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ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER.
ABTEIIAING
FÜK
SYSTEMATIK, GEOGRAPHIE UND BIOLOGIE
DER TIERE.
HERAUSGEGEBEN
VON
PROF. DR- J. W. SPENGEL
IN GIESSEN.
SIEBENÜNDZWANZIGSTER BAND.
MIT 30 TAFELN UND 58 ABBILDUNGEN IM TEXT.
JENA,
VERLAG VON GUSTAV FISCHER.
1909.
Alle Rechte, namentlich das der Übersetzung, vorbehalten.
Bl^'7
^
ism
Inhalt.
Erstes Heft.
(Aiiso-egeben am 5. Oktober 1908.)
Seite
STRpnEF, R., Über die Muskulatur der Salpeii uud ihre systematische
Bedeutung. Mit Tafel 1 — 4 und 1 1 Abbildungen im Text . 1
"Wernee, Feanz, Zur Kenntnis der Orthopteren-Fauna von Tripolis
und Barka. Mit Tafel 5—6 83
Berichtigung zu TsuzuKi, Über die Anopheles- Arten in Japan . . 144
Zweites Heft.
(Ausgegeben am 7. Jaiuiar 1909.)
Enderlein, Günther, Oniscomyia dorni. Mit Tafel 7 und 1 Ab-
bildung im Text 145
Vosselee, J., Die Gattung Myrmecophana BrüNNER. Mit Tafel 8
und 13 Abbilduneen im Text 157
KOHN, F. G. , Über eine Besonderheit der Pferdezeichnung. Mit
17 Abbildungen im Text 210
Drittes Heft.
(Ausgegeben am 25. Februar 1309.)
GuDERNATSCn, J. F., Manatus latirostris Harl. l\rit Tafel 9 und
3 Abbildungen im Text 225
Klaptocz, Bruno, Beitrag zur Kenntnis der Säuger von Tripolis
und Barka. Wit 2 Abbildungen im Text 237
Rebel, H., Lepidopteren aus Tripolis und Barka. Mit 1 Abbildung
im Text .273
StüRANY, R., Mollusken aus Tripolis und Barka. IMit Tafel 10—11 291
Hesse, P., Die systematische Stellung von Helix leachii Fee. und
gyrostoma Fek 313
IV Inhalt.
Seite
Viertes Heft.
(Ausgegeben am 18. Mai 1909.)
Japha, Arnold, Die Trutzstellung des Abendpfauenauges (Sraerinthus
ocellata L.). Mit Tafel 12 321
LÜDERWALDT, H., Beitrag zur Ornithologie des Campo Itatiaya . 329
KOSMINSKY, Petp:r, Einwirkung äußerer Einflüsse auf Schmetter-
linge. Mit Tafel 13—17 361
Attems, Carl Graf, Äthiopische Myriopoden. Mit Tafel 18 und
3 Abbildungen im Text 391
Fünftes Heft.
(Ausgegeben am 24. Mai 1909.)
DOLLO, Louis, Les Poissons Voiliers. Avec 2 figures dans le texte. 419
V. SCHULTIIESS HecHBERG, A., Hymenopteren aus Tripolis und
Barka (exkl. Formicidae) 439
Hartlaub, Gl., Über einige von Cii. Gravier in Djibuti ge-
sammelte Medusen. Mit Tafel 19—23 446
Karny, H., Ost-afrikanische Orthopteren 477
ZuGMAYER, Erich, Beiträge zur Herpetologie von Zentral- Asien. 481
Sechstes Heft.
(Ausgegeben am 8. Juli 1909.)
Martynow, Andreas, Die Trichopteren des Kaukasus. Mit Tafel 24
bis 27 und 1 Abbildung im Text 509
Annandale, N., Beiträge zur Kenntnis der Fauna von Süd-Afrika.
With 3 figs. in text 559
"Werner, F., Bruno Klaptocz. Nachruf 569
KlaptoCZ -|-, Bruno, Physiographische und faunistische Züge ein-
zelner Teile von Tripolis und Barka. Mit Tafel 28—29 . . 571
"Werner, Franz, Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis
und Barka. Mit Tafel 30 595
Kammerer , Paul , Coluber longissimus im Böhmerwald, Zamenis
gemonensis im Böhmerwald, Wienerwiild, den kleinen Karpathen,
Süd-Steiermark und Kärnten. Mit 1 Abbildung im Text . . 647
Nachdruck verboten.
übersetznngsrccht vorbehalten.
Über die Muskulatur der Salpen und ihre
systematische Bedeutung.
Von
Dl. R. Streiff,
Assistent am Zoologischen Institut in Gießen.
(Aus dem Zoologischen Institut der Universität Gießen.)
Mit Tafel 1-4 nnd 11 Abbildangen im Text.
Einleitung nnd Historisches.
Die vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung einem Aufent-
halt auf der Zoologischen Station in Yillefranche-sur-mer von Ende
März bis Anfang Juli 1906. In den Weihnachtsferieu 1906/07 stellte
mir die Stationsleitung in entgegenkommender A^'eise wieder einen
Arbeitsplatz zur Verfügung, wodurch mir die Möglichkeit wurde,
früher gewonnene Kesultate nochmals zu prüfen. Ich spreche der
Stationsleitung, besonders Herrn Dr. v. Davidoff, meinen verbind-
lichsten Dank aus.
Bei der Diagnose der einzelnen Salpen-Arten spielt die Mus-
kulatur die dominierende Rolle. Apstein \) hat in seiner neuesten
Salpenarbeit eine Bestimmungstabelle der bekannten Arten gegeben;
abgesehen von den Cyclosalpen. wo auch andere Organe in Betracht
kommen, sind es nur die Muskeln, welche zur Feststellung der Art
benutzt werden. Es handelt sich dabei lediglich um die Körper-
muskulatur im engern Sinne, deren Elemente im Gegensatz zur Mus-
kulatur der beiden Körperöffnungen immer deutlich zu unterscheiden
sind. Jedoch ist der Begrift" der Körpermuskeln sowohl bei Apstein
1) Apstein, Die Salpen, iu : Deutsche Südpolarexpedition 1901 — 1903,
Vol. 9, Zool., Vol. 1, Heft 3, 1906.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 1
2 Pi. Streiff,
als auch bei den andern Autoren, die darüber gearbeitet haben, ganz
willkürlicli, seine Abgrenzung gegen die Begriffe der Mund- und Cloaken-
muskulatur nur rein oberfläclilich. nicht nacli einer für alle Salpen
geltenden Kegel konstruiert. So ist es möglich, daß Apstein und
die andern Autoren bei einigen Salpen ]\ruskeln zur Körpermuskulatur
zählen. Avelche sie bei andern nicht berücksichtigen, wie sich das
aus der spätem Darstellung ergeben wird. Der Versuch einer Homo-
logisierung der 3 ]\luskelgruppen bei den verschiedenen Salpen ist
nicht gemacht worden, was zum Teil damit zusammenhängt, daß die
Muskulatur der beiden Körperöffnungen eine sehr kümmerliche, vor
allen Dingen nicht analytische Bearbeitung erfahren hat. Die Ab-
bildungen zeigen gewöhnlich nur das, was man von außen sieht, ohne
auch darin vollständig zu sein; auch Lahille '), der eine genauere
Abbildung der Mundmuskulatur von Salpa confoedemta gibt, läßt die
morphologisch gesonderten Elemente nicht hervortreten. Meines
Wissens ist Letjckaet '-), welcher keine speziellen Abbildungen gibt,
der einzige, der darauf hinweist, daß wir es an beiden Öffnungen
mit zwei Systemen von Sphincteren zu tun haben, einem äußei-n und
einem Innern. Diese Anschauung entspricht durchaus den Tatsachen.
Alle andern Autoren (Vogt ^j, Apsteix u. A.) beschreiben die Mus-
kulatur der Leibesöttnungen als eine, vielfach gespaltene und ver-
zweigte Muskelmasse, es sei denn, daß die Muskulatur der Mund-
öftnung in besonderer AVeise ausgebildet (bzw. rückgebildet) ist, wie
bei S. zonaria, deren genauer anatomischer Bau seinerzeit von
EscHRiCHT-^) studiert worden ist. Er beschreibt 2 Muskeln der
Mundöttnung, welche er auch mit Namen belegt. Brooks ^) gibt eine
ganz gute Abbildung und Beschreibung der Mundmuskulatur eines
Embryos von Salpa pinnata. Doch sind sie beide nicht voll-
ständig, die Zusammengehörigkeit der einzelnen Teile ist nicht er-
kannt, da dies auch nur auf vergleichend anatomischem AVege
J) Lahille, f., Recherches sur les Tuniciers, Theses (Paris), Toulouse
1890.
2) Leuckart, E,., Zoologische Untersuchungen, Heft 2, Salpen und
Verwandte, Gießen 1854.
3) VoüT, C, Recherches sur les animaux inferieurs de la mediterranee,
Mem. 2, Sur les Tuniciers nageants de la Mer de Nice.
4) EsCHElCHT, Dax., Anatomisk-physiologiske Undersögelser over
Salperne. in: Dansk. Vid. Selsk., naturv. math. Aft.. Vol. 8. Kopenhagen
1841.
5) Brooks, W. K., The genus Salpa, in : Mem. biol. Lab. John
Hopkins Univ., Vol. 2, 1893.
über die ^Muskulatur der Salpen. 3
mög-]ich ist. Wie wiclitig- es ist. eine präzise Scheidung- der 3 Muskel-
gruppen des Salpenküri)ers vorzunehmen, um eine Basis für die
Homologisierung der ]\Iuskeln bei den verschiedenen Arten zu ge-
winnen, ist besonders ersichtlich bei aberranten Formen, wie es
z. B. die Proles gregata von 5. virgukt ist. In den Auseinandersetzungen
über die Bedeutung der einzelnen Muskeln dieser Form herrscht bis auf
den lieutigen Tag die größte Konfusion. Die Muskeln der Salpen sind
nur in ihren topographischen Beziehungen zueinander zu systema-
tischen Zwecken besclirieben worden, nicht in ihren Beziehungen zu
andern Organen, was aber notwendig ist, wenn man konstante An-
haltspunkte für die Scheidung der 3 erwähnten Muskelgruppen er-
halten will.
Die folgende Arbeit hat sich neben dieser Frage ganz besonders
eine eingehende Beschreibung der Mund- und Cloakenmuskulatur zur
Aufgabe gestellt. Ursprünglich beabsichtigte ich. im Zusammenhang
mit der Muskulatur eine Bearbeitung des Mantels und seiner Diffe-
renzierungen ^) zu geben, doch habe icli mir das für später vor-
halten.
Die Untersuchungen haben mehrfach Veranlassung zu systema-
tischen Erwägungen gegeben, welche dazu führten, den bestehenden
Gruppierungen innerhalb des Genus Scdpa Aveitere Stützen zu ver-
leihen, andrerseits einige Formen, deren Stellung innerhalb der
Gattung unklar ist, in nähere verwandtschaftliche Beziehungen zu
bringen. Es sei eine kurze Übersicht über die Geschichte der
Salpensystematik vorausgeschickt im Anschluß an die Darstellung,
welche Apstein -) in seiner Bearbeitung der Salpen der Plankton-
expedition (1894) gibt.
Die von Foeskäl ^) im Jahre 1775 begründete Gattung Salpa
wurde 1827 von Blaixville *) in die beiden Untergattungen Cyclo-
salpa und SciIjm geteilt, was im Laufe der Zeit immer anerkannt
1) Unter den Diiferenzierungen des Mantels verstehe ich außer den
Fortsätzen und Zacken auch die bekannten Längsrippen und Kanten,
die bei einigen Salpen sehr scharf hervortreten. In neuerer Zeit hat
namentlich Brooks (1. c) auf sie hingewiesen und sie bei mehreren Saljien
als „ridges" erwähnt.
2) Apstein, Die Thaliacea der Planktonexpedition, B. Verteilung der
Salpen, in: Ergebn. Planktonexped., Vol. 2, E. a. B. 1894.
3) FoRSKAL, Petrus, Descriptiones animalium, quae in itinere orientali
observavit, 1775.
4) Blaixville, in: Dictionnaire des Sciences naturelles, Vol. 47,
1827.
1*
4 R. Streiff.
worden ist. Ein weiterer P^ingriff in das System wurde von Lahille ^)
gemacht, indem er die Untergattung- Salpa in 4 Untergattungen,
Salpa. Thalia. Perjea und Jasis. auflöste. Herdman -) schließt sich
ihm in seiner Bearbeitung der Challenger-Salpen an. Apstein ^)
unterwirft sein System mit Recht einer scharfen Kritik, da die Ein-
teilung fast nur auf das Verhalten des Embryos Bezug nimmt und
daher Salpen miteinander vereinigt, deren nahe Zusammengehörigkeit
auf jeden Fall in Frage zu stellen ist. Er erkennt nur eine der
4 Untergattungen an. nämlich Salpa i. e. S.. welche „eine natürliche
Grui)pe bildet", die auch schon seinei'zeit von Tkaustedt *) als
,.c?//«»(?r?6'«-CTrui)pe'' bezeichnet wird, er begründet auch seinerseits
die Berechtigung dieser Gruppe durch Aufzählung der gemeinsamen
Merkmale ihrer Vertreter. Dagegen bestreitet er mit sachlichen
Belegen die Natürlichkeit und Selbständigkeit der 3 andern Unter-
gattungen und kommt schließlich dazu, daß vorderhand kein Be-
dürfnis für eine Spaltung der Untergattung Salpa vorliege. Damit
gelangte die Salpensystematik auf den toten Punkt. In seinen
spätem Arbeiteil hat Apstein die c?//«'w(/nca-Gruppe nicht mehr er-
wähnt und nur die Untergattungen Cijdosalpa und Salpa unter-
schieden.
Aus dieser kurzen Übersicht greife ich das Feststehende heraus.
Die Berechtigung der Untergattung Cijclosalpa bedarf, wie gesagt,
keiner Erörterung. Meine Untersuchungen zeigen weitere gemein-
same Charaktere der in dieser Untergattung vereinigten Salpen.
Dasselbe gilt von der Gruppe innerhalb der Untergattung Salpa,
der Salpa i. e. S. Lahille, bzw. der ,.c?/Z?nf/n'ra-Gruppe" Traustedt,
die auch Apstein sanktioniert hat. Ich halte diese Gruppe un-
bedingt aufrecht und stelle sie — ich nehme damit die systematischen
Ergebnisse vorweg, Avas auch zur Erleichterung der Darstellung
geschieht — einer andern Gruppe von Salpen der Untergattung
Sal2)a gegenüber, deren Zusammengehörigkeit auf Grund mannig-
facher gemeinsamer Merkmale als glaubhaft erscheint. Zur ,.cylindrica-
Gruppe" vereinigt Traustedt Sal2)a cylindrica, fusiformis, maxima
und punctata. Diese Formen, mit Ausnahme von S. cijlinärica, sind
1) Lahille, 1. c.
2) Herdman, Report upon the Tiinicata, in : Report sc. Res. Challenger,
ZooL, Vol. 27.
3) s. vor. Seite, Anm. 2.
4) Traustedt, Spolia atlantica. Bidrag til Kuudskab orn Salperue,
in : A'idensk. Selsk. Skr. (6), nat. math. Afd., Vol. 2, Kopenhagen 1885.
über die Muskulatur der Salpeu. 5
von mir untersucht -worden. Ilinen stelle ich geg-enüber als 2. Gruppe
der Untergattung- Salpa o ebenfalls von mir untersuchte Arten, näm-
lich S. mucronata, confoederata und sonaria. Damit vereinige ich zu
einer Gruppe die 3 Untergattungen von Lahille: Thalia, Pegca und
Jasis. deren bestbekannte Vertreter die genannten 8 Salpen sind.
Ich bin aber weit entfernt davon, auch alle andern nach dem
LAHiLLE'schen System zu diesen Untergattungen gehörenden Sali)en
ebenfalls zu meiner neugebildeten Gruppe zuzuzählen. Ich komme
darauf noch zurück. Es entstand die Frage, ob die beiden Gruppen
der Untergattung Salpa nicht den Wert von Untergattungen, gleich
dem der Untergattung Ctjdosalpa, haben könnten, wobei der ..cijUndrica-
Gruppe" der Name Lahille's: Salpa i. e. S. zufallen müßte. Die
Frage ist durchaus diskutabel, wie ich später zeigen werde. Ich
sehe jedoch in dieser Arbeit von der Aufstellung von Untergattungen
ab, einmal, weil mir nicht alle bekannten Salpen-Arten zur Unter-
suchung vorlagen, dann auch, weil ich den alten guteingebürgerten
Namen Salpa für die betreftenden Arten (z. B. mucronata) nicht um-
ändern wollte. Zur leichtern Unterscheidung für den Lauf der Dar-
stellung möchte ich aber für die Gruppen an sich Bezeichnungen
einführen, und die 1. Gruppe {,,cylindrica-Gv\\\>\\&-') die Poljmyarier,
die 2. die Oligomyarier nennen, was nur zu bedeuten hat, daß die
eine Gruppe mehr, die andere Aveniger Muskeln besitzt. Ich bin
mir völlig dessen bewußt, daß einzelne Unterschiede zwischen den
Salpen meiner Gruppe der Oligomyarier, auf die ich ausdrücklich
hinweisen werde, recht bedeutend sind, so daß mau manchmal im
Zweifel sein könnte, ob ihr Zusammenschluß gegenüber der Lahille-
schen Trennung auf die Dauer standhalten könnte, doch muß man
andrerseits sagen, daß gerade sehr charakteristische Eigenschaften,
welche diese Salpeu vor allen andern auszeichnen, unbedingt ihre
Vereinigung den andeim gegenüber erfordern.
Im Folgenden gebe ich das Verzeichnis der von mir in der soli-
tären wie auch in der gregaten Form untersuchten, in der Bucht
von Villefranche vorkommenden Arten; sie sind nach meiner Ein-
teilung systematisch geordnet:
Subgenus Ci/closalpa :
1. Cijchsalpa p'nviata Foksk.
2. Ctjclosaljja virgHla-dolichosonic VoGT-ToDAEO
Subgenus SnIjKi :
I. Gruppe P 0 1 y m y a r i e r
1. Salpa niaxima-africana Forsk.
6 fi. Streiff,
2. Salpa fusiformis-rroicinata Cuvier-Chamisso
3, Snlpa punctata Forsk.-Vogt
II. Gruppe 0 1 i g 0 m y a !• i e r
1. Salpa miicronata-äemocratica Forsk.
2. Salpa co)ifoederata-scutigera Forsk.
3. SaJpa zonaria-cordiformis Pallas-Quoy et G-aimard.
Nach dem Beispiel Apstein's bzw. nacli den geltenden Nomen-
klaturgesetzen werde ich in der folgenden Darstellung nur den einen,
in der Liste voranstellenden Speciesnamen anführen.^)
Allgemeine Torl)einerliuiigoii.
Bevor ich auf die allgemeinen Punkte des Verhaltens der ]\rund-
und Cloakenmuskulatur eingehe, möchte ich einige orientierende
Bemerkungen über den Bau der beiden Körperöffnungen voraus-
schicken. Ihre Qualifikation als systematische Mei'kmale haben sie
bisher lediglich durch ihre terminale bzw. dorsale Lage erhalten,
ohne daß dabei auf ihre morphologische Beschaffenheit eingegangen
worden wäre. Diese einseitige Verwertung der topographischen
Eigenschaften erweist sich nicht als fördernd, zumal in gut be-
stimmten Gruppen von Salpen, wie z. B. im Untergenus Cijcloscdpa,
verschiedene Kombinationen vorkommen, es ist daher im Prinzip
unberechtigt, wenn Apstein-) gelegentlich auf Grund verschiedener
Kombinationen in betreff der Lage der KörperöÖ'nungen die nähere
Zusammengehörigkeit von Arten bestreitet. Ganz anders Avird die
Sache aber, sobald sich die verschiedene Lage als ein Ausdruck
morphologischer Verschiedenheit dokumentiert. In einem solchen
Fall ist ihr S3'stematischer Wert außer ZAveifel. Besonders deutlich
ist dies am Bau der Cloakenöftnung der von mir untersuchten
Salpen zu erkennen. Es lassen sich ohne Frage 2 l^pen unter-
scheiden: die (Uoakenöffnungen nach dem 1. Typus sind alle rohr-
förmig, die nach dem 2. klappenförmig. Der rohrförmige Typus, als
dessen Paradigma Salpa pinnata (vgl. Fig. 2 u. 4) in beiden Formen
gelten möge, ist durchweg in der Untergattung Cydosalpa und in
der Gruppe der Polymyarier vertreten, während der Klai)pentypus
— vgl. S. zonaria. Fig. 33 — nur bei den Oligomyariern vorkommt.
Dieses Merkmal scheint mir überaus wichtig zu sein, um so wichtiger,
als die Cloakenmuskulatur entsprechend den beiden verschiedenen
1) Ich habe die Namen vorangesetzt, denen die Priorität zukommt.
2) Al'STEIN, 1. c. (p. -i).
über die Muskulatur der Salpeu. 7
Baiitypen der Cloake ebenfalls nach zwei sehr verschiedenen Plänen
angeordnet ist. Durch eine starke Verkürzuno- der rohrfürmigen
Cloakenöffnung kann eine dorsale Lag-e herbeigeführt werden, wie
z. B. bei Sal2)a virgiUa greg. (Fig. 7) oder S. punctata greg.. doch
bleibt der Eohrtypus immer bestehen, in jedem Falle durch die
Muskulatur gekennzeichnet, oder es kann durch eine starke Ver-
längerung der Körperfortsätze eine dorsale Lage der Cloakenötfnung-
herbeigeführt werden, wie z. B. bei S. fusiformis greg'.. doch auch
hier ist der Rohrtypus ohne weiteres kenntlich. Dagegen ist die
Klappe der Oligomyarier ihrerseits als ein ganz bestimmter Mecha-
nismus ein Typus für sich, der auch den ältei'u Beobachtern nicht
entgangen ist : Pallas \) nennt sie in seiner Beschreibung von SaJpa
sonaria (= Ilolothurinm zonarium) eine valvula und sagt: ..Anus
lunatus. valvula semicirculari exactissime clausus." Später wurde
der Name ..Klappe"' von mehreren Autoren gebraucht. Leückart-)
nennt auch die vordere Öffnung Klappe. Die einzige Form unter
den von mir untersuchten Oligomyariern. welche keine Klappe,
sondern eine rohrförmige Cloakenötfnung besitzt, ist die solitäre
Form von Salpa confoederata, doch ist die Muskulatur nach dem
Typus der Klappenöftnung angeordnet, und auch die greg.-Form ist
im Besitz einer Klappe, wenngleich letztere nicht in allen Teilen
ausgebildet ist. Es scheint mir diese Salpen-Art. wovon später die
Rede sein wird, eine Übergangsform zwischen den Poly- und den
Oligomj'ariern zu sein.
Zur vorläufigen Charakterisierung des Unterschiedes zwischen
den beiden Tj^pen möchte ich noch Folgendes sagen. Während bei
dem rohrförmigen Cloakentypus der Körpermantel kontinuierlich ohne
jegliche Abgrenzung in den Mantel des Cloakenrohres übergeht,
gegen seinen Rand hin allmählich dünner werdend, ist bei dem
Klappentypus stets dorsal eine Grenze in Gestalt einer queren
Furche vorhanden; in dieser Furche geht die Bewegung der Klappe
senkrecht zur vertikalen Körperebene wie durch ein Charnier streng
geregelt vor sich. Diese Querfurche ist auch bei S. confoederata greg.
(Fig. 25 Ax) vorhanden und am lebenden Tier immer deutlich zu
beobachten, bei konservierten Exemplaren ist sie selten deutlich zu
sehen, jedenfalls nicht so wie bei den beiden andern Formen der
Oligomyarier. Auf die andern Bewegungsfurchen der Klappe, ver-
1) Pallas, Pet. Sim., Spicilegia zoologica, Berolini 1767
2) 1. c.
8 R- Streiff,
mittels derer eine bestimmte Führung- der Bewegung-, wie das beim
Kohrtypus nicht der Fall ist, erzielt wird, und auf weitere Eigen-
schaften komme ich bei der speziellen Betrachtung- zurück.
Was den Bau der IMundüffnung anbetrifft, so sind ihre Ver-
schiedenheiten im wesentlichen durch die verschiedene Ausbildung-
eines Abschnitts gegeben . welchen ich als ]\Iundsegel oder einfach
als Segel bezeichnen werde. Es sind die in die Mundöffnung um-
geklappten vordersten Abschnitte der Ober- resp. der Unterlippe,
welche durch festes Aneinanderlegen den völligen Verschluß der
Mund(")ffnung bedingen (vgl. z. B. Fig. 12 05 u. its). Das untere, zur
Unterlippe gehörige Segel ist immer vorhanden , gewöhnlich sehr
stark ausgebildet, das obere kann völlig fehlen. Morphologisch ist der
nach hinten, bzw. innen gerichtete Rand des Segels der vordere und über-
haupt das vordere Ende des Tieres. Ob die bei den Salpen vor-
kommenden Mundsegelbildungen alle morphologisch gleichwertig
sind, ist eine Frage, die ihre Erörterung im gegebenen Falle finden
wird. Von der Umklappungsstelle an beginnt die Ober- bzw. Unter-
lippe, welche so weit wie die Mundmuskulatur reicht.
Wie ich bereits in der Einleitung erwähnte, hat allein Leuckaet
darauf hingewiesen, daß es sich bei der Mund- und Analmuskulatur
der Salpen um zwei Systeme von Sphincteren handelt. In der Tat
lassen sich zwei Systeme nachweisen, sie sind bei einiger Übung
leicht voneinander durch Präparation zu trennen, da sie in den
meisten Fällen nicht untereinander durch Verbindungsstränge ver-
bunden sind. Schwieriger ist die Präparation manchmal bei der
]\Iundmuskulatur, wo die beiden Systeme im Mundwinkel dicht über-
einanderliegen , während sie an der Cloakenöft'nung meist schon
topographisch gut getrennt sind.
Die beiden Systeme der Mundmuskulatur lassen sich auf je
einen Muskel zurückführen, der in seinem obern dorsalen und in
seinem untern ventralen Abschnitt unter Umständen in 2 Teil-
muskeln zerfallen kann. Die dorsalen und die ventralen Teilmuskeln
vereinigen sich in den meisten Fällen seitlich im ^Mundwinkel zu
einem kurzen oft beschriebenen zügeiförmigen Muskel, welchen ich
das Zügelstück (des einen bzw. des andern Muskels) nennen werde.
Das Zügelstück des vordem Muskels liegt seitlich immer über dem
des zweiten, mit andern Worten, es ist dem Ectoderm, das zweite
dem Entoderm zugekehrt.
Der leichtern Übersicht wegen gebe ich auch den beiden Mund-
muskeln Namen und zwar nach ihren topographischen Beziehungen.
über die Muskulatur der Salpeu. 9
Der 1. Muskel geliört dem Segel an und soll Seg-elmuskel heißen,
der 2. wegen seiner Lage auf den Lippen Lippenmuskel. Diese
beiden eig-entliclien Mundmuskeln finden sich bei allen untersuchten
Salpen. Außer ihnen zähle ich zur Mundmuskulatur noch einen
Muskel, welcher immer durch seine Lage auf dem Flimmerbogen
gekenntzeichnet ist. Abgesehen von einem resp. zwei Fällen endet
oder verläuft er dorsal auch vor dem Ganglion. Ich nenne ihn den
Bogenmuskel. Er kreuzt im ]\rundwinkel die Zügelstücke der beiden
vordem Muskeln. Als sein Derivat betrachte ich die beiden kleinen
Längsmuskeln, welche von der Oberlippe nach hinten abgehen; es
läßt sich dies vergleichend anatomisch mit einiger Sicherheit fest-
stellen. Damit hätten wir für die Mundmuskulatur 3 Muskeln,
welche sich am Körper immer mit Sicherheit bestimmen und von
der folgenden Körpermuskulatur scheiden lassen. Gerade der Bogen-
muskel ist häufig auch von Apstein bei manchen Salpen als Körper-
muskel mitgezählt worden . bei andern nicht, durch seine Lage auf
dem Flimmerbogen ist er jedoch immer unzweideutig.
Zur Cloakenmuskulatur zähle ich ebenfalls 3 Muskeln, die ich
als L, 2. und 3. Cloakenmuskel bezeichnen werde. Der 2. u. 3. Muskel
entsprechen dem Lippen- bzw. Segelmuskel der Mundöifnung, denn
der letzte Cloakenmuskel, der 3.. ist bei den Formen mit der klappen-
förmigen Cloakenölfnung auf eine Bildung beschränkt, die man auch
hier sehr gut als Segel bezeichnen kann, da sie ganz in derselben
Weise wie bei der Mundöffnung funktioniert. Der 3. Muskel zer-
fällt bei den Cyclosalpen und Polymyariern dorsal und ventral in
eine große Anzahl von dünnen Teilmuskeln. Die dorsalen Teil-
muskeln vereinigen sich in den meisten Fällen zu einem Zügelstück.
Bei den Oligomyariern ist die Zahl der Teilmuskeln eine viel ge-
ringere, der Muskel zeigt in seiner Ausbildung einen ganz be-
stimmten Typus, der sich trotz mannigfacher Abweichungen doch
immer wieder erkennen läßt. Der 2. Cloakenmuskel stellt in der
Mehrzahl der Fälle einen einfachen Muskelring dar, der seitlich
einen Knick nach vorn oder ein Zügelstück haben kann. Hin und
wieder zerfällt er auch in Teilmuskeln. Bei den Oligomyariern
kommen Besonderheiten in seiner Ausbildung vor.
Der 2. und 3. Cloakenmuskel ließen sich verhältnismäßig recht
leicht bei den verschiedenen Salpen-Arten homologisieren, um so
schwieriger war die allgemein gültige Feststellung des 1. Muskels.
Zunächst dachte ich nicht an die Existenz eines solchen, es lag mir
nur daran, eine widerspruchslose Scheidung der Körpermuskulatur
10 R- Streiff,
von der Cloakenniuskulatur zu finden, d. li. für den letzten Körper-
niuskel eine Bezieliung- zu einem bei allen Formen konstanten
anatomischen Merkmal zu finden. Eine solche war für die unter-
suchten Cyclosalpen und Polymyarier gegeben durch die konstante
Insertion des vor dem 2. Cloakenmnskel gelegenen Muskels: sie liegt
immer hinter dem Nucleus bzw. hinter dem Magen (Cyclosalpen),
während der weiter nach vorn folgende zu beiden Seiten des Nucleus
bzw. des Magens inseriert. Bei den Oligomyariern ist ein solcher
Muskel nicht vorhanden, der letzte Körpermuskel inseriert zu beiden
Seiten des Nucleus, nur bei der gregaten Form von Scdpa confoedemta
ist auch der in Frage kommende Muskel da. Vergleichend anato-
mische Überlegungen lassen es aber, wie mir scheint, mit recht
viel Sicherheit annehmen, daß dieser Muskel hier bis zum völligen
Schwund reduziert ist. Avas insofern nicht verwunderlich wäre, als
die Klappeneinrichtung zum Verschluß der Cloake dank ihrer prä-
zisen Funktionsfähigkeit einer stärker ausgebildeten Cloaken-
niuskulatur entbehren kann. Ferner kommt der Umstand hinzu,
daß ich bei Embryonen von Sal2Ki confoederata , welche in der
solitären Form im erwachsenen Zustande diesen Muskel nicht be-
sitzt, seine Spuren ganz deutlich nachweisen konnte. Auch aus dem
Verhalten der andern Salpen-Gruppen läßt sich Stützmaterial für
diese Anschauung finden. Am stärksten ist der Muskel bei den Cyclo-
salpen ausgebildet, ebensogut bei den solitären Formen der Poly-
mj'arier, während er bei den gregaten Formen bedeutend schwächer
entwickelt und speziell bei S. pundata sehr stark reduziert ist. Eine
endgültige Entscheidung kann diese Frage nur durch entwicklungs-
geschichtliche Untersuchungen über die Muskulatur der betreffenden
Salpen erhalten. Die vorhandenen entwicklungsgeschichtlichen
Arbeiten über Salpen sind zu allgemein gehalten, in speziellem
Fragen der ]\Tuskelbildung zu oberflächlich, als daß man daraus
Schlüsse ziehen könnte.
Daß ich diesen Muskel als 1. Cloakenmnskel bezeichne und der
Cloakenniuskulatur zuzähle, geschieht auf Grund der Beobachtungen,
die man an jungen Kettensalpen und Embryonen machen kann, ins-
besondere an solchen von Salpa pinnata. Schon Leuckaet u. A.
(Brooks) w'eisen darauf hin, daß bei Embryonen die beiden Köiper-
öffnungen dorsal sehr nahe aneinander gerückt sind, jedenfalls be-
deutend näher stehen als bei den erwachsenen Tieren; sie gleichen
darin den Ascidien. Je älter die Embrj'onen werden, desto mehr
rücken die Offnungen auseinander, auf einem Stadium aber, wo die
über die Muskulatur der ftalpen. 11
Muskelreifeii schon distinkt ausgebildet sind, liegt die Cloaken-
öttnung- nuch A'öllig dorsal, das Cloakenrohr. welches bei der er-
wachsenen Form gerade gestreckt ist. ist dort rechtwinklig nach
oben gebogen (vgl. Fig. o u. 4). Der in Frage kommende Muskel
grenzt die Basis des kegelförmigen Cloakenrohrs kreisförmig ab, er
verläuft den andern C'loakenmuskeln parallel und stellt den proxi-
malsten Teil des cloacalen Spinnet ers dar, als den man ihn un-
befangenerweise unbedingt anerkennen muß. Im Schlußkapitel komme
ich noch hierauf zurück bei einer kurzen Besprechung der Homo-
logien der Muskulatur der Salpen mit derjenigen anderer Tunicaten,
worauf auch Lahille seinerzeit eingegangen ist.
Der Vorteil, den die genaue Feststellung der 3 Mundmuskeln
und der 3 Cloakenmuskehi bietet, wird sich aus der folgenden
speziellen Bearbeitung der einzelnen Salpen ergeben.
Spezieller Teil.
Untergenus Cy cl osalpa.
SaJpa 2>iititfff(f^ sol.
(Fig. 1 u. 2.)
Der leichtern Darstellung wegen möchte ich die obern dorsalen
Halbringe der beiden ersten aufeinander folgenden Mundmuskeln, des
Segel- und des Lippenmuskels, mit A und B bezeichnen, die untern
ventralen mit a und h. Im Falle, wenn sich einer der Halbringe
verdoppelt, bezeichne ich den distalen Teilmuskel mit AI, den
proximalen mit A 2 etc. Diese Bezeichnungen sind auch in allen
Abbildungen angewandt worden. Bei den symmetrischen Salpen
werde ich natürlich nur die eine Körperhälfte beschreiben.
Die Oberlippe von Salpa pinnata hat kein eingeklapptes Segel,
während das Segel der Unterlippe weit in das Innere der Mund-
öffnung hineinragt, dementsprechend ist der dorsale Halbring des
Segelmuskels schwacli. der ventrale dagegen sehr stark entwickelt.
Der dorsale Halbring erreicht den Mundwinkel nicht, verbindet sich
daher auch nicht mit dem ventralen zu einem gemeinsamen Zügel-
stück, sondern endet bereits auf derOberlipi)e. Er besteht aus 2. manch-
mal 3 sehr schmalen Teilmuskeln, welche den äußersten vordem
Rand der Oberlippe einnehmen, einen Teil der Oberlippe, der jeden-
falls der Segelpartie der andern Salpen entspricht, bei den Cyclo-
12 R. Streiff,
salpen aber niclit eingeklajjpt ist. Der ventrale Abschnitt des Seg-el-
muskels zerfällt in die 2 kräftigen Teilnmskeln al nnd a2. welche
sich im Mundwinkel zum Zügelstück {zd) vereinigen. Das Zügel-
stück wendet sich unter einem kleinen Winkel nach oben und reicht
nach hinten bis an den 1. Körpermuskel.
Der Lippenmuskel ist dorsal stärker ausgebildet als ventral.
Er besteht dorsal aus den beiden gleichstarken Teilmuskeln Bl und
B 2. welche seitlich über dem Mundwinkel zusammenfließen und sich
im ^Mundwinkel mit dem nur einteiligen ventralen Halbring zum
gemeinsamen Zügelstück vereinigen, welches, wie bereits in der Ein-
leitung angedeutet wurde, nach innen von dem Zügelstück des
Segelmuskels liegt. Genau genommen bildet das Zügelstück des
Lippenmuskels keine Vereinigung seiner beiden Halbringe, sondern
es ist eine Fortsetzung des ventralen, während der dorsale an dessen
Rand ansetzt: die Fasern des dorsalen laufen demnach senkrecht zu
denen des ventralen. Dieses Zügelstück wendet sich in seinem
weitern Verlauf nach unten und reicht ebenfalls bis zum l. Kürper-
muskel.
Der Bogenmuskel kreuzt die beiden beschriebenen ^lundmuskeln
im ]\rundwinkel. er ist dabei unter den beiden andern, also ganz,
nach innen gelegen. Nach unten tritt er bis in die Nähe des
Endostyls. während er nach oben zu nicht die dorsale Medianlinie
erreicht, sondern früher in der Region zwischen Hj'pophyse und
Ganglion endet. Kurz vor seinem Ende gibt er den Muskel c ab,
welcher nach vorn bis beinahe an den Muskel B2 heranreicht.
Diesen Muskel e erachte ich dem kleinen Längsmuskel homolog^
welcher sich auf jeder Seite der Oberlippe bei fast allen Salpen
findet. Sie sind sehr bekannt. Leuckaet ^) erwähnt sie und nennt
sie die Levatoreu der Oberlippe. Daß sie ein Derivat des Bogen-
muskels sind, wie ich im allgemeinen Teil erwähnte, schließe ich
aus ihrem Zusammenhang mit ihm bei allen Formen der Cyclosalpen
und außerdem bei Salpa confoederata.
Der Bogenmuskel von S. pinnata wird von Apstein nicht zur
Körpermuskulatur gerechnet, während er ihr die beiden ersten
Cloakenmuskeln zuzählt, was insofern verständlich ist, als sie in ihrer
Breite den Küri)ermuskeln wenig nachstehen. Ich werde bei den
Cyclosalpen die ArsTEiN'schen Bestimmungen der K()rpermuskeln
angeben, um für das, was ich in der Einleitung darüber gesagt habe,
1) Leuckart, 1. c.
über die Muskulatur der Salpen. 13
die tatsächlichen Belege zu geben. Es wird die willkürliche Be-
stimmung" der Körpermuskelu hier besonders klar.
Der 1. Cloakenmuskel (Fig-. 1) qualifiziert sich durch seine In-
sertion hinter dem Älagen, zu den Seiten der bei den Cyclosalpen
vorhandenen beiden Blinddärme. Dorsal nähert er sich dem letzten
Körpermuskel. Seitlich hat er einen Knick in der Eichtung- nach
hinten. Der 2. Cloakenmuskel hat seitlich eine Ausbuchtung- nach vorn,
mit der er den 1. berührt. Der 3. Cloakenmuskel besteht aus einer
beträchtlichen Anzahl sehr feiner Teilmuskeln. Er ist bei der solitären
Form insofern von besonderm Interesse, als er nur eine Andeutung-
von der Bildung- eines Ziegelstücks zeigt (vgl. Abbildung) und damit,
abgesehen von der gregaten Form dieser Salpe, wo auch die An-
deutung davon fehlt, den primitivsten Zustand dieses Muskels allen
andern von mir untersuchten Salpen gegenüber charakterisiert. Eine
Scheidung der Teilmuskeln in dorsale und ventrale Abschnitte wie
bei den andern Salpen ist nicht vorhanden.
Zwischen den beschriebenen Mund- und Cloakenmuskeln liegen
6 Körpermuskeln, eine Zahl, welche, wie ich vorausgreifend be-
merken will, für alle solitären Cyclosalpen charakteristisch ist. Ihre
Form und ihr Verlauf ist bekannt, außerdem aus der Figur er-
sichtlich. Dorsal sind sie unterbrochen; die dorsalen Enden zeigen
hin und wieder, wie ich bei einigen Exemplaren beobachten konnte,
eine kurze Spaltung; in einem Falle waren die beiden ersten Muskeln
dorsal auf der linken Seite verschmolzen. Erwähnen möchte ich
noch, daß Bkooks M von der unzweifelhaften Homologie der Muskeln
bei den solitären Formen der Cyclosalpen spricht.
1) Brooks, The homologies of the muscles of the subgenus Cyclosalpa,
in : Johns Hopkins Univ. Circular. Notes from the biol. Labor. New series,
1907, No. 3, Whole No. 195.
Da Brooks in dieser vorläufigen Mitteilung die Muskeln von Salpn
pimiata bezeichnet, z. T. auch die Mundmuskeln, so gebe ich zur Ver-
ständigung eine kleine vergleichende Tabelle seiner und meiner Bezeich-
;en :
1 =B2-\-:ib 5-1-6=1 12= 1. Cloakenm.
2 =c 7 — 11 = 2 — 6 13 = 2. „
3 J- 4 = r
14 R- Stretff.
Salp(( pinnata greg-.
(Fio-. 3 u. 4.)
Die Mnndniiiskulatur zeigt einzelne Unterschiede g-eg'enübei' der
solitären Form. Der Seg-elmiiskel ist ebenso gestaltet, bis auf den
Muskel A, der hier noch mehr reduziert ist und nur aus einem
schmalen Bändclien besteht. Das Zügelstück des Lippenmuskels
lehnt sich eng an die Unterseite des Züg-elstücks des Segelmuskels
und läuft gemeinsam mit ihm bis zum 1. Körpermuskel. Die ver-
einigten Muskeln B 1 und B 2 setzen nicht vollständig an das wie
bei der solitären Form vom Muskel h gebildete Zügelstück, sondern
ein schmaler hinterer Streifen läuft unter dem Zügelstück weiter,
verschmilzt mit dem untern Teile des Bogenmuskels und reicht mit
diesem bis in das Haftorgan hinein. Der obere Teil des Bogenmuskels
ist wie bei der solitären Form beschälten; mit seinem Ende berührt
er den 1. Körpermuskel.
Der 1. Cloakenmuskel der gregaten Salpen-Formeu hat nur bei
den Cyclosalpen seine volle Selbständigkeit bewahrt, doch bildet
er schon hier eine Gruppe mit den beiden letzten Körpermuskeln,
Ich betone dies, weil es später von ^Vichtigkeit sein wird. Er ist
{X) ebenso breit wie die Kürpermuskeln und immer als 4. Körper-
muskel beschrieben worden. Beim altern Tier hat sich die ursprüng-
liche Lage stark verschoben. (Vgl. die beiden Abbildungen.) Der
2. Cloakenmuskel, der auch recht breit ist, hat ein ziemlich langes
Zügelstück, welches an den Hinterrand des 1. stößt. Der 3. Muskel
zeigt, wie erwähnt, hier das primitivste Verhalten, er ist in keiner
Weise differenziert und besteht gewöhnlich aus 8 schmalen pa-
rallelen Teilmuskelchen.
Die Körpermuskulatur besteht aus 4 Muskeln, eine Zahl, welche
für die gregaten Formen der Cyclosalpen ebenso charakteristisch
zu sein scheint wie die Zahl 6 für die solitären. Das Verhalten der
beiden ersten, welche die vordere Gruppe bilden, ist bekannt. Die
beiden hintern bilden, wie gesagt, eine Gruppe mit dem 1. Cloaken-
muskel. Der 3. nähert sich ihm in der dorsalen Medianlinie, stößt
aber nicht mit ihm zusammen. Als 4. betrachte ich den seitlich
gelegenen, nur bis zur halben Körperhöhe reichenden Muskel. Er
stößt an den 1. Cloakenmuskel. ohne sich mit ihm zu verbinden,
gegenüber der Stelle, an welcher das Zügelstück des 2. Cloaken-
muskels herantritt. Bei der jungen Stolosalpe ist er relativ
größer und den andern Körpermuskeln parallel. Er wird von den
übet- die Muskulatur der Sali)eii. 15
Autoren bei der Muskelbeschreibung- gewühiüich nicht beachtet und
wohl stillschweigend als abgespaltener Ast des von den Autoren
als 4. Körpermuskel beschriebenen Muskels (meines 1. Cloaken-
muskels) aufgefaßt. Eine Verbindung- mit ihm. wie man es bei einem
abgespaltenen Muskel erwarten könnte, liegt, wie gesagt, nicht vor.
Aus dem Vergleich mit den Polymvariern (s. w. u.) scheint mir seine
Qualifikation als 4. Körpermuskel jedoch zweifellos.
Cyclosa! pa v / > 'f/t da sol .
(Fig-. 5.)
Die Körpermuskeln gleichen denen von S. pinnata, ebenso stimmt
die Mundmuskulatur bis auf einzelne Details mit der beschriebenen
überein. Das Zügelstück des Lippenmuskels teilt sich bei manchen
Exemplaren, wie bei dem abgebildeten, in 2 Äste, der obere lehnt
sich an das Zügelstück des Segelmuskels und reicht mit diesem bis
an den 1. Körpermuskel. Die beiden Muskeln B 1 und B 2 geben
nach ihrer Vereinigung- mit Muskel h 1 im Mundwinkel noch ein
kleines Muskelchen h2 ab, welches sich gleich dem bei S. innnata
greg-. beschriebenen schmalen Muskelstreifen an den Bogenmuskel
anlegt.
Die beiden ersten Cloakenmuskelu sind genau wie bei S. pinnata
sol. gestaltet. Hier rechnet jedoch Apstein \) nur den 1. zur Körper-
muskulatur, wodurch diese Salpe nach seiner Zählung nur 7 Muskeln
gegen 8 bei S. pinnata hat. Der 3. Muskel ist hier bedeutend mehr
ditferen ziert, seine Teilmuskeln zerfallen in einen obern dorsalen
und einen untern ventralen Abschnitt. Die obern Abschnitte der
Teilmuskeln verbinden sich zu einem gemeinsamen' Zügelstück,
welches, sich nach vorn wendend, den 2. Cloakenmuskel an- der
Innenseite kreuzt und ventral mit dem symmetrischen Zügelstück
verschmilzt.
Von den dazwischen liegenden 6 Körpermuskeln ist der 1., wie
bekannt, dorsal mit dem 6.. ventral mit dem 5. durch einen Längs-
niuskel verbunden.
Cyclosalpa vivfßida greg.
(Fig. 6-8.)
Diese wunderbare, außerordentlich asymmetrische Form ist be-
kanntlich von Vogt -) im Busen von Villefranche gefunden und zu-
1) Apsteix, 1. c. (p. 1). 2) Vogt, 1. c.
16 R- Streiff,
erst besclii'iebeu worden. Apstein vervollständigt die Beschreibung
und gibt eine genauere Aufstellung der asj^mmetrischen ]\luskulatur.
Dabei kommt er zu recht verwickelten Resultaten und rechnet z. B.
einen regulären, den ]\fund umfassenden Mundmuskel zur Körper-
muskulatur. Mit Hilfe der in dieser Arbeit aufgestellten Grund-
sätze ist die Muskulatur recht leicht zu entziftern und ohne weiteres
mit der von Salpa pinnata greg. zu homologisieren.
Die ]\rundmuskulatur (Fig. 6) ist entsprechend der Asymmetrie
der Tiere ebenfalls as3'mmetrisch. Apstein i) weist bereits darauf
hin. daß bei den asj'mmetrischen Kettensalpen die Tiere der einen
Kettenseite denen der andern spiegelbildlich sind, daß die einen Tiere
geAvissermaßen nach der einen Seite hin asj'mmetrisch sind, die
andern nach der andern. Ich bringe dies in Erinnerung, weil ich
im folgenden nur das Tier der einen Kettenseite beschreiben werde ;
bei dem der andern Kettenseite sind die asymmetrischen Bildungen
der linken Seite des beschriebenen auf der rechten Seite zu linden
und umgekehrt. Ich möchte die Erscheinung als Heteroasymmetrie
bezeichnen, sie ist bei den Kettensalpen in weiterm Umfange zu
erkennen, als Apsteix annimmt, d. h. nicht nur bei hochgradig
asymmetrischen Formen, wie C. virguJa. S. punctata, S. rostrata und
asymmetrka, sondern auch bei Formen, welche sich durch Fortsätze
auszeichnen, wie S. maxima. S. fusiformis u. a. Saes '^) macht schon
seinerzeit darauf aufmerksam, daß die Fortsätze bei S. fusiformis
bald auf der einen, bald auf der andern Seite ausgebildet sind.
Der Segelmuskel unterscheidet sich von den beschriebenen
Formen dadurch, daß der IVluskel A stärker ausgebildet ist und sich
seitlich verlängert, um an der Bildung des Zügelstücks teilzunehmen.
Auf der rechten Seite verbindet sich das Zügelstück des Segel-
niuskels mit dem obern Abschnitt des Bogenmuskels zu einem gemein-
vsamen ]\ruskel (Apstein's erstem Körpermuskel!), welcher bis an den
1. Körpermuskel reicht. Rechts verbindet es sich mit dem Zügel-
stück des Lippenmuskels. Der Lippenmuskel hat rechts sein normales
Gepräge, das kurze Zügelstück lehnt sich an den untern Abschnitt
des Bogenmuskels und verläuft in der Richtung nach unten; links
gehen die beiden Muskeln Bl und B2 ihre eignen "Wege: der
schmälere Muskel B 1 tritt an sein rechtmäßiges Zügelstück, während
B2 sich im Mundwinkel mit dem untern Abschnitt des Bogen-
1) Apsteix, 1. c. (p. 3).
2) Sars, in: Fauna littoralis Norvegiae, Heft 1, Christiania 1846.
über die Muskulatur der Salpen. 17
miiskels verbindet. Der obere Abscliuitt des linken Bogenmuskels
ist bedeutend länger als der des rechten, er erreicht trotzdem den
1. Körpermuskel nicht. Die beiden kleinen ^Muskeln c, von denen
der rechte länger ist, treten, einen Bogen beschreibend, wie gewöhn-
lich bis an den Muskel B2 heran.
Das merkwürdige Muskelbild dieser Salpe wird nicht zum
mindesten dadurch hervorgerufen, daß der 1. Cloakenmuskel (Fig. 7X)
dorsal so weit nach vorn rückt, daß er an den 2. Körpermuskel stößt.
Dadurch wird der 3. Körpermuskel aus der dorsalen Mediane ver-
drängt, ebenso der 4. Muskel, der auch bei Ä. pinnata nicht mit
seinem symmetrischen Muskel dorsal zusammenstößt ; der 1. Cloaken-
muskel ist wie bei allen greg. Cyclosalpen ein durchaus selbständiger
]\tuskel. Er ist hier sehr stark ausgebildet, in seiner Gestalt, von oben
gesehen, ungefähr fünfeckig, die rechte Seite ist länger als die linke.
Er ist wieder charakterisiert durch seine Insertion hinter der Magen-
gegend bzw. über ihr, da sich der Darmtractus bei dieser Salpe in
die Schwanzbildung auszieht.
Der 2. Cloakenmuskel zeigt ein besonderes Verhalten. Auf der
linken Seite ist ein kleines Zügelstück ausgebildet, auf der rechten
nicht. Der Muskel teilt sich links in 2 Äste, welche den rechten
Mundwinkel umlaufen und auf der ventralen Seite links nicht das
Zügelstück erreichen. Der 3. Cloakenmuskel zerfällt in eine geringe
Anzahl von schwachen Teilmuskelchen, deren dorsale Abschnitte sich
zu einem kuizen Zügelstück verbinden. Eine genauere Bestimmung
der Teilmuskeln muß ich mir versagen, da das Material sie nicht
zuließ.
Die Körpermuskulatur weist die normale Zahl von 4 Muskeln
auf, von denen die beiden ersten unter sich, die beiden letzten mit
dem 1. Cloakenmuskel eine Gruppe bilden. Die beiden Gruppen
ihrerseits sind durch starke dorsale Verkürzung dieser Salpe, wie
gesagt, bis zur innigen Berührung einander genähert. Die beiden
ersten Körpermuskeln stoßen dorsal zusammen, doch nicht in der
Mitte, sondern mehr rechts. Es ist dies die Stelle, welche Apstein ^)
in seiner Beschreibung als Muskelplatte (/r) bezeichnet. Dem asym-
metrischen Bauplan des Tieres entsprechend sind die beiden linken
Muskelabschnitte länger als die rechten, die linken stoßen bei ihrer
Insertion am vordem Winkel des Haftorgans zusammen und erinnern
durch dieses Verhalten an Sal2)a pinnata. Links von der Apstein-
1) 1. c. (p. 4).
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst.
18 R. Streiff.
sehen Muskelplatte lehnt sich der 1. Cloakenmuskel au die linke
Seite des 2. Körperniuskels. Bei oberflächlichem Hinsehen ist kaum
eine Grenze zu finden, doch ist sie bei näherer Cutersuchung- fest-
zustellen. Der linke 3. Körpernmskel lehnt sich in seinem oberu
Verlauf ein Stück weit eng an den 2. und tritt an deu Cloaken-
muskel au der Stelle, wo jener sich von diesem trennt. Der Verlauf
der andern Körpermuskeln ergibt sich aus den Abbildungen. Ich
hebe noch besonders hervor, daß die hintern Körpermuskeln nicht
etwa abgespaltene Äste des Cloakenmuskels sind, ihre Fasern stoßen
vielmehr senkrecht an die Fasern des Cloakenmuskels. Als zur
Körpermuskulatur gehörig habe ich noch 2 sonderbare breite, bisher
noch nicht beschriebene Muskeln auf der ventralen Seite zu er-
wähnen. Sie g-ehören zum Haftorgan, der eine erstreckt sich an
seiner Vorderseite mehr nach der rechten Seite hinneigend, der
andere umschließt in Form eines Halbz^iinders die linke Hinterseite
des Organs. Sie entsprechen, wie man wohl annehmen kann, dem
Teil der Muskeln von S. pinnafa greg.. welchei- sich in das Haftorg-an
hinein verlängert. Zu welchen Körpermuskeln der eine oder andere
dieser j\Iuskeln bei Sal2M virgula gehört, möchte ich nicht entscheiden ;
von Interesse ist ihre relativ starke Breite.^)
Im Folgenden möchte ich noch einmal die myologischen Merk-
male der untersuchten Cyclosalpen zusammenfassen.
1) Da die ApSTElN'sche Beschreibung der Muskulatur dieser Salpe
sehr kompliziert ist. bin ich nicht näher darauf eingegangen. Zur Orien-
tierung gebe ich folgende Tabelle der ArSTElx'scheu und meiner Be-
zeichnungen :
a ^ linke Hälfte des 1. Körpermuskels -|- Segelmuskel mit rechtem Zügelstück
(.1 = Teil des Lippenmuskels
ß = rechte Hälfte des 1. -|- linke des 2. Körpermuskels
ß' = unterer Teil des linken 2. Körpermuskels
ß" = 3. linker Körpei-muskel
y = rechte Hälfte des 2. Körpermuskels -j- rechte Hälfte des 1. Cloaken-
muskels
y' = ein Teil der linken Hälfte des 1. Cloakenmuskels
y" = ein Teil der linken Hälfte des 1. Cloakenmuskels -)- 4. linker Körper-
muskel
(5 = 3. rechter Körpermuskel
€ = 4. rechter Fvörpermuskel
/t ^ Teil der linken Hälfte des 1. Cloakenmuskels.
über die Muskulatur der Salpeii. 19
Solitäre Form: Für den Segelmuske] besteht eine Reduktion
im dorsalen Abschnitt und Zweiteiligkeit im ventralen, für den
Lippenmuskel Zweiteilio-keit im dorsalen Abschnitt und Einfachheit
im ventralen, für den Bogenmuskel Zusammenhang- mit dem kleinen
Muskel c. Körpermuskeln sind (> vorhanden. Die ersten beiden
Cloakenmuskeln sind einfach, der 3. ist nach dem rohrförmig'en
Cloakentypus gestaltet.
Greg-ate Form: Für die Mundmuskulatur gilt dasselbe (ab-
gesehen von der stärkern Ausbildung des dorsalen Segelmuskel-
abschnitts bei CycJos. virg. greg.). Körpermuskeln sind 4 vorhanden,
davon bilden die beiden ersten eine Gruppe, während die beiden
letzten mit dem 1. Cloakenmuskel zu einer Gruppe vereinigt sind.
Der 1. Cloakenmuskel zeigt keinerlei Eeduktion. Der 2. und 3. wie
bei der solitären Form.
Außer diesen beiden beschriebeneu Formen werden dem Unter-
genus Cijclosalpa zugerechnet Cijclosalpa affmis und Cijclosalpa floridana
Apstein (= C. hakeri Ritter). Cijclosalpa affmis schließt sich eng,
auch in der Muskulatur, soweit ich das nach den Abbildungen be-
urteilen kann und wie das schon oft von verschiedenen Autoren
hervorgehoben ist, an C. pinnafa an, so daß ich auf eine Besprechung
verzichten kann. C. floridana zeigt in der solitären Form den aus-
gesprochenen Tj'pus von r. virr/uJa. Aus der ApsTEiN'schen Ab-
bildung läßt sich die Übereinstimmung der Muskulatur mit C. virgula
ohne Zweifel ersehen. Trotzdem gibt Apstein^) für diese Form
10 Muskeln an und erreicht damit das Höchstmaß für die Cj'clo-
salpen; bei C. pinnata zählt er, wie gesagt, 8. bei C. virgida nur 7.
Es hängt damit zusammen, daß er außer den eigentlichen Körper-
muskeln bei C. virgida nur den 1. Cloakenmuskel mitrechnet, bei
C. pinnata die beiden ersten Cloakenmuskeln. während er bei C.
floridana außer diesen noch das Zügelstück des 3. Cloakenmuskels
bzw. seinen 1. Teilmuskel und den Bogenmuskel hinzuzieht. Es ist
dies ein eklatantes Beispiel dafür, wie willkürlich die Körpermuskeln
der Salpen bestimmt werden können. Allerdings sagt Aj-stein in
der Beschreibung, daß er nicht ganz sicher darüber sei, ob der 9.
und 10. ]\[uskel von C. floridana wirklich Körpermuskeln seien oder
1) 1. c. (p. 1).
2*
20 ^- Streiff,
zur Ausströmini.o-söffniin^ gehören. Apstein läßt den Bogen niiiskel,
seinen 1. Körpermuskel, dorsal hinter dem Ganglion verlaufen,
während Rittek ^) ihn vor dem Ganglion einzeichnet. Ich glaube,
daß Ritter wohl in dieser Beziehung recht hat. Der Muskel, der
nach Apstein's Beschreibung von der Einströmungsöffnung kommt
und mit dem 2. Körpermuskel verschmilzt, ist nach meiner Nomen-
klatur das Zügelstück des Lippenmuskels. Die Muskeln der gregaten
Form von S. floridana mit denen der beschriebenen zu homologisieren
ist schwierig, da die ApsTEiN'sche Abbildung zu schematisch ist.
Eher ginge es nach der RixTER'schen Abbildung. r>er 1. Cloaken-
muskel stößt jedenfalls dorsal mit dem 3. Körpermuskel zusammen,
der 4. Körpermuskel scheint sich ähnlich wie bei C. vircjula zu ver-
halten. Ganz eigentümlich ist der 2. Körpermuskel gebildet, da die
beiden Hälften dorsal nicht zusammentreten. Die eine Hälfte ver-
schmilzt dorsal mit dem 1. Körpermuskel, während die zweite nur
ventral mit ihm verbunden ist, sich in der Mitte der Körperseite
nach hinten wendet und an den 3. Körpermuskel tritt.
Außer diesen 4 unzweifelliaften Cj'closalpen könnte man viel-
leicht noch eine Form zu dieser Gruppe rechnen, deren verwandt-
schaftliche Beziehungen unklar sind. Ich meine Salpa rostrata.
Leider lag sie mir nicht zur Untersuchung vor, so daß ich meine
Schlüsse nur nach den Abbildungen von Apsteix ziehen kann.
Apstein gibt die Muskulatur der Körperöffnungen nicht an. Ganz be-
sonders scheint mir die greg. Form für eine Verwandtschaft mit
C. virgula zu sprechen. Die asj'mmetrische Muskulatur ist in ihrer
Anordnung der von S. virgula sehr ähnlich und ganz anders als z. B.
bei einer andern ebenfalls asj^mmetrischen Salpe aus der Gruppe
der Polymyarier, nämlich Salpa imndata. Die Vierzalil der Muskeln
scheint nach der Abbildung sicher zu sein, ebenso das Zusammen-
treten des 1. Cloakenmuskels mit dem 2. Körpermuskel, auch scheint
mir die ApsTEix'sche Muskelplatte vorhanden zu sein. Bei dem
Embi-yo, den Apstein abbildet, lassen sich auch Beziehungen zu den
Cyclosalpen erkennen. Die Zahl der Muskeln ist 6; Apstein gibt
allerdings 7 an. doch ist der 7, nach meiner Einteilung der 1. Cloaken-
muskel. Daß diese Salpe einen Nucleus hat, ist nicht von schwer-
wiegender Bedeutung, sie könnte in dieser Beziehung eine Über-
1) Ritter, The pelagic Timicata of the Sau Diego Region, excepting
tbe Larvacea, in : Univ. California Publicatious, Zool., Vol. 2, No. 3,
p. 51—112, 1905.
über die Miisknlatm- der Salpeii. 21
g'angsfonii sein. Auch bei C. virgiila greg. ist eine Konzentnerung-
der Eingeweide vorlianden. C. virgula stellt aber sicher in mancher
Beziehung eine Übergangsform dar, wovon später noch die Rede
sein wird.
Nach dem LAHiLLE'schen System müßte S. rostrata gemeinsam
mit S. mucronata zur Gattung Thalia gehören, was Apstein gründlich
zurückgewiesen hat. Ich gebe die Annahme, daß Salpa rostrata
ev. zu den Cyclosalpen gehören könnte, natürlich mit Vorbehalt
wieder. Erst genaue Untersuchungen der Muskulatur können die
Frage klären.
Untergenus Salpa.
1. Gruppe: Polymyarier.
SaJpd inaxima sol.
(Fig. 9—11.)
Die Mundmuskulatur der solitären Formen dieser Gruppe zeigt
der der Cyclosalpen gegenüber wesentliche Unterschiede. Salpa
niaxima kann sehr gut als Typus gelten. Der ventrale Abschnitt
des Segelmuskels zerfällt allerdings nicht in 2 Teilmuskeln wie bei
ihren Verwandten (und auch bei den Cyclosalpen), sondern er ist
einfach. Der dorsale Abschnitt ist bedeutend schmäler, er verläuft
auf dem schmalen obern Segel und trilft nicht mit seinem symmetrischen
Muskel in der dorsalen Medianlinie zusammen, sondern endet in eine
Spitze ausgezogen viel früher. Beide Abschnitte des Segelmuskels
verbinden sich zu einem gemeinsamen Zügelstück. Der Lippenmuskel
besteht dorsal aus 2 Teilmuskeln, von denen Muskel B2 gut aus-
gebildet ist, während Muskel B 1 bereits eine Reduktion zeigt, in-
dem er dorsal, wie Muskel .1, unterbrochen ist. Ventral weist er
außer seinem bekannten ventralen Abschnitt noch, wie bei C. virgula
sol., das kleine Muskelchen h 2 auf, welches dem Flimmerbogen bzw.
dem Bogenmuskel parallel läuft. Das Zügelstück des Lippenmuskels
ist auf ganz andere Weise gebildet, als wir es bis jetzt kennen
gelernt haben. Der vordere Rand des Muskels hat sich im Mund-
winkel nach außen umgeklappt und in der Richtung nach
hinten zum Zügelstück verlängert (vgl. Fig. 9 sh), der Muskel selbst
liegt also unter seinem Zügelstück; die morphologische Innenseite des
Zügelstücks, welche eine Fortsetzung der Innenseite des Muskels
ist, ist nach außen gekehrt. Der Bogenmuskel ist relativ kurz und
breit, mit dem kleinen Muskel c hängt er nicht zusammen.
22 R- Stkeiff,
Der 1. Cloakenmuskel imterscheitlet sich kaum von den Körper-
muskeln, er ist nur wenig schmäler. Er inseriert hinter dem Nucleus
in der Nähe zweier sonderbarer knopfföimiger Verdickungen, welche
nur bei *S. maxima sol. vorhanden sind (Fig. 11 Fs). Meyen^) hielt
sie seinerzeit für Ovarien; dieser Irrtum wurde von Apstein be-
richtigt. Der 2. Cloakenmuskel (Fig. 10) ist bedeutend schmäler,
seitlich ist er in der Richtung nach vorn geknickt und läuft in ein
kurzes Zügelstück aus. Der 3. Cloakenmuskel ist ähnlich wie bei
C. viryula sol. gebildet. Die Zahl der Teilmuskeln beträgt 14—16,
die vordem sind breiter, nach hinten werden sie allmählich schmäler.
Die obern dorsalen Teilmuskein vereinigen sich zu einem Zügelstück,
welches an der Innenseite des 2. Cloakenmuskels vorübergeht. Die
ventralen Teilmuskeln sind parallel und den dorsalen übergelagert,
wie das aus der Abbildung hervorgeht. Der kleine Muskel a (vgl.
Abbildung) findet sich mit großer Regelmäßigkeit; er stellt wahr-
scheinlich ein abgetrenntes Stück vom Zügelstück dar.
Die Zahl der dazwischenliegenden Kürpermuskeln beträgt ge-
wöhnlich 8; hin und wieder finden sich auch 9. wie dies auch von
andern Autoren angegeben wird, wobei dann meistens 2 Muskeln
durch Anastomosen miteinander verbunden sind. Die IMuskeln sind
parallel, manchmal nähern sich die 3 ersten Muskeln ein wenig in
der dorsalen Medianlinie, besonders nahe rückt der 1. an den 2.
heran. Alle Muskeln sind als Halbringe nur auf die obere Seite des
Körpers beschränkt.
Salpa maxima greg.
(Fig. 12-14.)
Die 3 Mundmuskeln sind im Mundwinkel anders gelagert als bei
der solitären Form : Das Zügelstück des Segelmuskels liegt wie dort
über dem des Lippenmuskels, der Bogenmuskel dagegen kreuzt die
beiden Zügelstücke nicht an der Innenseite, sondern läuft an der
Außenseite über sie hinweg, eine Anordnung, welche sich nur bei den
gregaten Formen der Polymyarier triift. Der Segelmuskel ist dorsal
ebenso wie bei der solitären Form beschaffen, ventral teilt er sich
in 2 Teilmuskeln. Durch die Verbindung des dorsalen und ventralen
Abschnitts zu einem Zügelstück zeigt er dieselben Verhältnisse wie
1) Metex, Beiträge zur Zoologie, gesammelt auf eiuer Reise um die
Erde, 1. Abt., Über die Salpen, in: Nova Acta Acad. Leop. Card.,
Vol. 16, 1832.
über die Muskulatur der Salpeii. 23
S. virgula greg. Der Lippenmuskel ist anders gestaltet als bei der
solitären Form, das durch Umklappuiig entstandene Zügelstück fehlt.
Das hier voi'handene Zügelstück ist sehr schmal, es stellt eine Ver-
längerung des dorsalen Muskelabschnitts dar. Morpholog-isch gleich-
Avertig ist dieses Zügelstück vielleicht dem kleinen IVhiskel h2 der
solitären Form. Der ^Muskel B 1 ist hier dorsal nicht unterbrochen,
doch ist insofern ebenfalls der Anfang einer Reduktion vorhanden, als er
bedeutend schmäler ist als Muskel B2, während bei den Cyclosalpen
beide Teiluiuskeln gleichstark entwickelt sind. Der Bogenmuskel
ist länger und schmäler als bei der sol. Form, am untern Ende teilt
er sich in 2 kurze Aste, von denen sich der eine in der Richtung-
nach vorn wendet.
Den 1. Cloakenmuskel bespreche icli im Zusammenhang mit der
Körpermuskulatur. Der 2. und 3. verhalten sich ebenso wie bei der
sol. Form, sie sind nur schwächer entwickelt (Fig. 13). Der 2. hat
auch den seitlichen Knick, jedoch kein Zügelstück. Der 3. besteht
aus weniger Teilmuskeln, dagegen ist sein Zügelstück länger und
verläuft gerade nach vorn.
Die Körpermuskeln sind ebenso wie bei den Cyclosalpen und
wie fast bei allen gregaten Formen der bekannten Salpen- Arten in
2 deutlich voneinander geschiedenen Gruppen angeordnet. Der ersten
Gruppe gehören in der für die Polymyarier charakteristischen Weise
4 Muskeln an. welche sich in der dorsalen Medianlinie aneinander-
legen. Genauer gesagt, legen sich nur ]\Iuskel 2 und 3 aneinander,
während Muskel 1 und 2 einerseits und 3 und 4 andrerseits mit-
einander verschmelzen. Man kann die beiden Muskelpaare als je einen
sich zu beiden Seiten der dorsalen Mittellinie in 2 Äste gabelnden
Muskel auffassen. Es läßt sich dann diese Muskelgruppe direkt auf
die 1. Körpermuskelgruppe der Cyclosalpen zurückführen. Dasselbe
gilt auch ohne weiteres von der 2. Muskelgruppe, zu der sich genau
wie bei den Cyclosalpen die beiden letzten Körpermuskeln und der
1. Cloakenmuskel vereinigen. Der Unterschied besteht darin, daß
der 1. Cloakenmuskel hier seine Selbständigkeit verloren hat, er hat
gewissermaßen die Rolle mit dem letzten Körpermuskel getauscht
und erscheint auf seine Kosten reduziert. Denn während jeuer bis
zur dorsalen Medianlinie vordringt (vgl. Cyclosalpen), bleibt dieser
als selbständiger Muskel auf die untere Seitenhälfte des Körpers
beschränkt. Der 5. Körpermuskel ist von der Medianebene zunächst
nach vorn gerichtet, biegt dann erst gerade nach unten, der G. Muskel
läuft von der Mittellinie gerade nach unten. Seitlich teilt er sich
24 R- Streiff,
in einen vordem, seine eigne Fortsetzung- bildenden, und einen hintern
Ast, welcher den 1. Cloakenmuskel vorstellt. Der eine Ast des 6. Muskels
und zwar auf der Seite, wo sich der hintere Fortsatz der Salpe be-
findet, ist ventral ein kleines Stück weit unterbrochen. Dadurch
entsteht ein kleines isoliertes, vor dem Xucleus gelegenes Muskel-
stückchen, welches für S. maxima greg. und S. fusifonnis greg.
charakteristisch ist (vgl. Textfig. E u. G 6'y). Es kann, wie an-
gedeutet wurde, ebenso wie der hintere Fortsatz bald rechts, bald
links gelegen sein dank der Heteroasymnietrie dieser Salpe.
Der hintere Ast des 6. Muskels, der 1, Cloakenmuskel, ist dorsal
mit ihm verschmolzen, doch ist die Verschmelzungslinie oft deutlich
erkennbar. Als 1. Cloakenmuskel dokumentiert sich dieser Muskel
unzweideutig durch seine Insertion hinter bzw. über dem Nucleus,
an der ventralen Basis des Cloakenrohres.
Sdlpa fusifot'niis sol.
(Fig. 15.)
Über diese Salpe kann ich mich recht kurz fassen, da die
Muskulatur im großen und ganzen fast völlig mit der von S. maxima
übereinstimmt. Die Cloakenötfnung zeigt insofern eine kleine Ab-
weichung vom richtigen ßohrtypus. als sie bedeutend verkürzt ist
und nicht wie bei S. maxima über den Xucleus hinwegreicht. Sie
ist dorsoventral abgeplattet, man könnte von einer Ober- und einer
Unterlippe sprechen. Der dorsale Rand hat median eine kleine
Einkerbung. Entsprechend dieser Gestaltung ist auch die Mus-
kulatur der Cloakenöffnung besonders differenziert. Der ganze
Apparat der Cloakenöffnung läßt eine Andeutung des Typus er-
kennen, wie wir ihn bei den Oligomyariern kennen lernen werden.
Der Segelmuskel ist ventral in 2 Teilmuskeln gespalten, ebenso
wie bei der greg. Form von S. maxima oder wie bei den Cyclosalpen.
Der Lippenmuskel ist ganz so beschaffen wie bei S. maxima sol.,
auch hier findet sich ein sekundäres übergeklapptes Zügelstück.
Der 1. Cloakenmuskel, der von den Autoren wie bei S. maxima
stets zur Körpermuskulatur gerechnet wird, da er sich in der Größe
auch gar nicht von ihnen unterscheidet, rückt in der Medianlinie
bis zur Berührung mit dem letzten Körpermuskel vor. Der 2. Cloaken-
muskel ist seitlich in der Richtung nach vorn geknickt, er hat kein
Zügelstück, wohl aber die erste Andeutung eines solchen, da die
Muskelfasern des ventralen Abschnittes nicht kontinuierlich in den
über die Muskulatur der Salpen. 25
dorsalen übergehen, sondern senkrecht zu ihnen stehen, wie das aus
der Abbiklimg- (Fig. 15) ersichtlich ist. Der obere dorsale Abschnitt
des 3. Cloakenmuskels, dessen Ziigelstück den vorigen an der Knick-
stelle von innen kreuzt und neben dem Ende des 1. CJloakenmuskels
zur Insertion kommt, zerfällt in ungefähr 10 Teilmuskeln. Die ei'-
wähnte Eigenart besteht darin, daß die beiden ersten Teilmuskeln
die folgenden an Breite bedeutend übertreffen, der 1. ist sogar
breiter als der davor gelegene 2. Cloakenmuskel. Ferner zeigen
einige der folgenden mediane Schleifenbildungen, wie das auch bei
den Oligomyariern vorkommt. Wie bei Scdpa maxinia sol. ist auch
hier ein kleines Muskelchen « vorhanden.
Die Köpermuskeln sind auch in der Achtzahl vorhanden. Die
Annäherung der 3 ersten Muskeln, welche bei /Sa/p« maxima sol.
hin und wieder schwach augedeutet ist, ist hier stets bis zur völligen
Berührung durchgeführt.
Salpa fiisiforniis greg.
Die Muskulatur der Mund- und Cloakenöffnung ist ebenso be-
schaffen wäe bei Salpa maxima greg. ivleine Unterschiede zeigen
sich im Verhalten des Bogenmuskels auf der dorsalen Seite, er ist
hier länger und läuft in seinem hintern Abschnitt der Längsachse
des Körpers nahezu parallel. Der letzte Cloakenmuskel hat ein
paar Teilmuskeln weniger.
Die Zahl und die Gruppierung der Körpermuskeln ist genau
dieselbe. Als wichtiges diagnostisches Merkmal zur Unterscheidung
von S. maxima und fusiformis, auch für den ungeübten Beobachter,
ist das seitliche Zusammentreten des 4. und 5. Körpermuskels be-
kannt. Die beiden ersten und der 3. und 4. Körpermuskel hängen
auch hier so eng zusammen, daß man sie als je 2 Aste eines Muskels
auffassen kann. Die Verbindung des 2. und 3. Muskels dorsal ist
hier inniger als bei S. maxima.
Erwähnen möchte ich noch, daß Apstein den Verlauf des
1. Cloakenmuskels bei S. fusiformis, maxima und einigen andern
typischen Polymyariern in seinen Abbildungen immer richtig angibt.
Salpa punctata sol.
(Fig. 16—18.)
A\'er diese Salpe nur in konservierten Individuen gesehen hat,
kann sich schwer einen Beeriff von der zarten hellbläulichen Farbe
26 R Stkeiff,
ihres Mantels und der scliünen gefälligen Form ihres Körpers
machen. Ich habe sie leider nur ein einziges Mal lebend zur Unter-
suchung bekommen, es war ein prächtiges ausgewachsenes Exemplar;
gleichzeitig wurde mir eine Kette mit reifen Embryonen gebracht.
Sowohl an dem ausgewachsenen Tier als auch an den freigewordenen
relativ großen, etwa 2^2 ^"Hi langen Eml)rYonen konnte ich die
außerordentliche Geschicklichkeit und Schnelligkeit, mit der sich
diese Tiere beAvegen , beobachten. Bei jeder Kontraktion der
stark entwickelten Muskulatur schießen sie geradezu durch das
A\'asser. Die charakteristische Körperform dieser Salpe. welche eine
Verengerung des Körperquerschnittes vor der Cloakenöifnung auf-
weist (Fig. 16). Avie das schon Vogt ') bei einem abgebildeten Embryo
gut wiedergibt, begünstigt jedenfalls die Schnelligkeit beim Schwimmen.
Der Versuch, den ich machte, das erwachsene Exemplar in (^hrom-
essigsäure zu konservieren, mißlang vollständig, der Körper schrumpfte
zu einem Klumpen zusammen. Ein anderes erwachsenes Exemplar,
welches mir Heri- Dr. Dayidoff in liebenswürdiger Weise überließ,
war in Formol konserviert worden und hatte die Form ganz gut
erhalten. Die Embrj'onen ließen sich in Chromessigsäure leidlich
konservieren, sehr gut in Flemming "scher Lösung.
Das Cloakenrohr dieser Salpe ist Avie bei S. fusiformis dorso-
ventral abgeplattet, aber nicht verkürzt, sondern es ragt Avie bei
S. maxima über den Nucleus hinaus.
In der allgemeinen Beschaifenheit dei- Muskulatur nimmt diese
Salpe eine Sonderstellung in ihrer Gruppe ein. Die Muskeln sind
nicht ventral unterbrochen, sondern umgeben als geschlossene Ringe
den Körper. Sie zeichnen sich außerdem durch ihre große Breite
aus; die Intermuscularräume sind daher sehr schmal.
Die Mundmuskeln sind auch bi'eiter. In der Abbildung (Fig. 17)
habe ich die Mundmuskulatur eines eben freigeAvordenen Embryos
AAiedergegeben. Der dorsale Abschnitt des Segelmuskels verhält
sich abAveichend. indem er nicht A'om Zügelstück ausgeht; er
Avendet sicli nicht zum Mundwinkel, sondern geht am Rande
bleibend direkt vom obern Segel in das untere über und ver-
bindet sich hiei- durch Anastomosen mit dem vordem Ast des Avie
bei S. fusiformis gespaltenen ventralen Teil des Segelmuskels. Der
Lippeumuskel hat das für die solitären Formen der Polymyarier
charakteristische sekundär gebildete Zügelstück. Avelches hier eine
1) 1. c.
über die Muskulatur der Salpeu. 27
einzig- dastehende Ausbildung- erfahren liat : es ist enorm verläng-ert.
Am Vorderrand des 1. Körpermuskels teilt es sich in 2 Äste: der
obere (Fig. 16 sho) kreuzt die Körpermuskeln an der Innenseite und
endet am Hinterrand des 7. Körpermuskels, der untere läuft mehr
ventrahvärts und ebenfalls an der Innenseite der Körpermuskeln
bis zum Hinterrand des 3. Apsteix \) hat diese Muskeln beschrieben
und abgebildet. Der Muskel h 2. welchei* bei den beschriebenen
Polvmvariern als kleines Muskelclien ausgebildet war. ist hier mit
dem untern Teil des Bogenmuskels zu einem breiten Muskel ver-
schmolzen, welcher ventral nicht unterbrochen ist. Der obere Teil
des Bogenmuskels ist auch abweichend gestaltet, er verschmälert
sich medianwärts, lehnt sich an den 1. Körpermuskel und ist in der
dorsalen Mitte ebenfalls nicht unterbrochen. Der Bogenmuskel bildet
also bei dieser Salpe gleich den Körpermuskeln einen geschlossenen
Reifen. Der Bogenmuskel verläuft dorsal direkt hinter dem Ganglion ;
es ist das einer von den Fällen, welche ich in der Einleitung an-
deutete. Der Muskel c ist beim erwachsenen Tier relativ lang und
breit, er reicht bis zum Vorderrande des Muskels B 2.
Die Cloakenmuskulatur weist einzelne Unterschiede auf. welche
jedoch nicht wesentlicher Natur sind. Der 1. Cloakenmuskel tritt
wie bei S. fusiformis dorsal in der Mediane an den letzten Körper-
niuskel heran. "\Me die Körpermuskeln ist er ventral nicht unter-
brochen. Seitlich ist er in der Richtung nach hinten ausgebuchtet,
fast bis zur Berührung mit dem folgenden Muskel. Der 2. Cloaken-
muskel rückt dorsal in der Mediane auch nach vorn, recht nahe an
den 1. heran, ventral teilt er sich in 2 Teilmuskeln ij 1 und y 2
(Fig. 18), einen vordem breitern und einen hintern viel schmälern,
ein Verhalten, das wir bei einigen Oligomyariern wiederlinden
werden. Das Zügelstück des 3. Muskels ist relativ sehr breit, es
kreuzt die beiden vorhergehenden Muskeln an der Innenseite. Die
beiden symmetrischen Zligelstücke inserieren auf der ventralen
Medianlinie nicht getrennt, sondern laufen direkt hinter dem Nucleus
vor dem 1. Cloakenmuskel ineinander über. Die beiden vordem
dorsalen Teilmuskeln sind wie bei S. fusiformis breiter als die fol-
genden, die hintern zeigen median den Anfang einer Differenzierung.
Anders, als wir es kennen gelernt haben, verhalten sich die Teil-
1) Apsteix. Die Salpen der deutschen TiefseeexpeJitiou, iu : Wiss.
Ergcbn. der deutschen Tiefseeexpedition auf d. Dampfer Valdivia 1898 — 99,
Vol. 12. Lief. 3. 1906.
28 R- Stbeiff,
muskeln der ventralen Hälfte. Sie kreuzen auch hier das Züg-el-
stück an der Außenseite, enden aber dann nicht frei, sondern g'ehen
in die dorsalen Teilmuskeln über, wie es auf der Abbildung wieder-
gegeben ist.
Die Zahl der Körpermuskeln ist wie bei den beiden beschriebenen
Formen 8. Apstein gibt 10 an. Er rechnet hier auch den Bogen-
muskel zur Körpermuskulatur, während er bei S. maxima und S. fusi-
formis nur den 1. Cloakenmuskel dazu zählt.
Sfilpa punctata greg.
(Fig. 19—21.)
Diese Salpe gehört zu den hochgradig asj^mmetrischen Formen,
dementsprechend ist auch die Heteroasymnietrie sehr deutlich. In
der Ausbildung der Muskulatur schließt sie sich vollkommen dem
Typus der beschriebenen Polymyarier an. Im Folgenden soll ein
Tier der linken Kettenseite beschrieben werden, welches sich da-
durch auszeichnet, daß die Muskulatur des vordem Körperendes
links verkürzt und rechts verlängert, am hintern Körperende da-
gegen rechts verkürzt und links verlängert ist. Besonders klar
treten diese Verhältnisse beim Bogenmuskel einerseits und beim
letzten Körpermuskel andrerseits zutage. Beim Tier der rechten
Kettenseite liegt das spiegelbildliche Verhalten vor. Die dorsal
liegende Mundöffnung ist schief. Die Cloakenöffnung ist rohrförmig.
Der obere Band der Öffnung hat median einen kleinen Vorsprung.
AVas das allgemeine Verhalten der Muskulatur anbetrifft, so
zeigen die ]\ruskelreifen in ihrem Bau eine Eigentümlichkeit, welche
ich sonst bei keiner Salpe gefunden habe. Schon bei schwacher
Vergrößerung unter der Lupe sieht man , daß jeder Muskelreifen
aus einem dunklern mittlem breiten Streifen besteht, man könnte
ihn als Markstreifen bezeichnen; auf jeder Seite befindet sich
noch ein schmaler heller Streifen, ein Rindenstreifen. Den feinern
Bau dieser verschiedenartigen den Muskel zusammensetzenden
Elemente habe ich nicht untersucht.
Die Mundmuskulatur stimmt in ihrem allgemeinen Verhalten
ganz mit dem überein, wie wir es bei den beiden vorhergehenden
Arten kennen gelernt haben. Der Bogenmuskel ist. wie gesagt, auf
der rechten Seite stärker entwickelt als auf der linken, er ist länger
und bedeutend breiter, namentlich auf der ventralen Körperhälfte.
Der 2. Cloakenmuskel — den 1. bespreche ich wieder im Zu-
über die 3Iuskulatiu- der Salpeii. 29
sammeiiliang- mit den Körpermuskeln — ist ein einfacher Ring. Der
3. Cloakenmuskel (Fig. 19) ist bedeutend komplizierter als bei den
gregaten Formen der beiden beschriebenen Salpen. er ist älmlich
differenziert wie bei der solitären Form dieser Salpe und der
Salpa fusiformis. Von dem gemeinsamen Zügelstück gehen dorsal
5 Teilmuskeln ab. von denen die beiden ersten nach vorn, die H
andern nach hinten gerichtet sind, der vorderste bildet eine halb-
kreisförmige Sclileife nach vorn, der distalste eine kleine Schleife
nach hinten, welche sich in den Vorsprung des Randes der Oftnung
hineinstreckt. Ventral geht von dem Zügelstück nur ein Teilmuskel
ab. Außer diesen Teilmuskeln kommen noch 3 hinzu, welche un-
unterbrochene Ringe bilden und nicht mit dem Zügelstück in Zu-
sammenhang stehen. Ihr Verlauf ist aus der Zeichnung zu ersehen.
Zur Körpermuskulatur gehören 6 Muskeln, von denen einerseits
die 4 ersten dorsal genähert sind, andrerseits stoßen der 5. und 6.
zusammen. Es bilden also dieselben Muskeln Gruppen wie bei den
andern Poljmyariern, doch ist der Verlauf im einzelnen hier anders.
Die beiden ersten Muskeln sind dorsal in der Mitte und auf der
ganzen linken Seite miteinander vereinigt und setzen sich links
ventral recht weit nach vorn an. Ihre Ausdehnung von der
dorsalen Medianlinie bis zum ventralen Ansatz ist viel kürzer
als auf der rechten Seite. Rechts von der dorsalen Medianlinie
teilen sich die beiden Muskeln, der 1. inseriert ventral auf der
rechten Seite weiter nach hinten als auf der linken Seite, der 2.
ist enorm verlängert und reicht ventral auf die linke Seite hinüber,
seine Insertion ist sehr Aveit nach hinten versetzt in den luter-
muscularraum zwischen dem 5. und 6. Körpermuskel der linken
Seite. Die beiden folgenden Muskeln berühren sich weder unter-
einander noch mit dem 2. Körpermuskel, doch ist die Entfernung
zwischen diesen Muskeln eine geringere als zwischen dem 4. und 5.
Die beiden Hälften des 3. und 4. Muskels sind ungefähr sleichlang,
während beim 5. die linke Seite länger wird. Extrem wird dieses
Verhältnis beim 6. Muskel, welcher auf der rechten Seite sehr lang
ist, auf der linken Seite dagegen besitzt er kaum die Hälfte seiner
Länge auf der rechten. Die Anlehnung des 6. Muskels an den 5.
geschieht in besonderer Weise. Dorsal in der ]\Iitte lehnt sich nur
der hintere hellere Streifen (vgl. oben) eng an den 5. Muskel an.
» die Faserenden des dunklen mittlem Streifens und des vordem
heilern treten unter einem stumpfen Winkel an ihn heran (vgl.
Fig. 20 ö u. 6). die beiden Hälften des 6. Muskels sind also median
30 R- Streiff,
mit dem 5. mir durch den li intern heilern Streifen verbunden.
Ventral inseriert die linke Muskelhälfte vor, die rechte zur Seite
des Nucleus (Fig-. 21 6). An den 6. ^luskel bzw. an seinen hintern
hellen Streifen scliließt sich dorsal fest ein nui- aus einem eben-
solchen hellen Streifen bestehender Muskel an, welcher sich seitlich
von ihm trennt und über der Xucleuspartie bzw. hinter ihr zur
Insertion kommt: es ist der stark reduzierte 1. Cloakenmuskel.
Zunächst hatte ich diesen Muskel übersehen und glaubte schon, daß
er hier völlig fehle. Erst bei genauerer Untersuchung konnte ich
ihn als ein sehr schmales, schwach lichtbrechendes Bändchen fest-
stellen. Wie ich bereits mitteilte, fehlt der Muskel bei den Oligo-
myariern, bis auf eine Ausnahme; es war daher von besonderem
Interesse, auch hier die starke Reduktion zu konstatieren.
Die gemeinsamen myologischen Merkmale der untersuchten Poly-
myarier sind die folgenden: Solitäre Form: Der Segelmuskel ist
dorsal einteilig, ventral zweiteilig (bei S. maxima sol. einteilig). Der
Lippenmuskel ist dorsal zweiteilig, ventral einteilig mit kurzem
Muskel h 2 und sekundärem Zügelstück. Der Bogenmuskel ist vom
kleinen Längsmuskel c getrennt. Ivürpermuskeln sind 8 (oder mehr)
vorhanden. Die beiden ersten Cloakenmuskeln sind einfach, der 3.
nach dem rohrförmigen Cloakentypus gestaltet (mit beginnender
Differenzierung bei S. fusiformis und inmctaia). Gregate Form:
Der Segelmuskel ist dorsal einfach, ventral zweiteilig. Der Lippen-
muskel dorsal zweiteilig, ventral einfach, mit einfachem Zügelstück.
Der Bogenmuskel ist vom Längsmuskel c getrennt, er liegt als
äußerster Muskel den beiden andern Mundmuskeln auf. Körper-
muskeln sind 6 vorhanden, die 4 ersten bilden eine Gruppe, die 2
letzten bilden zusammen mit dem 1. Cloakenmuskel eine Gruppe. Der
1. Cloakenmuskel ist nur ventral selbständig, der 2. ist einfach,
der 3. nach dem rohrförmigen Cloakentypus gestaltet.
Als unzweifelhaft in diese Gruppe gehörig betrachte ich außer
der erwähnten Salpa cißindrica (vgl. Apsteix. Teaustedt) Saljja
fusiformis rar. ccMnntcL Salpa amhoinensis und Salpa asymmeirica.
Nach den Abbildungen von Apsteix scheint mir darüber keine
weitere Diskussion notwendig zu sein. Ferner bin ich geneigt hier-
her zu zälilen Salpa liexagona, Salpa picteti und Salpa tilesii. Der
über die Miiskulatur der Salpen. 31
völlige Nachweis kann natüiiicli erst durch die l'ntei'.suchiino- oe-
bracht werden, doch spricht manches, was man aus den Abbildungen
erkennen kann, dafür, l^ei den solitären Formen ist es vor allem
die große Zahl der Körpermuskeln und die rohrförmige Cloaken-
öffnung-. was auf eine Zug'ehörigkeit zu den Polymj'ariern hinweist.
S. amboinensis sol. hat schon 1 oeler 2 Muskeln mehr als S. maxinia,
bei S. picteti erreicht die Zahl ein ]\raximum. Ich erwähnte schon
bei der Beschreibung- von S. ma.iima. daß sich manchmal ein Muskel
verdoppelt und daß dann die beiden Muskeln durch Anastomosen
verbunden sind. Es ist genau dasselbe Bild, wie wir es bei
S. amhoinensis und pidcii linden, wo ebenfalls oft viele Muskeln
miteinander durch Anastomosen verbunden sind. Auch die Mund-
muskulatur scheint, soweit sie bei Apstein eing'ezeichnet ist, mit
der von Salim maxima übereinzustimmen. S. Hlesii hat ein ganz
eigenartiges Mu.skelbild. einmal deswegen, weil die Muskeln
mehrfach unterbrochen sind, dann auch, weil sie so schmal sind.
Doch ist ihre Zahl sehr groß. In der Form des Hinterendes
ähnelt diese Salpe der S. imncUda: die Form der Cloaken-
öffnung läßt sich auf die von S. pnnctata zurückführen, denn
schon dort bogen sich die beiden Seitenränder des Cloaken-
rohres recht weit seitlich vor, besonders die Spitzen. Denkt man
sich diese Seitenränder verlängert, so kommt man zu den beiden
Fortsätzen der S. tilesii. im übrigen hat sie den ausgesprochenen
rohrförmigen Cloakentypus. Das letztere gilt auch für S. hexagona
sol. Diese Form erinnert wieder durch die sehr breiten Muskel-
bänder und die oft verschwindend schmalen Intermuscularräume an
5. pundata. Die Zahl der Muskeln stimmt auch vielleicht überein,
doch läßt sich das nicht genau feststellen. Die gregate Form von
SciJpa hexagona zeigt in charakteristischer Weise die bekannten
2 Muskelgruppen zu 4 bzw. 2 Ivörpermuskeln. Der 1. Cloaken-
muskel ist bei Apsteix leider nicht angegeben. Bei der gregaten
Form der S. tilesn sind die Körpermuskeln auch in 2 Gruppen an-
geordnet. Nach der Lage des Embryos zu urteilen ist der Muskel,
welchen Apsteix als 4. angibt, der 1. ]\Iuskel der 2. hintern Gruppe,
der von dem 2. Muskel dieser Gruppe sehr weit entfernt ist. den
6. Muskel (Apsteix) halte ich daher für den 1. Cloakenmuskel, welcher
hier nur in der Mitte mit dem letzten Körpermuskel verbunden
wäre und sich recht bald seitlich von ihm trennen würde. Zur
1. Gruppe würden in diesem Falle nur 3 Muskeln gehören, was
übrigens auch bei S. cißmdrica. deren Zugehörigkeit zu den Poly-
32 R- Streiff,
myariein außer Zweifel steht, der Fall ist. Diese beiden Salpen
maclieu damit eine Ausnahme von der für die gre;saten Formen der
Polymyarier aufg'estellten Yierzahl in der 1. Gruppe der Kürper-
muskeln. Höchstwahrscheinlich gehört auch S. magalhauica in diese
Gruppe, doch möchte ich mich nicht näher dazu äußern, da ich die
Muskulatur nach den Abbildungen niclit sicher bestimmen kann.
Nach dem LAiiiLLE'schen System müßten S. hexagomi, tilesil und
magalhanica dem Untergenus Jasis (mit S. sonaria zusammen) zu-
gezälilt werden. Ich halte das, abgesehen von andern Gründen,
schon deshalb für ausgeschlossen, weil sie alle in beiden Formen
eine rohrförmige Cloakenöffnung besitzen.
2. Gruppe: Oligomyarier.
Salpa cotifoederata sol.
(Fig. 23.)
Wie bereits in der Einleitung bemerkt wurde, ist diese Salpe
die einzige unter den Oligomyariern. welche eine rohrförmige Cloaken-
öffnung besitzt, w^ährend alle andern, auch ihre gregate Form, sich
durch eine w^ohlausgebildete Verschlußeinrichtung der Cloakenöfthung,
eine Klappe, auszeichnen. Mir standen 2 Exemplare zur Verfügung.
Bei dem einen konnte man am dorsalen Rand des Cloakenrohres
ein eingeklapptes Segel beobachten, ähnlich wie es bei den Klappen
vorkommt, beim andern fehlte diese Bildung; ich möchte daher
nicht entscheiden, ob es sich beim ersten um eine normale Bildung
handelte oder ob sie vielleicht durch die Konservierung entstanden
Avar. Wie aber schon erwähnt, zeigt die Muskulatur der Cloaken-
öffnung unbedingte Anklänge an den Klappentypus, so daß diese
Form durch die Vermischung beider Typen sehr schön als Über-
gangsform gelten kann.
Die Gestalt dieser Salpe ist sehr ungewöhnlich. Durch die
starke bauchige Auswölbung ventral in der vordem Hälfte des
Körpers, welche bei altern Embryonen genau in derselben Weise
ausgebildet ist wie beim erwachsenen Tier, hat sie etwas Un-
geschicktes an sich; die im Vergleich zur Körpermasse gering und
nur dorsal entwickelte Muskulatur erweckt die Vorstellung, daß sich
das Tier nur mit Mühe bewegen kann, was in der Tat der Fall
ist. Die Bewegung hat etwas sehr Schwerfälliges.
Die Oberlippe hat wie bei den Cyclosalpen kein eingeklapptes
über die Muskulatur der Salpeii. 33
Segel wälirend die Unterlippe, wie gewöhnlich, ein breites Segel
besitzt. Die Cloakenölfnung ragt weit über den Nucleus hinweg.
Die Mundmusknlatur, welche mit der von mir abgebildeten
]\rnndnuiskulatnr der gregaten Form (Fig. 23) übereinstimmt, unter-
scheidet sich in mehrfacher Hinsiclit von der der beschriebenen
Sali)en-Arten. Der Segelmuskel liegt wie dort ganz nach außen.
Sein Zügelstück ist schmal, ebenso der dorsale Abschnitt, welcher
nicht umlaufend ist, sondern ein gutes Stück vor der Medianlinie
in eine Spitze ausläuft. Der untere Abschnitt, Muskel a, ist nur
wenig breiter. Der Form nach stimmt dieser Muskel nur mit der-
jenigen überein. wie wir sie für die solitäre Form von Salpa niaxima
beschrieben haben, während er bei allen andern Arten doi)i)elt war.
Der Lippenmuskel dieser Salpe und, wie wir sehen werden, auch
der andern Oligomj'arier zeichnet sich durch zwei Eigentümlichkeiten
aus. Erstens ist der dorsale Abschnitt immer einfach, es existieren
nicht, wie wir es bis jetzt kennen gelernt haben, die Muskel Bl
und B 2, sondern lediglich ein Muskel B, welcher sich den andern
Mundmuskeln gegenüber durch seine recht bedeutende Breite aus-
zeichnet. Zweitens ist im Gegensatz dazu und zu den beschriebenen
Salpen der ventrale Abschnitt hier doppelt. Der Muskel B ver-
längert sich seitlich zu einem Zügelstück, welches nach innen vom
Zügelstück des Segelmuskels liegt. Im Mundwinkel geht von der
vordem Seite des IMuskels B der proximale Teilmuskel des ventralen
Abschnittes, Muskel h 2, ab. Der distale Teilmuskel h 1, der dem
Segelrande bzw. dem Muskel a zunächst gelegene, ist hier ganz
selbständig, er läuft im Mundwinkel an der Außenseite vor Muskel B
vorüber und verlängert sich in ein eignes Zügelstück, welches
zwischen dem Zügelstück des Segelmuskels und dem beschriebenen
des Muskels B liegt. Es läßt sich bei dieser Gelegenheit die Frage
stellen, ob dieser Muskel nicht ebensogut ein abgetrennter Ast des
Segelmuskels sein könnte, so daß wir dann in Übereinstimmung mit
den meisten Polymyariern und den C'yclosalpen einen doppelten
ventralen Abschnitt dieses Muskels hätten. Dagegen lassen sich
aber gewichtige Gründe anführen. Erstens ist eine vollständige
Trennung der beiden Teilmuskeln des ventralen Abschnittes des
Segelmuskels, wo solche bei den beschriebenen Salpen vorkommen,
nie vorhanden, der Abschnitt zerfällt erst immer distalwärts vom
gemeinsamen Zügelstück und vom Mundwinkel, auf dem untern
Segel in seine beiden Teile, andrerseits haben wir bereits ein Bei-
spiel für die völlige Abtrennung des ventralen Abschnittes des
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 3
34 R- Streiff,
Lippenmuskels in dem Verhalten bei der solitären Form von Cydo-
salpa virgula. Zweitens läßt sich in der Reihe der Salpen unbeding't
eine allmähliche Reduktion des Segelmuskels erkennen, wie wir noch
weiter sehen werden, wofür wir auch schon bei Salpu maxima sol.
ein Beispiel hatten; dort bestand ebenfalls nur eine Einteiligkeit
des ventralen Segelmuskelabschnittes, eine Eigenschaft, w^elche wir
als eine progressive bezeichnen müssen, wenn wir die Oligomyarier
als die liöchstentwickelten Formen ansehen. Ich gehe darauf noch
später ein. Drittens würde sich das Verhalten des Lippenmuskels
mit dem der andern 01igom3'arier decken, wenn wir den in Rede
stehenden Muskel ihm zuzählen. Namentlich der von der Vorder-
seite des Muskels B abgehende Muskel h2 ist charakteristisch für
die Oligomyarier. Zu bemerken ist noch, daß sich das Zügelstück
des Muskels B bei der solitären Form in 2 Aste teilt und nicht
einfach bleibt, wie es auf der Abbildung von der gregaten Form zu
sehen ist. Auf diese Weise liegen 4 kleine Muskelenden über-
einander.
Der Bogenmuskel reicht nach unten zu nui- bis an den Mund-
winkel, er hört unter den Zügelstücken auf. Er ist seiner ganzen
Länge nach gespalten in einen vordem und einen hintern Muskel,
welche nur durch den Flimmerbogen voneinander getrennt sind.
Dei" vordere beschreibt einen Bogen medianwärts und nach vorn
und geht direkt in den kleinen Längsmuskel C über, welcher seiner-
seits bis an den Muskel B heranreicht. Der direkte Zusammenhang
dieser beiden Muskeln kommt, wie beschrieben wurde, stets bei den
Cyclosalpen vor, sonst findet er sich außer bei dieser Salpe nicht;
hier fehlt die gemeinsame nach hinten verlaufende AY^irzel beider
Muskeln. Der hintere Teilmuskel des Bogenmuskels reiclit nur bis
zur Umbiegungsstelle des vordem.
Die wichtigsten Merkmale der Cloakenmuskulatur der Oligo-
myarier im allgemeinen bestehen in einer bis zum völligen Schwunde
gehenden Reduktion des l. Cloakenmuskels und in einer Reduktion
der Zalil der Teilmuskeln des 3. Während wir schon bei den
gregaten Formen der Polymyarier im allgemeinen den 1. Cloaken-
muskel gegenüber dem der Cyclosalpen als bedeutend reduziert
gefunden haben, so war er besonders bei Salpa punctata am
schwächsten ausgebildet und bestand nur aus einem schmalen
Bändchen. Salpa punctata stellt in dieser Beziehung eine Ubergangs-
form in dem einen Lager vor, während S. confoederata unbedingt
als solche im andern gelten kann. Beim erwachsenen solitären Tier
über die Muskulatur der Salpen. 35
ist der 1. Cloakenmuskel überhaupt nicht mehr vorhanden, dagegen
konnte ich ihn bei kleinen, ungefähr 1 cm langen, in der Form
aber schon völlig ausgebildeten Embryonen, welche in FLEMMiNG'scher
Lösung konserviert waren, auf Flächenpräparaten deutlich nach-
weisen. In der Abbildung (Fig. 22), welche die Muskulatur eines
erwachsenen Individuums darstellt, habe ich die nur beim Embryo
vorhandenen Muskelelemente mit punktierten Linien hineingezeichnet.
Der 4. Körpermuskel verlängert sich beim Embryo ventralwärts und
teilt sich wie der 6. bei den gregaten Polymyariern in einen vordem
und einen hintern Ast. Der vordere, der eigentliche, verlängerte
4. Körpermuskel ist sehr schwach ausgebildet und schmal, er wendet
sich gegen den Nucleus, an dessen Seite er zur Insertion gelangt. Der
hintere Ast. der 1, Cloakenmuskel, geht in der ventralen Mittellinie
hinter dem Nucleus direkt in den symmetrischen Muskel über. Beim
erwachsenen Tier fehlt, wie aus den punktierten Linien hervorgeht,
der ganze untere sich teilende Abschnitt des 4. Körpermuskels.
Ebenso fehlt liier eine seitliche Verbindung zwischen dem dorsalen
und ventralen Abschnitt des 2. Cloakenmuskels, welche beim Embryo
vorhanden ist und damit keinen Zweifel aufkommen läßt, daß die
Teile zueinander gehören. Vom dorsalen Abschnitt geht von der
obern hintern Seite ein kurzes Muskelendchen (y 2) ab, in welchem
wir vielleicht ein Kudiment eines 2. schmälern Teilmuskels des
ventralen Abschnittes sehen können, wie wir ihn auch bei S.
imndata sol. vorfanden. Beim Embryo verlängert sich der obere
Abschnitt direkt in den untern, welcher seitlich dem Hinterrande des
1, Cloakenmuskels eng anliegt und ventral ohne Unterbrechung in
den symmetrischen Muskel übergeht. Der o. Cloakenmuskel ist
recht kompliziert und infolge von Unterbrechungen seiner Teile auch
nicht ohne weiteres verständlich. Sein oberer dorsaler Abschnitt
zerfällt in 3 Teilmuskeln, welche ich liier wie bei den andern Oligo-
myariern mit sl, z2 und s3 bezeichnen werde. Der Muskel 2I
bildet einen Halbkreis, welcher sich weit nach vorn vor den
2. Cloakenmuskel erstreckt. Ein Stück weit ist er unterbrochen —
die beiden Enden liegen nicht in derselben Linie, sondern sind etwas
gegeneinander verschoben — und geht dann sich gabelnd in den
gemeinsamen Stamm der dorsalen Teilmiiskeln über. Der Muskel s 2
teilt sich in der Medianlinie, die beiden Enden biegen rechtwinklig
nach vorn ab und verlängern sich dicht nebeneinander laufend ein
Stück weit in der Richtung nach vorn. Der Musksl z 3 zeigt keine
Besonderheiten. Die 3 Muskeln vereinigen sich zu einem gemein-
3*
36 R- Streiff,
Samen Stamm, welcher schräg- nach nnten und vorn verläuft, eine
Strecke weit unterbrochen ist und sich schließlich seinerseits mit
dem 1. sehr breiten Teilmuskel des ventralen Muskelabschnittes zu
einem gemeinsamen Zügelstück vereinigt, welches an der Außen-
seite des 2. Cloakenmuskels auf diesem zur Insertion gelangt. Der
Verlauf des Zügelstücks an der Außenseite des 2. Cloakenmuskels
ist charakteristisch für alle Oligomyarier, im Gegensatz zu den
Cj^closalpen und den Polj^myariern, wo das Zügelstück, wie beschrieben
wurde, immer an der Innenseite des 2. Muskels verläuft. Diese Tat-
sache ist insofern interessant, als sich der distalste Muskel der
Cloaken Öffnung dem proximalen gegenüber bei den Oligomyariern
ebenso verhält wie die gleichen Muskel der Mundüffnung, wie denn
auch durch die x\usbildung des Klappenapparats bei den Oligo-
myariern die beiden Körperöifnungen einen deutlich analogen Auf-
bau zeigen. Die folgenden ventralen Teilmuskeln sind sehr schmal,
der 2. ist auf die ventrale Mittelpartie beschränkt, er erreicht nicht
den dorsalen Abschnitt. Die beiden folgenden Teilmuskeln treten
an die dorsalen an der Stelle, wo diese zur Bildung des gemein-
samen Stammes, des dorsalen Abschnitts des Zügelstückes, zu-
sammentreten, im Winkel der Cloakenöflfnung. Der distalste ist mit
dem Muskel s3 durch eine Anastomose verbunden.
Das Verhalten des 3. Cloakenmuskels bei dieser Form ist noch
nicht in allen Punkten das typische für die Oligomyarier, doch läßt
es sich darauf mit Leichtigkeit zurückführen. Streichen wir den
1. breiten Teilmuskel des ventralen Abschnitts sowie den 2. redu-
zierten und die Anastomose zwischen den distalsten, so bleiben die
Teile übrig, welche den Grundbestand des 3. Cloakenmuskels bei
den Oligomyariern ausmachen. Dorsal finden sich immer 3 Muskeln,
die sich zwar verschieden verhalten können, von denen einer auch
sekundär (oder primär?) seinerseits in mehrere Teilmuskelchen zer-
fallen kann, ventral finden sich dagegen immer 2 Teilmuskeln. Die
große Zahl der Teilmuskeln, wie wir sie bei den Cyclosalpen und
Polym3^ariern fanden, ist stark reduziert, vor allem ist die Zahl
hier bestimmt geworden.
Die Körpermuskulatur besteht aus 4 Muskeln, von denen je 2,
wie bekannt, so angeordnet sind, daß sie den Buchstaben X bilden,
eine Eigentümlichkeit beider Formen dieser Salpen. welche beim
Bestimmen das schnellste und sicherste Unterscheidungsmerkmal ab-
gibt. Die Muskeln reichen seitlich sehr wenig weit, sie sind eigent-
lich nur auf ein schmales dorsales Feld beschiänkt. Auch sind sie
über die Mi;skulatur der Salpen. 37
relativ schmal, die Muskelmasse ist im Verhältnis zur Körpermasse
sehr gering- entwickelt: hierin wie in der unförmlichen Gestalt
unterscheidet sich diese Salpe von allen andern, sehr wesentlich
auch von denen, mit welchen ich sie auf Grund anderer wichtiger
Übereinstimmung in den Eigenschaften zur Gruppe der Oligomyarier
vereinio-t habe.
Scilpa confoederata greg.
(Fig. 23—25.)
Die Oberlippe hat, wde bei der solitären Form, kein eingeklapptes
Segel. Die dorsal gelegene Kloaken ötfnung zeigt unverkennbar
den Typus einer Klappe, wie er für die Oligomyarier charakte-
ristisch ist. Die Form der Klappe (Fig. 25 Kl) ist die eines Trapezes,
dessen Basis distal wärts gerichtet ist und den Eand der Klappe
bildet. Die andern 3 Seiten sind vom Körper durch flache konkave
Falten {IccF) getrennt. In der Mitte des Trapezes, das gegen die
Körperlängsachse ein wenig geneigt ist, verläuft eine konvexe
Falte (mcvF). Ein eingeklapptes Segel ist an der Klappe nicht
vorhanden. Die Bewegung dieser Klappe geschieht folgendermaßen :
bei der Verengung des Körpers durch die Kontraktion der Körper-
muskulatur vertiefen sich die 3 konkaven Falten, während sich die
konvexe Mittelfalte erhebt. Dadurch erhebt sich auch der Rand
der Klappe vom untern Rande der Cloakenötfnung, und das Atem-
wasser kann durch die entstehende Öffnung ausströmen. Der untere
Rand der Cloakenöffnung, welcher durch die obere Partie des den
Nucleus umgebenden festern und dickern Mantel gebildet ward, hat
ein kurzes Segel, welches aber nicht wie bei der Mundöffnung ein-
geklappt ist, sondern gerade nach hinten ausgestreckt ist. Es ent-
spricht also durchaus dem ventralen Teil des Cloakenrohres der
andern Salpen, nur daß dieser hier stark verkürzt ist; in geringerm
Maße w^ar es schon bei S. fusiformis sol. der Fall. Auf dem Segel
verläuft der ventrale Abschnitt des letzten Cloakennuiskels.
Die Mundmuskulatur habe ich schon bei Besprechung der soli-
tären Form erledigt. Ich füge noch hinzu, daß die beiden Teil-
muskel des Bogenmuskels nicht die Zügelstücke erreichen, sondern
schon über ihnen enden (Fig. 23).
Der 1. Cloakenmuskel (Fig. 24) ist bei der gregaten Form auch
im erwachsenen Zustande erhalten, doch ist er nicht mit dem letzten
Körpermuskel verbunden, sondern endet frei unter ihm. Wir er-
38 ^- Streiff,
kennen ihn als 1. Cloakenmuskel in gewohnter Weise daran, daß
er hinter dem Nuclens bzw. über ihm zur Insertion kommt, die
beiden Enden reichen nicht bis zur ventralen Medianlinie, sondern
inserieren mehr seitlich unter den Winkeln der Cloakenoffnung. Der
2. Cloakenmuskel ist nur in der ventralen Körperhälfte ausgebildet,
er läuft dem 1. parallel und endet ein Stück weit hinter ihm. Der
3. Cloakenmuskel entspricht ganz dem Tj'pus. wie wir ihn bei der
Beschreibung- der solitären Form für die Oligomvarier erwähnt
haben. Von einem gemeinsamen Zügelstück, welches hier den 2.
und den 1. Cloakenmuskel an der Außenseite kreuzt, gehen dorsal 3
und ventral 2 Teilmuskeln ab. Muskel 2I ist breit, von den andern
ist er durch seine mehr proximale Lage ein Stück weit entfernt,
wie wir das auch bei der solitären Form gesehen haben. Die beiden
andern Teilmuskeln gehen vom Zügelstück zunächst als ein Muskel
ab, sie teilen sich über dem Mundwinkel und erreichen nicht die
Medianlinie, sondern enden sehr bald in schmale Spitzen ausgezogen.
Längs dem Bande der Klappe findet sich median noch ein kleines
Muskelchen, welches jedenfalls den Rest des reduzierten medianen
Abschnitts vom Muskel 3 3 vorstellt.
Die Körpermuskeln sind relativ breiter als bei der solitären
Form, sie bilden wie dort zweimal den Buchstaben X. Sehr inter-
essant ist eine Notiz von Lahille.M Er gibt an, daß er zuweilen
eine Verdoppelung des 1. Körpermuskels gefunden hat. und sagt,
daß die Disposition der Körpermuskulatur dann an die von Sal2)a
mucronaia greg. erinnert. Ich habe die Verdoppelung nicht be-
obachtet. Die Körperform dieser Salpe zeigt in keiner Weise das
Unförmliche der solitären Form, sie erinnert namentlich im jugend-
lichen Alter an S. mucronaia sol., besonders auch im Profil.
Salpa niueroiiata sol.
(Fig. 26—28.)
Die Mundöftnung liegt terminal. Ober- und Unterlippe haben
ein Segel. Das Verhältnis der Lippen zu den Segeln ist hier
ein anderes, als wir es bis jetzt kennen gelernt haben. Während
bei allen beschriebenen Salpen der Mantel der Lippen direkt in die
Segel überging, diese die verlängerten, dünner werdenden Enden
der Lippen darstellten, ragt hier der Mantel der Lippen über die
1) 1.
über die Muskulatur der Salpeu. 39
Basis der Segel als knorplig fester Mundrand hinaus. Die Basis
der Segel liegt schon im Bereich des Mundes, und sie erscheinen
den Lippen gegenüber als mehr selbständige Bildungen als bei den
andern Salpen (vgl. Fig-. 26). Der Mundrand ist in charakteristischer
Weise ausgezackt (vgl. die Abbildung von Brooks ^)), die Lippen,
namentlich die Oberlippe, erscheinen aus einzelnen Teilen zusammen-
gesetzt. Die Klappe hat ungefähr die Form eines gleichschenkligen
Dreiecks, welches mit der Spitze distahvärts gerichtet ist. eine Form
(Fig. 28), welche man bei keiner andern Salpe antrifft, jedoch ohne
Schwierigkeit aus der von Salpa covfoederata greg. ableiten kann.
Denken wir uns, daß die Klappe, wie wir sie bei S. confocderata
kennen gelernt haben, nur im Bereich der proximalen Querfurche
mit dem Körper in Verbindung geblieben ist, sich dagegen im Ver-
lauf der seitlichen Längsfurchen vom Körper losgelöst hat. daß ferner
die dort vorhandene Trapezform hier auf dem Kopf steht und zu
einem mit der Spitze distahvärts gerichteten gleichschenkligen
Dreieck geworden ist, so haben wir die Form der in Rede stehenden
Klappe. Das Dreieck ist mit seiner Basis am Körper befestigt, um
seine Basis als Achse kann das Auf- und Zuklappen nur in einer
Richtung vor sich gehen. Die Klappe besitzt ein Segel, welches
seitlich in die segeiförmige Verlängerung des untern Randes der
Cloakenöftnung übergeht. Wie bei der Mundöffnung ragt der Rand
der Klappe über die Basis des Segels hinaus. Zu beiden Seiten
ist die Klappe von 2 spitzen Körperfortsätzen tlankiert.
Die Mundmuskulatur dieser Salpe und ihrer gregaten Form,
wie wir später sehen werden, bietet zum Teil eigenartige Verhält-
nisse, welche sich nicht immer ganz einwandfrei deuten lassen.
Der Segelmuskel ist in seinem ventralen Abschnitt doppelt, zeigt
somit hierin ein Merkmal des Segelmuskels der Polymyarier und der
Cyclosalpen. Ein Unterschied besteht insofern, als der vordere Teil-
muskel a 1 sich nicht mit dem andern zu einem gemeinsamen Zügei-
stück vereinigt, sondern, ohne überliaupt den Mundwinkel zu er-
reichen, frei auf dem Segel seitlich endet. Muskel a2 verlängert
sich bis zum Mundwinkel und verbindet sich mit Muskel A zu einem
gemeinsamen Zügelstück. Muskel A endet dorsal vor der Mediane
wie bei S. confoederata. Der Lippenmuskel ist ganz nach der Art
der Oligomyarier gestaltet. Der vordere Teilmuskel des ventralen
Abschnitts h 1 ist wie bei Salpa confoederata vollständig von den
1) Brooks, 1. c. (3 Taf.).
40 R- Streiff,
andern Muskelteilen getrennt, er verlängert sich seitlich in ein
Zügelstück, Avelches so weit nach hinten reicht wie das Zügelstück
des Segelmuskels, dessen unterm Rande es eng anliegt. Er ist
breiter als die Teilmuskeln des Segelmuskels und als der 2. Teil-
muskel des Lippenmuskels. Dieser, Muskel h2, geht im Mundwinkel
von der vordem Seite des dorsalen Abschnitts ab. Ich wies schon
bei der Besprechung des untern Lippenmuskelabschnitts bei S. con-
foedcrata auf die Übereinstimmung hin, welche in dieser Beziehung
bei den Oligomyariern vorhanden ist; wir finden hier in der Tat
genau dieselbe Beschaffenheit: einen vom dorsalen Abschnitt ge-
trennten breitern frei endenden distalen Muskel h 1 und einen von
dessen vorderer Seite abgehenden schmälern proximalen Muskel h 2.
Auch der Umstand, daß der ventrale Segelmuskel hier seine Zwei-
teiligkeit beibehalten hat, ist geeignet, die Bedenken (vgl. oben bei
S. confoederata) gegen die Zugehörigkeit des Muskels b 1 zum Lippen-
muskel auszuschalten, denn mehr als 2 Teilmuskeln für die ven-
tralen Abschnitte der ersten beiden Mundmuskeln finden sich bei
keiner der beschriebenen Salpen. Der dorsale Abschnitt des Lippen-
muskels, Muskel B, ist fast so breit wie die Körpermuskeln und
zerfällt nicht in Teile. Bei oberflächlicher Untersuchung glaubt
man, daß Muskel B sich ventralwärts bis in die Nähe des Endostyls
fortsetzt, in der Tat endet er aber schon in der Nähe des Zügel-
stücks, im Mundwinkel; er läuft in mehrere Zacken aus, welche in
die Zacken eines andern Muskels so fest hineingreifen, daß die
beiden Muskeln einheitlich erscheinen. Ich halte den untern Muskel
für den 1. Teilmuskel des Bogenmuskels, während ich als 2. den
von den Autoren als 1. Körpermuskel angeführten betrachte (vgl.
Fig. 28 C 2). Die Gründe für eine solche Auffassung sehe ich zu-
nächst in dem Verhalten des Bogenmuskels bei der gregaten Form,
wo er auch zweiteilig ist, allerdings liegen die beiden Teile dort
eng aneinander, die Grenze ist aber zu erkennen, außerdem ist
der vordere genau so beschaffen wie bei der solitären Form,
d. h. er verbindet sich durch Zacken fest mit dem Muskel B,
das obere Ende des 2. dagegen verlängert sich und biegt in der
Richtung nach hinten ab (Fig. 29). S. niucroncda würde in der
ZAveiteiligkeit des Bogenmuskels mit den andern Oligomyariern
übereinstimmen, denn bei S. "onaria ist er auch deutlich zweiteilig,
die beiden Teilmuskeln stoßen in der Mitte aneinander, sind aber
dorsal und ventral getrennt. Die besondere Eigentümlichkeit
der solitären Form von *S'. nmcronato, würde darin bestehen, daß
über die Muskulatur der Salpen. 41
die beiden Teilmuskeln des Bog-enmuskels recht weit voneinander
getrennt sind. Der 2. Teilmuskel verläuft in seinem obern Ab-
schnitt ein Stück weit auf dem Flimmerbog-en, wodurch er sich als
Bog-enmuskel bestätigt. Mit seinem dorsalen Ende wendet er sich
nach hinten und tritt in die Nähe des 1. Körpermuskels, so daß er den
Eindruck macht, als ob er zu den Körpermuskeln gehöre. Eine noch
weiter gehende Annäherung liaben wir bei Salpa punctata sol. kennen
gelernt, wo der Bogenmuskel sich an den 1. Körpermuskel anlehnte;
andere Übereinstimmungen mit dieser Salpe liegen darin, daß der
in Rede stehende Teilmuskel ventral nicht unterbrochen ist, ferner,
daß er hinter dem Ganglion gelegen ist. Da ich ursprünglich für
die topographische Bestimmung- des Bogenmuskels seine Lage vor
dem Ganglion und nicht seine Beziehung zum Flimmerbogen an-
genommen hatte, so war ich lange im Zweifel, ob der 2, Teilmuskel
des Bogenmuskels bei S. mucronata — bei S. punctata sind die Ver-
hältnisse unzweideutig — nicht der 1. Körpermuskel sein könnte,
der Bügenmuskel daher nur sein 1. kurzer Teilmuskel. Die Lage
hinter dem Ganglion kommt aber nicht unbedingt in Betracht,
da bei beiden Formen von S. mucronata eine Verschiebung des
Ganglions in der Richtung nach vorn eingetreten ist, ebenso bei
Salpa zonaria greg.; es liegt ein Stück weit vor dem Punkt, wo die
beiden Flimmerbogen in der dorsalen Medianlinie zusammentreft'en,
während es bei S. zonaria sol. gerade auf diesem Punkt, bei allen
andern Salpen mehr oder w^eniger weit hinter ihm gelegen ist.
Erwähnen möchte ich noch eine Abbildung eines Embryos von S.
mucronata, welche Salensky^) gibt und die auch in das Lehrbuch
von KoRscHELT u. Heider -) übergegangen ist. Die Mund- und
Cloakenmuskulatur ist fortgelassen worden, hinter dem Ganglion
bilden 3 (s. w. u.) Muskeln die L Gruppe der Körpermuskulatur.
Im Text sagt er leider nichts darüber, doch spricht die Figur für
die Zugehörigkeit des in Rede stehenden Muskels zur Mundmuskulatur.
Die kleinen Längsmuskeln c sind schmale Bändchen, welche
sich vorn in 2 kurze Enden gabeln.
Der 1. Cloakenmuskel fehlt vollständig, es existiert kein Muskel,
welcher in der bekannten Weise hinter dem Nucleus bzw. über ihm
inseriert. Einerseits ist die Körpermuskulatur vollständig bestimmt.
1) Salensky, "W., lieber die embryonale Entwicklungsgeschichte der
Salpen, in: Z. wiss. Zool., Vol. 27, 1876, tab. 15, fig. 22.
2) Korschelt und Heider, Lehrbuch der vergl. Eutwickelungs-
geschichte der Wirbellosen, Spez. Teil, Heft 3, fig. 803.
42 R- Stbeiff,
der letzte Körpermuskel endet ventral vor bzw. zu den Seiten des
Nucleus, andrerseits sind die beiden andern Cloakenmuskeln. wie
wir gleich sehen werden, in allen ihren Teilen eindeutig und
außerdem durch die Lage ihres ventralen Abschnitts auf der segel-
förmigen Verlängerung des untern Randes der Cloakenfifthung auch
topographisch bestimmt. Wir können daher nur annehmen, daß die
völlige Reduktion des 1. Cloakenmuskels, ebenso, wie wir es bei
ausgewachsenen Individuen von S. confoederata sol. konstatieren
konnten, auch hier eingetreten ist. Eine Ersparnis der Muskel-
kraft durch die Reduktion des 1. Cloakenmuskels ist in physiologi-
scher Hinsicht, wie gesagt, verständlich, da der vorzügliche Yerschluß-
apparat, den die (UoakenöfFnung dieser Salpen in der Klappe besitzt,
nur relativ geringe Kraft zur Bewegung der Klappe, nicht aber
eine krampfartige Muskelwirkung zur Verengerung (und gleich-
zeitigem Verschluß) eines zj'lindrischen Rohres, wie es bei den
Salpen mit rohrförmiger Cloakenöffnung notwendig ist, braucht.
Von großem Interesse wäre der Nachweis einer embryonalen Anlage
dieses Muskels, womit die ausgesprochene Auffassung weiter be-
gründet werden würde. Der 2. Cloakenmuskel (Fig. 27) ist ein
einfacher, dorsal breiter, ventral schmälerer Ringmuskel. Das Zügel-
stück des 3. Muskels kreuzt den 2. seitlich an seiner Außenseite.
Von dem Zügelstück gehen dorsal 3, ventral 2 Teilmuskeln ab, ganz
wie bei S. confoederata greg. Der vorderste der dorsalen Teil-
muskeln ist wie dort viel breiter als die beiden andern und liegt
viel weiter nach vorn. Die Muskel ^2 und ^5 gehören dem Segel
der Klappe an. sie sind beide nicht unterbrochen. Muskel s2 ist
einfach, während ^3 sich jederseits vor der Mittellinie seinerseits
in 3 Teilbändchen teilt, welche Schleifen bilden, ähnlich, wie wir
das schon bei einigen Polymyariern kennen gelernt haben. Die
beiden ventralen Teilmuskeln sind einfach, sie gehen zunächst als
ein Muskel vom Zügelstück ab, teilen sich aber bald.
Die Körpermuskulatur besteht aus 5 Muskeln (vgl. oben Bogen-
muskel), von denen die 3 ersten und der 4. und 5. je eine Gruppe
bilden. Die ]\Iuskeln sind geschlossene Reifen; nur der 5. ist ventral
unterbrochen. In der ventralen Medianlinie stoßen der 3. und
4. Muskel zusammen.
über die Muskulatur der Salpeu. 43
Salpa 2}iucronata greg.
(Fii>-. 29 u. 30.)
Die Muiidötfiuing liegt reclit weit dorsal, die Unterlippe springt
vor, doch geht sie direkt in das untere Segel über; weder sie noch
die Oberlippe bilden einen über die Segelbasis hinweg reichenden Rand
in der Art, wie ich es bei der solitäreu Form beschrieben habe. Die
Klappe ist wie bei S. confoederaia greg. gebildet, sie ist nicht sehr scharf
abgesetzt und eigentlich nur am lebenden Tier deutlich zu erkennen.
Die Mundnuiskulatur (Fig. 29) zeigt Abweichungen gegenüber
der der solitären Form, ganz besonders durch das Vorhandensein
eines überzähligen dorsalen Muskels, welcher zwischen den Muskeln A
und B gelegen ist. Nach den Erfahrungen bei den andern Salpen
kann man diesen Muskel nur als vordem Teilmuskel des Lippen-
muskels auffassen, womit diese Salpe mehr noch als die solitäre
Form, was ihre Mundmuskulatur anbetrifft, eine Vermischung der
Charaktere der Polymj'arier (und Cyclosalpen) und Oligomyarier auf-
weisen würde. Dieser Teilmuskel B 1 verhält sich aber anders als
bei den Polymyariern (und Cyclosalpeni, er ist nicht mit dem
hintern Teilmuskel B 2 verbunden, sondern ganz isoliert, seine Ver-
längerung im Mundwinkel verläuft an der Innenseite des Zügelstücks
des Segelmuskels. Ich konnte bisher nur einen Fall konstatieren,
wo ebenfalls eine Trennung der beiden Teilmuskeln vorliegt. Das
war an der einen j\rundseite von Cyclosalpa virgida greg. der Fall,
wo der Muskel B 1 sich nicht mit B2 verbindet, sondern unabhängig
von ihm an sein Zügelstück tritt (vgl. Fig. 6, Muskel B 1 auf der
rechten Seite der Zeichnung). Der dorsale Abschnitt des Segel-
muskels ist median nicht unterbrochen, ventral verlängert sich auch
der 1. Teilmuskel (cf. forma sol.) bis zum gemeinsamen Zügelstück.
Der 2. dorsale Teilmuskel des Lippenmuskels entspricht ganz dem ein-
teiligen dorsalen Abschnitt des Lippenmuskels der solitären Form,
er endet bereits im Mundwinkel und verbindet sich in derselben Art
mit dem 1. Teilmuskel des Bogenmuskels. Die beiden Teilmuskeln
des ventralen Abschnitts verbinden sich zu einem sehr kurzen Zügel-
stück; merkwürdigerweise ist die Verbindung des Muskels 12 mit
dem Muskel B verloren gegangen. Den Bogenmuskel habe ich schon
bei der solitären Form besprochen. Bemerken möchte ich noch, daß
bei manchen Individuen die Trennungslinie zwischen den beiden
Teilmuskeln sehr deutlich zu sehen ist, während bei andern die
beiden Teile nicht so scharf auseinandergehalten sind. Die beiden
44 R- Streiff,
kleinen Läng-smnskeln sind schmal, sie reichen nach vorn über den
Mnskel B 2 hinaus.
Der 1. Cloakenmuskel fehlt, die beiden andern zeigen in
den Winkeln der Cloakenöffnnno- ein asymmetrisches Verhalten
(Fig. 30). Hierin, wie auch in der Foi'm des Körpers und in der
Anordnung der Haftorgane, zeigt sich die Heteroasymmetrie der
Tiere der beiden Kettenseiten. Der 2. Cloakenmuskel unterscheidet
sich von dem der solitären Form dadurch, daß er ventral zweiteilig ist;
er gleicht darin dem Muskel von S. punctata sol. Links stoßen der
dorsale Muskel und die beiden ventralen Teilmuskeln ungefähr einen
rechten Winkel bildend zusammen, rechts sind sie nicht vereinigt.
Die beiden ventralen Teilmuskeln verlängern sich seitlich und ver-
binden sich mit dem vordem ventralen Teilmuskel des 3. Cloaken-
muskels zu einem gemeinsamen Zügelstück, welches ein Stück weit
über den 5. Kürpermuskel nach vorn liin reicht. Der dorsale Muskel-
abschnitt vereinigt sich mit den beiden vordem dorsalen Teilmuskeln
des 3. Cloakenmuskels zu einem gemeinsamen Zügelstück. Links
treten die beiden letztgenannten Muskeln mit dem 1. ventralen
Teilmuskel zu einem Zügelstück zusammen, welches hinter dem
letzten Körpermuskel endet. Der 3. dorsale Teilmuskel und der
2. ventrale hängen nicht mit den andern zusammen, sondern stellen
den obern bzw. untern Abschnitt eines Ringmuskels vor, welcher
längs dem Rande der Cloakenöttnung verläuft. Wenn auch die
Zahl der Teilmuskeln des 3. Cloakenmuskels dorsal und ventral mit
der Zahl bei der solitären Form übereinstimmt, so zeigen sich in
der Disposition doch merkliche Unterschiede. In erster Linie ist
die Abtrennung des circulären distalen Muskels zu nennen, ferner
die nähere Beziehung der beiden ersten dorsalen Teilmuskeln zu-
einander, während bei der solitären Form und bei S. confoederata
der 1. Muskel eine mehr isolierte Stellung einnahm und die beiden
folgenden topographisch zusammengehörten. Die Abtrennung des
distalen circulären Muskels können wir auch recht gut aus dem
Verhalten bei S. confoederata sol. ableiten. Wie erwähnt, bestand
dort eine Anastomose zwischen den beiden distalsten Teilmuskeln
des 3. Cloakenmuskels (Fig. 22 «»«). Denken wir uns nun, daß diese
Verbindung erhalten bleibt, dagegen die Verbindung beider Muskeln
mit dem Zügelstück {n 1, n2) aufgehoben wird, so ist der Zustand
bei *S'. mucronata greg. erreicht. Diese Form leitet in der Anordnung
der Teilmuskeln des 3. Cloakenmuskels, wie wir sehen werden, zu
den Verhältnissen bei S. zonaria über.
über die Muskulatur der Salpeu. 45
In der Zahl der Körpermuskehi stimmen die beiden Formen
dieser Salpe überein. auch die Verteilnng- der Muskeln in Gruppen ist
dieselbe. Der 5. Muskel ist ganz bedeutend schmäler und kürzer
als die vorhergehenden, in der hintern Muskelgruppe kommt die
Asymmetrie zum Ausdruck (Fig. 30).
Salpa ^onaria sol.
(Fig. 31.)
Der Körper ist am vordem Ende stark dorsoventral abgeplattet,
nach hinten wird er bedeutend höher. Der Xucleus ragt stark hervor.
Diese charakteristische Form gleicht im Profil fast der einer kurz-
schaftigen Pistole. EscHRiCHT \) gibt in seiner ausführlichen Arbeit
über Salpa sonaria sehr gute detaillierte Abbildungen, auch vom
Profil.-) Da der Mantel dieser Salpe und ihrer gregaten Form
so hart ist wie wohl bei keinei' andern, läßt sie sich vorzüglich
konservieren; die altern Beobachter Eschkicht und Pallas-^) (vgl.
forma greg.), welche nur in Alkohol konserviertes Material hatten,
geben daher Abbildungen, die der Körperform ganz entsprechen.
Die Mundöffnung liegt terminal, sie ist ein schmaler wagerechter
Spalt, ihr Rand ragt wie bei S. mncronata sol. über die Basis des
untern und obern Segels hinaus. Die beiden Segel sind auffallend
dünn. Die Klappe der Cloakenöffnung ist dreieckig, der hintere
Eand abgerundet (vgl. Fig. 33). Die Spitze des Dreiecks ist aber
nicht nach hinten gerichtet wie bei S. mncronata sol., sondern liegt
proximal, desgleichen sind die Seitenränder nicht völlig vom Körper
losgelöst, sondern nur durch Furchen wie bei S. confoederata greg.
von ihm getrennt. In ihrer Beschaffenheit stimmt die Klappe mit
der von S. confoederata überein, nur daß hier an Stelle des Trapezes
ein Dreieck tritt. Die dort vorhandene mediane konvexe Längs-
falte ist hier durch eine Furche ersetzt. Die Mechanik ist dieselbe:
bei der Kontraktion der Körpermu^kulatur hebt sich die mediane
Furche, die beiden Hälften rücken zusammen, so daß die Klappe
die Form eines Giebeldaches annimmt. Das Atemwasser kann durch
die klaffende Öttuung austreten. Auf jeder Hälfte der Klappe sitzt
1) EsCHRICHT, 1. c.
2) Der Auffassung der damaligeu Zeit entsprechend hält er die dorsale
Seite für die ventrale und umgekehrt.
3) 1. c.
46
R. Streiff,
eine dreieckige Platte fester Mantelsubstanz (vgl. Textfig. A), welche
nach hinten über die Basis des obern Segels der Cloakenöffnung
hinausragt; auf der medianen Furche ist der Mantel äußerst dünn.
Die vom obern Segel und von der untern segeiförmigen Verlängerung
des Randes gebildete Cloakenöffnung ist relativ recht klein (Fig. 33
punktierte Linie). Die Klappe dieser Salpe und ihrer gregaten
Form steht jedenfalls anf der höchsten Stufe der Entwicklung.
kTf,
Fig. A.
Salpa zonaria sol. Querschnitt durch die Klappe.
PI die beiden Mautelplatteu. inF mediane Furche. IccF laterale Furchen.
Cm Mantel. iT innere Tunica.
Im Bau der Mundmuskulatur (Fig. 32, Mundmusk. der greg.
Form) nimmt diese Salpe eine ganz gesonderte Stellung ein. Ganz
vorn ist jederseits im Mundwinkel ein kurzer Muskel angebracht,
"welcher nur wenig auf die dorsale bzw. die ventrale Körperfläche
reicht. Die beiden Muskeln sehen wie 2 kleine Klammern aus, die
den Mundwinkel einfassen. Eschricht\) nennt diesen Muskel
„Boilemuskel"'. Er ist von eigentümlicher histologischer Struktur,
welche bedeutend von der der normal funktionierenden Muskeln
abweicht, er ist kompakter als die andern Muskeln und beim
konservierten Tier dunkler. Es scheint mir keinem Zweifel zu
unterliegen, daß wir in diesem Muskel den Rest des degenerierten
Segelmuskels vor uns haben. Ich schließe das aus seiner Orien-
tierung: er liegt am weitesten nach vorn und an der Außenseite vom
1) ESCHEICHT, 1. c.
über die Muskulatur der Salpeu. 47
folgenden Muskel. Denken wir uns die Reduktion des Muskels von
der ventralen und dorsalen Mediane (letzteres ist ja bei mehreren
Salpen der Fall) ausgehend, so ist von diesem Muskel nur der
seitliche Teil, wo sich der dorsale und ventrale Abschnitt zur Bil-
dung des Zügelstückes trafen, übrig geblieben. Die Beziehungen
zum Segel sind völlig erloschen. Dagegen hat der 2. Muskel, den
ich für den Lippenmuskel halte, volle Herrschaft über das Segel
erlangt. Eschricht nennt diesen Muskel „Snöi'emuskel". Er be-
steht aus einem dorsalen und ventralen, breiten Muskelband, welche
längs dem Rande des obern bzw. untern Segels verlaufen. Ihre
seitlichen Verlängerungen legen sich mit der Breitseite aneinander
und bilden auf diese Weise ein wagerecht (in der frontalen Körper-
ebene) verlaufendes Zügelstück, welches sich recht weit nach hinten
erstreckt und an der Außenseite des Bogenmuskels endet. Von oben
gesehen ist der Muskel halbkreisförmig. Es lassen sich zwei Fälle
denken, wie die Beziehungen des Lippenmuskels zum Segel ent-
standen sind. Entweder ist das ursprüngliche Segel in Gemeinschaft
mit seinem Muskel reduziert worden, und an der Stelle, wo sich der
Lippenmuskel befindet, ist durch Faltenbildung ein neues Segel ent-
standen, in diesem Falle wäre das Segel von Salpa sonaria dem der
andern Salpen nicht homolog, oder, was wahrscheinlicher ist, der Lippen-
muskel ist nach vorn gerückt und hat die Funktionen des rückgebildeten
Segelmuskels übernommen. Wichtig ist das Verhalten der beiden ersten
Mundmuskeln bei der gregaten Form: die beiden beschriebenen
Muskeln stimmen ganz überein mit denselben Teilen bei dieser Form,
auch der reduzierte Segelmuskel hat dieselbe klammerförmige Ge-
staltung. Hinzu kommt aber noch ein schmaler Muskel h 2, welcher
von der vordem Seite des dorsalen Abschnitts des Lippenmuskels
— in der Zeichnung macht es den Eindruck, als ob er von der
hintern Seite käme, doch dreht sich der Muskel in seinem Ver-
lauf um seine Längsachse, so daß sich der vordere Rand nach
hinten kehrt — auf die Unterlippe bzw. die Basis des Segels ab-
geht und damit proximal vom beschriebenen untern Abschnitt ver-
läuft. Durch diesen Umstand wird die Homologie des Lippenmuskels
mit dem von S. confoederafa und S. mucromda sol. vollständig. Ich
bemerke noch einmal, daß die Muskeln B und hl sich im Mund-
winkel nur mit der Breitseite aneinanderlegen. Sie bleiben getrennt,
wie das bei den genannten Salpen auch der Fall ist. Bei der solitären
Form konnte ich den Muskel h2 nicht nachweisen. Da ich nur
2 Exemplare zur Untersuchung hatte, halte ich es für möglich, daß
48 ß- Streiff,
er sich noch hin und wieder findet. Bei der gregaten Form macht
seine Substanz einen nicht g-anz normalen, lebensfähigen Eindruck,
sondern mehr den einer beginnenden Degeneration. Bei S. sonaria
liegen die Verhältnisse auch bei der ]\rund(itfnung, da sie einen
l)latten engen Spalt vorstellt und ein weiter nach innen ge-
legenes Segel besitzt, in mechanischer Beziehung so günstig, daß
ein Teil der Muskulatur erspart werden konnte. Der Bogenmuskel
besteht aus 2 Teilmuskeln, welche eng aneinander liegen und nur
dorsal und ventral divergieren; ihre Breite ist bedeutend. Bei der
gregaten Form berühren sich die beiden Teilmuskelu seitlicli nur
ein kurzes Stück weit, entfernen sich dagegen dorsal und ventral
recht beträchtlich voneinander. Die kleinen Längsmuskeln c, welche
wir bei allen andern Salpen gefunden haben, sind weder bei der solitären
noch bei der gregaten Form vorhanden. Faßt man sie mit Leuckart
als Levatoren der Oberlippe auf, so ist es erklärlich, daß sie hier
fehlen, denn die Oberlippe beteiligt sich kaum aktiv an der Öft'nung
des Mundes. Während der quere Mundspalt vielleicht höchstens
durch die Wirkung des Bogenmuskels zur Ellipse erhöht bzw. seit-
lich verkürzt wird, beteiligt sich in erster Linie das Segel bei der
Öifnung und Schließung des Mundes. Bei S. mucronata ist der
mechanische Apparat ähnlich, wenn auch seine Ausbildung in diesem
Sinne noch keine perfekte ist; wie gesagt, sind die Levatoren bei
ihr bereits zu sehr schmalen Muskelbänderchen reduziert. Bei allen
andern Salpen muß die Oberlippe durch die gut ausgebildeten
Levatoren gehoben werden.
Es lassen sich hierzu Analogien bei den Fischen finden. Die
meisten Fische müssen ihr Maul zum Wassereintritt durch aktive
Kieferbewegung öffnen, bei einzelnen aber. z. B. bei einigen Panzer-
welsen {Lorkaria etc.), ist das Maul ständig als schmaler Spalt ge-
öffnet, der Wassereinfluß wird durch die segeiförmigen Bildungen in
der Mundhöhle geregelt.
Der 1. Cloakenmuskel (Fig. 31) fehlt vollständig wie bei S.
mucronata. Der 2. Muskel, Escheicht's „Lukkemuskel", ist bei beiden
Formen dieser Salpe von sehr charakteristischem Bau und unge-
wöhnlichem histologischen Aussehen. Seiner Struktur nach gleicht
er dem Segelmuskel, er ist auch bei konservierten solitären Indi-
viduen ebenso dunkel gefärbt wie jener. Sein dorsales Ende in-
seriert bei beiden Formen seitlich auf der Klappe. Es zerfällt in
3 Äste, welche bei der gregaten Form gleichlang sind, bei der
solitären Form kann der eine Ast kürzer sein, während die andern
über die Muskulatur der Salpen. 49
sich iiocli weiter teilen können. Besser noch läßt sich dieses ge-
spaltene Miiskelende ein gezacktes nennen. Bei der solitären Form
Avird der Muskel seitlich breiter und endet in einem breiten Zügelstück,
von dessen oberer Seite der untere Abschnitt des Muskels abgeht
und seinerseits auf der segelartigen Unterlippe verläuft. Seitlich,
ein wenig höher, geht noch ein 2. Muskel vom obern Abschnitt ab.
Avelcher sehr bald mit dem eben beschriebenen verschmilzt; wir
haben also im obern Teil des untern Abschnitts 2 Teilmuskeln, ein Ver-
halten, das wir bereits mehrere ]\rale kennen gelernt haben. Der
o. rioakenmuskel läßt sich in der Zahl seiner Teilmuskeln auf das
Schema zurückführen, w^elches wir für die Oligomj^arier beschrieben
haben. Der obere Abschnitt zerfällt zunächst in 3, der untere in
2 Teilmuskeln. Wie bei S. nmcronata greg. bilden der 3. dorsale
und der 2. ventrale Teilmuskel den dorsalen bzw. ventralen Halb-
ring eines circulären Muskels, welcher längs dem Rand der Cloaken-
(•tfnung verläuft. Das Zügelstück, welches sich hier seitlich recht
weit nach oben richtet und an der Außenseite des 2. Cloakenmuskels
verläuft, geht direkt in den 1. ventralen Teilmuskel über. Die Ab-
gangsstelle des 1. dorsalen Teilmuskels liegt verhältnismäßig recht
weit ventral. Der Teilmuskel z 1 spaltet sich nun seinerseits in
3 feine Muskelchen, von welchen sich 2 auf der Klappe noch einmal
lür eine kurze Strecke spalten. Die Enden der Muskelchen reichen
bis an die mediane Längsfurche der Klappe. Der 2. dorsale ist
seitlich nicht mit dem Zügelstück verbunden, er endet bereits vor
dem Seitenrande der Klappe. In der Mitte ist er unterbrochen, seine
Enden biegen nach vorn um und laufen ein Stück weit der medianen
Längsfurche parallel. Seitlich verläuft er unter den Teilmuskelchen
von z 1. parallel dem Klappenrande. Auch in der Beziehung, daß
Muskel zl sich nicht proximalwärts isoliert, sondern z\a z 2 in nähere
Lagebeziehungen tritt, gleicht diese Salpe am meisten der gregaten
Form von S. mucronata.
Die Körpermuskulatur besteht aus 4 sehr breiten, kräftigen und
einem 5. schmälern ^luskel. Alle sind dorsal und ventral in der
Medianlinie unterbrochen.
Zool. Jahrb. XXVII. .\bt. f. Syst.
50 R- Streiff,
(Fi^. 32 II. 88.)
Diese Kettensalpe ist in der Hinsicht asymmetrisch, als sie
nur auf der einen Seite an ihrem Hinterende einen Fortsatz hat.
Merkwiirdio-erweise ist jedocii dieser Fortsatz im Gegensatz zu
allen andern damit versehenen Salpeii bei den Tieren der rechten
und linken Kettenseite auf derselben Körperseite, nämlich auf
der rechten, ausgebildet. Die Heteroasymmetrie kommt in dieser
Beziehung nicht zum Ausdruck. Ich bin jedoch geneigt, diese
Eigenschaft für eine sekundäre zu halten, welche vielleicht durch
die Form der Kette, welche den Typus einer solchen mit liegend(Mi
Individuen darstellt, bedingt ist. Die Mundöffnung liegt dorsal,
wie bei S. mucronata greg., die Segel sind jedoch ganz wie bei der
solitären Form ausgebildet, ebenso stimmt der Bau der Klappe der
C^loakenöffnung ganz mit dem der solitären Form überein.
Die Mundmuskulatur habe ich bereits bei der solitären Form
besprochen.
Die Cloakenmuskulatur weicht wenig von der der solitären
Form ab. Der 1. Cloakenmuskel fehlt auch hier. Der obere Ab-
schnitt des 2. entspricht ganz in seiner Form dem der solitären
Salpe; wie bemerkt, sind die 8 Zacken des obern Endes gleichlang
und gut voneinander geschieden. Der untere Abschnitt zerfällt in
2 schmale Teilmuskeln, welche hier nicht vom breiten Zügelstück
bzw. von der Mitte des obern Abschnittes abgehen, sondern zusammen
mit dem schmalen Zügelstück des 3. Cloakenmuskels der vor-
dem der 8 erwähnten Zacken an der Außenseite anliegen. Die
beiden Teilmuskelu bleiben getrennt. Das Zügelstück des 3. Cloaken-
muskels setzt sich ventralwärts direkt in den 1. ventralen Teil-
muskel fort, seitlich geht von ihm der 1. obere Teilmuskel ab,
welcher sich erst kurz vor der medianen Furche in 3 feine an den
Furchenrand tretende Muskelchen auflöst. Vor diesen stoßen noch
2 kurze feine Muskelchen an den Furchenrand, welche aber seitlich
nicht in Verbindung mit dem Hauptstamm treten. Ein 2. dorsalei-
Teilmuskel fehlt hier, dagegen ist der längs dem Kande der Cloaken-
öffnung verlaufende circuläre Muskel wie bei der solitären Form
beschaffen.
Die Körpermuskulatur besteht wie bei der solitären Form aus
5 Muskeln; diese Kettensalpe ist die einzige von allen untersuchten.
i'ber die Muskulatur der Salpeu. 51
bei Avelclier die Körpermuskeln alle parallel verlaufen. Nur der 1.
ist hier dorsal unterbrochen, während sie ventral alle unterbrochen
sind. Vom 5. Muskel spaltet sich ein Teil lateral auf der rechten
Köi-perseite ab und verläuft als bedeutend schmälerer Teilmuskel
venti-ahvärts. Auf der linken Seite ist das nicht der Fall, doch
tindet sich bei genauerer Untersuchung- ventral seitlich vom Nucleus
das Rudiment eines solchen Teilmuskels, ein kleines Muskelstückchen
(5v 'J'extfig. Kl. welches in seiner Trennung vom Hauptmuskel an
das Verhalten des 6. Körpermuskels bei Salpa maximu greg. und
fusiformis greg. erinnert (Texttig. E u. G 6v). Es ist möglich, daß
sowohl der Teilmuskel auf der rechten Seite als dieses Muskelchen
dem 6. Körpermiiskel der genannten Salpen entspricht. In keinem
Fall aber haben wir hierin etwa die Überbleibsel eines 1. Cloakenmuskels
zu sehen, denn, wäe gesagt, liegen die beiden Elemente zu den Seiten
des Nucleus. nicht hinter bzw. über ihm.
Die Oligomyarier hängen, wie aus der Beschreibung hervorgeht,
durch mannigfache Übergänge miteinander zusamiuen. unterscheiden
sich aber im einzelnen in mancher Beziehung recht bedeutend. Eine
allgemeine Zusammenfassung ihrer nn'ologischen Merkmale hat daher
nicht die durchweg geltende Bedeutung, wie es bei den Cj^closalpen
und Polymyariern der Fall war. Von besonderm Interesse ist die
weitgehende Übereinstimmung der solitären und der gregaten Form
in den Eigenschaften ihrer Muskulatur, insbesondere stimmt auch
die Zahl der Körpermuskeln bei beiden Formen völlig überein. Das
folgende Schema bezieht sich daher auf beide Formen:
Für den Segelmuskel läßt sich allgemein nur sagen, daß er
Keduktionserscheinungen zeigt. Der Lippenmuskel ist dorsal ein-
teilig, ventral zweiteilig. Der Bogenmuskel ist zweiteilig. Körpei-
muskeln sind 5 vorhanden (bzw. 4 bei S. confoederala. bei der gregaten
Form ist einmal ein 5. beobachtet worden . vgl. Lahille). Der
1. Cloakenmuskel fehlt. Der 2. ist gewöhnlich einfach oder ventral
doppelt. Der 3. zerfällt dorsal in n. ventral in 2 Teilmuskeln. Sein
Zügelstück liegt an der Außenseite des 2. Muskels. Typus der
^fuskulatur für die klappenartige Cloakenöffhung.
52 R- Streiff,
Als eine S. mucronata sehr nahe verwandte Form wäre liierher
S. flafjellifera zu rechnen. Die von Herdmax ^i beschriebene S. nitida,
welche nach der Abbildung in ihrer Muskulatur fast völlig- mit
derjenigen von S. .sonaria übereinstimmt, so daß man sie fast für
dieselbe Art halten könnte, gehört ebenfiills zu den Oligomyariern.
Ferner glaube ich hier Salpa henseni einfügen zu müssen. Die
gregate Form zeigt in ihrer Körpergestalt eine auffallende Überein-
stimmung mit aS'. confocderata greg. Nach den Abbildungen von
Apstein -) scheint sie (in beiden Formen) eine Cloakenöffnung nach
dem Klappentypus zu besitzen. Die Muskulatur zeigt, soweit
sich das beurteilen läßt, Anklänge an Saljoa confoederata, namentlich
die der gregaten Form. Es ist eine Gruppe von 2 vordem Körper-
nuiskeln, die dorsal in ziemlich großer Ausdehnung verschmolzen
sind, und eine Gruppe von 2 hintern Muskeln, deren 2. noch mit
dem 1. Cloakenmuskel verbunden ist. vorhanden. Die solitäre Form,
welche durch ihre sonderbaren Körperanhänge das Abnorme in der
Form von S. confoedenda sol. noch übertriift. hat in der 1. Gruppe
der Körpermuskeln 8, in der 2. 2 Muskeln, würde also in dieser
Beziehung mit den Oligomyariern völlig übereinstimmen. Es ist mir
sehr wahrscheinlich, daß diese Salpe die Reihe der Übergänge in
dieser Gruppe vervollständigt.
Von den bisher beschriebenen Salpen habe ich noch eine von
Herdman^j abgebildete Form. Sal2)a moUis. zu erwähnen, welche
Apstein als zweifelhafte Art in seinem A^erzeichnis anführt. Ich
halte sie entschieden auch dafür, möglicherweise handelt es sich
um ein durch die Konservierung erzeugtes Kunstprodukt.
Allgemeiner Teil.
Mit den speziellen Untersuchungen glaube ich die Grenzen der
3 Muskelsysteme des Salpenkörpers. ebenso die Homologien der
einzelnen Elemente der Muskulaturen der Körperöttnungen und die
allgemeine Homologie der als Körpermuskulatur im engern Sinne
aufzufassenden Muskelbänder zur Genüge klargelegt zu haben»
1) Herdman, 1. c.
2) 1. c.
3) 1. c.
über die Muskulatur der Salpen. 53
Icli rcsiiiniere im Folg-endeii noch einmal kurz das Hauptergebnis :
bei allen untersuchten Salpen-Arten läßt sich die Mundmuskulatur
bei beiden Formen auf 3 Mnskeln zurückführen ; dasselbe gilt für
die Oloakenmuskulatur, hier abgesehen von 2 Fällen, wo nur
2 Cloakenmuskeln vorhanden sind, wo jedoch ein 8. augenschein-
lich sekundär der vfilligen Reduktion verfallen ist. Zwischen diesen
beiden ^Fuskelsystemen der Körperöifnungen ist die eigentliche
Körpermuskulatur eingeschaltet, welche als Gesamtmasse ihrerseits
bei den 3 Sali)en-Gruppen homolog ist. im Einzelfall aber in mehr
oder weniger Teilmuskeln zerfällt.
Vergleichen wir die 3 Salpen-Gruppen untereinander, so ist es
nicht zu leugnen, daß sich die CVclosalpen und die Pol^-myarier in
der Ausbildung der Muskulatur und der K<)rperöttnungen bedeutend
näher stehen als die Polymyarier den Oligomyariern, mit denen sie
zum Untergenns Sal^m verbunden sind.
Was zunächst die Mundmuskulatur anbetrifft, so ist die Zwei-
teiligkeit des ventralen Abschnitts des Segelmuskels ein den Cyclo-
salpen und Polymyariern zukommendes Merkmal: bei den Oligo-
myariern kommt es nur S. mucronata zu. der vordere Teilmuskel
der solitären Form zeigt hier jedoch die Anfänge der Reduktion,
.andrerseits verhält sich die solitäre Form . von S. maxima in der
Beziehung progressiv, als der ]\Iuskel bei ihr nur einteilig ist. Der
Lippenmuskel ist durchweg bei den Cyclosalpen und Polymyariern
dorsal zweiteilig, ventral ist er einfach. Für die Oligomyarier ist
gerade das Umgekehrte die Regel, nur S. mucronata greg. und S.
sonaria sol. machen eine Ausnahme, indem die eine dorsal einen
zweiteiligen Lippenmuskel besitzt, die andere ventral einen ein-
teiligen. Doch scheint es mir', daß es sich bei S. sonaria um einen
sekundären Schwund handelt, da der proximale ventrale Teilmuskel
bei sonstiger völlig übereinstimmender Organisation des Lippen-
muskels bei der gregaten Form vorhanden ist, jedoch die Zeichen
beginnender Reduktion zeigt.
Der Bogenmuskel hat in allen 3 Gruppen seine charakteristische
Form. Von Interesse ist der Umstand, daß seine Verbindung mit den
kleinen Längsmuskeln außer bei den Cyclosalpen noch bei S. con-
foederata zu finden ist. Diese Formen stimmen auch darin überein,
daß sie die einzigen sind, deren Oberlippe kein eingeklapptes Segel
besitzt.
Die Körpermuskulatur hat ebenfalls für die 3 Gruppen recht
54 R- Streifp,
bestimmte Verhältnisse. Brooks ') sagt, daß es schwer sei. fest-
zustellen, welche Zahl der Kür])ermuskeln am meisten charakteristisch
für die Salpen sei. Bei der Auflösung' in (ji'uppen lassen sich diese
Schwierigkeiten mehr oder wenig-er überwinden. Für die Cyclo-
salpen haben wir eine ganz bestimmte Zahl von Muskeln für beide
Formen nachgewiesen, für die Polymyarier mit Einschluß der nicht
untersuchten Formen lassen sich die Zahlen nicht allgemeingültig
festlegen. Doch glaube ich, daß wir die erwähnte Zahl von
'n'
8 Muskeln füi' die solitären Formen und 6 für die gregaten wohl als
die Normalzahl aufzufassen haben, ebenso wie wir die Zahl 5 als
Norm für beide Formen der Oligomyarier ansehen können. ti'Otz dei-
Ausnahmen in beiden Fällen. Denn namentlich die Arten, deren
solitäre Formen sich durch eine größere Anzahl von Muskelbändern
auszeichnen, wie S. amhoinensis und S. pideti, welche ich den Poly-
myariern zugesellt habe, zeigen nach Apsteix ^) eine recht bedeutende
Variation in der Zahl der Körpermuskeln: so gibt Apsteix für *S'.
p?c/e^i 21— 26 Muskeln, für S. amhoinensis 10 — 13 an. Wie ich schon
mitteilte, kommen in dieser Beziehung auch Variationen bei S. maxima
vor. Es scheint mir daher in dieser Gruppe die Zahl 8 für die
Körpermuskeln doch die ursprüngliche zu sein, wie sie bei
*S'. fusiformis und lynnctata regelmäßig auftritt. Das Überschreiten
dieser Zahl ist jedenfalls ein sekundäres ^'erhalten, was auch meiner
Meinung nach daraus hervorgeht, daß die einzelnen Muskeln, wenn
sie in der Überzahl vorhanden sind, manchmal nur unvollkommen
voneinander getrennt sind und immer durch Anastomosen zusammen-
hängen. Die Sonderstellung, welche S. confoedenda unter den Oligo-
myariern durch die Vierzahl ihrer Kürpermuskeln einnimmt, ist
jedenfalls nicht von großer Bedeutung: vielleicht handelt es sich
auch hier um eine sekundäre Reduktion, um so mehr, als Lahille,
wie ich schon mitteilte, einen Fall beobachtet hat, wo in der
1. Grupi)e ein überzähliger Muskel vorhanden war. Außerdem hat
S. heuseni, welche ich nach der Beschreibung und Abbildung der
andern Autoren für die nächste Verwandte von .S'. confoederata zu
halten geneigt bin, nach der Abbildung von A]-steix=^) in der soli-
tären Form 5 Körpermuskeln.
Die Übereinstimmung der Cyclosalpen und Polymyarier in der
1) Brooks, The genus Salpa (p. 2).
2) ApisTEix, 1. c. (p. 1 u. 26).
3) Apsteix. 1. c (p. 26).
über die Muskulatur der Salpeu. 55
Organisation der Cloakenüffnung und ihrer j\Iiiskulatur gegeniiber
den Oligorayai-iern ist zur Genüge beschrieben und gewürdigt worden.
Wenn die ersten beiden Salpen-Gruppen in den liier unter-
suchten Eigenschaften durchaus einander näher stellen als die beiden
zum Untergenus Salpa vereinigten Gruppen, so nimmt andrerseits
das Subgenus Cijdosalpa den andern Salpen gegenüber eine isolierte
Stellung ein. wenn man die Charakteie berücksichtigt, w'elche seinei--
zeit Blainvili.k 1) veranlaßten, dieses Subgenus zu begründen. Hier-
hin gehört in erster Linie die Art und Weise, wie sich die gre-
gaten Individuen zur Kette verbinden, welche dem Subgenus den
Namen verliehen hat. Bekanntlich ist die Kettenform bei den
C3'closalpen eine rosettenförmige , während sie bei den andern
Salpen eine zweizeilige ist. Dementsprechend finden wir bei den
Cyclosalpen nur 1 großes Haftorgan, während bei den andern Salpen
deren 8 vorhanden sind. Hier schien eine unüberbrückbare Kluft
zu bestehen, welche eine nähere Verwandtschaft der beiden Unter-
genera ausschloß. Beooks -) äußert sich zu dieser Frage wie folgt :
,.We know of no species, w^iich stand midway between those of the
pinnata group and the ordinary Salpae, and we tlierefore have no
l)hylogeuetic evidence, but it seems probable that Salpa pinnata
gives US the primitive method, and that originally a Single process
joined each salpa on to four others, and that this Single process has
been gradually converted into eight separate ones." Mit dieser zu-
letzt ausgesprochenen Meinung hat BRüOK^< absolut recht. In der
Tat läßt sich ein Übergang finden. Daß es bis jetzt noch nicht
geschehen ist, liegt daran, daß merkwürdigerweise die wahre Form
der Kette von Cyclosalpa virgida unbekannt geblieben ist. Diese in
jeder Beziehung echte Cyclosalpe bildet keine rosettenförmige Kette,
sondern eine zweizeilige. Wenngleich sich in der Kettenform
einige Unterschiede den andei'u Salpen gegenüber zeigen, so ist sie
jedenfalls unbedingt in dieser Beziehung als überleitende Form auf-
zufassen. Der Irrtum in bezug auf die Kettenform hat sich seit Vogt's "'j
erster Beschreibung dieser Salpe in der Literatur erhalten. Vogt
beschreibt die Kette als mit der von S. pinnata übereinstimmend.
Ich kann es mir nur so erklären, daß er zufällig eine Kette von
nur wenio-en Individuen vor sich hatte, welche, da die Verbinduno-
1) ]. c.
2) 1. c, The genus Salpa.
3) Vogt, 1. c.
56
R. Stkeiff.
ventral median dnrch die großen nnpaaren Haftorgane zustande
kommt, unter Umständen rosettenförmig aussehen konnte. Apstein ^)
hat mehi-facli Bedenken gegen die VoGT'sche Auffassung der Kette
geäußert und macht auch in seiner neuesten Arbeit ein Fragezeichen
dazu. Er weist mit Eecht darauf hin, daß es nicht verständlich
sei, wie sich bei dem kurzen „tornisterföi-migen Anhange" mehrere
Tiere um einen Mittelpunkt ordnen könnten, und sagt, es sei eher
möglich, daß die Anlieftungsstellen der einzelnen Individuen mit den
Seitenteilen zusammenstoßen: in diesem Falle wäre die Kette nicht
Stern-, sondern ringförmig. Um diese Verhältnisse zu klären und
um andrerseits zu zeigen, daß ^ich auch in dieser Beziehung die
Polymyarier sehr gut an die Cyclosalpen anschließen lassen, schalte
ich hier eine kurze Untersuchung über die Haftorgane der Salpen ein.
Die Haftorgane.
Ich beginne mit Cydosalpa virgula. Wie gesagt, ist die Form
der Kette eine zweizeilige, d. h. ihre Glieder sind in 2 Eeihen zu
beiden Seiten einer idealen Längsachse angeordnet; sie können in
großer Anzahl zur Kette vereinigt sein. Schon bei der Betrachtung
des Stolos der solitären Form (Textfig. B) kann man sich davon
überzeugen, daß selbst die ältesten den distalen Abschnitt bildenden
Individuen in ihrer zweizeiligen Anordnung verharren, niemals
Str
Fig. B.
2 Stoloindividuen von Salpa virgula. Linke Kettenseite.
SYr Stolorolir. Em Verbindung' der jungen Salpe mit dem Stolorcihr. Die punktierten
Linien auf den Haftorgaiien stellen die Grenzen des Haftorgans eines rechtsseitigen
Tieres vor. (Haftorgane vgl. Fig. 8j.
1) 1. c. (p. 3).
über die Muskulatur der Salpen. 57
scliiiiiien sich sternföimige kleine Gruppen von jung-en Tieren ab,
wie es bei S. pinnata der Fall ist, die Kette gleicht vielmehr ganz
dem Verhalten, wie wir es z. B. bei Salpa maxima finden. Auch
die freiwerdenden Ketten bestehen normalerweise aus einer großen
Zahl von Individuen. Im Museum der Station zu \illeiranche ward
eine schön konservierte Kette aufgehoben, welche sich aus un-
gefähr 60 Individuen zusammensetzt, doch glaube ich, daß es
unter Umständen mehr Individuen sein können, wie bei Salpa
maxima. Bei äußerer Betrachtung fällt ein Unterschied den andern
Salpen gegenüber auf: die Längsachse der Kette ist keine gerade
Linie, sondern eine langgezogene Spirale, w^elche an den die Ein-
geweide enthaltenden Fortsätzen zu erkennen ist. Diese bei kon-
servierten Tieren opaken Fortsätze der Individuen beider Ketten-
seiten lehnen sich aneinander bzw. mit ihren Spitzen auf die Basen
der tblgenden und bilden auf diese Weise eine zweizeilige, kork-
zieherartig um die Kette verlaufende Linie. Die Entstehung einer
solchen Kette kann man sich in der Weise denken, daß immer je
2 weiter folgende Individuen der Kette, welche ursprünglich jeden-
falls eine mit stehenden Individuen, wie bei Salpa pinnata, war, ein
Stückchen an den vorhergehenden hiuunterrutschen und sich dabei
ein w^enig in der Richtung einer Spirale drehen. Die ganze Kette
hängt gewissermaßen am obersten Individuenpaar.
Das Haftorgan von Salpa virgula hat Apstein ^) der Form nach
richtig beschrieben und abgebildet, doch ist er auf die Details nicht
eingegangen, da er sonst nicht die Vermutung hätte aussprechen
können, daß es sich bei dieser Kette um eine ringförmige handeln
könne. Das Haftorgan ist als großes abgeplattet zylinderförmiges Ge-
bilde der Mitte der ventralen Seite gleichsam angeklebt. Beim Tier
der rechten Kettenseite (vgl. Fig. 8) ist es auf der rechten Seite
ein wenig nach vorn, auf der linken ein wenig nach hinten ver-
schoben, beim Tier der linken Kettenseite liegen diese Verhältnisse
natürlicherweise umgekehrt. Es ist daher nicht senkrecht zur Körper-
längsaclise orientiert, sondern ein wenig geneigt. Die beiden End-
flächen des Zylinders dienen zur Anheftung an die Individuen der-
selben Kettenseite, wie das auf der Textligur zu sehen ist, welche
2 junge noch am Stolorohr hängende Individuen zeigt. Auf der
äußern Wölbung des Zjiinders ist rechts und links je ein durch
1) 1. c. (p. 3).
58 ß- Streikf.
einen scliwach erhobenen Eand kenntlicher biskuitfönuiger Bezirk
vorbanden, von welcliem der reclite zur Verbindung- mit einem eben-
falls rechten ebensolchen Bezirk des vorhergehenden Tieres der
linken Kettenseite, der linke mit einem solchen des folgenden dient.
Auf der Textabbildung habe ich durch 2 punktierte Linien die End-
flächen des Haftorgans des gegenüber- und dazwischenliegenden
Tieres der rechten Kettenseite angedeutet. Der rechte biskuitförmige
Bezirk des 1. und der linke des 2. können gleichzeitig die ent-
spreclienden Bezirke des angedeuteten Haftorgans darstellen. Die
Verbindung zur Kette geschieht, wie aus dem oben Gesagten hervor-
geht, im Prinzip genau in der Weise wie bei den andern Salpen. Die
Kette besteht aus alternierenden Individuen, von denen jedes einzelne
mit 2 Nachbarn derselben Kettenseite und mit 2 Individuen der
andern Kettenseite verbunden ist. Wir können füglich von 4 Haft-
organen sprechen, anstatt von einem, denn jede Endfläche des
Zj'linders und die beiden biskuitförmigen Bezirke stellen je 1 Haft-
organ dar. die aber im gegebenen Falle zu 1 Organ zentralisiert
sind. Stellen wir uns nun vor, daß die 4 Haftorgane in je 2 zer-
fallen und distalwärts auseinander rücken, so kommen wir zu der
typischen Zahl der Haftorgane bei den Salpen, nämlich zu je 2
lateralen und je 2 ventralen auf der rechten und linken Körper-
hälfte. Die Biskuitform der ventralen Haftorgane ist bereits eine
Andeutung von einer Teilung, und da wir älmliche Formen und
eine Einheitlichkeit der lateralen Haftorgane auch bei einigen Poly-
myariern finden werden, so ist darin, wie icli glaube, in dieser
Frage zweifellos ein Übergang zwischen den Cyclosalpen und Poly-
mj^ariern gegeben.
Wenn sich nun Cijclomlpa virgula, wie wir sehen werden, den
Polymyariern anschließt, so scheint ihr Haftorgan andrerseits mit
dem von Cydosalpa immata, welches in seiner charakteristischen
Form als flossenförmiger Fortsatz mit ßecht für ein wichtiges Merk-
mal dieser Salpe gilt, nur die zentrale Lage, nicht aber die be-
schriebenen Anheftungsflächen gemein zu haben. Denn die langen
Fortsätze treffen sich in einem Punkt und kleben hier regellos zu-
sammen. Betrachtet man aber nicht ausgewachsene Ketten, sondern
ganz junge, noch am Stolo befindliche Individuen, so findet man in
überraschender Weise den Grundtyp der Verbindung zur Kette für
Cijclosalpa virgula und demnach für alle andern Salpen gewissermaßen
vorgebildet. Man sieht, daß der fiossenförmige Anhang in einem
kleinen würfelförmigen Gebilde endet. Die beiden Seitenflächen des
über die Muskulatur der Salpeu. 59
Würfels verbinden sicli mit den Seitenflächen der "Würfel des fol-
genden nnd vorliergehenden Tieres derselben Kettenseite, wie das
aus der scliematischen Abbildung- zu ersehen ist (Textfig. ('), seine
ventrale Fläche dagegen verbindet sich mit den ventralen Flächen
von 2 Individuen der andern Kettenseite. Wir können uns die
Hildung des Haftorgans von Cyclosalpa virgula aus dem von Cydo-
salpa pinnata so vorstellen, daß der Würfel enorm vergrößert, der
Flossenfortsatz dagegen völlig reduziert wurde.
Fio-. c.
's
Schema der Haftorgaiie von Salpa p'mnata beim juugeu
Stoloimlividuum.
Als nächste Form bespreche ich Salpa ]nmctafa, da sie sich enger
an Cifclosalpa virgula anschließt als die andern Polj'myarier. Wie
aus der Abbildung der ventralen Seite dieser Form (Fig. 21) zu
ersehen ist. besitzt sie lateral zur Verbindung mit den Nachbarn
derselben Kettenseite rechts und links eine ungeteilte Haftfläche,
welche sich beim Tier der linken Kettenseite links vorn, rechts
hinten am Körper befindet. Zur Verbindung mit den Individuen
der andern Kettenseite sind ventral 2 biskuitförmige Bezirke durch
einen schwach erhobenen Rand abgegrenzt^ welche bedeutend größer
sind als bei Cyclosalpa virgula, jedoch in der Form völlig überein-
stimmen. Genau also wie bei C. virgula haben wir hier 4 Haft-
organe, und ebenso wie dort zeigen die ventralen bereits die An-
deutung zur Teilung in je 2. Die Ähnlichkeit zwischen beiden
Formen wird noch größer, wenn man die Enden der beiden lateralen
Haftorgane miteinander verbindet, wie ich das auf der um-
stehenden Textabbildung getan habe (Textfig. D). Wir erhalten dann
einen Körper, welcher in der Grundform mit dem Haftorgan von
Cyclosalpa virgula übereinstimmt, nur in die Ijänge gezogen und
noch mehr gegen die Körperlängsachse verschoben ist. Es ist
von großem Interesse, daß diese beiden Formen in der Bildung
der Haftorgane einander reclit nahe stehen, zumal sie auch
in dem Punkt übereinstimmen, daß bei beiden die Muskulatur stark
asj'mmetrisch ist, ein Charakter, welcher entschieden zu den primi-
tiven zu stellen ist und jedenfalls mit dem Übergang von der
rosettenförmigen Kette in die zweizeilige in Zusammenhang steht.
60
R. Stkeiff,
rJ *r Z
- // ^l2
Fig. D.
Haftorgane vou i>alim punctata.
Die Enden der beiden lateralen Haft-
org-ane sind durch Linien verbunden.
Fig. E.
Haftorgane von 8. inaxima.
Tier der rechten Kettenseite.
i)0 das kleine isolierte Muskelstück
des (>. Kürpermuskels.
über die Mnskulatnr der Salpen. 61
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, daß beide
Formen, was das zuletzt erwähnte ]\[erkmal I)etrifft, S. rostmta
g-leichen. daß die Übereinstimmung;- dieser mit Cydosnlpa virgula
darin noch größer ist als mit Salpa punctata. Ebenso interessant ist
es aber auch, daß S. punctaia neben diesen primitiven Charakteren
auch unverkennbare progressive trägt, z. B. die weitgehende Kück-
bildung des 1. Cloakenmuskels.
A\'eitei' schließt sich Salpa maximu an, welche in der Regel
8 getrennte langgezogene Haftorgane besitzt, die nicht immer
deutlich zu erkennen sind, da die sie umgrenzenden Ränder sich
gelegentlich nur wenig über die übi'ige Mantelmasse erheben. Oft
kommt es auch vor, daß je 2 Haftorgane zu einem biskuittVirmigen
Bezirk zusammentreten, wie ich das auf der Zeichnung wieder-
g-egeben habe (Textfig. E). Es können sowohl die lateralen als
die ventralen Haftorgane sein. Das Entstehen der Haftorgane
dieser Form aus der der vorhergehenden bedarf wohl weiter keiner
Erörterung'. Sie besitzt bei gleichzeitigem unverkennbaren Anschluß
an die vorig-e zum erstenmal die Haftorgane in der für die andern
Salpen charakteristischen Achtzahl. Die Form der Kette ist bei
dieser Salpe ebenso wie bei S. imudaia eine mit diagonal stehenden
Individuen (Textfig. F). Ich möchte diese alte von Leuckart \)
gebrauchte Bezeichnung für einen besondern IVpus den beiden von
Apstein '-) aufgestellten Kettentypen gegenüber beibehalten. Apstein
unterscheidet Ketten mit stehenden und mit liegenden Individuen.
Bei S. maxima sind die Individuen weder senkrecht zur Kettenachse
gestellt, noch liegen sie in ihrer Längsachse. Allerdings gibt Apstein
für die Definition der Kette mit liegenden Individuen entweder das
Liegen in der Längsachse oder eine Stellung in einem spitzen
Winkel zu ihr an. Ich halte es jedoch für berechtigt, diese beiden
Arten der Orientierung der Kettenindividuen, welche Apstein unter
einem Typus vereinigt, zu trennen, da die Unterschiede solcher
Ketten in der 'J'at sehr bestimmte sind, wie ein Vergleich der
schematischen Abbildungen der Ketten von S. maxima und Salpa
fusifonnis (Textfig. H), welche eine typische Kette mit liegenden
Individuen besitzt, zeigt. Auch die Disposition der Haftorgane ist
für diesen Typus, wie wir gleich sehen werden, eine andere.
Bei Salpa fmiformis sind die Haftorgane immer in der Zahl
1) 1. c.
2) 1. c. (p. 3).
()2
K. Streiff,
-- rj
-^2
Fig. F.
Kettenfonn von ü. maxhna.
Tiere der rechten Ketteuseite vom Rücken.
Fig. H.
Kettenform von Salpa fusiformis.
Tiere der rechten Kettenseite.
von 8, im Vergleich mit denen von S. maxima außerordentlicli
kleinen, ellipsoiden Flächen ausgebildet. Sie haben immer einen
deutlich gehobenen Rand, leiten dadurch wie auch durch die kleinen
Haftflächen zu den Oligomyariern über. Ihre Disposition ist cha-
rakteristisch für eine Kette mit liegenden Individuen. Bei einem
Tier der linken Kettenseite, wie es die Abbildung zeigt (Textfig. G),
über die Mn^ikulatnr der Salpen.
63
jr-—f^
rj-\
Fig-. J.
Salpa hiucronata. Kettenforiii.
2 Tiere der linken Kettenseite.
Von der Ventralseite.
Fig. G. Salpa fnsiformis Gkey.
Tier der linken Kettenseite. Haftorgane.
rücken die linken lateralen Haftorgane [11 n. J 2) bis fast an die
Spitze des lang ausg'ezog'enen vordem Körperfortsatzes, ihnen schließt
sich unmittelbar das vordere ventrale Haftorgan {IS] der linken
Seite an. während das hintere (7 4) ein kurzes Stück von der Körper-
mitte zur Seite des Endostyls gelegen ist. Auf der rechten Körper-
seite vollzieht sich die Anordnung in derselben Weise, jedoch in
entgegengesetzter Eichtung. zum Körperende hin bzw. auf den
hintern Körperfortsatz. ^^'ährend die Polymyarier eine mehr flächen-
liafte Ausbildunff ilii'er Haftora-ane aufweisen, tritt uns bei allen
64 R- Streiff,
Olig-omvariern ein anderer nur bei ilmen zur Ausbilduno- kommender
Typus entg-egen. Die auch hier immer in dei- Achtzalil vurhandenen
Haftoro-ane stellen mehr oder weniger weit vorragende Zapfen oder
röhrchenförmige Bildungen dar, in welche eine Aussackung der
innern Tunica hineinragt. Leuckart \i liat die 8 langen, dünnen
Röhrclien gdeichenden. Haftorgane von Salpa mucronata sehr gut be-
sclirieben. Er unterscheidet je 2 laterale und 2 ventrale Reihen
und gibt völlig den Tatsachen entsprechend an. wie sie zur Ver-
bindung mit den seitlichen oder gegenüberliegenden Individuen
dienen. Auch ist ihm der Unterschied gegenüber S. maxima und
fusiformis aufgefallen. Er nennt die Haftorgane bei diesen Formen
..im höchsten Grade ru'dimentäi". Die Anordnung der Haftorgane
ist bei S. nmcromda asymmetrisch (Textfig. J). Bei Linkstieren, auf
diese bezieht sich die Abbildung, ist namentlich das vordere ventrale
Haftorgan der linken Körperseite weit nach vorn gerückt, außerdem
zeichnet sich das hintere laterale (r 2) der rechten Ivörperseite durch
seine bedeutendere Größe den andern gegenüber aus; bei manchen
Individuen ragt es weit hervor, so daß man es fast für einen Körper-
fortsatz halten kann. Bei Individuen der rechten Körperseite liegen
diese Verhältnisse umgekehrt, man kann daher bei isolierten Indi-
viduen leicht entscheiden, zu welcher Kettenseite das Tier gehört
hat. Die Form der Kette ist bei S. mucronata eine mit diagonal
stehenden Individuen (vgl. Leuckaet, 1. c. p. lOj.
Bei S. confoederafa haben die Haftorgane die Form von kurzen
Zapfen (vgl. Fig. 25). Die 4 vordem und die 4 hintern liegen
nahezu im gleichen Körperquerschnitt. ein Umstand, welcher mit
der Form der Kette als einer typischen mit stehenden Individuen
übereinstimmt. Doch lassen sich bei näherer Untersuchung auch
hier geringe asymmetrische Verschiebungen bei Tieren der rechten
bzw. der linken Kettenseite konstatieren. Bei einem Tier der
rechten Kettenseite sind die Haftorgane der rechten Körperseite
denen der linken gegenüber ein wenig nach vorn verschoben. Salpa
2onaria zeigt den vollendeten Typus einer Kette mit liegenden Indi-
viduen. Dementsprechend ist die Disposition der Haftorgane im
Prinzip dieselbe wie bei Salpa fusiformis. nur rücken die 3 vorn,
bzw. hinten gelegenen Haftorgane nocli Aveiter nach vorn bzw.
hinten und nehmen beim erwachsenen Tier eine genau terminale
fS''
1) 1. C.
über die Muskulatur der Salpen.
65
Stellung- ein (Textfig. K). Die Abbildung bezieht sich auf ein Tier
der rechten Kettenseite. Es sind in diesem Falle die beiden
lateralen und das vordere ventrale Haftorgan der rechten Körper-
seite, welche an das vordere Körperende rücken, während die beiden
lateralen und das hintere ventrale der linken Körperseite an das
hintere Körperende gehen. Die beiden andern ventralen Haftorgane
sind in der Mitte des Körpers gelegen, dicht nebeneinander bzw.
hintereinander, das rechte mit seiner Spitze nach vorn, das linke
nach hinten gekehrt. Geht man von einer Disposition der Haft-
organe wie bei Salpa confoedarita aus, so muß man auch für diese
Fig. K.
Salpa zonaria greg. Tier der rechten Kettenseite.
Von der ventralen Kürperseite. Haftorgane.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst.
6(3 R. Streiff,
beiden letztgenannten ventralen Haftorgane bei S. zonaria eine
Wanderung annehmen, und zwar für das rechte von hinten nach
vorn bis zur Körpermitte, für das linke von vorn nach hinten eben-
falls bis zur Körpermitte. Die weiteste "Wanderung füliren die
lateralen Haftorgane aus, insbesondere das rechte hintere bzw. das
linke vordere, während die ventralen Haftorgane der beiden Körper-
seiten jedes um ein gleiches Stück weit nach vorn bzw. nach hinten
wandern. Sehr interessant sind die darauf bezüglichen entwicklungs-
geschichtlichen Ergebnisse, zu welchen Eschricht i) seinerzeit ge-
langt ist. Doch kann ich darauf nicht eingehen, einerseits weil es
zu weit führen würde, andrerseits weil die Resultate entschieden
auch einer Nachprüfung bedürfen.
Soviel möchte ich nur bemerken, daß die Tatsachen des AVanderns
der Haftorgane nicht so einfach sind, wie man es sich vergleichend-
anatomisch denken könnte, sondern daß es hierbei während der
Entwicklung zu komplizierten Gebilden kommt, welche später wieder
verschwinden. Je jünger die Ketten sind, desto mehr liegt der
vordere bzw. hintere Komplex der Haftorgane relativ seitlich, wo-
durch die Zugehörigkeit eines Individuums zu einer bestimmten
Kettenseite konstatiert werden kann. Bei erwachsenem Individuum
liegt er, wie gesagt, genau terminal; manchmal verschmelzen die
beiden lateralen Haftorgane, sie können auch völlig degenerieren;
in einem solchen Falle kleben die beiden Kettentiere mit ihrem
Mantel zusammen. Die ventralen Haftorgane bleiben immer er-
halten. Die Haftorgane selbst sind kurze konische Zapfen, in Avelche
deutlich die innere Tunica hineinragt; die eigentlichen Haftflächen
sind äußerst klein. Die Kette ist bereits von Chamisso ^) abgebildet,
neuerdings hat sie auch Brooks =^) wiedergegeben.
Diese Salpe ist, wie gesagt, auch ein Beispiel dafür, daß die
Disposition der Haftorgane bei allen Salpen immer in einem be-
stimmten Verhältnis zur Kettenform steht. Es ist daher möglich,
bei isolierten gregaten Individuen die Kettenform anzugeben.
Ich bemerke dies, da man in der Literatur gelegentlich bei weniger
bekannten Salpen die Notiz findet, daß die Form der Kette un-
bekannt sei.
1) 1. c.
2) Chamisso, De animalibus quibusdam e classe vermium Linnaeana,
Fase. I de Salpa, Berolini 1819.
3) Brooks, 1. c (p. 2).
über die Muskulatur der Salpen. 67
Aus dieser kurzen t^bersicht gebt hervor, daß im Bau der Haft-
organe keine prinzipiellen Unterschiede zwischen den Cyclosalpen
und Polymyariern vorhanden sind, daß sich überleitende Formen
linden, welche die extreme Beschaffenheit des flossenförmigen Haft-
organs bei C. pinnata und die in der Achtzahl vorhandenen Haft-
organe bei den meisten andern Salpen verbinden. Andrerseits kann
man den Bau der Haftorgane bei den Oligomyariern wohl als einen
Typus für sich betrachten. Avelcher unter den Polymyariern zuerst
bei S. fusifonnis angedeutet ist. Merkwürdig ist es, daß die innere
Tunica in die geschilderten zapfenförmigen Haftorgane bei den
Oligomyariern hineinragt; dasselbe ist nur noch bei C. pinnaia der
Fall. Streng genommen könnte man nur bei diesen Formen von
einem Haftorgan sprechen, da sich nur hier die Körperschichten an
seiner Bildung beteiligen. Bei den andern Salpen sind es eigentlich
nur Haftflächen, denn sowohl bei Cijdosalpa virgula als auch bei den
Polymyariern sind es abgegrenzte, unter Umständen angeschwollene
Partien des Cellulosemantels, welche für die Verbindung zur Kette
in Betracht kommen.
Durch den Umstand, daß die Kettenform bei C. vinjula keine
rosettenförmige, sondern eine zweizeilige ist, fällt die wichtige
Schranke, welche die Cyclosalpen von den andern Salpen trennte.
Die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Cyclosalpen und
den Polymyariern, welche sich in mehrfacher Hinsicht ergeben haben,
gewinnen dadurch an Wert.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz auf eine Tat-
sache aus der Embrj'ologie der Salpen hinweisen. Salenskt ^) hat
bekanntlich seinerzeit vom embryologischen Standpunkt aus eine
Teilung der Salpen in thecogone und gymnogone vorgenommen (vgl.
auch KoEscHELT u. Heidek, 1. c). KoEOTNEFF ") beaustaudet aller-
dings die Teilung in dieser scharfen Form, doch scheint sie mir
auch nach seinen Untersuchungen nicht ganz dem Tatsächlichen zu
widersprechen. Für meine Resultate ist jedenfalls von Interesse,
daß die Cyclosalpen und die Polymyarier zu den Thecogonen ge-
hören, während unter den Gymnogonen die 3 Formen •') vereinigt
1) Salensky, Neue Untersuchungen über die embryonale Entwicklung
der Salpen, Theil 2, in: Mitth. Zool. Station Neapel, Vol. 4, 1883.
2) KoEOTNEFF, Embryologie der Salpa democratica (mucronata), in :
Z. wiss. Zool., Vol. 59, 1895.
3) Von Salensky wurden ursprünglich nur Salpa vmcronata und
confoederata untersucht und zu dieser Grruppe vereinigt. Nach andern
Untersuchungen stimmt jedoch .S. xoitaria mit ihnen überein.
(58 li- Streiff,
werden, welche ich als Oligomyarier zusammenfasse. Diese Tatsache
erschien mir erwähnenswert, obgleich völlige Klarheit in dieser Be-
ziehung noch nicht herrscht. Es sind außerdem relativ wenige
Salpen embryologisch untersucht worden. Apstein ^) gibt z. B. für
S. rostrata. welche ich eventuell als Cyclosalpe in Anspruch nehmen
möchte, einen unbedeckten Embryo an, doch vermute ich, daß diese
Angabe nur auf einer gelegentlichen Beobachtung, nicht auf einer
Verfolgung der ganzen Entwicklung beruht, es ist daher leicht
möglich, daß sich der beobachtete Embryo bereits auf einem Stadium
befand, wo er sich seiner Faltenliülle entledigt hatte.
Wenn alle genannten Gründe für eine recht nahe Verwandt-
schaft der Cyclosalpen und der Polymyarier sprechen, so sind andrer-
seits die trennenden Merkmale auch auf den Gebieten dieser Unter-
suchungen in genügender Deutlichkeit ausgeprägt, um die von
alters her bestehende Isolierung der Cyclosalpen zu rechtfertigen.
Ich habe auf die gemeinsamen Eigenschaften beider Gi'uppen mit
besonderm Nachdruck hingewiesen, um dadurch die Eigentümlich-
keiten, welche die Gruppe der Oligomyarier charakterisieren, mit
mehr Deutlichkeit hervorzuheben. Ich hoffe, daß das im Laufe der
Darstellung gebrachte Material genügende Belege für die Selb-
ständigkeit dieser Gruppe bietet.
Ich komme nun auf die in der Einleitung gestellte Frage zurück,
ob nämlich den beiden von mir als Gruppen der Untergattung Salpa
aufgestellten Polymyariern und Oligomyariern nicht etwa der Wert
von Untergattungen gleich dem der Untergattung Cijdosalpa zukäme.
Auch aus diesem Grunde habe ich die gemeinsamen Eigenschaften
der Cyclosalpen und Polymyarier besonders betont. Auf Grund der
niedergelegten Eesultate, insbesondere in Erwägung des Umstandes,
daß die Merkmale, in denen sich die Cyclosalpen und die Polymyarier
gleichen, systematisch ebenso bewertet werden müssen wie die Merk-
male, welche die Oligomyarier von diesen beiden Gruppen, im be-
sondern von den Polymj-ariern, trennen, daß aber diese Unter-
suchungen auf der einen Seite zwischen den Cyclosalpen und Poly-
myariern mehr ausgeglichen, auf der andern Seite zwischen den
Polymyariern und Oligomyariern eine recht scharfe Scheidung herbei-
geführt haben, muß ich die Frage im bejahenden Sinne beantworten,
d. h. ich betrachte die 3 Salpen-Gruppen als systematisch gleichwertig.
Wie ich jedoch in der Einleitung mitteilte, habe ich von der Auf-
1) 1. c. (p. 3).
über die Muskulatur der Salpen. 69
Stellung von 2 neuen Untergattungen abgesehen. Um aus dem Ge-
sagten die Konsequenz zu ziehen, möchte ich vorschlagen, für die
zukünftige Salpen-Sj^stematik die Cyclosalpen nicht als eine Unter-
gattung aufzufassen, sondern sie ebenso als eine Gruppe des Genus
Salpa anzusehen wie die Polymyarier und die Oligomyarier. Für
die Gruppe würde dann der Name Cyclosalpae bestehen bleiben, die
einzelnen Vertreter aber würden Salpa pinnata, virgula etc. genannt
werden, wie das sowohl in der altern als auch in der neuern Literatur
geschehen ist. Im Folgenden gebe ich noch einmal eine tabellarische
Übersicht über alle bekannten Salpen nach meiner systematischen
Einteilung unter Berücksichtigung des eben Gesagten. Vor die
zweifelhaften Formen setze ich ein Fragezeichen. Es handelt sich
dabei eigentlich nur um S. rostrata und S. magalhanica, über deren
Stellung ich nur so weit sicher bin. als sie beide Übergangsformen
zwischen den Cj'closalpen und Polymyariern sind, wohin sie aber
de facto gehören, möchte ich ohne Untersuchung nicht entscheiden.
Mit der Zuzählung von S. henseni zu den Oligomyariern glaube ich
jedoch nicht fehlzugehen.
Genus Salpa
I. Gruppe : Cyclosalpae
S. pinnata
S. virgula
S. afßnis
S. floridana
? S. rostrata
II. Gruppe: Poly my aria ';
? S. magalhanica
S. punctata
S. maxima
S. fnsiforniifi
S. fusiformis var. echinata
S. cylindrica
S. hexagona
S. amboinensis
S. picteii
S. asgmmetrica
S. tilesii
III. Gruppe: Oligomyariae
S. confoederata
S. henseni
70 B,- Streiff,
S. mucronata
S. flageUifera
S. zonaria
S. nitida.
Im Laufe der Darstellung^ habe ich gelegentlich darauf hin-
gewiesen bzw. stillschweigend angenommen, daß ich die Oligomyarier
als die höchststehenden, die CVclosalpen dagegen als die primitivsten
Formen auffasse. Was das letztere betriftt, so finde ich mich darin
im Einklang mit Beooks ^), welcher, da das Hauptgewicht unserer
Untersuchungen auf verschiedenen Gebieten lag, von andern Ge-
sichtspunkten aus als ich zu dieser Auffassung gelangte. Beooks
diskutiert sehr eingehend die nahe Verwandtschaft von Salpa pinnaia
mit den Pj'rosomen und stützt sich in erster Linie auf die weit-
gehende Übereinstimmung in den Tatsachen der Embrj'ologie und
der ungeschlechtlichen Fortpflanzung (vgl. 6. Kapitel seiner Mono-
graphie, Sektion 4), Als weiteres sehr interessantes Zeugnis für
die nahe Verwandtschaft dieser Tunicaten betrachtet er die sog.
Lateralorgane von S. pinncäa, welche er auf Grund seiner Beob-
achtungen für Leuchtorgane erklärt. Er homologisiert sie mit den
Leuchtorganen von Pijrosoma, da sie, abgesehen von der Funktion,
nach seiner Aussage auch anatomisch völlig übereinstimmen. Wie
bekannt, kommen die Lateralorgane nur den Cjxlosalpen zu, doch
auch nicht allen Formen, so fehlen sie z. ß. bei der gregaten Form
von Cyclosalpa virgula.
Die Gründe für meine Stellungnahme zu dieser Frage waren
vorzugsweise physiologischer Natur. Bedenkt man, daß die Salpe
mit der Ein- und Ausleitung des Wasserstroms die wichtigsten
Lebensfunktionen verbindet, nämlich Bewegung. Atmung und Er-
nährung, so ist es wohl berechtigt, wenn man die mehr oder minder
vollkommene Ausbildung des dazu dienenden Apparats als Richt-
schnur für die Beurteilung einer höliern oder niedern Organisation
heranzieht, ohne dabei zu sehr der Einseitigkeit zu verfallen. Ich
habe schon darauf hingewiesen, daß die Oligomyarier (abgesehen von
Salpa confocderata sol.j in dieser Beziehung auf der höchsten Stufe stehen,
insbesondere ist der Apparat bei S. sonaria vorzüglich entwickelt,
während die Cyclosalpen und Polymyarier durch das Fehlen eines
klappenartigen Verschlusses der Cloakentiffnung zurückstehen, nament-
lich zeigt Cyclosalpa pinnata auch in der Beschatfenheit des 3. Cloaken-
1) 1. c. (p. 2).
über die Muskulatur der Salpeii.
71
muskels das primitivste Verhalten. Interessant ist es, daß sich im
selben Sinne von den Cj'closalpen durch die Polj'myarier zu den
Oligomj^ariern eine g-ewisse Tendenz erkennen läßt, die allmälilich
zu der Ausbildung- führt, wie wir sie bei den Oligomyariern kennen
gelernt haben. Auch darauf habe ich während der Darstellung
schon hingewiesen, möchte aber noch an die allmähliche Reduktion
des 1. Cloakenmuskels und an die Anklänge an den Klappentypus
der Cloakenöffnung bei den Polymyariern (S. fusiformis sol.) erinnern.
Ebenso läßt sich in der Ausbildung der Haftorgane derselbe Weg
der stetigen Dilferenzierung durch die einzelnen Salpen-Gruppen ver-
folgen. Die Polymyarier nehmen auch hier eine Mittelstellung ein,
indem sie sich einerseits dem i)rimitiven Verhalten bei den Cyclo-
salpen nähern {S. imnckda), andrerseits Vorläufer der spezialisierten
Ausbildung bei den Oligomyariern aufweisen {S. fusiformis).
Salpa und Boliolnm.
Die genaue Feststellung der Zahl der Muskeln der beiden
Körperöifnungen bei den Salpen hat eine auffallende Übereinstimmung
dieser Verhältnisse mit denen bei dem Genus Boliolnm ergeben. Wie
bekannt ist die Zahl der vor dem Ganglion gelegenen Muskeln bei
dem Geschlechtstier von Boliohmi o, womit es völlig mit den Salpen
übereinstimmt. Bei der ungeschlechtlichen Generation (vgl. Textfig. L)
Fig. L.
Larve tou Doliolum. Vereinfachte Kopie nach Neumann.
n Ganglion. X 1. Cloakenmuskel.
N Magen.
sind allerdings 4 Muskeln vorhanden, doch liegt hier jedenfalls eine
Verdoppelung eines Muskels vor. vielleicht des 3., wie wir das bei
den Oligomyariern kennen gelernt haben. Ebenso stimmt die Zahl
72 ^- Streiff,
der Cloakenmiiskeln überein, wenn man hier dieselben Kriterien
verwendet, wie ich es bei den Salpen getan habe. Besonders deut-
lich zeigt die ungeschlechtliche Form, das neunmuskelige Boliolnm,
diese Verhältnisse. Ich gebe eine (vereinfachte) Kopie einer Ab-
bildung von Neumakn ^ ), welche eine ältere Larve darstellt. Die
Muskulatur und die Organe sind alle bereits völlig entwickelt, doch
ist der Larvenschwanz noch nicht geschwunden. Sein Vorhanden-
sein halte ich aber für besonders instruktiv, da er die 3 hintern
Muskeln, welche ich als Cloakenmuskeln betrachte, sehr distinkt von
der eigentlichen Körpermuskulatur trennt. Der letzte Körpermuskel
liegt wie bei den Salpen zu beiden Seiten des Magens. Von großem
Interesse ist auch die Entwicklung dieser 3 Muskeln. Sie werden, wie
Neümann angibt, ursprünglich jederseits als eine einheitliche Mesoderm-
platte angelegt. Bei der weitern Entwicklung trennt sich zuerst der
1. Cloakenmuskel ab; auf einem spätem Stadium folgt dann die
Teilung der übriggebliebenen Mesodermmasse in 2 Muskeln, den 2.
und 3. Cloakenmuskel (bzw. den 8. und 9. Muskel). Beim Geschlechts-
tier liegen diese Dinge nicht so klar. Bei dem sogenannten Er-
nährungstier z. ß. wird der 1. Cloakenmuskel von den beiden
andern ventral durch die große Sohle, auf welcher die Entwicklung
der eigentlichen Geschlechtstiere erfolgt, getrennt. Doch behält
er auch hier unverkennbar seine Lage hinter dem Magen, der
letzte Körpermuskel zu seinen Seiten bei. Die Entwicklung zeigt
nach Neümann nicht die Zusammengehörigkeit der 3 Cloaken-
muskeln in so schöner Weise wie bei der ungeschlechtlichen Form;
der 1. Cloakenmuskel wird frühzeitig selbständig, die beiden andern
gemeinsam angelegt. Dieses Verhalten entspricht der embrj'onalen
Anlage der Mundmuskeln, wo auch nur die beiden distalen Mund-
muskeln einheitlich angelegt, der 3., proximale, für sich selbständig
gebildet wird.
Schaltet man nun diese als Mund- und Cloakenmuskeln ge-
deuteten Muskeln aus, so bleiben für die eigentliche Körpermusku-
latur nur 2 Muskeln übrig. Der 1. liegt gleich hinter dem Ganglion,
der 2., wie gesagt, in der Körperebene, in der sich der Magen be-
findet. In der Entwicklung werden sie getrennt angelegt (cf. Neu-
mann), unterscheiden sich außerdem zeitlebens dadurch, daß der 1.
unter dem Nervensystem, der 2. dagegen über ihm bzw. über den
1) Neumann, Doliolum, in: Wiss. Ergebn. deutsch. Tiefsee-Expedition
1898—99, Vol. 12, Lief. 2, 1906.
über die Muskulatur der Salpen. 73
Nerven verläuft. Es scheint mir nun von großem Interesse zu sein,
daß bei fast allen g-regaten Salpen (ausgenommen nur S. sonaria)
und bei einigen solitären {S. confocderafa, S. mucronata) die Körper-
muskulatur in 2 Gruppen angeordnet ist. Es ist möglich, daß die
beiden Gruppen mit den entsprechenden Muskeln von Boliolum
homolog sind, zumal bei manchen Salpen die Muskeln der einzelnen
Gruppen nicht völlig getrennt sind, sondern, wenn auch für kurze
Strecken, zusammenhängen, so daß man geneigt ist, sie als Teil-
muskeln eines Muskels aufzufassen. Vielleicht bekommen wir in
diesen Fragen Aufklärung durch die genaue Entwicklungsgeschichte
der Salpenmuskulatur.
Es ist hinreichend bekannt, daß über die Verwandtschaft von
Salpa und Doliolimi sehr verschieden geurteilt wird. Brooks ^) hat
den Widerstreit der Meinungen sehr ausführlich und kritisch be-
handelt, ich kann mich daher lediglich auf eine allgemeine Stellung-
nahme beschränken. Ich schließe mich auf Grund der oben an-
geführten Tatsachen unbedingt dem Standpunkt von Brooks an,
welcher in Übereinstimmung mit Herdman eine nahe Verwandtschaft
von Salpa und BoUolnm und eine gemeinsame Abstammung an-
nimmt. Als hauptsächlichster Vertreter der entgegengesetzten Mei-
nung verficht Uljanin ^j einen diphyletischen Ursprung beider Genera.
Er stützt sich dabei auf seine entwicklungsgeschichtlichen Befunde,
besonders auf das Vorhandensein bzw. Fehlen einer geschwänzten
Larve. Ich glaube, daß die weitgehenden Übereinstimmungen zwischen
Salpa und Doliohtm, wie ich sie dargelegt habe, sich kaum als Kon-
vergenzerscheinungen deuten lassen werden, sondern auf eine gemein-
same Urform hinweisen. Andrerseits kann man sich vorstellen, daß
diese Urform eine geschwänzte Larve besessen hat, welche sich im
Laufe der weitern Entwicklung nur bei Boliolum erhalten hat. Das
ist um so wahrscheinlicher, als wir, wie auch Brooks schon betont,
im Elaeoblast bei den Salpen ein fragloses Rudiment des Larven-
schwanzes haben.
Die Frage nach einer Homologie der Muskeln von Salpa und
Boliolum mit denen der Ascidien ist von Brooks und Lahille be-
rührt worden. Sonderbarerweise stimmen sie beide darin überein,
daß sie sich die Muskeln von Salpa und Boliolum aus den oralen
1) 1. c. (p. 2).
2) TJljaxin, Die Arten der Gattung Doliolum im Golfe von Neapel,
in: Fauna Flora Golf Neapel, Monographie 10.
74 R- Streiff,
und atrialen Sphincteren der Ascidien entstanden denken. Die
Körpermuskulatur der Ascidien wird völlig ignoriert. Ich kann
mich dieser Meinung nicht anschließen, nehme vielmehr an, daß die
3 Muskelsysteme bei den 3 Tunicaten-Gruppen homolog sind, daß im
besondern die Körpermuskulatur von Salpa und Doliolum ihr Homo-
logon in der Körpermuskulatur der Ascidien hat. Ein gültiger
Nachweis ist weder von den beiden genannten Autoren erbracht
worden, noch kann ich selbst einen solchen bringen, doch scheint
es mir vom theoretischen Standpunkte aus wenig plausibel, daß
man die gutentwickelte Körpermuskulatur der Ascidien bei einer
solchen Homologisierung völlig übergehen kann.
über die Muskulatur der Salpeu. 75
Nachtrag.
Während sich meine Arbeit bereits im Druck befand, erhielt ich
durch die Liebenswürdigkeit der Herren Prof. Beauer und Dr. Haet-
MEYEE aus dem Material des Berliner Museums je 1 Exemplar der
solitären und gregaten Form von SaJpa magalhanica zur Untersuchung.
Beiden Herren sage ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten
Dank.
Leider war die Muskulatur der Tiere, die augenscheinlich in
FLEMMiNG'scher Lösung konserviert worden waren, recht bröcklig
geworden, so daß die feinere Präparation der Mund- und Cloaken-
muskeln nicht in jeder Beziehung gelang. Immerhin konnte ich mit
Sicherheit feststellen, daß meine Vermutung in betreff der syste-
matischen Stellung dieser Salpe richtig gewesen ist. Wenn sich
auch in manchen Dingen Abweichungen von den für die Polymyarier
angegebenen Merkmalen finden, so weisen andrerseits einige be-
sonders charakteristische Merkmale auf eine Zugehörigkeit zu dieser
Gruppe hin.
Die Mundmuskulatur zeigt bei beiden Formen den unver-
kennbaren Polymyarier-Tj'pus. Der Segelmuskel besteht dorsal
aus 1, ventral aus 2 — 1 distalen schmälern und 1 proximalen
breitern — Teilmuskeln, welche im Mundwinkel zu einem Zügelstück
zusammentreten. Bei der gregaten Form i eicht der Muskel nicht
bis zur Mediane, sondern läuft früher in eine Spitze aus. Der
Lippenmuskel ist bei beiden Formen dorsal und ventral einteilig.
Die dorsale Einteiligkeit, die bei den Polymyariern nicht Regel ist,
läßt sich in zweifacher Weise erklären: entweder ist der vordere
76 R- Streiff.
Teilmnskel völlig- riickgebildet — wie gesagt, ist er bei den meisten
Polj'myariern schwach entwickelt — , oder die beiden Teilmiiskeln
sind verschmolzen, da der dorsale Lippenmiiskel bei S. magaJhanica
bei beiden Formen ungewöhnlich breit ist. Bei der solitären Salpe
ist das für die solitären Polymyarier charakteristische durch Um-
klai)pung- entstandene Zügelstück vorhanden, ebenso der dem kleinen
Muskel 0:2 entsprechende Teil des Lippenmuskels, welcher sich mit
der ventralen Hälfte des Bogenmuskels zu einem breiten Muskel-
bande verbindet (wae bei S. imndata).
Der Bog'enmuskel der solitären Form besitzt eine besondere
Bildung", wae ich sie bei keiner andern Salpe g^efunden habe. Kurz
vor seinem dorsalen Ende, welches in gewöhnlicher Weise nach
hinten gerichtet ist, geht medianw^ärts in der Richtung zur Hypo-
physe ein kleiner Muskel ab. Außer diesem Seitenast des Bogen-
muskels ist der kleine Längsmuskel wohlausgebildet, er ist ver-
hältnismäßig lang, zieht vorn ein kurzes Stück weit über den Lippen-
muskel hinweg, hinten über den Seitenast des Bogenmuskels und
erstreckt sich ebenso weit nach hinten wie dieser. Geht man von
den Verhältnissen aus, wie wir sie bei S. virfjula greg. kennen ge-
lernt haben, wo der kleine Längsmuskel c vom Bogenmuskel zu-
nächst in der Richtung nach hinten abging und sich dann erst,
einen Bogen beschreibend, nach vorn auf den Lippenmuskel zu-
wandte, so können wir in dem kleinen Seitenast des Bogenmuskels
bei S. magalhanica einen Rest sehen, der an das Verhalten des
Bogenmuskels bei den Cyclosalpen, an seine Verbindung mit dem
kleinen Längsmuskel, erinnert. Denken war uns den kleinen Längs-
muskel bei S. virgula an der Umbiegungsstelle geteilt und die
Teilungsenden gerade ausgestreckt, so erhalten wir das Bild bei
S. mcKjcdhanica: der mit dem Stammuskel verbundene Teil geht ein
wenig nach hinten gerichtet zur ]\Iediane, der andere, in der Richtung
nach hinten gerade ausgestreckt, kreuzt diesen ursprünglich mit
ihm verbundenen Teil. Bei der gregaten Form ist der Seitenast
nicht vorhanden. Ihr Bogenmuskel hat die nur den gregaten Formen
der Polymyarier zukommende Lage an der Außenseite der andern
beiden Mundmuskeln bzw^ ihrer Zügelstücke.
Die Cloakenmuskulatur ist bei beiden Formen nach dem Typus
der rohrförmigen Cloakenöftnung gestaltet. Der 1. Cloakenmuskel
ist bei der solitären Form mit dem letzten Körpermuskel dorsal bis
zur halben Körperhöhe verschmolzen. Bei S. fusiformis sol. und S.
punctata sol. lehnt er sich dorsal eng an den letzten Körpermuskel,
über die Muskulatur der Salpen. 77
doch eine völlig-e Versclimelzuiig habe ich bei keiner andern solitären
Salpe beobachtet. Die beiden untern Enden des in Rede stehenden
dorsalen Muskels sind ventral als letzter Körpermuskel bzw.
1. Cloakenrauskel genau bestimmt, indem sich der eine zur Seite
des Nucleus wendet, der andere aber hinter ihm verläuft. Bei der
gregaten Form ist die Verschmelzung- ebenso vorhanden, doch bildet
sie das gewöhnliche und charakteristische Verhalten der gregaten
Polymyarier. Dei* 2. Cloakenmuskel ist bei beiden Formen ein ein-
facher Ring. Der 3. zerfällt in eine größere Anzahl von Teilmuskeln,
die sich dorsal und ventral zu je einem verhältnismäßig langen Zügel-
stück vereinigen. Besonders lang sind die Zügelstücke bei der soli-
tären Form, sie reichen bis zum vorletzten Körpermuskel. Die
Vereinigung der ventralen Teilmuskeln zu einem Zügelstück habe
ich bei keiner andern Salpe gefunden. Ein kleiner Muskel « (vgl.
S. mcixima und fusifonnis sol.) scheint auch vorhanden zu sein, doch
konnte ich das nicht sicher feststellen.
Zur Körpermuskulatur gehören bei der solitären Form 7 ]\Iuskeln,
die für die Polymyarier beschriebene Normalzahl 8 ist nicht erreicht.
Zieht man noch in Betracht, daß der letzte Körpermuskel mit dem
1. Cloakenmuskel dorsal verschmolzen ist, so sind es nur 6 selbständige
Muskeln, eine Zahl, die auch aus der ApsTEiN'schen Abbildung her-
vorgeht und die mich in erster Linie veranlaßte, im systematischen
Verzeichnis am Schlüsse meiner Arbeit ein Fragezeichen vor diese
Salpe zu setzen, denn 6 Muskeln haben bekanntlich die Cyclosalpen.
Nach der Untersuchung der Salpe und nach der Feststellung des
7. Muskels kann ich diesem Umstände, d. h. dem Fehlen eines
Körpermuskels, kein großes Gewicht beilegen, denn 1. sprechen
charakteristische Merkmale für die Zugehörigkeit zu den Polj'-
myariern, 2. haben wir das Fehlen eines Körpermuskels bei
gregaten Formen der Polymyarier schon erwähnt {S. cylindrica). Die
gregate Form von S. magalhanica hat ebenfalls einen Körpermuskel
zu wenig, es sind nur 5 vorhanden, während die meisten Formen
der Polymyarier 6 haben. Auch sie ist trotzdem nach der Dis-
position ihrer Körpermuskulatur wie nach den andern Merkmalen ein
echter Polymyarier.
Die Körpermuskeln der solitären Form sind sehr breit. Die
ersten 4 berühren sich dorsal, der 4. und 5. lateral, der 5. und 6.
wieder dorsal.
Bei der gregaten Form werden von der Körpermuskulatur in
üblicher Weise 2 Muskelgruppen gebildet. Zur 1. gehören 3, die
78 ^- Streiff,
sich dorsal in der Mediane berühren, zur Bildung der 2. sind, wie
bei allen Polj'rayariern , die beiden letzten Körperniuskeln mit dem
1. Cloakenmuskel vereinigt. Lateral stoßen der 3. und 4. Muskel
zusammen; auf der linken Seite ist der 1. Muskel mit dem 2. durch
eine Anastomose verbunden. Ventral sind der 2., 3. und 4. der
linken Seite und der 2. und 3. der rechten alle untereinander durch
Anastomosen verbunden. Die Muskulatur ist schwach asymmetrisch.
Das Tier besitzt nur einen Körperfortsatz und zwar am hintern
Körperende auf der rechten Seite. (Bei einem Tier der andern
Kettenseite würde der Fortsatz auf der andern Seite liegen!) Ge-
wöhnlich haben die Polymyarier, wie die beschriebenen, an jedem
Körpereude einen Fortsatz, doch gibt es auch andere Formen, die
wie S. viryula nur einen haben, nie aber erstreckt sich ein Teil der
Innern Organe wie bei S. virgula in den Fortsatz hinein. Der Fort-
satz ist bei S. magalhanica bedeutend kleiner als bei S. virgula.
Um schließlich noch einen typischen Polymyarier-Charakter an-
zuführen, sei die Form der Haftorgane erwähnt. Sie sind flächen-
haft ausgebildet, der Kand erhebt sich nur äußerst wenig über den
sie umgebenden Mantel. Die Disposition scheint ähnlich wie bei
S. punctata zu sein, eine genaue Angabe muß ich mir leider ver-
sagen, da das mir zur Verfügung stehende Exemplar nicht alle Haft-
organe mit der nötigen Deutlichkeit zeigte.
über die Miisknlatiir der Salpen. 79
Erkläruua; der Abbildungen.
a) Muskeln
A doi'saler Abschnitt des Segelmuskels
a ventraler Abschnitt des Segelmuskels
B dorsaler Abschnitt des Lippenmuskels
h ventraler Abschnitt des Lippenmuskels
A 1, A 2, B 1, B 2, al etc. für den Fall, daß die Abschnitte dieser
Muskeln in Teilmuskeln zerfallen
za Zügelstück des Segelmuskels
zb Zügelstück des Lippenmuskels
C der Bogenmuskel (Gl, C 2 seine Teilmuskeln bei den Oligomyariern)
c die kleinen dorsalen Längsmuskeln
1, 2, S etc. 1.. 2. etc. Körpermuskel
X 1. Cloakenmuskel
y 2. Cloakenmuskel (// 1, >j 2 seine ventralen Teilmuskeln)
%y sein Zügelstück
z 3. Cloakenmuskel {z 1, z 2, z 3 seine Teilmuskeln)
zz sein Zügelstück
b) andere Organe
An Anus
Ax die basale Furche der Klappe (Achse)
Bl Blinddarm
Cr Herz
dmL dorsale Medianlinie
E Endostyl
El Elaeoblast
Fl Fümmerbogen
Gl Ganglion
H Flimmerorgan
80 R- Streiff,
lif Haftorgan
K Cloakenöffnung
Klp Klappe der Oligomyarier
11,12 die linken lateralen Haftorgane
l 3, l 4 die linken ventralen Haftorgane
La Lateralorgan der Cyclosalpen
IccF die seitlichen Furchen der Klappe
M Mundöflfnung
M(i Magen
mf die mediane Furche der Klappe
N Nucleus
OL Oberlippe
üS oberes .Segel
pa vorderer Körperfortsatz der Kettensalpen
pp hinterer Körperfortsatz der Kettensalpen
r 1, r 2 die rechten lateralen Haftorgane
r 3, r 4 die rechten ventralen Haftoi'gane
St Stolo
lest Hoden
UL Unterlippe
uS unteres Segel
vmL ventrale Medianlinie.
Tafel 1.
Fig. 1. Cycloscüpa pimiata sol. Cloakenmuskulatur yon der Innen-
seite.
Fig. 2. CijdosaljM pinnata sol., von der rechten Seite.
Fig. 3. Cyciosalpa pinnata greg. Junges, vom Stolo abpräpariertes
Individuum. Bei völliger Ausbildung der Muskulatur liegt die Cloaken-
öflfnung noch relativ weit dorsal. Der 1. Cloakenmuskel bildet eine natür-
liche Abgrenzung des Cloakenrohres gegen den Körper. Das jugendliche
Stadium des Tieres dokumentiert sich auch durch die relative Größe des
Ganglions. Die Körperöffnungen sind noch durch die den ganzen Körper
umgebenden Gallertmassen geschlossen.
Fig. 4. Cyciosalpa pinnata greg. Älteres, etwa 2^/2 cm langes Tier
aus einer freischwimmenden Kette. Die Cloakenöffnung ist gestreckt und
bereits endständig. Bei noch altern Individuen erfolgt noch eine weitere
Streckung.
Fig. 5. Cyciosalpa virgula sol., von der rechten Seite.
Fig. 6. Cyciosalpa virgula greg. Mundmuskulatur eines Individuums
der rechten Kettenseite. Von der Außenseite gezeichnet.
Fig. 7. Cyciosalpa virgula greg. Individuum der rechten Ketten-
seite, von der Dorsalseite. Die Zeichnung ist insofern konstruiert, als
der linke Mundwinkel auch hineingezeichnet worden ist, um die Tojjographie
der Mundmuskulatur hineinzubringen. Beim Objekt ist der linke Mund-
winkel bei dieser Orientierung nicht zu sehen, da er ganz ventralwärts
über die Muskulatur der Salpen. 81
verschoben ist. Um das Bild der Muskulatur nicht zu komjilizieren, sind
fortgelassen worden: ventral der Lippcnmuskel, dorsal der Segelmuskel,
außerdem ihre Vereinigungen und Bildungen im Mundwinkel (vgl. hierzu
Fig. 6).
Fig. 8. Dasselbe Individuum, von der Ventralseite. Lage des linken
Mundwinkels. Hm 1 vorderer Muskel des Haftorgans, If»i 1' hinterer.
Fig. 9. iSr(lj)it uia.rima sol. Mundmuskulatur, von der Außenseite.
Die beiden Segel sind ausgebreitet. -aI) bezeichnet hier das sekundäre
Zügelstück des Lippenmuskels.
Fig. 10. Salpa maxinia sol. Cloakenmuskulatur, von der Außenseite.
Tafel 2.
Fig. n. SaJpa maxima sol., von der rechten Seite. Fs der kleine
baumförmige Fortsatz im Innern des Cloakenrohres. Der Segelmuskel ist
fortgelassen worden, der Lippenmuskel im Mundwinkel nicht detailliert
(vgl. Fig. 9).
Fig. 12. Salpa maxima greg. Mundmuskulatur, von der Innenseite.
Fig. 13. Salpa maxima greg. Cloakenmuskulatur, von der Innen-
seite.
Fig. 14. Salpa maxima greg. Individuum der rechten Kettenseite.
Der Segelmuskel ist fortgelassen worden, der Lippenmuskel nur teilweise
gezeichnet. Die Insertion des 1. Cloakenmuskels ist durch die punktierten
Linien angegeben worden.
Fig. 15. Salpa fudfonnis sol. Cloakenmuskulatur, von der Außen-
seite, a der kleine Muskel (vgl. Text).
Fig. 16. Salpa ptoidata sol., von der Dorsalseite. Der Segelmuskel
und ein Teil des Lippeumuskels sind fortgelassen, -xbo obere Verlängerung
des Zügelstücks des Lippenmuskels, die untere ist bei dieser Ansicht nicht
zu sehen.
Fig. 17. Salpa piinelata sol. Mundrauskulatur eines eben frei-
gewordenen Embryos, von der Außenseite. Die beiden Segel sind aus-
gebreitet, zho und zbu obere und untere Verlängerung des Lippeumuskel-
zügelstücks. Von beiden ist nur ein kurzes Aufangsstück gezeichnet.
Fig. 18. Salpa punctata sol. Cloakenmuskulatur, von der Außenseite.
Fig. 19. Salpa jninctata gveg. Cloakenmuskulatur, von der Innenseite.
Fig. 20. Salpa pitncfata greg. Individuum der linken Kettenseite,
von der Dorsalseite. Der Segelmuskel und ein Teil des Lipjienmuskels
sind fortgelassen.
Fig. 21. Salpa jnmctata greg. Dasselbe Individuum, von der Ventral-
seite. Die Punktierung stellt die Disposition des braunroten Pigments vor,
nach welchem die Salpe ihren Namen bekommen hat.
Zool. .Tahrb. XXVII. .Abt. f. Svst. 6
82 R- Streiff, über die Muskulatur der Salpen.
Tafel 3.
Fig. 22. Sf/lpa coufopderata sol. Cloakenmuskulatur, von der Außen-
seite. Die punktierten Linien beziehen sich auf das Verhalten beim
Embryo.
Flg. 23. Salpa confoederaia greg. Mundmuskulatur, von der Innen-
seite. Cl und C2 1. und 2. Teilrauskel des Bogenrauskels.
Fig. 24. Salx>a confoederaia greg. Cloakenmuskulatur, von der Außen-
seite.
Fig. 25. Salpa confoederaia greg., von der Dorsalseite. Individuum
der rechten Kettenseite. Der Segelmuskel ist fortgelassen worden. Die
Klappe ist nach dem lebenden Tier gezeichnet worden. IccF die seitlichen
Furchen der Klappen, Ax die basale Furche der Klappe, durch die die
Bewegungsachse geht, mcvF die mediane konvexe Falte der Klappe.
Fig. 26. Salpa mucronata sol. AEundmuskulatur, von der Innenseite.
Der 2. Teilmuskel des Bogenmuskels sowie der kleine Längsmuskel c
sind weggelassen worden (vgl. Fig. 28).
Fig. 27. Salpa nmcronaia sol. Cloakenöffnung ventralmediau zer-
schnitten und ausgebreitet. Muskulatur, von oben (Außenseite). Um das
Bild nicht zu komplizieren ist das Segel der Klappe fortgelassen, die
Muskel Z 2 und Z o verlaufen in situ auf diesem Segel. Die punktierte
Linie bezeichnet den Ansatz des Segels, dz die lateralen Zapfen der
Cloakenöffnung.
Fig. 28. Salpa macronaia sol., von oben. Sr Ansatz des Segels
der Klappe, r/i; die lateralen Zapfen der Cloakenöffnung.
Tafel 4.
Fig. 29. Salpa viucronata greg. Mundmuskulatur, von der Innen-
seite. Der kleine Längsmuskel c ist fortgelassen worden.
Fig. 30. Salpa inucronata greg. Cloakenmuskulatur eines Tieres der
linken Kettenseite, von oben (Außenseite), zu gemeinsames Zügelstück
des 2. und 3. Cloakenmuskels.
Fig. 31. Salpa xonaria sol. Muskulatur der Cloakenöffnung, von
oben (Außenseite). Rechte Seite der Cloakenöffnung. Kliv Winkel der
Cloakenöffnung, S oberes Segel der Cloakenöffnung.
Fig. 32. Salpa xonaria greg. Mundmuskulatur, von der Innenseite.
Der Bogenmuskel ist fortgelassen worden (vgl. Fig. 33 und Fig. K).
Die unterbrochene Linie (lang punktiert) bezeichnet den Segelrand und
den Mundwinkel.
Fig. 33. Salpcc xonaria greg. Tier der linken Kettenseite, von oben.
Die Öffnung der Cloake ist durch die punktierte Ellipse bezeichnet. Der
Lippenmuskel ist fortgelassen worden.
Nachdruclc verholen.
Vbersetzimgsrechl vorbehalten.
Zur Kenntnis
der Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka.
N a c li der Sammlung von Dr. Bruno K l a p t o c z im
Jahre 1906.
Bearbeitet von
Dr. Franz Werner in Wien.
Mit Tafel 5-6.
Wie in bezug auf viele andere TiergTuppen ist das von Herrn
Dr. Klaptocz bereiste Gebiet auch mit Hinsicht auf die Orthoptei'en ^)
eine Terra incognita gewesen, und nur wenige, zum Teil wahrschein-
lich von der Küste stammende, zum Teil von Rohlfs in den Oasen
Dschofa (Sokna) und Audschila gesammelte Arten sind aus Tripoli-
tanien-), sowie eine kleine Anzahl von Arten, welche von Haimann
auf seiner Reise in der Cyrenaica "'') zusammengebracht worden sind,
aus diesem Gebiete bekannt. Von den Arten der RoHLFs'schen Aus-
beute, soweit ich sie untersuchen konnte (nur Mantodeen: Eremiaphila
roMfsi, Elaea marchali, Sphodromantis biocidafa), ist keine in der Koll.
Klaptocz vertreten; von den HAiMANN'schen Arten dagegen sind
nur 3 von Herrn Dr. Klaptocz nicht wieder aufgefunden wordeu
(Forficula aun'cularia, Eremohia cisti, GryUotalpa vidgaris). Da die
Möglichkeit des Vorkommens dieser 3 Arten, für die icli Beleg-
1) (incl. Dermapteren).
2) Die von Dr. HUGO GroTHE auf seiner Reise nach Tripolis ge-
sammelten Heuschrecken (nur 3 Arten), die im Bericht der Senckenberg.
naturf. Gesellschaft zu Frankfurt a. Main 1897, p. LXIX, genannt sind,
wurden mir auf meine Bitte von Herrn Direktor F. RÖMER freundlichst
zur Untersuchung übersandt, wofür ihm hier bestens gedankt sei.
3) Haimann, Cyrenaica (Roma 1882); die Orthopteren sind von
Prof. Cornalia, p. 140, aufgezählt.
6*
84 Franz Werner
exemplare aus dem behandelten Gebiete freilich nicht gesehen habe,
außer Zweifel steht, da nur Forficida nicht mit Bestimmtheit in
Ägypten nachgewiesen wurde, dagegen die beiden andern Arten
sowohl in Nordwest-Afrika als auch in Ägypten sicher vorkommen,
so habe ich sie hier aufgenommen. — Durch eine überaus
eifrige und erfolgreiche Sammeltätigkeit, unterstützt durch eine
gerade für diese Tiergruppe im allgemeinen sehr günstige Jahres-
zeit hat Herr Dr. Klaptocz ein so reichliches Material zusammen-
gebracht, daß wir nunmehr nicht nur über die zoogeographischen
Beziehungen des Gebietes zu den wohlbekannten Nachbargebieten
im Westen und Osten genügend orientiert sind, sondern auch, was
die Artenzahl anbelangt, sicherlich die Hauptmasse der in Tripolis
und Barka voi'komm enden Orthopteren kennen, wenn auch im
einzelnen, namentlich was Gryllen, Sphingonoti und Eremobien an-
belangt, manches noch zu entdecken übrig bleibt. Für die große
Freundlichkeit, mir die gesammelten Orthopteren zur Bearbeitung
anzuvertrauen, bin ich dem jungen Forscher, der in so kurzer Zeit
und unter durchaus schwierigen Verhältnissen — die Unerforschtheit
des Landes hat ja weit weniger in den klimatischen Verhältnissen
als in der schwierigen Zugänglichkeit ihren Grund — so gute Er-
folge erzielte, zu großem Danke verpflichtet.
Ich gebe nachstehend die Aufzählung der einzelnen Arten,
welche 3 Dermapteren, 7 Blattiden, 12 Mantideii, 2 Pliasmiden,
4 Tettigonioiden (Locustodea), 10 Achetoiden (Gryllodea) und
34 Locustoiden (Acridiodea) umfaßt, zusammen also 72 Arten, von
denen 60 aus dem Gebiete noch nicht bekannt waren und 10 über-
haupt neu sind. Besonders bemerkenswert ist die neue Phasmiden-
Gattung, welche einer sonst rein indischen Gruppe angehört, sowie
Oxythcspis (jranulata, die bisher in einem einzigen Exemplar vom
Senegal bekannt war.
Dermaptera.
Lahidura Leach.
i. ripavia Fall.
Brunner, Prodromus, p. 5, fig. 1.
BORMANS, Forficulidae und Hemiraeridae, in: Tierreich, Lief. 11, 13. 33,
1900.
Savigny, tab. 1, fig. 1—3, 7. — Krauss, p. 234, 235.
Orthopteren-Fauna von Tripolis nnd Barka, 85
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 64. — Werne«, Orthopt. Aegypt., p. 375.
Krauss, p. 233. — Krauss u. Vosseler, p. 522. — Vosseler, p. 345.
Dernah, 18.— 20.7.; Beiigasi, 27.. 8. und Anf. Sept. (SS und ??
sowie Larven). Die Exemplare gehören der typischen Form an.
L. riparia ist über die tropischen und g-emäßigten Teile fast
der ganzen Erde verbreitet. Man kennt sie aus allen algerischen
Provinzen, aus Tunis und Ägypten.
Foi'flcula L.
F. aurlcularia L.
Brunner, Prodromus, p. 12. fig. 4 D, E.
BORMANS, 1. c, p. 122.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 70.
Diese Art ist bei G. Haimann (Cyrenaica, Roma 1882) für „Gioh'"
(Dschoh ^= Lethe) angeführt ; sie ist seither in diesem Gebiete ebenso-
wenig wie nach Savigny in Ägypten gefunden worden, doch möchte
ich die Determination (von Prof. Cornalia?) nicht von vornherein
bezweifeln.
Weiteres Vorkommen: Europa, West-Asien, Nordamerika.
Anisolahis Fieb.
A, tripolitana n. sp,
(Taf. 6, Fig. 10.)
Pechbraun, glänzend; vordere zwei Drittel des Pronotums rot-
braun; Beine, Brust und vordere Abdominalsternite gelb. Antenne
16 — 17gliedrig, braun, die basalen Glieder etwas heller, das 12. und
13. oder 13. und 14. weißlich. Zangen schwarzbraun. Pronotum mit
medianer Längsfurche. Keine Spur von Elytren. 2.-4. Abdominal-
tergit mit deutlicher Seitenkante, 5.-9. seitlich gekielt, winklig vor-
gezogen; letztes Abdominaltergit mit sehr starkem Seitenkiel. Pygidium
flach, mit 2 kurzen abgerundeten Endlappen. Zangenarme dreikantig,
in beiden Geschlechtern an der Innenkante fein gezähnelt, beim S an
der Basis deutlich voneinander entfernt; rechter Zangenarm kürzer
und stärker gekrümmt als der linke.
Länge: S 12 mm, Zangen 2,2 mm; $ 13 mm, Zangen 2,8 mm.
Diese Art unterscheidet sich leicht von den bekannten circum-
mediterranen Arten und zwar in folgender Weise:
86 Fhanz Werner,
von moesta (Serv.) durcli das Fehlen von Elytren und die zwei-
farbig'en Antennen,
von maritima (Gene) durch die nur 16— 17gliedrigen, zweifarbigen
Antennen,
von mauritanica (H. Luc.) ebenfalls durch Zahl und Färbung
der Antennenglieder,
von anmdipcs (H. Luc.) durch den starken Seitenkiel des letzten
Segments, die beim c? an der Basis deutlich getrennten und
am Innenrande deutlich gezähnelten Zangen.
Letzterer Art steht unsere neue Art am nächsten. Erwähnt
möge noch werden, daß die Abdominaltergite fein punktiert, die
letzten seitlich sehr deutlich gerunzelt sind; ebenso wie das letzte
Abdominalsternit unterseits.
Alle von Herrn Dr. Klaptocz mitgebrachten Exemplare dieser
Art stammen aus Tripolis (Juli 1906), die meisten aus dem Garten
des österreichischen Konsuls Rossi, wo sie unter Blumentöpfen sich
aufhielten.
Blattaeformia.
Blattodea.
Unterfam. BlaUcllidae.
Blattella Caudell.
Bl. f/ermaniea (L.).
Brunner, Syst. Blatt., p. 90 (I'hijUodwwia).
— , Prodromus, p. 49, fig. 9.
Savigny, tab. 2, fig. 20, 2L — Krauss, p. 243.
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 376.
FlNOT, Fauna de l'Algerie, p. 89.
An Bord des „Seyar" (zwischen Tripolis und Dernah) „sehr
häufig", 13.— 17. Aug., 2 SS, l ^ mit Kokon.
Kosmopolitische Art; auf Schilfen besonders häufig, von mir
sowohl auf Nil- als Mittelmeerdampfern oft in Menge angetroffen.
Orthoptereu-Fanua von Tripolis und Barka. 87
Unterfam. Edohiidae.
Ai)hl€hia Bk.
A. fririttafa (Serv.).
Serville, Orthopt., 1839, p. 106.
Brunner, Prodiomus, p. 42.
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 83.
Mimiina bei Gliarian, 20./9. (2 $?).
Die beiden Exemplare unterscheiden sich in keiner Weise von
den vorliegenden Beschreibnng-en. Die Art ist von Sardinien
(Serville), BOne in Ost-Alg-erien (Koll. Brunner), Saida in A\'est-
Alg-erien (Fingt n. Bgnnet) bekannt.
Unterfam. Pcnplanetidae.
Periplaneta Burm.
P, americaiia (L.).
Brunner, Syst. Blatt., p. 232.
— , Prodromus, p. 50, fig. 11.
Savigny, tab. 2, fig. 16—18. — Krauss, p. 242.
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 79,
Vgsselee, p. 346.
Tripolis, Juli 1906 {S, ?); Dernali, Aug-, (66); Mimuna, 20.9.
(Larven).
Kosmopolitische Art, in Afrika nicht nur an den Küsten, sondern
auch weit ins Innere vordringend.
Blatt a L.
J5. Orientalis L.
Brünner, Prodromus, p. 49 {Periplaneta).
Savigny, tab. 2, fig. 14, 15. — Krauss, p, 242.
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 78 (Periplaneta).
Krauss, Orth. Sahara, p. 234. — Krauss u. Vgsseler, p. 524.
Tripolis. Juli (66, ??); Beng-asi, 8.9. (?).
Ebenfalls kosmopolitisch, aber viel weiter geg'en Norden vor-
dringend als die vorige.
88 Franz Werner,
Unterfam. Corydidae.
Pohjphaffd Brülle.
P. aegyiJtica (L.).
Beuxxer, Syst. Blatt., p. 353.
— , Prodromus, p. 52.
Savigny, tab. 2, fig. 9, 12. — Krauss, p. 241, 242.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 75.
Saussure, ßevis. Heterogam., p. 303 — 308.
Tripolis, 12./7., 2 weibliclie Larven, die eine mit dem gewöhn-
lichen Fleckenpaar auf dem Meso- bzw. Metanotum sowie mit eben-
falls gelben Flecken auf den Seitenrändern der Abdominaltergite
sowie auf der Lamina supraanalis, während bei der andern die erst-
genannten Flecken auf kleine, kaum merkbare gelbe Punkte redu-
ziert sind. Das eine Exemplar wurde in einer Küche, das andere
in einem Abort gefunden. Ich habe diese Art stets in oder in der
Nähe von menschlichen Wohnungen gefunden, w^ährend die folgende
nur im Freien und zwar in der Wüste, meist im Sand vergraben,
angetroffen wird.
P. aegyptiaca ist außerdem aus Algerien, Tunesien, Ägypten,
Calabrien, Sizilien, Dalmatien, Kleinasien, Syrien, Süd-Rußland, den
Kaukasusländern und Persien bekannt.
P. ursina Burm.
Burmeister, Handb., Vol. 2, p. 489 (S, ?)•
Saussure, Eev. Tribu Heterogam., p. 13.
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 380.
y Krauss, Orthopt. Sahara, p. 234.
1 S von Funduk Ergeat (20./9., kam ans Licht); 3 weibliche
Larven von Tripolis (Juli).
c? gelbbraun; Pronotum rötlich-braun, Vorderrand breit gelblich-
weiß, Hinterrand schmal schwarzbraun: Elytreu hyalin, nur am
Vorder(Außen)rand bräunlich-gelb, undeutlich dunkel gefleckt, die
Hauptlängsadern dunkel. Flügel hyalin. Behaarung dicht.
Die weiblichen Larven rotbraun, am Rande behaart.
Bisher aus Ägypten und Syrien bekannt.
Vosseler stellt (Orth. Alg. Tun., p. 346) richtig, daß Finot
jedenfalls die P. africana L., nicht livida Br. (die übrigens Saussuee
Orthopteren-Fauua von Tripolis und Barka. 89
in seiner Eevision der Heterogamien mit keinem Worte erwähnt
liat) ans Nordwest-Afrika vor sich hatte. Ich fand africana L. in
einer weiblichen Larve bei Batna (Mai 1893). Kkauss identifiziert
die lirida Finot mit ursina Bukm., was mir ebenso wie Vosseler
nach den stachellosen Tibien der weiblichen Uvula in der Abbildung-
bei Bkunner unstatthaft erscheint. Ich bin daher keineswegs sicher,
ob die KEAUss'sche Art wirklich ursina ist, und möchte diese Art
einstweilen noch aus der Fauna Nordwest-Afrikas eliminiert wissen.
P. karny h. sp.
Kurz elliptisch, gelbbraun, rundherum lang^ behaart, Pro-. Meso-
und Metanotum oberseits unbehaart, mit vielen feinen Höckerchen.
Apicaldornen der Vordertibien kürzer als die der Hintertibien, des-
gleichen kürzer als der Metatarsus. Mittlere und hintere Femora
ohne Kniedorn; alle Dornen entweder ganz oder wenigstens an
der Spitze braun; alle Beine im übrigen lang- gelb behaart. Pro-
notum hinten konvex; Meso- und Metanotum mit geradem Hinter-
rand. Lamina supraanalis quer abgestutzt, L. subgenitalis rhombisch.
Länge etwa 10 mm.
Weibliche Larve aus Tripolis, 37./7.
Die ?? der circummediterranen Polyphagen lassen sich auf
folgende Weise unterscheiden :
1. Hintertibien gerade, ohne Dornen F. livida Br.
Hintertibien bedornt 2
2. Färbung schwarzbraun, Vorderrand des Pronotums gelb, ebenso
mit je 2 Flecken auf Meso- und Metanotum P. aecjyptiaca L.
Färbung rot- oder gelbbraun 3
3. Hintertibien gerade, schlank, die Dornen am ganzen Außen-
rand ziemlich regelmäßig angeordnet P. algerka Br.
Hintertibien kräftig, die Dornen mehr oder weniger deutlich
in Gruppen angeordnet 4
4. Hinterfemora ohne Kniedorn 5
Hinterfemora mit Kniedorn P. ursina Burm.
5. Färbung rotbraun; Sporne der Vordertibien so lang wie der
Metatarsus P. africana L.
Färbung gelbbraun, Sporne der Vordertibien kürzer als der
Metatarsus. P. hirny Wern.
Die neue Art ist nach Herrn H. Karny, dem Bearbeiter meiner
Sudan-Orthopteren, benannt.
90 Franz Werner,
Mmitodea.
Unterfara, Orthoderidae.
Centromantis Wfjin.
C. denticollis (Lucas, 1855).
Lucas, in: Bull. Soc. zool. France, Vol. 3, p. 11.
FlNOT, Faune de TAlgerie et de la Tunisie, p. 93.
Saussure, Mel. Orthopt., Vol. 3, p. 370.
VOSSELER, in: Zool. Jahrb., Vol. 16, Syst., 1902, p. 524.
Werner, in: SB. Akad. Wiss. Wien, Vol. 114, Abth. 1. Mai 1905,
p. 400, tab., fig. 6.
ßeiigasi, 31./8., 9./9. 1906, auf roterdioem Boden.
Die von Herrn Dr. Klaptocz mitgebrachten Exemplare sind
durchweg weiblichen Geschlechts. Diejenigen von Bengasi gehören
der typischen Form an; sie sind dunkel gelbbraun, die Mittel- und
Hinterbeine meist undeutlich gebändert; Pronotum mit namentlich
hinten deutlichem Mittelkiel, der nach hinten in die für unsere Form
charakteristische, kurze Spitze ausläuft; sonst mit starken sj'm-
metrischen Höckern (2 Paar hintereinander vor dem Hinterrand.
1 Paar hinter dem Vorderrand, 1 Paar nicht immer deutlicher, schief
gestellter, nach hinten konvergierender Längswülste); Oberfläche
rauh und grubig; Seitenrand stark gezähnelt. Das Abdomen ist
oberseits außerordentlich stark runzlig, so daß es fast porös aus-
sieht; die Mittellappen der Segmente sehr deutlicli dreieckig vor-
springend.
Länge 21 mm.
Diese Form ist von Mittel- und Ost-Algerien sowie aus Tunesien
bekannt, fehlt aber in Ägypten.
var. tunetana Wern.
Werner, 1. c, p. 401, tab., fig. 14 und in: Jahresb. Württemb. Ver.
Naturk., 1906, p. 362.
1 % südlicli von Assisia, 15./9. 1906, auf der Dschefara-Ebene
nördlich vom Ghariangebirge.
Pronotum mit kaum merkbarem Mittelkiel, hinten ohne Spitze. Ab-
domen nur im Mittelfelde und auch da nur grob gerunzelt. Färbung
gelbgrau, Mittel- und Hinterbeine deutlich dunkel gebändert.
Länge wie vorige.
Erst aus Tunis bekannt (Type im j^Eus. St. Petersburg).
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 91
Ereiniaphila Lef.
M. rohlf'si Werk.
Werner, Orthopt. Aegypteus, p. 390 (1905).
Im Museum zu Berlin durch Exemplare vom Wadi M'Bellem,
Sokna, Kufra vertreten (leg. Rohlfs).
Es ist mög-licli, daß diese Art mit E. harhara Bris, identisch
ist; doch stützt sich diese Mutmaßung- nur auf die Angabe von
Krauss (Ortli. Sahara, p. 234, fig. 1), der zufolge die Elytren am
Außenrande ,. eingekerbt"' seien. Da dieser Außenrand auf der Ab-
bildung nicht sichtbar ist. der Kopf auf derselben auch nicht breiter
erscheint als das Pronotum, ebenso auch dieses nach hinten nicht
verschmälert ist, so glaube ich meine Art aufrecht erhalten zu
dürfen.
[JE. typhon Lef.
Diese Art, welche von Rohlfs in der Oase Kufra gefangen
wurde und wegen der ich auf die 1. c. p. 383 angegebene Literatur
verweise, könnte auch in Barka vorkommen, weshalb ich sie
wenigstens in Klammern hier nenne.]
Elnea St.\l.
E, niarchall (Reiche et Fairmaire).
In: Ferket et (tALINIER, Voyage en Abessynie, Vol. 3, 1847, p. 421,
tab. 27, p. 5 ($, Eirmiaphila).
Saussure, Mel. Orth., Vol. 3, 1870, p. 169 (^, Humlieyticlla perloides).
Schulthess, in: Ann. Mus. Genova (2), Vol. 19, 1898, p. 170 {S, ?,
E. somalira).
Werner, in: SB. Akad. Wiss. Wien, Vol. 116, Abt. 1, 1907, p. 230.
tab. 2, fig. 4 (hier auch die vollständige Literatur).
Diese Art wurde von Rohlfs bei Audschila gefunden (Mus.
Berlin),
Ich kann meinen oben zitierten Ausführungen noch hinzufügen,
daß sich im Berliner Museum auch 1 Exemplar aus Ägypten (ohne
weitern Fundort, leg. Ehrenberg) befindet. Ob es sich nicht auch
in diesem Falle um den Nord-Sudan (z. B. Dongola) handelt, wage
ich allerdings nicht zu entscheiden. Sonst ist E. marchali noch über
92 Franz Werner,
den größten Teil des tropischen Ost-Afrika (Sudan, Uganda,
Abessynien, Somaliland, Deutsch Ost-Afiikai und Seneg-ambien ver-
breitet.
Unterfam. Mantidae.
SpIiOflromantis Stäl.
S. biocuhita (Bukm.),
BIiUN^'EK V. Watten WYL, Prodromus, p. 58, fig. 13.
SaviCtNY, tab. 1, fig. 10 — 13. — Krauss, p. 236.
SaussüRE, Mel. Orthopt., Vol. 3, p. 219, fig. 20, 21.
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 99.
Werner, in: SB. Akad. Wiss. Wien, Vol. 114. Abt. 1, 1905, p. 408;
Vol. 116, Abt. 1, 1907, p. 235.
Diese 3Iantide liegt aus der Koll. Klaptocz nicht vor. wnrde
aber von Rohlfs in Sokna (Oase Dschofa) gesammelt, wie ein Exem-
plar des Berliner Museums, welches als S2)h. l-ersfeni bestimmt war,
aber zweifellos zu obiger Art gehört, erweist.
Sie ist über ganz Nord- Afrika verbreitet, findet sich auch in
Syrien, angeblich auch in Kleinasien, sicher dagegen in Süd- Spanien
nnd Senegambien; geht auch noch über den Äquator hinaus (Congo
nach GiGLio-Tos).
Mantis Stal.
31, reJiglosn (L.).
Brunner, Prodromus, p. 59, fig. 14.
Saussure, Mel. Orthopt., Vol. 3, p. 239.
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 100.
Werner, 11. cc. p. 409, 236.
Vosselee, Orth. Alg. Tun., p. 350.
Tripolis: Endschila, 23.7. 1906 (+); Ain Sarah, 20,7. 1906 (?).
Barka: Bengasi, 7./9. 1906 {S).
Diese Art ist in Afrika weit verbreitet und fehlt anscheinend
nur im Süden, während sie in Ost-Afrika neben einigen nahe ver-
wandten Arten vorkommt. Die beiden ??, welche an reich mit
Schilf nnd schilfartigen Pflanzen bewachsenen Orten gefunden
wurden, sind von ansehnlicher Größe (71 — 74 mm), das S klein.
Alle 3 gehören der grünen Form an; bei dem größern $ er-
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 93
reichen die Hinterflügel eben die Hinterleibsspitze, bei dem andern
reichen sie etwa 1 cm darüber hinaus.
Iris Sauss.
J. oratoria (L.).
Bkunner, Prodromus, p. 60, fig. 15.
Saussure, Mel. Ürthopt., Vol. 3, p. 254.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 106.
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 410.
Dschebel Tegrinna, 19., 9. 1906 {S, ?); Dscliebel T'kut, 18.9.
1906 ($); Dernah (21./8. 1906), ?; dieses braun, die übrigen g-rün.
Eine in den Mittelmeerländern weit verbreitete, auch an der
Wolga vorkommende Art,
Fischeria Sauss.
F. haetica (Ramb.).
Beunker, Prodromus, p. 63, fig. 17,
FiNOT, Faune de TAlgerie, p. lOS.
Savigny, tab. 1, fig. 14. — Krauss, p. 237.
Saussure, Mel. Orthopt., Vol. 3, p. 256.
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 410.
Krauss, p. 235. — Krauss u. Vosseler, p. 527. — Vosseler, p. 350.
Tripolis, West, 16./7. 1906 (?); Umgebung von Tripolis. Anfang
Aug. (?); Endschila, 23./7. {S); Dernah, 20.8. (>, ?).
Auch diese Art findet sich in den Mittelmeerländern weit ver-
breitet, fehlt aber in Italien gänzlich, ist auch in den nördlichen
Mittelmeerländern nur in Süd-Spanien. Griechenland, in der Türkei
und auf Kreta gefunden worden, außerdem in Ägypten, Algerien,
Kleinasien, Syrien, Turkestan, Samarkand; auch in Abessynien (leg.
Rüppell, Mus. Senckenberg).
Die Exemplare aus Tripolis wurden auf Haifagras gefunden.
Aiiieles BuRM.
A. derolor (('harp.).
Brunxer, Prodromus, p. 65.
FixOT, Faune de l'Algerie, p. 103.
Krauss u. Vosseler, Beitr, Orth. üraus, p. 526.
94 Franz Werner,
Dschebel Teglirinna, 19./9., eine männliche Nymphe.
Diese Art ist in Afrika bisher nur in West-Alg'erien gefunden
worden; in Süd-Europa ist sie dagegen weit verbreitet. Brunxer
nennt sie von Barcelona, Malaga und Valencia, Süd-Frankreich,
Pegli in Ligurien, Tolentino in den Marken, Istrien, Dalmatien,
Corfu, Athen, Parnaß, Tuldscha in der Dobrudscha und Odessa.
OocythesxHs Sauss.
O. f/ranulata Saüss. (Taf. 6, Fig. IIb).
Saussuee, Mel. Orthopt., Vol. 3, p. 276, fig. 40.
1 c? von Funduk Ergeat. 20,9. 1906 (kam ans Licht).
0. gramdata Sauss. ist bisher nur vom Senegal (Dagana) be-
kannt gewesen und zwar in einem einzigen S des Wiener k. k.
naturhistorischen Hofmuseums, welches von Steindachner auf seiner
Reise nach Senegambien gesammelt worden war. Da mir nunmehr
Exemplare aller 3 bekannten Arten in guten Exemplaren vorliegen,
so will ich einige vergleichende Bemerkungen hier anfügen und zwar
in Tabellenform (s. folg. Seite).
Von den 3 Arten möchte ich im allgemeinen (nach der Ausbildung
der Augendornen) 0. turcomaniae (Fig. IIa) für die primitivste halten,
und wir sehen auch hier wieder, daß dies die nördlichste ist, während
die beiden andern, mit deutlichen Augendornen tropisch bzw. süd-
paläarktisch sind und hier dasselbe Verhältnis obwaltet wie zwischen
Stcnovates und Heterochaeta. die ja nunmehr von Griffini mit Recht
einer und derselben Art zugeAviesen worden sind. Wie aus der Ab-
bildung ersichtlich, hat turcomaniae niclit nur den bei weitem
kürzesten Dorn auf dem Auge, sondern es sind auch die Augen
selbst am kürzesten, wahrhaft „mammillati"', bei senegaJensis aber am
längsten (Fig. 11c). 0. gramdata nimmt auch hier eine Mittelstellung
ein. Dagegen ist diese Art am extremsten in der Ausbildung der
Behaarung der männlichen Antennen. In der Färbung und in der
Beschaffenheit der Femora stimmen gramdata und turcomaniae
überein; in der Beschaffenheit des Pronotums ist von turcomaniae
ausgehend von den beiden übrigen Arten eine ganz verschiedene
Entwicklungsrichtung eingeschlagen worden.
Es würde also nicht durchweg angehen, die Entwicklung der
3 Arten einfach voneinander abzuleiten, und eine lineare Anordnung
in bezug auf ihre Verwandtschaft, wie sie z. B. bei den Viperiden
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka.
95
OxytJiespis
Oxythespis
Oxytlicspis
sc)U'(jalensis
granuluta
turcomaniae
^
^
d"
Körperlänge
_
36,3
34,2
Pronotuni
9,2
9.f)
8,6
Elytren
19.8
20:6
21
Kopflänge
2,2
2.5
2,1
Kopfbreite
4,9
4,()
4
Länge der Augen-
dornen
0,5
0,2
0,06
Länge der Cerci
—
3
2,4
Färbung
hell gelbbraun
graubraun , Flug-
graubraun, Fing-
(Farbe des dürren
organe dunkel
organe mit ab-
Steppengrases)
])unktiert und ge-
wechselnd dunk-
fleckt
len und wie die
quer verlaufenden
weiOea Längs-
adern
Antennen
rundherum behaart
länger behaart als
vorige
kurz behaart
Stirnschild (Breite
2:0,3
1,5:0,3
1,5:0,4
zu Höhe)
Pronotuni
Seitenrand fein ge-
Seitenrand mit nicht
Seitenrand glatt.
sägt, Kiel glatt
aneinanderstoßen-
den dreieckigen
schwarzen Zähn-
chen ; Kiel mit ver-
einzelten schwar-
zen Körnern
ebenso der Kiel
Mittel- und Hinter-
längsgerieft
dreikantig
dreikantig
femora
vollkommen gelingt, ist hier ansgeschlossen. Daß turcomaniae die
primitivste Form ist. scheint mir anßer Zweifel; von ihr aus haben
sich die beiden andern vielleicht selbständig entwickelt und zwar
senegalemis in den meisten Punkten (bis auf die Antennenbehaarung
des S) weiter als granulafa; vielleicht ergibt es sich aus weitern
Funden, daß sie die weiter im Süden heimatende ist.
Unterfam. Empusidae.
JEinpusa Illig.
E. egena CiiAiir.
BßüNNEE, Prodromus, p. 70.
Savigxy, tab. 1, fig. 8. — Krauss, p. 235.
FlNOT, Faune de l'Algerie, p. 111.
96 Fkanz Werner,
Wernee. Orthopt. Aegypt., p. 411.
Krauss u. VoSSELER, Beitr. Orthopt. Orans, p. 527.
Jiino-e Larven dieser Art von Tripolis, 29.7. 1906; an der Küste
unmittelbar im Nordosten der Karamanligräber.
Diese Art findet sich in ganz Nord-Afrika von Algerien bis
Ägypten, ferner in SjTien, Kleinasien und im südwestlichen Europa.
IdoJornor^phd Blrm.
I. foiif/lfro)is Sauss.
SausstJRE, Melanges Orthopterologiques, Vol. 3, 1870, p. 341 ($), tab, 5,
fig. 35.
— , in: Bull, entomol. Suisse, Vol. 3, 1870, p. 224 ($).
FiNOT, Faune de TAlgerie et de la Tuuisie, p. 113.
VüSSELER, Orth. Alg. Tun., 1902, p. 351.
3 junge Larven dieser spezifisch nord-afrikanischen Art. alle
von Bengasi (28./8., 6. und 9./9.), wahrscheinlich von steinigem Terrain
im Südosten der Stadt. Dieses ist auch der östlichste Fundort für
die Art, welche bisher nur aus Ost- Algerien und Tunesien bekannt
war (Laghouat [Vosselee], Biskra [FinotJ, in Algerien; Umgebung
von Sfax, Teboulba zwischen Feriana und Haidra [Bonnet u. Finot]
in Tunesien). Giglio-Tos nennt sie freilich auch vom Congo.
Blephuris Serv.
B* ^nendica Fabr.
Saussure, Mel. Orth., Vol. 3, p. 329.
Savigny, tab. 1, fig. 9. — Krauss, p. 23(3.
FiNüT, Faune de l'Algerie, p. 109.
Werner, 11. cc, p. 412 u. 247.
Krauss, Beitr. Orthopt. Sahara, p. 235.
Junge Larven verschiedenen Alters von Tripolis (27. 7.), Ta-
dschura (17./7.), Ain Sarah (1./8.). beides in der Nähe von Tripolis;
Dernah (23./8.) und Bengasi (29./8.). — Von Haimanx bereits bei
Tocra (Barka) gefunden.
Diese Art ist die einzige, welche aus ganz Nord-Afrika bekannt
ist: Tenerift'a (c. m.), Marokko (Mus. Senckenbg.), Algerien. Tunis
(Finot), Trii)olis und Barka (Klaptocz), Ägypten (seit Fabricius
Von dort bekannt); außerdem im Nord-Sudan, Schoa sowie in Syrien
und auf den Canaren.
Orthopteieu-Faiuia von Tripolis und Barka. 97
Gressoria.
Phasniodea.
JBacillns Lath.
B. fi'ipoJiUitms de Haax.
DE Haan, Bijdragen etc., p. 101, tal). 15, fig. 3 (Phasma).
Westm'OOD, Cat. Phasm., p. 4.
Brunxer u. Redtexbache k. Die Insektenfamilie der Phasmiden, Leipzig
1906, p. 32.
Diese Art Avurde von Dr. Klaptocz nicht gefunden, sie wird von
DE Haan für Tripolis erwähnt, kommt aber auch in Algerien vor.
In meiner „Orthopterenfauna Ägyptens" habe ich keine Phasraide
aus Ägypten angeführt, es lebt aber hier B. aegijptiacus Gbay. der
auch in Syrien vorkommt.
GJiarkfUKs n. f/.
Nächstverwandt der indischen Gattung ClUumnus Stal, von der
sie sich aber durch die Form der Hinterleibsanhänge des (J. welches
allein bekannt ist, sofort unterscheiden läßt. Die Cerci sind nämlich
lang und gekrümmt, greifen mit den Enden übereinander, und die
beiden geraden, stumpfen zylindrischen, nach hinten divergierenden
Fortsätze des Analsegments, welche bei Cl. die Afteröftnung um-
greifen, ragen hier weit darüber hinaus. Der Kopf ist hinter den
Augen verschmälert, die Antennen sind kürzer als die halben Vorder-
schenkel, das Segmentum medianum wenig länger als ^e des Meta-
notums. Die vordem Femora sind unbewehrt, ebenso die mittlem
und hintern. Das 2, Abdominalsegment ist doppelt so lang wie breit,
das letzte oberseits mit medianem Längskiel, hinten stumpfwinklig
zugespitzt, Subgenitalplatte hinten abgerundet.
Gh, IzJaptoczi n. sj). (Taf. 6. Fig. 7.)
Färbung bräunlich-gelb mit dunklen rötlich-braunen Längs-
streifen, von denen je einer vom hintern Augenrand horizontal nach
hinten bis zum Vorderrand des Pronotums zieht, ein medianer, etwa
zwischen den Augen beginnender über die ganze Körpermitte nach
hinten sich erstreckt und auf dem Abdomen am breitesten ist. und
einer dunklen Seitenlinie jederseits am Abdomen. Unterseite ein-
förmig hellgelb.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. ~t
9»
Franz
Werner,
Dimensionen:
Totalläng-e
54 mm
8. Abdominalsegment
1,7 mm
Kopf
3,5
Analsegment
2.2
Proiiotum
2
Cerci
2,5
Mesonotum
11.5
Vorderfemora
23
Metanotum
8,5
Vordertibien
25
Segment med.
1,5
Mittelfemora
19
2. Abdominalseo
;-ment
3
Mitteltibien
20
3. Abdomiualseg
•ment
3.5
Hinterfemora
21
4. — 6. Abdominalsegm.
je 4
Hintertibien
23
7. Abdominalseo
rment
8.5
1 S wurde am Dschebel Gosseba am 16. 9. 1906 gefangen.
Saltatoria.
Tettigonioidea (Locustodea).
Unterfam. Dedicidae.
Decticus Seev,
_D. albifrons Fabk.
Bkunner, Prodiomus, p. 365.
SaviCtNY, tab. 3, fig. 8.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 522.
1 ? aus Endschila. 23./7. — Von Haiman bei ßengasi gefunden.
Über die Mittelmeerländer weit verbreitet (Spanien bis Klein-
asien, Süd-Rußland bis zum Ural); aus Nord-Afrika nur von Algerien
und Tunesien bekannt g-ewesen.
Platffcleis Fieber.
P. intet'niedla Seev.
BiiUNNER, Prodromus, p. 349.
Savigny, tab. 3, fig. 10.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 532.
1 S von Tripolis, 27./7., in einem Haifabusch im Südwesten der
Meshla.
Nach der Tabelle bei Finot (p. 528—529) lassen sich auch die
SS der f/me«-Gruppe bestimmen, und nach ihr gehört obiges S un-
zweifelhaft hierher.
Orthopteren-Fauna von Tripolis iTnd Barka. 99
Die Art ist fast über ganz Süd-Europa (Spanien, Süd-Frankreicli,
Istrien, Dalmatien, Grieclienland, Sicilien), Kleinasien, Algerien und
Tunesien verbreitet und findet sich auch vielleicht in Ägypten. Ich
besitze ein mir von Dr. \Valter Innes Bey übersandtes Platycleis-^
aus Äg3'pten, welches sich nur durch die längern P'lugorgane von
P. grisea unterscheidet, welche in Nord- Afrika bisher in Tunis ge-
funden wurde. Ist meine Bestinnnung als grisca richtig, so wäre
auch diese Art im Gebiet von Tripolis und Barka zu erwarten.
Unterfam. ConoccphaUdae.
Conoeeph alus Thunbg.
C. nitidulus Scop.
Brunxee, Prodronius, p. 304, fig. 71 (v/aiidibularis).
Redtexbachee, ]\[ouogr. Conocephal., p. 427 {via)i(l/lmlaris).
Savigny. tab. 4, fig. 4. — Keauss, p. 248 (iinmdibn/an'n).
FiNOT, Faune de FAlgerie, p. 669 {mcuKlibulnris).
1 ? von Endschila, 23,/7.
Diese Art gehört zu denjenigen, welche zwar aus Nordwest-
Afrika und dem Sudan, nicht aber aus Ägypten bekannt sind; ich
habe auch nach Erscheinen meiner Arbeit über die Orthopteren-Fauna
Ägyptens unter dem mir von Herrn Dr. Walter Innes Bey über-
sandten Material diese Art nicht gefunden. Dasselbe gilt auch von
Oxythespis senegalensis, Trigonidium cicindeloides u. a.
Beunner erwähnt diese Art aus Süd-Ungarn, Serbien. Sieben-
bürgen. Süd-Rußland, überhaupt aus dem südlichen Europa. Ich
fand sie bei Budua in Dalmatien, an der Arsa und am Cepic-See
in Istrien. Aus Algerien nennt sie Fingt aus der Umgebung von
La Calle. In Ägypten ist sie mir nicht untergekommen, dagegen findet
sie sich im Sudan und überhaupt im tropischen Afrika sowie weit
verbreitet auch in Asien. In Mitteleuropa nur selten : Paris, Bregenz,
Neusiedlersee etc.
XiphUJlon Seev,
X. aethlopicuni Thunbg.
Beunner, Prodromus, p. 303.
Savigny, tab. 4, fig. 3—4. — Krauss, p. 248.
RedtenbacHEE, j\Ionogr. Conocephal., p. 510.
100 Franz Werner,
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 72.
ScHULTHESS, in: Ann. Mus. Genova, 1898, p. 208.
1 S von Ain Sarali, 20./7.
Diese ist eine der wenigen Formen, welclie der ägyptischen
Fanna ziig-eliüren und aus Nordwest-Afrika bisher noch niemals
nachgewiesen worden sind. Im tropischen und südlichen Afrika weit
verbreitet.
Ein gleichfalls männliches, leider nur im Larvenzustand befind-
liches Xiphklimn unterscheidet sich von X aethiopicmn durch die
andere Form des Börnes der Cerci, welcher von der Mitte aus fast
senkrecht nach einwärts steht, durch den schief nach hinten ge-
richteten Hinterrand der Pronotum-Seitenlappen (Verlauf des Randes
gerade, nur mit einer schwachen Einkerbung in der Mitte, der
großen bei Aethiopiimi entsprechend) und durch das schmälere dunkle
Band des Pronotums. Da ich aber nicht weiß, ob nicht wenigstens
die beiden letzterwähnten Merkmale larvaler Natur sind, so will ich,
um so mehr als auch dieses Exemplar von Ain Sarah (20. 7.) stammt,
das Exemplar nicht von obiger Art trennen. Auch eine weibliche
Larve ebendaher stimmt in der Form des Pronotums und der Breite
des dunklen Streifens mit der männlichen Larve.
Achetoidea (Gh'yllodca).
Unterf am . Trigoniäiidae.
Ti ' igo 1 1 kl ii im See v.
T. cicindeloides Serv.
BrUjSTNER, Prodroraus, p. 423, fig. 97.
FlNOT, Faune de l'Algerie, p. 569.
Von dieser im südlichsten Europa weit verbreiteten, aber
eigentlich nirgends häufigen kleinen (irjUe sammelte Herr Dr.
Klaptocz 1 $ bei Ain Sara, 20./ 7.
Aus Nord- Afrika kennt man sie bisher aus Algerien und Tunesien,
nicht aber aus Ägypten (vgl. Conocephalus), wohl aber aus dem südlichsten
Teil des ägyptischen Sudan (leg. Werner). Die übrige zusammen-
hängende Verbreitung erstreckt sich nicht über das südlichste
Europa hinaus, doch kommt die Art auch auf den Canaren und auf
Ceylon vor.
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 101
Unterfam. GryJlotalpidae.
Gi'ijllotalpa Latr.
6r. a/'Hcana Pal. Beauv.
Saussure, Mel. Orth., 5, p. 199.
Krauss, Orth. Sahara, p. 253.
Werner, Orth. Aegypt., p. 430.
Tripolis, 22./7.. Ain Sarah, 1./8. (jüngere Larven).
Von Krauss für die algerische Sahara (Tug-gnrth), von mir für
Ägypten nachgewiesen. Sonst über das ganze tropische Afrika und
Asien verbreitet, auch in Australien; in der Mittelmeerregion nur
noch in Syrien.
G. vtilf/aris Latr.
Saussure, Mel. Orth., 5, p. 195.
Brunner, Prodromus, p. 451, fig. 107.
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 430.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 609.
Savigny, tab. 3, fig. 4.
Bisher nur in dem HAiMANN'schen Buche über die Cyrenaica
(p. 140) und zwar aus Berenice erwähnt gefunden, doch ist die
Wahrscheinlichkeit des Vorkommens dieser Art, welche sowohl in
Nordwest-Afrika als in Ägypten vorkommt, eine sehr große. Außer-
dem ist die Maulwurfsgrille in Europa und West-Asien weit ver-
breitet.
Unterfam. Achetidae.
Brachytt'upes Serv.
B, fnegacephalus Lee,
Brunner, Prodromus, p. 438, fig. 101.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 581.
Krauss, Orth. Sahara, p. 249.
1 S aus Bengasi, 2./9. 1906.
Diese Art hat eine sehr merkwürdige Verbreitung. Sie ist aus
Sicilien, dem südlichen Tunesien, vom Senegal und von Erythraea, durch
Krauss auch aus den Oasen der ost-algerischen Sahara bekannt geworden
102 Franz Werner,
und kommt auch auf der Insel Linosa vor (Escheeich), was Keauss
mit Recht als Beweis für eine ehemalig-e Landverbindiing zwischen
den oben genannten beiden Inseln und Nord-Afrika ansieht. Über
die Lebensweise der Riesengrille verdanken wir Foeel und Keauss
sehr interessante .Vritteilungen.
In Ägypten fehlt diese Art völlig und wird im Ost-Sudan durch
den weit größern B. memhranaceus Dru. ersetzt.
Herr Dr. Klaptocz notierte zum obigen Exemplar Folgendes:
Auf der Punta. einer ganz aus Sand bestehenden, niedrigen, un-
mittelbar im Süden der eigentlichen Stadt gelegenen Landzunge
ausgegraben. Loch ziemlich tief, steil und ca. 2 cm im Durch-
messer.
LiogryUns Saüss.
L. eanipesti'is (L.).
Brunnee, Prodromus, p. 428.
Saussuee, Mel. Orth., 5, p. 305, fig. IX 1—3, 5—8.
FiNOT, Fauce de TAlgerie, p. 584.
Keauss u. Vosselee, Orth. Orans, p. 554.
1 weibliche Larve von Dernah, 21. '8.
Die Feldgrylle ist in Nord-Afrika weit verbreitet, aber im all-
gemeinen nirgends häufig. Nur Vosselee fand sie in der algerischen
Provinz Oran häufig am Chott el Chergui. Finot lag zu seiner
Beschreibung kein algerisches oder tunesisches Stück vor. Ich
sammelte ein Pärchen auf einem Brachacker bei Lambesa (Prov.
Constantine), Jan. 1893. Lucas fand sie in der Umgebung von Algier
und Constantine, Beunnee bei Böne und Batna. Saussuee erwähnt
sie von Ägypten, wo ich aber kein Exemplar sah. Sonst im größten
Teil Europas und in Kleinasien.
L. bimacufatHs de Geer.
Brunner, Prodromus, p. 429.
Saussure, Mel. Orth., Vol. 5, p. 307,
Savigny, tab. 3, fig. 4. — Krauss, p. 245.
Finot, Faune de l'Algerie, p. 585.
Krauss, p. 250. — Krauss u. Vosseler, p. 554.
Werner, Orth. Aegypt., p. 432.
Dernah, zweite Hälfte August, 1 S (typische Form), 1 männliche
Nymphe. — Von Hai mann auch bei Berenice gefunden.
Orthoptereu-Faiuia von Tripolis und Barka. 103
Die Art ist in Süd-Europa sowie im g-emäßigten und südlichen
Asien und in Afrika zu Hause.
Acheta L.
A. fJo niest Ica L.
Brunner, Prodromus, p. 432, fig. 99.
Saüssuee, Mel. Orth., Vol. 5, p. 341.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 588.
AVeknEE, Oith. Aegypt., p. 432.
1 $ aus Dernali, 20./8. — In Haimann's „Cyrenaica" auch von
Berenice genannt.
Sonst noch in ganz Europa mit Ausnahme von Skandinavien,
jedoch oft in größern Distrikten gänzlich fehlend (nur in Wohnungen);
ferner in Algerien und Tunesien im Freien als auch in Häusern;
schließlich auch in Ägypten und im ägj-ptischen Sudan, bei Massaua
und Mogadischu, sowie auf Madeira (im Freien).
A, cyrenaica tu sp. (Taf. 6, Fig. 9).
1 ? aus Bengasi. 31./8. 1906 (aus einem Garten).
Aus der Gruppe der A. hurdigaJcnsis und consohrina und aucli
den beiden Arten von Gryllodcs, die zwischen dieser Gattung und
Acheta stehen {G. mareoticus ^^'EEN. und hygrophüus Krauss), sehi'
ähnlich. Doch ist ein inneres Tympanum an den Vordertibien vor-
handen, wenn auch viel kleiner als das äußere.
Kopf von der Oberlippe bis zwischen die Antennen, ebenso die
\Vangen hellgelb. Zwischen den Antennen ein schwach gebogenes,
schwarzes breites Querband; ein ebensolches zwischen den Augen,
von erstem! durch ein hellgelbes Querband getrennt. Occiput mit
4 dunkelbraunen Längsbinden, die durch 3 feine helle Linien ge-
trennt sind. Antennen mit großem, kreisrundem, gelblichem Basal-
glied, sonst rotbraun.
Pronotum mit vertiefter Mittellinie, die vom Vorder- bis zum
Hinterrande verläuft. Sowohl Vorder- als Hinterrand sowie der
Seitenrand des Discus sind mit langen, groben schwarzen Haaren
(am Seitenrande sehr dicht) besetzt, während die Haare auf dem
Discus selbst und auf dem Seitenlappen kürzer, teils blaßgelb, teils
schwarzbraun sind, und zwar so, daß auf den dunklen, unregelmäßigen
Flecken des Discus dunkle, sonst aber helle Haare entspringen. Das
Pronotum ist rundherum schmal schwarz gesäumt, was bei den sonst
104 Franz Werner,
einfarbig hellen, gelblicli-weißen Seitenlappen (die mehr als doppelt
so lang als hoch sind und deren Unterrand gerade nach hinten
oben verläuft) besonders auffällt. Discus und Seitenlappen sind
durch eine dunkle, wie oben bereits erwähnt, dicht und lang schwarz
behaarte Längsbinde getrennt. Gliedmaßen gelbbraun, dicht ebenso,
zum Teil aber auch dunkler behaart. Hinterschenkel bis zum Apex
breit. Hintertibien innenseits mit 7, außen mit 6 Dornen.
Elytren dunkel gelbbraun, hinten abgerundet, die Hinterleibs-
spitze eben erreichend; der nach abwärts gebogene Teil vollständig
hyalin, mit schwach gebogenen, breite Felder zwischen sich lassenden
Längsadern, nach oben hell gelbbraun begrenzt. Hinterflügel nahezu
doppelt so lang wie die Elytren.
Dimensionen:
Totallänge 10 mm
Pronotum 2,2
Elytren 7
Hiuterflügel 14,2
Hinterschenkel i
A. tripunctata n. sp. (Taf. 6, Fig. 8).
1 $ von Ain Sarah, 20./7. 1906.
Aus der Gruppe der A. frontalis, algiria, pcämetorum, aber von
allen 3 Arten durch die abweichende Kopfzeichnung (3 weiße Punkte
und zwar je 1 hinter jeder Fühlergrube und 1 in der Mitte des
Vertex) sofort unterscheidbar. Von den beiden ersten Arten ist die
neue Art auch noch durch die längern Flügeldecken, w^elche bis zur
Basis der Cerci reichen, von der letztern durch die etwas längern
den Hinterrand des 4. Abdominaltergits erreichenden Hinterflügel
verschieden. Kopf schwarz, glänzend, mit Ausnahme der 3 Punkte
ganz ohne Zeichnung. Pronotum schwarzbraun, rechteckig, stark
behaart, Seitenlappen mit horizontaler Unter- und breit abgerundeter
Hinterecke derselben. Antennen und Cerci rotbraun, letztere lang
weiß behaart. Taster heller rotbraun; Abdomen und Gliedmaßen
schwarzbraun, fein behaart. Hintertibien jederseits mit 7 Dornen.
Dimensionen:
Totallänge 11,5 mm
Pronotum 1.9
Elytren 7,3
Hinterschenkel 7
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 105
Unter f am . Mogisoplistidae.
Moff IsopliHtiis See V.
M. hrumieus Serv.
Brunner, Prodronnis, p. 448.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 563.
Saussure, Mel. Orth., Vol. 5, tab. 16, fig. 17, 2.
Dernah, 25,8., 1 jung-e männliche Larve.
Ich bin wegen der geringen Größe dieser vorliegenden Larve
nicht imstande, mit Sicherheit zn sagen, ob nicht etwa die andere
nord- afrikanische Art [M. argcntahis Bol.) vorliegt. Da aber M.
brmmeus sowohl in Algerien als anch in Tunesien vorkommt, da-
gegen argenfatus nur aus Blidah, also Mittel- Algerien, bekannt ist
und nach Finot überdies von hrumieus kaum verschieden ist, so
glaube ich keinen Irrtum zu begehen, wenn ich die Anwesenheit des
M. hrumieus in, Barka signalisiere. Daß er auch in Tripolis vor-
kommt, scheint mir außer Frage zu sein. Im allgemeinen sind jedoch
die Arten dieser Gattung schwer zu finden.
Locusioidea ( J cridiodea) .
Unterfam. Acridiidae (Teftigidae).
Favatettix Bol.
P, nieridionalis Ramb,
Beunner, Prodromus, p. 239 {Tcitix).
BOLIVAR, Tettigidae, p. 275, fig. 23— 23a.
Savignt, tab. 5, fig. 1 — 2. — Keauss, p. 251.
Finot, Faune de l'Algerie, p. 408.
Weener, Orth. Aegypt., p. 412.
VOSSELER, p. 353.
Tripolis, 22./8.; Ain Sarah. 1.8.; Dernah, 18.8.; alle von relativ
feuchten Orten.
Das Exemplar von Tripolis ist hell sandgelb, Gliedmaßen
(namentlich Tibia und Tarsus) dunkel gebändert; bei 1 Exemplar
aus Ain Sarah sind 2 deutliche dunkle Schulterflecke des Pronotums
zu bemerken, und der Pronotumkiel ist hinten abwechselnd hell und
dunkel gefleckt; bei 1 Exemplar aus Dernah ist der Fortsatz des
106 Fbanz Werner,
Proiiotums hellgelb. Die übrigen sind ziemlich gleichförmig dunkel
graubraun, nur die Hinterschenkel meist dunkel gelbbraun.
Die Flügel überragen ausnahmslos den Pronotumfortsatz.
Weitere Verbreitung: Mittelmeerländer (in Xord- Afrika Algerien,
Tunesien, Agj'pten); Sudan, Kaukasus, Transkaspien, Madagaskar.
Unterfam. Acrididae (Tryxalidae).
Acrida L.
A, turrlta L.
Beunner, Prodromus, p. 88 {Tnjxalis nasiifa).
Savigny, tab. 5, fig. 3, 4, 5, 7. — Keauss, p. 251, 252.
Klug, p. 4, tab. 18, fig. 5 — 9.
BuRR, Monogr. Acrida, p. 164.
FlNOT, Faune de TAlgerie, p. 411 {Trn.ralis nasiifa).
Werner, Ortb. Aegypt., p. 413.
Tripolis, 8., 9., 17.. 25., 29./7.
Ain Sarah, 20./7., 1./8,; Endschila, 23./7. Nur Larven verschiedenen
Alters. 1 einziges S von Tripolis, 8. 8., ist erwachsen. — Je 4 SS wiid
$? sammelte auch Grothe in Tripolis (Mus. Senckenberg).
Verbreitung: Südeuropa, ganz Afrika. Asien und Australien.
Acridella Bol.
A. variahiJis Klug.
Brunner, Prodromus, p. 90, fig. 21 {Trf/xalls nnyiiiculata).
Klug, p. 1 — 3, tab. 14, 15, 17, 18 (pharaonis, tinguicnlata, grandis,
variabüis, scalaris, miniata).
Savigny, tab. 5, fig. 6, 8 — 14. — Keauss, p. 252—253 {pharaonis,
7//i(fuiculafa).
Bure, Monogr. Acrida, p. 172 (Acrida).
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 412 — 413 {Tnixalis unguicidata, miniata).
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 413 (D-iprdis lo/guin/Ia/a).
Krauss u. Vosselee, p. 528, — Vosselee, p. 353 (7". vngiiimlaia).
Tripolis, 1 S, Anfang August sowie Larven verschiedenen Alters,
27./7., 8./8., Gherran, 13./8., junge Larve; Bengasi, 9./9., 1 S und
jüngere Larven; Dernah, 18. — 21./9., SS ii»d $$ ad. — Außerdem
Tocra, Barka (Haimann ^.Acrida imguicnJafa^^).
Herr Dr. Klaptocz berichtet darüber wie folgt: Sitzen meist
am Boden und fliegen, aufgescheucht, ein Stück (15—20 m, selten
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 107
mehr) und setzen sich dann so, daß sie ihr Gesieht dem Verfolger
zukehren oder aber so, daß ihr Schatten durch den Leib verdeckt
wird. Bei Dernah besonders häufig- in der Umgebung der Station
für drahtlose Telegraphie.
Diese Art findet sich im südlichsten Europa (Süd-Spanien,
Sicilien. Kreta, Morea), Kleinasien, Syrien. Transkaspien ; Algerien
und Tunesien, Ägyi)ten, im Sudan vom Senegal bis zum obern Nil.
sowie in Uganda und im Somaliland.
Die vorliegenden Imagines sind meist lebhaft gezeichnet (rar.
Scolaris Klug). Die var. miniata Klug befindet sich nicht unter
ihnen, dagegen einige, die zu pharaonis Klug zu rechnen wären.
Ochrilidia Stal.
O. tib Ullis FiEB.
Brunxer, Prodromus, p. 91, fig. 23.
Savigny, tab. 6, fig. 7. — Kkauss, p. 258,
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 415.
AVerner, Orthopt. x\egypt., p. 414.
Krauss u. Vosseler, p. 529. — Vosseler, p. 353.
Krauss, Orth. Sahara, p. 236.
Tripolis, 19. und 28,/7., Auf. Aug. [SS, ??); Endschila, 23,7.
{?); Ain Sarah, 20./7. {SS, ?$); ßengasi, 30./8. {S).
Färbung ziemlich verschieden; meist «elbbraun; rötlich-graubraun
(Tripolis), hellgrau (Bengasi), mit mehr oder weniger deutlichem
dunklen Seitenband des Pronotums.
Die Exemplare wurden an schilfigen Stellen gefunden.
Weiteres Vorkommen: Griechenland, Candia, Spanien, Syrien,
Ägypten, Algerien und Tunesien; auch im ägyptischen Sudan.
Calephorus Fieb.
C, compressicornis Lath.
Brunner, Prodromus, p. 93, fig. 23 (Oxijror/jpl/ns).
Savigny, tab. 6, fig, 10. — Krauss, p. 260 (Oxijcorijplius).
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 419 {Oxi/corj/pJm.s).
Werner, Orthopt, Aegypt., p. 414 {Oxycoryphus).
Ain Sarah, 20.7, und 1.8. {^.S, $?); Endschila, 23.7. (?).
Sonst noch in Süd-Frankreich, Spanien; Algerien, Ägypten
Senegal, Sudan.
108 Franz Werner,
CJwrthippiis,
Ch. 2^ulvuiatiis Fischee de W.
BrunxEK, Prodroraus, p. 123.
FixüT, Faune de l'Algerie, p. 433.
Kkauss u. Vosselee, p. 529. — Vosselee, p. 354.
Aiii Sarah, 20./8.; Endschila, 23./7. (unter diesen 1 S).
Die Flng-organe erreichen ausnahmslos die Spitze des Abdomens,
die Exemplare gehören daher zur typischen Form und nicht zu der
im Süden Europas häufigem var. dcdivus Bris. Als nördlichste
Grenzpunkte des Vorkommens g-ibt Brünner an : Paris, Genf. Buda-
pest. Sarepta. In Afrika ist er von Algerien und Tunesien be-
kannt, dagegen nicht mit Sicherheit aus Ägypten.
JPhlaeoba Stal.
Ph. fracta (Fieb.) Krauss.
Krauss, Erkl. Orth. Taf. Savigny's, p. 260.
AVerner, Orth. Kleinasiens, p. 272; Orth. Aegypt., p. 414 (Duronia).
Tadschura. 17.7. (S<^, 1 ?, 1 weibliche Larve).
Ich möchte die Untergattung Duronia Stal nicht weiter aufrecht
erhalten, da die Charaktere derselben nicht einmal für die typische
Art -D. lucasi Bol. konstant sind; so finde ich bei diesem mir vor-
liegenden $ meiner Sammlung aus Temacin (ost-algerische Sahara,
leg. AVeener, Mai 1893) den Kiel des Vertex bis nach vorn deutlich,
die Seitenkiele wenigstens vom „sillon typique" durchschnitten.
Die 3 paläarktischen Phlaeoben (P. pliaraonis Karny reicht noch
in den paläarktischen Teil des Sudan hinein) lassen sich recht gut
unterscheiden. Bei Ph. lucasi sind die Flugorgane am kürzesten,
sie reichen nur Avenig über die Spitze des Abdomens hinaus; der
Area scapularis des Deckflügels fehlt der weiße Längsstreifen beim ?;
der Körperbau ist bei dieser Art am meisten gedrungen, die Augen
relativ lang und schmal.
Bei Ph. fracta überragen die Flugorgane immer sehr deutlich
die Hinterleibsspitze; die weiße Scapularbinde der Elytra felilt
niemals; die Augen sind breiter, das Pronotum etwas schmäler als
bei voriger Art.
Bei Ph. pharaonis sind die Flugorgane am längsten und reichen
weit über die Hinterleibsspitze hinaus; die weiße, wie bei voriger
Orthopteren-Fauua von Tripolis und Barka.
109
Art nach innen (d. li. bei Ruhestellnno- nach oben oder medianwärts)
dunkel o-esäumte Scapularbinde fehlt wenigstens den hellen Individuen
nicht: zwischen den beiden Stirnleisten ist oberhalb des Ocellus die
Stirn flach, bei den 2 vorigen aber vertieft, so daß die Leisten bis
g-egen den Vertex deutlich sind. Ph. pharaonis ist die schlankste der
3 Arten.
Die Exemplare aus Tadschura sind weit kleiner als die mir
von Kleinasien und Ägypten vorliegenden; wie bei pharaonis begrenzt
bei dem ? eine dunkle Binde die Seitenkiele von unten und geht
nach vorn bis zum Auge. Wcälirend sie nach hinten in die dunkle
Flügeldeckenbinde übergeht. Die Färbung der Elytren des $ ist
fahlgelb; Pi'onotum und Kopfseiten mit einem Stich ins Rötliche;
Oberseite des Kopfes grau, seitlich in gelblich-weiß übergehend ; die
weibliche Larve und die SS graubraun.
Dimensionen:
9 von
P. Jucasi
9 von P.
■pharaonis
9 von P. fracta
Klein-
asien
Ägypten Tripolis
0^ von P.
fr acta
a) Totallcänge
b) Pronotum
c) Elytren
d) Hiuterschenkel
Verhältnis von
a : b
a : c
a : d
23,5
17
25.2
24,8
21
4.8
H,5
5.2
4,6
4
16,5
17
27
24.2
16,8
12,8
11
15
14,5
12,3
4.9
4,9
4.9
5.4
5.25
1.4
1
0.9
1,02
1.25
1,9
1.6
1.7
1.7
1.7
14
•>
O
11
8.4
4,7
i;3
1.7
AioJopus Fjeb.
A, streiiens Latii.
Brunner, Prodromus, p. 145 (Epacroniia).
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 422 {Epacroinia).
Werner, Orthopt. Aegj-pt., p. 416 {Epacromia).
Krauss u. Vosseler, p. 530. — Vosseler, p. 354.
Ain Sarah, 20.7. und LS.; .^[ell'aha. 11.7.; Endschila, 23./7.;
Bengasi, 28. 8. und 6,9.
Färbung im allgemeinen gelb- (Ain Sara, 1 $j bis sclnvarz-
(Endschila, 1 x) braun.
110 Fkanz Werner
Weitere Verbreitung: Süd-Frankreich, Spanien. Italien. Istrien,
Dalmatien, Herzegowina. Griechenland, Kleinasien, Alg-erien, Tunesien,
Ägypten.
A. thahfs.s Ullis Fabe.
Brunner, Prodromus, p. 146 (Epacromia).
Savigny, tab. 6, fig. 15. — Krauss, p. 261 (Epacromia).
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 423 (EjHicroiina).
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 415 {Kjßucroinla).
Krauss u. Vosseler, p. 530.
Ausschließlich von Dernah (zweite Hälfte August) und Tripolis
(29./7. und 8./8.) — Außerdem Bengasi (Haimann).
Pronotum und Basis der Elytren grün oder Pronotum braun mit
hellgelbem, nach vorn bis auf den Scheitel ziehendem Mittelband;
oder mit purpurroter oberer Begrenzung der Seitenkiele; oder mit
liellen Seitenkielen, die hinter der Querfurche nach innen von je
1 dunklen spitzdreieckigen Flecken begrenzt sind; oder braun,
Seitenkiele wie bei der grünen Form außen vor der Querfurche
dunkel begrenzt; oder ganz purpurrot.
Verbreitung wie vorige, aber weiter nach Norden und an-
scheinend auch nach Süden vorkommend (See Moeru, Congo).
Dociostauvus Fieb.
D. tnaroccduus Thunbg.
Brunner, Prodromus, p. 136 (Slanroiiotus).
FiNOT, Fauue de l'Algerie, p. 435 {Slauroiiotus).
SAViCiNY, tab. 6, fig. 19. — Krauss, p. 262 {Stauronotiis).
Krauss u. Vosseler, p. 530. — Vosseler, p. 354 {Stauwnotus).
1 S von Tripolis, Anfang August.
Sonst in Portugal, Spanien, Sicilien, Griechenland, Ungarn, Süd-
Rußland, Kleinasien, Cypern; ferner in Algerien und Tunesien, viel-
leicht auch in Ägypten (Savigny), sicher in Syrien. Jedenfalls ist
diese im nordwestlichen Afrika sowie auf Cyi^ern und anscheinend
auch in Ungarn verheerende Art in Nordost-Afrika zum mindesten
selten. Ich beobachtete sie in großen Schwärmen im Mai 1898 in
der ost-algerischen Sahara, bei El Outaia, nördlich von Biskra, und
zwar in Gesellschaft der großen ScMstocerca peregrina Oliv, (s. auch
Krauss u. Vosseler, wo aus West-Algerien ein ähnliches Zusammen-
vorkommen berichtet wird).
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 1X1
D, f/enei Osk,
Brunnee, Prodromus, p. 137 {iStai(ro)iofn.s).
FiNOT, Faune de TAlgerie, p. 436 (Stanronolus).
Savigny, tab. 6, fig. 17 — 18. — Krauss, p. 262 {Slauronotiis).
Krauss u. Vosseler, p. 530. — Vosseler, p, 354 {Staiironolus).
Ain Sarah, 1./8.; Tadschura, 17,7.: Gherran, 13. 7.; Beiigasi, An-
fang September (das einzige S).
Kniegelenk schwarz, glänzend, Basalbinde der im übrigen blanen
Hintertibien weiß, wie es Brunner auch von den ägj'ptischen
Exemplaren angibt.
Vorkommen : Spanien. Süd-Frankreich, Venetien, Herzegowina,
Kleinasien, Syrien, Ägypten (ich erhielt die Art durch Dr. Walter
Innes Bey), Algerien und Tunesien.
Unterfam. Oedipodidae.
Oedijfoda Latr.
O. (fvatiosa Sery.
BruxneR, Prodromus, p. 264.
Savigny, tab. 7, fig. 7.
Saussure, Prodr. Oedip., p. 152.
PiNOT, Faune de l'Algerie, p. 444.
Vosseler, Ortbopt. Alg. u. Tun., p. 357. — Krauss u. Vosseler, Orth.
Orans, p. 531.
In Tripolis und Barka anscheinend überall : Tripolis (Juli, Aug.),
Ain Sarah (1./8.), Gherran (13., 14. 7)., Bengasi (29., 31./8., 6./9.), Dernah,
20., 22./8.; südlich von Assisia (15./9.); Dschebel T'kut, 18.9.
Außerordentlich variabel in der Färbung, der des Bodens ent-
sprechend; die von Tripolis vorliegenden Stücke sind im allgemeinen
meist gelb- oder rotbraun, die aus Barka meist grau oder graubraun.
Mit wenigen Ausnahmen sind sie durch das stark leistenartige Her-
vortreten der Längsadern der Flügeldecken auffallend, so daß man
sie schon dadurch von coerukscens unterscheiden kann.
Die Varietäten sind dieselben, wie sie auch bei coeridcscens vor-
kommen :
1. Pronotum hinter der Hauptquerfurche weiß (entsprechend der
var. collaris Kakny), 1 $ von Gherran.
112 Franz Werner,
2. Pronotiim hinten sclimal hell gerändert (entsprechend der
var. marginata Karny), 2 SS von Ben.o-asi.
Abdomen wie bei folgender Art häufig citronengelb; die helle
Querbinde an der Innenseite der Hinterschenkel gelb oder weiß.
Die Rauhigkeit des Pronotums ist sehr verschieden groß, am
geringsten bei Exemplaren aus Gherran, namentlich bei den oben
erwähnten +$.
Verbreitung: Südlichstes Europa, Kleinasien, Sj-rien, Turkestan,
Amur sowie die Küstenländer von ganz Nord-Afrika.
O. coeruleseens L.
Beunner, Prodromus, p. 164.
Saussure, Prodr. Oedip., p. 151.
FiNOT, Faune de TAlgerie, p. 443.
Gherran (13.— 14./7.) ; Mimuna (20.9.); Dschebel Gosseba (16,9.);
Dschebel Gharian (17.9.); Dschebel T'kut (18.9.); Dernah, 20.8.
Sehr variabel in der Färbung, wenn auch etwas weniger als
vorige; die Exemplare aus dem Gharian-Gebirge mehr graubraun,
die übrigen meist rotbraun. Hintertibien intensiv blau. Abdomen
meist citronengelb. Die meisten Exemplare (mit Ausnahme derer
von Dernah) haben eine deutliche dunkle Querbinde an der Außen-
seite der Hinterschenkel (am Ende des zweiten Drittels, von der
Basis gerechnet). — Die von gratiosa angeführten Varietäten, die
sonst (sogar in Mittel-Europa) bei coeruleseens vorkommen, fehlen im
vorliegenden Material. Vielleicht findet hier ein ähnliches Vikariieren
statt, wie ich dies aus dem südöstlichen Winkel Nieder-Österreichs
von der gestreiften Form von Stcnohothrus higuüulus und Gomphocents
rufus nachweisen konnte.
Diese Art ist im mittlem und südlichen Europa weit verbreitet,
wo sie sich in warmen, sonnigen Tälern namentlich der Kalkgebirge
fiindet; außerdem ist sie aus Kleinasien, Syrien, Tunesien und Zanzibar
bekannt, fehlt aber anscheinend in Ägypten ebenso wie in Algerien.
Ein sehr großes Exemplar von Dernah von sehr heller gelb-
brauner Grundfarbe und undeutlicher Zeichnung ist durch die intensiv
hellblauen Hinterflügel, deren schwarze Binde einen deutlichen Fort-
satz gegen die Basis hin entsendet (wenn auch bei weitem nicht so
wie bei gratiosa), ausgezeichnet.
Orthoptereu-Fiuuia vou Tripolis und Barka. 113
Sphiiu/onofus Fabe,
S. coerulaiis L.
Bruxxer, Prodromus, p. 150.
SaussüEE, Prodr. Oedipod., p. 200, Additamenta, p. 79.
Savignt, tab. 7, fig. 11. — Kkauss, p. 265,
FiKOT, Faune de l'Algerie, p. 469.
VOSSELEK, Orthopt. Alg. Tun., p. 372, tah. 17, fig. 10a— b.
Krauss u. Vosseler, Orthopt. Orans, p. 533.
Krauss, Orthopt. Sahara, p. 242.
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 416.
Dschebel Gharian, 16.— 18./9.; Dschebel Teglirinna. 19./9. (??).
Die Exemplare aus dem Gliarian-Gebirg-e sind auffällig klein
(18 mm), stimmen aber in allen wesentlichen Punkten mit den
normalen Formen überein. Färbung hell gelbbraun, sehr undeutlich
dunkler gezeichnet (Querbinden der Elj^tren kaum unterscheidbar);
Wangen mehr oder weniger deutlich bläulich, Abdomen hellgelb.
Ich möchte diese Form, die im Habitus etwas an ThaJpomeua ulgeriana
erinnert, als var. (jlmrianensis abtrennen.
Ein Exemplar von Tripolis, 6. 8., ist durch vollkommen hyaline
Flügel auffallend. Zeichnung des Pronotums und der Elytren deutlich.
Es ist ein S von 20 mm Körperlänge.
Mit der vm-. aegijptiaca Sauss. hat diese Form nichts zu tun;
sie ist kleiner, das in Betracht kommende Geäder der Elytren ist
zwar vom normalen verschieden, aber auch nicht so wie bei aegijptiaca,
die Felderchen zwischen den Queradern größer und zum Teil länglicher
als beim Typus, aber (Area intercalata postica) undeutlich oder (Area
ulnaris) deutlich zweireihig angeordnet.
Die relative Seltenheit dieser in Ägypten so ungemein häufigen
Art ist sehr auffallend.
Verbreitung: Mittel- und Süd-Europa, Syrien, Kleinasien. Nord-
Afrika, Turkestan, Persien, Madeira, Himalaya, Sibirien, Cuba.
S, aftiuresceus (Ramb.).
Brunner, Prodromus, p. 152, fig. 33.
SaussüRE, Prodr. Oedipod., p. 203, Additamenta, p. 82.
Savigny, tab. 7, fig. 12. — Krauss, p. 265.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 472.
Krauss u. Vosseler, Orthopt. Orans, p. 534.
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 417.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 8
114 Franz Werner,
Bengasi (leg. Haimaxn „SphynctonoUis^'). — Auch von Herrn Dr.
Klaptocz bei Bengasi. aber auch bei Dernah gefunden (s. unten).
Entgegen der Angabe Vosseler's, daß er S. halteatus stets mit
Sicherheit von den näher verwandten Arten unterscheiden konnte,
möchte ich nach dem mir vorliegenden Material behaupten, daß
diese Art mit Sph. azurescens durch Übergangsformen sowohl in der
Größe als in der Färbung vollständig verbunden ist; bei typischen
asurescens von geringer Größe ist die dunkle Flügelbinde gegen den
Vorderrand nicht oder kaum verschmälert, vom Hinterrande durch
einen deutlichen hyalinen Zwischenraum (2—3 mm) getrennt und
die Fliigelbasis deutlich blau. Die extremen halteatus sind erheblich
größer, die dunkle Flügelbinde ist sehr breit, nach vorn stark ver-
schmälert, vom Hinterrande nur durch einen schmalen, oft direkt
weißen oder bläulichen Zwischenraum getrennt, die Flügelbasis oft
deutlich beraucht, selten hyalin oder bläulich.
Vorkommen : Süd-Europa (Süd-Spanien), Nord-Afrika von Algerien
bis Ägypten, Abessynien. Kleinasien; auch in Brasilien.
[S. balteatus (Seev.).
Saussure, Proclr. Oedipod., p. 203, Additamenta, p. 86.
Savigny, tab. 7, fig. 9. — Krauss, p. 265.
VOSSELER, Orth. AJg. u. Tun., p. 377.
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 475.
Verbreitung: Algerien bis Ägypten; Syrien, Armenien, Kleiu-
asien, Indien, Aden, Hereroland.]
Ich finde unter allen vorliegenden Exemplaren keines, welches
alle Eigenschaften des typischen azurescens in extremem Maße be-
sitzen würde, doch kommen ihm mehrere sehr nahe. Wenn wir die
Exemplare beider „Arten" aneinanderreihen, so bekommen wir
folgende Reihe:
I. a^urescens-Gr u p p e.
1. Bengasi, 2.9. Dunkle Hinterflügelbinde:
nach vorn nicht verschmälert 1 mra
2. Bengasi, 2. 9. Nach vorn wenig verschmälert fast 2 mm vom
3. Bengasi, 2. 9. „ „ deutlich „ 2 mm , Hinter-
4. Dernah, 19./8. ,, „ deutlich „ 2 mm rande
5. Bengasi, 2./9. „ „ stark „ 2 mm entfernt.
6. Bengasi, 27./8. „ ,, sehr stark „ 2 mm
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 115
II. b alt eaf US -GruiM^e.
7. Deinali, 24./8. (schließt in der Breite der
Flügelbinde etwa an No. 4 an),
Flüg-elbasis bläulich 1 mm ) freier heller
8. Beng-asi, 29,'8. 3 mm [ Rand des
9. Bengasi, 7./9, „ „ 1 mm JHinterflüg'els
Die übrigen Exemplare (Tripolis, Bengasi, Dernah) schließen
sich an No. 9 an. Der freie helle Rand des Hinterflügels ist bei
ihnen höchstens noch 1 mm breit, bei manchen Exemplaren aber
(z. B. je 1 S von Bengasi nnd Dernah) kaum mehr unterscheidbar.
Ein Stich ins Bläuliche ist bei vielen Exemplaren an der Flügel-
basis deutlich bemerkbar; manche Exemplare, wie z. B. 1 von Dernah,
stimmen mit dem fast typischen S No. 1 aus Bengasi mit Ausnahme
der Hinterflügelbinde vollkommen überein.
S, acrottjloides n, sj).
(Taf. 6. Fig. 12.)
Diese Art ist durch die ungebänderten Elytren und die Form
der dunklen Hinterflügelbinde, welche ganz an die eines Acrotykis
erinnert, sehr auffällig.
Färbung- liell gelbbraun; Antennenglieder abwechselnd hell und
dunkel, Elytren mit dunklen Punkten; die distalen zwei Drittel des
Costalrandes und die Spitze hyalin. Hinterflügel hyalin, an der
Spitze schwarz geädert; die Binde schwarzbraun, nach vorn und
hinten verschmälert, ihr Hinterende weit vom Hinterrand des Flügels
entfernt. Die Elytren überragen nicht nur die Spitze des Abdomens,
sondern auch noch die Knie. Die Gliedmaßen lassen Spuren einer
Querbänderung' erkennen; der Unterrand der Hinterschenkel ist
milchweiß.
Stiruleisten von oben nach unten nur wenig divergierend, nur
um den Ocellus ein wenig, am untern Ende stark auseinander-
weichend. Vertex und Occiput mit niedrigem, aber deutlichem
medianen Längskiel, ebenso die Metazone des Pronotums. Hinter-
rand des Pronotums etwas mehr als rechtwinklig.
Dimensionen:
Totallänge 20 mm
Pronotum Länge 3,5
,, Breite 6
8*
116 Feanz Werner,
Elytren Länge 19,5 mm
„ Breite 3
Hinterscheiikel Länge 13
1 S von Tripolis (IJl.).
S, (lernensis n, sp.
(Taf. 5, Fig. 3.)
Kleine, stark behaarte Art mit hyalinen, an der Basis rosen-
roten, in der Mitte des Hinterrandes mit einem großen braunen,
violettschillernden Fleck gezierten und an der Spitze ebenfalls braun
berauchten Hinterflügeln.
Costa frontalis mit geraden, parallelen Seitenrändern, die erst
unten auseinanderweichen, über der Autennenbasis sich nähern und
dann in die Seitenränder des Vertex übergehen, welche nach hinten
wenig divergieren. Vertex ohne Mittelkiel. Pronotum mit deutlichem,
durch 2 Querfurchen unterbrochenem Mittelkiel und rechtwinkligem
Hinterrand. Elytren relativ kurz und breit, glänzend, mit deutlich
geschweiftem Vorderrand und undeutlichen dunklen Querbinden;
Hinterflügel kürzer als die Elytren, mit (mit ilusnahme des rosen-
roten Teils) schwarzen Adern und wenig ausgezogenem Apicalteil.
Färbung im allgemeinen rötlich-braun; Hinterschenkel undHinter-
tibien innen schwarz, mit einer gelblichen Querbinde vor dem Knie,
die über Femur und Tibia sich erstreckt. Dieselbe Zeichnung ist
auch auf der Außenseite zu sehen, aber am Femur sehr undeutlich.
Hintertarsen gelblich-weiß.
Totallänge 15,5 mm; Pronotum 3 mm. Elytren 16 mm, Hinter-
femora 8 mm.
3 SS von Dernah, 20. und 23./7.; felsiges Plateau im Süden der
Stadt.
Diese Art ist außer octofusciatus Serv. die einzige nord-
afrikanische Sphingo7iof US- Art mit roten Hinterflügeln, unterscheidet
sich aber außer durch die geringe Größe durch die ganz verschiedene
Zeichnung der Hinterflügel; ob sie nicht eine besondere Gattung
repräsentiert, wage ich vorderhand nicht zu entscheiden.
S, {/robben i ^VEßN.
(Taf. 5, Fig. 5.)
"Werker, Orthopt. Aegypt. (in: SB. Akad. Wiss. Wien, Vol. 114. Abt. 1,
1905, p. 62).
Orthoptereu-Fauua von Tripolis imd Barka. 117
Tripolis, 16. u. 27. 7. (1 c^, 3 $J).
Die Exemplare sind dunkler und deutlicher gezeichnet als die
von mir aus der libj^schen Wüste mitgebrachten.
Länge des S 15 mm (Elyti-en 18 mm); des $ 22 mm (Elj'tren
25 mm). Ich kann mich des Gedankens nicht entschlagen, daß die
Gattung Lcpfoscirfus, welche auf der SAviGXY'schen Abbildung von
L. linmris Sauss. gegründet und seit ihrer Entdeckung von keinem
Sammler in Äg3'pten wieder aufgefunden wurde, einfach nicht
existiert und mit S. grobheni Werk., bei welcher Art die distalen
Antennenglieder mitunter allerdings schwer zu unterscheiden sind,
identisch ist. Ich habe, als ich meine Art aufstellte, zwar die große
Ähnlichkeit mit der SAUssuEE'schen Art bzw. mit der SAViGNY'schen
Abbildung bemerkt, bin aber auf einen Vergleich nicht eingegangen,
weil ich die Verschmelzung der distalen Antennenglieder für eine
unumstößliche Tatsache und — was ich auch jetzt, falls sie sich
bewahrheiten würde, annehmen möchte — als generisch wertvolles
Merkmal hielt. Es erscheint mir fast unglaublich, daß von 2 so
ähnlichen Arten, wie meine Spliingonotus und die SAviGxr'sche Art
sind, nur die eine, niemals aber die andere gefunden werden sollte.
Die Sphingonotus-AYten des Gebietes lassen sich auf folgende
Weise leicht unterscheiden:
1. Hinterflügel ohne dunkle Binde oder Flecken 2
Hinterflügel mit dunkler Binde oder Flecken 3
2. Elytren mit Längsstricheln im Discoidalfeld ; distale Antennen-
glieder schwierig unterscheidbar; Habitus sehr schlank;
Hinterflügel stets hyalin S. grobheni
Elytren mehr oder weniger deutlich quergebändert; distale
Antennenglieder deutlich unterscheidbar; Habitus mehr ge-
drungen; Hinterflügel meist bläulich S. coerulans
3. Hinterflügel an der Basis rosenrot, mit dunkelbraunem,
violettschillerndem Flecken am Außenrand S. dernensis
Hinterflügel niemals rosenrot, mit einer vom Außenrand ent-
fernten dunklen Binde 4
4. Elytren nicht gebändert; Hinterflügel mit kurzer, den Innen-
rand nicht erreichender und vom Hinterrand weit entfernter
Binde S. acrotyloides
Elytren mehr oder weniger deutlich gebändert; Hinterflügel
mit vollständiger, vom Vorderrand zum Innenrand reichender,
118 Fraxz Wernek.
vom Hinterrand nur höchstens 3 mm entfernter dunkler
Binde S. aztirescens (5)
5. Dunkle Binde des Hinterflüg-els relativ schmal, gegen den
Vorderrand nicht verschmälert, vom Hinterrand gegen 3 mm
entfernt; Basalteil der Hinterfliigel bläulich S. a. azurescens
Dunkle Binde der Hinterflügel breit, gegen den Vorderrand
verschmälert, vom Hinterrand etwa 1 mm entfernt. Basal-
teil der Hinterflügel beraucht. Dimensionen bedeutender
als bei voriger Form S. a. hcdteatus
Acrotyliis Fieb.
A. versi<:olor Bure.
Kaeny, Orthopt, Sudan, p. 357 — 358 und Orthopt. Küstengeb. Oesterr.-
Ung., p. 37.
Weener, Orthopt. Aegypt., p. 420 {jiatniciis).
PFiNOT, Faune de TAlgerie, p. 455 (patr/fel/s).
Tripolis, 29./7.; Ain Sarah, 1./8.; Tadschura, 17./7.; Bengasi, 1.9.:
Dernah, 13., 18., 19., 25./8.
Ich möchte alle aus Tripolis und Barka mir vorliegenden
Acroiylus dieser kxt zurechnen, welche in Ägypten ausschließlich
vorkommt; ob die aus Tunesien und Algerien angeführten patrueUs
nicht auch hierher gehören, kann ich wegen Mangel an Material
nicht entscheiden, möchte es aber auch annehmen. Kaeny erwähnt
sie von Biskra.
Die Exemplare variieren sehr in der Färbung; die Exemplare
aus Dernah sind mehr gelbgrau, die aus Ain Sara meist hell rot-
braun, das aus Tripolis dunkel rotbraun.
Auffallendere Varietät nur:
? aus Bengasi: Pronotum hinter der Hauptquerfurche weiß;
ulnare Hälfte der Flügeldecken fahlgelb; letzteres auch bei 1 $ aus
Dernali.
Vorkommen nach Kaeny: Messina. südliche Balkanhalbinsel und
Inseln des Agäischen und Ionischen Meeres, Kleinasien, Kaukasus,
Transkaspien, Amur, Süd-Rußland, Armenien, Syrien, Ägypten, Sudan,
Deutsch Südwest-Afrika und Biskra.
Oithoiiteren-Fauua von Tripolis und Baika. 119
^f/natioides Voss.
U. striattis Voss.
VOSSELEE, Orth. Alg. Tuu., in: Zool. Jahrb., Vol. 16. Syst., 1902,
p. 361, tab. 17, fig. 5 — 7.
Tadschura, 17./7. (1 $).
Diese kleine Oedipodide wurde von Vosselee in verschiedenen
Teilen von Algerien und Tunesien (Djelfa, Bou Saada, Lagliouat,
Bir bou Rekbali. Sousse, Graiba, Gafsa, Gabes) aufgefunden.
Das Exemplar von Tadschura stimmt mit der Beschreibung und
Abbildung Yosselee's in allen wesentlichen Punkten sehr gut überein.
Als geringfügige Abweichungen möchte ich höchstens die durchweg
schwarz geäderten, vollkommen hyalinen Hinterflügel hervorheben.
Färbung dunkel graubraun. Stirn, Wangen und Seitenrand des
Pronotums gelbbraun. Hintertibien blaßblau mit schwarzspitzigen
Dornen; der proximale Enddorn der Innenseite nahezu ebenso lang
als das 1, Tarsenglied; Tarsenkrallen schwarzspitzig.
Totallänge 16 mm, Elytren nur unbedeutend kürzer (15 mm);
Pronot um 3 mm.
Durch das lange Pronotum und die schief nach hinten abfallende
Stirn unterscheidet sich unsere Art von allen nord-afrikanischen
Formen der Gruppe, auch von der relativ noch am ähnlichsten
Gattung Leptoscirtus.
Le2)topt€rnis Sauss.
L. rJianises Sauss. (Taf. 5. Fig. 2).
SaüSSURE, Mitth. Schweiz. Entomol. Ges., Vol. 8, p. 94.
Savigny, tab. 7. fig. 15, — Krauss, p. 266.
"Werner, Orthopt. Aegypt., p. 419.
Tripolis, 26./7., 1./8.; Ain Sarah, 20,8.; Tadschura, 17.7.
Diese bisher nur aus Ägypten bekannte Art erreicht demnach
erst in Tripolis ihre Westgrenze. Die vorliegenden Exemplare unter-
scheiden sich weder in Färbung noch Größe von den ägyptischen.
120 Franz Werner
Paehytylus Fieb.
P. daniciis L.
Beunner, Prodromus, p. 172 {cuierascens).
Saussuke, Prodr. Oedip., p. 119.
Savigny, tab. 6, fig. 11 — 12. — Keauss, p. 260.
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 421.
FiNOT, Faune de TAlgerie, p. 481 (einerascens).
VossELER, Orth. Alg. Tun., p. 359 {einer asceMs). — Keauss u. Vosseler,
Orth. Orans, p. 531.
Ain Sara, 1./8.; Dernali. 20./8. ($?).
Von den beiden Exemplaren von Ain Sarah ist das eine hellgrün;
diese Färbung- geht auf dem Abdomen in gelbbraun über; ulnarer
Teil der Flügeldecken fahlbräunlich. Das andere ist auf Kopf und
Pronotum dunkelgrün, das von Dernah olivenbraun, bei beiden die
Flügeldecken entsprechend dunkler.
Diese Heuschrecke ist weit verbreitet und findet sich sowohl
in Süd-Europa als auf den Canaren, in ganz Nord- Afrika, im Somali-
land, auf Mauritius, in Kleinasien, SjTien, Java, Manila, Japan und
Neuseeland.
JEvemohla Seev.
E. cisti Fabe.
Brünnee, Prodi-., p. 182.
Saussure, Prodr. Oedipod., p. 228 {pulchripennis).
Savigny, tab. 7, fig. 16. • — Keauss, p. 267 (puleJiripennis).
VOSSELEE, in: Zool. Jahrb., Vol. 17, Syst., 1902, p. 384.
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 484, 485 {eidi et chivelii).
Wernee, Orthopt. Aegypt., p. 421.
Bengasi (leg. Haimann).
Diese von Herrn Dr. Klaptocz nicht gefundene Art ist über
fast ganz Nord- Afrika und Syrien verbreitet.
Unterf am . Pyrgomorph idae.
JPyrgoniorpha Serv.
P, conica Oliv.
Brunner, Prodromus, p. 185 {(jrylloides).
BOLIVAR, Pirgomorfinos, p. 82 (gryUoides).
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 121
FlNOT, Faune de TAlgerie, p. 490 (fpijlloidrs).
Wekneii, Orthopt. Aegypt., p. 422 ((/ri/lloidcs).
Kkauss u. Vos^elek, p. 536. — Vosselek, p. 387, fig. {gnjlloides).
Tripolis (Juli. Aug.); Dscliebel Tegrinna (19./9); Dernali (19.,
25./8). — Außerdem: Tocra {.^Pygomorpha grcmosa^^ in: Haimann,
Cyrenaica, p. 140).
Keins der Exemplare ist grün oder scheint auch nur grün ge-
wesen zu sein; eins aus Tripolis ist gelbbraun (c5), die übrigen grau-
braun bis grau. Die seitlichen Ijängskiele des Pronotums sind, wie
von Vosseler für diese Art angegeben, aucli hinter der Haupt-
querfurche vollkommen deutlich; dagegen erinnert der Umriß der
Seitenlappen teilweise sehr an F. cognain. Ich kann aber mit dem
besten Willen keinen specifischen Unterschied darin finden, da schon
die wenigen mir vorliegenden +? alle Übergänge von einer zur
andern Art erkennen lassen und das Pronotum der SS auch von
denselben Fundorten, woher 5$ niit co(/M«i'rt-Seitenlappen stammen,
stets typisch wie bei coaka aussieht. Es ist ja möglich, daß beide
Formen in gewissen Gegenden des tropischen Afrikas schärfer ge-
schieden sind, in Nord- Afrika scheint mir dies aber nicht der Fall
zu sein, wie ich dies auch für Ägypten behaupten kann.
Verbreitung: Spanien, Portugal, Süd-Frankreich, Mittel-Italien,
Griechenland, Kleinasien, Syrien, ganz Nord-Afrika, Sudan, Erythraea.
P. alhotaeniata n, sp,
(Taf. 5, Fig. 6.)
Tripolis, Anfang August (+); Tadschura, 17./7. ($); Gherran,
13./7. is).
Graubraun, gelbbraun oder olivengrün, mit einer weißen Längs-
'»D*""? '^'^^ v^i.iv^i ,,^,.^K^X,. J^IVWJ,.
binde vom hintern Augenrand über die Wange, den untern Rand
des Pronotums, bis zur Insertion des Hinterschenkels und auf dessen
untern Rand fast bis zum Knie verlaufend; diese Binde ist nur bei
dem Exemplar von Tripolis undeutlich; sie ist nach oben von einer
ebenso breiten schwarzbraunen Binde begrenzt, welche über den
Außenrand der Elytren hinzieht. Kopf mit einem über Vertex und
Occiput verlaufenden Mittelkiel. Antennen zwischen den Vorder-
rändern der Augen eingelenkt. Pronotum mit Mittelkiel, nahezu
parallelen Seitenrändern des Discus und ohne Erhöhung hinter der
Hauptquerfurclie. Unterrand der Seitenlappen horizontal, wenig ge-
schweift, Hinterwinkel ein rechter bis zum obei-n Rande des weißen
122 Franz Werner
Bandes, von hier zieht der Rand scliief nach hinten. Elytren bis
zum Hinterrand des 1. Abdominalseg-ments reichend; in der Mittel-
linie ein wenig- übereinanderg-reifend. Hinterflüg-el rudimentär, -wenig
die Mitte des Metanotums überrag-end. Gliedmaßen schlank.
Länge
15 mm
(?>.
12 mm (S)
Pronotum
4
m
3 (6)
Elytren
4
in
2,3 (6)
Hinterschenkel
8.5
(?).
~( (s).
Die 4 nord-afrikanischen Pyrgomorpha- Arten lassen sich auf
folgende Weise leicht unterscheiden :
1. Flugorgane vollständig ent-v\'ickelt 2
Flugorgan verkürzt 3
2. Unterrand der Pronotumseitenlappen konkav; Kiele des Pro-
notums hinter der Hauptquerfurche undeutlich P. cognata
Unterrand gerade. Seitenkiele deutlich P. conica
3. Elytren in der Mittellinie mindestens aneinanderstoßend
P. alhotaeniata
Elytren sehr klein, vollkommen lateral P. dehilis.
Unterfam. Pamphagidae.
Faniphcifftis Thunbg.
P, orientaJis n. sp.
(Taf 5. Fig. 4.)
1 ? von Dernah, 20./8. ; -wahrscheinlich auf dem felsigen Plateau
im Südosten der Stadt.
Diese Art steht dem P. algericus Br. am nächsten, unterscheidet
sich aber durch die kürzern Arolii zwischen den Krallen der Tarsen
(kürzer als diese), durch die unregelmäßig gefelderte Innenfläche der
hintern Femora und die schwarzspitzigen, aber nicht an der Basis
schwarz umrandeten Dornen der Hintertibien.
Kopf, Pronotum und Abdomen grubig punktiert; Färbung hell
graugelb, ganz ohne Zeichnung. Antennen hellgrau, schwarz punktiert,
16g-liedrig; Seitenlappen des Pronotums vorn rechtwinklig, hinten
stumpfwinklig, dei' Vorderrand schwach konkav, mit dem der andern
Seite einen stumpfen, aber deutlichen Winkel bildend, der Hinter-
Oithoptereu-Fauna von Tripolis imd Barka. 123
raiid konvex (stumpfwinklig;, mit abo-erundeter Ecke) mit dem der
andern Seite eine ganz seichte hintere Ausrandung des Pronotums
bildend; Unterrand gerade. Meso-, Metanotnm und Abdomen in der
Mitte gekielt. Supraanalplatte dreieckig zugespitzt, mit konkaven
Seitenrändern; Cerci kegelförmig, klein; Subgenitalplatte quer ab-
gestutzt. Außer den Tibialdornen sind auch noch die Krallen (auch
an den Vorder- und Mittelbeinen) schwarzspitzig; die Außenkiele
der Hinterfemora in größern Abständen schwarz punktiert. Die Form
des Kopfes, Lage der Querfurche des Pronotums und was sonst hier
nicht erwähnt wurde, ist wie bei P. algermts. Der Yorderrand des
Prosternums ist nicht dreieckig, sondern schwach bogenförmig aus-
gerandet.
Totallänge
59 mm
Pronotum
11
Elj^tren
10
Hinterschenkel
22
Das Vorkommen eines Pamphaijm im Gebiete von Barka, welche
Gattung in Ägypten vollkommen fehlt, ist von zoogeographischer
Bedeutung. Wenn wir die Verbreitung dieser im westlichen Teile
des Mittelmeerbeckens so artenreichen Gattung nach Osten betrachten,
so finden wir — ganz wie bei der ebenfalls flugunfähigen Laub-
heuschrecken-Gattung EpMpimjer — eine starke Abnahme nach Osten.
Doch geht Pamphagns noch weiter und zwar über Candia. wo der
östlichste Epliippiger {idomenaei Luc.) vorkommt, nach Cypern, Syrien
und dem südlichen Kleinasien. Alle östlichen Formen haben den
Habitus der oben beschriebenen Art, doch gehören die syrisch-
kretensischen Arten einer andern Gruppe (mit deutlich dreikantigen
Fühlern) an. — Schon in Haimann's „Cyrenaica*', p. 140, ist ein
Pamphagus aus dem Gebiete (Bengasi) angeführt, der vermutlich der-
selben Art ano-ehört.
Unterfam. Locustidac.
Lociista L.
i. aeyijptia L.
Brükxer, Prodromus, p. 213, fig. 49 {Airidivm).
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 532 {Acridium).
124 Franz Werner,
Savigny, tab. 7, fig. 3. — Krauss, p. 263 (Äcridium).
VossELEK, p. 394. — Keauss u. Vosseler, p. 541 (Aa-idium).
Tripolis, Anfang Aug-nst; Meschia, 7., 7.; Mimima, 20.;9. (??);
Dernali. August (weibliche Nymphe).
Diese Art kommt überall um das Mittelmeer herum vor. geht
aber nicht in die Wüsten Xord-Afrikas hinein wie Sckistocerca, sondern
bevorzugt die immergrüne, mediterrane Buschvegetation; auch an
grasigen oder sumpfigen Stellen fehlt sie.
Devicor(js Serv.
D. miUiet'ei Finot.
Fingt, Ann. Soc. Entomol. France, 1884.
BoNNET et Fingt, Orthopt. Tunisie, tab. 6, fig. 7 — 14.
Fingt, Faune de TAlgerie, p. 529.
Krauss, p. 245. — Vosseler, p. 394.
1 ? (Dernah. zweite Hälfte August).
Diese Art gehört der algerisch-tunesischen Fauna an, und obiger
Fundort ist der östlichste bisher bekannte. In Ägypten wird sie
durch die weit größere I). cnrnipes Redt, ersetzt. Ich fand sie An-
fang Mai 1893 zahlreich im Nymphenstadium bei El Outaia, nördlich
von Biskra, diese Nymphen sind aber viel bunter, grün, mit grell-
weißen Plecken auf Pronotum, Flügelscheiden und Hinterschenkeln,
während obiges ? oliveubraun ist. mit einem dunklen Seitenband
des Pronotums vom Vorderi-and bis zur Hauptquerfurche. Morpho-
logisch ist aber kein Unterschied zu bemerken.
Mttpvexiocneniis Fieber.
E. 2?lorans Charp.
Brunner, Prodromus, p. 220.
Savigny, tab. 7, fig. 3. — Krauss, p. 263.
Fingt, Faune de l'Algerie, p. 541.
Werner, Orthopt. Aegypt., p. 427.
Krauss, p. 248.
Mell'aha, 11./?.; Ain Sarah, 20./7. ; Endschila, 23./7. {SS, ??, Larven
und Nymphen verschiedener Stadien, von Mellaha keine Imagines).
— Von Grgthe in Tripolis gefunden (Mus. Senckenberg).
Orthopteren-Fauna von J'ripolis und Barka. 125
Nach der Zalil der gesammelten Exem])lare zu schließen, muß
diese Heuschrecke in Tripolitanien ebenso häufig- sein wie an den
entspreclienden Lokalitäten (Schilf und ähnliche kieselsäurereiche
(iTäser, die auch Paclujtijlus liebt) in Ägypten. Grundfärbung meist
ockergelb, seltner graubraun; der dunkle PronotumÜeck bei einigen
liellen Exemplaren aus Ain Sarah stark verblaßt. Hinterschienen
bei den Larven und Nj'mphen rotgelb, bei den Imagines blauviolett,
stets mit weißen, schwarzspitzigen Dornen.
Weiteres Vorkommen: Süd-Spanien, Sicilien, Syrien, Algerien
und Tunesien, Ägypten, ägyptischer Sudan, Gabun.
T/iisoicetnis Br.
Th. littoral is Ramb.
Bruxner, Prodroraus, p. 221, fig. 52 {Euprepoenewis).
Savigny, tab. 7, fig. 5. — Krauss, p. 264.
Fingt, Faune de TAlgerie, p. 543.
Werner, Ortbopt. Aegypt., p. 427.
Krauss, p. 247. — Vosseler, p. 395. — Krauss u. Vosseler, p. 542.
Ain Sarah, 1./8.; Tripolis, Umgebung, Anfang August; Dschebel
T'kut. 18./9. ((?, % letzteres auffallend groß).
Von der nachfolgenden, im Gebiete anscheinend entschieden
häufigem Art nicht immer leicht zu unterscheiden. Als Färbungs-
unterschiede fallen auf: 1. Die hellen Seitenstreifen des Hinterkopfes
und Pronotums setzen sich auf die Eh'tren fort. 2. Dunkle Flecken
der Elytren viel größer. 3. Die hellere Färbung des ganzen Körpers
— bei adspersus rotbraun. 4. Die dunklen Binden der Hinterschenkel
sind zwischen den 3 obern Kielen blasser oder fehlen daselbst ganz
(nicht immer charakteristisch).
Das S von Dschebel T'kut mißt 19, das ? 46 mm.
Das Exemplar von Ain Sarah ist intermediär zwischen dieser
und der folgenden Art.
Weiteres Vorkommen : Spanien. Rhodus, Samos, Syrien. Kordofan.
Somaliland, Algerien, Tunesien.
126 Franz Werner,
T/<. adspersus Redt,
RedtenbacHEE, in: "Wien, entomol. Zeit., Vol. 8, p. 30.
Savigny, tab. 7, fig. 6. — Kkauss, p. 264.
Weener, Orthopt. Aegypt., p. 426.
Beng-asi, Anfang September; Sejanah, 4.9.
Vertritt anscheinend im Gebiete von Barka die vorige Art,
wälirend sie bei Alexandrien mit ihr und Euprcpocnemis gemeinsam
vorkommt.
Durch die fein dunkel getüpfelten, niemals ein weißes Ulnar-
band tragenden Flügeldecken, die deutlich gebänderten Hinter-
schenkel und die Färbung meist leicht von littorcdis zu unterscheiden.
Bisher nur aus Ägypten und Turkestan nachgewiesen.
Call i'2)tainns Seev.
C. itallcus L.
Beunnee, Prodroraus, p. 217.
Savigny, tab. 7, fig. 4. — Keauss, p. 264.
Fingt, Faune de TAlgerie, p. 545.
Weener, Orthopt. Aegypt., p. 426.
Vosselee, Orthopt. Alg. Tun., p. 395. — Keauss u. Vosselee, Orthopt.
Orans, p. 542.
Von den meisten besuchten Lokalitäten vorliegend: Tripolis, 9.,
27./7.; Ain Sarah, 20./7., 1./8.; Gherran, 13., 14./7.; Mimuna, 20./9.;
Gharian-Gebirge. 16. — 18./9.; Dschebel Gosseba, 16./9.; Dschebel T'kut,
18./9.; Bengasi, 6., 7./9.; Dernah, 20./8. — 1 ? von Grothe in
Tripolis gefunden (Mus. Senckenbergj.
Ziemlich variabel in der Färbung, aber meist graubraun, selten
rotbraun (Ain Sarah); je 1 Exemplar der var. margindla Seev. aus
Gherran und Ain Sarah. Die längsten Flugorgane besitzt 1 ? aus
Tripolis, die kürzesten ein fast einfarbig gelbbraunes $ aus Dernah
(kürzer als das Abdomen). Die lebhafte Färbung der Innenseite der
Hinterschenkel bei den meisten Exemplaren entspricht der var.
desertkola Voss.; bei dem kurzüügligen $ aus Dernah sind sie ein-
farbig.
Mittel- und Süd-Europa, Syrien, Ägypten, Nord-Sudan (Nubien),
Algerien, Tunesien.
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka.
127
Sjyhoilronierus Stäl.
Sph. coernJans n. sjy.
(Taf. 5, Fi^. 1.)
Im wesentlichen zwischen *S^)//. crnentatns Krauss und decolorains
FixoT, mit dem erstem in der Färbung- der liintern Femora, mit
dem letztern in den meisten morphologischen Merkmalen überein-
stimmend, von beiden durch die hellblauen Hinterflügel leicht unter-
scheidbar.
$: Färbung- hell g-elbbraun, Pronotum und Kopf oberseits etwas
mehr rötlich, die Elytren bräunlich-weiß. Abdominaltergite dunkel
gesäumt. Hinterbeine genau wie bei cruentatns gefärbt, nur Tibia
und Tarsus orangerot anstatt blutrot. Antennen hellbräunlich oder
gelblich-weiß. Elytren an der Basis gefleckt, g-egen die Spitze mit
dunklen, der Spitze parallelen, gebogenen Querbändern, die aber
entweder unterbrochen oder zum Teil gegabelt sind. — Augen hinten
von radiären schwarzen Linien umgeben. Hinterflügel blau wie bei
Sphingonotus coernlans, aber mit schwarzen Adern.
Das Pronotum besitzt einen deutlichen Mittelkiel , der durch
3 Querfurchen unterbrochen ist, deren hinterste ziemlich genau in
der Mitte gelegen ist. Vorderrand g-erade, in der Mitte etwas ein-
gekerbt, Hinterrand stumpfwinklig, der Winkel abgerundet. Seiten-
lappen mit geradem oder gebogenem Unter-, vertikalem Vorder- und
Sfürmig geschwungenem, schiefem Hinterrand.
Hinterflügel das Ab-
5—6 außen. Obere Kante
dornen wenig überragend.
Dornen der Hintertibien 7 innen,
der Hinterschenkel deutlich gesägt.
Über die Proportionen geben folgende Vergleichszahlen Aufschluß:
9
decoloratus
cruentatns
coernlans
Totallänge
Pronotum, Länge
Elytren
Hinterschenkel
39
9
27
0
39
7,5
23
18
40
9
27.5
22
Dschebel Gosseba, 16./9. (2 ?+).
1 drittes, kleineres $. gleichfalls
aus dem Gharian-Gebirge
möclite ich als var. intermedia n. bezeichnen. Kopf und Pronotum
sind hier ungefleckt, ebenso die Flügel hyalin, stark glänzend, schwarz
128 Franz Werner,
geädert. Diese Form wäre eigentlich als Stammform des typischen
coerulans und des cruentatus zu betrachten.
Aus Nord- Afrika kannte man bisher keinen Sphodromerus östlich
von Algerien ; in Ägypten wurde weder der algerische Spli. decoloraius
noch der west-asiatische >Sph. serapis gefunden.
Opshomula Sekv.
O. cyJindrica Maesch.
Beunner, Prodromus, p. 232, fig. 55.
Savigny, tab. 6, fig. 6. — Krauss, p. 258.
FiNOT, Faune de l'Algerie, p. 550.
Werkek, Orthopt. Aegypt., p. 424.
Krauss u. Vosseler, Orthopt. Orans, p. 543.
Krauss, Orthopt. Sahara, p. 248.
Endschila, 23./7. (?$). — Diese goldschimmernde Heuschrecke
lebt überall, wo sie vorkommt, auf hohen, stachligen Gräsern.
Sonst noch auf Menorca, Sicilien. Kephalonia, Griechenland.
Kleinasien, Syrien. Ägypten, Algerien und Tunesien. Eine der
wenigen aus Tripolitanien bereits bekannten Arten.
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka.
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Sonstige
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134
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Sonstige
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136
Franz Werner,
Arten, welche in Nordwest-Afrika und Ägypten vor-
kommen, in Tripolis und Barka aber noch nicht gefunden
wurden:
1. Forftcula hiecifti
2. riaU)cleis grisea
3. Spkingonotus mecheriae
4. „ odofasciatus
5. „ sarignyi
6. Eremocharis insignis ')
7. Acridium ruficorne
8. Schistocerca pcregrina
9. Tridadyhis variegatus
10. Grylhis hurdigahnsis
11. „ consohrinus
12. „ algirius
13. „ deserfus
14. Oecanthus pellucens
Mantodea;
Tettigonioidea;
Familien, von welchen in Tripolis und Barka bisher kein
Vertreter geifunden wurde, die aber in Nordwest-Afrika
oder Ägypten vertreten sind:
Blattodea: Panchloridae {Nauphoeta in Ägypten)
Perisphaeriidae {Perisphacria in Ägypten)
Amorphoscelidae (Discothcra in Tunesien)
Vaiidae {Secerinia in Algerien und Tunesien)
PJianeropteridar (in Ägypten und Algerien durch
mehrere Arten vertreten)
Meconemidae (in Algerien)
Tcttigoniidae (in Algerien)
Ephippigeridae (in Algerien und Tunesien)
Hetrodidac (in Algerien und Ägypten)
Oecanthidae (Algerien und Ägypten)
Mgrmecophilidae (Algerien)
Trigonidiidae (Algerien)
Trklactylidac (Algerien und Ägypten)
Eremohiidae (in Algerien und Ägypten durch Eremohia
und Eremocliaris vertreten)
Achetoidea;
Locustoidea:
Mit Algerien und Tunesien, nicht aber mit Ägypten
gemeinsam;
1. Aphlebia trivitfata
2. Ceuiromantis denticolHs
3. Ameles decolor
4. Jdolomorpha longifrons
5. Bacillus IripolUanus
6. ? Decticus albifrons
7. '? Plaiydeis interviedia
8. Conocephcdus nüidulus
9. Trigonidium cicmdeloides
10. Mogisoplistus hrunneus
11. Bmdiytrupes megaccplialus
12. ? Cliorth'ippus pidvinatus
13. ? Dociostauras maroccanus
14. Oedipoda coendescens
15. Egnatioides str latus
16. Dericorys millierei
1) Von Dr. Walther Innes Bey für Ägypten nachgewiesen.
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka.
137
Mit Ägypten, aber nicht mit Nordwest-Afrika
gemeinsam:
1. Pohjphaga ursina
2. ? Elaea marchali
3. Xiphidion aethiopitmi
4. Phlaeoba fracta
5. Leptopternls i-Jiantses
6. Sphingonoins grobbeni
7. Thisoicetrus adsperstis
Mit dem "West-Sudan (Senegal) gemeinsam:
Lahidura riparia
PhgllodroDiia germanica
Periplanda ainericayia
Stylopyga orierdalis
Sphodroniantis biocidata
Mantis reUgiosa
O.ujthespis gramdata
Brach gtrupes megacepJiahis
Acridella rariabüis
Calephorus compressicornis
Kosmopoliten, hier und in der nachstehenden
Tabelle nicht in Betracht gezogen
Mit dem Ost-Sudan (und Äthiopien) gemeinsam:
Elaca viarchali
Sphodromantis biocidata
Mantis religiosa
Empusa egena
Blepharis mendica
Conoccphalus nitididus
Xiphidion aethiopicum
Trigonidiuni cicindeloides
Gnjilolcdpa africana
Liognjllns himaculatus
Acheta domestica
Paratettix mei-idionalis
Äcrida turrita
Acridella variabilis
Ochrilidia tibialis
Calephorus compressicornis
Aiolopiis thcdassinus
SpJängonotns coeruJans
„ azurescens
Acrotylus versicolor
Pijrgomorpha conica
Eiiprepocnemis plorans
Th isoicetrus littoralis
Bisher nur aus Tripolis oder Barka bekannt:
1. Ariisolahis iripoliiana, Küste bei Tripolis
2. Pohjphaga harny, Wüste bei Tripolis
3. Gharianiis klajdoczi, Dschebel Gharian
4. Acheta cyrenaica, Umgebung von Bengasi
5. „ tripunctata, Ain Sarah bei Tripolis
6. Sphingonotiis dernensis, Dernah
7. „ acrotyloides, Tripolis
8. Pyrgomorpha albotaoiiata, Tripolis und Umgebung
9. Pamphagus orientalis, Dernah
10.
Sphodromerus coerulans.
Dschebel Gharian.
138 Franz Werner,
Aus den vorhergehenden Tabellen und Übersichten ergibt sich,
daß das Gebiet von Tripolis und Barka entschieden eine größere
Übereinstimmung mit den Nachbarländern im Westen als mit Ägypten
aufweist, auch dann noch, wenn die bisher zweifelhaften Arten
Plafycleis intermedia, Dedicus albifrons, Chorthippus pulvinatus und
Dociostaurus maroccanus in Ägypten gefunden würden, was ich aber
nur für die erst- und letztgenannte Art annehmen möchte. Die in
Ägypten so deutliche Verarmung der Orthopteren-Fauna im Ver-
gleich zu Nordw^est-Afrika ist in unserm Gebiet schon vorbereitet:
die in Algerien und auch in Tunesien so überaus artenreiche llug-
unfähige Laubheuschreckenfamilie der EpMppigeridae fehlt an-
scheinend schon in Tripolis vollständig und bleibt auch von hier
ab bis Ägypten und West- Asien unvertreten, während sie auf den
Mittelmeerinseln, obwohl von der Pyrenäenhalbinsel, die ähnlich
artenreich ist wie Algerien, nach Osten stark abnehmend, doch noch
bis Kreta {E. idomenaei Luc.) vordringen. Nahezu ähnlich verhält
sich die ein Seitenstück zu den Ephippigeriden bildende Feld-
heuschreckengruppe der Famphagidae , die ihr Hauptverbreitungs-
gebiet in Spanien und Algerien hat und in Nord-Afrika nach Osten
rasch abnimmt. Der östlichste nord-afrikanische Pamphagus ist von
Herrn Dr. Klaptocz bei Dernah, also im Gebiet von Bai-ka, ge-
funden worden; in Ägypten wurde niemals eine Pamphagus- kvi be-
obachtet, dagegen geht die Gattung auf den Mittelmeerinseln über
Sardinien, Sicilien und Kreta bis Kleinasien und Syrien. Andrerseits
ist von der in Ägypten und dem ägyptischen Sudan vertretenen,
sehr auffälligen und daher kaum zu übersehenden Gattung Poe-
cihcerns niemals eine Art westlich von Ägypten gefunden worden,
obwohl die Poecihcerus- Arten, wie ich mich in Kordofan überzeugen
konnte, tüchtige Flieger sind.
Wenn wir die vorläufig für unser Gebiet charakteristischen,
sowie die mit Nordwest-Afrika einer-, mit Ägjiiten andrerseits ge-
meinsamen Arten auf ihre Flugfähigkeit untersuchen, so erhalten
wir folgendes Ergebnis:
Eigentümliche Arten von Tripolis oder Barka:
Flugunfähig in beiden Geschlechtern:
Anisolahis tripolitana
Gharianus Idaptocsi
Pyrgomorpha albofaeniafa
Pampliagus orientaUs.
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 139
Flug-unfähig- im weiblichen Geschlecht allein:
Folyphaga Jcarny; Achcta tripuncfata? ^)
In beiden Geschlechtern fliegend:
Aclieta cyrenaica
Sphingonotus dernensis und acrotyJoides
Sphodromeriis coerulans.
Gemeinsam mit Nord w est- A frika:
Flug-unfähig- in beiden Geschlechtern:
Aplilehia, Centromantis, Bacillus, MogisopUstus.
Flugunfähig im weiblichen Geschlecht:
Ameles decolor.
G e m e i n s a m m i t Ä g y p t e n :
Flugunfähig- in beiden Geschlechtern:
Keine Art.
Flugunfähig im weiblichen Geschlecht:
Polypliaga ursina, EJaea marcholi.
Betrachten wir die Arten des Gebietes im ganzen auf ihre
Flugfälligkeit hin, so sehen wir Folgendes:
In beiden Geschlechtern flugunfähig : Anisolahis, Aphlchia, Cenfro-
nianfis. Eremiaphila, Bacillus, Gharianus, Pyrgomorpha alhotaeniata.
Pamphagus, 3Iogisoplistus, also zusammen 9 Arten, davon 5 für das
Gebiet eigentümlich (auch die Ereniiaphila ist noch hierher zu
rechnen) und 4 mit Nord-Afrika gemeinsam.
Im weiblichen Geschlecht flugunfähig: Blaifa orientalis, Poly-
pliaga, Elaea, Ameles, Oxythespis (sehr schwerfällig und ungern fliegen
auch die ?? von Blantis, SpJiodromanfis. Iris und Fischeria), Acheta
tripunctata. Von ihnen können wir die über g-anz Nord-Afrika ver-
breiteten Mantiden außer Betracht lassen. Von den übrig-en sind
Blatta und Polyphaga aegyptiaca in ganz Nord- Afrika zu Hause, eine
Polyphaga und Elaea mit Ägypten. Ameles mit Nordwest-Afrika ge-
meinsam und Oxythespis granulcda überhaupt noch nicht aus Nord-
Afrika bekannt, während 0. sencgcdensis sicher außer im Sudan
(W. und 0.) in Nordwest- Afrika, nicht aber in Ägypten vorkommt;
1) Ich vermute dies, weil die Art in eine Gruppe gehört, in der die
$5 nicht zu fliegen pflegen. Dagegen fliegen die Arten der burdigalcnsis-
Gruppe normalerweise in beiden Geschlechtern.
140 Franz Werner,
2 Arten sind nur aus dem Gebiet bekannt {Polyphaga Jcarnij und
Acheta tripunctata).
Wenn wir die Zahlen vergleichen, so haben wir:
Von 68 tripolitanisch-cyrenaischen Arten sind nur 8 Arten in
beiden Geschlechtern flugunfähig, also nicht ganz 12%; weitere
8 Arten, also abermals 12^,0« ^^^^ flugunfähig im weiblichen Ge-
schleclit; der Rest, also über 76%, sind mehr oder weniger gute
Flieger.
Von den für das Gebiet charakteristischen Arten sind 44,4-'/„ in
beiden Geschlechtern^ 22.2%, im weiblichen Geschlecht flugunfähig,
daher nur 33ß'% gute Flieger.
Wenn wir nun diese Zahlenwerte auf ihre Bedeutung unter-
suchen, so können wir aus ihnen Folgendes erkennen. Alle Arten
des Gebietes, welche in beiden Geschlechtern der Flugfähigkeit ent-
behren, sind entweder endemisch oder nur wenig in Nord-Afrika
und zwar in Nord w e s t - Afrika verbreitet. Unter denjenigen, welche
im weiblichen Geschlecht schlecht oder gar nicht fliegen, muß man
die Mantiden. welche durch ihre Kokons leicht verschleppt werden
können, nicht ganz so werten wie die übrigen Formen, und auch
von den Blattiden sind Blatta und Polyphaga aegyptiaca, die in Nord-
Afrika Hausbewohner sind, außer Betracht zu lassen, da sie ihre
Verbreitung sehr der unfreiwilligen Mitwirkung des Menschen ver-
danken. Von den beiden andern Polyphagen ist eine mit Ägypten
und Syrien gemeinsam, die andere endemisch, ebenso wie die
Acheta-kvi.
Wir können nun gewiß nicht sagen, daß die Anzahl der
endemischen Arten des Gebietes eine große sei, sie ist es nicht
absolut und auch nicht relativ, und das kommt daher, daß diejenigen
Formengruppen, welche zu den Endemismen das weitaus größte
Kontingent stellen, nicht oder schlecht vertreten sind, indem wir,
wie schon eingangs erwähnt, die Ephippigeriden und Pamphagiden,
welche die Hauptmasse der nordwest-afrikanischen endemischen
Arten ausmachen, gar nicht bzw. sehr schwach, die Eremiaphilen,
die in Ägypten einen hohen Prozentsatz nicht nur der endemischen,
sondern der ganzen Orthopterenfauna bilden, ebenfalls nur duich
wenige Arten vertreten sind. Was sonst zu dem endemischen Art-
bestand nord-afrikanischer Orthopterenfaunen beiträgt, ist ebenfalls
entweder schwach oder — wie kurzflüglige Decticiden und Phane-
ropteriden, die in Algerien immerhin einige Vertreter haben — gar
nicht vorhanden. Die kurzflügligen Phaneropteriden haben schon
Orthoptereu-Fauna von Tripolis und Barka. 141
vor Tripolis Halt gemaclit und gehen nicht weiter nach Osten,
ebensowenig wie die langtiügligen — denn die ägyptischen sind
völlig verschieden; die kurzflügligen üecticiden tun dasselbe wie die
entsprechenden Phaneropteriden; die einzige aus Ägypten bekannte
Art gehört der zwar in Syrien und Klein asien gut repräsentierten,
in Nordwest-Afrika aber fehlenden Gattung Pholidoptera {Thanino-
trizon) an. Bleiben noch Sagiden und Hetrodiden. Auch hier
dasselbe. Denn die ägyptische Saga ornata, die von Kirby ganz
unberechtigterweise von der syrischen artlich getrennt wurde (un-
berechtigterweise 1. deswegen, weil zwischen der SAviGNY'schen Ab-
bildung und den syrischen Exemplaren kein Unterschied besteht
und 2., weil in Ägypten wahrscheinlich überhaupt keine Saga vor-
kommt und die Abbildung bei Savigny wohl auch nur auf ein
syrisches Exemplar gegründet ist), kann aus den vorstehend an-
gegebenen Gründen außer Betracht gelassen werden, und die
ägyptischen und nordwest-afrikanischen Hetrodiden sind sogar der
Gattung nach verschieden. Es bleibt also in Tripolis und Barka
fast nichts von denjenigen Orthopteren übrig, die eine reiche
Endemismenfauna bilden können, die einzelnen eigentümlichen Arten
gehören ebensovielen verschiedenen Gattungen und Familien an.
die zum Teil auch nicht einmal alle Hugunfähige Arten enthalten
(wie z. B. Pijrgomorpha) oder sogar gute Flieger sind iSphodromeriis,
SpJiingonotus).
Es ist zweifellos, daß das Hinterland unseres Gebietes noch
eine reiche Orthopterenausbeute liefern kann und daß, wie das Vor-
kommen der Oxijthespis und der neuen, echt troi)ischen Phasmide be-
weist, auch geographische Überraschungen für die Zukunft nicht
ausgeschlossen sind. Für die Vereinigung der nordwest-afrikanischen
und ägyptischen Orthopterenfauna scheint aber das Gebiet von
Tripolis und Barka nicht förderlich gewesen zu sein, und wenn auch
noch alle Arten gefunden werden, die sowohl aus den Grenzländern
im Osten und Westen bereits bekannt sind, so würde die Anzahl
der Arten auf nicht mehr als 86 steigen. Der Grund, weshalb eine
so beträchtliche Zahl von Arten weder von Ägypten noch von
Algerien und Tunesien aus das Gebiet, welches von Herrn
Dr. Klaptocz erforscht wurde, erreichen konnte, entzieht sich meiner
Beurteilung, da mir die Boden- und Vegetationsverhältnisse im all-
gemeinen für Orthopteren durchaus nicht ungünstig erscheinen.
Sollte vielleicht das miocäne Saharameer, welches in den niedrig
gelegenen Gebieten zwischen dem Südrand des Atlas in Ost-Algerien
142 Franz Werner,
und Tunesien einer-, den nord-arabisclien Wüstengebirgeu östlich
vom Nil andrerseits sich natürlich am längsten erhalten hat. eine
Vereinigung? beider Faunen bisher verhindert haben und diese nun-
mehr von beiden Seiten her allmählich eintreten? Die 2 oder
3 Arten, welche bisher aus dem Ost-Sudan, nicht aber aus Ägypten
bekannt sind (? Elaea marclmli, Conocephalus nüidulus, Trigonidium
cicindeloidcs) zusammen mit denjenigen, welche Algerien und Tunesien
mit dem Sudan gemeinsam haben, ohne daß sie in Ägypten vor-
kommen [Oxijthcspis seneyalensis, ? Le2)tocola giraffa), zeigen zusammen
mit denjenigen Arten, welche das tripolitanisch-cyrenaische Gebiet
mit Ägj^jten gemeinsam hat (1 tropische, sudanesische Art: (Xiphi-
dion aethioincum \ 3 vvest-asiatische : Fohjplmga ursina, Phlaeoha
fracta, TItisoicctrus adspersus; 2 gut fliegende ägyptische Wüsten-
bewohner: Sphingonotus grohbeni, Lcptopternis rhamses), daß die öst-
lichen Einwanderer der tripolitanischen Fauna entweder aus dem
Sudan stammen, mit welchem der Zusammenhang wohl kaum je
unterbrochen w^ar, teils spätem Einwanderungsdaturas sind, und zwar
entweder aus Syrien längs der Küste fortwandernd (ähnlich wie gewisse
Reptilien — Agcmia stellio, Zamenis dahin, Tarhophis savignyi, Tropido-
notiis tessellatus, ? Testudo leithi — in Ägypten) oder aber erst später
entstandene, aber leicht sich verbreitende Formen sind wie die
beiden Sphingonotiden. Wir sehen daher, daß die Besiedelung des
Syrtengebietes von W^esten aus eine ungleich stärkere und vielleicht
auch schon länger andauernde war als die von Osten her, und ich
möchte annehmen, daß alle Ägypten und Nordwest-Afrika gemein-
samen Arten aus letzterm Gebiet stammen, soweit sie nicht eben
circummediterran sind oder, besser gesagt, aus der Zeit herstammen,
da das Mittelmeer noch die geringste Ausdehnung hatte. Die
äg3^ptische Orthopterenfauna ist eine Mischfauna aus circum-
mediterranen, echt nordwest-afrikanischen und sudanesischen Ele-
menten; dasselbe gilt auch für die tripolitanisch-cyrenaische, bei
der aber der nordwest-afrikanische Einschlag entsprechend stärker ist.
Orthopteren-Fauna von Tripolis und Barka. 143
Erklärung der Abbildungen.
Fig.
1.
Fig.
la,
iig.
2.
Fig.
3.
Fig.
4.
Fig.
4 a
Fig.
5.
Fig.
6.
(Alle Figuren in nat. Gr. bis auf 4a und 6a.)
Tafel 5.
Sphodrümeriis cocrulans n. sp. $•
Hinterschenkel, von der Außenseite.
Lcptopternis rhamscs Sauss. $.
Sphingonotus derncnsis n. sp. (J.
Pampliagus orientaUs n. sp. $.
4a. Hinterleibsspitze, von hinten. Vergr.
Sphingonotus grobbeni Ween. $.
PgrgonwrpJia alboiaeniata. $.
Fig. 6a. Hinterleibsspitze, von der Seite. Vergr.
Tafel 6.
Fig. 7. Gharianus Uaptocxi n. g. n. sp. (J. Nat. Gr-
Fig. 7a. Hinterleibsspitze, von der Seite. Vergr.
Fig. 7b. Hinterleibsspitze, von oben. A^ergr.
Fig. 7c. Hinterleibsspitze, von unten. Vergr.
Fig. 8. Ächeta tripimdata n. sp. S- 2:1.
Fig. 9. Acheta cyrenaica n. sp. 5- 2:1.
Fig. 10. Anisolahis tripoUtana n. sp. a ;5~, b $. Zangen. 2:1,
Fig. IIa. Kopf von Oxythospis turcomaniae. 6:1.
Fig. IIb. Kopf von Oxgthespis granidata. 6:1.
Fig. 11c. Kopf von Oxgthespis senegalensis. 6:1.
Fig. 12. Sphingonotus acrotgloides n. sp. Nat. Gr.
144
Bericlitiguug zu
TsüzuKi, Über die Aiioplieles-Arteu in Japau.
(In: Zool. Jahrb., Vol. 25, Syst., 1907.)
S. 535 u. 536: In den drei Tabellen muß es in Betreff der Seitenborsten
in den 4 Rubriken heißen: auf dem dritten Hinterleibssegmente,
anstatt auf drei Hinterleibssegmenten.
Taf. 23 : In Fig. 6 u. 7 trägt das 3. Hinterleibsegment jederseits nur
eine Borste. Es sind aber zwei Borsten vorhanden, wie auf dem
1. und 2. Segment.
Lippert & Co. (G. Pätz'sclie Buchdr.), Naumburg a. S.
Nachdruck verboten.
Übersetzungsrecht vorbehalten .
Oniscomyia dorni,
eine neue deutsclie als Am eisen gast lebende flügel-
lose Fliegengatt 11 ng-, sowie über die systematische
Stellung der Thaumatoxena.
Von
Dr. Günther Eiiderleiu,
Kustos des Stettiiier Zoologischen Museums.
Mit Tafel 7 und 1 Abbildung im Text.
Durch Herrn Cand. phil. Kakl Doex in Leipzig erhielt ich eine
flügellose myrmecophile Fliege, die den Typus einer noch unbe-
schriebenen Phoriden-Gattung repräsentiert.
Systematisch ist dieselbe um so interessanter, als sie mir die
nahen Beziehungen vor Augen führte, die sie und die verwandte
Gattung Aenigmatias Meinert, sowie auch die afrikanische Aenig-
matistes Shelf., zu der bei Termiten lebenden Thaumatoxena Beedd. et
Born, zeigen die von Börner als besondere Subordnung derRhynchoten
(Conorhyncha) aufgefaßt wurde, die Silvestei aber zu den Dipteren
als eigne Familie in der Nähe der Phoriden stellte und die dann
BÖENER später (1908) mit den Brauliden in nähere Verbindung zu
bringen suchte, neben die er sie aber auch als besondere Familie
stellte.
Die erwähnten Gattungen sowie die neue, die ich ihrer Assel-
ähnlichkeit halbei" Oniscomyia n. g. nenne, zeigen aber mit Evidenz,
daß die nächsten Beziehungen zwisclien allen diesen vorhanden sind,
und eine von Veeeall 1878 aufgestellte geflügelte Gattung Platy-
phora bildet wiederum die Verbindung mit den Phoriden. Alle diese
Gattungen sind echte Phoriden, die man allenfalls auf Grund der
allen eigentümlichen asselfürmigen oder einer Schaben-Larve ähn-
lichen, abgeflachten und verbreiterten Gestalt als Subfamilie ab-
Zool. Jaiirb. XXVII. Abt. f. Syst. 10
146 Günther Enderlein,
scheiden kann, so daß die Phoriden in 2 Subfamilien zerfallen, nnd
zwar in Fhorinae (incl. SfetJiojKithus Wand., Fidiäphora Dahl, Tcrmito-
xenia Wasm.) und PlatypJiorinae. Letztere, von denen größtenteils
eine myrniecopliile oder termitophile Lebensweise sichergestellt ist
(man kann sie wohl auch von Aenigmafistes annehmen), kann man
wieder in 2 Tribus zerlegen, die Flatyphorini und Tliaumatoxenini,
von denen die letztere eine weitere Anpassung an die symbiotische
Lebensweise darstellt. Die Platyphorini besitzen noch 6 unver-
schmolzene Abduminalsegmente; Thanmatoxena ivasmanni Bredd. et
BÖRN. hat dagegen nur noch 2 Abdominalsegmente, das eine wohl
einfach, die übrigen alle verschmolzen, bei T. andreinn Silv. sind
alle Abdominalsegmente verschmolzen, so daß diese die extremste
Form der Anpassung darstellt und daher sicher den Typus einer
besondern Gattung darstellt, die ich Termüodeipnns nenne.
Die Verschiedenheiten der Braula coeca N. von den Phoriden,
die BÖRNER (1908) übersichtlich zusammenstellt, sind aber größere,
so daß die Brauliden als besondere Familie aufzufassen sind, deren
Stellung aber wohl in der Nähe der Phoriden anzunehmen ist.
Subfam. Flatyphorinae m.
Körper schabenartig oder asselartig abgeplattet. Kopf hinten
dem Körper angeschmiegt und entsprechend ausgehöhlt (mond-
sichelförmig). Meist ungeflügelt, wenn geflügelt mit 3 Ocellen,
sonst ohne.
Der Thorax ist breit mondsichelföi^mig, ungegliedert. Das
Scutellum ist unter den Hinterrand heruntergedrückt, so daß es nicht
sichtbar ist.
Meinert und Coquillet fassen ihn als den verwachsenen Pro-
und Mesothorax auf und interpretieren das 1. Abdominalsegment als
Metathorax. Sh^lford (1908) deutet den Thorax als Prothorax,
das 1. Abdominalsegment als Mesothorax, das 2. Abdominalsegment
als Metathorax. Die von Börner (1908) bei Thaumatoxena als Flügel-
rudimente aufgefaßte Bildung ist wohl zweifellos eigenartigen
sternalen Fortsätzen des Thorax homolog, die ich bei Oniscomyia in
schwächerer Ausbildung angetroifen habe, während hier die Flügel-
rudimente dicht unter den hintersten Seitenecken verborgen waren
und sehr schwach entwickelt sind; hier finden sie sich ver-
mutlich auch bei Thaumatoxena^ falls sie nicht gänzlich ver-
schwunden sind.
Oiiiscoiiiyia doriii. 147
Die phylogenetischen Beziehungen aller dieser Gattungen sind
in Textfig. A angedeutet; Platyphom ist der Ausgangspunkt und
TermitodeipuMs die am meisten abgeleitete Form.
Termitodeipnus
Thaumatoxena
Aeniymatistefi
Fig. A. Oniscomyia.
Phylog-eiietische Bezielmug-en der Gattungen Aenigmaüas
der Subfam. Plaiyphorinae. ^ >
Platyphom''
Bestimmungstabelle der Tribus und Gattungen der
P 1 a t y p h 0 r i n e n.
1. 6 Abdominalsegmente vorhanden, dieselben nicht verschmolzen;
Augen hinter den Fühlern Tribus : Platyphorini m.^) 2
Abdominalsegmente völlig verschmolzen oder nur 2 Segmente
noch erkennbar. Augen unter den Fühlern
Tribus: Thaumatoxenini (Bredd. et Böen.)-) ö
2. Flügel und Ocellen vorhanden Platijphova Verr. 1878
Flügel und Ocellen fehlen 3
3. Augen groß, von oben sichtbar. Zwischenraum zwischen Basis
des Maxillarpalpus und Augen groß und mit 1 Reihe
kräftiger Borsten 4
Augen sehr klein, von oben nicht sichtbar. Zwischenraum
zwischen Basis des Maxillarpalpus und Augen sehr klein
und nur mit 1 kräftigen Borste. 1. Abdominalsegment in
der Mitte lang, an den Seiten kurz (also quer spindelförmig)
Aenufiuatistes Shelf. 1908
4. Maxillarpalpus 2gliedrig, normal tasterförmig, langgestreckt,
gekrümmt und beborstet. Proboscis vorhanden, sehr klein.
Behaarung des Hinterrandes der Körpersegmente länger als
die übrige Behaarung der Körperoberfläche. Fühlerborste
nackt (?). Beine schlank Aenigniatias Mein. 1890
1) myrmecophil. 2) termitophil.
10*
148 Günther Enderlein,
Maxillarpalpus reduziert, knopfförmig- ; iinbeborstet. nur mit
einzelnen winzigen Härchen. Proboscis fehlt, Behaarung des
Hinterrandes der Körpersegmente von gleicher Länge der
übrigen Körperbehaarung; nur an den hintern Seitenecken
1 — 2 längere Haare. Fühlerborste piibesziert. Beine ge-
drungen Onisconiyid n. g,
5. Abdomen mit 2 Segmenten, das 1. kurz, das 2. lang
Thaumatoxena Beedd. et Böen. 1904
Abdomen völlig ungegliedert ler'mitodeipnus n. g.
Tribus: Flahjphorini m.
TlatypUora Veerall 1878.
Vebrall, in: Journ. Linn. Soc. London, Vol. 13, 1878, p. 259.
Flatyiyhora luhbocUi Veee.
Platyphora lubbocki Verrall, in: Journ. Linn. Soc. London, Vol. 13, 1877,
p. 259.
Platyphora lubbocki Veee., Lubbock, Ameisen, Bienen, Wespen, 1883.
p. 371.
Platyphora lubbocki Veer., Becker, in: Abb. zool.-bot. Ges. Wien, Vol. 1,
■ 1901, p. 88, 78.
Platyphora lubbocki Verr., BrüES, in : Trans. Araer. entomol. Soc, Vol. 29,
1903, p. 316.
Platyphora lubbocki Vere., Bezzi, in: Rendic. Ist. Lomb. Sc. Lett. (2),
"Vol. 33, 1900, p. 11 (sep.).
Platyphora lubbocki Verr.. Sheleord, in: Journ. Linn. Soc. London,
'Vol. 30, 1908, p. 152.
England. In Ameisennest.
Aeniffmatias Meinert 1890.
Meinert, in: Entomol. Meddelelser, Vol. 2, 1890, p. 213, tab. 4, fig. 1—6.
Körper breit und flach. Kopf groß und frei. Antennen und
Mundteile vom gewöhnlichen Typus. Thorax nicht geteilt; 1. Ab-
domiualsegment mit dem 2. zusammengewachsen, die folgenden frei,
ziegelartig übereinander gelagert. Flügel und Halteren fehlen völlig.
Beine schlank, Klauen zart. Antennen kurz, kuglig, mit sehr langer,
unpubescierter Borste. Palpen schwach gekrümmt, beborstet. Pro-
boscis sehr klein, Labellen undeutlich. Vorderschenkel sehr groß,
die hintern konisch. Abdomen dorsoventral zusammengedrückt, aus
6 Segmenten zusammengesetzt.
Oniscomyia dorni. 149
Aenlf/iHatlas bfdttoldes Mein. 1890.
AenvpjKilias hUittoides Meinert. in: Entoraol. Meddel., Vol. 2, 1890,
"p. 212—226, tab. 4, fig. 1—6.
Aenigmatias hlattoides Mein., Wasmann, Krit. Verz. Myrmecoph. u.
Termitoph., 1894, p. 32 u. 175.
Aenigmatias hlattoides Mein., Bezzi, in : Rendic. Ist. Lomb. Sc. Lett. (3),
"Vol. 33, 1900, p. 11 (sep.).
Aenigniatias hlattoides Mein., Becker, in : Abb. zool.-bot. (tgs. Wien,
1901, Vol. 1, p. 89, 79.
Aenigniatias hlattoides Mein., Brues, in: Trans. Amer. eutomol. Soc,
"Vol. 29, 1903, p. 387.
Aenigmatias hlattoides Mein.. Shelford, in : Journ. Linn. Soc. London,
"Vol. 30, 1908, p. 150—153.
Dänemark.
Aus 1. c, p. 213 etc.:
„Caput 7nagnum, liherum, antennis ad similitiidineni riioridariim factis.
Thorax nulhis discretus, annulo primo corporis cum secimdo concreto,
annulo secimdo maximo atque annidis sequentibus ceteris liheris, imhricatis ;
tum alae tum kälteres dcswit.
Ahdomen annidis qnvique, liheris compositum.
Pedes gracilis, miguibiis tenuihus, ad similitudineni Phoridarum factis.
Oculi sat niagni, laterales; ocelli niilli.
Antennae hreves, disciformes, seta dorsali, perlonga, nuda, articido hasali
setae ohsciire hipartito.
Palpi maxillares hiarticidati, leviter clarali, setosi.
Prohoscis minima, labellis evanidis.
Feniora antica permagna, disciformica ; femora posteriora conica.
Ahdomen compressum.
Brunneus vel fusco-piceus , obscure argenteus ^ p/7/s jjarvis iti series
transversas, in margine anmdornm majorihns vestitns.
Long. 1,5 nim.^^
Der Fundort des einzigen bekannten Stückes ist Dänemark.
15. August 1890. 1 $. Myrmecophil bei Fonnica fusca.
Aenif/matias scJuiart^t Coquillet 1903.^)
Aenigmatias schicartzii COQUiLLET, in: Canad. Entomol., Vol. 25, 1903,
p. 21.
1) Coquillet gibt nur 4 Abdominalsegraente an; er zählt aber das
1. Abdominalsegment als Metathorax, und so wären wenigstens 5 Abdominal-
150 Günther Enderlein,
Aenigmatias s-rhurirhii Coquillet , Shelford, in: Journ. Linn. Soc.
London, Vol. 30, 1908, p. 152—153.
Nordamerika (Arizona).
Oniseonif/la n. <j.
Kopf selir kurz und vertikal abgeflacht, seitlich stark verbreitert
und die Seiten in schräo- nach hinten gerichtete Spitzen ausgezogen,
vorn gerundet; hinten konkav und stülpt sich etwas kappenartig
über den Thorax; Oberseite behaart, vorn sehr fein, hinten etwas
stärker. Augen schräg, von vorn unten nach hinten oben lang-
gestreckt eiförmig, oben dem Hinterrand sich nähernd, unpubesciert.
Ocellen fehlen. Fühler ögliedrig; 1. Glied an der Basis umgeknickt,
am Ende abgeschrägt; 2. Glied fast kreisrund; die übrigen 3 Glieder
(3. — 5. Glied) bilden die sog. Fühlerborste; letztere ziemlich dünn:
1. Vj^m2i\ so breit wie lang; 2. etwas dünner, wenig länger als breit ;
3, Glied lang borstenförmig, an der Basis in der Länge von etwa
3 Basalstärken etw^a so dick wie das 4. Glied, dann allmählich ver-
dünnt; Fühler dicht und sehr fein und kurz pubesciert, mit Aus-
nahme der Basis des 1. Gliedes. Rüssel (Proboscis, Fig. 7 rpr) fehlt
völlig und ist nur noch durch ein höckerartiges Rudiment angedeutet.
Zwischen diesem und der untern Augenecke eine Querreihe von
kräftigen Borsten. Maxillarpalpus (Fig. 7 mxp) sehr stark reduziert,
nur noch durch ein knopfartiges Rudiment dargestellt, das keine Be-
borstung aufweist, sondern nur einzelne sehr feine Härchen trägt.
Thorax und Abdomen zusammen eiförmig (die stumpfe Seite
nach vorn), stark und asseiförmig abgeplattet. Thorax in Gestalt
eines ungegliederten Segments, Scutellum fehlt; breit halbkreisförmig,
die hintern Seitenecken etwas spitz ausgezogen. Flügel und Halteren
fehlen. Hinter der Seitenecke findet sich eine winzige zapfenartige
Ausbuchtung (Fig. 4 //r?), die an der Spitze eine sonst am Körper
nicht vorkommende mikroskopisch feine Pubescenz trägt, vielleicht
handelt es sich dabei um Flügelrudimente.
Abdomen 6gliedrig, das 1. am längsten. Sternite nicht aus-
gebildet, die Unterseite des Abdomens besteht aus einer dünnen
Membran; die äußerste ist fein und dicht gekörnt (Fig. 8); im
Segmente vorhanden. Da das ihm vorliegende Stück aber augenscheinlich
trocken konserviert ist, so ist eine Täuschung anzunehmen, da selbst an
Alkoliolraaterial die Segmente sehr schwer voneinander zu trennen sind.
Sollten sich aber doch nur 5 Abdoraiualsegmente vorfinden, so wäre diese
Species der Typus einer besondern Gattung.
Oniscoinyia dünii. 151
vordem Drittel ist diese Körnelung- sehr schwach gefärbt. Aus-
stiilpbares Legerohr weit (etwa halb so breit wie das letzte Tergit)
und kurz (etwa halb so lang wie das letzte Tergit), dünnhäutig,
ungegliedert, mit dunkelbraun pigmentierten chitinösen Längsleisten
(etwa 80 auf 1 mm) und einer kurz dreieckigen, hinten abgerundeten
Subgenitalplatte (Fig. 5).
r|>
Thorax und Abdomen oben gleichmäßig mäßig dicht und kurz
pubesciert, am Hinterrand jedes Segments sind die Haare nicht
länger, nur an den hintern Seitenecken 1 oder 2 kräftigere Haare.
5. Tergit mit Ausnahme der Seiten völlig ohne Pubescenz,
sehr dünnhäutig (Fig. 6). ^j
Beine relativ kurz und gedrungen. Vordercoxen groß und lang
(Fig. 3 cOi\ Hintercoxen (cuj etwas kürzer, Mittelcoxen (cOo) halb
so lang. Schienen und Tarsen verbreitert und dorsoventral ab-
geflacht. Schienen am Innern Ende mit 2 Spornen. Schienen und
1.— 4. Tarsenglied außer der Pubescenz mit 8 — 4 Längsreihen sehr
dicht gestellter kurzer, kräftiger Dörnchen. Klauen sehr klein,
schwach gekrümmt, ungezähnt.
AenigmaUas Meinert 1890 (in: Entomol. Meddelelser, Vol. 2,
1890. p. 212—226, tab. 4, flg. 1—6) steht dieser Gattung sehr nahe
und unterscheidet sich von ihr durch Folgendes: Maxillarpalpus lang-
gestreckt, beborstet, 2gliedrig und etwas gekrümmt; Proboscis vor-
handen (sehr klein); Beine schlank.
Onisconifjki dovni n, sp.
Kopf, Thorax und 1. Abdominalsegment schwach gelblich-rost-
braun, 2.. 3. und 4. Abdominalsegment braun, letztes Segment schwarz-
braun, 5. Tergit mit Ausnahme der Seitensäume grauweißlich
Unterseite : Kopf uud vordere Hälfte des Körpers ziemlich hell gelb-
braun, hintere Hälfte braun. Beine sehr blaß bräunlich-gelb, Spitze
der Schenkel und die Schienen etwas dunkler. Mittel- und Hinter-
schienen und Tarsen erscheinen durch die dichten tiefschwarzen
Pubescenzreihen braun. Alle Borsten tiefschwarz. 1. Fühlerglied
braun, 2. blaßgelblich, Fühlerborste farblos; Fühlerpubescenz sehr
fein und farblos. Augen bräunlich-schwarz.
Kopf vorn gleichmäßig abgerundet; Behaarung der Oberseite
mäßig dicht und kurz, nach vorn zu kürzer und feiner werdend.
1) AenigmaUas schicartxl CoQ. weist hier einen weißlichen Reif auf,
so daß vermutlich das 5. Tergit dieses Secret abscheidet.
152 Günther Enderlein,
Borstenreihe unter den Augen mit je 7 kräftigen Borsten. Jede
der knopfförmigen Rudimente der Maxillarpalpen mit 3 winzigen
Härchen. Augen oben abgerundet, unten zugespitzt eiförmig. Kopf-
oberseite mit mikroskopiscli feinen chitinösen Querleistchen (Fig. 2),
von denen ca. 700 auf einen Millimeter gehen.
Thorax und Abdomen oben gleichmäßig kurz, fein und mäßig dicht
behaart, nur an den hintern Seitenecken jedes Segments 1 — 2 kräftigere
Haare. 5. Tergit mit Ausnahme der Seiten sehr dünnhäutig, völlig un-
pubesciert und ohne Chitinstrukturen. Unterseite ohne Sternit, sehr
dünnhäutig und ohne Segmentgrenzen, sehr spärlich fein behaart, an
den Seiten des 6. Segments etwas dichter und kräftiger behaart;
die Färbung der Unterseite durch die chitinöse Körnelung vermittelt.
Die einzelnen Körner der Körnelung sind dunkelbraun gefärbt im
vordem Drittel des Abdomens mit blaß bräunlich-gelber Chitin-
färbung; die Körner ordnen sich zum großen Teil zu je 5 — 7 zu
einem Oval (Fig. 8). Chitinöse Längsleisten des Legerohres und die
Subgenitalplatte dunkelbraun. Verhältnis der Längen des Thorax
und der 6 Abdominalsegmente in der Mittellinie ist ungefähr:
2: IV.^:! :1:1:1:1V,.
Vordercoxen unten behaart, am Ende mit einigen kurzen Borsten,
Mittel- und Hintercoxen (Fig. 3) nur am Ende mit einigen Haaren
und kurzen Borsten. Schenkel oben mäßig dicht und spärlich fein
behaart. Vorderschiene und Vordertarsus gleichmäßig pubesciert,
ohne Längsreihen kurzer, dicker Borsten: am Innern Ende der
Schiene und des 1. — 4. Tarsengliedes je 1 kurze dicke Borste, ebenso
in der Mitte des Hinterrandes der Oberseite. Beim Mittel- und
Hinterbein hat die Scliiene außer der gleichmäßigen, mäßig
dichten, kurzen Behaarung innen 2 schwarze Sporne, deren innerer
doppelt so lang wie der äußere und beim Mittelbeine etwa ^/o so
lang, beim Hinterbeine etwa Vs so lang wie das 1. folgende Tarsen-
glied ist; oben trägt die Schiene 3 Längsreihen sehr dicht gestellter,
kurzer, dicker, schwarzer Borsten, die eine längs des ganzen Außen-
randes die übrigen auf der Oberseite und zwar die äußere davon
über die ganze Länge der Schiene, die innere nur in der hintern
Hälfte; die Tarsen gleichmäßig kurz und mäßig dicht behaart,
1. — 3. Glied mit 4 ähnlichen Längsreihen kurzer, dichter, schwarzer
Borsten über die ganze Länge jedes Gliedes, und zwar je 1 am
Außen- und Innenrande und 2 auf der Oberseite, 4. Glied nur mit
3 solchen Reihen, je 1 am Außen- und Innenrande und auf der
Oberseite (beim Hinterbein ist das 2. — 5. Tarsenglied abgebrochen).
Onisconyia donii. 153
Vorderschiene sehr kurz. 1. Tarseiiglied beim Vorderbeine etwa
P ginal so lan;^ wie breit, beim Mittelbeine etwa doppelt so lang wie
breit, beim Hinterbeine etwa 3\omal so lang wie breit.
Körperlänge ca. 1,7 mm.
Die Längen der einzelnen Glieder beim Vorder-, Mittel- und
Hinterbeine sind ungefähr:
Coxa
0,4 mm
0.22 mm
0,35 mm
Femur
0,4
0,45
0,5
Tibia
0,27
0,32
0,48
1. Tarsen
glied
0,0t)
0,14
0,27
2.
0.05
0,07
3.
0.05
0,06
4.
0,04
0,05
5.
0.04
0,06
Bayern. Oberfranken. Hohe Wart bei Zeyern (bei Kronach),
18. August 1907. 1 $ in einer Kolonie von Fohjergus rufescens (Latr.);
das Exemplar befand sich auf dem Grunde des Nestes etwa 30 bis
40 cm unter der Oberliäche.
Gesammelt von Herrn l'and. phil. Kakl Doen in Leipzig-
Schleußig, dem diese Species gewidmet wurde.
Aenif/matistes Shelf. 1908.
Shelfoed, in: Joiirn. Linn. Soc. London, Vol. 30, 1908, p. 150, pl. 22,
fig. 1 — 5.
AenifßniiUistes africanus Shelf, 1908.
Aenigmatistes african^fs Sn^^LYonD, in: Journ. Linn. Soc. London, Vol. 30,
1908, p. 151, pl. 22, fig. 1—5.
Britisch Ost- Afrika (Kisuma, Victoria Nyanza).
Tribus Thcmniatoxenini Beedd. et Böen.
Subordo Coiwrhf/ncha 'BÖR'R'EB., in: SB. Ges. naturf. Freunde Berlin, 1904,
p. 84, fig. 'l —4 (Rhynchote !).
Fam. Thaumatoxenidae Beeddin et Büener, in: SB. Ges. naturf. Freunde
Berlin, 1904, p. 84, fig. 1 — 4 (Rhynchote!).
Fam. Thaionntoxeriidae. Silvestui, in: Redia, Vol. 3, 1905 (1906), p, 350,
fig. 10—22 (Diptere!).
Thaiumitoxena Bredd. et Börn. 1904.
Beeddin et Böenee, in: SB. Ges. naturf. Freunde Berlin, 1904, p. 84,
fig. 1—4.
SiLVESTEi, in: Redia, Vol. 3, 1905 (1906), p. 350, fig. 10—22.
154 Günther Enderlein,
Thuumatojcenu wasmannl Beedd, et Böen. 1904.
TJiauniatoxcna tvasvianin' Beeddin etBÖENEE, in: SB. Ges. naturf. Freunde
Berlin, 1904, p. 87, fig. 1—4.
Tliaumatoxena ivasmanni Bredd. et Böen., Silvestei, in : Redia, Vol. 3,
1905 (1906), p. 359.
Thaumatoxeiia n-asmamii Beedd. et Böen., Böenee, in : Zool. Anz.,
Vol. 32, 1908, p. 537, fig. 1, 3, 4.
Afrika (Natal).
Bei Tcrmes natalcnsis.
Tevmitodeixjnus Endeel.
Tliaiivtatoxena, Silvestei, in: Redia, Vol. 3, 1905(1906), p. 350 — 359,
fig. 10—22.
lermüodeipruis, s. S. 146 und 148.
Diese Gattung- unterscheidet sich von Thaumatoxena durch die
völlige Verschmelzung- aller Abdominalsegmente.
Terniitodeljmus andreinii (Silv. 1906).
Thaumatoxena andreinü Silvestei, in: Redia, A^ol. 3, 1905 (1906),
p. 356—359, fig. 10—22.
Thawitatoxcna andreinii Silv., Böener, in: Zool. Anz., Vol. 32, 1908,
p. 537.
Afrika (Erythraea).
Bei Termes bellicosus Smeath.
Bei der Korrektur erhalte ich die eben erschienene Arbeit
Teägäedh's; er hält die SiLVESTRi'sche Species für das S von
Thaumatoxena ivasmanni Beed. et Born.; Börnee beschreibt aber
auch vom S ausdrücklich ein 2gliedriges Abdomen, und ich habe
mich an den Originalstücken in der WASMANN'schen Sammlung- in
Luxemburg- persönlich davon überzeugt. Die TEÄGAEDirsche Art
gehört somit zur Gattung Termitodciimus und ist vermutlich der T.
andreinii Silv., der demnach auch bei Termes natalensis in Natal
vorkommt.
Ouisconiyia dorni. 155
Literaturverzeichnis über die riatyphoriiieii.
1878. Vekkall , G. H., Description of a new genus and species of
Phoridae parasitic on Ants, in: Journ. Linn. Soc. London, Vol. 13,
1878, p. 258—260.
1890. Meinert, f., Aenigmatias blattoides. Dipterun novum apterum,
in: Entomol. Meddelelser, Vol. 2, 1890, p. 213— S26, tab. 4.
1900. Bezzi, M., Sulla presenza del genere Chionea Dalman in Italia,
e la riduzione delle ali nei Ditteri, in : Rend. Ist. Lomb. Sc. Lett.
(2), Vol. 33, 1900, Sep., p. 1 — 16.
1901. Becker, Die Phoriden, in: Abb. zool.-bot. (les. Wien, Vol. 1,
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1903. CoQUiLLET, D. "W., The occurcnce of the Phorid genus Aenigmatias
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Vertreter einer neuen Unterordnung der B,hynchoten, in : SB. Ges.
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1904. BciENER, C, Zur Systematik der Hexapoden, in: Zool. Anz,,
Vol. 27, 1904, p. 511 — 533.
1905. SiLVESTRT. F., Contribuzione alla conoscenza dei Termitidi e Ter-
mitofili deir Eritrea, in: Ptedia, Vol. 3, p. 341—359, fig. 10—22.
1906. Brües, C. T., Phoridae, in: Genera Insect., fasc. 44, 1906.
1908. BÖRNER, C, Braula und Thaumatoxena, in: Zool. Anz., Vol. 32,
p. 537 — 549, 9 fig.
1908, Shelford, R., Aenigmatistes africanus, a new genus and species
of Diptera, in: Journ. Linn. Soc. London, Vol. 30, 1908, p. 150
bis 155, tab. 22.
1908. TeäGARDH, Ivar, Conti-ibutions to the knowledge of Thaumatoxena
Bredd. et ßÖRN.. in: Ark. Zoologi, Vol. 4, No. 10, 1908, 12 p.
(with 7 Textfigures).
156 Günther Enderlein, Oniscomyia dorni.
Erkläruiiii? der Abbildungen.
Tafel 7.
Fig. 1. Onisconn/ia dorni n. g. n. sjj. 5- Linkes Mittelbein. 100 tl.
Fig. 2, Dsgl., mikroskopisch feine Querriefung der Oberseite des
Kopfes (ca. 700 Querriefen auf 1 mm) ; dieselbe findet sich auch auf der
Oberseite des Thorax und des 1. Abdominalsegments sowie auf dem 2. an-
gedeutet. 700 : 1.
Fig. 3. Dsgl., Coxen und Trochanter der linken Körperhälfte, ro^
Coxa des Prothorax, eOg Coxa des Mesothorax, co.. Coxa des lletathorax.
50:1.
Fig. 4. Dsgl., linke Seite des Thorax und 1. Abdominalsegments
mit mutmaßlichem Flügelrudiment, fh Thorax, ahd Abdomen, flr? Flügel-
rudiment? 370 : 1.
Fig. 5. Dsgl., Subgenitalplatte von der Unterseite der Spitze des
ausstülpbaren Legerohres. 370 : 1.
Fig. 6. Dsgl., 5- Habitusbild, von oben. Der Kopf ist etwas ab-
gestreckt gezeichnet; er liegt dem Thorax an, dessen vordem Teil dach-
ziegelartig überdeckend. 25 : 1. (Die Behaarung ist in der Figur fälsch-
lich in Querreihen angeordnet.)
Fig. 7. Dsgl., Kopf, von der Seite. 7 — 5 1. — 5. Fühlerglied, o Auge,
Imxp und i'mxp knopfartiges Rudiment des linken und rechten Maxillar-
palpus, rj)!- letzte Spur eines Rudiments des völlig verschwundenen Rüssels
(Proboscis). 160:1.
Fig. 8. Dsgl., mikroskopisch feine Körnelung der hintern Hälfte der
häutigen Ventralseite des Abdomens (etwa aus der Mitte derselben). 700: 1.
Fig. 9. Aenigmatias hlattoides Meinert 1890. $. Etwas schräg
von der Seite. (Nach Meineet, in: Entoraol. Meddel., Vol. 2, 1890,
tab. 4, fig. 2.)
Fig. 10. Dsgl., Vorderbein, von vorn. (Nach Meinert, 1. c, fig. 4.)
Fig. 11. Dsgl., $, von oben. (Nach Meinert, 1. c, fig. 1.) 27:1.
Fig, 12. Dsgl., Hinterbein, von vorn. (Nach MeineRT, 1. c, fig. 5.)
Fig. 13. Dsgl., Hinterbein, von hinten. (Nach Meinert, 1. c, fig. 6.)
Fig. 14. Dsgl., Vorderrand des Kopfes mit den Mundteilen und den
Antennen, von oben. (Nach Meinert, 1. c, fig. 3.)
Nachdruck verholen.
Ubersetzungsrechi vorbehalte'» .
Die Gattung Myrmecophana Brunnee.
Ihre hj'pertelische und Ameisen -Nachahmung-.
Von
Prof. Dr. J. Vosseier in Amani (Deutsch Ost-Afrika).
Hit Tafel 8 nnd 13 Abbildnngen im Text.
Geschichtliches.
Im Jahre 1883 besclirieb Brunner v. Wattenwyl ^) eines der
großartigsten Beispiele der von ihm so benannten hypertelischen
Nachalimung: die vollendete Imitation einer Ameise durch eine
Heuschrecke^), die ihm im männlichen und weiblichen Geschlecht
vorlag. Die Tierchen stammten von Ambucarra im Sudan, glichen
in Form, Größe und Farbe, unterstützt dui'cli die Zeichnung, einer
Ameise, mußten aber nach den systematischen Merkmalen in die
Familie der Phaneropteriden , wegen der Sattelform des Pronotums
in die Gruppe der Leptoderae eingereiht werden. Obwohl an
den wenigen von der ANTiNORi-Expeditiou eingebrachten Stücken
nicht zu entscheiden war, ob es sich um Larven oder Imagines
handle, glaubte Brunner doch in Anbetracht des ganz außergewöhn-
lichen Habitus eine neue Gattung und Art für sie aufstellen zu
sollen und nannte sie Myrmecophana fallax.
1) Über hypertelische NachahmuDgeii bei den Orthopteren, in: Vex-h.
zool.-botan. Ges. Wien, 1883, p. 248.
Gleichzeitig mit dieser Veröffentlichung bringt A. DE BoRMANS den
von Brunner gewählten Namen in seiner Aufzählung der Orthopteren,
Spedizione italiana nell' Africa equatoriale. Risult. zoolog., IlL, in:
Ann. Mus. civ. Stör. nat. Genova, Vol. 18, 1882 — 83, p. 19, und erwähnt,
daß der Marchese Antinori nur ein Exemplar gefunden habe, während
Brunner beide Geschlechter abbildet.
158 J- VOSSELEE,
Genauer präzisiert wurde ilire systematische Stellung' erst
8 Jahre später.') Unter den Leptoderae kommt sie als Ver-
treterin der Arten mit zylindrischem, eingeschnürtem Pronotum direkt
neben Trochalodera (= Condijlodcra Westw.) zu stehen, von der sie
sich durch eine einfache Einschnürung und den Mangel der Elytren
unterscheidet. Trochalodera ist auf Asien, Myr7necopha'na auf Ost-
Afrika beschränkt. Die Diagnose lautet:
Gen. 31yrmecopJi<nia Brunner.
(Fig. 8, Taf. 1.) •')
Occiput latum. Vertex vaJde decUvis cum fronte confluens. Oculi
clonyati. Antennae hreves, basi siihincrassafae. Pronotum caput liherans,
totum rotundatiim, medio constrictum, postice rotundatum. Elytra et
alae nullae. Femora omnia gracülima, inermia. Femora postica basi
incrassata. Tibiae anficae inermes, foraminibus nullis (?). Abdomen
pone medium tumescens. Organa sexualia rudimentaria. An larva ?
Myrmecophana m., 1883, in: Verh. zool.-bot. Ges. Wien, p. 248.
Species unica.
Myrmecophana faUax m.
(Fig. 8.)
Nigra. Abdomen utrinque fascia alba signatum, quomodo forma
abdominis Formicae delineatur. Sexus?
Long, corporis 9 mm
Long, pronoti 3,5 mm
Long, femorum posticorum 5 mm
Auch in dieser Beschreibung bleibt der Zweifel über das Ent-
wicklungsstadium bestehen, und das früher unterschiedene und ab-
gebildete Geschlecht wird mit Fragezeichen versehen.
Vor dem Erscheinen der Diagnose hat die Art nur noch einem
Forscher vorgelegen, der damit einen zweiten Fundort, Mombasa,
bekanntgab. Nach der Mitteilung von Kaesch ■^) hat J. M. Hilde-
1) Brunner von Watten wyl, Additamenta ad Monographie der
Phaneropteriden, in: Verh. zool.-bot. Ges. Wien, Vol. 41, 1891, p. 1 — 196,
tab. 1—2.
2) Die hier zitierte Figur ist eine Kopie der fig. 16, tab. 15 der
ersten Abhandlung, 1883.
3) Karsch, f., Orthopterologische Beiträge, III., in : Berlin, entomol.
Ztschr., Vol. 32, 1888, p. 440.
Die Gattung Mynnecophana Brünnkr. 159
BRANDT (las Tierchen schon im Dezember 1876 dort gefunden.
Weitere Bemerkungen iiber die Art entliält diese Anführung niclit.
In der Folge wurden die BKUNNEiVsclien Angaben und Ab-
bildungen in andern entomologischen Werken als Beispiele täuschen-
der Mimikry wiederholt benutzt, so von Bkunner selbst^), sodann
von Sharp-) und Folsom. ^) Die Art selbst aber scheint nicht
wieder gefunden worden zu sein, noch weniger gelangte sie lebend
zur Beobachtung. Ihre ganze Geschichte ist in vorstehenden wenigen
Zitaten enthalten, ebenso aber auch eine ganze Anzahl von Zweifeln
und Unsicherheiten über die s^'stematische Zugehörigkeit der ver-
mutlichen Endform, der Lebensweise und der Bedeutung des mime-
tischen Schutzes dieses seltsamen Wesens.
Wiederaufflndung der Art.
Die Beurteilung eines nachahmenden Tieres ist nur in Beziehung
auf seine Umgebung möglich. Der Kalimen, in dessen Grenzen sich
sein Leben abspielt, umschließt auch die Erklärung für die äußern
Ursachen und für die Abstufungen der Anpassungs- und Nach-
ahmungserscheinungen. Aus diesem Grund und weil sich das selt-
same Tier möglicherweise abermals für lange Jahre der Beobachtung
entzieht, halte ich eine Darstellung der Umstände für angebracht,
unter denen es in Amani wieder entdeckt wurde.
Während der Beobachtung von Ameisen und Schildläusen auf
einem Busch von Doryalis hebecarpa Warb. (= Oberia Gardneri
Glos.), einer Flacourtiacee mit schlehenähnliclien Früchten, fiel mir
ein ameisenähnliches Tierchen durch smaragdgrüne Flecken an den
Seiten des Abdomenanfangs auf. Es bewegte sich auf den Zweigen
und Blättern genau wie die beiden Formicideu, die den süßen Saft-
absonderungen der Schildläuse nachgingen. Da mir eine solcherart
geschmückte Ameise neu war, fing ich die beiden einzigen sicht-
baren Exemplare, die ein kurzer Regen und der bewölkte Himmel
am 15. August 1907 abends zwischen 5 und 6 Uhr hervorgelockt
haben mochte. Erst im Spiritusglas enthüllten sie mir ihre wahre
Natur.
1) Brunner von Watten wyl, Betrachtungen über die Farben-
pracht der Insekten, Leipzig 1897 (9 kol. Tafeln).
2) Sharp, D., Insecta, in: Cambridge nat. Hist., p. 323.
3) FOLSOM, J. W., Eutomology with special reference to its biological
and economic aspects, Philadelphia 1906, 5 Taf. (1 kol.) und 300 Textfig.,
p. 229.
160 J- VOSSELER,
Nach mehreren vergeblichen Versuchen, sie im Freileben zu
beobachten, sammelte ich durch Abklopfen 4 weitere 3Iyrmecophana,
unter denen sich eine hell- und eine dunkelbraune befand. Ihre
Größe schwankte zwischen 6 und 8 mm, und es war leicht zu er-
kennen, daß drei Entwicklungsstadien vorlagen, daß es sich also
nur um Larven, nicht um Imagines handeln konnte. Dadurch steigerte
sich natürlich das Interesse sehr. Nach fortgesetztem Suchen gelang
es nicht nur, weitere Exemplare auf Rosen, Sonnenblumen und wilden
spanischen Pfeffer, sondern auch die grüne Nymphe und die Imago
einer ebenfalls zu den Phaneroptei"iden gehörigen Eurycorypha an
den von den Larven besetzten Pflanzen zu finden. So groß der
Abstand zwischen den 3 Mtjrmecophana-^i2i&\QXi und den 2 grünen
Enrycorypha-StVifen war, so wiesen doch die Reste einer Rücken-
und Beinzeichnung auf einen Zusammenhang unter ihnen hin. Wohl
war schon jetzt festgelegt, daß Myrmecophana in 3 Stadien erscheint,
und wahrscheinlich gemacht, daß sie nur Larvenformen einer typi-
schen Phaneropteride mit kantigem Pronotum, also die Vorstufen
der mitgefangenen Nymphen und Imagines, seien; es fehlte aber noch
ein einwandfreier Nachweis des Zusammenhangs dieser 5 Glieder,
vor allem die Stufe, die zur Erklärung der Umwandlung des runden
Pronotums der Myrmecophana in das kantige der Eurycorypha und
des Farbenwechsels nötig war. Da alle Versuche zur Erlangung
des nötigen Materials aus dem Freileben fehlschlugen, wurde ein
Teil der Larven zur Aufzucht in kleinen Behältern benutzt. Da-
durch gelang es, das vorgesteckte Ziel zu erreichen, einen der
wunderbarsten Fälle von Nachahmung nicht allein unter den
Locustodeen, sondern unter den Orthopteren, vielleicht sogar Insecten
überhaupt, klarzulegen, die Lebensweise und die systematische
Stellung der Species zu erkennen sowie die ganze postembryonale
Entwicklung zu verfolgen.
MfjrniecojyJiana synouyni mit JEunjcoi'ijpha Stal. i)
Durch die Aufzucht wurde in erster Linie einwandfrei fest-
gestellt, daß die BRUNNER'sche Gattung auf eine Larvenform ge-
gründet ist, aus der die längst bekannte Eurycorypha Stal hervor-
1) StäL, C, Orthoptera nova, in: Öfvers. Vet.-Akad. Pörhandl.,
1873, No. 4, p. 43.
— , Recensio Orthopterorum, Stockholm 1874 (zitiert nach Brunner,
Monogr. der Phaneropteriden).
Die Gattung- Myrmecophana Brünner. l(jl
gellt. Die jüngere Genusbezeiclinung- hat somit zu verschwinden.
Damit fallen die frühern Zweifel über die Zug-eliörig-keit. erklären
sich die von Brünner angegebenen Merkmale (Fehlen des Dorns
der Vorderhüfteu [Coxae], der Flugorgane, die mangelhafte ?]nt Wick-
lung der äußern Genitalien usw.) als Zeichen der Jugendform. Aus
den Größenangaben ist zu schließen, daß dem Autor von Myrmeco-
phana das 3. Entwicklungsstadiuni mit unvollständigen Fühlern und
etwas ausgebleichten Farben vorgelegen hat. Die Antennen meiner
Tiere sind nämlich stets normal entwickelt und messen in diesem
Stadium etwa 19 mm, etwas mehr als doppelte Körpeilänge. Mag
auch Brunner eine andere Art vor sich gehabt haben, was in einem
spätem Abschnitt erörtert wird, so ist doch kaum anzunehmen, daß
die Ähnlichkeit der Arten bezüglich der Antennen nennenswerte
Ausnahmen zulasse. Wahrscheinlicher erscheint jedenfalls, daß die
ohnedies sehr dünnen Organe bei den T3'penexemplaren aus dem
Sudan abgebrochen waren.
Eurijcorypha ist auf Afrika einschließlich Madagaskars be-
schränkt. Von 8 bei Brunner M '-) und Karsch '^) aufgezählten Arten
sind nur 2 als Mitglieder der Deutsch ost-afrikanischen Fauna an-
geführt: E. prasinata (Stal) und E. varia Br.. Für diese ist als
einziger bekannter Fundort der Kilimandscharo genannt, für jene
Madagaskar, Port Natal (Brunner), Kap, Delagoabay, Mombasa,
Bondei und Usambara, ferner Anjoani auf den Comoren (Karsch).
Nach dieser Verbreitung ist also letztere schon aus dem Gebiet
bekannt. 1 Exemplar von Amani glaube ich dazu rechnen zu dürfen,
obgleich die größte Breite seiner Elytren 12 statt 10 mm beträgt.
Weitaus häutiger ist hier jedoch eine kleinere, zierliche Art, die am
ehesten mit E. varia Br. übereinstimmt, in den Körpermassen aber
von den BRUNNEß'schen Angaben abweicht, indem beide Geschlechter
fast gleichgroß (ca. 18 mm) sind. Diese schlankere, sonst sehr der
E. prasinata gleichende Species glaube ich trotz kleinen Unstimmig-
keiten der Originalbeschreibung gegenüber in der von mir unter-
suchten und beobachteten erkennen zu müssen. Bezüglich ihrer
Merkmale sei auf die Arbeit Brunnee's ^) und auf die Fig. De ver-
wiesen.
1) 8. Anm. 1, Seite 158.
2) Brunner von Wattenwyl, K., Monographie der Phaneropteriden.
Herausgeg. v. d. zool.-bot. Ges. Wien, 1878, p. 273.
3) s. Anm. 3, Seite 158.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. H
162 J- VOSSELER,
Eiablage und Ei.
Etwa 2 Wochen, naclidem das ? mit der letzten Häutung zum
fertigen Lisect geworden, findet die Begattung statt und zwar bei
Nacht, weshalb ich die dabei sich abspielenden Vorgänge noch nicht
verfolgen konnte. Die angeheftete Spermatophore bleibt noch bis
zum nächsten Morgen als Beweis der Befruchtung an den äußern
Genitalien kleben, wird später vom Weibchen verzehrt oder wenigstens
mit den Mundteilen entfernt. Bis zur -Ausstoßung des ersten Eies
verstreichen 2—8 Tage, vorausgesetzt, daß das Tier einen geeigneten
Platz vorfindet. Ausnahmslos wird nämlich die Nachkommenschaft
den Laubblättern der Futterpflanzen anvertraut und zwar in ganz
eigentümlicher kunstvoller Weise. Mit Einbruch der Dämmerung
tasten die tagsüber trägen legei-eifen Weibchen die Bänder der
Blätter ab, ergreifen mit den Mandibeln eine Stelle derselben, von
der sie zuvor vielleicht ein Stückchen abgebissen hatten, und biegen
nun das Abdomen so vollständig nach vorn, daß der Unterrand de>
•»
s
kurzen, scharf gekrümmten Legestachels am Kinn vorbeigleitet.
Von den lebhaft arbeitenden Labial- und Maxillartastern offenbar
geführt und orientiert wird nun unter seitlichen Schiebungen der
obern und untern Klappen die Legescheide in etwa 1 Minute in die
Blattfläche zwischen Ober- und Unterseite — näher dieser — ver-
senkt, so daß eine Tasche entsteht, deren Breite größer als die des
Legestachels ist. Gleich darauf wird ein Ei in den fertigen Hohl-
raum geschoben. In etwa 2^/.^ Minuten ist alles geschehen, der
Stachel wird herausgezogen und mit dem Mund 1 — 2mal gereinigt.
Mit dem Ei wird offenbar ein klebriger Saft abgegeben, der es mit
seiner grünen Umhüllung fest verkittet. Dadurch wird verhindert,
daß es beim Vertrocknen des Blattes herausfällt; vielleicht spielt
dieser Kitt auch eine Rolle bei der nachher zu erwähnenden Dicken -
zunähme des Eies während der Embryonalentwicklung. Nach kurzer
Pause wiederholt sich der Vorgang noch 1— 2mal. Mehr als 2 — 3
Eier scheinen innerhalb 24 Stunden nicht abgelegt zu werden, wohl
aber fahren die Weibchen sehr lange damit fort. 2 der in Ge-
fangenschaft gehaltenen Tiere haben sich in 7 Monaten (Mitte Mai
1908) noch nicht erschöpft, setzen nur selten 1 — 2 Tage mit dem
Vermehrungsgeschäft aus. Eine P^rneuerung der Befruchtung wurde
bei einem Pärchen einmal, bei einem andern zweimal beobachtet,
findet aber vielleicht noch öfter statt.
Während des Legeakts lassen sich die Weibchen von über-
Die Gattung Myrmecophana Brunner.
168
kletternden Genossinnen nicht stören, wohl aber stechen sie bis-
weilen das untere Blattepithel durch, so daß ein Teil des Eies dar-
über hervorrag-t. Wegen seiner starken Abflachung tritt es auf der
Ober- und Unterseite des Blattes so wenig plastisch hervor, daß
es, besonders auf jener, kaum zu bemerken ist (Fig. C b). Erst
später hebt sich die besetzte Stelle durch rötliche bis braune Ver-
färbungen der ßlattgewebe und durch die schon erwähnte Volum-
zunahme des Eies deutlich ab (vgl. Fig. Ca).
Frisch gelegt besitzt das Ei etwas unregelmäßig elliptische Um-
risse, 3,7 — 4,8 mm Länge, 1,4—1,9 mm Breite und nur etwa 0,5 mm
Dicke, ist also seitlich außerordentlich zusammengedrückt (Fig. Aaa')
R
Fig. A.
a große, b kleine Eiform von der Fläche a'b' von der Kante gesehen, aa' frisch
gelegt, bb' bebrütet.
K Kopf. H Hiuterende. R Rücken. B Bauchseite. 8 : 1.
von mattglänzend schwarzer Färbung. Trotz der geringen Unter-
schiede läßt sich an ihm ein schmäleres dünneres Kopfende (K), ein
dickeres, breiteres Hinterende (H), eine weniger konvexe, oft fast
gerade Bauch- und eine stärker gewölbte ßückenseite {B u. R) er-
kennen. Die Unterschiede in der Wölbung der
11*
Längskanten ver-
164 J- VOSSELER,
stärken sicli mit der fortschreitenden Embryonalentwicklung-. Die
Kanten traoen dieselbe feinkörnige Schalenstiuktur wie die Flächen,
die von einem engen Netzwerk polygonei". doppelt kontiirierter
Maschen mit i)unktierten Zwischenräumen überzogen sind, ähnlich
wie bei der Wanderheuschrecke (Schistocerca pcregrina Ol.). ^) In
der grünen Einbettung erhält sich diese Form 6 — 8 Wochen, d. h.
bis zum Beginn der Embr^^onalentwicklung, die oifenbar nicht sofort
nach dem Ablegen einsetzt. Alsdann beginnt das Ei in der Eichtung
des kleinsten Durchmessers dicker zu werden, was nur unter der
Voraussetzung möglich ist, daß die Schale dehnbar und porös, das
sich umwandelnde Dotter zur Wasseiaufnahme fähig ist oder, wie
an einem aufgeblasenen Luftkissen, die andern Ausmaße sich ver-
ringern. Aus einigen stets an der Rücken- und Bauchkante weit
entwickelter Eier zu beobachtenden Fältchen könnte darauf ge-
schlossen werden, daß die Formung des Embryos die seitliche Aus-
dehnung bewirke. Die Erscheinung besteht aber schon, wenn
die Gestaltung des Embryos kaum begonnen hat. dieser also
keine mechanische Kraft zur Veränderung der Umrisse des Eies
anwenden kann. Zudem setzt die feste zähe Schale einer so
schwachen Kraft viel zu großen ^\'iderstand entgegen, auch später
noch. Durch das Experiment läßt sich nun nachweisen, daß in
dürren Blättern trocken aufbewahrte Eier 3, selbst 4 Monate und
darüber unverändert bleiben und sich erst entwickeln, wenn sie be-
feuchtet werden, in einer feuchten Kammer auch erst das beschriebene
Dickenwachstum zeigen. Da dieses nun zweifellos von einer prallern
Füllung der anfangs weniger straff gesi)annteu Eischale begleitet
ist, muß wohl eine osmotische Wasseraufnahme von außen, sei es
aus den lebenden Geweben der Pflanzenblätter, sei es aus Nieder-
schlägen, stattfinden. Ehe dadurch eine Verdünnung des Dotters,
d. li. eine Vermehrung des Eiinhalts. herbeigeführt ist, würde die
beinahe lamellöse Form des Eies die zu beobachtende runde Körper-
gestalt des Embryos nicht zulassen.
Die Seitenausdehnung der embryonierten Eier ist eine sehr be-
trächtliche, übertrifft bald das Doppelte der anfänglichen Dicke, d. h.
sie steigt von 0,4—0,5 auf 1.10 — 1,25 mm, je nach der Größe der
übrigen Durchmesser. Das in Fig. kh. Ah' abgebildete Ei hatte
1) Vgl. VosSELER, J., Die Wanderheuschrecken in ITsami)ara im
Jahre 1 9U3/04, zugleich ein Beitrag zu ihrer Biologie, in : Ber. Laud-
Forstwirtsch. Deutsch- Ostafrika, Vol. 2, 1905, tab. 12, fig. 4a.
Die Gattung Myrmecopliaua Brunner. 165
sich um 0,7 mm verdickt und zeigt nahe der Baucli- und Rücken-
naht kleine Fältelung-en der Schale. Es ist zugleich ein Beispiel
eines kleinen, besonders schlanken Typs, der stets von ein und dem-
selben Weibchen produziert wurde. Vorherrschend aber war die
größere, relativ weniger schlanke Form (Fig. Aa. Aa'), die mit der
Entwicklung ebenfalls eine mehr gerade Bauchlinie (Fig. Aa B), wie
das beinahe schlupfreife Ei (Fig. Ah), erliält.
Hat ein Weibchen die Auswahl, so sucht es zur Unterbiingung
der Nachkommenschaft stets viUlig entwickelte, also ältere Laub-
blätter ^) der Futterpflanzen auf. Oft halten diese so lange vor,
bis die Jungen ausgekrochen sind, oft aber welken sie zuvor und
fallen ab oder werden wie bei Doryalis und vielen andern tropischen
Gewächsen grün abgeworfen und vertrocknen. Auf solche Fälle
scheinen die Eurijcorypha-Eiev eingerichtet zu sein, indem sie be-
fähigt sind, eine über 4 Monate anhaltende Trocknis zu überstehen
und sich doch noch hernach zu entwickeln , sobald sie genügend
Feuchtigkeit erhalten. Möglicherweise findet durch Trockenheit
nicht nur eine Verzögerung des Anfangs, sondern auch eine Unter-
brechung des Gangs der Embryonalentwicklung statt.
Unter normalen Verhältnissen, wenn das Ei im Freien (z. B.
an Rosen) deponiert ist, schlüpft das Junge erst nach etwa 3 Mo-
naten aus, von denen etwa Vj.^ auf die Entwicklung des Embryos
zu rechnen sein dürften. Das früheste Auskriechen fand 32 Tage
nach dem Verbringen der Eier in die feuchte Kammer statt.
Ohne auf die Embryologie näher einzugehen, sei nur bemerkt,
daß der anfangs weiße, später gelbe Embryo noch im Ei dunkle
Färbung erhält, die zuerst in Form eines diffusen, rötlich-braunen
Pigments an den Mundwerkzeugen, Beinen und zwischen den Rücken-
segmenten des Abdomens auftritt.
Schon vor diesem Stadium macht sich am Kopf ein eigenartiges
Embryonalorgan bemerklich. Vom Ansatz der Oberlippe bis zum
Scheitel verläuft eine helle sagittale Lamelle über die Stirnmitte,
deren Außenrand unregelmäßig gezackt, deren Seiten leicht ge-
streift sind (Fig. B -S^), so daß das Gebilde einer Säge gleicht, die
mit der Ausbildung des Embryos deutlicher wird, dem Jungen des
1) In Blütenblätter, welkes oder vergilbendes Laub wurden niemals
Eier abgelegt. Wurden den Weibchen keine lebenden Grünblätter gereicht,
so sistierten sie das Legegeschäft ; einigemal ließen sie die Eier einfach
fallen.
166 J- VOSSELER,
1. freien Stadiums aber fehlt. Seine Bedeutung als Hilfswerkzeug
beim Öffnen der Eischale ist somit sehr naheliegend. Ähnliche
Organe kommen bei Wanzen, Phryganeen, Neuropteren, Puliciden
vor'), dürften aber in dieser Form noch nicht bekannt geworden
sein, wenigstens nicht bei Phaneropteriden. Sie erinnern an den
Eizahn auf dem Oberschnabel der Vögel. In unserm Falle wird der
vordere Teil der Bauchnaht damit geütfnet. Das Auskriechen selbst
erfolgt mit Hilfe der Nackenblase (Fig. B N).
Fio-. B.
Kopf und Proiiotiim eines fast reifen Embryos.
St kjtirnsäae. JS! Nackenblase. Fr Pronotnm. 16:1.
Die postembryoiiale Entwicklung.
Aus dem eben Mitgeteilten geht hervor, daß das ausgekrochene
Tier Bestandteile des Exoskelets mit zur Welt bringt, deren es nur
als Werkzeug beim Sprengen der Eischale, hernach nicht mehr be-
darf Sie werden demgemäß mit der ersten Häutung, die sich Avie
hei Schisfoce)ra-) und vielleicht den meisten Acridiern, ebenso bei
Mantis und Cicaden direkt an das Verlassen des Eies anschließt,
abgestreift. Diese erste Exuvie wird häufig als „Amnion" bezeichnet ^),
und ich selbst nahm in der angeführten Arbeit diesen Ausdruck an,
wies aber (p. 310) darauf hin. daß sie nichts mit dem echten, an
den Keimstreifen sich anschließenden und die Amnionhölile be-
grenzenden Amnion zu tun hat, sondern ,. einer echten vom Integu-
1) Henneguy, L. F., Les Insectes. Morphologie — Reproduction —
Erabryogenie, Paris 1904 (622 Fig., 4 Farbtaf.), p. 495.
2) VosSELER, J., I. c, p. 305 — 306.
3) Vgl. Sander, L., Die Wanderheuschrecken und ihre Bekämpfung
in unseren afrikanischen Kolonien, Berlin 1902, p. 165. — Henneguy,
L. F., 1. c, p. 492. — Shaep, D., 1. c, p. 291.
Die Gattung- Myrmecophana Brunner. 167
nieiit abg^esonderten und nicht als EiliüUe entstandenen Cuticula"
gieit'lizusetzen ist, ihre Abstreifung- somit „eine vollkommen mit der
der folgenden Larvenstadien übereinstimmende Häutung darstellt".
Die Bezeichnung' „Amnius" muß wohl Kükkel d'Hercülais ^) zum
erstenmal gebraucht haben. Riley -) beobachtete bei CaJoptenus
spretus eine Häutung- während des Ausschlüpfens und hält die
i\Iembran fälschlich für einen Teil der Embrj'onalhäute. Hier, wie
nach einer brieflichen Mitteilung- von Herrn Dr. Voss auch bei
Gnjllns, scheint die erste Häutung- noch innerhalb des Eies statt-
zutinden. aber erst im Aug-enblick des Auskriechens, also mit einer
ganz gering-en zeitlichen und (irtlichen Verschiebung- geg-enüber
Schistocerca und Eurijcorijpha. Ist au('h dieser Unterschied im l'i'inzip
sehr gering, so kommt ihm doch eine Entscheidung in der Frage
zu. ob der erste Hautwechsel als ein embrj^onaler oder postembryo-
naler anzusehen sei und ob man das ihm unterworfene Stadium als
Embryo oder als Larve zu bezeichnen habe. In meiner mehrfach
genannten Abhandlung wurde dieses Dilemma berührt, obwohl die
Bezeichnung jenes und des vorliegenden Falles keine weitern
Schwierigkeiten bietet, sobald man das Embrjonalstadium mit dem
Verlassen des Eies beendigt sein läßt. Wohl aber wäre für die
weitere Beurteilung der Häutung im Ei die Kenntnis der Entwick-
lung m()glichst vieler anderer Arten wichtig. Durch ausgedehntere
Beobachtungen wird sich erst aufklären, welcher Modus der all-
gemeinere, welcher als Verschiebung gegen die Norm anzusehen ist.
Aus dem Vorstehenden ergeben sich 2 Folgerungen: 1. daß es
sicli empfiehlt, den Begriff „Amnion" oder „Amnios" für die beim
odei' vor dem Verlassen des Eies der Mantiden und Orthoptera
saltatoria abgelegte Cuticula nicht mehr zu verwenden; 2. daß das
eben aus dem Ei gekrochene Junge (voi'erst wenigstens von Schisto-
cerca und Euryconjpha) als 1. postembryonales oder larvales Stadium
zu bezeichnen ist, trotz seines embryonalen Charakters. Von
KüxcKEL b'Herculais wurde es ganz zutreffend als kriechende Larve
der springenden gegenübergestellt •') und damit die Möglichkeit
1) KÜNCKEL d'Hekculais, J., Les Acridieus vulgo Sauterelles et
leur.s invasions en Algerie 1888 — 94, Alger et Paris 1894, Eapp. 8,
24 mars 1890, p. (2).^
2) KiLEY, in: Pvep. Ins. Missouri. Vol. 9, p. 86 (zit. nach Sharp).
3) Mecanisme physiologique de l'eelosion, des mues et de la meta-
morphose cliez les Insectes orthopteres de la famille des Acridides, in :
168 J- VOSSELER.
und die Verschiedenheit der Aktionsfähigkeit zum erstenmal be-
rühi-t. 1)
Genau Avie bei der Wanderheusclirecke begleitet auch bei
Eurycorypha eine g-anz sinnfällige Veränderung der Form und Pro-
portionen den Prozeß des ersten Hautwechsels besonders deutlich
am Kopf und Abdomen. Schon die Gestaltung des Eies läßt die
Unmöglichkeit der Präformierung des breiten, ameisenähnlichen
Kopfes erkennen. Trotz der spätem Ausdehnung bleibt das Be-
hältnis viel zu schmal dazu. In der Tat ist nun auch in diesem
Fall der Kopf des reifen Embryos gewissermaßen noch knospenhaft;
alle Teile und Organe sind wohl angelegt, werden aber erst nach
der Befreiung von der zarten blassen Hülle in eine funktionsfähige
Form gebracht, vor allem erweitert. Vor der Abstreifung der aus
dem Ei mitgebrachten Haut zeigt der Kopf neben geringern Aus-
maßen im allgemeinen solche des transversalen Durchmessers im
besondern, das Abdomen aber ist prall gerundet, größer als der Kopf,
der sofort nach dem Hautwechsel durch Aufpumpen mit Blut —
vielleicht auch Luft — vom Hinterleib ausgedehnt und in seine
definitive Gestalt gebracht wird. Wie früher (1. c, p. 308) be-
schrieben, nimmt das Volumen des Abdomens in proportionaler Weise
während dieser Ausdehnung ab. Die dabei zu beobachtenden Vor-
gänge sind den die Flügelentfaltung der Insecten begleitenden
homolog. Die neugeborne Eurycorypha erinnert an eine Käferpuppe;
sie besitzt alle Gliedmaßen und Einrichtungen des nachfolgenden
Zustands, jene aber liegen noch in einer Art Futteral, sind also noch
nicht frei beweglich oder wenigstens nicht vollkommen brauchbar.
Das dauert aber nur wenige Minuten, die zur Vollendung der so
häufig übersehenen tatsächlich 1., mit Hilfe der Nackenblase (Fig. B N)
vollzogenen Häutung nach dem Verlassen des Flies nötig sind. Die
weiße Cuticula bleibt oft noch an dem eben verlassenen Ei haften,
manchmal etwas festgeklemmt in dem Spalt, den das Junge mit
seiner Stirnsäge im vordem Drittel der Bauchnaht zum Auskriechen
geschaffen hatte.
Die leere Schale ist innen glatt glänzend, ihre oben erwähnte
P>weiterung bleibt nach dem Trocknen bestehen, sie muß sich also
ausgedehnt haben. Daß sie verlassen ist, erkennt man außer an
CR. Acad. Sc. Paris, Vol. 110; Ann. Soc. entomol. France (6), Vol. 10,
1890 (zit. nach Henneguy).
1) Dasselbe ist von mir (p. 310) unabhängig von KÜNCKEL angegeben.
Die Gattung Myrmecophaua Bkunner.
169
der gelegentliclien Anwesenheit der
1. Exuvie auch an einer kleinen
Auskerbung- des Blattrands mit ver-
bräunten Umgrenzungen, die von
der jungen Heuschrecke um die
Austrittsstelle herum genagt zu
werden pflegt (Fig. Ca).
Fig.
C.
Eier von Enrycorypha in Eosenblättern.
ii ausgeschlüpft, b fiiscli gelegt.
Bei X frei präpariert.
a 2:1, b 1,5:1.
/
a
Das 1. springende Stadium') (Fig. Da) der freien Eiiry-
corypha-hRrye alias 3Iyrmecophana mißt anfangs 8,6, zuletzt 5,0 mm,
seine Fühler 12 mm. Die nach dem Auskriechen noch hell rötlich-
braune Farbe geht innerhalb der nächsten 2 Stunden in reines
Schwarz über. Die Grundglieder der Fühler sind lichtgrau, die
5 ersten Greißelglieder schwarz, das 6. aber wieder hell gelblich, ein
Ton, der auch den folgenden Ringen noch zukommt neben einer
distal zunehmenden Verdunkelung, die von der Mitte an zu ein-
farbigem Schwarz wird. Über das Enddrittel der Oberseite aller
Tibien ziehen sich auf hellem Grunde 2 schwarze Längslinien hin,
die das Glied schlanker erscheinen lassen, als es ist. Das Femur
des 3. Beins trägt hinter der Mitte einen hellen Fleck, der, sich
verdunkelnd, mit verschwommenen Umrissen auf der Oberhälfte bis
zum Knie reicht. An der Einschnürung des Pronotums verläuft ein
kommaförmiges weißes Fleckchen vom untern Seitenrand schräg
nach oben. Die Farbe des schmutzig grünlichen Bauches greift auf
die Seiten des S. und 4. Abdominaltergits über und erzeugt die von
Brunner erwähnte Täuschung, als ob der Hinterleib, von oben ge-
1) Der Kürze wegen bezeichne ich im Folgenden diese Entwicklungs-
stände in der hergebrachten Weise.
170
J. VOSSELER,
seilen, eing-eschiiürt sei wie der einer Ameise. Der Brust- und Ab-
domenrücken ist mit feinen, starr abstehenden Härclien von g'rauem
Glanz besetzt.
Das 2. und 3. Stadium (Textfig-. Db, De. Ell. E III und
Taf. 8, Fig-. 1 — 3) g-leiehen dem 1. noch so sehr, daß nur auf wenig-e
Veränderungen hinzuweisen ist, die hauptsächlich die Größenzunahme
betreffen. Das 2. Stadium wächst um 2 — 2,5 mm. mißt also 5,5 — 8 mm.
Obwohl im großen ganzen ebenfalls tiefschwarz, findet man schon
jefzt einzelne Individuen von schön saftbrauner Grundfarbe, gegen
die das reine Spangrün der abdominalen Seitenflecken sich vor-
trefflich abhebt. Wie diese Flecken, so erscheint auch der Bauch
klarer und transparenter grün gefärbt. Auch an schwarzen Tierchen
schiebt sich oft eine rötlich-braune Übergangszone zwischen Rücken-
Fühler beträgt 14 — 15 mm.
und Bauchfärbung ein
Die Länge der
Fig. D.
a — g die 4 ersten Larvenstadien von Earycoryplia. 2 : 1.
e weibliche Iniago. 1,45 : 1-
Die Ausmaße des 3. Stadiums bewegen sich zwischen 8 und 11 mm
Körperlänge. Die Fühler haben sich auf 19 mm verlängert. Saft-
braune Exemplare erscheinen häufiger, oft sogar eine Zwischenform
von ihnen und ganz schwarzen, bei der der Kopf und der Seitenrand
der Abdominaltergite 5—8 sowie die Mitte des 4. schwarz sind, so
daß die Rückenseite des dicken Teils von einem dunklen Ring um-
geben ist, über dem sich Mitte des Abdomens wie eine saftbraune
Die Gattung- Myrmecophana Brünnkr. 171
Kuppe wölbt. Ebenfalls braun ist die Brust nebst den Beinen mit
geringen dunklern Abtönungen in der Glitte und an den Seiten der
Tlioraxtergite und an den Tibien. In beiden Stadien ist Coxa und
'J'rochanter der Spring-beine wassergrün, nehmen auch die anfangs
dunkeln Bruststernite stufenweise diese Farbe an. Alle diese Unter-
schiede fallen nur wenig in die Aug-en, zumal sie teilweise der Unter-
seite angehören. Die abdominalen Seitenflecken, urspriing-licli haui)t-
sächlich auf dem 3. Tergit bis nahe der Rückenmitte ausgedehnt,
am 4. klein, schräg nach hinten und unten abgegrenzt, greifen im
3. Stadium auch auf das 2. Tergit über. Ihre obern Umrisse am
2. und 3. Segment bilden ein nach unten offenes Dreieck; von dem
ursprünglichen Schmutziggrün ist die Farbe in ein leuchtendes Span-
grün übergegangen. Durch die weitere Ausdehnung erscheint der
Hinterleib auch in dem vergrößerten Stadium noch entsprechend
schlank gestielt, die obere Begrenzung des Fleckens erweckt die
Täuschung, als sei der imitierte Abdomenstiel gezackt.
Die Flugorgane beginnen im 3. Stadium in der gewöhnlichen
Form kleiner Erweiterungen des 2. und 3. Brusttergits hervorzu-
treten. Je nach der Grundfarbe des Tieres sind sie schwarz oder
braun. Die anfangs sehr deutliche Behaarung tritt allmählich
zurück. Rotbraun gefärbte Individuen des 2. Stadiums können beim
nächsten Hautwechsel wieder schwarz erscheinen.
Mit dem Fortschritt der Entwicklung zeigt also der Myrmeco-
phmia-Ty^w^ der Eurycorypha-hRYYe eine zunehmende Veränderlich-
keit der Grundfarbe, selbst Andeutungen von Zeichnungen inner-
halb derselben. Trotz alledem verliert sie nichts von ihrer täuschen-
den Ähnlichkeit mit einer Ameise, scheint aber doch schon den
nächsten Stand vorzubereiten.
Das 4. Stadium (Textfig. Dg u. EIV und Taf. 8, Fig. 4) mit
10-13 mm Körper- und 25 mm Fühlerlänge eignet sich schon seiner
(rröße wegen nicht mehr gut zur Imitation einer Ameise, andrerseits
ist es zu klein zur wirksamen mimetischen Wiedergabe von Blatt-
flächen. Es nimmt also eine Zwischenstellung ein zwischen den
Anfangs- und Endgliedern der Entwicklungsreihe.
Die Unterseite und Seitenteile des Körpers sind nun grün,
ebenso der Anfang der Femora, die nur an den Enden und unter-
seits bräunlich anlaufen. Die grünen Flecke am Anfang des Ab-
domens sind noch durch klarere Faibe und scharfe Grenzen erkennbar.
Über den ganzen Rücken verläuft eine saftbraune Binde, die nach
den Seiten zu durch eine gelbbraune Zone in. Grün übergeht, da
172 J. VOSSELER,
und dort liellere Streifen einschließt, voi' allem auch Andeutung-en
einer dunkeln, auf dem Pronotum heilern Mittellinie, und die sieh
kurz hinter dem Kopfe gabelt und in 2 kurzen Ästen bis zu den
Augen fortsetzt. Am Ende des Pronotums und auf dem 5. — 7. Ab-
dominalsegment verbreitert sich diese Binde ein wenig. Der
schmutzig grüne Kopf ist an den Seiten und an den Mundteilen
noch lichtbraun abgetönt, ebenso alle Tibien, die nur am Anfang,
die des 3. Beinpaares aber im ganzen ersten Drittel dunkelbraun
gefärbt sind.
Auch in diesem Stadium sind die Farben veränderlich, besonders
die Töne der braunen Teile. Beständiger dagegen erweisen sich
die Zeichnungen in ihren Umrissen und Ausdehnungen. Nicht selten
erscheint neben dem Grün eine gelbbraune, rötlich-gelbe, selbst fast
violette Tönung der Zeichnung, die lichten Stellen des Rückens
variieren von lichtbraun, graubraun bis fast grau. Die einfarbigen,
höchstens am Anfang lichtem Fühler stimmen gewöhnlich mit der
Rückenfarbe überein.
Schon allein diese Veränderungen verminderten die Ameisen-
ähnlichkeit so sehr, daß sie nur noch vermöge der Anordnung der
Zeichnung bei ganz oberflächlicher Betrachtung vorgetäuscht wird.
Das gleiche gilt bezüglich der Körperform, die hauptsächlich im
vordem Leibesabschnitt mehrere bemerkenswerte Wandlungen gegen
früher aufweist. Vor allem wurde der Kopf ausgeprägt dreieckig
mit scheitelwärts schnell sich verbreiternder Stirn. Die bisherige
durch eine starke Einschnürung erzeugte Sattelform des Pronotums
ist verschwunden, sein Mittelstück sogar etwas erhaben, aber flach
geworden, die vordem % durch schwach angedeutete Kanten mit
den Seitenloben verbunden, deren Ränder einen fast vollkommenen
Halbkreis bilden. Als letzte Andeutung der frühern Sattelform
läßt sich noch eine Verschmälerung in der Mitte und die runde
Wölbung des hintern Abschnitts erkennen. Die bisher unbewehrten
Femora haben unterseits braune Dornen erhalten, je 2 nahe dem
Ende der beiden ersten, 3—4 am letzten Schenkel. Die Tibien sind
glatt mit Ausnahme der letzten, die nunmehr auch auf den Unter-
kanten kleine Dörnchen tragen. Alle Beine sind außerdem zart
behaart. Zum ersten Male tritt nun auch ein Dorn an den Vorder-
liüften, ein deutliches Foramen am Anfang der Vordertibien auf.
Die Flügelläppchen liegen nach abwärts den Brustseiten an. sind
grün mit bräunlichen Enden.
Alle diese Veränderungen bedeuten einen fast sprungweisen
Die Gattuiii^ M3'nnecophaiia Bkunnek. 17r>
Foi'tscliritt in der Ausgestaltung- zur Eunjcori/pha. "Wie später ge-
zeigt wird, gehen sie Hand in Jland mit solchen des ganzen Ge-
bahrens und werden teilweise vom Aufenthaltsort beeinflußt (Färbung).
Das Tier kontrastiert also nicht mehr völlig mit seiner Umgebung,
sondern beginnt sich anzupassen. Es zeigt so viele Beziehungen
zu den nächstfolgenden Ständen, daß sie als erste Larve des ,,Knry-
coriipha-Typs'' bezeichnet werden kann, wenn wir zur Zu-
sammenfassung die 3 vorhergehenden Stände mit ihrer Eigenart
als ,.Mij r mecophana- T y p " gelten lassen.
Das 5. Stadium (Fig. E V und 1'af. 8, Fig. 5) von 12—15 mm
Körper- und 2.5 mm Flügellänge zeigt eine weitere Zunahme der
Grünfärbung, ebenso auch einen Eückgang der Zeichnung. Der
Kopf ist nicht mehr frei. Die Seitenkanten des Pronotums reichen
bis an den Hinterrand, der sich über dem Ansatz der nunmehr
aufrecht gestellten Flügelläppchon wie ein steiles Dach erhebt, dessen
Seiten leicht eingedrückt sind. Die Rückenlinie verläuft gebrochen,
steigt bis zum 4. Abdominaltergit langsam an und knickt dann bis
zum Ende stumpfwinklig aber scharf ab. 2 Linien ziehen, mehr
oder weniger dunkelbraun, von den Seiten der Stirn über Augen,
Scheitel und Seitenkanten des Pronotums, vor dessen Hinterrand
sie sich in einem medianen länglichen Doppelfleck vereinigen.
Dunkel eingesäumt sind ferner die Oberkauten der Elytren und das
Ende der Flügelläppchen. L;ber die Abdominalringe erstreckt sich
wiederum die dunkle Binde, aber mehrfach gegliedert und verändert
und auf den von den Flügelstummeln unbedeckten Abschnitt be-
schränkt. Auf dem 2. und 3. Tergit bildet sie nach hinten diver-
gieiende Yförmige Figuren mit dunklerer linearer Begrenzung und
einem heller braunen Zwischenraum. Vom 4. Tergit an aber zieht
sich eine ebenso beschaffene sehr schlank rautenf(3rmige Figur übei-
den abfallenden Teil des Hinterleibes bis zum Ende. Der Hinter-
rand der betreffenden Segmente kann noch besonders getönt sein.
Die Beine, besonders die Tibien sind oft rötlich überhaucht, die
Femora dunkler gegen das Ende zu; der Anfang der Hintertibien
ist tiefbraun. Die Tarsen sind lichtgrün. Der Kopf ist nur mehr
wenig breiter als das Pronotum, wird von dessen Vorderrand über-
deckt, der Hals verschwindet.
Das 6. Stadium (Taf. 8, Fig. 6) gleicht dem 5. noch sehr,
unterscheidet sich hauptsächlich durch die Größe und die weitere
Ausbildung der Flügelläppchen davon sowie durch das stärkere
Hervortreten der äußern Genitalorgrane der weiblichen Larven. Die
174
J. VOSSELER,
Zeichnung hat sicli wenig- verändert. Die Seitenlinien an Kopf und
Pronotum sind etwas verblaßt, mit Ausnahme einiger Stellen. Hinter
den .A.ugen, am Anfang der Seitenkiele des Pronotums und in dessen
letztem Drittel, wo beide Linien unter rechtem Winkel umbiegen
und sich nähern, enthalten sie dunkelbraune Pleckchen. die schon
im vorhergehenden Stand etwas markiert waren. Bisweilen sind
ähnliehe dunkle Stellen am Anfang und Ende der Tibien vorhanden.
Das erste Drittel der Hintertibien ist gleichmäßig braun. Kürper-
länge 15 — 20 mm, Fühlerlänge 32 mm.
Die Imago (Fig. De) zu beschreiben erübrigt sich unter dem
Hinweise auf die Diagnose Stal's und Beunkee's. .\1s Ergänzung
seien aber einige Bemerkungen über die Anfangsfarbe beigefügt.
Wie nach den 3 letzten Häutungen erscheint das Tier erst blaß-
grün, häufig mit rosaroten Tibien. Nach mehreren Tagen stellt
sich dann der glänzend saftgrüne definitive Farbton ein, 2 Linien
über die Kanten der Kopf-, Pronotumseiten und Elytren sowie die
Unterseite sind weißgrün, das Geäder der Elytren und die Hinter-
tibien gelbgrün. Die Taster der Mund Werkzeuge sind braunrötlich
angelaufen. Der vorhin erwähnte, weiße Seitenstrich des Kopfes
durchschneidet auch das Auge.
Weitere Einzelheiten über die Entwicklung und das
Wachstum schließe ich an die vorstehende allgemeine Schilderung
der Größenzunahme und Umformung hier an, beginnend mit einer
Übersichtstabelle über
Ausmaße.
die Dauer der einzelnen Stände, sowie die
S
t a d i
XI m
Imago
I
II
III
IV
V
VI
Dauer (Tage)
7-18
7—14
7— n
8-10
7-11
11—16
90—210
Longit. corp. (mm)
3,6 5.0
5,0-7,5
8 11
10—13
13 16
15—20
—
„ pronoti „
1,4
1.7
2,0
2,7
3,3
4,0
—
„ femor. postic. „
3,0
3,5
4,5
6,0
6.5
9,5
—
„ elytrorum „
—
Spur
0,3
,2.6
7,0
—
„ alaruiii ,,
—
—
Spur
0,8
3.0
7.2
■ — -
Altit. capitis „
1,45
1,82
2,5
3,0
3,5
4,0
—
Die Dauer der einzelnen Stadien variiert individuell ganz
außerordentlich ebensowohl bei im Freien eingekäfigten als auch im
Zimmer gehaltenen Tieren, jeweils unter gleichen Lebensbedingungen.
Eine Verlangsamung der Entwicklung durch die Aufzucht in kleinen
Käfigen war nicht zu bemerken. Das Kürperwachstum vollzieht
sich wie bei Schistocerca kontinuierlich, manchmal so, daß nach der
Die Gattung Myrniecophana Bkunnek. 175
Häutung- sogar eine unbedeutende Ven-ingerung der ivörperläng-e
stattfindet. Alle während der Häutungsintervalle nicht dehnbaren
Teile (Kopf. Pronotum und Gliedmaßen) dehnen sich nach dem Ab-
werfen der Haut sprungweise aus, so daß der Umfang- des p]xo-
skelets dem nachfolgenden Wachstum der umschlossenen Organe
vorauseilt (vgi. Schistocerca), am deutlichsten am Kopf und an den
Beinen.
Unter den Larven lassen sich schnell- und langsamwüchsig:e
unterscheiden. Ein Individuum, das zur Vollendung des 1. Stadiums
den kürzesten Zeitraum biauchte, durchläuft auch die folgenden
ebenso rasch. So kann es kommen, daß von zwei zu gleicher Zeit
ausgekrochenen Tieren das eine in etwa 47, das andere erst in
75 Tagen fertig ist. So viel ich überblicken kann, liefern die
kleinen schmalen , früher beschriebenen Eier die langsamwüchsigen
Larven.
Von einzelnen Organen und Körperteilen ist die Stufenfolge der
das \\'achstum begleitenden Veränderungen besonders bemerkens-
wert, z. B. die des Pronotums und der äußern weiblichen Genitalien.
Jenes behält während der 3 ersten springenden Stände gleiche
Sattelform und Zeichnung bei (Fig. E II — III), verliert im 4. seine
Einschnürung gänzlich (Fig. E IV) und zeigt am Vorderrand schon An-
deutungen der später sich immer weiter nach hinten erstreckenden
Seitenkanten, die sich über dem Ansatz der Flugorgane in einem
kurzen Mediankiel vereinigen und erst bei der Imago parallel
Fig-. E.
Uiiiformmig- des Pronotums von Stadium II— V.
e Elytren. a Flügel. ll.H: 1.
werden. Die fast halbzylindrische Form des 4. Stadiums wird
vom 5. an wenigstens im hintern Abschnitt von der Größe und
Stellung der Flugorgane beeinflußt, der Discus ist zunächst nur im
vordem Teil eben und kantig begrenzt, spitzt sich nach hinten zu
und fällt dachförmig über die fast senkrecht stehenden Elytren ab
176
J. VOSSELER.
(Fig. E V). Die definitive Form des Anfangsteils der Elytren bedingt
eine entsprechende Gestaltung der hintern Pronotumhälfte. die nun
denselben Querschnitt eines nach unten offenen Rechtecks erhält,
wie die Vorderhälfte. Die kleine Kerbe an der Verbindung des
Hinter- und Unterrandes ist schon im 4. Stadium angedeutet
(Fig. E IV- V).
Das Wachstum der äußern weiblichen Genitalien macht während
der 4 ersten Larvenstände geringe Fortschritte, führt aber doch zur
Ausbildung einer deutlichen Legescheide, deren Bestandteile schon
im 2. Stadium unterschieden werden können. Die 6 Valven (Klappen)
liegen in 2 Gruppen als unscheinbare am Ende abgerundete Zäpfchen
des 8. und 9. Bauchsegments hintereinander. Das untere (vordere)
Paar (Fig. F vi) ist etwas kürzer als das obere (hintere) (Fig. F vs),
an dessen Medianseite die innern (Hilfs-) Klappen sitzen (Fig. F va).
Fig. F— H.
Entwicklung der weiblichen Legescheide in den Stadien 2 — 4. 16 : l.
vi vordere (untere) Klappen, vs hintere (obere) Klappen, va Hilfsklappen, c Cerci.
la Analloben.
Im folgenden Stadium (Fig. G) werden die Organe sehr viel länger
und schlanker, die untern Klappen bedecken teilweise die obern,
deren Länge von den Hilfsklappen erreicht wird. Die 4. Entwick-
lungsphase (Fig. H) besitzt schon einen prominenten, aber das Hinter-
leibsende noch nicht überragenden Legestachel mit nahezu gleich
langen, die Hilfsklappen umschließenden Valven. Mit dem bisherigen
Wachstum ist ein Rückgang der anfänglich dunkeln Pigmentierung
verbunden, deren Reste sich wie auch auf den Cerci und Analloben
an den Spitzen der Organe noch erhalten. Die nächstfolgende Ver-
änderung bringt eine Verlängerung des Stachels über das Körper-
ende hinaus, den Beginn der seitlichen Abplattung und festen Zu-
sammenschluß der Valven mit sich. Die Scheidenlänge beträgt
1,75 mm. Im 6. Stadium endlich hat sich das Glied auf 5 mm ver-
längert, stark gekrümmt, außerdem sehr verbreitert. Die Ober- und
Die Gattung- Myrmecophana Brunnek. 177
Uiiterräiider sind noch vollkomnieii glatt, erhalten die der Imago
eigentiiniliche, oben fast die ganze Länge, nnten nur das Ende ein-
nehmende «ägnng- erst mit der letzten Häntung. Der feitige Stachel
mißt ebenfalls 5 mm in der Länge.
Die Häutung vollzieht sich in der bekannten Weise. Dennoch
verdienen einige der damit verbundenen Vorgänge kurze Erwähnung,
da sie meines Wissens von Phanei'opteriden nicht bekannt oder
wenigstens nicht sicher festgestellt wurden. Kurz vor dem Haut-
wechsel sucht die Larve einen geeigneten, möglichst senkrechten
Ort auf, in Gefangenschaft stets eine der Glasscheiben des Käfigs.
Mit genäherten Hintertarsen und fast gestreckten Hinterbeinen setzt
sie sich fest, den Kopf nach unten gerichtet. Inzwischen bläht sich
der Köi'per deutlich etwas auf, auch Meso- und Metanotum, und die
Vorderbeine wenden sich ein wenig nach rückwärts. Sind schon
Flügellappen vorhanden, so rücken ihre Wurzeln auseinander, und
die Flächen richten sich auf, die Fühler werden parallel dem Leib
über die Femora gelegt, der Kopf möglichst scliarf nach der Brust
geneigt. Unter seitlichen langsamen Bewegungen platzt nun die
Cuticula über der Mittellinie des Scheitels und der Brusttergite,
nachdem noch durch einen Pumpstoß des Abdomens der Hals ver-
längert worden war (bei Stadium 5 und 0 bis auf 2 mm). Kopf,
Mundteile und Vorderbeine treten sehr rasch aus der Hülle hervor,
dann folgt das 2. Bein paar und die Flügel. Sobald sie befreit sind,
treten die ersten beiden Beinpaare in Aktion und halten sich auf
der Unterlage fest. Unter starker Anstrengung und seitlich be-
wegten Knieen lösen sich die Springbeine allmählich heraus, ver-
biegen sich dabei oft ganz unheimlich. Zuletzt kommen die Fühler
daran. Sie werden schließlich mit Hilfe der Vorderbeine in ihrer
ganzen Länge und Zartheit befreit und unter dem Kopf hervor auf-
gerichtet und seitlich gestellt. Nach 7 — 8 Minuten ist die Prozedur
beendigt, das Tier ruht aus. Das Pronotum ist rundlich aufgetrieben,
Hals und Abdomeusegmente sind prall gedehnt, die Plügellappen
stehen auseinander. Farbe und Zeichnung gleichen schon ganz den
definitiven Tönen, sind nur anfangs etwas blasser und dunkeln schon
in wenigen Minuten nach. Die sonst immer bewegten Fühler werden
noch lange ruhig gehalten. Beim Übergang in die Imago beansprucht
die Entfaltung der Flugorgane eine Veränderung der Stellung, das
Tier heftet sich an der Exuvie so an. daß diese frei nach abwärts
hängen. Unter zeitweiligen Bewegungen werden sie vom Abdomen
aus in verhältnismäßig kurzer Zeit ausgedehnt. Die Flügel breiten
Zool. Jahib. XXVII. Abt. f. Syst. 12
178 J- VOSSELEH,
sich schneller aus als die Elytren. Lang-sam erhärtet nach dem
Hautwechsel das Chitin und verschwinden die Auftreibungen des
Körpers. Die einzelnen Teile rücken zusammen, die Flügel oder
Flügellappen nehmen die richtige Lage ein, und nach 20—35 Minuten
wendet sich das Tier wieder seiner gewohnten Tätigkeit, vor allem
dem Futter zu, indem es gewöhnlich zuerst die abgestreifte Haut
verzehrt.
Die Häutung findet nie unter Tags statt, vielmehr stets von
abends 5 — V26 Uhr bis morgens 6^3 Uhr, wahrscheinlich ausschließ-
lich kurz nach oder vor diesen Stunden. Die Exuvien sind mit den
dunklen Zeichnungen des betreifenden Stadiums versehen, sehen aber
blasser als am Tiere aus. Die grünen Teile erscheinen duftig gelb-
weiß.
Regenerati onsersch einungen kamen gelegentlich zur
Beobachtung, konnten aber nicht weiter verfolgt werden. Fehlende
Hinterbeine werden nicht ersetzt, wohl aber Fühler und kleinere
Verstümmelungen der Beine. Ein 2 mm langer Fühlerstummel ver-
längerte sich nach der nächsten Häutung um 6 mm und erreichte
im folgenden Stadium seine volle Länge. Die Ergänzung von ver-
loren gegangenen Tarsen oder Stücken der Tibia zog sich durch
3 Häutungen hin, endigte aber mit vollständiger Wiederherstellung
der Teile.
In 2 Fällen verübten Larven des 2. und 4. Standes Selbst-
amputation. Einmal wurde das Ende einer Vorder-, das andere Mal
das einer Hintertibie abgebissen und zwar je kurz nach der Häutung.
Gebaren und Gewohnheiten der Ennjcot'ypha-L^v^^,
Es bedarf keiner besondern Versicherung, daß die Beurteilung
einer mimetischen Form in letzter Linie von ihrem Wesen und
Treiben abhängt. Das äußere Kleid allein gibt kein Recht, eine Art
als Nachäfferin einer andern zu bezeichnen, auch nicht, wenn die
Kopie noch so treff'lich und täuschend ist. Eine ständig und lebhaft
sich bewegende Phasmide oder Mantide würde keinen toten Zweig,
kein grünes oder dürres Blatt vortäuschen können, noch die Imitation
eines Nachttiers für ein Tagtier großen Zweck haben. Je voll-
ständiger andrerseits das angenommene Maskenkleid sich mit den
Manieren des Vorbildes deckt und ei'gänzt, desto sicherer werden
wir von einer echten Mimikry sprechen können, auch dann, wenn
wir ihr keine oder wenigstens keine einschneidende Funktion unter
den Vorkehrungen zur Erhaltung der Art oder zum Schutz des In-
Die Gattung Myrmecophana Brunner. 179
dividuunis zuerkennen wollen. Aufscliluß über den wahren Wert
und den C-irad der Vollkommenlieit der Erscheinung läßt sich also
nur durch sorgfältigste vielseitige Beobachtungen am Wohnplatz
einer nachahmenden Form erlangen.
Aus dem Körperbau glaubt Beunn er i) schließen zu dürfen, daß
der 3Iijr))iccophan(i-Typ am Boden, vielleicht unter Blättern lebe und
wohl in der Lage sein könne, von dem durch seine Form gewährten
Schutz Gebrauch zu machen. Nach meinen Beobachtungen ist dies
nicht der Fall. Er lebt vielmehr vom ersten Tage an auf den
Blättern und Blüten buschförmiger Pflanzen zumeist nur 1—2 m
über der Erde. Fallen die mit Eiern besetzten Blätter zu Boden,
so kriecht das Junge baldmöglichst am Stamme ihrer zukünftigen
Nährpflanze in die Höhe, wie an der laubabwerfenden Doryalis leicht
nachzuweisen war. Bei Erschütterungen entsprungene Tiere sind
am nächsten Tag spätestens auf dem einmal gewöhnten Busch wieder
anzutreffen und bleiben ihm ihre ganze Entwicklung hindurch treu.
Als Myrmecophana klettert unser Tier mit der gemächlichen
Ruhe einer honigsuchenden Ameise ebenso offen wie die beiden
häufigsten Pflanzenläuse aufsuchenden Arten Myrmicana cumenoides
Gerst. und Camponotus rufoglaucus Jord. (Rothsch.) den Zweigen
entlang, von Blatt zu Blatt oder sucht wie die Ameisen Blüten
auf. Von den Springbeinen macht sie nur im Notfall Gebrauch.
Sobald sie im geringsten gestört wird, läßt sie die langen Fühler
so schnell vibrierend spielen, daß nur der Anfang sichtbar bleibt.
Durch diese Bewegung erscheint das Glied also verkürzt wie
ein Ameisenfühler. Die Täuschung vervollständigt die früher be-
schriebene helle Färbung nach dem 5. Geißelglied, die mitten
zwischen schwarzen Ringen den Fühler unterbrochen erscheinen
läßt. Die Knickung der Ameisenantenne wird jedoch nicht imitiert.
Die vibrierende Bewegung ist allen Stadien eigen, obgleich ihr Wert
für die altern und die Imago nicht zu erkennen ist.
Die Nahrung besteht anfangs in Staubgefäßen, Knospen, Blüten-
und zarten Laubblättern, von denen gewöhnlich die grüne Schicht
der Oberseite abgenagt wird; später und bei Mangel zarter Kost
werden auch derbere Pflanzenorgane verzehrt, wie alte Blütenböden,
Kelche der Rosen. An Früchte gehen die Tiere wahrscheinlich
ebenfalls, sie nahmen im Käfig Bananen, leckten auch gern Bienen-
honig. Die süßen Excrete der Schildläuse verschmähten sie, Rinde
1) Betrachtungen über die Farbenpracht der Insekten, p. 12.
12*
180 J- VOSSELEE,
oder Blattstiele und -Nerven ebenfalls. Sie sind also i'eine Pflanzen-
fresser. Beim Abbeißen saftiger Teile zeigt sich gewöhnlich ein
Flüssigkeitstropfen zwischen den Kiefern, der sich während des
Fressens vergrößert, schließlich aber zurückbleibt und braun wird.
Blätter werden meistens vom Rande, seltner von der Fläche aus
angeknabbert. Der Appetit ist gering, entsprechend dem langsamen
Wachstum und dem mäßigen Bewegungstrieb. Die feuchten Excre-
mente werden mit den Hintertibien zierlich Aveggeschnellt, da sie
nicht von selbst abfallen. Dieses gilt auch noch für die Imagines.
Die Jüngern Stadien suchen genau wie die Ameisen unter
Blättern Schutz gegen den brennendsten Sonnenschein, krabbeln
morgens und abends oder bei bedecktem Himmel auch tagsüber am
liebsten offen umher. Irgend welche Beziehungen zu den die be-
wohnten Büsche besuchenden Ameisen ließen sich nicht nachweisen,
sind außerdem sehr unwahrscheinlich, weil Myrmecophana auch auf
Büschen ohne Ameisenbesuch lebt. Die Heuschrecke weicht ihnen
bei Begegnungen aus, wird aber offenbar nicht angegriffen, obwohl
die Mja^micide sehr viele Insecten frißt, allerdings meistens kranke,
sterbende oder tote. Am vollkommensten gleicht Myrmecophana den
Ameisen, wenn sie genau wie diese sich mitten in eine Blüte setzt,
um, den Kopf zwischen Staubfäden. Nahrung zu erlangen.
Mit dem 4. Stadium ändert sich, wie schon gesagt, das Gebaren.
Das Tier wird ruhiger, sitzt unter Tags gewöhnlich auf dem Blatt-
stiel oder auf der Mittelrippe, oft auch auf der Unterseite. Obwohl
es keine dieser Stellen auch nur einigermaßen genau nachahmt, wird
es doch erstaunlich leicht übersehen. Seine grüngefärbten Teile
fallen auf Grün nicht auf, die braunroten, rötlich-violetten, teilweise
grauen Zeichnungen aber wirken entweder immer noch ameisen-
ähnlich oder stimmen so völlig mit Färbungen der von ihm besetzten
jungen, noch nicht grünen Pflanzentriebe oder Blüten überein. daß
es nur mit großer Mühe zu entdecken ist. In diesem Stadium haben
wir also eine Kombination von Tier- und Pflanzennachahmung vor
uns. Die Wirkung der letztern wird durch eine neu angenommene
Gewohnheit erh()ht. Sobald die Larve mit ihren feinen Sinnen die
Annäherung eines Wesens bemerkt, streckt sie die Hinterbeine lang
nach hinten, nähert deren Tibien, setzt die Femora der beiden
vordem Bein paare; so, daß sie mit den Hinterschenkeln eine Linie
bilden, und bringt durch seitliche Neigung den nun seitlich kom-
primierten Leib in eine solche schiefe Stellung, daß dem Betrachter
eine möglichst große Fläche mit blattähnlicher Struktur entgegen-
Die Gattung Myrmeoophaiia Brunner. 181
schaut, wobei die Beine Blattrippen vortäuschen. In den beiden
letzten Stadien des Eurijcoi-ypha-Tyiis vervollkonininet sich dieses Spiel
in ganz hervorragender Weise, ebenso die Blattähnlichkeit durch
die weitere Ausdehnung- der Griinfärbung- und der mit dem Höhen-
wachstum des Körpers verbundenen Flächenvergr(3ßerung der Seiten
(Taf. 8, Fig. 5—6).
Die Iniago ist die vollendete Blattnachahnierin, setzt sich gern
auf der Blattfläche fest mit den Hintertibien und Flügelenden dem
Zweig zugekehrt, die Springbeine eng an die blattähnlich gezeich-
neten Flügeldecken angelegt. Wie die beiden letzten Larvenstände
verhält sie sich tagsüber sehr ruhig und Avird erst mit dem Ein-
bruch der Dämmerung lebhaft. Ihre Aufenthaltsorte sind während
des Sonnenscheins die Ihiterseiten der Blätter.
Trotz einer genügenden Gewandtheit im Springen und Fliegen
sind Larven jeden Alters und Imagines sehr wenig flüchtig, diese
lassen sich sogar vom Busch klopfen , ohne leichten Flugs abzu-
schwirren, wie sie es unschwer vermöchten. Es ist dies eine mit
andern mimetischen Formen gemeinsame Eigentümlichkeit, die mir
auch an nord-afrikanischen Acridiern ( Oedipodiden) ^) mehrfach auf-
fiel und die den Eindruck erweckt, als vertraue das Tier dem durch
das Maskenkleid gewährten Schutz bedeutend mehr als seinem
Fluchtvermögen.
Die erste Hälfte der postembr3^onalen Entwicklung mit der
charakteristischen Ameisenähnlichkeit veranlaßt also unsere Art,
vorwiegend als Tagtier zu leben, in der zweiten findet ein all-
mählicher Übergang zu nächtlicher Lebensweise statt, das aus-
gebildete Insect ist im wesentlichen Nachttier, wird ei'St gegen Abend
munter, pflanzt sich fort und ernährt sich, wandert auch in der
Dunkelheit, um die Art auszubreiten. -)
Nachdem das Verhalten der Weibchen während der Unter-
bringung der Eier schon oben geschildert ist, bleibt noch das der
Männchen bei der Paarung zu beschreiben, so weit es beobachtet
werden konnte. Gegen ^^G Uhr abends wird von ihm um das
Weibchen geworben mit einem sanften Liedchen, das aus 2 Tönen
1) VossELER. J., Beiträge etc., p. 46.
2) Nächtliche Massenwanderuugen dei* Locustodee Conoccj)Ji(dus vtandi-
bidaris Chakp. mit devastierendeii Einfiillea in die halbreifen Reisfelder
der Eingeborenen beobachtete ich 1904 bei Mohorro (D. 0.- Afrika). Vgl.
3. Jahresbericht biol. landw. Instituts Amaui 1904 — 05, in: Ber. Laud-
Forstwirtsch. in D. 0.- Afrika, Vol. 2, 1906, p. 404.
182 J- VOSSELER,
besteht. Mit wenig entfernten, rasch vibrierenden Elytren erzeugt
das Männchen einen hohen Schrillton, etwa = Tschitsch. Nach
kurzer Pause folgt unter größerm seitlichem Ausschlag der Elytren
ein tieferes zwei- bis dreimaliges Tschräh, in kurzem Abstand davon
abermals derselbe Laut, oder die Melodie beginnt von vorn. Tschitsch-
Tschrä, Tschrä, Tschrä-Tschrä umfaßt also die ganze Modulation
des Gefühlsausdrucks, fordert andere Bewerber zum Wettstreit heraus
und dient gleichzeitig als Waife gegen den weniger leistungsfähigen
Konkurrenten. Die Laute selbst aber sind entsprechend dem gering
entwickelten Tonapparat zart und sehr weich, selbst für ein geübtes
Ohi- kaum weiter als auf 2 Meter P^ntfernung zu vernehmen. In
rhythmischen Abständen werden sie von benachbarten Männchen
beantwortet. Das Weibchen sitzt unterdessen ruhig mit vibrierenden
Fühlern auf einem Blatt, nähert sich wohl ab und zu dem eindrucks-
vollsten Sänger ein wenig, was er mit Recht als Entgegenkommen
auffaßt. Er stellt den Singsang ein. sucht die Erkorene auf und
bearbeitet sie mit Fühlern und Vorderbeinen. Sie entweicht und
erregt dadurch aufs neue die Flügelstimme. Allmählich wird die
Werbung dringlicher, der Widerstand des Weibchens schwächer.
Sobald das Männchen der Willfährigkeit sicher ist, dreht es sich
um, hebt die Flügel hoch, krümmt den Leib stark nach unten und
bietet dem Weibchen den Rücken entgegen. Sie betastet ihn der
Mittellinie entlang mit den Fühlern, Palpen und Kiefern, wie wenn
auf den Abdominalsegmenten ein Riech- oder Schmeckstoff abgesondert
würde. Dieses Spiel wird öfter unterbrochen und von neuem begonnen,
währt über eine Stunde lang. Die Begattung findet in der Nacht
statt. Einzelne Männchen zirpen auch tagsüber besonders von 9 — 11
und 4 — 5 Uhr.
Das wesentlichste Ergebnis dieses Abschnitts ist der Nachweis,
daß unsere Art fortschreitend mit der Entwicklung ihre Gewohn-
heiten und ihr Gebaren ändert und daß ihr Benehmen in jedem
Stadium der angenommenen Maske entspricht, daß aus einem Tag-
ein Nachttier, aus einem Tiernachahmer ein Pflanzennachahmer wird,
und daß der Übergang von den 8 ameisenähnlichen zu den (ein-
schließlich der Imago) 3 blattähnlichen Stadien von einer regel-
rechten Zwisclienfoi'm gebildet wird.
ö'
Yergleich zwischen Yorbild und Nachahmer.
Der MyrmecoiiJuwa-Tyi) ist eine der vollkommensten Nachbildungen
einer Ameise in Form, Farbe und Wesen, soviel steht fest. Suchen
Die Gattung Mynuecophana Brunner. 183
wir aber zu ergründen, ob damit eine bestimmte Art, Gattung oder
auch nur Familie imitiert werden soll, so wird die Antwort schwierig.
Schon nach den ersten Vergleichen erkennt man den Mangel spezi-
fischer, darauf hinweisender Merkmale.
Die Mittel, die zur Erlangung der Ähnlichkeit beitragen, sind
vom menschliclien Standpunkte aus mit dem größten Geschick gewählt
und angewandt. Zur Vortäuschung kurzer Fühler dienen 2 Ein-
lichtungen: starke und ungemein rasche Vibrationsbewegungen der
Geißel und die Unterbrechung der schwarzen Farbe durch eine weiße
Zone hinter dem 5. Eing. Die Schlankheit der Tibien der Ameisen-
beine wird durch helle, dem dunklen Grundton aufgesetzte Längs-
streifchen nachgemacht. Der weiße Kontrast in solch diskreter
Applikation wirkt als Manko an Körperlichkeit dermaßen, daß die
Fühler an der bezeichneten Stelle beendigt, die Tibien aber nur
von der Breite der schwarzen Längslinien zu sein scheinen. Dasselbe
Prinzip wird am Anfang des Abdomens zur Imitation der Stielung
des Ameisenabdomens wiederholt. Die Farbe ist nun nicht mehr
weiß, sondern grün, vielleicht aus guten Gründen. Weiß von dem
Umfang der Flecken müßte unbedingt einen schroffen Gegensatz zur
Farbe des Tieres und der Blätter bilden, also auffallen, grün aber
deckt sich mit der vorherrschenden Farbe des Aufenthaltsortes, ver-
schwindet auf dem Untergrund, erzielt infolgedessen die angestrebte
Hervorhebung der entsprechend geformten, dunkel pigmentierten
Rückenzeichnung. Auch der kleine weiße Kommaflecken an der
Pronotumseite ist wohl nicht ganz belanglos und vermag die Form
zu ergänzen.
Allein schon die Plastik des Myrmecophana-KövyyQvs, verleiht den
Larven eine große Ameisenähnlichkeit. Die Form des Kopfes, dessen
Breite im Verhältnis zum schmälern Brustabschnitt, der schlanke
Hals, das schlanke, eingezogene Pronotum, der kuglige, anfangs etwas
eingeschnürte Hinterleib und nicht zuletzt die auffallend geringe
Ausbildung der Springbeine und ihrer Schenkel bilden für sich einen
wesentlichen Teil der mimetischen Einrichtungen.
Das 4. Stadium, das als ein Übergang, ein Mittelding zwischen
Ameisen- und Blattimitation bezeichnet wurde, besitzt von beiden
Mimikr}'- Typen ein wenig, aber nicht genug, um den einen oder
andern durch mehr als einen allgemeinen Eindruck vorzutäuschen.
Und dennoch ist es nicht weniger geschützt als seine Vorläufer und
Nachfolger. Ihm kommt die Farbenähnlichkeit mit den noch bräunlich-
roten, oft fast violetten Jungtrieben der Nährpflanzen sowie die
184 -T VOSSELER,
Gewohnheit zugute, riiliio- zu sitzen, statt wie früher umher-
zukrabbeln. Durch die Körperzeichnung- und die Stellung der schon
jetzt verläng-erten Hinterbeine gleicht es Stücken der nnruhig ge-
färbten und geformten Anfangsteile der Blätter oder Sprossengipfel,
sticht jedenfalls nicht auffallend davon ab.
Über die Art der Entwicklung der Blattimitation und das dazu
gehörige Gebaren sind früher schon einige Bemerkungen gemacht
worden. Die zur Sicherung angenommene Körperstellung und Ver-
änderung der Beinlage, wodurch die Hintertibien als Fortsetzung
des spitzen Körperendes erscheinen und so den außerdem noch
bi-äunlich gefärbten Stiel zu der vom Körper vorgetäuschten Blatt-
fläche markieren, hat mit der Ruhestellung nichts zu tun. Sie ward
gewöhnlich erst nach einem kleinen Ortswechsel eingenommen, duich
den das Tier sich in eine für die Mimikry-Darstellung möglichst
günstige Lage bringt. Dann erst werden die Beine unter tastenden
Versuchen geordnet und stillgestellt, bis die Gefahr vorüber. Die
Fühler allein vibrieren wie gewöhnlich in seitlicher Haltung. Der
sonst zum Körper senkrecht geneigte Kopf wird nach vorn erhoben,
so daß Stirn und Pronotumfläche einen sehr stumpfen Winkel bilden.
In dieser Mimikrystellung (Taf 8. Fig. 6) gleichen die ümrißlinien
des Tieres denen eines spitz elliptischen Blattes mit einer durch die
Stirn-Pronotumfläche vorgetäuschten Umbiegung. Dieses Anschmiegen
an Stoff und Form des Aufenthaltsortes erfolgt also mit unverkenn-
barer Absicht und Berechnung.
Mit Hilfe kleiner zw^eckmäßiger Kniffe, wie sie zum Teil auch
vom Menschen zur Hervorhebung wesentlicher oder Unterdrückung
störender Stellen, Flächen und Linien an Kunstwerken angewandt
werden, wird die Heuschrecke bald als Ameise ausgestaltet, bald
mit täuschender Blattähnlichkeit überkleidet. Verfolgt man die
Ähnlichkeiten jedoch weiter, so stößt man auf verschiedene UnvoU-
kommenheiten. Dem Myrmecophana-Fühler z. B. fehlt die bei Ameisen
so charakteristische Knickung, die Einschnürung des Pronotums
stimmt nicht mit dem Vorbild, das zur Abdeckung der Breite des
Abdomenanfangs dienende Grün leuchtet im 2. und 3. Stadium so
hell, daß es auf jeder i)flanzengrünen Unterlage absticht und, wie
bei der Wiederaufflndung, den Blick auf sich zieht. Auch die Blatt-
ähnlichkeit ist keineswegs in allen Zügen ausgearbeitet und durch-
geführt. Das ist auch gar nicht nötig, denn die nuu vorhei-rschende,
mit dem Blattgrün harmonierende Farbe wirkt, wie bei so vielen
andern Locustodeen, allein schon als Tarnkappe. Die Ameisen-
Die Gattung Myimecophana Brunner. 185
imitation aber ist jedenfalls die originellere, vollkommenere und darum
überraschendere. In beiden Fällen ist immerhin alles geschehen,
um mit dem gegebenen Material den Eindruck von der wahren
Natur einer Heuschrecke zu verwischen.
Ich komme nun noch auf eine weitere Eigentümlichkeit dieser
und anderer mimetischer Beispiele zurück. Innerhalb des Mijrmeco-
phana-Tyi[)S heri'scht mit Ausnahme der jüngsten stets schwarzen
Larvenform eine nicht unbeträchtliche Variabilität der Farbe von
ebenfalls rein schwarz durch schwarzbraun bis ganz licht-, beinahe
gelbbraun. Das Pronotum kann heller als das Abdomen, von diesem
der Rückenteil braun , die Seiten schwarz sein. Außerdem vermag
das Individuum die Farbe zu Avechseln. mit der nächstfolgenden
Häutung gelbbraun und darauf vielleicht wieder schwarz oder in
irgendeinem der andern möglichen Töne oder auch 3mal hinter-
einander schwarz zu erscheinen. Diese Veränderungen sind von
äußern Einflüssen vollkommen unabhängig, vollziehen sich selbst
bei Geschwistern gleichen Alters, gefangen oder frei, in beliebigem
Wechsel, so daß oft kaum 2 sich gleichsehen. Merkwürdig aber
ist dabei, daß diese Freiheit der Farbentonung nie über die Grenzen
der allgemeinen Ähnlichkeit mit dem Vorbild hinausführt, daß viel-
mehr stets nur solche Tinten auftreten, die bei Ameisen vorkommen,
wenn auch nicht gerade bei den beiden Arten, zwischen denen die
Heuschrecke in Amani gefunden wurde. Auch die dunkeln Pigmente
der nächstfolgenden Stände, vor allem die des 4. vermögen noch
sehr zu variieren . selbst das Grün. Durch Versuche ließ sich er-
mitteln, daß diese Veränderlichkeit von außen beeinflußbar ist.
4 nur mit roten Rosen gefütterte Larven nahmen im 4. und
6. Stadium eine WTinderbar damit übereinstimmende karminrote
Generalfärbung an (Taf. 8, Fig. 4, 6). Nur die weibliche Legescheide
und die Flügelläppchen der letzten 2 Stadien blieben grün und die
Bauchseite rötlich-weiß. 4 andere unter denselben Bedingungen ge-
haltene, aber mit weißen Rosen und Laubblättern gefütterte nahmen
grüne Färbung teilweise mit weißlicher Überduftung an, ebenso ver-
änderten die roten, nachdem sie nachträglich solche Nahrung er-
halten hatten, ihre Farbe an Brust und Bauch nach Grün.
Analoge Veränderlichkeit wie bei Mijrmecophana tretten wir bei
sogenannten Blattschmetterlingen mit Schutzfärbung auf der Unter-
seite der Flügel an (KaUima, Mclanitis u. a.), deren Arten wohl immer
dürre Blätter imitieren, aber in so reicher Abwechslung, daß kaum
2 Exemplare einer Species dasselbe Modell aufweisen. Diese Ver-
186 J. VOSSKLER,
änderliclikeit stellt eine ganz wesentliche Vervollkommnung' des
Prinzips der schützenden Färbung, Zeichnung und Gestaltung dar,
denn sie wird die mit dem Auge suchenden Feinde immer wieder
irre führen, wenn sie sich je einmal an eine bestimmte Vorlage
eines nachahmenden Musters gewöhnt haben sollten.
Genau verglichen aber erweist sich kein Glied der ganzen
Kette der geschilderten mimetischen Erscheinungen als ein einiger-
maßen genauer Abklatsch eines bestimmten Vorbilds. In jeder Ent-
wicklungsphase ist vielmehr nur der allgemeine Habitus wieder-
gegeben, Form und Farbe des Maskenkleids nur zur Täuschung des
ersten Eindrucks ausgearbeitet, allerdings unter wesentlicher Unter-
stützung durch entsprechende Veränderungen des Gebarens der
nachahmenden Form.
Hypertelische Nacliahmung.
Brunner hat diese von ihm für Myrmccophana und ähnliche
Fälle eingeführte Bezeichnung in seinen „Betrachtungen über die
Farbenpracht der Insekten", p. 16 selbst wieder eingeschränkt und
als nur teilweise richtig bezeichnet, als er erkannt hatte, daß
viele Erscheinungen der Zeichnung und Färbung mit dem Träger
in keiner Beziehung stehen, ihm sogar schädlich sind. Als Über-
schwenglichkeit der Mimikry bleiben für ihn aber Erscheinungen
bestehen wie die Nachahmung von Insectenfraß am dürren Blatt
oder die Bildung eines nur an der Spitze verdorrten Blattes, ebenso
wahrscheinlich die Vollendung der Ameisen-Ähnlichkeit seiner Mijr-
mecojjhana, obwohl er dies nicht ausdrücklich betont.
Nun kann aber ein so kompliziertes Problem, wie es die mime-
tischen Einiichtungen im allgemeinen und die angeführten im
speziellen darbieten, niemals auf Grund dei' Betrachtung der be-
treifenden Formen im Studierzimmer beurteilt, noch viel weniger
irgend eine Erscheinung oder ein Teil einer solchen als über-
schwenglich bezeichnet werden ohne Bezüglichkeit auf das Be-
dürfnis. Die Vor- und Nachteile aller Erscheinungen auf dem Ge-
biete der Mimikry und das Verhältnis ihrer Entwicklung zum Vor-
bild lassen sich unbedingt nur durch peinlichste Beobachtung in
freier Natur und Vergleichung aller äußern Begleitumstände fest-
stellen. Eine Kombination der gefundenen Tatsachen ohne Aus-
schaltung subjektiv menschliche]- Auffassungen und Erklärungs-
versuche ist wissenschaftlich wertlos.
Keine Form der Mimikry gewährleistet dem Träger absoluten
Die Gattung Myrmecophana Brunner. 187
Schutz vor allen Feinden, wohl aber vor einem Teil derselben. Das
bedeutet für Arten mit langsamer Fortpflanzung und geringem
Vermehrungsvermögen einen Vorteil, der weniger der Erhaltung des
Individuums als dem Fortbestand der Art zugute kommt. Der Grad
der Vollkommenheit der Nachahmung ist nicht immer adäquat dem
dadurch gewährten Schutze. Tiere mit vorwiegend seßhaften Ge-
wohnheiten scheinen im allgemeinen ihre Vorbilder genauer zu
kopieren als flatternde, fliegende oder sonstwie leicht und rasch
bewegliche, sofern diese Fähigkeiten nicht schon an und für sich
zur Erhaltung der Art genügen. Diese Wahrnehmung ist durch
zahlreiche Beispiele zu belegen und aus der Schwierigkeit zu er-
klären, mit der ein Auge Formen und Farben bewegter Gegen-
stände unterscheidet. Andrerseits muß die Imitation desto voll-
kommener sein, je langsamer und öffentlicher das Modell sich bewegt.
Bei Myrmecophana ist die Übereinstimmung mit einer Ameise
größer als in irgend einem bekannten Fall, viel größer noch, als
Brunner ahnen konnte. Soll sie aber dem Tiere Vorteil bringen —
und nach allen Beobachtungen geschieht dies — , so kann keines der
dazu angenommenen Merkmale entbehrt werden, viel eher noch
müßten die vorhin als mangelhaft nachgemacht bezeichneten und
darum verräterischen feiner ausgearbeitet sein. Da die Larve aber
in Gemeinschaft mit verschiedenen Ameisen, ebensoAvohl jedoch auch
für sich allein auf der Nähq)flanze lebt, würde eine weitere Speziali-
sierung überflüssig sein. Der erzielte Eindruck genügt für alle Fälle
zu einer völligen Täuschung verfolgender Augen. Im Freien und
in bezug auf die Verschiedenheit der Umgebung betrachtet, erweist
sich also dieser Fall von Nachahmung wohl als sehr vollkommen,
keineswegs aber als „hypertelisch". als zweckmäßig ohne Über-
schwenglichkeit. Dasselbe gilt von den nachfolgenden, so ganz
anders gearteten Imitationen und vom ganzen Umfang der Ver-
änderung überhaupt.
Geht mau aber in der kritischen Beleuchtung aller etwa als
hj'pertelisch anzusprechenden Beispiele aus dem Insectenleben auf
der Grundlage der Vergleichung im Freileben weiter, so stößt man
bald auf die Schwierigkeit, die BRUNNER'sche Bezeichnung auch nur
ein einziges Mal völlig sinngemäß anwenden zu können, so einwand-
frei das aus seinem natürlichen Verband losgelöste tote Objekt ihre
Berechtigung zu beweisen scheinen mag. Die sog. Hypertelie ist
deshalb meines Erachtens nicht als besondere Erscheinung auf dem
Gebiet der Mimikry zu buchen, sie stellt nur einen besonders voll-
188 J- VOSSELEK.
endeten Grad der Nachahmung- eines andern Wesens oder Organ-
teils dar, allenfalls sogar mitsamt den gewöhnlichen, daran zu be-
obachtenden pathologischen Veränderungen und Verletzungen (ver-
gilbte, pilziieckige. angefressene Blätter). Der verfeinerte Effekt
aber entsteht unter denselben Bedingungen, mit den gleichen Mitteln,
Avie bei den übrigen bekannten Formen der Mimikr}-.
Die Übereinstimmung mit diesen sei au der Hand der Wallace-
schen Regeln kurz dargelegt.
Die nachahmende Form lebt in derselben Jahreszeit im selben
Gebiet wie das Modell, in der Mehrzahl der beobachteten Fälle
sogar mit ihm auf derselben Pflanze. Sie ist w^eniger bewehrt als
dieses, vielmehr ganz w^ehrlos, außerdem weniger häufig. Im Durch-
schnitt fanden sich etwa 3 Myrmecophana auf einem Busch, höchstens 6;
von ab- und zugehenden Ameisen aber 50 — 100 Stück. Die 4. Be-
dingung, daß das imitierende Glied sich von der Masse seiner Ver-
wandten unterscheide, ti'ifft ebenfalls zu, wie später gezeigt wird.
Endlich ist die Nachahmung eine nur äußerliche, sichtbare, erstreckt
sich nicht auf innere Eigenschaften oder auf solche, welche die
äußern nicht berühren.
Die Bedeutung uud Häufigkeit der Ameisenuachahmuug.
Eine häufige, leicht verständliche P^lge der Entdeckung eines
Beispiels von Nachahmung besteht in dem Fehler der Verall-
gemeinerung des Einzelfalles, der Einzelbeobachtung, die größte
Schwierigkeit der Erklärung aber in dem Mangel der Erkennungs-
mögiichkeit der primären Ursache und der phylogenetischen Ent-
wicklung. Es darf nicht außer acht gelassen werden, daß vom
anthropomorphisierenden Standpunkt aus mancher Fall eine viel
größere Vollständigkeit und Bedeutung vortäuscht, als ihm in der
Natur zukonmit. daß manche Nachahmung dem Träger in weit zurück-
liegenden Perioden oder in anderer Umgebung von Vorteil sein
konnte, später aber durch Veränderungen im Bestand der Feinde,
Verschwinden des nachgeahmten Gegenstands oder durch aktive und
passive Versetzung des Nachahmers in eine andere geographische
bzw. klimatische Zone überflüssig und indifl:erent, selbst sogar
schädlich werden mußte. Die Mimikry kann also ein direktes
Hindernis für die Ausbreitung einer Art werden. Je spezialisierter
die Nachahmung einer Species an eine andere mit beschränktem
Wohnbezirk ist, desto kleiner ist auch das vom Nachahmer ein-
genommene Gebiet, je allgemeiner dagegen die Form der Mimikrj'
Die Gattung- Mynnecophaiia Ekl'nnek. 189
gewählt wurde, desto leichter wird dieser sich auszubreiten ver-
niög-eu. Als Beispiel dafür sei auf verbreitete Vorkommen von blatt-
imitierenden Orthopteren und auf die BegTer.zung- der andere
Sclinietterlinge nachahmenden Lepidoptei-en hingewiesen.
Die generelle Nachahmung einer Ameise sichert jeder so ver-
kleideten Art ein ansehnliches geographisches Verbreitungsvermögen.
Unser 3Iyrmccopkana-Ty\) würde in allen Krdteilen, selbst in den ge-
mäßigten Zonen Europas, eben für eine Ameise gehalten werden
und jeweils zunächst nur den diesen bestimmten Verfolgungen aus-
gesetzt sein. Im Heimatland Afrika sehen wdr dementspi-echend die
Eunjcorypha sich vom Kap bis zum Sudan von der Ost- bis zur
^^'estküste erstrecken, also den größern südlichen Teil des Kontinents
einnehmen.
Über ihr Verhältnis zu Feinden an den verschiedenen Plätzen
ist nichts bekannt. Meine Untersuchungen in Amani lassen nur
sehr bedingte Schlüsse zu, da die Art nur auf kultiviertem Land
und auf Kulturpflanzen, also sicher nicht in ihrer gewöhnlichen Um-
gebung beobachtet werden konnte. Als Ergebnis registriere ich
folgende Tatsachen :
Die beiden hier hauptsächlich als Vorbilder in Betracht kommen-
den Formiciden werden außerordentlich wenig von Feinden heim-
gesucht, solange sie sich auf Büschen bewegen, mehr dagegen auf
der Erde und in ihrem Erdnest von den Reptilien TypJdops, Maluia,
von Hymenopteren etc. Auf Zweigen. Blättern und Blüten fiel die
häufigere bewehrte Myrmicide ab und zu Krabbenspinnen und Spring-
spinnen zum Opfer, in trockner, insectenärraster Zeit vielleicht
2—3 vom Hundert, sonst noch bedeutend weniger. In größerer
Menge auf einmal wurde sie beim Aufsuchen von Pflanzenläusen- und
Xektarienhonig nie vertilgt, da sie sich in einem solchen Falle ge-
wohnheitsgemäß vom Ort des Unheils vorübergehend zurückgezogen
hätte.
Reptilien, wie Geckonen, Agamen, Zonuriden, Mabuien und
Uhamäleonten. oder die im Unterholz des nahen Urwalds so häufigen
laubfroschähnlichen Batrachier wurden nie auf den \ on Mynnecophana
besetzten Büschen angetroffen. Dagegen sah ich öfters nicht näher
bestimmte Muscicapiden und andere Insectivoren unter den Vögeln
Zweige mit Schildläusen und Ameisen absuchen. Da sie diese aber
sicher verschmähten, konnten sie nur Spinnen, Raupen, Käfer etc.
eijagt haben, die bisweilen in größerer Menge dort lebten und deren
Anzahl sich dann auch nachweislich verringert hatte. In der
190 J- VOSSELER,
Trockenzeit, z. B. vom Dezember 1907 bis Ende Januar 1908, blieben
die Vögel den Büschen fern, obwohl weder die Ameisen noch die
Heuschrecken fehlten, wohl aber andere Insecten. Auf einer Ver-
suchspflanze machte eine Mantide {Polyspilota striata Stoll) ihre
ganze Entwicklung durch, ohne daß ihre Gefräßigkeit und Raublust
sie zu einem Angriff auf die Ameisen und ihre Nachahmer verleitet
hätte.
Die Anzahl der Heuschrecken blieb auf 4 fortgesetzt beobachteten
Büschen unvermindert, obwohl einige Ameisen von Spinnen gefressen
worden waren. In kleinen Zuchtkäfigen überwältigte eine kleine
Krabbenspinne an einem Tage 2 Larven des 1. Stadiums, die kaum
erst ausgeschlüpft waren.
Unter den angegebenen Bedingungen war also die Anzahl der
Feinde gering. Die Vögel müssen wohl aus Mangel an Geschmack
für Ameisen auch die Heuschrecke vermieden haben. In diesem
Falle kann also eine Täuschung durch die Ähnlichkeit, ein Vorteil
für die Myrmecophana angenommen werden. Sicherer noch gilt dies
für Polyspilota, die bei diesbezüglichen mit andern Phaneropteriden-
und Acridier-Larven angestellten Fütterungsversuchen stets gierig
Zugriff. Den Spinnen gegenüber aber versagte die Verkleidung, da
sie im Notfall Ameisen, eingekerkert auch die noch unerfahrene
Heuschrecke vernichtete. Genau genommen stellt dieser Fall das
einzige bis jetzt verbürgte Beispiel dar für eine Verfolgung der
Myrmecophana. An ihrem Aufenthaltsorte aber wird sich die Sache
anders abspielen. Einmal tastet die Heuschrecke mit ihren langen
Fühlern beim Krabbeln vor sich her und wird durch ihre Sinnes-
organe stets so zeitig von drohender Gefahr unterrichtet, daß sie
sich durch einen Sprung retten kann. Sodann ist das numerische
Übergewicht der Formiciden bei dem gewöhnlichen gemeinsamen
Vorkommen stets so groß, daß die Spinne eher 25 — 50 davon täg-
lich fangen würde, bevor sie eine Heuschrecke erwischte. Ihr
Appetit braucht sich aber nicht auf diese einseitige Kost zu be-
schränken. Für gewöhnlich steht ihr ja noch andere Nahrung zur
Verfügung, su daß sich die Gefahr für die vorsichtige Heuschrecke
noch wesentlich vermindert. Volle Beweiskraft kommt also diesem
Beispiel nicht zu.
Gegen Schmarotzer, d. h. zumeist Hexapoden, die ihre Opfer
weniger mit dem Gesicht als mit der Nase ausfindig machen, bildet
der Mimetismus naturgemäß ein weniger vollkommenes Schutzmittel
als gegen insectivore Räuber. Dennoch fand ich nur einmal Ento-
Die Gattung Myrmecophana Brunnkk.
191
parasiteil unter Umständen, die noch nicht ^anz aufgeklärt sind.
4 Larven aus dem 2. Stadium, im Freien gefangen, entwickelten
sich anfangs normal, hernach langsam weiter und blieben auffallend
lange im 4. oder 5. Stadium stehen , sahen aber wohlgenährt aus.
Der Reihe nach lieferten sie kurz vor der nächsten Häutung je eine
fette Dipteren-Larve (Fig. J) die nach längerm Herumkriechen sich
verpuppte (Fig. K). In den wohlverschlossenen Behältern konnte
die Infektion fast unmöglich erfolgt sein. Die Fliege (Tachine aus
der Familie der Pseudodexiinae, Fig. L) muß also wohl die Larven schon
Fig. K.
Puppe einer Tachiuide ans
Eurycorypha. 2.7 : 1.
Fig. L.
Fliege zu Fig. J und K.
4:1.
vorher mit einem Ei besetzt haben. Auffallend ist dann aber die lange
fast 6wöchentliche Entwicklungsdauer des Parasiten und die scheinbar
geringe Belästigung des Wirts durch die sehr große, schließlich fast
das ganze Abdomen ausfüllende Made, die sich nur in den letzten
Tagen vor deren Verpuppung durch geringem Appetit äußerte. Erst
4 — 6 Tage nach dem Abgang der ]\[ade starben die sehr zusammen-
gesunkenen Heuschrecken, ohne noch einmal gefressen zu haben.
l^s hätte nun keinen Sinn, aus diesen wenigen Beobachtungen
den Nutzen der Ameisennachahmung mathematisch herausrechnen
zu wollen. Noch weniger aber darf sie als wertlos bezeichnet
werden. Die erwähnten Beispiele erweisen eine vorwiegende durch
die übrigen Eigenschaften des Orthopterons ergänzte Nützlichkeit
des Maskenkleids für den Träger zum wenigsten gegen direkte
Angriife auf sein Leben. Mehr braucht vorerst nicht festgestellt
zu werden.
192 J- VOSSELER,
Bedeutet nun die Verkleidini'];- einen Vorteil für die Erhaltung-
der Art oder Gattung, so muß sie auch dazu führen, daß die am
besten geschützten Formen eines faunistischen Bezii-ks am meisten
von den schutzbedürftigen Arten desselben Gebietes nachgeahmt
werden, sofern ihre Köri)eistruktur, ihre Anpassungsfähigkeit und
ihi- Gebaren die Vorbedingungen dazu darbietet. Die ^^'irkung der
i\Iimikry als eines formativen P'aktors in der Ausgestaltung von
Entwicklungsständen und Arten wird also durch den Nachweis der
Wiederholung überzeug-ender werden. In einem biologisch noch so
wenig- durchforschten Lande wie in unserm tropischen Ost- Afrika
hat dies natürlich seine Schwierig-keiten. Dennoch vermag ich
Avenigstens noch 4 weitere Beispiele von Ameisennachahmung aus
Amani anzuführen.
Das erste weniger frappante liefern die Larven einer in der
Arbeit M. v. Bkunn's ^) noch nicht aus Deutsch Ost- Afrika auf-
geführten, um Amani ziemlich seltenen M a n t i d e , die wahrschein-
lich mit Pkijllocrania insignis Westw. identisch ist. Während die
Eltern durch die Farbe und Form, vor allem durch blattförmige
Verbreiterungen des Prouotums, Abdomens und der Beine dürres
Laub täuschend imitieren, gleicht das Junge im L Stadium einer
Ameise so, daß es auf den ersten Blick damit leicht verwechselt
Averden kann. Das Gebahren abei' ist das einer Mautide. Die Ent-
wicklung konnte leider nicht verfolgt werden, da die Tiere sich in
Gefangenschaft nicht hielten, im Freien ausgesetzt abei- bald ver-
schwanden. Wegen der raschen Größenzunahme kann die Ähnlich-
keit nur im ersten Stadium, also im zartesten, schutzbedürftigen
Alter, täuschend genannt werden.
Eine wieder in jeder Hinsicht vollkommene Mimikry fand ich
dagegen bei eiuer Spinne, die zusammen mit M iirmecophana und den
Ameisen auf Doryalis und andern Büschen vorkommt und nach einer
Bestimmung Herrn Prof. Dr. Dahl's zur Gattung SaÜicus unter den
Saltigraden gehört, vielleicht mit Sali, ichneumon Sijm. identisch ist.
Sehr interessant ist die Art und Weise, wie die Achtbeinigkeit ver-
tuscht wird. Das Tier hebt die Vorderbeine am Cephalothorax ein-
fach so in die Höhe, daß sie wie Fühler am Vorderraud zu ent-
springen scheinen, bewegt sie ganz nach Ameisenart tastend, wobei
1) Ostafrikanische Orthopteren, gesammelt von Herrn Dr. Stuhlmann
1888 und 1889, in: Mitt. naturh. Mus. Hamburg, Vol. 13 (2. Beiheft zum
Jalub. d. Hamb. Wissensch. Anst;ilten, Vol. 18, 1901).
Die Gattimg Myriiiecophana Brünnek. 193
natürlich auch eine Knickung erscheint. Die Schlankheit der Glied-
maßen der Ameise wird genau in derselben Weise durch helle
Läng-slinien wie bei Mijrmecophana vorg-etäuscht, die nur am letzten
Paar fehlen, an beiden ersten aber sich über das ganze Bein hin-
ziehen. Die keulige Verdickung am P'iihlerende täuscht eine ent-
sprechende Schwarzfärbung am Vorderende des 1. PJeines der Spinne
vor. Der Cephalothorax ist dem einer Ameise ebenso gut nach-
gebildet wie die Stielung des Abdomens, die durch die helle Farbe
der vierten Troclianteren besonders hervorgehoben wird. Eine starke
Einschnürung des Cephalothorax bewirkt den Eindruck einer Trennung
in Kopf und Pronotum, eine zweite im ersten Drittel des Abdomens
erhöht dessen Schlankheit.
Diese Nachahmung ist so wundervoll durchgeführt, daß ihre
Unterscheidung von dem Vorbild im Leben unmöglich ist, zumal
auch noch die Bewegung damit übereinstimmt. Selbst die in Alkohol
konservierten Tiere bewahren den angenommenen Habitus noch so
gut, daß die Erkennung nur nach wiedei'holtem Zusehen gelingt.
Auch die Augenstellung will mir zugunsten des Ameisentyps un-
gewöhnlich augeordnet erscheinen; doch darüber mag der Spezialist
urteilen.
Wiederholt begegnete ich hier noch Spinnen aus andern Familien
mit großer Ameisenähnlichkeit. Eine erinnerte an einen Ahjpus
unter den Territelarien, einige andere an Lycosiden (Citigradae).
Keine trug aber das Gepräge wirklicher Mimikry, und so sei auf
ihre Beschreibung verzichtet. Im Wesen und iu ihren Bewegungen
verrieten sie ihre wahre Natur sehr schnell.
Welchen Zweck die ausgesprochene Mimikry des vorhin er-
wähnten Salticus und ob sie für die Art überhaupt eine Bedeutung
hat, ließ sich noch nicht ermitteln. Ähnlich ihren Verwandten lebt
die Art gern auf niedern Büschen und Gräsern und püegt ihr Nest
auf der Mittelrippe eines etwas geknickten Blattes zur Aufnahme
der wenigen (etwa 10 — 20) Eier zu spinnen. Möglicherweise steht
das Schutzkleid mit dieser geringen Vermehrung und der Seltenheit
der Species im Zusammenhang.
Von Hemipteren war im Januar 1908 eine kleine Wanze in
(Tesellschaft von Ameisen auf einem Fenstergesims zu beobachteu.
die mit allem Vorbehalt in die Nähe der Gattung Fachymerus gestellt,
trotz des etwas gedrungenen Habitus einer Ameise sehr ähnelt, auch
durch ihre raschen Bewegungen. Der Kopf ist breit, das Pronotum
stark eingezogen, sein 1. Abschnitt kugelig gewölbt. Die Ein-
Zool. .laiub. XXVII. Abt. f. Syst. 13
194
J. VOSSELER,
scliniirung des Abdomens helfen helle, nach hinten sich erweiternde
und abgestutzte Flecken, weiße Abzeichen auf dem Anfang der
Mittel- und Hinterschenkel sowie über der Wurzel der letzteren am
Metanotumhinterrand vortäuschen.
Bezüglich der Bestimmung einer zweiten ameisenimitierenden
Wanze bin ich ebenfalls nur auf Vermutungen angewiesen. Ende Mai
1908 wurde auf niederem Grünzeug an sonnigem Hang eine kleine, fast
schwarze Wanze entdeckt, die suchend über eine das Gras durch-
rankende Winde hinweg auf eine Sonchus-Art kletterte. Wäre auf
diesem Kraut nicht eine Myrmecophana zu beobachten gewesen, so
würde ich das Hemipteron wahrscheinlich übersehen haben, denn es
stellte das vollendete Ebenbild einer Ameise dar. Anfänglich glaubte
Fig. M.
ich ein Exemplar der nachher zu erwähnenden Gattung Mijnnoplasta
vor mir zu haben. Während der Untersuchung aber stellte es sich
heraus, daß es die Larve einer vielleicht dem Genus Mirperus nahe
stehenden Art ist. Bevor es gezeichnet und beschrieben war, häutete
sich das Tierchen und veränderte sich dabei in manchen Punkten,
wurde braun mit schwach gelblicher Marmorierung, der Kopf erschien
spitzer, das Abdomen weniger völlig gerundet. Trotzdem ist die
Ameisenähnlichkeit immer noch auffällig genug. Nach der Häutung
maß die Larve 6,5 mm, ihre hintern Pronotumwinkel sind in scharfe
Spitzen ausgezogen (Fig. Ma), das Metanotum trägt einen medianen,
nach vorn gekrümmten Dorn (Fig. Mb). Das Abdomen ist anfangs
Die Gattung Mjrmecophana Brunner. 195
leicht eiiif^eschiiürt, wölbt sich sehr stark nach oben und unten.
Beides kommt im Leben mehr zum Ausdruck als in der nach dem
etwas ausgehun<?erten Exemplar ang-efertigten Abbildung. Die
Flügelläp])chen fehlten dem vorangehenden Stadium. Am gleichen
Fundort wurde einige Tage später allem Anschein nach die Imago
dazu gefunden, die im wesentlichen die Merkmale der Larve trägt,
in der Form des Kopfes, Hinterleibes und Thorax aber davon ab-
weicht (Fig. Mc). Die Unterschiede lassen sich wahrscheinlich dui-ch
den Entwicklungsgang erklären. Die Lnago erinnert außerordentlich
an die von Herrich-Schäffer in „Die wanzenartigen Insekten*',
Vol. 9. p. 274—275 beschriebene und auf tab. 320, fig. 989-990
abgebildete Gattung Trachclium aus Brasilien.
Auch für diese 4 Nachahmungen gelten die WALLACE'schen Regeln.
In Amani leben somit auf engstem Raum 5 Nachahmer von Ameisen
aus 3 verschiedenen Arthropodenklassen, 2 Orthopteren, 2 Hemipteren
und 1 Spinne, beisammen. Dazu darf vielleicht noch ein kleines
zur Gattung Formiconms unter den Anthribiden gehöriges Käferchen
von 3,5 mm gerechnet werden, das nicht nur den Wohnort mit
einer kleinen Formicide unter morschem Holz u. dgl. teilt, sondern
sich auch unter dieser bewegt und ameisenähnlich aussieht. Vor-
derhand wage ich nicht zu entscheiden, ob auch in diesem Falle
Nachäffung vorliegt, und werde keinen Bezug darauf nehmen. Immer-
hin ist es in Fig. Ng abgebildet.
Von den übrigen Mimetikern tragen eine Wanze und die Spinne
das Maskenkleid auch im erwachsenen Zustand, die andern Arten
aber nur während des Larvenlebens ein bis mehrere Stadien hin-
durch. Allen gemeinsam ist ihre Seltenheit, die auch eine sorgfältige
Prüfung des Verhältnisses der mimetischen Formen zu ihrer Um-
gebung und zu den nachgeahmten Arten verhinderte. Hier ist also
noch eine merkliche Lücke auszufüllen.
In der beistehenden Abbildung versuche ich einen allgemeinen
Begriff von der Art und dem Umfang einiger der festgestellten
Nachahmungen zu geben. Der bedauerliche Mangel bei der Über-
mittlung mimetischer Beispiele an die Öffentlichkeit, die Unmöglich-
keit wissenschaftlich einwandfreier Darstellung ließ sich dabei nicht
bezwingen. Vorbild und Nachahmer sind w^ohl unter gleichen, die
Objektivität des zu zeigenden möglichst wahrenden, Bedingungen
nach Präparaten wiedergegeben, an denen absolut nichts zur Er-
höhung der Täuschung gekünstelt wurde. Es sind aber eben tote
Körper, ein lebloser Ausschnitt aus dem Zusammenhang einer bio-
IB*
196
J. VOSSELER.
logischen p]inlieit, ohne Bewegung, ohne die natürlichen Farben-.
Licht- und Schattenwirkungen, ohne jede Beziehung zur Umgebung
und den Lebensäußerungen der Tiere oder zur Außenwelt überhaupt.
Dureli die Totenstarre geht wie durch Schrumpfungen ein Teil vom
Habitus verloren, die Vergrößerung verändert den natürlichen Seh-
abstand, und schließlich wird häufig durch die Reproduktion noch
ein Teil charakteristischer Eigenschaften und Feinheiten des Original-
bildes verflacht. Diese Übelstände sind bekannt. Sie seien jedoch
Fig. N.
Ameisen und ihre Nachahmer aus Amani.
Vorbilder
a Camponotus 7-ufoglaucus Jord. \
b Myrmica cumenoidefi Gehst. (
c' Salticus icJaieunton? Araneide
Mh-perm-L&rve (vgl. Fig. 12a). Hemiptere
Larven von Eurycorypha-Mjjrinecophana (Locustide)
Phijllocrania, Mantide
Formiconiiis. Coleoptere
Nachahmer
1.6:1; c' = 2,25:1.
im Hinblick auf die Fig. N besonders deshalb an dieser Stelle
hervorgehoben, damit der Abstand der lebendigen \A'irklichkeit von
der Darstellung leichter erklärt und gewürdigt werde. Trotz aller
Die Gattung- Myrmecophana Brunner. 197
Mängfel dürfte es dem Fachmann schwer fallen, die verscliiedenen
Arten in dem zwanglosen Durcheinander auf den ersten Blick zu
erkennen.
Eine andere zu den Pyrrhocoriden gehörige und von Gerstäcker ^)
als Myrmoplasta mira n. y. n. sp. beschriebene Wanze aus Rosasako
Usaramo in Deutsch Ost-Afrika sieht ebenfalls einer Ameise ähnlich,
aber so täuschend, speziell der Folyrhacliis gayates Smitu, daß sie
mit dieser und Ponera tarsata Fab. als Ameise eingesandt wurde.
Nach Gerstäcker ist: „der Ameisenhabitus an dieser Art durch den
kurzen, kugligen, gegen den Thorax tief abgeschnürten Hinterleib
in gleich prägnanter Weise wie bei der Capsinen-Gattung Myrme-
coris gorski und noch ungleich schärfer als an der gleichfalls aus
dem tropischen Afrika stammenden kleinen Locustine Myrmecopliana
fallax Brunner ausgeprägt."
Eine zweite Art derselben Gattung, M. vittiventris, entdeckte
Angelo de Carlini -) an dem von Casati aus Nkole (Somaliland)
mitgebrachten zentral-afrikanischen Material.
Diese beiden Hemipteren interessieren uns besonders als Be-
wohner desselben Verbreitungsgebiets wie Myrmecophana, die ich
aber trotz Gerstäcker's Urteil für ameisenähnlicher halte. Mehr
als wahrscheinlich wird eine größere Beachtung der kleinen Arthro-
poden noch weitere hierher gehörige Beispiele von Mimikry zutage
fördern. Ich muß mich aus Mangel an literarischen Hilfsmitteln
auf die angeführten Fälle beschränken, möchte jedoch nicht unter-
lassen, zum Vergleiche einige weitere aus andern Gebieten anzu-
führen.
Aus der mit der afrikanischen in manchen Punkten verwandten
Fauna Ceylons beschreibt Kirby^) eine ebenfalls äußerst ameisen-
ähnliche AVanze, Formicoris in flatus, von der er sagt: „I cannot fix
the exact affinities of this remarkable insect; but I place it pro-
visionally near Myocoris, which it resembles in the form of the head.
1) BestimmuDg der von Herrn Dr. Stuhlmann in Ost-Afrika ge-
sammelten Hemiptera, in: Jahrb. Hamburg. Wissensch. Anstalten, Vol. 9.
1892, p. 9 mit Abb.
2) Rincoti di Nkole (Africa Centrale), in: Bull. Soc. Italiana, Anno
26, Trim. 3—4, 1894.
3) KiRBY, W. F., Catalogue of the described Hemiptera Heteroptera
and Homoptera of Ceylon , based on the Collection formed (chiefly at
Pundaloya) by Mr. E. Ernest Green, in: Journ. Linn. Soc. London,
Zool., Vol. 24, 1891, p. 122, tab. 4, fig. 17.
198 J- VOSSELER,
It is uiidoubtedly one of tlie Reduviidae and is of extreme interest
on account of its extraordinaiy resemblance to tlie black spiny
arboreal aiits of tlie genus Hoplomyrmus Gerst. (Folyrliadm Smith),
so common in tlie East Indies. F. inflatus, or a closely-allied species,
seems to be common in all part.s of India, as well as in Ceylon (cfr.
Proc. entomol. Soc. London, July 1891)."
Auf einer meiner ersten Reisen in Oran käscherte ich von einem
Grasbusch neben mehreren Ameisen eine kleine Wanze (vermutlich
eine uno:eflüg'elte Capsidei, die deren vollendetes Ebenbild war und
selbst an der Nadel den Habitus des Modells so vollkommen be-
wahrte, daß ein Spezialist das ihm zur Bestimmung- übersandte Tiere
samt den Vorbildern als Ameise wieder zurückgab. Die Einschnürung
des Hinterleibs war auch bei dieser Form durch weiße Seitenflecken
dargestellt. Leider vermag ich über die Lebensweise, Art und
Gattung dieses bei spätem Nachforschungen nicht wieder gefundenen
Tieres gar keine nähern Angaben zu machen.
Schon aus dieser kleinen, wahrscheinlich sehr unvollständigen^)
Aufzählung ist ein gewisses Bestreben der Hemipteren ersichtlich,
sich unter den Schutz der Ameisenmaske zu stellen, selbst ganz
bestimmte Vorlagen zu imitieren. Finden wir doch unter den
Ameisenmimikern (unter Weglassung der undeterminierten Arten)
Vertreter von 3 verschiedenen Familien: Pyrrhocoriden, Capsiden
und Reduviiden.
Vielleicht noch häufiger werden Ameisen von Spinnen nachgeahmt,
vor allem in Südamerika. Aus den o Unterordnungen der Tubitelae,
Saltigradae und Laterigradae zählt Dahl -) in einer Zusammenstellung
nicht weniger als 13 Arten von dort auf, 10 allein aus der Gattung
Myrmeciiim.
Unter andern Insectengruppen scheint diese Mimikry dünner
gesät zu sein. 2 mir unzugängliche Arbeiten aus neuerer Zeit er-
wähnen wenigstens Ähnlichkeiten zwischen Ameisen und Coleopteren.^)
1) KiRKALDY, in: Trans, entomol. Soc. London, 1902, p. 249, tab. 6,'
erwähnt z. B. eine flügellose ameisenähnliche Wanze. Die Abhandlung
stand mir nicht zur Verfügung.
2) Li: Naturw. AVochenschr. (N. F.), Vol. 6, No. 48, 1. Dez. 1907,
p. 767.
3) Beuttenmüller, W., Notes on some beetles from the Black
mountains etc., in: Bull. Amer. Mus., Vol. 19, p. 511, sowie: DONIST-
HORPE, H., Some speculations on ant's nest Beetles, in : Trans. Leicester
Soc, Vol. 6, p. 224.
Die Gattung Myrmecophana Brunner 199
Eine weitere Nachahmung- einer Ameise durch ein Orthopterou
teilt uns K. Fiebrig^) aus Paraguay mit. Eine kleine zuerst als
}i. (j. et sp. bezeichnete, im Nachtrag- ohne weitere Erklärung als
PhjUoscirtus macilentus eingeführte Gryllide verhält sich in allen
Ständen ameisenähnlich, soll aber vielleicht von der Ameise, mit
der sie dieselben Pflanzen bewohnt, gefüttert werden. Wahrschein-
lich pflegt auch sie die Fühler vibrierend zu bewegen (p. 351 Anm.).
Es ist ein kleines 7 — 8 mm langes, von Fiebhki mit der Brünner-
sclien 3Iyrmecopliana verglichenes Tierchen, das zugunsten der
Mimikry eine ganze Reihe von charakteristischen Grjilenmerkmalen
abgestreift hat und von der ebenfalls die „petiolale Einschnürung
durch die helle ockergelbe Färbung der Tegmenbasis nachgeahmt
(auch von der Seite gesehen), auch die Basis des Hinterfemurs ist
seiner Lage entsprechend hell". Fiebrig betont diese Einrichtung
als das Tj'pische einer großen Zahl von Ameisen-Mimikern.
Etwas weniger sorgfältig ahmt die Gattung Scaphura Ameisen
nach. DoHRN -) sagt darüber: „Beiläufig mache ich noch auf einen
ähnlichen Fall aufmerksam, bei dem die Mimetik innerhalb des
Hymenopteren-Typus sich vollzieht. Bei Scaphura, der bekannten
wespenartigen Phaneropteride, ist die auffallend ameisenartig ge-
staltete Larvenform in ihren frühern Stadien mit dünnen, an der
Basis kaum verdickten Vorderschienen ohne Gehörgriibe ausgestattet.
Die Stelle, an welcher sie später erscheint, ist nur durch einen
seichten Eindruck angedeutet."
Da nun die tibialen Hörgruben wohl bei keiner erwachsenen
Phaneropteride fehlen, spricht Dohrx die Vermutung aus, daß Myr-
mecophana nur eine Larvenform sei.
Es ist nun sehr bezeichnend und für das „pro et contra" der
Mimikry theorie viel zu wenig beachtet, daß nicht nur die mime-
tischen (rattungen und Arten im ganzen von den Verwandten ab-
weichen, sondern auch in den Einzelheiten der Herstellung der
Nachäffung eigne ungewöhnliche A\'ege gehen. Dazu kommt aber
noch die weitere bemerkenswerte Tatsache, daß die den Mimikern
1) Eine ameisenähnliche Gryllide aus Paraguay: Myrmegryllus dipterus
n. g. n. sp., mit 10 Abb., in: Ztsclir. wiss. Insektenbiologie, Vol. 3,
Heffc 4, April 1907, p. 101 — 106 und: Nachtrag zu Phylloscirtus ma-
cilentus Sauss., mit 2 Abb., ibid., Heft 10—11, Jan. 1908, p. 350—352.
2) DoHRN, H., Neue und ungenügend bekannte Phaneropteriden aus
dem malayischen Faunengebiete, in: Stettin, entomol. Ztg., Jg. 53, 1892,
p. ö5 — 66.
200 J- VOSSELER,
nächststehenden Formen häufig ebenfalls Verwandlungskünstler sind,
aber ihrer Lebensweise entsprechend wieder ein ganz anderes Vor-
bild benützen. Die Phaneropteride Condylodera tricondyloides Westw.')
(= Trochalodera violascens Be. ^) ahmt die Cicindelen-Gattung Tri-
condißa so überzeugend nach, daß Westwood sie anfangs dort ein-
reihte und GeestÄckee^) zu dem Urteil veranlaßte: „was an dieser
merkwürdigen C. tricondyloides nur irgendwie zu modiflciren war,
ohne die Heuschreckennatur zu suspendiren, das ist (nach der von
Westwood gegebenen Abbildung zu urteilen) . . . vollständig nach
dem Vorbild von Tricondijla gebaut." Die vorhin erwähnte ScapJmra
imitiert im erwachsenen Zustand Arten der Wespen Pepsis und
Ponipihis, nachgewiesene Heuschreckenfeinde. Zwei südamerikanische
Gryllodeen, Scepasfus und Phylloscirtus sind wiederum cicindelenähnlich
und gleichen Angehörigen der Gattung Odontocheila. Unter den
Spinnen sind ebenfalls Nachahmungen von Käfern nachgewiesen, von
denen die von Dahl^) im Riesengebirge entdeckte zwischen einer
Springspinne und einem Rüsselkäfer so vollkommen war, daß der
Beobachter die Stücke nur dann sicher unterschied, wenn er iliueu
sein Auge auf normale Sehweite nähern und allenfalls noch das
Tastgefühl zu Hilfe nehmen konnte.
'ö'
Zur Entstehung der Ameisenähulichkeit.
Auf die große Schwierigkeit, zu diesem heiklen Gegenstand
positive Daten beizusteuern, wurde früher schon hingewiesen. In
der Literatur finden sich nur allgemeine Vermutungen über die Ent-
wicklung angepaßter Formen. Über die äußern Umstände, die beim
Beginn der eigenartigen Umformung der Myrmecophmm zusammen-
wirkten, ist auch mit Hilfe des biogenetischen Gesetzes niclits zu
ermitteln. Ob und welche biologische bzw. ethologische Beziehungen
1) Westwood, J. 0., Illustrations of the relationships existing araongst
natural objects, usually termed affiDity and analogy , selected from the
class of Insects , in: Trans. Linn. Soc. London, 1840, Vol. 18, p. 409
bis 421, tab. 28.
2) Beunnee, C, Monographie der Phaneropteriden, Wien 1878 (8 Taf.).
3) GeestÄCKEE, A., Scepastus und Phylloscirtus, 2 käferähnliche
Gryllodeen- Gattungen, in: Stettin, entomol. Ztschr., Jg. 24, 1863, p. 408
bis 436, tab. 1.
4) Dahl, f., Täuschende Ähnlichkeit zwischen einer deutschen Spring-
spinne (Ballus depressus) und einem am gleichen Ort vorkommenden Rüssel-
käfer (Strophosomus capitatus), in : SB. Ges. naturf. Freunde Berlin,
Jg. 1903, p. 273—278.
Die G.ittung- M3'riiiecophana Brunner. 201
einst in (nitlegener Zeit den Anstoß zur Abweichung vom Heu-
sclireckentypus gegeben haben, wird eine ungelöste Frage bleiben.
Dagegen bietet die nunmehr bekannte Entwicklung unserer Art —
einschließlich des reifen Embryos — und die systematische Yer-
gleichung verwandter Species und Genera eine Handhabe zur Be-
urteilung einiger somatischer Anpassungserscheinungen.
Der Habitus der Ameise wird in erster Linie durch den freien
Kopf und das verschmälerte Pronotum. außerdem durch entsprechende
Färbung bedingt. Beim reifen Embryo und sog. kriechenden Stadium
suchen wir diese ]\[erkmale vergeblich; sie sind aus Zweckmäßigkeits-
gründen (Raumausnützung) im Ei noch nicht entwickelt. Das Pro-
notum ist noch sehr verkürzt, ebenso dick wie der Kopf und noch
nicht eingeschnürt (Fig. B Pr). Die typische Gestaltung des Körpers
und die Fäi'bung erfolgt erst beim Auskriechen. Die Größe, Form
und Art der Unterbringung der Eier sowie die Nahrung der Jungen
sind darauf ohne Einfluß, zudem nicht spezifisch.
Die Ontogenie gibt uns ebenfalls keine genügende Erklärung
für das Zustandekommen der Ameisenähnlichkeit, wenigstens vorerst
nicht, ehe weitere Arten daraufhin geprüft sind.
Beim Versuch, aus der Stammesgeschichte Näheres darüber zu
erfahren, leitet uns Beunner's „Monographie der Phaneropterideu''
auf die kleine Gruppe der Leptoderac hin, zu der er ja auch Mijrme-
cophana stellte, die jedoch nach vorstehenden Ermittlungen sehr
entfernt davon in einem System unter der Gruppe der Amblycorijphae
unterzubringen ist. Von den Leptoderae verbleiben also nur die
2 Gattungen Leptodera und Trochalodera (= Condijlodera) mit je
1 Art. Beide sind durch ein langes schmales Pronotum und einen
freien Kopf ausgezeichnet. Condijlodera zeigt trotz der doppelten
Einschnürung des Pronotums große Ähnlichkeit mit Mijrmecophana.
DoHEx weist darauf hin, daß die in der Entwicklung der Flügel
stehen gebliebene Form im Larvenstadium anfangs ein fast glattes,
später aber ein leicht gewelltes, nach hinten sich erweiterndes Pro-
notum besitze (1. c, p. 65 mit Abb.). Im Gegensatz zur Myrrncco-
phana erhält also erst das fertige Tier die unter den Phaneropteriden
so seltne Plastik. Die Farbe ist braunschwarz.
Unter den nähern Verwandten der Amblycoryphen ahmen nach
Dohen's Mitteilungen die Larven von Scaphura Ameisen auffallend
nach (Sc. nitida Peety, 1, c, p. (36 mit Abb.), ihr Pronotum ist aber
noch nicht eingeschnürt, wie das der Imago, ihr Kopf frei, die Farbe
ebenfalls dunkel. Es stehen also Vertreter von 3 Gruppen der
202 J- VOSSELER,
Plianeropteriden sich in Bezielmng auf Mimikry nahe, noch näher
in der Art der Abweichung vom Typus ihres Stammes. Geographisch
aber sind sie weit getrennt: die beiden Leptoderen leben in Java,
die Gattung Scaplmra ist auf Südamerika und Eurycorypha auf das
tropische und südliche Afrika einschließlich Madagaskar beschränkt.
Unter den 161 BRUNNEii'schen Gattungen der Phaneropteriden
treten nur 3 durch die Fähigkeit liervor, etwas anderes nachzuahmen
als die gewöhnliche ßlattähnlichkeit. Vor der P^ntdeckung weiterer
Beispiele für die hier behandelte Art der Mimikry wird man also
nicht behaupten können, daß sie eine dem ganzen Tribus inhärente,
phylogenetisch gesteigerte und verfolgbare Eigenschaft sei. Das
zugängliche Tatsachenmaterial weist vielmehr nur darauf hin, daß
sie in den verschiedenen Erdteilen spontan entstanden zu denken
ist, vielleicht im Zusammenhang mit nicht näher ermittelbaren Kon-
vergenzerscheinungen. Die einzigen etwa annehmbaren verwandt-
schaftlichen Beziehungen von Myrmecophana könnten bei Condylodera
gefunden werden, die dann als eine in der angenommenen Richtung
der Nachahmung vorgeschrittenere Form anzusehen wäre, weil sie
sie während der ganzen ontogenetischen Entwicklung beibehält.
Andeutungen oder Übergänge von der normalen Gestalt des Kopfes
und Vorderkörpers der Phaneropteriden zu der extrem aberranten
vermag ich unter den vielen von Brunner abgebildeten Arten nicht
zu erkennen. Die Larven aber, auf die es in erster Linie ankommt,
sind leider fast durchweg so gut wie unbekannt, d. h. sehr wahr-
scheinlich wohl gesammelt, aber wegen der Schwierigkeit der Identi-
fizierung nicht beschrieben. Ich glaube aber nicht, daß eine ver-
wandte, etwa darunter befindliche Art mit einigermaßen auffallendem
Habitus der Beachtung und Veröffentlichung entgangen wäre. Im
Verhältnis zur Artenzahl der Phaneropteriden — nach Brunner
etwa 585 — ist die Zahl der in dem behandelten Sinne mimetischen
Formen — 3 — geradezu verschwindend. Auch wenn sie sich nach
weitern Entdeckungen verdoppelt und verdreifacht, wird sich das
prozentuale Verhältnis nur unwesentlich verschieben. Nach wie vor
wird die Ameisenähnlichkeit den Charakter einer unvermittelten,
sprungweise entstandenen Erscheinung unter einer großen Menge
normal gestalteter Verwandter bewahren.
Sollte aber auch die Zukunft diese vorerst bestehende Kluft
durch den Nachweis von Verbindungsgliedern zu überbrücken vei-
mögen, so bleibt noch die weit schwierigere Aufgabe der Erklärung
bestehen, wie die Übereinstimmung zwischen dem Maskenkleid und
Die Gattung Mj'nnecopliana Brunner. 203
dem Betragen der Myrmecophmia zustande gekoninien sein mag-.
Diese Harmonie ist um so rätselhafter, als sie mit dem Fortschritt
der Entwicklung innerhalb weniger Tage in eine völlig anders
geartete übergeht.
Am ehesten wird vielleicht aus dem biologischen Verhalten der
Art eine Erklärung für die Vielseitigkeit und Vollkommenheit ihrer
Nachahmung abgeleitet werden kcinnen. Die Ernährungsweise, direkte
oder indirekte Beziehungen zu Ameisen, kommen nach meiner Er-
fahrung nicht in Betracht, sehr wahrscheinlich aber der Modus der
Fortpflanzung. Die Eiablage zieht sich über 6 Monate hin; während
dieser Zeit werden täglich nur 2—3 Eier von einem Weibchen
l)roduziert. Durch den periodischen Laubabwurf der Nähr- und
Brutpflanze gelangen sie häufig auf oder durch Regenschlag in den
Boden, werden auch vom Winde fortgetragen. Ihre Entwicklung
ist von den Niederschlägen bzw. von wochenlang andauernder
Feuchtigkeit abhängig. Diese Konjunkturen lassen den Verlust eines
großen Teiles dei' Nachkommenschaft sehr naheliegend ersclieinen,
vor allem in Jahren mit abnormem Witterungsgang, mit langen nur
durch wenige Regentage unterbrochenen Trockenperioden oder zu
starken Regengüssen. Vermögen alle diese Umstände zur Verminde-
rung der Brut beizutragen, so muß andrerseits auch die langsame
Entwicklung der Eier im Mutterleibe als nachteilig für die Fort-
pflanzung und Vermehrung angesehen werden. Wenn die weiblichen
Tiere auch in der Gefangenschaft lange leben und eine ansehnliche
Zahl von Eiern absetzen, so ist dies in der Natur so gut wie aus-
geschlossen. Die Gefahren des Freilebens werden dem Legegeschäft
in der Regel ein vorzeitiges Ende bereiten. Demnach ist es wohl
denkbar, daß durch die Mimikry diesen die Vermehrung beschränken-
den Faktoren entgegengewirkt wird. Man wird dann annehmen
müssen, daß für die Larven die Erwerbung des Maskenkleides
weniger schwierig war als für die A^'eibchen eine Änderung in der
Art und Weise der Eiproduktion und -abläge.
A'ergleichiiug der bekannten MtjrmerojtJiana-Jjuryeu.
Wie eingangs angedeutet weicht die BEuxNER'sche Larvenform
von der meinigen in einigen Punkten der Beschreibung ab, wenig
nur, aber doch genügend, um den Verdacht zu erwecken, es könnte
sich um eine zweite Art handeln. Eine genaueste Prüfung des bis
jetzt bekannten, allerdings sehr geringfügigen Materials erschien
um so mehr angezeigt, als Brunnek als anerkannt genauer Beobachter
204 J- VOSSELER.
sich wohl kaum geirrt haben wiid, zudem die Wahrscheinlichkeit
ähnlicher Mimikry auch für die übrigen 7 Arten der Gattung Euryco-
rypha nahe liegt.
Die Typenexemplare von Myrmecophana fallax besitzen nur kurze
Fühler, die kaum über das Pronotum wegreichen und am Anfang
wenig verdickt sind; die ost-usambarische Art aber trägt in allen
Larvenstadien über körperlange Antennen. Obwohl sie leicht ab-
brechen und sich wieder regenerieren, muß doch daran gezweifelt
werden, daß dieselbe Art der Verletzung und Ausheilung zufällig an
mehreren oder auch nur 2 Exemplaren in gleichem Sinne vorkomme.
Nach meinen Beobachtungen verlängert sich ein nahe der Basis
gebrochener Fühler schon mit der nächsten Häutung um 8 mm.
Wäre Brünner durch die Heilung auch die Intaktheit des Gliedes
vorgetäuscht worden, so hätte die Länge doch bedeutend mehr be-
tragen müssen.
Von den Abzeichen erwähnt Brunner nur die weißen Flecken
am Anfang der Abdomenseiten, nicht aber die stets (selbst im
4. Stadium) vorhandenen weißen Ivommazeichen auf den Seiten der
Pronotummitte und den hellen Querring auf dem distalen Drittel
der Hinterschenkel, Merkmale also, die nicht leicht übersehen werden
können.
Für das 3. Stadium, dem das sudanesische Weibchen angehört,
sind die äußern Gesclilechtsorgane, im Verhältnis zu den von mir
untersuchten Exemplaren auffallend schlank, die Valven schon so
eng zusammengerückt, daß sie die Hillsklappen verdecken. Es ist
kaum anzunehmen, daß diese Eigenschaften nur durch zufällige
Lagerung entstanden. Zeichen eines andern Entwicklungsstandes
sind sie sicher nicht.
Durch sorgfältige Vergleich ung gewännen die angeführten Ab-
weichungen zwischen den gegenübergestellten 2 Formen den Wert
specifischer Unterschiede. Unter der Voraussetzung der Richtigkeit
der BRUNNER'schen Angaben gehört Myrmecophana fallax zu einer
andern als der usambarischen Eurycorypha. Hir früh verlängei'ter
Legestachel weist auf eine Art hin, die auch als Imago sich durch
längere äußere Genitalapparate auszeichnet als unsere Form. An-
gesichts der mangelhaft bekannten geographischen Verbi-eitung und
unvollständigen Kenntnis der Weibchen halte ich jeden Hinweis auf
eine bestimmte Art für verfrüht.
Die von Karsch erwähnte M. fallax aus Mombassa gehört wohl
sicher zu Eur. prasinata, da diese von demselben Fundort erwähnt
Die Gattung Myrmecophaiia Brunner. 205
ist. andere Arten dort nocli nicht g-efunden wurden. ]\rit einiger
Sicherheit ist demnach für 2— H Arten der Gattung- Eurycoriji^ha
die Übereinstinnnung- der nachenibryonalen Entwicklung-, die Gleich-
lieit der schützenden Älinliclikcit mit Formiciden wälirend der
3 ersten freien Larvenstände nachgewiesen. Dadurch wächst die
Aussicht auf ein ähnliches Verhalten der übrigen Mitgliedei- der
Gattung sowie auf die Mögfjichkeit der Entdeckung weiterer Modu-
lationen in der Herstellung der betretfenden Mimikry und greifbarere
Anhaltspunkte für ihr Zustandekommen.
Ziisainnienfassuiig der Ergel)nisse.
Ein abschließender Überblick über die Gesamtheit der ge-
machten Wahrnehmungen und der aus den Untersuchungen abge-
leiteten Resultate mag zur Hervorhebung der mir am wichtigsten
scheinenden Punkte dienen. Als besonderer Beachtung wert er-
achte ich folgendes:
1. Mijrmecopliana fallax Bk. ist ein Jugendstadium der Phanero-
pteriden-Gattung Eurycorypha aus der Gruppe der Amblycoryphen.
Die Gattungsnamen sind synonjm, an Stelle des Jüngern hat Eury-
corypha zu treten. Die Identität der Art M. fallax muß noch fest-
gestellt werden.
2. Die Larven zweier (vielleicht aller?) Eurycorypha machen
ein kriechendes und 6 springende Stadien durch, verändern dabei
4mal ihr Äußeres und Gebaren, z. T. auch die Lebensweise.
3. Sie ahmen während der 3 ersten si)]ingenden Entwicklungs-
stände Ameisen , während die 2 letzten Stadien und als Liiago
Pflanzenblätter durch Form, Farbe und Benehmen täuschend nach,
bilden im 4. einen Übergang zwischen beiden Extremen.
4. Die mit dem Wechsel der Nachahmungen verbundenen Ver-
änderungen übertretfen alle bisher von Orthopteren bekannt ge-
wordenen und stimmen jeweils derart mit den biologischen Ver-
hältnissen der Umgebung überein, daß sie der Art nachweisbar zum
Vorteil gereichen.
5. Die Färbung der Ameisen imitierenden Larven entsteht ohne
ersichtliche Einwirkung äußerer Ursachen, die der Blätter imitieren-
den aber ist bis zu einem gewissen Grade dem Einflüsse der Um-
gebung bzw. Nahrung unterworfen.
6. Die Entstehung der Ameisen-Mimikry ist vielleicht aus bio-
logischen Beziehungen, nicht aber embryologisch, onto- oder phylo-
genetisch völlig zu erklären.
206 J- VOSSELER,
7. Der von Brunner eingefülirte Begriff „h3q)ertelisclie Nach-
ahmung-" kann nicht aufrecht erhalten werden, trifft insbesondere
auf Myrmecophana nicht zu.
8. Vergleicht man endlicli den vorliegenden Fall von Mimikry
mit andern zuverlässig beobachteten und beschriebenen Beispielen,
so findet sich neben einer vollkommenen Übereinstimmung bezüglich
der allgemeinen für die Theorie gestellten Regeln eine bemerkens-
werte Besonderheit. Während die meisten nachahmenden Formen
nur ein Vorbild und dieses stets in derselben Weise kopieren,
andere, wie die Blattschmetterlinge, manche Acridier usw. durch
individuelle Variation die ganze Skala der Verschiedenheit und Ver-
änderlichkeit eines Geg-enstandes (z. B. toten Laubes) wiedergeben,
geht die Eurijcorypha-ljSir\e durch die Nachbildung zweier total ver-
schiedener Objekte unter gleiciizeitiger Darstellung der Abstufungen
der Vorlage einen wesentlichen Schritt weiter. Es findet also unter
Einschaltung eines Zwischenstadiums eine regelrechte Umformung
statt, die somatischen Veränderungen aber werden von gleichsinnigen
psychischen begleitet und unterstützt. Zum Unterschied von den
einfachen Beispielen alternierender oder progressiver Anpassung, in
denen eine Art die Verschiedenheiten der Umgebung individuell
wiedergibt oder deren Veränderungen im Laufe der Entwicklung
folgt, könnte man das hier behandelte als „tr ans form ative
Mimikry" bezeichnen, wenn, wie zu erwarten, die Erscheinung-
unter den Arthropoden und andern Tierklassen noch häufiger nach-
gewiesen wird. Einen schwächern Grad dieser Art von Mimikrj'
erkenne ich in der Umwandlung der Eaupe von Papilio demoleus L.
wähi-end der 5 Larvenstadien.') Das 1. — 3. ahmt durch Plastik und
Farbe geformten festen, das 4. seiner heilern Färbung, verminderten
Höckerzahl der Haut und weniger plastischen Zeichnung wegen,
dünnen vertrockneten Vogelkot täuschend nach und benimmt sich
entsprechend der Unbeweglichkeit des Vorbildes, d. h. sitzt tags-
über nahezu vollkommen still auf der Oberseite der Blätter der
Nährpflanze, auch dann, wenn sie im 5. und letzten Stadium mit
einem Male sympathische Färbung angenommen hat.
In erfreulicher Weise wird neuerdings gegen laienhafte Häufung
von Beiträgen zur Mimikrytheorie Front gemacht, werden die
1) VosSELER, J., Abnorme Eiablage und Entwicklung von Papilio
demoleus L., in : Ztschr. wiss. Insektenbiolo^ie, Vol. 3, Heft 7, 9. Dez.
1907, p. 208.
Die Gattung Myrmecophana Brunnkr. 207
Forderungen nach kritiscli und logisch Avissenschaftlichen Grund-
lagen immer schärfer präzisiert, namentlich auch von selten der
Entomologen der Wert weniger aber gut verbürgter Fälle hervor-
gehoben im Gegensatz zu den vielen die Klarheit des Überblickes
beeinträchtigenden Scheinfällen . die vor der einfachsten Prüfung
nicht standhalten . oft nicht einmal im Leben beobachtet sind,
trotzdem aber fortgesetzt als Belege für die Theorie aufgetischt
werden.
Auch der vorstehend behandelte Fall ist noch nicht nach allen
Richtungen durchleuchtet und wird wohl auch stets den letzten Er-
klärungsversuchen widerstehen. Dennoch bietet das bis jetzt zu-
sammengetragene Tatsachenmaterial nach meinem Dafürhalten so viel
Beachtenswertes, daß es bei künftigen Erörterungen über das bio-
logische Kapitel „JMimikry' nicht unberücksichtigt bleiben kann,
einerlei, in welchem Sinn es Verwendung finden wird. Angesichts
dieser Bedeutung halte ich es für wünschenswert, daß meine unter
erschwerenden Verhältnissen durchgeführten Beobachtungen von
Fachgenossen wiederholt werden. Voraussichtlich bietet dies keine
Schwierigkeiten, denn Eurycorijpha ist leichter zu züchten als irgend
eine mir bekannte Heuschrecke und hält sehr wahrscheinlich den
europäischen Sommer im Freien, kalte Zeiten im temperierten
Zimmer oder in Gewächshäusern aus, die lange Ruhe der Eier in
trockenen Blättern aber ermöglicht die Versendung.
Aufzucht uud Pflege der EKrijcovypIia,
Um nicht später noch einmal darauf zurückkommen zu müssen,
gebe ich anhangsweise einige von mir bewährt gefundenen Winke
über die Haltung der Tiere für Kollegen, die sich damit befassen
wollen.
Die Eier werden mit den sie einschließenden Blättern am besten
in einer verschließbaren Glasschale auf feuchten Sand oder Erde
gelegt und bei einer Temperatur zwischen 16 und 26*^ C, vor Sonnen-
bestrahlung beschützt, ausgebrütet. Nach 1 — l'/o Monaten erfolgt
das Auskriechen der Jungen. Verschimmeln und Verfaulen der
Blätter stört die Entwicklung nicht, wohl aber ein Übermaß von
Feuchtigkeit, das die Eier in Tropfen einhüllt. Die Jungen pflegen
in den Morgen- und Vormittagsstunden zu erscheinen und bald in
dem Behälter hoch zu kriechen. Diese Gewohnheit benutze man,
um sie zur Überführung in Zuchtkäfige mit Glastuben zu fangen,
208 J- VOSSBLER,
beachte aber dabei, daß sie bei Berührung' leicht weg-springen. aller-
dings auf hellem Grund unschwer wieder zu finden sind.
Als erstes Futter reicht man ihnen am besten Blütenblätter.
Rosen nehmen sie sehr g-erne an, sehr wahrscheinlich auch viele
europäische Feld- und Gartenblumen und zarte Grünblätter. Un-
schwer auch gehen sie auf Nahrungswechsel ein; demgemäß wird
es kaum mißlingen, ein passendes, immer zur Verfügung- stehendes
Futter zu finden, besonders wo Gewächshäuser benützt weiden
können.
Zur Einzelbeobachtung genügen kleine, etwa 250—300 ccm
fassende Einmachegläser mit Gazeverschluß oder mit Drahtgaze
überspannten Schraubdeckeln, oder abei- kleine Holzzuchtschachteln
mit Glasschiebedeckel. Bei dem täglich oder je nach dem Erhaltungs-
zustand der Kräuter nur alle 2 Tage vorzunehmenden Futterwechsel
halte man die Behälter so, daß die Tiere nach dem geschlossen
bleibenden Teil kriechen können, also z. ß. die Gläser mit der
Olfnung- etwas nach unten geneig-t. In zweiseitig verglasten Kästchen
von 9 X 11 X 18 cm wurden oft bis 5 Heuschrecken großgezogen,
als Imago gehalten und zur Fortpflanzung gebracht.
Ebenso erfolgreich und weniger mühevoll ist die auch für Raupen
übliche Zuchtmethode in oben und unten mit Tuch verschließbaren
Drahtgazezylinderu, die über Zweige oder ganze Pflanzen hergebunden
werden. Namentlich für Topfpflanzen erscheint mir diese Methode
geeignet.
Übersprühen mit Wasser ist nicht schädlich, abei- auch nicht
absolut nötig, da die Tiere mit den in der Nahrung enthaltenen
Säften auskommen, wenigstens in ihrem Heimatland mit etwa 85 7o
Luftfeuchtigkeit. Wie ihr Wasserbedürfnis in trocknern Klimaten
sich gestaltet, wird erst zu ermitteln sein. Die Behältnisse sind nur
etwa alle 3 — 4 Tage zu reinigen, die Gazezylinder nie, es sei denn,
daß mit Eiern beschickte Blätter der Nährpflanze abgefallen sind
und zur Ausbrütung abgesondert werden müssen.
Bisweilen werden von erwachsenen Tieren mit dem Blattgrün
auch die etwa darin eingebetteten Eier angebissen und vernichtet.
Will man solche Verluste vermeiden, so entferne man täglich die
frischen Gelege und bewahre sie, mit Datum bezeichnet, trocken
auf, bis sie in die feuchte Kammer kommen, am besten nicht in
dicht verschlossenen Gefäßen, sondern in Pappschachteln und in
einem Raum, der nicht unter 15" C hat. Besetzte Blätter erkennt
Die Gattnug- Myrniecophana Brunne«. 209
man in durchfallendem Licht, wobei die Eier — oft 2 — 3 ^) neben-
einander — dunkel hervortreten.
Als Demonstrationsobjekt l'ür Vorträg-e über ]\limikry, zu ex-
perimentellen Versuchen über den Einfluß der Nahrung- auf bestimmte
Körperfarben -) und zu Untersuchungen über die Embryonalentwick-
lung- eignen sich die Eurycoryphen vortrefflich, da die langsame,
aber mehrere Monate hindurch fortgesetzte Eiablage täglich frisches
Material, damit auch die Mögliclikeit der Beschaffung lebender ganzer
postembrj^onaler Entwicklungsreihen darbietet. Der Züchter hat es
in der Hand, größere Mengen von Eiern anzusammeln und zusammen
oder in beliebigen Stufen zu erbrüten.
Vermöge ihrer Anspruchslosigkeit und langen Ausdauer eignet
sich Euryconjpha zum entomologischen Haus- und Versuchstier, wie
kaum eine zweite tropische Locustode. Unter sich sind sie voll-
kommen verträglich, können also zu mehreren in einem Behälter
untergebracht werden, wobei sie allerdings ab und zu sich gegen-
seitig die Flügel etwas anknabbern. Auf ihr Befinden bleibt dies
ohne Einfluß.
Im Hinblick auf die vielseitigen Vorteile für wissenschaftliche
Beobachtungen werde ich etwa vom Mai oder Juni an den Versuch
machen, Eier zur Verteilung an Interessenten nach Deutschland zu
senden und damit das merkwürdige Tierchen einzuführen.
Zum Schluß erfülle ich die angenehme Pflicht, Herrn Di-, med.
H. Krauss in Tübingen für die freundliche Beihilfe zu danken, die
er mir durch Auszüge aus unzugänglichen Abhandlungen leistete.
1) Ein einziges ganz in Gefangenschaft erzogenes Weibchen machte
einigemal Ausnahmen, legte bis 12 und 14 Eier auf einmal ab.
2) Die Veränderlichkeit der grünen Locustidenfarbe zum Zwecke der
Anpassung ist noch kaum erforscht. R. H. Thomas, Protective Mimicry,
in: Nature. Vol. 46, p. 612, erwähnt eine sonst grüne, auf verbrannter
Heide aber mit deren Farbe übereinstimmende Locustine, Häufiger er-
scheinen grüne Arten ohne erkennbare äußere Einwirkung in braunem oder
bräunlichgrauem Gewände, z. B. Conocephalus mand'dndaris, ebenso auch
die Mantide Polyspüota striata.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst.
14
210 J- VossELER, Die Gattung Myrmecophana Brxtnner.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 8.
Larven von Eurycorypha.
Fig. 1. Stadium 2, normal gefärbt.
Fig. 2. Stadium 3, braun und schwarz.
Fig. 3. Stadium 3, normal.
Fig. 4. Stadium 4, karminrot nach Fütterung mit roten Rosen,
Fig. 5. Stadium 5, normale Grünfärbung.
Fig. 6. Stadium 6, karminrot (mit roten Rosen gefüttert).
Fig. 7. Stadium 3, lichtbraun.
Fig. 1 u. 3 2,5 : 1, die übrigen Figuren 2:1.
yachdruck verboten.
Vbersetzungsrecht vorbehalten.
Über eine Besonderheit der Pferdezeiclinung.
Von
Dr. F. G. Kohii in Wien.
Mit 17 Abbildungen im Text.
Da die Färbung- des Pferdes bei der praktischen Kennzeiclmung-
des Individuums seit alters eine ^roße Rolle spielt, ist ein ausge-
bildetes künstliches System der Pferdefarben und Abzeichen, der
weißen Stellen an Kopf und Gliedmaßen, in jedem Lehrbuch der
praktischen Pferdekunde zu finden. Über die feinere Zeichnung des
Pferdes aber und ihre Bedeutung haben wir seit dem Erscheinen von
Daewin's Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande der
Domestikation wenig Neues erfahren. So ist auch dem Gegenstande
dieses .Aufsatzes, wenn ei" auch vielleicht in der umfangreichen
Spezialliteratur beiläufig erwähnt sein mag, von keiner Seite größere
Aufmerksamkeit geschenkt worden, so daß ich auf keine Literatur
hinweisen kann.
Bei ScHWAKZNECKER ^) liest man als Definition für Stichelhaar:
„Dem dunkeln Haar sind nur vereinzelt und versprengt
weiße Haare beigemischt, so daß erstere weitaus das Übergewicht
behaupten. Die weißen Haare findet man gewöhnlich am dichtesten
in den Flanken und an der Seh weif würz el." Bei der Beobach-
tung des Auftretens von weißem Haar an der letztgenannten Stelle,
d. i. dem Hautbezirk über den letzten Sacralwirbeln , den ersten,
noch in den Rumpf einbezogenen Caudalwirbeln und am Basalteil
des freien Schwanzes kam ich bald zu der Überzeugung, daß diese
scheinbar vereinzelten und versprengten Haare eine ziemlich regel-
1) G. ScHWAEZNECKEE, Racen, Züchtung und Haltung des Pferdes,
2. Aufl., Berlin 1884.
14*
212 F. G. KoHN,
inäßio-e Gruppierung- zeig-en und sich oft geradezuzu Binden zusammen-
schließen. Ich sehe mich genötigt, in den Kreis der Betrachtung
nicht nur Stichelhaarige im engern Sinne aufzunehmen, sondern auch
eineiseits Tiere, die nirgends außer an der genannten Stelle Ein-
mischung von weißem Haar ins dunkle Haarkleid aufweisen, andrer-
seits solche, bei denen die Beimengung pigmentlosen Haares so
reichlich ist, daß sie das Herkommen als Schimmel bezeichnet.
Es folgt die Schilderung des Tatbestandes an der Hand typi-
scher Fälle.
I. (Fig. A.)\) Ein mittelgroßes Equipagen pferd -), Rotfuchs mit
Blässe und liöhei' reichenden Abzeichen an 3 Extremitäten, ist am
ganzen Körper stäi'ker stichelhaaiig. Über den Rücken zieht sich
der als Aalstrich bekannte, dunkle longitudinale Streifen. Hart an
der Schwanzwurzel findet sich ein, über die ganze Breite des
Schwanzes verlaufender, weißer Querstreifen. Die Schwanzbasis ist
von der Farbe des Körperhaares. Dann folgt in schwach gewölbtem,
nach hinten offenem Bogen ein noch etwas breiterer Streif rein
weißgefärbten Langhaares. Nach einem mit Fuchshaar besetzten
Fig-. A. Fig". B.
1) Die beifolgenden Schemata mögen, da von den das Pferd be-
treffenden Figuren nur 6 nach der Photographie, die übrigen, wie die
Tigerpferd und Tapir darstellenden , nur nach an Ort und Stelle ent-
worfenen flüchtigen Zeichnungen ausgeführt sind, bloß als ein Mittel be-
trachtet werden, das eine leichtere Übersicht des Textes ermöglicht. Auf
eine naturgetreuere Abbildung, die auf größere technische Schwierigkeiten
stößt, glaube ich bei der leichten Erreichbarkeit des Materials verzichten
za dürfen.
2) Ich ziehe hier die Anführung der Verwendung einer Rasse-
bestimmung deshalb vor, weil bei der herrschenden Konvergenzzüchtung,
dem Streben nach einem mechanisch möglichst vollkommenen Reit- und
Wagenpferd einerseits und Lastpferd andrerseits . eine sichere morpho-
logisch-systematische Erkennung der Pferderassen fast unmöglich geworden
ist und so die Rasse eines Tieres nur durch den oft kaum zu ermittelnden
Stammbaum sichergestellt werden kann.
über eine Besonderheit der l'ferdezeichniuis?. ^i^
Intervall, dessen Breite dem an der ScUwanzwarzel g-elegenen ziem-
lich gleicht, schließt sich ein dritter Streifen weißer Haare an. der
jedoch nnr die Schwanzmitte einnimmt und in der Medianlinie durch
vom Aalstrich ableitbares, dunkleres Haar derart vei'schmälert wird,
daß er einen noch deutlichem Bösen bildet als der zweite. Das
Schwanzende zeigt keine weilkn Haai-e mehr.
II. (Fig. B.) Ein Sjähriges Fiakerpferd, Rai)i)e mit l^lässe und
Abzeichen, nach der Angabe des Kutschers russischer Herkunft,
läßt an Brust und Bauch vereinzelte Stichelhaare erkennen. Finige
Centimeter vor der Schwanzwurzel bildet das Stichelhaar eine
schüttere Querlinie, deren einzelne Haare länger sind als die am
Körper verstreuten. Am Grunde des Schwanzes zeigt sich beiderseits
ein dichtes Büschel kürzerer milchweißer Langhaare, geschieden durch
ein rein schwarzes Mittelfeld. Die beiden Haargruppen, welche die
dritte und letzte weiße Abteilung zusammensetzen, sitzen nnr wenig
tiefer als die vorigen und nähern si(;h der Medianlinie, ohne sich
zu vereinigen. Sie erreichen den Rand des Schwanzes nicht mehr
und bestehen aus wenigen, aber längern Haaren.
III. (Fig. C.) Ein Fiakerpferd, ßappe mit kleinern Kopfab-
zeichen, an einem Hinterfuß ziemlich hoch weiß, am übrigen Körper
mit reichlichem Stichelhaar, ähnelt Fall II. Die erste Querbinde
zeigt keine Besonderheit. Das Fleckenpaar an der Schwanzbasis
ist so reich ausgebildet, daß es nur durch eine schmale, aalstrich-
artige schwarze Trennungslinie vor der Verschmelzung bewahrt
wird. Die 3. Haargruppe bildet beiderseits ein Bündel, das seiner
Lockerheit wegen in mehrere nebeneinandergestellte Unterabteilungen
zu zerfallen scheint.
Fig. C. Fig. D.
IV. (Fig. D.) Ein Sjähriges Artilleriepferd, Rotfuchs mit Aal-
strich, zeigt etwas Stichelhaar. Die Streifung entspricht demselben
Typus in schwächerer Ausbildung. Eine Querreihe schütterer
Stichelhaare ist vor der Schwanzwurzel gelegen. Der erste Schwanz-
streif ist noch am stärksten entwickelt. Man findet in der Median-
214 F. G. KoHN,
linie nur die Andeutung einer Unterbrecliung'. Die letzte Gruppe
wird durcli ein etwas asymmetrisches Haarbüscliel vertreten. Der
Grund des Schweifes, auf dem die wieder kreideweißen Haare stehen,
ist noch von dem lichten Rotgelb, das die Schweifwurzel von dem
dunklern Endteil scheidet.
V. (Fig. E.) Eine 5jährige, kastanienbraune Stute, für leichten
Frachtendienst bestimmt, weist sonst keine Spur von Stichelhaar
auf. An der Schwanzwurzel finden sich 2 korrespondierende Gruppen
weißer Haare. In der rotbraunen, basalen Region des Schwanzes
sehen wir noch nahe der Schwanzwurzel ein größeres Büschel weißer
Haare, die rechts dichter und länger sind als links. Von der
2. Schwanzgruppe sind nur 3-4, auf der rechten Seite befindliche
und gleichfalls vom rotbraunen Langhaar umgebene, weiße Haare
zu erkennen. Unterhalb derselben beginnt das schwarze Lan"-haar.
■'&•'
Fig. E.
VI. (Fig. F.) An einem sehr dunkeln Schimmel edlern Schlages,
dessen glänzend schwarzes Haarkleid allenthalben stark mit weißem
Haar durchsetzt ist, fällt schon von weitem die weißliche Färbung
der Schwanzwurzel auf. Genauere Untersuchung ergibt keine deut-
liche Abgrenzung des lichten Haares gegen die Umgebung, sondern
allmähliches Überwiegen dunklern Grundhaares und teilweise un-
scharfe Abgrenzung der hintereinander gelegenen weißen Querbinden
untereinander. Es läßt sich indes eine Häufung lichten Haares in
einer zur Längsachse des Körpers senkrechten Binde schon ziemlich
hoch auf der Kruppe und eine zweite bedeutendere direkt an der
Schwanzwurzel erkennen. Erst letztere entspricht der ersten Binde
von Fall I — V. Die Mitte der Schwanzwurzel wird von einem
schwärzlichen, angenähert rhombischen Flecken eingenommen, dessen
längere Diagonale in der Medianebene des Körpers eingestellt ist.
Der Anfang des freien Schwanzes wird seitlich von weißen Haaren
gebildet. In der Mitte fiindet sich ein noch kurzhaariger, rhombischer,
schwarzer Fleck, der wie der vorige als Rest des Aalstriches an-
tJber eine Besouderheit der Pferdezeichnuug-. 215
gesehen werden muß. Von den Seitenecken desselben schiebt sich
ein Keil dunklen Lang-haares beiderseits schräg nach abwärts, der
4en letzten lichten Abschnitt vom vorletzten trennt. Das Ende des
Schweifes ist dunkel. Wir unterscheiden also 4, hintereinander ge-
legene, lichte Binden, deren Scheidung durch die 2 medianen dunkeln
Flecke wesentlich erleichtert wird.
VII. (Fig. G.) Ein schweres Lastpferd vor einem Kehricht-
wagen, Braunschimmel, ein an den vorigen anschließender Fall, be-
sitzt, wie viele ähnlich gefärbte Tiere, vorwiegend lichtes Haar im
Gebiet der ganzen Rumpfwirbelsäule. An 2 hintereinander ge-
legenen Stellen der Kruppe zeigt sich symmetrisches, beiderseitiges
Ansteigen dunkel gefärbter Haarpartien gegen die Mitte zu. Direkt
vor der Schwanzwurzel liegt ein halbmondförmiger dunkler Fleck
mit der Konkavität nach hinten. Durch diese dreifache Zeichnung
wird natürlich auch der Untergrund in 8, hintereinander gelegene,
bandartige lichte Partien eingeteilt, von denen die beiden hintern
in Form und Lage den Kruppenfeldern des vorigen Falles ent-
sprechen, während der erste als eine dem zweiten analoge Bildung
zu bezeichnen ist. Das Langhaar des Schweifes läßt wieder 2.
durch S3mimetrische Büschel schwarzer Haare getrennte Abteilungen
erkennen. Etwa 10 cm vom Schweifanfang beginnt anfangs in der
Mitte, dann auf der ganzen Breite des Schweifes dunkles Haar.
Fig-. G. Fig. H.
VIII. (Fig. H.) Ein Lastpferd, Braunschimmel, ohne Aalstrich,
mit 2 wenig deutlichen Querbinden an der Schwanzwurzel und reich-
lich eingestreuten . weißen Haaren am Grunde des Schwanzes, die
als 3. Binde zählen könnten, führt uns einen noch undeutlichem
Grad der Erscheinung vor.
IX. (Fig. J.) Eine 11jährige Ponystute, Rotscheck, durch etwas
Schwarz im Mähnenhaar und an der Schwanzspitze sich schon dem
Braunscheck nähernd, ist auf den Flecken an Hals und Rumpf von
Stichelhaar frei, wohl aber findet sich dieses im obern Teil des den
216 F. G. KoiiN,
Schwanz umgebenden Fleckens reichlich. Es ordnet sich hoch an
der Kruppe beginnend und hart an der Schwan zwurzel aufhörend»
in 4, in kurzen Abständen hintereinander gelegene, nur in der
Reichlichkeit ditferente Querstreifen, von denen z. B. der 3. weit
seitlich reicht und so mächtig ist, daß mehr Weiß als Braun sicht-
bar ist, während der 2., nur rechts ausgebildete, kaum den die
.Medianebene kennzeichnenden Aalstrich erreicht.
Eine leichtere Vergleichung der Befunde vermittelt die Figuren-
bezeichnung. Fall I — III gaben mir durch ihre weithin auffallende,
mit der allgemeinen Haarfärbung grell kontrastierende Zeichnung
Veranlassung zur Aufstellung der Binden A. B und C. die sich,
wenn auch nicht so leicht sichtbar, doch in klarer Weise bei IV
und V wiederfanden. Gerade das Überwuchern des Untergrundes-
durch die Zeichnung, die ihre eignen Grenzen verwischt, erschwert
die Deutung bei VI und VII. Trotzdem sind --1, B und C an ihrer
Lage zu erkennen. Neu gegen die vorigen Fälle sind Kruppen-
streifen untergeordneter Natur, bei VI /, bei VII nebstdem noch ß.
Für diese neue Streifung musterhaft — wir sehen noch einen
3. Streifen « — , aber durch den Mangel von
B und C hinter den vorigen zurückstehend,
erscheint IX ebenso als Übergang zu un-
schärferer Zeichnung wie VIII, wo wir neben
7 und A auf der Kruppe, am Schw'anze nur
'/"/; ' eine Binde vorfinden, von der es unentschieden
-r.. T bleibt, ob sie das verschmolzene B und C. oder
Flg. J.
nur eine dieser Binden darstellt.
Als schwächere und schwächste Grade der Erscheinung,
für die einzelne Beispiele aufzuführen ich unterlasse, sind zu be-
trachten: 1. Undeutliche lichte Streifung der Kruppe, 2. einfarbige
lichte Kruppen bei dunklerer Grundfarbe, wie sie viele unserer
Lastpferde besitzen, 3. einfarbig weißliche Schwanz wurzel, 4. mehr
vereinzelte, an tj^pischer Stelle im Schwanz stehende Langhaare,,
die nicht selten B und C zugleich andeuten.
Es muß besonders betont werden, daß auch nicht hierher zu
rechnende Zeichnungen in der besprochenen Region vorkommen.
Als ausgezeichnetes, hierher gehöriges Beispiel findet der folgende,,
auch aus andern Gründen interessante Fall hier Aufnahme. Ein
für das Schwerfuhrwerk bestimmter 8jähriger Hengst (Fig. K), so-
genannter Schabrakentiger, also ein dunkles Pferd mit weißen Stellen
an Rücken und Kruppe, auf denen sich rundliche, dunkle Flecken
l^Hfh
über eine Besonderheit der Pferdezeiciinnng-. 217
scharf abgrenzen, hat sonst olivenbrannes Grundhaar mit eing-e-
streutem Schimmelhaar und reichliclien Spuren dunkler Streifen^
der Zebrastrei fung Dakwix's. Solche linden sich am Hals
unter der ]\Iäline, am untersten Teile des Seitenhalses, an der
Rückseite des Unterarmes und der Volarseite des Carpus, an der
Dorsalseite des Metacari)us bis zur Phalanx prima. Weiter er-
kennt man 4—5 bogenförmig-e Streifen derselben Art. die an der
vordem Fläche des Unterschenkels beginnen, über und hinter
dem Kniegelenk in dem l>ecken paralleler
Richtung streichen . um dann , nach lück-
wärts umbiegend . auf dem Muse, biceps
femoris zu enden. Endlich liegen 8 dunkle
Streifen quer über der Kruppe, von denen
der oberste am breitesten ist und noch
einen parallelen Zweig- abgibt, welcher,
von i'echts aufsteigend, bis über die ]\[itte
reicht. Selbstverständlich kommen dadurch
auf der Kruppe auch 4 lichte, quergelegene Fig- K-
Zwischenräume zustande. Die Seite der
Seh weif Wurzel ist weiß. In der Mitte zeigt sich ein dunkles Quer-
band, eine Strecke darunter ein zweites, das sich, in der Mitte bald
von heller Farbe unterbrochen, seitlich weit nach abwärts verfolgen
läßt. In einigem Abstand beginnt in der JMitte wieder ein dunkler
Abschnitt. Über dem Ende des Schwanzes zählt man noch 3—4 Bänder.
Als Ursache dieser Schwanzfarbe ergibt sich kein eingestreutes,
rein weißes Haar, sondern Ringelhaar, d. i. ein Haar, das ab-
wechselnd pigmentierte und pigmentfreie Zonen aufweist. — Eben-
falls in diese Kategorie gehört die Zeiclmung der stark geapfelten
Schimmel, die auf der Kruppe von der am ganzen Körper sicht-
baren so wenig absticht, daß es gewagt ei'scheint. sie in den Kreis
der Betrachtungen zu ziehen, ehe eine Erklärung der Apfelung. die
uns noch abgeht, versucht ist.
Das Vorkommen typischer, Fall I — IX entsprechender Zeich-
nungen ist beim Pferde keine Seltenheit. Nicht einmal die auf-
fälligen Grade I — III sind Raritäten. Icli konnte innerhalb dreier.
Wochen 9 Exemplare zählen. Die Gesamtzahl in dieser Zeit genauer
notierter Fälle beträgt 29. Unter 273 Pferden konnte man an 12
deutliche Spuren dieser Querbinden sehen, das sind ca. 4V.2**/o- I^och
kann dieser Zahl bei der Unmöglichkeit, namentlich bei Schimmeln,
eine Grenze zwischen positiven und negativen Befund scharf zu
218 F. G. KoHN,
ziehen, selbst wenn sie auf ein viel größeres Beobachtuno-smaterial
gestützt wäre, nur ein relativer Wert beig-emessen werden. Immer-
hin folg-t aus ihr. daß wir einer regelmäßigen Komponente der
Pferdefärbung gegenüberstehen.
Die Verteilung meiner Fälle auf die verschiedenen Farben
ist die folgende: Rappen 5, Schwarzbraune 3, Kastanienbraune 5,
Füchse 5, Falbe 1, Schimmel (Rot- und Braunschimmel 1, Grau-
schimmel) 6, Tiger 1, Schecken (Rotschimmelscheck, Rotscheck) 2.
Es ist hervorzuheben, daß die Falben und dunklern Schimmel, die
zu den zebrastreifigen Pferden das größte Kontingent stellen, nicht
in den Vordergrund, sondern, namentlich wenn man die scharfe Aus-
bildung der Zeichnung mit in Betracht zieht, in den Hintergrund
zu stehen kommen.
Ein Einfluß des Alters wurde nicht gefunden. Jüngere Fohlen
zu untersuchen, hatte ich fast keine Gelegenheit. Das jüngste der
wenigen mir im Alter bekannten Pferde war 3j ährig. Vier weitere
zeigten ein Alter unter ö^o Jahren, drei 8 Jahre, eins 11. eins 13
und ein letztes 16 Jahre. Hieraus ergibt sich, daß für die weißen
Streifen eine Deutung als direkte Altersei'scheinung, da 5 von den
Pferden ihr Milchgebiß noch nicht verloren haben, unzulässig ist,
wenn auch zugestanden werden muß, daß hier wie in andern Stellen
eine Zunahme weißen Haares mit den Jahren möglich ist.
Eine Beziehung zum Geschlecht ist bei der geringen sexuellen
Differenzierung der Pferde unwahrscheinlich.
Woran die Zuteilung zu einzelnen Rassen krankt, habe ich
schon eingangs in einer Anmerkung erwähnt. Trotzdem wird es,
um die Verteilung in unserm Pferdebestand anzudeuten, nötig, die
ungefähre Einreihung markanterer Pferde zu einzelnen Formen zu
versuchen, nicht ohne den Vorbehalt, da oder dort danebengeraten
zu haben. Unter den beobachteten Pferden befindet sich ein edleres
Pony, mehrere Rappen, die dem russischen Traber nahestehen,
Fiakerpferde, wohl ungarisches Halbblut vom Typus des Juckers,
mindeie, den Wiener Oninibus[)ferden, die sich aus dem Marchfelder
Schlag rekrutieren sollen, ähnliche Tiere, endlich ein großes,
schwereres, sehr edles Pferd aus dem Stalle eines Aristokraten,
dessen Formen an das schwere englische Halbblut des hiesigen
Hofes erinnern. Die Tiere schweren Schlages waren wohl alle
norischer Abkunft. Wir sehen also so ziemlich die gegensätzlichsten
Formen unserer Pferde von dieser Eigentümlichkeit betroffen, woraus
schon folgt, daß die Ursache derselben, mag sie eine äußere oder
über eine Besonderheit der Fferdezeichuung-. 219
innere sein, — alle Pferde g-leichmäßiji- beeinflußt. Zu erwälinen
wäre noch, daß ich Fälle wie I— V mehr bei leichten, Fälle wie
VI — IX mehr bei schweren Pferden gesehen habe.
Au die einfache Beschreibung der Tatsachen schließt sich
naturgemäß der Versuch , sie mit andern in Beziehung zu bringen,
d. i. zu deuten. Den alleinigen Zusammenhang meiner Befunde mit
dem Ergrauen des Alters habe ich bereits zurückgewiesen. Da-
mit ist aber die Fi'age nach der ontogenetischen Entstellung weiß-
behaarter Stellen noch nicht erledigt. Wir sehen einerseits auf
Narben, andrerseits auf Stellen, die Diuck und Reibung z. B. durch
Gescliirrstücke oder selbst einfache Bandagen ausgesetzt sind . eine
Ersetzung dunklen Haares durch weißes, sogenannte Vitiligo.
Als Geschirr käme für unsern Fall nur der Schweifriemen in Be-
tracht, der, von der Mittellinie kommend, sich teilt und in Form
einer Schlinge den Schwanz umgibt. Dieser kann aber infolge
seiner Lage nur 2 spitzwinklig divergierende Streifen erzeugen, die
ich tatsächlich gelegentlich sehr schön ausgebildet sah, die aber
mit unserer Zeichnung keine entfernte Ähnlichkeit zeigen. Eine
durch unpassende Bandagen am Schweif erzeugte Zeichnung würde
spiralig verlaufen, könnte sich auch nicht auf die Kruppe ausdehnen.
Ebenso wird Druck auf die Schweifgegend bei Transporten zu
Wasser und zu Lande wohl diffuse Weißfärbung, aber keine ge-
ordnete Zeichnung erzeugen. Eine im Körperbau des Pferdes selbst
gelegene Eigentümlichkeit könnte mittelbar mechanisch im Sinne
Rydek's ^) derartige Streifen hervorrufen. Gerade in der Partie
hinter dem Kreuzbein liegen bei vielen Pferden die Wirbel in so
unmittelbarer Nachbarschaft der Haut, daß ihre Umrisse deutlich
sichtbar werden. Nun wäre es denkbar, daß diese Skeletteile, be-
sonders bei lebhafter Muskelaktion , eine lokale Ernährungsstörung
bedingten oder selbst einen direkten Druck ausübten, durch den
dann eine Vitiligo aus Innern Ursachen entstünde. Doch läßt sich
gegen diesen Versuch ein wichtigerer Einwand geltend machen.
Eine solche Vitiligo hätte keine Veranlassung, vor einer Zeichnungs-
eigentümlichkeit Halt zu machen, während unsere lichten Haare
1) Ich entnehme dessen sicher vielfach zutreffende Ansicht den
instruktiven Arbeiten Geosser's , Metamers Bildungen der Haut der
Wirbeltiere, in: Z. wiss. Zool., Vol. 80 und Die Metamerie der Haut,
Sammelreferat, in : Ctrbl. Grenzgeb. iled. Chir., Vol. 7.
220 F. G. KoHx,
sehr liäufig den Aalstrich verschonen, der noch dazu durch die
mächtig-sten Knochenvorsprün»-e der Schwanzwirbel, die Processus
spinosi, nach dieser Annahme am ehesten für Vitiligo disponiert
sein müßte.
Findet man für eine verbreitete Eigentümlichkeit einer Species
keine Erklärung' in den gegenwärtigen Existenzbedingungen, so ist
die Möglichkeit eines historischen Wertes derselben ins Auge zu
fassen. Bevor ich diese Seite des Gegenstandes, also die phj'lo-
genetische, berühre, muß die züchterische Bewertung der Farbe
kurz charakterisiert werden. Der vielzitierte Satz: „Jedes gute
Pferd hat eine gute Farbe*', ist nur beschränkt richtig. Die primi-
tiven Farben. Falben und gewisse Schimmel, sind weniger beliebt,
und man kann von Modevorurteilen für gewisse Farben sprechen.
Immerhin geht hier die Spielerei mit Farben nicht entfernt so weit
wie z. B. in der Geflügelzucht, wo schon eine falsch gefärbte Feder
beachtet wird; daher braucht man beim Auftreten einzelner weißer
Haare, selbst größerer weißer Stellen nicht an Beeinflussung durch
künstliche Zuchtwahl zu denken. Die Regelung dei" Farbe durch
natürliche Zuchtwahl fällt beim Haustier weg. Dadurch ist dem
Haarkleid eine große Möglichkeit der Variation nach verschiedenen
Eichtungen gegeben, ein Zustand, den Haacke wenig glücklich als
Gefügelockerung bezeichnet und der eher der Panmixie Weismann's-
anzugliedern ist. Jetzt neu auftretende Zeichnungen werden sich
oft durch scheinbare Unregelmäßigkeit auszeichnen, wie es z. B. die
Scheckfarbe zeigt. Wo wir aber Gesetzmäßigkeit finden, kann es"
sich um eine Rückkehr in schon vorgezeichnete Bahnen, die aus
andern Gründen, z. B. zur Erreichung einer Schutzfärbung, verlassen
worden waren , d. i. um einen Atavismus handeln , der sich durch
sein Neuauftreten von einer erhaltenen Ahneneigenschaft, die sich
an eine primitive Form und jugendliche Altersstufen zu knüpfen
pflegt, unterscheidet. Nur einen solchen, nicht einen persistenten
Rest alter Färbung können wir in den beschriebenen weißen Binden
vermuten, wenn es uns gelänge, dieselben durch Vergleichung mit
verwandten Formen als phylogenetisch alt zu erkennen, da sie, wie
wir oben sahen, bei den meisten Rassen, auch bei abgeleiteten
Farben, auftreten und den größten Teil des Lebens bestehen bleiben.
Der so nahe liegenden Vergleichung mit der Färbung der
Tiger pf erde, deren lichte Zeichnungsintervalle sich beim Pferde
geradeso als Zeichnung vorfinden könnten wie die dunkeln Quer-
streifen , stellt sich in dieser Region noch mehr als anderwärts die
über eine Besonderheit der Pt'erdezeichuuiig.
221
große Variabilität der Streifung dieser Tiere entgegen, die durcli
die beigegebenen Skizzen (Fig. L u. M Equus cJiapmani, Fig. N i'.
sebra, Fig. 0 K selousi, Fig. P E. (jreviji) erläutert wird und, wie
die Abbildungen von E. cJiapmani zeigen, auch innei-halb der Art
beträchtlich bleibt. Leider besaßen die 8 Tigerpferde, die ich darauf
Fig. L.
Fig-. 0.
Fig. P.
anzusehen Gelegenheit hatte, alle einen Aalstrich, der teilweise die
Farbenverteilung am Schwänze geradezu dominierte und bei E.
burcheUi und E. guagga sogar die einzige dunkle Zeichnung daselbst
darstellte, während Werner^) diese Bildung bei einzelnen Exem-
1) s. AVerner, Untersuchungen über die Zeichnungen der Wirbel-
tiere, in: Zool. Jahrl)., Vol. 7, Syst.
222 F. G. KoHN.
plaren vermißt. Die den Aalstrich begleitenden (^uerstreifchen, die
nach W'erner als einfache Flecken, nach Eimer's^) Anschauungen
über ältere Säugerfärbung, für die das abgebildete E. grevyi An-
haltspunkte gewähren könnte, als zerfallende Längsstreifen zu be-
trachten wären, lassen eine zweifache Einteilung- des weißen Unter-
grundes möglich erscheinen. Erstens kann eine 8onderung in hinter-
einander liegende, mit der Zahl der Streifchen variierende (^luerbänder
vorgenommen werden. Zweitens könnte man in Anlehnung an
EiMER'sche Betrachtung 2 obere, longitudinale, zwischen Aalstrich
und Streifenband gelegene, und 2 dazu parallele untere, vom Streifen-
band und der schwarzen Schwanzunterseite eingeschlossene Längs-
streifen unterscheiden. Alle 4 Streifen verschmelzen auf der Ober-
seite der Schwanzquaste. Bei dem abgebildeten Zebra, bei dem
Aalstrich und Streifenreihen konfluieren, ist natürlich das erste
dieser Streifenpaare weggefallen. Die letztere Auffassung scheint
mir für einen Vergleich mit dem Pferdebefunde nicht ganz unge-
eignet, wenn man eine neuerworbene, schon beim Quagga auf-
tretende Eigenschaft des Pferdeschweifes genügend in Rechnung
zieht. Es handelt sich um das Vorrücken der Schwanzquaste auf
Kosten des kurzbehaarten Schwanzanteils, der endlich fast ganz
unterdrückt wird. -) Daß bei diesem Vorgang vorhandene Längs-
streifen auch zusammengeschoben und aus der Längsrichtung
1) s. Eimer, Über die Zeichnung der Tiere, in: Humboldt, 1885
bis 1887 (zitiert nach Referaten).
2) Dieser Vorgang, der, wie aus dem Vergleich einer geschorenen,
unvei-stümmelten Schweifrübe des Pferdes mit dem kurzen Zebraschweif
hervorgeht, von keinen größern Veränderungen im iunern Bau des
Schwanzes begleitet sein kann, ist auch darum interessant, weil er beweist,
wie schnell Verschiebungen der Hautgebilde in der Längsachse des
Körpers vor sich gehen können, was für die Frage der Hautmetamerie
insofern von Bedeutung ist, als z. B. Grosser in oben zitierter Arbeit
die metamere Anordnung von Haaren, die Trichomerie Haacke's , auf
Grund des Maugels völliger Übereinstimmung mit der Wirbelanordnung
zurückweist. Vollständig kann sich eine solche in dem schon mechanisch
verschiebbaren , äußern Einflüssen so sehr ausgesetzten Hautorgan kaum
irgendwo erhalten haben. Solange eine Beziehung zwischen Hautmetamerie
und Neuromerie, wie sie die Dermatomtheorie, über die man Näheres bei
Grosser findet, ausgehend von physiologischen und pathologischen Tat-
sachen annimmt, nicht durch hinreichende morphologisch-embrj'ologische
Aufschlüsse über die Entstehung peripherer Nerven von der Haut aus
gestützt ist , wird man über metamere Bildungen in der Haut sich nur
am Hautorgan selbst orientieren müssen.
über eine Besonderheit der Pferdezeichnung.
223
in die Querrichtung gedrängt werden konnten, ist ganz gut vor-
stellbar.
An eine solche Zusammenscliiebung der Streifung zu denken,
berechtigt uns das Verhalten der Zeichnung bei den nächsten,
lebenden Verwandten des Genus Equus, den Tapiren, bei denen
die Rückbildung des Schwanzes ähnliche Vorbedingungen geschaffen
hat wie das Wachstum der Sciiwanzciuaste am Pferde. Beim jugend-
lichen Tapirus amcrkanus (Fig. Q) beobachtet man, daß die schmalen,
weißen Streifen und Fleckenbinden auf dunklem Grunde, die den
Fig. Q.
ganzen Rumpf entlang entschiedene Längsrichtung zeigten, über
der Kruppe in die Querrichtung um])iegen, wobei sich die einander
beiderseits entsprechenden Streifen so weit nähern, daß sie in der
Mittellinie nur ein schmaler, dunkler Zwischenraum trennt, wodurch
sie dem Beobachter von rückwärts direkt als Querbänder erscheinen.
Ein Vergleich mit dem Pferde, besonders mit den Fällen I— V, der
freilich kaum auf Homologisierung einzelner Streifen ausgehen darf,
ergibt Gleichheit in Farbe und Richtung der Streifen, in ihrer Ab-
grenzung gegen die Umgebung, ihrem Verhalten zur Mittellinie und
Ähnlichkeit in der Ausdehnung der Streifenintervalle, Ungleichheit
hauptsächlich in der seitlichen Ausdehnung, die beim Pferd stets
i>'- /
Fig. B,
■224 F. G. KoHN, t'ber eine Besoiulerlieit der Pferdezeichmiiio-.
gering bleibt. Interessant ist, daß bei einer zweiten Tapirform.
Tapirus indicus (Fig. R). in deren Färbung schon im Jugendkleid
das lichte Haar das dunkle überwiegt, scheinbar lichtes und dunkles
Haar seine Rollen getauscht hat. Faktiscli handelt es sich um ein
Breiterwerden und in der Körpermitte um Konfluieren der weißen
Binden, die nun ein ähnliches Bild geben, wie es beim Pferde die
verschiedenen Schimmel gewähren, so z. B. die obere Region der
Fig. G. Es genügt mir. diese Ähnlichkeiten nebeneinander gestellt
zu haben. In wie Aveit sie uns berechtigen, eine Übereinstimmung
in der Färbung der Stammeltern von Equus und Tapirus anzunehmen,
bleibt dem Urteil des Lesers überlassen, der den Wahrscheinlich-
keitsgrad unserer phylogenetischen Spekulationen abzuschätzen weiß.
yarhdruck vcrliotcn.
['hprsctzungsrecht vorbchullrn .
Manatus latirostris Harl.
Biologische und m o r p li o 1 o g- i s c h e Beiträge.
Von
J. F. (Tjudernatscli,
Cornell üniversitj-, New York City, U. S. A.
Mit Tafel 9 und 3 Abbildungen im Text.
Als einziges aller bestehenden Aquarien oder zoologischen Gärten
darf sicli das New Yorker rühmen, einen lebenden Vertretei' einer
der interessantesten Gruppen der ^^'assersäuger, der Sirenia. zu be-
sitzen. Es ist das ein Manatus latirostris Hael. Bisher ist es nur
wenigen Verwaltungen anderer Aquarien gelunoen, Manati nur für
kürzere Zeit, die andere gegenwärtig noch existierende Gattung.
Halicore dugong, überhaupt nicht in der Gefangenschaft lebend zu
erhalten. Im New Yorker Aquarium ist der große Erfolg auf diesem
Gebiete wohl nui- der ganz besondern Ptlege und Aufmerksamkeit
zu danken, die dem Tiere unter der umsichtigen Leitung Towinsend's
gewidmet wird. Während die früher daselbst gehaltenen Exemplare
in einem Zeitraum von 9 Tagen bis 10 Monaten nach dem Ein-
bringen eingingen, lebt derzeit der Manatus seit fast 2 Jahren in
seinem Bassin.
Durch die außerordentliche Liebenswürdigkeit des Direktois des
New Yorker Aquariums, Herrn Dr. Ciiaeles H, Townsend, war es
mir gestattet, einerseits das lebende Tier selbst zu messen und genau
zu studieren, andrerseits in die Sektionspi'otokolle und Aufzeichnungen
des Instituts umfassenden Einblick zu nehmen.
Zool. .Jahrb. XXVII. Abt. f. Sv.st. 15
226
J. F. GüDERNATSCH,
Scliließlicli hat mir der genannte Herr noch so manches Inter-
essante über die Pflege und Ernährung- seiner Tiere mitgeteilt und
mir auch eine ganze Reihe photographischer Aufnahmen zur Ver-
fügung gestellt, daß ich nicht umhin kann, ihm an dieser Stelle
meinen allerherzlichsten Dank für sein Kntgegenkommen auszu-
sprechen.
Die nachstehenden Ausführungen schließen sich an die Zu-
sammenstellung Freuxd's ^) bezüglich der in Gefangenschaft ge-
brachten Sirenia an und ergänzen in willkommener Weise die Angaben
Dexler u. Freund's betreifend die Biologie und Morphologie von Hali-
core du<jon(f.
Über die Größenverhältnisse des Manatus Avird die folgende
Tabelle Aufschluß geben. Bemerkt sei, daß Manati von einer Länge
bis zu 4 m gefangen worden sind.
I.
IL
III.
IV.
Manatus
&"
9
?
o^
Gewicht
196 kg
226,8 kg
412,7 kg
Ijäiige, oTößte
225 cm
2,50 cm
310 cm
180 cm
Sclinanze— Augen
17.5
18,5
17,5
14
Schnauze— Flossenwurzel
41
40
50
30
Auge — Nase
—
—
—
11
fler Flosse, innen
25
35
32
25
Flossenwurzel— Schwanzgrenze
170
160
240
1.50
Flossenwurzel -After
—
—
120
90
Unterkieferrand - After
—
—
217
120
llnterkieferrand — Genital
97,5
150
160
75
Genital— After
—
—
—
45
Genital — Nabel
—
—
—
8
Mundwinkel — Mundwinkel
—
—
—
15
Flossenwurzel— Genitale
52,5
75
—
Umfang: Kopf über die Augen
57,5
60
70
57
Hals
71
70
90
85
Schultern hinter den Flossen
134
130
1,55
110
Basis des Schwanzes
87
85
113
75
Basis der Flosse
—
20
42
23
Handgelenk
30
25
40
23
der Unterlippe, äulierer
—
—
—
18
Breite: über die Oberlippe
16
17,5
20
13
unterer Teil der Oberlippe
—
—
14
11
der Flosse, weiteste
15
11
20
13
des Schwanzes, weiteste
58
60
75
47
I^ie Maße I — III sind den Aquariumprotokollen entnommen, das
Tier IV wurde von mir selbst gemessen. Das Gewicht wurde immer
1) Freund, L., Sirenen in Gefangenschaft, in: Zool. Beob., Jg. 48,
1907.
Mauatus latirostris Hart,. 227
immittelbar nacli dem Verenden der Tiere bestimmt. Die Totallänge
wurde vom äußersten Rande der Sclmauze über den leicht ge-
krümmten Eücken bis zum Schwänzende geraessen, weshalb sie ein
wenig zu groß erscheint.
Die Protokolle geben noch folgende Notizen:
Ad I. Das Tier kam im September 1903 an und starb nach
5 Monaten. Die Sektion ergab als Todesursache Bronchialpneumonie.
Das Tier w^ar wohlgenährt und in guter Verfassung.
Ad IL Im Juni 1904 langten zwei weitere Manati, Männchen
und Weibchen (II) ein, die in Lake Worth (Florida) gefangen
worden waren. Das junge Männchen starb am Ende von 8 Monaten.
Ariele von den Innern Organen waren von parasitischen Plattwürmern
befallen, von denen einige die Hirnhäute durchbohrt und den Tod
herbeigeführt hatten. Das größere Weibchen maß bei seiner An-
kunft 8^/2 Fuß Länge und starb nach 11 Monaten.
Ad III. Dieses Tier wurde bereits in sehr schlechtem Zustande
eingebracht. Es hatte nicht weniger als 20 sehr starke Ab-
schürfungen an der Körperoberfläche. Eine derselben sah einer
Verwundung durch einen Haken oder eine Speerspitze sehr ähnlich.
Der gesamte äußere Rand der Schwanzflosse war sehr zerrissen.
Das Tier nahm von seiner Ankunft. lU. Juli 1906. bis zum Tode
durch 9 Tage keine Nahrung zu sich.
Ad IV. Den Angaben über die Größe des lebenden, jungen
männlichen Tieres, das ich betrachten konnte und welches seit dem
5. November 1906 hier lebt, habe ich noch folgende Wahrnehmungen
hinzuzufügen.
Die anatomischen und physiologischen Verhältnisse des Manatus
sind sehr ähnlich denen, wie sie Dexler u. Feeund ^) für Halicore
dugorig angegeben haben. Der ganze Rücken des Tieres ist mit
einzeln stehenden, bis 3 cm langen Haaren besetzt, an den Schnauzen-
teilen stehen starke, kurze Borsten besonders dicht. Der Körper
ist dunkel blaugrau gefärbt, der Bauch etwas lichter bleigrau als
der Rücken mit einzelnen gelblich-weißen Flecken. Solche finden
sich auch am Gesichtsteile, einer umzieht als hufeisenförmiger Flecken
die Nüstern.
Die Lidspalte ist rund und von einem starken Ringmuskel um-
zogen, die Cornea bedeckt von einer Gallertschicht, dem modifizierten
1) Dexler, H. und L. Freund, Zur Biologie und Morphologie von
Halicore dugong. in: Arch. Naturg., Jg. 72, Bd. 1, 19ÜH, p. 77 — 106.
15*
228 J- F. GüDERNATSCH,
Au^eudrüsensecret (Dexler u. Feeund). Selbst bei starker Berührung-
des Aug-es erfolgt kein Corneali-eÜex, ein Beweis für den wirksamen
Schutzcharakter der Gallertschicht. Sonst wird eine Berührung der
Schnauzenteile, namentlich dort, wo die starken Borsten stehen,
sofort (reflektorisch) und jedenfalls schmerzhaft empfunden, da sie
sehr starken Unwillen erregt. Der Gaumenfortsatz ist nicht so
mächtig- wie bei Halicore. Die Schnauzenbildung- ist aus den Ab-
bild ung-en zu ersehen und zeigt eine auffallende Ähnlichkeit mit den
Verhältnissen bei Halicore, was aus den bisher bekannt gewesenen
Zeichnungen (Murie, Tuener etc.) bei weitem nicht so einleuchtete.-
Die Dreiteilung des Schnauzenfeldes, die Seitenfalten und Seiten-
furchen fehlen. Dagegen steht infolge des Mangels der Kiefer-
knickung die Fläche selbst schräg dorso-oral, viel steiler als bei
Halicore. Lateral ist die Schnauzenfläche durch sehr tiefe Furchen
von der Seiten wand des Kopfes abgetrennt.
Am Halse finden sich wie beim Dugong 2 starke Kehlfurchen.
Jede Flosse trägt 3 stumpfe, kurze Nägel. Von einem Stützen auf
die Flossen oder gar Gehen mit demselben kann meiner Meinung
nach bei dem unproportionierten Verhältnis zwischen dem schwachen
Gelenk und dem enormen Körpergewicht gar keine Rede sein, und
ich muß mich den betreffenden Ausführungen bei Dexler u. Freund
anschließen. Von der Genitalöffnung, die nicht weit hinter dem
Nabel liegt, zieht zum After ein dunkler Streifen. Ein Eingehen
in dieselbe löst ein wütendes Schlagen mit den Schwanzflossen aus.
Die Bestimmung des Geschlechts ist nicht schwierig. Beim Männchen
(im vorliegenden Falle) liegt der Penis zurückgezogen in einem
unter der Haut befindlichen Schlauche, der sich caudalwärts von der
äußerlich sichtbaren Einziehung erstreckt. Das Weibchen kenn-
zeichnet der Längsschlitz der Vulva mit den beiden seitlichen
Labialwülsten (Murie ^), tab. 7, fig. 4). Beim vorliegenden männ-
lichen Tier fand ich jederseits eine achselständige Brustwarze. Vom
Weibchen ist dei-en Existenz bekannt, vom Männchen hingegen
leugnet Murie ti'otz soi-gfältigen Nachsuchens deren Vorhandensein.
In der Aftei-gegend zeigen sich einige parallele Querfurchen, die
vom Einziehen des Schwanzes herrühren. Die Faeces sind wurst-
förmig, daumendick, schwaiz, 2—3 cm lang, abgerissen.
Das Tier schwebt fast bewegungslos im Wassei", die Schwanz-
1) MuElE, James, Further observations on the lÖanatee, in: Trans,
zool. Soc. Londoü, Vol. 11, pt. 2, 1880 (1879), p. 19—48.
Manatus latirostris Hakl. 229
flösse immer tiefer gestellt als den Kopf, oder schwimmt träge umher.
Es ist erstaunlich, wie rationell der Körper gebaut ist, um sich trotz
seines großen Gewichts auch bei ganz niedrigem \^'asserstande —
das \\'asser ist kaum 3mal so hoch wie das Tier selbst — ohne
große Anstrengung schwimmend erhalten zu können. In langen
Intervallen, 5 Minuten und mehr, erhebt das Tier die Nüstern über
die Wasseroberfläche, um zu atmen. Chapman^) und Murie geben
wesentlich kürzere Zeitintervalle an und zwar nicht nur für das
ruhende Tier, mehr noch für das in Bewegung beflndliche. Kin-
und Ausatmung verursacht ein schnaufendes Geräusch. Beim Fressen
werden die Seitenpartien des Schnauzenfeldes weit auseinander ge-
breitet und dann wie Schaufeln eingezogen; so wird das Gras, das
im Aquarium auf dem Wasser schwimmt, in die Nähe der Mund-
spalte gebracht. Kommen dabei die Nüstern zufällig über Wasser,
so werden sie, wenn das bestimmte Atemintervall nicht abgelaufen
ist, nicht geötfnet. Daran ist das Tier eben nicht gewöhnt, daß es
in der Freiheit die unter Wasser stehenden Pflanzen abgrast und
sich zeitlich davon getrennt zum Atemschöpfen erhebt. A\'ährend
des Fressens schwebt das Tier ganz luhig, nur eine sehr langsame
Flossenbewegung rückwärts-auswärts. dann nach vorn einwärts
mit endlichem Anlegen der Flossen an die Brust ist bemerkbar,
manchmal erfolgt ein ganz leises Anziehen des Schwanzes gegen die
Brust.
Es ist ungemein schwier, Sirenen längere Zeit in der Gefangen-
schaft zu halten. Es mag dies einerseits damit zusammenhängen,
daß die Tiere, obwohl Seewassersäuger, sich doch meistens in den
seichten Gewässern der sandigen Küsten, haui)tsächlich sogar in
ziemlich abgeschlossenen Buchten aufhalten, daher eigentlich brackiges
Wasser ihr Element darstellen, eine Bedingung, die sich künstlich
nicht so leicht herstellen läßt. Andrerseits spielt wohl die in der
Gefangenschaft unumgänglich geänderte Zusammensetzung der
Nahrung eine große Rolle. Ferner üben sicher auch die neuen
klimatischen Verhältnisse und die von diesen abhängige Temperatur
des Wassers eine große Wirkung aus, und endlich mögen die un-
natürlich sexual-biologischen Bedingungen nicht ohne Einfluß bleiben.
Namentlich dem letztgenannten Umstand schreibe ich es zu, daß
der jetzt im Aquarium beflndliche Manatus seit 2 Jahren lebend
1) Chapman, Henry C, Observations on the structure of the Manatee,
in: Proc. Acad. nat. Sc. Philadelphia, 1875, p. 452 — 462.
230
J. F. GüDEKNATSCH,
gehalten werden konnte. Er ist nach seinen Körpermaßen noch ein
sehr junges 'J'ier. wodurch übrigens das Anpassen an das Aquarium-
leben ungemein erleichtert worden sein mag, und hat wahrscheinlich
noch gar nicht die Geschlechtsreife erreicht.
Aus den oben angeführten Gründen liegen nur wenige Beob-
achtungen über die Lebensweise der Sirenen in der Gefangenschaft
vor (s. die Zusammenstellung Fbeunu's). Aus der neuesten Zeit
c
Fig. A.
2 Manatm laiiroHtrlfi auf dem Bodeu des eutleerten Bassins
(New Yorker Aquarium).
Fig. B.
Manatm laürostrls. den Kopf über Wasser, nach Futter schuai)peiul
(New Yorker Aquarium).
Manatus latirostris Harl.
281
\
*'JS^^
Fii--. ('.
Manatus latirostris, vuu der Bauchseite.
U Nabel, o^ männliche Geschlechtsöffnung, A Afteröffnang.
existieren nur noch die Aufzeichnungen Direktor Townsend's ^) über
die unter seiner Leitung gelialtenen Tiere, woraus einiges wieder-
gegeben sei.
Das Wasser, in dem die Tiere gehalten werden, hat eine Tiefe
von nur 90 cm, woi'auf schon oben bei Besprechung des Körper-
gewichts hingewiesen wurde. Es wird künstlich auf einer Tem-
peratur von 21,1" C gehalten und täglich erneuert. Aus einem
Grunde, der unten erwähnt wird, pumpt man den einen Tag süßes,
den nächsten Salzwasser in das Bassin. Die Tiere werden bald sehr
zahm und nehmen dann das Futter aus der Hand, wozu sie den
Kopf über die ^^'asseroberfläclle erheben. Das Weibchen soll darin
geschickter sein als das Männchen. Der Manatus wird hauptsächlich
mit „eel-grass" (Zostera marina) gefüttert, nimmt aber auch Seesalat
(Ulva lactuca). Hochinteressant ist es. daß nach Dexler u. Freund
Halicore dugong im fernen Australien sich größtenteils von Zostera
1) z. T. in: 9. Annual Eeport of the New York zool. Society, 1905,
P-
13.
232 J- F. GUDERNATSCH,
capricorni und Halopliila ovalis ernährt! Als einmal der Vorrat an
den erwähnten Pflanzen ausging-, wurden einem Weibchen Kohl und
junge Sprosse von Sellerie gegeben und gern genommen, Avährend
ein anderer männlicher Manatus (l) nicht A'eranlaßt werden konnte,
irgendwelches Gemüse zu nehmen. Aus der Literatur sind aber
auch verschiedene andere Gemüsearten bekannt, die vielfach gern
genommen wurden und die die Fütterung in der Gefangenschaft er-
mijglichten. Die Tiere sind etwas lebhafter des Morgens bis zur
Fütterungszeit, nach dem Fressen liegen sie faul auf dem Boden
und kommen nur in Intervallen A^on 5—8 Minuten, an die Oberfläche,
um zu atmen. Wenn sie aus dem Wasser gebracht werden, werden
diese Intervalle nicht verkürzt. An einer Seite besitzt der Behälter
einen leicht ansteigenden Boden, die Tiere kriechen aber nie aus
dem Wasser heraus, wie sie dies ja auch in der Freiheit nicht tun.
Dementsprechend ist auch die Abbildung eines halb aus dem Wasser
ragenden Manatus in Beehm's Tierleben zu beurteilen. Das Weibchen
(II) pflegte sich in den ersten 3 Monaten der Gefangenschaft beim
Ablassen des Aquariumwassers jedesmal auf den Rücken zu legen
iCopulation während der Ebbe'?). Später wui'de diese Gewohnheit
aufgegeben, und es ruhte dann in dem leeren Bassin auf dem Bauche,
die breite Nase dicht dem Boden angedrückt. Solange das junge
Männchen lebte, hielten sich beide in der Euhe und Bewegung dicht
aneinander. Dieses Männchen ging nach 8 Monaten ein. In seinen
Innern Organen sollen Trematoden gefunden worden sein, von denen
einige sogar die Hirnhäute durchbohrt hätten (?). A\'ahrscheinlich
handelte es sich um den von Manatus bekannten Trematoden
Amphistomum fabaceum Dies. (Linstow, 1878/79). Auch Chapman
(p. 456) erwähnt ihn. den Dickdarm seines Manatus americanus
füllend. Ein anderes Männchen starb an Pneumonie, als im Februar
einige Fenster des Aquariums repariert wurden, ein Zeichen, wie
empfindlich die Tiere unserm Klima gegenüber sind.
Die Manati des New Yorker Aquariums sind alle von Florida
gebracht worden und zwar von Sebastian River, PalmBeach
(Worth Lake) und Miami an der Ostküste sowie Marco an
der Westküste. Die Tiere waren daselbst dem Aussterben nahe, da
in einer ganz unqualifizierbaren ^^'eise Jagd auf dieselben gemacht
wurde, so daß es ihnen fast ebenso gegangen wäre wie ihrer aus-
gerotteten Schwester, der lihytina stellen (sive Hydrodamalis). Nun
ist es aber der Regierung gelungen, diesem Treiben Einhalt zu tun.
und so wird berichtet, daß die Art jetzt wieder im Aufblühen be-
Maiiatus latirostris IIaul. 283
glitten sei. An der AVestküste Floridas, wo das Tier einstmals so
häufig- war. daß man einen ganzen Bezirk nach ihm „Manatee" be-
nannte (auch ein ]\ranatee-Eiver und ein Ort Manatee existiert da-
selbst), wird jetzt für jedes erlegte Stück eine Steuer von 100 Dollar
(= 420 Mark) erhoben. Sein \'erbreitungsgebiet reicht — aus-
schließlich an der Ostküste Amerikas — bis etwa zum 29." n. Br. ;
ein Manains ist noch in 0 r m o n d am Halifax River (Ostküste
von Florida) gefunden worden. Seine sonstige Verbreitung ist be-
kannt.
Interessant sind die Angaben, die A. W. Doiock \) über die
Jagd auf diese Tiere berichtet. Die Indianei' Zentral- Amerikas er-
jagen den Manatus mit Harpunen oder Speeren, an denen starke
Stricke befestigt sind. Gewöhnlich wird er aber mit Netzen ge-
fangen, die in den Flußmündungen oder den Eingängen in die
Lagunen senkrecht zum AVasserstrome gestellt werden. Die Tiere
sind infolge der Verfolgungen äußerst scheu und vorsichtig geworden:
sie weichen den Netzen aus. kehren um oder suchen so lange, bis
sie eine Stelle zum Durchschlüpfen gefunden haben. Erst nachdem
DiMOCK tagelang mit seinem Boote in den Buchten herumgefahren,
verloren die Tiere ihre allzu große Scheu. Freilich muß bemerkt
w^erden, daß Dimock keine eigentliche Jagd auf sie machte, sondern
daß es sich um die Erlangung lebender, unbeschädigter Tiere für das
New Vorker Aquarium handelte. Einigemal gelang es ihm, einem
Exemplar ein Netz über den Kopf zu werfen, doch begann dasselbe
so wütend um sich zu schlagen, daß beinahe das Boot zum Kentern
kam. Schließlich gelang es in ein paar Fällen, um das Tier noch
Seile zu legen. Flossen oder Schwanz zu sichern und den Gefangenen
'Ö
zum Ufer zu bugsieren. Hier wurde dann ein großer Kasten unter
das Tier geschoben und dieser samt dem darin befindlichen Mauatus
auf ein größeres Boot gehißt und mittels Dampfer zur nächsten
Eisenbahnstation gebracht. Als ein Tier auf trocknes Land ge-
zogen wurde, begannen wieder stürmische Bewegungen, bald jedoch
schien es zu ermüden und sich zu beruhigen, um nach einiger Zeit
abermals anzufangen. Ein Tier, das zu lange auf dem Boden liegen
gelassen worden war, verendete nach 26 Stunden. Ks dürfte dies
damit zusammenhängen, daß infolge des großen Körpergewichtes das
Brustbein gegen Herz und Lungen gedrückt wird, Atmung und
1) DiMOCK, A. W., The art of catching the Manatee, in: Cent.
Mag., Vol. 73, p. 848.
234 J- F. GCDERNATSCH,
Blutcirkulation sehr behindert werden und der Körper bald erkaltet.
Ähnliches wird ja auch von einem Duj^ong- berichtet (Dexler u. Fkeund),
der 24 Stunden auf dem Lande lag-. Und Towksend bemerkt, daß
die ]\[Hnati auf dem Trocknen verhältnismäßig hilflos sind, nur seit-
liche Bewet>:ungen machen und diese mit auffallender Anstrengung.
Daran schließen sich die bei-eits früher gemachten Bemerkungen
über das ans Land Gehen der Sirenen.
Manatus latirostris Hahl. 230
N a c h t r a g.
Während der Druckleguiio- staib leider der Manatus IV (am
22. April 1908). Es hat somit von allen Manati am längsten in
der Gefangenschaft ansgehalten. Von i)atliolooisclien Veränderungen,
für deren histologische Feststellung ich meinem Chef. Herrn l*rof.
Dr. James Ewing, zu besonderm Danke verpflichtet bin, wären zu
erwähnen : eine akute Verfettung und granulierte Degeneration der
Leber; in der Niere Degeneration, Erosion und Abstoßung der
Epithelzellen, multiple Hämorrhagien. Blut- und Eiweißexudation in
die Glomeruli, Erweiterung der Glomeruli, kurz eine akute ex-
sudative Nephritis.
Weiter wäre zu bemerken, daß über die Manatus-^-A^^ von
J. A. DiMOCK eine Reihe schöner Aufnahmen in „The Illustrated
London News" No. 333. 5. September 1U08. ei'schienen sind.
236 -T- F. GuDERNATSCH. Mauatus latiiostris Harl.
Erliläruiig- der Abbildungen.
Tafel 9.
Fig. 1. Ansicht des Kopfes von halbrechts.
cHf, ollf caudale und orale Halsfarche, Gi Gingiva, (iF
Gaumenfortsatz, II Hals, AT Kinn, Or Auge, Seh Schnauze.
Fig. 2. Linke Seitenansicht des Kopfes.
B Behaarung, (JF Gaumenfortsatz, 7/ Hals, A' Kinn, CM Auge.
Seh Schnauze, FL Unterlippe.
Fig. 3. Ansicht des Kopfes und der Brust von der Unterseite.
Die Flossen VF sind an die Brust angezogen ; li Behaarung,
// Hals, K Kinn, Seh Schnauze.
Nachdruck verboten.
VbersctziDKjsrecht vorbrlialten.
Beitrag
zur Kenntnis der Säuger von Tripolis und Barka.
Von
Dr. Bruno Klaptocz.
Mit 2 Abbildungen im Text.
Unsere Kenntnisse betreffend die Säug-etiere von Tripolis und
Barka sind zwar recht mangelhaft, gleichwohl aber besser als die
Kenntnis der meisten andern Tiergrnppen aus diesen Gebieten. Am
meisten hat hierzu wohl die von Whitaker ausgerüstete und von
DoDSON 1901 durchgeführte PJxpedition beigetragen, deren Mammalier-
Eesultate von Oldfield Thomas (17) publiziert wurden. Thomas
verzeichnet 21 Arten, wobei allerdings auch eine „Canis sp. probabl}^
a domestic dog" sowie eine „Vtilpes sp.'\ von denen nur Schädel
vorlagen, inbegriffen sind.
Jene Expedition, die in die Zeit vom Beginn des April bis
Anfang August fiel, wandte sich von der Stadt Tripolis über
Bondschem in die Gegend von Sokna, von hier nach Mursuk und
wieder über Sokna zurück nach Bengasi. So wurde ein großer Teil
Tripolitauiens durchquert, allein, den Verhältnissen des Landes ent-
sprechend, mit einer, wie schon Thomas bemerkt, dem Sammeln
wenig zuträglichen Schnelligkeit; andrerseits dürften diese ein-
förmigen, vegetationsarmen Inlandsdistrikte an Formenreichtum auch
zurückstehen gegen die zwar räumlich viel beschränktem, abei-,
weil im Bereiche der regelmäßigen Mittelmeerniederschläge gelegen,
günstigere Vegetationsverliältnisse aufweisenden Küstengebiete, vor
allem deren gebii'gige Teile.
Was die cyrenäische Halbinsel anlangt, so findet man einige,
aber recht spärliche Angaben über Säuger in Haimann's „Cyrenaika"
238 Bruno Klaptocz,
(6) und zwar sowohl im Text wie auch in einer daran geschlossenen
Liste der mitgebrachten und von Cornalia. oft nur dem Genus nacli,
bestimmten Tiere ; immerhin aber ist diese Ausbeute sehr interessant
wegen der Klärung der Maulwurfsangaben für dieses Gebiet.
Alle übrigen Angaben über das Vorkommen von Säugern in den
in Eede stehenden Gebieten tlnden sicli teils in zoologischen, teils
in Reisewerken, aber so zerstreut, vereinzelt und oft unklar, daß,
wenn im Folgenden der Versuch einer Zusammenstellung gemacht
wurde, dieselbe keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit machen
kann und dies um so weniger, als ja nur ein geringer Teil der
Reisewerke durchgesehen werden konnte.
Es sei hier noch darauf verwiesen, daß sicherlich in vielen
Sammlungen kleine Säugetiere aus Tripolis im engsten Sinne sich
finden, über die noch nichts veröffentlicht wurde. In der zu diesem
Zwecke vortrefflich gelegenen Stadt Tripolis befaßten sich nämlich
schon seit längerer Zeit Leute mit dem Export von meist lebenden
Reptilien und kleinen Säugern. Zur Zeit meiner Anwesenheit oblag
diesem Geschäft seit 7 Jahren Herr Richard Storch, dem ich auch
manche beachtenswerte Mitteilungen verdanke. Leider war gerade
damals sein Geschäft (infolge eines im Frühjahr 1906 erschienenen
Irade, welches verbot ..chameleons, lezards et les autres animaux
insectivores de ce genre, qui sont tres utiles pour l'agriculture,"
lebend aus dem Vilajet Tripolis auszuführen) überhaupt und somit
auch in bezug auf Säuger im Niedergang begriffen.
Da andrerseits von Arabern, die zum ersten Male mit derartigen
Aufträgen betraut werden, fast nichts zu erhalten ist und ich selbst
während eines "I^l^mowdügen Aufenthaltes in den Küstengebieten
(Sommer 1906) mit dem Sammeln der verschiedensten Tiere zu sehr
beschäftigt war, als daß ich den ohnehin so schwer zu erlangenden
Säugern besondere Aufmerksamkeit hätte schenken können, hielt
sich die Zalil der von mir erlangten Säugetiere innerhalb bescheidener
Grenzen.
Cliiroptera.
VespertiUonidae.
Vesjyertllio {EjJtesicus) serotuius Isahellinus Temminck.
Temminck (15, p. 206) schreibt von seinem ,, Vespertilio isabeJlinus" :
„Habite l'Afrique septentrionale, vit en grand nombre dans les environs
de Tripoli".
Säuger von Triixilis und 15arka. 239
Diese Form des über den größten Teil der alten Welt und
vielleicht auch Mittelamerika verbreiteten Vespertilio serotimis Sciikebkr
wurde außer in Tripolis noch in Tunesien und Algerien gefunden
und wird auch für Kleinasien. Persien und Turkestan ang'eR'eben.
'to'-ö^
Vespertilio {Pipistrelhis) kühlt Natteree,
?. 8tadt Tripolis. 29,7.
Maße (Alkoholexeniplar) in mm: Schnauzenspitze bis Schwanz-
ursprung 41,3, Schwanz 35,1, Unterarm 3-4,1, 3. Finger, Metacarpale
33,4, 1. Phalange U, 3, 2. Phalange 9,6.
Schädel : größte Länge 12,8, Interorbitalbreite 4,5, Intertemporal-
breite 3.6, Breite der Hirnkapsel 6,3, von der Vorderseite des Canins
bis zur Rückseite des letzten Molaren 4,8.
Die Körperhaare sind im basalen größten Teile, der aber
normalerweise nicht sichtbar ist, bräunlich-schwarz, im Endteil an
der Unterseite weißlich, an der Oberseite von einer lichten Farbe,
die zwischen Ridgway's (9) „Buif"' und „Isabella color", aber dem
erstem merklich näher steht. Außer in der Färbung weicht dieses
Tier von einer l-uJdi aus Marseille nicht ab; höchstens der Canin
ist bei dem Tier aus Tripolis etwas gediungener. Es sei hier darauf
verwiesen, daß laut Anders(3n und Winton (1. p. 126) hiJili-
Exemplare vom Rande der Wüste in der Regel viel fahler gefärbt
sind als solche von andern Orten Ägyptens.
Diese Art, die bereits von Blasius (4. p. 65) aus Tripolis er-
wähnt wird, ist über die Mittelmeerländer und das südliche Asien
bis Indien verbreitet.
Das vorliegende Exemplar wurde im Suk turk gefangen, der
Hauptbazargasse in der Altstadt von Tripolis, wo es gleich vielen
andern meist in der Höhe der diese Gasse stellenweise an Gerüsten
laubengangartig überspannenden ^^>inreben flog. Wohl die meisten
Fledermäuse, die man in den Städten (Tripolis, Bengasi, Dernahj
sieht, gehören dieser Art an. namentlich aber jene, welche die
fliegenreichen Kaffee- und Gasthauslokale, erleuchtete wie dunkle,
besuchen. In Bengasi beobachtete ich über V2 Stunde 2 kleine
Fledermäuse, die in regelmäßigen Intervallen von 20 Sekunden bis
2 Minuten einen hellerleuchteten belebten Katfeehausraum aufsuchten,
immei' durch die von Menschen vielbenutzte Türötfnung. Allerdings
werden die Fledermäuse in diesen Gegenden von Menschen nicht
so sinnlos verfolgt wie anderwärts.
240 Bruno Kt-aptocz.
VespertUU) tleserti Thomas,
Diese nach Thomas (17) von der kiüdi durch besonders lielle
Färbung- und, auch relativ, sehr geringe Schädelmasse unter-
schiedene Art wurde nach einem Exemplar aus Mursuk beschrieben.
In der Meschia, d. i. die Oase, welche die Stadt Tripolis um-
gibt, jagen die Fledermäuse, nach der verschiedenen Größe zu urteilen,
mehreren Arten angehijrig, meist über den Wegen. In den Höhlen der
Steinbrüche von Gherran und des Ghariangebirges, in den Höhlen bei
Dernah und in der des Dschok (Lethe) bei Bengasi konnte ich trotz
angestrengten Suchens ebensowenig Fledermäuse finden wie in ver-
fallenen Gebäuden der Meschia und in einer Euine belGharian; sie
müssen, da sie zweifellos mindestens an einigen der genannten Orte
vorhanden sind, hier viel besser versteckt sein als in Mittel-Europa.
Die Araber des tripolitanisch-cjn-enaischen Küstengebietes be-
dienen sich folgender Bezeichnungen für Fledermaus: pfärr filell
(Abendmaus) und tur (auch tir) ilell.
Iiisectivora.
Macroscelididae.
3Iaci*osceli(les {UfrphantHliis) rozetl deserti Thomas.
S (jung). Dschebel Tegrinna, 19./9.
Macroscclidcs roscü Duvernoy ist aus Algerien und Tunesien
bekannt; der von der typischen Form (Oran) in der Färbung stark
abweichende Macroscelides rozeti deserti wurde von Thomas (16) nach
Exemplaren „near Djebel Bourzel, Biskra" beschrieben. Nach
Trouessart (23, p. 373) „gehören wahrscheinlich auch die Exemplare
der Region der tunesischen Schotts (expedition Roudaire) zu dieser
östlichen und südlichen Unterart".
Von Tripolis scheint bisher in der Literatur ein Macroscelides
überhaupt nicht erwähnt zu sein, obwohl sich z. B. in der Sammlung
der zoologischen Institute dei- Universität Wien ein erwachsenes,
ausgestopftes Männchen mit der Angabe „Tripolis" befindet.
Dieses Tier steht ebenso wie das vom Dschebel Tegrinna in
der Färbung dem rozeti deserti nahe, während sie mit Ridgway's
„ecru drab", nach Thomas ziemlich genau die Farbe des typischen
Säuger von Tripolis und Barka. 241
rozeti. iiiclit einmal eine entfernte Ähnlichkeit aufweisen; doch
scheinen sie etwas dunkler und lebhafter gefärbt zu sein, als es
rozeti deserti nach den betreffenden Angaben ist.
Das junge, lebhafter gefärbte Tier, das seiner sichern Provenienz
halber vorwiegend Beachtung verdient (das alte, ausgestopfte Exem-
plar ist vielleicht auch etwas gebleicht), weist an der Oberseite eine
ziemlich dunkle Färbung auf, entsprechend dem Umstand, daß die
Enden der Haare — deren größerer basaler Teil allenthalben, auch
auf der weißen Unterseite, bald lichter, bald dunkler grau ist —
schwarz gefärbt sind, während der basalwärts daranschließende Teil
licht bi'äunlich-gelb mit einem Stich ins Rötliche ist. An den Über-
gangsstellen zwischen Ober- und Unterseite, namentlich aber hinter
den Ohren wird der schwarze Endteil der Haare kürzer oder fehlt
ganz, und die Färbung dieser Stellen wird lichter und reiner. Am
Schwanz sind die Haare der Oberseite hell bräunlich, die der Seiten
und der Unterseite weißlich.
Die Maße des in Alkohol konservieiten Tieres, die, da es sich
um ein junges Exemplar handelt, allerdings von geringem Wert
sind, betragen in mm : Rüsselspitze bis After 70, After bis Schwanz-
spitze 90 (das letzte häutige Stück des Schwanze.s im Ausmaß von
etwa 20 mm riß beim Fang ab; doch fehlt kein Schwanzwirbel);
Kopf mit Rüssel 39,4, Rüsselspitze bis Vorderwinkel des Auges 22,7.
Länge des Ohres (in der Mitte des Ohrrückens gemessen) 19, längste
Schnurrbarthaare gegen 60, Fuß bis zum Ende der Mittelzehe (ohne
Kralle) 80.
Das einzige mitgebrachte und. wie erwähnt, junge Exemplar
dieser in der Gegend von Gharian „Ossmegera" und auch '„Mussgimm"
genannten Tieres wurde am Dschebel Tegrinna, einer felsig-steinigen
Kuppe im Süden von Gharian, beim Wälzen von Felsblöcken auf-
gescheucht; im grellen Sonnenlicht bewegte es sich, anscheinend
stark geblendet, schwerfällig springend, weit gewandter dagegen,
sobald es wieder in den Schatten größerer Blöcke kam. In der Ge-
fangenschaft hielt es sich bloß etwas über 4 Tage, verhielt sich
untertags ganz ruhig, ließ dagegen durch den größten Teil der Xacht
sein feines, schrilles, bis 40 Schritt weit hörbares Stimmchen ver-
nehmen. Es fraß scheinbar Fliegen, ließ aber größere Heuschrecken
und Käfer sowie einen Gecko unbeiührt. Erwachsene Tiere sollen
dagegen auch gleichgroße Nager überfallen; die im Ghariangebirge
heimischen Fänger des Herrn Storch gaben die aus jenem räube-
rischen Verhalten entspringende Notwendigkeit eines Einzeltrans-
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 1<^^>
242 Bruno Klaptocz,
ports als Grund an, weshalb sie Macroscelides nie nach Tripolis ge-
bracht hätten, obwohl er nicht selten sei.
Erinaceidae.
Erinffceus algirns Duvekxoy.
$. Meschia, Tripolis, 26,/7.
Erwachsen; Länge des Hinterfußes bis zum Ende des Nagels
der 2. Zehe 40 mm.
Die dunklen Ringe der Stacheln liegen etwa in dem von der
Basis an gezählt 3. Viertel [nicht im 2., wie bei den Exemplaren
Lataste's (7, p, 200j aus Tunesien und Algerien] und stimmen somit
mit den von Dobson (5) als Erinaceus fallax aus Tunesien und
Tripolis beschriebenen Exemplaren überein.
Die eigentlichen Schnurrbarthaare sind durchwegs dunkel: gegen
das Ende Averden sie lichter.
Mehr oder minder dunkel gefärbt, bzw. behaart, sind: der vordere
Teil des Kopfes, der Vorderfuß einschließlich des distalen Drittels
des Unterarms (an seiner Vorderseite etwas mehr als an seiner
Hinterseite), nahezu die ganzen Hinterextremitäten sowie, allerdings
beträchtlich lichter und besonders an den Seiten mit einzelnen weißen
Haaren durchsetzt, der ganze zwischen, hinter und außerhalb von
ihnen gelegene, unbestachelte Teil des Körpers, den Schwanz ein-
geschlossen. Am Kopf reicht die dunkle Färbung etwas hinter die
Mundwinkel, schließt auch die Augen ein und sendet dann, oberhalb
der Augen, 2 symmetrische dunkle Streifen nach hinten, derart einen
weißen Fleck einschließend, der gerade vor der mächtig entwickelten»
spaltenartigen, nackten Stelle liegt, welche den vordersten, zwischen
den Ohren gelegenen Teil des Stachelkleides in 2 symmetrische
Hälften teilt. Mehi' oder minder dunkel sind ferner sämtliche, un-
mittelbar an das Stachelkleid grenzenden Haare.
Die Ohren sind auf der ganzen Rückseite dunkel, auf der Vorder-
seite bloß am Rande.
Die nicht erwähnten Teile der Körperoberfläche, mit Ausnahme
der von den Stacheln bedeckten, sind weißlich.
An den Vorderfüßen sind die 3 metacarpalen Ballen fast gar
nicht entwickelt, sehr stark dagegen die beiden carpalen. Auch an
den Hinterfüßen sind die 3 metatarsalen Ballen kaum kenntlich;
die beiden stark hervortretenden tarsalen sind miteinander ver-
«>
Säuger von Tripolis und Barka. 24.'
schmolzen, und am vecliten Fuß <:^elit die Verschmelzun<i;- so weit, daß'
eine Grenze gav nicht melir erkennbar und nur ein entsprechend
großer Ballen vorhanden ist.
Diese Art ist nach Westen durch 'l'iinesien, Alg-erien und
Marokko bis an den atlantischen Ozean verbreitet, während der
östlichste bisher bekannte Fundort durch die Gegend von Ti-ipolis
dargestellt wird.
Von hier wurde sie zuerst wohl von Dobson (5) als Erinaceus
f'allax beschrieben und später auch von Gkothe (3, p. LXVIII) mit-
gebracht.
Das vorliegende Exemplar stammt aus einem Garten der Meschia.
wo dieser Igel sehr häufig sein soll. Am vorhergehenden Tag hatte
ich schon aus demselben Garten einen etwas kleinern Igel gleicher
Art erhalten, den ich längere Zeit lebend hielt. Er wich in seinem
Benehmen von dem eines gefangenen Erinaceus europaeus nicht ab,
erwies sich als gefräßig (er wurde meist mit toten, verdorbenen
Eeptilien gefüttert) und wurde nützlich als eifriger Blattidenjäger.
Erinaceus desertl Loche.
$, jung. Umgebung von Bengasi, 81.8.
Dieses junge Tier — Schnauze bis After 115, Hinterfuß bis zum
Ende der 4. Zehe (ohne Kralle) 27 mm — gehört wohl zu Erinaceus
desertl Loche, mit dessen Beschreibung von Lataste (7, p. 202) es
übereinstimmt, abgesehen davon, daß eine den vordersten Teil des
Stachelkleids symmetrisch halbierende, nackte Stelle lange nicht so
deutlich ausgeprägt ist wie etwa bei dem eben erwähnten er-
wachsenen Erinaceus algirus; sie ist vielmehr bloß angedeutet.
Vielleicht ist dies ebenso wie die jugendliche Färbung der Stacheln
auf das geringe Alter des Tieres zurückzuführen.
Andeeson und Winton, welche Erinaceus deserti Loche mit
aethiopicns Ehrexbeeg für identisch halten, glauben (1, p. 163), daß
die als ..Erinaceus deserti Loche bekannte Form der tunesischen und
algerischen Sahara bloß eine Lokalrasse der östlichen Sudanform"
sei, welch letztere ,.vom tunesischen Igel bloß in gewissen Einzel-
heiten abweiche wie in den größeren Ohren und der geringeren
Zahl von Wülsten an den Stacheln; doch gibt es auch in letzterer
Hinsicht keine scharfe Grenze zwischen beiden, da die Zahl der
Wülste bei den Sudanexemplaren 18 — 22, bei jenen von Tunesien
22—24 beträgt".
Auch in dieser Hinsicht würde das vorliegende Bengasiner Tier
16*
244 Bruno Klaptooz,
der tunesisch- algerisclien Form zuziirecliiien sein, da die Zahl der
Wülste an seinen Stacheln 19—24 beträgt, wobei noch zu bemerken
ist, daß, wie Querschnitte lehren, diese Wülste vielfach in Teilung
begriffen sind, so daß ihre Minimalzahl bei vollkommen erwachsenen
Stacheln jedenfalls höher ist als 19. Die Stacheln, welche auf den
Wülsten mit kleinen Wärzchen besetzt sind, erreichen am Rücken
des vorliegenden Exemplars erst eine Maximallänge von 12.5 mm
und weisen größtenteils bloß das dunkle Subterminalband auf.
Manche von ihnen, die ungefähr die angegebene Größe erreicht
haben, sind noch ganz farblos (weißlich), während wieder andere,
dicht neben ihnen stehende kaum halb so groß, aber in der basalen
Hälfte bereits dunkel gefärbt sind.
Am weitesten in der Färbung vorgeschritten sind die zwischen
den Ohren stehenden Stacheln, die, obwohl auch nicht länger als
12 mm, bereits ein 2. dunkles Band an der Basis aufweisen. Die
Spitzen der Stacheln sind durchwegs sehr hell, weiß, und der kleine
zwischen ihnen und dem Subterminalband gelegene Teil hat meist
einen rötlich-braunen Ton. der auf den Gesamteindruck der Färbung
des Stachelkleides bestimmend wirkt.
Vorder- und Hinterfüße, Schwanz und Schnauze sind dunkel
gefärbt. Die dunkle Färbung der letztern setzt sich, nach hinten
lichter werdend, bis über das Auge fort. Die Stirn, der vor den
Ohren gelegene Teil des Kopfes sowie das Kinn zeigen einen rötlich-
braunen Anflug. Die Kehle sowie alle übrigen Teile der Unterseite
sind weiß. Die großen Ohren, die angedrückt bis über die Augen
reichen, sind auf der ganzen Rückseite dunkel und besitzen an der
Vorderseite einen dunkeln Rand, der an der Innenseite und an der
Spitze viel breiter ist als an der Außenseite.
Die 3 metacarpalen Ballen, von denen der weitaus größte
mittlere an der Basis der 3, und 4. Phalanx die Gestalt eines gleich-
schenkligen Dreiecks aufweist, sind deutlich ausgeprägt und ebenso
auch die beiden Carpalen, von denen der äußere über doppelt so
groß ist als der innere. Die 3 metatarsalen Ballen sind ähnlich,
aber wesentlich schwächer als die metacarpalen ausgebildet; die
tarsalen sind klein, wenig erhaben und auf einem Fuß verschmolzen.
Auch der Bau des Schädels (größte Länge 37.3, größte Breite
22,5, Interoi'bitalbi-eite 11,5 mm), namentlich die mächtig entwickelten
Gehöi'kapseln stimmen überein mit den Verhältnissen von Erinaceus
deserti, der aus Algerien und Tunesien bekannt ist, während der
von ihm als Art vielleicht nicht getrennt zu haltende Erinaceus
S.äuger von Tripolis uud Barka. 245
aethiopictis in Ober-Ägypten ^), Nubien und Dongola sowie am Senegal ^)
gefunden wurde.
Das mitgebrachte Exemplar lag am Morgen bei einem Stein-
haufen im Südosten von Bengasi, zwischen dieser Stadt und der
Lethe, und wäre, da seine Farbe mit der des hier meist mit roter
Erde bedeckten Bodens bis zu einem gewissen Grade übereinstimmte,
beinahe übersehen worden. In der Gefangenschaft hielt es sich,
trotz relativ sorgfältiger Pflege, vielleicht seiner Jugend wegen, nur
kurze Zeit,
Nach den Angaben Einheimischer sollen Igel in der Umgebung
von Bengasi liäufig sein; Haimann (6, p. 116) erwähnt sie für
Cyrenaika überliaupt.
Sie werden hier ebenso wie in der Gegend von Tripolis und
im Gharian-Gebirge ohne Rücksicht auf die Art „ganfud" genannt.
Spitzmäuse linden sich sowohl in Barka wie in Tripolitanien
im engern Sinne. Von Barka und zwar von Merdsch („Merg"') er-
wähnt CoRNALiA bei Haimann (6, p. 138) eine „-Somr-Species", und
andrerseits teilte mir Herr Storch in Tripolis mit, daß er einmal
eine „sehr kleine Spitzmaus" aus dem Gharian-Gebirge erhalten habe.
Die Angaben über das Vorkommen von Maulwürfen auf der
cyrenaischen Halbinsel sind zweifellos irrtümlich (s. Spalax).
Carnivora.
Mustelidae.
ZoriUa hßhiea Hempeich et Ehrenberg.
Der Zorilla findet sich bei Tripolis und ist hier das größte
unter den freilebenden Säugetieren der Meschia, wo er dem Geflügel
ebenso verderblich wird wie bei uns Marder und Iltis. Herr Storch
erhielt die Art — um eine andere kann es sich in Anbetracht der
geographischen Verhältnisse wohl nicht handeln — einige Male. Auch
mir versprachen Araber, nachdem sie sich wegen des „Gestankes"
einen relativ hohen Preis ausbedungen, Tiere dieser Art zu bringen :
allerdings erhielt ich keine.
Der Zorilla ist von Algerien bis Abessinien verbreitet und auch
aus Kleinasien bekannt.
1) This species does not occur in Egypt properly so-called (1, p. 163).
2) Zit. nach Trouessart (22, No. 1292).
246 Bkl'no Kläi'tocz,
Sonst erhielt ich weder Nachrichten über Musteliden. noch
sind mir Angaben aus der Literatur bekannt,
Canidae.
VuJpes zerdd Zim^iermann.
Der Fennek, aus der alg'erischen und tunesischen Saliara wie
auch aus Ober-Agj'pten. Senaar und Kordofan bekannt, dürfte im
tripolitanisch-cyrenaischen Wüstengebiet eine allgemein verbreitete
p]rscheinung sein.
Teoüessart (23, p. 381) zitiert ihn von Ghadames, und Eohlfs
nennt ihn aus der Gegend von Sokna (13, p. 164) sowie aus dem,
allerdings nicht mehr zu den genannten Gebieten gehörigen, Oasen-
ai'chipel von Kufra (1. c, p. 273).
Hyaenidae.
Huaena hyaena (Linne).
Die gestreifte Hyäne kommt in ganz Nord-Afrika, vom Senegal
und von Marokko bis Ägypten vor und ist außerdem durch das süd--
liehe Asien bis Indien verbreitet.
Thomas (17) erwähnt sie von „Getefa, near Sokna"; Haimann
(6. p. 138) erhielt 1 junges, lebendes Tier in Bengasi.
Hyänen werden von den Reisenden oft genannt.
9
Die Angaben über Caniden sind sehr zahlreich, aber zoologisch
von geringem Wert. Namentlich Schakale werden in den Reise-
berichten allenthalben erwähnt, von der Küste wie von den Ge-
birgen, in den Oasen wie in der Steppe, ja selbst in der Wüste.
Ein von Haimann aus Bengasi mitgebrachtes Fell wurde von
OoRNALiA (6, p. 138) als von ,^Cimis aureus"- herstammend bezeichnet;
Canis aureus Linne wird indes nach der heutigen Auffassung bloß
durch den europäischen Schakal, der auch einen Teil Asiens be-
wohnt, repräsentiert, während die kleinen, nord-afrikanischen Schakale,
soviel bis jetzt bekannt, in 2 Arten zerfallen, von denen Canis
anfhus F. (^üvier, die westliche Form, außer vom Senegal aus
Algerien und Tunesien bekannt ist und Canis variefjaius Cretzschmar
in Ägypten auftritt.
Der größere Canis lupastei- Hemprich et Ehrenberg, aus Ägypten
Viiid Abessinien bekannt, ist auch in Tunesien gefunden worden.
Auch „Füchse" findet man in den Angaben der Reisenden öfters.
Säuger von Tripolis und Barka. 247
Thomas (17) erwähnt, daß ein „in einem alten Reservoir bei Sidi
Faradje" (etwa südlich von Bengasi, am 81.^ n. Br., unweit der
Küste) „oefundener Schädel von dem eines weiblichen Vulpes aeyypüaca
vom untern Nil nicht zu unterscheiden sei."
Über Viverriden finde icli in der Literatur keine Angabeu,
Weder in der Umgebung- von Trijjolis, noch im Gharian-Gebirg'e
konnte ich Nachrichten über Ginsterkatzen erlangen, was um so be-
merkenswerter ist, als eine Form dieser auffallenden Tiere, Genetta
(lfm harhara Wagner (23, p. 383). aus der relativ nahen Gegend von
(4abes (an der südtunesischen Küste) bekannt ist.
Was die Fei i den anlangt, so sagt Rohlfs (11, p. 66), der
„wilde Katzen und Lynxe"' erwähnt: „Löwen und Panther kommen
nirgends in Tripolitanien vor." Das Vorkommen des letztgenannten
Tieres, d. h. des Felis pardus antiquorum Gkiffith, scheint indes
nicht ausgeschlossen zu sein, da Barth (2, p. 46) von einer Gegend
südlich von Gharian und eine Tagereise nördlich von Misela sagt:
..Panther sollen in dieser Gegend in großer Menge hausen." Einige
Jahre vor 1906 wurde übrigens in einer Oase nahe der Küste und
einige Stunden westlich von Sansur (einem Ort im Südwesten der
Stadt Tripolis) ein „Leopard" erlegt, ein Fall, der wegen seiner
außerordentlichen Seltenheit in Tripolis vielen bekannt war. Es ist
indes auch möglich, daß es sich in allen diesen Fällen um den
Gepard, Cynailiirus jubahis guttatiis Hermann, handelt, ein Tier, das
in Tripolitanien sicherlich weit verbreitet ist. Felle beider Arten
sind in der Stadt Tripolis erhältlich, ohne daß sich aber die Provenienz
,— die Leopardenfelle stammen wahrscheinlich alle aus dem Sudan
— feststellen ließe.
Die übrigen Felidenangaben in den durchgesehenen Reisewerken
- wie z. B. die von Haimann (6, p. 116), daß nach den Angaben
der Araber ein „grosso gatto selvatico coUa coda lunga nelle regioni
deir interno" von Cyrenaika vorkomme — sind viel zu unbestimmter
Natur, um zoologisch verwertbar zu sein, und übrigens ungleich
seltner als Caniden angaben.
Kodentia.
Myoxidae.
Elloini/s niunhianiis tutietae Thomas.
1 ?, 1 (J (jung). Gherran, 13.— 14./7.
Eliomys munhianus tunetae Thoinias [= Eliomys lerotinus tunetac
248 Bruno Klaptocz,
Thomas (19, p. 495 und 20. p. 172)] war aus Tunesien und dem an-
grenzenden Gebiet von Algerien (Bone) bekannt.
Meine Exemplare aus Tripolis scheinen mir von den Typen
etwas abzuwei(*lien. Aveslialb ich eine genaue Beschreibung gebe.
Maße der Alkoholexemplare in mm :
Konflänoe Schnauze i Hinterfuß Hübe des Längste
' " bis After i (ohne Kralle) Obres M Schnurren
9
35 I 108
31.2 : 88
25 20 j 52
25 21 1 50
Beim ? ist der Schwanz verstümmelt; das S niißt vom After
bis zur Schwanzspitze (ohne Haare) 106, von der Basis des Schwanzes
bis zur Spitze (ohne Haare) 103 mm.
Die Maße des Schädels des $ betragen:
Länge 33,3. Länge der Nasalia in der Medianebene 12,5, Länge
der Frontalia in der Medianebene 11, Länge der Parietalia in der
Medianebene 7,5; größte Breite bei den Jochbogen 19.5, größte Breite
hinter dem Gehörgang 16,4. größte Dimension der Gehörkapseln
10,3, Länge der obern wie der untern ßackenzahnreihe 5.55, Ab-
stand der obern Prämolaren 4,7, der letzten obern Molaren 4,35 mm.
Die Schnauze und ihre Umgebung ist mit cremefarbigen kurzen
Haaren bedeckt; gegen die Oberlippen und besonders an denselben
finden sich längere, weißliche Haare. Die Schnurren, von denen die
dem Munde am nächsten einfarbig weiß, die obersten einfarbig
schwarz, die bei weitem meisten aber bloß an der Basis schwarz
und an der Spitze weiß sind (der schwarze Teil eines Haares ist um
so größei", je mehr dasselbe den ganz schw^arzen Haaren der Oberseite
genähert ist), stehen noch im cremefarbigen Teil. Über der vordem
Hälfte des Auges sowie vor der Ohrötfnung stehen je 1, meist
2 größere, mit den Schnurrbarthaaren übereinstimmende Haare,
über den Haaren des Schnurrbarts und dem vordem Augenwinkel
näher als der Schnauzenspitze beginnt ein schmaler, schwarzer Streif,
der sich hinter dem Auge gabelt; der breitere, untere Ast zieht an
der Ohrbasis entlang und endet ein Stück hinter ihr; der kleinere
zieht knapp am Ohr hinauf und endet, hinter dem Ohrrücken wieder
herablaufend, etwa in der halben Höhe desselben. Beim Jüngern
Tier ist der obere Ast etwas weniger prägnant als beim alten und
ebenso auch der vor dem Auge gelegene Teil des Streifens.
]) In der Mitte des Ohrrückens gemessen.
Säuger von Tripolis nuil Barka. 249
Im Wiiikt4 zwisclien den beiden Ästen des Streifens, also in
der Gegend der Vorderecke der Oliröffnnng. stellen einfarbig- weiße
Haare.
Die cremefarbigen kurzen Haare der Schnauzengegend gehen
nach hinten, von einzelnen schwarzen Haaren durchsetzt, in längere
gelbbraune über; am lebhaftesten wird die Färbung zwischen den
Ohren, wo sie nanunitlich beim altern Tier, rostbi'aun ist. Die
kurzen Haare des Kinnes und die längern der Mundwinkel sind ein-
farbig, die der Kehle sowie der ganzen Unterseite des Körpers bloß
an der Spitze weiß; im basalen Teil sind sie dagegen ebenso wie
die Haare der Oberseite von mausegi-auer Farbe. Die Wangen sind
bis zum schwarzen Streifen weiß, hie und da mit einem creme-
farbigen Einschlag, der sich auch an den Haaren findet, welche an
der Grenze zwischen der Ober- und Unterseite des Körpers stehen.
Die längern Haare der Oberseite weisen in ihrem äußern Teil eine
bräunliche Farbe auf, die beim Jüngern Tier mehr fahl, beim altern
mehr rötlich ist.
Der an der Oberseite am dichtesten behaarte Schwanz läßt
keine Zweizeiligkeit erkennen; an seiner Wurzel mit Haaren be-
deckt, die gänzlich mit denen der Körperoberseite übereinstimmen,
weist er in dem darauffolgenden basalen Teil kurze und steife Haare
auf, die gegen das Ende des Schwanzes an Länge zu- und an Steife
abnehmen. Die Haare der Schwanzoberseite stimmen zunächst mit
denen der Körperoberseite in der Farbe überein und gehen dann,
mit immer mehr schwarzen Haaren untermischt, etwa am Ende des
ersten Viertels in die tiefschwarze Farbe des Hauptteils des
Schwanzes über, die an der Unterseite, welche an der Basis des
Schwanzes etwa die lichte Farbe der Schnauzengegend hat, erst
etwas später einsetzt. Am Ende des Schwanzes sitzen rein weiße
Haare, die etwa 17 mm über das Schwanzende ragen. An der Ober-
seite auf die Schwanzspitze beschränkt, reichen sie an der Unter-
seite etwas weiter nach vorn. (Diese Beschreibung bezieht sich auf
den etwa 4 mm im Durchmesser messenden Schwanz des kleinern
Tieres; beim altern Tier mißt der 34 mm lange Schwanzstummel,
der infolge einer zwar ausgeheilten Verletzung wohl abnorm dick
ist, an der Wurzel 6, gegen das Ende über 7 mm im Durchmesser.)
Die Ohren, die angedrückt etwas über den Vorderwinkel des
Auges hinausreichen, besitzen am Innenrand der Eückseite einige
längere schwärzliche und am Grunde des Ohrrückens weißliche Haare.
250 Bruno Klaptocz,
Die übrig-en Haare der durchscheinenden Ohren sind bräunlich bis
weißlich gefärbt.
Vorder- und Hinterfüße sind mit Ausnahme der bis zu den
proximalen Ballen nackten Sohlen mit weichlichen Härchen bekleidet.
An der Sohle eines Vorderfußes beiinden sich 5 Wülste oder Ballen,
die 3 kleinsten von ihnen an der Basis der Zehen; von den beiden
übrig-en ist der hinter der Daumenwarze gelegene wenig größer als
der an der Außenseite, welcher zugleich der proximalste ist,
4 von den ü Wülsten der Hintei'füße stehen an der Basis der
Zehen; von ihnen ist der dem Daumen zunächst gelegene Wulst der
gi'ößte und zugleich der. welcher der Ferse am nächsten liegt. Der
5. Wulst, der kleinste von allen, beginnt etwa in gleicher Höhe mit
dem proximalen Ende des Daumenwulstes oder proximalwärts davon
und liegt hinter dem äußersten der Zehenwülste. Der 6., in gleicher
Höhe mit dem proximalen Ende des 5. oder etwas proximalwärts
davon beginnend, liegt an der Innenseite, hinter dem Daumen wulst.
Er ist der längste von allen (4,3 mm) und schmal, am schmälsten
und niedrigsten am proximalen Ende, und leicht bogenförmig ge-
krümmt (gegen die Medianebene des Körpers konkav).
Die nackten Teile der Fußsohlen sind, soweit sie von den glatten
Wülsten freigelassen werden, gekörnelt.
8 Zitzen ; die Gaumenfalten nach hinten konkav und von der
3. — 5. nach hinten geteilt.
Der Schädel wurde bloß vom größern Tier untersucht. Die
Nasalia enden hier in gleicher Höhe mit den Oberkieferfortsätzen,
hinter den Ansätzen der obern Aeste der Processus zygomatici. Die
Vordergrenze der Parietalia ist konkav, die Grenze eines Parietale
gegen das Interparietale zunächst der Mitte sowie im äußersten Teil
konvex und dazwischen konkav. Das breite Interparietale endet
rechts und links in einen deutlichen, etwa 1,5 mm langen Zipfel.
Die großen Gehörkapseln nähern sich in ihrem vordem Teil bis auf
2,3 mm.
Das Foramen des Unterkiefers ist groß und nahezu kreisrund,
wenn auch etwas länger (2,3) als hoch (2,1).
Der Prämolar des Oberkiefers ist nahezu abgerundet dreieckig
und an der Außenseite viel breiter als an der Innenseite, ferner
von vorn und außen nach hinten und innen gerichtet, aber merklich
schwächer, als dies bei Keuvens (8, tab. 3, fig. la) von Eliomys
quercinus (L.) dargestellt ist. Etwas schwächer als beim aus-
gesprochen dreieckigen Prämolaren des Unterkiefers ist hier die
Säuger von Tripolis und Barka. 251
vorderste Ecke in einen starken Zacken ausgezooen, der in beiden
Kiefern die höcliste Erhebung- der ganzen Backenzalnireihe darstellt.
Unter den i\Iolaren des Unterkiefers ist der dritte weitaus der
kleinste; seine Fläche ist. wie dies Lataste von seiner ,.Bifa lerotina-
angibt, wesentlich stärker von oben und außen nach unten und
innen geneigt als die der vorhergehenden Molaren; dieser l^nter-
schied ist merklich stärker als der entspreche^ide zwischen dem
1. und 2. Molaren.
Die beiden Tiere stammen aus den Steinbrüchen von Gherran
im Westen der Stadt Tripolis. Nach dem Umstand zu schließen
daß das einzige Mal, da ich hier Fallen stellte, 2 von 3 mit diesen
Tieren besetzt, die o. aber des Köders beraubt war, dürften sie
hier nicht selten sein. Herr Stokch in Tripolis teilte mir mit.
daß er einmal 2 lebende Tiere dieser Art aus dem Gharian-Gebirge
erhalten habe.
Nionujs munhiunus Pomei^ ist mit seinen Unterarten über alle
Atlasländer verbreitet. Die oben genannten Orte stellen die öst-
lichsten bisher bekannten Fundorte für Eliomys überhaupt in Nord-
Afrika dar; erst auf der Sinai-Halbinsel tritt dann wieder der in
mancher Hinsicht ähnliche Eliomys melanurus Wagner auf.
Muridae.
Gerhifffis pijraniidtirii tarfibtiH Thomas.^)
Wie aus den Angaben von Thomas (17) hervorgeht, ist diese
tiipolitanische Unterart des vom westlichen Ägypten über Nubien
und Dar Für bis in den Sudan verbreiteten Gcrbillus pyramiduni
Js. Geoefkoy im ganzen Gebiet der WniTAKEs'schen Expedition
(Tripolis — Sokna — Mursuk — Sokna — Bengasi) eines der häufigsten und
verbreitetsten Säugetiere.
GerhUlus f/erbiUns Oiavier.
Thomas (17) erwähnt diese Art von verschiedenen Orten aus
dem tripolitanischen Innern, sowohl nördlich von Sokna wie auch
südlich davon gegen Mursuk.
Diese weitverbreitete Art findet sich außerdem in Ägypten,
Nubien, Abessinien, Somaliland und Arabien.
1) Die Angabe „Tripoli, Nubia" für ('. andersoni "Winton bei
Teouessart (22) beruht wohl auf einem Druckfehler; in den dort zitierten
Werken ist bloß „Maudara east of Alexandria" als Fundort angegeben.
252 Bruno Klaptocz,
Gerbilffts eatojii Thomas.
8 Exemplare von der Umgebung der Stadt Tripolis (von Storch
erhalten, 22./9.), von der Dschefaraebene, nördlich vom Gharian-
Gebirge (im ßuschland, 15./9.} sowie von der Punta, einer sandigen
Landzunge unmittelbar südlich der Stadt Bengasi. wo diese Tiere
in kniehohen Grasbeständen lebten (2., 9.), gehören nach Thomas ^)
hierher.
Die Maße des Körpers wie des Schädels der 8 vorliegenden
Exemplare schwanken um die Maße der Type.
Das Tier von Bengasi ist etwas weniger rötlich und überhaupt
etwas lichter gefärbt als die beiden andern; bei ihm ist auch der
unter dem Auge verlaufende Streif viel schwächer.
Nach den Resultaten der Fänger des Herrn Storch ist diese
Art die häufigste Gerhillus- kxi und überhaupt das häufigste Säuge-
tier in der Umgebung der Stadt Tripolis.
Thomas (17) beschrieb sie nach Exemplaren von „Wadi Agarib,
Elcusher und Wadi Aggar", alles nördlich von Sokna.
Gerhillus [Dipodillus) dodsoui Thomas.
Beschrieben (17) nach zahlreichen Exemplaren, welche aus dem
Gebiet von der großen Syrte bis in die Gegend von Mursuk stammen.
Dieselbe Art lebt aber auch in Tunesien sowie in Algerien (hier
südlich vom Atlas, 20).
Gerbillus {Dipodillus) vivax Thomas.
Beschrieben nach Exemplaren von „Ain Hammenn*' (unmittel-
bar nördlich von Sokna) sowie von „Sebha", nordnordöstlich von
Mursuk (17).
Gerbillus {Dipodillus) grobbeni n. sj).
S- Dernah, an der Nordküste von Barka, auf einem Maisfelde
in der Nähe der Station für drahtlose Telegraphie in einer Schlag-
falle gefangen; zweite Hälfte August.
Maße nach dem in Alkohol konservierten Exemplar in mm :
Kopf 29, Schnauze bis After 83,5, Schwanz (ohne Haare) 120, Hinter-
1) Herr Oldfield Thomas hatte die Güte, die drei genannten Tiere
zu bestimmen, die ich ihm, genügenden Vergleichsmaterials in dieser
Gruppe entbehrend, einsandte. Ich danke ihm hier nochmals bestens.
Säuger von Tripolis und ?.arka. 253
fuß iFerse bis Mittelzelie ohne Kralle) 24,6, Ohr (in der Mitte des
Ohrrückens gemessen) 11.
Länge des Schädels 26,6, der Nasalia in der Medianlinie 10,
Interorbitalbreite 4,8, größter Durchmesser der Gehörkapsel 9,
Länge der obern Molarenreihe 4, Breite des 1. Molaren 1,5, Dia-
stema 6,4.
Von den Schnurren sind jene, welche dem Maule zunächst
stehen, rein weiß; einzelne von ihnen sind bis 28 mm lang. Die
Mehrzahl der Schnurren, namentlich die der Oberseite des Kopfes
genäherten, sind an der Basis schwarz und in der äußern Hälfte
oder bloß am Ende weiß. Die längsten messen bis 42 mm. Einige
kürzere starke Haare von schwarzer Farbe und mit lichterem Ende
stehen unmittelbar über der vordem Hälfte des Auges oder dem
vordem Augenwinkel sowie unterhalb des hintern Augenwinkels.
Die Haare der Unterseite, von der Umgebung des Mundes bis
zur Schwanzwurzel, und ebenso auch die der Innenseiten der Ex-
tremitäten sind einfarbig weiß. Auch die Ober- und Unterseiten
der Extremitäten sind, soweit sie überhaupt behaart sind, mit w^eißen,
aber kürzern Haaren besetzt.
Die Haare der Körperoberseite zeigen in der basalen, größern,
in der natürlichen Lage nicht sichtbaren Hälfte eine ziemlich
dunkle Graufärbung, an die sich ein rötlich-brauner Außenteil an-
schließt. Die Haarspitzen sind schwarz. Es resultiert daraus eine
ziemlich dunkle Rückenfärbung.
An den Übergangsstellen gegen die weiße Unterseite, an den
Körperseiten also wie auch an der Außenseite der Extremitäten,
wird die Färbung reiner und heller. Nicht nur der basale Teil der
Haare wird gegen die Unterseite immer heller grau bis weißlich —
oft findet sich auch zwischen dem grauen Basal- und dem braunen
Außenteil des Haares ein weißer Zwischenteil — , sondern auch der
Endteil ist hier lichter und entbehrt meist der schwarzen Spitze.
Scheitel und Stirn haben dieselbe verhältnismäßig dunkle Färbung
wie der Rücken, die dann vor den Augen lichter wird und in die
cremefarbige Schnauzengegend übergeht.
Von der Schnauzengegend und unter dem Auge zieht scharf
abgesetzt gegen die weiße Unterseite ein brauner, von einzelnen
schwarzen Haaren durchsetzter Streif, der aber trotzdem lichter ist
als die Stirn und der Scheitel, gegen die Schulter. Zwischen Auge
und Ohr sowie hinter dem Ohr sind lichtere Flecken.
Die dünnen Ohren, die an dem in Alkohol konservierten Exemplar
254 Bruno Klaptocz,
durchscheinend sind, reichen angedrückt etwa bis zur Mitte des
Auges. An der Basis der Rückseite sind sie kahl, im obersten Teile
derselben Seite tragen sie schwärzliche und im vordersten Teile
lichtere Haare, aber nicht sehr dicht.
Die Innenseite des Ohres ist mit so feinen, weißlichen Haaren
besetzt, daß sie bei nicht genauer Betrachtung nackt erscheint.
Am Vorderfuß ist die 4. Zehe eben mei'klich kürzer als die 8.
und die 2. um ungefähr das doppelte Maß kürzer als die 4.; die 5.
reicht ungefähr bis zum letzten Gelenk der 4. Zehe. Die 1. Zehe
ist 1,7 mm lang und mit einem kleinen, ziemlich flachen Nagel ver-
sehen, der früher endet als die Zehe selbst. Ein kleiner Ballen
oder besser Tuberkel steht an der Grenze der 5. und 4. Zehe und
2 weitere an der Grenze der 4. und 3., bzw. dei* 3, und 2. Zehe und
endlich ein kleiner, der aber auf einem Fuß fast überhaupt nicht
sichtbar ist, etwas einwärts von der 1. Zehe.
2 ungefähr gleichgroße Ballen, von denen jeder größer ist als
der Daumen, liegen proximal und nahe aneinander. Sie setzen der
Behaarung der Unterseite der Extremität gegen die nackte, ge-
körnelte Sohle eine Grenze; bloß in dem schmalen Zwischenraum
zwischen ihnen reicht die kurze Behaarung etwas weiter distal.
f
^ Flg. B.
Gerbillus [Dipodillus) grobbeni n. sp.
Fig. A. Linker Hinterfuß vou der
Sohle.
Fig. B. Interparietale. P Parietale.
Beide Figuren 2nial vergr.
Fig. A.
'o
Am Hinterfuß (Fig. A) ist die 4. Zehe kaum merklich, die 2.
bereits merklich kürzer als die 3.; die 5. Zehe erreicht (ohne Kralle)
das letzte Gelenk der 4. Die weitaus kürzeste 1. Zehe reicht mit
ihrem Nagel in die Höhe der Grenze zwischen 2. und 3. Zehe oder
etwas weiter.
Säuger von Tripolis iind Barka. 255
Von den Tuberkeln des Hinterfußes stehen 4 ungefähr «-leic;!»-
g-roße und ein 5. kleinerer, aber sehr charakteristischer am Ursprünge
der Zehen: einer steht an der Grenze der 1. und 2. Zehe, ein
2. an der der 2. und 3., ein 3. (der distalste von allen) an der
der 3. und 4.. und ein 4. an der Grenze der 4. und 5. Zehe. Der
5. Tuberkel, der kleinste und äußerste, liegt proximal vom Ursprünge
der 5. Zehe und in einer Linie ebensowohl mit den beiden letzt-
genannten wie auch mit den beiden tarsalen Tuberkeln. Von diesen
fällt der eine in die Vei-längerung der (jrenze zwischen der 3. und
4., und der andere, der proximalste von allen, in die Verlängerung
der Grenze zwischen der 2. und 3. Zehe. Die Verbindungslinie der
Außenseite der beiden tarsalen mit dem früher erwähnten kleinsten
Tuberkel stellt die ungefähre Grenze dar zwischen dem vordem,
kleinern gekürnelten Teil der Sohle und dem hintern, welcher ganz
glatt ist.
Die Sohle des Hinterfußes ist in ihrer ganzen Ausdehnung
haarlos.
Der Schwanz ist an der Basis sehr kurz, gegen das Ende immer
länger und dichter behaart; die Übergangsstelle liegt etwa in der
Mitte des Schwanzes und ist besonders an der Unterseite, wo die
Haare in der distalen Hälfte kürzer aber dichter sind als an den
entspi'echenden Stellen der Oberseite, ziemlich ausgeprägt. Die
Ringelung des Schwanzes ist daher in seiner proximalen Hälfte so
gut wie gar nicht verdeckt, aber auch in der distalen zu erkennen.
Die Haare der obern Schwanzhälfte sind im basalen Teil teils sehr
hellbraun, teils schwärzlich; die letztern werden gegen das Ende
des Schwanzes hin immer zahlreicher und am Ende 9—11 mm lang.
Der distale Teil der untern Schwanzhälfte weist eine kräftige, die
kurz behaarte proximale Hälfte eine schwach weißliche Färbung auf.
Die derben Gaumenfalten sind, von der 3. an nach hinten ge-
teilt und so stark ausgepi'ägt, daß sie auch in trockenem Zustand
selbst in den mittlem Partien deutlich sind.
Die Frontalia tragen sehr schmale Orbitalleisten. Parietalia
und Interparietale sind von vorn nach hinten verhältnismäßig stark
gewölbt, und das letztere schließt mit der Linie, die seine untere
Grenze und die obere Grenze der Vorderseite des sichtbaren In-
cisiventeils verbindet, einen \\inkel von etwa 45" ein. Das Inter-
parietale ist siebeneckig, 3.4 mm lang und 7,1 mm breit; der
weitaus größte und zwar der mediane Teil seiner Grenze gegen das
Occipitale ist annähernd gerade.
256 Bruno Klaptocz.
Die Incisiven sind an der Vorderseite honig-gelb, sonst weiß:
die des Oberkiefers sind an der Vorderseite längs gefurcht und viel
dunkler gefärbt als die des L^nterkiefei's. Die Lamellen des ersten,
obern Molaren sind durch relativ große Zwischenräume voneinander
getrennt und durcli schmale Brücken verbunden.
12 Rippen vorhanden.
Ich benenne diese Art meinem verehrten Lehrer Herrn Prof.
Dr. Karl Gkobben zu Ehren.
Meriones shawi Rozet.
Thomas (17) erwähnt diese Art aus Tripolitanien von 5 Punkten,
die alle ziemlich weit nördlich von Sokna und zwar sowohl im
eigentlichen Tripolitanien wie auch östlich der großen Syrte liegen ;
er bemerkt, daß diese Art und der sehr ähnliche Meriones scJioushoei
in bezug auf das Vorkommen einander auszuschließen sclieinen, da
sie, obwohl beide an einer großen Zahl von Orten und in großer
Individuenzahl erbeutet, doch nie zusammen gefunden wurden.
Nach seinen Fundortsangaben zu schließen, lebt Merioms shawi
im nördlichen Tripolitanien, während shoushoei bis in die Gegend
von Mursuk, dem südlichsten Punkt der DoDSON'schen Expedition,
gefunden wurde.
Sonstige Verbreitung: Tunesien und Algerien, wo sie sich eben-
falls mehr im nördlichen Teil aufzuhalten scheint.
Meriones shoushoei Loche.
Nach den von Thomas (17) mitgeteilten Resultaten der eben
erwähnten P^xpedition ist diese Art im Gebiet derselben eines der
häufigsten und verbreitetsten Säugetiere.
Sonstige Verbreitung: Tunesien und Algerien. Die stärkere
Entwicklung der Geliörkapseln gegenüber der früher erwähnten Art
steht augenscheinlich in Zusammenhang mit ihrer Verbreitung:
sie scheint nicht nur in Ti'ipolitanien, sondern auch in den westlich
davon gelegenen Gebieten mehr im Innern zu leben und dem-
entsprechend in höherm Maße der Wüste angepaßt zu sein als die
vorige Art.
Ps(fininoi}if/s tripol itanus Thomas.
Thomas (17) beschreibt diese Form von „Wadi Aggar. Wadi
Cheggar und Bou Cheifa" — alle 3 Orte liegen östlich der großen
Sänger von Tripolis und Barka. 257
Syrte — und glaubt (18) nach einem Fell von Sfax an der tunesi-
schen Ostkiiste, daß sie auch liier vorkommt.
Psfuinuoniifs roudairei Lataste.
Thomas (17) erwähnt diese Art von „Ronjem und Wadi Wagis",
beides nördlich von Sokna: diese Art lebt auch in der algerischen
Sahara und in der Region der tunesischen Schotts.
3Ius miisctiltts orfenfalis Cretzschmar,
2 .Junge. Tripolis, Araberhaus in der Meschia, Juli.
2 Junge. Bengasi, Wohnliaus in der Stadt, Anfang September.
2 SS, 2 ??. Dernah, Wohnhaus in der Stadt und Gebäude der
Station für drahtlose Telegraphie, zweite Hälfte August.
1 ?. Dernah, Maisfeld in der Nähe der eben genannten Station,
zweite Hälfte August.
Die Mäuse von Dernah stimmen — ein aus einem Gebäude
stammendes ? (Schnauze bis After 69, von hier bis zur Schwanz-
spitze 77 mm) unterscheidet sich lediglich dadurch, daß der basale
Teil der Brust- und ßauchhaare lichtgrau ist — in der Färbung
genau mit der Beschreibung Andeesox's (1, p. 277) überein. Das
größte Exemplar, 1 ?, mißt von der Schnauze bis zum After 86 mm
und von hier bis zur Schwanzspitze ebensoviel.
Die beiden jungen Tiere, die aus einem Gehöft der Oase bei
Tripolis stammen, weisen trotz ihrer geringen Größe (Schnauze bis
After 47,6 resp. 47,5, After bis Schwanzspitze 67 resp. 68, Hinter-
fuß bei beiden 17,5 mm) die Färbung der Alten, und sogar sehr
lebhaft, auf.
Die beiden jungen Mäuse von Bengasi haben eine hellgraue
Unterseite; ihre Oberseite läßt die bräunliche Farbe bereits erkennen,
ist aber noch ziemlich stark mit grau durchsetzt. Die Oberseiten
der Extremitäten, die bei den jungen Mäusen von Tripolis bereits
weiß sind, sind bei denen von Bengasi noch mit grauen Härchen
besetzt: letztere stecken eben noch im Jugendkleid. Sie sind auch
merklich kleiner als die von Tripolis, wie sich aus den von der
Konservierung unbeeinflußten Maßen des Hinterfußes ergibt (Schnauze
bis After 49 und 48,5, After bis Schwanzspitze bei beiden 58, Hinter-
fuß bei beiden 15 mm); die damit in scheinbarem Widerspruch
stehenden Maße des Körpers sind auf eine starke Streckung der
Exemplare von Bengasi zurückzuführen, während andrerseits die
Züol. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. H
258 Bruno Klaptocz,
ebenfalls in Alkohol konservierten Tiere von Tripolis stark kontra-
hiert sind.
Vielleicht gehören hierher auch 2 sehr junge und kleine (Schnauze
bis After 41, After bis Schwanzspitze 4,4, Hinterfuß 14.5 mm) Mäuse
mit grauer Ober- und scharf abgesetzter weißer Unterseite, die ich
auf der Punta, einer rein sandigen, hie und da mit Beständen knie-
hoher, steifei- Gräser besetzten Landzunge bei Bengasi, ausgrub
(1./9.) Am selben Ort und ebenfalls in den Grasbeständen lebt
Gerhülus eatoni Thomas, Die Gänge der Nager sind hier — wohl
mit Rücksicht auf die geringe Höhe jener Landzunge — seicht und
erstrecken sich fast nirgends über die mit Gräsern bewachsenen
Komplexe hinaus.
Mus musculus orientalis ist von Ägj^pten bis Nubien verbreitet
und wurde von Thomas (17) auch bereits von Tripolis („Tarhina")
erwähnt, während die Zugehörigkeit einer tunesischen Maus (20,
p. 174) nicht sicher zu sein scheint.
Acomys vicitor Thomas,
Beschrieben (17) nach einem ? aus dem „Wadi Sultan" in den
Ssodabergen, nahe und südlich vonSokna; Thomas hebt hervor, daß
dies der westlichste bisher bekannte Fundort eines Vertreters des
Genus Acomys in Nord- Afrika sei.
«
Spalacidae.
Spalaoc aeffißptiacus Nehrestg.
Diese Art wurde von Anderson (1) bei Maryut in Unter-Ägypten
entdeckt und ist bisher nur aus Barka bekannt geworden. Wenigstens
stellt SoEDELLi (14) einen im Museum von Mailand (1, p, 300) be-
ftndlichen Spalax, den Haimann (6, p. 52 u. 138) bei ,.Ras el Ferg'",
etwa 30 km ostsüdöstlich von Bengasi sammelte, hierher. Haimann
(6, p. 116j hielt das Tier für einen Maulwurf. Ähnlich ist es auch
RoHLFs ergangen : Auf seiner Übersichtskarte (13) findet man
zwischen dem 20. und 21." ö. L. (Greenwich) und etwa auf 30° 45'
n. ßr. eine „Südgrenze des Maulwurfes" angegeben. Und schon
in einem frühern Reise werke sagt Rohlfs (11. Vol. 1, p. 170) bei
Besprechung der Gegend nordöstlich der Seen von Merdsch: „Daini
fiel mir die Menge der Maulwurfshaufen auf, die sonst in Tripoli-
tanien nicht vorkommen. Die Araber nennen den Maulwurf hier
Säuger von Tripolis mul Barka. 259
mit dem bezeiclinenden Namen Bu-amian. Vater der Blinden."
[Andekson (1) g'ibt für Unter-Äoypten ganz denselben Namen an.
nämlich (p. 292) „Abn Amma" ; er sagt davon (p. 297, Anni. 2):
„The name given to the animal by tlie natives, ,Abu Amma-, is
litterally .Fatlier of the blind', and may be translated as ,triiely or
essentialy blind'".] Und im 2. Bande desselben Werkes (p. 13) er-
wähnt RoHLFs bei einer übersichtlichen Besprechung- von ..Barka";
„Überall stößt man aber auf den Maulwurf, dessen Spuren man
sogar weit nach Süden in der Ebene verfolgen kann."
Überdies teilt mir Herr J. Roisi mit, daß man bei den Erd-
aushebungen für den Bau der Station für drahtlose Telegraphie in
Dernah einen „Maulwurf" gefunden habe.
Bei dem Umstand, daß aus ganz Nord-Afrika kein Talpide be-
kannt ist, kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß alle jene
Angaben auf Rechnung des Spalax zu setzen sind, der in Anbetracht
des Charakters des Landes auch kaum weiter nach Süden oder
Westen gehen kann, als Rohlfs auf seiner Karte angibt. Seine
Grenze hat Rohlfs selbstverständlich nach Erdaufwürfen gezogen.
Möglicherweise sind auch jene Haufen, die ich bei Dernah, nament-
lich östlich der Stadt, zwischen dieser und der „Kirche", auf der
parallel zur Küste sich erstreckenden Terrasse, die einen karstartigen
Charakter aufweist, sah, auf dieses Tier zurückzuführen, obwohl sie
mir etwas klein vorkommen.
Aus allen Angaben geht wohl liervor, daß der Spalax in
Cyrenaika nicht nur am Binnenplateau vorkommt und jedenfalls
häufig ist.
Jaculidae.
Jaculus Jaculiis Linxe.
1 d, 1 $, beide aus der Umgebung der Stadt Tripolis; hier die
häufigere Art,
Aus Tripolitanien zuerst wohl von Duveexoy ^j erwähnt.
Thomas (17) nennt sie von „Attieh Loumonileh" und „Oumsi-
nerma", beides zwischen Tripolis und Sokna.
Von Algerien und Tunesien über Tripolitanien und Ägypten
bis Palästina und Arabien verbreitet.
1) In: Mem. Soc. Hist. nat. Strassbourg, Vol. 3, 1842, j). 31 : „Dipus
aer/ijpüus'^, zitiert nach Trouessart (23).
17*
260 Bkcno KlAI'TOCZ,
Jitculus orientaJis Erxleben,
1 (?, 2 ??, alle aus der Umg-ebung' der Stadt Tripolis; am
6. Juli 3 ueugeboreue Junge.
Thomas (11) erwähnt diese Art von „Sidi Faradje" im Vilajet
Rarka, nahe der Küste, am 31^ n. Br.
Von Algerien über Tunesien, Tripolitanien und Ägypten bis
Nubien verbreitet.
Die Springmäuse oder, wie sie Rohlfs in seinen Reisevverken
nennt, „Springratten" werden auch in Tripolitanien durchwegs
„Dsciierboa" genannt. Fast alle Reisenden erwähnen sie und von
den verschiedensten Punkten. In den hier in Betracht kommenden
Ländereien dürften sie wohl nur in den wenigen sumpfigen und den
ausgesprochenen Gebirgsgegenden fehlen. Ebendeshalb wird aber
die Angabe Haimann's (6), daß „molte gerboe" in Cj'renaika vor-
kommen, wohl nur für bestimmte Teile der eigentlichen Halbinsel
Geltung haben.
In der Umgebung der Stadt Tripolis sind sie nach den Resultaten
der Fänger sehr häufig, obwohl nach zuverlässigen Angaben ihre
Zahl in der nächsten Umgebung der Stadt — w^ohl eine Folge des
großen Exports wie auch der stetigen Beunruhigung durch die
Fänger — in den letzten Jahren sichtlich abgenommen hat.
Ich sah ein einziges Mal eine Springmaus im Freien und zwar
nach Einbruch der Dämmerung auf einer Straße der Oase von
Tripolis; dies zusammengehalten mit der Tatsache, daß ich einen
J. Orientalis aus einem Garten der Meschia erhielt, sowie mit über-
einstimmenden Angaben des Herrn Storch scheint darauf hinzudeuten,
daß die Springmäuse in der trockensten Jahreszeit mitunter wenigstens
Oasen oder vegetationsreichere Stellen aufsuchen.
Im Sommer 1906 schien unter den Springmäusen von Tripolis
eine epidemieartige Krankheit zu grassieren, indem, nach den ver-
läßlichen Angaben des eben genannten Gewährsmannes, bei sonst
gleicher Pflege, ein ungleich höherer Prozentsatz der gefangenen
Tiere zugrunde ging als in frühern Jahren und zwar durchwegs
unter Verstopfungserscheinungen ; dies war auch das baldige Ende
der von mir lebend mitgenommenen.
Sänger von Tripolis und Barka. 261
Ctenodadylidae.
Ctenodactijhfs rfdi '1'iiomas.
Thomas (17) beschreibt dieses Tier nach Exemplaren vom „^^'adi
Bey, just northwest of Bonjem" (im S.O. von Tripolis und im N. von
Sokna), sowie vom „Wadi Titti, east of Sokna"'.
? Ctetiodacttjlus (fiuidi Pallas,
Aus Tripolitanien werden Gundis zuerst wohl von Yarrell (24)
erwähnt, der mitteilt, daß die Zoological Society of London solche
Tiere von H.vnmek Waerington, dem damaligen britischen Konsul
in Tripolis, erhielt.
Indes muß bei dem Fehlen präziser systematischer Angaben die
Frage einstweilen noch oifen bleiben, ob die „Gundi*' des Gharian-
Gebirges — denn auch hier werden diese Tiere so genannt — mit
der in Tunesien und Algerien lebenden Art Ctenodactylus gundi
Pallas identisch ist oder ob es sich um Ct. vali handelt oder, was
recht gut denkbar wäre, um eine Zwischenform zwischen den beiden
genannten Arten. ^)
1) Herr Dr. Paul Kammekee, Wien, der 1902 einen Aufsatz über
„Das Käfigleben des Kammfingers (Ctfi/odacii/luf! fjionli ßOTHM.)" in:
Zool. Garten, Jg. 43, ]). 186 erscheinen ließ über Tiere, die sicher aus
Tripolis (und jedenfalls aus dem Gharian-Gebirge oder den n. ö. daran
sich schließenden Bergen von Tarrhuna, den der Stadt Tripolis zunjichst
gelegenen Fundorten für Gundis) stammen, hatte die dankenswerte Freund-
lichkeit, mir einen Gundischädel zur Verfügung zu stellen, der höchst-
wahrscheinlich von jenen Tieren stammt. Daß derselbe nicht zu rali ge-
hört, geht aus folgenden Maßen in mm hervor: Größte mediane Länge
des Schädels 46,4; größte Breite der Jochbogen 30,5: größte Länge eines
Nasale 18,8: größte Breite beider Nasalia zusammen (nahe ihrem Vorder-
ende) 6,2; Interorbitalbreite 13,6; Breite des Interparietale 12,2, Länge
desselben 9,3; Diastema (der Prämolar ist nicht mehr vorhanden) 11,6;
obere i\Iolarenreihe, an der Krone gemessen 8,1, an der Basis gemessen
8,7; gi-ößter schiefer Durchmesser einer Gehörkapsel 15,9, vertikale Höhe
derselben 13,9; Höhe des Unterkiefers 10,9. Diese Maße sind entsprechend
den von Thomas für Clcnodnclylits rali (s. diesen) angegebenen genommen.
Kammeeer (1. c.) bemerkt, daß im Gegensatz zu den Angaben von
Lataste, der Ctenodactylus yuudi als Tagtier bezeichnet, seine Gundisart
in der Dunkelheit lebendig wurde. Dies stimmt überein damit, daß die
Einwohner von Gharian nach dem Einbruch der Dämmei-ung sagten :
„Jetzt geht der Gundi aus". Bei Ct. rali wäre die nächtliche Lebens-
weise vielleicht mit eine Erklärung des enorm vergrößerten Gehörapparats.
262 Bruno Klaptocz
Obwohl es mir in der kurzen Zeit meines Aufenthaltes im
Gharian-Gebirge nicht gelang-, Gundis zu erhalten, scheinen diese
Tiere hier doch sehr häufig zu sein: dies geht nicht nur aus den
Angaben der Gebirgsbewohner hervor, sondern auch daraus, daß die
von ihnen als Faeces des Gundi bezeichneten Excremente, die eine
charakteristische länglich-cylindrische Gestalt aufweisen, sowohl in
einer Ruine am Plateau von Gharian und in der nächsten Nähe
dieses Ortes wie auch in einer kleinen Höhle am Dschebel Tegrinna
massenhaft anzutreffen waren. Herr Storch in Tripolis, der aus
dieser Gegend (öfters schon Gundis erhalten und auch nach Europa
versandt hatte, machte ebenfalls die — früher schon von andern
gemachte — Beobachtung, daß diese Tiere fast ausnahmslos un-
mittelbar nach dem Fang zugrunde gehen, während die wenigen
Überlebenden sich ziemlich ausdauernd erweisen.
Hystricidae.
Hystrix eristata Linne.
Nur um diese über das ganze Mittelmeergebiet verbreitete Art
kann es sich handeln, wenn Rohlfs (11. p. 66) von Tripolitanien
Stachelschweine erwähnt und Haimann (6, p. 116) für die cyrenaische
Halbinsel „porcospini" angibt. In dem die Stadt Tripolis im Süden
umgebenden Gebirgszuge kommen, wie man mir in Gharian sagte,
Stachelschweine an bestimmten Stellen häufig vor.
Leporidae.
Lejyu.s u'hitakevl Thomas.
Thomas (17) beschreibt diese einzige bisher aus Tripolitanien
sicher bekannte Hasenart vom „Wadi Sofedjin" und vom ,.Wadi
Agarib", beide zwischen Tripolis und Sokna, sowie vom „Timinint,
near Sebha'' und hebt ihre aus der großen Entfernung dieser Orte
sich ergebende weite Verbreitung hervor.
Hasen werden in Tripolitanien und Cyrenaika von den Reisenden
vielfach erwähnt und an manchen Orten als häufig heiworgehoben.
RoHLFs spricht mehrmals — so von Tripolitanien überhaupt (11,
1. Bd.. p. 66) wie von der Dschefaraebene (10, p. 193), den Gebirgs-
tälern bei Lebda (12. p. 21), der Umgebung von Sokna (13, p. 164)
Säuger von Tripolis und Barka. 263
und von den Küstenstrichen von Cyrenaika (11, Vol. 2, p. 13) — von
..Hasen und Kaninchen". Es scheint ausg-eschlossen, daß es sicli
hier wirklich um das Kaninchen Oryciolagus cuniculus (Linne) liandelt.
das nach Tkouessakt (23, p. 401) in Algerien bereits gegen die
tunesische Grenze verschwindet und am tunesischen Festland ebenso
unbekannt ist wie in Ägj'pten.
Ich sah bloß einen Hasen — im tripolitanischen Arabisch „arneb"
— am Dschebel Tegrinna bei Gharian, hörte sie aber oft erwähnen
und, als besonders häutig vom Beginn des Gebirges im Osten von
Bengfasi.
'Ö'
rngiilata.
Suidae.
StlS SCfO/'a LiNNE.
Das Wildschwein findet sich, von seiner sonstigen weiten Ver-
breitung in Europa und einem großen Teil Asiens abgesehen, in
Afrika sowohl in Nord-Ägypten, wo es allerdings schon recht selten
zu sein scheint (1, p. 354), wie auch in den Atlasländern, von der
Küste bis zur Sahara und tritt überall häufig auf^ wo es Wasser
und ausgedehntes Dickicht gibt (Lataste, 7); ja es soll sich sogar
an geeigneten Stellen innerhalb der Sahara aufhalten (1. c).
Was die hier in Betracht kommenden Gebiete anlangt, so
werden Wildschweine außer von andern Reisenden auch von Rohlfs ^)
angegeben und zwar sowohl für Tripolitanien überhaupt (11, 1. Bd..
p. 66) und speziell für die Gebirgstäler bei Lebda (12, p. 21), wie
auch für die cyrenaische Halbinsel ,.in den Schluchten der Hoch-
ebene" (11, Vol. 2, p. 13). ■')
Bovidae.
Ainnioti'af/((s lervia Pallas.
Das Mähnenschaf, dessen Verbreitung von Marokko bis Ägypten
reicht, erwähnt Thomas (17) vom ,.Wadi Agarib, just N.W. of Sokna".
1) Erwähnt, nebenbei bemerkt, die Wildschweine als in Marokko
stellenweise sehr häufig (10).
2) Lataste (7, p. 286) ei-wähnt, daß der „Crrvus corsicanus'^ (in
diesem Fall = Cerrus rlapliKs hiir/>anis Benxet) nach den von ihm er-
haltenen Mitteilungen außer in andern Teilen Tunesiens auch „au sud, vers
la frontiere tripolitaine" vorkomme.
264 Bruno Klaptocz,
Die genauere Provenienz eines Gehörnes in Tripolis konnte ich
ebensowenig- in Erfahrung' bringen wie die eines lebenden Tieres,
das nach Konstantinopel als Geschenk an den Sultan ging; doch
scheint es mir nicht unwahrscheinlich, daß das ]\Iähnenschaf im
Ghariangebirge und den damit in Verbindung stehenden Gebirgs-
zügen zu treifen sei.
Mit Rücksicht auf den von Thomas genannten Fundort sowie
die weiter unten folgenden Angaben Barth's ist es wahrscheinlich,
daß die „Uadanantilope" von Rohlfs, die nach ihm (14, p. 164)
„vom Gebirge Uadan den Namen erhielt, aber heute viel zahlreicher
in der Djebel Ssoda und im Harudj vorkommt als in den Uadan-
Bergen" — alle diese mehr oder minder zusammenhängenden Boden-
erhebungen liegen in der Umgebung von Sc^kna — hierher zu
stellen sei.
Diese Ansicht erhält wohl eine Bestätigung durch die Bemerkung
Barth's (2, p. 114) von der „Wadan oder Audad {Oryx gasella) einer
großen, stämmigen Antilope, die in den Bergdistrikten der Wüste
sehr zahlreich ist". Und im selben Werk sagt Barth (p. 115)
„. . ., während der bockartige Wadan [Oryx gazella) nicht so weit
südlich herabzugehen scheint, um die Nordgrenze des Landes [geraeint
ist das Land Asben] zu überschreiten".
Der von Barth, der ja durchaus kein Zoologe war, verwendete
Name ,^Oryx gazella'-'- ist kein Argument gegen diese Deutung und
das um so weniger, als er ja auf derselben Seite (p. 151) von Anti-
lope leucoryx und A. oryx als von ganz andern Tieren spricht.
Ga^ella dar ras Linke.
Von Marokko bis Syrien verbreitet, tritt dieses Tier innerhalb
der hier in Betracht kommenden Gebiete w^ohl an allen geeigneten
Orten auf und ist sicher die häutigste, vielleicht die einzige Gazelle,
die regelmäßig in der Küstenebene von Tripolis bis an die Berge
von Tarrhuna und Gharian vorkommt; in der nächsten Umgebung
der Stadt Tripolis trifft man sie allerdings auch nicht mehr. In
Tripolis sind Geweihe stets in großer Zahl erhältlich, in gei'ingerer
lebende Tiere, die hier und da, noch mehr in Bengasi, gezähmt ge-
halten werden und in der letztgenannten Stadt auch frei auf der
Straße zu treffen sind.
Thomas (17) erwähnt diese Art von mehreren Orten zwischen
Tripolis und Sokna sowie zwischen Sokna und Mursuk. Schon daraus,
daß die WniTAKER'sche Expedition aus ihrem weiten Forschungs-
Säuger von Tripolis und Barka 265
gebiet nur diese Art, diese dafür aber in 9 Exemplaren von
5 üiten mitbrachte, geht hervor, daß sich die zalilreiclien Angaben
der Reisenden über Gazellen, auch was das innere Tripolitanien an-
belangt, sich in erster Linie auf sie beziehen. Hier sei nur eine
Angabe von Rohlfs (10. p. 193) erwähnt, der von der Dschefara-
Ebene sagt: „Gazellen gibt es hier auch, jedoch lange nicht so
häufig als südlich vom Gebirge."
Gai^ellii leptoceros F. Cuviek.
Aus Tripolitanien in den Zusammenstellungen von Trouessart
erwähnt. Gehörne wurden auch von Grothe {Gazella loderi 3,
p. LXVIII) aus Tripolis mitgebracht.
Gehört ebenfalls zu den weitest verbreiteten nord-afrikanischen
Gazellen. Ihr Gebiet erstreckt sich von der algerischen Sahara bis
mindestens an den weißen Nil.
Addax nasomaculata Blainville.
Exemplare dieser von Marokko über Nubien bis Nord-Arabien
verbreiteten Art wurden von Herrn K. u. K. Konsul E. Rossi in
Tripolis aus dem südlichen Tripolitanien (Fessan) an die Schön-
brunner Menagerie in Wien gesandt.
Wie sich aus den vorstehenden Angaben ergibt, sind zurzeit
bloß 33 Säuger- Arten mit Sicherheit aus dem tripolitanisch-cyrenai-
schen Gebiete bekannt, zweifellos nicht einmal die Hälfte der tat-
sächlich hier auftretenden Formen. Sicherlich werden alle jene
Mammalier, die sowohl in Ägypten wie im tunesisch-algerischen Ge-
biete zu Hause sind, auch in Tripolitanien und Cyrenaika, wenn auch
manche örtlich beschränkt, sich finden (abgesehen vielleicht von
Herpestes).
Daß weit über die Hälfte der bis jetzt bekannten Arten Nager
sind, ist außer dem Artenreichtum und der Individuenzahl dieser
Tiere wohl auch dem rein technischen Umstand, daß sie weitaus am
leichtesten zu erlangen sind, zuzuschreiben.
Für die Beurteilung der verwandtschaftlichen Beziehungen der
tripolitanisch-cyrenaischen Säugerfauna sind die einzelnen Formen
von sehr verschiedenem Inteiesse: von untergeordneter Bedeutung
sind alle jene, welche circummediterran sind oder eine noch weitere
Verbreitung haben oder außer aus einem größern Teile Nord-Afrikas
auch aus Kleinasien bekannt sind {VcspertiUo serotinus isabellinuSj V.
266 Bruno Klaptocz,
hihli. Zorilla lijbica, Hystrix crisiata, Sus scrofa). oder solche, die
Nord-Afrika in seiner ganzen west- östlichen Ausdehnung eigentüm-
lich sind und zum Teil auch Palästina und Arabien bewohnen, ja
bis Indien gehen 'können {Vulpes ser da. Hyuena hyaena, Jaculus jaculus,
J. Orientalis, Ammotraf/tts lervia, Gazella dorcas, G. leptoceros, Addax
nasomacidata und, falls man Emiaceus deserti mit E. aethiopicus
identifiziert, auch dieser).
Ungleich wichtiger sind jene Formen, die im tripolitanisch-
cyrenaischen Gebiete ihre Grenze nach einer Richtung finden oder
endemisch sind. Allerdings ist dabei zu bedenken, daß die dies-
bezüglichen Verhältnisse noch recht unsicher sind, ja daß es recht
wohl möglich, z. T. sogar wahrscheinlich ist, daß selbst in den ver-
hältnismäßig gut explorierten algerisch-tunesischen oder ägyptischen
Gebieten ') die eine oder andere der nach unsern jetzigen Kennt-
nissen in Tripolitanien endemischen Formen lebt. Außerdem sind
die beiden hier in Frage stehenden Gebiete sehr ungleichmäßig
untersucht. Während nämlich Tripolitanien in bezug auf seine
Säuger einigermaßen erforscht ist, ist aus Cyrenaika oder vielmehr
dem charakteristisclieu und weitaus interessantesten Teil davon, der
größtenteils hochgelegenen und für ein nord-afrikanisches Gebiet
ganz eigentümliche Verhältnisse aufweisenden Halbinsel von Barka,
fast gar nichts bekannt. Diese beiden Gebiete stehen aber ihrer
ganzen Natur und Vergangenheit nach in einem gewissen Gegensatze.
Ferner besteht ein großer, durch Niederschlags-, klimatische. Boden-
und Vegetationsverhältnisse bedingter Unterschied in beiden Ge-
bieten — Tripolitanien und Cyrenaika — zwischen den Inlands-
regionen und dem Küstenland, wobei man die Grenze zwischen beiden
am besten der der regelmäßigen Mittelmeerniederschläge gleich-
setzen wird.
Diese fällt im südwestlichen Cyrenaika nach Rohli-s zusammen
mit der Südgrenze des Flohes und der „Helix desertorum'-'- sowie im
ganzen Gebiet mit der vieler Pflanzen. Überhaupt mögen die hier
entwickelten Ansichten für andere Tiergruppen, welche teilweise in
ungleich höherm Maße als die Säuger von den Boden-, klimatischen
und Vegetationsverhältnissen abhängig sind, auch in erhöhtem Maße
Geltung haben.
Was nun die weiten Inlandregionen anlangt, so stellen sie sehr
gleichtörmige und weder nach Westen noch nach Osten irgendwie
1) Der riesige westlich vom Nil gelegene Wüstenkomplex Ägyptens
ist zoologisch sehr mangelhaft bekannt.
Säuger von Tripolis und Baika. 267
absegTenzte Gebiete dar. Ihre Grenzen nach beiden Jiiclitnnoen
sind rein politische, d. h. sie entbehren jeder realen Grnndlage.
Diese Ländereien bestehen ebenso wie das Land südlich der algerisch-
tunesischen Atlas- und Steppen(Schotts-)reg-ion und wie das weite
Territorium westlicli des Nils, das politisch zu Ägypten zählt, aber
ebenso wie das Hinterland von Cyrenaika nur einen Teil der so-
genannten lib3'schen AViiste ausmacht, aus Sand- (Areg), Geröll-
(Sserrir) oder Felswüste (Haniniada), bald dichter, bald spärlicher
durchsetzt von Oasen oder Oasengruppen von stellenweise bedeuten-
dem Umfang (im Fesan) mit meist stark salz- mitunter auch schwefel-
haltigem Wasser, das, oft nicht einmal zutage tretend, außer den
Oasen auch steppenartige Formationen hervorbringt. Die Gebirge
sind niedrig und den klimatischen Verhältnissen entsprechend äußerst
arm an Vegetation, dürften aber gleichwohl für die Fauna von Be-
deutung sein, ebenso wie die ihnen ähnlichen, weil meist felsigen
und oft tief eingeschnittenen Wasserläufe, die zwar selten und nur
ganz kurze Zeit oberirdisch Wasser führen, sich aber trotzdem oft
einer wenn auch spärlichen Baumvegetation erfreuen.
Daß in diesen Teilen des tripolitanisch-cyrenaischen Gebietes,
dessen Natur und Geschichte dieselbe ist wie die der östlichen und
westlichen Grenzländer, gegen welche sie offen sind, daß hier auch
die Fauna eine weitgehende Übereinstimmung mit der der Nachbar-
gebiete aufweist, steht zu erwarten. Tatsächlich ist dies auch der
Fall: alle jene Tiere, die oben als für ganz Nord-Afrika eigentümlich
und teilweise noch weiter verbreitet angeführt wurden [Vulpcs serda
etc.). sind mehr oder minder Sahara-Tiere, Wüsten- und Steppen-
formen, die aber deshalb die ihnen zusagenden Teile der Küsten-
gebiete nicht meiden, zumal ja viele dieser Landesteile trotz ihrer
günstigem Lage mit den Binnendistrikten noch hinlänglich gemein-
same Züge aufweisen und vielfach, wie z. B. die Dünengebiete bei
der Stadt Tripolis oder in der Gegend von Glioms und Lebda, weite
Strecken an der großen Syrte kaum von ihnen verschieden sind.
Von den Säugern, die nicht über die ganze west-östliche Aus-
dehnung des nord-afrikanischen Kontinents verbreitet sind, treten
Erinaceus deserti, Gerbillus dodsotii, Psammomijs roudairci und wohl
auch Fs. tripoliianus, ferner beide Mcriones- Arien — M. shaai wird
in Ägypten, Palästina und Ai-abien durch die Unterart meJanurus
RÜPPELL, M. shoushoei, aus Ägypten nicht bekannt, in Persien durch
M. erythrurus Gray vertreten, eine Form, die ihm so nahe steht,
daß Lataste sie für identisch erachtet — unverändert in den west-
268 Bruno Klaptocz,
liehen Nachbarj^ebieten auf, während Gcrhillus (jerhillus eine östliche
Art und G. pijramidum farabuU die bisher bloß in Tripolitanien »-e-
fundene Unterart einer solchen ist. Was aber die nach unsern
jetzif>en Kenntnissen für jene Regionen eig-entümlichen Formen an-
laufet, so steht Gerhülus eatoni sowohl einer westlichen wie einer
östlichen Form {latastei Thomas et Teoüessart — andcrsoni de Winton)
nahe und ebenso auch Lepus whitalxri (17, p. 12), während Gerhülus
vivax entschieden östliche Verwandtschaft zu haben scheint. Ähnlich
verhält es sich mit Acomijs viator, die ein östliches, und mit Cfeno-
dadylus vcdi, der ein westliches Genus vertritt. Vesperfilio deserti. der
ja nur eine hoch spezialisierte Wüstenform der AwA/i-Gruppe dar-
zustellen scheint, ist hier ohne Interesse.
Aus diesen Verwandtschaftsbeziehung-en geht trotz des spär-
lichen Tatsachenmaterials, über das wir jetzt noch verfüg^en, zur
Genüge hervor, daß die Säug'erfauna der Inlandregionen eine Misch-
fauna zwischen der algerisch-tunesischen und der ägj'ptischen dar-
stellt und daß ihre endemischen Formen durchwegs in nahen Be-
ziehungen zu den Formen eines dieser Gebiete stehen; daß sonach
die ägyptische und die nordwest-afrikanische Wüstenfauna einander
durchdringen und eine Scheidelinie zwischen ihnen nicht
existiert.
Anders scheint es mit der Fauna der Küstengebiete zu stehen
oder vielmehr mit der Fauna der typischen Teile jener Gebiete.
Als solche sind entschieden die höher gelegenen Partien, Gebirge
und Plateaus, sowie die unter ihrem Einfluß stehenden Landstrecken
aufzufassen; denn diese stellen nicht nur die ältesten bewohnbaren
Teile jener Gebiete dar, sondern bieten auch jetzt weit mannig-
faltigere und für die Entwicklung einer einigermaßen artenreichen
Fauna günstigere Bedingungen dar als die einförmigen Steppen-
und Wüstenbezirke.
Hier werden die Wasserdämpfe des Mittelmeeres, welche die
Berge des Inlandes nicht mehr erreichen, kondensiert und so die
Bedingungen für das Gedeihen vieler Pflanzen, die dem Binnenland
fehlen, geschaifen; die Gliederung durch Täler und Schluchten, das
Vorhandensein von Höhlen und Spalten, der Reichtum an Blöcken
und lose den Boden bedeckenden Steinen schafft eine Unzahl —
namentlich gegen die Einwirkung des Südwindes — geschützter
Stellen und natürlicher Verstecke, die man in den weiten Ebenen
meist vermißt.
Hier sind zwei Systeme zu unterscheiden: das tripolitanische
Säuger von Tripolis und Barka. 269
Küstengebirg'e und das Hochland von Cyrenaika, das sogenannte
Plateau von ßaika.
Das tripolitanische Küstengebirge, dessen höchste Erhebung im
Dschebel Ghaiian liegt, streicht bei Choms (Lebda, dem alten Leptis)
ans Meer aus; es kann als der letzte Ausläufer des Atlassvstems
aufgefaßt werden, mit dem es ja auch in Verbindung steht.
Ganz anderer Herkunft ist dagegen das Plateau von Barka. der
nordwestliche und weitaus höchste Teil des libyschen Küstenplateaus,
das lange Zeit und möglicherweise öfter als einmal vom afrikanischen
Kontinent getreunt, vielleicht erst sehr spät mit diesem wieder ver-
bunden wurde. Zum tripolitanischen Gebirge steht es jedenfalls in
keiner Beziehung ; es ist von ihm vielmehr durch das weite Tiefland
der großen Syrte geschieden.
Mit diesen Tatsachen scheint auch die Verbreitung der Säuger
im Einklang zu stehen; daß Tiere von mittelländischer Verbreitung,
wie z. B. Sus scrofa oder Hysfrix cristata, in beiden Gebieten auf-
treten, ist selbstverständlich ohne Bedeutung. Dagegen sind Macro-
scelides, Eliomys und Cfenodadylus Gattungen der Atlasländer, die
auch im tripolitanischen Küstengebiete ^) auftreten ; kein Vertreter
von ihnen wurde aber in dem gut bekannten Ägypten gefunden, das
zum cyrenaischen Gebiet — selbst viel zu wenig bekannt, um daraus
Schlüsse, noch dazu negative Schlüsse, zieheu zu können — noch
am ehesten in Beziehung steht.-)
Andrerseits hat Barka mit Ägypten den SpaJax gemeinsam.
Daß er von Osten kam, ist sicher, daß er ein verhältnismäßig junger
Einwanderer ist (der sich allerdings den außerordentlich günstigen
Bodenverhältnissen entsprechend am Plateau von Barka jetzt weiter
verbreitet und viel zahlreichei* findet als in Ägypten selbst), ist
höchstwahrscheinlich. Übrigens scheint vom Golf von Bomba. an
der Ostküste der cyrenaischen Halbinsel, bis zum Nildelta, ein Gebiet,
das zoologisch gänzlich unbekannt ist, der Küste entlang ein Land-
1) Macroscelidcs und EUovnjs dürften übrigens auch etwas tiefer ins
Land gehen, wie dies hinsichtlich der (^attung Ctenodactyliis feststeht —
allerdings ist die j\Iöglichkeit vorhanden, daß die Gundis der Küstengebirge
von denen der Innenregion (rali) verschieden sind — , da ja Mntrosielides
roxeti deserii südlich des Atiaszuges (Gegend von Biskra) bekannt ist
und Eliomys iinniihianus lerotintis LatasTE in der algerischen und ma-
rokkanischen Sahara auftritt.
2) Am ehesten wäre in Cyrenaika noch ein Vertreter der Gattung
Eliomys zu erwarten, die ja von der Sinai- Halbinsel bekannt ist.
270 Bruno Klaptocz,
Streifen zu ziehen, der heutzutage die Wanderung und Verbreitung
vieler Formen ermöglichen wird. Daß der Spalax in Tripolitanien
fehlt, ist ebenfalls sicher; seine auffallenden Bauten hätten unmöglich
der Aufmerksamkeit der Reisenden entgehen können (s. o. die An-
gabe von RoHLFs, der das Fehlen des „Maulwurfes" in Tripolitanien
hervorhebt).
\\'as die noch übrigen Formen anlangt, so ist Erinaccns alc/irus
eine Form der Atlasländer, die östlich bis in die Umgebung der
Stadt Tripolis nachgewiesen ist — die hier lebenden, von Dobsox
als E. fallax beschriebenen Tiere weichen allerdings in der Zeich-
nung der Stacheln von den algerischen etwas ab — , während Ger-
hilhts (jrohheni ägyptische Beziehungen aufweist.
Die Verbreitung von Mus musculus oricnfalis ist ziemlich be-
langlos, da Tiere von der Lebensweise der Hausmaus leicht ver-
schleppt werden.
Fassen wir die Resultate dieser Betrachtungen zusammen, so
scheint es, daß der Einschnitt der großen Syrte mit den
daran sich anschließenden flachen und tiefgelegenen und. von einzelnen
Strecken Weidelandes abgesehen, vegetationsarmen Ebenen die
Grenze bildet zwischen der Fauna der Atlasländer, die
zwar sehr verarmt, aber mit charakteristischen Formen bis ins
eigentliche Tripolitanien reicht und der leider noch so wenig be-
kannten Fauna von Barka.
Daß die letztere in sehr nahen Beziehungen zur Fauna vun
Ägypten steht, ist nicht wahrscheinlich.
Erwähnt sei hier noch die angebliche Armut des Plateaus vou
Barka an Tieren — Rohlfs wundert sich, daß ein Gebiet mit so
günstigen Bedingungen an Tieren so arm sei im Vergleich z. B. mit
dem „wildreichen Marokko" — womit allerdings hauptsächlich jagd-
bare Tiere gemeint zu sein scheinen.
Man darf sich nicht verhehlen, daß die obigen Schlußfolgerungen
an einem Mangel kranken, an der Spärlichkeit des Tatsachenmaterials;
in dieser Beziehung werden die aus der Verbreitung anderer, zum Teil für
die zoogeogra})hische Forschung wertvollerer Gruppen sich ergebenden
Schlüsse heranzuziehen sein. Andrerseits wird jener Mangel teil-
weise wenigstens wieder dadurch wett gemacht, daß die die Ver-
breitung der Säuger betrettenden Daten im Einklang stehen mit
dem, was wir vom heutigen Zustand jener Gebiete und dem ver-
gangener Zeiten wissen.
Säuger von Tripolis und Barka. 271
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272 Bhuno Kläptocz, Säuger von Tripolis und Barka.
17. Thomas, Oldfield, On the mammals collected dnring the Whitaker
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Gray (Mus Guudi, Rothm.), in: Proc. zool. Soc. London, Part 1,
1830—1831 (p. 48).
Nachdruck verboten.
Uhersetzungsrecht vorbehalten .
Lepidopteren aus Tripolis und Barka.
Gesammelt von Dr. B k u n o K i- a p t o c z.
Bearbeitet von
Prof. H. Rebel
(k. k. naturh. Hofmuseum in Wien).
Mit 1 Äbbildang im Text.
Für Tripolis nnd Beng-asi (Barka) lagen bisher keine zusammen-
bängenden faunistiscben Nachricbten über Lepidopteren vor.
Um so wünschenswerter erschien es mir daher, über die vor-
liegende Ausbeute berichten zu können, welche 66 Arten enthält,
die nachstehenden Familien angehören:
Papilionidae
1
Pieridae
4
Nymphalidae
Lycaenidae
Hesperiidae
Splünyidae
A'ociuldae
3
4
2
4
18
Geovietridae
4
Ärctiidae
1
Psycliidae
Pyralidae
2
16
Pterophoridae
1
lortricidae
1
Gelechiidae
2
Tinacgeriidae
Tiueidae
1
2
Jalirb. XXVII. Abt. f. Syst.
Zool. Jalirb. XXVII. Abt. f. Syst. 18
274 H. Rebel,
1 Pyralide (Crambine) und 2 Tineiden waren als neu zu be-
schreiben; von letztern gehört 1 auch einer neuen, sehr ursprüngliche
Charaktere aufweisenden Gattung- [CatapsUothrix) an. Außer den
3 unbeschriebenen Arten (No. 45. 65 u. 66) waren noch 3 P3'raliden
(No. 44, 47 u. 58j, 1 Tortricide (Xo. 61) und 1 (fraglicher) Gelechiide
(No. 62) neu für die nord- afrikanische Fauna.
Von den restlichen 58 Arten waren 57 bereits aus dem west-
lichen Nord-Afrika (Marokko bis Tunis) nachgewiesen und hiervon
aucli 39 aus Agj'pten. 1 einzige, ungenügend gekannte Pyralide
(No. 46) ist bisher erst aus Ägypten, nicht aber aus den westlichen
Teilen Nord-Afrikas (die der Kürze halber als Mauretanien bezeichnet
sein mögen) nachgewiesen.
Die Anteilnahme Ägyptens und Mauretaniens an dem Faunen-
bestande von Tripolis und Barka würde sich nach obigem annähernd
wie 5 : 7 verhalten. Wenn auch dieses Zahlenverhältnis aus mannig-
fachen Gründen, die hier nicht näher angeführt zu werden brauchen,
gewiß den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht, so erhellt
doch ein Überwiegen des mauretanischen Einflusses daraus, der in
schwerwiegender Weise namentlich durch das Vorkommen von
Teracolus nonna (No. 4) unterstützt wird, da die Verbreitung dieser
in Ägypten fehlenden Pieride mit größerer Vollständigkeit bekannt
ist und die Art in Tripolis die Ostgrenze ihrer Verbreitung finden
dürfte.
Das in der Ausbeute vorhandene Heteroceren-Material Avurde
teilweise durch Lichtfang erbeutet, welcher sich auch in den meisten
Wüstengebieten als vorzügliche Sammelmethode bewährt.
Die fauuistisch wichtigsten Belegstücke der Ausbeute wurden
von Herrn Dr. Klaptocz in freundlichster Weise dem k. k. Natur-
historischen Hofmuseum überwiesen.
Wien, am 23. Juni 1908.
PapiUonidae.
1. Papilio ftiachaon L. vcir, sphyrus Hb.
(Kat. Stgr.-Ebl. No. 4b.j
In Bengasi am 31. August ein sehr kleines S (30 mm Vorder-
flügel), an den Lehnen und am Gipfel des Dschebel Gosseba (Gharian-
Gebirge) am 16. September ein größeres Pärchen erbeutet.
Lepidopteren aus Tripolis und Eaika. 275
Bei sämtlichen 3 Stücken ist die lebhaft blau bestäubte Saum-
binde der Hinterflü^el sehr breit und verbindet sich bei dem erst-
o^enannten S durch einen vorsprino-enden Zacken längs der Ader M^
mit dem breit schwarz beschujjpten Querast. Dieser Zacken findet
sich auch beim $ vom Dschebel Gosseba. Die spitzen Hinterflüoel-
schwänze sind von normaler Länge.
Die gleiche Lokalform findet sich auch in Algerien, scheint aber
in Äg^^pten zu fehlen.
Pieridae.
2. JPierfs rapae L. (Kat. Stge.-Rbl. No. 48).
Aus der Meschia bei Tripolis vom 6. ,)uli und von den Gärten
im kesselartigen Beginn des Wadi Rumana. in unmittelbarer Nähe
des Kastells von Gharian vom 17. September liegt eine Anzahl Stücke
beiderlei Geschlechts vor. Die Art war an den genannten Lokali-
täten häufig.
Die (männlichen) Stücke von letzterm Fangdatum sind rein
weiß mit ziemlich breitem schwarzen Apicalteil, kleiner schwarzer
Makel in Saumzelle 3 der Vorderflügel und oft verschwindender
Vorderrandsmakel der Hinterflügel. Der Hinterleibsrücken ist
schwärzlich-grau.
Überall in Nord- Afrika verbreitet.
3. Pieris dapUdice L. (Kat. Stge.-Rbl. No. 57).
In der Meschia bei Tripolis, 8. August und in Dernah, 18. — 22.
August, auf Kleefeldern häufig.
Die Stücke sind klein, mit lebhaft schwarzer Fleckung. Zeichnung
der Hinterflügel unterseits graugrün.
Überall in Nord- Afrika verbreitet.
4. Tevacolus evaffore Klug vaf. noiina Luc.
(Kat. Stge.-Rbl. No. 80a.)
Nur 2 SS, welche (in Tripolis, Gharian-Gebirge) auf dem Wege
von Sauja nach Gharian. am 16. September, an einer sehr sonnigen
Berglehne erbeutet wurden. Daselbst war der Falter nicht selten.
Er wurde auch am Dschebel Gosseba und bei Gharian beobachtet.
18*
276 H. ßEBEL.
Nur eines der beiden S^ ist ^ut erhalten und stimmt oberseits
vollständig? mit einem bei Biskra im März von Mrs. NiCHOLii (MO.)
erbeuteten S überein. Die Unterseite der Hinterflüg-el ist jedoch
hier weiß, gegen die Ränder citronengelb angeflogen , entbelirt also
der ockerrötlichen und grauen Bestäubung der Frühjahrsgeneration
von Biskra.
Die nord-afrikanische notma steht jedenfalls arabischen Stücken
von evagore Klug ungleich näher als nubischen Stücken von daira
Klug und unterscheidet sich im männlichen Geschlecht von erstem
nur durch den weniger feurigen, mehr orangegelben als orangeroten
Apicalfleck der Vorderflügel. Das $ ist auf der Hinterflügeloberseite
bei nonna deutlicher gezeichnet, als es arabische evagore-^ sind. Die
Vorderflügellänge beträgt bei den vorliegenden noiina-Stücken von
Tripolis und Biskra nur 15 mm. ist also beträchtlich geringer als
in den Originalabbildungen von Lucas ') und den neuerlich publi-
zierten Abbildungen von Meade-Walüo -), wo sie zwischen 16 und
18 mm liegt. Dagegen zeigen die von Andeeas^) gebrachten 6
photographischen Bilder die Spannweite der vorliegenden Stücke.
Die Hinterflügel sind oberseits bei den vorliegenden '^S von Tripolis
bis auf 3 — 4 kleine schwarzgraue Saumpunkte gegen die Spitze
rein weiß.
Teracolns nouna ist bisher nur in den Gebirgen Nordwest-Afrikas
gefunden worden, erreicht demnach in den eingangs genannten Fund-
orten die Ostgrenze der bisher bekannt gewordenen Verbreitung.
Auch die ersten Stände wurden von Akdreas (1. c.) beschrieben.
Die Raupe lebt nach Lord Walsingham ■*) auf Capparis spinosa L.
Die Art dürfte mehr als 2 Generationen im Jahre bilden, da Meade-
Waldo (1. c, p. 872) sie von Ende Juni erwähnt (März, Juni,
September).
5. Collas ediisa F. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 113).
Eine Anzahl Stücke beiderlei Geschlechts von Tripolis, 25. Juli
und 8. August, von Dernah, 24. August und Bengasi, 4. September.
Die Stücke stimmen mit solchen aus Süd-Europa überein.
Die Art ist überall im Mediterrangebiete häufig.
1) Explor. scieiit. d' Alger., tab. 1, fig. 2 $, 2a S-
2) In: Trans, entoraol. Soc. London, 11)05, tab. 19, fig. 8 S- 9 $.
3) In: Entomol. Ztschr.. Guben, Vol. 19, p. 141.
4) In: Monthl. Mag. (2), Vol. 15, 1904, p. 99.
Lepidopteren aus Tripolis uud Barka. 277
Nymphalidac.
6. Ptjr<nneis cardni L. ^) (Kat. Stgr.-Rbl. No. 154),
Eine Anzahl Stücke von Tripolis und Deinali, aber auch sonst
an allen Orten (gesehen , in der Steppe und im Gebirge, besonders
gern auf Kleefeldern. Der scheue Falter fliegt noch in der Dämme-
rung und ist in ganz Afrika, seiner wahrscheinlichen Urheimat,
überaus häufio'
r^'
7. Arf/f/inii's pandora Shifp. (Kat. Stgr.-Rbl. No, 240).
Nur 1 S im Bette des Dern ah- Baches am 24. August erbeutet.
Ebenfalls aus Algerien, nicht aber aus Ägypten bekannt.
8. Fai'ariße iner/aera L. (Kat. Stgh.-Rbl. No. 390).
Nur ein Pärchen von Dernah. 19., 21. August. Die Stücke
stimmen bis auf die geringe Größe — das S zeigt nur 18 mm Vorder-
tlügellänge — mit solchen aus Mittel-Europa überein.
Die Art ist in Algerien weit verbreitet.
Lycaenidae.
9. Chvifsophanus lyJilaeas L. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 512),
Mehrere Stücke von Tripolis, 25. Juli, und Dernah, 18. — 21. August
gehören der länger geschwänzten Sommergeneration an. Die Vorder-
flügel zeigen die rotgoldene Grundfarbe unverdunkelt.
Überall in Nord- Afrika verbreitet.
10, Polyonimatus boetlcus L. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 529)
Nur 1 d in der Meschia bei Tripolis auf einem Kleefeld am
8. August erbeutet.
Die Art ist überall in Afrika verbreitet.
5) P>/mmpis atahinia L. wurde von Dr. Klaptocz am 7. .Tuli in
der Meschia bei Tripolis sieber beobachtet, aber nicht erbeutet.
278 H. Hkbkl,
11. Tarueiis theophrastus F. (Kat. Stor.-Ebl. No. 532).
Eine größere Anzahl Stücke beiderlei Geschlechts von Tripolis,
Ghezzam, Dernah-Tal, Dschebel Gosseba, der Strecke Gharian^-Tripolis
in der Zeit vom 12. Juli bis 21. September erbeutet. Der Falter
flüchtet sich zumeist in stachelige Büsche.
Die Art ist überall in Nord-Afrika verbreitet.
12. Lycaena If/simon Hb. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 569).
Eine große Anzahl Stücke beiderlei Geschlechts von Tripolis,
Ain Zara, Bengasi, Dernah, zwischen dem 6. Juli und 28. August
erbeutet, gehören der Form Jcnysna Tkim. ^j an. Einige ?$ sind
oberseits einfarbig schwarzbraun.
Überall in Afrika sehr häufig.
Hesperiidae.
13. Cavchnrodus aleeae Esp. imr\ australis Z.
(Kat. Stge.-Rbl. No. 686a).
1 einzelnes ? bei Dernah am 18. August erbeutet.
Auch aus Algier bekannt.
14. Parnara nostrodanius F. (Kat. Stgr.-Rbl. No, 680).
Nur 1 $ von Tripolis, vom 25. Juli.
Überall in Nord-Afrika verbreitet, nicht häufig.
Sphingidae.
15. Aeherontia atropos L. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 717).
Tripolis und Bengasi anfangs September je 1 Stück (S , ?)•
Das letztere auf der Punta, einer südlich von Bengasi ganz aus
Sand bestehenden Landzunge, die mit höhereu Grasbüschen besetzt
ist, erbeutet. Der Falter war in einem solchen Busch verborgen.
Die Stücke zeigen ein normales Aussehen. Die Art ist in ganz
Afrika häufig.
1) Vgl. Rebel, in: Denkschr. Akad. Wiss. AVien, Vol. 71, p. 44.
Lepidopteren aus Tripolis und Barka. 279
16. Protoparce conrolvuU L. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 735).
Auf der Punta bei Beiigasi am 27. August und 2. September
je 1 Stück (c^, $), ebenfalls in Grasbüschen verborgen, erbeutet.
Die Stücke .sind sehr groß. Die Art ist wie die vorige überall
in Afrika verbreitet.
17. Daphnis nerli L. (Kat. Stgr.-Rel. No. 738).
Die Raupen waren im Dernah-Tal von Mitte August ab an
Oleandei'büschen sehr zahlreich. Aus einer mitgenommenen Raupe
entwickelte sich am 11. September der Falter.
Die Art ist überall in Nord-Afrika verbreitet.
18. Ilacrof/Jossa stellatarum L. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 768).
Dernah, 22. — 25. August mehrfach, auch anderwärts beobachtet.
Überall in Nord-Afrika häufig.
Nocfitidae.
19. Agrotis yiisiloti Rott. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 1399).
Bengasi, 4. September, 1 c^:.
Die Art ist in Nord-Afrika überall verbreitet.
20. Glottula imncratii Cyr. (Kat. Stge.-Rbl. No. 1435).
Die Raupen bei Bengasi anfangs September gefunden.
Die Art ist an der ganzen Küste Nord- Afrikas verbreitet.
21. Mamestra sodae Rbr, (Kat. Stgr.-Rbl. No. 1478).
1 geflogenes $ von Bengasi vom 8, September.
Die Art ist auch aus Algerien nachgewiesen.
22. Bvfjoi^hiUi raviila Hb. rar, vandalusiae Dup.
(Kat. Stgr.-Rbl. No. 1588b.)
1 einzelnes S von Gharian.
Nur die Stammform war bisher aus Algerien bekannt.
280 H. Rebel,
23. Carndrina exiffua Hb. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 1990).
Von Tripolis 17. Juli und Dernali 24. August.
Die Art ist in ganz Afrika verbreitet.
24. Heliothls iiiihiger Hb. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 2326).
3 Stücke von Ghezzan und Tripolis. 13. — 30. Juli.
Die Art Avar bereits aus Algerien und Ägypten bekannt.
25. OCJialpochares velox Hb. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 2394).
Nur 1 S in Tripolis am 9. Juli erbeutet.
Die Art ist bisher aus Algerien bekannt gewesen.
26. Thalxjoehares parva Hb. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 2429).
Mehrfach in Tripolis und Bengasi in der Zeit vom 19. Juli bis
7. September erbeutet.
Bereits aus Algerien und Ägypten nachgewiesen.
27. Emmelia trahealis Sc. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 2490).
Dernah, 20. und 27. August, mehrfach in der Stammform er-
beutet.
Bisher nur in mehr gelb gefärbten Lokalformen aus Algerien
bekannt gewesen.
28. JPlusia yauiina L. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 2562).
Überall als häufigste Eule beobachtet. Die vorliegenden Beleg-
stücke stammen aus dem August von Tripolis, Dernah und Bengasi.
In ganz Nord-Afrika sehr häufig.
29. Plasia ni Hb. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 2571).
Nur 1 Stück von Tripolis vom 8. xlugust.
Die Art ist auch aus Algerien und Ägypten (Rothschild) nach-
gewiesen.
Lepidopteren aus Tripolis und Barka. 281
30. Cerocala scapiiJosa Hh. var. (ffgirlae Outhr.
(Kat Stgk.-Rt5l. No. 2594b).
Mehi'ere Stücke liegen vuii Fuiiduk Ergeat, 20.— 21. September,
Erdschila und "Weg von Asisia ins Gebirge, 14. September, vor. Die
Art fliegt sowolil zur Mittagszeit, als aucli ans Lampenlicht zur
Nachtzeit,
Die Art ist in der Form cdgiriae aus Algerien, in der Form
Sana Stgk. auch aus Ägypten (Wakren) bekannt.
31. Leueanitis hoisdeffrei Obtiii;. (Kat. Stgk.-Rbl. No. 2641).
Nur 1 ? von Dernah. 18. August.
Aus Algerien und Ägypten bekannt.
32. Zieneanitis stolUla F. (Kat. Stgk.-Eel. No. 2642).
Mehrfach in Tripolis, 25. — 27. .Juli, und Dernah, 23. August, er-
beutet.
Auch in Algerien und Ägj^pten häufig.
33. Gvammodes algira L. (Kat. Stge.-Rbl. No. 2644).
1 Stück von Dernah vom 20. August.
Überall in Afrika verbreitet.
34. Catocala nymphaea Esp. (Kat. Stgr.-Ebl. No. 2697).
1 großes S wurde in der größten Mittagsglut in der bloß von
Schilf und Gräsern bewachsenen Endschila am 23. Juli erbeutet.
Es setzte sich öfter auf Schilf. Von Bäumen w^aren nur Dattel-
palmen in der Nähe.
Aus Algerien bereits bekannt.
^G^
35. Apoiyestes siJectvum Esr. (Kat. Stgk.-Rbl. No. 2721).
In den Steinbrüchen bei Ghezzan am 18. Juli ziemlich häufig
in der Stammform in Löchern der Höhlen sitzend.
1 kleineres S aus der „Kirche" von Dernah vom 22. August
gehört nach den ganz verloschen gezeichneten Vorderflügeln der
var. (ab.) phantasma Ev. an. Die Hinterflügel entbehren auf der
Unterseite des Mittelpunktes, den diese Form zeigen soll.
282 H. Rebel,
Die Stammform war bereits aus Algerien bekannt, die mr.
Phantasma ist bislier nur für West- und Zentral- Asien angegeben.
36. Apoiyestes cMtaplianes Hb. var, maura Stgk.
(Kat. Stgk.-Rbl. No. 2721 e).
2 Stücke in Gliezzan bei Tripolis, am 13. Juli erbeutet, gehören
dieser stark rötlich gefärbten algerischen Lokalform an.
Geomctridae.
37. Aeklalia ochroleiicata Hs. (Kat. Stge.-Rbl. No. 3008).
Nur 2 weibliche Stücke von Dernah, 20. August.
Die Art ist auch aus Ägypten und Algier (Korb 1902) bekannt.
38. RJiodouietra sacraria L. (Kat. Stge.-Rbl. No. 3143).
Während der ganzen Reise an allen Lokalitäten, vom 13. Juli
bis 1 7. September beobachtet und in zahlreichen Exemplaren beiderlei
Geschlechts gesammelt.
Es befinden sich auch die ab. excaecaria Fuchs ^) mit fast
zeichnungslos gelben Vorderflügeln und ab. ochraccaria Fuchs (1. c.)
mit mehr ockergelben Vorderflügeln und bräunlichen Querstreifen
einzeln darunter.
Die Art ist überall in Nord-Afrika verbreitet.
39. Selidosenia anibustaria Hg. (Kat. Stge.-Rbl. No. 4007).
Nur 1 S von Mimuna. östlich nahe Gharian am 20. September
ei'beutet.
Die Art ist auch aus Algier, nicht aber aus Ägj^pten bekannt.
40. Thamnoiionia seinicanaria Fee. (Kat. Stge.-Rbl. No. 4009)
Nui' 1 frisches ? vom Dschebel T'kut vom 18. September.
Die Art ist wie die vorige auch aus Algier, nicht aber aus
Ägypten bekannt.
1) Fuchs, in: Soc. EntomoL, Vol. 18, p. 3.
Lepidopteren aus Tripolis und Barka. 283
Arctiidae.
41. Dempeia pidchella L. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 4257).
Nur in Dernali am Abend des 24. August in 3 frischen weib-
lichen Stücken erbeutet.
Die Art ist in ganz Afrika sehr liäufig-.
Fsychidae.
42. Ainicta (/uffdranf/iilarls Chr. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 4452).
Mehrere zu % Teilen erwachsene, so charakteristisch gebaute
Säcke dieser Art wurden am 18. Juli bei Tadschura und 2 voll-
gewachsene Säcke in Ain Zarah am 20. Juli gefunden. Die Haupen
vertrockneten und ergaben keine Falter. Die Art ist auch aus
Algier und Ägypten bekannt.
43. Amicta lutea Stgk. (Kat. Stge.-Rbl. No. 4456).
1 sehr großes, leider abgeflogenes S von fast 14 mm Vorder-
flügellänge kam in Gharian am 19. September ans Licht geflogen.
2 große weibliche Säcke am Dschebel Teghrinna am gleichen Tage
gefunden, gehören zweifellos derselben Art an.
Die Art ist auch aus Algerien bekannt.
■ö'
Pyralidac.
44. PJatytes jyaUideUus Drp. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 143).
1 frisches S dieser seltnen Art wurde bei Tripolis am 25. Juli
erbeutet.
Die Art war bisher nur aus Süd-Frankreich, Katalonien und
Sicilien bekannt und bildet eine sehr interessante Bereicherung der
nord-afrikanischen Fauna.
45. Ancyloloniia tripolitella fi. si^. (S).
2 S6 auf dem Djebel Gosseba (westlich vom Dorfe Sauja im
Gharian-Gebirge) am 16. September 1906 erbeutet, stehen der von
Algier (Bone) bekannt gemachten Aue. hipponella Rag. ') so nahe,
1) lu: Ann. Soc. entomol. France, 1888, p. 279, tab. 6, fig. 11 ^, 12 ?.
284 H. Rebel
daß ich anfangs dachte, diese Art vor mir zu haben. Die Beschaffen-
heit der männlichen Fühler, welclie bei hipponella wie bei contritella Z.
nur stark kompreß und schwach g-ekerbt sind, ist jedoch eine ganz
verschiedene, da dieselben lange, einreihige Kammzähne zeigen,
welclie bis zur Geißelspitze reichen.
Die im Vergleich zu contritella etwas schmälere Flügelform und
dunklere Grundfarbe der mit breiterer, rein weißer Längsstreifen-
zeichnung versehenen Vorderflügel hat tripoUteUa mit hipponella ge-
meinsam. Die Hinterflügel führen knapp vor dem Saum (wie con-
tritella und hipponella) einen dunklen Bogenstreifen , worauf der
Flügelgrund heller weißlich wird.
Die Palpen sind bei contritella stärker gekrümmt als bei tripoli-
tella, bei beiden Arten aber gleich lang.
In der Gruppe mit kammzähnigen männlichen Fühlern bleiben
Änc. pectinatella Z. und anonjyrella Chret. viel kleiner. Letztere
Art, ebenfalls aus Nord-Afrika (Algier) beschrieben, zeigt überdies
einen viel heilem Grund der Vorderflügel, mit dunklem Längsstrahl
aus der Wurzel durch die Mittelzelle und rein weiße ungezeichnete
Hinterflügel.
Die neue Art gehört trotz ihrer verschiedenen Fühlerbildung
unbedingt in die cow/nY^Z/a-Gruppe. Exp. 26 mm (bei anargijrella nur
21 mm).
46. SchoenoMus niloticns Z. (Kat. Stge.-Rbl. No. 189).
1 d von Tripolis am 27. Juli und 1 $ in Bengasi am 28. August
erbeutet, dürften dieser aus Ägypten beschriebenen, wenig gekannten
Art angehören.
Die Stücke sind geflogen.
47. Schoenohius aJpheralzii Stge. (Kat. Stge.-Rbl. No. 190).
1 ausnehmend dunkles ? von Bengasi am 8. September stimmt
annähernd mit süd-russischen Arten.
Auch diese Art ist ungenügend bekannt und bisher nur aus Süd-
Rußland bis Turkestan angegeben.
48. Eniatheudes tunesiella Rag. (Kat. Stge.-Rbl. No. 221).
1 stark geflogenes S von Dernah, 20. August, gehört fast
zweifellos dieser aus Tunis beschriebenen Art an.
Lepidoptereu aus Tripolis und Barka. 285
49. Ephestia calideUa Gx. (Kat. Stge.-Rbl. No. 257).
1 gut erhaltenes ? von Tripolis, am 2. August erbeutet.
Überall im Mediterrangebiet mit dem menschlichen Haushalt
verschleppt.
50. JEphestia figulUelht Gregs. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 258).
Eine Anzahl Stücke von Tripolis und Dernah in der Zeit vom
17. Juli bis 20. August erbeutet.
^^'ie die vorige verbreitet.
51. Satebrkf brephieUa Stük. (Kat. Stgk.-Rbl. No. 61H).
Von Funduk Ergeat am 21. September 1 geflogenes ? dieser
aus Algier bekannten Art.
52, Nephropteryx dh'iseUa Dup. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 667).
1 frisches $ in Tiipolis am 27. Juli erbeutet.
Die Art ist iu ganz Afrika verbreitet.
53. Aglossa pinguinnlis L. var. asiatica Ersch.
(Kat. Stgr.-Rbl. No. 825b).
8 Stücke iu Tripolis zwischen dem 31. Juli und 5. August er-
beutet, gehören dieser aus Nord- Afrika bereits bekannten Form an.
54. Pgralfs farinaJis L. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 836).
In Tripolis zwischen 9. Juli und 12. August eine Anzahl unter-
einander aberrierender Stücke erbeutet.
Überall in Nord- Afrika verbreitet.
55. Glijx)hodes unionalis Hb. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 998).
1 frisches 'l in Bengasi am 2. September.
Die Art ist überall in Afrika verbreitet.
56. NoniophiUi noctiiella Shiff. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 1839).
In Dernah, 20. August und Funduk Ergeat, 21. September
(Dschefaraebene nördlich vom Gharinan-Gebirge).
Die Art ist kosmopolitisch in ihrer Verbreitung.
286 H. Rebel,
57. Mecyna polf/f/onalis Hb. var, gilvata F.
(Kat. Stge.-Rbl. No. 1073a).
3 Stücke von Tadschura am 17. Juli erbeutet. Auch die Raupe
wurde ebenda an einem hohen, besenginsterartigen Strauch zu
Mittags an den blattlosen Zweig-en sitzend gefunden.
Überall in Nord- Afrika verbreitet,
58. Pj/raustn nubilalls Hb. (Kat. Stgr.-Rbl, No. 1218).
1 geflogenes v' dieses Kulturschädlings wurde in Dernah am
18. August erbeutet.
Trotz ihrer bis Japan reichenden Verbreitung wurde die Art
bisher aus Nord- Afrika noch nicht angeführt.
*o'
59. NoctueUa floralis Hb. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 1291).
Eine Anzahl Stücke von Dernah (auf F'eldern häufig) und
Bengasi, 19. August bis 7. September erbeutet, gehören dieser in
Nord-Afrika verbreiteten Art an.
Pterophoridae.
60. Affdistis ? spJiinx Wlsghm. ^)
1 stark geflogenes S von Sejanah ca. 12 km nördlich von
Bengasi am 4. September erbeutet, geholt wahrscheinlicli dieser
kürzlich aus Algier (Constantine-Biskra) beschriebenen Art an.
Tortricidae.
61. Crocidosenia plehejana Z. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 1968).
1 geflogenes $ in Bengasi am 6. September erbeutet.
Die Art ist auffallenderweise noch nicht aus Nord- Afrika an-
geführt.
1) In: Entomol. Rec, Vol. 19, p. 54 (1907).
Lepidopteren aus Tripolis und Barka. 287
Gelecliiidae.
62. Bnjotropha ? hnj^erltella 8tge. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 2516).
1 ölig gewordenes Stück aus Ghariaii, 16. September, dürfte
dieser aus Andalusien und Süd- Frankreich bekannt gewordenen Art
angehören.
63. LiUr (leserteUa Rbl. (Kat. Stgr.-Rbl. No. 2656).
Einige Stücke von Tripolis, 17. Juli, dürfte hierher gehören.
Aus Algier beschrieben.
Tinaegeriidae.
64. ErettHocera inicroharh(tr<i Wlsghm. ^)
1 einzelnes S von Dernah vom 25. August stimmt vollständig
mit den Angaben Lord Walsingham's für diese jüngst aus Algerien
beschriebene Art. Das Stück zeigt bloß 4.5 mm Vorderflügellänge,
ist also beträchtlich kleiner als die zunächst stehende mcdineUa Stgr.
Tineidae
65. CatapsHothrioc Ulaptoc^l n. g, n. sp.
2 weibliche Stücke von Gharian, am 17. September erbeutet,
erinnern habituell an die nordmediterrane Pemstoglossa (Psilothrix)
dardoinella Mill., entfernen sich aber in den oi'ganischen Merkmalen
weit davon und nötigen zur Aufstellung einer neuen Gattung, die
nachstehende Merkmale zeigt :
Die weiblichen Fühler sind ziemlich lang doppelkammzähnig
bis zur Spitze, die Kammzähne sind jedoch w^eich und legen sich an
den ziemlich dicken Geißelschaft an. Die stark hervortretenden
Augen sind nackt. Die Labialpalpen zeigen mehr als den doppelten
Augendurchmesser an Länge; ihr rauh beschui)ptes Mittelglied ist
schwach aufwärts gekrümmt und vor der Insertion des kurzen
pfriemenförmigen, ebenfalls beschui)pteii Endglieds, etwas nach ab-
wärts gerichtet. Rüssel und Nebenpalpen fehlen. Der Körper ist
sehr robust, der Hinterleib überragt mit mehr als der Hälfte seiner
1) lu: Monthl. Mag. (2), Vol. 18, 1907, p. 149.
288
H. Rküki,
Länge den Aftei-winkel der Hinterfliigel und endet in eine scharfe,
längere beschuppte Spitze, die jedoch keine Spur von Afterwolle (^f)
zeigt. Die Beine sind schwächlich, anliegend beschuppt, die Hinter-
schienen mit einem langen Dorn an ihrer Außenseite und einem
Spornpaar von normaler Länge an ihrem Ende. Die langen Tarsen
aller Beine sind bedornt und enden in 2 Krallen.
'^. JE
Fig. A.
Catapsilothrix klapioczi n. [/. n. sp.
a, b Geäder. c Profilansicht des Kopfes.
Die Flügel sind ziemlich breit und gestreckt, mit stumpfer Spitze
und gerundetem Innenwinkel. Die Vorderflügel zeigen eine lange
(durch den erhalten gebliebenen Längsstamm der Media) geteilte
Mittelzelle, mit 2 Anhangszellen. Ader It^ und B-^ sind kurz gestielt,
Ader C^ stark gebogen. Auch auf dem Hinterflügel ist der Längs-
stamm von M erhalten und eine Anhangszelle vorhanden.
Das Geäder hat große Ähnlichkeit mit jenem der west-afrika-
nischen Tineiden-Gattung MesopoUa Wlsghm. '), entfernt sich aber
andrerseits durch robustem Bau und viel längere Labialpalpen weit
davon. Auch bleiben bei Catapsilothrix Ader R und 31^ auf dem
Hinterflügel an ihrem Ursprung viel weiter voneinander getrennt.
Von Penestofjlossa trennt sich Catapsilothrix sofoit durch die stark
entwickelten, dort ganz fehlenden Labialpalpen, gekämmte Fühler
1) In: Trans, entomol. Soc. London, 1897, p. 62, tab. 2, fig. 12
{S, Congo), wo auf den Vorderflügeln ofFenlmr ein Radialast zu viel ge-
zeichnet wurde.
Lepidopteren ans Tripolis und Barka. 289
des $. Mang-el der Afterwolle beim $ und volle Aderzahl der
Flügel.
Diese neue Tineiden-Gattun^ bildet jedenfalls das interessanteste
Ergebnis des lepidopterologischen Teils der Aufsamnilungen und
dürfte ein äthiopisches Faunenelement darstellen.
Was die Art anbelangt, die ich nach ihrem Entdecker Herrn
B. Klaptocz benenne, so ist der Flihlerschaft bräunlich, die Kamm-
zähne schwärzlich gefärbt, Kopf, Brust. Schenkel und Schienen sind
weißlich beschuppt, der übrige Körper und die Tarsen bräunlich
sandfarben, nur der spitze Afterbusch ist mehr weißlich.
Die Grundfarbe der grob und glanzlos beschuppten Vorderflügel
ist weißlich, das breite Basalfeld. eine fast gerade Mittelbinde
und das Saumfeld sind heller und dunkler braun beschuppt, ohne
daß dadurch eine scharf begrenzte Zeichnung gebildet würde. Von
der Mittelbinde zieht sich ein biauner Schrägstreifen gegen den
Innenwinkel. Die auffallend langen Fransen w^erden aus groben,
hellbraunen Haarschuppen gebildet, die 2 weißliche Teilungslinien
erkennen lassen.
Die Hinterflügel sind mit gi'oßen blaugrauen Schuppen bedeckt,
ihre langen F>ansen sind am Ende weißlich. Die Unterseite sämt-
licher Flügel ist Aveißlich, die Vorderflügel mit stärkerer bräunlicher
Bestäubung. Vorderflügel 11. Exp. 21 mm.
Die Tj^pen befinden sich im k. k. Naturhistorischen Hofmuseum
in Wien.
66. ThieoJit tripolttella n. sp. (^).
1 einzelnes S einer Tineola-Art von Tripolis, am 21. Juli er-
beutet, gehört einer neuen Art an, die der Tinea liguriella Mill.^)
ziemlich ähnlich erscheint.
Die rauhen Kopfhaare sind weißlich , gleiche Färbung zeigen
die Labialpalpen, die an ihrer Außenseite einige gröbere schwarze
Borsten führen. Die (gebrochenen) Fühler sind hell bräunlich.
Ebenso gefärbt sind Brust und Beine. Der Thorax ist wie die
Grundfarbe der Vorderflügel gelblich sandfarben, der schlanke Hinter-
leib oberseits grau, unterseits hellbräunlich.
Die sehr gestreckten schmalen Vorderflügel sind gelblich sand-
1) Vielleicht ist diese mir in natura unbekannte Art auch in die
durch den Mangel der Alaxillarpalpen ausgezeichnete Gattung Tiueola zu
stellen.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 19
290 H. Rebel, Lepidoptereu aus Tripolis und ßarka.
färben mit einzelnen grobem, braunen Schuppen bestreut, die sich
an nachstehenden Flügelstellen punktartig verdichten: am Yorder-
rand nahe der Basis, ferner am Vorderrand bei ^3 und % seiner
Länge und am Innenrand schräg außerhalb des mittlem Vorderrand-
punktes. Auch in der äußersten Flügelspitze liegen einige dunkler
bräunliche Schuppen. Die Fransen sind hell gelblich.
Die schmalen lanzettlichen Hinterflügel sind tiefschwarzgrau
mit heller grauen Fransen. Die Unterseite aller Flügel glänzend
violett schwärzlich. Vorderflügellänge 4 mm.
Von Tinea liguridla — abgesehen von dem vielleicht generischen
Unterschied — sogleich durch geringere Größe, schwärzliche Hinter-
flügel und anders gestellte Punkte der Vorderflügel zu unterscheiden.
Nachdnick verboten.
Ubersetzungsrecht vorbehalten.
Mollusken aus Tripolis und Barka.
Gesammelt von Dr. Bkuno Klaptocz.
Bearbeitet von
Dr. R. Sturauy
(k. k. naturhist. Hofnmseuiii in Wien).
Mit Tafel 10 11.
Bei der Aufzählung der von Dr. Bruno Klaptocz in Tripolis
und der Cyrenaika gesammelten Land- und Süßwassermollusken
habe ich mich im großen und ganzen an das System gehalten, das
Dr. W. KoBELT im 11. (Eegister-)Band der Iconographie Rossmässler's
(Wiesbaden 1904) aufgestellt hat; nur bei der Sippschaft der Xero-
philinen {Helicella Pilsbey) bin ich davon abgewichen und habe ich
Pilsbry's Einteilung im Manual of Conchology (Vol. 9, 1894) an-
genommen.
Die Abkürzungen der Zitate sind hoffentlich jedem Fachmanne
verständlich; ich habe davon abgesehen, jedesmal die Original-
beschreibung zu zitieren, und liabe es vorgezogen, auf bewährte
und allgemein benutzte Bücher hinzuweisen, in denen die Literatur
erschöpfend angegeben ist.
Eine Übersicht über das, was nun über Tripolis einerseits und
Barka andrerseits bekannt ist und was sicli dank der Bemühungen
von Dr. Klaptocz über einzelne Faunenelemente hinsichtlich ihrer
geographischen Verbreitung sagen läßt, folgt auf die systematische
Aufzählung.
Es erübrigt mir an dieser Stelle nur noch die angenehme Pflicht,
Herrn Hans Fleischmann (Wien) für die Liebenswürdigkeit und
Bereitwilligkeit zu danken, mit der er die zeitraubende Ausführung
der Photographien übernommen hat.
19*
292 R Stürany.
Systematische Aiifzäliluiig.
Fam. Vitrinidae.
1. Vitrhiu tr ipoUtana n. sp.
(Taf. 11, Fig. 5a-d.)
Fundort: Dschebel T'kut im Gharian-Gebirge.
Das ziemlich gedrückte Gehäuse ist stichfürmig genabelt (der
Nabelritz wird von der Spindel nicht völlig verdeckt), glänzend,
glasartig, durchscheinend, hellgrün (im Jugendzustande) bis gelb-
grün (im erwachsenen Zustande) und besteht aus 3^, rasch an-
wachsenden Umgängen. Der Apex sitzt zitzenförmig auf dem
übrigen Gewinde; die letzte Windung ist gewölbt und nur ganz
schwach an der Peripherie zusammengedrückt und weist gröbere
Faltenstreifen nächst der Naht auf, während im übrigen nur ganz
zarte Anwachsstreifen zu bemerken sind. Bei Jüngern Exemplaren
ist eine hellere Nahtzone ausgebildet. Die scliiefstehende Mündung
ist mondförmig gerundet; ihre Ränder sind einander wenig genähert.
an der Basis ist ein schwacher Hautsaum gewöhnlich nur bei jungen
Schalen wahrnehmbar, der Spindelrand ist kurz, gerundet und über
den Nabel etwas zurückgebogen.
Höhe der Schale
größerer Durchmesser derselben
kleinerer Durchmesser derselben
absolute Höhe der Mündung
Breite der Mündunsf
'O
Junge Schale
(3 Umg.)
(Fig. 5a— b)
Erwachsene
Schale(3'/.,Umg.)
(Fig. 5c— d)
3 mm
5.4
3
3,1
4,7 mm
8
6,7
4
4,6
Verfolgt man die Beschreibung von Yitrma Mourncuxi Bgt.
(Malac. de l'Alg., Vol. 2. p. 303) im Detail, so kann man sich des
Eindruckes nicht erwehren, daß zwischen jener Art und V. tripoli-
tana n. sp. eine nähere Verwandtschaft bestehe, ^^^ährend aber jene
Form aus Algerien nur 5 mm breit wird, erreicht die hier be-
schriebene Vitrina bei derselben Zahl der Umgänge (3^2) einen
Durchmessei' von 8 mm; solche Schalen scheinen sich jedoch selten
im unverletzten , fiischen Zustande zu finden, während die lebhaft
grün gefärbten jungen Schalen häufiger vorkommen.
Mollusken aus Tripolis und Barka. 293
2. HyaUna aequaUi Mss.
Kübelt, Iconogr., Vol. 6, fig. 1581 — 1583.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 1, p. 65.
Fundort: Dernah.
Icli darf wohl annehmen, daß die vorliegenden 2 jungen Ge-
häuse, welche 4 Umgänge besitzen, flach, gekielt, ca. 6 mm breit
und 2^ o mm hoch sind, zu dieser über Griechenland, Konstantinopel,
SjTien und die Inseln des Archipels verbreiteten Art gehöien.
Fam. Hclicidae.
3. HeUcoiJonta {CaracoUina) lentlciila Feb.
ROSSMÄSSLER, Iconogr., fig. 452 (Hrlix).
"Westerlund, Binnenconch., Vol. 2, p. 22 {Gonostunia).
V. Martens, in: SB. Ges. naturf. Fr. Berlin, 1890, p. 132.
Fundorte: Gharian und ]\Iimuna im Gharian-Gebirge (je 1
Exemplar).
Diese Schnecke hat eine weite Verbreitung, sie kommt in
Spanien. Süd-Frankreich, Sicilien, Griechenland, SjTien, Palästina,
Äg3'pten, Algier und Marokko vor. Zuletzt führte sie v. Martens
(1. c.) auch von der Küste zwischen Missrata und der Stadt Tripolis an.
4. Fruticicola lanuf/inosa Boissy.
KOSSMÄSSLER, Iconogr., fig. 574 {Hdij).
BouRGülGNAT, Malac. de l'Alg., Vol. 1, 1864, p. 152, tab. 17, fig. 1—7.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 2, p. 65.
Fundorte: Dschebel Gosseba, Dschebel T'kut und Dschebel
Tegrinna im Gharian -Gebiige.
Auch von dieser Art liegen (wie von No. 2) nur junge Schalen
vor und bleibt die Bestimmung immerhin noch etwas zweifelhaft.
Im übrigen ist Fr. lanuginosa in Algerien, Tunesien, Spanien und
auf den Balearen zu Hause.
5. Helix {Cryptomphalus) aspersa Müll.
ROSSMÄSSLER-KOBELT, Iconogr., fig. 3, 294 und N. F., Vol. 3, fig. 348
bis 365.
V. Martens, Conch. Mitt., Vol. 2, p. 188.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 2, p. 450.
KoBELT, in: Conch. Gab., Vol. 1, 12 f., p. 96 und Abb.
294 R- Stukany,
Fundorte: Ghariaii und Dernah.
In der Cyrenaika ist diese weitverbreitete, auch über die ]\rittel-
meerländer hinausreichende Schnecke schon vom Botaniker Ruhmer
g:efunden worden (v. Martens, 1. c).
6. Helix {Poinatici) niiciifa Pake,
RossMÄSSLER, Iconogr., fig. 577 — 578.
Westerlund, Binnenconch.. Vol. 2, p. 459.
KOBELT, in: Conch. Gab., Vol. 1, 12 f., p. 118, tab. 325, fig. 9—12.
Fundorte: ßengasi und Dernah.
V. Marxens hat die vom Botaniker Ruhmer in der Cj'renaika
bei Beng-asi gesammelten Exemplare als Fomatia melanostoma Drap.
bestimmt und publiziert (Conchol. Mitt., Vol. 2. p. 188). Waren jene
Schalen so gebändert wie die vorliegenden, von Dr. Klaptocz ge-
sammelten, so ist jetzt allerdings die Bestimmung zu rektifizieren,
dennKoBELT unterscheidet in derPowzafm-Monographie(in: Conch. Gab.)
ausdrücklich zwischen der gebänderten P. nucula (Verbreitung:
Agj^pten und P'ruclitebenen am hintern Mittelmeer) und der un-
gebänderten P. melanostoma Drap, der westlichen Hälfte Nord- Afrikas.
Ein gebleichtes und schadhaftes subfossiles Exemplar, welches
Herr Dr. Klaptocz bei Tripolis gefunden hat, ist vielleicht mit
Helix {Helicofjena) grothei Kobelt zu identifizieren, welche vor kurzem
(in: Conch. Gab., Vol. 1, 12 f., p. 201, tab. 349, fig. 7, 8) aus dem ,,Innern
der Regentschaft Tripolis" bekannt geworden ist.
7. Levantina ^) gyrostotna Fer,
(Taf, 10, Fig. la— h.)
v. Martens, Gonch. Mitt., Vol. 1, p, 22, tab. 5, fig. 8—10 {Helix).
Kobelt, Iconogz-., N. F., Vol. 1, fig. 61.
Fundorte: Am Hauptweg Tripolis-Gharian, wo er über den
Nordabfall des Gebirges führt, ferner Gharian, Mimuna, Dschebel
Gosseba und Dschebel Tegrinna im Gharian-Gebirge.
Es liegen mir eine Reihe von Exemplaren vor, die, in der Form,
Bänderung und Kielanlage wechselnd, doch zusammengehören und
1) Herr P. Hesse hat die Zugehörigkeit dieser und der folgenden
Art zu den Levantinen anatomisch nachgewiesen.
Mollusken aus Tripolis und Barka. 295
/u H. (Ibcrus?) qiiedenfeldti v. Marts. (in: SB. Ges. naturf. Fr. Berlin.
1890, p. 79—80; Kobelt, Iconogr., N. F., Vol. 5, % 881— 882) hin-
iiberleiten. Die meisten nämlich lassen die 5 Bänder erkennen,
welche V. Marxens und Kobei/p (1. c.) für die letztere besonders
liervorheben, die wenigsten aber zeigen auf der Schlußwindung eine
stärkere Kielanlage; gewöhnlich finden sich an den von Dr. Klaptocz
besuchten Lokalitäten nur kugelige Schalen, und die Exemplare mit
gekielter Schlußwindung sind offenbar nur Ausnahmen (Abweichungen)
innerhalb der Art. Es dürfte für eine spätere Lösung der Frage,
ob (jiirostoma und quedenfeldii zusammengehören oder nicht, von
Wichtigkeit sein, Messungen von einzelnen Exemplaren nebst An-
gaben über ihre P^orm einzufügen.
Expl. von üharian Expl. von Expl. von
mm
und
Miinuna
DschebelGosseba Dschebel Teg-ri
a
b c
d
e f g
Höhe der Schale
11
12,1 13
14,5
12,4 12,2 11
größerer Durchmesser
17
16,6 17,8
20
18 17.2 15,3
kleinerer Durchmesser
14
14.3 15.4
17,5
15 14,5 13,6
abs. Mündungshöhe
8.3
8.3 9
10,5
9,2 8,4 7.3
Mündungsbreite
(inkl. Spindel ran d)
10.5
11 11
13
11,2 10 9
Fig.
le— h Fig. la— d
Die Exemplare a und g lassen auf dem letzten Umgange einen
Kiel erkennen, und zwar ist er links über der Mündung, aus der
Naht hervortretend, deutlich ausgebildet, um alsbald wieder zu ver-
schwinden. Die 5 Bänder sind besonders schön an den Exemplaren
c d und f zu sehen, die Schalen b und e sind ungebändert und ent-
sprechen vielleicht am ehesten dem Tj'pus von gyrostoma.
8. Levantina leachii Fer.
(Taf. 10, Fig. 2a— b.)
V. Maetens, Conch. Mitt., Vol. 1, p. 23, tab. 5, fig. 11 — 13.
KoBELT, Iconogr., Vol. 7, fig. 1977 {Helix) und N. F., Vol. 11 (ßeg.-
Bd.), p. 196 (Iberus).
Fundorte: Zwischen Tripolis und Gharian (am Nordabhang
des Gebirgsabfalles), ferner Dschebel T'kut im Gharian- Gebirge.
296 R- Stubany,
Expl. von DschebelT'kut
Höhe der Schale 10,"2 mm 11 mm 11,4 mm
größerer Durchmesser derselben 19.4 18,5 19,3
kleinerer Durclimesser derselben 16,4 16,1 16,6
abs. Mündnngshöhe 9,1 8,2 9
Mündungsbreite 12 10,2 11,7
(Fig. 2a— b)
Wie diese Messungsproben zeigen, hat Herr Dr. Klaptocz von
dieser prächtigen Schnecke, welche bisher nur im Gebirge Tarhuna
in Tripolis gefunden worden war, typische Stücke aus dem (rharian-
Gebirge gebracht. Es sei nur in Ergänzung der Originalbeschreibung
darauf aufmerksam gemacht, daß an der Naht der ersten Schalen-
windung regelmäßig eine leichte rotbraune Schattierung wahrzu-
nehmen ist.
9. Mti'parupha insatiu Müll.
ROSSMÄ SSLER, Iconogr., fig. 539, 614.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 2, p. 156.
V. Martens, Conch. Mitt., Vol. 2, p. 188.
Fundorte: Umgebung von Tripolis (Ain Sarah und Tajura),
Bengasi, Dernah.
Verbreitung: Mittelmeerküsten.
10. Uelicella {Hellonianes) lineata Oliv.
[Syn.: maritima Drap.].
BouRGUiGNAT, Make. d'Alg, Vol. 1, p. 218, tab. 24, fig. 22—31 {Hrlir).
Westerlund, Binnenconch., Vol. 2, p. 170 {Xorophila).
PiLSBRY, Man. of Conch. (2), Vol. 9, p. 249.
Von dieser über „Algerien. Spanien, Frankreich und Sizilien"
verbreiteten, variablen Art liegen aus der Ausbeute von Herrn
Dr. Klaptocz 2 Lokalformen vor. denen ich besondere Namen zu
geben genötigt bin.
a) /. Uaptocsi n.
(Taf. 11, Fig. 4a— c.)
Fundort: Ain Sarah bei Tripolis.
Mollusken aus Tripolis und Barka. 297
Fig.
4a
Fig.
4b
Fig. 4c
Höhe der Scliale
9,3
mm
9 mm
7.3 mm
Breite der Scliale
11,5
10.8
9,6
abs. Höhe der Mündung-
5,Ü
5,2
4,6
Breite der Mündung-
6.0
6
5,2
Anzahl der Umgänge
«'.
6
5'/.,
Das Gehäuse ist mäßig festschalig, kegelförmig, durchgehend
genabelt, der Nabel kaum überdacht von der Spindel. Der Apex
besteht aus 1^2 Umgängen und ist viulettschwarz. glatt und glänzend.
Die übrigen Umgänge sind kaum gewidbt, langsam und regelmäßig
anwachsend, etwas glänzend, faltenstreifig, von weißer Grundfarbe
und reicher Bänderung. Oben sind gewöhnlich 4 braune Bänder
vorherrschend, von denen unregelmäßig bald das eine, bald das
andere besser ausgebildet ist und durch alle Umgänge hindurchläutt;
seltner sind sie alle in Flecken aufgelöst und durch Querstriemen
miteinander verbunden. Auf der letzten Windung kommen hierzu
noch die Bänder der Gehäusebasis, welche zahlreich vertreten sind
und von denen mitunter mehrere zu breitern, dunklen Zonen sich
vereinigen.
Verwandte Formen sind in größerer Anzahl in Tunesien ge-
funden und von Letourneux u. Bourguignat als Arten beschrieben
worden. Leider existieren von denselben keine Abbildungen.
b) f. gharianensis n.
Fundort: Gharian und Mimuna im Gharian-Gebirge.
Höhe der Schale
9 mm
9,5 mm
8,7
Breite der Schale
11,3
12
11,3
Höhe der Mündung-
5,2
5,5
5,3
Breite der Mündung
6
6,2
6
Das aus ca. 6 Umgängen bestehende Gehäuse ist keglig kuglig,
durchgehend genabelt (der Nabel ist etwas weiter als bei f. JcIaptocM),
mäßig festschalig. schwach glänzend ; der Apex ist dunkel rotbraun,
glatt und glänzend, die übrigen ziemlich langsam und regelmäßig
anwachsenden Windungen sind schwach gewölbt und von schmutzig-
weißer Grundfarbe. Diese Grundfarbe ist in der obern Hälfte jeder
Windung erhalten, in der untern aber von einer graubraun getonten
Zone verdrängt, die mehreren verschmolzenen Bändern entsprechen
mag. Unter der Peripherie des letzten Umganges verlaufen eine
298 R Sturany.
Anzahl schmale Bänder, die nicht immer g-leichmäßig- ausge-
bildet sind.
11. Helicella { Hello nunies) huslhniana Poll.
KOBELT, Iconogr., N. F., Vol. 8, fig. 1429 \JIrIir {Xerophila)].
Fundorte: Umgebung von Tripolis (Endschilaj, Gharian.
Dschebel Gosseba, Dschebel T'kut und Dschebel Tegrinna im
Gharian-Gebii'ge.
Die Exemplare, auf welche H. ImsUmiana g-egründet wurde,
stammten von P3uslim, 25 km südwestlich der Stadt Tripolis; doch
kommt die Art nach Kobelt (1. c.) auch im Tarhuna-Gebirge vor.
Einzelne der von Herrn Dr. Klaptocz gefundenen Stücke übertreifen
das von Kobelt abgebildete noch an Größe (Breite der Schale 22,6
und 24,6, Höhe derselben 17 und 16,5, Bi-eite der Mündung 12,4 und
12,5, Höhe derselben 12 und 12,4 mm bei einer Windungszahl von
6V.> Vij und erinnern ebenfalls lebhaft an H. cespifum Dkap.. sie
stellen gewissermaßen eine relativ enggenabelte, abgerundet (kuglig)
gewölbte Form dieser weitverbreiteten (insbesondere in ,.Süd-Frank-
reich. Spanien, Algerien und Tunis" heimischen) Species vor.
12. Helicella {Helionianes) cretica Fer. /. barkaensis n.
(Taf. 11, Fig. 8a— c.)
Fundorte: Bengasi und Dernah.
(Fig. 8a)
(Fig. 8bj
(Fig. 8c)
Höhe der Schale
14,6 mm
12,5 mm
15 mm
Breite der Schale
16,4
16,f
17,4
Höhe der Mündung
9
9
9
Breite der Mündung 8,7 8 9
Von der typischen H. cretica (Boueguignat, Malac. de l'Alg..
Vol. 1, p. 232, tab. 25, flg. 16—20; Kobelt. Iconogr., N. F., Vol. 1,
flg. 144 — 146), welche über Tunesien. Algerien und den Griechischen
Archipel verbreitet ist, unterscheidet sich diese besonders in Dernah
häuflg gefundene Lokalform durch das hochgetürmte Gehäuse und
1) Das erste Exemplar stammt von Dsch. Gosseba, das zweite von
Dsch. T'kut.
Mollusken aus Tripolis und Barka. 299
dessen relativ eng-en Nabel. Die Schale besteht aus 6'/o — 7 Um-
gäng-en.
13. HelireUa {Hefiomanes) ci/reitaicff Marts.
V. Maktens, Conch. Mitt.. Vol. 2, p. 187. tab. 31, fig. 4 — 7.
WesTERLUND, Binnencoiich., Vol. 2, p. 190.
V. Martens, in: SB. Ges. naturf. Fr. Berlin, 1890, j). 132.
PiLSBEY, Man. of Conch. (2), Vol. 9, p. 250.
Fundorte: Tripolis und Umgebung- (Gherran), Bengasi und
Der nah.
Von dieser interessanten Schnecke, welche v. Martens sehr treffend
mit H. candiota Mss. von der Insel Syra verglichen und nicht bloß
für den Landstrich Barka, sondern au(di für das Kü.stengebiet „der
großen Syrte zwischen Missrata und der Stadt 'J'ripolis selbst" als
charakteristisch angegeben hat. liegt mir eine Anzahl vor, so daß
ich in der Lage bin, ihr Schwanken im Ausmaße der Schale zu
verzeichnen :
Höhe der Schale
größerer Durchmesser derselben
kleinerer Durchmesser derselben
Mündungshöhe
Mündungsbreite (ohne Spindel
ausschlag)
14. Helieelfa [Helionianes] davidkina Bgt.
BouRGUiGNAT, MoU. nouv. litig., Vol. 1, p. 72, tab. 10, fig. 8—10.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 2, p. 203.
v. Marxens, Conch. Mittt.. Vol. 2, p. 188.
PiLSBEY, Man. of Conch. (2), Vol. 9, p. 250.
Fundort: Bengasi (1 nicht ganz erwachsenes Exemplar).
Das Vorkommen in der Cyrenaika ist bereits von Prof. v. Martens
konstatiert worden; im übrigen ist die Art auch in Jerusalem
zu Hause.
15. HeJicella [lacosUt] harneijana Anc.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 2, p. 313.
PiLSURY, Man. of Conch. (2), Vol. 9, p. 259.
Exemplare
von
Tripolis
Beng
asi
Dernah
9
11
9'/,
71/0 mm
9Vo
llVo
10
8^;
i 8^/,
IOV2
9
7^/2
6
7
6
5V2
4'A,
6V..
0
4
300 ß- Stdbany,
Fundort: Dernah.
Die einzij2:e Schale, welche gefunden wurde, hat 5 durch Rippen -
streifung- ausgezeichnete Umg-änge und einen Kiel an der Peripherie
der Schlußwindung. Ihre Breite beträgt 7,8, ihre Höhe 5,1 mm,
während die Mündung einen Durchmesser von 4 mm besitzt. Leider
ist das Gehäuse gebleicht, so daß die Zugehörigkeit zu H. harueijana
Ancey (= H. tlieodori Anc. olini, nee Phil.), welche in Berrouaghia
in Algerien vorkommt und mir auch in einer Co-Type von dort vor-
liegt, immerhin noch angezweifelt werden kann. Eine der nächst-
verwandten Arten dürfte H. morini Bgt. aus Tunesien sein.
16. Helicella iOhelus) tnherciilosa Conk.
BOURGUIGNAT, Moll. nouv. lit., Vol. 1, p. 60, tab. 9, fig. 5 — 7.
V. Martens, Conch. Mitt., Vol. 2, p. 188.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 2, p. 352 {Xrrophila).
KOBELT, Iconogr., Vol. 5, fig. 1465.
PiLSBRY, Man. of Conch. (2), Vol. 9, p. 261.
Fundort: ßengasi.
Höhe der Schale
größerer Durchmesser derselben
kleinerer Durchmesser derselben
absol. Höhe der Mündung-
Breite der Mündung
JiCKELi plädierte seinerzeit (Moll. Nordafr.. p. 93) für eine Ver-
einigung dieser Art mit der ägyptischen H. phüamnia Bgt., Kobelt
(1. c.) war dagegen. Hat Jickeli das richtige Gefühl gehabt, so
haben wir es mit einer Form zu tun, die von Syrien über Ägypten
bis in die Cyrenaika verbreitet ist; hat aber Kobelt recht, so fehlen
uns noch sichere Beweise für das Vorkommen von H. tuberciilosa in
Ägypten, die dann sicher nur für Syrien und Barka nachgewiesen
ist und dieselbe merkwürdige, „unterbrochene-" Verbreitung hat wie
Buliminus attenuatiis (No. 20), Leucochroa Jiierochuntina (No. 19) und
HeliccUa davidiana (No. 14).
17. Helicella {Tfochula) pyrainidata Drap.
Rossmässler, Iconogr., fig. 349.
BouRGUiGNAT, Malac. d. Alg., Vol. 1, p. 260, tab. 30, fig. 26 — 33.
"Westerhjnd, Binnenconch., Vol. 2, p. 358.
Pilsbry, Man. of Conch. (2), Vol. 9, p. 263.
9.1
10
10.1
10.2
12,3 mm
12,7
11,3
12,6
12,5
13/3
11,5
10,7
12
12
13
5
5,3
5,5
5,6
6,1
6.4
6.1
6.4
6.6
7
Mollusken aus Tripolis und Barka. 301
Fundort: Dschebel Tegrinna im Gharian-Gebirge.
Von dieser in den Mittelmeerländern weitverbreiteten Art liegen
nur 2 nicht ganz erwachsene Schalen vor (die größere mißt 7 mm
in der Breite und 4\/o mm in der Höhe), welche so schön und bunt
gezeichnet sind wie beispielsweise die var. plafiensis. welche ich von
der Prinzen-Insel Platia beschrieben habe (in: SB. Akad. Wiss.
Wien, A'ol. 111, 1902, j). 130, m. Abb.), oder die var. flammulata von
BouKGuiGNAT (Malac. d'Alg., Vol. 1, p. 262, tab. 30, fig. 32—34).
18. Helicella {Coehi Iceila) acuta Müll.
Westerluxd, BinnencoDch., Vol. 2, p. 1-^66 {Xernphila).
PlLSBRY, Man. of Conch. (2), Vol. 9, p. 2H4.
Fundort: Ain Sarah, Umgebung von Tripolis (1 Expl.).
Verbreitung: Nach v. ^Iartens (in: SB. Ges. naturf. Fr.
Berlin. 1890. p. 131) „an der Küste der großen Sj'rte zwischen
Missrata und der Stadt Tripoli selbst", im übrigen „an allen Mittel-
meerküsten".
19. Leacochroa hierochuntbia Boiss. /'. cyrenaiea n.
(Taf. 11. Fig. 7a— b.)
Fundort: Dernah.
Das kuglige. festschalige, fast glanzlose Gehäuse ist von rein
weißer Farbe und hat einen völlig geschlossenen Nabel. Es besteht
aus ö'/a Umgängen; die Anfangs Windungen sind glatt, die übrigen
Umgänge durch dicht stehende Grübchen und eine von Höckern
gekerbte Naht ausgezeichnet. Der letzte Umgang ist gerundet, an
der Mündungswand ist nächst der Einlenkuiig des äußern Mündungs-
randes eine Schwiele ausgebildet. Der Mündungsrand, oben etwas
vorgezogen, zieht in schönem Halbkreis zur Basis,
Von den 2 vorliegenden Exemplaren mißt das besser erhaltene
(abgebildete) IS'/, mm in der Höhe und 17% i'esp. 14^/4 mm im
Durchmesser; die absolute Höhe der Mündung beträgt 7-74, die
Mündungsbreite 9 mm.
Wenn ich diese Form zu der früher in den Kreis der L. candi-
dissima Drap, gezogenen L. hierodmntina Boiss. (Westerlund, Binnen-
conch.. Vol, 1, p, 84; Kobelt, Iconogr., Suppl., Vol, 1, p, 29 und
N, F., Vol. 3, p, 29) stelle, so akzeptiere ich gleichzeitig den Vor-
schlag Kobelt's, „die candidissima aus Palästina als eigene Art oder
Unterart abzutrennen."
302 R- Stürany,
Farn. Buliminidae.
20. Buliminiis (Mastus) attenuatiis Mss.
(Taf. 10, Fig. 3a- c.)
KoBELT, Iconogr., Vol. 5, fig, 1331—1334.
KoBELT, in: Conch. Gab., Vol. 1, 13, 2, p. 435, tab. 75, fig. 1-3.
[Syn. : B. ekrcnbergi var. Pfeiffer, Monogr. Helle, Vol. 4, p. 426.
„ Bnlimns ohesaius Boueguignat (nee Fer.), Cat. Saülct, p. 39.
„ B. episonivs Bgt., Amen., Vol. 2, p. 26, tab. 3, fig. 5 — 7.]
Fundorte: Dernah und Bengasi.
Verbreitung: Syrien. Palästina sowie auf Cypern.
Dr. Klaptocz hat in Bengasi eine verhältnismäßig- kleine Schale
gefunden, die aus 7'/.2 Umgäng-en besteht; sie ist 14 mm hoch und
6,2 mm breit und ihre Mündung mißt 5,7 : 4,5 mm. Sie hat einen
dünnen Callus und keine Zahnbildung an der Mündungswand, wes-
halb sie f. edentata n. (Taf 10, Fig. 3cj benannt sei.
Von Dernah liegen 7 typische, d. h. insbesondere an die
BouRGuiGNAT'sche Abbildung von B. episonms (1. c.) erinnernde
Exemplare vor, von denen einige gemessen und photograpliiert wurden.
(Fig. 3a)
(Fig. 3b)
Höhe der Schale
17,7 mm
17,3 mm
17 mm
Breite der Scliale
8,4
7,6
7,6
Höhe der Mündung
7,5
7,1
6,4
Breite der Mündung
5,8
5,2
0
Am zitzenförmigen Apex fällt eine braune Färbung nächst der
Naht auf; es ist dies der Beginn eines braunen Bandes, das von der
beinweißen Farbe der Embryonalwindung absticht und bis In die
4. Windung verfolgt werden kann, wo dann ein allgemeiner brauner
Farbenton einsetzt.
Fam. CocMicopidae.
21. Ferussacia carnea Risso.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 3, p. 161.
KoBELT, Iconogr., N. F., Vol. 7, fig. 1193—1197.
Fundorte: Gharian und Mimuna, Dschebel T'kut und Dschebel
Gosseba im Gharian-Gebirge (eine Anzahl).
Müllusken aus Tripolis und Barka. 303
Verbreitung: „In der Provinz Constantine und im nördlichen
Tunis, überall in Menge, verschleppt auf der Insel Pianosa und in
der Ihngebung von Nizza" (Kobelt).
Nach V. Härtens (in: SB. Ges. naturf. Fr. Berlin, 1890, p. IHl
bis 132) kommt „an der Küste der großen Syrte zwischen Missrata
und der Stadt Tripoli selbst"' neben H. cyrenaica, lentiaiJa, acuta,
quedcnfeldti und leadii auch Cionella fraseri Bens, vor, die aber
identisch mit F. carnea Kisso ist, ebenso wie eine Reihe von
BouRGuiGNAT'schen Arten aus Tunesien einzuziehen sind (Kübelt, 1. c).
Farn. Stenogijridae.
22. Hunilna decollata L.
V. Martens, Conch. Mitt., Vol. 2, p. 188.
Westeelünd, Binnenconch., Vol. 3, p. 144.
PiLSBRY, Man. of Conch. (2. ser.), Vol. 17, p. 212 ff.
Fundorte: Tripolis und Umgebung, Bengasi, Dernah.
Es sei mir, um die gefundenen Exemplare bezüglich ihrer Zu-
gehörigkeit zu eiuer der 3 von Pilsbry (1. c.) angenommenen Sub-
species zu beleuchten, gestattet, die Maße der am besten erhaltenen
Schalen mitzuteilen :
Exemplar von Dernah Exemplare von Tripolis
Totalhöhe 27,2 27,5 26,5 23 mm
Totalbreite 9 8,3 8,5 8,5
Mündungshöhe 8,7 7,5 8 7
Mündungsbreite 5,5 5,3 5,3 5,3
Anzahl der erhalten ge-
G^
bliebenen Umgänge 5 7 57-2 57^
Danach müßten wir die von Herrn Dr. Klaptocz gesammelten
Stücke zur Subspecies gracilis Per. stellen, welche in „Griechenland,
auf Kreta, Naxos, Rhodos, Cypern, in Smyrna und an der syrischen
Küste'' vorkommt und von der Pilsbry unter anderm auch schreibt :
„This small, cylindric, Eastern race is apparently separated from
the typical decollata by an area without Rmnina along the western
coast of the Adriatic. It is reported from several Algerian localities
by Bourguignat '), but whether these Shells are another and parallel
small race remains to be ascertained.''
1) cf. Bourguignat, Malac. de TAlg., Vol. 2, tab. 1, fig. 16.
304 K. Stürany,
Farn. Piipidae.
23. Granoi^^ipa granimi Drap.
ROSSMÄSSLER, Iconogr., fig. H22 u. 730.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 3, p. 119.
Fundort: Dschebel Te^rinna im Gharian-Gebirge.
Von dieser in „Frankreich, Spanien. Portugal. Italien. Sicilien,
der Schweiz, Dalmatien, Griechenland. Kaukasien, Sj'rien, Palästina
und Algerien" verbreiteten Schnecke liegen einige wenige unverkenn-
bare Exemplare vor.
Fam. Clansilüdae.
24. CUmsilia kUiploci^i n. .sj).
(Taf. 11. Fig. 6a— b.)
Fundort: Dernah (1 sehr gut erhaltenes Exemplar).
Das spindelförmige, in der Mitte etwas ausgebauchte Gehäuse
hat einen geschlossenen Nabel, ist isabellfarbig und besteht aus
9^2 Umgängen. Die Anfangswindungen sind glatt und großblasig,
die übrigen Umgänge wenig gewölbt und durch eine feine, elegante,
ein seidenglänzendes Aussehen bewirkende Streifung ausgezeichnet.
Die letzte Windung trägt links vom äußern Mundrande, der über-
dies merkwürdig geschwungen ist, einen abgerundeten Kiel; da-
zwischen liegt vertieft die gut 7-2 Dim breite Nabelpartie. Der Mund-
saum hängt zwar schon zusammen, ist aber mit der vorletzten
Windung noch verschmolzen (also nicht losgelöst!). Das Clausilium
ist ganzrandig, abgerundet; die Spirallamelle ist von der Ober-
lamelle getrennt und endigt vorn weit entfernt davon; einer vorn
ziemlich kräftigen, säbelförmig geschwungenen Oberlamelle steht
eine sozusagen normale, fast horizontal gestellte Unterlamelle gegen-
über, am Interlamellare sind 2 Knötchen angedeutet. Von Sutural-
falten ist die Prinzipalfalte zu erwähnen, nur ganz vorn sichtbar,
von den Gaumenfalten ist eine lange, hinter der Mondfalte be-
ginnende und vorn in eine ausgedehnte Schwiele verlaufende stark
ausgebildet und eine zweite, tief innen schief gegen die erste ge-
stellte nur angedeutet, die Mondfalte präsentiert sich als schwächerer
Bogen. Die Spindel ist hoch, fast senkrecht gestellt, unten ab-
Mollusken aus Tripolis und Barka. 305
gestutzt und wird vom Nackenkiel umwölbt ; eine eigentliche Spindel-
falte kann ich nicht entdecken.
Höhe der Schale 15,8 mm. Breite derselben 4 mm; Mündung
4,1 mm hoch und 3,1 mm breit.
Im System ist die neue Clausilie schwer richtig unterzubringen.
Sie hat die Mündungsform und Kielbildung von gewissen Agathyllen
(sulcosal); unter den Cristatarien ist noch am ehesten bei laodicensis
Bttg. eine Analogie der Nacken bildung zu finden; bei gewissen
Albinarieu findet sich eine älmliche Skulptur und Färbung. Viel-
leicht aber schließt sie sich noch am ehesten an die nord-afrikanischen
,.Delimen" an, von denen dann Gl. polygyra = perinnei die nächst-
stehende wäre.
Fam. Succineidae.
25. Suceinea pfelfferi Rossm.
ROSSMÄSSLEE-KOBELT, Iconogr., %. 46, 2060 — 2063.
Westerlünd, Binnenconch., Vol. 5, p. II.
Fundort: Ain Sarah, Umgebung von Tripolis.
Das vorliegende, etwas ausgebleichte Exemplar weist 3^2 Um-
gänge auf; die ganze Schale ist 10,8 mm hoch und 5,3 mm breit,
die Mündung mißt 7,2 : 4 mm. Die Art ist nach Westerlund (1. c.)
über „Europa, Kaukasien, Sibirien. Armenien und Algerien" ver-
breitet und überdies auch für Ägypten bekannt; ihr Vorkommen in
Tripolis kann also nicht befremden.
Fam. AuricuUdae.
26. Alexia niijosotis Drap.
KoBELT, Iconogr., N. F., Vol. 8, fig. 1405.
Fundort: Beugasi (2 Expl.).
Verbreitung: „Am atlantischen Ocean an beiden Ufern, im
vordem Mittelmeer und an Dalmatien" (Kobelt, 1. c).
Fam. Limnaeidae.
27. Linnmed {TAmnophijsa) industris Ml'll.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 5, p. 45.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 20
306 R- Stürany,
Fundorte; Ain Sarah imd Endschila, Umgebung* von Tripolis.
Verbreitung: „Europa , Kaukasien , Armenien , Persien,
Sibirien" CWstlü.).
Farn. Phijsidae.
:28. Phi/sa (Isidora) contorta ^hcii.
JiCKELi, Moll. Nordafrika, p. 203.
KoBELT, Iconogr., Vol. 7, fig. 1917—1920.
Westerlunu, Binnenconcli., Vol. 5, p. 58.
Fundort: Ain Sarali, Umgebung- von Tripolis (1 Expl.).
Über die Verbreitung- dieser Art sagt Kobelt, 1. c. : „. , . be-
sonders JiCKELi hat eine Menge sogenannter guter Arten unter Physa
contorta vereinigt, wie es mir scheint, mit Recht. Dann würde diese
Art durch das gesammte Afrika bis fast zum Capland verbreitet
sein und sich ausserdem auch in sämmtlichen Küstenländern des
Mittelmeeres finden; nur aus Griechenland fehlt sie noch."
Fam. PJanorbidae.
29, JPlatioi'bis? ntticus Bgt.
Westerlund, Binnenconch., Vol. 5, p. fi9.
Fundort: Dernah.
Es sind 2 anscheinend noch nicht völlig erwachsene Schalen,
die ich mit dieser fraglichen Bestimmung hier zu erwähnen habe.
Sie sind hellgelb, oben stark eingesenkt, unten wenig konkav; ihr
letzter Umgang ist gegen die Unterseite leicht gewinkelt. Aus
4 Windungen bestehend, messen sie 5,2 resp. 4,6 mm in der Breite
und 1.7 resp. 1,6 mm in der Höhe, während der Durchmesser der
Mündung sich mit 2,4 mm beziftert.
Außer dem PI atticus, dessen Verbreitung über Griechenland
geht, wären bei der endgültigen Bestimmung der vorliegenden Stücke
noch PL numidicus Bgt. (Verbreitung: Algier, Sicilien, Sardinien,
Elba) und die syrisch-kleinasiatischen Formen (beispielsweise iiisci-
narmn, hebraicus, antiochianus) in Betracht zu ziehen. Ich hatte aber
davon leider kein typisch bestimmtes Vergleichsmaterial zur Hand
und war auch nicht imstande, nach den Literaturangaben eine klare
Vorstellung über sie zu gewinnen. Wenn ich übrigens auf dem
Mollusken aus Tripulis und Barka. 307
recliten Wege bin, gehören auch Exemphire, die ich aus Smyrna
besitze, zum PL attkus Bgt.
Farn. Faluclimdae.
30. PseudiunHlcoJd pijcHOcheilia Bgt.
BOURGUIGNAT, Malacol. Alg., Vol. 2, 1864, p. 241, tab. 14, flg. 46—48.
WesterlunI), Binnenconch., Vol. (i, p. 80.
Fundort: Gharian und ^limuua im Gharian-Gebirge.
Sonstige Verbreitung": Algerien, Tunesien.
Es sind nur einige wenige junge Schälchen gefunden worden;
das größte derselben ist etwas verwittert und mißt 3 mm in der
Höhe, 2,3 mm in der Breite; die .Mündung ist 1.5 mm hoch und
1.2 mm breit.
Der Genauigkeit halber erwälnie ich noch — bevor ich das
systematische Verzeichnis schließe — , daß Herr Dr. Klaptocz auch
2 IIijdrohia-Fovmen aus Bengasi mitgebracht hat; dieselben sind
jedoch nicht gut genug erhalten, um eine Bestimmung oder Be-
schi-eibung- zuzulassen, können also bei den folgenden Betrach-
tungen der Fauna nicht berücksichtigt werden.
Ebenso sind die paar Xerophilinen, welche auf Malta gefunden
wurden [Euparypha pisana Müll, und Cochlicella acuta Müll.), und
die Proben mariner Arten ') ohne Belang.
Wir wenden uns nun zur Betrachtung der beiden Faunendistrikte
Tripolis und Barka und wollen jeden für sich besprechen.
a) Fauna von Tripolis.
Bis jetzt sind nur wenige Arten (11) aus Tripolis bekannt ge-
worden: V. Martens hat seinerzeit die Funde von Barry und
1) Das Verzeichnis dieser marinen Schnecken und Muscheln lautet:
Pollia (Porhignyi Payr, Tripolis ; Mitra bdcscens Lk. [= Cornea], Bengasi ;
Colnrnbella rnstica h., Bengasi; Xeverita jo.'icphima Rmso, Bengasi; Conus
mediterrannts Brug., Bengasi und Dernah ; Cj/praea lurida L., Tripolis;
Cerlthitmi intermexlinm Phil., Bengasi; Cerdliium. renomlurn Monter.
[= jjidcJieUum Ph.], Bengasi; PircneUa conica Bl., Bengasi; Cardium
edide L., Tajura bei Tripolis; Cardiitm Imnarcki RvE., Bengasi; Loripes
ladeiis L., Bengasi; die beiden letztgenannten Arten bewohnen auch die
salzigen Binnenwasser in der Umgebung von Bengasi.
20*
308
R. Sturany.
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Mollusken aus Tripolis und Barka. 809
QuEDENFELDT publiziert (in: SB. Ges. naturf. Fr. Berlin, 1890),
KoBELT kürzlich im Conch. Gab. (Monographie d. Po)Ha^?a-Gruppe)
einige ihm von Herrn Di-. Grütiie mitgeteilte Formen beschrieben.
Herr Dr. Klaptocz hat nun, wie sich aus der nebenstehenden Tabelle
(S. 308) ergibt, 12 Species gefunden, die für die Tripolis-Landschaft
neu sind, und überdies auch die meisten der andern 11 mitgebracht.
Die Arten 2, 3, 4, 11, 12, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 22 sind so weit
verbreitet in den Mittelmeerländern, daß ihre Anwesenheit in Tripolis
ohne Bedeutung ist; aus dem Osten eingeschleppt dürften die Species 5
und 7 sein {Helico<jena cavata tripoliiana ist nach Kobelt von der
wahrscheinlich in alter Zeit aus Palästina eingeschleppten H. cavata
Mss. herzuleiten, und Helicogena nucula Park, kann leicht aus Ägypten
herübergebracht worden sein); nur mit Algerien und Tunesien ge-
meinsam hat Tripolis die Ai-ten 17 und 23 [Ferussacia carnea Risso
und Pseudamnicola pycnoclieüia Bgt.). Als endemisch sind vorläufig
anzusehen die Arten 1, 6, 8, 9, 10, 13, das sind: die neue Vitrina
(sie ist allerdings nahe verwandt mit einer algerischen Art !), Helico-
gena grothei Ko^. (verwandt mit der west-afrikanischen wic/awos/oma !),
die 3 Levantina— krltn gyrostoma, quedenfeldti und leachii (deren
endgültige Placierung im Sj'stem P. Hesse auf Grund der Anatomie
vorgenommen hat) und die Helicella huslimiana Poll. (vielleicht nur
eine Lokalform der weiter verbreiteten cespitum !).
Gemeinsam mit dem Landstrich Barka hat Tripolis bloß die
kuglig geformte Helicella cyrenaica Marts., welche auf der Insel Syra
ihren nächsten Verwandten zu besitzen scheint.
b) Fauna der Cyrenaica.
In der Literatur finden wir eine Liste von 12 Species, welche
der Botaniker Ruhiher in der Umgebung von Bengasi („Benghazi")
gesammelt hat, von v. Marxens publiziert (Conch. Mitt., Vol. 2,
p. 188) und darunter die eben genannte Helicella cyrenaica als neu
beschrieben. Herr Dr. Klaptocz hat nun die Hälfte wiedergefunden
und überdies 9 für die Fauna dieses Gebietes neue Mollusken zu-
stande gebracht, sodaß sich nachfolgende Liste ergibt (s. S. 310).
Über die unbestimmte Farmacella haben wir kein Urteil; die
Arten 3, 6, 7, 8, 9, 16, 17, 19, 21 gehören sozusagen zu den Ubi-
({uisten der Mittelmeerküsten; die Species 2, 5 und 20 sind in öst-
lichen Ländern des Mittelmeeres (Griechenland, Ägypten, Kleinasien),
die Arten 4 und 12 im Westen (Algerien) weiter verbreitet; als
endemisch ist gegenwärtig nur die neue Clausilia Idaptocd n. sp. an-
310 R. Stürany,
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Mollusken ans Tripolis und Barka. 311
zuseheu. nachdem wir gesehen haben, daß No. 10 (Hdieclki ajrenaica)
doch auch im angTenzenden Trii)()lis vorkommt. Es erübrigt noch
eine kleine Grnppe von Schnecken (11, 13, 14. 15), die eine so eigen-
tümliciie Verbreitung haben, daß es sich wohl lohnt, dies besonders
zu betonen. Diese 4 Schnecken — Helkella davidiana Bgt., Helkella
tuhcrculosa Cone., Leucochroa hieroclmniina Boiss., Bidimimis attenuatus
Mss. — sind einerseits in der Cj'renaica, andrerseits in Palästina
und Syrien zu finden, während sie in Ägyi)ten fehlen oder höchstens
durch vikariierende Arten vertreten werden. (Dies ist vielleicht
bei HcliceUa tuherculosa Coxn. der Fall, deren Pendant in Ägyi)ten
H. phüamnia Bgt. vorstellt.)
312 R- Sturanj, Mollusken aus Tripolis und Barka.
Erklärung der Abbild uugeu.
Tafel 10.
Fig. la — h. Leianiina gyrostoma Fee. (3 : 2). S. 294. Die beiden
in la — d wiedergegebenen Schalen stammen von Dschebel Tegi'inna, die
Figuren le — h beziehen sich auf 2 Stücke von Dschebel Gosseba. (Jede
Schale ist von vorn und oben aufgenommen.)
Fig. 2a— b. Lerantina leachü Fee. (3 : 2) von Dschebel T'kut. S. 295.
Fig. 3a — c. Buliminus {Mastus) attenuatus Mss. (3 : 2). S. 302.
Die Exemplare 3a und 3b stammen von Dernah, das kleine Stück 3c
(/". edeniata Stue.) von Beugasi.
Tafel 11.
Fig. 4a — c. Helicella (Heliomanes) lineata Oliv. f. kiaptoczi Stür.
von Ain Sarah bei Tripolis (3 : 2). S. 296.
Fig. 5a — d. Vitrina tripolitana Stue. von Dschebel T'kut im Gharian-
Gebirge (2 : 1). S. 292.
Fig. 6a — b. Clausilia klapioczi Stue. von Dernah (2 : 1). S. 304.
Fig. 7a — b. Leucochroa hierochnntina Boiss. /'. cyrenaica Stue. von
Dernah (3 : 2). S. 301.
Fig. 8a — c. Helicella (Heliomanes) cretica Fee. /'. harkaensis Stue.
von Dernah (3 : 2). S. 298.
Xaclidruck verboten.
XJberselzungsrechl vorbehallcv .
Die systematische Stellung von
Helix leachii Fee. und gyrostoma Fer.
Von
P. Hesse in Venedig.
Unter den von Herrn Dr. Bruno Klaptocz im September 190G
in Tripolitanien gesammelten Schnecken fand Herr Dr. Stürany
einige Exemplare von Hd. leachii Fer. und gijrostoma Fer., die noch
das eingetrocknete Tier enthielten. Es gelang ihm, die Tiere auf-
zuweichen, und er sandte sie mir, in Alkohol konserviert, vor einigen
Wochen zur anatomischen Untersuchung, über deren Ergebnis ich
in den folgenden Blättern berichten will.
Der Erhaltungszustand des mir voi'liegenden Materials war be-
greiflicherweise kein idealer, gestattete aber bei Hei. leachii die
Präparation dei- Mundteile und des für die Sj^stematik besonders
wichtigen Geschlechtsapparats. Die beiden zur Verfügung stehenden
Hei. gyrostoma waren durchaus jugendlich, die Genitalien daher nur
in der ersten Anlage vorhanden.
Helix leachii Fer.
Es lagen mir 3 Exemplare vor, am Dschebel T"kut im Gharian-
Gebirge gesammelt, 2 erwachsene von reichlich 4 und 1 junges von
314 I'- Hesse,
kaum 8 Umgängen. Von den beiden erwachsenen mißt das größere
Gehäuse: großer Durchmesser 19,5. kleiner Durchmesser 16. Höhe
10 mm. das kleinere bzw. 17,5, 14.5 und 9.5 mm.
Das kleineie der beiden Geschlechtsreifen Tiere ist am besten
erhalten, und auf dieses beziehen sich meine ^Maßangaben: die dem
großem Exemplar entnommenen JMaße sind in Klamme]-n beigefügt.
Wenn ich die Dimensionen der einzelnen Organe genau verzeichne,
so bin ich mir i'echt wohl bewußt, daß diese Zahlen nur einen rela-
tiven Wert haben, denn abgesehen von der individuellen Variation
haben wir im vorliegenden Falle auch mit starken Schrumpfungen
der Weichteile zu rechnen. Immerhin geben bestimmte Maße jeden-
falls ein klareres Bild als die sehr dehnbaren Bezeichnungen: groß,
klein, lang, kurz etc.
Das Tier ist bräunlich-weiß, auf dem Rücken nur wenig
dunkler als an den Seiten, der Mantel hell bräunlich-grau. Die
schmutzigweiße, an den Rändern dunkler gefärbte Fußsohle ist in
stark kontrahiertem Zustande 10 mm lang und 2,5 mm breit. Von
den Nacken läppen hat der rechte, wie bei den meisten Heliceen,
die Form eines nacli unten spitz zulaufenden Dreiecks von 3 mm
Länge, bei 1 mm Breite am obern Ende. Der linke ist in 2 Stücke
geteilt, die durch einen Zwischenraum von 1,2 mm voneinander ge-
trennt sind. Das flach halbmondförmige obere Teilstück ist kaum
1 mm lang, das untere hat die Form eines schmalen Saumes von
2,5 mm Länge bei kaum 0,5 mm Breite. Die einander gegenüber-
liegenden Enden der beiden Teilstücke haben keine gelösten
Zipfel.
Die kalkweiße Niere, deren vordere Spitze 8 — 10 mm vom
Mantelrande entfernt ist, hat die bekannte keilförmige Gestalt; die
beiden längern Schenkel messen 6,5 und 5 mm, die schräg ab-
gestutzte Basis 3 mm. Der Ureter hat die Form einer olfeneu
Rinne.
Der odontognathe Kiefer ist halbmondförmig, mit abgerundeten
Enden, dunkel hornbraun, mit parallelen Leisten besetzt, die beide
Rändei' überragen. Das eine der beiden erwachsenen Tiere hat auf
dem 2,16 mm breiten und in der Mitte 0,80 mm hohen Kiefer
5 Leisten, von denen die mittlere die kürzeste, die äußerste linke
recht flach, die übrigen aber normal ausgebildet sind. Der andere
Kiefer hat 6 ziemlich bi-eite, erhabene Leisten und ist etwas größer,
nämlich 2,32 mm breit und 0,85 mm hoch. Das junge Tier liat
einen viel heilem, durchscheinend bräunlich-gelben Kiefer, halbmond-
Helix leachii Fkk. uikI oyrostoiua Ftit. 315
förmio- oebog'eii. mit ab.o-eschiägteii Kiideii ; er ist nur mit 2 ziemlich
breiten Leisten besetzt, die beide Ränder ilberrag-en, und mißt in
der Höhe 0.54 mm. Breite 1.20 mm.
Die Rad nla variiert in dei- Länge von 4.85 bis 5,95 in der Breite
von 2.1(3—3.50 mm; eines dei- untei'snchten Exemplare hat 187. das
andere 202 Querreihen mit 44—1-44 bzw. 46 — 1-44 Zähnen. Die
Zahnplatten sind in den Querreihen in einer nach vorn offenen, g-e-
schwungenen Bog'enlinie angeordnet. Der ^iittelzahn ist gedrung-en,
symmetrisch, mit einer Spitze, die den Rand dei' Basalplatte nicht
oder nur eben erreicht. Die Seitenzähne sind von ähnlicher Form,
aber etwas unsymmetrisch. Der Übergang- zu den Randzähnen be-
ginnt beim 14. Zahn, bei dem zuei'st eine äußere Nebenspitze auf-
tritt: am 15. beginnt die Ausrandung der Hauptspitze, und beim
16. ist diese gespalten. Weitere Spaltung-en finden nur ausnahms-
weise statt; an den äußersten Randzähnen ist zuweilen, doch relativ
selten, auch die Nebenspitze g^eteilt, so daß 4zackige Zähne ent-
stehen, aber die meisten Randzähne haben nur 3 Zacken.
Die Radula des jungen Tieres ist 3,25 mm lang, 1.35 mm breit
und trägt 144 Querreihen mit 33 — 1 — 34 Zähnen. Der Übergang
zu den Randzähnen findet beim 10. — 12. Zahne statt.
Der Genitalapparat war bei dem giößern Tier so spröde
und bröcklig, daß er nur in Stücken herauspräpariert werden konnte;
beim kleinern Exemplar zeigte er sich dagegen befriedigend gut er-
halten, doch fehlt der hintere Teil, der beim Herausziehen des Tieres
aus dem Gehäuse abgerissen ist. Dieser Mangel fällt indes wenig
ins Gewicht, da erfahrungsgemäß die charakteristischen Eigentüm-
lichkeiten in der Regel nur im vordem Abschnitt des Genitaltractus
in die Erscheinung treten, während Eiweiß- und Zwitterdrüse nur
selten erwähnenswerte Besonderheiten aufweisen.
Der weißliche Uterus ist stark gefältelt, halb durchscheinend,
von gelatinöser Konsistenz; die Prostata zieht sich als schmales
gelbliches Band an ihm entlang. Der Uterushals ist sehr kurz, nur
1 mm lang, von mäßiger Dicke, die 5 (4) mm lange Vagina nament-
lich in ihrem vordem Teile erheblich stärker als jener. Am hintern
Ende der Vagina zweigt sich der Blasenstiel ab, mit relativ dickem,
nur 4 (3) mm langem Schaft, der sich in 2 dünnere Zweige spaltet,
den 8 (9,5) mm langen Blasenkanal und das 10 (12) mm lange
Divertikel. Der Blasenkanal führt zu der kugelrunden oder ovalen
Samenblase von 2.5 (2 X 3) mm Durchmesser. Das Divertikel ist
316 P. Hesse,
von gleicher Stärke wie der Kanal und nur weni«: länger als
dieser.
Ungefähr in der Mitte der Vagina ist der länglich ovale,
4,5 (4) mm lange Pfeilsack angeheftet, der an seiner Basis in auf-
fallender ^\'eise knieförmig gebogen ist. Ob wir diese Biegung als
eine Folge der starken Schrumpfung anzusehen haben, vermag ich
nicht zu beurteilen, halte das aber für nicht unwahrscheinlich. Der
Pfeilsack umschließt einen ungefähr H mm langen, anscheinend ganz
geraden Liebespfeil, den ich nur von einem meiner beiden Exemplare
in etwas defektem Zustande erhalten konnte; beim andern war er
in eine Unzahl winziger Splitter zerfallen, vermutlich durch den
von dem muskulösen Pfeilsack bei der Schrumpfung ausgeübten
Druck zerquetscht. Er zeigt die Form, die man seit Ad. Schmidt
als den new oraUs-Ty ims zu bezeichnen pflegt: kannelierte Krone,
ziemlich schlanken Hals, 4 sj^mmetrisch angeordnete Längsleisten mit
scharfen Schneiden. Die Leisten sind in der Mitte am breitesten,
nach dem Halse und der Spitze zu verjüngen sie sich allmählich.
Der Querschnitt hat die Form eines 4strahligen Sterns. Die an der
Basis des Pfeilsackes sitzenden beiden Glandulae mucosae sind
schAvach entwickelt; ein kurzer, 1—2 mm langer Stamm trägt
2 — 3 fadendünne Äste, deren Länge gleichfalls 2 mm nicht über-
steigt. Der vordere Abschnitt der Vagina, zwischen dem Penis und
der kurzen Genitalcloake. ist beträchtlich weiter als die hintere
Hälfte.
Am Penis ist der kurze, kräftige Retractor in der Mitte au-
geheftet; der vordere und hintere Abschnitt sind genau gleichlang,
je 4 mm. Das vordere Stück, der eigentliche Penis, ist ziemlich
stark erweitert, spindelförmig; der hintere Teil, den Pilsbry als
Epiphallus bezeichnet, ist viel dünner und rein zylindrisch. An
seinem hintern Ende sendet er das dünne, 9 mm lange Vas deferens
zur Prostata ab und trägt ein sehr eng korkzieherartig aufgewundenes
Flagellum, dessen Länge 8 (6) mm, im ausgestreckten Zustande aber
mehr als das Doppelte beträgt.
Helix f/i/rostoiiia P'er.
Es lagen mir 2 noch durchaus jugendliche Tiere vor, mit Gehäuse-
fragmenten, die keine sichere Messung gestatten, aber in Farbe,
Bänderu]ig und Form der obern Windungen eine auffallende Ähnlich-
Helix leachii Fkk. und gyrostoraa Ficr. 317
keit mit Levantina hia-osolyma erkennen lassen. Sie sind im Gharian-
Gebirge g-esammelt, das eine am Dschebel Teglirinna, das andere
am Weo-e von Gliarian nach Tripoli. Das kleinere der beiden Tiere
war sehr mangelhaft erhalten; die folg-ende Beschreibnn»- bezieht
sich auf das g-rößere.
Rücken graubraun, mit Andeutung- einei- Nackenleiste, die am
vordem Ende durch hellere Färbung ausgezeichnet und dadurch
leicht zu erkennen ist. Seiten und Schwanzende bräunlich-
weiß; am Fußrande entlang zieht sich lingsuni eine schmale
bräunliche Zone. Die weißliche Fußsohle mißt an dem stark kon-
trahierten Tiere 8 mm in der Länge und 8 mm in der grüßten
Breite.
Von den Nackenlappen ist der rechte dreieckig. 2,2 mm lang.
Vom linken ist das obere Teilstück klein, halbmondförmig. 1 mm
lang; nach einem Zwischenraum von 2 mm folgt das untere Stück
in Form eines schmalen, 2,7 mm langen Saumes. Die gegenüber-
liegenden Enden der beiden Teilstücke sind nicht oder kaum
gelöst.
Am ^fantel zeigt sich vorn ein sehr schmaler gelbbrauner
Saum: das Lungendach ist einfarbig bräunlich, die Mitteldarmdrüse
(Leber) sehr dunkel braun und an den obern Windungen stai'k zu-
sammengedrückt. Das läßt darauf schließen, daß das Gehäuse in
der Jugend scharf gekielt sein muß.
Der Kiefer des größern Tieres ist halbmondförmig, mit ab-
gerundeten Enden, 0,75 mm hoch, 2 mm breit, ziemlich hell gelb-
braun, mit 2 Leisten besetzt, die eine nur schwach angedeutete
mittlere einschließen und den konkaven Rand gar nicht, den kon-
vexen nur wenig überragen. Bei dem kleinern Exemplar ist er bei
gleicher Höhe nur 1,85 mm breit, hat nicht gerundete, sondern schräg
abgestutzte Enden und ist mit 8 regelmäßig ausgebildeten, nicht
ganz parallelen, sondern etwas konvergierenden Leisten besetzt,
die den konvexen Rand kaum, den konkaven aber deutlich über-
ragen.
Die Radula des kleinern Exemplars ist 5 mm lang. 1,9 mm
breit, mit 154 Querreihen von 42 — 1—42 Zähnen; beim größern Stück
sind die Maße 5,4 bzw. 2.1() mm. Die Zahl der Querreihen konnte
ich nicht mit Sicherheit feststellen, da ein Stück der Zunge ab-
gerissen und in Verlust geraten war; die einzelnen Querreihen sind
mit 39 — 1—40 Zähnen besetzt. Die Form der Zahnplatten entspricht
der schon von Hei. leachii beschriebenen, doch erreicht die Spitze
318 P- Hesse,
g-ewühiilicli den Kand der Basalplatte; der Übergang in die Rand-
zäline findet beim 14. — 16. Zahne statt. In der Nähe des Randes
sind -Izackige Zähne nicht selten, da auch die Nebenspitze sich zu-
weilen spaltet.
Die Genitalien sind noch durcliaus jugendlich und unent-
wickelt. Der Uterus erscheint als ein fadendünner Strang, der Pfeil-
sack ist sehr winzig, die Glandulae mucosae felilen ganz. Die Art
wurde aber vor Jahren an frischem Material von dem verstorbenen
Apotheker Fritz Wiegmann in Jena untersucht, und dessen hand-
schriftlicher Nachlaß, der mir vom Königl. Zool. Museum in Berlin
anvertraut wurde, enthält eine eingehende Beschreibung des anato-
mischen Befundes. Das WiEGMANx'sclie Manuskript nebst den dazu
gehörigen Zeichnungen werde ich an anderer Stelle veröffentlichen;
hier sei nur kurz erwähnt, daß sich aus dem Bau der Genitalien die
nahe Verwandtschaft unserer Art mit IM. Jeachii zweifellos ergibt.
Die anatomischen Unterschiede zwischen den beiden Arten sind
sogar ziemlich unerheblich und verwischen sich vielleicht ganz, wenn
reichlicheres und gut konserviertes Material untersucht werden
kann. Nach den bis jetzt vorliegenden Befunden hat Hei. gijrostoma
ein längeres Blasenstieldivertikel als Hei. Jeaclni und einen leicht
gebogenen Pfeil während der von Hei. leaclm, den ich nicht ganz
intakt erhalten konnte, gerade zu sein scheint. Ferner fehlt der
Hei. (jjjrostoma die knieförmige Biegung an der Basis des Pfeilsackes,
die ich bei Hei. leacMi beobachtete; es ist aber ziemlich wahrschein-
lich, daß diese nur als eine Folge starker Schrumpfung anzusehen
ist. Endlich macht der hintere Abschnitt des Penis bei Hei. gyro-
stoiiia etwa ein Drittel, bei Hei. leachii die Hälfte der ganzen Länge
aus. Die besonders ins Auge springenden charakteristischen Merk-
male: das spiralig aufgewundene Flagellum, die kümmerlich ent-
wickelten Glandulae mucosae, das dünne Blasenstieldivertikel. finden
sich bei beiden Arten in gleicher Weise.
Aus der Beschaffenheit des Geschlechtsapparats ergibt sich un-
zweifelhaft die nalie Verwandtschaft der beiden tripolitanischen
Arten mit den syrischen Levantinen, deren Anatomie ich in Ross-
MÄssLEß-KüBELT's Icouographie der europäischen Land- und Süß-
Helix leacliii Fkr. nud gyrostoma FiiR. 319
wasser-Mollnsken (Neue Folge), Vol. 14. p. 189 eingeliend besprochen
habe.
Die vorhin erwähnten, unsern beiden Arten gemeinsamen Merk-
male sind gerade für die eigentlichen Levantinen charakteristisch;
dazu kommt noch die große Ähnlichkeit in der Form des Pfeils und
im Bau des Gehäuses. Die scharf gekielte, rippenstreitige Lev.
leachii zeigt zwar einen etwas abweichenden Typus, aber Lev. gyro-
stoma erinnert durch das eigentümlich dachförmige Gewinde mit
dem an der Naht etwas vorstehenden Kiel und den bräunlich-gelben,
teilweise in Flecken aufgelösten Bändern so auffallend an Lev. Iiiero-
soljjma und caesareaua. daß ich mich verwundert frage, wie es m(iglicli
ist, daß nicht schon von anderer Seite diese Verwandtschaft erkannt
wurde. Nur in dem Umstände, daß die beiden afrikanischen Species
in den Sammlungen noch immer zu den größten Seltenheiten ge-
hören, kann ich eine Erklärung dafür finden.
Das Auftreten dieser bisher nui- aus Vorderasien bekannten
Gattung in Tripolitanien ist überraschend, da sie in dem relativ
gut durchforschten Ägypten bisher noch nicht gefunden wurde. In
bezug auf die Beschaftenheit des Genitalapparats und der Mundteile
zeigen die wenigen bis jetzt anatomisch untersuchten Arten eine
große Einförmigkeit, aber nach dem Bau des Gehäuses lassen sich
ohne Zwang 3 auch geographisch scharf abgegrenzte Gruppen
unterscheiden.
a) Asiatische Arten. Großer Durchmesser gewöhnlich über
30, fast nie unter 25 mm.
I. Die Gruppe der Leo. (jnttata Ol. [Assyriella m.). Gehäuse
immer ungekielt, obere Umgänge gewölbt.
Verbreitung: Cypern, östliches Kleinasien, Mesopotamien.
Persien, nördlich bis über den Araxes und zum Südende
des Kaspischen Meeres.
IL Die Gruppe der Lev. hierosolyma Boiss. (T^evantina s. str.).
Gehäuse in -der Jugend gekielt, obere Umgänge flach, dach-
förmig, der Kiel oft ein wenig über die Naht vorstehend,
aber am letzten Umgange verschwindend oder nur noch als
stumpfe Kante angedeutet.
Verbreitung: Rhodos, Kalymnos, Insel Standia bei Kreta(?).
Syrien von Aleppo und Beirut bis zum Südende des Toten
Meeres.
320 P- Hesse. Helix leachii Fek. und gj'rostoma Fts.
b) Afrikanische Arten. Großer Durchmesser nicht über
20 mm.
TU. Die Gruppe der Lev. gyrostoma Fer. {Gyrostoma m.). Ge-
häuse in der Jugend gekielt, der Kiel gewöhnlich auch
auf dem letzten Umgänge noch mehr oder weniger scharf
vorhanden, oft bis zur Mündung.
Verbreitung: Tripolitanien.
Venedig, 15. September 1908.
Lippeit A Co. (G Pätz'scbe Bia-bdr.), Naumburg a. S
Nachdruck verboten,
IJbersetztmgsrechl vorhehaltev .
Die Tmtzstellimg des Abendpfauenauges
(Smerinthus ooellata L.).
Von
Dr. med. et phil. Arnold Japha,
1. Assistent am Zoologischen Institut der Universität Tübingen.
Mit Tafel 12.
Eins der vortrefflichsten Beispiele von Trutz- oder Schreck-
stellung" ist unter den einlieimisclien Insecten das Abendpfauenauge,
Smainthus ocellata L. Trotzdem sicli dieses Tier nicht nur durch
Größe und schöne Färbung und Zeichnung hervortut, sondern auch
relativ häufig- ist, gibt es bisher doch noch nicht eine einzig-e richtige
Darstellung des Verhaltens dieses Schmetterlings, wenigstens habe
ich in der mir zugänglichen Literatur eine solche nicht finden können.
Diese Lücke will ich mit den folgenden Zeilen ausfüllen.
Eine Diskussion mit mehreren Schmetterlingssammlern, die
jedes zweckmäßige Verhalten von Schmetterlingen mit Trutzfärbungen
insbesondere auch von Smerinthus occlJata leugneten, veranlaßte mich
bereits im Jahre 1905 zur Zucht einer großem Anzahl von Abend-
pfauenaugen-Eaupen. Im folgenden Jahre konnte ich dann mit den
geschlüpften Schmetterlingen meine Versuche ausführen und die
Zeichnungen herstellen lassen; in diesem Jahre wiederholte ich
meine Versuche wieder mit einer Anzahl von Abendpfauenaugen.
Bevor ich jetzt das Verhalten der Schmetterlinge beschreibe, will
ich noch kurz auf die mir zugängliche Literatur eingehen ^), die sich
hierauf bezieht.
1) Die entomologische Literatur ist ja leider sehr zerstreut und teil-
weise recht schwer zugänglich, dabei außerordentlich reichhaltig, so daß
ich wahrscheinlich noch manches übersehen habe.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 21
322 Arnold Japhä,
RösEL ist wohl der erste, der in seinen bekannten Insecten-
belustigungen eine Beschreibnng- und Abbildung des Abendpfauen-
auges gibt. Seine Tafel enthält außer Raupe, Puppe und Schmetter-
ling mit ausgespannten Flügeln noch eine Abbildung eines Schmetter-
lings in sitzender oder vielmehr kriechender Stellung. Letztere ist
total falsch, denn niemals kann man ein Abendpfauenauge, wie hier
dargestellt, mit dachförmig zusammengelegten Flügeln sehen. Bei
der außerordentlichen Naturtreue der meisten RösEL'schen Ab-
bildungen ist dieser Fehler um so sonderbarer und wohl nui- dadurch
zu erklären, daß dem Autor eine lebende Vorlage gefehlt hat. In
einer umfangreichen russischen Arbeit aus den Jahren 1891—1893
macht J. PoETscHiKSKY unter dem Titel „Lepidopterorum Rossiae
Biologia" ausführliche Angaben über Schreck- und Schutzfarben bei
verschiedenen Schmetterlingen und ihren Raupen, insbesondere auch
über die Bedeutung der Augenflecke, und kommt dabei auch auf
das Abendpfauenauge zu sprechen. ^) Hierbei läßt Verfasser dem
Fluge seiner regen Phantasie aber einen dei'artig freien Spielraum,
daß ihm zu folgen mir nicht möglich ist und ein Eingehen auf seine
Ausführungen viel zu weit führen würde. Die 4 zugehörigen Ab-
bildungen zeigen auf tab. 4, fig. 16 ein Abendpfauenauge mit weit
ausgebreiteten Flügeln, was eine unrichtige Darstellung der Schreck-
stellung ist, aber auch die Ruhestellung ist auf den Textfigg. 16,
21 und 22 nicht ganz richtig wiedergegeben.
Nur noch 3 Abbildungen des ^Abendpfauenauges sind mir be-
kannt geworden, die von den üblichen Zeichnungen der Schmetter-
linge mit ausgespannten Flügeln abweichen und die sich in ..Beehm's
Tierleben", in einer Arbeit von Che. Scueödee und in ^^'EISMANN's
„Vorträgen über Descendenztheorie" befinden. Die erste dieser Ab-
bildungen zeigt einen an einem Baume sitzenden Schmetterling mit
ausgebreiteten Flügeln, weder Schreck- noch Ruhestellung, wie wir
ihn im Leben niemals finden können. Die zweite, ScHEÖDEE'sche,
Abbildung in Ruhestellung zeigt die Flügel viel zu weit vom Körper
abgespreizt, und endlich die dritte Abbildung bei Weismann „Falter
des Abendpfauenauges in Trutzstellung" — eines auf dem Boden
sitzenden Schmetterlings, der alle 4 Flügel auseinander gespreizt
hat — ist leider falsch und gibt eine unrichtige Vorstellung des
Vorganges.
1) Die Übersetzung verdanke ich Herrn A. Dampe, Assistent am
Zoologischen Museum in Königsberg in Preußen.
Die Trutzstellnng- des Abendpfauenauges. 323
Das Verhalten des Abeiid])faueiiaug-es ist folgendes: Am Tage
verharren die Tiere unbeweglich in ihrer Ruliestellnng, sie sitzen
dabei entweder am Stamm eines Baumes (meist Weiden, der Nähr-
pÜanze der Eanpen) oder dgl. oder hängen noch häufiger an Zweigen.
Die vorgestreckten beiden vordersten Beine tragen dabei fast immer
allein die Last des Körpers von den beiden andern Beinpaaren
kaum unterstützt. Körper und Flügel hängen mehr oder wenig-er
senkrecht nach unten, die Fühler sind dem Thorax zu beiden Seiten
fest angelegt, unter den Vorderiiügeln verborgen, der Leib ist säbel-
förmig — mit der Konkavität nach der Dorsalfläche — gekrümmt
und gleichzeitig ventralwärts abgebogen. Die Flügel sind etwas
vom Körper abgespreizt, so daL) das Abdomen freibleibt, und alle
4 liegen in einer Ebene, die senkrecht zur Sagittal- und Transversal-
ebene des Körpers gerichtet ist. Die Hinterflügel sind unter den
Vorderflügeln soweit hervorgeschoben, daß von ihnen von der Dorsal-
seite die Spitze, ein kleiner Teil des Außenrandes und fast der
ganze Vorderrand zu sehen ist, also der Teil des Hinterflügels, der
in der Färbung mit dem Vorderflügel fast völlig übereinstimmt,
außerdem überragt meist (bei Fig. 1 nicht zu sehen) noch der nicht
glatte, sondern etwas eingefaltete Afterwinkel des Hinterflügels den
Innenrand des Vorderflügels. Der Augenfleck und der rosenrote
Teil des Hinterflügels ist hierdurch völlig verdeckt, während um-
gekehrt von der Unterseite der Flügel der Hinterflügel in seiner
ganzen Ausdehnung zu sehen ist und vom Vorderflügel nur die Spitze
und ein breiter Streifen des Vorderrandes, die in der bräunlich
schattierten Färbung ganz mit der Oberseite übereinstimmen, während
der größere lebhaft rosenrot gefärbte 1'eil der Unterseite des Vorder-
flügels völlig verdeckt ist. Das Tier gleicht hierdurch ganz außer-
ordentlich einer Gruppe vertrockneter Weidenblätter auch von der
Unterseite, was wichtig ist, da die Tiere meist frei an Zweigen
hängen. Wie groß der hierdurch erzielte Schutz ist, weiß jeder
Schmetterlingssammler aus eigner Krfahrung, und schon Rösel sagt :
„Durch diese Stellung betrügen sie unsere Augen dergestalt, dass
man sie be}' ohngefährer Erblickung, öfter vor ein verwelcketes Blat,
als vor einen Papilion, ansiehet, und daher am Tage, da sie sonst
am leichtesten zu erhaschen wäi-en, ilirer hundert ühersiehet, ehe
man einen davon erkennet.*'
Zur Aufgabe dieser Kuhestellung ist das Abendpfauenauge
durch schwache Reize, geringe Erschütterung oder dergleichen nicht
so leicht zu bewegen wie etwa der Pappelschwärmer, Smerinthus
21*
324 Arnold Japha,
populi L.. sein nächster Verwandter. — Freiwillig fliegen die Zacken-
schwärmer am Tage überhaupt nicht, sondern erst nach Eintritt
völliger Dunkelheit im Gegensatz zu den echten Schwärmern, wie
sie ja auch wegen ihrer verkümmerten Rollzunge nicht Blumen be-
suchen, weshalb die Männchen genötigt sind die Weibchen mit Hilfe
des Geruches aufzusuchen. — Erst bei Anwendung stärkerer, mecha-
nischer Keize, etwa eines leichten Stoßes gegen Kopf oder Thorax, tritt die
außerordentlich charakteristische Reaktion ein und zwar in folgender
Weise: Blitzschnell werden die Vorderflügel in dachförmige Lage
gebracht und gleichzeitig die Hinterflügel zwischen den Vorder-
flügeln vorgeschoben, so daß ihr leuchtendes Rot und die Augen-
zeichnung zum Vorschein kommt; außerdem krallt sich das Tier fest
an der TTnterlage an, die Fühler werden nach vorwärts gerichtet,
der Kopf eingezogen, der Thorax kuppenförmig vorgewölbt und das
Abdomen noch stärker säbelförmig gekrümmt. Hand in Hand hier-
mit geht eine ganz eigentümliche, sehr energisch, rhythmisch nicht
sonderlich schnell ausgeführte wippende Bewegung, die durch Ab-
stoßen und Anziehen des Vorderkörpers mittels der Beine zustande
kommt. Fortfliegen tun die Tiere niemals; war der Stoß so stark,
daß sie von der Gewalt desselben herunterfallen, so „wippen" sie
auf dem Boden weiter. Die Dauer dieser Bewegung hält je nach
der Intensität des Reizes ein paar Sekunden bis etwa eine halbe
Minute an. Dann verharrt das Tier bewegungslos noch einige Zeit
in der gleichen Stellung, um dann ganz allmählich, so langsam, daß
dem beobachtenden Auge die Zusammenfaltung kaum bemerkbar
wird, wieder in die Ruhelage überzugehen. Zuerst werden die
Flügel wieder in eine Ebene gebracht, das Rot verschwindet, all-
mählich werden die Fühler wieder zurückgelegt, und ganz zuletzt
wird der Vorderrand der Hinterflügel wieder vor den Vorderrand
der Vorderflügel geschoben. Bei erneuter Reizung genügt schon ein
geringerer Stoß, um die gleiche oder noch länger dauernde Wirkung
hervorzurufen ; außerdem reagieren einige Individuen lebhafter als
andere, frische heftiger als alte, abgeflogene Tiere. Schon bei frisch
geschlüpften Tieren tritt, noch bevor die Flügel ausgewachsen sind,
das Wippen bei Reizung auf und ebenso bei verkrüppelten Exem-
plaren, deren Flügel nicht zur Entfaltung gelangten. Zu beachten
ist noch, daß bei dieser Schreckstellung auf der Unterseite das Rot
der Vorderflügel deutlich zur Wirkung kommen kann, daß einzelne
Individuen aber auch die Vorderflügel etwas derart abwinkein, daß
Die Trutzstelluiii»- des Abendpfaueuanges. 325
bei der Eetraclitung- von unten her die rote Unterseite der Vorder-
fliigel aucli von der Dorsalseite teilweise zur Geltung kommt.
Was nun die Wirksamkeit dieser Trutzstellung anbetrifft, so
möchte ich hierfür die Versuche mitteilen, die Standfuss angeführt
hat.^) Als Objekte dienten eine Reihe zahmer Vögel, die, in er-
wachsenem Zustand eingefangen, schon zwei und mehr Jahre im
Käfig gehalten waren, eine Nachtigall, ein Sprosser, ein Schwarzkopf
und zwei Rotkehlchen. Die Pfauenaugen wurden so in die fünf
Käfige eingesetzt, daß sie einem Springstäbchen entlang liefen, wo-
bei zunächst von der x\ugenzeiclinung nichts sichtbar war. Der
Schw'arzkopf ging tapfer auf den Schmetterling los und hieb mit
dem Schnabel nach ihm: drohend wurde das Auge vorgeschoben,
der Vogel flog erschrocken auf, flatterte noch längere Zeit ängstlich
im Käfig hin und her und suchte mit sichtlichen Zeichen der Furcht
zu entkommen; er berührte das Ungetüm nicht wieder. Auch die
beiden Rotkehlchen und die Nachtigall hackten ein einziges Mal
nach ihrem Pfauenauge und ergriffen augenblicklich die Flucht, als
dieses seine Trutzstellung annahm. Der Sprosser allein, welcher
sehr zahm war und seit Jahren mit allerlei Insecten, auch großen
Schmetterlingen und Spinnen gefüttert wurde, ließ sich nicht be-
irren, packte das Pfauenauge, zerhackte und verzehrte es. Ganz
der gleiche Versuch wurde mit Lindenschwärmern (Smerinthus tüiae L.)
angestellt, mit dem Erfolg, daß diese von allen Vögeln ohne weiteres
ergriften, zerhackt und verzehrt wurden. Nur bei der Nachtigall
geriet der schon ziemlich zerzauste Lindenschwärmer bei einem
Fluchtversuch zufällig in die Nähe des noch am Boden des Käfigs
sitzenden Pfauenauges; dieses fing wieder an zu wippen und sein
Auge zu zeigen, worauf der Vogel augenblicklich die Flucht ergriff".
Die bloße Nähe des Pfauenauges schützte noch während voller zwei
Stunden den unbewehrten Lindenschwärmer gegen jeden neuen An-
griff des Vogels. Auch die Rotkehlchen und der Schwarzkopf rührten
während dieser zwei Stunden die Pfauenaugen nicht wieder an, so-
daß diese fast unversehrt und lebend den Käfigen wieder entnommen
wurden.
1) Herr Prof. Standfuss war so liebenswürdig, mir auf meine Bitte
ein Separatum seiner mir sonst kaum zugänglichen Mitteilung zu senden
und auch noch einige weitere Angaben zu machen, wofür ich ihm auch
an dieser Stelle meinen Dank aussprechen möchte. Ich zitiere, was er
über seinen Versuch mitteilt, fast wörtlich.
326 Arnold JAriiA.
Zum Schlüsse möchte ich noch anfüliren. daß ähnliche, wenn
auch nicht so ansgesprocliene Trutzstellung-en bei einer ganzen
Eeihe anderer Schmetterlinge vorkommen, z. B. dem braunen Bären,
Arcfia caja L. Wie weit übrig-ens das ..Auge" an der Wirkung- der
Schreckstellung des Abendpfauenauges auf verfolgende Feinde be-
teiligt ist, möchte ich dahingestellt sein lassen.
Tübingen, 9. Juli 1908.
Die Trutzstellung- des Abeudpfaueuaug-es. " 327
Tsaclitra:^ bei der Korrektur.
"\'üii Herrn Prof. Spengel wurde ich nocli nachträglich auf eine
Arbeit von Adalbeet Seitz aufmerksam gemacht, in der die Trutz-
stellung des Abendpfauenauges kurz beschrieben und die An-
sicht ausgesprochen wird, daß hierdurch der Kopf eines kleinen
Eaubtieres, etwa eines Marders oder einer Katze, vorgetäuscht
würde. Die Augen ahmten genau das Säugetierauge nach, das
Abdomen gliche einem Naseni-ücken und die Yorderflügel 2 ge-
spitzten Ohren.
328 Arnold Japha, Die Trutzstellung des Abendpfaueuauges.
Literaturverzeichnis.
Bkehm's Tierleben, 3. Aufl., Vol. 9, Insekten, bearbeitet von Taschen-
BEKG, Leipzig u. Wien 1892, p. 398.
PORTSCHINSKY, J., Lepidopterorum ßossiae Biologia, in : Horae Soc.
entomol. Eoss., Vol. 25, p. 1 — 120 (28 Fig., 1 Taf.), 1891: Vol. 26,
p. 258—411 (39 Fig., 2 Taf.), 1892; Vol. 27, p. 139—224 (36 Fig.,
2 Taf.), 1893.
RÖSEL, Johann August, Lisektenbelustigungen, 1. Teil, Nürnberg 1746,
3. Sammlung, p. 1, No. 1 und dazu gehörige tab. 1.
Schröder, Chr., Was schützt den Falter?, in: lUustr. Wochenschr.
Entomol., Vol. 1 (1896), p. 7—12 und 21—26.
Seitz, AdaLBERT, Betrachtungen über die Schutzvorrichtungen der Tiere,
in: Zool. Jahrb., Vol. 3, Syst., 1888, p. 95, 96.
Standfuss, Beispiele von Schutz- und Trutzfärbung, in : Mitt. Schweiz.
entomol. Ges., Vol. 11. p. 155 (1906).
Weismann, August, Vorträge über Descendenztheorie, 2. Aufl., Jena
1904, p. 58, flg. 5.
Erkläruug der Ablbilduugeu.
Tafel 12.
Fig. 1. Abendi^fauenauge, $ in Euhelage.
Fig. 2. Dasselbe Tier in Trutzstellung, von hinten gesehen.
Fig. 3. Dasselbe Tier in Trutzstellung, von der Seite gesehen.
I\"achdntck verboten.
Ubcrselzun<jxreclil vorhchullen .
Beitrag zur Ornithologie des Campo Itatiaya.
Von
H. Lud erwählt, Miiseu Pjiulista. Süo Paulo.
Der Canipo Itatiaya, welcher einen Teil der Serra Mantiqueira
bildet, ist bereits öfter von Naturforschern besucht und beschrieben
worden und zwar ganz speziell jener Teil dieser ausgedehnten Hoch-
ebene, welcher sich in den Staat Rio de Janeiro erstreckt, in
welchem Gebiet sich die berülimten Agulhas Negras befinden. Diese
letztern, ein kolossaler, massiver, langviereckiger Fels, der, wenn
ich mich recht entsinne, eine Längenausdehnung von 1 km haben
soll, der Gipfel der erwähnten Serra, ragt schätzungsweise bis 2887 m
über den Meeresspiegel empor und bildet somit die höchste Er-
hebung Brasiliens.
Von Campo Bello, einem kleinen Städtchen an der Säo Paulo-Rio-
Eisenbahnlinie gelegen, hat man einen prachtvollen Blick auf die
sich im Norden emportürmende gewaltige Serra da Mantiqueira,
deren Gipfel häufig dichtes Gewölk verhüllt, so daß man nur an
klaren Tagen die Zinnen und Zacken der Negernadeln deutlich zu
erkennen vermag, welche sich indessen nur Avenig über die benach-
barten Berggipfel erheben.
Während das Tal des Parahyba bei dem eben genannten Städt-
chen, von welchem man die in Rede stehende Serra mittels Mulen
oder Pferden am schnellsten und leichtesten erreichen kann, nur
etwa 800 m über dem Meeresspiegel liegt, erhebt sich der Campo
Itatiaya. d. h. jener Teil desselben, welchen ich während eines etwa
IVainonatlichen Aufenthalts, vom 11. April bis gegen Ende Mai 1906,
kennen zu lernen Gelegenheit hatte, bereits zu 2200 m Höhe. Jene
330 "■ IjL'DERWAr.DT,
Gegend des Canipo Itatiaya heißt ,.Campo do Ramos" oder „Retiro
do Ramos", g-renzt einerseits an die nach dem Parahj'ba-Tal zu ab-
fallende Serraabdachung- und andi-erseits kampeinwärts an den
„Campo da sro" mit den Agulhas Xegras.
Eine einsam liegende Fazenda auf dem Campo do Ramos. die
einzige menschliche Ansiedlung weit und l^reit, diente mir als
A\'ohnung. Von Landwirtschaft und Gartenbau ist wegen des un-
fruchtbaren l^odens in der ganzen Umgegend keine Rede; nur einige
kleine Obstanpflanzungen sind hier und da an geeigneten Stellen
angelegt und vor den Angriffen des Viehes durch Umzäunen mit
Stacheldraht geschützt worden. Aber auch die Viehzucht gab
damals so wenig Ertrag, daß es sich nicht lohnte, nur deswegen
Leute auf der Fazenda zu halten, und so war ich zu jener Zeit in
meilenweitem Umkreise das einzige lebende, menschliche Wesen und
bekam während meines dortigen Aufenthalts nur selten andere Leute
zu sehen.
Wegen der hohen Lage des Campo Itatiaya treten Nachtfröste,
welche sich in jener Zone fast Jahr für Jahr in den kalten Monaten
auf den Hochebenen mehr oder minder bemerklich machen, dort
naturgemäß in verstärktem j\Iaße auf^ Bäume und Sträucher
haben weniger unter der Kälte zu leiden, während die saftigem
Krautgewächse ihr größtenteils zum Opfer fallen. Nach einem
starken Frost bieten die Kamptlächen mit ihrer abgestorbenen,
welken, braunen Vegetation einen trostlosen Anblick. Die winter-
liche Stimmung der Landschaft wird besonders des Morgens früh
sehr auffällig, wenn die weißbereiften Abhänge in der aufgehenden
Sonne leuchten und in den Wegen die übereisten Pfützen glitzern.
Aber schon nach wenigen Stunden sieht man. infolge der starken
Sonnenbestrahlung, nichts mehr von alledem. In der Regel dauert
die Kälte nur 3 Tage an, und es vergehen \^'ochen. ja Monate, ehe
sie sich wiederholt. Die Vegetation erholt sich allmählich wieder
etwas, bis sie einem neuen Frost zum Opfer fällt.
Das "NMnterhalbjahr ist im allgemeinen trocken, während des
Sommerhalbjahrs dagegen fallen viele und heftige, oft mit starken
Gewitterstürmen verbundene Regen.
Als ich zum ersten Male den Cami)0 Itatiaj'a betrat, wunderte
ich mich im stillen über die Vogelarmut rings umher, obwohl die
einsame, menschenleere Gegend wie geschaffen schien, einem reichen
und mannigfaltigen Tierleben Herberge zu gewähren: Berg und Tal
wechselt ab mit größern Kampflächen, während serraeinwärts eine
Ornithologie des Canipo Itatiayu. 331
regelreclite . ■wildromantisclie Hocligebirg-swelt zur Herrschaft ge-
l;ing-t. Zum Teil ist das überall steinige Gelände in der Außenzone
noch mit unberührten, ausgedehnten Urwaldungen bedeckt, welche
sich mit denen der 8erraabdachung vereinig-en, zum Teil besteht es
in offenen Campos, in denen größere und kleinere, hochstämmige
Gehölze oder niedrige Buschwaldungen tür Abwechslung sorgen.
Diese kleinen Wälder machen sich ganz besonders in den feuchtern
und etwas fruchtbarem Tiefen breit, in welchen sich auch häufig
ein Bach vorfindet. Ebenso sind in den Tälern ..Varzeas", d. h. wiesen-
artige, hauptsächlich durch Gräser und Eriocauliaceen charakteri-
sierte, nasse Ländereien nicht selten. Größere Gewässer da-
gegen fehlen gänzlich, und nur im Tal der Agulhas Negras habe
ich einige kleine, torfstichartige Tümi)el vorgefunden. Außerdem
befand sich ganz in der Nähe der Fazenda ein flacher, etwa Vi ha
großer Teich, der indessen zui- Trockenzeit regelmäßig sein A\'asser
verlor.
Aber wie gesagt, es war nichts zu sehen noch zu hören, und
der Campo und die kleinen Gehölze, welche unsere kleine Gesell-
schaft passierte, lag wie ausgestorben. Nur einige Schwalben
strichen hier und da niedrig übci' dem Erdboden dahin. Diese Ode
wirkte um so auffallender, als ich noch an der Serraabdachung im
Walde eine Menge Vögel zu beobachten Gelegenheit hatte. Es be-
fanden sich darunter mehrere durch Farbenpracht oder sonstwie
auffallende Arten, wie die großen, lebhaften und schön gefärbten
Bassiken, Odinops decumanus Fall., eine Schar laut schreiender
Papageien, Trogon, Spechte und viele kleinere A'ögel.
Aber die Vogelarmut war nur eine scheinbare, wie ich bald zu
meiner Freude konstatieren konnte. Erst als ich die Aufenthalts-
orte der verschiedenen Arten und ihre Gewohnheiten genauer kennen
gelernt hatte, stellte es sich heraus, daß der Campo Itatiaya doch
nicht so arm an Vögeln war. wie es zuerst den Anschein hatte.
Schon bei der Fazenda. in welcher ich mich einquartierte, be-
grüßte mich ein alter Bekannter, ein Pitangus sulplmratus maximüiam
Cae. et Heine, mit seinem weithin hörbaren „bentevi-bentevi", beim
Abendessen hörten wir die groben, häßlichen Stimmen mehrerer
Jacü-Guassüs, der Penelope ohscura 111., aus einem Gehölze, und
während der Nacht machte sich eine jener großen Eulen draußen
im Obstgarten bemerkbar, wohl eine PnJsatnx, die sich gewöhnlich
fern ab von dem geräuschvollen Treiben der Menschen in großen
zusammenhängenden A\'aldungen aufzuhalten pflegen und durch ihre
332 H. LÜDEKWALDT,
wahrhaft diabolische Stimme sciion manchen Uneingeweihten in
Angst und Schrecken versetzt haben mögen.
Obwohl die Gegend, wenigstens soweit ich sie besucht habe,
wie erwähnt, kampeinwärts durchaus gebirgiger Natur ist, so war
es mir doch auffallend, daß die Felsen keinen einzigen charakteri-
stischen Vertreter aus der Vogel-, ja vielleicht aus der gesamten
Tierwelt aufzuweisen hatten. Abgesehen von gewissen Vogelarten,
wie den Mauerläufern, Alpendohlen und Alpenkrähen etc., also echten
Hochgebirgsformen, deren Vorkommen an gewisse Höhen- oder Kälte-
grade gebunden ist, haben wir doch beispielsweise in Deutschland
noch eine ganze Reihe von Vögeln, welche Orte, wie sie der (.'ampo
Itatiaya aufweist, entschieden zu ihren bevorzugten Wohnstätten
auserwähleu würden. Dahin gehören Steinschmätzer, Dohlen, Raben,
Wander- und Turmfalken, Segler, die Wasserdrossel etc. Aber von
alledem findet sich nichts hier oben, und die Einsamkeit inmitten
dieser wilden, starren Gebirgsnatur , zumal in der Umgegend der
Agulhas Negras, in welcher das nackte Gestein zur vollen Geltung
kommt, der Baum- und Sti-auchwuchs fast ganz verschwindet, wäre
eine vollständige, wenn nicht der allgegenwärtige brasilianische
Spatz, der Ticu-Ticu, gelegentlich seine Streifzüge bis dort hinauf
ausdehnen würde.
Übeihaupt besitzt der Campo Itatiaya, soweit ich in Erfahrung
bringen konnte, nur eine einzige, ihm sicher charakteristische Wirbel-
tierform, ein unscheinbares Vögelchen, die Sijnallaxis moreirae Rib.,
eine Dendrocolaptide , welche von Sr. A. de Mm. Ribeiro erst im
Jahre 1906 entdeckt und im Archiv des Museu Nacional zu Rio de
Janeiro beschrieben worden ist.
Im übrigen unterscheidet sich wenigstens die Ornis Avohl kaum
von der der angrenzenden Hochebenen, und wenn auch manche
Formen, welche in den benachbarten Gebieten vorkommen, auf dem
Campo Itatiaya noch nicht beobachtet worden sind, so hat dies
seinen Grund lediglich darin, daß der letztere bis dahin noch zu
wenig erforscht worden ist.
Wie sich die Flora leicht in 3 Vegetationsgebiete scheiden läßt,
in die Wald-, Kamp- und die Varzea- Vegetation nämlich, so kann
man auch die Vogelwelt des Itatiaj^a in 3, jenen parallel laufende
Faunengebiete trennen.
Die Varzeas, welcher ich bereits durch Gräser und Eriocauliaceen
als genügend charakterisiert Erwähnung getan habe, sind nur die
Aufenthaltsorte einer Ammer. Emberizoidcs macrourus Gm., welche
Ornitliolog-ie des Canipo Itatiaya. 333
dort nicht allein brütet, sondern zu jeder Jahreszeit angetroffen
wird, also als echter Varzeabewohner zu betrachten ist.
Dagegen habe ich die Saracnra, Aramides saracnra Srix., welche
in andern Gegenden derartige Örtlichkeiten stets häufig bewohnt
und die sich immer sehr bald selbst durch ihr lautes und auf-
fallendes Geschrei verrät, niemals beobachtet.
Der eigentliche Campo. worunter man sich indessen keine
weiten, ebenen Grasfiächen zu denken hat, sondern welcher hügliger
Natur ist, ist mit allerhand niedrigen Pflanzen bedeckt, aber an
vielen Stellen so dürftig, daß der magere, gelbe Boden zutage tritt.
Gräser und Compositen treten am häufigsten auf; verschiedene
Bromeliaceen schmücken hier und da mit ihren auffallenden Blatt-
rosetten die überall umherliegenden Gesteinstrümmer, und an ge-
eigneten Stellen machen sich gesellschafts weise die grünen, stachligen
Rosetten eines Eryngium breit, dessen steife, mit rundlichen, Aveißeu
Blütenköpfen geschmückte Stengel bis 1.50 m Höhe erreichen.
Nur 4 Vogelarten sind es, welchen ausschließlich der Cami)0
Herberge gewährt. Es sind dies die Seriema, Microdadylus crisfatusL.,
die Kamplerche oder „Caminheiro", Äntlms cliii Vieill., das Perdiz-
huhn, Bliinchotus rufescens Temji., und der Codorno, Nothura macidosa
Temm.
Ein anderer, aber eben nicht ausschließlicher Kam pbe wohner,
der zu seinem Wohlbefinden wenigstens etwas Baumwuchs verlangt,
ist Colaptes campestris Vieill., der Kampspecht oder, wie die Bra-
silianer den jedermann auffallendeu Vogel nennen, „Pica-pän do
Campo" oder „Chän-Chän''. „Caracaräs"', Müvago cliimachima Vieill.
ist gleichfalls hierher zu rechnen, welcher mit den Viehherden
wandert, und ebenso verbringen 2 T^yranniden, die „Maria Preta"
Cnipolc(jus comafns Licht, und die „Maria Branca" oder „Pombinha
das Almas", Tacniopfcra vdafa Licht., einen großen Teil ihres Lebens
auf dem Kamp. Aber wie der genannte Specht, so erscheinen auch
diese beiden Vögel hier hauptsächlich, um zu jagen, während sie
sich sonst an den Waldrändern aufhalten, wohin sie bei Gefahr auch
mit Vorliebe flüchten.
Alle andern Vögel sind Waldbewohner, oder sie sind doch
wenigstens an die Gebüsche gebunden : aber die verschiedenen Arten
bewohnen aucli hier wieder verschiedene Örtlichkeiten. Ehe ich in-
dessen näher hierauf eingehe, sei es mir gestattet, auch auf die
Waldungen selbst einen kurzen Blick zu werfen.
Sie bestehen der Haui)tsache nach aus immergrünen, wetter-
334 ^'- LiJDERWALDT,
harten Gehölzen, zwischen denen, im Schutze ihrer dichten Kronen
vor den mörderischen Angritten des Frostes g-eschützt, hohe Taquar-
rohre üppig" wucliern, wälirend eine andere, niedrige, -i — 5 m hohe
und im Stengel sehr harte, buschige Rohiart, das wetterharte, sog.
Bengalrohr, an freiem Stellen an den Bergabhängen oder in den
Tiefen gedeiht und für sich reine und sehr dichte Bestände bildet.
Die Taquarrohre bilden, je nach ihrer Art, an manchen Stellen im
Walde so undurchdringliche ..Dschungeln", daß man sich nur mit
Hilfe des Waldmessers einen Weg zu bahnen imstande ist. Es
kommen noch allerhand Epiphj'ten auf den Bäumen vor. besonders
Bromeliaceen, aber sowohl ihre Arten- als auch Individuenzahl ist
bereits beschränkt. Hier und da bemerkt man auch niedrige Baum-
farne, während dagegen Palmen gänzlich fehlen, wie auch Lianen,
deren dicke, in die Baumkronen emporsteigende und von dort herab-
fallende Stränge nicht wenig dazu beitragen, einem Crwalde sein
tropisches Gepräge zu verleihen. Dicht belaubte Schlingsträucher
dagegen, welche sich an den Baumstämmen emporwinden und die
Kronen ihrer Träger oft fast völlig überwuchern, sieht man auch
hier an den lichtem Orten, an den Picaden oder in Windbrüchen.
Auch Fuchsia integrifolia Game, ist ein solcher Kletterstrauch, dessen
überhängende, vollbelaubte Zweige wälirend eines großen Teiles des
Jahres mit einer Fülle schöner Blüten übersät sind, welche große
Anziehungskraft auf die Kolibris ausüben. Der charakteristischste
Baum der Campos, der „Pinheiro" (Araucaria Gras.), ist knapp ver-
treten und bildet nirgends geschlossene Waldungen wie in andern
Gegenden, sondern kleinere, lichte, liainartige Bestände.
Diese Pinheirenhaine nun sind die bevorzugten Örtlichkeiten
eines wegen seiner Schönheit und volltönenden Stimme von den
Brasilianern häufig gefangen gehaltenen Icteriden, des „Melro"
Casskus chrysopferus Vig.; die Loclunia nematura Licht, liebt die
dicht bebuschten Ufer der Ribeiräos. im Walde sowohl als auch
auf freiem Camp, und die niedrigen, zusammenhängenden Busch-
waldungen bilden die Lieblingsaufenthalte der Sijnalhixis moreirae
M. KiB. Li den Hochwaldungen finden sich 2 oder 3 Papageien-
Arten, Tukane und „ Jacü-Guassus" {Penelope), welche hier den Beeren
und andern Früchten nachgehen; ferner Tauben und verschiedene
Spechte etc. und auf dem Boden 2 Hühner, die „Capoeira" {Odonto-
pliorus) und „Lihambus" (Crypturus). Ameisenvögel, Scytahpus. und
die Conophcuja Imcaia Vieill. finden sich besonders in den mit Rohr
durchsetzten Feldgehölzen. Die Hauptmasse des kleinem Geflügels
Oniitholo<>ie des Caiupu Itatiaj'a. 335
aber hält sich am liebsten an den ^^'ald^ändern oder in den Feld-
o-eh()lzen auf. Raubvögel, mit Ausnahme der „Caracaras"', sind auf-
fallend selten, Kolibris i-eg-elmäßig-e Erscheinungen.
Jagdbare Vögel, wie überhaupt jagdbare l'iere. sind selten auf
dem Campo Itatiaj^a. wie überall in den bevölkerten Teilen Brasiliens.
Die Jag'd ist für jedermann und zu jeder Jahreszeit frei, und wenn
auch hier und da im Lande bereits Gesetze bestehen, welche das
Verkaufen von Vogelwild zu bestimmten Zeiten verbieten, so werden
solche doch nicht mit der nötigen Strenge gehandhabt.
Es kommen für das in Rede stehende Gebiet nur wenig Arten
in Betracht, und zwar Crijpturns' ohsoletus Tkjm.ai., lihjnchotus rufesccns
Temm. , Fenelope ohscura III. , Odonfophorus capueira Spix,, Tauben,
Papageien, der Tlhamphashis discoloms Tj. und etwa noch Drosseln.
Auch die „Seriema" wird gern von den Brasilianern gejagt, aber
nur zum Vergnügen, da man ihr Fleis(di nicht zu essen pflegt. Ks
ist aber nicht leicht, den äußerst aufmerksamen und flüchtigen
Vogel zu erlegen. Am leichtesten soll er noch von schnellen Hunden
gefangen werden, nachdem man ihn zu Pferde durch mehrmaliges
Aufjagen flugmüde gemacht hat.
Da ich gerade bei dem Kapitel „Jagd" angelangt bin, so will
ich nicht unerwähnt lassen, daß ich mir bei meinen Sammelausflügen
oft die Neugier gewisser Vögel zunutze gemacht habe. Wenn man
sich still im Walde niederhockt, das Miauen einer Katze nachahmt
oder zwitschert wie eine Maus oder ein gefangener Vogel, so hat
man häufig bald eine ganze Schar kleinei-, verschiedenartiger Vögel
um sich. Zunächst kommt nur einer herbei, um zu sehen, was es
da gäbe, und sein Ruf lockt dann in kurzer Zeit die andern herbei :
besonders die hier in Betracht kommenden Arten von Scytcdopus,
Conopliaga, Formidvora, die Sijnallaxis moreirae Rib. und andere Dendro-
colaptiden, die beiden PoospLm- Arten und der prächtige blaue Stephano-
pliorus leucocephalus Vieii-l. etc. stellen sich sicher ein, w^enn sie sich
gerade in der Nähe aufhalten. Pflanzt man dann noch das Schmetter-
lingsnetz, für alle diese kleineu unerfahrenen Waldbewohner natürlich
eine höchst fremdartige Erscheinung, neben sich auf, so kann man
sich um so großem Erfolg versprechen. Ich bin bei solchen Ge-
legenheiten oft überrascht gewesen über die Menge Vögel, welche
sich einfanden, um das merkwürdige, leicht im Luftzuge wehende,
schneeweiße Ding genauer zu betrachten, obwohl ich vorher kaum
einen bemerkt hatte und der ^^'ald wie ausgestorben vor mir lag.
Im Vorstehenden habe ich versucht, das Vogelleben auf dem
336 H. LÜDERWALDT,
Campo Itatiaya, welcher, wie ich bisher versäumt habe zu erwähnen,
dem littoralen Faunengebiete angehört, in großen Umrissen zu
schildern. Daß icli über Flora. Klima und sonstige nicht ornitho-
logische Verhältnisse etwas ausführlicher gesprochen habe, wird mir,
so hofle ich. von selten des Lesers keinen Vorwurf eintragen. Ich
bin der Ansicht, daß man sich über das Tierleben einer Gegend
nur dann eine richtige Vorstellung zu machen imstande ist, wenn
man auch über die erwähnten Verhältnisse wenigstens einigermaßen
orientiert ist. Es gibt nun zwar verschiedene Schriften, die jene
Stoffe ausführlich behandeln, aber nicht jeder Ornithologe ist in der
angenehmen Lage, ohne weiteres über dieselben verfügen zu können.
Im Nachstehenden folgt ein Verzeichnis nicht nur der von mir
auf dem Campo Itatiaya, also meinem ausschließlichen Jagdgebiete,
gesammelten und beobachteten Vogelarten, sondern der Vollständig-
keit halber aller, auch aus andern Teilen der Serra Itatiaya im
Staate Rio de Janeiro bisher bekannt gewordenen Species. Meine
Sammlungen befinden sich im Besitz des Museu Paulista, in dessen
Auftrage ich meine ßeise nach der in Rede stehenden Hochebene
unternommen hatte. Die Liste ist zusammengestellt nach den
„Catalogos da Fauna Brasileira'', herausgegeben von Prof. Dr.
H. V. Ihering, Direktor, und Herrn Rud. v. Ihering, Custos des er-
wähnten Museums in Säo Paulo. Die eingeklammerten, hinter den
wissenschaftlichen Namen stehenden Bezeichnungen bedeuten die
Vulgärnamen. Über die von Sr. A. de Mir. Ribeiro aufgeführten
Arten vgl. dessen Arbeit „Vertebrados do Itatiaya" in den Archivos
do Museu Nacional do Rio de Janeiro, Vol. 13, und es sei hier liervor-
gehoben, daß der Autor bisher der einzige war. welcher über die
Vögel des Itatiaya geschrieben hat.
Farn. Tinamidae. ^)
* Ci'uxjturus obsoletus Temm. (Inhambü-Guassü).
E,IBEIR0, Campo 011 Mono Hedoiide, p, 18.
Von mir in einem größern, hochstämmigen Walde mehrfach be-
obachtet. An seinem schmetternden, bekannten Ruf, welchen man
zu jeder Jahreszeit vernimmt, schon nicht zu verkennen. Obwohl
1) Nur die mit einem Stern versehenen Arten sind Bewohner des
Campo Itatiaya. Bei den aus der Schrift von ElBEIRO angeführten
Arten habe ich mich begnügt, einfach den Fundort anzugeben.
Ornithologie des Campe Itatiaya. 337
ich das eine oder andere Exemplar dicht vor mir liatte, so glückte
es mir doch nicht, eines zu erlegen. Entweder flogen die Vögel im
^Y'dlde unvermutet vor mir auf. wo an ein Schießen wegen des
dichten Unterholzes nicht zu denken war, oder sie suchten ihre
Rettung im eiligen Davonlaufen und Verstecken. Ihr ganzes Ge-
baren verriet deutlich, daß sie bereits öfter gejagt worden waren.
In unbewohnten Gegenden, wo die Enhambus unbehelligt bleiben,
sind sie so wenig furchtsam, daß man sie bequem beobachten kann.
* RhfjncJiotiis rufescens Temm. (Perdiz).
Von RiBEiRo in seiner Arbeit p. 10 als auf dem Campo Itatiaya
vorkommend erwähnt. Ich habe den Vogel nur ein einziges Mal
gesehen, obwohl mir in Campo Bello versichert wurde, daß es dort
viele Perdizhühner geben solle. Aber freilich, ohne gute Hunde hält
es schwer, sie zum Aufstehen zu bewegen, und es ist daher immer
nur Sache des Zufalls, wenn man ihnen begegnet. So auch diesmal.
Als ich eines Vormittags Wasser aus einem unweit der Fazenda in
einer Varzea vorüberfließenden Bache schöpfte, erhob sich noch weit
außer Schußweite einer dieser schwerfälligen Vögel und suchte
fliegend das Weite. Auch von den kleinern Feldhühnern, den
NotJmra- ArteB, ist mir nie eins zu Gesicht gekommen.
^ Nothiira maculosa Temm. (Codorno, Codorniz).
Von RiBEiEO p. 10 erwähnt.
Farn. Cracidac.
^ Penelope obscura III. (Jacü-Guassii).
Mehrfach gesellschaftlich in 3-5 Exemplaren in den Feld-
gehölzen sowohl als auch inmitten größerer Waldungen. Nicht ein
einziges Mal ist es mir geglückt, bis auf Schußweite heranzu-
kommen. Die Vögel waren zu scheu. In der Regel bemerkten sie
mich zuerst, auch dann, wenn ich mich vorsichtig an einen ihrer
gewöhnlichen, mir bekannten Aufenthaltsorte, einen Fruchtbaum oder
-Strauch, heranzuschleichen suchte. Durch ihre häßlichen, polternden
Stimmen verrieten sie mir, daß sie mich bereits entdeckt hatten und
auf ihrer Hut waren. Ich sah dann wohl noch den einen oder
andern der großen, schwarzen Vögel auf einen andern Ast springen,
aber damit war auch das Signal zu schleuniger Flucht gegeben.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 22
338 H. LÜDERWALDT,
* JPenelope Jacquassii Spix.
RiBEiRO, ßetiro do Ramos, p. 17.
Cuniana {Fipile) jacutinf/a Spix (Jacutinga).
Von RiBEiKo erwälmt p. 17.
Farn. Odontophoridae.
* Odo^itophoi'us cajyueii'a Spix (Urü, Capoeira).
Im Walde an der Seiraabdacliung mehrfach lockend. Die Bra-
silianer behaupten, daß, wenn die Urus des Abends schreien, so be-
deute das für den folgenden Tag klares Wetter, rufen sie dagegen
am Morgen, so gäbe es noch an demselben Tage Regen. Aber es
verhält sich hiermit ebenso wie mit dem ..Frühstücksspecht" der
deutschen Kolonisten in St. Catharina, dem prächtigen, gelbgehäubten
Celeus flavescens Gm. Dieser Vogel soll, so behaupten die Leute, nur
zur Frühstückszeit rufen, also etwa um 10 Uhr. Wer sich indessen
darauf verlassen wollte, dürfte den Frühstückstisch während des
ganzen Tages nicht verlassen. Auch von Ribeiro erwähnt p. 17,
Farn. Columbidae.
*CoJuniha liluitihea Vieill. (Pomba Amargosa, Ca^uirova).
Ribeiro, Retiro do Ramos, p. 18.
Auch von mir gesammelt. In den Wäldern nicht selten und
dort im allgemeinen wenig scheu. Die Taube besucht zuweilen ein-
sam liegende Gehöfte, um nach Futter zu suchen, ist liier aber auf-
merksam und bleibt weg, sobald sie glaubt beobachtet zu werden.
Vom 20. — 22. April besuchte mich regelmäßig in den Vormittags-
stunden eine dieser blauen Waldtauben auf der Fazenda und betrat
sogar das Innere eines Viehstalles, ließ sich aber, nachdem ich ihr
eine Falle gestellt hatte, nicht wieder blicken. Mit den gleichen
Fallen habe ich öfter dieselbe Taubenart in St. Catharina in den
Urwaldpicaden, in welchen diese Vögel mit Vorliebe nahruugsuchend
dahinlaufen, gefangen. Es war hier also einzig die plötzlich ein-
getretene, ungewohnte Veränderung in der Umgegend des von ihr
besuchten Gebäudes, welcher der vorsichtige Vogel mißtraute. Offen-
Ornithologie des Campo Itatiaya. 339
bar ist die Art weder dumm noch menschenscheu, und ich glaube,
daß man sie zälimen und an Aus- und Einfliegen gewölinen könnte.
Auch auf dem Campo do Jardao kamen einmal Wildtauben ganz in
die Nähe meines Ranchos, zuerst nur 1, dann 2 und schließlich
4 Stück mit einem Male. Sie ließen sich einige Tage den aus-
gestreuten Reis gut schmecken, blieben aber, als ich eine Falle für
sie einrichtete, plötzlich aus. Schießen konnte ich sie nicht, sie
waren so aufmerksam, daß sie sofort davon flogen, sobald sie etwas
Verdächtiges wahrnahmen.
Farn. Peristeridae.
Leptottla rnfaxiUa Rich. et Bern. (Juruyt-do-Matto-Virgem,
Juruty).
RlBElEO, CamiDho do Conto, p. 18.
Farn, Cariamidae.
* 3Iicro(la€tylus (Cariama) crlstatus L. (Seriema).
Einmal am frühen Morgen in 2 Exemplaren ganz in der Nähe
der Fazenda, wo sie sich durch ihr lautes, eigentümliches Geschrei
verrieten. Die Vögel standen etwa 100 m vom Hause entfernt im
niedrigen Gebüsch an einer Mangeira. verstummten aber im Moment,
als ich aus dem Fenster schaute. Mich wundert, daß diese sonst
so scheuen Tiere es überhaupt gewagt hatten, so nahe an das Ge-
höft heranzukommen.
Fam. Cathartidac.
* Catharista atratus brdsiJiensis = C. atrafa Wils. (Urubü,
Corvo).
Nach RiBEiEO, p. ] 1, sind 2 dieser Vögel auf dem Itatiaj'a längere
Zeit hindurch in den Felsen gesehen worden. Vielleicht ein Brut-
paar.
Daß mir nie ein Urubü dort zu Gesicht gekommen ist. nimmt
mich nicht weiter wunder. Diese Vögel finden sich ständig nur in
der Nähe von Schlächtereien oder doch an ürtlichkeiten, wo sie
regelmäßig auf Nahrung rechnen können. Abseits der menschlichen
Wohnungen, in entlegenen Gegenden auf dem Campo etc. erscheinen
22*
340 H. LÜDEKWAI.DT.
sie nur bei einem Aase, dann aber selbst an Orten, wo sie sich sonst
niemals blicken lassen.
Cathartes aura L. (Urubü-Peba, Corvo de Cabega, Vermelha,
Urubü Cagador).
RiBEiRO, p. 11, unterhalb Monte-Serrat.
Fam. Falconidae.
'^ Mlh'cif/o (Ibycter) chiniachbna Vieill. (Caräcarä).
In Gesellschaft der Rinderherden, wie überall in Brasilien, so
auch hier oben reg^elmäßig" vorkommend. Dieser häufigste aller ein-
heimischen Raubvögel trägt viel zur Belebung der einsamen Campos
bei, und oft habe ich seinen heisern, etwas lang gezogenen Schrei
„ihää" in der sonst von Tierstimmen so selten unterbrochenen Stille
des Campo do Ramos vernommen. In der Regel meldete der Vogel
dann einen Trupp Rinder an, denn mit dem Vieh ist sein Leben
auf das Innigste verknüpft. Mit den plumpen Zweihufern geht und
kommt der Caräcarä; ihnen verdankt er einen Teil seiner Nahrung,
und es gewährt einen eigentümlichen Anblick, einen oder den andern
dieser verhältnismäßig großen Vögel gemütlich auf einer weidenden
Kuh sitzen zu sehen. In Deutschland ist es lediglich der Star und
die Bachstelze, welche sich gern in der Nähe des Viehes aufhalten
und ihm die Bremsen wegfangen oder das Ungeziefer absuchen. In
Brasilien verrichten 4 Vogelarten diesen Liebesdienst und zwar der
Anum Branco, Guira guim Gm., der Anum Preto, Crofopkaga ani L.,
die Vira-Bosta, Molothrus honanensis Gm., und der Caräcarä. Aber
eben nur der letztere und vielleicht noch die Vira-Bosta findet sich
auch auf dem Campo Itatiaya, während es mir sofort in den ersten
Tagen auffiel, daß die beiden erstgenannten Vögel, welche man sonst
überall antrifft, wo Vieh gehalten wird, fehlten.
*Micrastur fußcoUis Vieill. (Gaviäo Matteiro, Gaviäo Cabure).
ßlBElKO, p. 25, Retiro do Eamos, ]\[orro dos Carneiros.
* JElanoicles forficatiis L. (Gaviäo Thesoura, Tapema, Tapenna).
Einmal in einer vorüberziehenden Schar beobachtet. Das waren
aber offenbar Fremdlinge in der wilden, steinigen Einöde des Campo
Itatiaya, wenigstens zu der damals bereits stark vorgeschrittenen
Ornithologie des Campo Itatiaya. 341
Jahreszeit, am 8. Mai. in der tagtäglich Nachtfröste und kalte Tage
zu erwarten standen. Die Aufenthaltsorte der Schwalbenweihen
sind vorzüglich die Flußtäler in den tiefer liegenden Gegenden Bra-
siliens, wo sie besonders gern, über dem Wasser dahinfliegend,
ihrer Kerbtierjagd obliegen. Die Vögel haben in ihrer Gestalt, der
Farbe und dem Benehmen mehr Ähnlichkeit mit Seeschwalben als
mit Raubvögeln, und bei den deutschen Kolonisten in St. Catharina
heißen sie deswegen auch Möwen oder ,.Seevögel". Die in Rede
stehende Schar, etwa aus 30 Individuen bestehend, befand sich offen-
bar auf der Wanderung. Aber die Vögel schienen es nicht eilig zu
haben, und ich habe sie wohl eine halbe Stunde lang beobachtet, wie
sie, ziemlich hoch in der Luft, schreiend auf- und niedersteigend,
in einem Schwärm in nördlicher Richtung dahinzogen.
* Tinniincnliis sparverius ciunamomimus Sw. (Quiri-Quiri).
In 2 Exemplaren, einem jungen und einem alten, wiederholt in
einem kleinen Gehölze beobachtet.
*Sr. RiBEiRO erwähnt außerdem p. 11 einen großen Raubvogel,
und ich selbst sah außer den erwähnten Arten während meines
Aufenthalts auf dem Itatiaya nur noch 2 kleinere Falken auf dem
Campo vorüberfliegen. Es waren 2 verschiedene Arten, die eine
vielleicht der von Ribeiro beobachtete Micrastur ruficoUis Vie.
Fam. Bubonidae.
* Piilsatr'lx ? sp.
Während des Nachts mehifach im Obstgarten am Hause. Un-
zweifelhaft dieselbe Art, deren unheimliche Laute ich vielfach in
den Urwaldungen St. Catharinas, in der Blumenauer Hansa und auf
dem Campo da Jordfio im Staate Säo Paulo vernommen habe. Durch
Worte wiedergeben lassen sich diese Laute kaum. Bald hört es sich
beinahe an, als wenn ein Mensch klagt, dann folgt ein geisterhaftes,
nicht zu beschreibendes Fauchen, oder vielmehr ein Fauchen, welches
am besten dadurch wiedergegeben wird, indem man die Luft mit einem
Rucke gewaltsam aus dem Munde stößt. Dann wieder scheint es, als ob
man das dumpfe Gebell eines großen Hundes in der Ferne vernehme.
Diese Vögel wissen aber noch verschiedene andere höchst unheim-
liche Laute hervorzubringen, welche wohl geeignet sind, auch ein
342 H. LÜDERWALDT,
weniger ängstliches Gemüt heftig zu erschrecken, besonders zur
Paarungszeit. Dann ertönt der stille ^^'al(l bald nach hereingebrochener
Dunkelheit von dem weithin schallenden ,,huu" der beiden Gatten,
und der frisch zugewanderte Ansiedlei'. mit den Lauten des Urwaldes
nicht vertraut, fragt sich erschreckt nach der Ursache des wirklich
schauerlich klingenden Lärmes. Unerfahrene junge Hunde suchen
ängstlich Schutz zwischen den Knien ihres Herrn, und eine Mule,
welche ich beobachtete und die offenbar zum ersten Male das
Liebesgeschrei dei' großen ..coruja" vernahm, hielt augenblicklich
mit Fressen inne, warf erschreckt den Kopf in die Höhe und starrte
mit gespitzten Ohren, regungslos dastehend, wohl minutenlang nach
der entsprechenden Richtung. Dann warf sie sich herum, um hinter
dem Hause Zuflucht zu suchen. Schade, daß es mir nie gelungen
ist, den Namen der Art festzustellen. Nur einmal hatte ich Ge-
legenheit, einen dieser Geistervögel am Tage zu beobachten, wenn
auch nur auf Augenblicke, eben auf dem Campo Itatiaya. Ich war
auf Jagd gegangen und lauerte auf das Erscheinen eines Scytalopus,
welcher in einem Gehölze vor mir im dichtesten Rohrgestrüpp um-
herkroch. Eine Schar verschiedenartiger Vögel zog gerade, lebhaft
einander lockend, in den Gebüschen vorüber, als das warnende, lang-
gezogene Zischen eines Vogels, ich glaube, es war ein Steig idostomus
maxülosus C'ab., welcher irgend etwas Verdächtiges bemerkt haben
mußte, die fröhliche Gesellschaft plötzlich zum Schweigen brachte.
Für Augenblicke herrschte Totenstille umher, welche nur durch die
leisen, warnenden Töne jenes Vogels, dem der eine oder andere
der Gesellschaft in ähnlicher Weise sekundierte, unterbrochen
wurde. Dann machte sich die erregte Stimme einer Sebiädrossel
bemerkbar, und jetzt wurde es lebendig. Ich beobachtete bald, daß
sich die Vögel schnell an einer Stelle im Walde konzentrierten, und
schlich daher, sofort ein Raubtier oder eine Schlange vermutend,
vorsichtig näher, mehrere Sebiädrosseln lärmten hier jetzt um die
Wette mit einem halben Dutzend PkdycicMa flavipes Vieill. und
2 andern Drosseln, vielleicht Merula leucomelas, welche sich, wenig-
stens die beiden erstgenannten Arten, in ihrem Eifer nicht viel um
meine Anwesenheit kümmerten. Außer den genannten Vögeln waren
besonders häufig Poospim lateralis Nordm. und Stephanophorus leuco-
cephalus Vieill. vertreten ; ferner beobachtete ich 2 Baumläuferarten
(kleine Dendrocolaptiden) und Ticu-Ticus sowie einige andere Vögel.
Sogar einen Kolibri hatte seine Neugierde herbeigelockt. Ich hörte
ilin lebhaft über mir surren, ohne ihn wegen des dichten, über-
Ornithologie des Campo Itatiaya. 343
hängenden Rohres 7A\ Gesicht zu bekommen. Zunächst konnte ich
indes nichts entdecken, und erst nach längerm Suchen scheuchte ich
eine große Eule auf. Aber nur einen Augenblick sah ich den
großen Nachtvog-el zwischen dem Blätterwerk der Bäume daliin
g-leiten, verfolgt von seinen kleinen Störenfrieden, dann war er
meinen Blicken entschwunden, und alle ]\lühe. ihn wieder aufzufinden,
blieb vergeblich.
Fam. Psiüacidae.
'^ Coniirus aiiricapillus Licht.
Von RiBEiEO (p. 19) erwälnit.
* I*i/rrJiura vittata Shaw (Tiriba, Perequito).
RlBElEO, p. 19, Caminho do Conto, Retiro do Ramos.
^ Plonopsitta {PionopsUtacns) i^üeata Soor. (Cuiu-Cuiu).
Für diese, im männlichen Geschlecht rotkijpfige Art. welche ich
auch auf dem Campo do Jordäo gesammelt und sehr häufig beobachtet
hatte, hielt ich wenigstens einen Flug Periquiten, den ich zu wieder-
holten Malen hoch oben im \Mpfel eines samentragenden Baumes
antraf. Leider konnte ich mir keine Gewißheit darüber verschaffen,
ob die Vögel mit jener Art identisch waren, da ich immer vergebens
auf sie gefahndet habe. Sie saßen zu hoch für meine Vogelflinte.
Dabei wußten sie sich so vorzüglich in dem dichten Blätterwerke,
mit welchem ihr grünes Gefieder genau übereinstimmte, zu ver-
stecken, daß es mir trotz allen Spähens nicht gelingen wollte, auch
nur einen einzigen der Gesellschaft mit Sicherheit von seiner Um-
gebung zu unterscheiden. An den herabfallenden, enthülsten Säme-
reien aber konnte ich bemerken, daß sie nicht etwa still saßen,
sondern in voller Tätigkeit waren. Höchstens der Futterneid kann
diese intelligenten Vögel beim Fressen zum Schreien veranlassen,
sonst verhalten sie sich mäuschenstill bei ihrer Arbeit, um sich nicht
zu verraten. Anders, wenn sie sich erheben, etwa um einen andern
Baum aufzusuchen. Dann erst gibt sich ihr wahres Wesen zu er-
kennen, und ilir lebhaftes Gekreisch erfüllt den Wald, alle andern
Vogelstimmen übertönend. Dieselbe Art beobachtete ich auch bei
einem Aufstieg der Agulhas Negras in 3 Exemplaren, welche
344 H. LÜDERWALDT
schreiend hoch oben in der Luft in westlicher Richtung dahinzogen,
also in einer Höhe, welche über 3000 m über dem Meeresspiegel lag.
* Außer den erwähnten Arten sah ich einmal im Walde einen
größern Papagei, einen Kurzschwanz, in 4 Exemplaren davonfliegen,
wohl ein Pionus oder eine kleine Aniazona.
Farn, CypseUdac.
*Chaetura hiscutata Sgl. (Andorinthao).
RiBEiRO, p. 20, Eetiro do Ramos.
Farn. TrochiUdac.
*
Fhaetomis eiiyynonie Less. (Beija-FlOr).
Der Blumenküsser. Ich habe den Vogel einmal auf dem Campo
Itatiaya am Rande der Serraabdachung beobachtet und mehrere
Male bei Mont-Serrat und glaube mit Bestimmtheit behaupten zu
können, daß es sich tatsächlich um diese und keine andere Art
handelt, um so mehr, als ich sie auch auf dem Campo do Jordäo, Staat
Säo Paulo, in :^00 m Höhe gesammelt habe.
Liepidopyffa (Cyanophaia) f/oudoti Bourc.
RiBEiRO, p. 19, Mont-Serrat.
^ Petasoi^hova {Colibri) servirostrls Vieill.
Gesammelt und öfter beobachtet. Eine der scheuern Arten, die,
wie mir schien, besonders gern in kleinen, abgesonderten Buschkagen
auf dem Campo wohnte.
* Leucochlorls alhlcoUis Vieill.
RiBEiRO, p. 19, Carainho do Conto, Retiro do Ramos.
Mit der folgenden die häufigste Art auf dem Itatiaya. Mehr-
fach auch von mir gesammelt und fast täglich auf meinen Sammel-
ausflügen beobachtet.
* Clytolaernci riibinea Gm.
RiBEiEO, p. 19, Retiro do Ramos.
Mehrfach auch von mir gesammelt.
Ornithologie des Canipo Itatiaya. 345
"^ Stexjhanoxys {Ceplmlcpis, Cephalolcpis) lalandel Vieill.
RlBElRO, p. 19, Retiro do Ramos.
Die kleinste der auf dem C. Itatiaya vorkommenden Kolibri-
Arten, ein reizender Vogelzwerg mit spitzer Federhaube, der nicht
viel größer ist als eine der großen X;?//ocojj«- Arten.
Trotz der hohen Lage des Itatia3'a und des damit verbundenen
raulien Klimas während der Wintermonate sind doch Kolibris, diese
scheinbar zartesten aller Vögel, regelmäßige Bewohner dort oben.
Es sind Standvögel in des \\'ortes vollster Bedeutung, wenigstens
die 3 letzten. Während gewisse Vogelarten es vorziehen, bei ein-
tretendem Froste sich in das geschützte Tal des Parahyba zurück-
zuziehen, denken doch diese schillernden Vogelzwerge, denen die
Reise in die Tiefe bei ihrem pfeilschnellen Fluge höchstens einige
Minuten kosten könnte, nicht daran, ihre Heimat auch nur auf Tage
zu verlassen. Ich Avar überrascht, als ich nach der ersten kalten
Nacht, am 29. April, in welcher die Eisnadeln wie Pilze bis zu 5 cm
Höhe auf den nassen Campwegen emporgeschossen waren, selbst iu
den Waldpicaden die kleinen ^\^asserpfützen, welche sich in den
Fußtritten des Viehes gebildet hatten, mit einer 2 mm starken Eis-
kruste überzogen und die meisten Campkräuter erfroren waren, am
Morgen eine LeucocUoris alhicolUs Vieill. im Walde antraf, die kalt-
blütig vor einer Fuchsienblüte schwirrte. Bei einer Kälte, bei
welcher mir Hände und Füße froren, wie in Deutschland im AVinter!
Daß das Vögelchen sich dabei durchaus wohl befand, bewies es mir
am besten dadurch, daß es sich im nächsten Augenblicke pfeilschnell
empor schwang, um, gewandt zwischen den Zweigen dahinsurrend,
andere Blüten zu besuchen. Auch Chjtolacma rubinea G:^i. und Steplia-
noxijs lalandei Vieill. zeigte sicli so munter wie sonst, und es war
beiden durchaus nicht anzusehen, daß sie durch die Kälte litten.
Die Arten müßten sich vorzüglich eignen, nach Europa gebracht zu
werden.
Farn. Trogonidae.
Trofjon sp. (Surucu).
Ein Pärchen unterhalb Mont-Serrat im A\'alde gesehen.
346 H. LÜDERWALDT
Farn. CucuUdae.
*Piaya cayaua L. (Alma de Gato, Rabo de Palha, Alma de
Caboelo).
Nur einmal flüchtig in den Baumkronen bemerkt.
Fam. Bhamphastidac.
* M/uiinjjJKtstos cliscolorus L. (Tucano).
RlBElRO, p. 18, MoiTO Caroeiros, Retiro do Ramos.
Mehrfach im Walde, sich durch ihren blökenden Lock- oder
Warnruf verratend. Die g-ewöhnliche Küstenform, welche sich hier
oben so scheu zeigte, daß an eine Jagd gar nicht gedacht werden
konnte.
Fam. Bucconidae.
* Malacoptila torquata? Hahn & Küst. (Joäo Barbudo).
In einem scheinbar versprengten Stück auf dem Campo an der
Serraabdachung angeti'offen, wo er von andern kleinen Vögeln ver-
folgt wurde wie eine Eule.
Fam. Picidae.
'Colaptes canix>estris Vieill. (Chäu-Chän-Pica-Päu do Campo).
RiBEiRO, p. 18, Retiro do Ramos.
Auch diese Vögel sind Bewohner des Campo Itatiaya. obwohl
die echten, hügelbauenden Camp-Termiten, Avelche ihnen in andern
Gegenden des Landes ausschließlich zur Nahrung dienen, gänzlich
fehlen. Es kommt zwar noch eine Termiten-Art vor. aber sie ist
so selten, daß ich nur einmal eine Gesellschaft von ihr unter einem
Stein entdeckte. Statt der Termiten müssen die Ameisen herhalten,
und zwar kommt hauptsächlich der Camponotus rußpes F. in Be-
tracht, die einzige Ameise, welche dort in größern Kolonien lebt
und aus allerhand zusammengetragenen Pflanzenteilen überirdische
Nester errichtet. Diese Bauten werden vom Campspecht genau
ebenso geplündert, wie die Nester der Roßameise vom Grünspecht.
Oniitliologie des Canipo Itatia3a. 347
Melirmals habe ich die rastlosen Vögel beim Pliiiideni derselben an-
getroifen, und zwar meist morgens in aller Frühe, wo diese sonst so
beißwütigen Kerfe halb verklamt in ihren Nestern sitzen. Die
Spechte hacken mit ihrem kräftigen Schnabel tiefe Löcher in die
nur schwach zusammengelilzten Ameisennester, um zu der Brut zu
gelang'en, und es wollte mir scheinen, als ob stets nur einer der
vorsichtigen Vögel arbeite, während der andere ^^'ache hielt. In
der Tat hält es schwer, Campspechte bei ihrer Arbeit zu überraschen,
und solche, welche Nachstellungen erlitten haben, sind so vorsichtig,
daß es unmöglich ist, sie in größerer Nähe zu beobachten. Auf
dem Campo Itatiaya hielten sich Campspechte, wie gewöhnlich ein
Pärchen, denen sich nur selten ein drittes Exemplar anschloß, in
der nächsten Nähe der Fazenda auf und oft habe ich ihr helles
Gelächter vernommen, welches dem des Grünspechts ähnelt und zu-
weilen so ausgelassen fröhlich klang, daß man unwillkürlich selbst
heiter gestimmt wurde. Wahrscheinlich hatten sie dann irgend ein
Ameisennest gefunden. Einer der Vögel schlief in der dichten Krone
eines hohen Pinheiro, kaum 100 Schritte vom Hause entfernt, und
seinen Schlafplatz pflegte er immer schon lange vor Sonnenuntergang
aufzusuchen. Zuweilen saßen die beiden Vögel auf dem Dache eines
alten, an den Seiten offenen Viehstalles oder besuchten, nahrung-
suchend, selbst das Innere desselben.
Chrysoptilus chloroxostus Wagl. = mekmocliloms Gm.
RlBElEO, p 18, Mont Serrat.
* Melanerpes {Tripsurus) fiavlfvons Vieili.. (Benedicto).
ElBElKO, p. 19, Caminho do Conto, Ketu-o do Eamos.
* Cliloi'oiierpes aiirulentus Temm.
Gesammelt. Am 18,4. beobachtete ich einen dieser Spechte,
welcher im Walde hoch oben auf einem trockenen, abgesplitterten
Pinheiro saß und sich mit Trommeln vergnügte. Geschah dies
wirklich nur zum Zeitvertreib, oder dachte der Vogel bereits an
die Gründung eines neuen Heimes?
* VenlUoDils {Bendrohates) ruficeps Spix.
ElBElKO, p. 19, Camiuho do Conto e Morro Redondo, Retiro do Ramos.
348 H. LÜDERWALDT,
*Cai}tpophllus sp.
Ich hatte nur einnial Gelegenlieit, einen dieser prächtigen Vögel
auf dem Campo Itatiaya zu beobacliten, und zwar in einem hoch-
stämmigen Walde, welchen er auf seinen Streifereien besucht haben
mochte. Kr war indessen so weit von mir entfernt, daß ich nicht
erkennen konnte, um welche Art es sich liandelte.
Fam. Pteropiochidae.
* Scytalopus speluncae Menete. = sylvestris A. Mie. Ribeieo.
RlBElEO, p. 23, Retiro do Ramos, Bengalal do Conto.
Ich habe den Vogel öfter gesammelt. Er ist nicht selten und
hält sich am liebsten im Unterholz dichter AVälder, besonders gern
in den Rohrdickichten auf, in welchen man mehr kriechen als gehen
muß, wenn man vorwärts kommen will. Diesen Vogelzwerg in seinen
heimlichen Verstecken direkt aufsuchen zu wollen wäre ein ver-
geblicher Versuch. Man würde ihn sicher nicht finden. Nur durch
Zufall wird man seiner ansichtig und meist dann, wenn man am
wenigsten an ihn denkt. Ich habe den Vogel öfter angetroifen;
zweimal, als ich bereits auf dem Heimwege war und an keine Jagd
mehr dachte, und dabei an Orten, an welchen ich ihn am wenigsten
vermutet hätte. Er ist neugierig und kommt sicher herbei, wenn
er etwas Auffallendes wahrnimmt, aber nicht immer bemerkt man
ihn. Manchmal verrät er sich schon von fern durch seine Stimme,
meist aber naht er so heimlich, mehr hüpfend als fliegend dicht
über dem Erdboden dahinschlüpfend, daß man meint, eine Maus
husche dahin. Sobald sich günstige Gelegenheit bietet, muß man
auch schießen, denn sobald er das Interesse an einem verloren hat,
ist er auch bald wieder im dichtesten Gestrüpp verschwunden. Die
Vertrauensseligkeit dieses kleinen Bürschchens ist ebenso groß wie
seine Neugierde, und darin gleicht er dem Kolibri. Aber welch ein
Unterschied zwischen diesen zierlichen, elfenhaften, schillernden,
blitzschnellen Kindern der Sonne und jenem unscheinbaren, grauen
Waldbewolmer mit dem kurzen Stutzschwänzchen. Dort der lichte
Tagesschein und hier der graue Schatten. Das einfach gefärbte,
düstere Kleid des Scijtalopns paßt so recht zu den düstern Rolir-
waldungen, auf deren Boden sich nur selten ein Sonnenstrahl ver-
irrt. Verhält man sich ruhig und hockt womöglich nieder, so hüpft
Oniitlu)iog-ie des (,'ainpo Itatiaya. 349
er Avolil gai- bis auf einen ]\[eter Entfeniung- heran, sich dabei g-anz
ungeniert den Blicken aussetzend. Ja, er wagt es sogar, sich auf
demselben Baumstamme, auf welchem man sich niedergelassen hat,
ebenfalls Platz zu nehmen und einem furchtlos, auf Armeslänge, in
das Gesicht zu schauen. Ihn jetzt erschießen zu wollen, wäre Tor-
heit, denn selbst die Kolibripatronen würden in dieser Entfernung-
eine zu starke Wirkung ausüben. Aber jetzt heißt es gut aufpassen
und den zwerghaften Waldbewohner scharf im Auge behalten, daß
man den richtigen Zeitpunkt nicht verpaßt. Ebenso heimlich und
schweigsam, Avie er gekommen war, entfernt er sich auch wieder.
Durchaus nicht eilig-, sondern so von ohngefähr, bald hier, bald
dorthin hüpfend; jetzt schwirrt er eine kurze Strecke ganz dicht
über dem Erdboden dahin, und im nächsten Augenblicke ist er
zwischen den Wurzeln eines Baumes verschwunden. Da erscheint
er Avieder auf einen Moment — oder war es sein Schatten? Mir
ist es wenigstens einmal passiert, daß ich auf diesen statt auf den
Vogel selbst schoß, in dem Halbdunkel der A\'aldungen ein wohl zu
verzeihender Irrtum.
Farn. Conophcujidac.
^Conophaga lineata Wieb. (Cuspidor. Chupa-Dente).
RlBElRO, p. 22, Morro Redondo, Camiuho do Conto, Retiro do Kanios.
Mit dem vorigen zusammen häufig dieselben Örtlichkeiten be-
wohnend. Sie ist leicht zu schießen, weil sie sich nicht so versteckt
hält wie der Scijtaloims. sondern sich nach Art des Eotkehlchens,
mit welchem sie in ihrem Gebaren, in der Größe und Farbe ent-
fernte Ähnlichkeit hat, frei vor den Jäger, diesen neugierig be-
trachtend, in geringer Entfernung auf einem Zweige niedersetzt.
Oft, aber nicht immer, verrät sich der Vogel durch seine Stimme,
so daß man nicht lange zu suchen braucht, um ihn aufzufinden. Im
Aifekt treten die weißen Streifen am Kopfe durch Sträuben der be-
treifenden Federpartien so auffallend hervor, daß der Vogel in
einiger Entfernung wie gehäubt erscheint. Die oben angeführte
körperliche Ähnlichkeit der Conoplmga mit einem Rotkehlchen läßt
sich übrigens nur in dem ungewissen Licht der düstern Waldungen
aufrecht erhalten; in einer Sammlung darf man die beiden Vögel
nicht miteinander vergleichen.
350 H. LÜDERWALDT,
Fam. Formicariidae.
'^ Thamnophilus leachl Such. (Borralhara).
Nur ein einziges Mal beobachtet. Icli traf den schwärzlichen,
weiß geperlten Vogel in Gesellschaft einer Schar durchstreifender
kleiner Vögel am Waldesrande, wo er sich im dichten Gebüsch in
der Nähe des Erdbodens oder auf diesem selbst umhertrieb und
sich so wenig menschenscheu erwies, daß ich ihn in einer Entfernung
von nur etwa 8 — 10 Schritten erlegte.
* ThamnopJiilus coertilescens albonotatns Spix.
Von mir gesammelt.
* Herpsilochinus pileatus Sws. (?) (Choca, Creando em novembro).
RiBEiRO, p. 22, Retu-0 do Ramos.
* Forniicivora evythrocerca Sgl,
Mehrfach erbeutet. Ebenfalls in den mit Rohr durchsetzten
Gehölzen und durchaus nicht selten. Der Vogel ist außerordentlich
neugierig, dabei aber, sobald er glaubt beobachtet zu werden, so
vorsichtig, daß es schwer hält, ihn in diesem Falle zu erlegen. Auch
er meldet sich meistens schon von fern an; seine Stimme ist aber
so eigentümlich, daß sie oft mehr dem leisen Kreischen und Ächzen
eines vom Winde hin und her bewegten Baumes älmelt als der
eines Vogels. Denn plötzlich verstummen die Laute, so daß man
glauben könnte, der Vogel habe sich wieder entfernt. Das ist aber
durchaus nicht der Fall; im Gegenteil, jetzt kriecht er sicher ganz
in der Nähe im dichtesten Gestrüpp umher, um den Gegenstand seiner
Neugierde genau betrachten zu können. Ich beobachtete einst einen.
Avelcher kaum 2 m von mir entfernt in einem zusammengefallenen
Rohrbruch umherschlüpfte, wie eine Maus, und zwar so heimlich,
daß ich seine Anwesenheit nur an den leise herabfallenden, zer-
bröckelten Blätterteilchen bemerken konnte. Schließlich begann er
sich wieder etwas zu entfernen, und jetzt bot sich Gelegenheit, einen
Schuß anzubringen. Aber die Ladung ging in dem dichten LTnter-
liolz verloren. Der Vogel flog erschreckt auf, ohne die Flucht zu
ergreifen; ja, bei dem zweiten ebenfalls Avirkungslosen Schusse mit
dem kleinen FLAUBERT-Teschin kam er, jetzt freilich höchst erregt,
aber sich immer noch in guter Deckung haltend und ohne einen
Oiuithologie des Campo Itatiaya. 351
Laut von sich zu geben, wieder näher, bis ihn eine dritte Ladung-
zu Boden warf. In andern Fällen wieder zeigte sich diese Art von
einer Vertrauensseligkeit oder Unvorsichtigkeit, welche in direktem
Widersi)ruch zu seinem sonstigen vorsichtigen Benehmen stand.
* Chcunaeza brevicauda Vieill. (Tobäca, Tovaca).
RlBEIEO, p. 22, Retiro do Ramos.
Farn . Dendrocolaptidae.
^Lochmkis neniatura Licht. (Trid}', ]\Iacuquinho).
Einer der wenigen Vögel, welchen ich noch oben in dem breiten
Tal, das den Agulhas Negras vorgelagert ist, angetroffen habe. Die
Tierchen lieben die Nähe des Wassers in dem Maße, daß sie sich
stets zu ihrem engern Aufenthaltsorte einen der kleinen Ribeiräos
aussuchen, welche so häutig ihre Wohngebiete durchschneiden. Ich
habe diese Vögel auf dem Campo di Jordäo, wo ich längere Zeit
auf einer einsam liegenden Schneidemühle wohnte, sehr oft beobachet.
Bei Regenwetter hielten sie sich immer sehr versteckt im W^alde.
so daß ich sie oft tagelang weder zu sehen noch zu hören bekam.
Sobald die Sonne aber wieder zum Vorschein kam, erschienen auch
sie wieder im Freien, um an den Felswänden auf Insecten Jagd zu
machen, und dann hörte ich auch oft wieder ihr Zetergeschrei er-
tönen.
* SytiaUaxis ntoveirae Rib.
RiBEiRO, p. 20, Retiro do Ramos, Morro Redondo.
Wie bereits erwähnt, von Sr. A. de Mir. Ribeiro erst vor
2 Jahren beschrieben und zu Ehren des Herrn Carlos Moreiea,
Assistent der zoologischen Sektion am Nacional-iVIuseum zu Rio de
Janeiro, welcher den Vogel zuerst auf dem Campo Itatiaya ge-
sammelt hatte, benannt. Diese Syncdlaxis- Art ist eine der häufigern
Vögel dort oben. Sie durchstreift mit ihresgleichen oder in Gesell-
schaft anderer kleiner Vögel nach Meisenart die Gehölze, besonders
gern aber die Buschwaldungen. Allein trifft man sie nur selten an.
Beim Klettern ist sie nicht sonderlich geschickt; es hat den An-
schein, als ob ihr der lange, etwas gegabelte Schwanz in ihren Be-
wegungen hinderlich sei. Auch im Fluge macht sie keinen eleganten
Eindruck, und besonders bei windigem Wetter sieht sie recht un-
352 H. LÜDERWALDT,
geschickt aus. Sie ist ein harmloser Vog-el. der es gestattet, ihn
ganz in der Nälie zu beobachten. Ebenfalls noch in einem Exemplar
in der Umgegend der Agulhas Negras beobachtet. Mehrfach ge-
sammelt.
Cranioleuca (Siptornis) palliäa Wied.
E/IBEIRO, p. 20, Caminho do Conto.
* Xetiicopsis {Anabazenops, Anabatoides, Anabasitta)
t 'ufosuperciliatits L afr.
RiBEIRO, p. 20, Retiro do Ramos, Pico dos Carneiros.
* Xeti, rufosiiperciliatus oleaginus Sgl.
2 Exemplare gesammelt.
* Sittasoimis sf/lvleUus Temm. = erithacus Licht.
RlBElRO, p. 20, Reth-o do Ramos, Entre Morro Redondo e Morro dos
Carneiros.
* Xiphocolaptes alhicoUis Vieill. (Arapagü).
RiBEiRO, p. 20, Caminho do Conto, Retiro do Ramos.
Von mir nur einmal beobachtet und erlegt.
Picolaptes fiiscus Vieill. = tenuirostris Licht.
RiBEiRO, p. 20, Caminho do Conto.
Xiphorhj/ncJius fulcular'ius Vieill. = procurvus Temm.
(Arapa^u de Bico Curvo).
RiBEiRO, p. 20, Morro dos Carneiros.
Fam. Tyranmdac.
^ Taenioptera nengatd L. (Pombinha das Almas, Maria Branca).
RiBEiRO, p. 22, Retiro do Ramos.
*Ich selbst habe eine andere Art mit schneeweißer Unterseite,
wahrscheinlich T. velata Licht., in einem Pärchen beobachtet. Die
beiden auffallenden, etwa drosselgroßen Vögel saßen am Waldesrande
auf einem hohen, trockenen Baum und flogen sofort davon, serra-
abwärts, als ich mich ihnen näherte.
Ornithologie des Canipo Itatiaya. 353
*Cnipolegus eoniatus Licht. (Maria Preta).
Ein Paar auf dem Oampo Itatiaya beobachtet, von welchem ich
1 Exemplar für die .Sammlung' erlegte. Taeniopiera vekda Lk^iit.
und Cnipolcyus comatus Licht, treiben sich, oft miteinander ver-
gesellschaftet, zu jeder Jahreszeit auf dem (Jampo umher, wo sie
mit Vorliebe auf hohen, trockenen Grasstengeln fußen oder dort, wo
es Termitenhügel gibt, diese als \\'arte benutzen, um bei ihrem
Insectenfange eine bessere Übersicht über ihr Jagdgebiet zu haben.
Ich habe beide Arten als ziemlich scheue Vögel kennen gelernt.
* Ciifpolef/tis iiif/errhuKS Vikill. (Maria Preta [Ribeiro]).
EiBEiRO, p. 22, Retiro do ßainos.
Auch von mir in 2 p]xemi)laren gesammelt und öfter beobachtet.
Es sind ^^'aldbewohner und sehr wenig scheue Vögel.
* Cnipolegiis ef/aulrostHs Vieill.
RlBElRO, p. 22, Retiro do Ramos, Caminho do Conto.
"'" Muscipipra vetula Licht.
RiBEiKO, Morro Redondo, Retiro do Ramos,
•Heniitrlciis {Musciphaga) (Jiops Temm.
RiBEiRO, p. 21, Caminho do Conto.
Seniitricus {Musciphaga) obsoleta Kib. sp. n.? (Ribeieo).
RlBEiRO^ p, 21, Caminho do Conto,
* Guracava difflcilis v. Ih.
In einem Exemplar am 13./5. 1906 erlegt; ein anderes befand
sich im Museu Paulista von Estacäo Alto da Serra (Estado Säo
Paulo). Die Species wurde auf diese beiden Stücke begründet
(s. Cat. da Fauna Brasileira, p. 271).
* FJtt/JIoscartes ventral Is Natt.
Ribeiro, p. 21, Retiro do Ramos.
Auch von mir gesammelt.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. '^3
354 H. LüDERWALDT,
''' Serpophctifa subcristata Vieill. (Alegrinho).
Von mir gesammelt.
'^ Phyllomyias brevirostris Spix. (Cagasebinho).
Von mir gesammelt.
'^ EJaenea obscura Lafr. et d'Orb, (Giiracava, Guaracava).
RlBElRO, p. 22, Retiro do Eamos, Morro Redondo.
* I*itanf/Hs suJpJiuratus tnaxhiiiliani Gab. et Heine
(Bentevi).
Wie fast überall in Brasilien, so auch auf dem Campo Itatiaj-a
vorkommend. Oft habe ich seine helle Stimme „bentevi-bentevi"
von den Kronen der in der Nähe der Fazenda stehenden Pinheiros
vernommen. Wie erwähnt, ist der Vogel empfindlich gegen Kälte
und fliegt serraabwärts bei eintretendem Frost, kehrt jedoch zurück,
sobald wieder warmes Wetter eingetreten ist. Eibeiro erwähnt
seiner nicht.
* Ti/ranmis rneJancliolicus Vieill. (Siriri, Sibiriri).
ßiBEiRO, Retiro do Ramos, p. 21.
Fam. Coiinrjidae.
Phibalura flavirostris Vieill. (Thesonvinha).
RiBEiRO, p. 21, Monte Serrat, Creando em Novembro.
Fam. Turdidac.
* Turdus (Merida auct.) rußventriis Vieill. (Sabiä Larangeira).
RiBEiRO, p. 23, Retiro do Ramos.
Auch von mir gesammelt und fast täglich beobachtet. Die
brasilianische Nachtigall, von deren Gesang so viel Aufhebens ge-
macht wird. Allerdings ist die Sabia ein guter Sänger, besonders
für Brasilien, wo wirkliche Singvögel so seltne Erscheinungen sind.
Mit dem Schlag einer Nachtigall kann man ihren Gesang aber
nimmermehr vergleichen. Die Sabia ist eben eine Drossel. Übrigens
Ornithologie des Campo Itatiaya. 355
sehr aufmerksame Tiere, welche abends noch lange rege sind, nach-
dem die andern Vögel sich bereits längst zur Ruhe begeben haben,
Selbst nach hereingebrochener Dunkelheit hört man in den Gebüschen
noch oft ihren miauenden Warnruf wenn sie irgend etwas Ver-
dächtiges bemerkt haben, etwa eine Eule oder vorbei streifende
Wildkatze. Im allgemeinen ist der Vogel wenig scheu, wird durch
Nachstellungen aber sehr bald gewitzigt und versteht es dann aus-
gezeichnet, sich durch Verstecken in dem Gebüsch den Blicken zu
entziehen.
* Außer der Sabiä sah ich einmal eine andere Drosselart im
Walde, durch eine Eule angelockt. Die beiden Vögel, ein Pärchen,
waren auffallend scheu, hielten sich hoch oben in den Baumkronen
auf und zogen sofort ab, als sie meine Anwesenheit bemerkten. Ich
hielt die Species für Ttirdus leucomelas Vieill.
Flati/cichJa {Merida) flavipes Vieill, (Sabiä-Una).
RiBEiKO, p. 23, Caminho do Conto.
Ich habe die Art mehrfach erlegt und sehr häufig beobachtet.
Die Vögel hielten sich meist in kleinen Gesellschaften in den Camp-
gehölzen auf. wo sie die Fruchtbäume plünderten.
Fam. Mimidae.
Mitmis Saturn huis Licht. (Sabiä Pocca, Sabiä do Campo,
Calhandra, Arrebita-Rabo, Arrebita).
RiBEiKO, p. 23, Mont Serrat.
Schon die verschiedenen Xamen deuten darauf hin, daß der
Vogel allbekannt ist. Auf dem Itatiaya scheint er nicht vor-
zukommen. Dagegen habe ich ihn sehr häufig im Parahyba-Tal bei
Campo Bello gesehen. Die Vögel sitzen gern nach Art der Grau-
ammern auf den Telegraphendrähten.
Fam. Motacülidae
^ Anthus cJiii Vieill. (Caminheiro).
RiBElKO, p. 22, Morro dos Carneiros, Retiro do ßamos.
Von mir ebenfalls gesammelt. In kleinen Flügen von 8 — 7 Exem-
plaren auf dem Campo, wo sie sich nach Art der Lerchen umher-
treiben.
23*
356 H. LÜDERWALDT,
Farn. Mniotiliidae.
"^BasU entern s leucohJeplKirns Vieill.
Von mir gesammelt.
*Eine andere Art. walirsclieinlicli B. auricapillus Sws.. in 3 Exem-
plaren gesammelt, doch wurden die Bälge später von Mäusen zer-
fi-essen.
Farn. Vireonidac.
^ Pachysylvia (Hylophilus) poecUotis Temm.
RiBEiRO, p. 21, Retiro do Eamos.
Auch von mir gesammelt.
Cyclorliis ochrocephala Tschudi.
RiBEiRO, p. 21, Morro dos Carneiros.
Von mir in einem Exemplar gesammelt, aber öfter beobachtet.
Fam. Hirundinidae.
* Mindestens eine Art beobachtet, doch habe ich es versäumt,
Jagd auf sie zu machen, um wenigstens die Species feststellen zu
können. Die Schwalben ziehen, wenigstens zum größten Teil, bei
eintretender Kälte davon, denn obwohl ich die Vögel in der ersten
Zeit meines Aufenthaltes auf dem Itatiaya sehr häufig beobachtet
habe, waren doch fast alle nach den ersten kalten Nächten ver-
schwunden, so daß ich später oft tagelang kein einziges oder doch
nur das eine oder andere Exemplar zu sehen bekam. Möglich aber,
daß die Tiere bei eintretendem, anhaltend gelindem Wetter ebenfalls
zurückkehren wie der Piiangus.
Fam. Tanayridae.
*I*ipraeidea melanonofa Vieill. (Viuva).
E.IBEIRO, p. 24, Morro dos Carneh-os, Retiro do Ramos.
*C((lospwa {Calliste) thoraeiea Temm. (Sahy Verde).
Eeizende, buntgefärbte Vögelchen, von etwa Stieglitzgröße,
welche gesellig die Waldränder und Gebüsche durchstreifen und
Oruitbologie des Campo Itatiaya. 357
sich oft mit andern kleinen, unilierstreifenden Vögeln vereinigen.
Ich habe nur einmal eine Gesellschaft von ihnen auf dem Campo
Itatiaya bemerkt, von welcher ich 2 Stück für meine Sammlung
erlegte.
* Stephanox)hovus lexicoeephalus Vieill.
(SanhaQÜ Frade, Azuhio do Campo, Sahyru^ii, Azuläo).
RiBElKO, p. 24, Morro Redondo, Retiro do Eamos.
Auch von mir gesammelt. Eine der gewöhnlichsten Erschei-
nungen in den Gebüschen und an den Waldrändern.
Taiiaf/fd ornata Spaem,
(SauhaQÜ de Encontros, Sanhacü da Serra).
RiBEiKO, p. 24, Mont Serrat.
JPiranf/a saira Spix. (Canario do Matto, Sanhac^o de Fogo).
ßlBEiRO, p. 24, Caminho do Conto.
Farn. Fringillidae.
SaJtator a^arae d'Oeb. (Pichorroren).
RlBElEO, p. 24, ßetiro do Raraos.
* Stelf/idostomus niaxillosus Cab.
Ein stiller und bewegungsunlustiger Vogel, der den Menschen
wenig beachtet und ungestört durch dessen Nähe, seinem Xahrungs-
erwerb. dem Blätterfressen, nachgeht. Bei Nachstellungen sucht er
sich zunächst durch Verstecken den Blicken zu entziehen und ent-
schließt sich erst dann, wenn die Gefahr ihm nachdrücklich auf den
Balg rückt, davonzufliegen. Ich habe 3 oder 4 Bälge von Itatiaya
mit heimgebracht, ein Zeichen, daß der Vogel dort nicht selten ist.
Pityliis /'ulglnosus Daud. (Bico de Pimenta, Bicudo).
Ribeieo, p. 24, Mont Serrat.
'^Spinus (Chrysomitris) ictericiis Licht. (Pintasilva).
Ribeieo, p. 24, Retiro do Raraos.
Von mir ebenfalls gesammelt. In kleinen Flügen oder Familien
in den Feldgehölzen, von wo die Vögel auf den Campo nach Nahrung
358 H. LÜDERWALDT
ausfliegen. Wie der Stieglitz, mit welchem die Pintasilva viel
Ähnlichkeit hat, so legt auch dieser Vogel eine besondere Vorliebe
für Obstbäume an den Tag, und eine Gesellschaft dieser muntern
Tiere hielt sich während der ganzen Zeit meines Aufenthaltes auf
dem Itatiaya in den Obstpflanzungen auf, welche sich neben der
Fazenda befanden. Oft konnte ich, wenn ich von meiner Arbeit
aufblickte, vom Fenster aus das eine oder andere Exemplar oben
in der äußersten Spitze eines Apfelbaumes bemerken, wo es sich
einige Zeit lustig zwitschernd vergnügte, um dann zu seinen An-
gehörigen, welche sich irgendwo auf dem Campo umhertrieben,
zurückzukehren. Die Vögel schliefen in der Nähe des Hauses in
der Krone eines Pinheiro. Aber auch am Tage wurden diese
Nadelhölzer oft von ihnen besucht, entweder um dort oben zu singen
oder Umschau nach den Kameraden zu halten.
* Sicalis flaveola L. (Canario da Terra).
Nur einmal in einem kleinen Fluge bei der Fazenda gesehen.
''' ürachij-spir^a (Zonotrichia) capensis Müll. (Tico-Tico).
E,IBEIE0, p. 23, Retiro do Eamos.
Der brasilianische Spatz, der sich indessen mit unserm Passer
domesticKs, was Klugheit anbetrifft, nicht im entferntesten messen
kann.
* Poosjn^a thoracica Noedm.
KiBEiRO, p. 24, Eetiro do Raraos, Caminho do Conto, Mono Redondo,
Auch von mir gesammelt. Häurig in den Gehölzen.
*Poospi^a lateralis Nordm.
Weit seltner als vorige Art. mit ihr oder verschiedenen andern
kleinen Vögeln gesellig umherstreichend. Ebenfalls erbeutet.
* Einher nar/ra lilatensis Gm. (Perdisiuha do Campo).
RiBEiRO, p. 23, Retiro do Ramos.
* Emberii^oides macrouriis Gm
ien Vogel einige
befindlichen Varzea beobachtet.
Ich habe den Vogel einige Male in einer unweit der Fazenda
Ornithologie des C'anipo Itatiaya. 359
Farn. Ideridac.
Ostliiops (Jecumanus Pall. (Japü, Japü-Guassü).
Von mii an der Serraabdachuiig- unterhalb Mont Serrat in einer
kleinen Gesellschaft im Walde beobachtet.
■''Ca.ssicus [Cacicus) cJiri/sopterus Vig. (Soldado, Melro).
Charakter Vögel der Pinienwaldungen. Mehrfach beobachtet.
*3Io7othrifs honarleiisis Gm. (Coricho, Chopim, Vira-Bosta).
Nnr 2 oder 3 IMale und immer nur in einem einzelnen Exemplar
pfeifend in den Obstbäumen am Hause beobachtet. Sie mochten
sich von dort aus nach dem Vieh umgesehen haben und zogen immer
sehr bald wieder ab.
Im ganzen enthält diese Liste 99 Arten, von welchen 79 auf
dem l'ampo Itatiaya beobachtet worden sind; wer sich indessen die
Mühe geben wollte, alle dort oben vorkommenden Si)ecies zu sammeln,
könnte diese Zahl wohl leicht vei'doppeln. denn gelegentlich werden
wohl alle in den Nachbargebieten vorkommenden Vogelarten einmal
der Gegend einen Besuch abstatten. Viel interessanter wäre es,
festzustellen, welche Arten dort oben brüten, welche Standvögel sind
oder welche während der kalten Zeit davon ziehen etc.
Das rauhe Klima des Itatiaya liefert einen hübschen Beweis für
die Anpassungsfähigkeit der Vögel an veränderte Verhältnisse, denn
viele der aufgeführten Arten, darunter Kolibris, finden sich auch in
den heißern Küstenstrichen Brasiliens. Wie bereits bemerkt, müßte
es gerade für diese flugbegabten Vögel das Werk weniger Augen-
blicke sein, sich bei eintretender Kälte in Sicherheit zu bringen;
aber wie ich beobachtet habe, geschieht dies keineswegs. Die Kälte
ficht die Vögel eben wenig an, sie haben sich akklimatisiert, und
da aucli für die Insectenfresser der Tisch während der Wintermonate
stets reichlich gedeckt ist, so ist kein Grund vorhanden, das Gebiet
zn verlassen. Das Kerfleben ruht zwar auch in Brasilien während
der kühlern Jahreszeit mehr oder minder, weil in dieser Periode die
meisten Insectenarten ihre Verwandlung durchmachen, indessen finden
sich selbst noch in der unwirtlichen Zone des Itatiaj^a wenigstens
an geschützten Stellen, in den Gebüschen etc. noch viele fliegende
Jmagines, welche jenen zur Nahrung dienen, neben andern ent-
360 H. LÜDERWALDT,
wickelten Formen und ihren Larven, Puppen und Eiern, welche sich
an versteckten Orten, in den Ritzen und Spalten der Baumrinde,
in zusammengerollten Blättern usw., andere am Erdboden vorfinden.
Kolibris untersuchen die wenigen, von der Kälte verschont ge-
bliebenen Blüten auf Kerbtiere und Honig, schnappen Fliegen aus
der Luft oder nehmen, im Fluge danach suchend, kleine Spinnen
aus ihren Geweben von den Gebüschen und Bäumen. Wozu also
sollten sie ihre Heimat verlassen ? Nur der Fitangus und Schwalben
machen, wie gesagt, eine Ausnahme. Bei den erstem sind mir die
Beweggründe nicht klar; die Schwalben dagegen, welche sich aus-
schließlicli von fliegender Beute ernähren, treibt offenbar der Mangel
an Nahrung davon.
Zum Kapitel „Wanderung" verhalten sich die Vögel des Campo
Itatiaya folgendermaßen:
1. Vögel, welche während der eintretenden kalten Tage davon
ziehen.
Püangns siilph. max. und Schwalben.
2. Standvögel, die zu jeder Jalires- und Tageszeit in einem be-
stimmten Gebiete angetroffen werden.
Odontoplioriis cap,, Fulsatrix, Kolibris, Campspecht, Scytalopits
spei., ConopJiaga lin., Formicivora crythroc, Lochnia ncniat.. Cassicus
chrysopterus.
'S. Mit dem Vieh wandernde Vögel.
Caräcarä und Moloihrus honar.
4. In den Wäldern nach Art der Meisen, Goldhähnchen etc.
umherstreichende Vögel.
Spechte, Synallaxis mor.. Xipliocolaptes alh. und andere Dendro-
colaptiden, Fachysüvia poecü., Calospisa thoracica, Foospisa ihorac. und
F. lateralis.
Die letztgenannten Vögel durchstreifen vielfach gemeinschaftlich
das Gebiet, oft auf kurze Strecken von Stephanophorus leuc. und
andern begleitet; manche Arten reisen aber auch oft getrennt von
jenen und dann häufig familienweise, oder nur die eine oder andere
Art schlägt sich zusammen. So besonders die beiden Foospisa mit
Fachysilvia pocc. etc.
5. Strichvögel, d. h. solche, deren Vorkommen an das Gedeihen
gewisser Sämereien oder Früchte gebunden ist.
Penelopc ohsc, Papageien, Tukane, Drosseln, Stephampliorus leuc.
Nachdruck verholen.
Ubcrsctzungsrecht vorbehalten.
Einwirkung äußerer Einflüsse auf Schmetterlinge.
Veränderung- der Cliitinteile, der Färbung und Zeichnung
unter dem Einfluß von Kälte und Feuchtigkeit.^)
Von
Peter Kosmiiisky.
(Aus dem Laboratorium des Zoologischen Museums der Universität
Moskau.)
Mit Tafel 13 17.
Die Frage nach der Veränderlichkeit der Sclimetterlinge unter
der Einwirkung veränderter äußerer Umstände ist in der Experi-
mentalzoologie mit besonderm Glück behandelt worden. Dies ist
durch den Umstand zu erklären, daß die Untersuchungen über die
auf solchem Wege erhaltenen Veränderungen den Schlüssel zum Ver-
ständnis so interessanter Erscheinungen geben wie Lokalvariationen,
Saison- und zum Teil auch Geschlechtsdimorphismus. Außerdem
werden hierbei so fundamentale Fragen aus der Biologie berührt wie
die Variabilität der Arten, das Auftreten neuer Formen, Vererbung.
Es ist begreiflich, daß infolge des biologischen Literesses der Frage
und der relativen Leichtigkeit der dazu erforderlichen Versuche
dieselbe die Aufmerksamkeit zahlreicher Forscher auf sich gelenkt
hat. Wie reich die diese Frage behandelnde Literatur ist, kann
man aus dem neuerdings erschienenen 2. Bande der „Experimen-
1) Verkürzt wurde diese Arbeit in der Sitzung der zoologischen
Sektion der Kaiserl. Gesellschaft der Freunde der Naturwissenschaften,
der Anthropologie und Ethnographie zu Moskau am 7./20, Dezember 1907
verlesen.
362 Peter Kosminsky,
teilen entomologischen Studien-' von Bachmetjew (1) ersehen, in
dem eine Zusammenstellung aller das betreftende Gebiet berührenden
Versuche gegeben ist. ^)
Aber ungeachtet der großen Anzahl von Untersuchungen über
die einschlägige Frage, ist sie doch sehr einseitig erfoi'scht worden:
es wurden hauptsächlich die Veränderungen der Zeichnung und
Färbung studiert, auf alles übrige wurde zu wenig geachtet. Wenn
auch der andern Veränderungen Erwähnung geschehen ist, so doch
nur im Vorübergehen.
Erst vor kurzem erschienen 2 Arbeiten M. v. Linden's (3, 4)
und in der Zwischenzeit zwischen den beiden die Abhandlung von
Federley (5), welche von den Veränderungen der Schuppen handeln.
Federley's Arbeit liefert eine eingehende Untersuchung über
die Veränderungen der Schuppen unter dem Einfluß der Temperatur.-)
In Linben's Arbeiten werden die Einwirkungen anderer Faktoren
(Trockenheit, verschiedener Gase, verminderten Druckes) untersucht.
Es ist jedoch zu bemerken, daß in diesen Abhandlungen die Frage
nach den Veränderungen der Schuppen bei weitem nicht erschöpfend
behandelt ist: es ist die Einwirkung vieler Faktoren unberück-
sichtigt geblieben, und einige Schlußfolgerungen sind als nicht ge-
nügend begründet anzusehen.
Alle diese Erwägungen veranlaßten mich im Sommer 1907 eine
Eeihe von Versuchen anzustellen, um einige Schlußfolgerungen
Federley's zu kontrollieren und ebenso, um die Einwirkung einiger
Faktoren festzustellen, w^elche wieder von Linden noch von Federley
berührt worden sind.
Bevor ich aber von meinen Versuchen rede, halte ich es für
nötig, einige Worte über Federley's Untersuchungen und die Schlüsse,
die er daraus gezogen hat. zu sagen.
Federley hat Versuche über die Einwirkung erhöhter und er-
niedrigter Temperaturen angestellt. Ich werde nur über diejenigen
mit erniedrigter Temperatur sprechen, da ich aus von mir unab-
hängigen Gründen nicht die Möglichkeit hatte, Versuche mit erhöhter
Temperatur zu machen und somit eine Kontrolle der Schlußfolge-
rungen Federley's, die auf Grund solcher Experimente aufgebaut
1) Siehe auch Linden (2).
2) Bei den Versuchen Federley's und Linden's wie auch in der
erdrückenden Mebrzald von A'ersucben dieser Art wurden Puppen der
Einwirkung äußerer Einflüsse unterworfen.
Einwirkung- äuCerer Eintiüsse auf Schmetterling-e. 363
sind, nicht möglich ist. Seine Versuche mit erniedrigter Temperatur
teilt Federley in 2 Gruppen : 1. Gruppe: „Kälteexposition", längere
Einwirkung mäßiger Kälte (nicht unter 0"C); Kesultat: verbreiterte
Schuppen; 2. Gruppe: ..Frostexposition", Einwirkung einer Tempe-
ratur unter 0" C; Resultat: verkleinerte und verschmälerte Schuppen.
Übrigens werden einige Ausnahmen zugelassen: unter der Einwirkung
mäßiger Kälte wurden zuweilen verkleinerte und verschmälerte
Schuppen erzielt, und umgekehrt, unter der Einwirkuug einer Tem-
peratur unter 0^*, verbreiterte Schuppen. Mir scheinen etwas un-
begründet und einer Kontrolle bedürftig die Erklärungen des Auf-
tretens von Schuppen vom Typus der „Kälteexposition", wie sie
Fedeeley gibt. Er charakterisiert die Schuppen dieser Reihe
folgendermaßen: „Die Schuppen sind von normaler oder sogar über-
normaler Größe und gut entwickelt, haben einen sehr großen Korpus,
der entweder nur einzelne kurze Processus trägt oder ganz processus-
los ist." Diese Erscheinung sucht er folgendermaßen zu erklären:
„Die Vorstufen der Pigmente kommen in der Hämolymphe vor und
werden mit derselben in die hohlen Schuppen eingeführt." Der
Druck der Hämolymphe hat einen Einfluß auf die Gestalt der
Schuppen. „Bei den Kälteversuchen ist es schwer, eine grosse
Feuchtigkeit zu vermeiden, und hierdurch wird die Verdunstung der
Puppe eine ganz minimale, was wieder zur Folge hat, dass einerseits
die Entwickelung sich verzögert und andererseits der Druck in der
Puppe gesteigert wird. Zur Verzögerung trägt noch die niedrige
Temperatur bei, da aber die Entwickelung nicht vollständig aufhört,
so stehen die neugebildeten Schuppen während einer verhältnismässig
sehr langen Zeit unter einem höheren Druck als unter noi-malen
Verhältnissen, und das Resultat gibt sich in der erweiterten Schuppen-
form kund. Bei den Versuchen mit sehr niedrigen intermittierenden
Frostgraden, welche eigentlich zu der Reihe der Frostexpositionen
gerechnet werden müssten. in denen aber auch Falter vorkommen,
die, nach der Form der Schuppen zu urteilen, dieser Reihe näher
stehen, kommt noch ein Moment hinzu, nämlich das Erstarren der
Körpersäfte, bei welchem auch eine Vergrösserung des Volumens
stattfindet. Das Gefrieren von Flüssigkeiten wird nämlich stets von
einer Voluui vergrösserung begleitet, und ausserdem erleiden die
chemischen Verbindungen, welche in denselben gelöst vorkommen,
Veränderungen, wobei oft gasförmige Zersetzungsprodukte gebildet
werden, was alles zur Erhöhung des Druckes beiträgt. Da nun die
Schuppen direkt unter der Puppenschale liegen, so ist es anzunehmen,
364 Peter Kosminsky,
dass der Frost sie zuerst trifft, und wenn sie zur Zeit der Exposition
mit Hämolymphe gefüllt sind, so erstarrt letztere, und die Schuppen
werden hierdurch ausgedehnt. . . ."
Diese Erklärungen sind meiner Ansicht nach nicht genügend
begründet^): im ersten Falle wird die Hauptrolle der Feuchtigkeit
zugeschrieben, und doch ist die selbständige Einwirkung der
Feuchtigkeit mit Ausschluß der Temperaturerniedrigung nicht unter-
sucht worden; in dem einen wie dem andern Falle wird voraus-
gesetzt, daß während des Versuches die Schuppen sich in dem Ent-
wicklungsstadium befinden, wo sie sich mit Hämolymphe füllen.
Aber es ist nicht nur nicht untersucht worden, in welchem Ent-
wicklungsstadium sich die Schuppen während des Versuches befinden,
sondern wir wissen auch nicht einmal, ob sie zu diesem Zeitpunkte
sich überhaupt schon gebildet haben.
Um Fedeeley's Schlußfolgerungen zu kontrollieren, unternahm
ich vor allen Dingen Versuche über den Einfluß der Feuchtigkeit
bei normaler Temperatur. Diese Versuche haben auch eine selb-
ständige Bedeutung, da die Einwirkung der Feuchtigkeit allein an
und für sich weder von Linden noch von Fedeeley in Betracht ge-
zogen wird. Ferner unternahm ich zur Kontrolle von Fedeeley's
Versuchen eine Reihe von Experimenten über die Einwirkung einer,
mäßigen Kälte in Verbindung mit Feuchtigkeit. Außerdem nahm
ich starke, aber nicht lange andauernde Abkühlungen der Puppen
im Beginne des Stadiums vor, um die Einwirkung der Kälte für die
Zeit festzustellen, wo die Schupi)en noch nicht Zeit hatten, sich zu
entwickeln. In Ermangelung eines Eiskellers konnte ich leider
nicht alle Versuche persönlich durchführen.
Persönlich führte ich die Versuche über die Einwirkung der
Feuchtigkeit durch {Vanessa io L. , antiopa L.) und über die kurz
anhaltende Kälte (F, antiopa). Ein Teil der Versuche {Lymantria
dispar L, — Einfluß von Feuchtigkeit und Kälte, Malacosoma neustria
L, — Einfluß der Kälte) wurde unter meiner Leitug ausgeführt.
Endlich erhielt ich einige Abweichungen {Vanessa urticae L,,
io L,, Arctia villira L., Kälteeinflüsse) von Personen, die sich früher
mit Versuchen über Variationen von Faltern unter der Einwirkung-
herabgesetzter Temperaturen beschäftigt hatten. Der Umstand, daß
die Versuche von verschiedenen Personen ausgeführt wurden, hatte
1) Übrigens gibt FEDEJiLEY selbst zu, daß seine Schlußfolgerungen
zur Hälfte spekulative sind.
Einwirkung äußerer Einflüsse auf Schmetterlinge. 3ö5
eine gewisse Ungieiclimäßig'keit in der Verteilung des Materials
zur Folge.
Die Untersuchung des erhaltenen Materials wurde im Labora-
torium des Zoologischen IMuseums der Moskauer Universität unter
der Leitung Prof. Koshewxikov's ausgeführt.
Meine Versuche ergaben eine Keihe von Veränderungen hin-
sichtlich der Zeichnung und Färbung der Flügel und der Form der
Fülller, abgesehen vom Material zur Veränderung der Schuppen.
Obwohl diese Daten keine direkte Beziehung zu den Fragen
haben, die ich zu lösen mich bemüht habe, so haben sie doch ein
selbständiges Interesse, und daher erlaube ich mir ein wenig bei
ihnen zu verweilen.^)
Versuche.
I. Einfluß der Feuchtigkeit.
Zum ZwTcke der Versuche wurden die Puppen in ein geschlossenes
Gefäß gelegt, auf dessen Boden nasser Sand sich befand, der mit
nasser Watte bedeckt war. Die Puppen lagen auf dieser Watte;
einige von ihnen lagen halb im Wasser. Hin und wieder wurde
auf den Sand Wasser gegossen, als Ersatz für das verdunstete und
an den Wänden und dem Deckel sich niederschlagende. So wHirden
der Sand und die Watte während der Dauer des Versuches gleich-
mäßig feucht erhalten. Der Niederschlag von Feuchtigkeit am
Deckel und den Wänden des Gefäßes weist auf eine vollständige
Sättigung mit Wasserdampf hin. Zum Vergleiche ließ ich einige
Schmetterlinge bei normalen Bedingungen im selben Zimmer, wo
sich dieses Gefäß befand, auskommen. Ich glaube, daß die
Temperatur im Gefäß sich wenig von der unterschied, bei der die
Puppen, die als Vergleichsmaterial dienen sollten, erzogen wurden.
1) Für besonders wichtig halte ich es, die Veränderung der Fühler
zu beschreiben ; meiner Ansicht nach ist es nötig, das Gebiet der Versuche
zu erweitern und nicht in den bisherigen Grenzen stehen zu bleiben. Der
erste Schritt ist schon getan : es erscheinen Untersuchungen über die Ver-
änderungen der Schuppen ; aber es muß fortgefahren und es müssen
die Veränderungen am ganzen Organismus studiert werden. Ich möchte
nicht Fischee's (6) Fehler wiederholen und den Federley's, welche bei
ihren Experimenten Falter mit veränderten Fühlern (FEUEßLEY) und Beinen
(Fischer) erzielten und diesen Veränderungen nicht die erforderliche Be-
achtung zuwandten.
366 Peter Kosminsky,
Anfäng-licli sank natürlicli die Tem])eratur infolg-e der Verdunstung-,
aber danach wurde letztere minimal, dank der Sättigung des
Raumes mit Dämpfen, und das Gefäß stand im Zimmer genügend
lange, um die Temperatur der umgebenden Luft anzunehmen. So muß
man denn annehmen, daß bei diesem Versuche nur Feuchtigkeit
im Überfluß vorhanden war.
Vanessa io L. ^)
Der Versuch zerfiel in 3 Teile.
1. Er begann bald nach der Verpuppung und dauerte 4—6 Tage.
2. Der Versuch begann, sobald die Puppen ein Alter von
0 — 6 Tagen erreicht hatten, und wurde nicht früher beendet als
1 Tag vor dem Auskriechen (was durch deutliches Durchschimmern
der Zeichnung durch die Puppenhülle bestimmt wurde).
3. Der Versuch begann bald nach der Verpuppung und dauerte
bis zum deutlichen Durchschimmern der Zeichnung durch die
Puppenhülle.
Die ersten 2 Versuche unternahm ich zu dem Zwecke, um zu
bestimmen, in welchem Alter der Puppen die Feuchtigkeit am
meisten einwirkt. Der 3. Versuch hatte den Zweck, die Einwirkung
der Feuchtigkeit für den Fall klarzustellen, daß die Dauer des
1. und 2. Versuchs ungenügend erscheinen sollte. Es wurden
folgende Resultate erzielt: in Zeichnung und Färbung gingen die
Veränderungen nicht über die Grenzen gewöhnlicher individueller
Abänderungen hinaus, die bei dieser Art sehr gering sind; die
Schuppen waren ebenfalls bei allen, ausgenommen ein Individuum,
normal. Bei diesem einzigen veränderten Exemplar war (es be-
zieht sich auf den 1, Versuch) der linke Vorderflügel ganz ver-
fault; der linke Hinterflügel war ein wenig zusammengedrückt, die
Schuppen an ihm waren ziemlich stark verändert: auf der Oberseite
waren die Schuppen stark verkleinert, und die Fortsätze an ihnen
hatten sich vergrößert (Taf. 15, Fig. 4).-) An den rechten Flügeln
waren die Schuppen schmäler als die normalen und ihre Fortsätze
weniger zahlreich: auf der Oberseite des Vorderflügels trugen sie
statt 4—6 nur 3—5 Fortsätze (Taf. 15, Fig. 2). «)
1) Aus dem Riesengebirge (Agnetendorf).
2) Auf der Tafel ist ein Teil des schwarzen Feldes vom Augenfleck
auf der Oberseite des Hinterflügels abgebildet.
3) Auf den Tafeln sind gewöhnlich die Stellen in der Mitte der
Einwirkung äußerer Einflüsse auf Schmetterlinge. 367
Wie zu erwarten gewesen, waren einige Puppen verfault.
Bei allen Puppen, die dem Versuche unterworfen worden waren,
ließ sich folgende Veränderung wahrnehmen, die sie von den nor-
malen unterschied : vor dem Auskriechen wurden die letzten freien
Segmente des Abdomens stark ausgedehnt. Diese Erscheinung be-
merkte Fedekley bei den Puppen, die der Einwirkung einer mäßigen
Kälte in Verbindung mit Feuchtigkeit unterworfen wurden; er hält
dieselbe für ein Anzeiclien hohen innern Druckes, der nach seiner
Ansicht die Ursache einer Verbreiterung der Schuppen ist. Aber
ungeachtet dessen, daß einige Exemplare der Einwirkung der
Feuchtigkeit wälirend der ganzen Entwicklungsdauer ausgesetzt
waren, fand keinerlei Verbreiterung der Schuppen statt.
Die Feuchtigkeit wirkt, wenn auch unbedeutend, auf die Dauer
des Puppenstadiums ein: soweit ich nach der unbedeutenden Zahl
von Puppen, die dem Versuche dienten, urteilen kann (50 Stück),
hält die Feuchtigkeit die Entwicklung ein wenig auf. Bei so
geringfügigen Resultaten kann man natürlich nicht darüber urteilen,
wie Puppen von verschiedenem Alter auf die Feuchtigkeit reagieren.
Vanessa antiopa L. ^)
Die Puppen wurden einem Versuche unterworfen, wie er für
F. io unter No. 3 angegeben ist.
Die Veränderungen waren ebenso wie bei den Versuchen mit
V.io unbedeutende; bei der Mehrzahl waren Schuppen und Färbung
normal, nur bei 1 Exemplar (Taf. 13, Fig. 2) hatte der gelbe Rand
einen orangefarbenen Ton angenommen; auf der Oberseite des
rechten Hinterflügels hatten sich im Vorderwinkel bei diesem
Exemplar die Schuppen stark verkleinert und waren eingeschrumpft
(Taf. 15, Fig. 11). Wie bei den Versuchen mit V. io waren die
letzten Abdominalsegmente der Puppen vor dem Ausschlüpfen stark
ausgedehnt.
Lyniantria dispar L. ^)
Aus denselben Gründen wie bei den Versuchen mit Vanessa io
teilte ich das Experiment in 3 Teile; jedoch führte ich in diesem
Oberseite des Vorderflügels zwischen Medianader 2 und Medianader 3
[nach Eimer (10)] dargestellt. Falls eine andere Stelle abgebildet wird,
so wird darauf besonders hingewiesen.
1) Aus Agnetendorf im Riesengebirge.
2) Aus Ljublin, Rußland, Polen.
368 Peter Kosminsky,
Falle einige Abänderungen in der Dauer des Versuches in Ab-
hängigkeit von längerm Puppenstadium bei dieser Art ein. ^)
1. Die Raupen wurden kui'z vor der Verpuppung in eine feuchte
Atmospliäre gebracht; sie verpuppten sich am selben Tage oder nach
2 — 4 Tagen. 7 — ^8 Tage nach Beginn des Versuches wurden die
Puppen in normale Verhältnisse gebracht.
2. Der Versuch begann, als die Puppen 7—8 Tage alt waren,
und dauerte bis zum Auskriechen.
3. Die Puppen wurden während der ganzen Dauer des Puppen-
stadiums feucht gehalten.
Die Veränderungen waren nicht groß : nur bei einigen Weibchen
verschwanden die Deckschuppen (Taf. 16. Fig. 17); infolgedessen
wurde der ganze Flügel blasser, die Adern waren deutlicher sicht-
bar, die Zeichnung aber schwand fast ganz; nur am Costalrande
der Vorderflügel waren die Schuppen und daher auch die Zeichnung
normal (Taf. 13, Fig. 12). Außerdem waren einige Schuppen stark
gesträubt, d. h. sie bilden mit der Membran des Flügels einen
größern Winkel, als normal erscheint. Bei andern Weibchen ist ein
unbedeutendes Grauerwerden der Hinterflügel bemerkbar [dieses
Merkmal nähert sie den Faltern, die Pictet (11) unter der Ein-
wirkung von Feuchtigkeit auf Raupen erhielt].
Bei einem Männchen sind die Schuppen meistenteils der Fort-
sätze verlustig gegangen (Taf. 16, Fig. 13). In bezug auf diesen
Fall kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, ob das eine Folge der
Feuchtigkeit oder eine Individualaberration ist, die von keinen
äußern Umständen abhängt, da bei dieser Art die Größe der Fort-
sätze stark variiert.
Einige Puppen waren verfault.
Die unbedeutende Anzahl veränderter Exemplare gestattet mir
nicht, irgendwelche Schlüsse in bezug auf den Einfluß der Feuchtig-
keit auf die verschiedenen Altersstufen der Puppen zu machen.
Somit wärkt die Feuchtigkeit wenig ein, sowohl auf Färbung
und Zeichnung wie auch auf die Schuppen. Eine schwache Veränderung
der Falter unter dem Einfluß der Feuchtigkeit auf die Puppen stellte
auch Pictet fest (11), der unter andern Versuchen auch solche an
1) Bei den Versuchen mit der Einwirkung der Feuclitigkeit dauerte
das Puppenstadium bei V. io 12 — -15, bei Lyii/aidria dispar aber 15 — 20 Tage.
Ehnvirkuug äuL'erer Einflüsse auf Schmetterlinge. 369
Vanessa io und Lymaniria (?%)«/• anstellte. Wenn auch starke Ver-
änderungen der Schuppen vorkommen, so sind es doch nur lokale,
dort, wo die Puppe unmittelbar mit ^\'asser in l^erühi-ung- kam.
Keinerlei Verbreiterung- der Schup])en fand statt, wie man das auf
Grund der Schlüsse Fedeiilky's hätte annehmen können: alle ver-
änderten Schuppen sind kleiner und schmäler als die normalen.
IL Einfluß der Kälte.
1. Mäßige Kälte.
Versuchen dieser Art w'urden unterworfen Vanessa io L., urticae
L., Lymanfria dispar L., Malacosoma ncustria L. und Arctia vülica L.
Obwohl nur mit 2 Arten der Versuch nach meinem Plane gemacht
wurde (L. dispar und M. nenstria) und die übrigen nur ein zufälliges
Material darstellen, das von verschiedenen Personen erhalten wurde,
so war doch die Technik der Versuche annähernd dieselbe: Schachteln
mit Puppen wurden auf längere Zeit auf Eis gestellt (Temperatur
+ 8 bis -f 9 '^ C, Feuchtigkeit sehr hochgradig) ; nur die Puppen von
Ardia villica w^irden im Keller ohne Eis aufgezogen. Die Versuche
wurden an verschiedenen Orten vorgenommen; um irgendwelche Ver-
sehen zu vermeiden, verglich ich die erhaltenen Abweichungen mit
normalen Exemplaren, die denselben ()rtlichkeiten entnommen waren.
Vanessa io L.')
Die Puppen wurden einer Versuchsdauer von 40 Tagen unter-
worfen; erzielt wurde die Varietät fisclieri Stdfs.; die Schuppen
w^aren sehr schmal, und vielen fehlten die Fortsätze (Taf. 15. Fig. 5).
Vanessa urticae L.-)
Der Versuch dauerte 30 Tage. Es wairden P'alter erzielt, die
einen Übergang zu ah. ichnusoides de Selys bildeten. Die Verände-
rung der Schuppen war dieselbe wie bei V. io. ■')
1) Aus dem Gouvernement ^Warschau.
2) Aus dem Gouvernement Nowgorod.
3) Zu den Abänderungen dieser (iruppe muß man ein Exemplar
von Vanessa antiopa aus dem Riesengebirge rechnen, obwohl es in Freiheit
gefangen wurde, aber doch bei anormalen Umständen auskroch : ich traf
es eben erst ausgeschlüpft; die Puppe hing an einem Stein, indem sie
diesen mit einer Seite berührte ; alle Tage vordem hatte es geregnet und
herrschte eine ziemliche Kälte ; der Stein war sehr naß. Bei der Unter-
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 24
370 Peter Kosminsky,
JLfßnuiutria' dt'spar L. ^)
Der Versucli zerfiel in 4 Teile.
1. Puijpen im Alter von 1 — 2 Tagen wurden auf Eis gelegt
und so 40 Tage lang gehalten.
2. Der Versuch dauerte 35 Tage.
3. Der Versuch dauerte 30 Tage.
4. Zum Versuche dienten 1 — 8 Tage alte Puppen; er dauerte
20 Tage.
Wie zu erwarten war, verfaulte ein Teil der Puppen oder ergab
Krüppel. Wie es in solchen Fällen immer geht, trat eine starke
Hemmung in der Entwicklung ein; aber die Zeit von der Ver-
puppung bis zum Beginn des Versuches und die Zeit vom Ende des
Versuches bis zur Ausschlüpfiing war kürzer als die normale Dauer
des Puppenstadiums; dies Aveist darauf hin, daß die Entwicklung
der Puppen während des Versuches nicht unterbrochen, sondern bloß
verlangsamt wurde.
Einige Exemplare von denen, deren Puppen einige Zeit nach
der Verpuppung auf Eis gelegt wurden (4. Versuch), krochen sehr
bald nach Beendigung des Versuches aus; oifenbar entwickelten
sich bei ihnen die Schuppen während des Versuches; somit waren
alle Bedingungen eingehalten, die nach Federley erforderlich sind,
um verbreiterte Schuppen zu erzielen.-)
Es wurden folgende Veränderungen der Schuppen beobachtet:
wie bei den Männchen so auch bei den Weibchen zeigen die Schuppen
eine Neigung zum Kleinerwerden (Taf. 16, Fig. 15, 18, 20); dabei
schwinden die Fortsätze [übrigens finden sich bei einem Weibchen
suchung erwies es sich, daß die Schuppen bei diesem Schmetterlinge sich
verschmälert hatten, und die Zahl der Fortsätze war im Vergleich zu
normalen Fällen vermindert (auf der Oberseite der Vorderflügel statt 3 — 5
nur 2—3, s. Taf. 15, Fig. 6).
1) Aus Ljublin.
2) Federley 's Versuche fanden bei einer niedrigem Temperatur statt.
Daher verging viel Zeit vom Ende des Versuches bis zum Ausschlüpfen,
so daß es unbestimmt bleibt, ob die Schuppen überhaupt während des
Versuches genügend entwickelt waren. Indem ich die Versuche bei einer
höhern Temperatur ausfülirte und ihnen Puppen in einem Alter bis zu
8 Tagen aussetzte , erreichte ich , daß die größere Zeitdauer der Ent-
wicklung in die Zeit des Versuches fiel ; daher entsprechen meine Versuche
mehr den Bedingungen, die Federley zur Erzielung der Verbreiterung
der Schuppen verlangte, als seine Versuche.
Einwirkung- äuGerer Einflüsse auf Schmetterlinge. 371
Schuppen, die, obwohl stark verkleinert, doch gut ausgeprägte Fort-
sätze tragen (Taf. 16, Fig. 20)]. Zuweilen bilden die Schuppen mit
der Fliigelmerabran einen übernormal großen Winkel. Überhaupt
ist die Zahl der Schuppen vermindert.
Bei den ]\lännchen verschwinden die schmalen weißen Scliuppen
am Außenrande der Vorderflügel.
Die Weibchen verlieren oft die Deckschuppen (Taf. 18, Fig. 18),
so daß die Flügelmembran durchscheint; diese Veränderung erinnert
an die bei Feuerley auf tab. 3, lig. 8 abgebildete (ebenfalls Kälte-
einwirkung). Die äußersten Formen unterscheiden sich noch mehr
von den normalen, als sie Federley auf tab. 3, fig. 7 gibt (Formen
der Eeihe „Frostexposition").
Die Schuppen verlieren am ganzen Körper den größten Teil
der Fortsätze, und die Härchen werden kleiner (Taf. 17, Fig. 9—11).
Die Veränderung der Schuppen ist weniger bemerkbar am
Costalrande der Vorderflügel \) : nur bei den stärker veränderten
Exemplaren ist der Unterschied zwischen dem Grade der Abweichung
der Schuppen am Costalrande und des übrigen Teiles der Flügel
wenig auffallend.
Die am meisten verschmälerten Schuppen findet man bei Exem-
plaren, die beim 4. Versuche erzielt wurden, d. h. bei denen, welche
nach Federley am ehesten eine Verbreiterung der Schuppen auf-
weisen müßten.
Interessante Veränderungen gingen in Zeichnung und Färbung
vor sich. Alle Männchen haben sich mehr oder weniger verändert.
Die Zeichnung auf der Oberseite der Vorderflügel ist mehr oder
weniger verschwunden (Taf. 13, Fig. 7, 8, 9 u. 10). Die Färbung
ist entweder weißlich (Fig. 10) oder einfarbig grau (Fig. 8) oder
aber schwärzlich (Fig. 9). Die Oberseite der Hinterflügel und die
Unterseite sind wenig verändert. Die weißliche und einige graue
Formen gleichen den Aberrationen, die Federley unter der Ein-
wirkung erhöhter Temperatur erhielt.
Die Veränderung der Zeichnung bei den Weibchen geht
in 3 Richtungen: 1. die ganze Zeichnung wird heller und ver-
schwindet bei den äußersten Formen fast ganz (Taf. 14, Fig. 1);
1) Die schwache Veränderung der Schuppen und der Zeichnung am
Costalrande bemerkte auch Federley ; er erklärt diese Erscheinung so :
an der Puppe ist dieser Flügelteil von den Füßen bedeckt, daher wirken
äußere Einflüsse auf ihn schwächer als auf die übrigen Partien, die von
dem äußern Medium nur durch die Puppenhülle geschieden sind.
24*
372 Peter Kosminsky,
2. die Zeichnung zeigt eine Neigung- zum Verschwinden, außer den
Fransenflecken und Mittelflecken, die bei einigen Exemplaren stärker
ausgeprägt sind als bei den normalen iTaf. 14, Fig. 2, 3 u. 4).
Einige Formen dieser Aberrationen gleichen der bei Fedeeley auf
tab. 1. flg. 9 dargestellten (Einwii-kunp- mäßiger Kälte). Endlich
ist 3. eine Verbreiterung der Mittelschatten in Verbindung mit dem
Verschwinden der übrigen Zeichnung zu bemerken. Das Exemplar
mit dem verbreiterten Mittelschatten ist auch bei Fedeeley abge-
bildet (tab. 1, flg. 12), aber bei meinen Stücken ist die Abweichung
bedeutend stärker ausgeprägt (Taf. 14. Fig. 5, 6, 7 u. 8).
Die Zeichnung hat sich bei vielen Stücken nicht verändert, aber
die Färbung ist entschieden bei allen eine andere geworden. In
der Mehrzahl der Fälle ist die Färbung eine schmutzig weiße, bei
andern eine gelbliche oder graue von verschiedener Abtönung.
Bei den einen der grauen Formen findet sich ein breiter Mittel-
schatten (Taf. 14. Fig. 8), bei andern ist die Zeichnung, mit Aus-
nahme der Mittel- und Fransenflecken, blasser geworden (Taf. 14,
Fig. 3), bei noch andern endlich ist die Zeichnung normal.
Bei einigen gelben Formen verschwindet mehr oder weniger die
ganze Zeichnung mit Ausnahme der Mittel- und Fransenflecken
(Taf. 14, Fig. 4), bei andern entwickelt sich ein breiter Mittel-
schatten.
Bei den schmutzig weißen Stücken finden sich alle oben er-
wähnten Abänderungen der Zeichnung (Taf. 14, Fig. 1. 2, 7), und
bei vielen ist letztere nicht verändert.
Die Formen mit nicht veränderter Zeichnung gehören alle in
den 4. Versuch hinein; zu gleicher Zeit finden sich die stärksten
Veränderungen der Schuppen gerade bei den Formen dieser Versuchs-
reihe. Höchst wahrscheinlich hängt das davon ab, daß die Puppen
dem Versuche in einem Alter unter 8 Tagen unterworfen worden
sind. Wie Standeüss' (17) Untersuchungen, Arbeiten Fischee's (8, 9)
und anderer Autoren zeigten, wurden Färbung und Zeichnung nur
dann stark verändert, wenn der Versuch mit einer Puppe von
höchstens 1 — 2tägigem Alter vorgenommen wird. Die Schuppen
aber verändern sich, wie Fedeeley's Untersuchungen ergeben haben,
auch dann, wenn dem Versuche Puppen unterworfen werden, die
längere Zeit unter normalen Bedingungen gelegnen hatten.
Von sonstigen Veränderungen müssen hervorgehoben werden :
die allgemeine Abschwächung der Flügelmembran und die Ver-
änderung der Flügelform. Die Vorderflügel sind bei vielen Stücken
Einwirkung äußerer p]infliisse auf Schmetterlinge. 373
versclimäleit, und der Yorderwinkel tritt mehr hervor, während die
Hinterfiügel verkleinert sind. Besonders interessant sind die Yer-
änderung-eu der Fühler bei den Weibchen. Die Fiedern sind viel
länger als unter normalen Umständen, dabei befinden sich die aller-
längsten nicht am Ende des Fühlers, wie bei den normalen Stücken,
sondern in der Mitte (Taf. 17. Fig. 1); die Sensillae trichoideae ^)
sind verkleinert; die Sensillae coeloconicae au den Fiedern sind nicht
nach der Seite, sondern nach der Spitze der Fiedern (Taf. 17,
Fig. 4) gewandt.-)
Bemerkenswert ist die Fühlerform. die auf Taf. 17, Fig. 6 dar-
gestellt ist. Die Fiedern an den Gliedern des Fühlers, die sich
näher der Basis befinden, und die Glieder selbst sind stark ver-
breitert. Zum Vei-gleiche habe ich auf Taf. 17 einige Glieder eines
normalen Weibchens abgebildet mit den breitesten Fiedern. '■')
Die Schüppchen an den veränderten Fühlern sind breiter und
kürzer geworden (Taf. 17, Fig. 8). Die Fühler sind bei allen Weib-
chen verändert, die dem 1., 2. und 3. Versuche angehören.
3IaI(t('osonia neustria L. ^)
Der Versuch dauerte 30—35 Tage. Ich erhielt Schmetterlinge
mit stark verschmälerten, zugespitzten und der Fortsätze verlustig
gegangenen Grund- (Basal-) Schüppchen. Die haarfürmigen Deck-
schuppen haben sich nur schwach verändert. Im allgemeinen sitzen
die Schuppen weniger dicht (Taf. IG, Fig. 22). Die Zeichnung ver-
rät eine Neigung zum Verschwinden: bei einigen sind die Quer-
streifen unklar, bei andern verschwinden sie ganz (Taf. 14, Fig. 11
bis 15).
1) Nach SCHEKK (18).
2) Die geringe Länge der auf Taf. 17, Fig. 4 dargestellten Sens.
chaeticae ist kein spezielles Merkmal der Kälteform. Die S. chaeticae von
dieser Länge werden auch bei normalen Stücken gefunden. Überhaupt
variieren die Fühler der Weibchen von L. d/sjMir recht stark. Es w^echselt
die Länge der S. chaeticae und Fiedern. Auf Taf. 17, Fig. 2 ist ein
Fühler mit relativ langen Fiedern und 8. chaeticae dargestellt (oft kommen
auch kürzere vor).
3) Der normale Fülder ist länger als der nebenan abgebildete Fühler
der Kälteform.
4) Aus Ljubliu.
374 Peter Kosminsky.
Arctia villica L. ^)
Die Puppen wurden 40 Tage in einem Keller gehalten. Zeichnung,
Färbung und Schuppen der ausgeschlüpften Schmetterlinge zeigen
keine Veränderung, nur bei einem Männchen ist die Färbung der
vordem Flügel düsterer, und die Schuppen auf demselben sind
schmäler, die Zahl der Fortsätze geringer (statt 3 — 4 nur 2—3.
siehe Taf. 16, Plg. 24).
Alle erhaltenen Eesultate zusammenfassend, sehen wir. daß
unter der Einwirkung einer mäßigen Kälte in Verbindung mit
Feuchtigkeit die Schuppen sich verschmälern und kleiner werden;
diese Regel ist bindend für Falter aus Familien, die weit vonein-
ander abstehen (Lytnatitriidae, Arctiidae, NymphaMm') ; dabei ist die
Verkleinerung der Schuppen mit dem Zurückgehen der Zahl und
Größe der Fortsätze verbunden ; doch kann letzteres auch nicht statt-
haben, wie die Schuppen eines Weibchens von L. dispar beweisen.
Bei sehr vielen Exemplaren besitzen die Schuppen alle Merkmale
der Schuppen der Reihe „Frostexposition" (Temperatur unter O^C)
Federley's. Eine Verbreiterung der Schuppen wurde nur in den
Fühlern der Weibchen von L. dispar bemerkt; übrigens ist dies eine
Veränderung besonderer Art, und wir werden weiter unten darauf
zurückkommen.
Von andern Veränderungen verdienen beachtet zu werden die,
soviel ich weiß, noch nicht beschriebenen Formen von L. dispar (die
grauen Weibchen und die Weibchen mit breiten Mittelschatten) und
die Veränderungen der Fühler.
2. Einfluß der Temperatur unter 0".
Vanessa atitiopa L. -)
Zum Versuche wurden Puppen genommen, die aus Raupen er-
zogen waren, die von einem frühen Jugendstadium an im Zimmer
gehalten wui-den. Ein Teil der Puppen wurde im Zimmer aufge-
zogen, ohne dem Versuche unterworfen zu werden. Der Versuch
wurde von mir in folgender Weise durchgeführt: Die Puppen wurden
1) Aus Radom (Rußland, Polen).
2) Aus dem Riesengebirge.
Eiinvirkung äußerer Einflüsse auf Schmetterlinge. 375
SO in einer Blechscliaclitel untergebracht, daß sie mit einer Seite
eine sehr dünne Watteschicht berührten, mit welcher der Deckel
belegt war. Mit der andern Seite lagen die Puppen auf Watte,
mit der die Schachtel ausgelegt war. Auf den Deckel der Schachtel
legte ich ein Stück Watte, das mit Äther begossen wurde: so mußten
die Puppen bald abkühlen, da von der Watte, die mit Äther be-
gossen wurde, sie nur eine dünne Watteschicht trennte und ein
dünner Blechdeckel. ^) Zur Messung der Temperatur veii'uhr ich
folgendermaßen: Auf die ßlechplatte, welche am Thermometer das
Quecksilberreservoir umschließt, legte ich ein Stück Watte und be-
goß gleichzeitig die Watte am Thermometer wie auf der Schachtel.
Natürlich ist eine solche Messung sehr ungenau, aber eine genauere
Vorrichtung, wie etwa ein in die Schachtel eingebautes Thermo-
meter, hatte ich nicht zur Hand. Die Temperatur fiel im Laufe
von 5 Minuten auf 0" C; während der ganzen Versuchsdauer hielt
sie sich auf — 3'' C, erhob sich selten bis nicht über 0" und fiel
bis zu — 5" C. Der Versuch dauerte eine Stunde. 50 Minuten
nach Beendigung des Versuches erreichte die Temperatur die nor-
male Höhe.
Ehe ich von den erhaltenen Abweichungen spreche, will ich
einige Worte über die Exemplare sagen, die bei normaler Zimmer-
temperatur erzogen wurden. Es ist augenscheinlich, daß die Er-
ziehung von einem frühen elugendstadium an im Zimmer einigen
Einfluß ausübt: die Falter unterscheiden sich einigermaßen von den
normalen, waren kleiner, die Schattierung des schwärzlich-himbeer-
farbenen Basalfeldes w^ar heller geworden, die blauen Flecken hatten
an Größe zugenommen. Die Schuppen waren etwas breiter geworden
als die normalen (Taf. 15, Fig. 8).
Die Mehrzahl der dem Versuche unterworfenen Stücke unter-
schied sich wenig von der oben beschriebenen Form. Ein Exemplar
bildete einen Übergang zur aberr. hygiaea. Interessante Abweichungen
ergaben uns die 2 Exemplare, deren Puppen in einem Jüngern als
eintägigen Stadium dem Versuche unterworfen wurden. Bei dem
einen (Taf. 18, Fig. 5) war auf der Oberseite der Vorderflügel die
Grundfärbung schwarz geworden mit einem Stich ins Graue, da die
Schuppen nicht dicht saßen und die Flügelmembran durchschimmerte.
Der gelbe Costalfleck, der gewöhnlich näher dem Wurzelende des
1) Die Technik des Versuches wurde mit einigen Veränderungen
Fischer (7) entnommen.
376 Peter Kosminsky,
Flügels steht, war verscliwunden. Der gelbe Rand ist überall mit
schwarzen Schuppen bedeckt, besonders am Vorderrande und an den
Adern, wo die gelben Scliuppen fast verschwinden ; ihrerseits dringen
sie in geringer Zahl näher zur Mitte des Flügels vor und sind neben
den kaum sichtbaren blauen Flecken bemerkbar, die sich weiter
entfernt vom Flügelrande befinden als bei normalen Stücken. Der
gelbe Costalfleck vereinigt sich mit dem gelben Rande, den 3. blauen
Fleck (von vorn ans gerechnet) umgebend. Auf den Hinterflügeln
sind die blauen Flecken kleiner und liegen näher der Flügelwurzel,
oder richtiger, von jedem P'leck bleibt nur ein Teil übrig, der näher
der Flügelbasis liegt. Auf der Unterseite finden sich keine Ver-
änderungen.
Die Schuppen auf der Oberseite der Vorderflügel sind stark
vergrößert, die Fortsätze sind abgerundet; die Schuppen selbst sind
ohne jegliche Ordnung verteilt (Taf. 15, Fig. 9). An andern Stellen
sind die Schuppen normal. Die Adern der Vorderflügel, besonders
die Medianader 1 und Medianader 2. sind wellenförmig gebogen;
der Flügel selbst ist schmäler.
Beim andern Exemplar werden dieselben Veränderungen be-
obachtet, aber auf dem Vorderflügel finden sich rote Schüppchen,
auf dem gelben Rande sind der schwarzen Schüppchen mehr (Taf. 13,
Fig. 4).
Eine der oben beschriebenen ähnliche Abw^eichung erhielt
Fischer (7) durch Wärmeeinwirkung, aber sein Exemplar nähert sich
der var. arteniis Fisch. , da die 3 vordem blauen Flecken auf den
vordem und alle auf den hintern Flügeln vergrößert sind. Bei
meinen Exemplaren verschwindet die blaue Färbung, was sie der
aberr. hijgiaea nähert.
Eine starke Veränderung allein der Oberseite der Vorderflügel
läßt sicli durch die kurze Dauer des Versuches erklären. Es hatte
nur die Oberfläche der Puppe Zeit zum Abkühlen gehabt. Das Auf-
treten stark vergrößerter und verbreiterter Schuppen kann durchaus
nicht nach Fedekley's Sinn erkläit werden. Denn seiner Meinung
nach muß der Frost auf die Schuppen selbst wirken, indem er ein
Einfrieren der Flüssigkeiten hervorruft, und andere ph^ysikalische
und auch chemische Veränderungen, die die Verbreiterung der
Schuppen bedingen. Die Puppen wurden aber in einem Alters-
stadium dem Versuche unterzogen, wo von Schuppen noch gar nicht
die Rede sein konnte.
Einwirkung äußerer Einflüsse auf Schmetterlinge. 377
Wie aus dem oben Gesagten zu ersehen ist, weichen die Ergeb-
nisse meiner Versuche stark mit den von Fedeeley bescliriebenen
Resultaten ab und kann Zweifel aufkommen in bezug- auf die
Richtigkeit seiner Erklärungen der Gründe der Erweiterung der
Scliüppchen. Besonders müssen wir liervorheben, daß ich unter der
Einwirkung mäßiger Kälte nicht ein einziges Exemplar mit ver-
breiterten Schuppen erzielte, während nach FKUKrxLEY das Auftreten
solcher Scliuppen unter der Einwirkung mäßiger Kälte als Regel
gelten muß; in seiner Arbeit beschreibt er einige solcher Formen
und bildet sie aucli ab.
Diese Diskordanz in den Resultaten veranlaßte mich, besonders
sorgfältig die der Arbeit Fedi:i{ley's beigegebene Tafel mit Ab-
bildungen der Schuppen durchzuselien. Und was ergab sich? Auf
dieser Tafel sind in der Reihe ..ivälteexposition", mit Ausnahme
eines Falles [L. dispar S), Schui)pen abgebildet, die schmäler und
kleiner sind als die normalen. Bei Arctia caja L. und Sahirma
pawnia L. sieht man sie bei sorgfältiger Messung ^) ; bei dem L.
di spar -Weihchen erscheinen in der Tat die Schuppen auf den ersten
Blick bedeutend breiter als die normalen, aber dies läßt sich da-
durch erklären, daß bei der Form der ..Kälteexposition" die schmalen
Deckschuppen fehlen, und die Grundschuppen sind, wie man an der
Zeichnung sieht, kleiner als die normalen.
Ich erhielt viele L. rfi.9j>«r- "Weibchen mit Schuppen, die den bei
Federley abgebildeten Schuppen der Reihe „Kälteexposition" ähnlich
sind; die Untersuchung zeigte deutlich, daß die Deckschuppen ver-
schwanden und nicht breiter geworden sind; von ihnen bleiben nur
die Einlenkungsgrübchen. Es ist schwer anzunehmen, daß die
Schuppen infolgedessen ausgefallen seien, daß der Schmetterling
flatterte: die Falter wurden einige Stunden nach dem Ausschlüpfen
getötet. Den Weg zur Klarstellung dieser Erscheinung weist ein
1) Die relative Größe der Schuppen bestimmte ich folgendermaßen:
Ich zeichnete nach der Tafel von Federley bei ein und derselben Ver-
größerung mit Hilfe der AEBE'schen Kammer einige Schuppen der Reihe
„Kälteexpos^ition" und ebensoviele normale Schuppen; danach schnitt ich
sie aus und wog sie. Das Gewicht der ausgeschnittenen Abbildungen der
gemessenen Schuppen verhält sich zu dem Gewichte der Abbildungen der
normalen Schuppen wie ihre Oberflächen. Aus diesem Abwägen stellte
sich heraus, daß die Oberfläche der Kälteformen bedeutend kleiner ist als
die Oberfläche der normalen Schuppen. So war z. B. bei einem Saturnia
paxonia-^, wo auf der Zeichnung der Unterschied gar nicht in die Augen
springt, das Verhältnis := 9:13.
378 Peter Kosjiinsky,
Exemplar, bei dem auf der Oberseite der Vorderflügel sich Häufclien
(Büsclielchen) von Schuppen finden (Taf. 16, Fi«-. 19). Offenbar ver-
hielt sich die Sache folgendermaßen: die Puppen befanden sich in
einer feuchten Atmosphäre, die Feuchtig-keit drang bis an die Ober-
fläche des Flügels und verklebte die Schuppen miteinander. Beim
Ausspreizen der Flügel nach dem Ausschlüpfen konnten die Schuppen
nicht voneinander gleiten und wurden in kleinen Häufchen aus-
gerissen; bei diesem Exemplar blieben diese Häufchen zufällig er-
halten, bei andern stäubten sie ab. Es kommen Exemplare vor. die
fast ganz der Schuppen beraubt sind. Auf den Umstand, daß die
Schüppchen beim Ausspreizen der Flügel abfalle«, weist Folgendes
hin: bei einigen Krüppeln mit schlecht entwickelten Flügeln bleiben
die Schüppchen vollkommen erhalten an den nicht ausgespreizten
Stellen, fehlen aber an den ausgespreizten. In dem Falle, wo die
Feuchtigkeit die Oberfläche des Flügels weniger besetzt, kleben nur
die Deckschüppchen aneinander, die an dem nicht ausgespreizten
Flügel üist ganz die Grundschuppen bedecken und einander dicht
anliegen. Beim Ausspreizen des Flügels können die zusammen-
geklebten Deckschuppen nicht voneinander gleiten und reißen ab,
und auf dem Flügel bleiben bloß die Grundschuppen übrig. Natür-
lich kann auch eine gewisse Anzahl Grundschuppen abreißen. ^)
Darauf, daß die Feuchtigkeit die Schüppchen verklebt, weist auch
folgender Umstand hin : bei den Versuchen mit Feuchtigkeit wurden
Schmetterlinge erzielt, die fast ganz ohne Schuppen waren. ^)
Federley, der diese Erscheinung nicht voraussetzte, sah die
nach dem Ausfall der Deckschuppen noch gebliebenen Grundschuppen
für veränderte Deckschuppen an.
Ich habe schon oben gesagt, daß nur auf einer Zeichnung {L. dispar S)
die Schuppen wirklich breiter und größer als die normalen dar-
gestellt sind, aber auch in diesem Falle steigen Zweifel auf.
Federley wählte mit sehr wenig Glück die Stelle, von der er die
Schuppen abbildete und beschrieb „gleich ausserhalb der äusseren
Querlinie" ; diese Stelle liegt genau in der Nähe des Überganges von
1) Eine ähnliche Erscheinung bemerkt man auch bei den Männchen.
2) Diese Erscheinung kann nur dann statthaben, wenn die Schuppen
sich während des Versuches entwickeln ; und in der Tat gehören die
Mehrzahl der Falter dieses Typus in den 4. Versuch hinein (sie krochen
bald nach Beendigung des Versuches aus), und bei Federley's Versuch
wurden derartige Veränderungen erbalten, als die Feuchtigkeit im Laufe
der letzten 15 — 16 Tage des Puppenstadiums wirkte.
Einwirkung- äußerer Einflüsse auf Sciiruetterlinge. 379
den typischen, schmalen und langen Schuppen des Seitenrandes zu
den breiten Schuppen des Grundfeldes. Die Stelle des Überganges
zwischen diesen zwei Tj^pen von Schuppen ist sehr unbeständig; daher
findet man bei dem einen normalen Männchen von L. dispar gleich
außerlialb der äußern Querlinie schmale, bei den andern breite
Schuppen (Taf. 16, Fig. 14), die den von Fedekley abgebildeten
der Kälteexpositionsreihe sehr ähnlich sind. Wir wissen nicht, wie
sich die Schuppen an den übrigen Flügelpartien veränderten, und
Fedeeley's Zeichnung gibt nicht die Möglichkeit, irgendwelche
Schlüsse zu zielien.
Und so werden denn, mit einer einzigen Ausnahme (und auch
die ist zweifelhaft), unter der Einwirkung mäßiger Kälte die
Scliüppchen schmäler und kleiner.
Erscheint nun aber einmal die Verbreiterung der Schuppen
unter der Einwirkung mäßiger Kälte nicht als Regel, sondern eher
als Ausnahme, so erweist sich die von Federley auf der Kälte-
und Frostexpositionsreihe aufgebaute Einteilung der Veränderungen
der Schüppchen als auf einem reinen Mißverständnis begründet. Wir
finden keine Vergrfjßerung der Schüppchen in dem einen Falle und
eine Verkleinerung in dem andern — in beiden Fällen werden die
Schüppchen im Vergleich zu den normalen kleiner, wie das auch
Fedeeley's Tafel bestätigt. ') Wir wollen hervorheben, daß zur
Aufrechterhaltung seiner Klassifikation Federley an seinem Material
gewaltsame Operationen vornehmen mußte. So sind z. B. auf seiner
Tafel vollkommen willkürlich in die Reihe der Kälteexpositionen die
ein wenig verkleinerten (mit Ausnahme des L. dispar S) Schuppen
mit schwach ausgeprägten Fortsätzen ausgeschieden worden und in
die Reihe der Frostexpositionen sowohl stark veränderte, der Fort-
sätze entbehrende Schuppen von L. dispar $, wie auch die wenig
verschmälerten, mit unveränderten Fortsätzen versehene Scliuppen
vom S. pavonia-% (wie ich sie auch bei in Freiheit gefangenen
1) Ich lasse die Veränderungen der Schuppen von Vanessa aniiojjci
beiseite, die ich bei der Einwirkung einer kurze Zeit anhaltenden starken
Kälte erhielt. Diese Erscheinung beweist, daß auch bei Einwirkung von
Kälte unter gewissen Bedingungen sich vergrößerte und verbreiterte
Schuppen entwickeln können. Aber auf Grund dieses einen Falles haben
wir, wie mir scheint, kein Recht, irgendwelche Einteilungen der Ver-
änderungen vorzunehmen, und um so mehr, als — wie aus Fedeeley's
Tafel zu ersehen ist — unter der Einwirkung starker Kälte auch ver-
schmälerte Schuppen auftreten.
380 Peter Kosjiinsky,
Weibchen beobachtet habe), sowie Schuppen von Ardia caja. die
nach Form und Größe sich nicht von denen der Reihe „Kälte-
exposition" unterscheiden, aber ziemlich undicht sitzen, hinein-
g-estellt worden. P'erner sind in die Kälteexpositionsreihe Formen
mit eingeschlossen, die unter der Einwirkung einer Temperatur
von weniger als 0" erzielt worden sind, und in der Frost-
expositionsreihe kommen Formen vor, die unter der Einwirkung
mäßigei- Kälte entstanden sind. Schon die übergroße Künstelei der
Klassifikation läßt annehmen, daß dem Ganzen ein falsches Prinzip
zugrunde liegt. Diese Annahme wird, wie wir gesehen haben, voll-
kommen bestätigt durch meine Versuche.
So sehen wir denn, daß nicht nur die Theorie der Verbreiterung
der Schuppen, wie Feuerley sie vorschlägt, eine irrtümliche ist,
sondern daß, genau genommen, gar keine Notwendigkeit vorlag,
diese Theorie aufzustellen.
Wie ich schon gehöi-igen Ortes erwähnte, paßt E'edeeley's
Theorie zur Erklärung der Erweiterung der Schuppen in meinem
A^ersuche mit F. antiopa nicht. Aber vielleicht kann diese Erklärung
auf das L. dispar-S angewandt werden, welches Federley erzielte,
wenn man voraussetzt, daß die Verbreiterung der Schuppen wirklich
stattgefunden hat? Aber auch in diesem Falle konnten sich die
Schuppen weder zu Beginn des Versuches noch während des Ver-
suches entwickelt haben. In diesem Falle wurden dem Versuche
Puppen in einem Alter von 3 —24 Stunden unterworfen. Die Puppen
wurden bei einer Temperatur von 0^ gehalten und entwickelten
sich nur nicht im Verlaufe des Versuches, sondern die herab-
gesetzte Temperatur hemmte die weitere Entwicklung der Puppe:
die Falter krochen erst 23—29 Tage nacii Beendigung des Ver-
suches aus (die gewöhnliche Dauer des Stadiums der Puppe ist bei
dieser Art von 15 — 20 Tage). Es ist klar, daß die Schuppen sich
nach dem Versuche entwickelt haben. ^)
Mir scheint die von Federley gegebene Erklärung des Auf-
tretens von verschmälerten und haarförmigen Schuppen schon eher
gelungen. Er erklärt diese Formen durch den schädigenden Ein-
fluß der Kälte und Feuchtigkeit, die die Entwicklung von Schuppen
stören. Ich glaube, die Ergänzung von Linden (4) ist nicht über-
flüssig. Sie meint nämlich, daß diese Veränderungen einen regres-
siven Charakter tragen, d. Ii. unter dem Einflüsse äußerer Umstände
1) Über die Zeit der Entwicklung der Schuppen siehe bei A. May'ER (19).
Einwirkung- äutierer Einflüsse auf Schmetterlinge. 381
haben sich die Schuppen nicht voll entAvickelt und bleiben auf
Jüngern Entwicklungsstufen stehen.
Ich will ein wenig bei den Schlußfolo-erungen Ltnden's ver-
weilen, da sie dazu beitrag-en können , die Bedeutung anderer Ver-
änderungen klarzustellen, die ich an Schuppen bei meinen Versuchen
erzielte, und auch deshalb, weil die Ergebnisse meiner Beobach-
tungen mich an der Richtigkeit der von Linden gegebenen Er-
klärungen der Bedeutung einiger Abweichungen zweifeln lassen.
Linden gründet ihre Schlußfolgerungen hauptsächlich auf die
Untersuchung der Entwicklung der Schuppen bei Fapüio poda-
lirius L. Die Entwicklung der Schuppen dieser Art geht in folgender
Weise vor sich: Anfangs sind die Schuppen schmal, lanzettförmig,
dann werden sie breiter, größer und erhalten relativ große, zu-
gespitzte Fortsätze. Bei der weitern Entwicklung verkürzen sich
die Fortsätze und runden sich ab. Mit der Verkleinerung der
Fortsätze geht auch die Vergrößerung des Sinus einher; die Schuppe
selbst vergrößert sich die ganze Zeit über.
Auf Grund hiervon hält Linden die bei demselben unter Ein-
wirkung trockner Luft auf die Puppe erzielten Schuppen von
Vanessa urticae L. mit stark entwickelten Fortsätzen und ver-
kleinertem Sinus für eine regressive Form, die Schuppen derselben
Art aber mit verkleinerten Fortsätzen und stark ausgeprägtem
Sinns für hochentwickelt (sie wurden unter der Einwirkung von
CO., oder N auf die Puppe und bei vermindertem Druck erzielt). Nach-
dem sie hierauf die von Fedehley erhaltenen Formen bespricht,
stellt sie die Formen der Reihen Frost- und Hitzeexposition zu den
regressiven, die Formen der Reihen der Kälte- und Wärmeexposition
I und II aber zu den hochentwickelten.^)
Bei vielen Abweichungen von L. dispar, die ich unter der Ein-
wirkung von Kälte erhielt, sind die Schuppen mit den auf Fedeeley's
Tafel in der Reihe Wärmeexposition II abgebildeten (verkleinerte,
1) Die Schuppen der Frost- und Hitzeexpositionsreiheu sind schmal
und entbehren der Fortstätze, oder sie sind schmal mit sehr stark aus-
geprägten Fortsätzen. In der Reihe Wärmeexposition I sind die Schuppen
von normaler oder übernormaler Größe mit reduzierten Fortsätzen. In der
Reihe Wärmeexposition II sind sie klein mit verkleinerten Fortsätzen. Die
letztern Formen sind ebenso wie die der Reihe Kälteexposition zu den
hochentwickelten gerechnet bloß auf ein einziges Merkmal hin, die Ver-
kleinerung der Fortsätze (Sinus fehlen bei den Schuppen der Arten, die
auf Federley's Tafel abgebildet sind).
382 Peter Kosminsky,
abgerundete, fast ganz oder ganz der Fortsätze entbehrende Schuppen)
genau übereinstimmend. Das heißt, nach Linden muß man sie für
hochentwickelt lialten. Aber einige Daten spreclien dagegen. Für
hochentwickelt muß eine Form gelten, die bei ihrer Entwicklung
das Stadium der entsprechenden normalen durchgemacht hat so
z. B. bei Vanessa urticae die Schuppenformen mit verkleinerten
Fortsätzen und stark ausgeprägtem Sinus. Wenn man annimmt,
daß die Schuppen in ihrer Entwicklung anfangs große Fortsätze
besitzen und ihnen der Sinus fehlt, so mußten offenbar in einem
gewissen Entwicklungsstadium Schuppen mit Fortsätzen von mittlerer
Größe und einem Sinus gefunden werden, d. h. normale. Wollen
wir nun sehen, ob etwas ähnliclies bei L. dispar stattfinden konnte.
Die Entwicklung der Schuppen unter der Einwirkung anormaler
Bedingungen ist nicht verfolgt worden , aber man kann sich eine
gewisse Vorstellung davon machen darauf hin, daß nicht alle
Exemplare sich gleichmäßig veränderten. Bei den einen bleiben die
Schuppen auf Jüngern Stadien stehen, bei andern auf spätem Ent-
wicklungsstadien. Stellen wir eine Reihe allmählicher Übergänge
von der schmalen (ursprünglichen) Schuppe bis zur Schuppe vom
Typus der AVärmeexposition 11 her. Wir erhalten eine Reihe von
Schuppen, denen die Fortsätze fehlen oder die nur unbedeutende
Fortsätze aufzuweisen haben, die sich allmählich vergrößern bis zu
dem Umfange des Wärmeexpositionstypus: von den Schuppen des
letztern Typus geht eine Reihe bis zum Kälteexpositionstypus. Es
ist klar, daß unter diesen Übergangsformen eine der normalen ent-
sprechende Form fehlt. Das heißt, die Schuppen vom Typus der
Wärmeexposition II und der Kälteexposition haben wir keinen Grund
für hochentwickelte anzusehen. Man kann voraussetzen, daß in der
Entwicklung der Schuppen eine gewisse Veränderung vor sich ging,
nämlich die Fortsätze traten gar nicht auf oder waren von unbe-
deutender Größe. Alles dieses zwingt uns zu kritischem Verhalten
gegenüber der Zuzählung der Formen der Wärmeexpositionsreihe II
und der Kälteexpositionsreihe bei andern Arten zu den hoch-
entwickelten Formen.
Unter meinen Faltern kann man au einem Exemplar eines
L. dispar-^ Schuppen sehen, die auf verschiedenen Stadien normaler
Entwicklung stehen geblieben sind. Man kann aus Schuppen, die
von einer Stelle entnommen wairden, eine Reihe von Übergängen
zusammenstellen von schmalen, fortsatzlosen Schuppen durch Schuppen
mit starkentwickelten Fortsätzen zu normalen Schuppen.
Einwirkung äiiiJerer Einflüsse auf Schmetterlinge. 383
Auf Grund der Theorie von Linden und der oben angeführten
Erwägungen kann man die Formen der Schuppen, die ich bei meinen
Versuchen erhielt, folgendermaßen einteilen: alle unter Einwiikung
mäßiger Kälte erzielten Schupi)en (mit Ausnahme der eben bei dem
L. dispar-^ angeführten) sind Schuppen, die auf verschiedenen Stufen
einer abweichenden Entwicklung stehen geblieben sind; die ver-
kleinerten Schuppen mit stark ausgeprägten Fortsätzen beim L.
dispar-'l, die Schuppen, die unter der Einwirkung von Feuchtigkeit
bei Vanessa io'^) erhalten wurden (mit vergrößerten Fortsätzen),
bleiben auf verschiedenen Stadien normaler Entwicklung stehen,
und endlich die Schuppen von V. antiopa, die unter Einwirkung
einer Temperatur unter 0" erhalten wurden, sind hochentwickelte
Formen.
Natürlich sind das alles nur Voraussetzungen, die einer genauen
Kontrolle bedürfen.
Aus all dem Gesagten geht hervor, wie wenig noch die Schuppen
erforscht sind. Sogar so wenig zahlreiche Versuche wie die meinigen
ergeben neues Material, und wieviel ungeklärte Fragen bleiben noch
übrig! Vollkommen unbekannt sind die Ursachen, welche die Ver-
breiterung der Schuppen hervorrufen, nicht erklärt sind die Ursachen
der Entstehung der Schuppen, denen die Fortsätze mangeln, und
die Ursachen, welche die Veränderungen der Schuppen unter der
Einwirkung anderer Faktoren-) außer der Temperatur hervorrufen.")
Es bleibt mir nur übrig einige Worte über die interessanten
Veränderungen der Färbung und der Fühler bei dem Lijnianfria
dispar-'^ zu sagen. Die graue Färbung und reicher entfalteten
Fühler nähern es den S- Es entsteht die Frage, ob diese Verände-
rungen nicht mit den Geschlechtsteilen in Verbindung stehen. Leider
besaß ich kein einziges Spiritusexemplar, und so mußte ich mich
auf eine Untersuchung der Chitinteile beschränken, nämlich des
Ostium bursae copulatricis. Aber diese Untersuchung war mit großen
Schwierigkeiten verbunden, da das Chitin weicher als unter normalen
Umständen war und sich leicht runzelte, weshalb man nicht er-
1) Die Schuppen von V. antiopd — Einfluß der Feuchtigkeit —
stellen die ursprüngliche Form dar, die bei normaler Entwicklung wie bei
abweichender dieselbe ist.
2) Linden gibt die Erklärung nur der Einwirkung von 0.
3) Ich spreche schon gar nicht davon, daß der Einfluß der Temperatur
selbst bei weitem nicht vollständig erforscht ist.
384 Peter Kosiiinsky
kennen konnte, ob eine Veränderung' vor sich g"egano-en war oder
ob alle Abnormitäten von Runzelnng-en des Chitins abhing-en.
Übrigens zeigten die Untersuchungen von Oudemans (20) und
Meisenueimer (21), daß bei Lymantria dispar Veränderungen der
Geschlechtsteile auf die sekundären Geschlechtsmerkmale nicht
einwirken.
Etwas ti-ägt zur Erklärung dieser A'eränderung der Fühler die
Puppenhülle bei. welche bei dem Weibchen bedeutend breiter ist
als die Fühler. Man kann diese Erscheinung vielleicht folgender-
maßen erklären : bei den Vorfahren von Lymantria disimr besaßen
die Weibchen Fühler mit großen Fiedern . und das .Meikmal hier-
von erhielt sich an der Puppenhülle bis zum heutigen Tage. Viel-
leicht ist auch die Hülle kleiner (enger) geworden, aber nicht in
so starkem Maße wie die Fiedern selbst. Der scharf ausgeprägte
Geschlechtsdimorphismus stellt eine spätere Erscheinung dar, und
es ist möglich, daß ehemals die Männchen keine so prächtig ent-
wickelten Fühler besessen haben wie heutzutage.^)
Es ist bemerkenswert, daß bei der Gattung Safurnia, wo der
Geschlechtsdimorphismus au den Fühlern stark ausgeprägt ist, bei
der ältesten Form [nach Standfuss (17)], bei Saturnia spmi. die
Fühler des Weibchens sich am meisten dem Typus des Männchens
nähern.
Dem Auftreten der grauen Färbung kann man wohl kaum eine
phylogenetische Bedeutung beimessen. Höchst wahrscheinlich fand
hier eine chemische Veränderung im Pigment statt, ähnlich denen,
die bei den zahlreichen Versuchen Pictet's (11 — 16) erzielt wurden.
Jedoch halte ich es nicht für möglich, wie Pictet es tut (15), die
Erscheinung der dunklen Färbung durch die längere Dauer des
Puppenstadiums zu erklären. Bei vielen meiner Versuche krochen
viele fast ganz des Pigments beraubte Falter sehr lange nicht aus,
1) Die etwas merkwürdige Form der Fühler, die auf Taf. 17, Fig. 6
dargestellt ist, wird leicht durch das Fehlen an Eaum zur Entwicklung
erklärt. Die Hülle erwies sich als zu klein, und so erfolgte eine Auf-
treibung der Fiedern, welche nicht in die Länge wachsen konnten, und
die Verbreiterung der Glieder. Das Auftreten kurzer, breiter Schuppen
an den Fühlern kann man sich so erklären : beim Wachstum fanden die
Schuppen Schwierigkeiten infolge des starken Druckes der Fühler auf die
Puppenhülle und konnten nicht die gehörige Länge erreichen. Die Ver-
änderung an den Sensillae coeloconicae hängt wahrscheinlich ebenso vom
ungleichmäßigen Wachstum ab, das durch Raummangel hervorgerufen
wurde.
Einwirkung äußerer Einflüsse auf Schmetterlinge. 385
und umgekehrt, bei vielen der grauen L. dispar-^% währte das Puppen-
stadium relativ nicht lange.
Die interessanten Veränderungen an den Fühlern zeigen, daß
man sich bei der Untersuchung nicht bloß auf die Flügel beschränken
darf. Es ist möglich, daß nicht bloß an den Chitinteilen, sondern
auch an den Innern Organen Veränderungen vor sich gehen. Wenn
dem so ist, so werden die Forschungen am ganzen Organismus dazu
beitragen, besser und vollständiger die Fragen zu klären, welche
an die experimentelle Zoologie gestellt werden.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 25
386 Pbter Kosminsky,
Literaturverzeichnis.
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pation und Transplantation der Geschlechtsdrüsen bei Schmetter-
lingen, in: Zool. Anz., Vol. 32, 1907.
25*
388 Peter Kosminsky,
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 13.
Vanessa antiopa L.
Fig. 1. Normales Exemplar.
Fig. 2. Feuchtigkeitseinwirkung.
Fig. 3. Kälteeinwirkung, 1 Stunde bis — 3" C.
Fig. 4. „ 1 „ „ -30 c.
Fig. 5. „ 1 „ „ -3«C.
Lymantria dispar L.
Fig. 6. Normales $.
Fig. 7. Kälteeinfluß, 40 Tage bei + S^ C. S-
Fig. 8. „ 20 „ „ +80C. S.
Fig. 9. „ 40 „ „ +8OC. c?.
Fig. 10. „ 40 „ „ + 80 C. S.
Fig. 11. Normales 5-
Fig. 12. Bei Feuchtigkeitswirkung. $•
Tafel 14.
Lymantria dispar L.
5, Kälteeinwirkuug, TemiDeratur -|- 8*^ C, 20 Tage.
?, « " -f 8*' C, 30 „
?, ,, « + 8' C, 30 „
% „ « -f 80C, 35 „
?, „ « + 8*^ C, 35 „
?, » « + 8« C, 20 ,
Fig.
1.
Fig.
2.
Fig.
3.
Fig.
4.
Fig.
5.
Fig.
6.
Fig.
1
Fig.
2,
Fig.
3
Fig.
4
Einwirkung äußerer Einflüsse auf Schmetterlinge. 389
Fig. 7. 5, Kälteeinwirkung, Temperatur -j- 8^ C, 30 Tage.
Fig. 8. ?, „ „ + 80 C, 30 „
Fig. 9. ?, „ „ + 80 C, 20 „
Malacosoma ubiistria L.
Fig. 10. 5j normal.
Fig. 11. ?, Kälteeinfluß, 30 Tage.
Fig. 12. $, „ 35 „
Fig. 13. ?, „ 30 „
Fig. 14. ?, „ 35 „
Fig. 15. c?, ,, 35 „
Tafel 15 und 16. Schuppen.
Vanessa io L,
Normal.
Feuchtigkeitseiu Wirkung (Versuch 1).
Oberseite des Hinterflügels, normale Form.
Oberseite des Hinterflügels, Form bei Feuchtigkeitseinwirkung
(Versuch 1).
Fig. 5. Kälteeinwirkung.
Vanessa antiopa L.
Fig. 6. Einwirkung mäßiger Kälte.
Fig. 7. Normal.
Fig. 8. Im Zimmer erzogen.
Fig. 9. Einwirkung starker Kälte (Taf. 13, Fig. 5).
Fig. 10. Oberseite des Hinterflügels, normal.
Fig. 1 1 . Oberseite des Hinterflügels, Form bei Feuchtigkeitseinwirkung
(Taf. 13, Fig. 2).
Lymantria dispar L.
Fig. 12. (J, normal.
Fig. 13. (J, Feuchtigkeitseinwirkung (Versuch 2).
Fig. 14. (J, normale Schuppen, gleich außerhalb der äußern Querlinie.
Fig. 15. S, 40 Tage bei + 8" 0.
Fig. 16. 5> normal.
Fig. 17. % Feuchtigkeitseinwirkung (2. Versuch) (Taf. 13, Fig. 12).
Fig. 18. ?, 20 Tage bei -j- 8« C.
Fig. 19. $, Schuppenhäufchen auf der Oberseite des Vorderflügels
(20 Tage bei -j- 8» C).
390 Peter Kosmtnsky, Einwirkung äußerer Einflüsse auf Schmetterlinge.
Fig. 20. $, 20 Tage bei -f 8» C (Taf. 14, Fig. 1).
Fig. 21. Malacosoma neuslria L. $, normal.
Fig. 22. Malacosoma neuslria L. % 35 Tage bei -)- 8** C.
Fig. 23. Ardia rillica L. $, normal.
Fig. 24. Ardia rillica L. ^, 40 Tage im Keller.
Alle Abbildungen, ausgenommen Fig. 19, sind bei ein und derselben
Vergrößerung gezeichnet (Micr. Reichert, Obj. 3, Oc. 4) mit Hilfe der
ABBE'schen Kammer; Fig. 19 ist bei geringerer Vergrößerung gezeichnet
(Obj. 3, Oc. 2).
Tafel 17.
Fühler der Kälteform eines dispar-%
Fühler eines normalen 5.
Ende einer normalen Fieder. Obj. 5, Oc. 2.
Ende einer Kälteformfieder. Obj. 5, Oc. 2.
10. — ^12. Glied des Fühlers eines normalen 5- Obj. 3, Oc. 2.
10.— 12. Glied des Fühlers der Kälteform. Obj. 3, Oc. 2.
Schuppen vom Fühler (Fig. 1), normal. Obj. 3, Oc. 4.
Schuppen vom Fühler (Fig. 2) der Kälteform. Obj. 3, Oc. 4.
Härchen vom Bauch, a) der normalen, b) der Kälteform.
Obj. 3, Oc. 4.
Schuppen vom Abdomen der normalen Form. Obj. 3, Oc. 4.
Schuppen vom Abdomen der Kälteform. Obj. 3, Oc. 4.
Fig.
1
Fig.
2
Fig.
3
Fig.
4
Fig.
5,
Fig.
6
Fig.
7,
Fig.
8.
Fig.
9
Fig.
10
Fig.
11
Nachdruck verboten.
Übersetzungsrecht vorbehalten.
Äthiopische Myriopoden.
Gesammelt von Prof. 0. Neumann und K. v. Erlanger.
Bearbeitet von
Dr. Carl Crr.af Atteins in Wien.
Mit Tafel 18 und 3 Abbildungen im Text.
Herr Prof. Oscar Neumann hat mir die auf seiner gemeinschaft-
licli mit Herrn K. v. Erlanger in den Jahren 1900 und 1901
durchgeführten Forschung'sreise von der Somaliküste durch Süd-
Äthiopien zum Sudan g-esammelten Myriopoden zur Bearbeitung- über-
geben,, deren Resultat ich hier vorlege. Die durchreisten Gegenden
zählen trotz mehrerer in den letzten Jahren dahin unternommener
Reisen noch zu den zoologisch sehr wenig bekannten, besonders was
die Myriopoden betrifft, und wenn die mitgebrachten Myriopoden
auch nicht gar zu zahlreich sind und gewiß nur einen Bruchteil
der Fauna dieser Länder darstellen, so ist doch jede Vermehrung
unserer Kenntnisse über diese Gegenden sehr erwünscht.
Die Reise begann am 12. Januar 1900 im Hafenorte Zeyla im
Golfe von Aden und ging zunächst durch das nördliche Somaliland,
einer Buschwüste mit viel Steinen, an Bellana und Abunassi vorbei
nach Harai". Von hier aus wurde auf einem Stägigen Ausflug der
Gebirgsstock des Gara Mulata besucht, über den Neumann in seinem
Reisebericht Folgendes schreibt: „Der untere Theil dieses Berges ist
stark zerklüftet, den oberen bilden Felspartien und schräg abfallende
Grashalden. Der untere Theil der Hänge seiner Südwestseite ist mit
herrlichen Urwäldern bedeckt. Die Fauna und Flora des Berges
ist daher eine sehr reichhaltige und kontrastirt stark mit der,
392 Carl Graf Attems,
welche wir in der durchsclirittenen Somalisteppe gefunden hatten."
Von M3Tiopoden wurden allerdings nur 4 weitverbreitete Chilopoden
und eine einzige Diplopoden-Art mitgebracht. Dann ging es in süd-
westlicher Richtung an den Fluß Wabbi und im scharfen Winkel
nach Westen und Nordwesten abbiegend durch das Land der Dalota
und Adda-Galla nach Adis Abeba, wo die Karawane am 14. August
1900 ankam.
Von hier aus wurde ein Imonatlicher Abstecher nach Nord-
westen an den Blauen Nil unternommen, von welcher Tour jedoch
keine Myriopoden vorliegen, und nach längerm Aufenthalt in der
Hauptstadt Meneliks die Reise am 14. November 1900 nach Süden
zu fortgesetzt.
An den Seen Zuai-See, Hora Schale, Hora Köre, Abassi-See
und am Orte Abera vorbei ging es zum Abaja-See. Hier trennte
sich Prof. 0. Neumann definitiv von Herrn v. Erlangee, der nach
Abera zurückkehrte, und zog allein durch die Landschaft Gardulla
am Südende des Abaja-Sees und durch das Land der Kalfa, wo
feuchter Urwald vorherrschte, an den Gelo-Fluß, an dessen Ufer bei
Gurafarda der letzte Myriopode erbeutet wurde, den Gelo-Fluß
hinunter in den Sudan und dann nach Hause.
Daß unsere Kenntnisse von der Myriopoden-Fauna dieser Länder
noch sehr dürftige sind, geht schon aus dem großen Prozentsatz der
neuen Arten hervor. Unter 20 von Neumann mitgebrachten Formen
sind fast die Hälfte, nämlich 9, neu, und zwar 7 Arten und 2 Sub-
species. 3 der neuen Arten wurden zugleich Typen neuer Gattungen,
nämlich: Amurus (Polydesmide), Ohelostrcptus und Lissopyge (Spiro-
streptiden), während die bereits bekannte Art Spirostreptus luguhris
Brölem. Typus einer 4. neuen Gattung GrapJiidostrephts ist. Für
eine Art {Oxydesmus anacanthus n. sp.) mußte innerhalb der Gattung
eine neue Untergattung (Anardis) abgegi'enzt werden. Neu sind also
4 Gattungen, 1 Untergattung, 7 Arten, 2 Unterarten. Nachfolgend
die Namen in systematischer Reihenfolge:
Verzeichnis der Arten.
1. Trigoiiocrijptops hottegii SiLV.
2. Olüstignms gymnopiis SiLV.
3. Jihgsidn longipes (Newp.)
4. liligshln ]>avci(kns Poe.
5. Eihmostigmus irigonopodus (Leach)
6. Trachycormocephalus mirabilis Poe.
7. Scülopendra morsitans L.
Äthiopische Myriopodeu.
393
8. Scolopcndra valida Luc.
9, Scolopcndra gardnlbnia n. sp.
10. Orphnaeus brevilabiatus (Nkwp.)
11. Lamnonyx pundifrous (Newp.)
12. Ge.o])hüiis (Plenrogco/jltihrs) cijrlareatus n. sp.
13. Stwngi/losouia andreini BiiÖL. daloianum n. sidisp.
14. Oxiidcstmifs (Anardis) auarantlius n. sp.
15. A)nurus drepcniopns >/. sp.
16. Amtirus drrjxmopus obsf-aralus ti. snbsj).
17. GoiitpJiodesnms teskwrus >>. sp.
18. Obrlo.s(repius aeifer n. sj).
19. (irapliidostrcptus higidrris (Bi{(')l.)
20. Lissopygc neuvianni ii. sj).
Dazu kommen noch einig'e nur im weiblichen Geschleclit ver-
tretene Diplopoden, Spirostreptiden, von deren Beschreibung ich ab-
sehe, da sie doch wertlos wäre.
Die Namen der Fundorte sind in den Atlanten zwar meist nicht
verzeichnet, wenn man aber eine Karte mit der oben gegebenen
kurzen Schilderung der Eoute vergleicht, wird man ihre Lage an-
nähernd bestimmen k(3nnen.
V e !■ z e i c h n i s der Fundorte und der an jedem erbeuteten
Arten in chronologischer Reihenfolge.
Dadab bei Zeyla.
18./1
26./2
4./3
1900.
1900.
1900.
S"W. von Bellana.
10./3. 1900. Abunassi.
2I._27./3. 1900. Gara Mulata.
11. /5. 1900. Harar.
28./7. 1900. Daloto-Amsei.
30./7. 1900. Georgis.
8./8. 1900. Hügel bei Bali Shoa.
10./8. 1900. Dalota und Adda Galla.
17./9. 1900. Ejere. Motscha.
20.12. 1900. Abera (Djamdjam).
Scolopetidra valida Luc.
Trachjjcormoccphalns niirabiUs Poß.
Rlnisida pancidens Poe. ■
FJhviosiigmus trigonopodas (Leach).
Lainno)iijx puiidifrons Newp.
Rhysida paucidens Poe.
Etlniiostignms trigonopodus Leach.
TrarJiyrormocephalus mirabilis Poe,.
LaiiuiOiiyx pundifwns (Newp.)
(ivaphidostreptus luguhris Bköl.
Etlimosiignius trigonopodus LeacH
Tiligsida pancidens Poe.
Lissopgge neunianni n. sp.
Lamnonyx jmndifrons (Newp.)
Rhysida paucidens Poe.
Trigonocryptops boücgii SiLV.
Orphnaeus brevilabiatus Newp.
Strongylosoma andreini dalotanum
Att.
LanDionyx puuHifrons (Newp.)
Lamnonyx panctifrons (Newp.)
Obelostreptus aeifer n. sp.
394 Carl Grai' Attems,
26./12. 1900. Ufer des Abaja-Sees, Rkijsida paucidens Poc.
beirn(Talana-Fluß Orjjhnaeus hrevilabiatus Newp.
u. Insel Giditscho.
5./1. 1901. Gundjule-See. Orplinaeus hrevUahiatus (Newp.)
ll./l. 1901. Gardiilla. Scolupendra gardullana n. sp.
Lamnonyx punctifrons (Newp.)
12./1. 1901. Gandilla. Lnmnoiiiix pnndifrons (Newp.)
10. — 25. /l. 1901. Gidole bis TJba. Trifjonocr/jptops bolleffü SiLV.
17. — 20. /l. 1901. Mole, Schumbala- Seolopeiidra niorsitans L.
Tal.
1. — 5./2. 1901. Gadat-Gofa. Lamnonyx pmicüfrons Newp.
Amurns drepunopus obscuratus n. sjt.
3./3. 1901. Süd-Kaffa. Ooniphode.snius testaceus n. sp.
14./3. 1901. Dereta-Berge. Buka Trigonoeryptops bofter/ü Silv.
Wari, Kaffa. Geophibis rydareal/is n. sp.
Oxydcsniufi anacanüius n. sp.
Goiiiphüdesmus testaceus ii. sp.
12./4. 1901. Schubba Sclienna. Oxydesmus anacantlms n. sp.
Amur US drepanopus n. sp.
4. /5. 1901. Oberer Gelo bei Gurafarda. OlostiyDivs rjymnopns SiLV.
Wenn wir obige Liste vom zoogeographisclien Standpunkte be-
trachten, müssen wir znnächst konstatieren, daß die für die Tier-
geographie weniger branchbaren Chilopoden in der Überzahl sind
und daß sich nnter ihnen noch dazu meist weit bis sehr weit ver-
breitete Arten, ja Ubiqnisten der Tropen, wie Scolopendm tnorsitans,
likysida longipes, OrpJmaeus hrevUahiatus. Lamnonyx punctifrons etc.,
befinden, allerdings auch 2 neue Arten (1 Scolopendra und 1 Geo-
pliilus). Über diese Chilopoden ist dalier nichts weiter zu sagen.
Die Diplopoden sind zumeist neu, nur Grapliidostreptus luguhris
(Beölem.) war schon beschrieben und zwar aus andern, nördlicher
gelegenen Teilen Abessj'niens. Das Strongylosoma ist eine neue Sub-
species einer Art, die ebenfalls BRciLEMANN aus denselben Gebieten
wie Grapliidostreptus luguhris beschrieben hatte. Das tropische Afrika
ist die Heimat der noch wenig gekannten Oxydesmiden, und es kann
daher das Auftreten dreier neuer Formen, Oxydesmus anacantlms,
Amurus drepanopus und Amurus drepanopus ohscuratus, in der Neu-
MANN'schen Sammlung nicht wundernehmen.
Die Spirostreptiden sind jeder Vertreter einer neuen Gattung,
und diese ganze Ordnung ist noch so mangelhaft bekannt, sowohl
was die Gattungen als auch die Arten betrifft, daß sich über ihre
Verbreitung noch so gut wie nichts sagen läßt.
Es erübrigt noch die Frage zu beantworten, w^as wir bisher
Äthiopisclie Myiiopoden. 395
Über die Myriopoden-Fauna der von Neumann durchreisten Länder
wissen.
Beülemann ^) hat in einer Publikation über die jMyriopoden der
Erythrea alle bisher aus Abessyuien bekannten Arten aufg-ezählt.
p]r unterscheidet in Abessyuien H Faunen-Gebiete, ein nördliches
(Satarg-uma, Mte. Dong-ollo), ein mittleres (Adi Ugri, Saganeiti, Adi
Caie) und ein südliches (Somali, Galla, Schoa). Zu letzterm gehciren
die von Neümann durchforschten Teile bis zum Momente der Trennung-
von H. V. EELANaEE.
In letzter Zeit hat Ribaut -) nach den Aufsammlungen M.
V. Rothschild's einige Arten aus Abessynien beschrieben : Otostigmus
füUehorni aciliiopicus Rib. aus Burka und Odontopi/ge terehrum Rib.
von Adis Abeba.
Wo Loroghi liegt, kouute ich nicht herausbekommen; von da
stammt Oxodesmxs rothschildi. Es ist überhaupt bei der Verwertung
der faunistischen Angaben vieler Schriften sehr hinderlich, daß als
Fundorte die Namen kleiner, unbekannter Orte, die keine Karte und
kein Nachschlagebuch angeben, ohne nähere Bezeichnung- ihrer Lage
genannt werden, und wenn dann die Reise über ein großes, in seinen
einzelnen Teilen sehr verschiedenartiges Gebiet führte, hat man von
diesen P\uidortsangaben sehr wenig-.
Brölemann hat in seiner oben zitierten Schrift auch die dies-
bezügliche Literatui' angegeben, worauf ich also nur zu verweisen
brauche. Seine Liste der Arten gebe ich unten vervollständigt
wieder.
0. Neumann unterscheidet in dem von ihm durchforschten Lande
5 hauptsächliche Gebiete: „Zunächst das nördliche Somaliland,
welches besonders in seiner Küstenzone einen stark paläarktischen
Einfluss im Formencharakter zeigt. Dann das südliche Somaliland
im Süden von Harar mit einer der des nördlichen verwandteu,
doch jeden paläarktischen Einflusses entbehrenden Fauna. Es
kommen dann die beiden abessynischen Berggebiete und zwar
zwischen Hauasch und dem Blauen Nil mit ganz typisch schoanischen
Formen, mit denen wir zuerst durch die Forschungen Rüppell's be-
kannt geworden sind, südlich des Hauasch und insbesondere im
Westen des Grabens, speziell in Kaffa und den andern Ländern am
Omo auch noch diese schoanischen Formen, aber stark vermischt
1) Beülemann, in: Bull. Soc. entomol. ital., Vol. 35, 1903.
2) Ribaut, in: Annal. Soc. entomol. France, Vol. 76, 1907, p. 499.
396 Carl Graf Attems,
mit solclien, wie sie bislier nur von den Hochgebirgen Ost-Afrikas,
so von Kikuju, von Mau und vom Kuwenzori bekannt waren. Am
mittleren Gelo treten dann die ersten Sudanformen auf und nach
Verlassen der Gurafarda-Berge haben wir die reine Tieflandsfauna
des Sudan."
Vom Standpunkte des Myriopodologen können wir zur Teilung
des ganzen Gebietes Abessynien und Somaliländer in faunistische
Provinzen Folgendes sagen. Das abessynische Berggebiet liegt so
ziemlich an der Grenze des tropischen Afrikas, und wir können be-
obachten, daß einige Diplopoden-Gruppen, die ihre Hauptverbreituug
im tropischen Afrika haben, gegen den Nordostrand des Gebietes zu,
also gegen Erythrea, immer spärlicher vertreten sind. Es sind dies
hauptsächlich die Oxydesmiden, Gomphodesmiden und Spirostreptiden.
In dieser Beziehung ist schon ein merklicher Unterschied zwischen
Katfa und Erythrea zu konstatieren. Doch sind unsere Kenntnisse
über alle diese Gegenden noch so überaus spärlich, daß es verfrüht
wäre, auf Grund der bisher vorliegenden Daten Provinzen etc. zu
unterscheiden. Von Diplopoden ist erst ein kleiner Teil der ganzen
Fauna bekannt, was man daraus schließen kann, daß jeder Sammler
fast nur neue Arten mitbringt, und von den bisher in der Literatur
erwähnten Arten ist ein großer Teil so schlecht beschrieben, daß
man mit diesen Beschreibungen nichts anfangen kann. Z. B, die
zahlreichen Odontopyge- und Sinrostreptus-Arten Silvestei's dürfte
zum größten Teil niemand wiedererkennen. Zumeist sind die Diplo-
poden bisher nur von einem einzigen Fundort bekannt, so daß wir
über ihre Verbreitung eigentlich nichts Genaues wissen. Vorläufig
können wir 3 Hauptgebiete unterscheiden: das südliche, ebene
Somaliland, das abessynische Bergland inklusive den nördlichen
bergigen Teilen des Somalilandes und drittens die nördlichen Ausläufer
des abessynischen Berglandes Erythrea etc.
In dem zweitgenannten Gebiete, das weitaus das größte und
mj'riopodenreichste der drei ist (vom ersten, dem flachen Somalilande,
ist bisher sehr wenig bekannt, und es dürfte sich überhaupt nicht
viel dort finden), werden wir später noch Unterteilungen vornehmen
müssen. Solange aber von einem ganzen Gebirgsstock, wie Gara
Mulata, der zum Teil mit üppigen Urwäldern bedeckt ist, eine
einzige Diplopoden- Art bekannt ist, genügen die vorliegenden Daten
zur Abgrenzung von Provinzen nicht. Im Folgenden gebe ich die
Liste der bisher aus den Galla-, Schoa-, Kaffa- und nördlichen Somali-
ländern bekannten Arten.
Äthiopische Myriopoden. 397
Scuiigera adliiopica SiLV.
„ rugosa NEwr.
Trachycormocephalus niirahilis PoR.
Efhvwstirpnus tn'gonojwdus (Leach)
Olosligmus gijmnopKs SiLV.
„ füllehond arthiopicus ßlB.
Scolopendra morsitans L.
„ validn Luc.
„ gardnUnna Att.
h'hysida longipcs (NEwr.)
„ pancidens Poe.
P.seudocrgjifops walkeri Poc.
Trigonocryptops holtegii SiLV.
Orphnaeus hrerüab latus Newp.
Lamnonyx pundifrons Newp.
Gcophihis {Plnirogeoj)h.) cjidarcatus Att.
Slrongylosoma andrcuii BiK'iL. dalotaman Att.
„ ncgleduvi SiLV.
Oxydesmus anacanthus Att.
„ flavocarinatus SiLV.
Amiinis drepanopus Att.
„ „ obscuratus Att.
Aldodesmus ruspolii Silv.
y, iunotatus SiLV.
Astrodesimis concolor Poe.
Gomphodesmus testaceus Att.
Ohelostreptns acifer Att.
Graphidostreptus lugiihris Bröl.
„ holtegii Silv.
„ plilUipsi Poe.
„ dodsoni Poc.
Spirostreptus nigricolor Poe.
? Spirostreptus smithi Poc.
?
sacditi Silv.
?
discrcpans Silv.
9
ruspolii Silv.
?
sumptuosns Silv.
9
ragazzii Silv.
Lopliostreptus armatus Poc.
Odontopyge
longispina Silv.
n
„ nebirola SiLV
»
vannnteUii SiLV.
»
attenuata Silv.
M
diffwüis Silv.
w
citernü SiLV.
»
terehrum E.IB.
»
rubripes Silv.?
5)
diversicolor Silv. ?
398 Carl Graf Attems,
Odontopijgc dorkic SiLV. ?
., geslri SiLV. ?
„ anomala Silv. ?
„ rnspoHi SiLV. ?
„ IjIcoIoj- Silv. ?
„ litoranea Silv. ?
„ snbelegaiis SiLV. ?
„ diverslfaries SiLV. ?
Tn'goninhis rnspolii Silv.
„ bravensis Silv.
Trigonocvifptops bottef/H (Silv.).
1897. Cr//j)lo}js boUegii Silvestri, iu : Ann. Mus. civ. Genova (2), Vol. 17,
p. 30'2.
1903. Crgpfops bottegii Kra-EPELin, Revis. Scolop., p. 41.
Die Besclireibimg', die Kraepelin gegeben liat und die icli nur
vollkommen bestätigen kann, war auf Silvestri's Originalexemplar,
dem die Endbeine fehlen, basiert. Ich trage über letztere Folgendes
nach: Femur der Endbeine unterseits mit vielen schwarzbraunen
Dürnchen, am Ende innen mit kräftigen, geraden Dornen. Patella
unten mit weniger zahlreichen Dürnchen, am Ende außen mit
abwärts gekrümmtem Dorn. Tibia am Ende oben mit 2 Dornen, der
innere gerade, der äußere abwärts gekrümmt; Unterseite mit ca.
15 kleinen Sägezähnen, die proximalen ganz stumpf. Erster Tarsus
mit 5 kräftigen, spitzen Sägezähnchen. Außer der erwähnten Be-
dornung haben die Endbeine nur wenige feine und kurze Haare.
Fundorte: Dalota und Adda Galla (Schoa); zwischen Gidole und
Uba; Buka Wari, Kaffa [Somaliland, zwischen Matagoi und Lugh;
Deutsch Ost- Afrika (Lindi)J.
Otostlgniiis gi/ninojnis Silv.
1898. Otostigmn g//mnopns Silvestri, in: Ann. Mus. civ. Genova (2),
Vol. 19, p. 135.
1903. Otos-tignuis gi/nmopus Kraepelin, Revis. Scolop., p. 127.
Fundort: Oberer Gelo bei Gurafarda, 4./5. 1901 (nordöstliches
Afrika, Dimi).
Hhyslda longipes (Newp.).
1903. Kraepelin, Revis. Scolop., p. 148.
Die Antennen sind 20gliedrig (Kraepelin gibt „stets nur
ISgliedrig" an), sonst stimmt jedoch alles mit Kraepeltn's Be-
Äthiopische Myiiopoden. 399
sclireibuiio-. Die Endbeine des einzigen Exemplars felilen, so daß
die Bestimmuno- keine absolut sichere ist.
Ein näherer Fundort war nicht angegeben.
[In der ganzen Tropenzone von Australien durch Ostindien bis
Ost- und West-Afrika (auch Madagaskar) verbreitet. Ebenso in
Mexiko. Zentral- und Südamerika (Kkpln.).]
JRJil/sida pauehJens Pocock.
1897. Pocock, in: Don. Smith, Through unknown afric. countries, p. 403.
1903. Kraepelin, Revis. Scolop., p. 150.
Fundorte: Südwest-Bellana, 4. 3. 1900. Gara Mulata, 21.— 27./3.
1900. Harar, 11./4. 1900. Hügel bei Bali. Schoa, 8./8. 1900. Abaja-
See, 26.12. 1900. Zeyla — Adis Abeba — [Somaliland, Vorderindien
(Pondicher}"). Keaepelin.]
Ethniostiffniris tr iffoiiopodus (Leach).
1903. Kkaepelint, Revis. Scolop., p. 157.
Fundorte: Südwest-Bellana. 4.3.1901. Gara Mulata bei Harar,
März 1900. Harar, 11.4. 1900. [Durch ganz Afrika, von Algier
und Abyssinien bis zum Kaplande, am häufigsten aber im tropischen
Afrika, sowohl an der West- wie an der Ostküste. Kraepelin.]
TracJifjcorniocepJKflfis mirabilis Poe.
1903. Keaepelin, Revis. Scolop., p. 219.
Fundorte: Gara Mulata bei Harar (März 1900) und 26./2. 1900.
(Von Deutsch Ost- Afrika, Zanzibar durch das Somaliland bis Ägypten,
Syrien, Mesopotamien, Insel Perim.)
Scolopendi'u ^norsltans L.
Fundorte: Mole und Schumbala-Tal, 17.— 20./1. 1901.
Seolopendra valida Luc.
1903. Kraepelin, Revis. Scolop., p. 234.
Fundort: Dadab, 8./1. 1900. In der Nähe von Zeyla. (Kanarische
Inseln, .Syrien, Arabien, Djibuti, Socotra, Ostküste des persischen
Golfes. Kriegsschiffhafen Victoria in Kamerun.)
400 Carl Graf Attems,
Seolopendr'd f/ardiillana n. sj).
Färbung olivenbraun.
Länge 50 mm, Breite 3 mm, sclilank.
Kopfschild nur äußerst seicht und undeutlich punktiert, ohne
Furchen. 17 Antennenglieder, von denen die 6 ersten nackt sind,
die übrigen mit dichtem, kurzem Haarfilz. Sternocoxalplatte mit
kurzer, feiner Längsfurche im vordersten Viertel. Die Begrenzungs-
linie der Zahnplatte bildet einen sehr flachen Bogen oder Winkel.
Die 4 + 4 Zähne der Kieferfußhüften sind ungefähr gleichgroß, nur
die 2 Innern jeder Seite sind etwas weniger voneinander getrennt
als die übrigen. Basalzahn des Kieferfußfemurs ohne Innern Zahn-
höcker. Der 1. Rückenschild ohne Ringfurche und ohne Median-
furchen, nicht merklich punktiert. 2, — 20. Rückenschild mit 2 Medial-
furchen, deren vorderes Ende auf den ersten der genannten Segmente
stark nach außen biegt. Auf dem 2. Segment ist das am aus-
geprägtesten und verliert sich allmählich auf dem ca. 5. Segment.
Nur der 2L Rückenschild ist seitlich gerandet; er ist in der Mitte
winklig nach hinten ausgezogen und trägt keine Spur einer Median-
furche. Ventralplatten von der 2.— 20. mit 2 durchlaufenden Längs-
furchen; letzte Ventralplatte rhombisch, nicht sehr schmal.
Stigmen längsschlitzförmig.
1. Beinpaar mit nur einem (ventralen) Tarsalsporn.
Porenfeld der Pseudopleuren vom Vorderrand der Pseudopleuren
bis zur Basis des Fortsatzes reichend, oben geradlinig begrenzt,
der glatte dorsale Teil der Pseudopleuren ist ebenso breit wie das
Porenfeld. Fortsatz relativ lang, zäpfchenförmig , etwa wie bei
Scolopendra dalmafica, mit 3 Spitzen am Ende und 2 am obern Rande,
Femur, Patella und Tibia rundlich, etwas verdickt, erstere beiden
ohne dorsale Längsgrube. Femur mit 10 — 11 Dornen, nämlich 3
innen oben, 3 — 4 innen unten und 4 in 2 Längsreihen unten und
außen. Endfortsatz 2spitzig. Tarsen unbehaart. Klaue mit 2 Sporen.
19. und 20. Beinpaar ohne Tarsalsporn.
Fundort: Gardulla (ll./l. 1901).
Diese Art gehört in die Gruppe der Scolopendra dalmatica und
unterscheidet sich von den andern hierher gehörigen Arten zunächst
schon dadurch, daß hier nur der letzte Rückenschild seitlich gerandet
ist, während die anderen Arten wenigstens 3, meist aber mehr der
letzten Segmente gerandet haben. Außerdem hat das 1. Beinpaar
der Gardullana nur 1 Tarsalsporn, das der übrigen Ai-ten 2, nämlich
Äthiopische Myriopoden. 401
auch einen dorsalen. Die übrio-en SA'stematisch wiclitig-ern Merk-
male finden sich in dieser Verbindung- auch bei keiner andern Art.
Orplniaetis brer Hab latus (Newp.)
Attems, Synopsis Geophii., in: Zool. Jahrb., Vol. 18, Syst., p. 201, 1903.
Fundorte: Galana-Fluß, Abaja-See; Insel Giditscho, Abaja-See;
Dalota und x4da Galla, Süd-8choa, 10./8. 1900. Gundjule-See,
(Kamerun. Erj^tlirea. Zanzibar, ^'order- und Hinterindien, Ceylon,
Sunda-lnseln, Neuguinea, Japan, Sandwich-Inseln, Zentralamerika,
Venezuela.)
Lamnont/x jninctffrons (Newp.).
1903. Attems, Synopsis Geophii., p. 211.
Fundorte: Gardulla, 11.1. 1901. Gandilla. 2500—2800 mm,
13.-16. 1. 1901. Gadat, 2900—3000 m. 1.— 5./2. 1901. Gara Da^^h
oder Abunassi, 10. 3. 1900. Gara Mulata, 21.— 27. 3. 1900. Bash bei
Georg-is, 2400 m, 30./7. 1900. Dalota, Ada Galla, südl. Schoa, 10./8.
1900. Ejere. Motscha, 2700—3000 m, 17. 9. 1900. Abera, Djamdjam,
20. 12. 1900. Am Buchoftu-See. (Gemein in den Tropen.)
Geophilus {Pleuroiyhihis) cf/clareatiis n, sj),
(Textfig. A u. Taf. 18, Fig-. 8.)
Farbe gelb, Kopf nur sehr wenig dunkler.
Länge 16 mm, größte Breite 0,9 mm, in der Mitte des Körpers,
vorn und hinten gleichmäßig verschmälert. Gestalt recht kräftig.
47 Beinpaare.
Fis:. A.
'ö
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 26
402 Carl Graf Attems,
Kopfscliild länger als breit, fast pai-allehandio-. mit abgerundeten
Ecken und geradem Hinterrand. Antennen fadenförmig, von mittlerer
Länge.
Kieferfußkrallen über die Stirne hinaus, bis an das Ende des
1. Antennengliedes reichend, der Innenrand in seinen basalen
2 Dritteln stumpf kerbzähnig; ein kleines stumpfes Basalzähnchen
vorhanden; alle andern Glieder sind ungezähnt. Vorderrand der
Hüfte nur seicht eingebuchtet. Die Chitinlinien sind etwas ab-
gekürzt, d. h. sie erreichen nicht ganz die dunklen Geleukzäpfchen.
2. Maxille mit langer, schlanker, nur wenig gebogener Kralle.
Rücken inkl. Kopf in der vordem Körperhälfte mit langen, in
der hintern Hälfte mit kürzern zerstreuten Borsten besetzt.
Basalschild breit, Präbasalschild gar nicht sichtbar.
Die Yentralplatten sind rhombisch, ebenso lang oder länger als
breit; von der ca. 6. von hinten gerechnet, runden sich die Hinter-
ecken immer mehr ab, so daß die letzten porentragenden Ventral-
platten hinten ganz bogig abgerundet sind, die vorletzte, porenlose
Ventralplatte hat wieder scharfe Ecken. 1. Ventralplatte porenlos.
Auf der 2. Ventralplatte ist das Porenfeld eben so groß wie auf
den folgenden Segmenten bis zum 11. Vom 11. an nimmt es an
Größe rasch ab und wird auf den mittlem Körpersegmenten 20 -30
so klein, daß es nur aus wenigen Poren besteht. Dann nimmt es
wieder an Größe zu und wird auf den Segmenten 40—45 sogar
größer als vorn. Überall ist es ein kreisrundes Feld, das aber nicht
scharf umgrenzt ist; auf den Segmenten, auf denen es kleiner ist,
liegt es hinter der Mitte.
Endbeinsegment: Die Ventralplatte ist klein, rechteckig, etwas
länger als breit, mit schwach gewölbten Seitenrändern und geradem
Hinterrand. Sie bedeckt die 2 medialen Hüftporen jeder Seite. Die
Endbeine sind Tgliedrig, lang und schlank, Hüfte mit vielen Poren
unten, seitlich und oben. Endglied ohne Kralle. Die Glieder mit
Quirlen längerer Borsten und spärlichen Härchen. Analporen vor-
handen (Fig. 8).
Fundort: Buka Wari, Kaffa (März 1901).
Diese Art gehört in der Tabelle zu procerus, von dem sie sich
aber leicht unterscheidet:
cyclareatus iirocenis
47 Beinpaare 85 Beinpaare
Endbeine ohne Kralle Endbeine mit Kralle
Äthiopische Myriopoden. 403
Vordere Ventralplatten g-auz ohne Vordere Ventralplatten mit Zäpf-
Vorsprung am Hinterrande chen am Hinterrand
Porenfeld rund Porenfeld querbandfürmio-, liinten
in 2 Haufen zerteilt
Ventralplatte desEndbeinseg-ments Ventralplatte des Endbeinsegments
rechteckig- abgerundet dreieckig.
Von der Untergattung- Pleurogeophilus waren bisher 3 palä-
arktische Arten und je 1 Art aus Japan. Neuseeland, Südamerika
und Nordamerika bekannt.
StroHf/j/Iosoina andreini Biiöleji. daJotamini n. subsp,
(Taf. 18, Fig-. 6, 7.)
Die von Brölemann^) gegebene Beschreibung paßt sonst voll-
kommen auf die mir vorliegenden Tiere, nur erwähnt Brolemann
nicht 2 nach hinten gerichtete Kegel am Hinterrande der Ventral-
platten hinter dem Copulationsring. Die Copulationsfüße ähneln
zwar sehr denen der beiden BRÖLEMANN'schen Subspecies, insbesondere
sind Schenkel und Tibia ganz so wie dort beschrieben, aber der
Tarsalteil ist doch etwas anders. Der Hauptast liegt in einer von
den 2 Blättern des Nebenastes gebildeten Scheide; diese 2 Blätter
sind lang und schlank. Hire Umrisse stimmen mit keiner der von
Brolemann gegebenen Zeichnungen völlig überein ; die Unterschiede
sind am besten aus einem Vergleich der Figuren ersichtlich
(Fig. 6, 7).
Fundort: Dalota und Adda Galla (10,/8. 1900).
Strongißosoma andreini Bröl. und die subsp. dongollianum Bröl.
wurden auch in Abessinien gefunden.
Fam. Oxydesmidae.
Die Entdeckung neuer Arten und eine wiederholte Prüfung der
bereits bekannten Arten veranlassen mich, eine bessere Gruppierung
vorzunehmen. Ich teile die Familie in 2 Subfamilien.
1. Subfam. Oxydesminae mihi.
Tibialfortsatz der Gonopoden eine einfache, zumeist schlanke
Sichel, die nur selten (bei Metapliorilms n. g.) kürzer, gedrungener
und mit lappigen Verbreiterungen versehen ist.
1) Brolemann, Myriapodes de l'Erythiee, in : Bull. Soc, entomol.
Italiana, Vol. 35, p. 123, 1903.
26*
404 Carl Graf Attems,
Auf keinem der vordem Segmente sind die mittlem Tuberkel
auffällig vergrößert.
Seitenrand der Kiele zumeist glatt.
2. Subfam. Orodesminae mihi.
Tibialfortsatz der Gonopoden kuiz und breit. Sspitzig; die
mittlere Spitze führt die Samenrinne.
Auf einem oder mehreren der vordem Segmente sind die
mittlem 2 — 4 Tuberkel der letzten oder der letzten und mittlem
Querreihe von Tuberkeln stark vergrößert.
Seitenrand der Kiele meist gezähnt.
Ad 1. Subfam. Oxydcsminae.
Hierher gehören folgende Gattungen:
1. Oxydesmus Humb. et Sauss.
Länge der Gonopoden-Tibia bis zum Ansatz des Tarsus relativ
gering. Tibialfortsatz lang und schlank, ganz ohne Seitenlappen
oder Verbreiterung. Tarsus der Gonopoden groß, am Grunde mit
1^ — 2 meist basalwärts gerichteten Lappen oder Zacken.
2. Beinglied meist mit einem Dorn am Ende (der nur bei Subgen.
Anardis fehlt).
Seitenrand der Kiele glatt oder höchstens leicht gewellt, nur
bei 0. levipes gezähnt.
Metazoniten meist mit 3 Querreihen kleiner Tuberkel, die
manchmal allerdings sehr klein sind oder ganz verschwinden (z. B.
0. levigatus Att.).
Schwänzchen breit, schaufeiförmig.
L Subgen. Euoxydcsmus mihi.
2. Beinglied mit 1 Dorn.
Seitenrandwulst auf allen Kielen gut entwickelt und parallel
mit dem Seitenrande.
Hierher gehören die meisten dei- im System der Polj'desmiden
genannten Arten.
2. Subgen. Anardis n. suhg.
2. Beinglied ohne Dorn.
Seitenrandwulst wie bei Euoxydcsmus.
Arten: 0. Uvipcs Att., 0. anacanthus n. sp.
Äthiopische ^lyriopoden. 405
3. Subgen. Fla<jiodcsmus Ck.
2. Beiiigiiecl mit Dorn.
Seitenraiidwulst nur auf den ersten 4 Segmenten deutlich und
schräg- von hinten außen nach vorn innen gerichtet.
Art: 0. occidcntalis Kaesch,
2. Ämurus n. g.
Gonopoden ohne Tarsus, der Telopodit eine einfache Sichel
bildend.
2. Beinglied mit 1 Dorn.
Seitenrand der Kiele glatt; parallel mit dem Seitenrande der
bekannte Wulst auf allen Segmenten.
Metazoniten ohne Querreihen von Tuberkeln.
Schwänzchen breit schaufeiförmig.
Art: Amur US drepanopus n. sp.
3. Metaphorkus n. g.
Tibia der Gonopoden bis zum Ansatz des Tarsus relativ lang;
der Tibialfortsatz kurz und breit mit einer lappigen Verbreiterung
oder einem Seitenzacken vor dem sichelförmigen Ende.
Tarsus der Gonopoden aus einem einzigen, endwärts gerichteten,
manchmal schwach entwickelten Blatte bestehend, ohne Lappen oder
Zacken am Grunde.
2. Beinglied mit 1 Dorn.
Seitenrand der Kiele glatt oder gezähnt , parallel mit ihm auf
allen Segmenten der bekaiinte Wulst.
Metazoniten mit 3 Querreihen von Tuberkeln.
SchW'änzchen breit, schaufeiförmig.
Hierher gehören folgende Arten:
1. a) Seitenrand der Kiele gezähnt episemus x4.tt,
b) Seitenrand dei- Kiele glatt 2
2. a) Die Kiele ziemlich eckig, indem die Seitenränder gerade und
einander parallel sind, Tarsus der Gonopoden sehr schlank
eff'uhjtns Karsch
b) Die Kiele sind abgerundetei". ihr Seitenrand etwas konvex.
Tarsus der Gonopoden eine viel breitere Platte
Iraepelini Att,
406
Carl Graf Attems,
Die Gattung Metaphorkns bildet einen Übergang zu den Oro-
desminae, indem der Tibialtbrtsatz der (lonopoden (Fig. B) ungefähr die
Mitte hält zwischen der langen, schlanken
Sichel von Oxydesmus und dem breiten
^spitzigen Fortsatz von Orodesmus. Der
relativ lange Tibialteil und der Gonopoden-
-Tf Tarsus sind ähnlicher dem von Orodesmus,
wo der Tarsus immer nur eine einfache
Platte ohne Grundlappen ist. In dieser
Gattung findet sich auch die außer Oxydesmus
levipes Att. einzige Art mit gezähnelten
Seitenrändern der Kiele {M. episemus Att.),
was bei Orodesmus die Regel ist.
Wie es mit mehreren von Cook als zu
den Oxydesmidae gehörig namhaft gemachten
Gattungen steht, weiß ich niclit, da CooK'sAn-
gaben ganz ungenügend sind und ich keine Gelegenheit hatte, seine
Typen nachzuuntersuchen.
ad 2. Subfam. Orodesminae.
Von dieser findet sich in der NEUMANN'schen Sammlung kein
Repräsentant, und es ergibt sich somit keine Veranlassung, näher
auf sie einzugehen.
Ich möchte nur bemerken, daß ich nächstens eine neue Gattung
Nodorodesmus beschreiben werde, die sich folgendermaßen von der
einzigen bisherigen besser bekannten Gattung Orodesmus unter-
scheidet:
Seitenrand der Kiele gezähnt. Der Seitenrandwulst auf allen Seg-
menten deutlich und in einiger Entfernung vom Rande gelegen.
2, Beinglied mit großem spitzem Dorn Orodesmus Ck.
Seitenrand der Kiele glatt; der
Seitenrandwulst liegt nni
vordersten Segmenten in
einiger
Entfernung
auf
2
den übrigen
Segmenten
verschmilzt
Beinglied mit winzigem Kegel am Ende
auf den
vom Seitenrande,
er mit dem Rande.
Nodorodesmus n. g.
Oxydesnius (Anardis) anacanthus n. sj},
(Taf. 18, Fig. 4, ö.)
Farbe: Kopt; Rücken und Seiten unterhalb der Kiele dunkel
kastanienbraun. Auf dem Halsschilde beginnt ein breiter gelber
Äthiopische Mj^rioiiodeu. 407
Streif, der bis an das Ende des Scliwänzcliens reicht, auf den Pro-
zoniten viel schmäler als auf den Metazoniten ist und unregelmäßige
Ränder hat. Seiten der Kiele, so weit die Wülste reichen, gelb.
Die Ventralplatten und die 2 ersten Beinglieder licht braungelb;
die übrigen Beinglieder, Antennen und Ventralseite der Prozoniten
hell rotbraun.
Länge 58 mm. Breite der Kiele 8 mm bei S und ?, der Pro-
zoniten beim S 4,5 mm. beim ? 5 mm. Das S hat somit relativ
breitere Kiele.
Kopf mit scharfer, bis zwischen die Antennen reichender Scheitel-
furclie, glatt, unbehaart.
Halsschild : Vorder- und Seitenränder im Bogen ineinander über-
gehend. Hinterrand in der Mitte ziemlich tief eingebuchtet, seitlich
gerade, die Hinterecken ziemlich spitzzackig.
Glänzend, Prozoniten fast glatt, Metazoniten sehr fein gerunzelt,
ganz ohne Tuberkel. Vordereck aller Kiele abgerundet. Hintereck
auf den vordem Segmenten ebenfalls, von den mittlem Segmenten
an mit immer größern Zacken, die aber alle stumpf bleiben. Seiten-
rand schwach konvex, ungezähnt; parallel mit ihm der gewöhnliche
Wulst, auf dessen Lateralseite, schräg nach oben und außen ge-
richtet, das Saftloch liegt. Hinterrand der Kiele glatt.
Schwänzchen von gewöhnlicher Form, endwärts etwas verjüngt
und abgestuft; Analklappeu mit hohen wulstigen Rändern, die Fläche
seitlich längsgerunzelt ; Schuppe bogig dreieckig, die 2 Borstenwarzen
nicht groß, viel kürzer als die Mittelspitze.
In den Seiten oberhalb der vordem Beine jedes Ringes ein
großer, über den hintern Beinen jedes Ringes ein viel kleinerer Kegel.
Von den Ventralplatten sind beim S die vordem 8, beim $ die
4 ersten recht reichlich mit langen, dünnen, gelben Haaren besetzt,
die übrigen sind nackt. Unterseite der ersten 2 Beinglieder ebenso
behaart. Der Dorn des 2. Beingliedes ist beim S nur auf einigen
der vordem Beini)aare kaum angedeutet, fehlt im übrigen; beim $
ist er dagegen deutlich entwickelt.
Gonopoden: Ein großer Teil der Hüfte und das Femur sind
dicht, lang und fein behaart. Femur und Tibia scharf geschieden.
Femur kurz und rundlich. Tibia im Stammteil kurz, zieht sich aber
in einen langen, schlanken, am Ende sichelförmig eingekrümmten
Fortsatz (Tf), der die Samenrinne führt, aus. Sehr groß ist der
Tarsus (T), dessen Grenze gegen die Tibia deutlich markiert ist. Er
ist relativ auch sehr kompliziert, indem er nicht nnr aus einem einzigen
408 Carl Graf Attems
Blatte bestellt, sondern er teilt sich am Ende in 2 Lamellen (31. X)
und außerdem ragen auf der dem Tibialfortsatze entgegengesetzten
Seite ein kurzer, stumpfer Zacken (s) und durch eine runde Bucht
von ihm getrennt ein langer, spitzer Dorn (/) vor.
Fundorte: Dereta-Berge und Buka Wari, Schubba Schenna,
West-Kaifa.
Von Oxydesmus levipes Att., der zweiten zur neuen Untergattung
Anardis zu zählenden Art, unterscheidet sich anacanihus leicht durch
seine bedeutendere Größe und dadurch, daß der Seitenrand der Kiele
glatt ist, während er bei levipes 4 — (i Zähne hat.
Auch die Gonopoden sind, besonders im Tarsalteil leicht zu
unterscheiden, was am besten durch Vergleich der betreffenden Ab-
bildungen erfolgt.
Aniuf'us ?i. f/.
20 Rumpfsegmente,
Habitus der eines Oxydesmus.
Antennen schlank, endwärts nicht merklich verdickt, 4 Sinnes-
kegel. Scheitelfurche tief.
Halsschild breit. Kiele breit, mit glattem, höchstens leicht ge-
welltem Seitenrand; parallel mit dem Seitenrande und in einiger
Entfernung von ihm der bekannte Wulst. Saftlöcher lateral von
diesem Wulst auf den Segmenten 5, 7. 9. 10, 12, 13, 15 — 19.
Metazoniten ganz ohne Querreihen von Tuberkeln, somit auch
die vordem Segmente ohne vergrößerte Mediantuberkel.
2. Beiglied mit 1 Dorn.
Schwänzchen breit, seh auf eiförmig,
Gonopoden : Hüften ziemlich kurz und breit, reichlich beborstet.
Femur kurz, rundlich, sehr deutlich von der Tibia geschieden.
Letztere lang, ihre Seiten lamellös; der Tibialfortsatz einfach, stark
eingekrümmt. Ein Tarsus fehlt ganz.
Aifiuriis drepanopus n, s/?.
(Taf. 18, Fig. 1, 2.)
Dunkelkastanienbraun mit einem gelben Rückenstreif, der am
Hinterrande des Halsschildes beginnt und bis zum Hinterende reicht;
auf den letzten Segmenten wird er recht undeutlich, erst das
Schwänzchen ist wieder lebhaft gelb. Kiele bis über die Wülste
herein gelb, Antennen und Beine licht rotbraun.
Äthiopische Myriopodeii. 409
Länge 38 — 40 mm. Breite der Prozoniteu 4,5 mm. Metazoniteu
samt den Kielen 6,5 mm.
Sclieitelfurclie tief und scharf, bis zwischen die Antennen
reichend, Kopf im übrigen glatt, vorn nur spärlich behaart.
Halsschild: Vorderecken breit abgerundet. Hinterecken fast
rechtwinklig, Hinterrand in der Mitte seicht eingebuchtet.
Die vordem Kiele sind ziemlich genau rechteckig; analwärts
rundet sich das Vordereck allmählich ab, und das Hintereck wird
zackiger; 17. — 19. Segment mit relativ großen Hintereckzähnen.
Der Seitenrand dei- Kiele ist nur unregelmäßig gewellt, gezähnt
kann er nicht genannt werden; parallel mit dem Seitenrande der
gewöhnliche Wulst. Hinterrand der Kiele glatt.
Der ganze Rücken mäßig glänzend; Prozoniteu glatt, Meta-
zoniteu sehr fein lederartig' gerunzelt, auf den Kielen etwas stärker,
ohne jede Spur von Tuberkeln.
Schwänzchen schaufeiförmig", endwärts etwas verjüngt, die Seiten
treppenartig abgesetzt und mit Borsten. Schuppe breit dreieckig,
mit nur wenig gewölbten Seitenrändern: die Warzen sehr klein,
viel kürzer als die Mittelspitze; Analklappen seitlich fein längs-
gerunzelt.
Die Ventralplatten sind beim v bis zur 5. schwach behaart,
die übrigen nackt, beim J bis zur 10. schwach behaart, die übrigen
nur längs des Hinterraudes mit einigen Haaren.
Oberhalb jedes Beines ein mit mehreren Warzen besetzter
Tuberkel, der vordere jedes Doppelringes der größere.
2. Beinglied mit 1 kurzen Dorn.
Gonopoden : Hüften kurz und breit, mit den gewöhnlichen Borsten
und ebenfalls normalem Hüfthörnchen. Schenkel kurz, rundlich,
reichlich beborstet, vom folgenden Abschnitt scharf geschieden.
Dieser entspricht nur dem Tibialteil und von einem Tarsus ist hier
nichts zu sehen. Mähe dem Grunde der Tibia steht ein kräftiger
spitzer Zacken {^). Weiterhin setzen sich an den mittlem Stamm
der Tibia jederseits abgerundete dünne Lamellen (/ und l') an,
die laterale (l') bildet am Ende einen stumpfen Zacken (d) ; das Ende
ist zu einem vollständigen Kreis eingedreht und auch dieses Ende
ist auf der Medialseite lamellös verbreitert (l"). Ganz am Ende ist
durch eine Bucht ein kleines fingerförmiges Läppchen abgetrennt,
auf dem die Samenrinne endet (Fig. 1, 2).
Fundort: Schubba Schenna, West-Kafia, 12.4. 1901
410 Carl Graf Attems,
AniitruH drepanopKs obsciiratus n. siihsp.
Färbung: dunkel kastanienbraun; auf jedem Metazonit ein mehr
oder weniger deutlicher heller Fleck, der entweder nur in der
hintern Hälfte des Metazoniten sichtbar ist. oder er ist dreieckig
und reicht mit der Spitze bis an den Vorderrand des Metazoniten;
immer aber ist er nur schwach ausgeprägt. Kiele, soweit die
AVülste reichen, lebhaft gelb; Antennen und Beine hell rotbraun.
S. Breite der Prozoniten 3,5 mm, dei' Metazoniten 5,3 mm.
Die Gonopoden älmeln außerordentlich denen der Stammform,
nur sind sie im ganzen etwas schlanker, insbesondere sind die
Lamellen l und V etwas schmäler als dort. Die Lamelle /" wächst
von ihrem Beginne erst allmählich zur vollen Breite an, während
sie bei der Stammform am Grunde ])lötzlich abgesetzt ist (Fig. 3).
Alles übrige wie bei der Stammform.
Fundort: Gadat, Gofa.
Goiirphodesnius testaceus n. sp,
(Taf. 18, Fig. 12. 13.)
Scherbengelb.
Länge ca. 30 mm. Breite der Prozoniten 4 mm, der Metazoniten
5,5 mm.
Antennen mit 4 Sinneskegeln.
Scheitelfurche kräftig; sie endet vorn gerade zwischen den
Antennen, jederseits neben ihrem Vorderende ein rundes Grübchen.
Halsschild so breit wie das 2. Segment, mit spitzen Seitenlappen,
die längs des Vorderrandes schmal wulstig gesäumt sind.
Eücken glatt und glänzend, stark gewölbt, die Kiele folgen
dieser Wölbung, besonders die vordem, die Kiele stellenweise kaum
merklich gerunzelt.
Hintereck der vordem Kiele abgestumpft rechtwinklig, nicht
stärker verdickt als die andern, der mittlem und hintern zackig.
Kielwulst glatt, die Poren schräg nach oben gerichtet. Seiten unter-
halb der Kiele fein gekörnt. Quernaht sehr seicht, kaum merklich
längsgestrichelt.
4. und 5. Ventralplatte beborstet, die 6. mit einer beborsteten,
niedrigen, in der Mitte zipfelig ausgezogenen Querlamelle. Keine
der Ventralplatten hinter dem Copulationsring hat Fortsätze; die
Äthiopische Myriopodeu. 411
Querleisten der hintern A'entralplatten sind undeutlich; Hinterrand
der Ventralplatten lang- beiiaart.
Schwänzchen ein kurzer, von oben nach unten plattgedrückter,
abgestutzter Keg-el. Analschui)pe dreieckig-, mit konvexen Seiten;
die Warzen relativ sehr klein, so daß sie von der iMittelspitze weit
überragt werden.
2. Beinglied beulig aufgetrieben, auf der Unterseite dicht und
lang beborstet; die Beborstung der Beine im übrigen recht spärlich.
Die ersten 6 Beinpaare des S niit fleischigen Tarsalpolstern.
Copulationsfüße: Die Hüften bieten nichts Besonderes; der
Femur bildet eine knollige Verdickung der Basis des Telepodits,
so daß das Ganze dem distalen Ende eines menschlichen Femurs
ähnelt; Behaarung reichlich und ziemlich dünn. Der Tibial-Tarsal-
teil ist flach, bandförmig und in eine Spirale von fast 2 Windungen
zusammengedreht; in der Mitte der Sjjirale geht nach außen ein
starker Dorn (d) ab, dessen Spitze sich in eine von lamellösen Falten
des Endes gebildete Grube hineinlegt; zwischen dieser Grube und
der Endspitze stehen ein basalgerichteter spitzer Dorn (^) und ein
runder Lappen {D, auf dem die Samenrinne (Sr) ausmündet (Fig. 12
u. 13).
Fundort: Süd-Kaffa (3./3. 1901). Dereta-Berge und Buka Wari
(Kafta).
Von der Gattung Gomphodesmus ist bisher nur eine Art, G.
castaneus Cook, aus Deutsch Ost-Afrika bekannt gewesen. Unsere
Art unterscheidet sich von ihr leicht durch die viel geringere Größe
der Tuberkel auf der Analschuppe. Bei castaneus sind sie riesig
groß, und Cook stellt diese Eigenschaft in seiner Tabelle der Gompho-
desmiden-Gattungen ^ ) an erste Stelle, Avie mir scheint mit Unrecht,
denn die Größe dieser Tuberkel ist bei nahe verwandten Arten
anderer Gattungen doch recht variabel und scheint mir kein sehr
geeignetes Gattungsmerkmal zu sein. Deswegen stelle ich vor-
liegende Art, trotzdem sie nur kleine Tuberkel auf der Analschuppe
hat, doch zu Gomphodesmus, da alles Andere stimmt.
Weitere Unterschiede zwischen castaneus und tcstaceus sind die
Farbe, die bei castaneus wesentlich dunkler braun ist. und die Gestalt
der Copulationsfüße. Im wesentlichen sind letztere in beiden Arten
gleich, doch ist die Gestalt der einzelnen Teile verschieden, worüber
man sich am besten durch einen Vergleich der Abbildungen orientiert.
1) Cook, The famil}' Gomphodesmidae, in: Proc. U. S. nation. Mus.,
Vol. 21, p. 706, 1899.
412 Cabi. Graf Attems,
SpirostrejJtidae.
Obelostreptus n, g,
Körpergröße für einen Spirostreptiden sehr gering.
Halsscliild des c^ im Vordereck nicht lappig vorgezogen.
Pro- und Metazoniten ohne besondere Skulptur.
Analsegment ohne Schwänzchen. Analklappen ohne deutlichen
Randwulst, neben dem Medialrand keine Eille.
Die 2 vorletzten (-rlieder aller Beine des S mit großen Tarsal-
polstern.
Copulationsfüße: Der vordere hat. wie gewöhnlich, die Gestalt
einer medial oöenen Halbröhre, die die Scheide für den basalen Teil
des hintern Copulationsfußes bildet. Endwärts ist er im ganzen
etwas verschmälert ohne seitliche Lappen.
Der hintere Copulationsfuß hat vor der ersten starken Biegung
auf dem Coxalabschnitt einen langen distal gerichteten Dorn, nach
der Krümmung eine breite Platte (= ? Tarsus) und einem gekrümmten
Dorn. Distal vom Ansatz dieser Platte ist der Copulationsfuß
lamellös verbreitert, sein Ende wieder zugespitzt (Tibialfortsatz).
Der soeben erwähnte Fortsatz des hintern Copulationsfußes vor
der Krümmung, beim Austritt aus der Scheide des vordem Copulations-
fußes, unterscheidet diese Art so von den übrigen, daß sie zum
Repräsentanten einer neuen Gattung gemacht werden mußte.
Obelostreptus acifev n. sp.
(Taf. 18, Fig. 14, 15. 16.)
Farbe sehr dunkelbraun bis schwarzbraun, stellenweise un-
deutlich rotbraun aufgehellt; Beine und Analklappen heller braungelb.
Größte Breite des S 2,6 mm, des $ 3,2 mm. $ mit 41 Rumpf-
segmenten.
Kopfschild glatt und sehr glänzend. Scheitelfurche kurz, fein
und scharf. Ocellen einzeln deutlich konvex.
Seitenlappen des Halsschildes gerade abgeschnitten; Vordereck
abgerundet, Hintereck abgestumpft rechtwinklig; 2 kräftige Bogen-
furchen.
Vorderer Teil der Prozoniten seicht (luergestreift ; hintere Hälfte
der Prozoniten und vordere Hälfte der Metazoniten sehr fein längs-
gestrichelt oder gerunzelt; hintere Hälfte der Metazoniten in der
Äthiopische Myriopodeu. 413
vordem Körperliälfte glatt, in der hintern Korperliälfte ist auch sie
fein läug-sgerunzelt. Die Saftlöcher sind sehr klein und liegen bei-
läufig in der Mitte zwischen Qnernaht und Hinterrand. Quernaht
auf dem Rücken recht seicht. Die feine Längsstreifung der Meta-
zoniten reicht hier relativ hoch hinauf; auf den vordem Segmenten
reicht sie bis zu den Saftlöchern, auf den mittlem Segmenten finden
sich sogar dorsal von den Saftlöchern noch 1—2 Furchen.
Venti'alplatten glatt.
Analsegment ohne Spur eines Schwänzchens; der Dorsalteil ist
in der Mitte nur sehr wenig und ganz stumpf bis an den Beginn
der Analklappen vorgezogen; die Klappen sind gut gewölbt, der
feinwulstige Rand ist nicht scharf, besonders nicht durch eine Furche
gegen die übrige Fläche abgesetzt; innen ohne Rille.
Die Analschuppe ist breit abgerundet. Das ganze Analsegment
fein gerunzelt resp. ziemlich derb eingestochen punktiert.
Die 2 vorletzten Glieder aller Beine tragen große, spitze Polster.
Copulationsfüße (Fig. 14 — 10): Das vordere Paar ist recht ein-
fach gestaltet, indem das Ende keinerlei seitliche Fortsätze oder
dgl. hat, sondern fast spitzig ist. Nahe der Basis ist eine starke
Einschnürung, die Basis selbst bildet seitlich eine starke knollige
Auftreibung. Der vordere Fuß bildet natürlich auch hier die Scheide
für den basalen Teil des hintern. Gleich nach dem Austritt aus
dieser Scheide und noch vor der ersten starken Krümmung entsendet
der Hauptstamm des hintern Copulationsfiißes einen langen, schwach
gebogenen, endwärts gerichteten Spieß (p) und bald darauf, nach
der Biegungsstelle, eine größere, abgerundete Platte (7) und daneben
einen schlanken, gebogenen Dorn (d). Dann setzen sich breite, ab-
gerundete Platten an den Hauptstamm an, zwischen denen die
Samenrinne verläuft (die bis zur äußersten Spitze zieht). Das immer
dünner werdende Ende biegt wieder distalwärts um und schließt
mit einem kleinen Häkchen; vorher trägt es einen kleinen Seiten-
dorn (s) (Fig. 14). Die Deutung der einzelnen Teile ist nicht leicht.
Vermutlich stellt die Platte l den Tarsus vor. Der ganze folgende
Teil, von der Ansatzstelle von l an, ist dann der Tibialfortsatz.
Ein ähnlicher Dorn wie d auf dem Tibialteil findet sich auch bei
Odoutopyge. Sehr bemerkenswert bleibt jedenfalls der Dorn p auf
dem Coxalabschnitt.
414 Carl Graf Attems,
GrapTiidofitreptus n. g.
Unter den Spirostreptiden zeichnen sich einige bisher im Genus
Sinrostreptus untergebrachte Arten dadurch aus, daß der Coxalfort-
satz der hintern Gonopoden, der bald nach dem Austritt der hintern
Gonopoden aus der von den vordem Gonopoden gebildeten
Scheide entspringt, am Ende ringsum büschelig mit Dörn-
chen oder Fransen besetzt ist. Ich fasse diese Arten unter oben
genannten Namen in ein neues Genus zusammen, mir vorbehaltend,
in einer demnächst erscheinenden Arbeit die Stellung dieses Genus
zu den andern Gattungen der Spirostrcptidae näher auseinander zu
setzen.
Graph klostreptiis luf/iibris (Beölemaxn).
Gara Mulata (März 1900). [Sabarguma, Chenafena, Adi Ugri.
Gherghera, Conca di Behat, Maio (Erythräa).]
Lissopyr/e n. g,
Antennen ziemlich lang, endwärts wenig verdickt. Scheitel-
furche sehr fein. Oberlippe seicht eingebuchtet, mit 3 stumpfen
Zähnen, oberhalb derselben 3 Borstengrübchen. Augen weit von-
einander entfernt.
Halsschild seitlich breit, ziemlich eckig, mit mehreren kräftigen
Furchen.
Vordere Hälfte der Prozoniten seicht quergefurcht. Metazoniten
nur ventral fein längsgefui'cht; sonst keine ausgeprägte Skulptur.
Saftlöcher klein, etwas hinter der Quernaht auf dem 6. Seg-
ment beginnend.
Analsegment ohne Schwänzchen, die Klappen fein gezähnt mit
einem niedrigen Knöpfchen am obern Ende.
Ventralplatten glatt.
Vorletztes und drittletztes Beingiied mit Tarsalpolster.
Vordere Gonopoden wie bei Odontopyge etc. eine medial offene
Scheide für die hintern Gonopoden bildend; die Ränder am Ende
mehrfach gezackt. Basal außen ein Coxalfortsatz zum Muskelansatz.
Hintere Gonopoden: Coxa mit starkem in das Körperinnere
ragenden Coxalfortsatz zum Muskelansatz. Coxa, Femur und Tibia
ohne deutliche Grenzen gegeneinander. Tibia mit kräftigem Dorn
und langem Tibialfortsatz, der am Ende plattig verbreitert ist und
mehrere Lappen und Zacken hat.
Äthiopische Myriopoden.
415
Tarsus nur etwa halb so lang- wie der Tibialfortsatz; mit einigen
Zähnen und Zacken, sonst einl'ach.
Von Odontoinjge unterscheidet sich diese Gattung außer durch
das Fehlen eigentlicher Dornen am obern Ende der Analklappen
(worauf ich aber kein allzu großes GeAvicht legen möchte , da diese
Dornen schon bei Odoniopijf/e manchmal recht stumpf sind), durch
die Gestalt des Tibialfortsatzes der hintern Gonopoden, der bei
Odontopyge stets eine einfache, hik^listens mit 1—2 winzigen Neben-
dornen versehene, ganz spitz auslaufende Geißel ist.
ungemein
lang.
Lissopijdie neumanni n. sp,
(Textfig. C u. Taf. 18, Fig. 9, 10, 11.)
Schieferschwarz, der Hinterrand der Metazoniten goldgelb
durchscheinend; Beine hell bräunlich-gelb; Antennen, Kopf und Anal-
segment dunkelbraun.
56 Eumpfsegmente, schlank, 2 mm breit (die Länge des einzigen
S nicht mehr genau meßbar, etwa von der Größe eines Iidus ale-
mannicus-^).
Kopfschild glatt, Oberlippenrand seicht eingebuchtet mit 3 etwas
stumpfen Zähnen im Ausschnitt; oberhalb der Zähne 3 gleichgroße,
nahe nebeneinanderstehende ßorsten-
grübchen. Scheitelfurche
seicht. Antennen ziemlich
endwärts nur wenig verdickt. End-
glied mit den gewöhnlichen 4 Sinnes-
kegeln. Augen dreieckig, innen spitz,
weit voneinander entfernt, nur so
weit herein reichend als die Antennen-
wurzel; die einzelnen Ocellen sehr
flach.
Seitenlappen des
ungefähr rechteckig
rundeten Ecken. Von der Höhe
der Augen ziehen 2 kräftige Furchen
im Bogen zum Hinterrande; außer-
dem die feine Randsaumfurche und
1 — 2 kurze Furchen.
Vordere Hälfte der Prozoniten
Halsscliildes
mit abge-
mit
ungemein
seichten
Ringfurchen
Fig-.
416 Carl Graf Attems,
Hintere Hälfte der Prozoniten und die ganzen Metazoniten
matt, bei schwacher Verg'rößerung- glatt, bei stärkerer sehr fein
längsrissig erscheinend; Ventralseite der Metazoniten mit regel-
mäßigen, ziemlich engen, mäßig derben Längsfurchen. Quernaht
fein, ganz gerade; die Saftlücher sind sehr klein und liegen etwas
hinter der Quernaht; die Entfernung ist ungefähr gleich dem
eignen Durchmesser. Sie beginnen auf dem 6. Segment. Die Seg-
mente sind in der Quernaht gar nicht eingeschnürt.
Dorsalteil des Analsegnients breit abgerundet, in der Mitte nur
ganz wenig und bogig vorgezogen. Analklappen glatt, gut gewölbt,
mit feinem Randwulst und kleinem niedrigen Knöpfchen am obern
Ende, an Stelle des Dornes von Odoniopygc. Analschuppe flachbogig.
Ventralplatten glatt, Stigmen kurz, dreieckig.
Vorletztes und drittletztes Beinglied des S mit zahnartig vor-
ragendem Tarsalpolster. kwi den hintern Segmenten verschwinden
diese Polster allmählich, das des drittletzten Gliedes früher als das
des vorletzten.
Gonopoden: Die vordem bilden auch hier auf der Medialseite
oifene Scheiden, in denen der Basalteil der hintern Gonopoden darin-
steckt; die Ränder springen am Ende in Lappen und Zacken vor,
unter denen besonders lateral ein starker, spitzer, basal gerichteter
Zahn {o) auffällt (Fig. 9j.
An den hintern Gonopoden können wir wieder einige der schon
bekannten Abschnitte unterscheiden, doch sind mir bei der Prä-
paration des einzigen S leider die Ventralplatte des hintern Paares
und die Tj-acheentaschen verloren gegangen. Eine gute Präparation
derselben ist eben nur durch Macerieren in Kalilauge möglich, und
diese zerstört wieder die Form der zartem Endteile der Gonopoden,
so daß an einem Exemplar kaum alle Details mit genügender
Gründlichkeit zu studieren sind.
Die Gestalt eines aus der Scheide des vordem herauspräparierten
hintern Gonopoden zeigt Textfig. C.
Bkülemann 1) hat schon darauf hingewiesen, daß der mit CfH
(Fig. 10) bezeichnete Teil bei Odontopijge nicht einer Tracheentasche
entspricht, da eine solche in typischer Form außerdem vorhanden
ist. Er hält diesen Teil für das Coxoid und den folgenden Ab-
schnitt von der Knickung bei * an für das Femur. Verhoeff^)
1) Beölemann, in: Bull. Soc. entomol. Ital., Vol. 35, p. 128, 1903.
2) Verhoefe, in: Zool. Anz., Vol. 24, 1901.
Äthiopische Myiiopoden. 417
hingeg-en hielt den Teil Cf für die Traclieentasche, indem er die
wahre Tracheentasche übersah, und den folgenden Abschnitt für die
Coxa. Ich glaube, daß jeder Autor zum Teil recht hat, indem der
Teil Cf wohl zur Coxa gehört, aber nicht die ganze Coxa darstellt,
sondern nur einen in das Körperinnere vorragenden Fortsatz der-
selben zum Muskelansatz, homolog einem gleichen Stück am vordem
Gonopoden. Ich bezeichne ihn als Coxalfortsatz und lialte den
folgenden Teil für die eigentliche Coxa (C). Jetzt beginnt aber die
Schwierigkeit, denn eine deutliche Grenze zwischen dieser Coxa und
den folgenden Teilen ist bei Lissopyge nicht kenntlich. Wir müssen
annehmen, daß Coxa, Femur und Tibia zu einem Stück verschmolzen
sind, deren ungefähre Grenzen durch C. F und Ti bezeichnet sind.
Der große endwärts gerichtete spitze Dorn U) gehört per analogiam
mit Odonfopijgc. wo die Verhältnisse viel klarer sind, zur Tibia. An
dieser Stelle gabelt sich der Stamm in 2 Aste: der eine, der den
bekannten Kanal führt, ist als Tibialfortsatz (Tf) aufzufassen, der
andere als Tarsus (Ta).
Der Tibialfortsatz beschreibt fast einen Ki-eis. trägt in der
zweiten Hälfte desselben außen einen langen, schlanken, spitzen
Dorn (p), weiterhin mehr nach dem Innern des Kreises je einen
zweiten Dorn (s) und ist am Ende etwas plattig verbreitert, mit
4 Lappen und Zacken, einem breiten, auf dem der Kanal endet (a),
einem rundlichen Lappen ih) und 2 schiankern, spitzen Zacken (c
und d).
Der Tarsus ist nur etwa halb so lang wie der Tibialfortsatz.
Sein Rand ist an 2 Stellen eingebogen, nahe dem Grunde zu einem
rundlichen Lappen (g) ; die zweite Stelle endet mit 2 spitzen Haken
(h). Das Ende ist beilförmig.
Fundort : Dalota. Amoei-Hochebene, ca. 3000 m unter Steinen (6).
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 18.
Fig. 1, 2. A77iunis drepanopus n. sp.
Fig. L Gonopode. Medialseite.
Fig. 2. Tibialteil des Gonopoden, von außen.
418 Oakl Graf Attems, Äthiopische Myriopodeu.
Fig. 3. Amurus drepanopus ohscuratus n. suhsp.
Fig. 3. Gonopode. Lateralansicbt.
Fig. 4, 5. Oxydesmiis anacanthus n. sp,
Fig. 4. Gonopode. Medialseite.
Fig. 5. EndhäJfte des Goiiopoden. Lateralseite.
C Hüfte, F Femnr. 77 Tibia, '//■Tihialfortsatz, J/, X, s, t Teile
des Tarsus.
Fig. 6, 7. Strongylosoma rmdreini dalotanum n. siihsp.
Fig. •). Gonopode. Lateralseite.
Buchstaben wie in Fig. 4 und 5.
Fig. 7. Ende des Gonopoden. Medialseite.
Fig. 8. Geophilus {Pleiirogcopldlus) cydareaius n. sp.
Fig. 8. Hinterende. Ventralseite.
Fig. 9, 10, IL Lissopyge neumanni n. sp.
Fig. 9. Ende eines vordem Gonopoden.
Fig. 10. Linke Gonopoden, von der Aboralseite.
('/'/ u. Cfll Coxalfortsätze des vordem und hintern Gonopoden,
Tf Tibialfortsatz, a, b, c, d, p, q Teile desselben, Ta Tarsus, y, h
Teile des Tarsus.
Fig. 11. Rechte Gonopoden. Oralseite.
VI Ventralplatte.
Fig. 12, 13. Gomphodesynus iestaceus n. sp.
Fig. 12. Gonopode, von vorn.
Fig. 13. Endliälfte, stärker vergrößert, von der Seite.
Fig. 14. 15. 16. Ohelostreptus acifer n. sp.
Fig. 14. Hinterer Gonopode, von der ersten Biegung an.
d Dorn am Tibialabschnitt, / Tarsus, b Tibialfortsatz.
Fig. 15. Linke Gonopoden. Oralseite.
Fig. 16. Hechte Gonopoden. Aboralseite.
Lippeit .<; Co. (G. Pätz'sche Buchdv.), Naumburg a. S.
Nachdruck verboten,
Ühersetzungsrecht vorbehalten.
Les Poissons Voiliers.
Par
Louis Dollo,
Professenr ä i'Uuiversite,
Conservateur au Musee royal trHistoire naturelle, ä Bruxelles (Musee).
Avec 2 fignres dans le texte.
I. lutrodiictioii.
1. Depuis la memorable Expedition du „Clialleiiger" (187;-3 — 1876),
les Biologistes se sont particulieremeut occupes de la Zone
Abyssale de l'Ocean et des Adaptations aux Grandes Pro-
fondeurs.
Cependant, les Adaptations ä la Vie au voisinage immediat de
la Surface, dans la Zone Pelag-ique, ne sont pas moins importantes
et meritent aussi tonte l'attention des Etliologistes.
2. Sans parier, ici. des Invertebres. admirablement etudies par
le regrette H. X. Moseley ^). — ni meine des Amniotes, — nous
avons, notamment, dans la seconde categorie, les Poissons
Volants, si connus de tous, et les Poissons Voiliers.
3. C'est de ces derniers seiilement qu'il sera ([uestion dans cette
notice, car je vais essayer de deniontrer que, contrairement ä
Topinion courante :
1) H. N. Moseley, Pelaglc life, in: Nature, Londres, 1882, Vol. 26,
p. 560.
Voir aussi :
R. Woltereck, Tierische Wanderungen im Meere , in : Meeres-
kunde, Berlin 1908, p. 35.
Zool. .Jahrb. XXVIL Abt. f. Syst. 27
420 Loüis DoLLO,
,,Pla(/ijodus Steller 1831, n'est. cei'tainenieiit. pas autre chose
qu'un Paralepide, de grandes dimeiisions, adai)te ä la Yie Xectique
Pelagique superficielle, avec Dorsale veliforme emerg-ee: Conver-
gence avec Ilistioplwrus, parmi les Acantliopteiygiens Scombri-
formes." ^)
IL Histiophoriis.
1. C'est Broussonet ^), qui, le premier. des 1786, introduisit,
en France, le terme de Voilier. pour les Poissons du genre
Histiophoriis, d'apres le iiom malais ..Ikaii layer", qui a le meme
sens et qui tut rapporte des Moluques par les anciens voyageurs
hüllandais.
2. Quant au genre Histiophoriis (porte-voile, d^iarlov, volle de
navire) lui-meme, on sait qu'il ne fut londe, par Lacepede % qu'en
1802.
3. Ainsi qu'il est bien connu, ce nom de Voilier provient de
ce que les Acanthopterygiens Scombriformes dont il s'agit ont, —
une Dorsale enorme (pouvant atteindre 1,50 m de haut, dans un
specimen de 6 metres, selon Sir Emerson Tennent), — qui se releve
et s'abaisse comme un eventail, — faisaut saillie liors de l'eau
lorsqu'ils se tiennent pres de la surface, — et leur servant ä prendre
le vent comme une volle.
4. Les Observateurs les plus competents et les plus dignes
de confiance sont un an im es ä cet egard.
J'en citerai trois ici: Sir Stamford Rafeles. Gouverneur de
rinsulinde pendant l'interregne anglais, — H. N. Moselet, l'eminent
Biologiste du „Challenger", — et M. Max Webee, Professeur ä
rUniversite d' Amsterdam et Chef de l'Expedition du „Siboga".
„The only amusing discovery we have recently made is that of
a sailiug fish, called by the natives Ikan layer, of about 10 or
1) L. Dollo, Pi'ymnothonus Hookeri, Poisson pelagique de l'„Erebus"
et de la „Terror" retrouve par l'Exj)edition Antarctique Nationale Ecossaise,
in: Proc. Roy. Soc. Edinburgh, 1907, Vol. 27, p. 4L
2) 1*. M. A. BrüUSSONET, Memoire sur le Voilier, espece de Poisson
peu connue, qui se trouve dans les Mers des Indes, in: Mem. Acad. Paris
(1786), 1788, p. 450.
3) B. G. E. DE Lacepede, Histoire naturelle des Poissons, Vol. 3,
Paris 1802, p. 374.
Les Poissoiis Voiliers. 421
12 feet long-, whicli lioists a mansail, and often sails in tlie manner
of a native boat, and. with considerable swiftness. I liave sent a
set of tlie sails liome, as they are beautifully cut and form a model
for a fast-sailing boat. Wlien a school of tliese are under sail
too;ether they are frequently mistaken for a fleet of native boats."^)
„The Admiralty Islands were sig-hted on the afternoon of
March 3rd. As we sailed along the north coast of the main island,
a Swordfish was seen showing- its fins above water. It moved
rapidly with a darting- niotion bnt sinuons course. It was apparently
about five feet long. The fins sliowed above water, very differently
from those of any otlier fish. The broad dorsal fin projected from
the water in fiont. and the npper sickle-shaped half of the tail fin
projected at an interval behind, and seemed as the fish moved to
be chasing the fin in front. The fish was seen to leap out the
water several times. It was probably a species of Ilistiopliorns.'-'' -)
„Nous avons recueilli ici nn antre poisson interessant, un
exemplaire de HisHophorus Orientalis, long de 2,68 m. Son nom
malais. Ikan layer. a la meme signification qne son nom hollandais
,.Zeil-visch" et que son nom franeais ..voilier". II le doit k sa haute
nageoire dorsale. A Taide de cette nageoire, le poisson est en etat
de serrer le vent. C'est ce que faisait certainement l'exemplaire que
nous avons capture. On le vit, ä diverses reprises, dans le courant
de la journee. au voisinage du ..Siboga", faisant saillir sa haute
nageoire dorsale au dessus de l'eau." ■^)
5. Cette disposition est, evidemment. une Adaptation ä la
Vie Nectique Pelagique superficielle.
Repos et deplacement avec economie de force, au moyen de la
Dorsale veliforme emergee. — alternant avec la natation active et
rapide, ä Taide de la puissante Caudale rhipidicerque echancree.
1) G. B. C-iOODE, Materials for a history of the Sword-Fish, in:
United States Commission of Fish and Fisheries : Report of the Com-
miseioner for 1880, Washington 1883, p. 324.
2) H. N. MOSELEY, Notes by a naturalist on H. M. S. „Challenger",
Londres 1892, p. 387.
3) M. "Weber. Introductiou et description de I'Expedition, in: Siboga-
Expeditie, Leyde 1902, p. 110.
27*
422 Louis Dollo,
III. La Forme des Poissons.
1. La forme des Poissons est extremement variee.
Comme il n'y a pas de liasard, ni d'arbitraire, dans la Nature^
toutes ces formes ont donc une signification.
2. Cette signification sera. parfois. fort difficile ä de-
couvrir.
Vu l'etat present, tres iniparfait. de nos connaissances
ethologiques. ^)
3. Mais 011 peilt commencer par les cas typiqiies.
C'est-ä-dire par des formes ([iii sont telles qiie la relation entre
la forme et le mode de vie ne piiisse faire de doiite.
Ces formes se repartiront, d'ailleurs. dans les familles les plus
diverses, montrant bien, par lä, leiir caractere adaptatif.
4. Ainsi, il n'est plus discutable, pour personne, aujoiird'liui,
que les Poissons anguilliformes ne representent pas un groupe
homogene de Poissons unis par d'etroits liens de parente, mais
simplement une maniere de vivre de Poissons tres eloignes les uns
des autres : Adaptation ä la Vie Benthique.
Cela resulte:
1. De r Observation etliologique directe;
2. De la structure: atrophie de la nageoire caudale, indiquant
une regression de la natation. par consequent. ici, une vie de
fond-);
1) Qui aurait pu deviner qu' Amphisile nageait verticalement
comme Uip})()rainpii>^ (A. WiLLEY, Zoological results based on material
from New Britain, New Guinea, Loyalty Islands and elsewhere, Cambridge
1902, p. 718 et 719)?
L' Ethologie doit etre consideree comme une branche speciale de
la Biologie, et des plus importantes.
La Solution de probleraes essentiels depend de ses progres. Elle
reclame des aptitudes particulieres. Un enseignement propre. Quand
aurons-nous un Lehrbuch der Ethologie?
Bionomie = Ethologie -|- Chorologie ; Chorologie = Biostratigraphie
-|- Biogeographie.
Ethologie = etude des Ürganismes dans leur milieu natural et dans
leurs relations avec ce milieu.
Les Poissous Voiliers. 423
3. De la dissemination des Poissons ang-uilliformes, iiuu-
seulement dans de multiples familles. mais daus toutes les grandes
■categ'oi-ies de la classe des Poissons (Cyclostomes, Selacieiis, Ganoides,
Dipneustes, Pliysostomes. Phj'soclistes).
5. Plus generalement. il est dejä possible de reconnaitre le
rapport entre la Forme et T Adaptation pour tout une serie
de Poissons \) :
Exemples:
1. Ang-uilliformes Anguilla
2. Macruriformes Macrurus
3. Depressifoimes Eaja
4. Compressiformes asA^metriques Solea
I.
V i e ß e n t li i q u e
IL (1. Aiguilliformes Stjngnathus
Vie Plane tique l2. Compi-essiformes symetriques Zeus
,, . ., ' . 1 1. Fusiformes Tlminus
V 1 e N e c 1 1 q u e l ^
(). A quoi bon ces consideiations?
1. A separer les c a r a c t e r e s li e r e d i t a i r e s des c a r a c t e r e s
adaptatifs.
2) L. DoLLO, Sur la pliylogeiiie des Dipneustes, in : Bull. Soc. bälg.
Oeol., Bruxelles 1895, Vol. 9, p. 90.
Sur rAdajitation des Siitiridar ä la Nie anguillifcrme, con-
sulter le recent et tres interessant travail :
G. A. BOULENGEE , A revision of the African Silurid Fishes of
the subfainily Clariinae , in: Proc. /ool. Soc. London, 1907, p. 1064
et 1065.
Outre — l'Allongement du corps, — la Transformation de la caudale
rhipidicerque en caudale gephyrocerque, — la Fusion des nageoires impaires,
— et l'Atrophie des nageoires paires, — on y voit la Regression du
bouclicr cephalique, — exactement corame je Tai signale cbez les Dipneustes
<tab. 5 et 6).
Bei exemple de Convergence.
1) L. DOLLO, Poissons de l'Expedition Antarctique Beige, in: Res.
Belgica en 1897, 1898, 1899, Anvers l'.i04, p. 106 et 182.
Voir aussi :
0. Abel, Die Lebensweise der altpalaeozoischen Fiscbe, in : Verh.
20ol.-bot. Ges. Wien. 1907, p. 158.
424
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426 Louis Dot-lo.
En d'autres termes. ä distinguer la Pareiite de la Convergeuce.
Point capital eu Phj'logenie.
2. Quand Tobservation ethologique manqiie. ou est impossible,
ä determiner T Adaptation d'apres la Forme du corps.
C'est ce que nous allons essayer de faire pour PJagyodns. par
comparaison avec Histiophorus.
IV. PJiUfifodus est im Poissoii Toilier.
1. „C'est au large de la Guinee sui)erieure que fut recueilli. eu
1708, le Premier specinieu de Flagyodns. lors de l'Expedition de
William Dampier daus les Mers du Sud. eu 1703—1704, avec
le „St. George" (ayant ä bord. outie le Capitaine Dampier,
William Fünnell, qui donua la premiere description et la
premiere figure de notre Poisson. en 1707) et le „Cinque Ports
Galley" (ayaut ä bord Alexander Selkikk, le prototype de „Robinson
Crusoe")'-.^)
2. Mais le geure Flagyodus lui-nieme ne fut foude que par
linfortune G. W. Steller, qui accompagnait la deuxieme Expedition
de ViTus Bering (1733—1749), composee du „St. Peter" et du
„St. Paul", pour un Poisson decouvert, en 1742—1743, dans le
voisinage des Kouriles.
Encore le nom ne fut-il publie, par Pallas, qu'en 1831.-)
3. Enfin, pour se limiter au seul point de vue qui nous Interesse
ici, en 1864, M. A. Günther, Conservateur honoraire au Britisli
Museum, propose une Interpretation ethologique de Flagyodus.
qu'il considere comme un Poisson abyssal, et cette Interpretation
a ete generalement adoptee."')
1) L. DOLLO, Notolepis Coatsi, Poisson pelagique nouveau recueilli
par l'Expedition Antarctique Nationale Ecossaise, in : Proc. Roy. Soc.
Edinburgh, 1908, Vol. 28, p. 64.
A. Günther, A contribution to the liistory of Plagyodus (Steller),
in: Ann. Mag. nat. Hist., 1901 (7), Vol. 7, p. 35.
2) P. Pallas, Zoographia Rosso-Asiatica, St. Petersbourg 1831,
Vol. 3, p. 383.
3) A. Günther, Catalogue of the Fishes in the British Museum,
Londres 1864, Vol. 5, p. 420 et 421.
Les Poissons Voiliers. 427
Ses aro-uments sont les suivants:
1. ..Like most other deep-sea fishes, Älepidosauriis ^) has been
fouiid at widely distant localities."
2. „Every pait of the Alcpidomiiri is so fragile, tliat it is
€xtremely difficiilt to obtain perfect si)ecimens."
..The loose connexion of the sino^le parts of the body is found
in luimei'ous deep-sea fishes."
Donc: Cosmopolitisme et Decalcification du Sciiie-
1 e 1 1 e.
X. Cependant. en 1887, par consequent pres de deux sie des
apres la decouverte de Plugyodus, M. Güxthee est force de recon-
iiaitre que:
..No specimen of this characteristic deep-sea type was obtained
during- the Challeng-er Expedition: indeed. no example is known to
have been captured by means of tlie dredge or trawl." -)
5. II est vrai que. depuis lors (1895). Plagyodus a ete sig-nale
conime captuie au delä de 350 metres, — liniite superieure de
la Zone Abyssale^). — au large de la Xouvelle-Angleterre:
„The .Albatross" obtained one at the surface. and another at a
depth of 195 fathoms."
„The Gloucester fisliermen obtained two. one at 275 fathoms.
another at 120 fathoms; also, two others in 200 fathoms, and another
in 200 fathoms." ^)
Laissons de cote les chiifres des pecheurs de Gloucester, qui
ne presentent pas de garanties scientifiques süffisantes.
Eestent les 195 fathoms de r„Albatross" : c"est un cas bien isole
€t une profondeur bien juste (356.46 m) pour etablir le caractere
abyssal d'un Poisson dont on connait tant de specimens et dont la
structure est regardee comme si typique.
Et puis, ce Pkitjyodus ne pouvait-il etre descendu de la surface.
1 ) A. Günther, 0)i the ideutity of Alepisaurus Lowe with Plagyodus
Steller, in: Ann. Mag. nat. Hist., 1867 (3), Vol. 19, p. 185.
2) A. Günther , Report on the deep-sea Fishes , in : Rep. sc. Res.
Challenger, Zool , Londres 1H87, Vol. 22. p. 2U3.
3) A. F. W. SCHIMPEK, l'flanzen-Geographie auf physiologischer
Grundlage, .Jena 1898, p. 818.
4) G. B. GooDK and T. H. Bean. Oceanic ichthyology, in: Smithson.
Contrib. Knowledge, Washington 1895, Vol. 30, p. 117.
428 Louis Dollo,
normalement ou accidentellement? Les Cetaces s'enfoncent bien
jusqu'ä 1000 metres.^)
Enflii, est-il sür fiivil n'a pas ete pris, en remontant. plus oii
moins haut, entre 195 fathoms et l'atmosphere?
Somme toute, le Plagtjodus des campagnes de r„Albatross" dans
TAtlantique me parait insuffisant ä demontrer. d"une nianiere
concluante. le caractere abyssal de ce Poisson,
0. D"autre part, les campagnes de 1",, Albatross" dans le P a c i f i ([ u e
ne lui ont pas fouini de Flagyoduü, et le seul specimen ä profondeur
vraiment connue, ou supposee teile, en Decembre 1899. reste toujours
celui de 195 fathoms dont nous venons de parier. ^)
7. Enfin, en 1906, le caractere abyssal de Plogijodus. — le
„Valdivia" n'en ayant pas pris, et toutes les Expeditions en mer pro-
funde reexaminees, — parait tellement incertain ä M. A. Beauer,
Directeur du Musee royal d'Histoire naturelle de Berlin, qu'il le
raie de sa liste coniplete des Poissons abyssaux. ")
8. II resulte de ce qui precede qu'ethologiquement (i. e.
d' apres la profondeur de capturej, il n'est pas prouve du tout que
Flagijodus soit un Poisson abyssal.
9. Maintenaut, la Decalcif ication du Squelette n'est pas
uniquement propre ä la Zone Abyssale; eile se rencontre aussi dans
la Zone Pelagique:
„It is found that these hard structures tend to degenerate and
disappear both in the pelagic and deep-sea regions.*' *)
10. Et Orthagoriscus , que M. Günther lui-meme place dans
la Faune P e 1 a g i q u e ^) , a un squelette dont la s t r u c t u r e
1) G. BoENNiNGHAUS, Das Ohr des Zahnwales, in : Zool. Jahrb.,
Yol. IM, Anat., 1904, p. 3l3.
2) S. Gaeman, The Fishes (Reports on an exploration ofF the West
Coasts of Mexico, Central and South America, and off the Galapagos
Islands, in charge of Alexander AGASt^i/, by the U. S. Fish Commission
Stearaer „Albatross"), in: Mem. Mus. comp. Zool. Harvard College, 1899,
Vol. 24, p. 402.
3) A. Brauer, Die Tiefsee-Fische, in : Wiss. Ergebn. deutsch. Tiefsee-
Exped., 1906, Vol. 15, p. 380 et 381.
4) H. N. MoSELEY, The fauna of the sea-shore, in: Nature, Londres
1885, Vol. 32, p. 418.
Les Pois8oiis Voiliers. 429
est Uli achemiiiement vers celle du squelette des Poissous
aby ssaux:
„Sh^gten Ceratias. af hvis Skelet den ene af os ved eii anden
Lejlighed liar givet en detailleret Fremstilling. konimer i disse
Henseender i)/o?a'ens meget iiier." ^)
Des lors, pouiquoi uii autre Poisson pelag-ique, Pla(jyodus, ivaurait-il
pas pu aller plus loiii dans la voie de la regression squelettique et
egaler, ä cet egard, les Poissons abj'ssaux?
11. A propos de la structure du squelette 6.'OrfJiagoriscus,
notons. en passant, un nouveau cas d"Irre versibilite de
r Evolution'-):
5) A. Günther, An introduction to the study of Fishes, Edirabourg
1880, p. 292.
1) J. Steensteup og C. LÜTKEX, Bidrag til Kundskab om Klump-
eller Maanefiskene (Molidae), in: Dansk. Videnskab. Selsk. Skr., 1898,
Vo\. 9, p. 88.
2) L. DoLLO, Les lois de l>volution, in: Bull. Soc. belg. GeoL,
Bruxelles 1893, Vol. 7, p. 165.
La notion del'Irreversibilite de l'Evolution, qui a rencontre,
jadis, une certaine Opposition, jjar suite de cas insuffisainment etudies,
gagne, chaque jour, du terrain, comme on peut. le voir par les ligues
ci-apres :
„In enger Beziehung zu der Vererbimg erworbener Eigenschaften
scheint mir auch DoLLO's Gesetz der Nichtumkehr barkeit der
Evolution zu stehen. Der erblich gewordene schrittweise erworbene
Entwickelungsgang zwingt dem Organismus eine gewisse Form und be-
stimmte Eigenschaften auf; neue Einflüsse können neue Eigenschaften und
eine Veränderung der Form bewirken, die, namentlich wenn sie sich in
der Minusrichtung bewegen, zu einem Resultate führen können, welches
scheinbar einem tieferen phylogenetischen von dem Organismus durch-
laufenen Stadium gleicht, mit ihm aber niemals identisch ist (Atavismus).
Es wäre nun theoretisch ganz gut denkbar, dass infolge neuerdings ge-
änderter Einflüsse aus diesem atavistischen Stadium wieder das ihm vor-
hergegangene höher entwickelte entstehen kann, und zwar in ganz gleicher
Form. Praktisch wird dieser Fall aber nur dann eintreten, wenn das
atavistische Stadium nicht hingereicht hat, um auch die im Keimplasma
gelegene , Disposition' zu unterdrücken. So kann z. B. bei einem Hemi-
pteron, bei welchem durch Nichtgebrauch eine Reduktion der Flugorgane
eingetreten ist, auf eine lange Reihe ungeflügelter oder kurzflügeliger
Generationen plötzlich wieder eine normal geflügelte folgen. Ist aber ein-
mal die Disposition auch verschwunden, mit anderen Worten, hat sich
bereits die Gesamtorganisation genügend geändert, dann wird die verlorene
Eigenschaft nicht mehr in genau derselben Weise zurückkehren und es
430 Louis Doi.lo,
,.Le squelette de YOrihayoriscus presente quelques parties veri-
tablement cartilagineuses."
„Du cartilage ossifie ne se rencontre que dans les lames bran-
cliiales."
,,Tout le reste du squelette est fait dim tissu qui. bien que
ressemblaiit au cartilag-e, n'en a pourtaut iii la compositiou chimique,
ni la structure histiolog-ique." ^)
On n'a doiic pas, pour 1' E v o 1 u t i o n li i s t o 1 o g- i q u e du sque-
lette d' Orthagoy iscus :
Cartilage Os deealcifie
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Os mais : Os
A A
I I
Cartilage Cartilage
c'est-ä-diie que, une fois de plus, il n"}' a pas de retour au point de
depart.
12. Quant au Cosmopoliti sme. il n'appartient pas exclusive-
ment, noii plus, ä la Zone Abyssale: il se manifeste egalement dans
la Zone Pelagique:
wird z. B. eine Mallophage oder Pediculide nie mehr die Flügel ihrer
Vorfahren, der Psociden, bekommen, denn sie raüsste dann wohl voii neuem
den Entwickelungsgang durchmachen, der die Psocidenflügel hervor-
gebracht hat; sie müsste ein Trilobiten-, Palaeodictyopteren-, Blattoiden-
stadiuni durchmachen. Das müsste sie aber nicht in bezug auf die Flug-
Organe allein tun, sondern in bezug auf ihre gesamte Organisation. Sie
wäre daher gezwungen, vorher in bezug auf ihre gesamte Organisation auf
die Stufe der Anneliden hinabzusteigen und sich dann von neuem in auf-
steigender Richtung zu bewegen, wobei alle Einflüsse, welche seinerzeit
zur Entstel)ung der Psociden geführt haben, wieder der Reihe nach in
ganz gleicher Weise auftreten müssten. Derartiges ist aber wohl praktisch
unmöglich, und wir finden daher immer, dass ein definitiv verloren ge-
gangener Charakter, wohl infolge neuer Einflüsse durch einen analogen
ersetzt werden kann, aber nie mehr in der ursprünglichen Form wieder-
kehrt."
A. Handlirsch, Die fossilen Insekten und die Phylogenie der rezenten
Formen, Leipzig 1906 — 1908, p. 1328.
1) P. Harting, Notices zoologiques, anntomiques et histiologiques
sur rOrthagoriscus ozodura, in: Verb. Akatl. Wetensch. Amsterdam,
1868, Vol. 11, No. 2, p. 28.
Les Poissons Voiliers. 431
„In tlieir alniost universal geographical distribution except as
regards tlie colder seas. Pelagic aninials resemble tlie deep-sea
fall na." \)
En ce qui concerne la restriction poiir les mers froides, eile est,
d'ailleurs. variable avec les Organismes: question d'Eliirythermie et
de Stenothermie -):
„Ein Theil der pelagischeii Thierwelt ... in iK.liem Maasse
gegen Schwankungen der Temperatur . . . unempfindlich er-
scheint."^)
13. Kestent deux points ethologiques ä examiner ici.
D'abord, la Nourriture de Plagijodus.
Dans Tetat present de nos connaissances. voici ce que j'ai
ti-ouve. comme Organismes determines:
1. Bmma raü^)
2. Capros aper •*)
3. Engraul is japoniea ^)
4. Euniicrotrejiias spinosus'^)
5. Plarpiodus fcrox'^)
6. Trarhurus trachuruff^)
C'est-ä-dire tous Poissons pelagiques ou littoraux;
aucun abyssal.
l-t. Puis, inversement. de quels Poissons Plagijodus est la
P r 0 i e.
Je n'en ai rencontre qu'un cite jusqu'ä ce jour: Thynnus ala-
longa. ')
1) H. N. MoSELET, Pelagic life etc., p. 563.
2) C. MÖBIUS, Die äusseren Lehensverhältnisse der Seethiere, in :
Tagebl. 49. Vers, deutsch. Naturforscher Aerzte (Hamburg), 1876, Beilage,
p. 20.
3) C. ChüN, Die pelagische Thierwelt in grösseren Meerestiefen und
ihre Beziehungen zu der Oberflächenfauna, in: Hibl. zooL, 1888, Vol. 1,
p. 62.
4) A. GÜNTHER, Catalogue etc.. Vol. 5, p. 421 et 422.
5) F. SteindacHNER und L. DÜDEKLEIN, Beiträge zur Kenntniss
der Fische Japans, in: Denkschr. Akad. "Wiss. Wien, 1887, Vol. 53,
p. 291.
6) T. H. Beax , Description of a new species of Alepidosaurus (A.
aesculapius) froni Alaska, in: Proc. uation. Mus. Washington, 1883,
Vol. 5. p. 661.
7) ß. CoLLETT, Poissons provenant des campagnes du yacht l'Hiron-
432 Louis Dollo,
C'est-k-diie un Poisson pelag-ique.
II est interessant de noter, plus completement. la nourriture de
ce Predateur\):
1. Capros aper
2. Ciihlceps grac'dis
3. Mavrolicns sj).
4. Paralcpis pseudocoregonoides
5. Plagyodiis sp.
6. Scombresox sa ums
7. Slernojilijx diaphanns
8. SgugiKttlnts (ie(pioreus
9. Trachurus traehm-us
C'est-k-dire, essentiellement, des Poissons pelagiques: il
est donc bieu peu probable que notre Germon ait ete cherclier
Plagyodus dans les Abysses.
15. Ainsi, rien, — ni la profondeur de capture, ni la nourri-
ture. ni les ennemis, ni le cosmopolitisme. ni la structure du squelette,
— ne demontre. d'une nianiere decisive, que Plagyodus est un
Poisson abj'Ssal.
Toutes ces donnees pourraient s'accorder aussi bieu avec Tidee
d'un Poisson pelagique.
16. Cela etant, abordons un autre ordre de considerations.
II s'a^it de la Forme du Corps et des appareils exterieurs
les plus niarquants: nous avons vu. plus haut, qu'ils sont caracte-
ristiques de 1' Adaptation.
Or:
Plaggodus a — le corps fusifornie allonge, — avec caudale
rliipidicerque echancree, — et premiere dorsale veli forme,
noire ä reflets bleu d'acier et mouchetures plus foncees.-)
Et aucuu autre Paralepidae ne possede la Dorsale veliforme.^)
Mais :
Histiophorus a — le cor])s fusifoi'me allonge, — avec caudale
delle (1885 — 1888), in: Res. Campagnes sc. Prince de Monaco, 1896,
p. 119.
1) R. COLLETT, Poissons de rHiiondelle etc., p. 36.
2) T. H. Beais;, Description of a new species etc., p. 662.
D. S. Jordan and B. W. Eveemann, The Fishes of Noi-th and
Middle America, in: Bull, nation. Mus. Wasliington, No. 47, 1896, p. 595.
3) L. DoLliO, Notolepis Coatsi etc., p. 59.
Les Poissons Voiliers. 433
rliipidicerque ecliancree. — et premiere dorsale veliforme.
bleu de Prasse vif avec taclies sombres.')
Et les autres Xiphiidac ue i)Ossedent pas de Dorsale veliforme.-)
Qu'est-ce ä dire?
Kvidemment, (lue noiis iious trouvons. encore une fois, en presence
d'un plieiiomene de Converg-ence.
Et comme Ilistiophorns est uii Poisson Voi Her, — ou adapte
ä la Vie Pelag-iciue superficielle, — ([ue Plagyodus doit aiissi etre uu
Poisson Voilier.
17. Coiitrölons par 1' Ethologie, en d'antres termes par des
observations faites directement dans le milieu naturel.
Pour commencer. — non seulement Fkujyodus pouriait, et devrait.
etre nn Poisson pelagique, d'apres les raisoiis developpees ci-dessus,
— mais il a ete frequemment ])ris ä la surface de TOcean, — non
pas mort. comrae les Poissons abyssaux qui y flottent accidentellement.
mais bieii v i v a n t.
C'est ce qui ressort de la lettre suivaute de M. A. S. Jensex
Conservateur au Musee de Copenhague:
..Daus notre i\Iusee se trouve un exeniplaire groenlandais du
Plagyodiis {Alepisannis) ferox Loave, long de 1,515 m. Ce Poisson
a ete pris le 1er Avril 1884. ü la surface de la mer, avec
1 a f 1 e c li e , par 1' E s q u i ni a u Ben j a m i n. Localite : Kagsimiut
(Lat. N. 60" 48'\ dans le district de la colonie Julianeliaab, Groen-
land raeridional."
18. Bien niieux. ou a vu Plagyadus nager avec sa Dorsale
veliforme e m e r g e e :
,.Tbe t3'pe of tlie species was obtained at Iliuliuk, Unalaslika,
October 7, 1880. b}' 'Slv. Rohert King, at bis wharf. Mr. King first
saw tlie dorsal flu of tlie lisli emerging from tlie water, and tbis
attracted bis attention. Tbe animal came up into sboal water, and
acted as if it meant to go ou tbe beacb. Mr. King tbrust a spear
into it and tbus secured it." •')
19. Une derniere objection, concernant la capture de Fk((ßyodus:
1) F. Dat, Tbe Fishos of India, Londres 1878—1888, p. 199.
2) A. Günther, Catalogue etc., Vol. 2, p. 511.
3) T. H. Beax, Description of a new species etc., p. 661.
434 Louis Dollo,
„The Madeiran species is rarely caught on the deep-sea liues
of the fishermen." ^)
Mais cela iie prouve rien, car. — tout comme Flagijodiis se
preiid avec le harpon (I, Aleoutieniies) et avec la ligne de foiid
(Madere), — il eii est de meme Oi llisHophorus. et cela ne l'empeclie
pas d'etre iin Poisson Voilier:
„He States that they have the habit of resting quietly on the
surface in calm weather, with their dorsals expanded and acting as
sails. They are taken in deep water with hook and line or speared
when near the surface." -)
Cela montre tout simi)]ement que ces Poissons de Surface peuvent
plonger, ou qu'ils executent des Migrations en profondeur.
20. Tout en reconnaissant que de nouvelles observations
seraient hautement desirables, — et esperant que ce petit travail
les provoquera. — nous pouvons, je crois, conclure, pour le
moment:
1. Plagyodus n'est pas un Poisson abyssal. contrairement ä
l'opinion couiante.
Mais c'est un Poisson adapte ä la Vie Pelagique super-
ficielle.
2. Plagyodus est le Voilier des Paralepidae. comme Histio-
phorus est le Voilier des XipMidae.
II n'y a donc pas lieu de le placer dans une Familie speciale,
comme on le fait habituellement.
3. La Forme des Poissons s'est. une fois de plus, montree
significative dans la determination de l'Adaptation.
Et l'Ethologie s'est trouvee d'accord avec eile.
V. Cetorhuitis et Orthaf/oriscus.
1. II y a encore d'auties Poissons qui se tiennent ä la surface
avec Ja Dorsale emergee, mais cette nageoire est, ici, tri-
angulaire, de facon qu'il n'est plus permis de la comparer ä celle
des Voiliers typiques.
2. C'est, d'abord, le Squale Pelerin {Cetorhinus) :
„The name ,Basking Shark' has been suggested by its habit
1) A. GÜNTHEE, Report on the deep-sea Fishes etc., p. 203.
2) G. B. GoODE, Materials for a history etc., p. 324.
Les Poissons Voiliers. 435
of \yu\g luotionless on the surface in warm or calni weather,
as if baskiiig- in the sun, witli its dorsal fin protriiding- from the
water.-' ^)
Quel est le but de ces m(purs?
Comme un animal de 12 metres a nne Dorsale de 1,70 m de
haut avec une base de 1 metre, il y a, lä. nne snrface, qui n'est
pas neg'lig'eable.
D'autant plus que ces Kequins voyag-ent en tronpe et
qu'une disposition en quiuconce doit encore accroitre la resistance
au vent.
Seraient-ce aussi des Voiliers?
N'oublions pas qu'il s'agit. en l'occurrence. d'une propriete
extremement precieuse pour un Organisme pelagique: Repos et
Economie de Force.
II ne serait donc pas etonnant ([u'elle soit plus re])andue qu'on
l'a crii Jusqu'a present, et meme realisee de plusieurs manieres
dififerentes.
3. C'est, ensuite, le Poisson Lune [Orthafjorisciis):
„It has been observed to swim slowly about, near the surface,
the high dorsal above the Avater." ^)
Et, dans un specimen de 2,50 m, la Dorsale raesure plus de
1 metre de haut avec une base de 0.50 m.
Le Poisson Lune serait-il, lui aussi, un Voilier?
VL Orca et Gloh iocephalns.
1. Mais voici. maintenant, que, par un nouveau phenomene de
Convergence, les Cetaces nous amenent ä nous poser la meme
question ä l'egard de certains d'entre eux.
On connait leur Dorsale, qui n'a rien de commun, morpho-
logiquement,. avec la Dorsale des Poissons, et qui a ete acquise dans
l'adaptation ä la Vie Aquatique Secondaire de ces ]\lammiferes.
2. Elle manque, ou est faiblement developpee, chez les
Cetaces littoraux {Neomeris, Ikhuja, Monodon) et chez les
Cetaces fluviatiles {Inia, Platanista).
1) G. A, BouLENGER and T. W. Bridge, Fishes, in: Cambridge
nat. Hist., Vol. 7, Londres 1904, p. 454.
2) G. A. BoüLENGER and T. W. Bridge, Fishes etc., p. 727.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. "-^S
436 Louis DoLLO.
Elle atteint son maximum chez les Cetaces pelagiques,
notamment chez Orca.
Elle s ' a t r 0 p h i e chez les Cetaces gigantesques (Physeter,
BaIaenopte)'a, Balaend).
3. Quelle est sa fonction?
On dit que c'est un organe d'equilibre:
„Die Function der Rückenflosse ist eine sehr einfache, sie ist
nur eine Art doi'saler Kiel zur Erhaltung des Gleichgewichts, d. h.
der Vermeidung der Drehung um die Längsaxe." ^)
Soit. Mais, alors, pourquoi les Dauphins littoraux et fluviatiles
en sont-ils prives? Et pourquoi l'emersion de la Dorsale chez les
Dauphins pelagiques ?
Ne serait-ce pas plutöt une Voile?
4. Examinons ce qui se passe chez Orca:
„L'Orque a une vingtaine de pieds, un peu plus de 5 raetres,
de longueur."
„La nageoii'e dorsale du male est droite et tres elevee; eile est
estimee ä 1,26 m en hauteur, et ä la base d'avant en arriere, eile
mesure 0,316 m, d'apres un animal echoue sur les cotes de Danemark.
Bessels a vu ces Cetaces de pres, dans la mer de Baffin, et il accorde
k la nageoire dorsale du male meme le tiers de la longueur du
Corps."
„II compare la nageoire dorsale ä une voile de canot (Boot-
segel)." ^j
Quant ä la femelle, sa Dorsale a encore plus de 0,60 m de
hauteur, avec une base egale, dans un specimen de 5 metres.'^)
Que fait l'Orque de sa Dorsale?
1) W. KtJKENTHAL, Vergleichend-anatomische und eutwickelungs-
geschichtliche Uutersucliungen an Walthieren, in : Denkschr. med.-naturw.
Ges. Jena, Vol. 3, 1893, p. 265.
2) P. J. Van Beneden, Histoire naturelle des Delphinides des Mers
d'Europe, in: Mem. couronnes Acad. Belgique, 8^', Vol. 43, 1889, p. 43
et 47.
3) C. F. LÜTKEX, Kritiske Studier over nogle Tandhvaler af Slftgterne
Tursiops, Orca og Lagenorhynchus, in : Dansk. Videnskab. Selsk. Skr.,
1887, Vol. 4, p. 358.
Les Poisson.« Voiliers. 437
„Ce Cetace nageait en ligne droite ayant seulement sa nageoire
hors de l'eau." ^)
De plus, il SB deplace en trou})es:
„TiLESius a vu, assez commiinement, dans la partie septentrionale
du Pacifiqiie, des Orques nageant par groupes de plnsieurs individus,
les uns ä cöte des autres, comme un escadron de Iiussards." -)
N'est-ce pas, lä. un cas analogue ä celui de Cetorhinns':^
5. De meme, Glohiocephalus voj^age en groupes et la Dorsale
emergee/^)
0. Tont ce qui precede conduit ä se deuiander si, parnii les
Cetaces pelagiques, il ny aurait pas de Voiliers.
Dans raffirmative, on s'expliquerait. aisement pourquoi les Cetaces
littoraux et les Cetaces fluviatiles n'ont pas de Dorsale, et pourquoi
eile s'est atropliiee cliez les Cetaces gigantesques.
Quoiqu'il en soit. ä l'observation directe de decider.
VII. Coiicliisioiis.
1. Outre Histiophonts, on peut considerer comme presque certain
que PJagijoclus est un P 0 i s s 0 n V 0 i 1 i e r.
2. II est probable que Cctorliinus et Orthagoriscus sont dans
le meme cas, mais ä Taide d'iine nageoire dorsale de forme
differente.
8. II est possible qu'Orca et Glohiocephalus representent les
Cetaces Voiliers.
4. Comme Velella et Phi/salia. les 8 i p h 0 n 0 p li 0 r e s V 0 i 1 i e r s. *)
1) E. G. Eacovitza, Cetaces de TExpedition Antarctique Beige, in:
Ees. Belgica en 1897, 1898, 1899, Anvers 1903, p. 44.
2) P. J. Van Bekeden, Histoire naturelle etc.. p. 47.
3) H. BurmeistI':r, Descripcion de cuatro especies de Delfinides de
la Costa Argeiitina en el Oceano Atläntico, in: An. Mus. Buenos Aires,
Vol. 1, 1864 — 1869, tab. 21. fig. 1.
4) K. Brandt, Ueber Anpassungserscheinuugen und Art der Ver-
breitung von Hochseethieren, in: Reisebeschreibung der Plankton-Expedition,
Kiel 1892, p. 345.
28*
438 Louis Dollo, Les Poissons Voiliers.
5. Les Voiliers s'etendront, sans doute, encore.
Au surplus, l'etude de la Surface de la Zone Pelagique
est pleine de promesses,
6. La Forme des Poissons, (|iii ne peut servir ä determiner
la Parente, est caracteristique de 1' Adaptation.
Nachdmck verboten.
Ubersetzungsreckt vorbehalten.
Hymenopteren aus Tripolis und Barka
(exkl. Formicidae).
Nach der Sammlung von Dr. Bkuxo K l a i» t o c z im
Jahre 1906.
Von
Dr. A. y. Schulthess Kechberg in Zürich.
I. Bethijlidae.'')
Sclevoderma Late.
1. S. sp,
Tadschura, 18./7.
II. Chalcididae.
Siuicra Spin.
2. S. iHelanaris Dalm.
Bengasi, 28./8.
Chalets Fab.
3. C. (lalincuini Thoms.
Dernah, 20./8.
J*teroiiialiis Sved.
4. P. sp.
Tripolis, Juli.
1) Die Familieu I — IV bestimnat durch Herrn Prof. Dr. 0. SCHMIEDE-
KKECHT in Blankenburg.
440 A- ^- ScHüLTHESs Rechberg,
TU. Braconidae.
Vlpio Latk.
5. F. deset'tor F.
Aus den Steinbrüchen von (Tlierran. westlich von Tripolis, 14./7.
Ht'acon Fab.
6. H, setniffavHS Thoms.
Gharian, 17,9.
IV. Ichneumonidae (Ophiomnae).
Haru^Upa P'örst.
7. B. Jiunieralis Brauns.
Dernah, 2ö,'8.
Evania.
7a. E. appendigcister L.
Als Schmarotzer an der KüclieD schabe {Blattei orientalis L.) über
die ganze Welt verbreitet.
Tripolis, 12./9. „In der Stadt Tripolis, namentlich an Mauerö
sitzend, oft zu sehen."
V. Sphegidae})
Scelixyhron Klug.
8. S. spirifex L.
Verbreitet durch ganz Afrika, Süd-Europa und Ost-Asien.
Tripolis, Dernah, Aug. Nur in den Städten beobachtet, aber
hier häufig. Kommt oft in die Häuser und baut das kompakte^
lehmige Nest gern an der Decke leicht zugänglicher Gemächer.
Am^nopJiila Kirby.
9. A, heydeni Dhlb.
Süd-Europa.
Gherran, 14./ 7.; Dernah, 23./8.
10. A. qiiadraticoUls A. Costa.
Bekannt aus Syrien, Ägypten und Tunesien.
Tripolis, Dernah.
1) Meist durch Herrn Kustos F. F. Kohl in Wien bestimmt.
Hymenopteren aus Tripolis und Barka. 441
11. A. tf/del GuiiiLou.
Mediterraiig-ebiet. — Die australische A. suspiciosa Smith und
die süd-atVikanisclie .1. capemis Dahlb. sind eventuell nur Varietäten
von Ä. tydei.
SpJieoc L.
12. S. xanthocet'us III. vav, apicalis Guek.
Afrikanische Region.
Tripolis, 27. 7.
13. S. vidiiatus Christ.
Ganz Afrika und Süd-Asien bis Hongkong-.
Dernah. 23./8.
14. S. nioesariji Kohl.
Süd-Europa, Kaukasus. Sarepta.
Gherran, 14., 7.; Dernah, 18./8.
JPhilanthiis Fab.
15. F, trianffulum F. i'ar. ahdelkader Lep.
Paläarktische, äthiopische Region.
Dernah, 20. 8.
Notofjonia A. Costa.
16. N. fiujHta Lep.
Auf den kanarischen Inseln, in Spanien, Algerien und auf C3'pern,
(Ungarn ?).
Tripolis, 14./7.; Bengasi, 29./8.
Larva Fab.
17. L. anathema Rossi.
Süd-Europa, Nord- Afrika.
Bengasi, 28./8.
TacJit/sjyhex Kohl.
18. T. 2^(ftizeri v. d. L. vav, oranlensls Lep.
Mittelmeergebiet.
Tripolis, 19./7.; Gherran, 13.7.; Ain Sarah, 1./8.; Bengasi, 30./8.;
Dernah, 25./8.
19. T, n. sp, vic. paiiit;erL
Mit dunklen Flügeln und schwarzen Mittel- und Hinterbeinen.
Plastische Unterschiede konnten nicht wahrgenommen werden.
Dschebel Gosseba, 16.9.
442 A. V. SCHÜLTHESS ßECHBERG,
20. T, ßuctnatus Geest, et vaf\
Süd-Europa; tropisches und subtropisches Afrika.
Tripolis, 1.— 3./8.
Stiziis Latk.
21. S. j'ußcornis Fab.
Mittelmeerg'ebiet.
Dernah, 23./8.
JBenibex Fab.
22. JB. turca Dhlb. var, thorace et abdomine totis nigris.
Mittelnieerg-ebiet.
Gherran, 14./7.; Tripolis, 7.7., B./S.
Miscophus JuK.
23. iüf. ctenopiis Kohl.
Arabia, Tor.
Tripolis, 8./8.
24. jyi. f/aUicus Kohl var: pedibiis ex magna parte rufis.
Tadschura, 18./7.
Oxyhelus Late.
25. O. (Notoglossa Dhlb.) laineUatus Oliv.
Spanien, Sicilien, ganze Nordküste von Afrika.
Dernah, 25./8.
VI. PompiUdae. ^)
Salius Fab.
26. S. (Cyphononyx Dhlb.) castaneus Klug.
Bekannt aus Arabien, Ägj^pten und dem Sudan.
Tadschura und Tripolis, 18. u. 26./7.
Pompilus Fab.
27. P. plumbeus Schjödte.
Verbreitet über ganz Europa bis zum Polarkreis und die außer-
europäischen Mittelmeerländer.
Tripolis 8./8.; Dernah 24./8.
28. P. vufteexys Ev.
Bekannt aus Süd-Rußland, Transkaukasien, von Beyrut. Syra,
Korfu und aus Tunis.
Dernah, 19.— 24.8.
1) Bestimmt durch Herrn Kustos F. F. KoHL in "Wien.
Hymenopteren aus Tripolis und Barka. 44H
29. P. iimhrosffs Kohl.
Bekannt aus Syrien, Ägj^pten, Tunis, Spanien und von den
Kanaren.
Beng-asi 29. 8.
P. {Evagethes) h'Japtocrdl "n. sp. (besclirieben von Feanz Fr. Kohl).
Schwarz, die 3 basalen Hing-e des Abdominalsegmente-Komplexes
dunkelrot.
Hüften. Thorax oberhalb der Hüften und Mittelsegment hinten
weiß seidig- tomentiert.
Netzaugen die Oberkiefer erreichend. Kopfform ähnlich wie bei
trivialis. Augenabstand auf dem Scheitel gleich dem 1.+2. Geißel -
gliede, kleiner als in der Kopfschildgegend. P'ühler ziemlich ge-
streckt. 3. Geißelgiied fast um die Länge des 1. kürzer als das 2.
Schläfen nur mäßig entwickelt; Mittelsegment nicht verkürzt, ge-
wölbt, in der Mitte der ganzen Länge nach seichtrinnig vertieft.
Beine schlank. Schienen und Tarsen bedornt. ]\[etatarsus dei-
Vorderbeine an der Außenkante mit 3 Kammdornen, die jedoch nui-
von sehr mäßiger Länge sind, nämlich nicht einmal halb so lang als
der Metatarsus. dem sie anhaften. Klauen bezahnt.
Spitzenhälfte des VorderÜügels von der Radial-, 2. Cubital- und
2. Discoidalzelle an schwarzbraun, Basalhälfte hell bei gewisser
Drehung milchweiß reflektierend, knapp an den dunkelbraunen Adern
angebräunt. Radialzelle kleiner als die 2. Cubitalzelle; diese der
Dreieckform genähert. Eine 3. Cubitalzelle fehlt, daher diese Art
bei den sonstigen bestehenden Merkmalen zur künstlichen Abteilung
von Pompi! MS- Arten zu zählen ist, die man mit der Genusbezeichnung
Evagethes zu belegen pflegt. Cubitalader der Hinterflügel entschieden
hinter dem Abschlüsse der mittlem Schulterzelle entspringend.
Basalader der Vorderflügel interstitial.
Pompilus Idaptoczn gehört zur ersten der von mir in „Neue
Pompiliden" (in: Verh. zool.-bot. Ges. Wien, 1888, p. 309) auf-
gestellten Artengruppen und zwar zu den Formen mit nur 2 Cubital-
zellen.
Tripolis (2.8. 190(3. ?l
Ob P. Idaptocmi in einem engern verwandtschaftlichen Vei-hält-
nisse zu P. sericans Klug (Symb. phys. Dec. 4. 1834, Insect.; tab. 39.
fig. 11 [?]) steht oder vielleicht gar mit ihm identisch ist, läßt sich
bei der Kürze der Beschreibung, dem ]\Iangel an Angaben über die
Klauenbeschaffenheit u. dgl. nicht entscheiden.
444 A. V. SCHULTHESS ReCHBERG,
VII. Scolidae.
Scolia Fab.
30. S. interstincta Klug.
Mittelmeergebiet.
Dernah 1 8.-24/8.
31. S, mtuD'ii L.
Mittelmeergebiet; Senegal.
Tripolis. 6.— 8. 8.
32. S. uuit'asciatu Cyeil.
Mittelmeergebiet.
Bengasi, Ende August.
Elis Fab.
33. ^. thoracica F.
33a. var. collaris F.
Mittelmeergebiet.
Tripolis, Juli, Aug.; Bengasi, 2.9.
33b. vat: erlophoya Klug und Übergänge zwischen Stamm-
form und Varietät.
Tripolis, Bengasi, 30. 7. — 2./8. In Tripolis und Bengasi ebenso
wie die var. collaris an der Küste häufig.
Meria III.
34. 31, tripunctata Latr.
Süd-Europa bis Mittel-Deutschland und Nord- Afrika.
Dernah, 23./8.; Bengasi. 30./8.
VIII. Mntillidae.
AptefOffijiui Late.
35. A, niJokosewltisi Rad. (?)
Kaukasus, Turkmenien.
Dschebel Tegrinna, 19./9.
Dasijlabris Rad.
36. D. maura L.
Südliches Mittel-Europa und Mittelmeergebiet.
Funduk Ergeat, „Kam an's Licht", 20./9. ; Dschebel Gosseba, 16./9.
36a. var. arenaria F.
Dieselbe Verbreitung.
Gherran, 14.7.; Dernah, 18./8.; Funduk Ergeat, „Kam aus Licht",
20./9.
Hymenopteren aus Tripolis ximl Barka. 445
8üb. rar. man<1erstiernii Rad.
Kaukasus, Turkestan.
Dernali, 23./8.; Dschebel Tegriniia, 19./9.
IX. Vespidae.
Etimenes Fab.
37. U. ^iiaxillosus D. Geer {= tinctor Christ).
Ganz Afrika.
Tripolis, Bengasi, Dernali, Juli— Sept.
38. E, coaretatus L. var» mit roten Zeichnungen.
Mittelmeergebiet bis Mittel-Deutschland.
Dernah, 20./8.
Odynerus Latr,
39. O. [Lionotus) chloroticus Spinola.
Ägypten.
Bengasi 7./9.
40. O. {Lionotus) dmitici Rossi.
Südliches Paläarktien bis Mittel-Asien.
Bengasi, 7./9.
X. Äpidae.^)
Apis L.
41. A. mellifica L. var, ligustica Spin.
Europa und Afrika.
Dernah, 18.— 21./8.
Podcdirius Latr.
42. P. quadrifasciatiis Vill.
Süd-Paläarktien.
Dernah, 18.— 20./8.
42a. var, alternatis Klug.
Sahara.
Tripolis, 8./8.; Bengasi, 29.8.
Halictus Latr.
43. H. sp, Gruppe leucozonins Schrank.
Tripolis, 8,8.; Dernah, 20./8.
1) Bestimmt von Dr. H. Friese in Schwerin,
446 -A.. V. ScHULTHEss Rechberg, Hymcnopteren aus Tripolis und Barka.
Ceratina Latk.
44. C. callosa F.
Verbreitet durch ganz Süd-Europa.
Auf blühendem Rosmarin an den Hängen des Dschebel T'kut, 18. 9.
Noiiiia La TR.
45. N. rußcovnis Spin.
Süd-Europa.
Rengasi, 81./8.
31e(ßachile Late.
46. M, avf/entata F.(?)
Tripolis, 8./8.
Anthidiittn Fab.
47. A. fevrugineiini F.
Mittelmeergebiet.
Aus den Steinbrüchen von Gherran, 14., 7.
Nachdruck verboten.
Ubersetzungsrecht vorbehalten.
Über einige
von Ch. Gravier in Djibuti gesammelte Medusen.
Von
Cl. Hartlaub,
Königl. Biülog-. Anstalt, Helgoland.
Hit Tafel 19 23.
Vor einer Reihe von Jahren übernalim ich die Bearbeitung-
einer kleinen von Herrn Ch. Gravier zusaminengebrachten Sammlung
von Djibuti-Medusen. Ich bedauere, daß sich die Fertig^stellung
dieser Aufgabe so sehr in die Läng-e zog, und muß dafür insbesondere
Herrn Ch. Geavier um Nachsicht bitten. Wenn auch die ein-
gehendere Untersuchung des anscheinend nur geringfügigen Materials
bedeutend mehr Mühe machte, als ich anfänglich erwartete, so lag
doch der Hauptgrund der Verzögerung darin, daß ich durch andere
Arbeiten zu sehr in Anspruch genommen war.
Die Sammlung hat besonderes Interesse durch ihren Fundort.
Von der ost-afrikanischen Küste waren bisher nur einige Zanzibar-
Medusen beschrieben worden (Goette, 1886; Chun, 1896). Über-
haupt waren unsere Kenntnisse der Medusen des Indischen Ozeans,
als ich die Arbeit übernahm, noch geringe; inzwischen aber sind
sie durch die Arbeiten von Bigelow (1904), Browne (1904. 1905),
Maas (1905) w'esentlich bereichert worden.
Die von Herrn Gravier gesammelten Arten sind folgende:
1. Craspedotae.
Bougainvülia fulra Ag. et Mayer
Zaiiclea sp.
Irene pellucida Will
Eutimalphes modesta n. sp.
448 Cl. Hartlaub,
Phialidium sp.
Odorchandra orientalis n. sp.
Amphogona pusilla n. sp.
Aequorea parva Browne
Liriope rosacea Eschh.
2. Acraspeda.
Cassiopeia andromeda EsCHH.
Da die Verzeichnisse der Zanzibar-Medusen in den erwälinten
Publikationen von Goette und von Chun von einigen Arten nur
selir kurze und kaum noch genügende Beschreibungen enthalten,
war ich bemüht, das noch vorhandene Material dieser Autoren nach-
zuuntersuchen und ausführlicher zu schildei-n. Ich wurde dabei von
Heri-n Prof. C. Chun und der Direktion des Museums für Natur-
kunde in Berlin in entgegenkommendster Weise unterstützt und
habe auch Herrn Prof. Vanhöffen zu danken, daß er so liebens-
würdig war, eine von Herrn Gravier gesammelte Liriope zu begut-
achten.
Nach der kleinen vorliegenden Sammlung zu urteilen, hat die
Medusen-Fauna der ost-afrikanischen Küste sowohl Beziehungen zur
Mittelmeer-Fauna {Irene pellucida Will) als zu den indischen
{Aequorea parva) und pazifischen {BougainviUia fulva) Medusen. Die
mediterranen Beziehungen haben sicli auch — wie z. B. die Unter-
suchung ost-afrikanischer Anneliden durch E. Ehlers gezeigt hat —
bezüglich der Bodenfauna erwiesen und lassen auf eine weit zurück-
liegende Verbindung zwischen Mittelmeer und Indischem Ozean
schließen.
BougainviUia fulva Agass. et Mayer 1899,
(Taf. 19, Fig. 1—4.)
1899. In: Bull. Mus. comp. ZooL, Vol. 32, p. 162, tab. 2, fig. 6.
1902. In: Mem. Mus. comp. Zool., Vol. 26, p. 145, tab. 2, fig. 8.
0. Maas, 1905, Crasp. Med. Siboga-Exp., p. 10, tab. 1, fig. 8; tab. 2,
fig. 9, 10.
— , 1906, Meduses d'Araboine, in: Rev. Suisse Zool., A^ol. 14, p. 87,
tab. 2, fig. 4, 5.
?C. Chun, 1896, in: Beiheft 13 Jahrb. wiss. Anst. Hamburg.
?BlGELOW, 1904, in: Bull. Mus. comp. Zool., Vol. 39, p. 252.
Die 2 Exemplare haben eine Glockenhöhe bis zu 8 mm und
eine sehr dicke Gallerte. Die Glockenhöhle ist vierseitig; das
Von Ch. Gravier in Djibuti gesammelte Medusen. 449
Maiuibrium ist kurz, quadratisch, oline Mag-enstiel und hat 4 radiale
4mal dicliotom verästelte Muudg-ritfel. Die Gonaden bilden dicke,
interradial getrennte Polster. Die Kadiärkanäle sind von mäßig'er
Breite. Die epaulettförmis'en Randbulben sind weit voneinander
getrennt und tragen 18 — 20 Tentakel. An der Basis jedes Tentakels
ein kleiner axial gelegener Ocellus. Das Material wurde am 13. Mai
1904 in Djibuti gesammelt.
Agassiz u. Maykr beschrieben diese Art nach einem ganz
jungen (1899) und einem reifern (1902) Exemplar von den Fidji-
resp. Ellice -Inseln. Das letztere hatte 7 Tentakel an jedem
Bulbus. Es wird hervorgehoben, daß der Ocellus auf der axialen
Seite des Tentakels gelegen sei — was aber eine bei Bougainvillien
ganz allgemeine Eligenscliaft ist — . und von der genauein Lage
der Gonade wird nichts bemerkt. Jedenfalls enthält die Beschreibung
dieser Autoren nichts, was die Möglichkeit ihrer Identität mit
iinsern Djibuti-Exemplaren ausschlösse.
Maas, der eine Anzahl von der Siboga-Expedition in der Nähe
der Philippinen gesammelte Exemplare für B. fulva hält, beschreibt
bedeutend ältere Stücke und gibt von diesen verschiedene, auch
Einzelheiten berücksichtigende, Abbildungen. Ich zweifle nicht, daß
Maas völlig ausgewachsene Exemplare derselben Art wie Agassiz
u. Mayer vor sich gehabt hat, und mischte daher mein Djibuti-
Material insbesondere mit seinen Angaben vergleichen. Es ergibt
sich dabei namentlich eine sehr auffallende Übereinstimmung
in der Lage und Ausbildungsart der Gonaden , was ein Ver-
gleich der MAAs'schen fig. 10c auf tab. 2 mit unserer Abbildung
(Taf. 19, Fig. 1) bestätigen wird. ]\Iaas sagt allerdings, daß die
Gonaden perradial durch eine in die Verlängerung der Kadiärkanäle
fallende Linie scharf getrennt seien, wovon icli mich an den Djibuti-
Exemplaren nicht überzeugen konnte, und er gibt ferner an, daß
die Radiärkanäle sich über der Magenbasis bis zu ihrer Kreuzung
im Zentrum verfolgen ließen, allein ich lege diesen geringen Ab-
weichungen von meinen Beobachtungen keinen Wert bei. Es handelt
sich bei der vermeintlichen Verlängerung der Radiärkanäle wohl
nur um die Kreuzschenkel des Magenlumens, die bei Bougainvillien
mit scharf kreuzförmig eingefallenen Magenwänden ganz allgemein
in die zentripetale Verlängerung der Radiärkanäle fallen, und wie
sehr die radiale Trennung der Gonaden auf der Höhe von deren
Entwicklung individuell verwischt sein kann, geht aus meinen früher
von andern Bougainvillien-Arten gegebenen Abbildungen zur Genüge
450 Cl. Hartlaub,
hervor (1897, tab. 15 — vgl. auch Margeiis maniculafa Haeckel,
1879, tab. 5, fio-. 4 u. 5). Benieikenswerter ist, daß die Endi-
gungen der Mundgiiffel bedeutend kugliger abgebildet werden, als
ich sie vorfand, und daß Maas Exemplare von 14 mm Glockenhöhe
mit einer Smaligen dichotomen Verzweigung der Mundgriifel und
20 Tentakeln in einem Bündel be.schreibt. — Die Tentakel sollen
nach Maas besonders kurz sein. — Verglichen mit der außerordent-
lichen Ausdehnungsfähigkeit der Tentakel mancher Codoniden und
Tiariden, sind die ]\Iargeliden-Tentakel überhaupt kurz zu nennen.
Dies aber festgehalten, scheint mir, auch nach der Abbildung nach
dem Leben, die Maas 1906 nach einer Skizze eines von Pictet u.
Bedot gesammelten Ambüina-Exemplars gibt, besondere Kürze der
Tentakel nicht vorzuliegen. — Die von der Siboga-Expedition ge-
sammelten Stücke wurden teilweise in Vertikalnetzfängen bis zu
1536 m Tiefe erbeutet.
Wahrscheinlich gehört zu B. fnlva auch die Zanzibar-Art. welche
Chun, erwähnt, und vielleicht auch Bigelow's B. sp. von den
Maldiven. — Die Art hat viel Ähnlichkeit mit Botig. hrütanica
FoEBES, vor allem in der Lage der Gonaden. Sie unterscheidet sich
aber von ihr durch schmälere Radiärkanäle, durch die Mundgriftel,
die bei ihr einen viel kürzern Stamm haben, und auch durch die
Form der Ocellen. Die Ocellen sind bei B. hrütanica (= B. hella
Hartl.) querstrichförmig und oberflächlicher gelegen (s. Taf. 19,
Plg. 2a), während sie bei unserer B. fulva von Djibuti einen in die
Tiefe sich erstreckenden Zylinder mit einem ziemlich terminal ge-
legenen, durchscheinenden Fleck (Linse?; bilden (Taf. 19, Fig. 2b).
Von meinen 2 Exemplaren ist das eine männlich, das andere
weiblich. Das erstere ist bedeutend kleiner, und die Gonaden sind,
wenigstens äußerlich (in Übereinstimmung mit der fig. 5, tab. 2 bei
Maas, 1906), interradial weit getrennt (s. Taf. 19. Fig. 3). Bei
dem Weibchen (s. Taf. 19, Fig. 1) stoßen sie interradial fast zu-
sammen. Die Eier sind ziemlich groß und nicht von einer follikel-
artigen, nesselzelienhaltigen Membran umgeben wie bei B. autmnnalis
Hartl. und flavida Hartl., auch war keine Planulabildung am
Manubrium zu bemerken wie bei B. super ciliaris.
Ich werde in meinen „Craspedoten-Medusen des Nordischen
Planktons" bald Gelegenheit haben, mich nochmals über die ver-
schiedenen BüugainviUia- Arten auszusprechen. Nur so viel möchte
ich schon hier bemerken, daß meine Boug. hella identisch mit B.
hrütanica Forbes ist und daß Boug. principis, auf die hin Steenstrup
Von Ch. Gravier in Djibuti ofesammelte Medusen. 451
1849 das Genus Margeiis o-iündete und die bei Hakckel auch als
Mcmjelis aufg-efülirt wird, eine breite Mag-enbasis besitzt und sich
somit von andern BougainviUia-Artau. d. h. auch den von Haeckel
als Hippocrene aufg-efiiliiten Species, nicht unterscheidet. Wenn
Haeckel als Kennzeichen der Gattung Margclis eine schmale Magen-
basis im Vereinigung-spunkte der 4 Radiärkanäle annimmt, so trifft
dieser Charakter nur noch auf M. mankiilata von Mllafranca zu,
die hoffentlich bald einmal auf diese von allen Boug'ainvilliden ab-
weichende Eigenschaft nachuntersucht wird und solange als einziger
Vertreter der Gattung Margclis im HAF.cKEi/schen Sinne weiter ge-
führt werden kann. Die übrigen HAECicEL'schen JMargelis-Xvi^Xi
,j-aniosa'' (= hriUanica Fokbes) und carolinensis (letztei'e hatte ich
Gelegenheit darauf zu untersuchen) haben eine breite Magenbasis
und würden somit zu Haeckel's Gattung Hippocrene Mertens ge-
hören, diese ist aber aus Prioritätsgriinden mit dem Namen Bougain-
villia zu benennen.
ZancTea sp,
2 am 24. Februar 1904 bei Djibuti gesammelte Exemplare, an
denen sich ihrer Jugend und mäßigen Konservierung wegen kein be-
stimmtes Urteil über die Species gewinnen läßt. Die Cnidophoren
der Tentakel sind rund. 1 Paar Tentakel sind vollkommen ver-
kümmert; das Manubrium hat keinen .Magenstiel und reicht bei dem
größern der 2 Exemplai'e bis fast zum Glockenrand. Die perradialen
Nesselstreifen der Exumbrella sind kurz und bilden kein Nessel-
polster.
Irene j^eUuelda Will 1844,
(Taf. 19, Fig. 5 und 8—10.)
Will, Horae tergestinae, p. 70, tab. 2, fig. 8 — 11.
Diese zuerst von der Adria (Triest) beschriebene und später
von Claus (1882) eingehend behandelte Qualle ist durch ein etwa
10 mm im Durchmesser großes Exemplar vertreten. Die Tentakel-
zalil beträgt 17. — Girren sind nicht vorhanden (cf. Claus, 1882,
p. 102); einer der 4 Radiärkanäle teilt sich an seinem Ende in
mehrere den Ringkanal erreichende Äste. — Die Gonaden sind ent-
wickelt. — Gallerte sehr dick. — Mund tief 4zipflig.
Ich zweifle nicht, daß die von Stuhlmann bei Zanzibar ge-
sammelte und von Chun (1896) erwähnte Meduse, die er als der
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 29
452 Cr. Hartläüb,
/. pellucida nahestehend bezeichnet, mit dem Djibuti-Elxemplar
specifisch identiscli ist. Durcli die Freundlichkeit des Herrn Prof.
Chun, der mir das ]\raterial schickte, konnte ich das Zanzibar-
Exemplar nachuntersuchen. Es hat einen wohlentwickelten ^lagen-
stiel. keine Girren, reichlich 28 Tentakel und dazwischen noch An-
lag'en neuer Tentakel. Die Gonaden sind g-anz schmal linear und
gleichen völlig- der CLAUs'schen Abbildung- (tab. 43, fig-. 28). Sie er-
reichen nicht ganz den Schirmrand; vom Manubrium ist leider nur
ein winziges Bruchstück erhalten, das keine Schlüsse auf die normale
Form zuläßt.
Die ebenfalls von Zanzibar stammende Meduse, welche Goette
(1886) als I. pellucida Will erwähnt, gehört wohl nicht zu unserer
Art. Ich habe auch dieses Exemplar nachuntersucht und mich
überzeugt, daß es keinen Magenstiel besitzt. Der Magengrund
(cf. Taf. 19, Fig. 8) zieht sich bei ihm in 4 ansehnliche Zipfel
aus, an welche sich die Gonaden sogleich anschließen. Die Gonaden
sind nicht so glattwandig wie bei I. pellucida, sondern schwach ge-
lappt. Die tiache Glocke hat einen Durchmesser von ca. 8 mm und
16 Tentakel am Rande. Girren fehlen. Auch die Anordnung der
Tentakel (s. Taf. 19, Fig. 9) ist bei dem GoETTE'schen Exemplar
anders als bei unserm doch ziemlich gleichaltiügen von Djibuti.
Während nämlich bei letzterm in 3 Quadranten ein genau inter-
radialer und mitten zwischen diesem und dem radialen Tentakel je
ein weiterer Tentakel entwickelt ist, fehlt bei dem GoEXTE'schen
Exemplar der interradiale Tentakel und sind ausschließlich 2 ad-
interradiale Tentakel vorhanden (cf. Taf 19, Fig. 9a). Der Besitz
eines interi-adialen Tentakels bei dem Djibuti-Exemplar stimmt
aber wieder sehr gut zu der GLAUs'schen Abbildung (tab. 3, fig. 27),
welche ein Triester Exemplar mit 8 entwickelten Tentakeln dar-
stellt.
p]in Punkt, der einen gewissen Zweifel an der Identität des
vorliegenden Stückes mit 1. pellucida frei lassen könnte, ist der,
daß bei dem von Claus (tab. 3, fig. 27) abgebildeten die Gonaden-
anlage sich im proximalen Teil des Radiärkanals befindet, während
bei unserm diese Anlage ganz distal, fast den Ringkanal berührend,
liegt. Auch ist die Gonade (s. Taf. 19, Fig. 10), die etwas dicklich
ist und an Dicke distalwärts zunimmt, weniger einfach strichförmig
wie bei der Triester Form (nach Claus) und dem von Stuhlmann
bei Zanzibar gesammelten Exemplar. Ich überzeugte mich aber
an Exemplaren, die ich von Herrn Prof. Goei in Triest erhielt, daß
Tüll Ch. Gkavieu in Djibuti gesammelte Medusen. 453
die Lag-e der Gonadenanlage und auch die Form der letztern durch-
aus mit den Verhcältnissen unseres Djibuti-Eyemplars übereinstimmt.
Über die Lage und die Zahl dei- Hürbläschen vermochte ich am
vorliegenden Exemplar leider nichts Sicheres festzustellen. Claus
gibt an. daß die jungen I. pellucida von Triest auf einem Stadium
von 5 — 6 mm im Durchmesser und 8 Tentakeln schon '24 Geliör-
bläschen besitzen.
Bei Helgoland kommt diese Art. trotz früherer Angaben darüber
(cf. BÖHiM. \). 181 etc.) nicht vor, wohl aber eine naheverwandte
Art; sie wurde zum erstenmal im August dieses Jahres in ziem-
licher Menge beobachtet und findet sich in meinen frühern Berichten
über die. Medusen Helgolands noch nicht erwähnt. Sie unterscheidet
«ich von der Triester Irene besonders durch eine geringere Otolithen-
zahl in den Randbläschen, die als Regel 2 beträgt; offenbar ist
diese Irene identisch mit Geryonopsis delicatula Korbes, und es liegt
kein Grund dafür vor, nicht auch 7. viridnla (Pkr. et Les.) auf sie
zu beziehen. Mehrfach wurde aber bislier unter dem Namen J.
viridnla noch eine andere Meduse verstanden, nämlich eine ähnliche,
bei Helgoland sehr gemeine, zuerst (1874) von F. E. Schulze ab-
gebildete Eucopide. Sie unterscheidet sich durch den Besitz von
Girren und durch Mangel der für die Gattungen Irene und Tima
charakteristischen Mundarme von diesen beiden Gattungen generisch,
und ich habe daher in meiner Bearbeitung der „craspedoten Medusen
des Nordischen Planklon" einen neuen Gattungs- und Artnamen
(Helgicirra sclmlm n. y. n. S2J.) für sie geschaffen.^)
Was die von Claus (1882. p. 9, 19, 20) geäußerte Ansicht
betrifft, daß als vornehmlicher Unterschied zwischen den Gattungen
Irene und Tima der Mangel resp. Besitz von Cirren in Betracht
käme, so sei Folgendes festgestellt. Die Gattung Tima im Haeckel-
schen Sinne umfaßt 2 generisch zu trennende Artengruppen, nämlich
Tima flavilahris Eschscholz und andrerseits T. hairdii, formosa und
teusclieri. Diese 3 letztern Arten, die als bestbekannte Vertreter
Claus im Sinne gehabt haben dürfte, trenne ich als Gattung
Timona n. g. ab. Für sie gelten als Gattungscharaktere der Besitz
von Mundarmen, eine meist sehr beschränkte l'entakelzahl. mächtig
€ntwickelte. seitlich komprimierte Tentakelbulben. i\Iangel von Ex-
cretionspapillen auf der Innenseite des Ringkanals, Besitz von
konischen Warzen (hairdii. formosa) oder Nebententakeln (teuschei'i)
1) Vgl. C. Hartlaub, Uebei- Thaumaatias pilosella und das neue
Lafoeiden-Genus Cosmetira, in: Zool. Anz., 1909.
29*
454 ^'i'- Hartlaub,
auf der Außenseite des Glockeurandes und walirsclieinlich (nur für
T. hairdü und formosa naclig-ewiesen ) eine späteintretende mit Meta-
morphose verbundene Geschleclitsreife. Keine dieser Eigenschaften
ist von der noch wenig bekannten Tima flamlahris nachgewiesen,
die eine Qualle mit einfachen Mundlippen und zahlreichen Tentakeln
zu sein scheint. Die Gattung Timona aber zeigt bezüglich des
Cirrenbesitzes bei ihren Arten ein verschiedenes Verhalten. T.
hairdii. die ich genau untersuchte, und T. formosa Ag. entbehren
der Girren, während solche bei T. tcuscheri vorhanden sind. Mithin
kann also gerade das Vorhandensein oder Fehlen von Girren zur
Unterscheidung von Irene und Timona nicht herangezogen werden,,
was bei den zahlreichen andern Unterscheidungsmerkmalen auch
kein Unglück ist (vgl. Hartlaub, 1909, a. a. 0.).
Den Mangel von Randeirren finden wir auch bei der von Goette
und später von Chun (1896), von Maas (1905) ^) und von Browke
(1905) beschriebenen Gattung Irenopsis Goette. einer im Indischen
Ozean, wie es scheint, weit verbreiteten ßstrahligen Eucopide. —
Daß die Vierstrahligkeit als Familiencharakter der Eucopiden nicht
länger allgemeine Gültigkeit hat. beweisen auch die östrahligen
Pseudoclytia pentata Mater von den Tortugas und Ps. gardinieri
Browne von den Maldive Islands. Auch die 8s tr ahlige, von
Haeckel zu den Aequoriden gezählte Gattung „Oc/oca«wa" wird von
Maas — und Browne (1905) schließt sich ihm darin an — zu den.
Eucopiden gerechnet.
Eutinialphes ntodesta n. «/>.
(Taf 19, Fig. 6, 7.)
Die vorliegende kleine Eucopide fällt streng genommen nicht
unter die HAECKEL'sche Diagnose des Genus EuHmalphes , weil ihre
Girren nicht zerstreut zwischen den Tentakeln stehen, sondern an
der Basis derselben. Auf diese eine Abweichung hin ein neues
Genus zu gründen , scheint mir indessen vorläufig nicht notwendig
zu sein, und ebenso hat Mayer (1900) offenbar geurteilt, indem er
Irene coendea L. Ag., bei der ebenfalls die Girren auf die Seite
der Bulben beschränkt sind, zu dem Genus Eutimalplies stellte.
Das vorliegende Exemplar hat einen Durchmesser von etwa 8 mm.
Die Glocke ist flach und die Gallerte weich. Das Manubrium hat
einen langen Magenstiel und hat mit diesem etwa die Länge eines
Radius der Glocke. Der Magen selbst ist von mittlerer Länge (vgL
1) Bei M.\AS zum erstenmal abgebildet.
Von Cir. Gkavikr in Djibuti gesammelte Medusen. 455
Fig-. 7) und endigt 4zipflig-. Die 4 Eadialkaiiäle sind eng-. Die
Gonadenanlage ist linear und ein wenig- nielir dem ]\rag-enstiele als
dem Glockenrande genähert. Die Kadiärkanäle am Magenstiele
zeigen keine Spur von Gonadenanlage, und es ist auch niciit an-
zunehmen, daß das junge Exemplar zu der Artengruppe mit Gonaden
am ]\Iag-enstiel gehört . da die zu diesen gehörigen Eucopiden wie
z. B. Odorchis und Odorchandra Randtentakel besitzen, die ohne
bulböse Anschwellung- vom Glockenrand entspringen, während bei
unserer Art ein sehi' prononcierter. vom Tentakel stark abgesetzter
Marginalbulbus entwickelt ist. — Unser Exemplar hat 14 ausge-
bildete Tentakel res]), zwischen je 2 radialen Tentakeln 3 stärkere
Marginalbulben mit Tentakel und dazwischen noch eine oder mehrere
Anlagen von Tentakeln. Die 4 perradialen Tentakelbulben sind nicht
durch besondere Dicke ausgezeichnet. Auf jeder Seite eines Marginal-
bulbus, und an diesen dicht angeschlossen entspringen ein oder
seltner 2 Girren. An der Basis der subumbrelhii'en Seite der
Marginalbulben erhebt sich eine mit Xesselzellen besetzte Excretions-
papille. — Die 8 Otolithenbläschen sind gi'oß und ([uer oval. Die
Zahl derselben war leider nicht mit aller wünschenswerten Sicher-
heit festzustellen und die Zahl der Otolithen gar nicht.
Djibuti. 14. Mai 1904.
? JPhialidhini sp.
(Taf. 20, Fig. 8-10.)
Die Sammlung enthält eine schlecht erhaltene, wahrscheinlich
der Gattung Phialidium zugehörige Eucopide. — Das subumbrellare
Ectoderm und die Radiärkanäle sind nicht erhalten.
Das Exemplar hatte wohl keinen normalen Bau; wie aus Taf. 20,
Fig. 8 ersichtlich ist, ist einer der Quadranten der Scheibe bedeutend
schmäler als die 3 andern; auch das kleine 41appige Manubrium
(Taf. 20, Fig. 9j macht einen anormalen Eindruck: deutlich er-
kennt man, daß es wie bei Beowxk's Fli. tenue (cf. Browne, 1904.
tab. 54, fig. 4) von einer zentralen Verdickung der dorsalen Gallerte
entspringt. Die Eandbulben sind sehr klein. Von den Tentakeln
(Taf. 20. Fig. 10), deren Zahl auf etwa 25 zu schätzen ist. sind nur
die basalen Stummel stellenweise erhalten. Zwischen den Tentakel-
bulben sind keine andern .,rudimentären Tentakel erkennbar, womit
das Exemplar also nicht unter das MAAs'sche (cf. Maas, 1905. p. 32)
Subgenus ,.Phkducn(m-' fällt. Otolithenbläschen waren auch nicht
nachzuweisen, ebensowenig Girren. Stellenweise hatte der Glocken-
456 Ci>. Haktlaub,
rand schwache Anschwelluiif^en zwischen den Bulben. Das Velum
dürfte eine sehr zarte Struktur besessen haben, da es nirgends er-
halten ist. — Von den Radiäi'kanälen war deutlich nur das distale
Ende erkennbar mit einem Stück der Gonade, das ziemlich dicht an
den Schirmrand herantritt, ohne ihn zu berühren. — Die schlechte
Erhaltung läßt eine bestimmte Genusdiagnose nicht zu. — Manches
spricht dafür, daß es sich um ein abweichendes Exemplar von
Irenopsis Iwxanemalis Goette handeln könnte. Wie ich sehe, hat
Browne (1900) die von ihm beschriebene Art Phialidiiim temte von
den Maladiven wieder eingezog-en und das betreffende Exemplar
nach Vergleich mit zahlreichen Irenopsis hexanemalis als abweichendes
Exemplar dieser letztern Meduse aufgefaßt (1. c, p. 143, 144). In
demselben Jahre hat andrerseits Maas die BROwxE'sche PJi. temie-
als Phialidium bestehen lassen und sie nicht mit Irenopsis hexanemalis-
Goette, die er gleichzeitig untersuchte und abbildete, vereinigt.
Beide Autoren standen zahlreiclie Exemplare von Irenopsis zur Ver-
fügung. Mir scheint, daß von diesen zwei ganz unabhängig von-
einander und fast gleichzeitig publizierten Anschauungen die
BROWNE'sche den Vorzug verdient. Aber Maas ^) dürfte wohl in
anderer Hinsicht recht haben, wenn er nämlich Ph. tenue Browne.
für identisch mit der früher schon von Bigelow beschriebenen PIk
virens und vielleicht auch Miirocoma mhemjha Ag. et Mayer (1899)
erklärt, und es w^ürden danach auch diese beiden letztern Arten als-
Synonyme von Irenopsis hexanemalis zu gelten haben. — Unser
Phialidium (?) von Djibuti wage ich keiner dieser Arten als identisch
anzureihen, weil es durch einen besonders zarten Glockenrand und
auffallende Kleinheit der Marginalbulben von ihnen abweicht (vgL
unter Beachtung der Vergrößerungen meine Taf. 20, Fig. 10 mit
den von Maas (1905, tab. 6, fig. 38, 39, 40) und von Browne (1905,
tab. 3, fig. 5 — 8) gegebenen Abbildungen der Irenopsis hexanemalis
Goette.
Aus dem westlichen Teile des Indischen Ozeans wurde bisher
kein Phialidium bekannt.
OctorcJiandra orfenfalis n. sp,
(Taf. 20, Fig. 1—5.)
Glocke flachgewölbt und breit. Durchmesser des großem
Exemplars ca. 15 mm. Gallerte fest. Magenstiel vierkantig, relativ
1) cf. Maas, 1905, li<06.
Von Ch. Gravier in Djibuti gesammelte Medusen. 457
kurz, etwa gleicli dem Halbmesser der Glocke. Manubrium an-
scheinend ziemlich kurz, Mundlappen nicht eingeschnitten und ziem-
lich o^rob gekraust. Die Radiärkanäle unterhalb der Oonaden des
Magenstiels beträchtlich verdickt und oralwärts sich erweiternd.
Der übrige Teil der Radiärkanäle sehr schmal. Die Gonaden der
Glocke sind schmal und erstrecken sich fast vom Ringkanal bis
zum Ansatz des Magenstiels. Die Eiei- sind rundlich. Es sind 13
entwickelte Tentakel vorhanden, außerdem in 2 (Quadranten noch
ein deutlich in P^ntstehung begrilfener Tentakel. Die Basis der
Tentakel (s. Tat. 20, Fig. 4) genau wie bei dei- Helgoland er Odor-
clauidra ohne bulbüse Erweiterung. Die zwischen je 2 perradial
gelegenen Tentakeln liegenden Tentakel haben adinterradiale
Stellung. Rand Warzen (Taf. 20, Fig. 4) schwach entwickelt und
nur auf der exum bre Ilaren Seite des Radiärkanals. 8 quer-
ovale große Randbläschen. Ciri-en an dem großen Exemplar nicht
vorhanden (wie bei 0. variabilis. cf. Brooks), an dem kleinern, auf
dem Ociorchis-StRdmm befindlichen, aber an den Seiten einiger
weniger Tentakelknospen erkennbar.
2 Exemplare, Djibuti, 24. Febr. 1904.
Diese Art. die ich mit keiner der wenigen bisher beschriebenen
Species identifizieren konnte, zeichnet sich im Vergleich mit
0. germanica dui'cli einen sehr schmalen nur eiiiseitig und unauf-
fällig mit Rand Warzen besetzten Riiigkanal aus. Aus dem kleinern
6 mm im Durchmesser messenden Stücke wai-en die Randwarzen
deutlicher entwickelt, aber auch hier nur auf der äußern Seite des
Ringkanals. Die Art nähert sich in dieser Hinsicht der Gattung
OctorcMdimn. der tetranemal bleibenden, im .Alittelmeer lebenden
Vertreterin der Odorchandra nahestehenden Eutimiden. — 0. orientalis
dürfte sich außerdem durch ansehnliche Größe, festere Gallerte und
einen verhältnismäßig kurzen Magenstiel vor andern auszeichnen.
Odordiandra ist eine Gattung,' von der, soviel ich weiß, seit
Haeckel's Monographie keine neue Arten beschrieben worden sind;
wohl aber ist die Zahl (3) der bei ihm beschriebenen Arten durch
Bkooks um eine, nämlich Eidima mira McCrady, vermehrt worden.
Die Gattung umfaßt jetzt die 2 amerikanischen Species mira und
variabilis, die deutsche 0. (jermanica Haeckel, die canarische 0.
canariensis Haeckel und unsere neue Art. — Brooks (1885), der
die 2 amerikanischen Species ausführlich beschreibt und abbildet,
stellte fest (p. 394), daß ..Eutima-'- mira McCkadt als Regel
8 getrennte Gonaden habe, und somit gehört sie zu den als Odor-
458 Cl. Hartlaüb.
Chandra zusammeng'efaßten Formenkreis. Brooks möchte die sämt-
Jiclien von Haeckel als Euiünidae zusammeng'efaßten Genera als
Eutima im McCKAüY'schen Sinne noch vereinig-t wissen, weil die
von Haeckel als Trenniing'smerkmale benutzten Genus-Eig-enschaften
nicht konstant seien. Ich kann ihm darin aber nicht beistimmen,
sondei'u glaube, daß das normale Verhalten den Ausschlag zu geben
hat und eine Zerlegung des Genus Eiiiima McCradt in verschiedene
Gattungen wohl zuläßt.
Die Inkonstanz gewisser Eigenschaften ist bei dieser ganzen
Artengruppe allerdings sehr bemerkenswert. Von den gewöhnlich
getrennten Gonaden der Octor Chandra- Arten kann (bei mira, variahilis
und germanica) individuell eine oder die andere ausschließlich ent-
wickelt sein, ferner fand Brooks Exemplare von 0. mira McCrady,
bei denen die Gonade der Subumbrella kontinuierlich in die des
Magenstiels überging, insofern auch die zwischenliegende Strecke
des Radiärkanals Eizellen enthielt. — Ebenso ist die Inkonstanz des
Cirrenbesitzes. der sich ja auch an den 2 von Djibuti vorliegenden
Exemplaren kundgibt, für unsere Artengriippe sehr bezeichnend.
Der 0. variahilis. welcher Haeckel's Diagnose 72 Girren zuschreibt,
fehlen nach Brooks als Regel Girren vollständig, und doch fand
Brooks ein jüngeres Exemplar (..probabl}^ a 4 tentacled stage of
this species). welches an einigen „marginal enlargments" Girren be-
saß. Da ein ähnliches Verhalten die 2 Djibuti-Exemplare zeigen,
liegt möglicherweise ein mit dem Alter eintretender Cirrenschwund vor.
Die Inkonstanz der Girren mag auch Haeckel veranlaßt haben,
der Gattung Eutimimn Girren abzusprechen; wie ich schon 1894
bemerkte, ist der Glockenrand von EuHmium eleplias Haeckel mit
zahlreichen Girren und Eandwarzen besetzt. Damit fällt auch jeder
Grund weg, diese Art als Genus und Species von Sijphonorhynchns
insignis Keeerstein {Eutima bei Haeckel) zu trennen. Wohl aber
ist zu erwägen, ob sie bei Eutima zu belassen oder besser mit den
andern verwandten Arten, welche die Gonade auf den Magenstiel
beschränkt haben, zu vereinigen ist; sie würde dann zum Genus
Saphenia zu stellen sein, ebenso wie die Gattung Eutimeta Haeckel
(EtUimeta gentiana, ('anar. L).
Leider spi-icht sich Brooks nicht über den Charakter der Kand-
warzen bei 0. mim und variahilis aus. ob sie auch auf der sub-
umbrellaren Kanalseite entwickelt sind oder dort fehlen. Wäre
letzteres der Fall, so würde ich trotz der Aveiten Trennung der Fund-
Von Ch. Gravier in Djibuti gesammelte Medusen. 459
orte sehr in Versuchung- sein, die Djibuti-Exemplare der McCbauy-
schen 0. variahüis zuzurechnen.
Abg'esehen nämlich von der Glockenforni. der relativen Kürze
des Pedunkels und dem Fehlen der ('irren ist bei den Arten noch eine
Eig'enschaft der peripheren Gallerte übereinstimmend vorhanden, welche
Brooks, allerding-s nur von einem tetranemalen Exemplar dei" 0. varia-
hüis und von 0. nimt als ,.hood like outgrowths from the umbrella"
schildert, die sich über die Basis der Tentakel ei'strecken. Von 0. mira
sagt Brooks: ,Jn an oral oi' an aboral view. the outline of the umbrella
is not circular but produced to form four rounded radial projections
or hoods over the basis of the tentacles.'' Ähnliche Verdickungen
der Glockeng-allerte über der Tentakelbasis besitzt unsere Odor-
cliandra von Djibuti, und zwar sind sie nicht auf die Perradien be-
schi'tinkt (einem allei"ding-s. wo der Eadiärkanal auf einen Tentakel-
stunimel zuläuft, während der ])lanmäß:g zugehörige Haupttentakel
etwas zur Seite liegt, fehlt die Kappe), sondern auch an eini.gen
andern Tentakeln deutlich vorhanden, ja es zeigt sogar stellenweise
die periphere Kontur dei' Glockengallerte breite Radiäranschwellungen
resp. Einfurchung-en. unabhängig von der Tentakellage.
Aequorea jxirva Browne 1905.
(Tafel 21. Fig. 1—6.)
Browne, 1905, lleJusae, in: Herdmax, Rep. Peax-] Oyster Fisherios
Suppl. ßep. 27, p. 146, tab. 2, fig. 5, G, 7.
Von dieser Aequoride liegen 2 Exemplare vor. eins von 7 und
eins von 10 mm Scheii)endur(;hniessei'. Glockenhöhle flach, Gallerte
dick. Magen flach, etwa ^3 des Scheibendurchmessers einnehmend:
Mundötfnung wahrscheinlich von sehr veränderlicher Weite, bei dem
größern mit 28 perradialen, ziemlich langen, schmalen Mundlippen.
Letztere nicht gelappt, sondern glattrandig, ihre Verstärkungsleiste
(„external rib" Browne) setzt sich spornartig ziemlich lang in die
Magenwand fort, spitz auslaufend und in einen kurzen Radiärmuskel
übergehend. — Bei dem giüßejn 28 unverzweigte Radiärkanäle mit
entwickelter Gonade; dazwischen noch einige wenige ohne Gonade,
die den Schirmrand nicht erreichen; Kanäle schmal, von rundem
Querschnitt, in der Gonadengegend aber lamellenartig in die Glocken-
höhle vorspringend. Gonaden etwa halb so lang wie dei- Kanal, die
beiden Enden desselben freilassend; 4 perradiale Randtentakel von
kräftigem Bulbus entspringend, außerdem in jedem Quadranten ca.
460 Cl. Hartlaub,
18 — 22 kleine tentakellose, mit Nesselzellen gespickte Marginalbulben^
von denen der genau interradial gelegene etwas giößer als die
andern ist und die keine regelmäßige Lagebeziehung zu den Radiär-
kanälen erkennen lassen. Die kleinen Bulben tragen einen einfachen
Ocellus; außerdem sind am Rande zahlreiche Gehörbläschen mit je
2 Otolithen vorhanden, meist 2 zwischen je 2 der kleinen Marginal-
bulben. — Velum schmal. — Die Gonaden sind hell rötlich-gelb ge-
färbt, die sonstige Meduse ist farblos. — Auch das kleinere Exemplar
hat 4 Tentakel und bereits entwickelte Gonadenanlagen in ca. 16
bis 18 Radiärkanälen. Es ist weniger gut erhalten.
Djibuti, 13. Mai 1904, 2 Exemplare.
Die Art ist durch sehr geringe Größe und die geringe Tentakel-
zahl ausgezeichnet. Bei der guten Entwicklung der Gonaden und
dem gänzlichen Fehlen Jüngern Tentakelnachwuchses ist kaum an-
zunehmen, daß es sich um eine Jugendform handelt, wenn auch eine
mäßige Größenzunahme über das vorliegende Maß hinaus für die
Species nicht ausgeschlossen ist. Sehr eigentümlich ist der Besitz
von Ocellen. Ich finde Ocellen von der ,,Mesonema macrodacfißum^'
erwähnt, die Chun von Zanzibar beschreibt; es heißt da ..nach
Stuhlmann's Angaben" sollen 8 hellblaue Flecke vorhanden
sein. Ferner schreibt A. G. Mayek (1900, p. 60j von Zyt/odadyla
cubana: „The tentacle bulbs possessed excretion papillae and were
further distinguished by the fact that there were two entodermal
green pigment spots one on either side of the bulb. These spots
had the appearance of ocelli, but we do not venture to State that
they are such." ^) Bei unsern Djibuti-Exemplaren habe ich die
Ocellen (Taf. 21, Fig. 2), als ich das Material erhielt, mit aller
Deutlichkeit gesehen und auch sofort auf meiner Totalabbildung
eingezeichnet; ich fand bei dieser ersten Untersuchung die Hör-
bläschen nicht und glaubte daher eine aequoridenartige Thaumantide
vor mir zu haben. Bei der einige Jahre später gemachten Nach-
untersuchung, bei welcher ich ein kleines Stück des Glockenrandes
freipräj)arierte, fand ich aber die Hörbläschen (Taf. 21. Fig. 6), da-
gegen von den Ocellen kaum noch Spuren. Das Pigment derselben
dürfte daher von den Konservierungsflüssigkeiten, insbesondere
Formalin, bald gelöst werden. — Deutlich fand ich auch bei dieser
1) Natürlich meine auch icli, wenn ich kurzweg von Ocellen bei
unserer Art spreche, nur den äußern Eindruck der vorhandenen Pigment-
anhäufungen.
Von Cir. Ghavieh in Djihuti ijesaminelte Medusen. 4(il
g'eiiauern Unteisuclmng die kleinen ..Kxcretionspapillen" (Taf. 21,
Fig. 5) auf der Subiimbiellarwand des Ringkanals. Sie sitzen, je
eine der Mündung- eines jeden Kadiärkanals g:egenüber, am untern
Rande des Ring-kanals. dicht an der Insertion des Velunis. — Be-
züglich der Verschlußfähig-keit des ]\[undes möchte ich glauben, daß
dieselbe unvollkommen ist, denn die Radiärmuskeln '), welche sich
in der Magengegend von Aequorea (z. B. der bei Helgoland vor-
kommenden Art) in der Verlängerung einer jeden Mundlippenwurzel
(des Sporns) sehr kräftig entwickelt zeigen, ließen sich bei unserer
Art weniger gut nachweisen, ich erkannte aber ihre Fasern an dem
kleinen mikroskopischen Präparat bei starker Veigrößerung zweifel-
los (Taf. 21, Fig. 3). Die j\[undlii)pen sind gebaut, wie Beowne sie
schildert, sie bilden auf der axialen Seite eine tiefe Längsrinne, der
auf der abaxialen oder Rückenseite eine Konvexität entspricht. Sie
Averden auf ihrer ganzen Länge durchzogen von einer Säule von
wasserhellen großen kernlosen Stützzellen (Taf. 21, Fig. 4), die nach
Claus (p. 62) entodermalen Ursprungs sind. Diese Chorda setzt
sich mit einer Art Wurzel oder Si)orn bei unserer Art lang (bei
der Helgoländer Aequorea kurz) in die Magenwand fort; an diese
Wurzel setzen sich die Fasern besonderer Radialmuskeln. Bei den
meisten Arten sind die Lippen keilförmig und seitlich gelappt oder
gekraust, bei der unserii aber, wie auch bei 31. pcnsile (Müdeer)
von den Maladiven nach Browne schmal und ganzrandig; — der
Saum der Mundlippen ist dicht mit Nesselzellen besetzt. — Die
äußerst reduzierte Tentakelzahl teilt unsere Art mit Bhacostoma
dispar Mayer von den Tortugas („8 very small rudimentary tentacles"),
einer übrigens in vielen Punkten abweichenden Form.
Erst nachträglich, nachdem die obige Beschreibung längst zu
Papier gebracht und meine Zeichnungen ausgeführt waren, finde ich,
daß die Art bereits von Browne (1905) in seiner Bearbeitung von
Ceylon-Medusen beschrieben steht und zwar unter demselben Species-
namen, welchen ich dieser kleinen Aequoride zugedacht hatte.
Browxe's Exemplare waren jünger als das größte der meinigen und
hatten eine Glockenbreite von 6 mm und 16 Radiärkanäle. Die von
mir gefundenen Ocellen werden von ihm nicht erwähnt, waren also
wahrscheinlich an seinem Material bereits aufgelöst. Browne's
Exemplare stammen von Galle Bay, 5. und 12. Juni.
1) Claus (1883, p. 63) beschreibt diese Muekelu ebenfalle.
462 Cl. Hartlaüb,
Ainphofiona 7??/.s»7?f( n. sp.
(Taf. 21, Fig-. 7.)
Glocke l\o mm im Durchmesser, fast lialbkuo-lijr mit dünner
Gallerte. Ein kurzer Mag-enstiel vorhanden ; Manubrium klein. Mund-
ötl'nuno- 41ippio-. 8 schmale Radiärkanäle. in deren distaler Hälfte
die kugligen Gonaden sitzen. Glockenrand verdickt mit 16 Tentakeln.
Tentakel stai'k mit Nesselzellen besetzt, kontraktil und einrollbar.
Velum mäßig' breit mit zerstreuten Gruppen sehr kleiner Nessel-
zellen.
Djibuti. 14. Mai 1904; 2 Ex(;mplare.
Die Gattung- Amphogona wurde 1904 von Büownk für die
YA^'uöFFEN'sclle (1902. 1. c. beschiiebene) 8pecies Pcmiaclioijon apsteini
begründet, eine (Qualle von der Westküste Sumatras und den ]\rala-
diven. Bkowne's Gattungsdiagnose lautet: „Aglauridae with gonads
situated upon the umbrella. Gonads bisexual, Umbrella much broader
than high.'' — Die Auffindung unserer neuen, ebenfalls dem Indischen
Ozean angehörigen Art spricht für die Berechtigung des von Beowke
aufgestellten neuen Genus, und wir stimmen dem Autor darin bei,
daß vs trotz der trachynemidenartigen Schirmform besser zu den
Aglauriden als zu den Trachynemiden paßt. — Da die Gonaden
eines unserer Exemplare abwechselnd männlich und weiblich, bei
dem andern aber alle weiblich waren, so dürfte die
BKowxE'sche Genusdiagnose in dieser Hinsicht noch etwas zu
ändern sein.
Von A. apsieim unterscheidet sich unsere neue Art durch ge-
ringere Größe und eine beschränktere Tentakelzahl (bei A. apsieini
70 oder mehr). — Leider konnte ich über die Zahl der Gehör-
bläschen nichts feststellen, da der Glockenrand sehr mit Schmutz
bedeckt war.
Ein nachträglich gefundenes Exemplar auf dem Larvenstadium
hat einen Durchmessei- von Vj^ mm. Es hat 8 perradiale Tentakel
und dazwischen, eben erkennbar, die Anlagen der 8 interradialen
Tentakel. Von Gonaden noch keine Spur: auch der Magenstiel noch
unentwickelt.
Lirlope Lesson 1843.
Nachdem Maas 1893 in seiner Bearbeitung der Ci-aspedoten der
Plankton-Expedition dargetan hat, daß alle Geryoniden zentripetale
Kanäle besitzen und daß die Verhältnisse der Tentakel, besonders
Von Cii. Gravikr in Djibuti gesammelte Medusen. 468
das Abfallen der iiiterradialen primären Tentakel, Variationen nnter-
lieg-t, so fallen nunmehr die in Haeckel's System daraufhin unter-
schiedenen 3 Genera der Subfamilie Liriopidae, nämlich Lirianiha
Haeckel, Liriope Lesson und (Uossocodon Haeckel. zu einem ge-
meinsamen Genus Liriope zusammen. Zu diesem gehören auch die
von Herrn Gkavieu gesammelten Geiyoniden. — Vanhöefen, dem
1902 bei der Bearbeitung- der Ih-aspedoten der Deutschen Tiefsee-
p]xpedition ein sehr großes Material sowohl atlantischer wie indischer
Exemplare von Liriope zur Verfügung- stand, vertritt die Ansicht,
daß nur 3 Arten zu unterscheiden seien, nämlich solche mit läng-
lichen Gonaden (/>. tetrapJujUa Chamissü et Eysenhardt), solche mit
eckig-en Gonaden (L. lilflcem Hakckel) und solche mit breiten
Gonaden (L. caiharinensü V. Müller). Unter L. tetraphylla, deren
zuerst beschriebene Exemplare aus der Sunda-Straße stammten,
werden nicht weniger als 12 Arten zusammengefaßt, darunter die
indische L. crucifera Haeckel (süd-afrikanische Küste), 2 pacifische
Arten [L. agaricus Haeckel, Neuseeland und rosacea Eichscholz) und
im übrigen atlantische Formen, zu denen auch L. distanogona Maas
(Guinea-Strom und südlicher Aquatoi'ial-Stroni) gehört. Unter L.
Ifdl-eni werden 3 atlantische und unter L. (■atharinensis 6 atlantische
Arten vereinigt, mithin 21 ältere Arten auf 3 reduziert. Eine An-
zahl von ihnen war auch bereits durch Metschnikoff (188ö) und
Maas (1893) als unbegründet aufgehoben worden. — Nach Maas
1904 (Hirondelle) und 1905 (Siboga) ist Vaxhüffen entschieden zu
weit gegangen; insbesondere weist er auf Gi'und eines großen
^faterials von L. tetraphylla aus dem Pacific, dem Indischen Ozean
und dem Koten Meer die Annahme zurück, daß die atlantischen
Arten L. euryhia, cerasiformis Lessok und distanogona Maas identisch
mit dieser Art seien. Ich enthalte mich eines Urteils darüber und
beschränke mich darauf, die uns hier besonders interessierenden
indischen Arten zu revidieren.
Die VANHÖFFKx'sche Liste (1902, p. 79) enthält an solchen
nur tetraphylla und crucifera Haeckel, letztere von der Algoa-Bay.
Die GoETTE'sche (1886) L. haccMi (Zanzibar) wurde nicht be-
rücksichtigt. — Ferner wurden in den letzten Jahren beschrieben :
L. indica Bigelow 1904. L. hemispherica Bigelow 1904 und L.
tetraphylla bei Browne, 3 Arten von den Maladiven und L. sp.
Maas von Amboina. letztere nach jugendlichen Exemplaren, deren
Species nicht zu bestimmen war. — Die BiGELOw'schen Arten, denen
nach Maas (1905) (Siboga) durchgreifende Unterschiede fehlen, sind
464 Cl. Hartlaub,
sehr ausfiilirlich gekennzeichnet und abgebildet, ebenso genüg-en die
BiiowNE'sche Abbildung und die Beschreibungen von 1904 und 1905
durchaus; sehr spärlich dagegen ist. was Goette von seiner „Glosso-
codon Jiaeckelii'' angibt und was hier Avörtlich wiedergegeben sein
möge.
„Glossocodon haeckelii Goette nova spec. 4 Stück von 5 — 15 mm
Schirmbreite, eins von den kleineren Individuen mit Cunina-Knospen.
Zanzibar, 15. und 20. Sept. 1885.
Beschreibung: Unsere Art unterscheidet sich von (/lossocodon lülkcni
und agaricns^ durch folgende Merkmale : Die Gonaden sind schildförmig
oder breit bandförmig ohne terminale Ausschnitte ; ihre Abstände sind breiter
als sie selbst. Von den drei Centripetalkanälen ist der mittlere merklich
breiter und länger als die beiden seitlichen."
Da diese Beschreibung ohne Abbildung zur systematischen Be-
urteilung der Art kaum genügt, so möchte ich an der Hand von
2 Exemplaren des Berliner Museums versuchen, sie zu vervollkommnen
und durch einige Figuren zu ergänzen. Dies halte ich für um so
ratsamer, als möglicherweise 2 Exemplare unserer Sammlung von
Djibuti als Jugendstadien von L. haecMi aufzufassen sind.
Lifiope haeckeli Goette 1886.
(Taf. 22, Fig. 2, 3, 6.)
Beschreibung nach 2 Exemplaren des Berliner Museums. Zanzibar,
20,/9. 1885, Sander leg.
Großes Exemplar:
Durchmesser dei- Scheibe 12 mm. Glockenhöhle flach, Gallerte
mäßig entwickelt, Höhe der Glocke auf etwa 5 mm zu schätzen.
Länge des Manubiiums (Magenstiel-)- Magen) 18 mm. Magenstiel
4kantig pyramidal mit eingesenkten Seiten 8 mm lang, ohne scharfe
Grenze in den ebenso langen Magen übergehend; dieser lang-
gestreckt, dünn, am proximalen Ende ein kurzes Stück zylindrisch,
dann oralwärts sich allmählich erweiternd und 4kantig. i\Iund
4kantig, sein Rand mit kugligen Nesselzellen besetzt. Radiärkanäle
reichlich 1 mm breit und 7 mm lang, die distalen 3 mm von der
Gonade eingenommen, die zeutralwäits kaum über den innern Velar-
rand hinausreicht, wenn man die Qualle von oben betrachtet. Die
Gonade (?) dreieckig mit stark abgestumpfter unterer Spitze, mit
geraden Seiten, meistens die obere Seite am Einti-itt des Radiär-
kanals keilförmig eingeschnitten und die obern Ecken abgestutzt;
Von Ch. Graviek in Djibuti gesammelte Medusen. 465
untere Seite (abo-estumpfte Spitze) kiiajjp lialb so lang wie die obere,
in den Ringkanal mündend; keine mediane Trennung-; Zwischen-
räume zwischen der Basis der Gonaden so breit wie die Basis selbst.
— Vom breiten Ring-kanal entspringen in jedem Quadranten 8 breite,
stumpf endigende Zentri{)etalkanäle von geringer Länge, der mittlere
noch einmal so breit und etwas länger als die seitlichen. — 4 jeden-
falls lang ausdehnbare perradiale Tentakel; interradiale Sekundär-
tentakel fehlen.
Das jüngere Exemplar:
Durchmesser der Scheibe ca. 5 mm. Die Form ist weniger gut
erhalten, die Glocke scheint aber relativ tiefer gewesen zu sein als
bei dem größern Exemplar. Länge des Magenstiels 3 mm, also
relativ etwas kürzer als bei dem andei-n. Form konisch, im Quer-
schnitt abgerundet. Magen fast 2 mm lang, etwas schärfer abgesetzt
vom Magenstiel, offenbar nur stärker kontrahiert als der viel längere
Magen des größern Stückes, oralwärts 4kantig. Gonaden (?) eben-
falls dreieckig, mit stark abgestumpfter unterer Ecke und mit herz-
artig geschwungenen Seiten und abgerundeten obern Ecken (Taf 22,
Fig. 6); untere, an den Ringkanal stoßende Seite (abgestumpfte
Spitze) halb so breit wie die obere, letztere knapp 2 mm. —
Zwischenräume zwischen der Basis der Gonaden doppelt so breit wie
diese. Ln übrigen wie das große Exemplar.
Liriope haecJceli Goette scheint mir durch ihren lang ausgedehnten
Magen, durch die breiten an den Ringkanal stoßenden Gonaden und
dadurch, daß sie ihre interradialen Sekundärtentakel offenbar bereits
auf einem frühen p]ntwicklungsstadium verliert, eine gut charakteri-
sierte Art zu sein. — Arten mit an den Ringkanal stoßenden Go-
naden sind unter den beschriebenen selten; in der VANHOFFEx'schen
Liste (1902, p. 79) findet sich dies Merkmal nur für L. euryhia an-
gegeben. Der Abbildung bei Kefeksteix u. Eiilkks nach findet es
sich aber auch bei L. mucronafa Go. (s. l'af. 22, Fig. 7) und nach
Maas (1893) auch bei der jugendlichen distanogona Maas. Wenn
Maas (1897) meint, die GoETTE'sche Art schlösse sich durchaus an
bekannte Formen an, so dürfte dabei aber w^ohl in erster Linie L.
rosacea Eschsch. (nach Maas = crucifera Haeckel) in Betracht
kommen, die indo-pacifische Art von weiter Ausbieitung mit drei-
eckigen Gonaden und 3 Zentripetalkanälen im Quadranten. Von
L. crucifera sagt Haeckel auch, daß die abgerundete distale Spitze
der Gonaden den Schirmrand berühre.
Auch die von Herrn Gravier bei Djibuti gesammelte Liriope
466 Gl. Hartlaub,
leiht, sich an Tj. rosacea an. Vanhöffex. der L. rosacea unter den
zu L. tefraphyUa vereinigten Arten führt, hatte die Liebenswürdig-
keit, eine der GnAviER'schen Liriope zu begutachten, und bestimmte
sie als L. tetraphyUa. Ich neige mich nielir der ^[AAs'scheu Ansicht
zu. daß die dreieckige Form der Gonade zu einei- Abtrennung der
Art von L. tetraphyUa mit längsovalen Gonaden berechtigt, und ziehe
es daher vor. für die Djibuti-Exemidai-e den \amen rosacea beizu-
behalten.
Liriope rosfrcea Eschsch. 1829.
(Taf. 22. Fig. 1. 4. 5.)
Es liegen uns 3 Exemplare vor:
Das größte (Taf. 22, Fig. 1) hat einen Durchmesser von 7 mm.
Die Glocke ist flach gewölbt, die Gallerte schwach entwickelt.
Der Magen stiel ist etwas länger als der Schirmdurchmesser, sein
l)roximaler Teil verdünnt sich rasch, am distalen sieht man das freie
Ende des Zungenkegels aus dem sehr kurzen Magen herausragen.
Der Querschnitt des Magenstiels ist 4seiti2'. die Ecken abgerundet.
Der Magen ist sehr kurz und der vermutlich nur durch ümkrem-
pelung des Mundsaumes scheinbar verdickte Mundrand nahezu un-
gelappt. Zentripetalkanäle breit, 3 zwischen je 2 Radiär-
kanälen. der mittlere bedeutend länger als die seitlichen, alle 3 ab-
gerundet endigend. Gonaden gleichseitig dreieckig, in der proxi-
malen Hälfte der Radiärkanäle gelegen; von den 3 Seiten die
proximale im ganzen schwach eingesenkt; die beiden andern etwas
konvex. Velum von ansehnlicher Breite. 8 Tentakel; 4 etwas
verschoben stehende Tertiärtentakel mit zahlreichen Nesselringen
und 4 kürzere interradiale Sekundärtentakel mit schwachen Xessel-
batterien auf der axialen Seite. 8 Gehörbläschen. — Dieses Exem-
plar bestimmte Vanhöffen als L. tetraphyUa. Ich halte es für eine
jüngere L. rosacea, deren ausgewachsene Exemplare 15 — 20 mm
Durchmesser erreichen; die Gonaden solcher größerer Individuen
erstrecken sich fast über die ganze Länge der Radiärkanäle.
Ein 2. Exemplar (Taf. 22, Fig. 5) von 5 mm Durchmesser weicht
von dem eben beschriebenen in mehrfacher Beziehung ab und ähnelt
mehr dem 3., noch Jüngern Exemplare; beide gehören vielleicht zu
einer andern Art. — Die Glocke ist bedeutend tiefer; die dorsale
Gallerte dick; der Magenstiel kürzer, die Radiärkanäle breit band-
förmig, die Gonaden nicht der proximalen, sondern mehr der distalen
Kanalhälfte angehörend. Der zwischen den proximalen Enden der
Von Ch. Gravier in Djibuti gesammelte Medusen. 467
Gonaden g-elegene Raum ist dopi)elt so breit wie die Gonaden an
dieser Stelle. Die Form der Gonaden erinnert an Herzform durch
die gescliwung-enen Seiten; an ihrem proximalen Ende bilden sie
eine beiderseitige mäßig-e Ausbuchtung des Radiärkanals, die sich
nach dem distalen Ende zu wieder einzieht, jedoch so, daß die Breite
hier immer noch doppelt so stark ist wie die des Radiärkanals in
seinem proximalen Verlauf (s. Taf 22, Fig-. 5). Vom Ringkanal ent-
springen 3 kurze Zentripetalkanäle: die seitlichen sind kaum mehr
als schwache Ausbuchtungen des Ringgefäßes. — 4 perradiale Ten-
takel und 2 kurze, sich einander g-egenüberstehende Sekundärtentakel.
Ein 3., noch jüng-eres Exemplar, mißt 3 mm im Durchmesser.
Glocke. Gallerte und der relativ kurze Mag-enstiel sind wie beim
vorigen Exemplare beschaffen. Die Spui-en der ersten Gonadenanlage
sind erkennbar dadurch, daß sich die Radiärkanäle vom Anfang- ihres
mittlem Drittels an bis zur Berührung- mit dem Ringkanal all-
mählich verbreitern (s. Taf. 22, Fig. 4). In jedem Quadranten ein
interradialer kurzer Zentripetalkanal. — 4 perradiale tertiäre und
4 interradial gelegene Sekundärtentakel sind vorhanden. Letztere
haben die Länge eines Radius der Glocke und tragen 9 — 11 Xessel-
batterieen. Das Exemplar erinnert an ein larvales Exemplar von
L. cerasiformis [Maas, 1893, tab. 2, fig. 6].
Außer diesen jugendlichen Exemplaren fand ich bei der Durch-
suchung des Planktons vom 24. Februar 1904 noch 7 Larvenstadien
in der Grüße von 1 — 2 mm Durchmesser. Bei den 2 größern der-
selben waren 2 gegenüberliegende tertiäre Tentakel angelegt, bei
allen die primären Tentakeln noch sichtbar; bei den größern war
auch die erste Anlage des Magenstiels schon zu erkennen und eine
distale Verbreiterung der Radiärkanäle zu bemerken.
^m
Cassiopeia androtneda Escusch. (1829).
Es wurden 4 Exemplare gesammelt, von denen 2 erwachsen und
2 noch sehr klein sind. Keins dieser Stücke läßt irgendwelche Fär-
bung noch auch Spuren einer Zeichnung auf dem Rücken erkennen.
Die 2 Erwachsenen haben einen Durchmesser von 9—10 cm.
Die ganz flache Umbrella hat dorsal eine schwache ringförmige Ein-
senkung von etwa 15 mm Breite um den Magengrund herum. Es
sind bei dem einen 15, bei dem andern 18 Rhopalien zu zählen, bei
letztem! schwankt die Zahl der Randlappen in den einzelnen Anti-
meren zwischen 1 und 6. Die Zahlen 4 und 5 sind die häufigsten,
1 und 2 selten. Die sehr schwach ausgeprägten Lappen des äußersten
Züol. Jabrb. XXVII. Abt. f. Syst. 30
468 Gl. Habtlaub,
Randsaumes entsprechen diesen Zahlen nicht immer. Dasselbe gilt
für das andere Exemplar, bei dem die Randlappenzahl zwischen 2
und 5 schwankt und 3 und 4 am häufig-sten sind. Das Zählen dieser
Lappen ist ziemlich schwierig und dabei willkürlich, weil sich manche
Trappen an ihrer Spitze teilen und je nach dem Grade der Teilung
bald als einer, bald als zwei gezählt werden können.
Das subumbrelläre Muskelsystem entspricht der Abbildung von
C. midromeda var. cydobalia bei L. S. Schultze (1898), 1. c, tab. 33,
fig. 4.
Die Zahl der Radialkanäle beträgt das Doppelte der Zahl der
Rhopalien, indem zwischen je 2 perradialen ein interradialer ein-
geschaltet ist. Die auf die Sinnesorgane zuführenden Kanäle bleiben
bis an den Sinneskolben heran breit, während die interradialen
Kanäle sich distal verjüngen und in ein Netzwerk von Verästelungen
auflösen. Die von den Hauptkanälen abgehenden Aste verlaufen
schräg nach außen und anastomosieren in ihren zahlreichen Ver-
zweigungen mit den Ästen der benachbarten Kanäle. Ringkanäle
sind nicht vorhanden.
Die Mundarme sind dorsoventral abgeplattet und reichen bis
an den Glockenrand oder etwas über diesen hinaus. Sie haben
3 Seitenäste, von denen der mittlere am entwickeltsten ist. Bei dem
einen Exemplare ($) (Exemplar I) tritt die paarweise Anordnung
der 8 Arme stark hervor, bei dem andern (Exemplar II) nicht.
Erst er es Exemplar unterscheidet sich auch hinsichtlich der
Kolben blasen auf den Armen. Sie sind in großer Menge vor-
handen, aber nur sehr vereinzelte erreichen 7 mm Länge. Außer
diesen zahlreichen brachialen Kolbenblasen besitzt das Exemplar eine
zentrale Kolbenrosette, wie sie Maas von C. andromeda var. malayensis
1903 (tab. 4. fig. 29) abbildete und 5 große Kolbenblasen, von
denen 4 ca. 17 mm lang sind und je 1 von ihnen in der Gabelung
eines jeden Armpaares liegt, und eine jedenfalls noch größere das
Zentrum der Scheibe einnimmt. Von letzterer ist nur die. einem
starken Saugnapfe ähnelnde Basis erhalten. Das andere Exem-
plar, bei dem die Verzweigung der Arme und die Entwicklung der
Mundkrausen eine vollere ist und die Gastralscheibe völlig zudeckt,
besitzt ebenfalls eine große Menge von brachialen Kolbenblasen,
unter diesen aber eine viel größere Zahl von solchen, die bis 15
oder 17 mm lang sind und aus dem Bereich der Mundkrausen weit
hervorragen. 4 in der Gabelung der Aimpaare stehende durch
Länge ausgezeichnete Kolbenblasen sind nicht vorhanden, dagegen
Von Ch. Gravier in Djibuti gesammelte Medusen. 469
«ine fast zentral liegende von 3 cm Länge und 6 mm Breite.
Dies Exemplar unterscheidet sich auch in der Gestalt der
Kolbenblasen dadurch, daß die zahlreichen großem von ihnen
mit einem tlaschenhalsartigen am Ende ottenen Fortsatze endigen.
Auch Bkowne hat an seiner var. maldivcnsis 1905 (1. c, p. 964) viel
solche raundähnlichen Öffnungen beobachtet, hielt dieselben aber in
manchen Fällen für „the results of an injuiy" und im allgemeinen
für künstlich.
Hinsichtlich der Gestalt der Kolbenblasen ist Folgendes zu
sagen: Die ganz langen (3 cm) (Taf. 23, Fig. 2) und die mittel-
langen (17 mm) (Taf. 23, Fig. 1) sind bandförmige Schläuche mit
kurzem zylindrischen, sehr dickwandigen knorpelharten Stiel. Inner-
halb des Stiels ist der Kanal eng. er erweitert sich plötzlich beim
Übergang in den ganz dünnwandigen band- oder strumpfförmigen
Abschnitt. — Die kleineu etwa 4 mm langen Kolbenblasen der
zentralen Rosette (Taf. 23, Fig. 4) haben keinen zylindrischen
Stiel; sie sind von ihrer Basis an dünnwandig, und verbreitern sich
allmählich zu einem blattförmigen Ende; zwischen ihnen stehen
ganz kleine faltige Mundtricliter . denen der marginale Besatz mit
Tentakeln fehlt. — Auch bei den kleinen brachialen Kolben-
blasen des weiblichen Exemplars ist der Stiel nicht Z3'lindrisch
dickwandig, er ist aber hier doch schärfer gegen das bikonvexe
mandelförmige Ende der Blase abgesetzt, das mit einer Spitze oder
einem ganz kurzen Fortsatz abschließt (Taf. 23. Fig. öj. Bei dem
andern Exemplare ist dieser Fortsatz noch halsartiger in die Länge
gezogen und ein wohlabgesetzter zylindrischer dickwandiger Stiel
verbanden. — Die Oberfläche der Kolbenblasen zeigt überall den-
selben Besatz, nämlich zahlreiche Gruppen von Nesselzellen, und in
dem kolbenartig angeschwollenen Teile Papillen. Diese stehen in
einer mehr oder minder fest zusammengeschlossenen Gruppe, in der
Regel nur auf der einen Seite des verbreiterten Endes der Blase
und bedecken hier bei den kleinern Kolben fast die ganze Ober-
fläche, bei den großen Blasen ein relativ nur kleines Feld derselben.
Bei manchen größern Kolbenblasen stehen sie weniger dicht zu-
sammengeschlossen, sondern in mehreren kleinern Gruppen zerstreut.
Diese Papillen sind in ihrer vollen Ausbildungsform blasige, sich
distal stark erweiternde Erhebungen mit ganz unregelmäßig stark
eingefaltenen Seitenwänden und einer von einem Xesselwulst um-
säumten Endfläche. Außer diesen Papillen besitzen einige Kolben-
blasen noch warzenförmige, mit Nesselzellen bedeckte Erhebungen.
470 ^^^- Hartlaub,
Von den 2 jug-endliclien Exemplaren hat das kleinere einen
Durchmesser von 22 mm. Die Scheibe trägt keinerlei Färbung oder
Zeiclinung. Die Zahl seiner Ehopalien beträgt 18, die seiner Radiär-
kanäle 36. Letztere sind noch unverzweigt und nur in ihren proxi-
malen 2 Dritteln deutlich zu erkennen. Von den zwischen 2 Eho-
palien gelegenen 3 Marginalloben ist meist nur der mittlere gut
entwickelt; der äußerste Marginalsaum ist zwischen den Rhopalien
kaum wahrnehmbar gebuchtet. Die Mundarme sind prononciert
paarweise angeordnet und erreichen den Glockenrand. — Fast im
Zentrum der Gastralscheibe steht eine sich gabelnde Kolbenblase
von fast -4 mm Länge; jeder Arm trägt ungefähr 6 Kolbenblasen,
die deutlich aus den Mundkrausen hervorragen und von denen eine,
zwischen der äußersten dichotomen Verzweigung liegende, durch be-
sondere Größe auffällt. Die Form der brachialen Blasen ist die
einer abgerundeten Platte mit ziemlich scharf abgesetztem StieL
Die eine Seite der Platte trägt Papillen, die andere und der Scheiben-
rand zahlreiche Nesselwarzen, außerdem zahlreiche kleine Gruppen
von Nesselzellen.
Das andere jugendliche Exemplar hat einen Durchmesser von
31 mm ; auch dieses ist vollkommen farblos. Die Zahl der Rhopalien
beträgt 16, die der Margin alloben in jedem Antimer 3. Die Radiär-
gefäße sind bereits deutlich verzweigt und zwar die interradialen
etwas stärker als die perradialen. Beide reichen peripherwärts bis
zum Beginn des äußern Scheibendrittels. Die deutlich paarweise
angeordneten Mundarme überragen etwas den Glockenrand. Ihr Quer-
schnitt ist mehr oder minder abgeplattet. Die Zahl der brachialen
Kolbenblasen hat bedeutend zugenommen gegenüber dem kleinern
Exemplare. Die Form dieser Blasen ist durchaus übereinstimmend
mit jenem, auch stehen hier die größern Kolbenblasen am Ende der
Arme und ragt hier eine axial stehende durch besondere Größe
hervor. Ungefähr im Zentrum der Gastralscheibe steht eine ein-
fache größere, ungeteilte bandförmige Kolbenblase von 4 mm Länge.
Betrachtet man die Rückenansicht beider Exemplare, so erkennt
man ungefähr auf der Grenze zwischen dem dritten und äußersten
Viertel des Scheibenradius eine schmale, niedrige, sich hauptsächlich
durch histologische Differenzierung abhebende ringförmige Erhebung
der Exumbrella. Auf diesem Ringwulst zeigen sich viele kurze,
unregelmäßige Radialfalten der dorsalen Gallerte. Seiner Lage
nach entspricht er dem milchweißen Ring, der von C. poliipoides
Keller und C. xamachana Bigelow beschrieben wurde, und der
Von Cii. Gravier in Djibnti oesanimelte Medusen. 471
äußern Umrandung- der großen saugnapfälmliclien zentralen Ver-
tiefung- auf dem Scheibenrücken erwachsener Exemplare. — Ferner
erkennt man bei beiden Exemplaren einen kräftigen, die Magenhöhle
umgebenden Ringwulst des Magenbodens, der durch die dorsale
Gallerte dui-clischimmert. 'Eine Gonadenanlage ist noch nicht vor-
handen. Aber die 4 Bündel der dicht und in mehreren Reihen
stehenden beim größein etwa 2 mm langen Gastralfilamente sind
durch die Gallerte des Rückens hindurch wohl zu erkennen. Sie
stehen am Rande der perradialen Kreuzfurche resp. der von dieser
begrenzten 4 Genitalpolster. Nach Eröffnung der Gastralhöhle von
oben her sah ich deutlich auch die von Keller, tab. 36, fig. 11
und 13 abgebildeten 4 tiefen perradialen Gruben, die aber weniger
spaltförmig erscheinen, als Keller es abbildet. In jede dieser Gruber
münden 2 Armkanäle (Taf. 23, Fig. 8).
Die 4 Subgenitalporen liegen vei steckt in einer den Zentral-
magen umgebenden Ringfalte der Subumbrella. Wenn die Qualle
auf dem Rücken liegt, so legt sich der äußere Rand des M'agen-
bodens über sie weg und verbirgt sie vollständig; man hat die
Mundarme mitsamt der überragenden Peripherie des Magenbodens
vollständig zurückzuschlagen, um sie zu sehen.
472 Cl. Hartlaüb,
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Erkläruiic^ der Abl)il(liiii;^eii.
Tafel 19.
Fig. 1. Bougamvillia fulva Agass. et Mayer. Dorsalansicht des
Manubriums und der Gonaden eines weild. Exemplars von Djibuti. Stark
vergr.
Fig. 2. a) Ocellen von Bovg. brUfnnica Forces, Exemplar von
Arran; b) solche von Bong, fulva (Djibuti), die 2 obern von der Seite,
die untern von oben gesehen. 130: 1.
Fig. 3. Bougainvillia fulva Agass. et Mayer. Die Gonadenpartie
des Manubriums eines männl. Exemplars. Es ist die Hälfte eines der
4 Mundgriffel mit eingezeichnet. Stark vergr.
Fig. 4. Bougainvillia fulva Agass. et Mayer. Tentakel und Marginal-
bulben.
Irene pcllucida Will, Exemplar von Djibuti. 2 ' '., : 1 .
Eutimalj>hrs modesta n. sj). Ein adradialer Eandtentakel.
Eulinialphes modesta n. sj>. Totalansicht von der ventralen
Fig. 8. Irene ■jjellucida Will, Exemplar Goette's von Zanzibar.
Das Manubrium mit dem Beginn der Radiärkauäle. Stark vergr.
Fig.
5.
Fig. 6.
Stark vergr.
Fig.
Seite. 8
7.
: 1
Vou Ch. Gravier in Djibuti gesammelte Medusen. 475
Fig. 9. Iroie pellucida Will. Schema der Tentakelstellung a) bei
dem GoETTE'schen Exemplar von Zanzibar, b) bei dem Exemplar von
Djibuti.
Fig. 10. Irene pellucida Will, Exemplar von Djibuti. Stück des
Glockenrandes mit der Gonade.
Tafel 20.
Fig. 1. Octorchandra orientalis n. sj). Das Manubrium. 17:1.
Fig. 2. Odorrhnndra orieiifalif; v. sp. Stück des (xlockenratides, um
die radialen Verdickungen der Gallerte zu zeigen, welche den Ursprung
der Tentakel überlagern. Stark vergr.
Fig. 3. Octorchandra orientalis n. sp. Totalansicht von der ventralen
Seite. 3:1.
Fig. 4. Orlorclinndra orirnfalis n. sj). Stück des Glockenrandes. —
Die Tentakel entspringen ohne bulböse Anschwellung, und der Glocken-
rand zeigt nur sehr schwach entwickelte Marginaltuberkel. Vgl. Fig. 6.
V Velum. 19 : 1.
Fig. 5. Octorchandrn orientalis n. s]). Distales Ende der Gonade
auf dem optischen Querschnitt. 130 : 1.
Fig. 6. Orforchandra germanim Haeckel. Exemplar von Helgoland.
Stück des Glockenrandes. (Der Tentakel ist kurz abgeschnitten.) Der
Rand zeigt kr<äftig entwickelte Marginaltuberkel. ?• Velum. 130 : 1.
Fig. 7. Octorchandra germanica Haeckel. Das Manubrium. 17:1.
Fig. 8. Phialidimn sp. Ein Teil der Glocke. ]0:1. g Gonade.
Fig. 9. Phiali(Ii/r))i s/i. Das sclilccht erhaltene Manubrium. ga ko-
nische, ventral vorspringende Verdickung der Gallerte, rr Radiärkanal. 19: 1.
Fig. 10. PItialidium sp. Drei Tentakel mit ihrem Bulbus. 80:1.
Tafel 21.
Fig. 1. Aeqnorea parva Browne. Das größere der zwei von Herrn
Gravier gesammelten Exemplare. Ventralansicht. 10:1.
Fig. 2. Aeqnorea parca Browne. Randbulbus mit Ocellus. Stark
vergr.
Fig. 3. Aeqnorea parva BrÖwnp:. Stück der Magenwand mit den
Mundlippen und deren sich in die Magenwand spoi'nartig fortsetzenden
Verstärkungsleiste. Stark vergr.
Fig. 4. Arqnorea jxirva Brownk. Stück der Verstärkungsleiste, mit
den großen wasserlielleu kernlosen Stützzellen. 200:1.
Fig. 5. Aeqnorea parva Browne. Stück des Glockenrandes; sub-
umbrellare Ansicht, mit den Excretionspapillen. (Winkel zwischen Sub-
umbrella und Velum.) Stark vergr. ra. c Radiärkanal, excr. p Excretions-
papille, ri. c Ringkanal, v Velum.
476 ^'l. Hartlaub, Von Ch. Gravier in Djibuti gesammelte Medusen.
Fig. 6. AP(jUorea parva Browne. Stück des Glockenrandes, von
außen gesehen, mit den Gehörbläschen, v Velum. Stark vergr.
Fig. 7. Amphofjona pusü/a n. sp. Ventralausicht. 40:1.
Tafel 22.
Fig. 1. IArio})e rosacea EsCHSCll. Exemplar von Djibuti. 14 : I.
Fig. 2. Liriope haeckeli Goettb. Ventralansicbt (dasselbe Exem-
plar). 2:1.
Fig. 3. Liriope liaeckeli Goette. Dorsalansicht (großes Exemplar,
aus dem Berliner Museum). 8:1.
Fig. 4. Liriope rosarea Eschsch. Jüngstes Exemplar von Djibuti.
12: 1.
Fig. 5. Liriope rosacea Eschsch. Junges Exemplar von Djibuti, in
Seitenansicht. 12 : 1.
Fig. 6. Liriojte haerkrli GoETTE. Kleineres Exemplar. Die Gonade.
22: 1.
Fig. 7. Liriope imieronaia Ggb., nach Kefeestein u. Ehlers. 2: 1.
Fig. 8. Liriope tetraphylla Cham, et Eysexh., nach Ch. u. E.
Tafel 23.
Fig. 1. Cassiopeia andromedaYi^C'S.^C'ä. Brachiale Kolbenblase. 10:1.
Fig. 2. Cassiopeia cmdromeda Eschsch. Fast zentral stehende große
bandförmige Kolbenblase. 3:1.
Fig. 3. Cassiopeia cmdromeda Eschsch. Sockel einer großen band-
förmigen Kolbenblase. (Die Blase selbst ist abgerissen.) rr Eißrand. 10:1.
Fig. 4. Cassiojjeia andromeda Eschsch. 2 Kolbenblasen der centralen
Rosette. 10:1.
Fig. 5. Cassiopeia andromeda Eschsch. 3 kleine brachiale Kolben-
blasen, a) von der Fläche gesehen, b) von der Kante gesehen. Stark vergr.
Fig. 6. Cassiopeia andromeda Eschsch. 3 verschiedene brachiale
Kolbenblasen, a) dieselbe von 2 Seiten gesehen. 10:1.
Fig. 7. Cassiopeia andromeda Eschsch. Stück des Glockenrandes
von dem jüngsten Exemplar. Stark vergr.
Fig. 8. Cissiopeia, andromeda Eschsch. Boden der Magenhöhle-
eines jungen Exemplars. rc B-adiärkanäle, rw Kingwulst, gf Gastral-
filamente.
Nachdruck verboten.
Übersetzungsrecht vorbehalten.
Ost-afrikanische Orthopteren.
Sammelausbeute von A. Boegert, 1904 — 1905.
9. Mitteilung-.
Von
H. Karny in Wien.
a) Übersicht.
I. Orthoptera.
1, Saltatoria.
Farn. Acliefidae.
1. Paragryllodes borf/erti n» f/. n. sp, — Amani.
Farn. GryUotalpklar.
2. Grijllotalpa a/rlcana, — Entebbe am Victoria Nyanza.
Farn. Tettigoniidae.
3. Arantia atrolineata. — Koralleninsel Ulenge bei Tanga.
4. Conocephalits {Homorocot'tfphus) nitidulus. —
Amani.
5. Enyuliopsis petevslL — West-Ueambara.
Fam. Äcrididae.
6. C/irotof/oniis Itemipterns. — Amani.
7. AtractomorpJia aurivlfilf. — Amani.
8. Peius kl obert/mri. — Amani.
9. Setpusia pygmaea n. sp. — Amani.
10. Locusta aeriif/hiosa. — Amani.
11. Locusta sp. 1 Larve. — Amani.
12. Gasfrtniarf/its marnioratus. — Mombo.
13. Chortoicetes röineri n. sp, — Amani.
14. Acridu sulphuripeniiis. — Amani.
II. Blattaeformia.
1. Mantoidea.
15. Calidoniantis fenestrata. — West-Ueambara.
478 H. Karny,
16. Calhloninntis .sp. 1 Larve, die sich durch ein kräftigeres,
etwas breiteres Pronotum unterscheidet. — AVest-Usarabara.
2. ßlattoidea.
17. Gijnci vetlllu, — Koralleninsel Ulenge bei Tanga.
3. Isoptera.
18. Termitidae sj). 1 Arbeiter. — Koralleninsel Ulenge bei Tanga.
bj Beschreibung der neuen Arten.
Genus Pariif/rf/Ilodes n. ff. Oecanthidariim.
Caput verticaJe, rertice hrcv'i, ora iiifiro. Frons inter antennas earum
artioulo primo plus triplo angustior. Pronotum suhquadratum, trausversum;
lohi laterales retrorsum angusti, margine infero retrorsum ascendente. Elytra
ahhreviata ($). Feinora postica valida, opice crassinscula, non filiformia.
Tibiae antieae foramine extus nullo, intus distindo, ovaJi. Tibiae 4 anteriores
calcaribus apiralibus instruetne, practerea inermes. Tibiae posticae pier toiam
longitudinem spinulis parvis serratae, ])rae(erea dimidio apicali lärinque
spinis majoribiis 4 insirudae ; calcaribus apicalibus utrinque 3; extus
hrevibus, quorum ir/cdio longiorc ; intus longis, quorwn tertio brevissimo,
tarnen medio externo aequilongo ; primo et secundo interno tertio duplo
longiore. Tarsi compressi, articulo secundo niinuto, compresso. Ovipositor
tenuis, paruvi curvatus, corpore longior.
Das neue Genus dürfte neben die amerikanischen Paragryllus
und Edecous zu stellen sein, von welchen es sich wesentlich durch
Besitz eines Tympanums auf der Innenseite der Vordertibien unter-
scheidet, während die Außenseite keines trägt. Doch weist es auch
Beziehung-en zu dem neuweltliehen Endacustes auf, von dem es vor
allem durch die kräftigen Hinterbeine, die gleiche Länge der beiden
ersten Sporen an der Innenseite der Hintertibien und das Vorhanden-
sein von Elyti-en im weiblichen Geschlecht abweicht. Das $ von
Endacustes ist ganz ungeflügelt.
In diese Gattung dürften auch einige noch unbeschriebene Arten
der Koll. Be. v. W. aus Madagaskar gehören, welche dort bei Enda-
custes eingereiht sind.
Ost- afrikanische Orthopteren. 479
Par<ff/ri/JIo(Jes horf/erti n. sp.
Fusco-nigra, venire elijirisque pnllidioribiis, PVons- ciuii ore fascia
longitudmali mediana flara ornata. Elylra diniidio ahdominis long Hudine
parum longiora. 5,
Long, corporis
14 17
„ pronoti
3.5 4
Lata. „
4y) :),:)
Long, ehjlroruni
6,5
„ fem. post.
14 16
„ oripos'iforis
16 20
Dedicata haec species nora Dom. A. Borgeht, 'jni cam 1-904 in Amani
invenit.
Ser'puma pifgniaea n. sp.
Parva, sordidc griseo-ieslacea. Pronotxni medio ad sidcuni postieuni
itertium) macida minore, lobo laterali macula vittaeformi majore nigris
ornatum, margi)ie postico truncalo. Elytra margine aniico fortiier emarginaio,
nigro, deinde (pone apicem) rotnndato, margine postico toto rotundato : apice
macula nigra unica instrucia. Abdomen unicolor. Tibiae posticae aiiranUacae,
imicolores. $ ignotum.
Long.
$
corporis
17
pronoti
4,5
elylrorum
3
fem. post.
12
Die neue Art unterscheidet sich von allen bisher beschriebenen
Serpnsien durch ihre auffallend g-ering-e Größe, weist aber auch
sonst charakteristische Unterschiede auf, wie aus der obigen Be-
schreibung leicht zu ersehen ist.
Chortoicete.s rönieri n. sp,
Testacens. Foveolae verticis reetaiigtdae, indistinctae, punctis impressis
repracscntatae . Pronotum vitta mediana flava, utrinque late atromarginala
ornatum; carinae laterales valde flexuosae, antice rix, ptostice fortiier diver-
gentes. Elytra infuscata, parte basali antice vittd albidd longitudinali ornata,
parte anali late flava. Feniora postica testacea, genubus nigris, praeterea.
480 H. Karny, Ost-afrikanische Orthopteren.
excepta carina externo-infera tiigrovariegata, suhunicolora. libiae postieae
genuhus nifjris, deinde annulo flavo, praeterea sordide fjriscae.
$
Long.
corporis
22
n
pronoti
~)
1"!
ehjtroriim
22
«
fem. post.
14
Dedicata hncc species Dom. Prof. Dr. F. Bömer, qui mihi specimina
viusei Societatis senckenbergensis excellenti liberal itate delerniinanda iradidit.
Nachdruck verboten.
Vbersetzungsrecht vorbehalten.
Beiträge zur Herpetologie von Zentral-Asien.
Von
Dr. Ericli Zusmayer in München.
Die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Formen wurden
während einer Reise durch Zentral-Asien im Jahre 1906 in Ost-
Turkestan, West-Tibet. Ladak und Kaschmir gesammelt. Unter
ihnen befinden sich 2, beides Eidechsen, die meiner Ansicht nach
als bisher unbekannte Formen bezeichnet und mit neuen Species-
namen versehen werden müssen. Es sind dies Phrijnoccphahis
erytlirurus n. sp. und Ägnma tarimensis n. sp., ersterer aus Tibet?
letztere aus Ost-Turkestan.
In den hochgeleg-enen nordwestlichen Teilen von Tibet, die ich
bereiste und deren geringste Seehöhe 5000 m übei'steigt, scheint
PhrynoccphaJus die einzige vorkommende Eidechsen-Gattung zu sein.
"Während Phrynocephulus im genannten Gebiet bis zu 5400 m See-
höhe nicht selten, unter 5300 sehr häufig ist. konnte keine andere
Eidechse angetroffen werden ; erst unter 4000 traten wieder Agama.
Gymnodactiilus und Lygosoma auf. gemeinsam mit Phrynocephalus, der
die größte vertikale Verbreitung unter allen Reptilien besitzen
dürfte; da er sich sowohl in der kaspischen und Tnrfan- De-
pression als auch derjenigen des Toten Meeres vorfindet, die
nahezu 400 m beträgt, kommt ihm eine Vertikalverbreitung von rund
6000 m zu.
Der einzige Batrachier, der in Ost-Turkestan angetroffen werden
4S2 Erich Zugmaykr,
konnte, ist Bufo viridis, insbesondere konnte Ranci esculenta nicht
festgestellt werden . trotzdem sie im i-ussischen Turkestan , in
Afgiianistan und im ganzen südlichen Sibirien vorkommt.
Batrachier fehlen auch in den lioch gelegenen Teilen von Tibet;
Urodelen, von denen höchstens llanidens in Betracht käme, konnte
ich nicht finden; diese sind auch aus Kaschmir nicht bekannt.
Von Schlangen sammelte icli nur Tropidonotus tesselafus, von
Schildki'öten fand ich nur einmal 1 kleines Exemplar von Testudo
horsßekU im Kropf eines Milans in der Nähe von Osch im russischen
Turkestan.
Das Material befindet sich in der Zoologischen Staatssammlung
in München.
Beptilia.
0 p h i d i e r.
Coliibridae.
TroiHdonotits tesselatus Laue.
22 Expl. aus der Umgebung von Khotan, Ost-Turkestau.
Bereits einmal, bei der Besprechung der von mir 1904 in Vorder-
Asien gesammelten Exemplare von T. t., hatte ich Gelegenheit,
meinen Zweifeln über die Berechtigung der var. hydriis Ausdruck zu
geben, und finde die damals geäußerte Ansicht durch die vorliegende
Serie aus Zentral-Asien völlig bestätigt. Die Abtrennung der Varietät
A on der typischen Form geschah erstens auf Grund der Färbung,
insofern, als die var. Injdrus auf der Oberseite stets einfarbig sein
sollte, im Gegensatz zur typischen Form, die längsgestreift oder
längsgefleckt sei; zweitens auf Grund eines Unterschiedes in der
Zahl und Anordnung der Prä- und Postocularien sowie der Ober-
lippenschilder; die typische Form sollte 2 Prä- und 3 Postocularia
haben, der Besitz von mehr als 2 bzw. 3 Schildern sollte für die
Varietät charakteristisch sein. Die Unterscheidung in 2 Typen, die
BouLENGER machte, gründete sich dai'auf, ob das 4. Supralabiale
allein den Augenrand mitbildete oder das 4. und 5. gemeinsam.
Keine dieser Unterscheidungen läßt sich jedoch konsequent
durchführen und aufrecht erhalten. Unter meinen 22 Stücken finden
sich die verschiedenartigsten Zusammenstellungen und zwar
Herpetologie von Zentral-Asien. 483
Präocularia Postocularia
3 + 3
4 + 4
bei
8 Expl
3 + 3
4 + 5
2
3 + 3
5 + 5
3
2 + 2
3 + 3
2
2 + 2
4 + 4
2
2 + 2
4 + 5
1
3 + 3
3 + 3
4
22
woraus wohl hervorgeht, daß hier kein artunterscheidendes Merkmal
gesuclit werden darf.
Die Supralabialia, die in den Augenrand einti-eten, zeigen etwas
mehr Konstanz, aber in einer Richtung-, die für meine hier vor-
getragene Ansicht günstig ist. Bei 16 Exemplaren bildet jederseits
das 4. Supralabiale den Augenrand; dieser Typus aber sollte nach
BoüLENGER in Süd-Europa, östlich bis Mesopotamien, heimisch sein;
ein anderes Stück hat das Auge jederseits vom 4. und 5. Supralabiale
eingefaßt; dieses würde der Heimat nach dem 2. Typus Boulenger's
entsprechen. Die übrigen 5 Exemplare zeigen die Bildung, daß auf
einer Seite das 4. und 5., auf der andern nur das 5. Supralabiale
in den Augenrand eintritt. Wie man sieht, bildet dieses Merkmal
keinerlei Handhabe zu einer Trennung nach Typen, geschweige
denn nach Varietät oder Art.
Auch in bezug auf die Färbung zeigt meine Serie, daß eine
Trennung undurchführbar ist. Ohne daß ein Zusammenhang der
Färbung mit der Augen- oder Lippenschilderzahl zu finden wäre,
habe ich in meiner Serie ganz einfarbige Stücke, leicht gefleckte
und nahezu ununterbrochen längsgesti-eifte. bei allen Abstufungen
in der Rötung und Würfelung der Unterseite, sowohl bei jungen,
als auch bei erwachsenen Tieren.
Ich halte es daher für richtig, die var. hydrus ganz aufzugeben
und mit dei- typischen Form zu vereinigen, die eben hinsichtlich
der Färbung und der Beschilderung des Kopfes wenig konstant ist.
Die gleiche Ansicht vertritt, wie ich finde, auch Leche (a. a. 0.)
auf Grund der Exemplare, die v. Hedix in Ost-Turkestan ge-
sammelt hat.
In der Umgebung von Khotan war T. t. sehr häufig an Be-
wässerungskanälen und sumpfigen Wiesen. Die Eingeborenen halten
die Schlange für giftig. Sie ist, wie man mir sagte, in allen
Züul. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. ^t
484 Erich Zügmayer,
Oasen des Landes häufig. Im Magen zweier Exemplare fand
ich Nemachüus und Reste einer nicht näher bestimmbaren Heu-
vSchrecken-Art.
Zamenis UuJacensis Günth.
In der Nähe von Baital in Kaschmir fand ich ein totes, schon
stark zerfressenes und verfaultes Stück , das der Färbung und dem
Habitus nach jedenfalls zur obengenannten Art gehörte.
Sauria.
Lacertilier.
Lacertidae.
JiJrewias iiitefmedia Strauch.
29 Expl. aus verschiedenen Orten Ost-Turkestans.
Ich stelle die Exemplare meiner turkestanischen Serie zur ob-
genannten Art, um nicht durch Aufstellung einer neuen Art mit
einigen Varietäten noch mehr Unklarheit in die ohnedies recht wenig
sichere Systematik der Gattung Eremias zu bringen, ferner Aveil die
schwankenden Merkmale meiner Stücke am ehesten noch hier unter-
gebracht werden können. Der var. yarliandensis. die Blanford von
E. muUiocellata abgetrennt hat, kommen meine Exemplai'e einiger-
maßen nahe; doch kann ich sie ihr nicht angliedern, da ich die
var. yarJcandensis selbst nicht anerkennen kann.
Unter meiner Serie finden sich in regelloser Weise Merkmale
von E. infcruicdia, mnUioceUata und yarl;andensis und zwar derart,
daß eine Teilung in diese 3 Gruppen nicht durchführbar ist. Meiner
Ansicht nach sind diese 3 Formen — und dazu wohl auch noch
E. hrencldeyi — zu einer einzigen zu vereinigen, und zwar am besten
unter dem Namen E. intennedia.
Als wichtigste Merkmale zur Unterscheidung gelten das Ver-
hältnis der Schwanzlänge zur Gesamtlänge, die Zahl der Femoral-
poren, der Eintritt der Subocularia in die Lippenlinie, die Zahl der
Kehllängsschuppen, die der Bauchquerreihen. die Schwellung der
Nasalia und der Abstand zwischen Frenale und Supraoculare, neben
andern Merkmalen von mehr untergeordneter Bedeutung. Beträcht-
liche und vei'läßliche Farbenunterschiede bestehen nicht; dazu
kommt, daß die Beschreibungen vielfach nach konserviertem Material
Herpetologie von Zeiitral-Asien. 485
gemacht sind, so daß sie niclit mit Sicherheit in Betracht gezogen
werden können.
Im Folgenden bespreche icli der Reihe nach die obgenaunten
Merkmale.
Von meinen 29 Stücken haben 22 den Schwanz unverletzt. Die
Schwanzlängen betragen
mehr als 2 Körperlängen bei 1 Expl. (jung)
1 3/ 9 Li
-^ /4 '-' H ?• " »
1 1/ 1 3/ , Q
IV.3-IV2 . ,. 6 „
Körperlänge ist die Distanz von der Schnauze bis zum After. —
Ich versuchte zunächst, eine Trennung auf Grund dieser Proportionen
clurchzutühren. Doch fehlten dann die übrigen Merkmale, und eben-
sowenig konnte ich, wenn ich einen der andern Punkte zum Aus-
gang nahm, eine Übereinstimmung hinsichtlich der restlichen
Oharakteristica finden.
Bezüglich der Femoralporen weisen von 29 Exemplaren
2 die Zahlen 1010 (beide Seiten) auf.
5 „ „ 11/11
1 „ „ 1212
13 ,. ,. 13/13
2 ,. „ 14/14
1 ,. „ 8/10
2 „ ,. 12'13
2 ,. „ 13/14
1 .. ,. 1415
29
Auf Grund dieser Ziifern mit den Extremen 8 und 15, abgesehen
von der Asymmetrie bei einer Anzahl von Exemplaren, müßten diese
entweder der Art nnäiwcelkda-yarl^aridensis oder intermedia zugeteilt
werden, und die engere Unterscheidung wäre in der Schwellung
der Nasenkuppe zu suchen. Meine Stücke weisen aber alle Grade
der Xasenschwellung auf, so daß ich auf dieses Mei'kmal zur Be-
stimmung verzichten mußte.
Die Trennung der Gruppe intermedia. multioceUata-yarhandensis
einerseits und przeivalsMj, vermiciilata und quadrifrons andrerseits
liegt, abgesehen von letztgenannter Art, in der Zahl der Kehl-
längsschuppen, und zwar wird die Zahl 30 als Grenze genommen. .
31*
486 Erich
ZüGMAYER,
Die Zahlen der Schuppen
von
der
Kinnschildnaht
Kragenrand betragen in meiner
Sei'ie
bei 2
Expl.
25
5
»
26
6
»
27
7
»
28
4
»
29
1
»
30
1
j;
31
2
»
32
1
11
33
bis zunt
ohne daß jedoch die Stücke mit mehr als 30 Schuppen sich bezüg-
lich anderer Merkmale der andern Gruppe näherten.
Die Subocularia nehmen am Lippenrand teil
bei 16 Expl. beiderseits,
4 „ auf einer Seite,
2 „ beiderseits mit der Spitze,
7 „ gfar nicht.
fe'
Die Färbung der frisch gefangenen Tiere war olivengrau mit
dunklern Flecken, die in Längsreihen mehr oder weniger deutlich
angeordnet sind und bei jungen Exemplaren stärker hervortreten;
die Extremitäten tragen helle, dunkel umrandete Ocelli. Unterseite
gelblich-weiß, bei Männchen (zur Paarungszeit) bläulich überflogen,
am Schwanz bei Jungen rötlich oder schmutzig orange.
Maße des größten Exemplars (S)-
Total
172 mm
Schwanz
110
Schnauze — After
62
Kopflänge
19
Kopfbreite
10
Vordere Extr.
21
Hintere Extr.
29
Auf Grund der obigen Feststellungen halte ich folgenden Schluß
für richtig. Die in Ost-Turkestan lieimis(dien Formen von Eremias,
die zur Art muUioceUata mit den Varietäten Tjarl-andensis und saiurata
gestellt wurden, gehören mit der in West-Turkestan vorkommenden
Art intermedia zusammen und sind dieser völlig anzugliedern. Dem-
Herpetologie von Zentral-Asieu. 487
■nach träte E. iniermedia typiscli in West-Turkestan auf und be-
Avalirt sich dort seine Artcharaktere; im östlichen Turkestan
schwindet jedoch deren Konstanz, und es finden sich zalüreiche Ab-
weichungen, die aber vorwiegend individuell sind und denen vorerst
keine art- oder varietätbestimmende Bedeutung- zukommt.
Ercmias kommt vorzüglich außerlialb der Oasen und des Kultur-
landes auf spärlich bewachsenem Sandboden vor und wohnt in
Löchern, meist zwischen den Wurzeln von Sträuchern. Der Magen-
inhalt der von mir daraufhin unteisuchten Stücke war rein tierischer
Natur und bestand aus Kesten von Käfern und Orthopteren.
Mitte Mai konnte ich E. i. in Begattung beobachten; die bläu-
liclie Kehlfärbung bei r?^: gehört vermutlich nur der Paarungszeit
an. Gleichzeitig jedoch fand ich \\'eibclien mit bereits sehr großen
Eiern (keine erkennbaren Embryonen, ovipar). Die Paarungszeit
scheint sich demnach auf die Monate April bis gegen Ende Mai zu
erstrecken. Während der Begattung, die etwa 20 Sekunden dauert
— die Tiere hatten mich nicht bemerkt und liefen dann gemeinsam
weiter — sind die Vorderteile der beiden Individuen in normaler
Lage, auf die Vorderbeine gestützt, auf dem Boden; die Ventral-
seiten sind einander zugekehrt, eng aneinander gedrückt und also
um 90" in der Längsachse gedreht; mit den Hinterbeinen umfassen
die Tiere einander, die Schwänze sind weit zurückgebogen und
stehen bei der Torsion der Körper horizontal über dem Boden, ohne
ihn zu berühren; die Tiere drehten sich während der Begattung
rasch im Kreis, mit den Köpfen an der Peripherie.
Eretnhts vermieulata Blanf.
1 (5 von Sang-Uja, Ost-Turkestan.
Mein einziges Exemplar nähert sich am meisten der genannten
Art. der es jedenfalls zuzuzählen ist. Es weicht jedoch in folgenden
Merkmalen von der Beschreibung im Cat. Liz. Biit. Mus. ab.
L Der Abstand zwischen Frenale und Supraoculare ist um ein
Geringes größer als die Länge des letztern Scliildes.
2. Das Frontale ist vorn stai'k vertieft.
3. Das Suboculare bildet zwar auf einer Seite den Lippenrand
zwischen dem 6. und 7. Labiale, auf der andern aber zwischen dem
5. und 6.
4. Die Zahl der Kopflängsschuppen beträgt nur 36.
5. Nur die mittelste Schuppe des Kragenrandes ist vergrößert,
die übrigen sind klein und unregelmäßig.
488 Ekich Zogmayer,
6. Die Präanalschuppen sind zienilicli gToß, regelmäßig; an-
geordnet, die mittel-liinterste trapezförmig und sehr groß.
7. Querreihen des Bauches 36 (statt 38).
8. Nur 16 Schuppen in einer Querreihe.
Die Zahl der Femoralporen beträgt jederseits 21; sie stoßen in
der Mitte fast zusammen wie bei E. velox.
Trotz der bedeutenden Abweicliung von der Beschreibung im
britischen Katalog stelle ich mein Exemi)lar unbedenklich zur
typischen Form E. v., da bei den meisten Lacertiden derartige Ab-
weichungen sehr häufig sind, ohne daß deshalb die willkürliche Auf-
stellung von neuen Varietäten oder Arten gerechtfertigt erscheint;
es genügt, den Umkreis der Art um einige Merkmale zu erweitern.
Färbung oberseits graubraun mit zahlreichen dunklen Tupfen^
die sehr dicht stehen und in Längsreihen angeordnet sind; von
diesen sind die mittlem 3 deutlich und setzen sich auf den Schwanz
fort; die äußern reichen nur bis zur Schwanzwurzel. Auf den
Beinen lichte Ocelli auf braunem Grund. Unterseite gelblich-weiß.
Sandiger Steppenboden.
Scincidae.
Zii/f/osoma hmialaijaniuti Blngk.
39 Expl. aus Ladak.
Diese Serie besteht zum größten Teil aus erwachsenen Indi-
viduen, und diese zeigen keine nennenswerten Abweichungen vom
beschriebenen Typus.
Die Oberseite zeigt im Leben prächtigen grünlichen Metallglanz,
die Kehle schimmert perlmutterartig, die übrige Unterseite ist gelb
opalisierend. Junge Exemplare haben die Unterseite mehr rötlich
gefärbt, Männchen zeigen im allgemeinen lebhaftere Farbentöne als
Weibchen. In Alkohol erhöht sich der Glanz zunächst bedeutend,
um aber nach einigen Stunden fast ganz zu verschwinden.
Der Schwanz ist in hohem Grade zerbrechlich, und Exemplare
mit stummeiförmigen, mattblau gefärbten und unregelmäßig be-
schuppten Regeneraten sind sehr häufig.
Gefunden wurde L. h. in Seehöhen zwischen 2600 und 3500 m;
sie kommt jedoch auch in tiefer gelegenen Gegenden vor, kaum aber
in hohem. Vorzugsweise hält sich L. h. in bröckeligen oder lose
schieferigen Wänden auf oder in losem Geröll; an manchen Orten
Herpetologie von Zeiitral-Asien. 489
konnte ich mehrere Dutzende von ihnen auf einer Fläche von
wenigen Quadratmetern beobachten. Die Jungen waren (im Oktober)
bereits so groß, daß man ilinen ein Alter von ca. 2 Monaten zu-
sprechen konnte, doch fanden sich auch kleinere in mehreren Ab-
stufungen, so daß, wie bei Eremias iniermedia (s. d.), die Paarungszeit
sich auf längere Zeiträume, etwa 2—2^.2 Monate, erstrecken muß.
Der Mageninhalt dei- darauf untersuchten 10 Exemplare bestand
aus Resten von Käfern und Orthopteren.
Maße des g- r ö ß t e n E x e m p 1 a r s (?)
Totallänge
134 mm
Schnauze — Anus
56
Schwanz
78
Schnauze — v. Ohrraiid
11
Vordere Extrem.
15
Hintere Extrem.
18
Geckonidae.
Gij}nno(1avtff1 US stofle^^kfte Steind.
18 Expl. von Lamajuru, Ladak.
Die Rückentuberkel sind schwarz und in gut erkennbaren
Längsreihen angeordnet, von denen wenigstens 2 stets deutlich sind.
Die Schwanztuberkel stehen in der Regel zu dreien jederseits auf
jedem Schwanzring mit Ausnahme der Spitze, doch finden sie
sich auch in Gruppen von mehr als 3, und diese sind dann von ge-
ringerer Größe; auch 2 Tuberkel jederseits auf 1 Ring kommen
vor; in diesem Falle sind die 2 von einigen bedeutend kleinern
Tuberkeln umgeben. Der Schwanz ist ungemein zerbrechlich, und
die ^Mehrzahl meiner Exemplare hat mehr oder weniger vollständig
regenerierte Schwänze. Bei 2 P^xemplaren bemerkte ich, daß der
Schwanz brach, ohne daß er berührt worden wäre oder sonst eine
bedeutende Erschütterung erhalten hätte, bei andern brach er bei
einer Berührung, die so leicht war, daß durch sie allein der Schwanz
kaum hätte gebrochen werden können; es scheint hier fast ein Fall
von .,präventiver Autotomie*' vorzuliegen.
Regenerierte Schwänze weisen stets Unregelmäßigkeiten in der
Tuberkelbildung auf, und der Unterschied zwischen den Tuberkeln
des Regenerates und jenen des intakten Rumpfes ist sehr auffallend ;
auf dem regenerierten Teil können die Tuberkel auch ganz felilen.
490 Erich Zugmäyer,
Insbesondere ist bei $? — soweit meine Serie diese Generalisierung-
zuläßt — ein re.^enerierter Schwanz fast g-anz glatt, während bei
SS die Ringelung- und Tuberkelbildung- immer noch mehr oder minder
zustande kommt. In der stärkern Rino-elung des Schwanzes und
der im allgemeinen mehr ausgeprägten Tuberkelbildung liegt, neben
der lel)haftern P^ärbung und Zeichnung beim S, der, soweit ich fest-
stellen konnte, einzige äußere Geschlechtsunterschied.
Die Rübenform des Schwanzes ist bei jungen Individuen be-
deutend weniger ausgeprägt als bei erwachsenen; dem kleinsten
meiner Exemplare fehlt sie vollständig. Dagegen zeigen regenerierte
Schwänze oft viel stärkere Rübenfoi-m als unversehrte: auch kommt
es vor. (laß das regenerierte Stück mit einem neuen, rübenfürmigen
Wulst beginnt, trotzdem ein solcher bereits an der Basis des intakt
gebliebenen Stummels vorhanden ist.
Die Zahl der Tjabialia — oben 10. unten 9 — ist die Regel,
doch können sich an beiden Kiefern die hintersten Schildchen in
kleine Schuppen auflösen oder selbst so klein werden, daß eine
Trennung von den anliegenden Schuppen nicht mehr durchzu-
führen ist.
Die Kompression der distalen Phalangen sowie die seitliche
Krümmung ist bei manchen meiner Exemplare nahezu ganz verwischt.
G. st. lebt in losem Schutt oder in lockern Löß- und Lehm-
wänden, ohne eigentliche Löcher zu besitzen; die Nahrung ist ge-
mischt tierisch und pflanzlich. Mehrmals fand ich Lyosoma Mm.
mit der hier besprochenen Form gemeinsam und in großen Mengen
in denselben Schlui)f\vinkeln.
Die Seehöhe des Fundortes liegt bei 3500 m. doch sah ich die
Form auch bei 3900 m und hinab zu bei 2800 m. Erstere Zahl
dürfte der obern vertikalen Grenze entsprechen. G. st. ist bisher
nur aus Ladak bekannt; die beste mir bekannte Abbildung ist die
eines Originalexemplars im Werk über die Novara-Expedition.
Maße des größten
S
?
Totallänge
104
mm
95 mm
Schnauze — Anus
49
50
Schwanz
55
45
Kopflänge
17
16
Vordere Extremität
19
18
Hintere Extremität
26
23
Herpetologie von Zeiitral-Asieii. 491
TerafosclHCUs j>rr:eir<(fskii Steauch.
1 S von Kliotan, Ost-Turkestaii.
Mein einziges Exemplar weiclit zwar von den beschriebenen
Stücken dieser Species in einigen Punkten ab und könnte fast ebenso
leicht zu 7'. scincus g-estellt werden ; da es aber hinsichtlich dei-
Herkunft mit den von Strauch (a. a. 0.) beschriebenen Stücken
übereinstimmt, stelle ich es zu der oben genannten Art, obzwar ich
einige Zweifel dai-über hege, ob man die verschiedenen Arten dieses
Genus nicht nur als Lokalvarietäten auffassen soll, die alle zu T.
scincus {T. licyserUngi) gehören.
Aus Ost-Turkestan wurde T. scincus, soweit mir bekannt ist.
erst zweimal gemeldet. Das erste Exemplar ist von Boulengeh im
Cat. Liz. Brit. Mus. beschrieben, das zweite von Leche (a. a. 0.).
Die erstere Beschreibung geschah jedoch, bevor andere Species be-
kannt wurden (Boulenger änderte Stkauch's Nomenklatur zugunsten
der von Schlegel ab); die Bemerkung Leche's bezieht sich nur auf
die Verbreitung. T. przeimlsldi wurde von Strauch auf Grund der
von Przewalsklj in Ost-Turkestan gesammelten Exemplare auf-
gestellt, und die Beschreibung im Cat. Liz. enthält fast nichts, was
sich nicht mit der von Strauch in Einklang bringen ließe. Das
seinerzeit von Boulengee beschriebene, von Scully in Jarkent er-
beutete Stück wird auch von Blanford (Yarkand Mission) be-
sprochen.
Im ganzen wurden bis 1905 folgende, mehr oder weniger wohl-
begründete Arten dieser Gattung aufgestellt: T. keyscrlimji von
Strauch aus Khorassan, T. scincus von Boülenger, T. microlepis.
T. heclriagae und T. mrudnii durch Strauch u. Zaeudxlj aus Ost-
Persien. Man macht sich keines großen Fehlers sclnüdig. wenn
man alle diese Arten zu einer einzigen vereint; da mir jedoch kein
Tergleichsmaterial vorliegt, außer einem von mir 1904 in Buchara
gesammelten Stück, das zweifellos zu T. scincus geliört, und da mein
hier besprochenes Exemplar mit der Beschreibung von Strauch ziem-
lich übereinstimmt, stelle ich es zu dieser Art.
Da die verschiedenen Arten zum großen Teil auf Unterschiede
in der Färbung begründet sind, gebe ich weiter unten eine genaue
Beschreibung meines Exemplars.
Leche bezeichnet — nach Angaben v. Hedix's — die dort be-
sprochene Form als „häufig zwischen den Gebirgstälern Nord-Tibets".
Er stellt das von seinem Gewährsmann gefundene Stück zu T. scincus;
492 Erich Zcgmayer,
da er aber keine Beschreibung- gibt, ist aus seinen Angaben weiter
nichts zu ersehen. Als Fundort wird das nördliche Tibet angegeben.
Es ist mehr als wahrscheinlich, daß hier ein Irrtum v. Hedin's vor-
liegt, wenn er diesen Gecko als in Noi-d-Tibet häufig- angibt. Mög-
licherweise ist auch der Fundort selbst irrig- angegeben, oder aber
es handelt sich um ein Stück, das ausnahmsweise weit ins Gebirge
verlaufen war. Vielleicht lieg-t eine Verwechslung- mit einer Agame
vor, denn diese mögen wohl höher in die Berge gehen als ein
typischer Sandgecko. Ich konnte im eigentlichen Tibet von Eidechsen
nur Fhrynocephahis feststellen, während A(/ama, die im Süden bis
nahe an 4000 m Seehöhe häufig ist, vielleicht auch in einer turkesta-
nischen Form weiter in die Berg-e eindringt. Das Vorkommen —
und vollends das häufige Vorkommen — von Temtoscincus in sehr
hochgelegenen Berggegenden, in denen auch im Sommer fast regel-
mäßig Nachtfröste herrschen, ist höchst unwahrscheinlich, zumal die
Form auch in den ihr mehr zusagenden Sandebenen stets selten ist;
der beste Beweis dafür ist die geringe Zahl der in die Wissenschaft
eingeführten Exemplare; auch konnte ich Terafoscincus im nördlichen
Tibet ebensowenig antreffen wie in den nach dem Tarim-Becken
führenden Tälern des Kuen-Lün. Przewalskij, der nicht nur die
Tarim wüste, sondern auch das nördliche Tibet bereist hat. gibt die
Form nur von Fundorten an , die in sandig-en, verhältnismäßig; tief
gelegenen Gegenden liegen, wie Chanii, Nija und Tscharkalik, wo
ihr Vorkommen keineswegs befremdet.
Trotzdem das mir vorliegende Stück ein S ist, fehlen ihm die
Inguinaltuberkel, die bei meinem S von 1904 vorhanden waren; da-
gegen hat es zwei Postanalporen, die jenem fehlten; hier liegt viel-
leicht ein weiteres Merkmal der Unterscheidung zwischen T. p. und
seinen nächsten Verwandten; doch ist, wenn nicht das Vorhandensein
der Poren, so doch das Fehlen der Tuberkel oder deren geringere
Zahl eine Erscheinung, die sich auch bei andern Geckoniden, wie
z. B. Crossohamon, finden kann, ohne die Artdiagnose zu beeinflussen.
Die Zahl der Schwanznägel ist bei meinen beiden Stücken 15.
Färbung: Grundfarbe der Oberseite graurosa, auf dem Kopfe
gelbgrau; Schnauze und Kieferränder dunkelrosa, Schwanz und
Extremitäten lachsfarbig. Auf dem Hinterkopfe 3 rostbraune Flecken.
9 Querbinden, rost- bis dunkelbraun, vom Genick bis auf die
Schwanzwurzel. Flanken, Schwanz und Beine rostfarbig getupft.
Unterseite Aveißrosa, Bauchmitte bläulich. Iris silbergelblich, schwarz
geädert.
Herpetologie von Zentral-Asien. 493
Der Mageninlialt bestand aus Insectenresten ; gefangen wurde
das Tier am Fuß einer Lehmnianer, auf tief sandigem Boden. Den
Ton, den T. mit den großen Schildern des Schwanzes hervorbringt,
konnte ich nicht beobachten.
Die Art ist bisher nur aus Ost-Tnrkestan gemeldet. Die
(-rattung bewohnt fast ganz Iran und Turan, Tran.skaspien und
beide Turkestan, nach v. Hedin auch Tibet.
M a ß e :
Totallänge 137 mm
Schnauze — Anus 85
Schwanz 52
Vordere Extremität 31
Hintere Extremität 41
Alsophyladc p7'T:eivalskii Str.
1 c?, 1 $ von Khotan.
Die Tuberkelreihen des Rückens sind nicht besonders deutlich
und regelmäßig, aber doch wohl erkennbar. Das S hat 6 Präanal-
poren (nach Strauch meist nur 5). Die Zahl der Supralabialien ist
typisch 8, die der lufralabialien 6 statt 7.
Die Längsbinden sind sehr deutlich au den Kopfseiten, die übrige
Zeichnung jedoch so verschwommen, daß der Rücken fast einfarbig
sandgrau erscheint. Die Unterseite ist gelbweiß. Das $ ist das
größere Exemplar und mißt total 72 mm, wovon 40 auf den Schwanz
kommen.
Sandiger Steppenboden.
Agamidae.
Afßania tariniensis n. sp.
8 S6, 5 ?? von Khotan.
Diagnose: Agamae stoliczkanae Br,.\(iR. similis sed disthicla laiiori
proportionaliter eapite, äevi cauda longiori. Squaniis dorsalibus eadem area
lateralium, inter eas vitta longitiidinalis sqiiamarum minorum. Squamis
maxhnls e caudcdihiis duplici area maximaruni dorsalhim. Quarto digito
posteriori distincte longiori tertii, ungue teriü basin unguis quarti non
attinente. Seriebns usque ad quattuor squamarum praeanalimn tumidaruni
in mascidis. Colore supra aureo, maculis reticidatis alerriniis, eapite ae
494 ElUCH ZUGMÄYER,
cauda rp-iseofuscis, siihtua admodnm alhesr-ente, giäture retmilato. Ilahitat
in regionibus sabulosis Titrkestanis orienialis.
Am älinliclisten sind die von mir <>esammelten Exemplare
A. siolicslana Blngk., doch untersclieiden sie sich von dieser Art
durch eine Reihe wichtiger und unter den Stücken meiner Serie
konstanter Merkmale, so daß mir eine artliche Trennung- unerläßlich
ersclieint, zumal (3S sich nicht nur um Verschiedenheit in Färbung
und Pholidose. sondern auch um mehrere im Skelet begründete Ab-
weichungen liandelt. Die Färbung wird weiter unten beschrieben.
1. Der Kopf ist bedeutend breiter im Verhältnis zur Länge als
bei A. st. : die Kopflänge verhält sich zui- Kopf breite wie 7 : 6 oder
14: 11.
2. Die Schuppen der Seiten sind ebensogroß und größer als
die der Vertebralzone; zwischen letzterer und den Seitenscliuppen
liegt eine Längszone kleiner und kürnigei- Schuppen.
3. Die größten Scliw^anzschupi)en sind reichlich doppelt so lang
und breit wie die größten des Eückens.
4. Die S6 haben bis zu 4 Reihen verdickter Präanal-
schuppen.
5. Die 4. Zehe ist bedeutend länger als die 3.; die gestreckte
Kralle der 3. erreicht nicht die Krallenbasis der 4.
6. Die Schwanzlänge verhält sich zur Distanz Kehlfalte — Anus
wie 2' '2 : 1.
7. Die Zeichnung und Färbung ist von A. sf. sehr verschieden,
letztere in beiden Geschlechtern außerdem bedeutend bunter.
Äußere unterschiede zwischen S und $:
Der Hauptunterschied sind die beim c5 vorkommenden verdickten
Präanalscliuppen, die 3—4 Reihen stark sind und dem $ stets fehlen.
Im übrigen haben S6 im allgemeinen stärkere Bedornung und leb-
haftere Farben, besonders ist die Netzung und Färbung der Kehle
stets w^eit dunkler.
Beschreibung der Pholidose: Kopfschuppen glatt, auf der Sciinauze
am größten; um die Ohren und an den Halsseiten sowie im Genick
Gruppen von dornigen Schuppen. Nackenschuppen körnig, die der
Vertebralgegend sechseckig, imbricat, stumpf gekielt. Schw^anz-
oberseite mit stark gekielten Schuppen, die dornige Fortsätze tragen.
Extremitäten oberseits mit gekielten Schuppen, die der Kehle körnig,
die des Bauches rhombisch, imbrikat, glatt, Präanalschuppen bei ^$
mäßig, bei SS stark vergrößert. Unterseite des Schwanzes, ebenso
Herpetologie von Zentral-Asien. 495
wie die Basis der Oberseite, glatt. Mediane Rückeuschuppen groß,
die der Seitenzone kleiner nnd körnig, die der Flanken ebensogroß
oder größer als die vertebralen.
Färbung des Männchens: Grundfarbe goldgelb, auf dem Kopf
gelbgrau, auf dem Hinterrücken rotgelb. Kopf mit einzelnen
schwarzen Schuppen, Genick und Eücken mit samtschwarzen
Flecken, die ein unregelmäßiges Netzwei'k um goldgelbe Ocelli
bilden. Kehle schokoladebraun mit weißen Ocellis; Oberseite der
Extremitäten gelb mit schwarzen Binden, die undeutlich sein können,
besonders gegen das distale Ende zu. Kieferränder rosa, Flanken
gelbgrün, in das Gelbweiß der Unterseite übergehend. Brust mit
bräunlichem Netzwerk; Präanalschuppen maisgelb; letztes Schwanz-
drittel beiderseits braun, Schwanz im übrigen oben gelbgrau, unten
weißlich.
Färbung des ?: Im allgemeinen der des S ähnlich, nur etwas
matter; es fehlt ferner das Gelb der Präanalgegend, die Kehle ist
nur matt genetzt oder einfarbig grauweiß.
Maße des größten
S
?
Totallänge
835
mm
322 mm
Schnauze — Anus
125
110
Schwanz
210
212
Kopflänge
36
33
Kopfbreite
29
27
Größter Körperumfang
88
110
(ti
'agend
, mit 8 Eiern)
Vordere Extremität
65
64
Hintere Extremität
90
87
Diese Agama hält sich in Kiesgruben, Steinbrüchen, verfallenem
Mauerwerk oder an Geröllhängen auf; im offenen Sand traf ich sie
nie an, wohl aber auf Grasflächen in der Nähe der oben genannten
Lokalitäten. Sie ist sehr wehrhaft und beißt, wenn sie ergriffen
wird, heftig um sich; die längsten Zähne, an den Seiten des Ober-
kiefers, sind ca. 3 mm lang. Verfolgt flieht sie mit großer Ge-
schwindigkeit, kleine GräTDen von ca. 20—30 cm Breite überspringend,
sucht Schutz in Löchern, zwischen Steinen oder Mauerspalten. Ich
traf sie meist auf erhöhten Punkten an, wie isolierten Felsblöcken
auf Wiesengrund, wo sie sich vermutlich sonnte. Bereits auf große
Entfernungen ergriffen die Tiere regelmäßig die Flucht und wurden
496 Erich Zügmaykr,
am besten im Lauf mit einer Riemenpeitsche gelähmt oder aus
Schlupfwinkeln hervorgezogen.
Der Mageninhalt bestand vorwiegend aus kleinen Blüten und.
Orassamen. nur zum geringen Teil fanden sich Reste von Insecten,
bei beiden Geschlechtern.
Die $? waren zur Fangzeit (Ende Mai und Anfang Juni) voll
von z. T. sehr weit vorgeschrittenen Eiern, in denen aber keine
Embryonen zu finden waren (ovipar); in einem $ fand ich 10 nahezu
gleich große Eier von ungefähr 15 mm Durchmesser.
Bei mehreren Exemplaren fand ich in der Leibeshöhle Nema-
toden von 25—30 mm Länge, im Magen große Mengen von solchen,
die 4 — (S mm lang waren ; die letztern fand ich auch im Darm, aber
nicht in der Kloake.
Agania tuherculata Gray.
1 junges ? (Mulbek, Ladak).
In der Beschuppung typisch; in der Färbung weicht das vor-
liegende Exemplar — vielleicht als Jugendform — etwas ab, insofern
als es ziemlich matt gefärbt ist und auf olivegrünem Gi'und schwache
hellere Tupfen und einen auf der Rückenmitte verlaufenden hellem
Längsstreifen zeigt. Der Fundort liegt 3100 m ü. M.
Totallänge 122 mm.
Affama 1ihtiaJ((iß(ina Blngk,
34 Expl. beider Geschlechter und verschiedener Altersstufen
aus Ladak und Kaschmir.
Bei dieser Art ist in beiden Geschlechtern ein Jugendkleid vor-
handen, das bedeutend bunter ist als selbst das Hochzeitskleid er-
wachsener SS'-, ähnliches ist von manchen Eremias- und Phryno-
<:e]j]ialus- Arten bekannt, wo jugendliche Individuen an der Unterseite
des Schwanzes und der Extremitäten rötlich oder gelb gefärbt sind,
was sich im Alter verliert. Bei Ä. li. ist jedoch, worüber ich in
der Literatur keine Angaben finde, das Jugendkleid sehr prächtig
im Vergleich zur Färbung der erwachsenen Tiere. Seine Grund-
farbe ist heilocker oder goldgelb, die Zeichnung und Bänderung der
Oberseite ist samtartig schwarzbraun, die Unterseite zeigt lebhaften
Perlmutterglanz; das Auffallendste sind die Flecken der Ohrgegend:
sie sind im Leben leuchtend mennigrot und reichen hinter dem Ohr
vom Nacken bis an die Falten der Kehle herab; nach dem Tode
Herpetologie von Zentral-Asien. 497
oder in Alkohol nehmen sie rasch eine mehr ziej^elrote Fai-be an,
in Formol werden sie bald matt rotbraun und verschwinden all-
mählich ganz.
Stoliczka (a. a. 0.) sagt, daß bei Ä. h. das S bedeutend kleiner
sei als das '?. auf dem Kopf, Hals und Rücken gelb gefleckt, an
den Seiten des Halses „umber red", also etwa rostbraun. Blanford
hält diese Färbung für einen Teil des Hochzeitskleides. Aus meiner
Serie geht jedoch hervor, daß die roten Halsflecken, da sie sich bei
beiden Geschlechtern und nur bei kleinen Exemplaren finden, zum
Jugendkleid gehören.
Voll erwachsenen Exemplaren, SS wie $?, fehlen die Ohrflecken
entweder ganz, oder es bleibt ein mattbrauner Ton auf der Haut
zurück, der in Konservierflüssigkeiten alsbald verschwindet. Bei
der großen Zahl der mir vorliegenden Tiere konnte ich alle Über-
gänge genau verfolgen. Bei jungen Stücken ist die Kehle entweder
weiß oder nur ganz leicht grau genetzt, bei SS etwas mehr als
bei $ + . Im fortschreitenden Alter nimmt die Netzung der Kehle
beim S stetig zu, bis sie bei erwachsenen Tieren schokoladebraun
wird; erwachsene ?? haben die Kehle gelblich- weiß und nur selten
mattgrau genetzt oder marmoriert. Die verdickten Präanalschuppen
fehlen den $? und jungen SS-
In der Jugend ist das Occipitalschild verhältnismäßig sehr
groß, doch bleibt es im Wachstum gegenüber der sonstigen Kopf-
beschuppung zurück, so daß es bei erwachsenen Individuen wieder
normal erscheint. Der Jugendform fehlen ferner die dornigen
Schuppen um die Ohren; 2 oder 3 meiner kleinen Exemplare, bei
denen leichte Dornschuppen um die Ohren vorhanden sind, hatten
deutlich matter und dunkler gefärbte Ohrflecken; da sowohl das
Erscheinen der erstem wie das Schwinden der letztern Alters-
charaktere sind, scheint es sich hier um Exemplare zu handeln, die
bei fortschreitendem Alter im Wachstum zurückgeblieben waren.
Mit zunehmender Größe treten die dornigen Ohrschupi)en ebenso
wie die Kielung der Schwanzschuppen immer deutlicher hervor,
beim S stärker als beim ?.
Es ist auffallend, daß bisher keinem der Sammler und Autoren
die lebhaft gefärbte Jugendform voi'gekommen ist (Stoliczka"s Be-
schreibung bezieht sich jedenfalls auf bereits nahezu erwachsene
Stücke), um so mehr, als die Eingebornen die jungen und alten Tiere
für 2 verschiedene Arten halten und mit verschiedenen Namen be-
zeichnen: während die erwachsenen Tiere entsprechend ihrem Lieb-
498 Erich Zügmayeh,
lingsaufentlialt als ..dag- galtschik", d. i. Felsen-Eidechse, bekannt
sind, heißen die jungen „lama galtschik"'. was Priester-Eidechse be-
deutet. Anlaß zu diesem Namen sind die Ohrflecken, die dieselbe
Farbe haben wie die Mützen der Lamas der reformierten Sekte.
Die Nahrung von A. h. ist vorwiegend pflanzlich, nur vereinzelt
fanden sich im Mageninhalt Insectenreste; in einem Falle entdeckte
ich im Magen eines großen ? das Schwanzende eines Phrijnocephalns.
Bei allen Exemplaren, die ich öffnete, war nicht nur die Cloake,
sondern auch der Darm und besonders die LeibeshiJhle in der Lungen-
gegend — nicht aber die Lunge selbst — mit zahlreichen kleinen
Nematoden erfüllt. Es ist wohl kein Zufall, daß die beiden vorhin
als „zurückgeblieben" bezeichneten Stücke besonders viele dieser
Parasiten enthielten.
Mit Vorliebe hält sich A. h. an Stellen auf. die mit Felstrümmern
bedeckt sind, doch bewohnen sie auch Lehmmauern und besonders
die „mani" genannten Steinwälle mit Inschriften versehener Platten,
die ihnen vorzügliche Schlupfwinkel bieten. Die Tiere sind sehr
wehrhaft und beißen heftig. Der Schwanz ist sehr haltbar.
Maße
des
größten
c?
?
Totallänge
243 mm
194 mm
Schnauze— Anus
89
73
Schwanz
154
121
Kopflänge
27
21
Vordere Elxtremität
42
35
Hintere Extremität
69
51
Phrynocephiilus axillaris Blanford,
60 Expl. aus verschiedenen Teilen Ost-Turkestans.
Das Hauptcharakteristikum dieser Art, dem sie den Namen
verdankt, ist der blaurote Fleck hinter der Achselhöhle. Günther
(Cat. Liz.) spricht nur von einem roten Fleck, und bei länger kon-
servierten Exemplaren ist auch nur ein solcher zu sehen. Frische
Stücke jedoch zeigen, halb in der Achselhöhle, halb dahinter, jederseits
einen meist länglich ovalen Fleck, etwa von der Farbe dunklen
Kirschsaftes, mit einem breiten, lebhaft hellblauen Saum an der
obern Seite; dieser verflüchtigt sich jedoch in Alkohol sehr rasch,
in Formol erst nach Monaten.
Herpetologie von Zeiitral-Asieii. 499
Der Schwanz weist in seiner distalen Hälfte oberseits eine
Reihe dunkler Flecken auf", von denen 2 — 4 (letzteres sehr selten)
ihn in Gestalt von Ringen ganz umziehen können ; meistens g-reifen
jedoch nur 2 ganz herum, während die übrigen an der Unterseite
verschwimmen oder ganz fehlen. Die Schwanzspitze ist niemals
schwarz.
Bei jugendlichen Individuen ist dies(i Ringelung weit lebhafter
ausgeprägt als bei erwachsenen, und eines meiner Stücke, von ca.
9 cm Gesamtlänge, zeigt 4 vollständig herumgreifende Schwanz-
ringe und einen 5., der beinahe geschlossen ist. Im übrigen
haben junge Individuen die Unterseite des Schwanzes, oft auch die
Partie um den After und die Innenseite der Schenkel gelb gefärbt,
und zwar in allen Abstufungen von Zitronengelb bis zu dunklem
Orange, von dem sich dann die schwai'zen Schwanzringe prächtig
abheben. Im Alter verliert sich diese Färbung, und der Schwanz
nimmt den Ton der Gesamtunterseite an, ein unreines Weiß, das bei
SS oft rosig oder bläulich-grün überflogen ist.
In der Färbung der Oberseite variiert Ph. a. sehr stark. ]\ranche
meiner Stücke sind nahezu einfarbig sand- oder lehmgelb, andere
weisen mehr oder minder regelmäßige Ijängsreihen von braunen und
weißen Tupfen auf. wieder andere eine Medianreihe großer ähnlicher
Flecken, bei denen Weiß. Grau. Braun und selbst Blau abwechseln
können; dazwischen gibt es alle möglichen Übergänge und Ab-
stufungen. Stets aber ist die Färbung so. daß sie eine meisterhafte
Anpassung an die Umgebung darstellt, gleichviel ob diese einfarbiger
Wüstensaud oder vielfach gesprenkelter Gesteinsdetritus ist.
Über diese hochausgebildete Schutzfärbung, bei der jedoch der
Achselfleck konstant vorhanden bleibt, habe ich bereits in einer
kleinen Arbeit „Über Mimikry etc." ') berichtet, ebendort auch über
eine Gewohnheit von Ph. a.. die als ]\[imikry nach einem Scorpion
gedeutet werden kann. Wenn Ph. u. sich bedroht sieht und die
Schutzfarbe ihre Funktion nicht erfüllt hat, krümmt er den Sclnvanz
nach rückwärts in die Höhe und bewegt ihn gewissermaßen drohend
hin und her, ganz wie ein aufgestörter Scorpion; die Schwanzringel,
die an Segmentation erinnern, machen das Bild noch vollständiger,
und nach dem Glauben der Eingebornen vermag auch die kleine
Eidechse mit der Schwanzspitze tödliche Stiche zu versetzen.
1) In: Z. wiss. Zool.. Vol. 90, 1908.
Zool. JabiU. XXVII. Abt. f. Syst. 32
500 Erich Zlgmaykr,
Diese eigenartige Gewohnheit felilt den vorder-asiatischen Arten
helioscopus und olivieri sowie den zentral-asiatischen Hochlandsformen.
Der von Pallas herrührende Name Lacerta caudivolvula. der darauf
hinweist, veranlaßte bereits Blanfokd (Yarkand Mission), die Identität
der von Pallas beschriebenen Eidechse mit den tibetanischen Ver-
tretern der Gattung zu bestreiten, von denen sie auch tatsächlich
stark und spezifisch verschieden ist. Die — immerhin sehr zweifel-
hafte — mimetische Eigenheit scheint somit auf Ph. caudivolvulus,
maculatus und axillaris beschränkt zu sein.
Ph. a. lebt in offenem Gelände, meist auf Sandboden, der mit
dünnem Buschwerk bestanden ist. Die Nahrung ist ausschließlich
tieriscli. Die Art ist ovipar, und zwar scheinen die Jungen im Mai
auszuschlüpfen; in diesem Monat fand ich zahlreiche Stücke von nur
4 — 5 mm Länge, andrerseits in keinem der untersuchten $?
Embryonen oder größere Eier. In größern Seehöhen als 2000 m
fand ich die Form nicht mehr; dort wird sie von Ph. theohaldi ab-
gelöst, der aber auch gemeinsam mit Ph. a. in tiefern Regionen
vorkommt, ebenso wie die var. forsjjihi.
Maße des größten Exemplars, $.
Totallänge
155 mm
Schnauze — Anus
63
Schwanz
92
Kopflänge
18
Kopfbreite
15
Vordere Extremität
34
Hintere Extremität
53
JPhrjfuoceplioltis stoUc^Uai Steind.
25 Expl. aus West-Tibet.
Im Cat. Liz. Brit. Mus. vereinigt Günther diese Art, die nach
den Ergebnissen der Novara-Expedition von Steindachner auf-
gestellt worden war, mit Ph. tickelii zu der von Blyth aufgestellten
Art Ph. theohaldi. Auf Grund der mii- vorliegenden Serie muß ich
jedoch zur Ansicht kommen, daß eine artliche Abtrennung von Ph.
st. neuerdings nötig ist, da diese Form in verschiedenen Merkmalen
so stark von der Diagnose für Ph. ih. abweicht, daß sie nicht mit
ihr vereinigt werden kann.
Herpetologie von Zentral-Asieii. 501
Die Haiiptabweicliuiig-en sind folgende:
1. Das Schwanzende ist in beiden Geschlechtern beiderseits
schwarz, oft in der ganzen distalen Hälfte, manchmal fast bis an
den Anus, stets aber im distalen Drittel, unten etwas mehr als
oberseits, während bei Ph ih. nur das äußerste E]nde, nur beim Sj
und nui" unterseits schwarz ist.
2. Die Länge des Schwanzes beträgt stets wenigstens V^'ji der
Distanz Kehlfalte — Anus, auch mehr, bei einem meiner Stücke sogar
genau 2; bei Ph. ih. ist sie nur Vj. — l'/g.
3. Die schwarzen Flecken, die sich auch beim ? auf Kehle,
Brust und Bauch voriinden, können so ausgebreitet sein, daü sie
vom Kinn bis an den Anus reichen, derart fast die ganze Unter-
seite ausfüllend. [Daß diese in der Größe bei Ph. th. variabel sind und
keinen Geschlechtsunterschied darstellen, bemerkt Boulengkr a. a. 0.
(1905)J.
4. Die Rückenschuppeu sind nicht Hach. sondern körnig
gerundet, nur in Ausnahmefällen imbrikat, sonst nebeneinander an-
geordnet.
Von der var. forsijfhi der Art Ph. th. weichen meine Exemplare
dadurch ab. daß
1. die Schuppen der Extremitäten nicht gekielt sind,
2. das Schwanzende stumi)f ist. nicht „tapering to a fine
point",
3. das Schwanzende auch oberseits schwarz ist, und daß
4. die „Plastrons" stets groß und dunkel sind, während sie bei
var. forsijthi ,.a faint blackish line along the middle of the belly"
bilden.
Die Stücke dieser Serie können demnach weder zur Art theohaldi
noch zu deren Varietät gestellt werden; dagegen stimmen sie in
allen wichtigern Merkmalen und besonders in der Färbung so gut
mit den von Steindachner beschriebenen Exemplaren überein, daß
zweifellos den seinerzeit von diesem Autor nach Stüliczka be-
nannten Formen wieder der Rang einer guten Art eingeräumt
w^erden muß.
Ph. st. ist vivipar; ich habe in mehreren ?? im Juli nahezu voll-
ständig ausgebildete Embryonen gefunden, die zweifellos in wenigen
Tagen zur AVeit gekommen wären, gleichzeitig neugeborene Junge ge-
sammelt, die in der Größe genau mit den Embryonen übereinstimmten.
32*
502
Erich Zugmayer
!
Maße.
Totallänge
136 mm
Schnauze — Anus
57
Kopflänge
17
Kehlfalte — Anus
40
Schwan zl an ge
79
Vordere Extremität
27
Hintere Extremität
42
I*Jtrtjiioce2}halHs tJieohahli Blyth,
42 Expl. aus West-Tibet und Ladak.
In Lebensweise, horizontaler und vertikaler Verbreitung stimmt
diese Form mit der vorgenannten iiberein. Meine Serie entspricht
in allen Punkten der Beschreibung von Günthek. Die „Plastrons"
sind ziemlich variabel und finden sich in beiden Geschlechtern. Wie
bei Fh. stolicshie fand ich auch hier fast ausgetragene Embryonen
zugleich mit frisch geborenen Jangen. auch noch im August.
Maße.
Totallänge
112 mm
Schnauze — Anus
54
Kopflänge
15
Kehlfalte — Anus
39
Schwanzlänge
58
Vordere Extremität
23
Hintere Extremität
37
Da sich unter meiner Serie zahlreiche vollerwachsene Stücke
finden, ist der Schluß zulässig, daß Fh. theobaldi im allgemeinen
kleiner ist als Ph. stolicd-ae, dabei aber verhältnismäßig längere
Extremitäten besitzt als diese von mir wieder neu aufgestellte Art.
■^o'
Phi'ifuocephalus theohaldi Bl. var, fovstjthi Blanf.
19 Expl. aus Ost-Turkestan.
Die mir vorliegenden Stücke lassen sich sowohl von Ph. tli. typ.
als auch von der Form wohl unterscheiden, die ich oben als Ph. stolicslme
beschrieben habe, in Übereinstimmung mit der Beschreibung im
britischen Katalog finde ich als Merkmale eine — manchmal sehr
Herpetologie von Zentral-Asien. 503
scliwache — Kielimg' der Scliiii)i)en auf den Beinen, ein spitzes Zu-
laufen des relativ lang-en Schwanzes und gering-e Größe der Schuppen
im allg-emeinen. besonders auf dem Hinterkoi)f.
Die Bauchseite ist bei den grüßten Exemplaren in einigen Fällen
einfai'big- g-elbweiß. Blanfokd's „faint blackish line" scheint mehr
den jugendlichen Individuen zuzukommen, wo sie sich bisweilen zu
deutlichen Plasti'ons verbreitet, doch kann sie auch bei erwachsenen
Tieren verhältnismäßig deutlich sein. Die Schwanzspitze ist in
beiden Geschlechtern unteiseits braun oder schwarz. Bei allen
Exemplaren ist die Doppelreihe von Flecken entlang dem Rücken
und zum Teil auch auf dem Schwanz sehr deutlich; 2 — 3 der letztem
können zu fast umgreifenden Ringeln werden. Im Leben ist die
ganze Unterseite beim S schön i'osig überflogen, doch verliert sich
diese Färbung in Alkohol schon nach wenigen Minuten, vermutlich
auch sonst nach dem Tod sehr bald.
Blaxford hat die Ansicht geäußert, ein Unterschied zwischen
seiner Varietät und der typischen Art könne darin liegen, daß
erstei-e ovipar sei. letztere vivipar. Meine Untersuchungen be-
stätigen diese Vermutung vollauf. Ich fand in ?? der var. fors)jtlii
im Mai und Juni wiederholt bis zu 6 sehr große Eier, aber ohne
erkennbaren Embrj'o; als ich Mitte Juni das betreffende Sammel-
gebiet verließ, waren noch keine Jungen des laufenden Jahres zu
finden gewesen. Die Eiablage dürfte demnach etwa Mitte Juni
stattfinden.
Maße.
mm
Totallänge
113
Schnauze — Anus
50
Kehlfalte— Anus
36
Kopflänge
14
Schwanzlänge
63
Vordere Extremität
23
Hintere Extremität
36
Daß die var. forsijthi, die in warmen und relativ nicht hoch-
gelegenen Gegenden vorkommt, ebenso wie Ph. axillaris eierlegend
ist, im Gegensatz zu den im Hochland lebenden Arten theobaldi.
stolicshn und der nächst besprochenen, die vivipar sind, erklärt sich,
wie das gleiche Verhalten unseres Alpensalamanders gegenüber den
andei'n Tritonen, durch klimatische Verhältnisse. Die Formen, die
in warmen Gebieten leben, können der Sonne das Ausbrüten ihrer
504 Erich Zügmayer,
Eier überlassen. Im tibetanischen Hochland, "vvo ich im Hochsommer
Nachtfröste bis zu — 15 ° C maß, wäre eine Entwicklung: der Eier
unmöglich, sobald diese frei abgelegt würden; dementsprechend
werden sie bis zur Lebensfähigkeit von der Mutter getragen. Leider
ist mir nicht bekannt, wie sich die in den Vorbergen gegen
Turkestan lebenden Ph. theohaldi verhalten ; vermutlich sind sie
ebenfalls vivipar. Sie sind jedoch dort selten, und ihr Vertreter ist
die vcir. forsyfhi, die eierlegend ist. Da die „Plastrons" junger
Tiere von var. forsijthi sich im Alter wieder verringern oder
ganz schwinden, ist zu schließen, daß die Varietät, wie zu er-
warten, genetisch von der Art abzuleiten ist. Da aber die
Varietät eierlegend ist, entsteht ein Widerspruch, denn die Vivi-
parität sollte ein sekundäres Merkmal sein, und dementsprechend
müßte man die Varietät als primär auffassen. Die Einwanderung
der Art hat sich jedoch gewiß von Süden, Kaschmir, Ladak
und Süd-Tibet, über das Plateau nach dem Kuenlün und dem
Tarim-Becken vollzogen, und so ist anzunehmen, daß die Formen,
die sich im Tarim-Becken ansiedelten, die Oviparität wieder an-
nahmen, als sie aus dem das Lebendgebären bedingenden kalten
Hochland wieder in wärmere Gebiete kamen. Es wäre interessant,
festzustellen, wie sich die im wärmern Kaschmir lebenden Ph. theo-
haldi verhalten; während meiner Reisezeit dort, im Oktober, war
leider keine Gelegenheit zu derartigen Beobachtungen.
Flivynocephalus erythrurtis n. sj),
7 Expl. vom Sagüs Kul, Nordwest-Tibet.
Diagnose: Colorc rubro-aurantiaco per totum corpus praevalente, cauda
'proporlloncdüer hreri, acute terndnata, distcditer infra et supra colore miniiy
eodem colore crnra et digiti ; squanns occipitcdihiis admodum ptarvis. Hab.
in montibus tihetanis septevitrionalibus.
Am nächsten steht die Form, die ich als neue Art vorschlage,
Ph. theohaldi, von dem sie sich jedoch durch die Färbung nnter-
scheiden läßt, ferner durch zwei Merkmale, die beide den Schwanz
betreffen und die mir bei der großen Konstanz der Schwanzbildung
und -färbung bei Ph. besonders wichtig erscheinen.
Erstens ist der Schwanz im Verhältnis zum Abstand Kehl-
falte— Anus sehr kurz. Meine 5 erwachsenen Exemplare zeigen
folgende Proportionen :
rierpetoloiiie vou Zentral-Asien. 505
Kelilfalte — Anus Schwanz Prop.
1.
?
34
mm
46
mm
1 : 1,36
-)
S
36
50
1 : 1.39
3.
S
38
51
1 : 1.35
4.
j-
o
41
56
1 : 1,36
5.
$
44
59
1 : 1,34
In keinem Fall also erreicht die Läng-e des Schwanzes auch
nur 1.4 der Distanz Kehlfalte— Anus, während sie bei Fh. theobakli
1,5 — 1,66, bei verwandten Formen sogar P/^ — 2 betragen kann.
Zweitens ist der Schwanz spitz zulaufend im Gegensatz zu Ph.
tlieobaJdi.
Als Anlaß zu meinem vorgeschlagenen Namen „erythrurns'''
diente mir die sehr auffallende und lebhafte Rötung der Schwanz-
spitze, und zwar sowohl ober- wie unterseits. Im gleichen Maß
sind die Kieferränder, die Nasenkuppe, die Augenlider sowie die
Beine und Finger zinnoberrot gefärbt. In der Gesamtfärbung herrscht
ein orangeroter Ton vor; die proximale Schwanzpartie ist ebenfalls
rötlich gefärbt, besonders auf der Unterseite. Vom Genick bis auf
die Schwanzmitte zieht sich eine undeutliche Doppelreihe von im
Leben blauschwarzen Flecken, die Schenkel sind grau marmoriert;
die Kehle ist rötlich-grau, die Plastrons auf Brust und Bauch
schwarz, die übrige Unterseite hell lachsfarbig. Das größte S zeigte
eine besonders prächtige Ausfärbuug, doch sind die Charaktere sonst
bei beiden Geschlechtern gleich.
Alle Schuppen sind glatt, die Vergrößerung derselben auf dem
Hinterkopfe ist fast unmerklich.
Ich traf diese Art nur in der Ebene des Sagils Kul, am Südfuß
des Passes Kisil Dawan oder Subaschi, in 4600—4700 m Seehöhe.
Der Boden war kiesig saudig, der Mageninlialt bestand meist aus
Grassamen mit nur wenig Insectenresten. Die Fundzeit war Ende
Juni; in beiden $? fand ich vorgeschrittene Embryonen; auch diese
Form ist also lebendgebärend oder ovovivipar.
Leche berichtet a. a. 0. über Phrjaiocephali der Ausbeute
V. Hedin's, die aus dem mehr nordöstlichen Tibet stammen; er stellt
sie zu Fh. tlieohaldi, bemerkt aber, daß 2 der Exemplare durch die
oben rote Farbe abweichen. Leider gibt er über die wichtige
Schvvanzfärbung nichts an; es ist wohl möglich, daß die beiden
Stücke auch darin mit meinen Exemplaren übereinstimmen.
506 Eiiicii Zügmayer,
Leche gibt als Fundorte Nord- und Zentral-Tibet an, sagt
jedoch nicht, aus welcher Gegend die beiden rötlichen Stücke
stammen; da ich die Form nur im nördlichsten Tibet antraf und
trotz beständigen Ausblickens nach ihr weder im südlichen West-
Tibet noch in Ladak, ist anzunehmen, daß sie auf den tibetanischen
Abhängen des Kuen Lün ihre Heimat hat.
Maße
des
größten
s
?
Totallänge
115 mm
119 mm
Kopflänge
15
16
Kehlfalte — Anus
44
44
Schwanz
56
59
Vordere Extremität
25
24
Hintere Extremität
37
36
Ampliibia.
Bnfonidae.
ßiffo viridis Laue.
35 Expl. aus Ost-Turkestan und Kaschmir.
8 Exemplare aus Kaschgar sind in der Grundfarbe hell grau-
braun und matt olivengrün gefleckt: 3 aus der Oase Jak^'u-Längär
sind olivenbraun und fast einfarbig, nur am Hinterende mit wenigen
sehr matten Flecken; 16 Stücke aus Khotan sind lebhaft gefärbt
und gezeiclmet, hellolive oder taubengrau mit zahlreichen braun-
grünen Flecken.
Die großen Entfernungen zwischen den einzelnen Oasen in Ost-
Turkestan dürften die aus Vorstehendem ersichtliche Bildung von
Lokalrassen sehr begünstigen.
Anfangs Juni fand ich in Khotan halbentwickelte Larven.
Bei Jugendformen sind die Augenwülste sehr klein im Verhält-
nis zu ihrem Abstand; auch die Ohrwülste nehmen erst im Alter
ihre normale verhältnismäßige Größe an.
Die 8 in Kaschgar im Oktober gesammelten Tiere sind alle
jung; das größte untei' ihnen hat die dunkelgrünen Flecken nahezu
zu Längsreihen vereinigt.
Herpetologie von Zeutral-Asien. 507
Ranidae.
Mana cijanophlyctis Schneid.
8 ?? von Kaschmir.
Mit geringfüg-igen Abweichungen von der typischen Färbung
und Zeichnung.
508 Erich Zugmaykr. Herpetologie von Zeutral-Asien.
Literaturverzeichnis.
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1906. NiKOLSKY, Herpetologia Rossica, in: Mem. Acad. Sc. St. Peters-
bourg, Vol. 17 (russisch).
Lippeit Ä Co. (G. Pätz'sche Buchdr.), Naumburg a. S.
Nachdruck verboten.
Ubersetsungsrecht vorbehallen.
Die Trichopteren des Kaukasus.
Von
Audreas 3Iartyiiow.
(Aus dem Laboratorium des Prof. Zograff an der Kais. Universität
Moskau.)
Mit Tafel 24-27 und 1 Abbildung im Text.
Da mir bekannt ist. ein wie gToßes Interesse das Studium der
Fauna des Kaukasus darbietet und wie wenig noch in dieser Hin-
sicht geschehen ist, scliloß ich mich gern der zoologisclien Expedition
an, welche vom „Studentenkreise zur Erforschung der Fauna Euß-
lands" im Sommer 1907 auf den Kaukasus entsandt wurde. Die
gegenwärtige Arbeit erscheint als Resultat der Bearbeitung der
Sammlungen dieser Expedition aus der Gruppe der Trichopteren,
denen ich während der Exkursion meine besondere Aufmerksamkeit
zuwandte. Ich entschloß mich, hier bei den von mir aufgezählten
Arten die S^'uonyme nicht aufzuführen, da man diese in der Mono-
graphie McLachlan's (am vollständigsten), bei Wallengeex (Skand.
Neuropteren 1891) und endlich bei S. ülmer (1907, in: „Genera
Insectorum") finden kann.
Ich halte es für eine angenehme Pflicht, dem „Studentenkreise
zur Erforschung der Fauna Rußlands'', der mir die mich inter-
essierende Sammlung überließ, dem Herrn Prof. N. J. Zograff, in
dessen Laboratorium ich arbeitete und der meinen Untersuchungen
viel Teilnahme entgegenbrachte, dem Herrn Prof G. A. Koshewnikow,
der mir liebenswürdig das ganze Museumsmaterial aus der Gruppe
der Trichopteren zur Verfügung stellte, sowie Herrn Georg Ulmer,
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 33
510 Andreas Martynow,
der mir freundlichst einig-e micli interessierende Formen zusandte,
meine Dankbarkeit auszusprechen.
Die frühesten Nachrichten über Tricliopteren des Kaukasus gibt
KoLENATi, der in den Jahren 1843 und 1844 eine Reise im Kaukasus
ausführte.^) In seinen ,.]\Ieletemata Entomologica" ^j erzählt er
übrigens nur von der Art des Sammeins der Trichopteren, liefert
aber keine Übersicht seiner Daten über die Trichopteren des
Kaukasus. Alle seine, übrigens nicht zahlreichen Angaben über die
Auffindung von Phi-yganiden im Kaukasus finden wir in einer großen
Arbeit „Genera et species Trichopterorum".-') Kolenati*) erwähnt
in ihr folgende ihm bekannte Arten vom Kaukasus:
1. Auaholia })hahtrnoi(]cs {Holosfomis phnlarnoides Linne) — in Caucaso
(potius Armenia), ad pagum Tscbaikent et lacum Sulli-ghöll mense
Junio (l, p. 82).
2. Trichostegia grandis {Phr. grandis Linne) — babitat Caucaso et Ar-
menia (1, p. 84).
3. Trirliostegia varia (Phr. varia F.) — Caucaso.
4. Chaetotaiilius rJiombicus (LimnopJiilKs rhonibicus Linne) ■ — • Caucaso
(1, p. 45).
5. Chaet. flavicornis {Liiirii. flavlcornis Fabr.) — Caucaso (1, p. 44).
6. Slathmophonis fiiscus KOL. (= Anaholia nervosa CuRT. -j- Anah.
soror McLach. -\- Anah. furcata Brauer) — Caucaso apud Stauro-
polin et iu Armenia (1, p. 61).
7. Uoniotanlhis griseiis (Lvun. grisen.s L.) — Caucaso, Circassia, Junio
(1, p. 53).
8. Slniophglax pantherinus PiCT. (= St. slrllaius CuRT. -|- *S'^. Inctuosus
Piller et Mitterpacher) — Caucaso (1, p. 67).
9. Hallesus digitatus [= H. digüatus Schrank {H. digitatus Kol. var. a)
-\- IL radiattis Curt. = //. dig/tatii.'^ Steph. (//. digitatus Kol.
rar. ß et fj] ■ — Caucaso (Octobr.), ad fluvium Tanain (1, p. 69).
10. Notidohia ciliaris Linne — Caucaso, ad fluvium Cubanium, in Circassia
ad fluvium Urup, Junio (1, p. 91).
11. Hijdronaiäia maculata Oliv. [^ Brachycentrus suhnubilus CuRT. {H.
7naculata Kol., excl. vars. a et ß) -\- Brach, sp.? (H. mactdata Koh.
var. C( et ß)] ■ — ■ Caucaso, in lacu alpino Ballochghöll, prope Elisabeth-
polin, Majo, Junio.
1) Meletemata Entomologica, auctore Dr. FrideriCO A. Kolenati,
Fase. 1—5, Petropoli 1845—1846.
2) Ibid., Fase. 5, p. 15 L
3) Genera et Species Trichopterorum, auct. F. A. Kolenati, pars
prior, Pragae 1848, pars altera, Moskau 1859.
4) Ibid., pars prior, p. 25 u. fi".
Die Trichopteren des Kaukasus. 511
12. SpatJi idopferyx copillata PiCT. [Gori-a pilosaF.] — Caucaso occidentali
et orientali, Juuio, Julio (1, p. 95).
13. Sclodes axiirea Linne [Mt/stacides azurca L.] — Caucaso, Junio (2,
p. 2G3).
14. jSHo mijiii/iis \Beraeodes ni'muia L.] — Caucaso, Armenia, Kai-abagh
(1, p. 101).
Wir fiiuleii also bei Kolenati den Hinweis auf die Beobachtung
Ton mindestens 14 Arten; bei einigen derselben sind freilich die
Angaben des Fundortes (Kaukasus) allzu unbestimmt. Einige Formen
muß man anzweifeln und von Anfang an StaihnopJiorns fuscw^ Kol,
ausschließen (eine ..Art", die von den spätem Autoren schon nicht
mehr erwähnt wird), da man darunter, nach McLachlan ^), 3 Arten
zu verstehen hat (Anab. nervosa, soror und furcata), und welche von
diesen auf dem Kaukasus gefunden wurde, bleibt ungewiß. Die
«rste kleine Übei'sicht über die Trichopteren-Fauna des Kaukasus
lieferte W. Uljanin.-) In seinem Verzeichnis der „Phrj'ganina", die auf
<lem Kaukasus gefunden wurden, zählt er 21 Formen auf. Es ge-
hören hierzu die Arten, die schon Kolenati erwähnte, sowie einige
für den Kaukasus neue, die meist unbestimmt waren.
1. LinniopMlus sitbcentralis Hag. — Kaukasus.
2. Strjiophijlax hieroglypldcvs Steph. [= -SV. cuncentricus Zett.] — Tiflis.
3. Halesus sjj. ? — Kaukasus.
4. Brachijcentrus .sp. ? — Kaukasus.
5. Aspatheriuin sj>,? — Kaukasus, Armenien [= Silo sp.].
•6. Glossosoma sp.? (fimbriata?) — Armenien (MoTSCHULSKY, $).
7. Rhyacophila sp. ? {torrcntiwn ?) — Armenien (Armenia, MotschüLSKY).
8. Hydropsyche sp. ? — Armenien.
9. (irammokmlius nilldus Müll. — Elisabethpol.
10. Mysiacides nigra — Kaukasus [? ohne Bezeichnung des Autors!].
In diesem Verzeichnis sind die schon früher bekannten Holo-
stomis phalenoides L. und Limnophüus flavicornis Fabr. ausgelassen,
und statt M. asureu L., die Kolenati erwähnt, steht, ungewiß warum
M. nigra, -^j In McLachlan's Monographie „Revision and Synopsis
1) McLachlan, Rev. and Syn. Europ. Fauna, p. 103 — 105.
2) W. Ul.tanin, Verzeichnis der Netz- und Greradflügler der Gouverne-
ments des Moskauer Lehrbezirks. Heraustfe"'. v. d. Gresell. der Freunde
•der Naturwissenschaften, Moskau 1869, p. 219 (russisch).
3) M. nigra PiCT. = axiirca L., oder M. nigra L. = nigra L. ?
38*
512 Andreas Martynow
of the Trichoptera of Europ. Fauna", 1874-1880, 1884, finden wir
nun Ergänzungen zur Fauna des Kaukasus, obwohl auch Lücken
vorhanden sind. So finden wir nicht den Fundort „Kaukasus" bei
der Beschreibung der Arten: Phrijganea [/randis L., P. varia F.,
Grammotaidms nitidus Müll.. Limn. rhomhicus L., L. suhcentrcdis Hag.
Es fehlt die Bezeiclinung ,.Kaukasus" auch bei der Beschreibung
von Halesus di(/itatus, da aber nach McLachlan ^) die Art digitaius-
KoLENATi 2 Arten umfaßt {H. radiaius Cuirr. und H. digitatus Schrk.),
so ist es in der Tat nicht gewiß, welche von beiden Arten auf dem
Kaukasus gefunden wurde.-) Dasselbe gilt auch für St. panthcrinus
PicT. •') Ferner werden aus unbekannten Gründen die Angaben
„Kaukasus" fortgelassen für die Arten : *SY. hieroglyphicus Steph.,
Bracinjcenirus submihilus Curt., Bcracodes miniiia L. und Mystacides
azurea L. Als neu für die Kaukasus-Fauna erweisen sich folgende
Formen : Gluphotaelius selysii McLachlan — Miugrelien (Th. Deyroth),
Limn. lunatus Curt. [$ in de Selts' CollectionJ, Limn. auricula Cüet.
— Miugrelien, Limn. pecuUaris McLachlan — Gouriel iS in de Selts^
Collection), Cerasma cornuta McLachlan — Gouriel (^ in de Selys'
Collection), Lifhax inccmus H. — Armenien (2 SS in Hagen's Samm-
lung); Brachycenirus adoxus McLachlan — Kaukasus (Hagen),.
Leptocerus hilineatus L. — Gouriel \2 iS — McLachlan hält sie
für zweifelhaft]. Für Glossosoma vernale Pict. (= G. fimhiata Steph.)
und lihyacophila torrentium Pict. (== lih. armeniaca Guerin) wird bei
McLachlan als Fundort „Armenien" (Motschulskt) angeführt und
zwar ohne Fragezeichen (vgl. bei Uljanin!).
Eine neue Übei'sicht über die Trichopteren Rußlands und des
Kaukasus insbesondere gibt uns Bianchi. *) Dieser Autor führt für
den Kaukasus 22 Arten auf, von denen 4 neu sind. ^)
Limnophilus horealis Zett.
L. elegans Curt,
L. politus McLachlan
L. nigriceps Zett.
1) McLachlan, Rev. aud Syn., p. 149, 150.
2) Nach Brauer (Neurop. Europas . . . üsterr., AYien 1876) Halesus
radiaius Curt.
3) McLachlan, Rev. and Syn., p. 3.
4) Lampert, Das Leben im Süßwasser, Ruß. Ausgabe Devriens^
1900, p. 209—224 (russisch).
5) Der genaue Fundort dieser Arten ist unbekannt.
Die Tricbopteien des Kaukasus. 513
Da früher bis 27 Arten bekannt waren oder, nacli Ausscliluß
dreier zweifelliafter Formen (Sfaih)itophon(s fitscus, Sioi. panfhorinus,
HaJcsus düjitafus) 24 Arten, so ist es klar, daß Bianchi's Liste nicht
ganz vollständig- ist. Er hat für den Kaukasns nicht anfgefülirt
Pliri)(jauca (jrandis L. , GrammotanUus nitidus ]\Iüll. , Linin. sub-
centraUs Hag., Mystacides azurea L.. Brachyceniriis siibnuhihts
CuRT.. Stenophylax hieroglyphicns SrEini.^) Bei Glossosoma steht in
Klammern: Gl. virnale Pict. [= „G. holioni Cui{T."(!j]. wähi'end Gl.
boltoni CuRT. gar nicht dasselbe ist wie Gl. vcrnale Pict. ;= G.
fimbnati Steph., für welche allein ]\rcLACHLAN den Fundort „Armenia"
anführt. Außer der Übersicht von Bianchi ist mir keine neue Er-
gänzung für die Kaukasus-Fauna bekannt, mit Ausnahme einer
neuen Art aus der Gattung Drusus — Drusus caucasicus Ui.mek — .
welche Ulmer nach 2 Si aus dem Berliner Museum beschrieben
hat (Kaukasus. Passanaur bis Lars. 8. — 11. 7. 1900. J. Karsch).-)
Somit wurden von den vorhin genannten Autoren vom Kaukasus
etwa 34 Arten aufgeführt, von denen als unbeschriebene Formen
nachbleiben :
Stathm. fuscus Kol.. G. et sp., Vol. 1. 61.
Stafhni. paniherinus Kol.. G. et sp., Vol. 1, (57.
Halesus difjifatus Kol.. G. et S]).. Vol. 1, 69.
Dann bedürfen der Revision die Angaben über das Vorkommen von
Lept. bilineatus L. ^), Myst. azurea L.. Brachycenirus subniibilus Gurt.
nnd Bmcliycentrus adoxus McLachlan auf dem Kaukasus.
Eine allgemeine Liste der Trichopteren, die vom Kaukasus be-
kannt sind, folgt weiter unten.
Bevor ich an die Beschreibung der von mir erwähnten Samm-
lung gehe, die 27 Arten aufzuweisen hat (ungerechnet die Unter-
1) Unter den Arten der Gattung LiuinophUits steht bei BiANCill
.auch „L. gri.seus L. (= L. stiyu/a CuRT.)^. Bei McLaCHLAN stimmt
die Synonymik der Arten L. griseus L. und L. sfiyu/n CuRT. (p. 85 bzw.
p. 57) in nichts überein, bei AVallengren (Skand. Neurop., Vol. 2, p. 44)
ist bei der Benennung ..L. yri^eusJj.^' ein Teil der Synonymik McLaCHLAn's
von L. sfif/»/a CuRT. gegeben. Infolge dieser Verwirrung ist es unklar,
■welche Art man eigentlich bei Bianchi zu verstehen hat, ob den wahren
L. yriseus L. oder L. .stiyina Gurt. Da bisher vom Kaukasus nur
L. gri.seus L. bekannt war, so werden wir eben auch diese Art im Auge
behalten.
2) In: Notes Leyden Mus., Vol. 29, p. 51.
3) Siehe S. 510.
514 Andreas Martynow,
arten), halte ich es nicht für überflüssig?, eine wenn anch nur kurze
Beschreibung- des Weges zu geben, auf dem gesammelt wurde. Die
Exkursion nahm am 12./25. Juni 1907 ihren Anfang, wo wir aus
Borshom nach Süden aufbrachen, und dauerte wenig länger als
2 A\'ochen, vom 12. — 30. Juni (25. Juni bis 12. Juli).
Aus der Stadt Borshom bis zur Stadt Achalkalaki im Gouverne-
ment Tiflis fuhren wir zuerst auf dem Flusse Kur, dann auf seinem
Nebenflüsse Taparawantschai. Auf dem Kur fing ich ausschließlich
Arten der Gattung Hydropsijchc. auf dem Taparowantschai gesellten
sich zu ihnen noch eine Art, Psijchomyia pusüla, die in zahlreichen
Exemplaren vorkam. Danach wurde von uns eine ganze Reihe Seen
besucht, der kleine Bergsee „Zunda". am Ufer des Kur, in der Nähe
der Stadt Achalkalaki, und eine Reihe kleiner und großer Seen,
die südlicher liegen, auf dem Plateau von Achalkalaki, Es sind
dieses alles eher große Sümpfe als Seen, die von den Ufern aus stark
verwaclisen und flach sind. Zu ihnen gehören der kleine See
Tschandura-gliöll, der See Chantschanly-ghöll (gegen 7 km lang), der
in einer Höhe von 6328 Fuß über dem Meere liegt, der See Aclimaz,.
der See Madatapin-ghöll, in einer Höhe von 6944 Fuß, der See
Arpaghöll, in einer Höhe von ()706 Fuß. Die Fauna der auf-
gezählten Seen erwies sich zu dieser Zeit als ziemlich arm und
einförmig. Hier traf ich besonders oft Ph. obsoleia McLach. (in
Massen an den größern Seen), Äg. pagetana Curt. (in großer Menge
zusammen mit P. obsoleta). Limn. vittatus F. allenthalben; andere
Limnophiliden [L. subcentralis, L. sfirjma, L. franscausicns n. sp., Colpo-
iaulius major n. sp.) traf ich in einzelnen Exemplaren. Der nächste
von uns besuchte See — Tschaldyr-ghöll (im Gebiete von Kars) —
liegt in einem Bergkessel, ist von Bergen umschlossen und recht
groß (bis 18 km lang). Die Trichopteren-Fauna der Ufer des Sees
wird durch die oben angeführten 3 Arten charakterisiert, aber dafür
ist die Zusammensetzung der Fauna an den umliegenden Gebirgs-
bächen eine ganz andere. Hier wurden gefunden: Äpotania suhtüis
n. sp. (zahlreich), Agapetus incertnlus McLachl. (?) (auch zahlreich),.
Acnmoeciella chaldyrensis n. g. n. sp. Am Flusse Tschaldyrka, ganz
an der Ausflußstelle desselben aus dem See, ebenso wie am Aus-
flusse des Flusses Bogdanowka, der aus dem See Chantschanly kommt,
stets in großer Individuenzahl, wurde die Art Triaenodcs reuten
McLachl. gefanden, die, nachdem der Lauf des Flusses schneller
wurde, allmählich verschwand, und statt ihrer traten dann Ps.
pusüla F., Arten der Gattung Ilydropsyche, Jlhyacophüa nubüa Zett.
Die Trichopteien des Kaukasus. 515
und andere auf. Formen, die für schnell strömende Flüsse cliarakte-
ristiscli sind. Die Abliängig:keit des Vorkommens einiger Arten von
den Lebensbedingungen (der Larven) und die Abgrenzung der
Stationen tritt liier sehr scharf zutage. ^) Wir können hiernach,
wenn auch nur annähernd, in dem von uns besuchten Gebiete
4 Stationen unterscheiden:
1. Die verwachsenen Ufergebiete der sumpfigen Seen (("harakter-
fui'men : Limn. rifUifus, F. obsoleta, A. payetuna).
2. Schnellströmende Flüsse {Psychomyia pusilla, Genus llydro-
psyche, Silo inherculatum n. sp.).
3. Gebirgsbäche (Äßapeius incertuhis (?), Apatania suhiilis n. sp.,
AcrunoecieUa chaldyrenis n. (/. n. sp.).
4. Ausflußstellen der Flüsse aus Seen (Triaenodes reuteri).
In der Sammlung, welche der „Studentenkreis" mitbrachte,
fanden sich, wie gesagt, etwa 21 Arten. In der kleinen Sammlung
(3 Arten) von Kawkaiski.t '-). der fast dieselben Örtlichkeiten im
Jahre 1901 besuchte, fand ich außerdem 1 Exemplar, das zu einer
neuen, von mir nicht gefundenen Art gehört. Im ganzen also
führe ich hier die Beschreibung einer Sammlung von 28 Arten
auf, von denen 24 Arten für die Kaukasus-Fauna als Neuigkeiten
erscheinen. ^)
Farn . Fhryganeidae.
Genus Phr!/f/((nea Lixxe.
Sp. 1. P/wf/f/Hiiea f/randis L.
1 S, See Madatapin-ghöll, Kreis Achalkalaki, Gouvernement
Tiflis, 21./6. 1907 (Mautynow).
1) Für die Vollständigkeit der Sammlung sehr wichtig, daher darf
man keine einzige Station auslassen.
2) Material des Zool. Museums der Universität Moskau.
3) Die für den Kaukasus neuen Formen sind mit einem * be-
zeichnet.
516 Andreas Martynow
Sp. 2*.i) Bh, ohsoleta McLach.
Viele SS und $$. An den Seen Chantschanly-gliöll, Madatapin-
gliüll, Kreis Achalkalaki. Gouvern. Tifiis. 19.— 21./6. 1907 (Maetyxow,
Baktenew, Teoizkij ), Chosapin-gliöll. 2H. 6. 1907 (Baktenew, Morosow).
und Tsclialdyr-ghüll, 24.— 2(3./6. 1907 (Martynow), Gebiet von Kars.
Bei einigen Exemplaren sind an den Seiten des Abdomens vom 2. bis
7. Seo-ment kleine an Kiemen erinnernde Büschel von Auswüchsen
zu bemerken. Ähnliche Bildungen sah ich schon früher bei Ph.
(jranäis!, Ph. striata und Limn. flavicornis aus dem Gouvernement
Moskau.
Genus Af/rijj)nia Cürt.
Sp. 3*. A, jf>«f/ef<^i<« CüRT.
Viele Je? und ??. Von den Seen Chantschanl}^ Madatapin, Achmas,
Chosapin, Tschaldyr, 19. — 26./6. 1907 (Martynow, Bartenew).
Fam. Limnoplnlidae.
Genus CoJxwtauUus Kol.
Sp. 4*. Colpotaulius major n, sjJ.
(Fig. 1, 2, 3, 4.)
Fuscus. Die Härchen der Brust und des Kopfes sind g-rau-
gelblich, zwischen ihnen stehen auf der Eückenseite des Kopfes, des
Pro- und Mesonotums läng-ere schwarze Haare. Antennae brunneo-
testaceae, hell geringelt ; das Basalglied bräunlich (fuscus). Abdomen
fuscus, von unten kaum heller, mit hellerm Seitenstreifen, Die
Abdomenglieder mit blassen Hinterrändern. Pedes testacei oder
gelblich; Coxae braun. Die Ränder des Femurs und der Tibia der
Vorderfüße der SS, die einander zugekehrt sind, sind schwarz (wie
bei C. incisus), da sie eine große Menge kleiner schwarzer Stacheln
bedeckt. Die Coxae der Vorderfüße sind heller als die der hintern.
Die Vorderflügel sind hinten nicht zugespitzt, sondern abgerundet,
gelblich-braun (testaceae). Die Plügelfransen (fringe) sind goldig.
1) Die für den Kaukasus neuen Formen sind mit * bezeichnet.
Die Trichoi)teren des Kaukasus. 517
Die Härchen oben sind goldig, unten, besonders am Apex, schwarz.
Die Adern sind brnnneo-testacei. Die Län.o-e der Discoidalzelle
koninit deren 8tiel gleich oder ist etwas größer (Fig. 4). Der Post-
costalraum ist dunkelbräunlich, der Costalraum durclisichtig. Der
Kadius ist leicht gebogen, jedoch mehr als bei C. incisiis; die Hub-
costa ist scharf zur Costalader hin gebogen. An den Adern kommen
dunklere Punkte vor, über denen sich schwarze Härchen erheben.
Die Hinterliügel sind fast durchsichtig. Der Raum zwischen
den Enden der Subcostalader und denen des Kadius ist bräunlicli.
Der Cubitus teilt sich etwas weiter hinter dem Beginne der Dis-
coidalzelle.
Beim S bildet das 9. Segment an den Seiten breite Lamellen,
die von oben schräg abgeschnitten sind (Fig. 3), Hire Hinterränder
sind, von hinten betrachtet, gleichmäßig und mit einzeln stehenden
dunklen Härchen besetzt (Fig. 1 u. 2). Weitei- von der Basis, näher
der Glitte, gehen die beschriebenen Teile des 9. Segments mehr oder
weniger vollständig in die untern Anhänge über, welche aber dennoch
mit ihren Enden frei hervorragen. Der gerade Hinterrand des
9. Segments bildet (von hinten) keine so deutlichen Einschnitte nach
innen wie bei C. incisus. Die Pedes genitales sind von den Seiten
wenig zu sehen und sind dicht mit Haaren besetzt. Von hinten sind
sie in ihrer ganzen Ausdehnung zu sehen, nähern sich einander an
der Basis und treten dann auseinander, indem sie einen breiten
ovalen Zwischenraum bilden, in welchem der Penis zu sehen ist.^)
Die hintern Innern Bänder und das freie abgerundete Ende sind
dicht mit dunklen Haaren bedeckt. Die Appendices praeanales
(superioi'es bei McLachlani sind breit, lappenartig, testacei, mit
dichten, langen, gelblichen Haaren besetzt. Der Hinterrand ist (von
der Seite gesehen) scharf ausgeschnitten, mehr als bei C. incisus. so
daß der Ausschnitt einen geraden, kaum gerundeten Winkel bildet.
Der Oberrand ist von oben leicht gewölbt. Die Appendices inter-
medii (McLachla.n's) schauen mit ihren zugespitzten Enden nacli
außen und verbreitern sich dann plötzlich zur l>asis und berühren
sich in ihrem mittlem Teil fast, vermittelst zweier fast quadrat-
förmiger Auswüchse (Fig. 2). Diese Auswüchse sind durch einen
kleinen Ausschnitt von einem zweiten ovalen Auswuchs im proxi-
malen Teil der Appendices intermedii getrennt. Der Penis bildet
1) Bei Cul. i)icis)ff; i^t der mittlere Teil der Pedes genitales von den
früher erwähnten Anhängen (Ausbuchtungen) des 9. Segments bedeckt.
518 Andreas Martynow,
einen breiten (testaceum) Lappen, der im Zwischenraum zwisclien
den App. inferiores liegt und sicli nach hinten verbreitert. Der
Hinterrand besitzt in der Mitte einen leichten Ausschnitt. An den
Seiten des Penis gehen 2 dünne Spinae, welche von der Basis des-
selben entspringen. Die Außeniänder der Basalteile der App. prae-
anales sind nach innen gebogen, und das hintere Ende der Biegung
bildet einen sclnvarzen Zahn, der nach dem Ende der dunkelbraunen
Intermedialanhänge hin gewandt ist (Fig. 1).
Länge des Körpers 10 mm.^;
$ unbekannt.
3 S6 vom See Arpa-ghüll, Ausfluß des Arpatschai-Flusses, Gebiet
von Kars, 22./6. 1907 (Martynow).
Genus GrainDiotiniJius Kol.
Sp. 5. Gr, nitidus (Müll.).
1 S vom See Madatapin-ghöU. 21./6. 1907 (Martyxow).
Länge 14 mm. Blaßgelb. Die Vorderflügel gelblich, mit zahl-
reichen schwärzlichen Spritzpunkten überall, außer dem Costalfeld;
im dorsalen Teil etwas größere Flecken.
Gen. TAninophilus Leach,
Sp. 6*. L. vittatiis F.
Viele SS und. ??. Von den Seen Tschandura-, Chantschanly-,
Arpa-, Tschaldyr-, Chosapin-ghöll , IG.— 26./7. 1907 (Maetynow,
Baetenew).
Sp. 7*. Li. Stif/liKf CüRT.
1 S vom See Tschandura-ghöll. 3 SS, 3 ?? vom See Arpa-ghöll,
22./6. 1907 (Martynow). Unterscheiden sich etwas durch die f^äi"bung.
Der mittlere Teil des Mesonotums und das ganze Abdomen, mit
Ausnahme der bräunlichen Seitenstreifen, ochracea. Die Enden und
Känder der Genitalanhänge der SS sind schwarz; die Flügel be-
1) Nach der Form der Genitalanliiinge nimmt C. major eine Mittel-
stellung zwischen C. incisus und einer neuen Art des Genus CoIpotauUus
ans Sibirien ein, die von mir noch nicht beschrieben ist.
Die Tricliopteren ilcs Kaukasus. 519
sitzen ein schwarz ausg-ebildetes Netz, ohne braunes Pterostigma
(das Pterostigma ist bei 1 c^ und 2 ?? ausgedrückt).
Sp. 8. X. stihrentrafis Bhauhr, N. A.
(^r= suhcentrcdis Hag., in: Stettin, entomol. Zeitg. 1858).
1 S, Madatapin-ghöll, 21,6. 1907 (^Fartynow). i)
Sp. 9*. L. trffiiscfmcasicus n. sp.
■ (Fig. 5, 6, 7, 8, 9.)
Steht dem L. bipunctatus Cuet. nahe. Der Kopf ist oben braun
(fuscus); die Warzen und das Pronotum gelb, das Mesonotum bi-aun,
mit gelblichen eingedrückten Streifchen. Metanotum und Abdomen
von oben braun. Die Härchen des Kopfes und der Brust schwarz
und gelb. Die Antennen gelblich oder ..fuscentes" mit gelben
Ringen. Die Palpen sind gelblich. Die Seitenstreifen und das Ende
des Abdomens sind blaß-.,ochracei"'. Die Vorderflügel sind schmaler
als bei L. Mpundatus, hinten scharf abgeschnitten und kurz (etwas
länger als der Körper); sie sind gleichförmig graulicli, mit schwarzen
Härchen, wie bei L. hipundaius und L. scaJenus. aber ohne Abzeichen,
nur in der untern Hälfte kann eine bräunliche Trübung mit hj'alinen
Einschlüssen vorkommen. Anostomosal- wie Fensterfleck fehlen.
Ein wirkliches Pterostigma fehlt, und nur ein trüber Flecken ist
vorhanden. Die Adern sind „testaceae", die Aderung wie bei L.
bipunctatus Cürt. Die Hinterflügel sind hellgraulich, nach den Enden
hin etwas dunkler. Der Cubitus teilt sich in der Höhe des ersten
Drittels vom Beginne der Discoidalzelle.
S. App. praeanales sind von der Seite in Gestalt kleiner ovaler
Anhänge zu sehen (Fig. 6); von oben treten sie nur wenig über die
Ränder des 9. Segments hervor; im Unterschiede von L. bipunctatus
ist die Biegung des untern Teiles derselben nach innen fast nicht
zu bemerken. Die App. intermedii McLachlan's sind wie bei L.
bipunctatus, aber kürzer, schmaler, und die Unebenheiten ihrer Ober-
fläche sind sehr schwach ausgeprägt. Von oben sind sie regelmäßig,
nähern sich einander zur Basis hin, und treten dann auseinander;
ihre Enden sind etwas seitwärts ausgezogen und nach oben gebogen
(Fig. 5 u. 6). Die Farbe ist schwarz. Die Pedes genitales erscheinen
von den Seiten in Form von ovalen, mit schwarzen Haaren besetzten
1) In der Sammlung von W. Ul.TANIX, die im lluseum der Universitcät
Moskau aufbewahrt wird, befmdet sich 1 5 mit der Siguierung „Kaukasus".
520 Andreas ]\Iaktyno\v,
Auswüchsen, mit einem kleinen Höckerchen im hintern, obern "Winkel
(Fig. 6). Der Penis und die Titillatores sind an unsern Exemplaren
fast nicht zu seh(»n; die Titillatores sind dünner ahhei L. scalenus.'^)
$ (Fig-. 7, 8. 9). Das 9. Segment bildet oben ein breites, kurzes
Dreieck, das am Ende so abgeschnitten ist, daß ein kleiner Aus-
schnitt entsteht. Aus der Basis des 9. Segments treten Anhänge
hervor, die vollkommen ihrer T^age nach an die App. praeanales des
Männchens erinnern ; sie sind kurz, etwas verbreitert und ein wenig
seitwärts gebogen (Fig. 7). Von der Seite sind sie ziemlich breit
an der Basis und verschmälern sich rasch nach hinten (Fig. 9). Die
Seitenteile des 9. Segments bilden Lappen von dreieckiger Form
mit fast gei-adem hintern obern Winkel. Das „tubulär piece"
McL.\chlan's (Teile des 10. Segments) ist sehr kurz; von oben ist
nur das Ende seines obern Teils zu sehen; sein Hinterrand hat
in der Mitte einen Ausschnitt (Fig. 7 u. 8); unten ist der obere
Teil der „tube" (Fig. 8 sup. t) dreieckig und wiederholt die Form
des 9. Dorsalsegments. Der untere Teil der „tube" (Fig. 8, inf. t)
erscheint in Gestalt einer querausgedehnten Platte mit abgerundetem,
gewölbtem Hinterrand. Von der Seite ist der obere Teil des
..tubulär piece" viel weniger nach hinten gezogen (auf der Abbildung
nicht sichtbar) als bei L. hipunctatus. Die Subgenitalplatte ist hinten
abgeschnitten; die Seitenlappen besitzen einen hintern Innern Winkel,
der in Form eines kleinen Zahnes ausgezogen ist.
Länge des Körpers 12 — 13 mm.
4 c-^cT. 1 V- See Madatapin-ghöll, Kreis Achalkalaki, Gouverne-
ment Tiflis, 21./6. 1907 (Martynow).
Wenden wir uns einem Vergleich der eben beschriebenen Art
mit L. hipunctatus Gurt, und L. scaJenns Wall, zu, so finden wir,
daß beim Männchen die Pedes genitales, besonders aber das 9. Seg-
ment sehr ähnlich gebildet sind wie bei L. bipundatus (und L. scaJenus).
Unterschiede sind in den obern Anhängseln zu bemei'ken, die bei
unsei'er Art stets viel kleiner und einfacher gebaut sind, und be-
sonders an den mittlem Anhängen , denn jene eigentümlichen Bil-
dungen fehlen, die die Arten hipunctatus und scalenus so sehr von
den übrigen Limnophilus- Alien unterscheiden: die bedeutende Größe
1) Ich hatte noch nicht die ]\[öglichkeit, einen genauen Vergleich
mit L. hipunctatus vorzunehmen, da es mir au ilaterial für diese Art
fehlte.
Die Trichopteren des Kaukasus.
521
und die Unebenheit der Oberfläche. In dieser Bezielmng- stellt L.
transcaucasicus näher L. bipimctatus als L. scnlemis. ^)
Das Weibchen weist vielleicht größere Unterschiede auf. Das
9. Seg-ment ist bei unserer Art kürzer und am Ende ausg-eschnitten;
die Anhäng-e des 10. Segments sind bedeutend kürzer und dicker
als bei den eben genannten Arten. -') Die ,.tube" unterscheidet sich
besonders auffallend: der obere Teil ist kurz und tritt fast gar
nicht über den Rand des 9. Segments hinaus, ist breit, während
dieses bei scakrms eine lange und dünne Bildung- vorstellt; der
untere Teilist breit und nicht di-eieckig, wie bei L. Upnndatm und
L. scalenus. Wir können die Beziehungen unserer Art zu L. hi-
imnctatus und L. scalenus (hinsichtlich des Baues der Genital anhänge
des Männchens) wie in Textflg-. A darstellen:
App. prae-
aiiales :
App.iuter-
medii von
der Seite
und von
oben :
App.prae-
anales und
das 9. Seg-
ment von
oben :
L. transcaucasicus
^
L. bipuncfatus
L. scalenus
Fig. A.
Hier erkennen wir eine fortlaufende Reihe von Veränderungen
in der Form und Größe der obern und mittlem Anhänge, wobei
L. hipundatus in der Mitte steht. Leider kann ich keine ähnliche
Abbildung für die Weibchen geben, da ich kein Weibchen von L.
hipundatus zur Verfügung hatte.
Da die obern und mittlem Anhänge bei L. transcaucasicus nach
Form und Größe dem Typus angehören, der im Genus LininopMlus
1) Bei dem von mir untersuchten S von S. scalenus haben die Inter-
medialanhänge eine höckerige Oberfläche ! (was noch nicht veröffentlicht ist).
2) Ich hatte ein $ von L. scalenus vor mir von der Halbinsel Kanin
(Resultate noch nicht veröffentlicht).
522 Andreas Martynow,
und so^ar in der Subfamilie Limnopliilini vorherrscht und da diese
Anhänge bei L. hipundatus und noch mehr bei seinem nördlichen
Vertreter, />. scalenus, eher eine Abweichung vom Typus darstellen,
so kann man wohl unsere Art als primitivere ansehen, die als Aus-
gangspunkt für die Art L. hipundatus und durch diese, durch w^eitere
Entwicklung der Abweichungen, auch für die Art L. scalenus diente.
Genus ApaUinUi Kol.
Sp. 10*. A. Huhtilis n. sp.
Braun. Coxae und Femora dunkelbraun, Tibiae und Tarsi testacei.
Antennae fuscentes, mit undeutlichen hellen Eingen. Das 1. Glied
vorn ochraceum. Abdomen braun, der üorsalteil dunkler als die
Bauchseite. Die Seitenstreifen blaß.
Die Vorderflügel: das Gebiet des Pterostigmas ist groß, dunkel
und köi'uig. Die Seite des Kadius. die dem Pterostigma zugewandt
ist, und auch weiter, hinter der Querader zum Subcostalfeld hin, ist
mit kleinen, schwarzen Härchen besetzt. Die 1. Apicalzelle variiert;
bald ist sie gestielt, bald ohne Stiel ; die 3. Gabelung ist immer ge-
stielt; die Discoidalzelle ist %mal so lang wae ihr Stiel. Die übrige
Aderung ist wie bei A. ivallengreni McLachl. Beim ? ist das Ge-
biet des Pterostigmas kleiner, und die schwarzen Härchen fehlen.
An den Hinterflügeln, die im allgemeinen mit dem übereinstimmen,
was wir bei A. ivallengreni finden ^), muß bemerkt werden, daß beim
$ die 1. Apicalzelle fehlt (Fig. 16j.
S. Das 9. Segment ist von ol)en regelmäßig. Die Appendices
praeanales fehlen. Die App. intermedii McLachlan's (Teile des
10. Segments, Fig. 1^ —11 app. int) erinnern sehr an dieselben An-
hänge bei A. wallengreni McLachlan und A. crymophila McLachlan,
indem sie eine Mittelstellung zwischen diesen beiden Arten ein-
nehmen; oben sind sie dünn, mit unebenem innerem Rande, der mit
Haaren besetzt ist, von der Seite relativ breit, und sie erweitern
sich vor dem Ende noch mehr, jedoch ist diese Erweiterung be-
deutend schwächer als bei A. crymophila. Der mittlere Teil des
10. Segments (median process McLachlan's, m. pr Fig. 10, 11) ist
w'ie bei A. ivallengreni, offensichtlich doppelt und besteht aus 2 an
der Basis zusammengeflossenen Plättchen, die mit ihren Basalpartien
1) Fig. 15 ist nach einem J augefertigt, das eine Anomalie der
Hinterflügel besitzt, indem es eine lange geschlossene Discoidalzelle besitzt.
Die Trichopteren des Kaukasus. 523
in die äußern Auswüchse des 10. Segments übergelien {a2)p. interm).
An der Seite sind sie etwas nach unten gebogen und das Ende
nacli oben gewandt, wie bei A. tcalJenr/reni und A. crymopMla, aber
in der proximalen Hälfte sind sie bedeutend verbreitert. Die Farbe
des 10. Segments ist braun. Die Pedes genitales sind ebenfalls so
gebaut wie bei den genannten Arten, aber das 1. Glied ist nicht
an der Basis verschmälert, und das 2. ist relativ dünn, oben an der
Basis verbreitert und am Ende zugespitzt. Das 1. Glied ist testaceum,
mit brauner ffuseus) oberer äußerer Seite und braunem Saume am
Ende; das 2. Glied ist dunkelgelblich mit zarten hellen Härchen.
Die Härchen, die auf der untern äußern Seite und am Ende des
1. Gliedes (in der nicht pigmentierten Partie) sitzen, sind lang, dick,
testacei. Die Anhänge der Penistasche (..penis sheatlis" McLachlan's)
bilden 2 lange, dunkle, nach innen gebogene Spinae.
? (Fig. 12, 13, 14). Die (4enitalanhänge des $ sind fuscentes
oder dunkel-ochracei mit braunen Flecken. Das 9. Segment ist von
oben schmal und mit dem 10. Segment verwachsen, von den Seiten
aber läßt er in der obern Hälfte einen unregelmäßig-ovalen Aus-
wuchs nach hiuten vortreten. Die bräunliche Färbung des dorsalen
Teiles geht teils auch auf die obern ovalen Seitenauswüchse über.
Niedriger als die erwähnten Auswüchse des 9. Segments sieht man
von der Seite die obern Hälften besonderer, zarter, mit Härchen
bedeckter Plättchen, in Form dreieckiger, nach hinten gerichteter
Auswüchse, die sich nach unten fortsetzen und mit den proximalen
Teilen des 9. Segments sich vereinigen, von welchen sie nur durch
eingedrückte Rinnen getrennt sind il. inf der Abb.). Von oben er-
schienen diese Plättchen in Form kleiner, rundlicher Läppchen
(Fig. 12). Die Seitenteile des 9. Segments verschmälern sich auf
der Bauchseite und werden farblos. Der Oberteil des 10. Segments
(„tubulär piece" McLachlan's) bildet eine der Länge nach in der
Mitte gebogene Platte mit dachartig an den Seiten herabsteigenden
Rändern. Bei Betraclitung von oben (und unten) hat es das Aus-
sehen, als ob es verlängert wäre, mit fast parallelen Seitenrändern,
wie ein am Ende leicht ausgeschnittenes Plättchen (F'ig. 12, 14).
An der Seite erweitert sich die „tube"' nach hinten und ist am Ende
durch einen rundlich-di-eieckigen Ausschnitt in einen großen obern
Lappen von unregelmäßig-ovaler Form und einen kleinern untern
geteilt. Der letztere sieht wie ein abgerundet-dreieckiger Auswuchs
aus. Die Farbe der ..tube" ist bräunlich mit gelblichen Härchen.
Die untere Partie des 10. Segments, welche unter das „tubulär piece"
524 Andreas Martynow,
i'eicht, bildet eine breite Platte mit gewölbtem ovalem Hinterrande
{Fig. 14 mf. 10). Die Subsenitalplatte erweitert sich etwas nach
hinten; an der Seite ist ihr Ende ebenfalls erweitert.
Körperläntje 4 — 5 mm,
SS uttd ??. Gebirgsbäche am Ostnfer des Sees Tschaldyr-g-höll,
24.— 25./6. 1907 (Martynow).
2 SS vom See Tabiszchuri, Kreis Achalkalaki. Gouvernement
Tiflis, 1901 (Kawraiski).
Nach den Geschlechtsmerkmalen unterscheidet sich das Weibchen
unserer Art mehr von Ajh nallengreni und A^. crymophüa ') als das
Männchen, was überhaupt für die Apaianiidae charakteristisch ist.
Von Ap. icallemjreni unterscheidet es sich am meisten durch die
Form des 10. Segments. Im allgemeinen nimmt Ap. suhtiUs n. sp.
bis zu einem gewissen Grade eine Mittelstellung zwischen Ap. ivallen-
greni und Ap. crymophüa ein.
Fam. Sericostomcäidae.
Subfam. Goerinae Ulmer.
Genus Silo Gurt.
Sp. 11*. S, tubercrdatuin n, sp.
(Fig. 17-20.)
Fuscum. Antennae fuscae. Die Basis der Glieder sind von
einem schmalen schwarzen Ringe umsäumt und die Enden der
Glieder sind hell, wodurch eine geringelte Zeichnung der Antennen
zustande kommt. Der Kopf ist mit undicht stehenden schwärzlichen
Haaren bedeckt. Die Palpi maxillares tragen verdickte Haar-
schüppchen. Das Abdomen ist dunkelbi-aun oder dunkel-testaceum
mit blassen Seitenstreifen. Die Füße sind dunkel-testacei; die
Femora der Vorderfüße sind von außen fuscentes; die Coxae dunkel-
braun.
Die Flügel sind braun mit schwärzlichen Härchen (Fig. 20).
Die Vorder flügel. Der 1. Apicalsector zweigt sich in der
Entfernung eines Dritteiles von der Basis der Discoidalzelle (wie
bei S. nüjrkornis) ab. Die 3. Gabelung besitzt einen kurzen Fuß;
alles Übrige siehe auf der Abbildung.
1) Nach noch nicht veröfFentlichtem Material.
Die Trichopteren des Kaukasus. 525
Die Hinterflügel. Die Faltentasclie nimmt keinen großen
Raum ein ; indem sie bei der Discoidalzelle beginnt, geht sie in das
Gebiet der 2. Apicalzelle und endet, ohne das Ende derselben zu
erreichen. An den Seiten finden sich gebogene schwarze Härchen,
besonders in der ersten Hälfte der Faltentasche. Genau genommen
gibt es keine eigentliche Falte. Die dunklere Färbung der von ihr
eingenommenen Partie ist durch die Erweiterung der beiden Adern
der 2. Apicalzelle bedingt, die in der Mitte fast zusammenfließen;
in der mittlem Partie sitzen zahlreiche, kleine, schwarze DiJrnchen.
Auf den Adern befinden sich zerstreut schwarze Härchen, die bald
verlängert und gebogen, bald als keine Dürnchen erscheinen. Im
Gebiete der Discoidalzelle laufen die Adern etwas unregelmäßig,
einander genähert, aber eine Obliteration der Adern fehlt. Zwischen
der 2. und 3. Analzelle befindet sich eine Falte, die aber keine ge-
bogenen, krummen Härchen aufweist und nicht mit schwarzen
Haaren ausgefüllt ist.
S (Fig. 17, 18, 19). Der mittlere Dorsallappen („penis cover-'
McLachlan's) ist kurz und oben breit, von brauner oder sogar
schwarzer Farbe, mit wenigen Haaren. Die stabförmigen Appendices
praeanales sind ebenfalls kurz, hinten abgerundet, mit dünnstehender
Behaarung, von schwarzer Farbe. Die Partien des 10. Segments
(„interm. appendages"' McLachlan's) sind dunkelbraun; diese Anhänge
sind an der Basis breit und dann in lange, etwas nach unten ge-
bogene Auswüchse ausgezogen, deren Enden, von oben betrachtet,
verdickt erscheinen, in Form von Köpfchen, und nach innen gewandt
sind, einander entgegen. Nur der mittlere, vortretende Teil der er-
weiterten Hälfte der Anhänge ist schwarz, die innere Erweiterung
aber und die Außenseite des proximalen Teiles der Anhänge sind
bedeutend heller, testacea. Die Pedes genitales sind 2gliedrig. Die
1. Glieder sind sehr kurz, breit und an der Basis einander genähert; die
2. Glieder, wie gewöhnlich, aus 2 Lappen bestehend. Der untere
(innere) Lappen ist gerade und am Ende in einen kleinen Fortsatz
ausgezogen, der leicht nach oben und außen gebogen ist. Der äußere
und obere Zweig ist kürzer als der erste und trägt am untern und
äußern Rande einige vortretende Zähnchen. Der Penis ist am Ende
gerundet (an unsern Exemplaren schwach zu sehen).
Das 6. Yentralsegment besitzt einen großen Zahn.
Körperlänge 5 — 6,2 mm.
Weibchen unbekannt.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 34
526 Andreas Martynow,
3 6S, Tal des Flusses Tschaldyrka, beim Dorf Greiiaderskoje,
Gebiet von Kars, 28./6. 1907 (Mahtyxow).
In der Sammlung des Zoologischen Museums der Universität
Moskau befindet sich noch 1 S dieser Art, von ungewisser Provenienz.
Nach den Genitalanhängen der SS nähert sich diese Art am meisten
Silo meditcrraneum McLachlan.
Genus LitJtacodes n. g.
Ahnlicli dem Liihax McLachlan, doch ist beim c^ die Basal-
hälfte der 3. Analader des Hinterflügels eingedrückt und bildet den
Boden einer Falte ^) (Fig. 24). Von beiden Seiten derselben und
ebenso im Felde zwischen der 3. und 4, Analader sitzen dichte,
kurze, verdickte, schwarze Härchen, in Form von Schüppchen, aber
es fehlen hier gänzlich jene langen, gebogenen Haare, die für das
Genus Silo-) charakteristisch sind; ferner fehlen die Erweiterung
der Adern, die Veränderung und noch mehr die Obliteration der
Aderung. Auf dem Hinterflügel des S finden sich noch zahlreiche
Schüppchen. Beim $ fehlen an den Hinterflügeln sowohl die Falten-
tasche an der 3. Analader wie auch die Schüppchen.
Dieser Genus umfaßt nur eine kvi:
Sp. 12. Zi. ineanus Hag.
Lithax incanw.s- Hagen, in: Stettin, entomol. Ztg.,. Vol. 20, p. 148 (1859),
(Armenien).
L. ineanus McLachlan, Eev. and Syn. Trieb., Suppl., Part 2, p. 51,
tab. 56 (1880), (2 SS)-
Die Eigentümlichkeiten der Hinterflügel des Männchens, die
McLachlan entgangen w^aren, wurden schon bei der Aufzählung der
Genusmerkmale hervorgehoben. Zu McLachlan's Beschreibung der
Genitalanhänge der Männchen wollen war Folgendes hinzufügen
(Fig. 21): der untere Lappen der in der Basalpartie sehr breiten
Pedes genitales ist dünn und am Ende leicht in die Höhe gebogen;
der obere Lappen ist von der Seite breit und am Ende noch nach
unten erweitert. Die obere Hälfte des Seitenteils des 9. Segments
bildet einen sehr bemerkbaren Zahn nach hinten.
1) Diese Falte ist offenbar nicht der für Silo gewöhnlichen Falten-
tascbe homolog, sondern einer andern Falte, die weder gebogene noch
gewöhnliche schwarze Haare besitzt und ungefähr an derselben Stelle
(zwischen der 2. und 3. Analader) bei Silo tiibercidatiim n. sp. sich findet.
2) "Wie z. B. bei »S. tuberculatuni n. sjk
Die Triclioptereii des Kaukasus. 527
? (Fig-. 22, 23, 24). An den Hinterflügeln des ? felilen, wie
gesagt, sowolil die Scliiippclien als anch die Falten im Analfelde (an
der 3. Ader, Fig. 24a, ? r. p).
Am 6. Ventralsegment ist nicht ein großer, sondern 2 kurze,
dicke Zähne, die s^-mmetrisch angeordnet sind. Das 9. Segment ver-
schmälert sich oben nach hinten und geht dann ein dreieckiger Teil
(die intersegmentale Membran), der die Basen der Seitenteile des
10. Segments (McLachlan's „lobes") verbindet, die in Form von
2 parallelrandigen Platten nach hinten gerichtet sind und ein wenig
auseiuandertreten. An den Enden sind sie fast gerade abgeschnitten.
An den Seiten sind diese Teile breit und am Ende abgerundet. Die
untere Hälfte des 9. Segments tritt seitwärts nach hinten vor in
Form eines abgerundeten Lappens.
4 c^d^, 1 $. Schlucht des Flusses Kur, beim Dorf Tumurdo in
der Nähe von Achalkalaki. Gouvernement Tiflis, 15./6. 1907 (Mak-
TYNOW).
5 Exemplare der eben beschriebenen Art rechne icli ohne Be-
denken zur Art incanus, die von Hagen aufgestellt wurde und von
McLachlan beschrieben ist, aber das Vorhandensein einer besondern
Faltentasche, welche ich an der 3. Analader fand (auf den Hinter-
flügeln), zwingt mich, diese Form aus der Gattung Lithax McLachlan's
auszuscheiden. McLachlan hatte diese Tasche nicht bemerkt, wohl
infolge schlechter Konservierung der 2 ihm zu Gebote stehenden
trocknen Exemplare.^)
Das Vorhandensein einer Faltentasche an den Hinterflügeln
spricht scheinbar für die Zugehörigkeit unserer Art zur Gattung
Süo^ aber die Lage der Tasche bei L. incanus ist eine andere als
bei der Gattung Silo, und wie schon früher gesagt, ist die Tasche
bei der beschriebenen Art eher der 2. Falte ohne besondere
Haare bei Silo tuherculatum n. sp. homolog, welche sich im 3.
Analfelde befindet. Ferner spricht sowohl das Fehlen gekrümmter
Härchen an der Falte als auch das Vorhandensein von Schuppen
an den Hinterflügeln der SS für die Notwendigkeit, diese Form in
ein besonderes Genus auszuscheiden.
Das Weibchen war früher nicht bekannt und ist von mir zuerst
beschrieben worden.
1) Das gibt selbst McLachlan zu: „The typus are not in a condition
to enable me to give figures of the nervation."
34*
528 Andreas Martynow,
Subfani. Lepidostomatinae Ulmee.
Genus AcrunoecieUa n. (/.
Sehr ähnlich dem Genus Acrimoecia Ulmek. Zalil der Sporen
2, 4, 4. Das Basalglied der Antennen so lang wie das Abdomen,
mit langen, zahlreichen, abstehenden Härchen bedeckt. Die Palpi
maxillares 2gliedrig; das 1. Glied ist lang, das 2. kurz; sie sind
mit verdickten Haaren bedeckt. Flügel wie bei Acrimoecia. mit der
Ausnahme, daß im hintern Teil der Vorderflügel des S die Aderung
eine regelmäßigere ist (Fig. 28 u. 29): der Cubitus bildet eine
5. Gabelung (Apicalgabel), die bei Acrimoecia fehlt, und hier fehlt
deshalb jene rundliche Zelle, die bei Acrimoecia vorhanden ist. Die
Genitalanhänge sind ähnlich gebaut wie bei Acrimoecia Ulmfr und
Dinarthrum McLachlan.
Sp. 13''. A. cliaJiJfjrensis h. sjj.
(Fig. 25—29.)
Braun. Die Antennen sind ebenfalls braun mit gelber Ring-
zeichnung, heller zu dem Ende hin. Palpi maxillares testacei; die
Härchen sind von oben bräunlich, lang, von unten und von den
Seiten blaß. Palpi labiales testacei; die Härchen blaß. Die Füße
sind dunkel-testacei. Das Abdomen fuscum ; die Seitenstreifen blaß.
Die Vorderflügel sind graubräunlich mit gelblichen Härchen. Die
Hinterflügel sind blaß. Die Aderung und die Faltentasche der
Vorderflügel wie bei Acrimoecia parvula McLachlan, mit Ausnahme
der Eigentümlichkeit an den Vorderflügeln , die schon bei der
der Charakteristik des Genus hervorgehoben wurde.
S (Fig. 25 — 27). Das 9. Segment ist oben dreieckig nach hinten
ausgezogen, und unter ihm treten Teile des 10. Segments hervor.
Das letztere ist oben in der Mitte in 2 Hälften geteilt (wie bei
Dinarthrum pur/nax McLachlan). Jede derselben besteht aus einer
Innern und einer äußern Ausbuchtung. Die innere Ausbuchtung ist
oben mit langen Haaren bedeckt und scharf nach unten gebogen.
Die äußere Ausbuchtung ist oben breit, hinten abgerundet und
lang, von der Seite aber erscheint sie in Form eines schmalen Drei-
ecks, das mit der Spitze nach rückwärts gewandt ist. Die Pedes
genitales sind undeutlich 2gliedrig: das 1. Glied ist lang und dick,
ähnlich wie bei Acrunoccia, und hat im distalen, glatten, auswuchs-
losen Teil einige lange und dicke Borsten; das 2. Glied hat die
Die Trichopteren des Kaukasus. 529
Form einer Platte, die verbreiteit ist und am Ende leicht aus-
g-eschnitten, wobei ihre obere dreieckige Ausbuchtung nach innen ge-
bogen erscheint. Der Penis ist nicht groß, verbreitert sich am Ende
und erscheint von unten wie 2 nebeneinander stehende Scheiben.
Neben ihm befinden sich 2 schmale zugespitzte Plättchen (penis
sheaths), die beide nach rechts gebogen sind; von ihnen ist die
äußere größer als die innere.
? unbekannt.
Länge 5 mm.
4 SS, Gebirgsbach am Ostufer des Sees Tschaldyr-ghöll, 27./6.
1907 (Martynow). 1 (J, Sclilucht des Flusses Kur, beim Dorfe
Tumurdo. in der Nähe von Achalkalaki, 17.6. 1907 (Martynow).
In bezug auf die Kopfanhänge steht das c^ von jlcrimoeciella
chcdchjrensis n. sp. eher näher der Gattung Dinarthriim als Acrunoecia
parvula McLchlan. Als gemeinsame Merkmale für Diuarthrum (D.
pugnax McLachlan und besonders D. inerme McLachlak) und unsere
Form erscheinen folgende: der Bau des 10. Segments (seine Zwei-
teilung, Avobei die Innern Ausbuchtungen nach unten gebogen sind,
die äußern aber dreieckig nach hinten ausgezogen erscheinen);
die Zweigliedrigkeit des Pedes genitales (scharf ausgeprägt bei
Dinarthrum): die ähnliche Asj'mmetrie in den Anhängen der Penis-
basis („penis sheaths" McLachlan's). Mit Dinarthrum inerme
McLachlan stimmt unsere Form noch überein: a) in dem Fehlen
des äußern Auswuchses des 1. Gliedes der Pedes genitales (bei D.
pugnax existiert ein ziemlich langer Auswuchs) und b) im Bau des
1. Gliedes der Antennen (ohne Auswüchse).
Wie schon früher gesagt, gleicht A. chalclyrensis n. sp. in der
Aderung der Flügel sehr der Acrunoecia parvula McLachlan und
unterscheidet sich von letzterer Art nur (beim S) durch das Vor-
handensein einer 5. Gabelung an den vordem Flügeln, was als
Merkmal relativer Primitivität der beschriebenen Art erscheint, da
wir das Fehlen einer 5. Gabelung (beim S) bei Acrunoecia^ Dinarthrum
und bei den ihnen nahestehenden Dinarthrella Ulmer und Dinarthrocles
Ulmer (außer D. armata Ulmer) als spätem Verlust derselben an-
sehen müssen, infolge der Spezialisierung der Aderung. Andrerseits
verbinden die Eigentümlichkeiten im Bau der Genitalanhänge beim
S von A. chaUlyrensis n. sp. durch D. inerme Mc;Lachlan, bei dem
wie bei Acrunoeciella (und Acrunoecia) das Basalglied der Antennen
der Auswüchse ermangelt, dasselbe mit dem Genus Dinarthrum
McLachlan und den ihm nahestehenden {Dirmrthrella und Dinar-
530 Andreas Martynow,
throdes). Somit sprechen die oben ang-eführten Merkmale dafür, daß
wir in unserer Art eine Form besitzen, die Äcrmioecia sehr nahe
steht und o-leichzeitig relativ primitiv ist, eine altertümliche Form,
die sich nicht weit von der Urform sich entfernt hat. welche für die
Gattung Acrunoecia einerseits und alle Arten der Gattung Binarthrum,
andrerseits den Ursprung- abgab.
Fam. Lepfoceridae.
Subfam. Leptocerinae Ulmer.
Genus Triaenodes McLachlan.
Sp. 14'\ T. reuteri McLachlan.
Zu der Beschreibung der Genitalanhänge des S bei McLachlax
(Rev. and Syn., Suppl., Part 2, p. XV, tab. 57) kinmen wir einige
Ergänzungen geben (Fig. 30). Das 10. Segment („upper penis cover"
bei McLachlan) ist lang, mit geradem obern Rande (von der Seite),
erweitert sich allmählich zur Basis, wo von unten ein kleiner ovaler
Ausschnitt sich befindet (ex Fig. 30). Der Penis ist von oben zwei-
buchtig. Über ihm befindet sich eine unpaare Spina — der Titillator,
welche von der Penistasche entspringt. Der Endteil der Spina ist
verdickt, am Ende selbst leicht nach oben gebogen, und vor diesem
Endteil befindet sich noch von oben eine kleine Vertiefung. Die
Basalpartie der Pedes genitales trägt von innen einen nach hinten
gerichteten, sichelförmig nach unten gebogenen breiten Auswuchs,
dessen Ende von unten gezahnt ist und dicke Haare trägt.
Nicht weit hinter diesem Auswüchse erhebt sich ein anderer,
sehr kleiner Auswuchs mit borstigen Härchen. Beide Auswüchse
sind an ihrer Basis verbunden.
Viele r^.S und $?.^) Ausfluß des P^lusses Bogdanowka (aus dem
See Chantschanly-ghöll), 19./6. 1907 (Martynow); Ausfluß des Flusses
Tschaldyrka (aus dem See Tschaldyr), 27./6. 1907 (Martynow),
1) Die Beschreibung des "Weibchens muß ich bis auf günstigere Um-
stände zurückstellen.
Die Trichopteren des Kaukasus. 531
Sp. 15"^. T. Ji'aim'afskii n. sp.
(Fig. 31—32.)
Kopf? ^), Brust und Coxae braun, mit blaß gelblich- grauen
Haaren. Die vordem Füße testacei; Tarsen mit bräunlichen Binden.
Abdomen testaceum; oben dunkler, unten blasser. Die Vordertlügel
sind von angedrückten, ziemlich langen, gräulichen Haaren bedeckt,
unter denen, auf den dunkeln Flecken, auch schwärzliche Haare vor-
kommen. Die Adern sind testacei; im Apicalteil werden sie fast
schwarz. Die kleinen dunkeln Flecke, die sich durch Anhäufung
von Haaren an einigen Stellen bilden, unter denen sich auch schwarze
befinden, sind an der Medialader und am Cubitus auffallender. Die
Hinterflügel sind fast durchsichtig mit ebensolchen Härchen.
Die Aderung der Flügel ist ähnlich wie bei T. interna
McLachlan.
S. Das G.Segment ist testaceum, oben mit ovalem Hinterrande ;
von der Seite wie gewöhnlich (bei T. reuteri, interna, conspersa).
Unter dem 9. Segment tritt das 10. hervor, dessen Basis von oben
in einen dünnen gelblichen und sehr langen Auswuchs ausgezogen
ist, der sich am Ende etwas nach unten umbiegt. Von seinen Seiten
gehen kürzere testacei Appendices praeanales aus. die an der Basis
dünner sind, dann aber sich erweitern und leicht nach oben gehoben
erscheinen. Wie die Appendices praeanales, so besitzt, nur in ge-
ringem! Maße, auch der unpaare. dorsale Auswuchs am Ende kurze
Härchen (Borsten). Unterhalb der beschriebenen Anhänge geht der
„penis Cover" McLachlan's ab, der von der Seite am Ende dünn und
fast zugespitzt erscheint, dann aber sich schnell zur Basis hin er-
weitert, eine breite, am untern Rande abgerundete Scheibe bildend,
an deren Basis ein kleiner Ausschnitt von unten sich vorfindet. Die
Pedes genitales bestehen, wie bei Tr. reuteri-), aus einer breiten.
21appigen Scheibe und Innern Auswüchsen.
Die obere Ausbuchtung der Scheibe hat das gewöhnliche Aus-
sehen, aber ihr oberer Rand ist nicht oval ausgebuchtet, sondern
mehr oder weniger gerade abgeschnitten. Die untere Ausbuchtung
ist am Ende gerade abgeschnitten, mit einem obern Winkel, der in
einen kleinen dünnen Auswuchs ausgezogen ist und sich ein wenig
nach innen richtet.
1) Es ist nur ein (J vorhanden, defekt, ohne Kopf.
2) Dasselbe hat wohl, aller Wahrscheinlichkeit nach, auch bei andern
Arten von Triacnodes statt.
532 Andreas Maktynow,
Die Farbe ist blaß-testaceus, die Härchen blaßgraulicli.
An der Innenseite des Basalteils der Pedes genitales geht ein
ziemlich langer, dunkel-testaceus gefärbter nach hinten gerichteter
Auswuchs ab, der am Ende nach unten gebogen ist. Unterhalb
dieser Anhänge geht jederseits noch ein kleiner Auswuchs aus (wie
bei T. rcuteri), der am Ende verbreitert ist, und borstige Härchen
trägt {pr. min Fig. 31). Der untere Teil des Penis besteht aus
festem, hellbraunem Chitin; der obere Teil ist erweitert, am Ende
21appig , von zartem , membranüsem Charakter. Die Penistasche
bildet unter dem Penis einen gewöhnlich gestalteten, langen, dünnen,
braunen Anhang, den Titillator. dessen Endteil verdickt und leicht
nach unten gebogen ist, während das Ende selbst etwas nach oben
gerichtet erscheint.
? unbekannt.
1 S, defekt, ohne Kopf und ohne 2. und 3. Beinpaar.
Tiflis, 15./8. 1901 (Kaweaisky).
Diese Art steht näher als die andern T. reuieri McLachlan,
T. conspcrsa Ramb. und T. interna McLachlan. Von den 2 ersten
unterscheidet sie sich hauptsächlich durch den Bau des Pedes genitales
und die Form des „penis cover", von T. conspersa auch noch durch
das Fehlen des Anhängepaares an der Basis des 10. Segments. Von
T. interna unterscheidet sie sich am meisten durch die Form des
unpaaren Anhanges der Basis des 10. Segments und des „penis
cover", in der Form der Platte (ihrer untern Ausbuchtung) des Pedes
genitales aber ist eine bedeutende Ähnlichkeit mit T. interna be-
merkbar, da hier die untere Ausbuchtung der Platte, wie bei T.
TiaivraisUi n. sp., eine zugespitzte Hervorragung bildet, nui' von noch
bedeutenderer Größe.
Alle 4 genannten Arten bilden eine Gruppe von nahe verwandten
Arten, aber T. l-muraiskii n. sp. und T. interna bilden eine besondere
Untergruppe, die durch eine gewisse Spezialisierung der Form der
Pedes genitales charakterisiert wird.^)
1) Dieser nähert sich vielleicht noch die algerische T. alhicornis
TJlmee, in: Ann. Soc. entomol. Belg., Vol. 49, p. 23, fig. 8, 9, 10 (1905).
Die Trichoptereii des Kaukasus. 533
Genus JloniUia McLachlan.
Sp. 16*. IL 7o}tf/isputosa n. sp,
(Fig. 33—35.)
Steht H. Jeucopliaca Ramb.^) nahe. Die Farbe des Körpers, die
Antennen, Palpen wie bei H. hucoplmea. Die vordem Flüg-el bräun-
lich-gran. im Apicalteil etwas heller. Das Costalfeld in der distalen
Hälfte graulich-weiß werdend, außer einer graulich-braunen Region
des Pterostigmas. Weißliche Fascien, die bei IL leucophaea vor-
handen, sind hier zerrissen. Statt der mittlem Fascie findet sich
ein weißlicher Flecken beim Arculus, ein kleiner Flecken an der
Querader zwischen Media und Cubitus und ein breiter Flecken, der
in querer Richtung vom Costalrande des Flügels unterhalb des
Pterostigmas ausgezogen ist. bis zur Discoidalzelle hin. Dann ist
noch ein Fleck an der Querader vorhanden, die von oben die Discoidal-
zelle begrenzt, und an der Querader zwischen dieser und der Median-
ader. Diesem gegenüber findet sich ein kleines Fleckchen am Radius,
mitten im Pterostigma. Ein breiter Flecken ist noch am Ende des
Radius und ein kleiner am Ende des 1. Apicalsectors. Der helle
Streifen der Flügelbasis von H. leucophaea ist hier fast gar nicht
ausgeprägt. Die Adern sind fuscentes; besonders scharf sind die
Subcosta und der Cubitus.
Die Hinterflügel sind dunkelgräulich.
Die Aderung der Flügel wie bei H. leucoplmea.
(J. In Anbetracht der großen Übereinstimmung im Bau der
Genitalanhänge mit H. leucophaea verweile ich hauptsächlich bei den
Unterschieden gegen diese Art.-)
Das dunkelbraune 9. Segment, Avie bei H. leucophaea, läßt oben
2 gerundete Auswüchse vortreten, dann wird es von den Seiten
schmäler (es ist wegen des sich darüber schiebenden Randes des
8. Segments unsichtbar), und wird nach unten wieder breiter. Von
der Bauchseite ist es regelmäßig. Direkt unter den Dorsalauswüchsen
des 9. Segments treten 2 lange, braune, stäbchenförmige Anhänge
1) McLachlan-, Rev. and Syn. Trich. Europ. Fauna, p. 318, tab. 34.
2) Leider bekam ich selbst keine Vertreter der Art //. leucophaea
zu sehen und beschränke mich hier nur auf einen Vergleich mit den Be-
schreibungen und Abbildungen McLacHLAX's (1. c.) und in Klapalek's,
Die ilorphologie der Genitalsegmente, in : Acad. Sc. Emp. Fran^ois I.
534 Andreas Martynow,
vor, mit kurzen Haaren bewachsen (Fig. ap. spl)}) Unter dem
9. Segment und diesen Anhängen hervor tritt nach rückwärts das
10. Segment, das sich oben nach hinten verschmälert, aber nicht
allmählich zuspitzt wie bei H. leucophaea, sondern hinten gerade
abgeschnitten ist; nur ein zentraler Teil, der wie ein schmaler,
leicht dunkler Streifen erscheint, tiitt hinter dem abgeschnittenen
Ende in Form eines Spießes (Fig. 85) vor. Von der Seite ist das
10. Segment breit, hinten abgerundet, von blasser Färbung (Fig. 33).
Von den Seiten des 10. Segments gehen 2 lange, dünne, gelbliche
Anhängsel aus, die nach unten gebogen und am Ende verdickt sind
wie bei H. leucophaea („ap. interm." McLachlan's). Näher der Mitte
treten vom 10. Segment (Fig. 35} noch 2 ähnliche dünne, helle An-
hängsel hervor, sie sind aber kürzer und am Ende nicht verdickt.
Diese Anhängsel (an unserm Exemplar ist nur das eine rechte er-
halten) bilden eine Eigentümlichkeit der beschriebenen Art, da
weder McLachlan noch Klapalek sie bei H. leucophaea zeichnen
oder erwähnen. Unterhalb des 10. Segments gehen 2 Anhänge aus,
die nach unten gebogen und nach außen gewandt sind {ap. prn).
Diese Anhänge sind braun, verdicken sich zum Ende hin und be-
sitzen keine Härchen. Die Pedes genitales sind wie bei H. leucophaea,
aber mit folgenden Unterschieden: das äußere hintere Ende ist in
einen sehr langen (länger als die Anhänge des 10. Segments), dünnen,
stäbchenförmigen Anhang ausgezogen, der am Ende leicht erweitert
und nach hinten gerichtet ist, und dann ein wenig nach innen ; von
unten ist der Ausschnitt zwischen der basalen Erweiterung und dem
Endauswuchs (c) nicht so breit wie bei H. leucophaea. Von der Innen-
seite gehen, wie bei H. leucophaea, 2 Anhänge aus, aber sie sind
hiei dick, dazu noch an den Enden verdickt und einander zugewandt.
Der Penis ist am Ende sehr verbreitert. In seinem untersten Teil
trägt er 2 kleine dreieckige Anhänge von brauner Farbe mit zu-
gespitzten, nach außen gewandten Enden.
Länge 7^2 nim.
1 S- Südostufer des Sees Tschaldyr, Gebiet von Kars, 27. 6. 1907
(Martynow).
Die eben beschriebene Art steht der einzigen Art der Gattung
Honiüia, H. leucophaea, nahe, unterscheidet sich aber durch einige
bestimmte Eigentümlichkeiten im Bau der Genitalorgane des S-
1) McLachlan nennt diese Anhänge bei H. Jnicophaea ,.ap. superiores",
Klapalek sieht sie einfach als Auswüchse des 9. Ses^raeuts an.
Die Trichopteren des Kaukasus. 535
Es bestellt ein großer ]\reiiiung-sunterschied unter den Autoren
über die Deutung der verscliiedenen Anliänge bei Ilomüia. Wie schon
gesagt, sieht Klapalek die obern Anliänge McLachlan's (opi). spl
der Abbildungen) einfach als Auswüchse des 9. Dorsalsegments an.
Die gebogenen Anhänge, die oben an den Seiten des Penis (ai^p.
prn der Abbildungen) ausgehen und dem ..penis sheaths" McLachlan's
ents])rechen (bei H. leticophaea), hält Klapalek für Appendices prae-
anales. ^) Der Penis hat von unten einen eigentümlichen Bau und
läßt an den Seiten je einen kleinen, am Ende zugespitzten Auswuchs
vortreten. Nach ihrer Lage erinnern diese Auswüchse sehr an die
von McLachlan abgebildeten (auf fig. 6, tab. 35) Anliänge, die unter
rechtem Winkel zu den Pedes genitales gerichtet sind. Klapalek
meint, McLachlan habe den proximalen Teil der obern Anhänge
(App. praeanales) als „penis sheaths" beschrieben, den distalen Teil
aber als die eben erwähnten Anhänge, die unter rechtem \\'inkel
zu den untern Anhängen abgehen.
Die innern Auswüchse des 10. Segments (x Fig. 35) bilden eine
Eigentümlichkeit unserer Art: sie stehen zum 10. Segment im selben
Verhältnis wie die äußern, wirklichen App. intermedii.
Genus Setodes Ramb.
Sp. IT. Setodes sj^-- ("• •*»'i>'?)-
1 ?. Dorf Grenaderskoje. Gebiet von Kars (Martynow).
Einerseits S. interrupta F. nahestehend, andrerseits S. similis
McLachlan. 2j Unterscheidet sich von S. interrupta folgendermaßen:
Die Antennen sind blaß, im Basalteil heller, im distalen Teil testacei.
An der Basis der Vordertlügel ist kein großer, weißer Flecken zu
sehen, sondern 2 kleine; 1 kleiner, unregelmäßiger Flecken beim
Arculus. 1 kleiner Flecken am Pterostigma, 1 Flecken am Thyridium.
Am Apicalrande keine weißen Flecken. Die Seitenausbuchtungen
(Anhänge) des 9. Segments sind lang; der dreieckige Auswuchs der
zentralen Partie des 9. Segments ist oben nicht sichtbar. Die
Unterschiede an den Genitalanhängen des Weibchens von denen
von S. similis sind noch bedeutender. Somit kann das beschriebene
Exemplar entweder zu S. intetTupta oder zu einer neuen Art ge-
1) Da ich nur 1 Exemplar aus der Gattung Homilia besitze, konnte
ich diese Versicherung Klapalek's nicht kontrollieren.
2) McLachlan, Rev. and Syn. Eur. Fauna, p. 340—343, tab. 37.
536 Andreas Martynow,
rechnet werden, und die letztere Annahme halte ich, in Anbetracht
der aufgezählten Unterschiede, für die wahrscheinlichere. ^)
Farn. Molannidae.
Subfain. Beraeinae Ulmer.
Genus Beraea Stephens.
Sp. 18*. B. pulpata n, sj).
(Fig. 36 — 39.) B. articularis Pict. nahestehend.
1 S- Kopf bräunlich; vorn, zwischen den Antennen be-
findet sich eine Erhöhung mit schwarzen Härchen; hinten an den
Seiten 2 ovale testacei Warzen, die breiter sind als McLachlan
sie bei B. articularis zeichnet. Das Basalglied der Antennen ist
etwas länger als der Kopf, bräunlich-testaceus, verschmälert in
der proximalen und verbreitert in der distalen Hälfte; es ist mit
dichten gelblichen Härchen bedeckt.'-) Die Maxillarpalpen wie folgt:
das 3. Glied ist das längste^), das 2. länger als das 1.; das 1. und
3. Glied sind bräunlich, das 2. blasser. Das 2. Glied (Fig. 39) hat
an der äußern Seite einen gleichmäßig dicken Auswuchs, der aber
nicht bis an das Ende des Gliedes reicht. Das 1. und 3. Glied, auf
dem 2. aber besonders der Auswuchs, tragen zahlreiche Härchen. ^)
An den Palpi labiales ist das 1. Glied sehr kurz, das 2. Glied ist
lang mit abstellenden, graugelblichen Haaren.^)
Längs des umfangreichen Mesonotums ziehen in der Mitte die
gewöhnlichen 2 schmalen, langen, geraden Streifen, die etwas ein-
gedrückt sind, von gelber Farbe, nur durch ein schmales braunes
Streifchen getrennt. Die Beine sind gelblich. Das Abdomen ist
bräunlich-testaceum. Die Flügel gelblich, mit dichtem, dunklem
Haar. Von der Basis an, längs dem ganzen Unterrande des Flügels
1) Leider konnte ich dieses Exemplar nicht mit »S'. interrivpta ver-
gleichen, da ich keine Repräsentanten dieser Art besaß.
2) Die übrige Antennenpartie ist abgerissen.
3) Das 4. und 5. Glied sind abgerissen ; auf der andern Seite ist
der ganze Taster abgerissen.
4) Genau genommen Spuren derselben, denn die Haare selbst sind
an unserm Exemplar abgerieben.
5) Das 3. Glied ist abgerissen.
Die Trichoptereu des Kaukasus. 537
gellt eine tiefe Faltentasclie mit Härchen. Oben, auf dem Insect,
erscheint sie als gelber undurchsichtiger Streifen. Die Vorder- wie
die Hinterflügel sind etwas zugespitzt, etwas mehr als bei B. arti-
cularis. Die Aderung der Flügel erinnert sehr an die bei B. articuJaris.
Das 9. Segment bildet oben einen nach hinten gerichteten
dreieckigen Auswuchs mit ausgezogenem Winkel (Fig. 88). Seit-
wäits gehen von ihm 2 kleine, hinten abgerundete Anhängsel aus
{ap. IX). Unter dem 9. Segment hervor treten Teile des 10. Segments
(,,penis-cover" McLachlan's); oben verschmälert es sich nach hinten
und ist am Ende tief in zwei Hälften geteilt. Hinter dem „penis-
cover" ist ein breiter distaler Teil des Penis zu sehen, der hinten
ebenso tief gespalten ist. Von den Seiten des 10. Segments sind von
oben 2 dünne, lange, dunkelbraune Anhängsel zu sehen, die am
Ende nach außen gebogen sind („penis sheaths" McLachlan's). Die
Pedes genitales sind ziemlich breit von den Seiten (Fig. 86), unten
und von den Seiten bräunlich, am Ende verbreitert, aber nicht an
der Basis und fließen zum Teil mit dem 9. Segment zusammen, von
dem sie kaum merklich getrennt sind. Oben und unten (Fig. 37, 88)
sieht man. daß diese Anhängsel sich nach dem Ende hin schnell
verdicken und nach innen biegen, gegeneinander hin. An der Innen-
seite, im proximalen Teil jedes derselben, gehen 2 kleine dünne
Auswüchse hervor, mit 2—3 Börstchen; einer von diesen Auswüchsen
ist an der Basis verbreitert, der andere geht von der verbreiterten
Basis des ersten aus. Weiter, näher zum Ende hin, an der Innen-
seite geht noch je ein plattenförmiger Auswuchs aus, von fast
quadratischer Gestalt mit 2 Borstengruppen. Ziemlich dichte, dunkle
Haare bedecken die untere, äußere und zum Teil auch obere Ober-
fläche der Pedes genitales.
Das 7. Segment trägt unten einen großen, abgeflachten, an der
Basis verbreiterten Dorn.
1 $. Schlucht des Flusses Kur beim Dorfe Tumurdo, in der
Nähe von Achalkalaki, Gouvernement Tiflis, 15./6. 1907 (Maktynow).
Diese neue i^^ram-Art schließt sich sowohl in der Aderung wie
im Bau der Genitalanhänge des Männchens der Gruppe B. arficularis
[B. nrikularis Pict. und B. vicina McLachlan) an, nach den andern
Merkmalen aber, besonders der langen Faltentasche des Vorder-
flügels und dem Auswuchs des 2. Gliedes der Kiefertaster, erscheint
sie ganz selbständig und abgesondert. Die Flügel sind etwas zu-
gespitzt, wodurch sie sich dem Genus Beraeodes Eaton nähert.
In bezug auf die Deutung der Anhänge will ich hier Folgendes
538 Andreas Martynow,
bemerken: die kleinen abgerundeten Anhänge bei B. palpata n. sp.
(ap. IX der Figg.), die den App. superiores McLachlan's entsprechen
sowie den App. praeanales Klapalek's ^), erscheinen (bei B. iKilpata)
zweifellos nur als Auswüchse des 9. Segments, weshalb man sie
nicht als App. praeanales ansehen kann. Eher entsprechen sie den
stäbchenförmigen Auswüchsen des 9. Segments bei Homilia. Die
dünnen braunen Anhänge, die an den Seiten des 10. Segments sich
befinden — „penis sheaths" McLachlan's — entsprechen ihrer Lage
nach ähnlichen Anhängen bei Homilia, woher man sie — nach
Klapalek — als App. praeanales ansehen muß.
Farn. Hydropsychidae.
Subfam. Hydropsychinae Ulmee.
Gen. Hijäropsijclie Pictet.
Sp. 19*. H. peUncidula Cürt.
3 SS, 1 ? , Tal des Kara-su, beim Dorfe Sursune, Gebiet von
Kars (Bartenew, Maetynow).
Die Flügel unserer Exemplare sind gleichförmig blaßgrau, ohne
Flecken. Am Pterostigma befindet sich (als Fortsetzung desselben)
ein großer undurchsichtiger, trüber Flecken, der vom Beginn der
Discoidalzelle bis fast an das Ende des 1. Apicalsectors reicht und
und die Breite des Raumes vom Costalrande bis zur Discoidalzelle
einnimmt. Der Form nach sind die Flügel (die vordem) etwas schmal,
an dem Ende spitzer als gewöhnlich, der Apicalrand ist scharf ab-
geschnitten. Die Genitalanhänge lassen keine Eigentümlichkeiten
erkennen.
Sp. 20*. H. consangninea McLachlan.
1 S- Fluß Kur, Kreis Achalkalaki, Gouvernement Tiflis (Mar-
tynow).
Diese Art war bisher nur aus Nord-Persien bekannt (McLachlan,
Rev. and Syn. Eur. Fauna, First Addit., SuppL, p. 43, tab. 5).
1) Fr. Klapalek, Die Morphologie etc., p. 180 — 181.
Die Trichoptereii des Kaukasus. 539
Sp. 21*. H, lepUla Pict.
S6 und $?. An den Flüssen Kur und Taparawantscliai, Kreis
Achalkalaki, Gouvernement l^iflis, 14.— lö. G. 1907 (Maktyxow).
Teil bemerke, daß bei der Mehrzahl der von mir untersuchten
Exemplare dieser Art an den Hinterflügeln die 1. Gabelung- fehlt.
Das europäische Exemplar (aus Deutschland), welches mir in liebens-
würdig'er Weise von Herrn Ulmer zugesandt war, hatte dieselbe
Eigentümlichkeit. Ich glaube, daß das Fehlen der 1. Gabelung
an den Hinterflügeln als ein Merkmal dieser Art angesehen werden
kann. Ferner ist beim Männchen an den Vorderfüßen der eine
Sporn so klein, daB man gewöhnlich nicht 2, sondern nur einen be-
merkt.
Sp. 22^-. H. cortmtii n, sp,
(Fig. 43—45.) Kopf und Brust fusci; die Häi'chen gräulich;
die hintern Warzen des Kopfes, die Warzen des Pronotums testacei;
die Antennen testaceae; der Anfangsteil ist heller, mit einer deut-
lichen, schwarzen Spirale; die 2 ersten Glieder sind braun. Das
Abdomen oben bräunlich, unten heller. Die Füße sind gelb; die
Coxae des 1. Paares gelb wie gewöhnlich, des 2. und 3. Paares
bräunlich-testaceae; die vordem Flügel: die 1. Apicalzelle ist klein,
die 4. beginnt vor der 5.
S. Der Dorsalteil des 10. Segments ist im Anfang stark nach
unten gebogen, und am Ende dieser Biegung erheben sich 2 dorn-
förmige Auswüchse, die einander genähert sind, was man bei einer
Betrachtung von hinten sehen kann (Fig. 45). Der hintere Eand
des 10. Segments bildet von der Seite hinten eine dreieckige Vor-
ragung und geht dann schräg nach unten. Die Seitenwände des
hintern Teiles des 10. Segments sind schwach chitinisiert, blaß und
tragen viele kurze Härchen. Der Hinterrand ist mit noch kleinern
Dörncheu besetzt. Der dorsale Auswuchs des 9. Segments („dorsal
plate" McLachlan's) ist lang, nach hinten verdickt (Fig. 43). Die
hintere Grenze des 9. Segments ist von oben und den Seiten durch
eine Reihe dicker und langer Härchen bezeichnet. Die Pedes
genitales bestehen aus einem langen, fast gleichmäßig dicken
1. Gliede und einem kurzen, dicker werdenden und am Ende ab-
gerundeten 2. Gliede, mit zahlreichen kurzen Härchen. Der Penis
ist am Ende verdickt, besonders von der untern Seite; vor dem
Endköpfchen ist eine weitere Verdickung nicht bemerkbar.
Länge 5 — 6 mm.
540 Andreas Martynow,
SS und ??. Am Flusse Kur. Kreis Achalkalaki, Gouvernement
Tiflis, 13.-16,6. 1907 fMARTYxow).
2 SS niit der Etikette „Tiflis" in der Sammlung des Zoologischen
Museums der Universität Moskau.
Nach der Konfiguration des 10. Segments und des Penis ist diese
Art sehr eigentümlich und wolil selbständig.
Sp. 23. H, ornatula MgLachlak.
Außer einem typischen Repräsentanten dieser Art brachte ich
vom Kaukasus noch 2 (oder sogar 3j Formen mit, die, wenn sie auch
einige bestimmte Eigentümlichkeiten vor den typischen Vertretern
von H. ornatula voraus haben, doch nicht so sehr sich unterscheiden,
um nacli den wenigen Exemplaren für sie neue Arten aufstellen zu
können. In Eücksicht darauf aber, daß die Färbungsunterschiede
bei ihnen schon mit gewissen Strukturunterschieden verbunden sind,
scheint es am richtigsten, dieselben als lokale Subspecies der Art
H. ornatula zu unterscheiden, einer Art, die eine äußerst weite geo-
graphische Verbreitung besitzt.
a*) H. ornatula McLachlan, suhsp. typica.
1 S- Fluß Kur, Kreis Achalkalaki, Gouvernement Tiflis, 13.6.
1907 (Marttnow).
b*) H. ornatula suhsp. gracilis, n. suhsp.
Unterscheidet sich von den typischen Vertretern von H. ornatula
in folgenden Merkmalen^): der Kopf ist relativ klein; die Augen
bedeutend kleiner als bei H. ornatula suhsp. typica; sie treten nicht
so hervor; der obere Teil des Kopfes im Verhältnis zu den Augen
größer; die Farbe des Kopfes, der Brust fuchsrötlich-bräunlich; die
hintern Warzen des Kopfes etwas größer; die vordem Innern Ränder
derselben gewölbt, während bei suhsj). typica dieselben gerade sind.
Die Coxae der Beine bedeutend heller. Das ganze Abdomen hell-
testaceum.
S (Fig. 45—48). Die Genitalanhänge sind blaß, gelblich und
nur der Penis am Ende fuscens. Die Dorsalplatte („dorsal plate"
McLaculan's) ist am Ende ausgeschnitten (Fig. 46), was bei H.
ornatula McLachlan nicht der Fall ist. Die Entfernung der aus-
1) In diesem, wie den andern Fällen, wurde die Beschreibung nach
S gemacht.
Die Trichopteren des Kaukasus. 541
gezogenen Enden des 10. Segments ist etwas größer. Der Penis
bildet am Ende nicht nur oben eine Verbreiterung, sondern — und
noch mehr — auch unten; diese Verbreiterung ist durch eine Ein-
schnürung vom zweiten, vorapicalen, kleinen, verbreiterten Stück
nach unten getrennt (Fig. 47, 48).
Länge des Körpers 6 mm.
2 SS, Stadt Alexandropol. Gouvernement Eriwan. 29./6. 1907
(Martyxow).
Hierher kann auch 1 s aus Achalzych, Gouvernement Tiflis,
13.6. 1907 (Bartenew) gestellt worden, das sich durch braune
Färbung des Kopfes (das ganze Tier ist dunkler) unterscheidet,
ebenso durch größere Breite des Kopfes, aber der Penis ist wie bei
den 2 beschriebenen Exemplaren gebaut, nur ist die Verbreitei'ung
oben am Ende mehr bemerkbar.
e) *H. ornatula siibsp. nigrescens n. snhsp.
Die Männchen ^) dieser Subspecies stimmen im allgemeinen mit
den gewöhnlichen H. ornatula überein, unterscheiden sich aber durch
die schwarze Färbung der untern Anhängsel (der Pedes genitales)
und die Form des Penis, der ebenfalls dunkelbraun ist und bei dem
vor der apicalen noch eine zweite Erweiterung nach unten vor-
handen ist, die übrigens nicht durch eine Einschnürung von der
ersten getrennt wird; dank dieser Erweiterung ist der ganze distale
Teil des Penis (von der Seite) viel breiter als der proximale.
SS (???). Am Flusse Kur, Kreis Achalkalaki, Gouvernement
Tiflis, 13.— 15.6. 1907 (Maetynow).
Hierher stelle ich auch 1 $ vom Flusse Taparawantschai
beim Dorfe Chospia, Kreis Achalkalaki, 15. 6. 1907 (Maktynow), das
mit den vorhergehenden in den Eigentümlichkeiten der Genital-
anhänge übereinstimmt, sich aber dadurch unterscheidet, daß das
Scutellum auf dem Mesonotum nicht von brauner, sondern ganz
weißer Farbe ist, und der Kopf erscheint etwas kleiner. Es ist
möglich, daß wir es hier mit einem besondern Merkmale der Sub-
species zu tun haben, doch sind weitere Beobachtungen an größerm
Material erforderlich.
1) Infolgedessen, daß die Weibchen der verschiedenen Arten der
Gattung Hijdrop.si/cJic überhaupt sich nach den Genitalanhängen weniger
unterscheiden als die Männchen, kann ich die Eigentümlichkeiten der
Weibchen für die aufgestellten Subspecies einstweilen nicht angeben.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 35
542 Andkeas Martynow,
Sp. 24. H, instabflls Cuetis.
Die typische Form von II. instahilis fehlt, dafür sind aber einige
Formen vorhanden, die sich ihr anschließen. Jede von ihnen unter-
scheidet sich durch einige Eigentümlichkeiten in der Sti-uktiir der
Genitalanhänge der SS — und nach dem Vorausgehenden halte ich
es für das Angebrachteste, sie als lokale Unterarten zu //. instahilis
CüETis zu beschreiben.
a) *//. instahilis suhsp. acuta n. siihsp.
Hierher gehören eigentlich 2 Formen, die sich durch den Bau
des 2. Gliedes der Pedes genitales des S unterscheiden.
Form a. Färbung blaß, gelblich-rot; Kopf testaceus, mit ebenso
gefärbten Warzen; die Antennen sind gelblich mit einer undeut-
lichen dunklen Spirale; Füße blaß-testacei; die Seiten des Meso-
notums testaceae, die Mitte gelblich ; Scutellum dunkelbraun.
Die Vorderflügel ziemlich breit.
S (Fig. 49 u. 50j. Die hintern Auswüchse des 10. Segments
(die für instahilis charakteristisch sind) sind relativ klein; das
2. Glied der Pedes genitales ist am Ende abgeschnitten gerade, mit
Ausnahme des Innern Endes, das in einen kleinen dünnen, finger-
förmigen Fortsatz ausgezogen ist; der Penis hat vor dem Ende sehr
bedeutende seitliche Erweiterungen, die nicht weit vom Ende sich
befinden.
$ unbekannt.
4 S6- Tal des Flusses Tschaldyrka, Gebiet von Kars, 28./6.
1907 (Martynow).
Form ß. Ähnlich der Form a. aber das 2. Glied der Pedes
genitales ist hinten nicht abgeschnitten, sondern verdickt sich all-
mählich, und das verdickte Ende trägt, ebenso wie bei der Form «,
kurze Börstchen (Fig. 51).
$ unbekannt.
2 iS- Tal des Flusses Tschaldj^rka, Gebiet von Kars, 28.; 6.
1907 (Martynow).
Der Bau des Penis usw. wie bei der Form a. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach ist der Bau des 2. Gliedes individuellen Ver-
änderungen unterworfen, aber einstweilen fehlen Zwischen formen,
die die Formen a und ß verbinden.
Die Trichoptereu des Kaukasus. 543
b) //. instahüls suhsp. nigra n. snhsp.? [= Ä fulvipes Curt. ?].
Ähnelt sehr der Beschreibung- McLachlan's für die Art IL ful-
vipes CuRTis (McLachlan, Rev. and Syn. Europ. Fauna, p. oüO, First
add. suppl, p. 44).
Schwärzlicli-braun ; die hintern Warzen des Kopfes, des Pro-
notunis und das Scntellum des ]\Iesonotums heller, zuweilen dunkel-
gelb; die Flügel, wie bei fulvipes. braun. Die Genitalanhänge des
S schwarz; das 2. Glied der Pedes genitales leicht erweitert und
am Ende abgerundet; der Penis bildet vor dem Ende sehr bemerk-
bare Seitenerweiterungen (in größerer Entfernung vom Ende als bei
//. acuta n. suhsp.) (Fig. 55).
5 SS, Fluß Kur beim Dorfe Tumurdo, Kreis Achalkalaki, Gou-
vernement Tiflis, 17.6. 1907 (^[ahtyxow).
Diese „Subspecies" ist aller Wahrscheinlichkeit nach mit //.
fulvipes CuET. identisch, da icli aber keine P^xemplare der letztern
Art zur Verfügung hatte, so kann ich einstweilen auf Grund der
kurzen Beschreibung McLachlan's allein diese Identität nicht be-
haui)ten. Für die Zugehörigkeit dieser Unterart zur Species H.
fulvipes spricht auch der Umstand, daß die Exemplare von H. insiahilis
aus Süd-Eui'opa nach McLachlan ^) eben auch zu der Ai't H. fulvipes
gehören und nicht zu instabilis, folglich ist H. fulvipes eher eine
Süd-europäische Art (Griechenland, Dalmatien, Corsika, Sicilien,
Italien u. a.).
Fam. Polyceniropidae Ulmer.
Subfam. Polijceniropinae Ulmee.
Genus Holocentropus McLachlan.
Sp. 25". H. S2).? (IT. It. sj}.?).
Fuscus; Kopf, Brust mit graugoldigen Härchen; Antenuae
testaceae, mit gelber Streifung; Palpi fuscentes. Pliße gelblich; Coxae
und Femora mit Ausnahme der Enden bräunlich; Tarsi an den Enden
bräunlich. Die vordem Flügel mit gräulichen Härchen; sie sind
von zusammenfließenden, undeutlichen, bräunlichen Flecken bedeckt;
3 blaue Flecke: 1 an der Querader unter der Discoidalzelle, ein
1) 1. c, First add. Suppl, p. 44.
.35*
544 Andreas Martynow,
2. beim Thyridium, der 3. am Arculus. Die Hinterflügel blaß-
gräulich.
Aderung wie bei H. stagnalis Albarda, aber die 1. Gabelung
der Vorderfliigel ist nicht besonders klein; die 2. Gabelung der
Hinterflügel der von mir untersuchten Exemplare besaß nicht jene
Verdickung des Stieles, welche McLachlan ^) beschreibt.
<S (Flg. 52). „Dorsal plate" McLaculan's ist nicht bemerkbar
wie bei H. stagnalis. Die „App. intermedii" (des 10. Segments)
sind dünn, am Ende schwarz und an den Enden leicht nach innen
gebogen. Die App. praeanales sind sehr groß und bilden einen
kleinen obern Lappen und einen von ihm durcli einen nicht tiefen,
aber breiten Ausschnitt getrennten untern großen Lappen.-)
Die Pedes genitales sind ofl:enbar denen von H. stagnalis sehr
ähnlich gebaut,
$ (Fig. 53, 54). Die abgerundeten Seitenlappen des in der Mitte
ausgeschnittenen 10. Segments ^) tragen je 3 vortretende Zähne, von
denen der mittlere der größte ist.
Die Ventralteile des 8. Segments sind breit und bilden nicht
bei Ansicht von der Seite einen so dünnen Endteil wie bei //. stagnalis.
Länge des Körpers 5.5 mm.
SS und ??, See Madatapin-ghöll, 19./6. 1907 (Maetynow).
Diese Art ist, falls nicht identisch, der H. stagnalis Albarda
sehr nahe. Wenigstens paßt die Beschreibung der Art H. stagnalis
bei McLachlan sehr gut zu unserer Art, übrigens mit einigen Aus-
nahmen. Eine Haupteigentümlichkeit unserer Art bildet im Vergleich
zu H. stagnalis, meiner Ansicht nach, der Bau der obern Anhänge
beim S und der Bau des 10. Segments beim ?. Nach der Be-
schreibung McLachlan's (leider gelang es mir nicht auch nur ein
einziges Exemplar von H. stagnalis zu erlangen) sind die obern An-
hänge bei H. stagnalis „small, sub-quadrate, the apical margin
excised", während bei der beschriebenen i7. s;;. ? dieselben sehr groß
sind; ferner werden bei der Beschreibung des Weibchens nicht er-
wähnt die Zähne am 10. Segment, die für unsere Art charakteristisch
sind. Diese zwei Merkmale, besonders das erstere, würden voll-
kommen genügen, um diese Art als neu und von H. stagnalis unter-
1) Rev. and Syn. Eur. Fauna, p. 404, tab. 43.
2) Der untere Lappen ist auf der Zeichnung nur in seinem Anfange
zu sehen.
3) „Tubulär piece" McLaCHLAn's.
Die Trichoptereu des Kaukasus. 545
schiedene anzuerkennen; da aber McLachlan's Beschreibung un-
genügend und nacli trocknen Exemplaren gemacht ist, so kann man
sich auf ihre Genauigkeit nicht verlassen (einstweilen) und ich kann
mich nicht entschließen diese Art für neu anzusehen, da ich keine
Exemplare von IL stagncdis zum Vergleiche besaß.
Fam. Psyclwmijidae.
Genus fsf/choanjia Latreille.
Sp. 26*. P. xnisUla Fabricius.
SS und ??, zahlreich. Tal des Flusses Tschaldyrka, Gebiet von
Kars. 27.— 28./6. 1907 (Maetynow).
Fam. lUiyacopJülidae.
Subfam. Glossosomatinae Ulmee.
Genus Af/apetus Cüetis.
Sp. 27*. A, iHcerttdus McLachlan?.
Ich kann nicht entschieden sagen, daß die zu beschreibende
Form zur Art A. incertulus gehört, weshalb ich sie hier genauer
beschreibe.
Schwarzbraun ; die Warzen des Kopfes gelb ; Pronotum testaceum ;
Meso- und Metanotum schwarzbraun; 2 Längsstreifeu im vordem
Teil des Mesonotums gelb; Härchen gelblich. Die Antennen und
Palpen testacei. Füße testacei, Coxae schwarzbraun; die letzten
Glieder des Tarsus fuscentes; die Sporen bräunlich; Abdomen fuscens.
Die Flügel gräulich-gelb. An den Vorderflügeln ist die 4. Gabelung
in gleicher Höhe oder sogar früher beginnend als die 3. (wie bei
incertulus).
S (Fig. 40, 41). Das 10. Segment („upper penis cover") ist oben
nicht weniger zerschnitten als bis zur Hälfte, von unten fast bis
zur Basis, und bildet 2 breite Seitenlappen, die gelblich sind und
fast durchsichtig. An der Seite gehen sie nach rückwärts und
unten (Fig. 41), fast ebenso lang wie die untern Anhänge, und haben
einen wellenförmigen obern und abgerundeten hintern Eand. Ihre
546 Andreas Martynow,
Anhänge — die Anhänge der Lappenbasis nach Klapalek i) („penis
sheaths" McLachlak's) — erweitern sich plattenförmig nnd können
sogar über die Ränder der Lappen des 10. Segments vortreten. Die
Pedes genitales tragen unten (Fig. 40) in ^.j von der Basis 2 kleine
Zähnchen, und dann treten unter dem Eande 2 genäherte schwarze
Zähnchen hervor. Am Ende sind ebenfalls 2 — 3 Zähnchen vor-
handen. Der Auswuchs des 6. Bauchsegments ist der gewöhnliche
fiii' die (iruppe fuscipcs-nimhulus-incertidus, nicht sehr lang.
$ (Fig. 42). Am 6. Segment befindet sich unten ein kleinei"
zentraler Zahn; die Segmente werden, wie gewöhnlich, nach hinten
kleiner: das 10. Segment besitzt ein l^aar 2gliedrige Cerci.
Länge des S etwa 8 mm, des $ etwa 4 mm.
SS und ??. Bäche am Ostufer des Sees Tschald}^, Gebiet von
Kars, 26. G. 1907 (Maktynow).
Diese Form ist vielleicht identisch mit der Art A. mccrtulus.
nach der kurzen Beschreibung McLachlan's -) zu urteilen (nach
einem Exemplar eines Männchens).
Die Beschreibung der Aderung, der Form der ,.sheaths", der
Form der untern Anhänge von A. incertulus paßt ganz auf unsere
Form. Was die Bemerkung anbetrifft, daß die „sheaths" bei A.
incertulus länger sind als der „penis cover", so dürfte das kaum sich
so verhalten, da das 10. Segment sehr zart ist und im konservierten
oder trocknen Zustande eine veränderliche Länge haben kann. Im
allgemeinen aber, da die Beschreibung kurz ist und bei McLachlan
die erforderliche Zeichnung der Genitalanhänge des Männchens von
unten fehlt, will ich mich niclit entschieden aussprechen dafür, daß
diese Art zur Species A. incertulus gehört. Dagegen spricht vielleicht
auch der Umstand, daß der einzige Vertreter der Art A. incertulus
in einem vom Kaukasus so weit entfernten Gebiet gefunden wurde
wie Portugal.
1) Die Morph, der Genitalsegmente etc., in: Acad. Sc. Emp. Frangois,
Vol. 1 ; Bull, inter. Prague, 1904, p. 172.
2) E,ev. and Syu. etc., First addit. Suppl., p. 66.
Die Trichopteren des Kaukasus. 547
Subfam. lihyacopliüina ülmer.
Genus JihtjitcopJiild Pkt.
Sp. 28*. B. imhffa Zett.
SS und ??, Tal der Tsclialdyrka, Gebiet von Kars, 27.6. 1907
(Martynow).
Wie schon frülier g'esagt, wurden bisher vom Kaukasus 34 Formen
erwähnt, wenn man die rechnet, deren Art gar nicht bestimmt war
[Aspathermm sp., Hydropsijche sp.). wie auch die, deren Bestimmung
gegen irt'ärtig- unrichtig ersclieint [Stathmophoms fusciis Kol. (= Ana-
holia sp.?). Sicnophjlax paniherinus Kol. {^= Sten. sp.?, St. stellatus
CuET. ?), Ferner muß die Auffindung von Braclujcentrus suhnuhüus
Gurt, auf dem Kaukasus revidiert werden, wie auch von Br.
adoxns ]\IcLachlan, Lcptocerus hümeatus L. In der unten ge-
gebenen Liste der Arten, die auf dem Kaukasus vorkommen, sind
56 Arten aufgezählt, von denen 32 früher bekannt waren ^), während
24 Arten für den Kaukasus neu erscheinen , wobei Hydropsyclie
gracüis, H. nigrescens, H. acuta, IL n/r/ra nur als Subspecies an-
gesehen werden. Parallel den Fundorten auf dem Kaukasus werden
auch andere Gebiete aufgeführt, aus denen die aufgezählten Arten
bekannt sind.
Wie aus der Liste zu ersehen ist, wird für die Mehrzahl (21)
der früher bekannten Arten als Fundort entweder Transkaukasien
(„Armenia") oder das Gebiet des Hauptkammes angeführt, und nur
für 11 Arten wird unbestimmt der „Kaukasus" genannt. Übrigens,
da dieses gerade alles Arten sind, die sich einer weiten Verbreitung
erfreuen, kann man annehmen, daß sie auch in Transkaukasien ge-
funden werden. Wenn wir vom ..Kaukasus" reden, werden wir daher
besonders das Gebiet im Auge haben, das vom Hauptkamm und
Transkaukasien eingenommen wird. Die aufgeführte Liste muß
natürlich als noch sehr mangelhaft angesehen werden, und von
einer Trichopteren-Fauna des Kaukasus kann nur in allgemeinen Um-
rissen gesprochen werden, ohne auf ihre möglichen Unterabteilungen
einzugehen.
1) Ich habe Aspatlierium sp.? gar nicht in die Liste eingetragen,
ebenso auch niclit Hijäropst/cJic sj). ?, um so weniger, da ich einige Hydro-
psyrjir- Arten aufführe, zu einer von denen vielleicht aucli die Art IL ■•<}). ?
gestellt werden könnte.
548
Andreas Maktynow,
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Die Trichopteren des Kaukasus. 549
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550 Andreas Martynow,
Zur Charakteristik der Fauna der kaukasischen Trichopteren
überg-eliend, wollen wir dieselbe in 2 Partien einteilen: a) Arten,
die ebenfalls in Europa und teilweise in Sibirien^ Turkestan ge-
funden werden, und b) Arten, die für den Kaukasus endemisch sind,
oder auch in den benachbarten Ländern o-e trotten werden (Xord-
Persien, Teil Kleinasiens). Nur eine Art. Br. adoxus, ist außer auf
dem Kaukasus nur noch in Sibirien gefunden wurden, aber wie
schon gesagt, bedarf ihre Auffindung im Kaukasus der Nachprüfung.
Die Zahl der Arten, die nur auf dem Kaukasus \) getrofi'en wurden,
ist 15, mit den Subspecies 19, was hinsichtlich der ganzen Zahl der
Arten (56) 27% bildet und, wenn man die Subspecies dazu rechnet,
etwa 30"/o- Wenn man zu den kaukasischen Arten noch Lhnn.
peculiaris McLachl. hinzufügt, der ebenfalls in Kleinasien gefunden
wurde (Ti'apezunt), und Hydr. consanfjuinea McLachl., die außerdem
in Nord-Persien getroifen wurde, so wächst die Zahl der endemischen
Arten fast auf 40% an von der Gesamtzahl.
Die Klarstellung des Verhältnisses der Kaukasus-Fauna zur
europäischen und der anderer Gebiete stößt auf bedeutende Hinder-
nisse, da zoogeographische Arbeiten über die Trichopteren-Fauna
Europas fehlen. Die Charakteristik der europäischen Fauna, ihrer
Unterabteilungen, fällt natürlich weit außerhalb des Kahmens dieser
Arbeit, und doch scheint es unvermeidlich, diese Frage, wenn auch
nur in ganz allgemeinen Zügen, zu streifen. Es ist begreiflich, daß
hier nur ganz allgemeine Ansichten ausgesprochen werden können,
die mir am wenigsten strittig erscheinen. Die Fauna Zentral-
Europas (Schweiz, Frankreich, Teile Österreichs) kann eine reiche
genannt werden. Von hier geht sie. vorherrschend die Formen ein-
büßend, welche gebirgigen Gegenden eigentümlich sind (Gattung
DrusKS, Arten der Gattung Sfcnophijlax u. a.), nicht wenig in den
Eigenschaften sich ändernd, auf die nahe anliegenden Länder über
(Britische Liseln, Belgien, Holland. Deutschland) und geht weiter,
immer allmählich ärmer und ärmer werdend, nach dem Europäischen
Rußland und West-Sibirien. Im Norden erstreckt sich diese P'auna
auf Skandinavien und Nord-Rußland, aber hier erscheinen schon an
Stelle der verschwindenden europäischen Arten nord-sibirische oder
sibirische Formen (Arten der Gattung Asynarchus, Dicosmoecus palatus
McLachl AN -), Grmnmotaulkis Sibiriens MgLachlan, Gr. signatipennis
1) "Wenn man Jlolocentropns sp. und Setodc'^ s-p. als neue Arten ansieht.
2) Die Daten über Bic. palatus sind von mir noch nicht veröffentlicht.
Die Trichopteren des Kaukasus. 551
McLachl. u. a.). Im Süden verbreitet sich die Fauna von Zentral-
Europa zum Teil aucli auf die Halbinseln nnd Inseln, aber sehr
viele Arten kommen, j^enau genommen, nicht bis hierher, sondern
haben hier ihre Vertreter, die oft für jede Insel endemisch sind, wie
auch für jede Halbinsel, was die Möglichkeit gibt, sie in besondere
zoogeographische Kegionen zu teilen. Diesem Gebiete gehören außer-
dem noch einige besondere Genera an, deren Arten fast gar nicht
nach Mittel-Europa hineingehen, wie z. B. die Gattung Sericosfoma.
von deren 20 Arten nicht wenigei- als 15 für dieses Gebiet charak-
teristisch sind, die Gattung Schkopclex mit 2 Arten, Thrcmma mit
3, ebenso Ifclicopsijche^) mit 3, Tinodes, von dessen 22 Arten -/.j in
ihrer Verbreitung ausschließlich auf Halbinseln und Inseln be-
schränkt sind. u. a. Dieser Umstand gestattet es, alle diese zer-
strenten Halbinseln und Inseln zu einem Ganzen zusammenzufassen,
das ungefähr einer ..Mittelmeerprovinz" der Autoren entsi)richt. -)
Betrachten wir jetzt die Kaukasus-Fanna. In der Gruppe der
nicht endemischen Arten linden wir: 1. Arten, die dem Kaukasns
nnd Europa gemeinsam angehören, und 2. Arten, die außerdem in
Sibirien und Turkestan getroffen Averden. d. h. Arten, die überhaupt
eine sehr weite Verbreitung besitzen. Die Zahl der Arten, die dem
Kaukasns und Europa gemeinsam sind, beträgt nicht weniger als 16,
was etwa die Hälfte aller nicht endemischen Arten (36)^) bildet.
Hierher kann man stellen die Arten'):
1. Phr. vciria — fast ganz Euro[)a, mit Ausnahme Italiens und Spaniens.
2. Grai)i. nitidus — fast ganz Europa, Xord-Persien.
3. Liinno])}t. subce}itralis — Mittel-, Ost- und Nord-Europa.
4. Limnoph. liniaiiis — ganz Europa, Kleinasien, Nord-Persien.
5. Linntopli. auricida — Mittel- und Ost-Europa.
6. Limnoph. nigricej>s< — Mittel- und Nord-Europa.
1) Die Arten dos Genus llflicoji.sijclie sind nicht aus ii-gendwelchen
andern Gegenden bekannt (der paläarktischen Region), wurden aber in
Amerika, Australien, auf Ceylon und Neuseeland gefunden.
2) Wir bemerken, daß die Trichopteren-Fauna Nord-Al'rikas ganz
unbekannt ist.
3) Ich lasse hier beiseite AnalxAia sp., StenopJfi/lax sj). und Ilcdesus sp.
4) In dieses Verzeichnis wurden nicht hineingestellt L. flavicornis
und llijdropsiicJie oniafida, die bisher nur aus Europa bekannt waren,
während ich ihre Vertreter aus Zentral-Sibirien sah ; diese Daten sind von
mir noch nicht publiziert.
552 Andreas Mabtynow,
'?7. Limnoph. vittaUis — Europa, Kleinasien, aber bei BlAKCHl ebenso
auch das Amurgebiet ('?).
8. Notid. ciliaris — Nord- und ]\Iittel-Europa, Kuban.
9. Goera pilosa — Nord- und Mittel-Europa.
?10. Leptoc. bilineatus — Nord- und Mittel-Europa, Turkestan.
11. Mystacldcs azurca — ganz Europa.
12. Triaeuodcs reuieri — Schweden, Finlaiid, "Westpreußen.
13. Beraeodes rninuta — Mittel-Europa.
14. Fsychomyia ]/usilla — ganz Europa mit Ausnahme des äußersten
Nordens, Kleinasien.
15. HydrojjsijcJie lepida — fast ganz Europa.
16. Rlii/acoj>hila torrentiurn — Zentral-Europa.
17. Rh. nubila — Mittel- und Nord-Europa.
18. Glossosoma vemale — Mittel-Europa.
?19. Agapehis incertulus — Portugal (vielleicht Agapetus n. sp.).
20. Phrygunea yrandis — kann auch hierher gestellt werden.
Wie wir sehen, sind das alles mehr Arten, die in ]\Jittel-(Ost-)
und Nord-Europa verbreitet sind. Die übrigen (nicht endemischen)
Arten der ersten Gruppe haben eine sehr weite Verbreitung-; sie
werden in Zentral-, Ost-Sibirien gefunden, und einige erreichen den
Großen Ozean.
Wenden wir uns der zweiten Gruppe zu (den endemischen
Arten). ^) Der größere Teil derselben gehört entweder zu den mittel-
und Süd-europäischen Gattungen {Brusus, Silo, Homilia, Beraea, Holo-
centropus; die kaukasische Gattung Cerasma steht der süd-europäischen
Sericosfoma, die Gattung Lithacodes der Gattung Silo und Lithax, die
auch zentral-europäisch ist, sehr nahe), oder, wenn sie auch zu
Gattungen gehören, die eine weitere Verbreitung besitzen, sind sie
mehr den südlichen Arten verwandt. Triaenodes Jcauraishi steht
am nächsten der turkestanischen Art Tr. interna-), Setodes sp.?
{n. sp.?) — der zentral-europäischen S. inicrrupta und der turkestaner
S. similis (Turkestan, Kokan) — [die Gattung Setodes geht in Europa
überhaupt nicht nördlicher als England], Glypliotaelius selysii der
europäischen Gl. pellucidus und der persischen Gl. persicus. Von den
übrigen Arten dieser Gruppe ist L. transcaucasims nahe verwandt
mit dem mittel- und nord-europäischen L. bipunctatus und L. scaleniis,
1) Einige von ihnen natürlich sich späterhin als nicht endemische
erweisen.
2) Ebenso auch den europäischen Tr. conipcrsa und Tr. reuten.
Die Trichopteren des Kaukasus. 553
ist aber primitiver als sie, und der eig-entümliche L. peciiUaris und
Hydropsyche cornuta nehmen eine isolierte Stelluno' ein. Acrunoeciella
chaldyrcnstis steht den tnrkestaner Gattungen Acrunoecia und Di-
nartltnmi nahe und erscheint als westlichster Vertreter dieser
zentral-asiatischen Gruppe. Apatania suhtilis, die nach den Genital-
anhängen eine Mittelstellung zwischen der europäischen A.' tvallen-
grcni und der sibirischen A. crymophüa einnimmt, und Cotpoiaulms
major, der eine ähnliche Stellung zwischen C. incisus und einer
sibirischen Art der Gattung Colpotaidius ') inne hat, erscheinen als
Vertreter von Gruppen, die wir ebenso als mittel-asiatische an-
sehen können, da sie dort viel zahlreicher und verschiedenartiger
repräsentiert sind. So finden wir aus der Subfamilie Apataniidae
außer der weitverbreiteten Gattung Apatania daselbst noch die
Gattungen Apatidea und Badema und von den Formen, die sich der
Gattung Colpotaidius anschließen, außer C. incisus noch eine sibii'ische
Art aus dieser Gattung und die Gattungen Astratus und Phylarctus.
Somit gehört der Kaukasus nach seiner ..endemischen" Fauna ganz
ausgesprochen zur ..Mittelmeerprovinz" und bildet deren Ostregion,
aber eine vollkommen selbständige Region, wie in der Beziehung,
daß hier sehr scharf ditferenzierte Formen^) (Limn. peculiaris, Cerasma
cormäa, Lithacodcs incanus, Acrunoeciella cluddyrensis, Bcraea palpata,
Hydropsyclie cornuta) vorkommen, so auch darin, daß hier mittel-
asiatische Elemente vorhanden sind aus Gruppen, die der Mittelmeer-
provinz fehlen.^)
Was die Europa und dem Kaukasus gemeinsame Fauna an-
belangt, so sind das, wie wir schon sahen, alles Arten, die haupt-
sächlich in Mittel-, teils auch in Nord- und Ost-Europa verbreitet
sind, nicht aber im südlichen, was der Fauna des Kaukasus
in ihrer Gesamtheit einen mehr nördlichen Charakter
verleiht.
Wollen wir nunmehr einige Worte hinsichtlich des Herkommens
der Elemente der Fauna des Kaukasus sagen, so müssen die Europa
und dem Kaukasus gemeinsamen Arten für den Kaukasus als neues,
eingewandertes Element erscheinen. Sie siedelten hierher aus Europa
über, wahrscheinlich zu der Zeit, als Europa und Kleinasieu in Zu-
1) Diese neue Art ist von mir noch nicht beschrieben.
2) Cerasma^ Liiliacod.es und Acrunoeciella sind für den Kaukasus ende-
mische Gattungen.
3) Nur in den Pyrenäen gibt es eine Art der Gattung Apatania —
Ap. meridiana.
554 Andreas Martynow,
sammenliaiig' traten. Hinsichtlich der Arten, die eine selir weite
Verbreitung- im paläarktisclien Gebiet besitzen . ist es schwer, eine
bestimmte Ansicht auszusprechen. Peinige Arten konnten vielleicht
über Turkestan, andere gerade vom Norden aus hierher übergesiedelt
sein, aus dem Europäischen Rußland, was z, B. für Phnjfjanea
ohsokta, eine vorheirschend nördliche Foi-m, sehr wahrscheinlich ist.
Die endemischen Arten repräsentieren die eigentliche, alte
Kaukasus-Fauna. Hinsichtlich der Formen, die zur zentral- und süd-
europäischen Fauna Beziehungen haben, kann man natürlich sagen,
daß deren Vorfahren hierher vom Südwesten aus übergesiedelt
sind, aber die Frage nach ihrer Herkunft kann nur im Zusammen-
hange mit der mehr allgemeinen Frage erörtert werden, welche die
zentral- und süd-europäische Fauna betrifft. Die Herkunft des L.
ranscaucasicus bleibt unklar. AcrunoecieUa chaldijrensis steht Acru-
noecia und Dinarihrum nahe, aber nach der Aderung der Flügel ist
sie primitiver als beide, was darauf hinweist, daß ihre Vorfahren
hierher aus Zentral-Asien früher eingewandert sind, als diese
beiden Gattungen Zeit hatten, sich zu differenzieren. Die Vorfahren
von Apatama suhiilis und Colpotaulius major wanderten ebenfalls hier
ein, unserer Ansicht nach von Südosten, aus Mittel- Asien. Die
europäische Apatcmia tmllengreni steht möglicherweise in Verbindung
mit A. suhiilis.
Die Besiedelung des Kaukasus fand vor langer Zeit statt,
worauf außer den Arten auch die Existenz dreier besonderer ende-
mischer Gattungen (Cerasma. Lithacodes, AcrunoecieUa) hinweist. Die
Besiedlung erfolgte von beiden Seiten, wie von Südwesten (Arten
der zentral- und süd-europäischen Gattungen) so auch von Südosten
{Acr. chaldijrensis, Colp. major, Ap. suhiilis). Daß die Zahl (etwa 10)
der Arten von westlicher Herkunft bedeutend die Zahl (3) von öst-
licher Provenienz übersteigt, weist vielleicht darauf hin, daß ein
Kampf stattfand zwischen beiden Faunen, indem die wirklichen,
europäischen Formen die Oberhand behielten, aber wahrscheinlich ist
der Umstand so zu erklären, daß seit uralter Zeit mehr Hindernisse
der Übersiedlung dei* Arten vom Osten entgegengestanden haben
als von Westen. Erst bedeutend später erfolgte die Vereinigung
Eluropas und Kleinasiens, und hierdurch überfluteten die europäischen
Arten ^) den Kaukasus in größerer Menge. Die Species Hyclropsyche
1) Nicht bloß die eigentlichen europäischen Arten, sondern auch die
weit verbreiteten Arten (auch über Sibirien).
Die Ti'ichoptereu des Kaukasus. 555
ornatula und 11. insfahilifi hatten seit der Zeit 4 lokale Varietäten
auszusclieiden. Einige Arten konnten (si)äter) g-erade von Norden,
während der Glazialpeiiode (7^ ohsoleta), und ans Turkestan hiei'her
gelangt sein. So bildete sich viellei(;lit der augenblickliche Bestand
dei- kaukasischen Ti'ichoptei'en-Fauna.
Literaturverzeicliius.
1. KoLENATi, Fk. A., Meletemata Entoiiiologica, Pasc. 1 — 5, Petropoli
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Gesellscli. von Freunden der Naturwissenschaften, Moskau 1869
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1 1 . Zander, Beiträge zur Morphologie der männlichen Geschlechtsanhänge
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12. KlapäLEK, Die Morphologie der Genitalsegmente und Anhänge bei
Trichopteren, in: Bull. int. Acad. Sc. Boheme, 1903.
556 Andreas Martynow,
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 24.
Fig. 1, 2, o, 4. ('olj)of(ndiiis major n. sp,
Fig. 1. Genitalauhänge des (t,, hinten.
Fig. 2. „ „ ^.
Fig. 3. „ „ (^, lateral.
Fig. 4. Vorderflügel des (^.
Fig. 5 — 9. Limnophilus trcuiscaucasicus n. sp.
Fig. 5. Genitalanhänge des S, dorsal.
Fig. 6. „ „ ^, lateral.
Fig. 7. „ „ 5, dorsal.
Fig. 8, „ „ 5> ventral.
Fig. 9. „ „ % lateral.
Fig. 10 — 16. Apatania suhtilis n. sp.
Fig. 10. Genitalauhänge des (J, dorsal.
Fig. 11. „ « c?> lateral.
Fig. 12. „ „ 5, dorsal.
Fig. 13. „ „ 5, lateral.
Tafel 25.
Fig. 14. Genitalanhäuge des 5, ventral.
Fig. 15. Die Flügel des $'
Fig. 16. Hinterflügel des $.
Die Trichopteren des Kaukasus. 557
Fig. 17 — 20. Silo tubcrculatum n. sp.
Fig.
17.
Genitalanhänge des c?> dorsal.
Fig.
18.
u )? O ? IcltGVcll«
Fig.
19.
,. „ (?, ventral.
Fig. 20. Die Flügel des $.
Fig. 21 — 24. Liihacodes incamis Hag.
Fig. 21. Genitalanhänge des (J, lateral.
Fig. 22. „ „ ?, dorsal.
Fig. 23. „ „ ?, lateral.
Fig. 24. a) der rechte Vorderflügel des $ ;
b) der linke Hinterflügel des $.
Fig. 25 — 29. Acrunoeciella clinldijrensis n. f^p.
Fig. 25. Genitalanhänge des ,^1 dorsal.
Fig. 26. „ „ (J, lateral.
Tafel 26.
Fig. 27. Genitalanhänge des $, ventral.
Fig. 28. Vorderflügel des S-
Fig. 29. a) des Vorderflügels des $.
b) des Hinterflügels des $•
Fig. 30. Triacnodes reuteri McLachl.
Fig. 30, Genitalanhänge des cJ, lateral.
Fig. 31, 32. Triaenodes kawraiskn n. sp.
Fig. 31. Genitalanhänge des J, lateral.
Fig. 32. „ « (?> dorsal.
Fig. 33 — 35. Homilia longispinosa n. sp.
Fig. 33. Genitalanhänge des ^, lateral.
Fig. 34. „ „ (J, ventral.
Fig. 35. „ „ (J, dorsal.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 36
558 Andreas Martynow, Die Tricliopteren des Kaukasus.
Fig. 36 — 39. Beraea palpata n. sp.
Fig. 36. Genitalanhänge des ^, lateral.
Fig. 37, „ „ J-, ventral.
Fig. 38. „ n S) dorsal.
Fig. 39. Palpus maxillaris des ^ (1., 2. und 3. Glieder).
Fig. 40 — 42. Agapetns sp.?
Fig. 40. Genitalanhänge des ^, ventral.
Fig. 41. „ VI S) lateral.
Fig. 42. „ „ $, lateral.
Tafel 27.
Fig. 43 — 45. Hijdropsyche cormita n. sp.
Fig. 43. Genitalanhänge des c?, dorsal.
Fig. 44.
»
„ (J, lateral
Fig. 45.
j>
„ $, hinten
Fig. 46 — 48. Hjjdropsyclie ornatula McLach., siihsp. gracilis n. suhsp.
Fig. 46. a) X. Segment, dorsal, des $•
b) Penis, ventral.
Fig. 47. Genitalanhänge des (J, hinten.
Fig. 48. „ „ c?, lateral.
Fig. 49 — 51. Hydr. instdbilis CußT., subsp. acuta w. suhsp.
Fig. 49. Form a. Genitalanhänge des (J, hinten (ohne Penis).
Genitalanhänge des cj, ventral.
Form ß. Genitalanhänge des (J, ventral.
Fig.
50
Fig.
51
Fig.
52
Fig. 52 — 54. Holocentropus sp.
Genitalanhänge des S, lateral.
Fig. 53. „ „ 5, lateral.
Fig. 54. „ „ $, ventral.
Fig. 55. Hydropsyche instahüis subsp. nigra {n. subsp.?).
Penis, ventral.
Nachdruck verboten,
übersetzungsrecht vorbehalten.
Beiträge zur Kenntnis der Fauna von Süd -Afrika.
Ergebnisse einer Reise von Prof. Max Weber
im Jalire 1894.
IX. Freshwater Sponges.
By
N. Annandale,
D. Sc, Snperiutendeut, Indian Museum, Calcutta.
With 3 flgs. in text.
The Sponges wlnch Prof. Weber has been kind enough to send
me for examination belong to three well-defined species, two re-
presenting tlie geniis Spongüla (sensu lato), the tliird Ephydaiia.
Owing to tlie kindness of Mr. R. Kikkpatrick of tlie British Museum,
and Dr. W. Michaelsen of the Hamburg Natural History Museum,
I have been able to conipare them with pieces of the types of most
of the species as yet recorded from the continent of Africa, while
the large collection of Asiatic and European Spongillinae in the
Indian Museum has much facilitated my task.
Genus Spongülaf auctorum.
Subgenus Spongilla Wierzejski.
Spongüla anibif/ua n. fip.
Sponge consisting of a delicate film occurring in small patches
on solid objects; the surface apparently irregulär and miuutely
36*
560
N. Annandale,
hispid, the osciila and pores minute; subdermal space (?) small
(membraue mostly destroyed in the type); colour (in alcohol) dirty
white. Skeleton feebly coherent, with small irregulär, triangulär
meshes outlined for the most part bj' single spicules, with mere
traces of fasciculation, Skeletons spicules (megascleres) numerous
but not sufficiently so to make the sponge hard, smooth or slightly
rough, sharply pointed, nearly straight, short, slender, about 24 times
Fig. A.
Spicules of S. amhigua.
a Skeletou spicules. b Gemmule spicules. c Free microscleres.
as long as their greatest diameter (in the type specimens). Free
microscleres sparsely scattered in the parenchyma, fairly numerous
in the membrane, resembling gemmule spicules but smaller and
rather finer. Gemmules small, subspherical, flattened at the base,
by which they are firmly adherent to the support of the sponge,
grouped together so as to form a pavement layer, each provided,
immediately outside the chitinous coat, with a sparse layer of
microscleres lying nearly parallel to it. outside this layer with a
thick coat of relatively large, polygonal air-chambers arranged in
several tiers, and outside this coat with a second layer of micro-
scleres resembling the inner one; the single aperture terminal, pro-
vided with a broad, straight, vertical, cylindrical chitinous tube,
which is patent above, does not project or projects very little
beyond the air-chambers and is contracted at its base, its distal
extremity being devoid of a thickened rini; the diameter of the
gemmule very variable. Gemmule spicules straight or nearly so.
Fauna von Süd-Afrika. 561-
sharply pointed, irreg-ularly spined in the middle but smooth at
the ends.
Transverse diameter of gemmule 0.36 mm (averag-e).
Skeleton spicules (megascleres) 0.2(364 >< 0,012 mm (averag-e).
Gemmule spicules ( microscleres) 0,12 >< 0,008 mm (average).
Free spicules (microscleres) 0,08 X 0,006-0,06 >< 0.008 mm.
Habit at. Eiver Umhloti. near Yerulam, Natal, S. Africa; on
stones. M. Webee, leg., Nov., 1904.
This sponge exhibits close affinities, especiall}^ in the structure
of its gemmules, to the group represented by S. carteri Bowerbank,
and S. nitens Carter, and by several otlier African species. Apart
from ditterences in the spicules and skeleton, however, it ditters from
all the species of this group in that its gemmules are adherent and
grouped. in this character agreeing with the species of the subgenus
Spongilla, of wliich »S. fragüis Leidy, is the type. I am therefore
inclined to think that this subgenus should be regarded as including
all the species of Spongilla (sensu lato) the gemmules of which bear
a coat of relatively large, polygonal air-chambers, and should not
be confined to those in which the gemmules are grouped. In S.
fragüis, S. crassissima mihi, and other allied species the gemmules
exist both. as free groups and as a pavement layer; but in S. amUgua
the sponge forms too thin a film to contain free groups of gemmules,
and the gemmules are therefore adherent, being formed at the base
of the sponge in contact with its support.
Subgenus Str(itospon<jiUa n, subg.
Gemmules covered with one layer or two or more layers of
microscleres lying parallel or nearly parallel to the chitinous coat
and embedded in a dense chitinoid substance. No air-chambers;
granulär layer absent or imperfectly developed. Free spicules, when
present, amphioxous or amphistrongylous.
Type Spongilla bomhaycnsis Carter.
Spoiigilla homhayensis Carter.
Carter in describing this species had in his possession only a
few gemmules witli the spicules that adhered to them. His
562
N. Annandale.
description is not oiily incomplete biit actually raisleading, owing to
this paucity of material, and I therefure take tlie opportunity to
publish a more detailed account of a form which runs a considerable
risk of being- described as a new species, seeing that it occurs both
in Asia and Africa. I have had before me in drawing- up this new
description several of tlie original gemmules, a number of specimens
obtained by myself in a lake in the Bombay Presidency, and also
a considerable amount of material collected by Prof. Webee in
Natal.
SpongiUa homhayensis may be described as follows:
Sponge formiiig a ratlier thin layer on solid objects; its surface
irregulär; the oscula and pores inconspicuous; the subdermal space
small. The skeleton, owing to the large number of spicules. compact,
but incohereut and almost amorphous; vertical spicule-fibres present
Fig. B.
Gemmiile spicules of S. bomhayensis.
a From type specimens (Bombay).
b From specimeu from Natal.
Fig. C.
Spicules of S. bombayensis from Natal.
a Skeleton spicules.
b Free microscleres.
in places but practically devoid of spongin; a more or less definite
reticulation of horizontal spicules lying immediately under the
membrane, which they rarely penetrate. Skeleton spicules (megascleres)
slender, short, amphioxous, smooth, slightly roughened, or irregularly
and very minutely spined, straight or feebly curved. Free spicules
(microscleres) slender, short, sharply amphioxous, straight or nearly so,
irregularly roughened or minutely spined all over the surface, scanty
in the parenchyma, abundant in the membrane. Gemmule spicules
Short and rather stout, very variable in proportions, abruptly pointed
or amphistrongylous, sometimes inflated in the middle, irregularly
roughened or minutely spined all over. Gemmules very variable in
size, round or oval, generally flattened at the base, firmly adherent
Fauna von Süd-Afrika. 563
to the Support of tlie sponge by meaiis of the outer chitiiious layer,
distinct from one another, witli one aperture or with several; the
aperture or apertures at the side of the g-erainule in its natural
Position; foraminal tubule or tubules short and straight or long- and
curved. sometimes bending down in such a way that tlieir distal
aperture is in contact witJi the supi)ort of the sponge ; the gemmule
spicules separated into two layers by an empty space; the inner
layer one spicule thick, Ij'ing in close contact with the inner
<;hitinous coat of the gemmule, to which it is parallel; the outer
layer sometimes several spicules thick, parallel to the inner one, its
spicules fastened together in an outer chitinous coat in wiiich dark
granules are sometimes present.
Localities. India: Bombay town (Carter); Igatpuri Lake,
Western Ghats, Bombay Presidency (Annandale). Africa: E.
Umhloti, near Verulam, Natal (Weber).
The differences between the Indian and the African examples
of the species are of no great importance, being slighter than those
frequently found, in some species, in sponges from ditferent ponds
in the same locality. The most definite of them is that the gemmule
spicules are as a rule biunter and larger in the Natal specimens;
but even this is not a constant cliaracter, The following measure-
ments are derived from an examination of the spicules of several
sponges from India as well as the type specimen and of several of
Prof. Weber's specimens from S. Africa:
S. Africa Bombay Presidency
Free spicules 0,068 X 0,0035 mm 0,06 X 0,0025 mm
Ol 1 . -1 /0.228X0,012 \ Aooix/nnn--
Skeleton spicules J 0'>v'Onnfi 0,334 X 0,00 <o
i 0,08X0,006 0,0346X0,008
Oemmule spicules ^o,028XO;004 0,044
0.0046
Spomjilla homhayensis is closely allied to tliree other species found
in Africa and Asia, namely S. rousseletii Kirkpatrick ^), S. suniatrana
Weber ^), and S. indica Annandale. ^) In S. rousseletii, however, the
gemmules do not appear to be adherent and tliere are no free
1) In: Proc. zool. Soc. London, 1906, Vol. 1, p. 223.
2) In: Zool. Ergebn. Nieder!. Ost-Indien, Vol. 1, p. 38.
3) In: Eec. Ind. Mus., Vol. 2, p. 25.
564 N. Annandale,
spicules — the latter perbaps not a very importance difterence ^
while in S. sumatrana and S. indica there is only one layer of spicules
on tlie gemmule. S. navicella Carter, from the Amazons, seems also
to be an allied form, but is distingnished by the shape of its gemmule
spicules, especially those nearest the gemmule; for the gemmule
spicules are stated to differ in accordance with their position as
regards the gemmule. A similar difference in the gemmule spicules
of different layers was noticed by Carter in S. homhaijensis and is
easily detected in some gemmules. In others, however, it is not
perceptible, and I believe that it is due to the fact that the outer
spicules do not alvvays reach the same perfection of development
as those which are formed first and are therefore nearer the
gemmule.
The specimens collected by Prof. Weber in Natal and those
collected by myself in the Bombay Presidency were both obtained
in the month of November. It is therefore very interesting to
compare them from a biological point of view. In so doing it must
be remembered that while in S. Africa November is near the
beginning of summer, in India it is at the beginning of the "cold
weather", that is to say both the coolest and the driest season of
the year. The lake in which my specimens were obtained had. at
the time when they were collected, already sunk some inches below
its highest level, leaving bare a gently sloping bank of small stones.
Adhering to the lower surface of these stones I found many small
patches of Spongüla bomhayensis, quite dry but complete so far as
their harder parts were concerned and with the gemmules fully
formed at their base. From the shallow water at the edge of the
lake I took many similar stones which still remained submerged.
It was evident that the sponge had been just as abundant on their
lower surface as on that of the stones which were now dry; but
only the gemmules remained, sometimes with a few skeleton spicules
adhering to them. The bulk of the skeleton had fallen away and
the parenchyma had wholly perished. In a few instances a small
sponge, one or two millimetres in diameter, had already been formed
among the gemmules; but these young sponges appeared to belong
to some other species, possibly SpongiUa indica, which was also
common in the lake.
Carter's^) specimen of S. hombaijensis, which was evidently in
1) In: Ann. Mag. nat. Hist. (5), Vol. 10, p. 369 (1882).
Fauna von Süd-Afrika. 565
mucli tlie sanie conditioii as tliose I fouud still submerged a month
later, was takeii in October in a disnsed quarry. It was surrounded
by a mass of S. carteri three inches in diameter, and was attaclied
to a lierbaceous annual. The point on tlie edg'e of tlie quarry at
whicli tliis plant grew was not reaclied by the water until July.
It is tlierefore necessary to assunie tliat the genimules of S. hom-
hayensis had been formed between July and October. Probably the
larva of the spong-e had settled down on the i)lant during the
"rains" — which commence in Bomba}- about tlie beginning of
June — and had grown rapidly. The production of gemmules
may have been bi'ought about owing to the sponge being choked
by the more vigorous growth of S. carteri ^), a species which grows
to a considerable size in a comparatively short time, while S. honi-
haijcnsis apparently never reaches a thickness of niore tlian a few
millimetres.
In India the season of greatest vegetative activity in most
freshwater sponges is the cold weather. S. carteri, the conimonest
species, as a rule dies down in spring, after producing both gonads
and gemmules. The larvae settle and in some cases grow to a
considerable size during the hot weather and the succeeding "rains".
A very large proportion. however, appear to perish. The gemmules
remain quiescent until the temperature sinks in October or November,
and then sprout. It is rare to find gemmules in growing sponges
of this species during the period between March and October. In
September and October eggs are often produced. Gemmules are
produced at all seasons by sponges actually undergoing desiccation,
which occurs most commonly in December, January and February;
in those sponges which remained submerged, gemmules as a rule
commence to develop in February or ]\rarch. Many otlier freshwater
sponges (e. g., S. alba, S. crassissima and Ephydatia ■meyeni] have a
similar annual history in the Calcutta "'tanks" or pouds, but some
small species (e. g., S. proliferens), the life of the individual sponge
of whicli is very short, continue to produce gemmules throughout
the year and apparently do not develop gonads, while others (e. g.,
TrocliospowjiUa latouchiana) as a rule are found only during the
"rains", apparently because they frequent positions near the surface
1) The largest speciraen I have seen forms an irregulär mass 30 cm
long, 26 cm broad and about 28 cm deep ; but this is perhaps the com-
bined growth of several years.
566 ^- Annandale,
of the water or tlie edge of tlie pond wliich are left diy early in
the cold weatlier. It is probable that S. homhaijensis resembles these
last species in its habits. The manner in which its gemmules are
fastened to the solid support of the spong-e must be particularly
usefiil in enabling^ them to sprout in a convenient environment as
soon as the water reaches them, This is probabl}' the case also as
regards S. sumafrana and S. indica, althoiij^h there is some evidence
that the latter species flourishes in the cold weather rather than
the "rains", and it is noteworthy that in all these three species the
skeleton. althougii somewhat compact owing to the large number of
spicnles of which it is composed, is incoherent. The fact that the
gemnmles remain fixed withont its support, renders it unnecessary
for the Kskeleton to persist as a cage containing them (or at any
rate a proportion of them) duriiig the period of hibernation or aesti-
vation as the case may be.
Prof. Weber's specimens of S. homhayensis were collected in a
river. apparently on stones or rocks, towards the beg-inning- of the
S. African summer. They contain comparatively few g-emmules and
were evidently in a vigorous condition as regards vegetative growth.
Unfortunately we know nothing of the seasonal changes which take
place in fresh water sponges in S. Africa. bat the general difference
between these changes in Europe and in India shows that they are
dependent on the environment as well as the idiosyncrasy of the
species. It is very interesting, therefore, to see that the condition
of sponges taken in S. Africa differs so widel}^ from that of other
individuals of the same species taken in India at the same season.
In Prof. AVebee's specimens I liave foimd numerous small tnbules
€f inorganic debris. These appear to be the work of Chironomid
larvae, of which there are several specimens loose in the bottle
containing the sponges. Other tubiiles of a very similar appearance
but with a delicate chitinoid foundation appear to be the remains
of a species of Plmnatclla of which they occasionally contain a stato-
blast. The statoblasts are large, elongated and broadly rounded at
the ends, the sides being parallel or nearly so. The swim-riug is
very narrow, especially at the sides; the following are the measure-
ments of one of the statoblasts: Length 0,4128 mm, breadth 0,2064 mm;
length of central capsule 0,3268 mm, breadth of central capsuie
0,1892 mm. I do not think it possible to identify the species of
this genus by means of the statoblast alone, and all that can be
Said of the other characters of the form to which this particular
Fauna von Süd-Afrika. 567
statobhist belongs is that tlie zooecia are narrow, delicate, encrusted
with iiiorgaiiic particles. not agglutinated togetlier or rising- from
the Support in a vertical position and parallel to one anotlier, but
apparently recumbent in the substance of the sponge. The species of
PlumateJla most commonly associated with sponges, both in Europe and
India, is P. fruticosa, the ^^coralloides'' phase of which appears to be
specially adapted for this mode of life, its tubules growing outwards
throiigh the substance of the sponge in such a way that their distal
extremities project from its surface, I do not think, however, that
the Plumatdla in Prof. Webee's specimens from the Cape belonged
to this species, which is more often found associated with sponges
of more vigorous growth such as S. carteri and S. Jacustris. In
specimens of an Ephydatia from Java, sent me by Prof. Weber, I
found flourishing colonies of P. javanica Keaepelin — a species
which also occurs in Calcutta — growing much in the same way
as the one in the S. African sponge of the same genus must have
done.
Genus Ephydatia Gray.
Ephydatia fluiriatilis auctorum.
E. fluriatüis rar. capensis Kirkpateick, in: Ann. Mag. nat. Hist. (7),
Vol. 20, p. 523, fig. 1—8 (1907).
Specimens obtained by Prof. Weber in the ßiver Komenassie
near Oudtshoorn, Cape Colony, should probably be assigned to
Kiekpatrick's recently described variety. Variation, however, is so
inconstant in this species that it is difficult to recognize "varieties".
The majority of the birotulates in Prof. Webee's specimens have
smooth shafts, but occasionally it is possible to find one in which
the shaft bears one or two long, stout spines standing out at right
angles to it. I have not seen a spicule, however, in which these
spines are so numerous or so regularly arranged as in one of those
figured by Kiekpateick (op. cit, fig. 7). In Prof. Webee's specimens
the skeleton spicules are smooth and the vesicular cells which form
so conspicuous a feature of Ephydatia mälleri and its Indian repre-
sentative E. meyeni Caetee, are absent. The following are the
measurements of the spicules in Prof. Webee's specimens:
Skeleton spicule 0,340 mm X 0,013 mm
Gemmule spicule (length) 0,024 mm
Diameter of rotule 0,018 mm
568 N. Annandale, Fauna von Süd-Afrika.
This appears to be the only freshwater sponge hitherto recorded
from Africa south of the Zambesi. In Eiirope and X. America the
species is one of the commonest, and it has also been recorded from
Australia and the Malay Archipelago. Its nearest ally as yet known
from India is L\ meyeni (Caktek), whicli is, however, more closely
allied to E. mülleri Leberkühn. Weltner ^), indeed, regards it as
a variety of that species and is probably correct in so doing.
1) In: Arch. Naturg., 1895, Bd. 1, p. 123.
Bruno Klaptocz.
Nachruf.
Bruno Heemann Franz Klaptocz wurde am 30. August 1882
in AVien als zweiter 8ohii des Dr. Jakob Klaptocz, Advokat, und
dessen Ehefrau Marie g-eb. Wiesner geboren. Er absolvierte die
Volksscliule in St. Peter in der Au bei Seitenstetten in Nieder-
österreich, das Untergjmnasium auf der Landstraße in Wien und
das Obergymnasium in Krumau in Böhmen, das er nach sehr gut
bestandener Maturitätsprüfung 1901 verließ, um in Wien die Uni-
versität zu beziehen, wo er Naturwissenschaften, in erster Linie
Zoologie studierte. Am 19. Juli 1905 wurde er mit der Dissertation
„Neue Phyllobothriden ans Notidanus (Hexanchus) griseus" zum
Doktor der Philosophie promoviert.
Auch nach der Promotion arbeitete er bei Herrn Prof. Grobben
im I. zoologischen Institut, wo seine Dissertation entstanden war
und wo er, namentlich nach dem Hinscheiden seines Vaters, den
größten Teil des Tages, von gelegentlichen Ausflügen abgesehen,
unermüdlich seinen Untersuchungen sich widmete, und zwar be-
schäftigte er sich als spezieller Schüler von Herrn Prof Pintner
vorwiegend mit Cestoden ^) ; er bearbeitete auch den größten Teil
des Cestoden-Materials, welches von Dr. F. Werner aus dem Sudan
mitgebracht wurde. Nebenbei befaßte er sich auch eifrig mit der
Systematik der Säugetiere, speziell der paläarktischen und mit der
Geographie und Faunistik Nord-Afrikas. Im Sommer 1906 trat er
1) Ein vollständiges Verzeichnis seiner zoologischen Arbeiten ist dem
in den „Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereines an der Universität
Wien-, Jg. 6, 1908, No. 9/10, p. 130—132 erschienenen Nachrufe an-
geschlossen.
570 Nachruf.
die wohlvorbereitete zoologische Forschung-sreise nach Tripolis und
Barka au, deren Ergebnisse in dieser Zeitschrift zur Publikation
gelangen. Den Abschluß dieser Reihe von Arbeiten, ja auch das
Erscheinen seines eignen Anteiles daran, nämlich der Abhandlung
„Physiographische und faunistische Züge einzelner Teile von Tripolis
und Barka", sowie der Bearbeitung der Säugetiere (beide im Manu-
skript fertig vorliegend) sollte er nicht erleben. Auf einer Ex-
kursion in das Dachsteingebiet in Ober-Österreich fand er durch
Absturz vom Torstein, wahrscheinlich am 23. Juli 1908, einen jähen
Tod. Seine Leiche wurde erst am 6. August mit gebrochenem
Genick und Schädelbruch unter der „Eisrinne" am Torstein auf-
gefunden und in Gosau am 8. August zur ewigen Ruhe gebettet.
Klaptocz berechtigte nicht nur als eifriger, gewissenhafter und
kenntnisreicher Zoologe, sondern auch als ausdauernder und un-
erschrockener Forschungsreisender zu den besten Hoffnungen für
die Zukunft. Die unter großen Schwierigkeiten im Hochsommer aus-
geführte Erforschung des Gharian-Gebirges in Tripolis legt für seine,
außerordentliche Energie genügend Zeugnis ab. Durch seinen recht-
schaffenen Charakter, seine gründlichen Kenntnisse und sein ein-
faches, schlichtes, jeder Pose abholdes Wesen erwarb er sich die
aufrichtige und dauernde Freundschaft der wenigen Personen, die
den etwas verschlossenen jungen Mann näher kennen lernten. Nun
ruht er inmitten der von ihm so sehr geliebten Berge, in denen er
seinen Tod fand.
F. Weenee.
Nachdruck verboten.
Übertetzungsrecht vorbehalten.
Physiographische und faimistische Züge einzelner
Teile von Tripolis und Barka.
Von
Dr. Bruno Klaptocz f.
Mit Tafel 28 29.
Während in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts,
besonders in den letzten Dezennien desselben, Algerien, Tunesien
und Ägypten mit dem Vordringen der Kultur auch der Wissenschaft
erschlossen wurden, so daß wir sie heutzutage besser kennen als
gewisse Teile Europas, sind die übrigen nord-afrikanischen Küsten-
länder, nämlich Marokko und das Gebiet von der kleinen Syrte bis
Ägypten, fast gänzlich von der Forschung vernachlässigt worden.
Tatsächlich ist zurzeit die Mehrheit der überseeischen Küsten-
länder weit genauer bekannt als die zwei eben genannten, verhältnis-
mäßig so nahe gelegenen Territorien.
Insbesondere in zoologischer Hinsicht sind die Kenntnisse dieser
Länder sehr beschränkte und unzusammenhängende, und die zoo-
logische Literatur verzeichnet fast nur die Ergebnisse des sehr
nebensächlich betriebenen Sammeins älterer geographischer For-
schungsreisender sowie die meist recht kärglichen Resultate ge-
legentlicher Besucher oder zeitweiliger Bewohner der großem
Küstenorte.
So schien eine, wenn auch zeitlich beschränkte, zoologische
Untersuchung der am leichtesten zugänglichen Teile von Tripolis
und Barka recht aussichtsreich zu sein und namentlich auch in
zoogeographischer Hinsicht auf interessante Ergebnisse rechnen zu
572 Bruno Klaptocz,
können und dies um so mehr, da ja die g'enüg-end genau bekannten
Faunen der westlichen und östlichen Grenzländer mannigfach diife-
rieren. Die Ermöglichung dieses Planes verdanke ich der Ver-
leihung des Freiherr von ToDESCo'schen Stipendiums, wofür ich
dem damaligen Rektor, Sr. Magnificenz Herrn Hofrat Prof. Dr.
E. V. Phillipovich, dem hohen Professorenkollegium der i)]iilo-
sophischen Fakultät der Universität in Wien und insbesondere
meinem verehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. Kael Grobben den
aufrichtigsten Dank schulde. Hier sei es mir auch gestattet,
allen denen, die mich an Ort und Stelle unterstützten, den wärmsten
Dank zu sagen: so in Tripolis dem k. k. Konsul Herrn Emilio Rossi
sowie auch insbesondere Herrn Richard Storch, der mich stets aus
dem reichen Schatz seiner während eines 7jährigen Aufenthaltes als
Exporteur von kleinen Säugern und Reptilien erworbenen Er-
fahrungen auf das uneigennützigste unterstützte; in Bengasi Herrn
N. Veenazza, dem Konsul der französischen Republik, der auch das
Amt eines k. k. Gereuten verwaltet, und in Dernah den Herren
Ragnar Rehndal, Nikolaj Tauber und Johann Rom, die damals
gerade die Errichtung einer Station für drahtlose Telegraphie am
genannten Orte beendeten und mir in jeder Weise auf das entgegen-
kommendste behilflich waren.
Mein Aufenthalt in den besuchten Gebieten fiel aus besondern
Gründen in den Hochsommer und den Anfang des Herbstes, eine
Jahreszeit, die wegen der großen Hitze und der durch sie ver-
ursachten großen Trockenheit und Dürre der ohnehin meist vege-
tations- und wasserarmen Länder wolil nur für Orthopteren und
Reptilien die günstigste genannt werden kann, für das Sammeln
mancher anderer Gruppen dagegen ebenso ungünstig, wenn nicht
noch ungünstiger sein dürfte als selbst der Winter. Vom 5. Juli
bis Mitte August 1906 arbeitete ich in Tripolis und in der Um-
gebung dieses Ortes in einem Umkreis von 20—25 km, etwa eine
Woche in der zweiten Hälfte des August in Dernah an der Nord-
küste der Ostseite der Halbinsel Barka (Cyrenaika), von den letzten
Tagen dieses Monats bis 10. September in Bengasi, der Hauptstadt
von Barka; an die Rückkehr nach Tripolis schloß sich dann vom
14. — 21. September eine Tour ins Gharian-Gebirge.
Gesammelt wurden möglichst alle Land- und Binnenwassertiere
mit Ausschluß der Vögel.
Die folgenden pli3\siographischen Bemerkungen dürften um so
willkommener sein, als es sich hier um teilweise überhaupt mangel-
Physiologische und faunistische Züge von Tripolis nncl Barka. 573
haft bekannte Gebiete handelt.^) Sie sollen nicht nur einen geo-
graphischen Schlüssel über die in den einzelnen Bearbeitungen an-
geführten Fundorte bilden, sondern auch über deren landschaftliche
(Boden-, Wasser-, Vegetations-) Verhältnisse orientieren. Daß manche
dieser Angaben nur für die Jahreszeit meines Aufent-
haltes Geltung liaben, braucht wohl nicht besonders hervor-
gehoben zu werden.
Physiographischer Teil.
Tripolis.
Die Umgebung der Stadt Tripolis.
Die Küste, von der ich nur die der Stadt zunächst gelegenen
Teile kennen lernte, ändert innerhalb dieser Grenzen ihren Charakter
mehrmals. Während der Teil, auf dem die alte, ummauerte Stadt
steht, felsig und einige Meter hoch ist, schließt sich unmittelbar im
Osten eine sehr flache und niedrige Strecke daran, der riesige Markt-
platz der Stadt, dessen Boden aus tiefem Sande besteht. Bald
darauf erhebt sich das Ufer wieder und erreicht bei dem großen
Friedhof mit den K ar am an li- Gräbern eine Höhe von 10 — 15 m;
hier ist es steil, stellenweise fast senkrecht. Auch auf der andern
Seite der Stadt wechselt die Gestalt des Ufers. Unmittelbar neben
den hohen Stadtmauern erreicht es unter Bildung eines schmalen
Ufersaumes plötzlich aufsteigend auf eine kurze Strecke eine Höhe
von 6 — 8 m, fällt aber dann nach "NA'esten rasch ab. Schon bei dem
200 — 300 Schritt westlich der Stadt gelegenen Judenfriedhof ist es
ganz niedrig. Erst an der Westgrenze der Oase von Tripolis, wo
Sandsteinbildungen an der Küste auftreten, wird es wieder höher.
Nach einem altern Plane der Stadt Tripolis zu urteilen, auf
dem die lange Nordmauer des Judenfriedhofes viel weiter vom Meere
ab liegt als heute, muß sich hier das Ufer in kurzer Zeit merklich
1) Die beste Übersichtskarte (aber immerhin und besonders in bezug
auf das Gharian-Gebirge noch recht fehlerhaft) ist wohl die neue englische
Karte: Africa 1:1000 000. Topographical section, General
Staff, Southampton 1905, sheet 7 (Tripoli) und sheet 8 (Ben-Ghazi).
Einzelne Angaben beziehen sich auf diese Karte. Verschieden von ihr
sind die Ortsnamen im Folgenden so geschrieben, daß ihre deutsche Les-
art mit der Aussprache möglichst zusammenfällt.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 37
574 Bruno Klaptocz,
gesenkt haben, etwas, was für die früher erwälinte flache Uferstrecke
im Bereiche des Marktes im Osten der Altstadt vollkommen er-
Aviesen ist.
Jetzt liegt die Basis der nördlichen Friedhofsmauer etwa
30—40 cm über dem Niveau der Flut und, in Anbetracht des all-
mählich ansteigenden Ufei-s, durchschnittlich 25 — 40 Schritt vom
Rande des Meeres.
Aber auch in anderer Hinsicht ist diese Stelle interessant. Hier
quellen nämlich, fast unter der Mauer, einige starke Süßwasseradern
auf. Die stärkste, nahe dem Westende der Mauer, liegt wie diese
im Sand und eilt in geradem, kurzen Laufe dem Meere zu. Die größere
östliche Hälfte der Friedhofsmauer steht dagegen auf felsigem Unter-
grunde, in dessen Spalten und pfannenartigen Bildungen das Wasser
der hier gelegenen Quellen sich verteilt und allmählich mit dem
Seewasser sich mischt.
Aber auch östlich der Nordostecke des Friedhofes, aber stadt-
wärts, liegen einige kleine Tümpel, deren Wasser, nach dem massen-
haften Auftreten von Wechselkröten und deren Kaulquappen zu
schließen, auf keinen Fall stark salzhaltig sein kann.
Nach der Bodenbeschaftenheit und der Vegetation läßt sich die
Umgebung der Stadt Tripolis ohne Zwang in folgende Kategorien
einteilen: Oase, Wüsten-Steppengebiet, sumpfige Gegenden und das
Gebiet der Steinbrüche von G her ran. Daß zwischen ihnen, nament-
lich zwischen der Steppe und den sumpfigen Gegenden Ain Sarah
und Endschila, Übergänge bestehen, ist selbstverständlich.
Oase.
Die wichtigste Oase ist die sogenannte Meschia, die mit ihrem
Westende die Stadt Tripolis selbst umschließt und sich von hier
entlang der Küste etwa 22—23 km nach Osten erstreckt, bei einer
wechselnden nord-südlichen Breite, die zwischen 2 und 5 km
schwanken dürfte. Außer ihr finden sich in der Nähe der Haupt-
stadt noch folgende Oasen: eine kleine Parzelle westlich des West-
endes der Meschia und unweit derselben; eine etwas größere an
der Nordseite der an die tunesische Grenze führenden Straße mit
dem etwa 9 km von Tripolis entfernten Ort Ghirg arisch; und
endlich die große Oase von Sansur, ein Ort, der auch an der
eben genannten Karawanenstraße, aber bereits 19 km im West-
südwesten der Stadt Tripolis liegt.
Der Charakter aller dieser Oasen ist derselbe, nur bieten die
Physiog-raphische iind faunistische Züge von Tripolis und Barka. 575
großem selbstverständlicJi mehr Abwechslung-. Die Mescliia z. ß.,
für die das Folgende vorziigiich Geltung hat, enthält außer der
Stadt Tripolis noch einige kleinere, meist im Osten an den
Jüngern Teil der Hauptstadt sich schließende Dörfer — darunter
Schar esschatt mit einzelnen gepflegten Gärten, der Landsitz
der in Tripolis ansässigen Europäer (hier auch „Rossi's Garten") —
sowie in ihrem östlichsten Teile den großen, langgestreckten Ort
Tadschura, der etwa 20 km von Tripolis liegt. Außerdem ist
sie mit einzelstehenden Gehöften, bewohnten wie leerstehenden und
zerfallenen, reich durchsetzt und enthält auch kleinere oder größere
freie Plätze, entweder kahler Lehmboden oder ein Stück gras-
bewachsener Steppe, und darunter auch die weite, von einer Zone
steifer Gräser umschlossene und am halben Weg zwischen Tripolis
und Tadschura gelegene Sandfläche von Meli aha, wo im Sommer
das beim Verdunsten des Wassers auf dem reinen Sand zurück-
bleibende Salz gewonnen wird. Die Meschia, die von weitem als
dichter Palmenwald erscheint, zerfällt gleich den übrigen Oasen in
eine Unzahl von Gärten, die gegeneinander wie gegen die die Oasen
kreuz und quer durchziehenden Kommunikationen — bald breite
Straßen, bald enge Wege, immer mit mehr oder minder sandreichem
Lehmboden — durch sandig-lehmige Mauern von einer Höhe bis
2 m abgegrenzt werden. Die Kronen dieser hellfarbigen Garten-
mauern, die an ihren steilen Böschungen nur geringen, oft gar keinen
Pflanzenwuchs aufweisen, sind in der Regel mit Opuntien bewachsen.
Diese Pflanzen erreichen zum Teil ganz bedeutende Dimensionen.
z. B. einen Stammdurchmesser von 25, ja 30 cm, streben dabei aber
fast gar nicht in die Höhe.
Außer der überall dominierenden Dattelpalme finden sich von
Bäumen und baumartigen Gewächsen vornehmlich noch Feigen,
Citronen-, Orangen-, Granatapfel- und Ölbäume. Die Rebe ist eben-
falls allgemein verbreitet.
Von den übrigen Kulturpflanzen herrschen Mais und Luzernklee
vor. Namentlich letzterer, der, als Viehfutter gebaut, weite Strecken
bedeckt, verdient hervorgehoben zu werden, weil es die einzige,,
allenthalben in den Oasen kultivierte Pflanze ist, die im Sommer
blüht und Insecten anlockt. Blumen finden sich um diese Jahreszeit
nur in den wenigen Gärten der Landhäuser sowie in den kleinen,
parkartigen Anlagen der Stadt, wo sie sorgfältig gepflegt werden
müssen, abgesehen von einer wilden, großblütigen, gelben Papaveracee,
die sehr lokal, namentlich in der Nähe des Judenfriedhofes, auftritt
37*
576 Bruno Klaptocz,
und hauptsächlich von Hymenupteren besucht wird. Außer Klee
und Mais werden hauptsächlich noch Zwiebelgewächse. Tomaten,
Wassermelonen und spanischer Pfeffer bezogen, seltner andere Pflanzen,
darunter die Kartoffel
Vielen Kulturgewächsen mag der lehmige Boden nicht genügen,
den meisten aber wird die trockene Hitze des Sommers nachteilig
sein; gegen diese, welche die lehmigen Umfassungsmauern der
Gärten oft so zerklüftet, daß man unschwer mächtige Schollen ab-
lösen kann, anzukämpfen, ist die Hauptarbeit des Oasenbewohners,
der man ihn auch den größten Teil des Tages nachgehen sieht.
Das Mittel dazu sind Cisternenbrunnen A'on derselben Beschaffenheit
wie in den Oasen von Algerien und Tunesien, die aber deshalb eine
genauere Erörterung verdienen, weil sie als die einzigen Orte, an
denen sich in den Oasen bei Tripolis offenes Süßwasser findet, für
das Vorkommen vieler aus Wasser gebundener Tierformen von aus-
schlaggebender Bedeutung sind. Zu beiden Seiten einer offenen,
tiefen, kreisrunden, seltner quadratischen Cisterne erheben sich zwei
aus Stein erbaute, ziemlich hohe Pfeiler (seltner zwei Palmstamm-
gerüste), an denen die einfache, aber sinnreiche, meist von Kindern
betriebene Schöpfvorrichtung angebracht ist. Mittels derselben wird
das Wasser in ein unmittelbar vor der Cisterne gelegenes, aus-
gemauertes Bassin von rechteckiger oder quadratischer Gestalt mit
einer Seitenlänge von 4 — 5 m und einer durchschnittlichen Tiefe
von einem halben Meter gegossen. An den Seiten dieses Beckens
und nahe dem Grunde desselben, der etwas höher liegt als das
Niveau der Umgebung, die bewässert werden soll, befinden sich
Abzugslöcher, welche das Wasser, das dann weiterhin mittels eines
reich verzweigten Systems fußtiefer Furchen auf den Feldern ver-
teilt wird, nach einer beliebigen Richtung abzuleiten gestatten.
Diese Becken bieten z. T. günstigere Bedingungen für wasser-
bewohnende Organismen als die schwerer zugänglichen, tiefen
Cisternen, deren Wasserspiegel mehrere Meter unter dem Niveau
der Umgebung liegt; denn viele von ihnen bleiben längere Zeit bis
zum Rande gefüllt, und bei den meisten sind die Abzugslöcher etwas
über dem Boden angebracht, so daß, da außerdem ihr Boden kaum
jemals völlig eben ist, eine 3—8 cm hohe Wasserschicht überhaupt
nicht abfließen kann. Diese ist nun der vollen Einwirkung der
Sonne ausgesetzt und bietet, zusammen mit dem ebenfalls einige
Zentimeter hohen Bodenschlamme, der sich aus den verschiedensten
Physiographische und faunistisclie Züge von Tripolis und Barka. 577
organischen wie anorg-anisclien Abfällen gebildet hat, vielen wasser-
bewohnenden Organismen die besten Daseinsbedingungen.
Die Oasen der Umgebung von Tripolis tragen durchwegs die
Zeichen jahrtausendlanger menschlicher Einwirkung. Wasser findet
sich nur in den Brunnen. Steine fast ausschließlich in Gebäuden,
und die Vegetation ist, abgesehen von den Kulturpflanzen und die
Grenzen der Oasen sowie die von ihnen umschlossenen brachliegenden
oder wenigstens nicht bebauten Plätze ausgenommen, einförmig und
ärmlich.
In der Mescliia sind es namentlich die ungepflegten Friedhöfe,
die teilweise einer ziemlich reichen Vegetation nicht nutzbarer
Pflanzen, namentlich Gräser, Raum geben. An der Küste sind es
vornehmlich niedere Pflanzen, welche die freie Flora repräsentieren ;
an der Grenze der Meschia gegen die Steppe hin treten höhere
dornige Sträucher und unbewehrte Büsche mit rutenförmigen Zweigen
dazu, die von gewissen Tieren besonders bevorzugt zu werden
scheinen.
Manche dieser Pflanzen scheinen an die Grenze der Oase förmlicli
gebunden zu sein und in dieser selbst ebenso selten aufzutreten wie
auf Steppenboden.
W ü s t e n - S t e p p e n g e b i e t.
In diese Kategorie fällt der weitaus größte Teil der Umgebung
von Tripolis. Natürlich ist sie nicht einheitlich : denn hierher gehören
ebensogut die vollkommen vegetationslosen, formveränderlichen Sand-
dünen wie größere Strecken recht gut bewachsenen Lehmbodens.
Eine Grenze zwischen beiden läßt sich aber füglich nicht ziehen, da
nicht nur alle Übergänge vorhanden sind, sondern sogar der größte
Teil des ganzen Gebietes sich in der Mitte zwischen den beiden
Extremen hält.
Was zunächst die aus reinem Sande bestehenden Teile betrifft,
so treten sie meist in Form ausgedehnter und z. T. 10 — 15 m hoher,
gänzlich vegetationsloser Dünen auf, die zugleich die einzigen
namhaften Bodenerhebungen in der Umgebung von Tripolis dar-
stellen. Diese Dünen reichen im Süden und Südwesten am nächsten
an die Meschia heran und erstrecken sich im Westen von Tripolis
bis über die Strecke Ghirgarisch-Sansur. Sie hängen nicht etwa
alle zusammen, sondern zerfallen vielmehr in einzelne durch oft
weite Strecken von Steppenboden geschiedene Gruppen.
Ebene Strecken reinen Sandes sind ziemlich beschränkt und
578 Bruno Klaptocz,
finden sicli hau])tsärlilich an die Dünen anschließend, meist zwischen
oder ilmen. Sie gehen immer bald in festen Boden über, in den mehr
minder sandreichen Lehmboden, dessen Farbe gelblich bis gelblich-
gran, seltner und mehr lokal, auch rötlich ist.
Der bei weitem größte Teil des Gebiets um Tripolis ist offener
Lehmboden und auch der Autbau der Dünen auf lehmigem Grunde,
oft sogar auf einem niedrigen lehmigen Sockel ist fast immer klar
ersichtlich. Gegen die Küste im Westen der Oase von Tripolis
geht er in den stellenweise stark übersandeten Sandstein über.
Außer an der Küste tritt meines Wissens Gestein nur bei Ghir-
garisch zutage, wo es offenkundig gebrochen wurde, sowie nörd-
licli der Strecke Ghirgarisch-Sansur, wo der überhaupt sehr feste
Boden hier und da kaum über seine Fläche tretende und scheinbar
feste Gesteinselemente geringen Umfanges erkennen läßt. Von den
ebenfalls hier gelegenen Steinbrüchen von Gherran sehe ich einst-
weilen ab.
Größerer Niveauunterschiede gänzlich entbehrend ist der Lehm-
boden an kleinen Unebenheiten und Vertiefungen desto reicher.
Außer grubenartigen Vertiefungen verschiedener Größe sowie zahl-
reichen Rissen, Rinnen und Furchen von wechselnder Ausdehnung
treten, namentlich in der südlichen und südwestlichen Nachbarschaft
des Westendes der Meschia, kleine Erhabenheiten von zweierlei
Art auf: niedrige, der Hauptsache nach aus Lehm bestehende von
unregelmäßiger Gestalt, scheinbar die letzten Reste ausgedehnterer
vom Winde zerstörter Bodenerhebungen, die aber kein weiteres
Interesse beanspruchen, und andrerseits hauptsächlich sandige,
0,5 — 2 m hohe Hügelchen, meist von der regelmäßigen Gestalt eines
Kegels, welche durch die auf ihnen wachsenden Pflanzen, vornehmlich
Gräser, gefestigt werden. Diese Hügelchen sind als der Wohnort
und Lieblingsaufen tlialt mancher Tiere bemerkenswert. Daß die
sommerliche Vegetation auf einem so armen, sonnenverbrannten
Boden, der durch Monate keinen Tropfen Wasser empfängt, wohl
aber außer unter der stetigen Glut der Sonne oft tagelang unter
dem verderblichen Einfluß des alles verdorrenden Giblili. wie hier
der südliche Wüstenwind heißt, leidet, daß die Vegetation auf einem
solchen Boden nicht reichhaltig ist, kann nicht verwundern. Größten-
teils besteht sie aus steifen, stachligen, bis halbmannshohen Gräsern,
die scheinbar sämtlich olnie Rücksicht auf die zum Teil auffälligen
Unterschiede als Haifa bezeichnet werden.
Hier und da ist die Vegetation etw^as reichhaltiger und mannig-
Physiographische uud faunistische Züge von Tripolis und Barka. 579
faltig-er, so an der Strecke Gliirgarisch-Sansur und iiamentlicli
an der Nordseite derselben, also in der Nähe der Küste. Hier ge-
deihen unter anderni auch viele über kniehohe Dornsträucher, die in
der heißen Zeit zwar blattlos sind, aber immerhin Abwechslung' in
das Landschaftsbild bringen.
Blühende Pflanzen sind im Sommer in der Steppe nnd Wüste
sehr selten: außer vereinzelten, niedern und unscheinbaren, gelben
Kompositen scheint um diese Zeit nur eine großblumige weiße Lilie
zu blühen, die auch an den trockensten, heißesten Stellen, an den
Südseiten der Dünen in reinem Sand, wo ihre riesigen Zwiebeln oft
zu 4 — 6 und mehr eng aneinanderliegen, gedeiht; Taginsecten
scheint sie nicht anzuziehen.
Im Frühjahr allerdings soll der Vegetationscharakter der Steppe
ein ganz anderer sein und sich namentlich durch eine große Zahl
blühender Pflanzen auszeichnen.
Sumpfige Gegenden.
"Wendet man sich von Tripolis nach Südosten, so gelangt
man, nachdem man die Meschia durchquert hat, auf einem viel-
begangenen, zunächst ein ganz kurzes Stück durch Sand führenden
Weg in ausgesprochenen Lehmboden mit leidlicher Steppenvegetation.
Nach Überschreitung einiger Bodenwellen sieht man plötzlicli eine
durch ihre dichte, frisch grüne Vegetation auffallende Senke vor
sich: die Gegend von Ain Sarah.
Westlich des Weges dehnt sich ein hoher Schilfwald, aus dem
vereinzelte Palmen und Palmgruppen aufragen, während sich eine
größere Zahl dieser Bäume an seiner Südgrenze hinzieht. Das
Röhricht verdeckt hier eine weite, teichartige Wasseransammlung
so dicht, daß man kaum eine offene Stelle finden kann; dabei ist der
Grund, auch am Rande des Wassers, sehr schlammig. Die Palmen,
die im Schilfe zu wachsen scheinen, stehen auf erhöhten, trocknen
lind deshalb meist schilffreien Teilen des Bodens,
Unmittelbar östlicli vom Wege liegt ein etwa 12 m hoher, durch
Palmen und einige andere Pflanzen gefestigter Sandhügel; an seiner
Nord- und Ostseite stehen auf trocknem Lehmboden außer Palmen
einige Öl- und Feigenbäume, während von seiner Südseite an der
Boden mit einem dichten Wüchse schilt- und binsenartiger Gewächse
bedeckt ist, die indes, wohl wegen der geringern Bodenfeuchtigkeit,
lange nicht jene Höhe erreichen wie die Rohrgewächse am eben ge-
nannten Teiche oder in dem aus Südosten kommenden Sj'stem von
580 Bhuno Klaptocz
Gräben, die hier und da eine kleine Wasserlache aufweisen. Da-
zwischen liegen vereinzelte, kleine, im Hommer nur wenig feuchte
und von hoher Vegetation freie Plätze mit einigen Steinen sowie
Teppichen dürrer Sphagnaceen oder ähnlicher Pflanzen.
Entlang des Weges zieht sich eine Reihe noch nicht sehr alter
künstlicher Gruben und kleiner Mauerwerke, die Anfänge einer nicht
vollendeten Wasserleitung.
Eine mit dem Gebiet von Ain Sarah in bezug auf Boden- und
Vegetationsverhältnisse und daher auch in der Fauna übereinstim-
mender Gegend, Endschila genannt, liegt südwestlich bis südöst-
lich der Oase von Sansur, die ihrerseits wiederum etwa 19 km
westsüdwestlich der Stadt Tripolis liegt.
Auch hier steht noch im Sommer stellenweise Wasser, wenn
auch weniger als in Ain Sarah; es findet sich am schlammigen, mit
Schilf und ähnlichen Gewächsen dicht bestandenen Grunde eines oft
grabenartigen Flußlaufes, der allerdings seinen Charakter öfters
ändert, da seine lehmigen, mit Gräsern gut bewachsenen Ufer —
an deren westlichem auch eine kleine Quelle liegt — bald 2—3 m
hoch und etwa 25 Schritt voneinander entfernt sind, bald wieder
sich verflachen und dann 50 Schritt, ja noch viel weiter auseinander-
treten; ihre Böschung ist dann kaum mehr wahrnehmbar.
Diese Lachen sind im Sommer die einzigen Rückstände einer in
der regnerischen Jahreszeit jedenfalls weit größern Wassermenge. ^)
Natürlich ist hier wie in Ain Sarah auch die Vegetation in
der Umgebung der versumpften Teile bedeutend reicher und reich-
haltiger als an andern Stellen der Steppe; den Hauptbestandteil
derselben bilden im Gebiet von Endschila sowie wahrscheinlich
auch auf der ganzen^) Verbindungsstrecke zwischen diesem und
Ain Sarah bis mannshohe Gräser.
Die Steinbrüche von Gherran.^)
Paralell zur Straße Ghirgarisch-Sansur und nördlich von ihr^
also der Küste nahe, liegt eine Reihe von großen, unregelmäßig
1) Auf der oben erwähnten Karte ist in dieser Gegend sogar ein
4 km langer und 2 km breiter See oder Sumpf gezeichnet.
2) RoHLFS, Geehaed, Kufra, Leipzig 1881, p. 96.
3) Auf der o. z. wie auch auf andern Karten ist Gherran als Ort-
schaft gezeichnet. Der Grund dafür liegt — da hier keine menschliche
Siedlung existiert — vielleicht darin, daß, wie ja dies im tripolitanisch-
Physiographiscbe und faunistische Züge von Tripolis und Barka. 581
gestalteten, aber meist in westüstliclier Richtung- gestreckten Boden-
vertiefungen, die Steinbrüche von G her ran. Heute kaum mehr
als solche verwendet, verdanken sie ihre jetzige Gestalt sicherlich
nicht ausschließlich menschlicher Tätigkeit. Die Sohle, sofern man
in Anbetracht des recht unebenen Bodens jener Bildungen von einer
solchen überhaupt sprechen kann, mag 8—15 und mehr Meter unter
der Fläche der umgebenden Steppe liegen, die hier einen festern
Boden aufweist als anderwärts und in ihm auch platten Fels, der
ganz in ihrem Niveau liegt. Die Wände der einzelnen Steinbrüche,
die sich am besten mit riesigen Gruben vergleichen lassen, sind ent-
weder steil und dann klüftereiche Felsen oder aber weniger stark
geneigt und dann erdig. Der Boden wird, soweit er nicht mit
Vegetation besetzt ist, von Steinen und Felsblöcken verschiedener
Größe bedeckt. Mitten in den einzelnen Steinbrüchen stehen oft
massive, aber an Spalten und Löchern reiche Felsgebilde, die mit-
unter nahezu bis zum Rande der Steppe aufragen und ebenso wie
die felsigen ^^'ände an ihrer Basis die Neigung zur Höhlenbildung
zeigen ; bei den isolierten Felsen entstehen dadurch bis über manns-
hohe Tunnels und überhängende Stellen, in den Wänden gallerieartige
Gänge sowie oft ziemlich geräumige Grotten und Kammern.
Die größte Höhle, im westlichsten Steinbruch gelegen, stellt
einen geräumigen, rechteckigen Saal mit ebenem Felsboden und
glatten Wänden dar, dessen Decke von 5—8 m hohen quadratischen
Pfeilern getragen wird. Die Gestalt mancher anderer H()hlungen
scheint wiederum von menschlicher Tätigkeit ganz unbeeintlußt zu
sein: niedrig und oft mit einer tiefen Schicht lockern Sandes am
Boden, steigt ihre Decke oft etwas an, bald senkt sie sich wieder
und ist dabei nicht nur an kleinen Unebenheiten — wie solche an
Sandsteinfels oft vorkommen — reich, sondern auch an röhren-
förmigen Gängen, die in der Regel nur einen Durchmesser von
wenigen Zentimetern besitzen, aber lang und oft verzweigt meist
senkrecht oder doch stark geneigt in dem die Decke bildenden Ge-
stein aufsteigen.
Den günstigen Verhältnissen, einerseits der geschützten Lage,
andrerseits der größern Nähe der wasserführenden Schichten ^) ent-
cyrenaischen Gebiet vielfach der Fall ist, die dortigen Höhlen zeitweise
bewohnt wurden und wohl noch werden.
1) An der nahen Küste tritt Süßwasser zutage. Die tiefsten Teile
der Steinbrüche können nur wenig über der Seehöhe liegen.
582 Bruno Klaptocz,
spricht auch eine gegenüber der umgebenden Steppe reicliere und im
Sommer wenigstens viel frischere Vegetation.
Bäume Avachsen zwar nicht, dafür aber viele Sträucher, die
großenteils dornige kleine Gestrüppe zusammensetzen und ungleich den
niedrigen Dornbüschen der liölier gelegenen Umgebung auch im
Sommer ilire Blätter behalten. Einen großen Teil der scheinbar
ziemlich artenreichen Vegetation machen auch Gräser aus, die aber
nicht so steif sind wie die der Steppe.
Mit dem Cliarakter dieser eigentümlichen Formation, der einzigen
in der nähern Umgebung von Tripolis, die an Steinen. Felsen, Höhlen
und Klüften reich ist und sonach eine Aveitgehende Übereinstimmung
mit dem südlichen Gebirge aufweist, steht natürlich auch die Zu-
sammensetzung ihrer tierischen Bewohnerschaft in Zusammenhang.
Die Gegend südlich von Tripolis bis zum
G h a r i a n - G e b i r g e. ^)
Die Gegend zwischen Endschila und dem 45 — 55 km südlich
der Küste und an einem der meistbegangenen Wege Tripolis-
Gharian gelegenen Fort Assisia zeigt eine weitgehende Über-
einstimmung mit der nähern Umgebung von Tripolis. Auch
liier wechseln sandige Partien mit weit ausgedehntem lehmigen
Strecken ab.
Die Vegetation der Steppe nimmt, sowohl was Zahl wie Mannig-
faltigkeit der Formen anlangt, nach Süden zu ; das Land, ist hier
stellenweise mit niedrigen Sträuchern bewachsen, weist aber hier und
da auch größere Büsche, selbst verwilderte Opuntien, auf. Das Nutz-
land beschränkt sich auf zerstreute Dattelhaine und „Gärten".
Bei Assisia ändert sich der Charakter des Landes, der soge-
nannten Dschefara- Ebene. Von hier bis zum Fuß des Gebirges
gibt es fast keine lockern Sandmassen mehr; der harte Lehmboden
weist vereinzelte Steine auf, die um so zahlreicher und größer werden
je mehr man sich dem Gebirge nähert.
Für ein großes Gebiet typisch ist folgende Formation, die von
ihrer nördlichen beim Kastell Assisia gelegenen Grenze sich nahezu
ununterbrochen bis zum Fuß der Felsen hinzieht und vom Weg
1) Diese Angaben gelten direkt zwar nur für die Umgebung der
Wege Tripolis-Assisia, Assisia-Dschebel Montrus sowie von Assisia bis zu
dem [Punkte, wo der direkte Weg nach Gharian das Gebirge betritt,
dürften aber bei der Gleichförmigkeit dieses Gebietes von allgemeiner
Gültigkeit sein.
Physiologische und faunistische Züge von Tripolis und Barka. 583
Assisia-Gliariaii durcliquert wird: Sträucher oder öfter Strauch-
inseln von meist kreisrunder Gestalt, 4—8 Schritt Durchmesser und
2—3 m Höhe stehen oft in so geringen Abständen, daß sie den Aus-
blick schon auf kleine Entfernungen hemmen. Sie werden aus-
schließlich von einer mit kräftigen Dornen bewehrten Pflanzenart ^)
zusammengesetzt, die infolge des dichten AVuchses und der ziemlich
dunklen, ledrigen Blätter mit dem hellen Boden lebhaft kontrastieren.
Auch der von diesen Buschinseln — von denen viele auf einem oft
einige ])ezimeter hohen Lehmsockel stehen — freigelassene Boden
ist verhältnismäßig gut bewachsen mit z. T. über 1 m hohen Stauden.
In dieser Gegend liegt außer verstreuten Siedlungen das Funduk
Ergeat, ein von Mauern umschlossener Platz, der den Reisenden
zum Übernachten dient.
Verfolgt man die Richtung Assisia-Dschebel Montrus -),
so erreicht man in ungefähr 3 Stunden das Ende dieser Buschland-
schaft und betritt eine weite freie Ebene, die später vom Wadi
Rum an a, einem scharf ausgeprägten, im Sommer trocknen Fluß-
laufe mit Schotterboden, durchschnitten wird. Die Vegetation dieser
Ebene besteht der Hauptsache nach aus knie- bis hüfthohen Kräutern
und Stauden, die bald dichter, bald spärlicher auftreten. Hier und
da steht ein vereinzelter, wenige Meter hoher Baum ; mit Ausnahme
einer Akazie schienen alle diese Bäume dei'selben oder einer sehr
ähnlichen Art anzugehören wie die Dornsträucher der eben er-
wähnten Buschlandschaft.
Dschebel Gharian.
Das Gharian -Gebirge besteht in seiner Hauptmasse aus Sedi-
mentärgestein und Kalk; doch tritt dazwischen auch vielfach das
schon von weitem an seiner dunklen Farbe kenntliche vulkanische
Gestein auf, ja dieses bildet sogar die höchste Erhebung des ganzen
Stockes, den Dschebel T'kut (auf über 900 m geschätzt), der
1) Findet sich auch bei Tripolis selbst, größere Büsche am "Westrande
der Meschia und in den Steinbrüchen von Gherran, und ist Zizyphus lotus.
Auf das in Beschreibung stehende Gebiet bezieht sich die Angabe von
G. RoHLFS (Quer durch Afrika, Vol. 1, p. 31): „Bei den Eingeborenen
heißt die Staude Ssodr und nach ihr wird dieser ganze Distrikt von
Tripolitanien Ssodria genannt."
2) Auch Dschebel Montross, bei H. Bakth Manteruss wie
auf der o. z. Karte Manteris.
584 Bruno Klaptocz,
äliiilicli dem ebenfalls vulkanischen I) sehe bei Montrus an der
Nordseite des Gebirges nnd ziemlich isoliert liegt; mit dieser Iso-
lierung hängt auch eine individualisierte Gestalt dieser Gipfel zu-
sammen.
Das Hauptmassiv des Gebirges bietet hier und da wohl auch
steilere, sogar jähe Abfälle, namentlich an den Talseiten und gegen
Norden; allein eine zu wirklicher Gipfelbildung vorgeschrittene
Gliederung ihrer Teile vermissen wir. Die einzelnen Erhebungen
veilaufen meist kammförmig, oft von größern Plateaus ausgehend,
und hängen, nur durch die Täler gegliedert, untereinander zusammen.
Wo sich aber doch selbständige Erhebungen sedimentärer Natur
finden, wie z. B. südwestlich von Gharian. handelt es sich um
Kuppen von geringer Höhe und mit breitem Eücken.
Eine Eigentümlichkeit des Gharian- Gebirges besteht in seinem
Eeichtum an Höhlen. Allerdings sind diese Höhlen meist klein und
von so geringer Tiefe, daß auch die hintersten Teile dem Tageslichte
nicht völlig verschlossen bleiben; dafür sind sie aber zahlreich. Bei
der bekanntlich seit alten Zeiten troglodytenhaften Lebensweise der
Gebirgsbewohner ist sicherlich auch eine künstliche Ausgestaltung
mancher Höhlen vorgenommen worden.
Im westlichen Teile des Dschebel Gharian ^) und an seiner
Nordgrenze, am Nordausgang des Wadi el Ugla, steht der
Dschebel Montrus, eine gänzlich isolierte mit vulkanischen
Trümmern bedeckte Doppelpyramide. In seiner Umgebung ist der
Boden dicht mit Steinen und Blöcken bedeckt, und die höhere Vege-
tation beschränkt sich fast auf dieselben Sträucher und Bäumchen
wie in der Ebene nördlich vom Gebirge; nur zeichnen sich diese
Bäumchen hier wie auch weiter aufwärts im Wadi el Ugla durch
mehr oder minder knorrigen Wuchs des Stammes wie der Äste aus.
Sonst besteht die Baumvegetation dieses Tales fast nur aus Palmen,
die sowohl etwas oberhalb des Dschebel Montrus wie auch beim
Orte Sau ja, aber bloß an der Sohle gedeihen; dafür ist es aber
an Büschen, namentlich kleinern, ziemlich reich.
Das Wadi el Ugla zieht, bald sich verschmälernd, zwischen
ziemlich hohen felsigen Seiten mit einer wechselnden östlichen
l) Ich beschränke mich auf die genauere Beschreibung jener Teile,
an denen gesammelt wurde. — Dschebel hat bekanntlich die doppelte
Bedeutung von Gebirge (D. Gharian , einen Berg dieses Namens gibt
es nicht) und Berg (D. Montrus),
Physiograpbische und fannistisclie Züge von Tripolis und Barka. 585
Tendenz nach Süden und biegt dann, gleich oberhalb des Ortes
Sauja, fast rechtwinklig nach Westen um, so den unmittelbar im
Westen von Sauja gelegenen Dschebel Gosseba von zwei Seiten
begrenzend. Das Tal ist im Sommer vollkommen trocken, abgesehen
von einer an der Ostseite und etwas oberhalb vom Montrus ge-
legenen Quelle, die zwar ziemlich reichhaltig ist, aber nach kurzem
Laufe versiegt.
Der Dschebel Gosseba, dessen beide dem Wadi el Ugla
zugekehrten Flanken von mittlerer Steile und nicht einmal bis zur
halben Höhe mit Nutzpflanzen, hauptsächlich Oliven und Reben,
spärlich besetzt sind, trägt gleich dem ganzen Gharian-Gebirge
einen ausgesprochen felsig-steinigen Charakter. Im Gegensatz zu
vielen andern Teilen des Gebirges ist aber seine Vegetation, nament-
lich in den obern Partien, ziemlich reichhaltig; Bäume und zwar
Johannisbrotbäume finden sich hier allerdings nur am Gipfel, avo
auch einzelne schroffe Felsgebilde auftreten.
Etwa in der Mitte zwischen der vorhin erwähnten Quelle und
dem südlich von ihr gelegenen Orte Sauja geht vom A\'adi el
Ugla nach Osten ein Seitental ab, das nahe seiner Mündung einige
trübe Lachen von geringer Größe und etwas weiter einige kleine
Höhlen aufweist. Die Vegetation dieses in seinem obern Teile
sich verbreiternden Tales besteht größtenteils aus niedern Pflanzen
und im Sommer blattlosen Dornsträuchern , die aber nur einen
geringen Teil des steinübersäten Felsbodens einnehmen. Hier und da
steht ein beblätterter Strauch oder Baum, und an Stellen, wo der
Boden es erlaubt, ist auch wohl ein primitiver, wie im Karst mit
einer Steinmauer umgebener Garten angelegt. Durch dieses Tal
führt der Weg aus dem Wadi el Ugla nach Gharian.
Hat man die Höhe des Talschlusses erreicht, so ändert sich das
Gelände mit einem Schlag : man befindet sich am Plateau von Gharian.
Dieses Plateau, dessen Höhe gegen 600 m betragen soll, fällt nach
Norden steil, nach Süden allmählich und nach Osten unter einem
Winkel von etwa 30** gegen eine tiefere, weit größere Terrasse, die
sich bis zum Nordrande des Gebirges erstreckt. Abgesehen von einem
kleinen, kahlen, felsigen Teile, der sich zwischen dem Orte Gharian
und dem am Nordabfall gelegenen Kastell erstreckt und den Luft-
strömungen besonders ausgesetzt ist, stellt das ganze Plateau von
Gharian Kulturland dar. Der Boden, durch den die Wege meist
zwischen den hohen, erdigen Gartenmauern, oft sogar hohlwegartig
eingeschnitten, führen, ist zwar an Steinen nicht arm, aber der
586 Bruno Klaptocz,
Hauptsache nach doch lehmig. Die verbreitetsten Kiilturge wachse
sind hier Oliven- und Feigenbäume und vor allem die Rebe.
Palmen findet man am Plateau nirgends; dagegen gedeihen sie
ausgezeichnet am Grunde des engen schluchtartigen Talanfanges un-
mittelbar neben dem Kastell, dem obersten Teile des Wadi Ru-
mana, der aus einer jedenfalls ziemlich dicken Hurausschicht be-
steht und von einer ergiebigen Quelle gespeist wird. Hier stehen
auch einige Walnuß- und Birnbäume (vor längerer Zeit von einem
Pascha gepflanzt) neben Johannisbrotbäumen, Reben und andern
Nutzgewächsen. Bei der geschützten Lage und den sonstigen
außerordentlich günstigen Bedingungen gedeiht alles in tropischer
Üppigkeit, und die Bäume bilden ein dichtes, stellenweise selbst für
diese Sonne undurchdringliches Laubdach.
Ahnlich günstige Verhältnisse bietet noch eine zweite, Mimuna
genannte Stelle, die von noch geringerer Ausdehnung als die eben
erwähnte gleich ihr in der nächsten Nähe vom Ort Gharian und am
Nordabfall des Plateaus liegt. Hier treten in der Verschneidung
zweier Flächen des ziemlich steilen Abfalles einige nahe aneinander
gelegene Quellen hervor, die, im Sommer nur wenig ergiebig, kleine
Tümpel bilden und nach kurzem Laufe in rechteckigen gegrabenen
oder gemauerten Bassins aufgefangen werden. Auch hier deckt den
felsigen Untergrund eine dunkle Humusschicht, die mit Obstbäumen
und andern Kulturgewächsen so dicht bepflanzt ist, daß auch dieser
kleine Fleck völligen Schatten genießt im Gegensatz zu den sonnen-
verbrannten Felslehnen der Umgebung. Hier sowie an den übrigen
Abfällen des Plateaus sind die felsigen Lehnen bald dichter, bald
spärlicher mit Staudenwerk und Gräsern bewachsen, Pflanzen, die
am Plateau selbst, das fast ausschließlich Nutzgewächse trägt, nur
in geringer Menge auftreten.
Ln Südwesten von Gharian und nicht sehr weit von diesem
Orte liegen einige sanft gerundete Kuppen von mäßiger Höhe, deren
eine als D s c h e b e 1 T e g r i n n a bezeichnet wird ; sie unterscheidet sich
von den andern durch nichts, wenn man davon absieht, daß auf ihrem
Scheitel ein Haufen großer Steine — von einem Bau stammend —
und unmittelbar unter demselben auf der Südseite die Öfthung einer
kleinen Höhle liegt, deren Boden aus tiefem Sand besteht. Alle
diese Kuppen sind kahl, d. h. jedes Baum- und Buschwuchses bar
und nur in geringem Maße mit sonnenverbrannten Gräsern und
andern niedrigen Pflanzen bewachsen; gleichwohl bergen sie unter
Physiog-raphische und faunistisclie Züge von Tripolis \;n(l ßarka. 587
der Unzahl der sie bedeckenden Steine und Blöcke ein reiches Tier-
leben.
Die bereits erwähnte 1. Terrasse stellt eine weite, auch nicht
völlig ebene Hochfläche dar, die hauptsächlich im Nordosten des
Plateaus von Gharian und merklich tiefer liegt als dieses; sie er-
streckt sich bis zu dem hier stellenweise sehr steilen, sogar wand-
artigen Nordabfall des Gebirges, der gleich ihr selbst vom Haupt-
weg Gharian — Tripolis durchquert wird und an weniger ge-
neigten Stellen eine ziemlich reiche Vegetation mannshoher Büsche
aufweist. Der Boden jener Terrasse ist hart, lehmig, an Wasser-
rissen und Steinen reich, dagegen au Pflanzen — von den Kultur-
gewächsen in der Umgebung der zerstreuten Siedlungen abgesehen
— arm. Bloß Ölbäume treten sehr zahlreich auf und verleihen be-
sonders im Süden und Osten des Dschebel T'kut der Landschaft
ein charakteristisches Gepräge: meist in größern Abständen von-
einander stehend, entwickeln sie breite, rundliche Kronen.
Von dieser Terrasse und etwa im Norden von Gharian ragt
der Dschebel T'kut auf, der Kulminationspunkt der ganzen
Gruppe (900 — 1000 m). Seine Gestalt ist die eines gestreckten, mit
der Öttnung ungefähr nach Osten gerichteten Hufeisens. Dort, wo
der nördliche Ast, der bei weitem höhere, nach Süden umbiegt, liegt
der höchste, von einem Marabut gekrönte Punkt. Die Farbe des
Gesteins ist, seiner vulkanischen Herkunft entsprechend, auffallend
dunkel.
Die Vegetation ist nicht gerade ärmlich: von baumartigen Ge-
wächsen gedeihen allerdings nur einige Ölbäume an den Lehnen;
dagegen sind diese sowie auch der Kamm des Berges, von Gräsern
und niedrigen Pflanzen abgesehen, mit Dornsträuchern, die teils
keine Blätter, teils weißdornähnliche aufwiesen, ziemlich dicht be-
standen. Und am Südhange des nördlichen Astes blühten Rosmarin-
sträucher, außer einer ebenfalls am Dschebel T'kut auftretenden
kleinen Zwiebelpflanze und Gräsern, die einzige nicht kultivierte
Pflanze, die im September im Gebirge blühend anzutretfen war.
Barka.
B e n g a s i.
In der Umgebung von B e n g a s i ist der Boden größtenteils steinig ;
der Küstensaum jedoch ist mit Ausnahme kurzer Strecken — vor
588 Bruno Klaptocz,
allem des Teiles, auf dem die Stadt steht. — mit Sand bedeckt, der
stellenweise, z. B. einige Kilometer im Norden der Stadt, in Form
verhältnismäßig- hoher und parallel zum Meeresufer streichender
Dünen auftritt.
Ebenso wie bei Tripolis und Dernali finden sich auch hier
Klippen in geringer Entfernung vom Strande.
Die einzige namhafte Gliederung, welche das Gestade in der
Umgebung von Bengasi erfährt, besteht darin, daß im Süden des
Ortes ein großes, aber sehr seichtes lagunenartiges Becken liegt,
dessen ^\'asserstand von der Windrichtung abhängig sein soll; immer
jedoch steht es durch einen kleinen Kanal mit der offenen See in
Verbindung, Seine Begrenzung gegen das Meer erfolgt durch die
sogenannte P u n t a , eine niedrige, sandige Landzunge, die unmittelbar
im Süden der Stadt entspringt. Die Vegetation der Punta be-
schränkt sich, von einigen andern niedrigen Pflanzen abgesehen,
auf Gräser, die sowohl in einigen kleinen Beständen wie auch in
Form einzelner Büsche auftreten. Am übrigen sandigen Gestade
wachsen fast durchgehends Palmen, die allerdings im Norden der
Stadt in der Entfernung von einigen Kilometern aussetzen, in der
Höhe des Sees von Sejanah aber wieder erscheinen; von den
übrigen hier auftretenden Pflanzen verdient besonders eine häufige,
auch bei Tripolis auf Sandboden an der Küste vorkommende
Euphorbia Erwähnung.
An einigen Stellen reicht der Sandboden auch etwas weiter
landein; so liegt der große Salzlachenkomplex unmittelbar im Osten
und Südosten der Stadt in Sandboden und ebenso auch eine andere
•ebenfalls ziemlich große Lache im Norden der Stadt.
Einige Schritte südöstlich der Stadt liegt zwischen der Salz-
lache im Osten von Bengasi und der eingangs erwähnten Lagune
die Gebäudeansammlung Sihdi Hossein und südlich von dieser
der neu aufstrebende Ort Berka. Die im Westen dieses Ortes be-
findliche Wasserfläche hängt bei höherem Wasserstande wohl mit
der nordöstlich von ihr liegenden Lagune zusammen.
Binnenwärts schließt sich an die sandbedeckten Teile harter,
größtenteils felsiger Boden an, der gegen das Innere des Landes
kaum merklich ansteigt. Die einzige erwähnenswerte Bodenerhebung
in der nähern Umgebung ist ein sanfter großenteils mit steifen
Gräsern bedeckter Rücken, der im Südosten knapp an der un-
mittelbar östlich der Stadt gelegenen Salzwasserlache hinzieht.
Diese letztere zerfällt im Sommer in zwei, durch einen niedern
Physiograpbische und fatinistische Züge von Tripolis und Barka. 589
Damm g-eschiedene Teile: einen südwestlichen, der eine weite
glit/^ernde Salzlläclie darstellt und sich bis Silidi Hossein er-
streckt, lind einen nordöstlichen, ein System von durchwegs sehr
seichten, mehr oder minder salzhaltigen Lachen mit sandigen, stellen-
weise auch schlammigen Boden, zwischen denen etwas höhere und dann
trockne lehmige Partien eingestreut sind. Dieser Teil ist reich
an steifen Gräsern und an den feuchten Stellen auch an Schilf-
wuchs. Im sandigen Boden treten hier auch einige Quellen empor,
die wohl eigentlich süß sind, aber beim Durchdringen des salz-
getränkten Bodens einen Salzgehalt aufnehmen, der immer stärker
wird, je weiter sie im Sande laufen.
Da an diesen Quellen Vieh getränkt wird, so sind sie z. T. zu
kleinen Becken erweitert, von denen aus ein kleiner Graben weiter-
führt ; doch verläuft sich das Wasser schon nach einer kurzen Strecke
im Sand. Diese kleinen und verhältnismäßig — 2 bis 4 dem — tiefen
Quellenbecken und -graben sind an submersen Wasserpflanzen und
an Tieren sehr reich, relativ viel reicher als die großen benachbarten
Lachen; dies mag sowohl auf den geringern Salzgehalt wie auch
darauf zurückzufahren sein, daß sie die nie versiegenden, durch
Zufluß immer erneuerten Reste des hohen Wasserstandes im Winter
und Frühjahr darstellen; es konzentriert sich sonach hier das Tier-
leben in weit höherm Maße als in den benachbarten, ungleich aus-
.gedehntern, aber weniger günstige Verhältnisse bietenden Lachen.
Südlich und östlich von dieser Gegend ist das Terrain durchwegs
mehr oder minder felsig und an kleinern Unebenheiten, großenteils
künstlichen Vertiefungen, reich. Es wurde hier viel Stein gebrochen.
Dies ist namentlich der Fall zu beiden Seiten einer engspurigen
Materialbahn, die vom Hafen von Bengasi ausgeht, an Sihdi
Hossein vorüberläuft und südöstlich von Berka endet. Östlich von
dieser kurzen Bahnlinie ist die Natur des Bodens Aveniger verändert
worden. Plattiger Kalkfels liegt hier im Niveau des Bodens unter-
mischt mit Steinen verschiedener Größe, die auch auf ihm, stellen-
weise sogar in großen Haufen — Überreste alter Bauten — liegen.
Die Zwischenräume und Spalten zwischen ihnen sind mit roter
lehmiger Erde erfüllt, der ..terra rossa", die hier und da auch nahezu
steinlose, schon von weitem an der Farbe auffallende, kleinere
Komplexe bildet. Aber auch hier ist die Vegetation in Anbetracht
der Trockenheit sehr dürftig und beschränkt sich auf niedere Pflanzen.
Bekannt ist das Auftreten von Dolinenbildungen in der Um-
gebung von Bengasi. An der Westseite einer derselben liegt die
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 3B
590 Bruno Klaptocz,
Öffnung des Dscliok. der berühmten Lethe, einer gestreckten
Höhle, deren Grund bis zu den beiderseits steilen Felswänden von
Wasser eingenommen ^Yird. Alle diese kesselartigen Vertiefungen
bieten der Vegetation einen doppelten Vorteil: geschützte Lage und
größere Bodenfeuchtigkeit, da ja ihr Grund dem unterirdisch laufenden
AVasser nahe liegt. So befindet sich gleich neben der fast nur mit
Dornbüschen bewachsenen Doline des Dschok eine andere größere^
deren Sohle üppigen, gepflegten Kulturboden darstellt.
Im allgfemeinen ist der Kulturboden in der Gegend von Bengasi
sehr beschränkt. Außer am Grunde natürlicher Terrainvertiefiingen
findet er sich hauptsächlich noch in Form von Gärten, die meist
von sehr (bis 8 m) hohen Steinmauern umgeben sind. Solche Gärten,
deren Produkte und Bewässerungsart durch Ziehbrunnen den Ver-
hältnissen in den Oasen bei Tripolis sehr nahekommen, finden
sich südöstlich vom Ende der vorhin erwähnten Bahn („Cameno's
Garten"). Auch unmittelbar im Norden schließen sich einige Palm-
gärten an die Stadt, und einige Kilometer weiter liegen etliche
Siedlungen in 'den Vertiefungen zwischen den Dünen. Der innere
Teil des Landes hat auch nördlich von Bengasi meist steinig-
felsigen Charakter mit vereinzelten steinernen, von Palmen um-
gebenen Gehöften. Aber zwischen diesem Gelände und den Dünen
der Küste breitet sich, einige Kilometer nördlich von der Stadt be-
ginnend, eine besondere Formation aus. Der relativ weiche Boden
ist zunächst mit Päckchen verschiedener niedriger Pflanzen bedeckt,
unter denen namentlich eine von Haloph3'tent3ii auffällt; weiterhin
tritt auf etwas feuchtem Boden ein Bestand breitblättriger schilf-
artiger Gewächse auf, untermischt mit einzelnen kleinen C3'pressen-
gebüschen.
Hier liegt eine große, aber wie gewöhnlich seichte und salz-
haltige Lache auf sandigem Boden. Weiter gegen Norden nehmen
die Gräser immer mehr ab und es entsteht so ein reiner, dichter
Cj'pressenbestand von durchschnittlich 1,5 m Höhe, der sich bis ans
Südufer des Sees von Sejanah (auch Siinah) erstreckt.
Diese tiefblaue Wasserfläche mit ihren flachen Felsufern ist die
einzige in der nähern Umgebung von Bengasi, die mit Rücksicht
auf ihre Tiefe die Bezeichnung See verdient, obwohl sie eigentlich
nur eine Meeresbucht darstellt ^), die von ihrem Südosteck aus gesehen
allerdings gegen das Meer durch Dünen abgeschlossen erscheint.
1) Nach Haimann, G,, Cyreuaica, Roma 1882, p. 100.
Phj'siograpliische und fannistische Züge von Tripolis und Barka. 591
Dieses Eck wird von einem gegen den Hauptteil des Sees durch
eine felsige Barriere abgegliedertes Becken gebildet, das einen
starken, direkt aus den Felsen kommenden Zufluß besitzt und seinen
Wasserüberschuß in ziemlich kräftiger Strömung durch die Spalten
und über die niedern Stellen der Barriere an das Hauptbecken
abgibt, dessen Oberfläche 30—40 cm tiefer liegt. Merkwürdigerweise
ist auch der Zufluß des obern Beckens schon stark salzhaltig.
Dernah.
Bei Dernah, dem zweitgrößten Ort der cyrenäischen Halbinsel,
tritt das Gebirge ans Meer. Die Küste ist, mit Ausnahme kurzer
sandiger und schottriger Strecken, felsig und im Osten der Stadt
hoch und oft senkrecht oder von der Brandung unterhöhlt ; hier fällt
nämlich die einem gleichbreiten Bande ähnliche Vorterrasse, die sich
nach Süden zum Bande des eigentlichen Plateaus erhebt, unmittelbar
ins Meer ab, während sie sich in dem sonst gleich gebauten, westlich
daran scliließenden Teile gegen eine allerdings ziemlich schmale Küsten-
ebene absetzt. Unmittelbar östlich von der Stadt und im östlichsten
Teile dieser Ebene liegt das Bett des untersten Teiles des Dernah -
Baches, dessen südliche Fortsetzung, der Wadi Dernah, das
Plateau in einer so markanten Weise durchschneidet, daß dieser
Einschnitt im Gebirge das Wahrzeichen Deruahs von hoher See
bildet. Die eigentliche Stadt liegt am Südrande dei- Ebene und höher
als diese, der Vorort Bu Mansur östlich vom Bachbett und an der
Ostgrenze der Ebene; und etwa nordwestlich von der Stadt steht der
Leuchtturm auf einem isolierten, felsigen und pflanzenarraen Hügel
an der Küste. Die Verbindungen dieser drei Punkte bezeichnen
etwa die Grenzen des Hauptkomplexes des Gartenlandes in der
Umgebung der Stadt, an das sich nach Westen hauptsächlich Felder
anschließen, soweit der trockne, großenteils felsige Boden dies er-
laubt. Innerhalb der bezeichneten Grenzen finden sich Felder nur
im nordwestlichen Teile, in der Umgebung der Station für drahtlose
Telegraphie; sie sind hauptsächlich mit Mais, Durrha, Tomaten,
Paprika und Klee bepflanzt.
Der ganze übrige Teil besteht aus Gärten, die, oft von hohen
Steinmauern umgeben, infolge der günstigen Feuchtigkeitsverhältnisse
eine üppige, dichten Schatten gebende Vegetation hervorbringen
(Bananen, an den Gartenmauern, an feuchten schattigen Stellen
Farne). Die Bewässerung dieser Gärten und der ihnen zunächst
gelegenen Felder erfolgt nämlich durch fliei3endes Wasser, das dem
38*
592 Bruno Klaptocz,
Dernah-Bach, dem größten ständig- fließenden Wasser der ganzen
Halbinsel, oberhalb der Stadt entnommen, rechts und links von seinem
Bett in je einem Kanal gefülirt und später in kleinere Gräben ver-
teilt wird. Zisternen, die zur Bewässerung der Felder dienen, finden
sich deslialb erst westlich von diesem Bewässerungssystem,
Infolge dieser reichlichen Wasserentnahme liegt der ganze untere
Teil des breiten, schottrigen Bachbettes trocken. Bloß im nörd-
lichsten Teil, der gegen das Meer durch einen Wall von Schwemm-
material abgegrenzt ist, findet sich im Sommer eine größere Wasser-
ansammlung. Im Winter und Frühjahr allerdings, zur Zeit großer
Regen, soll das ganze Bett zeitweilig so erfüllt sein von reißenden
Fluten, daß der Verkehr zwischen der Stadt und dem östlich der
Mündung gelegenen „Hafen" nur zur See möglich ist.
Der weitaus größte Teil des Bachbettes ist schottrig; seltner
ist der Boden felsig, hier und da auch erdig oder sandig. Bald
oberhalb der Stadt werden die Ufer felsig und erheben sich rasch
zu den hohen und steilen, stellenweise senkrechten Wänden des
Wadi Dernah. Etwas weiter talauf trifft man die ersten ver-
sprengten Lachen, die später immer zahlreicher werden und sich
zusammenschließen, und noch weiter aufwärts einen ansehnlichen
Bach mit i'ascher Strömung und sehr klarem, aber sehr warmem
Wasser.
Ein beträchtliches Stück weiter talauf empfängt dieser Bach
einen kräftigen Zufluß in Gestalt eines Bächleins von sehr kurzem
Laufe, das etwas höher an der Westseite unter großen, von hohem
Rubus-Gestrüpp überwachsenen Blöcken hervortritt. Bald darauf
treten die felsigen Talseiten zu einer engen Schlucht zusammen,
über deren Westwand der Dernah-Bach als etwa 15—18 m hoher
Wasserfall herabstürzt. Dieses schluchtartige Stück ist kurz; bald
weichen die Talseiten wieder etwas auseinander. Der Grund des
Wadi wird auch hier von einem schottrig-felsigen Bachbett ein-
genommen, ist jedoch im Sommer wasserlos.
Der Nutzboden des Dernah-Tales beschränkt sich auf kleine,
hauptsächlich mit Durrha und Mais bestandene Strecken; Palmen
finden sich nur in dem der Stadt zunächst gelegenen Teile. Da-
gegen ist die natürliche Vegetation reich. Soweit Wasser vorhanden
ist, herrschen allenthalben üppige Oleanderbüsche vor; an trocknen
Stellen finden sich höchstens kümmerliche Exemplare. Die Ränder
des Baches und seiner Lachen sind, wo der Boden es ermöglicht,
mit dichten Beständen hohen Schilfes bewachsen, und die stehenden
Phjsiographische und faunistische Züge von Tripolis ixnd Barka. 593
oder langsam fließenden Stellen sind ziemlich reich an Wasserpflanzen
(Wasserlinsen. Potamogeton-Gewächse, Algen). Cypressenbüsche treten
erst oberhalb des Wasserfalles auf.
Der ans Meer stoßende Teil der Küstenebene im Westen des
Fruchtlandes, also mit dem Hügel, auf dem der Leuchtturm steht,
beginnend, ist felsig und fast kahl.
Felsiger und zwar karstartiger Natur ist auch die übrige Um-
gebung von Dernah, sowohl die Yorterrasse, die sich in westöstlicher
Richtung zu beiden Seiten des vom Wadi Dernah gebildeten Ein-
schnittes erstreckt, wie auch ihr nördlicher Abfall und der von ihr
nach Süden zur Höhe des Binnenplateaus sich erhebende Hang.
Bald mehr, bald weniger mit Steinen und Blöcken bedeckt, weist
das meist im Niveau des Bodens gelegene Gefels an den tiefer
liegenden Stellen und in Spalten seine roterdigen Verwitterungs-
produkte auf. Die Vegetation dieses Geländes ist stellenweise
ziemlich reich und wird gegen den Wadi Dernah hin höher (bis
mannshoch) und macchienartig. Charakteristisch sind namentlich die
bis kniehohen, dichten, dornigen Päckchen einer Pflanze (nach der
fremdlichen Bestimmung Herrn Dr. August Ginzbergee's : Poterium
spinosum), die sich auf der Vorterrasse allenthalben findet, aber auch
in den Wadi Dernah hinabsteigt.
Höhlen sind namentlich in der Umgebung des Ausganges des
Dernah-Tales häufig, aber von geringer Größe.
Höhlenartig, nämlich aus einer Anzahl künstlich erweiterter,
von einer horizontalen Wandnische ausgehenden Kammern bestehend,
ist auch die in der Literatur mehrfach erwähnte „Kirche" (Kenissieh).
Sie liegt einige Kilometer östlich der Stadt an der Westseite des
Innenteiles einer der hier zahlreichen Schluchten und Couloirs, die
von der Vorterrasse zum Meer hinabführen und dank ihrer be-
günstigten Lage meist eine ziemlich reichhaltige Vegetation auf-
w^eisen.
594 Bruno Klaptocz, Physiograpli. u. faunist. Züge von Tripolis u. Barka.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 28.
Fig. 1. Meshia, gleich südlich der Stadt Tripolis.
Fig. 2. Saudzone, 1^/, Stunden südlich von Tripolis.
Fig. 3. Haifa und eine andere Grasart, zwischen Ain Sarah und
Endschila nach Osten.
Fig. 4. Dschebel Montrus von Süden.
Fig. 5. Weg Sauja-Gharian ; zeigt eine hier häufige Formation. Im
Vordergrunde ein Garten.
Fig. 6. Hauptgipfel des Dschebel T'kut vom Ostgipfel.
Tafel 29.
Fig. 7. Route Gharian-Tripolis nahe Gharian, noch vor dem Dschebel
T'kut.
Fig. 8. ßoute Gharian-Tripolis. Dschebel T'kut von Osten. Eechts
von der Mitte der kleine, weit vorgeschobene, den eigentlichen Kamm ab-
schließende Gipfel. Im Vordergrund Ölbäume.
Fig. 9. Eingang in den Dschok (Lethe).
Fig. 10. Cypressen Vegetation, 10 — 12 km nördlich von Benghazi.
Ganz hinten die Küstendüuen. Vorn zutage tretender Fels, dabei auch
eine Lache.
Fig. 11. See von Seianah.
Fig. 12. Vorplateau des eigentlichen Randgebirges vor Dernah, nach
Osten.
Fig. 13. Vegetationsbild aus dem Dernah-Tal. Oleander, Calla,
Schilf.
Fig. 14. Dernah-Bach. Der große Wasserfall von Nordosten, von
den Felsen aus.
Nachdruck verboten.
Ubersetzuvgsrec/d vorbehalten.
Eeptilien, Batrachier und Fische von Tripolis
und Barka.
Bearbeitet von
Dr. Franz Werner,
Mit Tafel 30.
Das von Herrn Dr. Klaptocz im Sommer 1906 g-esammelte
Material aus diesen 3 Wirbeltierklassen füllt eine empfindliche
Lücke in unserer Kenntnis der Fauna Nord-Afrikas aus, was die
Eeptilien anbelangt, und auch das, was er an Batrachiern und
Fischen heimbrachte, dürfte, so gering die Artenzahl auch ist, doch
«inen wesentlichen Teil der in diesen Ländern vorkommenden Arten,
wenn nicht gar alle, umfassen.
L Reptilia.
Es ist außerordentlich wenig von Reptilien aus dem trii)olitanisch-
cvrenäischen Gebiete bekannt, und von diesen Angaben sind manche
nichts weniger als verläßlich, ja zum Teil derart, daß eine Bestäti-
gung ohne Nachuntersuchung direkt unmöglich ist. Die einzigen
mir bekannten Publikationen, welche Angaben über Reptilien dieses
Gebietes enthalten, sind die folgenden:
1881. G. RoHLFS, Kufra. Reise von Tripolis nach der Oase Kufra
(Reptilien, bearbeitet von Peteks).
1882. G. Haimann, Cyrenaica, Roma 1882, p. 139 (Reptilien, bearbeitet
von Cornalia).
596 Franz Werner,
1883. G. Rhumek, in: SB. Ges. naturf. Freunde Berlin, p. 141».
1896. M. C. FrancAVIGLIA, Sovra diverse specie di rettili (saurii eä
ofidii) raccolti presso Tripoli, in : Boll. Soc. Romana Zool., Yol. 5^
1896, p. 30—48.
1896. U. RIZZARDI, in: Bull. Soc. entomol. Stat., Vol. 28, p. 13—22.
1885 — 1896. BouLENGEK, Catalogue of Lizards, Catalogue of Snakes,
Außerdem wurden von wichtigern Arbeiten über die Reptilien
Nord- Afrikas in erster Linie die folgenden benützt:
BouLENfiER, G. A., Catalogue of the Reptiles and Batrachians of Barbary
(Morocco, Algeria, Tunisia), based chiefly upon the Notes and Collections
made in 1880 — ^1884 by M. Fernand Lataste, in: Trans, zool. Soc.
London, VoL 13, 1891, p. 93—164, tab. 13-18.
DOUMERGUE, F., Essai sur la Faune Erpetologique de l'Oranie, Oran 1901.
Anderson, J., Fauna of Egypt. I. Reptilia and Batrachia, London 1898.
Vgl. auch: Oliyier , in: ilem. Soc. zool. France, 1894; Eev. Sc,
Bourbonnais , Vol. 9, 1896; Werner, in: Verh. zool. -bot. Ges. Wien^
Vob 44, 1894; VoL 47, 1897 und Vob 48, 1898; Escherich, in: Verh.
zool.-bot. Ges. Wien, Vol. 46, 1896; ThileniüS , in: Zool. Jahrb.,.
Vol. 10, Syst., 1897; Anderson, in: Proc. zool. Soc. London, 1892;
GÜNTHER, in: Nov. Zool, Vol. 10, 1903.
Auf weitere Literaturangaben glaubte ich mich nicht einlassen
zu müssen, da die Literatur über die nachstehend verzeichneten
Arten namentlicli in den Werken von Boulenger und Anderson
in extenso angeführt ist.
^fT>^
Chelonia.
Testudo leithi Gthr. ^
Anderson, p. 28, tab. 2.
Anderson ist der Meinung, daß die von Peters genannte junge
Testudo graeca L. von Uadi Tessina (Eohles, Kufra) die T. leithi
vorstelle. Von den 4 mediterranen Testudo- kri^w kämen nicht in
Betracht: T. graeca L., die in Nord- Afrika niemals gefunden wurde;
T. ibera Fall., da Peters doch der charakteristische Femoralhöcker
nicht entgangen wäre; T. marginata Schpff., die außerhalb der
Balkanhalbinsel überhaupt nicht vorkommt — bleibt allerdings nur
T. leithi übrig, die aber ein unpaares Supracaudalschild besitzt, wie
freilich manchmal auch T. graeca. — T. leithi ist von Unter-Ägypten
und Arabien bekannt; ursprünglich wurde sie aus Sind beschrieben^
seither aber nie mehr dort gefunden, so daß die Fundortsangabe
wohl irrig ist. — Li Unter-Ägypten ist die Art recht häufig.
■Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 597
Testitdo ibera Pall.
BOULENGEE, Cat. Chelon., p. 176.
Diese Art könnte es vielleiclit sein, welche Peters (Roiilfs»
Kufra) als T. campanulata \\a\a\. {marginata Schpee.) von Bir ]\liliiia
anführt. Daß er sie von der vorigen unterscheidet, scheint mir doch
dafür zu sprechen, daß ihm 2 Arten vorlagen. Von campanulata
kann natürlich keine Rede sein. Da ihm nur eine ,.junge Schale"
vorlag, konnte er auch den Femoraltuberkel der ibera nicht fest-
stellen. Herr Dr. Klaptocz schreibt über das Vorkommen von
Schildkröten Folgendes: ,.Schildkröten bekam Storch während seiner
nun 7jährigen Tätigkeit in Tripolis blos ein einzigesmal und da
zwei Stück." — „Schildkröten (Testudo) sollen (bei Bengasi) um diese
Jahreszeit (Ende August bis Anfang September) nach den Aussagen
eines gewissen Vittorio Maefei, Sohnes des Hoteliers, der schon oft
welche gefangen, z. B. auch diejenige, welche im Hotel schon seit
7 Jahren herumläuft, schon vorüber, etwas früher aber an ent-
sprechenden Plätzen häufig sein. Die eine im Hotel, die ich sah^
aber nicht bekommen konnte, stammt von Bengasi."
Auch das Vorkommen dieser Art wäre noch sicher zu stellen,
da aus den von Herrn Dr. Klaptocz hinterlassenen Aufzeichnungen
leider nicht hervorgeht, welcher Art die in Bengasi gesehene Schild-
kröte angehörte. Jedenfalls kommt wenigstens eine Tcstudo-Art
und zwar eine der beiden hier genannten in der Cyrenaika vor.
Anderson gibt (1. c, p. 30) mit einigem Zweifel diese Art von
Ost-Sudan an. Das Vorkommen sudanesischer Arten, die in Ägypten
fehlen, in Mauretanien, ist für Orthopteren keine seltne Erscheinung
(s. Werner, in: Zool. Jahrb., Vol. 27, Syst., 1908, p. 99), aber für
Reptilien noch nicht unzweifelhaft nachgewiesen.
Lacertilia.
GecJiOnidae.
Stenodactylus elegans Fitz.
Boulenger, p. 107 (gultatus).
Doumergue, p. 92, tab. 5, flg. 7, 7a {gnUatus).
Anderson, p. 42, tab. 4, fig. 1 — 6, Textfig. 1 — 3.
Diese Art ist bereits von Tripolitanien bekannt gewesen (Rohlfs:
Bondjein ; Francaviglia : Tripolis) ; Herr Dr. Klaptocz fand sie auch
598 Franz Werner,
bei Beng-asi und zwar 3 lialb wüchsige Exemplare, das größte von
48 mm Total- und 28 mm Jvopfrurapf länge. Zeichnung der Ober-
seite wie bei der tunesischen Form, mit dunklen Querbändern, bei
einem Exemplar aber sind die ein wenig vergrößerten Körper-
schuppen, die zwischen die übrigen eingestreut sind, weiß, die übrige
Oberseite dunkel (braun). Gefangen wurden alle 3 Exemplare unter
Steinen, 30., 31. August und Anfang September 1906.
Die Verbreitung ist eine sehr ausgedehnte und umfaßt an-
scheinend die Wüsten von ganz Nord-Afrika vom Eio de Oro bis
Ägypten sowie von Syrien, Arabien, Nubien; ferner ist die Art
von Kamerun und dem Rudolf-See bekannt.
Stenodactijlus petrii Anders.
Anderson, J,, p. 45, tab. 4, fig. 7.
Werner, F., in: Verh. zool.-bot. Ges. Wien, Vol. 44, 1895, p. 76
(guttatus) und in: Zool. Garten, Vol. 40, p, 16, fig. (sfenurus).
TOEOHR, 0., in: Bl. Aquar.-Terr.-Kunde, Vol. 14, 1903, p. 226, fig.
In der Koll. Klaptocz nicht vertreten, obwohl um Tripolis an-
scheinend sehr häufig, da von dorther seit einem Dezennium fast
alljährlich in Menge lebend nach Europa gelangend. Diese Art
wird giößer als die vorige und ist ausschließlich in den Sand wüsten
Nord- Afrikas (Ost-Algerien, wo ich sie selbst bei El Merayer und Tuggurt
antraf; Tripolis; Ägypten, woher die Originalexemplare Anderson's
stammen und w^o auch ich sie in der Libyschen Wüste südlich von
den Pyramiden von Gizeh fand) zu Hause. Die eigentümliche, unter
den Geckonen sonst wohl einzig dastehende Art der Bewegung, in-
dem die Tiere hochbeinig, wie ein Hund, über den Sand laufen, die
Gewohnheit, stundenlang ebenso hochbeinig stehen zu bleiben, bei
völliger Ruhe aber ebenfalls wie etwa ein Hund sich zu lagern, in-
dem beide Hinterbeine an derselben Seite des Schwanzes lang aus-
gestreckt sind, die lebhafte Ein- und Ausrollung des meist schief
nach aufwärts aufgestreckten Schwanzes in der Erregung, nament-
lich bei Anblick der Beute, die außerordentlich große Sehweite, auch
bei künstlicher Beleuchtung (weniger bei Tageslicht) sind so auf-
fallende Eigentümlichkeiten dieser (weniger der vorigen Art), daß
sie das Interesse des Beobachters dauernd zu fesseln imstande ist.
Keptilieii, Batrachier uud Fische von Tripolis und Barka. 599
Troplocolotes tvlpolitanus Peters.
Peters, in: Mon. Ber. Akjj.d. Wiss. Berlin, 1880, p. 306, tab., fig. 1.
Ajn'derson, p. 47, tab. 4, fig, 8,
BouLENGER, Rept, Barb., p. 108.
DouMEEGüE, p. 92, tab. 5, fig. 6.
Dieser zierliche kleine Gecko ist seit seiner Entdeckung durch
RoHLFS im Wadi M'Belleni anscheinend in Tripolis nicht mehr ge-
funden worden, dagegen am Rio de Oro durch Riggenbach, in West-
Algerien durch J. Scherer (Oase Figig), in Ost-Algerien durch König
(Ferme Dufour bei Biskra), in Tunis (bei Taferma durch Letourneux,
zwischen Gabes und Gafsa durch Sedillot, bei Ocun-ali bei Gafsa
und Bou-Hedma durch Valery-Majet und bei Foum Tatahouine
durch Blanc) und in Ägj'pten durch Anderson und später auch
durch mich. In der Lib3'schen Wüste kommen beide Tropiocolofes-
Arten vor, und zwar fand ich sie stets unter Steinen; T. stendneri
lebt auch in der Mokattam-Wüste, in absolut steinigem Terrain.
ffeniidactyliis tuvciciis L.
Boulenger, Cat., Vol. 1, p. 126 und Rept. Barb., p. 115.
Anderson, p. 80, tab. 5, fig. 3.
Doumergue, p. 83, tab. 4, fig. 6 — 6a.
Durch Rhumee und Reichenow aus der Cyrenaika und durch
Fkancaviglia von Tripolis nachgewiesen, fehlt in der Koll. Klaptocz.
Sonst noch im ganzen Mittelmeergebiete, von den Küsten des Roten
Meeres, in Persien und Sind.
Taventola niauritanica L.
Boulenger, Cat. Liz., Vol. 1, p. 196 u. Rept. Barb., p. 115.
Anderson, p. 86, tab. 8, fig. 1 — -2.
Doumergue, p. 72.
Arabisch: „bupres mdahet" (Tripolis); ,,abu bors" (Ägj'pten).
Von Francaviglia für Tripolis, von Peters für den Djebel
Tarshona (Bir Milrha) genannt ; von Herrn Dr. Klaptocz von Tripolis,
Ain Sarah, vom Gharian-Gebirge, von ßengasi und Dernah mit-
gebracht. Das gnißte Exemplar ist das von Ain Sarah mit 146 mm
Total- und 80 mm Kopfrumpflänge. Nach der Anzahl der gesammelten
Exemplare zu urteilen (25, davon 11 von Tripolis, 10 von Bengasi),
muß die Art weder in Tripolis noch in Barka selten sein; sie fehlt
600 Franz Werner,
demnach in Nord-Afrika nirgends (wenngleich sie in Ägypten auf
die Küstengebiete beschränkt ist), findet sicli auch in den westlichen
Mediterranländern sowie in Dalmatien (Zara, Sebenico, Lesina) und
auf den jonischen Inseln (Cephallonia, Ithaka, Zante).
Die erwachsenen Exemplare aus Tripolis sind oberseits ganz
einfarbig.
Nach Herrn Dr. Klaptocz bei Tripolis allenthalben gemein; in
Gärten und namentlich in Gartenmauern, in Häusern, namentlich den
alten, halb verfallenen der Meshia, in den Mauerfugen der Brunnen^
unter Steinen, unter größern Erdbrocken etc., in den Höhlen von Gherran
(12 — 15 km westlich von Tripolis; antike Steinbrüche).
Bei den beiden Exemplaren aus Dernah bemerkt Herr Dr. Klaptocz
Folgendes: „Die einzigen, die ich in Dernah sah; somit hier kaum
häufig; der eine in einer Höhle östlich vom Dernah-Tal, der kleinere
unter einem Stein westlich davon. Beide auf der Höhe des (von
der Küste an gerechnet) ersten Plateaus."
Exemplar aus Bengasi: Unter Steinen gefangen.
Exemplare aus dem Gharian-Gebiige: eins aus einer kleinen
Höhle am Weg Sauja-Gharian, am 16./9. gefangen, das andere aus
einer kleinen Höhle an der Südseite des Dschebel Teghrinna, 5 — 7 km
südlich von Gharian, 19. 9. Solche kleine Höhlen sind in der Um-
gebung von Gharian zahlreich, und in allen sind Geckonen häufig^
während man von andern Vertebraten (Schlangen, Igel, Gundi) bloß
Spuren findet.
Agamidae.
Af/ania inermis Rss. = niutahilis Meer.
BoULENGEE, Cat. Liz., Vol. 1, p. 344 und Rept. Barb., p. 117 {inennis).
Anderson, p. 94, tab. 9.
DOUMEEGUE, p. 104, tab. 6, fig. 2, 3.
Thileniüs, in: Zool. Jahrb., Vol. 10, Syst., p. 233, tab. 16, fig. 5 — 7.
Arabisch in Tripolis „bupres dabbar", in Tunis „bukaschesch"^
in Ägypten „kadi el gibal".
Von Tripolis (Feancaviglia) und Bengasi (Rhümee — als
A. savigmji aufgeführt) bereits bekannt. Herr Dr. Klaptocz fand
sie bei Tripolis, Bengasi und Dernah.
S von Bengasi, 193 mm Totallänge (77 mm Kopfrumpflänge).
11 Präanalporen, außerdem 6 in einer zweiten Reihe, aber
nur links.
Reptilien, Batrachier uud Fische von Tripolis und Barka. 601
S von Bengasi, 183 mm (75 mm Kopfrumpfläng-e).
9 Präanalporen . bei beiden Exemplaren Kehle schön blau;
eine g-rane Längsmittellinie.
$ von Tripolis, 182 mm (72 mm Kopfrumpflänge); Kehlzeichnung
sehr undeutlich.
$ von Dernah, 137 mm (65 mm Kopfrumpflänge); Zeichnung mit
Ausnahme des Schwanzes sehr undeutlich; Kehlzeichnung
deutlicher als bei vorigem p]xemplar. auch auf der Brust
dunkle Längslinien ; vergrößerte Rückenschuppen ohne Spitze
(diese dagegen sehr deutlich bei vorigem Exemplar).
Junges von Bengasi, 94 (40) mm; Schwanz oben mit etwa 18 oder
20 dunklen Querbändern ; ein tintenschwarzer Fleck vor der
Schulter; Occipitale und Parietalauge deutlich.
Weitverbreitete und in der Beschuppung der Oberseite sehr
variable Art; von nahezu homogener Rückenbeschuppung {A.aspera
Wern.) bis zu einer solchen mit sehr deutlich differenzierten, stark
vergrößerten Schuppen zwischen den kleinern, ebenso von rhombischen
nahezu cj'cloiden Schuppen bis zu solchen mit scharfen Spitzen
(„mucronate") gibt es alle Übergänge.
A. ineiinis ist von der west-algerischen Sahara bis Ägypten
verbreitet.
Herr Dr. Klaptocz macht bei dieser Art folgende Bemerkungen.
,.(? von Tripolis.) Die einzige, die ich sah. In einem etwa
2 — 3 m tiefen, ganz kreisrunden Loch mit überhängenden Wänden
von etwa 1,5 m (unten etwas mehr) Durchmesser, das von Menschen-
hand zu einem mir unbekannten Zwecke ausgehoben war. am Süd-
rande der Meshia (von der Stadt Tripolis etwa 3—4 km Luftlinie).
In dieses Loch sprang ich, um eine ziemliche Anzahl größerer Käfer
{Ateuclms, große Scarites). die ich darin liegen sah, aufzusammeln.
Die Käfer waren hineingefallen und konnten nicht mehr heraus.
Viele waren schon tot und trocken, die andern meist sehr schwach,
Dasselbe muß der Agmna passiert sein, die ebenfalls sehr matt w^ar.
— Bemerkenswert ist Folgendes. Ich hatte den Boden des Loches,
auf dem ich kniete, schon gut abgesucht, schon alle Käfer aufge-
sammelt und entdeckte die Agama zuletzt, obwohl sie ganz frei lag
und an einer Stelle, über die mein Blick schon öfter gestreift war.
So gut schützt ihr ziemlich buntes Kleid auf dem sandfarbenen
Boden. Nach Storch ist Agama inermis in der Umgebung von
Tripolis häufig; er hatte auch eine größere Anzahl davon.
($ von Dernah.) Geschenk des Herrn Ragnae Rehndal, Ober-
602 Fbanz Werner,
Ingenieur der Berliner Gesellschaft für drahtlose Telegraphie, was
ich bei der Publikation zu erwälmen bitte, da er mir nur schweren
Herzens sein „Krokodil", das er gern als Andenken mit heimgenommen
hätte, abtrat. Gefangen von Rehndal im Frühjahr oder Frühsommer
beim Leuchtturm, wo die Tiere nach ihm sehr häufig waren. Ob-
wohl ich diese ganze Gegend speziell nach Agamen mehrfach und
zu jeder Tageszeit aufs sorgfältigste absuchte, sah ich keine; also
jedenfalls um diese Jahreszeit (18.— 27./8.) gut verborgen.
(2 SS, 1 j. von Bengasi.) Unter Steinen; die beiden großen
im Süden der großen unmittelbar nordöstlich der eigentlichen Stadt
gelegenen ßitterwasserlagune. Die im Leben in bezug auf Farbe
der übrigen Unterseite vollkommen übereinstimmenden Kehlen wurden
erst im Alkohol so blau."
Ob die A. ritdemta bei Petees (Rohlfs, Kufra) von: üadi Bu
Naadscha; Uadi el Talha; zwischen Audschila und Bengasi; Kufra;
dieser Art angehört oder vielleicht doch eher der spezifisch ägypti-
schen A. pallida Rss, (die wirkliche A. rudercda Ol. kommt ja als
echt west-asiatische Art nicht in Betracht) muß ich leider dahin-
gestellt sein lassen, du ich die Belegexemplare dieser und anderer
zweifelhaften Arten nicht sehen konnte, Anderson identifiziert sie
mit inermis Rss., und in diesem Falle wäre auch A. pallida Rss. aus
der Fauna des ägyptischen Sudan zu streichen und durch obige Art
zu ersetzen.
Vromastidc acanthiniiims Bell.
BouLENGER, Cat. Liz., Vol. 1, p. 406 u. Rept. Barb., p. 119.
Anderson, p, 131, tab. 15,
DouMERGUE, p. 109, tab. 12, fig. la — c.
ThileniuS, in: Zool. Jahrb., Vol. 10, Syst., p. 230, tab. 16, fig. 1 — 4.
Arabisch ,,dobb" in Tripolis, „dabb" in Tunis. Ebenso wird
auch Uromastix aegyptius in Ägypten bezeichnet.
Diese Art ist meines Wissens weder aus Tripolis noch aus
Barka bisher bekannt geworden. Herr Dr. Klaptocz brachte sie
aus Tripolis (Gharian-Gebirge) mit ; die Exemplare gleichen den von
mir aus Biskra heimgebrachten in der Färbung. Er sagt darüber
Folgendes: „Uromastix sah ich zwar nicht im Gebirge, allein es muß
in der Umgebung von Gharian gewesen sein, was nicht nur die
dortigen Leute sagten, sondern auch daraus hervorgeht, daß ich in
2 Tagen 3 Stück bekommen, andere Tiere aber gar nicht."
Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 603
IL acantliinurus ist in der alg'erischen und tunesischen Sahara
anscheinend nirg-ends sehr selten, dao^egen in Ägypten nur in ver-
einzelten Exemplaren bekannt geworden; er ist auch in Nubien
(Wadi Haifa, ferner Wüste zwischen Ambukol und Dongola) ge-
funden worden sowie auf der Sinai-Halbinsel (Steixdachnee).
Im Gebirge, das die Stadt Dernah im Süden begrenzt, dürfte
nach Herrn Dr. Klaptocz ebenfalls Uromastix vorkommen. Er er-
fuhr darüber Folgendes: „Mir erzählten die Herren Ingenieur
Nikolaus Tauber und Johannes Rom, Angestellte der Berliner Ge-
sellschaft für drahtlose Telegraphie, die zu jener Zeit schon beinahe
2 Jahre in Dernah weilten, daß sie bei einem Spaziergange süd-
westlich von der Stadt im Gebirge eine große Eidechse sahen, welche in
eine scheinbar blinde Felsspalte floh; obwohl sie sie beim Schwanz,
der ihnen durch seine Stärke sowie durch die Stärke seiner
Schuppenpanzerung auffiel, erwischten und daran zogen, stemmte
sich das Tier so fest ein, daß sie es nicht herausbrachten. Dies
läßt doch nur auf Uromastix schließen."
Das mir vorliegende Exemplar aus dem Gharian-Gebirge ist
280 mm lang (170+110) und besitzt 13—13 (8+5— 5+8) Femoralporen.
Peters nennt (in Rohlfs, Kufra) auch U. spinipes für Tripoli-
tanien (Sokna); dieselbe Art wird von Olivier für die ost-algerische
Sahara (Biskra) angegeben. Ich bin außerstande, die Richtigkeit
dieser Angaben zu bestätigen oder zu widerlegen. Anderson führt
den ägyptischen Dornschwanz außerdem auch noch für Judäa und
Arabien sowie für Kreta an, zum mindesten letztem Fundort möchte
ich aber ganz entschieden bezweifeln. Jedenfalls aber ist das Vor-
kommen von U. aegyptius Hasselq, (= spinipes Daud.) westlich von
Ägypten nachzuprüfen; daß der in Tripolitanien anscheinend gar
nicht seltne ü. acantliinurus in der RoiiLFs'schen Ausbeute nicht
vorkommt, läßt mich vermuten, daß er unter dem Namen spinipes
verborgen ist! (Ist auch der Fall, Exemplar nach untersucht. — Anm,
bei der Korr.)
Varanidae.
Varanus f/riseus Daud,
Boulenger, Cat., Vol. 2, p. 306 und Rept. Barb., p. 121,
Anderson, p. 134, tab, 16.
Doümergüe, p. 97.
Thilenius, in: Zool. Jahrb., Vol. 10, Syst., p. 227.
604
Franz Werner.
Aus Tripolis durch Francaviglia bekannt geworden und auch
in einem Exemplare von Herrn Dr. Klaptocz mitgebracht. Er be-
merkt hierzu Folgendes: „Stammt aus der nähern Umgebung von
Tripolis, wo er sehr häufig sein soll, doch habe ich selbst ihn ebensowenig
wie ]s[aja im Freien gesehen. Nach Storch kommen sehr große
Exemplare in der Umgebung von Tripolis vor. — Heißt arabisch in
Tripolis wie in Barka „orel" (Ton auf der letzten Silbe)." ^) In der
westlichen (Rio de Oro), algerischen und tunesischen Sahara, in
Ägypten und Nubien, S3'rien bis Afghanistan, Nordwest-Indien, Trans-
kaspien und Turkestan, in dem ganzen weiten Gebiete kaum nennens-
werte, wenn überhaupt merkbare Unterschiede aufweisend. Das von
Herrn Dr. Klaptocz heimgebrachte Exemplar mißt 76,5 mm (340-1-425)
und läßt keinerlei Präaualporen erkennen. Kehle dunkel gefleckt.
LacerUdae.
Acanthoilactylas hoskianus Daud,
BoüLEXGER, Cat. Liz., Vol. 3, p. 59 und Rept. Barb., p. 129.
Anderson, p. 148, tab. 20.
DouMERGUE, p. 148, tab. 10, fig. 1 — 3.
Von Ehumer für Bengasi augegeben, ebenda auch von Dr
Klaptocz gefunden, ebenso bei Tripolis.
Kopf-
Schuppen um
Reihen von
1 o
Fundort
Total-
rumpf-
die Runipf-
Femoral-
Halsband-
Kielschuppen
ü
CO
läuge
länge
mitte
poren
schildcheu
zwischen den
Hinterbeinen
1.
d"
Tripolis
244
79
38 H
h8 =46
' 18 21
11 1
10
2.
9
199
77
34-
- 12 = 46
21-22
8
10
3.
O^
Bengasi
2122)
76
42 H
h 12 = 54
21—22
9
12
4.
cf
195^)
70
42-
- 10 = 52
21-22
9
12
5.
^
9
72
40^
1- 10 = 50
, 22—23
9
12
6.
9
J5
1,53
58
—
I 22—22
! 10
12
1. Hinterbein reicht zwischen Halsband und Ohröfifnung; Grund-
farbe gelblich-weiß mit 6 braunen, sehr deutlichen Längsstreifen.
2. Hinterbein erreicht Achsel; Färbung wie voriges Exemplar.
3. Hinterbein erreicht Ohröffnung; Färbung hellrötlich-braun
mit grauen Fleckenbinden; Schwanz und Hinterbeine grau.
1) In Tunis (nach Thilenius) „urel", in Ägypten „waral (el ardh)'
Igerien „Ouaran".
2) Schwanz regeneriert.
Eeptilien, Batrachier luid Fische von Tripolis und Barka. 605
4. Hinterbein erreicht Oliröffnung-. Hellbraun, an den Seiten
mehr rötlich, ohne merkbare Zeichnung-. Links 3 Supralabialia
vor dem Suboculare; Scliwanz 3]nal regeneriert.
5. Hinterbein reicht etwas über die Ohröftnung hinaus. Hell-
braun mit dunkelbraunen Fleckenbinden.
6. Hinterbein reicht zwischen Ohrötfnung- und Halsband. Ober-
seite g-rau mit olivent^riinen Längsstreifen; Schwanz und Hinter-
beine grau.
Ferner 4 Junge aus Bengasi mit der charakteristischen, tief-
schwarzen Zeichnung auf weißem Grunde, 87 mm lang (davon
29 mm auf die Kopfrumpflänge entfallend).
A. hosJdanus ist von Süd-Algerien bis Ägypten und Nubien,
ferner über Abessjmien, Arabien und Syrien verbreitet und überall,
wo er vorkommt, eine der häutigsten Arten überhaupt. Durch die
rote Färbung der Schwanzunterseite, die sich auch bei den Er-
wachsenen zuweilen erhält, sowie die scharfe schwarzweiße Längs-
streifung sind die Jungen sehr auffällig.
„Größer als A. scutellatus, nach Stokch das seltenste Reptil der
Tripolitaner Gegend. Dies stimmt wohl nicht. In der unmittelbaren
Umgebung von Tripolis scheint die Art nicht vorzukommen. Storch,
der übrigens nicht selbst sammelt, sondern vielmehr alles von Ein-
geborenen kauft, bekam diese Art aus der Gegend von Suara, nicht
weit von der tunesischen Grenze, 22 Reitstunden von Tripolis. —
Ich fing die beiden Exemplare am 23. Juli 1906 in dem Teil der
ausgedehnten, von den Eingeborenen Endschila genannten Gegend,
der etliche Kilometer (5 oder mehr) südlich von Sansur (Zensur) —
dieser Ort 20 km genau westlich von Tripolis — liegt. Diese
•Gegend, die im Winter großenteils einen See bilden soll, ist an
Haifa und schilfartigen Gräsern sehr reich. Hier fing ich 1 Exemplar
um die Mittagsstunde, das andere um 3 Uhr an einem sehr heißen
Tage, außerdem sah ich noch einige (1 — 3)."
Acantlioddctyhis jHii'dalis Licht.
BoULENGER, Cat. Liz., Vol. 3, p. 65 und Rept. Barb., p. 13L
Anderson, p. 151, tab. 21.
DOUMERGUE, p. 160, tab. 11.
Dieses ist jedenfalls die von Rizzardi aus Tripolis, von Rhumer
aus Bengasi als A. Uneomacidatus angeführte Art. Herr Dr. Klaptocz
brachte sie ebenfalls von dort mit, wie auch 1 junges Exemplar
von Gherran.
Zool. Jahrb. XXVH. Abt. f. Syst. 39
606 Franz Werner,
1. S] Totallänge 122 mm, Kopfrumpflänge 51 mm; Femoralporea
21 — 23; Halsbaiidscliildclien 14.
2. ? ; Kopfrumpflänge 60 mm ; Femoralporen 20 — 20 ; Halsband-
schildchen 10.
3. ?; Totallänge 141 mm; Kopfrumpflänge 61 mm; Femoral-
poren 19 — 19; Halsbandschildchen 9.
Bei dem c? erreicht das Hinterbein zwischen Achsel und Ohr-
öffnung, bei dem 1. ? bis zum Halsband, beim 2, bis zur Achsel-
höhle. Die beiden jungen SS aus Bengasi bzw. Gherran besitzen
23 — 22, bzw. 19 — 18 Femoralporen. Ventralen-Längsreihen durchweg
12. Bei dem S reicht das Suboculare bis zum Oberlippenrand.
Färbung: J oberseits hellgraugelb, mit gelblich-weißen, schwarz
gesäumten Flecken in 4 Längsreilien, die durch schwarze Quer-
liecken mehr oder weniger vollständig verbunden sind; 1 ? hellrot-
braun, mit hellgelbbraunen Flecken und in Längsreihen, dazwischen
schwarze Flecken ; 1^ $ hellgraubraun ; am Nacken Spuren weißlicher
Längsstreifen; sonst nur mit schwarzen Querflecken oder weit-
maschiger Reticulation. Die Jungen mit hellbräunlich-grauer Längs-
streifung noch deutlich, dazwischen leiterartig schwarze Querflecken.
Verbreitung: Algerien bis Ägj^pten, Syrien, Somaliland.
Acantliodactylus scutellatus And.
BouLENGEE, Cat., Vol. 3, p. 64 und Rept. Barb., p. 130.
Anderson, p. 161, tab. 22.
DoumeeCtUE, p. 152, tab. 10, fig. 4 — 7.
Von RoHLFs in Sokna und Kufra gefunden; von Tripolis führt
ihn Feancaviglia an; Herr Dr. Klaptocz brachte von Tripolis
17 Exemplare (10 Erwachsene und 7 Junge) mit. Von den erstem
sind 4 einfarbig oder mit weißen Flecken in Längsreihen an den
Seiten oder mit undeutlichen Längsstreifen (nur $?), 6 mehr oder
weniger dicht dunkel punktiert {b SS, 1 ?)• Nachstehend eine
Übersicht über die wichtigsten morphologischen Charaktere.
Bei No. 5, 7 und 10 ist zwischen dem 2. und 3. Supraoculaie
und dem Frontale jederseits ein kleines dreieckiges Schildchen ein-
gekeilt. Bei No. 1 ist das 5. Supralabiale rechts vertikal halbiert,
daher berühren 4 Supralabialia (4.-7.) das Suboculare.
Die Jungen sind bis 98 mm lang (Kopfrumpf länge 34 mm);
Oberseite mit Längsfleckenbinden, Gliedmaßen mit großen runden
weißen Tropfenflecken.
A. scutellatus hat eine sehr weite Verbreitung, von Senegambieu
Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka.
607
4J
1 o
Femoral-
Hals-
bau d-
Ven-
1. 1 4. '
Sn])raocnlare
Hinterbein reicht
Total-
Kopf-
runipf-
OS
poreu
schild-
tralia
auf<>'elüst
bis
länge
o
OQ
chen
in Stücke
länge
1.
c/'
23—24
15
12
2-1
■ > •}
zwischen Halsband
und Ohröffnnug-
181
67
2.
cT
21—22
U)
14
1-1
2—2
zur Ohröffiiuiii;-
174
65
3.
cT
21—22
11
14
2—3
2-3
168
60
4.
o^
22—22
9
12
2—2
2—2
zwischen Halsband
und Ohroifnung
162
62
0.
o^
19-20
10
1
12
4—5
2-5
über das Halsband
hinaus
149
65
6.
9
21—20
8
12
1-1
2 2
über das Halsband
hinaus
155
57
7.
9
21—21
11
12
2—2
4-4
zum Halsband
147
55
8.
9
22—23
12
12
2—2
2-4
über das Halsband
hinaus
143
55
9.
9
22—23
11
12
1—2
3—1
zur Achsel
—
56
10.
9
21—24
10
12 '
3—3
2—3
zum Halsband
—
56
clurcli die Sahara bis Ägypten und Niibien und Somaliland, sowie
die Sinai-Halbinsel und Syrien ; er ist ein echtes Wüstentier, während
die beiden andern Arten mehr oder weniger auch in Kulturland
vorkommen.
Den Notizen von Herrn Dr. Klaptocz entnehme ich folgende
Bemerkungen : „Diese Eidechse ist das gemeinste Reptil in der Um-
gebung- von Tripolis, aber nur in sehr trockener Gegend auf Sand
oder etwas lehmigem Boden, wie eben die ganze Umgebung von
Tripolis ist, in der Oase nicht; das auffallendste Tier überall, wo
es vorkommt, da es an solchen Plätzen immer in großer Zahl (aber
nicht beisammen) zu treffen und am Morgen wie auch in der heißesten
Julimittagsonne zu sehen ist. Bei seiner unscheinbaren Färbung
hauptsächlich dadurch auffallend, daß es immer beizeiten ausreißt
und in rasendem Lauf (man muß sich anstrengen, wenn man größere
Exemplare im Lauf einholen will) davonschießt. Aber auch im
eiligsten Lauf vermag es noch rechts oder links auszubiegen oder
in ein Loch (oft wohl ein fremdes, in der Regel aber sein eignes)
zu verschwinden, dem es schon von weitem zusteuert.
Ausgraben kann man es in der Regel ohne besondere Werk-
zeuge nicht, aber nicht etwa, weil die Löcher zu tief sind, sondern
deshalb, weil das Bodenmaterial nachrutscht und es dann meist sehr
schwer wird, die Löcher weiter zu verfolgen.
Mit Vorliebe bewohnen die Tiere kleine, etwa 1 m hohe
Hügelchen, die durch Gräser und andere, aber durchwegs niedrige
unscheinbare Pflanzen etwas gefestigt sind und in sandiger Um-
gebung liegen."
39*
608
Franz Werner,
Ereniias f/uttulatci Licht.
BOULENGER, Cat. Liz., Vol. 3, p. 87 und Rept. Barb., p. 132.
Anderson, p. 174, tab. 23, fig. 3 — 4.
DOUMERGUE, p. 198, tab. 15, fig. la, b.
Bisher erst durch Rohlfs aus Tripolitanien nachgewiesen (Sokna).
Herr Dr. Klaptocz fand sie bei Bengasi (8 Elxpl.) und Dernah
(2 Expl.); die letztern sind juuj^. — Weit verbreitete Art: Marokko
bis Ägypten, Syrien und Arabien bis Sind.
Übersicht der Exemplare.
Fundort u. Größe
(Total- u. Kopf-
rumpf länge)
Femoral- Halsband- Supra-
poren hschildchen, labialia
Färbung
1.
2.
3.
5.
6.
7.
8.
10.
B e n g a s i
155 mm (51)
110 mm (47)
108 mm (46)
99 mm (46)
96 mm (33)
? (34)
? (33)
52 mm (26)
Dernah
11—11
12
10—10
12—11
'1
6
6
' 10-11
6
11—11
j 11—10
8
10
1 11—10
10
11—10
?
13-12
12
13-13
14 1
5-5
4—4
4—5
5-4
4—4
5-4
4—4
4-4
4—4
ziemlich dunkelbraun, mit
blaßgekernten Augenflecken
in zahlreichen Läugsreiheu
auf den gewöhnlichen dunklen
Längsstreifen, die nicht scharf
begrenzt sind
ähnlich vorigem Exemplar
Lichter als vorige; Streifung
etwas deutlicher
sehr hell, Streifen und Flecken
sehr undeutlich
licht, mit undeutlichen Streifen
und deutlichen Flecken
licht, nur mit 4 Längsstreifen,
heller und dunkler braun
deutlich und scharf gestreift,
ohne Flecken
hellgrau mit deutlicher Strei-
fung und vuideutlichen
Flecken
ebenso, aber Flecken deutlich
Erefnias riihropnnctata Licht.
BouLENGER, Cat. Liz., Vol. 3, p. 89.
Anderson, p. 183, tab. 23, fig. 5 — 6.
Von Rohlfs aus Sokna mitgebracht, sonst bisher aus dem Ge-
biete nicht bekannt geworden. So häufig wie die vorige Art ist
diese nirgends; von Ost-Algerien bis Ägypten und zur Sinai-Halb-
Reptilieu, Batracliier und Fische von Tripolis und Barka. 609
insel tritt sie ziemlich sporadiscli auf; in der ost-alg'erisclien Saliara
wies sie A. König nach, aus dem ganzen Gebiete bis zum Nil ist
Sokna der einzige in der Literatur mir untergekommene P'undort.
Ich selbst habe die Art trotz dreimaligen Aufenthaltes in Ägypten,
obwohl sie hier bei weitem am häufigsten sein muß, niemals gefunden,
jedoch einmal am Wege nach Ain Musa (gegenüber Suez), also schon
auf der Sinai-Halbinsel.
OpJiiops eleffans Menetr.
BOÜLENGER, Cat. Liz., Vol. o, p. 75.
Obwohl bereits Peteks den Ophiops vom Djebel Tarrhona (Bir
Milrha) aus der Koll. Rühlfs als elegans bestimmt hat, möchte ich
doch diese Exemplare, auch ohne sie gesehen zu haben, der nächst-
folgenden Art zuweisen. Dagegen gehören 7 Exemplare aus Dernah,
die Herr Dr. Klaptocz mitbrachte, zu der west-asiatischen Art, die
hiermit zum ersten Male für Afrika nachgewiesen ist — die größte
Überraschung, die uns diese herpetologische Ausbeute gebracht hat,
umsomehr, als kein Ophiops aus Ägypten bekannt ist. Das größte
Exemplar ist von der Schnauzenspitze zum After 30 mm lang;
Femoralporen 8—10; 36 — 38 Schuppen um die Rumpfmitte, davon
8 Ventralenlängsreihen ; 6 (8) Längsreihen gekielter Schuppen zwischen
den Hinterbeinen, bei einem Exemplare 7 (9), der Kiel der Mittel-
reihe niedriger als bei den übrigen Schuppen. Die Jungen mit
scharfer Streifenzeichuung.
Diese Art ist gemein in Klein asien, Syrien, im Kaukasus, in
Transkaspien und Persien bis zum Indus-Tal ; sie lebt in buschigen,
steinigen Gegenden ausschließlich auf dem Boden und ist nicht sehr
flink.
Ophiops Occidental is Blxgk.
Boulenger, Cat. Liz., Vol. 3, p, 75, tab. 3, fig. 2 und Rept. Barb., p. 134.
DoUMEEGUE, p. 204, tab. 15, fig. 3a.
Wie bereits bei der vorigen Art erwähnt, rechne ich Peters'
0. elegans vom Djebel Tarrhona (Bir Milrha) zu dieser Art. Herr
Dr. Klaptocz brachte sie vom Djebel Teghrinna (Gharian-Gebirge)
mit; 24—28 Schuppen um die Rumpfmitte; 7 Femoralporen jederseits.
Verbreitung: Algerien bis Tripolis. Auf steinigem, schwach mit
Gebüsch bewachsenem Boden.
ßlO Fbanz Werner,
Scinciclae.
Mabuia vittata Oliv.
BouLENGEK, Cat. Liz., Vol. 3, p. 176 und Rept. Barb., p. 135.
Anderson, p. 193, tab. 27, fig. 4.
DouMERGUE, p. 211, tab. 15, fig. 4 — 5.
Diese Art, welche von Herrn Di*. Klaptocz von Tripolis, Bengasi
lind Dernah mitgebracht wurde, ist merkwürdig-erweise in keinem
der 3 für das Gebiet vorliegenden Artenverzeichnisse genannt. Das
Exemplar von Tripolis ist jung; es hat 34 Schuppen um die Rumpf-
mitte und Frontonasale und Frontale in Kontakt; nur der weiße
Streifen zwischen Vorder- und Hinterbein jederseits vorhanden. Das
Exemplar von Bengasi hat 32 Schuppenreihen, Präfrontalia, Fronto-
nasale und Frontale in einem Punkt in Kontakt, und deutlich Streifen-
zeichnung. Parietalauge sehr deutlich.
Von Dernah liegen 5 Exemplare vor.
Totallänge Kopfrumpf länge
1. Sq. 34 182 mm 69 mm ßsti'eifige Form.
2. „ 34 178 71 nur Seitenstreifen vorhanden.
4. „ 33
5. ,. 32
» >?
Bei allen ist das Frontonasale und Frontale in Kontakt, und
die 4. Zehe erreicht die Handwurzel. — Bei diesen Exemplaren be-
merkt Herr Dr. Klaptocz: „In der Nähe der Station für drahtlose
Telegraphie, aber auch sonst, unter Steinen ; auch das Exemplar von
Bengasi fand sich, 4 — 5 km östlich von der Stadt, unter einem
größern Stein."
M. vittata ist von Ost-Algerien bis Ägypten und über Syrien
und Kleinasien verbreitet; in Ägypten ist sie weit weniger häutig
als M. quinqiietaeniata, und ich habe sie nur bei Alexandrien und
zwar sowohl bei Meks wie bei San Stefano sowie nächst der
„falschen Pyramide" von Medun im Fayum, hier zwischen niedrigen
Pflanzen, sehr häufig angetroifen.
Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka.
611
Mahuia quinquetaeniata Licht.
BOULENGER, Cat. Liz., Vol. 3, p. 198.
Andekson, p. 1H7, tab. 24, fig. 1 — 3.
Diese aus Nord-Afrika sonst nur aus Äg'ypten bekannte Art
nenne ich auf das Zeugnis Fkancaviglia's hin, der sie p. 35 unter
den von Paxceri in der Cyrenaika gesammelten Reptilien anführt.
AVenn die Unterscheidung- dieser Art von der vorigen nicht so leicht
wäre, würde ich trotzdem Bedenken tragen, ihr Vorkommen westlich
Ton Ägypten für möglich zu halten. Warum übrigens Francaviglia
im Jahre 1896, also 11 Jahre nach dem Erscheinen des Boulenger-
sclien Katalogs, noch immer ^^Euprepes savigmß''' schreibt, ist mir
ziemlich rätselhaft. Jedenfalls bedarf die Frage des Vorkommens
von M. quinciuetaemata, die ich selbst nirgends westlich vom Nil
gefunden habe, in der Cyrenaika noch einer Nachuntersuchung.
Scincus ofßcinalis Laue.
Boulenger, Cat. Liz., Vol. 3, p. 391 und Eept. Barb., p. 137.
Anderson, p. 205, tab. 27.
Doumergue, p. 219, tab. 17, fig. 2.
Djalo (leg. RoHLEs, det. Peters); Tripolis (leg. Balboni, det.
Francaviglia). Auch Herr Dr. Klaptocz brachte 9 Exemplare von
Tripolis mit.
Das größte Exemplar ist 198 mm lang, also noch größer als
das größte, von Francaviglia angeführte. Die von diesem Autor
bereits hervorgehobene Variabilität in der Färbung findet sich auch
bei dem vorliegenden Material wieder.
Q
uerbinden
Färbung
Nackenfleck •
bis zur
Schwanzwurzel
1.
hellgelb
schwarz
8(7)
2.
weißlich-gelb
»
7
3.
hellgelb
n
7
4.
weißlich-gelb
r
7
■5.
hellgelb
braun
10 (9)
6.
n
11
6
7.
)5
braun, undeutlich
7 (8)
8.
J?
fehlt
7 oder
8 (undeutlich)
9.
11
M
nicht
uuterscheidbar
612 Franz Werner,
Bei mehreren Exemplaren ist die letzte Eückenqnerbinde Tförmigv
mit dem Läng-sbalken des T nacli liinten. Dunkle Querbinden bei
Expl. 4 — 8 mit weißem, die gelben Zwischenräume mit braunem
Fleck auf jeder Schuppe.
Verbreitung: Algerische, tunesische und tripolitanische Sahara,-
Ägypten, Nubien.
Herr Dr. Klaptocz berichtet über diese Art wie folgt: „Soll
sehr häufig sein, weniger in der unmittelbaren Umgebung von Tripolis
als vielmehr etliche Stunden südlich. Ich sah im Freien ein einziges
Mal einen (am 23./7,, 9 Uhr Vormittag am Weg Tripolis-Sansur). der
aber, als ich noch 15 Schritte entfernt war, schon in den Sand
tauchte. Als ich nachgrub, fand ich natürlich nichts mehr.
Nach Storch wird Scincus von seinen „Cacciatori" folgender-
maßen gefangen: Scincus taucht das erstemal nie sehr tief; bloß
wenn er merkt, daß man ihm nachstellt, geht er tiefer und weiter;
wenn man ruhig bleibt, bleibt auch er, nachdem er einmal ein-
taucht, etwa 30—40 cm tief im Sand ruhig liegen. Die Araber
tauchen nun, wenn sie sich vorsichtig an die Stelle herangeschlichen
haben, den Arm und zwar derart, daß die Hand die direkte Ver-
längerung des Armes bildet, etwas seitlich von der Stelle, wo das
Tier verschwunden, bis an die Achsel ein, spreizen die Finger und
wenden überhaupt die Hand so, daß sie mit dem Unterarm einen
rechten Winkel bildet und ziehen nun den Arm zurück. Dies muß
natürlich alles blitzschnell geschehen. Stoech's Fänger sollen auf
diese Weise in kurzer Zeit oft 20 Stücke fangen; sie sagen auch,
daß sich in der Regel 12 — 20 dieser Tiere nahe beisammen auf-
halten.
tt
Chalcides ocellatus Foesk,
BouLENGEE, Cat. Liz., Vol. 3, p. 400 und Rept. Barb., p. 138.
Andeeson, p. 210, tab. 28, fig. 1.
DoUMEEGüE, p. 223, tab. 18, fig. 1 — 2 {Gongylus).
Bengasi (Rhumee, Haimann); Tripolis (Feancaviglia), Djebel
Tarrhona (Bir Milrha); Audjila (Kohles) — mithin von allen Autoren
erwähnt, welche über die Herpetologie von Tripolis und Barka etwas
publizierten. Herr Dr. Klaptocz sammelte die Art bei Tripolis, im
Gharian-Gebirge, bei Dernah und Bengasi; die Exemplare von
Tripolis gehören der typischen Form an, die übrigen der var. tili-
gugu Blngk.
ßeptilien, Batracliier und Fische von Tripolis und Barka.
6ia
1
Länge des
Fundort
Dimensionen in mm
Total- Kopf-
Schuppen-
reihen
Hinterbeines
enthalten in der
Entfernung vom
Vorder- zum
länge
rumpflänge
Hinterbeinalisatz
Tripolis
195
100
30
2 mal
_
jj
(ji^ng)
30
2-/2
schwach gezeichnet
»
n
30
2V5
—
n
)i
30
2
fast nur Längsstreifung
Gharian-Ge-
202
117
—
5
Kopfschilder dunkel ge-
birge
rändert
Bengasi
256
145
32
3
—
))
243
125
30
2%
Internasalia verschmol-
zen
j^
174
94
30
2\
—
)?
(2
Junge)
1
2V«-3
—
Dernah
246
In
32
2'/2
—
n
175
80
30
2
dunkles Seitenband un-
deutlich, ohne Augen-
fiecken
I)
151
85
30
2-/3
Augenliecken auch auf
dem hellen Seitenstrei-
feu; auf der ganzen
Oberseite sehr stark
entwickelt
j5
133
75
32
2V,
—
j5
120
63
32
2Vo
—
5i
107
48
30
2
Augenfleckeu auf den
dunklen Streifen un-
deutlich ; Färbung der
hellen Streifen gelb-
braun
J5
103
47
30
2V3
—
J5
92
60
30
2'/..
—
;?
67
44
30
^'U
—
Abg-esehen von dem besonders langgestreckten, bezw. kurz-
beinigen Gliarian- Exemplar sehen wir also, daß das Verhältnis von
Hinterbeinlänge zur Entfernung vom Vorder- zum Hinterbeinansatz
wie 1 : 1^4—3 beträgt, und zwar sind die Gliedmaßen bei den tiligugu-
Exemplaren im allgemeinen bei den Jungen wenigstens etwas länger
als bei Erwachseneu.
Die Walzenechse hat eine enorme Verbreitung, indem sie niebt
nur ganz Nord-Afrika bis weit in die Sahara hinein und bis in die
Nubische Wüste, Abessvnien und das Somaliland, sondern auch einen
großen Teil West- Asiens (Süd- Kleinasien, Syrien, Cypern, Arabien,
durch Persien und Mesopotamien bis Sind), sondern auch von Süd-
Europa Sardinien. Sizilien, Süd-Italien, Kreta und Attica bewohnt,
von kleinern Eilanden des tyrrhenischen Meeres ganz abgesehen.
614 Franz Werner,
Zu den von ilim gesammelten Exemplaren dieser Art bemerkt
Herr Dr. Klaptocz wie folgt:
„(Exemplare von Tripolis.) In der Mesliia häufig; meidet AVüste
und Steppe und findet sich an etwas weniger trocknen Orten: so
bei alten Brunnen in den Gräben, wo früher die Zugtiere, welche
den Schöpfeimer heraufzogen, hinabstiegen, auch in und an alten
Brunnenbassins, unter den großen Schollen der erdigen Garten-
mauern und in diesen selbst. So große Stücke, wie ich in Bengasi
und Dernah fand, scheinen hier nicht oder selten vorzukommen.
(Exemplar aus Gharian.) In dem unmittelbar südlich und unter
den Kasr (Kastell) von Gharian gelegenen Talkessel, der, von einer
kleinen Quelle bewässert, sehr fruchtbar ist und daher viele Gärten
enthält. 19./9. 1906.
(Exemplare aus Bengasi.) Auch hier an halbwegs geeigneten
Orten häufig und in großen Exemplaren. Beobachtete eines, das mit
großem Appetit an menschlichen Exkrementen herumknusperte.^)
(Ekemplare aus Dernah.) Sah hier auch 2 sehr große Stücke,
von denen eines sicher 40 cm Länge hatte.-) Gemein, namentlich in
der Nähe des Kulturlandes und an schwach feuchten Orten."
Chdlcides hoiileyigeri Anders.
Anderson, in: Proc zool. Soc. London, 1892, p. 17, tab. 1, fig. 1.
Werner, in : Verb, zool.-bot. Ges.Wien, 1894, p.84 {sepoides)midi 1897, p.405.
DOUMERGUE, p. 222.
Diese Art ist bei Tripolis, nach der Zahl der lebend exportierten
Exemplare zu schließen, sehr häufig, wurde aber von Herrn Dr.
Klaptocz, wohl weil die geeignete Jahreszeit schon verstrichen war,
nicht mitgebracht. Der Sphenops sepsoidcs Reuss, den Rohlfs bei
ßir Milrha und Sokna fand (Peters), ist sicherlich unsere Art, die
von Ost-Algerien bis Tripolis verbreitet ist. Alle von Boulenger
(Rept. Barb., p. 141) angegebenen Fundorte von Ch. sepoides And.
beziehen sich zweifellos auf diese Art, die mir von Tuggurth (Ost-
algerische Sahara), von Tunis und Tripolis vorliegt. Die Original-
exemplare Anderson's stammen aus Duirat (Tunesien). Ob Ch. sepoides
in Algerien überhaupt vorkommt, möchte ich bezweifeln und auch
den Fundort „Senegambien" auf Cli. splienopsiformis beziehen.
1) Ich selbst fand diese Art sowohl bei Athen (Lycabettos) als auch
bei Alexandrien (Gabari) an einem Orte, wo menschliche Excremente in
großer Menge abgelagert waren.
2) Ob nicht etwa Euincces scJineideri Daud.?
Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und ßarka. 615
Das Exemplar meiner Sammlung aus Tripolis ist 161 mm lang
(Kopfrumpflänge 100 mm, Schwanz regeneriert, wie bei allen meinen
Exemplaren); Sq. 26; Nacken mit 4 schwarzen Längslinien, von
denen das innere Paar vom Hinterrande des Frontale über den
Außenrand der mittlem Nackenschuppenreihe hinzieht; die äußere
Linie vom Nasenloch zum Auge und von da allmählich sich ver-
lierend zum Hinterbeinansatz; die 10 dorsalen Schuppenreihen
bräunlich, die ventralen weiß, beide Farben durch die schwarze
Seitenlinie geschieden. Schwanz wie bei Ch. ocellatus gezeichnet.
Auch die beiden tunesischen Exemplare meiner Sammlung haben
26 Schuppenreihen; das eine ist ebenso deutlich gezeichnet wie das
tripolitanische, mit 2 parallelen schwarzen Längsstrichen auf dem
Frontale, das andere aber nur schwach, etwa so wie Ch. sepoides.
Die beiden Exemplare aus Tuggurth haben 26 bzw. 24 Schuppen-
reihen. Schuppenränder bei beiden etwas dunkler, so daß die ganze
Ober- und auch Unterseite dunkler gestreift erscheint; das eine
Exemplar hat nur diese Zeichnung, bei dem andern aber treten
kleine dunkle Punkte auf den bräunlichen Längslinien auf, am
Eücken sehr spärlich, auf der Schwanzoberseite aber regelmäßig auf
den Seitenrändern zweier anstoßender Schuppenreihen, so daß immer
2 Punkte nebeneinander stehen; die Grundfarbe zwischen den dunklen
Längslinien ist deutlich zu weiß aufgehellt. Bei dem ungefleckten
Exemplar ist das 3. Supralabiale jederseits klein, dreieckig, zwischen
das 1. und 3. eingekeilt, den Oberlippenrand mit der Basis berührend.
Khiptoglossa.
Chamaeleontidae.
Chaniaeleon vulgaris Daud.
BOULENGEE, Cat. Liz., Vol. 3, p. 443, tab. 39, fig. 1 und ßept. Barb.,
p. 142.
Andekson, p. 225, tab. 29.
DOÜMERGUE, p. 65.
Werner, in: Zool. Jahrb., Vol. 15, Syst., 1902, p. 328.
Thilexius, ibid., Vol. 10, Syst., p. 225.
Arabisch ..bokschäsch" in Tripolis, ,.buje" in Tripolis, „liirbaa,
hirbaya, gemel el jehud" in Ägypten.
Bengasi (Rhümer), Uadi Hassan und Uadi Geraib, Cyrenaika
(Haimann), Sokna und Djebel Tarrhona (Bir Milrha) (Kohles),
6 Iß Franz Werner,
Tripolis (Francaviglia) — also von allen Autoren verzeichnet, die
sich mit der Herpetologie unseres Gebietes näher befaßten. Herr
Dr. Klaptocz brachte mehrere Exemplare von Tripolis mit (S 175
bis 190, ? 180—190 mm lang).
Dieses Chamäleon ist von ganz Nord-Afrika, von den Canaren,
Süd-Spanien, Kleinasien (mit Chios und Samos), Cypern, Syrien, der
Sinai-Halbinsel und Arabien bekannt.
Während es aber in Algerien und weit in die Wüste vordringt,
ist es in Ägypten nur auf das Küstengebiet des Mittelmeeres be-
schränkt und auch hier gar nicht häufig.
Zu den von ihm gesammelten Exemplaren gibt Herr Dr. Klaptocz
folgende Notizen : „Alle selbst gefangen; ein häufiges und scheinbar
überall vorkommendes Tier, allen Eingeborenen bekannt. Zu einer
andern Jahreszeit als im Sommer und Anfang Herbst soll es selten
oder gar nicht zu finden sein. Die vorliegenden Exemplare stammen
aus der nächsten Umgebung von Tripolis, 2 aus Tadschura (20 km
östlich von Tripolis, am Ostrande der i\Ieshia, d. i. der Oase, die
auch Tripolis östlich, südlich und westlich umschließt, aber wenig
westlich von der Stadt ihr Ende erreicht). Außerdem konnte ich
das Chamäleon nachweisen in Dernah nach einem auf der Straße
liegenden zertretenen Exemplar, in Bengasi ebenfalls nach einem
toten Exemplar, das ich aber des unverschämten Preises wegen nicht
nahm. Wird in Tripolis hier und da zum Fliegenfangen gehalten.
Von den von mir gefangenen Exemplaren war gut die Hälfte oder
mehr am Boden, die andern an Büschen von weniger als Manns-
höhe; 1 Exemplar traf ich 6 km oder mehr vom Rande der Oase
südlich von Tripolis, also in einer Gegend, die zum mindesten im
Sommer, vom Haifa abgesehen, sehr wenig Vegetation aufweist, am
Boden herum stolzierend.
Nach Storch sind (und damit würden meine Beobachtungen
gut stimmen) die Chamäleone weit weniger Klettertiere, als allgemein
angenommen wird; soviel ist sicher, daß sie sich am Boden nicht
langsamer fortbewegen als im Geäst. — Storch sah einmal ein
Chamäleon am Eingange eines Loches im Boden sitzend (aber noch
im Loch steckend), das nur dann etwas hervorrückte, wenn eine
Fliege in Schußnähe kam". ^)
1) Vgl. mit dieser Angabe den Fund eines Chamäleons durch Herrn
Prof. A. KÖNIG bei Nza-ben-Rzik in der est- algerischen Sahara, in einer
(wie ich mich im Jahre 1893 überzeugte) nahezu vegetationslosen Gegend.
Eeptilien, Batrachier iind Fische vou Tripolis und Baika. 617
Ophidi.a. ^)
Coluhridae.
Lytorhynchus dkidenia Dum. et Bibr.
BOULENGER, Cat. Snakes, Vol. 1, p. 415 und Rept. Barb., p. 145.
Anderson, p. 271, tab. 27, fig. 3.
DOUMERGUE, p. 268.
Tripolis (Francaviglia). Ich erhielt die Art ebenfalls von dort-
her. Außerdem in ganz Nord- Afrika von Algerien bis Ägypten, in
Syrien, Arabien und Persien. Die beiden tripolitanischen Exemplare
meiner Sammlung sind oberseits von ausgesprochen hellgelber
Färbung mit 40—45 dunklen Querflecken auf dem Rücken,
während das Exemplar aus Kairo und das aus Safje (Palästina)
mehr gelbgrau sind und 38 bzw. 36 rhombische Eückenflecken tragen.
Schuppenformel.
Präocularia
iale am Auge 3
V.
Sc.
Palästina
160
37/37+1
5. Supral
Kairo
168
37/37+1
5.
Tripolis
165
37/37+1
4. u. 5.
Tripolis
166
39/39+1
1. 4. u. r. 5.
Das größte der beiden Exemplare aus Tripolis ist 455 mm lang
(Schwanz 67).
Zanienis alf/iriis Jan.
BoüLENGER, Cat. Snakes, Vol. 1, p. 408 und Rept. Barb., p. 147.
DOUMERGUE, p. 272, tab. 20, fig. 6a.
Werner, in: Verh. zool.-bot. Ges. Wien, 1894, p. 85, 1897, p. 406.
1 Exemplar von Bengasi, neu für das Gebiet (Klaptocz). Sq. 23,
V. 210, Sc? (Schwanz fehlt vollständig, aber glatt vernarbt), Supra-
labialia 9 (das 5. am Auge); 2 Prä-, 3 Postocularia ; Temporalia
2 + 3; ein Schildchen unter dem Frenale. Von der Schnauzenspitze
zum After 46 mm lang. — Die Art war nur aus Algerien und
Tunesien bekannt. Herr Dr. Klaptocz bemerkt hierzu Folgendes:
1) Eryx jaculns, sowohl in Algerien und Tunis als in Ägypten nach-
gewiesen, ist aus Tripolis und Barka bisher nicht bekannt, ebensowenig
wie aus Marokko. Sie scheint hier jedenfalls nicht häufig zu sein, wie
dies für ganz Nordwest-Afrika gelten dürfte. In Ost-Algerien sah ich nie
ein Exemplar, während man in Ägypten ihrer genug haben kann.
618 Fkanz Werner,
„Aus einem Garten, 5 km östlich von Bengasi, von einem Malteser,
Cameno, Besitzer jenes Gartens, bekommen. Ich selbst sah nur ein-
mal, am 4./9. bei Bengasi und zwar etwa 6 km nördlich der Stadt, eine
Schlange, die etwas größer als die vorliegende, höchst wahrscheinlich
derselben Art, verschwunden war. bevor ich vom Pferde gestiegen."
Ich konnte 2 Exemplare meiner Sammlung vergleichen. Das
eine, ein ? von 920 mm Totallänge (Schwanz 225 mm) stammt aus
der west-algerischen Sahara (Doumergue leg.); Schuppenformel r
Sq. 25, V. 222, Sc. 100/100+1; Supralabialia 10, das 6. am Auge;
1 Prä-, 1 Suboculare, 3 Postocularia, Temporalia 2-]-3. — Das andere,
aus Tunis stammende (leg. P. Spatz) habe ich schon op. c, 1897,
p. 406 erwähnt; Sq. 25, V. 224, Sc. 100/100-fl; Supralabialia 9; das 5.
am Auge; sonst wie voriges. Schließlich möchte ich noch auf das
kleine von mir 1893 bei Biskra (Fort Türe) gefangene Exemplar auf-
merksam machen, welches ich op. c. 1894, p. 85 beschrieben habe und
welches mit der Pholidose von Z. algirm die Zeichnung von Z. Mppo-
crepis verbindet; diese Form verhält sich zu der typischen qu er-
gebänderten ganz so wie Z. ravergieri Men. zu Z. fedtschen'koi Str.
oder wie die östliche Form von LytorhyncJms diadema zur westlichen.
Die Färbung des typischen Z. algirus ist überaus charakteristisch;
der bläulich-graue Ton der Oberseite, das breite Nackenband, die
am Rande etwas verschwommenen dunklen Zeichnungen lassen diese
Art leicht erkennen und von allen ähnlichen Zayncnis-kvi&n Nord-
Afrikas {Z. florulentus, rogersi, rhodorhacMs) sofort unterscheiden.
Zamenis florulentus Geoffr.
BouLENGER, Cat. Snakes, Vol. 1, p. 402.
Anderson, p. 256, tab. 37, fig. 1.
Wird als Z. ventrimaculatus Gay var. florulentus Schleg. von
Peters für Sokna ^) sowie 3mal (Haimann: Gioh'; Ehumer: Bengasi^) ;
Francaviglia: Cyrenaika) für das Gebiet von Barka erwähnt.
Ich habe aber zu allen 3 Angaben kein rechtes Vertrauen und
halte es für möglich, daß sie sich allesamt auf Z. algirus Jan be-
1) Ich konnte infolge der Freundlichkeit von Herrn Direktor A. Brauek
und Herrn Kustos G. ToRNlER (kgl. Zool. ]\Iuseum Berlin) diese beiden An-
gaben nachprüfen. Den beiden Herren sei hierfür bestens gedankt. Das
Exemplar aus Bengasi ist nichts anderes als Zamenis gcmoncnsis Laur.
(jung) und zweifellos eingeschleppt oder gar nicht in Bengasi, sondern
auf der Hin- und Rückreise in Italien gefangen. Die Sokua-Exemplare
sind alginis Jan.
Keptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 619
ziehen, von dem wir wissen, daß er in der Cyrenaika vorkommt.
Da Fkaxcaviglia sclion den 1. Band der BouLENGER'sclien Sclilang-en-
kataloge kennt, so könnte man zwar annehmen, daß ihm die Unter-
scheidnng' beider Arten gelnngen ist; doch möclite ich aucli diese
Art bis auf weiteres als fraglich für unser Gebiet bezeichnen.
Zanienis dkulenia Schleg.
BouLENGEK, Cat. Snakes, Vol. 1, p. 411 und Eept. Barb., p. 148.
Anderson, p. 267, tab. 38.
DoüMEEGUE, p. 277, tab. 20, fig. 8a.
Von ßoHLFS vom Uadi ]\Iilrlia mitgebracht (Pcriops parallelus
Wagl, bei Peters). Mir lag- kein Exemplar dieser Art aus Tripolis
und Barka vor, doch findet sich unter den Notizen von Herrn Dr.
Klaptocz die kurze Beschreibung* einer Schlang-e, die er bei dem
Händler Storch in Tripolis sah und die wohl nichts anderes sein
kann als die Diademschlange. Diese Art ist sehr weit verbreitet,
nämlich von der ost-algerischen Sahara über Ägypten und Palästina
bis Nord-Indien.
Ijex>todira tripolitana n, S2>»
Verwandt L. poheguini Mocq. von Französisch Guinea und L.
tornieri Ween. von Deutsch Ost- Afrika, von beiden Arten durch die
größere Anzahl von Schuppenreihen (21) von ersterer auch durch
den Besitz von 2 Präocularen, von denen das obere das Frontale
berührt, von letzterer durch die größere Anzahl von Ventralen
sowie der Temporalia und der an die vordem Kinnschilder an-
stoßenden Sublabialia unterschieden.
Rostrale doppelt so breit wie hoch, von oben deutlich sichtbar;
Interuasalia kürzer als Präfrontalia; Frontale länger als breit, so
lang wie sein Abstand vom Kostrale, kürzer als die Parietalia;
Nasale geteilt; Frontale fast doppelt so lang wie breit; 2 Präocularia,
das obere in Kontakt mit dem Frontale ; 3 Postocularia ; Temporalia
2-[-3, 3-|-3; 9 Supralabialia, das 4. und 5. am Auge; 3 Sublabialia
in Kontakt mit den vordem Kinnschildern; hintere sehr klein, in
Kontakt. Sq. 21, V. 217, Sc. 60;60-f 1. Oberseite mit Einschluß der
Supralabialia graubraun. Unterseite weiß mit verstreuten grauen
Punkten. Sublabialia grau; die 3 äußern Schuppenreihen jederseits
weiß, dunkel bespritzt; Schwanzunterseite mit grauem Längsband,
in der Mitte.
Länge 740 mm; Schwanz 110 mm.
(320 Franz Werner,
Ich erwarb ein einziges S dieser Art von Herrn AV. Schlüter
m Halle a. S., der es mit andern Schlangen direkt von Herrn
R. Storch in Tripolis erhalten hatte. Da eine Verwechslnng oder
ein Irrtum ausgeschlossen ist, auch die übrigen mir seinerzeit zur
Bestimmung eingesandten Schlangen solche sind, welche in Tripolis
sicher vorkommen, außerdem diese Art bisher aus keiner andern Gegend
Afrikas bekannt ist, so wage ich an der Richtigkeit der Fundorts-
angabe nicht zu zweifeln. Bisher wurde keine Leptodira nördlicher
als Sennaar gefunden. Die vorliegende Art besitzt auch nur 6
ziemlich gleichgroße Zähne vor den beiden Furchenzähnen, welche
nur wenig vergrößert sind.
Die von mir in: SB. Akad. Wiss. Wien, Yol. 116, Abt. 1, 1907,
p. 1876 gegebene Bestimmungstabelle der afrikanischen Leptodira-
Arten wäre demnach folgeuderweise zu erweitern:
1. Schuppen in 21 Reihen (Ventralia 217; 2 Präocularia, das
obere in Kontakt mit dem Frontale; Temporalia 2+3 oder 3+3;
3 Sublabialia in Berührung mit den vordem Kinnschildern ; nur
1 Paar von hintern Kinnschildern, diese klein)
Leptodira tripolitana Wern.
Schuppen in 17 — 19 Reihen 2
2. Frenale berührt das Auge (Sq. 17, V. 201—208, Sc. 94—97,
T. 1 -f- 1 + 2) L. duchesnei Blngr,
Frenale durch das Präoculare am Auge getrennt 3
•3. Mehr als 200 Ventralia (Präoculare erreicht nicht das Fron-
tale) L. icerneri Blngr., L. pobeguini Mocq.
Weniger als 200 Ventralia 4
4, 2 Präocularia, das obere das Frontale berührend (Sq. 17,
V. 159, Sc. 48; 6 Sublabialia in Kontakt mit den vordem
Kinnschildern; 3. — 5. der 8 Supralabialia am Auge. Rücken-
schuppen gekielt) L. tornieri AVern.
1 Präoculare, nicht das Frontale erreichend
L. liotamboeia Laur., L. degeni Blngr. (attarensis Wern.)
Macroprotodon cnciillatus Geoffr.
BOULENGER, Cat. Snakes, Vol. 3, p. 175 und Rept. Barb., p. 149.
Anderson, p. 308, tab. 34, fig. 5.
DOUMERGUE, p. 283, tab. 21, fig. 12a.
In der Literatur zweimal erwähnt: von Rhumer für Bengasi
{Coronella [Macroprotodon] hrevis) und von Haimann für Bu Mariara
{Cyrenaika) als „Coronella Joevis'-\ Ich erhielt die Art aus Tripolis. —
Eeptilier, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka.
621
Aus ganz Nord-Afrika vom Rio de Oro (West-Saliara) über Marokko bis
Ägypten, vom Süden der Pyrenäen-Halbinsel, den Balearen und Lampe-
dusa bekannt. Mein ]\Iaterial von dieser Art besteht aus folgenden
Exemplaren, von denen das größte (aus Tunis stammend, leg. Hauptmann
G. Veitii) 567 mm lang ist (Schwanz 106 mm), während das Exemi)lar
aus Tripolis 545 mm (Schwanz 95 mm) mißt. Nachstehend ist auf die
Schu])penformel und Berührung des 6. Supralabiale mit dem Parietale
Rücksicht genommen. Die Exemplare aus Oran, Tunis und Tripolis
sind unterseits einfarbig hellgelblich, die übrigen in verschiedenem
Ausmaße dunkel gefleckt, am wenigsten das aus Constantine.
Sc.
49/49 + 1 6. Supralabiale mit dem Parietale
in einem Punkt in Kontakt
41/41 -\-l 6. Supralabiale vom Parietale ge-
trennt
43 43 4-1 6. Supralabiale mit dem Parietale
in Kontakt
45 45 -\-l 6. Supralabiale vom Parietale in
Kontakt
48 48 -j- 1 6. Supralabiale mit dem Parietale
in einem Punkt in Kontakt
50/50 -|- 1 6- Supralabiale mit dem Parietale
in Kontakt
57,57 -|- 1 6. Supralabiale mit dem Parietale
in Kontakt
55/55 -f- 1 6. Supralabiale mit dem Parietale
in Kontakt
Sq.
V.
Malaga
21
172
Tanger
21
177
Casablanca
23
160
Oran
Setif
19 181
19 180
Constantine 19 180
Tunis
Tripolis
19 174
19 170
CoelopeJtls ntonspessuUuia Heem.
BOTJLENGER, Cat. Snakes, Vol. 3, p. 141 und Rept. Barbary, p. 151 (lacertina).
Anderson, p. 288, tab. 37, fig. 4.
DoüMERGUE, p. 295, tab. 22, fig. la.
Uadi Ahmar, Negal und Zejana (Cyrenaika) : Haimann {insignitus) ^) ;
P>ir Milrha, Sella, Weg zwischen Audjila und Bengasi (Rohlfs)
{lacertina) ; Tripolis (Francaviglia, Boulenger). — Ich besitze ein ?
aus Tripolis (Sq. 19, V. 178, Sc. 93 93 + 1). welches der var. imignita
zugehört.
1) Von Feancaviglia aber zu var. neinnayeri gerechnet; der Name
insignitus bei Haimann ist Art-, nicht Varietätsname. Alle Exemplare
aus Tripolis sind echte insignitus.
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 40
G22 Franz Werner,
Ein ? derselben Varietät (Sq. 19, V. 174, A. 11, Sc. 99 99 + 1)
braclite auch Herr Dr. Klaptocz von Tripolis mit; es ist 480 +
168 mm lang-.
Verbreitung: Nord-Afrika (Rio de Oro bis Ägypten). West- Asien,.
Süd-Europa (mit Ausnahme fast des ganzen italienischen Festlandes).
Er bemerkt hierzu Folgendes: „Südwestlich von Tripolis, 1 bis
1^/, km vom Rande der Mesliia (16./7. 1906, 10 Uhr Vormittags),
scheuchte sie auf, als ich sammelnd einen Haifabestand abtrat. Sehr
schnell, lebhaft und gewandt. Scheint die häufigste Schlange bei
Tripolis zu sein; nicht nur die einzige lebende Schlange, die ich
hier sah, sondern auch die einzige tote, die ich fand, und zwar in
der Meshia an einer Gartenmauer, wo sie jedenfalls Araber hin-
geworfen; da sie bereits stank, verwertete ich sie als Igelfutter.
Stoech hatte viele."
Coelopeltis nioüensis Rss.
BouLENGEK, Cat. Snakes, Vol. 3, p. 143 und Rept. Barb., p. 151 (pro-
ducta).
Anderson, p. 292, tab. 40.
DouMEEGUE, p. 300, tab. 22, fig. 2a {producta).
Nur von Kufra (Rohles) und Tripolis (Anderson) bekannt, je-
doch, weil in der algerischen und tunesischen Sahara ebenso
zu Hause wie in Ägypten, wohl auch in Barka noch zu finden. Im
allgemeinen seltne Art; außer in Nord- Afrika noch in Nubien und
Arabien. Durch die Fähigkeit, ihren Vorderkörper hoch aufzurichten
und den Hals auszubreiten, eine sehr auffallende Schlange (vgL
Scherer, in: Bl. Aquar.-Terr.-Kunde, Jg. 19, 1908, p. 19, 29, fig.
(gute Abbildung).
JPscunmophis schokari Rss.
Boulenger, Cat. Snakes, Vol. 3, p. 157.
Anderson, p. 295, tab. 41—42.
Doumergue, p. 289, tab. 21, fig. 13a.
Ich besitze ein Exemplar dieser rein paläarktischen x4rt aus
Tripolis. Ob die von Panceri in der Cyrenaika (Francaviglia,,
p. 35) und von Rohlfs bei Bir Milrha und Kufra gefangene Psam-
moiMs sihilans^) wirklich zu dieser Art oder aber zu schoJcari gehört,.
1) Die von RoHLES gesammelten Exemplare sind durchwegs P. schokari
(vgl. Änm. S. 618). — (Anm. bei der Korr.)
Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 623
kann ich, so wesentlich die Beantwortung dieser Frage in zoo-
g-eographischer Beziehung auch wäre, leider nicht sagen. Psammophis
schoJiWi ist vom Rio de Oro und West-Algerien durch die ganze
Sahara bis Ägypten. Xubien, Syrien. Arabien, Persien und Sind
verbreitet. Wie wohl alle Arten der Gattung, bewegt sie sich
mit außerordentlicher Schnelligkeit.
]\Iein Exemplar hat 183 Ventralen. Von den 9 Supralabialen
ist das 5. und 6. am Auge. Das braune Rückenband ist ^L^ + 7 -|- V^
Schuppenreihen breit; die hellgelbe ^Mittellinie ist nicht dunkel ein-
gefaßt, überhaupt seitlich undeutlich begrenzt, jedoch das ganze
Rückenband mit dunkler seitlicher Kinfassung. Ein braunes Seiten-
band auf der 1. — 3. Schuppenreihe (\., + 1 + ^ .3 Schuppenreihen breit),
auf keiner Seite dunkel gerändert; eine dunkle Längslinie auf jeder
Seite des Bauches über die Ventralen hinziehend; Bauchmitte dunkel
punktiert. — Ein ähnlich gezeichnetes Exemplar erhielt ich von
Herrn Prof. Doumergue aus der west-algerischen Sahara, doch ist
die hellgelbe Rückenmittelzone breiter, die dunkle Einfassung der
Längsbänder schärfer, und die Punktierung der Bauchmitte fehlt.
jVaJa haje L.
BouLENGER, Cat. Snakes, Vol. 3, p. o74 und Eept. Barb., p. 152.
AxDERSOX, p. 312. tab. 44.
Doumergue, p. 303, tab. 22, fig. 3a, b.
Thilenius, in: Zool. Jahrb., Vol. 10, Syst., p. 221,
Arabisch „buftira" (in Tunis); „nahir"' (in Ägypten).
Aus der Cyrenaika durch Riiumer (Bengasi) und Panceei (s.
FßAxcAviGLiA, p. 35) nachgewiesen; mitgebracht von Herrn Dr,
Klaptocz aus Tripolis (Tarhuna).
Das Exemplar ist 137 cm lang, der Schwanz 14,5 cm (unvoll-
ständig),
Schuppenformel: Sq. 21, 19, V. 204, Sc. 35,35+ . . .
Supralabialia 7; 1 Prä-, 3 Sub-, 2 Postocularia (links das 3. Sub-
oculare mit dem untern Postoculare verwachsen, Temporalia 2 -(- 2 ;
links das vordere untere mit dem 6. Supralabiale verwachsen).
Färbung hell grünlich-grau, nach hinten die Schuppen an der Basis
heller, gegen den Schwanz zu direkt hell gelbbraun. Unterseite des
Kopfes mit Einschluß des 1. Ventrale gelblich, dann grünlich-grau,
dann nach hinten wieder gelblich. Schwanzschilder vorn mit dunklem
Rande.
40*
624 Fhanz Werner,
Ein Exemplar meiner Sammlung, von ähnlicher Größe, aus Kairo,
zeigt folgende Schuppentbrmel:
Kairo Sq. 21, V. 202, Sc. 60/60 + 1.
Vorkommen: Nord- und Ost-Afrika bis Zululand; Palästina, Süd-
Arabien.
Herr Dr. Klaptocz bemerkt zu dieser Art Folgendes : „Die vor-
liegende Schlange (von den 17 Stück, die Storch damals hatte, eine
der größern, doch hatte er nach seinen Aussagen schon viel größere)
so wie die Mehrzahl der Exemplare, die Storch erhält, stammt aus
der Gegend von Tarhuna (südsüdöstlich von Tripolis, Gebirge, wo
'Naja in der ganzen weitern Umgebung von Tripolis bei weitem am
häuligsten sein soll und namentlich nach der Ernte sehr oft gesehen
wird). Nicht so häufig ist (nach Storch) Naja in der Gegend von
Gharian. Sie scheint sich überhaupt nur im Gebirge regelmäßig
und in der nächsten Umgebung von Tripolis nicht oder nur selten
zu finden."
Ein ganz schwarzes Exemplar dieser Art aus Tripolis war im
Sommer 1908 bei dem Wiener Tierhändler Findeis lebend aus-
gestellt. Da es außerordentlich lebhaft war, so konnte ich nicht
untersuchen, ob es sich hier nicht etwa um Walterinnesia handelte.
Viperidae.
Vipera lebetina L.
BouLENGER, Cat. Snakes, Vol. 3, p. 487 und Rept. Barb., p. 154.
Thilenius, in: Zool. Jahrb., Vol. 10, Syst., p. 223.
DoUMEEGUE, p. 310, tab. 22, fig. 5a, b.
Werner, in: Zool. Anz., Vol. 21, 1898, p. 218; in: Jahresb. Ver.
Magdeburg 1896 — 1898, p. 6 (S.-A.) ; in: Wiss. Mitt. Bosn. Herz.,
Vol. 6, 1899, p. 19; in: Zool. Jahrb., Syst., Vol. 19, 1903, p. 344
und in: SB. Akad. Wiss. Wien, Vol. 111, Abt. 1, 1902, p. 1102.
SteindaCHNER, in: Denkschr. Akad. Wiss. Wien, Vol. 44, p. 697, tab. 1
(s, auch Cecconi, in: Boll. Soc. Romana Zool., Vol. 8, 1899,
NiKOLSKi, Herp. Turanica, und in : Annuaire Mus. St. Petersburg,
1899).
SCHEEER, in: Bl. Aquar.-Terr.-Kunde, Jg. 19, 1908, p. 109, fig.
Arabisch „tagirja" (Tunis).
Ich besitze ein erwachsenes Exemplar von Tripolis; aus der
Literatur ist mir die Levante-Otter aus Tripolis oder ßarka nicht
Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 625
bekannt geworden. Ob sie in Ägypten vorkommt, ist nocli immer
zweifelhaft, aber Avohl schon mit Sicherheit zu verneinen — in dieser
Beziehung bietet die Verbreitung dieser mäclitigen Giftschlange ein
Seitenstück zu der von Testudo ihera und Ophiops, welche beide zwar
in Nordwest- Afrika und ^^'est-Asien. nicht al)er in Ägypten gefunden
wurden.
V. lehetiua ist außer in Nordwest-Afrika (Marokko bis Tripolis)
auch in West-Asien weit verbreitet, da sie in Kleinasien. Syrien, auf
Cypern und auf der griechischen Insel Milos, in Transkaspien,
Persien, Mesopotamien, Afghanistan, Beludschistan und Kaschmir
gefunden wurde.
Das mir vorliegende ? aus Tripolis gehört der var. descrti Anders.
an, die ich von var. mimritanica Guicu. allerdings kaum unterscheiden
kann. Mir liegen zum Vergleich noch mehrere Exemplare vor,
nämlich 1 großes $ der var. manritanica Guich. aus Ain Sefra (West-
Algerien). 1 ebenfalls erwachsenes $ der var: xanthina Gray aus
Haifa (Syrien), 1 Exemplar aus Milos, 2 {var. hornmüllcri W^ehn.)
aus dem cilicischen Taurus und 1 derselben Varietät aus dem Libanon;
außerdem 2 Köpfe {xanthina aus Haifa und mauritanica aus Adana).
Sq.
y.
Sc.
Sl.
lo.
Ak.
So.
$ Ain Sefra
27
171
48/48 + 1
11-11
13
17 18
3^)
? Tripolis
27
170
44/44 + 1
11 11
13
18—17
3
$ Milos
23
154
40/40 + 1
10 10
10
15-13
2(3)
2 Haifa
25
168
36 36 + 1
10-11
1 + 7 + 1
12-13
2
c? Libanon
23
145
29 29 + 1
10-9
1 + 9 + 1
13-13
2(3)
?) Cilic. i
23
156
29 29 -1- 1
9 9
1 + 6 + 1
10-10
2
^] Taurus l
23
156
25 25 + 1
9-9
1 + 7 + 1
10-10
9
Kopf, Adana
10 10
10
16-18
3
,, Haifa
10-10
1 + 7 + 1
12 12
2
Das $ aus Tripol
is besitzt
auf hellbräunlichem
Grunde
sehr
große olivenbraune Rücken- und Seitenflecken, so daß von der hellen
Grundfarbe eine Art Kettenzeichnung übrig bleibt. Dagegen ist das $
aus Ain Sefra graubraun, mit großen, aber sehr undeutlichen dunklem
Rückenflecken.
1) Sl. = Supralabialia ; lo. ^= Interocularia (Zahl der Schuppen von
einem Auge über die Stirn zum andern) : Ak. = Augenkrauz (Schuppen
um das Auge herum) ; So. = Subocularreihen (Zahl der Schuppenreihen
zwischen Auge und Supralabialen).
626 Franz Werner,
Cerastes vipera L.
BOULEXGER, Cat. Snakes, Vol. 3, p, 503 und Rept. Barb., p. 155, tab. 18.
fig. 2.
Anderson, p. 327, tab. 47.
DoUMERGUE, p. 317, tab. 23, flg. 2a, b.
Alis Tripolis von Francaviglia und Gray (C rikliiei) erwähnt;
Herr Dr. Klaptocz brachte 3 Exemplare von demselben Fund-
orte mit.
<? Sq. 25, V. 110, Sc. 22/22 + 1, Supralabialia 10—10, Interocular-
reihen 11, Augenkranzschildchen
11—10, Subocularreihen 3, Schwanz-
unterseite nicht schwarz. Total-
länge 250 mm (Schwanz 27).
§ Sq. 27, Y. 109, Sc. 16/16 + 1, Sl. 11—12, Int. 13. Ak. 13—11, Siib-
oc. 3—4. Tot. 265 (Schw. 18).
$ Sq. 25, V. 106, Sc. 18/18 + 1, Sl. 11—11, Int. 12, Ak. 9-11, Sub-
oc. 3 — 4. Ein Augenbrauenschüpp-
chen steht etwas hornartig empor.
In der Sahara von Algerien bis Tripolis; in Algerien gar nicht
Läufig, dagegen ziemlich gemein in Ägypten.
Nach Storch, wie Herr Dr. Klaptocz berichtet, in der Um-
gebung von Tripolis, zwar außerhalb der Meshia, aber gleich an
ihrem Eande beginnend, im Sande häufig. Herr Dr. Klaptocz sah
im Freien keine, obwohl er zu den verschiedensten Tageszeiten sehr
viel in jenen Gegenden sammelte.
Cerastes comutus Forsk.
BOüLENGER, Cat. Snakes, Vol. 3, p. 502 und Eept. Barb., p. 155.
Anderson, p. 330, tab. 48.
DouMERGUE, p. 319, tab. 23, fig. 3a — c.
ThileniüS, in: Zool. Jahrb., Vol. 10, Syst., p. 223.
Cyrenaika (Bruce, hier äußerst zahlreich).
Djebel Tarrhona (ßir Milrha), großes $ ohne und junges S mit
hornartig verlängerter Siipraorbitalschuppe (Kufra); leg. Rohlfs.
Herr Dr. Klaptocz fing ein hornloses Exemplar {var. mutila Doum. $)
am 15. September unmittelbar östlich vom Djebel Montrus (etwa
20 km nordwestlich von Gharian).
Eeptilieu, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 627
Schuppenformel : Sq. 33, V. 139, Sc. 28;28 + 1, Suprcalabialia
13—12, Interocularia 18, Augenkranzschildchen 16—16, Subocular-
reilien 5. Eine Schuppe in der 2. Längsreihe der Interorbitalschuppen
jederseits kegelförmig, etwas vergrößert; auf der Schnauze, vor den
Augen, ein Paar ähnlicher kleiner Hörnchen.
Oberseite deutlich dunkel gefleckt; Schwanzspitze schwarz.
Totallänge 405 mm, Schwanz 40 mm.
Von West-Algerien durch die ganze algerische und tunesische
Sahara bis Tripolis, wahrscheinlich weiter durch Barka und die ganze
Libysche Wüste verbreitet, in Ägypten entschieden seltner als die
vorige Art, dagegen in Ost-Algerien nach meinen Erfahrungen das
Umgekehrte der Fall. Außerdem in Palästina, Nubien und Arabien.
Über den Fang des vorliegenden Exemplars berichtet Heri- Dr.
Klaptocz wie folgt. „Unter einem mittelgroßen Stein. Blieb, als
dieser umgewälzt, obwohl jetzt ganz unbedeckt, etliche Minuten
ruhig liegen, bis ich die Zange und ein großes Spiritusglas bei der
Hand hatte, und dies, obwohl mehrere Personen herumstanden. Mit
der Zange hinter dem Kopf gepackt, erwies sie sich trotz ihrer
gelungen Größe sowie in Anbetracht der sonstigen Unbehilflichkeit
der Vipern als sehr gewandt und sehr kräftig. — Nach der Aussage
der Eingeborenen im Gebirge nicht selten (dies sagen sie übrigens
bei allen Tieren, auch bei solchen, die sie das erstemal zu sehen
scheinen). Arabischer Name: „lefa bin kurün" (Schlange mit
Hörnern)." — In der algerischen und tunesischen Sahara wohl all-
gemein als „lefa" kurzweg bekannt.
Echis ccuHnatus Schn,
BouLENGER, Cat. Snakes, Vol. 3, p. 505 und Rept. Barb., p. 155.
Andeeson, p. 336, tab. 49 und in : Ann. Mag. nat. Hist. (7), Vol. 6,
p. 419.
DoüMEEGUE, p. 322, tab. 22, fig. 7a.
Cyrenaika (leg. Panceri, teste Francaviglia, p. 35). Da diese
Art sowohl in der ost-algerischen und tunesischen Sahara wie in
Ägj'pten vorkommt, so zweifle ich nicht daran, daß sie auch in
Tripolis zu Hause ist. Sie ist im allgemeinen in Nordwest-Afrika
nicht häufig, etwas mehr in Ägypten, findet sich ferner in Nubien
und Kordofan, in Arabien. Trauskaspien, Persien, Afghanistan,
Beludschistan, Vorderindien sowie in Togo, Abessynien und Soniali-
land. In Indien ist sie unter dem Namen „Phoorsa" eine der ge-
fürchtetsten Giftschlangen.
628
Franz Werner,
Sonstige
Verbreitung
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Rio de Oro, West-
Asien, Türkei, Ru-
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Palästina, Arabien,
Sudan, Somaliland,
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West- Asien bis Sind,
Süd-Europa
Süd-Europa (fehlt
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Halbinsel)
Rio de Oro, Nubien,
Sinai-Hulbinsel
Palästina bis Sind
und Transkaspien
Palästina, Arabien,
Nubien, Abessynieu
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Reptilien, Batracbier und Fische von Tripolis und Barka.
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630
Franz Werner.
Sonstige
Verbreitung-
Süd-Spanien, Klein-
asien, Syrien, Ara-
bien, Teneriffa
West-Asien, Grie-
chenland, Türkei,
Dobrudscha
Syrien, Arabien,
Persieu
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Syrien bis Nord-
Indien
Rio deOro, Balearen,
Lanipedusa, Pyre-
näen-Halbinsel
Rio de Oro, Süd-
Europa (auLler Ita-
lien), West-Asien
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Ägypten
Barka
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Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka.
631
Rio de Oro, Palä-
stina und Arabien
bis Sind, Nubien
Ost-Afrika von
Nubien bis Zulu-
land, Syrien, Ara-
bien
West-Asien bis
Kaschmir, Milos
Syrien, Nubien.
Arabien
Nubien, Kordofan,
Abessynien, So-
nialiland, Togo,
West- Asien von
Arabien bis Vorder-
indien
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2
632 Franz Werner,
Einige allgemeine Benierkiuigen über die Reptilien-Fauna
von Tripolis und IJarka.
Aus der Ziisammensetziiiig der Reptilien-Fauna der beiden oben-
o-enannten Länder g-eht deutlich hervor, daß sie eine entsclüeden
größere Verwandtschaft mit der Mauretaniens als mit der Ägyptens
besitzt. Wenn wir von denjenigen Arten absehen, die quer durch
ganz Nord- Afrika, von Marokko oder wenigstens Algerien bis
Ägypten verbreitet sind (und es gehören die meisten bisher aus dem
Gebiete bekannt gewordenen Arten hierher), so finden wir in dem
Rest der sicher nachgewiesenen Arten vorwiegend echte Nordwest-
Afrikaner: Ophiops occidentalis, Chalcidcs honlengeri, Zamenis ahjirus;
ferner 2 Arten, die zwar außer in Nordwest-Afrika noch in West-
Asien zu Hause m^d (Viperalebetina, Testudo ibera), aber in Ägypten
bisher nicht gefunden wurden; schließlich 2 Arten, die bisher aus
Nord-Afrika überhaupt nicht bekannt waren, nämlich Ophiops elegans,
eine west-asiatische, und Lepiodka fripolitana, eine einer äthiopischen
Gattung angehörige Art. Was auf Übereinstimmung mit Ägypten
hinzuweisen scheint (Mahuia quinqiietaeniata , Uromastix spinipes,
Zamenis florulentus, Fsammophis sibilans), ist zu unsicher, um ernst-
lich in Betracht gezogen werden zu dürfen.
Eher dürfte das, was in Tripolis und Barka fehlt, als ägyptischer
Charakterzug des tripolitanisch-cyrenaischen Gebietes angesehen
werden können, so das Fehlen von Lacerta, Psatnmodromus , Ernys,
Clemmys, der Amphisbaenen und Coronellen. Eine wirkliche Kluft
ist zwischen Mauretanien und Ägypten aber immerhin in einigen
wenigen Fällen zu bemerken, indem Arten, die in beiden Ge-
bieten in verschiedenen Formen auftreten, in Tripolis und Barka
ganz fehlen. Dies gilt z. B. für Flyodadylns hasselquisti Donnd.,
dessen algerische Form oudrii Lat. von den ägj^ptischen durch das
ganze gewaltige Gebiet vom Auresgebirge bis zum Nil getrennt ist;
ebenso ist zwischen dem Gebiete des mauretanischen Tropidonoius
viperinus und dem des west-asiatischen, bis Unterägypten verbreiteten
T. tessellatus in der ganzen Breite der beiden Länder bisher kein
Tropidonotus gefunden worden. Wenn man bedenkt, daß beide Arten
einem Typus der Gattung angehören, der in Afrika sonst gänzlich
fehlt, so scheint mir dies dafür zu sprechen, daß dieser Typus ein
wesentlich und ursprünglich holarktischer ist, wie Colnher, Coronella,
Zamenis und Vipern, von denen Coluher Afrika gar nicht,
Coronella nur im Nordwesten. Zamenis im Norden und Nordosten
Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 633
besiedelt hat, während die Viperiden freilich von dem ganzen Erd-
teil Besitz ergriffen, aber hier mehrfache Umbildungen erfahren
haben. Wenn wir Steomee darin zustimmen, daß wir die Urheimat
einer Formengruppe dort zu suchen haben, wo zusammenhängende
Reihen gefunden w^urden, so dürfen wir die Paläarktis, wo für die
Viperinen eine rezente Stammesreihe von seltner Vollständigkeit
vorliegt, als ihre Ih'heimat annehmen.
Es erscheint mir nicht unwahrscheinlich, daß eine kleine An-
zalil jetzt ägyptischer Reptilien im alten Ägypten noch gar nicht
existierte, sondern erst später aus Syrien bzw. Arabien einwanderten.
Ich meine hier Ayama stcUio, Chamaeleon vulgaris und Testudo leithi.
Keines dieser Tiere erscheint auf den zahlreichen Abbildungen in
den Tempeln und Höhlengräbern des alten Ägyptens dargestellt,
obwohl sie auffallend und niclit leicht zu übersehen sind. Ägama
stellio gehört einer Gruppe der Gattung Ägama an, die sonst aus-
schließlich auf West- und Mittel- Asien beschränkt ist; der Hardun
ist ausschließlich auf die Mittelmeerküste beschränkt und ist nie-
mals auch nur ins Delta vorgedrungen, obwohl er sicherlich bereits
jahrhundertelang in Ägypten einheimisch ist; ebenso hat er an-
scheinend niemals sein Verbreitungsgebiet über Ägj^pten nach Westen
ausgedehnt. — Was Chamaeleon vulgaris anbelangt, so könnte es
freilich aussehen, als ob das Verbreitungsgebiet dieser Art in Nord-
Afrika ein geschlossenes sei. Doch ist dies nur scheinbar. Andeesox
fand sie in Unter-Ägypten nur bei Marsa Matru, 150 Meilen west-
lich von Alexandrien, und es ist leicht möglich, daß sie hier aus
der Cyrenaika eingeführt wurde. Der nächste Fundort im Osten
ist die Oase Ain Musa in der Sinai- Wüste, gegenüber von Suez,
also innerhalb des west-asiatischen Verbi-eitungsgebietes der Art.
Wenn etwas gegen meine Annahme spricht, daß das Cliamäleon erst
später in Ägypten eingewandert ist, so wäre es der Umstand, daß
wir dann in Ägypten eine Unterbrechung des zusammenhängenden
Verbreitungsgebietes annehmen müßten; dies gilt aber sicher ebenso
für Vipera Ichetina und Testudo ibera, die in West- Asien und Maure-
tanien, nicht aber in Ägypten leben, ebenso wie für manche lusecten,
wie die Orthopteren-Gattungen Famphagus und Sphodromerus u. a.
Was schließlich Testudo leithi anbelangt, so ist auch sie eine
Küstenbewohnerin in Ägypten und dabei die einzige Schildkröte des
Landes neben Triomjx triunguis. Während wir aus dem Miocän und
Eocän von Ägypten cryptodire. noch mehr aber pleurodire Schild-
kröten in ziemlicher Anzahl kennen, sind, beide heute im größten
634 Franz Werner,
Teil des Landes, von der MittelmeevkUste bis Dongola, wo T. cakarata
lebt, ausg-estorben, wohl im Zusanimeiihange mit der zunehmenden
Entwässeruno^ , die die völlige Vernichtung der pleurodiren Schild-
kröten zur Folge hatte. Immerhin scheint es aber möglich, daß gerade
T. leithi einen letzten Kest der alten Landschildkröten-Fauna Ägyptens
darstellt und dem Wassermangel verhältnismäßig gut Widerstand
leisten kann, da sie ja nicht nur von der arabischen Westküste
bekannt ist, sondern auch in der Sahara vorkommt, im Falle
Anderson im Recht ist, wenn er auch die ,,Tcstudo graeccr^ von Peters
(welche Rohlfs im Uadi Tessina sammelte) auf diese Art zurückführt;
denn diese Wüstenbäche führen ja meist nur ganz kurze Zeit im Jahre
Wasser, und es sind die Schildkröten auch hier auf die nach der
Regenperiode sprossenden, z. T. succulenten Pflanzen angewiesen.
Wenn wir nun die Anteile der verschiedenen Faunengebiete an
der Fauna unserer Gebiete weiter betrachten, so dürfen wir folgende
Gruppen unterscheiden:
Eigentliche Mediterranformen, ohne besondere Anpassung an
das Leben in der Wüste: Testudo, Hemidadylus^ larentola, Ophiops,
Mabuia, Chaicides ocellatus, Chamaeleon, 3Iacroprotodon, Coelopeltis
monspessulana, Viper a lehetina.
Arten äthiopischer Abstammung : Lepiodira tripoUtana, Naja haje.
Wüstenbewohner: Die übrigen Arten.
Gemeinsame Formen (entweder derselben Art oder wenigstens
demselben Formenkreis angehörig) Mauretaniens (mit Einschluß von
Tripolitanien) mit dem Sudan, aber in Ägypten nicht vorkommend:
? Testudo ibera, Glauconia macrorhyncha, Leptodira (tripolitana, im Sudan
L. attarensis Wern.), Ägama {hihroni in Marokko und ^Vest- Algerien ;
spinosa am Roten Meer; colonorum am obern Nil).
Diese Daten zusammen mit dem überraschenden Vorkommen
mediterraner Lacertiden-Formen {Lacerta jacJisonii, L. vanercseUae,
Algiroidcs africanus) und einer echten Vipera (F. snpercüiaris) in
Ost-Afrika sowie der sudanesischen Gattung Latastia in Kleinasien
(L. cappadocica) berechtigen zu dem Schlüsse, daß das mediterrane
Gebiet Nord-Afrikas, Süd-Europas und West-x\siens durch eine
wenigstens einen Teil des Jahres bewässerte, im Norden mehr
mediterranen, im Süden mehr Savannencharakter tragenden Land-
strich mit dem Sudan (im weitesten Sinne des Wortes) im Zusammen-
hange gestanden haben muß oder vielleicht (durch das Hinterland
von Barka) noch jetzt in Verbindung steht. Erst durch das Vor-
dringen der Wüste sowohl gegen die Mittelmeerküste als gegen den
Heptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 635"
Sudan dürfte die weite Verbreitung so echter Wüsteiitiere wie Ertjx,.
Echis, Stenodactylus und Ptyodadtßus ermöglicht worden sein. Das-
west- und zentral-asiatische Steppengebiet muß aber von der süd-
afrikanischen Subregion wenigstens kurze Zeit getrennt gewesen
sein, da die im gemäßigten Asien vorkommenden Arten der Gattungen
Eremias und Scapteira in einigen konstanten Merkmalen sich von den
Süd-afrikanischen unterscheiden. Jetzt ist die Verbreitung von
Eremias von Nord-China über West-Asien bis Süd-Afrika fast kon-
tinuierlich, die von Scapteira freilich stark unterbrochen. Trotzdem
müssen wir und können wir auch annehmen, daß auf dem ganzen
Gebiete, das sich von den Steppen Zentral-Asiens bis über Ost-
Afrika zum Kap erstreckt, die Existenzbedingungen für diese Gat-
tungen sich gefunden haben und im Sudan und Ost- Afrika für Eremias
noch finden, wenn wir uns nicht Scapteira dipliyletisch entstanden
denken wollen, wozu aber, wenn wir die Verbreitung von Eremias
in Betracht ziehen, die in Asien wie in Süd- Afrika in ihrer Gesell-
schaft vorkommt, aber ein ununterbrochenes Gebiet vom gemäßigten
Asien (Kleinasien bis Nord-China) bis Süd- und West-Afrika bewohnt^
kein Anlaß vorliegt; wäre diese Kontinuität bei Eremias nicht mehr
nachweisbar, so könnte man aucli hier an diphj^letische Entstehung
denken, und wahrscheinlich .ist auch Scapteira einst ähnlich ver-
breitet gewesen wie Eremias — wir brauchen hier vielleicht gar
nicht auf weit entlegene Erdperioden zurückzugreifen. Ahnliche Er-
wägungen werden auch nahegelegt, wenn wir die Verbreitung der
nahe verwandten Saudgeckos Crossobamon (Zentral-Asien), Steno-
dactylus (Nord- Afrika, West-Asien) und Ptenopus (Südwest- Afrika) oder
die der Schlangen-Gattungen Eryx und Psammophis betrachten. Es
ist nicht denkbar, daß alle diese Formen, die in ihren Lebens-
bedingungen {Psammophis sihilans L. vielleicht ausgenommen, die
eine große Anpassungsfähigkeit an verschiedenartige Lebensver-
hältnisse bekundet) heute überall echte Xerophilen sind, früher
eine andere Lebensweise geführt haben sollen, oder daß aber die
heute z. T. weit getrennten, sehr ähnlichen Formen in ihren jetzigen
Wohngebieten selbständig entstanden sind und nur auffallende
Konvergenzfälle vorstellen. Wäre dies der Fall, dann müßten wir
mit unserer Systematik überhaupt einpacken, denn wir hätten bei
derartig weitgehender Übereinstimmung nahestehender Formen über-
haupt kein Mittel, um zu entscheiden, wo die Ähnlichkeit infolge
Verwandtschaft aufhört und die infolge Konvergenz beginnt. Man
stellt sich diese Unterscheidung gemeiniglich recht leicht vor, weil
636 Franz Werner,
die meisten Zoologen, die sich mit solchen Fragen befassen, nur
mit großen Gruppen operieren, bei denen durch eine reiche
Literatur, namentlich entwicklungsgeschichtliche und anatomische
Vorarbeiten, schon eine ausreichende Grundlage besteht; je tiefer
man aber in der Rangordnung des Tierreiches herabsteigt, desto
schwieriger gestaltet sich die Lösung der Frage, welche Merkmale
die phyletisch wichtigen und welclie die durch konvergente An-
passung entstandenen sind. Hier müssen oft Charaktere zur Ent-
scheidung aushelfen, die nur das lebende Tier uns erkennen läßt,
und viele Merkmale, die physiologisch bedeutungslos erscheinen,
sind dafür, weil sie von dem EinÜusse der Umgebung und der
Lebensweise unberührt geblieben sind, in phylogenetischer Be-
zieliung sehr wichtig. Wenn man auch zugeben muß, daß es keine
diphyletische Entstehung einer Tiergruppe geben kann, sondern
•daß eine solche immer nur eine scheinbare und durch die Unzu-
länglichkeit unserer Kenntnisse zu erklären ist, so ist es doch
sicher, daß in der Praxis die Frage manchmal schwierig zu lösen
sein mag.
II. Batrachia.
Rana ridibnnda Pall.
BoULENGER, Tailless Batracbians of Eiirope, London 1898, Part 2,
p. 270 ff. , tab. 16 und Eept. Batr. Barbary, p. 157 {esculenta rar.).
Bedriaga, in: Bull. Soc. Natural. JMoscou, 1889, p. 256.
DOUMERGUE, Essai Faune Erpet. Oranie, Oran 1901, p. 332. tab. 24, fig. la,
BOLKAY, Über die Artberechtigung des Flußfrosches (Bana ridibunda
Pall.), in: Wochenschr. Aquar.-Terr.-Kunde, Jg. 5, 1908, No. 26, 28,
fig. 1 — 10.
Ich folge dem Vorgange von Bolkay, indem ich den Flußfrosch
hier als besondere Art betrachte. Es folgt daraus aber auch un-
mittelbar die völlige Aufspaltung der Rana escidenta im Sinne
Boulengee's, da unter diesen Umständen, wie dies bereits Stejnegee
(Herpetol. Japan, Washington 1907, p. 94) befürw^ortet, auch die ost-
asiatische B. chinensis Ose. {marmorata Hall,, nigromaculata Hall.)
abgetrennt werden muß und in der Art B. esculenta L. nur mehr die
forma typica (incl. var. kssonae Cam.) verbleibt. Dagegen glaube ich
nicht, daß eine Aufspaltung der ridibunda Pall. in mehrere Arten oder
Unterarten ^) nötig oder wünschenswert ist. Daß die südlichen ridi-
1) s. Wolterstoefe, in: Wochenschr. Aquar.-Terr.-Kunde, Jg. 5,
1908, No. 28.
Eeptiiieii, ßatraclüer uuil Fische von Tripolis und Baika
637
hnndae kleiner sein sollen als die des ost-europäisclien Tieflandes, ist
■wohl nur für die Exemplare der PjTenäen-Halbinsel und Nord-Afrikas
richtig. Die der Balkan-Halbinsel, zum mindesten in Dalmatien,
Monteneg-i'o. Bosnien und der Herzegowina g-eben den ost-europäischen
Tieflandsformen an Größe kaum etwas nach und dasselbe gilt wohl
auch für die Kleinasiaten.
In Nord-Afrika ist B. riclihunda weit verbreitet. Sie findet sich
von Marokko bis Barka. ist aber in Ägypten wenigstens außer-
ordentlich selten, da erst 2 Exemplare bekannt geAvorden sind, von
denen nur für eins eine genauere Fundortsangabe vorliegt (Alexan-
drien, leg. Letoueneux); sie werden in Anderson, P'auna of Egypt.
Reptiles and Batrachians, p. 346, erwähnt. Außerdem ist die Art
von der P3'renäen- und Balkan-Halbinsel, von Kleinasien, Syrien,
den Kaukasusländern, Transkaspien und Persieu sowie von einzelnen
Gebieten Mittel-Europas und zwar aus der Ebene (Ungarn, Nieder-
österreich, Nord-Deutschland) bekannt. Das längste von mir ge-
messene Exemplar, aus einem Tümpel bei Brunn am Gebirge (Nieder-
österreich) stammend, maß 15 cm von der Schnauzenspitze zum Ende
■des Steißbeines.
Herr Dr. Klaptocz brachte 5 Exemplare von Barka (Dernah)
rind 6 von Tripolitanien (Ain Sarah) mit. Die Maße sind folgende:
D
e r n a
h
Ain Sarah
&^ a
c^b
o^c
9a
9 b
9c
Totallänge
66
63
59
67
51,5
54
lunerer Fersenhöcker
4.2
4.2
4,2
4.8
3.3
3,2
Iinienzehe
9,8
8.6
8.7
10,5
7,6
8.5
Tibia
34
34
31,5
35
33
33
Tvmpaiuim
5,7
6,6
5.4
7
4,5
6
luterorbitalraum
3
4'
3.5
4,8
2,3
3
Schnauzenläiig-e
12.6
12,3
11,4
12,5
9,5
10
Aug-endurcbmessser
9
10
8.5
9,8
8,2
;t
Kopfläug-e
31.5
26.5
25,1
31,5
24
22
Kopfbreite
26
24
21
28
20
23,5
Längste Zehe
38,5
33
22
37
27
29
Längster Finger
16.2
15
14.4
15,5
12.5
13,5
lunenfinger
12
13,5
12,6
14,5
9,5
10
Sehr großfleckig ist S b und J 1).
Von den Exemplaren aus Ain Sarah ist nur eins als erwachsen
zu bezeichnen ($ c). — H.vi.^iann erwähnt eine Bmui siJ. (jedenfalls
ridihundaF Ahi..)\onDeYimh und beiRoHLFS (Kufra) ^xird licma esculenia
(selbstverständlich auch ridibunda) von Ain
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. 41
Scherschara genannt.
638 Franz Werner
Daß die Art in Süd-Europa 2 völlig g-etrennte Verbreitungs-
gebiete (Pyrenäen- und Balkan-Halbinsel) bewohnt, scheint nur auf
den ersten Blick überraschend, doch wäre diese Erscheinung weder
ohne Beispiel, wenn die Trennung wirklich bestünde (vergleiche die
völlige Ti'ennung der Verbreitungsgebiete von Vipera lehetina. Testudo
ibera, vielleicht auch Eumcces schneklcri), noch auch ist sie wirklich
so aufzufassen. Denn die Kontinuität des Verbreitungsgebietes wird
eben durch Nord-Afrika hergestellt, dessen Seefrösche durch die ehe-
maligen Landverbindungen sowohl in die Pyrenäen- wie Balkan-
Halbinsel, einwandern konnten, bzw. überhaupt das ganze Mediterran-
gebiet bewohnten, ohne aber Italien zu besiedeln. Auch die Aus-
nahmsstellung Italiens in dieser Beziehung ist nicht ohne Seitenstück,
So ist Chakides ocellatus zwar nach Sizilien, Sardinien und einigen andern
Inseln der Tyrrhenis eingewandert (und zwar in derjenigen Form,,
var. tiUgugu Latr., die an den Küsten von Algerien und Tunesien
lebt), ebenso auch nach Kreta und Attica (und zwar in der tj^pischen
Form, die in Ägypten ausschließlich sich findet); dagegen fehlt die
Art auf dem Festlande von Italien. Fast dasselbe gilt auch für
Coelopeltis.
JSufo im'idis Laue.
(Taf. 30.)
BoULENGER, Cat. Batr. Sal. 1882, p. 297; Rept. Batr. Barbary, p. 158-
und Tailless Batr. Europe, p. 227, tab. 11, 12.
Anderson, Fauna of Egypt., Vol. 1, p. 350, tab. 50, fig. 2.
DoüMERGUE, Essai Faune Erpet. Oranie, p. 839, tab. 24, fig. 2a, b.
Bedeiaga, in: Bull. Soc. Natural. Moscou, 1889, p. 378.
Von Herrn Dr. Klaptocz von Tripolis und Umgebung (Ain
Sarah), Bengasi und Dernah mitgebracht; von Haimann auch von
letztem! Orte genannt. In Algerien und Tunesien bis in die Oasen
der Sahara verbreitet (ich sammelte sie in der Oase El Meraier in
der ost-algerischen Sahara), ist sie in Ägypten nur an der Küste
etwas häufiger (von mir in der Umgebung von Alexandrien sowohl
in erwachsenem Zustande, bei Ramleh, als auch als eben verwandelte
Junge, bei Meks, gefunden), sonst aber spärlich (Oase Dachel in
der Libyschen Wüste; im Nil-Tal bis Luxor); außerdem weit ver-
breitet in Süd-Europa (mit Ausnahme der PjTenäen-Halbinsel) sowie
in Mittel- und Ost-Europa und in West-Asien bis zum Himalaya, wo
sie noch in 5000 m Höhe vorkommt. Genauere Fundortsangaben und
ausführlichere Literaturzitate findet man in den obengenannten Werken.
?,
68
%
63
%
61
?,
49
s,
52
s,
46
3.
43
Eeptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 639
Die von Herrn Dr. Klaptocz g:esammelten Exemplare sind in
ihrer Zeichnung äußerst mannif^faltig-, und alle in den „Tailless
Batrachians". tab. 12 abgebildeten Zeichnungstypen finden sich in
seinem Material vor.
I. Tripolis und Umgebung.
„Sehr gemein in Gärten und Feldern und deren Umgebung.
Am Abend wimmelt es gei-adezu von diesen Tieren. Variieren stark
in der Zeichnung."
?, 70 mm. kleinfleckig, mit heller Eückenlinie.
, kleinfleckig, helle Rückenlinie kaum unterscheidbar.
, Flecken mäßig groß (Ain Sarah).
, sehr kleinfleckig (Fig. 1).
, ziemlich kleinfleckig; helle Rückenlinie angedeutet (Fig. 2).
, Flecken undeutlich; Rückenwarzen mit deutlich verhornten
Spitzen; Daumenschwielen sehr deutlich.
, wie das vorige 3 ; Flecken klein, deutlicher.
, ebenso; Flecken grüßer.
Junges, sehr kleinfleckig.
II. Gharian; Weg Gharian-Sauja, 16.9. 1906, in einem Tümpel.
% 73 mm, hell bräunlich-grau, mit größern Flecken (Fig. 3).
% 67 „ hellgrau; Flecken etwas kleiner, dunkel punktiert; helle
Mittellinie angedeutet.
III. Bengasi.
$, 75 „ luselflecken sehr groß, eine helle (weißliche) Mittellinie
und schmale weißliche Schnörkel von der Grundfarbe
übrig lassend (Fig. 6).
2, 69 „ Flecken groß, aber spärlich, so daß die hell bräunliche
Grundfarbe deutlich hervortritt (Fig. 5).
S, 68 „ hellgrau mit großen und kleinen Flecken.
S, 63 „ hell bräunlich-grau, ebenso; beide mit undeutlicher heller
Mittellinie (nicht mit der des erstgenannten $ identisch,
vgl. BouLKXGER, Taill. Batr., p. 23, 24, flg. 9).
S, 60 „ hellgrau, Flecken ziemlich klein; deutliche helle Mittel-
linie (der des vorigen 3 entsprechend) (Fig. 4).
S, 71 „ dunkelgrau (AVassertracht) ; Flecken klein.
„Junge, aus einem der kleinen Rinnsale, die schwach salziges
41*
540 Franz Werner,
Wasser entlialten und in dem sich auch viele Fische {Cijprinodon)
finden. In diesen Einnsalen steigt auch süßes Wasser auf, weshalb
hier Vieh getränkt wird." Das Vorkommen dieser Art in wenn
auch schwach salzigem Wasser ist sehr bemerkenswert. Die Ba-
trachier meiden sonst ängstlich sogar schwach brackisches Wasser.
Gerade Bufo viridis und Fiana ridihunda sind aber relativ un-
empfindlich gegen einen mäßigen Salzgehalt des Wassers (Beispiele
für beide Arten: Vorkommen im See von Porto Sovra auf Meleda,
in den Oasentümpeln der ost- algerischen Sahara; für E. ridihunda:
Vorkommen im Brackwasser auf der jonischen Insel Santa Maura,
sowie bei Budua in Süd-Dalmatien; für B. viridis: Vorkommen in
den Brackwassertümpeln zwischen dem Mittelmeer und dem Maryut-
See, Unter-Äg3'pten. Diese Eigentümlichkeit ist es, welche beiden
Arten die Existenz in den oft salzigen Oasengewässern der nord-
afrikanischen Wüsten möglich macht.
IV. Dernah.
S, 69 mm, schmutzig graugrün, Flecken undeutlich (Fig. 8).
S, 60 „ ähnlich; Warzenspitzen stark verhornt.
2 halbwüchsige Exemplare; graugrün, Flecken mäßig groß; weiß-
grau; Flecken klein, getrennt; Junges: Flecken klein, wenig zahl-
reich (Fig. 7).
Die nord-afrikanischen Exemplare von B. viridis sind kleiner als
solche aus Dalmatien ; ich besitze 1 ? aus der Umgebung von Risano
(Bocche di Cattaro, Süd-Dalmatien) von 105 mm Länge.
Aus dem Gebiete werden 2 weitere Batrachier genannt, nämlich:
Bufo pantherinus („Scebua presso il Lete"; Haimann).
Discoglossus pktus (JVlisrata; Rizzaedi).
Was Bufo iianfherimis in diesem Falle sein soll ist gerade für
die Cyrenaika höchst zweifelhaft. Es kann gei'ade so gut B. niauri-
tanicus ScHLEG. als der in Ägypten häufige B. reguJaris Ess. sein,
ich bin aber der Meinung, daß es sich überhaupt nur um B. viridis
handelt. Daß Herr Dr. Klaptocz von diesem B. paniherinus, der
doch, ob es nun mauritanicus oder regidaris sein mag, in seiner
Heimat durchaus keine Seltenheit ist, kein Exemplar erbeutete, läßt
mir nur den einen Schluß zu, daß eben keine von beiden Arten in
Betracht kommt, sondern nur B. viridis.
Ahnliches gilt für Discoglossus; mir scheint es außer Zweifel,
daß es sich bei dieser Angabe gerade so wie bei dem für die
Reptilien, Batrachicr und Fische von Tripolis und Barka. 641
Jonischen Inseln ang-efülirten Discoglossus um nichts anderes als um
Rana ridihimda handelt.
Solang-e keine weitere, durch Exemplare belegte Angabe für
das Vorkommen dieses in Nordwest-Afiika an geeigneten Stellen
überall gemeinen E'rosches, den Herr Di-. Klaptocz sicherlich von
Tripolitanien mitgebracht hätte, wenn er hier überhaupt vorkäme,
so lange möchte ich Discoglossus nicht in die tripolitanisch-cj-re-
naische Fauna aufnehmen.
Schwanzlurche sind östlich von 'I'unis aus Nord-Afrika überhaupt
nicht bekannt und das Vorkommen eines Molches in Unter-Ägypten
bisher unbestätigt geblieben. Von den 10 Batrachiern Nordwest-
Afrikas sind also in unserm Gebiete nur 2 übrig geblieben, die
durch Ägypten bis Syrien und weiterhin in West-Asien verbreitet
sind; von den ägyptisch-äthiopischen Batrachiern {Itana mascareniensis
und Bufo regnlaris) ist keiner westlich von Ägypten aufgefunden
worden. Die Batrachier-Fauna von Tripolis und Barka verhält sich
also völlig indifferent und kann faunistisch in keiner Weise ver-
wertet werden, es sei denn, daß man die starke Verarmung in bezug
auf die Artenzahl als Beweis für die Übereinstimmung mit der
ägyptischen Fauna, das Fehlen von Bufo regularis und Rana 7nasca-
reniensis als solchen für den mauretanischen Charakter dieser Fauna
heranzieht, was wohl sehr bedenklich wäre.
III. Fische. 1)
„In der Umgebung der Stadt Tripolis sind die Verhältnisse für
Binnenfische höchst ungünstig: bloß hier und da finden sich am Ge-
stade kleine Quellen, die aber fast unmittelbar nach ihrem Ursprung
mit dem Seewasser sich vermengen. Einige von ihnen treten fast
unter der Nordmauer des im Westen der Stadt gelegenen Juden-
friedhofes hervor und verteilen sich in den Spalten und pfannen-
förmigen Vertiefungen des wenig geneigten Felsbodens mit dem
Salzwasser allmählich sich mischend (3Iugil).
Sumpfartige Bildungen finden sich selbst in der trockensten
Jahreszeit in den Gegenden Ain Sarah und Endschila, südöstlich
bis südwestlich der Stadt Tripolis. Für Fische käme vielleicht eine
größere Wasseransammlung in der erstgenannten Gegend in Be-
tracht, deren genauere Verhältnisse allerdings wegen des schon am
1) Die Einleitung ist von Herrn Dr. Klaptocz verfaßt.
642 Franz Werner,
Ufer morastigen Bodens und des alles bedeckenden Schilfvvuclises
ohne besondere Hilfsmittel sich nicht erkennen lassen. Indes ist
hier der Wasserfrosch ziemlich häufig-, ein Tier, das in diesen
Gegenden scheinbar nur größere natürliche Ansammlungen salz-
gehaltlosen Wassers bewohnt.
Im Gharian-Gebirge kommen, schon nach den Angaben der Be-
wohner, keine Fische vor; die Quellen versiegen hier im Sommer
meist nach sehr kurzem Lauf.
Weit günstiger für Fische gestaltet sich die Umgebung von
Bengasi mit ihren großen Lachen ähnlichen Wasseransammlungen,
die durchwegs salzhaltig, ziemlich seicht und sandig oder stellen-
weise schlammig sind. Eine Ausnahme davon bildet nur der tiefe,
felsige, an Fischen (bis 0,5 m langen) verschiedener Arten außer-
ordentlich reiche See von Sejanah. Seine Fauna stimmt überein mit
der Angabe, daß er nur eine tief ins Land dringende Meeresbucht
darstelle (hier gefangen: Angiiüla vulgaris und Blennius hasilisats).
Auch alle übrigen Gewässer in der Umgebung von Bengasi sind
sehr reich an Fischen, die aber alle nur einer einzigen, kleinen Art
angehören (Cyprinodon fasciaüis Val.).
Die Lethe soll keine Fische beherbergen.
Bei Dernah würde der den Wadi Dernah durchströmende Bach
für Süßwasserfische sehr günstige Verhältnisse bieten. Trotz eifrigen
Suchens sah ich hier aber keine Fische, abgesehen von einem mittel-
großen Aal, den Araber gefangen hatten. Dieser Fisch scheint, da
er von Mamoli ^) unter den auf der Reede von Dernah (speziell der
Aal aber als im Wadi Dernah vorkommend) gefangenen Fischen
erwähnt wird, vor Jahren hier häufiger gewesen zu sein. Vielleicht
waren damals die Verhältnisse für die Einwanderung der jungen
Tiere vom Meere her günstiger."
Die Anzahl der von Dr. Klaptocz gesammelten Fischarten ist
gering; sie beträgt nur 4; obwohl sie nicht aus dem Meere, sondern
aus Süß- oder Salzwassersümpfen stammen, so sind sie doch aus-
nahmslos mariner Abkunft; allerdings wissen wir von dreien der
4 Arten, daß sie Süßwasser regelmäßig oder gelegentlich aufsuchen,
während Blennius hasiliscus zum mindesten einer Gattung angehört,
von der einzelne Arten von den Küsten aus nicht allzu selten in
Brack- oder sogar Süßwasser vordringen (vgl. Bl. vulgaris).
1) Mamoli, L'Esploratore 1882, p. 202 zitiert nach G. Hildebrand,
Cyrenaika, Bonn 1904, p. 264, Anm. 7.
Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka.
643
Die in den nordwest-afrikanischen unterirdischen Flußläufen
(z. B. Oued-Eirli) lebenden, oft aus artesischen Brunnen zutage
kommenden, aber auch in den Wassergräben der Oasen oft scharen-
weise lebenden C'ichliden- Arten: Ilcmichromis himacuJatus Gill..
Ilaphchronm desfontaincsi Lacep. und Tilapia zillii Gerv., welche
sich sämtlich auch im ganzen Nil und in den Seen Unter-Ägyptens
finden, scheinen in Tripolis und Ikirka vollkommen zu fehlen. Der
Zusammenhang der beiden Verbreitungsgebiete dürfte durch den
Sudan (Senegal — Niger — Tsadsee— oberer Nil) gegeben sein, das von
Herrn Dr. Klaptocz bereiste Gebiet entbehrt also einer eigentlichen
Süßwasser-Fauna.
Atif/uiUa ruif/aris Turton,
LiN^'E, Syst. Nat., Vol. 1, p. 426 (1766) {]\[riraenn anguiUa).
Eisso, Hist. nat. Eur. mer., Vol. 3, p. 198 (1826) (aciäirostris) und 199
(latirosiris).
GÜNTHER, Cat. Fish., Vol. 8, p. 32 (1870) (latirostris).
■CaruS, Prodr. Faunae Mediterr., p. 540.
BOULENGER, Fishes of tbe Nile, 1907, p. 402,
3 junge Exemplare aus dem See von Sejanah, südlich von
Beno-asi, 4./9. 1906.
Dimensionen in mm
in
Totalläuge
Kopflänge
Körperhöhe
Schnauzenlänge
Interorbitalbreite
Kopfrumpflänge
Schnauzenspitze bis Dorsale
Augendurchmesser
78
105
10
15
4
7
2,5
3 1
2
2 !
33
45
25
31
1
1,5
139
19
8
4
3
58
40
2
Der Aal ist im Mittelmeer, an den atlantischen Küsten und in
den Flüssen Europas, welche in diese Meere münden, überall ge-
funden worden. Aus Nord-Afrika ist er von Tunis (Vinciguerra)
vom Oued Dernah in Barka (Mamoli) und von Ägypten, und zwar
vom Nil bis Assuan sowie vom Menzaleh-See, bekannt. Er findet
sich hier auch in den Kanälen des Zoologischen Gartens zu Gizeh.
644
Franz Werxek.
Cf/2>rinodon fasciatus Yal,
CüViEE et Valenciennes, Hist. Poiss., Vol. 18, p. 151 (1846) (calari-
la)U(s) u. p. 156 (fasciah(s).
GÜNTHER, Cat. Fish., Vol. 6, p. 302 (1866).
BoULENGER, Fishes of the Nile, p. 407 (1907), tab. 79, fig. 1 — 2.
Zalilreiclie Exemplare beiderlei Geschleclits und verschiedenen
Alters von Bengasi (See im Osten, 28. 8.).
D i m e u s i 0 n e u
9 I &'
Bengasi
9 I cf
Alexandrieu
9 I c/'
Biskra (ost-
alo-er. Sahara
9 1 o^
Adria, Triest
Totallänge
Kopflänge (bis
deckelrand)
Schwanzflosse
luterorbitalraum
Schnanze
Kiemen-
54,5
43
35,5
32
21(?) 23,3
1 nicht er-
wachsen)
41
1
1
14
11,6
10
9
6 5,6
10
9.6
8,7
11,4
10
2(def.)S 4,0
^,'^
6,S
5.5
4,5
4
2.8 3
4.8
4,5
4,7
3
3.3
1,6 2
2,7 1
35,7
9
10,7
4.2
2,8
Sq. 25—27; A. 10, D. 10 (Bengasi).
?. Rückensclnippen braun, dunkel g-esäumt; ein graues Längs-
band vom Oberrande des Kiemendeckels bis zur Basis der Schwanz-
flosse (kann auch fehlen); Seiten darunter silberglänzend, Bauch
gelblich; Vertikalbänder 9 — 11.
(J. Vertikalbänder dunkel rotbraun, sehr breite und einige
schmale unregelmäßig abwechselnd.
Dieser kleine Fisch, welcher an den Küsten des Mittelmeeres
und in Salzsümpfen in der Nähe des Meeres vorkommt, wurde an
den Küsten von Istrien und Dalmatien, in Italien, in Algerien südlich
und nördlich vom Atlas, in Tunesien, Ägypten, Cji^ern, Kleinasien
und Somaliland gefunden. Meine Vergleichsexemplare wurden von
mir selbst in einem Bache, dem Abfluß der warmen Schwefelquelle
Hammam Salahine bei Biskra (ost-algerische Sahara) im Mai 1893,
sowie von Kapt. S. S. Flower bei Alexandrieu (1906) gefangen.
Bleunius baslliscus Cuv. et Val.
CuviER et Valenciennes, Vol. 11, p. 245.
GÜNTHER, Cat. Acanthopt. Fishes, Vol. 3, 1861, p. 220.
Carus, Prodi-. Faun. Mediterr., p. 697.
Reptilien, Batrachier und Fische von Tripolis und Barka. 645
1 halbwüchsiges Exemplar aus dem See von Sejanah. nördlich
von Bengasi, 4./9. 1906.
D. 1223, A. 27.
Färbung- in Alkohol liellbräunlich mit 7 Paaren von dunkel-
grauen Querbinden, von denen aber nur die 3 ersten Paare voll-
ständig sind, während die übrigen in Flecken aufgelöst erscheinen
und zwar die des 4. und 5. Paares in einen obern kleinen Flecken
und in einen untern Vertikalstrich, von den Pändern des 6. und
7. Paares ist nur je 1 (unterer) Flecken erhalten. Über jedem Band
befindet sich an der Basis der wie alle übrigen Flossen sonst ein-
farbigen Dorsale ein schwarzer Fleck. Die Querbinden desselben
Paares weichen ventralwärts etwas auseinander.
Kopf mit dunkler Querbinde zwischen den Augen und vom Auge
nach abwärts, parallel zur Stirn; 2 Querbinden dicht hintereinander
auf dem Kinn und ein mit der Spitze gegen die Brustllossenbasis
gerichteter Winkelflecken an der Kehle; ein dunkler Vertikaliieck
am Hinterkopfe, einer (parallel zum Winkelflecken der Kehle) am
Kiemendeckel und einer an der Basis der Pectoralen. Flossen und
Tentakel weißlich.
Totallänge 47 mm; Kopf höhe = Kopflänge ^ 8 mm.
Bisher von Xord-Afrika nicht bekannt gewesen. Carüs ver-
zeichnet diesen Blcmiius von Toulon, dem ligurischen und tyrrhenischen
Meere von Genua, Elba, Cagliari. Livorno, Neapel, Sicilien und Tarent.
3Iu(jil capito Cuv.
CüVlER, Regne Animal, \). 165.
CüViER et Valenciennes, Vol. 11, p. 36, tab. 308.
Carus, Prodi-. Faun. Mediterr., p. 706.
BOULENGER, Poiss. Bass. Congo, p. 355 (1901) und Fishes of the Nile,
p. 432, tab. 80, fig. 2, tab. 81, fig. 1.
Mehrere junge Exemplare (35 mm Totallänge) aus Tripolis,
16./7. 1906 (Süßwasser zwischen Judenfriedhof und dem Meere).
Körperhöhe 5mal. Kopflänge 4mal in der Totallänge, Inter-
orbitalbreite 2^omal in der Kopflänge enthalten.
Diese Art findet sich im ganzen Mittelmeere und ist auch mehr-
fach, namentlich im Jugendstadium, im Süßwasser beobachtet worden.
Aus Süßwasserseen von Tunis ist sie bereits bekannt (Cuvier u.
Valenciennes), auch Vinciguerra kennt sie von dort. Im Nil geht
sie bis zum ersten Katarakt und findet sich auch im Maryut-,
646 Franz Werner, Reptilien, ßatrachier und Fische von Tripolis und Barka.
Borollos-, Menzaleh- und 'J'imsach-See in Ägypten. 3Iugil petJierki
Gtiir. von Cairo ist nach Boulenger mit dieser Art identisch; die
Zahl 10 bei den weichen Strahlen der Afterflosse, auf der sie ge-
gründet ist, findet sich auch bei einem der jungen Exemplare aus
Tripolis.
Erklärung der AI)l)ildungen.
Alle Figuren beziehen sich auf Bufo viridis Laur.
Tafel 30.
Fig.
1.
5 aus Tripolis.
Fig.
2.
5 aus Tripolis.
Fig.
3.
$ aus dem Gharian-Gebirge
Fig.
4.
cJ aus Bengasi.
Fig.
5.
5 aus Bengasi.
Fig.
6.
5 aus Bengasi.
Fig.
7.
Jung, aus Dernah.
Fig.
8.
^ aus Dernah.
Fig. 1 — 5, 7 von Herrn Dr. Karl Miestinger, Fig. 6 und 8 von
Herrn Hanks Plenk, stud. phil., gezeichnet. 2:1.
Nachdruck verboten.
Ubersetzuvgsrecht vorbehalten.
Coluber longissimus im Böhmerwald,
Zamenis gemonensis im Böhmerwald, Wienerwald,
den kleinen Karpathen, Süd-Steiermark und Kärnten.
Von
Dr. Paul Kammerer,
Biologische Versuchsaustalt iu Wien.
Die Ä s k u 1 a p s c li 1 a n g' e . Cohiher Jomjissimus Laue. = aesculapü
Host., erfreut sich innerhalb der österreichisch-ungarischen Monarcliie
einer weiten, wenn auch keineswegs lückenlosen Verbreitung-. Nach
Weenee, 1897, soll sie in allen Kronländern vorkommen, nur in
Vorarlberg und Böhmen fehlen. Bei Düeigen, dessen Buch „Deutsch-
lands Amphibien und Reptilien" im selben Jahr erschien wie Weener's
„Reptilien nnd Amphibien Österreich-Ungarns", nämlich 1897, wird
jedoch bereits einer brieflichen Mitteilung von A^ton Feic Er-
wähnung getan, wonach 3 oder 4 Äskulapnattern im Jahre 1880
bei Karlsbad erlegt worden sein sollen. „Wenn es sich", schreibt
Düeigen, p. 314, „. . . um wirkliche, nicht der Gefangenschaft ent-
ronnene Äskulapnattern gehandelt hat, so würde damit ihr Auf-
treten auch in Böhmen festgestellt sein." In dem Werk von Feic
„Die Wirbeltiere Böhmens", 1872, wird die Äskulapschlange noch
nicht erwähnt. Auf dieses Verschweigen kann sich die unter Zitierung
von Feic gemachte Bemerkung von Mojsisovics, 1888, p. 246, be-
ziehen: „In Böhmen fehlt die Art."
Ich bin jedoch in der Lage, das Vorkommen von Coluber
longissimus in Böhmen zu bestätigen, und zwar für ein ganz neues
Fundgebiet.
648 Paul Kammerer,
Südlich des Libin. Bülimerwald, von ihm nur durch ein einzig-es
Tal, in welchem der ßohnbach Hießt und das iStädtchen Pi-achatitz
liegt, getrennt, zieht eine Anhöhe dahin, an deren Südabhang der
„Kroupahof'S ein beliebtes Ziel der Prachatitzer Sommergäste, schon
von weitem sichtbar ist. Etwas östlich nun vom Kroupahof er-
strecken sich weite Geröllhalden, von niedrigem Föhren- und Lärchen-
wald umgeben. Hier fand ich im Laufe des ]\Ionats Juli 1906 nicht
weniger als 5 Askulapschlangen, alle von nur geringer Größe
(das längste Exemplar 87 cm lang) und sehr dunkler Färbung:
oben braunschwarz und trotz der offenbaren Jugendlichkeit arm an
Zeichnung; die sonst so zahlreichen weißen Längsstrichel an den
Schuppenrändern stark zurücktretend. Die Unterseite ist zwar ein-
farbig strohgelb, aber mit einem bleigrauen Anflug. Das ganze Tier
repräsentiert einen deutlichen Übergang zur var. suhgrisca "Weex.
Eine zweite Fundstelle, die 2 Exemplare ergab, ein junges,
nur 36 cm langes mit der charakteristischen, teils derjenigen von
CoroneUa, teils von Tropidonotus natrix ähnlichen Färbung, und ein
älteres, 74 cm langes, dunkelfarbiges, liegt auf einem Hügelchen am
Rohnbach und der Straße von Prachatitz nach Krumau, bei der
Bernkopfmühle, einem kleinen Vorposten des zuvor erwähnten
Höhenzuges. Es gibt in der ganzen Umgegend wenige Plätze, die
so sehr dem Brennen der Sonnenstrahlen ausgesetzt sind, wie jener
kleine Hügel. Steingerölle bedeckt ihn, zwischen Avelchem ver-
krüppelte Föhren, Schlehengesträuch, Scabiosen, Weidenröschen,
Salvia glutinosa und Sedum anacampseros hervorwachsen.
Würde man einem Naturkundigen ein feuchtes Waldgebirge, wie
der Böhmerwald es ist, schildern: sonnenarm, regenreich, mit rauhem
Klima, langen Wintern, kalten Nächten, wenig warmen Tagen, so
könnte jener Naturkundige hinsichtlich der Fauna einer solchen
Gegend alles andere eher vermuten, als daß Schlangen darin eine
große Rolle spielen. Er würde vielleicht Reichtum an geschwänzten
und ungeschwänzten Ampliibien vermuten; aber das gerade Gegen-
teil ist der Fall: Bufo vulgaris und Piana temporaria, letztere nicht
häufig, wenn auch in den Varietäten nigromacuküa Wern. und
marmorata Wern. und derjenigen mit heller Medianbinde (ähnlich
Uana arvalis, aber doch eine echte temporaria) vertreten, scheinen
die einzigen Froschlurche, Triton alpcstris wenigstens um Prachatitz
der einzige Schwanzlurch zu sein. Dafür gibt es in der Tat auf-
fallend viele und in ihren Formen und Farben abwechselnde Sclilangen.
Am reichsten ist Vipera herus vertreten: ich erbeutete am Südwest-
Coluber lougissimus und Zanienis gemonensis im Böhmerwald etc. 649
abhang des Libiii. auf einem Platze von kaum 1 qm Bodenfläche, am
11. Juli 4 Stück, am 19. Juli auf demselben Fleck nochmals 2 Stück;
aber auch Tropidonotus natrix ist sehr häufig- und reich an meist
dunkelfarbig'en Variationen (1 Exemplar am 19./7. auf demselben
Flecke erbeutet wie jene 6 Kreuzottern) ; Conmella austriaca (1 Exemplar
am r2./7. auf dem nämlichen Flecke erbeutet wie jene Kreuzottern
und die Ringelnatter) ist zum mindesten nicht selten und ebenfalls
vielfach in beinahe melanischen, zum Teil sehr g-roßen Exemplaren
vorhanden. Endlich kam es, wie beschrieben, zur Auflindung der
7 Äskulapnattern, wodurch die von mir eigenhändig" gefangene
Beute gekrönt erschien. Ich hatte nun schon darauf achten gelernt,
daß all diese Funde auf insel artig vorspringenden, der Sonne in jeder
AVeise zugänglichen Flecken zu maclien waren, wo die Schlangen-
bestände sich förmlich zusammendrängten und eben deshalb dem
Fänger leicht in die Hände fielen. Nur durch das Vorhandensein
zerstreuter, die spärlichen Sonuenstralilen ökonomisch ausnützender
Terrain stellen ist die Möglichkeit eines solchen, für die Gegend
andernfalls unverständlichen Schlangenreichtums zu erklären.
Das zoogeographisch interessanteste Mitglied der Böhmerwälder
Schlangenfauna war mir aber zunächst noch unbekannt geblieben.
Auch war es mir nicht vergönnt, die betreffende, gleich zu nennende
Art selbst aufzufinden. Trotzdem ist der Fund in all seinen Einzel-
heiten vollkommen verbürgt.
In der Lehrmittelsammlung des Obergymnasiums in Prachatitz
sah ich nämlich ein junges Exemplar der Pfeil- oder echten
Zornnatter. Zanienis gemonensis Laue., forma typica. Ich dachte
zunächst gar nicht daran, daß dieses Exemplar im Böhmerwald ge-
fangen worden sein könne, sondern glaubte es zufällig aus einer
Lehrmittelhandlung erstanden und weit aus dem Süden importiert.
Herr Prof. Lischka jedoch, der als Geolog die kleine Sclilange nicht
weiter beachtet und nicht als Zamenis erkannt hatte, beschrieb mir
zu meinem nicht geringen Erstaunen genau die unmittelbar an
Prachatitz (569 m Seehöhe) gelegene Fundstelle. Im ]\[ai 1906 war
daselbst, zwischen dem Studentenheim und der nach St. Margareten-
bad hinaufführenden Straße, ein Stück "Wiese in einen Geraüseacker
umgewandelt worden. Die zu diesem Zwecke abgehobenen Rasen-
ziegel lagen dort eine Zeitlang lose herum, und unter einem davon
fand Franz Pawlitschko, damals Schüler der 3. Gj'mnasialklasse.
die kleine Natter und lieferte sie seinem Lehrer ein.
Sie ist 29 cm lang, oberseits hellgrau mit bräunlichem Anfing
650
Paul Kammerer,
und von dunkelbraunen Fleckchen übersät, die immer an den Scliuppen-
rändern. aber bald am vordem, bald am seitlichen oder hintern
Eande stehen. Auf dem letzten Eumpfdrittel und dem Schwänze
gewinnt die braune Tönung- der (Grundfarbe an Intensität, während
die dunkelbraunen Fleckchen kleiner werden und bald verschwinden
(Textfig. A). Die Kopfoberseite ist kastanienbraun, welche Farbe von
Fig. A.
Zamenis gemoncnsis forma typica.
a juv. aus dem ßübmerwald. Nat. Größe, b Kopf desselben Exemplars, vou oben.
ca. 3 : 1.
einigen gelben, in regelmäßiger und ansprechender "Weise verteilten
Ocellen unterbrochen ward. Je ein verwaschener Querocellus kommt
auf die beiden Präfrontalia, einer an das Frontale, wo die Zwisclien-
naht der Präfrontalia mit der Quernaht des Frontale zusammen-
stößt, zu liegen; je zwei verwaschene Fleckchen befinden sich auf
den Supraocularen längs der das Auge begrenzenden Naht. Je ein
schärfer ausgeprägte!' Ocellus ist dem hintern Teile der Supraocularia
einerseits und dem Frontale andrerseits gemein, so daß die Nähte
links und rechts die Fleckchen halbieren ; ein ebensolcher, nur schon
wieder etwas schwächerer Fleck liegt vor der Mitte auf der
Colwber longissimus i;ncl Zamenis genioneusis im Bühmerwald etc. 651
Medianiialit der Parietalia, je einer endlicli auf den Parietalschildern
selbst, nalie dem vordem Lateralwinkel derselben. Das Dunkel-
braun und Hellgelb der Kopfreg-ion dehnt sich in Form einer unregel-
mäßig-en, weit ausladenden Zeichnung-, wo aber das Gelb zur Grund-
farbe, das Braun zur Zeichnung- wird, noch auf die Nackenregion
aus und ruft liier eine Pig-mentverteilung hervor, welche, wenn auch
bei Tropidonotus natrix unvergleichlich stärker ausgesprochen, doch
bis zu einem gewissen Grade auch bei Coluba- Ungissimus und eben
bei Zamenis gemonensis, namentlich Jüngern Tieren beider zuletzt
genannter Arten, auftritt und schon zu mancher Verwechslung An-
laß gegeben hat: die beiden gelben Nackenflecke mit der dunklen
Umsäumung (Textfig. Aa). Die ganze Unterseite ist einfarbig gelb-
lich-weiß mit Elfenbeinglanz.
Schuppenformel: Sq. 17, V. 179, A. 1/1, Sc. 98 98 + 1.
Das Exemplar, welches Herr Prof. Adolf Lischka, der Kustos
des Naturalienkabinets im Prachatitzer k. k. Obergymnasiuni, mir
freundlichst leihweise überlassen hatte, w'urde Herrn Dr. Franz
Weener- Wien zur K o n t r o 1 1 b e s t i m m u n g übergeben ; er bestätigte
es als Zamenis gemonensis forma t5q)ica.
Bemerken möchte ich noch, daß es in Prachatitz keinen Terrarien-
besitzer gibt und gegeben hat sowie daß auch Sammler und Händler
die Gegend wenig betreten. Der Böhmerwald ist, wie Herr Prof.
iSIoEiTZ Steach, Direktor des Obergymnasiums in Prachatitz, mir
am Beginne meiner dortigen Sammeltätigkeit anregend zurief, beinahe
noch jungfräuliches Gebiet. Es erscheint somit ausgeschlossen, daß
Avir es mit einem der Gefangenschaft entronnenen oder sonstwie
eingeschleppten Exemplare zu tun haben. Dagegen spricht auch
seine Jugend: so kleine Exemplare kommen gar nicht in den Tier-
handel, das vorliegende ist also ein Beweis, daß Zamenis sich im
Böhmerwalde fortpflanzt, w^as von Menschenhand eingebürgerte
Exemplare dort vielleicht nicht getan haben würden.
Durch die unerwartete Konstatierung von Zamenis gemonensis
im Böhmerwalde gewinnen einige ältere Angaben, wonach diese
Art in den nördlichen Provinzen der j\[onarchie gefunden wurde^
neuerdings wiederum etwas an AVahrscheinlichkeit, so die An-
gabe von Heineich, 1856, p. 41 — 42, bezüglich seiner „Gelb- oder
Grünnatter, Coluber flavescens Scop. , viridiflavus Daud, , otrovirens
ScHiNz. Kommt in den Wäldern der mährisch-schlesischen Sudeten
äußerst selten vor. In früheren Zeiten sollen dergleichen
Nattern ... in den weitläufigen Wäldern von UUersdorf und Wiesen-
652 Paul Kammer kk,
berg, in Mähren, nnd am .Aroosbrncli. im Troppauer Kreise, gerade
iiiclit zu den Seltenlieiten gehört haben.-' Vielleicht durch Heln'-
eich's Bezeichnung ,.Cohiher flavescens^^ wurde Mojsisovics verleitet,
diese Stelle auf die Äskulapsehlange zu beziehen. Auch Werxee.
1897, p. 56, schreibt: „Die Angabe Heinrich's über das Vorkommen
von Zamenis gemonensis in den mährisch schlesischen Sudeten bezieht
sich zweifellos auf die Äskulapsehlange." Da aber Heixkich die
Äskulapschlange p. 42 ebenfalls anführt, von der „Gelb- oder Grün-
natter" ausdiücklich die Glattheit der Schuppen betont, während
diejenigen der Äskulapsehlange in der Hinterhälfte des Rückens
meist deutlich gekielt sind, ist doch daran zu denken, daß er richtig
determiniert hat. Die von ihm angegebenen Ziffern der Ventralia
wären, vorausgesetzt, daß es sich nicht um einen Druckfehler handelt,
mit 277 sowohl für Zamenis als auch für Coluher zu hoch gezählt;
die Ziffer der Subcaudalia wiederum können sowohl für die eine wie
für die andere Art passen. Die Beschreibung der Färbung läßt
ebenfalls kein rechtes Urteil zu; jedenfalls aber kann man weder
aus der Erwähnung der einfarbig gelblich-weißen Unterseite noch
aus derjenigen gelber Flecken im Nacken mit Sicherheit auf die
Äskulap- oder gar auf die Ringelnatter, dies natürlich nur mit
Bezug auf die Nackenflecken, schließen, da jene Farbmerkmale auch
bei Zamenis bisweilen zutreffen.
Za WADSKI, 1840, p. 150, gibt ..die grün- und gelbe Natter,
Cohihor atrovirens Schinz" für die Bukowina an. Nach der bloßen
Farbbeschreibung — Zawadski liefert uns keine Kennzeichnung des
Schuppenkleides und auch diejenige des Farbenkleides ist nicht sehr
charakteristisch — ist es wohl möglich, zu entscheiden, daß wirk-
lich Zamenis und keine andere Art. nicht aber, welche Form von
Zamenis gemoriensis gemeint sei. Wekner, 1897, p. 57, bezieht die
Beschreibung auf die rar. atrovire)is Shaw = niridiflavus : Mojsisovics
auf die typische Form. Auch Bielz gibt Zamenis für die Bukowina an.
Zamenis gemonensis forma typica kommt aber auch in Nieder-
österreich s ü d 1 i c h V 0 n d e r D o n a u , im Wienerwaldgebirge und
in West- Ungarn nördlich von der Donau, in den kleinen
Karpathen vor. Dort fand sie schon Werner, 1892, 1893, bei Vös-
lau, Baden und Mödling, hier habe ich sie auf dem Thebener Kogel
(521 m) bei Preßburg, einem Ausläufer der kleinen Karpathen an-
-getroffen.
Werner vermutete (1892), daß es sich bei den niederöster-
reichischen Exemplaren um freigekommene, dann akklimati-
Cohiber lougissimns und Zaiuenis g'emouensis im Bübmerwald etc. 653
sierte Exemplare handelte: „Statt der bei Baden vorkommenden,
bei Vöslan aber fehlenden Äskulapschlang-e besitzt letzteres eine
kleine Kolonie einer südenropäischen Schlang-e {Zamcnis.gemoncnsis)^
welche sich auf dem Kaiserstein (und auf den Felsen bei Mödling)
herumtreibt und deren Fang- eine geradezu halsbrecherische Arbeit
ist" (p. 120). „Das sporadische Vorkommen von Zamenis gemonensis
ist aber ebenso unerklärlich als das von Feudopus (Ophisaunis) apus
bei Gablitz, wenn man nicht annehmen will, daß diese Kolonien
von freigelassenen Exemplaren abstammen" (S. 121). „Wohl durch
freigekommene Exemplare entstandene Kolonie, wie Fseudopus apus
bei Gablitz" (p. 123, Anm.). „Was die beiden Kolonisten der nieder-
österreichischen Reptilienfaima anbelangt, so wurde mir berichtet,
daß . . . Ophisaunis apus wahrsclieinlich von dem bekannten, in
Brehm's Tierleben oft zitierten Wiener Xaturalienhänder Erber auf
dem Troppberg bei Gablitz ausgesetzt wurde. . . Zamenis (jemoncusis
habe ich auch bei Baden an verschiedenen Stellen beobachtet, doch
gelang es mir nicht, auch nur eines einzigen Exemplare« habhaft
zu werden. Die Vöslauer und Mödlinger Kolonien konnte ich in
diesem Jahre nicht besuchen" (1893. p. 246).
Schon damals mußte in Anbetracht der Ausbreitung über ein
Gebiet von mindestens 60 qkm, über eine Strecke von 12 km in
der Richtung Nord-Süd. von etwa 5 km in der Richtung Ost- West,
die Annahme, es handle sich um eine künstlich eingebürgerte Ko-
lonie, eine sehr umfassende Freilassung oder sehr erfolgreiche Ver-
mehrung der Tiere zur Voraussetzung haben. Freilich würde man
auch schwerlich ein für solche Einbürgerung ähnlich geeignetes
Gebiet gefunden haben, als gerade die Umgebung von Vöslan,
Baden und Mödling an der Südbahnstrecke bei Wien, eine Gegend,
die bekanntlich mit ihrem reichen Weinbau, dem Vorkommen von
Quercus lanuginosa, Prunus pumila, Colutea arborescens, Evonymus
verrucosus usw. usw., ihren erst viel weiter im Süden wieder auf-
tretenden Insectenformen {Mantis, TnjxaUs, Saga, Ascalaphus), der
Häufigkeit von Tropidonotus tesselatus, Lacerta muralis und viridis
auch sonst viele floristische und faunistische Elemente in sich ver-
einigt, die ihr ein stark mediterranes und pontisches Gepräge
verleihen.
Die neu hinzukommenden Fundorte aber machen es wahrschein-
lich, daß Zamenis gemonensis nicht einen Fremdling jener Land-
schaft, sondern als endemisches Mitglied einen integrierenden Be-
standteil ihres südlichen Charakters darstellt. Der Fundort bei
Zool. Jahrb. XXVII. Abt. f. Syst. ^2
654 Paul Kammerkr,
Theben am nöi-dlichen Ufer der Donau le^te es mir zuerst nahe,
das Vorkommen von Zamenis auch südlic]i von der Donau durch
eine Einwanderung- längs des Donaustromes aus Ung-arn her zu er-
klären. Zwar ist in Ungarn eine von unserer forma typica {== rar.
Itturentii de Bedr.) grundverschiedene Form der Zamenis gemonensis,
die suhsp. caspius Iwan = trabalis Pall. herrschend, aber es ließe
sich aus den Literaturangaben doch auch auf weite Verbreitung
der erstem schließen. Im kroatischen Ungarn, avo sie bestimmt und
häufig vorkommt, reiht sie sich lückenlos an das istrisch-dalmati-
nische Verbreitungszentrum an, außerdem wurden von Bielz und
Käroly Siebenbürgen, und zwar das Zaizoner Vorgebirge, von Fei-
VALDSKY das Tokajgebirge weit nördlich von der Donau angegeben.
Schreiber, p. 274, konstatiert das Zusammentreifen beider Formen
(typica und caspius) bei Budapest, in den Ofener Bergen. Da mir
indessen der beste Kenner der ungarischen Kriechtiere, Herr Prof.
L. V. Mehely, in einem Briefe vom 22./9. 1907 schreibt, daß die er-
wähnten Fundorte von Zamenis gemoncnsis f. typ. — natürlich mit
Ausnahme von Kroatien — schwerlich richtig sind, so kann auch
die sonst naheliegende Annahme der Einwanderung aus Ungarn auf
Wahrscheinlichkeit keinen Anspruch machen. Mehely schreibt mir
nämlich : „In Budapest (Ofner Gebirge) kommt ausschließlich caspius
vor; von hier habe ich Prachtstücke. In Zaizon habe ich selbst
oft gesammelt (es ist ein kleiner Badeort etwa Vj.^ Stunden von
Brassü, wo ich 11 Jahre lang Professor war), aber weder gemonensis
noch caspius ist mir jemals vorgekommen. Kein Museum der Mittel-
schulen in Brassö (es gibt dort vier) besitzt ein Stück. Die Gegend
von Tokaj habe ich persönlich nicht besucht, kann aber nicht
glauben, daß das Tier dort vorkommen könnte."
Von allen angeblichen ungarischen Fundorten wäre Tokaj —
bekanntlich ebenfalls eine Weingegend ! — der bemerkenswerteste,
weil er ungefähr in gleicher geographischer Breite liegt wie die
Fundorte der Bukowina. Niederösterreichs und der kleinen Karpathen
(Thebener Kogel). Bezüglich des letztgenannten Ortes stimmt die
geographische Breite sogar ganz genau.
Ich habe endlich noch ein Fundgebiet von Zamenis gemonensis
f. typ. zu nennen, welches zwar weit südlicher liegt als alle bisher
hier besprochenen, dennoch ausdrücklicher Bestätigung bedarf. Es
liandelt sich um die schon bei Brehm, 2. Aufl., Vol. 7, p. 361, vor-
handene, jedoch hinsichtlich ihrer Quellen nicht ersichtliche Angabe
des Vorkommens unserer Schlange im südlichen Kärnthen. Bei meinem
Coluber longissima und Zamenis geraonensis im Böhmerwald etc. 655
Aufenthalte am Ossiacher See im Jahre 1895 hatte icli Geleg'eiilieit,
3 Exemplare, woi-unter ein schwarzes, auf der Euine Landskron
(670 m) oberhalb des Dorfes St. Andrä bei Annenheim zu erbeuten,
wo sie sich in Gesellschaft von Lacerta mural is (sonst in der ganzen
Gegend nicht vorg-efunden) und von lebhaft braunrot g-efärbten
Coronella ausiriaca sonnten, welch letztere von der dortigen Be-
völkerung allg-emein unter dem Namen „Kupfernatter"' mit der
Kreuzotter verwechselt wurden. Ein weiteres Exemplar erbeutete
ich am Südrande des Faaker Sees, in den Verbergen der Kara-
wanken. Ich vermute, daß Zamenis in diesem sonndurchglühten
Kalkgebirge, welches in vieler Beziehung an die Verhältnisse des
Südtiroler Verbreitungszentrums gemahnt, noch weiter verbreitet
und an die Krainer Fundorte angeschlossen sein wird.
Auch in Südsteiermark ist Zameuis anzutreffen, und zwar bis-
her an drei Orten: bei Cilli um die Ruine Ober-Cilli auf dem Scliloß-
berg (411 m), ferner auf Felsen obei-halb des durch das Auftreten
der Äskulapsclilauge bekannten Kurparkes von Römerbad (beide
Fundorte konstatierte ich im Sommer 1901) und endlich am Fuß
des Douatiberges bei Markt Rohitsch (Sommer 1902). Damit ist
abermals die Angliederung an Kroatien und somit an das ge-
schlossene Verbreitungsgebiet der Zamenis gemoneusis gegeben.
Meine zoogeographischen Notizen sind hierdurch abgeschlossen.
Doch kann ich nicht umhin, auf eine merkwürdige ^^'ahrnehmung
einzugehen, die sicli auf transformistische Tendenzen der nördliclien
Pfeilnattern bezieht.
Die von Weenee in Niederösterreich gefangenen und gesehenen
Zam€)tis hatten seiner mündlichen Aussage nach alle die normale
Färbung der forma typica, d. h. waren graubraun mit dunkel ge-
ränderten und weiß gestrichelten Schuppen. In Weenee's Sammlung
bekam ich ein Exemplar niederösterreichischer Herkunft zu sehen,
welches dieser Beschreibung vollkommen entsprach. Die von mir
in Niederösterreich gefangenen Exemplare waren aber durchwegs
tiefschwarz, mit Ausnahme der teilweise hellgelben Supralabialia,
der ganz gelben Prä- und Postocularia {var. carbonarius Bonap.). ^)
1) Var. rarbonarius BOXAP., die ,.Karb on ar s ch 1 ange" oder
„Kohle nnatt er", ist, wie auch AVeexee, 1899, hervorhebt, keine
eigentliche Varietät in dem Sinne, daß sie eine Abweichung einer be-
stimmten Form von Zamenis gemoyiensis darstellt. Ursprünglich war
sie zwar wohl als Abart der var. atrovircns Shaw aufgestellt, aber auch
alle übrigen Formen, die var. caspiiis Iwan, die var. laurcntn de Bede.
42*
656 Paul Kammerek,
Ein 139 cm lanj>-es, lebhaft irisierendes Exemplar, welches mir als
„Askulapschlange" zug-eoangen und von einem Bauern in einem
Steinbruch der Hinterbrühl bei JNFödlins" gefangen worden war. ent-
behrte sog:ar jener wenigen hellen Abzeichen. Ich selbst fing
schwarze Pfeilnattern auf den Kalkfelsen der Vorderbriihl bei Möd-
ling (namentlich Husarentempel. 494 m, Ruine Mödling), dem Berge
Anninger (675 m) und im Helenental bei Baden auf den felsig-
buschigen Abhängen der Kuinen Rauhenstein und Rauheneck, im
ganzen im Laufe der Jahre 1899—1907 16 durchweg größere
Exemplare.
Nicht anders steht es um den Fundort am Thebener Kegel.
Auf diesen war ich durch Herrn Dr. Egon GALVAGNi-Wien aufmerk-
sam geworden, der bei einem Ausfluge eine graue Natter hatte
ins Gebüsch kriechen sehen, die er für Zamenis angesprochen. Ich
ging hin und fand in wiederholten Exkursionen allmählich 5 Za-
menis, lauter Nigrinos der forma typica.
Auch unter den 4 Kärnthner Exemplaren hatte sich, wie schon
erwähnt, ein schwarzes befunden. Es ist nicht auszuschließen, daß
das ganz kleine Exemplar aus dem Böhmerwalde später ebenfalls
schwarz geworden wäre, denn die Jungen von var. carbonarms sind
zunächst stets normalfarbig. Es ist schließlich daran zu erinnern,
daß die Äskulapnattern des Böhmerwaldes sich der dunklen rar.
suhgrisea nähern.
Auf Grund meiner Arbeiten über experimentell erzeugten Mela-
nismus der Tiere drängt sich mir die Vermutung auf, daß Zamenis
auf ihren Wanderungen zu den nördlichsten Vorposten-
stat i 0 n e n i h r e r j e t z i g e n geographischen Verbreitung
aus der 1 3^ p i s c h e n Form sich in die var. carbonari u s
umbilde. Und zwar aus folgenden Gründen:
Ich habe experimentell die drei Faktoren : hohe T e m p erat u r ,
Trockenheit und s t a r k e L i c h t b e s t r a h 1 u u g als melanismus-
erzeugend festgestellt. Da Zamenis an den nördlichen Fundorten stets
nur solche Örtlichkeiten bewohnt und aufsucht, die weit mehr als
die übrige Umgegend von direkten Sonnenstrahlen getroffen werden
und diese womöglich noch mit großer Energie reflektieren (Kalk-
felsen), so kann die Aktion des letztgenannten Faktors ohne weiteres
eingesehen werden.
(forma typica) und die var. asiana Bttgr. kommen gelegentlich als Nigrinos
vor, ja treten an hiei'zu geeigneten Orten als schwarze Lokalrassen auf.
Coluber longissimus und Zainenis geomeusis im Böhraerwald etc. 657
Bezüglich des Faktors „Trockenheit" befinde ich micli in
Widersprucli mit den bisherigen Annahmen, die umjf^ekehrt starke
Feuchtig'keit als Ursache des Melanismus hinstellen, weil tat-
sächlich Xigrinos vielfach in feuchten Geg-enden g-efunden werden.
Wenn trotzdem das Experiment Feuchtigkeit im allgemeinen als
aufhellenden, Trockenheit als verdüsternden Faktor zeigt, so läßt
sich dieser scheinbare Widerspruch durch genane ökologische Beob-
achtungen dahin auflösen, daß es innerhalb feuchter Gebiete insel-
artig eingestreute trockne Stellen sind, welche melanische Tiere
hervorbringen und — von immer vorhandenen und das Beobachtungs-
bild mitunter verzerrenden Auswanderern abgesehen — auch be-
herbergen. Ihre Vorfahren waren an starke Feuchtigkeit gewöhnt
und daher für die schwärzende Eigenschaft der Trockenheit (hier
schon geringerer Feuchtigkeit!) besonders empfänglich.
Durch ebendieselbe Kontrastwirkung ist dann auch der W ä r m e -
faktor aktionsfähig. Eine trocken-heiße Waldblöße am Südwest-
abhang des Libin (an der Straße von Prachatitz nach Pfefterschlag).
von der ich oben berichtete, daß mir innerhalb ihres Bereiches auf
einem Flecke von kaum 1 qra Bodenfläche der Fang von 4 Vipern
berus, 1 Tropidonotus natrix, 1 CoroneUa austriaca gelungen war,
zeichnet sich durch das Vorkommen von Vipera herus var. prester L.
und melanis Fall., Tropidonotus natrix var. minax Bp., Lacerta vivipara
V. nigra Sturm, Raita temporaria v. nigromaciüata Ween. aus; auch
Anguis fragilis {var. fusca de Betta) und CoroneUa sind in düstern,
wie angeraucht erscheinenden Exemplaren vertreten. Es gibt also
dort fast lauter melanische Varietäten, während diese in der ganzen
Umgebung des bezeichneten, etwa 200 qm großen Ortes, soweit ich
habe sehen können, trotz häufigen Auftretens der Stammformen voll-
ständig fehlen, also jedenfalls — selbst Auswanderer und zufälliges
Übersehen beim Suchen in Eechuung gezogen — in unvergleichlich
geringerer Regelmäßigkeit auftreten. Ja die Stammformen erscheinen
dort, im wirklich feuchten Revier, sogar auffallend licht. Derartige
Beispiele aus den verschiedensten Gegenden könnte ich noch viele
aufzählen.
Einige CoroneUa mit hell gelbbrauner Grundfarbe, von relativ
feuchten Stellen des Böhraerwaldes her geholt, wurden mir, konstant
bei 25*'C gehalten, binnen '\'^ Jahr rauchgrau, so daß die vorher
scharf abstechende Zeichnung jetzt kaum mehr auffiel. Bei Wien
gefangene CoroneUa hingegen, welche die gleichhelle Farbe wie ur-
658 Paul Kämmerer,
sprünglicli die Böhmer wälder aufwiesen, blieben unter gleichen Be-
dingungen in der gleiclien Zeit noch unverändert.
Xiclit anders dürfte es sicli mit Zamcnis verhalten, nur mit dem
Unterschied, daß sie als Gäste aus dem Süden auf die Kontrast-
wirkung der Temperatur und Feuchtigkeit noch ungleich empfind-
licher reagieren als eigentliche, ältere Mitglieder der nördlich zentral-
europäischen Fauna. Für letztere Behauptung liegt mir experimen-
telles Material zwar noch nicht für Zamensis gemonensis selbst, aber
für mehrere Lacertiden vor. Diejenigen Exemplare also, welche auf
ihrer Wanderung aus dem Süden bereits eine weitgehende Anpas-
sung an das kühlere Klima hatten durchmachen müssen, werden
verhältnismäßig sehr rasch melanotisch, wenn sie sich am Ziele ihrer
Wanderung denkbar wärraste Aufenthaltsorte zur Daueransiedlung
gewählt haben. Dann gewinnt auch ihr schwarzes Kleid vermöge
seiner hohem Absorptionsfähigkeit für thermische Strahlen eine
zweckmäßige Bedeutung, indem es seinem Träger bei zeitweiser
starker Abkühlung durch bestmögliche Ausnützung der Strahlen
immer noch ein gewisses Maß von Wärme zukommen läßt.
So erkläre ich mir, daß in Niederösterreich und auf dem The-
bener Kogel früher noch norm alf arbige, später nur
schwarze Exemplare von Zamenis gemonensis typica gesehen wurden.
Die Einwanderer wurden unter dem Einflüsse starker Sonnenbe-
strahlung und einer im Gegensatze zum relativ feuchten und kühlen
Klima der Umgebung höhern Temperatur und größern Trockenheit
ihrer Wohnstellen zu Nigrinos und haben dadurch gleichzeitig einen
wirksamen Kälteschutz erworben.
An dieser Stelle war es mir natürlich nicht möglich, das Problem
der Entstehung melanischer Formen genau zu erörtern, namentlich
nicht, die darauf bezüglichen Experimente unter Hervorhebung der
Kautelen zur Vermeidung der Fehlerquellen mit der notwendigen
Ausführlichkeit zu schildern, auch nicht alle für meine Anschauung
sprechenden Beobachtungen des Freilebens aufzuzählen. So läßt die
vorstehende Darstellung, welche, wie betont, herrschenden Ansichten
teilweise widerspricht, Angriffspunkte für Einwände offen, die ich
hier nicht ausschließen kann, ohne mich allzuweit von meiner dies-
mal gestellten Aufgabe: Nachweis des Vorkommens von Coluher
Jongissimus und Zamenis gemonensis typica in neuen oder bisher nicht
sichergestellten Fundgebieten, zu entfernen.
Eine eingehende Beschreibung meiner Versuche über Melanismus
und ihre theoretische Auslegung sowie eine Diskussion der den bis-
Coluber louo-issiraus uud Zamenis gemonensis im Böhmerwald etc. 659
her geltend oemacliten Ansichten über das bezeichnete Problem zu-
grunde liegenden Tatsachen soll im Laufe des Jahres 1910 im
Archiv für Entwicklungsmechanik der Organismen ersclieinen.
Literaturverzeiclmis.
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Zuolvtf.Jahfbüvln'r BiLZ7.Abt.f'. Syst
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Zoolog. t/eüwbüch er BtL.^J.Abt.f. Syst.
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StreiiT g«i,
VerU^ V Gustav Racher, Jena..
Llth Anat vK-Wesaer. Jena
Zoolatj. Jahj-büchar Bd^ZT.Abt.f. SifsV.
Taf 3.
Sireifr {«X.
Verlag vCust» Fischer. Jena
Lith An«tvKW«a sttT. J«nr
ZooLjij.JuJij'hüciuii- BiL^Zy.Aht.f. Sysi.
Tat: ^.
S.r,..rt 6.-,
Veriaf v O"»"' flscker, J,na.
LithAnslvKWeseerJenft
Zoobg.JaJu-badierßd.L^l Aht l\ Syst.
Ihr
^_
Fi(j. 2
---^-' i^
Fig. 3.
Fig. ^1.
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Fig. 't(i .
''i?^,
}''ig. 5.
Fig. ßa,.
Fig. 0.
Fulnnek w
Verlac vcn (justav Fi.sdifr;n Jäiis,.
;t;aT,r:c;.jn.jt:„5!.;
Zooteg Jahrbücha- Bd 21. Abt f. Syst
Taf 6
"S^^S^
Werner g«
ViTligvun Gustav Plsehcrm Jana.
I.llli Aitsl V Johannes Arndt, Jena .
Zoolog. Jakrbüdiei^ Bd.^7.Aht-,f, Sifst.
Taf. 7.
Verlag vG^slayRsthei-, Jena,
LitK An s i V K Wes 8 f r, j en a
Zoolo/i. ■ f(tlirl>ii> Iiri ■ IUI VZ . [hl. I'.S^ sl .
7 a/: S.
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Gustav'Fischer'.r. .sr.c
Zoohq. Jahrhürl/n-. W. l^ . Abt. f. Syst.
Tafel 9.
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Guderuatscli.
Verlatr von Gustav Fischer in Jena.
Zonhxj. .hilirhücher B(f. 'dl. AM f. S/isf.
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Verlag roii Gustav Fischer in ,fen<i.
Crayondnick von I. H. übenietter, Müucheu
Zoolog. Jnhrbüclier Bd. 27. Aht f. S/fst.
Tu f. 11.
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Verlan von Giisluv Fischer in Jena.
Crayondruck von J. H. überuetter, München.
Zoolog. Jahrbiic/icr. IUI L'7. Ahlh I'. Svsl .
Tal'. JL> .
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Yer'.aa v;>n Giisljn- Fisrhcj'ir, !"na
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Zuolocj. Jahrbücher Bd. 27 Abt. f. Sii^t.
Tat- 13.
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Verlag von Gustav Fischer in Jena.
Crayoiiiiruck von .1. B. < )berneller, Miinoheii.
Zoolog. Jahrbücher Bd. 27 Abf. f. Sijst.
Taf. 14.
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Verlag von (iustar Fischer in Jena.
Crayondruck von J. B. Oberuetter, München.
Zouliy. Mirimclm: Bil. IT. Atd. /'. Si/st
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voll «11«'"' Ksdier in Jena.
Zoolog. Jahrbiklicr, Bd. 27, Abt. f. Syst.
Tafel 16.
Kosmiuüky.
Verlag von Gustin KiM^luT iji Jena
Zoolog. Jalirbikher, Bd. 37, Abt. f. Syst.
Tafel 17
a h
Kotfminaky.
Verlag von (""8**7 •'isoher in Jena.
Zonl.y. Jahrhiiclier BrI. ryAhl.p Syst.
T„r 18.
Aui'mj, gex.
Verla« vo^ Gu«!»" Fischer m Jena.
L 1 1 h. Ans! vÜ.WeAserJena.
Zoolog. Jahrbjicher Bd. 27. Abt. f. Syst.
Taf. 19.
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Verlas« O"^"''''''*«''. Jena
Zoolog. Jahr.b.u.cfier Bd. ZI. Abt. f. Syst.
Ta.f.20.
Verlag V, Gustav r.scher, Je„,
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Zoolog. Jatu-hMher Bd. ZT Abt. f. Syst.
Taf.2l.
Verlag" G''*""'''"'''^"'' J="i
Zoolog. JatuibAi^her Bd. Z7. Abt. f. Syst.
TafZg.
VerUe "■ O"'™" Fischer, Jena.
Zoolog. Jahrbücher Bd. ZI. Abt. f. Syst.
Taf 23.
Fig. 36.
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Verlagv. Gustav Fischer, Jena
Zoohii. .Inhrb.. Ilil. 27. AU. f. Sijsl.
Tafd 24.
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Verlag >'■" <■"*'" flKrfin- in Jena.
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Zoului/. JaJirbiirlier. BrI. 27. AU f Si/st.
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Fig. 42.
Verlag von CusW PIschei- in Jena.
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Verlag von Gw^t Fbeher
in Jena.
Zoolog. Jahrbücher Bd. 27. Aht. f. Stj^t,
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Zoolog. Jahrbücher Bd. 27. Abt. f. Syst.
Taf. 29,
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Tafd 30.
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Verlag von Gnstav Fischer in Jena.
MBL WHOI Library Senals
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