oder 3 abge-
zweigt worden.
Die einzelnen Ganglienmassen stehen durch Commissuren unter
einander in Verbindung. Ausser den schon erwähnten Cerebral- und
Buccalcommissuren ist also noch eine cerebroviscerale, eine viscero-
pedale und eine Pedalcommissur vorhanden; letztere verbindet ventral
die beiden Pedalganglien und bildet den Boden des Spalts, durch
welchen die Aorta anterior an die Unterfläche des Schlundkopfs tritt.
Zusammenstellung der Untersuchungsergebnisse.
Mit der hier in Kürze wiederholten Charakteristik der von mir
untersuchten beiden Exemplare der Gattung Aneitea möchte ich mir
den Versuch gestatten, die Gattungsdiagnose Aneitea zu begründen.
Ich schicke die Charakteristik dieser Art sowie die der Aneitella
virgata voraus.
Aneitea gräfjei. Die beiden Exemplare gehören zu den
zweitentakligen Landschnecken und stammen von den Neuhebriden,
Inseln des australischen Archipels. Am Kopf sind 2 ein Kopfschild
umfassende Kopffurchen vorhanden, denen auf der rechten Seite ein
Manteldreieck folgt; die Haut des hintern Körperabschnitts durch-
ziehen eine mediane Rückenfurche sowie schräg davon ausgehende
Seitenfurchen. Die Genitalöffnung liegt in der rechten Kopffurche,
unmittelbar am Grunde des rechten Fühlers oder dicht dabei. In
der rechten Mantelecke münden in eine Renoanalrinne der Anus und
der Athemgang mit der äussern Nierenöffnung. Ein Hyponotum fehlt;
die Tentakel tragen Augen, sind einstülpbar und werden durch 4 Re-
tractoren, 1 vordern und 3 hintere, bewegt. Der Körper ist lang ge-
streckt und läuft in eine Spitze aus. Die Farbe der conservirten
Thiere ist ein gleichmässiges helles Grau.
Die Pallialorgane: Lunge, Niere, Herz, Schalenkammer und das
Sinnesorgan sind durch ein Diaphragma von der übrigen Leibeshöhle
getrennt.
Die Lunge liegt auf der rechten Seite und ist eine Büschellunge;
um eine von Muskelzügen gebildete Mantelhöhle legt sich ein aus
Divertikeln und Athemröhrchen bestehendes, nach allen Seiten ver-
zweigtes Röhrensystem an, das unmittelbar von dem Blut eines
grossen dorsalen Sinus umspült wird und den Gasaustausch zwischen
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 747
den Athembäumchen und dem Blute vermittelt. Der Athemgang führt
aus der Mantelhöhle schräg nach hinten und oben in das Athemloch ;
in ihn mündet der Ureter ein.
Die linksseitig gelegene Niere ist ein compactes, sichelförmiges
Organ. Die innere Nierenöffnung führt aus der central gelegenen
Harnkammer durch einen mit einem Schliessmuskel umgebenen Aus-
führungsgang in den Ureter, ferner ist eine Verbindung der Niere mit
dem Herzbeutel im Renopericardialgang vorhanden. Der Ureter bildet
ein System von Schlingen, die theils ventral auf dem Diaphragma,
theils dorsal unter der Rückenhaut von links nach rechts und zurück
verlaufen und mit einem langen, ziemlich in der Mittellinie des Körpers
nach vorn gehenden Endstück in den Athemgang einmünden. Das
System besteht aus 3 Schlingen und wird complicirt durch die Bildung
zweier grosser Divertikel, die den Ureterschlingen an Ausbildung
gleich, sich zwischen diese hineinschieben. Das Ureterepithel trägt
stellenweise Calottenzellen und ist durchweg aus Sternzellen zusammen-
gesetzt.
Die Schalenkammer ist einheitlich. Sie erstreckt sich, etwas
rechts von der Mittellinie direct unter der Rückenhaut gelagert, in
ca. 5 mm Länge als lang ovales, sich vorn und hinten verschmälerndes
Gebilde und wird zum grössten Theil von den Mantelorganen an der
ventralen Seite bedeckt. Ihr Inhalt besteht aus einem grössern
vordern und mehreren, 3—4, hintern, kleinen Kalkstückchen, die einen
scholligen Aufbau zeigen.
Ein Sinnesorgan ist innerhalb des Diaphragmas am hintern Ende
der Niere gelegen. Es besteht aus einer Sinnesplatte, die einem weit-
maschigen Gewebe aufsitzt.
Das Genitalsystem besteht aus einer Zwitterdrüse, deren langer,
geschlängelter Ausführungsgang — Zwittergang — in den Oviduct
mündet. Unmittelbar darauf — in 1 mm Entfernung — verlässt den
Oviduct das Vas deferens; der Spermoviduct ist also sehr kurz. Der
Oviduct ist ein flach cylindrisches Rohr von ca. 4 cm Länge mit
2 Bogen und einem fast rechtwinkligen Knick in seinem Verlauf. Am
Anfangstheil neben dem Zwittergang nimmt er den Ausführungsgang
einer Eiweissdrüse, in den zweiten Bogen den einer flaschenförmigen
Drüse auf. Ferner mündet in ihn der Stiel eines ziemlich grossen
Receptaculum seminis. Kurz vor der Geschlechtsöffnung vereinigt sich
der Oviduct mit dem Penis; ein Vestibulum fehlt. Das Vas deferens
entspringt gleich hinter der Einmündung des Zwittergangs aus dem
Oviduct, verläuft an der medianen Seite desselben, umgeben von der
Zool. Jahrb, XVII. Abth. f, Morph, 48
748 G. GLAMANN,
compacten Prostata bis an die Stelle, wo Oviduct und Penis zu-
sammenstossen, kreuzt dort den Oviduct von innen nach aussen, läuft
aın Penis hinauf und geht an dessen Spitze in ihn über. Der Penis
ist ein gewundener Schlauch, dessen in einander gewickelte Lagen eine
ziemlich feste, bindegewebige Haut umgiebt; das Endstück ist durch
einen Retractor an der linken Körperseite in der Höhe der Niere
befestigt.
Am Eingange in den Verdauungstractus findet sich ein horniger
Kiefer mit einem deutlichen Zahnfortsatz am vordern Rande sowie
eine einem Polster aus Muskelbündeln aufliegende Radula. Der
Rhachiszahn ist kleiner als die Seitenzähne, etwas rückgebildet, aber
nicht rudimentär, er trägt in der Regel 3 Spitzen und steht ausser
der Reihe. Die Seitenzähne sind meist vierspitzig und werden am
Rande rudimentär. Die Radula ist nach hinten zu jederseits in eine
Papille spiralig aufgerollt. Der Schlund tritt, begleitet von 2 Speichel-
gängen, unter der Cerebralcommissur hindurch und mündet in den
Magen, dessen Anfangstheil die beiden Speicheldrüsen, grossflockige,
aus einzelnen Drüsenläppchen locker zusammengesetzte Gebilde, be-
decken. Der Magen lässt eine Gliederung nicht erkennen, er geht
spiralig um seine Axe gedreht, bis ans Hinterende, bildet dort einen
Blindsack und geht in den Darm über, der wieder in Spiralwindungen
von hinten nach vorn, noch einmal nach hinten und wieder nach vorn
verläuft; in der Höhe des Magenanfangs endet er mit einem derb-
wandigen Rectum. In den Blindsack münden 3 Lebergänge, die eben-
so vielen Leberdrüsen entsprechen.
Das Nervensystem besteht aus 2 Cerebralganglien, die unter sich
durch die Cerebralcommissur sowie mit den beiden auf dem Schlund-
kopfe liegenden Buccalganglien durch eine Commissur verbunden sind.
Sie entsenden an jeder Seite 3 Nerven für die Haut der Lippen und
des Kopfes und die Fühler; rechts noch einen unpaarigen Nerv für die
Geschlechtsorgane. Unter den Cerebralganglien, mit diesen durch eine
Commissur verbunden, liegen 3 Visceralganglien ; sie entsenden 3 Nerven
für den Digestionsapparat, die Geschlechtsorgane, die Lunge und die
Niere. Mit ihnen und unter sich ebenfalls durch Commissuren verbunden,
sind noch 2 Pedalganglien vorhanden, die ausser kleinern Aesten für
die Haut der Sohle und der Seitenwand je einen sehr starken Sohlen-
nerv abgeben.
Aneitella virgata. Der flache Körper ist vorn abgerundet
und läuft hinten in eine stumpfe Spitze aus. An den Seitenrändern
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 749
befindet sich ein 2 mm breiter, unregelmässig gezackter Saum. Die
Farbe ist ein stumpfes Gelblichweiss, über den Rücken verlaufen 5
dunkel gefärbte Streifen. Die Haut ist glatt. Kopfschild und Mantel-
dreieck fehlt. An der rechten Seite findet sich eine Furche in Halb-
bogenform mit 3 Quereinschnitten, die bis zum rechten Tentakel führt ;
in sie münden von vorn nach hinten: der Harnleiter, der Athemgang
und das Rectum. Die beiden Tentakel sind einstülpbar und tragen
an den vordern, etwas kolbig aufgetriebenen Rändern die Augen.
Die Mantelhöhlenorgane: Lunge, Herz, Niere, die Schalenkammer-
bläschen zum Theil und das Sinnesorgan sind durch ein Diaphragma
von der Leibeshöhle geschieden.
Die Lunge ist eine Büschellunge. Sie liegt auf der rechten Seite;
aus der von Muskelzügen umgebenen Mantelhöhle dringt der Athem-
gang nach oben und aussen durch die Haut.
Die auf der linken Seite gelegene Niere ist ein halbmondförmiges
Gebilde; aus der centralen Harnkammer führt ein mit kräftiger Muscu-
latur umgebener Gang in den Anfangstheil des Ureters. Ein Reno-
pericardialgang ist vorhanden. Der Ureter besteht aus mehreren
Schleifen, die — die Ureteren — in Dreieckform von hinten und links
nach vorn und von dort nach hinten und rechts oder — die Divertikel
— von links nach rechts verlaufen. Es sind 3 Ureter und 2 grosse
Divertikelschlingen vorhanden. Der Harnleiter öffnet sich in der rechts
gelegenen Hautfurche — der Renoanalrinne — für sich, von dem
dahinter liegenden Athemgange getrennt.
Statt einer einheitlichen Schalenkammer liegen an der Grenze des
ersten und zweiten Körperdrittels etwa 12 grössere und kleinere
Schalenkammerbläschen, die Kalkconcremente enthalten. Ein grösseres,
ovales Bläschen liegt an der vordern Wand des Rectums. Am hintern
Ende des Mantelstücks, neben und hinter der Lunge, sind weitere
8 grössere und kleinere Schalenkammerbläschen vorhanden; eine Ver-
bindung dieser Gruppe mit der vorn gelegenen fehlt.
Das Sinnesorgan liegt am hintern Ende des Diaphragmas. Die
Sinnesplatte beginnt mit 2 Schenkeln, die sich zu einem Hügel mit
pilzförmigem Durchschnitt vereinigen.
Das Genitalsystem, so weit es hat untersucht werden können, be-
steht aus einer Zwitterdrüse, dem Oviduct, einem kurz gestielten
Receptaculum seminis, einer eigenthümlichen, grossen Anhangsdrüse,
die mit dem Receptaculum zusammen mündet, dem Vas deferens und
dem Penis. Ueber den Spermoviduct, den grössten Theil des Oviducts,
die Prostata und den Zwittergang war genaue Aufklärung nicht zu
48*
750 G. GLAMANN,
erhalten. Die Anhangsdriise zeigt zahlreiche Kriimmungen, die als
helle Streifen durch das Gewebe hindurchscheinen. Penis und Oviduct
vereinigen sich zu einem langen Vestibulum, der Penis besteht aus
einer äussern, dünnen, bindegewebigen und einer innern, dicken,
musculösen Scheide und ist durch den Retractor penis an die linke
Körperwand am Ende der Niere angeheftet.
Der Kiefer im Dache der Mundhöhle hat einen glatten vordern
Rand. Die Zähne der Radula, deren hinteres Ende jederseits spiralig
zu einer Papille aufgerollt ist, stehen auf einer hintern Basalplatte,
sie haben 5 Spitzen, von denen die mittlere die grösste, die äussere
die nächst grösste ist. Der Mittelzahn hat ebenfalls nur eine hintere
Basalplatte; er ist deutlich ausgebildet und mit 5 schwach entwickelten
Spitzen versehen, von denen die mittlere die grösste ist. Anomalie
in der Zahnbildung kommt vor. Schlundkopf, Schlund, Speicheldrüsen,
Magen und Darmcanal weichen in nichts von dem bei Aneitea be-
schriebenen Bau ab; es fehlt nur der Blindsack am hintern Magen-
ende. Die Leber setzt sich aus 2 grössern Drüsenhaufen zusammen ;
die beiden Ausführungsgänge münden einander gegenüber in den An-
fangstheil des Darms.
Ich habe die Ergebnisse der Untersuchung meiner Aneitea und
Aneitella in der folgenden Tabelle (S. 751—755) den bei den übrigen
Aneitea- und Aneitella-Arten bekannten Verhältnissen gegenüber gestellt.
In Anlehnung an PrAare’s „Allgemeine Charakteristik der Janel-
liden‘‘ sowie seines „Versuchs einer Revision der Systematik“ will ich
in Folgendem den augenblicklichen Stand der Kenntnisse über die
Familie der Janelliden in eine kurze Diagnose zusammenzufassen mich
bemühen.
Janellidae. Landbewohnende Nacktschnecken von Australien, Neu-
seeland und Polynesien. 2 Fühler, die durch mehrere Retractoren
eingestülpt werden können, tragen am Endknopfe die Augen. Ein drei-
eckiges, spitz auslaufendes Kopfschild ist vorhanden oder kann auch
nur angedeutet sein. Genitalöffnung gleich hinter dem rechten Fühler.
Athemloch auf dem Rücken, stets rechts von der Mittellinie; es führt
in eine kleine, von einer Muskelschicht umgebene Mantelhöhle, welche
mit den Divertikeln einer Büschellunge communicirt. Das Athemloch
liegt auf einem dreieckigen, von 3 Furchen begrenzten Mantel; die
Mantelfurchen können auch undeutlich sein oder fehlen. In den Athem-
gang mündet die Nierenöffnung, oder beide münden getrennt; die beiden
Oefinungen können mit der Afteröffnung in einer Renoanalrinne an-
geordnet sein. Die Pallialorgane: Lunge, Herz, Niere, Schalenkammer
151
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten.
(HLINS
ww 4g) wu gz ur p£ wo 18-87 wo 9‘ET wo pol oz (dw) ra] Sur
uesfonp-uusp. aoanı
uopNSg uapyunp
“uadıssgwufaddL
-Un G tw (HLINS
rsyarqgı) qe
sopduumgs 9qıeT
-(HUULIEUBOUOY)
UHOFU9S0QATE FT
ur 9OU2INT 9um
syqooI JZU91904 [9]
“UR UT SET
u9J991 sop opun.ın)
wnz siq Joyuep
woA Jyne] oyoamy
-jdoy 9734901 ur
(TqIOA 9JS Op
-af jayRyuojuesny
upp ue Jg5 pun aqie sossn T Sep OJICH
410P YOIS Jey} oIs | Aoumeaqpfpy 212} uIsjury Jap pun sap uayony wep ne
‘ayyrmuoyony Anz |-NUIU9S UOA UHFOANS (geredeadsny |-1rq08 sep a3z11dg.1ap UNI] T U9ZIEMUOS
UIOA YORU Joryos oyo |-ssuvy G uapnef1a |-11dg) nein soyjoy ue puvg sogjound | Siqavyure jayUByY |10po uouneagyal
-IN,f 2909 out NRT |uoyony Up so9qn sodıssguygorof3 um -ind‘qjasyqory apo op ‘uoyooLg Woy |-YIOL JU “unsı
Sunuyjomoyyy ‘qrostpoqy Sızınwyos | eqivq 'uurıpwug unBIqyyarTstqssiom |-ZIEMYOS ‘puni -qpSfgeT ‘ua
yep uoy "uogdang | oqaeg ‘“ouurqeue | -ouoy ‘yoımap -YolLy WOA oqueg “uosso1 yıu ‘yo -ungoyig uooı.ıe
U9IBI9YET A001 -oueyy ‘JZU91904 |-Un [PL nz ‘uayo ‘guurpeugouoy |-4P9) "uogDAanFus} -UszıeM JU INCH
-gow pun uofeus9 |uoydanT uayyoaı Z |-ansuojiog Tg Siq “uoyoanzyusgog OZ "PS pun -uoyony “‘mayOINj Udy
your weyplezuy |uoA joue ‘ued FI ‘oyoanzyuogony ed “oydanyuoyony | OUIPOU ‘PIS |-leg oydanzuoyony
OyduMyoS) :HLINS |-TUWIA yoru Yors | ouuipour ‘pyryos | ouvipout ‘piges |-JdOM pun -yuspy | euvipou ‘pros
‘y Uyoay youn ‘uayoanyydoy gi-ydoy pun Jeguepy|-JIoy pun -Joguep wo] opeao uw] -Jdoy pun joguem
PARLE AVR ELE 191878 LG Hee NE bate ‘PASYEL | "PaeyuoL 2) = sNIqeH
nymbuna ayb.ag ee Pees VPN opnwny ıpppuopamuu
pyjenouy Zungyex) Jop U9JIY
npapaup Zunyer) Jap uly
oo
G. GLAMANN,
752
‘SuvsaoyyVy
Wap 10a A8gjoyyrwun
[PAWAIAIC, 985018
puis uodungos
-lont?) Z ‘apuey
-NBLIOA UIOA YORU
I ‘uodurgpsıond) F
u9d0gq
-98 SIUHOFIOUOIS
‘AO Burp Aodıoy
-U9I9IN ‘IOUI0A OTM
|
JOqIOA OTA
upsuf-syeyıpeanupy
(HLINS ‘PUEISI PIL)
Zugdwoyyy up ul
JAM
-Ju9 YIBIS PUIS [0X1}
-I9AI(T 9IP ‘9pu9}
-NU[I9A UIOA YORU
I ‘uesuryosiony) F
OMNIA
“BIT pun puwey
-UIUF Ju 1odıoy
-UOIIIN IUIJOUI
ydupyurumg SUIS
-jn[q uapesıop usp
UI IP Pdungpyasng
(uw
-wodnan) woajey
(HLOANIS)
Suvswoyyy uop ulsuvswmeyyy usp ul d
(18p [9419194
-I([ 9885013 U9][97S
uoABp 7) puoyozs
-04 dummpg usp |
-USFNE] UIOA TOBU
T pun xænb y sn® i ih
puoyo9s
-99 UPWWBYUOION
uayorATYgEZ pun I9uL
-wmeyumpp UO[UI)
-U99 OU sne ‘uRd
“IQ SBTULIQF[PYOIS j é
Jon}
-UOUIY SNUIQ US
-10p U9SSOIS u9p sunu
UI o1p ‘esuNTPeysng) -JjQuMyyy 988013 ih
(x09
‘1{) Suofexmo Jep
pun SuI9UH 104
(LHHINNAT Tem
-"S-" N) SUOBMOT[OO M
uaplqoqneN | (AMIAHH) euvqslig u9ruopofeonaN
Sunuyyjo
SUCH CLINE
Suvsmey}yy uep um o19s8n8
& 191]
uoyoı]
-SOUI9 uag[Essop
Zunamwmmidwo/) autre
arp ‘ uIOSBoNSU
nu ‘UUS1() sepudy
-NU[I9A syed Youu
syum UOA 9plOM95
-uIg aıp æqn sonb
‘U9ZIOH Wep JJUIH | 9191N
PIS sur oryoy
-woyggy Jap sne
u9Iqn}, U3UNUFJ20)
9SIWIOJZJOU ‘OUT
‘gapueA, uopuos
-B1} U9J09A[Y JU
Syoypsyuep eux) dung
(wopuıgaynoN)
psuJ-unsyouy| opuny
Eee tt erzielt m nn
oyob.ara
ayb.ıaq
(u9puqe 2n9N)
29 ffo4b
(ATTad9H
‘oueqsuig) 2afp1b Aral
ıpppuop9nuL
Dyerouy Zunyyen) Joep UV
napoup Zungen) JP U9JIY
153
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten.
J9UIOA OIM
u9pueyioA
(HLINS
‘Zunupjpowaygy
Jap JOA SIuoM
‘SUN Sap IM
pp u wm LI
9485019 sep ‘ua
Se LEEDS AN Bi
8) "uoyasonysaTe}
(wur Z SIq) u1ssQLd
pun wu Ju
‘uapunqd9a 19PUBUT9
yıur JOIE “uoyoserg
-uajeyog ueddnay Z
uopueyioA
pui
-U9ISIN UIPPIOA we
SNBIOY UJIOY our
411} [PXHJU2 A WP
sne : SNUIQ u9[esIop
Usp Ul SUNUFJ9() 19}
‚ag Mur Yors Jouffo
UNIV "PIeOLIOT
woA uogosum ‘fay
-ımu9A pun UNIV
u9pueyioA
u9JJeqquo
98011) ww ?}, nz
sıq UH)H2NISAEM
9IP ‘uopunqioA
Japuvulo Yu JoIu
"uogasp[quapeyag
BUSPTUSUTSRT ic
u9pueyioA
ER EJUNG
JSY u
-uly pun u1op.oA
usur ur svuiseryd
BIC Sop sunyqooiq
-HIN(T Jp yovu
N ET SEN,
BLOW :PIVOLIO
maula UOA uaqos
-Un ‘J9HIIQU9 A SOT
-nosnur pun um
“TY sodumequunp
ua pueqioA
UDJUIT 949
“On sy [Sd] WSUS
F—g pun usEpIOA
ULIISSOAD [ YU OUI
-UIBYUITVYIG a[Bao
Sup ‘eqporpoqure
U9pUEHIOA
O19IN IP
PUBLI9PIO À 09711998
Jap PUBIHPIOA uw
-2$ [UIJU9AOS10p wre|
9988019 W9JI9M
4 Sep Ist 91p
-I0A sep ‘SueJtu/]
W9JUUT}SOQUN UOA
9H2NJSAIEM 979 puni
-95g98 ‘apuosolpueur
-wesnz JHIP ZI “Bo
uns ATEN
SOSIUTIOFUOIOIU UT
U9PUBTLIOA
up
-UBY Uojopunsesqe
Au AHSA
SOSIULIOFP[IGOS ule
9SSBJOL)
pun zIH
ues
-10S9UUIG
ayeyos
ler
JOUR
-uaJeydg
Suva
-Terpawo
-119dousy
Sanuyo
-U9I9IN]
9IUUT
GLAMANN,
G
754
(HLING
‘PUB PEUTISQUIABI
-uo we Sunids
-I0A WoSIyIesIeIp
‘wouropy Yu a
-2TM) 23880 wa
2988
-JIOT U991}18)JUI4
uou 9498IqU/(]
ap ‘ZJUSJOJUUEZ
SELLE
ujun Jap UB zyes
-JIOT UW9$1)18)}8I4
IHUIOH puazarq
-tun FIs UOUUL Youu
puvi
-Daeyerq ‘wıoyun \uszdungs‘uosrıporu |punopuey uDpIoA | ‘asruo;ypuowgyey Wels |pPuyag usyreyos
pun PUY Up |uoulo Joe puy, | WB ZJUSJOqUUEZ |uayun yowu‘zyesj1of |JsPw puvy ‘oyyerg |w.IoJun 4LUL JON
-I0A ‘woyBIS JIUOIOPIOA ‘apeies Jap wogdmop YIUN|-ugezjogpIpt JURTIA JOSOIIIIA YIULTODTUIOT 1981991014 JOJOTM]
9I9IN Jop udUBSLOTBIT[eY
eqoH Joep ul yneyg juep Aojumy sBAyo joffeIssuorNIosuf Ip
-uoyony Jop PUB | Ynequayony 19P IST 91MIN JOP OUOH sıuad
uoyum Usp uw Sun} uwıpam orp uwsung OP ur nequoyany 1079981991
-joyuy ‘uapuvysioa|-joyay ‘U9PUVHIOA| Jep PUB JU u9 pueqioA U9PUBTL.IOA uUSPUBTLIOA snjnosn
stata
-98 unnd
ua pueyi0A uapuBT.IoA, 9919898 ‘uepuByIOA U9PUBILIOA uopuByIOA uapuvyioaA| -edeooy
send
i UHPUBTLIOA u9pueyioA Iydru & L j -ueUIeg
[ONIJIIAITT I931snıp (
ii UHO T UI UspuByIOA yoedu1od uapuByIOA uapuByIoA LUCE
(zmx yon
! 9 wu ‘ZINX IS Iq9S) uapueyioA -TAOULIO
j HU} T ‘zany ıq L yes) uopuey onen? S
9SDUNIESTDDTAM) UnHBAQ ‘U9POH
uop ur uouuss : WasUNUyoIEZ {
-nz SIUITU9S *yda00y7 -ag umpur Joqun asnid,
wep Au erp ‘SP (zıny OP uopusyLdoA 98100
-sSdugyuy 986013) {SUEHUY JIourfy IFOS| Ayes) UPpPUEHIOA i U9PUBTLIOA -uoydse]F
asnıp
UOPUBLLIOA U9PUBILIOA U9PUBL.IOA U9PUBLLIOA U9PUBTLIOA { -SSOMTX
| (uapraqeqne yy) (AgTagH
nymb.ura aybaaq vol uwgstagg) 22/74 opnury aP]DUOPIDUW
onaRauF Zunyyer) Jap uy
DU SUNY Jop U9JIY
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten.
*ys0d $910998199Y €
9SUESUIIIEIIOQOT Z
uasnipleqey 2
IST 9988013
Isyogu aIp 9198808
aıp 9458013 91P 910]
-JJLUI 9IP UOU2P UOA
‘“uozyıdg G :oyyepd
|
ejlesuese4) OP
Wop JUL POIs Jznaıy
pun uouur yoeu HIS
JOpU9M 107981J9Y I
"JUB SoLOPVAPNT Z
“qsod S210J0U139Y Z
9SUBSUOIIESI UT 7
uasnipleqey Z
IST 9788018
OIP OUBIPOU IP
uauep uoA ‘uazyıdg
G yslour {opyepdfesegg
UIT[SUBS[BIOISIA €
‘ysod 8910J981J9N £
“JoJUB 10J981J9N I
9SUSUIIIESIOUNT €
UISNIPIOOT ¢
UdIT[SUBS[BIOOSIA Z
(HLOANIS)
UILOJOVAJOY 9191490
=
é
9SUPIIOUT Z
UOSNIPIAIIT Z
9988013 91p azyıdg
3119974091 outipou ‘S1z}1ds
oyyepdjesegg ‘0955013 -IOTA SIJO8UY AOP
9IP OŒWUUI 9IP uazjidg ad [uoqou Ayloasdur]
-[BsBq O1quIq ouwlodoquig pun 919P.10A uauop uoA ‘uazyıdg pl-pedspora ‘oxemndoaurlogsio o1p ‘“Sızydsiap
uazjyidg G ‘1equou
“Ipnd qqoru :o9gepd
-[eseg] 21JUIQ oUR/)-[HWOSI9 À Jep sne| “wyuswıpnı JŒOIU
yosuJoumAse
SBMI9 neq ‘u97}
-ıdg 2 ‘uoyyerdreseg
& U9JUIT pun UIOA
‘uapue}sJu9 auyez
-U9}10Q J919MZ Sunz
yosıyeıpenb
yse} ayepdfeseg
‘9488013 SIP 9AOJJJTLU
aIp Uauep UOA ‘U9Z4
-IdS ¢ ‘euqezueyzleg
IP Sie Jouleyy anu
18Ju9wIpnI UIOA
é
é
SISEY Jap 9998
Jopol ue ZYeSJ1OT
wos ‘ WOULO[X
quuu ‘uasoqes uouur
qouu SBMJ9 “SIULIOF
-[oso¥ ‘HOUJUI9 ugez
‘PUBY UIOPIOA pun
umuur U9X9AUOI
pun uwIjumgy pun
UISSNE WOABIUOI
qu =f yosmyeapenb
UMJ9 uopepdjeseg
puoynersne ozyıds
aule} AU UL U9JUIY
yoeu ‘Sızyıdsıamz
‘ 18Ju9wıpnI
uorauus
-[BI9981A
91030814
“OL10T YN
o3ues
-uo][ed
-I949T
uasnip
-10qo'T
ouyez
-u910S
ugez
-SIyougg
756 G. GLAMANN,
und ein Sinnesorgan sind durch ein bindegewebiges Diaphragma von
dem Leibesinnern getrennt; auf diese Weise wird unter der Riicken-
haut ein grosser Blutsinus gebildet, der mit dem Atrium direct com-
municirt, in welchem die Mantelorgane liegen, und in dem die Mantel-
höhle mit der Büschellunge frei aufgehängt ist. Niere einfach oder
gelappt, Ureter mit complicirtem Verlauf durch Schlingen- und Diver-
tikelbildung. Schale verkiimmert, in einer oder zahlreichen Schalen-
kammern als solider Kalkstab oder einzelne gréssere Kalkstiickchen
oder zahlreiche kleine Concremente erhalten. Kiefer tragt an der
Unterseite einen blattartigen Fortsatz; die Radula, mit zahlreichen
Querreihen von Zähnen, ist am hintern Ende nach jeder Seite spiral-
förmig aufgerollt. Mittelzahn rudimentär oder nicht. Magen einfach;
der Darm zerfällt in Mittel- und Enddarm. 2 oder 3 Leberdrüsen
münden vereint oder getrennt in den Darm und umschliessen nicht
die Zwitterdriise; diese liegt im vordern Körperdrittel auf der rechten
Seite. Vesicula seminalis fehlt oder selten vorhanden; Spermoviduct
fehlend, gering oder gut ausgebildet. Eiweissdrüse und Receptaculum
seminis stets vorhanden; ebenso accessorische Geschlechtsdrüsen. Penis
glatt oder mit Reizpapillen; ein Vestibulum ist vorhanden oder fehlt.
Centralnervensystem mit stark genäherten, theilweise verschmolzenen
Visceralganglien; innerhalb des dorsalen Blutsinus ein Sinnesorgan,
das als modificirtes Osphradium zu deuten ist.
a) Janella Gray, 1850.
Der Rücken zerfällt in Notum und Hyponotum. Die Median-
furche ist gut entwickelt und reicht bis zum hintern Körperende. Mit
Seitenfurchen, Kopfschild und Manteldreieck ; letzteres entweder durch
Furchen deutlich begrenzt oder beim Fehlen dieser Furchen nur an-
gedeutet. Athemöffnung im Manteldreieck; sie, der Nierenporus und
der Anus münden getrennt. Niere zweilappig. Schalenkammer in
zahlreiche kleine Bläschen mit je einem Concrement aufgelöst; die
Bläschen bilden zwei am Vorder- und Hinterende des Diaphragmas ge-
legene Häufchen, die durch eine bandartige Reihe von Bläschen ver-
bunden sind. Kiefer mit stark entwickeltem Mittelzahn; 2 Leber-
drüsen, deren Mündungen zusammenfallen. Rhachiszahn gut ent-
wickelt. Eiweissdrüse compact, Spermoviduct fehlend oder vorhanden;
Vesicula seminalis fehlt, Genitalöffnung bildet ein Vestibulum. Neu-
seeland.
b) Triboniophorus HUMBERT, 1863.
Kein Hyponotum. Mediane Riickenfurche und Seitenfurchen. Kopf-
Beitriige zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 757
schild und Manteldreieck durch deutliche Furchen begrenzt. Nieren-
öffnung mündet in den Athemgang, beide liegen mit dem Anus in
einer Renoanalrinne. Niere einheitlich mit 2 vordern Zipfeln. Ein-
heitliche Schalenkammer mit einem soliden Kalkstab oder mehreren
Schalenstückchen. Kiefer ohne Mittelzahn. Rhachiszahn rudimentär
oder nicht. Magen einfach, mit Blindsack am Ende, 3 Leberdrüsen,
die 3 gesonderte Gallengänge in den blindsackähnlichen Anfang des
Darmes schicken. Eiweissdrüse compact, Spermoviduct fehlt; des-
gleichen eine Samenblase, Penis und Oviduct münden getrennt in der
Geschlechtsöffnung nach aussen. Australischer Continent: Sydney,
Brisbane.
c) Aneitea GRAY, 1860.
Hyponotum fehlt. Mediane Rückenfurche und Seitenfurchen, Kopf-
schild und Manteldreieck durch scharfe Furchen begrenzt. Nieren-
öffnung mündet in den Athemgang; dieser neben der der Afteröffnung
in einer Renoanalrinne. Niere compactes, sichelförmig gebogenes Or-
gan. Schalenkammer einheitlich, mit mehreren Kalkschalenstückchen,
von denen das vorderste das grösste ist. Kiefer mit schwachem
mittlern Zahnfortsatz oder glatt, Rhachiszahn nicht rudimentär, nur
kleiner als die Seitenzähne oder verkümmert. Magen einfach, mit
blindsackähnlicher Erweiterung am Ende, in welche 3 Leberdrüsen
ebenso viele Gallengänge schicken. Eiweissdrüse compact oder perl-
schnurförmig, Spermoviduct sehr kurz, Samenblase fehlt, desgleichen
ein Vestibulum. Neuhebriden, Neucaledonien, australischer Continent
(Brisbane, Woollongong).
d) Aneitella COCKERELL, 1891.
Flache Körperform mit schmalem Saume an den Rändern, Median-
furche fehlt, Kopfschild vorhanden oder durch eine rechte Furche
angedeutet. Manteldreieck fehlt. Athemloch, Ureteröffnung und Anus
in einer Renoanalrinne; die ersten beiden münden getrennt, oder der
Athemgang nimmt den Ureter auf; Niere einfaches, gebogenes Organ.
Schalenkammer in zahlreiche Bläschen mit je einem Kalkstückchen
aufgelöst; die Schalenbläschen liegen, wie bei Janella, in zwei Häufchen
am vordern und hintern Rande des Diaphragmas, sind aber nicht
durch ein Band von Bläschen verbunden. Kiefer glatt oder mit
schwachem Mittelzahn; Radulazähne zum Theil auch mit vorderer
Basalplatte, Rhachiszahn gut entwickelt. Magen einfach, ohne Blind-
sack; 2 Leberdrüsen, deren Ausführungsgänge in den Mitteldarm ein-
ander gegenüber münden. Eiweissdrüse compact, Spermoviduct fehlt,
158 G. GLAMANN,
kleine Samenblase vorhanden, desgleichen ein langes Vestibulum.
Polynesien (Neupommern, Admiralitäts-Inseln).
Eine abschliessende Charakteristik ist, wie aus dem obigen Ver-
suche der Systematik zu ersehen ist, nur für Janella und Aneitella
gegeben, dagegen ist es nicht möglich gewesen, tiefgreifende, prägnante
Unterschiede zwischen Triboniophorus und Aneitea aufzustellen. Es
liegt dies zum grossen Theil daran, dass bei der Schwierigkeit für
den europäischen Untersucher, in den Besitz des Materials zu ge-
langen, die Untersuchungen sich immer nur auf einzelne Exemplare
erstrecken; kommt nun noch hinzu, dass die Gattungen Aneitea und
Triboniophorus zweifellos nahe verwandt sind und sich in mancherlei
Punkten gleichen, so ist es ohne die Untersuchung einer genügend
grossen Menge von Individuen beider Gattungen sehr schwer, die mit-
unter recht geringen Unterschiede sicher festzustellen und die Diagnose:
damit zu begründen. Den australischen Forschern, die in der Nähe
des Materials sich dasselbe leichter verschaffen können, wird es wohl
vorbehalten bleiben müssen, die Charakteristik der beiden Arten zu
beendigen und damit die Frage, ob und wodurch lässt sich die Gattung
Aneitea von Triboniophorus trennen, endgültig zu entscheiden.
Literaturverzeichniss.
Bereu, R., 1870, Anatomische Untersuchungen des Triboniophorus
schüttei Krsr., in: Verh. zool.-bot. Ges. Wien, Jg. 1870, V. 20,
p. 843—854, tab. 11—13.
CocxereLz, T. D. A. 1891, On the geographical distribution of slugs,
p. 215.
—, 1892, Remarks on Australian slugs, in: Ann. Mag. nat. Hist., (6)
V. 9, p. 371—372.
COLLINGE, WALTER, E., 1894, Description of a new species of slug of
the genus Janella, in: Proc. zool. Soc. London, p. 526—30.
Crosse et FiscHer, 1870, Faune conch. de Nouv. Calédonie, in: J. Conch.
V. 18, p. 238.
Fiscupr, Paur, 1868, Anatomie de l’Athoracophorus hirudo, ibid. V. 16,
p. 225—234.
Gray, J. E., 1860, On the bitentaculate slug from Aneiteum, in: Ann.
Mag. nat. Hist., (3) V. 6, p. 195—196.
—, 1860, On the arrangement of the land pulmoniferous Mollusca into
families, ibid. p. 269.
Hppzey, C., 1889, On Aneitea gräffei and its allies, in: Proc. Roy. Soc.
Queensland, V. 5, p. 162—173.
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 759
Humserr, A., 1864, Etudes sur quelques Mollusques terrestres nouveaux
ou peu connus. § 2. Description d’un nouveau genre de Pulmoné
terrestre bitentaculé (Triboniophorus), in: Mém. Soc. Phys. Hist.
nat. Genève, V. 17, p. 116—120.
Hurron, F. W., 1878, Description of some new slugs, in: Trans. New
Zealand Inst. V. 11, p. 331—332.
—, 1881, Notes on the anatomy of the bitentaculate slugs of New
Zealand, ibid. V. 14, p. 158—161, tab. 5.
Kererstein, W., 1865, 1) Ueber die zweitentakligen Landschnecken
(Janella, Aneitea, Triboniophorus), in: Z. wiss. Zool. V. 15, p. 76
— 86, tab. 6, fig. 1—13. — 2) Ueber die Anatomie der Janella bi-
tentaculata Qu. et G. von Neuseeland, ibid. p. 446—449, tab. 34.
Kyicut, Cuaries, 1859, Observations on the „bitentaculate slugs“ of
New Zealand (Limax bitentaculatus Quoy et Garmarp, Janella anti-
podarum Gray, ,,Aneiteum slug“? Macponaup), in: Trans. Linn.
Soc. London, V. 22, p. 381—382.
Macponatp, J. D., 1856, Observations on the external characters and
internal anatomy of a bitentaculate slug found at the island of
Aneiteum, New Hebrides, in: Ann. Mag. nat. Hist., (2) V. 18,
p. 38—42.
Preirrer, W., 1900, Die Gattung Triboniophorus, in: Zool. Jahrb.,
V. 13, Anat., p. 293—358, tab. 17—-20.
Prats, L., 1891, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. I. Die
Anatomie der Gattungen Daudebardia und Testacella, in: Zool.
Jahrb., V. 4, Anat., p. 505—630.
—, 1894, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. II. Die
Oncidiiden, ibid. V. 7, Anat., p. 93—234.
—, 1897, Ueber einen neuen Typus der Lungenathmung; die Niere und
ein subcutanes Sinnesorgan bei Nacktschnecken aus der Familie der
Janellen, in: SB. Ges. naturf. Fr. Berlin, p. 141—145.
—, 1898, Ueber regenerative Amitose, Degenerationserscheinungen und
Phagocytose in den Athemröhren der Janellen, in: Arch. mikrosk.
Anat, V. 5, p. 839—856.
—, 1898, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Janelliden (Janella
schauinslandi n. sp. und Aneitella berghi n. sp.), in: Zool. Jahrb.,
V. 11, Anat., p. 193—280, 6 Tafeln.
SemPer, C., 1870—94, Reisen im Archipel der Philippinen, V. 3, Land-
EL p. 108, 109.
—, 1894, Die Niere der Pulmonaten, in: Reisen im Archipel der Philip-
pinen, 2. Ergänzungsheft (herausgegeben von H. SimrorH), p. 81—85.
Sımrorn, H., 1889, Beiträge zur Kenntniss der Nacktschnecken, in:
Nova Acta Acad. Leop., V. 54, p. 69 —86.
—, 1898, Neuere Arbeiten über nackte Pulmonaten, zusammenfassende
Uebersicht, in: Zool. Ctrbl., V. 20, p. 641—660.
Smitu, Encar A., 1884, An account of the land and freshwater Mol-
lusca collected during the voyage of the ,Challenger“ from De-
cember 1872 to May 1876, in: Proc. zool. Soc. London, p. 263 f.
(Athoracophorus virgatus, tab. 22, fig. 1, la).
—]
[@p)
©
G. GLAMANN,
Erklärung der Abbildungen.
iatel 2932
Erklärung der Abkürzungen in den Figuren.
a Arterie, die das Rectum begleitet
ac.dr accessorische Geschlechts-
drüse
alb Eiweissdrüse
an Anus
ao.com Aorta communis
atg Athemgang
atl Athemloch
atr Atrium
cav.pall Athemhöhle
coec Cécum
D Darm
d.alb Eiweissdrüsengang
d. hep Ductus hepaticus
d. hep. dors. d Ductus hepat. dorsalis
dexter
d. hep. dors.s Ductus hepat. dorsalis
sinister
d.hep.ventr Ductus hepaticus ven-
tralis
d.her Zwittergang
dia Diaphragma
div Divertikel
Dr Schlauchdriisen
dr grosse einzellige Driisen
dr, kleine er a
d.sal Speichelgang
ep Epithel
fl.dr flaschenförmige Driise
gl.her Zwitterdrüse
gl.pe Fussdrüse
hep.ant Vorderleber
hep.dors.d rechte dorsal gelegene
Leberdrüse
hep. dors.s linke dorsal
Leberdrüse
hep. post Hinterleber
hep.ventr ventral gelegene Leber-
driise
k Kamm
ksch Kopfschild
m Randzahn der Radula
ma Mantelstiick
mand Mandibel
mf Mittelfurche
mu Muskel
n Nerv, der das Rectum begleitet
n.pul Lungennerv
n.re Nierennerv
nu Bindegewebskern
oes Schlundrohr
o.ge Genitalöffnung
o.re Nierenöffnung
o.re.ext äussere Nierenöffnung
o.re.int innere r
ovd Oviduct
pap Papille
pe Penis
per Pericard
pes Fuss
phar Pharynx
prost Prostata
pul Lunge
r Rhachiszahn
re Niere
rect Rectum
rec.s Receptaculum seminis
reper Renopericardialgang
gelegene
Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. 761
retr Retractor penis so Sinnesorgan
retr.ant Retractor anterior sto Magen
retr.post Retractor posterior te Tentakel
rf Rückenfläche ur Ureter
s Saum v ventraler, blattförmiger Fortsatz
$s, Seitenzahn 1 des Kiefers
sal Speicheldrüse ventr Ventrikel
sch Schalenkammer ventr.f Ventralfläche
_sf Seitenfurche vest Vestibulum.
Tafel 29.
Fig. 1. Aneitea gräffei, Alkoholexemplar, im ausgestreckten Zu-
stande von oben gesehen. 1:1.
Fig. 2. Aneitella virgata, Alkoholexemplar, von oben gesehen.
Dal:
Fig. 3. A. II. Grosse und kleine Hautdrüsen (dr und dr,). Leitz,
Der Obj: 6. 27541.
Fig. 4. A. I. Schlauchförmige Drüsen (Dr), wie vorher. 275: J.
Fig. 5. <A. I. Situs der Pallialorgane, von der ventralen Seite ge-
sehen. 3: 1.
Fig. 6. Aneitella virgata, ebenso. 5: 1.
Fig. 7. A. I. Querschnitt. Mündung des o.re.int in ur,. 16:1.
IHarke le 10;
Fig. 8 A. I. Querschnitt. Mündung des Athemgangs (afg) und
der äussern Nierenöffnung (o.re.ext, ur,). Schlauchförmige Drüsen (Dr)
und deren Ausführungsgänge in den Athemgang. 16:1.
Fig. 9. Aneitella virgata. Mündung des Athemgangs (afg) und
des Enddarms (rect), Querschnitt. 37:1.
Fig. 10. Aneitella virgata. Querschnitt in der Höhe der innern
Nierenöffnung (o.re. int). 28:1.
Mate 3
Fig. 11. Aneitella virgata. Querschnitt in der Höhe der äussern
Nierenöffnung (0.re.ext). 37:1.
Fig. 12. A. Il. Längsschnitt Renopericardialgang (reper), Längs-
schnitt durch die ganze Schalenkammer (sch). 14:1.
Fig. 13. A. I. Schema der Pallialorgane. 15:1.
Fig. 14. A. I. Querschnitt (combinirt aus einer Schnittserie), div,
in ganzer Länge getroffen, die bevorstehende Vereinigung von div,
and ur,. 16:1.
Fig. 15. A. I. Querschnitt. Vereinigung von ur, und ur,. 16:1.
Fig. 16. A. I. Querschnitt. Verbindung von div, und div,. 16:1.
i 4 =
762 G. GLAMANN, Beiträge zur Kenntniss der Tracheopulmonaten. °
Tafel 32.
Fig. 17. A. I. Querschnitt. Uebergang von ur, in ur,. 16:1.
Fig. 18. Aneitella virgata. Schema der Pallialorgane. 20:1.
Fig. 19. Aneitella virgata. Querschnitt. Theilungsstelle von wr,
in die beiden div, und div,. 28:1. :
Fig. 20. Aneitella virgata. Querschnitt (construirt aus mehreren
Schnitten). Verbindung von div, mit ur,. 15:1. :
a hie loci:
Fig. 21. Aneitella virgata. Querschnitt (ebenso). Verbindung von
div, mit wr,. 15:1. }
Fig. 22. Aneitella virgata, Sinnesorgan (so). Querschnitt durch”
die beiden Zipfel der Sinnesplatte. 28:1. ;
Fig. 23. Aneitella virgata. Sinnesorgan (so). Querschnitt durch
die pilzförmige Sinnesplatte. 28:1. ‘
Fig. 24. A. I. Genitalapparat eines erwachsenen Thieres. 3: 1.
Fig. 25. A. I. Penis, aus einander gewickelt. 6:1. |
Fig. 26. Aneitella virgata. Situs viscerum. 7:1.
Fig. 27. Aneitella virgata. Genitalorgane (zum Theil). 15:1.
Tarel 34
Big; 28) 4.1 Kiefer: 14:1.
Fig. 29. A. I. Digestionstractus: Pharynx (phar), Schlund (oes),
Magen (sto), Darm, Leber (hep) und Speicheldrüsen (sal) s. auch Fig. 29a.
4:1.
Fig. 30. A. I. Radula mit Rhachiszahn (r) und den 4 erste
Seitenzähnen (s;—,). 275:1.
Fig. 31. A. I. Radula mit Seitenzähnen (s) und Randzähnen (m)
PAS EEE
Fig. 32. A.I. Die Leberdrüsen und ihre Ausführungsgänge. 11/,:1
Fig. 33. Aneitella virgata. Kiefer, von unten gesehen. 10: 1.
Fig. 34 Aneitella virgata. Radula mit Rhachiszahn (r) und de
ersten 3 Seitenzähnen. 585 : 1.
Fig. 35. Aneitella virgata. Schlundkopf von unten und hinte
mit der Radulapapille (pap). 51/, : 1.
Fig. 36. A. II. Anordnung der Tentakelretractoren. 14 : 1.
Nachdruck verboten.
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien.
Von
Dr. J. Gross,
Assistent am Zoologischen Institut zu Giessen.
Hierzu Tafel 35 u. 36.
Das Chiasma nervorum opticorum gehört wohl zu den ältesten
Problemen der Anatomie. Schon zu GALEN’S Zeiten ist darüber ge-
stritten worden, ob die Sehnerven des Menschen sich total oder partiell
kreuzen. Dieser Frage, die ja auch für die medicinischen Wissen-
schaften von Bedeutung ist, verdanken wir denn auch die Mehrzahl
der wichtigsten Entdeckungen über die Structur des Chiasmas beim
Menschen und bei den Säugethieren. Denn die zu ihrer Lösung an-
gestellten Untersuchungen förderten natürlich auch die andere, nicht
weniger interessante Frage nach dem feinern histologischen Bau im
Chiasma der verschiedenen Thiere. Mit dem Aufblühen der ver-
gleichenden Anatomie im Laufe des verflossenen Jahrhunderts wurden
dann auch die niedern Classen der Wirbelthiere in die Untersuchungen
mit einbezogen, so dass wir jetzt bereits eine reiche Literatur über
das Chiasma besitzen. Am wenigsten erforscht sind in dieser Hin-
sicht noch die Reptilien. Ueber die Verhältnisse des Chiasmas bei
dieser Classe finden sich nur wenige kurze Angaben. Die werthvollen
neuern Arbeiten über das Reptiliengehirn von EDINGER, HERRICK und
P. Ramon lassen das Chiasma entweder unberücksichtigt oder er-
wähnen es nur ganz kurz. Specialuntersuchungen über die Sehnerven-
kreuzung dieser wichtigen Wirbelthierclasse fehlen noch ganz. Den
ersten Anfang zur Ausfüllung dieser Lücke zu machen, ist der Zweck
der nachstehend mitgetheilten Untersuchungen.
Zool. Jahrb. XVII. Abth. f. Morph. 49
764 J. GROSS,
Literatur.
Die älteste Angabe über die histologische Structur des Chiasmas
der Reptilien findet sich 1874 bei SCHEEL (14). Er giebt kurz an,
dass bei Emys europaea das Verhalten der Sehnervenkreuzung bis
ins Einzelne analog dem von Rana esculenta sei, d h. dass jeder
Nerv sich zum Zweck der Durchkreuzung mit dem andern in zahl-
reiche kleine Bündelchen theilt, die sich gegenseitig Kreuzen. Diese
Angabe wurde im folgenden Jahre von Stiepa (17) bestätigt und für
Testudo graeca dieselbe Beschaffenheit des Chiasmas nachgewiesen.
Auch Horrmann (7) schliesst sich derselben Auffassung an. Ein ähn-
liches Verhalten fand Herrick (6) bei der Schwarznatter (Coryphodon
constrictor). Doch zeigt sich bei dieser Schlange eine Besonderheit
in so fern, als jedes dieser kleinen Bündel von einem queren Netz-
werk von Bindegewebsfasern umhüllt wird. Ferner findet sich in
WIEDERSHEIM’s Grundriss der vergleichenden Anatomie (19) folgender
hierher gehöriger Satz: „Während es sich bei den meisten Teleostiern
nur um eine einfache Uebereinanderlagerung der beiden Sehnerven
handelt, tritt bei einigen (Harengus, Engraulis) der eine Opticus durch
einen Schlitz des andern hindurch, und dieses Verhalten sehen wir
bei Reptilien immer weiter gedeihen, bis schliesslich eine sehr com-
plicirte, gegenseitige Durchflechtung zu Stande kommt.“ Dazu giebt
der genannte Autor schematische Abbildungen von Lacerta agilis und
einem Agamen. Diese lassen erkennen, dass sich jeder Nervus opticus
bei Lacerta in 2, bei dem Agamen in 3 Blätter spaltet, die sich mit
den entsprechenden der andern Seite kreuzen. Es zeigt sich also ein
viel einfacheres Verhalten als bei den Schildkröten und Coryphodon.
Auch einige von EDINGER (3) abgebildete Horizontalschnitte durch das
Chiasma von Lacerta und Varanus sprechen deutlich für sehr primi-
tive Verhältnisse. In derselben Abhandlung spricht der Autor noch
kurz die Ansicht aus, dass die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien
wahrscheinlich total sei. Folgende kurze Angabe über das Chiasma
der Saurier enthält schliesslich noch eine Arbeit von STUDNICKA (18)
über den Bau des Sehnerven der Wirbelthiere. „Es ist interessant,
dass bei dem Eintritt in das Chiasma die Gliazellen des Sehnerven
aufhören aufzutreten, so dass wir da eine scharfe Grenze vor uns
haben; in dem Chiasma fehlen sie fast ganz (junge Stadien von La-
certa }).““
Das ist alles, was ich in der Literatur, soweit sie mir zugänglich
war, über die Beschaffenheit des Chiasma nervorum opticorum bei
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 765
den Reptilien finden konnte. Einige Angaben über die Histologie der
Sehnerven werde ich noch gelegentlich bei der Mittheilung meiner
eignen Untersuchungen zu besprechen haben. Von einer ausführlichen
Aufzählung der reichhaltigern Literatur über das Chiasma der übrigen
Wirbelthierclassen glaubte ich absehen zu dürfen, da Frirz (4) erst
kürzlich eine ebenso eingehende wie übersichtliche Zusammenstellung
derselben gegeben hat. Ich kann mich daher auf die Anführung des
Allerwichtigsten beschränken.
Ueber das recht versteckt in der Masse des Gehirns liegende
und daher erst spät entdeckte Chiasma der Cyclostomen ist noch
wenig bekannt.
Bei Selachiern und Ganoiden findet wahrscheinlich totale Kreuzung
statt. Ueber die feinern Structurverhältnisse sind die Ansichten noch
getheilt. Nach Srannrus (16) und Ronon (12) zerfällt jeder Nerv in
eine Anzahl sich alternirend kreuzender Bündel. Nach SANDERS (13)
kreuzen sich die Sehnerven bei einer Anzahl von ihm untersuchter
Haifische und Rochen dagegen in den tiefern Partien des Chiasmas
blätterweise „wie die durch einander geschobenen Finger zweier
Hände“; in der dorsalen Hälfte des Chiasmas soll dagegen „einfache
Decussation“ stattfinden.
Bei den Teleosteern finden sich zum Theil die primitivsten Ver-
hältnisse, indem der eine Nerv sich einfach über den andern legt.
Bei Clupea und Engraulis durchbohrt dagegen der eine Opticus den
andern. Bei Abramis endlich spaltet sich jeder Sehnerv in 2 Blätter,
die sich alternirend kreuzen. Für den Goldkarpfen (Cyprinus auratus)
hat KRAUSE (8) experimentell totale Kreuzung nachgewiesen.
Für die Dipneusten ist überhaupt erst in neuerer Zeit die Exi-
stenz eines Chiasmas nachgewiesen worden. Ueber seinen feinern
Bau ist noch nichts bekannt.
Ueber die Structur des Chiasmas bei den Amphibien hat in
neuester Zeit Fritz (4) eingehende Untersuchungen angestellt, so dass
diese Wirbelthierclasse in Bezug auf die Sehnervenkreuzung jetzt zu
den am besten bekannten gehört. Das Marcui’sche Degenerations-
verfahren hat für den Frosch unzweifelhaft eine totale Kreuzung
nachgewiesen. Die Kreuzung geschieht bei allen untersuchten Am-
phibien, sowohl Urodelen als Anuren, bündelweise, und zwar ver-
schlingen sich die überaus zahlreichen und feinen Bündel nach Art
eines Flechtwerks. Diese Bündel sind bei den Urodelen ganz ventral
klein, nehmen dann gegen die Mitte des Chiasmas an Stärke zu, um
dorsalwärts wieder feiner zu werden. Bei den Anuren sind die Bündel
49*
766 J. GROSS,
dagegen im ventralen Chiasmaabschnitt am stärksten und nehmen in
dorsaler Richtung allmählich an Stärke ab. Das Chiasma ist gegen-
über den Sehnerven arm an Gliazellen. Diese fehlen dem Urodelen-
chiasma oft ganz oder sind doch nur in verschwindend kleiner Zahl
vorhanden; etwas zahlreicher finden sie sich bei den Anuren. Die
Kreuzung findet bei den Urodelen unter viel stumpferm Winkel statt
als bei den Anuren.
Bei den Vögeln scheint durchweg eine blätterweise Kreuzung statt-
zufinden. Die Zahl der Blätter, in die jeder Nerv zerfällt, ist dabei
sehr verschieden gross. So theilt sich nach SINGER u. MÜNZER (15)
bei Strix ulula jeder Nerv nur in 2 dicke Blätter. Für Strix noctua
giebt dagegen MicHEL (9) eine Spaltung der Nerven in je 5 Blätter
an. SCHEEL (14) fand bei der Ente 4—5 dicke Blätter, bei der Eule
9—10 dünnere, bei der Gabelweihe 11—12, bei der Dohle 17—18 sehr
dünne Blättchen. Noch andere Autoren fanden bei andern Vögeln noch
verschiedene andere Zahlen von sich kreuzenden Blättern im Chiasma.
Die aufgezählten Angaben dürften indess genügen, um zu-zeigen, dass
die Structur der Sehnervenkreuzung bei den Vögeln zwar in so fern
einheitlich ist, als die Kreuzung sich überall blätterweise vollzieht,
dass aber die Zahl der Blätter oft bei nahe verwandten Arten, wie
z. B. bei den verschiedenen Eulen, sehr bedeutend variirt. Fast alle
Autoren stimmen ferner darin überein, dass bei den Vögeln durchweg
eine totale Kreuzung der Sehnerven stattfindet. Nur Munk (10) spricht
sich für partielle Kreuzung bei der Taube aus.
Bei simmtlicheu Säugethieren zerfällt nach den übereinstimmenden
Angaben der Autoren jeder Kern in eine grosse Anzahl kleiner Bündel,
die sich wechselweise nach Art eines Flechtwerks durchkreuzen. Je
höher wir in der Reihe der Säugethiere aufsteigen, um so feiner wird
dieses Flechtwerk, um so weniger Fasern enthält jedes Bündel. Beim
Menschen kommt es schliesslich zu einer Kreuzung der einzelnen
Fasern, so dass hier von Bündeln nicht mehr gesprochen werden kann.
Die alte Frage nach der totalen oder partiellen Kreuzung der Seh-
nervenfasern, welche überhaupt den ersten Anstoss zu allen Unter-
suchungen über die Structur des Chiasmas gegeben hat, konnte trotz
überaus zahlreicher experimenteller und pathologischer Untersuchungen
noch immer keine befriedigende Lösung finden. Noch immer stehen
sich die beiden Ansichten schroff und unvermittelt gegenüber. Eine
Aufzählung der umfangreichen, diese Frage behandelnden Literatur
würde uns zu weit führen; ich verweise. daher auf die Original-
arbeiten.
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien, 767
Material und Methoden.
Meine Untersuchungen erstrecken sich auf folgende 10 Arten:
Anguis fragilis L., Platydactylus mauretanicus L.,
Lacerta viridis GESSN., Chamaeleo vulgaris DAUD.,
Lacerta agilis WOLFF, Emys europaea GRAY,
Tropidonotus natrix BOIE, Testudo graeca L.,
Zamenis viridoflavus Wacu., Alligator lucius Cuv.
Von den meisten angeführten Arten standen mir mehrere Reprä-
sentanten zu Gebote, nur von Alligator lucius konnte ich bloss ein
Exemplar untersuchen.
Die den frisch getödteten Thieren entnommenen Gehirne wurden
durchweg einige Tage in Formol (10fache Verdünnung der käuflichen
Formalinlösung) gehärtet, dann nach der erforderlichen Vorbehandlung
in Paraffin eingebettet und in Horizontal- oder Frontalschnittserien
zerlest. Das Färben der mit Eiweiss aufgeklebten Schnitte geschah
hauptsächlich nach der HeipeNHain’schen Eisenhämatoxylin-Methode,
und zwar kamen die Schnitte ‘zuerst auf ungefähr 1 Stunde in die
Eisenalaunlösung und wurden dann 2 Stunden in unverdünntem DELA-
FIELD’schen Hämatoxylin stark überfärbt und dann durch nochmaliges
kurzes Eintauchen in Eisenalaun wieder entfärbt. Die so behandelten
Schnitte ergaben sehr scharf differenzirte Bilder. Besonders hoben
sich die einzelnen Nervenfasern durch ihre rein blaue Färbung sehr
schön hervor. Ueberhaupt glaube ich, dass die HEIDENHAIN’sche Fär-
bungsmethode für manche neurologische Untersuchungen sehr brauch-
bar sein dürfte und sich dabei durch relativ grosse Einfachheit aus-
zeichnet. Ausserdem wurden noch MALLORY’Ss Hämatoxylin und Säure-
fuchsin mit Methylenblau nach Sanur versucht, ohne jedoch so be-
friedigende Resultate zu ergeben wie die HEIDENHAIN’sche Methode.
Einen gänzlichen Misserfolg hatten leider meine Versuche mit
dem Marcnr’schen Degenerationsverfahren, welches ich auf folgende
Arten anwandte:
Anguis fragilis L., Emys europaea GRAY,
Lacerta viridis GESSN., Testudo graeca L.,
Tropidonotus natrix Botn, Platydactylus mauretanicus L.
10 Wochen nach erfolgter Enucleation war ich aus äussern
Gründen gezwungen, die Thiere zu tödten. Sowohl der makroskopische
Befund als auch die Untersuchung der Schnitte liess keinerlei sichere
Anzeichen von Degeneration im durchschnittenen Nerven erkennen.
Dieses negative Resultat überraschte mich um so mehr, als dieselbe
768 J. GROSS,
Methode Krause (8) am Karpfen und WLaAssakX (20) und Fritz (4)
an Fröschen vorzüglich gelungen ist. Schon 4 Wochen nach der
Blendung getödtete Frösche zeigten bei mikroskopischer Untersuchung
deutliche Degenerationserscheinungen im durchschnittenen Opticus. Bei
Reptilien scheint also eine bedeutend längere Zeit bis zum Eintritt
der ersten Degenerationserscheinungen erforderlich zu sein als bei
Amphibien und Fröschen.
Eigene Untersuchungen.
Anguis fragilis (Fig. 1).
Wie die Figur zeigt, kreuzen sich die Nerven unter ziemlich
stumpfem Winkel. Die Kreuzung findet so statt, dass sich der eine
Nerv in 3, der andere in 2 Blätter spaltet, die sich alternirend kreuzen
nach dem oft gebrauchten Bilde der durch einander geschobenen
Finger zweier Hände. Eine individuelle Verschiedenheit zeigt sich in
so fern, als bald der linke Nerv in 3, der rechte in 2 Blätter zerfällt,
bald das umgekehrte Verhältniss stattfindet. Von den 3 Blättern
eines Nerven ist stets das mittelste das dickste, das dorsale und
ventrale sind bedeutend schwächer. Zerfällt ein Nerv nur in 2 Blätter,
so sind beide annähernd gleich stark. Die Nervenfasern sind wie bei
allen Reptilien von einem Netzwerk grober Gliafasern umgeben, wie
sich sehr schön auf Querschnitten zeigt. Gliazellen sind nicht sehr
zahlreich vertreten. Im Tractus opticus liegen sie ziemlich regellos,
nur an manchen Stellen zu dreien oder vieren hinter einander. Im
Nervus bilden sie längere, dem Verlauf der Nervenfasern parallel ge-
richtete Reihen. Im Chiasma sind die Gliazellen nur sehr spärlich
vertreten. Blutgefässe finden sich im Chiasma sowohl als im Seh-
nerven der Blindschleiche nur ganz vereinzelt.
Lacerta agilis (Fig. 2).
Die Kreuzung der Sehnerven vollzieht sich in einem spitzen
Winkel. Jeder Nerv spaltet sich in 3 Blätter. Von diesen 3 Blättern
ist jedes Mal das dorsale am stärksten. Das mittlere ist schon be-
deutend weniger dick. Das ventralste endlich erreicht nur ungefähr’
ein Viertel der Stärke des dorsalen. Die Blätter des linken Nerven
liegen bei meinen Exemplaren unter denen des rechten. Die Glia-
zellen verhalten sich in Zahl und Vertheilung ähnlich wie bei der
Blindschleiche. Doch zeigt sich in so fern ein Unterschied, als bei
Lacerta agilis das Chiasma keineswegs einen Mangel an Gliazellen
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 169
gegenüber dem Tractus und Nervus opticus zeigt. Wie oben erwähnt,
fand SrupniéKA bei jungen Stadien von Lacerta, „dass bei dem Ein-
tritt in das Chiasma die Gliazellen des Sehnerven aufhören aufzu-
treten, so dass wir da eine scharfe Grenze vor uns haben; in dem
Chiasma fehlen sie fast ganz“. Es scheint also, dass im Lauf der
Entwicklung ein Einwuchern von Gliazellen in das Chiasma stattfindet.
Blutgefässe sind im Chiasma und Sehnerven nur spärlich vertreten,
wenn auch etwas reichlicher als bei der Blindschleiche.
Lacerta viridis (Fig. 3).
Der Winkel des Chiasmas beträgt ungefähr 90°. Aehnlich wie
bei Anguis fragilis theilt sich der eine Nerv in 3, der andere in
2 Blätter. Welcher von beiden Nerven die grössere Zahl von Blättern
aufweist, zeigt dieselben individuellen Schwankungen wie bei der Blind-
schleiche. Die 2 Blätter des einen Sehnerven sind immer ungefähr
gleich stark. Von den 3 Blättern des andern sind das dorsale und
ventrale annähernd gleich dick, das mittlere Blatt ist nur halb so
stark wie jedes der beiden andern. Die Zahl der Gliazellen ist viel
grösser als bei Lacerta agilis; sie liegen meist zu 4 oder 5 hinter
einander, so kurze, parallele Reihen in der Längsrichtung der Seh-
nerven bildend. Durch diese regelmässige Vertheilung der Gliazellen
erscheint jeder Nerv und die das Chiasma zusammensetzenden Blätter
in eine grosse Zahl kleiner Bündel zerklüftet. Eine deutliche Ab-
nahme der Gliazellen beim Eintritt der Nerven in das Chiasma macht
sich am ausgewachsenen Thier ebenso wenig bemerkbar wie bei La-
certa agilis. Das Chiasma sowohl wie auch Tractus und Nervus op-
ticus werden von einem reichlichen Blutgefässnetz durchsetzt.
Platydactylus mauretanicus (Fig. 4).
Im Chiasma des Geckos kreuzen sich die Nerven in einem stumpfen
Winkel. Jeder Nerv zerfällt in 3 Blätter. Das ventrale und mittlere
Blatt auf jeder Seite sind ungefähr gleich stark, das dorsale ist be-
trächtlich schwächer. Die Blätter des linken Nerven liegen ventral
und werden von denen des rechten überlagert. An den Stellen, wo
zwei Blätter sich berühren, spalten sich von jedem einige kleine
Bündelchen ab, die sich mit eben solchen des benachbarten kreuzen.
So kommen an den genannten Stellen etwas complicirtere Bilder zu
Stande; in Fig. 4 ist ein Schnitt durch eine solche Stelle abgebildet.
Die Gliazellen liegen in verhältnissmässig geringer Zahl meist in kurzen
Längsreihen über Tractus und Nervus vertheilt. Im Chiasma fehlen
770 J. GROSS,
sie fast ganz. An Blutgefässen ist das Chiasma des Geckos ebenso
arm wie das der Blindschleiche.
Chamaeleo vulgaris (Fig. 5 u. 6).
Von dieser Art, deren Chiasma besonders interessante Verhält-
nisse aufweist, hatte ich 2 Exemplare zur Verfügung, die sich etwas
abweichend von einander verhielten. Ich will zunächst die Sehnerven-
kreuzung des einen Thieres schildern, von dem die beiden Figuren
entnommen sind. Die beiden Nervi optici bilden einen Winkel von
ungefähr 90°. Bei der Durchmusterung der Horizontalschnittserie,
in welche ich das Chiasma zerlegt hatte, zeigte sich, wenn man von
der Ventralseite beginnt, Folgendes. Man sieht durch eine ganze
Reihe von Schnitten den einen Nerven glatt über den andern weg-
streichen (Fig. 5), und zwar zuerst den linken, dann von einem be-
stimmten Schnitt an den rechten. Die Serie zeigt also ganz ähnliche
Bilder, wie wir sie schon von den Eidechsen und der Blindschleiche
kennen. Ungefähr in der Mitte des Chiasmas treten auf einmal ganz
andere Bilder auf. Von nun an zeigen sich auf allen Schnitten die
Nerven in eine ganze Anzahl kleinerer Stränge zertheilt, so dass sehr
mannigfaltige und complicirte Bilder entstehen.
Aus dem Studium dieser Serie ergiebt sich also Folgendes:
Das Chiasma des Chamäleons zerfällt in zwei ziemlich gleich
starke Hälften. Die ventrale Hälfte wird gebildet von je einem dicken
Blatt jedes Nerven. Das linke zieht unter dem rechten weg. In der
dorsalen Hälfte sind dagegen die beiden Optici in eine grosse Zahl
dünner Blättchen und feiner Bündelchen zerfallen, die sich unter ein-
ander kreuzen. Das Chiasma des zweiten von mir untersuchten Exem-
plars stimmt mit dem soeben geschilderten sonst in allem überein;
nur betheiligen sich am Aufbau seiner ventralen Hälfte 2 Blätter von
jedem Nerven. Die aus dem linken Nerv stammenden werden von
den rechten überlagert.
Die Tractus und Nervi optici sind reichlich mit Gliazellen durch-
setzt, die besonders im Nervus lange Reihen bilden, aber auch im
Chiasma kaum weniger zahlreich sind. Das Blutgefässnetz ist beim
Chamäleon ebenfalls stark entwickelt. Durch die starke Entwicklung
von Gliafasern und durch die Anordnung der Gliazellen werden die
Sehnerven sehr deutlich in einzelne Stränge zerlegt. Dieses Verhalten
hat bereits SrupniéKa (18) für das Chamäleon und ausserdem noch
für Varanus und Uromastix beschrieben. Es scheint also für die
grössern Saurier im Allgemeinen charakteristisch zu sein.
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. Tl
Tropidonotus natrix (Fig. 7).
Die Nerven kreuzen sich unter einem stumpfen Winkel. Jeder
Nerv zerfällt in 2 Blätter von sehr ungleicher Dicke. Das eine über-
trifft das andere ungefähr 4—5mal an Stärke. Bei den mir vor-
liegenden Stücken ist im rechten Opticus das dorsale Blatt das dünnere,
im linken dagegen das ventrale Die Blätter des rechten Nerven
ziehen über die entsprechenden des linken hinweg. Ein Querschnitt
durch das Chiasma der Ringelnatter ergiebt daher folgenden Aufbau.
Zu oberst liegt das dünne dorsale Blatt des rechten Nerven, darauf
folgt das dicke dorsale des linken, dann das dicke ventrale des rechten
und endlich das dünne ventrale des linken. Die Mitte des Chiasmas
wird also von den beiden starken Blättern eingenommen, seine dor-
sale und ventrale Partie bilden die dünnen Blätter der beiden Optici.
Ob diese Verhältnisse ganz constant sind, wage ich nicht zu entscheiden.
Ich finde es nicht unwahrscheinlich, dass hier grosse individuelle
Schwankungen vorkommen, wie wir sie ja auch bei andern Reptilien
beobachten konnten. Das Glianetz ist sehr stark ausgebildet. Durch
dasselbe werden die Nerven noch schärfer in einzelne Stränge zerlegt,
als wir das schon bei Chamaeleo sahen. Besonders im Nervus opticus
liegen die Gliazellen in sehr langen longitudinalen Reihen. Im Chiasma
und im Tractus opticus sind die Reihen der Gliazellen nicht so lang.
Nach SrupniéKa (18) und Herrick (6) nimmt an der Zerspaltung des
Opticus der Schlangen in einzelne Stränge auch Bindegewebe, das von
der Pia her in den Nerven eindringt, einen hervorragenden Antheil.
Nach meinen Präparaten kann ich mich diesen Angaben anschliessen
für die weiter vorn gelegenen Theile des Nervus opticus. Nach dem
Chiasma hin wird das Bindegewebe spärlicher und fehlt in diesem
selbst und im Tractus opticus ganz. Blutgefässe finden sich im Chiasma
von Tropidonotus natrix in verhältnissmässig grosser Zahl.
Zamenis viridoflavus.
Auch bei dieser Schlange bilden die Sehnerven im Chiasma einen
stumpfen Winkel. Jeder Nerv zerfällt in 4 Blätter, die sich alter-
nirend kreuzen. Die Dicke der einzelnen Blätter ist bei verschiedenen
Exemplaren sehr wechselnd. Ebenso zeigen sich in so fern individuelle
Schwankungen, als bald die Blätter des linken Nerven von denen des
rechten überlagert werden, bald das umgekehrte Verhalten stattfindet.
An den Stellen, wo sich 2 Blätter berühren, spalten sich meist einige
Bündel von jedem Blatt ab, die sich mit eben solchen des andern
Blattes gesondert kreuzen. Diese Erscheinung ist nicht besonders
712 J. GROSS,
auffallend, da ja die Sehnerven der Schlangen, wie erwähnt, durch
Glia und bindegewebige Septa in eine grosse Anzahl selbständiger
Bündel zerspalten sind. Dabei ist die Zusammensetzung des Sehnerven
aus einzelnen Strängen oder Bündeln bei Zamenis noch deutlicher
ausgeprägt als bei Tropidonotus. Auch reichen die bindegewebigen
Septa bei Zamenis weiter nach hinten und erstrecken sich zuweilen
bis in das Chiasma hinein. Blutgefässe sind hier ebenso reichlich
vertreten wie bei Tropidonotus.
Emys europaea (Fig. 8).
Das Chiasma der Sumpfschildkréte ist am friihesten und bisher
am häufigsten untersucht worden. ScHEEL (14), STIEDA (17) und Horr-
MANN (7) geben tibereinstimmend an, dass sich jeder Sehnerv in eine
Anzahl kleiner Biindelchen auflöse, welche sich durchflechten. Ich
kann diese Angaben durchaus bestätigen. Nur fallen neben den
Bündeln besonders in den dorsalen Partien des Chiasmas immer auch
eine Anzahl breiterer, allerdings sehr flacher Blätter auf. Die Kreu-
zung der Sehnerven geschieht also nicht so rein bündelweise wie etwa
bei Amphibien und Säugethieren, sondern Blätter und Bündel wechseln
regellos mit einander ab. Das Chiasma von Emys zeichnet sich noch
dadurch vor dem der bisher betrachteten Reptilien aus, dass die Blätter
oder Bündel des einen Nerven nicht glatt über oder unter denen des
entgegengesetzten wegstreichen. Vielmehr durchflechten sie sich mit
ihnen nach Art einer Strohmatte. Das Chiasma erhalt auf diese Weise
ein ähnlich complicirtes Gefüge, wie es für die Amphibien und Säuge-
thiere charakteristisch ist. Die Neuroglia ist reich entwickelt. Die
Gliazellen liegen meist in längern longitudinalen Röhren, besonders
dicht an den Grenzen der einzelnen Bündel, die von einer aus Glia-
fasern und -zellen gebildeten Scheide umhüllt erscheinen. Das Chiasma
zeigt gegenüber dem Tractus und Nervus keine merkliche Abnahme
von Gliazellen. Bindegewebe ist im Chiasma nur spärlich und nur in
Begleitung der ziemlich zahlreichen Blutgefässe vertreten. Der Seh-
nerv der Schildkröten ist, wie SrupniéKA (18) gezeigt hat, rinnen-
förmig gestaltet. Dies kommt dadurch zu Stande, dass der Nerv
in seiner ganzen Ausdehnung durch ein longitudinales bindegewebiges
Septum bis in die Mitte seines Durchmessers getheilt ist. Dieses aus
der embryonalen Fissur des Nervus opticus hervorgegangene Septum
enthält Blutgefässe, deren Verzweigungen auch in das Chiasma ein-
dringen. Meine Beobachtungen entsprechen in diesem Punkt voll-
kommen denen von STUDNICKA. Die Sehnervenkreuzung geht bei
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 7173
Emys unter einem Winkel von ungefähr 40° vor sich. Durch die
Kleinheit des Winkels ist es bedingt, dass der Längendurchmesser der
Chiasmaplatte den Breitendurchmesser an Grösse bedeutend übertrifft.
Testudo graeca (Fig. 9).
Das Chiasma von Testudo graeca unterscheidet sich auf den ersten
Blick von demjenigen von Emys europaea durch den viel grössern
Kreuzungswinkel. War dieser bei Emys spitz, so nähert er sich bei
Testudo 180°, ist also viel stumpfer als bei irgend einem andern
Reptil. Diese auffallende Grösse des Winkels bedingt es, dass die
Chiasmaplatte sehr breit und ganz kurz ist, ähnlich wie bei Säuge-
thieren. Die aus dem Chiasma austretenden Nerven machen zuerst
eine starke Biegung nach innen, verlaufen dann eine Strecke parallel,
um schliesslich wieder nach aussen zu den Augen hin umzubiegen.
So kommt eine sehr charakteristische, Iyraförmige Figur zu Stande.
Die Structur des Chiasmas ist der für Emys geschilderten ähn-
lich. Auch Testudo zeigt die complicirte, strohmattenähnliche Durch-
flechtung von Blättern und Biindeln. Nur treten die Bündel den
Blättern gegenüber an Zahl stark zurück, wie sich bei einem Ver-
gleich von Fig. 8 und 9 ohne weiteres ergiebt. Ferner erstreckt sich
dieser complicirte Kreuzungsmodus nicht über die ganze Dicke des
Chiasmas. In der ventralsten Partie hört er vielmehr plötzlich auf,
und hier kreuzen sich einfach je ein Blatt von jeder Seite. Die Blätter
sind allerdings nur dünn, lassen sich aber auf Horizontalschnittserien
immerhin über eine ganze Reihe von Schnitten verfolgen und sind
jeden Falls viel dicker als die ganz flachen Blättchen in den dorsaleren
Theilen des Chiasmas. Das rechte Blatt zieht unter dem linken
durch.
Gliazellen finden sich im Nervus opticus reichlich und in der ge-
wöhnlichen Anordnung zu longitudinalen Reihen. Im Tractus sind
sie weniger zahlreich und weniger regelmässig. Das Chiasma ist auf-
fallend arm an Gliazellen. Sie finden sich fast nur an den Grenzen
der einzelnen Blätter und Bündel. Auch in den beiden ventralen
Blättern des Sehnerven verschwinden die Gliazellen beim Eintritt in
das Chiasma fast vollständig. Auch hierin weicht also Testudo von
Emys bedeutend ab. Dagegen verhalten sich die Optici in Bezug auf
die Ausdehnung und Anordnung des Bindegewebes und der Blut-
gefässe völlig übereinstimmend. Die oben für Emys europaea ge-
machten Angaben gelten also in diesem Punkt in ihrem ganzen Um-
fang auch für Testudo graeca.
LA
774 J. GROSS,
Alligator lucius (Fig. 10).
Vom Alligator stand mir leider nur eine Schnittserie zur Ver-
fügung. Diese war zudem noch in so fern etwas missglückt, als die
Richtung nicht ganz streng horizontal war. Ich konnte in Folge
dessen mir keine volle Klarheit über alle Punkte verschaffen. Der
Kreuzungswinkel ist spitz. Jeder Sehnerv zerfällt in eine grössere
Anzahl dünner, breiter Blätter, die sich alternirend kreuzen. Wie
gross die Zahl der Blätter ist, konnte ich aus meiner etwas schief
gerathenen Serie nicht mit genügender Sicherheit feststellen. Zu einem
wirklich sichern Resultat könnte hier wohl nur die von SCHEEL (14)
mit Erfolg angewandte Schnittrichtung führen, die, parallel der Längs-
richtung des einen Nerven, den andern nahezu senkrecht trifft und
also die Blätter der einen Seite längs, der andern quer schneidet.
Jeden Falls ging aus dem Studium meiner Serie so viel hervor, dass
die Zahl der Blätter bedeutend grösser ist als im Chiasma der andern
von mir untersuchten Reptilien. Die Blätter des rechten Nerven liegen
unter denen des linken. Nach der Dorsalseite scheinen die Blätter
schwächer zu werden.
Die Gliafasern im Chiasma des Alligators sind auffallend zart
und unterscheiden sich deutlich von den groben Fasern, wie sie z. B.
die Schlangen haben. Die Gliazellen sind sehr zahlreich und regellos
über den ganzen Opticus zerstreut. Die charakteristische Anordnung
in Längsreihen, die so viele andere Reptilien zeigen, macht sich im
Chiasma des Alligators fast gar nicht bemerkbar. Ebenso wenig zeigt
sich eine Abnahme der Gliazellen im Chiasma. Neben den Gliazellen
finden sich auch zahlreiche Bindegewebskerne, die sich durch ihre lang
gestreckte, etwas kommaförmig gebogene Gestalt deutlich von den
rundlichen Kernen der Glia unterscheiden. Besonders dicht liegen
die Bindegewebskerne in der Peripherie der Nervi optici, fehlen aber
auch in den centralen Partien keineswegs.
Das Blutgefässnetz ist nur schwach ausgebildet und zeigt nichts
besonders Auffallendes.
Allgemeines.
Wie Eingangs erwähnt, ist es mir nicht gelungen, auf experi-
mentellem Wege die Frage zu entscheiden, ob die Sehnerven der
Reptilien total oder partiell kreuzen. Doch lässt sich die Frage für
meisten untersuchten Species, wie ich glaube, auch ohne Anwendung
des Degenerationsverfahrens beantworten. Denn wo die Verhältnisse
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 175
so einfach liegen wie bei der Blindschleiche, dem Gecko, den Eidechsen
und den beiden untersuchten Schlangen, könnte einem das Umbiegen
von Bündeln oder Fasern gar nicht entgehen. Da ich bei sorgfältigster
Durchmusterung meiner Schnittserien nichts derartiges bemerken konnte,
halte ich mich für berechtigt, für die genannten Arten mit Sicherheit
eine totale Kreuzung der Sehnerven zu behaupten. Schwieriger ist
die Entscheidung der Frage für die Schildkröten und für die dorsalen
Theile des Chiasmas von Chamaeleo. Doch auch bei diesen Thieren
konnte ich nie Bilder finden, die für eine partielle Kreuzung der Seh-
nerven sprachen, so dass ich mit EDINGER (3) es für das bei weitem
Wahrscheinlichste halte, dass im Chiasma sämmtlicher Reptilien totale
Kreuzung stattfindet. Dafür sprechen noch andere Gründe. Wie bei
Besprechung der Literatur dargethan wurde, konnte, abgesehen von
der ganz vereinzelt dastehenden Angabe Munk’s (10) für die Taube,
bisher nur bei einigen Säugethieren der experimentelle Nachweis par-
tieller Kreuzung der Sehnerven erbracht werden. Totale Kreuzung
haben sowohl die Degenerationsmethode als auch pathologisch-ana-
tomische Untersuchung dargethan für den Karpfen, den Frosch und
verschiedene Vögel. Diese Thatsachen der vergleichenden Neurologie
lassen es wohl als im höchsten Grade unwahrscheinlich erscheinen,
dass bei den Reptilien die Sehnerven partiell kreuzen.
Vergleichen wir die feinere histologische Structur des Chiasma
nervorum opticorum der verschiedenen Reptilien, so fällt uns in erster
Linie die grosse Mannigfaltigkeit innerhalb dieser Wirbelthierclasse auf.
So einfachen Verhältnissen, wie sie z. B. Anguis und Lacerta zeigen,
steht der complicirte Aufbau des Chiasmas der Schildkröten gegen-
über, wo Blätter und Bündel in buntester Folge mit einander ab-
wechseln. Ja, innerhalb einer Familie können die grössten Verschieden-
heiten auftreten. Die Sehnerven von Tropidonotus spalten sich in nur
2 Blätter, bei Coryphodon zeigt sich dagegen eine Kreuzung sehr
zahlreicher kleiner Bündelchen. Selbst im Chiasma desselben Thieres
können zwei Formen der Kreuzung neben einander bestehen, wie meine
Untersuchungen für Chamaeleo gezeigt haben. Eine auch nur an-
nähernd gleiche Mannigfaltigkeit hat sich bisher für keine andere
Wirbelthierclasse ergeben. Die Amphibien und Säugethiere zeigen bei
allen ihren Vertretern denselben Typus der Kreuzung von kleinen
Bündeln, höchstens ist die Zersplitterung bei den höher stehenden
Arten weitgehender als bei den niedern. Bei den Vögeln ist durch-
weg die blätterweise Kreuzung entwickelt, wenn auch die Zahl der
Blätter, in die jeder Nerv zerfällt, manchmal bei nahe verwandten
776 J. GROSS,
Arten sehr verschieden sein kaun. Ferner zeigen die Reptilien eine
grosse Mannigfaltigkeit in Bezug auf den Winkel, unter dem sich die
Nerven kreuzen, ohne dass sich eine Norm aufstellen liesse wie bei
den Säugethieren, wo im Allgemeinen die höher stehenden Vertreter
der Classe einen grössern Kreuzungswinkel aufweisen. Denn unter
den Reptilien fanden wir einen stumpfen Winkel bei so primitiven
Formen wie Anguis und Platydactylus einerseits und bei Testudo
andrerseits, die sich gerade durch einen sehr complicirten Kreuzungs-
modus auszeichnet. Dabei kreuzen sich z. B. in dem sehr verwickelt
aufgebauten Chiasma von Emys europaea die Sehnerven unter einem
sehr kleinen Winkel. Weitgehende Differenzen zeigen sich endlich
auch in der Ausbildung und Anordnung der Neuroglia und des Binde-
gewebes. Unter diesen so mannigfaltig entwickelten Chiasmen lassen
sich immerhin 4 besondere Typen aufstellen. Den einfachsten und
wohl auch ältesten weisen die niedriger stehenden Lacertilier auf.
Jeder Nerv zerfällt hier in 2—3 Blätter, die sich alternirend mit
denen der andern Seite kreuzen. Die Gliazellen liegen besonders im
Nervus opticus in deutlichen, wenn auch zuweilen nur kurzen, Längs-
reihen, ohne dass es durch diese Anordnung aber zu einer sehr deut-
lichen Zerklüftung des Nerven in einzelne Stränge kommt. Bei An-
guis und Platydactylus zeigt das Chiasma selbst einen auffallenden
Mangel an Gliazellen. Ich halte dieses Verhalten für ein primitives,
nicht nur, weil das Chiasma der Blindschleiche auch in jeder andern
Hinsicht sehr einfache Verhältnisse aufweist, sondern vornehmlich auch
deswegen, weil, wie STUDNICKA (18) gezeigt hat, bei den Eidechsen
in jungen Stadien die Gliazellen ebenfalls beim Eintritt des Nerven
in das Chiasma plötzlich aufhören.
Einem zweiten Typus gehört das Chiasma der Schlangen an. Er
ist gekennzeichnet durch starke Ausbildung der Glia sowohl im Tractus
und Nervus opticus als auch im Chiasma, besonders aber durch das
Auftreten von bindegewebigen Septen im Sehnerven, die sich bei
den höhern Formen bis in das Chiasma erstrecken‘). Die Gliazellen
liegen stets in langen, der Längsaxe der Nerven parallelen Reihen.
Die Gliafasern und -zellen, besonders aber die bindegewebigen Septa
zerspalten den Sehnerven in eine grosse Zahl kleinerer Stränge oder
Bündel. Die Kreuzung vollzieht sich bei den niedern Formen blätter-
1) Leider ist bis jetzt noch keine einzige Giftschlange untersucht,
so dass die geschilderten Verhältnisse vielleicht nur auf die Colubriden
zu beschränken sind.
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. Tel
weise, bei den höher stehenden, wenigstens bei Coryphodon, dagegen
bündelweise.
Das Chiasma der Schildkröten, das den dritten Typus darstellt,
kennzeichnet sich durch einen sehr verwickelten Aufbau aus massen-
haften dünnen Blättchen und kleinen Bündeln, die sich nach Art einer
Matte mannigfach durchflechten und überkreuzen. Auch der Sehnerv
der Schildkröten weist eine Besonderheit gegenüber dem aller andern
Reptilien auf. Ich meine die ihn in seiner ganzen Länge durch-
ziehende, von STUDNICKA (18) entdeckte Rinne, die bis in die Mitte
des Nerven eindringt und Bindegewebe und Blutgefässe enthält. Aehn-
lich gebaut ist der Sehnerv der Ganoiden; doch will SrupniéKa darin
nur eine Convergenz sehen. Da aber der genannte Autor dieselbe
Rinne im Opticus von Embryonen des Geckos und der Ringelnatter
gefunden hat, so könnten wir es hier doch vielleicht mit einem ur-
sprünglichen Charakter zu thun haben, den die heute lebenden Gano-
iden und Schildkröten von gemeinsamen Vorfahren überkommen
und durch zähe Vererbung festgehalten haben könnten, während er
den Dipneusten, Amphibien und übrigen Reptilien verloren gegangen
sein Könnte.
Den vierten und letzten Typus vertritt unter den von mir unter-
suchten Arten nur der Alligator. Das Chiasma wird hier durch eine
grosse Zahl dünner Blätter gebildet, in welche jeder Sehnerv zerfällt.
Er erinnert also an das Chiasma mancher Vögel. So theilen sich
z. B. nach ScHEEL (14) die Optici bei der Gabelweihe in 11—12, bei
der Dohle in 17—18 Blätter. Gliazellen und Bindegewebskerne sind
über den ganzen Sehnerv des Alligators dicht und regellos zerstreut.
Leider habe ich über diese Verhältnisse bei Vögeln in der Literatur
keine genauen Angaben finden können, so dass ich nicht angeben
kann, ob sich die Aehnlichkeit zwischen Crocodiliern und Vögeln auch
auf diese Verhältnisse erstreckt.
Die Zusammenstellung der aus meinen Untersuchungen gewonnenen
Resultate berechtigt zu dem Schluss, dass die gemeinsamen Vorfahren
aller recenten Reptilien ein ganz einfach gebautes Chiasma gehabt
haben müssen. Die Sehnerven dieser Urreptilien zerfielen offenbar in
höchstens 2—3 Blätter. Von den heutigen Vertretern der Classe hat,
soweit unsere Kenntnisse reichen, also Anguis fragilis die primitivste
Structur bewahrt, was sich ja auch durch die mehrfach erwähnte Ver-
theilung der Gliazellen im Chiasma der Blindschleiche ausspricht.
Aehnlich alterthümliche Verhältnisse weisen auch noch die Eidechsen
auf. Die übrigen so verschiedenartigen Kreuzungsmodi der Reptilien
778 J. GROSS,
müssen auf die eine oder andere Art von diesem Urtypus abgeleitet
werden. Und ich glaube, das geht ohne allzu grossen Zwang. Wie
z. B. das Chiasma der Schildkröten entstehen konnte, zeigen sehr
schön die Verhältnisse von Chamaeleo oder Platydactylus. Entweder
konnte sich die Mischung von blätterförmiger und bündelförmiger
Kreuzung zuerst in bestimmten Partien des Chiasmas, wie beim
Chamäleon, ausbilden und sich allmählich auf das Ganze ausdehnen.
Wir sahen ja interessanter Weise auch bei Testudo ganz ventral noch
die einfache, blätterförmige Kreuzung erhalten. Oder aber es konnten
sich, wie das beim Gecko ja im Anfangsstadium zu beobachten ist,
an den Berührungsflächen zwei sich kreuzender Blätter zuerst einige
Bündel isoliren, um mit denen der entgegengesetzten Nerven ge-
sondert zu kreuzen. Aehnlich gemischte Structuren des Chiasmas,
wie sie Chamaeleo und Platydactylus aufweisen, kommen auch in
andern Wirbelthierclassen vor. Oben erwähnte ich bereits, dass SAN-
DERS (13) bei verschiedenen Selachiern einen Wechsel des Kreuzungs-
modus zwischen den dorsalen und ventralen Partien des Chiasmas
constatirt hat.
Von einem ähnlich primitiven Chiasma wie dem der Blindschleiche
lassen sich auch ohne grosse Schwierigkeiten die bei den Schlangen
vorliegenden Verhältnisse ableiten. Wie wir gesehen haben, imponirt
der Nervus opticus der Schlangen durch sein sehr reich entwickeltes
Glianetz und durch die Ausbildung von bindegewebigen Septen. Durch
das Einwuchern derselben in das Chiasma erstreckt sich dann die Zer-
klüftung des Sehnerven in einzelne Stränge oder Bündel auch in
dieses. Dadurch konnte es leicht dazu kommen, dass sich einzelne
Bündel isolirten und gesondert kreuzten. Das Endresultat dieser Ent-
wicklung musste dann die reine bündelförmige Kreuzung sein, wie sie
Herrick (6) für Coryphodon constrictor nachgewiesen hat. That-
sächlich zeigt sich ja bei Zamenis viridoflavus, dass an den Berührungs-
flächen zweier Blätter sich jedes Mal einige Bündel gesondert kreuzen.
Das aus zahlreichen dünnen Blättern zusammengesetzte Chiasma
des Alligators endlich setzt eine Spaltung der wenigen Blätter des
primitivern Typus, wie ihn die Eidechsen vertreten, voraus. Dass die
Annahme einer solchen keine zu gewagte ist, zeigt sehr schön das
Chiasma der Vögel. In dieser Classe haben wir ja, wie oben erwähnt,
die verschiedensten Zahlen von Blättern, von 2 bei Stria ulula bis zu
17—18 bei der Dohle.
Die Untersuchung eines einzigen so speciellen Organtheils wie des
Chiasma nervorum opticorum an nur wenigen Vertretern einer Thier-
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 779
classe berechtigt wohl keineswegs zu weitgehenden phylogenetischen
Schlüssen. Ich möchte aber doch nicht unterlassen, kurz darauf hin-
zuweisen, wie gut sich meine und der andern Autoren Befunde ein-
fügen lassen in den Rahmen unserer sonstigen Kenntnisse über die
systematische Stellung und die Verwandtschaftsbeziehungen der Reptilien,
wie sie in neuester Zeit von FÜRBRINGER (5) bei Gelegenheit seiner
Untersuchungen über den Brustschulterapparat und die Schulter-
muskeln zusammengestellt worden sind.
Die primitivste Structur des Chiasmas fanden wir bei den Lacer-
tiliern, sowohl bei den echten Eidechsen als auch bei der Blindschleiche,
Ebenso zeigte auch die Sehnervenkreuzung des Geckos, besonders in
der ‚spärlichen Entwicklung und in der Anordnung der Neuroglia,
noch recht ursprüngliche Verhältnisse, wenn sich bei ihm auch schon
durch Abspaltung einiger gesondert kreuzenden Bündel der Anfang
höherer Differenzirung bemerkbar macht. Eidechsen und Geckoniden
haben sich aber auch sonst als diejenigen Reptilien erwiesen, die in
ihrem ganzen Bau neben Hatferia am meisten ursprüngliche und gene-
ralisirte Charaktere bewahrt haben. Von den Ophidiern sagt FUr-
BRINGER (5), dass sie eine den Eidechsen nahe verwandte, aber doch
selbständige Ordnung ausmachen, die sich als höhere Specialisten von
primitiven Lacertiliern ableiten lassen. So zeigt denn auch Tropido-
notus noch ein ganz einfach gebautes Chiasma, das sich von dem
der Lacertilier hauptsächlich nur durch andere Anordnung der Neuro-
glia unterscheidet. Zamenis lässt schon den Beginn einer weiter fort-
schreitenden Specialisirung deutlich erkennen. Coryphodon endlich
hat nach den Untersuchungen HErrıck’s bereits ein sehr hoch differen-
zirtes Chiasma. Als Specialisten erweisen sich auch die Schildkröten
wie in ihrer gesammten Anatomie, so auch bezüglich ihrer Sehnerven-
kreuzung. Die Chamäleonten bilden eine sehr selbständige, wohl
charakterisirte Familie, die sich aber durch Vermittlung der Uroplatiden
unschwer an die primitivern Lacertilier anschliessen lässt. Das Chiasma
von Chamaeleo vulgaris zeigt in seiner dorsalen Hälfte eine bedeutende
Differenzirung, in der ventralen dagegen einfache Verhältnisse, die
noch sehr an Lacertilier erinnern. Der Alligator ist charakterisirt
durch die höchste Ausbildung der blätterförmigen Kreuzung unter
allen bisher untersuchten Reptilien. Sein Chiasma hat also grosse
Aehnlichkeit mit dem der Vögel. Im Allgemeinen werden die vier,
oben von mir aufgestellten Typen des Reptilienchiasmas von den Ver-
tretern vier verschiedener Familien repräsentirt, von denen nur die
Lacertilier und Colubriden zu einer Ordnung gehören.
Zool. Jahrb. XVII. Abth, f. Morph. 50
780 J. GROSS,
Werfen wir noch einen Blick auf die Chiasmastructur der andern
Wirbelthierclassen, so interessiren uns zunächst die Amphibien, weil
wir ja gewöhnt sind, unter ihnen die Vorfahren der Reptilien zu
suchen. Innerhalb der genannten Classe herrscht grosse Einheitlich-
keit. Bei allen bisher untersuchten Arten, sowohl Urodelen als Anuren,
splittern sich die Nervi optici in eine grosse Zahl kleiner Bündelchen
auf, die sich in complicirter Weise durchflechten. Es liegt auf der
Hand, dass wir von so hoch differenzirten Structuren unmöglich das
so viel einfachere Chiasma der ältern Reptilien mit seiner Kreuzung
nur weniger dicker Blätter ableiten können. Vielmehr müssen wir
für die ältesten Amphibien eine ganz primitive Chiasmastructur an-
nehmen. Eine so weit gehende secundäre Vereinfachung, wie wir sie
sonst postuliren müssten, ein Zusammenschluss der zahllosen feinen,
sich in complieirter Weise durchflechtenden Bündel zu wenigen glatt
über einander wegziehenden Blättern ist kaum vorstellbar. Interessant
sind zwei von Fritz (4) mitgetheilte abnorme Fälle, einer von Rana
mula und einer von Rana arvalis. Bei diesen beiden Exemplaren
kreuzten sich in den dorsalen Partien des Chiasmas im Gegensatz zu
allen andern untersuchten Amphibien nur wenige dicke und breite
Bündel. Es ergiebt sich also ein ähnlich gemischter Bau des Chiasmas,
wie wir ihn bei Chamaeleo normaler Weise finden. Es wäre möglich,
dass wir es bei diesen beiden Fröschen mit Riickschlagserschei-
nungen in frühere primitivere Zustände zu thun hätten.
Bei den Säugethieren findet sich, wie Frrrz (4) hervorhebt, eine
merkwürdige Uebereinstimmung mit dem Chiasma der Amphibien.
Auch bei den Säugethieren herrscht ja allgemein die bündelförmige
Kreuzung. Ich finde dies aber nicht so erstaunlich, da ja die Säuge-
thiere in vielen andern Beziehungen mehr Aehnlichkeit mit den Am-
phibien aufweisen als mit den Reptilien. Ob übrigens die Säugethiere
die bündelförmige Kreuzung erst selbständig erworben oder aber be-
reits von ihren Vorfahren ererbt haben, entzieht sich noch gänzlich
unserer Beurtheilung. War letzteres der Fall, so konnten die Vor-
fahren der Säugethiere allerdings keine Reptilien gewesen sein, da wir
innerhalb dieser Classe die bündelförmige Kreuzung nur bei höher
stehenden und specialisirten Formen finden.
Bei den Vögeln kommt bekanntlich ausschliesslich blätterförmige
Kreuzung in verschiedener Höhe der Ausbildung vor. In dieser Hin-
sicht macht also ihre Ableitung von Reptilien keine Schwierigkeiten.
Die Aehnlichkeit, die das Chiasma des Alligators mit dem vieler Vögel
aufweist, ist aber wohl nur nur als eine der vielen Convergenzen zu
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 781
betrachten, die die Crocodilier und ihre Verwandten, die Dinosaurier
und Pterosaurier, gegenüber den Vögeln aufweisen.
Noch bleibt mir die Frage zu erörtern, wie wir uns die Ent-
stehung so verschiedener Chiasmastructuren vorzustellen haben, welche
biologischen oder morphologischen Ursachen besonders die Ausbildung
der complicirten bündelförmigen Sehnervenkreuzung bedingt haben
könnten. Bisher ist diese Frage noch wenig ventilirt worden.
ScHEEL (14) glaubt, dass, bei den Säugethieren wenigstens, die
grössere oder geringere Complicirtheit des Chiasmas eng mit dem
Verhalten des Gesichtsfeldes der Augen zusammenhängt. Er sagt
darüber: „Die Stellung der Augen ist beim Kaninchen und beim Schaf
eine derartige, dass ein Correspondiren des Gesichtsfeldes vollkommen
ausgeschlossen werden kann; auch beim Rind ist wohl nur, wenn
überhaupt, ein ganz minimer Theil in der Peripherie des einen Ge-
sichtsfeldes im Stande, sich mit dem entsprechenden Theil des andern
Gesichtsfeldes zu decken. Anders verhält sich die Sache beim Hund
oder bei der Katze, wo die Lage der Augen, an der Vorderfläche des
Kopfs und nach vorn gerichtet, annehmen lässt, dass ein grosser Theil
des peripherischen Gesichtsfeldes, vielleicht der grössere Theil, cor-
respondirt. Wir werden sehen, dass beim Menschen, wo beide Augen
nur ein gemeinschaftliches Gesichtsfeld haben, die Theilung der Faser-
bündel im Chiasma eine noch viel feinere und weiter gehende ist als
beim Hund und bei der Katze, wenn auch schon bei der Katze die
Feinheit dieser Theilung sich der beim Menschen gefundenen annähernd
gleich erweist. Um aus diesen Befunden, welche unter den Säugethieren
eine gewisse, nach der Feinheit der Fasertheilung im Chiasma aufzustel-
lende Reihenfolge von den niedern bis zu den höchsten Thieren gestatten,
die übereinstimmen würde mit einer andern Stufenleiter, an deren Fuss
die Säugethiere stehen, deren Gesichtsfelder einander vollständig aus-
schliessen, deren Spitze der Mensch mit seinem völlig gleichnamigen Seh-
felde einnehmen würde — um aus diesen Befunden Schlüsse für die physio-
logischen Unterschiede der Sehnerven bei identischem und nicht cor-
respondirendem Sehfelde ziehen zu wollen, sind diese Untersuchungen
allerdings noch bei weitem nicht ausreichend; es möge genügen, an
dieser Stelle auf die anatomischen Unterschiede aufmerksam gemacht
zu haben etc.“ Der interessante Gedanke ScHEEL’s ist unterdessen
durch neuere Befunde widerlegt worden. Denn wenn der von SCHEEL
angenommene physiologische Zusammenhang bestehen würde, so müsste
er sich doch ganz allgemein und nicht bloss bei den Säugethieren
nachweisen lassen. Wir müssten also auch in den andern Wirbelthier-
50*
782 J. GROSS,
classen dieselbe Parallele zwischen Chiasmastructur und theilweiser
oder vollständiger Deckung der Gesichtsfeider finden. Nun haben ja
aber SINGER u. MÜNZER gezeigt, dass bei Strix ulula, einem Vogel
also, dessen Sehaxen nahezu parallel gerichtet sind, die Kreuzung der
Sehnerven sich mittels nur zweier dicker Blätter vollzieht. Obgleich
also bei der Sperbereule eine weit gehende Deckung der Gesichts-
felder angenommen werden muss, zeigt sie den einfachsten Kreuzungs-
modus unter allen darauf hin untersuchten Vögeln. Ferner zeichnen
sich die Amphibien durch ein recht complicirtes Chiasma aus. Und
doch liegen bei sämmtlichen untersuchten Arten die Augen ganz an
der Seite des Kopfes, so dass von einer Deckung der Gesichtsfelder
auch nur in kleinen Theilen durchaus nicht die Rede sein kann.
Unter den Reptilien zeichnet sich das Chamäleon durch eine ganz be-
sonders hohe Unabhängigkeit der Augen aus, die ja ganz selbständige
uncoordinirte Bewegungen ausführen können. Trotzdem weist es,
wenigstens in den dorsalen Theilen seines Chiasmas, bündelförmige
Kreuzung auf. Der Grund für die Zersplitterung der Sehnerven in
zahlreiche feine Bündel muss also anderswo gesucht werden.
WIEDERSHEIM (19) scheint anzunehmen, dass die bündelförmige
Sehnervenkreuzung einfach ein Anzeichen allgemeiner höherer Ent-
wicklung sei, dass also, je höher eine Thiergruppe im System stehe,
um so complicirter auch ihr Chiasma sei. Frirz (4) bekämpft diese
Ansicht, indem er einerseits auf das mehrfach erwähnte einfache Ver-
halten von Strix ulula hinweist, andrerseits an die merkwürdige
Uebereinstimmung zwischen den Amphibien und den höchsten Wirbel-
thieren, den Säugern, erinnert. Bei beiden Classen ist ja bekanntlich
eine strohmattenähnliche Verflechtung zahlreicher feiner Bündel con-
statirt worden, während bei vielen Reptilien und Vögeln viel einfachere
Verhältnisse vorwalten. Trotzdem glaube ich, dass die WIEDERSHEIM-
sche Ansicht einige, wenn auch keine ganz allgemeine, Geltung haben
kann. Man muss sich nur davor hüten, den ganzen Stamm der Verte-
braten vom Amphioxus bis zum Menschen als eine einzige gerad-
linige Entwicklungsreihe aufzufassen, wie das in hirnanatomischen
Werken zuweilen noch immer geschieht. Innerhalb der einzelnen
Wirbelthierclassen besteht der WIEDERSHEIM’sche Satz vollkommen zu
Recht. Das zeigt nicht allein das Studium des Reptilienchiasmas,
sondern auch bei Säugethieren hält die Differenzirung und immer
weitere Ausbildung der bündelförmigen Kreuzung durchaus Schritt mit
der allgemeinen Ausbildungshöhe der einzelnen Ordnungen. Dass unter
den Vögeln gerade eine Eulenart einen merkwürdig primitiven Kreu-
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 783
zungsmodus bewahrt hat, muss seinen besondern Grund haben, der
uns zur Zeit noch unbekannt ist. Als ganz vereinzelte Ausnahme be-
sagt dieser Fall aber keineswegs viel gegen die Richtigkeit des
WIEDERSHEIM’schen Satzes. Andrerseits aber giebt derselbe ja eigent-
lich keine Erklärung und keine Lösung der aufgeworfenen Frage, er
enthält vielmehr lediglich die Constatirung einer Thatsache, welche
selbst erst einer Erklärung bedarf.
Frirz (4) erblickt in dem Zustandekommen annähernd gleicher
Verhältnisse der Sehnervenkreuzung bei so weit aus einander stehenden
Thiergruppen, wie die recenten Amphibien und Mammalier jeden Falls
sind, eine Convergenzerscheinung, die eine einheitliche Ursache haben
muss. Eine solche hat ja auch schon ScHEEL (14), wie oben dar-
gethan, gesucht, allerdings, wie ich glaube, ohne Erfolg. Ueberhaupt
meine ich, dass die Lösung des Problems nicht in irgend welchen
biologischen oder physiologischen Eigenthümlichkeiten des Auges oder
überhaupt der peripheren Theile des Sehorgans zu suchen ist. Denn
für die Function des Auges muss es schlechterdings gleichgültig sein,
ob die Sehnerven ungetheilt an einander vorbei streichen oder in einige
dicke Blätter zertheilt werden oder endlich sich in zahllose kleine
Faserbündel zersplittern. Beim Austritt aus dem Chiasma schliessen
sich doch diese Blätter oder Bündel wieder zusammen, und beim Ein-
tritt in den Augenbulbus finden wir in allen Fällen einen einheitlichen
geschlossenen Sehnerv. Auch zeigen ja Thiere, deren Biologie himmel-
weit verschieden ist, ähnliche Verhältnisse, während z. B. zwei Eulen-
arten, die doch in Bezug auf Richtung der Sehaxen, Beweglichkeit
der Augen, und was sonst noch in Betracht kommen könnte, sich
höchst wahrscheinlich ganz gleich verhalten, wichtige Differenzen in
Bezug auf den Kreuzungsmodus der Sehnerven zeigen.
Ich glaube daher, dass die Lösung des Räthsels im Chiasma selbst
liegen muss und daher nicht so sehr auf biologischem oder physio-
logischem als vielmehr auf morphologischem Gebiet zu finden ist.
Allerdings wird erst noch ein viel grösseres Vergleichsmaterial zu-
sammengetragen werden müssen, als es der Reflexion jetzt zur Ver-
fügung steht. Bisher lässt sich etwas allgemein Gültiges in dieser
Richtung noch kaum ahnen. Beschränken wir z. B. unsere Betrachtung
auf die Familie der Colubriden, so könnten wir glauben, hier mit
leichter Mühe eine plausible Erklärung zu finden. Wie die Unter-
suchungen an Tropidonotus, Zamenis und Coryphodon zeigen, hat es
den Anschein, als ob bei den Nattern der Zerfall der Sehnerven in
eine grössere Zahl von Blättern und seine schliessliche Aufsplitterung
784 J. GROSS,
in lauter kleine Biindel in sehr einfacher Weise durch Einwuchern
von Gliazellen und bindegewebigen Septen in die proximalern Theile
des Nervus opticus bedingt würden. Wollten wir diese Ansicht aber
verallgemeinern, so würden wir schon innerhalb der Reptilien, bei
Testudo, auf die grössten Schwierigkeiten stossen. Denn hier zeigt
sich trotz grössten Theils bündelförmiger Kreuzung ein sehr deutlicher
Mangel an Gliazellen innerhalb des Chiasmas. Wenn wir dazu die
Amphibien nehmen, wo sie bei dem Urodelenchiasma nach Fritz (4)
oft ganz fehlen, so könnten wir vielmehr zu der Ansicht kommen,
dass durch die bündelförmige Kreuzung der Sehnerven direct eine Er-
sparung an Gliazellen bewirkt würde. Jeden Falls scheint der Neuro-
glia keine allgemeinen ausschlaggebende Rolle fiir den Grad der Com-
plicirtheit des Chiasmas zuzusprechen zu sein. Auch wissen wir über
die Ausbreitung des Glianetzes im Nervus opticus der meisten Thiere
noch zu wenig, um schon allgemeine Schlüsse ziehen zu können.
Zum Schluss möchte ich noch eine, soviel ich sehe, bisher noch
von keinem Autor ausgesprochene rein morphologische Ansicht zur
Discussion stellen. Wäre es nicht möglich, dass die grosse Ver-
schiedenheit in der Kreuzung darin ihren hauptsächlichsten Grund
hat, dass es gar nicht immer dieselben Fasern sind, die das Chiasma
zusammensetzen. Könnten nicht die sich bündelweise kreuzenden
Fasern einen andern Ursprung haben als die zu Blättern vereinigten.
Man könnte sich doch vorstellen, dass zu Fasern eines sich in wenige
Blätter spaltenden Sehnerven aus einem neu auftretenden Sehcentrum
neue Fasern, und zwar zuerst nur ganz wenige, hinzugetreten seien,
die sich demgemäss nur in ganz kleinen Bündeln kreuzen konnten.
Später konnte allmählich im Lauf der phylogenetischen Entwicklung das
neue Sehcentrum jeder Seite allmählich immer mehr an Bedeutung
gewinnen und immer mehr Fasern zum Auge entsenden. Da hierbei
in jeder Generation von beiden Seiten immer nur ganz kleine Bündel-
chen hinzutreten würden, würde sich mit Nothwendigkeit complicirte
bündelförmige Kreuzung ergeben. So könnten wir uns die Entstehung
eines Chiasmas denken, wie es z. B. Chamaeleo zeigt. Nebenbei
konnte dann das primäre ältere Sehcentrum an Werth verlieren und
anfangen zu degeneriren. Das würde sich darin zeigen, dass die aus
demselben stammenden, sich blätterweise kreuzenden Fasern immer
spärlicher und dadurch die Blätter immer dünner werden würden.
Wir würden also ein Chiasma vor uns haben, wie ich es für Testudo
graeca beschreiben konnte. Schliesslich würde nach voller Ausbildung
des neuen Sehcentrums das alte ganz in Wegfall kommen können und
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 785
so im ganzen Gebiet des Chiasmas die bündelförmige Kreuzung zur
Herrschaft gelangen. Natürlich brauchen keineswegs immer Faser-
massen, die aus verschiedenen Centren stammen, auch einen verschie-
denen Kreuzungsmodus aufzuweisen. Ob meinem Gedanken überhaupt
irgend welcher Werth beigelegt werden kann, müssen erst exacte ver-
gleichende Untersuchungen über die Kerne der Tractus optici bei den
verschiedenen Thiergruppen lehren. Vorläufig ist es nur eine ganz
vage Hypothese. Denn unsere Kenntniss über die Sehcentren der
niedern Wirbelthiere ist noch gänzlich unsicher. Die Säugethiere sind
aber für die Entscheidung nicht zu verwerthen, da bei ihnen ganz
allgemein die bündelförmige Kreuzung vorherrscht. Dagegen glaube
ich, dass gerade die Reptilien mit ihren überaus mannigfaltigen Chiasma-
structuren ein vortreffliches Untersuchungsmaterial abgeben würden.
Ich selbst habe bei meiner Arbeit den Ursprung der Sehnervenfasern
bei den einzelnen Arten nicht eruiren können. Denn das hätte eine
selbständige neue Untersuchung mit andern Methoden erfordert, zu
der mir die Zeit mangelt, da mir andere Arbeiten gegenwärtig näher
liegen.
Dagegen hat Prpro Ramon (11) gerade beim Chamäleon con-
statiren können, dass der Tractus opticus aus zwei gesonderten Centren
seinen Ursprung nimmt und so auch aus zwei deutlich gesonderten
Faserzügen besteht. Der eine peripher bleibende Theil enthält die
dorsalen Theile des Opticus, er überzieht die Thalamusoberfläche und
endet mit Aufpinselungen im Mittelhirndach. Der zweite Faserzug
des Traetus umfasst die ventralen Theile und Fasern aus der Decus-
satio transversa. Er gelangt medial vom Geniculatum in die Thalamus-
tiefe und splittert im Geniculatum und den Thalamusganglien auf.
Da, wie ich zeigen konnte, gerade das Chiasma des Chamäleons in
seinen dorsalen und ventralen Theilen verschieden gebaut ist, so
könnte die Entdeckung Ramön’s vielleicht eine Stütze für meinen so-
eben ausgesprochenen Gedanken abgeben, wenn auch diese eine That-
sache für sich allein noch keine grosse beweisende Kraft besitzen
kann. Einen interessanten Befund von SINGER u. MÜNZER (15) möchte
ich noch erwähnen. Diese Autoren fanden bei Untersuchung von ein-
seitig enucleirten Tauben, dass der Tractus opticus dieser Vögel aus
zwei gesonderten, in besondere Centralorgane eintretenden Antheilen
besteht, von denen der eine rascher der WALLER’schen Degeneration
anheimfällt als der andere. Den zum Vergleich herangezogenen Tractus
optici von Strix ulula fehlte dieser gesonderte Zug, den das Tauben-
chiasma zeigt, vollständig. Dabei zerfällt bei ber Taube bekanntlich
786 J. GROSS,
jeder Sehnerv in 4—5 Blätter, während die Kreuzung bei der ge-
nannten Eule mittels nur zweier dicker Blätter erfolgt. Ist hier also
auch kein Unterschied von bündelförmiger und blätterförmiger Kreuzung
vorhanden, so zeigt sich immerhin, dass der aus zwei gesonderten
Centren stammende Tractus opticus der Taube in mehr Blätter zer-
fällt als der von Strix ulula.
Giessen, Zoologisches Institut, März 1902.
tés mt
Ueber die Sehnervenkreuzung bei den Reptilien. 787
Literaturverzeichniss.
1) BezLonct, J., Ueber die centrale Endigung des Nervus opticus bei
den Vertebraten, in: Z. wiss. Zool., V. 47, 1888.
2) EpinGer, L., Vorlesungen über den Bau der nervösen Centralorgane
des Menschen und der Thiere, 6. Aufl., Leipzig 1900.
3) —, Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirns.
4. Studien über das Zwischenhirn der Reptilien, in: Abh. Sencken-
berg. naturf. Ges. Frankfurt, V. 20, Heft 2.
4) Frirz, Fr., Ueber die Structur des Chiasma nervorum opticorum bei
Amphibien, in: Jena. Z. Naturw., V. 33, 1900.
5) Fürsrınger, M, Zur vergleichenden Anatomie des Brustschulter-
apparats und der Schultermuskeln, 4. Theil, ibid. V. 34, 1900.
6) Herrıck, C. L., Contributions to the comparative morphology of the
central nervous system, in: Journ. comp. Neurol., V. 1, 1891.
7) Horrmann, C. K., Reptilien, V. 1, in: Bronx, Class. Ordn., V. 6,
Abth. 3, Leipzig 1890.
8) Krause, K., Experimentelle Untersuchungen über die Sehbahnen des
Goldkarpfens (Cyprinus auratus), in: Arch. mikrosk. Anat., V. 51,
1898.
9) Micuer, J., Ueber Sehnervendegeneration und Sehnervenkreuzung,
in: Festschr. KÖLLIkER, Wiesbaden 1887.
10) Muxx, H., Ueber die Function der Grosshirnrinde, 1890.
11) Ramon, P., Estruttura del encefalo del cameleon, in: Riv. trimestr.
Micrograf., V. 1, 1896.
12) Rouon, J. V., Das Centralorgan des Nervensystems der Selachier,
in: Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math.-naturw. Cl., V. 38, Abth. 2,
1878.
13) Sanpers, A., Contributions to the anatomy of the central nervous
system of vertebrate animals, in: Phil. Trans. Roy. Soc. London,
V. 157, 1886.
14) Scheer, L., Ueber das Chiasma nervorum opticorum bei den Wirbel-
thieren und beim Menschen, Inaug.-Diss. Rostock, 1874.
15) SinGer, J., u. Münzer, E., Beiträge zur Kenntniss der Sehnerven-
kreuzung, in: Denkschr. Akad. Wiss. Wien, math. naturw. Cl.,
V. 55, 1889.
16) Srannius, H., Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere, 1854.
17) Srrmpa, L., Ueber den Bau des centralen Nervensystems der Schild-
kröte, in: Z. wiss. Zool., V. 25, 1875.
18) Srupniéxa, F. K., Untersuchungen über den Bau des Sehnerven der
Wirbelthiere, in: Jena. Z. Naturw., V. 31, 1898.
19) WıEDERSsHEIM, R., Grundriss der vergleichenden Anatomie der
Wirbelthiere, 4. Aufl., 1898.
20) Wuassax, R., Die optischen Leitungsbahnen des Frosches, in: Arch.
Anat. Physiol., Jg. 1893, Suppl.
=
188 _ J, GROSS, Ueber die Sehnervenkreuzung bei den |
€
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 35 —36.
Fig. 1. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Anurag.
Big. 32 | „ Lace lis.
Hiei se) ‘, is ® + „ Lacerta viridis.
Fig. 4. À 2 . LL . Platydactylus
mauretanicus. :
Fig. 5 u. 6. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Chamae
vulgaris. — Ps
Fig. 7. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Tropidono
natrix.
Fig. 8. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Emys euro-.
paea. e 3
Fig. 9. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Testudo graeca.
Fig. 10. Horizontalschnitt durch das Chiasma von Alligator lueius.
Alle Figuren sind so orientirt, dass der nasale Winkel des Chiasmas
nach oben sieht.
Vergrösserung sämmtlicher Figuren 70:1.
Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 2428
„Zoolog Jahrbücher Bd.11.Abth.f Morph.
Taf 1.
Fig, 1 Sagltalsclontt durch den Kopf einer Phocaena 3:5.
Fig. 2, siskuldser Rachenschlauch von Phocaena dorsal gespalten und auseinandergeklappt,
icht von hinten.
Fig, 3. Dasselbe Praeparat, Ansicht von vorn.
Fig. 4 Oherer Theil des Rachenschlauches rechte Seite, Ansicht von innen.
Dr Loeschmann gez.
= J
Verlv Gustav Fisther Jong, = 2 Pt
Lith.Anst v.J
Zoolog. Jahrbücher Ba. 17 Abth. Morph. v _ pee
L
Helene Limpricht del.
Verlag von Gustav Ascher in Jena J
E Lithographie v’E Schaal, clena
Verlag von Gustav Fischer, Jen;
Helene Limpricht del an u Lithographie v.E Schaal, Jena
$ ,
Zooloy. Jahrbücher Bd. 17 Abth.£ Morph, = Ÿ ‘Tah 4
‘à
Helene Limpricht del
Gustav Bschen in Jen, |
graphie v.
Verlag vn
Jena
Zoolog. Sahrbricher Ba 17 Abth £.Morph.
Beard del. Lithographie v.E Schaal,dena.
‘Morph.
Ja
Jahrbücher Bd. 17 Abth.£.
4
haal, Jena.
Beard de
SS
T
n.
Verlag von Gustav Fischer in Jena
Lithographie ES
dl, Jena,
Lithographie v.E.Scha:
Beard da
4. JahrnücherBd.17 Ah £.Morpi.
ae
ee u —— Faria wn GustaV fischer in „Tor,
Beard del ding irs “EL Lithographie v.E. Schaal, Jena
Jena
Verlag von Gust Fischer.
a
:
3
S
)
{
2
Beard del
|
Taf 10.
u
| re (Les A
Zoolog, Jahrbiüher Bd. 17 Abth £ Morph.
Beard de] È
0 Zootag Jahrb Be. IAbthf-Morph.
L 1 PR —
5 _ verlag a Gust Ascher in a 7 : |
Petrunkewitsch 4
Zoolag. Juhrb Bd AU Morph.
Taf 13.
fig. 20.
{ :
i & + _
N S = I S x -
S
S
N
= É
8 ;
e
Zoolog.Juhrbücher Bd. 17 AW. Morph.
Fig. 2.
al fand
sac al
Fig.
suc al... )
Mig. ala =
gp pri
Fig. 10.
a —
verlag vn GUSlay Fischer in Jona
oak. Jahrbücher Bd. 17 AU. A Morphe
e >
LATE
2 a
TES. $
ree hilrm 4
N. la
Kid. '
Fig It
> - an = Guise TE -
|
5
s
à
:
3
À
3
=
$
ns > X à Ld \ “3
AAN AT | RE 3
: | Nd ed
“ab iy seoveuvensurarannt”
ai ER,
ETES ~~
z NS EEE ET
x Se me
a
Schaal, Jena.
rE
Litho
ena
aGustwFischen.n +
acy
1
WL Tower del
chaal, Jena.
Lithographie v.E.S
I
von GusleyFischep in Jena
Verlag
ph.
‚Jahrbücher Bd. 17 Abth.f Mo
2777
®
Zoolog. JahrbüherBa. 17 Abth.f Morph.
&
rmi.tn-- (l
CSN i
Tig. 44.
gi.h'drm.
Fig. 3.
W.L Tower del
Verlag von Gustav Fischer in. Jena
Fig. 46.
-~hdrmrd
Fig. 51
Lithographie v. E.Schaal, Jena.
or =
Zoolog Jahrbücher Bd, 17 Abth-t Morph. !
F Taf. 19.
lithographiev.E Schaal Jena
Fig. 65.
for al
Dhdrm;
Korn, hae ly
$e ——
Forlag von GUSH Fischer ın „Tor
i
Agi.
à: ap cta
3 | ! À - _h'drm
Fig. 80.
¥ = N \
hdrm, a
SS
— ‘
0 ‚Jahrbücher Ba. 17Abth. Mo ph
jl
Schenk gez. Verl vGustavFischer, Jena Lith.Anst. v.J Arndt Jena
- 1-11 Fidonia piniaria, 12-14 Orgyia antigua, 15-17 Psyche unicolor
—— u Ge 1 RS u a 2
à
D —«C Lo ee A
33./30.a-b )
——
Nee
263
m
&
AL
Ne i
Veri y Gustav Fischer, Jena LithAnstvJ TEA à
18-20 Orgyia antiqua, 21-28 Ino pruni, 29-35% Vespa crabro, 55-40 Apis mellifica,
à €.
we te.
S——— - = u.
_ Zoolog. Jahrbücher, Ba. 17 Abth.f'Anat.
Verl vGustäFischer J
ena Lith. Anst v.A.Giltsch, Jena
Zoolog. Jahrbücher. Bd. 17 Abth.t Anat.
—— 188 SB
Ga N
e
>
| \
Z
ay
9
Pix, À
À 7 2
z»
A \
i Et fl) É
PA A, 2
LIE, 7: 2
a5
N
tid
ECL
N
N
hi,
VerlyGustaWfischer Je
EXottedel.
DZ zz
u
»
3
*
¢
‘. k
4:
In
%
CR
"4
' 4
re
“ae
Zoolog.Juhrbücher, Ba. 17 Abth.f-Anat.
E Kotte del > Verl Gustav Fischer Jena
Zoolog. Jahrbücher, Bd.17.Abth.f Anat.
N---— °° CES
| a ul (D 2 a= |
E Kotte del Verlv Gusta¥Fischer, Jena Lith Anst vA Giltsch, Jena
E.Kotte del Vert, Gustav Fischer, Jena, Lith Anst x A Giltsch Jena
a
Zoolog. Jahrbücher Ba. 17 Abth.f. Morph. Taf 28.
| : : ER
a
a bone”
Me en eee eel bone ?
>
ESC-
|
(ae ees oe
JNomura gez. — Verl. v. Gustav Fischer, Jena. Lith. Anst.v. J. Arndt Jena
Zoolog. Jahrbücher Ba.17 Abth.f Morph.
4.121511). 6.1571.
IBM.
.-- a0. com.
rein
Glamann gez VerLw Gustav Fischer Jena, Lith Anst.v J. Arndt, Jena
7
q
10. (28/1).
Jena.
Lith Anst-y.J. Arndt
Verl.y Guslay Fischer, Jena.
Glamann gez.
- 2 art MORT -
nr
+. à =
3 ~ —
: = “ 7 >7
a Dee
Fr nm
. 7. 7,
EA hime nee ~
j = u -
= + ”
11. (571
14.16/1
16 16/70
Zoolog.Jahrhücher Bd 17.Abth.£ Morph.
Glamann gez
Verl v GustavFischer Jena |
A} Fischer Jena Lith.Anst:v.J.Ärn
|
|
Loolog. Jahrbücher Bd.17 Abth f Morph.
19.(28/1)
Verl v.GuslayFischer Jena. Lith.AnstvJ.Arndt Jena
26.1171.
23.1881.
Glamann gez. Verlv.bustay Fischer, Jena Lith.Anstv. J.Arndt Jena
Zoolog.Jahrbücher Bd.17. Abth.f Morph.
28 (14/4)
29. (4/1)
34.(585/1) 52
dL hep.ventr-
dhep.dors.s.._.S a
a
relr post =
nA
a)
|,
5 (| |
Glamann gez.
Verl.v Gustav Fischer Jena,
Lith Anst.J Arndtlena.
Fig. 3,
aS
Gr
oss
Gustav Fischer
Zoolog. Jahrbücher Bd. 17 Abth.t Morph.
= 2 Tal 36
Gross d
Verlag von Gustav Fischer ın Jena = 2
LI ET
Bie
MIR |i
Aw an
LA
> my
er
un A DE |
en Zen Ni u nahen ern ee nee ee ee ee % an nn ed
a -— or
| M ani BF oe er ey
re